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German Pages 505 Year 2018
Abhandlungen zum Deutschen und Europäischen Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht Band 112
Die Zulässigkeit von Leistungen Dritter an Mitglieder des Vorstands der unabhängigen Aktiengesellschaft
Von
Jonathan Boeckmann
Duncker & Humblot · Berlin
JONATHAN BOECKMANN
Die Zulässigkeit von Leistungen Dritter an Mitglieder des Vorstands der unabhängigen Aktiengesellschaft
Abhandlungen zum Deutschen und Europäischen Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht Herausgegeben von Professor Dr. Holger Fleischer, LL.M., Hamburg Professor Dr. Hanno Merkt, LL.M., Freiburg Professor Dr. Gerald Spindler, Göttingen
Band 112
Die Zulässigkeit von Leistungen Dritter an Mitglieder des Vorstands der unabhängigen Aktiengesellschaft
Von
Jonathan Boeckmann
Duncker & Humblot · Berlin
Die Juristische Fakultät der Georg-August-Universität Göttingen hat diese Arbeit im Jahre 2015 als Dissertation angenommen.
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Meiner Familie
Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Januar 2016 als Dissertation von der Juristischen Fakultät der Georg-August-Universität Göttingen angenommen. Rechtsprechung und Literatur wurden im Wesentlichen bis September 2016 berücksichtigt. Ganz herzlich bedanke ich mich bei meinem hochverehrten Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Gerald Spindler, für die Betreuung dieser Arbeit, die Anregung zu diesem Thema und den mir beim Verfassen dieser Arbeit gewährten wissenschaftlichen Freiraum. Zudem danke ich ihm für die interessante und sehr lehrreiche Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter an seinem Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Handelsund Wirtschaftsrecht, Rechtsvergleichung, Multimedia- und Telekommunikationsrecht. An dieser Stelle möchte ich auch Frau Rosine Floerke herzlichst danken, der guten Seele des Lehrstuhls, für ihre mannigfaltige Unterstützung. Herrn Prof. Dr. Torsten Körber danke ich für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens. Bei den Herausgebern der Schriftenreihe „Abhandlungen zum Deutschen und Europäischen Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht“ möchte ich mich für die Aufnahme in diese Schriftenreihe bedanken. Mein ganz besonderer Dank gilt schließlich meiner Familie. Meiner Schwester, Dr. Sara Günther, für die wertvollen Diskussionen und Ratschläge und ihr immer offenes Ohr. Meinen Eltern, Dr. Dorothea Boeckmann-Havekost und Jürgen Boeckmann, die mich nicht nur stets ermutigt und gefördert, sondern mir ein unbeschwertes Studium und die Anfertigung dieser Dissertation durch ihre vielfältige, bedingungs- und selbstlose Unterstützung überhaupt erst ermöglicht haben. Und allen voran meiner Frau Ute Boeckmann, meiner größten Stütze beim Verfassen dieser Arbeit, die mir jederzeit mit ihrem Rat, ihrer Geduld, ihrer Fürsorge und ihrem Verständnis zur Seite stand. Ohne sie alle wäre die Erstellung dieser Dissertation nicht möglich gewesen. Ihnen ist daher diese Arbeit gewidmet. Düsseldorf, im September 2017
Jonathan Boeckmann
Inhaltsverzeichnis 1. Teil Einleitung
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2. Teil Begriff der Drittleistung und Kategorisierung anhand des ausgelösten Interessenkonflikts A. Ausgangspunkt: Drittleistungen und die organschaftliche Treuepflicht des Vorstands
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I. Dogmatische Grundlage und inhaltliche Konkretisierung der organschaftlichen Treuepflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 II. Drittleistungen in der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 1. Rspr. zur Unzulässigkeit von Provisionen und Schmiergeldern Dritter bei Abschluss eines konkreten Geschäfts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 2. BGH aus dem Jahr 2001: Kein Verstoß gegen § 88 AktG bei Vorteil für die Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 3. OLG München: Drittbezogene Vergütung im faktischen Konzern . . . . . . . . . 35 4. Bewertung dieser Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 III. Fallgruppe der organschaftlichen Treuepflicht: Verbot der Annahme von Zuwendungen Dritter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 IV. Maßstab zur (Neu?)Bewertung unter der organschaftlichen Treuepflicht: Zuwendungen Dritter unter Berücksichtigung potentieller Interessenkonflikte des Vorstands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 V. Zwischenfazit: Weitere Vorgehensweise zur Konkretisierung des durch Drittleistung hervorgerufenen Interessenkonflikts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 B. Abstrakte Definition der Drittleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 I. Maßgebliche Leistungsbeziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 II. Konkretisierung des Leistungsbegriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 C. Rechtliche Stellung des Vorstands in der Aktiengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 I. Leitungsautonomie des Vorstands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 II. Handlungsspielraum und Leitungsermessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 III. Grenzen des Leitungsermessens – maßgebliche Interessenlage im Unternehmen 57 1. Konkretisierung der maßgeblichen Interessenlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58
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Inhaltsverzeichnis 2. Interessenpluralistischer Ansatz – Unternehmensinteresse . . . . . . . . . . . . . . . 59 a) Bestand und dauerhafte Rentabilität als legitime Handlungsvorgabe? . . . . 62 b) Verständnis der Interessenpluralität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 3. Interessenmonistische Ansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 a) „Reiner“ shareholder-value-Ansatz – Marktwertmaximierung als verbindliche Vorgabe? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 b) „Moderater“ shareholder-value-Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 c) Langfristige Gewinnmaximierung als Verbands- bzw. Gesellschaftsinteresse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 4. Tendenzen in Gesetz und Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 5. Abschließende Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 IV. Abweichende Beurteilung der Interessenlage in der Übernahmesituation? . . . . . 76
D. Bewertung der Drittleistungen unter Berücksichtigung potentieller Interessenkonflikte des Vorstands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 I. Aktionärsseitige Leistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 1. Exkurs: Der Principal-Agent-Konflikt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 a) Allgemeine Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 b) Konsistenz von Principal-Agent-Konflikt und Struktur der Aktiengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 c) Möglichkeiten zur Begrenzung des Principal-Agent-Problems in der Aktiengesellschaft? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 2. Nutzen aktionärsseitiger Incentivierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 a) Nutzen aktionärsseitiger Incentivierung unter Ausblendung der Übernahmesituation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 aa) Interessenkonflikt zwischen Anteilseignern und Managern . . . . . . . . . 88 bb) Nutzen aktionärsseitiger Incentivierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 b) Nutzen aktionärsseitiger Incentivierung mit Transaktionsbezug . . . . . . . . . 91 aa) Interessenkonflikt zwischen Anteilseignern und Managern in Übernahmesituationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 bb) Exkurs: Überblick über den Einfluss des Managements in der Übernahmesituation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 cc) Nutzen aktionärsseitiger transaktionsbezogener Incentivierung . . . . . . 96 c) Sonderfall: Nutzen der monetären Anbindung an den Finanzinvestor . . . . 97 aa) Grundlage: Exit-Orientierung von Private-Equity-Investoren . . . . . . . 98 bb) Konkreter Nutzen monetärer Anbindung an den Finanzinvestor aus Sicht der Stellung als Anteilseigner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 3. Gefahren aktionärsseitiger Incentivierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 4. Fazit: Vorläufige Bewertung aktionärsseitiger Leistung unter der organschaftlichen Treuepflicht – Drittvergütung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 II. Leistungen des Bieters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 1. Nutzen bieterseitiger Incentivierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107
Inhaltsverzeichnis
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2. Gefahren bieterseitiger Incentivierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 3. Fazit: Vorläufige Bewertung bieterseitiger Leistungen unter der organschaftlichen Treuepflicht des Vorstands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 III. Leistungen von sonstigen Dritten (insbesondere Gläubiger und Geschäftspartner) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113
3. Teil Gesellschafts- und kapitalmarktrechtliche Bewertung zugelassener Drittleistungen
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A. Zulässigkeit von aktionärsseitigen Leistungen – Drittvergütung . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 I. Beispiele aus der Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 1. Transaktionsprämie durch Hutchinson Whampoa im Zuge der MannesmannÜbernahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 2. Schenkung von Friede Springer an Mathias Döpfner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 3. Abfindungsleistung der Aktionäre von/an den Vorstandsvorsitzenden KarlGerhard Eick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 II. Zulässigkeit von Drittvergütung als gesetzgeberischer Wille? . . . . . . . . . . . . . . 123 1. Vorstandsvergütungs-Offenlegungsgesetz (§§ 285 S. 1 Nr. 9a S. 7, 314 S. 2 Nr. 6a S. 7 HGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 2. Erst-Recht-Schluss – Wertung des WpÜG? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 3. § 192 Abs. 2 Nr. 3 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 4. Regelungen des Deutschen Corporate Governance Kodex . . . . . . . . . . . . . . . 126 5. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 III. Vereinbarkeit von Drittvergütung mit gesellschaftsrechtlichen Vorgaben . . . . . . 128 1. Vereinbarkeit mit der organschaftlichen Treuepflicht des Vorstands . . . . . . . . 129 a) Bewältigung des Interessenkonflikts allein durch Vorgaben an die inhaltliche Ausgestaltung der Drittvergütung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 aa) Darstellung des Lösungsvorschlags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 bb) Kritische Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 (1) Untauglichkeit des abstrakten Unternehmensinteresses als alleiniger Anknüpfungspunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 (2) Ausreichender Rechtsschutz ex post? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 (3) Exkurs: Verstoß gegen das Verbot der Verfolgung von Eigeninteressen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 cc) Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 b) Bewältigung des Interessenkonflikts durch zusätzliche prozessuale Vorgaben: Einbindung des Aufsichtsrats . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 aa) Einführender Exkurs: Einbindung des Aufsichtsrats als Kontrollorgan 137 bb) Pflicht zur Offenlegung von Interessenkonflikten . . . . . . . . . . . . . . . . 139
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Inhaltsverzeichnis cc) Pflicht zur Einholung der Zustimmung des Aufsichtsrats . . . . . . . . . . 141 (1) Herleitung einer entsprechenden Förderpflicht des Vorstands unter Berücksichtigung geregelter Zustimmungsvorbehalte . . . . . . . . . . 142 (a) Keine Anwendbarkeit des §111 Abs. 4 S. 2 AktG . . . . . . . . . . 142 (b) Explizit geregelte Zustimmungsvorbehalte zur Kontrolle von Interessenkonflikten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 (c) Rückschluss auf die Handhabung des durch Drittvergütung hervorgerufenen Interessenkonflikts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 (2) Zulässigkeit der Etablierung eines Zustimmungsvorbehalts . . . . . 146 (3) Anforderungen an den Zustimmungsvorbehalt . . . . . . . . . . . . . . . . 148 (4) Rechtsfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 dd) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 c) Exkurs: Vereinbarkeit (transaktionsbezogener) Drittvergütung mit organschaftlichem Wettbewerbsverbot, § 88 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 2. Vereinbarkeit mit der Leitungsautonomie des Vorstands . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 a) Einschränkung der Leitungsautonomie durch Drittvergütung? . . . . . . . . . . 154 b) Vorhandene Lösungsvorschläge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 aa) 1. Ansicht: Einhaltung des Unternehmensinteresses . . . . . . . . . . . . . . 155 bb) 2. Ansicht: Vergleichbarkeit mit den Grundsätzen der Vorwegbindung 157 cc) Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 c) Vergütungsspezifische Lösung anhand abstrakter Vorgaben der Leitungsautonomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 d) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 3. Vereinbarkeit mit der Anstellungs- und insbesondere Vergütungskompetenz des Aufsichtsrats . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 a) Einschränkung der Anstellungskompetenz des Aufsichtsrats, § 84 Abs. 1 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 b) Einschränkung der Vergütungskompetenz des Aufsichtsrats, § 87 Abs. 1 i.V.m. § 84 Abs. 1 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 aa) Auslegung anhand des Wortsinns . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 bb) Auslegung anhand teleologischer Erwägungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 (1) Schutzzweck unter historischer Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 (2) Schutzzweck unter Funktion des Angemessenheitskriteriums . . . . 171 (a) Überblick: Kriterien der Angemessenheit nach Thüsing . . . . . 171 (b) Intention des funktionalen Kriteriums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 (c) Intention des prozessualen Kriteriums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 (3) Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 cc) Auslegung anhand systematischer Erwägungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 c) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 4. Fazit: Einbindung des Aufsichtsrats als prozessuales Erfordernis für die Zulässigkeit von Drittvergütung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179
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IV. Materielle Anforderungen an die Zulässigkeit der Drittvergütung . . . . . . . . . . . 180 1. Vergütungsrelevante Erfolgszielbestimmung unter Berücksichtigung von Unternehmensinteresse und Leitungsautonomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 a) Anknüpfungspunkte für Drittvergütung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 aa) Tendenziell zulässige Zielbestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 bb) Tendenziell unzulässige Zielbestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 cc) Grenzfälle: Zulässige Zielentwicklung aus Vorstandsplanung vs. unzulässige Zielvorgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 b) Sonderfall: Zulässigkeit der Orientierung am Börsenkurs . . . . . . . . . . . . . 187 c) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 2. Angemessenheit der Drittvergütung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 a) Maßstab des Angemessenheitskriteriums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 aa) Vollständige Integration der Drittvergütung in die bisherigen Gesamtbezüge? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 bb) Aufweichung des Angemessenheitsgebots aufgrund reduzierter Geltung des Schutzzwecks der Norm? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 cc) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 b) Abstrakte Anforderungen an die Drittvergütung nach § 87 Abs. 1 AktG 194 aa) Bezugspunkte der Angemessenheit nach § 87 Abs. 1 S. 1 AktG . . . . . 194 bb) Ausrichtung auf eine „nachhaltige“ Unternehmensentwicklung i.S.d. § 87 Abs. 1 S. 2, 3 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 (1) Allgemeine Vorgaben der „Nachhaltigkeit“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 (2) Konkretisierung der gesetzlichen Anforderungen an die „Nachhaltigkeit“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 (3) Anforderungen an die Zulässigkeit kurzfristig variabler Vergütungsbestandteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 (4) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 V. Exkurs: Grenzen aufgrund mitgliedschaftlicher Treuepflichten . . . . . . . . . . . . . 205 VI. Subsumtion: Zulässigkeit ausgewählter aktionärsseitiger Incentives . . . . . . . . . . 210 1. Bewertung der Drittvergütung im Allgemeinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 a) Allgemeine variable Vergütung: Tantiemen, Boni und Prämien . . . . . . . . . 211 b) Börsenkursorientierte Drittvergütung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 aa) Managementbeteiligungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 bb) Aktienoptionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 cc) Börsenwertorientierte Tantiemen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 c) Abfindungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 d) Anerkennungsprämien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 2. Besonderheiten im Rahmen aktionärsseitiger Transaktionsboni . . . . . . . . . . . 224 a) Vereinbarkeit mit aktienrechtlichen Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 b) Vereinbarkeit mit kapitalmarktrechtlichen Anforderungen . . . . . . . . . . . . . 227 aa) Verstoß gegen das Verhinderungsverbot des § 33 Abs. 1 S. 1 WpÜG
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Inhaltsverzeichnis bb) Keine (analoge) Anwendung des § 33d WpÜG . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 c) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 3. Besonderheiten im Rahmen von Private-Equity-Transaktionen . . . . . . . . . . . 231 a) Übliche monetäre Anbindung des Vorstands durch einen Finanzinvestor 231 b) Rechtliche Besonderheiten im Vergleich zu sonstiger aktionärsseitiger Vergütung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 c) Exkurs: Keine Unzulässigkeit der Managementbeteiligung wegen Ausrichtung der Interessen des Managements auf die Interessen der NewCo
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VII. Rechtslage in der nicht-börsennotierten Aktiengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . 237 VIII. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240 B. Zulässigkeit transaktionsbezogener Leistungen des Bieters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240 I. Kapitalmarktrechtliche Bewertung – Grenze von Drittleistungen nach § 33d WpÜG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 1. Entstehungsgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 2. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 a) Ausgangspunkt: Wortlaut und gesetzgeberische Intention . . . . . . . . . . . . . 244 b) Konkretisierung der Reichweite des Verbotscharakters anhand systematischer Erwägungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 aa) Auslegung anhand paralleler, strafrechtlicher Verbotstatbestände? . . . 245 (1) Vergleichbarkeit mit §§ 333 f. StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 (2) Vergleichbarkeit mit § 299 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 bb) Zentralnorm zur Bewältigung von Interessenkonflikten? . . . . . . . . . . . 250 (1) Praktisches Bedürfnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250 (2) Dogmatischer Vergleich: Rahmenrechte i.S.d. § 823 BGB . . . . . . 251 c) Fazit: Verbotscharakter unter Beachtung übernahmerechtlicher Besonderheiten zu Gunsten der Gesellschaft und ihrer Anteilseigner . . . . . . . . . . . . 254 3. Anwendungsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 a) Normadressat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 b) Anforderungen an die Tatbestandsmäßigkeit der Leistung . . . . . . . . . . . . . 256 c) Problematische Einzelfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 aa) Weiterbeschäftigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 bb) Managementbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 d) Sonderfall: Bereits vorhandene Beteiligung des Verwaltungsmitglieds an der Zielgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 e) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 4. Rechtfertigung der Vorteilsgewährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 a) Das Merkmal der Rechtfertigung („ungerechtfertigt“) als unbestimmter normativer Rechtsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 b) Ausgangspunkt: Aussage der Gesetzesbegründung unter Berücksichtigung des Normzwecks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265
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c) Vorhandene Auslegungsversuche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 aa) 1. Ansicht: Vorliegen nachvollziehbarer Gründe, die nicht im Wohlwollen gegenüber dem Bieter liegen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 bb) 2. Ansicht: Orientierung an Vorgaben für gesellschaftsseitige Leistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 cc) 3. Ansicht: Orientierung an Marktstandards . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 dd) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 d) Eigener Auslegungsansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 aa) Ausfüllung des normativen Rechtsbegriffs mittels materieller Kriterien 272 (1) Maßgebliche Interessenlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 (a) Interesse der Zielgesellschaft und ihrer Anteilseigner . . . . . . . 272 (b) Keine Berücksichtigung von Bieterinteressen als selbstständiges Abwägungskriterium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 (aa) Interessenlage im allgemeinen Aktienrecht . . . . . . . . . . . . 275 (bb) Berücksichtigung von Bieterinteressen als allgemeiner Ausdruck des WpÜG – insbesondere des § 33 Abs. 1 WpÜG? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 (cc) Berücksichtigung von Bieterinteressen als Ausdruck eines „Wettbewerbs der Konzepte“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278 (dd) Bieterinteressen unter Berücksichtigung des Normzwecks 279 (ee) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 (c) Zwischenfazit: Maßgebliche Interessen für die Konkretisierung der „sachlich nachvollziehbaren Erwägungen“ . . . . . . . . 279 (2) Erfordernis der Kontinuität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 (3) Wert des Managements aus Sicht der Zielgesellschaft . . . . . . . . . . 282 (4) Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 bb) Systematischer Exkurs: Die Annahme von Bieterleistung durch den Vorstand unter gesellschaftsrechtlichen Aspekten . . . . . . . . . . . . . . . . 283 (1) Bewertung anhand des Konfliktpotentials . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284 (a) Rein transaktionsbezogene Bieterleistungen . . . . . . . . . . . . . . . 284 (b) Drittvergütungsähnliche Bieterleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 (c) Vorläufige Bewertung der Annahme der bieterseitigen Leistung anhand gesellschaftsrechtlicher Maßstäbe . . . . . . . . . . . . 288 (2) Kontrolle des Interessenkonflikts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 (a) Hinreichende Kontrolle durch Offenlegungspflichten? . . . . . . 289 (b) Hinreichende Kontrolle durch weitere Verhaltenspflichten des Vorstands? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290 (c) Hinreichende Kontrolle durch Zustimmungspflicht des Aufsichtsrats . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 (d) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294 (3) § 33d WpÜG als lex specialis? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294
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Inhaltsverzeichnis cc) Ausfüllung des normativen Rechtsbegriffs mittels prozessualer Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 (1) Zulässigkeit der Implementierung prozessualer Voraussetzungen im Merkmal „ungerechtfertigt“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 (2) Transparenz gegenüber den Aktionären . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299 (3) Zustimmung des Aufsichtsrats . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301 (a) Implementierung des Zustimmungsvorbehalts . . . . . . . . . . . . . 302 (aa) Wertungswiderspruch in gleichliegendem Tatbestand? . . . 302 (bb) Zulässigkeit und Möglichkeit der Implementierung eines für den Bieter beachtlichen Zustimmungsvorbehalts? . . . . 304 (b) Geeignetheit des Aufsichtsratsvorbehalts . . . . . . . . . . . . . . . . . 305 (4) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 308 e) Fazit: Rechtfertigung der Vorteilsgewährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 308 II. Fallgruppen zur Rechtfertigung von Drittleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309 1. Weiterbeschäftigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309 a) Bewertung unter dem Verbot der Annahme ungerechtfertigter Leistungen 310 aa) Die Aussicht auf Weiterbeschäftigung an sich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 311 bb) Die Zusage von erhöhten Bezügen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312 cc) Anstellung in einem anderen Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 314 dd) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315 b) Bewertung unter der aktienrechtlichen Kompetenzordnung . . . . . . . . . . . . 316 aa) Grundsatz: Unwirksamkeit von den Aufsichtsrat bindenden Zusagen der Weiterbeschäftigung oder Erhöhung der Bezüge . . . . . . . . . . . . . . 316 bb) Zulässigkeit von Bemühungsklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317 cc) Zulässigkeit verbindlicher Einwirkungsklauseln bei Mitwirkung des Aufsichtsrats? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 322 dd) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 326 2. Transaktionsboni im engeren Sinne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 326 3. Managementbeteiligungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 331 a) Vergünstigte Managementbeteiligungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 331 aa) Prinzipielle Zulässigkeit als Ausdruck gesetzgeberischer Wertung? 332 bb) Verschärfter Interessenkonflikt des Vorstands im Falle von Managementbeteiligungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 332 cc) Rechtfertigung der Managementbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 334 (1) Kein überwiegender Nutzen in Folge Interessenharmonisierung von Aktionär und Vorstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 334 (2) Kein überwiegender Nutzen in Folge Einhaltung pauschaler Regeln zur Bewältigung des Interessenkonflikts . . . . . . . . . . . . . . . . . 337 (3) Eigene Bewertung: Überwiegender Nutzen für Zielgesellschaft und Anteilseigner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 338 b) Managementbeteiligungen zu marktüblichen Konditionen . . . . . . . . . . . . . 341
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III. Exkurs: Kapitalmarktrechtliche Transparenzpflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 342 1. Offenlegungspflicht des Bieters nach § 11 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 WpÜG . . . . . . . 342 2. Offenlegungspflichten des Vorstands nach § 27 WpÜG . . . . . . . . . . . . . . . . . 347 a) Offenlegung des Vorteils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 347 b) Ausschluss incentivierter Vorstandsmitglieder von Beratung oder Beschlussfassung über die Stellungnahme? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 348 c) Pflicht zur Einholung einer fairness opinion? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 350 IV. Rechtslage außerhalb des Kapitalmarktrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 351 V. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 352
4. Teil Sanktionierung und Rechtsschutz bei unzulässiger Drittleistung
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A. Sanktionierung unzulässiger Drittvergütung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 354 I. Schicksal der Drittvergütungsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 354 1. Verstoß gegen materielle Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 354 2. Unterlassen der Einbindung des Aufsichtsrats . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 358 a) Rechtsfolge: Verstoß gegen § 76 Abs. 1 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 359 b) Rechtsfolge: Verstoß gegen §§ 87, 84 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 360 c) Bewertung und Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 362 II. Sanktionierung unzulässiger Leistung des Aktionärs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 363 1. § 117 Abs. 1 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 363 a) Einfluss durch Drittvergütung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 364 b) Normgemäßer Schaden durch Drittvergütung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 365 aa) Kein tauglicher Schaden durch die Annahme von Drittvergütung . . . . 365 bb) Anspruchsbegründender Schaden als kausale Folge der Leistung . . . . 365 c) Rechtswidrigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 367 d) Vorsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 369 e) Rechtspolitische Bewertung im Hinblick auf Drittvergütungen . . . . . . . . . 369 2. Anspruch aus Verletzung der mitgliedschaftlichen Treuepflicht . . . . . . . . . . . 370 III. Sanktionierung und Rechtsfolgen pflichtwidriger Annahme der Leistung durch den Vorstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 371 1. Haftung des Vorstands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 371 a) § 93 Abs. 2 AktG durch Annahme der Drittvergütung? . . . . . . . . . . . . . . . 371 aa) Kein tauglicher Schaden der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 372 bb) Gewinnhaftung unter Berücksichtigung des Rechtsgedankens des § 667 BGB? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 374 (1) Grundlage: Gewinnhaftung bei Treupflichtverletzung . . . . . . . . . . 375 (2) Anwendbarkeit auf treuwidrige Drittvergütung? . . . . . . . . . . . . . . 378 (3) Reichweite des Gewinnhaftungsanspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 380
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Inhaltsverzeichnis cc) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 382 b) § 93 Abs. 2 AktG in Folge der Drittvergütung – Einschränkung der Business Judgement Rule des § 93 Abs. 1 S. 2 AktG? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 382 c) § 117 Abs. 2 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 387 2. Weitere Rechtsfolgen und Sanktionsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 387 a) Abberufung nach § 84 Abs. 3 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 387 b) Rechtspolitische Erwägung: Gesetzliches Bestellungshindernis nach Vorbild des § 76 Abs. 3 AktG? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 389 3. Geltendmachung der Ansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 390 IV. Strafrechtliche Sanktionierung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 392 V. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 393
B. Sanktionierung unzulässiger Leistung des Bieters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 394 I. Kapitalmarkrechtliche Sanktionierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 394 1. Verbot ungerechtfertigter Leistungen durch den Bieter, § 33d WpÜG . . . . . . 394 a) Keine Ordnungswidrigkeit im Falle des Verstoßes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 395 b) Gesetzliches Verbot i.S.d. § 134 BGB und damit verbundene Rechtsfolge 395 aa) Rückforderungspflicht des Bieters nach hergebrachter Auffassung . . . 396 bb) Bedenken gegen die hergebrachte Auffassung: Geltung des § 817 S. 2 BGB bei Anerkennung eines Gewinnhaftungsanspruchs der Gesellschaft? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 398 c) Fazit und Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 400 2. Verstoß gegen Offenlegungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 400 a) Offenlegungspflichten des Bieters nach § 11 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 WpÜG . . . 401 aa) Ordnungswidrigkeit nach § 60 Abs. 1 Nr. 1a) bzw. Nr. 2a) WpÜG . . . 401 (1) Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 401 (2) Eigene Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 402 (a) Inhaltliche Aussage von § 14 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 WpÜG 403 (b) Auslegung des § 60 Abs. 1 WpÜG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 403 (3) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 407 bb) Verwaltungsrechtliche Befugnisse: Untersagung des Angebots nach § 15 WpÜG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 407 cc) § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Alt. 2 WpHG i.V.m. § 39 Abs. 2 Nr. 11 WpHG bzw. i.V.m. § 38 Abs. 2 Nr. 1 WpHG – Kurs- und Marktpreismanipulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 409 dd) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 412 b) Offenlegungspflichten des Vorstands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 412 c) Fazit und Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 412 II. Gesellschafts- und privatrechtliche Sanktionierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 413 1. Mögliche Sanktionierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 413 a) Nichtigkeit der Leistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 413 b) Etwaige Ansprüche und Sanktionierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 414
Inhaltsverzeichnis
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2. Besonderes Problem: Geltendmachung gesellschaftsseitiger Ansprüche bei Erfolg der Übernahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 416 III. Strafrechtliche Sanktionierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 416 1. §§ 331 ff. StGB – Amtsdelikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 417 2. § 299 StGB – Bestechung und Bestechlichkeit im Verkehr . . . . . . . . . . . . . . . 418 a) Zwecksetzung und Normcharakter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 420 b) Erläuterungen zu den Voraussetzungen des objektiven Tatbestands . . . . . . 421 aa) Voraussetzungen der § 299 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 2 StGB . . . . . . . . 421 (1) Täterkreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 421 (a) Geschäftsleiter von Kapitalgesellschaften als Angestellte und Beauftrage eines geschäftlichen Betriebes . . . . . . . . . . . . . . . . 421 (b) Bieter und weitere Personen als Täter nach Abs. 2 . . . . . . . . . 423 (2) Vorteil im geschäftlichen Verkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 423 (3) Wertpapiere und Unternehmensbeteiligung als Ware i.S.d. Norm 424 (4) Unrechtsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 427 (a) Vornahme oder Unterlassen einer Handlung „bei dem Bezug“ von Waren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 428 (b) Pflichtwidrigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 429 (c) Subsumtion: Unrechtsvereinbarung bei transaktionsbezogenen Leistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 430 (5) Vorherige Einwilligung des Geschäftsherrn? . . . . . . . . . . . . . . . . . 431 bb) Voraussetzungen der § 299 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1 StGB . . . . . . . . 433 c) Erläuterungen zu den Voraussetzungen des subjektiven Tatbestands . . . . . 436 d) Abschließende Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 437 3. § 266 StGB – Untreue . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 438 a) Voraussetzungen der (Organ-)Untreue . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 438 aa) Pflichtverletzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 439 bb) Subsumtion anhand des Vermögensnachteils: Untreue bei Drittleistung in Übernahmesituationen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 440 cc) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 443 b) Abschließende Bewertung der Organuntreue . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 443 4. § 264a StGB – Kapitalanlagebetrug (bei unterlassener Offenlegung) . . . . . . . 444 IV. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 446 C. Sonderfall: Schutz der Altgesellschafter im Falle unzulässiger Bieterleistung . . . . . . 447 I. Ansprüche wegen Unzulässigkeit der Leistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 447 1. § 117 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 447 2. Deliktsrechtliche Ansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 447 a) § 823 Abs 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 448 b) § 823 Abs. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 449 c) § 826 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 451
20
Inhaltsverzeichnis 3. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 452 II. Ansprüche wegen unterlassener Offenlegung der Leistung . . . . . . . . . . . . . . . . . 452 1. Ansprüche wegen unterlassener Offenlegung gegen den Bieter . . . . . . . . . . . 452 a) Kapitalmarktrechtlicher Anspruch: § 12 WpÜG i.V.m. § 11 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 WpÜG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 452 b) Weitere mögliche Anspruchsgrundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 455 2. Ansprüche wegen unterlassener Offenlegung gegen den Vorstand . . . . . . . . . 456 a) Kapitalmarktrechtlicher Anspruch: § 12 WpÜG analog i.V.m. § 27 WpÜG? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 456 b) Weitere Ansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 457 III. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 458
5. Teil Zusammenfassung in Thesen
460
A. Ergebnisse des zweiten Teils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 460 B. Ergebnisse des dritten Teils (I) – aktionärsseitige Leistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 462 C. Ergebnisse des dritten Teils (II) – bieterseitige Leistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 466 D. Ergebnisse des vierten Teils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 470 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 473 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 503
Abkürzungsverzeichnis 2. WiKG a.A. ABl. EU Abs. abw. AcP a.F. AG AktG AktienR Allg.M. Alt. a.M. Anwaltshdb. AR Arbeitshdb. ArbR Art. Aufl. AuR BaFin BAG BB BCA BeckOK Begr. RegE BFH BGB BGBl. BGH BGHSt BGHZ BilanzR BJR BörsG bspw. BT-Drucks. BVerfG BVerfGE
Zweites Gesetz zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität v. 15. 5. 1986, BGBl. I 1986, S. 721 andere Ansicht Amtsblatt der Europäischen Union Absatz abweichend Archiv für civilistische Praxis (Zeitschrift) alte Fassung Aktiengesellschaft/Amtsgericht/Die Aktiengesellschaft (Zeitschrift)/Arbeitsgemeinschaft Aktiengesetz Aktienrecht Allgemeine Meinung Alternative am Main Anwaltshandbuch Aufsichtsrat Arbeitshandbuch Arbeitsrecht Artikel Auflage Arbeit und Recht (Zeitschrift) Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen Bundesarbeitsgericht Betriebs-Berater (Zeitschrift) Business Combination Agreement Beck’scher Online-Kommentar Begründung Regierungsentwurf Bundesfinanzhof Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Strafsachen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Bilanzrecht Business Judgement Rule Börsengesetz beispielsweise Bundestagsdrucksache Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts
22 bzw. ca. CDU CEO c.i.c. CoC CSU DAV DB DCGK ders. d. h. dies. diesbzgl. DiskE-ÜG DM DStR DZWIR EBIT EBITD EBITDA EG entspr. EStG etc. EVA f. FAZ FB ff. FG Fn. FS gem. GesR GG ggf. ggü. GmbH GmbHG GmbHR grds. Großkomm GWB GWR Hdb.
Abkürzungsverzeichnis beziehungsweise circa Christlich Demokratische Union Deutschlands Chief Executive Officer culpa in contrahendo change of control Christlich-Soziale Union in Bayern e.V. Deutscher Anwaltsverein Der Betrieb (Zeitschrift) Deutscher Corporate Governance Kodex in der Fassung vom 5. Mai 2015 derselbe das heißt dieselben diesbezüglich Erster Diskussionsentwurf zum Entwurf eines Gesetzes zur Regelung von Unternehmensübernahmen vom 29. 6. 2000 Deutsche Mark Deutsches Steuerrecht (Zeitschrift) Deutsche Zeitschrift für Wirtschafts- und Insolvenzrecht (Zeitschrift) Earnings Before Interests and Taxes Earnings Before Interests, Taxes and Depreciation Earnings Before Interests, Taxes, Depreciation and Amortization Europäische Gemeinschaft entsprechend Einkommensteuergesetz et cetera Economic Value Added folgend Frankfurter Allgemeine Zeitung Finanz-Betrieb (Zeitschrift) fortfolgende Festgabe Fußnote Festschrift gemäß Gesellschaftsrecht Grundgesetz gegebenenfalls gegenüber Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung GmbHRundschau (Zeitschrift) grundsätzlich Großkommentar Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen Gesellschafts- und Wirtschaftsrecht (Zeitschrift) Handbuch
Abkürzungsverzeichnis HGB hinsichtl. h.M. HRRS Hrsg. HS. i. d. R. i.E. Inc. i.S.d. i.S.e. i.S.v. i.V.m. JR Jura JW JZ KG KMRK Kölner Komm KonTraG krit. KSzW LBO LG lit. Lit. LK M&A MaKonV m.a.W. MBO Mio. MoMiG MüKo m.w.Nachw. NewCo NJW NJW-RR Nr. NStZ NStZ-RR NZG
23
Handelsgesetzbuch hinsichtlich herrschende Meinung Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung im Strafrecht (Zeitschrift) Herausgeber Halbsatz in der Regel im Ergebnis Incorporated im Sinne des/im Sinne der im Sinne eines im Sinne von in Verbindung mit Juristische Rundschau (Zeitschrift) Juristische Ausbildung (Zeitschrift) Juristische Wochenschrift (Zeitschrift) JuristenZeitung (Zeitschrift) Kammergericht Kapitalmarktrechtskommentar Kölner Kommentar Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich v. 27. 4. 1998, BGBl. I 1998, S. 786 kritisch Kölner Schrift zum Wirtschaftsrecht (Zeitschrift) Leveraged Buy Out Landgericht littera Literatur Leipziger Kommentar Mergers and Acquisitions Marktmanipulations-Konkretisierungsverordnung mit anderen Worten Management-Buy-Out Million/Millionen Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen v. 23. 10. 2008, BGBl. I 2008, S. 2026 Münchener Kommentar mit weiteren Nachweisen Erwerbergesellschaft Neue Juristische Wochenschrift (Zeitschrift) Neue Juristische Wochenschrift – Rechtsprechungs-Report Zivilrecht (Zeitschrift) Nummer Neue Zeitschrift für Strafrecht (Zeitschrift) Neue Zeitschrift für Strafrecht – Rechtsprechungs-Report (Zeitschrift) Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht (Zeitschrift)
24 NZWiSt OLG Plc. Prospekt-VO
RabelsZ RefE-WpÜG reSe reSp RG rglm. RGZ Rn. Rspr. S. s. SAR SE sog. soz. SPD StGB str. st. Rspr. taz u. a. UMAG UmwG unbestr. Univ. unstr. u. U. UWG v. v. a. Var. Vorb. VorstAG VorstandsR
Abkürzungsverzeichnis Neue Zeitschrift für Wirtschafts-, Steuer- und Unternehmensstrafrecht (Zeitschrift) Oberlandesgericht Public limited company Verordnung (EG) Nr. 809/2004 der Kommission vom 29. April 2004 zur Umsetzung der Richtlinie 2003/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates betreffend die in Prospekten enthaltenen Informationen sowie das Format, die Aufnahme von Informationen mittels Verweis und die Veröffentlichung solcher Prospekte und die Verbreitung von Werbung (ABl. EU Nr. L 149 S. 1, Nr. L 215 S. 3) Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht (Zeitschrift) Referentenentwurf zum Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz (WpÜG) v. 12. 3. 2001 rechte Seite rechte Spalte Reichsgericht regelmäßig Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Randnummer Rechtsprechung Seite/Satz siehe Stock Appreciation Rights Societas Europaea sogenannt/sogenannte/sogenannter sozusagen Sozialdemokratische Partei Deutschlands Strafgesetzbuch strittig ständige Rechtsprechung Die Tageszeitung unter anderem Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts v. 22. 5. 2005, BGBl. I 2005, S. 2802 Umwandlungsgesetz unbestritten University unstrittig unter Umständen Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb von/vom vor allem Variante Vorbemerkung/Vorbemerkungen Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung v. 31. 7. 2009, BGBl. I 2009, S. 2509 Vorstandsrecht
Abkürzungsverzeichnis VorstOG
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Gesetz über die Offenlegung der Vorstandsvergütungen (Vorstandsvergütungs-Offenlegungsgesetz) v. 3. 8. 2005, BGBl. I 2005, S. 2267 VVaG Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit WissR Zeitschrift für deutsches und europäisches Wissenschaftsrecht (Zeitschrift) wistra Zeitschrift für Wirtschafts- und Steuerstrafrecht (Zeitschrift) WM Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht – Wertpapiermitteilungen (Zeitschrift) WPg Die Wirtschaftsprüfung (Zeitschrift) WpHG Wertpapierhandelsgesetz WpPG Gesetz über die Erstellung, Billigung und Veröffentlichung des Prospekts, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei der Zulassung von Wertpapieren zum Handel an einem organisierten Markt zu veröffentlichen ist – Wertpapierprospektgesetz WpÜG Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz WpÜG-AngebotsVO Verordnung über den Inhalt der Angebotsunterlage, die Gegenleistung bei Übernahmeangeboten und Pflichtangeboten und die Befreiung von der Verpflichtung zur Veröffentlichung und zur Abgabe eines Angebots WRP Wettbewerb in Recht und Praxis (Zeitschrift) z. B. zum Beispiel ZfB Zeitschrift für Betriebswirtschaft (Zeitschrift) zfbf Schmalenbachs Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung (Zeitschrift) ZGR Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht (Zeitschrift) ZGS Zeitschrift für Vertragsgestaltung, Schuld- und Haftungsrecht (Zeitschrift) ZHR Zeitschrift für das gesamte Handels- und Wirtschaftsrecht (Zeitschrift) Ziff. Ziffer ZIP Zeitschrift für Wirtschaftsrecht (Zeitschrift) ZIS Zeitschrift für internationale Strafrechtsdogmatik (Zeitschrift) ZRP Zeitschrift für Rechtspolitik (Zeitschrift) ZStW Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft (Zeitschrift) zust. zustimmend ZVglRWiss Zeitschrift für Vergleichende Rechtswissenschaft (Zeitschrift)
1. Teil
Einleitung Führt man sich die Idee einer Drittleistung an Vorstandsmitglieder vor Augen, schießt einem im ersten Moment der Begriff „Bestechung“ durch den Kopf. Wie sonst sollen Leistungen zu betiteln sein, die nicht von der Gesellschaft selbst stammen, aber dennoch an den Vorstand im Zusammenhang mit der Tätigkeit für die ihn anstellenden Gesellschaft gewährt werden? Welchen Sinn und Zweck soll die Leistung eines Dritten sonst haben, wenn nicht, den Vorstand dazu zu veranlassen, die Interessen des Leistenden über die Interessen der Gesellschaft zu stellen? Allerdings wurde im Jahre 2002 mit § 33d WpÜG eine Norm geschaffen, welche unter gewissen Voraussetzungen Leistungen des Bieters als gerechtfertigt ansieht. Gegenüber einem absoluten Verbot (so wie es noch der ursprüngliche Entwurf der Vorschrift § 29 DiskE-ÜG vorsah) wurde eingewandt, dass es dem Vorstand nicht in jedem Fall verwehrt werden könne, sich mit dem Bieter etwa über eine Fortsetzung der Anstellung zu einigen.1 Und auch im Rahmen der Mannesmann-Affäre,2 bei der er es um Provisionszahlungen an den Vorstand einer Aktiengesellschaft durch die eigene Gesellschaft ging, wurde es von Lutter und Zöllner in einem Beitrag für die FAZ im Jahre 2004 beinahe als selbstverständlich vorausgesetzt, dass belohnende Leistungen, die eben in erster Linie den Aktionären zu Gute kämen, auch diese zu tragen hätten.3 Wirft man einen Blick in die Praxis, heißt es ferner, Managementbeteiligungen seitens Bieter oder Aktionär seien in Private-Equity-Transaktionen conditio sine qua non,4 und man muss konstatieren, dass die Schenkung eines Aktienpakets im Wert von ca. 73 Millionen Euro durch die Großaktionärin an den Vorstandsvorsitzenden desselben Unternehmens (Springer/Döpfner) zwar zur Kenntnis genommen wird, hingegen kaum zum rechtlichen Diskurs anregt.5 Während die gesellschaftsseitige Vergütung in den letzten Jahren durch die Mannesmann-Entscheidung 2006, den Erlass des VorstAG 2009 oder diverse Änderungen und Anpassungen im Deutschen Corporate Governance-Kodex ins Blickfeld der gesellschaftlichen, politischen und rechtlichen Öffentlichkeit gerückt 1
Hopt, FS Lutter, 2000, S. 1361, 1379 f. BGH v. 21. 12. 2005 – 3 StR 470/07 – Mannesmann. 3 Lutter/Zöllner, FAZ v. 10. 02. 1004, abrufbar unter: http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/ mannesmann-prozess-praemie-fuer-esser-war-rechtswidrig-1147519.html (zuletzt abgerufen am: 20. 03. 2015). 4 Ausdrücklich etwa Hohaus/Koch-Schulte, FS P+P Pöllath, 2008, S. 93, 94; Weber, S. 90. 5 s. dazu unten 3. Teil A.I.2. 2
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1. Teil: Einleitung
sind, hat die Handhabung Leistungen Dritter wenig Beachtung gefunden. Trotz Existenz des § 33d WpÜG wird insbesondere im Hinblick auf Leistungen des Bieters vielfach bemängelt, dass kaum hinreichend konkrete Abgrenzungskriterien vorhanden seien, wann eine Leistung als zulässig und wann als unzulässig anzusehen sei.6 Auch für aktionärsseitige Leistungen sind entsprechende Maßstäbe allenfalls sporadisch vorhanden; hier mangelt es gar an einer gesetzlichen Regelung, sodass neben der Frage der generellen Zulässigkeit bereits in Streit steht, ob der Aufsichtsrat (im Falle der Zulässigkeit) zu involvieren sei. Bislang fast vollständig vermieden wurde schließlich ein Blick auf die Rechtsfolgen im Falle der Unzulässigkeit. Während dies im Rahmen gesellschaftsseitiger Vergütung eher Randthematik darstellt, kommt dieser Frage zur Bewertung von Drittleistung jedoch ungleich größere Bedeutung zu. Da von außen in ein von Treupflichten bestimmtes Verhältnis (zwischen Vorstand und Gesellschaft) eingegriffen wird, muss die Frage nach der Zulässigkeit der Leistung bzw. deren Voraussetzungen bereits denklogisch im Blick haben, ob und wie einem etwaigen Missbrauch sachgerecht begegnet werden kann. Die nachfolgende Bearbeitung bemüht sich um eine Aufarbeitung der geschilderten Probleme. Maßgebliches Ziel ist es, „Leistungen Dritter“ als Oberfallgruppe zu verstehen und in Konflikt mit gesellschaftsrechtlichen Wertungen zu setzen. Nur auf diesem Weg können Maßstäbe gefunden werden, welche sachgerecht Leistungsursprung und Leistungssituation berücksichtigen und dadurch Gleich- oder Ungleichbehandlungen verschiedener Leistungen begründen. Entsprechend wird zunächst im zweiten Teil der Bearbeitung der Begriff der Drittleistung herausgearbeitet und definiert und anschließend im Hinblick auf die dem Vorstand obliegenden Rechte und insbesondere Pflichten einer ersten Bewertung unterzogen.7 Leistungen, die anhand der so gefundenen Maßstäbe als potentiell zulässig angesehen werden können – namentlich Leistungen der Aktionäre (A.) und Leistungen des Bieters (B.) –, werden im dritten Teil einer ausführlichen Bewertung unterzogen. Neben der Beantwortung der Frage ihrer Zulässigkeit werden hier materielle und prozessuale Maßstäbe herausgefiltert, die es bei der Vereinbarung der Leistung zu beachten gilt. Schließlich findet im vierten Teil eine ausführliche Auseinandersetzung mit Sanktionierung und Rechtsschutz unzulässiger Drittleistung statt. Dabei werden sowohl die gesellschaftsrechtlichen und damit die zivilrechtichen Folgen aufgegriffen als auch die ordnungsrechtliche Sanktionierung. Sinn und Zweck der Arbeit erfordern es zudem, dass auf die Ergebnisse dieses vierten Kapitels bereits in den vorherigen Kapiteln vorgegriffen werden muss, da mit oben Gesagtem nur auf diesem Weg eine umfassende Einschätzung der Zulässigkeit (und ihrer Voraussetzungen) möglich ist.
6 7
s. etwa Selzner, AG 2013, 818; Kiem, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33d, Rn. 4. s. zu Grund und Art des Vorgehens genauer unten 2. Teil A.V.
2. Teil
Begriff der Drittleistung und Kategorisierung anhand des ausgelösten Interessenkonflikts Unweigerlich drängt sich zunächst die Frage auf, ob der Vorstand Leistungen eines Dritten überhaupt annehmen darf. Dieser Gedanke hat nicht zuletzt deshalb Priorität vor der Frage, ob der Dritte dem Vorstand etwas zukommen lassen darf, weil der Vorstand zum einen häufig in einem deutlich engeren Verhältnis zu der ihn anstellenden Gesellschaft steht und zum anderen umfangreiche Befugnisse genießt, über das – für ihn fremde – Vermögen der Gesellschaft zu verfügen und über ihre Geschicke zu bestimmen. Die Bedienung des finanziellen Eigeninteresses des Vorstands (potentiell zu Lasten der Gesellschaft) steht daher in besonders scharfem Konflikt zu seiner treuhänderischen Stellung als Geschäftsleiter – und ist damit zuallererst an der den Vorstand bindenden, organschaftlichen Treuepflicht gegenüber der Gesellschaft zu messen:
A. Ausgangspunkt: Drittleistungen und die organschaftliche Treuepflicht des Vorstands Obgleich die organschaftliche Treuepflicht an sich nicht ausdrücklich vorgeschrieben oder geregelt ist – im Gegensatz zu ihrem pflichtenbegründendem Pendant bzw. „Aliud“1, der Sorgfaltspflicht, welche in § 93 Abs. 1 S. 1 AktG Niederschlag gefunden hat –, ist sie nach unbestrittener Auffassung als zwingend anzusehen.2 Möchte man einen übergreifenden Pflichteninhalt der Treuepflicht definieren, so wird sich dieser wohl am ehesten als die Pflicht zu umfassender Loyalität der Geschäftsleiter gegenüber ihrer Gesellschaft beschreiben lassen.3 Ausgehend von dieser Grundannahme findet sich eine Vielzahl von Einzelausprägungen, von denen einige 1 So die h.M. hinsichtlich des Verhältnisses beider Pflichten, s. Möllers, in: Hommelhoff/ Hopt/v. Werder, Hdb. Corporate Governance, S. 423, 430, m.w.Nachw. 2 BGH v. 21. 12. 2005 – 3 StR 470/04, BGHSt 50, 331, 339 = NJW 2006, 522, 524 – Mannesmann; statt aller Hüffer/Koch, AktG, § 93, Rn. 28, § 84, Rn. 10 f. 3 Hopt/Roth, in: Großkomm AktG, § 93, Rn. 227; Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 93, Rn. 95; Krieger/Sailer-Coceani, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 93, Rn. 21; Hölters, in: Hölters, AktG, § 93, Rn. 115; Eckert, in: Wachter, AktG, § 93, Rn. 15; Kübler, FS Werner, 1984, S. 437, 438.
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2. Teil: Begriff der Drittleistung und Kategorisierung
gesetzlich verankert und andere mittels Rechtsfortbildung von Rechtsprechung und Literatur entwickelt worden sind.4 Ihnen ist gemein, dass sie die Bindung des Vorstands an das Unternehmensinteresse als Fremdinteresse im Auge haben und sein Handeln darauf ausrichten sowie die sachgerechte Wahrung des Fremdinteresses gewährleisten sollen. Dass nun Drittleistungen diese Ausrichtung empfindlich stören können, wird besonders deutlich, wenn man sich die beiden sich teils überschneidenden, konzeptionellen Leitgedanken der organschaftlichen Treuepflicht vor Augen führt: Zum einen sollen Interessenkonflikte der Geschäftsleitung möglichst vermieden werden (no-conflict-rule), zum anderen darf der Vorstand aufgrund seiner Stellung keine Sondervorteile erhalten (no-profit-rule).5
I. Dogmatische Grundlage und inhaltliche Konkretisierung der organschaftlichen Treuepflicht Ihre Ursprünge findet die Idee einer besonderen, an der Organstellung der Organe anknüpfenden Treuepflicht der Geschäftsleiter in der allen Kapitalgesellschaften typischen Trennung von Kapital und Kontrolle. Erste Ansätze im deutschen Recht haben die Machtbefugnisse der Geschäftsleiter mit dem von den Eigentümern entgegengebrachten Vertrauen gerechtfertigt, das den Geschäftsleiter seinerseits zu einer besonderen Treue gegenüber der Gesellschaft verpflichtet.6 Nach aktuellen Begründungsansätzen haben Treuepflichten – alternativ oder kumulativ zu dem auf das Vertrauensmoment abstellenden Ansatz7 – ihren Grund in den umfassenden Kompetenzen der Geschäftsleiter auf fremde Vermögenswerte einzuwirken.8 Gleich ist aber beiden Erklärungsversuchen, dass ihr dogmatischer Ursprung im Rechtsverhältnis zwischen Organmitglied und Gesellschaft liegt – somit in der Organ-
4 s. etwa die Übersicht bei Möllers, in: Hommelhoff/Hopt/v. Werder, Hdb. Corporate Governance, S. 423, 431 ff. 5 Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 93, Rn. 121 ff.; ders., WM 2003, 1045, 1049, der diese rechtskonzeptionelle Zielsetzung der organschaftlichen Treuepflicht, englischen Vorbildern folgend, treffend herausstellt; ferner Bürgers/Israel, in: Bürgers/Körber, AktG, § 93, Rn. 6; ob beide Leitgedanken dabei nebeneinander stehen oder die no-profit-rule als Unterfallgruppe der no-conflict-rule anzusehen ist, spielt für die nachfolgende Bearbeitung keine Rolle. 6 BGH v. 09. 11. 1967 – II ZR 64/67, NJW 1968, 396, 396; v. 28. 04. 1954 – II ZR 211/53, NJW 1954, 998, 999; v. 26. 03. 1956 – II ZR 57/55, NJW 1956, 906, 906. 7 Für eine kumulative Herleitung bspw. Hüffer/Koch, AktG, § 84, Rn. 10; angesichts des gefestigten Anerkenntnisses der organschaftlichen Treuepflicht kommt einem entsprechenden Meinungsstreit allerdings keine rechtsfortbildende Bedeutung mehr zu. 8 s. dazu Möllers, in: Hommelhoff/Hopt/v. Werder, Hdb. Corporate Governance, S. 423, 427; Fleischer, WM 2003, 1045, 1046; Hüffer/Koch, AktG, § 84, Rn. 10; Hopt/Roth, in: Großkomm AktG, § 93, Rn. 224; auf den treuhänderischen Aspekt abstellend, Grundmann, S. 169, 192 ff.; Wiedemann, FS Heinsius, 1991, S. 949.
A. Drittleistungen und die organschaftliche Treuepflicht des Vorstands
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stellung selbst9 – und damit über bloße schuldrechtliche Pflichten eines Anstellungsverhältnisses oder die Bindungen des § 242 BGB hinausgeht.10 Die organschaftliche Treuepflicht dient, soz. als Korrelat zu der weitreichenden Rechtsmacht und den sich aus ihr ergebenden Gefahren, der Sicherung der Interessen der Gesellschaft durch die Einrichtung entsprechender Verhaltenspflichten der Gesellschaftsleiter.11 Neben der sich ebenfalls aus dem treuhänderischen Verhältnis ergebenden Pflicht zur Sorgfalt (duty of care) kommt damit der Pflicht zur Loyalität (duty of loyalty) besondere Bedeutung zu.12 In diesem Sinne ist anerkannt, dass es für den Geschäftsleiter von Kapitalgesellschaften wesentliche Pflicht ist, in allen Angelegenheiten der Gesellschaft allein deren Wohl und nicht den eigenen Nutzen oder den Vorteil anderer im Auge zu haben.13 D. h. zunächst, dass der Geschäftsleiter allein zur Wahrung des Unternehmensinteresses verpflichtet ist und seine Handlungen und Entscheidungen danach ausrichten muss.14 Im Umkehrschluss muss der Geschäftsleiter alles unterlassen, was nicht im Interesse der Gesellschaft liegt, und darf ihr keinen Schaden zufügen (Schädigungsverbot). Die Pflicht zur Loyalität gebietet es überdies, Interessen9
Spindler, in: MüKo-AktG, § 93, Rn. 108; Hüffer/Koch, AktG, § 84, Rn. 10; Eckert, in: Wachter, AktG, § 93, Rn. 15; Wiesner, in: Münchener Hdb. GesR, Band 4, § 25, Rn. 41; dabei ist mit der ganz h.M. klarzustellen, dass die organschaftliche Treuepflicht nur gegenüber der Gesellschaft, nicht aber gegenüber einzelnen Anteilseignern Wirkung entfaltet, ganz h.M. s. nur Bürgers/Israel, in: Bürgers/Körber, AktG, § 93, Rn. 6; Fleischer, WM 2003, 1045, 1046. 10 Statt vieler Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 93, Rn. 95; indes sollte der Verweis auf § 242 BGB nicht missverstanden werden, denn bei der organschaftlichen Treuepflicht handelt es sich nicht um einen (schärferen) Anwendungsfall des Gebotes von Treu und Glauben nach § 242 BGB. § 242 BGB soll die gegenläufigen Interessen der Vertragsparteien unter dem Aspekt gebotener Rücksichtnahme sicherstellen; dabei ist die Verfolgung eigener Interessen durch die jeweiligen Parteien keinesfalls untersagt, sie ist der Natur von Austauschverträgen gerade inhärent. Dagegen soll die organschaftliche Treuepflicht nicht in erster Linie die Grenzen legitimer Verfolgung von Eigeninteressen aufzeigen, sondern die Unterordnung eigener Interessen und die Wahrung von Fremdinteressen sicherstellen. Denn die Gesellschaft sowie auch die „fremdnützig handelnden Organmitglieder“ handeln im Idealfall nach dem Unternehmensinteresse als demselben Interesse, Möllers, in: Hommelhoff/Hopt/v. Werder, Hdb. Corporate Governance, S. 423, 428. 11 Fleischer, WM 2003, 1045, 1046; Wiedemann, FS Heinsius, 1991, S. 949, 951. 12 Hopt/Roth, in: Großkomm AktG, § 93, Rn. 227; Wiedemann, FS Heinsius, 1991, S. 949, 951 sieht Treuepflichten als Oberbegriff an, welche sich dann in die Pflicht zur Sorgfalt und die Pflicht zur Loyalität unterscheiden würden. Indes ist eine Sorgfaltspflicht auch ohne Treuepflichten denkbar, sodass beide Pflichten nebeneinander stehen, Möllers, in: Hommelhoff/ Hopt/v. Werder, Hdb. Corporate Governance, S. 423, 430, m.w.Nachw. 13 BGH v. 08. 05. 1967 – II ZR 126/65, WM 1967, 679, 679; v. 10. 02. 1977 – II ZR 79/75, WM 1977 361, 362; v. 21. 02. 1983 – II ZR 183/82, WM 1983, 498, 499; v. 23. 09. 1985 – II ZR 246/84, WM 1985, 1443, 1443 (alle für die GmbH); s. auch Hopt/Roth, in: Großkomm AktG, § 93, Rn. 227; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 93, Rn. 114; ders., WM 2003, 1045, 1045; Lutter, DZWiR 2011, 265, 266. 14 Spindler, in: MüKo-AktG, § 93, Rn. 108; Hopt/Roth, in: Großkomm AktG, § 93, Rn. 227; Hölters, in: Hölters, AktG, § 93, Rn. 114; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 93, Rn. 114; ders., WM 2003, 1045, 1045; Lutter DZWiR 2011, 265, 266.
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2. Teil: Begriff der Drittleistung und Kategorisierung
konflikte zu vermeiden und bei Interessenkollision zwischen den Gesellschafts- und den eigenen Interessen letztere hintanzustellen.15 Dies impliziert, dass die Geschäftsleitung ihre Stellung nicht zu eigenen Gunsten oder zu Gunsten Dritter ausnutzen darf.16 Sind in Folge eines Interessenkonflikts gleichwohl einmal die Interessen der Gesellschaft gefährdet, hat diese aufgrund des der Geschäftsleitung entgegengebrachten Vertrauens ein Recht darauf, dies zu erfahren. Mithin hat die Geschäftsleitung alle potentiellen Interessenkonflikte offenzulegen.17 Hervorzuheben ist an dieser Stelle, dass die Geschäftsleitung bereits den Eindruck vermeiden muss, durch Interessen Dritter in ihrer unbedingten Verpflichtung auf das Unternehmensinteresse befangen zu sein.18 Denn nur auf diese Weise kann sichergestellt werden, dass das Mitglied der Geschäftsleitung hinreichend seiner Pflicht zur Offenlegung nachkommt und seine Interessenbindung immer vor Augen hat. Um die Einhaltung dieser Grundsätze hinreichend zu gewährleisten, sind allgemein und auch im Vergleich zur Sorgfaltspflicht bei der Einhaltung organschaftlicher Treuepflichten besonders strenge Maßstäbe anzulegen.19 Denn Treuepflichtverstöße treffen i. d. R. eher weniger Bereiche, in denen es um die mitunter schwer nachzuweisende mangelnde Sorgfalt im Umgang mit dem fremden Vermögen geht und die somit in den Bereich breiten unternehmerischen Ermessens fallen, sondern eben um Konstellationen, in denen die Loyalität zur Gesellschaft auf dem Prüfstand steht. Dort ist aber der Raum für Irrtümer oder „Fehlschläge“ naturgemäß enger gestrickt als bei der Frage nach der Ordnungsmäßigkeit unternehmerischer Entscheidungen.20 Dementsprechend findet der Spielraum unternehmerischen Ermessens, der dem Vorstand im Rahmen der Sorgfaltspflichten nach § 93 Abs. 1 S. 2 AktG eingeräumt wird, auf die Befolgung organschaftlicher Treuepflichten keine Anwendung.21 Ein strenger Maßstab bei der Bestimmung und Auslegung organschaftlicher Treuepflichten darf allerdings nicht mit einem Verständnis als absolute und klar definierte „Verbotsnorm“ verwechselt werden. Gerade der generalklauselartige Charakter soll die Anwendung auf den Einzelfall den konkreten Begebenheiten anpassen.22 Dies ist 15
Möllers, in: Hommelhoff/Hopt/v. Werder, Hdb. Corporate Governance, S. 423, 431; Spindler, in: MüKo-AktG, § 93, Rn. 108. 16 Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 93, Rn. 95; Krieger/Sailer-Coceani, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 93, Rn. 21; Spindler, in: MüKo-AktG, § 93, Rn. 108; Bürgers/Israel, in: Bürgers/Körber, AktG, § 93, Rn. 6; Möllers, in: Hommelhoff/Hopt/v. Werder, Hdb. Corporate Governance, S. 423, 431. 17 BGH v. 26. 03. 1956 – II ZR 57/55, BGHZ 20, 239, 246; Möllers, in: Hommelhoff/Hopt/v. Werder, Hdb. Corporate Governance, S. 423, 431; Spindler, in: MüKo-AktG, § 93, Rn. 108, § 76, Rn. 13; Seibt, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 76, Rn. 7. 18 Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 93, Rn. 95; Hopt/Roth, in: Großkomm AktG, § 93, Rn. 227. 19 Hopt/Roth, in: Großkomm AktG, § 93, Rn. 227; ders., ZGR 1993, 534, 542. 20 s. Fleischer, WM 2003, 1045, 1049. 21 Begr. RegE., BT-Drucks. 15/5092 (UMAG), S. 11; Hölters, in: Hölters, AktG, § 93, Rn. 114. 22 K. Schmidt, GesR, § 20 IV. 1., S. 588.
A. Drittleistungen und die organschaftliche Treuepflicht des Vorstands
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ganz besonders zu berücksichtigen, wenn nachfolgend anhand der organschaftlichen Treuepflicht eine weitergehende Einordnung von Drittleistungen vorgenommen werden soll.
II. Drittleistungen in der Rechtsprechung Will man Drittleistungen unter der organschaftlichen Treuepflicht sachgerecht bewerten, bedarf es zunächst eines Blicks auf ergangene Rechtsprechung zu diesem Themenkomplex. Im Groben ist Rechtsprechung zu Drittleistungen oder ähnlich gelagerten Fällen jedoch erst in zwei unterschiedlichen Konstellationen ergangen. Zum einen bezieht sie sich auf die Annahme von Zuwendungen Dritter im Zusammenhang mit dem Abschluss eines konkreten Geschäfts. Zum anderen hat sich das OLG München mit dem Sonderfall der drittbezogenen Vergütung auseinandergesetzt. 1. Rspr. zur Unzulässigkeit von Provisionen und Schmiergeldern Dritter bei Abschluss eines konkreten Geschäfts Nach einhelliger Auffassung in der Rechtsprechung handelt ein Vorstandsmitglied treuwidrig, wenn es sich Provisionen versprechen lässt,23 Schmiergelder entgegennimmt24 oder Vorzugspreise für sich aushandelt.25 Einheitlich sind die Urteile hinsichtlich des Abschlusses von Verträgen und solchen Leistungen ergangen, die mit dem Abschluss eines konkreten Geschäfts zusammenhängen.26 Zur Begründung ist dabei zweierlei zu beachten: Zum einen gehört der Abschluss solcher Geschäfte in den durch den Anstellungsvertrag festgelegten und damit von der Vergütung be23 RG v. 23. 05. 1919 – II 376/18, RGZ 96, 53, 54; BGH v. 02. 04. 2001 – II ZR 217/99, NZG 2001, 800, 801; v. 21. 02. 1983 – II ZR 183/82, WM 1983, 498, 499 (zur GmbH); v. 10. 02. 1992 – II ZR 23/91, WM 1992, 691, 693 (zur GmbH); OLG Düsseldorf v. 25. 11. 1999 – 6 U 146/98, WM 2000, 1393, 1397 (zur GmbH). 24 BGH v. 26. 03. 1962 – II ZR 151/50, WM 1962, 578, 578 (zum VVaG); v. 08. 05. 1967 – II ZR 126/65, WM 1967, 679, 679 (zur GmbH); OLG Düsseldorf v. 25. 11. 1999 – 6 U 146/98, WM 2000, 1393, 1397 (zur GmbH). 25 BGH v. 08. 05. 1967 – II ZR 126/65, WM 1967, 679, 679 (zur GmbH); v. 09. 07. 1979 – II ZR 125/77, WM 1979, 1328, 1330. 26 U. a. RG v. 23. 05. 1919 – II 376/18, RGZ 96, 53, 54; BGH v. 21. 02. 1983 – II ZR 183/82, WM 1983, 498, 499 (zur GmbH); v. 10. 02. 1992 – II ZR 23/91, WM 1992, 691, 693 (zur GmbH); OLG Düsseldorf v. 25. 11. 1999 – 6 U 146/98, WM 2000, 1393, 1397 (zur GmbH); zwar ebenfalls anlässlich konkreter Zuwendungen, aber allgemeiner in seinen Formulierungen dagegen BGH v. 26. 03. 1962 – II ZR 151/50, WM 1962, 578, 578 („Vergebung von Aufträgen“); v. 08. 05. 1967 – II ZR 126/65, WM 1967, 679, 679 („Abschluss von Verträgen“); noch weiter BGH v. 02. 04. 2001 – II ZR 217/99, NZG 2001, 800, 801 („[Zuwendungen Dritter], die eine Willensbeeinflussung zum Nachteil des Auftraggebers befürchten lassen“).
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2. Teil: Begriff der Drittleistung und Kategorisierung
rücksichtigten Tätigkeitsbereich des Vorstands.27 In diesem Zusammenhang darf der Geschäftsleiter allein das Wohl der Gesellschaft und nicht seinen eigenen Nutzen im Auge haben.28 Insbesondere ist es ihm nach einhelliger Auffassung untersagt, seine eigenen geschäftlichen Interessen auf Kosten und zum Nachteil der Gesellschaft zu verfolgen.29 Dem liegt zum anderen die Annahme zu Grunde, dass durch die Zuwendung an das Vorstandsmitglied der Gesellschaft ein mittelbarer Schaden entsteht, da die durch die Zuwendung entstandenen Kosten vom Geschäftspartner in die Preiskalkulation einbezogen werden.30 In Einklang mit dem Rechtsgedanken des § 667 BGB soll den Vorstand daher eine Herausgabepflicht hinsichtlich der Zuwendung treffen.31 Indes spielt es für die Verletzung der organschaftlichen Treuepflicht (und damit auch für die Herausgabepflicht) keine Rolle, ob durch das Verhalten des Vorstandsmitglieds der Gesellschaft tatsächlich ein Schaden entstanden ist.32 Maßgeblich ist allein, dass bereits die Annahme der Leistung und damit der Treuepflichtverstoß an sich zu einer hinreichend gravierenden, abstrakten Gefährdung der Interessen der Gesellschaft führt.33 2. BGH aus dem Jahr 2001: Kein Verstoß gegen § 88 AktG bei Vorteil für die Gesellschaft Wenn auch auf dieser ständiger Rspr. aufbauend – und ebenfalls im Zusammenhang mit einem konkreten Geschäft – verfolgt der BGH in einer vergleichsweise jungen Entscheidung aus dem Jahr 2001 einen neuen Ansatz. In dieser ist ein Vor27 Möllers, in: Hommelhoff/Hopt/v. Werder, Hdb. Corporate Governance, S. 423, 432; Hopt/Roth, in: Großkomm AktG, § 93, Rn. 271. 28 RG v. 23. 05. 1919 – II 376/18, RGZ 96, 53, 54; BGH v. 21. 02. 1983 – II ZR 183/82, WM 1983, 498, 499 (zur GmbH); v. 10. 02. 1992 – II ZR 23/91, WM 1992, 691, 693 (zur GmbH). 29 RG v. 23. 05. 1919 – II 376/18, RGZ 96, 53, 54; BGH v. 21. 02. 1983 – II ZR 183/82, WM 1983, 498, 499 (zur GmbH). 30 Hopt/Roth, in: Großkomm AktG, § 93, Rn. 271; Möllers, in: Hommelhoff/Hopt/v. Werder, Hdb. Corporate Governance, S. 423, 432; wohl auch Wiedemann, S. 16. 31 BGH v. 02. 04. 2001 – II ZR 217/99, NZG 2001, 800, 801; OLG Düsseldorf v. 25. 11. 1999 – 6 U 146/98, WM 2000, 1393, 1397, nach § 667 ist alles aus der „Geschäftsbesorgung“ erlangte an den Auftraggeber herauszugeben; zu den weiteren Auswirkungen der Anknüpfung an den Rechtsgedanken des § 667 BGB, s. unten 4. Teil A.III.1.a)bb); neu auch Hopt/Roth, in: Großkomm AktG, § 93, Rn. 271. 32 OLG Düsseldorf v. 25. 11. 1999 – 6 U 146/98, WM 2000, 1393, 1397; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 93, Rn. 155. 33 BGH v. 08. 05. 1967 – II ZR 126/65, WM 1967, 679, 679 (zur GmbH) „Zuwendungen an Gesellschaftsorgane, um beim Abschluss von Verträgen bevorzugt zu werden, verstoßen selbst dann, wenn sie im Einzelfall keinen Nachteil für die Gesellschaft mit sich gebracht haben, gegen die Grundregeln des geschäftlichen Anstands (BGH WM 1962, 578); die Annahme solcher Zuwendungen bedeutet daher regelmäßig auch eine grobe Pflichtverletzung des Organs“; OLG Düsseldorf v. 25. 11. 1999 – 6 U 146/98, WM 2000, 1393, 1397; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 93, Rn. 155 (der in diesem Zusammenhang auf den Beweis des ersten Anscheins abstellt); Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 35, Rn. 47.
A. Drittleistungen und die organschaftliche Treuepflicht des Vorstands
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stand im Zusammenhang mit einem Grundstückskauf zum gleichzeitigen Vorteil des Hauptaktionärs wie auch der ihn anstellenden Gesellschaft als Makler aufgetreten und hat für das von ihm eingeleitete Geschäft eine Provision durch den Hauptaktionär erhalten.34 Im Ergebnis hat der BGH einen Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot gem. § 88 AktG als spezialgesetzliche Ausprägung der organschaftlichen Treuepflicht abgelehnt, da – verkürzt dargestellt – die Abwicklung des Geschäfts sowohl zum Nutzen des leistenden Hauptaktionärs als auch zum Nutzen der Gesellschaft war. Unter Hinweis auf die Besonderheiten dieses „atypischen“ Einzelfalls und des Nutzens für die Gesellschaft und der deshalb hypothetisch anzunehmenden Einwilligung des Aufsichtsrats der Gesellschaft verwehrt er der Gesellschaft auch einen Anspruch analog § 667 BGB.35 Ohne bereits an dieser Stelle eine rechtliche Bewertung dieses Urteils an sich vornehmen zu wollen,36 sticht doch ein Novum ins Auge: Erstmals stellt der BGH auf den Nutzen einer Drittleistung für die Gesellschaft selbst ab und begründet u. a. mit diesem, dass die Annahme der Leistung keinen Verstoß gegen die organschaftlichen Pflichten des Vorstands bedeutet. Einschränkend ist freilich zu bedenken, dass das Urteil – wie gesagt – unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls erfolgt ist. 3. OLG München: Drittbezogene Vergütung im faktischen Konzern Im Jahre 2008 musste schließlich das OLG München entscheiden, inwiefern es zulässig ist, wenn sich die dem Vorstandsmitglied gewährte variable Vergütung der anstellenden Gesellschaft nicht an Parametern abhängig vom Erfolg der anstellenden Gesellschaft, sondern abhängig vom Erfolg der Obergesellschaft im faktischen Konzern orientiert.37 In Abgrenzung zur vorliegenden Problemstellung ging es damit gerade nicht um die Frage, ob die Leistung der Konzernmutter an das Vorstandsmitglied einer abhängigen Gesellschaft mit rechtlichen Vorgaben in Einklang zu bringen ist; obwohl mithin keine Frage der Drittleistung im Raum stand und zudem die Lage im Konzern im Rahmen dieser Bearbeitung außer Acht gelassen wird, wohnt der Entscheidung dennoch Aussagegehalt für die vorliegende Fragestellung inne: Denn hier wie dort geht es im Kern darum, ob sich der Vorstand an Interessen orientieren darf, die nicht zwingend mit den Interessen der anstellenden Gesellschaft kongruent sind. In diesem Sinne hat das OLG München hinsichtlich drittbezogener Vergütungen im faktischen Konzern klargestellt, dass solche dann unzulässig sind, 34
BGH v. 02. 04. 2001 – II ZR 217/99, NZG 2001, 800, 801. BGH v. 02. 04. 2001 – II ZR 217/99, NZG 2001, 800, 801. 36 s. dazu nochmals unten im Zusammenhang mit § 88 AktG, s. 3. Teil A.III.1.c). 37 OLG München v. 07. 08. 2008 – 7 U 5618/07, NZG 2008, 631; in BGH v. 09. 11. 2009 – II ZR 154/08, DStR 2009, 2692, hat dieser die Revisionsnichtzulassungsbeschwerde durch Beschluss zurückgewiesen, ohne inhaltlich zu der Vergütung Stellung zu nehmen. 35
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2. Teil: Begriff der Drittleistung und Kategorisierung
wenn durch sie „der Anreiz geschaffen werden könnte, dass der Vorstand gegen die Interessen der Gesellschaft handelt oder die Belange der Gesellschaft gesellschaftsfremden Interessen unterordnet“.38 Ferner führt es aus, dass „eine Vergütungsregelung, die prinzipiell geeignet ist, Entscheidungen zu honorieren, die den Interessen der Gesellschaft zuwiderlaufen, […] in der Regel die Lage der Gesellschaft nicht (wie von § 87 Abs. 1 S. 1 AktG gefordert) angemessen berücksichtigen [wird]“.39 Wie dargestellt liegt der Rspr. zu Schmiergeldern im Zusammenhang mit einem Geschäftsabschluss die gleiche Linie zugrunde. Denn so, wie durch Schmiergelder und Provisionen eine „Loslösung“ von den Interessen der anstellenden Gesellschaft erreicht werden soll, kann dies genauso im Rahmen der Ausrichtung der Vergütung auf die Interessen einer gesellschaftsfremden Person erfolgen. Wenngleich das Urteil des OLG München aufgrund des Umstands der faktischen Konzernierung und der damit verbundenen Schutzmechanismen von Teilen des Schrifttums kritisiert wird,40 lässt sich diese Kernaussage auch nicht bestreiten. So setzt auch die Kritik an diesem Urteil insbesondere an dem Umstand an, dass die Gefährdung durch die Ausrichtung auf die Interessen der Konzernmutter durch die Schutzvorschriften der §§ 311 ff. AktG hinreichend ausgeglichen werden könne.41 Denn nach Auffassung des OLG München reicht die Pflicht zum Nachteilsausgleich nach § 311 Abs. 2 S. 1 AktG nicht, um solche Vergütungsvereinbarungen zu rechtfertigen.42 4. Bewertung dieser Rechtsprechung Ansatzpunkt aller Entscheidungen ist die Fragestellung, inwiefern durch Schmiergelder oder durch andere finanzielle Anreize, die darauf ausgerichtet sind, die Interessen eines Dritten zu berücksichtigen, die Interessen der den Vorstand anstellenden Gesellschaft beeinträchtigt werden. Während die ständige Rspr. des 38
OLG München v. 07. 08. 2008 – 7 U 5618/07, NZG 2008, 631, 632. OLG München v. 07. 08. 2008 – 7 U 5618/07, NZG 2008, 631, 632 f.; dass sich das Urteil an der konkreten Stelle auf Ausführungen zu § 87 Abs. 1 AktG bezieht ist unbeachtlich, da die dargestellte Pflicht nicht nur die Ausgestaltung der Vergütung durch den Aufsichtsrat betreffen darf, sondern insbesondere auch einen Hinweis auf das organschaftliche Pflichtenprogramm des Vorstands gibt. Insofern führt das OLG München später auch aus, dass „sonach nicht fernliegend die Gefahr [bestehe], dass beim Bezug von Lieferungen und Leistungen innerhalb des Konzerns die Anstrengungen der für das operative Geschäft zuständigen Vorstände, optimal günstige Preise zu erlangen, nicht in dem nach § 93 Abs. 1 AktG gebotenen Maß vorgenommen werden, wenn die eigene variable Vergütung zu 80 % vom Erfolg der Muttergesellschaft abhängig ist“. 40 Habersack, NZG 2008, 634, 634 f.; Hohenstatt/Seibt/Wagner, ZIP 2008, 2289, 2291 ff.; Waldhausen/Schüller, AG 2009, 179, 182 f.; Arnold, FS Bauer, 2010, S. 35, 39 ff.; das Urteil begrüßend aber Tröger, ZGR 2009, 447, 452 ff.; Spindler, in: MüKo-AktG, § 87, Rn. 67 ff. 41 Habersack, NZG 2008, 634, 635; Hohenstatt/Seibt/Wagner, ZIP 2008, 2289, 2292 f.; Waldhausen/Schüller, AG 2009, 179, 183; Arnold, FS Bauer, 2010, S. 35, 45 f. 42 OLG München v. 07. 08. 2008 – 7 U 5618/07, NZG 2008, 631, 633, zumindest wenn die auf die Muttergesellschaft bezogene Vergütung mehr als 80 Prozent ausmacht. 39
A. Drittleistungen und die organschaftliche Treuepflicht des Vorstands
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BGH zu Schmiergeldern, Provisionen und Vorzugspreisen ein absolutes Verbot der Annahme von Drittleistungen nahe legt, haben sowohl das OLG München im Jahr 2008 als auch insbesondere der BGH im Jahr 2001 gewisse Einschränkungen dieses Grundsatzes diskutiert und in Kauf genommen. So hat das OLG München immerhin die Rechtfertigung der Ausrichtung auf fremde Interessen durch Schutzvorschriften erwogen, unabhängig davon, dass es den Schutz im konkreten Fall als nicht ausreichend erachtet hat. Obgleich es sich dabei um den Sonderfall der Konzernierung handelt, zeigt dies, dass Dritte auch ein Interesse am Erfolg der Gesellschaft selbst haben können. Noch weiter ist der BGH mit seiner Entscheidung 2001 gegangen. Denn während bei den anderen Entscheidungen sämtlich offen bleibt, wie es sich auswirkt, wenn die Leistungen eines Dritten die Interessen der Gesellschaft einmal nicht gefährden, nimmt der BGH 2001 die Zulässigkeit aktionärsseitiger Leistung (wenn auch in erster Linie unter § 88 AktG) an, wenn der Gesellschaft ein Vorteil aus der Leistung erwächst. Eine „pauschale“ Bewertung von Drittleistungen ist damit zwar noch nicht möglich, doch ist mit dieser Rspr. das zunächst absolut anmutende Verbot weiteren Aufweichungen zumindest theoretisch zugänglich gemacht.
III. Fallgruppe der organschaftlichen Treuepflicht: Verbot der Annahme von Zuwendungen Dritter Zur rechtlichen Beurteilung von Leistungen Dritter an Vorstandsmitglieder liegt es weiterhin nahe, auf bereits vorhandene Ausprägungen der organschaftlichen Treuepflicht im Schrifttum zurückzugreifen. In diesem Sinne hat sich in Anlehnung an die Rspr. des BGH zu Schmiergeldern und Provisionen in der Literatur als spezielle Fallgruppe der organschaftlichen Treuepflicht das Verbot der „Annahme von Zuwendungen Dritter“ herausgebildet.43 Allerdings konzentrieren sich die meisten Erläuterungen, in fortwährender Konsequenz der Berücksichtigung der Rechtsprechung des BGH, nur auf solche Leistungen von Dritten, die anlässlich des Abschlusses eines konkreten Geschäfts erfolgen.44 Dies erscheint insofern folgerichtig, als dass die Zuwendungen an Organe durch Geschäftspartner grds. im Zusammen43
So Hopt/Roth, in: Großkomm AktG, § 93, Rn. 271; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 93, Rn. 154 f.; ders., WM 2003, 1045, 1056; Spindler, in: MüKo-AktG, § 93, Rn. 111; Hölters, in: Hölters, AktG, § 93, Rn. 130; ähnlich Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 93, Rn. 100, der dies aber als Unterfall des Verbots eigennütziger Ausnutzung der Organstellung behandelt; ferner zu der insoweit vergleichbaren Stellung des GmbH-Geschäftsführers Schneider, in: Scholz, GmbHG, § 43, Rn. 211 f., der dies als Verbot des „Ankoppelns“ bezeichnet; Haas/Ziemons, in: Michalski, GmbHG, § 43, Rn. 115; Fleischer, in: MüKo-GmbHG, § 43, Rn. 193. 44 Hopt/Roth, in: Großkomm AktG, § 93, Rn. 271; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 93, Rn. 154 f.; ders., WM 2003, 1045, 1056; Schneider, in: Scholz, GmbHG, § 43, Rn. 211; wohl auch Hölters, in: Hölters, AktG, § 93, Rn. 130 („um ein Geschäft mit der Gesellschaft oder sonstige Geschäftsbesorgung zugunsten des Dritten zu fördern“); offen dagegen bei Mertens/ Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 93, Rn. 100; Spindler, in: MüKo-AktG, § 93, Rn. 111; zu Recht wohl weitergehend Haas/Ziemons, in: Michalski, GmbHG, § 43, Rn. 115.
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2. Teil: Begriff der Drittleistung und Kategorisierung
hang mit dem Abschluss von Verträgen oder der Vergabe von Aufträgen erfolgen, da diese sonst kaum ein wirtschaftliches Interesse daran haben werden, den Vorstand zu begünstigen.45 Im Umkehrschluss drängt sich damit aber auch die Frage auf, wie Leistungen Dritter einzuordnen sind, die gerade nicht im konkreten Zusammenhang mit einem Geschäft stehen, aber dennoch eine Beeinflussung des Vorstands zum Nachteil der Gesellschaft bewirken können. Insofern zeigt sich zunächst an den Überlegungen hinter dem Urteil des OLG München, dass durchaus Leistungen Dritter denkbar sind,46 die den Vorstand nicht nur bezogen auf ein konkretes Geschäft unlauter beeinflussen, sondern hinsichtlich seiner gesamten Geschäftsführung; neben der naheliegenden Drittvergütung im Konzern – bezogen auf Erfolgsparameter der Muttergesellschaft – ist dies auch in der unabhängigen Aktiengesellschaft denkbar. Namentlich ist hier vor allem an Leistungen der eigenen Aktionäre zu denken, die besondere Ziele verfolgen, ferner aber auch an Leistungen von Gläubigern, die eine bevorzugte Behandlung bei der Befriedigung ihrer Ansprüche erfahren möchten oder aber schließlich an Leistungen durch Bieter in der Übernahmesituation, die sich dadurch eine Bevorzugung erhoffen. Die Ausblendung solcher Leistungen erscheint nicht sachgerecht.47 Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass sich die Fallgruppe des Verbots der Annahme von Zuwendungen Dritter bei genauer Betrachtung als Ausprägung des allgemeineren aus der Treuepflicht folgenden Verbots des Vorstands darstellt, seine organschaftliche Stellung (zum Nachteil der Gesellschaft) weder für sich noch zum Vorteil Dritter ausnutzen zu dürfen.48, 49 Ein dementsprechend allumfassendes Verbot der Annahme von Zuwendungen Dritter scheint ferner auch Ziff. 4.3.2 Deutscher Corporate Governance-Kodex vorauszusetzen, wonach Vorstandsmitglieder weder für sich noch für andere Per45
Anschaulich BGH v. 26. 03. 1962 – II ZR 151/50, WM 1962, 578, 578. Dies ist zwar nicht die Konstellation des vom OLG München zu entscheidenden Falls, indes zeigt sich die Problematik recht anschaulich, wenn man sich einfach vorstellt, dass nicht die Gesellschaft selbst, sondern die begünstigte Muttergesellschaft ein entsprechendes Anreizprogramm aufsetzt. 47 Und liegt sicherlich auch nicht im Interesse der Literatur; exemplarisch zeigt sich dies an den Ausführungen von Hopt, FS Lutter, 2000, S. 1361, 1379, wenn er hinsichtlich der Diskussion um die Zulässigkeit bieterseitiger Leistungen im Rahmen des DiskE-ÜG (s. dazu unten 3. Teil B.I.1.) darauf hinweist, dass ein entsprechendes übernahmerechtliches Verbot u. a. deswegen keinen Sinn mache, da sich dieses schon aus dem allgemeinen Aktienrecht ergeben würde, wie sich aus seinen Ausführungen in Großkomm AktG, 4. Aufl. 2008 (Stand: 1. 1. 1999), § 93, Rn. 176 ff. ergebe. 48 Dazu Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 93, Rn. 95, 100; Hopt/Roth, in: Großkomm AktG, § 93, Rn. 266 ff.; Krieger/Sailer-Coceani, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 93, Rn. 21; Spindler, in: MüKo-AktG, § 93, Rn. 108; Bürgers/Israel, in: Bürgers/Körber, AktG, § 93, Rn. 6; Möllers, in: Hommelhoff/Hopt/v. Werder, Hdb. Corporate Governance, S. 423, 431. 49 Weitere Ausprägungen sind das Verbot, Zuwendungen der Gesellschaft über das im Anstellungsvertrag Definierte und nach den gesetzlichen Regeln Bestimmte hinaus anzunehmen, oder das Verbot, Zuwendungen an Dritte auf Kosten der Gesellschaft zu veranlassen, s. bspw. Hopt/Roth, in: Großkomm AktG, § 93, Rn. 267 ff., 272. 46
A. Drittleistungen und die organschaftliche Treuepflicht des Vorstands
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sonen von Dritten Zuwendungen oder sonstige Vorteile fordern oder annehmen dürfen. Ohne an dieser Stelle auf die weiteren Differenzierungen und Eingrenzungsversuche der Literatur eingehen zu wollen,50 ist diese – als Konkretisierung der organschaftlichen Treuepflicht verstandene51 – Vorgabe zumindest ihrem Wortlaut nach keinesfalls auf die Leistungen Dritter im Zusammenhang mit einem konkreten Vertragsschluss beschränkt. Und auch dem BGH sind solche Überlegungen nicht fremd. So stellt er in seiner Entscheidung aus dem Jahr 2001 hinsichtlich der Unzulässigkeit von „Provisionen, Geschenke[n] und andere[n] Sonderzuwendunge[n]“ darauf ab, dass sie – von dritter Seite zugewandt – eine Willensbildung zu Lasten der Gesellschaftsinteressen befürchten lassen; einen Bezug zu einem konkreten Vertragsschluss bemüht er bei dieser Konkretisierung nicht.52 Entsprechend finden sich schließlich auch im Schrifttum zumindest vereinzelte Stimmen, die die Annahme all solcher Leistungen von Dritten als treuwidrig ansehen, welche dem Vorstand im Zusammenhang mit seiner unternehmensleitenden Tätigkeit gewährt werden – ebenfalls ohne einen konkreten Bezug zu einem Vertragsschluss zu verlangen.53 Erweitert man in Folge den Anwendungsbereich des Verbots der Annahme von Zuwendungen Dritter auf jegliche Leistungen Dritter, belässt man es also nicht bei Leistungen, die in Zusammenhang mit einem konkreten Vertragsschluss erfolgen, stellt sich im Anschluss die Frage, ob dieser Fallgruppe – in Anlehnung an die ständige Rspr. des BGH – ein absolutes Verbot bzgl. jeglicher Leistungen Dritter innewohnt. Dass hieran zumindest Zweifel angebracht sind, hat bereits – einzelfallbezogen – der BGH im Jahr 2001 verdeutlicht. Denn ein solch absolutes Verbot ließe unberücksichtigt, dass auch Leistungen Dritter denkbar sind, die der Gesellschaft gerade nicht zum Nachteil gereichen, sondern ihr vielmehr von Nutzen sein können. Bedient man sich der zuvor genannten Beispiele, ist daran zu denken, dass die Aktionäre den Vorstand durch zusätzliche Zuwendungen zu besonderer auch im Interesse der Gesellschaft liegender Leistung anspornen möchten, die Gläubiger im Falle der Insolvenz der Gesellschaft einen Teil der Vergütung des Vorstands übernehmen, um das Vermögen der Gesellschaft zu schonen oder dass der Vorstand für die Gesellschaft einen besonderen Wert hat, sodass ihn der Bieter auch über die Übernahme hinaus an die Gesellschaft gebunden wissen will.54 Damit steht man vor dem elementaren Problem, will man das Verbot der „Annahme von Zuwendungen Dritter“ nicht allein auf Leistungen im Zusammenhang mit dem Abschluss von Verträgen beschränkt wissen, sondern auf jegliche Leistungen Dritter ausdehnen. Erscheint es sachgerecht, die Annahme jeglicher Leistungen Dritter als treuwidrig einzustufen? Und wenn nicht, ab wann ist eine Leistung als treuwidrig und damit als 50
s. dazu unten 3. Teil A.II.4. Goslar, in: Wilsing, DCGK, Ziff. 4.3.2, Rn. 1; Spindler, in: MüKo-AktG, § 93, Rn. 94; ders., FS Hopt, Band 1, 2010, S. 1407, 1423. 52 BGH v. 02. 04. 2001 – II ZR 217/99, NZG 2001, 800, 801. 53 So nur Haas/Ziemons, in: Michalski, GmbHG, § 43, Rn. 115. 54 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 59. 51
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2. Teil: Begriff der Drittleistung und Kategorisierung
Schmiergeld und ab wann ist eine Leistung als den Interessen der Gesellschaft förderlich anzusehen?
IV. Maßstab zur (Neu?)Bewertung unter der organschaftlichen Treuepflicht: Zuwendungen Dritter unter Berücksichtigung potentieller Interessenkonflikte des Vorstands Die vorstehenden Ausführungen zeigen somit das Bedürfnis auf, die Fallgruppe des Verbots der „Annahme von Zuwendungen Dritter“ neu zu definieren oder zumindest sachgerecht zu erweitern. Als tauglicher Ansatzpunkt erscheint hierfür die Beurteilung und Handhabung des Interessenkonflikts des incentiverten Vorstandsmitglieds. Denn dies lässt zugleich einen Rückschluss auf die abstrakte Gefahr für das Wohl der Gesellschaft zu, auf welche auch der BGH im Rahmen seiner Rspr. zu Schmiergeldern für die Annahme der Treuwidrigkeit abstellt.55 In Abgrenzung zu Pflichtenkollisionen56 ist von Interessenkonflikten die Rede, wenn die Pflicht des Organmitglieds zur Wahrung des Unternehmensinteresses mit dessen Eigeninteressen konfligiert.57 Dies ist dann der Fall, wenn neben dem Unternehmensinteresse Eigeninteressen des Vorstands oder für ihn relevante Drittinteressen bestehen, die eine nicht unwesentliche Beeinträchtigung oder Gefährdung der Interessen des Unternehmens befürchten lassen.58 Im Einklang mit den einleitenden Ausführungen zur organschaftlichen Treuepflicht von Vorstandsmitgliedern sind solche Interessenkonflikte zu Gunsten des Unternehmensinteresses aufzulösen; m.a.W. hat dieses immer Vorrang vor den Eigeninteressen des Vorstands.59 Ausgangspunkt jeglicher Überlegung zur sachgerechten Handhabung potentieller durch Drittleistung hervorgerufener Interessenkonflikte muss somit die in Ziff. 4.3.1 S. 1 55 s. etwa BGH v. 08. 05. 1967 – II ZR 126/65, WM 1967, 679, 679 (zur GmbH); explizit im Zusammenhang mit der sich anschließenden Herausgabepflicht OLG Düsseldorf v. 25. 11. 1999 – 6 U 146/98, WM 2000, 1393, 1397; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 93, Rn. 155. 56 Unterliegt ein Organmitglied einer Pflichtenkollision, kollidiert seine Verpflichtung auf das Unternehmensinteresse mit der Pflicht zur Wahrnehmung anderweitiger Interessen aus einem anderen Rechtsverhältnis (Lutter/Krieger/Verse, Rechte und Pflichten des AR, § 12, Rn. 896). Für die vorliegende Fragestellung sind diese jedoch nicht weiter interessant; denn sollte die Leistung eines Dritten rechtlich verbindlich von einer einklagbaren Gegenleistung des Vorstands betreffend die Leitungstätigkeit für die anstellende Gesellschaft abhängig gemacht werden, wäre diese per se wegen Verstoßes gegen §§ 76, 93 AktG nichtig. 57 Lutter/Krieger/Verse, Rechte und Pflichten des AR, § 12, Rn. 896; Hopt/Roth, in: Großkomm AktG, § 93, Rn. 229; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 93, Rn. 122; Diekmann/ Fleischmann, AG 2013, 141, 143; s. zu Interessenkonflikten von Aufsichtsratsmitgliedern OLG Schleswig v. 26. 04. 2004 – 2 W 46/04, NZG 2004, 669. 58 Diekmann/Fleischmann, AG 2013, 141, 143. 59 Hopt/Roth, in: Großkomm AktG, § 93, Rn. 229; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 93, Rn. 122.
A. Drittleistungen und die organschaftliche Treuepflicht des Vorstands
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DCGK ausformulierte, allgemein anerkannte Verpflichtung des Vorstands auf das Unternehmensinteresse sein, korrespondierend mit dem Verbot, im Rahmen seiner Leitungstätigkeit persönliche Interessen zu verfolgen. Denn durch Drittleistung kann beides beeinträchtigt werden: Motiv für die Annahme von Drittleistungen wird zunächst immer das finanzielle Eigeninteresse des Vorstands sein.60 Auf der anderen Seite ist anzunehmen, dass sich der Dritte von der Leistung immer eine Wirkung erhofft. Somit wohnt zunächst jeder Leistung das Potential inne, den Vorstand zu beeinflussen und damit von seiner Leitungsaufgabe abzulenken – ausreichend kann dafür auch eine rein psychologische Verbundenheit sein. Ausgehend von der Stimulation der finanziellen Eigeninteressen des Vorstands trägt mithin jede Drittleistung das Potential zur Verursachung oder Förderung von Interessenkonflikten des Organs im Verhältnis zu den Interessen der von ihm geleiteten Gesellschaft in sich, selbst wenn es sich im Endeffekt allein auf eine psychologische Annäherung beschränkt. Unter Berücksichtigung der oben angedeuteten no-conflict-rule erweist sich zur Vermeidung von Interessenkonflikten das Verbot von konfliktträchtigen Verhaltensweisen als das einfachste, rechtssicherste und effektivste Mittel.61 Allerdings handelt es sich hierbei auch um den denkbar gravierendsten Eingriff. Denn etwaige Vorteile, die von Drittleistungen ausgehen können, wären dann ebenso abgeschnitten. Wie dargelegt, ist es indes gerade Sinn und Zweck der Treuepflicht, die Ausrichtung des Vorstandshandelns auf das Unternehmensinteresse sicherzustellen und das Wohl der Gesellschaft als oberste Leitmaxime zu gewährleisten. Stehen aber Drittleistungen damit nicht per se im Widerspruch, ist auch nicht zwingend anzunehmen, dass die Annahme solcher Leistungen als verboten anzusehen sein sollte.62 Insofern sieht auch das Gesellschaftsrecht im Rahmen gesetzlicher Ausprägungen der organschaftlichen Treuepflicht andere Möglichkeiten vor, dem Vorrang des Unternehmensinteresses gerecht zu werden. So ist die Kreditgewährung an Vorstandsmitglieder (als Paradebeispiel eines potentiell konfliktträchtigen Eigeninteresses des Vorstands)63 zwar nur nach Maßgabe der Kontrollmechanismen des § 89 AktG rechtmäßig – namentlich wird etwa ein Beschluss des Aufsichtsrats vorausgesetzt –, allerdings nicht verboten.64 Als ultima ratio kennt das Gesetz mit dem Wettbewerbsverbot nach § 88 AktG aber auch ein klares gesetzliches Verbot po60 Ob daneben noch andere Erwägungen eine Rolle spielen, kann im Rahmen einer abstrahierenden Betrachtung außen vor bleiben. 61 Hopt, FS Lutter, 2000, S. 1361, 1369; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 93, Rn. 123; sich eine Wertung vorbehaltend Drygala, FS Schmidt, 2009, S. 269, 279; s. zur inhaltlichen Konkretisierung der organschaftlichen Treuepflicht oben, 2. Teil A.I. 62 Umgekehrt bedingt dies aber ebenso wenig ihre Zulässigkeit, wie bei manchen Autoren mittelbar durchklingt, z. B. Traugott/Grün, AG 2007, 761, 767; Kalb/Fröhlich, NZG 2014, 167, 168 f.; v. Werder/Braun/Fromholzer, in: Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, II., Rn. 129; Weber, S. 224 ff. 63 s. etwa Hopt, ZGR 2004, 1, 9. 64 Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 93, Rn. 123.
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2. Teil: Begriff der Drittleistung und Kategorisierung
tentiell konfliktträchtiger Handlungen des Vorstands: Eine Zustimmung des Aufsichtsrats nach § 88 Abs. 1 S. 1 AktG kann nur dann erfolgen, wenn das Unternehmensinteresse durch die anderweitige Tätigkeit des Vorstands nicht beeinträchtigt wird.65 Dennoch zeigt auch diese Möglichkeit der Aufsichtsratszustimmung, dass der Gesetzgeber Maßnahmen nicht zwingend mit dem Verdikt der absoluten Unzulässigkeit versieht, nur weil ihnen generell die erhöhte Gefahr eines gravierenden Interessenkonflikts innewohnt. Denn dann hätte der Gesetzgeber jegliche potentiell unter § 88 AktG fallende Tätigkeit verbieten und nicht etwa von der Zustimmung des Aufsichtsrat abhängig machen müssen. Im Zusammenhang mit Drittleistungen gilt in Abgrenzung zu den angeführten Beispielen aber eine Besonderheit. Denn zumindest unter Berücksichtigung der psychologischen Wirkung wohnt grds. jeder Drittleistung die Gefahr des Interessenkonflikts und damit die Beeinträchtigung des Unternehmensinteresses inne. Die weitgehende Ausschaltung des Konflikts, wie etwa durch Einhaltung der Vorgaben des § 89 AktG bei der Kreditgewährung oder aber die mangelnde Wettbewerbssituation mangels Bezug zum Tätigkeitsbereich des Unternehmens im Rahmen des § 88 AktG, ist im Rahmen von Drittleistungen damit von vornherein nicht denkbar und kann deren Zulässigkeit allein nicht rechtfertigen. Doch hat die Drittleistung durch ihren Bezug zur Tätigkeit für die anstellende Gesellschaft einen gegenüber diesen Beispielen entscheidenden Vorteil: Knüpft die Leistung an Ziele an, die im Einklang mit den Unternehmensinteresse stehen, kann (nicht muss!) sich hieraus sowohl ein Vorteil des Leistenden als auch ein Vorteil der Gesellschaft ergeben. Insofern rechtfertigt sich eine mögliche Aufweichung des Gebots der Vermeidung von Interessenkonflikten im Zusammenhang mit Drittleistungen mit folgender Erwägung: Die Pflicht zur Vermeidung von Interessenkonflikten und die dadurch zu schützende Integrität der Organmitglieder erfolgt nicht zum Selbstzweck. Vielmehr soll dadurch ihrerseits die Wahrung der Interessen des Unternehmens als Treugeber gewährleistet werden.66 Überwiegt dann aber der potentielle Nutzen einer Maßnahme für die Gesellschaft die sich aus derselben Maßnahme ergebende potentielle Gefahr, erscheint eine Aufrechterhaltung der Pflicht zur Vermeidung von Interessenkonflikten nicht mehr zwingend. Entscheidend wird dann vielmehr sein, ob und wie sich der Interessenkonflikt mit dem Unternehmensinteresse in Einklang bringen lässt.
65 66
Rn. 6.
Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 88, Rn. 2, 8. In anderem Zusammenhang, aber ähnlich etwa Schall, in: Spindler/Stilz, AktG, § 117,
B. Abstrakte Definition der Drittleistung
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V. Zwischenfazit: Weitere Vorgehensweise zur Konkretisierung des durch Drittleistung hervorgerufenen Interessenkonflikts Für ein umfassendes Bild der Zu- oder auch Unzulässigkeit von Drittleistungen anhand des Interessenkonflikts des Vorstands und damit im Ergebnis anhand des Unternehmensinteresses bedarf es somit folgender Vorarbeit: Zunächst ist zu bestimmen, was überhaupt als Drittleistung angesehen werden kann, mithin einer Festlegung der sachlichen Reichweite der Fallgruppe „Zuwendungen Dritter an Mitglieder des Vorstands“. Nur auf diese Weise lässt sich ein einheitliches und damit konsistentes Bild von Drittleistungen gewinnen. Maßgeblich für die Bewertung des durch Drittleistung hervorgerufenen Interessenkonflikts ist sodann die Stellung und Pflichtbindung des Vorstands in der Aktiengesellschaft. Denn die Leistung eines Dritten sollte nur dann als unzulässig angesehen werden, wenn der Vorstand durch Stimulierung seines finanziellen Eigeninteresses aufgrund seiner Stellung potentiell zu einem den Interessen des Unternehmens widersprechenden Verhalten motiviert werden kann. Dies macht sowohl einen Blick auf die Stellung des Vorstands, als auch seine Pflichtenbindung, heißt das Unternehmensinteresse, notwendig. Erst wenn diese Aspekte herausgearbeitet worden sind, kann durch die Bildung von Fallgruppen – zu unterscheiden nach der jeweils leistenden Personengruppe – eine vorläufige Nutzen-Risiken-Analyse vorgenommen werden, die eine erste Einordnung Leistungen Dritter unter die organschaftlichen Treuepflicht ermöglicht. Nur wenn für Leistungen einer Personengruppe nicht per se davon ausgegangen werden kann, dass sie im Widerspruch zum Unternehmensinteresse stehen, sind diese einer weiteren Untersuchung im Rahmen dieser Bearbeitung zugänglich.67 Mit Vorhergesagtem ist hierfür maßgeblicher Anknüpfungspunkt der mit einer Leistung verbundene Nutzen für die Gesellschaft. Erweist sich die Annahme einer Leistung dagegen schon von vornherein als Verstoß gegen die organschaftliche Treuepflicht, weil die von ihr ausgehenden Risiken nicht durch etwaige Vorteile kompensiert werden können, erübrigt sich eine weitere gesellschafts- und kapitalmarktrechtliche Betrachtung und damit die Frage nach den Grenzen zulässiger Leistungen Dritter.
B. Abstrakte Definition der Drittleistung Eine Definition von Drittleistungen an Vorstandsmitglieder findet sich im deutschen Recht allenfalls im Zusammenhang mit den bilanzrechtlichen Offenlegungspflichten nach den §§ 285, 314 HGB. Gem. § 285 Nr. 9 lit. a S. 8 HGB sind im Anhang zum Jahresabschluss börsennotierter Aktiengesellschaften all solche Leistungen offenzulegen, „die dem einzelnen Vorstandsmitglied von einem Dritten68 im 67 68
s. dazu die Ausführungen unter 3. Teil A. und 3. Teil B. Hervorhebung durch den Bearbeiter.
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2. Teil: Begriff der Drittleistung und Kategorisierung
Hinblick auf seine Tätigkeit als Vorstandsmitglied zugesagt oder im Geschäftsjahr gewährt worden sind“. Gleiches gilt gem. § 314 Abs. 1 Nr. 6 lit. a S. 8 HGB für den Anhang zum Konzernabschluss von Mutterunternehmen.69 Nach gesetzgeberischem Willen ist dabei jede andere Person oder jedes andere als das den betreffenden Jahresabschluss aufstellende Unternehmen als „Dritter“ anzusehen.70 Zumindest rechtlich weitergehend findet sich ferner in Ziff. 4.3.2 DCGK das Verbot für Vorstandsmitglieder, im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit weder für sich noch für andere Personen von Dritten Zuwendungen oder sonstige Vorteile zu fordern oder anzunehmen. Doch bemüht sich hier die einschlägige Literatur um keine weitere Konkretisierung des Begriffs des Dritten.71 Wenngleich der Zweck der Offenlegungspflichten nach den §§ 285, 314 HGB darin liegt, etwaige Interessenkonflikte des Vorstands kenntlich zu machen,72 können sich dennoch Schwächen daraus ergeben, dass es sich um bloße Offenlegungspflichten handelt, für welche die materielle Rechtmäßigkeit der Leistung keine Rolle spielt. Insofern ist für eine Definition der Drittleistung ergänzend auf die ausdrücklichen gesetzlichen Regelungen zu Fällen der Drittleistung zurückzugreifen. Sowohl das Verbot (ungerechtfertigter) bieterseitiger Leistungen an den Vorstand der Zielgesellschaft nach § 33d WpÜG, als auch das Verbot der Bestechung bzw. Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr nach § 299 StGB, behandeln Unterfälle der (Un-)Zulässigkeit von Drittleistungen. Da der Frage nach der generellen Zulässigkeit von Drittleistungen und der Frage nach den tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Verbote eine ähnliche Intention innewohnt, kann – sofern diese verallgemeinerungsfähig sind – zur näheren Konkretisierung des Begriffs „Drittleistung“ auch auf die zu diesen gesetzlichen Regelungen bereits erarbeiteten Grundsätze zurückgegriffen werden.73
I. Maßgebliche Leistungsbeziehung Die Gesellschaft und die Mitglieder der Geschäftsleitung sind grds. auf zwei Wegen miteinander verbunden. Während die durch Bestellung erlangte organschaftliche Stellung Grundlage für Rechte und Pflichten des Geschäftsleiters ge69
Mayer-Uellner, AG 2011, 193, 199. Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 15/5860 (VorstOG), S. 10. 71 Diese Feststellung trifft auch Weber, S. 227. 72 Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 15/5860 (VorstOG), S. 10. 73 Ein solcher Rückschluss ist nicht zuletzt durch die Begründung des Rechtsausschusses angezeigt, welcher bereits zur näheren Konkretisierung der Offenlegungspflichten ausdrücklich auf § 33 Abs. 3 WpÜG a.F. (jetzt § 33d WpÜG) und § 11 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 WpÜG mit der Anmerkung hinweist, dass dort „bestimmte Fälle genannt [werden], in denen solche Drittleistungen geregelt“ sind, Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BTDrucks. 15/5860 (VorstOG), S. 10. 70
B. Abstrakte Definition der Drittleistung
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genüber der Gesellschaft bildet,74 konkretisiert das Anstellungsverhältnis die schuldrechtlichen Beziehungen, namentlich den konkreten Umfang der Leistungspflichten des Geschäftsleiters und insbesondere die Gegenleistungspflicht der Gesellschaft für die vom Geschäftsleiter erbrachten Dienste.75 Wesentlicher Inhalt des Anstellungsvertrags sind damit Regelungen zu den Bezügen des Geschäftsleiters.76 Denklogisch werden diese mit der betreffenden Gesellschaft selbst, heißt von der Gesellschaft, bei der dem Geschäftsleiter Organstellung zukommt, abgeschlossen. Dies ergibt sich für die Aktiengesellschaft bereits aus den Regelungen des § 84 Abs. 1 S. 1, 5 AktG, wonach der Aufsichtsrat in der inneren Ordnung der Aktiengesellschaft für die Bestellung und Anstellung und mithin auch für die Regelungen des Anstellungsvertrags zuständig ist und ferner aus § 87 AktG, der bestimmte Anforderungen an die Ausgestaltung der Vergütung für Vorstandsmitglieder stellt. Diese Verknüpfung aus organschaftlicher Amtsausübung und dafür zu erbringender schuldrechtlicher Gegenleistung rechtfertigt es, der betreffenden Gesellschaft selbst das originäre Recht zuzuschreiben, Leistungen jedweder Form an ihren Geschäftsleiter zu erbringen. Dies vorausgeschickt, sind als Leistungen „Dritter“ all solche einzuordnen, die nicht von der zu leitenden Gesellschaft selbst stammen. Nach Zweckrichtung dieser Arbeit kann indes nicht jegliche Leistung eines Dritten an Vorstandsmitglieder als „Drittleistung“ zu qualifizieren sein. Damit Leistungen überhaupt in Konflikt mit dem originären Recht der Gesellschaft treten können, müssen sie zunächst an die Vorstandstätigkeit des Leistungsempfängers anknüpfen.77 Insofern fordern sowohl § 285 Nr. 9 lit. a S. 8 HGB die Leistung eines Dritten „im Hinblick auf [die] Tätigkeit als Vorstandsmitglied“ als auch Ziff. 4.3.2 DCGK eine Drittleistung „im Zusammenhang“ mit der Vorstandstätigkeit. Ein solcher Zusammenhang ist bei jeglichem geschäftlichen Interesse des Leistenden an der Gesellschaft anzunehmen und damit weit auszulegen.78 Im Hinblick auf das beträchtliche Konfliktpotential solcher Leistungen ist die sachliche Nähe zur Tä-
74
Spindler, in: MüKo-AktG, § 84, Rn. 9. Thüsing, in: Fleischer, Hdb. VorstandsR, § 4, Rn. 53; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 84, Rn. 7; Jaeger, in: MüKo-GmbHG, § 35, Rn. 248. 76 So explizit Spindler, in: MüKo-AktG, § 84, Rn. 10; Cahn, FS Hopt, Band 1, 2010, S. 431, 445; sinngemäß Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 84, Rn. 43 ff., wenn bei der Konkretisierung der Rechte der Vorstandsmitglieder auf „Entgeltfortzalung, betriebliche Nebenleistungen, Ruhegehalt, Aufwendungsersatz“ abgestellt wird; ebenfalls Thüsing, in: Fleischer, Hdb. VorstandsR, § 4, Rn. 53, der insbesondere „Vereinbarungen über die Vergütung und Versorgung, die Gewährung von Tantiemen und Nebenleistungen, […]“ neben weiteren Rechten hervorhebt. 77 Hierin besteht – nach hier vertretener Lesart, zur Verdeutlichung – der maßgebliche Unterschied zwischen der Leistung eines Dritten und einer Drittleistung. Nach hier verfolgter terminologischer Abgrenzung ist daher nachfolgend immer von Drittleistung die Rede. 78 Grottel, in: Beck’scher Bilanz-Kommentar, § 285 HGB, Rn. 285; Kessler, in: MüKoBilanzR, § 285 HGB, Rn. 112. 75
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2. Teil: Begriff der Drittleistung und Kategorisierung
tigkeit als Vorstandsmitglied allerdings nicht aus Sicht des Leistenden,79 sondern aus Sicht eines objektiven Beobachters festzustellen.80 Dagegen sind Leistungen rein privaten oder verwandtschaftlichen81 Ursprungs auszuschließen. Als Drittleistende82 sind damit zunächst Gläubiger und Geschäftspartner anzusehen; ferner die eigenen Aktionäre, die zwar wesentlicher Teil der zu leitenden Gesellschaft, aber nicht in das Verhältnis zwischen Geschäftsleitung und „unternehmenstragender Gesellschaft“ eingebunden sind.83 Damit sind auch Leistungen verbundener Unternehmen erfasst, wie Mutterunternehmen, die an den Vorstand der Tochtergesellschaft Incentives gewähren, oder anderer Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht.84 Schließlich sind Leistungen eines Finanzinvestors oder des Bieters (nach Vorbild von § 2 Abs. 4 WpÜG)85 oder mit dem Bieter gemeinsam handelnder Personen (§ 2 Abs. 5 WpÜG)86 als Drittleistungen zu qualifizieren.87 Zumindest im Zusammenhang mit §§ 285, 314 HGB wird ferner gefordert, dass eine Offenlegungspflicht nur besteht, wenn Drittleistungen geeignet sind, Interessenkonflikte zu begründen.88 Maßgebliches Argument ist dabei die Gesetzesbegründung, die darauf abstellt, dass mit der Offenlegung „mögliche Interessenkonflikte deutlich gemacht werden“ sollen.89 Klarstellend sei in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass es allein auf die Eignung der Leistung zur Begründung eines Interessenkonflikts ankommt, nicht hingegen auf die Intention des Leistenden.90 Dies ist in Abgrenzung zu anderweiten Regelungen, insbesondere § 299 StGB, 79
So wohl Leuering/Simon, NZG 2005, 945, 947. Poelzig, in: MüKo-HGB, § 285, Rn. 192; Hohenstatt/Wagner, ZIP 2008, 945, 950; jeweils „sachliche Nähe aufweisen“. 81 Wobei die verwandtschaftliche Beziehung freilich nicht vorgeschoben sein darf, maßgeblich ist letztlich die sachliche Nähe zur Vorstandstätigkeit. 82 Als Leistende kommen sowohl natürliche als auch juristische Personen in Betracht. 83 Ebenso Weber, S. 227. 84 Wenngleich Konzernverhältnisse in der vorliegenden Bearbeitung außer Acht gelassen werden. 85 In Anlehnung an die Definition in § 2 Abs. 4 WpÜG ist als Bieter jede natürliche oder juristische Person oder Personengesellschaft anzusehen, die allein oder gemeinsam mit anderen Personen ein Angebot abgibt, ein solches beabsichtigt oder (nur im Anwendungsbereich des WpÜG) zur Abgabe verpflichtet ist. 86 Gemeinsam handelnde Personen sind nach § 2 Abs. 5 WpÜG solche natürlichen oder juristischen Personen, die ihr Verhalten im Hinblick auf ihren Erwerb von Wertpapieren der Zielgesellschaft oder ihre Ausübung von Stimmrechten aus Aktien der Zielgesellschaft mit dem Bieter auf Grund einer Vereinbarung oder in sonstiger Weise abstimmen. 87 Grottel, in: Beck’scher Bilanz-Kommentar, § 285 HGB, Rn. 283; Poelzig, in: MüKoHGB, § 285, Rn. 191; Leuering/Simon, NZG 2005, 945, 947; Mayer-Uellner, AG 2011, 193, 199 f. 88 Poelzig, in: MüKo-HGB, § 285, Rn. 193; Grottel, in: Beck’scher Bilanz-Kommentar, § 285 HGB, Rn. 285 ff.; Leuering/Simon, NZG 2005, 945, 947. 89 Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 15/5860 (VorstOG), S. 10; Leuering/Simon, NZG 2005, 945, 947. 90 Wohl auch Grottel, in: Beck’scher Bilanz-Kommentar, § 285 HGB, Rn. 284 f.. 80
B. Abstrakte Definition der Drittleistung
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geboten,91 da sich der Vorstand unter Maßgabe der organschaftlichen Treuepflicht das potentielle Konfliktpotential einer Drittleistung immer vor Augen führen muss – und selbst wenn er das nicht tut, eine Beeinflussung seines Handelns dennoch nicht ausgeschlossen werden kann. Entgegen einer zu §§ 285, 314 HGB vertretenen Auffassung92 ist die praktische Relevanz dieser (zusätzlichen) Voraussetzungen aber eher gering. Denn unter Berücksichtigung des Sinn und Zwecks der originären Zuständigkeit der Gesellschaft zur Leistungserbringung an den Vorstand wohnt grds. jeder Drittleistung, die in sachlichem Zusammenhang mit der Vorstandstätigkeit erfolgt, ein Potential zur Interessenbeeinflussung inne. Contra legem ist damit die Forderung, solche Drittleistungen – bspw. eines Großaktionärs – aus dem Anwendungsbereich der §§ 285, 314 HGB auszuklammern, die „an die positive Entwicklung des Aktienkurses der berichtenden AG geknüpft“ sind.93 Denn es ist keinesfalls ausgeschlossen, dass diese im Widerspruch zu den Interessen der sonstigen stakeholder im Unternehmen bzw. zum Unternehmensinteresse stehen.94 Dennoch verbleibt der Differenzierung nach dem Interessenkonflikt ein eigener Anwendungsbereich, sofern dadurch Bagatellleistungen ausgeschlossen werden. Denn dann kann die explizite Hervorhebung der Notwendigkeit des Potentials zur Interessenbeeinflussung als Eingrenzung des sachlichen Zusammenhangs mit der Vorstandstätigkeit verstanden werden. Dabei besteht auch kein wie von Leuering und Simon behaupteter Widerspruch zwischen §§ 285, 314 HGB und den §§ 11 Abs. 2 S. 3 Nr. 3, 33d WpÜG, wonach nur bei letzteren mangels Erheblichkeitsschwelle Bagatell- bzw. private Leistungen vom Tatbestand erfasst und damit offenlegungspflichtig bzw. rechtfertigungsbedürftig wären.95 Als maßgebliche Begründung für diese Differenzierung dient die mangelnde Einschränkung im Wortlaut der Vorschriften des WpÜG.96 Genauso wenig findet sich indes eine entsprechende Einschränkung des Wortlauts in § 285 Nr. 9 lit. a S. 8 HGB auf „Nicht-Bagatellleistungen“. Diese wird vielmehr aus der Gesetzesbegründung herausgelesen, die – wie dargestellt – auf den Zweck zur Offenlegung von Interessenkonflikten abstellt. 91
s. dazu unten 4. Teil B.III.2. s. Nachweise in Fn. 93. 93 So aber Grottel, in: Beck’scher Bilanz-Kommentar, § 285 HGB, Rn. 285; zuvor Ellrott, in: Beck’scher Bilanz-Kommentar, 8. Aufl. 2012, § 285 HGB, Rn. 191; wohl auch Poelzig, in: MüKo-HGB, § 285, Rn. 193; Bauer/Arnold, DB 2006, 260, 266. 94 Wie hier Mayer-Uellner, AG 2011, 193, 200; wohl auch Kessler, in: MüKo-BilanzR, § 285 HGB, Rn. 112; auf die im Text genannte Gefährdung deutet im Übrigen bereits die Begründung von Grottel, in: Beck’scher Bilanz-Kommentar, § 285 HGB, Rn. 285 hin, wonach eine positive Kursentwicklung auch im Unternehmensinteresse liegen „dürfte“. 95 Leuering/Simon, NZG 2005, 945, 947. 96 So zu § 11 WpÜG Oechsler, in: Ehricke/Ekkenga/Oechsler, WpÜG, § 11, Rn. 23; sinngemäß zu § 33d WpÜG, Kiem, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33d, Rn. 18; Krause/Pötzsch/ Stephan, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 33d, Rn. 20, die Geschäfte des täglichen Lebens bzw. des üblichen Geschäftsverkehrs als Fallgruppe der Rechtfertigung von Bieterleistungen behandeln. Richtigerweise ist dies jedoch keine Frage der Rechtfertigung, sondern eine Frage des Tatbestands von Bieterleistungen, s. dazu nachfolgend im Text. 92
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2. Teil: Begriff der Drittleistung und Kategorisierung
Nichts anderes gilt aber im Rahmen der Vorschriften des WpÜG: Der Zweck von § 11 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 WpÜG wird vom Gesetzgeber damit begründet, dass die „Kenntnis von […] Interessenkonflikten […] für die Wertpapierinhaber von erheblicher Bedeutung“ sei.97 Den Zweck des Leistungsverbots von § 33d WpÜG leitet er ferner daraus ab, dass mit dem Leistungsverbot „in jedem Fall“ vermieden werden soll, dass „Zweifel an der Unabhängigkeit der Entscheidungen des Vorstands […] der Zielgesellschaft entstehen“.98 In beiden Vorschriften kommt es mithin ganz maßgeblich auf das Potential der Leistung zur Interessenbeeinflussung an – gerade im Gleichlauf mit den Offenlegungspflichten nach den §§ 285, 314 HGB, sodass Bagatellleistungen auch im Anwendungsbereich der §§ 11 Abs. 2 S. 3 Nr. 3, 33d WpÜG nicht zu berücksichtigen sind.99 Berücksichtigt man zuletzt, dass selbst nach § 299 StGB (Verbot der unlauteren Beeinflussung des Wettbewerbs) bzw. nach §§ 331 ff. StGB („Bestechung“ von Amtsträgern) „sozialadäquate Zuwendungen“ aus dem Anwendungsbereich der Vorschriften ausgenommen werden (im Übrigen ebenfalls ohne entsprechende Einschränkung im Wortlaut), vervollständigt sich das gewonnene Bild: Es sind all solche Leistungen aus dem Tatbestand tauglicher Drittleistungen auszuklammern, die als so gering einzustufen sind, dass bei vernünftiger Betrachtung nicht der Eindruck entstehen kann, dass sich der Nehmer dem Geber durch die Annahme der Zuwendung verpflichtet fühlt.100 Dies ist entsprechend den Vorgaben zu §§ 331 ff. StGB eng auszulegen101 und kann nur solche geringfügige Leistung wie bspw. die Bewirtung bei geschäftlichen Terminen in den Räumlichkeiten des Dritten oder dem ähnliche Konstellationen erfassen.102 Unbeachtlich ist weiterhin, ob die Gewährung des Vorteils als Bedingung an ein bestimmtes Verhalten des Organmitglieds geknüpft wird; eine Gegenleistung des Verwaltungsmitglieds ist gerade nicht erforderlich.103 Zumal dessen Gegenleistung 97
Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 41. Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 59. 99 Diese tatbestandliche Einschränkung auch der §§ 11 Abs. 2 S. 3 Nr. 3, 33d WpÜG erscheint auch unter Praktikabilitätserwägungen vorzugswürdig, da Aktionäre von entsprechend überflüssigen Informationen eher verunsichert denn sachlich sinnvoll aufgeklärt werden. 100 So überzeugend zu §§ 331 ff. StGB, Dannecker, in: Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, StGB, § 299, Rn. 39 unter Verweis auf Kuhlen, in: Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, StGB, § 331, Rn. 98 f. 101 In Anbetracht des notwendigerweise weit zu fassenden Tatbestands der Drittleistung sollte zur Konkretisierung einer solchen Bagatellgrenze auf die gegenüber den § 299 StGB als enger einzustufenden Voraussetzungen der §§ 331 ff. StGB zurückgegriffen werden, s. zu dem Verhältnis beider Vorschriften, Dannecker, in: Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, StGB, § 299, Rn. 39. 102 Leuering/Simon, NZG 2005, 945, 947 ziehen die Tasse Kaffee aus Anlass einer Besprechung als plakatives Beispiel heran; zur weiteren Konkretisierung kann auf die Kommentarliteratur zu §§ 331 ff. AktG verwiesen werden. 103 Steinmeyer, in: Steinmeyer, WpÜG, § 33d, Rn. 4; Hirte, in: Kölner Komm WpÜG, § 33d, Rn. 14; Kiem, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33d, Rn. 11; Krause/Pötzsch/Stephan, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 33d, Rn. 13; Röh, in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, § 33d, Rn. 7. 98
B. Abstrakte Definition der Drittleistung
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nicht auf ein „Tun“ beschränkt ist, sondern insbesondere im Falle bieterseitiger Leistungen in der Übernahmesituation häufig auch in einem „Unterlassen“ liegen kann und damit unter Umständen schwer festzustellen ist. Ausreichend ist somit, dass der Vorteil vom Dritten unter der Erwartung nützlichen Verhaltens gewährt oder in Aussicht gestellt wurde.104 In Abgrenzung zu den Offenlegungspflichten nach §§ 285, 314 HGB ist als tauglicher Leistungsempfänger schließlich nicht allein das Vorstandsmitglied selbst anzusehen.105 Um Umgehungen zu vermeiden, sind vielmehr auch mittelbare Leistungen erfasst, wie Leistungen an Angehörige oder den Verwaltungsmitgliedern nahestehende Personen.106, 107 Denn die beeinflussende Wirkung kann dann in gleichem Maße eintreten. Um eine zu große Ausweitung und damit verbundene Rechtsunsicherheit auszuschließen, sollten allerdings nur engste Familienangehörige hierunter zu fassen sein und Personen außerhalb des Familienkreis nur in absoluten und gut begründbaren Ausnahmefällen.108 Erfasst sind letztlich auch Leistungen an ein von dem betreffenden Organmitglied beherrschtes109 oder mit ihm sonst rechtlich verbundenes Unternehmen, wenn das Organmitglied davon wirtschaftlich profitiert.110
104 Krause/Pötzsch/Stephan, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 33d, Rn. 13; Hirte, in: Kölner Komm WpÜG, § 33d, Rn. 14; s. dazu weiterführend die Erläuterungen zum Erfordernis der sachlichen und zeitlichen Verknüpfung. 105 Mangels entsprechender gesetzlicher Vorgabe so aber de lege lata die §§ 285 Nr. 9 lit. a S. 8, 314 Abs. 1 Nr. 6 lit. a S. 8 HGB; zu entsprechender Kritik aufgrund damit einhergehender Umgehungsgefahren Fleischer, DB 2005, 1611, 1616; Kessler, in: MüKo-BilanzR, § 285 HGB, Rn. 112. 106 Spindler, in: MüKo-AktG, § 93, Rn. 111; Schwennicke, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, § 33d, Rn. 2; Schlitt/Ries, in: MüKo-AktG, WpÜG, § 33d, Rn. 7; Kiem, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33d, Rn. 8; Röh, in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, § 33d, Rn. 6; Hirte, in: Kölner Komm WpÜG, § 33d, Rn. 12; Steinmeyer, in: Steinmeyer, WpÜG, § 33d, Rn. 2; einschränkend etwa Krause/Pötzsch/Stephan, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 33d, Rn. 8, die zudem fordern, dass der finanzielle Vorteil auch beim Organmitglied selbst unmittelbar eintreten muss, bspw. eine Entlastung von Unterhaltspflichten. 107 Wer genau als „nahestehende Person“ angesehen werden kann, ist in der Gesetzgebung nicht einheitlich geregelt, einen guten Überblick hierüber gibt Harbarth, FS Hommelhoff, 2012, S. 323, 330 ff. 108 Kiem, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33d, Rn. 8, der allerdings wohl Angehörige erfasst sieht. 109 Schlitt/Ries, in: MüKo-AktG, WpÜG, § 33d, Rn. 7; Kiem, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33d, Rn. 8; Röh, in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, § 33d, Rn. 6. 110 Krause/Pötzsch/Stephan, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 33d, Rn. 8; Hirte, in: Kölner Komm WpÜG, § 33d, Rn. 12.
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2. Teil: Begriff der Drittleistung und Kategorisierung
II. Konkretisierung des Leistungsbegriffs In §§ 285 Nr. 9 lit. a S. 8, 314 Abs. 1 Nr. 6 lit. a S. 8 HGB spricht der Gesetzgeber von „Leistungen, die […] von einem Dritten“ gewährt worden, in § 33d WpÜG von „Geldleistungen oder andere[n] […] geldwerte[n] Vorteilen“ und in § 299 StGB von „Vorteil“. Die Kodexkommission stellt in Ziff. 4.3.2 DCGK wiederum auf „Zuwendungen oder sonstige Vorteile“ ab. In der Literatur trifft man im Zusammenhang mit aktionärsseitigen Leistungen schließlich vermehrt den Begriff „Drittvergütung“111, der jedoch zunächst außer Acht zu lassen ist.112 Betrachtet man die Kommentarliteratur zur Konkretisierung dieser Begrifflichkeiten kann ein wirklicher Unterschied nicht ausgemacht werden. Im Endeffekt geht es darum, jede denkbare materielle Besserstellung des Vorstands zu erfassen. Ideelle Vorteile sind dagegen – in Anlehnung an § 33d WpÜG – auszublenden,113 da dies zu kaum konkretisierbaren Abgrenzungsproblemen führen würde. In einer Gesamtschau eignet sich insofern der Begriff „Leistung“ für die nachfolgende Bearbeitung als tauglicher Oberbegriff. Versteht man „Leistung“ im bereicherungsrechtlichen Sinn, so ist darunter nach ständiger Rspr. des BGH jede bewusste und zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens zu verstehen.114 Obgleich dieser Begriff immensen Diskussionen in der bereicherungsrechtlichen Literatur ausgesetzt ist, steht diese grundsätzliche Intention seiner weiteren Verwendung nicht entgegen.115 Zur inhaltlichen Konkretisierung ist im Ausgangspunkt zunächst auf die Ausführungen zu § 33d WpÜG zurückzugreifen, da diese – als gesetzliches Verbot der Leistung des Bieters als eines Dritten – der vorliegenden Intention am nächsten kommen: Als Geldleistungen gelten alle unmittelbaren Zahlungszusagen, unabhängig davon, in welcher Weise sie erfolgen, heißt in bar, als Scheck oder Überweisung.116 Mit der Einbeziehung sämtlicher Leistungen, die das Organmitglied der Zielgesellschaft objektiv wirtschaftlich besser stellen, ist demgegenüber das Ver-
111 Lediglich Selzner, AG 2013, 818, 825 will auch Bieterleistungen als Drittvergütung einstufen. 112 Zur Abgrenzung zwischen Drittleistungen und Drittvergütungen s. 2. Teil D.I.4. 113 Krause/Pötzsch/Stephan, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 33d, Rn. 10; Kiem, in: Baums/Thoma, § 33d, Rn. 10; Schlitt/Ries, in: MüKo-AktG, WpÜG, § 33d, Rn. 9; Steinmeyer, in: Steinmeyer, WpÜG, § 33d, Rn. 4; Reichert/Ott, FS Goette, 2011, S. 397, 410. 114 St. Rspr., s. nur BGH v. 31. 10. 1963 – VII ZR 285/61, NJW 1964, 399, 399. 115 An dieser Stelle ist für das Verständnis der weiteren Bearbeitung darauf hinzuweisen, dass – sofern anderweitiges nicht ausdrücklich hervorgehoben wird – die Begriffe „Leistung“, „Zuwendung“, „Vorteil“ und „Incentive“ auf Grundlage des nachfolgend im Text beschriebenen Verständnisses synonym verwendet werden; bei etwaigen Ungereimtheiten mit dem bereicherungsrechtlichen Leistungsbegriff sind im Übrigen die nachfolgenden Konkretisierungen als maßgeblich anzusehen. 116 Hirte, in: Kölner Komm WpÜG, § 33d, Rn. 13; Kiem, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33d, Rn. 10; Röh, in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, § 33d, Rn. 4.
B. Abstrakte Definition der Drittleistung
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ständnis geldwerter Vorteile deutlich weiter gefasst.117 Dies können zum einen Sachleistungen wie Reisen, Grundeigentum, Wertpapiere, die Finanzierung eines Kraftfahrzeugs oder die Gewährung eines Kredits zu günstigeren Konditionen sein.118 Zum anderen ist aber auch an den Verzicht auf die Geltendmachung von Forderungen, insbesondere von Schadensersatzansprüchen durch die Hauptversammlung nach § 147 AktG oder den künftigen Aufsichtsrat, zu denken.119 Gleicht man dies mit dem den §§ 285, 314 HGB zu Grunde liegenden Leistungsbegriff ab, so ergibt sich kein Unterschied. In § 285 Nr. 9 lit. a S. 8 HGB wird zur Konkretisierung auf die Legaldefinitionen der S. 1 bis 4 verwiesen, ergänzt um die Bemerkung, dass es auf die Ausgestaltung als Geld-, Sach-, Naturalleistungen oder als Rechtsanspruch nicht ankommt.120 Nach § 33d WpÜG ist es dem Bieter zudem verboten, ungerechtfertigte Geldleistungen oder andere geldwerte Vorteile „zu gewähren oder in Aussicht zu stellen“. Gewähren meint dabei die konkrete Zuwendung des Vorteils, wobei einhellig auch das anspruchsbegründende Versprechen einer Leistung erfasst ist.121 Im Sinne einer weiten Auslegung der Norm – zum Zwecke der Vermeidung von Umgehungsmöglichkeiten – liegt ferner dem „schwächeren“ Inaussichtstellen als Auffangtatbestand ein weites Verständnis zugrunde. So fallen hierunter rechtlich unverbindliche Erklärungen des Bieters oder andere Abmachungen, die an sich noch keinen Anspruch begründen.122 Um Sinn und Zweck des Merkmals gerecht zu werden, sollte dies nicht zu formalistisch verstanden werden und auch bloße Andeutungen hierunter gefasst werden können. Entscheidend ist, dass aufgrund der Ankündigung bzw. Andeutung des Dritten zu leisten, beim Vorstandsmitglied berechtigterweise das Vertrauen ebendarauf erweckt wurde.123 Ein wertender Abgleich mit den Offenlegungspflichten nach §§ 285, 314 HGB bzw. § 299 StGB verfestigt die Verallgemeinerungsfähigkeit und Notwendigkeit dieser Ausweitung. So werden die bi117 Schlitt/Ries, in: MüKo-AktG, WpÜG, § 33d, Rn. 9; Röh, in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, § 33d, Rn. 5; Krause/Pötsch/Stephan, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 33d, Rn. 10. 118 Krause/Pötsch/Stephan, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 33d, Rn. 10. 119 Hirte, in: Kölner Komm WpÜG, § 33d, Rn. 13; Krause/Pötzsch/Stephan, in: Assmann/ Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 33d, Rn. 10. 120 Grottel, in: Beck’scher Bilanz-Kommentar, § 285 HGB, Rn. 284; eine weitergehende Beschreibung typischerweise vorkommender Leistungsarten wird an dieser Stelle nicht vorgenommen, vielmehr erfolgt diese situationsbezogen. 121 Röh, in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, § 33d, Rn. 8; Schlitt/Ries, in: MüKo-AktG, WpÜG, § 33d, Rn. 10; Hirte, in: Kölner Komm WpÜG, § 33d, Rn. 14; Kiem, in: Baums/ Thoma, WpÜG, § 33d, Rn. 11; Steinmeyer, in: Steinmeyer/Häger, WpÜG, § 33d, Rn. 4; Krause/Pötzsch/Stephan, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 33d, Rn. 11; ausführlich hierzu Löw, S. 72 ff. 122 Statt aller Schlitt/Ries, in: MüKo-AktG, WpÜG, § 33d, Rn. 10, der dies zutreffend mit sämtlichen Formen des Ankündigens eines Vorteils umschreibt. 123 Krause/Pötzsch/Stephan, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 33d, Rn. 12; Hirte, in: Kölner Komm WpÜG, § 33d, Rn. 14.
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2. Teil: Begriff der Drittleistung und Kategorisierung
lanzrechtlichen Offenlegungspflichten nach herrschender Ansicht nicht nur durch die Leistung selbst ausgelöst, sondern auch durch die Leistungszusage.124 Noch weiter geht § 299 StGB, dessen Abs. 1 das „Fordern, sich Versprechen lassen und Annehmen“ der Leistung unter Strafe stellt, und in Abs. 2 spiegelbildlich das „Anbieten, Versprechen oder Gewähren“ der Leistung erfasst. Um den Tatbestand schließlich nicht unsachgemäß einzugrenzen, ist es ferner irrelevant, ob das Geschäft schuldrechtlich wirksam ist – selbst bei Nichtigkeit wegen Verstoßes gegen ein Verbotsgesetz nach § 134 BGB liegt ein Inaussichtstellen vor.125
C. Rechtliche Stellung des Vorstands in der Aktiengesellschaft Des Weiteren bedarf es der Auseinandersetzung zum einen mit der Stellung des Vorstands in der Aktiengesellschaft, zum anderen mit der von ihm zu berücksichtigenden Interessenlage. Nur dadurch wird die notwendige Grundlage geschaffen, den durch etwaige Drittleistungen hervorgerufenen Interessenkonflikt sachgerecht bewerten zu können. Denn dies setzt denknotwendig ein hinreichendes Verständnis dafür voraus, welche Interessen der Vorstand überhaupt bei Ausübung seiner Stellung zu berücksichtigen hat, und inwiefern ihm seine rechtliche Stellung ein diesen Interessen widersprechendes Handeln ermöglicht.
I. Leitungsautonomie des Vorstands Wesentliche Aufgaben des Vorstands sind die Leitung der Gesellschaft (§ 76 Abs. 1 AktG) sowie die Geschäftsführung (§ 77 Abs. 1 S. 1 AktG). Während Geschäftsführung als Oberbegriff jedes tatsächliche oder rechtsgeschäftliche Handeln für die Gesellschaft bezeichnet,126 wird die Leitung als „herausgehobener Teilbereich der Geschäftsführung“ angesehen.127 Eine konturenscharfe Definition des Leitungsbegriffs kann allerdings nicht getroffen werden, allein schon aufgrund der unzählig verschiedenen Möglichkeiten, ein Unternehmen zu strukturieren. Unab124
Kessler, in: MüKo-BilanzR, § 285 HGB, Rn. 112; Grottel, in: Beck’scher BilanzKommentar, § 285 HGB, Rn. 283. 125 Hirte, in: Kölner Komm WpÜG, § 33d, Rn. 14; Röh, in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, § 33d, Rn. 48. 126 Spindler, in: Müko-AktG, § 77, Rn. 6; Hüffer/Koch, AktG, § 77, Rn 3; Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 77 Rn. 2; Kort, in: Großkomm AktG, § 77, Rn. 3; Seibt, in: Schmidt/ Lutter, AktG, § 77, Rn. 4; Wiesner, in: Münchener Hdb. GesR, Band 4, § 19, Rn. 16; wird der Vorstand dabei nach außen gegenüber externen Dritten tätig, ist die Vertretungsregelung nach § 78 AktG zu beachten. 127 Hüffer/Koch, AktG, § 76, Rn. 8; a.A. Semler, Leitung und Überwachung der Aktiengesellschaft, § 1, Rn. 3 ff., der die Begriffe Geschäftsführung und Leitung synonym verwendet.
C. Rechtliche Stellung des Vorstands in der Aktiengesellschaft
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hängig von Charakter oder Organisation eines Unternehmens128 lassen sich dennoch allgemeingültige originäre Aspekte der Führungsfunktion herausstellen: Mit der herrschenden Auffassung ist auf Basis der betriebswirtschaftlichen Organisationsund Managementlehre, Leitung als Unternehmensplanung, -koordination, und -kontrolle, sowie die Besetzung der nachgeordneten Führungspositionen zu verstehen.129 Mit anderen Worten hat der Vorstand einerseits im Rahmen des Gesellschaftszwecks die mittel- und langfristige Unternehmenspolitik als Zielvorgabe festzulegen, ist aber andererseits auch für deren organisatorische Durchsetzung verantwortlich.130 Die so verstandene Leitungsfunktion ist direkter Ausfluss der organschaftlichen Stellung der Vorstandsmitglieder und somit in Abgrenzung zu sonstigen Geschäftsführungsmaßnahmen nicht auf Dritte zu übertragen.131 Insofern dient § 76 Abs. 1 AktG auch als Kompetenzzuweisung im Verhältnis der Gesellschaftsorgane untereinander: Indem die genannte Führungsfunktion originär dem Vorstand zugewiesen ist, werden die anderen Organe, Hauptversammlung und Aufsichtsrat, von dieser ausgeschlossen.132 Gesichert wird dies durch § 111 Abs. 4 S. 1 AktG, wonach Geschäftsführungsmaßnahmen nicht dem Aufsichtsrat übertragen werden dürfen, sowie im Umkehrschluss durch § 119 Abs. 2 AktG, wonach die Hauptversammlung nur bei Verlangen des Vorstands über Fragen der Geschäftsführung entscheiden darf. Dies muss dann erst Recht für herausgehobene Leitungsentscheidungen gelten.133 Die Unternehmensleitung obliegt dem Vorstand nach § 76 Abs. 1 AktG ferner und ganz entscheidend „unter eigener Verantwortung“. Ausprägung dieser Leitungsau128 Als unterschiedliche Organisationsstrukturen lassen sich bspw. betriebliche Tätigkeit nach funktionalen Grundsätzen, heißt Unterscheidung nach Finanzierung, Beschaffung, Entwicklung, Produktion, Verwaltung und Vertrieb, oder nach divisionalen Grundsätze, heißt Unterteilung des Unternehmens in Sparten oder Geschäftsbereiche, unterscheiden, s. Semler, Leitung und Überwachung der Aktiengesellschaft, § 1, Rn. 12. 129 Semler, Leitung und Überwachung der Aktiengesellschaft, § 1, Rn. 11; Kort, in: Großkomm AktG, § 76, Rn. 36; Hüffer/Koch, AktG, § 76, Rn. 9; Spindler, in: MüKo-AktG, § 76, Rn. 15; Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 76, Rn. 5; Oltamnns, in: Heidel, AktienR, § 76 AktG, Rn. 5; Wiesner, in: Münchener Hdb. GesR, Band 4, § 19, Rn. 17; Henze, BB 2000, 209, 210; anders Fleischer, ZIP 2003, 1, 5; ders., in: Spindler/Stilz, AktG, § 76, Rn. 18, der in Anbetracht moderner Unternehmensführung dem Vorstand als Leitungsaufgaben die Planungs- und Steuerungsverantwortung, Organisationsverantwortung, Finanzverantwortung und Informationsverantwortung zuschreiben will; dem zustimmend Bürgers/Israel, in: Bürgers/Körber, AktG, § 76, Rn. 10; hier erscheint allerdings zweifelhaft, ob damit im Inhalt andere Erkenntnisse gewonnen werden, so zu Recht Spindler, in: MüKo-AktG, § 76, Rn. 15. 130 Wiesner, in: Münchener Hdb. GesR, Band 4, § 19, Rn. 17; Spindler, in: MüKo-AktG, § 76, Rn. 16. 131 s. Spindler, in: Müko-AktG, § 76, Rn. 14; das Delegationsverbot ist umfassend, sodass die Leitung weder auf nachgeordnete Ebenen oder Führungskräfte noch auf externe Dritte übertragen werden darf. 132 Fleischer, ZIP 2003, 1, 1; Wiesner, in: Münchener Hdb. GesR, Band 4, § 19, Rn. 16; s. auch Weber, S. 97 f. 133 Fleischer, ZIP 2003, 1, 3.
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2. Teil: Begriff der Drittleistung und Kategorisierung
tonomie (und maßgebliches Abgrenzungskriterium zur GmbH)134 ist zunächst die Weisungsunabhängigkeit des Vorstands,135 korrespondierend zum Delegationsverbot originärer Leitungsaufgaben. Orientieren muss sich das Vorstandshandeln allerdings an den durch den Satzungsgegenstand und somit mittelbar durch die Hauptversammlung vorgegebenen Zielen; insofern darf der Vorstand keine Handlungen vornehmen, die mit dem Satzungsgegenstand nichts zu tun haben.136 Dennoch kann die Leitungsautonomie nicht mittelbar durch einen satzungsmäßig sehr eng gefassten Unternehmensgegenstand beschnitten werden: Die Reichweite der Vorgabe aus § 23 Abs. 3 Nr. 2 AktG ist insofern beschränkt, als dass der Vorstand nicht lediglich als Weisungsempfänger ohne eigenen Handlungsspielraum auftreten darf.137 Letztlicher Ausfluss der Leitungsautonomie ist ein weiter Handlungsspielraum und damit einhergehend ein umfassendes Leitungsermessen des Vorstands.138 Eine gesetzliche Absicherung findet sich diesbzgl. in § 84 Abs. 3 S. 1 AktG, wonach die Bestellung des Vorstandsmitglieds vom Aufsichtsrat nur aus wichtigem Grund widerrufen werden darf. Diese Vorgabe dient der Gewährleistung der Unabhängigkeit und bildet somit das „Fundament“ des weiten unternehmerischen Handlungsspielraums des Vorstands:139
II. Handlungsspielraum und Leitungsermessen Unternehmerische Entscheidungen sind naturgemäß von Prognosen und damit von Unsicherheiten geprägt, die ein beträchtliches unternehmerisches Risiko mit sich bringen.140 Dabei ist das Eingehen von Risiken Garant erfolgreichen unter134
s. etwa Wiedemann, ZGR 2011, 183, 187. Hüffer/Koch, AktG, § 76, Rn. 25; Spindler, in: MüKo-AktG, § 76, Rn. 32 f.; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 76, Rn. 57 f.; Eckert, in: Wachter, AktG, § 76, Rn. 8 f.; hervorzuheben ist in dem vorliegenden Zusammenhang, dass der Vorstand (der unabhängigen Aktiengesellschaft) an keine Weisungen anderer Gesellschaftsorgane gebunden ist, auch nicht des Groß- oder gar Alleingesellschafters, zudem besteht nach einhelliger Auffassung auch kein auftragsähnliches Rechtsverhältnis zwischen Vorstand und einzelnen Aktionären oder der gesamten Hauptversammlung. 136 Dazu Priester, FS Hüffer, 2010, S. 777, 782 ff.; Röhricht/Schall, in: Großkomm AktG, § 23, Rn. 120; Spindler, in: MüKo-AktG, § 82, Rn. 34 ff.; Raiser/Veil, Recht der Kapitalgesellschaften, § 14, Rn. 9. 137 Röhricht/Schall, in: Großkomm AktG, § 23, Rn. 120, die insofern von Befehlsempfänger sprechen; Fleischer, ZIP 2003, 1, 2; ders., in: Spindler/Stilz, AktG, § 82, Rn. 33; Priester, FS Hüffer, 2010, S. 777, 785, der plakativ formuliert: „Die Aktionäre bestimmten, was die Gesellschaft macht, der Vorstand, wie dies geschehen soll. […]“. 138 Spindler, in: MüKo-AktG, § 76, Rn. 22 ff.; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 76, Rn. 59; Eckert, in: Wachter, AktG, § 76, Rn. 13 ff.; Hüffer/Koch, AktG, § 76, Rn. 28 ff. 139 Allg.M.; Henze, BB 2000, 209, 211; Kropff, S. 106 (Begr. RegE § 84 AktG); Hüffer/ Koch, AktG, § 84, Rn. 34. 140 Spindler, in: MüKo-AktG, § 93, Rn. 36; Ulmer, DB 2004, 859, 860; Harbarth, FS Hommelhoff, 2012, S. 323, 324. 135
C. Rechtliche Stellung des Vorstands in der Aktiengesellschaft
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nehmerischen Handelns, da sich nur auf diesem Weg Gewinne erwirtschaften lassen und Expansion möglich ist.141 Will man den Vorstand nicht zu risikoaversem und damit dem Unternehmenserfolg (und im Endeffekt auch für die gesamte Volkswirtschaft)142 abträglichem Verhalten zwingen, muss ihm angesichts der beschriebenen Eigenverantwortlichkeit ein weites, gerichtlich nicht überprüfbares,143 unternehmerisches Ermessen zugestanden und mithin ein umfassender Handlungsfreiraum gewährleistet werden.144 Ansonsten liefe der Vorstand Gefahr, sich bei jedem risikobelasteten Geschäft, aufgrund sorgfaltswidrigem Verhalten, einer Schadensersatzpflicht gegenüber der Gesellschaft gem. §§ 93 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 AktG haftbar zu machen. Diese Erwägungen liegen auch der ARAG/Garmenbeck-Entscheidung des BGH zu Grunde, in der der II. Zivilsenat zunächst heraushebt, dass dem „Vorstand bei der Leitung der Geschäfte […] ein weiter Handlungsspielraum zugebilligt werden muß, ohne den eine unternehmerische Tätigkeit schlechterdings nicht denkbar ist“, und zur weiteren Konkretisierung ausführt, dass ein pflichtwidriges Handelns des Vorstands u. a. erst dann anzunehmen ist, wenn „die Bereitschaft, unternehmerische Risiken einzugehen, in unverhältnismäßiger Weise überspannt worden ist“.145 Ohne sich dieser Begrifflichkeit zu bedienen, hat der BGH damit die im amerikanischen Recht unter der Business Judgement Rule herausgearbeiteten Grundsätze haftungsfreien unternehmerischen Ermessens auf das deutsche Recht übertragen und ausdrücklich anerkannt.146 Nach Vorbild dieser Entscheidung hat der Gesetzgeber diesen bereits als geltendes (Richter-)Recht anerkannten Ermessenspielraum und Haftungsfrei141 Allg.M., s. so ausdrücklich Harbarth, FS Hommelhoff, 2012, S. 323, 324, m.w.Nachw.; Paefgen, AG 2004, 245, 247. 142 Fleischer, ZIP 2004, 685, 685 f. 143 Eine ex post eingreifende richterliche Kontrolle trägt die Gefahr in sich, unter Berücksichtigung der später eingetretenen Tatsachen überzogene Anforderungen an die Sorgfaltspflichten der Manager zu stellen („hindsight bias“), Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 93, Rn. 60; ders., ZIP 2004, 685, 686; Spindler, in: MüKo-AktG, § 93, Rn. 36. 144 Allg.M., statt aller Hopt/Roth, in: Großkomm AktG, § 93 Rn. 61 ff., mit einer umfangreichen Auflistung der verschiedenen Erwägungen zur Einräumung eines entsprechenden Haftungsfreiraums. 145 BGH v. 21. 04. 1997 – II ZR 175/95, BGHZ 135, 244, 255 – ARAG/Garmenbeck, ausführlich führt der Senat aus, dass eine Schadensersatzpflicht des Vorstands nach Maßgabe des § 93 AktG erst in Betracht kommen kann, „wenn die Grenzen, in denen sich ein von Verantwortungsbewußtsein getragenes ausschließlich am Unternehmenswohl orientiertes, auf sorgfältiger Ermittlung der Entscheidungsgrundlage beruhendes unternehmerisches Handeln bewegen muß, deutlich überschritten sind, die Bereitschaft, unternehmerische Risiken einzugehen, in unverantwortlicher Weise überspannt worden ist oder das Verhalten des Vorstands aus anderen Gründen als pflichtwidrig gelten muß“. 146 Begr. RegE, BT-Drucks. 15/5092 (UMAG), S. 11 „aus dem angelsächsischen Rechtskreis“; Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 93, Rn. 14; Spindler, in: MüKo-AktG, § 93, Rn. 37; Paefgen, AG 2004, 245, 246; dazu ausführlich ders., S. 151 ff.; ferner Kebekus/Zenker, FS Maier-Reimer, 2010, S. 319, 320 ff.; Merkt/Göthel, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, Rn. 843 ff.
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2. Teil: Begriff der Drittleistung und Kategorisierung
raum schließlich im Jahr 2004 im Zuge des UMAG in § 93 Abs. 1 S. 2 AktG (lediglich noch deklaratorisch) kodifiziert.147 Danach verstößt der Vorstand dann nicht gegen seine Sorgfaltspflichten, wenn er folgende fünf Voraussetzungen erfüllt: Es muss sich erstens um eine „unternehmerische Entscheidung“ handeln, zweitens musste das Vorstandsmitglied dabei gutgläubig sein („vernünftigerweise annehmen durfte“)148, drittens muss das Vorstandsmitglied auf der „Grundlage angemessener Information“ und viertens zum „Wohle der Gesellschaft“ gehandelt haben. Nicht vom Wortlaut erfasst, aber als anerkannte fünfte Voraussetzung muss der Vorstand letztlich „frei von Sonderinteressen und sachfremden Einflüssen“ gewesen sein.149 Kommt der Vorstand bei der Entscheidungsfindung diesen Anforderungen nach (wofür nach wie vor er die Beweislast trägt), greift die beschriebene Wirkung im Sinne einer safe harbor-Regelung ein,150 mit der Folge eines gerichtlich nicht überprüfbaren Handlungsfreiraums. Im Hinblick auf die Zwecksetzung der vorliegenden Bearbeitung sei gesondert auf die Bedeutung der ungeschriebenen Voraussetzung „Handeln frei von Sonderinteressen und sachfremden Erwägungen“ hingewiesen. Schließlich kreist die Frage um die Zulässigkeit von Drittvergütung entscheidend um die Frage, inwiefern der Vorstand durch Drittleistungen dazu veranlasst wird, ebensolche Sonderinteressen (unzulässigerweise) zu berücksichtigen. Allerdings ist die Annahme der Leistung an sich noch keine unternehmerische Entscheidung, fällt somit nicht – dies sei vorweggenommen – in den Anwendungsbereich der Business Judgement Rule. Vielmehr stehen Drittleistungen in grundsätzlichem Konflikt zu Leitungsautonomie und darauf fußendem soeben beschriebenen Handlungsfreiraum des Vorstands. Gerade aufgrund der Weite des Handlungsspielraums und Leitungsermessens des Vorstands begründen sie offensichtlich die Gefahr der treuwidrigen Ausnutzung dieser anvertrauten weiten Rechtsmacht. Mithin sind Drittleistungen zuallererst in Kontrast zu der organschaftlichen Treuepflicht zu setzen. Dass der Vorstand auf – insofern nachgelagerter – Ebene der Sorgfaltswidrigkeit, als Folge der Annahme von Drittleistung, (unter Umständen) nicht mehr frei von Sonderinteressen handelt, gewinnt ebenso wie die Frage, welche Konsequenzen sich daraus ergeben, erst im Rahmen der Rechtsfolgen Relevanz.
147
Begr. RegE, BT-Drucks. 15/5092 (UMAG), S. 11; Hüffer/Koch, AktG, § 93, Rn. 8; Krieger/Sailer-Coceani, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 93, Rn. 13. 148 Das Merkmal der Gutgläubigkeit ist Bestanteil des gesetzlichen Merkmals „annehmen durfte“, Begr. RegE, BT-Drucks. 15/5092 (UMAG), S. 11; Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 93, Rn. 31. 149 Begr. RegE, BT-Drucks. 15/5092 (UMAG), S. 11. 150 Str. hinsichtlich der dogmatischen Einordnung, dazu Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 93, Rn. 13, 15; Fleischer, ZIP 2004, 685, 688 f.; Spindler, in: MüKo-AktG, § 93, Rn. 39.
C. Rechtliche Stellung des Vorstands in der Aktiengesellschaft
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III. Grenzen des Leitungsermessens – maßgebliche Interessenlage im Unternehmen Die weit gefasste Rechtsstellung des Vorstands zwingt zur Konkretisierung: Unter Berücksichtigung der Vorgabe, dass sich der Vorstand des Kernbereichs seiner Leitungsaufgabe nicht entäußern darf, besteht nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht, das Unternehmen zu leiten (sog. „Pflichtrecht“).151 Dabei stellt sich zwangsläufig die Frage, nach welchen Maßstäben die Unternehmensleitung auszuführen ist. Einhellig anerkannt ist, dass der Vorstand bei der Ausübung seiner Leitungsfunktion keine eigenen Interessen verfolgen darf.152 Darüber hinaus besteht über die maßgebliche Interessenlage jedoch Unklarheit. Dass diese aber – auch für die Beurteilung des durch Drittleistung hervorgerufenen Interessenkonflikts – zumindest in Grundzügen bestimmt werden muss, zeigt sich besonders anschaulich anhand des Zusammenspiels von § 76 Abs. 1 AktG und § 93 Abs. 1 S. 2 AktG. Denn während § 76 Abs. 1 AktG unter dem Stichwort Unternehmensinteresse (oder auch Gesellschaftsinteresse) die Festlegung von Kernkompetenzen zum Gegenstand hat, stellt sich bei § 93 Abs 1 S. 2 AktG die Frage nach den Grenzen einer pflichtgemäßen Ermessensausübung, oder: Ab welchem Punkt kann der Vorstand davon ausgehen, dass er seine Leitungsentscheidung zum Wohle der Gesellschaft getroffen hat? Beiden Problemkreisen liegt derselbe Kern zugrunde: Neben einer Orientierung am Unternehmensgegenstand (der insbesondere für § 76 Abs. 1 AktG von Bedeutung ist), hat sich der Vorstand in beiden Fällen an den Interessen im Unternehmen zu orientieren. Dabei legt die Leitungsautonomie i.S.d. § 76 AktG – als Kernkompetenz – soz. den äußeren Rahmen bzw. die äußere Grenze pflichtgemäßer Vorstandstätigkeit fest. Und diese Grenze wiederum kann sich allein aus dem vom Vorstand zu verfolgenden Fremdinteresse ableiten. Die Kehrseite der Leitungsautonomie ist mit Vorhergesagtem aber schließlich die Frage nach dem pflichtgemäßen Ermessen zum Wohle der Gesellschaft: Da mithin auch diese maßgeblich durch das Fremdinteresse zu bestimmen ist, kann es allein innerhalb der durch dieses gezogenen Grenze zu einer Ermessensausübung des Vorstands kommen. Bewegt er sich nicht in dem dadurch vorgegebenen Rahmen, kann er denklogisch nicht mehr pflichtgemäßes Ermessen ausüben. Schlussendlich ist damit das für § 76 Abs. 1 AktG relevante Unternehmensinteresse und das im Rahmen der Business Judgement Rule des § 93 Abs. 1 S. 2 AktG relevante Gesellschaftswohl identisch.153 Steht die Annahme von Drittleistung daher in Konflikt zum Unternehmensinteresse, begründet diese – sofern der Anreiz nur stark genug ist – durch die Überschreitung der durch das maßgebliche Fremdinteresse gesetzten Grenze einen unzulässigen Interessenkonflikt; mit entsprechenden sanktionsrechtlichen Folgen. Steht aber umgekehrt die Annahme der 151
Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 76, Rn. 10; Spindler, in: MüKo-AktG, § 76, Rn. 14; Weber, in: Hölters, AktG, § 76, Rn. 8. 152 Zumindest sofern sie in Widerspruch zu seinem eigentlichen Pflichtenprogramm stehen. 153 Kort, AG 2012, 605, 607; Hüffer, AktG, 10. Aufl. 2012, § 93, Rn. 4g; Hölters, in: Hölters, AktG, § 93, Rn. 37.
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2. Teil: Begriff der Drittleistung und Kategorisierung
Drittleistung nicht per se in einem Konflikt zu dem zu verfolgenden Fremdinteresse, kann sich dies auch positiv auf die Bewertung und Handhabe des hervorgerufenen Interessenkonflikts und damit auf die Drittleistung auswirken. 1. Konkretisierung der maßgeblichen Interessenlage Die Frage, nach welchen Zielen der Vorstand seine Leitungstätigkeit auszurichten und welche Interessen er im Rahmen seines unternehmerischen Ermessens zu berücksichtigen hat, ist eine der umstrittensten Themen des Aktienrechts. Augenscheinlich müssen zunächst die Interessen der Gesellschafter selbst (sog. shareholder) als Eigenkapitalgeber eine maßgebliche Rolle spielen. Bereits hier können sich jedoch Probleme ergeben, und zwar dann, wenn innerhalb der Anteilseigner unterschiedliche Präferenzen bestehen.154 Als weitere Interessengruppe könnten die Arbeitnehmer mit eigenen Interessen zu berücksichtigen sein, ferner die Interessen der Gesellschaftsgläubiger. Letztlich, noch weitergehend, könnten auch Interessen der Öffentlichkeit an dem Unternehmen Beachtung finden müssen, da das Unternehmen Teil der gesamten Volkswirtschaft ist und mit ihm im Sinne eines good corporatae citizen gewisse Erwartungen verbunden sind.155 Diese weiteren Interessengruppen werden unter dem Begriff der stakeholder zusammengefasst. Wesensmerkmal der Aktiengesellschaft als „Verband“, bzw. konkreter als „Körperschaft“,156 ist – im Unterschied zu personalistischen Personengesellschaften, bei denen naturgemäß eine Parallele zu den Gründerinteressen bestehen bleibt – die weitreichende Verselbstständigung des Gesellschaftszwecks von dem konkreten Gründungswillen der einzelnen Gesellschafter.157 Dies rührt daher, dass die Aktiengesellschaft im deutschen Gesellschaftsrecht die weitest mögliche Annäherung an eine reine Publikumsgesellschaft darstellt. Sie ist zum einen gerade dazu konzipiert, ein möglichst großes Publikum anzusprechen, zum anderen kann sie aufgrund der damit verbundenen Möglichkeit der Kapitalbeschaffung eine Größe erlangen, die ihr auch für andere Interessengruppen als ihre Gesellschafter Bedeutung verleihen kann. Durch diese Verselbstständigung öffnet sich die Tür für einen Streit um die – über die Summe der Aktionärsinteressen hinausgehenden – vom Vorstand maßgeblich zu berücksichtigenden Interessen. Denn wenngleich man wohl annehmen kann, dass trotz grundsätzlicher „Zweckneutralität“ des Aktienrechts, bei mangelnder anderweitiger Satzungsbestimmung, der Zweck der Aktiengesellschaft in der Gewinnerzielung liegt (zu diesem Zweck betreibt die Aktiengesellschaft im Übrigen rglm.
154
s. dazu unten 2. Teil D.I.2.a)aa). Dies sind nach allgemeiner Meinung die wesentlich zu diskutierenden Interessengruppen, s. etwa Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 76, Rn. 15. 156 s. dazu K. Schmidt, GesR, § 3 I. 1., S. 45 f. 157 Wiedemann, GesR, Band 1, § 1 I 1 b) aa), S. 11; K. Schmidt, GesR, § 3 I. 2., S. 46; Kübler/Assmann, GesR, § 3 II., S. 24 f.; v. Bonin, S. 77; Hoffmann, S. 216. 155
C. Rechtliche Stellung des Vorstands in der Aktiengesellschaft
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das Unternehmen),158 ist damit noch keine weitergehende Konkretisierung darüber getroffen, auf welchem Weg und in welchem Maße dieses Ziel verwirklicht werden muss. Im Kern geht es dabei um die Frage, nach wessen Wohl die Gesellschaft das Unternehmen zu betreiben hat. In grobem Rahmen kann man die verschiedenen Ansichten wie folgt zusammenfassen: Die herrschende Auffassung befürwortet ein grds. interessenpluralistisches Verständnis,159 die wohl herrschende Meinung erkennt dafür auch die Verwendung des Begriffs „Unternehmensinteresse“ an.160 Danach hat der Vorstand im Rahmen seines unternehmerischen Ermessens sowohl die Interessen der Anteilseigner als auch die Interessen sonstiger für die Aktiengesellschaft relevanter Gruppen zu berücksichtigen, namentlich die der Arbeitnehmer, Gläubiger161 oder auch der Allgemeinheit. Demgegenüber wird im Rahmen einer interessenmonistischen Ausrichtung eine ausschließliche oder zumindest maßgebliche Orientierung des Vorstandshandelns am erwerbswirtschaftlichen Interesse der Anteilseigner propagiert.162 Dabei überschneiden sich häufig die Begründungsansätze, welche einerseits ein – bereits angedeutetes – Verbands- (oder auch Gesellschaftsinteresse) im Sinne einer Gewinnmaximierung als maßgeblich erachten und andererseits eine Marktwertmaximierung nach Maßgabe des shareholder value fordern. 2. Interessenpluralistischer Ansatz – Unternehmensinteresse Die Diskussion um die Interessenausrichtung des Vorstands unter dem Oberbegriff „Unternehmensinteresse“ findet ihren Anfang in den siebziger Jahren.163 158 Hüffer/Koch, AktG, § 23, Rn. 22; Kuhner, ZGR 2004, 244, 246; Spindler, in: MüKoAktG, § 76, Rn. 59; Semler, FS Hopt, Band 1, 2010, S. 1391, 1392. 159 Hüffer/Koch, AktG, § 76, Rn. 28 ff.; Hüffer, in: Bayer/Habersack, Aktienrecht im Wandel, Band II, 7. Kapitel, Rn. 42; Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 76, Rn. 15 ff.; Spindler, in: MüKo-AktG, § 76, Rn. 76; Kort, in: Großkomm AktG, § 76, Rn. 52 ff.; ders., AG 2012, 605, 605 f.; Bürgers/Israel, in: Bürgers/Körber, § 76, Rn. 12 ff.; v. Werder, in: Kremer/ Lutter/Bachmann/v. Werder, DCGK, Rn. 111, 131, 501, 802 ff.; ders., ZGR 1998, 69, 77 ff.; Goette, ZGR 2008, 436, 447; Rönnau, FS Amelung, 2009, S. 247, 261 ff.; Semler, FS Hopt, Band 1, 2010, S. 1391, 1393; Raisch, FS Hefermehl, 1976, S. 347, 348 ff. 160 Anschaulich Hüffer/Koch, AktG, § 76, Rn. 36, 28 ff.; krit. von den in Fn. 159 genannten etwa Spindler, in: MüKo-AktG, § 76, Rn. 64, „juristisches Ei des Kolumbus“. 161 Ohne dem Nachfolgenden vorzugreifen, erscheint es aber mit Klöhn, ZGR 2008, 110, 134 ff., überzeugend, die Gläubigerinteressen unberücksichtigt zu lassen. 162 Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 76, Rn. 29 ff.; Vedder, in: Grigoleit, AktG, § 76, Rn. 14 ff.; Weber, in: Hölters, AktG, § 76, Rn. 22; Seibt, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 76, Rn. 23 ff. (unter dem Begriff Unternehmensinteresse); Mülbert, ZGR 1997, 129, 156 ff.; ders., FS Röhricht, 2005, S. 421, 434 f.; Kuhner, ZGR 2004, 244, 258 ff.; Wiedemann, ZGR 2011, 183, 196; v. Bonin, S. 88 ff. 163 s. etwa BGH v. 05. 06. 1975 – II ZR 156/73, BGHZ 64, 325, 331. Auch wenn der Gerichtshof hier ausdrücklich auf eine Stellungnahme zu einer möglichen Interessenpluralität verzichtet, sagt er dennoch, dass bei der Frage nach einer Verschwiegenheitspflicht sowohl für die Aktionäre als auch für die Arbeitnehmer das „Interesse des Unternehmens“ maßgebend sei,
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2. Teil: Begriff der Drittleistung und Kategorisierung
Seitdem wird in der Literatur intensiv um Inhalt oder gar Existenz eines interessenpluralistischen „Unternehmensinteresses“ gestritten. Zur Begründung für die Notwendigkeit und Berechtigung eines Unternehmensinteresses wird von seinen Vertretern – unabhängig von der jeweils vertretenen näheren Ausformung – etwa darauf hingewiesen, dass sich die dem Unternehmensinteresse innewohnende, vom Gesellschaftszweck abgelöste, interessenpluralistische Ausrichtung des Leitungshandelns aus der Fortgeltung des § 70 Abs. 1 AktG 1937 ergebe.164, 165 Ferner folge das Bedürfnis der Akzeptanz eines Unternehmensinteresses oder zumindest die (untergeordnete) Pflicht zur Berücksichtigung von stakeholder-Interessen aus der Sozialpflichtigkeit des Eigentums nach Art. 14 Abs. 2 GG.166 Als besondere Ausprägung dieser verfassungsrechtlichen Vorgabe wird die Notwendigkeit eines interessenpluralistischen Verständnisses schließlich auf die unternehmerische Mitbestimmung aufgrund des MitbestG 1976 und neuer des DrittelbG 2004 zurückgeführt.167 Eine ausführliche Auseinandersetzung mit dem Pro und Contra dieser Argumentationslinien (und weiteren in diesem Zusammenhang vorgebrachten Argumenten) erscheint in Anbetracht der bereits vorhandenen Diskussion nicht zielführend. Im Ergebnis ist zu konstatieren, dass eine sinnvolle Auflösung anhand argumentativer Besprechung kaum mehr möglich erscheint und ein entsprechender Versuch den Rahmen dieser Bearbeitung entschieden sprengen würde. Insofern ist für die nachfolgende Bearbeitung der Streit um die verschiedenen Ausformungen und die ursprüngliche Begründung des Unternehmensinteresses hintanzustellen. „das sich vielfach, aber nicht immer, mit den Interessen der im Aufsichtsrat repräsentierten Gruppen decken wird“. 164 Schilling, FS Gessler, 1971, S. 159, 168 f.; ders., ZHR 144 (1980), 136, 138; Raisch, FS Hefermehl, 1976, S. 347, 352 f; Raiser, ZHR 144 (1980), 206, 211; Hopt, ZGR 1993, 534, 536; Hüffer/Koch, AktG, § 76, Rn. 30, 26; Kort, AG 2012, 605, 607; wohl auch, wenngleich vorsichtiger Mertens, in: Kölner Komm AktG, 2. Aufl. 1996, § 76, Rn. 16; eindeutig a.A. Mülbert, ZGR 1997, 129, 147 ff. 165 In Abkehr der vormals geltenden Konzeption des HGB hatte der Vorstand gem. § 70 Abs. 1 AktG 1937 „unter eigener Verantwortung die Gesellschaft so zu leiten, wie das Wohl des Betriebes und seiner Gefolgschaft und der gemeine Nutzen von Volk und Reich es fordern“. Wenngleich der Gesetzgeber in der Nachfolgeregelung § 76 Abs. 1 AktG 1965 auf eine vergleichbare Konkretisierung verzichtete, sollte damit keine Abkehr von einem interessenpluralistischen Verständnis vom Vorstandshandeln einhergehen. Vielmehr verstand es sich nach Ansicht des Reformgesetzgebers von selbst, dass der Vorstand bei seinen Leitungsmaßnahmen die Belange der Aktionäre, der Arbeitnehmer sowie der Allgemeinheit zu berücksichtigen habe, weshalb von einer ausdrücklichen Bestimmung im Gesetz abgesehen werden könne, s. dazu etwa Spindler, Gutachten Hans Böckler Stiftung, S. 7 f.; kritisch zur Fortgeltung etwa Mülbert, ZGR 1997, 129, 147 ff. 166 Kübler/Assmann, GesR, § 33 III. 4. a), S. 528 f.; Raiser, ZHR 144 (1980), 206, 225; Reuter, AcP 179 (1979), 509, 510; ausführlich zu einem solchen Ansatz Schmidt-Leithoff, S. 155 ff.; zu Besonderheiten infolge der Sozialpflichtigkeit des Eigentums unter dem Verbandsinteresse, s. v. Bonin, S. 104 ff. 167 So Ballerstedt, ZGR 1977, 133, 136; Kunze, FS Duden, 1977, S. 201, 209; Reuter, AcP 179 (1979), 509, 510 ff.
C. Rechtliche Stellung des Vorstands in der Aktiengesellschaft
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Vielmehr ist die Idee eines Unternehmensinteresses (wie auch die weiteren interessenmonistischen Ansätze) auf ihre Vereinbarkeit mit der geltenden Rechtslage zu untersuchen. In diesem Sinne ist es allein zielführend, das von der herrschenden Auffassung zu Grunde gelegte Verständnis des Unternehmensinteresses näher zu beleuchten. Dies lässt sich im Kern auf zwei wesentliche Aussagen reduzieren: Ungeachtet des Umstands, dass – neben den vielfachen Begründungsansätzen – auch hinsichtlich der inhaltlichen Konzeption des Unternehmensinteresses weitreichende Uneinigkeit besteht,168 ist den verschiedenen Erklärungsansätzen als erste Kernaussage gemein, dass sie gerade nicht (ausschließlich) an den Verband der Anteilseigner anknüpfen, sondern ausnahmslos eine interessenpluralistische Zielkonzeption verfolgen. Allerdings stößt ein solches „Unternehmensinteresse“ ohne weitere Konkretisierung zu Recht auf breites Unbehagen in der Literatur, da sich in Folge der Ermessensspielraum des Vorstands kaum eingrenzen lässt und somit zu Recht befürchtet wird, dass Willkür „Tür und Tor“ geöffnet werde.169, 170 Im Gegensatz zu der daraus teilweise gezogenen Konsequenz, die Figur des Unternehmensinteresses abzulehnen,171 misst die herrschende Meinung dem Begriff dennoch eine eigenständige Funktion mit rechtspraktischem Nutzen zu: Das Unternehmensinteresse sei als „sprachliche Abbreviatur“ der Vorstandspflicht zu verstehen, die im und am Unternehmen verschiedenen, teils konfligierenden Interessen mittels Abwägung zu einem Ausgleich zu bringen.172 Äußere Grenze dieses Abwägungsprozesses – dies ist die zweite fast allgemeingültige Kernaussage aus dem Streit um das Unternehmensinteresse – ist die Verpflichtung des Vorstands, den Bestand oder Erhalt des Unternehmens zu sichern und insbesondere für dauerhafte Rentabilität zu sorgen.173 168
s. hierzu die Übersicht bei Mülbert, ZGR 1997, 129, 142 f. Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 76, Rn. 34; Schmidt-Leithoff, S. 154, 231; Mülbert, AG 2009, 766, 772. 170 Diese Problematik verschärft sich gar, wenn man versucht, das Unternehmensinteresse nicht als bloßen Gegenstand von Interessen zu deuten, sondern als eigenständiges Subjekt ansieht. Denn ein von den Interessen in und an einem Unternehmen losgelöstes Unternehmensinteresse würde eine Konkretisierung der Leitungsaufgabe noch weiter erschweren und wäre daher noch eher geeignet, „Vorstandsverantwortung aufzulösen als ihr einen Orientierungspunkt zu bieten“ (so die berechtigte Kritik von Hüffer/Koch, AktG, § 76, Rn. 36). 171 Gegen eine Orientierung an einem „wie auch immer gearteten Unternehmensinteresse“ richten sich ausdrücklich Mülbert, ZGR 1997, 129, 158; ders., AG 2009, 766, 771; Zöllner, AG 2003, 2, 7; v. Bonin, Die Leitung der Aktiengesellschaft zwischen Shareholder Value und Stakeholder-Interessen, 2006, S. 116 f.; Schmidt-Leithoff, S. 154; Wiedemann, ZGR 2011, 183, 195 f.; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 76, Rn. 36 f.; Kuhner, ZGR 2004, 244, 252 ff. 172 Goette, FS 50 Jahre BGH, 2000, S. 123, 127; Schüppen, FS Tiedemann, 2008, S. 749, 757; Hüffer/Koch, AktG, § 76, Rn. 36; wohl auch v. Werder/Wieczorek, DB 2007, 297, 297 für den Aufsichtsrat; krit. hierzu neuerdings Wiesner, in: Münchener Hdb. GesR, Band 4, § 19, Rn. 20. 173 Schüppen, FS Tiedemann, 2008, S. 749, 757; Goette, FS 50 Jahre BGH, 2000, S. 123, 127; Hüffer/Koch, AktG, § 76, Rn. 34; Hüffer, FS Raiser, 2005, S. 163, 168 ff.; Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 76, Rn. 18, 21; Weber, S. 124; v. Werder, in: Kremer/Lutter/Bach169
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2. Teil: Begriff der Drittleistung und Kategorisierung
a) Bestand und dauerhafte Rentabilität als legitime Handlungsvorgabe? Eingangs ist zunächst klarzustellen: Die Verpflichtung des Vorstands auf Bestand und Rentabilität heißt keinesfalls, dass das Unternehmen nur um seiner selbst willen erhalten werden soll. Vielmehr ist das Erhaltungsinteresse als Ausfluss einer dauerhaften Rentabilität dann nicht mehr Ermessensgrenze, wenn dies zum Erhalt einer dauerhaft unrentablen Wirtschaftseinheit führen würde.174 Insofern ist es auch gleichgültig, aus wessen Sicht diese Vorgabe betrachtet wird, weil weder die Aktionäre als Kapitalgeber noch die Arbeitgeber, Gläubiger oder das Allgemeinwohl Interesse an einem dauerhaft unrentablen Unternehmen haben werden.175 Ohne ein gesundes wirtschaftliches Fundament kann das Unternehmen auf Dauer keiner der genannten Interessgruppen gerecht werden.176 Für eine entsprechende Mindestvorgabe spricht nicht zuletzt das Gesetz, indem es in § 91 Abs. 2 AktG ausdrücklich die Etablierung eines Überwachungssystems vorschreibt, mit dessen Hilfe bestandsgefährdenden Entwicklungen entgegengewirkt werden kann.177 Nach vertretener Auffassung soll innerhalb dieser äußersten Grenzen die Operationalisierung dieser Vorgabe allein im (gerichtlich nicht überprüfbaren) Ermessensfreiraum des Vorstands liegen. Mit anderen Worten sei es allein seine Entscheidung, „ob er seine Unternehmenspolitik stärker lang- oder kurzfristig orientiert, ob er mehr auf Einbehaltung der Gewinne im Unternehmen und auf Expansion des Unternehmens ausgeht oder stärker darauf, die Aktionäre mit einer möglichst hohen Dividende zu bedienen und wie er dementsprechend die Kapitalstruktur der Gesellschaft gestaltet“.178 Indes erlaubt der Rückgriff auf das Gesetz eine weitergehende Eingrenzung: So zeigt sich in der im Zuge des VorstAG vorgenommenen Reform des § 87 Abs. 1 S. 2 AktG, dass die Vorstandsvergütung und damit auch die Vorstandstätigkeit auf einen langfristigen Zeithorizont ausgerichtet werden soll.179 Ähnlich hat der Gesetzgeber zudem in der Regierungsbegründung zum Zweck des KonTraG ausdrücklich klargestellt, dass mit diesem eine „langfristige […] Wertmann/v. Werder, DCGK, Rn. 111, 802; diese Maxime auch ohne Rückgriff auf das Unternehmensinteresse anerkennend Spindler, in: MüKo-AktG, § 76, Rn. 69; Weber, in: Hölters, AktG, § 76, Rn. 19; indirekt ferner Schmidt-Leithoff, S. 83; Junge, FS v. Caemmerer, 1978, S. 547, 554 f.; Schilling, FS Geßler, 1971, S. 159, 167 f.; ders., BB 1997, 373, 379 f.; Teubner, ZHR 149 (1985), 470; Raisch, FS Hefermehl, 1976, S. 347, 361; 477 f.; Eckert, in: Wachter, AktG, § 76, Rn. 15; Wiedemann, GesR, Band 1, § 11 III 2 b), S. 625 ff.; unter dem Ansatz der angemessenen Gewinnerzielung Semler, Leitung und Überwachung der Aktiengesellschaft, § 3, Rn. 40 ff.; diesen Ansatz als zu eng bezeichnend, Jürgenmeyer, S. 103, 109 f.; Heiser, S. 100 f.; a.A. Birke, 2005, S. 199 ff., 212 ff.; v. Bonin, S. 114 f. 174 Hüffer/Koch, AktG, § 76, Rn. 34; Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 76, Rn. 22; dies verkennt Wiedemann, ZGR 2011, 183, 195, in seiner Argumentation gegen eine generelle Orientierung am Unternehmensinteresse. 175 Hüffer/Koch, AktG, § 76, Rn. 34. 176 Spindler, in: MüKo-AktG, § 76, Rn. 70. 177 Spindler, in: MüKo-AktG, § 76, Rn. 70. 178 Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 76, Rn. 21. 179 Ebenso Spindler, in: MüKo-AktG, § 76, Rn. 69; a.A. Mertens, AG 2011, 57, 59.
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steigerung für die Anteilseigner“ ermöglicht werden soll.180 Unabhängig davon, inwiefern dadurch auch die Zulässigkeit einer shareholder value orientierten Ausrichtung des Vorstandshandelns forciert oder aber zumindest legitimiert wird, lassen diese Vorgaben jedoch eine systematische Ausrichtung des Vorstandshandelns auf eine kurzfristige Unternehmenspolitik als contra legem erscheinen.181 Als wesentliches Argument gegen die Ausrichtung an „Bestand und Rentabilität“ wird schließlich vorgebracht, dass zumindest eine Verpflichtung auf den Erhalt des Unternehmens nicht mit dem Recht der Aktionäre zu vereinbaren sei, die Gesellschaft und das mit ihr verbundene Kapital jederzeit auflösen zu können, §§ 119 Abs. 1 Nr. 8, 262 Abs. 1 Nr. 2 AktG.182 Indes übersieht dieser Einwand, dass die originären Eigentümerrechte im Vergleich zum Vorstandshandeln – plakativ gesprochen – eine Stufe höher anzusiedeln sind. Denn die Aktionäre werden durch diese Vorgabe keinesfalls in ihren Investitions- und insbesondere Desinvestitionsentscheidungen beschnitten. Fassen die Aktionäre einen rechtswirksamen Hauptversammlungsbeschluss, so ist der Vorstand an diesen gebunden. Das heißt aber nicht, dass der Vorstand auch ohne entsprechenden Beschluss den Aktionären „willfährig“ sein muss oder darf,183 wenn die Desinvestitionsentscheidung „lediglich“ dem Ertragsinteresse der Aktionäre entspricht, die langfristige Rentabilität des Unternehmens aber beeinträchtigen wird (Mertens und Cahn nennen hier als Beispiel asset stripping).184 Dies heißt keinesfalls, dass Substanzveräußerungen oder Marktanpassungen unzulässig wären, solange sie im Endeffekt der langfristigen Rentabilität des Unternehmens dienen.185 So verstanden, spiegelt sich in der Vorgabe „Bestand und Rentabilität“ durch die ihr inhärente, erwerbswirtschaftliche Zwecksetzung schließlich auch das – eingangs bereits angedeutete – Formalziel des überindividuellen Verbandszwecks und mithin das Gesellschaftsinteresse wider.186 Denn die beschriebene Verpflichtung auf die langfristige Rentabilität ist mit Vorgesagtem primäre Handlungsvorgabe. Maßnahmen, die dagegen das erwerbswirtschaftliche Interesse der Gesellschaft und damit auch das überindividuelle Interesse der Aktionäre beeinträchtigen, sind nicht mehr vom Leitungsermessen des Vorstands gedeckt.187 180
Begr. RegE, BT-Drucks. 13/9712 (KonTraG), S. 11. Dabei wird nicht verkannt, dass auch mit der Vorgabe der „Langfristigkeit“ einige Konkretisierungsprobleme verbunden sind (s. dazu unten 2. Teil C.III.3.c)), doch betreffen diese gerade nicht die Zulässigkeit der Vorgabe einer langfristigen Rentabilität im Sinne einer Ausklammerung systematisch kurzfristigen Vorstandshandelns. 182 v. Bonin, S. 114 f.; Hopt, ZGR 1993, 534, 538. 183 In diesem Sinne hat auch das OLG Frankfurt a.M. v. 17. 08. 2011 – 13 U 100/10, AG 2011, 918, 919 f., dem Vorstand Freiraum gegenüber der Stimmrechtsmacht der Aktionäre eingeräumt. 184 Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 76, Rn. 24. 185 Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 76, Rn. 24. 186 Ebenso Kort, in: Großkomm AktG, § 76, Rn. 53. 187 Spindler, in: MüKo-AktG, § 76, Rn. 69. 181
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b) Verständnis der Interessenpluralität Innerhalb dieser durch das Erfordernis der langfristigen Rentabilität und der damit verbundenen nachhaltigen Steigerung des Unternehmenswerts gesetzten Grenzen wird es als Aufgabe des Vorstands angesehen, mittels Abwägungsprozess die verschiedenen Interessengruppen zu bewerten und zu einem Ausgleich zu bringen („praktische Konkordanz“).188 Entgegen vielfach geäußerter Stimmen ist allerdings nicht aus der Pluralität auf eine zwingende Gleichberechtigung der zu berücksichtigenden Interessen zu schließen.189 Zwingend ist nur, dass mit einer Interessenpluralität eine ausschließliche Berücksichtigung bzw. systematische Vorrangstellung von Aktionärsinteressen nicht vereinbar ist. Denn der Begriff „Interessenpluralität“ impliziert allein, dass die Leitungsorgane im Ausgangspunkt alle wesentlichen Interessen zu berücksichtigen haben, gibt jedoch keine Hierarchie vor, auch nicht im negativen Sinne. Insofern sei bereits an dieser Stelle klargestellt: Zwar erkennen einige Vertreter einer interessenpluralistischen Ausrichtung unter dem Begriff des Unternehmensinteresses keinen rechtlichen Vorrang190, wohl aber die Möglichkeit des faktischen Vorrangs von Aktionärsinteressen an, wenn sie einräumen, dass bei Beibehaltung des Gesamtkonzepts auch Raum für die Umsetzung des shareholder value-Gedankens im Sinne „tendenzieller Aufwertung der Aktionärsinteressen“ besteht.191 3. Interessenmonistische Ansätze Indes verbleibt es auch nach Maßgabe des dargestellten herrschenden Verständnisses des Unternehmensinteresses bei dem wesentlichen Kritikpunkt: Durch eine interessenpluralistische Zielkonzeption wird dem Management ein diskretionärer Handlungsspielraum eröffnet, der mangels klarer Zielfunktion beliebiges und
188 Statt vieler Hopt, ZGR 1993, 534, 536; sich explizit gegen die Übertragung dieser „staatsrechtlichen Wertungskategorien auf privatwirtschaftliche Aktivitäten“ aussprechend, Kuhner, ZGR 2004, 244, 256 f., der dabei allerdings übersieht, dass es bei der Frage nach Richtlinien des Vorstandshandelns nicht allein darum geht, wirtschaftspraktische Realität darzustellen, sondern insbesondere reales Vorstandshandeln auf eine rechtlich überzeugende Grundlage zu stellen. 189 So aber statt vieler Hopt, ZGR 1993, 534, 536, der auch aus dem Vergleich zur praktischen Konkordanz folgert, dass „Ausschließlichkeit oder auch nur Vorrang der Aktionärsinteressen in der Aktiengesellschaft“ dann nicht mehr zu rechtfertigen sei. 190 Sich an dem Begriff „Vorrang“ störend, Semler, FS Hopt, Band 1, 2010, S. 1391, 1394, Fn. 12, da die Interessen der Anteilseigner sich durch ihren Inhalt und nicht durch ihr Gewicht von den Interessen der sonstigen Interessenträger unterscheiden würden; insofern seien Unternehmensziele, die den Interessen der Aktionäre zuwiderlaufen, nicht zulässig, da die Aktionärsinteressen „Triebfeder unternehmerischen Handelns“ seien. 191 U. a. Hüffer/Koch, AktG, § 76, Rn. 33; Hüffer, in: Bayer/Habersack, Aktienrecht im Wandel, Band II, 7. Kapitel, Rn. 42; Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 76, Rn. 18; wohl auch Kort, AG 2012, 605, 609.
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nicht kontrollierbares Vorstandshandeln zur Folge haben kann.192 In Konsequenz sei es kaum möglich, dem Vorstand Fehlentscheidungen nachzuweisen und ihn dafür zur Verantwortung zu ziehen.193 Als Gegenmodell wird deshalb – zumeist unter Ablehnung des Begriffs „Unternehmensinteresse“194 – die interessenmonistische Ausrichtung allein unter Berücksichtigung der konkreten oder aber überindividuellen Anteilseignerinteressen vertreten. Leitgedanke ist dabei die Partizipation der Anteileigner am Unternehmen als „Restbetragsbeteiligte“ (Residualgläubiger), in Abgrenzung zu den relevanten stakeholder-Gruppen, wie Arbeitnehmern, Fremdkapitalgebern und Lieferanten, welche als „Festbetragsbeteiligte“ eine (gegenüber den Anteilseignern vorrangige) vertragliche Absicherung ihrer Ansprüche am Unternehmen genießen. In Konsequenz steht den Anteilseignern „lediglich“ der Überschuss zur, der nach Befriedigung der vorrangigen Vertragspositionen aller anderen Interessengruppen verbleibt.195 Bei nicht hinreichendem Erfolg der Unternehmung trägt er damit das Risiko, gar keine Gegenleistung für das von ihm eingebrachte Eigenkapital zu erhalten, im ungünstigsten Fall der Insolvenz gar des Verlusts seiner Einlage (Residualrisiko).196 Insbesondere diese Stellung als ultimate riskbearer197 fordere die alleinige oder aber vorrangige Ausrichtung auf das Aktionärsinteresse ein.198 Grob kann dabei zwischen folgenden Ausprägungen unterschieden werden: a) „Reiner“ shareholder-value-Ansatz – Marktwertmaximierung als verbindliche Vorgabe? Bei einer Ausrichtung nach Vorgabe des shareholder value-Ansatzes199 besteht das oberste Ziel der Unternehmensführung in der Maximierung des Marktwerts des 192 s. etwa Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 76, Rn. 34; ders., AG 2001, 171, 177; unter Bezugnahme auf das „too many masters-argument“ nach Bainbridge, Corporation Law and Economics, 2002, S. 421; Macey, 21 Stetson Law Review (1991 – 1992), 23, 31 ff., wonach „ein Diener vieler Herren […] am Ende aller ledig und niemandem mehr verantwortlich“ ist; ebenso Mülbert, AG 2009, 766, 770 f.; Zöllner, AG 2003, 2, 8. 193 s. etwa Hopt, ZHR 175 (2011), 444, 477. 194 s. Nachweise in Fn. 171; anders aber etwa Seibt, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 76, Rn. 23, als Vertreter eines moderaten shareholder value. 195 Schmidt/Spindler, FG Kübler, 1997, S. 515, 524; Kübler, FS Zöllner, Band I, 1998, S. 321, 325. 196 Schmidt/Spindler, FG Kübler, 1997, S. 515, 524; Kübler, FS Zöllner, Band I, 1998, S. 321, 325; v. Bonin, S. 171. 197 Im englischen Sprachgebrauch haben sich die äquivalenten Umschreibungen wie „residual riskbearer“ oder „residual claimant“ eingebürgert, s. Schmidt/Spindler, FG Kübler, 1997, S. 515, 524. 198 Wiedemann, ZGR 2011, 183, 196; Zöllner, AG 2003, 2, 8, weist in diesem Zusammenhang zudem darauf hin, dass aus diesem Grund von den Anteilseignern denknotwendig die besten unternehmerischen Anreize ausgehen würden. 199 Grundlegend Rappaport, Creating Shareholder Value: The New Standard for Business Performance, 1986; genau genommen ist der shareholder value der gegenwärtige Ertragswert
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Eigenkapitals der Unternehmung, was sich bei börsennotierten Aktiengesellschaften in der klaren Prämisse ausdrückt, einen möglichst hohen Aktienkurs zu erzielen.200 Anlass ist das Interesse der Aktionäre an der maximalen Steigerung des Ertragswerts ihrer Beteiligung. Dabei wird der Marktwertbeitrag einzelner Strategiemaßnahmen anhand der Methoden der Investitionsrechnung ermittelt, wobei maßgeblicher Richtwert der finanzielle Nutzen für die Anteilseigner ist.201 Soll sich das Vorstandshandeln allein nach diesen Maßstäben orientieren, rückt damit das Interesse der Anteilseigner in den Vordergrund, bei gleichzeitiger – zumindest im absoluten Verständnis des shareholder value-Ansatzes – Ausblendung der übrigen Interessengruppen.202 Nach den Vertretern dieser Ansicht schafft nur diese klar quantifizierbare Richtlinie eine hinreichend kontrollierbare Handlungsvorgabe für den Vorstand. Denn zumindest im Fall der Kapitalmarktorientierung besteht mit dem Börsenkurs ein präziser Bemessungsmaßstab. Dies bringt insbesondere unter dem Aspekt der Principal-Agent-Theorie entscheidende Vorteile,203 da durch die Messbarkeit des Erfolgs des Vorstandshandelns dessen diskretionäre Handlungsspielräume verringert werden, sodass ein so verstandenes interessenmonistisches Modell „beträchtliche Kontrollkostenvorteile“ mit sich bringt; wohingegen ein interessenpluralistisches Modell aufgrund der ihm inhärenten unklaren Präferenzordnung den gegenteiligen Effekt hätte.204 Geboten sei diese Vorrangstellung der Anteilseigner schließlich unter Berücksichtigung ihrer Eigenschaft als Residualgläubiger, mithin der engen Verknüpfung ihrer Interessen mit dem finanziellen Schicksal des Unternehmens.205 Indes übersieht diese (nicht differenzierende) Schlussfolgerung – und diese Erkenntnis dürfte sich mittlerweile weitestgehend durchgesetzt haben – dass auch stakeholder, insbesondere die Arbeitnehmer und bestimmte Gläubiger, umfangreiche unternehmensspezifische Investitionen getätigt haben, die gerade nicht durch gesetzliche oder vertragliche Regelungen abgesichert werden können (sog. „im-
eines Unternehmens unter Abzug des Marktwerts des Fremdkapitals. Er berechnet sich marktwertbezogen auf Grundlage des geschätzten, abgezinsten Saldos sämtlicher zukünftiger betrieblicher, frei verfügbarer Zahlungsströme während des Prognosezeitraums zuzüglich des Residualwerts und des Marktwerts der handelsfähigen Wertpapiere, so die Beschreibung nach Reiner, ZVglRWiss 110 (2011), 443, 446 f. 200 Mülbert, ZGR 1997, 129, 132; zwar ist der Börsenwert nicht mit dem shareholder value identisch, allerdings gewichtiger Indikator, Reiner, ZVglRWiss 110 (2011), 443, 448. 201 Kuhner, ZGR 2004, 244, 258; Wiedemann, ZGR 2011, 183, 192. 202 s. etwa Kuhner, ZGR 2004, 244, 259. 203 Zur Agency-Theorie und der Bedeutung von „Kontrollkostenvorteilen“, s. unten 2. Teil D.I.1. 204 Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 76, Rn. 34, der noch weitere Vorteile unter agencyGesichtspunkten anbringt; ders., AG 2001, 171, 177. 205 Statt vieler Zöllner, AG 2003, 2, 8.
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plizierte Verträge“).206, 207 Zumindest auf Grundlage eines absoluten Vorrangs des shareholder values verkehrt sich das oben genannte Argument gar in sein Gegenteil: Um sich den Vorteil seiner rechnerischen Genauigkeit (Maximierung des Marktwerts) zu bewahren, orientiert sich der shareholder value an dem Idealbild eines stark diversifzierten Aktionärs,208 der aufgrund der Risikoeffizienz seines Portefeuilles eine sehr viel geringe Risikoaversion als die übrigen stakeholder hat.209 Unter dieser Maßgabe ist – neben beträchtlichen Zweifeln an der Vereinbarkeit eines auf die „individuelle Wohlfahrt“ abstellenden Aktionärsbildes mit dem gerade überindividuell zu bestimmenden Gesellschaftsinteresse – der (diversifizierte) Aktionär somit als diejenige Personengruppe anzusehen, die – sicherlich etwas überspitzt – auch bezogen auf die konkrete Unternehmung das geringste Risiko trägt.210 Damit besteht gerade zu Lasten der stakeholder eine erhöhte Gefahr der Beeinträchtigung weder vertraglich noch gesetzlich abgesicherter Erwartungshaltungen. Berücksichtigt man zudem, dass die ausschließliche Zahlungsstromorientierung zum einen aufgrund klarerer und damit besser kontrollierbarerer Handlungsvorgaben, zum anderen aber auch aufgrund „einfacherer“ Verwirklichung des Wertmaximierungsziels, eine kurzfristig ausgerichtete Unternehmensführung begünstigt,211 verstärkt sich nicht nur die Gefahr der Enttäuschung dieser Erwartungen, sondern es wird auch ein Anreiz zur Ausnutzung langfristiger implizierter Verträge geschaffen.212 Dann aber muss 206
Bspw. hat ein junger ehrgeiziger Arbeitnehmer bei Verlust seines Arbeitsplatzes nicht nur den Verlust seiner Vertragsposition, sondern auch den Verlust seiner Erwartungen zu verkraften, an die er überobligatorische Anstrengung geknüpft hat, ferner ist an die Bereitschaft zur Aneignung unternehmensspezifischen Wissens zu denken, oder aber insbesondere bei Arbeitnehmern fortgeschrittenen Alters die Gefahr keiner adäquaten Neubeschäftigung. 207 Schmidt/Spindler, FG Kübler, 1997, S. 515, 528 ff., 531; Kuhner, ZGR 2004, 244, 260, m.w.Nachw. 208 Mülbert, ZGR 1997, 129, 157; Reiner, ZVglRWiss 110 (2011), 443, 448. 209 In Konsequenz hat der bereits diversifizierte Anleger kein Interesse an einer zusätzlichen unternehmensinternen Risikodiversifikation, was mit einer Konzentration auf das Kerngeschäft verbunden ist, mit der Folge der Desinvestition unrentabler Bereiche und Ausschüttungen an die Aktionäre, Reiner, ZVglRWiss 110 (2011), 443, 448; Mülbert, ZGR 1997, 129, 159. 210 Wenn dagegen von v. Bonin, S. 391 f. angeführt wird, dass es sich dabei um ein Zirkelschlussargument handelt, da diversifizierte Aktionäre im Falle einer unternehmensinternen Diversifikation zunehmend Kosten zu trägen hätten und damit ihrerseits wiederum als schutzbedürftig anzusehen seien, übersieht er, dass sich das Handeln erstens weiterhin maßgeblich nach den allerdings langfristigen Aktionärs-, nicht aber, wie von ihm angeführt, an den Interessen der Arbeitnehmer orientiert, zweitens, dass der Vorstand den shareholder value nach wie vor bei seinen Entscheidungen berücksichtigen kann, nur eben nicht auf Kosten der langfristigen Rentabilität, und drittens, dass Schutzbedürfnis nicht mit Kosten der Diversifikation verwechselt werden darf, denn dass eine Anlageentscheidung bzw. ein Investitionsmodell (im Vorhinein) nicht rentabel ist, ist nicht damit vergleichbar, dass langjährige Erwartungen eines Arbeitnehmers enttäuscht werden. 211 Mülbert, ZGR 1997, 129, 139; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 76, Rn. 32. 212 In diese Richtung v. Werder, ZGR 1998, 69, 74 f.; indirekt Spindler, in: MüKo-AktG, § 76, Rn. 74; dies ebenfalls eingestehend Kuhner, ZGR 2004, 244, 261, s. aber zu dessen Standpunkt Fn. 213.
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dem Argument besondere Beachtung geschenkt werden, wonach die bloße Quantifizierbarkeit und Bestimmtheit des shareholder value „nichts über dessen Tauglichkeit als Handlungsmaxime in Hinblick auf Rechts- und Gerechtigkeitskriterien“ besagt.213 In diesem Sinne hat der dargestellte Ansatz auch keine Grundlage im Gesetz – im Gegenteil: Zwar hat der Gesetzgeber mit dem KonTraG durchaus klargestellt, dass die Ausrichtung an einer langfristigen Marktwertmaximierung i.S.d. Aktionärsinteressen mit verantwortlicher Unternehmensleitung in Einklang zu bringen ist.214 Neben dem durch § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG erleichterten Rückerwerb eigener Aktien215 spiegelt sich diese gesetzgeberische Wertung insbesondere in der Kodifizierung des § 192 Abs. 2 Nr. 3 AktG wider, als rechtliche Grundlage von Aktienoptionsprogrammen für Vorstandsmitglieder, um diese auf eine Steigerung des Unternehmenswerts ausrichten zu können. Entgegen teils geäußerter Auffassung hat der Gesetzgeber damit jedoch keinesfalls die systematische Ausrichtung anhand eines reinen shareholder value beabsichtigt oder gar legitimiert, vielmehr wollte er lediglich den shareholder value als zu berücksichtigenden Teilaspekt unternehmerischen Handelns etablieren bzw. stärken.216 Denn auch unter den genannten Regelungen liegt nach Auffassung des Gesetzgebers allein eine langfristige und nachhaltige Unternehmensführung im wohlverstandenen überindividuellen Interesse der Aktionäre. Dies hat der Gesetzgeber nicht nur in der Regierungsbegründung zum KonTraG,217 sondern auch besonders durch das VorstAG verdeutlicht, wonach die Gesamtvergütung des Vorstands auf eine langfristige und nachhaltige Unternehmensentwicklung auszurichten ist und Anreize zu kurzfristigen, bestandsgefährdenden Maßnahmen gerade vermieden werden sollen.218 b) „Moderater“ shareholder-value-Ansatz Auch aufgrund der dargestellten Diskrepanzen tritt selbst die überwiegende Mehrheit unter den Befürwortern eines shareholder value einer vollständigen Ausblendung der stakeholder-Interessen entgegen. Zudem liege es selbst unter betriebswirtschaftlichen Aspekten im langfristigen Wertmaximierungs-Interesse der 213 Kort, AG 2012, 605, 606; ähnlich Wiedemann, ZGR 2011, 183, 192; a.A. Kuhner, ZGR 2004, 244, 262, der unter Berufung auf den „rechtsethischen Standpunkt“ darauf hinweist, dass an die Relevanz implizierter Verträge nicht der strenge Maßstab des pacta sunt servanda angelegt werden kann. 214 A.A. Kort, AG 2012, 605, 606. 215 Als indirektes Mittel zur Desinvestition von Eigenkapital und damit zur Börsenkurssteigerung, Ulmer, AcP 202 (2002), 143, 159. 216 Ulmer, AcP 202 (2002), 143, 159; Spindler, in: MüKo-AktG, § 76, Rn. 72; Mülbert, FS Röhricht, 2005, S. 421, 434. 217 Begr. RegE, BT-Drucks. 13/9712 (KonTraG), S. 11. 218 Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 16/13433 (VorstAG), S. 1.
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Aktionäre, „langfristige, unvollständig spezifizierte Verträge […] nicht zu Lasten der anderen Vertragspartei auszunützen“.219 Dementsprechend soll zum einen die Marktwertmaximierung auch mit langfristigen Maßnahmen kompatibel sein,220 zum anderen soll der Vorstand Arbeitnehmerbelange ebenso wie die anderer stakeholder auch über die gesetzlichen Mindestvorgaben hinaus beachten dürfen, sofern dies für Ruf und Reputation der Aktiengesellschaft förderlich ist (vermehrt wird hier die Aktiengesellschaft als good corporate citizen angesprochen).221 Dies zeigt sich schon daran, dass die Gesellschaft ansonsten, bspw. mangels Attraktivität für Arbeitnehmer, Abwanderungsbewegungen zu befürchten hätte222 oder bei rücksichtslosem Geschäftsgebaren um gesellschaftliche, aber auch um geschäftliche Akzeptanz wie den good will des Vertragspartners für die Zukunft fürchten müsste und damit mittelbar auch um den eigenen unternehmerischen Erfolg.223 Auch Einsparungen in den Bereichen „Forschung und Entwicklung“ oder aber auch im Bereich des „Humankapitals“ (wie Personalabbau oder Sozialleistungen) könnten schließlich eine nachhaltige und langfristige Unternehmensentwicklung gefährden.224 Eine solche nur noch gemäßigte Vorrangstellung der Aktionärsinteressen gegenüber den Interessen der sonstigen stakeholder wird unter der Bezeichnung „moderater shareholder value“ geführt.225 Gerade diese rechtlichen, aber auch betriebswirtschaftlich gebotenen Einschränkungen des absoluten shareholder value nehmen diesem jedoch die Exaktheit der Vorhersage und damit seinen entscheidenden Vorteil: Bereits durch den Verzicht auf Kurzfristigkeit des Vorstandshandelns geht der Vorteil der Exaktheit der Vorhersage des Vorstandshandeln verloren. Denn je länger der für die unternehmerische Einschätzung maßgebliche Zeithorizont ausfällt, desto ungewisser wird auch die Prognose über die Auswirkung der Maßnahme.226 Nimmt man dafür etwas plakativ die Gesamtlebensdauer einer Entscheidung, theoretisch somit die Gesamtlebensdauer der Gesellschaft, können sich Vorgaben für das Leitungshandeln nur dann
219 So Spindler, in: MüKo-AktG, § 76, Rn. 74; s. dort ebenso eine Umschreibung des Begriffs „spezifizierte Verträge“. 220 Indirekt Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 76, Rn. 31; Reiner, ZVglRWiss 110 (2011), 443, 447. 221 Weber, in: Hölters, AktG, § 76, Rn. 22; Seibt, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 76, Rn. 23; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 76, Rn. 38. 222 Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 76, Rn. 31. 223 Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 76, Rn. 19. 224 Mülbert, ZGR 1997, 129, 139, 158; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 76, Rn. 32; Weber, in: Hölters, AktG, § 76, Rn. 22. 225 Schmidt/Spindler, FG Kübler, 1997, S. 515, 516; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 76, Rn. 38; Weber, in: Hölters, AktG, § 76, Rn. 22; Seibt, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 76, Rn. 23. 226 Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 76, Rn. 17; ähnlich v. Werder, ZGR 1998, 69, 75.
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ergeben, wenn eine Handlungsalternative zur Insolvenz führt und die andere nicht.227 Verstärkt werden entsprechende Bedenken, wenn man dem Vorstand überdies die Berücksichtigung auch weiterer Interessen als die der Aktionäre zugesteht.228 Denn im Gegensatz zur alleinigen Ausrichtung der Unternehmensleitung anhand der mathematischen Vorgaben der Investitionstheorie erfordert die Berücksichtigung genannter „weicher“ Faktoren229 (weitere) Prognosen der Geschäftsleitung. Diese sind jedoch durch ein großes Maß an unternehmerischer Unsicherheit gekennzeichnet, was gerade einer der wesentlichen Kritikpunkte am Unternehmensinteresse ist – und im Umkehrschluss das wesentliche Argument für eine „interessenmonistische“ Ausrichtung des Vorstandshandelns.230 Im Endeffekt kann man somit gerade Fälle des Missbrauchs zu Lasten der Aktionäre allenfalls theoretisch besser ausschließen als unter der Konzeption der herrschenden Ansicht zum Unternehmensinteresse.231 Möchte man dem entgegenhalten, dass zumindest dann klarere Handlungsvorgaben möglich sind, wenn die wirkliche Anteilseignerstruktur die Ausrichtung auf den shareholder value gebietet,232 begegnet dies insbesondere Bedenken unter verbandsrechtlichen Gesichtspunkten. Denn eine solche Argumentation setzt (konsequent zu Ende gedacht) systematisch und nicht nur partiell den Willen der tatsächlichen Aktionäre mit dem überindividuellen Gesellschaftsinteresse gleich. Hiergegen spricht aber nicht nur, dass in der Konzeption des deutschen Aktienrechts eine Treuebindung des Vorstands nur unmittelbar gegenüber der Gesellschaft und nicht gegenüber den einzelnen Aktionären besteht,233 sondern auch, dass selbst bei faktischer Konzernierung ein 227 So Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 76, Rn. 17; dieses Argument geht wohl zurück auf Keynes, S. 65 „in the long run we are all dead“; nach Ansicht v. Werder, ZGR 1998, 69, 75 kann man indes schon früher ansetzen, indem der durch Langfristigkeit erreichte Interessengleichlauf entgegen verbreiteter Auffassung schon nicht bestehen werde. 228 Spindler, in: MüKo-AktG, § 76, Rn. 73; Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 76, Rn. 17. 229 Nochmals exemplarisch zusammengefasst: Reputation des Unternehmens, Stabilität der Vertragsbeziehungen, Motivation von Arbeitnehmern, Spindler, in: MüKo-AktG, § 76, Rn. 73; aber auch Personalabbau oder Investitionen in Forschung und Entwicklung, Mülbert, ZGR 1997, 129, 139. 230 Nach Spindler, in: MüKo-AktG, § 76, Rn. 73 verliert das shareholder value-Konzept damit seinen „Charme der rechnerischen Exaktheit und Eindeutigkeit“; ebenso Reiner, ZVglRWiss 110 (2011), 443, 448. 231 s. etwa Spindler in MüKo-AktG, § 76, Rn. 75 f., der zudem in Rn. 73 überzeugend anführt, dass lediglich in klar abgrenzbaren Fällen, wie etwa im Falle von ARAG/Garmenbeck Differenzierungen denkbar sind – und auch dann handele es sich um eine Differenzierung anhand „Klugheitsregeln“, deren Anwendung nach jeder Konzeption zur Interessenlage im Unternehmen zu einem missbräuchlichen Verhalten führt. 232 Kuhner, ZGR 2004, 244, 269, „Ausschlaggebend für das Gesellschaftsinteresse wird das Risikoprofil eines Aktionärs sein, der als repräsentativ für die Verhältnisse des jeweils betrachteten Unternehmens angesehen werden kann“. 233 Kort, AG 2012, 605, 606; Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 76, Rn. 16; Spindler, in: MüKo-AktG, § 76, Rn. 72.
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anerkanntes Eigeninteresse der Gesellschaft besteht, was über die §§ 311 ff. AktG zum Ausdruck kommt.234 c) Langfristige Gewinnmaximierung als Verbandsbzw. Gesellschaftsinteresse Teils in Abgrenzung zu, teils vermischt mit dem Gedanken des moderaten shareholder value soll sich das Vorstandshandeln ferner allein an dem Verbandsbzw. Gesellschaftsinteresse, im Sinne der überindividuellen Gesellschafterinteressen, orientieren. Im Unterschied zu der bereits dargestellten Bindung an die erwerbswirtschaftliche Zwecksetzung der Gesellschaft235 sei indes die bloße Gewinnerzielung (langfristige Rentabilität) nicht hinreichend operationalisierbar,236 sondern stets die (langfristige) Gewinnmaximierung maßgeblich.237 Neben bilanztechnischen Widersprüchen, die sich aus der Vorgabe einer „langfristigen“ „Gewinn“maximierung ergeben,238 kann jedoch auch dieses Konzept die Leitungstätigkeit des Vorstands keineswegs klarer konkretisieren als die dargestellte Konzeption des Unternehmensinteresses. Auch ein Handeln nach Maßgabe langfristiger Gewinnmaximierung kommt nicht umhin, die oben beschriebenen „weichen Faktoren“ zu berücksichtigen, sofern diese der Verwirklichung des langfristigen Gesellschaftsinteresses dienen.239 Denn wie auch Mülbert zutreffend erkennt, lasse sich die (zuvor beschriebene) Marktwertmaximierung, ebenso wie auch die Gewinnmaximierung, im Interesse der Anteilseigner nur unter angemessener Berücksichtigung der stakeholder-Interessen nachhaltig verfolgen.240 4. Tendenzen in Gesetz und Rechtsprechung Mit Erlass des WpÜG hat sich der Gesetzgeber relativ klar zugunsten einer interessenpluralistischen Zielkonzeption ausgesprochen.241 Nach § 3 Abs. 3 WpÜG muss der Vorstand der Zielgesellschaft im „Interesse der Zielgesellschaft“ handeln. In der Gesetzesbegründung hat der Gesetzgeber diese Vorgabe wie folgt konkretisiert: „Absatz 3 stellt klar, dass auch während eines Angebotsverfahrens Vorstand und Aufsichtsrat weiterhin im Interesse des Unternehmens handeln müssen; die 234
Ähnlich Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 76, Rn. 17; Kort, AG 2012, 605, 607. s. oben Text zu Fn. 158. 236 A.A. Großmann, S. 78 ff., 86 mit ausführlicher Begründung. 237 Reiner, ZVglRWiss 110 (2011), 443, 467; Zöller, AG 2002, 2, 8; Vedder, in: Grigoleit, AktG, § 76, Rn. 14 ff.; Mülbert, ZGR 1997, 129, 141, 157, m.w.Nachw.; Weber, S. 112; v. Bonin, S. 118 ff. 238 s. dazu ausführlich Großmann, S. 72 ff.; zudem Spindler, in: MüKo-AktG, § 76, Rn. 70. 239 Zöllner, AG 2003, 2, 8; Reiner, ZVglRWiss 110 (2011), 443, 467. 240 Mülbert, ZGR 1997, 129, 158. 241 Explizit etwa Krause/Pötzsch/Stephan, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 3, Rn. 37 a.E. 235
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allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Pflichten dieser Organe werden durch das Gesetz nicht suspendiert. Dabei sind die Interessen der Aktionäre, der Arbeitnehmer und die Interessen der Gesellschaft insgesamt zu berücksichtigen.“242 Für die vorliegende Fragestellung ist insbesondere die insoweit unmissverständliche Auffassung des Gesetzgebers relevant, dass im allgemeinen Aktienrecht eine Bindung des Vorstands an ein interessenpluralistisches Unternehmensinteresse im oben dargestellten Sinne besteht. Möchte man dem entgegenhalten, dass die Gesetzesbegründung in Widerspruch zum Wortlaut der Norm steht, die auf ein interessenmonistisches „Gesellschaftsinteresse“ abstellt und daher unbeachtlich sei, würde die Auslegung von Normen anhand des gesetzgeberischen Willens insgesamt in Frage gestellt.243 Zudem würde verkannt, dass der Gesetzgeber in Parallele zur Rspr. des BGH,244 aber auch einer stark vertretenen Ansicht in der Literatur,245 zwischen den Begriffen „Gesellschafts- und Unternehmensinteresse“ nicht klar abgrenzbar voneinander unterscheidet. Auch wenn dies in der Rechtstheorie anders gesehen wird,246 ändert dies nichts an dem insofern eindeutig hervortretenden Willen des Gesetzgebers. Bekräftigt wird diese Sichtweise durch die Vorgaben des DCGK. Konkret auf den Fall des § 3 Abs. 3 WpÜG gemünzt, findet sich eine den obigen Ausführungen entsprechende Auslegung dieses gesetzgeberischen Willens in Ziff. 3.7 Abs. 2 S. 2 DCGK, die – wohl deklaratorisch – klarstellt, dass der Vorstand in der Übernahmesituation an das beste Interesse der Aktionäre und des Unternehmens gebunden ist.247 Als Leitmaxime des Kodex entscheidend ist aber letztlich die bereits im zweiten Absatz der Präambel vorgesehene ausdrückliche Verpflichtung des Vorstands auf das Unternehmensinteresse.248 Ergänzt wird diese durch Ziff. 4.1.1 DCGK249, die für die Konkretisierung der Leitungsbefugnisse des Vorstands auf das in der Präambel definierte Unternehmensinteresse Bezug nimmt und darüber hinaus nochmals klarstellt, dass dies eine Berücksichtigung der Belange der stakeholder umfasst; ferner findet sich dieser Gedanke in Ziff. 4.3.1 S. 1 DCGK und für den 242
Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 35. In diese Richtung aber Wackerbarth, WM 2001, 1741, 1744; ders., in: MüKo-AktG, WpÜG, § 3, Rn. 19, der auch unter § 3 Abs. 3 WpÜG allein die Aktionärsinteressen als maßgeblich erachtet. 244 s. dazu sogleich im Text. 245 s. etwa Kort, AG 2012, 605, 607; Semler, FS Hopt, Band 1, 2010, S. 1391, 1396. 246 So etwa Wiedemann, ZGR 2011, 183, 195; v. Bonin, S. 88 ff.; Schmidt-Leithoff, S. 154. 247 Weber, S. 122, mit ausführlicher Begründung zum Verhältnis von Kodexregelungen und Gesetz. 248 „Der Kodex verdeutlicht die Verpflichtung von Vorstand und Aufsichtsrat im Einklang mit den Prinzipien der sozialen Marktwirtschaft für den Bestand des Unternehmens und seine nachhaltige Wertschöpfung zu sorgen (Unternehmensinteresse)“, Präambel Abs. 2 DCGK. 249 „Der Vorstand leitet das Unternehmen in eigener Verantwortung im Unternehmensinteresse, also unter Berücksichtigung der Belange der Aktionäre, seiner Arbeitnehmer und der sonstigen dem Unternehmen verbundenen Gruppen (Stakeholder) mit dem Ziel nachhaltiger Wertschöpfung“, Ziff. 4.1.1 DCGK. 243
C. Rechtliche Stellung des Vorstands in der Aktiengesellschaft
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Aufsichtsrat in Ziff. 5.5.1 DCGK. Freilich kommt dem DCGK keinerlei legislatorische Wirkung zu, doch liegt in diesen Ausführungen ein gewichtiges Indiz, insbesondere wenn man bedenkt, dass die genannten Vorschriften in erster Linie geltendes Recht deklaratorisch wiedergeben sollen.250 Diese Tendenz zur Rückbindung des Vorstands auf eine interessenpluralistische Leitungsmaxime wird ferner durch einen Blick auf die zivil- und strafrechtliche Rspr. bestätigt. In regelmäßiger Frequenz wird vom BGH das „Unternehmensinteresse“ bemüht,251 noch häufiger der Begriff des „Gesellschaftsinteresses“.252 In der viel beachteten „ARAG/Garmenbeck“-Entscheidung spricht der BGH ohne inhaltliche Unterscheidung zum einen von „Gesellschaftsinteressen“, zum anderen vom „Unternehmenswohl“ (was zweifelsohne gleichbedeutend mit dem Unternehmensinteresse ist).253 Zwar ist zu konstatieren, dass sich in keiner der Entscheidungen des II. Zivilsenats eine Definition zum Unternehmens- oder Gesellschaftsinteresse findet. Andererseits lässt sich aber auch keine inhaltliche Unterscheidung zwischen dem „Gesellschaftsinteresse“ und dem „Unternehmensinteresse“ ausmachen, was sich u. a. gerade in der teils synonymen Verwendung beider Begriffe zeigt. Dem kommt deshalb besondere Bedeutung zu, weil sich aus der Verwendung des Begriffs „Gesellschaftsinteresse“ keinesfalls eine interessenmonistische Konzeption ableiten lässt – im Gegenteil: So weist Henze darauf hin, dass die Vernachlässigung einer Unterscheidung daher rühre, dass sich der BGH „nicht mit der Wertung abstrahierender Begriffe oder abstrakter Institutionen aufhält, sondern sofort die Interessen und Interessenten in den Blick nimmt, die von den jeweiligen Maßnahmen betroffen sind“.254 Ferner hebt er hervor, dass es „kein Geheimnis“ sei, dass der BGH ein interessenpluralistisches Verständnis „im Blick“ habe.255 In diesem Sinne ist auch zu bedenken, dass der II. Zivilsenat sehr wohl um die Bedeutung und den Streit um den Begriff des „Unternehmensinteresses“ Bescheid wusste, sich dieser Formulierung aber dennoch bedient hat. Gleichwohl ist zu berücksichtigen, dass der BGH bislang eine positive Definition hat missen lassen, weshalb man vorstehende Schlussfol250
v. Werder, in: Kremer/Lutter/Bachmann/v. Werder, DCGK, Rn. 593, 802 ff. Exemplarisch BGH v. 04. 03. 1974 – II ZR 89/72, BGHZ 62, 193, 199; v. 05. 06. 1975 – II ZR 156/73, BGHZ 64, 325, 331; v. 18. 12. 2000 – II ZR 1/99, BGHZ, 146, 179, 182; v. 18. 09. 2006 – II ZR 137/05, BGZ, 169, 98, 106. 252 Exemplarisch BGH v. 13. 03. 1978 – II ZR 142/76, BGHZ 71, 40, 44; v. 19. 04. 1982 – II ZR 55/81, BGHZ 83, 319, 321; v. 07. 03. 1994 – II ZR 52/93, BGHZ 125, 239, 241; v. 23. 06. 1997 – II ZR 192/93, BGHZ 136, 133, 139, wobei in letzterer Entscheidung sowohl nur auf das „Gesellschaftsinteresse“ als auch auf das „Interesse der Gesellschaft“ aus „unternehmerischer Sicht“ abgestellt wird; Wiedemann, ZGR 2011, 183, 195 zählt insgesamt 15 Entscheidungen zum Unternehmensinteresse und 25 zum Gesellschaftsinteresse. 253 BGH v. 21. 04. 1997 – II ZR 175/95, BGHZ 135, 244, 253, 255 – ARAG/Garmenbeck, s. dazu ausführlicher Fn. 145. 254 Henze, BB 2000, 209, 212, zur Einordnung dieser Aussage sei hinzugefügt, dass Henze, von 1986 bis 2003 Richter am BGH in dem für Gesellschaftsrecht zuständigen II. Zivilsenat war. 255 Henze, BB 2000, 209, 212. 251
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2. Teil: Begriff der Drittleistung und Kategorisierung
gerungen keinesfalls als verbindlichen Grundsatz,256 wohl aber als Indiz begreifen kann. Gegenüber der Zivilgerichtsbarkeit ist die Strafgerichtsbarkeit des BGH hinsichtlich der Einbeziehung von stakeholder-Belangen letztlich noch deutlicher. So stellt der 1. Strafsenat des BGH in der „SSV-Reutlingen“-Entscheidung ausdrücklich auf das „Unternehmensinteresse“ ab, spricht bezogen auf den konkreten Einzelfall gar vom „Vierklang der Interessen von Aktionären, Mitarbeitern, Kunden und Öffentlichkeit“ und betont ausdrücklich die Bedeutung der stakeholder, wenn er sagt, dass „sich der Vorstand als Träger der Unternehmensfunktion nicht der Einsicht verschließen [darf], daß die Aktiengesellschaft für ein dauerhaft erfolgreiches Wirtschaften auf den Rückhalt aller Bezugsgruppen angewiesen ist“.257 In die gleiche Richtung geht schließlich die „Mannesmann“-Entscheidung, in der sich der 3. Strafsenat des BGH auf den Standpunkt stellt, dass zur Bestimmung des „Unternehmenswohl[s]“, die „Interesse[n] der Gesamtheit der Aktionäre, der Gesellschaftsgläubiger, der Arbeitnehmer oder der Öffentlichkeit […] mitzuberücksichtigen“ seien.258 5. Abschließende Bewertung Keines der dargestellten interessenmonistischen Konzepte konnte im Endeffekt die am hier dargestellten Konzept des Unternehmensinteresses bemängelten Kritikpunkte zufriedenstellend lösen. Insbesondere der Vorwurf ziellosen Verwaltungshandelns konnte nicht durch ein überzeugenderes, mit geltendem Recht zu vereinbarendes Konzept ersetzt werden, da sowohl im Rahmen langfristiger Rentabilität i.S.d. Unternehmensinteresses auf der einen Seite als auch im Rahmen der Gewinn- oder Marktwertmaximierung unter Nebenbedingungen auf der anderen Seite das formalistische Verbandsziel der Gewinnerzielung gleichermaßen Bedeutung erlangt. Dann aber stellt sich die Frage, warum ein interessenmonistischer Ansatz einem interessenpluralistischen Unternehmensinteresse vorgezogen werden soll? Dies erlangt insbesondere vor dem Hintergrund Bedeutung, dass angesichts des historischen Willens des Gesetzgebers,259 die „argumentative Beweislast“, dass dieser gesetzgeberische Wille zwischenzeitlich verblasst sei,260 gerade bei den Vertretern interessenmonistischer Ansätze liegt.261 Dementsprechende, überzeugende Argumente lassen sich jedoch nicht finden, eher im Gegenteil. So ist nicht zu 256 Exemplarisch Hüffer, in: Bayer/Habersack, Aktienrecht im Wandel, Band II, 7. Kapitel, Rn. 45, als Vertreter einer interessenpluralistischen Zielkonzeption. 257 BGH v. 06. 12. 2001 – 1 StR 215/01, BGHSt 47, 187, 194 f., 196 – SSV Reutlingen. 258 BGH v. 21. 12. 2005 – 3 StR 470/04, BGHSt 50, 331, 341 – Mannesmann. 259 s. dazu Fn. 165. 260 So Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 76, Rn. 23; Vedder, in: Grigoleit, AktG, § 76, Rn. 15. 261 Überzeugend Hüffer/Koch, AktG, § 76, Rn. 30.
C. Rechtliche Stellung des Vorstands in der Aktiengesellschaft
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vergessen, dass ein interessenpluralistisches Unternehmensinteresse die Weisungsunabhängigkeit des Vorstands i.S.d. § 76 Abs. 1 AktG deutlich klarer zum Ausdruck bringt, und damit etwaigen Bestrebungen, den Vorstand – wie in der GmbH – den Aktionären gegenüber willfährig zu machen, einen Riegel vorschiebt. Berücksichtigt man ferner die Festigung einer interessenpluralistischen Ausrichtung des Leitungshandelns in Rspr. und Gesetz und der herrschenden Meinung in der Literatur, kann einer „Rückkehr zu Gesellschafterorientierung“262 kaum noch Folge geleistet werden.263 Damit ist das dargestellte Verständnis der herrschenden Meinung zum Unternehmensinteresse auch nach hier vertretener Auffassung als maßgeblich anzuerkennen. Entscheidend ist, dass damit nicht ein „Unternehmen“ als eigener von der Gesellschaft zu abstrahierender Interessenträger verbunden ist,264 sondern dass das Unternehmensinteresse eine Umschreibung und Berücksichtigung der maßgeblich an einer Unternehmung beteiligten Interessengruppen ermöglicht, mithin sowohl materielle und prozedurale Bedeutung erlangt. Im Endeffekt wird es damit auf das Maß der eingeholten Information und den Umfang der Abwägung ankommen um zu gewährleisten, dass der langfristigen Rentabilität des Unternehmens unter Berücksichtigung aller Interessen hinreichend nachgekommen ist.265 Die Legitimation eines so verstandenen Unternehmensinteresses verstärkt sich schließlich unter betriebswirtschaftlichen Aspekten, wenn von der herrschenden Meinung, wenn auch kein rechtlicher, doch aber ein faktischer Vorrang (teils auch beschrieben als „besondere Bedeutung“266 bzw. „tendenzielle Aufwertung“267) der Aktionärsinteressen anerkannt wird. Dies gebietet die dargelegte Stellung als Residualgläubiger (zumindest langfristig engagierter Aktionäre) und die mit dem daraus resultierenden finanziellen Risiko zusammenhängende Funktion als „Triebfeder unternehmerischen Handelns“.268 Mithin darf sich der Vorstand auch auf den Standpunkt stellen, dass er die 262
So Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 76, Rn. 38. Insofern bedurfte es gar nicht erst eines Rückgriffs auf die – stark bestrittenen – Begründungsansätze zum Unternehmensinteresse, vielmehr stellt sich umgekehrt die Frage, wie eine alleinige Ausrichtung an Aktionärsinteressen sowohl mit der Sozialpflichtigkeit des Eigentums nach Art. 14 Abs. 2 GG als auch mit den Mitbestimmungsgesetzen und einem in Folge paritätisch besetzten Aufsichtsrat in Einklang zu bringen ist. In diesem Zusammenhang erkennt aber auch Wiedemann, ZGR 2011, 183, 196, an, dass letzteres schwer mit einer interessenmonistischen Konzeption zu vereinbaren ist. Denn darin spiegelt sich auch die Idee wider, dass sich eine allein das Interesse der Anteilseigner im Blick habende Unternehmenspolitik demotivierend auf die übrigen Bezugsgruppen und dabei insbesondere die Arbeitnehmer auswirken könnte (v. Werder, in: Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, DCGK, 5. Aufl. 2014, Rn. 322; Weber, S. 121). 264 Ausführlich (ablehnend) dazu Kort, in: Großkomm AktG, § 76, Rn. 39 f., m.w.Nachw. In diese Richtung aber Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 76, Rn. 22; ablehnend ferner etwa Hüffer/Koch, AktG, § 76, Rn. 36. 265 Überzeugend Spindler, in: MüKo-AktG, § 76, Rn. 76, m.w.Nachw. 266 Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 76, Rn. 18. 267 Etwa Hüffer/Koch, AktG, § 76, Rn. 33. 268 Semler, FS Hopt, Band 1, S. 1391, 1394; Zöllner, AG 2003, 2, 8. 263
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2. Teil: Begriff der Drittleistung und Kategorisierung
stakeholder-Interessen hinreichend berücksichtigt, indem er alle gesetzlichen und vertraglichen Bindungen eingehalten hat,269 er muss dies aber nicht. In diesem Sinne „erlaubt und begrenzt“ das „Konkordanzgebot“ auch die Einbeziehung des shareholder value Gedankens,270 solange dies nicht zu einer systematischen Ausblendung der anderen Bezugsgruppen führt.271
IV. Abweichende Beurteilung der Interessenlage in der Übernahmesituation? Bereits vor Erlass des WpÜG ist die überwiegende Ansicht in der Literatur für einen Vorrang der Aktionärsinteressen gegenüber den sonstigen stakeholder-Interessen eingetreten.272 Aufgrund der gesteigerten Risiken der Aktionäre in der Übernahmesituation273 wurde es als bedenklich angesehen, die allgemeinen Leitungsvorgaben des Unternehmensinteresses auf diese Sondersituation unbesehen zu übertragen.274 Legitimiert wurde (und wird) dies mit dem Argument, dass in der Übernahmesituation die Stellung des Vorstands als Wahrer fremder Interessen insbesondere hinsichtlich der Aktionärsinteressen zum Vorschein kommt.275 Indes konnte sich auch schon zum damaligen Zeitpunkt nur eine Minderheit dazu durchringen, die stakeholder-Interessen gänzlich außer Acht zu lassen.276 Vielmehr 269
Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 76, Rn. 18; dem folgend Spindler, in: MüKoAktG, § 76, Rn. 74. 270 Hüffer, in: Bayer/Habersack, Aktienrecht im Wandel, Band II, 7. Kapitel, Rn. 42. 271 Nach Spindler, in: MüKo-AktG, § 76, Rn. 75, hat sich der Vorstand am shareholder value auszurichten, sofern es um den Abschluss kurzfristiger spezifizierter Verträge wie Finanzierungstransaktionen geht; nach Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 76, Rn. 18, kann dem Vorstand die Berücksichtigung der Interessen der Aktionäre obliegen, wenn sonst angesichts der Wettbewerbsbedingungen am Kapitalmarkt oder anderer Umstände eine Beeinträchtigung des Unternehmenserfolgs zu gewärtigen wäre. 272 Kirchner, WM 2000, 1821, 1824; Wackerbarth, WM 2001, 1741, 1744 (streng); Merkt, ZHR 165 (2001), 224, 240; Wiese/Demisch, DB 2001, 849, 851; zumindest in diese Richtung Maier-Reimer, ZHR 165 (2001), 258, 260; Kort, FS Lutter, 2000, S. 1421, 1426, allerdings schon hinsichtlich des Diskussionsentwurfs des Übernahmegesetzes. 273 Namentlich unter Erwägungen der Principal-Agent-Theorie besteht im Rahmen der Übernahmesituation, aufgrund des mit den Interessen der veräußerungswilligen Anteilseigner konfligierenden Eigeninteresse des Vorstands, eine starke Vermutung dahingehend, dass die Wertsteigerungsinteressen der Aktionäre in besonderem Maße beeinträchtigt werden könnten (der Vorstand kann aus diversen Gründen ein Interesse am Scheitern der Übernahme oder aber an der Bevorzugung der Interessen des Bieters haben). Insofern tragen die Aktionäre theoretisch ein gegenüber der außerhalb der Übernahmesituation bestehenden Interessenlage nochmals erhöhtes finanzielles Risiko, s. ausführlich zum dementsprechenden Interessenkonflikt unten 2. Teil D.I.2.b)aa). 274 Hopt, ZGR 1993, 534, 540; Merkt, ZHR 165 (2001), 224, 240. 275 s. etwa Maier-Reimer, ZHR 165 (2001), 258, 260. 276 Wackerbarth, WM 2001, 1741, 1744; dies zumindest fordernd Merkt, ZHR 165 (2001), 224, 240.
C. Rechtliche Stellung des Vorstands in der Aktiengesellschaft
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hat die Mehrheit zwar auf die besondere Bedeutung der Aktionärsinteressen verwiesen, die Forderung eines absoluten Vorrangs aber gescheut.277 Nach Erlass des WpÜG ist eine rechtlich-verpflichtende absolute Konzentration auf die Aktionärsinteressen bereits aufgrund des oben dargelegten § 3 Abs. 3 WpÜG ausgeschlossen. Insofern betont auch die ganz herrschende Meinung in der Literatur unter Bezugnahme auf § 3 Abs. 3 WpÜG, dass die allgemeinen Grundsätze des Aktienrechts nicht „suspendiert“ seien, sondern auch im Anwendungsbereich des WpÜG fortgelten würden.278 Damit hat der Vorstand sein Handeln auch in der Übernahmesituation nach der interessenpluralistischen Konzeption des Unternehmensinteresses auszurichten,279 mithin etwaige Interessenkonflikte unter angemessener Berücksichtigung der Interessen aller Bezugsgruppen im Wege der praktischen Konkordanz aufzulösen.280 Von einem absoluten Vorrang von Aktionärsinteressen ist aber die Frage zu trennen, inwiefern der Vorstand den Aktionärsinteressen im Rahmen der Abwägung eine besondere Bedeutung zuzumessen hat.281 Insofern ist zunächst zu konstatieren, dass mit dem WpÜG eine recht deutliche Fokussierung auf die Interessen der Aktionäre einhergeht. So dient die Stellungnahmepflicht nach § 27 WpÜG (und in diesem Sinne auch Ziff. 3.7 Abs. 1 DCGK) primär dem Informationsbedürfnis der Wertpapierinhaber, als Entscheidungsträger in Kenntnis der Sachlage eine Entscheidung über das Angebot treffen zu können.282 Es wäre realitätsfern, wenn man solche „Kenntnis der Sachlage“ allein auf die Bewertung des Unternehmenskonzepts,283 nicht aber auf die Bewertung der angebotenen Gegenleistung als Ausfluss 277 Kirchner, WM 2000, 1821, 1824 f.; Wiese/Demisch, DB 2001, 849, 851; Kort, FS Lutter, 2000, S. 1421, 1426, 1435. 278 Baums/Hecker, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 3, Rn. 30; Schüppen, in: Haarmann/ Schüppen, WpÜG, § 3, Rn. 22; Krause/Pötzsch/Stephan, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 3, Rn. 33; Steinhardt, in: Steinmeyer, WpÜG, § 3, Rn. 12; Schwennicke, in: Geibel/ Süßmann, WpÜG, § 3, Rn. 22; Versteegen, in: Kölner Komm WpÜG, § 3, Rn. 35. 279 Schüppen, in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, § 3, Rn. 22; Baums/Hecker, in: Baums/ Thoma, WpÜG, § 3, Rn. 30; Krause/Pötzsch/Stephan, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 3, Rn. 33; Steinhardt, in: Steinmeyer, WpÜG, § 3, Rn. 12; Schwennicke, in: Geibel/ Süßmann, WpÜG, § 3, Rn. 22; Kort, FS Lutter, 2000, S. 1421, 1426. 280 Zu Unrecht a.A. ist Wackerbarth, WM 2001, 1741, 1744; ders., in: MüKo-AktG, WpÜG, § 3, Rn. 19, der auch unter § 3 Abs. 3 WpÜG allein die Aktionärsinteressen als maßgeblich erachtet, womit er sich aber in klaren Widerspruch zum insoweit unmissverständlichen Willen des Gesetzgebers setzt. 281 Keinen Rückhalt, weder in rechtlicher noch betriebswirtschaftlicher Sicht, haben im Übrigen Ansätze, welche dem Vorstand die Berücksichtigung des Wertmaximierungsinteresses der Aktionäre in der Übernahmesituation versagen wollen (so Dimke/Heiser, NZG 2001, 241, 256), bzw. – noch weitergehend – jegliche Berücksichtigung von Interessen der veräußerungswilligen Aktionäre als unzulässig erachten (so Lange, WM 2002, 1737, 1740 f.); s. dazu ausführlich etwa Weber, S. 135 ff.; Trautvetter, S. 97 f. 282 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 52. 283 So aber für die Berechtigung zur Suche nach „weißen Rittern“ im Rahmen des § 33 Abs. 1 S. 2 WpÜG, Lange, WM 2002, 1737, 1741.
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des Renditeinteresses beziehen würde. Noch deutlicher tritt die besondere Bedeutung der Aktionärsinteressen im Rahmen des Verhinderungsverbots nach § 33 Abs. 1 S. 1 WpÜG hervor. Danach trifft den Vorstand ab Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots durch den Bieter nach § 10 WpÜG das Verbot, eigenmächtig Handlungen vorzunehmen, die den Erfolg des Angebots verhindern könnten. Damit soll die Entscheidungsfreiheit der Aktionäre vor eigeninteressengeleiteten Handlungen des Vorstands geschützt werden.284 Dies wird richtigerweise als Begrenzung des durch das Unternehmensinteresse weit gefassten Ermessensspielraums verstanden, wobei die Ausnahmen nach § 33 Abs. 1 S. 2 WpÜG wiederum Beschränkungen dieser in Abs. 1 S. 1 enthaltenen Einschränkung des Unternehmensinteresses darstellen, um den Konflikt mit dem Unternehmensinteresse sachgerecht auflösen zu können.285 Die Bedeutung dieses Grundsatzes für die Aktionäre zeigt sich namentlich an der Ausnahme nach § 33 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 WpÜG.286 Danach ist dem Vorstand die Suche nach konkurrierenden Angeboten („white knight“) erlaubt, um „im Interesse aller Aktionäre für möglichst attraktive Angebotsbedingungen zu sorgen“.287 Dahinter steht der Gedanke,288 dass sich ein solcher Bieterwettbewerb (zumindest auch) preissteigernd und damit zugunsten der Interessen der Aktionäre auswirken wird.289 Natürlich kann sich die Attraktivität eines Konkurrenzangebots auch aus anderen Faktoren ergeben, doch wird ein Aktionär häufig das Angebot vorziehen, dass seinen Renditeerwartungen am ehesten entspricht.290 Endgültig wird die besondere Betonung der Aktionärsinteressen schließlich durch die Regierungsbegründung zu § 33 Abs. 3 WpÜG a.F. (jetzt § 33d WpÜG) deutlich, die zur Rechtfertigung von Bieterleistungen darauf abstellt, dass die Zusagen „aus Sicht der Zielgesellschaft und ihrer Anteilseigner aus sachlich nachvollziehbaren Erwägungen gewährt werden“.291 Anders lässt sich die ausdrückliche Hervorhebung der Anteilseigner(interessen), die ja eigentlich Bestandteil des Interesses der Zielgesellschaft sind, nicht sinnvoll erklären. 284
Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 57. So Schüppen, in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, § 3, Rn. 29; ähnlich Weber, S. 181 f.; nach anderer Ansicht soll § 33 Abs. 1 S. 1 WpÜG lex specialis zu der Bindung auf ein interessenpluralistisches Unternehmensinteresse zu Gunsten eines absoluten Vorrangs von Aktionärsinteressen sein, Versteegen, in: Kölner Komm WpÜG, § 3, Rn. 39; Krause/Pötzsch/ Stephan, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 3, Rn. 31 (dessen Verweis auf Schüppen gerade fehlgeht). 286 Wollburg, ZIP 2004, 646, 648. 287 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 58. 288 Ob dies unter ökonomischen Gesichtspunkten tatsächlich der Fall sein wird, scheint nicht abschließend geklärt zu sein (s. dazu die Übersicht bei Weber, S. 139 f., Fn. 248), spielt aber für die angedachte Zweckrichtung solcher Maßnahmen keine entscheidende Rolle. 289 Wollburg, ZIP 2004, 646, 648; a.A. zu Unrecht Lange, WM 2002, 1737, 1741. 290 Überzeugend Weber, S. 140, der in diesem Zusammenhang auch die Bedeutung postaquisatorischer Wertsteigerungen für den Fall des teilweisen Verbleibs des veräußernden Aktionärs hervorhebt. 291 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 59. 285
D. Bewertung der Drittleistungen
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Im Ergebnis haben somit Maßnahmen des Vorstands, welche – bezogen auf die Übernahme – eine Wertsteigerung der Anteile des Unternehmens forcieren und damit insbesondere dem Interesse der Aktionäre gerecht werden, besondere Berechtigung. Gleiches gilt im Übrigen auch außerhalb des Anwendungsbereichs des WpÜG, weil die durch die Vorschriften des WpÜG lediglich nachgezeichnete Interessenlage in der Übernahmesituation dort gleichermaßen Geltung erlangt.292 Um dennoch dem interessenpluralistischen Unternehmensinteresse hinreichend nachzukommen, findet dieser Grundsatz zum einen freilich in den Interessen der übrigen stakeholder seine Grenzen (m.a.W. handelt es sich eher um eine Ermessensreduzierung auf Null, wenn die Interessen der stakeholder im Hinblick auf das konkrete Wertsteigerungsinteresse nicht betroffen sind), zum anderen aber auch in der Unzulässigkeit von preissteigernden Maßnahmen, die sich im Endeffekt zum Nachteil der Aktionäre auswirken würden,293 da sie allein auf die Verhinderung der Übernahme abzielen (Grunewald führt diesbzgl. den Erwerb eigener Aktien durch die Gesellschaft an)294. Selbstverständlich erscheint es unter der Konzeption des Unternehmensinteresses, dass das Interesse der Anteilseigner nur bis zu der Grenze eines marktgerechten Kaufpreises gedeckt ist. Jede darüberhinausgehende Steigerung des Unternehmenswerts birgt die Gefahr, dass sie zu Lasten der langfristigen Rentabilität des Unternehmens geht. Im Endeffekt ist damit aber auch hier zuzugestehen, dass bis auf die besondere Betonung der Aktionärsinteressen – ähnlich wie im allgemeinen Gesellschaftsrecht – für die Beurteilung des Vorstandshandelns nicht sehr konkrete Maßstäbe gewonnen sind. Anschaulich heben Krause/Pötzsch/Stephan die letztliche Quintessenz dieser Betrachtung hervor, wenn sie darauf hinweisen, dass die „Gewichtung und Beurteilung der Angemessenheit […] nicht Wissenschaft, sondern Kunst“ ist.295
D. Bewertung der Drittleistungen unter Berücksichtigung potentieller Interessenkonflikte des Vorstands Nach den bisherigen Ausführungen wird der durch die Leistungen eines Dritten hervorgerufene Interessenkonflikt wohl immer dann unzulässig sein, wenn er in Anbetracht des interessenpluralistischen Unternehmensinteresses Anlass dazu gibt, Partikularinteressen in der Weise zu bevorzugen, dass dies zur systematischen Ausblendung anderer Interessen führt, die Berücksichtigung von Interessen zur Folge hat, die nicht vom Unternehmensinteresse gedeckt sind, oder aber anderweitig die langfristige Rentabilität der Gesellschaft aufs Spiel setzt. Dies ist für sich freilich 292
Hohaus/Weber, in: Lücke/Schaub, Vorstand der AG, § 10, Rn. 42. Wobei letzteres wohl schon eher eine Frage des § 33 Abs. 1 WpÜG als der Konkretisierung des Unternehmensinteresses ist. 294 Grunewald, AG 2001, 288, 289. 295 Krause/Pötzsch/Stephan, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 3, Rn. 39. 293
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2. Teil: Begriff der Drittleistung und Kategorisierung
zu abstrakt, um brauchbare Schlussfolgerungen ziehen zu können. Doch weisen die bisherigen Ausführungen auch darauf hin, dass den Aktionären eine besondere Stellung in der Gesellschaft zukommt, da ihr Nutzen als wirtschaftlicher Eigentümer äquivalent zum Nutzen der Gesellschaft sein kann. In erster Linie liegt daher ein Augenmerk auf der Zulässigkeit etwaiger aktionärsseitiger Leistungen.296 Darüber hinaus ist zu bedenken, dass der Bieter immerhin potentiell Aktionär der Gesellschaft ist, er also nicht per se ein Interesse hat, durch eine etwaige Leistung einen Vorteil auf Kosten der Gesellschaft zu erlangen. Vielmehr kann sich in seiner Leistung auch das Interesse an der langfristigen Rentabilität der Gesellschaft und damit dem Erfolg des eigenen Investments ausdrücken. Leistungen sonstiger Dritter – Gläubiger, Geschäftspartner, der öffentlichen Hand – sind zwar schließlich durchaus Teil des Unternehmensinteresses. Doch ist bereits im Ausgangspunkt fraglich, ob dies zur Legitimation etwaiger Leistungen reicht, da sonstige Dritte als Außenstehende mangels vergleichbaren Ausfallsrisikos grds. auch kein den Aktionären vergleichbares gleichlaufendes Interesse an der langfristigen Rentabilität der Gesellschaft haben. Unterteilt nach diesen Leistungsgruppen, ist somit der aus einer Incentivierung folgende Interessenkonflikt des Vorstands anhand der Vereinbarkeit des potentiell zu verfolgenden Partikularinteresses mit der eigentlichen Pflichtbindung des Vorstands zu bewerten. Je größer dabei der potentielle Nutzen für die Gesellschaft und je geringer das sich demgegenüber ergebende abstrakte Risiko der sachwidrigen Außerachtlassung des Unternehmensinteresses ist, desto eher ist die Annahme einer Leistung mit der organschaftlichen Treuepflicht des Vorstands zu vereinbaren:
I. Aktionärsseitige Leistung Zur Konkretisierung der Gefahren, die sich aus der treuhänderischen Stellung des Vorstands sowohl für die Gesellschaft als auch für die Aktionäre als deren wirtschaftliche Eigentümer ergibt, ist zuallererst ein kurzer Blick auf den PrincipalAgent-Konflikt hilfreich, um auf dieser Grundlage zu einer sachgerechten Einschätzung zu kommen. 1. Exkurs: Der Principal-Agent-Konflikt Es ist vermehrt darauf hingewiesen worden, dass die durch die Trennung von Kapitaleigentum und Verfügungsbefugnis bedingte, weitreichende Rechtsmacht des Vorstands naturgemäß die Gefahr mit sich bringt, dass dieser seine eigenen Interessen auf Kosten der Gesellschaft verfolgt und dabei den Interessen der Gesellschaft zuwiderhandelt. Die im Rahmen der modernen Institutionenökonomie entwickelte 296 Eine ähnliche Stellung könnte Arbeitnehmern zukommen, doch ist eine Leistung von Arbeitnehmern an die Vorstände derart hypothetisch, dass sie keiner weiteren Vertiefung bedarf.
D. Bewertung der Drittleistungen
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Principal-Agent-Theorie297 dient nunmehr der Beschreibung möglicher Interessendivergenzen, ihrer Ursache und insbesondere der Möglichkeiten diese einzudämmen: a) Allgemeine Grundlagen Das Spannungsverhältnis, das sich aus der Trennung von Eigentum und Kontrolle von Kapitalgesellschaften ergibt, wurde erstmals im Jahre 1932 von Berle und Means beschrieben. Sie stellten die These auf, dass die US-amerikanische Wirtschaft vermehrt von Großunternehmen mit breit gestreutem Aktienbesitz geprägt sei, die von externen Managern kontrolliert würden, und Manager bei der Ausübung der Kontrolle regelmäßig eigene, mit den Interessen der Anteilseigner nicht vereinbare Interessen verfolgten.298 Damit legten sie den Grundstein für die Beschreibung von Agency-Situationen: Immer wenn eine Person (Agent) Handlungen vornimmt, die nicht nur sie selbst, sondern auch einen anderen (Principal) betreffen und dessen Wohlfahrt beeinflussen,299 besteht für letzteren die Gefahr, dass der Agent auch im eigenen Interesse und somit nicht optimal im Sinne des Principals handeln wird.300 Hieraus entwickelten im Jahre 1976 Jensen und Meckling die Agency-Theorie der Unternehmung, in deren Rahmen sie sich schwerpunktmäßig mit dem AgencyKonflikt zwischen Management und Eigenkapitalgebern beschäftigten:301 Danach liegt eine Agency-Situation spezifizierter dann vor, wenn der Auftraggeber – als Principal – dem Auftragnehmer – als Agent – Befugnisse und Entscheidungshoheiten zur Ausführung einer Tätigkeit im Namen des Prinzipals überträgt.302 Dabei liegt das wirtschaftliche Risiko der Unternehmung weiterhin 297 Genau genommen wird im Rahmen der Agency-Theorie zwischen zwei verschiedenen Ansätzen unterschieden, der „normativen Agency-Theorie“ und der „positiven Agency-Theorie“. Die normativen Ansätze sind überwiegend mathematisch und nicht empirisch orientiert, dabei steht die Nutzenfunktion des Agenten im Mittelpunkt, im Sinne der Frage danach, inwieweit die Entlohnung erfolgsorientierte Bestandteile enthalten muss. Dagegen ist die positive Agency-Theorie eher deskriptiv orientiert, wobei mathematische Ableitungen kaum eine Rolle spielen, sondern vielmehr auf verbale und empirische Argumentation zurückgegriffen wird. Im Rahmen dieser Untersuchungen steht häufig der Eigentümer-Manager-Konflikt im Mittelpunkt; Arnold, S. 16 ff.; Richter/Furubotn, Neue Institutionenökonomik, S. 176; Zimmermann/ Wortmann, DB 2001, 289, 290. 298 Arnold, S. 19; unter Berufung auf Berle/Means, S. 122 ff. 299 Pratt/Zeckhauser, in: Pratt/Zeckhauser, Principals and Agents, S. 1, 2; Arnold, S. 13; Bunz, S. 8; Terberger, in: Corsten, Lexikon der Betriebswirtschaftslehre, „Agency-Theorie“, S. 30. 300 Unter Verweis auf Shakespeare, Orts, 16 Yale Law and Policy Review (1998), 265, 270; Arnold, S. 13; Richter/Furubotn, Neue Institutionenökonomik, S. 173 f.; Bunz, S. 8. 301 So Arnold, S. 19; unter Verweis auf Jensen/Meckling, Journal of Financial Economics 3 (1976), 305, 308, 312 ff. 302 Jensen/Meckling, Journal of Financial Economics 3 (1976), 305, 308; Fleischer, S. 138; Koch, WM 2010, 1155, 1155; Eidenmüller, JZ 2001, 1041, 1047.
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2. Teil: Begriff der Drittleistung und Kategorisierung
beim Principal.303 Der Grund, warum der Prinzipal dem Agenten diese Wahrnehmungskompetenz überträgt, liegt darin, dass er von spezialisierten Fertigkeiten des Agenten profitiert, über die er selbst nicht verfügt – er mithin auch ohne entsprechende Managementfähigkeiten an den Erfolgen unternehmerischer Betätigung teilhaben kann.304 Allerdings wird mit dem der Agency-Theorie zugrunde liegenden ökonomischen Verhaltensbild des homo oeconomicus305 davon ausgegangen, dass sich das Handeln des Agent rational an seiner individuellen Nutzenmaximierung orientiert,306 sodass er im Rahmen seines vom Principal gewährten Handlungsspielraums diejenige Verhaltensalternative wählt, die ihm den größtmöglichen persönlichen Nutzen verspricht.307 Nimmt man ferner an, dass Principal und Agent unterschiedliche Interessen haben und somit unterschiedliche Ziele verfolgen (sodass zwischen beiden Interessendivergenzen entstehen, auch weil sie unterschiedliche Risikopräferenzen haben),308 birgt dies die Gefahr, dass der Agent bei mangelnden Handlungsrestriktionen durch die zuvordere Berücksichtigung der eigenen Interessen die Interessen des Principals nicht in optimaler Weise verfolgt oder ihnen 303 Fama/Jensen, 26 Journal of Law and Economics (1983), 301, 307 ff.; Berle/Means, S. 66; Koch, WM 2010, 1155, 1155. 304 Easterbrook/Fischel, Yale Law Journal 91 (1981 – 1982), 698, 700, „Delegation of authority enables skilled managers to run enterprises even though they lack personal wealth, and it enables wealthy people to invest even though they lack managerial skills“; Orts, Yale Law and Policy Review 16 (1998), 265, 271 f.; v. Bonin, S. 186. 305 s. allgemein zum homo oeconomicus, Kirchgässner, Homo oeconomicus, 3. Aufl. 2008, S. 13 ff.; Fleischer/Schmolke/Zimmer, ZHR-Beiheft 2011, 9, 12 ff.; Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, S. 28 ff.; ders., JZ 2005, 216; das aus der Mikroökonomie stammende Verhaltensbild des homo oeconomicus versteht menschliches Verhalten als rationale Auswahl aus Alternativen. Dabei bewertet das Individuum die verschiedenen Handlungsmöglichkeiten nach seinen ureigenen Präferenzen und entscheidet sich rational für die Möglichkeit, die ihm den maximalen Nutzen verspricht (Nutzenmaximierung), Fleischer/Schmolke/Zimmer, ZHR-Beiheft 2011, 9, 12 f. In konsequenter Weiterentwicklung dieser Annahme findet eine sanktionslose Verhaltensvorschrift keine Beachtung, sodass seine Entscheidung nur durch tatsächlich bestehende Handlungsrestriktionen beschränkt wird, Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, S. 34 ff. Gegen dieses Menschenbild finden sich u. a. der Hinweis, dass ein gänzlich rationaler homo oeconomicus nur als Sonderfall des ökonomischen Verhaltensmodells begriffen werden kann, welcher mit der Realität nicht in Einklang steht, oder Befunde aus der Experimentalökonomik, wonach sich Individuen in ihrem Verhalten zumindest auch an Regeln der „Fairness“ orientieren, hierzu Fleischer/Schmolke/Zimmer, ZHR-Beiheft 2011, 9, 14 f., 16 f. Trotz dieser beachtlichen und berechtigten Kritik an dieser Grundlage ist in der folgenden Bearbeitung an der Principal-Agent-Theorie festzuhalten, da sie dennoch eine geeignete Hilfestellung gibt, die unterschiedlichen Interessen von Gesellschaft oder Gesellschaftern und Geschäftsleitung auszuloten und unter Umständen in Einklang zu bringen. 306 Diese Aussage gilt nicht nur für den Agent, sondern für alle beteiligten Individuen und somit auch für den Principal. Da dieser jedoch dem Agent einen Handlungsspielraum gewährt, kommt es auf die Vorteile des Agents gegenüber dem Principal an und nicht auf die umgekehrte Konstellation. 307 Jensen/Meckling, Journal of Financial Economics 3 (1976), 305, 308; Weber, S. 47; Zimmermann/Wortmann, DB 2001, 289, 289; ohne Bezug zur Principal-Agent-Theorie, sondern zur Beschreibung des homo oeconomicus, Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, S. 30. 308 s. dazu unten 2. Teil D.I.2.a)aa).
D. Bewertung der Drittleistungen
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gar zuwiderhandelt.309 Möglich wird dies durch eine – die Agency-Situation prägende – Informationsasymmetrie zwischen den Parteien:310 Zum einen ist dem Prinzipal zwar das Ergebnis der Tätigkeit des Agenten bekannt, nicht aber dessen konkrete Handlungen. So kann der Prinzipal das Verhalten des Agenten bei der Auftragsdurchführung nicht direkt beobachten (z. B. Arbeitsintensität) und auch nicht vom Ergebnis einen direkten Rückschluss auf den Einsatz des Agenten ziehen, da dieses auch von Umweltfaktoren abhängen kann, die ihrerseits nicht vom Prinzipal beobachtet werden konnten (hidden action).311 Zum anderen verfügt der Agent über Informationen, die dem Prinzipal nicht zur Verfügung stehen. So kann der Prinzipal das Ergebnis der Tätigkeit nicht aus dem gleichen Blickwinkel wie der Agent betrachten, da dieser weitreichendere Informationen über Umfang der Tätigkeit, Risiken und Handlungsoptionen als der Prinzipal hat (hidden information).312, 313 In Konsequenz ergeben sich aus der Informationsasymmetrie diskretionäre (= nicht beobachtbare) Handlungsspielräume des Agenten,314 die diesen dazu verleiten können, seine Arbeitsanstrengung ohne Wissen des Prinzipals zu mindern (shirking) oder die der Agent zu eigenen Gunsten ausnutzen und dabei den Prinzipal gar bewusst schädigen kann (moralisches Risiko, moral hazard).315 Diese Informationsasymmetrien haben zur Folge, dass der Prinzipal nicht den Gewinn verwirklichen kann, den er bei ideal gedachtem vollständigem Interessengleichlauf zwischen Prinzipal und Agent und somit auch vollständiger Information 309 Jensen/Meckling, Journal of Financial Economics 3 (1976), 305, 308; Weber, S. 47; grundlegend zum Handeln des homo oecomicus Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, S. 34 f. 310 Arnold, S. 15; Richter/Furubotn, Neue Institutionenökonomik, S. 174 f.; dem folgend Fleischer, S. 138; Weber, S. 47. 311 Arrow, in: Pratt/Zeckhauser, Principals and Agents, S. 37, 38; Arnold, S. 15; Richter/ Furubotn, Neue Institutionenökonomik, S. 173 f.; dem folgend Fleischer, S. 138; Elschen, zfbf 43 (1991), 1002, 1005; Zimmermann/Wortmann, DB 2001, 289, 294. 312 Dieser Informationsvorsprung kann zum einen in einer größeren Befähigung des Agenten zur Ausführung der Tätigkeit liegen, aber auch in Beobachtungen, die er während der Ausführung der Tätigkeit gemacht hat und dem Prinzipal verwehrt. Ferner ist dies für die Situation vor Vertragsschluss zwischen Prinzipal und Agent relevant, da der Agent gegenüber dem Prinzipal einen Informationsvorsprung hinsichtlich seiner wahren Befähigung zur Ausübung der Tätigkeit hat. 313 Arrow, in: Pratt/Zeckhauser, Principals and Agents, S. 37, 38; Weber, S. 47; Arnold, S. 15; Richter/Furubotn, Neue Institutionenökonomik, S. 174; dem folgend Fleischer, S. 138; Zimmermann/Wortmann, DB 2001, 289, 294; Elschen, zfbf 43 (1991), 1002, 1004 f. 314 Hucke, AG 1994, 397, 397; Kühnberger/Keßler, AG 1999, 453, 454; Weber, S. 48; Schwalbach/Graßhoff, ZfB 67 (1997), 203, 204. 315 Arrow, in: Pratt/Zeckhauser, Principals and Agents, S. 37, 38; Spremann, ZfB 60 (1990), 561, 571 f.; Zimmermann/Wortmann, DB 2001, 289, 290; ausführlich zur Moral-HazardProblematik Coffee, Michigan Law Review (1986 – 1987), 1, 60 ff; Arnold, S. 14, will hauptsächlich Fälle der hidden action dem Begriff moral hazard zuordnen und Fälle der hidden information nur gelegentlich zuordnen; während nach Richter/Furubotn, Neue Institutionenökonomik, S. 174 und Fleischer, S. 138 f. sowohl die Fälle der hidden information als auch solche der hidden action Unterformen des moral hazard sind.
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2. Teil: Begriff der Drittleistung und Kategorisierung
erwirtschaften würde (residual loss).316 Gemeinsam mit den Kosten, die der Prinzipal für die Überwachung des Agenten und die anderweitige Reduzierung des residual loss aufwenden muss, stellen diese Verluste die Agency-Kosten (agency costs) dar.317 Ziel sei es nunmehr, Agency-Beziehungen so auszugestalten, dass die agency costs möglichst minimiert werden.318 b) Konsistenz von Principal-Agent-Konflikt und Struktur der Aktiengesellschaft Durch die der Aktiengesellschaft immanente Trennung von Eigentum und Kontrolle tritt der Principal-Agent-Konflikt in der Aktiengesellschaft besonders deutlich hervor. Zweifelsohne ist dabei der Vorstand aufgrund seiner autonomen, treuhänderischen Stellung als Agent anzusehen. Hingegen ist die Bestimmung des Prinzipals ungleich komplizierter: Bei einfacher Übertragung obiger Grundsätze wären zunächst allein die Anteilseigner als Prinzipale anzusehen. Diese sind zum einen wirtschaftliche Eigentümer der Gesellschaft, sodass sie das wirtschaftliche Risiko der Unternehmung tragen, und sind zum anderen durch die Überantwortung ihres wirtschaftlichen Eigentums als Treugeber im Verhältnis zum Vorstand zu qualifizieren.319 Ein solches Ergebnis ließe jedoch außer Acht, dass der Vorstand nicht im Auftrag einzelner Aktionäre tätig wird. Vielmehr handelt die Aktiengesellschaft als Kollektiv; so ist der Vorstand an die Gesellschaft selbst organschaftlich wie schuldrechtlich gebunden und nicht per relativer Vereinbarung an die Aktionäre. Allerdings wird in der Neuen Institutionenökonomie nie auf das Handeln von Kollektiven, sondern immer auf das Handeln individueller Akteure abgestellt– dementsprechend können auch für die Principal-Agent-Theorie nur die Interessen individueller Akteure berücksichtigt werden,320 wohingegen das Unternehmen selbst nicht als Prinzipal eingeordnet werden kann. Um demnach Aussagen hinsichtlich der Auflösung von Interessendivergenzen und damit letztlich des Erfolgs der gesamten Kooperation treffen zu können, hat der Vorstand die Interessen aller individuellen Akteure als Geschäftsherren zu wahren, die darin zusammenlaufen.321 Damit sind 316 Jensen/Meckling, Journal of Financial Economics 3 (1976), 305, 308; Fama/Jensen, 26 Journal of Law and Economics (1983), 327, 327; Arnold, S. 15 f.; v. Bonin, S. 187. Es gilt als unmöglich, dass der tatsächlich erwirtschaftete Gewinn des Agenten dem hypothetisch gedachten maximalen Gewinn des Prinzipals gleichkommt, zumal positive Transaktionskosten bestehen und die Wohlfahrt des Prinzipals nicht wirklich maximiert wird. Insofern wird das so optimierte Ergebnis auch als „Ergebnis einer Optimierung unter zusätzlichen Nebenbedingungen“ interpretiert, s. Richter/Furubotn, Neue Institutionenökonomik, S. 177. 317 Grundlegend Jensen/Meckling, Journal of Financial Economics 3 (1976), 305, 308. 318 Pratt/Zeckhauser, in: Pratt/Zeckhauser, Principals and Agents, S. 1, 3; Eidenmüller, JZ 2001, 1041, 1047. 319 Krit. hinsichtlich der treuhänderischen Stellung gegenüber den Aktionären, Kort, AG 2012, 605, 606; Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 76, Rn. 16. 320 Kirchner, WM 2000, 1821, 1824. 321 Kirchner, WM 2000, 1821, 1824.
D. Bewertung der Drittleistungen
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neben den Anteilseignern auch die sonstigen stakeholder (Arbeitnehmer, Gläubiger, etc.) als Prinzipale anzusehen („Mehrheit von Prinzipalen“).322 Einer interessenpluralistischen Ausrichtung und somit der Mitberücksichtigung von stakeholder-Interessen bei der Bestimmung des Prinzipals wird allerdings entgegengehalten, dass das Management mehrere Zielgrößen gleichzeitig maximieren müsste, dies jedoch nicht möglich sei.323 Zudem hätte dies eine Erweiterung der Handlungsspielräume des Managements zur Folge, die eine Kontrolle unmöglich machen würde; die Verantwortung des Managements würde damit faktisch aufgelöst.324 Indes sind auch im Rahmen der Agency-Theorie komplexe Beziehungen denkbar, die nicht nur das Verhältnis zwischen zwei Rechtssubjekten beleuchten, sondern in denen der Agent für mehrere Prinzipale gleichzeitig tätig wird.325 Dies macht das Principal-Agent-Modell zwar komplizierter und teurer, allerdings nicht in dem Maße, dass stakeholder-Interessen unberücksichtigt bleiben müssten.326 Dass eine Maximierung voneinander verschiedener Prinzipal-Interessen nicht möglich ist, soll damit allerdings nicht in Abrede gestellt werden. Auch kann nicht bestritten werden, dass Interessenpluralität ohne Hierarchie zur Auflösung von Vorstandsverantwortung führen kann und Vorstandshandeln der Überprüfbarkeit entzieht.327 Zur Vereinbarkeit der Principal-Agent-Theorie mit dem interessenpluralistisch verstandenen Unternehmensinteresse wird daher vorgeschlagen, die Interessen der Prinzipale hierarchisch zu strukturieren, mit einem Vorrang der Interessen der Anteilseigner als Träger des finanziellen Risikos.328 Die Interessen der stakeholder seien hingegen zwar als „Nebenbedingungen“ zu berücksichtigen, erfahren allerdings grds. bereits hinreichenden Schutz durch gesetzliche Regelungen.329 Unter Berücksichtigung der hier erarbeiteten Grundsätze des Unternehmensinteresses ist die so postulierte Vorrangstellung indes mit Vorsicht zu genießen – denn in dieser klingt durchaus eine systematische Vorrangstellung der Anteilseigner an.330
322 Kirchner, WM 2000, 1821, 1824; Wiese/Demisch, DB 2001, 849, 850; Koch, WM 2010, 1155, 1155; a.A. Arnold, S. 30 f., 40, m.w.Nachw. 323 Arnold, S. 31, m.w.Nachw. 324 Arnold, S. 31. 325 Wiese/Demisch, DB 2001, 849, 850; Kirchner, WM 2000, 1821, 1824; Koch, Forum Unternehmenskauf 2009, 105, 111; ders., WM 2010, 1155, 1155 f. 326 So Wiese/Demisch, DB 2001, 849, 850; Kirchner, WM 2000, 1821, 1824; Koch, Forum Unternehmenskauf 2009, 105, 111; ders., WM 2010, 1155, 1155 f. 327 Koch, WM 2010, 1155, 1155 f. 328 Kirchner, WM 2000, 1821, 1824; Wiese/Demisch, DB 2001, 849, 850; Koch, Forum Unternehmenskauf 2009, 105, 111; ders., WM 2010, 1155, 1155 f. 329 Kirchner, WM 2000, 1821, 1824; Koch, Forum Unternehmenskauf 2009, 105, 111. 330 s. dazu unten 2. Teil D.I.3.
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2. Teil: Begriff der Drittleistung und Kategorisierung
c) Möglichkeiten zur Begrenzung des Principal-Agent-Problems in der Aktiengesellschaft? Im Wesentlichen ist bei den Instrumenten zur Eindämmung des Principal-AgentKonflikts zwischen zwei verschiedenen Ansatzpunkten zu unterscheiden: Zum einen kann es Ziel sein, durch den Einsatz von Kontrollinstrumentarien die Informationsasymmetrie zwischen Prinzipal und Agent zu vermindern, zum anderen ist an eine Zielharmonisierung der potentiell widerstreitenden Interessen zu denken.331 Als Möglichkeit zur Eindämmung der Informationsasymmetrie ist insbesondere die Stellung des Aufsichtsrats hervorzuheben.332 Im Sinne seiner ursprünglichen Bedeutung kommt dem Aufsichtsrat primär die Rolle als institutionelle Einrichtung zur Überwachung des Managements im Interesse der Eigenkapitalgeber zu.333 Seinen ökonomischen Zweck findet der Aufsichtsrat im sog. collective-action-Problem, wonach eine effektive Managementkontrolle allein durch die Eigenkapitalgeber nicht hinreichend gewährleistet wird, was letztlich darauf zurückzuführen ist, dass aus Sicht des Kleinaktionärs Passivität ökonomisch sinnvoll ist.334 Doch reicht die Etablierung des Aufsichtsrats für sich noch nicht aus, die agency-costs optimal zu senken. Denn der Aufsichtsrat übt seine Kontrollfunktion seinerseits „im Auftrag“ der Gesellschaft aus, sodass auch zwischen Aufsichtsrat und Eigentümern eine – der Agency-Theorie charakteristische – Informationsasymmetrie besteht, welche die dargestellten Agency-Probleme auch im Verhältnis zum Aufsichtsrat zur Folge haben kann.335 Besondere Ausprägung kann es gar sein, dass Aufsichtsrat und Vorstand gemeinsam opportunistisch und somit zum Nachteil der Gesellschaft handeln. Neben Kontrollmechanismen kommt daher in besonderem Maße der Zielharmonisierung Bedeutung zu. Diese lässt sich wiederum in zwei unterschiedliche Wirkrichtungen unterteilen. Zum einen wird an einer sanktionsbewährten autoritären Kooperation des Agenten angesetzt; hierunter fällt etwa die organschaftliche Treuepflicht bzw. die Sorgfaltspflicht des § 93 Abs. 1 S. 2 AktG, und die sich daran anschließende Haftungsgefahr nach § 93 Abs. 2 AktG.336 Durch die davon ausge331 Elschen, zfbf 43 (1991), 1002, 1005; Koch, Forum Unternehmenskauf 2009, 105, 114; Rodorff, Forum Unternehmenskauf 2012, 229, 234. 332 Daneben sind als Kontrollinstrumente zudem das Informationsrecht der Gesellschafter vorgesehen, § 131 AktG, dessen Nutzen jedoch beschränkt ist, ferner ist an Informationspflichten wie im Rahmen der Übernahme nach § 27 WpÜG zu denken, die indes ebenfalls Raum für Umgehungen offen lassen, s. dazu etwa Koch, Forum Unternehmenskauf 2009, 105, 115 f. 333 So Baums, ZIP 1995, 11, 13. 334 Dieser Zustand wird auch mit dem Begriff „rationaler Apathie“ beschrieben, s. dazu ausführlich Baums, ZIP 1995, 11, 11; Kübler, FS Zöllner, Band I, 1998, S. 321, 326. 335 Winter, in: Hommelhoff/Hopt/v. Werder, Hdb. Corporate Governance, 1. Aufl. 2003, S. 335, 337. 336 Weiterhin ist hier an die Möglichkeit strafrechtlicher Haftung zu denken, bspw. nach §§ 264, 266 StGB oder § 299 StGB; besondere Ausprägung ist zudem etwa das Verhinderungsverbot bei öffentlichen Übernahmen nach § 33 Abs. 1 WpÜG.
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hende präventive Wirkung soll eigeninteressenorientiertem Verhalten des Vorstands entgegengewirkt werden. Indes lässt sich hiermit nur eine gewisse Kontrolle klar gesellschaftsschädlichen Verhaltens unterbinden. Ein Anreiz für besonderen Einsatz zur Erreichung ambitionierter Ziele nach Vorstellung des Prinzipals ist damit hingegen nicht verbunden. An dieser Stelle kommt die belohnende Zielharmonisierung als zweite Wirkrichtung und damit die Intention anreizorientierter Vergütung ins Spiel.337 Durch die mit anreizorientierter Vergütung verbundene Anknüpfung der monetären Interessen des Vorstands an die der Gesellschaft oder auch an die eines Aktionärs338 soll dieser ein wirtschaftliches Eigeninteresse am Erfolg des Unternehmens entwickeln.339 Weitergehender Sinn und Zweck ist es, opportunistisches Verhalten des Vorstands und damit verbundenes gesellschaftsschädliches risikoaverses Verhalten zu beseitigen. Zwar ist gerade aufgrund der Anknüpfung an den Gedanken der Principal-Agent-Theorie an der Legitimation anreizorientierter Vergütung einige Kritik geübt worden.340 Doch bedarf diese in dieser Untersuchung keiner näheren Erläuterung, ist doch die Legitimität anreizorientierter Vergütung allgemein und insbesondere vom Gesetzgeber anerkannt.341 An dieser Stelle setzt freilich auch der nachfolgend zu betrachtende potentielle Nutzen aktionärsseitiger Leistung an: 2. Nutzen aktionärsseitiger Incentivierung Die Bewertung aktionärsseitiger Leistung und insbesondere des Nutzens ist maßgeblich von den Thesen der Principal-Agent-Theorie abhängig. Die Beschreibung des Nutzens soll zunächst neutral aus Sicht der Gesellschaft bzw. des Anteilseigners sowie unterschiedlicher Leistungssituationen erfolgen, die Risiken für die sachgerechte Verwirklichung des Unternehmensinteresses werden erst im Anschluss aufgegriffen.
337 In der Literatur wird in diesem Zusammenhang häufig auch noch auf den Markt der Unternehmenskontrolle eingegangen, welcher für die nachfolgende Bearbeitung aber außer Acht gelassen werden kann, s. dazu allgemeiner im Zusammenhang mit Transaktionsboni, Weber, S. 58 f., m.w.Nachw. 338 So etwa bei börsenkursorientierter Vergütung, die an erster Stelle ein Anteilseignerinteresse widerspiegelt und erst mittelbar das Interesse der Gesellschaft verkörpert, dazu 3. Teil A.IV.1.b). 339 Adams, ZIP 2002, 1325, 1330 f.; Spindler, DStR 2004, 36, 41 f.; Zimmermann/Wortmann, DB 2001, 289, 292; Gordon, AG 2002, 670, 764; Koch, Forum Unternehmenskauf 2009, 105, 117; Rodorff, Forum Unternehmenskauf 2012, 229, 234; Weber, S. 81 f. 340 s. dazu etwa Thüsing, ZGR 2003, 457, 476; Fonk, NZG 2005, 248, 252. 341 Exemplarisch sei etwa auf die Überlegungen des Gesetzgebers zur Anreizwirkung der Vergütung im Rahmen des VorstAG verwiesen, wonach der Aufsichtsrat mittels Ausgestaltung der Vergütung auf eine nachhaltige Unternehmensführung der Vorstandsmitglieder hinwirken soll, Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 16/13433 (VorstAG), S. 10.
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a) Nutzen aktionärsseitiger Incentivierung unter Ausblendung der Übernahmesituation aa) Interessenkonflikt zwischen Anteilseignern und Managern Obgleich die Anteilseigner als Träger des Residualrisikos ein besonderes Interesse am Erfolg der Unternehmung haben,342 sind ihre Interessen und damit ihre Risikopräferenz keinesfalls so homogen, wie das auf den auf den ersten Blick anmutet: Manche Anleger haben „lediglich“ ein Kursinteresse,343 versuchen also mit der Spekulation auf Kursschwankungen einen Gewinn zu erzielen, andere sind an möglichst hohen Ausschüttungen interessiert, haben mithin ein Dividendeninteresse.344 Wiederum andere sind an einem konstanten und stetigen Wachstum ihrer Eigenkapitalrendite interessiert, verstehen ihre Investition folglich als langfristige Kapitalanlage.345 Ferner findet sich der unternehmerisch tätige Großaktionär, der die Beteiligung (auch) erwirbt, um Kontroll- und Einflussmöglichkeiten ausüben zu können und die unternehmerische Tätigkeit nach eigenen Vorstellungen zu gestalten.346 Bedenkt man zudem noch die Möglichkeit altruistisch motivierter Aktionäre, die bspw. aus umweltpolitischen Motiven handeln und eine besondere Technologie fördern wollen, oder solcher, die ihr Kapital allein als Substanz erhalten wollen,347 offenbart sich ein äußerst indifferentes Bild der Anteilseignermotivation. Dies führt auch in der Risikoexposition zu beträchtlichen Unterschieden, abhängig vom jeweiligen Anlegertypus.348 Blendet man indes Extremfälle aus, kann man als gemeinsamen Nenner zumindest festhalten, dass der typische Aktionär an der Erwirtschaftung einer möglichst hohen Rendite interessiert ist.349
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s. dazu bereits oben 2. Teil C.III.3. Raisch, FS Hefermehl, 1976, S. 347, 349; Hengeler, FS Schilling, 1973, S. 175, 193; Hens, S. 141. 344 Raisch, FS Hefermehl, 1976, S. 347, 349; Schilling, BB 1997, 373, 379. 345 Raisch, FS Hefermehl, 1976, S. 347, 349; Schilling, BB 1997, 373, 379; Hens, S. 141. 346 Raisch, FS Hefermehl, 1976, S. 347, 349. 347 s. hierzu die Erläuterungen von v. Bonin, S. 173 f. 348 So wird der unternehmerisch tätige Großaktionär in der Regel eine risikoarme Unternehmensführung bevorzugen, da er seine Investition unternehmensspezifisch ausgestaltet hat und ihn damit das eingangs beschriebene unternehmerische Risiko voll treffen würde. Demgegenüber hat der Anlegeraktionär sein Kapital auf verschiedene Investitionen aufgeteilt, sodass ihn ein Misserfolg nicht in gleichem Maße trifft. Abhängig u. a. von der Professionalität (s. dazu Mülbert, S. 135: nach diesem wird der private Anleger keinesfalls in gleicher Weise abgesichert sein wie optimal diversifizierte institutionelle Investoren, welche vermeiden wollen, schlechter als der Gesamtmarkt abzuschneiden) nimmt die Risikoeffizienz seines Portefeuilles und damit auch der Schutz vor unsystematischen Risiken zu, wobei umgekehrt die Risikoaversion abnimmt. 349 Schilling, BB 1997, 373, 379; Raisch, FS Hefermehl, 1976, S. 347, 349; die darauf hinweisen, dass die Interessen von einer Gewinnmaximierung des reinen Anlegeraktionärs „bis zur Erhaltung des Unternehmens als Untergrenze der Rentabilität“ reichen. 343
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Setzt man dies in Kontrast zu den typischen Managerinteressen, erweist sich insbesondere ein auf Expansion gerichtetes und damit risikophiles Interesse der Anteilseigner als besonders konfliktträchtig. Denn für Manager spielt das unternehmensspezifische „Humankapital“ eine entscheidende Rolle: Je spezifischer sie sich auf das von ihnen geleitete Unternehmen ausrichten und entsprechende Kenntnisse und Fähigkeiten erwerben, desto eher besteht die Gefahr, dieses Wissen außerhalb des Unternehmens nicht nutzbar machen zu können, was zugleich die Chancen auf eine anderweitige Anstellung (zu gleichen Konditionen) verringert.350 Wenngleich das Vorstandsmitglied im Verhältnis zu den sonstigen Arbeitnehmern ungleich bessere Möglichkeiten hat, eine seinen Interessen entsprechende Ausgestaltung der Anstellung durchzusetzen, kann er sich dennoch nicht langfristig gegen den Verlust der eigenen Anstellung absichern. Denn diesbzgl. steht auch ihm im Gegensatz zu den Anteilseignern keine entsprechende Möglichkeit der Diversifikation zu, sodass er dem unsystematischen Risiko der Unternehmung voll und ganz ausgesetzt ist.351 Dies bedingt eine grds. risikoaverse Einstellung des Managements, was sich insbesondere darin ausdrückt, dass ein rational handelndes Management darauf bedacht sein wird, die eigene Stellung im Unternehmen zu erhalten, um den eigenen Gewinn langfristig zu steigern.352 bb) Nutzen aktionärsseitiger Incentivierung Der herausstechende Nutzen aktionärsseitiger Incentivierung orientiert sich nunmehr an dem Gedanken der kooperativen, belohnenden Interessenharmonisierung.353 Insofern beruht die aktionärsseitige Leistung im Wesentlichen auf den gleichen Erwägungen wie anreizorientierte gesellschaftsseitige Vergütung; da sie zudem über die bereits zur Eindämmung des Agency-Konflikts vorhandenen gesellschaftsseitigen Kontrollinstrumentarien hinausgeht, schafft sie einen zusätzlichen Anreiz für den Vorstand, sich an den Interessen des Prinzipals bzw. an den Interessen der Aktionäre als wesentlicher „Teil des Prinzipals“ auszurichten. Dies kann auch aus Sicht der Gesellschaft beträchtlichen Nutzen mit sich bringen, da zum einen häufig eine Vermutung dafür besteht, dass das Erreichen von sich an den Interessen der Aktionäre orientierenden Zielen gleichzeitig im Interesse der Gesellschaft liegt und die Gesellschaft – je nach Anknüpfungspunkt mittelbar oder unmittelbar – durch die Verwirklichung der Anteilseignerinteressen profitieren kann.354 Dabei erlangt insbesondere die Prämisse Gewicht, dass von Anteilseignern in der 350
Schmidt/Spindler, FG Kübler, 1997, S. 515, 529, m.w.Nachw. Koch, WM 2010, 1155, 1156. 352 v. Bonin, S. 178. 353 s. etwa Hohaus/Weber, in: Lücke/Schaub, Vorstand der AG, § 10, Rn. 7. 354 Hohaus/Weber, in: Lücke/Schaub, Vorstand der AG, § 10, Rn. 61; Diekmann, FS MaierReimer, 2010, 75, 86, der zu Recht darauf hinweist, dass der Nutzen der Gesellschaft gar dann noch steigt, wenn die Leistung nicht am Börsenkurs, sondern an Unternehmensziele (wie Finanzkennzahlen) anknüpft. 351
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Regel die besten und der Gesellschaft förderlichsten unternehmerischen Anreize ausgehen – zumindest sofern diese einen langfristigen Erfolg ihrer Investition im Blick haben. In diesem Sinne ist freilich denkbar, dass auch ein Großaktionär den insgesamt erfolgreichen Vorstand langfristig an die Interessen des Unternehmens binden will.355 Ferner werden durch diesen aktionärsseitig geschaffenen Anreiz keine Gesellschaftsmittel aufgewendet und so das Gesellschaftsvermögen geschont.356 Dies ist für die Gesellschaft bereits generell besonders günstig, gewinnt aber im Fall der Insolvenz noch weiter an Bedeutung. So können für den Erfolg einer Sanierung notwendige, besonders qualifizierte, aber aus diesem Grund auch besonders „teure“ Manager für die Gesellschaft gewonnen werden, ohne das Gesellschaftsvermögen noch weiter zu belasten.357 Freilich kann der Nutzen dann auch aus Sicht des Managers darin liegen, dass seine Vergütung im Insolvenzfall nicht in die Insolvenzmasse fällt, was einerseits zusätzliche Sicherheit bedeutet und damit zur Attraktivität des Managerpostens beiträgt, andererseits aber – wie im Fall Arcandor/Eick gesehen – zu erheblichem Unverständnis in der Bevölkerung führen kann.358 Konkret aus Sicht der Aktionäre nimmt insbesondere die börsenkursorientierte, bzw. bei nicht-börsennotierten Unternehmen unternehmenswertorientierte, aktionärsseitige Incentivierung des Vorstands eine wichtige Rolle ein, in dem Bestreben des Aktionärs, den Wert der eigenen Beteiligung möglichst zu maximieren.359 Besondere Bedeutung erlangt dies im Falle transaktionsbezogener Leistungen.360 Profan kann es dem (Groß-)Aktionär, gerade in Anbetracht der durch die Leitungsautonomie des Vorstands nach § 76 AktG gesetzten Grenzen, aber auch darum gehen, seinen Einfluss auf die Unternehmensleitung zu erhöhen.361 Dies ist nicht per se zum Nachteil der Gesellschaft, da ein harmonisches Zusammenwirken von Großaktionär und Vorstand durchaus Vorteile mit sich bringen kann. Es sind aber auch Situationen denkbar, in denen die Aktionäre dem Vorstand eine Erfolgsprämie für das Erreichen ganz bestimmter Ziele ausloben362 (wie etwa die erfolgreiche 355 So geschehen im Springer-Konzern, wo Friede Springer als Großaktionärin der damals noch als Vodafone AG firmierenden Gesellschaft dem Vorstandsvorsitzenden Mathias Döpfner eine erhebliche Beteiligung an der Gesellschaft geschenkt hat, s. dazu ausführlich unten 3. Teil A.I.2. 356 Hohaus/Weber, in: Lücke/Schaub, Vorstand der AG, § 10, Rn. 61; Diekmann, FS MaierReimer, 2010, 75, 86. 357 Mayer-Uellner, AG 2011, 193, 194; Redenius-Hövermann/Bertog, Der Aufsichtsrat 2012, 174, 174. 358 s. hierzu unten 3. Teil A.I.3. 359 Mayer-Uellner, AG 2011, 193, 194; Diekmann, FS Maier-Reimer, 2010, 75, 85; Redenius-Hövermann/Bertog, Der Aufsichtsrat 2012, 174, 174; Bauer/Arnold, DB 2006, 260, 265. 360 s. dazu sogleich jeweils unter 2. Teil D.I.2.b). 361 Redenius-Hövermann/Bertog, Der Aufsichtsrat 2012, 174, 174; Mayer-Uellner, AG 2011, 193, 194. 362 Bauer/Arnold, DB 2006, 260, 265; Redenius-Hövermann/Bertog, Der Aufsichtsrat 2012, 174, 174.
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Einführung eines neuen Produkts oder Umstrukturierungsmaßnahmen) oder den Vorstand zu ihnen opportunen Maßnahmen veranlassen wollen.363 Ferner kann der Vorstand durch aktionärsseitige Leistung entweder bereits im Vorhinein zu besonderem Einsatz motiviert, oder aber ein besonders intensiver Arbeitsaufwand, der auch den Interessen der Aktionäre gedient hat, nachträglich honoriert werden.364, 365 Dabei ist freilich zu berücksichtigen, dass von solch belohnenden Leistungen meist eine positive Anreizwirkung für die Zukunft ausgehen kann. Der Nutzen für die Gesellschaft ist auch hier nicht zu verkennen, auch weil – mangels Begrenzungen, die sich u. U. aus der Aufwendung von Gesellschaftsvermögen ergeben könnten – der Aktionär freier und flexibler in der Entscheidung über die Leistung des Vorteils sein könnte, als die Gesellschaft selbst. b) Nutzen aktionärsseitiger Incentivierung mit Transaktionsbezug aa) Interessenkonflikt zwischen Anteilseignern und Managern in Übernahmesituationen Wenngleich sich das oben beschriebene Bild der indifferenten Interessenlage innerhalb des Kreises der Anteilseigner in der Übernahmesituation fortsetzt,366 kann (freilich nicht generell, aber doch zumindest grundsätzlich) ein kleinster gemeinsamer (materieller) Nenner angenommen werden: Der ökonomisch rational handelnde Anteilseigner ist an dem bestmöglichen Ertrag seiner Rendite interessiert.367 Verspricht die Veräußerung der Anteile (um einen direkt oder indirekt durch die
363
Mayer-Uellner, AG 2011, 193, 194. Wenn auch mit Transaktionsbezug Kirchner/Iversen, NZG 2008, 921, 923; Hohaus/ Weber, in: Lücke/Schaub, Vorstand der AG, § 10, Rn. 12. 365 Im Zusammenhang um die Diskussion von gesellschaftsseitigen Anerkennungsprämien haben Lutter/Zöllner, FAZ v. 10. 02. 1004, abrufbar unter: http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/ mannesmann-prozess-praemie-fuer-esser-war-rechtswidrig-1147519.html (zuletzt abgerufen am: 20. 03. 2015), soz. den Diskurs um aktionärsseitige Leistungen losgetreten, indem sie sich auf den Standpunkt gestellt haben, dass rein belohnende Leistungen, die allein dem Nutzen der Aktionäre gedient haben, von diesen selbst anstatt von der Gesellschaft zu erbringen sind. 366 So kann ihnen – gleich aus finanziellen oder ökonomischen (solche liegen v. a. dann vor, wenn nach Einschätzung eines rational handelnden Aktionärs die voraussichtliche Rendite des eingesetzten Kapitals bei einem Verbleib in der Gesellschaft als höher einzuschätzen ist als bei der Veräußerung der Anteile) Motiven – auch daran gelegen sein, selbst Anteilseigner der Gesellschaft zu bleiben, wobei sie im Falle einer Übernahme einigen Risiken ausgesetzt sind: Neben finanzieller Einbußen durch die Verwässerung der eigenen Beteiligung droht ihnen der Verlust unternehmerischen Einflusses, bspw. aufgrund Verringerung des relativen Stimmgewichts des Anteils oder des Verlusts anderweitiger Informations- und Kontrollrechte, Röh, in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, § 33, Rn. 1; Wiese/Demisch, DB 2001, 849, 849; Kübler, in: Semler/Volhard, Unternehmensübernahmen, Band 1, § 3, Rn. 50. 367 Denn in ihrer Eigenschaft als Publikumsgesellschaft wird die Aktiengesellschaft zumeist Anlegeraktionäre anziehen, die eine rein passive Rolle einnehmen und mit ihrem Engagement rein finanzielle Interessen verfolgen, Hens, S. 140, m.w.Nachw. 364
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Kontrollprämie368 erhöhten Preis) oder aber der Tausch in potentiell ertragreichere Anteile des Bieters die bestmögliche Steigerung der Rendite seiner Kapitalanlage, wird der Aktionär die Übernahme befürworten.369 In Folge wird er zumindest in der Übernahmesituation eine Maximierung des Marktwerts des Eigenkapitals des Unternehmens präferieren, da sich dieser i. d. R. in einer entsprechenden Steigerung des Angebots und damit des Nettokaufpreises auswirkt. Dabei kommt es ihm nicht nur auf die Höhe des Geldbetrags an sich an, vielmehr ist er auch daran interessiert, möglichst wenige Garantien oder Gewährleistungen abgeben zu müssen, die seinen Verkaufserlös im Nachhinein wieder schmälern können.370 Im Endeffekt wird er damit kaufpreissteigernde Maßnahmen des Vorstands befürworten, wie bspw. die Suche nach konkurrierenden Bietern im Sinne des daraus folgenden Bieterwettbewerbs. Dennoch ist nicht außer Acht zu lassen, dass die Aktionäre eine persönliche Bindung zu dem Unternehmen aufgebaut haben können. Deshalb ist es nicht unwahrscheinlich, dass nicht allein die Höhe des Veräußerungserlöses für die Verkaufsentscheidung maßgeblich sein wird, sondern auch die Reputation, Bonität und das vorgelegte Unternehmenskonzept des Bieters eine gewichtige Rolle spielen werden.371 Die Relevanz solcher Erwägungen bringt auch das WpÜG zum Ausdruck, wenn es in § 11 Abs. 2 S. 3 Nr. 1, 2 WpÜG entsprechende Angabepflichten im Rahmen der Angebotsunterlage des Bieters vorsieht, die zwar auch für die finanzielle Beurteilung des Bieterangebots von Bedeutung sind, aber eben nicht nur.372 Demgegenüber erweisen sich die potentiellen Interessen des Managers in der Übernahmesituation gleich in mehrfacher Hinsicht als besonders konfliktträchtig und gegenüber der zuvor beschriebenen Ausgangssituation deutlich verschärft.373 Durch die drohende Übernahme sieht sich der Vorstand mit einem neuen Anteilseigner konfrontiert, was für ihn erhebliche Unsicherheit insbesondere hinsichtlich der eigenen Stellung mit sich bringt: In Relation zur Ausscheidungsquote bei normalem Geschäftsverlauf verlieren infolge einer Unternehmensübernahme deutlich 368
Die Kontrollprämie wird über den „normalen“ Kaufpreis hinaus für die Erlangung der Kontrolle gezahlt, Weihe/Elschen, FB 2004, 602, 603. 369 Kirchner, WM 2000, 1821, 1822; Wiese/Demisch, DB 2001, 849, 849; Röh, in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, § 33, Rn. 1. 370 Rodorff, Forum Unternehmenskauf 2012, 229, 250. 371 Rodorff, Forum Unternehmenskauf 2012, 229, 250; Gondesen, WM 1989, 201, 202; Weber, S. 61. 372 Unter Rückgriff auf die Gesetzesbegründung zu § 33 WpÜG, Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 58 („möglichst attraktive Angebotskonditionen“) wird gar die bereits angesprochene Möglichkeit zur Suche nach konkurrierenden Bietern in § 33 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 WpÜG („white knight“) allein als Ausdruck des Bestrebens verstanden, einen im Sinne des Unternehmenswohls möglichst optimalen Bieter zu finden, Lange, WM 2002, 1737, 1741. In einer solchen Absolutheit ist dieser Gedanke dem Gesetz indes sicherlich nicht zu entnehmen, doch schwingt auch hier zumindest der Gedanke sozialer Verantwortung der Aktionäre mit. 373 Eine Übersicht über diesen mehrschichtigen Interessenkonflikt zwischen Veräußererund Managerinteressen geben Weihe/Elschen, FB 2004, 602.
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mehr Managementmitglieder ihre Anstellung.374 Und selbst im Falle der Weiterbeschäftigung besteht die Gefahr des Verlusts des eigenen Einflusses375 oder schließlich eine deutlich erhöhte Arbeitsbelastung bei gesteigerter Renditeorientierung der neuen Eigentümer.376 Der Vorstand befindet sich anlässlich der drohenden Übernahme somit in einer sog. „end-game“-Situation,377 in der sich – im ökonomischen Sprachgebrauch – das „Risiko der Spezifität des eigenen Humankapitals zu realisieren“ droht.378 Unter Annahme der Agency-Theorie besteht damit eine besonders große Gefahr zu opportunistischem Verhalten des Vorstands.379 Möchte man die eigeninteressengeleiteten Handlungsalternativen stark vereinfacht umschreiben, drohen den Anteilseignern im Kern folgende zwei Szenarien: Zum einen kann der Vorstand u. a. aus den genannten Gründen380 den Erfolg der Übernahme behindern.381 Zwar kann sich durch die Vornahme von Abwehrmaßnahmen auch der Wert des Unternehmens erhöhen und somit im Einklang mit den Interessen der veräußerungswilligen Aktionäre stehen,382 doch ist dies nur eine Facette möglicher Folgen. Denn der Vorstand kann seinen Einfluss in der Über374 Hölters, in: Hölters, Hdb. Unternehmens- und Beteiligungskauf, Teil I, Rn. 70; Hopt, FS Lutter, 2000, S. 1361, 1376 f.; Grunewald, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33, Rn. 10; Weihe/ Elschen, FB 2004, 602, 604; Mülbert/Birke, WM 2001, 705, 709; Koch, Forum Unternehmenskauf 2009, 105, 114. 375 Schlitt/Ries, in: MüKo-AktG, WpÜG, § 33, Rn. 7; Weihe/Elschen, FB 2004, 602, 604; Lange, Forum Unternehmenskauf 2004, 115, 116; ausführlich zu weiteren Nachteilen Hölters, in: Hölters, Hdb. Unternehmens- und Beteiligungskauf, Teil I, Rn. 72 ff. 376 Weihe/Elschen, FB 2004, 602, 604; Lange, Forum Unternehmenskauf 2004, 115, 116; Heinrich, S. 310; s. zur Strategie von Finanzinvestoren etwa Rudolph, ZGR 2008, 161, 162 f. 377 Fleischer, NJW 2004, 2335, 2336; Weber, S. 62; Hohaus/Weber, in: Lücke/Schaub, Vorstand der AG, § 10, Rn. 9. 378 Hohaus/Weber, in: Lücke/Schaub, Vorstand der AG, § 10, Rn. 9; Weber, S. 62; Rodorff, Forum Unternehmenskauf 2012, 229, 251. 379 s. etwa Weihe/Elschen, FB 2004, 602, 602; Wiese/Demisch, DB 2001, 849, 849; diesen Konflikt erkennt auch der Gesetzgeber an, wenn er in der Gesetzesbegründung zum übernahmerechtlichen Neutralitätsgebot nach § 33 WpÜG darauf hinweist, dass sich auch durch den Konflikt rechtfertige, „in dem Vorstand und Aufsichtsrat im Hinblick auf eigene Interessen stehen, nicht auf Grund einer Übernahme Einfluss und ggf. die eigene Position zu verlieren“, Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 57. 380 Weiter ist etwa denkbar, dass sich der Vorstand auch deswegen gegen die Übernahme stellen will, weil dadurch Missstände seiner bisherigen Leitungstätigkeit aufgedeckt werden könnten, oder aber, weil er die Befürchtung hat, dass sich die Übernahme nachteilig auf die Belegschaft auswirkt (s. etwa Weihe/Elschen, FB 2004, 602, 604). 381 Grunewald, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33, Rn. 10. 382 Insofern ist auch denkbar, dass der Vorstand gegenüber dem Bieter nur die Stärken des Unternehmens hervorhebt, die Risiken und Schwächen aber unter den Tisch fallen lässt, auch, um den eigenen Marktwert auf dem Markt für Führungskräfte zu steigern, s. etwa Weber, S. 63. Dies kann zu einer (zu) positiven Bewertung des Unternehmens führen, die zwar im (ökonomischen) Interesse der Anteilseigner stehen kann, sich aber auch zu Lasten der langfristigen Rentabilität des Unternehmens auswirken kann, weil der Bieter den zu hohen Kaufpreis durch für die Gesellschaft nachteilige Maßnahmen kompensieren muss.
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nahmesituation dafür einsetzen, die Übernahme abzuwehren und damit komplett scheitern zu lassen, gerade in Konflikt zum (durch die etwaige Kontrollprämie gar noch gesteigerten) Renditeinteresse der Aktionäre.383 Zwar entscheiden letztlich die Anteilseigner selbst über die Annahme eines Angebots, doch kann der Vorstand eine gewichtige Rolle in der Übernahme einnehmen, hat er doch maßgeblichen Einfluss auf die Anteilseigner, auf die Vornahme etwaiger weiterer Abwehrmaßnahmen (insbesondere unter Verstoß gegen die Schranken des § 33 WpÜG) und auf die Darstellung des Unternehmens gegenüber dem Bieter.384 Zum anderen ist aber ebenso denkbar, dass die Loyalität des Vorstands gegenüber den veräußerungswilligen Altgesellschaftern abnimmt und sich – soz. im worst case – den Interessen der zukünftigen Anteilseigner zuwendet (sog. shift of management loyalty);385 insbesondere wenn die Möglichkeit der Weiterbeschäftigung im Raum steht. Dann aber besteht die realistische Gefahr, dass der Vorstand seinen Einfluss nicht mehr zu Lasten der Übernahme, sondern zu Lasten der Altaktionäre einsetzt und damit im Rahmen seines Einflussbereichs im Endeffekt auf einen möglichst geringen Kaufpreis hinwirkt. Dies kann dann auch dem Umstand geschuldet sein, dass ein hoher Kaufpreis für ihn ein persönliches Risiko bedeutet, da für Misserfolg nach Übernahme und für die sich in der Höhe des Kaufpreises ausgedrückte und nunmehr enttäuschte Renditeerwartung des Erwerbers der Vorstand verantwortlich gemacht werden kann.386 Denklogisch steigt dieser Erfolgsdruck auf das Management mit zunehmendem Kaufpreis. bb) Exkurs: Überblick über den Einfluss des Managements in der Übernahmesituation Diese Konfliktlage des Managements kann damit zu erheblichen Nachteilen der veräußerungswilligen Anteilseigner führen, die noch stärker hervortreten, wenn man einen etwas genaueren Blick auf die Möglichkeiten des Vorstands wirft, die eigenen Interessen durchzusetzen. Gerade aufgrund ihrer herausgehobenen Stellung und ihres überlegenen Wissens sind die Gesellschafter auf die Mitwirkung des Managements angewiesen – insbesondere haben die Manager dadurch aber die Mög-
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Grunewald, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33, Rn. 10; Röh, in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, § 33, Rn. 1; Wiese/Demisch, DB 2001, 849, 849; Kirchner, WM 2000, 1821, 1822; Reppesgard, Die dritte Partei im Übernahmepoker, Handelsblatt v. 01. 10. 2004, abrufbar unter: http://www.handelsblatt.com/unternehmen/management/strategie/manager-wissen-mehr-diedritte-partei-im-uebernahmepoker/2410406.html (zuletzt abgerufen am: 20. 03. 2015). 384 s. dazu sogleich, unter 2. Teil D.I.2.b)bb). 385 Hohaus/Weber, in: Lücke/Schaub, Vorstand der AG, § 10, Rn. 10; Koch, Forum Unternehmenskauf 2009, 105, 114; Rodorff, Forum Unternehmenskauf 2012, 229, 251. 386 Weihe/Elschen, FB 2004, 602, 602 f., die ferner auf den Preiskonflikt infolge MBO oder Börsengang eingehen; Koch, Forum Unternehmenskauf 2009, 105, 114; Rodorff, Forum Unternehmenskauf 2012, 229, 251.
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lichkeit, das Geschäft in allen Phasen des Transaktionsprozesses zu beeinflussen.387 Insofern ist es dem Vorstand im Rahmen seiner Leitungsautonomie auch möglich, den Unternehmenswert künstlich zu beeinflussen.388 Konkret ist zu berücksichtigen, dass der Vorstand ganz maßgeblichen Einfluss auf die Darstellung des Unternehmens gegenüber dem Bieter hat. Bereits der Beschluss zur Durchführung einer Due Diligence389 qualifiziert die ganz überwiegende Auffassung als Geschäftsführungsmaßnahme,390 sodass dem Vorstand selbst und nicht etwa der Hauptversammlung oder dem Aufsichtsrat die Entscheidung über die Zulassung einer Due Diligence zusteht. Obgleich der Vorstand bei der Frage der Zulassung und bei der Frage der inhaltlichen Ausgestaltung strikt an das Unternehmensinteresse gebunden ist, eröffnen sich freilich an dieser Stelle Möglichkeiten des Missbrauchs durch die Geschäftsleitung. Gerade die Qualität der Auskunftserteilung kann das Bieterverhalten im Allgemeinen, aber auch konkreter den Kaufpreis maßgeblich positiv wie negativ beeinflussen. Hervorzuheben sind dabei die Ausgestaltung des Datenraums für den Erwerber sowie insbesondere die Managementpräsentation. Letztere informiert die teilnehmenden Erwerbsinteressenten über Interna des Unternehmens, Personen der Führungsebene, aber auch über die künftige Geschäftsentwicklung.391 Aufgrund ihrer maßgeblichen Bedeutung und Einflusswirkung tritt bei ihr der Interessenskonflikt der Geschäftsleitung besonders hervor.392 Gegenüber den Gesellschaftern der Aktiengesellschaft besteht zudem immer ein zumindest informeller Einfluss, sind diese doch regelmäßig auf die Einschätzung des Vorstands zur Bewertung des Übernahmeangebotes angewiesen. Für börsennotierte Gesellschaften hat der Gesetzgeber daher mit § 27 WpÜG dem Vorstand die Pflicht zur Stellungnahme zum Angebot des Bieters auferlegt. Diese soll es den Gesell387 Reppesgard, Die dritte Partei im Übernahmepoker, Handelsblatt v. 01. 10. 2004, abrufbar unter: http://www.handelsblatt.com/unternehmen/management/strategie/manager-wissen-mehrdie-dritte-partei-im-uebernahmepoker/2410406.html (zuletzt abgerufen am: 20. 03. 2015), „Gegen die Mitwirkung der Manager sei ein Verkauf kaum zu stemmen“; Hohmann, Venture Capital Magazin 07/2004, S. 56, 57; Weber, S. 63. 388 Zu Beispielen, s. Rhein, S. 16 ff. 389 Die Zulässigkeit einer Due Diligence an sich ist nahezu unbestritten, s. etwa Werner, ZIP 2000, 989, 991; Körber, NZG 2002, 263, 269; Mertens, AG 1997, 541, 546; Schroeder, DB 1997, 2161, 2163; Ziegler, DStR 2000, 249, 252; Kiethe, NZG 1999, 976, 979; a.A. nur Lutter, ZIP 1997, 613, 613 ff., 616 ff., der die Zulässigkeit der Due Diligence nur in extremen Ausnahmefällen anerkennen will. 390 Ganz herrschende Meinung, ausdrücklich nur Roschmann/Frey, AG 1996, 449, 451; Körber, NZG 2002, 263, 268; Geyrhalter/Zirngibl, in: Jesch/Striegel/Boxberger, Rechtshandbuch Private Equity, § 7, 2.3.1.1., S. 144; a.A. Ziemons, AG 1999, 492, 495, die dies als grundlegende Strukturmaßnahme einordnen will und demnach einen Beschluss der Hauptversammlung verlangt. 391 Weber-Rey, in: Semler/Volhard, Unternehmensübernahmen, Band 1, § 11, Rn. 74. 392 Weber-Rey, in: Semler/Volhard, Unternehmensübernahmen, Band 1, § 11, Rn. 75, die aus diesem Grund die Managementbeteiligung besonders gut vorbereitet wissen will und eine Absprache zwischen den Beratern des Verkäufers und dem Management empfiehlt.
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schaftern gerade unter Berücksichtigung des § 3 Abs. 2 WpÜG ermöglichen, in Kenntnis der Sachlage über das Angebot entscheiden zu können.393 Obwohl schließlich der Vorstand – zumindest bei börsennotierten Gesellschaften – nach § 33 Abs. 1 S. 1 WpÜG einem Neutralitätsgebot in der Übernahme unterliegt, ist zu berücksichtigen, dass primär er selbst aufgrund seiner Stellung für die Einleitung von Abwehrmaßnahmen zuständig ist. Insofern ist letztlich zu bedenken, dass der Vorstand – unter Ausblendung der Zulässigkeit einer Abwehrmaßnahme nach Maßgabe des § 33 Abs. 1 S. 2 – gebotene Abwehrmaßnahme unterlassen oder nichtgebotene Abwehrmaßnahmen (gegenüber ihm unliebsamen Bietern) vornehmen könnte.394 cc) Nutzen aktionärsseitiger transaktionsbezogener Incentivierung In Anbetracht des gesteigerten Interessenkonflikts und der Bedeutung des Vorstands in der Übernahmesituation überrascht es nicht, wenn Transaktionsboni der veräußerungswilligen Aktionäre als einer der Hauptanwendungsfälle aktionärsseitiger Incentivierung gelten.395 Grundsätzlich ist der Nutzen hier kein anderer als im Rahmen der allgemeinen aktionärsseitigen Vergütung, soll doch durch das interessenharmonisierende Instrument der transaktionsbezogenen Drittleistung auf gleiche Weise der Agency-Konflikt abgemildert werden. Indes sind die möglichen Vorteile aufgrund des Transaktionsbezugs deutlich konkretisiert. So ist zumeist eindeutiges und primäres Ziel, dass der Vorstand nicht etwa die Transaktion „hintertreibt“ oder ihr sonst entgegenwirkt, sondern auf den erfolgreichen Exit des Aktionärs und der optimalen Verwirklichung dessen Renditeinteresses ausgerichtet wird.396 Dies rechtfertigt sich insbesondere unter dem Aspekt der gesteigerten Bedeutung von Aktionärsinteressen in der Übernahmesituation.397 Aber auch unter dem Aspekt der erhöhten Arbeitsbelastung erscheint die Leistung eines Transaktionsbonus von besonderem Vorteil. So handelt es sich bei der Übernahme um einen außergewöhnlichen Vorfall, der zumeist noch nicht durch bisherige Vergütung abgegolten ist.398 Der zusätzliche Arbeitsaufwand, bspw. im Rahmen einer Due Diligence, kann auf diese 393 Krause/Pötzsch, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 27, Rn. 4; Röh, in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, § 27, Rn. 1. 394 Eine ausführliche Übersicht über mögliche Abwehrmaßnahmen, gibt Hens, S. 158 ff.; s. ferner dazu Grunewald, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33, Rn. 29 ff. 395 Weber, in: Hölters, AktG, § 87, Rn. 12; Traugott/Grün, AG 2007, 761, 766; Kirchner/ Iversen, NZG 2008, 921, 923; Kalb/Fröhlich, NZG 2014, 167, 167; Hohaus/Weber, DStR 2008, 104, 104; dies., in: Lücke/Schaub, Vorstand der AG, § 10, Rn. 12, 58 ff.; Diekmann, FS MaierReimer, 2010, S. 75, 85. 396 Hohaus/Weber, in: Lücke/Schaub, Vorstand der AG, § 10, Rn. 12; Kirchner/Iversen, NZG 2008, 921, 923. 397 Hohaus/Weber, in: Lücke/Schaub, Vorstand der AG, § 10, Rn. 12. 398 Dreher, AG 2002, 214, 215; Kirchner/Iversen, NZG 2008, 921, 923; ausführlich Weber, S. 270 ff., 279 ff.
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Weise honoriert werden, ohne dass es einer Belastung des Gesellschaftsvermögens bedarf. In gleicher Weise kann der Vorstand zu einem entsprechenden Einsatz motiviert werden. Mithin werden insbesondere infolge der Mannesmann-Entscheidung des BGH entstandene Zweifel an der Legitimität entsprechender gesellschaftsseitiger Vorteile vermieden.399 Als weiterer Vorteil für das Management wird schließlich vorgebracht, dass durch die Gewährung von Transaktionsboni eine Kompensation für eine langfristig aufgebaute Gewinnerwartung des Vorstands erfolgen kann, die sich wegen der Übernahme evtl. nicht realisieren lässt.400 c) Sonderfall: Nutzen der monetären Anbindung an den Finanzinvestor Schließlich und als Sonderfall ist der Nutzen von Leistungen des Finanzinvestors401 an den Vorstand zu berücksichtigen.402 In der Regel wird dabei das Management an der die Anteile der Zielgesellschaft haltenden NewCo beteiligt, ergänzt um Exit-Prämien, um einen Gleichlauf bis zum erfolgreichen Exit des Finanzinvestors zu gewährleisten. Im Vergleich zu „normaler“ aktionärsseitiger Vergütung weist diese monetäre Anbindung des Vorstands einige Besonderheiten auf, die eine gesonderte Darstellung der postulierten Vorteile erfordern: Der (zumindest zeitlich gesehen) maßgebliche Einfluss des Finanzinvestors bezieht sich auf den Zeitraum nach seiner Beteiligung an der Zielgesellschaft. In dieser Zeit ist er als Aktionär der Gesellschaft anzusehen, weshalb dieser Leistungszeitraum unter dem Aspekt aktionärsseitiger Leistung zu beleuchten ist. In Abgrenzung zu anderen aktionärsseitigen Leistungen wird er aber – da sein Investitionsmodell maßgeblich von der Anbindung des Managements abhängen kann – dem Management bereits in der Rolle als Bieter die Beteiligung an der NewCo in Aussicht stellen oder gewähren. Um eine rechtlich saubere Wertung solcher Leistungen erreichen zu können, ist daher zu differenzieren: Zunächst wird auf den Nutzen der Leistungen des Finanzinvestors aus Sicht der Aktionärsstellung eingegangen. Erst anschließend ist seine Leistung unter dem Aspekt der bieterseitigen Leistung einer Einschätzung zu unterziehen. Eine wirklich klare Differenzierung ist gleichwohl nicht immer möglich.
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Kirchner/Iversen, NZG 2008, 921, 923. Hohaus/Weber, in: Lücke/Schaub, Vorstand der AG, § 10, Rn. 12. 401 Zur Abgrenzung Finanzinvestor – strategischer Investor, s. Eidenmüller, DStR 2007, 2116, 2116. 402 Traugott/Grün, AG 2007, 761, 761 ff.; Redenius-Hövermann/Bertog, Der Aufsichtsrat 2012, 174, 174; Mayer-Uellner, AG 2011, 193, 194; v. Werder/Braun/Fromholzer, in: Eilers/ Koffka/Mackensen, Private Equity, II., Rn. 115; Hohaus/Weber, in: Lücke/Schaub, Vorstand der AG, § 10, Rn. 13 ff., 61. 400
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2. Teil: Begriff der Drittleistung und Kategorisierung
aa) Grundlage: Exit-Orientierung von Private-Equity-Investoren Ziel einer Private-Equity-Investition ist es, durch Veräußerung von zuvor erworbenen Gesellschaftsanteilen (sog. Exit) einen möglichst hohen Gewinn zu erzielen. Im Unterschied zu kurzfristigen Anteilskäufen werden die Beteiligungen auf einen Zeitraum starker Wertsteigerung des Zielunternehmens gehalten; aktuell liegt dieser bei einem Zeitraum von drei bis sieben Jahren.403 Somit ist Ziel der Beteiligung nicht allein die Ausschüttung von Dividenden oder Gewinnen, sondern im Sinne eines mittelfristigen Planungshorizonts der möglichst ertragreiche Exit.404 Entscheidend für den Erfolg dieser „exit-getriebene[n]“405 Strategie ist, dass der PrivateEquity-Investor die Ausrichtung bzw. das Handeln der Zielgesellschaft zu seinen Gunsten mitbestimmen und auf seine Interessen ausrichten kann. Zu diesem Zweck werden meist Mehrheitsbeteiligungen (oder zumindest bedeutende Minderheitsbeteiligungen) erworben.406 In Abgrenzung zu anderen Investitionen407 wird also nicht lediglich an der wirtschaftlichen Entwicklung des Unternehmens teilgenommen, sondern die wirtschaftliche Entwicklung wird maßgeblich durch den Private-EquityInvestor beeinflusst.408 Der Erwerb der Anteile der Aktiengesellschaft als Zielgesellschaft erfolgt durch eine Erwerbergesellschaft (NewCo),409 in der Regel durch einen sog. „Leveraged Buy Out“ (LBO).410 Dabei wird zur Finanzierung des Erwerbs des Zielunternehmens nur relativ wenig ökonomisch teures Eigenkapital411 und möglichst viel Fremdkapital 403 Holzapfel/Pöllath, Rn. 606 f.; Eilers/Koffka, in: Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, Einleitung, Rn. 20; Hohaus/Weber, in: Lücke/Schaub, Vorstand der AG, § 10, Rn. 15. 404 Böttger, Strukturen und Strategien von Finanzinvestoren, 2006, S. 23; Hohaus/Weber, in: Lücke/Schaub, Vorstand der AG, § 10, Rn. 14. 405 So Hohaus/Weber, in: Lücke/Schaub, Vorstand der AG, § 10, Rn. 14. 406 Richter/Steinmüller/Gollan, in: Jesch/Striegel/Boxberger, Rechtshandbuch Private Equity, § 1, 3., S. 7; Eilers/Koffka, in: Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, Einleitung, Rn. 14. 407 In Abgrenzung zu Hedge-Fonds (als aktive Finanzinvestoren) streben Private-EquityFonds somit den Erwerb der Kontrolle über ein Unternehmen an, Seibert, FS Schwark, 2009, S. 261, 261. 408 Rudolph, ZGR 2008, 161, 162 f. 409 s. etwa Hohaus/Inhester, DStR 2003, 1765, 1765. 410 Im Prinzip liegt der „Buy-Out“-Struktur bei Private-Equity-Transaktionen immer ein LBO zu Grunde. So ist bspw. der „Management-Buy-Out“ (MBO) eine Abwandlung des LBO in der Form, dass bei der Akquisition des Unternehmens nicht lediglich außenstehende Dritte beteiligt sind, sondern das Management der Zielgesellschaft als bereits im Unternehmen beschäftigte Personen, das Unternehmen (mit-)erwerben. Die Akquisitionsstruktur, d. h. der hohe Fremdkapitaleinsatz, ist jedoch rglm. auch beim MBO anzutreffen. 411 Bis zu einem bestimmten Schwellenwert gilt Fremdkapital gegenüber Eigenkapital als die kostengünstigere Finanzierungsquelle (Schwellenwert ist die mit steigender Verschuldung zunehmende Konkurswahrscheinlichkeit); Fremdkapitalzinsen sind im Gegensatz zu Eigenkapitalerträgen steuerlich abzugsfähig, ferner ist die zu zahlende Risikoprämie für Fremdkapital meist niedriger als für Eigenkapital, da Fremdkapital vorrangig berücksichtigt wird, Kuhner, ZGR 2004, 244, 265.
D. Bewertung der Drittleistungen
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aufgewendet.412 Denn Ziel der Investition ist das Ausnutzen des sog. „LeverageEffekts“, d. h. der Hebelwirkung des Verschuldensgrades. Eigenkapitalrendite und Verschuldungsgrad hängen in der Weise zusammen, dass die Rendite des eingesetzten Eigenkapitals mit steigender Verschuldung zunimmt, sofern nur die Gesamtkapitalrendite größer ist als der Fremdkapitalzins.413 D. h. die Hebelwirkung der Verschuldung liegt darin, dass die Gesamtrendite des für den Erwerb insgesamt eingesetzten Kapitals größer ist als der Zins, der für das Fremdkapital aufgebracht werden muss („Leverage-Chance“). Die Besonderheit im Rahmen einer PrivateEquity-Transaktion ist, dass die Schulden aus dem soeben beschriebenen Fremdkapitaleinsatz aus dem Cash-Flow des Zielunternehmens getilgt werden sollen. Ebenso dienen zur Sicherung der Kredite die Vermögenswerte der Zielgesellschaft und nicht etwa die der NewCo.414 Für den Erfolg der Investition sind damit i. d. R. erhebliche Umstrukturierungen der Zielgesellschaft notwendig,415 sodass bereits an dieser Stelle die Bedeutung der Einbindung des Managements in die eigene Strategie besonders deutlich wird.416 bb) Konkreter Nutzen monetärer Anbindung an den Finanzinvestor aus Sicht der Stellung als Anteilseigner Die Beschreibung des Nutzens monetärer Anbindungen des Vorstands an den Finanzinvestor ist zweigeteilt: Zum Ersten wird die Anbindung an den Finanzinvestor mit dem nützlichen Beitrag von Private-Equity-Transaktionen für die Gesamtwirtschaft legitimiert, zum Zweiten mit besonderen Vorteilen für die Zielgesellschaft selbst. Die Übergänge zwischen diesen Kategorien sind fließend: Im Sinne der ersten Kategorie – dem Nutzen für die Gesamtwirtschaft – gilt es für den Erfolg von Beteiligungen im Rahmen von Private-Equity-Transaktionen generell als entscheidend, dass es dem Investor gelingt, das Management an das Unternehmen zu binden und zudem einen weiteren ökonomischen Anreiz zu schaffen, den Unternehmenswert im Hinblick auf den erfolgreichen Exit des Finanzinvestors zu steigern.417 Managementbeteiligungen werden daher als fester, wesentlicher
412
Hitschler, BB 1990, 1877, 1877; Holzapfel/Pöllath, Rn. 604; Seibert, FS Schwark, 2009, S. 261, 262; Becker, DStR 1998, 1429, 1429. 413 Becker, DStR 1998, 1429, 1429; Holzapfel/Pöllath, Rn. 605; zur „Leverage-Wirkung“ der Verschuldung, s. Schmidt/Spindler, Finanzinvestoren aus ökonomischer und juristischer Perspektive, 2008, S. 78 ff. 414 Becker, DStR 1998, 1429, 1429; Böttger, Strukturen und Strategien von Finanzinvestoren, 2006, S. 24. 415 s. etwa Eilers/Koffka, in: Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, Einleitung, Rn. 8 f. 416 s. zur Ausgestaltung von Managementbeteiligungen, unten 3. Teil A.VI.3.a). 417 v. Werder/Braun/Fromholzer, in: Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, II., Rn. 115; Hohaus/Weber, in: Lücke/Schaub, Vorstand der AG, § 10, Rn. 13 f.
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2. Teil: Begriff der Drittleistung und Kategorisierung
Bestandteil der Private-Equity-Praxis beschrieben.418 Implizit wird somit die Möglichkeit der Managementbeteiligung zur unabdingbaren Voraussetzung von Private-Equity-Transaktionen an (börsennotierten und nicht-börsennotierten) Aktiengesellschaften gemacht, anders wäre eine entsprechende Anbindung des Vorstands an die Interessen des Investors wohl nicht zu erreichen, sodass der Investor sein Vorhaben kaum durchsetzen könnte.419 Dies zeigt sich besonders deutlich anhand der Agency-Theorie: Während sich die Investitionsstrategie von PrivateEquity-Investoren durch eine sehr risikofreudige Haltung auszeichnet, verbleibt es beim Vorstand ohne weitere ökonomische Anreize bei einer eher risikoaversen Haltung. Überdies steht auch der eher langfristige Planungshorizont des Managements dem eher kurzen bis mittelfristigen Planungshorizont des Investors gegenüber. Insofern hat die Leistung insbesondere kompensatorische Wirkung.420 Dies betrifft auch den Umstand, dass die Arbeitsbedingungen unter einem Finanzinvestor aus Sicht des Managements nicht optimal sind. Abgesehen davon, dass dem Management des Zielunternehmens ein ganz besonders hoher Arbeitseinsatz abverlangt wird,421 genießt der Vorstand bei Beteiligung eines Finanzinvestors, im Vergleich zu großen börsennotierten Kapitalgesellschaften mit weit gestreutem Anteilseignerbesitz, nur „geringere Managementfreiräume“.422 Es sticht ins Auge, dass die vorstehende Argumentation in erster Linie an der gesteigerten Attraktivität der Beteiligung eines Finanzinvestors an der Zielgesellschaft aus Sicht des Managements ansetzt.423 Berücksichtigt man weiter, dass der Erfolg des beschriebenen Investitionsmodells von einer entsprechenden Anbindung des Managements abhängig gemacht wird, kann dies von vornherein nur unter der Annahme berücksichtigt werden, dass entsprechende Private-Equity-Transaktionen überhaupt „erwünscht“ sind und damit einen Nutzen für die Gesamtwirtschaft darstellen. Dieser wiederum ist ganz maßgeblich davon abhängig, dass der Nutzen der zweiten Kategorie – also der Nutzen für die Zielgesellschaft selbst – insgesamt die Oberhand gegenüber etwaigen Gefahren behält:424
418
Kiem, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33d, Rn. 22; Traugott/Grün, AG 2007, 761, 763; Kästle/Heuterkes, NZG 2005, 289, 289; Hohaus/Inhester, DStR 2003, 1765, 1765; Riedel, DB 2011, 1888, 1888; Ecker, M&A Review 2006, 483, 486; nach Hohaus/Koch-Schulte, FS P+P Pöllath, 2008, S. 93, 94 und Weber, S. 90 sind sie gar „conditio sine qua non“. 419 Kiem, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33d, Rn. 22; Mackensen, in: Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, VI., Rn. 1; Traugott/Grün, AG 2007, 761, 762; krit. Spindler, FS Hopt, Band 1, 2010, S. 1407, 1421. 420 Hohaus/Weber, in: Lücke/Schaub, Vorstand der AG, § 10, Rn. 16. 421 Traugott/Grün, AG 2007, 761, 761 f.; Heinrich, S. 311. 422 Hohaus/Weber, in: Lücke/Schaub, Vorstand der AG, § 10, Rn. 16; Rudolph, ZGR 2008, 161, 162 f.; Heinrich, S. 310. 423 Ebenso Hohaus/Weber, in: Lücke/Schaub, Vorstand der AG, § 10, Rn. 16. 424 Jüngst sehr ausführlich Otto, AG 2013, 357, 363, der unter Darstellung einer Vielzahl von Studien (von nach seiner Auffassung unbeeinflussten Unternehmen) zur deutschen Wirtschaft zu dem Ergebnis kommt, dass ganz überwiegend eher positive denn negative Impulse von
D. Bewertung der Drittleistungen
101
So kann im Sinne der zweiten Kategorie die extreme Rendite-Orientierung der Finanzinvestoren auch im Interesse der Zielgesellschaft liegen. Denn im Idealfall werden die ehrgeizigen Renditeziele des Finanzinvestors nicht etwa durch Ausbeutung des Zielunternehmens erreicht, sondern durch wirkliche Wertsteigerung aufgrund von Modernisierungen und Umstrukturierungen. So soll sich in Folge der Betätigung von Finanzinvestoren etwa häufig die operative Effizienz des Unternehmens steigern, was häufig zu einer nachhaltigen und langfristigen Steigerung von Umsatz und Ertragskraft des Unternehmens führen soll.425 Setzt man diesen angestrebten Einfluss des Investors in Relation zur Notwendigkeit der monetären Anbindung des Vorstands, wird man hier durchaus ein verbindendes Element ausmachen können – dies gilt auch im Hinblick auf den Vorteil, den auch die Gesellschaft durch eine erhöhte Arbeitsmotivation des Vorstands hat. Dabei gilt im Übrigen nichts anderes als bei sonstiger aktionärsseitiger Leistung: Durch die Ausrichtung auf die Börsenkursorientierung mittels finanzieller Mittel des Investors selbst ist eine „ungebührliche“ Verschwendung des Gesellschaftsvermögens von vornherein ausgeschlossen.426 3. Gefahren aktionärsseitiger Incentivierung Die von jeglicher Drittleistung ausgehende Gefahr der Verfolgung von Partikularinteressen unter Außerachtlassen der eigentlichen Pflichtenbindung ist auch aktionärsseitiger Leistung immanent. Wie ausführlich herausgearbeitet, ist die Verfolgung eines reinen shareholder value mit deutschem Recht gerade nicht vereinbar,427 insofern kann von vornherein nicht angenommen werden, dass ein Interessenkonflikt zum Unternehmensinteresse mittels aktionärsseitiger Leistung nicht gegeben sei.428 Ein solches Verständnis hätte zur Folge, dass der Aktionär den Vorstand auf Ziele ausrichten könnte, welche die Interessen anderer Aktionäre oder der stakeholder vollkommen unberücksichtigt ließen. Dies gilt insbesondere für Maßnahmen, die die kurzfristige Wertmaximierung über die langfristige Rentabilität stellen, wie etwa die hohe Dividendenausschüttung unter Auflösung von Rücklagen oder Einsparungen in den Bereichen von Forschung und Entwicklung. An sich muss hiermit nicht zwingend ein Verstoß gegen das Unternehmensinteresse verbunden sein, doch kann die unbeschränkte Zulässigkeit aktionärsseitiger Leistung auch zur Anknüpfung an Ziele führen, welche sich in keinem Fall vertreten lassen. Die
Private-Equity-Investitionen ausgehen; ferner Eidenmüller, DStR 2007, 2116, 2117; Eilers/ Koffka, in: Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, Einleitung, Rn. 8 f.; jeweils m.w.Nachw. 425 So Otto, AG 2013, 357, 366 f.; Eidenmüller, DStR 2007, 2116, 2117. 426 Mayer-Uellner, AG 2011, 193, 194. 427 Zudem lässt sich zumeist wohl nicht einmal ein einheitlicher Aktionärswillen feststellen, s. oben 2. Teil D.I.2.a)aa). 428 In diese Richtung argumentieren aber etwa v. Werder/Braun/Fromholzer, in: Eilers/ Koffka/Mackensen, Private Equity, II., Rn. 129.
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2. Teil: Begriff der Drittleistung und Kategorisierung
Möglichkeiten sind hier vielfältig, zu denken ist etwa an das missbräuchliche Aushungern von Kleinstaktionären auf Anlass des Hauptaktionärs. Damit der Vorstand prinzipiell kein Interesse an missbräuchlichen (einseitig bevorzugenden) Verhaltensweisen entwickelt und sein Handeln an langfristiger Rentabilität ausrichtet, sich mithin allein auf das Wohl des Gesamtunternehmens konzentriert, hat der Gesetzgeber neben der Verpflichtung auf das Unternehmensinteresse mittels der organschaftlichen Treuepflicht weitere institutionelle Absicherungen vorgenommen. Zum einen drängt sich die bereits beschriebene Leitungsautonomie des Vorstands nach § 76 AktG auf. Die monetäre Ausrichtung auf ein Partikularinteresse und die damit verbundene weisungsähnliche Wirkung stehen damit zunächst einmal in Konflikt, auch wenn sich die Zielbestimmung prinzipiell in Einklang mit dem Unternehmensinteresse befinden kann. Zum anderen ist gerade durch die Festlegung der Vergütungskompetenz des Aufsichtsrats hinsichtlich gesellschaftsseitiger Vergütung nach §§ 84, 87 AktG sichergestellt, dass die Verfolgung von Partikularinteressen nicht belohnt wird. Leistungen von Aktionären könnten auch hierzu im Widerspruch stehen. An dieser Stelle ist somit als Zwischenergebnis festzuhalten: Die primäre Gefahr aktionärsseitiger Leistung liegt darin, dass – unter Umgehung des institutionellen Gefüges der Aktiengesellschaft mit seinen Kontrollmechanismen – der Vorstand Partikularinteressen zum Nachteil des Unternehmenswohls sachwidrig bevorzugt. Es darf nicht mittelbar die gesetzgeberische Vorgabe unterlaufen werden, dass der Vorstand nicht etwa an die Aktionäre gebunden ist, sondern allein in relativer Verbindung zur Gesellschaft selbst steht. Die Gefahr der Umgehung dieser Vorgaben ergibt sich im Fall aktionärsseitiger Leistungen insbesondere aus der Beschreibung des Nutzens der Leistung anhand der PrincipalAgent-Theorie: Wie oben gezeigt, führt die undifferenzierte Übertragung dieser Thesen auf das Verhältnis von Aktionären und Vorstand in der Aktiengesellschaft zu einem Konflikt mit dem rechtlich verbindlich vorgegebenen interessenpluralistischen Unternehmensinteresse. Die Legitimation aktionärsseitiger Leistung durch die Principal-Agent-Theorie läuft daher Gefahr, die Vorgaben des Unternehmensinteresses anhand dort gerade nicht absolut geltender Vorgaben zu unterlaufen. Denn die Rechtfertigung der aus Sicht der Agency-Theorie vorrangigen Stellung der Aktionärsinteressen aufgrund deren Stellung als wirtschaftliche Eigentümer und Träger des Residualrisikos konnte bereits im Rahmen des Unternehmensinteresses nicht zu einer absoluten Vorrangstellung der Aktionärsinteressen führen. Zwar ist ein faktischer Vorrang der Interessen der Anteilseigner mit dem Unternehmensinteresse vereinbar, doch darf insbesondere nicht über eine allein betriebswirtschaftlich ausgerichtete Argumentation eine systematische Ausrichtung auf den shareholder value „durch die Hintertür“ erreicht werden.429 Denn führt man zur Legitimation aktionärsseitiger Leistung ausschließlich die Konfliktbewältigung in Form eines Interessengleichlaufs an, gewährt man indirekt dem Aktionär die alleinige Stellung als Prinzipal. Das heißt nicht, dass Erklärungsansätze anhand der Agency-Theorie un429 In diese Richtung geht aber der dargestellte Ansatz, die Agency-Theorie in Einklang mit dem Unternehmensinteresse zu bringen, s. dazu oben 2. Teil D.I.1.b).
D. Bewertung der Drittleistungen
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berücksichtigt bleiben müssen, doch ist hier in besonderem Maße darauf achtzugeben, dass die Interessen der übrigen stakeholder (durch Einhaltung institutioneller Vorgaben) gewahrt bleiben. Unter Fortsetzung obiger Differenzierung stellt sich die Frage, ob in der Übernahmesituation etwas anderes gelten kann, die beschriebenen Gefahren aufgrund der (noch größeren) Bedeutung von Aktionärsinteressen in gleichem Maße abnehmen. Indes ergibt sich zumindest hinsichtlich der abstrakten Gefährdung des Unternehmensinteresses gerade kein Unterschied: Die durch aktionärsseitige Leistung möglichen Gefahren für stakeholder oder nicht-veräußerungswillige Aktionäre setzen sich fort. So kann gerade die im Interesse der veräußerungswilligen Anteilseigner liegende Börsenkursmaximierung zu Lasten der langfristigen Rentabilität gehen, wenn der Vorstand den Wert der Gesellschaft anlässlich der Übernahme künstlich in die Höhe schraubt. Ebenso ist denkbar, dass der Vorstand nur zum Zweck der Verwirklichung eines finanziellen Anreizes eine in der konkreten Form oder dem konkreten Umfang dem Interesse der Gesellschaft widersprechende Due Diligence zulässt oder gar ein solches Eigeninteresse an der erfolgreichen Übernahme entwickelt, dass es das Interesse der Gesellschaft hintanstellt.430 Gleiches gilt bei der Aussicht auf eine mit der erfolgreichen Übernahme verbundene besonders lukrative Abfindung.431 Schließlich ist denkbar, dass der Vorstand sich vorwiegend auf den erfolgreichen Abschluss des Transaktionsprozesses konzentriert, jedoch die Wahrnehmung seiner sonstigen Leitungsaufgaben, wie bspw. das aktuelle Tagesgeschäft, pflichtwidrig dahinter zurückstellt.432 Die Betonung der Aktionärsinteressen hat damit allein Relevanz für die weitergehende Möglichkeit zur Rechtfertigung aktionärsseitiger Leistung anhand des Nutzens, führt aber nicht zu einer Relativierung der von ihr ausgehenden Gefahren. Ein gesonderter Blick ist schließlich auf die monetäre Anbindung an PrivateEquity-Investoren zu werfen, denn in gleichem Maße wie der Nutzen dieses Investitionsmodells werden auch die von ihm ausgehenden Gefahren betont:433 Die ehrgeizigen Renditeziele des Investors lassen sich auch durch missbräuchliches und gesellschaftsschädliches Verhalten erreichen.434 Ebenso wie im Interesse der Ziel430 s. Kirchner/Iversen, NZG 2008, 921, 924; das heißt im Übrigen nicht, dass er zwingend gegen das Interesse der Gesellschaft handelt, die Risiken ergeben sich vielmehr bereits daraus, dass das incentivierte Vorstandsmitglied gegenüber etwaigen Gefahren blind wird. 431 Lutter/Krieger/Verse, Rechte und Pflichten des AR, § 12, Rn. 919. 432 Weber, S. 228. 433 s. etwa Peltzer/Schneider, Der Aufsichtsrat 2007, 33; Schneider, NZG 2007, 888, mit umfangreichen Hinweisen auf praktische Beispiele; Seibert, FS Schwark, 2009, S. 261. 434 Schneider, NZG 2007, 888, 888 f. stellt in diesem Zusammenhang etwa die Abschöpfung von Eigenkapital dar: Zielgesellschaften sind eigenkapitalstarke Gesellschaften, denen durch die „Investition“ gerade kein neues Kapital zugeführt wird. Wie auch bei vielen sonstigen „Buyout“-Strukturen üblich, wird der Kaufpreis zu großen Teilen aus der Zielgesellschaft finanziert. Allerdings ist die im gleichen Zug erfolgende Umstrukturierung nicht darauf ausgerichtet, den Unternehmenswert langfristig zu steigern; vielmehr will der Finanzinvestor kurzfristig wieder aussteigen und innerhalb dieses Zeitraums möglichst großen Gewinn aus der Gesellschaft
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2. Teil: Begriff der Drittleistung und Kategorisierung
gesellschaft liegende Umstrukturierungen ist aber auch missbräuchliches Verhalten ohne die Kooperationsbereitschaft des Vorstands kaum möglich. Ob nun die durch Managementbeteiligungen und sonstige Prämien bezweckte Interessenharmonisierung zu nützlichem oder schädlichem Verhalten gewährt wird, lässt sich gerade nicht im Vorhinein feststellen. Auf der Hand liegt wohl nur, dass eine derart umfangreiche Stimulierung von Eigeninteressen des Vorstands zu „ethisch höchst problematischen Interessenkonflikten“435 der Manager mit den bisherigen Eigentümern, aber auch mit den Interessen der sonst von der Gesellschaft abhängigen Personen führen kann. Zumindest die abstrakte Gefahr, dass es sich bei Leistungen von Finanzinvestoren – wie von Peltzer und Schneider eingewandt – um „Gewissens-Beruhigungs-Money“ handelt,436 ist damit keinesfalls unbeachtlich. 4. Fazit: Vorläufige Bewertung aktionärsseitiger Leistung unter der organschaftlichen Treuepflicht – Drittvergütung Die besondere Stellung des Aktionärs nicht nur als Teil des Unternehmensinteresses, sondern als wirtschaftlicher Eigentümer, führt zu einem potentiellen Interessengleichlauf zwischen seinem Interesse und dem Interesse des Unternehmens. Aktionäre weisen insofern (ebenso wie im Übrigen die Arbeitnehmer) eine besondere Verbindung zu der Gesellschaft auf, die sie gerade von Außenstehenden unterscheidet.437 Der Vorstand darf den Interessen der Anteilseigner daher eine deutlich weitergehende „Begünstigung“ zukommen lassen, „als dies zugunsten Außenstehender möglich wäre“.438 Besteht mithin eine Berechtigung zur Verfolgung von Aktionärsinteressen und steht diese in Einklang mit der langfristigen Rentabilität der Gesellschaft, erscheint es aus Sicht der Gesellschaft im Hinblick auf die AgencyTheorie zunächst sogar kontraproduktiv, ein solch zusätzliches Instrument zur Interessenharmonisierung von vornherein als unzulässig zu erachten. Fasst man nunmehr die bislang gemachten Ausführungen zusammen, besteht immer dann die Chance des überwiegenden Nutzens, wenn die Leistung des Aktionärs parallel zur gesellschaftsseitigen Vergütung in Anknüpfung an eine Tätigkeit für die Gesellschaft gewährt wird. Die Grenze ist erst dann erreicht, wenn der Vorstand dem Partikularinteresse des Aktionärs die sonstige Interessen verdrängende Bedeutung zumisst und sich in Folge die von der Leistung ausgehende abstrakte Gefahr für die Verwirklichung des Unternehmensinteresses vergegenwärtigt. Dies legt den Schluss nahe, Leistungen der Aktionäre zumindest nicht als per se unzulässig anzusehen, ziehen. So zielt er bspw. auf die Auszahlung einer sog. Superdividende ab, die sich aus der Auflösung von Rücklagen, der Neubewertung von Rückstellungen und der Auflösung stiller Reserven ergibt. 435 Schmidt/Spindler, S. 58, Rn. 63. 436 Peltzer/Schneider, Der Aufsichtsrat 2007, 33. 437 Hopt/Roth, in: Großkomm AktG, § 93, Rn. 232. 438 Hopt/Roth, in: Großkomm AktG, § 93, Rn. 232; Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 76, Rn. 31.
D. Bewertung der Drittleistungen
105
wenn sie als „Drittvergütung“ qualifiziert werden können. Dieser Begriff wurde von Bauer und Arnold in Anlehnung an den Terminus „Drittanstellungsverträge“ entwickelt und von der Literatur einhellig übernommen.439 Unter „Vergütung“ versteht man die Summe aller geldwerten Vorteile, die das Verwaltungsmitglied als Gegenleistung für die von ihm erbrachten Dienste erhält.440 Stammt diese von der Gesellschaft, ist sie untergliedert in feste und variable Vergütungsbestandteile sowie in Nebenleistungen.441 Kernelement all dieser Bestandteile und somit der Vergütung im Allgemeinen ist das Charakteristikum der Gegenleistung für bereits erbrachte oder noch zu erbringende Dienste für die Gesellschaft. Sofern in Abgrenzung dazu der Begriff „Drittvergütung“ überhaupt definiert wird, wird hierunter die finanzielle Zuwendung verstanden, die das Vorstandsmitglied im Zusammenhang mit bzw. im Rahmen seiner Vorstandstätigkeit von einem Dritten gewährt oder in Aussicht gestellt bekommt.442 Davon sollen solche Zahlungen nicht erfasst sein, die außerhalb der Vorstandstätigkeit gewährt wurden (wie z. B. für Aufsichtsratsmandate), ebenso wenig „Schmiergelder im Sinne des StGB“.443 Im Kern geht dies zwar in die richtige Richtung, doch erweist sich die Definition bei genauerer Betrachtung als zu ungenau. Denn auch „Schmiergelder im Sinne des StGB“ werden dem Vorstandsmitglied gerade „im Zusammenhang mit bzw. im Rahmen seiner Vorstandstätigkeit“ gewährt. Doch stellen sie sich nicht als Gegenleistung für für die Gesellschaft getätigte Dienste, sondern als Gegenleistung für die Bevorzugung des leistenden Dritten dar. Damit Drittleistungen der Aktionäre aber überhaupt als legitimationsfähig angesehen werden können, müssen sie gerade für eine Tätigkeit im Nutzen der Gesellschaft gewährt worden sein, mithin an der Tätigkeit für die Gesellschaft anknüpfen. Die dargestellte Definition eignet sich insofern eher zur Beschreibung von allgemeinen Drittleistungen444 denn zur Beschreibung von Drittvergütung als nicht per se unzulässigem und damit potentiell legitimationsfähigem Unterfall der Drittleistung. Drittvergütung ist daher zu definieren als die Leistung all solcher Vorteile, die dem Vorstandsmitglied als Gegenleistung für die von ihm erbrachten Dienste für die Gesellschaft von einem Dritten gewährt oder in Aussicht gestellt werden und somit neben seiner eigentlichen Vergütung durch die Gesellschaft selbst stehen. Aufgrund ihrer herausgehobenen 439
Bauer/Arnold, DB 2006, 260, 265. Evers, in: Hommelhoff/Hopt/v. Werder, Hdb. Corporate Governance, S. 349, 353; Berthel/Becker, Personal-Management, S. 447 f.; Tegtmeier, S. 31; Raapke, S. 5, Bors, S. 4. 441 Schüller, S. 27 ff.; Berthel/Becker, Personal-Management, S. 448; Raapke, S. 5; Bors, S. 4. 442 Redenius-Hövermann/Bertog, Der Aufsichtsrat 2012, 174, 174; Hohaus/Weber, DStR 2008, 104, 104. 443 So zumindest Redenius-Hövermann/Bertog, Der Aufsichtsrat 2012, 174, 174, wobei unklar bleibt, welche Leistungen als „Schmiergelder im Sinne des StGB“ anzusehen sind, denn genaugenommen sind diese wohl nur im Zusammenhang mit § 299 StGB denkbar, dessen Wettbewerbsbezug aber nicht bei jeglicher bestechender Leistung eines Dritten gegeben ist. 444 Wobei durch den Umstand, dass „Schmiergelder i.S.d. StGB“ ausgeblendet sein sollen, eine zu ungenaue Einschränkung vorgenommen wird. 440
106
2. Teil: Begriff der Drittleistung und Kategorisierung
Stellung kommen Leistungen der Aktionäre in Abgrenzung zu Leistungen sonstiger „außerhalb der Gesellschaft stehender Dritter“445 eine Besonderheit zu: Es besteht eine Vermutung dafür, dass jegliche Leistung eines Aktionärs der Gesellschaft an den Vorstand einer Gesellschaft aufgrund des erheblichen wirtschaftlichen Interesses an der Gesellschaft als Drittvergütung anzusehen ist. Mithin besteht zunächst auch immer eine Vermutung dahingehend, dass die Leistung (zumindest auch) als Gegenleistung für die Tätigkeit für die Gesellschaft erfolgt ist. Damit stellt der Begriff Drittvergütung in erster Linie einen Oberbegriff für Leistungen der Aktionäre an den Vorstand der Gesellschaft dar. Unzulässige Drittvergütung ist dabei in der Rechtsfolge nicht anders zu behandeln als unzulässige Drittleistung. Ist daher die Leistung des Aktionärs als „bestechende“ Leistung anzusehen, besteht kein Unterschied zu sonstigen „Schmiergeldern im Sinne des StGB“. Durch ein solches Verständnis vermeidet man es aber, bestechende Leistungen von Aktionären bereits auf „Tatbestandsebene“ ausklammern zu müssen und somit die immensen Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen zu- und unzulässiger Drittvergütung einer allzu schematischen Regelung zu unterwerfen. Um Missverständnissen vorzubeugen: Damit ist noch nicht für die endgültige Zulässigkeit aktionärsseitiger Leistung gestritten. Denn dieser Nutzen darf nur dann unter dem Gesichtspunkt der organschaftlichen Treuepflicht und damit im Endeffekt im Hinblick auf das Unternehmenswohl für die Gesellschaft fruchtbar gemacht werden, wenn die beschriebene Grenze der unzulässigen Verfolgung von Partikularinteressen nicht bereits durch die monetäre Ausrichtung auf Aktionärsinteressen selbst überschritten wird. Dies kann aber – in Einklang mit der Beschreibung der Gefahren aktionärsseitiger Leistung – nur anhand der institutionellen Vorgaben für die Aktiengesellschaft beurteilt werden. Dies erfordert zunächst die ausführliche Betrachtung der Vorgaben der organschaftlichen Treuepflicht, ferner die Vereinbarkeit mit der Leitungsautonomie und schließlich die Berücksichtigung der Vergütungs- und Kontrollkompetenz des Aufsichtsrats. Die Bestimmung dieser Grenze und damit die Frage, ob diese Vorgaben überhaupt und wenn, wie weit sie durch aktionärsseitige Drittvergütung beeinträchtigt werden, ist Inhalt der ausführlichen Betrachtung des dritten Teils (A.). Nur daran lässt sich endgültig feststellen, ob die von aktionärsseitiger Drittvergütung ausgehende abstrakte Gefahr durch den beschriebenen Nutzen kompensiert werden kann.446
445
Hopt/Roth, in: Großkomm AktG, § 93, Rn. 232. Nach Maßgabe des § 53a AktG gilt dies für jegliche aktionärsseitige Leistung (und somit auch für Leistungen eines Private-Equity-Investors). Denn entscheidend darf nicht die sich aufgrund der Leistung durch eine spezifische Aktionärsgruppe ausgehende Gefahr sein, sondern nur die Einhaltung der sachlichen und nicht nach Person des Aktionärs differenzierenden Vorgaben des Gesetzgebers. 446
D. Bewertung der Drittleistungen
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II. Leistungen des Bieters Im Gegensatz zu aktionärsseitigen Leistungen stammen Leistungen des Bieters von einer „gesellschaftsfremden“ Person. Und obwohl ihnen damit von vornherein nicht eine vergleichbare legitimierende Wirkung zukommen kann, ist der Gesetzgeber in § 33d WpÜG ersichtlich davon ausgegangen, dass Bieterleistungen unter gewissen Umständen gerechtfertigt sein können.447 Insbesondere im Hinblick auf das besondere Konfliktpotential der „end-game“-Situation des Vorstands anlässlich der drohenden Übernahme448 mag dies auf den ersten Blick überraschen.449 Doch wenngleich man zunächst geneigt sein könnte, die Annahme bieterseitiger Vorteile unter der organschaftlichen Treuepflicht per se für unzulässig zu erklären,450 kann in Einklang mit den Erwägungen des Gesetzgebers ein Nutzen solcher Leistungen für die Gesellschaft sowie für ihre Anteilseigner nicht von vornherein ausgeschlossen werden:451 1. Nutzen bieterseitiger Incentivierung In Anlehnung an die Gesetzesbegründung zu § 33d WpÜG452 kann die Aussicht auf Weiterbeschäftigung von erheblichem Wert für die Zielgesellschaft sein. Dies ist zunächst unter dem Aspekt der Agency-Theorie zu begrüßen, ist damit doch zumindest die erste Hürde gemeistert, potentiell transaktionshindernde Eigeninteressen des Vorstands einzudämmen. Darüber hinaus wird sich die personelle Kontinuität gerade in der durch die Übernahme verursachten turbulenten Lage beruhigend und damit förderlich auf das Unternehmen auswirken453 und nach erfolgter Transaktion die Integration des Investors deutlich erleichtern.454 Zudem kann das Management 447 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 59: „Freilich kann nicht jede [bieterseitige] Leistung verboten sein.“ 448 s. dazu oben 2. Teil D.I.2.b)aa). 449 So sind die Interessen des Bieters als Erwerber grds. konträr zu den Interessen der Gesellschaft oder ihrer Aktionäre als Veräußerer zum einen darauf gerichtet, einen möglichst geringen Kaufpreis zu zahlen, wobei in einem aus seiner Sicht angemessenen Kaufpreis ein Risikoabschlag enthalten sein wird, um die Unsicherheiten, die mit einem Unternehmenskauf verbunden sind, ausgleichen zu können und zum anderen auf den Erhalt möglichst umfangreicher Garantien, Gewährleistungszusicherungen und Informationen über die Gesellschaft, Stengel/Scholderer, NJW 1994, 158, 161; Rodorff, Forum Unternehmenskauf 2012, 229, 250; Weber, S. 67 f. 450 In diese Richtung geht etwa Schüppen, FS Tiedemann, 2008, S. 749, 753 f. 451 Der Klarstellung halber sei darauf hingewiesen, dass unter diese Fallgruppe nicht allein solche Leistungen des Bieters i.S.d. § 33d WpÜG oder aber desjenigen fallen, welcher die Gesellschaft per share oder asset deal erwerben will, sondern auch der Gesellschaft, welche die Zielgesellschaft im Wege einer Umwandlungsmaßnahme aufnehmen will. 452 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 59. 453 Kiem, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33d, Rn. 20; Krause/Pötzsch/Stephan, in: Assmann/ Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 33d, Rn. 18; Nießen/Stöwe, DB 2010, 885, 886; Heinrich, S. 310. 454 Nießen/Stöwe, DB 2010, 885, 886; Heinrich, S. 310.
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2. Teil: Begriff der Drittleistung und Kategorisierung
aufgrund besonderen unternehmensspezifischen Know-Hows oder seiner allgemeinen Qualität erhebliche Bedeutung für das Unternehmen und damit auch für dessen Wert haben.455 Dies kann sich auch aus Sicht der veräußerungswilligen Anteilseigner als nützlich erweisen, wenn der vom Erwerber gebotene Preis ohne Weiterbeschäftigung des Managements nicht zu halten wäre oder die Übernahme (und damit die Verwirklichung des entsprechenden Renditeinteresses) ansonsten gar nicht zustande kommen könnte.456 Je sicherer der Verbleib des Managements in der Zielgesellschaft ist, desto mehr wird dieser Effekt verstärkt, da für den Bieter – aufgrund der gewonnenen Sicherheit – ein Risikoabschlag unnötig wird, was den Angebotspreis entsprechend in die Höhe treiben kann.457 Indes ist denkbar, dass der Vorstand der Übernahme zwar nicht ablehnend gegenübersteht, aber an einer Weiterbeschäftigung unter dem neuen Investor kein Interesse hat. Die Gründe hierfür sind vielseitig:458 Bereits im Rahmen der aktionärsseitigen Leistung wurde auf die erhöhte Arbeitsbelastung – die ebenso wie bei einem Finanzinvestor auch bei einem strategischen Investor erwartet werden kann – oder die infolge des gesteigerten Einflusses des neuen Eigentümers geringeren „Managementfreiräume“ hingewiesen. Aber auch der psychische Druck ist nicht außer Acht zu lassen, können doch mit der Weiterbeschäftigung gesteigerte Erwartungen an persönliche Fähigkeiten und Qualifikationen einhergehen,459 denen sich das Vorstandsmitglied nicht gewachsen fühlt. Dementsprechend ist die Amtsniederlegung auch ohne wichtigen Grund möglich,460 wenngleich aufgrund des Verlustes etwaiger Ansprüche aus dem parallelen Anstellungsverhältnis nicht sehr attraktiv und wahrscheinlich.461 In der Rechtspraxis hat sich jedoch die Vereinbarung von CoC-Klauseln eingebürgert,
455
Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 59; Kiem, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33d, Rn. 20; Schlitt/Ries, in: MüKo-AktG, WpÜG, § 33d, Rn. 12; v. Braunschweig, DB 1998, 1831, 1832; Traugott/Grün, AG 2007, 761, 763. 456 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 59; Schlitt/Ries, in: MüKo-AktG, WpÜG, § 33d, Rn. 12; Kiem, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33d, Rn. 20; Selzner, AG 2013, 818, 819. 457 Kiem, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33d, Rn. 20; v. Werder/Braun/Fromholzer, in: Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, II., Rn. 121. 458 Einen ausführlichen Überblick über die unterschiedlichen Möglichkeiten, wie sich der durch die gesteigerten Renditeziele zu erwartende Druck auswirken kann, gibt Hölters, in: Hölters, Hdb. Unternehmens- und Beteiligungskauf, Teil I, Rn. 70 ff.; Heinrich, S. 310. 459 Traugott/Grün, AG 2007, 761, 761; Heinrich, S. 310. 460 In Anlehnung an die Rspr. des BGH zur GmbH (s. grundlegend BGH v. 08. 02. 1993 – II ZR 58/92, BGHZ 121, 257, 261) mittlerweile auch für die AG herrschende Auffassung, Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 84, Rn. 199; Hüffer/Koch, AktG, § 84, Rn. 45; Spindler, in: MüKo-AktG, § 84, Rn. 157; Seibt, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 84, Rn. 56; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 84, Rn. 142; Grobys/Littger, BB 2002, 2292, 2292 f.; a.A. Kort, in: Großkomm AktG, § 84, Rn. 224 ff. 461 Diese soll der Vorstand nur bei Vorliegen eines von der Gesellschaft zu vertretenden wichtigen Grundes aufrecht erhalten können, s. dazu etwa Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 84, Rn. 200; Spindler, in: MüKo-AktG, § 84, Rn. 157, 204.
D. Bewertung der Drittleistungen
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welche die Geschäftsleitung im Falle des Kontrollwechsels462 zur einseitigen Beendigung ihrer Tätigkeit (Sonderkündigungsrecht) berechtigen bei gleichzeitigem Anspruch auf Abfindungsleistung.463 Insbesondere aufgrund dieser finanziellen Absicherung kann sich das Vorstandsmitglied dazu veranlasst sehen, mit der Übernahme seine Vorstandstätigkeit aufzugeben. Dann kann aber eine kompensatorische Leistung des Bieters, die den Vorstand zu einem Verbleib im Unternehmen (trotz CoC-Klausel) bewegt, den gleichen Nutzen für die Gesellschaft und ihre Gesellschafter haben wie bereits die Aussicht auf Weiterbeschäftigung an sich. So können insbesondere auch die Aktionäre dann in Gestalt eines höheren Übernahmeangebots von solchen Retention-Boni profitieren.464 Unter Anlehnung an den Nutzen aktionärsseitiger Leistungen465 ist weiterhin daran zu denken, dass auch monetäre Leistungen des Bieters eine unbegründete Abwehrhaltung des Vorstands beseitigen könnten.466 Dabei ist zu berücksichtigen, dass dadurch auch der Gesellschaft eine teure und zeitintensive Übernahmeschlacht erspart bleiben könnte. Schließlich erfolgt auch die Legitimation von Leistungen eines Private-EquityInvestors (namentlich von Managementbeteiligungen), die dem Vorstand bereits in der Übernahmesituation in Aussicht gestellt werden, nach dem gleichen Konzept wie im Rahmen aktionärsseitiger Leistung:467 Leitargument ist der Nutzen, den die Zielgesellschaft nach erfolgter Übernahme durch die Ausrichtung des Managements auf die Exit-Strategie des Bieters als künftigem Aktionär hat und damit der (postulierte) Einklang mit dem Unternehmensinteresse.468 Denn die Intention von Managementbeteiligungen liege in der beeinflussenden Wirkung für den Zeitraum der Investition, nicht aber in der Wirkung hinsichtlich der Transaktionsphase.469 Maß462 Was unter Kontrollerwerb zu verstehen ist, kann unterschiedlich festgelegt werden: So kann er in Anlehnung an den Kontrollbegriff nach § 29 Abs. 2 WpÜG, den Abhängigkeitsbegriff des § 17 AktG (oder den Abschluss eines Unternehmensvertrags i.S.d. 291 ff. AktG) oder an das Erreichen bestimmter meldepflichtauslösender Schwellenwerte gem. §§ 21, 22 WpHG bestimmt werden, ferner kann er sich auch an einem von der üblichen Hauptversammlungspräsenz abhängigen Kontrollwechsel orientieren, Hoffmann-Becking, ZHR 169 (2005), 155, 171; Kort, in: Großkomm AktG, § 87, Rn. 316; Spindler, in: MüKo-AktG, AktG, § 87, Rn. 155. 463 Spindler, FS Hopt, Band 1, 2010, S. 1407, 1428; ausführlich zu CoC-Klauseln Dreher, AG 2002, 214; Mielke/Nguyen-Viet, DB 2004, 2515; Korts, BB 2009, 1876; Kort, in: Großkomm AktG, § 87, Rn. 312 ff. 464 s. etwa Drygala, FS Schmidt, 2009, S. 269, 277. 465 s. hierzu oben 2. Teil D.I.2.b)aa). 466 s. Drygala, FS Schmidt, 2009, S. 269, 276, der allerdings nicht danach differenziert, ob die Leistung an die Fortbeschäftigung des Vorstands anknüpft. 467 s. dazu oben 2. Teil D.I.2.c). 468 v. Werder/Braun/Fromholzer, in: Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, II., Rn. 120 f.; Hohaus/Weber, in: Lücke/Schaub, Vorstand der AG, § 10, Rn. 116. 469 Kiem, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33d, Rn. 22; Hohaus/Weber, in: Lücke/Schaub, Vorstand der AG, § 10, Rn. 113.
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2. Teil: Begriff der Drittleistung und Kategorisierung
geblicher Anknüpfungspunkt ist somit die Tatsache, dass Übernahmen durch Private-Equity-Investoren ansonsten kaum stattfinden könnten, was im Ergebnis zur Unterbindung wirtschaftlich sinnvoller Transaktionen führen würde:470 In diesem Sinne ist zunächst zu beachten, dass Private-Equity-Investoren häufig keine eigenen Managementkapazitäten haben und daher auf die Anbindung des Managements angewiesen sind.471 Da die Transaktion zudem nur unter enger Anbindung des Vorstands an die eigenen Interessen wirtschaftlich sinnvoll ist, muss sich der Investor zur Einschätzung seiner Investition bereits im Vorfeld der Transaktion über dessen Loyalität im Klaren sein.472 Ferner wird angeführt, dass der Vorstand im Zusammenhang mit Unternehmensübernahmen häufig Garantien hinsichtlich des Unternehmens abgeben wird, welche durch die weitere Anbindung des Vorstands an die Gesellschaft besser durchgesetzt werden können.473 In gleicher Weise drückt sich durch den Verbleib des Vorstands im Unternehmen unter Anbindung an den Investor die Realisierbarkeit der angestrebten Umstrukturierung aus,474 ebenso wird entscheidendes Vertrauen in die Korrektheit der im Rahmen der Due Diligence erhaltenen Angaben geschaffen. Und schließlich erhält der Investor Gewähr dafür, dass er bereits vorhandenes unternehmensspezifisches Humankapital des Vorstands für sein eigenes Vorhaben nutzbar machen kann. All diese Aspekte führen schließlich zusammengenommen zu dem insbesondere für die Anteilseigner entscheidenden Vorteil, dass sich durch diese intensive Anbindung des Vorstands die Attraktivität des Angebots und damit vornehmlich die Höhe der angebotenen Gegenleistung des Investors entscheidend verbessern wird.475 Aber auch für die Zielgesellschaft kann die verbundene Wertsteigerung von Vorteil sein.476 2. Gefahren bieterseitiger Incentivierung Die Gefahren bieterseitiger Leistungen sind offenbar: Gelingt es dem Bieter, den Vorstand für sich zu vereinnahmen, ergeben sich für ihn – angesichts der Reichweite der Vorstandskompetenzen und dessen Bedeutung in der Übernahmesituation – eine 470 Drygala, FS Schmidt, 2009, S. 269, 276; Hohaus/Weber, in: Lücke/Schaub, Vorstand der AG, § 10, Rn. 113; Traugott/Grün, AG 2007, 761, 763. 471 Kiem, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33d, Rn. 22; Eilers/Koffka, in: Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, Einleitung, Rn. 20; v. Werder/Braun/Fromholzer, in: Eilers/Koffka/ Mackensen, Private Equity, II., Rn. 121. 472 Traugott/Grün, AG 2007, 761, 763; v. Braunschweig, DB 1998, 1831, 1831 f.; Eilers/ Koffka, in: Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, Einleitung, Rn. 11. 473 s. dazu Heinrich, S. 312 f., m.w.Nachw. 474 Heinrich, S. 313. 475 Kiem, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33d, Rn. 23; Schlitt/Ries, in: MüKo-AktG, WpÜG, § 33d, Rn. 12; v. Werder/Braun/Fromholzer, in: Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, II., Rn. 120 f.; Selzner, AG 2013, 818, 819. 476 Str., Wollburg, ZIP 2004, 646, 648; Kiem, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33d, Rn. 23; v. Werder/Braun/Fromholzer, in: Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, II., Rn. 120.
D. Bewertung der Drittleistungen
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Vielzahl möglicher Vorteile zu gleichzeitigem Lasten für die Zielgesellschaft und ihre Gesellschafter. Abstrakt besehen, kann eine Bevorteilung etwa durch falsche, das Angebot beschönigende oder sonst wie irreführende Angaben in der Stellungnahme nach § 27 WpÜG erfolgen, ferner durch Unterlassen gebotener Abwehrmaßnahmen (bspw. der Suche nach einem konkurrierenden white knight)477 oder der nicht im Unternehmensinteresse liegenden Zulassung einer Due Diligence bzw. ungebührlichen Bevorzugung des Bieters im Rahmen der Due Diligence,478 oder schließlich in der Form stattfinden, dass der Vorstand unter Missbrauch seiner organschaftlichen Leitungsbefugnisse den Wert der Gesellschaft künstlich nach unten drückt:479 Konkret wirkt sich die Gefahr, beim Erlös aus dem Anteilsverkauf übervorteilt zu werden, unmittelbar zu Lasten der Gesellschafter aus, auch durch die Leistung einer zu geringen Kontrollprämie durch den Bieter.480 Die Nachteile können sich aber auch mittelbar ausdrücken, etwa wenn der Vorstand das Suchen nach Wettbewerbern von vornherein unterlässt (unter der Annahme, dass sich ein Bieterwettbewerb preissteigernd auswirkt, gereicht dies auch zum Nachteil der Gesellschafter) oder bei Bieterwettbewerb den leistenden Bieter (etwa bei der Informationsbesorgung oder in seiner Stellungnahme) sachwidrig bevorzugt.481 Wird der Wettbewerb hier verfälscht, geht dies nicht nur zu Lasten der übrigen Bieter und eines chancengleichen und fairen Wettbewerbs, sondern auch zu Lasten der Gesellschafter, da der Vorstand ein gegenüber anderen Bieterangeboten niedrigeres Angebot befördern könnte, und schließlich zu Lasten der Zielgesellschaft, da sich unter Umständen nicht das beste Konzept, sondern derjenige durchsetzt, der dem Vorstand die besten Zukunftsaussichten verspricht. Äußerst präsent ist zudem die Gefahr, dass der Vorstand nur wegen der Leistung, nicht aber aus sachlichen Motiven seine ablehnende Haltung gegenüber dem Bieter aufgibt482 und deswegen bspw. entgegen seinem eigentlichen
477
Schwennicke, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, § 33d, Rn. 1; Hirte, in: Kölner Komm WpÜG, § 33d, Rn. 2. 478 Das Informationsinteresse des Bieters bezieht sich (nicht abschließend) insbesondere auf die Kenntnis von Solvenz und Zahlungsfähigkeit des Unternehmens, ferner auf Umsatz- und Ertragsstärke, Bilanzen, Nutzbarkeit wirtschaftlicher Güter, Kunden- und Lieferantenbeziehungen und schließlich auf die Bedeutung wesentlicher Mitarbeiter (Key Employees), insbesondere im Hinblick auf ihren Wert für das Unternehmen, Stengel/Scholderer, NJW 1994, 158, 161; Rodorff, Forum Unternehmenskauf 2012, 229, 250; Weber, S. 67 f. 479 s. zu etwaigen Beispielen Rolshoven, S. 16 f., der z. B. die erhöhte Thesaurierung oder zu konservative Bilanzierung anführt. 480 s. auch Heinrich, S. 305. 481 Ebenfalls darauf hinweisend Heinrich, S. 305. 482 Röh, in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, § 33d, Rn. 2; Schwennicke, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, § 33d, Rn. 1; Schlitt/Ries, in: MüKo-AktG, WpÜG, § 33d, Rn. 3; Krause/Pötzsch/ Stephan, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 33d, Rn. 1; Lutter/Krieger/Verse, Rechte und Pflichten des AR, § 12, Rn. 919.
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2. Teil: Begriff der Drittleistung und Kategorisierung
Vorhaben eine positive Stellungnahme zum Bieterangebot abgibt.483 Sind sich Bieter und Vorstand dagegen von vornherein einig, besteht die Gefahr, dass sich – etwa im Zusammenhang mit sog. Business Combination Agreements (BCA) – die Leistung des Bieters als „Gegenleistung“ für die Zielgesellschaft benachteiligende Förderpflichten zu Gunsten des Bieters darstellt.484 3. Fazit: Vorläufige Bewertung bieterseitiger Leistungen unter der organschaftlichen Treuepflicht des Vorstands Angesichts der immensen Risiken erweist sich die Annahme von Leistungen des Bieters unter der organschaftlichen Treuepflicht als äußerst bedenklich. Durch die Bedienung finanzieller Eigeninteressen des Vorstands wird die Gefahr eines shift of management loyalty weiter befördert, was einen Verstoß gegen das Unternehmensinteresse äußerst nahe legt. Unter Berücksichtigung dieser Beeinflussungswirkung erscheint ein legitimierender Nutzen der Gesellschaft allenfalls dann denkbar, wenn die Leistung nur anlässlich der Übernahme, nicht aber im Hinblick auf die Übernahme erfolgt. So bezieht sich der beschriebene Nutzen bieterseitiger Leistung in erster Linie auf die langfristig positive Wirkung für die Gesellschaft. Und auch die Steigerung des Angebotspreises als werthaltiger Nutzen der Aktionäre rechtfertigt sich mit Vorteilen der Gesellschaft aus dem Zeitraum nach erfolgter Übernahme. Differenziert man somit nach der Intensität der Gefährdung des Unternehmensinteresses – abhängig vom möglichen Nutzen – ist die Bewertung bieterseitiger Leistung in zwei abstrakt voneinander zu trennende Fallgruppen zu unterscheiden: Zum einen können Leistungen darauf ausgerichtet sein, das Management in der Übernahmesituation unmittelbar zu beeinflussen und es zur optimalen Durchsetzung der eigenen Interessen von der Zielgesellschaft loszulösen. Alleiniger Bezugspunkt der Incentivierung ist dann das Verhalten bezogen auf die Übernahme; die Qualität des operativen Handelns für die Zielgesellschaft spielt keine Rolle. Die besondere Gefahr besteht hier in einem (kollusiven?) Zusammenwirken von Management und Drittem zum Schaden der Zielgesellschaft und ihrer Anteilseigner. Leistungen dieser ersten Fallgruppe sind im Folgenden daher als „rein transaktionsbezogene Bieterleistungen“ zu bezeichnen. Die Annahme rein transaktionsbezogener Bieterleistungen ist wohl kaum unter der organschaftlichen Treuepflicht zu rechtfertigen. Davon zu unterscheiden sind Fälle, in denen dem Management im Zuge des Übernahmeprozesses Sonderleistungen im Hinblick auf seine Tätigkeit für die 483 Krause/Pötzsch/Stephan, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 33d, Rn. 1; Röh, in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, § 33d, Rn. 2; Schlitt/Ries, in: MüKo-AktG, WpÜG, § 33d, Rn. 3; Schwennicke, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, § 33d, Rn. 1; Hirte, in: Kölner Komm WpÜG, § 33d, Rn. 2 führt in diesem Zusammenhang an, dass dies insbesondere von Bedeutung ist, wenn das Angebot des Bieters unter der Bedingung einer positiven Stellungnahme abgegeben wurde. 484 s. dazu Heinrich, S. 305, 61 ff. im Zusammenhang mit M&A lock-ups.
D. Bewertung der Drittleistungen
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Zielgesellschaft angeboten werden. Setzt man diese in Bezug zur aktionärsseitigen Drittvergütung, ist diese Fallgruppe aufgrund der ihr immanenten Gegenleistung für die vom Vorstand für die Gesellschaft erbrachten Dienste als „drittvergütungsähnliche Bieterleistung“ zu qualifizieren; „drittvergütungsähnlich“, weil nicht außer Acht gelassen werden darf, dass der Bieter nach wie vor „außerhalb“ des Unternehmens steht. Namentlich handelt es sich um den Verbleib als solchen und mit diesem zusammenhängende Vorteile, wie Managementbeteiligungen oder Halteprämien. Das rechtfertigende Element liegt hierbei in dem Nutzen, den die Gesellschaft aus der Kontinuität der Unternehmensführung und der Qualität operativen Handelns des incentivierten Vorstands hat. Mittelbar können solch drittvergütungsähnliche Bieterleistungen allerdings die gleiche Anreizwirkung entfalten wie rein transaktionsbezogene Leistungen des Bieters. Der Übergang zwischen beiden Fallgruppen ist fließend, sodass innerhalb der Fallgruppe drittvergütungsähnlicher Leistungen des Bieters nicht immer trennscharf zwischen Zu- und Unzulässigkeit der Leistung differenziert werden kann. Dies gilt insbesondere vor dem Aspekt des shift of management loyalty, da sich der Vorstand bereits in der Übernahmephase auf die Interessen des neuen Anteilseigners einstellen wird. Diese Gefahr steigt entsprechend, wenn bereits in der Übernahmephase ein finanzieller Interessengleichlauf zwischen Bieter (als späterem Aktionär) und Vorstand, bspw. in Form eines Beteiligungsprogramms, hergestellt wird. Folge ist nämlich, dass der Vorstand ein den finanziellen Interessen der Altgesellschafter – denen er im Rahmen des Unternehmensinteresses nach wie vor verpflichtet ist – widerstrebendes, unmittelbares Eigeninteresse entwickelt. Insofern darf die Annahme solcher drittvergütungsähnlicher Leistungen keinesfalls bedenkenlos zulässig sein, vielmehr ist hier ein besonderes Augenmerk darauf zu legen, ob die Interessen der Gesellschaft und insbesondere ihrer Altaktionäre hinreichend gewahrt werden. Dies ist jedoch nicht auf „tatbestandlicher“ Ebene zu bewerkstelligen.485 Entscheidend muss die Gefährdung im Einzelfall sein. Die Frage, ob sich über die Aussicht auf Weiterbeschäftigung hinaus überhaupt eine Leistung als zulässig erweisen kann, ist Inhalt des dritten Teils (B.) dieser Bearbeitung.
III. Leistungen von sonstigen Dritten (insbesondere Gläubiger und Geschäftspartner) Ein Nutzen von Leistungen sonstiger Dritter (namentlich etwa Gläubiger oder Geschäftspartner wie Zulieferer oder Kunden)486 an den Vorstand der Aktiengesellschaft ist kaum denkbar. Im Gegensatz zu den Anteilseignern ist ihr Anspruch 485 Wohl anders Kiem, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33d, Rn. 17 ff., der eine pauschale Einordnung bieterseitiger Leistung anhand von Fallgruppen propagiert. 486 Freilich können auch Geschäftspartner Gläubiger sein, doch können sich deren Interessen von Gläubigern im Sinne von Fremdkapitalgebern noch einmal differenzieren, was für die nachfolgende Bearbeitung jedoch keiner weiterer Berücksichtigung bedarf.
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2. Teil: Begriff der Drittleistung und Kategorisierung
gegenüber der Gesellschaft klar vertraglich definiert und steht in der Höhe fest, selbst bei unrentabler Unternehmensführung durch den Grundsatz der Kapitalerhaltung geschützt und schließlich im Falle der Insolvenz vorrangig gegenüber den Interessen der Aktionäre.487 Zuletzt bleibt es ihnen unbenommen (zumindest Gläubigern) ihr Ausfallrisiko bspw. durch die Bestellung von Sicherheiten weiter zu minimieren.488 Und auch im Unterschied zum Bieter stehen sie nicht in der vergleichbaren Position, in Zukunft zumindest mittelbaren Einfluss (in Folge der Aktionärsstellung) auf das Unternehmen auszuüben und daher – entsprechend dem Bieter – an den Wert des Vorstands für die Zielgesellschaft anknüpfende Zuwendungen vornehmen zu können und zu wollen. Aufgrund ihrer relativ klar zu definierenden wirtschaftlichen Interessen an der Zielgesellschaft werden Leistungen sonstiger Dritter somit grds. immer eine Besserstellung der eigenen Position zum Ziel haben, sei es gegenüber Wettbewerbern (und mithin unter potentiellem Verstoß gegen § 299 StGB) und damit mittelbar zum Nachteil der Gesellschaft, sei es allein gegenüber der Gesellschaft und damit zu ihrem unmittelbaren Nachteil. Auch das Interesse an einer langfristigen Kontinuität der Geschäftsbeziehung zwischen sonstigem Drittem und Gesellschaft kann solche Leistungen nicht legitimieren, ist der Vorstand doch im Unternehmensinteresse dazu verpflichtet, das für die Gesellschaft vorteilhafteste Angebot wahrzunehmen. Jedwede Leistung eines sonstigen Dritten würde aber die Objektivität der Entscheidung des Vorstands in unvertretbarer Weise trüben. Der eingangs dargestellten Rspr.489 und der daraus entwickelten Fallgruppe des Verbots der Annahme von Zuwendungen Dritter der Literatur490 ist somit hinsichtlich Leistungen sonstiger Dritter grds. zuzustimmen. Dies muss aber unabhängig von einem konkreten Geschäftsabschluss gelten, denn auch die Förderung allgemeinen Wohlwollens begründet eine entsprechend schwerwiegend abstrakte Gefährdung des Unternehmensinteresses. Bei drohender Insolvenz und in Abgrenzung zu diesem Grundsatz ist allerdings eine erste Ausnahme denkbar: Eine Vergütung des Vorstands durch die Gläubiger oder Zulieferer der Gesellschaft in einer solchen Sondersituation ist nicht von vornherein auszuschließen. Dies rechtfertigt sich unter dem Aspekt, dass ihre vertraglich grds. klar definierten Ansprüche an Bedeutung verlieren. Insofern ist etwa an den Gläubiger zu denken, dessen finanzielle Ansprüche in Folge von Insolvenz der Gesellschaft verlustig zu gehen drohen. Zu denken ist ferner an den Geschäftspartner, der in Folge langjähriger Vertragsbeziehungen – Arbeitnehmern vergleichbar – implizite Erwartungen an das Unternehmen aufgebaut hat: So können Zulieferer ihr Unternehmen auf die von ihnen belieferte Gesellschaft ausgerichtet und mithin unternehmensspezifisches Wissen erworben bzw. unternehmensspezifische Inves-
487 488 489 490
Kübler, FS Zöllner, Band I, 1998, S. 321, 324; v. Bonin, S. 174. Kübler, FS Zöllner, Band I, 1998, S. 321, 324. s. 2. Teil A.II.1. s. 2. Teil A.III.
D. Bewertung der Drittleistungen
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titionen getätigt haben491 oder aber als Kunden von dem Produkt des konkreten Unternehmens abhängig sein, sodass sie einen Ausfall nicht durch Diversifikation ausgleichen können.492 Durch die Übernahme von Vergütungsbestandteilen kann ebenso wie im Falle aktionärsseitiger Drittvergütung das Gesellschaftsvermögen geschont werden und zugleich ein besonders qualifiziertes Management gewonnen werden, unter dem eine erfolgreiche Sanierung der anstellenden Gesellschaft denkbar wird.493 Aufgrund dieses unverkennbaren Interesses an einer langfristigen Rentabilität des Unternehmens und der klaren Qualifizierung als Gegenleistung für die Tätigkeit für die zu sanierende Gesellschaft sind solche Leistungen in gleicher Weise zu behandeln wie aktionärsseitige Drittvergütung. Die Frage der Zulässigkeit richtet sich damit – in Anlehnung an aktionärsseitige Drittvergütung – grds. nach den Ausführungen des dritten Teils (A.). Indes ist freilich nicht zu verkennen, dass es sich hierbei um einen wohl äußerst seltenen Ausnahmefall handelt, der einer entsprechend umfangreichen Begründung bedarf. Damit dieser überhaupt in die Reihe möglicherweise zulässiger Leistungen Dritter aufgenommen werden kann, ist immanente Voraussetzung, dass die Leistung in keinerlei Weise hinsichtlich eines konkreten Geschäftsabschlusses erfolgt und erst recht nicht eine gewisse Bevorzugung (etwa bei der Gläubigerbefriedigung) auch nur erahnen lässt. Eine zweite Ausnahme kommt in den Fällen sog. Interim Manager im Rahmen eines Personalleasings in Betracht.494 Unabhängig von der Frage der generellen gesellschaftsrechtlichen Zulässigkeit solcher Vereinbarungen,495 stellt sich hier die Frage der Zulässigkeit der Drittleistung, wenn der durch die Aktiengesellschaft geleaste Interims Vorstand seine Vergütung durch die ihn leasende Personalagentur erhält. Auch hier gilt: Vorbehaltlich etwaiger Eigeninteressen der Agentur hinsichtlich der anstellenden Gesellschaft – welche per se eine Unzulässigkeit der Anstellung und der daran gekoppelten Vergütung bedingen würde – ist auch hier eine Vergütung unter
491 Raisch, FS Hefermehl, 1976, S. 347, 350 führt hier als Beispiele Dauerlieferanten an, die sich langfristig mit ihrem Produktionsprogramm auf das konkrete Unternehmen eingestellt haben oder Dauerabnehmer, die rechtzeitig und ausreichend mit den nötigen Produkten versorgt werden wollen. 492 Ebenso v. Bonin, S. 178. 493 Mayer-Uellner, AG 2011, 193, 194; Redenius-Hövermann/Bertog, Der Aufsichtsrat 2012, 174, 174. 494 Eine solche Konstellation hat jüngst der BGH v. 28. 04. 2015 – II ZR 63/14, WM 2015, 1197 unter der Voraussetzung der Einbindung des Aufsichtsrats als zulässig erachtet; Kort, in: Großkomm AktG, § 87, Rn. 357a ff., § 76, Rn. 251, § 84, Rn. 330 ff.; ders., AG 2015, 531, unter direkter Bezugnahme auf das genannte Urteil des BGH; Krieger, FS Hoffmann-Becking, 2013, S. 711, 721 f.; Wiesner, in: Münchener Hdb. GesR, Band 4, § 21, Rn. 6, sieht insbesondere in Sanierungsfällen oder steuerlichen Vorteilen ein entsprechendes Bedürfnis; allgemein ferner KG v. 28. 06. 2011 – 19 U 11/11, AG 2011, 758; OLG Celle v. 10. 02. 2010 – 4 U 68/ 09, AG 2012, 41, 42. 495 Hierzu Kort, in: Großkomm AktG, § 76, Rn. 251, § 84, Rn. 330a ff.; Krieger, FS Hoffmann-Becking, 2013, S. 711, 713 ff; Wiesner, in: Münchener Hdb. GesR, Band 4, § 21, Rn. 6.
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2. Teil: Begriff der Drittleistung und Kategorisierung
den gleichen Voraussetzungen denkbar wie eine aktionärsseitige Drittvergütung.496 Hierfür spricht bereits, dass die Vermittlungsagentur – will sie ihr Geschäftsmodell längerfristig erfolgreich legal betreiben – denknotwendig das beste Interesse der Gesellschaft im Sinn haben muss. Gleichfalls ist dem Agenturvertrag immanent, dass der Vorstand seine Arbeitsleistung für die leasende Aktiengesellschaft erbringt. Nichtsdestotrotz sind auch hier besondere Anforderungen an die Begründung einer solchen Vorgehensweise zu stellen.
496 Zu etwaigen Besonderheiten, auf die im Rahmen dieser Bearbeitung nicht vertieft eingegangen wird, s. Kort, in: Großkomm AktG, § 87, Rn. 357a f.
3. Teil
Gesellschafts- und kapitalmarktrechtliche Bewertung zugelassener Drittleistungen A. Zulässigkeit von aktionärsseitigen Leistungen – Drittvergütung In Anknüpfung an die Kategorisierung im zweiten Teil und unter Berücksichtigung der dort maßgeblichen Wertung, dass aktionärsseitiger Drittvergütung durchaus Nutzen zukommen kann, ist es die Hauptaufgabe der nachfolgenden rechtlichen Bewertung, aktionärsseitige Drittvergütungen anhand der Vereinbarkeit mit dem institutionellen Gefüge der Aktiengesellschaft zu untersuchen. Nachdem – zur weiteren Veranschaulichung der damit verbundenen Schwierigkeiten – zunächst auf einige praktische Beispiele eingegangen wird, ist in einem ersten Schritt zu erforschen, ob sich nicht doch ein gesetzgeberischer Wille hinsichtlich Zu- oder Unzulässigkeit der Drittvergütung finden lässt. Erst anschließend wird auf die erwähnte Vereinbarkeit mit den gesellschaftsrechtlichen Grundprinzipien eingegangen. Dies darf keinesfalls nur partiell erfolgen, vielmehr ist ein umfassendes, abstraktes Grundverständnis dafür zu schaffen, in welcher Weise aktionärsseitige Leistungen das aktienrechtliche Gefüge beeinflussen. Daher ist nur zunächst – in Fortsetzung der grundlegenden Ausführungen – die Vereinbarkeit mit der organschaftlichen Treuepflicht in den Blick zu nehmen, dann die Drittvergütung an der Leitungsautonomie des Vorstands zu messen und zuletzt sind Berührungspunkte mit der Vergütungskompetenz des Aufsichtsrats zu erforschen. Anhand des gewonnenen Bildes werden materielle Anforderungen an die Ausgestaltung konkretisiert, unter die in einem letzten Schritt maßgebliche Drittvergütungsarten subsumiert werden. Wenngleich dieser Aufbau schon darauf hindeutet, dass nach hier vertretener Ansicht aktionärsseitige Leistungen durchaus der Legitimation zugänglich sind, soll die Frage nach dem gesetzgeberischen Willen sowie die abstrakte Vereinbarkeit mit den gesellschaftsrechtlichen Vorgaben ergebnisoffen angegangen werden.
I. Beispiele aus der Praxis Bevor in die rechtliche Auseinandersetzung mit aktionärsseitiger Drittvergütung eingestiegen wird, sollen kurz Beispiele aus der Praxis angeschnitten werden, an denen sich die Relevanz aktionärsseitiger Leistungen und die sich daraus ergebenden
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3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
Einflussmöglichkeiten verdeutlichen. Allein der Umstand, dass sich aktionärsseitige Incentivierung unter Betrachtung ihres potentiellen Nutzens als legitimationsfähig erwiesen hat, darf nicht den Blick darauf versperren, dass eine entsprechende Einflussnahme durch die Anknüpfung an Partikularinteressen auch als „Bestechung“ zu qualifizieren sein kann und daher eine erhebliche Gefahr für das Unternehmen darstellen kann. Selbst die moralische Abgrenzung erweist sich als schwierig: So sind die Möglichkeiten aktionärsseitiger Leistungen ebenso vielfältig wie die dahinterstehende Intention. Die nachfolgenden Beispiele vermitteln ein Gefühl für die Vielfältigkeit, die es zu beachten gilt, wenn man eine möglichst differenzierende, mit dem Gleichbehandlungsgebot des § 53a AktG zu vereinbarende rechtliche Beurteilung aktionärsseitiger Leistungen erreichen will. 1. Transaktionsprämie durch Hutchinson Whampoa im Zuge der Mannesmann-Übernahme Wie so häufig bietet auch vorliegend die Übernahme der Mannesmann AG durch Vodafone Anschauungsmaterial. Im Blick ist dabei jedoch nicht die zur Genüge betrachtete Leistung von (kompensationslosen) Anerkennungsprämien durch die Gesellschaft selbst, in deren Folge die viel beachtete Mannesmann-Entscheidung des BGH ergangen ist.1 Vorliegend interessant ist vielmehr, was sich vor der Übernahme der Mannesmann AG zugetragen haben soll2 : Denn es heißt, dass ursprünglich der damalige Mannesmann-Großaktionär Hutchison Whampoa dem damaligen Vorstandsvorsitzenden Klaus Esser eine Prämie von rund 30 Millionen DM bereits vor der Einigung über die Übernahme3 in Aussicht gestellt habe. Einen Tag, bevor Esser die Aufgabe des Widerstands gegen die geplante Übernahme angekündigt hat, am 2. Februar 2000, soll ein Vertreter (Canning Fok, Vizepräsident) von Hutchinson Whampoa zu einem Gespräch zwischen Esser und Christopher Gent (CEO der Vodafone Air Toch Plc.) hinzugestoßen sein und Esser die entsprechende Prämie offeriert haben. Bevor er in den Verhandlungsraum gestürmt sei, soll er gesagt haben: „Let’s do it the chinese way“.4 Aufgrund der Besonderheiten u. a. des bisherigen 1
BGH v. 21. 12. 2005 – 3 StR 470/04, BGHSt 50, 331, 337 = NJW 2006, 522, 524 – Mannesmann. 2 Ob dies tatsächlich so geschehen ist, ist für die vorliegende Verdeutlichung eines Prinzips der aktionärsseitigen Einflussnahme irrelevant. 3 Und damit im Unterschied zu dem der Mannesmann-Entscheidung zu Grunde liegenden Sachverhalt, nicht erst, nachdem die Übernahme bereits beschlossene Sache war. 4 „Spiegel-Online“ v. 06. 02. 2004, „Dass das nicht in Ordnung war, sah jeder Jurist“, abrufbar unter: http://www.spiegel.de/wirtschaft/mannesmann-prozess-dass-das-nicht-in-ordnungwar-sah-jeder-jurist-a-285356.html (zuletzt abgerufen am: 20. 03. 2015); „taz.de“ v. 16. 09. 2002, „Mannesmann: Warum Klaus Esser aufgab“, abrufbar unter: http://www.taz.de/1/archiv/? dig=2002/09/16/a0080 (zuletzt abgerufen am: 20. 03. 2015); „sueddeutsche.de“ v. 19. 05. 2010, „Mannesmann-Prozess: Bedenken gegen Millionen-Prämien“, abrufbar unter: http://www.sued deutsche.de/wirtschaft/mannesmann-prozess-bedenken-gegen-millionenpraemien-1.914706 (zuletzt abgerufen am: 20. 03. 2015); Pragal, S. 50, m.w.Nachw.; kritisch zu dieser Darstellung
A. Zulässigkeit von aktionärsseitigen Leistungen – Drittvergütung
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Verlaufs der Übernahmeschlacht hatte Hutchinson Whampoa ein besonderes Interesse an einer zügigen Einigung – im Endeffekt, so heißt es, hat der Investor in Folge der am nächsten Tag erfolgten Zustimmung des Managements und der dadurch ermöglichten Übernahme der Mannesmann AG einen Gewinn von 10 Milliarden DM eingefahren.5 Unabhängig davon, ob sich dies tatsächlich so zugetragen hat, wird die Möglichkeit der (bestechenden?) Einflussnahme durch finanzielle Leistungen des Aktionärs an diesem Beispiel sehr deutlich. Die Aussicht auf eine solch immense Prämie und die damit zusammenhängende Befriedigung des finanziellen Eigeninteresses des Vorstands lässt dessen Leitungsautonomie als gesetzliches Idealbild in der Aktiengesellschaft zu einer bloßen Hülle verkommen. Nicht grundlos hat der leitende Oberstaatsanwalt die Vorkommnisse rund um die Übernahme der Mannesmann AG auf die Frage, warum die Staatsanwaltschaft dem Vorwurf der Bestechung nicht weiter nachgegangen ist, mit folgenden Worten kommentiert: „[…] es gibt, davon abgesehen, ja eine Art Käuflichkeit in unserem Sprachgebrauch, und diese beiden Begriffe, die werden hin und wieder, ich sag mal, übereinandergelegt, vermischt, vermengt, so dass es immer wieder zu dem Gedanken kommt, hier ist ja Korruption gegeben gewesen. Was die beiden Kollegen, die dieses Ermittlungsverfahren bearbeitet haben, in der Anklage haben zum Ausdruck bringen wollen, ist, dass das Umschwenken von einem Widerstand gegen die beabsichtigte Übernahme der Mannesmann AG durch Vodafone, dass dieses Umschwenken in eine Befürwortung – mit dem Ziel der sog. freundlichen Übernahme – dass dieses Umschwenken mit Geldzahlungen verbunden gewesen ist. Das hat mit Korruption im strafrechtlichen Sinne nichts zu tun, lässt sich aber durchaus unter den allgemein gebräuchlichen Terminus der Käuflichkeit subsumieren, wie wir sagen, die Juristen. […]“.6 Wenn sich schon der leitende Staatsanwalt in der Öffentlichkeit zu solchen Aussagen hinreißen lässt und damit gar die Verurteilung wegen einer Persönlichkeitsrechtsverletzung riskiert,7 so drängt sich doch die Frage auf, wie solche Verhaltensweisen rechtlich zu handhaben und insbesondere zu beurteilen sind und ob es an dieser Stelle ein Sanktionsdefizit gibt.
des Sachverhalts „Manager-Magazin“ v. 27. 02. 2003, „Mannesmann-Prozess: Warum der Zeuge Fok nicht gehört wird“, abrufbar unter: http://www.manager-magazin.de/unternehmen/ar tikel/a-237984.html (zuletzt abgerufen am: 20. 03. 2015). 5 Dazu etwa „taz.de“ v. 16. 09. 2002, „Mannesmann: Warum Klaus Esser aufgab“, abrufbar unter: http://www.taz.de/1/archiv/?dig=2002/09/16/a0080 (zuletzt abgerufen am: 20. 03. 2015); Pragal, S. 50, m.w.Nachw. 6 OLG Düsseldorf v. 27. 04. 2005 – 15 U 98/03, NJW 2005, 1791, 1807. 7 OLG Düsseldorf v. 27. 04. 2005 – 15 U 98/03, NJW 2005, 1791.
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3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
2. Schenkung von Friede Springer an Mathias Döpfner Im August 2012 verschenkte Friede Springer, Großaktionärin der damaligen Springer AG8, ein Paket von 1.978.800 Stückaktien der Springer AG an Mathias Döpfner, den Vorstandsvorsitzenden der Gesellschaft. Zum damaligen Aktienkurs belief sich der Wert des Pakets auf ca. 73 Millionen Euro.9 Eine offizielle Begründung der Schenkung erfolgte unter Hinweis auf den „privaten Hintergrund“ der Schenkung nicht. Doch zum einen heißt es aus dem Unternehmen, dass Friede Springer mit der Schenkung ihre Unterstützung zum erfolgreichen Kurs und ihre freundschaftliche Beziehung zum Manager habe unterstreichen wollen, zum anderen wird davon ausgegangen, dass Döpfner durch die Schenkung langfristig und noch enger an die Interessen des Unternehmens gebunden werden sollte.10 Sowohl der Vorstand – unter Enthaltung von Mathias Döpfner – als auch der Aufsichtsrat – unter Enthaltung von Friede Springer, die dort Mitglied ist – haben der Schenkung zugestimmt.11 Die Schenkung wurde zwar von der Öffentlichkeit zur Kenntnis genommen, jedoch vergleichsweise wenig kritisiert.12 Dies mag zum einen darin begründet liegen, dass das Gesellschaftsvermögen nicht angetastet wurde, zum anderen aber auch daher rühren, dass die Schenkung vergleichsweise harmlos wirkt. Denn Zweck soll ja gerade die langfristige Anbindung an das Unternehmenswohl sein; mangels 8
Heute Springer SE. Zum Ganzen: „Spiegel-Online“ v. 17. 08. 2012, „Medienkonzern: Friede Springer schenkt Döpfner Aktien für 70 Millionen Euro“, abrufbar unter: http://www.spiegel.de/kultur/gesell schaft/friede-springer-verschenkt-millionen-aktien-an-mathias-doepfner-a-850628.html (zuletzt abgerufen am: 20. 03. 2015); „Zeit Online“ v. 17. 12. 2012, „Friede Springer schenkt Döpfner Millionen-Aktienpaket“, abrufbar unter: http://www.zeit.de/wirtschaft/unternehmen/2012 - 08/ springer-konzern-aktien-doepfner (zuletzt abgerufen am: 20. 03. 2015); „sueddeutsche.de“ v. 17. 08. 2012, „Geschenk von Friede Springer: Döpfner erhält Abfindung in Millionenhöhe“, abrufbar unter: http://www.sueddeutsche.de/medien/praesent-von-friede-springer-doepfner-er haelt-aktienpaket-in-millionenhoehe-1.1443531 (zuletzt abgerufen am: 20. 03. 2015); „stern.de“ v. 17. 08. 2012, „Friede Springer beschenkt Mathias Döpfner mit 73 Millionen Euro“, abrufbar unter: http://www.stern.de/wirtschaft/news/aktienpaket-uebertragen-friede-springer-beschenktmathias-doepfner-mit-73-millionen-euro-1880372.html (zuletzt abgerufen am: 20. 03. 2015). 10 „Zeit Online“ v. 17. 12. 2012, „Friede Springer schenkt Döpfner Millionen-Aktienpaket“, abrufbar unter: http://www.zeit.de/wirtschaft/unternehmen/2012 - 08/springer-konzern-aktiendoepfner (zuletzt abgerufen am: 20. 03. 2015); „Spiegel-Online“ v. 17. 08. 2012, „Medienkonzern: Friede Springer schenkt Döpfner Aktien für 70 Millionen Euro“, abrufbar unter: http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/friede-springer-verschenkt-millionen-aktien-an-mathi as-doepfner-a-850628.html (zuletzt abgerufen am: 20. 03. 2015). 11 Geschäftsbericht des Axel Springer-Konzerns, 2012, S. 69, 79, abrufbar unter: http:// www.axelspringer.de/dl/15289079/Geschaeftsbericht_2012_Axel_Springer.pdf (zuletzt abgerufen am: 20. 03. 2015). 12 s. zum Vergleich etwa die nachfolgend dargestellte Abfindungsleistung der Gesellschafter der Privatbank Sal. Oppenheim an Karl-Gerhard Eick oder die Diskussionen um die Höhe der Bonuszahlungen aus gesellschaftsseitiger Vergütung an Martin Winterkorn als Vorstandsvorsitzenden der VW AG. 9
A. Zulässigkeit von aktionärsseitigen Leistungen – Drittvergütung
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gegebenen Anlasses erscheint damit die Gefahr einer kurzfristigen, dem Wohl des Unternehmens widersprechenden Marktwertmaximierung gerade nicht realistisch. Doch stößt eine solche, sich allein an der Intention der Leistung orientierende Bewertung schnell an ihre Grenzen. Man stelle sich nur den Fall vor, dass eine Schenkung dieser Größenordnung nicht von der am langfristigen Erfolg der Gesellschaft interessierten „Firmenpatriarchin“, sondern durch jemanden erfolgt, der ein Interesse an der Zerschlagung – oder wie im vorgenannten Fall – der Übernahme der Gesellschaft hat. Aufgrund der dem Aktienrecht innewohnenden Interessenpluralität im Unternehmen würde eine vergleichbare Leistung eines solchen Aktionärs wohl eine ganz andere Diskussion auslösen.13 Gerade unter dem Gesichtspunkt des § 53a AktG erscheint es aber mehr als bedenklich, solche Fälle ausgehend von der konkreten dahinter stehenden Intention unterschiedlich zu behandeln. Denn wie kann auf diesem Weg entschieden werden, was moralisch und letztlich auch rechtlich zulässig ist und was nicht? Auch hier verdeutlicht sich somit das Erfordernis, zulässige von unzulässigen Leistungen zu trennen und die Leistung jedweden Aktionärs an den gleichen abstrakten Anforderungen zu messen. 3. Abfindungsleistung der Aktionäre von/an den Vorstandsvorsitzenden Karl-Gerhard Eick Intensiv diskutiert wurde schließlich die Zahlung der Gesellschafter der Privatbank Sal. Oppenheim an Karl-Gerhard Eick. Dieser hatte im März 2009 das Amt des Vorstandsvorsitzenden des Handels- und Tourismuskonzerns Arcandor übernommen. Nach sechs Monaten im Amt, im September 2009, schied er kurz vor der Insolvenzeröffnung wieder aus dem Unternehmen aus, erhielt dafür jedoch eine Abfindungsleistung in Höhe von 15 Millionen Euro durch die Gesellschafter der Privatbank Sal. Oppenheim, welche zugleich Großaktionär des Arcandor-Konzerns war. Die Zahlung geht zurück auf eine Vereinbarung zwischen Sal. Oppenheim und Eick, welche letzterem eine Abfindungsleistung in der genannten Höhe unabhängig davon garantiert hat, ob er seinen Fünf-Jahres-Vertrag erfüllt oder nicht. Da sie überdies nicht aus dem Vermögen der Gesellschaft stammt, spielt die Insolvenz des Konzerns keine Rolle, da sie dessen Insolvenzmasse nicht angreift.14 13 Exemplarisch der Kommentar zur „Heuschrecken-Debatte“ von Peltzer/Schneider, Der Aufsichtstrat 2012, 33, die in ähnlichem Zusammenhang von „Gewissens-BeruhigungsMoney“ sprechen. 14 Zum Ganzen: „Spiegel-Online“ v. 01. 09. 2009, „Rücktritt des Arcandor-Chefs: Eick will ein Drittel seiner Abfindung spenden“, abrufbar unter: http://www.spiegel.de/wirtschaft/unter nehmen/ruecktritt-des-arcandor-chefs-eick-will-ein-drittel-seiner-abfindung-spenden-a-646355. html (zuletzt abgerufen am: 20. 03. 2015); „Spiegel-Online“ v. 01. 09. 2009, „Arcandor-Pleite: Amtsgericht eröffnet erste Insolvenzverfahren“, abrufbar unter: http://www.spiegel.de/wirt schaft/unternehmen/arcandor-pleite-amtsgericht-eroeffnet-erste-insolvenzverfahren-a-646324. html (zuletzt abgerufen am: 20. 03. 2015); „focus.de“ v. 31. 08. 2009, „Empörung über MegaAbfindung“, abrufbar unter: http://www.focus.de/finanzen/boerse/aktien/arcandor-chef-empoe rung-ueber-mega-abfindung_aid_431165.html (zuletzt abgerufen am: 20. 03. 2015); „n-tv.de“ v.
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3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
Die Leistung dieser Abfindung hat immense Kritik der Öffentlichkeit ausgelöst, die letztlich dazu führte, dass sich Eick dazu bereit erklärte, fünf Millionen Euro zu spenden.15 Die Kritik bezog sich zum einen auf die Leistung der Abfindung an sich, denn es sei den Mitarbeitern des Konzerns, welche harte Einschnitte vor und hinter sich hatten, nur schwer zu vermitteln, dass ein Manager für eine sechsmonatige Tätigkeit, die gerade nicht von Erfolg gekrönt war, überhaupt eine Abfindung erhält.16 Moralisch muss man hier freilich berücksichtigen, dass sich ohne gewisse Absicherungen wohl kaum qualifiziertes Personal finden lässt, welchem die Rettung eines bereits angeschlagenen Konzerns überhaupt zuzutrauen ist. Immerhin geht der Vorstand, welcher in einen derart angeschlagenen Konzern, wie es der ArcandorKonzern im Jahre 2009 war, wechselt, auch ein persönliches Risiko ein. Zum anderen bezieht sich die Kritik aber insbesondere auf die immense Höhe der Abfindung – insbesondere in Anbetracht der erbrachten Gegenleistung.17 Selbst Bundeskanzlerin Angela Merkel kommentierte diese mit den folgenden Worten: „Wenn jemand, der ein insolventes Unternehmen leitet, für sechs Monate Arbeit das gesamte Gehalt für fünf Jahre bekommt, wie der Herr Eick in Höhe von 15 Millionen, dann habe ich dafür absolut kein Verständnis“, und weiter: „Da muss man überlegen, was man da machen kann“.18 Prägnant ist, dass dieses allgemein geäußerte Unverständnis den Ursprung der Leistung gänzlich unberührt lässt. Dies lässt zumindest in gewissem Maße den Rückschluss zu, dass das Verständnis für ein Wirtschaftssystem und damit mittelbar auch das Vertrauen in dieses nicht allein bzw. nicht immer davon abhängig ist, ob das Vermögen der Gesellschaft belastet wird, sondern ob Leistungen an Führungspersonen vielmehr aus den Augen der Gesellschaft „gerecht“ erscheinen – so unbestimmt diese Umschreibung rechtlich auch sein mag.
31. 08. 2009, „15 Millionen von Arcandor: Debatte um Eick-Abfindung“, abrufbar unter: http:// www.n-tv.de/wirtschaft/Debatte-um-Eick-Abfindung-article482699.html (zuletzt abgerufen am: 20. 03. 2015). 15 „Spiegel-Online“ v. 01. 09. 2009, „Rücktritt des Arcandor-Chefs: Eick will ein Drittel seiner Abfindung spenden“, abrufbar unter: http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/ru ecktritt-des-arcandor-chefs-eick-will-ein-drittel-seiner-abfindung-spenden-a-646355.html (zuletzt abgerufen am: 20. 03. 2015). 16 Exemplarisch kritisierte etwa Quelle-Betriebsratschef Ernst Sindel: „Schließlich ist er als Manager gescheitert. Er wollte und sollte KarstadtQuelle retten. Für das Scheitern sollte man grundsätzlich nicht belohnt werden.“, s. „n-tv.de“ v. 31. 08. 2009, „15 Millionen von Arcandor: Debatte um Eick-Abfindung“, abrufbar unter: http://www.n-tv.de/wirtschaft/Debatte-um-EickAbfindung-article482699.html (zuletzt abgerufen am: 20. 03. 2015). 17 s. dazu die Nachweise in Fn. 14. 18 „Spiegel-Online“ v. 01. 09. 2009, „Rücktritt des Arcandor-Chefs: Eick will ein Drittel seiner Abfindung spenden“, abrufbar unter: http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/ru ecktritt-des-arcandor-chefs-eick-will-ein-drittel-seiner-abfindung-spenden-a-646355.html (zuletzt abgerufen am: 29. 07. 2009); „Spiegel-Online“ v. 01. 09. 2009, „Arcandor-Pleite: Amtsgericht eröffnet erste Insolvenzverfahren“, abrufbar unter: http://www.spiegel.de/wirtschaft/un ternehmen/arcandor-pleite-amtsgericht-eroeffnet-erste-insolvenzverfahren-a-646324.html (zuletzt abgerufen am: 20. 03. 2015).
A. Zulässigkeit von aktionärsseitigen Leistungen – Drittvergütung
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II. Zulässigkeit von Drittvergütung als gesetzgeberischer Wille? Bei der Frage der Zulässigkeit von Drittvergütungen durch die eigenen Aktionäre ist an allererster Stelle auf den Willen des Gesetzgebers abzustellen. Würde dieser von der Zulässigkeit von Drittvergütungen ausgehen, stünde nicht mehr die Frage des „Ob“ der Zulässigkeit im Raum, sondern nur noch die Frage des „Wie“. So ergibt sich die Legitimationsfähigkeit von Leistungen des Bieters in der Übernahmesituation aus § 33d WpÜG, und auch die Drittvergütung der Muttergesellschaft an die Geschäftsleitung der Tochtergesellschaft, mithin die Drittvergütung in Konzernsituation, hat der Gesetzgeber mit § 193 Abs. 2 Nr. 3 AktG auf eine legislative Grundlage gestellt. Eine entsprechende ausdrückliche Regelung aktionärsseitiger Drittvergütung in der unabhängigen Aktiengesellschaft findet sich hingegen nicht. Dennoch muss die Frage gestellt werden, ob sich bereits aus geltendem Recht die Zulässigkeit oder auch Unzulässigkeit von Drittvergütungen zumindest mittelbar ableiten lässt. 1. Vorstandsvergütungs-Offenlegungsgesetz (§§ 285 S. 1 Nr. 9a S. 7, 314 S. 2 Nr. 6a S. 7 HGB) Nach den im Zuge des VorstOG eingeführten §§ 285 S. 1 Nr. 9a S. 7, 314 S. 2 Nr. 6a S. 7 HGB sind die Leistungen, die einem Vorstandsmitglied von einem Dritten (im Hinblick auf seine Vorstandstätigkeit) zugesagt oder gewährt worden sind, im Anhang des Jahres- bzw. Konzernabschlusses anzugeben. Nach teils vertretener Ansicht gehe damit der Gesetzgeber aber auch – über den wörtlichen Aussagegehalt hinaus – „ersichtlich“ davon aus, dass (aktionärsseitige) Drittvergütungen „nicht unzulässig“ seien,19 was im Umkehrschluss nichts anderes heißt, als dass der Gesetzgeber die Zulässigkeit mittelbar anerkannt habe. Die Vertreter dieses Rückschlusses halten es anscheinend für unwahrscheinlich, dass der Gesetzgeber eine Pflicht zur Offenlegung von Leistungen schaffe, die ausnahmslos als unzulässig anzusehen sind. Aus verschiedenen Gründen greift dieser Rückschluss jedoch zu kurz:20 So haben die Offenlegungspflichten auch ungeachtet der etwaigen Zulässigkeit von Drittvergütungen ihre Daseinsberechtigung. Zweck der Vorschrift ist umfassende Transparenz, mit der das Ziel einhergeht, Interessenkonflikte in der Gesell-
19 Bauer/Arnold, DB 2006, 260, 266; Traugott/Grün, AG 2007, 761, 768; Hohaus/Weber, DStR 2008, 104, 105; Kirchner/Iversen, NZG 2008, 921, 923; Kalb/Fröhlich, NZG 2014, 167, 168; Diekmann/Punte, WM 2016, 681, 685; Weber, in: Hölters, AktG, § 87, Rn. 12; Arnold/ Günther, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 21, Rn. 93, allerdings im Zusammenhang mit konzernrechtlichen Besonderheiten. 20 Ebenso Schüppen, FS Tiedemann, 2008, S. 749, 755; Fonk, NZG 2010, 368, 371; MayerUellner, AG 2011, 193, 195.
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3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
schaft offen zu legen.21 Zum einen kommt der Pflicht zur Offenlegung damit eine gewisse präventive Wirkung zu,22 zum anderen wird den Aktionären – insbesondere im Falle unzulässigerweise erfolgter Zahlungen – die Möglichkeit entsprechender Reaktionen eröffnet. Im Übrigen steht es keinesfalls in einem zwingenden, allgemeingültigen Zusammenhang, von umfassender Transparenz auf die Zulässigkeit etwaiger Zahlungen zu schließen, vielmehr erscheint dies widersprüchlich. Denn abstrakt weitergedacht (und überspitzt formuliert) würde eine solche Argumentation23 gar zur Folge haben, dass Maßnahmen, die offen gelegt werden müssen, immer auch unter bestimmten Voraussetzungen zulässig sein müssten und umgekehrt Maßnahmen, die an sich immer unzulässig wären, niemals offen gelegt werden dürften. Aber selbst wenn man dem nicht folgen möchte und die Zulässigkeit von Drittvergütungen durch Etablierung der Offenlegungspflicht implizit voraussetzt, zwingt dies nicht zur prinzipiellen Anerkennung aktionärsseitiger Drittvergütungen. Denn die Angabepflicht erstreckt sich – in Übereinstimmung mit Ziff. 4.2.2 Abs. 2 DCGK – auch auf Drittvergütung in Konzernsituation.24 Wie zudem ein Blick auf die Gesetzesbegründung nahe legt, sind auch der Legitimation zugängliche Leistungen des Bieters i.S.d. § 33d WpÜG erfasst.25 2. Erst-Recht-Schluss – Wertung des WpÜG? Die Zulässigkeit von Drittvergütungen kann auch nicht aus einem „Erst-RechtSchluss“ aus § 33d WpÜG gefolgert werden.26 Nach vertretener Auffassung habe der Gesetzgeber, indem er die Leistungen des Bieters (als künftigen Aktionär) unter bestimmten Voraussetzungen als zulässig erachtet hat, zugleich implizit die Zuläs-
21 Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 15/5860 (VorstOG), S. 10; Schüppen, FS Tiedemann, 2008, S. 749, 755; Gerade dies gilt im Übrigen auch für den in der Gesetzesbegründung erwähnten § 11 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 WpÜG: Unabhängig von der Zulässigkeit von Drittleistungen soll den Aktionären die Möglichkeit eröffnet werden, selbst über die Neutralität des Vorstands zu entscheiden, um bei ihrer Ansicht nach bestehenden Interessenskonflikten Maßnahmen ergreifen zu können. Die rechtliche Zulässigkeit hat auf dieser Ebene aber (noch) nichts mit dem subjektiven Empfinden der Aktionäre zu tun. 22 Schüppen, FS Tiedemann, 2008, S. 749, 755. 23 D. h. die Verpflichtung, bestimmte Maßnahmen (zusammengefasst als Obergruppe) offenzulegen, als Indiz für die Zulässigkeit einzelner entsprechender Maßnahmen (als untergeordnete Fallbeispiele) anzusehen. 24 Ebenso Schüppen, FS Tiedemann, 2008, S. 749, 755. 25 Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 15/5860 (VorstOG), S. 10, in der auf § 11 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 WpÜG und § 33 Abs. 3 WpÜG (jetziger § 33d WpÜG) mit dem Hinweis verwiesen wird, dass dort bestimmte Fälle genannt werden, in denen „solche Drittleistungen“ geregelt werden. Gerade das „solche“ deutet darauf hin, dass auch Bieterleistungen – und damit auch gerechtfertigte Bieterleistungen – von der bilanzrechtlichen Anzeigepflicht erfasst sind. 26 So aber Hohaus/Weber, DStR 2008, 104, 105; Kalb/Fröhlich, NZG 2014, 167, 168; v. Werder/Braun/Fromholzer, in: Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, II., Rn. 135.
A. Zulässigkeit von aktionärsseitigen Leistungen – Drittvergütung
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sigkeit aktionärsseitiger Leistungen anerkannt.27 Unter dem Aspekt, dass aktionärsseitige Leistungen tendenziell weniger konfliktträchtig sind als bieterseitige Leistungen, gewinnt ein entsprechender Rückschluss zwar an Gewicht. Doch verkennt der dargestellte „Erst-Recht-Schluss“, dass mit § 33d WpÜG allenfalls eine spezielle, eigenständige Fallgruppe der Drittleistung anerkannt wurde und nicht ein Unterfall aktionärsseitiger Drittvergütung. Hierfür spricht insbesondere, dass die Gesetzesbegründung zur „Rechtfertigung“ der bieterseitigen Leistung allein auf die Weiterbeschäftigung abstellt, wohingegen der hiermit einhergehende Erhalt des Managements im Rahmen aktionärsseitiger Leistung schon situationsbedingt nicht im Raum steht. Darüber hinaus rührt die Rechtfertigung jeder weiteren Ausgestaltung bieterseitiger Leistung aber – ebenso wie im Falle aktionärsseitiger Leistung unter der organschaftlichen Treuepflicht – aus der Auslegung der Norm her; daraus einen Rückschluss auf die gesetzgeberische Anerkennung aktionärsseitiger Leistungen zu ziehen, ist nicht konsistent. Im Übrigen darf nicht außer Acht gelassen werden, dass sich der Gesetzgeber im Rahmen des Gesetzgebungsprozesses zum WpÜG erkennbar in keiner Weise mit der Zulässigkeit aktionärsseitiger Leistung auseinandergesetzt hat. Aus § 33d WpÜG aber einen entsprechenden gesetzgeberischen Willen ableiten zu wollen, ist mit diesem Faktum nicht vereinbar. 3. § 192 Abs. 2 Nr. 3 AktG In Frage kommt ferner eine analoge Anwendung der Wertung von § 192 Abs. 2 Nr. 3 AktG auf die aktionärsseitige Vergütung, welcher eine bedingte Kapitalerhöhung zur Gewährung von Bezugsrechten an Arbeitnehmer und Mitglieder der Geschäftsführung der Gesellschaft oder eines verbundenen Unternehmens zulässt. Zumindest der Wortlaut des Gesetzes28 erkennt damit die Zulässigkeit von Drittvergütungen in Konzernsituationen an.29 Während aber schon die Ausweitung dieser Vorgabe auf die Drittvergütung im faktischen Konzern aufgrund der vergleichsweise geringen Schutzwirkung der §§ 311 ff. AktG30 zumindest in Frage gestellt werden
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Hohaus/Weber, DStR 2008, 104, 105. Hingegen heißt es in der Gesetzesbegründung, Begr. RegE, BT-Drucks. 13/9712 (KonTraG), S. 23 f., im Widerspruch zu diesem weit gefassten Wortlaut der Norm, dass „Doppelbezüge von Vorständen, die zugleich gesetzliche Vertreter in Töchtern sind, tunlichst zu meiden sind“; s. hierzu die Bewertung von Habersack, FS Raiser, 2005, S. 111, 118 f.; Spindler, FS Hopt, Band 1, 2010, S. 1407, 1421. 29 Spindler, FS Hopt, Band 1, 2010, S. 1407, 1421; Habersack, FS Raiser, 2005, S. 111, 118 f. 30 Rechtspolitisch wurden die §§ 311 ff. AktG früher vielfach negativ gesehen (s. etwa Koppensteiner, ZGR 1973, 1, 11 ff.); wohingegen in jüngerer Zeit die Kritik zumindest differenzierter ausfällt, wenn nicht gar eher positiv ausfällt (s. hierzu die Nachweise bei Hüffer/ Koch, AktG, § 311, Rn. 6). 28
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3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
kann,31 kommt eine analoge Anwendung auf die unabhängige Aktiengesellschaft nicht in Betracht. Mangels jeglicher gesetzlicher Schutzvorschriften zu Gunsten der anstellenden, unabhängigen Gesellschaft (die aber den Überlegungen hinter dieser rein konzernbezogenen Regelung immanent sind) kann keine undifferenzierte Übertragung des in der Norm zum Ausdruck kommenden Rechtsgedankens auf Unternehmen ohne Konzernzusammenhang erfolgen. 4. Regelungen des Deutschen Corporate Governance Kodex Je nach Standpunkt werden schließlich der deutsche Corporate Governance Kodex und einzelne seiner Regelungen als Indiz für die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit von Drittvergütungen herangezogen. Ausgangspunkt der Überlegungen ist Ziff. 4.3.2 DCGK, wonach Vorstandsmitglieder im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit weder für sich noch für andere Personen von Dritten Zuwendungen oder sonstige Vorteile fordern oder annehmen dürfen. Der Wortlaut an sich legt nahe, diese Regelung als umfassendes Verbot nicht nur aktionärsseitiger Vergütung, sondern generell von Leistungen Dritter zu verstehen.32 Indes stünde ein solch restriktives Verständnis im Widerspruch zu Ziff. 4.2.2 Abs. 2 S. 1 DCGK, wonach für die Bestimmung der Angemessenheit der Vergütungen auch „etwaige Konzernbezüge“ zu berücksichtigen sind, zudem zu Ziff. 4.2.3 Abs. 1 DCGK, wonach die Gesamtvergütung eines Vorstandsmitglieds auch die Leistungen von Dritten umfasst, welche diesem im Hinblick auf die Vorstandstätigkeit zugesagt wurden. Wollte nun Ziff. 4.3.2 DCGK die Annahme jeglicher Leistungen Dritter verbieten, bestünde ein systemwidriger Widerspruch zu diesen beiden Vorschriften, welche – im Unterschied etwa zu den Offenlegungspflichten des HGB – zumindest die Zulässigkeit konzernbezogener Drittleistung indizieren. Denn nach dem hergebrachten Verständnis sind unter den Begriff des „Dritten“ gerade auch verbundene Unternehmen zu fassen33 und es würde die Rechtsanwendung unübersichtlich machen, wollte man den „Dritten“ im Aktienrecht, Bilanzrecht und im Anwendungsbereich bzw. innerhalb des Kodex unterschiedlich definieren. Insofern lässt sich der Widerspruch auch nicht dadurch auflösen, dass man Aktionärsleistungen (auch außerhalb des Konzerns) im Wege einer einschränkenden Interpretation des „Dritten“ aus dem Anwendungsbereich der Ziff. 4.3.2 DCGK ausnimmt, wonach nur gesellschaftsfremde Personen dieses Merkmal erfüllen könnten.34
31 So etwa die kritischen Überlegungen von Spindler, FS Hopt, Band 1, 2010, S. 1407, 1421 f.; Tröger, ZGR 2009, 447, 472, erkennt die Zulässigkeit der Drittvergütung im faktischen Konzern an. 32 So die Schlussfolgerung von Wollburg, ZIP 2004, 646, 649. 33 s. dazu bereits oben 2. Teil B.I. 34 So aber Bauer/Arnold, DB 2006, 260, 265 f., deren Ansatz überdies nicht erklären kann, wie gerechtfertigte Leistungen i.S.d. § 33d WpÜG mit dem Wortlaut in Einklang zu bringen sind.
A. Zulässigkeit von aktionärsseitigen Leistungen – Drittvergütung
127
Allerdings ist Ziff. 4.3.2 DCGK weder als Empfehlung noch als Anregung ausgestaltet und kann daher als bloße Widergabe geltenden Rechts zur Bekämpfung der Korruption verstanden werden.35 Zum Teil wird das Verbot dabei jedoch eingeschränkt als Wiedergabe solcher Tatbestände verstanden, welche ausdrücklich Korruption verbieten;36 insbesondere wird dabei auf § 299 StGB zurückgegriffen, der die Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr unter Strafe stellt.37 Da von solchen strafrechtlichen Verboten aktionärsseitige Vergütungen aber nicht erfasst sind, sollen diese ihrerseits nicht Gegenstand des Verbots der Ziff. 4.3.2 DCGK sein können.38 Dieser Sichtweise ist zwar insofern zuzustimmen, dass Ziff. 4.3.2 DCGK auf die bestehenden Verbote aktiver und passiver Bestechung hinweist,39 unschlüssig ist aber die Annahme, dass sich die Vorschrift auf ausdrücklich normierte, strafrechtliche Verbote beschränkt.40 Maßgeblich ist vielmehr, dass sich das Verbot der Bestechlichkeit für Vorstandsmitglieder (und damit auch Ziff. 4.3.2 DCGK) nach einhelliger Auffassung aus ihrer Treuepflicht gegenüber der Gesellschaft ergibt.41 Es kann aber wohl als gesichert angesehen werden, dass das Verbot der Bestechlichkeit in seiner organschaftlichen Ausprägung über korrespondierende strafrechtliche Vorschriften hinausgeht. Dann wäre es aber äußerst widersprüchlich, Ziff. 4.3.2 DCGK auf diese zu beschränken – zumal strafrechtliche Vorschriften nicht immer einen Bezug zu gesellschaftsrechtlichen Wertungen aufweisen müssen. Entscheidend ist somit, ob eine aktionärsseitige Leistung unter gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen, insbesondere der organschaftlichen Treuepflicht, als Bestechung anzusehen ist. Und nur wenn dies der Fall ist, wäre sie auch vom Verbot der Ziff. 4.3.2 DCGK erfasst. Für dieses weitere Verständnis der Ko35 Ganz herrschende Meinung, Bachmann, in: Kremer/Lutter/Bachmann/v. Werder, DCGK, Rn. 1085; Goslar, in: Wilsing, DCGK, Ziff. 4.3.2, Rn. 1; Bauer/Arnold, DB 2006, 260, 266; Hohaus/Weber, DStR 2008, 104, 105; Traugott/Grün, AG 2007, 761, 767. 36 Hohaus/Weber, DStR 2008, 104, 105; Traugott/Grün, AG 2007, 761, 767; Kirchner/ Iversen, NZG 2008, 921, 923 f.; Kalb/Fröhlich, NZG 2014, 167, 168; wohl auch Bauer/Arnold, DB 2006, 260, 266; mittelbar auch Goslar, in: Wilsing, DCGK, Ziff. 4.3.2, Rn. 1, der in seiner Kommentierung hauptsächlich den Straftatbestand des § 299 StGB darstellt; wertungsoffen Mayer-Uellner, AG 2011, 193, 199. 37 Ferner ist an Untreue nach § 266 StGB, Betrug nach § 263 StGB oder auch an entsprechende Amtsträgerdelikte (§§ 331 ff. StGB) zu denken, wobei letztere aufgrund ihrer Ausrichtung auf Amtsträger wohl keine bedeutende Rolle spielen. 38 s. Nachweise in Fn. 36. 39 Hierin besteht Einigkeit, s. nur Bachmann, in: Kremer/Lutter/Bachmann/v. Werder, DCGK, Rn. 1085, 1088. 40 Ebenso Schüppen, FS Tiedemann, 2008, S. 749, 755; Spindler, FS Hopt, Band 1, 2010, S. 1407, 1423; a.A. DAV-Handelsrechtsausschuss, NZG 2015, 86, 92, der eine Streichung der Ziff. 4.3.2 DCGK verlangt hat, dem die Kodex-Kommission zu Recht nicht nachgekommen ist; Kircher/Iversen, NZG 2009, 921, 924; wohl auch Taugott/Grün, AG 2007, 761, 767; Hohaus/ Weber, DStR 2008, 104, 105. 41 Ausdrücklich mit Geltung dieses Verständnisses für Ziff. 4.3.2 DCGK, Goslar, in: Wilsing, DCGK, Ziff. 4.3.2, Rn. 1; Spindler, in: MüKo-AktG, § 93, Rn. 111; ders., FS Hopt, Band 1, 2010, S. 1407, 1423; so auch die frühe Auslegung von Semler, in: MüKo-AktG, 2. Aufl. 2003, § 161, Rn. 385 .
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3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
dexregelung spricht auch der sachliche und räumliche Zusammenhang mit Ziff. 4.3.1 S. 1 DCGK (Ausrichtung des Vorstandshandelns auf das Unternehmensinteresse), Ziff. 4.3.1 S. 2 DCKG (Wettbewerbsverbot), Ziff. 4.3.4 DCGK (unverzügliche Offenlegung von Interessenskonflikten ggü. dem Aufsichtsrat) und Ziff. 4.3.5 DCGK (Verbot von Nebentätigkeiten), deren Pflichten allesamt Ausprägungen der Treuepflicht des Vorstands darstellen. Nach systemkonformer Auslegung folgt somit aus Ziff. 4.3.2 DCGK einerseits zwar nicht die Unzulässigkeit von Drittvergütungen, andererseits ist ihr im Umkehrschluss aber auch keinesfalls ein Indiz für die Zulässigkeit entsprechender Leistungen zu entnehmen.42 5. Fazit Mangels entsprechender gesetzgeberischer Wertung kann die Zulässigkeit von Drittvergütungen in der unabhängigen Aktiengesellschaft de lege lata aus keiner der genannten Vorschriften rechtssicher abgeleitet werden. Der Gesetzgeber hat sich erkennbar mit dieser Problematik noch nicht befasst, sodass diese auch nicht beiläufig „mitgeregelt“ wurde. Umgekehrt geht aus den bestehenden Vorschriften jedoch auch nicht die Unzulässigkeit aktionärsseitiger Vergütung hervor. Vielmehr bestätigt sich insbesondere unter Ziff. 4.3.2 DCGK, dass es für die Frage der Zulässigkeit einer ausführlichen Betrachtung anhand allgemeiner aktienrechtlicher Wertungen bedarf.
III. Vereinbarkeit von Drittvergütung mit gesellschaftsrechtlichen Vorgaben Mangels gesetzgeberischer Wertung ist das Meinungsbild im Hinblick auf aktionärsseitige Drittvergütungen vielschichtig. Dies rührt in erster Linie daher, dass aktionärsseitige Drittvergütungen mit wesentlichen aktienrechtlichen Grundsätzen in Konflikt geraten können, namentlich mit der – bereits herausgearbeiteten – organschaftlichen Treuepflicht des Vorstands, ferner dem in § 76 Abs. 1 AktG verorteten Grundsatz der Leitungsautonomie und schließlich der Kompetenzverteilung innerhalb der Aktiengesellschaft, insbesondere der prinzipiell dem Aufsichtsrat zustehenden Vergütungskompetenz. Im Hintergrund schwingt dabei immer die Sorge um Einhaltung des Gleichbehandlungsgebots der Aktionäre i.S.d. § 53a AktG mit, mit dem eine einseitige Bevorzugung, bspw. des leistenden Großaktionärs, nicht in Einklang zu bringen ist – ebenso wenig wie mit dem interessenpluralistisch zu verstehenden Unternehmensinteresse. In Folge stehen einige Autoren aktionärsseitiger Drittvergütung in der unabhängigen Aktiengesellschaft generell ablehnend oder
42 So aber Bauer/Arnold, DB 2006, 260, 266; Hohaus/Weber, DStR 2008, 104, 105; Traugott/Grün, AG 2007, 761, 767; Wöller, S. 171.
A. Zulässigkeit von aktionärsseitigen Leistungen – Drittvergütung
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zumindest skeptisch gegenüber,43 wohingegen die überwiegende Mehrheit die Vereinbarkeit mit den dargestellten Grundsätzen, wenn auch mit teils beträchtlichen Unterschieden hinsichtlich der Voraussetzungen, anerkennt.44 1. Vereinbarkeit mit der organschaftlichen Treuepflicht des Vorstands Unter Rückgriff auf die Ausführungen im zweiten Teil stellt sich zuallererst die Frage, ob aktionärsseitige Drittvergütungen mit der organschaftlichen Treuepflicht des Vorstands zu vereinbaren sind. Bislang offen – und letztlich entscheidend – ist dabei angesichts des potentiell bterächtlichen Nutzens die nachfolgend zu beantwortende Frage, ob, und wenn wie die aus dem Interessenkonflikt resultierende abstrakte Gefährdung des Unternehmensinteresses erfolgreich bewältigt werden kann und muss. a) Bewältigung des Interessenkonflikts allein durch Vorgaben an die inhaltliche Ausgestaltung der Drittvergütung? Nach in der Literatur vertretener Ansicht soll die beschriebene abstrakte Gefahr einer unzulässigen Interessenbeeinflussung im Falle aktionärsseitiger Leistung nicht derart präsent sein, dass sie die generelle Unwirksamkeit von Drittvergütung unter dem Unternehmensinteresse und damit unter der organschaftlichen Treuepflicht bedinge.45 Die Grenze sei erst dort erreicht, wo die Leistung auf eine Handlung
43 Ablehnend Wollburg, ZIP 2004, 646, 649; Fonk, NZG 2010, 368, 370; ders., in: Semler/v. Schenk, Arbeitshdb. AR, § 10, Rn. 168; Schüppen, FS Tiedemann, 2008, 749, 754 f.; Hirte, in: Kölner Komm WpÜG, § 33d, Rn. 17, Fn. 37; krit. Hüffer/Koch, AktG, § 84, Rn. 19; auch Spindler, FS Hopt, Band 1, 2010, S. 1407, 1420 ff., 1425; ders. aber offener, in: MüKo-AktG, § 87, Rn. 73. 44 Ohne Berücksichtigung der unterschiedlich verlangten Voraussetzungen: Weber, in: Hölters, AktG, § 87, Rn. 12 f.; Spindler, in: MüKo-AktG, § 87, Rn. 74; Kort, in: Großkomm AktG, § 84, Rn. 331a; ders., AG 2105, 531, 533 (wenn auch zum Personalleasing); Schwennicke, in: Grigoleit, AktG, § 87, Rn. 14; Lutter/Krieger/Verse, Rechte und Pflichten des AR, § 7, Rn. 396, 417; v. Werder/Braun/Fromholzer, in: Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, II., Rn. 134 ff.; Arnold/Günther, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 21, Rn. 93; Wiesner, in: Münchener Hdb. GesR, Band 4, § 21, Rn. 5; Bauer/Arnold, DB 2006, 260, 265; Traugott/Grün, AG 2007, 761, 768; Kirchner/Iversen, NZG 2008, 921, 923 ff.; Hohaus/ Weber, DStR 2008, 104, 108; dies., in: Lücke/Schaub, Vorstand der AG, § 10, Rn. 58 ff.; MayerUellner, AG 2011, 193, 199; Redenius-Hövermann/Bertog, Der Aufsichtsrat 2012, 174, 175 f.; Arnold/Schansker, KSzW 2012, 39, 47; Selzner, AG 2013, 818, 822 f.; Kalb/Fröhlich, NZG 2014, 167, 167 f.; Diekmann, FS Maier-Reimer, 2010, S. 75, 80 ff.; ders./Punte, WM 2016, 681, 685 f.; Weber, S. 313 ff; Wöller, S. 169 ff.; Löw, S. 54 ff. 45 Traugott/Grün, AG 2007, 761, 767; Kalb/Fröhlich, NZG 2014, 167, 168; v. Werder/ Braun/Fromholzer, in: Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, II., Rn. 129; Hohaus/Weber, DStR 2008, 104, 106 f.
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3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
gerichtet wird, die mit geltendem Recht nicht vereinbar ist. Die Ausrichtung auf legitime Aktionärsinteressen stelle gerade keine Überschreitung dieser Grenze dar: aa) Darstellung des Lösungsvorschlags Maßgebliche Voraussetzung für die Zulässigkeit aktionärsseitiger Leistungen soll es sein, dass diese in Einklang mit dem Unternehmensinteresse ausgestaltet werden.46 Mithin werden solche Leistungen für zulässig erachtet, die an die Steigerung des Unternehmenswerts (z. B. echte oder virtuelle Aktienoptionen, Managementbeteiligungen) oder sonstigen auch von der Gesellschaft wählbaren wirtschaftlichen Kennzahlen anknüpfen. Ferner sollen börsenkursorientierte Boni und dabei insbesondere Transaktionsboni als zulässig anzusehen sein, die von der Höhe des sich am Börsenkurs orientierenden Veräußerungserlöses abhängen.47 Zur Legitimation wird darauf verwiesen, dass solche (börsenkursorientierte) variable Vergütungsformen auch seitens der Gesellschaft geleistet werden können, und – da die positive Entwicklung des Börsenkurses immerhin einen Teilbereich des Unternehmensinteresses ausmacht – insbesondere auch mit einem interessenpluralistisch zu verstehenden Unternehmensinteresse in Einklang zu bringen sind.48 Auch sei bei Konnexität der Vergütungshöhe mit der Entwicklung des Börsenkurses der Einfluss von Fremdinteressen grds. ausgeschlossen, sodass auch nicht die Befürchtung bestehe, dass der Vorstand sein weites Leitungsermessen unsachgemäß zu Lasten der stakeholder überschreiten werde.49 Da die mit der Leistung einhergehende Unternehmenswertsteigerung daher sowohl im Unternehmensinteresse als auch unter dem shareholder value geboten sei, bestünde auch bei entsprechend ausgestalteter aktionärsseitiger Incentivierung von vornherein kein unzulässiger Interessenkonflikt des Vorstands.50 Dies gelte in besonderem Maße für transaktionsbezogene Leistungen, da diese, aufgrund der nochmals gesteigerten Bedeutung von Aktionärsinteressen, ohnehin an
46 Traugott/Grün, AG 2007, 761, 767; Kirchner/Iversen, NZG 2008, 921, 924; Kalb/ Fröhlich, NZG 2014, 167, 169; noch weiter wohl v. Werder/Braun/Fromholzer, in: Eilers/ Koffka/Mackensen, Private Equity, II., Rn. 129 nach denen „lediglich in Sonderfällen, in denen ein Managementbeteiligungsprogramm darauf angelegt ist, dass der Vorstand die Gesellschaftsinteressen vollständig vernachlässigt oder diesen sogar zuwider handelt, ein Verstoß gegen die organschaftliche Treuepflicht in Form von §§ 76 und 93 AktG denkbar“ ist; vorsichtiger Hohaus/Weber, DStR 2008, 104, 106 f., die zumindest eine Information des Aufsichtsrats unter dem Aspekt der organschaftlichen Treuepflicht fordern. 47 Traugott/Grün, AG 2007, 761, 767; insoweit übereinstimmend Mayer-Uellner, AG 2011, 193, 196 f. 48 Traugott/Grün, AG 2007, 761, 767. 49 Traugott/Grün, AG 2007, 761, 767. 50 Kalb/Fröhlich, NZG 2014, 167, 168 f.; Taugott/Grün, AG 2007, 761, 767; v. Werder/ Braun/Fromholzer, in: Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, II., Rn. 129; im Zusammenhang mit Offenlegungspflichten nach den §§ 285, 314 HGB Grottel, in: Beck’scher BilanzKommentar, § 285 HGB, Rn. 285; Poelzig, in: MüKo-HGB, § 285, Rn. 193.
A. Zulässigkeit von aktionärsseitigen Leistungen – Drittvergütung
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dem vom Vorstand zu berücksichtigenden Pflichtenprogramm anknüpfen würden.51 Im Übrigen sei das Unternehmensinteresse auch dann maßgeblicher Anknüpfungspunkt, wenn bspw. ein überobligatorischer Einsatz für die Zielgesellschaft honoriert werden soll, wie die zusätzliche Vergütung einer Due Diligence, oder im Falle von Transaktionsboni durch einen veräußernden Aktionär im Falle des (auch aus Sicht des Aktionärs) erfolgreichen Abschlusses einer Transaktion und sich dieser nicht allein am Veräußerungserlös orientiert.52 Da sich mangels Anknüpfung an den Wert des Unternehmens oder anderer Kennzahlen ein quantitativer Faktor zur Ausrichtung auf das Unternehmensinteresse nicht bestimmen lässt, wird zur Vereinbarkeit mit diesem vorgeschlagen, solche Drittvergütungen „entscheidungsneutral“ auszugestalten. So dürfe sich im Rahmen der Due Diligence kein Anlass ergeben, bestimmte Informationen herauszugeben.53 Im Rahmen von Transaktionsboni dürfe der finanzielle Anreiz nicht „so stark“ sein, dass der Vorstand ein erhebliches wirtschaftliches Eigeninteresse an dem erfolgreichen Abschluss der Transaktion entwickelt.54 Gleichwohl verkennen auch die Vertreter dieses Ansatzes nicht, dass die abstrakte Gefahr der unzulässigen Ausrichtung auf das Partikularinteresse des leistenden Aktionärs trotz der Vorgabe zur Beachtung des Unternehmensinteresses verbleibt.55 Einer Verwirklichung dieser Gefahr in Form pflichtwidrigen Verhaltens soll aber mit den bestehenden aktienrechtlichen Schutzmechanismen hinreichend begegnet werden können. Zum einen könne etwa mittels der in die Zukunft gerichteten Kontrollrechte des Aufsichtsrats trotz aktionärsseitiger Leistung ein pflichtgemäßes Handeln des Vorstands sichergestellt werden.56 Zum anderen stünden der Gesellschaft durch die nachträglichen Sanktionsinstrumentarien, wie der Möglichkeit zur Abberufung des Vorstands und der Schadensersatzpflicht nach § 93 Abs. 2 AktG, ausreichende Mittel zur Hand, um die sich dennoch einmal realisierende Gefahr zu kompensieren.57
51 Insbesondere Hohaus/Weber, DStR 2008, 104, 107; Weber, S. 227; Kalb/Fröhlich, NZG 2014, 167, 169; v. Werder/Braun/Fromholzer, in: Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, II., Rn. 129; vorsichtiger aber Kirchner/Iversen, NZG 2008, 921, 924. 52 So Kirchner/Iversen, NZG 2008, 921, 924. 53 Kirchner/Iversen, NZG 2008, 921, 924; Kalb/Fröhlich, NZG 2014, 167, 169. 54 Kirchner/Iversen, NZG 2008, 921, 924, die zwar darauf hinweisen, dass Transaktionsboni stärkeren Einschränkungen unterliegen als die Vergütung einer Due Diligence, im Ergebnis aber lediglich die Einschränkung fordern, dass „die Exit-Incentivierung weder die Summe des Grundgehalts des Vorstandsmitglieds noch die des maximalen variablen Gehalts“ überschreiten darf. 55 Kirchner/IVersen, NZG 2008, 921, 923; Kalb/Fröhlich, NZG 2014, 167, 168; Traugott/ Grün, AG 2007, 761, 767. 56 Traugott/Grün, AG 2007, 761, 767; Kalb/Fröhlich, NZG 2014, 167, 168. 57 Kalb/Fröhlich, NZG 2014, 167, 168; Traugott/Grün, AG 2007, 761, 767.
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3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
bb) Kritische Bewertung (1) Untauglichkeit des abstrakten Unternehmensinteresses als alleiniger Anknüpfungspunkt Die Pflicht zur Einhaltung des Unternehmensinteresses bei der Ausgestaltung der Drittvergütung ist für sich bereits nicht dazu geeignet, den Grundkonflikt aktionärsseitiger Leistungen aufzulösen. Insofern beziehen sich sämtliche dargestellten Vorschläge zur Vereinbarkeit mit dem Unternehmensinteresse allein auf die konkrete Gestaltung einzelner Aktionärsleistungen, nicht aber auf die Handhabung des generellen Interessenkonflikts und die durch diesen hervorgerufene abstrakte Gefahr für das Unternehmen. In diesem Sinne implizieren sie sämtlich eine ausschließliche Berücksichtigung des shareholder value, denn sie konzentrieren sich in erster Linie auf die Behauptung, „dass“ bestimmte, shareholder value berücksichtigende Anreizkomponenten zulässig sein können bzw. sind, blenden aber die Frage aus, „unter welchen Umständen“ diese als zulässig angesehen werden können. Wo liegt dann aber der Unterschied zu unzulässigen Handlungen des Vorstands, die sich strategisch am reinen shareholder value orientieren? Der insoweit vorgebrachte Hinweis auf die unablässig bestehende Bindung des Vorstands auf ein interessenpluralistisches Unternehmensinteresse und die damit einhergehende Verpflichtung nicht nur zur Berücksichtigung von Aktionärsinteressen58 wird durch eine unbeschränkt zulässige Drittvergütung (welche zwingende Konsequenz der vorgenannten Ansicht ist) gerade unterlaufen, unabhängig davon, ob sie sich am Börsenkurs orientiert oder nicht. Denn es kann nicht verleugnet werden, dass der Vorstand, der mittels Drittvergütung unbegrenzt auf den Börsenkurs ausgerichtet werden darf, wohl kaum andere Interessen im Blick haben wird als die maximale Steigerung des Aktienkurses59 – ohne Rücksicht auf die Interessen der stakeholder oder die Rentabilität des Unternehmens. Der Grund für diese Ungereimtheiten liegt insbesondere darin, dass allein aus der Vorgabe, dass eine Leistung in Einklang mit dem Unternehmensinteresse ausgestaltet werden muss, sich kein hinreichend konkretisierender Aussagegehalt für die Zulässigkeit der Drittvergütung ableiten lässt. Dies ist dem Umstand geschuldet, dass nach wie vor kein plausibler Begründungsansatz besteht, wie das Unternehmensinteresse konkret zu definieren ist.60 Insbesondere kann das Unternehmensinteresse gerade nicht pauschal mit dem Wertsteigerungsinteresse der Aktionäre gleichgesetzt werden (wie im Falle eines reinen shareholder value). Mithin kann aus der grundsätzlichen Vereinbarkeit (gesellschaftsseitiger) börsenkursorientierter Vergütungs58
s. Traugott/Grün, AG 2007, 761, 767; Hohaus/Weber, DStR 2008, 104, 106. Handhaben könnte man diesen Konflikt allenfalls mit einer verpflichtenden Anwendung des Angemessenheitsgebots nach § 87 Abs. 1 AktG, wonach insbesondere langfristig variable Vergütungsbestandteile der Angemessenheit der Vergütung gerecht werden sollen, s. dazu 3. Teil A.IV.2. Indes lehnen die Vertreter des hier diskutierten Vorschlags mit Ausnahme von Kirchner/Iversen, NZG 2008, 921, 924, die Verpflichtung auf eine Berücksichtigung der Angemessenheitskriterien ab. 60 s. oben 2. Teil C.III.2. 59
A. Zulässigkeit von aktionärsseitigen Leistungen – Drittvergütung
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systeme mit dem Unternehmensinteresse nicht auf die unbeschränkte Zulässigkeit entsprechender Leistungen geschlossen werden. Dies zeigt sich schon im Rahmen der Angemessenheitskriterien des § 87 Abs. 1 S. 2 AktG, wonach die gesellschaftsseitige Vorstandsvergütung, als gesetzgeberische Konkretisierung des Unternehmensinteresses,61 die Nachhaltigkeit des Vorstandshandelns sicherstellen soll. Ebenso zeigt sich dies an Ziff. 4.2.3 Abs. 2 S. 1 DCGK, nach der die Vorstandsvergütung fixe und variable Vergütungsbestandteile enthalten muss.62, 63 Vollends versagt die Vorgabe „Unternehmensinteresse“ schließlich, wenn sich die Vergütungszusagen gerade nicht an dem Wert des Unternehmens oder sonstigen Kennzahlen orientieren, ihr mithin keine quantifizierbaren Maßstäbe zu Grunde gelegt werden: Namentlich geht es hier um die von Kirchner und Iversen genannten Beispiele,64 einer Prämie für die Durchführung einer Due Diligence oder Zahlung eines Transaktionsbonus, der sich nicht am Veräußerungserlös orientiert. Das abstrakte „Unternehmensinteresse“ kann keinen Anhaltspunkt dafür geben, was als zulässig und was als unzulässig angesehen werden kann. Denn wonach soll etwa bestimmt werden, ab wann bereits die Höhe des Bonus an sich den Vorstand dazu veranlasst, eine Due Diligence durchzuführen bzw. in dem konkreten Umfang zuzulassen? Ebenso kann die Gewährung eines Transaktionsbonus unabhängig von seiner Höhe oder der Orientierung am Börsenkurs immer einen Anreiz zur Durchführung der Transaktion schaffen. In diesem Sinne ist durch die Anknüpfung am Unternehmensinteresse in keiner Weise geklärt, welche Anknüpfungspunkte für eine Leistung überhaupt und wann zulässig sein können. (2) Ausreichender Rechtsschutz ex post? Ferner kann auch der Hinweis auf den hinreichenden Rechtsschutz der Gesellschaft durch ex-post-Instrumentarien nicht überzeugen. Die nähere rechtliche Würdigung der einzelnen Sanktionsmittel kann an dieser Stelle nicht weiter vertieft werden, dennoch ist – unter Vorgriff auf die Ausführungen im vierten Teil dieser Bearbeitung – auf folgende Diskrepanzen hinzuweisen: Bei der Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs der Gesellschaft gegen den Vorstand wegen der Annahme einer unzulässigen aktionärsseitigen Leistung gem. § 93 Abs. 2 AktG ist naturgemäß das Problem der Bestimmung des Schadens durch die Annahme der
61 Hüffer/Koch, AktG, § 87, Rn. 7; Spindler, in: MüKo-AktG, § 87, Rn. 75; Dreher, AG 2002, 214, 216; Fonk, NZG 2005, 248, 252; Schwark, FS Raiser, 2005, S. 377, 182; Reichert/ Balke, FS Hellwig, 2010, 285, 286. 62 Diese Vorgabe bestand bereits im Jahre 2007, was Traugott/Grün, AG 2007, 761, 767, außer Acht lassen, obwohl sie die (unbeschränkte) Zulässigkeit börsenkursorientierter Anreizsysteme auch aus Ziff. 4.2.3 Abs. 3 a.F. DCGK ableiten. 63 Auf der Hand liegt zudem ein unzulässiger Übergriff auf die (Vergütungs-)Kompetenz des Aufsichtsrats, doch wird sich mit diesem erst unter 3. Teil A.III.3. als eigenständigem Aspekt auseinandergesetzt. 64 Kirchner/Iversen, NZG 2008, 921, 924; s. zudem den Text zu Fn. 52.
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3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
Leistung selbst evident.65 Ferner wird es schwer festzulegen sein, welche nachfolgenden unternehmerischen Maßnahmen unzulässig beeinflusst waren. Möchte man dem Vorstand seinen unternehmerischen Haftungsfreiraum nach § 93 Abs. 1 S. 2 AktG nicht versagen, kommt man hier von vornherein nicht weiter. Will man dagegen von der Haftungsfreistellung absehen, ist de lege lata dennoch äußerst fragwürdig, ab wann ein entsprechender den Haftungsfreiraum begrenzender Interessenkonflikt angenommen werden kann.66 Der Möglichkeit der Abberufung von Vorstandsmitgliedern i.S.d. § 84 Abs. 3 AktG ist ebenfalls mit Vorsicht zu begegnen.67 Zwar handelt es sich hierbei um ein durchaus effektiveres Mittel als einen Schadensersatzanspruch, doch sollte man auch bedenken, dass der Aufsichtsrat gerade aufgrund der bislang ungeklärten Rechtslage dazu gezwungen sein könnte, ein Vorstandsmitglied abzuberufen, das für die Geschicke des Unternehmens – trotz unzulässiger Incentivierung – von wesentlichem Wert ist. Entscheidend ist aber, dass dieses Sanktionsmittel im Falle solcher Boni untauglich ist, die entweder darauf hinwirken sollen, dass der Vorstand sein Amt aufgibt, oder aber im Zusammenhang mit Transaktionen erfolgen. Denn bei letzteren ist es keinesfalls unüblich, dass der Vorstand sein Amt nach erfolgter Übernahme ohnehin niederlegt. Da es sich hierbei um einen wesentlichen Anwendungsfall aktionärsseitiger Leistungen handelt, kann diese gravierende Sanktionslücke auch nicht als unbeachtlich abgetan werden. (3) Exkurs: Verstoß gegen das Verbot der Verfolgung von Eigeninteressen? Schließlich regen sich Bedenken gegen die Annahme von Sondervorteilen unter dem Verbot der Verfolgung von Eigeninteressen. Im Deutschen Corporate Governance Kodex finden sich die entsprechenden Ausprägungen nicht nur mit dem Verbot der Annahme von Leistungen Dritter nach Ziff. 4.3.2 DCGK, sondern noch ausdrücklicher in Ziff. 4.3.1 S. 2 HS. 1 DCGK, wonach es dem Vorstand untersagt ist, im Rahmen seiner Entscheidungen eigene Interessen zu verfolgen. Bei absolutem Verständnis dieses Verbots wäre aufgrund der Bedienung des finanziellen Eigeninteresses des Vorstands jegliche Drittleistung per se unzulässig, gleich, ob sie die Möglichkeit der Steigerung des eigenen Einkommens bspw. durch Erreichen bestimmter Schwellenwerte oder aber durch eine Bindung an den Aktienkurs des Unternehmens bedingt, weil schlicht jede entsprechende Zielerreichung oder Wertsteigerung unter dem Verdacht der unzulässigen Verfolgung von Eigeninteressen des Vorstands stünde. Allerdings sind insbesondere zwei nennenswerte „Ausnahmen“ anerkannt:
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s. dazu ausführlich unten 4. Teil A.III.1.a)aa); wobei man mit der bislang nicht in Bezug auf Drittvergütungen diskutierten, aber nach hier vertretenen Möglichkeit der Gewinnhaftung dieses Problem zumindest in gewissem Maß in den Griff bekommen, 4. Teil A.III.1.a)bb). 66 s. dazu ausführlich unten 4. Teil A.III.1.b). 67 s. dazu ausführlich unten 4. Teil A.III.2.a).
A. Zulässigkeit von aktionärsseitigen Leistungen – Drittvergütung
135
Wie bereits im zweiten Teil angedeutet, wäre zum einen ein entsprechendes Verbot insbesondere unter den Erwägungen der Principal-Agent-Theorie nicht interessengerecht. Ist der Eigenvorteil des Vorstands kongruent mit einem Nutzen für die Gesellschaft – als wesentliche Intention anreizorientierter Vergütung – wäre es gar kontraproduktiv, dem Vorstand unter Rückgriff auf das Verbot der Verfolgung von Eigeninteressen die incentivegetriebene Berücksichtigung von Eigeninteressen zu versagen. Folglich kann sich ein eigeninteressengeleitetes Handeln des Vorstands dann als legitim erweisen, wenn sich dessen Vorteil „mittelbar aus dem Unternehmensvorteil [bzw. Wohl des Unternehmens] ableitet“.68 Zum zweiten wird dann eine Ausnahme zugelassen, wenn das Vorstandsmitglied der Gesellschaft gegenüber als Privatperson und nicht in seiner organschaftlichen Stellung auftritt. Bei Abschluss von Rechtsgeschäften mit der Gesellschaft darf es somit nicht dazu gezwungen werden, eigene Interessen „aufzuopfern“.69 So ist es ihm namentlich bei der Aushandlung seiner Anstellungsbedingungen, und mithin der Höhe der eigenen Vergütung, nicht versagt, Eigeninteressen zu verfolgen.70 Die Grenze (zur Haftung) ist erst dann erreicht, wenn es aktiv auf das Aufsichtsratsmitglied in der Intention einwirkt, zum eigenen Vorteil eine die Gesellschaft übervorteilende Vergütungsstruktur zu erreichen.71 Entgegen vertretener Auffassung darf damit aber zumindest mit der zuletzt genannten Ausnahme nicht die Annahme aktionärsseitiger Leistungen durch den Vorstand legitimiert werden.72 Der Vergleich geht bereits im Ansatz fehl, denn die Zulässigkeit der Verfolgung persönlicher, privater Interessen im Rahmen gesellschaftsseitig gewährter Vergütung findet seine ökonomische Rechtfertigung in der Konkurrenz der Gesellschaften auf dem Markt für Führungskräfte73 und seine rechtliche in dem Grundsatz der Privatautonomie, wenn sich Vorstand und anstellende Gesellschaft als konträre Vertragsparteien gegenüberstehen.74 Indes kann 68 Begr. RegE, BT-Drucks. 15/5092 (UMAG), S. 11; Spindler, in: MüKo-AktG, § 93, Rn. 60; Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 93, Rn. 26; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 93, Rn. 72; ders., ZIP 2004, 685, 691; so auch, an dieser Stelle zu Recht, Hohaus/ Weber, DStR 2008, 104, 107. 69 Rhein, S. 106. 70 Hopt, ZGR 1993, 534, 541; Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 93, Rn. 108; Hopt/ Roth, in: Großkomm AktG, § 93, Rn. 243. 71 Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 87, Rn. 5, § 93, Rn. 107; Spindler, in: MüKoAktG, § 87, Rn. 136; ders., AG 2011, 725, 728; Schwark, FS Raiser, 2005, S. 377, 395; Drygala, FS Schneider, 2011, S. 275, 290; etwas weiter Brandes, ZIP 2013, 1107, 1111. 72 So aber v. Werder/Braun/Fromholzer, in: Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, II., Rn. 129; wohl auch, wenn auch etwas restriktiver Hohaus/Weber, DStR 2008, 104, 107; Weber, S. 160; anlässlich der Legitimation bieterseitiger Vorteile Drygala, FS Schmidt, 2009, S. 269, 280; Weber, S. 226; Heinrich, S. 313; Wöller, S. 206 ff., 221 für Drittvergütung im Rahmen von Drittanstellung. 73 Hopt, ZGR 1993, 534, 541; ders./Roth, in: Großkomm AktG, § 93, Rn. 243. 74 Durch die Vorgaben des § 87 Abs. 1 AktG unterliegt die Privatautonomie aber auch in dieser Situation einigen Einschränkungen, Hopt, ZGR 1993, 534, 541; ferner dazu Mertens/ Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 93, Rn. 108, 109.
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3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
weder die ökomische noch die rechtliche Erwägung auf aktionärsseitige Leistungen übertragen werden. So unterliegt der Vorstand bereits einer umfassenden Pflichtenbindung hinsichtlich der ihn anstellenden Gesellschaft (ist somit weder auf dem Markt für Führungskräfte „vorhanden“ oder angesprochen, noch in seiner persönlichen Stellung gegenüber der Gesellschaft) und erhält zudem bereits eine Vergütung für seine der Gesellschaft gegenüber zu erbringende Tätigkeit. Mithin ist auch der pauschalen Aussage, dass es dem Management grds. nicht verboten sei Eigeninteressen zu verfolgen,75 mit Skepsis zu begegnen, denn unbeschränkt öffnet dies die Tür zu weitergehenden Umgehungen der Pflichtenbindung.76 Wie aber die Ausführungen zum Nutzen auch aktionärsseitiger Leistungen deutlich machen, wäre es ebenso wenig sachgerecht, dieses Verbot uneingeschränkt gelten zu lassen, nur weil die Leistung nicht von der Gesellschaft selbst stammt. Denn auch hier besteht die Möglichkeit, dass sich der Vorteil des Managements mittelbar aus dem Vorteil der Gesellschaft ableitet. Die Verfolgung des eigenen Interesses ist somit auch im Rahmen aktionärsseitiger Vergütung dann kein Verstoß gegen die Loyalitätspflicht, wenn sie sich als Ausfluss vorgelagerter Überlegungen zum Nutzen für die Gesellschaft darstellt77 und die institutionellen Vorgaben einhält. In Abgrenzung zu in der Literatur vertretenen Erwägungen eignet sich die Rechtmäßigkeit von Ausnahmen zu diesem Verbot jedoch nicht zur eigenständigen Legitimation irgendeiner Drittleistung.78 cc) Zwischenfazit Allein durch die Tatsache, dass es sich bei Aktionären nicht um „gesellschaftsfremde“ Dritte handelt, ist der aus einer aktionärsseitigen Leistung folgende Interessenkonflikt des Vorstands, in Folge dessen sich dieser zu gesellschaftsschädlichen Maßnahmen veranlasst sehen könnte und damit die abstrakte Gefahr für die Gesellschaft nicht hinreichend eingedämmt. Ein interessenpluralistisches Unternehmensinteresse kann für sich gerade nicht hinreichend konkrete Vorgaben zur Zulässigkeit der Ausgestaltung der Vergütung an die Hand geben; zum einen, weil eine systematische Ausrichtung auf den shareholder value keinen rechtlichen Halt hat, 75 So aber Hohaus/Weber, DStR 2008, 104, 107; v. Werder/Braun/Fromholzer, in: Eilers/ Koffka/Mackensen, Private Equity, II., Rn. 129. 76 In diesem Sinne weist Hopt, ZGR 1993, 534, 541 darauf hin, dass, abgesehen vom Aushandeln von Eigeninteressen im Rahmen der Vergütung gegenüber der Gesellschaft, das Gesetz hinsichtlich der Zulässigkeit der Verfolgung von Eigeninteressen restriktiv ausgestaltet ist, wie das Wettbewerbsverbot nach § 88 AktG oder das Verbot der Kreditgewährung an Vorstandsmitgliedern nach § 89 AktG zeigen, von denen nur unter strengen Ausnahmen abgesehen werden könne; zu allgemeinen Grenzen Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 93, Rn. 107. 77 So auch Hohaus/Weber, DStR 2008, 104, 107; Weber, S. 160. 78 Gerade in diese Richtung gehen aber die Überlegungen von Hohaus/Weber, DStR 2008, 104, 107; v. Werder/Braun/Fromholzer, in: Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, II., Rn. 129.
A. Zulässigkeit von aktionärsseitigen Leistungen – Drittvergütung
137
zum anderen, weil das Unternehmensinteresse für sich zu unbestimmt ist. Eine Legitimation kann ferner auch nicht durch das zur Verfügung stehende aktienrechtliche Sanktionsinstrumentarium erfolgen, da eine Rechtsverfolgung allein ex post kaum erfolgsversprechend erscheint. b) Bewältigung des Interessenkonflikts durch zusätzliche prozessuale Vorgaben: Einbindung des Aufsichtsrats Das bedeutet freilich nicht, dass die Annahme aktionärsseitiger Leistungen generell als unzulässig angesehen werden muss. Vielmehr gewinnt die Frage an Bedeutung, ob und wie durch die Einbindung des Aufsichtsrats die abstrakte Gefahr der unzulässigen Verfolgung von Partikularinteressen hinreichend überwunden werden kann. aa) Einführender Exkurs: Einbindung des Aufsichtsrats als Kontrollorgan Nach § 111 Abs. 1 AktG überwacht der Aufsichtsrat die Geschäftsführung des Vorstands. Geschäftsführung ist dabei weniger i.S.v. § 77 AktG zu verstehen; zur Ausfüllung des Kontrollauftrags orientiert sich die herrschende Meinung vielmehr am Begriff der Leitung im Sinne von § 76 AktG.79 Nur durch diese Reduktion auf wesentliche Entscheidungen und Maßnahmen wird dem Zweck des § 111 AktG sachgerecht nachgekommen, die Tätigkeit des Vorstands zwar insgesamt einer Kontrolle durch den Aufsichtsrat zu unterstellen, nicht aber die Kompetenzabgrenzung zwischen Vorstand und Aufsichtsrat in Frage zu stellen.80 Die so verstandene Überwachung der Vorstandstätigkeit ist wesentliche und wichtigste Aufgabe des Aufsichtsrats.81 Im Kern geht es um die Kontrolle pflichtgemäßen Verhaltens des Vorstands, anhand der diesem aus § 93 AktG obliegenden Pflichten.82 Wesentlicher Aspekt ist die Rechtmäßigkeit der Geschäftsführung,83 angesprochen 79 Hüffer/Koch, AktG, § 111, Rn. 2; Spindler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 111, Rn. 7; Hopt/ Roth, in: Großkomm AktG, § 111, Rn. 160; Drygala, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 111, Rn. 11; Lutter/Krieger/Verse, Rechte und Pflichten des AR, § 3, Rn. 63. 80 Spindler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 111, Rn. 8; Hopt/Roth, in: Großkomm AktG, § 111, Rn. 160; Hüffer/Koch, AktG, § 111, Rn. 2. 81 Hopt/Roth, in: Großkomm AktG, § 111, Rn. 24; Hambloch-Gesinn/Gesinn, in: Hölters, AktG, § 111, Rn. 1; Spindler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 111, Rn. 1 („neben der Bestellung“); Lutter/Krieger/Verse, Rechte und Pflichten des AR, § 3, Rn. 61. 82 Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 111, Rn. 14; Hopt/Roth, in: Großkomm AktG, § 111, Rn. 301. 83 Überdies bezieht sich die Aufsichtsratskontrolle aber auch auf die Zweckmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit und (str.) Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung, BGH v. 25. 03. 1991 – II ZR 188/89, BGHZ 114, 127, 129 f.; s. ausführlich hierzu Hopt/Roth, in: Großkomm AktG, § 111, Rn. 301 ff.
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3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
ist damit auch die Einhaltung der Treuepflichten des Vorstands.84 Dabei ist der Aufsichtsrat keinesfalls auf eine nachträgliche Kontrolle beschränkt (etwa in Form der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen oder der Abberufung des Vorstands gem. § 84 Abs. 3 AktG),85 vielmehr obliegt ihm auch eine in die Zukunft gerichtete und damit präventive Kontrolle des Vorstandshandelns.86 So soll die Überwachung „nach Möglichkeit verhindern, dass es überhaupt zu beanstandungswürdigen Geschäftsführungsmaßnahmen kommt“,87 mit anderen Worten trifft ihn die Pflicht, auf die Rechtmäßigkeit des Vorstandshandelns hinzuwirken.88, 89 In diesem Sinne muss er auch darauf achten, dass der Vorstand keinen (gewichtigen) Interessenkonflikten ausgesetzt ist und sich im Rahmen seiner Entscheidungsfindung nicht von sachfremden Erwägungen leiten lässt.90 Eine entsprechende Einwirkung des Aufsichtsrats ist insbesondere kein unzulässiger Kompetenzübergriff, sondern gebotener Aspekt seiner Kontrollkompetenz, da ein für die Gesellschaft nachteiliges Handeln, welches auf der Verwirklichung von vorstandseigenen Interessen beruht, nicht gerechtfertigt sein kann.91 Im Falle von Drittvergütungen kann die Kontrollaufgabe des Aufsichtsrats damit genau genommen in zweierlei Weise angesprochen sein. Zum einen kann bereits die Annahme der Leistung selbst einen Treuepflichtverstoß begründen, wenn sie dem Unternehmensinteresse oder dem Kompetenzgefüge per se widerspricht und daher die bloße Annahme zu einer solch abstrakten Gefährdung führt, dass sie bereits für sich einen Verstoß gegen die Pflicht der Rechtmäßigkeit des Vorstandshandelns darstellt. Zum anderen – wenn auch tatsächlich untrennbar damit zusammenhängend
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Ausdrücklich hebt das noch Semler, in: MüKo-AktG, 2. Aufl. 2004, § 111, Rn. 124 hervor; indirekt auch Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 111, Rn. 14; Hopt/Roth, in: Großkomm AktG, § 111, Rn. 301; Habersack, in: MüKo-AktG, § 111, Rn. 29, Überwachung der Einhaltung der „Grenzen unternehmerischen Ermessens“; Spindler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 111, Rn. 18; ders., NZG 2005, 689, 691; Heinrich, S. 314 f. 85 BGH v. 21. 04. 1997 – II ZR 175/95, NJW 1997, 1926, 1926 ff. – ARAG/Garmenbeck; Hüffer/Koch, AktG, § 111, Rn. 5 ff.; Habersack, in: MüKo-AktG, § 111, Rn. 29 ff. 86 Hopt/Roth, in: Großkomm AktG, § 111, Rn. 58 ff., weisen auf die seit Anfang der neunziger Jahre stärkere Betonung der präventiven Kontrolle hin; Drygala, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 111, Rn. 18 f.; Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 111, Rn. 14; Habersack, in: MüKo-AktG, § 111, Rn. 29 ff. 87 Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 111, Rn. 14. 88 BGH v. 16. 03. 2009 – II ZR 280/07, NZG 2009, 550, 551; Habersack, in: MüKo-AktG, § 111, Rn. 42. 89 Zu Einwirkungsmöglichkeiten des Aufsichtsrats s. exemplarisch die Übersicht bei Lutter/Krieger/Verse, Rechte und Pflichten des AR, § 3, Rn. 109, 110 ff. 90 Spindler, NZG 2005, 689, 691; ders., in: Spindler/Stilz, AktG, § 111, Rn. 18; Semler, in: MüKo-AktG, 2. Aufl. 2004, § 111, Rn. 124; Heinrich, S. 314 f. 91 Anschaulich Semler, in: MüKo-AktG, 2. Aufl. 2004, § 111, Rn. 124; s. dazu ausführlich im Zusammenhang mit der Vergütungskompetenz des Aufsichtsrats unten 3. Teil A.III.3.b) bb)(2)(b).
A. Zulässigkeit von aktionärsseitigen Leistungen – Drittvergütung
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– ist sogleich die Notwendigkeit präventiver Kontrolle berührt.92 Denn gerade durch die mit jeder Drittvergütung verbundene Stimulierung von finanziellen Eigeninteressen besteht die Gefahr der sachwidrigen Ablenkung von der eigentlichen Pflichtenbindung und damit der Berücksichtigung sachfremder Erwägungen – eine wichtige Rolle spielt dabei auch die Vergütungskompetenz des Aufsichtsrats gem. §§ 87, 84 AktG.93 bb) Pflicht zur Offenlegung von Interessenkonflikten Der Vorstand ist gegenüber dem Aufsichtsrat zu „unbedingter Offenheit“ verpflichtet.94 Neben den Berichtspflichten nach § 90 AktG konkretisiert sich dies insbesondere in der Pflicht zur Offenlegung von Interessenkonflikten gegenüber dem Aufsichtsrat,95 was auch in Ziff. 4.3.4 S. 1 DCGK deklaratorisch hervorgehoben ist.96 Denn Ausdruck der organschaftlichen Treuepflicht ist auch die Gewährleistung der zuvor beschriebenen Verhaltenskontrolle durch den Aufsichtsrat.97 Insofern trifft ihn eine „Förderpflicht“ dahingehend, dem Aufsichtsrat eine angemessene Kontrolle darüber zu ermöglichen, ob er seiner organschaftlichen Treuepflicht genügt.98 Kommt er dieser Verpflichtung nicht nach, liegt bereits hierin ein Treuepflichtverstoß des Vorstands. Aufgrund ihres immanenten Konfliktpotentials gilt daher die Pflicht zur Offenlegung zwingend für jegliche Drittvergütung.99 Der Aufsichtsrat, als 92
Allgemein kommen in diesem Zusammenhang u. a. informelle Gespräche, eine formelle Beanstandung oder, bei Vorliegen eines wichtigen Grundes, gar die Abberufung des Vorstands in Betracht. Bei absehbaren drohenden Schäden ist überdies anerkannt, dass sich das Ermessen des Aufsichtsrats in der Art reduziert, dass er einen Zustimmungsvorbehalt zu etablieren hat, BGH v. 15. 11. 1993 – II ZR 235/92, NJW 1994, 520, 524; Spindler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 111, Rn. 29 93 s. dazu ausführlich 3. Teil A.III.3. 94 BGH v. 26. 03. 1956 – II ZR 57/55, BGHZ 20, 239, 246; Spindler, in: MüKo-AktG, § 93, Rn. 108, § 76, Rn. 13; Möllers, in: Hommelhoff/Hopt/v. Werder, Hdb. Corporate Governance, S. 423, 431; Seibt, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 76, Rn. 7; im Zusammenhang mit bieterseitigen Leistungen auch Heinrich, S. 314. 95 Allg.M., Hopt, ZGR 2004, 1, 24 f.; ders./Roth , in: Großkomm AktG, § 93, Rn. 275; Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 93, Rn. 110; Spindler, in: MüKo-AktG, § 93, Rn. 108, § 76, Rn. 13; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 93, Rn. 124; ders., WM 2003, 1045, 1050; Bürgers/Israel, in: Bürgers/Körbers, AktG, § 93, Rn. 6; Seibt, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 76, Rn. 7; Möllers, in: Hommelhoff/Hopt/v. Werder, Hdb. Corporate Governance, S. 423, 431; Wiedemann, S. 28; im Zusammenhang mit bieterseitigen Leistungen auch Heinrich, S. 314. 96 Ziff. 4.3.4 S. 1 DCGK: „Jedes Vorstandsmitglied soll Interessenkonflikte dem Aufsichtsrat gegenüber unverzüglich offenlegen und die anderen Vorstandsmitglieder hierüber informieren.“. 97 Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 93, Rn. 110; Heinrich, S. 314. 98 Semler, in: MüKo-AktG, 2. Aufl. 2004, § 111, Rn. 271; hierauf auch hinweisend Heinrich, S. 315; ferner Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 93, Rn. 110. 99 A.A. wohl nur Kalb/Fröhlich, NZG 2014, 167, 170, zumindest, sofern es sich um einmalige Zahlungen handelt.
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3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
das zum einen für die Überwachung des Vorstands und zum anderen gem. §§ 84, 87 AktG für die Vergütung zuständige Organ, muss daher über Art, Höhe und sonstige Ausgestaltung der Zuwendung informiert werden. Eine andere Frage ist aber, ob bereits durch die bloße Offenlegung eine hinreichende, den Interessenkonflikt bewältigende Kontrolle ermöglicht wird.100 Denn die ex post greifenden Einwirkungsmöglichkeiten, wie etwa Beanstandungen des Aufsichtsrats, beschränken sich auf bloß faktischen Druck.101 Rechtlich verbindlich wäre ein Zuwiderhandeln daher allein über das bereits angesprochene unbefriedigende Sanktionsarsenal ex post zu sanktionieren. Gegenüber dem zuvor dargestellten Vorschlag, der Pflicht zur Ausrichtung auf das Unternehmensinteresse, ist damit kein wirklich weitergehender Schutz gewonnen.102 Wenig überzeugend ist daher der Einwand, dass dem Aufsichtsrat durch die Offenlegung immerhin die Möglichkeit gegeben würde, die gesellschaftsseitige Vergütung unter Berücksichtigung der Drittvergütung zu bestimmen oder anzupassen und somit insgesamt eine Vergütungsstruktur zu schaffen, welche die gesetzten aktionärsseitigen Anreize ausgleichen könnte.103 Neben den beträchtlichen praktischen Schwierigkeiten, eine nachträgliche Herabsetzung der Vorstandsvergütung mittels § 313 Abs. 1 BGB oder § 87 Abs. 2 AktG (analog) durchzusetzen,104 würde dadurch der Aufsichtsrat in der Ausübung seiner Funktion faktisch geschwächt, da er (im hypothetischen Extremfall) nicht mehr das die gesamte Vergütung kontrollierende Organ wäre, sondern nur noch durch Anpassung auf die Vergütung Einfluss nehmen könnte – im Hinblick auf die organschaftliche Treuepflicht ist dies insbesondere dann problematisch, wenn man annimmt, dass die oben beschriebene Kontrollfunktion des Aufsichtsrats auch in dessen Vergütungskompetenz zum Ausdruck kommt. Vergleicht man in diesem Sinne aktionärsseitige mit gesellschaftsseitigen Leistungen, kommt die Diskrepanz des mit der bloßen Informationspflicht faktisch einhergehenden Rechtsschutzes ex post besonders deutlich zum Tragen: Naturgemäß wohnt gesellschaftsseitigen Leistungen – abstrakt gesehen – ein geringerer Interessenkonflikt inne als aktionärsseitigen Leistungen, da ersteren das Verdikt der Ausrichtung auf Partikularinteressen nicht in gleicher Weise anlastet wie letzteren. Indes müssen gesellschaftsseitige Leistungen keinesfalls „nur“ abstrakt 100 So Hohaus/Weber, DStR 2008, 104, 107; ferner, wenngleich nicht im Zusammenhang mit den organschaftlichen Treuepflichten Traugott/Grün, AG 2007, 761, 768. 101 Lutter/Krieger/Verse, Rechte und Pflichten des AR, § 3, Rn. 109, 110 ff. 102 In diesem Sinne erkennen auch die meisten Befürworter einer Zulässigkeit aktionärsseitiger Leistung unter dem Aspekt des Unternehmensinteresses eine Offenlegungspflicht gegenüber dem Aufsichtsrat an, s. Traugott/Grün, AG 2007, 761, 768; Hohaus/Weber, DStR 2008, 104, 107; v. Werder/Braun/Fromholzer, in: Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, II., Rn. 136; weiter noch Kalb/Fröhlich, NZG 2014, 167, 169. 103 Kirchner/Iversen, NZG 2008, 921, 924 f.; Kalb/Fröhlich, NZG 2014, 167, 169; v. Werder/Braun/Fromholzer, in: Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, II., Rn. 136. 104 So der Vorschlag von Kirchner/Iversen, NZG 2008, 921, 924 f.
A. Zulässigkeit von aktionärsseitigen Leistungen – Drittvergütung
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mit dem Unternehmensinteresse vereinbar sein, sie müssen vielmehr auch die Umstände des Einzelfalls berücksichtigen, und zwar nicht nur hinsichtlich ihrer Höhe, sondern auch hinsichtlich der von ihnen ausgehenden Anreizwirkung. Bei Festlegung der gesellschaftsseitigen Vergütung hat insofern der Aufsichtsrat nach Maßgabe des § 87 Abs. 1 AktG i.V.m. § 116 S. 3 AktG eine Vielzahl von einzelfallabhängigen Kriterien zu beachten. Nur das Zusammenspiel unterschiedlicher und einzelfallbezogener Kriterien macht die Vergütungen im Rahmen eines pluralistischen Unternehmensinteresses zulässig. Gleichzeitig – und das ist entscheidend – dient die Vergütung dem Aufsichtsrat aber auch als Kontrollinstrument zur Gewährleistung eines mit dem Unternehmensinteresse konformen Vorstandshandelns: So überschreitet das weite Ermessen des Vorstands bei Festlegung der Unternehmensstrategie seine Grenzen, wenn diese nicht mehr im Unternehmensinteresse liegt.105 Dem Aufsichtsrat steht dann als Ausfluss seiner Kontroll- und Vergütungskompetenz nach §§ 84, 87 Abs. 1, 111 AktG das Recht zu, zur Sicherung des Unternehmensinteresses eine von der angestrebten Unternehmensstrategie abweichende Vergütung festzulegen.106 Der Schutz der Gesellschaft vor eigenmächtigem Handeln des Vorstands unter Berücksichtigung von Partikularinteressen ist damit nicht auf Schadensersatzansprüche ex post beschränkt, sondern greift bereits ex ante noch vor potentiellen Schadensfällen ein. Warum dann aber aktionärsseitige Leistungen und das dadurch beeinflusste Vorstandshandeln – nochmals: als im Vergleich zur gesellschaftsseitigen Vergütung potentiell konfliktträchtigere Maßnahme – durch die Beschränkung auf einen ex post-Schutz, unter dem Unternehmensinteresse eine großzügigere Behandlung als gesellschaftsseitige Leistungen erfahren sollen, lässt sich nicht erklären. cc) Pflicht zur Einholung der Zustimmung des Aufsichtsrats Reicht damit die Offenlegung allein nicht aus, kommt die Pflicht des Vorstands in Betracht, eine Drittvergütung nicht ohne Zustimmung des Aufsichtsrats anzunehmen. Damit könnte hinreichend gewährleistet werden, dass Drittvergütungen von objektiver Stelle auf Vereinbarkeit mit dem Unternehmenswohl und -interesse überprüft werden. Auch würden so etwaige Widersprüche gegen die bereits bestehende Vergütung von vornherein unterbunden und damit einer Verstärkung des Anreizes zur Ausnutzung von Handlungsspielräumen und damit schädigendem Verhalten an effektiver Stelle entgegengewirkt werden. Im Endeffekt würden damit die sich spezifisch aus der Eigenschaft als aktionärsseitige Leistung ergebenden Probleme in dem Maße unter Kontrolle gebracht werden können, dass die von ihr ausgehende abstrakte Gefährdung des Gesellschaftswohls nicht mehr derart präsent erschiene, als dass aktionärsseitige Leistung per se als unzulässig anzusehen wären. Und obwohl daher ein solcher Zustimmungsvorbehalt oder genauer Einwilli105
s. dazu oben 2. Teil C.III. Spindler, in: MüKo-AktG, § 87, Rn. 78; Weber, in: Hölters, AktG, § 87, Rn. 13, 32; Wagner, AG 2010, 774, 779; Raapke, S. 149. 106
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3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
gungsvorbehalt von der h.M. zur Drittvergütung gefordert bzw. akzeptiert wird,107 ist noch nicht hinreichend geklärt, ob den Vorstand eine Pflicht zur Einholung der Zustimmung trifft und ob dem Aufsichtsrat ohne gesetzgeberische Ermächtigung eine entsprechende Kompetenz überhaupt übertragen werden darf. Denn im Gegensatz zur Pflicht zur Offenlegung von Interessenkonflikten handelt es sich nicht um eine eigenständige, allgemein geltende Fallgruppe der organschaftlichen Treuepflicht. Eine Pflicht des Vorstands zur Einholung der Zustimmung des Aufsichtsrats zur Annahme einer Drittvergütung kann daher nur angenommen werden, wenn die Art und die Umstände des durch die Drittvergütung hervorgerufenen Interessenkonflikts eine Verdichtung der aus der organschaftlichen Treuepflicht folgenden „Förderpflicht“ einer angemessenen Verhaltenskontrolle durch den Aufsichtsrat bewirken. Bedient man sich des Vokabulars des öffentlichen Verwaltungsrechts, könnte man von der Notwendigkeit einer „Ermessensreduzierung auf Null“ sprechen. (1) Herleitung einer entsprechenden Förderpflicht des Vorstands unter Berücksichtigung geregelter Zustimmungsvorbehalte (a) Keine Anwendbarkeit des §111 Abs. 4 S. 2 AktG Bei Zustimmungsvorbehalten des Aufsichtsrats ohne ausdrückliche gesetzliche Grundlage ist zuallererst an § 111 Abs. 4 S. 2 AktG zu denken. Danach können Satzung oder Aufsichtsrat bestimmen, dass bestimmte Geschäfte nur mit Zustimmung des Aufsichtsrats vorgenommen werden dürfen. Jedoch scheidet eine Vergleichbarkeit mit dem durch Drittvergütung verursachten Interessenkonflikt bereits im Ansatz aus. Erkennbar bezieht sich diese „Möglichkeit rechtsverbindlicher Einflussnahme“108 des Aufsichtsrats auf konkrete Geschäfte und damit allein auf bestimmte Geschäftsführungsmaßnahmen und -entscheidungen.109 Wenngleich dies nach vertretener Auffassung auch unternehmerische Leitentscheidungen umfasst,110 ist damit dennoch keine hinreichende Parallele zum vorliegenden Sachverhalt geschaffen. Denn ein Zustimmungsvorbehalt des Vorstands im Rahmen von Dritt107
Wie hier für vorherige Zustimmungspflicht Mayer-Uellner, AG 2011, 193, 199; Hohaus/ Weber, DStR 2008, 104, 108; Redenius-Hövermann/Bertog, Der Aufsichtsrat 2012, 174, 176; wohl auch Lutter/Krieger/Verse, Rechte und Pflichten des AR, § 7, Rn. 417; nicht nach dem Zeitpunkt differenzierend Bauer/Arnold, DB 2006, 260, 265; Diekmann, FS Maier-Reimer, 2010, S. 75, 83; Spindler, in: MüKo-AktG, § 87, Rn. 73; Weber, in: Hölters, AktG, § 87, Rn. 13; a.A. Traugott/Grün, AG 2007, 761, 768; Kirchner/Iversen, NZG 2008, 921, 924; Kalb/Fröhlich, NZG 2014, 167, 169 f.; v. Werder/Braun/Fromholzer, in: Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, II., Rn. 134 ff.; Schwennicke, in: Grigoleit, AktG, § 87, Rn. 14. 108 Lutter/Krieger/Verse, Rechte und Pflichten des AR, § 3, Rn. 109, 112. 109 Drygala, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 111, Rn. 59; Spindler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 111, Rn. 64 ff.; Hopt/Roth, in: Großkomm AktG, § 111, Rn. 638. 110 Hüffer/Koch, AktG, § 111, Rn. 41; Hopt/Roth, in: Großkomm AktG, § 111, Rn. 653; einschränkend Spindler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 111, Rn. 64; Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 111, Rn. 86; Lutter/Krieger/Verse, Rechte und Pflichten des AR, § 3, Rn. 120.
A. Zulässigkeit von aktionärsseitigen Leistungen – Drittvergütung
143
vergütungen bezieht sich auf die Kontrolle des damit abstrakt verbundenen Interessenkonflikts und damit gerade nicht auf eine unternehmerische Entscheidung oder Maßnahme.111 (b) Explizit geregelte Zustimmungsvorbehalte zur Kontrolle von Interessenkonflikten Mehr Aufschluss geben dagegen die gesetzlich geregelten Fälle von Zustimmungsvorbehalten in § 88 AktG und § 89 AktG. Hier zeigt sich, dass die Etablierung eines Zustimmungsvorbehalts zur Kontrolle und Gewährleistung treugemäßen Verhaltens dem Gesetz keinesfalls fremd ist: Nach § 88 Abs. 1 AktG dürfen Vorstandsmitglieder ohne Einwilligung des Aufsichtsrats weder ein Handelsgewerbe betreiben, noch im Geschäftszweig der Gesellschaft für eigene oder fremde Rechnung Geschäfte machen. Das dadurch etablierte Wettbewerbsverbot wird nach einhelliger Auffassung als spezielle Ausprägung der organschaftlichen Treuepflicht angesehen.112 Insofern bestünde es auch unablässig einer expliziten konkretisierenden gesetzlichen Regelung.113 Wie bereits in den einleitenden Ausführungen herausgestellt,114 ist eine Einwilligung durch den Aufsichtsrat i.S.d. § 88 AktG nur dann möglich, wenn eine Beeinträchtigung der Belange des Unternehmens nicht zu befürchten ist. Der Aufsichtsrat kann daher nicht grenzenlos seine Einwilligung zur Vornahme unter das Wettbewerbsverbot fallender Maßnahmen geben, sondern nur dann, wenn die Nebentätigkeit im Interesse der Gesellschaft liegt oder aber die Pflichtgemäßheit der Amtsausübung des Vorstands in sonstiger Weise nicht in Frage stellt.115 Damit wird nichts anderes als die Kon111
Wenngleich bspw. die Übernahme von Aufsichtsratsmandaten durch Vorstandsmitglieder in anderen Gesellschaften, die ebenfalls keine unternehmerische Entscheidung des Vorstandsmitglieds darstellen und im Übrigen nicht in den Anwendungsbereich des § 88 AktG fallen, unter den Anwendungsbereich von § 111 Abs. 4 S. 2 gefasst wird (d. h. an das Einwilligungserfordernis des Aufsichtsrats per Satzung oder durch dessen Entscheidung gebunden werden kann), ausdrücklich Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 88, Rn. 2; ähnlich Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 88, Rn. 25. 112 Zumindest, sofern im Rahmen des Wettbewerbsverbots nach § 88 AktG der Schutz der Gesellschaft vor Wettbewerbshandlungen ihrer Vorstandsmitglieder angesprochen ist, zu der damit zusammenhängenden Differenzierung, s. etwa Weber, in: Hölters, AktG, § 88, Rn. 1, m.w.Nachw.; zur unbestr. Ausprägung der organschaftlichen Treuepflicht Hopt, ZGR 2004, 1, 10; ders./Roth, in: Großkomm AktG, § 93, Rn. 247 f.; Kort, in: Großkomm AktG, § 88, Rn. 1; Hüffer/Koch, AktG, § 88, Rn. 1; Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 88, Rn. 2; Krieger/ Sailer-Coceani, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 93, Rn. 21; Seibt, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 88, Rn. 1; Spindler, in: MüKo-AktG, § 88, Rn. 1; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 88, Rn. 2; ders., WM 2003, 1045, 1050. 113 Kort, in: Großkomm AktG, § 88, Rn. 1; Insbesondere im Hinblick auf das Verbot des Geschäftemachens im Geschäftszweig der Gesellschaft, Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 88, Rn. 2. 114 s. dazu oben 2. Teil A.IV. 115 Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 88, Rn. 2, 8; Hohaus/Weber, DStR 2008, 104, 108.
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3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
trollaufgabe des Aufsichtsrats explizit im Hinblick auf potentiell wettbewerbswidrige Handlungsweisen des Vorstands vorverlagert. Die Zustimmungspflicht dient damit der Vermeidung entsprechender Interessenkonflikte. Gleiches Bild zeichnet sich bei einem Blick auf § 89 AktG. Dieser knüpft die Kreditgewährung der Aktiengesellschaft an Vorstandsmitglieder oder diesen nahe stehenden Personen an besondere Anforderungen. Neben materiell einzuhaltender Regeln und Bedingungen ist die Zulässigkeit der Kreditgewährung an das Vorstandsmitglied selbst zudem an einen Beschluss des Aufsichtsrats (Abs. 1) bzw., bei Gewährung an dem Vorstand nahe stehende Personen, an die Zustimmung des Aufsichtsrats gebunden (Abs. 2 bis 4). Grund ist auch hier u. a. die Konfliktträchtigkeit – so wird die Kreditgewährung nach § 89 AktG als ein „Musterbeispiel für organschaftliche Interessenkonflikte“ bezeichnet.116 Geschäfte der Gesellschaft mit dem Vorstandsmitglied liegen nach § 112 Abs. 1 AktG zwar ohnehin in der Kompetenz des Aufsichtsrats, doch kommt durch diese ausdrückliche Einbindung des Aufsichtsrats der damit verbundene Zweck deutlicher zum Vorschein: Der Schutz der Gesellschaft durch die präventive Einbindung einer Kontrollinstanz.117 Zuletzt setzt sich diese Vorgehensweise im Umgang mit Interessenkonflikten in den Vorgaben des Deutschen Corporate Governance Kodex fort. Unter dem Abschnitt 4.3 („Interessenkonflikte“) finden sich gleich zwei Vorschriften, welche die Einholung der Zustimmung zur Konformität mit den Vorgaben des Kodex vorschreiben. So sollen nach Ziff. 4.3.4 S. 2, 3 DCGK wesentliche Geschäfte zwischen dem Vorstand bzw. diesem nahe stehender Personen einerseits und der Gesellschaft andererseits u. a. der Zustimmung des Aufsichtsrats bedürfen.118 Nach Ziff. 4.3.5 DCGK sollen Vorstandsmitglieder zudem Nebentätigkeiten, insbesondere Aufsichtsratsmandate außerhalb des Unternehmens, nur mit Zustimmung des Aufsichtsrats übernehmen. (c) Rückschluss auf die Handhabung des durch Drittvergütung hervorgerufenen Interessenkonflikts Sucht man zunächst nach Gemeinsamkeiten der gesetzlich und im Kodex durch die Einbindung des Aufsichtsrats zu kontrollierenden Interessenkonflikte, stößt man auf zwei kennzeichnende Kriterien: Erstens handelt es sich durchweg um Fälle, in denen sich der Vorstand „aktiv“ in den Interessenkonflikt selbst oder zumindest eine konfliktträchtige Situation begibt. Berücksichtigt man, dass Interessenkonflikte wohl nur in den seltensten Fällen zu einem gänzlichen Ausschluss des Vorstands116 So Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 89, Rn. 1; ferner Hopt, ZGR 2004, 1, 9; Kort, in: Großkomm AktG, § 89, Rn. 2; Spindler, in: MüKo-AktG, § 89, Rn. 1. 117 Ähnlich Spindler, in: MüKo-AktG, § 89, Rn. 2, 1. 118 Da der Aufsichtsrat die Gesellschaft bei Geschäften mit dem Vorstand ohnehin vertritt, erlangt diese Vorgabe nur für Geschäften zwischen den Vorstandsmitgliedern und Konzernunternehmen sowie Geschäften mit dem Vorstand nahestehenden Personen Bedeutung, Bachmann, in: Kremer/Lutter/Bachmann/v. Werder, DCGK, Rn. 1123.
A. Zulässigkeit von aktionärsseitigen Leistungen – Drittvergütung
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mitglieds an der Entscheidungsfindung führen,119 handelt es sich somit um ein vorgelagertes Kontrollinstrument für solche Konstellationen, in denen der Vorstand „ohne Not“ die Gefahr des beeinträchtigenden Interessenkonflikts provoziert. Zweitens liegt der Beweggrund für das Begeben in die konfliktträchtige Lage in der Befriedigung finanzieller Eigeninteressen des Vorstands oder ihm nahestehender Personen. Dies zeigt sich besonders etwa am Wettbewerbsverbot, das häufig auf eine zusätzliche Einkommensmöglichkeit des Vorstands abzielt. Beide Kriterien finden sich in besonderem Maße auch im Rahmen der Drittvergütung: Durch die Drittvergütung begibt sich der Vorstand von sich aus in den Interessenkonflikt.120 Insbesondere besteht hierfür grds. kein essentielles Bedürfnis, ist doch davon auszugehen, dass er in aller Regel bereits eine angemessene Vergütung für seine Vorstandstätigkeit von der Gesellschaft erhält. So darf auch die Rechtfertigung von Drittvergütungen anhand der Principal-Agent-Theorie nicht darüber hinweg täuschen, dass entsprechende Verhaltensanreize bei ordnungsgemäßer, theoretisch idealer Pflichterfüllung nicht notwendig wären und damit allein einem pflichtwidrigen Verhalten des Vorstands vorbeugen sollen, ein entsprechender Anspruch auf solche Leistungen aber in keinem Fall angenommen werden kann. Der Grund für die durch die Drittvergütung hervorgerufene Gefahr des gesteigerten Interessenkonflikts liegt daher aus Sicht des Vorstands allein in der Stimulierung finanzieller Eigeninteressen. Bereits aufgrund dieses Vergleichs erscheint die Etablierung eines Zustimmungsvorbehalts für die Annahme von Drittvergütungen angezeigt, sind doch die Interessenkonflikte in Beweggrund und Situation ähnlich gestrickt. Endgültig zeigt sich die Notwendigkeit einer Verdichtung der „Förderpflicht“ des Vorstands aber bei Berücksichtigung der Unterschiede der im Falle von §§ 88, 89 AktG drohenden Interessenkonflikte und dem durch die Drittvergütung provozierten Interessenkonflikt:121 So hat jedwede Drittleistung das Potential, einen Interessenkonflikt zu verursachen, der den Vorstand in seiner Verpflichtung auf das Unternehmensinteresse und in seiner Integrität beeinflussen kann. In den dargestellten Fällen in § 88 AktG und in § 89 AktG liegen entsprechende Interessenkonflikte im Hinblick auf die Amtsausübung gerade nicht vor, sofern die Voraussetzungen der jeweiligen Einwilligung eingehalten werden. Genau das gewährleistet die Einbindung des Aufsichtsrats. Damit sind diese Konstellationen hypothetisch jedoch gar noch eher ohne Einwilligungserfordernis des Aufsichtsrats denkbar als die Drittvergütung: Denn werden die jeweiligen Voraussetzungen der §§ 88, 89 AktG eingehalten, hat die Zustimmung des Aufsichtsrats – vereinfacht gesagt – lediglich bestätigende Funktion. Dagegen bleibt der Interessenkonflikt im Rahmen von Drittvergütungen aufgrund der psychologischen Wirkung aktionärsseitiger Leis119 Hüffer/Koch, AktG, § 77, Rn. 8; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 77, Rn. 25 f.; Weber, in: Hölters, AktG, § 77, Rn. 25; Kort, in: Großkomm AktG, § 77, Rn. 14. 120 Ebenso Lutter/Krieger/Verse, Rechte und Pflichten des AR, § 7, Rn. 417. 121 Die Besonderheit des durch Drittvergütungen verursachten Interessenkonflikts ggü. diesen per Gesetz geregelten Konfliktsituationen wurde bereits eingangs herausgestellt, s. dazu 2. Teil A.IV.
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3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
tungen bestehen, selbst wenn die für ihre Legitimation erforderlichen Voraussetzungen (die insbesondere im Hinblick auf das Unternehmenswohl sogar noch deutlich schwerer zu konkretisieren sind als im Falle des Wettbewerbsverbots oder der Kreditvergabe) eingehalten werden. Die Einbindung des Aufsichtsrats in seiner Kontrollfunktion erscheint damit ungleich notwendiger, da sie über die beschriebene bestätigende Funktion hinausgeht. Die Zulässigkeit der Drittvergütung bedarf somit gerade der aktiven Entscheidung einer kontrollierenden Instanz – und damit des Aufsichtsrats – darüber, ob der legitimierende Nutzen einer Leistung gegenüber den von ihr ausgehenden potentiellen Gefahren, insbesondere im Hinblick auf den fortwährenden Interessenkonflikt des Vorstands, ausreichend ist. Sieht man zudem die Gefahr eines (zusätzlichen) Eingriffs in die Leitungsautonomie des Vorstands122 und in die Vergütungskompetenz des Aufsichtsrats,123 ist kein anderer Schluss zulässig, als die Einholung der Zustimmung des Aufsichtsrats bereits aus der „Förderpflicht“ des Vorstands herzuleiten. (2) Zulässigkeit der Etablierung eines Zustimmungsvorbehalts Eine dementsprechend verdichtete organschaftliche „Förderpflicht“ des Vorstands ist aber nur dann zulässig, wenn die Etablierung eines solchen Zustimmungsvorbehalts außerhalb gesetzlicher Regelungen überhaupt möglich ist. So könnte man einwenden, dass außerhalb gesetzlich ausdrücklich geregelter Fälle ein Zustimmungsvorbehalt des Aufsichtsrats allein nach Maßgabe des § 111 Abs. 4 S. 2 AktG möglich ist und dieser darüber hinaus – mangels Anwendbarkeit auf den vorliegenden Sachverhalt – Sperrwirkung entfaltet. Hiergegen sprechen jedoch folgende Erwägungen: So ist § 111 Abs. 4 S. 2 AktG zunächst als Zugeständnis an das Verbot der Geschäftsführung durch den Aufsichtsrat nach §§ 76, 111 Abs. 4 S. 1 AktG zu verstehen. Grds. verhält sich der Aufsichtsrat seinerseits pflichtwidrig, wenn er in die Geschäftsführung als Kernkompetenz des Vorstands eingreift.124 Problematisch daran ist, dass sich Geschäftsleitungsaufgabe des Vorstands und Überwachungsaufgabe des Aufsichtsrats nicht immer klar trennen lassen und in der Praxis eher von kooperativer Beratung als von einer trennscharfen Abgrenzung die Rede ist.125 Um daher dem Aufsichtsrat ohne seinerseitigen Pflichtverstoß eine angemessene Kontrolle der Geschäftsleitung zu ermöglichen, sieht § 111 Abs. 4 S. 2 AktG für den Bereich der Geschäftsführung eine „Auflockerung“ des Verbots in Form der Verankerung von Zustimmungsvorbehalten vor.126 Im Vergleich zum gesetzlichen Regelfall hat der Zustimmungsvorbehalt des § 111 Abs. 4 S. 2 AktG damit eher eine 122 123 124 125 126
be“.
s. dazu ausführlich unten 3. Teil A.III.2. s. dazu ausführlich unten 3. Teil A.III.3. Statt aller Hambloch-Gesinn/Gesinn, in: Hölters, AktG, § 111, Rn. 70. K. Schmidt, GesR, § 28 III. 1., S. 820; Altmeppen, FS Schmidt, 2009, S. 23, 23. Hopt/Roth, in: Großkomm AktG, § 111, Rn. 583, „Ausfluss der Überwachungsaufga-
A. Zulässigkeit von aktionärsseitigen Leistungen – Drittvergütung
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kompetenzerweiternde denn eine kompetenzbeschränkende Wirkung. Das gilt umso mehr, als die Notwendigkeit des Zustimmungsvorbehalts im Zusammenhang mit Drittvergütungen aus der Kontrollkompetenz des Aufsichtsrats herrührt und damit – in Abgrenzung zu Fragen der Geschäftsführung – gerade in die Kernkompetenz des Aufsichtsrats fällt. Ebenso wenig entfalten die gesetzlich geregelten Fälle des Zustimmungsvorbehalts zur Kontrolle organschaftlicher Treuepflichten des Vorstands eine abschließende Wirkung, eher im Gegenteil: Da bspw. § 88 AktG nur einen Aspekt der organschaftlichen Treuepflicht einer Regelung unterwirft, soll ihm hinsichtlich der Zulässigkeit von Zustimmungsvorbehalten zu Gunsten des Aufsichtsrats gerade keine abschließende Bedeutung zukommen.127 In diesem Sinne wird die analoge Anwendung des § 88 AktG auf vergleichbare Fälle für zulässig erachtet, etwa auf Fälle, in denen das Vorstandsmitglied kein Handelsgewerbe im rechtstechnischen Sinne betreibt.128 Aber auch in allgemeineren Fällen wird eine analoge Anwendung des § 88 AktG in Erwägung gezogen: Ist bspw. im Rahmen unternehmerischer Entscheidungen nicht hinreichend geklärt, ob der sich in einem Interessenkonflikt befindliche Vorstand hinreichend frei von Sonderinteressen handelt, so wird im Hinblick auf die Anwendbarkeit der Privilegierung der Business Judgement Rule gefordert, analog § 88 AktG vom Aufsichtsrat die Entscheidung darüber einzuholen, ob der Vorstand (oder das betroffene Vorstandsmitglied) über die betreffende Maßnahme entscheiden darf.129 Und auch im Falle von Drittvergütungen wird eine Zustimmungspflicht des Aufsichtsrats teils unter dem Rechtsgedanken des § 88 AktG erwogen.130 Wenngleich es nach hier vertretener Auffassung einer analogen Anwendung des § 88 AktG auf den vorliegenden Fall nicht bedarf und diese aufgrund der Verschiedenheit der jeweiligen Interessenkonflikte auch nicht zielführend erscheint, weisen die vorstehenden Überlegungen dennoch daraufhin, dass ein Zustimmungsvorbehalt auch ohne ausdrückliche gesetzgeberische Kompetenz allgemein für zulässig erachtet wird. Dies wird nicht zuletzt und schließlich durch die genannten Vorgaben des DCGK besonders deutlich, deren Vorgaben bei abschließender Wirkung gesetzlich vorgesehener Zustimmungsvorbehalte nicht umsetzbar wären.
127
So Spindler, in: MüKo-AktG, § 88, Rn. 1. OLG Frankfurt a.M. v. 05. 11. 1999 – 10 U 257/98, AG 2000, 518, 519; Spindler, in: MüKo-AktG, § 88, Rn. 1; krit. Hüffer/Koch, AktG, § 88, Rn. 3. 129 Kock/Dinkel, NZG 2004, 441, 444; Hölters, in: Hölters, AktG, § 93, Rn. 38; Bürgers/ Israel, in: Bürgers/Körber, AktG, § 93, Rn. 14; a.A. Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 93, Rn. 30; wohl auch, insbesondere im Hinblick auf die Unzulässigkeit der Übernahme von Aufgaben der Geschäftsführung (außerhalb von § 111 Abs. 4 AktG) durch den Aufsichtsrat, Schlimm, S. 283 ff. 130 So der Ansatz von Weber, S. 228 f.; Hohaus/ders., DStR 2008, 104, 107 f. 128
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(3) Anforderungen an den Zustimmungsvorbehalt Der Schutzzweck einer entsprechenden Pflicht zur Einholung der Zustimmung des Aufsichtsrats wird nur gewahrt, wenn die Zustimmung in Form einer vorherigen Einwilligung (§ 183 BGB) erfolgt. Eine nachträgliche Genehmigung würde den Aufsichtsrat vor vollendete Tatsachen stellen131 – dann aber wäre im Hinblick auf die potentielle Anreizwirkung faktisch nichts anderes erreicht als mit der bloßen Offenlegung. Denn entscheidend ist die präventive Kontrolle durch den Aufsichtsrat und die präventive Anpassungsmöglichkeit noch vor Abschluss des Vertrags über die Drittvergütung und der Auszahlung von Leistungen. Dies bedingt auch, dass bei jeglichen Änderungen der Vergütungskriterien der Aufsichtsrat seine Zustimmung zu geben hat.132 Wollte man dies auf „wesentliche“ Änderungen beschränken, stünde man erneut vor dem Problem, dass nicht der Aufsichtsrat als Kontrollorgan, sondern der Aktionär und der Vorstand selbst in der Hand hätten, darüber zu entscheiden, was als wesentlich anzusehen ist.133 Schließlich ist (auch im Hinblick auf § 107 Abs. 3 S. 3 AktG) eine Entscheidung des Aufsichtsratsplenums notwendig.134 Problematisch erscheint indes, ob die gewünschte Kontrollwirkung auch bei einer Mitwirkung der vom leistenden (Groß-)Aktionär abhängigen Aufsichtsratsmitglieder erreicht werden kann. Der Aufsichtsrat könnte dann insgesamt nicht mehr als hinreichend neutrales Kontrollgremium angesehen werden, da mit einer etwaigen Befangenheit von Aufsichtsratsmitgliedern die zentrale Voraussetzung einer effizienten Überwachung wegfallen würde.135 Gegen die Relevanz dieses Einwands spricht jedoch bereits die Vorgabe der Ziff. 5.4.2 DCGK, nach der eine angemessene Anzahl unabhängiger Aufsichtsratsmitglieder vorhanden sein muss. Zudem ist zu berücksichtigen, dass entsprechend befangene Aufsichtsratsmitglieder auch an der gesellschaftsseitigen Vergütung mitwirken, durch die grds. ebenso die Gefahr der Instrumentalisierung im Sinne des Großaktionärs besteht. Solche Konflikte werden zum einen durch die Haftung der Aufsichtsratsmitglieder nach §§ 116, 93 AktG aufgefangen, welche insbesondere im Hinblick auf die Angemessenheit der Vergütung durch den Gesetzgeber in § 116 S. 3 AktG im Zuge des VorstAG noch einmal explizit hervorgehoben wurde. Zum anderen sind die Überlegungen hinsichtlich des Umgangs mit Interessenkonflikten im Aufsichtsrat zu berücksichtigen.136 Hierbei kann man sich im Ausgangspunkt an den Vorgaben des DCGK zur Unabhängigkeit 131
So bspw. auch die Begründung für den Einwilligungsvorbehalt im Rahmen des § 88 Abs. 1 AktG, Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 88, Rn. 17. 132 Ähnlich Mayer-Uellner, AG 2011, 193, 199; Spindler, in: MüKo-AktG, § 87, Rn. 73, die eine entsprechende Kompetenz des Aufsichtsrats indes nur bei „wesentlichen“ Änderungen annehmen. 133 Ebenso E. Vetter, FS Hoffmann-Becking, 2013, S. 1297, 1316. 134 Ebenso Mayer-Uellner, AG 2011, 193, 201. 135 Diekmann/Fleischmann, AG 2013, 141, 143 f. 136 s. hierzu allgemein Lutter/Krieger/Verse, Rechte und Pflichten des AR, § 12, Rn. 894 ff.; Marsch-Barner, in: Semler/v. Schenk, Arbeitshdb. AR, § 13, Rn. 94 ff.; Diekmann/Fleischmann, AG 2013, 141, 144 ff.
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von Aufsichtsratsmitgliedern orientieren. So ist nach Ziff. 5.4.2 S. 2 DCGK ein Aufsichtsratsmitglied insbesondere dann nicht als unabhängig anzusehen, wenn es in einer persönlichen oder einer geschäftlichen Beziehung zu der Gesellschaft, deren Organen, einem kontrollierenden Aktionär oder einem mit diesem verbundenen Unternehmen steht, die einen wesentlichen und nicht nur vorübergehenden Interessenkonflikt begründen kann. Damit wird aber auch deutlich, dass allein die Nähe zu einem Großaktionär nicht per se einen beeinträchtigenden Interessenkonflikt bewirkt.137 Ein solcher liegt erst vor, wenn im konkreten Einzelfall die Pflicht des Organmitglieds zur Wahrung des Unternehmensinteresses im Widerspruch zu Eigeninteressen des jeweiligen Mitglieds besteht.138 Insofern kann nicht bereits jedes in Verbindung zu einem Großaktionär stehende Aufsichtsratsmitglied als hinreichend befangen angesehen werden. Nach den aufgezeigten Maßstäben ist dies aber wohl dann anzunehmen, wenn die Interessen des leistenden Aktionärs mit den Eigeninteressen des Aufsichtsratsmitglieds weitgehend identisch sind. Das kommt insbesondere bei Personenidentität zwischen Aktionär und Aufsichtsratsmitglied in Betracht oder aber, wenn ein Aufsichtsratsmitglied dem Vorstand der (Anteile an der Zielgesellschaft haltenden) leistenden Gesellschaft angehört. Entscheidend wird hier wohl immer der Einzelfall sein. Ist ein beeinträchtigender Interessenkonflikt anzunehmen, sind unterschiedliche Mittel zur Konfliktlösung in Erwägung zu ziehen. Geht es um ein „Richten in eigener Sache“, hat der Betreffende nach vertretener Auffassung bereits von Gesetzes wegen kein Stimmrecht.139 In diesem Sinne hat auch Friede Springer an der Abstimmung des Vorstands über die Leistung an Mathias Döpfner nicht teilgenommen.140 Darüber hinaus ist je nach Intensität des Interessenkonflikts an unterschiedliche Möglichkeiten zu denken – etwa an den Ausschluss des Betroffenen vom Willensbildungsbzw. Entscheidungsprozess, Stimmverbote oder -enthaltungen, oder an den Ausschluss von der betroffenen Sitzung.141 Entscheidend ist auch hier der Einzelfall, wobei im Falle der Entscheidung über Drittvergütungen in der Regel ein Stimmverbot, in Extremfällen auch der Ausschluss von der Entscheidungsfindung „ausreichend“ sein wird.
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s. auch Diekmann/Fleischmann, AG 2013, 141, 144. Lutter/Krieger/Verse, Rechte und Pflichten des AR, § 12, Rn. 896; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 93, Rn. 122; Diekmann/Fleischmann, AG 2013, 141, 143; s. zu Interessenkonflikten von Aufsichtsratsmitgliedern OLG Schleswig v. 26. 04. 2004 – 2 W 46/04, NZG 2004, 669. 139 So ausdrücklich Lutter/Krieger/Verse, Rechte und Pflichten des AR, § 12, Rn. 899, wohl unter analoger Anwendung des § 34 BGB. 140 Geschäftsbericht des Axel Springer-Konzerns, 2012, S. 79, abrufbar unter: http://www. axelspringer.de/dl/15289079/Geschaeftsbericht_2012_Axel_Springer.pdf (zuletzt abgerufen am: 20. 03. 2015); s. dazu 3. Teil A.I.2. 141 Marsch-Barner, in: Semler/v. Schenk, Arbeitshdb. AR, § 13, Rn. 105; Lutter/Krieger/ Verse, Rechte und Pflichten des AR, § 12, Rn. 897 ff.; Diekmann/Fleischmann, AG 2013, 141, 146. 138
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(4) Rechtsfolge Die Pflicht zur Einholung der Zustimmung des Aufsichtsrats ist Bedingung treugemäßen Verhaltens, hat aber nach Maßgabe des § 93 Abs. 4 S. 2 AktG keine dispensierende, sondern allein legitimierende Wirkung, sofern der Aufsichtsrat seinerseits die Wahrung des Unternehmensinteresses beachtet und eingehalten hat. Versäumt es der Vorstand, die Zustimmung einzuholen, liegt hierin bereits ein Pflichtverstoß begründet, unabhängig davon, ob die Leistung an sich rechtlich nicht zu beanstanden ist.142 Der Vollständigkeit halber und ohne zu sehr vorgreifen zu wollen ist in diesem Zusammenhang zudem auf Folgendes hinzuweisen: Folge des § 93 Abs. 4 S. 2 AktG ist auch, dass – im Gegensatz bspw. zu unangemessener gesellschaftsseitiger Vergütung – die Annahme materiell rechtswidriger Drittvergütung in jedem Fall einen Pflichtverstoß begründet.143 Der Vorstand kann sich nicht auf ein etwaiges, durch die Zustimmung des Aufsichtsrats entstandenes Vertrauen berufen. Dies rechtfertigt sich zum einen damit, dass der Aufsichtsrat von vornherein nicht in gesellschaftsschädliches Verhalten des Vorstands einwilligen oder dieses nachträglich genehmigen kann, vielmehr ist eine Zustimmung des Aufsichtsrats, die auf eine Befreiung des Vorstandsmitglieds von seinen zwingenden organschaftlichen Pflichten hinausläuft, nichtig.144 Nur wenn das Unternehmensinteresse nicht beeinträchtigt wird, ist eine Zustimmung denkbar.145 Zum anderen ist anzunehmen, dass angesichts der Weite des Unternehmensinteresses eine mit der Zustimmung des Aufsichtsrats erfolgte, aber dennoch unzulässige Drittvergütung nur in relativ klar erkennbaren Fällen in Betracht kommen wird. Insofern ist der Vorstand bereits deshalb nicht schutzwürdig, weil die Legalitätspflicht seinerseits Ausfluss seiner organschaftlichen Treuebindung ist und er wohl grds. als im Vergleich zum Aufsichtsrat sachnäheres Organ angesehen werden kann und damit die eigentliche Unzulässigkeit der Drittvergütung kennen muss. dd) Fazit Die Pflicht zur Offenlegung der Drittvergütung gegenüber dem Aufsichtsrat reicht für sich noch nicht aus, um einen Treuepflichtverstoß in Folge der Annahme von Drittvergütungen abzuwenden. Prinzipiell ist damit kaum mehr Schutz für die Gesellschaft gewonnen als mit der Vorgabe, die Leistung in Einklang mit dem Unternehmensinteresse auszugestalten. Mithin reduziert sich die „Förderpflicht“ des Vorstands, dem Aufsichtsrat eine angemessene Kontrolle zu ermöglichen, auf die Pflicht, die Zustimmung des Aufsichtsrats zur Annahme der Drittvergütung (und zur Änderungen ihrer Kriterien) einzuholen. Allerdings hat die Zustimmung nur legitimierende, nicht aber dispensierende Wirkung, sodass die Drittvergütung nach wie 142 143 144 145
Zu den rechtlichen Folgen s. ausführlich unter 4. Teil A.I.2. s. dazu unten 4. Teil A.I.1. Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 88, Rn. 2, § 93, Rn. 97. Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 93, Rn. 97.
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vor mit dem interessenpluralistischen Unternehmensinteresse vereinbar sein muss. Ist dies der Fall und stehen der Drittvergütung auch keine anderweitigen (nachfolgend zu untersuchenden) aktienrechtlichen Vorgaben entgegen, erscheint die von der Drittvergütung ausgehende, abstrakte Gefahr für das Unternehmensinteresse hinreichend kontrollierbar, um ihre prinzipielle Zulässigkeit unter der organschaftlichen Treuepflicht anzuerkennen. c) Exkurs: Vereinbarkeit (transaktionsbezogener) Drittvergütung mit organschaftlichem Wettbewerbsverbot, § 88 AktG Eine spezielle Ausprägung der organschaftlichen Treuepflicht findet sich als Fallgruppe des aktienrechtlichen Wettbewerbsverbots nach § 88 AktG. Gem. dessen Abs. 1 S. 1 Alt. 2 dürfen Vorstandsmitglieder im Geschäftszweig der Gesellschaft weder auf eigene noch auf fremde Rechnung Geschäfte machen.146 Dabei liegt ein Geschäftemachen in jeder, wenn auch nur spekulativer, auf Gewinnerzielung gerichteten Teilnahme am geschäftlichen Verkehr, die nicht nur der Befriedigung eigener privater Bedürfnisse dient, also nicht lediglich persönlichen Charakter hat.147 Wegen ihrer Beschränkung auf den Geschäftszweig der Gesellschaft dient das Verbot der Konkurrenzvermeidung durch Wettbewerbshandlungen der eigenen Geschäftsleitung.148 Maßgeblicher Aspekt zur Annahme eines Verstoßes muss damit eine potentielle Konkurrenzsituation sein. Insofern stellt sich die Frage, wie der eigene Vorstand mittels aktionärsseitiger Drittvergütung überhaupt in Konkurrenz zu den Geschäften der Gesellschaft treten kann. Nach einer vereinzelt im Schrifttum vertretenen Ansicht könnte die Entgegennahme aktionärsseitiger Vergütung (zumindest) im Zusammenhang mit dem Unternehmenserwerb ein Geschäftemachen sein und damit einen Verstoß gegen § 88 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 AktG darstellen.149 Im Gegensatz zum Asset Deal würde bei einer gewinnbringenden Veräußerung im Rahmen eines Share Deals nicht das Vermögen der Gesellschaft, sondern das des einzelnen Gesellschafters vermehrt.150 Somit würde dem Aktionär und nicht der Gesellschaft der Vorteil aus dem Verkauf zufließen, was durch die Provision veranlasst wäre. Freilich könne der Verstoß gegen
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Spindler, in: MüKo-AktG, § 88, Rn. 1; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 88, Rn. 1 f. BGH v. 17. 02. 1997 – II ZR 278/95, NJW 1997, 2055, 2056; Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 88, Rn. 11; Spindler, in: MüKo-AktG, § 88, Rn. 14; Seibt, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 88, Rn. 7; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 88, Rn. 20; Hüffer/Koch, AktG, § 88, Rn. 3. 148 BGH v. 02. 04. 2001 – II ZR 217/99, DStR 2001, 949, 949; Kort, in: Großkomm AktG, § 88, Rn. 31; Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 88, Rn. 12; Spindler, in: MüKo-AktG, § 88, Rn. 14; Eckert, in: Wachter, AktG, § 88, Rn. 9. 149 So Hohaus/Weber, DStR 2008, 104, 107 f.; Weber, S. 228 f. 150 Dagegen würde die gewinnbringende Veräußerung beim Asset Deal, der Gesellschaft als Vertragspartei einen Vorteil bringen, Hohaus/Weber, DStR 2008, 104, 107 f.; Weber, S. 228 f. 147
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3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
§ 88 Abs. 1 AktG aber durch eine Einwilligung des Aufsichtsrats abgewendet werden.151 An diesem Ansatz ist indes schon nicht klar, warum der entgangene Vorteil der Gesellschaft aus der Vornahme eines Share Deals im Vergleich zu einem Asset Deal als tauglicher Schaden zu qualifizieren sein sollte. Die Möglichkeit des Anteilskaufs ist dem gesamten Kapitalgesellschaftsrecht immanent, eine entsprechende Schlussfolgerung erscheint daher systemwidrig. Aber selbst wenn man dies einmal außer Acht lässt, stellt sich weiter die Frage, ob der Verkauf von Aktien einer Gesellschaft überhaupt in den Geschäftszweig der betreffenden Gesellschaft fällt.152 Zur Bestimmung der äußeren Grenzen des Geschäftszweigs ist nach herrschender Auffassung der tatsächliche und nicht der satzungsmäßige Unternehmensgegenstand maßgeblich.153 Einerseits wäre insofern daran zu denken, dass jedweder Handel mit Aktien der eigenen Gesellschaft naturgemäß154 auch den Geschäftszweig der Gesellschaft berührt.155 Dies hätte andererseits aber die widersprüchliche Konsequenz, dass das Kriterium „Geschäftszweig“ keine eigenständige Bedeutung mehr erlangen würde. Denn wie dargestellt, ist gerade der Geschäftszweig ausschlaggebend für den Sinn und Zweck, mittels § 88 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 AktG Konkurrenzhandlungen des Vorstands zu verhindern, und damit maßgeblicher Ausdruck der wettbewerblichen Prägung der Norm.156 Eine konkurrierende Tätigkeit wäre daher allenfalls anzunehmen, wenn der Handel mit eigenen Aktien wirklich einmal in den tatsächlichen Geschäftszweig der Gesellschaft fallen würde.157 Mangels praktischer Relevanz bedarf diese Konstellation indes keiner weiteren Beachtung,158 sodass Drittvergütungen insgesamt nicht anhand § 88 Abs. 1 AktG zu bewerten sind. Freilich gilt diese Unanwendbarkeit des § 88 AktG nicht für jegliche Leistung eines Aktionärs oder sonstigen Dritten an den Vorstand der Gesellschaft, sondern zunächst nur für Leistungen, die als Drittvergütung und damit dem Vorstand als Gegenleistung für seine Tätigkeit für die Gesellschaft gewährt werden – eine Konkurrenztätigkeit scheidet hier bereits begrifflich aus.159 Solche Fälle sind daher nach den im Rahmen dieser Bearbeitung aufgestellten Grundsätzen zu entscheiden. 151
Hohaus/Weber, DStR 2008, 104, 107 f.; Weber, S. 228 f. Aus diesem Grund ebenfalls ablehnend v. Werder/Braun/Fromholzer, in: Eilers/Koffka/ Mackensen, Private Equity, II., Rn. 130. 153 Für die ganz h.M. statt aller Hüffer/Koch, AktG, § 88, Rn. 3. 154 So ist den Aktien des Unternehmens der entsprechende Geschäftszweig immanent. 155 Ohne auf das Tatbestandsmerkmal „Geschäftszweig“ einzugehen, liegt den Überlegungen von Hohaus/Weber, DStR 2008, 104, 107 f.; Weber, S. 228 f. wohl diese Annahme zu Grunde. 156 Ebenso v. Werder/Braun/Fromholzer, in: Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, II., Rn. 130. 157 Was allerdings, wenn überhaupt, bei Investmentgesellschaften der Fall sein dürfte, s. dazu die Vorgaben nach § 106b AktG. 158 v. Werder/Braun/Fromholzer, in: Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, II., Rn. 130. 159 Ebenso Diekmann, FS Maier-Reimer, 2010, S. 75, 79. 152
A. Zulässigkeit von aktionärsseitigen Leistungen – Drittvergütung
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Stehen – als weitere Abgrenzung – die Leistungen des Dritten auch nicht im Zusammenhang mit der Tätigkeit des Vorstands für die Gesellschaft, gelten die allgemeinen Regeln, sodass § 88 AktG vollumfänglich anwendbar ist. Probleme bereiten allein solche Fälle, die der Vorstand zwar nicht als Gegenleistung, wohl aber „im Zusammenhang“ mit der Tätigkeit für die Gesellschaft gewährt bekommen hat. Nach hier vertretener Auffassung sind diese prinzipiell als unzulässig anzusehen und auch nicht durch eine Genehmigung des Aufsichtsrats zu rechtfertigen, da ihnen die Gefahr der Interessenbeeinflussung evident immanent ist; ihre Zulässigkeit lässt sich allein auf dem Weg erreichen, dass sie als Gegenleistung für die Tätigkeit für die Gesellschaft anzusehen sind, § 88 AktG findet auch hier keine Anwendung.160 In diese Lücke fällt (scheinbar) auch der bereits eingangs dargestellte, vom BGH entschiedene Fall, in dem die Zahlung einer Provision des Hauptaktionärs für ein vom Vorstand eingeleitetes Geschäft in Streit stand.161 Bisweilen wird vertreten, dass der Vorstand hier in Konkurrenz zur Gesellschaft getreten ist und das Auftreten des Vorstands daher einen Verstoß gegen § 88 AktG bedeute.162 Nach Auffassung des BGH liegt hingegen kein Verstoß gegen § 88 AktG vor, da der Vorstand „in Einklang mit seinen gesetzlichen Aufgaben als Vorstand“, mithin bezogen auf die Gesellschaft zu deren Vorteil gehandelt hat.163 Im Ergebnis erscheinen diese Ausführungen des BGH durchaus legitim, doch konzentriert sich der BGH für die Anwendbarkeit des § 88 AktG (auch) darauf, ob der Gesellschaft ein konkreter Vorteil erwachsen ist.164 Im Umkehrschluss – so kann man das Urteil des BGH zumindest auch interpretieren – hieße das aber auch, dass das Handeln zum Nachteil der Gesellschaft einen Verstoß gegen § 88 AktG zur Folge hätte. Nach hier vertretener Auffassung darf die Frage der Vorteilhaftigkeit indes allein für die Frage der Zulässigkeit unter dem Aspekt der Drittvergütung Relevanz haben, nicht aber für die Frage der Anwendbarkeit des § 88 AktG. Hätte das Vorstandsmitglied in dem besagten Fall der Gesellschaft mithin einen Schaden zugefügt, hätte es die Provision des Hauptaktionärs nicht mehr „als Gegenleistung“ für die Tätigkeit für die Gesellschaft erhalten, sondern nur noch „im Zusammenhang“ mit seiner Vorstandstätigkeit.165 Dann hätte der Vorstand bereits durch die Annahme der Leistung gegen 160 161
A.II.2.
A.A. wohl Diekmann, FS Maier-Reimer, 2010, S. 75, 79. BGH v. 02. 04. 2001 – II ZR 217/99, NZG 2001, 800, 801; s. dazu bereits oben 2. Teil
162 Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 88, Rn. 12; wohl auch, wenn auch widersprüchlich Diekmann, FS Maier-Reimer, 2010, S. 75, 79. 163 BGH v. 02. 04. 2001 – II ZR 217/99, NZG 2001, 800, 801; zustimmend Spindler, in: MüKo-AktG, § 88, Rn. 14. 164 BGH v. 02. 04. 2001 – II ZR 217/99, NZG 2001, 800, 801. 165 Der Vollständigkeit halber ist indes darauf hinzuweisen, dass die Frage, ob der Gesellschaft aus einer incentivierten Handlung des Vorstands ein Vorteil erwachsen ist oder nicht, nicht für die Abgrenzung „als Gegenleistung“ vs. „im Zusammenhang“ entscheidend ist. Vielmehr richtet sich diese Abgrenzung nach den Gegebenheiten des Einzelfalls. Im dargestellten Fall wäre es mithin genauso denkbar, dass die Leistung auch als „Gegenleistung“ zu
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3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
seine organschaftlichen Treuepflichten verstoßen. In weitergehender Abgrenzung zum BGH hätte mithin der Vorstand, zur pflichtgemäßen Annahme der Leistung, die Zustimmung des Aufsichtsrats einholen müssen. Die Vorteilhaftigkeit des Geschäfts muss insofern (also für die Pflicht zur Einholung der Zustimmung des Aufsichtsrats) irrelevant bleiben, weil eine solche einzelfallorientierte Bewertung von Leistungen immensen Raum für Umgehungen schaffen würde. 2. Vereinbarkeit mit der Leitungsautonomie des Vorstands Leitungsautonomie und Weisungsfreiheit des Vorstands i.S.d. § 76 AktG166 sind gem. § 23 Abs. 5 AktG institutionell als zwingende Kompetenzzuordnung im Verhältnis der drei Gesellschaftsorgane, Vorstand – Aufsichtsrat – Hauptversammlung, zueinander abgesichert.167 Der Vorstand darf sich keinen verbindlichen Weisungen unterwerfen, insbesondere nicht denen eines außenstehenden Dritten oder – wie der Umkehrschluss aus § 119 Abs. 2 AktG ergibt – denen eines (Groß-)aktionärs.168 Eine etwaige aktionärsseitige Drittvergütung droht diese zwingenden Vorgaben aber in Frage zu stellen. So stehen zum einen die Gefahr der Kompetenzüberschreitung durch die intendierte Einflussnahme des vergütenden Aktionärs, und zum anderen die daraus folgende Gefahr der Bevorzugung von Partikularinteressen im Mittelpunkt der kritischen Überlegungen.169 a) Einschränkung der Leitungsautonomie durch Drittvergütung? Leistungen des Aktionärs, die dem Vorstand als Gegenleistung für die Einräumung von Weisungsrechten oder vergleichbaren Bindungen des Leitungsermessens gewährt werden, sind unbestritten mit der Leitungsautonomie des Vorstands unvereinbar.170 Auf die Frage, ob dies im Unternehmensinteresse liegen kann, kommt es dabei gar nicht erst an, wohnt einer entsprechenden vertraglichen Bindung außerhalb der durch §§ 117, 291 ff., 311 ff. AktG gezogenen Grenzen doch die unwiderlegliche Vermutung der gesellschaftsschädlichen Wirkung inne. In Abgrenzung dazu sind legitimierungsfähige Drittvergütungen aber gerade nicht an eine schuldrechtliche Verpflichtung des Vorstands geknüpft, vielmehr handelt es sich um den Aktionär einseitig verpflichtende Vereinbarungen, dem qualifizieren ist, dann aber – etwa wegen der Nachteilhaftigkeit für die Gesellschaft – einen Verstoß gegen das Unternehmensinteresse bedeuten würde. Das Ergebnis gleicht sich mithin. 166 s. dazu oben 2. Teil C.I. 167 Seibt, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 76, Rn. 22; Weber, in: Hölters, AktG, § 76, Rn. 35. 168 BGH v. 05. 05. 2008 – II ZR 108/07, NZG 2008, 507, 508; Seibt, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 76, Rn. 21; Hüffer/Koch, AktG, § 76, Rn. 25; Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 76, Rn. 44; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 76, Rn. 57 f. 169 Redenius-Hövermann/Bertog, Der Aufsichtsrat 2012, 174, 175. 170 Traugott/Grün, AG 2007, 761, 767; Diekmann/Punte, WM 2016, 681, 685.
A. Zulässigkeit von aktionärsseitigen Leistungen – Drittvergütung
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Vorstand (bei Erreichen bestimmter Ziele) eine Leistung als Gegenleistung für seine Tätigkeit für die Gesellschaft zu gewähren. Doch griffe es deutlich zu kurz, mangels ausdrücklichen und verbindlichen Weisungsrechts des Aktionärs, einen Eingriff in die Leitungsautonomie abzulehnen. Denn Prämienzahlungen können unverkennbar weisungsähnliche Wirkung erzielen und massiv in die Geschäftspolitik des Vorstands einwirken.171 Martens formuliert das im Zusammenhang mit gesellschaftsseitigen Prämien so: „Wenn der Vorstand nicht pariert, erhält er eben keine Prämie“.172 Dieser Wirkung wird auch nicht dadurch abgeholfen, dass der Vorstand auf die Prämienleistung nicht in gleicher Weise angewiesen sein wird wie auf gesellschaftsseitige Prämien, da ihm im Falle der Nichtleistung der Drittvergütung mangels Zielerreichung unvermindert die gesellschaftsseitige Vergütung gewährt würde. Es ist kaum anzunehmen, dass dies die motivierende Wirkung der Prämienleistung ernsthaft beeinträchtigt – zumal der Vorstand die Vereinbarung über die Drittvergütung gemeinsam mit dem Aktionär getroffen haben wird. Je konkreter schließlich die mit der Drittvergütung verbundene Zielvereinbarung an Führungs- und Leitungsaufgaben des Vorstands geknüpft wird, desto mehr wird diese Wirkung zunehmen. Erkennt man diese weisungsähnliche Wirkung von Drittvergütungen an, drängt sich die Frage auf, ob sie überhaupt und wenn, unter welchen Voraussetzungen sie mit der Leitungsautonomie und Weisungsfreiheit des Vorstands in Einklang zu bringen ist. b) Vorhandene Lösungsvorschläge aa) 1. Ansicht: Einhaltung des Unternehmensinteresses Das dargestellte Risiko im Blick, fordert eine verbreitete Ansicht – im Grundsatz parallel zu entsprechenden Aussagen im Hinblick auf die organschaftliche Treuepflicht173 – die Zulässigkeit all solcher Drittvergütungen, die vom Unternehmensinteresse gedeckt sind.174 Aus der Vereinbarkeit mit dem Unternehmensinteresse wird der Schluss gezogen, dass auch die Autonomie des Vorstands gewahrt wird; im Umkehrschluss schränke erst eine Beeinflussung des Vorstands, die sich nicht mehr im Rahmen des Unternehmensinteresses bewegt, dessen Autonomie unzulässig ein.175 Neben der Kritik, die bereits im Rahmen der organschaftlichen Treuepflicht 171 Martens, ZHR 169 (2005), 124, 142; Behrens/Rinsdorf, FS 25 Jahre AG ArbR im DAV, 2006, S. 449, 457; Fonk, NZG 2011, 321, 324; dies verkennt wohl Wöllner, S. 169 f., 90 ff. 172 Martens, ZHR 169 (2005), 124, 142; zustimmend Fonk, NZG 2011, 321, 324. 173 s. dazu oben 3. Teil A.III.1.a)aa). 174 Bauer/Arnold, DB 2006, 260, 265; Traugott/Grün, AG 2007, 761, 767; Diekmann, FS Maier-Reimer, 2010, S. 75, 77; Lutter/Krieger/Verse, Rechte und Pflichten des AR, § 7, Rn. 417; zu Recht enger dagegen Mayer-Uellner, AG 2011, 193, 195; Redenius-Hövermann/ Bertog, Der Aufsichtsrat 2012, 174, 175, die daneben eine Wahrung der Weisungsunabhängigkeit des Vorstands fordern. 175 Traugott/Grün, AG 2007, 761, 767; Diekmann, FS Maier-Reimer, 2010, S. 75, 77; Bauer/Arnold, DB 2006, 260, 265.
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3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
gegen ein alleiniges Abstellen auf das Unternehmensinteresse vorgebracht wurde und auch hier zu berücksichtigen ist,176 sprechen unter dem Gesichtspunkt des § 76 AktG folgende weitere durchgreifende Erwägungen gegen die Tauglichkeit eines solchen Ansatzes: Die Kompetenz zur Konkretisierung des Unternehmensinteresses ist dem Vorstand gerade in Anbetracht seiner Leitungsautonomie übertragen. Gewährt man nun dem Aktionär das Recht, variable, sich am Börsenkurs orientierende Vergütungsbestandteile vorbehaltlos zu gewähren,177 würde dem Aktionär zugleich das Recht eingeräumt, (durch die gesteigerte Ausrichtung auf den shareholder value) Einfluss auf das Unternehmensinteresse zu nehmen, was mittelbar gerade zu der zu vermeidenden Berücksichtigung von Partikularinteressen führen könnte.178 Dies führt freilich zunächst zu kompetenzrechtlichen Zweifeln, die daher rühren, dass nicht einmal der Hauptversammlung in ihrer Gesamtheit eine entsprechende Kompetenz zugebilligt wird.179 Darüber hinaus ist weder davon auszugehen, dass der einzelne Aktionär immer Kenntnis von den divergierenden Interessen im Unternehmen hat,180 noch ist anzunehmen, dass sich der Vorstand von einer entsprechenden monetären Ausrichtung in seinem Leitungshandeln im Falle konfligierender Interessen unbeeindruckt zeigen würde.181 Den Eingriff in die Leitungsautonomie anhand des Unternehmensinteresses zu rechtfertigen, erweist sich somit als zirkulär. Entscheidend zeigt sich die Untauglichkeit des Unternehmensinteresses als maßgeblicher Anknüpfungspunkt zur Gewährleistung der Leitungsautonomie anhand folgender Überlegung: Auch von den Vertretern einer weiteren Auslegung des Verbots der Vorwegbindung182 ist anerkannt, dass ausdrückliche Verpflichtungen des Vorstands, von seinem unternehmerischen Ermessen und seinem künftigen Leitungsverhalten einen bestimmten Gebrauch zu machen, mit der Leitungsautonomie unvereinbar und deshalb unzulässig sind.183 Insofern dürfen sich weder die Gesellschaft und schon gar nicht der Vorstand persönlich184 gegenüber Dritten hinsichtlich der Organisationsstruktur des Unternehmens oder personeller Entscheidungen wie
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s. 3. Teil A.III.1.a)bb). Zum Verständnis: Mit dem Argument, dass diese im Interesse des Unternehmens liegen würden. 178 Ebenso Mayer-Uellner, AG 2011, 193, 196. 179 s. dazu sogleich unter 3. Teil A.III.2.b)bb). 180 Mayer-Uellner, AG 2011, 193, 196. 181 So aber anscheinend die (sehr optimistische) Vermutung von Traugott/Grün, AG 2007, 761, 767. 182 s. dazu sogleich 3. Teil A.III.2.b)bb). 183 Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 76, Rn. 47, 52; Hüffer/Koch, AktG, § 76, Rn. 27; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 76, Rn. 68 f.; Spindler, in: MüKo-AktG, § 76, Rn. 26; Weber, in: Hölters, AktG, § 76, Rn. 16; Lutter, FS Fleck, 1988, S. 169, 184. 184 Das ergebe sich bereits aus den treuhänderischen Amtspflichten eines Vorstandsmitglieds, s. Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 76, Rn. 52, 47. 177
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der Personalstärke des Unternehmens binden.185 Rekurriert man auf die weisungsähnliche Wirkung von Drittvergütungen, darf dann aber auch die Leistung einer Drittvergütung keinesfalls an entsprechende Vorgaben geknüpft werden. Nichtig wären daher etwa Vereinbarungen, in denen die Drittvergütung davon abhängig gemacht wird, dass der Vorstand eine bestimmte Personalstärke unterschreitet.186 Solche Vorgaben müssen aber keinesfalls im Widerspruch zum Unternehmensinteresse stehen, vielmehr können sie sogar geboten sein – doch müssen sie in die freie Entscheidung des Vorstands fallen. Ihre Unzulässigkeit könnte damit – trotz klaren Widerspruchs zum eigentlichen Regelungsgehalt des § 76 AktG – nicht rechtssicher angenommen werden. bb) 2. Ansicht: Vergleichbarkeit mit den Grundsätzen der Vorwegbindung In diesem Sinne soll die Vereinbarkeit von Drittvergütungen nach anderer Auffassung mit der Leitungsautonomie des Vorstands anhand der zum Verbot der Vorwegbindung entwickelten Maßstäbe zu beurteilen sein.187 Außerhalb von Unternehmensverträgen kann sich der Vorstand seiner Leitungsmacht nicht wirksam entäußern, er darf weder das „Ob“ noch das „Wie“ seiner Leitungsbefugnis einem Zustimmungsvorbehalt, Vetorecht oder sonstigen Weisungsrechten Dritter unterstellen.188 Doch folgt daraus nach ganz überwiegender Auffassung kein absolutes Verbot der Vorwegbindung des Vorstandshandelns durch die Gesellschaft selbst; ein solches würde ihre privatautonome Vertragsfreiheit in nicht vertretbarer Weise einschränken und insbesondere eine der Gesellschaft nachteilige Einschränkung im Wirtschaftsverkehr bedeuten.189 Zulässig sind daher schuldrechtliche Dauerbindungen zwischen der Gesellschaft und einem Dritten, mit denen eine langfristige Festlegung der Unternehmenspolitik einhergeht, solange sich die Einflussnahme Dritter allenfalls indirekt ergibt.190 Denn der Abschluss dafür in Frage kommender Wettbewerbsverbote, Kooperationsvereinbarungen oder Exklusivverträge und die damit einhergehende Beschränkung des künftigen Handlungsfreiraums des Vorstands stellt selbst eine eigenverantwortliche autonome Entscheidung des Vorstands als Ausdruck seines unternehmerischen Ermessens dar und liegt zugleich rglm. im 185
Kort, in: Großkomm AktG, § 76, Rn. 199; Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 76, Rn. 47; Weber, in: Hölters, AktG, § 76, Rn. 16. 186 Mayer-Uellner, AG 2011, 193, 196. 187 Mayer-Uellner, AG 2011, 193, 195 f. 188 Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 76, Rn. 42, 47; Spindler, in: MüKo-AktG, § 76, Rn. 26; Hüffer/Koch, AktG, § 76, Rn. 27; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 76, Rn. 68; Weber, in: Hölters, AktG, § 76, Rn. 16; Kort, in: Großkomm AktG, § 76, Rn. 196 ff.; Seibt, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 76, Rn. 21. 189 Spindler, in: MüKo-AktG, § 76, Rn. 26; Seibt, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 76, Rn. 21; Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 76, Rn. 48. 190 Kort, in: Großkomm AktG, § 76, Rn. 199; Weber, in: Hölters, AktG, § 76, Rn. 16 f.
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3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
Interesse der Gesellschaft.191 Unzulässig sind demgegenüber (oben bereits angesprochene) Vereinbarungen über organisatorische Strukturen, Personalfragen oder anderweitige konkrete künftige Geschäftsplanungen.192 Aufgrund der Unbestimmtheit dieser grds. anerkannten Grundsätze besteht eine breite Grauzone, in der die Reichweite des Verbots der Vorwegbindung äußerst umstritten ist. Vergleichsweise unproblematisch sind dabei Vereinbarungen der Gesellschaft mit außenstehenden Dritten. § 76 AktG steht hier nicht grds. im Weg, da dieser in erster Linie die innergesellschaftliche Kompetenzabgrenzung im Blick hat.193 Insofern können schuldrechtliche Dauerbindungen (wohlgemerkt der Gesellschaft, vertreten durch den Vorstand, nicht aber des Vorstands selbst) mit Lieferanten oder Gläubigern oder gegenseitige Abstimmungen mit einer anderen unabhängigen Gesellschaft nach obigen Maßstäben zulässig sein.194 Probleme ergeben sich jedoch im Falle entsprechender Vereinbarungen mit einem (zukünftigen) Aktionär; relevant sind in diesem Zusammenhang sog. Investorenvereinbarungen bzw. sog. Business Combination Agreements.195 Nach in der Literatur weit verbreiteter Ansicht ist das Verbot der Vorwegbindung als ein der einzelfallabhängigen Auslegung zugänglicher Wertungsrahmen zu verstehen, der erst dann zur Unzulässigkeit entsprechender Vereinbarungen führt, wenn der Leitungsspielraum des Vorstands in Ansehung des Unternehmensinteresses in unvertretbarer Weise eingeschränkt ist.196 Die Grenze zur Unzulässigkeit sei dann erreicht, wenn der Vorstand aufgrund der vertraglichen Bindung in Extremlagen keine Möglichkeit mehr zur Anpassung der Unternehmenspolitik hätte.197 Schließlich – und für die vorliegende Bearbeitung besonders relevant – könne in Anbetracht unternehmerischer Notwendigkeit198 solcher Vereinbarungen keine Rolle spielen, ob der Vertragspartner Aktionär der Gesellschaft sei oder nicht.199 In Konsequenz wären daher etwa Vereinbarungen mit
191 Im Prinzip allg.M., Weber, in: Hölters, AktG, § 76, Rn. 16a; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 76, Rn. 69 ff.; Spindler, in: MüKo-AktG, § 76, Rn. 26 ff.; Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 76, Rn. 48; Paschos, NZG 2012, 1142, 1143. 192 Weber, in: Hölters, AktG, § 76, Rn. 16; Spindler, in: MüKo-AktG, § 76, Rn. 27; Kort, in: Großkomm AktG, § 76, Rn. 197 ff.; Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 76, Rn. 47. 193 s. etwa Schall, in: Kämmerer/Veil, S. 75, 86. 194 Statt vieler Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 76, Rn. 75. 195 s. dazu etwa Kiem, AG 2009, 301; Schall, in: Kämmerer/Veil, S. 75; Decher, FS Hüffer, 2010, S. 145; Reichert/Ott, FS Goette, 2011, S. 397. 196 Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 76, Rn. 45, 48; Seibt, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 76, Rn. 21; Paschos, NZG 2012, 1142, 1143; ähnlich Kiem, AG 2009, 301, 305 ff.; wohl auch Decher, FS Hüffer, 2010, S. 145, 149 ff.; Weber, in: Hölters, AktG, § 76, Rn. 16b f.; mit etwas anderem Begründungsansatz König, NZG 2013, 452, 453 f.; offen Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 76, Rn. 68 ff. 197 Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 76, Rn. 48; Paschos, NZG 2012, 1142, 1143. 198 Kritisch hierzu etwa Otto, NZG 2013, 930, 936 f. 199 Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 76, Rn. 48; Seibt, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 76, Rn. 21; Paschos, NZG 2012, 1142, 1143; Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 199 ff.;
A. Zulässigkeit von aktionärsseitigen Leistungen – Drittvergütung
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Aktionären, welche die Ausnutzung genehmigten Kapitals von der Zustimmung des Großaktionärs abhängig machen, um einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag vorzubereiten, als zulässig anzusehen.200 Will man nun Drittvergütungen an dem so verstandenen Grundsatz der Vorwegbindung messen, hieße das, dass der Aktionär seine Leistung an ebensolche Maßnahmen knüpfen könnte: Die Zuwendung könnte etwa davon abhängig gemacht werden, dass der Vorstand für entsprechende Maßnahmen die Zustimmung des Aktionärs einholt201 oder direkter (unter Verweis auf die mangelnde Bindungswirkung der Drittvergütung) im Sinne obigen Beispiels die Leistung daran bindet, dass der Vorstand die Ausnutzung genehmigten Kapitals unterlässt. Indes ergeben sich unter diesem – der liberalen Auffassung des Verbots der Vorwegbindung folgenden – Ergebnis insbesondere Bedenken unter dem Aspekt, dass durch Vereinbarungen zwischen Aktionär und Vorstand über Leitungs- und Geschäftsführungsaufgaben die innergesellschaftliche Kompetenzordnung in Frage gestellt wird. Die Vereinbarung Abschließender (bzw. Drittvergütender) ist immerhin der Aktionär – als Teil der in ihrem Einfluss auf die Tätigkeit des Vorstands äußerst beschränkten Hauptversammlung. In der unabhängigen Aktiengesellschaft kann die Hauptversammlung (und damit die Vereinigung sämtlicher Aktionäre) nach § 119 Abs. 2 AktG aber nur dann über Fragen der Geschäftsführung entscheiden, wenn der Vorstand dies verlangt.202 In diesem Sinne setzt die beschriebene Auffassung zum Verbot der Vorwegbindung die interne Kompetenzordnung der Aktiengesellschaft als wesentliches Strukturprinzip geltenden Aktienrechts aufs Spiel.203 Zumindest den Vorstand bindende Vereinbarungen (wie im Rahmen von Investorenvereinbarungen oder BCA) können nicht undifferenziert außer Acht lassen, ob der Vertragspartner im Hinblick auf seine Gesellschafterstellung angesprochen wird oder nicht.204 Kann der durch § 23 Abs. 5 AktG zwingende Ausschluss aktionärsseitigen Einflusses auf die Geschäftsführung schon nicht durch Satzung (und zugunsten der Hauptversammlung als der Gesamtheit der Aktionäre) aufgeweicht werden, kann diese Vorgabe erst recht nicht durch Vereinbarungen mit nur einem sehr kritisch dagegen Lutter, FS Fleck, 1988, S. 169, 184; zur ablehnenden Ansicht s. ferner Nachweise in Fn. 203. 200 Decher, FS Hüffer, 2010, S. 145, 149 ff.; Paschos, NZG 2012, 1142, 1143; Mertens/ Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 76, Rn. 48, 53; Seibt/Wunsch, Der Konzern 2009, 195, 199 ff.; Seibt, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 76, Rn. 21; a.A. Rspr. LG München I v. 05. 04. 2012 @ 5 HK O 20488/11, NZG 2012, 1152, 1153; bestätigt von OLG München v. 14. 11. 2012 – 7 AktG 2/12, NZG 2013, 459, 462. 201 In engem Rahmen hält Mayer-Uellner, AG 2011, 193, 196 ebendas für zulässig. 202 Exemplarisch LG München I v. 05. 04. 2012 @ 5 HK O 20488/11, NZG 2012, 1152, 1153. 203 Krit. zur obigen Ansicht (Fn. 196, 199) im Hinblick auf die Gesellschafterstellung, Spindler, in: MüKo-AktG, § 76, Rn. 27 f.; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 76, Rn. 68 f.; Hüffer/Koch, AktG § 76, Rn. 27, 40; Schall, in: Kämmerer/Veil, S. 75, 86; Otto, NZG 2013, 930, 936; ferner Lutter, FS Fleck, 1988, S. 169, 184. 204 Spindler, in: MüKo-AktG, § 76, Rn. 27 f.; Lutter, FS Fleck, 1988, S. 169, 184.
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3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
(Groß-)aktionär umgangen werden.205 Aus diesem Grund hat sich die bislang zu dieser Problematik ergangene Rspr. auch gegen die Zulässigkeit oben beschriebener Zustimmungsvorbehalte zur Ausnutzung genehmigten Kapitals oder der Ausgabe von Aktienoptionen ausgesprochen, und damit auch gegen die Aufweichung des prinzipiellen Verbots der Vorwegbindung bei Vereinbarungen mit einem Aktionär.206 Unbeachtlich ist dann auch, ob es lediglich um Zustimmungsvorbehalte und nicht um aktive Einflussrechte geht; ebenso der Einwand, dass es sich bei Eingehung der Verpflichtung um eine vorgelagerte autonome Leitungsentscheidung handele. Denn diese Argumentation verkennt zusätzlich die Vorgaben des deutschen Konzernrechts. Eine rechtliche Bindung abhängiger Unternehmen in Leitungsfragen kann nur nach Maßgabe des § 291 Abs. 1 AktG erfolgen (§ 308 AktG), verlangt als Gegenleistung aber „Gegenrechte“ der beherrschten Gesellschaft (§§ 302 f., 304 f. AktG).207 Die §§ 311 ff. AktG erlauben dagegen gerade nur faktischen Einfluss mittels informeller Einflussnahme des beherrschenden Aktionärs.208 Einen vertraglichen Einfluss jenseits des „numerus clausus“ der Unternehmensverträge nach § 291 AktG (und damit einen „faktischen Beherrschungsvertrag“) sieht das deutsche Konzernrecht gerade nicht vor.209 Dies muss umso mehr Beachtung finden, wenn es sich bspw. mangels unternehmerischer Tätigkeit des Aktionärs um eine „nur“ beherrschte, nicht aber faktisch i.S.d. §§ 311 ff. AktG beherrschte Zielgesellschaft handelt. Die Übertragbarkeit dieser Ausführungen auf Drittvergütungen kann freilich mangels vertraglich bindender Verpflichtung des Vorstands bezweifelt werden.210 So wird auch von den Kritikern vertraglicher Bindungen die Vereinbarung unverbindlicher Absichtserklärungen für zulässig erachtet.211 Doch könnte durch Setzung entsprechender (und vor allem hoher) finanzieller Anreize die zuvor dargestellte gesetzgeberische Wertung in gleicher Weise außer Kraft gesetzt werden wie vertragliche Bindungen; mithin ein taugliches Instrument zur Umgehung der entspre205
Lutter, FS Fleck, 1988, S. 169, 184; Otto, NZG 2013, 930, 935. OLG München v. 14. 11. 2012 – 7 AktG 2/12, NZG 2013, 459, 462 (das vorangehende Urteil des LG München I bestätigend); LG München I v. 05. 04. 2012 @ 5 HK O 20488/11, NZG 2012, 1152, 1153; in der Literatur zustimmend Otto, NZG 2013, 930, 935 ff.; Spindler, in: MüKo-AktG, § 76, Rn. 27 f. (unter den zusätzlichen konzernrechtlichen Aspekten); ebenso Schall, in: Kämmerer/Veil, S. 75, 86 f.; insbesondere unter Hinweis auf die mangelnde Kompetenz zum Abschluss verbindlicher Vereinbarungen Lutter, FS Fleck, 1988, S. 169, 184; a.A. dagegen Paschos, NZG 2012, 1142, 1143. 207 Schall, in: Kämmerer/Veil, S. 75, 86 f.; Hüffer/Koch, AktG, § 76, Rn. 27; Spindler, in: MüKo-AktG, § 76, Rn. 27 f. 208 Müller, in: Spindler/Stilz, AktG, Vorb. zu den §§ 311 bis 318, Rn. 5 f., m.w.Nachw.; Schall, in: Kämmerer/Veil, S. 75, 87. 209 Schall, in: Kämmerer/Veil, S. 75, 87; Spindler, in: MüKo-AktG, § 76, Rn. 27 f.; beide gegen Decher, FS Hüffer, 2010, S. 145, 149 ff. 210 s. etwa Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 76, Rn. 54, die zu Recht darauf hinweisen, dass faktischer Einfluss der Vertragspartner innerhalb der durch §§ 117, 311 AktG gezogenen Grenzen zulässig ist. 211 s. Schall, in: Kämmerer/Veil, S. 75, 87. 206
A. Zulässigkeit von aktionärsseitigen Leistungen – Drittvergütung
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chend restriktiven Rechtsprechung darstellen. Hinzu kommt, dass selbst nach liberaler Auffassung vertragliche Bindungen sachlich und zeitlich beschränkt sein müssen, mithin „Härtefall-Klauseln“ vorsehen müssen, die dem Vorstand ein abweichendes Verhalten zumindest in Ausnahmesituationen ermöglichen. Drittvergütungen werden naturgemäß – mit dem Argument, dass es dem Vorstand jederzeit frei steht, auf den Bonus zu verzichten – keine entsprechenden Ausnahmeklauseln beinhalten. Die faktische Wirkung auf die Einflussnahme kann unter diesem Gesichtspunkt dann sogar über die rechtlich verbindliche Wirkung hinausgehen. An dieser Stelle gilt dann verstärkt, was bereits im Rahmen von vertraglichen Bindungen anzuzweifeln ist: Es erscheint gerade nicht interessengerecht, die Gesellschaft im Falle der unzulässigen Beeinflussung des Vorstands wegen korrespondierenden Verstoßes gegen Treue- oder Sorgfaltspflichten auf Haftungsansprüche zu verweisen.212, 213 Ein Schaden der Gesellschaft ist häufig gerade nicht nachzuweisen und selbst wenn, darf die Möglichkeit der effektiven Durchsetzung etwaiger Ansprüche ernsthaft bezweifelt werden;214 zudem bezweckt die Leitungsautonomie (und mittelbar auch die Vorgaben zur aktienrechtlichen Kompetenzordnung) gerade den Schutz von stakeholdern und übergangenen Aktionären.215 cc) Zwischenfazit Weder eine abstrakte Orientierung anhand des Unternehmensinteresses, noch die Grundsätze der Vorwegbindung vermögen die Bedenken gegen eine unzulässige Einschränkung der Leitungsautonomie durch Drittvergütungsvereinbarungen auszuräumen – im Gegenteil laufen sie vielmehr Gefahr ihrerseits einen solchen Kompetenzverstoß zu begründen. Bei undifferenzierter Übertragung der dargestellten Wertungen auf die vorliegende Konstellation wäre eine Zulässigkeit der Drittvergütung unter dem Aspekt der Leitungsautonomie des Vorstands insbesondere im Hinblick auf das aktienrechtliche Kompetenzgefüge in Folge schwer anzunehmen.216 Doch ist bislang dem Umstand, dass gerade keine rechtlich verbindliche Weisung, sondern nur eine faktische und weisungsähnliche Wirkung durch Drittvergütung erzielt wird, insbesondere unter abmildernden Gesichtspunkten noch nicht
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So aber im Hinblick auf Drittvergütung im Zusammenhang mit der Leitungsautonomie Traugott/Grün, AG 2007, 761, 767; Kalb/Fröhlich, NZG 2014, 167, 169. 213 Sich für eine solche Differenzierung im Hinblick auf verbindliche Vereinbarungen aussprechend Fleischer, FS Schwark, 2009, S. 137, 155; ders., in: Spindler/Stilz, AktG, § 76, Rn. 69; Weber, in: Hölters, AktG, § 76, Rn. 16b f.; krit. Spindler, in: MüKo-AktG, § 76, Rn. 27a. 214 s. dazu unten 4. Teil A.III.3.; ein etwaiger Gewinnhaftungsanspruch kann nur teilweise Kompensation liefern und setzt überdies allein an der Treuepflichtverletzung an. 215 Ebenso hinsichtlich vertraglicher Beschränkung der Leitungsautonomie Spindler, in: MüKo-AktG, § 76, Rn. 27a. 216 Wohl auch deshalb Drittvergütung seitens der Aktionäre gänzlich ablehnend Fonk, NZG 2010, 368, 370; ders., in: Semler/v. Schenk, Arbeitshdb. AR, § 10, Rn. 168.
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3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
hinreichend Rechnung getragen worden. Dieser Umstand erfordert vielmehr eine vergütungsspezifische Lösung: c) Vergütungsspezifische Lösung anhand abstrakter Vorgaben der Leitungsautonomie Im Gegensatz zu verpflichtenden Vereinbarungen wird mittels Drittvergütung die zwingende Kompetenzordnung gerade nicht per se unterlaufen. Dies zeigt sich anhand eines vergleichenden Blicks auf die gesellschaftsseitige variable Vergütung: Auch dort ist die Gefahr eines unzulässigen Kompetenzübergriffs keinesfalls unbeachtlich. Denn immerhin wird dem Aufsichtsrat das Recht zugesprochen, mittels variabler Vergütungsbestandteile lenkend auf die Vorstandsvergütung einzugehen. Die Grenze zwischen zulässiger Kontrolle als Teil der eigenen organschaftlichen Verpflichtung und unzulässiger Lenkung durch den Aufsichtsrat lässt sich mitunter kaum bestimmen;217 gleichzeitig liegt hierin aber auch die gesetzgeberische Wertung, dass anreizorientierte Vergütung nicht per se einen unzulässigen Eingriff des Aufsichtsrats in die Vorstandskompetenzen bedeutet. Denn auch der Aufsichtsrat darf mittels variabler Vergütungsbestandteile keinesfalls Partikularinteressen Vorschub leisten, noch darf er über seinen Kontrollauftrag hinaus in die Leitungskompetenzen des Vorstands eingreifen. Diese Vorgaben sind für den Aufsichtsrat bei der Festlegung mit gesellschaftsseitiger Vergütung verbundener vergütungsrelevanter Zielvereinbarungen bzw. im Rahmen der von der variablen Vergütung allgemein ausgehenden Anreizwirkung zwingend. Berücksichtigt man vor diesem Hintergrund, dass sich Drittvergütung immer als Gegenleistung für die Tätigkeit für die Gesellschaft darstellen muss, verlagert sich das von ihr ausgehende Risiko: In Abgrenzung zu verbindlichen Investorenvereinbarungen gegenüber Aktionären und anderen unzulässigen persönlichen Verpflichtungen des Vorstands ergibt sich die Gefahr für die Leitungsautonomie des Vorstands damit nicht aus der weisungsähnlichen Wirkung an sich, sondern aus der Zielrichtung der weisungsähnlichen Wirkung. Wäre Drittvergütung dann jedoch im Hinblick auf die Leitungsautonomie an die gleichen materiellen Vorgaben gebunden wie gesellschaftsseitige vergütungsrelevante Zielbestimmungen,218 ist die erste Hürde für ihre Zulässigkeit unter § 76 AktG gemeistert. Denn dann verwässert sich ihr prinzipieller Charakter als kompetenzwidrige Einflussnahme der Aktionäre.219
217 s. dazu ausführlich zu der Gefahr des unzulässigen Kompetenzübergriffs in Folge der Festlegung gesellschaftsseitiger Vergütung und der Handhabung dieses Problems, unten 3. Teil A.III.3.b)bb)(2)(b). 218 s. ausführlich zu den sich daraus ergebenden materiellen Anforderungen, 3. Teil A.IV.1. 219 Nichtsdestotrotz (und eigentlich selbstverständlich) können sich aufgrund ihres differenten Ursprungs im Hinblick auf die Kompetenzordnung Abweichungen ergeben. So darf die Leistung nicht etwa an Zustimmungsvorbehalte (dann des Aktionärs) gebunden werden, die dem Aufsichtsrat nur aufgrund seiner Kontrollaufgabe zugedacht sind.
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Doch ist damit das eigentliche Problem von Drittvergütung, die Gewährleistung hinreichender Autonomie des Vorstands, noch nicht gelöst. Dies zeigt sich ebenfalls bei Berücksichtigung der Vorgaben für die Festlegung gesellschaftsseitiger Vergütung. Der Kontrollauftrag des Aufsichtsrats nach § 111 Abs. 1 AktG bezieht sich nicht nur auf die Gewährleistung des Unternehmensinteresses, ebenso bezieht er sich auf die Gewährleistung der Leitungsautonomie des Vorstands. Kommt er dem bei der Festlegung vergütungsrelevanter Zielvereinbarungen nicht hinreichend nach, kann er sich seinerseits schadensersatzpflichtig machen, § 116 Abs. 1 AktG.220 Legen hingegen Aktionäre – auch wenn sie an die gleichen materiellen Vorgaben wie der Aufsichtsrat gebunden sind – die Ziele der Vergütung in Absprache mit dem Vorstand fest, entfällt – ebenso wie im Rahmen des Unternehmensinteresses – dieses zusätzliche ex ante angesiedelte Kontrollinstrument. Das ist zum einen paradox, weil die von aktionärsseitigen Leistungen ausgehende Gefahr, auch für das aktienrechtliche Kompetenzgefüge, ungleich größer ist als im Falle gesellschaftsseitiger vom Aufsichtsrat festgelegter Vergütung. Zum anderen äußerst unbefriedigend, weil die ex post-Haftung die ex ante-Gefährdung mangels hinreichend abschreckender Wirkung keinesfalls ausgleichen kann.221 Die Lösung liegt damit auf der Hand: Für ihre Zulässigkeit unter § 76 AktG sind Drittvergütungen von der Zustimmung des Aufsichtsrats abhängig zu machen. Ansonsten wären, aufgrund der realistischen Gefahr des Kompetenzverstoßes, Drittvergütungsvereinbarungen generell als unzulässiger Eingriff in die Leitungsautonomie zu bewerten. Dogmatisch lässt sich dieses Bedürfnis anhand eines Blicks auf die ansonsten bestehende Rechtsfolge und den bereits angesprochenen Kontrollauftrag des Aufsichtsrats absichern: Aufgrund ihrer herausgehobenen Rangstellung und ihrer zentralen Bedeutung für die im Aktienrecht vorgeschriebene dreigliedrige Organstruktur wird § 76 Abs. 1 AktG im neueren Schrifttum und von der Rspr. als Verbotsnorm i.S.d. § 134 BGB angesehen,222 sodass ein Verstoß zur Nichtigkeit der betreffenden Vereinbarung führt. Im Vergleich zu sonstigen gegen § 76 Abs. 1 AktG verstoßenden Vereinbarungen stellen Drittvergütungen jedoch einen Sonderfall dar, da – mit Vorgesagtem – freilich nicht jede Leistung von Aktionären unzulässig in die Kompetenzordnung der 220
So auch Redenius-Hövermann/Bertog, Der Aufsichtsrat 2012, 174, 175. s. bereits oben 3. Teil A.III.1.a)bb)(2) und 3. Teil A.III.1.b)bb). 222 OLG München v. 14. 11. 2012 – 7 AktG 2/12, NZG 2013, 459, 461 f.; LG München I v. 05.0 4. 2012 @ 5 HK O 20488/11, NZG 2012, 1152, 1154, unter Verweis auf das zu den herausgehobenen Mitgliedschaftsrechten im Rahmen einer Wohnungseigentumsgesellschaft ergangene Urteil des BGH v. 10. 12. 2010 – V ZR 60/10, NZG 2011, 296, mit der Begründung, dass entsprechend dieses Urteils „Verletzungen von kompetenzrechtlichen Vorgaben innerhalb eines Personenverbandes, wie es eine juristische Person darstellt, zur Nichtigkeit der entsprechenden Vereinbarung führen“ müssen; dies für Regelungen bestätigend, die in den Kernbereich von elementaren Mitwirkungsrechten eingreifen, Schmid, NJW 2011, 1841, 1842; sehr ausführlich im Hinblick auf unzulässige vergütungsrelevante „Weisungen“ des Aufsichtsrats gegenüber dem Vorstand, Behrens/Rinsdorf, FS 25 Jahre AG ArbR im DAV, 2006, S. 449, 457; ferner Fonk, NZG 2011, 321, 326 (für Zielvereinbarungen mit dem Aufsichtsrat); Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 76, Rn. 46; König, NZG 2013, 452, 453. 221
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3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
Aktiengesellschaft eingreift bzw. die Leitungsautonomie des Vorstands beeinträchtigen wird. Aufgrund ihrer besonderen Bedeutung obliegt die Einhaltung der Vorgaben der § 76 Abs. 1 AktG allerdings nicht nur dem Vorstand selbst. Vielmehr obliegt es zusätzlich der Aktiengesellschaft, die Leitungsmacht des Vorstands zu gewährleisten und mithin die Einhaltung der Weisungsunabhängigkeit sicherzustellen.223 Dann aber muss aufgrund der potentiellen Gefahr von Drittvergütungen und aufgrund ihrer sachlichen Nähe zum eigentlichen Kontrollauftrag des Aufsichtsrats dessen Kompetenz auf die präventive Kontrolle von Drittvergütungen ausgeweitet werden. Ansonsten käme man zu dem widersprüchlichen Ergebnis, dass auch die Aktiengesellschaft das institutionelle Gefüge zwar beachten muss, im Falle von dieses beeinträchtigenden Drittvergütungen aber u. U. gar keine Möglichkeit hätte, diese im Vorhinein zu untersagen und den Abschluss einer nichtigen Vereinbarung zu unterbinden. Ferner würden nur eine entsprechende Kompetenz der Gesellschaft und damit des Aufsichtsrats auch dem Umstand gerecht, dass Drittvergütungen, im Gegensatz zu die Leitungsmacht klar einschränkenden Vereinbarungen, nicht per se als unzulässig unter § 76 AktG eingestuft werden müssten. Die Kompetenz des Aufsichtsrats ist, sozusagen als milderes Mittel oder Alternative zur Nichtigkeit, ein im Interesse der Gesellschaft liegendes, vorgelagertes Instrument. Auch hier wäre allerdings die bloße Informationsgewährung an den Aufsichtsrat nicht ausreichend. Denn nur ein entsprechender Zustimmungsvorbehalt des Aufsichtsrats kann den angesprochenen Widerspruch vermeiden und die hinreichende Weisungsunabhängigkeit des Vorstands gewährleisten.224 d) Fazit Eine drittvergütungsspezifische Lösung verlangt auch unter § 76 AktG die Zustimmung des Aufsichtsrats für die Zulässigkeit von Drittvergütungen. Zudem haben die an die Vergütung geknüpften Zielbestimmungen, zur Vereinbarkeit mit der Leitungsautonomie, die gleichen – weiter unten noch näher zu bestimmenden – materiellen Vorgaben zu beachten wie auch die gesellschaftsseitige Vergütung. Hingegen können abstrakt-materielle Vorgaben wie die Ausrichtung auf das Unternehmensinteresse, ebenso wie die Grundsätze zur Vorwegbindung, keine zufriedenstellende Kontrolle der abstrakten Gefahr für die Leitungsautonomie gewährleisten. 3. Vereinbarkeit mit der Anstellungs- und insbesondere Vergütungskompetenz des Aufsichtsrats Letztlich, aber nicht weniger wichtig, stellt sich die Frage der Vereinbarkeit aktionärsseitiger Drittvergütung mit der Anstellungs- und Vergütungskompetenz des 223 224
Fonk, NZG 2011, 321, 324; Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 76, Rn. 46. Zur Rechtsfolge bei Nichteinholung der Zustimmung, s. unten 4. Teil A.I.2.a).
A. Zulässigkeit von aktionärsseitigen Leistungen – Drittvergütung
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Aufsichtsrats. So ist der Aufsichtsrat nach § 84 Abs. 1 S. 1, 5 AktG für die Bestellung des Vorstands sowie für den Abschluss und die Ausgestaltung des Anstellungsvertrags zuständig, mithin auch für Vergütungszusagen an den Vorstand. Zumindest sofern es sich um Vergütungszusagen aus Gesellschaftsmitteln handelt, ist diese Zuordnung zwingend.225 Daneben hat der Aufsichtsrat nach § 87 Abs. 1 S. 1 AktG – als Vorgabe an die Ausgestaltung der Vergütung – „bei der Festsetzung der Gesamtbezüge […] dafür zu sorgen, dass diese in einem angemessenen Verhältnis zu den Aufgaben und Leistungen des Vorstandsmitglieds sowie zur Lage der Gesellschaft stehen und die übliche Vergütung nicht ohne besondere Gründe übersteigen“. Zusätzlich haben Aufsichtsräte börsennotierter226 Aktiengesellschaften mit den Neuerungen des VorstAG nach § 87 Abs. 1 S. 2 AktG die Vergütungsstruktur auf eine nachhaltige Entwicklung auszurichten. Verstößt der Aufsichtsrat schuldhaft gegen diese Vorgaben des § 87 Abs. 1 AktG, handelt er pflichtwidrig und kann je nach Lage des Einzelfalls gem. §§ 116, 93 Abs. 2 AktG in Anspruch genommen werden,227 was der Gesetzgeber im Zuge des VorstAG nochmals ausdrücklich in § 116 S. 3 AktG hervorgehoben hat.228 Allerdings treffen diese Regelungen keine ausdrückliche Aussage zur Kompetenzzuordnung für nicht von der Gesellschaft stammende Leistungen. Entscheidend ist daher allein, ob der Regelungsgehalt bzw. Schutzzweck dieser Vorgaben Geltung für gesellschaftsfremde Vergütungen beansprucht oder nicht. a) Einschränkung der Anstellungskompetenz des Aufsichtsrats, § 84 Abs. 1 AktG Die aus § 84 Abs. 1 S. 5 AktG folgende Anstellungskompetenz des Aufsichtsrats selbst wird wohl kaum durch aktionärsseitige Drittvergütung unterwandert. Zwar müssen aktionärsseitige Leistungen zur Einordnung als (legitimierungsfähige) Drittvergütung an der Tätigkeit für die Gesellschaft anknüpfen, indes dürfen sie 225 Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 84, Rn. 33; Seibt, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 84, Rn. 24; Wiesner, in: Münchener Hdb. GesR, Band 4, § 21, Rn. 20; Mayer-Uellner, AG 2011, 193, 198. 226 Nach dem Willen des Gesetzgebers soll diese Vorgabe auch für nicht-börsennotierte Aktiengesellschaften Geltung beanspruchen. Von einer ausdrücklichen Regelung wurde jedoch abgesehen, da sonst Fragen zum Verhältnis zur GmbH und den Personenhandelsgesellschaften aufgeworfen würden und der Gesetzgeber es den Eigentümern überlassen wollte, die richtigen Instrumente zu finden, s. Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BTDrucks. 16/13433 (VorstAG), S. 10. 227 Spindler, in: MüKo-AktG, § 87, Rn. 126; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 87, Rn. 57; Seibt, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 87, Rn. 17; Bürgers/Israel, in: Bürgers/Körbers, AktG, § 87, Rn. 7; ausführlich zur Haftung des Aufsichtsrats bei unangemessener Vorstandsvergütung Hüffer, FS Hoffmann-Becking, 2013, S. 589. 228 Damit wollte der Gesetzgeber noch einmal deutlich hervorheben und den „Betroffenen“ ins Bewusstsein rufen, „dass die angemessene Vergütungsfestsetzung zu den wichtigsten Aufgaben des Aufsichtsrats gehört und dass er für Pflichtverstöße persönlich haftet“, s. Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD zum VorstAG, BT-Drucks. 16/12278, S. 6.
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3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
keine Gegenleistungsverpflichtung des Vorstands begründen.229 Mithin kann es sich bei den Drittvergütungen zu Grunde liegenden Verträgen immer nur um solche einseitig verpflichtenden Inhalts handeln. Wird der Vorstand allerdings keinem anderweitigen Pflichtenprogramm unterworfen, steht auch die Anstellungskompetenz an sich nicht in Frage. Insbesondere soll in Abgrenzung zu den insbesondere im Konzern auftauchenden, stark umstrittenen Drittanstellungsverträgen,230 durch die Drittvergütung der eigentliche Anstellungsvertrag mit der Gesellschaft nicht ersetzt werden.231 In Frage steht jedoch eine faktische Einschränkung der Vergütungsregelungen des Anstellungsvertrags. Von der Zuweisung der Anstellungskompetenz nach § 84 Abs. 1 S. 5 AktG ist auch die Kompetenz zur Ausgestaltung des Anstellungsvertrags und damit zur Festlegung der Vergütung für Tätigkeiten des Vorstands für die Gesellschaft umfasst. Dabei sind Regelungen zu den Bezügen der Geschäftsleiter wesentlicher Inhalt eines jeden Anstellungsvertrags,232 wobei sich Umfang und Zulässigkeit der Vergütung nach § 87 Abs. 1 AktG richten, was diesen zur „Zentralnorm“ für Vergütungsfragen macht. Zwar hat die Drittvergütungsvereinbarung – wie gesagt – für das Vorstandsmitglied keinen verbindlichen Charakter, sodass diese zwingende Kompetenzzuordnung (Anstellungskompetenz – Vergütungskompetenz) hinsichtlich Drittvergütungen keine unmittelbare Wirkung entfaltet. Da in der Zuweisung des § 84 Abs. 1 S. 5 AktG damit jedoch auch die Personalkompetenz des Aufsichtsrats für Vergütungsfragen (im allgemeinen) begründet ist, wohnt dem auch die § 87 Abs. 1 AktG beeinflussende Wirkung inne, dass dessen Schutzzweck nicht isoliert festgestellt werden darf, sondern die Kompetenzzuweisung in der Aktiengesellschaft berücksichtigen muss:
229 Ansonsten wäre der Vertrag wegen Verstoßes gegen § 76 AktG nichtig, s. 3. Teil A.III.2.a). 230 Zur Übersicht über den Meinungsstand, Spindler, in: MüKo-AktG, § 84, Rn. 76 f.; Hüffer/Koch, AktG, § 84, Rn. 17 ff; zu Drittanstellung und damit zusammenhängender Drittvergütung, s. Wöller, S. 145 ff. 231 Im Zusammenhang mit aktionärsseitiger Drittvergütung gehen Traugott/Grün, AG 2007, 761, 766 und Spindler, FS Hopt, Band 1, S. 1407, 1418 ff., auf Drittanstellungsverträge ein; aus anderer Sicht beleuchtet E.Vetter, FS Hoffmann-Becking, 2013, S. 1297, 1312 ff., die Zulässigkeit von auf Drittanstellungsverträgen beruhenden Drittvergütungen. Da Drittanstellungsverträge indes eine Verpflichtung des Vorstands voraussetzen, bedarf es im Rahmen der vorliegenden Bearbeitung keiner vertiefenden Auseinandersetzung mit dieser Problematik; insbesondere kann aus der (vermeintlich) durch den BGH festgestellten Zulässigkeit von Drittanstellungsverträgen nicht undifferenziert auf die Zulässigkeit einer davon zu trennenden Drittvergütung in der unabhängigen Aktiengesellschaft geschlossen werden, bezieht sich das Urteil des BGH doch auf die Rechtslage in einer abhängigen Aktiengesellschaft. 232 So explizit Spindler, in: MüKo-AktG, § 84, Rn. 10; Cahn, FS Hopt, Band 1, S. 431, 445; ferner Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 84, Rn. 43 ff.; Thüsing, in: Fleischer, Hdb. VorstandsR, § 4, Rn. 53.
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b) Einschränkung der Vergütungskompetenz des Aufsichtsrats, § 87 Abs. 1 i.V.m. § 84 Abs. 1 AktG § 87 Abs. 1 AktG kann man für den vorliegenden Sachverhalt zweierlei relevante Aussagen entnehmen: Zum einen hat der Aufsichtsrat die Gesamtbezüge des Vorstands festzulegen. Zum anderen hat der Aufsichtsrat bei der Festsetzung der Gesamtbezüge die Kriterien der Angemessenheit i.S.d. Norm zu wahren. Die Frage, ob Drittvergütungen in die Vergütungskompetenz des Aufsichtsrats fallen, lässt sich daher nur auf einem Wege beantworten: anhand Bestimmung der Reichweite und Auslegung des Begriffs „Gesamtbezüge“. Materiell sind die „Gesamtbezüge“ weit auszulegen, sodass sie gleichermaßen feste wie variable Vergütungsbestandteile umfassen.233 Verallgemeinernd ist anerkannt, dass alle Leistungen an das Vorstandsmitglied erfasst sind, die ihm mit Rücksicht auf seine Tätigkeit für die Gesellschaft gewährt werden.234 In Abgrenzung dazu sollen Leistungen der Gesellschaft, die außerhalb der Vorstandstätigkeit erfolgen, wie die Kaufpreiszahlung an das Vorstandsmitglied für Wertpapiere der Gesellschaft oder für ein Grundstück, nicht als Inhalt der Gesamtbezüge vom Aufsichtsrat zu berücksichtigen sein.235 Betrachtet man allein die möglichen inhaltlichen Ausgestaltungsformen von Drittvergütungen, erfüllen diese zweifelsohne die Kriterien zur Einstufung als Gesamtbezüge i.S.d. Vorschrift. Häufig handelt es sich um variable (kurzfristige) Komponenten, wie die Gewährung eines Bonus für die Erreichung eines bestimmten Ziels, z. B. bei Abschluss einer Transaktion, oder um Formen möglicher Beteiligungen an der Gesellschaft. Da es überdies wesentliches Element für die Einordnung einer Leistung als Drittvergütung ist, dass sie mit Rücksicht auf die Tätigkeit des Vorstandsmitglieds für die Gesellschaft gewährt wird, müsste sie – von der Gesellschaft stammend – vom Aufsichtsrat unter Berücksichtigung der Vorgaben des § 87 Abs. 1 AktG festgelegt werden. Indes erachten Teile des Schrifttums den Umstand, dass die Leistung gerade nicht von der Gesellschaft stammt, für maßgeblich, Vergütungen Dritter nicht unter die Vergütungskompetenz des Aufsichtsrats zu fassen. Da keine Mittel des Gesellschaftsvermögens in Anspruch genommen werden, trifft die finanzielle Belastung allein die Aktionäre, nicht aber die Gesellschaft. In Folge müsse man dem Aufsichtsrat die Vergütungskompetenz hinsichtlich Drittvergütungen absprechen.236 Ein 233 In § 87 Abs. 1 AktG selbst findet sich eine nicht abschließende Aufzählung potentieller Vergütungsformen, wobei der Gesetzgeber mit dem VorstAG ausdrücklich auch stock options aufgenommen hat. 234 Spindler, in: MüKo-AktG, § 87, Rn. 22; Weber, in: Hölters, AktG, § 87, Rn. 5; Mertens/ Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 87, Rn. 18; Seibt, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 87, Rn. 5; Eckert, in: Wachter, AktG, § 87, Rn. 6; Hoffmann-Becking, ZHR 169 (2005), 155, 156. 235 Kort, in: Großkomm AktG, § 87, Rn. 49; Spindler, in: MüKo-AktG, § 87, Rn. 23; Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 87, Rn. 18; Weber, in: Hölters, AktG, § 87, Rn. 6. 236 So der Ansatz von Lange, Forum Unternehmenskauf 2004, 115, 135; v. Werder/Braun/ Fromholzer, in: Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, II., Rn. 134 ff.; Traugott/Grün, AG
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3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
ähnliches237 Verständnis legten wohl auch Lutter und Zöllner – als „Urheber“ der Idee aktionärsseitiger Vergütung – ihrer im Zuge des Mannesmann-Prozesses geäußerten Forderung zu Grunde, wonach die Aktionäre die Gewährung sog. kompensationsloser Anerkennungsprämien selbst zu tragen hätten.238 Denn dann kann die Leistung keine treuwidrige Verschwendung von Gesellschaftsvermögen mehr bedeuten. Allerdings wird § 87 Abs. 1 i.V.m. § 84 Abs. 1 AktG damit auch jede kompetenzwahrende Funktion abgesprochen, was zu einer der Kernfragen führt, wenn es um die Zulässigkeit aktionärsseitiger Drittvergütung geht: Dient die Vergütungskompetenz allein dem Schutz des Gesellschaftsvermögens oder bezweckt sie als besondere Ausprägung der Kontrollkompetenz des Aufsichtsrats auch eine Verhaltenssteuerung des Vorstands? Im letzteren Sinne erkennen die Vertreter des mittlerweile wohl herrschenden Ansatzes auch eine Kontrollkomponente der Vorschriften an und wollen damit jegliche Leistung an den Vorstand einer Aktiengesellschaft unter das Regime des Aufsichtsrats stellen. Einzelne Vertreter dieser Auffassung gehen dabei so weit, ausschließlich die Gesellschaft selbst als zur Leistungsgewährung befugt anzusehen,239 während der ganz überwiegende Teil Leistungen Dritter von einem Zustimmungsvorbehalt des Aufsichtsrats abhängig macht.240 Mit Vorhergesagtem findet sich diese Diskussion in gebündelter Form in der Auslegung des Begriffs „Gesamtbezüge“ wieder. Insofern bedingen sich die Auslegung des Begriffs „Gesamtbezüge“ und die Frage nach der kompetenzwahrenden Funktion des § 87 Abs. 1 AktG gegenseitig: Sind Drittvergütungen als Teil der „Gesamtbezüge“ anzusehen, obliegt dem Aufsichtsrat mittels § 87 Abs. 1 AktG i.V.m. § 84 Abs. 1 AktG auch die Kompetenz zur Festlegung der Drittvergütung.
2007, 762, 769; Hohaus/Weber, DStR 2008, 104, 105, die damit zwingend auch die Zuständigkeit des Aufsichtsrats für Drittvergütungen (zumindest) als Ausfluss dessen Vergütungskompetenz gem. §§ 87, 84 AktG ablehnen; Kalb/Fröhlich, NZG 2014, 167, 169 f. 237 Nur „ähnlich“, weil sich Lutter und Zöllner keine unmittelbaren Gedanken zu § 87 Abs. 1 AktG gemacht haben. 238 Lutter/Zöllner, FAZ v. 10. 02. 1004, abrufbar unter: http://www.faz.net/aktuell/wirt schaft/mannesmann-prozess-praemie-fuer-esser-war-rechtswidrig-1147519.html (zuletzt abgerufen am: 20. 03. 2015), „[…] Das hätten schon die Aktionäre selbst tun müssen. Insofern hatte Canning Fok als Vertreter des Großaktionärs Hutchison Whampoa durchaus das richtige Gefühl, als er Klaus Esser eine Prämie im Hinblick auf die Kurssteigerung anbot.“. 239 Schüppen, FS Tiedemann, 2008, S. 749, 755, zumindest im Rahmen der unabhängigen Aktiengesellschaft; Wollburg, ZIP 2004, 646, 649, wenn auch im endgültigen Ergebnis nicht ganz eindeutig. 240 Jüngst BGH v. 28. 04. 2015 – II ZR 63/14, WM 2015, 1197, 1200; Bauer/Arnold, DB 2006, 260, 265; Mayer-Uellner, AG 2011, 193, 198 f.; Redenius-Hövermann/Bertog, Der Aufsichtsrat 2012, 174, 175 f.; Weber, in: Hölters, AktG, § 87, Rn. 13; Selzner, AG 2013, 818, 822 f.; Diekmann, FS Meier-Reimer, 2010, S. 75, 83; ders./Punte, WM 2016, 681, 685; Spindler, in: MüKo-AktG, § 87, Rn. 73; wobei ders., FS Hopt, Band 1, 2010, S. 1407, 1423 f. Drittvergütungen insgesamt noch sehr kritisch gegenübersteht.
A. Zulässigkeit von aktionärsseitigen Leistungen – Drittvergütung
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aa) Auslegung anhand des Wortsinns Die grds. zuvorderst anzustellende Auslegung anhand des Wortlauts der Norm241 führt, für sich betrachtet, nicht zu einer abschließenden Bewertung. Freilich drängt sich zuallererst der Eindruck auf, dass alle Leistungen an ein Vorstandsmitglied, die im Zusammenhang mit der Tätigkeit für die Gesellschaft stehen, unabhängig von ihrem Ursprung unter den Begriff „Gesamtbezüge“ zu subsumieren sind. Denn wie bereits ausgeführt, beschreibt der Begriff alle Leistungen an das Vorstandsmitglied, die ihm mit Rücksicht auf seine Tätigkeit für die Gesellschaft gewährt werden. Folge wäre, dass allein aufgrund des Wortsinns jegliche Drittleistung im Sinne der im zweiten Teil erarbeiteten Definition242 auch unter § 87 Abs. 1 AktG zu subsumieren wäre und mithin die Vergütungskompetenz des Aufsichtsrats umfassenden Charakter gewinnen würde. Wenngleich unter bloßer Berücksichtigung des Wortsinns nicht in gleicher Weise überzeugend, ist aber dennoch auch eine andere Interpretation denkbar. Legt man das teils vertretene, enge Verständnis der Norm zu Grunde, welches sich auf den Schutz des Gesellschaftsvermögens beschränkt, könnten als Gesamtbezüge auch nur solche Leistungen zu fassen sein, die der Vorstand von der Gesellschaft selbst als Gegenleistung für seine Tätigkeit erhält. Eine demgegenüber unzulässige Auslegung des Wortsinns läge erst dann vor, wenn man die von der Gesellschaft stammenden Leistungen aufspalten würde, mithin dem Aufsichtsrat die Vergütungskompetenz nur für einzelne Arten von gesellschaftsseitigen Bezügen zuerkennen würde. bb) Auslegung anhand teleologischer Erwägungen Wie bereits in der einführenden Darstellung zu diesem Problemkreis angeklungen, wird der Streit um die Vergütungskompetenz des Aufsichtsrats in der Literatur im Wesentlichen auf dem Rücken teleologischer Erwägungen ausgetragen. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, welchen Schutzzweck die Regelung des § 87 Abs. 1 AktG verfolgt. Unstreitig ist zunächst nur, dass § 87 Abs. 1 AktG eine Schmälerung bzw. Schädigung des Gesellschaftsvermögens durch die überobligatorische Aufwendung von Gesellschaftsmitteln bezweckt.243 Schutzsubjekte sind dabei nach einhelliger Auffassung die Gesellschaft selbst, ihre Aktionäre, Arbeitnehmer und Gläubiger, nicht aber der Vorstand.244 Dabei soll insbesondere eine 241
BVerfG v. 09. 08. 1978 – 2 BvR 831/76, BVerfGE 49, 148, 158; Larenz, S. 343 ff. s. dazu oben 2. Teil B. 243 Kort, in: Großkomm AktG, § 87, Rn. 1; Weber, in: Hölters, AktG, § 87, Rn. 1; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 87, Rn. 1; ders., DStR 2005, 1318, 1318; Brauer, NZG 2004, 502, 503; Schüller, S. 116; Hohaus/Weber, DStR 2008, 104, 105, mit weiteren Nachweisen auf die Literatur vor Erlass des VorstAG. 244 LG Düsseldorf v. 22. 07. 2004 – XIV 5/03, NJW 2004, 3275, 3277; Kort, in: Großkomm AktG, § 87, Rn. 1, 7; Spindler, in: MüKo-AktG, § 87, Rn. 2; Hüffer/Koch, AktG, § 87, Rn. 1; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 87, Rn. 1; Seibt, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 87, Rn. 1; Weber, in: Hölters, AktG, § 87, Rn. 1; Eckert, in: Wachter, AktG, § 87, Rn. 1. 242
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3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
missbräuchliche Bereicherung des Vorstands auf Kosten dieser Bezugsgruppen vermieden werden.245 Ob § 87 Abs. 1 AktG darüber hinaus ein weitergehender Schutzweck zuzusprechen ist, lässt sich nur anhand genauerer Analyse teleologischer Erwägungen ermitteln. Der Zweck ist daher zum einen anhand eines Blicks auf die historischen Erwägungen zu hinterfragen, zum anderen – maßgeblich – anhand der Funktion des Kriteriums der Angemessenheit:246 (1) Schutzzweck unter historischer Auslegung Bereits unter Berücksichtigung der historischen Entwicklung247 der Vorschrift ist eine enge Auslegung des Schutzzwecks des § 87 AktG keineswegs zwingend.248 Mit Einführung der Vorgängervorschrift § 78 AktG 1937 sollten bis dato bestehende Entwicklungen bekämpft werden, wonach „Riesengehälter und Gewinnanteile ohne Rücksicht auf die Aufgaben und die Leistungsfähigkeiten der Vorstandsmitglieder und sogar dann noch geleistet wurden, wenn die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft hoffnungslos war“.249 Diese Auswüchse betrafen und betreffen nicht nur unmittelbar das finanzielle Vermögen der Gesellschaft, sondern können u. a. das Vertrauen des einzelnen Anlegers zerstören oder gar das Vertrauen in das Wirtschaftssystem insgesamt nachhaltig beeinträchtigen.250 Mangelnde Akzeptanz einer Kapitalgesellschaft oder eines ganzen Wirtschaftssystems wird sich aber mittelbar immer auch auf die (finanzielle) Lage der betroffenen Gesellschaft niederschlagen. Dabei kann sie ihren Grund auch in der Unverhältnismäßigkeit von Bezügen an sich und in Vergütungsanreizen haben, die dem Unternehmensinteresse widersprechende Maßnahmen honorieren, und nicht allein von der Frage abhängig sein, ob das Gesellschaftsvermögen unsachgemäß belastet wird.251 Dies zeigt sich nicht zuletzt an der Diskussion, die um die von den Aktionären des insolventen Arcandor-Konzerns gezahlte Abfindung an den ausscheidenden Vorstandsvorsitzenden Karl-Gerhard Eick entbrannt sind.252 Insofern ergeben sich in Folge historischer Betrachtung zumindest Zweifel, die Kompetenz des Aufsichtsrats selbst bei unangemessen hohen 245 Dies war bereits der primäre Schutzzweck der Vorgängervorschrift § 78 AktG 1937, s. dazu Schlegelberger/Quassowski, AktG 1937, § 78, Rn. 1; Geßler, JW 1937, 497, 499 reSp; Hüffer/Koch, AktG, § 87, Rn. 1; Kort, in: Großkomm AktG, § 87, Rn. 9. 246 Wenngleich die historische Auslegung häufig als separater Auslegungsbestandteil betrachtet wird, handelt es sich bei dieser dennoch um eine Argumentation anhand des Gesetzeszwecks (und damit um einen Teil der teleologischen Auslegung), Zippelius, § 10, II., S. 41. 247 Näher dazu Schüller, S. 114 ff. 248 So aber explizit Traugott/Grün, AG 2007, 762, 769. 249 So die Begründung von Schlegelberger/Quassowski, AktG 1937, § 78, Rn. 1; darauf verweisend Hüffer, AktG, 6. Aufl. 2004, § 87, Rn. 1; ferner Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 87, Rn. 2. 250 Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 87, Rn. 2; Eckert, in: Wachter, AktG, § 87, Rn. 1; Körner, NJW 2004, 2697, 2698; Diekmann, FS Maier-Reimer, 2010, S. 75, 81. 251 In diese Richtung wohl auch Diekmann, FS Maier-Reimer, 2010, S. 75, 81, 82. 252 s. dazu oben 3. Teil A.I.3.
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Zuwendungen außenstehender Dritter an den Vorstand mit dem Argument abzulehnen, dass diese nicht aus gesellschaftseigenen Mitteln stammen. (2) Schutzzweck unter Funktion des Angemessenheitskriteriums Die Bestimmung des Schutzzwecks des § 87 Abs. 1 AktG und damit im Endeffekt auch die Reichweite des Begriffs „Gesamtbezüge“ ist grundlegend mit der Intention der Angemessenheit verbunden. Dass dieser für das Verständnis des § 87 Abs. 1 AktG überragende Bedeutung zukommt, zeigt folgende Überlegung: Eine Haftung des Aufsichtsrats im Zusammenhang mit der Vorstandsvergütung kommt dann in Betracht, wenn der Aufsichtsrat seine auf der Personalhoheit ruhende Kompetenz zur Festsetzung der Gesamtbezüge pflichtwidrig ausgefüllt hat. Hinreichende, wenn auch nicht zwingend notwendige253 Haftungsvoraussetzung ist dabei ein Verstoß gegen die Angemessenheitskriterien des § 87 Abs. 1 AktG. Diese Ausprägung der Personalkompetenz hat der Gesetzgeber verstärkt in den Vordergrund gerückt, indem er im Zuge des VorstAG in § 116 S. 3 AktG die Haftung bei pflichtwidriger, da unangemessener Festsetzung der Vorstandsvergütung (deklaratorisch) betont hat. Mit anderen Worten ist somit die Sicherstellung der Angemessenheit der Vorstandsbezüge i.S.d. § 87 Abs. 1 AktG besondere Ausprägung der Sorgfaltspflicht der Aufsichtsratsmitglieder bei Ausübung ihrer Personalkompetenz.254 Dieser Pflichtenmaßstab des Aufsichtsrats kann aber nur so weit gehen, wie die Angemessenheit Geltung beansprucht, was wiederum maßgeblich von der Intention der Angemessenheit abhängt. Enthält die Angemessenheit eine über den bloßen Vermögensschutz hinausgehende, das Vorstandshandeln lenkende und damit aktive Kontrollkomponente, ist eine entsprechend weite Auslegung der „Gesamtbezüge“ geboten. Denn dem kann der Aufsichtsrat nur dann sachgerecht nachkommen, wenn ihm die Kompetenz hinsichtlich sämtlicher Bezüge des Vorstands zugesprochen wird, gleich welchen Ursprungs. (a) Überblick: Kriterien der Angemessenheit nach Thüsing Mit den Vorgaben nach § 87 Abs. 1 AktG gibt der Gesetzgeber dem Aufsichtsrat verschiedene Kriterien vor, anhand derer die Angemessenheit der Vorstandsvergütung zu ermitteln ist.255 Dem Terminus des § 87 Abs. 1 AktG vorgelagert, hat Thüsing diese Kriterien anschaulich in vier unterschiedliche Kategorien unterteilt; nament-
253 Nach BGH v. 21. 12. 2005 – 3 StR 470/04, BGHSt 50, 331, 336 f. – Mannesmann, kann auch eine ausschließlich belohnende Leistung der Gesellschaft als treuwidrige Verschwendung des Gesellschaftsvermögens angesehen werden, unabhängig von der Einhaltung der Grenzen des § 87 Abs. 1 AktG. 254 Weber, in: Hölters, AktG, § 87, Rn. 1; Seibt, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 87, Rn. 2; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 87, Rn. 1; ders., DStR 2005, 1279, 1279 f.; HoffmannBecking, ZHR 169 (2005), 155, 156. 255 Ausführlicher zum Inhalt dieser gesetzgeberischen Vorgabe, s. unten 3. Teil A.IV.2.b).
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3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
lich in materielle, relationale, funktionale und prozessuale Kriterien.256 Während eine Betrachtung der materiellen und relationalen Kriterien für die vorliegende Fragestellung wenig zielführend erscheint, ergibt sich aus dem funktionalen Kriterium der Angemessenheit zwingend ein weites Verständnis der Gesamtbezüge unter damit auch eine zwingend zu beachtende Einschätzungsprärogative des Aufsichtsrats als Ausfluss des funktionalen Kriteriums der Angemessenheit: (b) Intention des funktionalen Kriteriums Mithilfe funktionaler Kriterien kann die Angemessenheit der Vergütung mit der Setzung von Anreizen begründet werden, die ein bestimmtes Verhalten des Vorstandsmitglieds zum Wohle der Gesellschaft fördern sollen.257 Aufgrund der Steuerungsfunktion jeglicher Vergütung ist dieses Kriterium nicht allein auf variable Vergütungskomponenten beschränkt.258 Zwar sind diese in besonderem Maße von funktionalen Erwägungen geprägt – denn sollten quantitativ hohe variable Vergütungsbestandteile im Endeffekt nicht die angestrebte Wirkung erzielen, lastet der Vergütung bereits aufgrund dieses Umstands das Verdikt der Unangemessenheit an. Darüber hinaus hat der Aufsichtsrat aber bei Festlegung der gesamten Vergütung, bspw. der Aufteilung in feste und variable Vergütungsbestandteile, in kurz- oder langfristige Wirkung oder bei der Wahl der Bezugsgrößen, entsprechende Steuerungseffekte zu beachten.259 Freilich ist auch das funktionale Kriterium (zumindest auch) als Ausfluss des Vermögensschutzes der Gesellschaft zu verstehen. Denn die für die Vorstandsleistung erbrachte Gegenleistung der Gesellschaft soll nur dann in ihrer Höhe und damit in dem Maß der Aufwendung des Gesellschaftsvermögens gerechtfertigt sein, wenn der Vorstand auch die von der Unternehmensstrategie gesetzten Ziele erfüllt. Liegt die Anreizfunktion dagegen nicht im Unternehmensinteresse oder verwirklicht sich die Zielsetzung der variablen Vergütung auch ohne Zutun des Vorstands (sog. windfall profits), ist die entsprechende Aufwendung des Gesellschaftsvermögens als unangemessen anzusehen.260 Indes erschöpft sich die Intention des funktionalen Kriteriums keinesfalls in einem so verstandenen Vermögensschutz.261 Vielmehr 256 So die Einteilung von Thüsing, ZGR 2003, 457, 469 ff.; ders., in: Fleischer, Hdb. VorstandsR, § 6, Rn. 7 ff.; dem folgend Seibt, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 87, Rn. 8; auf diesen Aspekt weist zutreffend im Zusammenhang mit Drittvergütungen bereits Mayer-Uellner, AG 2011, 193, 198 hin. 257 Thüsing, in: Fleischer, Hdb. VorstandsR, § 6, Rn. 13; Mayer-Uellner, AG 2011, 193, 198; Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 87, Rn. 48 (zu stock options): „Eine solche Unangemessenheit kann in der Höhe der Vergütung, aber auch in der Festlegung von Erfolgszielen liegen, von denen objektiv kein Anreiz zur Förderung des langfristigen Unternehmenswohls ausgeht.“. 258 So aber wohl E. Vetter, FS Hoffmann-Becking, 2013, S. 1297, 1314. 259 Seibt, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 87, Rn. 11. 260 Thüsing, in: Fleischer, Hdb. VorstandsR, § 6, Rn. 13; ähnlich Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 87, Rn. 48. 261 Deutlich etwa auch E. Vetter, FS Hoffmann-Becking, 2013, S. 1297, 1314.
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bringt die Zuweisung der Vergütungskompetenz einzig an den Aufsichtsrat mindestens ebenso deutlich zum Ausdruck, dass es allein die Entscheidung des Aufsichtsrats ist, ob und in welchem Maße er anstatt oder neben der Gewährung eines Festgehalts variable Vergütungsbestandteile einsetzen will oder nicht. So kann er durch die Schaffung lang- oder kurzfristiger Anreize die strategische Ausrichtung des Unternehmens in bewusste Bahnen lenken.262 Dabei stellt auch die Gewährung eines reinen Festgehalts263 oder der Verzicht auf kurzfristige variable Vergütungsbestandteile eine bewusste Entscheidung des Aufsichtsrats dar. Solche Zielvorgaben des Aufsichtsrats könnten all zu leicht umgangen werden, würde daneben eine Drittvergütung ohne Mitwirkungskompetenz des Aufsichtsrats möglich sein.264 Denn es findet keinen Rückhalt im Gesetz, Dritten – neben dem Aufsichtsrat – Einflussnahme auf die Strategie und Planung des Vorstands zuzubilligen; vielmehr wäre ein solcher Einfluss Dritter bereits im Hinblick auf die Kompetenzabgrenzungen des § 76 AktG mehr als fraglich.265, 266 Das funktionale Kriterium der Angemessenheit schafft somit einen Wertungswiderspruch zu dem Gedanken, dass § 87 Abs. 1 AktG – und die sich daran anknüpfende Vergütungskompetenz des Aufsichtsrats – allein den Schutz vor einem unangemessenen Abfluss von Gesellschaftsmitteln bezweckt. Dies hat der Gesetzgeber mit Erlass des VorstAG schließlich endgültig bestätigt267 und für die börsennotierte Aktiengesellschaft weitergehend konkretisiert.268 Nach § 87 Abs. 1 S. 2 AktG ist die Vergütungsstruktur börsennotierter269 Gesellschaften auf eine nachhaltige Unternehmensentwicklung auszurichten, was heißt, dass der Vorstand auf einen dauerhaften, periodenübergreifenden Erfolg ausgerichtet werden soll.270 Dabei werden das Kriterium der Nachhaltigkeit und damit mittelbar auch die Idee einer anreizorientierten Vergütung in der Literatur zumeist ohne weitere Ausführungen als Element der Angemessenheit behandelt. Für das Verständnis des funktionalen Kriteriums im vorliegenden Kontext ist die Vorgabe der Nachhaltigkeit 262
Ebenso Mayer-Uellner, AG 2011, 193, 199; Redenius-Hövermann/Bertog, Der Aufsichtsrat 2012, 174, 176; E. Vetter, FS Hoffmann-Becking, 2013, S. 1297, 1313 f.; 1315 f. 263 Dass diese Gestaltungsmöglichkeit des Aufsichtsrats auch mit dem VorstAG nach wie vor möglich ist, ist einhellige Auffassung, s. dazu die Erläuterung in Fn. 384. 264 Ebenso Bauer/Arnold, DB 2006, 260, 265; Mayer-Uellner, AG 2011, 193, 199; Redenius-Hövermann/Bertog, Der Aufsichtsrat 2012, 174, 176; E. Vetter, FS Hoffmann-Becking, 2013, S. 1297, 1313 f.; 1315 f. 265 E. Vetter, FS Hoffmann-Becking, 2013, S. 1297, 1314. 266 Zur Vereinbarkeit der Vergütungskompetenz des Aufsichtsrats unter dem Aspekt des funktionalen Kriteriums mit § 76 AktG, s. im nachfolgenden Text. 267 s. etwa Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 87, Rn. 7: „[…] die Verpflichtung zur Vermeidung von Fehlanreizen [trifft] gleichermaßen den Aufsichtsrat nicht börsennotierter Gesellschaften.“; E. Vetter, FS Hoffmann-Becking, 2013, S. 1297, 1314 ff. 268 So auch Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 87, Rn. 7; Selzner, AG 2013, 818, 822 f.; E. Vetter, FS Hoffmann-Becking, 2013, S. 1297, 1314 ff. 269 Zu nicht-börsennotierten Gesellschaften, s. unten 3. Teil A.VII. 270 Eckert, in: Wachter, AktG, § 87, Rn. 25; Weber, in: Hölters, AktG, § 87, Rn. 30.
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aufgrund folgender zweier Aspekte von Bedeutung: Erstens macht sie unmissverständlich klar, dass – entsprechend der im Vorabsatz gemachten Ausführungen – mit der Angemessenheit der Vergütung (und damit mit dem Schutzzweck des § 87 Abs. 1 AktG) nicht ausschließlich der Schutz vor einer Schmälerung des Gesellschaftsvermögens verfolgt wird.271 Denn eine nachhaltige Vergütung ist nicht allein durch eine angemessene Aufwendung von gesellschaftseigenen Mitteln erreicht.272 Vielmehr ist eine nachhaltige Vergütung erst dann anzunehmen, wenn die Anreize, die von jeglicher Vergütung des Vorstands ausgehen, eine nachhaltige Fortentwicklung und Rentabilität gewährleisten. Der Ursprung der Vergütung spielt dafür keine Rolle. Möglicherweise könnte diesem Erfordernis allerdings bereits dadurch hinreichend Rechnung getragen werden, dass man die Drittvergütung allein materiell an die Vorgaben des § 87 Abs. 1 S. 2 AktG bindet, auf die Einbeziehung des Aufsichtsrats aber verzichtet. Hiergegen spricht jedoch der zweite Aspekt des § 87 Abs. 1 S. 2 AktG. Mit der Verpflichtung auf die Nachhaltigkeit wird dem Aufsichtsrat die Vorstandsvergütung ausdrücklich als Instrument der Verhaltenskontrolle zugewiesen: Ausweislich der Gesetzesbegründung zum VorstAG wird der Aufsichtsrat „gesetzlich dazu verpflichtet, die Vergütungsstruktur auf eine nachhaltige Unternehmensentwicklung auszurichten“.273 Mithin erlangt der Aufsichtsrat die Kompetenz und die gleichzeitige Pflicht, die Vorstandsvergütung so zu gestalten, dass langfristig gedachtes Wirtschaften belohnt wird und die Mitglieder des Vorstands gerade nicht in erster Linie Entscheidungen treffen, die auf kurzfristigen Erfolg ausgerichtet sind. Dabei hat der Gesetzgeber ganz bewusst darauf verzichtet, konkrete Vorgaben zum „Idealbild“ einer nachhaltig-ausgerichteten Vergütung zu machen. Diese muss einzelfallbezogen bestimmt werden und ist damit Bestandteil des pflichtgemäßen Ermessens des Aufsichtsrats, § 116 S. 3 AktG. Damit ist aber auch die Ausgestaltung der Vergütungsstruktur allein dem Aufsichtsrat vorbehalten – die Annahme, dass Drittvergütungen gerade nicht in den Schutzzweck des § 87 Abs. 1 AktG fallen, würde genau diese Kompetenz des Aufsichtsrats unterlaufen. Obgleich das Nachhaltigkeitsgebot eine solch umfassende, das Verhalten des Vorstands durchaus lenkende Vergütungskompetenz des Aufsichtsrats weiter bekräftigt, regen sich dennoch Bedenken aufgrund des sich zwangsläufig ergebenden Kompetenzkonflikts zwischen Aufsichtsrat und Vorstand.274 So hat nach Vorgabe des § 76 AktG der Vorstand innerhalb des durch die äußeren Grenzen des Unternehmensinteresses und durch die Satzungsvorgaben gesteckten Rahmens die primäre Kompetenz zur Definition, d. h. Ausfüllung des Unternehmensinteresses und damit
271 A.A. explizit Kalb/Fröhlich, NZG 2014, 167, 169, die indes eine Begründung der ablehnenden Haltung schuldig bleiben. 272 Wohl auch Redenius-Hövermann/Bertog, Der Aufsichtsrat 2012, 174, 176. 273 Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 16/13433 (VorstAG), S. 10. 274 Dazu etwa Weber, in: Hölters, AktG, § 87, Rn. 31 f.; Fonk, NZG 2011, 321, 321 ff.; ders., in: Semler/v. Schenk, Arbeitshdb. AR, § 10, Rn. 132 ff.; Wöller, S. 167 f.
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auch zur Festlegung der Unternehmensstrategie.275 Verstünde man die beschriebene Ausgestaltungskompetenz des Aufsichtsrats im Sinne einer Befugnis zur eigenständigen Einflussnahme auf die Unternehmensstrategie, entstünde ein vom Gesetzgeber wohl kaum beabsichtigter Kompetenzkonflikt zwischen Aufsichtsrat und Vorstand.276 Denn dies würde der klaren Kompetenzabgrenzung nach §§ 76, 111 Abs. 1, Abs. 4 S. 1 AktG widersprechen, wonach der Aufsichtsrat den Vorstand bei Entscheidungen über die zukünftige Unternehmenspolitik zwar beraten kann und unter Umständen sogar muss, die Festlegung der zukünftigen Geschäftspolitik aber allein dem Vorstand verbleibt. Insofern steht dem Aufsichtsrat auch kein Weisungsrecht gegenüber dem Vorstand zu, auch nicht mittelbar via entsprechender Ausgestaltung des Anstellungsvertrags.277 Die Annahme einer über den Vermögensschutz hinausgehenden Kompetenz des Aufsichtsrats – als Ausfluss einer durch das Nachhaltigkeitskriterium gewährten Befugnis zur Einflussnahme auf die Unternehmensstrategie – stünde dazu in einem unüberbrückbaren Konflikt und müsste mithin abgelehnt werden. Indes ist das Nachhaltigkeitsgebot in § 87 Abs. 1 S. 2 AktG – bzw. dem vorgelagert die Steuerungskompetenz des funktionalen Kriteriums – spezielle Ausprägung bzw. Bestätigung der bereits aus dem Unternehmensinteresse folgenden Verpflichtung der Verwaltungsorgane auf die Sicherung des dauernden Bestands und der langfristigen Rentabilität des Unternehmens.278 Danach löst sich der zuvor beschriebene Widerspruch auf, wenn man die Ausgestaltungskompetenz des Aufsichtsrats nicht als die Kompetenz des Vorstands verdrängende Möglichkeit zur Einflussnahme, sondern als die Legitimität des Vorstandshandelns gewährleistende Einflussnahme auf die Unternehmensstrategie versteht: Der Aufsichtsrat hat sich bei der Festlegung der Vergütungskriterien zunächst an der durch den Vorstand bereits festgelegten Unternehmensstrategie zu orientieren und die Vergütungsparameter grds. kompatibel dazu auszugestalten.279 Darüber hinaus ist es jedoch gerade die Kernkompetenz des Aufsichtsrats (als Kontrollorgan), über die Vergütungsstruktur des Vorstands letztverantwortlich und rechtsverbindlich zu entscheiden.280 Diese
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Spindler, in: MüKo-AktG, § 87, Rn. 78; Wagner, AG 2010, 774, 778. Mertens, AG 2011, 57, 59; Dauner-Lieb/v. Preen/Simon, DB 2010, 377, 381; Schäfer, Liber Amicorum Winter, 2011, S. 557, 565; Raapke, S. 149. 277 Habersack, in: MüKo-AktG, § 111, Rn. 12, 39 f.; Hambloch-Gesinn/Gesinn, in: Hölters, AktG, § 111, Rn. 26; Spindler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 111, Rn. 10. 278 Wagner, AG 2010, 774, 776, 779; Schwark, FS Raiser, 2005, S. 377, 182; Spindler, in: MüKo-AktG, § 87, Rn. 75; Hüffer/Koch, AktG, § 87, Rn. 7; Dreher, AG 2002, 214, 216; Fonk, NZG 2005, 248, 252; Reichert/Balke, FS Hellwig, 2010, S. 285, 286; Wöller, S. 149. 279 Weber, in: Hölters, AktG, § 87, Rn. 32; Spindler, in: MüKo-AktG, § 87, Rn. 78; Wagner, AG 2010, 774, 779; Dauner-Lieb/v. Preen/Simon, DB 2010, 377, 382; Raapke, S. 149; eher kritisch Schäfer, Liber Amicorum Winter, 2011, S. 557, 565. 280 Wagner, AG 2010, 774, 778; Fonk, NZG 2011, 321, 324; Schäfer, Liber Amicorum Winter, 2011, S. 557, 565; Raapke, S. 149. 276
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3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
Kompetenz würde seinerseits ausgehöhlt, würde man dem Vorstand281 durch die Festlegung der Unternehmensstrategie einen zu starken Einfluss auf die eigene Vergütung zugestehen.282 Damit besteht für den Aufsichtsrat nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht, die Nachhaltigkeit des Vorstandshandelns u. a. mittels der Ausgestaltung der Vergütungsstruktur zu gewährleisten. Dies erfordert zum einen eine vom Vorstand gewählte, mit dem Unternehmensinteresse (namentlich der Vorgabe des dauernden Bestands und der langfristigen Rentabilität) nicht vereinbare Unternehmensstrategie mittels nachhaltiger Vergütungskomponenten auszugleichen.283 Zum anderen gibt dies dem Aufsichtsrat die Kompetenz, im Rahmen einer nachhaltigen Unternehmensstrategie gewisse Prioritäten zu setzen, um die Nachhaltigkeit und damit langfristige Rentabilität des Vorstandshandelns so effektiv wie möglich gewährleisten zu können.284 Im Ergebnis ist damit folgendes hervorzuheben: Die aus dem funktionalen Kriterium folgende ausschließliche Gestaltungs- und damit Vergütungskompetenz des Aufsichtsrats ist Ausdruck des Kontrollsystems zur Gewährleistung des Unternehmensinteresses – und damit schließlich Ausfluss der Kompetenzaufteilung in der Aktiengesellschaft.285 (c) Intention des prozessualen Kriteriums Einen gewissen Sonderfall stellen prozessuale Kriterien dar. Diese geben keine Maßstäbe an die Hand, um die Angemessenheit zu „definieren“, sondern sie umschreiben das Ziel, die Angemessenheit der Vorstandsvergütung mittels Vorgaben für das Verfahren der Festsetzung zu erreichen.286 „Wichtigste[s] prozessuale[s] Instrument“ zur Gewährleistung angemessener Vergütung ist das Ziel, den Einfluss des Vorstands auf die eigene Vergütung möglichst zu minimieren.287 Dabei ist es oberstes Ziel, die Entscheidung über die Höhe der Vergütung des Vorstands in die Hände eines möglichst neutralen Dritten zu legen; in Deutschland ist diese Rolle dem Aufsichtsrat zugedacht.288 Mit dem VorstAG scheint der Gesetzgeber eine weite Auslegung des Schutzzwecks der Angemessenheit auch mittels des prozessualen Kriteriums zu 281
Oder gar etwaigen Dritten, auch wenn es sich bei ihnen um Aktionäre der Gesellschaft handeln würde. 282 Schäfer, Liber Amicorum Winter, 2011, S. 557, 565; Fonk, NZG 2011, 321, 324; Wagner, AG 2010, 774, 778; Raapke, S. 149; im Ergebnis weniger vorsichtig Dauner-Lieb/ v. Preen/Simon, DB 2010, 377, 382; Wöller, S. 168. 283 Wagner, AG 2010, 774, 779; Raapke, S. 149; Spindler, in: MüKo-AktG, § 87, Rn. 78. 284 Spindler, in: MüKo-AktG, § 87, Rn. 79; Schäfer, Liber Amicorum Winter, 2011, S. 557, 565; wohl a.A. Wöller, S. 167 f. 285 Und damit auch keinesfalls zu dieser widersprüchlich. 286 Thüsing, in: Fleischer, Hdb. VorstandsR, § 6, Rn. 15; ders., ZGR 2003, 457, 481. 287 Thüsing, in: Fleischer, Hdb. VorstandsR, § 6, Rn. 16; ders., ZGR 2003, 457, 482. 288 Weitere Ausflüsse des prozessualen Kriteriums der Angemessenheit sind etwa die durch das VorstAG eingeführten Regelungen des § 107 Abs. 3 S. 3 AktG, wonach nunmehr die Vorstandsvergütung unter Plenarvorbehalt steht, sowie des § 120 Abs. 4 AktG (say on pay); ferner werden wohl auch bei Etablierung der bilanzrechtlichen Offenlegungspflichten nach §§ 285, 314 HGB entsprechende Erwägungen eine Rolle gespielt haben.
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forcieren. Denn in der einführenden Beschreibung der Zwecksetzung des gesamten VorstAG hebt der Gesetzgeber ausdrücklich hervor, dass durch das VorstAG auch die Verantwortlichkeit des Aufsichtsrats für die Ausgestaltung der Vergütung gestärkt werden sollte.289 Für sich heißt das noch nichts, denn dies kann ebenso gut bedeuten, dass der Aufsichtsrat „lediglich“ in stärkerem Maße für Vergütungsexzesse zu Lasten des Gesellschaftsvermögens zur Verantwortung gezogen werden soll. Diese Einschätzung verliert jedoch an Halt, wenn man diese Aussage des Gesetzgebers in räumlichem wie sachlichen Kontext mit dessen weiteren Aussagen stellt. So betont der Gesetzgeber die gesteigerte Verantwortung des Aufsichtsrats unmittelbar nach Erläuterung der zentralen Zielsetzung des VorstAG, kurzfristige Verhaltensanreize zu Gunsten langfristiger Verhaltensanreize im Rahmen der Vergütungsstruktur zurückzudrängen, um eine auf Nachhaltigkeit und Langfristigkeit ausgerichtete Unternehmensführung zu stärken.290 Dies zwingt den Schluss auf, dass eine solch langfristige und nachhaltige Vergütungsstruktur gerade durch eine vermehrt in den Vordergrund gestellte Verantwortung des Aufsichtsrats erreicht werden soll. (3) Zwischenfazit Im Ergebnis ist vom Schutzzweck des § 87 Abs. 1 AktG jegliche Vergütung, unabhängig von ihrer Herkunft, erfasst. Dies beruht auf drei wesentlichen Erwägungen. Erstens bestünde ansonsten die Gefahr, dass bei Kumulation aller Bezüge die gesellschaftsseitigen Bezüge der Höhe nach als unangemessen anzusehen sind, zweitens wäre nicht hinreichend abgesichert, dass die Vergütung auch auf eine nachhaltige Entwicklung ausgerichtet ist und drittens würde die Kompetenz des Aufsichtsrats zur Verhaltenssteuerung und damit auch sein Einfluss auf die strategische Entwicklung des Unternehmens auf unzulässige Weise eingeschränkt. Damit verlangt bereits der Schutzzweck des § 87 Abs. 1 AktG, insbesondere unter Berücksichtigung des Angemessenheitsgebots, eine weite Auslegung des Begriffs der „Gesamtbezüge“, der keine Rücksicht auf ihren Ursprung nimmt, sondern daran anknüpft, ob die Leistungen dem Vorstandsmitglied im Hinblick auf seine Tätigkeit für die Gesellschaft gewährt worden ist.291 cc) Auslegung anhand systematischer Erwägungen In systematischer Hinsicht findet eine solch umfassende Auslegung des Begriffs der „Gesamtbezüge“ Stütze. Nach Ziff. 4.2.2 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 DCGK legt der Aufsichtsrat die Gesamtvergütung eines jedes einzelnen Vorstandsmitglieds fest. Dabei fasst der Kodex unter seine ergänzende Definition der Gesamtvergütung in 289 Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 16/13433 (VorstAG), S. 1. 290 Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 16/13433 (VorstAG), S. 1. 291 Bauer/Arnold, DB 2006, 260, 265; Mayer-Uellner, AG 2011, 193, 198 f.; RedeniusHövermann/Bertog, Der Aufsichtsrat 2012, 174, 175 f.; Wöller, S. 104 ff., 154.
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3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
Ziff. 4.2.3 Abs. 1 DCGK ausdrücklich auch „[…] Leistungen von Dritten, die im Hinblick auf die Vorstandstätigkeit zugesagt oder […] gewährt wurden“. Es ist nicht davon auszugehen, dass der DCGK an dieser Stelle einen Sonderweg gegenüber dem allgemeinen Aktienrecht einschlagen will, sondern sich der schlüssigsten Interpretation der Reichweite der Vergütungskompetenz und damit des gesetzlichen Regelfalls bedient.292 Dass vom Aufsichtsrat nach Ziff. 4.2.2 Abs. 2 S. 1 DCGK etwaige Konzernbezüge in die Festsetzung der Gesamtvergütung einzubeziehen sind, hat aufgrund der rechtlichen Unterschiede zumindest für die unabhängige Aktiengesellschaft keine eigenständige Aussagekraft.293 Darüber hinaus könnte auch ein Gleichlauf mit den durch das VorstOG im Jahr 2005 eingeführten Offenlegungspflichten nach § 285 S. 1 Nr. 9a S. 7 HGB für die Einbeziehungen von Drittleistungen sprechen. Danach sind im Anhang des Jahresabschlusses börsennotierter Aktiengesellschaften auch die Leistungen eines Dritten, die einem Vorstandsmitglied im Hinblick auf seine Vorstandstätigkeit zugesagt oder gewährt worden sind, offenzulegen. Ausgehend vom bloßen Wortlaut lässt die Vorschrift zwar offen, ob sie die Leistungen Dritter als Gesamtbezüge qualifiziert oder als davon zu trennende zusätzliche Leistungen. Nach einhelliger Auffassung sind die Drittleistungen jedoch nicht in die anderweitigen Gesamtbezüge einzubeziehen, sondern gesondert anzugeben.294 Dies wiederum bedeutet aber nicht, dass Drittleistungen nicht insgesamt Teil der Gesamtbezüge sind, vielmehr ist dies dem speziellen Sinn und Zweck der Angabe von Drittleistung geschuldet, etwaige durch sie hervorgerufene Interessenkonflikte für die Anteilseigner erkennbar zu machen.295 Zudem lässt insbesondere der übergeordnete Zweck der durch das VorstOG eingeführten S. 5 bis 8 eine widerspruchsfreie Subsumtion von Drittleistungen unter die Gesamtbezüge des § 87 Abs. 1 AktG zu: Nach verbreiteter Ansicht sollten die neuen Regelungen zu Gunsten der tatsächlichen und potentiellen Anteilseigner größere Transparenz zur Beurteilung der Angemessenheit der Vorstandsvergütung 292 Ebenso Mayer-Uellner, AG 2011, 193, 198; Redenius-Hövermann/Bertog, Der Aufsichtsrat 2012, 174, 175 f.; Schüppen, FS Tiedemann, 2008, S. 749, 755; a.A. Traugott/Grün, AG 2007, 761, 768. 293 Widersprüchlich v. Werder/Braun/Fromholzer, in: Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, II., Rn. 135, die Ziff. 4.2.2 Abs. 2 S. 1 DCGK – wahrscheinlich im Sinne eines Umkehrschlusses – als Argument gegen ein weites Verständnis der Gesamtbezüge anführen. Indes kann in keinem Fall angenommen werden, dass der Kodexgeber dem Begriff „Gesamtvergütung“ trotz identischer Terminologie in Ziff. 4.2.2 DCGK und Ziff. 4.2.3 eine unterschiedliche inhaltliche Bedeutung beigemessen hat. 294 Poelzig, in: MüKo-HGB, § 285, Rn. 191; Ellrott, in: Beck’scher Bilanz-Kommentar, § 285 HGB, Rn. 192; Kessler, in: MüKo-BilanzR, § 285 HGB, Rn. 111; Hohenstatt/Wagner, ZIP 2008, 945, 950 f.; Mayer-Uellner, AG 2011, 193, 200. 295 Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 15/5860 (VorstOG), S. 10; wie hier Ellrott, in: Beck’scher Bilanz-Kommentar, § 285 HGB, Rn. 192, der überzeugend darauf hinweist, dass diesem Zweck auch dann hinreichend nachgekommen würde, wenn Drittleistungen bei Einbeziehung in die Gesamtbezüge mit einem „davon“ kenntlich gemacht würden.
A. Zulässigkeit von aktionärsseitigen Leistungen – Drittvergütung
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hinsichtlich der nach § 87 Abs. 1 AktG bestehenden Kriterien ermöglichen.296 Gilt dies für sämtliche Neuerungen, so muss es freilich auch für die in S. 7 aufgenommenen Drittleistungen gelten. c) Fazit Drittvergütungen sind nur dann mit der Kompetenz des Aufsichtsrats in Einklang zu bringen, wenn sie zwingend von dessen Zustimmung abhängig gemacht werden. Dies ergibt sich zwar nicht aus der Anstellungskompetenz des Aufsichtsrats i.S.d. § 84 Abs. 1 AktG. Allerdings sind von der Vergütungskompetenz des Aufsichtsrats i.S.d. § 87 Abs. 1 i.V.m. § 84 Abs. 1 AktG jegliche Leistungen erfasst, die dem Vorstand mit Rücksicht auf seine Tätigkeit für die Gesellschaft gewährt werden.297 Dabei bezweckt § 87 Abs. 1 AktG nicht allein den Schutz des Gesellschaftsvermögens; vielmehr spielt der Ursprung der Leistung gerade keine Rolle. Eine dementsprechend weite Auslegung der „Gesamtbezüge“ i.S.d. Norm verlangt zunächst der Schutzzweck des § 87 Abs. 1 AktG und das diesen maßgeblich prägende Angemessenheitsgebot. Dieses bereits an sich zwingende Auslegungsergebnis wird darüber hinaus durch gesetzessystematische Erwägungen bestätigt, die sich damit in ein gesetzgeberisches Gesamtbild einfügen: Nur durch eine weite Auslegung des Begriffs „Gesamtbezüge“ kann der Aufsichtsrat seinem Kontrollauftrag als Ausfluss des aktienrechtlichen Systems zur Einhaltung des Unternehmensinteresses hinreichend nachkommen und die Kompetenzordnung der Aktiengesellschaft angemessen gewahrt werden. 4. Fazit: Einbindung des Aufsichtsrats als prozessuales Erfordernis für die Zulässigkeit von Drittvergütung Sowohl die sachgerechte Gewährleistung des Unternehmensinteresses als auch der Leitungsautonomie und schließlich die Vergütungskompetenz des Aufsichtsrats verlangen zur hinreichenden Kontrolle der von jeglicher Drittvergütung ausgehenden, abstrakten Gefahr, die Einbindung des Aufsichtsrats. Insofern verdichtet sich die aus der organschaftlichen Treuepflicht abgeleitete Förderpflicht des Vorstands zur Gewährleistung der Kontrolle eigenen Handelns durch den Aufsichtsrat zu der Pflicht, entsprechende Leistungen nicht ohne die Einholung der Aufsichtsratszu296
Ellrott, in: Beck’scher Bilanz-Kommentar, § 285 HGB, Rn. 182; Wiedmann, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, § 285, Rn. 13; Poelzig, in: MüKo-HGB, § 285, Rn. 176; Kessler, in: MüKo-BilanzR, § 285 HGB, Rn. 107. 297 Dies setzt nunmehr implizit auch der BGH v. 28. 04. 2015 – II ZR 63/14, WM 2015, 1197, 1200, voraus, indem er klargestellt hat, dass Verträge in denen ein Dritter dem Vorstand eine Vergütung für dessen Vorstandstätigkeit gewährt, gem. §§ 84 Abs. 1 S. 5, 87, 112 AktG in die Kompetenz des Vorstands fallen. Maßgeblich sei insofern nicht die Bezeichnung der Leistung, sondern allein ihr Charakter dergestalt, dass sie eine Vergütungsregelung für die Vorstandstätigkeit darstellt.
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3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
stimmung anzunehmen. Nicht ausreichend ist es hingegen, die Zulässigkeit von Drittvergütung allein davon abhängig zu machen, dass sie unter die Bedingung der Vereinbarkeit mit dem Unternehmensinteresse gestellt wird. Mangels hinreichender Bestimmtheit des Unternehmensinteresses ist mit dieser Vorgabe kaum etwas gewonnen, ebenso wenig mit der (zusätzlichen) Verpflichtung, die Drittvergütung gegenüber dem Aufsichtsrat offen zu legen. Neben dem schwach ausgeprägten Rechtsschutz ex post kommt insofern insbesondere die Vergütungskompetenz des Aufsichtsrats zum Tragen, als Element der Kontrolle des Vorstandshandelns. Diese verlangt eine ex ante-Kontrolle des Aufsichtsrats, was zuletzt durch die Regelungen des VorstAG für die börsennotierte Aktiengesellschaft nochmals ausdrücklich bekräftigt wurde. Vorbehaltlich der Einhaltung der nachfolgend zu konkretisierenden materiellen Anforderungen, insbesondere hinsichtlich der Leitungsautonomie, wie auch hinsichtlich der Vergütungsstruktur als Element des § 87 Abs. 1 AktG und gleichzeitigem Ausdruck des Unternehmensinteresses, sind aktionärsseitige Drittvergütungen damit als zulässig anzuerkennen. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass der Zustimmung des Aufsichtsrats keinesfalls dispensierende Wirkung zukommen kann, sondern sie vielmehr Ausdruck des Konzepts zur Handhabung des durch die Drittvergütung hervorgerufenen Interessenkonflikts ist.
IV. Materielle Anforderungen an die Zulässigkeit der Drittvergütung Nach den bisherigen Ausführungen versteht sich von selbst, dass nur solche Drittvergütungen als zulässig angesehen werden können, die im Unternehmensinteresse liegen. Doch wie ebenfalls gezeigt wurde, sind anhand dieser abstrakten Vorgabe kaum weitergehende Konkretisierungen möglich. Anders verhält es sich jedoch mit den bereits im vorigen Abschnitt abstrakt als zwingend herausgearbeiteten Anforderungen an vergütungsrelevante Erfolgszielbestimmungen. Zwar gilt auch für diese die Vorgabe der Vereinbarkeit mit dem Unternehmensinteresse. Doch wird hier in erster Linie interessant sein, welche Anforderungen zur Wahrung der Leitungsautonomie des Vorstands beachtet werden müssen, in Anlehnung an vom Aufsichtsrat im Rahmen gesellschaftsseitiger Vergütung zu treffende Zielvorgaben oder -vereinbarungen. Demgegenüber muss die These, dass Drittvergütungen auch die Anforderungen an die Angemessenheit der Vergütung nach § 87 Abs. 1 AktG einhalten müssen, unter der Berücksichtigung des Umstands hinterfragt werden, dass gerade kein Gesellschaftsvermögen aufgewendet wird. Vor der Frage, welche Konkretisierungen sich aus der Vorgabe der Angemessenheit der Vergütung für aktionärsseitige Vergütungen ergeben, ist daher zunächst auf den Umfang der Pflicht zur Berücksichtigung der sich daraus ergebenden Vorgaben einzugehen.
A. Zulässigkeit von aktionärsseitigen Leistungen – Drittvergütung
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1. Vergütungsrelevante Erfolgszielbestimmung unter Berücksichtigung von Unternehmensinteresse und Leitungsautonomie Da beide Vorgaben einige Schnittstellen aufweisen, lassen sich Leitungsautonomie und Unternehmensinteresse im Hinblick auf die von ihnen ausgehenden Anforderungen an die Vergütungsziele nicht immer klar voneinander trennen. Erschwert wird das Verhältnis beider Vorgaben zudem dadurch, dass in Grenzfällen die (autonome) Einschränkung der Leitungsautonomie mit dem überwiegenden Interesse der Gesellschaft gerechtfertigt wird.298 Im Groben lässt sich dennoch folgende Abgrenzung der Vorgaben aufrecht erhalten: Das Unternehmensinteresse berührt in erster Linie das „Ob“ der Zulässigkeit von Zielen, während die Leitungsautonomie zwar auch das „Ob“, aber insbesondere auch das „Wie“ der Zielerreichung im Blick hat. In der Tendenz ist die Wahrung der Leitungsautonomie zudem strenger als das sehr weit formulierte Unternehmensinteresse, sodass sich die Unzulässigkeit von Vorgaben häufig aus einem Verstoß gegen die Leitungsautonomie ergeben wird. a) Anknüpfungspunkte für Drittvergütung In der entsprechenden Diskussion im Rahmen der gesellschaftsseitigen Vergütung wird zwischen Zielvorgaben und Zielvereinbarungen unterschieden. Im Falle von Zielvorgaben gibt der Aufsichtsrat einseitig zu erreichende Ziele vor, im Falle von Zielvereinbarungen wird (jährlich) zwischen Vorstand und Aufsichtsrat eine Vereinbarung über bestimmte Ziele getroffen.299 Die Zulässigkeit einer Drittvergütung wird eher im Falle einer Zielvereinbarung als im Falle einer Zielvorgabe gegeben sein: Im Arbeitsrecht stellen einseitig vorgegebene Ziele eine Weisung dar.300 Wie dargelegt, dürfen aber weder der Aufsichtsrat und schon gar nicht ein einzelner Aktionär dem Vorstand gegenüber Weisungen erteilen.301 Je eher daher die Zielbestimmung zwischen Aktionär, Aufsichtsrat und Vorstand als Vorgabe zu definieren ist und je mehr Einfluss der Vergütende dadurch gewinnt, desto wahrscheinlicher ist ihre Unzulässigkeit. Während diese Diskussion im Rahmen der gesellschaftsseitigen Vergütung in erster Linie im Rahmen sog. Zieltantiemen302 und Ermessenstantiemen303 von Be298 Dies wird insbesondere bei der Frage nach der Reichweite des Verbots der Vorwegbindung deutlich, s. dazu die Nachweise in Fn. 191 f. 299 Fonk, NZG 2011, 321, 322; ders., in: Semler/v.Schenk, Arbeitshdb. AR, § 10, Rn. 136; Behrens/Rinsdorf, FS 25 Jahre AG ArbR im DAV, 2006, S. 449, 452. 300 Fonk, NZG 2011, 321, 323; K. Weber, S. 9. 301 BGH v. 05. 05. 2008 – II ZR 108/07, NZG 2008, 507, 508; Seibt, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 76, Rn. 21; Hüffer/Koch, AktG, § 76, Rn. 25; Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 76, Rn. 44; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 76, Rn. 57 f.; Fonk, NZG 2011, 321, 323; s. ausführlich 2. Teil C.I. 302 Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 87, Rn. 28; Spindler, in: MüKo-AktG, § 87, Rn. 96; Fonk, in: Semler/v.Schenk, Arbeitshdb. AR, § 10, Rn. 132.
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deutung ist, ist die Frage der Zielbestimmung im Rahmen aktionärsseitiger Vergütung omnipräsent. Denn es ist kaum davon auszugehen, dass der vergütende Aktionär dem Vorstand eine der gesellschaftsseitigen Festvergütung vergleichbare „anreizlose“ Leistung gewährt.304 Zumeist wird es sich um anreizorientierte Vergütungen handeln, die rglm. um Zielvereinbarungen ergänzt sind.305 Aber auch unabhängig von der tatsächlichen Vereinbarung weiterer Erfolgsziele liegt ein zu hinterfragender Anknüpfungspunkt für Drittvergütungen bspw. allein in der Ausrichtung auf den Börsenkurs der Gesellschaft; ergibt sich mithin bereits aus der Ausgestaltung als variable Vergütung an sich. In Anlehnung an Behrens und Rinsdorf306 ist schließlich für die Ermittlung der Zulässigkeit von Erfolgszielen zunächst zwischen Unternehmenszielen (Erfolg der Gesellschaft) und persönlichen Zielen (individuelle Leistungen des einzelnen Vorstandsmitglieds) zu differenzieren. Als zweites lassen sich harte (d. h. objektiv messbare quantitative) Ziele von weichen (d. h. dem Vergütenden bei der Feststellung der Zielerreichung einen ausfüllungsbedürften Beurteilungsspielraum einräumenden)307 Zielen unterscheiden. Und als drittes sind abstrakte von operativen Zielen zu trennen, wobei sich abstrakte Ziele an abstrakten Unternehmenskennzahlen orientieren, den Weg zur Erreichung dieses Ziels aber offen lassen, sich dagegen operative Ziele auf „konkrete unternehmerische Operationen […] [beziehen], deren erfolgreiche Umsetzung mit einer Prämie belohnt wird.“.308 aa) Tendenziell zulässige Zielbestimmungen Im Falle gesellschaftsseitiger Vergütung sind harte, sich abstrakt an Unternehmens- oder Bereichskennziffern orientierende Zielbestimmungen regelmäßig zulässig. Insbesondere im Hinblick auf die Leitungsautonomie und Weisungsunabhängigkeit sind solche Zahlungen prinzipiell unbedenklich, da sich die Vergütung allein auf die Zielerreichung konzentriert, der Weg dorthin aber im alleinigen unternehmerischen Ermessen des Vorstands verbleibt.309 Und auch im Hinblick auf das 303
Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 87, Rn. 29; Hoffmann-Becking, NZG 1999, 797, 799; Martens, ZHR 169 (2005), 124, 143 f. 304 Als Ausnahme kann man hier an Leistungen im Sanierungsfall denken. Bei solchen Vergütungen ist der Aufsichtsrat in der Pflicht, ein besonderes Augenmerk darauf zu richten, dass der Vorstand nicht aus übermäßiger Verbundenheit zum Leistenden die Objektivität aus den Augen verliert. 305 s. etwa im Zusammenhang mit aktionärsseitigen stock options, Kort, in: Großkomm AktG, § 87, Rn. 253; Spindler, in: MüKo-AktG, § 87, Rn. 105; dazu unten 3. Teil A.VI.1.b)bb). 306 Behrens/Rinsdorf, FS 25 Jahre AG ArbR im DAV, 2006, S. 449, 452 ff. 307 Fonk, in: Semler/v. Schenk, Arbeitshdb. AR, § 10, Rn. 135 spricht hier auch von qualitativen Zielen, welche das persönliche Verhalten des Vorstandsmitglieds honorieren sollen. 308 Sämtlich Behrens/Rinsdorf, FS 25 Jahre AG ArbR im DAV, 2006, S. 449, 451 ff.; sehr ähnlich Fonk, NZG 2011, 321, 322, 325 f. 309 Behrens/Rinsdorf, FS 25 Jahre AG ArbR im DAV, 2006, S. 449, 458; Fonk, NZG 2011, 321, 322, 325; ders., in: Semler/v. Schenk, Arbeitshdb. AR, § 10, Rn. 133.
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Unternehmensinteresse ergeben sich hier keine generellen Bedenken: Anknüpfungspunkte können dabei sowohl der Erfolg des Gesamtunternehmens als auch der persönliche Erfolg der Vorstandsmitglieder sein, wie der Erfolg der dem Vorstandsmitglied zugeilten Sparten.310 Die dabei zu Grunde zu legenden Anknüpfungspunkte und Berechnungsgrundlagen sind vielfältig; nicht abschließend ist eine Orientierung am Bilanz- oder Jahresgewinn311 oder am Börsenkurs312 möglich, an Kennzahlen des Bilanz- oder Rechnungswesens wie EBIT313, EBITD314, EBITDA315, EVA316, eine Orientierung am cash-flow317 des Unternehmens, schließlich – wenn auch wie der cash flow strittig – ist an umsatz-318 oder dividendenabhängige319 Tantiemen zu denken.320 Entscheidend für die Zulässigkeit gerade umstrittener Anknüpfungspunkte wird wohl der Einzelfall bleiben. Gleiches gilt grds. auch für die Drittvergütung.321 Leitungsautonomie und Unternehmensinteresse werden bei entsprechender Zielanknüpfung ebenso wenig beeinträchtigt wie im Falle gesellschaftsseitiger Vergütung. Jedoch zeigt sich an dieser Stelle besonderes deutlich die Erforderlichkeit der Einbindung des Aufsichtsrats. So kann nicht pauschal definiert werden, wie das Unternehmensinteresse am besten gewährleistet werden kann. In diesem Sinne kann sich der Aufsichtsrat ebenso wie im Falle gesellschaftsseitiger Vergütung nicht jeder Ausgestaltungsmöglichkeiten bedienen, sondern muss sich einzelfallabhängig nach den Bedürfnissen des jeweiligen Unternehmens und der jeweiligen Situation richten. So kann es das Wohl des Un-
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Raapke, S. 8; Bors, S. 20, je m.w.Nachw. Kort, in: Großkomm AktG, § 87, Rn. 164 ff.; Spindler, in: MüKo-AktG, § 87, Rn. 95; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 87, Rn. 44 f.; Thüsing, in: Fleischer, Hdb. VorstandsR, § 6, Rn. 49; Fonk, in: Semler/v. Schenk, Arbeitshdb. AR, § 10, Rn. 133; Semler, FS Budde, 1995, S. 599, 604 f.; Raapke, S. 8 mit ausführlichen Nachweisen auf das Schrifttum. 312 s. dazu sogleich ausführlich unter 3. Teil A.IV.1.b). 313 Earnings Before Interests and Taxes. 314 Earnings Before Interests, Taxes and Depreciation. 315 Earnings Before Interests, Taxes, Depreciation and Amortization. 316 Economic Value Added. 317 Str., für Zulässigkeit Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 87, Rn. 26; HoffmannBecking, ZHR 169 (2005), 155, 160; nach hergebrachter Rechtslage stand der § 86 a.F. AktG der Zulässigkeit hingegen, der nunmehr jedoch gestrichen wurde; dennoch zumindest kritisch Spindler, in: MüKo-AktG, § 87, Rn. 95; offen Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 87, Rn. 45. 318 Kritisch Spindler, in: MüKo-AktG, § 87, Rn. 95; differenzierend Kort, in: Großkomm AktG, § 87, Rn. 184 ff.; Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 87, Rn. 30. 319 BGH v. 03. 07. 2000 – II ZR 12/99, BGHZ 145, 1, 3 ff.; Spindler, in: MüKo-AktG, § 87, Rn. 95, m.w.Nachw. 320 Vorliegend nicht weiter relevant sind Ermessens- oder Mindesttantiemen, die spezifisch auf die Gesellschaft zugeschnitten sind. 321 Traugott/Grün, AG 2007, 761, 767; Bauer/Arnold, DB 2006, 260, 265; Mayer-Uellner, AG 2011, 193, 196; Redenius-Hövermann/Bertog, Der Aufsichtsrat 2012, 174, 175. 311
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3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
ternehmens erfordern, dass sich die Geschäftspolitik nicht am shareholder value, sondern an der Rentabilität des Eigenkapitals orientiert.322 bb) Tendenziell unzulässige Zielbestimmungen Die Liste unzulässiger Anknüpfungspunkte ist so lang wie es Möglichkeiten und Ideen zum Missbrauch gibt – eine sinnbringende abschließende Auflistung ist an dieser Stelle nicht möglich.323 Denkbar sind z. B. Leistungen, die der Pflichtenbindung des Vorstands widersprechen, die an gesellschaftsschädliche Ziele anknüpfen oder die den Vorstand auf gesellschaftsfremde Kennzahlen ausrichten324 bzw. allgemeiner, unabhängig vom wirtschaftlichen Erfolg der Aktiengesellschaft sind.325 Vorliegend wird sich daher allein auf die in Abgrenzung zu zulässigen Zielvereinbarungen relevanten Konstellationen konzentriert: Insofern gelten weiche bzw. qualitative Ziele als besonders problematisch und nach hier vertretener Auffassung als unzulässig.326 Gemeint sind damit Ziele, deren „Erreichungsgrad“ nicht gemessen werden kann, und die daher dem Aufsichtsrat, bzw. vorliegend dem Aktionär, einen ausfüllungsbedürftigen Bewertungsspielraum an die Hand geben.327 Zu denken ist hier an Vorgaben wie „Effektuierung der Personalführung“ bzw. „Verbesserung der Personalführungskompetenz“ oder „Erarbeitung einer überzeugenden Konzeption“; ferner „Erhöhung der Teamfähigkeit“, „Führungskultur“, „Innovationskompetenz“ oder auch „Reputation“ des Unternehmens.328 Solche Ziele werden rglm. zu einer Ausrichtung des Vorstandshandelns an den Interessen des Leistenden führen, womit die Leitungskompetenz vom Vorstand auf den Leistenden verlagert wird.329 Unzulässig müssen in diesem Zusammenhang daher auch bereits bloße Ankündigungen des Aktionärs sein, am Ende eines gewissen Zeitraums eine Leistung vornehmen zu wollen, die sich nicht an bestimmten Unternehmenskennziffern orientiert. Vergleichbar ist eine solche Ankündigung zwar mit einer, in ihrer grund-
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Mayer-Uellner, AG 2011, 193, 197. Als unzulässig gilt das, was im Rahmen dieser Bearbeitung nicht als zulässig hervorgehoben ist. 324 In der unabhängigen Aktiengesellschaft ist insofern etwa die drittbezogene Vergütung unvereinbar mit §§ 76, 93 AktG. 325 Spindler, in: MüKo-AktG, § 87, Rn. 96. 326 Behrens/Rinsdorf, FS 25 Jahre AG ArbR im DAV, 2006, S. 449, 460; Fonk, NZG 2011, 321, 326; ders., in: Semler/v. Schenk, Arbeitshdb. AR, § 10, Rn. 134; unklar, aber wohl auch Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 87, Rn. 28. 327 Fonk, NZG 2011, 321, 326; Behrens/Rinsdorf, FS 25 Jahre AG ArbR im DAV, 2006, S. 449, 459 f. 328 Behrens/Rinsdorf, FS 25 Jahre AG ArbR im DAV, 2006, S. 449, 460; Fonk, NZG 2011, 321, 326; ders., in: Semler/v. Schenk, Arbeitshdb. AR, § 10, Rn. 134. 329 Behrens/Rinsdorf, FS 25 Jahre AG ArbR im DAV, 2006, S. 449, 460; Fonk, NZG 2011, 321, 326. 323
A. Zulässigkeit von aktionärsseitigen Leistungen – Drittvergütung
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sätzlichen Zulässigkeit anerkannten,330 wenn auch teils kritisch gesehenen Ermessenstantieme.331 Doch ist die Gefahr, dass sich der Vorstand an den partiellen Interessen des Aktionärs orientiert, ungleich größer, als wenn er weiß, dass er am Ende des Jahres eine retrospektive gesellschaftsseitige Belohnung seiner Arbeit erhält. Denn letztere ist gerade nicht vom Erfolg partieller Interessen abhängig. Mithin wandelt sich der Charakter entsprechender „Ankündigungen“ von einer retrospektiven Leistung im Falle gesellschaftsseitiger Vergütung zu einer prospektiven, den Vorstand unzulässig beeinflussenden Leistung im Falle der Drittvergütung. Dies gilt freilich nicht für eine ohne Ankündigung vorgenommene rein retrospektive Leistung des Aktionärs oder im Falle der Ankündigung einer Orientierung an grds. zulässigen Anknüpfungspunkten. cc) Grenzfälle: Zulässige Zielentwicklung aus Vorstandsplanung vs. unzulässige Zielvorgabe Unklar und für aktionärsseitige Leistungen besonders relevant ist die Zulässigkeit operativer harter332 bzw. quantitativer333 Ziele. Gemeint sind Vergütungen, die vom operativen Handeln des Vorstands abhängig gemacht werden, mithin nicht allein eine abstrakte Zielerreichung honorieren, sondern das konkrete unternehmerische Handeln in Bezug nehmen.334 Zu denken ist hier an eine monetäre Anknüpfung an Umstrukturierungen, wie Stilllegungen oder der Kauf bzw. Verkauf von Unternehmensteilen, Höhe von Investitionen, erfolgreiche Einführung eines Produkts, Durchführung von Innovationen, Verbesserung der Werte bei Kunden- oder Mitarbeiterzufriedenheit oder die ISO-Zertifizierung des Unternehmens.335 Fonk hält jegliche entsprechende Zielanknüpfung für unzulässig, da allen Zielen gemein ist, dass sie das „Wie“ der Vorstandsarbeit beeinflussen.336 Der Konflikt zur Weisungsunabhängigkeit des Vorstands lässt sich in der Tat nicht ernsthaft bestreiten,337 wird der Vorstand im Falle entsprechender Zielvereinbarungen doch geneigt sein, seine eigenen Strategieerwägungen hinter diejenigen des Aktionärs zurückzustel330 Spätestens seit dem Mannesmann-Urteil des BGH v. 21. 12. 2005 – 3 StR 470/04, BGHSt 50, 331, 336 f., aber unter der Voraussetzung steht, dass sie eine Grundlage im Anstellungsvertrag hat. 331 Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 87, Rn. 29; Hoffmann-Becking, NZG 1999, 797, 799; Martens, ZHR 169 (2005), 124, 143 f. 332 So die Bezeichnung von Behrens/Rinsdorf, FS 25 Jahre AG ArbR im DAV, 2006, S. 449, 451 f. 333 So die Bezeichnung von Fonk, NZG 2011, 321, 325. 334 Behrens/Rinsdorf, FS 25 Jahre AG ArbR im DAV, 2006, S. 449, 451 f. 335 Beispiele nach Mertens/Cahn, in: Kölner Komm, AktG, § 87, Rn. 28; Behrens/Rinsdorf, FS 25 Jahre AG ArbR im DAV, 2006, S. 449, 451; Fonk, NZG 2011, 321, 325. 336 Fonk, NZG 2011, 321, 325; ders., in: Semler/v. Schenk, Arbeitshdb. AR, § 10, Rn. 135. 337 Dies lässt Hümmerich, NJW 2006, 2294, 2298 f. außer Acht, der von einer weitreichenden Zulässigkeit entsprechender Zielvereinbarungen ausgeht.
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3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
len.338 Auf der anderen Seite erscheint die vollständige Ausklammerung solcher Zielbestimmungen aber nicht interessengerecht.339 So kann etwa im Falle von Transaktionen oder anderen Sondersituationen das Setzen besonderer an der unternehmerischen Qualität des Vorstandshandelns anknüpfender monetärer Anreize im Interesse der Gesellschaft geboten sein. Allerdings darf die Kompetenzordnung nicht einfach durch eine Rechtfertigung anhand des überwiegenden Gesellschaftsinteresses oder praktischer Bedürfnisse ausgehebelt werden.340 Insofern kann die Rechtfertigung operativer Erfolgszielbestimmungen auch nicht allein davon abhängig sein, dass der Anteil der Zieltantieme an der Gesamtvergütung nicht so erheblich sein darf, dass der Vorstand in seiner Leitungsautonomie beeinträchtigt zu werden droht.341 Jedoch ist die Anknüpfung an operative Ziele durchaus auch mit der Kompetenzordnung der Aktiengesellschaft vereinbar: Wie bereits mehrfach hervorgehoben, obliegt dem Vorstand die originäre Kompetenz zur Definition des Unternehmensinteresses und der Unternehmensstrategie. Ebenfalls wurde bereits darauf hingewiesen, dass der Aufsichtsrat, um unzulässige Kompetenzübergriffe zu vermeiden, die Vergütungskriterien aus der vom Vorstand bereits festgelegten Unternehmensstrategie zu entwickeln hat.342 Nichts anderes muss dann für die Anknüpfung an operative Ziele gelten. Orientieren sich diese an bereits bestehenden Strategieerwägungen des Vorstands (etwa in Form von konkreten Business- oder Projektplänen), sind sie auch ohne Eingriff in die Weisungsunabhängigkeit des Vorstands möglich.343 An dieser Stelle erlangt die Unterscheidung zwischen Zielvorgabe und Zielvereinbarungen nochmals an Bedeutung: Einseitige Zielvorgaben sind im Hinblick auf operative Ziele unzulässig. Es muss in jedem Fall vermieden werden, dass sich der Vorstand erst durch die Aussicht auf die Leistung zur Vornahme konkreter operativer Maßnahmen entschließt. Erst wenn diese Vorgaben eingehalten sind, kann der von Mertens und Cahn stammende Vorschlag aufgegriffen werden, dass die Höhe der Zieltantieme nicht so hoch sein darf, dass die Leitungsautonomie außen vor bleibt. Denn auch im Hinblick auf bereits
338 Im Verhältnis zum Aufsichtsrat Behrens/Rinsdorf, FS 25 Jahre AG ArbR im DAV, 2006, S. 449, 458. 339 Für Zulässigkeit etwa Hüffer/Koch, AktG, § 87, Rn. 12; Ihrig/Wandt/Wittgens, Beilage zu ZIP 40/2012, S. 10. 340 s. im Zusammenhang mit einer Aufweichung des Verbots der Vorwegbindung exemplarisch die Kritik von Otto, NZG 2013, 930, 936 f. 341 So aber Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 87, Rn. 28, die wohl implizit im Sinne ihrer Ausführungen zum Verbot der Vorwegbindung davon ausgehen, dass das Unternehmensinteresse einen tauglichen Rechtfertigungsgrund auch im Hinblick auf Erfolgszielbestimmungen geben kann, s. Fn. 196. 342 s. dazu Weber, in: Hölters, AktG, § 87, Rn. 32; Spindler, in: MüKo-AktG, § 87, Rn. 78; Wagner, AG 2010, 774, 779; Dauner-Lieb/v. Preen/Simon, DB 2010, 377, 382; Raapke, S. 149; eher kritisch Schäfer, Liber Amicorum Winter, 2011, S. 557, 565. 343 Behrens/Rinsdorf, FS 25 Jahre AG ArbR im DAV, 2006, S. 449, 459; wesentliche Kritik daran übt Fonk, NZG 2011, 321, 324 ff.
A. Zulässigkeit von aktionärsseitigen Leistungen – Drittvergütung
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getroffene Strategieerwägungen muss der Vorstand möglichst frei sein, einen Kurswechsel einzuschlagen. Freilich birgt aber auch dieses Vorgehen die Gefahr der Umgehung der Leitungsautonomie, insbesondere im Zusammenhang mit Drittvergütungen. Umgangssprachlich wird hier das „Henne-Ei“-Problem besonders offenbar: Es kann wohl kaum rechtssicher unterbunden werden, dass der Vorstand seine Strategieerwägungen bereits aufgrund (informeller) Absprachen an den Interessen des vergütungsbereiten Aktionärs ausrichtet. Insofern ist der Aufsichtsrat in seiner Kontrollaufgabe besonders angesprochen. Je konkreter die Vergütung von operativen Handlungen abhängig gemacht wird, desto eher ist die Zielvereinbarung unzulässig. Dabei darf sich der monetäre Anreiz weniger auf das „Ob“ einer operativen Zielvorgabe, sondern muss sich – in terminologischer Abgrenzung zu Fonk344 – gerade auf das „Wie“ der Zielerreichung beziehen. Mit anderen Worten ist die monetäre Anknüpfung an der Vornahme einer Umstrukturierung selbst unzulässig. Ist dagegen die Umstrukturierung beschlossene Sache und ist die möglichst schnelle Umsetzung der Umstrukturierung im Interesse der Gesellschaft, bildet dies einen tauglichen Anknüpfungspunkt. Gleiches Bild zeigt sich beim Erreichen bestimmter Milestones (wie der erfolgreichen Integration des Unternehmens) im Rahmen der (beschlossenen) Unternehmenstransaktion oder im Falle der Due Diligence, bei der über eine Vergütung überhaupt erst nachgedacht werden kann, wenn ihre Vornahme bereits beschlossen ist und die daher allenfalls wegen der gesteigerten Arbeitsbelastung einen (wenn auch engen) tauglichen Anknüpfungspunkt für Drittvergütung bildet.345 Unzulässig sind demgegenüber Leistungen, die von der Vornahme ganz bestimmter unternehmerischer Entscheidungen abhängen, da sich der Vorstand damit hinsichtlich künftiger Leitungshandlungen bindet.346 b) Sonderfall: Zulässigkeit der Orientierung am Börsenkurs In Anlehnung an diese Diskussion um die Zulässigkeit von Zielvereinbarungen im Allgemeinen stellt sich im Speziellen die Frage nach der Zulässigkeit der Orientierung am Börsenkurs als Erfolgszielbestimmung. Grundsätzlich sind hier folgende zwei verschiedene Fragestellungen voneinander zu trennen:
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Fonk, NZG 2011, 321, 325 hält die Anknüpfung an operativen Zielen gerade aufgrund ihres Bezugs zum „Wie“ der Arbeit des Vorstands für unzulässig. Die vorliegende Darstellung ist aber eine Ebene tiefer angesiedelt und bezieht sich damit auf die motivierende Wirkung im Rahmen operativer Ziele. Dort darf sich der Anreiz aber nicht auf das „Ob“, heißt auf die Vornahme bestimmter Leitungsaufgaben, sondern nur auf das „Wie“, heißt auf die Qualität der vorzunehmenden Maßnahmen beziehen. 345 Ausführlicher unten bei der Betrachtung von Transaktionsprämien, 3. Teil A.VI.2.a). 346 Diekmann, FS Maier-Reimer, 2010, S. 75, 77; Mayer-Uellner, AG 2011, 193, 196; unzulässig wären demnach solche Boni, die von der Vornahme vom Aktionär geforderter Entscheidungen abhängen, bspw. der Forderung nach Personalabbau.
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3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
Die Zulässigkeit der Börsenkursorientierung als Erfolgsziel an sich kann zum ersten kaum noch bezweifelt werden.347 Dies macht bereits die Zulässigkeit der Gewährung von stock options nach § 193 Abs. 2 Nr. 4 AktG oder die rechtliche Anerkennung von stock appreciation rights (SAR) deutlich, was keinesfalls als einzelfallbezogene Wertung abgetan werden kann. Dass sich darin vielmehr die grundsätzliche Legitimation aktienkursorientierter Erfolgsparameter widerspiegelt, zeigt sich an folgenden Erwägungen: Es kann zunächst nicht ausgeschlossen werden, dass auch die Zielgesellschaft selbst langfristig von einer Steigerung ihres Aktienkurses profitiert. So wird u. a. vorgebracht, dass sich durch eine Kurssteigerung die Finanzierungsbedingungen der Gesellschaft verbessern, anvisierte Wachstumsstrategien des Unternehmens einfacher umgesetzt werden können oder sich die Akquisition anderer Unternehmen erleichtert, werden die eigenen Aktien als Währung eingesetzt.348 Zudem steht die Börsenkursorientierung an sich auch nicht im Widerspruch zum Unternehmensinteresse bzw. der Leitungsautonomie. Das Unternehmensinteresse kann maßgeblich vom shareholder vlaue bestimmt sein, ein Widerspruch ergibt sich erst aus dessen systematischer Verfolgung bzw. der Verknüpfung mit Erfolgszielen, welche den Vorstand zu kurzfristigem Handeln motivieren, zu Lasten der sonstigen stakeholder und der langfristigen Rentabilität des Unternehmens.349 Insofern ist der shareholder value als (Teil-)Parameter für die Bestimmung der Vorstandsvergütung von einem entsprechenden Vorstandshandeln zu trennen. Zumal er sich – unter dem Aspekt der Leitungsautonomie – in Abgrenzung zu anderen Aspekten des Unternehmensinteresses als „harte“ und damit messbare Erfolgszielbestimmung erweist.350 Die diesen Aussagen immanente Begrenzung der Börsenkursorientierung leitet fließend in die zweite Fragestellung über, der Frage des „Wie“ und nicht des „Ob“. Abgesehen von der Gefahr der Veranlassung kurzfristig ausgerichteten Vorstandshandelns351 wird bezweifelt, dass die ausschließliche Berücksichtigung des Börsenkurses der Gesellschaft für sich tatsächlich ein hinreichender Gradmesser für die Beurteilung der Leistung des Vorstandsmitglieds ist.352 So sei der Börsenkurs auch 347 Kritisch Lange, AuR 2004, 83, 84, der eine Steigerung des Börsenkurses zumindest nicht als Legitimation für eine belohnende Prämie anerkennt. 348 Jeweils mit weiteren Beispielen Schwark, FS Raiser, 2005, S. 377, 387; Liebers/Hoefs, ZIP 2004, 97, 99; eingehend Wollburg, ZIP 2004, 646, 648, der – wohl über das Ziel etwas hinausschießend – sogar davon spricht, dass der Konflikt zwischen Aktionärs- und Unternehmensinteressen ein „Scheinkonflikt“ sei. 349 Spindler, DStR 2004, 36, 43. 350 Kort, NJW 2005, 333, 336. 351 s. etwa Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 76, Rn. 56. 352 Hüffer, ZHR 161 (1997), 214, 219; ders., AktG, § 87, Rn. 19; Baums, FS Claussen, 1997, S. 3, 10 ff.; Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 87, Rn. 56; Spindler, in: MüKo-AktG, § 87, Rn. 101; a.A. wohl OLG Stuttgart v. 12. 08. 1998 – 20 U 111/97, AG 1998, 529, 532; v. 13. 06. 2001 – 20 U 75/00, AG 2001, 540, 541; Kort, in: Großkomm AktG, § 87, Rn. 216 ff.; ders., NJW 2005, 333, 336; wohl auch Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 87, Rn. 42, wenngleich nicht eindeutig.
A. Zulässigkeit von aktionärsseitigen Leistungen – Drittvergütung
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Ausdruck einer Marktbewertung, die mit der Lage der Gesellschaft nicht identisch ist, was einen Rückschluss auf die individuelle Leistung der einzelnen Vorstandsmitglieder weiter erschwere.353 Da zudem positive wie negative Entwicklungen des Aktienkurses auch auf sonstigen, vom Vorstand nicht zu beeinflussenden Faktoren wie der allgemeinen Marktentwicklung beruhen, bestünde die realistische Gefahr, dass der Vorstand in Folge von „windfall profits“ ungerechtfertigt begünstigt würde.354 Insofern soll die Zielbestimmung anhand des Börsenkurses nur Ausgangspunkt sein und durch weitere bspw. auf Indexierung beruhende Vergütungsparameter oder durch Benchmarking ergänzt werden.355 Ob dem zu folgen ist, muss im Rahmen der vorliegenden Bearbeitung nicht entschieden werden, da durch aktionärsseitige Vergütung eine „Verschwendung“ von Gesellschaftsvermögen nicht droht. Und zumindest im Ausgangspunkt ist anerkannt, dass der Börsenkurs grds. auch als Indiz für die Bewertung der wirtschaftlichen Lage der Gesellschaft beachtet werden kann.356 Dass aber der Vorstand zumindest im Grundsatz in der Lage ist, den Wert des Unternehmens (positiv) durch eigene Leistung zu beeinflussen, steht wohl auch außer Frage,357 denn ansonsten wäre – überspitzt formuliert – jegliche Diskussion über anreizorientierte Vergütung überflüssig. Mithin ist zumindest die grds. Vermutung nicht von der Hand zu weisen, dass sich sowohl die langfristige Ertragsstärke des Unternehmens als auch deren Abhängigkeit von der Leistung des Managements im Börsenkurs niederschlagen (können).358 Und selbst wenn die Abbildung der Managerleistung im Börsenkurs in Frage steht, so ändert dies im Endeffekt dennoch nichts an einer entsprechenden Anreizwirkung solcher Vergütungsparameter und der damit spezifisch verbundenen prinzipiell zulässigen Ausrichtung des Vorstandshandelns. Insbesondere wenn man bedenkt, dass durch Wahrung weiterer Angemessenheitskriterien (s. dazu sogleich) eine Ausrichtung des Vorstandshandelns allein am shareholder value mit einer entsprechenden Leistung nicht zwingend einhergeht.359 353 Hüffer, ZHR 161 (1997), 214, 219, 235; Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 87, Rn. 56; Spindler, in: MüKo-AktG, § 87, Rn. 101. 354 Baums, FS Claussen, 1997, S. 3, 12 f.; Spindler, in: MüKo-AktG, § 87, Rn. 101; dazu Kohler, ZHR 161 (1997), 246, 257. 355 Martens, ZHR 169 (2005), 124, 144 ff.; auf die Vorteile hinweisend Spindler, in: MüKoAktG, § 87, Rn. 101; sich gegen eine obligatorische Indexierung aussprechend Thüsing, ZGR 2003, 457, 493 ff.; ferner Kort, in: Großkomm AktG, § 87, Rn. 216 ff. 356 BGH v. 12. 03. 2001 – II ZB 15/00, BGHZ 147, 108, 116; OLG Braunschweig v. 29. 07. 1998 – 3 U 75/98, WM 1998, 1929, 1933; OLG Koblenz v. 16. 05. 2002 – 6 U 211/01, NZG 2003, 182, 184. 357 Diese Erwägung liegt auch gesetzgeberischem Handeln zu Grunde, wie sich an der Gesetzesbegründung zu § 33d WpÜG zeigt, wo der Gesetzgeber anerkennt, dass Vorstandsmitglieder große Bedeutung für den (Aktien-)Wert des Unternehmens haben können, Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 59. 358 Kohler, ZHR 161 (1997), 246, 257; Wollburg, ZIP 2004, 646, 648; unter Hinweis auf BGH v. 12. 03. 2001 – II ZB 15/00, BGHZ 147, 108, 116; Begr. RegE, BT-Drucks. 13/9712 (KonTraG), S. 23. 359 s. nochmals Kort, NJW 2005, 333, 336.
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3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
c) Fazit Harte, sich abstrakt an Unternehmens- oder Bereichskennziffern orientierende Zielbestimmungen sind grds. zulässig, wohingegen insbesondere die Vereinbarung weicher bzw. qualitativer Ziele (deren „Erreichungsgrad“ nicht gemessen werden kann) unzulässig ist. Operative harte bzw. quantitative Ziele (welche konkretes unternehmerisches Handeln in Bezug nehmen) sind schließlich nur dann zulässig, wenn sie sich an bereits bestehenden Strategieerwägungen des Vorstands orientieren. Hier kommt der Rolle des Aufsichtsrats besonderes Gewicht zu. Die Anknüpfung an den Börsenkurs der Gesellschaft ist im Übrigen zulässig. 2. Angemessenheit der Drittvergütung Mit obigen Ausführungen hat der Aufsichtsrat die Kompetenz über die Drittvergütung zu entscheiden. Dies geht im Kern zurück auf ein weites Verständnis des normativen Begriffs „Gesamtbezüge“ des § 87 Abs. 1 AktG unter Auslegung des Kriteriums der Angemessenheit. Unter Berücksichtigung des weiten Begriffsverständnisses muss dann aber erst Recht die unmittelbare Handlungsvorgabe der Norm auch für Drittvergütungen Geltung erlangen: § 87 Abs. 1 AktG überantwortet dem Aufsichtsrat die materielle Pflicht, die Angemessenheit bei Festlegung der Gesamtbezüge zu wahren, was er anhand vom Aufsichtsrat zu beachtender materieller Kriterien konkretisiert. Als Bestandteil der Gesamtbezüge müssen diese Vorgaben damit zwingend auch bei Ausgestaltung der Drittvergütung beachtet werden.360 a) Maßstab des Angemessenheitskriteriums Von der Pflicht zur (abstrakten) Berücksichtigung der Vorgaben § 87 Abs. 1 AktG ist indes die Frage der Reichweite dieser Pflicht zu trennen. Gelten die Anforderungen uneingeschränkt oder sind gewisse Aufweichungen erlaubt? Insofern spielt eine entscheidende Rolle, inwiefern dem Umstand, dass gerade keine gesellschaftsseitigen Bezüge aufgewendet werden, Rechnung zu tragen ist. aa) Vollständige Integration der Drittvergütung in die bisherigen Gesamtbezüge? Zunächst ist schon nicht klar, in welchem Verhältnis die Drittvergütung zur gesellschaftsseitigen Vergütung stehen muss. Denn durch die Gewährung zusätzlicher Bezüge steigert sich auch die absolute Höhe der Gesamtbezüge. Allerdings werden (nach der gesetzlichen Grundkonzeption) die bisherigen Gesamtbezüge nach Vorstellung des Aufsichtsrats bereits ohne die Vereinbarung der Drittvergütung einer 360 A.A. Traugott/Grün, AG 2007, 761, 768 f.; Lutter/Krieger/Verse, Rechte und Pflichten des AR, § 7, Rn. 396; wohl auch Hohaus/Weber, DStR 2008, 104, 105.
A. Zulässigkeit von aktionärsseitigen Leistungen – Drittvergütung
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angemessenen Höhe entsprechen. Insofern könnte man fordern, dass sich die Drittvergütung derart in die Gesamtvergütung integrieren muss, dass sie gesellschaftsseitige Zuwendungen lediglich ersetzt, nicht aber zusätzlich gewährt werden darf. Indes ist neben Zweifeln an dem verbleibenden Nutzen für den leistenden Aktionär361 eine derartige Einschränkung auch unter Berücksichtigung der Rechtsnatur des § 87 Abs. 1 AktG abzulehnen. Die Beschränkung auf eine angemessene Leistung von Vorstandsbezügen ist als „flexibles“ Gestaltungsmittel der Sittenwidrigkeit nach § 138 BGB vorgelagert.362 In diesem Sinne ist überwiegend anerkannt, dass eine nähere Konkretisierung nahezu unmöglich ist (bspw. durch die Vorgabe von absoluten oder relativen Höchstwerten).363 Dementsprechend handelt es sich beim Angemessenheitsgebot um einen stark einzelfallbezogen auszufüllenden Wertungsbegriff, der dem Aufsichtsrat eine sehr weit reichende Einschätzungsprärogative gewährt.364 Bestehen damit keine klaren Grenzen, die die Vorstandsvergütung nicht überschreiten darf und kann somit dem Angemessenheitsgebot keine klare „Beschränkungswirkung“ entnommen werden,365 ist auch die angesprochene Integrationslösung für Drittvergütungen schwer aus dem Rechtsgedanken des Angemessenheitsgebots abzuleiten. Zumal es dem Aufsichtsrat freisteht, innerhalb der Laufzeit des Anstellungsvertrags die Vorstandsbezüge nach voriger Angemessenheitsprüfung zu erhöhen (die Bindung des § 87 Abs. 2 AktG gilt nur für die nachträgliche Herabsetzung).366 Diese Wertung kann ferner auf das sich im Vordringen befindende Verständnis gestützt werden, mangels Existenz konkreter Vorgaben zur Angemessenheit der Vergütung, „von einem Verbot eklatant unangemessener Vergütung“ zu sprechen.367 Überzeugend wird darauf hingewiesen, dass § 87 Abs. 1 AktG weniger dazu herangezogen wird, die Angemessenheit der Vergütung positiv festzustellen, als vielmehr eine unangemessen hohe Vergütung auszuschließen.368 Bezogen auf die Drittvergütung ist insbesondere durch das zwingende Erfordernis der Zustimmung des Aufsichtsrats hinreichend sichergestellt, dass eine unangemessene Gesamtvergütung in Folge der Zulassung von Drittvergütung mit den vom 361 Im Falle einer ausschließlich ersetzenden Drittvergütung könnten die Aktionäre kaum Anreize setzen, die nicht bereits über die gesellschaftsseitige Vergütung bewirkt würden. 362 Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 87, Rn. 21; Spindler, in: MüKo-AktG, § 87, Rn. 6; Hüffer/Koch, AktG, § 87, Rn. 1; Kort, in: Großkomm AktG, § 87, Rn. 1; Seibt, in: Schmidt/ Lutter, AktG, § 87, Rn. 2. 363 Was auch der Grund dafür ist, dass Vorschläge, wie bspw. die Vergütung des Vorstands auf das 20-fache eines von der Gesellschaft ausgezahlten Arbeiterlohnes zu beschränken, ganz überwiegend abgelehnt werden, s. dazu nochmals 3. Teil A.IV.2.b)aa). 364 Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 87, Rn. 21; ders., DStR 2005, 1279, 1281. 365 Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 87, Rn. 7; Hüffer/Koch, AktG, § 87, Rn. 5. 366 Spindler, DStR 2004, 36, 42; Semler, FS Budde, 1995, S. 599, 606. 367 Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 87, Rn. 7; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 87, Rn. 24; ähnlich Hüffer/Koch, AktG, § 87, Rn. 5. 368 Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 87, Rn. 7; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 87, Rn. 24; wohl auch Hüffer/Koch, AktG, § 87, Rn. 5.
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3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
Gesetzgeber etablierten Mitteln hinreichend ausgeschlossen wird. Denn gewährt der Gesetzgeber dem Aufsichtsrat bewusst einen solch weitreichenden Handlungsspielraum zur Festlegung angemessener (gesellschaftsseitiger) Vergütung (respektive zum Ausschluss unangemessener Vergütung), ist kein Grund ersichtlich, ihm diesen hinsichtlich (zusätzlicher) Drittvergütungen zu verwehren. Ein anderes Verständnis hätte indes zu Folge, dass man den Aufsichtsrat als nicht hinreichend neutrales Kontrollgremium ansehen würde – was wiederum eine systemkritische Folgerung wäre, der in dieser Arbeit nicht weiter nachgegangen werden kann.369 bb) Aufweichung des Angemessenheitsgebots aufgrund reduzierter Geltung des Schutzzwecks der Norm? Ist somit klar, dass die Drittvergütung keine bisherige Vergütung ersetzen muss, sondern zusätzlich zu der bisherigen Vergütung gewährt werden darf, stellt sich die Frage, in welchem Umfang das Erfordernis der Angemessenheit berücksichtigt werden muss. Vor dem Hintergrund, dass durch die Drittvergütung die finanzielle Lage der Gesellschaft nicht beeinträchtigt wird, könnte man fordern, an die Angemessenheit der Drittbezüge großzügigere Anforderungen zu stellen. Dieser Umstand ist zwar nicht ausreichend, Drittvergütungen aus dem Anwendungsbereich des § 87 Abs. 1 AktG ganz auszunehmen, doch ist nicht zu verkennen, dass mit dem Schutz der Vermögenslage der Gesellschaft vor unangemessenen Vorstandsbezügen zumindest ein Teilaspekt des Schutzzwecks der Norm wegfällt. In diesem Sinne wäre ein weiteres Verständnis der Angemessenheit zuzulassen, wenn gewährleistet würde, dass insbesondere der Aspekt der Verhaltenssteuerung bzw. die strategischen Einflussmöglichkeiten des Aufsichtsrats sowie das Anlegervertrauen als verbliebene Elemente des unablässig durch § 87 Abs. 1 AktG intendierten Schutzes nicht durch eine großzügigere Auslegung angemessener Leistungen in Frage gestellt werden.370 Eine großzügigere Auslegung der Angemessenheitskriterien hätte potentiell höhere Drittvergütungen zu Folge. Je höher jedoch Bezüge sind, desto eher geht von ihnen eine Anreizwirkung allein aufgrund ihrer Höhe aus.371 Dies gilt insbesondere dann, wenn man bedenkt, dass mit obiger Überlegung Drittbezüge an sich auch höher ausfallen könnten als die Vergütung durch die Gesellschaft selbst. Unter Berücksichtigung des Aspekts, dass Drittvergütungen ohnehin die Vermutung der Interes369 Um Missverständnissen vorzubeugen, ist bereits an dieser Stelle hervorzuheben: Die vorstehenden Ausführungen beziehen sich zunächst nur auf die absolute Gesamthöhe der Vergütung. Ihnen wohnt keine Aussage über den Umfang der Berücksichtigung der einzelnen materiellen Angemessenheitskriterien und dem Verhältnis der verschiedenen Bestandteile untereinander inne. 370 In diese Richtung geht Diekmann, FS Maier-Reimer, 2010, S. 75, 82; ders./Punte, WM 2016, 681, 685, nach dem die Vergütung mangels Aufwendung von Gesellschaftsvermögen gerade nicht einem Drittvergleich standhalten muss. 371 So erkennen etwa auch Kirchner/Iversen, NZG 2008, 921, 924 an, dass von klar unangemessenen Bezügen, an sich bereits eine Anreizwirkung zu gesellschaftsschädlichem Handeln ausgehen kann.
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senbeeinflussung anlasten, würde diese Vermutung durch eine Ungleichbehandlung gesellschaftsseitiger Vergütung und Vergütung Dritter wieder372 verstärkt. Spiegelbildlich dazu bestünde die Gefahr, dass der strategische Einfluss des Aufsichtsrats dagegen geschwächt würde. Denn selbst wenn durch den Zustimmungsvorbehalt dem Aufsichtsrat objektiv noch hinreichend Einfluss zukäme, könnte sich dieser zumindest subjektiv aus Sicht der Vorstandsmitglieder zu Gunsten des leistenden Aktionärs verschieben. Zudem kann gerade die Annahme größerer, einseitiger Interessenbeeinflussung dazu geeignet sein, das Vertrauen der Anleger und der Allgemeinheit in eine Gesellschaft und ihre Stabilität zu beeinträchtigen.373 Ferner ist zu bedenken, dass der Aufsichtsrat durch seine zwingende Einbindung in die Gewährung von Drittvergütungen nicht nur für die gesellschaftsseitige, sondern auch für die Vergütung durch Dritte in die Pflicht genommen wird. Bereits im Rahmen der gesellschaftsseitigen Vergütung ist aber die Bestimmung der Angemessenheit (bzw. Unangemessenheit) und damit der Verantwortlichkeit des Aufsichtsrats unter den „üblichen“ Voraussetzungen des § 87 Abs. 1 AktG äußerst schwierig und einzelfallbezogen. Sollten diese Grundsätze darüber hinaus für Drittvergütungen aufgeweicht und damit auch das Aufsichtsratshandeln an unterschiedlichen Voraussetzungen gemessen werden, würde sich ein kaum noch einzugrenzender Verantwortungsbereich des Aufsichtsrats i.S.d. §§ 116 S. 3, 93 Abs. 2 AktG eröffnen.374 Dies steht aber geradezu im Widerspruch zu dem im VorstAG zum Ausdruck gekommenen gesetzgeberischen Willen, dem Aufsichtsrat für die Vorstandsvergütung gerade schärfere Kriterien vorzuschreiben und dessen Verantwortung mehr in den Vordergrund zu stellen.375 Letztlich muss im Sinne der Ziele des VorstAG bedacht werden, dass sich die Höhe der (zumindest variablen) Vergütungsbestandteile immer in den Grenzen des Nachhaltigkeitserfordernisses halten muss, sodass die Gesamtsumme aller variablen Bestandteile keinesfalls über der Gesamtsumme der fixen Bestandteile liegen darf.376 Als Ausdruck der Angemessenheit der Gesamtbezüge muss dieser Grundsatz auch unabhängig vom Ursprung der Vergütung beachtet werden – zumal die Angemessenheit wie bereits mehrfach hervorgehoben auch Ausdruck des Unternehmensinteresses ist.
372 „Wieder“ verstärkt, da durch den Zustimmungsvorbehalt des Aufsichtsrats eine solche Interessenbeeinflussung gerade minimiert werden soll. 373 Freilich nicht „muss“, wie die Vergütung durch Fiede Springer an Mathias Döpfner zeigt. Doch ist das Anlegervertrauen auch maßgeblich von der Person des Leistenden abhängig. Wollte man aber danach differenzieren, welcher Aktionär die Leistung vorgenommen hat, brächte man sich in einen zu überbrückenden Widerspruch zum Gleichbehandlungsgebot des § 53a AktG. 374 Was letztlich die Konsequenz des von Diekmann, FS Maier-Reimer, 2010, S. 75, 82 (Fn. 370) vertretenen Ansatzes ist, da nicht klar ist, welche Folge die „Ausschaltung“ eines Drittvergleichs für Drittvergütung haben kann. 375 Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD zum VorstAG, BT-Drucks. 16/ 12278, S. 5. 376 s. dazu sogleich 3. Teil A.IV.2.b)bb)(1).
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3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
cc) Fazit Im Ergebnis stellt das Angemessenheitskriterium damit keine absolute Grenze auf, heißt, die Drittvergütung muss die bisherige gesellschaftsseitige Vergütung nicht ersetzen bzw. sich vollständig in diese integrieren. Gleichwohl gelten die Anforderungen der Angemessenheit an sich auch uneingeschränkt für die Drittbezüge. Diese müssen zum einen für sich unter den Voraussetzungen des § 87 Abs. 1 AktG angemessen sein, zum anderen müssen sie sich aber auch insgesamt derart in die Gesamtbezüge einfügen, dass diese nicht in ihrer Gesamtheit als unangemessen anzusehen sind. b) Abstrakte Anforderungen an die Drittvergütung nach § 87 Abs. 1 AktG Eingedenk des Umstands, dass es keinesfalls möglich ist, jegliche denkbare Art der Drittvergütung unter die Angemessenheitskriterien zu subsumieren,377 erscheint ein Überblick über die abstrakten, durch § 87 Abs. 1 AktG aufgestellten Anforderungen an die Vergütung von Vorstandsmitgliedern notwendig. Im Groben kann dabei auf die Vorgaben zurückgegriffen werden, die auch hinsichtlich der Festlegung der gesellschaftsseitigen Vergütung zu beachten sind; soweit notwendig, sind diese jedoch im Hinblick auf die durch die Drittvergütung hervorgerufene Sondersituation zu ergänzen. aa) Bezugspunkte der Angemessenheit nach § 87 Abs. 1 S. 1 AktG § 87 Abs. 1 S. 1 AktG gibt dem Aufsichtsrat diverse Grundsätze für die Angemessenheit der Gesamtbezüge vor: Dieser hat bei der Festsetzung der Gesamtbezüge auf die Aufgaben und Leistungen des Vorstandsmitglieds selbst, ferner die Lage der Gesellschaft und zuletzt die Üblichkeit der Vergütung Bezug zu nehmen. Die Beurteilung der Angemessenheit nach den konkreten Aufgaben des Vorstandsmitglieds erfordert eine Berücksichtigung des Tätigkeitsbereichs des einzelnen Vorstandsmitglieds. Trotz der formalen Gleichberechtigung der Vorstandsmitglieder sind hier diverse Abstufungen zwischen den verschiedenen Vorstandsmitgliedern denkbar, je nach Art, Umfang, Komplexität der zugeordneten Aufgaben oder der mit der Übernahme verbundenen Risiken, nach individuellen Anforderungsprofilen oder auch nach der (wirtschaftlichen) Bedeutung der verschiedenen Aufgabenbereiche oder Sparten.378 Insbesondere bietet auch das übernommene Maß 377
Zur Subsumtion ausgewählter Formen der Drittvergütung, s. unten 3. Teil A.VI. Spindler, in: MüKo-AktG, § 87, Rn. 43; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 87, Rn. 10; Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 87, Rn. 12; Bürgers/Israel, in: Bürgers/ Körber, AktG, § 87, Rn. 6; Eckert, in: Wachter, AktG, § 87, Rn. 14. 378
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der Verantwortung Anlass zu Differenzierungen.379 Da es sich bei der Festsetzung der Vergütung zumeist um eine Abgeltung zukünftiger Tätigkeit des Vorstands handelt, ist das zweite Kriterium der Leistung meist schwieriger zu fassen.380 In erster Linie muss hier auf Prognosen über die zukünftige Leistung zurückgegriffen werden,381 wobei freilich die bisherige Performance des einzelnen Mitglieds eine entscheidende Rolle spielt.382 In diesem Sinne können auch überragende Leistungen in der Vergangenheit berücksichtigt werden, sofern diese nicht bereits durch die vorherige Vergütung abgegolten sind.383 Schwieriger wird eine solche Prognose jedoch, wenn das Vorstandsmitglied neu eingestellt wird oder befördert wurde und damit dem Aufsichtsrat noch keine hinreichenden Informationen zur Verfügung stehen. Indes kann aus solchen Problemen bei der Leistungsbeurteilung kein Verbot der reinen Fixvergütung gefolgert werden,384 vielmehr ist es etwa möglich, auf externe Informationen zur Leistungsbeurteilung zurückzugreifen.385 Dennoch wird es legitim sein, bei Erstbestellung vermehrt variable Vergütungsbestandteile einzusetzen.386 Unter dem Kriterium der Lage der Gesellschaft hat der Aufsichtsrat die wirtschaftliche Gesamtsituation zu berücksichtigen.387 Insofern spielen die Vermögens-, Ertrags- und Finanzlage sowie ferner die zukünftige Entwicklung der Gesellschaft 379 So ist eine höhere Vergütung des Vorstandsvorsitzenden aufgrund seiner Stellung als gerechtfertigt anzusehen; dazu Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 87, Rn. 10; Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 87, Rn. 12; Weber, in: Hölters, AktG, § 87, Rn. 19; Spindler, in: MüKo-AktG, § 87, Rn. 43. 380 Dieses wurde mit dem VorstAG neu in den Gesetzestext aufgenommen, wobei eine Änderung der materiellen Rechtslage damit nicht verbunden sein soll, Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 87, Rn. 13; Spindler, in: MüKo-AktG, § 87, Rn. 45; Weber, in: Hölters, AktG, § 87, Rn. 20; Bürgers/Israel, in: Bürgers/Körber, AktG, § 87, Rn. 5; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 87, Rn. 11; ders., NZG 2009, 801, 802; Thüsing, AG 2009, 517, 517 f.; Hohenstatt, ZIP 2009, 1349, 1350; Bauer/Arnold, AG 2009, 717, 718; Annuß/Theusinger, BB 2009, 2434, 2434. 381 Spindler, in: MüKo-AktG, § 87, Rn. 47; Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 87, Rn. 13. 382 Gesetzesentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD zum VorstAG, BT-Drucks. 16/ 12278, S. 5. 383 Spindler, in: MüKo-AktG, § 87, Rn. 47; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 87, Rn. 11. 384 Dies würde im Übrigen auch dem Sinn und Zweck des VorstAG völlig zuwiderlaufen; i.S.d. Ziff. 4.2.3 Abs. 2 S. 2 DCGK soll vielmehr ein ausgewogenes Verhältnis zwischen den verschiedenen Bestandteilen angestrebt werden, Suchan/Winter, DB 2009, 2531, 2533; Kling, DZWIR 2010, 221, 224; ebenso wenig ergibt sich ein Verbot reiner Fixvergütung aus dem Erfordernis der Nachhaltigkeit, s. dazu Spindler, in: Müko-AktG, § 87, Rn. 81. 385 Spindler, in: Müko-AktG, § 87, Rn. 48; Bauer/Arnold, AG 2009, 717, 718, die darauf hinweisen, dass die Aussagekraft entsprechender externer Informationen wohl begrenzt sein wird. 386 So Spindler, in: Müko-AktG, § 87, Rn. 48; Hohenstatt, ZIP 2009, 1349, 1350; Weber, in: Hölters, AktG, § 87, Rn. 21; a.A. anscheinend Kling, DZWIR 2010, 221, 224. 387 LG Düsseldorf v. 22. 07. 2004 – XIV 5/03, NJW 2004, 3275, 3278 („gesamte unternehmerische Lage“); Spindler, DStR 2004, 36, 38.
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3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
eine Rolle.388 Hervorzuheben ist, dass wirtschaftliche Schwierigkeiten nicht zwingend ein Absinken der Schwelle der Unangemessenheit zur Folge haben. Vielmehr kann gerade die Sanierungssituation höhere Bezüge rechtfertigen, u. a. im Hinblick auf die Schwere der Aufgaben, das erhöhte Risiko für den Vorstand zu scheitern und die mit der Sanierung einhergehende erhöhte Belastung, aber auch unter dem Aspekt, dass diese angespannte Lage besondere Anforderungen an die Fähigkeiten und Persönlichkeit des Vorstands voraussetzt.389 Zumindest für die gesellschaftsseitige Vergütung sollte dies jedoch eher die Ausnahme als die Regel sein, denn außer mit solchen besonderen Erwägungen wäre eine Erhöhung der Bezüge wohl kaum mit der finanziellen Lage der Gesellschaft vereinbar. Wie sich am Fall Arcandor/Eick zeigt, können daher in diesem Zusammenhang Aktionärs- oder sogar Gläubigerleistungen eine wichtige Rolle spielen. Ein stark diskutierter Aspekt des Abs. 1 S. 1 ist das mit dem VorstAG neu aufgenommene Kriterium der Üblichkeit der Vergütung. Indem die Gesamtbezüge die „übliche Vergütung nicht ohne besondere Gründe übersteigen“ dürfen, stellt der Gesetzgeber klar, dass dieses relationale Kriterium nicht der Konkretisierung dient, sondern als Korrektiv fungieren soll.390 Die anhand der zuvor erläuterten Kriterien ermittelte Vergütung wird dem Kriterium der Üblichkeit gegenübergestellt, welches die Obergrenze angemessener Vergütung darstellt.391 Insofern kann umgekehrt aus der Üblichkeit der Vergütung nicht auf ihre Angemessenheit geschlossen werden, wenngleich sie als Indiz für die Angemessenheit berücksichtigt werden darf.392 Zur näheren Konkretisierung ist zum einen auf die horizontale Üblichkeit Bezug zu nehmen. Ausweislich der Gesetzesmaterialien zum VorstAG sind mithin Unternehmen derselben Branche, ähnlicher Größe und Komplexität in die Bemessung
388
Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 87, Rn. 14; Spindler, in: Müko-AktG, § 87, Rn. 51; Weber, in: Hölters, AktG, § 87, Rn. 25. 389 s. etwa Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 87, Rn. 9; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 87, Rn. 14; Kort, in: Großkomm AktG, § 87, Rn. 77. 390 Dies war nach der ersten Fassung des Gesetzesentwurfs noch anders (s. dazu Gesetzesentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD zum VorstAG, BT-Drucks. 16/12278, S. 3), allerdings bestünde nach altem Verständnis die Gefahr, dass man stets als angemessen ansehen würde, was als üblich gilt, s. Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BTDrucks. 16/13433 (VorstAG), S. 10. Dies könnte jedoch einen „Aufschaukelungseffekt“ (race to the top) bewirken, der im Gegensatz zu dem Vorhaben des VorstAG stehen würde, Vorstandsgehälter zu begrenzen, Spindler, in: Müko-AktG, § 87, Rn. 54; unter Verweis auf DAV, NZG 2009, 612, 613. 391 Seibt, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 87, Rn. 10; Spindler, in: Müko-AktG, § 87, Rn. 54; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 87, Rn. 15; Bürgers/Israel, in: Bürgers/Körber, AktG, § 87, Rn. 6a; Bauer/Arnold, AG 2009, 717, 719; Thüsing, AG 2009, 517, 518; Cahn, FS Hopt, Band 1, 2010, S. 431, 433; a.A. Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 87, Rn. 16; Jickeli, FS Säcker, 2011, S. 381, 382. 392 Weber, in: Hölters, AktG, § 87, Rn. 24; Spindler, in: Müko-AktG, § 87, Rn. 54; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 87, Rn. 15; ders. NZG 2009, 801, 802; a.A. Eckert, in: Wachter, AktG, § 87, Rn. 19.
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einzubeziehen, grds. auf solche im Geltungsbereich dieses Gesetzes.393 Indes ist hinsichtlich der Üblichkeit im Rahmen von Drittvergütung Vorsicht geboten, denn es ist nicht auf die Üblichkeit anderweitiger Drittvergütung abzustellen, sondern auf die Üblichkeit anderweitiger Gesamtbezüge. Die Angemessenheit von Drittvergütung hat sich als „Ausnahmevergütung“ nicht an ihresgleichen, sondern am gesetzlichen Regelfall zu orientieren. Denn ansonsten könnte das gesetzgeberische Vorhaben, eine Begrenzung durch die Üblichkeit einzuführen, durch Orientierung an anderweitiger Drittvergütung unterlaufen werden (unter der Annahme, dass Drittvergütung immer auch eine gewisse Steigerung der Gesamtvergütung mit sich bringt). Zum anderen ist mit dem Lohn- und Gehaltsgefüge im Unternehmen immer auch die vertikale Vergütung zu beachten. Dabei soll die Vorstandsvergütung nicht „Maß und Bezug zu den Vergütungsgepflogenheiten und dem Vergütungssystem im Unternehmen im Übrigen“ verlieren.394 Einhellig abgelehnt werden in diesem Zusammenhang quantifizierbare Obergrenzen.395 Darüber hinaus besteht hinsichtlich justiziabler Vorgaben jedoch Unklarheit, weshalb es nach verbreiteter Ansicht wohl letztlich darum geht, „Vergütungsexzesse“ zu vermeiden.396 Solche Unsicherheiten sind wohl auch Anlass dafür, dass mit der jüngsten Reform des Deutschen Corporate Governance Kodex in Ziff. 4.2.2 Abs. 2 S. 3 DCGK die Empfehlung aufgenommen wurde, dass „der Aufsichtsrat das Verhältnis der Vorstandsvergütung zur Vergütung des oberen Führungskreises und der Belegschaft insgesamt auch in der zeitlichen Entwicklung berücksichtigen“ soll; was allerdings seinerseits eher mit weiteren Fragen verbunden ist und keinesfalls Klarheit über das Verständnis dieses Merkmals bringt.397 Stehen beide Merkmale in Konflikt zueinander, ist dieser zu Gunsten der horizontalen Vergleichbarkeit aufzulösen.398 393
Nach Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 16/13433 (VorstAG), S. 10 ist unter die horizontale Üblichkeit, die Branchen-, Größen- und Landesüblichkeit zu fassen; wobei in Ausnahmefällen (insbesondere bei international tätigen Unternehmen) die Üblichkeit auch im internationalen Kontext festgestellt werden darf, s. ausführlich Spindler, in: Müko-AktG, § 87, Rn. 56. 394 Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 16/13433 (VorstAG), S. 10. 395 Wie bspw. das 20-fache eines sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in der untersten Lohn- Gehaltsgruppe, so der Antrag der Bundestagsfraktion DIE LINKE, BT-Drucks. 16/7743, S. 2; ablehnend statt vieler Seibert aus Sicht des Bundesjustizministeriums, DB 2009, 1167, 1169. 396 Hoffmann-Becking/Krieger, NZG 2009, Beilage zu Heft 26, Rn. 7; Spindler, in: MükoAktG, § 87, Rn. 59; Weber, in: Hölters, AktG, § 87, Rn. 23; Lingemann, BB 2009, 1918, 1919; Kling, DZWIR 2010, 221, 226; Suchan/Winter, DB 2009, 2531, 2535. 397 s. etwa Wilsing/von der Linden, DStR 2013, 1291, 1292 f. 398 Dafür spricht zum einen der Wortlaut der Gesetzesbegründung, nach dem die Kriterien der vertikalen Vergleichbarkeit „auch“ heranzuziehen sind, zum anderen die Stellung als Organ und die damit verbundenen unternehmerischen Funktionen des Vorstandsmitglieds, Spindler, in: Müko-AktG, § 87, Rn. 59; ferner Hüffer/Koch, AktG, § 87, Rn. 3; Bürgers/Israel, in: Bürgers/Körber, AktG, § 87, Rn. 6a; Seibt, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 87, Rn. 10 f.; Eckert, in: Wachter, AktG, § 87, Rn. 21; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 87, Rn. 18; ders., NZG
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In diesem Zusammenhang ist zuletzt darauf hinzuweisen, dass die Vergütung nach Ziff. 4.2.3 Abs. 2 S. 6 DCGK insgesamt und hinsichtlich ihrer variablen Vergütungsbestandteile betragsmäßige Höchstgrenzen aufweisen soll.399 Dies ist zwar keine gesetzliche Vorgabe aus § 87 Abs. 1 S. 1 AktG, auch lässt sich dies nicht im Wege teleologischer Interpretation unmittelbar aus dem Gesetz ableiten, doch steht diese Vorgabe des DCGK als Mittel zur Wahrung der Angemessenheit in unmittelbarem Zusammenhang mit dem vom Aufsichtsrat zu beachtenden Pflichtenkatalog – nach hier vertretener Auffassung auch hinsichtlich Drittvergütungen. Sollte die Gesellschaft diesem Erfordernis indessen nicht nachkommen, so würde die Vergütung zwar nicht unbedingt als unangemessen anzusehen sein, sie müsste diese Abweichung vom Kodex jedoch im Rahmen ihrer Erklärung zum Corporate Governance Kodex offenlegen und begründen. bb) Ausrichtung auf eine „nachhaltige“ Unternehmensentwicklung i.S.d. § 87 Abs. 1 S. 2, 3 AktG (1) Allgemeine Vorgaben der „Nachhaltigkeit“ Über diese Vorgaben zu den Bezügen an sich spielt für börsennotierte Gesellschaften das Nachhaltigkeitserfordernis des § 87 Abs. 1 S. 2 AktG und dessen Konkretisierung in S. 3 eine entscheidende Rolle. Als unbestimmter Rechtsbegriff ist die „Nachhaltigkeit“ vom Gesetzesanwender auszufüllen.400 Maßgebliche Intention des Gesetzgebers war die Etablierung von Vergütungsstrukturen, die mittels entsprechender Anreize die Vorstandsmitglieder in einer nachhaltigen und auf Langfristigkeit ausgerichteten Unternehmensführung bestärken sollen.401 Es soll verhindert werden, dass die Vorstandsmitglieder explizit aufgrund kurzfristiger, variabler Vergütungsbestandteile das langfristige Wachstum des Unternehmens aus den Augen verlieren, zum Eingehen unverantwortlicher Risiken verleitet werden und damit den Bestand des Unternehmens gefährden.402 Negativ definiert, sollen solche Vergütungsbestandteile ausgeschlossen werden, die den Vorstand zur Verfolgung kurzfristiger Unternehmenserfolge auf Kosten einer langfristigen Unternehmensentwicklung verleiten und damit einen „späteren, umso stärkeren Einbruch zu Folge haben können“ (sog. Strohfeuer).403 Positiv soll eine nachhaltige Vergütungsstruktur 2009, 801, 802; Hoffmann-Becking/Krieger, NZG 2009, Beilage zu Heft 26, Rn. 8; Gaul/Janz, NZA 2009, 809, 810; Bauer/Arnold, AG 2009, 717, 720. 399 s. ausführlich dazu Sünner, AG 2014, 115; dies ist im Übrigen auf keinen Fall mit der Forderung nach gesetzlichen Höchstgrenzen der Vorstandsvergütung zu verwechseln. 400 Ausführlich zum Begriff der Nachhaltigkeit, seiner Herkunft und den verschiedenen Interpretationsansätzen, Marsch-Barner, ZHR 175 (2011), 737. 401 Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 16/13433 (VorstAG), S. 1. 402 Spindler, in: Müko-AktG, § 87, Rn. 75; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 87, Rn. 28. 403 Hüffer/Koch, AktG, § 87, Rn. 11; Weber, in: Hölters, AktG, § 87, Rn. 30; Bürgers/Israel, in: Bürgers/Körber, AktG, § 87, Rn. 9b; Spindler, in: Müko-AktG, § 87, Rn. 76; Fleischer,
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mithin solche Anreize setzen, die einen „dauerhaften, d. h. zumindest periodenübergreifenden Erfolg“ incentivieren.404 Eine ordnungsgemäß ausgestaltete Vergütungsstruktur muss damit immer die langfristige Wirkung der gesamten Verhaltensanreize im Blick haben.405 Variable Vergütungsbestandteile mit kurzfristiger Wirkung (und damit der Regelfall von Drittvergütungen) sind dadurch jedoch nicht ausgeschlossen, denn ausweislich der Gesetzesmaterialien ist auch eine Mischung aus kurzfristigen und längerfristigen Anreizen zulässig, solange im Ergebnis ein langfristiger Verhaltensanreiz erzeugt wird.406 Obwohl der Gesetzgeber genauere Angaben zur Ausgestaltung der Struktur schuldig bleibt, fordern manche Stimmen quantifizierbare Angaben über das Verhältnis der verschiedenen Bestandteile.407 Dies würde jedoch zu sehr den Einzelfall mit seinen spezifischen Besonderheiten und Erfordernissen außer Acht lassen, sodass eine solche Vorgehensweise zu Recht abzulehnen ist.408 Nach richtiger Auffassung muss der Aufsichtsrat bei der Festlegung der Gesamtvergütung allerdings folgende Mindestvorgaben beachten: Innerhalb der variablen Vergütung müssen langfristige Anreize gegenüber kurzfristigen überwiegen.409 Unter der Annahme, dass reine Festvergütung langfristige Wirkung entfaltet bzw. als „nachhaltigkeitskonform“410 anerkannt ist, muss diese ferner zusammen mit der langfristig variablen
in: Spindler/Stilz, AktG, § 87, Rn. 27; ders., NZG 2009, 801, 802 f.; Bauer/Arnold, AG 2009, 717, 721; Thüsing, AG 2009, 517, 520; Mertens, AG 2011, 57, 58; Hoffmann-Becking/Krieger, NZG 2009, Beilage zu Heft 26, Rn. 10; Hohenstatt/Kuhnke, ZIP 2009, 1981, 1982; Seibert, WM 2009, 1489, 1490; Kling, DZWIR 2010, 221, 227; Suchan/Winter, DB 2009, 2531, 2536 f.; Wagner, AG 2010, 774, 776; Dauner-Lieb/v. Preen/Simon, DB 2010, 377, 379. 404 Eckert, in: Wachter, AktG, § 87, Rn. 25; Weber, in: Hölters, AktG, § 87, Rn. 30. 405 Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 16/13433 (VorstAG), S. 10. 406 Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 16/13433 (VorstAG), S. 10. 407 So fordern Bauer/Arnold, AG 2009, 717, 722 und Deilmann/Otte, GWR 2009, 261, 261 f. eine Zusammensetzung von 50 % fest, 20 % kurzfristig variabel und min. 30 % langfristig variabel; ähnlich Lingemann, BB 2009, 1918, 1919, 40 % fix, 20 % Jahresboni, 20 % langfristig ausgerichtete Boni, 20 % aktienbasierte Vergütung; Weber-Rey, WM 2009, 2255, 2259, 40 % fix, 20 % Jahresbonus, 40 % sonstige langfristige variable Vergütung; Eichner/ Delahaye, ZIP 2010, 2082, 2085, 60 % langfristig zu 40 % kurzfristig variabler Vergütung, da dann von einem deutlichen Überwiegen der langfristig variablen Vergütungselemente ausgegangen werden kann. 408 Spindler, in: Müko-AktG, § 87, Rn. 85; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 87, Rn. 34; Weber, in: Hölters, AktG, § 87, Rn. 33; Dauner-Lieb, Der Konzern 2009, 583, 588; Hoffmann-Becking/Krieger, NZG 2009, Beilage zu Heft 26, Rn. 10. 409 Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 16/13433 (VorstAG), S. 10; im Übrigen wird auch nur dann die grds. rein theoretische Konstellation abgedeckt, dass auch eine Gesamtvergütung mit ausschließlich variablen Vergütungsbestandteilen möglich wäre. 410 So die Formulierung von Bauer/Arnold, AG 2009, 717, 722.
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3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
Vergütung mehr als die Hälfte der Gesamtvergütung ausmachen.411 Um dem Willen des Gesetzgebers hinreichend Rechnung zu tragen, sollte die Festvergütung dabei nicht lediglich unwesentlich sein.412 Die Kombination der verschiedenen Anreize setzt im Übrigen voraus, dass jeder einzelne Vergütungsbestandteil auch an sich als angemessen im Sinne von S. 1 angesehen werden kann – unabhängig von einer kurzoder langfristigen Wirkung. Die Anwendung dieser Vorgaben auf die Drittvergütung dürfte (unter den Befürwortern der prinzipiellen Anwendbarkeit des § 87 Abs. 1 AktG) unstrittig sein. Durch diesen funktionalen Aspekt der Angemessenheit wird in erster Linie der Anreiz angesprochen, der aus der Art der Ausgestaltung der Vergütung(-sstruktur) herrührt, weniger aber die Höhe der Vergütung. Werden bspw. kurzfristig variable Erfolgsboni durch einen Dritten in Aussicht gestellt, sind diese nur zulässig, als unter Berücksichtigung der Gesamtstruktur der Vergütung noch Raum für die Vereinbarung kurzfristig variabler Vergütungsbestandteile bleibt. Gleiches gilt freilich für jegliche variable (Dritt-)Vergütung in ihrem Verhältnis zur Festvergütung. Weiterhin ist zu bedenken, dass obige Vorgaben nur Richtlinien sind. So kann zur Zulässigkeit kurzfristig variabler Vergütung nicht allein darauf verwiesen werden, dass die beschriebenen Freiräume in der Gesamtstruktur der Vergütung noch nicht ausgereizt wurden. (2) Konkretisierung der gesetzlichen Anforderungen an die „Nachhaltigkeit“ Für variable Vergütungsbestandteile – und damit insbesondere auch für Drittvergütungen – müssen schließlich die näheren Konkretisierungen des § 87 Abs. 1 S. 3 AktG beachtet werden: Demnach sollen diese zunächst gem. S. 3 HS. 1 eine mehrjährige Bemessungsgrundlage vorsehen. Wann genau das Kriterium der „Mehrjährigkeit“ erfüllt ist, geht aus den Gesetzesmaterialien nicht eindeutig hervor. In Anlehnung an die Verlängerung der Mindestwartezeit für die Ausübung von Stock Options von zwei auf vier Jahre in § 193 Abs. 2 Nr. 4 AktG im Rahmen des VorstAG und unter Berücksichtigung der Gesetzesbegründung zu § 87 Abs. 1 AktG, in der der Gesetzgeber die Vierjahresfrist als „Auslegungshilfe für die Formulierung langfristiger Verhaltensanreize im Sinne des § 87 Abs. 1 AktG“ einordnet,413 ist als Bemessungsgrundlage im Regelfall eine Dauer von vier Jahren anzulegen.414 Dass in 411 Spindler, in: Müko-AktG, § 87, Rn. 85; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 87, Rn. 34; Dauner-Lieb, Der Konzern 2009, 583, 588. 412 Spindler, in: Müko-AktG, § 87, Rn. 85. 413 Gesetzesentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD zum VorstAG, BT-Drucks. 16/ 12278, S. 5. 414 Ebenso Bürgers/Israrel, in: Bürgers/Körber, AktG, § 87, Rn. 9b, vier Jahre; Spindler, in: Müko-AktG, § 87, Rn. 88, vier Jahre; Cahn, FS Hopt, Band 1, 2010, S. 431, 441, vier Jahre; Gaul/Janz, NZA 2009, 809, 810, vier Jahre; Raapke, S. 156 f., vier Jahre; ähnlich Eichner/ Delahaye, ZIP 2010, 2082, 2083, drei Jahre; Wilsing/Paul, GWR 2010, 363, 364, drei oder vier Jahre; Seibert, WM 2009, 1489, 4190, drei oder vier Jahre; Weber-Rey, WM 2009, 2255, 2259,
A. Zulässigkeit von aktionärsseitigen Leistungen – Drittvergütung
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der Praxis i. d. R. eine in der Zukunft liegende Bemessungsgrundlage gewählt wird, schließt die rechtliche Zulässigkeit einer ausschließlichen retrospektiven Bemessungsgrundlage nicht aus.415 Die Gefahr der Setzung von Fehlanreizen ist in diesem Fall logischerweise grds. nicht gegeben.416 Insbesondere aus Aktionärssicht ist allerdings die prospektive, in die Zukunft gerichtete Ausgestaltung der Bemessungsgrundlage interessant. Bei dieser darf die Auszahlung der Vergütung nicht lediglich hinausgeschoben sein, vielmehr müssen die variablen Bestandteile an positiven wie negativen Entwicklungen im gesamten Bemessungszeitraum teilnehmen.417 Dies ist nicht mit einer strengen „Auszahlungssperre“ zu verwechseln. Solange erst nach Ablauf des Bemessungszeitraums endgültig feststeht, ob das Vorstandsmitglied die Zahlungen behalten darf, können bereits während dieses Zeitraums – zumindest im Falle gesellschaftsseitiger Vergütung – Abschlagszahlungen, etc. erfolgen.418 Unter der Annahme, dass Drittvergütungen häufig das Erreichen eines bestimmten Ziels verbindlich vergüten wollen, tun sich jedoch unter diesem Gesichtspunkt große Widersprüche zur Vorgabe der Nachhaltigkeit auf. Grds. könnte selbst die Gesellschaft gesellschaftsseitig zu viel gezahlte (Abschlags-)Leistungen allenfalls nach Maßgabe des § 93 Abs. 2 AktG zurückfordern.419 Als Ausgleich wird die Vereinbarung sog. „claw-back“-Klauseln in den Anstellungsverträgen als verpflichtend angesehen, wonach eine Rückzahlung im Falle des nicht nachhaltig eingetretenen Erfolgs über die gesetzlichen Rückforderungsinstrumente hinaus möglich ist.420 Während aber (insbesondere aufgrund des Risikos der späteren drei oder vier Jahre; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 87, Rn. 31, drei bis fünf Jahre; ders., NZG 2009, 801, 803, drei bis fünf Jahre; ebenso Thüsing/Forst, GWR 2010, 515, 517 f.; bewusst offen gelassen von Dauner-Lieb, Der Konzern 2009, 583, 588 f., die keiner der Ansichten einen Vorzug geben will und auf die konkrete Situation im Unternehmen abstellen will; a.A. Hoffmann-Becking/Krieger, NZG 2009, Beilage zu Heft 26, Rn. 17; Hohenstatt/Kuhnke, ZIP 2009, 1981, 1985; Annuß/Theusinger, BB 2009, 2434, 2436, die unter Berücksichtigung des Wortes „mehrjährig“ eine Bemessungsgrundlage von zwei Jahren als ausreichend ansehen; wohl auch Bauer/Arnold AG 2009, 717, 722 f., nach denen jedoch drei Jahre als üblich anzusehen sind. 415 Fonk, in: Semler/v. Schenk, Arbeitshdb. AR, § 10, Rn. 139; Hüffer/Koch, AktG, § 87, Rn. 13; Mertens, AG 2011, 57, 62; ausführlich Rieckhoff, AG 2010, 617, 619 ff. 416 Fonk, in: Semler/v. Schenk, Arbeitshdb. AR, § 10, Rn. 139. 417 Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 16/13433 (VorstAG), S. 10. 418 Weber, in: Hölters, AktG, § 87, Rn. 36; Spindler, in: Müko-AktG, § 87, Rn. 88; Hohenstatt/Kuhnke, ZIP 2009, 1981, 1985 f.; Eichner/Delahaye, ZIP 2010, 2082, 2086 f.; Thüsing, AG 2009, 517, 521; entsprechend weist der Gesetzgeber etwa auf die Zulässigkeit von BonusMalus-Systemen hin, bei denen der Bonus nur zu einem begrenzten Teil ausgezahlt wird, der übrige Teil indes zurückgehalten wird, sodass sich der Bonus bei nachteiliger Entwicklung entsprechend reduziert, Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 16/13433 (VorstAG), S. 10; Raapke, S. 158, m.w.Nachw. 419 Dessen praktischer Durchsetzung stehen jedoch sowohl im Falle gesellschaftsseitiger Leistung als auch im Rahmen von Drittvergütung erhebliche Unwägbarkeiten gegenüber. 420 Ausführlich zu Claw-Back-Klauseln Schuster, FS Bauer, 2010, S. 973.
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3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
Durchsetzbarkeit entsprechender schuldrechtlicher Ansprüche) das Instrument der claw-back-Klauseln bereits im Rahmen gesellschaftsseitiger Vergütungen als kritisch angesehen wird,421 ist die Effektivität solcher Vereinbarungen für die Rückforderung zu hoher Drittvergütungen besonders fragwürdig. Vergleichbar wäre allenfalls eine Rückzahlung an den incentivierenden Aktionär, dessen einseitige kurzfristige Interessen u. U. wohl dennoch durchgesetzt wären, sodass eine Rückzahlung ihn im hypothetischen Extremfall gar unzulässig begünstigen könnte. Um nicht jegliche Schutzüberlegungen leer laufen zu lassen, müsste zudem in der vertraglichen Grundlage solcher Boni gewährleistet sein, dass über die Beurteilung des Eintritts des nachhaltigen Erfolgs nicht etwa der Aktionär selbst entscheiden dürfte, sondern diese Entscheidung in die Kompetenz des Aufsichtsrats der anstellenden Gesellschaft fällt. Zudem müsste diese Entscheidung des Aufsichtsrats für den Aktionär bindend sein, diesen damit zur Rückforderung verpflichten, was wohl nur mit im Fall der Verweigerung der Rückforderung eingreifenden Schadensersatzforderungen der Gesellschaft gegen den Aktionär sichergestellt werden dürfte. Neben den beträchtlichen rechtlichen Unwägbarkeiten, die ein solches Konstrukt offensichtlich mit sich bringt, ist überdies noch nicht einmal geklärt, welches Interesse der Aufsichtsrat überhaupt daran haben könnte, etwaige Rückzahlungsverpflichtungen nachzuprüfen, wenn das Gesellschaftsvermögen selbst nicht betroffen ist. Eine dem Erfordernis der mehrjährigen Bemessungsgrundlage wirklich gerecht werdende Drittvergütung erscheint damit allenfalls bei rein retrospektiver Betrachtung möglich oder – im Falle prospektiver Betrachtung – bei einer vollständigen oder zumindest ganz überwiegenden Aufschiebung der Auszahlung des Erfolgsbonus an das Ende des Bemessungszeitraums.422 Schließlich stellt sich im Zusammenhang mit Drittvergütungen die Frage der Sinnhaftigkeit und damit der Anwendbarkeit sog. im Rahmen gesellschaftsseitiger Vergütung zu installierender Caps (§ 87 Abs. 1 S. 3 HS. 2 AktG). Danach sollen im Rahmen variabler Vergütungsbestandteile Begrenzungsmöglichkeiten vorgesehen werden, damit der Vorstand nicht von außerordentlichen Entwicklungen profitiert, die nicht auf seinen persönlichen Leistungen beruhen (sog. windfall profits).423 Laut Gesetzgeber sind hiermit insbesondere Unternehmensübernahmen, die Veräußerung von Unternehmensteilen, die Hebung stiller Reserven oder sonstige externe Ursachen angesprochen.424 Schutzzweck ist indes nicht allein das Gesellschaftsvermö421
So Weber, in: Hölters, AktG, § 87, Rn. 36; Spindler, in: MüKo-AktG, § 87, Rn. 89; Hohenstatt/Kuhnke, ZIP 2009, 1981, 1985 f.; Lingemann, BB 2009, 1918, 1919; Bauer/Arnold, AG 2009, 717, 723; a.A, Wettich, AG 2013, 374, 376; Eichner/Delahaye, ZIP 2010, 2082, 2087. 422 Ohne zu sehr vorgreifen zu wollen, ist der Vollständigkeit halber bereits an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass ein Verstoß gegen Vorgabe der Mehrjährigkeit, aufgrund der Ausgestaltung des S. 3 als „Soll“-Vorschrift, nicht zwingend zur Unwirksamkeit der Leistung führt, s. dazu sogleich 3. Teil A.IV.2.b)bb)(3). 423 Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 16/13433 (VorstAG), S. 10; Bauer/Arnold, AG 2009, 717, 723; Spindler, in: MüKo-AktG, § 87, Rn. 91. 424 Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 16/13433 (VorstAG), S. 10.
A. Zulässigkeit von aktionärsseitigen Leistungen – Drittvergütung
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gen. Würden entsprechende Begrenzungen nicht bestehen, wäre vielmehr ein Anreiz für den Vorstand geschaffen, auf entsprechende Steigerungen der Erfolgsparameter hinzuwirken, ohne dass dies im nachhaltigen Unternehmensinteresse liegen würde.425 Zudem könnte damit die Vergütung insgesamt in ihrer Höhe unangemessen werden, was unter Berücksichtigung obiger Erläuterungen auch die Drittvergütung betrifft. Soll die Begrenzung nicht in einer vorab definierten absoluten oder relativen Obergrenze liegen, sondern von einer einseitig durchsetzbaren Entscheidung abhängig gemacht werden,426 darf diese nicht in das Ermessen des Aktionärs fallen, sondern muss dem Aufsichtsrat obliegen. (3) Anforderungen an die Zulässigkeit kurzfristig variabler Vergütungsbestandteile Kann oder soll Drittvergütung den zuvor dargestellten Anforderungen an die Nachhaltigkeit nicht nachkommen, begründet dies an sich noch nicht zwingend die Unzulässigkeit der Drittvergütung. Zunächst handelt es sich dann „nur“ um kurzfristig ausgestaltete variable Vergütungsbestandteile. Zwar ist der Aufsichtsrat – wie bereits dargestellt – dazu verpflichtet, die Gesamtvergütung so zu strukturieren, dass der Vorstand auf eine nachhaltige Unternehmensentwicklung ausgerichtet wird und hat mithin bei der Vereinbarung variabler Vergütungsbestandteile auf die langfristige Wirkung der Verhaltensanreize zu achten.427 Indes hält der Gesetzgeber auch die Vereinbarung von Vergütungsbestandteilen mit kurzfristigerem Anreiz für zulässig, solange nur insgesamt die langfristige Wirkung der Vergütung gewährleistet ist.428 Neben den rechtsökonomischen Vorteilen auch kurzfristiger Verhaltensanreize429 spricht daher für deren grundsätzliche Zulässigkeit etwa die Entscheidung des Gesetzgebers, die Vorgabe der mehrjährigen Bemessungsgrundlage nach § 87 Abs. 1 S. 3 HS. 1 AktG als „Soll“-Vorschrift auszugestalten – was mit Blick auf die Gesetzeshistorie gerade in Abgrenzung zu einer rechtsverbindlichen „Muss“-Vorschrift geschehen ist.430
425 Ausdrücklich Seibert, WM 2009, 1489, 1490, der als in das VorstAG involvierter Ministerialrat mit der Sichtweise des Gesetzgebers vertraut ist und darauf hinweist, dass Vorstandsvergütung nicht mit „Spiel und Wette“ verwechselt werden solle. 426 Dies wird allgemein als mögliche Ausgestaltungsform der Begrenzung für zulässig erachtet, Weber, in: Hölters, AktG, § 87, Rn. 39; Hohenstatt/Kuhnke, ZIP 2009, 1981, 1988. 427 Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 16/13433 (VorstAG), S. 10. 428 Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 16/13433 (VorstAG), S. 10. 429 s. etwa Mertens, AG 2011, 57, 62, m.w.Nachw.; a.A. Cahn, FS Hopt, Band 1, 2010, S. 431, 444. 430 Mertens, AG 2011, 57, 62; Eichner/Delahaye, ZIP 2010, 2082, 2083; Hohenstatt/ Kuhnke, ZIP 2009, 1981, 1986; Raapke, S. 154; a.A. Cahn, FS Hopt, Band 1, 2010, S. 431, 444.
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3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
Abzulehnen ist damit die Auffassung, dass kurzfristig variable Vergütungsbestandteile mit dem Nachhaltigkeitsgebot per se nicht in Einklang zu bringen sind.431 In diesem Sinne wird aber vorgebracht, dass durch die Setzung kurzfristiger Verhaltensanreize die langfristige Wirkung der Vergütung neutralisiert werden könne.432 Diese Kritik ist zwar berechtigt, doch obliegt die Minimierung der sich daraus ergebenden Gefahren gerade den Aufgaben des Aufsichtsrats, wenngleich nicht verkannt wird, dass diese äußerst schwer abzuschätzen sind. Insofern kann auch nicht überzeugen, dass nur solche Vergütungsbestandteile hinsichtlich des Grads ihrer Gefährdung des nachhaltigen Unternehmenswohls miteinander „verrechnet“ werden können, die an sich als angemessen anzusehen sind.433 Neben den beträchtlichen rechtspraktischen Schwierigkeiten, überhaupt bestimmen zu können, was als angemessen anzusehen ist,434 unterliegt diese Auffassung einem Zirkelschluss. Denn konsequenterweise kann danach nur als angemessen im weiteren Sinne gelten, was den Vorgaben an die mehrjährige Bemessungsgrundlage nach § 87 Abs. 1 S. 3 AktG gerecht wird. Ist aber jegliche Vergütung konform mit dem Angemessenheitsgebot in seiner Gesamtheit und damit auch den Nachhaltigkeitserfordernissen ausgestaltet, bedarf es keiner Verrechnung der unterschiedlichen Aspekte mehr – zumindest soweit es um die Ausmerzung der Gefahren für die langfristige Rentabilität des Unternehmens geht.435 Um den Gefahren kurzfristiger variabler Vergütungsbestandteile für das Wohl der Gesellschaft dennoch hinreichend gerecht zu werden, spielt die Begründungspflicht des Aufsichtsrats bei der Zulassung entsprechender Vorteile eine besondere Rolle. Dies wird gerade durch die Ausgestaltung des § 87 Abs. 1 S. 3 AktG als „Soll“Bestimmung besonders deutlich. Denn entgegen vertretener Auffassung geht der Inhalt dieser Vorschrift über die Wirkung einer Empfehlung oder bloßen Erwartung hinaus.436 So ist eine Abweichung von den Vorgaben nach Abs. 1 S. 3 nach ganz herrschender Auffassung nur bei Vorliegen besonderer Umstände zulässig.437 Deren Vorliegen muss aber der Aufsichtsrat im Rahmen seiner Vergütungsentscheidung besonders begründen. Dieser ist damit – gerade in Abgrenzung zu der Gegenauf431
So aber Cahn, FS Hopt, Band 1, 2010, S. 431, 444; wohl auch Jickeli, FS Säcker, 2011, S. 381, 388; a.A. etwa Seibt, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 87, Rn. 12 ff. 432 So Cahn, FS Hopt, Band 1, 2010, S. 431, 444. 433 So Jickeli, FS Säcker, 2011, S. 381, 386; dies ist nicht zu verwechseln mit der Pflicht, dass jeglicher Vergütungsbestandteil an sich die Anforderungen an § 87 Abs. 1 S. 1 AktG einzuhalten hat; diese besteht ohnehin. 434 So dazu bereits 3. Teil A.IV.2.a)aa). 435 Sofern indes das für die Gesellschaft „günstigere“ oder sinnvollere Vergütungsmodell gesucht wird, macht die Verrechnung freilich noch Sinn. 436 So Mertens, AG 2011, 57, 61, der seine Auffassung insbesondere darauf stützt, dass „Soll“-Vorschriften gegenüber Privatrechtssubjekten anders als im Verhältnis zu öffentlichrechtlichen Institutionen gerade keine verbindlichen, eine Schadensersatzpflicht auslösenden Handlungspflichten begründen. 437 Statt vieler Bauer/Arnold, AG 2009, 717, 722; umfassende Nachweise bei Raapke, S. 156.
A. Zulässigkeit von aktionärsseitigen Leistungen – Drittvergütung
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fassung – in seinen „sekundären Pflichten“ angesprochen.438 Kommt er diesen gesteigerten Begründungspflichten nicht hinreichend nach, kann sich der Aufsichtsrat mittelbar schadensersatzpflichtig machen, §§ 116, 93 Abs. 1 S. 2 AktG. Da es sich bei der Vergütungsentscheidung um eine unternehmerische Entscheidung handelt, kommt insofern gar eine Einschränkung der Business Judgement Rule in Betracht, wenn der Aufsichtsrat nicht hinreichend darlegen kann, auf Grundlage angemessener Information gehandelt zu haben.439 Im Ergebnis werden damit kurzfristig variable Vergütungsbestandteile grds. nur in besonderen (Ausnahme-)Situationen oder aufgrund besonderer Interessenlagen zulässig sein; auch, weil der Aufsichtsrat ansonsten seinen entsprechend gesteigerten Begründungspflichten nicht hinreichend nachkommen könnte. Dies gilt insbesondere, wenn man sich an dieser Stelle die gegen die Zulässigkeit von kurzfristig variablen Anreizen geäußerte Kritik vor Augen führt, dass diese potentiell dazu in der Lage sind, die langfristigen Anreize zu neutralisieren. Vorgesagtes hat schließlich entscheidende Bedeutung für die Zulässigkeit kurzfristiger, variabler Drittvergütung: Diese ist zum einen nur in Ausnahmesituationen zulässig. Zudem muss sie durch besondere Interessen der Aktionäre gerechtfertigt sein, die gerade nicht das nachhaltige Unternehmenswohl beeinträchtigen dürfen. Der Begründungspflicht des Aufsichtsrats kommt diesbzgl. somit eine sogar noch gesteigerte Relevanz zu und ist nochmals verschärft. (4) Fazit Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass Drittvergütungen häufig als kurzfristig variable Vergütungsbestandteile zu qualifizieren sind, gewinnen die geschilderten Anforderungen im Rahmen der Nachhaltigkeit für die Angemessenheit von Drittvergütungen besondere Bedeutung. Auch wenn man keine pauschale Zulässigkeit oder Unzulässigkeit von Drittvergütungen unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit ableiten kann, fordert dieser neben der obligatorischen Zustimmung des Aufsichtsrats besonders strenge Anforderungen an die Begründung entsprechend ausgerichteter Drittvergütungen. Je nach Ausgestaltung und Art der Drittvergütung sind dabei die in dieser Arbeit beschriebenen Besonderheiten zu beachten.
V. Exkurs: Grenzen aufgrund mitgliedschaftlicher Treuepflichten Schließlich ist an die Verletzung mitgliedschaftlicher Treuepflichten durch den leistenden Aktionär zu denken. Deren Existenz auch in der Aktiengesellschaft ist
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Überzeugend Spindler, in: MüKo-AktG, § 87, Rn. 127. s. dazu Spindler, in: MüKo-AktG, § 87, Rn. 128.
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3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
heute weithin anerkannt,440 wobei ihr zweierlei Schutzrichtung zugesprochen wird:441 Zum einen gilt sie gegenüber der Gesellschaft, zum anderen gegenüber den Mitaktionären, sowohl für den Mehrheitsaktionär gegenüber dem Minderheitsaktionär442 als auch umgekehrt.443 In diesem Wirkkreis trifft den einzelnen Aktionär die Pflicht zu loyalem Verhalten,444 was sich in den Geboten der Beachtung (und im Einzelfall auch Förderung)445 des Unternehmensinteresses und angemessener Rücksichtnahme auf die Interessen der Gesellschaft und ihrer Gesellschafter konkretisiert, sowie ferner in dem Verbot der Vornahme schädigender Handlungen.446 Indes darf die mitgliedschaftliche Treuepflicht keinesfalls mit der organschaftlichen Treubindung der Verwaltungsorgane der Gesellschaft verwechselt werden.447 Ihr Ursprung liegt gerade nicht in der Ausübung einer fiduziarischen Stellung, vielmehr ist sie Ausfluss und Notwendigkeit der Mitgliedschaft.448 Zumindest bei der Ausübung eigennütziger Mitgliedschaftsrechte darf der Aktionär – im Unterschied zu dem allein auf Fremdinteressen verpflichteten Vorstand – daher (auch) eigene Interessen verfolgen;449 die Grenze liegt dann in der missbräuchlichen Rechtsausübung
440 BGH v. 01. 02. 1988 – II ZR 75/87, BGHZ 103, 84, 94 – Linotype; v. 20. 03. 1995 – II ZR 205/94, BGHZ 129, 136, 142 – Girmes; v. 26. 07. 1994 – II ZR 126/98, BGHZ 142, 167, 169 f. – Hilgers; aus der Literatur, statt vieler Drygala, in: Kölner Komm AktG, § 53a, Rn. 81. 441 BGH v. 01. 02. 1988 – II ZR 75/87, BGHZ 103, 84, 94 – Linotype; v. 20. 03. 1995 – II ZR 205/94, BGHZ 129, 136, 142 – Girmes; Hüffer/Koch, AktG, § 53a, Rn. 19 f.; Laubert, in: Hölters, AktG, § 53a, Rn. 15; Fleischer, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 53a, Rn. 48 ff.; ders., WM 2003, 1045, 1047; Lutter, ZHR 162 (1998), 164, 164 ff. 442 Grundlegend BGH v. 01. 02. 1988 – II ZR 75/87, BGHZ 103, 84, 94 ff. – Linotype. 443 Grundlegend BGH v. 20. 03. 1995 – II ZR 205/94, BGHZ 129, 136, 142 f. – Girmes; dennoch stellt sie in erster Linie ein Instrument des Minderheitenschutzes dar, K. Schmidt, GesR, § 20 IV. 3., S. 593 f.; Fleischer, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 53a, Rn. 42; Bungeroth, in: MüKo-AktG, vor § 53a, Rn. 26. 444 Es wird zwischen der Schrankenfunktion, welche sich namentlich in einer Rücksichtnahmepflicht ausdrückt, und der Ergänzungsfunktion, welche dem Aktionär im Einzelfall eine aktive Förderpflicht auferlegt, als den zwei prinzipiellen Funktionskreisen der mitgliedschaftlichen Treuepflicht unterschieden, s. Fleischer, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 53a, Rn. 54 f., m.w.Nachw.; zustimmend Drygala, in: Kölner Komm AktG, § 53a, Rn. 95. 445 s. dazu etwa Henze/Notz, in: Großkomm AktG, Anh § 53a, Rn. 81 ff. 446 Röhricht, in: Hommelhoff/Hopt/v. Werder, Hdb. Corporate Governance, 1. Aufl. 2003, S. 513, 519; Drygala, in: Kölner Komm AktG, § 53a, Rn. 95 ff.; Fleischer, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 53a, Rn. 54 f.; Wiedemann, FS Heinsius, 1991, S. 951, 953; Lutter, ZHR 153 (1989), 446, 452; ders., ZHR 162 (1998), 164, 167 f. 447 Eindringlich etwa Röhricht, in: Hommelhoff/Hopt/v. Werder, Hdb. Corporate Governance, 1. Aufl. 2003, S. 513, 515. 448 Lutter, ZHR 162 (1998), 164, 167; Röhricht, in: Hommelhoff/Hopt/v. Werder, Hdb. Corporate Governance, 1. Aufl. 2003, S. 513, 515. 449 Nach herrschender Meinung lässt sich der Pflichtinhalt zumindest grob aus der Abgrenzung zwischen eigennützigen und uneigennützigen Mitgliedschaftsrechten herleiten, Drygala, in: Kölner Komm AktG, § 53a, Rn. 97; Cahn/v. Spannenberg, in: Spindler/Stilz, AktG, § 53a, Rn. 51; Henze/Notz, in: Großkomm AktG, Anh § 53a, Rn. 53, m.w.Nachw.
A. Zulässigkeit von aktionärsseitigen Leistungen – Drittvergütung
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zum Nachteil der Gesellschaft und der übrigen Gesellschafter.450 Wenngleich, in Abgrenzung dazu, den Interessen der Gesellschaft im Rahmen uneigennütziger Rechte absoluter Vorrang einzuräumen ist,451 ist es dennoch nur konsequent, dass die mitgliedschaftliche Treuepflicht in der Intensität ihrer Pflichtbindung hinter der organschaftlichen Treuepflicht zurückbleibt.452 Zuwendungen von Aktionären können durchaus in Kollision mit der so verstandenen mitgliedschaftlichen Treuepflicht geraten,453 freilich zunächst durch Anknüpfung an Ziele, welche die Interessen der Gesellschaft oder der übrigen Gesellschafter willkürlich missachten oder sich gar gesellschaftsschädigend auswirken. Dies rechtfertigt sich bereits unter der Erwägung, dass die Pflichtenstellung desjenigen Aktionärs wächst, der „beginnt Einfluss auf die Geschicke der AG zu nehmen“.454 Die Gewährung einer Drittvergütung wird häufig nichts anderes bezwecken, als in gewissem Maße einen solchen Einfluss auszuüben. Daher wäre auch eine undifferenzierte Gleichsetzung etwa mit (eigennützigen) Vermögensrechten verfehlt.455 Rekurriert man auf die Möglichkeit der Einflussnahme, die mit der Drittvergütung einher geht, würde sich allenfalls ein Vergleich mit der Ausübung des Stimmrechts anbieten, welches teils als uneigennütziges Recht angesehen wird,456 überzeugender hingegen abhängig vom jeweiligen Beschlussgegenstand einzuordnen ist.457 Indes würde ein solcher Vergleich unzulässig außer Acht lassen, dass das Stimmrecht ein gesetzlich verankertes und wesentliches Mitgliedschaftsrecht ist, wohingegen bereits die Zulässigkeit aktionärsseitiger Leistung als Instrument der Einflussnahme gesellschaftsrechtlich in Frage steht. Dies berücksichtigend, ist die aktionärsseitige Leistung allein dann unter der mitgliedschaftlichen Treuepflicht zu rechtfertigen, wenn sie sich allein am interessenpluralistischen Unternehmensinteresse orientiert; dabei verbleibt freilich ein kaum zu konkretisierender Spielraum zur Befolgung eigener Interessen. Indes setzt ein Verstoß gegen die mitgliedschaftliche Treuepflicht nicht zwingend eine Beeinträchtigung des Unternehmensinteresses voraus, sondern kann sich (im Einzelfall) auch aus missbräuchlichem Verhalten allein im Verhältnis zu den übrigen
450 Cahn/v. Spannenberg, in: Spindler/Stilz, AktG, § 53a, Rn. 51; Henze/Notz, in: Großkomm AktG, Anh § 53a, Rn. 53; Drygala, in: Kölner Komm AktG, § 53a, Rn. 97. 451 Hüffer/Koch, AktG, § 53a, Rn. 17. 452 Allg.M.; Fleischer, WM 2003, 1045, 1047; Wiedemann, FS Heinsius, 1991, S. 951, 954. 453 Hohaus/Weber, DStR 2008, 104, 109; Weber, S. 323 f.; wohl a.A v. Werder/Braun/ Fromholzer, in: Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, II., Rn. 133 a.E. 454 Lutter, ZHR 153 (1989), 446, 452 f. 455 Als Vermögensrechte werden die Rechte aus §§ 58 Abs. 4, 186, 221 Abs. 4, 271 AktG angesehen. 456 s. etwa Hüffer/Koch, AktG, § 53a, Rn. 17. 457 Henze/Notz, in: Großkomm AktG, Anh § 53a, Rn. 54; Drygala, in: Kölner Komm AktG, § 53a, Rn. 98.
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3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
Gesellschaftern ergeben.458 Denn sowohl im Verhältnis zur Gesellschaft, aber auch im direkten Verhältnis zu den Mitgesellschaftern erfasst der Schutzzweck der mitgliedschaftlichen Treuepflicht die Investitionsinteressen aller Gesellschafter.459 Mithin ist es durchaus denkbar, dass – bspw. im Falle von Transaktionsboni – der Vorstand insbesondere bzw. allein aufgrund der aktionärsseitigen Zuwendung die Übernahme unter Ausblendung jeglicher anderer Interessen antreibt. Die Incentivierung befördert somit die Gefahr, dass die Investitionsinteressen der nicht-veräußerungswilligen Aktionäre in unzulässiger Weise beeinträchtigt werden.460 Wann indes ein solcher Verstoß vorliegt, kann nicht pauschal beantwortet werden, sondern ist von den Umständen des Einzelfalls abhängig. Entscheidend wird wohl grds. sein, ob und wie sehr mit der aktionärsseitigen Zuwendung eine manipulative Einflussnahme intendiert ist. Anknüpfungspunkt ist dabei nicht nur die Höhe der Leistung, sondern auch das verfolgte Ziel. Freilich können als Orientierungspunkte die zur Zulässigkeit der Annahme der Leistung gemachten (und noch zu konkretisierenden) Ausführungen zu §§ 93, 76, 87 AktG berücksichtigt werden.461 Eine davon zu trennende Frage ist, ob sich aufgrund der bereits im Rahmen der organschaftlichen Treuepflicht des Vorstands beschriebenen, abstrakten Gefahr aktionärsseitiger Leistungen auch aus der mitgliedschaftlichen Treuepflicht generelle, prozessuale Grenzen ergeben. So wurde bereits ausgeführt, dass es die Einhaltung des Unternehmensinteresses und die Pflichtmäßigkeit des Vorstandshandelns erfordern, dass die Annahme der Leistung unter dem Vorbehalt der Einwilligung des Aufsichtsrats steht. Insofern ist durchaus daran zu denken, dass sich der Aktionär, der sich bewusst darüber hinwegsetzt, treuwidrig verhält. Doch wird die Bejahung der Pflichtwidrigkeit – aufgrund geringerer Intensität der Pflichtbindung des Aktionärs gegenüber dem fiduziarisch tätigen Vorstand – auch hier vom Einzelfall abhängen; auch kann im Zusammenhang mit Transaktionsboni einschränkend zu berücksichtigen sein, dass der leistende Aktionär immerhin die Interessen aller verkaufswilligen Aktionäre fördert. Darüber hinaus wird zur Vereinbarkeit der Drittleistung mit der mitgliedschaftlichen Treuepflicht erwogen, die Zustimmung der übrigen Aktionäre einzuholen.462 458 Hohaus/Weber, DStR 2008, 104, 109; Röhricht, in: Hommelhoff/Hopt/v. Werder, Hdb. Corporate Governance, 1. Aufl. 2003, S. 513, 519. 459 Röhricht, in: Hommelhoff/Hopt/v. Werder, Hdb. Corporate Governance, 1. Aufl. 2003, S. 513, 519; Hohaus/Weber, DStR 2008, 104, 109. 460 Weber, S. 323 f.; Hohaus/ders., DStR 2008, 104, 109; a.A. v. Werder/Braun/Fromholzer, in: Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, II., Rn. 133, die mit der Behauptung, dass die Entscheidung des Aktionärs, seine Anteile nicht veräußern zu wollen, aus freien Stücken erfolgt und daher nicht schutzbedürftig sei, den Sinn und Zweck der mitgliedschaftlichen Treuepflicht als Pflicht zur Rücksichtnahme bereits im Ansatz verkennen. 461 Weber, S. 324; Hohaus/ders., DStR 2008, 104, 109 wollen unter Rückgriff auf die Rechtslage beim Bezugsrechtsausschluss bei Kapitalerhöhungen den allgemeinen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz anwenden. 462 Weber, S. 324 f.; Hohaus/ders., DStR 2008, 104, 109; wobei die genannten Autoren in jüngeren Beiträgen anscheinend von dieser These abgerückt sind, s. Hohaus/Weber, in: Lücke/
A. Zulässigkeit von aktionärsseitigen Leistungen – Drittvergütung
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Einschränkend wird dies aber nur bei zu erwartendem Einverständnis empfohlen, sodass die Zustimmung der Hauptversammlung selbst von ihren Befürwortern weniger als prozessuale Grenze denn als Instrument der Haftungsvermeidung angesehen wird.463 Ihre Grundlage haben entsprechende Überlegungen in einem teleologischen Vergleich mit drittbezogenen Vergütungen im faktischen Konzern. Dort wird insbesondere im Zusammenhang mit Aktienoptionsplänen diskutiert, inwiefern diese für den Vorstand der Tochtergesellschaft rechtmäßig auf Parameter der Muttergesellschaft ausgerichtet werden können.464 Teils wird zu ihrer Zulässigkeit (je nach Intensität der Anreizwirkung) die Zustimmung der Minderheitsgesellschafter verlangt.465 Doch kann aus der mitgliedschaftlichen Treuepflicht zumindest im Falle aktionärsseitiger Drittvergütung keine entsprechende Zustimmungspflicht hergeleitet werden. Dies gebieten weder Art und Intensität des Interessenkonflikts noch die (bessere) Möglichkeit seiner Kontrolle: Für ihre Rechtmäßigkeit müssen aktionärsseitige Drittleistungen als Gegenleistung für die Leistung der Gesellschaft anzusehen sein. Aufgrund seiner ausschließlichen Vergütungs- sowie Kontrollkompetenz obliegt die Einhaltung der sich aus dieser Einschränkung ergebenden materiellen Anforderungen allein dem Aufsichtsrat, wobei er auch die Interessen der nicht-leistenden Gesellschafter zu berücksichtigen hat. Kommt er dem nicht nach, handelt er seinerseits pflichtwidrig, §§ 116, 93 AktG. Aber selbst wenn man Zweifel an der Geeignetheit des Aufsichtsrats zur hinreichenden Kontrolle der Drittvergütung haben will,466 darf nicht unberücksichtigt bleiben, dass aktionärsseitige Leistungen an Parametern der Zielgesellschaft ausgerichtet sein werden, selbst wenn sie an ein Partikularinteresse des leistenden Mehrheitsgesellschafters anknüpfen.467, 468 Ein Verstoß gegen die Investitionsinteressen der übrigen Aktionäre ist daher nicht zwingend angezeigt; ein Verstoß gegen das Unternehmensinteresse wird die übrigen Aktionäre im Falle eines Schaub, § 10, Rn. 68, 106; im Zusammenhang mit aktionärsseitigen stock options an Vorstandsmitglieder, erwägen dies zudem Kort, in: Großkomm AktG, § 87, Rn. 254; Spindler, in: MüKo-AktG, § 87, Rn. 105; a.A. v. Werder/Braun/Fromholzer, in: Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, II., Rn. 133. 463 Hohaus/Weber, DStR 2008, 104, 109; dies., in: Lücke/Schaub, § 10, Rn. 68, 106; etwas restriktiver wohl noch Weber, S. 325; auch Kort, in: Großkomm AktG, § 87, Rn. 254 und Spindler, in: MüKo-AktG, § 87, Rn. 105 scheinen nicht von einer generellen, sondern lediglich von einer Pflicht im Einzelfall auszugehen. 464 s. dazu bereits eingangs 2. Teil A.II.3. 465 Spindler, DStR 2004, 36, 44; Tröger, ZGR 2009, 447, 452. 466 So etwa (nicht zu Unrecht) ein Argument von Tröger, ZGR 2009, 447, 472 im Hinblick auf die drittbezogene Vergütung. 467 Dies unterscheidet die Drittvergütung gerade von der drittbezogenen Vergütung, durch die somit eine deutlich stärkere Gefährdung der Interessen der Minderheitsgesellschafter möglich ist. 468 Ebenso wäre es jedoch im Übrigen verfehlt, aufgrund dieser Ausrichtung einen Verstoß gegen die mitgliedschaftliche Treuepflicht im Zusammenhang mit Managementbeteiligungen seitens des Hauptaktionärs abzulehnen, so aber v. Werder/Braun/Fromholzer, in: Eilers/Koffka/ Mackensen, Private Equity, II., Rn. 133.
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eigenen Vorteils dagegen kaum zur Verweigerung der Zustimmung bewegen, sodass mit der Einbindung der Mitgesellschafter nicht mehr erreicht wäre als mit „bloßer“ Zustimmungspflicht des Aufsichtsrats. Werden aber die Interessen der übrigen Gesellschafter tatsächlich einmal offensichtlich – etwa durch mit der Drittvergütung verbundene unzulässige Zielbestimmungen – verletzt, wird auch eine Zustimmungspflicht der übrigen Gesellschafter keine weitergehende Legitimität bzw. Kontrolle schaffen. So wird sich ein entsprechend vorsätzlich handelnder Aktionär schon gar nicht um die Zustimmung der übrigen Gesellschafter bemühen (ebenso wenig wie um die des Aufsichtsrats), da er diese wohl kaum erwarten könnte. Ungeachtet dessen könnte die Zustimmung der übrigen Gesellschafter (ebenso wie die Zustimmung des Aufsichtsrats) einen entsprechenden Verstoß gegen die Leitungsautonomie des Vorstands ohnehin nicht legitimieren, da es sich um einen Eingriff in satzungsstrenge Kompetenzzuordnungen handelt. Nicht unerwähnt sollten in diesem Zusammenhang daher auch Probleme im Hinblick auf die Kompetenzabgrenzung zwischen den drei Gesellschaftsorganen bleiben, die mit einer entsprechenden Zustimmungspflicht bzw. -möglichkeit verbunden wären. Im Ergebnis kann die Gewährung der aktionärsseitigen Drittleistung an den Vorstand durchaus einen Verstoß gegen die mitgliedschaftliche Treuepflicht des leistenden Aktionärs bedeuten. Doch ergeben sich aus der mitgliedschaftlichen Treuepflicht keine eigenständigen Grenzen, die über die bisher erarbeiteten Vorgaben hinausgehen. Insbesondere gebietet die mitgliedschaftliche Treuepflicht nicht die Einholung der Zustimmung der übrigen (nicht-leistenden) Gesellschafter.
VI. Subsumtion: Zulässigkeit ausgewählter aktionärsseitiger Incentives Wie bereits eingangs erwähnt, ist die Ausgestaltung von Drittvergütungen in unterschiedlichster Weise möglich. In Betracht kommen zunächst (erfolgsabhängige) Tantiemen bzw. Prämien, abhängig von dem Erreichen erlangter Ziele oder aber auch als Honorierung geleisteter Arbeit des Vorstandsmitglieds. Besondere Relevanz erfahren hier Transaktionsprämien seitens des veräußerungswilligen Aktionärs im Rahmen der Übernahmesituation. Darüber hinaus spielen aber auch (mittelbare) Managementbeteiligungen – insbesondere im Zusammenhang mit Private-Equity-Transaktionen – in Form des vergünstigten Erwerbs oder gar der unentgeltlichen Zuwendung von Aktien der Zielgesellschaft durch einen Großaktionär eine große Rolle, ebenso Vereinbarungen über den Erwerb von Aktienoptionen vom Großaktionär, welche in der Praxis häufig mit Zielvereinbarungen verbunden sind. Nachfolgend wird zunächst ein Blick auf die allgemeine Rechtmäßigkeit entsprechender Boni geworfen. Im Anschluss soll dann „allgemein“ auf Besonderheiten von Übernahmesituationen und abschließend auf Besonderheiten im Rahmen von Private-Equity-Transaktionen eingegangen werden.
A. Zulässigkeit von aktionärsseitigen Leistungen – Drittvergütung
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1. Bewertung der Drittvergütung im Allgemeinen a) Allgemeine variable Vergütung: Tantiemen, Boni und Prämien Die Begriffe Tantiemen, Boni oder Prämien lassen sich weder im Rahmen gesellschaftsseitiger Leistung noch im Rahmen von Drittleistungen klar voneinander abgrenzen – in der Literatur werden sie zumeist synonym verwendet.469 Mangels Bedeutung für die nachfolgende Bearbeitung kann mithin ein Definitions- und Differenzierungsversuch unterbleiben. Vielmehr genügt es, verallgemeinernd festzuhalten, dass diese Begriffe auf variabler Vergütung beruhende Barauszahlungen bezeichnen, die den Vorstand am Erfolg der Zielgesellschaft teilhaben lassen sollen. Die Zulässigkeit solcher aktionärsseitiger Prämien richtet sich ganz maßgeblich nach den bisher dargestellten Ausführungen zur Weisungsautonomie nach § 76 AktG und zur Angemessenheit, insbesondere Nachhaltigkeit, der Vergütung nach Maßgabe von § 87 Abs. 1 AktG. Werden diese Voraussetzungen eingehalten, sind sie vorbehaltlich der Zustimmung des Aufsichtsrats und unter Berücksichtigung bereits bestehender gesellschaftsseitiger Vergütung als zulässig anzusehen. Indes ergeben sich dabei insbesondere Probleme unter dem Erfordernis der Nachhaltigkeit i.S.d. § 87 Abs. 1 S. 2, 3 AktG.470 Kommen sie dem nicht nach, sind sie nicht per se als unzulässig anzusehen, gleichwohl steigt die Begründungspflicht aller beteiligten Personen an die Rechtmäßigkeit und Notwendigkeit entsprechender Leistungen. Kann in diesem Zusammenhang die Gefahr des unzulässigen Kompetenzübergriffs ausgeräumt werden, gelten für sie ähnliche Maßstäbe wie im Rahmen gesellschaftsseitiger kurzfristiger Vergütung: So sind (Jahres-)Bonuszahlungen mit kurzfristigen Zielen in der Literatur als zulässig anzusehen, wenn sie sich insgesamt in eine nachhaltige Gesamtvergütung einfügen.471 In diesem Zusammenhang ist aber zu beachten, dass es zumindest bedingt möglich und ausreichend scheint, Jahresboni an der weiteren Unternehmensentwicklung teilhaben zu lassen, sodass die Ausgestaltung als kurz469 So auch Raapke, S. 8, der aber insbesondere „Tantiemen und Boni“ der Übersichtlichkeit halber grds. mit der Anknüpfung an betriebswirtschaftliche Kennzahlen in Verbindung bringt; ähnlich Friedrichsen, S. 25; nach de Beauregard/Schwimmbeck/Gleich, DB 2012, 2792, 2792 f., sollen Boni diejenigen variablen Vergütungsbestandteile bezeichnen, die der Arbeitgeber in regelmäßigen Abständen zahlt, Tantiemen sollen als gesondert zu vereinbarende, (zumeist) erfolgsabhängige zusätzliche Vergütungen für besondere Leistungen (so die Definition des OLG Celle v. 29. 08. 2007 – 3 U 37/07, NZG 2008, 79, 79) in Abgrenzung zu Boni an einen vereinbarten Prozentsatz des Jahresgewinns des Unternehmens oder eines Unternehmensteils anknüpfen, und Prämien sollen erfolgs- und „projektbezogene“ Leistungen für singuläre Ereignisse darstellen. 470 Dabei ist unbeachtlich, ob die Vergütung an abstrakten unternehmensbezogenen oder an abstrakten operativen Erfolgszielen anknüpft, auch letztere sind aufgrund ihrer „Messbarkeit“ als variable Vergütung einzuordnen; s. im Umkehrschluss durch die undifferenzierte Verortung unter variable Vergütung, Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 87, Rn. 28, Spindler, in: MüKo-AktG, § 87, Rn. 96. 471 Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 87, Rn. 36; Weber, in: Hölters, AktG, § 87, Rn. 33; Spindler, in: MüKo-AktG, § 87, Rn. 85; Eichner/Delahaye, ZIP 2010, 2082, 2084.
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fristiges Vergütungselement im Zusammenhang mit Drittvergütungen kritisch zu sehen ist und daher eher unzulässig als zulässig sein wird. Davon abzugrenzen ist aber die Leistung sonstiger kurzfristiger Erfolgsprämien, insbesondere wenn damit einmalige Projekte gefördert werden, die in der Gesamtbetrachtung der langfristigen Rentabilität des Unternehmens zu Gute kommen. Wohlgemerkt vorbehaltlich der Zulässigkeit unter § 76 AktG ist hier an Umstrukturierungsmaßnahmen zu denken, die Übernahme von Unternehmen, die Veräußerung oder den Erwerb von Unternehmensteilen oder die erfolgreiche Einführung eines neuen Produkts.472 Dennoch ist auch hier zu differenzieren: Während in der Übernahmesituation aufgrund der besonderen Bedeutung von Aktionärsinteressen eine (gesteigerte) Ausrichtung auf die Steigerung des shareholder value in der Regel eher mit dem Unternehmensinteresse zu vereinbaren sein wird, werden entsprechende Boni außerhalb der Übernahmesituation eher selten als rechtsgültig überzeugen können. Zwar ist auch hier eine Ausrichtung des Vorstandshandelns anhand des shareholder value erlaubt, doch darf sich diese lediglich auf Einzelaspekte beziehen, nicht aber Grundlage des gesamten strategischen Vorstandshandelns sein. Insofern bestehen außerhalb besonderer Anlässe, wie etwa der Übernahmesituation (oder anderer soeben genannter Beispiele), erhebliche Bedenken gegen die Zulässigkeit kurzfristiger sich ausschließlich am Aktionärsinteresse orientierender Prämien. Zumal ein Grund für die Notwendigkeit gerade als kurzfristige Ausgestaltung – wie dies in der Übernahmesituation aufgrund der bevorstehenden Übernahme und sich dem darauf zuspitzenden Aktionärsinteresse der Fall ist – schwer darzulegen sein wird. Zuletzt ist zu berücksichtigen, dass der Anwendungsbereich möglicher Ausgestaltungsformen auch aus praktischen Erwägungen eingeschränkt ist: Gegen die Relevanz insbesondere gewinnbezogener Tantiemen spricht entscheidend, dass sich diese nicht an der Entwicklung des Aktionärsvermögens orientieren.473 Ein direkter Zusammenhang zwischen Gewinn und Aktionärsvermögen wird demnach gerade in Frage gestellt – und damit auch ein Nutzen solcher Vergütungen aus Aktionärssicht.474 Ferner sind entsprechende Bemessungsgrundlagen mit Vorsicht zu handhaben, da sie bei bloßer Konzentration auf die laufende Rechnungsperiode zu einer kurzfristig orientierten Unternehmensführung oder gar zu Manipulationshandlungen verleiten können.475 Aus Aktionärssicht reizvoll sind daher in erster Linie an operativen Maßnahmen anknüpfende oder unternehmenswert- und damit zumeist bör472 Weber, in: Hölters, AktG, § 87, Rn. 33; Spindler, in: MüKo-AktG, § 87, Rn. 85; Eichner/ Delahaye, ZIP 2010, 2082, 2084. 473 Bühner, DB 1989, 2181, 2182; Menichetti, DB 1996, 1688, 1689; Friedrichsen, S. 25; Elkart/Schmusch, in: Dörner/Menold/Pfitzer/Oser, S. 265, 275 f. 474 Bühner, DB 1989, 2181, 2182; Menichetti, DB 1996, 1688, 1689; Bernhardt/Witt, ZfB 67 (1997), 85, 87; Friedrichsen, S. 25; Elkart/Schmusch, in: Dörner/Menold/Pfitzer/Oser, S. 265, 275 f. 475 Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 87, Rn. 55; Bühner, DB 1989, 2181, 2182; Friedrichsen, S. 25; Menichetti, DB 1996, 1688, 1689; Elkart/Schmusch, in: Dörner/Menold/ Pfitzer/Oser, S. 265, 275.
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senkursorientierte Incentives. Als solche kommen direkte Managementbeteiligungen, stock options oder auch börsenwertorientierte Tantiemen wie phantom stocks, stock appreciation rights oder andere vergleichbare, sich am Börsenkurs orientierende Prämien in Betracht: b) Börsenkursorientierte Drittvergütung aa) Managementbeteiligungen Sollen Vorstandsmitglieder am Erfolg der Gesellschaft beteiligt werden, liegt es zunächst auf der Hand, ihnen als Vergütung unmittelbar (unentgeltlich) Aktien der Gesellschaft zu gewähren.476 Sind diese Teil der gesellschaftsseitigen Vergütung, werden diese üblicherweise an gewisse Verkaufs- und Übereignungsbeschränkungen und weitere Bedingungen gebunden, welche erst nach einem vertraglich definierten Zeitablauf erlöschen (restricted stock plan).477 Entsprechende Managementbeteiligungen durch Aktionäre kommen in der Regel im Rahmen von Private-EquityTransaktionen vor, wenn der Vorstand an der NewCo beteiligt wird.478 Üblich sind in diesem Zusammenhang Beschränkungen, die aus Sicht der Investoren einen Gleichlauf zwischen Aktionärs- und Vorstandsinteressen bewirken sollen. Wie der Fall Springer zeigt, sind aktionärsseitige Leistungen von Gesellschaftsanteilen aber auch ohne Transaktionsbezug denkbar.479 Hinsichtlich der Anforderungen an die Angemessenheit gelten auch hier die allgemein gemachten Ausführungen des § 87 Abs. 1 S. 1 AktG. Dem Erfordernis der Mehrjährigkeit und damit prinzipiell auch der Nachhaltigkeit i.S.d. § 87 Abs. 1 S. 2, 3 AktG ist durch die Vereinbarung der erwähnten Sperrfrist (auch Haltefrist oder „lock up“ genannt) nachzukommen.480 Für die Dauer dieser Frist kann der Vorstand die ihm gewährten Aktien nicht veräußern, wodurch dieser angehalten ist, auf eine positive Entwicklung des Unternehmens hinzuwirken.481 Denn zum einen hängt der von ihm erzielte Veräußerungserlös von der positiven Entwicklung des Unternehmens ab und zum anderen nimmt die Beteiligung auch an den negativen Entwick476 Kessler/Babel, in: Kessler/Sauter, Hdb. Stock Options, E., Rn. 95; Raapke, S. 9; Portner, DStR 1997, 786, 786; Redenius-Hövermann/Bertog, Der Aufsichtsrat 2012, 174, 174; Bauer/ Arnold, DB 2006, 260, 265. 477 Hüffer/Koch, AktG, § 87, Rn. 20; Kessler/Babel, in: Kessler/Sauter, Hdb. Stock Options, E., Rn. 95; Schüller, S. 63; Raapke, S. 9; Portner, DStR 1997, 786, 786. 478 s. dazu 3. Teil A.VI.3.a); dies ausdrücklich als einen der Hauptanwendungsfälle der Drittvergütung hervorhebend etwa Kalb/Fröhlich, NZG 2014, 167, 167. 479 s. dazu 3. Teil A.I.2.; für die Einordnung als Drittleistung spielt es im Übrigen keine Rolle, dass es sich dabei um eine Schenkung gehandelt haben soll. 480 Hüffer/Koch, AktG, § 87, Rn. 20; Eichner/Delahaye, ZIP 2010, 2082, 2083; HoffmannBecking/Krieger, NZG 2009, Beilage zu Heft 26, Rn. 24; Krieger/S. H. Schneider, FS Hellwig, 2010, S. 181, 182, Fn. 8; Raapke, S. 172. 481 Eichner/Delahaye, ZIP 2010, 2082, 2083.
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3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
lungen teil.482 Der maßgebliche Zeitraum zur Einhaltung des Nachhaltigkeitspostulats bestimmt sich nach dem Zeitraum, der zur Einhaltung der mehrjährigen Bemessungsgrundlage erforderlich ist, in Anlehnung an § 193 Abs. 2 Nr. 4 AktG somit nach vier Jahren.483 Dies ist nicht mit einer analogen oder gar unmittelbaren Anwendung des § 193 Abs. 2 Nr. 4 AktG zu verwechseln, da das Vorstandsmitglied, im Unterschied zu der Gewährung von Aktienoptionen, durch den unmittelbaren Erhalt der Aktien sofort Aktionär wird und dementsprechend unmittelbar an der wirtschaftlichen Entwicklung der Gesellschaft teilnimmt, sowie den daraus erwirtschafteten Gewinn zu versteuern hat.484 Überdies schreibt § 193 Abs. 2 Nr. 4 AktG „nur“ eine Wartefrist vor, während es vorliegend um die Frage einer Sperrfrist geht.485 bb) Aktienoptionen Im Falle der Vereinbarung von Aktienoptionsplänen (stock options)486 wird den Vorständen das Recht eingeräumt, zu einem im Vorhinein festgelegten Ausübungspreis Aktien des Unternehmens innerhalb einer bestimmten Frist zu erwerben (bei einer Mindestwartezeit von vier Jahren, § 193 Abs. 2 Nr. 4 AktG; zudem verfallen sie nach einer im Vorhinein festgelegten Zeitspanne).487 Die originäre Entscheidung zur Einführung von (gesellschaftsseitigen) Aktienoptionsprogrammen trifft die Hauptversammlung, § 193 Abs. 2 Nr. 4 AktG; in diesem Rahmen ist sie auch zu abstrakten Vorgaben hinsichtlich Ausgestaltung und Voraussetzungen der Zuteilung an einzelne Vorstandsmitglieder berechtigt.488 Ob und in welchem Umfang stock options aber tatsächlich in die Vorstandsvergütung aufgenommen werden, entscheidet nach wie vor allein der Aufsichtsrat in Folge seiner ausschließlichen Vergütungskompetenz.489 Die Notwendigkeit eines Hauptversammlungsbeschlusses 482 Hoffmann-Becking/Krieger, NZG 2009, Beilage zu Heft 26, Rn. 24; Eichner/Delahaye, ZIP 2010, 2082, 2083, die darauf hinweisen, dass die Aktien zum einen weniger wert sind als zum Zeitpunkt der Gewährung, an dem sie mit ihrem höheren Wert äquivalent zur Leistung des Vorstands standen, und zum anderen, der Vorstand aufgrund des gesunkenen Werts „zu viel“ Steuern bezahlt hat; Raapke, S. 172. 483 Hüffer/Koch, AktG, § 87, Rn. 20; a.A. Eichner/Delahaye, ZIP 2010, 2082, 2082 f.; s. dazu bereits die Ausführungen unter 3. Teil A.IV.2.b)bb)(2) und Nachweise in Fn. 414. 484 Eichner/Delahaye, ZIP 2010, 2082, 2086. 485 Eichner/Delahaye, ZIP 2010, 2082, 2086; Raapke, S. 172. 486 Eingehend zu der aktienrechtlichen Zulässigkeit Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 87, Rn. 37 ff.; Spindler, in: MüKo-AktG, § 87, Rn. 98 ff. 487 Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 87, Rn. 37; Kessler/Babel, in: Kessler/Sauter, Hdb. Stock Options, E., Rn. 86; Thüsing, in: Fleischer, Hdb. VorstandsR, § 6, Rn. 59; Baums, FS Claussen, 1997, S. 3; Weiß, S. 1; Raapke, S. 10; Schüller, S. 62. 488 Spindler, in: MüKo-AktG, § 87, Rn. 99; Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 87, Rn. 38; Kort, in: Großkomm AktG, § 87, Rn. 202, 210. 489 OLG München v. 27. 02. 2002 – 7 U 1906/01, AG 2003, 164, 165; OLG Braunschweig v. 29. 07. 1998 – 3 U 75/98, AG 1999, 84, 84; OLG Stuttgart v. 12. 08. 1998 – 20 U 111/97, AG
A. Zulässigkeit von aktionärsseitigen Leistungen – Drittvergütung
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ist vielmehr der durch die Ausgabe von zusätzlichen, neu geschaffenen Aktien drohenden Verwässerung der Beteiligungsrechte der Hauptversammlung geschuldet;490 der Hauptversammlung wird damit die Möglichkeit gegeben, angesichts der entsprechenden Beeinträchtigung ihrer Rechte über das „Ob“ und die Rahmenbedingungen der Ausgabe zu entscheiden. Gewährt nunmehr ein (Groß-)Aktionär dem Vorstand Aktienoptionen, handelt es sich um einen schuldrechtlichen Vertrag zwischen dem Aktionär und dem betreffenden Vorstandsmitglied.491 Inhalt des Vertrages ist zum einen die Ausgabe von Aktienoptionen auf bislang vom Aktionär selbst gehaltene Aktien, zum anderen aber, als Mittel zur Durchsetzung der Interessen des Anteilseigners, i. d. R. die Vereinbarung sog. Performance-Ziele und weiterer üblicher Beschränkungen.492 Hierbei ergibt sich zunächst das bereits angesprochene Problem der Frage nach der Reichweite solcher Zielvereinbarungen mit der Leitungsautonomie des Vorstands, wobei eine abweichende Beurteilung von den allgemeinen Grundsätzen nicht angezeigt ist.493 Im Unterschied zu gesellschaftsseitigen stock options ist im Rahmen aktionärsseitiger stock options aber die Aktienoptionsprogrammen sonst typischerweise innewohnende Gefahr der Verwässerung von Wert und Einfluss der Beteiligungsrechte der Mitaktionäre nicht gegeben. Damit entfällt auch die Notwendigkeit eines zustimmenden Hauptversammlungsbeschlusses.494 Entgegen im Schrifttum vertretener Auffassung ergibt sich diese auch nicht aus der mitgliedschaftlichen Treuebindung des Großaktionärs,495 ein ausreichender Schutz des Unternehmensinteresses sowie die Vermeidung eines zu weitreichenden Einflusses des Aktionärs werden durch die Pflicht zur vorherigen Zustimmung des Aufsichtsrats sichergestellt.496 Dagegen haben auch aktionärsseitige stock options – wie bei der Ausgabe von Aktien selbst – vollumfänglich die Angemessenheitskriterien des § 87 Abs. 1 AktG zu beachten.497 Zudem sind die Vertragsparteien nicht von solchen gesellschaftsseitigen Beschränkungen befreit, welche die Gefahr der Setzung gesellschaftsschädlicher 1998, 529, 530; Hüffer/Koch, AktG, § 87, Rn. 19; Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 87, Rn. 40 f. 490 Häufig sind Aktienoptionsprogramme mit einer bedingten Kapitalerhöhung verbunden, Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 87, Rn. 42; Thüsing, in: Fleischer, Hdb. VorstandsR, § 6, Rn. 63, s. dort auch zu weiteren Möglichkeiten zur Bereitstellung von Aktien zur Bedienung der Optionen. 491 Leuner/Lehmeier/Dumser, in: Leuner, Mitarbeiterbeteiligung, § 2, Rn. 58; Kort, in: Großkomm AktG, § 87, Rn. 253; Spindler, in: MüKo-AktG, § 87, Rn. 105; Bauer/Arnold, DB 2006, 260, 265; Redenius-Hövermann/Bertog, Der Aufsichtsrat 2012, 174, 174. 492 Kort, in: Großkomm AktG, § 87, Rn. 253; Leuner/Lehmeier/Dumser, in: Leuner, Mitarbeiterbeteiligung, § 2, Rn. 58; Bors, S. 29, m.w.Nachw. 493 s. dazu oben 3. Teil A.IV.1. 494 So auch Leuner/Lehmeier/Dumser, in: Leuner, Mitarbeiterbeteiligung, § 2, Rn. 58. 495 So Kort, in: Großkomm AktG, § 87, Rn. 254; Spindler, in: MüKo-AktG, § 87, Rn. 105. 496 s. dazu oben 3. Teil A.V. 497 Zu gesellschaftsseitigen Aktienoptionen statt aller, Hüffer/Koch, AktG, § 87, Rn. 19.
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3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
Anreize unterbinden sollen, wie bspw. die zeitliche Verweildauer von vier Jahren.498 Im Zusammenhang mit aktionärsseitigen stock options gilt die Frist des § 193 Abs. 2 Nr. 4 AktG analog, denn diese Vorgabe begründet sich in erster Linie mit der Setzung langfristiger Verhaltensanreize zur Sicherung des langfristigen Unternehmenswohls bei der Ausgabe variabler Vergütungsbestandteile499 und steht – ausweislich der Gesetzesmaterialien zum VorstAG – nunmehr auch in engem Zusammenhang mit dem Nachhaltigkeitsgebot des § 87 Abs. 1 S. 2 AktG.500 Darüber hinaus bedarf es aber zur Wahrung der Nachhaltigkeit grds. keiner Vereinbarung einer Haltefrist der nach Ausübung der Optionen erworbenen Aktien nach Vorbild der zuvor dargestellten restricted shares. Insbesondere erscheint die Vorgabe eines weiteren VierJahres-Zeitraums über das Ziel hinauszuschießen; vielmehr wird dem Erfordernis der Nachhaltigkeit i. d. R. bereits durch die Einhaltung der Wartefrist Genüge getan. Freilich bleibt es aber den Aufsichtsratsmitgliedern nicht verwehrt, eine zusätzliche Haltefrist zu vereinbaren, sofern sie dies zur Sicherung eines möglichst langfristigen Verhaltensanreizes für notwendig erachten.501 Zur Sicherung der Angemessenheit erlangt hier schließlich die Vereinbarung von Caps (§ 87 Abs. 1 S. 3 AktG) Bedeutung. Steigt der Börsenkurs in nicht vorhergesehenem Maße, kann der letztlich auf die stock options fallende Wert einen wesentlichen Teil der Gesamtvergütung ausmachen, womit nicht nur die Nachhaltigkeit, sondern auch die Vereinbarkeit mit den Kriterien des Abs. 1 S. 1 in Frage gezogen würde.502 Mithin ist auch im Rahmen von aktionärsseitigen stock options eine Obergrenze vorzusehen, ab welcher keine weiteren Bezugsrechte mehr gewährt werden.503 cc) Börsenwertorientierte Tantiemen Phantom stocks oder stock appreciation rights vermitteln als Fälle börsenkursorientierter Tantiemen dem Vorstandsmitglied schließlich (schuldrechtliche) virtuelle Optionen bzw. Beteiligungen an der Gesellschaft.504 Phantom stocks bezeichnen 498
So aber Leuner/Lehmeier/Dumser, in: Leuner, Mitarbeiterbeteiligung, § 2, Rn. 58. Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD zum VorstAG, BT-Drucks. 16/ 12278, S. 5; Hüffer/Koch, AktG, § 193, Rn. 9b; Fuchs, in: MüKo-AktG, § 193, Rn. 32a; Marsch-Barner, in: Bürgers/Körber, AktG, § 193, Rn. 12. 500 Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD zum VorstAG, BT-Drucks. 16/ 12278, S. 5, in der es heißt: „Der Langfristausrichtung des § 87 Absatz 1AktG entspricht die Änderung des § 193 Absatz 2 AktG“. 501 Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 87, Rn. 66. 502 Spindler, in: MüKo-AktG, § 87, Rn. 103. 503 Spindler, in: MüKo-AktG, § 87, Rn. 103, m.w.Nachw. 504 Mit anderen Worten erwachsen den Managern keine weitergehenden gesellschaftsrechtlichen Mitgliedschaftsrechte, Achleitner/Wichels, in: Achleitner/Wollmert, Stock Options, S. 1, 14; bei den im Text genannten Formen handelt es sich um die geläufigsten Beispiele von schuldrechtlicher Beteiligung am Börsenkurs; weitere Ausgestaltungen finden sich bei Thü499
A. Zulässigkeit von aktionärsseitigen Leistungen – Drittvergütung
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virtuelle Aktien, durch die das Vorstandsmitglied lediglich wirtschaftlich den Anteilseignern gleichgestellt wird; es zahlt einen grds. unterhalb des Börsenkurses liegenden Betrag und erhält am Ende der Laufzeit des Vergütungsprogramms den aktuellen Aktienkurs ausgezahlt.505 Damit nimmt das Vorstandsmitglied nicht nur an der positiven, sondern auch an der negativen Entwicklung des Aktienkurses teil, ferner erhält es die Dividendenausschüttung als Tantieme ausgezahlt und es werden etwaige Bezugsrechtswerte berücksichtigt.506 In Abgrenzung dazu findet durch SAR keine vergleichbare Partizipation an der negativen Entwicklung der Aktie statt.507 Durch diese wird das Vorstandsmitglied schuldrechtlich so gestellt, als sei es Inhaber von Aktienoptionen. Statt auf Lieferung von Aktien sind diese auf Leistung einer Barauszahlung gerichtet, welche sich an dem Wertzuwachs der vorher festgelegten fiktiven Anzahl von Aktien orientiert.508 Selbst von der Gesellschaft stammend, ist nach herrschender Meinung eine Mitwirkung der Hauptversammlung für die Zulässigkeit solcher schuldrechtlicher Tantiemen nicht erforderlich.509 Denn obwohl durch die (bloße) Belastung des Gesellschaftsvermögens mittelbar auch die finanziellen Beteiligungsrechte der Gesellschafter berührt werden und damit von einer identischen „vermögensmäßigen“ Verwässerung gesprochen werden kann, muss letztlich entscheidend sein, dass eine Verwässerung der auf der Beteiligung beruhenden formalen Mitgliedschaftsrechte gerade nicht stattfindet.510 Darüber hinaus sind die bereits dargestellten gesellschaftsrechtlichen Anforderungen hier in gleichem Maße zu beachten wie bei der Incentivierung durch reale Mitgliedschaftsrechte in Form von restricted shares oder stock options. Insofern wird teils die analoge sing, in: Fleischer, Hdb. VorstandsR, § 6, Rn. 60 oder Kessler/Babel, in: Kessler/Sauter, Hdb. Stock Options, E., Rn. 84 ff. 505 Hoffmann-Becking, ZHR 169 (2005), 155, 164; Spindler, in: MüKo-AktG, § 87, Rn. 112; Kort, in: Großkomm AktG, § 87, Rn. 247; Kessler/Babel, in: Kessler/Sauter, Hdb. Stock Options, E., Rn. 104; Feddersen, ZHR 161 (1997), 269, 285; Baums, FS Claussen, 1997, S. 3, 6; Friedrichsen, S. 15. 506 Feddersen, ZHR 161 (1997), 269, 285; Kort, in: Großkomm AktG, § 87, Rn. 247; Spindler, in: MüKo-AktG, § 87, Rn. 112; Thüsing, in: Fleischer, Hdb. VorstandsR, § 6, Rn. 60; Baums, FS Claussen, 1997, S. 3, 6; Friedrichsen, S. 15. 507 Kort, in: Großkomm AktG, § 87, Rn. 247; Spindler, in: MüKo-AktG; § 87, Rn. 112; Thüsing, in: Fleischer, Hdb. VorstandsR, § 6, Rn. 60; eine negative Partizipation erfolgt nur insofern, als bei ausbleibender Steigerung des Aktienkurses die Höhe der Gesamtvergütung abnimmt. 508 Für die Bemessung der Barauszahlung wird die Differenz zwischen dem vereinbarten Ausgabebetrag und dem aktuellen Aktienkurs zu Grunde gelegt; Kort, in: Großkomm AktG, § 87, Rn. 247; Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 87, Rn. 79; Kessler/Babel, in: Kessler/ Sauter, Hdb. Stock Options, E., Rn. 111; Weber, in: Achleitner/Wollmert, Stock Options, S. 25, 31; Feddersen, ZHR 161 (1997), 269, 285; Hoffmann-Becking, NZG 1999, 797, 801; Friedrichsen, S. 14. 509 Binz/Sorg, BB 2002, 1273, 1275; Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 87, Rn. 80; Spindler, in: MKo-AktG, § 87, Rn. 112; Kort, in: Großkomm AktG, § 87, Rn. 247; Friedrichsen, S. 15. 510 Kort, in: Großkomm AktG, § 87, Rn. 247; Spindler, in: MüKo-AktG, § 87, Rn. 112; Thüsing, in: Fleischer, Hdb. VorstandsR, § 6, Rn. 60; Friedrichsen, S. 14.
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3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
Anwendung der Vierjahresfrist des § 193 Abs. 2 Nr. 4 AktG für erforderlich gehalten – wobei dies allein als deklaratorisches Kriterium zur Bestimmung der mehrjährigen Bemessungsgrundlage im Rahmen der Nachhaltigkeit Bedeutung erlangt.511 Stammen die dargestellten, aber auch anderweitige börsenkursorientierte Tantiemen indes von Aktionären, sind Besonderheiten zu beachten. Denn werden die dargestellten Anforderungen an die Ausgestaltung eingehalten, bedeutet dies – wie gesagt – zunächst nur, dass solche Vergütungen als langfristige variable Vergütungen und somit i. d. R. als zulässig anzusehen sind. In der Praxis verbreitet sind aber häufig – oben bereits ausgeführte – Zieltantiemen, für die dem Vorstand bei Erreichen bestimmter sich am Börsenkurs orientierender Kennzahlen eine Prämie ausgezahlt wird, da diesen am ehesten eine dem Aktionär günstige Incentivierungswirkung innewohnen. Solche (aktionärsseitigen) Prämien werden häufig keine die nachhaltige Entwicklung sicherstellende Beschränkungen enthalten und damit als kurzfristig variable Vergütungsbestandteile anzusehen sein. Ihre Zulässigkeit bedarf daher eines ganz besonderen Begründungsaufwands.512 c) Abfindungen Auf den ersten Blick erscheinen Abfindungsleistungen seitens der Aktionäre vergleichsweise unproblematisch, da sie grds. keinen Einfluss auf das zukünftige Leitungsverhalten des Vorstands bewirken können. Auf den zweiten Blick liegen die Dinge jedoch anders: Mit der Auslobung einer Abfindung kann der Aktionär jegliche Kompetenzabgrenzung unterlaufen, da es ein ihm unliebsames Vorstandsmitglied zum Verzicht auf die weitere Amtsausübung bewegen könnte. Damit greift er zum einen in die Kompetenz des Aufsichtsrats zur Abberufung von Vorstandsmitgliedern ein, mithin in dessen Personalhoheit, und zum anderen in die Autonomie des Vorstands. Dies erlangt umso mehr vor dem Hintergrund Bedeutung, als dass ein Vorstandsmitglied sein Amt auch ohne wichtigen Grund niederlegen könnte, dann allerdings seine (gesellschaftsseitge) Abfindung verliert.513 Diese Beschränkung würde gerade unterlaufen. Insbesondere ablösende Abfindungen514 seitens der Ak511 In Folge der lediglich analogen Anwendung wird diese Vorgabe nicht als Wirksamkeitsvoraussetzung angesehen, s. etwa Hoffmann-Becking/Krieger, NZG 2009, Beilage zu Heft 26, Rn. 91; Fleischer, NZG 2009, 801, 803; Hohenstatt, ZIP 2009, 1349, 1356; Raapke, S. 172. 512 s. dazu oben 3. Teil A.VI.1.a). 513 Zur Zulässigkeit der Amtsniederlegung auch ohne wichtigen Grund: Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 84, Rn. 199; Hüffer/Koch, AktG, § 84, Rn. 44 f.; Wiesner, in: Münchener Hdb. GesR, Band 4, § 20, Rn. 67; Spindler, in: MüKo-AktG, § 84, Rn. 157; wohl in Anlehnung an die Rspr. zum GmbH-Geschäftsführer, s. BGH v. 08. 02. 1993 – II ZR 58/92, BGHZ 121, 257, 261; v. 26. 06. 1995 – II ZR 109/94, NJW 1995, 2850, 2850 f. 514 Eine ablösende Abfindung liegt vor, wenn die Ansprüche des ausscheidenden Vorstandsmitglieds aus seinem Anstellungsvertrag bis zum Ende der regulären Vertragslaufzeit abgegolten werden, Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 87, Rn. 46.
A. Zulässigkeit von aktionärsseitigen Leistungen – Drittvergütung
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tionäre sind daher nur zulässig, wenn auch der Aufsichtsrat eine Abfindungsleistung gewähren dürfte und wollte – dessen Rechte dürfen nicht unterlaufen werden, auch im Hinblick auf eine vorzeitige Abberufung nach § 84 Abs. 3 AktG. In diesem Rahmen kann es aber etwa die wirtschaftliche Schieflage der Gesellschaft gar erfordern, die Abfindungsleistung von vornherein (heißt mit Dienstantritt des Vorstandsmitglieds) und (finanziell) vollständig in die Hände der Aktionäre zu legen. Und auch in der Übernahmesituation ist die Aussicht auf Abfindung durch die Aktionäre nicht per se als unzulässig anzusehen. Doch ist hier in besonderer Weise vom Aufsichtsrat zu berücksichtigen, ob damit wirklich ein zulässiger Interessengleichlauf und nicht eine unzulässige Interessenbeeinflussung einhergeht. Sofern aktionärsseitige Abfindungen vom Aufsichtstrat nach diesen Vorgaben für zulässig erachtet werden, haben sie sich an den gleichen materiellen Anforderungen zu orientieren wie gesellschaftsseitige Abfindungen. Auch wenn keine Gesellschaftsmittel aufgewendet werden, erscheint dies unverzichtbar, um einer potentiellen Beeinflussung durch aktionärsseitige Abfindungen entgegenzuwirken. Denn ansonsten könnte die zu verhindernde Einflussnahme auf den Vorstand allein aufgrund der Höhe der Abfindung erreicht werden. Mit wohl herrschender Meinung (hinsichtlich gesellschaftsseitiger und damit auch aktionärsseitiger Abfindungen) ist daher die Abfindung nach Maßgabe des § 87 Abs. 1 auszugestalten.515 Darüber hinaus sind auch die Anforderungen der Ziff. 4.2.3 Abs. 4 S. 1 DCGK zu beachten, wonach bei vorzeitiger Beendigung des Anstellungsvertrags ein Abfindungs-Cap gewährleisten soll, dass die dem Vorstand gewährte Abfindung den Wert von zwei Jahresgehältern nicht überschreitet und nicht mehr als die Restlaufzeit des Anstellungsvertrags vergütet; in der Übernahmesituation zudem solche der Ziff. 4.2.3 Abs. 5 DCGK, wonach die aktionärsseitig geleistete Abfindung im Falle des Kontrollwechsels nicht mehr als 150 % des zuvor definierten Abfindungs-Cap hinausgehen soll.516 Obgleich es sich hier um prinzipiell unverbindliche Vorgaben des Kodex handelt, sollten diese dennoch für die Zulässigkeit etwaiger aktionärsseitiger Abfindungen zwingende Anwendung finden. Angesichts der beschriebenen Anreizwirkung aktionärsseitiger Abfindung, die gerade von der bloßen Höhe der Abfindungsleistung ausgehen kann, kommt entsprechenden Beschränkungen der Höhe auch Bedeutung im Hinblick auf die Umgehung gesellschaftsrechtlicher Vorgaben zu. Schließlich darf die aktionärsseitige Abfindung nicht zusätzlich zur gesellschaftsseitigen Abfindung, sondern nur anstelle oder in Ergänzung bis zur Höhe des maximal Zulässigen gewährt werden. Dies ist eine gewisse Abweichung von dem hier eigentlich vertretenen Grundsatz, dass Drittvergütungen nicht darauf beschränkt 515 Überzeugend Spindler, in: MüKo-AktG, § 87, Rn. 150; Bürgers/Israel, in: Bürgers/ Körber, AktG, § 87, Rn. 3; Hohenstatt/Naber, FS Bauer, 2010, S. 447, 450 ff.; Leßmann, S. 119 ff.; a.A. Orientierung am allgemeinen Sorgfaltsmaßstab der §§ 116, 93 AktG, Mertens/ Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 87, Rn. 83; Weber, in: Hölters, AktG, § 87, Rn. 42; HoffmannBecking, ZHR 169 (2005), 151, 169. 516 Zu Kritik an den Vorgaben des Kodex unter dem Gesichtspunkt des § 615 BGB, s. Martens, FS Hüffer, 2010, S. 647, 655 f.
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3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
sind, gesellschaftsseitige Leistungen lediglich zu ersetzen.517 Im Hinblick auf die Anreizwirkung und den damit einhergehenden potentiellen Kompetenzverstoß ist im Rahmen von Abfindungsleistungen eine Ausnahme davon zu machen. d) Anerkennungsprämien In Folge der „Mannesmann“-Entscheidung des BGH nehmen sog. nachträgliche Anerkennungsprämien (appreciation awards) schließlich eine ganz besondere Rolle ein. Hierbei handelt es sich um einmalige im Anstellungsvertrag nicht vereinbarte und grds. vergangenheitsbezogene Prämien als Belohnung für besondere Dienste des Vorstandsmitglieds.518 Bei der Frage nach der Zulässigkeit insbesondere kompensationsloser Anerkennungsprämien ergibt sich indes ein Unterschied in der rechtlichen Bewertung zwischen Drittleistungen und Prämien der Gesellschaft, denn durch die Drittleistung bleibt das Gesellschaftsvermögen unangetastet. Dies wird auch Lutter und Zöllner zu ihrer bereits dargestellten These bewogen haben, dass solche Prämien doch von den Aktionären selbst getragen werden sollten.519 Unter Einhaltung der herausgearbeiteten Grundsätze ist dies rechtlich wohl zu vertreten, ob es indes auch praktikabel erscheint, ist eine ganz andere Frage: Nach der Rspr. des BGH sind bei der Frage nach der Zulässigkeit solcher nachträglichen (gesellschaftsseitigen) Sonderzahlungen drei Abstufungen zu beachten. Ist die Zahlung belohnender Prämien im Anstellungsvertrag per gesonderter Regelung vorgesehen, wird dem Aufsichtsrat ein weiter Ermessensspielraum über die Leistung zuerkannt;520 in der Literatur wird diese erste Fallgruppe bisweilen unter dem Begriff „Ermessenstantieme“ behandelt bzw. mit dieser vermischt.521 Maßstab ist dann allein das Angemessenheitserfordernis nach § 87 Abs. 1 S. 1 AktG. Findet sich hingegen keine entsprechende Regelung im Dienstvertrag, ist die Bewilligung nachträglicher Anerkennungsprämien auf zweiter Stufe (nur) dann zulässig, „wenn und soweit dem Unternehmen gleichzeitig Vorteile zufließen, die in einem angemessenen Verhältnis zu der mit der freiwilligen Zusatzvergütung verbundenen Minderung des Gesellschaftsvermögens stehen“.522 Diesem Erfordernis kann auch durch positive Signal- und Anreizwirkung an andere oder potentielle Vorstands517
s. dazu oben 3. Teil A.IV.2.a)aa). Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 87, Rn. 32; Spindler, in: MüKo-AktG, § 87, Rn. 115; Schwark, FS Raiser, 2005, S. 377, 380, weist darauf hin, dass es sich um eine nachträgliche Erhöhung der Gesamtbezüge handelt. 519 Lutter/Zöllner, FAZ v. 10. 02. 1004, abrufbar unter: http://www.faz.net/aktuell/wirt schaft/mannesmann-prozess-praemie-fuer-esser-war-rechtswidrig-1147519.html (zuletzt abgerufen am: 20. 03. 2015). 520 BGH v. 21. 12. 2005 – 3 StR 470/04, BGHSt 50, 331, 336 f. = NJW 2006, 522, 524 – Mannesmann. 521 Hoffmann-Becking, NZG 2006, 127, 130; Spindler, in: MüKo-AktG, § 87, Rn. 113. 522 BGH v. 21. 12. 2005 – 3 StR 470/04, BGHSt 50, 331, 337 = NJW 2006, 522, 524 – Mannesmann. 518
A. Zulässigkeit von aktionärsseitigen Leistungen – Drittvergütung
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mitglieder nachgekommen werden.523 Anerkennungsprämien, die aber keine Grundlage im Anstellungsvertrag haben, ausschließlich belohnenden Charakter aufweisen und damit der Gesellschaft keinen zukunftsbezogenen Nutzen bringen können (soz. als Äquivalent der gesellschaftsseitigen Leistung), sind nach Auffassung des BGH als Leistungen auf dritter Stufe als „treuwidrige Verschwendung des Gesellschaftsvermögens“ anzusehen.524 Ob die Angemessenheitskriterien des § 87 Abs. 1 S. 1 AktG, insbesondere der Höhe nach, eingehalten wurden, spielt für die Unzulässigkeit solcher kompensationsloser Anerkennungsprämien dann keine Rolle.525 Die Aussagen dieses Urteils bedürfen für die Frage der Zulässigkeit aktionärsseitiger Anerkennungsprämien nur teilweise der näheren Beleuchtung. Mangels vergleichbarer Situation kann die von der herrschenden Auffassung in der Literatur zu Recht als zu formalistisch bezeichnete Abgrenzung anhand einer vertraglichen Grundlage im Anstellungsvertrag unberücksichtigt bleiben.526 Maßgeblich ist vielmehr, dass im Falle belohnender Leistungen durch die Aktionäre eine Verschwendung des Gesellschaftsvermögens von vornherein nicht in Betracht kommt. Entsprechend können für die Rechtmäßigkeit aktionärsseitiger Leistungen solche Beschränkungen keine Rolle spielen, die ihren Grund allein in der Verschwendung von Gesellschaftsvermögen haben. In Folge ist die Anwendbarkeit des Äquivalenzkriteriums nach Sprechart des BGH auf Drittvergütungen fraglich. Nach diesem ergibt sich – wie gesagt – die Unzulässigkeit einer rein entlohnenden Leistung ohne zukunftsbezogene Anreizwirkung in erster Linie wegen treuwidriger Verschwendung von Gesellschaftsvermögen, nicht aber wegen Verstoßes gegen § 87 Abs. 1 AktG. Was einige Stimmen auch für die gesellschaftsseitige Vergütung fordern, muss daher erst recht für aktionärsseitige Anerkennungsprämien gelten: Über deren Zulässigkeit entscheiden allein die bereits aufgestellten Grundsätze, insbesondere das Kriterium
523 BGH v. 21. 12. 2005 – 3 StR 470/04, BGHSt 50, 331, 339 = NJW 2006, 522, 524 – Mannesmann; Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 87, Rn. 34. 524 BGH v. 21. 12. 2005 – 3 StR 470/04, BGHSt 50, 331, 339 = NJW 2006, 522, 524 – Mannesmann; diese Fallgruppe kommt indes meist nur im Fall ausscheidender Vorstandsmitglieder in Betracht, da ansonsten grds. eine gewisse Anreizwirkung auch mit dem BGH begründet werden kann, Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 87, Rn. 32. 525 BGH v. 21. 12. 2005 – 3 StR 470/04, BGHSt 50, 331, 339 = NJW 2006, 522, 524 – Mannesmann. 526 Krit. dazu Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 87, Rn. 35; Fleischer, in: Spindler/ Stilz, AktG, § 87, Rn. 50; Spindler, in: MüKo-AktG, § 87, Rn. 116; Hoffmann-Becking, NZG 2006, 127, 130; Peltzer, ZIP 2006, 205, 207; insbesondere wird in diesem Zusammenhang auf die wirtschaftliche Notwendigkeit und Rechtmäßigkeit nachträglicher Vertragsänderungen zu Gunsten des Vorstandsmitglieds verwiesen, s. dazu auch Hüffer/Koch, AktG, § 87, Rn. 7, m.w.Nachw.; gegen einen Vergleich mit der Änderung des Anstellungsvertrags wendet der BGH dagegen ein, dass damit allein die Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht von der Zahlung der Prämie auf die Vornahme der Vertragsänderung vorverlagert würde, BGH v. 21. 12. 2005 – 3 StR 470/04, BGHSt 50, 331, 339 = NJW 2006, 522, 524 – Mannesmann; Martens, ZHR 169 (2005), 124, 133 ff.
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3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
der Angemessenheit nach § 87 Abs. 1 AktG.527 Dabei geben die Kriterien des § 87 Abs. 1 S. 1 AktG für sich kaum Anlass zu Bedenken. Insbesondere steht der Zulässigkeit aktionärsseitiger Anerkennungsprämien nicht das Kriterium der Üblichkeit entgegen, da die Leistung schließlich als Belohnung außerordentlicher und damit schwer vergleichbarer Dienste gedacht ist.528 Maßgeblich für die Zulässigkeit einer aktionärsseitigen Anerkennungsprämie ist daher allein die Frage, ob das – von der Rechtsprechung aufgestellte – Erfordernis der Anreizwirkung allein aus der Gefahr der Verschwendung des Gesellschaftsvermögens herrührt oder ob eine solche Anreizwirkung auch unter dem (funktionalen) Aspekt der Angemessenheit zu berücksichtigen ist und deshalb rein belohnende Leistungen ausscheiden müssen. Bereits vor, aber auch noch nach Erlass des VorstAG findet sich in der Literatur verbreitet der Hinweis, dass es keinen Rechtssatz des Inhalts gebe, dass nur Vergütungen mit Anreizwirkung zulässig wären, belohnende Vergütungen für erfolgreiche geleistete Dienste dagegen nicht.529 Das mit dem VorstAG neu eingeführte Kriterium der „Leistung“ spricht sogar für die Zulässigkeit belohnender Erwägungen im Rahmen der Vergütungsentscheidung des Aufsichtsrats, da diesem eine vergangenheitsbezogene Betrachtung inhärent ist.530 Aber auch das mit dem VorstAG verstärkte funktionale Kriterium der Angemessenheit ist nicht als entsprechender Rechtssatz zu verstehen: Setzt man die obigen Ausführungen zum funktionalen Kriterium der Angemessenheit an dieser Stelle fort,531 könnte man zunächst in Erwägung ziehen, dass eine variable Vergütung dann unangemessen ist, wenn sie die (erwünschte) Anreizwirkung nicht erzielt – immerhin hat der Gesetzgeber den funktionalen Aspekt der Angemessenheit mit Kodifizierung der Nachhaltigkeit in § 87 Abs. 1 S. 2 AktG endgültig rechtssicher vorgegeben.532 Dann liegt auf den ersten Blick auch der Schluss nahe, dass eine Vergütung, die gar keinen Anreiz bewirkt, nicht allein eine treuwidrige Verschwendung des Gesellschaftsvermögens bedeute, sondern auch als unangemessen anzusehen sei.533 Indes beanspruchen die verschiedenen Aspekte der Angemessenheit niemals für sich allein absolute Gültigkeit, sondern müssen immer in der Gesamtschau berücksichtigt 527
Insbesondere Hüffer/Koch, AktG, § 87, Rn. 7, m.w.Nachw. Poguntke, ZIP 2011, 893, 895; Spindler, in: MüKo-AktG, § 87, Rn. 116. 529 Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 87, Rn. 35; Fonk, in: Semler/Schenk, Arbeitshdb. AR, § 10, 148; ebenso Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 87, Rn. 50; noch vor Erlass des VorstAG Hoffmann-Becking, ZHR 169 (2005), 155, 163; ders., NZG 2006, 127, 129; Wollburg, ZIP 2004, 646, 655; Kort, NJW 2005, 333, 334; explizit ders., NZG 2006, 131, 132; Marsch-Barner, FS Röhricht, 2005, S. 401, 405 f.; Baums, FS Huber, 2006, S. 657, 673. 530 Spindler, in: MüKo-AktG, § 87, Rn. 116; Hüffer/Koch, AktG, § 87, Rn. 7; Raapke, S. 180. 531 s. dazu oben 3. Teil A.III.3.b)bb)(2)(b). 532 Einen guten Überblick über die Subsumtion der einzelnen Stufen gesellschaftsseitiger Anerkennungsprämien, insbesondere unter die durch das VorstAG gesetzlich neu eingeführten Kriterien der nachhaltigen Vergütungswirkung, gibt Poguntke, ZIP 2011, 893, 894 ff. 533 In diese Richtung geht Poguntke, ZIP 2011, 893, 895. 528
A. Zulässigkeit von aktionärsseitigen Leistungen – Drittvergütung
223
werden.534 Insofern ist zu bedenken, dass sich eine entsprechende Unangemessenheit zum einen erst im Zusammenspiel mit der Höhe der Vergütung und zum anderen dann ergibt, wenn eine (gesellschaftsseitige) Vergütung Anreizwirkung erzielen sollte. Damit zeigt sich besonders deutlich der Unterschied zwischen dem funktionalen Kriterium der Angemessenheit und der Rspr. des BGH zur Verschwendung des Gesellschaftsvermögen: Stammt die Vergütung von der Gesellschaft selbst und sollte sie keine Anreizwirkung entfalten, ist sie nach Auffassung des BGH wegen Verschwendung von Gesellschaftsvermögen unwirksam, aber gerade nicht wegen Verstoßes gegen die Angemessenheitskriterien – daran hat sich auch durch die Neuerungen des VorstAG nichts geändert. Dies zeigt sich besonders deutlich anhand des zweiten wesentlichen Aspekts des funktionalen Kriteriums der Angemessenheit, dem Handlungsauftrag an den Aufsichtsrat, eine nachhaltige Vergütungsstruktur zu etablieren.535 Danach ist der Aufsichtsrat dazu verpflichtet, „die Vergütungsstruktur auf eine nachhaltige Unternehmensentwicklung auszurichten“.536 Diese Vorgabe steht aber dann nicht in Frage, wenn von der Leistung gar keine Wirkung ausgeht.537 Denn dann kann die Nachhaltigkeit der Vergütungsstruktur auch nicht unterlaufen werden. Mithin ist hieraus ein Verbot von Vergütungen mit gesellschaftsschädlichen Anreizen abzuleiten, nicht aber ein Verbot von Leistungen, die die Nachhaltigkeit der Vergütungsstruktur gar nicht berühren. Von der Frage der rechtlichen Zulässigkeit zu trennen ist indes die Frage nach der praktischen Relevanz solch ausschließlich belohnender Leistungen. Hier ist zwischen zwei Konstellationen zu unterscheiden: Verbleibt das Vorstandsmitglied in der Gesellschaft, kommen belohnende Leistungen in Betracht, wenn ein Vorstandsmitglied im Rahmen von Umstrukturierungsmaßnahmen oder einer Übernahme mit anschließender Konzernierung538, der Sanierung des Unternehmens oder generell in der Vergangenheit aus Sicht des Aktionärs gute Dienste verrichtet hat, was dieser entsprechend honorieren will. Freilich verliert eine solche Zahlung bei Verbleib des Vorstandsmitglieds ihren rein belohnenden Charakter. Denn ihm wird suggeriert, dass er bei weiteren Erfolgen mit weiteren entsprechenden Zahlungen rechnen kann, mithin wohnt solchen Zahlungen ein nicht unbeträchtlicher Anreizeffekt inne. Der 534
485. 535
s. zur möglichen Gewichtung der verschiedenen Kriterien, Thüsing, ZGR 2003, 457,
s. dazu 3. Teil A.III.3.b)bb)(2)(b). Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 16/13433 (VorstAG), S. 10. 537 Dies steht im Übrigen nicht im Widerspruch zu der Schlussfolgerung, dass sich die Vergütungskompetenz des Aufsichtsrats zwar nicht nur, aber doch erheblich aus dem funktionalen Kriterium ableitet. Denn die damit verbundene Kontrollkompetenz des Aufsichtsrats könnte ansonsten durch eine Aufweichung für Fälle, in denen von der aktionärsseitigen Leistung keine Wirkung ausgeht, umgangen werden. Insofern erlangt das funktionale Kriterium hinsichtlich der Vergütungskompetenz keine konkrete, fallbezogene Bedeutung, sondern ist vielmehr Ausdruck eines abstrakten Regelungsprinzips. 538 Stellt dagegen der zukünftige Aktionär eine solche Leistung in Aussicht, ist der Anwendungsbereich des § 33d WpÜG eröffnet. 536
224
3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
Aufsichtsrat ist dann besonders in der Pflicht, durch die Gestaltung der Prämie eine unzulässige Anreizwirkung und damit verbundene (psychologische) Annäherung an die Aktionärsinteressen auszuschalten bzw. zu minimieren; denn mangels etwaiger Zielsetzung kann gerade eine solche Leistung Nähe zwischen Leistendem und Leistungsempfänger aufbauen. Insofern sind hier mindestens die Maßstäbe anzulegen, die der Aufsichtsrat im Rahmen der Festlegung sonstiger aktionärsseitiger Prämien zu berücksichtigen hat. Ein gegenteiliges Bild zeichnet sich indes, wenn das Vorstandsmitglied aus der Gesellschaft ausscheidet, sei es im Rahmen einer Übernahme, sei es aufgrund Ruhestands. Denn welches wirtschaftliche Interesse sollten Aktionäre daran haben, den Vorstandsmitgliedern eine ausschließlich belohnende Leistung im Nachhinein zu gewähren? Im Kern geht es interessanterweise um die gleiche Frage, die der BGH bei der Beurteilung gesellschaftsseitiger kompensationsloser Anerkennungsprämien gestellt hat. Während dies dort aber zur Unzulässigkeit der Leistung führt, führt es aus Aktionärssicht zu ihrer Unpraktikabilität. Abgesehen von aufrichtig gemeinter Anerkennung geleisteter Arbeit des Vorstands macht eine entsprechende aktionärsseitige Leistung mithin nur dann Sinn, wenn sie Anreizwirkung entfalten kann. Und dabei erscheinen lediglich zwei Erwägungen plausibel: Zum einen kann damit anderen, verbleibenden Vorstandsmitgliedern suggeriert werden, dass sich ein entsprechender Einsatz lohnt.539 Hier gilt nichts anderes als in dem im Vorabsatz dargestellten Fall, wobei ein Abweichen von einer mehrjährigen Bemessungsgrundlage wohl einfacher zu begründen wäre. Die andere denkbare Erwägung ist die vorherige Schaffung eines Anreizes in der Übernahme, indem ein entsprechender Bonus für den Erfolg der Übernahme oder für besonderen Einsatz in der Übernahmesituation in Aussicht gestellt wird.540 Für die rechtliche Beurteilung der Drittleistung ist indes bereits das Inaussichtstellen oder Andeuten eines Vorteils maßgeblich. Insofern handelt es sich dann aber nicht mehr um eine Anerkennungsprämie, sondern um einen Transaktionsbonus, u. U. gar um eine Abfindungsleistung. 2. Besonderheiten im Rahmen aktionärsseitiger Transaktionsboni Wie bereits im zweiten Teil herausgestellt, gelten Transaktionsboni als besonders relevanter Anwendungsfall aktionärsseitiger Drittvergütung.541 Der Nutzen sowohl
539 Entsprechende Anreizwirkungen erkennt selbst der BGH an, BGH v. 21. 12. 2005 – 3 StR 470/04, BGHSt 50, 331, 337 = NJW 2006, 522, 524 – Mannesmann; dazu ferner Fleischer, DStR 2005, 1318, 1320 f.; Spindler, in: MüKo-AktG, § 87, Rn. 114; krit. mangels feststellbarem „Äquivalenzverhältnisses“, Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 87, Rn. 36, m.w.Nachw. 540 Wie etwa bei der eingangs dargestellten, möglicherweise in Aussicht gestellten Prämie von Hutchinson Whampoa an Klaus Esser im Zuge der Mannesmann-Übernahme. 541 Weber, in: Hölters, AktG, § 87, Rn. 12; Traugott/Grün, AG 2007, 761, 766; Kirchner/ Iversen, NZG 2008, 921, 923; Kalb/Fröhlich, NZG 2014, 167, 167; Hohaus/Weber, DStR 2008,
A. Zulässigkeit von aktionärsseitigen Leistungen – Drittvergütung
225
für Aktionäre als auch für die Gesellschaft kann erheblich sein.542 Unter Berücksichtigung der besonderen Betonung des Renditeinteresses veräußerungswilliger Aktionäre in der Übernahmesituation stellt sich die Frage, inwiefern sich Transaktionsboni in die herausgearbeiteten aktienrechtlichen Anforderungen einfügen und ob ferner besondere kapitalmarktrechtliche Beschränkungen zu beachten sind. a) Vereinbarkeit mit aktienrechtlichen Anforderungen Pauschal können taugliche Anknüpfungspunkte für Transaktionsboni in zwei Kategorien unterteilt werden: Zum einen kann sich die Prämie auf den Veräußerungserlös selbst beziehen und damit den aus Aktionärssicht vorteilhaften Abschluss der Transaktion selbst befördern,543 zum anderen kann der Transaktionsbonus vom Eintritt bestimmter transaktionsbezogener Ereignisse (Milestones) abhängig gemacht werden.544 Boni, die sich auf den Abschluss der Transaktion selbst beziehen, können unterschiedlich ausgestaltet sein. Möglich ist etwa die Zahlung einer Prämie bei Erreichen bestimmter Kaufpreisschwellen, ferner eine Orientierung allein am Börsenkurs der Aktiengesellschaft oder die anteilige Erlösbeteiligung.545 Befindet sich die Gesellschaft bereits in der Übernahmesituation, sind solche Zielbestimmungen grds. nicht zu beanstanden, da sie zumeist an abstrakt zu bewertenden Unternehmenskennzahlen oder den Börsenkurs anknüpfen.546 Problematisch sind entsprechende Anreize aber dann, wenn sie außerhalb einer Übernahmesituation den Vorstand dazu veranlassen sollen, eine Transaktion herbeizuführen. Denn dann wird in kompetenzwidriger Weise auf die operative Tätigkeit des Vorstands Einfluss genommen.547 Mithin ist ein abstrakt ausgelobter Transaktionsbonus als äußerst bedenklich anzusehen. Bedenken ergeben sich ferner im Hinblick darauf, dass der Vorstand allein aufgrund der Höhe des in Aussicht gestellten Transaktionsbonus ein seine sonstige Pflichtbindung überdeckendes Eigeninteresse an dem Erfolg der Transaktion bildet. Doch ist gerade in der Übernahmesituation diese abstrakte Gefahr nicht dazu geeignet, eine Unzulässigkeit entsprechender Transaktionsboni zu bewirken. Im Einklang mit obigen Ausführungen ist hier der Aufsichtsrat besonders 104, 104; dies., in: Lücke/Schaub, Vorstand der AG, § 10, Rn. 12, 58 ff.; Diekmann, FS MaierReimer, 2010, S. 75, 85. 542 s. dazu oben 2. Teil D.I.2.b). 543 Typischer Anwendungsfall, s. etwa Traugott/Grün, AG 2007, 761, 766; Hohaus/Weber, DStR 2008, 104, 104; Diekmann, FS Maier-Reimer, 2010, S. 75, 85. 544 Weber, in: Hölters, AktG, § 87, Rn. 12; Hohaus/Weber, DStR 2008, 104, 104; dies., in: Lücke/Schaub, Vorstand der AG, § 10, Rn. 18; Kirchner/Iversen, NZG 2008, 921, 924; Kalb/ Fröhlich, NZG 2014, 167, 167; zu Milestones, wenn auch im Falle bieterseitiger Incentives, Nießen/Stöwe, DB 2010, 885, 887. 545 Hohaus/Weber, in: Lücke/Schaub, Vorstand der AG, § 10, Rn. 18. 546 s. dazu oben 3. Teil A.IV.1.a)aa). 547 s. dazu oben 3. Teil A.IV.1.a)cc).
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3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
gefragt, die Objektivität des Vorstandshandelns durch Kontrolle der in Aussicht gestellten Vergütung als auch des Vorstandshandelns selbst zu gewährleisten. Zur Eindämmung eines unzulässigen, bereits durch die bloße Höhe des Bonus beeinflussten Eigeninteresses548 sind die Angemessenheitskriterien nach § 87 Abs. 1 AktG zwingend einzuhalten. Hier ergibt sich indes ein beträchtlicher Konflikt mit dem Nachhaltigkeitsgebot des § 87 Abs. 1 S. 2, 3 AktG. Denn regelmäßig werden Transaktionsboni als kurzfristig variable Vergütungsbestandteile zu qualifizieren sein, welche die Vorgabe der Mehrjährigkeit nicht einhalten können oder sollen. Hier ist die Vereinbarung an besondere rechtfertigende Erwägungen des Aufsichtsrats geknüpft.549 Indes ergibt sich aufgrund des besonders gelagerten Unternehmensinteresses ein weiterer Spielraum zur Rechtfertigung solcher Boni als außerhalb der Transaktionssituation, da dem (kurzfristigen) Wertsteigerungsinteresse der Aktionäre in der Übernahmesituation (freilich nicht alleiniges) Abwägungspotential zukommt.550 Zur Eindämmung langfristiger Risiken würde sich – unter Zuhilfenahme von Vergütungsberatern – die Implementierung eines Caps anbieten, sodass der Vorstand keinen Anreiz dazu erhält, den Unternehmenswert in schädlichem Maße künstlich hochzutreiben. Üblich, aber dennoch besonders kritisch sind Transaktionsprämien abhängig vom Erreichen bestimmter Milestones, wie namentlich der Durchführung der Due Diligence, des Signings oder Closings.551 Theoretisch denkbar ist auch die Honorierung einer möglichst schnellen Integration in den Mutterkonzern nach erfolgter Übernahme, doch ergeben sich hier erhebliche Bedenken, wenn ein entsprechender Bonus bereits vor Übernahme ausgelobt wird, da der Leistende dann zumeist noch nicht als Aktionär, sondern als Bieter auftritt.552 Hierbei handelt es sich grds. um operativ abstrakte Erfolgszielbestimmungen, da sie auf die Ausübung der unternehmerischen Tätigkeit des Vorstands bezogen sind. Um nicht in Konflikt mit § 76 AktG zu geraten, ist bei der Vereinbarung solcher Incentives daher besondere Vorsicht geboten.553 Keinesfalls darf die Prämie auf die Vornahme der operativen Handlung an sich oder aber ihren Inhalt bezogen sein. So darf die Auszahlung des Bonus bspw. nicht davon abhängig gemacht werden, eine Due Diligence überhaupt vorzunehmen, oder welche Informationen im Rahmen der Due Diligence weitergegeben werden.554 Denkbar ist hier allein eine Anknüpfung an
548
So etwa die Befürchtung von Kirchner/Iversen, NZG 2008, 921, 924. s. dazu oben 3. Teil A.IV.2.b)bb)(3). 550 s. dazu oben 2. Teil C.IV. 551 Hohaus/Weber, DStR 2008, 104, 104; dies., in: Lücke/Schaub, Vorstand der AG, § 10, Rn. 18; Weber, in: Hölters, AktG, § 87, Rn. 12; Kirchner/Iversen, NZG 2008, 921, 924; Kalb/ Fröhlich, NZG 2014, 167, 167. 552 s. zu bieterseitigen Leistungen sogleich 3. Teil B. 553 s. dazu oben 3. Teil A.IV.1.a)cc). 554 Kirchner/Iversen, NZG 2008, 921, 924; Kalb/Fröhlich, NZG 2014, 167, 167. 549
A. Zulässigkeit von aktionärsseitigen Leistungen – Drittvergütung
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die erhöhte Arbeitsbelastung durch die Durchführung der Due Diligence,555 was impliziert, dass auch entsprechende Hinweise auf eine etwaige Zusatzvergütung durch den Aktionär erst folgen dürfen, wenn die Vornahme der Due Diligence bereits beschlossene Sache ist. Da diese jedoch zumeist im Unternehmensinteresse geboten ist, ist dieser Rahmen praktisch weniger streng als dies auf den ersten Blick scheint. Ebenso darf die Anknüpfung an andere transaktionsbezogenen Milestones erst erfolgen, wenn sich dies in die entsprechende Strategie des Vorstands einfügt oder aber die äußeren Umstände ohnehin die Vornahme entsprechender Schritte verlangen. Ist bspw. ein Übernahmeangebot bereits angekündigt, befindet sich das Unternehmen in der Transaktionsphase, sodass etwaige Boni, welche auf besonders effektives und schnelles Handeln des Vorstands abzielen, nicht nur im Unternehmensinteresse geboten sind, sondern auch mit dem Beschleunigungsgrundsatz nach § 3 Abs. 4 S. 1 WpÜG und dem Behinderungsverbot nach § 3 Abs. 4 S. 2 WpÜG in Einklang stehen. Der Aufsichtsrat muss daher immer in besonderem Maße die Umstände des Einzelfalls unter der Prämisse der Autonomie des Vorstands abwägen. Im Hinblick auf § 87 Abs. 1 AktG ergeben sich keine wirklichen Besonderheiten, doch ist auch hier zu berücksichtigen, dass entsprechende Boni zumeist als kurzfristig variable Vergütungen zu qualifizieren sind. b) Vereinbarkeit mit kapitalmarktrechtlichen Anforderungen aa) Verstoß gegen das Verhinderungsverbot des § 33 Abs. 1 S. 1 WpÜG Ein besonderes Augenmerk liegt auf der Vereinbarkeit mit dem kapitalmarktrechtlichen Verhinderungsverbot nach § 33 Abs. 1 S 1 WpÜG. Ist dessen zeitlicher Anwendungsbereich durch Abgabe der Angebotsankündigung nach § 10 WpÜG eröffnet,556 könnte eine Leistung durch die Aktionäre dazu in Konflikt geraten. Denn danach sind Handlungen unzulässig, durch die der Erfolg eines Angebots verhindert werden könnte. Ausreichend ist die Eignung zur Verhinderung; ohne Belang ist, ob eine etwaige Verhinderungsabsicht vorlag oder ob das Angebot tatsächlich verhindert wurde.557 Gesellschaftsseitigen Sonderzahlungen, namentlich golden parachutes oder ähnliche Leistungen, die vom Erfolg eines Angebots abhängig sind, wird überwie-
555
Wohl auch Kirchner/Iversen, NZG 2008, 921, 924. s. etwa Krause/Pötzsch/Stephan, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 33, Rn. 62 f., m.w.Nachw.; auf die in der Literatur diskutierte Frage, ob die Kenntnis des Vorstands zur Geltung maßgeblich ist, kommt es vorliegend nicht an, so etwa Hirte, in: Kölner Komm WpÜG, § 33, Rn. 34. 557 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 57; Krause/Pötzsch/Stephan, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 33, Rn. 84; Grunewald, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33, Rn. 24. 556
228
3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
gend die Möglichkeit einer solchen Verhinderungseignung beigemessen.558 Dies wird maßgeblich an folgender Erwägung festgemacht: Die von der Gesellschaft zu tragenden Abfindungsleistungen könnten den Bieter von der Übernahme abschrecken und unzulässig belasten.559 Hiergegen spricht aber schon, dass tatsächlich abschreckende Beträge hierzulande der Höhe nach kaum denkbar sind560 und zudem eine effektive Begrenzung durch § 87 AktG geschaffen ist.561 Ferner kann die Abfindungsleistung auch gerade das Gegenteil bewirken und eine unzulässige Abwehrhaltung des Vorstands beseitigen. Obwohl dies der h.M. bewusst ist, will sie aufgrund der fortbestehenden abstrakten Hinderungseignung an einem Verstoß festhalten.562 Richtig ist dies wohl nur, wenn die Grenzen der § 87 AktG überschritten werden.563 Im Falle des vorliegend besonders relevanten „klassischen“ aktionärsseitigen Transaktionsbonus, der Incentivierung des Vorstands auf einen im Interesse der (veräußerungswilligen) Aktionäre liegenden möglichst hohen Veräußerungserlös, greifen diese Erwägungen schon naturgemäß nicht ein: Die Hinderungswirkung aus der unzulässigen Belastung des Gesellschaftsvermögens fällt von vornherein weg. Dennoch kann die Ausrichtung des Vorstands auf eine Erhöhung des Aktienkurses eine „Verteuerung“ des Angebots bedingen,564 was wiederum die unter § 33 Abs. 1 S. 1 WpÜG kritische Verhinderungseignung zur Folge haben kann. Doch ist hier bereits ein Eingriff in den Schutzzweck des Verhinderungsverbots fraglich. Das 558 Ganz h.M. (allerdings weisen die verschiedenen Autoren teils beträchtliche Unterschiede in der Reichweite des Verbots auf); Grunewald, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33, Rn. 40; Hirte, ZGR 2002, 623, 631; ders., in: Kölner Komm WpÜG, § 33, Rn. 59; Schlitt/Ries, in: MüKo-AktG, WpÜG, § 33, Rn. 115; Schwennicke, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, § 33, Rn. 34; Röh, in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, § 33, Rn. 61; Schaefer/Eichner, NZG 2003, 150, 153; Hopt, FS Lutter, 2000, S. 1361, 1389; Fastrich, FS Heldrich, 2005, S. 143, 146; wohl a.A. Ekkenga, in: Ehricke/Ekkenga/Oechsler, WpÜG, § 33, Rn. 117; Krause/Pötzsch/Stephan, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 33, Rn. 116, die nur auf das aktienrechtliche Angemessenheitsgebot abstellen wollen. 559 s. etwa Herrmann, S. 84. 560 Steinmeyer, in: Steinmeyer, WpÜG, § 33, Rn. 85; Krause/Pötzsch/Stephan, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 33, Rn. 116; Schlitt/Ries, in: MüKo-AktG, WpÜG, § 33, Rn. 115; Michalski, AG 1997, 152, 160; laut Herrmann, S. 84, kann eine abschreckende Verhinderungseignung ab Vereinbarung achtstelliger Summen angenommen werden. 561 Schlitt/Ries, in: MüKo-AktG, WpÜG, § 33, Rn. 115; Krause/Pötzsch/Stephan, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 33, Rn. 116; Steinmeyer, in: Steinmeyer, WpÜG, § 33, Rn. 85; Ekkenga, in: Ehricke/Ekkenga/Oechsler, WpÜG, § 33, Rn. 117. 562 Schwennicke, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, § 33, Rn. 34; Röh, in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, § 33, Rn. 61; Grunewald, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33, Rn. 40; Hirte, in: Kölner Komm WpÜG, § 33, Rn. 59; ders., ZGR 2002, 623, 631; Fastrich, FS Heldrich, 2005, S. 143, 146. 563 s. Nachweise in Fn. 561. 564 s. allgemein zur Problematik börsenkursorientierter Sonderzahlungen im Anwendungsbereich des § 33 Abs. 1 S. 1 WpÜG, Grunewald, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33, Rn. 40; Schlitt/Ries, in: MüKo-AktG, WpÜG, § 33, Rn. 116; liberaler Becker, ZHR 165 (2001), 280, 287.
A. Zulässigkeit von aktionärsseitigen Leistungen – Drittvergütung
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Verhinderungsverbot soll maßgeblich die Entscheidungsfreiheit der Aktionäre schützen – gerade im Hinblick auf eigeninteressengeleitete Handlungen des Vorstands.565 Mittels aktionärsseitiger Transaktionsboni soll jedoch genau dieser Effekt durch eine positive Interessenharmonisierung erreicht werden – nicht im Widerspruch, sondern vielmehr ergänzend zum sanktionsbedachten Verhinderungsverbot. Mithin sind aktionärsseitige Transaktionsboni gerade Ausdruck des aktionärsseitigen Veräußerungsinteresses; wollte man daher im Hinblick auf die potentielle Hinderungseignung einen Verstoß gegen § 33 Abs. 1 S. 1 WpÜG annehmen, hätte dies eine Zweckentfremdung des Verbots zur Folge.566 Dies wird dadurch gestützt, dass das Interesse der Aktionäre an einer Wertsteigerung ihrer Anteile in der Übernahmesituation besonderen Schutz genießt.567 In Abgrenzung dazu können aber nicht jegliche aktionärsseitige transaktionsbezogene Leistungen aus dem Anwendungsbereich des Verhinderungsverbots ausgenommen werden.568 So ist zu bedenken, dass dem Vorstand im zeitlichen Anwendungsbereich des § 33 Abs. 1 S. 1 WpÜG ein Bonus für die Steigerung des Aktienkurses ganz unabhängig vom Erfolg der Übernahme angeboten wird.569 Dann würde aber das durch das Verhinderungsverbot geschützte Veräußerungsinteresse der Aktionäre gerade nicht mehr hinreichend zum Ausdruck kommen. Vielmehr besteht dann eine Vermutung dafür, dass die Erhöhung des Aktienkurses zu einer Abwehr des Bieters erfolgen soll.570 In diesem Sinne kollidieren ferner insbesondere solche aktionärsseitigen Prämien mit dem Verhinderungsverbot, die für den Misserfolg der Übernahme ausgelobt werden. Ebenso Boni, die an den Erfolg eines bestimmten Bieterangebots anknüpfen, etwa dann, wenn die Transaktionsprämie nur im Falle der Annahme durch einen bestimmten Bieter ausgezahlt würde, da die für das Verhinderungsverbot notwendige Neutralität des Vorstands dann nicht mehr gewährleistet wäre.
565
Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034 zu § 33 WpÜG, S. 57. Ebenso Weber, S. 201, der aktionärsseitige Zuwendungen aus „teleologischen Gründen“ aus dem Anwendungsbereich des § 33 Abs. 1 S. 1 WpÜG ausnehmen möchte. Dem ist im Prinzip zuzustimmen, doch ist damit eine gefährliche Pauschalierung verbunden, da Interessen der Aktionäre nicht zwingend auf den Erfolg der Übernahme ausgerichtet sein müssen. 567 Hingegen ist ein Schutz der Interessen des Bieters gerade nicht Inhalt des § 33 Abs. 1 S. 1 WpÜG, sodass einer Beurteilung der Verhinderungseignung im Hinblick auf die Bieterinteressen an dieser Stelle keine weitere Bedeutung zugemessen werden muss, s. dazu ausführlich unten 3. Teil B.I.4.d)aa)(1)(b). 568 Insoweit unklar Weber, S. 201. 569 Grunewald, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33, Rn. 40; Schlitt/Ries, in: MüKo-AktG, WpÜG, § 33, Rn. 116. 570 So wohl im Falle entsprechender gesellschaftsseitiger Vergütung Grunewald, in: Baums/ Thoma, WpÜG, § 33, Rn. 40; Schlitt/Ries, in: MüKo-AktG, WpÜG, § 33, Rn. 116. 566
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3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
bb) Keine (analoge) Anwendung des § 33d WpÜG Leistungen von Aktionären fallen nicht in den Anwendungsbereich des § 33d WpÜG.571 Dieser nimmt ausdrücklich und ausschließlich den Bieter und mit ihm gemeinsam handelnde Personen in die Pflicht. Aktionäre – als grds. im Verhältnis zum Bieter im Interessengegensatz stehende Personen – sollen gerade gemeinsam mit der Zielgesellschaft vor der unzulässigen Einflussnahme des Bieters (als gesellschaftsfremder Person) auf die Verwaltungsorgane durch (bestechende) Leistungen geschützt werden und sind damit Schutzsubjekt des § 33d WpÜG.572 Obgleich ihre Leistung ebenso wie die Leistung des Bieters eine unzulässige Beeinflussung des Vorstands nach sich ziehen kann, kommt diesem Umstand entscheidende Bedeutung für die Auslegung der Norm zu. Mangels planwidriger Regelungslücke scheitert insofern auch eine analoge Anwendung des § 33d WpÜG.573 Neben dem konträren Schutzzweck spricht hiergegen vor allem, dass der Gesetzgeber die Norm im Zuge des Mannesmann-Prozesses aufgenommen hat.574 Dort waren aber nicht bieterseitige Leistungen problematisch, sondern – wenn überhaupt – aktionärsseitige Versprechen (wie die mutmaßliche Ankündigung von Hutchinson Whampoa an Klaus Esser nahelegt).575 Man kann mithin nicht davon ausgehen, dass sich der Gesetzgeber der Problematik nicht bewusst war. Allenfalls wenn sich die Leistung des Aktionärs als mittelbare Bieterleistung darstellt, könnte man eine Anwendbarkeit von § 33d WpÜG diskutieren.576 Dafür müsste die aktionärsseitige Leistung im Endeffekt als Deckmantel für die Bieterleistung fungieren, bspw. ein Minderheitsheitsaktionär dem Vorstand eine transaktionsbezogene Leistung gewähren mit dem Ziel, den Vorstand zugunsten des Bieterangebots zu beeinflussen und dafür einen Ausgleich vom Bieter zu erhalten. Diese Konstellation scheitert indes bereits an der Unzulässigkeit der Zielbestimmung unter § 76 AktG. Eine tiefergehende Betrachtung ist daher nicht angezeigt.
571 Traugott/Grün, AG 2007, 761, 768; Schüppen, FS Tiedemann, 2008, S. 749, 754; Krause/Pötzsch/Stephan, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 33d, Rn. 6, Fn. 9; Noack/ Zetzsche, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 33d, Rn. 6; Hirte, in: Kölner Komm WpÜG, § 33d, Rn. 17. 572 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 59; s. dazu ausführlich unten 3. Teil B.I.4.d) aa)(1)(a). 573 A.A. Pape, S. 222. 574 Schüppen, WPg 2001, 958, 971, „lex esser“; Krause/Pötzsch/Stephan, in: Assmann/ Pötzsch/Scheider, WpÜG, § 33d, Rn. 1; Kiem, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33d, Rn. 2; Röh, in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, § 33d, Rn. 2; s. zur Entstehungsgeschichte 3. Teil B.I.1. 575 s. dazu oben 3. Teil A.I.1. 576 s. im Hinblick auf mittelbare Leistungen durch die Gesellschaft im Anwendungsbereich des § 33d WpÜG, Fastrich, FS Heldrich, 2005, S. 143, 148 f.; s. ferner Versteegen, in: Kölner Komm WpÜG, § 2, Rn. 156.
A. Zulässigkeit von aktionärsseitigen Leistungen – Drittvergütung
231
c) Fazit Aktienrechtlich ist zum einen von Bedeutung, dass die Incentivierung auf ein kurzfristiges Wertsteigerungsinteresse in der Transaktionssituation eher zu legitimieren ist als sonst; wenngleich zu berücksichtigen bleibt, dass es sich bei transaktionsbezogenen Leistungen wohl besonders häufig um kurzfristige variable Leistungen handeln wird. Im Hinblick auf die Leitungsautonomie gewinnt – zum anderen – der oben herausgearbeitete Grundsatz Bedeutung, dass sich die Incentivierung in eine bereits vom Vorstand angepeilte Strategie einfügen muss, aber nicht von sich aus den Vorstand zur Vornahme operativer Maßnahmen veranlassen darf. Sofern die Leistung den Erfolg einer Transaktion abstrakt in den Fokus des vorstandseigenen Interesses rückt, steht der Leistung darüber hinaus auch nicht das kapitalmarktrechtliche Verhinderungsverbot gem. § 33 Abs. 1 S. 1 WpÜG im Weg. Auch eine Anwendung des § 33d WpÜG ist – es sei denn, die Leistung des Aktionärs stellt eine mittelbare Bieterleistung dar – nicht angezeigt. 3. Besonderheiten im Rahmen von Private-Equity-Transaktionen Zuletzt ist der Blick auf die monetäre Anbindung des Vorstands an die Interessen des Vorstands im Rahmen von Private-Equity-Transaktionen zu richten. Bereits im zweiten Teil wurde hervorgehoben, dass diese einen Sonderfall darstellt.577 So ist sie einerseits – für den Zeitraum vor Übernahme – Bieterleistung, andererseits – im Zeitraum nach erfolgter Übernahme – an den Vorgaben aktionärsseitiger Drittvergütung zu messen. Nachfolgend ist daher zunächst das von Finanzinvestoren üblicherweise genutzte Vergütungsmodell dazulegen. Erst anschließend ist ein Blick auf die rechtlichen Besonderheiten zu werfen, wobei an dieser Stelle nur die Vereinbarkeit mit den Vorgaben interessiert, welche an die Zulässigkeit aktionärsseitiger Vergütung zu stellen sind. a) Übliche monetäre Anbindung des Vorstands durch einen Finanzinvestor Im Rahmen von Private-Equity-Transaktionen wird eine Incentivierung des Managements der Zielgesellschaft i. d. R. über eine (mittelbare) Beteiligung an der Zielgesellschaft erfolgen. Solche Managementbeteiligungen sind mittlerweile fester, wesentlicher Bestandteil der Private-Equity-Praxis.578 Dabei werden Mitglieder des Managements als Minderheitsgesellschafter in der Regel an der die Anteile erwerbenden zwischengeschalteten NewCo beteiligt.579 Die Beteiligungsquote beträgt, je 577
s. dazu oben 2. Teil D.I.2.c). Traugott/Grün, AG 2007, 761, 763; Kästle/Heuterkes, NZG 2005, 289, 289; Hohaus/ Inhester, DStR 2003, 1765, 1765; Riedel, DB 2011, 1888, 1888; nach Hohaus/Koch-Schulte, FS P+P Pöllath, 2008, S. 93, 94 und Weber, S. 90 sind sie „conditio sine qua non“. 579 s. etwa v. Braunschweig, DB 1998, 1831, 1832. 578
232
3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
nach Anzahl der zu beteiligenden Manager580, Umfang der Transaktion und Preis der Anteile, fünf bis 20 %.581 Darüber hinaus wird dem Management die Beteiligung jedoch regelmäßig nicht nur „einfach“ in Aussicht gestellt oder garantiert, sondern zu vergünstigten Konditionen angeboten. Auch hier kommen verschiedene Möglichkeiten in Betracht: Zum einen kann die Eigenkapitalbeteiligung an der NewCo mittels Vorzugskonditionen erfolgen, sog. sweet equity. Im Endeffekt erwirbt das Management dabei die Beteiligung zu einem Ausgabekurs, der unter dem anteiligen Verkehrswert und somit unter dem üblichen Anschaffungspreis liegt.582 Dies kann auch dadurch erfolgen, dass die Mitglieder des Managements im Unterschied zu den übrigen Finanzsponsoren gar keinen oder nur einen relativ geringeren Anteil in die Kapitalrücklagen (§ 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB) leisten, sog. disquotale Rücklageneinzahlung.583 Da das Management i. d. R. nicht die notwendigen finanziellen Mittel in Form von Eigenmitteln aufbringen kann oder will, ist es zum Erwerb der Beteiligung auf Fremdkapital angewiesen. Insofern kann sich zum anderen der Investor dazu verpflichten, Gesellschafterdarlehen auszugeben.584 Aufgrund des damit verbundenen disproportionalen Aufwands von Eigenmitteln im Vergleich zum Investor und dem daraus folgenden Erwerb einer relativ hohen Beteiligung ergibt sich für das Management eine weitere Besserstellung.585 Überdies wäre daran zu denken, das betreffende Gesellschafterdarlehen zu günstigerer als marktüblicher Verzinsung zu gewähren. Der Nutzen hieraus ist allerdings eingeschränkt, da dies als steuerpflichtiger geldwerter Vorteil i.S.v. §§ 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 19a EStG einzuordnen wäre,586 auch bei Leistung durch einen Dritten (bspw. den Finanzinvestor), sofern sich die Vorteilsgewährung als Ertrag der Arbeit des Managements für seinen Arbeitgeber darstellt.587 Gleiches gilt für die zuvor dargestellte Gewährung einer Management-Beteiligung zu einem unter dem tatsächlichen Wert der Beteiligung
580 Um eine möglichst effektive Anreizwirkung zu entfalten, ist nur ein kleiner Personenkreis Adressat der Managementbeteiligung und somit üblicherweise auf die sog. „Key Men“, die für den Erwerb und das Target wichtigen Entscheidungsträger, beschränkt, Hohaus/ Inhester, DStR 2003, 1765, 1765. 581 Kästle/Heuterkes, NZG 2005, 289, 290; Hohaus/Koch-Schulte, FS P+P Pöllath, 2008, S. 93, 95; Hohaus, in: Jesch/Striegel/Boxberger, Rechtshandbuch Private Equity, § 10, 2.1, S. 210; dabei wird die Beteiligung entweder durch die Manager selbst oder durch eine zwischengeschaltete Gesellschaft („Treuhand-GmbH“) für die Manager gehalten. 582 Riedel, DB 2011, 1888, 1888; v. Braunschweig, DB 1998, 1831, 1832. 583 Weber-Rey, in: Semler/Volhard, Unternehmensübernahmen, Band 1, § 14, Rn. 112; v. Braunschweig, DB 1998, 1831, 1832; Weber, S. 91. 584 s. dazu Hohaus/Inhester, DStR 2003, 1765, 1765, aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Kapitalerhaltungsvorschriften nach § 71a AktG und §§ 30, 31 i.V.m. § 43a GmbHG kommt die NewCo selbst als Darlehensgeber nicht in Betracht. 585 Weber-Rey, in: Semler/Volhard, Unternehmensübernahmen, Band 1, § 14, Rn. 114. 586 Bundesministerium der Finanzen v. 01. 10. 2008 – IV C 5-S 2334/07/0009, 2008/ 0537560; Hohaus/Koch-Schulte, FS P+P Pöllath 2008, S. 93, 95. 587 BFH v. 20. 06. 2001 – VI R 105/99, DB 2001, 1861, 1862; Riedel, DB 2011, 1888, 1888.
A. Zulässigkeit von aktionärsseitigen Leistungen – Drittvergütung
233
liegenden Preis.588 Wenngleich daher die vorstehenden Motivationsmodelle an praktischer Relevanz verloren haben sollten, lässt dies die Frage nach ihrer gesellschaftsrechtlichen Zulässigkeit unberührt. Es ist offensichtlich, dass diese Formen der Vergünstigungen selbst zunächst gar nicht auf die Qualität weiteren Managementhandelns abstellen – sie erfolgen nicht performanceorientiert bzw. erfolgsabhängig, sondern werden im Vorhinein gewährt. Werden sie damit vor erfolgter Übernahme – und somit aus der Bieterposition heraus – gewährt oder in Aussicht gestellt, ist zumindest mit vergünstigten Beteiligungsmodellen noch nicht zwingend eine Anknüpfung als aktionärsseitige Leistung verbunden. Denn noch stünde es den incentivierten Vorstandsmitgliedern frei, die Beteiligung nach erfolgter Übernahme sogleich wieder abzustoßen, sodass sie allein von der „Vergünstigung“ im Rahmen der Übernahme profitieren könnten.589 Als aktionärsseitige Leistung sind solche Beteiligungsmodelle erst dann zu werten, wenn sie nach erfolgter Übernahme gewährt werden oder aber auf anderem Wege sichergestellt wird, dass die Beteiligung Anreizwirkung für die Zukunft entfaltet. Auch aus diesem Grund590 sind daher Vertragselemente möglich und üblich, die Vergünstigung und Anreizwirkung miteinander verknüpfen sollen. So wird mit sog. vesting schedules die endgültige freie Verfügbarkeit der gewährten Anteile schrittweise an das Erreichen bestimmter Leistungsziele (oder Dienstzeiten) gekoppelt.591 Ferner werden mit sog. leaver schemes Regelungen für den Fall des vorzeitigen Ausscheidens des Managers getroffen.592 Danach ergibt sich eine Pflicht des Managers zur Rückübertragung der Anteile auf die Investoren, oder diesen werden Optionsrechte (Call-Options) auf die Anteile eingeräumt. Dabei kann je nach Gründen des Ausscheidens der Rückerwerbspreis für die Anteile divergieren (good leaver oder bad leaver).593 Gerade vesting schedules haben eine Kopplung der Vergünstigung mit der Leistungsperformance zur Folge, und auch leaver schemes setzen mit der Unterscheidung nach dem Grund des Ausscheidens einen Anreiz zur 588 BFH v. 24. 01. 2001 – I R 100/98, DB 2001, 1173, 1173; BFH v. 20. 06. 2001 – VI R 105/ 99, DB 2001, 1861, 1862; s. dazu allgemein, Riedel, DB 2011, 1888, 1888 f. 589 Ähnliche Befürchtungen äußert etwa Spindler, FS Hopt, Band 1, 2010, S. 1407, 1410 f. 590 Als weiterer, sich allein an einer möglichst optimalen Umsetzung der Principal-AgentTheorie orientierender Grund wird von v. Braunschweig, DB 1998, 1831, 1832 und Weber, S. 91, angeführt, dass eine solche, nicht an der zukünftigen Performance des Managers ausgerichtete Vergütung keine Vorsorge für den Fall seines früheren Ausscheidens trifft. 591 v. Braunschweig, DB 1998, 1831, 1832; Weber-Rey, in: Semler/Volhard, Unternehmensübernahmen, Band 1, § 14, Rn. 113; zu den verschiedenen Ausgestaltungsmöglichkeiten s. zudem Hohaus, in: Jesch/Striegel/Boxberger, Rechtshandbuch Private Equity, § 10, 4.2.1.1., S. 219. 592 Ausführliche Erläuterung der Gestaltungsmöglichkeiten und sich ergebenden rechtlichen Probleme bei Hohaus, in: Jesch/Striegel/Boxberger, Rechtshandbuch Private Equity, § 10, 4.2.1. ff., S. 219 ff. 593 Hohaus/Inhester, DStR 2003, 1765, 1766; Weber-Rey, in: Semler/Volhard, Unternehmensübernahmen, Band 1, § 14, Rn. 113; Hohaus, in: Jesch/Striegel/Boxberger, Rechtshandbuch Private Equity, § 10, 4.2.1.2., S. 219.
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3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
Interessenharmonisierung. Denn sie beruhen gerade auf dem Zweck des Interessengleichlaufs zwischen Management und Investor.594 Hinsichtlich der Gewährung von Gesellschafterdarlehen sind an dieser Stelle noch sog. Non-Recourse-Darlehen zu erwähnen, die nur im Falle ausreichender Veräußerungserlöse aus dem Verkauf der Beteiligung zurückzuführen sind.595 Wenngleich die Beteiligung des Managements primäres Anreizinstrument im Rahmen von Private-Equity-Transaktionen ist, sind freilich noch weitere Formen der Incentivierung denkbar, die in erster Linie Anreizwirkung während der unternehmerischen Tätigkeit selbst entfalten sollen. Zu denken ist hier an die Gewährung von Optionsrechten auf zusätzliche Aktien, Tantiemen, die über das Fixgehalt des Managers hinausgehen oder sog. Ratchets, auf deren Grundlage die Beteiligung des Managements bei Erreichen bestimmter Erfolgsziele erhöht (Positive Ratchet) werden kann.596, 597 Zwar besteht kein direkter Bezug zur Unternehmensübernahme, dennoch sind diese auch für die Übernahme relevant, da die Incentivierungswirkung, die sich aus der Aussicht auf ein aus Managersicht besonders günstiges Beteiligungsprogramm ergibt, nicht außer Acht gelassen werden. Besondere Relevanz haben schließlich Motivationsmechanismen, die allein beim Exit des Finanzinvestors ansetzen. Namentlich ist hier an sog. equity kicker zu denken, die dem Management das Recht gewähren, bei Ausstieg des Finanzinvestors Anteile in bereits bestimmtem Umfang zu günstigeren Konditionen als im Vergleich zu Dritten zu erwerben.598 Ferner an eine geldmäßige Erfolgsbeteiligung beim Exit, indem das Management überproportional im Verhältnis zu dem von ihm gehaltenen nominellen Anteil am durch die Veräußerung realisierten Gewinn beteiligt wird599 bzw. andere vergleichbare Exit-Prämien vereinbart werden. b) Rechtliche Besonderheiten im Vergleich zu sonstiger aktionärsseitiger Vergütung Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass eine im Vergleich zu sonstigen aktionärsseitigen Leistungen differenzierte rechtliche Würdigung von Leistungen durch Finanzinvestoren u. a. unter dem Aspekt des § 53a AktG nicht erfolgen darf. 594 Hohaus, in: Jesch/Striegel/Boxberger, Rechtshandbuch Private Equity, § 10, 4.2.1.2., S. 219. 595 Hohaus/Koch-Schulte, FS P+P Pöllath, 2008, S. 93, 95. 596 Weber-Rey, in: Semler/Volhard, Unternehmensübernahmen, Band 1, § 14, Rn. 116 ff.; eine ausführliche Erläuterung findet sich überdies bei Hohaus, in: Jesch/Striegel/Boxberger, Rechtshandbuch Private Equity, § 10, 2. ff., S. 209 ff. 597 Daneben sind noch sog. „Negative Ratchets“ denkbar, auf deren Grundlage die Beteiligung des Managements bei Nichterreichen der Erfolgsziele verwässert werden kann. Allerdings sind diese für den Kontext der vorliegenden Bearbeitung, der Frage nach unzulässiger positiver Beeinflussung des Managements durch Dritte, uninteressant. 598 Weber-Rey, in: Semler/Volhard, Unternehmensübernahmen, Band 1, § 14, Rn. 134 f. 599 Weber-Rey, in: Semler/Volhard, Unternehmensübernahmen, Band 1, § 14, Rn. 135.
A. Zulässigkeit von aktionärsseitigen Leistungen – Drittvergütung
235
Mangels etwaiger Vorgaben des Gesetzgebers zur Privilegierung von Finanzinvestoren verwendeter Beteiligungsmodelle dürfen – im Rahmen der hier aufgeworfenen Differenzierung nach dem Nutzen etwaiger Leistungen – nicht rechtspolitische Vorstellungen, sondern allein die bislang herausgearbeiteten sachlichen Vorgaben über die Zulässigkeit solcher Leistung entscheiden. Dabei kann insbesondere nicht das Argument überzeugen, dass eine Beteiligung an der NewCo rglm. auch den Interessen der Zielgesellschaft entspricht,600 denn das Investitionsinteresse des Finanzinvestors ist gerade nicht zwingend gleichbedeutend mit einem (interessenpluralistischen) Unternehmensinteresse bzw. mit einer langfristigen Rentabilität des Unternehmens. Mit anderen Worten: Ein verallgemeinerungsfähiger Nutzen (für die Gesellschaft), der über den Nutzen sonstiger aktionärsseitiger Leistung hinausgeht und hypothetisch eine Abweichung von an sich zwingenden aktienrechtlichen Vorgaben rechtfertigen könnte, kann ohne entsprechende gesetzgeberische Entscheidung nicht angenommen werden. Auch ergibt sich dieser nicht zwangsläufig aus dem entsprechenden Nutzen des Aktionärs in Person des Finanzinvestors.601 Mithin sind sowohl die Zustimmung des Aufsichtsrats als auch die dargestellten materiellen Anforderungen, auch im Rahmen von Beteiligungsmodellen durch Finanzinvestoren, zwingend. Insbesondere darf keine Aufweichung etwa im Hinblick auf den Umfang kurzfristig variabler Vergütung oder eine lockerere Handhabung der Vereinbarung von Zielbestimmungen erfolgen. Gerade letzteres wird sich im Zusammenhang mit Leistungen von Finanzinvestoren immer als problematisch erweisen, da bereits durch die Art des Investitionsvorhabens und der damit zusammenhängenden Ausrichtung auf den Exit des Investors erheblicher Einfluss auf den Vorstand und dessen Leitungsentscheidung ausgeübt wird. Besondere Bedeutung wird daher auch hier der Begründung des Aufsichtsrats zukommen, insbesondere hinsichtlich des Umfangs und der konkreten Ausgestaltung der Managementbeteiligung, als auch der Vereinbarung von Exit-Prämien, die – nicht unwahrscheinlich – als kurzfristig variable Vergütungsbestandteile zu qualifizieren sein werden und die daher in ihrem Umfang klar beschränkt sein müssen. Dabei hat der Aufsichtsrat auch darauf zu achten, dass nicht eine Umgehung – insbesondere des Erfordernisses der mehrjährigen Bemessungsgrundlage – erfolgt, indem, bspw. bei siebenjähriger Beteiligung des Investors, dem Vorstand jedes Jahr neue Prämien gewährt werden, die sich jeweils um ein Jahr verkürzt auf den Zeitpunkt des Exits beziehen. Denn anfänglich liegt in dem siebenjährigen Bemessungszeitraum durchaus ein nach § 87 Abs. 1 S. 3 AktG erforderlicher mehrjähriger Bemessungszeitraum, doch erscheint es äußerst fraglich, ob die dahinter stehende gesetzgeberische Intention dadurch ausgehöhlt werden darf, dass ein Interesse des incentivierten Vorstands an einer
600
So aber bspw. v. Werder/Braun/Fromholzer, in: Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, II., Rn. 129. 601 A.A. wohl v. Werder/Braun/Fromholzer, in: Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, II., Rn. 129.
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3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
möglichst maximalen Wertsteigerung auf einen bestimmten Zeitpunkt (Exit) von Jahr zu Jahr gesteigert werden darf.602 c) Exkurs: Keine Unzulässigkeit der Managementbeteiligung wegen Ausrichtung der Interessen des Managements auf die Interessen der NewCo Schließlich stellt sich die Frage, wie es sich auswirkt, dass im Rahmen von Beteiligungen durch Finanzinvestoren der Vorstand i. d. R. gerade nicht – wie bei anderer aktionärsseitiger Leistung – an der Gesellschaft selbst beteiligt wird, sondern an der die Anteile der Zielgesellschaft haltenden NewCo. Der Vorstand wird mithin auf das Interesse einer fremden Gesellschaft ausgerichtet, sprich auf Vergütungsparameter, die nicht zwingend das Interesse der Gesellschaft widerspiegeln müssen. Im faktischen Konzern ist eine solche drittbezogene Vergütung äußerst umstritten, wobei die Zulässigkeit wohl vom Maß der Ausrichtung auf die Muttergesellschaft abhängt.603 In der unabhängigen Aktiengesellschaft ist die sich aus der Ausrichtung auf Interessen, die nicht zwingend die Interessen der Gesellschaft widerspiegeln müssen, ergebende abstrakte Gefahr jedoch in Anbetracht der §§ 76, 93 AktG nicht zu rechtfertigen. Denn die Bevorzugung von Interessen, die denen der anstellenden Gesellschaft widersprechen, ist der Drittbezogenheit immanent. Und im Unterschied zum faktischen Konzern, wo durch die §§ 311 ff. AktG ein diesen Interessenwiderspruch legitimierender Ausgleich geschaffen werden kann, fehlen in der unabhängigen Aktiengesellschaft gerade entsprechende Schutzmechanismen. Zumindest im Ausgangspunkt besteht vorliegend eine durchaus vergleichbare Rechtslage: Denn die Beteiligung des Finanzinvestors und damit auch des Managements an der Zielgesellschaft erfolgt – wie gesagt – grds. über eine zwischengeschaltete Akquisitionsgesellschaft. Außerhalb rechtlicher Wertung erlangt die NewCo aufgrund des Umfangs der von ihr gehaltenen Anteile überdies zumeist auch die faktische Herrschaft über die Zielgesellschaft. Indes hat dieser Umstand nicht automatisch die rechtliche Einordnung als faktischen Konzern zur Folge. Vielmehr müsste es sich bei der die Anteile haltenden Gesellschaft um ein Unternehmen i.S.d. § 15 AktG handeln („herrschendes Unternehmen“, § 311 AktG), damit die §§ 311 ff. AktG und damit der von ihnen ausgehende Schutz der Zielgesellschaft Anwendung findet. Wesentliche Voraussetzung dafür ist aber, dass der Aktionär neben der Be602
Insbesondere handelt es sich hierbei nicht um ein – wohl mit dem Erfordernis der Nachhaltigkeit zu vereinbarendes – sog. „rollierendes System“, wonach mit dem Vorstandsmitglied jedes Jahr aufs Neue variable Vergütungsbestandteile vereinbart werden, die diesem nach Ablauf der „ersten“ mehrjährigen Warteperiode fortan jedes Jahr ausgeschüttet werden, dazu etwa Eichner/Delahaye, ZIP 2010, 2082, 2087. 603 OLG München v. 07. 08. 2008 – 7 U 5618/07, NZG 2008, 631, 633 (80 %); dem wohl zustimmend Tröger, ZGR 2009, 447, 452 ff.; Spindler, in: MüKo-AktG, § 87, Rn. 67 ff.; krit. hingegen Habersack, NZG 2008, 634, 634 f.; Hohenstatt/Seibt/Wagner, ZIP 2008, 2289, 2289 ff.; Waldhausen/Schüller, AG 2009, 179, 179 f.; Arnold, FS Bauer, 2010, S. 35 ff.
A. Zulässigkeit von aktionärsseitigen Leistungen – Drittvergütung
237
teiligung an der Aktiengesellschaft noch „anderweitige wirtschaftliche Interessenbindungen hat, die nach Art und Intensität die ernsthafte Sorge begründen, er könne wegen dieser Bindung seinen aus der Mitgliedschaft folgenden Einfluss auf die Aktiengesellschaft zu deren Nachteil ausüben“.604 Für Holdinggesellschaften – als welche die NewCo als Akquisitionsgesellschaft rglm. anzusehen ist – liegt eine entsprechende Interessenbindung aber erst dann vor, wenn sie mehrere Beteiligungen hält und diese selbst verwaltet. Wird von der Holding allerdings nur eine Beteiligung gehalten, ist sie dagegen nicht als Unternehmen im Sinne der §§ 15 ff. AktG einzuordnen.605 Dies rechtfertigt sich damit, dass in dieser Konstellation die Gefahr eines Konzernkonflikts nicht gegeben ist;606 denn die herrschende Gesellschaft muss grds. keine anderen Interessen berücksichtigen als die der Zielgesellschaft. Damit erübrigt sich aber letztlich auch das oben dargestellte Problem. Denn in der NewCo spiegelt sich ausschließlich der Wert der Zielgesellschaft wieder. Die Gefahr der Ausrichtung auf anderweitige, gesellschaftsfremde Interessen besteht somit gerade nicht, was auch das Erfordernis einer legitimierenden Ausgleichsmöglichkeit nach §§ 311 ff. AktG hinfällig macht. Ausnahmsweise steht damit die monetäre Anbindung des Vorstands an eine von der Zielgesellschaft fremde Gesellschaft nicht der Zulässigkeit entsprechender Managementbeteiligungen unter den §§ 76, 93 AktG entgegen.
VII. Rechtslage in der nicht-börsennotierten Aktiengesellschaft Ein kurzer Blick sei schließlich auf die Rechtslage in der nicht-börsennotierten607 Aktiengesellschaft geworfen. Fraglich ist, ob die bislang herausgearbeiteten Grundsätze undifferenziert ebenso für die nicht-börsennotierte Aktiengesellschaft gelten, oder ob hier abweichende Vorgaben zu berücksichtigen sind. In Anlehnung an die bislang – allgemein – herausgearbeiteten Vorgaben ist für die Beantwortung dieser Fragestellung zu differenzieren: zwischen der Erforderlichkeit der Einbindung des Aufsichtsrats an sich und den Vorgaben an die (materielle) Ausgestaltung der Vergütung.
604 St. Rspr, s. nur BGH v. 18. 06. 2001 – II ZR 212/99, NJW 2001, 2973, 2974; v. 13. 10. 1977 – II ZR 123/76, BGHZ 69, 334, 337; v. 17. 03. 1997 – II ZB 3/96, BGHZ 135, 107, 113. 605 Dies wird aus der Parallelsituation zum Privataktionär hergeleitet; BGH v. 18. 06. 2001 – II ZR 212/99, BGHZ 148, 123, 125 ff.; Schall, in: Spindler/Stilz, AktG, § 15, Rn. 39; J. Vetter, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 15, Rn. 51; Hirschmann, in: Hölters, AktG, § 15, Rn. 6; Mülbert, ZHR 163 (1999), 1, 34; im Ergebnis ebenso, auch für den dahinterstehenden Holding-Gesellschafter, wenngleich für diesen in der Ablehnung der Unternehmereigenschaft deutlich restriktiver Bayer, in: MüKo-AktG, § 15, Rn. 26 f., 33; ders., ZGR 2002, 933, 942 ff.; gänzlich a.A. dagegen Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, § 15, Rn. 16 f. 606 Bayer, in: MüKo-AktG, § 15, Rn. 26; Schall, in: Spindler/Stilz, AktG, § 15, Rn. 39. 607 Der Begriff der Börsennotierung richtet sich nach § 3 Abs. 2 AktG.
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3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
Der Pflicht zur Einbindung des Aufsichtsrats steht in der nicht-börsennotierten Aktiengesellschaft keine abweichende Rechtslage entgegen. Wenngleich die nichtbörsennotierte Aktiengesellschaft meist personalistischer als ihr börsennotiertes Pendant sein wird, gelten die Verpflichtung auf die im Unternehmensinteresse zum Ausdruck kommende Interessenpluralität sowie die Vorgabe der Leitungsautonomie unbedingt fort. Die aus den §§ 76, 93 AktG hergeleitete Pflicht zur Einbindung des Aufsichtsrats differenziert nicht nach der Börsennotierung der Gesellschaft. Fraglich ist allein, ob sich diese Einbindung auch aus der Vergütungskompetenz des Aufsichtsrats i.S.d. §§ 87, 84 AktG ableiten lässt. Zweifel könnten aus dem Umstand herrühren, dass § 87 Abs. 1 S. 2 AktG – die Verpflichtung auf die Sicherung der Nachhaltigkeit mittels Ausgestaltung der Vergütung – dem Gesetzeswortlaut nach nur auf die börsennotierte Aktiengesellschaft Anwendung findet. Denn gerade das funktionale Kriterium der Angemessenheit speist sich insbesondere aus dem Gebot der Nachhaltigkeit.608 Doch wurde bereits in den obigen Ausführungen herausgestellt, dass das Nachhaltigkeitskriterium die Intention des funktionalen Kriteriums lediglich untermauert und damit für die börsennotierte Aktiengesellschaft lediglich deklaratorisch bestätigt, keinesfalls aber konstitutiv kodifiziert. Denn die funktionale Wirkung von Vergütung besteht unabhängig von der Börsennotierung der Gesellschaft. Ein für die nicht-börsennotierte Aktiengesellschaft abweichendes Verständnis der funktionalen Vergütungskompetenz des Aufsichtsrats für jegliche Vorstandsvergütung hätte damit allenfalls dann Raum, wenn der Gesetzgeber eine entsprechende Differenzierung angeordnet hätte. Indes ist gerade das Gegenteil der Fall; denn ausweislich der Gesetzesbegründung sollte das Nachhaltigkeitskriterium auch von nicht-börsennotierten Gesellschaften berücksichtigt werden.609 Mithin leitet sich das Zustimmungserfordernis auch in der nicht-börsennotierten Aktiengesellschaft aus der Vergütungskompetenz des Aufsichtsrats ab.610 Bei der Frage nach den Anforderungen an die materielle Ausgestaltung der Vergütung ergeben sich hingegen Unterschiede. Wiederum freilich nicht hinsichtlich der Vorgaben, die sich aus der abstrakten Vereinbarkeit mit dem Unternehmensinteresse und der Leitungsautonomie des Vorstands i.S.d. § 76 AktG ergeben. Entsprechende Beschränkungen sind auch in der nicht-börsennotierten Aktiengesellschaft vollumfänglich zu beachten. Hingegen darf nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Gesetzeswortlaut des § 87 Abs. 1 S. 2, 3 AktG ausdrücklich die Börsennotierung voraussetzt. Die undifferenzierte Anwendung ist auch nicht unter Berücksichtigung der Gesetzesbegründung geboten. Danach „sollte“ und nicht „muss“
608
s. dazu oben 3. Teil A.III.3.b)bb)(2)(b). Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 16/13433 (VorstAG), S. 10. 610 Ähnlich, im Zusammenhang mit Drittanstellungsverträgen, E. Vetter, FS HoffmannBecking, 2013, S. 1297, 1314. 609
A. Zulässigkeit von aktionärsseitigen Leistungen – Drittvergütung
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das Nachhaltigkeitskriterium in der nicht-börsennotierten Aktiengesellschaft berücksichtigt werden.611 Doch wie kann dieser vom Gesetzgeber selbst angelegten Differenzierung Rechnung getragen werden? Zunächst kann nicht davon ausgegangen werden, dass den Aufsichtsrat nicht die Pflicht träfe, auf eine Vorstandsvergütung hinzuwirken, die nicht mit dem Nachhaltigkeitskriterium in Einklang zu bringen ist.612 Das Nachhaltigkeitskriterium ist ein konkretisierender Maßstab, der sich bereits aus den abstrakt aus dem Unternehmensinteresse abgeleiteten Grundsätzen ergibt.613 Richtig wird es aber wohl sein, die Grenzen des Nachhaltigkeitskriteriums und daher insbesondere des Erfordernisses der mehrjährigen Bemessungsgrundlage weiter zu spannen. Dies wirkt sich auf zweierlei Weise aus. Erstens sind die oben dargelegten, von der herrschenden Meinung herausgearbeiteten, quantifizierbaren Grenzen des Nachhaltigkeitskriteriums aufzuweichen. Dies betrifft zum einen das Verhältnis der kurzfristig zu den langfristig ausgestalteten (variablen) Vergütungsbestandteilen und zum anderen den Maßstab der mehrjährigen Bemessungsgrundlage. Zweitens – und das ist wohl wesentlich – wirkt sich dies auf die sekundären Pflichten des Aufsichtsrats aus. Denn die Differenzierung kommt nur zum Tragen, wenn sich eine Aufweichung der Vorgaben in entsprechend abgesenkten Begründungspflichten des Aufsichtsrats niederschlägt.614 Mit anderen Worten kann der Aufsichtsrat kurzfristig variable Vergütungsbestandteile vereinbaren, ohne dass ihn der gleiche Begründungsaufwand wie bei Börsennotierung treffen würde. Konsequenz ist wiederum, dass die Vereinbarung kurzfristig variabler Vergütungsbestandteile in größerem Umfang möglich sein wird.615 Weitergehende Konkretisierungen sind indes kaum möglich. Denn die Unbestimmtheit des Nachhaltigkeitskriteriums wirkt sich naturgemäß noch stärker aus, wenn es nicht voll in Anklang zu bringen ist. Die Grenze ist mithin dort zu ziehen, wo die Drittvergütung eine nachhaltige Unternehmensentwicklung in Frage stellt.616 Wie dem wiederum zu begegnen ist, lässt sich an dieser Stelle nicht beantworten. Denn hierbei handelt es sich nicht um ein drittvergütungsspezifisches Problem, sondern um eine Fragestellung, die hinsichtlich sämtlicher Vergütung an Vorstände nicht-börsennotierter Gesellschaften zu untersuchen ist. Denn insofern gilt nichts 611 Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 16/13433 (VorstAG), S. 10. 612 Spindler, in: MüKo-AktG, § 87, Rn. 93; Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 87, Rn. 7. 613 Wagner, AG 2010, 774, 779; Spindler, in: MüKo-AktG, § 87, Rn. 93, 74; s. Nachweise in Fn. 278. 614 Überzeugend Spindler, in: MüKo-AktG, § 87, Rn. 93. 615 Spindler, in: MüKo-AktG, § 87, Rn. 93; diesem zustimmend Wöller, S. 168 f. 616 Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 87, Rn. 7, Pflicht zur Vermeidung von Fehlanreizen auch in der nicht-börsennotierten Aktiengesellschaft; Spindler, in: MüKo-AktG, § 87, Rn. 93, kurzfristig variable Vergütungselemente sind zulässig, sofern diese noch mit einer nachhaltigen Unternehmensentwicklung vereinbar sind.
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3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
anderes als in der börsennotierten Aktiengesellschaft: Auch in der nicht-börsennotierten Aktiengesellschaft muss sich die aktionärsseitige Drittvergütung an den Voraussetzungen messen lassen, die auch die gesellschaftsseitige Vergütung erfüllen muss.
VIII. Fazit Obwohl nicht vom Gesetz vorausgesetzt, sind aktionärsseitige Drittvergütungen durchaus zulässig. Unabdingbare prozessuale Voraussetzung hierfür ist jedoch die Einholung der Zustimmung des Aufsichtsrats – im Hinblick auf die von der Leistung ausgehende abstrakte Gefahr für das Unternehmensinteresse gebieten das sowohl die organschaftliche Treuepflicht des Vorstands als auch der Grundsatz der Leitungsautonomie und schließlich die Vergütungskompetenz des Aufsichtsrats; gerade nicht ausreichend ist die bloße Offenlegung der Leistung. Bei der Ausgestaltung der Leistung sind ferner zum einen Grenzen im Hinblick auf zulässige Anknüpfungspunkte der Leistung zu beachten und zum anderen Grenzen, die sich aus dem Angemessenheitserfordernis des § 87 Abs. 1 AktG ergeben. Dabei hat die Einbindung des Aufsichtsrats die Funktion, die Einhaltung dieser Vorgaben sicherzustellen – eine dispensierende Wirkung kommt der Zustimmung nicht zu. Schließlich ergeben sich weder aus der mitgliedschaftlichen Treuepflicht noch aus dem Kapitalmarktrecht weitergehende, eigenständige Beschränkungen. Mangels ausdrücklicher Verpflichtung auf die Nachhaltigkeit der Vergütung können jedoch in der nicht-börsennotierten Aktiengesellschaft die Grenzen materieller Ausgestaltung der Leistung etwas weiter gezogen werden.
B. Zulässigkeit transaktionsbezogener Leistungen des Bieters Als zweite Fallgruppe möglicher, der Legitimation zugänglicher Leistungen Dritter kommen Leistungen des Bieters im Rahmen eines Transaktionsprozesses in Betracht. Dies kann namentlich den Fall einer öffentlichen Übernahme betreffen, darüber hinaus aber auch die Übernahme nicht-börsennotierter Gesellschaften oder aber, im Rahmen von Umwandlungen, Leistungen der die Zielgesellschaft aufnehmenden Gesellschaft. Aufgrund der besonderen Stellung des Bieters als künftiger Aktionär/Gesellschafter ist auch in dieser Fallgruppe ein überwiegender Nutzen für die Zielgesellschaft und ihre Anteilseigner denkbar, insbesondere im Falle drittvergütungsähnlicher Leistungen (welche von rein transaktionsbezogenen Leistungen abzugrenzen sind, die allein auf eine Beeinflussung in der Übernahme selbst abzielen). Gleichwohl ist der Bieter (noch) eine gesellschaftsfremde Person, was zu weitergehenden Risiken als im Rahmen aktionärsseitiger Drittvergütung führt und einen verschärften Interessenkonflikt beim annehmenden Vorstandsmitglied zur
B. Zulässigkeit transaktionsbezogener Leistungen des Bieters
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Folge hat. Dennoch ist der Gesetzgeber hier einen Schritt weitergegangen, indem er durch § 33d WpÜG die Zulässigkeit bieterseitiger Leistungen implizit vorausgesetzt hat. Und obwohl § 33d WpÜG nur im Rahmen öffentlicher Übernahmen Anwendung findet, drängt sich diese Norm bei einer generellen Betrachtung transaktionsbezogener Leistungen des Bieters in den Vordergrund. Immerhin ist § 33d WpÜG und dessen Wertung bislang einzigartig im deutschen Recht. Insofern ist er als Grundlage für die ausführliche Betrachtung dieser Fallgruppe heranzuziehen, was zuallererst eine ausführliche Bewertung und Auslegung der Norm erfordert. Eine besondere Rolle spielt dabei ein inzidenter, systematischer Vergleich mit der Zulässigkeit bieterseitiger Leistungen unter gesellschaftsrechtlichen Maßstäben. Insgesamt sollen so umfassende Kriterien entwickelt werden, welche an die Zulässigkeit bieterseitiger Leistungen zu stellen sind. Nur auf diese Weise können die zahlreichen Unsicherheiten, die in diesem Zusammenhang bestehen (und die ein wichtiger Grund für das „Schattendasein“ der Norm sind) beseitigt werden. Anhand der so entwickelten Maßstäbe sind anschließend einzelne Leistungsarten einer umfassenden Bewertung zu unterziehen und schließlich ist – als Exkurs – ein Blick auf kapitalmarktrechtliche Transparenzpflichten des Bieters als auch des Vorstands gegenüber den Aktionären zu werfen, da sich diese immerhin als Teil eines einheitlichen Regelungskonzepts von Leistungen des Bieters entpuppen könnten.
I. Kapitalmarktrechtliche Bewertung – Grenze von Drittleistungen nach § 33d WpÜG Sofern es sich bei der Zielgesellschaft um eine börsennotierte Aktiengesellschaft handelt, sind Drittleistungen des Bieters im Zusammenhang mit einer Übernahme vom Verbot des § 33d WpÜG erfasst. Danach ist es dem Bieter und mit ihm gemeinsam handelnden Personen untersagt, Vorstands- oder Aufsichtsratsmitgliedern der Zielgesellschaft im Zusammenhang mit dem Angebot ungerechtfertigte Geldleistungen oder andere ungerechtfertigte geldwerte Vorteile zu gewähren oder in Aussicht zu stellen. Dabei erfasst § 33d WpÜG nur die Vorteilsgewährung durch den Bieter, hingegen nicht die Vorteilsannahme durch den Vorstand. Gleichwohl impliziert das Merkmal „ungerechtfertigt“, dass es – trotz Ausgestaltung als Verbotsvorschrift und Titulierung als „Bestechungsverbot“617 – auch gerechtfertigte Vorteilsgewährung geben muss. Dies betont der Gesetzgeber nochmals ausdrücklich, wenn er sagt, dass „freilich […] nicht jede Leistung verboten sein“ könne.618 Nachfolgend soll eine weitergehende Konkretisierung dieser Wertung geschaffen werden. Dafür bedarf es zunächst eines Blickes auf die Entstehungsgeschichte der Norm, und – darauf aufbauend – den Normzweck. Nach Darlegung der Anwendungsvoraussetzungen wird schließlich die „Rechtfertigung der Vorteilsgewährung“ 617
713. 618
So in der Literatur etwa Moosmayer, wistra 2004, 401, 401; Krause, NJW 2002, 705, Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 59.
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3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
– als zentraler Aspekt – einer umfassenden Prüfung und eigenen Beurteilung unterzogen. 1. Entstehungsgeschichte In seiner heutigen Form besteht § 33d WpÜG erst seit dem ÜbernahmerichtlinieUmsetzungsgesetz aus dem Jahre 2006. Aus „redaktionellen Gründen“ wurde § 33 Abs. 3 WpÜG a.F. aus § 33 WpÜG herausgelöst und als eigenständige Norm novelliert.619 Eine inhaltliche Änderung ist dabei nicht erfolgt; vielmehr wollte der Gesetzgeber wohl der erheblichen Kritik der Literatur an der damaligen Stellung der Norm Rechnung tragen, dass eine den Bieter treffende Pflicht in einer Vorschrift geregelt wurde, die originär den Organen der Zielgesellschaft Verhaltenspflichten aufgibt.620 Das insofern bereits der Vorgängervorschrift des § 33 Abs. 3 WpÜG a.F. inhaltsgleich innewohnende Verbot ist angeblich unter dem Eindruck der Mannesmann-Affäre entstanden, wenngleich es einen anderen Sachverhalt regelt. So ging es im Rahmen der Übernahme der Mannesmann AG durch Vodafone primär um nachträgliche Anerkennungsprämien der Gesellschaft selbst, zudem allenfalls indirekt noch um Leistungen eines veräußerungswilligen Aktionärs.621 Entgegen anderslautender Aussagen in der Literatur622 wurde das Verbot nicht erst in § 33 Abs. 4 RefE-WpÜG aufgenommen, sondern war bereits im ersten Diskussionsentwurf zum Entwurf eines Gesetzes zur Regelung von Unternehmensübernahmen vom 29. 6. 2000 (DiskE-ÜG)623 enthalten. So sollte es dem Bieter nach § 29 DiskE-ÜG verboten sein, „Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern der Zielgesellschaft im Zusammenhang mit der Übernahme Geldleistungen oder andere geldwerte Vorteile zu gewähren oder in Aussicht zu stellen“. In Abgrenzung zur späteren Fassung des § 33 Abs. 3 WpÜG a.F. und heutigem § 33d WpÜG gab es gerade keine Differenzierung nach der Rechtfertigung der Leistung, das Verbot sollte absolute Geltung haben. Warum allerdings bereits der darauffolgende § 33 Abs. 4 RefEWpÜG (der als Vorbild für § 33 Abs. 3 WpÜG a.F. diente) die bis heute geltende Auflockerung des Verbots bieterseitiger Leistungen vorsah, wurde in keiner Weise begründet.624 Der Gesetzgeber hat sich allein mit der bereits erwähnten Feststellung begnügt, dass nicht jede Leistung verboten sein könne, wobei er ausweislich der 619
Begr. RegE, BT-Drucks. 16/1003 (Übernahmerichtlinie-Umsetzungsgesetz), S. 21. Röh, in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, § 33d, Rn. 1; Kiem, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33d, Rn. 2; Krause/Pötzsch/Stephan, in: Assmann/Pötzsch/Scheider, WpÜG, § 33d, Rn. 2; Schlitt/Ries, in: MüKo-AktG, WpÜG, § 33d, Rn. 5; nach wie vor kritisch Hirte, in: Kölner Komm WpÜG, § 33d, Rn. 11. 621 s. dazu oben 3. Teil A.I.1. 622 Röh, in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, § 33d, Rn. 2; Krause/Pötzsch/Stephan, in: Assmann/Pötzsch/Scheider, WpÜG, § 33d, Rn. 1; Weber, S. 327. 623 Abgedruckt in NZG 2000, 844 ff. 624 Zu weiteren Begründungsdefiziten in der Entstehungsgeschichte dieser Vorschrift, namentlich im Zusammenhang mit der anknüpfenden Rechtsfolge, s. weiter unten 4. Teil B.I.1.a). 620
B. Zulässigkeit transaktionsbezogener Leistungen des Bieters
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Begründung zum RegE-WpÜG die Möglichkeit der Weiterbeschäftigung im Blick hatte, bspw. im Falle der wesentlichen Bedeutung des Managements für die Zielgesellschaft.625 2. Normzweck Ausweislich der Gesetzesbegründung wird mit § 33d WpÜG der primäre Zweck verfolgt, Zweifel an der Unabhängigkeit von Entscheidungen der Verwaltungsmitglieder der Zielgesellschaft zu vermeiden, die durch eine Incentivierung seitens des Bieters hervorgerufen werden könnten.626 Anlässlich der „erheblichen wirtschaftlichen Bedeutung von Unternehmensübernahmen“627 hatte der Gesetzgeber den beträchtlichen Anreiz für den Erwerbsinteressenten vor Augen, mittels Versprechen die Verwaltung der Zielgesellschaft zu einem nicht mehr im Interesse der Gesellschaft und ihrer Anteilseigner liegenden Verhalten zu veranlassen und sich damit Vorteile zu sichern.628 Exemplarisch sei an dieser Stelle nochmals die Gefahr genannt,629 dass der Bieter eine ablehnende Stellungnahme des Vorstands (i.S.d. § 27 WpÜG) hinsichtlich des Angebots verhindern möchte oder den Vorstand dazu veranlassen will, den Widerstand gegen ein bislang als feindlich eingestuftes Übernahmeangebot aufzugeben.630 Namentlich das Verbot lediglich „ungerechtfertigter“ Leistungen gibt der Literatur jedoch Schwierigkeiten bei der Bestimmung der Reichweite der Norm auf. Auf Grundlage der dargestellten, unbestrittenen, der Norm zu Grunde liegenden Intention werden in der Literatur im Wesentlichen zwei weitergehende Interpretationsansätze verfolgt: Eine Ansicht konzentriert sich auf den restriktiven Charakter und fordert eine Auslegung der Vorschrift anhand der parallelen strafrechtlichen Verbotsvorschriften (§§ 331 ff. StGB, § 299 StGB).631 Die Vertreter der anderen Auffassung wollen § 33d WpÜG als „Zentralnorm für die Bewältigung von Interessenkonflikten“ verstanden wissen, denen sich der Vorstand im Laufe des Übernahmeprozesses ausgesetzt sieht.632 In Konsequenz ist sie deutlich weniger restriktiv als die vorgenannte Interpretationslinie. Daran offenbart sich, dass das im Endeffekt dem Normzweck zu Grunde zu legende Verständnis über eine rein dogmatische Bedeutung hinausgeht. Denn die Reichweite der „Rechtfertigung“ von bieterseitigen 625
Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 59. Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 59. 627 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 59. 628 Kiem, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33d, Rn. 1; Röh, in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, § 33d, Rn. 2; Schlitt/Ries, in: MüKo-AktG, WpÜG, § 33d, Rn. 3. 629 s. dazu bereits ausführlich die Ausführungen im zweiten Teil, 2. Teil D.II.2. 630 Röh, in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, § 33d, Rn. 2; Schlitt/Ries, in: MüKo-AktG, WpÜG, § 33d, Rn. 3. 631 Hirte, in: Kölner Komm WpÜG, § 33d, Rn. 10; Röh, in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, § 33d, Rn. 2; Schlitt/Ries, in: MüKo-AktG, WpÜG, § 33d, Rn. 4. 632 Kiem, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33d, Rn. 5; Drygala, FS Schmidt, 2009, S. 269, 277 ff. 626
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3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
Leistungen selbst hängt maßgeblich vom – letztlich nur durch Auslegung zu bestimmendem – Verständnis des Normzwecks ab. Dieser ist anhand des Wortlauts der Norm, des historischen Willens des Gesetzgebers und der systematischen Einordnung der Vorschrift zu ermitteln.633 Gleichzeitig ist bereits an dieser Stelle auf das ambivalente Verhältnis von Normzweck und „Rechtfertigung“ hinzuweisen: Während die Reichweite der „Rechtfertigung“ anhand des Normzwecks auszulegen ist, prägt andererseits gerade die vom Gesetzgeber vorgesehene Möglichkeit der Rechtfertigung das Verständnis der Norm. a) Ausgangspunkt: Wortlaut und gesetzgeberische Intention Orientiert man sich am Wortlaut des § 33d WpÜG, erscheint auf den ersten Blick die Einordnung als Verbotsnorm offenbar: Es wird positiv ein Verbot ungerechtfertigter Leistungen ausgesprochen. Ebenso betitelt die Überschrift den Charakter der Norm als „Verbot der Gewährung ungerechtfertigter Leistungen“. Prima facie hatte der Gesetzgeber somit zuallererst die Unzulässigkeit und die Verhinderung von Leistungen Dritter im Blick und nicht etwa den Nutzen solcher Leistungen zur Auflösung eines Interessenskonflikts in der Zielgesellschaft. Gestützt wird diese Annahme durch einen Blick auf die Gesetzgebungsgeschichte. Im ersten Diskussionsentwurf zum Entwurf eines Gesetzes zur Regelung von Unternehmensübernahmen vom 29. 06. 2000 sah § 29 DiskE-ÜG als Vorgängervorschrift des heutigen § 33d WpÜG noch ein uneingeschränktes Verbot von Leistungen Dritter an die Verwaltungsorgane der Zielgesellschaft vor. Erst im Laufe des Gesetzgebungsprozesses wurde die Norm durch die Möglichkeit der Rechtfertigung ergänzt, allerdings ohne ausdrückliche Erläuterung dieses Sinneswandels. Zwar könnte der Grund dafür auch in dem Nutzen von Drittleistungen im Hinblick auf die Auflösung des Loyalitätskonflikts des Managements sein. Unter Berücksichtigung der Gesetzesbegründung erscheint dies zumindest als primärer Beweggrund jedoch kaum haltbar: So stellt der Gesetzgeber bei der Begründung des Verbots nach wie vor ausdrücklich darauf ab, dass das Verbot geschaffen wurde, um in „jedem Fall“ Zweifel an der Unabhängigkeit der Verwaltungsmitglieder zu vermeiden634 – auch angesichts des etwaigen Nutzens bieterseitiger Leistungen. Unter Berücksichtigung der bisweilen im Gesellschaftsrecht angestellten Wertung, einen Interessenskonflikt besser von
633
Rüthers/Fischer/Bork, S. 437, Rn. 725 ff. Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 59; diesen Gesichtspunkt und die sich daraus – nachfolgend konkretisierten – ergebenden Wertungen verkennt Löw, S. 20 f., 40 f., der § 33d WpÜG neben einem „verbandsrechtlichen“ auch einen „kapitalmarktrechtlichen“ Schutzzweck zuschreiben möchte. Ein solches Verständnis hat jedoch keinen Anknüpfungspunkt in den konkret zu § 33d WpÜG gemachten gesetzgeberischen Erwägungen, zudem läuft es Gefahr, dass die dargelegte primäre gesetzgeberische Intention durch die Berücksichtigung der Interessen anderer Marktteilnehmer konterkariert würde, s. dazu auch unten 3. Teil B.I.4.d) aa)(1)(b). 634
B. Zulässigkeit transaktionsbezogener Leistungen des Bieters
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vornherein zu vermeiden, als ihn durch sachgerechte Maßnahmen aufzulösen,635 kann diese Aussage nicht ohne hinreichende Gründe aufgeweicht werden. In Folge ist eine dazu gar konträre Auffassung, welche § 33d WpÜG primär als Instrument zur Auflösung von Interessenskonflikten verstehen will, zwar nicht von vornherein abzulehnen, bedürfte aber einer besonderen Rechtfertigung. b) Konkretisierung der Reichweite des Verbotscharakters anhand systematischer Erwägungen Dies vorausgeschickt, sollen nachfolgend zunächst die eingangs genannten Auslegungsansätze umfassend bewertet werden. Erst im Anschluss, und darauf aufbauend, wird ein eigenes Fazit zum Normzweck getroffen. aa) Auslegung anhand paralleler, strafrechtlicher Verbotstatbestände? Nach verbreiteter Ansicht handele es sich bei dem Verbot aus § 33d WpÜG um das zivilrechtliche Pendant zu den nur für Amtsträger geltenden strafrechtlichen Verboten der Vorteilsgewährung, § 333 StGB, und der Bestechung, § 334 StGB, bzw. zum allgemeineren Verbot der Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr nach § 299 StGB.636 Daher könne zur Auslegung der einzelnen Tatbestandsmerkmale auf die entsprechende strafrechtliche Rechtsprechung als auch das entsprechende Schrifttum zurückgegriffen werden.637 (1) Vergleichbarkeit mit §§ 333 f. StGB Zunächst steht die Vergleichbarkeit den strafrechtlichen Verboten der Vorteilsgewährung, § 333 StGB, und der Bestechung, § 334 StGB, auf dem Prüfstand. Diese wiederum gelten als „spiegelbildliche Gegenstücke“ zur Vorteilsannahme, § 331 StGB, und Bestechlichkeit, § 332 StGB.638 Inhalt dieser Vorschriften ist zum einen die Vorteilsgewährung an einen Amtsträger zur Vornahme einer Diensthandlung bzw., strenger geahndet, die Vorteilsgewährung an einen Amtsträger zur Vornahme einer Diensthandlung, mit der er seine Pflichten verletzt (Bestechung). 635 Allgemein BGH v. 21. 12. 1979 – II ZR 244/78, NJW 1980, 1629, 1630; Hopt, FS Lutter, 2000, S. 1361, 1369; Lutter, ZHR 145 (1981), 224, 239 ff.; Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des AR, 4. Aufl. 2002, Rn. 769; Dreher, JZ 1990, 896, 904; darauf hinweisend und zumindest für den Fall des § 33d WpÜG sowie unter rechtsvergleichenden Gesichtspunkten kritisch: Drygala, FS Schmidt, 2009, S. 269, 279, m.w.Nachw. 636 Hirte, in: Kölner Komm WpÜG, § 33d, Rn. 10; Schlitt/Ries, in: MüKo-AktG, WpÜG, § 33d, Rn. 4; diese Meinung anerkennend aber kritisch Röh, in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, § 33d, Rn. 2. 637 Hirte, in: Kölner Komm WpÜG, § 33d, Rn. 10; Röh, in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, § 33d, Rn. 2; Schlitt/Ries, in: MüKo-AktG, WpÜG, § 33d, Rn. 4. 638 Heine/Eisele, in: Schönke/Schröder, StGB, § 333, Rn. 1; Heger, in: Lackner/Kühl, StGB, § 333, Rn. 1; Korte, in: MüKo-StGB, § 333, Rn. 3; König, JR 1997, 397, 400.
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3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
Wenig überzeugend ist es zunächst, die Vergleichbarkeit der Verbotstatbestände aufgrund der mangelnden Amtsträgereigenschaft von Verwaltungsmitgliedern der Zielgesellschaft abzulehnen.639 Offensichtlich handelt es sich bei den Verwaltungsmitgliedern (üblicherweise) nicht um Amtsträger i.S.d. § 11 Abs. 1 Nr. 2 StGB oder für den öffentlichen Dienst besonders verpflichtete Personen i.S.d. § 11 Abs. 1 Nr. 4 StGB. Indes ist kennzeichnendes, verbindendes Kriterium aller als Amtsträger640 verpflichteten Personen, dass sie zu Dienstverrichtungen berufen sind, die aus der Staatsgewalt abgeleitet sind und staatlichen Zwecken dienen.641 Mithin handeln sie in Ausführung der Amtsträgertätigkeit nicht in eigenem Interesse, sondern für den Staat als abstraktes Gebilde als „Geschäftsherrn“. Und wie die verschiedenen strafrechtlichen Pflichten zudem verdeutlichen, sind sie dabei nicht berechtigt, eigene Interessen zu verfolgen. Im Ansatz ist die Stellung von Verwaltungsorganen juristischer Personen mit dieser Pflichtenlage durchaus vergleichbar. Freilich handeln sie nicht in Ausübung hoheitlicher Gewalt, aber auch ihnen sind Kompetenzen übertragen worden, die sie für die juristische Person als abstraktes Gebilde wahrnehmen. Wie bereits ausführlich dargelegt, sind sie dabei verpflichtet, der Verfolgung der Fremdinteressen oberste Priorität einzuräumen. Ebenso ist der Zweck der Verbotsvorschriften vergleichbar: Rechtsgut der §§ 331 ff. StGB ist das Vertrauen der Allgemeinheit in die Lauterkeit, d. h. in die Unkäuflichkeit von Hoheitsträgern und in die Sachlichkeit und Unparteilichkeit staatlicher Entscheidungen.642 Der Grund liegt letztlich in der Monopolstellung des Staates zur Ausübung bestimmter Rechte, welche dem Bürger einen Anspruch darauf gibt, dass staatliches Handeln gerecht erfolgt und nicht käuflich ist.643 Das daraus resultierende Vertrauen wäre bereits bei Anschein von Käuflichkeit beeinträchtigt.644 Damit besteht eine deutliche Parallele zum – insoweit unbestrittenen – Schutzzweck des § 33d WpÜG, der ebenfalls in erster Linie Zweifel an der Unabhängigkeit der Entscheidungen der Verwaltungsmitglieder vermeiden soll.645 Dies findet seine allgemeinere Absicherung in der herausgehobenen fiduziarischen Stellung und der damit verbundenen Rechtsmacht des Vorstands. Als Ausfluss der korrespondierenden organschaftlichen 639
So aber Krause/Pötzsch/Stephan, in: Assmann/Pötzsch/Scheider, WpÜG, § 33d, Rn. 3; Kiem, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33d, Rn. 3; Löw, S. 60; vereinzelt kann es gar in Betracht kommen, dass Vorstandsmitglieder auch als Amtsträger anzusehen sind, s. dazu unten 4. Teil B.III.1. 640 Wenn nachfolgend im Zusammenhang mit §§ 331 ff. StGB von dem Begriff Amtsträger die Rede ist, werden der Einfachheit halber davon auch die sonstigen Verpflichteten nach § 11 Abs. 1 Nr. 4 StGB erfasst. 641 St. Rspr., s. nur BGH v. 09. 10. 1990 – 1 StR 538/89, BGHSt 37, 191, 194, m.w.Nachw. 642 Überzeugend Korte, in: MüKo-StGB, § 331, Rn. 8; a.A. wonach der Schutz der Lauterkeit öffentlichen Handelns primärer Schutzzweck sein soll und das Vertrauen der Allgemeinheit als Ausfluss nur mittelbarer Schutzzweck wäre, Bannenberg, in: Wabnitz/Janovski, Hdb. des Wirtschafts- und Steuerstrafrechts, 12. Kapitel, II. 2 b), Rn. 47. 643 Korte, in: MüKo-StGB, § 331, Rn. 8. 644 Korte, in: MüKo-StGB, § 331, Rn. 8. 645 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 59.
B. Zulässigkeit transaktionsbezogener Leistungen des Bieters
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Treuepflicht müssen die Mitglieder des Vorstands bereits den Eindruck vermeiden, durch Interessen Dritter in ihrer uneingeschränkten Verpflichtung auf das Unternehmensinteresse befangen zu sein.646 Wenig überzeugend ist ferner der Einwand, dass im Rahmen von § 33d WpÜG im Unterschied zu §§ 333 f. StGB (auch „Unrechtsvereinbarung“, welches aus dem Erfordernis „für die Dienstausübung“ hergeleitet wird)647 ein kausaler Zusammenhang zwischen dem Vorteil und der Handlung nicht erforderlich sei.648 Im Anwendungsbereich der § 333 f. StGB muss der Vorteil Äquivalent für die Dienstausübung als solche sein; dabei muss er sich aber nicht auf eine konkrete Diensthandlung beziehen, ebenso wenig ist erforderlich, dass die konkrete Handlung schon in groben Zügen erkennbar ist.649 Nicht ausreichend ist hingegen, dass der Vorteil nur anlässlich der Dienstausübung gewährt wurde oder allgemein „im Zusammenhang mit dem Amt“ steht, mithin allein am Status als Amtsträger anknüpft.650 Eine vergleichbare Eingrenzung findet sich indes auch in § 33d WpÜG, nur auf anderer Ebene: Die Eingrenzung auf relevante Fälle ergibt sich bereits aus der Übernahmesituation selbst („im Zusammenhang mit dem Angebot“), die der Gesetzgeber bereits an sich für besonders gefahrträchtig hält.651 Eine entsprechende situationsbedingte Eingrenzung wäre im Rahmen der §§ 331 ff. StGB dagegen verfehlt, da sie ihrerseits die Gefahr nur lückenhafter Erfassung strafwürdigen Verhaltens zur Folge hätte. Um einer zu großen Ausweitung des immerhin strafbewährten Verbots dennoch entgegenzuwirken, erscheint der kausale Zusammenhang zwischen Vorteil und Handlung als Notwendigkeit, die sich im Rahmen des § 33d WpÜG bereits aus dem Erfordernis des Zusammenhangs der Leistung mit dem Angebot ergibt. Schließlich scheitert eine Vergleichbarkeit auch nicht daran, dass sich die Beschreibung der Tathandlung in ihrem Wortlaut unterscheidet.652 Dieser Einwand 646 Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 93, Rn. 95; Hopt/Roth, in: Großkomm AktG, § 93, Rn. 227. 647 Der Begriff „kausaler“ Zusammenhang wird in diesem Zusammenhang indes nicht benutzt, abgestellt wird zumeist auf das „Äquivalenzverhältnis“, Kuhlen, in: Kindhäuser/ Neumann/Paeffgen, StGB, § 331, Rn. 84; Korte, in: MüKo-StGB, § 331, Rn. 97; einen Überblick über die Bezeichnungen gibt Sowada, in: LK-StGB, § 331, Rn. 64. 648 Krause/Pötzsch/Stephan, in: Assmann/Pötzsch/Scheider, WpÜG, § 33d, Rn. 3. 649 Korte, in: MüKo-StGB, § 331, Rn. 97; Heine/Eisele, in: Schönke/Schröder, StGB, § 331, Rn. 30; Heger, in: Lackner/Kühl, StGB, § 331, Rn. 11; enger indes im Anwendungsbereich der §§ 332, 334 StGB, da der Amtsträger durch seine Diensthandlung konkrete Pflichten verletzen muss, BGH v. 14. 02. 2007 – 5 StR 323/06, NStZ-RR 2008, 13, 14. 650 Kuhlen, in: Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, StGB, § 331, Rn. 84; ein entspr. Vorschlag des Bundesrats wurde im Gesetzgebungsprozess mit der Begründung abgelehnt, dass durch eine solche Ausweitung „ein breites Spektrum nicht strafwürdiger Handlungen grundsätzlich in die Strafbarkeit einbezogen würde und die Schwierigkeiten einer klaren Abgrenzung zu nichtstrafwürdigen Zuwendungen geringeren Gewichts größer würden“, Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 13/8079, S. 15. 651 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 59. 652 So Krause/Pötzsch/Stephan, in: Assmann/Pötzsch/Scheider, WpÜG, § 33d, Rn. 3.
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3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
verkennt, dass es für eine Auslegungshilfe nicht auf die Art der Formulierung, sondern den Wesensgehalt der Vorschriften ankommt. Dass § 33d WpÜG aufgrund der Verschiedenheit der unterschiedlichen Rechtsgebiete, der unterschiedlichen Anwendungsfälle und nicht zuletzt aufgrund der im Wortlaut explizit hervorgehobenen Möglichkeit der Rechtfertigung den strafrechtlichen Bestechungsverboten nicht eins zu eins nachgebildet werden sollte und musste, steht wohl außer Frage. Sind bis zu diesem Punkt mithin deutliche Parallelen zwischen § 33d WpÜG und den §§ 331 ff. StGB erkennbar, erweist sich jedoch das Merkmal „ungerechtfertigter“ Leistungen als wesensverschiedenes Element. Denn hierin offenbart sich, dass beiden Verboten unterschiedliche praktische Erwägungen zu Grunde liegen: Zwar findet sich in den §§ 331 Abs. 3, 333 Abs. 3 StGB eine durchaus vergleichbare Möglichkeit der „Rechtfertigung“. Danach hat die Behörde die Möglichkeit der Genehmigung der Drittleistung an einen Amtsträger.653 Dies wird damit begründet, dass die Annahme solcher Leistungen die Interessen des Staates nicht (negativ) berührt und eine entsprechende Gefährdung schon gar nicht in der Leistung angelegt ist,654 sodass bereits deshalb eine entsprechende im Ermessen der Behörde stehende Rechtfertigungsmöglichkeit655 unproblematisch erscheint. So sollen bspw. als unverfänglich empfundene Geschenke oder Dankesleistungen nicht undifferenziert pönalisiert werden; ferner ist an Drittmittel im Rahmen universitärer Forschung zu denken, welche bereits dem Normzweck (Unkäuflichkeit im Zusammenhang mit der Ausübung hoheitlicher Rechte) nicht zwingend widersprechen, oder an die Anerkennung andersartiger Gebräuche im Ausland im diplomatischen Verkehr.656, 657 Vergleichbar unverfängliche Geschenke des Bieters an Vorstandsmitglieder, sind – abgesehen von sozialadäquaten Zuwendungen – dagegen von vornherein nicht denkbar, da aufgrund der besonderen Situation und Befugnisse des Vorstands potentiell jede Leistung eine beeinflussende Wirkung in sich trägt.658 Dass der Gesetzgeber dennoch die Möglichkeit der Rechtfertigung in § 33d WpÜG eingebaut hat, liegt in dem erheblichen praktischen Nutzen, den auch die Gesellschaft aus einer bieterseitigen Leistung haben kann, was auch der Gesetzgeber in der Gesetzesbe653 Ausführlich zu dem Streit um die Bestimmung der materiellen Genehmigungsvoraussetzungen: Sowada, in: LK-StGB, § 331, Rn. 111 ff. 654 Winkelbauer, NStZ 1988, 201, 202. 655 Heine/Eisele, in: Schönke/Schröder, StGB, § 331, Rn. 59, 64; Heger, in: Lackner/Kühl, StGB, § 331, Rn. 17; Kuhlen, in: Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, StGB, § 331, Rn. 129, 131; Sowada, in: LK-StGB, § 331, Rn. 113. 656 Heger, in: Lackner/Kühl, StGB, § 331, Rn. 14; Sowada, in: LK-StGB, § 331, Rn. 118; Heine/Eisele, in: Schönke/Schröder, StGB, § 331, Rn. 59. 657 Darüber hinaus impliziert auch die Anwendbarkeit allein auf Fälle, die nicht mit der Verletzung einer Dienstpflicht zusammenhängen (im Anwendungsbereich der strengeren §§ 332, 334 StGB besteht keine vergleichbare Genehmigungsmöglichkeit), dass bei Einhaltung der materiellen Genehmigungsvoraussetzungen zumindest eine Beeinträchtigung des geschützten Rechtsguts und damit ein Schaden für den Staat nicht zu befürchten ist. 658 s. dazu oben 2. Teil A.IV.
B. Zulässigkeit transaktionsbezogener Leistungen des Bieters
249
gründung maßgeblich hervorgehoben hat: Danach kann das Inaussichtstellen einer Weiterbeschäftigung insbesondere deshalb gerechtfertigt sein, weil „die Qualität des Managements einen wesentlichen Faktor für die Bewertung des Unternehmens“ darstelle und „unter Umständen die Übernahme insgesamt oder der gebotene Preis nur im Falle einzelner oder aller Organmitglieder der Zielgesellschaft vertretbar“ sei.659 Diese in der Rechtfertigungsmöglichkeit angelegte Differenzierung nach dem „Nutzen“ eröffnet im Rahmen des § 33d WpÜG einen weiteren oder zumindest anders gelagerten Spielraum für Differenzierungen als im Rahmen der §§ 331 Abs. 3, 333 Abs. 3 StGB, wo es gerade nicht auf einen überwiegenden Nutzen für den Staat ankommen darf. (2) Vergleichbarkeit mit § 299 StGB Nach der Neufassung des § 299 Abs. 2 Nr 2 StGB ist strafbar, wer im geschäftlichen Verkehr einem Angestellten oder Beauftragten eines Unternehmens ohne Einwilligung des Unternehmens einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen eine Handlung vornehme oder unterlasse und dadurch seine Pflichten gegenüber dem Unternehmen verletze. Im Gegensatz zu § 299 Abs. 2 StGB a.F., welcher nunmehr in § 299 Abs. 2 Nr. 1 StGB verortet und dessen primäre Intention der Schutz des freien und lauteren Wettbewerbs ist,660, 661 erfasst der genannte § 299 Abs. 2 Nr 2 StGB nunmehr ausdrücklich den Schutz der Interessen des Geschäftsherrn bzw. des Unternehmens.662 Durch die Neuregelung ist damit durchaus ein paralleler Anwendungsbereich zu § 33d WpÜG eröffnet. Gleichwohl erscheint ein Rückgriff auf § 299 Abs. 2 Nr. 2 StGB zur Auslegung des 33d WpÜG nicht zielführend. In praktischer Hinsicht ist die erst am 26. 11. 2105 in Kraft getretene Vorschrift zum einen zu jung und sieht sich zum anderen viel zu starken Diskussionen ausgesetzt,663 um eine geeignete Auslegungshilfe zu geben. Zudem 659
Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 59. BGH v. 09. 08. 2006 – 1 StR 50/06, NJW 2006, 3290, 3298; Fischer, StGB, § 299, Rn. 2; Tiedemann, in: LK-StGB, § 299, Rn. 1; Dannecker, in: Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, StGB, § 299, Rn. 11; Heine/Eisele, in: Schönke/Schröder, StGB, § 299, Rn. 2; Krick, in: MüKo-StGB, § 299, Rn. 2; Rönnau, in: Achenbach/Ransiek, Hdb. Wirtschaftsstrafrecht, § 299 StGB, Rn. 6 f.; Ludwig, in: Müller-Gugenberger/Bieneck, Wirtschaftsstrafrecht, § 53, Rn. 71; nach herrschender Ansicht ist die Treupflichtigkeit gegenüber dem Geschäftsherrn zwar ebenfalls intendiert, doch gilt dieser Schutzzweck als nachrangig gegenüber dem Schutz des Wettbewerbs. 661 Mangels Schutzes des lauteren und freien Wettbewerbs durch § 33d WpÜG (Krause/ Pötzsch/Stephan, in: Assmann/Pötzsch/Scheider, WpÜG, § 33d, Rn. 3; Heinrich, S. 321, Fn. 79; mittelbar a.A. Weber, S. 337, wenn er Bieterinteressen aufgrund eines „Wettbewerbs der Konzepte“ berücksichtigen will, damit dieser die Möglichkeit habe, Anreiz- und Steuerungseffekte seitens der Zielgesellschaft oder derer Aktionäre zu kompensieren), scheidet eine Vergleichbarkeit von vornherein aus. 662 Begr. RegE, BT-Drucks. 18/4350, S. 21. 663 s. dazu unten 4. Teil B.III.2. 660
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3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
fordert sie ihrerseits ein pflichtwidriges Verhalten des Vorstands, zu dessen Auslegung laut Gesetzesbegründung „auf Gesetz oder Vertrag“ zurückgegriffen werden soll.664 In Folge wird § 299 StGB wohl eher durch die (auch) unter § 33d WpÜG zu treffenden Wertungen bestimmt. In Abgrenzung stellt sich daher vielmehr die Frage, wie sich ein Verstoß gegen § 33d WpÜG auf eine Strafbarkeit nach § 299 StGB auswirkt.665 bb) Zentralnorm zur Bewältigung von Interessenkonflikten? Nach anderer Ansicht vertue vorgenannte Ansicht hingegen „die Chance“, klare und sachgerechte Verhaltensregeln zu schaffen, die der realen Interessenlage gerecht werden und die damit auch dem (von der Gesetzesbegründung geforderten) Nutzen der Gesellschaft dienen.666 Ein allein auf den Verbotscharakter reduziertes Verständnis der Norm würde nicht das praktische Bedürfnis nach einer Handhabung entsprechender Interessenkonflikte des Managements zur Zielgesellschaft widerspiegeln.667 Diesem kann heutzutage jedoch enorme Bedeutung bei Unternehmenskäufen zukommen, sodass im Rahmen von § 33d WpÜG die Bewältigung sich daraus ergebender Interessenkonflikte in den Vordergrund gestellt werden soll.668 (1) Praktisches Bedürfnis Ausgang jeglicher Kritik an einer zu restriktiven Auffassung der Norm ist, dass § 33d WpÜG außer dem eigentlich selbstverständlichen Rechtssatz, dass sich der Bieter durch Zuwendungen nicht das Wohlwollen der Leitungsorgane der Zielgesellschaft sichern darf, keine weiteren Abgrenzungskriterien an die Hand gebe.669 Es werde gerade nicht hinreichend klar vorgegeben, was gestattet und was untersagt werden soll. In Konsequenz würde die Reichweite der Rechtfertigung je nach Ansicht des Anwenders divergieren, was in der Rechtspraxis erhebliche Rechtsunsicherheit bedinge.670 Denn gepaart mit der Ausgestaltung als Verbotsnorm und der damit verbundenen „drakonischen Rechtsfolge der Nichtigkeit“, führe diese dazu, dass wesentliche, auch im Nutzen der Zielgesellschaft selbst und ihrer Aktionäre liegende, Absprachen zwischen Bietern und Leitungsorganen der Zielgesellschaft unterbleiben würden.671 Legt man aber nunmehr – wie die andere Ansicht – das 664
Begr. RegE, BT-Drucks. 18/4350, S. 21. s. dazu ausführlich unten 4. Teil B.III.2. 666 Kiem, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33d, Rn. 5; Drygala, FS Schmidt, 2009, S. 269, 277 ff.; in eine ähnliche Richtung Krause/Pötzsch/Stephan, in: Assmann/Pötzsch/Scheider, WpÜG, § 33d, Rn. 3. 667 Kiem, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33d, Rn. 5; Drygala, FS Schmidt, 2009, S. 269, 277 ff. 668 Kiem, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33d, Rn. 5. 669 Kiem, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33d, Rn. 4. 670 Kiem, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33d, Rn. 4. 671 Kiem, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33d, Rn. 4. 665
B. Zulässigkeit transaktionsbezogener Leistungen des Bieters
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Hauptaugenmerk auf den Verbotscharakter der Norm, würde dieser Effekt noch stärker zum Tragen kommen.672 Denn in Folge würde § 33d WpÜG nur noch die Wahl zwischen Zu- und Unzulässigkeit eröffnen,673 sodass kaum noch Raum für Differenzierungen verbliebe.674 So würde bspw. die Zulässigkeit von Maßnahmen zur Bindung des Managements an die Zielgesellschaft – die gerade in der Übernahmesituation besondere Bedeutung erlangen – einer schematischen Regelung unterworfen, welche die Bedürfnisse der Praxis nicht hinreichend berücksichtigen könne (bspw. Management-Buy-Outs oder Retention-Boni).675 Zwar ist es durchaus kritikwürdig, dass der Gesetzgeber versäumt hat, klarere Vorgaben zu machen, was als gerechtfertigt angesehen werden kann und was nicht. Doch ist schon im Ansatz unklar, wie und warum gerade ein – von den Vertretern dieser Ansicht gefordertes – noch offeneres Verständnis der Norm die daraus folgende Rechtsunsicherheit beseitigen soll, bzw. zu – wie von Kiem gefordert – klareren Verhaltensregeln für die wichtigsten Anwendungsfälle führen würde.676 Denn je offener ein Tatbestand, desto mehr Ansichten wird es im Hinblick auf seine Auslegung geben und desto unklarer wird die Vorgabe für den Rechtsanwender. Auch würde – auf Grundlage des geltenden Rechts – jegliche Differenzierung nach dem Nutzen, der sich aus einer weitgehenden Zulässigkeit von Interessenkonflikten ergibt, kaum noch zu handhaben sein. Denn unvermeidliche Konsequenz ist es, dass nicht nur die Interessen der Zielgesellschaft und ihrer Anteilseigner berücksichtigt würden, sondern auch die Interessen des Vorstands und des Bieters.677 In Anbetracht der Vermutung, dass im Laufe des Übernahmeprozesses ein „shift of management loyalty“ nicht unwahrscheinlich ist, darf die weitere Rechtfertigung, dass eine umfassende Bindung des Vorstands an die langfristigen Interessen des Bieters immer auch im auf die Übernahme bezogenen Wertsteigerungsinteresse der Altaktionäre liegen würde, zumindest bezweifelt werden. (2) Dogmatischer Vergleich: Rahmenrechte i.S.d. § 823 BGB Es ist bereits darauf hingewiesen worden, dass ein restriktiver Charakter der Norm nicht in Stein gemeißelt, sondern auch die „weitergehende“ Zulassung von Inter672
Kiem, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33d, Rn. 5. Röh, in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, § 33d, Rn. 2; Hirte, in: Kölner Komm WpÜG, § 33d, Rn. 10. 674 Röh, in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, § 33d, Rn. 2. 675 Röh, in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, § 33d, Rn. 2. 676 s. Kiem, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33d, Rn. 5 a.E. 677 Hinsichtlich der Interessen des Vorstands zeigt sich das anschaulich an den Ausführungen von Drygala, wonach der Vorstand durch ein striktes Verbot „moralisch“ überfordert würde und es daher sinnvoll sei, ihn im Rahmen der Transaktion „mit ins Boot“ zu holen, Drygala, FS Schmidt, 2009, S. 269, 279 f.; hinsichtlich der Interessen des Bieters an den Ausführungen von Weber, S. 340, wonach eine bieterseitige Leistung (auch wenn sie den Vorstand beeinflussen sollte) dann gerechtfertigt sei, wenn sie eine Übernahme ermögliche und diese im langfristigen Interesse der Zielgesellschaft liege. 673
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3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
essenkonflikten bei besonderer Rechtfertigung denkbar ist.678 Dass ein besonderes praktisches Interesse an einer liberaleren Handhabung des Verbots bieterseitiger Leistungen besteht, wurde sowohl bereits im zweiten Teil als auch soeben beschrieben. Für sich kann dieses Interesse eine liberale Handhabung der Norm zwar nicht überzeugend begründen. Etwas anderes könnte sich jedoch dann ergeben, wenn die Geltung entsprechender rechtspraktischer Erwägungen im Anwendungsbereich des § 33d WpÜG bereits in dessen Normstruktur angelegt ist. Drygala führt hierzu einen Vergleich mit den Rahmenrechten i.S.d. § 823 Abs. 1 BGB an, dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht sowie dem eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb.679 Im Kern seines Ansatzes steht die Kritik an der hergebrachten Einbettung des Kriteriums der „Rechtfertigung“, welches maßgeblich von dem vorgelagerten – hier diskutierten – Normverständnis abhängt: So sei die Möglichkeit der Rechtfertigung der Bieterleistung entgegen einer sich an den §§ 299, 331 ff. StGB orientierenden Auslegung gerade nicht als „RegelAusnahme-Verhältnis“ zu verstehen. Dieses Verständnis erinnere an die grds. § 823 Abs. 1 BGB zugrundeliegende Struktur der Unterscheidung zwischen Rechtsgutsverletzung und Rechtfertigung auf Ebene der Rechtswidrigkeit bzw. an die ebenso im Strafrecht vorgenommene Abgrenzung nach Tatbestand und Rechtswidrigkeit.680 Jedoch wird nach Auffassung Drygalas ein dementsprechendes strukturelles Verständnis des § 33d WpÜG dem Charakter des zu schützenden Rechtsguts nicht gerecht. So wohnt den unmittelbar durch § 823 Abs 1 BGB geschützten Rechtsgütern oder den Verbotsnormen des Strafgesetzes ein absolutes Verständnis inne, deren Verletzung bereits die Rechtswidrigkeit indiziert, sodass diese nur bei Vorliegen besonderer Rechtfertigungsgründe entfiele. Dass dies nicht auf bieterseitige Leistungen übertragbar sei, zeige sich bereits an § 11 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 WpÜG. Dieser setze implizit voraus, dass es auch zulässige bieterseitige Leistungen gebe, die abgesehen von ihrer Publizität keine besonderen Rechtfertigungsvoraussetzungen erfüllen müssten. Insbesondere komme aber dem durch § 33d WpÜG geschützten Rechtsgut keine vergleichbare absolute Wirkung zu. Denn „abgesehen von Unterschieden im Detail“ käme es für die Frage der Zulässigkeit immer darauf an, ob die bieterseitige Leistung im Unternehmensinteresse liege oder nicht. Dies sei aber ein „ausgesprochen schillernder Tatbestand, der in erheblichem Maße der Konkretisierung im Einzelfall“ bedürfe. Insofern liege es deutlich näher, eine Parallele zu den ebenfalls in § 823 BGB verorteten Rahmenrechten zu ziehen, deren Rechtswidrigkeit gerade nicht indiziert werden darf, sondern immer aufs Neue im Einzelfall positiv festgestellt werden müsse. Nichts anderes dürfe daher für die Frage der „Rechtfertigung“ im Rahmen des § 33d WpÜG gelten.681 678
s. 3. Teil B.I.2.a). Drygala, FS Schmidt, 2009, S. 269, 277 f. 680 Drygala, FS Schmidt, 2009, S. 269, 277, nach dessen Auffassung es sich bei der Rechtfertigung jedoch ersichtlich um ein Tatbestandsmerkmal handelt. 681 Der gesamte Absatz gibt sinngemäß die Ausführungen von Drygala, FS Schmidt, 2009, S. 269, 277 f., m.w.Nachw., wieder. 679
B. Zulässigkeit transaktionsbezogener Leistungen des Bieters
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Indes können auch diese Ausführungen Drygalas für das Verständnis des § 33d WpÜG nicht überzeugen. Zunächst einmal ist darauf hinzuweisen, dass die Transparenzpflicht des § 11 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 WpÜG gerade nicht an der Zulässigkeit der Leistung anknüpft, an sich mithin nicht einmal voraussetzt, dass es überhaupt zulässige bieterseitige Leistungen gibt.682 Diese Schlussfolgerung beruht allein auf Wortlaut und Gesetzesbegründung zu § 33d WpÜG,683 hat aber keinen Bezug zu dem für die Schlussfolgerung eigentlich maßgeblichen § 11 WpÜG. Insbesondere ist der Vorschrift aber nicht zu entnehmen, dass die Publizität einzige (zusätzlich zu § 33d WpÜG bestehende?) Voraussetzung zur Rechtfertigung der bieterseitigen Leistung ist. So erschließt sich bereits die Annahme, dass Transparenz überhaupt Teil der „Rechtfertigung“ ist, nicht ausdrücklich aus dem Gesetzeskontext, sondern ist nur – wenn auch zu begrüßende – Schlussfolgerung des Schrifttums.684 Dann aber – noch weitergehend – zu fordern, dass sie an sich bereits zur „Rechtfertigung“ ausreichend ist, entbehrt einer gesetzlichen Grundlage. Entscheidend ist aber, dass ein Vergleich der Struktur des § 33d WpÜG mit den Rahmenrechten des § 823 Abs. 1 BGB bei der Anwendung des Unternehmensinteresses einen wichtigen Aspekt außer Acht lässt. Zwar ist zuzugestehen, dass das Unternehmensinteresse in seiner Vielschichtigkeit grds. durchaus etwa dem Persönlichkeitsrecht vergleichbar ist. Doch kommt die Unbestimmtheit insbesondere dann zum Tragen, wenn es um innergesellschaftliche Kompetenz- und Organisationsfragen geht, bspw. an wessen Interessen sich der Vorstand wann im Rahmen seines Leitungsauftrags zu orientieren hat oder bei der Frage, was als langfristiger Nutzen für die Gesellschaft verstanden werden und wie dieser erreicht werden kann. Die Rolle von Dritten ist in diesem Zusammenhang (erst einmal) unbeachtlich, es sei denn als Teil des Unternehmensinteresses. Demgegenüber orientiert sich der Schutz des Persönlichkeitsrechts oder aber der Schutz des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs von vornherein am Verhältnis zu Dritten; ihre Vielschichtigkeit ergibt sich gerade aus den Berührungspunkten mit schützenswerten Belangen Dritter.685 Eine Einschränkung der Rahmenrechte erfolgt somit grds. nur durch 682 „Mit der Angabe in der Angebotsunterlage ist jedoch keine Entscheidung darüber getroffen, ob es sich bei den gewährten Vorteilen um nach diesem Gesetz zulässige Vorteile handelt“, Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 42. 683 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 59. 684 So zu Recht Kiem, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33d, Rn. 23 f.; Drygala, FS Schmidt, 2009, S. 269, 277 f.; s. dazu weiter unten ausführlich 3. Teil B.I.4.d)cc)(2). 685 Zum eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb: „[…] offener Tatbestand […], dessen Inhalt und Grenzen sich erst aus einer Interessen- und Güterabwägung mit der im Einzelfall konkret kollidierenden Interessensphäre anderer ergeben“, st. Rspr., BGH v. 21. 06. 1966 – VI ZR 261/64, BGHZ 45, 296, 307; v. 30. 05. 1972 – VI ZR 6/71, BGHZ 59, 30, 34; v. 09. 12. 1975 – VI ZR 157/73, BGHZ 65, 325, 331 f.; v. 21. 04. 1998 – VI ZR 196/97, BGHZ 138, 311, 318; aus der Literatur statt aller Wagner, in: MüKo-BGB, § 823, Rn. 258; zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht: „in jedem Einzelfall durch eine Güterabwägung ermittelt werden muss, ob der Eingriff durch ein konkurrierendes anderes Interesse gerechtfertigt ist oder nicht“, st. Rspr. BGH v. 19. 04. 2005 – X ZR 15/04, NJW 2005, 2766, 2770, m.w.Nachw.
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3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
seinerseits grundrechtlich ausgeprägte Rechte anderer Personen und wird umso enger gezogen, je weiter in den Kernbereich des Rahmenrechts eingegriffen wird.686 Insofern suggeriert ein Vergleich mit den Rahmenrechten, dass die Interessen Dritter bei der Leistung an Vorstandsmitglieder als schützenswertes Abwägungskriterium Geltung erhalten dürften. So schillernd das Unternehmensinteresse bei der Frage des Nutzens für die Gesellschaft ist, so klar ist es aber – gerade in Abgrenzung zu den Rahmenrechten – bei der Frage, welche Rolle außenstehenden Dritten wie dem Bieter zukommt. Es ist unbestritten, dass der Vorstand im Rahmen seines Leitungsauftrags nur das Interesse des Unternehmens im Auge haben darf, auch eigene Interessen dahinter zurückzustellen hat und nur mittelbar bei parallelem Vorteil der Gesellschaft einen eigenen Vorteil ziehen darf.687 Insbesondere aber darf sich der Vorstand nicht durch die Interessen Dritter beeinflussen lassen. Dieser essentielle Wesensgehalt, der zugleich Ausdruck und Schutz des Unternehmensinteresses ist, liegt ausdrücklich und allgemein anerkannt auch § 33d WpÜG zu Grunde; denn ausweislich der Gesetzesbegründung ist primärer Schutzgehalt des § 33d WpÜG die Integrität des Vorstands.688 Und wozu sonst soll durch das bieterseitige Leistungsverbot „in jedem Fall“ vermieden werden, dass Zweifel an der Unabhängigkeit der Entscheidung des Vorstands entstehen,689 wenn nicht in Abgrenzung zur Berücksichtigung von Eigeninteressen und (damit mittelbar) von Bieterinteressen? Gerade hierin spiegelt sich die Gefahr für die Gesellschaft, die sich aus der Berücksichtigung jeglicher Interessen ergibt, die nicht Teil des eigentlichen Pflichtenauftrags des Vorstands sind. In eindeutigem – auch dogmatischen – Unterschied zu den deliktsrechtlichen Rahmenrechten enthält § 33d WpÜG mit der Integrität des Vorstands somit ein gegenüber dem Bieter absolut zu schützendes Rechtsgut. Damit ist es insbesondere unvereinbar, dass die Rechtswidrigkeit einer Leistung als hinreichend potentieller Verstoß gegen dieses Rechtsgut im Einzelfall immer „positiv festgestellt“ werden müsse. Eine abweichende Auffassung wäre nur de lege ferenda auf Grundlage klarer gesetzgeberischer Entscheidung denkbar, keinesfalls aber auf Grundlage der Rechtslage de lege lata. c) Fazit: Verbotscharakter unter Beachtung übernahmerechtlicher Besonderheiten zu Gunsten der Gesellschaft und ihrer Anteilseigner Primäre Normintention ist die Vermeidung unsachgemäßer Entscheidungen des Vorstands anlässlich bieterseitiger Leistungen. Aufgrund klarer Entscheidung des 686
Bspw. BGH v. 21. 06. 1966 – VI ZR 261/64, BGHZ 45, 296, 307 „[…] zeigt sich auch in der methodischen Behandlung die Tendenz, einer negativen Kritik keinen allzu großen Spielraum zu geben, wenn gewerbliche Belange berührt werden.“. 687 s. dazu oben 3. Teil A.III.1.a)bb)(3). 688 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 59; s. dazu einleitend 3. Teil B.I.2. 689 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 59.
B. Zulässigkeit transaktionsbezogener Leistungen des Bieters
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Gesetzgebers ist dies im Kern restriktiv auszulegen, was sich auch, aber nicht nur an der vergleichbaren Interessenlange im Rahmen der strafrechtlichen Bestechungsverbote zeigt. In Abgrenzung zu diesen kommt aber der Rechtfertigungsmöglichkeit im Rahmen des § 33d WpÜG eine besondere Bedeutung zu. Während eine Rechtfertigung von Leistungen an Amtsträger nur in Betracht kommt, wenn keine Gefahr für das geschützte Rechtsgut (Unparteilichkeit der staatlichen Hoheitsgewalt) besteht, stellt sich im Falle bieterseitiger Leistungen die Frage nach dem Nutzen für die Zielgesellschaft und ihre Anteilseigner. Deswegen kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass § 33d WpÜG einfach nur die Wahl zwischen „Zulässigkeit und Unzulässigkeit“ eröffnet. Dazu geben bereits die Ausführungen des Gesetzgebers keinen Anlass. Der Wert des Managements für die Zielgesellschaft kann nicht pauschal angenommen werden, sondern ist vom Einzelfall abhängig. Sofern aber daraus ein Nutzen für die Gesellschaft und ihre Anteilseigner wahrscheinlich ist, lässt § 33d WpÜG (in Abgrenzung zu den strafrechtlichen Verbotsnormen) entsprechende potentielle Interessenkonflikte des Vorstands durchaus zu.690 Entgegen der noch weitergehenden Ansicht, die § 33d WpÜG als Zentralnorm zur Bewältigung von Interessenkonflikten verstehen will, wird der restriktive Charakter aber nicht verdrängt, sondern eben nur insoweit zurückgedrängt, als dass der Schutz vor einem Schadens für die Gesellschaft und deren Anteilseigner in Folge potentieller Bestechlichkeit hinreichend gewahrt ist. Der Normcharakter zielt damit auf eine hinreichende Sicherung des Schutzniveaus unter der Nebenbedingung der Zulässigkeit eines der Gesellschaft nützlichen und kontrollierbaren Interessenkonflikts. Die besondere Situation der Übernahme verlangt mithin die Möglichkeit der Rechtfertigung nicht nach Maßstab des Strafrechts, sondern nach Maßstab des Übernahmerechts, oder, noch allgemeiner, nach aktienrechtlichen Kriterien zur Kontrolle von Interessenkonflikten zu bestimmen.691 Damit bleibt es grds. bei dem eingangs dargelegten Normzweck, dass § 33d WpÜG primär die Vermeidung von Zweifeln an der Unabhängigkeit der Entscheidung des Vorstands im Blick hat, m.a.W. dessen Integrität. Doch ist dieser insofern zu ergänzen, dass eine Beeinträchtigung dieses Grundsatzes – und damit die Zulassung eines Interessenkonflikts des Vorstands – u. U. dann möglich ist, wenn der Zielgesellschaft und ihren Anteilseignern ein Vorteil aus der Leistung erwachsen kann.
3. Anwendungsvoraussetzungen a) Normadressat Das Verbot des § 33d WpÜG richtet sich allein an den Bieter i.S.d. § 2 Abs. 4 WpÜG und mit ihm gemeinsam handelnde Personen i.S.d. § 2 Abs. 5 WpÜG. Da690
Hier zeigen sich im Übrigen deutlich die Parallelen zu der Rechtfertigung im Rahmen organschaftlicher Treuepflichten, s. oben 2. Teil A.IV. 691 Ähnlich, wenn auch unter Ablehnung eines Vergleichs mit den §§ 331 ff. StGB, Krause/ Pötzsch/Stephan, in: Assmann/Pötzsch/Scheider, WpÜG, § 33d, Rn. 3.
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gegen sind die Verwaltungsorgane der Zielgesellschaft nicht vom Wortlaut erfasst, wenngleich diese freilich bereits aufgrund ihrer organschaftlichen Treuepflicht das Verbot der Annahme von Schmiergeldern oder sonstigen, sie von ihrem eigentlichen Pflichtenauftrag ablenkenden Leistungen Dritter entgegenzunehmen, trifft.692 Eine Erklärung, warum aber der Gesetzgeber § 33d WpÜG allein auf den Bieter bezogen und nicht auf die Verwaltungsmitglieder der Zielgesellschaft erweitert hat, ist er schuldig geblieben.693 Leistungen der eigenen Aktionäre im Zusammenhang mit einem Angebot694 oder Leistungen durch die Zielgesellschaft selbst695 eröffnen unbestritten nicht den Anwendungsbereich des § 33d WpÜG. Eine „Ausnahme“ ist hier allein dann anzunehmen, wenn sich die Leistung durch einen Aktionär oder die Gesellschaft als mittelbare Leistung des Bieters darstellt.696 Dabei ist allein darauf abzustellen, wer Nutznießer und damit Initiator der Leistung ist. So ist denkbar, dass die Leistung von Aktionär oder Gesellschaft im Endeffekt durch den Bieter ausgeglichen wird.697 Umgekehrt ist für die Qualifizierung als Bieterleistung nicht zwingend erforderlich, dass diesem auch die Kosten als Äquivalent anfallen – vielmehr ist auch denkbar, dass die Kosten letztlich die Zielgesellschaft zu tragen hat.698 b) Anforderungen an die Tatbestandsmäßigkeit der Leistung Neben den verallgemeinerungsfähigen Anforderungen an eine Drittleistung aufgrund ihrer Fähigkeit zur Abstraktion auf andere Leistungssituationen, namentlich die Frage nach dem Adressaten der Drittleistung,699 der Bestimmung des Leistungsinhalts unter den Begriffen Geld oder geldwerter Vorteil700 und der Relevanz des Gewährens als auch der Erweiterung um das „in Aussicht stellen“,701 692 s. dazu unten 3. Teil B.I.4.d)bb); und speziell zum Verhältnis von § 33d WpÜG und organschaftlicher Treuepflicht, 3. Teil B.I.4.d)bb)(3). 693 Kritisch etwa Spindler, FS Schwark, 2009, S. 641, 651. 694 Traugott/Grün, AG 2007, 761, 768; Schüppen, FS Tiedemann, 2008, S. 749, 754; Krause/Pötzsch/Stephan, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 33d, Rn. 6, Fn. 9; Noack/ Zetzsche, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 33d, Rn. 6; Hirte, in: Kölner Komm WpÜG, § 33d, Rn. 17. 695 Hirte, in: Kölner Komm WpÜG, § 33d, Rn. 17; Kiem, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33d, Rn. 6; Krause/Pötzsch/Stephan, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 33d, Rn. 5 f. 696 s. dazu Fastrich, FS Heldrich, 2005, S. 143, 148; Bachmann, in: Veil, Übernahmerecht, S. 109, 132. 697 Fastrich, FS Heldrich, 2005, S. 143, 148. 698 Schlitt/Ries, in: MüKo-AktG, WpÜG, § 33d, Rn. 9; Kiem in Baums/Thoma, WpÜG, § 33d, Rn. 6; Heinrich, S. 320; Bachmann, in: Veil, Übernahmerecht, S. 109, 132; Weber, S. 333. 699 s. dazu bereits oben 2. Teil B.I. 700 s. dazu bereits oben 2. Teil B.II. 701 s. dazu bereits oben 2. Teil B.II.; bedenkenswert ist der von Löw, S. 75 f. vorgetragene Ansatz, aufgrund der Marktüblickheit von Management-Beteiligungen im Rahmen von Pri-
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setzt der Tatbestand des § 33d WpÜG ferner situationsspezifische Elemente voraus: Zunächst verbleibt hinsichtlich des Adressaten der Leistung anzumerken, dass durch § 33d WpÜG jegliche Mitglieder des Vorstands oder Aufsichtsrats einer börsennotierten Aktiengesellschaft erfasst sind. Dabei ist weder erforderlich, dass durch die Leistung sowohl Vorstands- als auch Aufsichtsratsmitgliedern Vorteile gewährt oder in Aussicht gestellt werden,702 noch müssen alle Vorstands- bzw. Aufsichtsratsmitglieder incentiviert worden sein.703 Als situationsbedingtes kennzeichnendes Kriterium i.S.d. § 33d WpÜG muss die Bieterleistung ferner im Zusammenhang mit dem Bieterangebot stehen.704 Nach einhelliger Meinung ist damit ein sachlicher und zeitlicher Zusammenhang zwischen Leistung und Angebot des Bieters gemeint.705 Indes zeigen sich hier durchaus Unklarheiten: Eine Definition des sachlichen Zusammenhangs findet sich zunächst in der Literatur nicht. Unter Berücksichtigung des Normzwecks ist dieser aber wohl immer dann anzunehmen, wenn die Leistung geeignet ist, in der Übernahmesituation einen Interessenskonflikt zu der eigentlichen Pflichtenbindung des Verwaltungsmitglieds zu erzeugen, ihr mithin Beeinflussungspotential hinsichtlich des Angebots innewohnen kann. Unerheblich muss dabei sein, ob sich die Beeinflussungswirkung auf das eigene Angebot bezieht oder auf die Diskreditierung eines konkurrierenden Angebots, maßgeblich ist allein die Verfolgung eigener Interessen. Unklar bleibt hingegen, wann dem Erfordernis des zeitlichen Zusammenhangs hinreichend nachgekommen wird. Dies betrifft sowohl den Zeitraum vor als auch nach Übernahme. Zur Bestimmung des maßgeblichen Zeitraums vor Übernahme wird vorgeschlagen, denselben Zeitraum zu Grunde zu legen wie in § 33 Abs. 1 WpÜG, was die frühere Platzierung der Regelung in § 33 Abs. 3 WpÜG nahelegen könnte.706 Allerdings ist dies abzulehnen, da die Anforderungen des § 33d WpÜG allzu leicht vate-Equity-Transaktionen ein „In Aussicht stellen“ im Sinne eines Anscheinsbeweises zu unterstellen. 702 Noch im Referentenentwurf zum Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz (WpÜG) v. 12. 03. 2001 verbot es § 33 Abs. 4 RefE-WpÜG als die dem heute § 33d WpÜG entsprechende Regelung, dem Bieter, Vorstands- „und“ Aufsichtsratsmitgliedern ungerechtfertigte Vorteile zu gewähren oder in Aussicht zu stellen. Auf Empfehlung des Finanzausschusses ist das im Text beschriebene Verständnis durch die Verwendung des Wortes „oder“ anstelle des Wortes „und“ sichergestellt worden, dazu Hirte, in: Kölner Komm WpÜG, § 33d, Rn. 12. 703 Schlitt/Ries, in: MüKo-AktG, WpÜG, § 33d, Rn. 7; Krause/Pötzsch/Stephan, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 33d, Rn. 7; Hirte, in: Kölner Komm WpÜG, § 33d, Rn. 12; Kiem, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33d, Rn. 7. 704 Dabei meint der Begriff Angebot sowohl Übernahmeangebote als auch Pflichtangebote i.S.d. WpÜG; Krause/Pötzsch/Stephan, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 33d, Rn. 13; Löw, S. 43 f. 705 Röh, in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, § 33d, Rn. 7; Schlitt/Ries, in: MüKo-AktG, WpÜG, § 33d, Rn. 10; Krause/Pötzsch/Stephan, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 33d, Rn. 13; Kiem, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33d, Rn. 11. 706 Krause/Pötzsch/Stephan, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 33d, Rn. 14.
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3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
umgangen werden könnten, wenn man sie an die offizielle Veröffentlichung des Angebots koppeln würde. Zwar schaffen auch die Vertreter dieser Eingrenzung entsprechende Ausnahmefälle,707 doch ergeben diese sich letztlich auch nur aus der Entscheidungserheblichkeit des sachlichen Zusammenhangs, sodass der vorgeschlagene Rahmen für den zeitlichen Zusammenhang letztlich seine eigenständige Bedeutung verliert. Das Erfordernis eines zeitlichen Zusammenhangs nach Übernahme kann darüber hinaus insbesondere im Rahmen von Managementbeteiligungen Probleme bereiten, bei denen sich (wenn nicht bereits vergünstigt gewährt) ein wirklicher Ertrag häufig erst einige Zeit nach Übernahme, mitunter erst im Rahmen des angestrebten Exits des Finanzinvestors einstellt.708 Indem allerdings auch das „in Aussicht stellen“ erfasst und die Qualifikation als „Leistung“ i.S.d. Norm überdies nicht von einem bestimmten Verhalten und Handlungserfolg abhängig ist, zeigt sich, dass der „Zusammenhang“ letztlich allein anhand der potentiellen Beeinflussungswirkung hinsichtlich der Übernahme zu bestimmen ist.709 Und die Beeinflussungswirkung ergibt sich bereits aus den Verhandlungen, Absprachen oder Ähnlichem, die, ohne einen konkreteren Rahmen bestimmen zu müssen, in zeitlichem Umfeld mit dem Angebot erfolgen.710 Aufgrund dieser Eingrenzungsprobleme – sowohl vor, aber auch nach Übernahme – wird letztlich wohl allein der sachliche Zusammenhang entscheidend sein. Ansonsten könnte man im Übrigen insbesondere vor Übernahme das Erfordernis der Angebotskonnexität zu leicht umgehen, indem man – vorausschauend – bereits vor nach außen erkennbarem Interesse Absprachen mit Verwaltungsmitgliedern potentieller Zielgesellschaft trifft.711 c) Problematische Einzelfälle Im Zusammenhang mit Bieterleistungen bereitet insbesondere die Subsumtion folgender zweier Einzelfälle Schwierigkeiten: Zum einen die Zusagen der Weiterbeschäftigungen durch den Bieter, zum anderen die Aussicht auf eine Managementbeteiligung an der Zielgesellschaft selbst oder an einer deren Anteile erwerbenden NewCo. Allenfalls können diese als „geldwerte Vorteile“ zu qualifizieren 707 So schlagen Krause/Pötzsch/Stephan, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 33d, Rn. 14 vor, dass sowohl Leistungen vor Veröffentlichung i.S.d. § 10 WpÜG diesen Zusammenhang aufweisen können als auch solche nach Veröffentlichung, § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 WpÜG, wenn der Bieter den Vorteil dafür verspricht, dass der Vorstand seine opponierende Haltung gegenüber den Kartellbehörden aufgibt. 708 So die „Befürchtungen“ von Weber, S. 334, der sie aber zumindest im Ergebnis wie hier auflöst. 709 Deshalb ist es auch irrelevant, dass Managementbeteiligungen ihre maßgebliche Wirkung erst nach Übernahme entfalten und sich rentieren, ebenso Weber, S. 334. 710 Insofern kann man dem zeitlichen Zusammenhang zumindest eine (widerlegbare) Vermutung hinsichtl. des sachlichen Zusammenhangs entnehmen, Steinmeyer, in: Steinmeyer, WpÜG, § 33d, Rn. 4. 711 Diese Entscheidungserheblichkeit des sachlichen Zusammenhangs erkennen letztlich wohl auch Krause/Pötzsch/Stephan, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 33d, Rn. 14 an.
B. Zulässigkeit transaktionsbezogener Leistungen des Bieters
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sein, worunter sämtliche Leistungen gefasst werden, welche die wirtschaftliche Lage des Vorstandsmitglieds objektiv verbessern – immaterielle Vorteile genügen nicht.712 aa) Weiterbeschäftigung Unproblematisch eröffnet die Aussicht auf Weiterbeschäftigung den Anwendungsbereich des § 33d WpÜG, sofern mit dieser etwaige Vorteile verbunden sind, etwa die Wiederbestellung in Aussicht gestellt wird oder aber eine Erhöhung der Bezüge.713 Uneinigkeit besteht aber dann, wenn sich der Bieter auf die Zusage beschränkt, das betreffende Vorstandsmitglied bei gleichen Bezügen und in gleicher Position im Amt zu belassen. Mit der Erwägung, dass das Vorstandsmitglied dadurch nichts erhalte, was ihm nicht ohnehin bereits zustünde, wird solchen Zusagen teils der Charakter als geldwerter Vorteil versagt.714 Nach anderer Auffassung wird eine solche Zusage der Weiterbeschäftigung hingegen als geldwerter Vorteil angesehen.715 Letztere Auffassung findet insbesondere Rückhalt in der Gesetzesbegründung zu § 33d WpÜG, welche den Fall der Weiterbeschäftigungszusage undifferenziert als Beispiel für die Rechtfertigung von Leistungen anführt;716 denknotwendig setzt die Möglichkeit der Rechtfertigung aber überhaupt erst die Eröffnung des Tatbestands des § 33d WpÜG und damit die Subsumtion solcher Zusagen unter den Begriff „geldwerter Vorteil“ voraus.717 Freilich ist diese Interpretation nicht in Stein gemeißelt. So könnte man immerhin argumentieren, dass der Gesetzgeber in diesem Zusammenhang nur an solche Zusagen gedacht hat, die eben auf eine Erhöhung der Bezüge abzielen oder aber die erneute Bestellung. Abgesehen davon, dass sich hierfür keine Anhaltspunkte in der Gesetzgebungsgeschichte finden, spricht gegen eine solch einschränkende Interpretation jedoch insbesondere, dass auch die bloße Aussicht auf unveränderte Fortsetzung der Vorstandstätigkeit, zumindest mittelbar, als wirtschaftliche Besserstellung angesehen werden kann. Es gilt als erwiesen, dass in Folge einer Unternehmensübernahme ein deutlicher Anstieg von ausscheidenden
712 Krause/Pötzsch/Stephan, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 33d, Rn. 10; Kiem, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33d, Rn. 10; Schlitt/Ries, in: MüKo-AktG, WpÜG, § 33d, Rn. 9; Steinmeyer, in: Steinmeyer, WpÜG, § 33d, Rn. 4; Reichert/Ott, FS Goette, 2011, S. 397, 410. 713 Allg.M., s. etwa Krause/Pötzsch/Stephan, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 33d, Rn. 10. 714 Hirte, in: Kölner Komm WpÜG, § 33d, Rn. 13; Krause/Pötzsch/Stephan, in: Assmann/ Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 33d, Rn. 10; Renner, in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, § 11, Rn. 80; Thoma, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 11, Rn. 92; Reichert/Ott, FS Goette, 2011, S. 397, 411; Heinrich, S. 319. 715 Ausdrücklich nur Steinhardt/Nestler, in: Steinmeyer, WpÜG § 11, Rn. 81; Weber, S. 340, Fn. 547; Noack/Zetzsche, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 33d WpÜG, Rn. 4; implizit voraussetzend Kiem, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33d, Rn. 20; Schlitt/Ries, in: MüKo-AktG, WpÜG, § 33d, Rn. 12; Schwennicke, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, § 33d, Rn. 3. 716 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 59. 717 Ebenso Reichert/Ott, FS Goette, 2011, S. 397, 410.
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3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
Vorstandsmitgliedern zu verzeichnen ist.718 Mithin haben die Vorstandsmitglieder im Vorfeld einer Übernahme durchaus Grund zu der Besorgnis, nach erfolgter Übernahme ihr Amt verlieren zu können. Wenngleich damit i. d. R. eine Abfindung verbunden sein wird, bringt daher die Übernahme aufgrund größerer Planungsunsicherheit eine zumindest mittelbare wirtschaftliche Schlechterstellung des Vorstandsmitglieds mit sich.719 Eine Zusage des Bieters, die dem Vorstandsmitglied diese Sorge bzw. Unsicherheit nimmt, geht damit durchaus über einen rein immateriellen Vorteil hinaus und ist überzeugenderweise im Umkehrschluss als wirtschaftliche Besserstellung und damit als „geldwerter Vorteil“ anzusehen. Gestützt wird diese weite Auslegung des Tatbestands im Übrigen durch die Erwägung, dass die Zusage des status quo durchaus unterschiedlich erfolgen kann, namentlich kann diese unverbindlich oder verbindlich erfolgen. Lässt man an dieser Stelle die noch darzustellenden gesellschaftsrechtlichen Schwierigkeiten zunächst einmal außen vor,720 würde z. B. die verbindliche Zusage des Bieters, auf den Aufsichtsrat dergestalt einzuwirken, dass dieser eine Abberufung des Vorstands nicht vornehmen wird, eine sogar über die Grenzen des § 84 Abs. 3 AktG hinausgehende Zusage bedeuten. Ein solcher „Freifahrtschein“ ist nicht unähnlich zu dem – als „geldwerter Vorteil“ unbestritten akzeptierten721 – Verzicht auf die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen das Vorstandsmitglied. bb) Managementbeteiligung Unklar ist ferner die Subsumtion von Managementbeteiligungen unter § 33d WpÜG. Sofern diese in Form von sweet equity oder in Zusammenhang mit anderweitigen Vergünstigungen wie etwa der vergünstigten Darlehensgewährung zur Finanzierung des Beteiligungserwerbs erfolgen, sind diese unproblematisch zumindest als „geldwerter Vorteil“ erfasst.722 Erfolgt hingegen der Erwerb der Beteiligung ohne solche Vergünstigungen, soll nach vertretener Auffassung auch kein
718 Hölters, in: Hölters, Hdb. Unternehmens- und Beteiligungskauf, Teil I, Rn. 70; Hopt, FS Lutter, 2000, S. 1361, 1376 f.; Grunewald, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33, Rn. 10; Weihe/ Elschen, FB 2004, 602, 604; Mülbert/Birke, WM 2001, 705, 709; Koch, Forum Unternehmenskauf 2009, 105, 114. 719 Ebenso Weber, S. 340, Fn. 547; explizit a.A. Heinrich, S. 319, Fn. 73. 720 s. zu gesellschaftsrechtlichen Bedenken, insbesondere hinsichtlich verbindlicher Klauseln, unten 3. Teil B.II.1.b). 721 Krause/Pötzsch/Stephan, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 33d, Rn. 10; Hirte, in: Kölner Komm WpÜG, § 33d, Rn. 13; Kiem, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33d, Rn. 10; Röh, in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, § 33d, Rn. 5. 722 Allg.M., s. etwa Krause/Pötzsch/Stephan, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 33d, Rn. 10; zu Unrecht selbst bei solch klar gelagerten Fällen aufgrund des Risikos, das mit dem Erwerb einer Beteiligung einhergeht, differenzierend und eher ablehnend v. Werder/ Braun/Fromholzer, in: Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, II., Rn. 118.
B. Zulässigkeit transaktionsbezogener Leistungen des Bieters
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„geldwerter Vorteil“ anzunehmen sein.723 Allerdings ist auch dieser Einschränkung nicht zu folgen.724 Insbesondere kann der Einwand nicht überzeugen, dass das Vorstandsmitglied mit dem Erwerb der Beteiligung nicht nur Vorteile, sondern auch Risiken eingehe, gerade wenn es die Beteiligung zu marktüblichen Konditionen erwirbt.725 Denn die „abschreckende“ Wirkung etwaiger Risiken überwiegt augenscheinlich nicht die Vorteile des Erwerbs einer Beteiligung, die das Vorstandsmitglied immerhin dazu veranlasst haben, die Beteiligung zu erwerben. Mithin ist entscheidend, dass dem Vorstand durch den Erwerb der Beteiligung die Möglichkeit eines finanziellen Vorteils in Aussicht gestellt wird, welche in ihrer Anreizwirkung nicht hinter bereits feststehenden Vorteilen zurückbleibt. Insofern bleibt zu bedenken, dass ohne den Investor die Möglichkeit der Beteiligung von vornherein nicht möglich wäre. Dies gilt insbesondere im Falle mittelbarer Managementbeteiligungen – denn die Anteile der NewCo sind gerade nicht über den freien Kapitalmarkt zu erwerben. Entscheidend für eine pauschale Erfassung jeglicher Managementbeteiligung spricht aber letztlich, dass eine Nichtanwendbarkeit des § 33d WpÜG in der vorgeschlagenen Weise zu Abgrenzungsproblemen bzw. Umgehungsmöglichkeiten führen würde. So wird selbst von Vertretern der anderen Ansicht darauf hingewiesen, dass auch eine Beteiligung, die zunächst zu Konditionen arms length erworben wurde, dennoch von § 33d WpÜG erfasst sein kann, wenn sich der Vorteil aus den spezifischen Vertragskonditionen ergibt, die sich auf den Zeitraum nach Übernahme beziehen; zu denken ist hier etwa an ratchets, aufgrund derer die Manager beim späteren Exit des Bieters besondere Vorteile erlangen.726 Wie bereits gezeigt, weisen solche nachträglichen Vorteile einen hinreichenden sachlichen Zusammenhang i.S.d. Norm auf. Und gerade im Rahmen von Private-Equity-Transaktionen ist allgemein bekannt, dass mit solchen Exit-orientierten Prämien gearbeitet wird.727 Beschränkt man das Verbot des § 33d WpÜG nunmehr auf den vergünstigten Anteilserwerb, wäre das Verbot insgesamt leicht zu umgehen, indem man Vereinbarungen über zukünftige Boni zwar noch nicht trifft, gleichzeitig aber auf die mehr als berechtigte 723 Heinrich, S. 324 f.; Krause/Pötzsch/Stephan, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 33d, Rn. 10; v. Werder/Braun/Fromholzer, in: Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, II., Rn. 118. 724 Wohl auch Weber, S. 333; ebenfalls nicht differenzierend, mit den Worten „Auch ist in der künftigen Beteiligung der Mitglieder des Vorstands […] zweifelsohne ein geldwerter Vorteil zu sehen.“, Kiem, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33d, Rn. 23; ebenso Schlitt/Ries, in: MüKoAktG, WpÜG, § 33d, Rn. 13. 725 So v. Werder/Braun/Fromholzer, in: Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, II., Rn. 118; Heinrich, S. 324 f. 726 Heinrich, S. 325; zu weiteren Instrumenten der Interessenharmonisierung, 3. Teil A.VI.3.a). 727 Die Bedeutung solcher Modelle für das Investitionsmodell von Private-Equity-Investoren heben etwa hervor: Kiem, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33d, Rn. 22; Traugott/Grün, AG 2007, 761, 763; Kästle/Heuterkes, NZG 2005, 289, 289; Hohaus/Inhester, DStR 2003, 1765, 1756; Riedel, DB 2011, 1888, 1888; Hohaus/Koch-Schulte, FS P+P Pöllath, 2008, S. 93, 94; s. bereits 2. Teil D.I.2.c)bb).
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3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
Erwartung des Vorstands setzt, dass dieser im Anschluss an die Übernahme an einem Bonusprogramm teilnehmen wird. d) Sonderfall: Bereits vorhandene Beteiligung des Verwaltungsmitglieds an der Zielgesellschaft Schließlich erscheint fraglich, ob es sich auch dann um eine tatbestandsmäßige Vorteilsgewährung handelt, wenn das betreffende Verwaltungsmitglied selbst wesentlicher Aktionär der Zielgesellschaft ist und ihm im Rahmen der Übernahme ein besonders lukratives Angebot gemacht wird. Immerhin könnte ein solches die Entscheidungsautonomie des Vorstands maßgeblich beeinflussen. In Anbetracht des Grundsatzes der Gleichbehandlung der Wertpapierinhaber nach § 3 Abs. 1 WpÜG müssen den übrigen Aktionären dann allerdings die gleichen Kondition in Aussicht gestellt werden. Dies wird überdies durch § 31 Abs. 4, 5 WpÜG abgesichert, der eine Ungleichbehandlung der Wertpapierinhaber auch im Nachgang einer Übernahme auszugleichen versucht.728 Zwar könnte selbst dann immer noch angenommen werden, dass das Vorstandsmitglied einem besonderen Interessenskonflikt ausgesetzt ist, der ihn bspw. gegenüber einer auf lange Sicht schädlichen Unternehmensstrategie die Augen verschließen lässt. Allerdings ist er in seiner Rolle als Aktionär keinen derartigen Beschränkungen unterworfen. Insofern würde es sich um eine unzulässige Einschränkung seiner Privatautonomie handeln, wollte man ihm ein entsprechend lukratives Verbot aufgrund eines potentiellen Verstoßes gegen § 33d WpÜG untersagen, was überdies seinerseits mit dem Gebot des § 3 Abs. 1 WpÜG in Konflikt geriete. Mithin sollte schon der Tatbestand des § 33d WpÜG nicht eröffnet sein, da es sich grds. nicht um eine Sonderleistung handelt, die das Verwaltungsmitglied aufgrund seiner Organstellung erhält.729 Erhält das Anteile haltende Verwaltungsmitglied aber einen besonderen Vorteil oder Ertrag aus der Übernahme, der nicht auch den übrigen Aktionären gewährt wird, so handelt es sich um eine den Tatbestand des § 33d WpÜG erfüllende Sonderleistung.730 Denn dann besteht kein Anlass mehr, dass die Stellung als Verwaltungsmitglied hinter die Aktionärsstellung 728
Diesen Aspekt ebenfalls beachtend Weber, S. 330. Ebenso Weber, S. 330; wohl auch Ekkenga, in: Ehricke/Ekkenga/Oechsler, WpÜG, § 33, Rn. 121; Hirte, in: Kölner Komm WpÜG, § 33d, Rn. 12; im Ergebnis für die Zulässigkeit bei Gleichbehandlung der anderen Aktionäre, wenn auch dogmatisch unsauber für eine Auflösung dieses Konflikts im Rahmen der Rechtfertigung Kiem, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33d, Rn. 25; Löw, S. 79 f. 730 Ekkenga, in: Ehricke/Ekkenga/Oechsler, WpÜG, § 33, Rn. 121; Weber, S. 330; Kiem, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33d, Rn. 25; wohl a.A.: v. Werder/Braun/Fromholzer, in: Eilers/ Koffka/Mackensen, Private Equity, II., Rn. 128, die im Falle einer in Aussicht gestellten Managementbeteiligung eine Anrechnung auf den Gegenleistungspreis ablehnen, wenn in Folge der den übrigen Aktionären anzubietende Mindestpreis angehoben werden müsste – die sich daraus ergebende Besserstellung des Vorstands wollen sie gerade nicht als Vorteil i.S.d. § 33d WpÜG auffassen. 729
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zurücktritt, insbesondere nicht unter den übernahmerechtlichen Grundsätzen der Gleichbehandlung nach §§ 3, 31 Abs. 4, 5 WpÜG. Im Gegenteil besteht eher die Vermutung, dass das Verwaltungsmitglied die Sonderzuwendung gerade zu Beeinflussungszwecken erhalten hat. e) Fazit In einer Gesamtschau bleibt zu konstatieren, dass der Tatbestand des § 33d WpÜG äußerst weit gefasst ist, dabei insbesondere keiner zeitlichen Beschränkung unterliegt und lediglich – in Anlehnung an die im zweiten Teil allgemein gemachten Ausführungen – Bagatellleistungen des Bieters ausnimmt. Nur ein solch (weites) Verständnis wird der Ratio der Norm gerecht, jegliche Interessenbeeinflussung des Vorstands durch den Bieter zu vermeiden. Dies gebietet auch, die bloße Aussicht auf Weiterbeschäftigung sowie nicht-vergünstigte Managementbeteiligungen als tatbestandsgemäß einzuordnen. 4. Rechtfertigung der Vorteilsgewährung Folge dieses weit gefassten Tatbestands ist die gesteigerte Relevanz des Merkmals der Rechtfertigung („ungerechtfertigt“) der Vorteile. Dieses erlangt zentrale Bedeutung, um verbotene von nicht verbotenen Bieterleistungen abzugrenzen. Es wurde bereits im Rahmen des Normzwecks herausgearbeitet, dass § 33d WpÜG weder ein absolutes Verbot bieterseitiger Leistungen vorschreibt, da ein solches den Interessen der Zielgesellschaft und ihrer Anteilseigner nicht gerecht würde, noch als „Zentralnorm der Bewältigung von Interessenkonflikten“ angesehen werden kann, da ein solches Verständnis die Entscheidungsfreiheit des Vorstands entgegen dem primären Normzweck zu sehr aufs Spiel setzen würde. Die Grenze liegt „irgendwo dazwischen“ und hängt maßgeblich von der Auslegung des Merkmals „ungerechtfertigt“ ab: a) Das Merkmal der Rechtfertigung („ungerechtfertigt“) als unbestimmter normativer Rechtsbegriff In Abgrenzung zu klar bestimmten, deskriptiven gesetzgeberischen Vorgaben handelt es sich bei dem Verbot „ungerechtfertigter“ Geldleistungen oder anderer „ungerechtfertigter“ geldwerter Vorteile um einen unbestimmten normativen Rechtsbegriff,731 der – wie ein ergänzender Blick auf die Gesetzesbegründung bestätigt, die selbst zur Konkretisierung des Merkmals ausdrücklich bei Beispielen verbleibt – offensichtlich der ausfüllenden Wertung des Rechtsanwenders bedarf. Dem Inhalt des Merkmals der Rechtfertigung ist sich mithin allein über den Weg der
731
s. dazu etwa Schmalz, S. 66, Rn. 154; Wank, § 5 I. 3., S. 43.
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3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
Auslegung zu nähern, was prinzipiell zuvorderst einen Blick auf den Wortlaut732 und erst anschließend auf die Historie, Systematik und den Zweck der Norm verlangt.733 Doch ist, in diesem Sinne, zunächst der Wortsinn selbst zur näheren Konkretisierung kaum hilfreich. Die Verwendung des Begriffs „ungerechtfertigt“ lässt schon offen, ob es sich um ein Rechtfertigungsmerkmal im Sinne strafrechtlicher Normen oder um ein Tatbestandsmerkmal handelt.734 Die sprachliche Angleichung an strafoder auch zivilrechtliche „Rechtfertigung“ spricht für ersteres, richtig ist aber wohl letzteres, da es im Zusammenhang mit Bieterleistungen keine dem Zivil- oder Strafrecht vergleichbaren positiven Rechtfertigungsgründe gibt, auf die das Merkmal Bezug nehmen könnte und solche zudem auch kaum denkbar sind. Allerdings kann hieraus kein Indiz für die Auslegung abgeleitet werden,735 vielmehr bekräftigt das mangelnde Vorhandensein tauglicher Rechtfertigungsgründe das ergebnisoffene Auslegungsbedürfnis des Merkmals. Vielmehr zeigt sich hieran, dass bei Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe und Generalklauseln eine allzu schematische Anwendung der genannten Auslegungsmethoden nicht immer zielführend ist. Denn bisweilen ergeben sich aus Wortsinn, Entstehungsgeschichte und Systematik nur wenige Anhaltspunkte.736 Entscheidend ist dann häufig der Normzweck, denn dieser bestimmt die Funktion des Rechtsbegriffs und nicht umgekehrt.737 Vorliegend besteht zudem eine Besonderheit. Denn im Unterschied zu anderen unbestimmten Rechtsbegriffen, wie den „guten Sitten“ in §§ 826, 138 BGB oder dem „Treu und Glauben“ in § 242 BGB, ist der tatbestandliche Anwendungsbereich des Merkmals „ungerechtfertigt“ in § 33d WpÜG klar umgrenzt. Er umfasst jegliche Leistungen des Bieters an Verwaltungsmitglieder der Zielgesellschaft in der Übernahmesituation. Und für diesen klar umrissenen Anwendungsbereich ist auch das Ziel des unbestimmten Rechtsbegriffs relativ eindeutig; nach sich de lege lata nicht zu widerlegender, vorgelagerter Auslegung ergibt sich für diesen eingrenzbaren Anwendungsbereich ein klarer Normzweck: Die Entscheidungsfreiheit des Vorstands soll, wenn auch unter der Nebenbedingung der Zulässigkeit eines der Gesellschaft nützlichen und kontrollierbaren Interessenkonflikts, sichergestellt sein.738 Diese Wertung nimmt eine ganz entscheidende Rolle für die Auslegung des Merkmals „ungerechtfertigt“ ein und ist daher zwingend als 732
BVerfG v. 09. 08. 1978 – 2 BvR 831/76, BVerfGE 49, 148, 158; v. 23. 10. 1985 – 1 BvR 1053/82, BVerfGE 71, 108, 115; Larenz, S. 343 ff. 733 s. etwa Rüthers/Fischer/Bork, S. 426, Rn. 702; ähnlich Larenz/Canaris, Methodenlehre, S. 141 ff.; was indes nicht mit einem Rangverhältnis der Auslegungsmethoden verwechselt werden darf. 734 Nach Drygala, FS Schmidt, 2009, S. 269, 277, handelt es sich ersichtlich um ein Tatbestandsmerkmal. 735 So aber Drygala, FS Schmidt, 2009, S. 269, 277, s. dagegen bereits 3. Teil B.I.2.b) bb)(2). 736 Schmalz, S. 115, Rn. 341; Schwacke, S. 114. 737 Rüthers/Fischer/Birk, S. 135 f., Rn. 204. 738 s. oben 3. Teil B.I.2.c).
B. Zulässigkeit transaktionsbezogener Leistungen des Bieters
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Gradmesser zu berücksichtigen. Nachfolgend sind daher zunächst – als Ausgangspunkt – die Erwägungen des Gesetzgebers zum Merkmal „ungerechtfertigt“ in Kontext zu diesem vorab bestimmten Normzweck zu setzen. Das bereits angesprochene ambivalente Verhältnis zwischen dem Merkmal „ungerechtfertigt“ und dem übergeordneten Normzweck bedingt, dass sich dort das Bestreben widerspiegelt, wie die Entscheidungsfreiheit des Vorstands zu gewährleisten ist: b) Ausgangspunkt: Aussage der Gesetzesbegründung unter Berücksichtigung des Normzwecks Während der Gesetzeswortlaut nur von einem Verbot „ungerechtfertigter“ Leistungen spricht, hat der Gesetzgeber in der Begründung der Norm seine Ausführungen zweigeteilt. Zunächst definiert er allgemein, was er als „ungerechtfertigt“ ansieht, und erst anschließend, wann eine Leistung positiv „gerechtfertigt“ sein kann: Zur Negation der Rechtfertigung führt er aus, dass all solche Leistungen als ungerechtfertigt einzustufen sind, durch die die Verwaltungsorgane zu einem nicht am Interesse ihrer Gesellschaft und ihrer Anteilseigner orientierten Verhalten bewegt werden sollen.739 Entgegen gemeinhin geäußerter Vermutungen ist dies nicht bloß die Wiedergabe von selbstverständlichen Grenzen des Zulässigen.740 Unter besonderer Berücksichtigung der Betonung der Intention des Bieters („bewegt werden sollen“) gibt der Gesetzgeber mit dieser Feststellung drei erste Anhaltspunkte vor. Erstens – und das ist unter Berücksichtigung des Normzwecks selbstverständlich – ist jede Leistung bereits per se unzulässig, zielt sie auf die Beeinflussung in der Übernahmesituation ab. Zweitens wäre ohne diese Einschränkung auf die Intention des Bieters schlichtweg jede Leistung als unzulässig anzusehen. Würde der Gesetzgeber allein auf die Wirkung der Leistung abstellen, käme man um diesen Schluss nicht umhin. Denn prinzipiell ist jedwede Leistung eines Dritten, und insbesondere die des Bieters, dazu geeignet, den Vorstand in seinem eigentlichen Leitungsauftrag unzulässig zu beeinflussen.741 Der dritte Aspekt ergibt sich im Zusammenspiel mit dem Umstand, dass es der Gesetzgeber nicht bei der Negation der Rechtfertigung belässt, sondern auch Vorgaben zur positiven Rechtfertigung der Leistung gibt. Denn dies bedeutet im Umkehrschluss, dass allein der Umstand, dass einer bieterseitigen Leistung keine beeinflussende Intention innewohnt, nicht automatisch zu ihrer
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Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 59. So aber Kiem, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33d, Rn. 4. 741 s. dazu eingangs unter 2. Teil A.IV., da auch drittvergütungsähnliche Leistungen eine Beeinflussung in der Übernahme bewirken; a.A. wohl Weber, S. 335, Fn. 24, der Leistungen, die im Gesellschafts- und Unternehmensinteresse liegen, diese Wirkung je nach Einzelfall absprechen möchte. 740
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3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
Rechtfertigung führt. Vielmehr muss diese über diesen Umstand hinaus positiv gerechtfertigt werden.742 Ausgangspunkt zur Ermittlung der positiven Rechtfertigung ist die Aussage des Gesetzgebers, dass all solche Zusagen gerechtfertigt sein können, die auch aus Sicht der Zielgesellschaft und ihrer Anteilseigner aus „sachlich nachvollziehbaren Erwägungen“ gewährt werden.743 Weiter führt er aus, dass es „z. B.“ gerechtfertigt sein kann, „dem Vorstand der Zielgesellschaft eine Weiterbeschäftigung in Aussicht zu stellen“. Eine solche Zusage könne „schon deshalb gerechtfertigt sein, weil die Qualität des Managements einen wesentlichen Faktor für die Bewertung des Unternehmens darstellt und unter Umständen die Übernahme insgesamt oder der gebotene Preis nur im Falle der Weiterbeschäftigung einzelner oder aller Organmitglieder der Zielgesellschaft vertretbar ist“.744 c) Vorhandene Auslegungsversuche In erster Linie in Anlehnung an die Ausführungen in der Literatur finden sich darüber hinaus drei wesentliche Auslegungsversuche, wie bieterseitige Leistungen zu rechtfertigen und was somit als „sachlich nachvollziehbare Erwägungen“ anzusehen ist. Nachfolgend werden diese anhand Normzweck und dem soeben dargelegten „Willen des Gesetzgebers“ beleuchtet: aa) 1. Ansicht: Vorliegen nachvollziehbarer Gründe, die nicht im Wohlwollen gegenüber dem Bieter liegen Eine Auffassung möchte die gesetzgeberischen Ausführungen aufgreifen und dahingehend modifizieren, dass die Rechtfertigung einer Drittleistung von dem Vorliegen solcher nachvollziehbarer Gründe abhängt, die nicht (ausschließlich)745 darin liegen, dass die begünstigte Person gegenüber dem Bieter wohlwollend gestimmt wird.746
742 A.A. zu Unrecht Drygala, FS Schmidt, 2009, S. 269, 278: Rechtswidrigkeit muss im Einzelfall positiv festgestellt werden, s. dazu bereits 3. Teil B.I.2.b)bb)(2). 743 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 59. 744 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 59. 745 So zumindest ausdrücklich Weber, S. 338; Hohaus/ders., BB 2008, 2358, 2359. 746 Urspr. anscheinend Grunewald, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33 a.F. (Loseblatt), Rn. 83; Traugott/Grün, AG 2007, 761, 762 f.; Hohaus/Weber, BB 2008, 2358, 2359; Heinrich, S. 321, 323; v. Werder/Braun/Fromholzer, in: Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, II., Rn. 120; ebenso Weber, S. 337 f. (Rechtfertigungsvoraussetzung des sachlichen Bieterinteresses), der zwar kumulativ die „Rechtfertigungsvoraussetzung der Neutralisierungsmöglichkeit“ als zusätzliche Voraussetzung fordert, wonach der Bieter auch berücksichtigen müsse, ob die Zielgesellschaft den von ihm geschaffenen Anreiz „kompensieren“ könne, was für die Einordnung unter diese Ansicht jedoch zunächst kein Hindernis darstellt.
B. Zulässigkeit transaktionsbezogener Leistungen des Bieters
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Abgesehen davon, dass eine negative Definition („nicht im Wohlwollen“) kaum zur Konkretisierung positiver Maßstäbe zur Rechtfertigung geeignet ist, geht die intendierte Definition unzulässiger Leistungen nicht über Normzweck und Gesetzesbegründung hinaus.747 Da der Grund einer Leistung denklogisch die Intention des Bieters widerspiegelt und Gründe, die (ausschließlich) auf das Wohlwollen des Vorstands abzielen, damit immer eine Beeinflussung des Vorstands bewirken sollen, ergibt sich kein nennenswerter Unterschied zu der bereits dargelegten Negation der Rechtfertigung. Wird darüber hinaus noch vertreten, dass die nachvollziehbaren Gründe lediglich nicht „ausschließlich“ in dem Wohlwollen gegenüber dem Bieter liegen müssen, regen sich Zweifel hinsichtlich der Vereinbarkeit mit dem Normzweck. Denn in Konsequenz wären damit auch Incentives der Rechtfertigung zugänglich, die sich bewusst das Wohlwollen des Vorstands sichern sollen, solange sie nach Auffassung des Bieters nur im langfristigen Nutzen der Zielgesellschaft liegen.748 Mit der Gesetzesbegründung, nach der mittels § 33d WpÜG in jedem Fall vermieden werden soll, dass durch die bieterseitige Leistung Zweifel an der Unabhängigkeit der Entscheidung des Vorstands entstehen,749 ist dies nur schwer in Einklang zu bringen. Insofern ist auch zu bedenken, dass die Gesetzesbegründung bereits den Anschein der Bestechlichkeit vermeiden möchte, während die dargestellte Ansicht diesen Anschein gar nicht aufgreift, sondern allein darauf abstellt, ob die Gründe der Leistung (primär) in der Beeinflussungswirkung liegen oder nicht. In Folge eröffnet sich somit ein noch größerer Interpretationsspielraum, was Umgehungsmöglichkeiten und letztlich Rechtsunsicherheit zur Folge hat. bb) 2. Ansicht: Orientierung an Vorgaben für gesellschaftsseitige Leistungen Dagegen will eine in der Literatur weiter verbreitete Ansicht die Rechtfertigung von Vorteilen daran messen, ob die Zielgesellschaft die Zuwendung selbst hätte leisten können.750 Dadurch soll ein Gleichlauf der Verbotsgrenzen insbesondere mit 747
Ähnlich kritisch auch Selzner, AG 2013, 818, 821. So rechtfertigt Weber, S. 340, eine Managementbeteiligung durch den propagierten langfristigen Nutzen für die Zielgesellschaft, der durch eine Ausrichtung des Vorstands auf die Wertmaximierung erreicht wird, „Diese nachvollziehbaren Gründe [s. Vorgesagtes] wiegen eine mittelbar-faktische Anreizwirkung in der Übernahmesituation jedenfalls auf und rechtfertigen die Vereinbarung von Managementbeteiligung“; i.E. ebenso v. Werder/Braun/Fromholzer, in: Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, II., Rn. 120; restriktiver aber Heinrich, S. 322 f., 326, der dennoch die Bieterinteressen als Abwägungskriterium berücksichtigt, solange nur der Vorstand nicht sachwidrig beeinflusst wird. 749 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 59. 750 Röh, in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, § 33d, Rn. 11; Ekkenga, in: Ehricke/Ekkenga/ Oechsler, WpÜG, § 33, Rn. 122; Schlitt/Ries, in: MüKo-AktG, WpÜG, § 33d, Rn. 11; im Ansatz auch Nießen/Stöwe, DB 2010, 885, 887, die aber – weitergehend als die vorgenannten Vertreter – faktische, sich aus der Übernahmesituation ergebende Grenzen dieser Ansicht ausblenden (s. dazu nachgehend im Text); differenzierter Steinmeyer, in: Steinmeyer, WpÜG, § 33d, Rn. 5; missverständlich Hirte, in: Kölner Komm WpÜG, § 33d, Rn. 15, der zwar in Rn. 13 für die Zulässigkeit der Zuwendung darauf abstellen will, ob auch die Zielgesellschaft 748
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3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
denen des § 87 AktG geschaffen werden, an denen sich die Bieterleistung im Einzelfall zu orientieren hätte.751 Diese Ansicht sieht sich einiger Kritik ausgesetzt;752 während sie manche Autoren als zu liberal einstufen,753 wird ihr von anderer Seite entgegengehalten, dass sie zu restriktiv sei.754 Entscheidend gegen ihre Anwendbarkeit spricht aber, dass sie zwangsläufig zu einer Ausblendung der Übernahmesituation führt und damit keine Maßstäbe an die Hand geben kann, wie der spezifische durch etwaige Bieterleistungen ausgelöste Interessenkonflikt des Vorstands sachgerecht zu bewältigen ist: Unter Berücksichtigung der Mannesmann-Entscheidung sind sog. „kompensationslose Anerkennungsprämien“ nach der Rspr. unzulässig, dennoch können auch gesellschaftsseitige Sonderzuwendungen zumindest dann wirksam sein, wenn von ihnen ein Anreiz für die Zukunft ausgeht.755 So kann der sachliche Grund auch in der Signalwirkung für potentielle zukünftige Vorstandsmitglieder liegen, dass ein überobligatorischer Einsatz des Vorstandsmitglieds für die Gesellschaft im Falle unvorhergesehener Rahmenbedingungen entsprechend honoriert wird.756 Im Rahmen von § 33d WpÜG ergäbe die undifferenzierte Anwendung dieser Grundsätze auf bieterseitige Zuwendungen einen eklatanten Widerspruch zur Normintention: Der Bieter könnte Bonuszahlungen an den Vorstand bspw. mit dem erhöhten Arbeitsaufwand im Rahmen des Übernahmeprozesses begründen, der Einfluss auf die Integrität des Vorstands wäre unbeachtlich.757 Unabhängig von weiteren, rechtspraktischen Schwierigkeiten758 darf es aber gerade nicht allein auf Art und Umfang des selbst die von dem Bieter erhoffte Maßnahme hätte durchführen oder in Aussicht stellen können, sich hinsichtlich dieser Aussage allerdings fehlverstanden wissen will, wie er in Rn. 15, Fn. 30 ausdrücklich betont. 751 Ekkenga, in: Ehricke/Ekkenga/Oechsler, WpÜG, § 33, Rn. 122; Röh, in: Haarmann/ Schüppen, WpÜG, § 33d, Rn. 11; Nießen/Stöwe, DB 2010, 885, 887. 752 Kiem, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33d, Rn. 14; Krause/Pötzsch/Stephan, in: Assmann/ Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 33d, Rn. 15; Traugott/Grün, AG 2007, 761, 763; Selzner, AG 2013, 818, 821; Drygala, FS Schmidt, 2009, S. 269, 276; Heinrich, S. 322; Weber, S. 336 f.; anscheinend Grunewald, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33 a.F. (Loseblatt), Rn. 83; wohl auch Hirte, in: Kölner Komm WpÜG, § 33d, Rn. 15, s. aber dazu Fn. 750. 753 So ausdrücklich Steinmeyer, in: Steinmeyer, WpÜG, § 33d, Rn. 5, „Zutreffend wird […] darauf verwiesen, dass die Grenzen […] im Einzelfall enger sein können“; Weber, S. 336; anscheinend Grunewald, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33 a.F. (Loseblatt), Rn. 83. 754 So explizit Drygala, FS Schmidt, 2009, S. 269, 276; in die Richtung Kiem, in: Baums/ Thoma, WpÜG, § 33d, Rn. 14; Traugott/Grün, AG 2007, 761, 763. 755 s. dazu oben 3. Teil A.VI.1.d). 756 Spindler, in: MüKo-AktG, § 87, Rn. 117; Fleischer, DStR 2005, 1318, 1321; etwas einschränkend allerdings ders., DB 2006, 542, 543 f. 757 Krause/Pötzsch/Stephan, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 33d, Rn. 15; Selzner, AG 2013, 818, 821; Heinrich, S. 322; a.A. aber wohl Drygala, FS Schmidt, 2009, S. 269, 277. 758 So ist zu bedenken, dass nach dem BGH kompensationslose Anerkennungsprämien seitens der Gesellschaft dann zulässig sein können, wenn eine Klausel im Anstellungsvertrag dem Aufsichtsrat die entsprechende Kompetenz einräumt. Kann sich dann auch der Bieter auf
B. Zulässigkeit transaktionsbezogener Leistungen des Bieters
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Vorteils ankommen, sondern entscheidend muss sein, wer den Vorteil gewährt,759 welche Intention er mit der Vorteilsgewährung verfolgt und wie diese Intention mit dem Unternehmensinteresse unter Berücksichtigung der Übernahmesituation in Einklang zu bringen ist.760 Nichts anderes gilt (freilich nicht nur in der Übernahme) auch für aktionärsseitige Drittvergütung, welche immerhin von den wirtschaftlichen Eigentümern der Gesellschaft gewährt wird. Hingegen sind Leistungen sonstiger, außenstehender Dritter aufgrund ihres immanenten Beeinflussungspotentials außerhalb der Übernahmesituation sogar grds. als unzulässig anzusehen.761 Eine Rechtfertigung von Leistungen des Bieters (als außenstehendem Dritten) muss also – um nicht generell als unzulässig eingestuft zu werden – auf den sich aus der Übernahmesituation ergebenden Besonderheiten beruhen. Zumal sich der Vorstand in der Übernahme bereits unabhängig etwaiger Leistungen des Bieters in einem besonderen Interessenkonflikt befindet.762 Die pauschalierte Übertragung gesellschaftsrechtlicher „technischer“ Schranken, an die sich die Zielgesellschaft halten muss, wird diesen Besonderheiten nicht gerecht.763 Mit Vorsicht muss dagegen solchen Argumentationsansätzen begegnet werden, welche die dargestellte Ansicht aus „Praktikabilitätserwägungen“ ablehnen.764 So sei die Leistung eines Retention-Bonus765 der Gesellschaft nicht erlaubt, wohl aber müsse dieser seitens des Bieters zulässig sein.766 Ebenso könne die Leistung einer Managementbeteiligung an der NewCo nicht bereits deswegen unzulässig sein, weil entsprechende Klauseln berufen? Dies erscheint zwar widersprüchlich, insbesondere im Hinblick auf die Ratio der Norm. Dennoch erscheint es nicht ausgeschlossen, dass sich Bieter bei Gültigkeit dieser Ansicht auf etwaige Klauseln zur Rechtfertigung ihrer Leistung berufen könnten. 759 Krause/Pötzsch/Stephan, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 33d, Rn. 15; Selzner, AG 2013, 818, 821; Kiem, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33d, Rn. 14 „Das Sonderverhältnis zwischen der Zielgesellschaft und ihren Dritten besagt nichts über deren Pflichtenstandard in Bezug auf einen Dritten und möglicherweise künftigen Mehrheitsaktionär.“. 760 Ähnlich Hirte, in: Kölner Komm WpÜG, § 33d, Rn. 15, „Entscheidend ist, dass die Vorteile dazu beitragen können, eine vorurteilsfreie Entscheidung der Organe der Zielgesellschaft im Interesse ihres Unternehmens zu beeinträchtigen“. 761 s. dazu oben 2. Teil D.III. 762 s. dazu oben 2. Teil D.I.2.b)aa). 763 Heinrich, S. 322; Krause/Pötzsch/Stephan, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 33d, Rn. 15; Selzner, AG 2013, 818, 821; Drygala, FS Schmidt, 2009, S. 269, 276 f.; Weber, S. 336. 764 So Kiem, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33d, Rn. 14; Drygala, FS Schmidt, 2009, S. 269, 276 f.; vorsichtiger Krause/Pötzsch/Stephan, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 33d, Rn. 15. 765 Sei es als Gegenleistung für die ordnungsgemäße Erfüllung des Anstellungsverhältnisses, Kiem, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33d, Rn. 14, sei es als darüber hinausgehende Prämie zur Honorierung des spezifischen Werts des Managements, Drygala, FS Schmidt, 2009, S. 269, 277. 766 Kiem, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33d, Rn. 14; Drygala, FS Schmidt, 2009, S. 269, 276 f.
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3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
diese seitens der Gesellschaft gar nicht in Frage kommt.767 Bei konsequenter Anwendung der kritisierten Ansicht würde mithin der Zielgesellschaft und ihren Aktionären der mit solchen Boni verbundene Nutzen vorenthalten.768 Diese Kritik tendiert ihrerseits dazu, den Normzweck außer Acht zu lassen.769 So ergibt sich die Zulässigkeit von Retention-Boni oder aber von Managementbeteiligungen nicht allein aus ihrem potentiellen Nutzen; vielmehr muss zusätzlich der Schutz der in der Zielgesellschaft gebündelten Interessen gewährleistet werden. Erst recht kann die diskutierte Ansicht nicht mit dem Argument abgelehnt werden, dass die Zahlung eines Retention-Bonus per se als zulässig anzusehen ist.770 Vielmehr ist die kritisierte Ansicht allein deswegen abzulehnen, weil sie den primären Normzweck von § 33d WpÜG, die sachwidrige Beeinflussung der Integrität des Vorstands, nicht im Blick hat. Insofern steht aber auch der potentielle Nutzen einer Leistung immer unter der Bedingung der Vermeidung der sachwidrigen Beeinflussung des Vorstands. Der tatsächliche Nutzen für die Gesellschaft und ihre Anteilseigner ist mithin das „Produkt“ der Rechtfertigung. Mit diesem kann aber nicht die Unzulässigkeit einer Ansicht zur Bestimmung gerechtfertigter Leistungen belegt werden.771 cc) 3. Ansicht: Orientierung an Marktstandards Schließlich möchte eine dritte Ansicht den für Unternehmenskäufe entwickelten Marktstandard für den Umgang des Erwerbers mit dem Management der Zielgesellschaft für die Frage nach der Rechtfertigung im Rahmen des § 33d WpÜG zu Grunde legen.772 Um die Rechtsanwendung zu vereinfachen, soll sich die Rechtfertigung an Fallgruppen orientieren und dabei generell-typisierend herausfiltern, was als zulässig anzusehen ist.773 Unabhängig davon, ob mit den Vertretern dieser Ansicht von dem praktischen Bedürfnis einer weiten Auslegung der Norm ausgegangen werden kann,774 würde ein solches Verständnis die Grundkompetenz des 767 Krause/Pötzsch/Stephan, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 33d, Rn. 15; Drygala, FS Schmidt, 2009, S. 269, 277. 768 Drygala, FS Schmidt, 2009, S. 269, 277. 769 Zu berücksichtigen ist, dass sowohl Kiem, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33d, Rn. 3 ff., 14, als auch Drygala, FS Schmidt, 2009, S. 269, 276 ff. für ein von hier abweichendes Normverständnis eintreten, das aber de lege lata keinen Rückhalt im Gesetz hat, s. dazu ausführlich 3. Teil B.I.2.b)bb). 770 So aber Kiem, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33d, Rn. 14, 19 f. 771 Zumal der postulierte Nutzen auch unter der kritisierten Ansicht erreicht werden könnte. Denn auch die Zielgesellschaft selbst kann die Weiterbeschäftigung in Aussicht stellen, verbunden mit einer Erhöhung der Bezüge; auch belohnende Ermessenstantiemen werden bei entsprechender vertraglicher Grundlage für zulässig erachtet, s. dazu aber bereits Fn. 758. 772 Kiem, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33d, Rn. 16; ähnlich, wenngleich nicht unter Bezugnahme auf „Marktstandards“ Drygala, FS Schmidt, 2009, S. 269, 277 ff. 773 Kiem, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33d, Rn. 16, 17 ff. 774 So stellt bspw. auch Röh, in: Haaramann/Schüppen, WpÜG, § 33d, Rn. 2 heraus, dass differenziertere aufsichtsrechtliche „Leitplanken“, um rechtssichere Standards für eine „best
B. Zulässigkeit transaktionsbezogener Leistungen des Bieters
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Gesetzgebers untergraben. Denn ein solch praxisorientierter Ansatz ist, angesichts der in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck kommenden Intention, allenfalls als Essenz einer Rechtsfortbildung zulässig. Diese bedarf zu ihrer Zulässigkeit aber vorliegend wie generell eines hinreichend legitimierenden Ansatzes. Sieht man diesen aber – wie die Vertreter dieser Auffassung – allein in dem praktischen Bedürfnis der Wertmaximierung des Gesellschaftsvermögens (was vorliegend nicht einmal unumstritten, sondern im Gegenteil einem intensiven Meinungsstreit ausgesetzt ist)775 als Folge der Auflösung von Interessenkonflikten, wäre der Sinn von Gesetzgebung im gesamten ad absurdum geführt. Denn mit einer solchen Argumentation könnte jegliches gesetzgeberisches Anliegen praktischen Bedürfnissen und damit der den Markt dominierenden Einflussgruppe geopfert werden: Auf den vorliegenden Fall übertragen stellt sich die Frage, wie die Orientierung an einem Marktstandard eine Rechtfertigung für eine Norm liefern könnte, mit der der Gesetzgeber bestimmten Marktpraktiken, nämlich der unlauteren Beeinflussung durch den Bieter, gerade Einhalt gebieten möchte.776 Und auch an einer generell-typisierenden Rechtfertigung bieterseitiger Zuwendungen sind gewisse Zweifel angebracht. So ginge es wohl zu weit, bspw. (bestimmte Arten von) retention fees generell und unter Außerachtlassung des Einzelfalls als zulässig anzuerkennen777 – allein weil dies dem Marktstandard und damit dem Marktbedürfnis entspricht.778 Denn liegt die Übernahme gerade nicht im Interesse der Zielgesellschaft oder ihrer Anteilseigner, würde damit ein Anreiz legitimiert, den das Bestechungsverbot des § 33d WpÜG durch die Sicherung der Integrität des Vorstands gerade zu verhindern versucht.779 dd) Fazit Keine der dargestellten Ansichten vermag zu überzeugen. Im Verhältnis zu den gesetzgeberischen Vorgaben setzen diese nicht an einer Auslegung der Rechtfertigung an, sondern versuchen, die bereits sehr unbestimmten Vorgaben durch eigene Vorgaben zu ersetzen, wobei, je nach Auffassung, die Unbestimmtheit durch eigene, noch unbestimmtere Vorgaben ausgetauscht oder der Normzweck nicht in die Erwägungen mit einbezogen wird. Gemein ist dabei allen Auslegungsversuchen, dass sie sich an einer pauschalen und leicht zu definierenden Formulierung des Merkmals der Rechtfertigung versuchen. Doch gilt: Je unbestimmter der Rechtsbegriff, desto practice“ entwickeln zu können, zwar rechtspolitisch wünschenswert sein mögen, de lege lata jedoch nicht aus § 33d WpÜG abzuleiten sind. 775 Einen Überblick gibt etwa v. Bonin, S. 118 ff. 776 Ebenso Heinrich, S. 323, der zutreffend davon spricht, dass ein solcher Maßstab „zirkulär“ wäre. 777 Röh, in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, § 33d, Rn. 12; Selzner, AG 2013, 818, 821. 778 So aber anscheinend Kiem, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33d, Rn. 14, 16, 19 f. 779 Röh, in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, § 33d, Rn. 12.
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3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
weiter entzieht er sich einer möglichen Definition.780 So auch vorliegend: Eine allgemeine Definition oder pauschale Einordnung gerechtfertigter Leistungen erscheint genauso wenig möglich wie eine pauschale Einordnung von sittenwidrigen Handlungen im Sinne von § 138 BGB. Entscheidend müssen die Umstände des Einzelfalls sein. Entsprechend finden sich auch in der Literatur einige Vertreter, die keiner der drei Ansichten zuzuordnen sind und allein auf die Aussagen der Gesetzesbegründung und die Normintention des § 33d WpÜG rekurrieren.781, 782 d) Eigener Auslegungsansatz In diesem Sinne bezieht sich die nachfolgende Auslegung des Merkmals „ungerechtfertigt“ zunächst auf eine Ausfüllung des normativen Rechtsbegriffs. In Anlehnung an die Vorgaben des Gesetzgebers sind dabei zunächst materielle Kriterien zu entwickeln. Anschließend wird der Frage nachgegangen, ob der Normzweck – über diese materiellen Vorgaben hinaus – erst anhand der Etablierung prozessualer Vorgaben sinnvoll verwirklicht werden kann. aa) Ausfüllung des normativen Rechtsbegriffs mittels materieller Kriterien Setzt man die Aussagen der Gesetzesbegründung in das Licht allgemeiner gesetzlicher Wertungen, kristallisieren sich nachfolgende materielle Vorgaben heraus, die für die Zulässigkeit bieterseitiger Leistungen zwingend eingehalten werden müssen, damit die Leistung aus Sicht der Zielgesellschaft und ihrer Anteilseigner aus „sachlich nachvollziehbaren Erwägungen“ gewährt wird. (1) Maßgebliche Interessenlage (a) Interesse der Zielgesellschaft und ihrer Anteilseigner Sowohl in der Negation als auch in der positiven Rechtfertigung hebt der Gesetzgeber die Interessen der Zielgesellschaft und ihrer Anteilseigner ausdrücklich hervor. Hiermit kodifiziert er zunächst eine Selbstverständlichkeit: Die Integrität des
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Schwacke, S. 47 f. Schwennicke, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, § 33d, Rn. 3; Krause/Pötzsch/Stephan, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 33d, Rn. 15; ferner wohl auch Hirte, in: Kölner Komm WpÜG, § 33d, Rn. 15; bedingt auch Steinmeyer, in: Steinmeyer, WpÜG, § 33d, Rn. 5; Noack/ Zetzsche, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 33d WpÜG, Rn. 2, 5. 782 Löw, S. 97 ff. möchte die Rechtfertigung einer Verhältnismäßigkeitsprüfung unterziehen. Da dadurch indes keine validen Anknüpfungspunkte für eine Angemessenheitsprüfung gewonnen werden, ist dieser Vorschlag ebenso wenig zielführend wie anderweitige bereits vorhandene Auslegungsvorschläge. 781
B. Zulässigkeit transaktionsbezogener Leistungen des Bieters
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Vorstands dient dem Schutz des Unternehmensinteresses. Die Bieterleistung darf grds.783 nicht zu für die Gesellschaft nachteiligen Interessenkonflikten führen. Prinzipiell ist eine darüberhinausgehende Konkretisierung kaum möglich, insbesondere nicht hinsichtlich der Frage, auf wessen Interessen es im Rahmen des interessenpluralistischen Unternehmensinteresses in welchem Maße ankommt. Im Übernahmerecht im Allgemeinen784 und insbesondere im Rahmen des § 33d WpÜG gibt der Gesetzgeber jedoch eine gewisse Konkretisierung vor: In der Gesetzesbegründung stellt der Gesetzgeber nicht nur auf die Interessen der Zielgesellschaft ab, sondern erwähnt zusätzlich ausdrücklich die Interessen der Anteilseigner. Nach Auffassung des Gesetzgebers orientieren sich die sachlich nachvollziehbaren Erwägungen daher insbesondere an dem Wertsteigerungsinteresse veräußerungswilliger Aktionäre. Ansonsten wäre die besondere Formulierungstechnik des Gesetzgebers nicht notwendig gewesen, da die Anteilseignerinteressen von den Interessen der Zielgesellschaft rglm. mitumfasst sind. Und auch die Konkretisierung der Aktionärsinteressen im Hinblick auf ihr Wertsteigerungsinteresse hebt er in seinen weiteren Ausführungen zur Rechtfertigung möglicher Bieterleistung hervor. So betont er als Beispiel für die Rechtfertigung ausdrücklich die mit der Weiterbeschäftigung (als fragliche Leistung) verbundene Steigerung des Angebotspreises.785 Eine Erhöhung des Preises kommt aber zuvorderst den verkaufswilligen Aktionären der Zielgesellschaft zugute und liegt mehr in ihrem als im Interesse der Zielgesellschaft selbst.786 Gewichtiger Nutzen der Möglichkeit zur Rechtfertigung bieterseitiger Leistungen (und damit kapitalmarktrechtliche „Besonderheit“) ist es mithin, den Wert der Anteile und damit den Kaufpreis zu erhöhen. Unter Berücksichtigung des eigentlich restriktiven Charakters der Vorschrift und der zusätzlichen Betonung der Interessen der Zielgesellschaft787 sind dieser Wertung allerdings Grenzen zu ziehen: Diese positive Wirkung kann zunächst dann nicht mehr angenommen werden, wenn der (abstrakte) Interessenskonflikt solche Ausmaße annimmt, dass eine wirkliche Wertsteigerung nicht mehr sicher erscheint, sondern nur noch vorgeschoben sein könnte. Besonders problematisch erscheint dieser Gesichtspunkt bei der Gewährung von Managementbeteiligungen.788 In Anbetracht des restriktiven Normcharakters hat dies zur Folge, dass bereits bei zu starken (wenn auch abstrakten) Zweifeln bestimmte Leistungen nicht als gerechtfertigt angesehen werden können. Ferner darf die zu vordere Berücksichtigung der (wenn auch nur im 783 Ob dies absolut gilt, ist eine Frage der weiteren Auslegung des § 33d WpÜG, maßgeblich ist das Recht zur Berücksichtigung von Bieterinteressen, s. dazu sogleich 3. Teil B.I.4.d)aa)(1)(b). 784 s. dazu oben 2. Teil C.IV. 785 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 59. 786 So bspw. auch Spindler, FS Schwark, 2009, S. 641, 643. 787 So sind in systematischer Hinsicht die Interessen der Zielgesellschaft in der Begründung zu § 27 WpÜG oder § 33 WpÜG nicht besonders hervorgehoben, dort wird allein auf das Veräußerungsinteresse der Aktionäre abgestellt. 788 s. dazu ausführlich unten 3. Teil B.II.3.
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3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
Rahmen des § 33d WpÜG) abstrakt konkretisierten Aktionärsinteressen freilich keine Ausblendung der Interessen der Zielgesellschaft zur Folge haben. Das Wertsteigerungsinteresse der Aktionäre gilt also nicht grenzenlos, sondern nur bis zu dem Grad, in dem eine Beeinträchtigung der langfristigen Interessen der Zielgesellschaft ausgeschlossen ist. In Einklang mit allgemeinen Prinzipien ist mit dieser Betonung somit keine absolute hierarchische Vorrangstellung von Aktionärsinteressen verbunden – die Betonung bedingt gerade keine verdrängende Wirkung. (b) Keine Berücksichtigung von Bieterinteressen als selbstständiges Abwägungskriterium Eine zentrale und bedeutendere Rolle für die Auslegung des § 33d WpÜG nimmt die Frage nach der Stellung von Bieterinteressen in der Vorschrift ein. Das Schrifttum ist zu dieser Frage spärlich, lediglich vereinzelt wird hierzu (indirekt) Stellung bezogen.789, 790 Der Wortlaut der Gesetzesbegründung schließt die Berücksichtigung von Bieterinteressen nicht per se aus. So heißt es zur positiven Rechtfertigung, dass solche Leistungen gerechtfertigt sind, die auch aus Sicht der Zielgesellschaft und ihrer Anteilseigner aus sachlich nachvollziehbaren Gründen gewährt werden.791 Die Verwendung des Wortes „auch“ suggeriert, dass Bieterinteressen im Rahmen des Normzwecks Abwägungsqualität zukommen könnte. Dann stellt sich aber die Frage, ob und was für Interessen des Bieters als „sachlich nachvollziehbare Gründe“ überhaupt Relevanz erhalten könnten: Unzweifelhaft nicht mit dem Normzweck vereinbar sind zunächst nur solche Erwägungen, die der Bieter „angestellt hat, um seinem Angebot zum Erfolg zu verhelfen“.792 Diese bisweilen als Kritik am Wortlaut der Gesetzesbegründung geäußerte Interpretationsmöglichkeit ist schon aufgrund der mit ihr verbundenen vollständigen Ausblendung des Aspekts der unzulässigen Einflussnahme auf die Verwaltungsmitglieder der Zielgesellschaft abzulehnen. Dennoch zeigt sich an diesem Einwand anschaulich das Problem einer etwaigen Zulässigkeit der Berücksichtigung bieterseitiger Interessen: Inwiefern darf der Nutzen des Bieters unter Berücksichtigung des Normzwecks eine Rolle spielen? Eine Antwort darauf lässt sich nur durch weitere Auslegung finden:
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Für die Zulässigkeit der Berücksichtigung von Bieterinteressen Lange, Forum Unternehmenskauf 2004, 115, 137; Weber, S. 337 f.; Heinrich, S. 323, 324 ff.; jüngst Löw, S. 20 f., 40 f., 90 ff.; wohl auch, wenn auch unter dem Aspekt des „Marktstandards“, Kiem, in: Baums/ Thoma, WpÜG, § 33d, Rn. 14 ff., 22 ff.; in der Tendenz auch Steinmeyer, in: Steinmeyer, WpÜG, § 33d, Rn. 6. 790 Gegen die Zulässigkeit der Berücksichtigung von Bieterinteressen Schüppen, WPg 2001, 958, 972; Hirte, in: Kölner Komm WpÜG, § 33d, Rn. 15, Fn. 31; Röh, in: Haarmann/ Schüppen, WpÜG, § 33d, Rn. 11; wohl auch Noack/Zetzsche, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 33d WpÜG, Rn. 5; Selzner, AG 2013, 818, 827. 791 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 59. 792 So die Befürchtungen von Röh, in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, § 33d, Rn. 11.
B. Zulässigkeit transaktionsbezogener Leistungen des Bieters
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(aa) Interessenlage im allgemeinen Aktienrecht Im allgemeinen Aktienrecht wird bisweilen vertreten, dass Träger des Anteilseignerinteresses nicht nur die derzeitigen Aktionäre, sondern auch „werdende Aktionäre“ seien, bei börsennotierten Aktiengesellschaften mithin die Anleger als künftige potentielle Aktionäre.793 Der Aussage ist mit Vorsicht zu begegnen, vor allem aber ist sie nicht zu verallgemeinern. Insbesondere stellt sich die Frage, welchen anderen legitimen Inhalt eine entsprechende Verpflichtung des Vorstands haben könnte als marktbezogene Schutzinteressen der Anleger? So wird auch zur Konkretisierung dieses „Anlegerinteresses“ darauf hingewiesen, dass es um den Schutz vor falschen Aussagen in Pflichtveröffentlichungen, vor falschen oder zu Werbezwecken missbrauchten Ad-hoc-Mitteilungen und um die Pflicht zur Anzeige von Eigengeschäften der Aktiengesellschaft geht.794 Strafrechtlich drückt sich ein entsprechender Schutzgedanke bspw. in § 264a StGB (Kapitalanlagebetrug) aus, der auch das Vermögen des einzelnen Kapitalanlegers vor möglichen Schäden durch falsche unvollständige Prospektangaben schützen soll.795 Über solche Schutzinteressen hinaus ist eine Berücksichtigung von Anlegerinteressen aber wohl kaum haltbar und insbesondere nicht abgrenzbar. Die mit dem Unternehmensinteresse ohnehin verbundene Gefahr des ziellosen Verwaltungshandelns würde sich endgültig realisieren. (bb) Berücksichtigung von Bieterinteressen als allgemeiner Ausdruck des WpÜG – insbesondere des § 33 Abs. 1 WpÜG? Fraglich ist aber, ob im Anwendungsbereich des WpÜG etwas anderes gelten könnte. Immerhin ist der Bieter nicht mehr „bloßer“ Anleger, sondern hat die Stellung als Erwerbsinteressent inne, sich mithin als „zukünftiger bzw. potentieller Aktionär“ meist bereits ein Interesse an der Gesellschaft gebildet. Dennoch weist § 3 Abs. 3 WpÜG zunächst nicht auf eine gesonderte Berücksichtigung von Bieterinteressen hin. Wie bereits herausgestellt, kommt in der Übernahmesituation vielmehr dem Interesse der (Alt-)Aktionäre besonderes Gewicht zu, was auch die (rechtmäßige) Maximierung des Veräußerungsgewinns umfasst.796 Die Pflicht zur Berücksichtigung von Bieterinteressen könnte sich in diesem Zusammenhang gar als kontraproduktiv erweisen. Diskutiert wird die Relevanz von Bieterinteressen allerdings im Rahmen des Verhinderungsverbots nach § 33 Abs. 1 WpÜG. So trifft den Vorstand nach Veröffentlichung des Übernahmeangebots des Bieters (§ 10 WpÜG) gem. § 33 Abs. 1 S. 1 WpÜG das Verbot, Handlungen vorzunehmen, durch die der Erfolg des Angebots verhindert werden könnte. Dieses Verhinderungsverbot wirkt sich auch zugunsten 793
Kort, in: Großkomm AktG, § 76, Rn. 75; Semler, FS Hopt, Band 1, 2010, S. 1391, 1394. Kort, in: Großkomm AktG, § 76, Rn. 75. 795 BGH v. 21. 10. 1991 – II ZR 204/90, BGHZ 116, 7, 13, weshalb der BGH § 264a StGB Schutzgesetzcharakter i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB zuspricht. 796 s. oben 2. Teil C.IV. 794
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3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
des Bieters aus, insbesondere wird durch das Unterlassen preissteigernder oder „entwertender“ Abwehrmaßnahmen das Äquivalenzinteresse des Bieters gewahrt, die Anteile an dem Unternehmen preisangemessen zu erwerben.797 Ferner ist zu berücksichtigen, dass durch einen Verstoß gegen das Verhinderungsverbot auch das Interesse des Bieters an einer erfolgreichen Übernahme vereitelt wird. Nach vertretener Auffassung soll § 33 WpÜG daher zumindest reflexartig798 oder gar unmittelbar799 den Schutz des Bieters bezwecken. Würde man das Schutzbedürfnis eines entsprechenden Äquivalenzinteresses des Bieters anerkennen, wäre aber der Weg nicht weit, dem Bieter auch im Rahmen des § 33d WpÜG Maßnahmen zuzugestehen, sein Äquivalenzinteresse zu wahren.800 Insofern könnte man dem Bieter ferner das Recht zusprechen, etwaige Leistungen mit der Erwägung zu rechtfertigen, dass anderenfalls das Übernahmeangebot überhaupt nicht in Frage kommen würde801 – solange das Interesse der Zielgesellschaft nicht negativ beeinträchtigt wird. Dies scheint zunächst auch Rückhalt in der Gesetzesbegründung zu § 33d WpÜG zu finden, wonach die Weiterbeschäftigung des Vorstandsmitglieds insbesondere dann gerechtfertigt ist, wenn ansonsten die Übernahme insgesamt oder der gebotene Preis nicht vertretbar wären.802 Indes lehnt die herrschende Auffassung zu Recht die Einbeziehung von Bieterinteressen in den Schutzzweck des § 33 WpÜG ab.803 Obgleich – dem vorgelagert – 797
Ekkenga, in: Ehricke/Ekkenga/Oechsler, WpÜG, § 33, Rn. 13. Hirte, in: Kölner Komm WpÜG, § 33, Rn. 3, 159, wobei unklar bleibt, was die Folge eines reflexartigen Schutzes ist; klarer aber Krause/Pötzsch/Stephan, in: Assmann/Pötzsch/ Schneider, WpÜG, § 33, Rn. 15, die zwar auch einen „reflexartigen“ Schutz anerkennen, dem aber jegliche weitere Bedeutung versagen, wenn sie hinsichtlich der Aktionärsinteressen und dabei gerade in Abgrenzung zu den Bieterinteressen klarstellen, dass nur Aktionärsinteressen vom Vorstand mit den anderen relevanten Interessen zum Ausgleich zu bringen sind; ähnlich Schlitt/Ries, in: MüKo-AktG, WpÜG, § 33, Rn. 9, 248. 799 In die Richtung Ekkenga/Hofschroer, DStR 2002, 724, 731; Ekkenga, in: Ehricke/ Ekkenga/Oechsler, WpÜG, § 33, Rn. 13; zumindest im Falle eines unbedingten Übernahmeangebots Noack/Zetzsche, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 33 WpÜG, Rn. 8; offen Thaeter, NZG 2001, 789, 701; noch weitergehend Berding, WM 2002, 1149, 1152, allerdings über die Figur der „vorwirkenden Treuepflicht“. 800 In diese Richtung zeigen die Ausführungen von Weber, S. 337, der dem Bieter unter dem Aspekt der „Waffengleichheit“ die Durchsetzung eigener Interessen zugestehen will. 801 In diese Tendenz geht ein Großteil der Literatur, wenn er darauf hinweist, dass auch berücksichtigt werden müsse, dass der Finanzinvestor keine eigenen Managementqualitäten habe und er deshalb sein Übernahmeangebot von der Managementbeteiligung – oder vorgelagert – des Verbleibs des Managements abhängig macht; s. dazu die Nachweise in 2. Teil, Fn. 418. 802 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 59. 803 Grunewald, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33, Rn. 110; Schwennicke, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, § 33, Rn. 88; Krause/Pötzsch/Stephan, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 33, Rn. 15; Röh, in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, § 33, Rn. 27; Steinmeyer, in: Steinmeyer, WpÜG, § 33, Rn. 61; Schlitt/Ries, in: MüKo-AktG, WpÜG, § 33, Rn. 9, 248; Maier-Reimer, ZHR 165 (2001), 258, 260 f.; Cahn, ZHR 167 (2003), 262, 283; noch zu Art. 19 798
B. Zulässigkeit transaktionsbezogener Leistungen des Bieters
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sogar umstritten ist, ob das Verhinderungsverbot individualschützenden Charakter hat oder aber den Kapitalmarkt im Gesamten schützt, besteht diesbzgl. weitgehend Einigkeit. Vertreter, die § 33 WpÜG als Schutzvorschrift zugunsten der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts begreifen und damit allein den Schutz öffentlicher Interessen erfasst sehen,804 kommen zwangsläufig zu diesem Ergebnis. Denn wenn schon den Aktionären ein unmittelbarer Schutz (auch im Hinblick auf § 823 Abs. 2 BGB) versagt wird, muss dies erst Recht für die individuellen Interessen des Bieters gelten – zumal letztere nicht einmal Teil der den Vorstand verpflichtenden Interessen der Zielgesellschaft i.S.d. des § 3 Abs. 3 WpÜG sind.805 Aber auch wenn – demgegenüber – § 33 WpÜG individualschützender Charakter zugesprochen wird, bewirkt dieser allein einen Schutz der Aktionärsinteressen.806 Hierfür spricht zunächst die Gesetzesbegründung, die ausdrücklich nur die Entscheidungsfreiheit der veräußerungswilligen Aktionäre anspricht – insbesondere im Hinblick auf etwaige Principal-Agent-Konflikte des Vorstands in der Übernahmesituation.807 Auch erscheint es widersinnig, dem Bieter aufgrund seiner Stellung als „künftiger Aktionär“ im Anwendungsbereich des § 33 Abs 1 WpÜG (und damit unter Berücksichtigung des Gleichbehandlungsgebot nach § 53a AktG)808 ein Schutzinteresse zuzuerkennen, Aktionär der Gesellschaft zu werden.809 Denn unter dem Verhinderungsverbot wird die Leitungsbefugnis des Vorstands mittelbar auch zu Lasten der Interessen der nichtveräußerungswilligen Aktionäre eingeschränkt – mithin läge seinerseits ein Widerspruch zum Gleichbehandlungsgebot vor, da den Bieterinteressen als denen der lediglich zukünftigen Aktionäre ein höheres Gewicht beigemessen würde als den Interessen der nichtveräußerungswilligen Anteilseigner als Noch-Aktionäre.810
des Übernahmekodex Thiel, in: Semler/Volhard, Unternehmensübernahmen, Band 1, § 31, Rn. 115; unklar in Reichweite Hirte, in: Kölner Komm WpÜG, § 33, Rn. 3. 804 Grunewald, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33, Rn. 107, 110; Krause/Pötzsch/Stephan, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 33, Rn. 15; Steinmeyer, in: Steinmeyer, WpÜG, § 33, Rn. 61. 805 Ausdrücklich Krause/Pötzsch/Stephan, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 33, Rn. 15; wenngleich als Befürworter der Schutzgesetzeigenschaft gegenüber Aktionären Röh, in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, § 33, Rn. 27. 806 Maier-Reimer, ZHR 165 (2001), 258, 260 f.; Röh, in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, § 33, Rn. 27; Cahn, ZHR 167 (2003), 262, 283, nach dem sich diese Schutzrichtung „ohne weiteres“ daraus ergebe, dass nach § 33 Abs. 2 WpÜG das Verhinderungsverbot zur Disposition der Hauptversammlung steht; dagegen Ekkenga, in: Ehricke/Ekkenga/Oechsler, WpÜG, § 33, Rn. 13, Fn. 40. 807 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 57, der Vorstand soll nicht seine aktienrechtlich grds. weitreichende Entscheidungsmacht zum Erhalt der eigenen Stellung ausnutzen können. 808 Ablehnend zur Einbeziehung des Bieters in den § 53a AktG, etwa Heinrich, S. 243, 247 ff. 809 In diese Richtung aber Hopt, FS Lutter, 2000, S. 1361, 1376, zumindest bei bereits bestehender Aktionärsstellung des Bieters. 810 Maier-Reimer, ZHR 165 (2001), 258, 260; Röh, in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, § 33, Rn. 27, der zudem darauf hinweist, dass selbst bei bestehender Aktionärsstellung des Bieters
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3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
Dies hat schließlich entscheidende Bedeutung für das Verständnis von § 33d WpÜG. Würde man unter Hinweis auf die Gesetzesbegründung dem Interesse des Bieters an der Durchführung und an dem Erfolg der Übernahme Relevanz zusprechen,811 würde man einen Widerspruch zu § 33 Abs. 1 WpÜG schaffen: Denn wenn einerseits das Schutzinteresse des Bieters an dem Erfolg der Transaktion unter § 33 Abs. 1 WpÜG abgelehnt werden muss, kann nicht andererseits das Interesse des Bieters an der Durchführung der Transaktion für die Auslegung § 33d WpÜG eigenständige Bedeutung zukommen. Zumal § 33d WpÜG in erster Linie die Integrität des Vorstands gegenüber einer Einflussnahme durch den Bieter schützen will; § 33 WpÜG hingegen – insofern liberaler – soz. ein gleichlaufendes Interesse zwischen (veräußerungswilligen) Aktionären und dem Bieter im Blick hat. (cc) Berücksichtigung von Bieterinteressen als Ausdruck eines „Wettbewerbs der Konzepte“ Ferner kann das bieterseitige Konzept für die Zukunft der Gesellschaft auch auf Grundlage eines „Wettbewerbs der Konzepte“ bei der Auslegung der Norm keine maßgebliche Rolle spielen.812 Es erscheint bereits unzulässig, den Aktionären die Entscheidung darüber, worin das „beste“ Konzept für die Gesellschaft liegt, durch eine beeinflussende Incentivierung des Vorstands mittelbar vorwegzunehmen.813 Auf dieser Grundlage kann die Incentivierung des Vorstands auch nicht unter dem Aspekt der „Waffengleichheit“ gerechtfertigt werden, sodass der Bieter nur zu berücksichtigen hätte, ob die Zielgesellschaft und ihre Anteilseigner den Vorteil in gleicher Weise kompensieren könnten.814 Abgesehen davon, dass ein daraus folgender potentieller „Aufschaukelungseffekt“ rechtspolitisch wohl kaum zu begrüßen ist, verkennt dies die Schutzintention des § 33d WpÜG bzw. des Übernahmerechts im Gesamten. Durch § 33d WpÜG soll die Integrität zugunsten der Zielgesellschaft und ihrer Anteilseigner geschützt werden, nicht aber das Interesse des Bieters an einem „chancengleichen“ Wettbewerb der Konzepte.815 Ein solcher Wettbewerbsschutz ist in keiner Weise im Normzweck angelegt, sondern vielmehr konträr zum eigentlichen Normzweck, der die Entscheidungsfreiheit des Vorstands deutlich hervorhebt.
der Bieter nur in seiner Rolle als Aktionär, nicht aber in seiner Rolle als Bieter geschützt wird; i.E. ebenso Schlitt/Ries, in: MüKo-AktG, WpÜG, § 33, Rn. 248. 811 s. Text zu Fn. 802. 812 So der Vorschlag von Weber, S. 337; Lange, Forum Unternehmenskauf 2004, S. 115, 137. 813 Diese Beeinflussungswirkung kann Weber, S. 338 auch nicht mit der Rechtfertigungsvoraussetzung des sachlichen Bieterinteresses verhindern, denn nach seiner Auffassung gilt diese Beschränkung nur insoweit, als die Interessen des Bieters nicht ausschließlich eine Beeinflussung des Vorstands intendieren, s. dazu bereits oben Fn. 748. 814 So aber Lange, Forum Unternehmenskauf 2004, S. 115, 137; Weber, S. 337. 815 So auch die Kritik von Heinrich, S. 321; und jüngst Löw, S. 89.
B. Zulässigkeit transaktionsbezogener Leistungen des Bieters
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(dd) Bieterinteressen unter Berücksichtigung des Normzwecks Mit einem Blick auf den Normzweck des § 33d WpÜG kann die Irrelevanz des alleinigen Bieterinteresses schließlich endgültig bestätigt werden. Denn unter Berücksichtigung des eher restriktiven Normcharakters bestünde nur dann ein Grund, den alleinigen Nutzen des Bieters als Rechtfertigungsgrund anzuerkennen, wenn die Anreizwirkung per se ausgeschlossen werden könnte. Tatsächlich wird dies jedoch kaum zu bewerkstelligen sein. Wie bereits im zweiten Teil herausgestellt, ist kaum denkbar, dass die Leistung eines Dritten, die dem Vorstand gerade in Zusammenhang mit dem Vorstandsamt geleistet wird, die Interessen der Zielgesellschaft und ihrer Anteilseigner gänzlich unberührt lässt.816 Ist mithin ein Ausschluss der Anreizwirkung kaum vorstellbar, kann die Leistung auch nicht dadurch gerechtfertigt werden, dass sie zwar im Nutzen des Bieters liegt, die Interessen der Zielgesellschaft oder ihrer Anteilseigner aber nicht negativ beeinträchtigt. Dies heißt aber auch, dass der Nutzen einer Leistung für den Bieter nur dann eine Rolle spielen kann, wenn sich ein korrespondierender Nutzen für die Zielgesellschaft und ihre Anteilseigner ergibt. (ee) Fazit Die Interessen des Bieters sind nicht Inhalt des Schutzzwecks der Norm, diese werden allenfalls – in Anlehnung an die Formulierungen im Rahmen des § 33 Abs. 1 WpÜG – „reflexartig“ geschützt, dürfen für die Abwägung innerhalb von § 33d WpÜG aber keine eigenständige Rolle spielen. Durch den Ausschluss der Berücksichtigung von Bieterinteressen als alleiniges Abwägungskriterium wird zugleich das Kriterium der „sachlich nachvollziehbaren Gründe“ konkretisiert. Diese müssen in einem Nutzen für die Zielgesellschaft und ihrer Anteilseigner liegen. Jedes andere Ergebnis würde bedenklichen Raum für Umgehungsmöglichkeiten schaffen. (c) Zwischenfazit: Maßgebliche Interessen für die Konkretisierung der „sachlich nachvollziehbaren Erwägungen“ Zur Konkretisierung der „sachlich nachvollziehbaren Erwägungen“ sind damit allein die Interessen der Zielgesellschafter und ihrer Anteilseigner relevant. Eine Leistung kann nur gerechtfertigt sein, wenn sie zu einem Nutzen nach Art der bereits im zweiten Teil gemachten Ausführungen führt. In Anlehnung an die dort gemachten Erläuterungen sind jedoch insbesondere solche Vorteile mit Bedacht zu behandeln, die mit dem Erfolg der Übernahme aus Sicht des Private-Equity-Investors begründet werden, ohne dass hinreichend gesichert ist, dass Zielgesellschaft oder Anteilseigner von der Übernahme profitieren würden. So kann das Argument, dass eine Übernahme ansonsten nicht möglich wäre, für sich die bieterseitige Leistung noch nicht rechtfertigen. Nur wenn aus der Übernahme ein tatsächlicher Nutzen für die Schutzsubjekte zu erwarten ist, kann diese Erwägung mittelbar berücksichtigt werden. In diesem Sinne sind solche Leistungen nicht gerechtfertigt, die für die 816 s. hierzu 2. Teil A.IV.; mit Blick auf die Entstehungsgeschichte der Norm, liegt diese Erwägung im Übrigen auch § 33d WpÜG zugrunde.
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3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
Zielgesellschaft oder ihre Anteilseigner weder positive noch negative Auswirkungen versprechen.817 Denn dies hätte zwangsläufig eine Berücksichtigung des Bieterinteresses zur Folge. (2) Erfordernis der Kontinuität Wenngleich der Gesetzgeber die Weiterbeschäftigung nur „z. B.“ nennt, führt er konkretisierend aus, dass die Weiterbeschäftigung „schon deshalb gerechtfertigt sein [kann], weil die Qualität des Managements einen wesentlichen Faktor für die Bewertung des Unternehmens“ darstellt.818 Der Gesetzgeber hebt somit die Bedeutung des Managements für die Gesellschaft als wesentlichen und wohlgemerkt einzigen Grund für bieterseitige Leistungen hervor. Schließt man daraus zurück auf die möglichen Fälle gerechtfertigter Leistung, erscheint es überzeugend, nur solchen Leistungen die Möglichkeit der Rechtfertigung zu eröffnen, die an eine Weiterbeschäftigung des Vorstandsmitglieds anknüpfen.819 Denn ansonsten kann die Qualität des Managements für die Zielgesellschaft denklogisch nicht zur Geltung kommen. Indes kann die rasche und einvernehmliche Trennung vom Vorstandsmitglied im Übernahmeprozess durchaus im Interesse der Zielgesellschaft liegen, wenn dadurch die Übernahme erheblich vereinfacht und eine (kostspielige) Übernahmeschlacht vermieden würde. Vereinzelt wird deswegen vertreten, dass auch eine abfindende Leistung des Bieters gerechtfertigt sein müsse, wenn der bisherige Vorstand die durch den Bieter angestrebte Unternehmensstrategie nicht mittragen will, mithin eine gemeinsame erfolgreiche Zusammenarbeit nicht möglich erscheint.820 Eine solche Argumentation ist aber wiederum unter Berücksichtigung des Normzwecks nicht haltbar; vielmehr kann sie als Paradebeispiel dessen herhalten, was durch § 33d WpÜG gerade verhindert werden soll: Wenn ein Vorstand eine bestimmte vom Bieter angepeilte Unternehmensstrategie nicht mittragen will, von ihr also auch nicht überzeugt ist, so wird er dies im Wege seiner Stellungnahme zu dem Übernahmeangebot gem. § 27 WpÜG den Aktionären auch mitteilen und ihnen u. U. die Ablehnung des entsprechenden Angebots anraten. Zudem wird er sich ggf. mit geeigneten Maßnahmen gegen die Übernahme wehren. Wenn mit der Abfindungsleistung durch den Bieter dann aber „für eine rasche einvernehmliche Trennung“ gesorgt werden soll, weil dies im Interesse der Zielgesellschaft vernünftiger sei,821 kann nichts anderes gemeint sein, als dass der Vorstand zum einen auf Abwehrmaßnahmen, zum anderen aber auch auf die Abgabe einer entsprechenden Stellungnahme verzichten soll. Mithin würde er durch die Abfindung konträr zu seiner bisherigen Einschätzung milde gestimmt und somit aus seiner Einschätzung heraus 817
A.A. Weber, S. 336 ff. Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 59. 819 So im Ergebnis ebenso Spindler, FS Hopt, Band 1, 2010, S. 1407, 1410; wohl auch Fastrich, FS Heldrich, 2005, S. 143, 147 f.; a.A. Drygala, FS Schmidt, 2009, S. 269, 276. 820 So offenbar Drygala, FS Schmidt, 2009, S. 269, 276. 821 Drygala, FS Schmidt, 2009, S. 269, 276. 818
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gerade nicht mehr im besten Interesse der Zielgesellschaft handeln.822 Hiergegen lässt sich auch nicht das auf den Überlegungen zur Principal-Agent-Theorie fußende Argument vorbringen, dass durch die bieterseitige Abfindung eine unbegründete Abwehrhaltung des Vorstands gegen ein Übernahmeangebot beseitigt werden könnte. So könnte der Vorstand auch allein aufgrund persönlicher Interessen einem für die Zielgesellschaft eigentlich positiven Übernahmeangebot ablehnend gegenüber stehen, da dieses bspw. einen Verlust seiner Anstellung mit sich brächte.823 Jedoch würde durch eine entsprechende Leistung des Bieters ein neuer Interessenskonflikt hervorgerufen: Durch die Bindung des Vorstands an die Interessen des Bieters wäre eine sinnvolle Einschätzung, ob der Vorstand seine Entscheidungen nunmehr an den Interessen des Bieters, denen der Zielgesellschaft oder den eigenen Interessen ausrichtet, nicht mehr möglich. Schließlich wird das Erfordernis der Kontinuität auch im Hinblick auf die Ausführungen zur Intention bieterseitiger Leistungen unter der organschaftlichen Treuepflicht zumindest bekräftigt.824 Nur Leistungen, welche an eine Weiterbeschäftigung anknüpfen, sind als drittvergütungsähnliche Leistungen einzuordnen.825 Aufgrund des Bezugs zur Leistung des Verwaltungsmitglieds für die Zielgesellschaft wohnt ihr somit ein rechtfertigendes Element inne: Maßgebliche Intention der Leistungsgewährung kann der Nutzen sein, den primär die Zielgesellschaft (und damit der Bieter lediglich als Reflex) durch den Erhalt des Managements hat. Soll das Management hingegen nicht gehalten werden, wird es auch nicht maßgeblich für die Höhe des Übernahmeangebots und den Wert der Zielgesellschaft sein, mithin fällt der entsprechende rechtfertigende Aspekt weg. Knüpft aber eine Leistungsgewährung nicht mehr an die Qualität des operativen Handelns für die Zielgesellschaft an, ist es schwer, diese Leistung als drittvergütungsähnlich anzusehen anstatt als rein transaktionsbezogen. Dann aber besteht eine Vermutung dahingehend, dass es alleinige Intention der Leistung rglm. sein wird, auf das Verhalten des Vorstands in der Übernahmesituation zu eigenen Gunsten Einfluss zu nehmen. Mit anderen Worten wird der Bieter durch eine entsprechende Leistung das Ermöglichen der Übernahme bezwecken, der Nutzen für die Zielgesellschaft aber wohl kaum eine Rolle spielen.826 Im Ergebnis bestätigt sich somit die eingangs aufgestellte Vermutung. Zur positiven Rechtfertigung muss die Leistung an der Weiterbeschäftigung des Vorstands anknüpfen. Alle sonstigen Leistungen, die im Bezug zur Vorstandstätigkeit stehen, sind – angesichts des restriktiven Charakters des § 33d WpÜG – aufgrund der zu 822 Ebenso Fastrich, FS Heldrich, 2005, S. 143, 147 f.; ferner Spindler, FS Hopt, Band 1, 2010, S. 1407, 1410. 823 s. zu den Interessen des Vorstands in der Übernahmesituation, oben 2. Teil D.I.2.b)aa). 824 s. dazu allgemein oben 2. Teil D.II.3. 825 Zur endgültigen Bewertung drittvergütungsähnlicher und rein transaktionsbezogener Leistungen, s. sogleich unter 3. Teil B.I.4.d)bb)(1). 826 So auch Spindler, FS Hopt, Band 1, 2010, S. 1407, 1410, für den bei solchen Leistungen die Verbindung zu einem „Anfüttern“ der Organmitglieder offensichtlich ist, damit diese der Übernahme möglichst keine Hürden in den Weg stellen.
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3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
großen Gefahr der unsachgemäßen Beeinflussung von vornherein als unzulässig einzustufen. (3) Wert des Managements aus Sicht der Zielgesellschaft Obwohl eigentlich selbstverständlich, ist dennoch explizit auf folgendes hinzuweisen: Die Kontinuität allein kann die bieterseitige Leistung noch nicht rechtfertigen. Setzt man dieses Kriterium in den Kontext des Interesses der Zielgesellschaft, darf bspw. die Weiterbeschäftigung nicht in Aussicht gestellt werden, wenn das Management keinen Wert für das Unternehmen hat. Auf den ersten Blick scheint die Gesetzesbegründung hier sogar relativ restriktiv. Denn es kann wohl keinesfalls bei jedweder an der Kontinuität anknüpfenden bieterseitigen Leistung davon ausgegangen werden, dass das Management einen „wesentlichen Faktor“ darstellt und insbesondere die Übernahme im Gesamten oder der gebotene Preis nur bei Weiterbeschäftigung einzelner oder aller Organmitglieder vertretbar ist.827 Indes zeigt die Formulierung „schon deshalb“,828 dass es sich bei diesem Beispiel um den gesetzgeberischen „Optimalfall“ handelt. Um diese Vorgabe dennoch nicht leer laufen zu lassen, sollte aber der Wert des Managements immer eine Rolle spielen. Diesem Kriterium wird somit bspw. dann hinreichend nachgekommen, wenn das Management unternehmensspezifisches Know-how hat oder allgemein besondere Fertigkeiten aufweist. Aber auch dann, wenn die Kontinuität auch nur allgemein beruhigende Wirkung hat und der übliche Geschäftsablauf somit möglichst wenig unterbrochen wird. Unzulässig wäre die Aussicht auf Weiterbeschäftigung und etwaige damit verbundene Boni hingegen, wenn schon im Vorhinein klar wäre, dass der Aufsichtsrat den Anstellungsvertrag des Vorstands bei normalem Geschäftsfortgang wegen Misserfolgs nicht verlängert hätte. Ebenso, wenn nicht erwartet werden kann, dass die die Gesellschaft begünstigende Wirkung aus anderen Gründen nicht eintreten wird. In solchen Fällen würde die beeinflussende Wirkung durch die bieterseitige Leistung trotz oder gerade wegen der Kontinuität des Managements die Überhand gewinnen. (4) Zwischenfazit Abschließend bleibt zu konstatieren: Die Leistung muss Ausdruck der Interessen der Zielgesellschaft und ihrer Anteilseigner sein, unter besonderer Betonung des Wertsteigerungsinteresses der Letzteren. Bieterinteressen haben hingegen keinerlei eigenständige Bedeutung. Darüber hinaus ist es zur Legitimation der Leistung zwingend erforderlich, dass diese an der Kontinuität des Vorstandsmitglieds anknüpft; zudem muss sie Ausdruck eines besonderen Werts des incentivierten Managements für die Zielgesellschaft sein. Gleichwohl drängt sich – insbesondere unter Berücksichtigung obiger Ausführungen zu aktionärsseitigen Drittvergütungen – 827
So aber der Wortlaut der Gesetzesbegründung, Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 59. Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 59: „Eine solche Zusage [die Weiterbeschäftigung] kann schon deshalb gerechtfertigt sein, […]“. 828
B. Zulässigkeit transaktionsbezogener Leistungen des Bieters
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unweigerlich die Frage auf, ob materielle Kriterien allein die Integrität des Vorstands hinreichend absichern. Denn wer soll im Endeffekt darüber entscheiden, ob die dargestellten materiellen Anforderungen tatsächlich eingehalten werden? Zudem sind insbesondere aufgrund des im Rahmen einer Übernahme erfolgenden Kontrollwechsels hinsichtlich der präventiven Wirkung etwaiger sanktionierender Rechtsfolgen ernsthafte Bedenken angebracht.829 So hätte der nunmehr vom neuen Anteilseigner und bisherigen Bieter dominierte Aufsichtsrat darüber zu entscheiden, ob sich Bieter und Vorstand im Rahmen der Übernahme pflichtwidrig verhalten haben; es erscheint mehr als fraglich, ob dieser als hinreichend neutral angesehen werden kann. Darüber hinaus bestehen gegenüber einer dieses Defizit potentiell ausgleichenden Aktionärsklage nach § 148 AktG bereits generelle Bedenken,830 sodass der Durchsetzung von etwaigen Schadensersatzansprüchen insgesamt ernsthafte Zweifel entgegenstehen.831 Da weder Wortlaut der Norm („ungerechtfertigt“ ist ein äußerst offener Begriff, der erheblichen Ausfüllungsbedarf mit sich bringt)832 noch der historische Wille des Gesetzgebers (die angeführten Beispiele zur Rechtfertigung haben explizit Beispielscharakter)833 abschließend formuliert sind, wird unter systematischen Erwägungen nachfolgend nach einer Lösung gesucht. Da sich § 33d WpÜG seinem Wortlaut nach nur gegen den Bieter, nicht aber gegen den Vorstand richtet, kommt dabei der Annahme der Bieterleistung durch den Vorstand unter gesellschaftsrechtlichen Maßstäben entscheidende Bedeutung zu: bb) Systematischer Exkurs: Die Annahme von Bieterleistung durch den Vorstand unter gesellschaftsrechtlichen Aspekten Die durch Bieterleistungen hervorgerufene abstrakte Gefährdung sowohl der Interessen der Zielgesellschaft selbst als auch der ihrer Anteilseigner ist offenbar und wurde zur Genüge dargelegt. Entsprechend wurde vor Novellierung des WpÜG ein grundsätzliches aktienrechtliches Verbot bieterseitiger Leistungen vertreten, wobei unklar blieb, inwiefern Ausnahmen geschaffen werden konnten.834 Mit § 33d WpÜG
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So auch Kuntz, S. 21 f., im Hinblick auf Treuepflichtverletzungen im Zusammenhang mit einem Management-Buy-Out. 830 s. dazu unten 4. Teil A.III.3. 831 Ebenso Kuntz, S. 21. 832 s. dazu oben 3. Teil B.I.4.a). 833 s. dazu oben 3. Teil B.I.4.b). 834 s. dazu Horn, ZIP 2000, 473, 482 (zu Abfindungsvereinbarungen); Hopt, FS Lutter, 2000, S. 1361, 1379 f., der zwar unter Hinweis auf seine Ausführungen zum allgemeinen Verbot der Annahme von Zuwendungen Dritter (Hopt/Roth, in: Großkomm AktG, § 93, Rn. 266 ff.) noch zu § 29 DiskE-ÜG (welches noch ein undifferenziertes Verbot vorsah, s. dazu oben 3. Teil B.I.1.) die Auffassung äußert, dass sich ein entsprechendes Verbot bereits aus allgemeinem
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3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
hat sich die Diskussion bieterseitiger Zuwendungen allerdings vermehrt von den aktienrechtlichen Vorgaben und insbesondere der organschaftlichen Treuepflicht auf das kapitalmarktrechtliche Verbot verlagert. Dies verwundert, da § 33d WpÜG in ähnlichem Maße wie das organschaftliche Verbot die Loyalitätspflicht des Vorstands gegenüber der Gesellschaft absichern soll und § 33d WpÜG ausdrücklich nur den Bieter, nicht aber den Vorstand anspricht. Das kapitalmarktrechtliche „Verbot der Gewährung bieterseitiger Leistungen“ steht mithin in untrennbarem – zumindest gedanklichem – Zusammenhang mit dem gesellschaftsrechtlichen „Verbot der Annahme von Zuwendungen Dritter“. Ob sich beide Verbote gegenseitig beeinflussen, ist Frage der nachfolgenden Ausführungen. Maßgeblicher Anknüpfungspunkt für eine sachgerechte Bewertung ist – in Fortsetzung der Systematik der vorliegenden Bearbeitung – der Interessenkonflikt des Vorstands und die Notwendigkeit und Möglichkeit der Bewältigung unter Berücksichtigung des potentiellen Nutzens. (1) Bewertung anhand des Konfliktpotentials Wie bereits im zweiten Teil zur Einordnung des Konfliktpotentials herausgearbeitet wurde, sind Bieterleistungen im Hinblick auf die abstrakte Gefährdung des Unternehmensinteresses in folgende zwei Kategorien zu unterteilen:835 Zum einen können sie als rein transaktionsbezogene Bieterleistung einzuordnen sein, deren (beeinflussende) Wirkung allein auf die Übernahmesituation selbst abzielt. Zum anderen sind drittvergütungsähnliche Bieterleistungen denkbar, welche die Tätigkeit des Vorstandsmitglieds für die Gesellschaft honorieren und damit dessen Wert für die Zielgesellschaft absichern und es somit an die Zielgesellschaft binden wollen. Freilich können aufgrund ihres Zusammenhangs mit der Übernahme auch letztere rein transaktionsbezogene Elemente enthalten: (a) Rein transaktionsbezogene Bieterleistungen Die Zulässigkeit von Leistungen, die nur auf die Übernahme selbst abzielen und nicht an der Kontinuität des Vorstands ansetzen,836 ist von vornherein abzulehnen, der Verstoß gegen § 93 AktG, aber auch der Eingriff in die Weisungsfreiheit des Vorstands nach § 76 AktG ist offensichtlich. Es handelt sich um einen typischen Anwendungsfall des diskutierten Verbots der Annahme von Zuwendungen Dritter. Die beeinflussende Wirkung lässt sich gerade nicht durch etwaige rechtfertigende Gesichtspunkte legitimieren oder überdecken. Solche wären allenfalls bei der Zulässigkeit der Berücksichtigung von Bieterinteressen denkbar. Unter gesellschaftsrechtlichen Erwägungen kann aber nichts anderes gelten als im Rahmen von § 33d Aktienrecht ergibt, auf S. 1380 aber zugleich darauf hinweist, dass etwaige Gespräche über die Fortsetzung des bisherigen Kurses unter dem alten Vorstand zulässig seien. 835 s. dazu ausführlich 2. Teil D.II.3.; Weber, S. 224 f. nimmt eine ähnliche Abgrenzung vor. 836 s. dazu bereits unter dem durch § 33d WpÜG vorgegebenen Erfordernis der Kontinuität, 3. Teil B.I.4.d)aa)(2).
B. Zulässigkeit transaktionsbezogener Leistungen des Bieters
285
WpÜG:837 Den Interessen des Bieters kommt keine Abwägungsqualität zu, sie sind schlicht unberücksichtigt zu lassen. Und auch der potentielle Nutzen für die Zielgesellschaft, der sich etwa aus einer Bewältigung von Agency-Problemen ergeben kann, ist nicht geeignet, die abstrakte aus der Leistung resultierende Gefährdung des Unternehmensinteresses zu legitimieren. Mithin ist etwa die Annahme von Abfindungsleistungen des Bieters, trotz potentiellen Nutzens für die Gesellschaft, aufgrund der von ihnen ausgehenden abstrakten Gefährdung der Interessen des Unternehmens per se unzulässig. Diese Wertung impliziert, dass auch bieterseitige Leistungen an Vorstandsmitglieder, die nicht im Zusammenhang mit einem Übernahmeangebot, sondern mit einem einfachen Erwerbsangebot erfolgen, mangels denkbaren Nutzens für die Gesellschaft (die Frage der Kontinuität des Vorstands wird von vornherein nicht aufgeworfen) schon situationsbedingt als unzulässig anzusehen sind.838 (b) Drittvergütungsähnliche Bieterleistungen Drittvergütungsähnliche Leistungen können hingegen durchaus die abstrakte Gefährdung überdeckende Vorteile für die Gesellschaft haben,839 sodass ihre Annahme nicht per se einen Pflichtverstoß unter gesellschaftsrechtlichen Maßstäben bedeuten muss: Das rechtfertigende Element ergibt sich (wie bereits im zweiten Teil herausgestellt) aus dem Nutzen, den die Gesellschaft aus der Kontinuität der Unternehmensführung und der Qualität des operativen Handelns des incentivierten Vorstands hat. Aufgrund dieser Anknüpfung an die Tätigkeit für die Gesellschaft liegt daher ein Vergleich mit den Vorgaben, den Aktionäre und Vorstand im Rahmen von Drittvergütung zu beachten haben, auf der Hand.840 Indes weist der jeweilige Interessenkonflikt des Vorstands im Falle von Leistungen des Bieters im Vergleich zu Leistungen von (veräußerungswilligen) Aktionären einen maßgeblichen Unterschied auf: Im Gegensatz zu den Aktionären steht der Bieter „außerhalb“ des Unternehmens.841 Wie gezeigt, kann aber die Stellung des Bieters als „potentieller Aktionär“ gerade nicht die Berücksichtigung seiner Interessen im Rahmen des Leitungsauftrags des Vorstands in der Übernahmesituation rechtfertigen. Mithin ist der Loyalitätskonflikt des Vorstands im Vergleich zur Drittvergütung nicht nur verschärft, er erhält zwei unterschiedliche Facetten: Zum einen geht es um die Beeinflussung und damit die Autonomie des Vorstands und dessen Verpflichtung auf das Unternehmensinteresse in der Übernahme selbst, zum anderen geht es um die Vereinbarkeit mit dem langfristigen Unternehmensinteresse. Während die situati837
s. soeben 3. Teil B.I.4.d)aa)(1)(b). A.A. Schlitt/Ries, in: MüKo-AktG, WpÜG, § 33d, Rn. 2, nach denen im Falle des einfachen Erwerbsangebots bereits das Risiko des Interessenkonflikts abgeschwächt sein soll. 839 s. dazu ausführlich oben 2. Teil D.II.3. 840 So jüngst auch Selzner, AG 2013, 818, 822, 825. 841 Insofern darf auch kein Rolle spielen, ob der Bieter bereits Aktionär der Gesellschaft ist: Tritt er gegenüber der Gesellschaft als Bieter auf, ist diese und nicht die Aktionärsstellung entscheidend. 838
286
3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
onsbezogene Einflussnahme im Rahmen aktionärsseitiger Drittvergütung durch Vorgaben an die Ausgestaltung der Vergütung entweder unterbunden werden kann oder aber im Rahmen von transaktionsbezogenen (aktionärsseitigen) Leistungen durchaus mit Unternehmensinteresse und Leitungsautonomie vereinbar ist, kann eine entsprechende, den Bieter begünstigende Einflussnahme in keinem Fall vollständig bewältigt werden. Daher kann auch der Nutzen für das langfristige Unternehmensinteresse nicht den gleichen Stellenwert wie im Rahmen aktionärsseitiger Leistungen annehmen, was auf eine bloß eingeschränkte Legitimationsfähigkeit bieterseitiger Leistungen im Vergleich zu aktionärsseitigen Leistungen hindeutet. Indes finden sich gegen diese gesteigerte Relevanz des Interessenkonflikts bei Annahme bieterseitiger Leistungen insbesondere zwei bedenkenswerte Einwände: Als erstes wird vorgebracht, dass sich der Interessenkonflikt kontinuitätswahrender Leistungen in erster Linie zu Lasten der Gesellschafter, nicht aber zu Lasten der Gesellschaft auswirkt.842 Insbesondere wenn der Vorstand finanziell eingebunden wird, bspw. per Managementbeteiligung, bestünde ausreichend Gewähr dafür, dass ein Gleichlauf des langfristigen Unternehmensinteresses und des Vorstandsinteresses gesichert sei.843 Die aus der Bieterleistung resultierende abstrakte Gefahr bestünde mithin in erster Linie hinsichtlich der Verwirklichung des Wertsteigerungsinteresses der Aktionäre, würde aber keinen grundsätzlichen Nachteil für die Zielgesellschaft selbst mit sich bringen. Im Gegensatz zu § 33d WpÜG, der ausweislich der Gesetzesbegründung das Wertsteigerungsinteresse der veräußerungswilligen Aktionäre schützt,844 gilt die organschaftliche Treuepflicht nur gegenüber der Gesellschaft, nicht aber gegenüber den Aktionären.845 Mangels unmittelbarer Rechtsbeziehung sei eine Verletzung der Aktionärsinteressen unter organschaftlichen Gesichtspunkten mithin nachrangig.846 Allerdings kann eine solche – im Vergleich zu § 33d WpÜG – eingeschränkte Schutzrichtung der Loyalitätspflicht nicht zu einer Abmilderung des aus der Leistung folgenden Interessenkonflikts führen: Wie mehrfach betont, beinhaltet das Unternehmensinteresse in der Übernahmesituation eine besondere Berücksichtigung der Aktionärsinteressen. Selbst wenn dieser Rückschluss im Wesentlichen durch Wertungen des WpÜG ermittelt wurde, ist nicht zu verkennen, dass diese Wertung – als Ausdruck des allgemeinen gesetzgeberischen Willens, dem Wertsteigerungsinteresse der Aktionäre in der Übernahmesituation als Sondersituation besondere Bedeutung zuzumessen – auch für das Handeln des Vorstands nach gesellschaftsrechtlichen Maßstäben Bedeutung erlangen muss.847 Es 842
In diese Richtung Drygala, FS Schmidt, 2009, S. 269, 284. s. etwa v. Werder/Braun/Fromholzer, in: Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, II., Rn. 129. 844 So oben 3. Teil B.I.4.d)aa)(1)(a). 845 Sich darauf berufend Drygala, FS Schmidt, 2009, S. 269, 284. 846 Darauf ebenfalls verweisend Drygala, FS Schmidt, 2009, S. 269, 284; in ähnlichem Zusammenhang darauf hinweisend Peltzer/Schneider, Der Aufsichtsrat 2007, 33. 847 Ebenso ausdrücklich Hohaus/Weber, in: Lücke/Schaub, Vorstand der AG, § 10, Rn. 42. 843
B. Zulässigkeit transaktionsbezogener Leistungen des Bieters
287
wäre widersprüchlich und rechtlich kaum durchsetzbar, würde man den allgemeinen Handlungsauftrag des Vorstands mit zweierlei Maß messen – heißt, einerseits den Vorstand in der Übernahmesituation auf eine besondere Berücksichtigung des Aktionärsinteresses verpflichten, andererseits aber die Aktionärsinteressen beeinträchtigende Handlungen damit rechtfertigen, dass diese nicht unmittelbar vom Schutzzweck der (gesellschaftsrechtlichen) organschaftlichen Treuepflicht erfasst sind. Der zweite Einwand betrifft die rechtliche Stellung des Vorstands in seinem Verhältnis zur Zielgesellschaft bzw. zum Bieter. Bereits im Rahmen aktionärsseitiger Drittvergütung wurde herausgestellt, dass das Verbot der Verfolgung von Eigeninteressen dann nicht verletzt ist, wenn sich der Vorteil des Vorstands in dem Vorteil der Gesellschaft wiederfindet.848 Dies gilt auch im Falle drittvergütungsähnlicher Leistungen; sind die Interessen der Gesellschaft hinreichend gewahrt, kann ein uneingeschränktes Verbot bieterseitiger Leistungen nicht aus der Unzulässigkeit der Verfolgung von Eigeninteressen gefolgert werden.849 Darüber hinaus soll der Vorstand nach vertretener Auffassung in der Übernahmesituation aber in besonderem Maße persönliche Interessen verfolgen dürfen, womit die Annahme von bieterseitigen Leistungen auch durch die berechtigte Verfolgung von Eigeninteressen des Vorstands legitimiert werden könne.850 Im Falle aktionärsseitiger Leistungen ist dies abzulehnen, da sich der Vorstand bereits in einem pflichtenbegründenden Anstellungsverhältnis mit der Zielgesellschaft befindet und darüber hinausgehende (aktionärsseitige) Bezüge daher weder ökonomisch, mit der Notwendigkeit im Hinblick auf die Attraktivität der Anstellung auf dem Markt für Führungskräfte, noch rechtlich, mangels Verhandlungsposition des Vorstands, legitimiert werden können.851 In Abgrenzung dazu dienen Leistungen des Bieters aber (auch) der Bindung des Vorstands an die Zielgesellschaft; in Frage steht mithin der Bestand und Inhalt seines Vertragsverhältnisses zur Gesellschaft. Insbesondere bei Vorhandensein einer change-of-control-Klausel sei der Vorstand damit wieder in seiner Rolle als der Gesellschaft gegenüberstehender Vertragspartner angesprochen und gerade nicht in seiner Rolle als Organ, was die Verfolgung finanzieller Eigeninteressen des Vorstands rechtfertige.852 Denn dann müsse ein Verbleiben des Vorstands ohnehin neu verhandelt werden, sodass die Berücksichtigung des finanziellen Eigeninteresses über den oben dargestellten Gleichlauf mit dem Unternehmensinteresse hinaus durchaus zulässig sei.853
848
s. dazu oben 3. Teil A.III.1.a)bb)(3). Im Ansatz auch Drygala, FS Schmidt, 2009, S. 269, 280; Weber, S. 226; Heinrich, S. 313. 850 Drygala, FS Schmidt, 2009, S. 269, 280; Weber, S. 226; Heinrich, S. 313. 851 s. dazu bereits oben 3. Teil A.III.1.a)bb)(3). 852 So der Einwand von Drygala, FS Schmidt, 2009, S. 269, 280. 853 Drygala, FS Schmidt, 2009, S. 269, 280; Weber, S. 226; Heinrich, S. 313. 849
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3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
Indes kann – ganz gleich, ob eine CoC-Klausel im Anstellungsvertrag vereinbart worden ist oder nicht – auch dieser Einwand aus folgenden Gründen nicht überzeugen: Ist zunächst keine CoC-Klausel vereinbart und dem Vorstand wird die unveränderte Weiterbeschäftigung in der Gesellschaft zugesagt, ändert sich, bis auf die Beseitigung etwaiger Unsicherheiten, zunächst nichts für den Vorstand. Der Bestand des Anstellungsvertrages ist gerade nicht gefährdet, mithin kann mit dieser Erwägung auch keine weitergehende Berücksichtigung vorstandseigener Interessen legitimiert werden. Ist im Anstellungsvertrag dagegen eine CoC-Klausel vereinbart, ist der Vorstand bei der Frage des Verzichts auf die Klausel zwar durchaus direkt in seiner persönlichen Stellung gegenüber der Gesellschaft angesprochen. Dennoch kann sich der Vorstand zur Legitimation einer entsprechenden Bieterleistung nicht auf die Berücksichtigung eigener Interessen i.S.e. (weitergehenden) eigenständigen Abwägungskriteriums berufen.854 Denn dem vorgelagert ist zum einen zunächst die Frage zu klären, ob dem Vorstand – trotz CoC-Klausel – die Weiterbeschäftigung in Aussicht gestellt werden bzw. ob ihm die CoC-Klausel abgekauft werden darf. Und hier ist er gerade nicht in seinen persönlichen Rechten angesprochen: Er hat nicht selbst darüber zu entscheiden, ob sein Vertrag mit der Gesellschaft verlängert wird, sondern prinzipiell hat das die Zielgesellschaft. Insbesondere aber steht es dem Vorstand zum anderen frei, sich auf die CoC-Klausel zu berufen. Erkennt man den Verzicht auf eine CoC-Klausel jedoch von vornherein als Legitimation zur Berücksichtigung vorstandseigener Interessen an, wäre die Gesellschaft vor Missbrauch nicht gefeit: Im Extremfall und bei Vorhandensein mehrerer Bieter stünde es dem Vorstand frei, seinen Einfluss zugunsten des für den Verzicht auf die Klausel Höchstbietenden auszuüben. Im Ergebnis sind drittvergütungsähnliche Leistungen des Bieters damit im Vergleich zu aktionärsseitigen Leistungen mit einem noch größeren Konfliktpotential beladen. Das transaktionsbezogene Element lässt sich weder durch Vorgaben an die Ausgestaltung der Vergütung vermeiden, noch können die Interessen der Aktionäre im Rahmen der organschaftlichen Treuepflicht zurückstehen; ebenso wenig ist der Vorstand in weiterem Maße als im Rahmen aktionärsseitiger Drittvergütung zur Berücksichtigung eigener Interessen berechtigt. Maßgeblich ist wie im Falle aktionärsseitiger Leistungen allein der Nutzen für die Zielgesellschaft oder ihre Anteilseigner. (c) Vorläufige Bewertung der Annahme der bieterseitigen Leistung anhand gesellschaftsrechtlicher Maßstäbe Letztlich sind drittvergütungsähnliche Leistungen des Bieters (und nur diese) nur dann zu rechtfertigen, wenn der mögliche Nutzen die möglichen Nachteile über854 So aber Drygala, FS Schmidt, 2009, S. 269, 280; ferner wohl auch, wenn auch abstrakt Weber, S. 226, Fn. 709; Heinrich, S. 313.
B. Zulässigkeit transaktionsbezogener Leistungen des Bieters
289
wiegt. Möglich ist dies nur bei Kontinuität und rechtfertigenden Gesichtspunkten, die sich in dem besonderen Wert des Managements für die Zielgesellschaft widerspiegeln – die materiellen Maßstäbe unter § 33d WpÜG und den gesellschaftsrechtlichen Aspekten gleichen sich somit weitestgehend. Im weiteren Vergleich zur aktionärsseitigen Drittvergütung drängt sich aber die Notwendigkeit prozessualer Aspekte auf. Im Hinblick auf den erweiterten und verschärften Interessenkonflikt bei bieterseitigen Drittleistungen erscheint eine vergleichbare Einbindung des Aufsichtsrats dann erst recht naheliegend. Denn der Nutzen ist hier wie dort nur bei hinreichender Kontrolle der Leistung und Konkretisierung durch den Aufsichtsrat rechtssicher gewährleistet: (2) Kontrolle des Interessenkonflikts (a) Hinreichende Kontrolle durch Offenlegungspflichten? Im Gleichlauf mit den Anforderungen an die Drittvergütung ist der Vorstand freilich dazu verpflichtet, den Aufsichtsrat unverzüglich über etwaige bevorstehende oder bereits erfolgte Absprachen zu informieren.855 Dies gebietet ihm bereits seine allgemeine Pflicht zur Offenlegung von Interessenkonflikten, zu welcher aufgrund des immanenten Transaktionsbezugs jegliche Bieterleistung führen kann, auch wenn es sich um drittvergütungsähnliche Bieterleistungen handelt. Doch gilt hier sogar noch in verschärftem Maße das zur Drittvergütung Gesagte: Die Offenlegungspflicht alleine ist nicht als ein den Interessenkonflikt legitimierendes Kontrollinstrument anzusehen. Denn es geht nicht nur um die Vermeidung einer dem langfristigen Unternehmensinteresse widersprechenden Anreizsetzung, sondern insbesondere um die Incentivierungs-Wirkung in der Übernahmesituation. Dem kann nicht einmal mit einer Anpassung der gesellschaftsseitigen Vergütung entgegengewirkt werden. Unter Zuhilfenahme einer Rechtsfolgenbetrachtung für den Fall unzulässiger Leistung bliebe dem Aufsichtsrat seinerseits nur die Information der Gesellschafter im Rahmen der von ihm abzugebenden Stellungnahme nach § 27 WpÜG oder die Geltendmachung von Ansprüchen noch vor Übernahme, was angesichts der ungeklärten Rechtslage und des schwer zu bestimmenden Schadens wohl kaum als erfolgsversprechend angesehen werden kann. Nach erfolgter Übernahme ist die erfolgreiche Durchsetzung etwaiger Ansprüche noch unwahrscheinlicher als im Falle aktionärsseitiger Leistung.856 Eine davon zu trennende Transparenzpflicht des Vorstands gegenüber den Aktionären ist außerhalb kapitalmarktrechtlicher Wertung wohl abzulehnen – der Vorstand ist über seine organschaftliche Treuepflicht ja nur relational an die Ge-
855 s. dazu ausführlich oben 3. Teil A.III.1.b)bb); im Zusammenhang mit Bieterleistungen nur Heinrich, S. 314. 856 s. dazu bereits im Rahmen des § 33d WpÜG, oben 3. Teil B.I.4.d)aa)(4).
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3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
sellschaft gebunden.857 Eine endgültige Entscheidung hierüber kann vorliegend indes aufgrund einer entsprechenden Verpflichtung nach § 27 WpÜG dahinstehen.858 (b) Hinreichende Kontrolle durch weitere Verhaltenspflichten des Vorstands? Darüber hinaus werden im Anwendungsbereich des § 33d WpÜG insbesondere im Rahmen von Management-Buy-Outs bzw. beim Buy-Out unter Beteiligung des Managements eine Reihe weiterer Verhaltenspflichten vorgeschlagen, mittels derer der „massive“ Interessenkonflikt bewältigt werden können soll.859 Namentlich soll der Interessenkonflikt im Rahmen des MBO durch umfassende Transparenz gegenüber den Aktionären, eine strikte Bietergleichbehandlung bei der Informationsversorgung und der Einschaltung eines neutralen Sachwalters hinreichend bewältigt werden können.860 Indes ist schon die rechtliche Verortung dieser in erster Linie durch Kiem postulierten Vorgaben unsauber. Denn – abgesehen von den Transparenzpflichten, die sowohl den Bieter nach § 11 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 WpÜG als auch den Vorstand gem. § 27 WpÜG treffen – handelt es sich um Vorgaben, die der Vorstand befolgen muss, obgleich sich § 33d WpÜG nur gegen den Bieter richtet;861 der Bieter kann entsprechenden Verpflichtungen aber schon naturgemäß nicht nachkommen. Mithin sind zumindest die Tauglichkeit der Einschaltung eines Sachwalters, sowie die Bietergleichbehandlung – dogmatisch korrekt – im Rahmen der gesellschaftsrechtlichen, insbesondere organschaftlichen Verpflichtung des Vorstands zu überprüfen: Aufgrund der Gefahr, dass der Vorstand seine eigentliche Position als unabhängiger Sachwalter der Interessen der Zielgesellschaft nicht mehr sachgemäß ausüben wird, sollen (insbesondere im Falle künftiger Managementbeteiligungen) die Verhandlungen mit dem Bieter von den betroffenen Vorstandsmitgliedern auf eine unabhängige Person übertragen werden.862 Sind nicht alle Vorstandsmitglieder von 857 In Betracht kämen jedoch Informationspflichten aus c.i.c.; s. zu allgemeinen Aufklärungspflichten des Managements gegenüber den Altgesellschaftern aus c.i.c. ausführlich Kuntz, S. 127 ff., Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 93, Rn. 119; Spindler, in: MüKo-AktG, § 93, Rn. 112; für eine direkte Treuebindung gegenüber den Aktionären, Rhein, S. 173 ff. 858 s. dazu ausführlich unten 3. Teil B.III.2. 859 An dieser Stelle ist darauf hinzuweisen, dass der Management-Buy-Out in besonderem Maße in Konflikt zu den organschaftlichen Treuebindungen des Vorstands steht, es aber nicht Aufgabe dieser Arbeit ist, den prinzipiellen Schutz insbesondere der Altgesellschafter vertieft zu untersuchen – es geht allein um eine Bewertung von Managementbeteiligung unter § 33d WpÜG oder eben unter dem Verbot der Annahme von (unzulässigen) Zuwendungen Dritter; als Beiträge, die sich mit den spezifischen Problemen des Management-Buy-Out befassen, seien daher an dieser Stelle Rhein, Der Interessenkonflikt des Managers beim Management-Buy-Out, 1996 und Kuntz, Informationsweitergabe durch die Geschäftsleiter beim Buyout unter Managementbeteiligung, 2009, genannt. 860 Kiem, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33d, Rn. 23 f. 861 So auch Heinrich, S. 316, Fn. 62. 862 Becker, ZHR 165 (2001), 280, 287; Kiem, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33d, Rn. 23 f., der darauf hinweist, dass dieser Ausschluss nicht für Verhandlungen gilt, die das Binnenver-
B. Zulässigkeit transaktionsbezogener Leistungen des Bieters
291
der Beteiligung erfasst, sollen diese mit der Vertretung gegenüber dem Bieter betraut werden, ansonsten soll dem Aufsichtsrat diese Rolle zukommen.863 Unabhängig von Zweifeln, ob die Auflösung des Interessenkonflikts auf diese Weise überhaupt mit der Zuständigkeitsverteilung im Rahmen der §§ 76, 111 Abs. 4 AktG zu vereinbaren wäre,864 stehen der Tauglichkeit dieses Vorschlags drei praktische Argumente entgegen: Wie oben herausgestellt, ist Sinn der Incentivierung häufig der Wert des Vorstands für die Zielgesellschaft. Wenn aber der Vorstand aufgrund seines Wissens und seiner Fähigkeiten einen „einmaligen“ Wert für die Zielgesellschaft hat, erscheint es, erstens, überaus fraglich, ob eine dritte Person dessen eigentliche Rolle im Übernahmeverfahren mit gleicher Effizienz ausüben könnte. Ein (gerade) nichtincentiviertes Vorstandsmitglied kann wohl kaum als gleichwertiger Ersatz angesehen werden; geschweige denn der nicht ins aktuelle Tagesgeschäft eingebundene Aufsichtsrat. Zum zweiten kann durch die Einbindung eines Sachwalters nicht verhindert werden, dass das Wissen des incentivierten, „wertvollen“ Managements durchaus vom Bieter nutzbar gemacht werden kann, trotz Strafbewährung der Informationsweitergabe. Und drittens bleibt insbesondere unklar, wie ausreichend Gewähr dafür getragen werden kann, dass die Einschaltung eines Sachwalters auch tatsächlich dem Interesse der Zielgesellschaft entspricht. Denn nach dargestellter Auffassung genügt der Vorstand seiner organschaftlichen Treuepflicht allein durch die Einrichtung entsprechender Vorkehrungen. Ob diese Vorkehrungen sich als tatsächlich tauglich erweisen, ist widersprüchlicher Weise allein ihm selbst überlassen, ggf. noch den anderen Vorstandsmitgliedern. Ferner bestehen auch gegen den Vorschlag der Bietergleichbehandlung bei der Informationsversorgung Bedenken: Im Falle mehrerer miteinander konkurrierender Bieter kann typische Folge des durch die Managementbeteiligung, aber auch durch andere Boni hervorgerufenen Interessenkonflikts sein, dass die konkurrierenden Bieter im Vergleich zum leistenden Bieter schlechter behandelt werden.865 Dies betrifft insbesondere den Aspekt der Informationsversorgung, was wiederum in Konflikt mit § 33 WpÜG und dem Interesse der Zielgesellschaft treten könnte.866 In einem solchen Fall sollen die konkurrierenden Bieter daher ausnahmsweise einen Anspruch auf Durchführung einer umfassenden Due Diligence haben.867 Indes wäre hältnis zwischen Management und dem Bieter betreffen, da die Mitglieder des Managements insoweit nicht in ihrer Rolle als Vorstandsmitglieder der Zielgesellschaft auftreten. 863 Becker, ZHR 165 (2001), 280, 287; Kiem, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33d, Rn. 24. 864 Ähnlich die Kritik von Krause/Pötzsch/Stephan, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 33d, Rn. 21, die auch darauf hinweisen, dass eine entsprechende Einsetzung des Aufsichtsrats allenfalls ausnahmsweise und in einer vom Vorstand abgeleiteten Funktion in Betracht komme, § 111 Abs. 4 S. 1 AktG; kritisch auch Kuntz, S. 22 f. 865 Kiem, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33d, Rn. 23. 866 So besteht die Gefahr, dass der Vorstand den die Managementbeteiligungen in Aussicht stellenden Bieter mit relevanten Informationen über die Zielgesellschaft versorgen wird, Kiem, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33d, Rn. 24. 867 Kiem, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33d, Rn. 24; Schlitt/Ries, in: MüKo-AktG, WpÜG, § 33d, Rn. 13; Drygala, FS Schmidt, 2009, S. 269, 280; a.A. Löw, S. 147 ff., der die sachlich
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3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
eine hinreichende Auflösung etwaiger Nachteile wohl nur bei vollständiger Gleichbehandlung hinsichtlich der Informationsversorgung zu gewährleisten, auch um den Verdacht zu vermeiden, dass nicht eine unterschiedliche Struktur oder Situation des konkurrierenden Bieters vorgeschoben würde, um eine Ungleichbehandlung aufgrund der Incentivierung zu überdecken. Eine derartige strikte Bietergleichbehandlung ist aber nicht mit geltendem Gesetz zu vereinbaren und kann auch nicht auf § 33 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 WpÜG gestützt werden. Denn nach allgemeiner Rechtslage868 besteht nach h.M. ein Anspruch des konkurrierenden Bieters auf Gewährung einer Due Diligence – wenn überhaupt – nur unter Wahrung der gesellschaftsrechtlichen Voraussetzungen der Informationsweitergabe.869 Dabei muss insbesondere berücksichtigt werden, ob es sich bei dem konkurrierenden Bieter um ein Konkurrenzunternehmen der Zielgesellschaft handelt. Sollte dies der Fall sein, wäre eine entsprechend ausführliche Informationsweitergabe keinesfalls vom Interesse der Zielgesellschaft gedeckt.870 Der Umstand der Incentivierung ändert aber nichts an dieser Situation zwischen Zielgesellschaft und Konkurrenzunternehmen, sodass die vorgeschlagene Ausnahme im Falle von § 33d WpÜG anstatt der sinnvollen Bewältigung des Interessenskonflikts der Zielgesellschaft eher weitere Nachteile schaffen würde.871 (c) Hinreichende Kontrolle durch Zustimmungspflicht des Aufsichtsrats Zwingende Konsequenz des im Vergleich zur aktionärsseitigen Drittvergütung nochmals verschärften und facettenreicheren Interessenkonflikts ist daher die Pflicht des Vorstands zur Einholung der Zustimmung („Förderpflicht“) als Ausfluss seiner organschaftlichen Treuepflicht, §§ 76, 93 AktG.872 Eine Kompetenz des Aufsichtsrats ergibt sich dabei aus folgenden Erwägungen: Erstens kann – wie gesagt – unter dem Aspekt des shift of management loyalty eine unzulässige beeinflussende Wirkung zweifelsohne jeder bieterseitigen Leistung innewohnen; diesem spezifischen Interessenkonflikt muss besondere Beachtung nicht nachvollziehbare Weigerung jedoch als Indiz für die Unangemessenheit der Incentivierung begreift. 868 Also dann, wenn kein Vorstandsmitglied incentiviert wurde. 869 Krause/Pötzsch/Stephan, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 33, Rn. 165; Seibt, in: Mülbert/Kiem/Wittig, 10 Jahre WpÜG, S. 148, 178; v. Falkenhausen, in: Veil, Übernahmerecht, S. 93, 105 f.; Hirte, in: Kölner Komm WpÜG, § 33, Rn. 77; Schlitt/Ries, in: MüKoAktG, WpÜG, § 33, Rn. 158; Grunewald, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33, Rn. 65 f.; a.A., in: Liefekett, AG 2005, 802, 806 ff.; Kiem, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33d, Rn. 24. 870 Hirte, in: Kölner Komm WpÜG, § 33, Rn. 77; Schlitt/Ries, in: MüKo-AktG, WpÜG, § 33, Rn. 158; Krause/Pötzsch/Stephan, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 33d, Rn. 21; Fleischer, ZIP 2002, 651, 655; Maier-Reimer, ZHR 165 (2001), 258, 264 f. 871 Krause/Pötzsch/Stephan, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 33d, Rn. 21; gegen die Tauglichkeit dieser Maßnahme allgemein ferner Röh, in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, § 33d, Rn. 12. 872 Ebenso Selzner, AG 2013, 818, 825; zur so verstandenen Förderpflicht des Vorstands im Rahmen aktionärsseitiger Vergütung, s. bereits oben 3. Teil A.III.1.b)cc).
B. Zulässigkeit transaktionsbezogener Leistungen des Bieters
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geschenkt werden.873 Daher hat der Aufsichtsrat zum einen darauf zu achten, dass sich die Leistung nicht als „verkappte“ transaktionsbezogene Leistung darstellt bzw. der Transaktionsbezug einer drittvergütungsähnlichen Leistung keine Beeinträchtigung der pflichtgemäßen Amtsausübung befürchten lässt. Beurteilen lässt sich das nur anhand des Einzelfalls. Sofern man die Zulässigkeit der Aussicht auf Managementbeteiligungen und ähnliche Boni anerkennen sollte, aufgrund derer das Vorstandsmitglied ein zu den Anteilseignern konträres finanzielles Eigeninteresse hinsichtlich der Übernahme selbst entwickelt,874 hat der Aufsichtsrat zum anderen darüber zu entscheiden, ob die Interessen der Zielgesellschaft und ihrer Anteilseigner durch die Etablierung von den Vorstand aus der Verantwortung nehmenden Verhaltenspflichten (wie die Einschaltung von Sachwalter, etc.) überhaupt noch hinreichend vertreten werden können. Als zweites ist der Aufsichtsrat in seiner Funktion als Kontrollorgan hinsichtlich der Gesamtvergütung des Vorstands angesprochen. Jegliche drittvergütungsähnliche Leistung stellt eine Gegenleistung für die gegenüber der Zielgesellschaft zu erbringenden Dienste dar und fällt daher als Teil der Gesamtbezüge i.S.d. § 87 Abs. 1 AktG zwingend in die Kompetenz des Aufsichtsrats. Etwaige Retention-Boni, die Erhöhung der Bezüge im Zusammenhang mit einer Erweiterung des Aufgabenspektrums, aber auch vergünstigte Managementbeteiligungen sind somit zwingend an den Vorgaben zu messen, die auch für aktionärsseitige Vergütungen gelten. Dies gilt sowohl für die Vereinbarkeit mit der Leitungsautonomie als auch mit dem Unternehmensinteresse und den daran anknüpfenden Anforderungen zur Angemessenheit der Leistung nach § 87 Abs. 1 AktG (zu den Bedenken hinsichtlich ExitPrämien und ähnlichen Boni, die auf die auf einen Interessengleichlauf zwischen Vorstand und Finanzinvestor hinauslaufen, wurde bereits im Rahmen der Drittvergütung hingewiesen)875. Angesichts der besonderen Bedeutung der übernahmespezifischen Anreizwirkung dürften die Grenzen des dort Zulässigen aber kaum ausgereizt werden, sodass insbesondere der Aussicht auf monetäre Vorteile deutlich engere Grenzen gezogen sind. Werden entsprechende Beteiligungen nur in Aussicht gestellt, ohne dass sie bereits in derart konkrete Formen gegossen worden sind, die eine Einschätzung der monetären Vorteile des Vorstands ermöglichen (was angesichts der fraglichen Legitimation konkreterer Absprachen der Regelfall sein dürfte), ist die Leistung, neben der Zustimmung des Aufsichtsrats, die bereits unter dem Aspekt der Beeinflussung in der Übernahmesituation notwendig ist, zudem unter den Zustimmungsvorbehalt des
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Dies verkennen etwa v. Werder/Braun/Fromholzer, in: Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, II., Rn. 129, die drittvergütungsähnliche Leistungen allein mit Blick auf die künftige Interessenharmonisierung rechtfertigen wollen. 874 s. dazu ausführlich unten 3. Teil B.II.3. 875 s. oben 3. Teil A.VI.3.
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3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
Aufsichtsrats zu stellen, für den Zeitpunkt, ab dem eine Beurteilung der Leistung möglich ist.876 (d) Zwischenergebnis Die organschaftliche Treuepflicht zwingt den Vorstand im Zusammenhang mit der Annahme von bieterseitigen Leistungen zur Einholung der Zustimmung des Aufsichtsrats. Nur auf diese Weise lässt sich der Interessenkonflikt des Vorstands hinreichend kontrollieren. Die Kompetenz des Aufsichtsrats ergibt sich wie im Falle von aktionärsseitigen Leistungen zum einen aus der Kontrollkompetenz nach §§ 76, 111 AktG, zum anderen aus der Vergütungskompetenz, §§ 84, 87 AktG. Darüber hinausgehende Verhaltenspflichten des Vorstands können sich durchaus zusätzlich aus der organschaftlichen Treuepflicht ergeben, doch sind diese nicht abstrakt zu bestimmen, sondern konkret anhand des Gefährdungsgrads der möglichen Leistungen, sodass es an dieser Stelle keiner weiteren Ausführungen dazu bedarf. (3) § 33d WpÜG als lex specialis? Bislang ungeklärt ist indes das Verhältnis von § 33d WpÜG zu den soeben herausgearbeiteten gesellschaftsrechtlichen Vorgaben; insbesondere wenn § 33d WpÜG abschließende Wirkung entfalten sollte, könnte deren Relevanz erheblich eingeschränkt sein. Zweierlei ist denkbar: § 33d WpÜG könnte eine Privilegierung des Bieters bewirken, welche die rechtlichen Anforderungen an den Vorstand bei Annahme des Vorteils unberührt lässt.877 § 33d WpÜG kann aber auch eine kapitalmarktrechtliche Sonderregelung darstellen, welche den Fall bieterseitiger Regelungen abschließend regelt und mithin einen Rückgriff auf gesellschaftsrechtliche Anforderungen entbehrlich macht.878 Obgleich im letzteren Fall schon die Reichweite der Geltung des § 33d WpÜG fraglich wäre,879 würden vorstehende Ausführungen wohl nur für Übernahmen nicht-börsennotierter Aktiengesellschaften oder aber im Rahmen von Umwandlungen880 Bedeutung erlangen.
876
Ebenso im Hinblick auf den Zustimmungsvorbehalt Mayer-Uellner, AG 2013, 828, 838. Wenn auch nicht ausdrücklich, in Konsequenz aber Heinrich, S. 327 f., nach dem die gesellschaftsrechtlichen Anforderungen strenger sind als die Anforderungen des § 33d WpÜG. 878 So Diekmann, FS Maier-Reimer, 2010, S. 75, 84; Drygala, FS Schmidt, 2009, S. 269, 275; Fonk, in: Semler/v. Schenk, Arbeitshdb. AR, § 10, Rn. 168, Fn. 524; im Ansatz auch Löw, S. 40 f, 52 f., der insofern unklar bleibt, als er auf S. 58 f., eine (aktienrechtliche) Vergütungskompetenz des Aufsichtsrats auch für Leistungen des Bieters zwingend anerkennt, im Rahmen des § 33d WpÜG auf S. 122, 139 f., die Nichtbeteiligung des Aufsichtsrats hingegen lediglich als „Indiz“ für die Unangemessenheit begreift. 879 So will Diekmann, FS Maier-Reimer, 2010, S. 75, 84, § 33d WpÜG nur im Rahmen freiwilliger Angebote anwenden, wohingegen Schlitt/Ries, in: MüKo-AktG, WpÜG, § 33d, Rn. 2, nur einfache Erwerbsangebote aus dem Anwendungsbereich ausschließen. 880 Bei Leistungen der aufnehmenden Gesellschaft an den Vorstand der übertragenden Aktiengesellschaft. 877
B. Zulässigkeit transaktionsbezogener Leistungen des Bieters
295
Letztere Auffassung ist von vornherein abzulehnen.881 So wird in der Literatur § 33d WpÜG mehrheitlich als „übernahmerechtliches Spiegelbild“ des allgemeinen aus der Treuepflicht folgenden Verbots verstanden, Zuwendungen Dritter im Zusammenhang mit der Vorstandstätigkeit anzunehmen – ohne § 33d WpÜG als Sonderregelung zu begreifen.882 Da zudem bereits im Rahmen der organschaftlichen Treuebindung nicht per se die Unzulässigkeit bieterseitiger Leistungen anzunehmen ist, vielmehr drittvergütungsähnliche Leistungen des Bieters durchaus der Legitimation zugänglich sind, erscheint auch ein Rückgriff auf die entsprechend präjudizierende Wirkung des § 33d WpÜG keinesfalls notwendig.883 Darüber hinaus ist zu bedenken, dass eine abschließende Wirkung des § 33d WpÜG zugleich eine Privilegierung bieterseitiger Leistungen zur Folge hätte, da – nach bisheriger Lesart – die Leistung ohne ex ante-Kontrolle durch den Aufsichtsrat möglich wäre, wohingegen diese nach gesellschaftsrechtlichen Maßstäben zur Legitimation der Leistung zwingend notwendig ist. Bemüht man aber einmal mehr den Sinn und Zweck von § 33d WpÜG wird offenbar, dass eine solche Privilegierung von bieterseitigen Leistungen in der Übernahmesituation gerade nicht angezeigt ist: § 33d WpÜG zielt auf die Wahrung der Integrität des Vorstands bei Ausübung seiner fiduziarischen Stellung. Zweifel an der Unabhängigkeit des Vorstands sollen in jedem Fall vermieden werden, ebenso wie die Interessen der Zielgesellschaft und ihrer Anteilseigner gewahrt werden.884 Mit anderen Worten ist es primäres Ziel der Norm, die Loyalität des Vorstands zur Zielgesellschaft und ihren Anteilseignern sachgerecht zu gewährleisten.885 Keinen anderen Zweck hat aber das gesellschaftsrechtliche Loyalitätsgebot. Insofern ist weiter zu bedenken, dass § 33d WpÜG den Schutz der Anteilseigner besonders hervorhebt, der organschaftlichen Treuebindung aber gerade keine vergleichbare unmittelbare Schutzrichtung innewohnt. Dennoch würde eine verdrängende Wirkung des § 33d WpÜG – im Widerspruch zu dieser besonderen Intention – den Schutz der Anteilseigner erheblich schwächen. Denn was bereits im Rahmen aktionärsseitiger Drittvergütung ein Problem darstellt, wird im Rahmen bieterseitiger Leistung besonders relevant: Der Rechtsschutz ex post ist für 881
Dies ebenfalls explizit hervorhebend nur Selzner, AG 2013, 818, 825. Fleischer, WM 2003, 1045, 1057; ferner Ekkenga, in: Ehricke/Ekkenga/Oechsler, WpÜG, § 33, Rn. 121; Fuchs, in: Fleischer, Hdb. VorstandsR, § 22, Rn. 152; Schüppen, FS Tiedemann, 2008, S. 749, 753 f.; Spindler, FS Hopt, Band 1, 2010, S. 1407, 1410; Hopt, ZHR 166 (2002), 383, 429; ders., FS Lutter, 2000, S. 1361, 1379; Röh, in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, § 33d, Rn. 3, der aber ungenau von einer sorgfaltspflichtwidrigen Handlung des Vorstands spricht, damit aber übersieht, dass die Annahme entsprechender Zuwendungen gerade nicht die Sorgfaltspflicht, sondern die Loyalitätspflicht berührt; ebenso Schlitt/Ries, in: MüKo-AktG, WpÜG, § 33d, Rn. 6; ferner Krause/Pötzsch/Stephan, in: Assmann/Pötzsch/ Schneider, WpÜG, § 33d, Rn. 4; Weber, S. 328, will für Vorstandsmitglieder durch § 33d WpÜG die allgemeinen aktienrechtlichen Vorgaben an das Vorstandsverhalten deklaratorisch normiert wissen. 883 So aber Fonk, in: Semler/v. Schenk, Arbeitshdb. AR, § 10, Rn. 168, Fn. 524. 884 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 59. 885 So auch Selzner, AG 2013, 818, 825. 882
296
3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
die Altaktionäre de lege lata besonders lückenhaft.886 Dies erlangt umso mehr Bedeutung, wenn man bedenkt, dass durch bieterseitige Leistung gerade die Interessen der Altaktionäre gefährdet werden.887 Weiter ist zu bedenken, dass § 33d WpÜG zumindest seinem Grundgedanken nach eine Funktion erfüllt, die die Treuepflicht nicht gewährleisten kann. Sie nimmt den Bieter direkt in die Pflicht. Zum Verständnis hilft hier ein Blick auf die Gesetzgebungsgeschichte: Ein Verstoß gegen § 29 DiskE-ÜG, als Vorgänger des § 33d WpÜG, war gem. § 61 Abs. 1 Nr. 8 DiskE-ÜG mit einer Geldbuße von bis zu 1,5 Millionen Euro bedroht. Bereits im RefE-WpÜG war diese Sanktionierung – ohne jegliche Begründung – nicht mehr vorhanden. Es kann wohl kaum angenommen werden, dass ein solch kommentarloser Verzicht zugleich eine Privilegierung bieterseitiger Leistung bedeuten sollte. Ein solches Verständnis ist weder mit der Intention der Norm, noch mit dem Sinn und Zweck der Möglichkeit der Rechtfertigung in Einklang zu bringen, bieterseitige Leistungen allein zum Nutzen der Zielgesellschaft und ihrer Anteilseigner zu ermöglichen und gerade nicht zum Nutzen des Bieters. In diesem Sinne bezog sich auch die Kritik an dem damals § 29 DiskE-ÜG innewohnenden absoluten Verbot bieterseitiger Leistungen darauf,888 dass ein solches (absolutes) Verbot gerade Anreiz für Umgehungen schaffen würde und dem Vorstand bereits aus treupflichtigen Gesichtspunkten nicht in jedem Fall verwehrt werden könne, sich mit dem Bieter über eine Fortsetzung der Anstellung zu einigen.889 Mithin ist § 33d WpÜG als „Relikt“ dieser ursprünglich noch strengeren Erwägungen zu verstehen, nicht aber als privilegierende Ausnahme von der Pflichtenbindung des Vorstands; § 33d WpÜG spiegelt somit im Endeffekt das Bemühen wider, einen grundsätzlichen Gleichlauf zwischen kapitalmarktrechtlicher und gesellschaftsrechtlicher Wertung zu schaffen. Eine abschließende Wirkung des § 33d WpÜG und eine damit verbundene Privilegierung bieterseitiger Leistungen ist daher weder interessengerecht noch im Gesetz angelegt.890 Dies bedeutet in erster Linie, dass der Vorstand zur rechtmäßigen Annahme der Leistung diese zum einen offenzulegen und zum anderen die vorherige Zustimmung des Aufsichtsrats einzuholen hat. Auch die Vorgaben nach §§ 76, 87 AktG sind zwingend einzuhalten. Darüber hinaus sind in Gleichlauf zu § 33d WpÜG Leistungen nur bei Kontinuität und besonderem Wert des Vorstands denkbar. Von dieser Feststellung ist allerdings die ebenfalls eingangs aufgeworfene Frage zu trennen, ob entsprechende – prozessuale – Beschränkungen auch den Bieter 886
s. dazu ausführlich unten 4. Teil C. s. dazu oben 3. Teil B.I.4.d)bb)(1)(b). 888 s. zum § 29 DiskE-ÜG bereits oben 3. Teil B.I.1. 889 Hopt, FS Lutter, 2000, S. 1361, 1379 f. 890 So prinzipiell auch Selzner, AG 2013, 818, 825, wenn auch in Abgrenzung zu dessen Auffassung, nach hier vertretener Auffassung die Anforderungen an aktionärsseitige Drittvergütung aufgrund des transaktionsbezogenen Elements nicht deckungsgleich, sondern nur eingeschränkt zu übertragen sind. 887
B. Zulässigkeit transaktionsbezogener Leistungen des Bieters
297
binden oder ob dieser aufgrund § 33d WpÜG gegenüber dem Vorstand besser gestellt ist: cc) Ausfüllung des normativen Rechtsbegriffs mittels prozessualer Kriterien Der systematische Exkurs hat Folgendes verdeutlicht: Unter gesellschaftsrechtlichen Aspekten scheitert die Zulässigkeit von bieterseitigen Leistungen weniger an der von bieterseitigen Leistungen ausgehenden abstrakten Gefahr an sich. Denn diese ist – in Einklang mit der zu § 33d WpÜG herausgearbeiteten Wertung – durch materielle Vorgaben durchaus in dem Maße eingrenzbar, dass der zu erwartende Nutzen für die Zielgesellschaft und ihre Anteilseigner die bieterseitige Leistung prinzipiell rechtfertigen kann. Die Zulässigkeit der Leistung misst sich vielmehr an der Kontrolle der abstrakten Gefahr und damit an der konkreten Gewährleistung der Integrität und Loyalität des Vorstands. Zur Verwirklichung des Normzwecks des § 33d WpÜG drängt sich mithin das Bedürfnis auf, das Merkmal „ungerechtfertigt“ in kumulativer Anwendung der materiellen Kriterien mit prozessualen Kriterien auszufüllen. In Betracht kommen hier eine verpflichtende Information der Anteilseigner der Zielgesellschaft über die Leistung891 und ferner die Einbindung des Aufsichtsrats in Form eines Zustimmungsvorbehalts.892 (1) Zulässigkeit der Implementierung prozessualer Voraussetzungen im Merkmal „ungerechtfertigt“ Freilich wirft dies zuallererst die Frage auf, ob das Merkmal „ungerechtfertigt“ überhaupt die Berücksichtigung prozessualer Kriterien zulässt. Insofern stellt die Gesetzesbegründung zur Konkretisierung des Merkmals „ungerechtfertigt“ allein auf materielle Kriterien ab, wohingegen keinerlei prozessuale Kriterien für die Rechtfertigung aufgegriffen werden. Indes ist schon nicht davon auszugehen, dass dies als „beredtes Schweigen“893 des Gesetzgebers anzusehen ist. Zum Zeitpunkt des Erlasses der Norm waren Drittleistungen an Vorstandsmitglieder noch nicht wirklich vom rechtswissenschaftlichen Diskurs aufgegriffen.894 Bis heute ist der Konnex zwischen Leistungen des Bieters und Leistungen der Aktionäre sowie Leistungen sonstiger Dritter nur sehr spärlich beleuchtet worden,895 zudem ist die Betrachtung der Zulässigkeit von Leistungen des Bieters bereits durch die (scheinbar) eingeschränkte Gesetzesbegründung zumeist auf das materielle Normverständnis von 891
In Anlehnung an Drygala, FS Schmidt, 2009, S. 269, 281. Dies wird ebenfalls vorgeschlagen von Selzner, AG 2013, 818, 826; zudem angedeutet von Fonk, in: Semler/v. Schenk, Arbeitshdb. AR, § 10, Rn. 33, Fn. 168. 893 s. dazu etwa Rüthers/Fischer/Birk, S. 510, Rn. 838. 894 s. dazu bereits oben die Ausführungen in und zu Fn. 834. 895 Eine Verknüpfung setzen allein Spindler, FS Hopt, Band 1, 2010, S. 1407 und Selzner, AG 2013, 818; sowie im Ansatz Weber, Transaktionsboni für Vorstandsmitglieder, 2006, der allerdings nicht die unterschiedlichen Leistungen in Beziehung zueinander setzt. 892
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3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
§ 33d WpÜG beschränkt. Dies hat bislang einer der Zulässigkeit von Drittvergütung vergleichbaren Diskussion unter gesellschaftsrechtlichen Aspekten den Blick versperrt.896 Mangels etwaiger Aufarbeitung der Thematik zum Zeitpunkt des Erlasses des WpÜG kann damit schon nicht von einem abschließenden Willen des Gesetzgebers ausgegangen werden. Aber selbst wenn man dies annehmen wollen würde, stünde dies einer darüber hinausgehenden Auslegung des Merkmals nicht im Wege. Grenze möglicher Auslegung ist immer der Wortsinn;897 das, was „jenseits des möglichen Wortsinns liegt“, kann nicht mehr Inhalt des Gesetzes sein.898 Der Wortlaut „ungerechtfertigt“ lässt jedoch in jedem Fall offen, ob die Rechtfertigung allein durch materielle oder auch durch prozessuale Erfordernisse zu erreichen ist. So kann gerade die Zustimmung eines Ermächtigten eine Leistung „rechtfertigen“. Dies zeigt sich etwa bei einem vergleichenden Blick auf die Strafbarkeit der Vorteilsannahme von oder der Vorteilsgewährung an Amtsträger, §§ 331, 333 StGB. Nach §§ 331 Abs. 3, 333 Abs. 3 StGB hat die Behörde die Möglichkeit der Genehmigung der Drittleistung an einen Amtsträger.899 Nach herrschender Meinung handelt es sich hierbei um einen Rechtfertigungsgrund,900 die Gegenansicht sieht darin einen Tatbestandsausschließungsgrund.901 Um was es sich dabei im Endeffekt handelt, ist für die vorliegende Fragestellung irrelevant. Wichtig ist nur, dass der Streit um die Einordnung der Genehmigung der Behörde als Rechtfertigungsgrund oder als Tatbestandsausschließungsgrund verdeutlicht, dass der Begriff „gerechtfertigt“ äußerst vielschichtig sein kann und somit der Wortsinn keinesfalls eine prozessuale Interpretation ausschließt. Die weitere maßgebliche Grenze bildet der (historische) Zweck des Gesetzes, auch daran ist der Rechtsanwender grds. gebunden.902 Insbesondere darf er nicht die gesetzgeberische Zweckvorstellung durch seine eigene rechtspolitische Entscheidung ersetzen.903 Der zwingende Zweck des § 33d WpÜG liegt aber in der Sicherung der Entscheidungsfreiheit und Loyalität des Vorstandsmitglieds. Die Ausfüllung des Merkmals „ungerechtfertigt“ durch prozessuale Kriterien soll 896
818.
Einzige explizite Ausnahme ist der jüngst erschienene Beitrag von Selzner, AG 2013,
897 BVerfG v. 09. 08. 1978 – 2 BvR 831/76, BVerfGE 49, 148, 158; v. 23. 10. 1985 – 1 BvR 1053/82, BVerfGE 71, 108, 115. 898 Larenz/Canaris, Methodenlehre, S. 163 f.; Zippelius, § 10, VI., S. 50. 899 Ausführlich zu dem Streit um die Bestimmung der materiellen Genehmigungsvoraussetzungen: Sowada, in: LK-StGB, § 331, Rn. 111 ff. 900 BGH v. 10. 03. 1983 – 4 StR 375/82, BGHSt 31, 264, 285; v. 23. 05. 2002 – 1 StR 372/01, BGHSt 47, 295, 309; Kuhlen, in: Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, StGB, § 331, Rn. 131; Heger, in: Lackner/Kühl, StGB, § 331, Rn. 14; Heine, in: Schönke/Schröder, StGB, § 331, Rn. 46; einen ausführlichen Überblick über den Meinungsstand gibt Sowada, in: LK-StGB, § 331, Rn. 104. 901 Bernsmann, WissR 2002, 1, 19 f.; Michalke, FS Riess, 2002, S. 771, 773 ff.; Winkelbauer, NStZ 1988, 201, 202 f.; wohl auch Sowada, in: LK-StGB, § 331, Rn. 105 f., m.w.Nachw. 902 Larenz/Canaris, Methodenlehre, S. 164 f.; Zippelius, § 10, II., S. 42, VI., S. 50. 903 Zippelius, § 10, VI., S. 50.
B. Zulässigkeit transaktionsbezogener Leistungen des Bieters
299
diesen Zweck jedoch nicht ersetzen, sondern, im Gegenteil, dessen sachgerechte Verwirklichung gewährleisten. Und im Gegensatz zum Zweck selbst ist die ebenfalls (nur) in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck kommende Vorstellung des Gesetzgebers, wie dieser Zweck erreicht werden kann, gerade nicht zwingend.904 Vielmehr kann der Rechtsanwender gezwungen sein, über solche Normvorstellungen hinauszugehen.905 Die Etablierung prozessualer Kriterien in § 33d WpÜG über die Auslegung des Merkmals „ungerechtfertigt“ ist damit prinzipiell möglich. (2) Transparenz gegenüber den Aktionären In Anlehnung an die von Kiem zur Rechtfertigung von Managementbeteiligungen vorgeschlagenen Instrumente zur Kontrolle des Interessenkonflikts906 möchte Drygala den Aspekt der Transparenz gegenüber den Aktionären aufgreifen und als „integralen Bestandteil der Rechtfertigung im Rahmen des § 33d WpÜG“ etablieren.907 Denn nur wenn die Aktionäre als Entscheidungsträger von dem Interessenkonflikt des Vorstands wissen, können sie die ihnen zur Verfügung gestellten Informationen angemessen würdigen, sodass die Transparenz „Grundvoraussetzung“ für die Rechtfertigung sei.908 Daher sei die bislang vorgenommene Trennung von Transparenz nach § 11 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 WpÜG und Rechtfertigung nach § 33d WpÜG zu überdenken.909 Die Pflicht des Bieters zur Offenlegung könne nicht als von der Rechtfertigung zu trennender Aspekt angesehen werden: „Eine gedeckt gezahlte Vergütung [könne] nie eine gerechtfertigte Vergütung sein […]“.910 Unter systematischen Erwägungen ist die zur Rechtfertigung zwingende Information der Anteilseigner über etwaige Leistungen durchaus nachvollziehbar. So dienen gerade die Offenlegungspflichten nach §§ 11, 27 WpÜG oder das Verhinderungsverbot nach § 33 WpÜG der Sicherung der Entscheidungsfreiheit der Aktionäre als maßgebliche Entscheidungsträger.911 Dann erscheint es auch angebracht, bieterseitigen Leistungen bereits dann die Rechtfertigung zu verweigern, wenn sie zwar unter materiellen Aspekten durchaus zu rechtfertigen wären (die der Bieter somit in Anlehnung an die Gesetzesbegründung für „gerechtfertigt hält“), den Ak904
Larenz/Canaris, Methodenlehre, S. 165. Larenz/Canaris, Methodenlehre, S. 165. 906 Kiem, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33d, Rn. 23 f., s. dazu bereits oben 3. Teil B.I.4.d) bb)(2)(b). 907 Drygala, FS Schmidt, 2009, S. 269, 281; diesem folgend Löw, S. 123 ff. 908 Drygala, FS Schmidt, 2009, S. 269, 281, unter Verweis auf sinnähnliche Ausführungen von Lutter, FS Canaris, Band II, 2007, S. 245, 248 zur Handhabung von Interessenkonflikten im Gesamtvorstand im Hinblick auf die Frage der Anwendbarkeit der Business Judgement Rule. 909 Zur Klarstellung: Die Angabepflicht nach § 11 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 WpÜG besteht unabhängig von der Rechtfertigung der Leistung, umgekehrt ist nach Wortlaut der Gesetzesbegründung die Offenlegung jeglicher Bieterleistung nicht Bestandteil der Rechtfertigung, sondern besteht als zusätzliche Pflicht. 910 Drygala, FS Schmidt, 2009, S. 269, 281. 911 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 41 (§ 11 Abs. 2 S. 3 Nr. 3), 51 (§ 27), 57 (§ 33). 905
300
3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
tionären aber nicht angezeigt werden, sodass diese ihre Entscheidung auf Grundlage unvollständiger Information treffen müssen. Diese Schutzintention, die originär eigentlich § 11 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 WpÜG zukommen soll, findet damit auch ihre Berechtigung in der Auslegung des § 33d WpÜG. Allerdings darf nicht vergessen werden, dass der primäre Schutzzweck des § 33d WpÜG die Gewährleistung der Integrität des Vorstands ist und nicht (zumindest nicht unmittelbar) die Sicherung der Entscheidungsfreiheit der Aktionäre. Freilich ist die Integrität des Vorstands unabdingbare Voraussetzung zur Gewährleistung der Entscheidungsfreiheit der Aktionäre (bspw. im Rahmen der der Stellungnahme nach § 27 WpÜG), sodass dieser Einwand nicht grundsätzlich gegen die Interpretation Drygalas spricht. Auf der anderen Seite zeigt dieser etwas differente Schutzzweck aber auch, dass die Gewährleistung der Entscheidungsautonomie der Aktionäre für sich nicht ausreicht, um die Kontrollprobleme des § 33d WpÜG zu lösen: So suggeriert eine entsprechende Verantwortungsverlagerung auf die Aktionäre zunächst, dass diese über die Maßgeblichkeit des Interessenkonflikts entscheiden könnten. Damit wird sich aber bereits eines falschen Verständnisses des Normzwecks bedient.912 Sinn und Zweck des § 33d WpÜG ist die Integrität des Vorstands sowohl im Hinblick auf die Interessen der Zielgesellschaft als auch im Hinblick auf die Interessen ihrer Aktionäre. Denn der Vorstand ist relational für die Zielgesellschaft tätig und damit auf das Unternehmensinteresse verpflichtet, nicht aber zur systematischen und ausschließlichen Verfolgung eines reinen shareholder value berechtigt. Die dargestellte Auffassung geht aber zumindest in die Richtung eines solchen Verständnisses, denn die Anteilseigner werden – wenn überhaupt – die Annahme des Angebots häufig nur im Hinblick auf für sie nachteilige Leistungen verweigern, die Interessen der übrigen stakeholder aber nicht zwingend berücksichtigen. Daher bestehen bereits im Hinblick auf die Kompetenzaufteilung in der Aktiengesellschaft Zweifel an der Geeignetheit dieses Lösungsvorschlags. Maßgeblich gegen die Geeignetheit dieses „Prinzips der informierten Entscheidung“913 zur Auflösung der Kontrollprobleme spricht jedoch der Umstand, dass Transparenz allein die Beeinflussungswirkung nicht beseitigen, sondern allenfalls auf eine mögliche Beeinflussung hinweisen kann. Dagegen können sich die Aktionäre allerdings nur durch Ablehnung des Angebots zur Wehr setzen, andere Möglichkeiten stehen ihnen nicht zur Verfügung.914 So werden auch die Verfechter einer Rechtfertigung über die Transparenz wohl kaum vertreten, dass jegliche Leistung, zielt sie auch noch so offensichtlich auf die Beeinflussung in der Übernahmesituation, allein durch ihre umfassende Angabe in der Angebotsunterlage gerechtfertigt werden könne.915 Denn nach wie vor besteht keine hinreichende Ge912
Ähnlich Spindler, FS Hopt, Band 1, 2010, S. 1407, 1411. Drygala, FS Schmidt, 2009, S. 269, 279. 914 Spindler, FS Hopt, Band 1, 2010, S. 1407, 1411. 915 Interessanterweise gehen die Ausführungen von Drygala, FS Schmidt, 2009, S. 269, 281 und insbesondere von Kiem, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33d, Rn. 23 f. genau in diese 913
B. Zulässigkeit transaktionsbezogener Leistungen des Bieters
301
währ dafür, dass die materiellen Voraussetzungen eingehalten werden und damit die von der bieterseitigen Leistung ausgehende abstrakte Gefahr eingedämmt ist. Insbesondere kann nicht immer davon ausgegangen werden, dass die Aktionäre eine Beeinflussungswirkung richtig einschätzen können – die Vorstandskontrolle ist schließlich nicht ohne Grund dem Aufsichtsrat übertragen worden.916 Und auch die von Drygala propagierte verschärfte Haftung bei Integration der Transparenz in die Rechtfertigung nach § 33d WpÜG wird die gewünschte Wirkung kaum erzielen können.917 Denn wie noch zu zeigen sein wird, erlangt ein Verstoß gegen § 33d WpÜG (zumindest nach hergebrachten Auffassungen)918 wohl nur dann eigenständige Relevanz, wenn die Leistung zugleich einen Verstoß gegen § 299 StGB begründet. Im Übrigen sind die Haftungsfolgen im Falle unterbliebener Transparenz gegenüber der Haftung wegen ungerechtfertigter Leistung als schärfer einzuordnen.919 Transparenz gegenüber den Aktionären als „integralen Bestandteil der Rechtfertigung“ anzusehen ist damit unter Berücksichtigung des Normzwecks zwar möglich, zu dessen Verwirklichung aber nicht zwingend gefordert. Insbesondere ist dieses Verständnis für sich allein nicht dazu geeignet, Bieterleistungen zu rechtfertigen, sodass es einer endgültigen Entscheidung über dieses Verständnis nicht bedarf. (3) Zustimmung des Aufsichtsrats Nach den bisherigen Ausführungen erscheint die Einbindung des Aufsichtsrats in Form eines Zustimmungsvorbehalts zur hinreichenden Gewährleistung des Normzwecks zwingend. Trotz der bisher gewonnenen und dafür streitenden Ergebnisse bedarf die Etablierung des Zustimmungsvorbehalts der genaueren normbezogenen Untersuchung, da sich auch die systematische Auslegung an den Grenzen des Gebotenen und Möglichen orientieren muss.920
Richtung, da sie implizit voraussetzen, dass die materiellen Vorgaben des § 33d WpÜG eingehalten sind, wenn neben der Transparenz der Leistung die zusätzlichen Voraussetzungen (Bietergleichbehandlung und Verantwortungsverlagerung auf einen unabhängigen Sachwalter) eingehalten werden; auch Löw, S. 96 möchte die Transparenzpflicht um weitere materielle Vorgaben ergänzen. 916 s. zu den Erwägungen der „rationalen Apathie“ bereits oben 2. Teil D.I.1.c). 917 Nach Drygala, FS Schmidt, 2009, S. 269, 281 f., sei denn auch die Rechtsfolge „eine andere“ als bisher angenommen, da ein Transparenzverstoß nicht nur die damit verbundenen Ansprüche begründe, sondern nunmehr auch solche, die aus § 33d WpÜG herrühren. 918 Nach hier vertretener Auffassung begründet die ungerechtfertigte Leistung auch eine Gewinnhaftung des Vorstands, s. dazu ausführlich unten 4. Teil B.I.1.b)bb). 919 s. dazu ausführlich unten 4. Teil B.I., sowie 4. Teil B.IV. 920 Larenz/Canaris, Methodenlehre, S. 165.
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3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
(a) Implementierung des Zustimmungsvorbehalts Dem Prinzip der „Gleichbehandlung des Gleichartigen“ kommt im Rahmen systematischer Auslegungskriterien eine „hervorragende Bedeutung“ zu.921 Werden zwei im Grunde gleichliegende Tatbestände unterschiedlich bewertet, erscheint dies im Hinblick auf das „Grundprinzip der Gerechtigkeit“ als Wertungswiderspruch.922 Der Normanwender ist gehalten, solche Wertungswidersprüche im Wege der Auslegung des Rechtssatzes und unter Einhaltung der durch Wortsinn und Bedeutungszusammenhang gesetzten Grenzen zu vermeiden.923 Mit Vorhergesagtem scheinen daher die Voraussetzungen für eine Implementierung des Zustimmungsvorbehalts in § 33d WpÜG gegeben, denn unter gesellschaftsrechtlichen Erwägungen ist die Einbindung des Aufsichtsrats – als essentielle Voraussetzung für die Zulässigkeit Leistungen Dritter – sowohl für aktionärsseitige Drittvergütungen als auch für bieterseitige Leistungen geboten. Doch darf dieser Schluss nicht vorschnell und insbesondere nicht unter Ausblendung der Besonderheiten des § 33d WpÜG gezogen werden. Denn das Prinzip der „Gleichbehandlung des Gleichartigen“ lässt sich zunächst rechtssicher nur auf bieterseitige Leistungen bei Annahme der Leistung durch den Vorstand anwenden, wohingegen sich § 33d WpÜG allein an den Bieter richtet. Da aber der Bieter gerade nicht der gleichen Pflichtenlage wie das Vorstandsmitglied unterworfen ist, könnte bereits das Vorliegen eines „gleichliegenden Tatbestands“ in Frage gestellt werden. Dies wird durch die Überlegung bekräftigt, dass die Zustimmung des Aufsichtsrats in der Regel ein innergesellschaftliches Überwachungsinstrument darstellt und keine Außenwirkung entfaltet.924 Demgegenüber wäre es unter Gerechtigkeitserwägungen äußerst bedenklich, die Zulässigkeit der Annahme einer Leistung des Bieters ohne Einbindung des Aufsichtsrats anzuerkennen, die Zulässigkeit der Annahme einer aktionärsseitigen Leistung dagegen von der Zustimmung des Aufsichtsrats abhängig zu machen. (aa) Wertungswiderspruch in gleichliegendem Tatbestand? Als erstes ist daher der Blick auf das Vorliegen eines Wertungswiderspruchs in einem gleichartigen Sachverhalt selbst zu richten. Im Hinblick auf die Gewährleistung des Normwecks bietet sich dafür im Wege einer Rechtsfolgenbetrachtung die Berücksichtigung der hypothetischen Rechtslage an, in der den Bieter keine Verpflichtung aus § 33d WpÜG treffen würde. Dann wäre er zwar selbst nicht un921
Larenz/Canaris, Methodenlehre, S. 155. Rüthers/Fischer/Bork, S. 449 f., Rn. 744; Larenz/Canaris, Methodenlehre, S. 155; Zippelius, § 10, III., S. 44 f. 923 Larenz/Canaris, Methodenlehre, S. 155; Zippelius, § 10, III., S. 44 f.; Rüthers/Fischer/ Bork, S. 449 f., Rn. 744. 924 So zu § 111 Abs. 4 S. 2 AktG, Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 111, Rn. 112; Spindler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 111, Rn. 75; Habersack, in: MüKo-AktG, § 111, Rn. 129; Hopt/Roth, in: Großkomm AktG, § 111, Rn. 702. 922
B. Zulässigkeit transaktionsbezogener Leistungen des Bieters
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mittelbar angesprochen, unter Berücksichtigung möglicher (Kompetenz-)Verstöße gegen §§ 76, 87, 93 AktG käme indes bei Nichtbeteiligung des Aufsichtsrats die Nichtigkeit der Leistung gem. § 134 BGB in Betracht, sodass der Bieter die Pflicht zur Einholung der Zustimmung des Aufsichtsrats zumindest mittelbar zu beachten hätte, da er nur dann rechtssicher von ihrer Gültigkeit ausgehen könnte.925 Unter dem de lege lata zu § 33d WpÜG – welches ebenfalls als Verbotsgesetzes i.S.d. § 134 BGB angesehen wird – vertretenen Normverständnis führt ein Verstoß zwar gleichfalls zur Nichtigkeit.926 Der maßgebliche Unterschied zeigt sich jedoch im Hinblick auf die Aufsichtsratskompetenzen: Lehnt man das Erfordernis des Zustimmungsvorbehalts des Aufsichtsrats als prozessuales Erfordernis in § 33d WpÜG ab, hätte dies eine Privilegierung allein des Bieters zur Folge. Eine Leistung wäre für ihn nur dann „ungerechtfertigt“ und damit nichtig, wenn er die materiellen Grenzen missachten würde, das prozessuale Erfordernis spielt für ihn keine Rolle. Indes ist bereits herausgestellt worden, dass § 33d WpÜG gerade keine Privilegierung des Bieters bewirken soll.927 Unter diesem Gesichtspunkt wäre es widersprüchlich, dem Bieter einen weiteren Handlungsspielraum als dem Vorstand zuzubilligen,928 zumal häufig der Bieter die treibende Kraft hinter bestechenden und damit unzulässigen Leistungen sein wird. Kann gerade die Pflicht zur Beachtung der Einschätzung des Aufsichtsrats zur Bewältigung möglicher Interessenkonflikte führen, und bestünde diese Pflicht des Bieters zumindest mittelbar bei Nichtexistenz des § 33d WpÜG, einer Norm, die gerade der Absicherung der Loyalität des Vorstands dient und auch in dieser Intention als „übernahmerechtliches Spiegelbild“ zur organschaftlichen Treuepflicht den Bieter unmittelbar in die Pflicht nimmt, dann muss man die Leistung durch den Bieter und deren Annahme durch den Vorstand als die zwei untrennbaren Kehrseiten desselben Tatbestands verstehen. § 33d WpÜG gleicht mithin die mangelnde fiduziarische Bindung des Bieters durch Etablierung des Verbots ungerechtfertigter Leistungen aus und geht daher über die allgemeine (hypothetische) Rechtslage hinaus. Bekräftigt wird diese Schlussfolgerung schließlich durch die strafrechtlichen Bestechungsverbote in §§ 331 ff. StGB und § 299 StGB: So ist etwa die Vorteils925
OLG München v. 14. 12. 2011 – 7 AktG 3/11, NZG 2012, 261, 263 (zu einer Weiterbeschäftigungsklausel im Rahmen einer Investorenvereinbarung) im Hinblick auf den möglichen Eingriff in die Personalkompetenz des Aufsichtsrats; s. ergänzend die Ausführungen zur aktionärsseitigen Drittvergütung, die in (mindestens) gleicher Weise auch bei Leistungen des Bieters zwingend zu berücksichtigen sind: zu einem Verstoß gegen § 76 AktG, s. 3. Teil A.III.2.; zu einem Verstoß gegen die Vergütungskompetenz des Aufsichtsrats, s. 3. Teil A.III.3. 926 Nach derzeit einhelliger Auffassung ist die Rückforderung einer ungerechtfertigten Leistung unter § 33d WpÜG geboten, doch wurde die Möglichkeit der Gewinnhaftung bislang ausgeblendet, s. dazu im Gesamten und den Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen § 33d WpÜG, 4. Teil B.I.1.b). 927 Ausdrücklich ebenso Selzner, AG 2013, 818, 825. 928 So aber Heinrich, S. 327 f., nach dem die aktienrechtlichen Anforderungen gem. §§ 76 Abs. 1, 93 Abs. 1 S. 1 AktG strengere Vorgaben an den Vorstand stellen als § 33d WpÜG an den Bieter.
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3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
annahme durch den Amtsträger nach § 331 StGB in gleichem Maße mit Strafe bedroht wie die Vorteilsgewährung an den Amtsträger nach § 333 StGB; im Fall der Bestechlichkeit nach § 332 StGB und der Bestechung in § 334 StGB ist lediglich das angedrohte Strafmaß für den Bestechenden in geringfügigem Maße niedriger, das Verbot der Leistung an sich aber für beide Seiten das Gleiche. Und auch die Möglichkeit der Genehmigung durch die Behörde im Falle der Vorteilsannahme/-gewährung nach §§ 331 Abs. 3, 333 Abs. 3 StGB gilt in gleicher Weise für den annehmenden Amtsträger wie auch für den leistenden Dritten.929 Zuletzt stellt auch § 299 StGB in Abs. 1 die Annahme der Leistung und in Abs. 2 die Leistungsgewährung unter Strafe. Auch hier findet sich die Grundintention wieder, bei bestechenden Leistungen sowohl den Annehmenden als auch den Leistenden an den grds. gleichen Voraussetzungen zu messen. Eine Abkehr von diesem Prinzip ist mit Vorhergesagtem in § 33d WpÜG aber gerade nicht angelegt. (bb) Zulässigkeit und Möglichkeit der Implementierung eines für den Bieter beachtlichen Zustimmungsvorbehalts? Unter systematischen Gesichtspunkten ist daher die Implementierung eines für den Bieter beachtlichen Zustimmungsvorbehalts aufgrund eines ansonsten anzunehmenden Wertungswiderspruchs geboten. Doch darf der Wertungswiderspruch nicht auf Kosten des rechtlich Zulässigen aufgelöst werden.930 Problematisch könnte insofern sein, dass der Bieter an die Entscheidung des Aufsichtsrats als Gesellschaftsfremder gebunden würde, jedoch gerade die Außenwirkung solcher Zu929
Im Übrigen steht die Implementierung der Zustimmung des Aufsichtsrats entgegen Weber, S. 332 gerade nicht im Widerspruch zur Möglichkeit der Verbotsbefreiung nach §§ 331 Abs. 3, 333 Abs. 3 StGB in Abgrenzung zu §§ 332, 334 StGB, die – als schärfere Strafnormen – gerade keine Verbotsbefreiung vorsehen. Der Legitimation durch Einwilligung des Aufsichtsrats sind allein solche Leistungen zugänglich, die keine Beeinträchtigung der Loyalität zum Nachteil der Zielgesellschaft und ihrer Anteilseigner erwarten lassen. Nichts anderes gilt aber im Rahmen der §§ 331 ff. StGB: Der Verbotsbefreiung in §§ 331 Abs. 3, 333 Abs. 3 StGB sind nur solche Leistungen zugänglich, die zwar im Hinblick auf die Dienstausübung gewährt worden, aber, gerade in Abgrenzung zu §§ 332, 334 StGB, nicht auf die Verletzung einer Dienstpflicht gerichtet sind. Und wenngleich die Zustimmung des Aufsichtsrats in § 33d WpÜG nicht zu einer Verbotsbefreiung führt, bestätigt dieser vergleichende Blick (gerade entgegen Weber, S. 332, nach dessen abzulehnender Auffassung § 33d WpÜG am ehesten § 332 StGB entspricht) das vorliegende Vorgehen: Prinzipiell ist sowohl nach § 33d WpÜG als auch nach §§ 331 ff. StGB jegliche Leistung verboten. Mit 331 Abs. 3, 333 Abs. 3 StGB kommt aber zum Ausdruck, dass (nur) solche Leistungen zulässig sein können, die nicht an einer Pflichtverletzung des Dienstverpflichteten anknüpfen. Nichts anderes gilt für das Merkmal der „Rechtfertigung“ im Rahmen des § 33d WpÜG. Schließlich wird die Legitimation nicht einfach bei Vorliegen materieller Umstände angenommen, sondern vielmehr von der Zustimmung einer Kontrollinstanz abhängig gemacht; im Rahmen der §§ 331 Abs. 3, 333 Abs. StGB von der Behörde, im Rahmen des § 33d WpÜG vom Aufsichtsrat. Die Rechtfertigung von Leistungen, die aber an einer Pflichtverletzung ansetzen, ist weder nach Maßgabe der §§ 331 ff. StGB noch nach Maßgabe des § 33d WpÜG möglich. 930 Larenz/Canaris, Methodenlehre, S. 155; Zippelius, § 10, III., S. 44 f.; Rüthers/Fischer/ Bork, S. 449 f., Rn. 744.
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stimmungsvorbehalte Fragen aufwirft. Der Abschluss von Geschäftsführungsmaßnahmen, welche nach § 111 Abs. 4 S. 2 AktG unter Vorbehalt der Zustimmung des Aufsichtsrats stehen, ist mangels Außenwirkung des Zustimmungserfordernisses auch ohne Einholung der Zustimmung wirksam.931 Denn die Vertretungsbefugnis des Vorstands nach § 82 AktG wird durch die fehlende Zustimmung nicht berührt.932 Ausnahmen werden allenfalls über die Regeln zum Missbrauch der Vertretungsmacht anerkannt.933 Doch geht es vorliegend nicht um den Abschluss von Rechtsgeschäften der Gesellschaft mit einem Dritten, vielmehr geht es um die Gewährung von Leistungen an den Vorstand für dessen Tätigkeit für die Gesellschaft selbst; denn nur in dieser Charakteristik als drittvergütungsähnliche Leistung sind bieterseitige Zuwendungen überhaupt der Zustimmung des Aufsichtsrats zugänglich. Diesbzgl. hat aber gerade nicht der Vorstand Vertretungsbefugnis, im Hinblick auf die Vergütung für die Tätigkeit für die Gesellschaft steht er selbst vielmehr der Gesellschaft gegenüber, welche vom Aufsichtsrat vertreten wird, § 112 AktG.934 Durch den Abschluss der Vergütungsvereinbarung zwischen Vorstand und Bieter maßt sich letzterer somit die Stellung des Aufsichtsrats nicht nur im Hinblick auf dessen Vergütungskompetenz nach §§ 84, 87 AktG, sondern auch im Hinblick auf dessen Abschlusskompetenz an. Im Vergleich zu sonstigen Zustimmungsvorbehalten ist damit bereits die Ausgangsposition grundverschieden. Durch die beschriebene Anmaßung des Bieters ist es mithin zulässig, den Zustimmungsvorbehalt auch gegenüber dem Bieter als verpflichtend anzuerkennen.935 Dass Dritte an innerverbandliche Entscheidungsträger gebunden sind, ist im Übrigen keinesfalls ein Novum. Deutlichstes Beispiel ist hierfür § 333 Abs. 3 StGB. Die Strafbarkeit auch des Dritten im Falle der Vorteilsgewährung kann nur durch die Genehmigung der für den annehmenden Amtsträger zuständigen Behörde entfallen. (b) Geeignetheit des Aufsichtsratsvorbehalts Ist die für den Bieter verpflichtende Implementierung eines Zustimmungsvorbehalts des Aufsichtsrats damit nicht nur geboten, sondern auch möglich und zulässig, stellt sich zuletzt die Frage, ob denn der Aufsichtsrat in der Übernahmesituation auch tatsächlich zur Wahrnehmung der ihm angedachten Kontrollaufgabe geeignet ist. Dies wird mit der Erwägung bezweifelt, dass der Aufsichtsrat gleichfalls 931
Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 111, Rn. 112; Spindler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 111, Rn. 75; Habersack, in: MüKo-AktG, § 111, Rn. 129; Hopt/Roth, in: Großkomm AktG, § 111, Rn. 702; Hambloch-Gesinn/Gesinn, in: Hölters, AktG, § 111, Rn. 76. 932 Hopt/Roth, in: Großkomm AktG, § 111, Rn. 702; Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 111, Rn. 112; Spindler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 111, Rn. 75; Habersack, in: MüKoAktG, § 111, Rn. 129. 933 Allg.M. im Hinblick auf Kollusion, s. zur Ausnahme im Falle von Evidenz ausführlich und tendenziell eher ablehnend Hopt/Roth, in: Großkomm AktG, § 111, Rn. 703 ff. 934 s. dazu nochmals im Rahmen von Drittvergütungsvereinbarungen unten 4. Teil A.I.2.b). 935 Implizit auch OLG München v. 14. 12. 2011 – 7 AktG 3/11, NZG 2012, 261, 263.
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als Empfänger einer ungerechtfertigten Leistung durch den Bieter in § 33d WpÜG genannt ist936 und als „potentieller Empfänger einer verbotswidrigen Leistung […] wohl kaum für einen Dispens sorgen“ könne.937 Dieser Einwand kann nicht überzeugen: Zunächst ist zu bedenken, dass einer Zustimmung des Aufsichtsrats – ebenso wie im Falle aktionärsseitiger Drittvergütung – keinesfalls dispensierende Wirkung (§ 93 Abs. 4 S. 2 AktG) zukommen soll, sondern die Einbindung des Aufsichtsrats prozessuale Voraussetzung der Rechtfertigung ist. Werden die materiellen Anforderungen nicht eingehalten, kann auch die Zustimmung des Aufsichtsrats an der Unzulässigkeit der Leistung nichts ändern. Erteilt er pflichtwidrig seine Zustimmung, macht er sich seinerseits gem. §§ 93, 116 AktG schadensersatzpflichtig. Ferner wäre es den Aufsichtsratsmitgliedern auch ohne Existenz des § 33d WpÜG verboten, beeinflussende bieterseitige Leistungen anzunehmen. Aufsichtsratsmitglieder sind gleichfalls der Loyalität gegenüber der Zielgesellschaft verpflichtet.938 § 33d WpÜG kommt lediglich die besondere Funktion zu, dieses Verbot ausdrücklich auch auf den Bieter zu beziehen.939 Dies kann dann aber nicht als Argument herangezogen werden, dass der Aufsichtsrat als potentieller Leistungsadressat generell nicht sachgerecht über bieterseitige Leistungen entscheiden könne,940 da mit einer solchen Argumentation der Sinn und Zweck des Aufsichtsrats insgesamt in Frage gestellt würde. Gleichwohl ist einschränkend zu bedenken, dass eine kumulative Leistung des Bieters an Vorstand und Aufsichtsrat nicht oder nur in sehr engen Ausnahmen zulässig ist.941 Zu denken wäre hier allenfalls an die Aussicht auf Weiterbeschäftigung nach Übernahme, und an diese auch nur, sofern das Aufsichtsratsmitglied bedeutenden Wert für die Zielgesellschaft hat. Die quantitative Grenze einer solch kumulativ gewährten Aussicht auf Weiterbeschäftigung an Aufsichtsratsmitglieder ist aber dort zu ziehen, wo nach Ziff. 5.4.2 DCGK die zulässige Zahl unbefangener Aufsichtsratsmitglieder im Aufsichtsrat erreicht ist. Ferner sind die incentivierten Aufsichtsratsmitglieder bereits von der Entscheidungsfindung über die Zulässigkeit
936 Gem. § 33d WpÜG gilt das Verbot der Gewährung ungerechtfertigter Leistungen gegenüber „Vorstands- oder Aufsichtsratsmitgliedern“. 937 So Weber, S. 331 f. 938 Selzner, AG 2013, 818, 825. 939 Zur Zulässigkeit von bieterseitigen Leistungen an Aufsichtsratsmitglieder unter § 33d WpÜG s. Selzner, AG 2013, 818, 826; zur Zulässigkeit von aktionärsseitiger Drittvergütung an Aufsichtsratsmitglieder s. ders. AG 2013, 818, 824 f.; Kiem, FS Stilz, 2014, S. 329; Neuhaus/ Gellißen, NZG 2011, 1361; die Thematik der Drittleistung an Aufsichtsratsmitglieder wurde darüber hinaus noch nicht aufgearbeitet, die gezeigten Beiträge gehen mangels Eingriff in § 113 AktG von der Zulässigkeit der Drittleistung auch ohne Bewilligung durch die Hauptversammlung aus. 940 So aber Weber, S. 332. 941 Nach Auffassung von Weber, S. 332 wäre die Möglichkeit der Verbotsbefreiung bei kumulativer Leistung an Vorstand und Aufsichtsrat in jedem Fall ausgeschlossen.
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der Drittvergütung auszuschließen.942 Ansonsten wäre die Gefahr zu offenbar, dass der Bieter durch einen (künstlichen) Gleichlauf der Interessen von Vorstand und Aufsichtsrat unzulässig Einfluss auf die Gesellschaft nimmt. Nichtsdestotrotz ist die Zulässigkeit einer solch kumulativen Leistung aber nur im absoluten Ausnahmefall anzunehmen. Um einer etwaigen Haftung vorzubeugen, sollte grds. darauf verzichtet werden. Ferner ist in diesem Zusammenhang Befürchtungen zuvorzukommen, dass der Aufsichtsrat nicht hinreichend neutral über die Zulässigkeit der Drittvergütung entscheiden könnte. So könnte der Aufsichtsrat unter den Erwägungen der PrincipalAgent-Theorie seinerseits der bevorstehenden Übernahme aufgrund der damit verbundenen Gefahr des Verlustes der eigenen Stellung ablehnend gegenüberstehen, mithin Interesse daran haben, einer für den Erfolg der Übernahme erforderlichen Bieterleistung mutwillig die Zustimmung zu verweigern.943 Indem der Gesetzgeber aber die Vornahme von Abwehrmaßnahmen gem. § 33 Abs. 1 S. 2 Var. 3 WpÜG (u. a.) von der Zustimmung des Aufsichtsrats abhängig gemacht hat, hat er solche Bedenken in einem vergleichbareren Sachverhalt selbst nicht für hinreichend beachtlich anerkannt. So kommt dieser – wenngleich umstrittenen944 – Ausnahme vom Verhinderungsverbot im Hinblick auf die Gefahr der Verfolgung von Eigeninteressen mindestens das gleiche Gefährdungspotential zu wie für die vorliegend notwendig erachtete Einwilligung des Aufsichtsrats zur Bieterleistung. Dass der Gesetzgeber dem Aufsichtsrat dennoch eine hinreichend neutrale Ausübung dieser „Schiedsrichter“-Stellung zugetraut hat,945 darf daher auch vorliegend Berücksichtigung finden. Zudem ist in der Praxis durch die Einbindung des Aufsichtsrats wohl nur in seltensten Fällen von einem entsprechend beachtlichen Interessenkonflikt auszugehen, da drittvergütungsähnliche Bieterleistungen grds. nur in freundlichen Übernahmeverfahren in Betracht kommen werden, mithin im Einvernehmen mit der Verwaltung der Zielgesellschaft erfolgen.946 Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass durch die Einbindung des Aufsichtsrats auch die praktische Behinderung der Transaktion nicht so groß sein wird, wie auf den ersten Blick zu befürchten sein könnte. Da im Laufe der Transaktion das Aufsichtsratsplenum ohnehin häufiger als gewohnt zusammentreten wird (wie sich bspw. an der Pflicht zur Stellungnahme nach § 27 WpÜG zeigt), ist es unwahrscheinlich, dass der Aufsichtsrat allein aufgrund des Erfordernisses der Zustimmung bzw. wegen der Beratung über die drittvergütungsähnliche Bieterleistung außerordentlich zusammentreffen muss. 942
s. zu den Instrumenten zur Bewältigung von Interessenkonflikten Lutter/Krieger/Verse, Rechte und Pflichten des AR, § 12, Rn. 894 ff. 943 Diese Bedenken ebenfalls aufgreifend Selzner, AG 2013, 818, 827. 944 s. hierzu Krause/Pötzsch/Stephan, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 33, Rn. 12, m.w.Nachw. 945 So Krause/Pötzsch/Stephan, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 33, Rn. 12. 946 Selzner, AG 2013, 818, 827.
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(4) Fazit Im systematischen Gleichlauf mit den gesellschaftsrechtlichen Anforderungen an die Annahme einer Bieterleistung durch den Vorstand ist das normative Merkmal „ungerechtfertigt“ dahingehend auszulegen, dass auch die Gewährung der Leistung für den Bieter verpflichtend von der Zustimmung bzw. Einbindung des Aufsichtsrats abhängig gemacht wird. Dies ist zulässig, geeignet und vor allem auch rechtlich – insbesondere zur sachgerechten Gewährleistung des Normzwecks des § 33d WpÜG – geboten, um eine hinreichende Kontrolle des durch die Leistung hervorgerufenen Interessenkonflikts zu ermöglichen. Mit Einbindung des Aufsichtsrats und unter Fortgeltung materieller Anforderungen können bestimmte Leistungen des Bieters durchaus zulässig sein. e) Fazit: Rechtfertigung der Vorteilsgewährung Das Merkmal „ungerechtfertigt“ ist als normativer Rechtsbegriff in hohem Maße auslegungsbedürftig. Maßgebliche Richtschnur ist hierfür die Gewährleistung des Normzwecks, namentlich die Sicherung der Entscheidungsfreiheit und Loyalität des Vorstands in Anbetracht der beeinflussenden Wirkung bieterseitiger Leistungen unter Wahrung möglichen Nutzens der Leistung für die Zielgesellschaft und ihre Anteilseigner. Unter Heranziehung der in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck kommenden gesetzgeberischen Intention sowie weiterer systematischer Erwägungen, bedarf es dafür – wie im Übrigen auch im Rahmen aktionärsseitiger Drittvergütung – sowohl der Einhaltung materieller (Welche Anforderungen sind bei der Ausgestaltung der Leistung zu beachten?) als auch prozessualer Vorgaben (Wie kann die Einhaltung materieller Anforderungen gewährleistet werden?). In diesem Sinne lassen sich die materiellen Vorgaben zunächst nur anhand der Interessen der Zielgesellschaft und ihrer Aktionäre bestimmen, den Interessen des Bieters kommt hingegen keine eigene Bedeutung zu. Darüber hinaus ist essentielle Bedingung der Rechtfertigung, dass die Leistung an die Kontinuität des Vorstands anknüpft und das incentivierte Vorstandsmitglied von besonderem Wert für die Zielgesellschaft ist. Ausfluss der systematischen Betrachtung der gesellschaftsrechtlichen Bewertung der Annahme der Leistung durch den Vorstand ist insofern auch, dass die demnach in Betracht kommenden Leistungen auch die gesellschaftsrechtlichen materiellen Anforderungen zu berücksichtigen haben. Würde man die Grenzen des § 33d WpÜG nicht den aktienrechtlichen Grenzen angleichen, hätte dies erhebliche Rechtsunsicherheit zur Folge, da man zum einen keine einheitlichen Maßstäbe anlegen könnte und zum anderen der Bieter immer Gefahr laufen würde, den Vorstand zum Rechtsbruch zu verleiten.947
947 So aber Heinrich, S. 327 f., wenn er im Rahmen seiner Prüfung zu dem Ergebnis kommt, dass die aktienrechtlichen Grenzen zur Annahme des Vorteils durch den Vorstand strenger sind als die Möglichkeit für den Bieter, nach § 33d WpÜG den entsprechenden Vorteil zu gewähren.
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Ebenfalls und insbesondere auf Grundlage des systematischen Vergleichs mit den gesellschaftsrechtlichen Anforderungen lässt sich die Kontrolle des abstrakten Interessenkonflikts ferner nur gewährleisten, wenn auch der Bieter die Zustimmung des Aufsichtsrats zu berücksichtigen hat. § 33d WpÜG hat gegenüber dem Gesellschaftsrecht weder abschließende Wirkung, noch versperrt sich das Merkmal „ungerechtfertigt“ einer Ausfüllung mittels prozessualer Kriterien. Verpflichtende Transparenz gegenüber den Aktionären erscheint zwar wünschenswert, ist allerdings für sich nicht ausreichend. Insofern besteht – ebenfalls als Ausfluss gesellschaftsrechtlicher Wertung – aber im Einzelfall das Bedürfnis, dass das incentivierte Vorstandsmitglied weitere Verhaltenspflichten trifft (Einbindung von Sachwalter, etc.), über deren Notwendigkeit und Geeignetheit der Aufsichtsrat zu entscheiden hat. Dies hat – mangels dispensierender Wirkung der Aufsichtsratszustimmung – für den Bieter zumindest mittelbar Relevanz, da eine Zustimmung des Aufsichtsrats ansonsten nicht erfolgen dürfte.
II. Fallgruppen zur Rechtfertigung von Drittleistungen Im Rahmen der bislang aufgestellten Grundsätze und Leitlinien orientiert sich die Frage nach der Rechtfertigung konkreter Leistungen anhand verschiedener Leistungskonstellationen. Dabei ist zwischen Weiterbeschäftigungszusagen, Transaktionsprämien im engeren Sinne und Managementbeteiligungen zu unterscheiden. Neben leistungsspezifischen Anforderungen müssen sämtliche Leistung den zuvor dargestellten, abstrakt aufgestellten Vorgaben gerecht werden, um im Einzelfall gerechtfertigt sein zu können.948 Abfindungsleistungen können daher in keinem Fall gerechtfertigt sein. 1. Weiterbeschäftigung Die Zusage der Weiterbeschäftigung weist in Abgrenzung zu sonstigen bieterseitigen Zuwendungen eine Besonderheit auf: Naturgemäß wird die Weiterbeschäftigung oder eine sich daran anknüpfende Erhöhung der gesellschaftsseitigen Bezüge nicht vom Bieter getragen, vielmehr bezieht sie sich auf das Verhältnis des Vorstandsmitglieds zur Zielgesellschaft selbst.949 Damit betreffen Beschäftigungszusagen einen innergesellschaftlichen Sachverhalt, über den nach Wertung des § 111 Abs. 6 AktG i.V.m. §§ 84, 87 AktG allein und ausschließlich der Aufsichtsrat innerhalb der gesetzlich vorgegebenen Grenzen entscheidet. Nach § 111 Abs. 6 AktG 948
Auch Kiem, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33d, Rn. 16, 17 ff., bildet zur Rechtfertigung leistungsspezifische Fallgruppen, legt aber einen pauschalen Bewertungsmaßstab an; zumindest die Bildung von Fallgruppen begrüßend Krause/Pötzsch/Stephan, in: Assmann/Pötzsch/ Schneider, WpÜG, § 33d, Rn. 18; Röh, in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, § 33d, Rn. 12. 949 Für die Anwendbarkeit des § 33d WpÜG ist es unbedeutend, wer die finanzielle Belastung des Vorteils trägt, s. dazu 3. Teil B.I.3.a), S. 255.
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hat jedes Aufsichtsratsmitglied sein Mandat höchstpersönlich wahrzunehmen, was bedingt, dass es – im Gegenteil zur Ausgestaltung als imperatives Mandat950 – nicht an Weisungen gebunden werden darf, auch nicht an solche der Aktionäre.951 Gegen dieses Verbot der Weisungsfreiheit verstoßende Abreden sind nichtig.952 Entsprechende Zusagen sind daher an zweierlei Vorgaben zu messen. Zum einen darf sich die Weiterbeschäftigung nicht als ungerechtfertigte bieterseitige Zusage i.S.d. § 33d WpÜG darstellen, mithin eine unzulässige Beeinflussung bewirken. Mit obigen Ausführungen besteht zur Annahme der Leistung durch den Vorstand als Fallgruppe des gesellschaftsrechtlichen Verbots der Annahme von Zuwendungen Dritter keine divergierende Rechtslage; insbesondere ist sowohl nach § 33d WpÜG als auch nach organschaftlicher Treuepflicht des Vorstands die Einholung der Zustimmung des Aufsichtsrats zwingende Voraussetzungen für die Zulässigkeit. Zum anderen – und zunächst abstrakt von der bereits unter dem Bestechungsverbot notwendigen Einbindung des Aufsichtsrats – ist zudem die Frage zu beleuchten, inwiefern der Bieter in Einklang mit der aktienrechtlichen Kompetenzordnung überhaupt entsprechende Zusagen machen kann. Dies ist nicht allein im Hinblick auf die soeben geschilderte Weisungsunabhängigkeit des Aufsichtsrats fraglich; Bedenken sind auch hinsichtlich der Vereinbarkeit mit § 136 Abs. 2 AktG angezeigt, wonach sich der Aktionär nicht gegenüber der Verwaltung der Gesellschaft zu einer bestimmten Ausübung seiner Stimmmacht verpflichten darf. a) Bewertung unter dem Verbot der Annahme ungerechtfertigter Leistungen Soweit man Weiterbeschäftigungszusagen überhaupt vom Anwendungsbereich des § 33d WpÜG erfasst sieht, sind diese in vielfacher Weise möglich. Grundfall ist die bloße Zusicherung, den eigenen Einfluss nicht dahingehend geltend zu machen, das Vorstandsmitglied nach Übernahme abzuberufen. Darüber hinaus könnte auch die Vertragsverlängerung nach Ablauf des aktuellen Anstellungsvertrags versprochen werden, was zusätzlich mit einer Erhöhung der Bezüge verbunden sein kann. Schließlich ist denkbar, dass die Anstellung in einem anderen Konzernunternehmen in Aussicht gestellt wird. Die unterschiedliche Gefährdung der Interessen der Zielgesellschaft und ihrer Anteilseigner verlangt eine separate Betrachtung der verschiedenen Ausgestaltungsmöglichkeiten:
950 Mertens, in: Kölner Komm AktG, 2. Aufl. 1996, § 111, Rn. 90; Hoffmann-Becking, in: Münchener Hdb. GesR, Band 4, § 33, Rn. 7; Reichert/Ott, FS Goette, 2011, S. 397, 399. 951 BGH v. 29. 01. 1962 – II ZR 1/61, BGHZ 36, 296, 306; v. 26. 03. 1984 – II ZR 171/83, BGHZ 90, 381, 398; Spindler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 111, Rn. 78 f.; Habersack, in: MüKoAktG, § 111, Rn. 136; Hopt/Roth, in: Großkomm AktG, § 111, Rn. 745; Reichert/Ott, FS Goette, 2011, S. 397, 399. 952 Allg.M., ausdrücklich etwa Reichert/Ott, FS Goette, 2011, S. 397, 400.
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aa) Die Aussicht auf Weiterbeschäftigung an sich Einziger Beispielsfall der Gesetzesbegründung zur Konkretisierung gerechtfertigter und damit möglicher Bieterleistungen i.S.d. § 33d WpÜG ist die Aussicht auf Weiterbeschäftigung des Vorstands.953 Nach hier vertretener Ansicht findet die Rechtfertigung ihren Grund in dem Nutzen des konkreten Bonus für die Zielgesellschaft und ihre Anteilseigner, unter gleichzeitiger Berücksichtigung der potentiellen Gefährdung ihrer Interessen aufgrund der den Vorstand von seiner eigentlichen Pflichtenbindung ablenkenden Anreizwirkung. In Zusammenfassung der bereits im zweiten Teil der Bearbeitung vorgenommenen Darstellung des möglichen Nutzens für die Zielgesellschaft durch bieterseitige Leistungen stellt sich der Nutzen einer Beschäftigungszusage wie folgt dar:954 Die durch die Weiterbeschäftigung gewährleistete personelle Kontinuität kann sich beruhigend auf das gesamte Unternehmen auswirken, was gerade in „unruhigeren Zeiten“ wie bspw. Übernahmesituationen von nicht zu unterschätzendem Wert ist.955 Auch wird der Vorstand bei Absicherung der eigenen Stellung geringeren Anlass haben, die Übernahme aus Eigennutz zu hintertreiben. Je nach Struktur der Gesellschaft kann überdies der Wert des Unternehmens maßgeblich von dem bisherigen Management abhängen, gerade aufgrund spezifischer Fähigkeiten des Vorstandsmitglieds und des damit verbundenen Humankapitals. Hinzu kommt, dass der Bieter aufgrund der personellen Kontinuität zusätzliche Sicherheit hinsichtlich des objektiven Werts der Zielgesellschaft gewinnt, was ihm mithin erlaubt, keinen Risikoabschlag bei der Kalkulation des Angebotspreises vornehmen zu müssen.956 Solche Aspekte können sich positiv auf die Höhe des Angebotspreises auswirken. Hingegen sind die Risiken einer Weiterbeschäftigungszusage relativ gering. Ein insbesondere die Interessen der Anteilseigner gefährdender shift of management loyalty ist zwar durchaus denkbar,957 weshalb auch keinesfalls von der pauschalen Zulässigkeit der Aussicht auf Weiterbeschäftigung ausgegangen werden kann.958 Doch kann durch die Einbindung des Aufsichtsrats die Einhaltung der beschriebenen materiellen Anforderungen – insbesondere der Wert des Managements für die Zielgesellschaft – hinreichend gewährleistet werden. Durch die Aufsichtsratskontrolle liegt zudem ein besonderes Augenmerk auf der Integrität des Vorstands in der Übernahmesituation, was diesen zusätzlich davon abhalten wird, seine eigentliche Pflichtenbindung zu vernachlässigen. 953 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 59; in der Lit. ist die prinzipielle Zulässigkeit der Aussicht auf Weiterbeschäftigung – unabhängig davon, ob dem Begründungsansatz des Gesetzgebers gefolgt wird – allg.M., s. etwa Krause/Pötzsch/Stephan, in: Assmann/Pötzsch/ Schneider, WpÜG, § 33d, Rn. 18. 954 s. dazu ausführlich oben 2. Teil D.II.1., dort auch weitere Nachweise auf Lit. 955 Kiem, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33d, Rn. 20. 956 Kiem, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33d, Rn. 20. 957 Lutter/Krieger/Verse, Rechte und Pflichten des AR, § 12, Rn. 919. 958 So aber Kiem, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33d, Rn. 19 f.
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3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
bb) Die Zusage von erhöhten Bezügen Über die bloße Weiterbeschäftigung hinaus wird ferner die Aussicht auf eine Erhöhung der Bezüge für zulässig erachtet.959 Jedoch ist diese ungleich mehr dazu geeignet, die Abwehrbereitschaft des Vorstands der Zielgesellschaft zu untergraben bzw. das Vorstandsmitglied von seiner eigentlichen Pflichtenbindung abzulenken.960 Gleichwohl könnte ein rechtfertigender Aspekt ergeben: Soll das Vorstandsmitglied nach Übernahme größere Verantwortung und auch einen größeren Umfang an Aufgaben wahrnehmen, könnte eine daran anknüpfende Erhöhung unter dem Gesichtspunkt der Angemessenheit der Gegenleistung für die zu leistende Mehrarbeit der Rechtfertigung zugänglich sein. Nichts anderes würde gelten, wenn die Zielgesellschaft selbst dem betreffenden Vorstandsmitglied ein Mehr an Verantwortung und Aufgaben zuteilen würde. Freilich kann dies allein den Aspekt der Beeinflussung noch nicht widerlegen. Berücksichtigt man allerdings die Grundannahme der Rechtfertigung, dass das Vorstandsmitglied von erheblichem Wert für die Zielgesellschaft ist, so liegt auch eine Mehrung dessen Einflusses nicht außerhalb jeder Wahrscheinlichkeit. Dann kann aber auch der mit einer Erhöhung der Bezüge verbundene gesteigerte Interessenskonflikt im Interesse der Zielgesellschaft liegen. Indes erscheint fraglich, ob eine solche – auf dem Aspekt der Gegenleistung basierende – Argumentation überhaupt berücksichtigt werden darf. Dafür müsste es dem Bieter nicht nur gestattet sein, entsprechende Strukturentscheidungen vor Annahme des Kaufangebots durch die Aktionäre nicht nur mit dem Vorstand zu besprechen, sondern auch, diese Strukturänderung insofern als bestehend vorauszusetzen, als dass auch der Vorstand selbst davon konkret profitieren kann. Unzulässig ist es zunächst, dies mit der Erwägung zu rechtfertigen, dass der für die Beurteilung der Bieterleistung maßgebliche Zeitpunkt nach erfolgter Übernahme liegen müsse.961 Vertreter einer solchen Auffassung führen zur dogmatischen Absicherung 959 So Kiem, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33d, Rn. 20; Nießen/Stöwe, DB 2010, 885, 886; differenzierend Krause/Pötzsch/Stephan, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 33d, Rn. 18; Steinmeyer, in: Steinmeyer, WpÜG, § 33d, Rn. 6; Lange, Forum Unternehmenskauf 2004, 115, 137; Bachmann, in: Veil, Übernahmerecht, S. 109, 132; a.A. Fuchs, in: Fleischer, Hdb. VorstandsR, § 22, Rn. 153; wohl ablehnend, aber dennoch offen Hirte, in: Kölner Komm WpÜG, § 33d, Rn. 13; Noack/Zetzsche, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 33d WpÜG, Rn. 5. 960 So ausdrücklich Noack/Zetzsche, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 33d WpÜG, Rn. 5; wenn dagegen Nießen/Stöwe, DB 2010, 885, 886, behaupten, dass es sich bei der Ankündigung des Bieters, dass man „nach erfolgreicher Durchführung die bestehende Vergütungsstruktur überprüfen und anschließend die durch Angemessenheit und Üblichkeit vorgegebenen Spielräume maximal ausnutzen“ werde, um eine „vage Aussage“ handeln würde und deswegen schon die Anreizwirkung für den Vorstand fraglich sei, kann dies nicht überzeugen. Im Gegenteil ist gerade eine Erhöhung ohne Anlass dazu prädestiniert, den Vorstand zu beeinflussen, auch wenn es sich um eine rechtlich abgesicherte Erhöhung handelt. Dies gilt insbesondere unter dem Gesichtspunkt, dass die Maßstäbe, unter denen die Angemessenheit der Vorstandsvergütung bestimmt wird, auch nach dem VorstAG nach wie vor äußerst vage bleiben und einen großen Interpretationsspielraum zulassen. 961 So etwa Nießen/Stöwe, DB 2010, 885, 886.
B. Zulässigkeit transaktionsbezogener Leistungen des Bieters
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Folgendes an: Vor Übernahme handele es sich bei dem Bieter um einen außenstehenden Dritten. Unter Berufung auf das gesellschaftsrechtliche Verbot der Annahme von Zuwendungen Dritter dürfe der Vorstand somit keine Leistungen vom Bieter entgegennehmen.962 Einfluss auf die Vergütung dürfe der Bieter erst nehmen, wenn er zumindest Kontrolle über die Zusammensetzung des Aufsichtsrats erlangt habe. Dieser Zeitpunkt sei aber erst nach erfolgreicher Übernahme.963 Mithin sei auch eine Verschiebung der Vergütungsmaßstäbe nach oben nur unter den dann gegebenen Verhältnissen zu beurteilen, sodass die Erhöhung regelmäßig üblich und angemessen sei.964 Aus diesem Grund sei es Ausdruck des Regelungsgehalts des § 33d WpÜG, dass die Ankündigung einer Erhöhung der Bezüge auf diesen späteren Zeitpunkt Bezug nehmen dürfe.965 Diese Argumentation ist abzulehnen: Die „Ausnahme“ des § 33d WpÜG wird unzulässig dafür benutzt, den maßgeblichen Bewertungszeitpunkt für Bieterleistungen zu verschieben. Denn ungeachtet der kompetenzrechtlichen Verstöße, die ein so verstandener Einfluss auf den Aufsichtsrat auch nach Übernahme mit sich brächte, untergräbt diese Argumentation gerade den Normzweck des § 33d WpÜG. So ist bereits im Ansatz nicht schlüssig, wie aus § 33d WpÜG, der erwiesenermaßen und unstrittig die Integrität des Vorstands schützen soll, in – unzulässiger – Abgrenzung zum gesellschaftsrechtlichen Verbot der Annahme von Zuwendungen Dritter, ein Schluss gezogen werden kann, der genau diesem Schutzzweck widerspricht. So wäre dem Bieter bei einem Abstellen auf den Zeitpunkt nach der Übernahme jedwede Erhöhung erlaubt, auch die Aussicht auf eine vorgeschobene Erhöhung, die letztlich nichts anderes bezweckt, als den Vorstand in der Übernahme zu beeinflussen. Im Endeffekt führt die dargelegte Argumentation damit zu einer unzulässigen Berücksichtigung von Bieterinteressen unter Ausblendung der Interessen der Zielgesellschaft und ihrer Anteilseigner. Wenn § 33d WpÜG aber gerade das verhindern soll, wie kann er dann zur Rechtfertigung entsprechender Erhöhungen angeführt werden? Überzeugender sollen sich zu Grunde liegende Erfolgskomponenten daher nicht an beabsichtigten Strategie-, Produktions- oder Portfolioänderungen orientieren dürfen, sondern sich vielmehr allein am status quo, also dem Zeitpunkt und Status der Zielgesellschaft ex ante der Übernahme orientieren müssen.966 Nur auf diese Weise lässt sich eine Berücksichtigung von Bieterinteressen und die damit verbundene Beeinflussungswirkung verhindern. Insbesondere kann auch auf diese Weise – wenn auch in engeren Grenzen – eine Erhöhung der Bezüge unter dem eingangs be962 Nießen/Stöwe, DB 2010, 885, 886 unter Verweis auf Hopt/Roth, in: Großkomm AktG, § 93, Rn. 271. 963 Gegenteilig Noack/Zetzsche, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 33d WpÜG, Rn. 5, die auf die Zielgesellschaft im Status ex ante eines erfolgreichen Übernahmeangebots abstellen, s. dazu sogleich im Text. 964 Nießen/Stöwe, DB 2010, 885, 886. 965 Nießen/Stöwe, DB 2010, 885, 886. 966 Noack/Zetzsche, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 33d WpÜG, Rn. 5; auch Selzner, AG 2013, 818, 827.
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3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
schriebenen Charakter als Gegenleistung in Betracht kommen: Damit der Vorstand eine sachgemäße Einschätzung des jeweiligen Übernahmeangebots machen kann, muss er sich zwingend mit der angedachten Unternehmensstrategie des Bieters auseinandersetzen. Ausgehend von der Grundannahme, dass die Weiterbeschäftigung an sich durch den Wert des Vorstands für die Zielgesellschaft selbst gerechtfertigt ist, ist es zum einen notwendig, dass der Vorstand die zukünftige Unternehmensstrategie mitträgt, zum anderen aber auch Konsequenz, dass er ein (wichtiges) Element dieser Strategie ist. Insbesondere wenn durch die Einbindung des Aufsichtsrats hinreichend gewährleistet werden kann, dass der Wert des betreffenden Vorstandsmitglieds nicht nur vorgeschoben ist und/oder das Wertsteigerungsinteresse der Anteilseigner dadurch erhöht würde, stellt sich die Berücksichtigung künftiger Planungen damit als Ausdruck der ex ante der Übernahme maßgeblichen Interessen dar. Berücksichtigt man zudem, dass Gespräche über die zukünftige Ausrichtung der Gesellschaft als zulässig angesehen werden,967 dann erscheint es sogar zwingend, dass eine etwaige Veränderung seiner Position unverbindlich berücksichtigt werden darf, denn ansonsten wäre er hinsichtlich seiner persönlichen Lage im Unklaren, was den Vorteil – auch einer Weiterbeschäftigungszusage – wieder in sein Gegenteil verkehren könnte.968 Um dem Verbot der Berücksichtigung von Bieterinteressen dennoch hinreichend gerecht zu werden, gilt im Hinblick auf § 76 AktG ein – im Gegensatz zu aktionärsseitiger Drittvergütung uneingeschränktes – Verbot der Berücksichtigung operativer, harter Erfolgsziele.969 Mithin dürfen sich auch unverbindliche Zusagen nicht auf Umstrukturierungen, Besetzung von Führungspositionen oder andere sich in der künftigen Geschäftspolitik ausdrückenden Bieterinteressen beziehen.970 cc) Anstellung in einem anderen Unternehmen Schließlich wird es für zulässig erachtet, dass sich die Beschäftigungs„zusage“ nicht auf die konkrete Zielgesellschaft beziehen muss, sondern auch eine Beschäftigung unmittelbar beim Bieter oder einem mit diesem verbundenen Konzernunternehmen in Aussicht gestellt werden darf.971 Dieser Ansatz erscheint zunächst unter dem zu beachtenden Verbot der Verfolgung von Bieterinteressen fraglich. Denn eine 967
Hirte, in: Kölner Komm WpÜG, § 33d, Rn. 13; Krause/Pötzsch, in: Assmann/Pötzsch/ Schneider, WpÜG, 1. Aufl. 2005, § 33, Rn. 337; Hopt, FS Lutter, 2000, S. 1361, 1379 f.; Kiem, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33d, Rn. 20; Bachmann, in: Veil, Übernahmerecht, S. 109, 132. 968 So im Ansatz auch Kiem, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33d, Rn. 20, der dieses Argument aber für die undifferenzierte, allgemeine Zulässigkeit einer Erhöhung von Bezügen verwenden will. 969 s. dazu im Zusammenhang mit aktionärsseitigen Leistungen, oben 3. Teil A.IV.1.a). 970 Ebenso Selzner, AG 2013, 818, 827; Noack/Zetzsche, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 33d WpÜG, Rn. 5. 971 Steinmeyer, in: Steinmeyer, WpÜG, § 33d, Rn. 6; Nießen/Stöwe, DB 2010, 885, 886; Lange, Forum Unternehmenskauf 2004, 115, 137; krit., aber offen Hirte, in: Kölner Komm WpÜG, § 33d, Rn. 15.
B. Zulässigkeit transaktionsbezogener Leistungen des Bieters
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etwaige Wertsteigerung des Angebots könnte allenfalls mit dem Nutzen des fraglichen Vorstandsmitglieds für den Bieter und mit ihm verbundenen Unternehmen gerechtfertigt werden. Möchte man dagegen einwenden, dass die Besetzung leitender Funktionen im Konzern des Bieters durch Personal der Zielgesellschaft auch von Vorteil für die Zielgesellschaft sein kann, da dieses in der neuen Position vermehrt die Interessen der Zielgesellschaft wahren oder zumindest berücksichtigen könnte,972 ist dies allenfalls eine Vermutung. Denn es könnte keinesfalls versichert werden, dass das Vorstandsmitglied der Zielgesellschaft seinen Einfluss in anderer Konzernfunktion zugunsten der Zielgesellschaft ausüben kann bzw. darf. Nimmt man hypothetisch an, dass ihm eine Vorstandstätigkeit für die Konzernmutter angeboten wird, treffen ihn auch in dieser Position Pflichten, die ihn von seiner bisherigen Gesellschaft loslösen. Unabhängig von der Reichweite einer etwaigen Konzernleitungspflicht973 hat der Vorstand der herrschenden Gesellschaft seine Leitung zum einen am „Wohl“ der Konzernmutter und zum anderen am „Wohl“ des Gesamtkonzerns auszurichten.974 Eine Ausübung seiner Leitungsbefugnisse zugunsten „seiner vorherigen“ Gesellschaft widerspräche dieser Pflichtbindung. Unter Berücksichtigung des restriktiven Charakters der Norm kann mithin der allenfalls vage Nutzen für die Zielgesellschaft selbst keinesfalls den mit der entsprechenden Weiterbeschäftigungszusage verbundenen Interessenskonflikt aufwiegen. Betrachtet man ferner den Grundsatz, dass sich jede Leistung an den Vorstand mit dessen Wert für die Zielgesellschaft begründet (etwa besondere Fähigkeiten und/oder Kenntnisse), würde genau dieser Wert bei einer Anstellung außerhalb der Zielgesellschaft verloren gehen; ebenso die weiteren Vorteile, die sich aus der Kontinuität der Organbesetzung ergeben. dd) Fazit Die Zusage der Weitbeschäftigung kann im Hinblick auf die Integrität des Vorstands durchaus gerechtfertigt sein. Diese gilt auch für eine Erhöhung der Bezüge, allerdings nur unter dem Aspekt, dass sie sich als Gegenleistung für ein Mehr an Verantwortung oder zu erbringender Leistung darstellt; sie darf somit nicht ohne Grund erfolgen und keinesfalls belohnenden Charakter haben. Ebenso ist zu berücksichtigen, dass sich die anderweitige Position und die damit verbundene Erhöhung der Bezüge in den ex ante der Übernahme zu berücksichtigenden Interessen widerspiegeln muss. Selbstverständlich darf dieses Zusammenspiel von Funktion 972 Nießen/Stöwe, DB 2010, 885, 886; Steinmeyer, in: Steinmeyer, WpÜG, § 33d, Rn. 6; Krause/Pötzsch/Stephan, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 33d, Rn. 17, der zudem darauf hinweist, dass aufgrund der anders gelagerten Kompetenz zur Zusage einer solchen Weiterbeschäftigung auch eine bindende Vereinbarung zulässig sein kann, was allerdings einen besonderen legitimen Grund voraussetze. 973 Einen Überblick über den Streitstand gibt etwa Spindler, in: MüKo-AktG, § 76, Rn. 42 ff. 974 Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 76, Rn. 65; Spindler, in: MüKo-AktG, § 76, Rn. 42; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 76, Rn. 84, 91.
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3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
des Vorstands und Erhöhung der Bezüge nicht als „Deckmantel für finanzielle Zuwendungen“ herhalten.975 Um dies sicherzustellen sind bei einer Erhöhung der Bezüge gesteigerte Anforderungen an die Transparenz und Begründung entsprechender Zusagen durch den Aufsichtsrat zu fordern. Die Aussicht auf Weiterbeschäftigung in einem Konzernunternehmen ist unzulässig. b) Bewertung unter der aktienrechtlichen Kompetenzordnung Wie bereits angedeutet, liegt das eigentliche Problem von Beschäftigungszusagen des Bieters gegenüber dem Vorstand jedoch weniger in der Zulässigkeit unter § 33d WpÜG bzw. dessen gesellschaftsrechtlichem Pendant, der Annahme der Zusage unter der organschaftlichen Treuepflicht, als in der Vereinbarkeit mit der innergesellschaftlichen Kompetenzordnung.976 Reichert und Ott haben diesen Problemkreis in drei unterschiedliche Aspekte gegliedert:977 Zunächst sind entsprechende Vereinbarungen zwischen Vorstand und Bieter dann problematisch, wenn sie eine Pflicht zur unzulässigen Einwirkung des Bieters als künftigen Aktionär auf den Aufsichtsrat begründen, mithin darauf ausgerichtet sind, die Entschließungsfreiheit des Aufsichtsrats zu beeinträchtigen, § 111 Abs. 6 AktG.978 Eng damit verknüpft ist zudem ein unzulässiger Eingriff in die ausschließliche Personal- und Vergütungskompetenz des Aufsichtsrats, §§ 84 Abs. 1, 3, 87 AktG. Als drittes und auf der anderen Seite ergeben sich Bedenken unter dem Rechtsgedanken des § 136 Abs. 2 AktG. aa) Grundsatz: Unwirksamkeit von den Aufsichtsrat bindenden Zusagen der Weiterbeschäftigung oder Erhöhung der Bezüge Als erstes ist klarzustellen, dass im Hinblick auf die Entscheidungsfreiheit und die dem Aufsichtsrat zugesprochenen Kompetenzen jegliche rechtsgeschäftliche Bindung des Aufsichtsratshandelns unwirksam ist.979 Dies gilt zunächst freilich für Bindungen des Aufsichtsrats selbst. Dieser kann sich weder intern noch extern zu einer bestimmten zukünftigen Ausübung seines Amtes verpflichten, mithin Weisungen eines Dritten unterwerfen.980 Erfasst sind insofern auch qualitativ gleich975 So ausdrücklich Krause/Pötzsch/Stephan, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 33d, Rn. 18. 976 Darauf ebenfalls hinweisend Krause/Pötzsch/Stephan, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 33d, Rn. 18. 977 Reichert/Ott, FS Goette, 2011, S. 397. 978 s. dazu bereits eingangs, 3. Teil B.II.1. 979 Allg.M., Kort, in: Großkomm AktG, § 84, Rn. 36. 980 BGH v. 29. 01. 1962 – II ZR 1/61, BGHZ 36, 296, 306; v. 26. 03. 1984 – II ZR 171/83, BGHZ 90, 381, 398; Spindler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 111, Rn. 78 f.; Habersack, in: MüKoAktG, § 111, Rn. 136; Hopt/Roth, in: Großkomm AktG, § 111, Rn. 745; Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 84, Rn. 9; Hoffmann-Becking, in: Münchener Hdb. GesR, Band 4, § 33, Rn. 7; Fonk, in: Semler/v. Schenk, Arbeitshdb. AR, § 10, Rn. 33, Fn. 65; Reichert/Ott, FS Goette, 2011, S. 397, 399.
B. Zulässigkeit transaktionsbezogener Leistungen des Bieters
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wertige Abreden, wie die Verpflichtung des Aufsichtsrats zur Amtsniederlegung oder aber zur Zahlung einer Vertragsstrafe im Falle der Nichtbefolgung der Vorgaben des Dritten.981 Darüber hinaus ist aber auch jede den Investor bindende Absprache mit dem Vorstand nichtig, die ein bestimmtes, in die Kompetenz des Aufsichtsrats fallendes Verhalten – sei es hinsichtlich der Vorstandsanstellung und ihrer Ausgestaltung selbst, sei es hinsichtlich der dem Vorstand gewährten Vergütung inklusive etwaiger Abfindungsleistungen – verbindlich zusagt.982 Infolge des daraus erwachsenden Drucks würde auch dadurch die Entschließungsfreiheit des Aufsichtsrats unzulässig eingeschränkt.983 Prinzipiell zulässig sind allenfalls etwaige Bemühungs„verpflichtungen“ des Bieters, seinen faktischen Einfluss auf den Aufsichtsrat zu Gunsten des Vorstands einzusetzen:984 bb) Zulässigkeit von Bemühungsklauseln Um sich der Zulässigkeit von Bemühungsverpflichtungen des Bieters sachgerecht zu nähern, unterscheiden Reichert und Ott im Zusammenhang mit Investorenvereinbarungen anschaulich zwischen „Unterlassungsklauseln“ und „Einwirkungsklauseln“.985 Mittels Unterlassungsklauseln verpflichtet sich der Bieter, von jeglichen „Aktivitäten“ abzusehen, die auf eine Beendigung der Anstellung und Bestellung des Vorstandsmitglieds abzielen.986 Im Falle von Einwirkungsklauseln erklärt sich der Bieter dazu bereit, auf ein bestimmtes Verhalten oder Unterlassen des Aufsichtsrats hinzuwirken987 – etwa einen Austausch des Vorstandsmitglieds nicht vorzunehmen oder aber die Verlängerung des Anstellungsvertrags und/oder eine Erhöhung der Bezüge. „Unterlassungsklauseln“ sind im Hinblick auf die Entscheidungsfreiheit und Personalkompetenz des Aufsichtsrats grds. unproblematisch, freilich nur, wenn sich der Bieter hinsichtlich des eigenen Verhaltens verpflichtet.988 Es soll gerade kein (faktischer) Einfluss die autonome Entscheidungssphäre des Aufsichtsrats betreffend ausgeübt werden – im Gegenteil, der Bieter verzichtet sogar auf die Ausübung entsprechenden Einflusses. Aus diesem Grund sind Unterlassungsklauseln auch
981
Lutter/Krieger/Verse, Rechte und Pflichten des AR, § 7, Rn. 334; Hoffmann-Becking, in: Münchener Hdb. GesR, Band 4, § 33, Rn. 7; Reichert/Ott, FS Goette, 2011, S. 397, 399. 982 OLG München v. 14. 12. 2011 – 7 AktG 3/11, NZG 2012, 261, 263; Otto, NZG 2013, 930, 936. 983 OLG München v. 14. 12. 2011 – 7 AktG 3/11, NZG 2012, 261, 263; Otto, NZG 2013, 930, 936. 984 Otto, NZG 2013, 930, 936 f. 985 Reichert/Ott, FS Goette, 2011, S. 397, 399. 986 Reichert/Ott, FS Goette, 2011, S. 397, 399. 987 Reichert/Ott, FS Goette, 2011, S. 397, 399. 988 Reichert/Ott, FS Goette, 2011, S. 397, 399; Schall, in: Kämmerer/Veil, S. 75, 96.
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3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
nicht unter dem Rechtsgedanken des § 136 Abs. 2 AktG zu beanstanden.989 Zwar ist die Ausübung faktischen Einflusses aktienrechtlich zulässig, wie sich aber an §§ 117, 311 AktG zeigt, gleichwohl als gefährlich eingestuft.990 Deshalb zieht Schall an dieser Stelle einen teleologischen Vergleich zu „Entherrschungsverträgen“,991 deren Zulässigkeit insbesondere unter § 136 Abs. 2 AktG anerkannt ist.992 Dies überzeugt, denn durch Verzicht auf die Geltendmachung faktischen Einflusses wird lediglich die Unabhängigkeit des Aufsichtsrats als Idealtypus in der unabhängigen Aktiengesellschaft gesichert.993 Ungleich problematischer ist dagegen die Zulässigkeit von „Einwirkungsklauseln“. Solche, auch als „Bemühungsklauseln“ bezeichneten Abreden,994 beruhen auf der Erwägung, dass die Zulässigkeit faktischer Einflussnahme gerade nicht durch Gesetz ausgeschlossen ist.995 Daher gelten solche Vereinbarungen unter Aktionären als zulässig, mittels tatsächlicher Einflussnahme darauf hinzuwirken, dass der Aufsichtsrat bestimmte Maßnahmen trifft, namentlich etwa bestimmte Personen zum Vorstand zu bestellen. Die Grenze zur Nichtigkeit (§ 138 Abs. 1 AktG) ist dann überschritten, sobald die Vereinbarung darauf abzielt, die Entscheidungsfreiheit des Aufsichtsrats zu beeinträchtigen.996 Bei Verträgen zwischen Vorstand auf der einen und Aktionär bzw. Investor auf der anderen Seite soll nach herrschender Auffassung grds. nichts anderes gelten.997 989 Zur Vereinbarkeit bei unmittelbarer Anwendung des § 136 Abs. 2 AktG, s. Reichert/Ott, FS Goette, 2011, S. 397, 407 f. 990 Schall, in: Kämmerer/Veil, S. 75, 96. 991 Schall, in: Kämmerer/Veil, S. 75, 96. 992 OLG Köln v. 24. 11. 1992 – 22 U 72/92, AG 1993, 86, 87; Koppensteiner, in: Kölner Komm AktG, § 17, Rn. 109; Bayer, in: MüKo-AktG, § 17, Rn. 99; J. Vetter, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 17, Rn. 60; Schall, in: Spindler/Stilz, AktG, § 17, Rn. 52; Hüffer/Koch, AktG, § 17, Rn. 22; Fett, in: Bürgers/Körber, AktG, § 17, Rn. 32; zweifelnd aber Windbichler, in: Großkomm AktG, § 17, Rn. 80. 993 Ähnlich Reichert/Ott, FS Goette, 2011, S. 397, 411, wenngleich diese die Unabhängigkeit der Zielgesellschaft gegenüber dem Investor als Aspekt der Rechtfertigung im Rahmen des § 33d WpÜG begreifen; Schall, in: Kämmerer/Veil, S. 75, 96. 994 Die Differenzierung zwischen Unterlassungs- und Einwirkungsklauseln wird häufig außer Acht gelassen, wobei Ausführungen zu Bemühungsklauseln i. d. R. das Verständnis als Einwirkungsklauseln zu Grunde legen; vorliegend dient die Bezeichnung „Bemühungsklausel“ als Oberbegriff. 995 s. etwa Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 84, Rn. 9. 996 Spindler, in: MüKo-AktG, § 84, Rn. 16; Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 84, Rn. 9; Weber, in: Hölters, AktG; § 84, Rn. 12; Sickinger, in: Schüppen/Schaub, Münchener Anwaltshdb. AktienR, § 11, Rn. 30; Lutter/Krieger/Verse, Rechte und Pflichten des AR, § 7, Rn. 335; Niewiarra, BB 1998, 1961, 1963 zu Vereinbarungen zwischen Aktionär und Vorstand. 997 Niewiarra, BB 1998, 1961, 1963; Reichert/Ott, FS Goette, 2011, S. 397, 401, 404 ff.; Sickinger, in: Schüppen/Schaub, Münchener Anwaltshdb. AktienR, § 11, Rn. 30; Lutter/ Krieger/Verse, Rechte und Pflichten des AR, § 7, Rn. 335; wohl auch, wenngleich nicht zwischen den Vertragsparteien differenzierend Spindler, in: MüKo-AktG, § 84, Rn. 16; Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 84, Rn. 9; krit. aber Hüffer/Koch, AktG, § 84, Rn. 6;
B. Zulässigkeit transaktionsbezogener Leistungen des Bieters
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Hier wie dort steht mithin die Frage im Raum, ab wann ein unzulässiger Entscheidungsdruck auf den Aufsichtsrat ausgeübt wird. Im Kern geht es dabei um die Reichweite der Bindungswirkung entsprechender Klauseln. Konsens besteht noch insoweit, dass die Einwirkungsklausel keinesfalls mittels Erfolgshaftung abgesichert sein darf, da eine damit verbundene (klageweise) Durchsetzung nicht ohne massiven Eingriff in die Weisungsunabhängigkeit der Aufsichtsratsmitglieder auskommen würde.998 Mithin sollen Formulierungen wie „dafür sorgen“ oder „gewährleisten“ in jedem Fall zur Nichtigkeit der Vereinbarung führen, wohingegen Umschreibungen wie „bemühen“ oder „hinwirken“ nicht zwingend die Unabhängigkeit der Aufsichtsratsmitglieder hinreichend gefährden.999 Ferner hält die herrschende Meinung auch Vertragsstrafen oder etwaige Schadensersatzansprüche im Falle ausbleibenden Erfolgs (heißt der unterbliebenen Wiederbestellung oder der Nichterhöhung der Bezüge) für unwirksam.1000 Auch hier ist aufgrund der Verbundenheit des Investors zu den ihm nahe stehenden Aufsichtsratsmitgliedern von einem unzulässigen Entscheidungsdruck auszugehen. Denn die letztliche Einwirkung auf den Aufsichtsrat wird sich kaum von der Vorbeschriebenen unterscheiden, sodass sie über ein bloßes Bemühen um faktische Einflussnahme hinausgeht. Reichert und Ott wollen an diesem Punkt nochmals differenzieren: Sofern dem Aufsichtsrat das Recht aus § 84 Abs. 3 AktG verbleibe und eine Haftung für den Erfolg im oben beschriebenen Sinne nicht eintritt, könne sich der Investor/Aktionär ihrer Ansicht nach insofern verbindlich einer Einwirkungspflicht unterwerfen, als dass eine Sanktionierung an die Vornahme der Einwirkungshandlung selbst und gerade nicht an den Einwirkungserfolg anknüpft.1001 Auf diese Weise würde kein unzulässiger Sanktionsdruck entstehen, mithin der Investor keinen Anlass haben, kompetenzwidrige Einflussnahme auszuüben.1002 Doch vermag auch diese Überlegung nicht zu überzeugen. Insbesondere ist sie bereits im Ansatz nicht mit (wohl zulässigen)1003 unverbindlichen Schall, in: Kämmerer/Veil, S. 75, 97, wobei unklar bleibt, ob er sich generell gegen Einwirkungsklauseln ausspricht oder nur, sobald sie bindende Wirkung erlangen. 998 Niewiarra, BB 1998, 1961, 1963; Reichert/Ott, FS Goette, 2011, S. 397, 405; Spindler, in: MüKo-AktG, § 84, Rn. 15 f.; Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 84, Rn. 8 f. 999 Reichert/Ott, FS Goette, 2011, S. 397, 405. 1000 Reichert/Ott, FS Goette, 2011, S. 397, 405; Spindler, in: MüKo-AktG, § 84, Rn. 16; Sickinger, in: Schüppen/Schaub, Münchener Anwaltshdb. AktienR, § 11, Rn. 30; Lutter/ Krieger/Verse, Rechte und Pflichten des AR, § 7, Rn. 335; Otto, NZG 2013, 930, 936; a.A. Niewiarra, BB 1998, 1961, 1965; unklar Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 84, Rn. 9, der sich zu der Bindungswirkung entsprechender Vereinbarungen nicht äußert. 1001 Reichert/Ott, FS Goette, 2011, S. 397, 405 ff.; explizit a.A. Schall, in: Kämmerer/Veil, S. 75, 97; ähnlich Spindler, in: MüKo-AktG, § 84, Rn. 16, Fn. 30. 1002 Reichert/Ott, FS Goette, 2011, S. 397, 405. 1003 Spindler, in: MüKo-AktG, § 84, Rn. 15, mit dem überzeugenden Einwand, dass ein institutionalisiertes unverbindliches Vorschlagsrecht in seiner potentiellen Bindungswirkung wohl kaum anders zu bewerten sein wird als ein sonstiges unverbindliches Vorschlagsrecht; ebenso Wiesner, in: Münchener Hdb. GesR, Band 4, § 20, Rn. 6; Seibt, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 84, Rn. 11; Bürgers/Israel, in: Bürgers/Körber, AktG, § 84, Rn. 3; a.A. Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 84, Rn. 9; Kort, in: Großkomm AktG, § 84, Rn. 44, 51; Lutter/
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statuarischen Vorschlagsrechten vergleichbar, da sie immerhin die Vornahme der Einwirkungshandlung selbst verbindlich vorschreiben will. Zudem bleibt die Frage offen, wie der Vorstand oder sonstige Dritte bemessen wollen, dass der Aktionär überhaupt bzw. hinreichenden faktischen Einfluss ausgeübt hat? Festmachen ließe sich das wohl nur anhand objektiv erkennbarer Einflussnahme1004 oder durch Eintritt des objektiven Erfolgs. Dann aber ist eine Differenzierung, ob es sich um zulässige oder unzulässige faktische Einflussnahme gehandelt hat, kaum noch möglich. Im Endeffekt bestünde somit beträchtliche Gefahr, dass sich der Aktionär zum Nachweis seiner tatsächlichen Einflussnahme außerhalb des rechtlich Zulässigen bewegen würde. Zur Vereinbarkeit mit der Entscheidungsautonomie des Aufsichtsrats sind Einwirkungsklauseln somit nur unverbindlich möglich, insbesondere darf sich der Investor gegenüber dem Vorstand keinerlei Haftung aussetzen.1005 Dass aber letztlich zumindest unverbindliche Vereinbarungen als zulässig anzusehen sind,1006 zeigt sich anhand eines Vergleichs zu der vom Aufsichtsrat geübten und als zulässig anerkannten Praxis, den Vorstand unverbindlich um Vorschläge zur Besetzung zu bitten.1007 Eine sachgerechte Differenzierung der Intensität (immerhin grds.) zulässiger faktischer Einflussnahme auf den Aufsichtsrat zum vorliegenden Fall erscheint kaum möglich.1008 Denn unter dem Aspekt der Weisungsunabhängigkeit spielt es keine Rolle, ob der Vorstand allein (aber wohl in Einverständnis mit dem Aktionär) oder aber der Aktionär in Einklang mit dem Vorstand seine Vorstellungen „unterbreitet“ – freilich nur, solange der Aufsichtsrat bei Nichtberücksichtigung der Vereinbarung nicht um den Erhalt seiner Organstellung fürchten muss. Letztlich darf jedoch keinesfalls außer Acht gelassen werden, dass durch Einbindung des Aktionärs/Investors die ermessenslenkende Wirkung auf den Aufsichtsrat eher zu- denn abnimmt. Denn die (abhängigen) Aufsichtsratsmitglieder werden trotz objektiver Bindung an das Unternehmensinteresse kaum ein Interesse Krieger/Verse, Rechte und Pflichten des AR, § 7, Rn. 335; wohl auch Hüffer/Koch, AktG, § 84, Rn. 5. 1004 Etwa durch die (unzulässige) Abberufung des Aufsichtsrats bei Nichteintritt des Erfolgs. 1005 Sickinger, in: Schüppen/Schaub, Münchener Anwaltshdb. AktienR, § 11, Rn. 30; Lutter/Krieger/Verse, Rechte und Pflichten des AR, § 7, Rn. 335 (krit.); Otto, NZG 2013, 930, 936; wohl auch Spindler, in: MüKo-AktG, § 84, Rn. 16, Fn. 30; Schall, in: Kämmerer/Veil, S. 75, 96 f.; a.A. Niewiarra, BB 1998, 1961, 1963, 1365; Reichert/Ott, FS Goette, 2011, S. 397, 405. 1006 Wenngleich auch nach Auffassung von Lutter/Krieger/Verse, Rechte und Pflichten des AR, § 7, Rn. 335, unverbindliche Vereinbarungen wohl in engen Grenzen zulässig sind, stehen sie dennoch – im Hinblick auf den Streit um Beeinflussungswirkung von statuarischen unverbindlichen Vorschlagsrechten – auch etwaigen unverbindlichen Absprachen zwischen Bieter und Vorstand sehr kritisch gegenüber; ähnlich Schall, in: Kämmerer/Veil, S. 75, 97. 1007 Diese Praxis erkennen etwa auch die Kritiker statuarischer unverbindlicher Weisungsrechte an, s. etwa Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 84, Rn. 9; Kort, in: Großkomm AktG, § 84, Rn. 53; krit. Lutter/Krieger/Verse, Rechte und Pflichten des AR, § 7, Rn. 336. 1008 So zu statuarischen Vorschlagsrechten Spindler, in: MüKo-AktG, § 84, Rn. 15.
B. Zulässigkeit transaktionsbezogener Leistungen des Bieters
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daran haben, den Interessen des (Haupt-)Aktionärs zuwiderzuhandeln. Schall sieht hierin weniger einen Konflikt zur Geltendmachung (zulässigen) faktischen Einflusses als vielmehr einen Konflikt zum Rechtsgedanken des § 136 Abs. 2 AktG. Nach § 136 Abs. 2 AktG sind Vereinbarungen nichtig, mit denen sich ein Aktionär dazu verpflichtet, sein Stimmrecht u. a. nach Weisung des Vorstands der Gesellschaft auszuüben. Zweck ist die Unterbindung der Einflussnahme der Verwaltung (vorliegend namentlich des Vorstands) auf die Hauptversammlung.1009 Indes fällt die Bestellung des Vorstands in die Kompetenz des Aufsichtsrats und stellt gerade keine originäre Hauptversammlungskompetenz dar, sodass der Aktionär rechtlich gesehen keinen unmittelbaren Einfluss auf die Zusammensetzung des Vorstands haben kann und § 136 Abs. 2 AktG nicht unmittelbar anwendbar ist. Doch kann sich der (Haupt-) Aktionär zugunsten des Vorstands auch seines faktischen Einflusses auf die Aufsichtsratsmitglieder bedienen, bei einer ihm nicht opportunen Amtsausübung von einer Wiederbestellung abzusehen.1010 Begreift man § 136 Abs. 2 AktG über seinen Wortlaut hinaus als Norm zur Wahrung der innergesellschaftlichen Kompetenzabgrenzung, welche jede dieser zuwiderlaufenden Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit zugunsten des Vorstands unterbinden will,1011 stellt sich jede Verpflichtung des Bieters zur entsprechenden Geltendmachung seines faktischen Einflusses als unzulässige Usurpation von Aktionärsrechten bzw. -kompetenzen durch den Vorstand dar.1012 Daran anknüpfend bestünde auch vorliegend die Gefahr, dass sich der Vorstand durch die Vereinbarung von Einwirkungsklauseln auf unzulässige Weise des faktischen Einflusses der Aktionäre auf den Aufsichtsrat bemächtigt.1013 Allerdings greift dieser Einwand – bereits unabhängig von der Frage, ob man entgegen der Auffassung von Schall, § 136 Abs. 2 AktG gar nicht erst auf Fälle des faktischen Einflusses entsprechend anwenden möchte1014 – zumindest nach dem hier vertretenen Konzept nicht durch. Denn losgelöst von der kompetenzrechtlichen Sichtweise ist die Einbindung des Aufsichtsrats bereits zur Sicherung der Integrität des Vorstands zwingend. Steht aber jede Vereinbarung zwischen Vorstand und Investor (sei es als Bieter, sei es als Aktionär) unter dem Vorbehalt der Zustimmung des Aufsichtsrats, verliert die von Schall aufgeworfene Frage, ob sich der Vorstand des faktischen Einflusses des Investors auf den Aufsichtsrat bemächtigen darf,1015 an 1009 Spindler, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 136, Rn. 2; Kiem, AG 2009, 301, 309; Reichert/ Ott, FS Goette, 2011, S. 397, 407. 1010 Diese Bedenken äußert Schall, in: Kämmerer/Veil, S. 75, 97. 1011 So Otto, AG 1991, 369, 377 unter Hinweis auf die Gesetzesbegründung zu § 136 Abs. 2 AktG (vormals § 130 Abs. 3 AktG a.F.), Begr. RegE, BT-Drucks. IV/171, S. 160; implizit auch Schall, in: Kämmerer/Veil, S. 75, 97; a.A. Reichert/Ott, FS Goette, 2011, S. 397, 407 f; Kiem, AG 2009, 301, 309. 1012 So Schall, in: Kämmerer/Veil, S. 75, 97; a.A. Reichert/Ott, FS Goette, 2011, S. 397, 407 ff. 1013 Schall, in: Kämmerer/Veil, S. 75, 97. 1014 Hiergegen wohl Reichert/Ott, FS Goette, 2011, S. 397, 408 (zu Unterlassungsklauseln) und 409, Fn. 31 zu Einwirkungsklauseln. 1015 Schall, in: Kämmerer/Veil, S. 75, 97.
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3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
Brisanz. Denn der (i. d. R. noch von Vertretern der Altaktionäre (mit-)dominierte) Aufsichtsrat hat zuvor im Rahmen seiner Kontrollaufgabe zu berücksichtigen, ob es der Wert des Vorstands oder die Bedeutung dessen Erhalts überhaupt erlaubt, eine entsprechende Vereinbarung zu treffen – zugleich wird damit ein potentiell unzulässiger Kompetenzübergriff ausgeschaltet. cc) Zulässigkeit verbindlicher Einwirkungsklauseln bei Mitwirkung des Aufsichtsrats? Gewährleistet die Einbindung des Aufsichtsrats die Zulässigkeit unverbindlicher Einwirkungsklauseln unter § 136 Abs. 2 AktG, stellt sich weiter die Frage, ob Einwirkungsklauseln bei Einbindung des Aufsichtsrats in Abweichung von zuvor dargestelltem Grundsatz verbindlich ausgestaltet werden dürfen. Insofern hat es das OLG München offen gelassen, ob die in einer Investorenvereinbarung vorgesehene verbindliche Zusage über eine bestimmte Abfindungshöhe im Falle der vorzeitigen Abberufung des Vorstandsmitglieds nach erfolgter Übernahme dann zulässig sein könnte, wenn der Aufsichtsrat in diese eingewilligt hätte.1016 Im Ausgangspunkt ist nochmals klarzustellen: Mit der Entscheidungsfreiheit ist es zunächst unvereinbar, dass sich der Aufsichtsrat dazu verpflichtet, eine bestimmte Person zum Vorstandsmitglied zu bestellen.1017 Eine verbindliche Zusage, den Vorstand nach erfolgter Übernahme erneut zu bestellen, ist somit nicht zulässig. Auf der anderen Seite darf auch das Abberufungsrecht des Aufsichtsrats nach § 84 Abs. 3 AktG nicht eingeschränkt werden. Dieses ist unabdingbar und kann weder durch Satzung ausgeschlossen werden, noch kann der Aufsichtsrat auf die Ausübung verzichten.1018 Eine „Jobgarantie“ gegenüber dem Vorstand, die dem Aufsichtsrat dieses Recht nimmt, ist mithin ebenfalls in jedem Fall unwirksam.1019 Trotz Einbindung des Aufsichtsrats sind daher auch all solche Zusagen nichtig, in denen der Aufsichtsrat zwar nicht ausdrücklich auf dieses Recht verzichtet, die ihn aber faktisch in seiner Entschließungsfreiheit beeinträchtigen.1020 Mithin ist festzuhalten, dass sich durch die Einbindung des Aufsichtsrats an dem oben gefundenen Ergebnis, der Unzulässigkeit verbindlicher Einwirkungsklauseln im Hinblick auf die Ein1016
OLG München v. 14. 12. 2011 – 7 AktG 3/11, NZG 2012, 261, 263. Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 84, Rn. 8; Spindler, in: MüKo-AktG, § 84, Rn. 15; Weber, in: Hölters, AktG, § 84, Rn. 9; Lutter/Krieger/Verse, Rechte und Pflichten des AR, § 7, Rn. 333. 1018 BGH v. 28. 01. 1952 – II ZR 265/51, BGHZ 8, 348, 361; Kort, in: Großkomm AktG, § 84, Rn. 128; Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 84, Rn. 123; Spindler, in: MüKoAktG, § 84, Rn. 117. 1019 Indirekt auch Schall, in: Kämmerer/Veil, S. 75, 96; Reichert/Ott, FS Goette, 2011, S. 397, 409. 1020 BGH v. 27. 05. 1957 – II ZR 178/56, NJW 1957, 1928, 1928; Spindler, in: MüKo-AktG, § 84, Rn. 55, zu der Konstellation, dass dem Vorstandsmitglied eine Abfindungsleistung im Falle der nicht erfolgten Wiederbestellung zugesichert wird. 1017
B. Zulässigkeit transaktionsbezogener Leistungen des Bieters
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wirkungshandlung selbst, nichts ändert.1021 Denn auch der Aufsichtsrat kann nicht in einen Sachverhalt einwilligen, in dem ein – wie auch immer gearteter – künftiger Entscheidungsdruck auf den Aufsichtsrat einer unabhängigen Aktiengesellschaft verbindlich vereinbart wird. Sogar noch eine Stufe vorgelagert ist der Sachverhalt in dem genannten Urteil des OLG München. Dort haben Vorstand und Investor vereinbart, „dass im Falle einer Kündigung des Dienstvertrags durch das jeweilige Mitglied des W. E. T.-Vorstands dieses Mitglied Anspruch auf die Gesamtvergütung für die restliche Laufzeit seines derzeitigen Dienstvertrags und seiner Bestellung als Mitglied des W. E. T.-Vorstands hat, wobei im Hinblick auf die Boni, Tantiemen oder sonstige leistungsbezogene Teile der Vergütung von einer Zielerreichung von 100 % ausgegangen wird“.1022 Auf den ersten Blick steht hier nicht die Frage einer Einwirkungshandlung im Raum; vielmehr ist verbindlich eine Zusage gemacht worden, die zwingend in die Kompetenz des Aufsichtsrats fällt, weshalb dem Urteil des OLG München hinsichtlich der Nichtigkeit der Vereinbarung mangels Einbindung des Aufsichtsrats vollumfänglich zuzustimmen ist.1023 Indes kann die Vereinbarung nach hier vertretener Auffassung auch nicht durch Einbindung des Aufsichtsrats Wirksamkeit erlangen. Denn die Zusage der Abfindungsleistung ist untrennbar mit einer Unterlassungs- sowie einer Einwirkungsklausel verbunden, in denen der Bieter zum einen verspricht, jegliche Einwirkungshandlung zu Lasten der Vorstandsmitglieder zu unterlassen und zum anderen „soweit gesetzlich zulässig nach besten Kräften dafür zu sorgen“, dass die von ihm abhängigen Vertreter im Aufsichtsrat von etwaigen Maßnahmen absehen, die zu einer vorzeitigen Beendigung des Anstellungsvertrags führen würden.1024 Diese Verpflichtung zur Auszahlung der vollen Bezüge im Falle des Zuwiderhandelns ist durchaus mit einer Vertragsstrafe vergleichbar, mithin ist das Recht des § 84 1021 Dies betrifft im Übrigen auch solche Zusicherungen, in denen der Bieter, respektive Aufsichtsrat, zusichert, von einer einvernehmlichen Beendigung des Vorstandsvertrags Abstand zu nehmen (a.A. Reichert/Ott, FS Goette, 2011, S. 397, 409). Die Zulässigkeit der einvernehmlichen Beendigung des Vorstandsamts zwischen Vorstand und Aufsichtsrat ist unbestritten – außerhalb des § 84 Abs. 3 AktG ist aber die Beendigung des Vorstandsamts immer nur im Einvernehmen möglich. Mithin soll dem Aufsichtsrat durch eine entsprechende Vereinbarung signalisiert werden, dass der Bieter ein besonderes Interesse an dem Verbleib des Vorstandsmitglieds hat. Und auch wenn dadurch die Abberufung nach § 84 Abs. 3 AktG als „aktiengesetzliche[s] Leitbild“ nicht direkt beeinträchtigt wird, kann diese Selbstbindung dennoch unzulässigen Einfluss auf die Objektivität der Beurteilung des Vorliegens eines wichtigen Grundes haben und damit unzulässigen Entscheidungsdruck aufbauen. 1022 OLG München v. 14. 12. 2011 – 7 AktG 3/11, NZG 2012, 261, 262. 1023 OLG München v. 14. 12. 2011 – 7 AktG 3/11, NZG 2012, 261, 263. 1024 OLG München v. 14. 12. 2011 – 7 AktG 3/11, NZG 2012, 261, 262: „Dementsprechend sagen A-Inc. USA und A-GmbH auch zu, von jeglichen rechtlichen oder tatsächlichen Maßnahmen abzusehen, mit denen eine vorzeitige Beendigung der Bestellung und/oder des Anstellungsvertrags eines Mitglieds des W. E. T.-Vorstands bewirkt wird und soweit gesetzlich zulässig nach besten Kräften dafür zu sorgen, dass die Vertreter von A-Inc. USA oder der AGmbH, die Mitglied eines Geschäftsorgans der Gesellschaft sind, keine derartigen rechtlichen oder tatsächlichen Maßnahmen ergreifen, einleiten oder unterstützen.“.
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3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
Abs. 3 AktG in unzulässiger Weise eingeschränkt. So kann bei Zweifeln über das Vorliegen eines wichtigen Grundes die Höhe der oben beschriebenen Abfindung durchaus beeinflussenden Charakter haben, da sich bei Anstellung eines weiteren Vorstandsmitglieds die Kosten der Gesellschaft verdoppeln würden. Die ermessenslenkende Wirkung der Sanktionsandrohung besteht schließlich unabhängig von der Höhe der Sanktion, eine sinnvolle Abgrenzung wäre kaum möglich. Dies spricht für die Nichtigkeit der Vereinbarung – trotz Einbindung des Aufsichtsrats. Von solch verbindlichen Zusagen im Zusammenhang mit der Weiterbeschäftigung ist indes die vorzeitige Wiederbestellung zu unterscheiden. Durch Einbindung des Aufsichtsrats könnte die unverbindliche Zusage des Bieters durch eine vorzeitige Wiederbestellung des Vorstands noch vor Übernahme ersetzt werden, verbunden mit einer den Bieter verpflichtenden Unterlassungsklausel. Zunächst losgelöst von der vorliegenden Problemstellung, stellt sich deren Zulässigkeit wie folgt dar: Nach § 84 Abs. 1 S. 2 AktG ist die Wiederbestellung des Vorstandsmitglieds generell möglich, nach § 84 Abs. 1 S. 3 AktG jedoch frühestens ein Jahr vor Ablauf der bisherigen Amtszeit. Beträgt die restliche Amtszeit damit nur noch ein Jahr oder weniger, kann der Aufsichtsrat bereits nach Wortlaut des Gesetzes über die Weiterbestellung per Beschluss entscheiden. Darüber hinaus hat es der BGH, in Einklang mit einem in der jüngsten Zeit stark im Vordringen befindlichen Schrifttum, ebenso für zulässig erachtet, über den Weg der einvernehmlichen Vertragsaufhebung unter gleichzeitiger Neubestellung schon vor Beginn der Jahresfrist des § 84 Abs. 1 S. 3 AktG eine Wieder- bzw. Neubestellung des Vorstands vorzunehmen.1025 Denn ausweislich der Gesetzeshistorie solle die Vorschrift nur gewährleisten, „dass der Aufsichtsrat zumindest alle fünf Jahre einen Beschluss über die wiederholte Bestellung oder Verlängerung der Amtszeit der Vorstandsmitglieder fasst“, damit die Aktiengesellschaft keine unzumutbar lange Bindung eingeht und das Vorstandsmitglied regelmäßig neu überprüft wird.1026 Dieser Gesetzeszweck wird durch ein entsprechendes Vorgehen gerade nicht beeinträchtigt. Grenze dieses Vorgehens ist der Einwand des Rechtsmissbrauchs.1027 Überträgt man dies auf den vorliegenden Sachverhalt, stellt sich somit die Frage, ob die im Einvernehmen zwischen Aufsichtsrat, Vorstand und Bieter erfolgte Aufhebung der Anstellung unter gleichzeitiger Neubestellung als rechtsmissbräuchlich
1025
BGH v. 17. 07. 2012 @ II ZR 55/11, NZG 2012, 1027, 1028 ff.; Seibt, in: Schmidt/ Lutter, AktG, § 84, Rn. 16; Spindler, in: MüKo-AktG, § 84, Rn. 50; Bürgers/Israel, in: Bürgers/ Körber, § 84, Rn. 11; Lutter/Krieger/Verse, Rechte und Pflichten des AR, § 7, Rn. 357; Arnold/ Günther, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 20, Rn. 90; Fleischer, DB 2011, 861, 863 ff.; Besse/Heuser, DB 2012, 2385, 2386; Bürgers/Theusinger, NZG 2012, 1218, 1220 f.; Wedemann, ZGR 2013, 316, 319 ff.; a.A. Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 84, Rn. 23; Kort, in: Großkomm AktG, § 84, Rn. 114; Götz, AG 2002, 305, 306. 1026 BGH v. 17. 07. 2012 @ II ZR 55/11, NZG 2012, 1027, 1029; Spindler, in: MüKo-AktG, § 84, Rn. 50. 1027 BGH v. 17. 07. 2012 @ II ZR 55/11, NZG 2012, 1027, 1029.
B. Zulässigkeit transaktionsbezogener Leistungen des Bieters
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anzusehen ist, sie mithin Ausdruck treuwidriger (subjektiver)1028 Motive ist. Es ist wohl anerkannt, dass ein Rechtsmissbrauch nicht pauschal angenommen werden kann, sondern vom Einzelfall1029 abhängig ist und besonderer Umstände bedarf, welche der vorzeitigen Wiederbestellung „ein hinreichend negatives Gepräge geben“.1030 Doch wird zumindest als tendenziell rechtsmissbräuchlich etwa die gegen § 33 Abs. 1 WpÜG verstoßende, vorzeitige Wiederbestellung zur Abwehr eines feindlichen Übernahmeangebots angesehen.1031 Ebenso, wenn dem Vorstandsmitglied bei durch den Bieter angekündigter „Entlassung“ im Vorfeld einer Übernahme die Zahlung einer Abfindungsleistung gesichert werden soll.1032 Auf den ersten Blick scheinen diese Beispiele auf den vorliegenden Sachverhalt nicht übertragbar, da zulässige Bieterleistungen i. d. R. im Zusammenhang mit einem freundlichen Übernahmeangebot erfolgen und gerade nicht das Angebot des leistenden Bieters verhindern sollen. Doch darf nicht außer Acht gelassen werden, dass sich diese Wirkung nur zugunsten des leistenden Bieters einstellt. Besteht ein Bieterwettstreit, können sich entsprechende Zusagen klar zum Nachteil der übrigen Angebote auswirken und sich in diesem Verhältnis als unzulässige Abwehrmaßnahmen darstellen. Jedoch sind solche Bedenken nicht abweichend von den obigen Ausführungen zur Integrität des Vorstands zu bewerten. Durch die Einbindung des Aufsichtsrats wird sowohl die Integrität als auch der „Schutz“ der übrigen Bieter hinreichend gewährleistet, auch im Falle der Neubestellung. Da dem Aufsichtsrat im Übrigen nach wie vor die Möglichkeit der Abberufung nach § 84 Abs. 3 AktG verbleibt und er auch sonst nicht in seiner Personalhoheit eingeschränkt wird, ist zudem auch unter der aktienrechtlichen Kompetenzordnung nicht davon auszugehen, dass er bei einem entsprechenden Beschluss einem unzulässigen Entscheidungsdruck ausgesetzt ist, sodass ein entsprechendes Vorgehen – vorzeitige Wiederbestellung verbunden mit einer Unterlassungsklausel – wohl zulässig wäre. Davon zu trennen ist aber letztlich der praktische Nutzen einer solchen Vorgehensweise. Die Neubestellung vor erfolgter Übernahme muss zwingend aus Sicht ex ante der Übernahme erfolgen.1033 Mithin darf der Bieter keinerlei Einfluss auf die Entscheidung des Aufsichtsrats nehmen. Und auch die angedachte Unternehmensstrategie des Bieters darf sich nicht in der (verbindlichen) Neudefinition der dem 1028 Ob es tatsächlich, wie vom BGH v. 17. 07. 2012 @ II ZR 55/11, NZG 2012, 1027, 1029 vertreten, allein auf das Vorliegen der subjektiven Motivlage ankommt, wird bestritten; bspw. mit der Folge, dass sich Rechtsmissbrauch auch aus objektiven Umständen ergeben kann, Wedemann, ZGR 2013, 316, 324 f. 1029 BGH v. 17. 07. 2012 @ II ZR 55/11, NZG 2012, 1027, 1030; Bürgers/Theusinger, NZG 2012, 1218, 1221; Wedemann, ZGR 2013, 316, 323; Besse/Heuser, DB 2012, 2385, 2386. 1030 Wedemann, ZGR 2013, 316, 323; Schult/Nikoleyczik, GWR 2012, 411, 412 f. 1031 Fleischer, DB 2011, 861, 864; Wedemann, ZGR 2013, 316, 326; Besse/Heuser, DB 2012, 2385, 2386; Spindler, in: MüKo-AktG, § 84, Rn. 50. 1032 Besse/Heuser, DB 2012, 2385, 2386; Fleischer, DB 2011, 861, 864; Wedemann, ZGR 2013, 316, 326; Spindler, in: MüKo-AktG, § 84, Rn. 50. 1033 s. 3. Teil B.II.1.a)bb).
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3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
Vorstand übertragenen Kompetenzen wiederfinden. Erfolgt mithin die Neubestellung unter Berücksichtigung der bereinigten Aktionärslage oder der vom Bieter angedachten Unternehmensstrategie, sind darin in unzulässiger Weise Bieterinteressen berücksichtigt. Denn auch die Einbindung des Aufsichtsrats darf nicht zu einer Umgehung der materiellen Vorgaben des § 33d WpÜG führen; ihr kommt gerade kein verbotsbefreiender Charakter zu. Vorzugswürdig wird daher nach wie vor die unverbindliche Zusage der Weiterbeschäftigung in Form einer Bemühungsverpflichtung unter gleichzeitigem Vorbehalt der (nochmaligen) Zustimmung des Aufsichtsrats nach erfolgter Übernahme sein. dd) Fazit Jegliche den Aufsichtsrat unmittelbar oder mittelbar bindende Vereinbarung der Weiterbeschäftigung ist unzulässig. Der Bieter als künftiger Aktionär kann sich jedoch seinerseits verpflichten, von jeglichen „Aktivitäten“ und jeglicher Einflussnahme auf den Aufsichtsrat abzusehen, die auf eine Beendigung der Anstellung und Bestellung des Vorstandsmitglieds abzielen (sog. „Unterlassungsklauseln“). Sog. „Einwirkungsklauseln“ in denen sich der Bieter dazu bereit erklärt, auf ein bestimmtes Verhalten oder Unterlassen des Aufsichtsrats hinzuwirken (etwa einen Austausch des Vorstandsmitglieds nicht vorzunehmen, oder aber die Verlängerung des Anstellungsvertrags und/oder eine Erhöhung der Bezüge) sind hingegen nur unverbindlich möglich – trotz der verpflichtenden Einbindung des Aufsichtsrats in entsprechende Abreden. Eine „verbindliche“ Absicherung ist allenfalls bei einer vorzeitigen Wiederbestellung noch vor Übernahme denkbar, doch fehlt es hier wohl an hinreichendem praktischen Nutzen, weil die Wiederbestellung an die Rechtslage ex ante der Übernahme anknüpfen muss. 2. Transaktionsboni im engeren Sinne Neben der Weiterbeschäftigung und damit verbundener Vergütungserhöhungen könnte sich der Bieter dazu veranlasst sehen, von der Vergütung an sich losgelöste Zahlungen zu gewähren oder in Aussicht zu stellen. In Anbetracht des Schutzzwecks der Norm sind solche Leistungen besonders vorsichtig zu betrachten, da ihnen unverkennbar die Absicht innewohnen kann, Einfluss auf das Vorstandsmitglied zu nehmen.1034 Entsprechende Prämien sind daher fast immer als transaktionsbezogene 1034 Diesen wesentlichen und letztlich auch entscheidenden Aspekt lassen Nießen/Stöwe, DB 2010, 885, 886 f. fast gänzlich außer Acht, wenn sie allenfalls eine Staffelung der Erfolgsprämien nach Annahmequoten als unzulässig erachten, ansonsten aber jedwede Zahlung als gerechtfertigt anerkennen wollen, solange diese nur die Gesamtvergütung des Vorstands nicht neu prägt. Dabei gehen die Autoren sogar so weit, dass sich der Bieter nicht einmal an etwaige Begrenzungsvereinbarungen zwischen Vorstand und Aufsichtsrat halten müsse, da er aufgrund § 33d WpÜG dem Aufsichtsrat quasi gleichberechtigt sei und immerhin auch dieser die Befugnis habe, eine Erhöhung der Begrenzung, ihre Aufhebung oder ihren Dispens zu vereinbaren.
B. Zulässigkeit transaktionsbezogener Leistungen des Bieters
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Leistungen zu qualifizieren und damit unzulässig.1035 Blendet man zudem vereinzelte Stimmen aus, die anscheinend auch Abfindungszahlungen durch den Bieter unter bestimmten Voraussetzungen für zulässig erachten,1036 wird fast einhellig vorausgesetzt, dass solche Leistungen einen Erhalt des Managements für die Zielgesellschaft bezwecken sollen (sog. Bleibeprämien oder auch Retention Fees).1037 Dem ist – unter Berücksichtigung des im Rahmen der abstrakten Ausführungen herausgearbeiteten Kriteriums der Kontinuität – ohne Zweifel zuzustimmen. Nichtsdestotrotz verbleibt auch unter dieser Voraussetzung genügend Raum für Umgehungen des Beeinflussungsverbots; immerhin könnte die Weiterbeschäftigung vorgeschoben und zur Zahlung von umfangreichen Prämien ausgenutzt werden.1038 Neben den Vorteilen, die der Erhalt des Managements haben kann,1039 bedarf es somit zusätzlicher Erwägungen, weshalb über die bloße Weiterbeschäftigung hinausgehende Sonderleistungen gerechtfertigt sein könnten. Freilich ist dabei, wie bei jeglicher bieterseitigen Leistung, die Zustimmung des Aufsichtsrats einzuholen, welcher einzelfallabhängig die verbleibenden Risiken zu bewerten hat: Solch besondere, rechtfertigende Erwägungen könnten zunächst in den widerstrebenden Interessen des Vorstandsmitglieds an einer Fortführung seiner Tätigkeit liegen. Wie bereits im zweiten Teil ausgeführt, finden sich einige Gründe, weshalb ein Vorstandsmitglied kein Interesse daran haben könnte, seine Tätigkeit unter den neuen Anteilseignern fortzuführen – exemplarisch genannt sei an dieser Stelle die potentiell höhere Belastung, die durch gesteigerten Einfluss und gesteigerte Erwartungen des neuen Anteilseigners entstehen kann.1040 Zwar werden bestehende Vorstandsverträge durch einen Anteilseignerwechsel zunächst nicht in ihrer Gültigkeit berührt, die widerstrebenden Interessen des Vorstands wären mithin grds. erst einmal unbeachtlich. Dies übersieht aber die in der Praxis von Vorstandsverträgen häufig vorkommende Verwendung sog. Change-of-Control-Klauseln. Obwohl mithin der Erhalt des Managements für die Zielgesellschaft wesentlich sein kann,1041 ist somit keinesfalls ausgeschlossen, dass es sich nach Übernahme gegen eine Fortführung seiner Tätigkeit entscheidet.1042 In Folge erscheint es durchaus legitim, 1035 Exemplarisch Krause/Pötzsch/Stephan, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 33d, Rn. 17. 1036 So anscheinend Drygala, FS Schmidt, 2009, S. 269, 277. 1037 Kiem, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33d, Rn. 20; Heinrich, S. 309 ff., 324; Krause/ Pötzsch/Stephan, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 33d, Rn. 17; Nießen/Stöwe, DB 2010, 885, 886 f. 1038 Aus diesem Grund auch sehr kritisch Röh, in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, § 33d, Rn. 12. 1039 s. dazu 3. Teil B.II.1.a)aa); sowie allgemeiner 2. Teil D.II.1. 1040 s. ausführlich unter 2. Teil D.II.1. 1041 Überdies auch von finanziellem Vorteil für die Gesellschaft, da durch den mit ihr verbundenen Leistungsanspruch des ausscheidenden Vorstands eine finanzielle Mehrbelastung auf sie zukommt. 1042 Diese Klausel ist auch nicht konkludent im Falle einer Vereinbarung der Weiterbeschäftigung abbedungen; wie bereits erläutert, darf der Bieter keinesfalls entsprechende bin-
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3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
wenn der Bieter dem betreffenden Vorstandsmitglied als Gegenleistung für den Verzicht auf die Berufung auf eine CoC-Klausel eine Ausgleichszahlung gewährt.1043 Dies findet insbesondere Anklang in der Gesetzesbegründung, die solche Leistungen als gerechtfertigt ansieht, durch die der Verbleib des Vorstands gesichert werden soll, wenn der Erfolg der Übernahme von dem Wert des Managements abhängt.1044 Durch eine solche Bleibeprämie könnte der Erhalt des Managements nach Übernahme, wenn auch nicht durch verbindliche Form, so aber zumindest durch Anreiz sichergestellt werden. Aufgrund der dennoch bestehenden eklatanten Missbrauchsgefahr sind der Zulässigkeit solcher Bleibeprämien jedoch enge und vor allem klare Grenzen zu ziehen.1045 Insbesondere stellt sich zunächst die Frage, ob ein solcher Retention Bonus nur als soeben angesprochene Gegenleistung für den Verzicht auf eine CoC-Klausel in Betracht kommt, oder ob er noch auf anderen Erwägungen fußen kann. In diesem Sinne wird weitergehend gefordert, dass Halteprämien auf Grund ihres Beitrags zur „Wertstabilisierung der Zielgesellschaft“ allgemein zulässig sein sollten.1046 So pauschal kann dem allerdings nicht zugestimmt werden, denn wiederum ergeben sich die oftmals kritisierten Abgrenzungsprobleme.1047 Wie soll ohne konkreten Rechtfertigungsaspekt (der im obigen Beispiel ja gerade in der CoC-Klausel liegt) hinreichend sichergestellt werden, dass die Bleibeprämie im Nutzen der Zielgesellschaft gewährt wird und nicht lediglich der Beeinflussung dient? Zur Auflösung ist zweierlei gegeneinander abzuwägen:1048 Auf der einen Seite liegt die Rechtfertigung der Leistung gerade darin, dass es dem Vorstandsmitglied, welches von besonderem Wert für die Gesellschaft ist, durch die CoC-Klausel unproblematisch möglich ist, seine Vorstandstätigkeit aufzugeben – gegen die Interessen der Zieldende Zusagen machen, umgekehrt darf dann auch nicht der Vorstand durch eine solche Vereinbarung gebunden werden. 1043 Dafür sprechen sich aus, wenn auch aus teils sehr viel allgemeineren Beweggründen, Kiem, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33d, Rn. 20; Heinrich, S. 309 ff., 323 f.; Krause/Pötzsch/ Stephan, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 33d, Rn. 17; Drygala, FS Schmidt, 2009, S. 269, 276; Nießen/Stöwe, DB 2010, 885, 886 f.; sehr kritisch hingegen Röh, in: Haarmann/ Schüppen, WpÜG, § 33d, Rn. 12; Hirte, in: Kölner Komm WpÜG, § 33d, Rn. 13, der allerdings nur allgemein die Aussage trifft, dass es nicht entscheidend sein kann, dass der Verbleib bestimmter Verwaltungsmitglieder im Amt für den Erfolg der Übernahme von entscheidender Bedeutung sein kann. 1044 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 59. 1045 In die Richtung, aber wohl enger Röh, in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, § 33d, Rn. 12, der letztlich aber keine Aussage darüber macht, ob er überhaupt irgendeinen Retention Bonus für zulässig erachtet. 1046 So die gesamten Vertreter der Zulässigkeit von Retention Fees, Krause/Pötzsch/Stephan, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 33d, Rn. 17; Kiem, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33d, Rn. 20; Heinrich, S. 309 ff.; Nießen/Stöwe, DB 2010, 885, 886 f.; Drygala, FS Schmidt, 2009, S. 269, 276. 1047 Kritisch auch Selzner, AG 2013, 818, 827. 1048 Keine Relevanz haben jedenfalls die vorstandseigenen Interessen, s. dazu bereits 3. Teil B.I.4.d)bb)(1)(b).
B. Zulässigkeit transaktionsbezogener Leistungen des Bieters
329
gesellschaft. Daran könnte sich die Erwägung anschließen, dass Bleibeprämien allein zum Abkauf von CoC-Klauseln gerechtfertigt sein können. Hat das betreffende Vorstandsmitglied mit der Zielgesellschaft hingegen nicht diese rein übernahmespezifische Klausel vereinbart, ist nur die allgemein geltende Rechtslage (unabhängig von der Übernahmesituation) „wiederhergestellt“. Andere Aspekte, wie bspw. die Möglichkeit der Amtsniederlegung, die Vorstandsmitgliedern nach mittlerweile herrschender Auffassung auch ohne die Berufung auf einen wichtigen Grund zugesprochen wird,1049 bestehen hingegen unabhängig von der Übernahmesituation. Mithin könnte man sich auf den Standpunkt stellen, dass auch kein Anlass besteht, dem Bieter diesbzgl. eine Sonderstellung im Vergleich zur Zielgesellschaft selbst einzuräumen. Demgegenüber kann jedoch – wie gezeigt – gerade aus den in Folge des Anteilseignerwechsels veränderten Strukturen und Arbeitsbedingungen das Widerstreben des Vorstands herrühren, sein Amt nach Übernahme fortzusetzen. Dies unterscheidet aber die Situation bei Übernahme der Gesellschaft von der Situation bei „normalem“ Fortgang des Geschäftsverlaufs. Berücksichtigt man zudem, dass der Vorstand prinzipiell frei ist, sein Vorstandsamt aufzugeben,1050 steigert sich durch die Übernahme das entsprechende Risiko der Gesellschaft – auch wenn keine CoC-Klausel vereinbart wurde. In der Tendenz scheint es mithin durchaus denkbar, dass der Bieter dem Vorstand Retention Boni auch dann gewähren darf, wenn sich dieser nicht auf eine CoC-Klausel berufen kann. Doch muss sich diese Leistung nach wie vor als Gegenleistung darstellen. In Konsequenz ist der Anwendungsbereich solcher Boni denkbar schmal. Der Aufsichtsrat muss anhand von Umständen des Einzelfalls zu der Überzeugung gelangen, dass das Vorstandsmitglied erstens von besonderer Bedeutung für die Gesellschaft ist; zweitens dass die Investitionsbereitschaft entscheidend vom Verbleib des Vorstandsmitglieds in der Gesellschaft abhängig ist und zudem dem Interesse sowohl der Aktionäre als auch der Zielgesellschaft entspricht; und drittens muss die realistische Befürchtung bestehen, dass das Vorstandsmitglied nach erfolgter Übernahme – trotz noch bestehenden Anstellungsverhältnisses – sein Amt aufgeben wird und dafür auch bereit ist, etwaige finanzielle Einbußen in Kauf zu nehmen. Dies kann bspw. der Fall sein, wenn das Anstellungsverhältnis kurze Zeit nach Übernahme enden wird. Unzulässig sind hingegen Prämien, die dem Vorstandsmitglied bereits durch den Bieter für eine erst nach Übernahme anfallende Verlängerung des Anstellungsverhältnisses gewährt werden. Auch wenn damit das Management vom Verbleib überzeugt werden soll, ist dies keine Frage, die aus der Übernahmesituation selbst herrührt. Denn die Aufgabe, das Management zu halten, trifft jede Zielgesellschaft, unabhängig davon, ob sie gerade erst erworben wurde, noch erworben werden soll oder überhaupt nicht Gegenstand eines Übernahmegesuchs ist. Die Strategieerwä1049 In Anlehnung an die Rspr. des BGH zur GmbH (s. grundlegend BGH v. 08. 02. 1993 – II ZR 58/92, BGHZ 121, 257, 261) mittlerweile auch für die AG herrschende Auffassung, Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 84, Rn. 199; Hüffer/Koch, AktG, § 84, Rn. 44 f.; für weitere Nachweise s. 2. Teil, Fn. 460. 1050 s. Nachweise in Fn. 1049, wenn auch unter Verlust der eigenen Bezüge.
330
3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
gung des Bieters, der sich zum Erfolg der Übernahme die Loyalität des Vorstands sichern will, ist gerade kein tauglicher Rechtfertigungsgrund.1051 Im Gegensatz zu Weiterbeschäftigungszusagen ist die Zusage einer entsprechenden Bleibeprämie allerdings auch verbindlich möglich.1052 Dies gilt insbesondere für den Hauptanwendungsfall dieser Fallgruppe, dem Abkauf der CoC-Klausel. Denn anderenfalls würde sich ein Vorstandsmitglied wohl kaum dazu bereit erklären, seinerseits verbindlich auf die CoC-Klausel zu verzichten.1053 Dann wäre aber auch der größte Nutzen, der in der Sicherung der Kontinuität des Vorstands liegt, aus der Gewährung des Bonus wieder entkräftet. Um allerdings den Beeinflussungsaspekt so weit wie möglich zurückzudrängen, muss unter allen Umständen gesichert sein, dass der Bonus an den Verbleib in der Zielgesellschaft nach Übernahme gekoppelt ist. Er darf nicht nur vorgeschoben sein, um das „Bestechungsverbot“ zu umgehen. Verlässt mithin das Vorstandsmitglied noch vor Ablauf seines eigentlichen Anstellungsvertrages die Zielgesellschaft, ist der Bonus zurückzugewähren.1054 Um dem restriktiven Charakter von § 33d WpÜG gerecht zu werden, umfasst dies auch das Verbot der Auszahlung noch vor Annahme des Angebots durch die Aktionäre.1055 Erstens hätte eine frühere Auszahlung einen größeren psychologischen Einfluss auf den Vorstand, und zweitens kann die Rückforderung in der Praxis mit Problemen verbunden sein (wie etwa dem Insolvenzrisiko oder aber dem Interesse an der Durchsetzung des Anspruchs). Schließlich ist sicherzustellen, dass die Prämie den Anforderungen des § 87 Abs. 1 AktG in vollem Umfang gerecht wird und vom Bieter getragen wird und nicht von der Zielgesellschaft selbst.1056 Ansonsten würde zum einen der finanzielle Vorteil für die Zielgesellschaft hinfällig,1057 zum anderen würde der Bieter mit der Zusicherung ihm fremden Vermögens gegen die aktienrechtliche Kompetenzordnung verstoßen.
1051 1052
Rn. 17. 1053
s. 3. Teil B.I.4.d)aa)(1)(b). So auch Krause/Pötzsch/Stephan, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 33d,
Zudem wird – ebenfalls im Gegensatz zur Aussicht auf Weiterbeschäftigung – mit der Leistung einer solchen Prämie nicht in die unübertragbaren Organkompetenzen des Aufsichtsrats eingegriffen. 1054 Eine Ausnahme ist hier allenfalls bei offensichtlich persönlichen Gründen zu machen, nicht aber aufgrund eines Zerwürfnisses zwischen Vorstand und Anteilseigner aufgrund unterschiedlicher strategischer Vorstellung, etc. 1055 A.A. Krause/Pötzsch/Stephan, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 33d, Rn. 17, die lediglich fordern, dass die Auszahlung vor Annahme des Angebots durch die veräußernden Aktionäre dann unzulässig ist, wenn der Vorstand den Bonus auch behalten dürfe, wenn das Angebot scheitert. 1056 Krause/Pötzsch/Stephan, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 33d, Rn. 17. 1057 s. dazu Fn. 1041.
B. Zulässigkeit transaktionsbezogener Leistungen des Bieters
331
3. Managementbeteiligungen Nach hier vertretener Auffassung eröffnet jegliche vom Bieter gewährte oder in Aussicht gestellte Managementbeteiligung den Anwendungsbereich des § 33d WpÜG.1058 Eine Beschränkung auf den vergünstigten Anteilserwerb würde insbesondere im Hinblick auf die Anreizwirkung der teils erst nach Übernahme einsetzenden Bonusprogramme, die sich an ein Managementbeteiligungsprogramm anschließen können, zu Abgrenzungsschwierigkeiten und Umgehungsmöglichkeiten führen.1059 Gleichwohl ist zu berücksichtigen, dass sich gerade in der Vergünstigung die § 33d WpÜG (bzw. dem gesellschaftsrechtlichen Verbot der Annahme von Zuwendungen Dritter) zu Grunde liegende Gefahr der „bestechenden“ Einflussnahme verwirklichen kann. Nachfolgend werden daher in erster Linie Managementbeteiligungen betrachtet, die mit einer solchen – wie auch immer gearteten – Vergünstigung1060 verbunden sind. a) Vergünstigte Managementbeteiligungen Die Besonderheit von Managementbeteiligungen im Vergleich zu anderen bieterseitigen Leistungen ist ihr ambivalenter Charakter: Der vergünstigte Erwerb der Managementbeteiligung oder die Aussicht auf weitere monetäre Vorteile, die sich als Folge der Beteiligung nach Übernahme einstellen werden, können zum einen – und das wird häufig verkannt – beeinflussende Wirkung auf die Übernahme selbst entfalten. Mithin stellt die Vergünstigung nichts anderes dar als einen (mittelbaren) Transaktionsbonus. Für sich betrachtet ist es daher zunächst nicht fernliegend, Managementbeteiligungen als unzulässige rein transaktionsbezogene Leistungen des Bieters einzustufen. Indes verwässert sich diese Einordnung, wenn hinreichend sichergestellt wird, dass die von Managementbeteiligungen ausgehende Anreizwirkung primär Wirkung für den Zeitraum nach Übernahme entfalten sollen, mithin an die erfolgreiche Entwicklung der Gesellschaft nach Übernahme gekoppelt wird. Zu denken ist hier etwa an die Implementierung von leaver schemes oder vesting schedules,1061 welche die Vergünstigung an die zukünftige Leistungsperformance des Managements knüpfen. Aufgrund dieser Abhängigkeit vom zukünftigen Erfolg, wäre es ein voreiliger Schluss, ihnen pauschal eine primäre Beeinflussungsintention hinsichtlich der Übernahme selbst zu unterstellen. Sind Managementbeteiligungen daher mit solchen Einschränkungen verbunden (und nur dann), erscheint es durchaus legitim, sie als drittvergütungsähnliche Leistung einzuordnen.
1058
A.A. Krause/Pötzsch/Stephan, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 33d, Rn. 10; v. Werder/Braun/Fromholzer, in: Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, II., Rn. 118; Heinrich, S. 324 f. 1059 s. dazu oben 3. Teil B.I.3.c)bb). 1060 s. zu den Möglichkeiten der Vergünstigung oben 3. Teil A.VI.3.a). 1061 s. dazu oben 3. Teil A.VI.3.a).
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3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
aa) Prinzipielle Zulässigkeit als Ausdruck gesetzgeberischer Wertung? Vereinzelt wird die Rechtfertigung von Managementbeteiligungen unter § 33d WpÜG mit einem einfachen Hinweis auf die Gesetzesbegründung angenommen: Da diese die Weiterbeschäftigung des Managements als Beispiel gerechtfertigter Bieterleistung anführt, sei auch die Managementbeteiligung als gerechtfertigt anzusehen. Denn diese sei stets an einen Verbleib des Vorstandsmitglieds im Unternehmen gebunden.1062 Diese Interpretation setzt zwingend voraus, dass der Gesetzgeber durch § 33d WpÜG auch die aktionärsseitige Drittvergütung als zulässig anerkannt hat.1063 Damit hätte der Gesetzgeber allerdings einen Sachverhalt geregelt, der nur indirekt mit dem Problem des § 33d WpÜG verbunden ist, denn immerhin trifft dieser selbst keine Aussage zur Zulässigkeit von Drittvergütungen nach erfolgter Übernahme. Bedenkt man zudem, dass der Gesetzgeber bereits 2002 eine entsprechende Wertung hätte getroffen haben müssen – noch vor einer Diskussion um Drittvergütung – erscheint dieser Rückschluss nicht haltbar.1064 Davon abgesehen ist die Gesetzesbegründung in ihrem Wortlaut auf die Weiterbeschäftigung beschränkt.1065 Zwischen dieser und Managementbeteiligungen bestehen allerdings – nicht nur im Hinblick auf die Intensität des Interessenkonflikts – gewichtige Unterschiede. Während die Weiterbeschäftigung zunächst nur das Verhältnis zwischen Gesellschaft und Vorstandsmitglied betrifft, ist die Managementbeteiligung von der Zielgesellschaft selbst losgelöst. Rein strukturell wäre eine Beteiligung auch ohne die Weiterbeschäftigung möglich, denn der Erwerb von Anteilen an der Gesellschaft ist im Ansatz nicht an die Beschäftigung in dem Unternehmen gekoppelt. Dass eine solche Koppelung dennoch meist vorgesehen ist, ändert daran erst einmal nichts. bb) Verschärfter Interessenkonflikt des Vorstands im Falle von Managementbeteiligungen Des Weiteren ist der sich ergebende Interessenkonflikt im Rahmen der Managementbeteiligung ungleich größer als im Falle der Weiterbeschäftigung oder anderer, der Legitimation zugänglicher Transaktionsboni.1066 Insbesondere eine Koppelung der Interessen des Managements an die des Erwerbers ist noch enger als etwa 1062
So ausdrücklich Traugott/Grün, AG 2007, 761, 763. Denn nach erfolgter Übernahme stellt sich eine Managementbeteiligung als Drittvergütung dar, in diesem Sinne auch Spindler, FS Hopt, Band 1, 2010, S. 1407, 1411; s. ferner zur (Un-)Zulässigkeit eines Rückschlusses von § 33d WpÜG auf Drittvergütung, 3. Teil A.II.2. 1064 Ebenso Spindler, FS Hopt, Band 1, 2010, S. 1407, 1411; ausführlich zur Frage der Zulässigkeit von Drittvergütung als gesetzgeberische Intention s. oben 3. Teil A.II. 1065 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 59; Spindler, FS Hopt, Band 1, 2010, S. 1407, 1411. 1066 Aufgrund der sich durch eine wesentliche Beteiligung ergebenden „durchgreifende[n] Trennung der Interessen von Eigentümern und Fremdorgan“ sprechen sich auch Nießen/Stöwe, DB 2010, 885, 885, gegen die Möglichkeit der Managementbeteiligung aus. 1063
B. Zulässigkeit transaktionsbezogener Leistungen des Bieters
333
bei der Weiterbeschäftigung. Während der Nutzen anderer Transaktionsboni im Wesentlichen in dem Verbleib des Vorstandsmitglieds trotz Übernahme liegt, entfaltet die Beteiligung rglm. erst nach Übernahme ihre entscheidende – positive – Wirkung. So soll der oftmals propagierte Interessengleichlauf dem Investor eine möglichst optimale Wertsteigerung nach Übernahme bis zum Exit nach durchschnittlich sieben Jahren ermöglichen.1067 Diese „Zusammenführung der Interessen innerhalb der Buy-Out-Gruppe“ wird mithin als entscheidender Unterschied zu sonstigen Vorteilen in der Übernahmesituation angeführt und überdies gerade angestrebt.1068 Dann muss sich aber auch die Feststellung anschließen, die im Übrigen auch von den Vertretern dieser Ansicht herausgestellt wird,1069 dass eine nicht geringe Wahrscheinlichkeit besteht, dass sich der Vorstand bereits in der Situation vor erfolgter Übernahme an den Interessen des Bieters orientiert (shift of management loyalty) – und im Vergleich zu sonstigen Leistungen ein noch stärkerer rein transaktionsbezogener Interessenkonflikt die Folge sein kann. Dies zeigt sich besonders deutlich anhand eines Vergleichs zur gerechtfertigten Aussicht auf Weiterbeschäftigung: Diese konzentriert sich auf die Zielgesellschaft selbst. Der Vorstand kann zwar auch dabei Vorteile durch eine Orientierung am Investoreninteresse haben, letztlich besteht aber eine ausdrückliche Bindung allein zur Zielgesellschaft. Durch die Beteiligung an einer Gesellschaft, die vom Investor aufgelegt ist, oder durch die Bindung an Vergünstigungen, die von den Interessen des Investors abhängen, wird der Vorstand durch die Beteiligung dagegen nicht allein an die Zielgesellschaft gebunden, sondern darüber hinaus unmittelbar an die Interessen des Investors, da dessen Erfolg gleichbedeutend mit dem eigenen Erfolg ist. In Folge besteht die realistische Gefahr, dass der Vorstand in der Übernahmesituation – im Unterschied zu sonstigen drittvergütungsähnlichen Leistungen – ein den (Veräußerungs-)Interessen der Altgesellschafter sogar konträres monetäres Eigeninteresse entwickelt.1070 Je geringer bspw. der Kaufpreis (etwa aufgrund unterlassener Abwehrmaßnahmen) ist, desto geringer sind die Kosten, die auch der Vorstand aufwenden muss. In Konsequenz gewinnt auch der Charakter als rein transaktionsbezogene Leistung deutlich an Gewicht.
1067
s. etwa Hohaus/Weber, BB 2008, 2358, 2359; Weber, 339 f.; v. Werder/Braun/Fromholzer, in: Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, II., Rn. 120, 129. 1068 Entsprechend sagen Hohaus/Weber, BB 2008, 2358, 2359; Weber, 339 f., dass die durch Managementbeteiligungen bewirkte Interessenharmonisierung gerade erwünscht sei. 1069 So macht Weber, S. 65, deutlich, dass im Sinne der Principal-Agent-Theorie eine Orientierung des Vorstands an den Interessen des Erwerbers mit laufender Übernahme stetig zunehme. 1070 Ähnlich Nießen/Stöwe, DB 2010, 885, 887; wohl auch Röh, in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, § 33d, Rn. 12.
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3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
cc) Rechtfertigung der Managementbeteiligung In Folge dieses verschärften Interessenkonflikts sind deutlich höhere Anforderungen an die Rechtfertigung zu stellen.1071 Dabei geht die überwiegende Auffassung von der Rechtfertigungsmöglichkeit von Managementbeteiligungen aus.1072, 1073 Hier sind verschiedene Argumentationslinien denkbar: Während sich manche Autoren insbesondere auf den Vorteil berufen, den die Gesellschaft nach erfolgter Übernahme durch die Managementbeteiligung habe und daher bereits den Interessenkonflikt des Vorstands als nicht derart verschärft auffassen (1),1074 wollen andere (teils ergänzend) besondere pauschale Instrumente zur Bewältigung des Interessenkonflikts als notwendig, aber auch ausreichend für die Rechtfertigung der Leistung ansehen (2).1075 Nach hier vertretener Auffassung darf allein entscheidend sein, ob der Nutzen für Anteilseigner und Zielgesellschaft durch die Managementbeteiligungen hinreichend gewährleistet werden kann. Ähnlich wie im Falle von CoC-Klauseln ist dabei maßgeblich, ob der mit der Managementbeteiligung verbundene Nutzen auf anderem Wege nicht zu erreichen wäre – mithin ein essentielles Interesse der Zielgesellschaft an der künftigen Beteiligung des Vorstands besteht und die Vergünstigung dafür notwendige Voraussetzung ist (3). (1) Kein überwiegender Nutzen in Folge Interessenharmonisierung von Aktionär und Vorstand Gegen Bedenken in Folge des dargestellten gesteigerten Interessenkonflikts wird zunächst eingewandt, dass die Zusammenführung der Management- und Investoreninteressen im beiderseitigen Nutzen des Investors und der Zielgesellschaft
1071
Dies übersieht Löw, S. 111 ff., wenn er zwar Managementbeteiligungen auf ihre Angemessenheit überprüft, diese aber nicht in Verhältnis zu weniger konfliktträchtigen Incentives setzt. 1072 Für die prinzipielle Zulässigkeit von Managementbeteiligungen: Kiem, in: Baums/ Thoma, WpÜG, § 33d, Rn. 22 ff.; Krause/Pötzsch/Stephan, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 33d, Rn. 21; Schlitt/Ries, in: MüKo-AktG, WpÜG, § 33d, Rn. 13; v. Werder/Braun/ Fromholzer, in: Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, II., Rn. 120; Hohaus/Weber, BB 2008, 2358, 2359; Traugott/Grün, AG 2007, 761, 763; Selzner, AG 2013, 818, 827; MayerUellner, AG 2013, 828, 838; Drygala, FS Schmidt, 2009, S. 269, 279 ff.; Weber, S. 340; Heinrich, S. 327; Löw, S. 108 ff. 1073 Gegen die Zulässigkeit von Managementbeteiligungen durch den Bieter oder zumindest kritisch: Röh, in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, § 33d, Rn. 12; Schüppen, FS Tiedemann, 2008, S. 749, 752; Spindler, FS Hopt, Band 1, 2010, S. 1407, 1410 ff.; Nießen/Stöwe, DB 2010, 885, 887. 1074 v. Werder/Braun/Fromholzer, in: Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, II., Rn. 120; Hohaus/Weber, BB 2008, 2358, 2359; Traugott/Grün, AG 2007, 761, 763; Weber, S. 339 f.; Heinrich, S. 326, 311 f. 1075 Kiem, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33d, Rn. 23 f.; Drygala, FS Schmidt, 2009, S. 269, 279 ff.; Löw, S. 108 ff.; ähnlich, zudem zwischen organschaftlicher Pflichtenbindung des Vorstands und Vorgaben des § 33d WpÜG differenzierend Heinrich, S. 311 ff., 324 ff.
B. Zulässigkeit transaktionsbezogener Leistungen des Bieters
335
liege.1076 Die Finanzinvestoren sind in der Regel auf externe Managementkapazitäten angewiesen (mithin auf den Vorstand der Zielgesellschaft) und der Zielgesellschaft würde durch die Beteiligung personelle und unternehmerische Kontinuität sichergestellt.1077 Insbesondere der mit der Beteiligung durch private Mittel verbundene Anreiz zu einer erhöhten Leistungsbereitschaft würde der Wertmaximierung der Zielgesellschaft dienen und auf Grund der damit verbundenen überproportionalen Entwicklung auch in ihrem Interesse liegen.1078 Setzt man die Wertmaximierung als Interesse des Investors mit dem Interesse der Zielgesellschaft gleich, mag eine solche Argumentation im Ansatz überzeugend erscheinen.1079 Doch übersieht sie zwei entscheidende Aspekte: Die These, dass der durch Interessenharmonisierung zwischen Kapital und Management entstehende Interessenkonflikt zu den Altaktionären letztlich auch im Nutzen der Zielgesellschaft liegen würde, vermischt sachwidrig den Nutzen für die Zielgesellschaft sowie die zu berücksichtigenden Interessen vor Übernahme mit der Situation nach Übernahme. So werden schon vor Übernahme die erst nach erfolgter Übernahme bestehenden Gesellschaftsverhältnisse als (auch) maßgeblich vorausgesetzt, indem die Interessen des Bieters im Hinblick auf ihre Stellung als künftiger/ potentieller Aktionär als mehr oder weniger gleichwertig neben die („aktuellen“) Interessen der Zielgesellschaft gestellt werden („Gedanke der Waffengleichheit“).1080 Dies läuft aber Gefahr, den Schutz der Altaktionäre entgegen der anderslautenden Gesetzesbegründung1081 und den Schutz der Zielgesellschaft entgegen dem Zweck der Norm (des Schutzes vor schädlichem, da beeinflusstem Verhalten) nicht hinreichend zu beachten. Dagegen wird wiederum eingewandt, dass sich solche Zweifel deswegen erübrigen könnten, weil der „Interessengleichlauf zwischen Kapital und Management“1082 helfen würde, entsprechende Principal-Agent-Konflikte zu lösen, was seinerseits mit dem Gesellschafts- und Unternehmensinteresse 1076 So im Kern die Aussage von Traugott/Grün, AG 2007, 761, 763; v. Werder/Braun/ Fromholzer, in: Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, II., Rn. 120; Hohaus/Weber, BB 2008, 2358, 2359; Heinrich, S. 326, 311 ff.; Weber, S. 340, mit der hier verknappten Begründung, dass durch die Managementbeteiligung den möglichen Interessendivergenzen zwischen Finanzinvestor und Management entgegengewirkt werden soll; diese Argumentation dagegen als „absurd“ bezeichnend Schüppen, FS Tiedemann, 2008, S. 749, 752, Fn. 15. 1077 Hohaus/Weber, BB 2008, 2358, 2359; Weber, S. 339 f. 1078 Heinrich, S. 312, 236; Weber, S. 340. 1079 Sodass man sich auf den Zeitpunkt der Vereinbarung als kritische Frage konzentrieren kann, so Heinrich, S. 326; ähnlich Krause/Pötzsch/Stephan, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 33d, Rn. 19. 1080 So Hohaus/Weber, BB 2008, 2358, 2359; Weber, S. 337; Lange, Forum Unternehmenskauf 2004, 115, 137; zur Unzulässigkeit der Berücksichtigung von Bieterinteressen, s. bereits allgemeiner oben 3. Teil B.I.4.d)aa)(1)(b). 1081 Und im Übrigen auch entgegen der Ausrichtung des Vorstands auf den shareholder value (zumindest für den Zeitraum vor Übernahme), welchen widersprüchlicherweise gerade die Vertreter dieser Auffassung mehr oder weniger vehement fordern. 1082 Dagegen Schüppen, FS Tiedemann, 2008, S. 749, 752, Fn. 15.
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3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
korrespondieren würde.1083 Weitergedacht würde mithin eine potentielle Beeinträchtigung der verkaufswilligen Aktionäre durch den umso größeren Nutzen für die Zielgesellschaft ausgeglichen.1084 Neben der beschriebenen unzulässigen Vermengung der Interessenlage vor und nach Übernahmesituation wohnt dieser Argumentation jedoch – als zweites – ein weiterer gravierender Widerspruch zum geltendem Aktienrecht inne, denn sie setzt (zumindest für die Zeit nach Übernahme)1085 etwas voraus, was keinesfalls als gesichert angesehen werden kann: Die Zulässigkeit eines reinen shareholder value im Unternehmen.1086 Nach h.M. liegt dem Unternehmensinteresse jedoch zu Recht ein interessenpluralistisches Verständnis zu Grunde.1087 In diesem Sinne liegt die möglichst maximale Wertsteigerung zwar im Interesse eines diversifizierten Anlegers, der seine Beteiligung an der Gesellschaft nach sieben Jahren wieder auflösen möchte. Doch maximale Wertsteigerung ist nicht immer gleichzusetzen mit nachhaltiger Entwicklung als eines der Kernelemente des Unternehmensinteresses einer Aktiengesellschaft.1088 Eine Managementbeteiligung durch den Hauptaktionär (den Finanzinvestor bzw. die jeweils zwischengeschaltete NewCo) hätte aber eine „gefährliche Gleichsetzung“1089 von deren Interessen mit den weiteren in einer Aktiengesellschaft zu berücksichtigenden Interessen zur Folge, die keinesfalls die Realität in einem Unternehmen widerspiegeln muss. Betrachtet man die Investorinteressen als allein maßgeblich, wäre der Vorstand – aufgrund des Ertrags der eigenen Beteiligung sowie etwaiger sich daran anknüpfender Exit-Boni – indirekt gezwungen, seine Geschäftspolitik bis zum Exit des Investors allein an dessen Interessen auszurichten, weil er anderenfalls empfindliche finanzielle Einbußen erleiden würde. Dies geht insbesondere über den zulässigen Rahmen shareholder value-orientierter Vergütung hinaus und ist daher erst recht nicht zur Rechtfertigung entsprechender Leistungen in der Übernahmesituation geeignet. Gleiches gilt für eine Argumentation anhand des Principal-Agent-Konflikts: Als Principal kann grds. nicht allein der Finanzinvestor als Hauptaktionär angesehen
1083
Hohaus/Weber, BB 2008, 2358, 2359; Weber, S. 339; v. Werder/Braun/Fromholzer, in: Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, II., Rn. 121, 120. 1084 Dies erkennt Weber, S. 340 sogar indirekt als rechtfertigenden Aspekt an, womit er sich in offenen Widerspruch zu § 33d WpÜG setzt. 1085 Zum Widerspruch, der sich daraus ergibt, dass der shareholder value vor Übernahme zu Lasten der Altaktionäre gerade eingeschränkt werden darf, s. bereits Fn. 1081. 1086 Indem die „stärkere“ Ausrichtung auf den shareholder value als vereinbar mit dem Unternehmensinteresse angesehen wird, v. Werder/Braun/Fromholzer, in: Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, II., Rn. 120; Weber, S. 339. 1087 s. oben 2. Teil C.III.5. 1088 In diesem Sinne weist Spindler, FS Hopt, Band 1, 2010, S. 1407, 1411 darauf hin, dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass die NewCo „zwar eine kurzfristige Unternehmenswertsteigerung realisiert, langfristig aber das Unternehmen durch den erhöhten Leverage bzw. Verschuldensgrad an Wert verliert“. 1089 So Spindler, FS Hopt, Band 1, 2010, S. 1407, 1411.
B. Zulässigkeit transaktionsbezogener Leistungen des Bieters
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werden und schon gar nicht der Finanzinvestor, solange er noch in der Bieterposition ist.1090 (2) Kein überwiegender Nutzen in Folge Einhaltung pauschaler Regeln zur Bewältigung des Interessenkonflikts Nach einer weitergehenden Auffassung soll die abstrakte, sich aus der Managementbeteiligung ergebende Gefahr dadurch bewältigt werden, dass besondere Anforderungen an Transparenz gegenüber den Aktionären aufgestellt werden, im Falle des unzulässigen Interessenkonflikts unabhängige Sachwalter an die Stelle des Vorstands treten oder eine Benachteiligung der Gesellschaft durch die Bevorzugung eines Bieters durch die Vorgabe einer strikten Bietergleichbehandlung vermieden werden soll.1091 Obgleich solche Vorgaben zwar im Einzelfall durchaus nützlich sein können, kann hieraus keinesfalls ein verallgemeinerungsfähiges Konzept zur pauschalen Zulässigkeit von Managementbeteiligung abgeleitet werden. So kann keinesfalls Transparenz gegenüber Aktionären bereits für sich ein Managementbeteiligungsprogramm rechtfertigen,1092 ein Sachwalter die Interessen der Gesellschaft in der Übernahmesituation immer in gleicher Weise gewährleisten wie der deutlich näher am Unternehmen stehende Vorstand,1093 noch die Bietergleichbehandlung immer im Interesse des Unternehmens sein.1094 Über die Geeignetheit solcher Maßnahmen kann allein ein neutraler Dritter entscheiden – nach hier vertretener Auffassung der Aufsichtsrat1095 –, der bei seiner Entscheidung zudem nicht frei sein darf, sondern an weitere Kriterien gebunden ist. Damit ist auch im Hinblick auf die Zulässigkeit von Managementbeteiligungen klarzustellen: Die Zulässigkeit von Managementbeteiligungen unter dem Verbot der Annahme von Zuwendungen Dritter ist allein unter Einbindung des Aufsichtsrats denkbar. Die allgemein-abstrakt ausgeführten Wertungen zur Kontrolle von Interessenkonflikten gelten hier in besonderem Maße; denn zum einen ist die Gefahr eines unzulässigen Interessenkonflikts des Vorstands besonders präsent, zum anderen ist die Bewertung von Nutzen und Risiken von Managementbeteiligungen im Vergleich zu sonstigen Bieterleistungen noch stärker vom jeweiligen Einzelfall abhängig:
1090
s. dazu oben 2. Teil D.I.1.b). So das Konzept von Kiem, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33d, Rn. 23 f.; ähnlich, bzw. darauf aufbauend Löw, S. 96, 121 ff., der diese Kriterien – neben weiterer, wie der Marktüblichkeit der konkreten Vorteilsgewährung – im Rahmen der von ihm vorgeschlagenen Angemessenheitsprüfung überprüft. 1092 s. dazu oben 3. Teil B.I.4.d)cc)(2). 1093 s. dazu oben 3. Teil B.I.4.d)bb)(2)(b). 1094 s. dazu oben 3. Teil B.I.4.d)bb)(2)(b). 1095 Ebenfalls auf den Aufsichtsrat abstellend Selzner, AG 2013, 818, 826 f.; dies andeutend Fonk, in: Semler/v. Schenk, Arbeitshdb. AR, § 10, Rn. 168; Löw, S. 139 f., sieht dies nur als weiteres Element der Angemessenheitsprüfung, was die im Text dargelegten Probleme jedoch gerade nicht beseitigt. 1091
338
3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
(3) Eigene Bewertung: Überwiegender Nutzen für Zielgesellschaft und Anteilseigner Maßgeblich muss daher der Nutzen der Gesellschaft und ihrer Anteilseigner sein. Dem Aufsichtsrat steht es dabei keinesfalls frei, seine Zustimmung zu einem Managementbeteiligungsprogramm zu erteilen. Denn selbst wenn er zu der Einschätzung gelangen sollte, dass unter Einhaltung obiger Voraussetzungen die Interessen der Zielgesellschaft gewahrt werden können, sind Nachteile für die Gesellschaft in Folge der bieterseitigen Leistung keinesfalls gänzlich ausgeschlossen und ebenso wenig Vorteile garantiert. Insofern erscheint es angesichts der erheblichen abstrakten Gefahr, die sich insbesondere aus dem besonderen Gewicht des transaktionsbezogenen Charakters der Leistung ergibt, auch möglich, die Zulässigkeit jeglicher Managementbeteiligungen pauschal abzulehnen.1096 Doch sollte eine Aufweichung des Verbots dann möglich sein, wenn die Managementbeteiligung Ausdruck des Nutzens für Zielgesellschaft und Anteilseigner ist. Unter Berücksichtigung der bereits im zweiten Teil dieser Bearbeitung ausführlich hervorgehobenen Argumente1097 kann eine Managementbeteiligung allein (bzw. primär) auf die Erwägung gestützt werden, dass ohne die Beteiligung des Managements die Übernahme nicht oder nur zu deutlich schlechteren Angebotskonditionen erfolgen würde.1098, 1099 Dabei ist der Korridor eines etwaigen legitimierenden Nutzens äußerst eng gehalten; es ergeben sich folgende, streng zu handhabende Prüfungskriterien, anhand derer der Aufsichtsrat die Begründung einer zustimmenden Entscheidung darzulegen hat: Zunächst muss der Aufsichtsrat hinreichend darlegen und begründen, welchen Vorteil – kumulativ – sowohl die Altgesellschafter als auch die Zielgesellschaft von einer Übernahme haben. Für die Anteilseigner muss es sich um ein finanziell lukratives Angebot handeln, für die Zielgesellschaft sollte mit der Übernahme eine erfolgreiche Zukunftsprognose verbunden sein. Mit diesem Kriterium scheidet von vornherein eine Argumentation aus, welche die Legitimation von Managementbeteiligung darauf stützen will, dass ohne die Möglichkeit der Beteiligung die Investitionsbereitschaft mancher Investoren nachlassen würde.1100 Denn diese beruht zum 1096
Zumindest kritisch Röh, in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, § 33d, Rn. 12; Spindler, FS Hopt, Band 1, 2010, S. 1407, 1410 ff.; Nießen/Stöwe, DB 2010, 885, 887; Schüppen, FS Tiedemann, 2008, S. 749, 752. 1097 s. oben 2. Teil D.II.1. 1098 s. etwa Mayer-Uellner, AG 2013, 828, 838. 1099 Dies kann etwa darauf beruhen, dass die Beteiligung nur unter wirtschaftlicher Anbindung des Managements aus Sicht des Investors wirtschaftlich sinnvoll sei; dass die Beteiligung von der Möglichkeit der Managementbeteiligung bzw., dass die Beteiligung von der Ausrichtung auf einen erfolgreichen Exit abhängig gemacht wird (wobei alle drei Argumente bereits unter dem Aspekt der unzulässigen Interessenbeeinflussung mittels Drittvergütung fragwürdig sind); dass der Investor keine eigenen Managementkapazitäten hat und daher auf die Einbindung des externen Managements angewiesen ist; dass das Management besonderes unternehmensspezifisches Wissen hat, welches der Investor möglichst optimal im Sinne einer erfolgreichen Investition nutzbar machen will. 1100 So aber wohl im Umkehrschluss Heinrich, S. 312.
B. Zulässigkeit transaktionsbezogener Leistungen des Bieters
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einen auf einer Orientierung am Marktstandard, der gerade nicht geeignet sein kann, den Sinn und Zweck des § 33d WpÜG zu wahren, zum anderen auf der unzulässigen Berücksichtigung von Bieterinteressen. Dementsprechend kann auch nicht eingewendet werden, dass bestimmte Investitionsmodelle nicht mehr zulässig oder unattraktiv sein würden, was seinerseits dem allgemeinen Sinn und Zweck des WpÜG, der Förderung von Übernahmen, widersprechen würde.1101 Nach dem WpÜG soll für Übernahmen ein geordneter rechtlicher Rahmen geschaffen werden und innerhalb dieses Rahmens sollen Übernahmen möglichst gefördert werden.1102 Allerdings sollen Unternehmensübernahmen nicht zu Lasten der Zielgesellschaften ermöglicht werden, was aber bei immanenter Berücksichtigung von Bieterinteressen aufgrund der verbundenen Rechtsunsicherheit wahrscheinliche Folge wäre. Zweitens muss der Aufsichtsrats darstellen, warum gerade durch diese intensive Anbindung des Vorstands die Attraktivität des Angebots und damit vornehmlich die Höhe der angebotenen Gegenleistung des Investors entscheidend verbessert wird. Dass dies durchaus mögliche Folge sein kann, ist allgemeine Auffassung.1103 Wiederum kumulativ – diese Einschränkung ist angesichts des restriktiven Normzwecks zu machen – und nicht lediglich alternativ sollte aber auch dargelegt werden, inwiefern die Anbindung des Managements durch den Investor auch für die Zielgesellschaft von Vorteil sein wird.1104 Die Begründung wird sich an dieser Stelle schwieriger erweisen als auf den ersten Blick gedacht. Denn in Abgrenzung zu weniger konfliktträchtigen bieterseitigen Leistungen muss aufgezeigt werden, warum es gerade der Managementbeteiligung bedarf: Insofern ist bspw. der Hinweis, dass nur mittels Managementbeteiligungen die notwendige Leistungsbereitschaft des Vorstands erreicht wird, um einen Exit mit hohem Veräußerungserlös nach (durchschnittlich) sieben Jahren zu erreichen, gerade kein taugliches Argument.1105 Denn dieses Argument beruht auf der fehlgehenden Berücksichtigung von Bieterinteressen noch vor erfolgter Übernahme, sodass diesem Vorteil im Rahmen des § 33d WpÜG keine Beachtung geschenkt werden kann. Nochmals zu betonen ist, dass damit in gleicher Weise jeglicher Argumentation der Boden entzogen ist, welche auf den künftigen Gleichlauf von Vorstands- und Investoreninteresse abstellt.1106 Wenn hingegen anhand konkreter Erwägungen dargelegt werden kann, dass durch eine Managementbeteiligung die Arbeitsbereitschaft des Managements nochmals 1101
So die Argumentation von Weber, S. 337. Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 1 f. 1103 Kiem, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33d, Rn. 23; Schlitt/Ries, in: MüKo-AktG, WpÜG, § 33d, Rn. 12; v. Werder/Braun/Fromholzer, in: Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, II., Rn. 120 f.; Selzner, AG 2013, 818, 819. 1104 Ob die Wertsteigerung zu einem Vorteil führt, ist str., dafür: Wollburg, ZIP 2004, 646, 648; Kiem, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33d, Rn. 23; v. Werder/Braun/Fromholzer, in: Eilers/ Koffka/Mackensen, Private Equity, II., Rn. 120. 1105 So aber bspw. Heinrich, S. 312. 1106 s. dazu bereits oben 3. Teil B.II.3.a)cc)(1); ähnlich Selzner, AG 2013, 818, 827, der darauf hinweist, dass etwaige Strategieerwägungen nicht berücksichtigt werden dürfen. 1102
340
3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
und unabhängig von bestimmten Interessen gesteigert werden kann, ist dies durchaus tragfähig. Doch stehen die Beteiligten dann vor dem Problem, dass dies implizieren könnte, dass das Vorstandsmitglied – entgegen seiner eigentlichen Pflichtbindung – bislang nicht mit vollem Einsatz gearbeitet hat. Ebenfalls nicht (für sich) überzeugend ist die Erwägung, dass durch die Beteiligung personelle und unternehmerische Kontinuität sichergestellt würde.1107 Der gleiche Effekt wird durch entsprechende Weiterbeschäftigungszusagen als deutlich weniger konfliktträchtiges Mittel erreicht. Zudem ist zu bedenken, dass die Vereinbarung etwaiger Beschränkungen der Vergünstigung (die den Verbleib des Managements in der Zielgesellschaft sicherstellen soll) ohne weiteres nach Übernahme durch privatautonome Abreden zwischen Investor und Vorstand wieder aufgehoben werden können.1108 Und mithin das bereits angesprochene Problem der Kontinuität keinesfalls zwingend gewahrt ist, sondern – im Extremfall – gar als Deckmantel für unzulässige transaktionsbezogene Leistungen fungieren kann. Unter Umständen kann der Aufsichtsrat aber die weiteren Vorteile darauf stützen, dass die Gewährung von eigenen finanziellen Mitteln dem Bieter Gewähr dafür bietet, dass die angegebenen auch den tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnissen der Zielgesellschaft entsprechen.1109 Ebenso ist die Bereitschaft, eigene finanzielle Mittel einzusetzen, Ausdruck des Vertrauens des Managements in die Zukunftschancen des Unternehmens.1110 Dennoch ist auch hier zu berücksichtigen, dass ähnliche Effekte auch durch Weiterbeschäftigungszusagen etc. erreicht werden können. Denn bei Nichterreichen bestimmter unternehmerischer Ziele würde sich der Wert des Managements auf dem Arbeitsmarkt entsprechend absenken, zudem würde sich der variable Gewinn des Vorstands aus seiner bereits bestehenden Vergütung verringern. Erfüllt – im Ausnahmefall – eine Managementbeteiligung einmal die vorgenannten Voraussetzungen, muss sie schließlich noch folgendes beachten: Denn entgegen gemeinhin vertretener Auffassung sind entsprechende Managementbeteiligungen durch Aktionäre keinesfalls als i. d. R. zulässig anzusehen.1111 Vielmehr haben auch diese umfangreichen Anforderungen nachzukommen;1112 insbesondere ist nicht per se gesichert, dass die durch das Beteiligungs- und Bonusprogramm bewirkte Interessenharmonisierung als zulässig angesehen werden kann. Mindestens müssen Managementbeteiligungen daher die Anforderungen an die Drittvergütung
1107 Hohaus/Weber, BB 2008, 2358, 2359; Weber, S. 340; Kiem, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33d Rn. 23 ff.; Hohaus/Weber, BB 2008, 2358, 2359; Traugott/Grün, AG 2007, 761, 763. 1108 Diese Bedenken äußert auch Spindler, FS Hopt, Band 1, 2010, S. 1407, 1411. 1109 Heinrich, S. 312. 1110 Heinrich, S. 313; Löw, S. 152 f. 1111 So etwa Traugott/Grün, AG 2007, 761, 763, 766 ff.; v. Werder/Braun/Fromholzer, in: Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, II., Rn. 129. 1112 s. dazu oben 3. Teil A.VI.1.b)aa).
B. Zulässigkeit transaktionsbezogener Leistungen des Bieters
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einhalten und unter dem Vorbehalt der nochmaligen, nach Übernahme erfolgenden Zustimmung des Aufsichtsrats stehen.1113 b) Managementbeteiligungen zu marktüblichen Konditionen Im Falle von Managementbeteiligungen, die zu marktüblichen Konditionen gewährt werden, bestehen zwar die zuvor genannten Risiken des Interessenkonflikts fort, doch sind diese aufgrund des Verzichts auf Vergünstigungen in deutlich größerem Umfang vor missbräuchlichen Anreizen gefeit als ihr vergünstigtes Pendant. Insofern kommt insbesondere die Erwägung zum Tragen, dass der Vorstand durch den Erwerb der Beteiligung (allein aus eigenen finanziellen) Mitteln auch ein erhebliches unternehmerisches Risiko eingeht. Im Anwendungsbereich des Verbots der Annahme von Zuwendungen Dritter erscheint es insofern sachgerecht, die zu vergünstigten Managementbeteiligungen eingenommene, restriktive Haltung im Falle nicht-vergünstigter Managementbeteiligungen aufzugeben. Der entscheidende Vorteil im Vergleich zu einer Lösung, die solche Beteiligungen bereits auf Tatbestandsebene von dem Verbot ausnimmt, ist die – nach hiesiger Interpretation erforderliche – Einbindung des Aufsichtsrats. Kommt somit der Aufsichtsrat als Kontrollinstanz angesichts der zuvor dargestellten Gefahren (Interessenkonflikt bzw. Wahrung der Interessen der Gesellschaft durch Einbindung eines Sachwalters; Bietergleichbehandlung; Investitionsinteresse der Altgesellschafter; etc.), zu der Auffassung, dass aus dem Erwerb der Beteiligung kein entscheidender Nachteil, wenn nicht gar ein Nutzen für die Gesellschaft erwächst, ist er – zumindest unter § 33d WpÜG bzw. dem Verbot der Annahme von Zuwendungen Dritter1114 – frei, seine Zustimmung zu erteilen. Als weiteren erheblichen Vorteil gegenüber der „Tatbestandslösung“ hat der Aufsichtsrat nach den Umständen des Einzelfalls zudem zu berücksichtigen, ob das Vorstandsmitglied allein deswegen bereit ist, die Beteiligung einzugehen, weil es nach Übernahme von einem, vom jetzigen Bieter und zukünftigen Aktionär gewährten, Bonusprogramm profitieren wird. Sollte dies der Fall sein, beurteilt sich die Zulässigkeit der Managementbeteiligung aufgrund der solchen Boni innewohnenden Angebotskonnexität nach den restriktiven Maßstäben vergünstigter Managementbeteiligungen.1115
1113 Ebenso Mayer-Uellner, AG 2013, 828, 838; ähnlich Spindler, FS Hopt, Band 1, 2010, S. 1407, 1412. 1114 Nicht berücksichtigt sind insofern insbesondere gesellschaftsrechtliche Schwierigkeiten, die sich allgemeiner im Rahmen von Management-Buy-Outs ergeben können, s. dazu bereits Fn. 859. 1115 s. dazu oben 3. Teil B.I.3.c)bb).
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3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
III. Exkurs: Kapitalmarktrechtliche Transparenzpflichten Wenn auch nur indirekt mit der vorliegenden Problemstellung, der Frage nach der Zulässigkeit bieterseitiger Leistungen, zusammenhängend, soll nachfolgend ein Blick auf Transparenzpflichten gegenüber den Aktionären sowohl des leistenden Bieters als auch des annehmenden Vorstands geworfen werden. Interessant ist hier – auch um im nachfolgenden vierten Kapitel einen sinnvollen Vergleich zwischen den Rechtsfolgen unzulässiger Leistung und unterlassener Offenlegung zu ermöglichen – in erster Linie ein Blick auf die kapitalmarktrechtlichen Transparenzpflichten sowohl des Bieters nach § 11 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 WpÜG als auch des Vorstands nach § 27 WpÜG. Zwar treffen die an einer Umwandlung beteiligten Rechtsträger gem. § 5 Nr. 8 UmwG ebenfalls vergleichbare Offenlegungspflichten im Verschmelzungsvertrag. Jedoch findet sich im UmwG keine § 33d WpÜG entsprechende Vorschrift, sodass die Zulässigkeit der Leistung an sich allein anhand gesellschaftsrechtlicher Vorgaben zu bestimmen ist.1116 Insofern wird überwiegend angenommen, dass § 5 Nr. 8 UmwG als bloße „Ordnungsvorschrift“ zwar die Anfechtbarkeit des Verschmelzungsvertrags begründen kann (in den Grenzen des § 20 UmwG), ein Verstoß die Wirksamkeit der zivilrechtlichen Abrede jedoch unberührt lässt1117 – weshalb es mit der Vorschrift in der vorliegenden Bearbeitung keiner tiefergehenden Auseinandersetzung bedarf. Demgegenüber wird in Teilen der Literatur die Transparenzpflicht des Bieters gem. § 11 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 WpÜG als Bestandteil der in § 33d WpÜG vorzunehmenden Rechtfertigung verstanden,1118 was – unabhängig davon, ob man dem folgen möchte oder nicht – eine ausführlichere Betrachtung der Anforderungen an die dem Bieter vorgegebene Transparenzpflicht einfordert. Gleichfalls stellt eine etwaige Offenlegungspflicht des Vorstands gegenüber den Aktionären im Rahmen der von ihm nach § 27 WpÜG abzugebenden Stellungnahme eine beachtenswerte kapitalmarktrechtliche Besonderheit dar.1119 1. Offenlegungspflicht des Bieters nach § 11 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 WpÜG Anzugeben sind sämtliche Geldleistungen und andere geldwerte Vorteile. Damit hat der Gesetzgeber eine Harmonisierung der Begrifflichkeiten in § 11 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 WpÜG und § 33d WpÜG bezweckt.1120 Unter Berücksichtigung der im Ansatz 1116
Ausführlich nur Drygala, FS Schmidt, 2009, S. 269, 282 ff. Fandrich, in: Pöhlmann/Fandrich/Bloehs, GenG, § 5 UmwG, Rn. 17; Marsch/Barner, in: Kallmeyer, UmwG, § 5, Rn. 46a; Schröer, in: Semler/Stengel, UmwG, § 5, Rn. 74; Graef, GmbHR 2005, 908, 909 ff.; a.A. Drygala, FS Schmidt, 2009, S. 269, 286 f.; ders., in: Lutter, UmwG, § 5, Rn. 82. 1118 Insbesondere Drygala, FS Schmidt, 2009, S. 269, 281, s. dazu 3. Teil B.I.4.d)cc)(2). 1119 s. dazu 3. Teil B.I.4.d)bb)(2)(a). 1120 So war in Anlehnung an § 5 Abs. 1 Nr. 8 UmwG in § 11 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 RefE-WpÜG noch von „besonderen Vorteilen“ die Rede. Mit der Änderung des Gesetzeswortlauts in § 11 1117
B. Zulässigkeit transaktionsbezogener Leistungen des Bieters
343
gleichen Intention, solche Leistungen zu identifizieren, die in der Übernahmesituation einen Interessenkonflikt der Verwaltungsmitglieder verursachen können, sind die Begriffe auch inhaltlich identisch. Damit zählen zu den Geldleistungen oder geldwerten Vorteilen unter anderem Bonus- und Abfindungszahlungen, die Weiterbeschäftigung,1121 Verlängerung oder inhaltliche Verbesserung der Anstellungsverträge, Zusagen an die Organmitglieder hinsichtlich bestimmter Positionen in der Bietergesellschaft1122 oder mit ihr verbundenen Unternehmen, der Abschluss von Beratungsverträgen oder die (vergünstigte) Beteiligung am Bieter oder an mit diesem verbundenen Unternehmen.1123 In Angleichung an § 33d WpÜG sind auch unverbindliche Absprachen zu erfassen, die an sich noch keinen Anspruch begründen. Eine Reduzierung auf lediglich (einseitig) bindende Absprachen und Versprechen des Bieters1124 ergibt sich weder aus dem Wortlaut der Norm noch aus ihrem Sinn und Zweck. Zudem würde ein vom Gesetzgeber sicherlich nicht gewolltes Ungleichgewicht zwischen § 11 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 WpÜG und § 33d WpÜG entstehen, insbesondere wenn man berücksichtigt, dass die Verwaltung der Zielgesellschaft bindende Absprachen nur in engen Grenzen zulässig sind. Obwohl sie im Gegensatz zu § 33d WpÜG im Wortlaut keine ausdrückliche Grundlage findet, stellt sich ferner dennoch die Frage nach der Angebotskonnexität des Vorteils. So wird zunächst in der Literatur ein sachlicher (kausaler) Zusammenhang zwischen Vorteil und Angebot vorausgesetzt.1125 Nach bereits zu § 33d WpÜG dargelegter Auffassung ist ein solcher dann anzunehmen, wenn der Vorteil geeignet ist, das Verwaltungsmitglied in der Übernahmesituation zu beeinflussen.1126 Allerdings ist es von vornherein schwer vorstellbar, dass ein Vorteil durch den Bieter ohne Zusammenhang mit dem Angebot an die Mitglieder der Verwaltung der Abs. 2 S. 3 Nr. 3 WpÜG soll indes keine sachliche Änderung erfolgt sein, sodass nach ganz herrschender Ansicht bei der Auslegung des Begriffs auch auf die zu § 5 Abs. 1 Nr. 8 UmwG anerkannten Kriterien zurückgegriffen werden kann, Thoma, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 11, Rn. 92; Seydel, in: Kölner Komm WpÜG, § 11, Rn. 77; wohl auch Renner, in: Haarmann/ Schüppen, WpÜG, § 11, Rn. 80; Meyer, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 11, Rn. 123; kritisch dagegen Geibel/Süßmann, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, § 11, Rn. 41 unter Hinweis auf die steuerrechtliche Vorprägung des Begriffs „geldwerter Vorteil“. 1121 So auch Oechsler, in: Ehricke/Ekkenga/Oechsler, WpÜG, § 11, Rn. 23; Steinhardt/ Nestler, in: Steinmeyer, WpÜG, § 11, Rn. 81; ablehnend dagegen Thoma, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 11, Rn. 92; Renner, in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, § 11, Rn. 80. 1122 Kritisch Geibel/Süßmann, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, § 11, Rn. 41, die damit aber den Schutzzweck der Norm verkennen. 1123 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 41 f.; Oechsler, in: Ehricke/Ekkenga/Oechsler, WpÜG, § 11, Rn. 23; Seydel, in: Kölner Komm WpÜG, § 11, Rn. 77; Renner, in: Haarmann/ Schüppen, WpÜG, § 11, Rn. 80; Thoma, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 11, Rn. 92. 1124 So aber die Auslegung von Oechsler, in: Ehricke/Ekkenga/Oechsler, WpÜG, § 11, Rn. 24; Thoma, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 11, Rn. 94; Renner, in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, § 11, Rn. 80. 1125 Thoma, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 11, Rn. 92; Meyer, in: Assmann/Pötzsch/ Schneider, WpÜG, § 11, Rn. 123. 1126 s. dazu 3. Teil B.I.3.b).
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3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
Zielgesellschaft gewährt wird.1127 Demnach besteht für grds. jedweden Vorteil (mit Ausnahme von Bagatellleistungen)1128 die gesetzliche Vermutung einer sachlichen Konnexität mit dem Angebot – die Entscheidung über eine Beeinflussungswirkung soll allein den Aktionären überlassen werden. Ein solch weites Verständnis deckt sich auch mit der gesetzgeberischen Entscheidung, dass die Frage der Rechtfertigung der Leistung für die Offenlegungspflicht gerade keine Rolle spielt. Daran anknüpfend ist auch den Erwägungen zu einer zeitlichen Konnexität eher mit Skepsis zu begegnen. Dieses Erfordernis ergebe sich entweder aus der Formulierung „in Aussicht gestellt werden“1129 oder aber aus dem Umstand, dass es um die Offenlegung von Leistungen an Organmitglieder der „Zielgesellschaft“ geht, was von sich aus einen zeitlichen Zusammenhang mit dem Angebot voraussetze.1130 Zur Konkretisierung eines solchen zeitlichen Zusammenhangs will sich eine Minderansicht an der im Hinblick auf eine Übernahme am weitest vorgelagerten gesetzlichen Verpflichtung des Bieters orientieren und fordert mithin in Anlehnung an § 31 Abs. 3 WpÜG eine Beschränkung des Zeitraums auf sechs Monate vor der Vorankündigung des Angebots.1131 Dem lässt sich mit Recht entgegenhalten, dass bereits vor diesem Zeitraum der Bieter ein erhebliches Interesse daran haben kann, sich das Wohlwollen der Geschäftsleitung der Zielgesellschaft zu sichern.1132 Dementsprechend wird von der Literatur ein Zeitraum von einem Jahr vor Veröffentlichung der Angebotsankündigung gefordert.1133 Indes scheint die generelle Angabe eines konkreten Zeitraums mit dem Sinn und Zweck der Norm schwer vereinbar. Denn auch vor dem genannten Jahreszeitraum kann eine beeinflussende Leistung vom Bieter gewährt oder in Aussicht gestellt werden. Ab welchem Vorlauf damit ein auf die Übernahme bezogener Interessenskonflikt des Managements der Zielgesellschaft bestehen kann, variiert nach Einzelfall und kann nicht durch eine klare zeitliche Grenzziehung definiert werden.1134 Willkürlich an solch eingrenzenden Überlegungen erscheint 1127
Meyer, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 11, Rn. 123. Diese sind entgegen vertretener Auffassung (Oechsler, in: Ehricke/Ekkenga/Oechsler, WpÜG, § 11, Rn. 23; Steinhardt/Nestler, in: Steinmeyer, WpÜG, § 11, Rn. 81), aber im Sinne der bereits im zweiten Teil gemachten Ausführungen von der Transparenzpflicht auszunehmen, s. 2. Teil B.I. 1129 So die Interpretation von Oechsler, in: Ehricke/Ekkenga/Oechsler, WpÜG, § 11, Rn. 23, der dabei übersieht, dass diese Formulierung in Anlehnung an § 33d WpÜG den Anwendungsbereich auf nicht verbindliche Zusagen erstreckt; krit. auch Steinhardt/Nestler, in: Steinmeyer, WpÜG, § 11, Rn. 82. 1130 So Seydel, in: Kölner Komm WpÜG, § 11, Rn. 76. 1131 Seydel, in: Kölner Komm WpÜG, § 11, Rn. 76. 1132 So Oechsler, in: Ehricke/Ekkenga/Oechsler, WpÜG, § 11, Rn. 23 noch zur alten Rechtslage, nach der § 31 Abs. 3 Nr. 1 a.F. noch einen drei- und nicht sechsmonatigen Zeitraum vorausgesetzt hat. Dennoch lässt sich diese Kritik auch auf einen Zeitraum von sechs Monaten übertragen. 1133 Oechsler, in: Ehricke/Ekkenga/Oechsler, WpÜG, § 11, Rn. 23; Thoma, in: Baums/ Thoma, WpÜG, § 11, Rn. 94; Weber, S. 359. 1134 So auch Steinhardt/Nestler, in: Steinmeyer, WpÜG, § 11, Rn. 82; Holzborn, in: Zschocke/Schuster, Hdb. zum Übernahmerecht, Teil C, Rn. 108; Löw, S. 125 f. 1128
B. Zulässigkeit transaktionsbezogener Leistungen des Bieters
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überdies, dass sie ohne dogmatische Grundlage erfolgen, somit der Gesetzgeber zum einen wohl keinen Zeitraum ansetzen wollte und zum anderen der Einjahres-Zeitraum aus der Luft gegriffen ist. Der Verzicht auf eine zeitliche Eingrenzung bringt letztlich auch keine „unverhältnismäßige“ Belastung für den Bieter mit sich,1135 denn dass solche Leistungen tatsächlich vor einem längeren Zeitraum als einem Jahr vor der Angebotsveröffentlichung erfolgt sind, dürfte eher einen Ausnahmefall darstellen, der – sofern keine Beeinflussungsintention dahinterstand – den Aktionären auch plausibel zu begründen sein müsste. Laut Gesetzgeber sind sowohl Art als auch Höhe des Vorteils anzugeben.1136 Besteht der Vorteil dabei nicht in einer konkreten Geldleistung, ist er zu bewerten und unter Angabe der Bewertungsmethode zu berechnen und entsprechend anzugeben.1137 Wenn ansonsten kein klares Bild über mögliche Interessenkonflikte gezeichnet werden kann, sind absolute Zahlen anzugeben.1138 Geht mit der Aussicht auf Verlängerung des Anstellungsvertrags bspw. auch eine Erhöhung einher, ist aber sowohl die absolute als auch die relative Veränderung anzugeben, damit sich die Aktionäre ein klares Bild machen können.1139 Werden dabei allen Vorstands- und/ oder Aufsichtsratsmitgliedern die gleichen Vorteile gewährt, muss dies klar aus der Angebotsunterlage hervorgehen. Aber auch dann wird gegebenenfalls (wiederum bspw. im Rahmen von Anstellungsverträgen) eine Aufschlüsselung nach Personen geboten sein, da sich für die einzelnen Verwaltungsmitglieder zumeist Unterschiede in den relativen Erhöhungen der Bezüge ergeben können. Erst recht sind die Vorteile nach Personen aufzuschlüsseln, wenn den einzelnen Verwaltungsmitgliedern unterschiedliche Vorteile gewährt oder in Aussicht gestellt werden.1140 Nur eine solch individualisierte Offenlegung ermöglicht den Aktionären einen hinreichend genauen Rückschluss auf die Schwere des jeweiligen Interessenkonflikts1141 und genügt damit dem Normzweck sowie dem Transparenzgebot nach § 3 Abs. 2 WpÜG.1142 Erfolgt 1135
So die Befürchtungen von Weber, S. 359. Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 42. 1137 Renner, in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, § 11, Rn. 80; Meyer, in: Assmann/Pötzsch/ Schneider, WpÜG, § 11, Rn. 123. 1138 Ähnlich, wenngleich weniger streng Seydel, in: Kölner Komm WpÜG, § 11, Rn. 77, der bei Verlängerung des Anstellungsvertrags die relative Erhöhung der Bezüge als ausreichend erachtet. Doch können sich die Aktionäre nur dann ein dem Zweck der Norm entsprechendes Bild über mögliche Interessenskonflikte machen, wenn ihnen vollständige Informationen zur Verfügung gestellt werden. 1139 s. Fn. 1138. 1140 Thoma, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 11, Rn. 93; Seydel, in: Kölner Komm WpÜG, § 11, Rn. 77; Renner, in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, § 11, Rn. 80; Meyer, in: Assmann/ Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 11, Rn. 124; Steinhardt/Nestler, in: Steinmeyer, WpÜG, § 11, Rn. 81; anders dagegen noch Häger/Steinhardt, in: Steinmeyer/Häger, WpÜG, 1. Aufl. 2002, § 11, Rn. 51. 1141 Seydel, in: Kölner Komm WpÜG, § 11, Rn. 77; Thoma, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 11, Rn. 93; ausführlich Weber, S. 358. 1142 s. dazu Weber, S. 358. 1136
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3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
keine Vorteilsgewährung seitens des Bieters, sollte er zum Zwecke optimaler Transparenz auch diesen Umstand durch einen kurzen Hinweis kenntlich machen – mangels ausdrücklicher Vorgabe erscheint dies jedoch nicht zwingend.1143 Ausgehend vom offenen Wortlaut der Norm könnte man schließlich annehmen, dass der Bieter nicht nur bieterseitige Incentives, sondern auch solche der Zielgesellschaft oder ihrer Aktionäre anzugeben hat.1144 Namentlich ist hier bspw. an sog. golden parachutes durch die Zielgesellschaft oder Transaktionsboni durch ihre Aktionäre zu denken. Auch das Argument, dass der Bieter davon häufig keine Kenntnis haben wird und kann,1145 ist zumindest für Leistungen der Zielgesellschaft selbst nicht zwingend, da diese im (Konzern-)Lagebericht nach § 289 Abs. 4 Nr. 8, § 315 Abs. 4 Nr. 9 HGB offenzulegen und damit auch dem Bieter zugänglich sind.1146 Indes würde eine solche Interpretation der Reichweite der Offenlegungspflicht wohl kaum dem gesetzgeberischen Willen gerecht. Die Gesetzesbegründung nimmt in ihren Ausführungen zu § 11 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 WpÜG ausdrücklich auf die Interessenkonflikte der Verwaltungsorgane Bezug, die zum potentiellen Nachteil der bisherigen Wertpapierinhaber aus Absprachen mit dem Bieter erfolgen.1147 „Daher“ sei der Bieter zur Angabe aller Geldleistungen und geldwerter Vorteile verpflichtet, die den Verwaltungsorganen gewährt oder in Aussicht gestellt werden.1148 Eine Verpflichtung des Bieters zur Angabe von Vorteilen, die nicht aus seiner Sphäre stammen, findet somit in der Ratio der Norm keine Grundlage und ist abzulehnen.1149 Davon unberührt ist indes die Frage, ob die Verwaltungsorgane in ihrer Stellungnahme nach § 27 WpÜG solche Vorteile selbst anzugeben haben:
1143
bb). 1144
s. nur Seydel, in: Kölner Komm WpÜG, § 11, Rn. 78; s. dazu nochmals 4. Teil B.I.2.a)
Auf diesen offenen Wortlaut weist ebenfalls hin Weber, S. 359. Seydel, in: Kölner Komm WpÜG, § 11, Rn. 78; ähnlich Renner, in: Haarmann/ Schüppen, WpÜG, § 11, Rn. 81. 1146 So überzeugend Thoma, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 11, Rn. 96; sofern man auf entsprechende Offenlegungspflichten durch die Verwaltungsmitglieder selbst im Rahmen von § 27 WpÜG verweisen möchte, kann dies allerdings nicht berücksichtigt werden, da die Stellungnahme zum Angebot naturgemäß erst nach Veröffentlichung des Angebots durch den Bieter erfolgen kann. 1147 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 41. 1148 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 41. 1149 Ganz h.M. Meyer, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 11, Rn. 124, der dem Bieter eine Offenlegung bei Kenntnis entsprechender aktionärsseitiger Zuwendungen aber empfiehlt; ferner Wackerbarth, in: MüKo-AktG, § 11 WpÜG, Rn. 57; Thoma, in: Baums/ Thoma, WpÜG, § 11, Rn. 96; Seydel, in: Kölner Komm WpÜG, § 11, Rn. 78; Renner, in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, § 11, Rn. 81; Steinhardt/Nestler, in: Steinmeyer, WpÜG, § 11, Rn. 81; a.A. dagegen Sohbi, in: Heidel, AktienR, § 11 WpÜG, Rn. 30, wenn der Bieter entsprechende Kenntnis hat. 1145
B. Zulässigkeit transaktionsbezogener Leistungen des Bieters
347
2. Offenlegungspflichten des Vorstands nach § 27 WpÜG Die Integrität des Vorstands in der Übernahmesituation steht nicht zuletzt wegen der erheblichen Bedeutung seiner Stellungnahme zum Übernahmeangebot nach § 27 WpÜG im Blickpunkt. Dies hebt auch der Gesetzgeber in seinen Ausführungen zu § 11 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 WpÜG hervor, wo er ausdrücklich darauf hinweist, dass die aktionärsseitige Kenntnis von Interessenkonflikten des Vorstands in Folge bieterseitiger Leistungen von erheblicher Bedeutung ist – insbesondere im Zusammenhang mit der Pflicht zu Stellungnahme nach § 27 WpÜG.1150 Die Stellungnahme muss unter dem Aspekt des Unternehmensinteresses wahr, vollständig und objektiv sein.1151 Dabei kann sie sowohl ablehnenden als auch zustimmenden Charakter haben, was in der Regel durch eine konkrete Handlungsempfehlung an die Aktionäre zum Ausdruck kommen muss.1152 Eine ausschließliche Berücksichtigung des Veräußerungsinteresses der Aktionäre ist abzulehnen.1153 Abgesehen davon, dass dies im Sinne eines auch in der Übernahmesituation fortgeltenden interessenpluralistischen Unternehmensinteresses geboten ist,1154 ist es die freie Entscheidung der Gesellschafter, ein für die langfristige Entwicklung der Gesellschaft und ihrer Arbeitnehmer abträgliches Angebot abzulehnen, auch wenn dies mit wirtschaftlichen Einbußen für sie selbst verbunden ist. Das hebt auch der Gesetzgeber deutlich hervor, indem er in § 27 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 und 3 WpÜG Angaben vorgegeben hat, die das Renditeinteresse der Aktionäre nicht zwingend berühren. a) Offenlegung des Vorteils In der Stellungnahme hat der Vorstand „eigene Interessen und daraus resultierende Interessenkonflikte“ offenzulegen.1155 Aufgrund des jedweder bieterseitigen Leistung immanenten Interessenkonflikts sind mithin sämtliche gewährte oder in Aussicht gestellte Leistungen des Bieters in der Angebotsunterlage anzuge-
1150
Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 41. Fleischer/Kalss, S. 97; Harbarth, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 27, Rn. 79; Winter/ Harbarth, in: Hommelhoff/Hopt/v. Werder, Hdb. Corporate Governance, S. 463, 497. 1152 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 52. 1153 Allg.M., s. etwa Hirte, in: Kölner Komm WpÜG, § 27, Rn. 31. 1154 Die besondere Bedeutung der (auf die Veräußerung bezogenen) Aktionärsinteressen darf nicht zu Lasten der übrigen stakeholder ausgelegt werden, s. dazu oben 2. Teil C.IV. 1155 Krause/Pötzsch, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 27, Rn. 58; Hirte, in: Kölner Komm WpÜG, § 27, Rn. 34; Harbarth, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 27, Rn. 37; Schwennicke, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, § 27, Rn. 21; Wackerbarth, in: MüKo-AktG, § 27 WpÜG, Rn. 11; Noack/Holzborn, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 27 WpÜG, Rn. 13; Hopt, FS Lutter, 2000, S. 1361, 1381; Fleischer/Kalss, S. 98; Traugott/Grün, AG 2007, 761, 763; Heinrich, S. 329. 1151
348
3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
ben.1156, 1157 Im Sinne bestmöglicher Transparenz (§ 3 Abs. 2 WpÜG) hat dies unter Angabe sämtlicher Konditionen und Absprachen für jedes einzelne Vorstandsmitglied zu erfolgen.1158, 1159 b) Ausschluss incentivierter Vorstandsmitglieder von Beratung oder Beschlussfassung über die Stellungnahme? Der vollständige Ausschluss eines Vorstandsmitglieds bereits von den Beratungen aufgrund des mit der Incentivierung verbundenen Interessenkonflikts wird von der ganz herrschenden Auffassung abgelehnt.1160 Dem ist zuzustimmen. Entsprechende Erwägungen sind wegen der Befürchtung aufgekommen, dass durch Mitwirkung eines befangenen Vorstandsmitglieds schon an der Beschlussfindung die anderen grds. neutralen Vorstandsmitglieder „infiziert“ werden könnten und damit die Entscheidung des gesamten Gremiums beeinflusst würde.1161 Indes erscheint es bereits mehr als fragwürdig, die Leistung bei einem derart scharfen Interessenkonflikt überhaupt als zulässig anzuerkennen. Auch lässt sich dem Gesetz kein Hinweis darauf entnehmen, dass das unter einem Interessenkonflikt stehende Verwaltungsmitglied von seinen Aufgaben entbunden wäre.1162 Ebenso wenig, dass vom Gesetzgeber ein entsprechender Ausschluss gewollt war, immerhin waren ihm die allgemeinen Probleme bieterseitiger Leistung offensichtlich bewusst.1163 Zwar ist nicht zu verleugnen, dass die Einschätzung nicht-incentivierter Vorstandsmitglieder 1156 Zur näheren Konkretisierung s. bereits die zur Offenlegungspflicht des Bieters nach § 11 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 WpÜG gemachten Angaben, 3. Teil B.III.1.; ferner Krause/Pötzsch, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 27, Rn. 58, m.w.Nachw. 1157 Hirte, in: Kölner Komm WpÜG, § 27, Rn. 34, 28; Krause/Pötzsch, in: Assmann/ Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 27, Rn. 58; Harbarth, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 27, Rn. 36; Ekkenga, in: Ehricke/Ekkenga/Oechsler, WpÜG, § 27, Rn. 15 (unter Einordnung unter S. 2 Nr. 2); Fleischer, NZG 2006, 561, 565; Traugott/Grün, AG 2007, 761, 763; Mayer-Uellner, AG 2013, 828, 838; Heinrich, S. 329; Weber, S. 361; Löw, S. 127. 1158 Ebenso Heinrich, S. 330. 1159 Mit Weber, S. 363 ff., 369, sind hiervon im Übrigen auch aktionärsseitige Leistungen erfasst, sofern nicht etwa ein überwiegendes Interesse an Geheimhaltung entgegensteht. 1160 Krause/Pötzsch, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 27, Rn. 37; Hirte, in: Kölner Komm WpÜG, § 27, Rn. 22; Steinmeyer, in: Steinmeyer, WpÜG, § 27, Rn. 18 f.; Harbarth, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 27, Rn. 31; Schwennicke, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, § 27, Rn. 21; Röh, in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, § 27, Rn. 48, 63; Ekkenga, in: Ehricke/ Ekkenga/Oechsler, WpÜG, § 27, Rn. 15; Heinrich, S. 330 ff.; Weber, S. 167 f.; dagegen wird dies für den Aufsichtsrat im Falle des schweren Interessenkonflikts vermehrt angenommen Hopt, ZGR 2002, 333, 371; ders., ZGR 2004, 1, 34 mahnt dabei aber „besondere Zurückhaltung“ an; Semler/Stengel, NZG 2003, 1, 3 f.; Lutter/Krieger/Verse, Rechte und Pflichten des AR, § 12, Rn. 919; Vetter, FS Hopt, Band 2, 2010, S. 2657, 2672 f. 1161 Harbarth, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 27, Rn. 31; Hopt, ZGR 2002, 333, 371. 1162 Steinmeyer, in: Steinmeyer, WpÜG, § 27, Rn. 18; Heinrich, S. 330 f.; v. Werder/Braun/ Fromholzer, in: Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, II., Rn. 126; Weber, S. 167 f. 1163 Wie sich an § 33d WpÜG und insbesondere § 11 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 WpÜG zeigt, s. dazu oben Fn. 1150; Heinrich, S. 330.
B. Zulässigkeit transaktionsbezogener Leistungen des Bieters
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prinzipiell für die Aktionäre von größerer Bedeutung sein kann,1164 doch kann nicht ausgeschlossen werden, dass auch die Ansicht eines sich in einem Interessenkonflikt befindlichen Vorstandsmitglieds für die Aktionäre von Relevanz ist.1165 Dies gilt umso mehr, als die Voraussetzungen zur Legitimität der Leistung erfüllt sind und in diesem Fall ein Widerspruch gegen das Unternehmensinteresse grds. nicht bestehen sollte. Und diese sind auch im Falle der Incentivierung nach wie vor an das Unternehmensinteresse gebunden, § 3 Abs. 3 WpÜG, und haben in der Stellungnahme auf etwaige negative Aspekte des Übernahmeangebots hinzuweisen.1166, 1167 Weitergehend wird das Schutzinteresse der Anteilseigner dadurch abgesichert, dass auch der Aufsichtsrat zur Abgabe einer Stellungnahme verpflichtet ist. Im Falle der Incentivierung (und insbesondere im Rahmen eines MBO) sollte der Aufsichtsrat dabei eine vom Vorstand getrennte Stellungnahme abgeben, um hinreichend kritische Distanz sowohl bei der Einschätzung des Incentives als auch des Angebots insgesamt zu wahren.1168 Als weniger einschneidendes Mittel wird ein Stimmverbot des betroffenen Vorstandsmitglieds bei Abstimmung über die Stellungnahme des Vorstands diskutiert.1169 Methodisch soll dies über eine (doppelte) Analogie zum vereinsrechtlichen § 34 BGB abgesichert werden.1170 Danach ist ein Vorstandsmitglied dann nicht stimmberechtigt, wenn die Beschlussfassung die Vornahme eines Rechtsgeschäfts mit ihm oder die Einleitung oder Erledigung eines Rechtsstreits zwischen ihm und dem Verein betrifft. Zwar kann die Norm entsprechend auf Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft angewendet werden.1171 Problematisch erscheint es jedoch, den Rechtsgedanken – doppelt analog – auf Fälle zu übertragen, die sich nicht auf die 1164 Krause/Pötzsch, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 27, Rn. 37; Harbarth, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 27, Rn. 31; „optimistischer“ aber v. Werder/Braun/Fromholzer, in: Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, II., Rn. 126. 1165 Hopt, ZGR 2002, 333, 372; Harbarth, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 27, Rn. 31; v. Werder/Braun/Fromholzer, in: Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, II., Rn. 126; Heinrich, S. 331. 1166 Steinmeyer, in: Steinmeyer, WpÜG, § 27, Rn. 19. 1167 Zu Recht wird auf den hypothetischen Extremfall hingewiesen, dass dieses Ziel dann nicht erfüllt werden könnte, wenn bspw. allen Vorstandsmitgliedern die Weiterbeschäftigung angeboten würde und den Anteilseignern damit gar keine Stellungnahme gegeben werden könnte, so Heinrich, S. 331; Weber, S. 167 f.; v. Werder/Braun/Fromholzer, in: Eilers/Koffka/ Mackensen, Private Equity, II., Rn. 126; die Nichtabgabe einer Stellungnahme des Vorstands hätte zudem eine Ordnungswidrigkeit nach § 60 Abs. 1 Nr. 1 b) WpÜG zur Folge. 1168 Ebenso Steinmeyer, in: Steinmeyer, WpÜG, § 27, Rn. 14; wohl auch Hirte, in: Kölner Komm WpÜG, § 27, Rn. 18; Röh, in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, § 27, Rn. 1. 1169 In die Richtung aber allgemein bei befangenen Organmitgliedern, Krause/Pötzsch, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 27, Rn. 37. 1170 Krause/Pötzsch, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 27, Rn. 37; Hopt, ZGR 2004, 1, 32 f. 1171 Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 77, Rn. 38; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 77, Rn. 25 f.; Hüffer/Koch, AktG, § 77, Rn. 8; Kort, in: Großkomm AktG, § 77, Rn. 14; Hoffmann-Becking, ZHR 150 (1986), 570, 580.
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3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
Vornahme von Rechtsgeschäften oder die Einleitung oder Erledigung von Rechtsstreitigkeiten beziehen. Denn ein über den Rechtsgedanken der §§ 28, 34 BGB hinausgehendes allgemeines Stimmverbot für Vorstandsmitglieder im Falle eines Interessenkonflikts soll es gerade nicht geben.1172 Eine Anwendung des Rechtsgedankens auf die vorliegende Konstellation scheitert zudem daran, dass mit obigen Ausführungen gerade nicht von einer planwidrigen Regelungslücke ausgegangen werden kann und die Gefahr bestünde, dass der Normzweck eher beeinträchtigt denn befördert würde.1173 c) Pflicht zur Einholung einer fairness opinion? Strittig ist schließlich, ob im Falle der bieterseitigen Incentivierung von Vorstandsmitgliedern die Zielgesellschaft den Rat sachverständiger Dritter zur Beurteilung des Angebots einzuholen hat (sog. fairness opinion).1174 Eine entsprechende Verpflichtung nach § 14 S. 1 DiskE-ÜG hat der Gesetzgeber nicht in das WpÜG übernommen. Hieraus indes auf den gesetzgeberischen Willen zu schließen, dass die Einholung von Sachverständigenrat generell nicht verpflichtend angenommen werden könne,1175 greift zu kurz. Denn aus dem gesetzgeberischen Verzicht auf diese Regelung kann lediglich gefolgert werden, dass die Einholung einer fairness opinion nicht generell erforderlich ist.1176 Insofern muss in concreto dann von einer entsprechenden Verpflichtung ausgegangen werden, wenn die Verwaltungsmitglieder nicht im Stande sind, eine fundierte Informationsbasis für die Entscheidungsfindung der Anteilseigner zu gewährleisten.1177 Nur ein solches Verständnis wird diesem 1172 Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 77, Rn. 38; Hüffer/Koch, AktG, § 77, Rn. 8; Kort, in: Großkomm AktG, § 77, Rn. 14; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 77, Rn. 26. 1173 Ausführlicher Heinrich, S. 332 und Hopt, ZGR 2004, 1, 32 f. (für Aufsichtsratsmitglieder) unter Heranziehen des Rechtsgedankens des § 181 BGB; Steinmeyer, in: Steinmeyer, WpÜG, § 27, Rn. 18; Weber, S. 167 f.; Löw, S. 127 ff.; zumindest i.E. gegen Stimmverbote Hirte, in: Kölner Komm WpÜG, § 27, Rn. 22; v. Werder/Braun/Fromholzer, in: Eilers/Koffka/ Mackensen, Private Equity, II., Rn. 126; wohl auch Harbarth, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 27, Rn. 31; tendenziell restriktiver aber Krause/Pötzsch, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 27, Rn. 37; Lutter/Krieger/Verse, Rechte und Pflichten des AR, § 12, Rn. 919 (für Aufsichtsrat); Semler/Stengel, NZG 2003, 1, 3 f. 1174 Zu denken ist hier bspw. an Wirtschaftsprüfer, Investmentbanken oder Rechtsanwälte, Krause/Pötzsch, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 27, Rn. 49. 1175 So aber Schwennicke, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, § 27, Rn. 12; Hirte, in: Kölner Komm WpÜG, § 27, Rn. 33; Röh, in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, § 27, Rn. 53; v. Werder/ Braun/Fromholzer, in: Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, II., Rn. 127; Heinrich, S. 303. 1176 Harbarth, ZIP 2004, 3, 9; ders., in: Baums/Thoma, WpÜG, § 27, Rn. 72; Fleischer, ZIP 2011, 201, 206; s. zudem Krause/Pötzsch, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 27, Rn. 49, Fn. 1 reSe. 1177 Harbarth, ZIP 2004, 3, 9; ders., in: Baums/Thoma, WpÜG, § 27, Rn. 72; Fleischer, ZIP 2011, 201, 206; Krause/Pötzsch, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 27, Rn. 49; Steinmeyer, in: Steinmeyer, WpÜG, § 27, Rn. 29; Fuchs, in: Fleischer, Hdb. VorstandsR, § 22, Rn. 97; Lappe/Stafflage, Corporate Finance Law 2010, 312, 316; Weber, S. 169 ff.
B. Zulässigkeit transaktionsbezogener Leistungen des Bieters
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zentralen Sinn und Zweck der Norm hinreichend gerecht.1178 Dies kann auch nicht mit dem Argument bestritten werden, dass eine solche Verpflichtung unterstelle, dass incentivierte Vorstandsmitglieder ihre Pflicht zur Wahrnehmung des Gesellschaftsinteresses gem. § 3 Abs. 3 WpÜG verletzen würden.1179 Denn vorliegend geht es gerade nicht darum, den good will der Vorstandsmitglieder in Frage zu stellen, sondern missbräuchliches Verhalten zu Lasten der Zielgesellschaft und Altgesellschafter zu vermeiden. Freilich ist die Bestimmung eines justiziablen Maßstabs im Einzelfall mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden. Vorliegend ist aber zumindest in folgenden Situationen von einer entsprechenden Verpflichtung auszugehen: Zum einen wird, unter Adaption der Rechtsgedanken zu einem unvorschriftsmäßig besetzten Vorstand, eine entsprechende Verpflichtung dann angenommen, sobald weniger nichtincentivierte Vorstandsmitglieder vorhanden sind als für eine ordnungsgemäße Vertretung der Gesellschaft notwendig wären.1180 Aufgrund der vergleichbaren Interessenlagen ist dies für die vorliegende Situation überzeugend. Folgt man ferner der herrschenden Meinung und erkennt die grundsätzliche Zulässigkeit einer vergünstigten Managementbeteiligung an,1181 so muss zum anderen auch dann – unabhängig von der Anzahl der beteiligten Vorstandsmitglieder – die Verpflichtung zur Einholung einer fairness opinion angenommen werden.1182 So wird nach praktischen Erwägungen eine solche Beteiligung wohl nur solchen Vorstandsmitgliedern angeboten, denen in der Gesellschaft eine besondere Rolle zukommt. Die Verpflichtung zur Einholung einer fairness opinion kann im Übrigen auch unabhängig von § 27 Abs. 1 WpÜG aus allgemeinem Aktienrecht, namentlich aus der organschaftlichen Treuepflicht hergeleitet werden.1183
IV. Rechtslage außerhalb des Kapitalmarktrechts Die Zulässigkeit der Leistung bei nicht-börsennotierten Gesellschaften oder aber im Anwendungsbereich des UmwG richtet sich einzig und allein nach dem gesellschaftsrechtlichen Verbot der Annahme (unzulässiger) Zuwendungen Dritter.1184 Im Vergleich zu den bisherigen Ausführungen ergeben sich dabei grds. „nur“ zwei 1178 Fleischer, ZIP 2011, 201, 206; Harbarth, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 27, Rn. 72; Krause/Pötzsch, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 27, Rn. 49. 1179 So aber v. Werder/Braun/Fromholzer, in: Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, II., Rn. 127. 1180 So Weber, S. 171. 1181 s. hierzu ausführlich und krit. oben 3. Teil B.II.3.a). 1182 Löw, S. 134 ff., will die Einholung einer fairness opinion lediglich als Indiz im Rahmen der von ihm postulierten Angemessenheitsprüfung ansehen. 1183 Fleischer, ZIP 2011, 201, 206 f., m.w.Nachw. 1184 s. dazu 3. Teil B.I.4.d)bb); Lange, Forum Unternehmenskauf 2004, 115, 137, befürwortet hingegen eine analoge Anwendung des § 33d WpÜG.
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3. Teil: Gesellschafts-/kapitalmarktrechtliche Bewertung von Drittleistungen
wirklich relevante Unterschiede. Da § 33d WpÜG nicht gilt, betrifft das Verbot allein den Vorstand, der Bieter ist lediglich mittelbar dazu angehalten, die Zustimmung des Aufsichtsrats abzuwarten.1185 Zum anderen genießen die Aktionäre nicht den gleichen Schutz in Folge den Bieter oder den Vorstand treffender Transparenzpflichten (Ausnahme ist hier nur § 5 Nr. 8 UmwG). Ansonsten – insbesondere weil § 33d WpÜG nach hiesigem Verständnis übernahmerechtliches „Spiegelbild“ der den Vorstand treffenden organschaftlichen Pflicht ist – ergeben sich im Hinblick auf die Zulässigkeit der Leistung selbst keine nennenswerten Besonderheiten.
V. Fazit Die generelle Zulässigkeit von Leistungen des Bieters wird von § 33d WpÜG vorausgesetzt, ohne dass zugleich eine hinreichend konkrete Aussage über die Reichweite dieser Wertung getroffen wird. Als Ausdruck eines systematischen Vergleichs mit der Zulässigkeit der gesellschaftsrechtlich zu bewertenden Annahme von Leistungen des Bieters durch den Vorstand ist insofern erste wesentliche (prozessuale) Voraussetzung, dass die „Rechtfertigung“ in § 33d WpÜG zwingend die Einbindung des Aufsichtsrats verlangt (eine Offenlegung gegenüber dem Aufsichtsrat oder den Aktionären reicht hingegen nicht aus, um der durch die Leistung hervorgerufenen abstrakten Gefahr Herr zu werden). In Anbetracht des Normzwecks, welcher die Vermeidung von Zweifeln an der Unabhängigkeit der Entscheidung des Vorstands zum Gegenstand hat, dürfen weiterhin nur solche Leistungen als zulässig angesehen werden, welche im Interesse sowohl der Gesellschaft als auch ihrer Anteilseigner liegen. Die Interessen des Bieters dürfen hingegen nicht berücksichtigt werden. Weiterhin muss die Leistung an dem Verbleib des Vorstandsmitglieds anknüpfen und einen besonderen Wert des incentivierten Vorstandsmitglieds für die Gesellschaft ausdrücken. Bei der Ausgestaltung etwaiger in Betracht kommender Leistungen müssen ferner zumindest die Vorgaben an die aktionärsseitige Drittvergütung auch hier beachtet werden. Im Einzelnen zulässig ist daher die (unverbindliche) Aussicht auf Weiterbeschäftigung nach Übernahme der Gesellschaft, u. U. auch eine Aussicht auf eine Erhöhung der Bezüge, wenn diese Ausdruck der besonderen Bedeutung des konkreten Vorstandsmitglieds für die Gesellschaft sind. Transaktionsboni im engeren Sinne sind nur in Form von Bleibeprämien zulässig – in erster Linie kommen sie zum „Abkauf“ von CoC-Klauseln in Betracht, in engen Grenzen jedoch auch darüber hinaus. Vergünstigte Managementbeteiligungen sind schließlich nur in sehr engem Rahmen der Legitimation zugänglich. Der Aufsichtsrat muss hier besonders begründen können, warum die Bedienung eines zu den Altaktionären konträren finanziellen Eigeninteresses des Vorstands im Nutzen der Gesellschaft liegen kann. Im Falle nicht-vergünstigter Managementbeteiligungen besteht diese Gefahr zwar fort, doch sind hier die Grenzen der Zulässigkeit weiter zu ziehen. 1185
s. dazu 3. Teil B.I.4.d)cc)(3)(a)(aa).
4. Teil
Sanktionierung und Rechtsschutz bei unzulässiger Drittleistung Bislang wurde mehrfach auf die Ergebnisse dieses Kapitels verwiesen, insbesondere um bei der Frage nach der Zulässigkeit von Drittleistungen belegen zu können, dass das kapitalmarktrechtliche, gesellschaftsrechtliche und auch strafrechtliche Sanktionsarsenal für sich nicht ausreichend ist, die durch Drittleistungen hervorgerufene abstrakte Gefahr hinreichend einzudämmen. Insofern wurde das Ergebnis zwar bereits vorweggenommen, aber noch nicht hinreichend begründet. Ziel ist es daher zum einen, einen ausführlichen Überblick über die generell in Betracht kommenden und teils bereits bekannten Ansprüche und sonstigen Rechtsfolgen zu geben und diese zu erläutern. Zum anderen sollen bislang ungeklärte Rechtsfolgen, wie etwa die Frage nach der Nichtigkeit der Leistungsvereinbarung, eines tauglichen Schadens, die Konsequenz für die Handhabung der Business Judgement Rule oder aber die strafrechtliche Sanktionierung (von Bieterleistungen), aufgearbeitet werden, damit aus der vorliegenden Bearbeitung ein umfassendes Bild hinsichtlich der Bewertung und Handhabung potentiell zulässiger Drittleistungen hervorgeht, was insbesondere auch die Kenntnis der Konsequenzen bei Unzulässigkeit von Drittleistungen voraussetzt. In Fortsetzung der bereits im zweiten Teil gemachten Differenzierung beschränken sich die Ausführungen daher allein auf unzulässige Leistungen von Aktionären1 und Bietern. Da allein diese der Legitimation zugänglich sind, bedarf es nach Zwecksetzung der vorliegenden Bearbeitung auch nur bei diesen der Kenntnis der Rechtsfolgen, um ein Regelungskonzept erarbeiten zu können. Nachfolgend ist zunächst – im Sinne der bisher gewählten Reihenfolge – ein Blick auf die Rechtsfolgen unzulässiger aktionärsseitiger Leistung zu werfen und erst anschließend auf die rechtlichen Konsequenzen unzulässiger bieterseitiger Leistung einzugehen. Im Rahmen des Kapitalmarktrechts spielt bei letzteren wiederum die Offenlegung der Leistung gegenüber den Aktionären eine wichtige Rolle, da diese durchaus als Teil des vom Gesetzgeber angedachten Regelungskonzepts verstanden werden kann. Schließlich – und sozusagen als Sonderfall – soll ein summarischer Überblick über den Schutz der Altaktionäre im Falle unzulässiger bieterseitiger Leistung geschaffen werden, da diese immerhin die Interessengruppe ist, deren
1 Denen in sehr seltenen Fällen die Leistung von Gläubigern gleichgesetzt werden kann, s. 2. Teil D.III.
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4. Teil: Sanktionierung und Rechtsschutz bei unzulässiger Drittleistung
Vermögensinteressen durch entsprechende Leistungen am meisten gefährdet werden.
A. Sanktionierung unzulässiger Drittvergütung I. Schicksal der Drittvergütungsvereinbarung Zuallererst und noch vor der näheren Auseinandersetzung mit etwaigen Haftungsfragen ist ein Blick auf das Schicksal der Vereinbarung über die Drittvergütung zu werfen. So sagt der Umstand, dass eine Leistung nach gesellschaftsrechtlichen Maßstäben als unzulässig zu bewerten ist, für sich noch nichts über Bestand oder Nichtbestand der entsprechenden Leistungsvereinbarung aus. Insofern ist zu berücksichtigen, dass die Drittvergütung nicht allein anhand materieller Vorgaben zu messen ist; zentraler Aspekt ist auch hier die Einbindung des Aufsichtsrats. In diesem Sinne muss sich die Drittvergütungsvereinbarung an zweierlei messen lassen: Zum einen – und der Übersichtlichkeit halber zuerst – muss geklärt werden, welche Rechtsfolge an den Verstoß gegen materielle Kriterien anknüpft. Zum anderen kann auch das Unterlassen der Einholung der Zustimmung nicht folgenlos bleiben. 1. Verstoß gegen materielle Vorgaben Vergleichsweise eindeutig ist die Rechtslage, wenn die der Drittvergütung zu Grunde liegenden Zielbestimmungen unzulässig in die durch § 76 AktG abgesicherte Leitungsautonomie eingreifen oder aber sonstige Anknüpfungspunkte setzen, die evident nicht mehr vom Unternehmensinteresse gedeckt sind.2 Bei § 76 AktG handelt es sich um ein Verbotsgesetz i.S.d. § 134 BGB, hiergegen verstoßende Vereinbarungen sind nichtig.3 Davon zu trennen sind solche Vereinbarungen, die zwar unter § 76 AktG durchaus als zulässig angesehen werden könnten, jedoch gegen die Vorgaben an die Angemessenheit der Vergütung i.S.d. § 87 Abs. 1 AktG verstoßen. Angesichts des Umstands, dass der Schutzzweck des § 87 Abs. 1 AktG die Intention jeglicher Leistung – also gesellschafts- wie auch aktionärsseitiger Leistungen – gleichermaßen im Blick hat, erscheint ein vergleichender Blick auf die Handhabung unangemessener gesellschaftsseitiger Vergütung als einziger tauglicher Anknüpfungspunkt für eine sachgerechte Bewertung: In diesem Sinne handelt es sich – im Unterschied zu § 76 2
s. hierzu oben 3. Teil A.IV.1. OLG München v. 14. 11. 2012 – 7 AktG 2/12, NZG 2013, 459, 461 f.; LG München I v. 05.0 4. 2012 @ 5 HK O 20488/11, NZG 2012, 1152, 1154; Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 76, Rn. 46; Behrens/Rinsdorf, FS 25 Jahre AG ArbR im DAV, 2006, S. 449, 457; Fonk, NZG 2011, 321, 326; König, NZG 2013, 452, 453; wohl auch Weber, in: Hölters, AktG, § 76, Rn. 36; Wöller, S. 218: Nichtigkeit nur in „extremen Ausnahmefällen“; s. zur Einordnung als Verbotsgesetz oben 3. Teil A.III.2.c). 3
A. Sanktionierung unzulässiger Drittvergütung
355
AktG – bei § 87 Abs. 1 AktG nach ganz herrschender Auffassung nicht um ein Verbotsgesetz i.S.d. § 34 BGB.4 Auch ein Verstoß gegen die guten Sitten nach § 138 BGB wird nur für Ausnahmefälle in Erwägung gezogen, stellt doch die Angemessenheit geringere Anforderungen als die Sittenwidrigkeit.5 Hingegen will eine zuletzt im Vordringen befindliche Ansicht die sich aus der Vereinbarung unangemessener Bezüge ergebenden Probleme über die Grundsätze des Missbrauchs der Vertretungsmacht auflösen: Überschreitet der Aufsichtsrat bei der Festlegung der Bezüge seinen Ermessensspielraum und damit seine gesetzliche Vertretungsmacht (im Innenverhältnis) gem. § 112 AktG gegenüber dem Vorstand, soll sich das darüber im Bilde befindliche Vorstandsmitglied nicht auf die Wirksamkeit der Vergütungsvereinbarung berufen können.6 Und obwohl diese Ansicht prinzipiell überzeugt, sind sich ihre Vertreter über die sich ergebenden Anforderungen uneinig: Auf Seiten des Aufsichtsrats sollte zunächst – entsprechend den allgemeinen Grundsätzen des Missbrauchs der Vertretungsmacht – objektive Pflichtwidrigkeit genügen.7 Ein darüber hinausgehendes subjektives Moment (etwa im Sinne vorsätzlichen Handelns)8 würde die Abgrenzung der hier in Frage stehenden Evidenz zur Kollision verwischen sowie den Anwendungsbereich der Figur des Missbrauchs der Vertretungsmacht zu sehr einschränken.9 Auf Seiten des Vorstands bedarf es hingegen zumindest nach allgemeinen Grundsätzen „massiver Verdachtsmomente“10 für ein missbräuchliches Verhalten des Aufsichtsrats oder dieses müsste „für jedermann klar und sofort erkennbar auf der Hand“11 gelegen haben.12 Allerdings ist unklar, ob diese Vorgaben undifferenziert auf die Annahme unangemessener Vergütung übertragen werden können: Unter Hinweis auf die besondere Pflichtenstellung des Vorstands und dessen (im Vergleich zum Aufsichtsrat teils bessere) 4 Kort, in: Großkomm AktG, § 87, Rn. 331; Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 87, Rn. 5; Spindler, in: MüKo-AktG, § 87, Rn. 137; ders., AG 2011, 725, 727 f.; a.A. Oltmanns, in: Heidel, AktienR, § 87 AktG, Rn. 6; Säcker/Stenzel, JZ 2006, 1151, 1152 ff. 5 Spindler, in: MüKo-AktG, § 87, Rn. 137; ders., AG 2011, 725, 728 f.; Kort, in: Großkomm AktG, § 87, Rn. 333; Hüffer/Koch, AktG, § 87, Rn. 1; Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 87, Rn. 5. 6 Peltzer, FS Lutter, 2000, S. 571, 579; Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 87, Rn. 5; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 87, Rn. 58; ders., DStR 2005, 1318, 1322; Spindler, in: MüKo-AktG, § 87, Rn. 138 f.; ders., AG 2011, 725, 729; Martens, ZHR 169 (2005), 124, 135 f.; Kort, DStR 2007, 1127, 1129 ff.; Schwark, FS Raiser, 2005, S. 377, 395; Langenbucher, FS Huber, 2006, S. 861, 863 ff.; Drygala, FS Schneider, 2011, S. 275, 291 f. 7 Langenbucher, FS Huber, 2006, S. 861, 864; Spindler, in: Müko-AktG, § 87, Rn. 139; ders., AG 2011, 725, 729; Raapke, S. 188. 8 So Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 87, Rn. 5; Drygala, FS Schneider, 2011, S. 275, 291. 9 Überzeugend Raapke, S. 188; ferner Langenbucher, FS Huber, 2006, S. 861, 864. 10 BGH v. 28. 04. 1992 – XI ZR 164/91, NJW 1992, 1135, 1136; v. 19. 04. 1994 – XI ZR 18/ 93, NJW 1994, 2082, 2083; v. 25. 10. 1994 – XI ZR 239/93, NJW 1995, 250, 251; v. 22. 06. 2004 – XI ZR 90/03, NJW-RR 2004, 1637, 1638. 11 OLG Stuttgart v. 02. 06. 1999 – 9 U 246/98, NJW 1999, 1009, 1010. 12 Raapke, S. 187; Spindler, AG 2011, 725, 729.
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4. Teil: Sanktionierung und Rechtsschutz bei unzulässiger Drittleistung
Kenntnis über die Lage des Unternehmens und andere die Angemessenheit der Vergütung bestimmenden Faktoren wird nach einer Ansicht die Erforderlichkeit derart hoher Anforderungen an die subjektiven Tatbestandsmerkmale seitens des Vorstands bezweifelt.13 Die Grundsätze des Missbrauchs der Vertretungsmacht seien Ausdruck des Verkehrsschutzes; aus den genannten Gründen sei der Vorstand aber gerade nicht in gleicher Weise schutzbedürftig wie der durch die hohen Anforderungen üblicherweise geschützte Rechtsverkehr im Außenverhältnis. Mithin seien die Anforderungen an den Missbrauch der Vertretungsmacht teleologisch zu reduzieren, sodass in subjektiver Hinsicht auf Seiten des Vorstands darauf abzustellen sei, ob ein ordentliches und gewissenhaftes Vorstandsmitglied erkannt hätte, dass der Aufsichtsrat die durch § 87 Abs. 1 AktG gesetzten Grenzen überschreitet.14 Diese Absenkung des Schutzniveaus wird von anderer Ansicht intensiv bestritten. Sie ließe unberücksichtigt, dass das Vorstandsmitglied der Gesellschaft bei der Frage der Vergütungsverhandlung gerade als Vertragspartner gegenüberstehe und nicht als Amtswalter der Interessen der Gesellschaft.15 Gerade durch die (ausschließliche) Vergütungskompetenz des Aufsichtsrats sei im Rahmen der Ausgestaltung der Vergütung die Aufgabe, die Interessen der Gesellschaft wahrzunehmen, auf den Aufsichtsrat übergegangen.16 Überdies könne auch nicht immer (insbesondere nicht im Falle der Neuanstellung) von einem überlegenen Wissen des Vorstands über die Vergütungsgepflogenheiten der Gesellschaft und Überlegungen des Aufsichtsrats ausgegangen werden.17 Wenngleich beide Ansichten nicht vollends überzeugen, sondern vielmehr eine differenzierende Lösung vorzuziehen sein dürfte (allgemeine Grundsätze bei erstmaliger Anstellung eines Vorstandsmitglieds; teleologische Reduktion bei bereits bestehendem Anstellungsverhältnis)18, bedarf dieser Streit vorliegend keiner endgültigen Auflösung. Bei der Vereinbarung über Drittvergütung steht das Vorstandsmitglied der Gesellschaft gerade nicht als „neutraler“ Vertragspartner gegenüber, vielmehr besteht seine Amtswalterstellung unablässig fort.19 Eine den allgemeinen Grundsätzen entsprechende Schutzbedürftigkeit des Vorstands ist an13
Martens, ZHR 169 (2005), 124, 135 f.; Langenbucher, FS Huber, 2006, S. 861, 864. Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 87, Rn. 58; Martens, ZHR 169 (2005), 124, 135 f.; Peltzer, FS Lutter, 2000, S. 571, 579; Schwark, FS Raiser, 2005, S. 377, 395; Langenbucher, FS Huber, 2006, S. 861, 864; Ziemons, FS Huber, 2006, S. 1035, 1044; differenzierend Spindler, in: MüKo-AktG, § 87, Rn. 139; ders., AG 2011, 725, 730; Kort, DStR 2007, 1127, 1130 f. 15 Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 87, Rn. 5; Drygala, FS Schneider, 2011, S. 275, 291; Raapke, S. 187; ähnlich Schüller, S. 204 f.; a.A. Ziemons, FS Huber, 2006, S. 1035, 1044. 16 Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 87, Rn. 5; Drygala, FS Schneider, 2011, S. 275, 291. 17 Spindler, in: MüKo-AktG, § 87, Rn. 139; Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 87, Rn. 5; Raapke, S. 187. 18 So Kort, DStR 2007, 1127, 1130 f.; Spindler, in: MüKo-AktG, § 87, Rn. 139; ders., AG 2011, 724, 730. 19 s. dazu oben 3. Teil A.III.1.a)bb)(3). 14
A. Sanktionierung unzulässiger Drittvergütung
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gesichts der potentiellen Gefahren für das Unternehmen, welche von jeglicher Drittvergütung ausgehen, nicht zu rechtfertigen.20 In Folge ist auf die Vereinbarung unangemessener Drittvergütung auf Seiten des Vorstands ein abgesenkter Maßstab anzusetzen, im Sinne der zuvor dargestellten teleologisch reduzierten Grundsätze. Liegen die vorgenannten Voraussetzungen vor, stellt sich zuletzt die Frage der Rechtsfolge bei Vertretungsmängeln i.S.d. § 112 AktG. Während nach einer Ansicht § 112 AktG wiederum ein Verbotsgesetz i.S.d. § 134 BGB darstellen soll und ein Verstoß mithin die Nichtigkeit der verstoßenden Vereinbarungen bewirkt, finden nach anderer Ansicht die §§ 177 ff. BGB Anwendung, sodass die Vereinbarung nur schwebend unwirksam und mithin der nachträglichen Genehmigung zugänglich wäre.21 Allerdings bedarf auch dieser Streit (an dieser Stelle) keiner Entscheidung. Denn selbst nach letztgenannter Auffassung kommt man unweigerlich zur Nichtigkeit der Drittvergütungsvereinbarung:22 Die immerhin objektiv gegen § 87 Abs. 1 AktG verstoßende Vereinbarung könnte der Aufsichtsrat in keinem Fall (nochmals)23 genehmigen, vielmehr würde er dadurch pflichtwidrig gem. §§ 116 S. 3, 93 AktG handeln. Und aufgrund der zwingenden aktienrechtlichen Kompetenzzuweisung könnte auch die Hauptversammlung keine entsprechende Zustimmung aussprechen.24 Im Ergebnis führt damit auch eine gegen § 87 Abs. 1 AktG verstoßende Abrede – im Falle fahrlässiger Unkenntnis der Unangemessenheit seitens des Vorstands – zur Nichtigkeit der Vereinbarung.25 Übrig bleibt die Frage, ob sich die Nichtigkeit auf die gesamte Vereinbarung bezieht oder – zumindest im Falle der Höhe und nicht der Intention nach unangemessener Vergütung – von einer Teilnichtigkeit i.S.d. § 139 BGB ausgegangen werden kann, sodass im Endeffekt nur die zu viel gezahlte Drittvergütung von der Nichtigkeit betroffen wäre. Wenngleich dies auf den ersten Blick – insbesondere im Hinblick auf einen präventiven Sanktionscharakter26 – wenig zielführend erscheint, ist dennoch im Falle zu viel gezahlter und damit der Höhe nach unangemessen hoher Drittvergütung von einer Teilnichtigkeit auszugehen. Nichtig ist nur der Betrag bis zur Grenze (vom Aufsichtsrat neu zu bestimmender) angemessener (Dritt-)Vergütung.27 Dies entspricht einer „allgemeinen Tendenz“ in Rechtsprechung und Literatur 20
Widersprüchlich wäre es gar, wollte man den Umstand, dass die Leistung ihren Ursprung bei einem Dritten (Aktionär) hat, als Argument für einen nach außen relevanten Vertrauensschutz anführen. 21 s. zu Nachweisen zu beiden Ansichten Spindler, AG 2011, 725, 930. 22 Langenbucher, FS Huber, 2006, S. 861, 865; Spindler, AG 2011, 725, 930. 23 So hat er bereits zuvor die unangemessene Vergütung festgesetzt; nichts anderes darf bei anderer personeller Besetzung gelten. 24 Spindler, AG 2011, 725, 930; Raapke, S. 188. 25 Langenbucher, FS Huber, 2006, S. 861, 865. 26 Im Zusammenhang mit gesellschaftsseitiger Vergütung Spindler, AG 2011, 725, 931; Raapke, S. 189 f. 27 Nach hier vertretener Auffassung ist die Leistung von Friede Springer an Mathias Döpfner (s. oben 3. Teil A.I.2., welche allein wegen der Höhe der Leistung, nicht aber wegen
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4. Teil: Sanktionierung und Rechtsschutz bei unzulässiger Drittleistung
zu § 139 BGB,28 wonach eine geltungserhaltende Reduktion nur in ausdrücklichen Fällen (wie etwa in § 306 BGB) verboten sein soll.29 Zudem ist dies auch unter wertenden Gesichtspunkten nicht zwingend unbillig, da – durch die Begrenzung auf der Höhe nach zu viel gezahlter Leistung – dies nur für Konstellationen in Frage kommt, in denen nicht die eigentliche Intention der Leistung unter dem Unternehmensinteresse verwerflich erscheint, sondern die Nichtigkeit Ausdruck der allgemein von der Leistung ausgehenden abstrakten Gefahr ist. Diese ist aber dann gebannt, wenn die Höhe der Leistung – als Quelle der abstrakten Gefährdung – nicht mehr zu beanstanden ist. 2. Unterlassen der Einbindung des Aufsichtsrats Davon zu trennen sind jedoch die Fälle, in denen die Leistung nach materiellen Kriterien prinzipiell zulässig sein könnte, jedoch ohne Einbindung des Aufsichtsrats erfolgt ist.30 Bislang ist nur klar, dass sich der Vorstand pflichtwidrig verhalten würde, u. U. auch der Aktionär.31 Ferner gebieten die Kontrollaufgabe des Aufsichtsrats in Verbindung mit der aktienrechtlichen Kompetenzordnung i.S.d. § 76 AktG32 sowie die Vergütungskompetenz des Aufsichtsrats zwingend dessen Einbindung.33 Damit ist aber noch offen, welches Schicksal die Drittvergütungsvereinbarung bei Verstoß gegen diese prozessualen Anforderungen ereilt. Und dabei stellt sich insbesondere die Frage, ob der Verstoß gegen § 76 AktG und gegen §§ 87, 84 AktG unterschiedliche Rechtsfolgen nach sich zieht, denn die unterlassene Einholung der Zustimmung des Aufsichtsrats stellt immer einen Verstoß gegen beide Vorgaben dar. In Konsequenz muss sich die Rechtsfolge nach der schärferen Sanktion bestimmen. Abstrakt gesehen kommen dabei zwei verschiedene Rechtsfolgen in Betracht: Einerseits die Nichtigkeit der Vereinbarung per se, wegen Verstoßes gegen die zwingende aktienrechtliche Kompetenzordnung gem. § 134 BGB i.V.m. §§ 112, 111 Abs. 6 AktG bzw. § 76 AktG. Andererseits die schwebende Unwirksamkeit mit der Möglichkeit nachträglicher Genehmigung, entweder ent-
der grds. verfolgten Intention als unangemessen anzusehen ist, nicht im Gesamten nichtig, sondern bis zu dem Betrag, welcher als angemessen angesehen werden kann. 28 So Spindler, AG 2011, 725, 931; ferner Raapke, S. 190. 29 BGH v. 30. 10. 1974 – VIII ZR 69/73, BGHZ 63, 132, 135 ff.; v. 19. 09. 1988 – II ZR 329/ 87, BGHZ 105, 213, 221; v. 05. 06. 1989 – II ZR 227/99, BGHZ 107, 351, 355 f.; v. 14. 11. 2000 – XI ZR 248/99, BGHZ 146, 37, 47 f.; zu Tendenzen im Schrifttum Spindler, in: MüKo-AktG, § 87, Rn. 143. 30 Denklogisch stellt sich das Problem der unterlassenen Zustimmung des Aufsichtsrats nur im Falle legitimationsfähiger Drittleistung, weil anderenfalls der Aufsichtsrat nicht zustimmen könnte. 31 s. 3. Teil A.III.1.b)cc), für den Vorstand; s. 3. Teil A.V. für den Aktionär. 32 s. 3. Teil A.III.2. 33 s. 3. Teil A.III.3.b).
A. Sanktionierung unzulässiger Drittvergütung
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sprechend §§ 177 ff. BGB oder aber als Ausdruck zwingender aktienrechtlicher Ordnungsprinzipen.34 Um sich dem Problemkreis sachgerecht zu nähern, soll – jeweils – zunächst ein Blick auf die möglichen Gründe für eine Nichtigkeit per se geworfen werden. Nur wenn im Wege einer vergleichenden Rechtsfolgenbetrachtung festgestellt werden kann, dass der Sinn und Zweck einer Nichtigkeitsandrohung in gleichem Maße durch das Institut der schwebenden Unwirksamkeit erreicht werden kann, erscheint letztere vorzugswürdig. a) Rechtsfolge: Verstoß gegen § 76 Abs. 1 AktG Die aus der Kontrollkompetenz des Aufsichtsrats hergeleitete Zustimmungspflicht verfolgt den Zweck, die von jeder Drittvergütung ausgehende abstrakte Gefahr einzugrenzen, namentlich im Hinblick auf unzulässige Eingriffe in die Leitungsautonomie des Vorstands i.S.d. § 76 AktG. Ohne Einbindung des Aufsichtsrats wäre jede Drittvergütung unter § 76 AktG als nichtig anzusehen.35 Wie dargelegt, kann prinzipiell nur eine ex ante erfolgende Kontrolle durch den Aufsichtsrat die sich aus der Drittvergütung ergebenden Gefahren hinreichend effektiv eindämmen. Dies ist zum einen der unbefriedigenden Rechtsmittelmöglichkeiten ex post geschuldet, zum anderen zur Angleichung des Schutzniveaus an gesellschaftsseitige Zielbestimmungen geboten. Insofern verhält sich der Vorstand – bereits um Umgehungen zu vermeiden – seinerseits treupflichtwidrig, wenn er eine Drittvergütung ohne vorherige Einwilligung des Aufsichtsrats i.S.d. § 183 BGB annimmt. Doch bedingt die Pflichtwidrigkeit des Vorstandshandelns keinesfalls zwingend auch die Nichtigkeit der Vereinbarung unter § 76 AktG. Mit der oben aufgestellten These ist für die Beantwortung der Frage, ob auch der durch § 76 AktG begründete Zustimmungsvorbehalt gleichbedeutend mit einem Einwilligungsvorbehalt (i.S.d. § 183 BGB) ist, vielmehr entscheidend, ob der Präventionszweck auch durch die nachträgliche Genehmigung (i.S.d. § 184 BGB) einer zunächst als schwebend unwirksam einzustufenden Vereinbarung gewährleistet werden kann. Ausgehend von der Wahrscheinlichkeit der Verwirklichung der abstrakten Gefahr ist hier zu differenzieren: Anlassbezogene Drittvergütungen, die zeitlich so kurzfristig vor dem fraglichen Ereignis erfolgen, dass die nachträgliche Genehmigung die abstrakte Gefahr nicht mehr hinreichend eindämmen kann, weil die Gefahr besteht, dass sich die incentivierende Wirkung der Leistung schon auf vor der Genehmigung erfolgende Entscheidungs- oder Einflussnahmemöglichkeiten des Vorstands erstreckt, sind als nichtig anzusehen. Der Präventionszweck kann hier nicht mehr hinreichend gewährleistet werden; so wird ex post häufig nicht mehr nachweisbar sein, dass bestimmte Handlungen unter Einfluss der Leistung erfolgt sind. Na34 Zur Genehmigungsmöglichkeit als Ausdruck zwingender aktienrechtlicher Ordnungsprinzipien, s. Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 112, Rn. 11. 35 s. dazu bereits oben 3. Teil A.III.2.c).
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4. Teil: Sanktionierung und Rechtsschutz bei unzulässiger Drittleistung
mentlich betrifft dies in engem zeitlichem Zusammenhang mit der Transaktion erfolgende Transaktionsboni seitens der Aktionäre oder sich auf vergleichbare Anlässe beziehende kurzfristig ausgestaltete Prämien. Auch der Nachweis, dass die Leistungsvereinbarung im konkreten Fall nicht von Nachteil für die Gesellschaft war,36 kann dies nicht revidieren, weil es insofern um die Gewährleistung der aktienrechtlichen Kompetenzordnung ankommen muss und nicht auf eine (willkürliche) Ergebniskontrolle.37 Dabei wird nicht verkannt, dass dies in Konflikt zu Praktikabilitätserwägungen stehen kann, doch sind diese aufgrund des vorrangigen Unternehmenswohls auszublenden, welches durch mit einer Aufweichung verbundene Umgehungsmöglichkeiten wiederum abstrakt beeinträchtigt wäre. Nicht-anlassbezogene Vergütungen sind hingegen – unter Berücksichtigung des Präventionszwecks – der nachträglichen Genehmigung zugänglich. Denn hier muss nicht zwingend davon ausgegangen werden, dass sich die incentivierende Wirkung bereits in konkreten Maßnahmen des Vorstands widergespiegelt hat. b) Rechtsfolge: Verstoß gegen §§ 87, 84 AktG Bereits im Zusammenhang mit der Zulässigkeit von Bieterleistungen wurde angedeutet, dass sich der Dritte (dort der Bieter) und grds. auch der Vorstand, als die Drittvergütung maßgeblich mitbestimmende Partei, die Vergütungskompetenz des Aufsichtsrats und damit dessen Vertretungsbefugnis i.S.v. § 112 AktG „anmaßen“.38 Dieser Gedanke ist an dieser Stelle weiter zu verfolgen. Nach § 112 AktG vertritt der Aufsichtsrat die Gesellschaft gegenüber den Vorstandsmitgliedern gerichtlich wie außergerichtlich. Mit dieser gegenüber § 78 AktG (Grundsatz der Vertretungsbefugnis des Vorstands) spezielleren Norm soll gewährleistet werden, dass bei Rechtsgeschäften der Gesellschaft mit den Mitgliedern des Vorstands eine unbefangene Wahrnehmung der Gesellschaftsinteressen erfolgt.39 Überträgt man dies auf den Abschluss einer Drittvergütungsvereinbarung, ergibt sich jedoch eine Besonderheit. Denn die Gesellschaft selbst ist häufig keine unmittelbar an der Leistungsbeziehung beteiligte Partei. Die Vereinbarung wird zwischen dem Vorstand und dem Aktionär als Dritten geschlossen, die Gesellschaft selbst wird nicht unmittelbar selbst verpflichtet.40 Dies wirft die Frage auf, ob § 112 AktG, mangels Rechtsgeschäfts der Gesellschaft,41 überhaupt zur Anwendung gelangen kann. 36 Wenn auch in anderem Zusammenhang, aber dennoch in diese Richtung, BGH v. 02. 04. 2001 – II ZR 217/99, NZG 2001, 800, 801. 37 So in ähnlichem Zusammenhang Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 112, Rn. 11. 38 s. dazu 3. Teil B.I.4.d)cc)(3)(a)(bb). 39 St. Rspr., s. etwa BGH v. 26. 06. 1995 – II ZR 122/04, BGHZ 130, 108, 111; Drygala, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 112, Rn. 1; Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 112, Rn. 2. 40 In Abgrenzung etwa zu dem unstreitig unter § 112 AktG zu fassenden Fall, dass der Vorstand per Beschluss und ohne Konsultation des Aufsichtsrats die eigene Vergütung erhöht, dazu Hambloch-Gesinn/Gesinn, in: Hölters, AktG, § 112, Rn. 9, 22. 41 s. dazu Hopt/Roth, in: Großkomm AktG, § 112, Rn. 47 ff.
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Die Lösung ergibt sich indes aus dem Sinn und Zweck von § 112 AktG und der Herleitung der Vergütungskompetenz: Letztere leitet sich – zusammengefasst – insbesondere aus der von jeglicher Leistung ausgehenden Intention und des dadurch ermöglichten Einflusses ab. Durch die Anerkennung eines funktionalen Elements der Angemessenheit der Gesamtvergütung bezieht sich dies auf jegliche dem Vorstand für die Tätigkeit für die Gesellschaft bestimmte Zuwendung, auch auf Leistungen Dritter. Dem Aufsichtsrat obliegt es insofern, mittels Ausgestaltung der Vergütung den Einklang des Vorstandshandelns mit dem Unternehmensinteresse sicherzustellen. Dabei kommt ihm – in gewissem Rahmen – auch eine Definitionskompetenz zu.42 Daher handelt es sich bei der Drittvergütungsvereinbarung zwar nicht um ein Rechtsgeschäft der Gesellschaft, wohl aber um ein Rechtsgeschäft, welches unzweifelhaft die Belange der Gesellschaft berührt. Dieses Rechtsgeschäft betrifft aber ebenso unzweifelhaft den genannten Normzweck des § 112 AktG, den Aufsichtsrat dort als Entscheidungsgremium einzusetzen, wo eine sich zum Nachteil der Gesellschaft auswirkende Befangenheit des Vorstands abstrakt43 zu befürchten ist. Um eine Umgehung des § 112 AktG zu vermeiden,44 muss die Vertretungskompetenz des Aufsichtsrats daher zumindest entsprechend § 112 AktG angenommen werden.45 Nur dadurch wird dem Umstand gerecht, dass der Aufsichtsrat, als die das Ob und den Umfang der Leistung bestimmende und damit als letztentscheidende Instanz zwingend eingebunden werden muss. Es ist ferner intensiv umstritten, ob Geschäfte, welche die Vertretungsbefugnis des Aufsichtsrats nach § 112 AktG missachten, nichtig sind oder eben entsprechend §§ 177 ff. BGB genehmigungsfähig. Die wohl früher herrschende Auffassung nimmt unter Hinweis auf den zwingenden Charakter der durch § 112 AktG zum Ausdruck kommenden aktienrechtlichen Kompetenzordnung eine Nichtigkeit wegen Verstoßes gegen § 134 BGB an.46 Dem ist vorliegend nicht zu folgen. Zwar ist generell dem Argument, dass der Aufsichtsrat durch das bloße Genehmigungserfordernis nicht mehr hinreichend frei sei, um eine wirklich neutrale Entscheidung zu treffen,47 durchaus Beachtung zu schenken. Doch ist dem Ursprung dieser spezifischen Gefahr, dass der Aufsichtsrat den Vorstand durch die verweigerte Genehmigung – wie in
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s. dazu ausführlich oben 3. Teil A.III.3.b)bb)(2)(b). St. Rspr., s. etwa BGH v. 26. 06. 1995 – II ZR 122/04, BGHZ 130, 108, 111 f.; Mertens/ Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 112, Rn. 2. 44 s. dazu etwa Hüffer/Koch, AktG, § 112, Rn. 6. 45 Wohl kritisch Hopt/Roth, in: Großkomm AktG, § 112, Rn. 65. 46 OLG Stuttgart v. 20. 03. 1992 – 2 U 115/90, AG 1993, 85, 86; OLG Hamburg v. 16. 05. 1986 – 11 U 238/85, WM 1986, 972, 974; Semler, FS Rowedder, 1994, S. 441, 456; Hopt/Roth, in: Großkomm AktG, § 112, Rn. 109; Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 112, Rn. 10 f.; differenzierend Drygala, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 112, Rn. 20 f. 47 Semler, FS Rowedder, 1994, S. 441, 456; Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 112, Rn. 10; Drygala, in: Schmitt/Lutter, AktG, § 112, Rn. 18. 43
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4. Teil: Sanktionierung und Rechtsschutz bei unzulässiger Drittleistung
der Literatur treffend bezeichnet – „desavouiere“,48 vorliegend keine maßgebliche Überzeugungskraft zuzusprechen. Denn der Aufsichtsrat wird bei seiner Entscheidung auch im eigenen Interesse berücksichtigen, dass er bei einer materiell nicht möglichen „Genehmigung“ der Leistung sich selbst nach Maßgabe der §§ 116 S. 3, 93 AktG pflichtwidrig verhalten würde. Gerade im Hinblick auf Pflichtverstöße im Zusammenhang mit der Vorstandsvergütung hat der Gesetzgeber im Zuge des VorstAG diese besondere Verantwortung des Aufsichtsrats nochmals ausdrücklich hervorgehoben. Der Normzweck des § 112 AktG kann daher genauso gut über die entsprechende Anwendung der §§ 177 ff. AktG verwirklicht werden.49 Denn § 112 AktG will kompetenzwidrigem Handeln nicht zwingend die rechtsgeschäftliche Wirksamkeit nehmen, sondern vielmehr die Unverbindlichkeit entsprechender Kompetenzüberschreitungen sicherstellen.50 Dem wird aber auch durch die Möglichkeit der Verweigerung der nachträglichen Genehmigung zu genüge nachgekommen.51 c) Bewertung und Fazit Das Unterlassen der Einbindung des Aufsichtsrats führt somit im Grundsatz zunächst „nur“ zur schwebenden Unwirksamkeit der Drittvergütungsvereinbarung, mit der Möglichkeit der nachträglichen Genehmigung entsprechend §§ 177 ff. BGB. Indes gebietet die hinreichende Gewährleistung der Leitungsautonomie – als im Vergleich zur Vergütungskompetenz „schärfere“ Vorgabe –, dass anlassbezogene Vergütungen, die zeitnah vor dem konkreten Ereignis erfolgen, zwingend der vorherigen Einwilligung bedürfen. In diesen Fällen hat die Missachtung der zwingenden Aufsichtsratskompetenz per se die Nichtigkeit der Vereinbarung zur Folge.
48 So in Anlehnung an Semler, FS Rowedder, 1994, S. 441, 456; etwa Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 112 Rn. 10; Habersack, in: MüKo-AktG, § 112, Rn. 41; dagegen Schmitt, FS Hopt, Band 1, 2010, S. 1313, 1319, der darauf hinweist, dass es ebenso wahrscheinlich ist, dass der Aufsichtsrat die Möglichkeit der Genehmigung nutzen werde, um den Vorstand in seine Schranken zu verweisen. 49 OLG Celle v. 25. 02. 2002 – 4 U 176/01, BB 2002, 1438, 1438; OLG München v. 18. 10. 2007 – 23 U 5786/06, ZIP 2008, 220, 222; Habersack, in: MüKo-AktG, § 112, Rn. 32; Hambloch-Gesinn/Gesinn, in: Hölters, AktG, § 112, Rn. 21 ff.; Hüffer/Koch, AktG, § 112, Rn. 12; Bürgers/Israel, in: Bürgers/Körber, AktG, § 112, Rn. 10; Grigoleit/Tomasic, in: Grigoleit, AktG, § 112, Rn. 16; Lutter/Krieger/Verse, Rechte und Pflichten des AR, § 7, Rn. 445; ausführlich Schmitt, FS Hopt, Band 1, 2010, S. 1313, 1317 ff., m.w.Nachw.; differenzierend Spindler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 112, Rn. 49. 50 OLG München v. 18. 10. 2007 – 23 U 5786/06, ZIP 2008, 220, 222; Hambloch-Gesinn/ Gesinn, in: Hölters, AktG, § 112, Rn. 21 ff. 51 OLG München v. 18. 10. 2007 – 23 U 5786/06, ZIP 2008, 220, 222; Hambloch-Gesinn/ Gesinn, in: Hölters, AktG, § 112, Rn. 21 ff.; Habersack, in: MüKo-AktG, § 112, Rn. 32; Spindler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 112, Rn. 49; und überdies darf nicht außer Acht gelassen werden, dass sich der Vorstand dennoch pflichtwidrig verhält.
A. Sanktionierung unzulässiger Drittvergütung
363
II. Sanktionierung unzulässiger Leistung des Aktionärs Als zweites ist der Blick auf die den leistenden Aktionär treffende Sanktionierung zu lenken. Im Vordergrund steht hier § 117 AktG, über den auch der unabhängigen Aktiengesellschaft als Dritte gegenüberstehende Personen haftungsrechtlich zur Verantwortung gezogen werden können und der damit eine Sonderstellung im aktienrechtlichen Haftungssystem einnimmt: 1. § 117 Abs. 1 AktG Während § 93 Abs. 2 AktG – als zentrale Anspruchsgrundlage für etwaige Ansprüche im Zusammenhang mit unzulässigem Organhandeln – nur Ansprüche gegen den Vorstand als pflichtwidrig handelndes Organ begründet und nur Schäden der Gesellschaft selbst erfasst, geht § 117 AktG weiter. Dieser statuiert ein allgemeines Verbot der Beeinflussung von Organmitgliedern zum Schaden der Gesellschaft oder ihrer Aktionäre.52 In Folge richtet sich der Anspruch nach § 117 Abs. 1 S. 1 AktG zunächst gegen den Beeinflussenden selbst; der Vorstand haftet daneben gesamtschuldnerisch nach § 117 Abs. 2 AktG. Zudem besteht die Schadensersatzpflicht nicht nur gegenüber der Gesellschaft, sondern nach Maßgabe des § 117 Abs. 1 S. 2 AktG auch gegenüber den geschädigten Aktionären. Zumindest ihrer Idee nach – die Norm intendiert neben dem offensichtlichen Vermögensschutz auch den Schutz der Integrität des Verwaltungshandelns53 bzw. die Autonomie der Willensbildung der sich selbst verwaltenden unabhängigen Gesellschaft54 – müsste § 117 AktG hinsichtlich der Einflussnahme mittels aktionärsseitiger Drittvergütung eine besondere Rolle einnehmen.55 So vermittelt § 117 AktG einen dem Konzernrecht vorgelagerten Schutz, der gerade dann Bedeutung erlangt, wenn die Anwendung der „spezielleren, strengeren und umfassenderen“ konzernrechtlichen Regelungen ausscheidet.56 Die Norm wird somit etwa dann relevant, wenn der „nur“ beherrschende Mehrheitsaktionär nicht als Unternehmen i.S.d. § 15 AktG zu qualifizieren ist.57 Dies betrifft bspw. auch die im Rahmen dieser Bear52
Spindler, FS Hopt, Band 1, 2010, S. 1407, 1414. Hüffer/Koch, AktG, § 117, Rn. 1; Kort, in: Großkomm AktG, § 117, Rn. 6; Leuering/ Goertz, in: Hölters, AktG, § 117, Rn. 1. 54 Witt, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 117, Rn. 1; Spindler, in: MüKo-AktG, § 117, Rn. 2; Brüggemeier, AG 1988, 93, 96; Bürgers/Israel, in: Bürgers/Körber, AktG, § 117, Rn. 1; kritisch dazu aber Kort, in: Großkomm AktG, § 117, Rn. 13. 55 Vor Einführung der konzernrechtlichen Regelungen war § 117 AktG als „Generalklausel gegen Machtmissbrauch vor allem durch Großaktionäre“ konzipiert, hat aber durch die §§ 308 – 310, 311 – 318, 323 AktG gravierend an Bedeutung verloren, dazu Spindler, in: MüKo-AktG, § 117, Rn. 3. 56 Spindler, in: MüKo-AktG, § 117, Rn. 3; Schall, in: Spindler/Stilz, AktG, § 117, Rn. 9 f., m.w.Nachw.; zum Verhältnis von § 117 AktG zu § 317 AktG s. ausführlich Brüggemeier, AG 1988, 93. 57 Kort, in: Großkomm AktG, § 117, Rn. 118; Spindler, in: MüKo-AktG, § 117, Rn. 3. 53
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4. Teil: Sanktionierung und Rechtsschutz bei unzulässiger Drittleistung
beitung besonders kritische Situation der Managementbeteiligung durch einen Großaktionär, insbesondere wenn sich diese auf die NewCo beziehen sollte. Darüber hinaus kann sich der Einfluss aber auch aus einer Sperr- oder Antragsminorität ergeben;58 ferner ist an den Bieter zu denken, der vor dem Erwerb eines Aktienpakets steht.59 Aufgrund der engen Tatbestandsanforderungen bestehen hinsichtlich der Effektivität des Verbots jedoch einige Bedenken: a) Einfluss durch Drittvergütung Die Schadensersatzpflicht nach Abs. 1 S. 1 kann jede juristische wie natürliche Personen treffen.60 Entscheidend ist ihr Einfluss auf die Gesellschaft, der nach Art und Intensität dazu geeignet sein muss, Führungspersonen der Gesellschaft zu einem schädigenden Handeln zu bestimmen.61 Die Art des Einflusses ist dabei nicht erheblich; dieser kann gesellschaftsrechtlicher Art, aber auch rein tatsächlicher Natur sein, sodass schon der Einfluss infolge persönlicher Verbundenheit ausreichend ist.62 Darüber hinaus muss der Täter seinen Einfluss dazu nutzen, den Vorstand zu einem (gesellschaftsschädlichen) Verhalten zu bestimmen.63 Dafür ist das Bewusstsein des Täters ausreichend, dass der Vorstand auf Grund der Kenntnis des Einflusses des Täters nach dessen Wünschen handelt.64 Im Rahmen – jeglicher – Drittvergütung ergibt sich ein entsprechender (abstrakter) Einfluss aus der monetären Anbindung des Vorstands an den Aktionär. Die weiter erforderliche Ausübung des Einflusses ergibt sich aus dem jeder Drittvergütung naturgemäß innewohnenden Fremdeinfluss auf das Verwaltungshandeln. Dabei ist es unerheblich, ob die Leistung an das Erreichen bestimmter Ziele gebunden ist – auch ohne konkrete Zielbestimmungen vermittelt Drittvergütung eine rein psychologische Ausrichtung an den Zielen des Leistenden.65 Diese relative Weite des bestimmenden Einflusses wird indes durch das Erfordernis des Schadens ausgedünnt. Denn entscheidend muss der Einfluss zur Be58
Kort, in: Großkomm AktG, § 117, Rn. 118; Spindler, in: MüKo-AktG, § 117, Rn. 3. Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 117, Rn. 13; Kort, in: Großkomm AktG, § 117, Rn. 119. 60 Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 117, Rn. 13; Hüffer/Koch, AktG, § 117, Rn. 3; Kort, in: Großkomm AktG, § 117, Rn. 97; Schall, in: Spindler/Stilz, AktG, § 117, Rn. 13. 61 Hüffer/Koch, AktG, § 117, Rn. 3; Kort, in: Großkomm AktG, § 117, Rn. 112; Mertens/ Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 117, Rn. 13; Witt, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 117, Rn. 6; Leuering/Goertz, in: Hölters, AktG, § 117, Rn. 3; Brüggemeier, AG 1988, 93, 95. 62 Kort, in: Großkomm AktG, § 117, Rn. 72, 114; Spindler, in: MüKo-AktG, § 117, Rn. 10; Leuering/Goertz, in: Hölters, AktG, § 117, Rn. 6; Schall, in: Spindler/Stilz, AktG, § 117, Rn. 15; Hüffer/Koch, AktG, § 117, Rn. 3; Brüggemeier, AG 1988, 93, 95; Rhein, S. 162. 63 Hüffer/Koch, AktG, § 117, Rn. 4; Spindler, in: MüKo-AktG, § 117, Rn. 21; Mertens/ Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 117, Rn. 16; Schall, in: Spindler/Stilz, AktG, § 117, Rn. 16. 64 Spindler, in: MüKo-AktG, § 117, Rn. 21; Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 117, Rn. 16; Bürgers/Israel, in: Bürgers/Körbers, AktG, § 117, Rn. 2. 65 A.A. Lange, Forum Unternehmenskauf 2004, 115, 136. 59
A. Sanktionierung unzulässiger Drittvergütung
365
stimmung zu gesellschaftsschädlichem Verhalten ausgeübt worden sein.66 Dabei ist zu berücksichtigen, dass freilich nicht jede Drittvergütung einen Schaden der Gesellschaft bewirkt: b) Normgemäßer Schaden durch Drittvergütung? aa) Kein tauglicher Schaden durch die Annahme von Drittvergütung Bereits im Rahmen dieses Anspruchs sieht man sich das erste Mal mit der Krux gesellschaftsrechtlicher Sanktionierung unzulässiger Drittleistung konfrontiert: der Bestimmung eines tauglichen Schadens. Kurz gefasst ist ein Schaden i.S.d. Norm jede Vermögensminderung einschließlich entgangener Gewinne.67 Die Leistung oder die Aussicht auf einen Vorteil durch einen Aktionär können aber an sich keinen solchen normtauglichen Schaden begründen. Denn im Gegensatz zu den konzernrechtlichen Haftungstatbeständen geht es § 117 AktG gerade nicht darum, einen strukturellen Nachteil oder eine Gefahr durch einen beherrschenden Einfluss auszugleichen, sondern um punktuelle, konkrete Schädigungen der Aktiengesellschaft oder ihrer Aktionäre.68 Diese werden durch die Annahme der Leistung allerdings noch nicht begründet. bb) Anspruchsbegründender Schaden als kausale Folge der Leistung Gleichwohl ist zumindest denkbar, dass die Leistung Grundlage für weitere schadensstiftende Handlungen des Vorstandsmitglieds sein kann. Je nach Anspruchsteller ist hier zu differenzieren: Für Schädigungen des Gesellschaftsvermögens bildet § 117 Abs. 1 S. 1 AktG die taugliche Anspruchsgrundlage. Sind darüber hinaus aber überschießende Aktionärsinteressen betroffen, handelt es sich somit nicht nur um einen sog. Reflexschaden, so können die Aktionäre diesen Schaden nach § 117 Abs. 1 S. 2 AktG geltend machen und Schadensersatz an sich verlangen. Es besteht somit dann keine Ersatzberechtigung, wenn der Schaden nur den Gesellschaftsschaden reflektiert und sich insbesondere in einer Wertminderung der gehaltenen Aktien ausdrückt.69 Damit soll verhindert werden, dass der Gesellschafter der Gesellschaft zuvorkommt und ihr die Durchsetzung ihres Ersatzanspruchs erschwert;70 ferner würde die Geltendmachung eines Gesellschaftsschadens, der sich
66 Darüber hinaus bedarf es aber keines anstößigen oder verwerflichen Verhaltens oder Verfolgung eines gesellschaftsfremden Sondervorteils, statt aller Schall, in: Spindler/Stilz, AktG, § 117, Rn. 16. 67 Hüffer/Koch, AktG, § 117, Rn. 5; Leuering/Goertz, in: Hölters, AktG, § 117, Rn. 5. 68 Spindler, FS Hopt, Band 1, 2010, S. 1407, 1414 f. 69 Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 117, Rn. 20. 70 BGH v. 04. 03. 1985 – II ZR 271/83, BGHZ 94, 55, 58; v. 10. 11. 1986 – II ZR 140/85, NJW 1987, 1077, 1079; Spindler, in: MüKo-AktG, § 117, Rn. 52, m.w.Nachw.
366
4. Teil: Sanktionierung und Rechtsschutz bei unzulässiger Drittleistung
für den Aktionär nur als Reflexschaden darstellt, den Grundsätzen der Kapitalerhaltung und Zweckbindung widersprechen.71 Welche konkreten Schädigungen sich ergeben können, ist zwar nicht Inhalt dieser Bearbeitung; die Möglichkeiten sind aber in jedem Fall vielfältig, sofern nur der Nachweis der Schädigung gelingen kann.72 Aus Sicht der Gesellschaft ist bspw. an eine Ausplünderung der Gesellschaft etwa durch einen neuen Gesellschafter, eine Minderung des Aktienkurses (auch als Vorbereitung der Übernahme durch einen bislang nur mit einer Minderheitsbeteiligung vorhandenen Finanzinvestor)73 oder aber generell durch nachteilige Vermögensdispositionen der Gesellschaft zum gleichzeitigen Vorteil des Gesellschafters zu denken.74 Aber auch die Anknüpfung an unzulässige Abwehrmaßnahmen und die damit verbundenen Kosten oder aber die Veranlassung einer für die Gesellschaft ungünstigen Due Diligence zu Gunsten eines Wettbewerbers (an dem der Aktionär ebenfalls beteiligt ist) können etwaige Schädigungen darstellen. Als aktionärsseitige Schädigungen kommen etwa Maßnahmen in Betracht, die bewusst zu Gunsten des Großaktionärs und gleichzeitigem Lasten des Kleinaktionärs erfolgen. So etwa das „Aushungern“ von Kleinaktionären aufgrund Bilanzpolitik, indem der Jahresabschluss – sachlich nicht gerechtfertigt – so festgesetzt wird, dass keine Dividende ausgeschüttet wird.75 Besonders relevant erweist sich zudem die Veräußerung der Aktien unter Wert in Folge einer irreführenden Stellungnahme nach § 27 WpÜG. Selbst wenn einmal ein solcher (gesellschafts- oder aktionärsseitiger) Schaden anzunehmen sein sollte, so ist die Effektivität eines Anspruchs aus § 117 AktG gleichwohl fraglich. Voraussetzung für einen solchen Anspruch ist die vom Anspruchsteller nachzuweisende76 doppelte Kausalität: Zum ersten muss die Leistung als Einflussnahme zumindest (mit-)ursächlich für die Maßnahmen des Vorstands sein77 und zum zweiten muss das Handeln des beeinflussten Vorstandsmitglieds ursächlich für den konkreten Schaden der Gesellschaft oder ihrer Aktionäre sein.78 71
BGH v. 10. 11. 1986 – II ZR 140/85, NJW 1987, 1077, 1079; v. 11. 07. 1988 – II ZR 243/ 87, BGHZ 105, 121, 132; v. 20. 03. 1995 – II ZR 205/94, BGHZ 129, 136, 165 – Girmes. 72 Dies ebenfalls hervorhebend Thaeter/Guski, AG 2007, 301, 304. 73 Obgleich die Paketbildung nicht per se einen Schaden darstellt, ausführlich Kort, in: Großkomm AktG, § 117, Rn. 140 f.; zur Übernahme als Schaden, Lange, Forum Unternehmenskauf 2004, 115, 136. 74 Thaeter/Guski, AG 2007, 301, 304. 75 Kort, in: Großkomm AktG, § 117, Rn. 183; Spindler, in: MüKo-AktG, § 117, Rn. 54; Schall, in: Spindler/Stilz, AktG, § 117, Rn. 20. 76 Entsprechend dem allgemeinen Grundsatz, dass der Anspruchsteller die anspruchsbegründenden Tatsachen zu beweisen hat, Schall, in: Spindler/Stilz, AktG, § 117, Rn. 26. 77 Brüggemeier, AG 1988, 93, 96; Spindler, in: MüKo-AktG, § 117, Rn. 26; Kort, in: Großkomm AktG, § 117, Rn. 144 ff., nach dem allerdings Mitursächlichkeit abweichend von der herrschenden Meinung nicht ausreichen soll. 78 Brüggemeier, AG 1988, 93, 96; Hüffer/Koch, AktG, § 117, Rn. 5; Kort, in: Großkomm AktG, § 117, Rn. 147.
A. Sanktionierung unzulässiger Drittvergütung
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Dabei kann sich die Schädigung nicht nur aus einem aktiven Tun des Vorstandsmitglieds ergeben, auch das Unterlassen einer vorteilhaften Maßnahme ist anspruchsbegründend.79 Im Falle der unzulässigen Drittvergütung wird der Nachweis einer entsprechenden Kausalität umso einfacher ausfallen, je konkreter die Leistung von (gesellschaftsschädlichen) Zielbestimmungen abhängig gemacht wird – und je weiter der damit verbundene unzulässige Kompetenzübergriff reicht. Auch im Falle situationsbezogener, insbesondere transaktionsbezogener Leistungen ist ein entsprechender Nachweis denkbar, wenn das finanzielle Eigeninteresse des Vorstands offensichtlich bei Erreichen gesellschaftsschädigender Ziele bedient wird. Drängt sich diese Schlussfolgerung bereits aufgrund der bloßen Höhe des Vorteils auf, sollte in diesem Zusammenhang auch über entsprechende Beweiserleichterungen nachgedacht werden dürfen; so wird bspw. die Annahme einer tatsächlichen Vermutung für die Kausalität der Einflussnahme (und somit auf erster Stufe) akzeptiert, wenn sich das Vorstandsmitglied erst nach der Einflussnahme zum Handeln entschließt.80 Gleichwohl bleibt zu konstatieren, dass es dem Anspruchsteller de lege lata wohl nur in seltenen und klar gelagerten Fällen gelingen wird, den Nachweis der Kausalität zu führen. c) Rechtswidrigkeit Nach herrschender Meinung soll die Rechtswidrigkeit der Einflussnahme positiv festgestellt,81 nach anderer Ansicht – ganz im Duktus deliktsrechtlicher Vorschriften – indiziert werden.82 Überzeugend erscheint hier ein Mittelweg. So hat die Notwendigkeit einer positiven Feststellung der Rechtswidrigkeit auch zur Folge, dass den Anspruchsteller, nicht aber den Einflussnehmer die Beweislast der Rechtswidrigkeit treffen würde. Dies kann insbesondere nicht damit begründet werden, dass es sich beim Unternehmensinteresse (als letztlich maßgeblichem Abwägungskriterium) um ein kaum zu fassendes Rechtsgut handelt.83 Durch Erfüllung des Tatbestands hat der Einflussnehmer immerhin bewusst die Leitungsautonomie des Vorstands missachtet bzw., allgemeiner, die Autonomie der Willensbildung in der Gesellschaft.84 Insofern erscheint es angemessen, die Indizierung der Rechtswid79
Witt, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 117, Rn. 8; Kort, in: Großkomm AktG, § 117, Rn. 139; Spindler, in: MüKo-AktG, § 117, Rn. 30. 80 Spindler, in: MüKo-AktG, § 117, Rn. 26. 81 Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 117, Rn. 22; Hüffer/Koch, AktG, § 117, Rn. 6; Witt, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 117, Rn. 10; Leuering/Görtz, in: Hölters, AktG, § 117, Rn. 6; Bürgers/Israel, in: Bürgers/Körber, § 117, Rn. 4; Wiesner, in: Münchener Hdb. GesR, Band 4, § 27, Rn. 5; Brüggemeier, AG 1988, 93, 97. 82 Timm, FS Semler, 1993, S. 611, 626; in diese Richtung Kort, in: Großkomm AktG, § 117, Rn. 149 ff.; Spindler, in: MüKo-AktG, § 117, Rn. 31 ff.; s. allgemein Voigt, S. 72 ff., 81 ff. 83 Hüffer/Koch, AktG, § 117, Rn. 6. 84 Schall, in: Spindler/Stilz, AktG, § 117, Rn. 22 f.
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4. Teil: Sanktionierung und Rechtsschutz bei unzulässiger Drittleistung
rigkeit zunächst auf die Darlegungs- und Beweislast zu beziehen, mithin dem Einflussnehmer die Entlastung zu übertragen.85 Allerdings sollte die Indizwirkung noch einen Schritt weiter gehen: Denn wenngleich es im Rahmen des Abs. 1 S. 1 um die Rechtswidrigkeit des Handelns des Einflussnehmers und nicht um die Rechtswidrigkeit des Handels des Beeinflussten geht, erscheint kein Grund ersichtlich, warum der Einflussnehmer bei Pflichtwidrigkeit des Handelns des Beeinflussten auch nur gedanklich privilegiert werden sollte. Mithin indiziert auch die Pflichtwidrigkeit des Handelns des Beeinflussten zugleich die Rechtswidrigkeit der Einflussnahme.86 An dieser Stelle sei eingeschoben: Etwaige Überlegungen hinsichtlich der Einschränkung der Business Judgement Rule in Folge von Drittvergütung wirken sich damit mittelbar auch auf die Haftung des Einflussnehmers aus.87 Die Rechtmäßigkeit des Handelns des Einflussnehmers kann dagegen nicht vollumfänglich aus der Rechtmäßigkeit des Handelns des beeinflussten Vorstandsmitglieds abgeleitet werden. Denn der Haftungsfreiraum nach § 93 Abs. 1 S. 2 AktG, der auch für die Vorstandshaftung nach § 117 Abs. 2 AktG Beachtung findet,88 kann nicht auf Abs. 1 S. 1 übertragen werden, insbesondere darf die Haftung des Einflussnehmers nicht undifferenziert davon abhängig gemacht werden.89 Dies erschiene etwa dann unbillig, wenn der Einflussnehmer den Beeinflussten über Tatsachen täuscht oder der Beeinflusste die Pflichtwidrigkeit seines Handelns trotz eingehender Prüfung nicht erkannt hat.90 Überzeugender erscheint daher die Heranziehung des Rechtsgedankens des § 317 Abs. 2 AktG, sodass die Haftung des Einflussnehmers daran zu messen ist, ob auch ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter einer unabhängigen Aktiengesellschaft (um die es sich im Rahmen des § 117 AktG ja gerade handelt), die Maßnahme vorgenommen hätte:91 Maßgeblich ist, ob das durch den Einflussnehmenden angestrebte Verhalten objektiv gegen die Pflichten eines ordentlichen Verwaltungsmitglieds verstößt.
85
Überzeugend Schall, in: Spindler/Stilz, AktG, § 117, Rn. 22 f. Kort, in: Großkomm AktG, § 117, Rn. 149; Spindler, in: MüKo-AktG, § 117, Rn. 37 im Falle „objektiver Pflichtwidrigkeit“ des Adressaten. 87 s. dazu ausführlich unten 4. Teil A.III.1.b). 88 Statt aller Kort, in: Großkomm AktG, § 117, Rn. 210. 89 Ähnlich, wenn auch vorsichtiger Spindler, in: MüKo-AktG, § 117, Rn. 34 f. mit dem Hinweis, dass dies die Privilegierung gerade in ihr Gegenteil verkehren würde, da der Einflussnehmende gerade die Unabhängigkeit des Organmitglieds aufzuheben versucht; a.A. aber Schall, in: Spindler/Stilz, AktG, § 117, Rn. 24; wohl auch Kort, in: Großkomm AktG, § 117, Rn. 153, der zwar eine unmittelbare Anwendung der Business Judgement Rule ablehnt, einer Privilegierung des handelnden Organmitglieds aber indizierende Wirkung auch für den Beeinflussenden beimisst. 90 Spindler, in: MüKo-AktG, § 117, Rn. 38; Schall, in: Spindler/Stilz, AktG, § 117, Rn. 24; Kort, in: Großkomm AktG, § 117, Rn. 152, der dies als Frage des Vorsatzes ansieht; i.E. auch Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 117, Rn. 22; Brüggemeier, AG 1988, 93, 97. 91 Kort, in: Großkomm AktG, § 117, Rn. 149; Schall, in: Spindler/Stilz, AktG, § 117, Rn. 24; Spindler, in: MüKo-AktG, § 117, Rn. 36. 86
A. Sanktionierung unzulässiger Drittvergütung
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d) Vorsatz Der Vorsatz muss sich auf sämtliche Elemente des objektiven Tatbestands, insbesondere auf Ursächlichkeit der eigenen Einflussnahme und die Schädigungseignung der veranlassten Handlung beziehen,92 ebenso auf die Rechtswidrigkeit der Einflussnahme.93 Art und Umfang des Schadens müssen aber nicht vom Vorsatz erfasst sein.94 Ausreichend ist dolus eventualis.95 Auch hinsichtlich des Vorsatzes trifft grds. den Anspruchsinhaber die Beweislast. Erfolgt aber die Einflussnahme mittels Drittvergütung und werden die herausgearbeiteten Grundsätze für ihre gesellschaftsrechtliche Zulässigkeit nicht eingehalten, so spricht einiges dafür, aus dem tatsächlichen Umstand der Leistung eine Beweiserleichterung hinsichtlich der Einflussnahme an sich ableiten zu können,96 wenngleich der Einzelfall entscheidend bleibt. Wird zudem die Zustimmung des Aufsichtsrats nicht eingeholt oder die Kriterien der Angemessenheit nicht eingehalten, sollte man auch annehmen dürfen, dass der Einflussnehmende die Rechtswidrigkeit des Einflusses zumindest billigend in Kauf genommen hat – zumindest wenn sich hierzu de lege ferenda eine klarere Rechtslage herauskristallisiert. e) Rechtspolitische Bewertung im Hinblick auf Drittvergütungen § 117 AktG hat in der höchstrichterlichen Rechtspraxis bislang kaum Bedeutung erlangt.97 Und auch als „nachgelagerte“ Sanktion unzulässig beeinflussender Drittvergütung besteht wenig Hoffnung auf eine effektive präventive Lenkungswirkung. Denn um die Feststellung der Kausalität und eines materiellen Schadens der Gesellschaft kommt man kaum umhin; wenngleich zumindest dann, wenn ein Schaden der Gesellschaft belegt ist und dem Einflussnehmenden ein entsprechender Vorteil zugefallen ist, eine tatsächliche Vermutung für die Erfüllung des Tatbestands anzunehmen sein sollte.98 Gleichwohl kann § 117 AktG allenfalls in klar gelagerten Fällen Bedeutung erlangen, wird aber selbst dann aufgrund der potentiellen Kon92
OLG Düsseldorf v. 14. 06. 1996 – 7 U 222/93, AG 1997, 469, 470; Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 117, Rn. 23; Spindler, in: MüKo-AktG, § 117, Rn. 40; Hüffer/Koch, AktG, § 117, Rn. 7. 93 Schall, in: Spindler/Stilz, AktG, § 117, Rn. 25; Kort, in: Großkomm AktG, § 117, Rn. 160; Spindler, in: MüKo-AktG, § 117, Rn. 40; Leuering/Görtz, in: Hölters, AktG, § 117, Rn. 7; ungenauer aber Hüffer/Koch, AktG, § 117, Rn. 7; Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 117, Rn. 23; Witt, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 117, Rn. 11, die den Vorsatz wohl nicht auf die Rechtswidrigkeit beziehen. 94 Statt aller Hüffer/Koch, AktG, § 117, Rn. 7. 95 Statt aller Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 117, Rn. 23. 96 Allgemein sprechen Hüffer/Koch, AktG, § 117, Rn. 7 von Beweiserleichterungen wegen Tatsachennähe. 97 s. etwa Thaeter/Guski, AG 2007, 301, 304 f.; Rhein, S. 162 f. 98 Ähnlich Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 117, Rn. 24; Kort, in: Großkomm AktG, § 117, Rn. 162; Spindler, in: MüKo-AktG, § 117, Rn. 43.
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4. Teil: Sanktionierung und Rechtsschutz bei unzulässiger Drittleistung
sequenzen kaum zur Anwendung gelangen: Durch die Konzeption einer gesamtschuldnerischen Haftung nach § 117 Abs. 2 AktG und die damit bestehende Haftungsgefahr auch für nicht-incentivierte Organmitglieder (entscheidend ist, „ob“ sie sich haben verleiten lassen, nicht „wie“, d. h. auch sie haften, wenn sie von dem beeinflussten Mitglied ihrerseits beeinflusst wurden) kann das Interesse an einer Verfolgung des Anspruchs in den Hintergrund geraten. Dies wird kaum über die (Minderheits-)Aktionäre aufzufangen sein, denn zumindest hinsichtlich des gesellschaftsseitigen Anspruchs stehen ihnen nur die §§ 147 f. AktG zu. 2. Anspruch aus Verletzung der mitgliedschaftlichen Treuepflicht Wie bereits im dritten Teil (A.) festgestellt, kann die aktionärsseitige Leistung zudem einen Verstoß gegen die mitgliedschaftliche Treuepflicht des Aktionärs mit sich bringen. Abzustellen ist auf den Einzelfall, wobei insbesondere zu berücksichtigen ist, inwiefern eine manipulative Einflussnahme durch die Leistung intendiert ist.99 Ein Verstoß liegt aber nicht bereits darin, dass es der leistende Aktionär unterlassen hat, die Zustimmung der übrigen Gesellschafter einzuholen. Im Fall treuwidriger Leistung des Aktionärs kommt zweierlei in Betracht. Zunächst steht der Gesellschaft ein Unterlassungsanspruch gegen den Aktionär zu,100 da gerade durch die Vornahme der Leistung die Treuepflicht verletzt wird. Weiters ist die mitgliedschaftliche Treuepflicht ein Schuldverhältnis i.S.d. § 241 BGB, sodass ihre Verletzung zum Schadensersatz nach § 280 Abs. 1 S. 1 BGB berechtigt.101 In der Rechtsfolge kann sich dabei grds. an § 117 AktG orientiert werden.102 So hat der BGH unter Bestätigung der Auffassung, dass die Haftung von Aktionären nach § 117 AktG heute auch aus Verletzung mitgliedschaftlicher Treuepflichten konzipiert werden könnte,103 die Rechtsfolge aus der Verletzung der mitgliedschaftlichen Treuepflicht anhand der Vorgaben des § 117 AktG bestimmt.104 Kernproblem bei der Bestimmung des Schadensersatzanspruchs wird hier wie dort die Bestimmung eines Schadens durch die Leistung sein; eher relevant ist daher wohl auch unter der mitgliedschaftlichen Treuepflicht die Indizwirkung etwaiger Drittleistungen als Ausübung treuwidrigen und im Endeffekt gesellschaftsschädlichen Einflusses. Sind die übrigen Aktionäre von dem pflichtwidrigen Verhalten des leistenden Aktionärs 99
s. dazu oben 3. Teil A.V. Fleischer, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 53a, Rn. 69; Henze/Notz, in: Großkomm AktG, Anh § 53a, Rn. 145. 101 Henze/Notz, in: Großkomm AktG, Anh § 53a, Rn. 145; Drygala, in: Kölner Komm AktG, § 53a, Rn. 131; Fleischer, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 53a, Rn. 70. 102 So finden sich insbesondere Modifikationen im Hinblick auf das Vertretenmüssen und die Beweislastumkehr nach § 280 Abs. 1 S. 2 BGB, s. dazu ausführlich Henze/Notz, in: Großkomm AktG, Anh § 53a, Rn. 147 ff., 151. 103 BGH v. 20. 03. 1995 – II ZR 205/94, BGHZ 129, 136, 160 – Girmes, unter Hinweis auf Hüffer/Koch, AktG, § 117, Rn. 2. 104 BGH v. 20. 03. 1995 – II ZR 205/94, BGHZ 129, 136, 160 ff. – Girmes. 100
A. Sanktionierung unzulässiger Drittvergütung
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betroffen, gilt auch hier in Einklang mit § 117 AktG, dass sie nur solche individuellen Schäden geltend machen können, die über die Wertschmälerung ihrer Anteile hinausgehen; die Geltendmachung eines sog. Reflexschadens steht allein der Gesellschaft zu.105
III. Sanktionierung und Rechtsfolgen pflichtwidriger Annahme der Leistung durch den Vorstand Wesentlich ist schließlich die Bewertung der Rechtsfolgen für den eine unzulässige Leistung annehmenden Vorstand. Im Gegensatz zum leistenden Aktionär obliegt diesem als Ausfluss seiner Organstellung eine besondere Treue gegenüber der Gesellschaft. Welche Konsequenzen sich daraus auf sanktionsrechtlicher Ebene ergeben, ist Inhalt der nachfolgenden Ausführungen. An erster Stelle steht freilich die Frage der Haftung, anschließend sind weitere Sanktionsmöglichkeiten zu hinterfragen: 1. Haftung des Vorstands a) § 93 Abs. 2 AktG durch Annahme der Drittvergütung? Durch die Annahme einer Drittvergütung, die nicht von der vorherigen Zustimmung des Aufsichtsrats gedeckt ist, verletzt der Vorstand schuldhaft106 seine organschaftliche Treuepflicht gegenüber der Gesellschaft, namentlich gegen die aus der Treuepflicht abgeleitete Förderpflicht gegenüber dem Aufsichtsrat. Gleiches gilt für die Annahme einer Drittvergütung, welche gegen die sich aus Unternehmensinteresse und Leitungsautonomie ergebenden Vorgaben verstößt. Insofern ist insbesondere kein Grund erkennbar, den Vorstand als die sachnächste Partei zu privilegieren. Und schließlich gilt auch im Falle der Annahme einer unangemessenen Drittvergütung nach Maßgabe des § 87 Abs. 1 AktG in Abgrenzung zur gesellschaftsseitigen Vergütung eine Besonderheit: Nach stark vertretener Auffassung handelt ein Vorstandsmitglied, dem von der Gesellschaft Bezüge gewährt werden, welche gegen die Vorgaben des § 87 Abs. 1 AktG verstoßen, nicht treuwidrig und macht sich damit keines Schadensersatzanspruchs haftbar.107 Allenfalls bei einer 105 BGH v. 20. 03. 1995 – II ZR 205/94, BGHZ 129, 136, 165 – Girmes; Drygala, in: Kölner Komm AktG, § 53a, Rn. 136; Henze/Notz, in: Großkomm AktG, Anh § 53a, Rn. 145. 106 Es sind kaum Fälle denkbar, in denen der Vorstand zwar pflichtwidrig, aber nicht schuldhaft handelt, s. etwa Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 93, Rn. 205. 107 Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 87, Rn. 5; Spindler, in: MüKo-AktG, § 87, Rn. 136; ders., AG 2011, 725, 728; Drygala, FS Schneider, 2011, S. 275, 290; Wöller, S. 231 ff.; a.A. Peltzer, FS Lutter, 2000, S. 571, 578; Lutter, ZIP 2006, 733, 735; unklar, aber wohl a.A. Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 87, Rn. 58.
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4. Teil: Sanktionierung und Rechtsschutz bei unzulässiger Drittleistung
aktiven Einflussnahme auf die Vergütungsfestlegung durch den Aufsichtsrat sei ein Pflichtverstoß denkbar.108 Dies kann nicht auf Drittvergütungen übertragen werden. Es fehlt bereits an einer tauglichen dogmatischen Grundlage. Im Falle gesellschaftsseitiger Vergütung lässt sich die dargestellte Privilegierung des Vorstands mit seinem Recht zur Berücksichtigung eigener Interessen rechtfertigen, wenn er der Gesellschaft als Vertragspartner gegenübersteht.109 Es wurde jedoch bereits herausgearbeitet, dass dieses „Recht“ im Falle von Drittvergütung nur soweit fruchtbar gemacht werden kann, als dass das Verbot der Verfolgung von Eigeninteressen einer aktionärsseitigen Leistung nicht entgegensteht, wenn sich das stimulierte Eigeninteresse des Vorstands und das Unternehmensinteresse decken.110 Eine weitergehende bzw. eigenständige Legitimation von Drittvergütung kann daraus aber gerade nicht abgeleitet werden. Und auch unter Wertungsgesichtspunkten ist dies nicht unbillig: Gerade in Anbetracht der Risiken, aber auch des Vorteils des Managements aus einer (immerhin) zusätzlich zur gesellschaftsseitigen Vergütung gewährten Drittvergütung ist es mehr als legitim, den Vorstand für die Ordnungsgemäßheit der Ausgestaltung der Vergütung unter sämtlichen Aspekten in die Pflicht zu nehmen. Indes steht einem Anspruch der Gesellschaft nach § 93 Abs. 2 AktG das bereits in § 117 Abs. 1 AktG angesprochene Problem des mangelnden Schadens entgegen: aa) Kein tauglicher Schaden der Gesellschaft Der Gesellschaft selbst muss ein Schaden durch die treuwidrige Handlung entstanden sein, ein Schaden ihrer Gesellschafter ist im Gegensatz zu § 117 AktG unbeachtlich. Maßgeblich zur Bestimmung des Schadensbegriffs sind die §§ 249 ff. BGB, mithin bedarf es eines Vermögensschadens im Sinne der Differenzhypothese.111 Als pflichtwidrig handelnder Sachwalter muss der Vorstand den Zustand herstellen, der ohne das die Ersatzpflicht begründende Ereignis bestehen würde, inklusive entgangenen Gewinns (§ 252 BGB).112 Doch kommt durch die Annahme von Drittvergütung ein solcher Schaden des Gesellschaftsvermögens grds. nicht in Betracht. Zumal eine bloße Vermögensgefährdung – in Abgrenzung zur Organun108 Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 87, Rn. 5; Spindler, in: MüKo-AktG, § 87, Rn. 136; ders., AG 2011, 725, 728; Schwark, FS Raiser, 2005, S. 377, 395; Drygala, FS Schneider, 2011, S. 275, 290; Wöller, S. 233; weiter Brandes, ZIP 2013, 1107, 1111. 109 s. etwa Mertens/Cahn in Kölner Komm AktG, § 87, Rn. 5, m.w.Nachw. 110 s. dazu oben 3. Teil A.III.1.a)bb)(3); dies verkennt für Drittvergütung Wöller, S. 231 ff. 111 OLG Düsseldorf v. 28. 11. 1996 – 6 U 11/95, AG 1997, 231, 237; Fleischer, in: Spindler/ Stilz, AktG, § 93, Rn. 211; Spindler, in: MüKo-AktG, § 93, Rn. 171; Hölters, in: Hölters, AktG, § 93, Rn. 252; Hopt/Roth, in: Großkomm AktG, § 93, Rn. 409; Krieger/Sailer-Coceani, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 93, Rn. 36; einschränkend Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 93, Rn. 59, m.w.Nachw. 112 Spindler, in: MüKo-AktG, § 93, Rn. 171; Hopt/Roth, in: Großkomm AktG, § 93, Rn. 409; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 93, Rn. 213; Hölters, in: Hölters, AktG, § 93, Rn. 252; Krieger/Sailer-Coceani, in: Schmidt/Lutter, § 93, Rn. 36; Bürgers/Israel, in: Bürgers/ Körber, AktG, § 93, Rn. 22.
A. Sanktionierung unzulässiger Drittvergütung
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treue nach § 266 StGB – für eine Schadensersatzpflicht nach § 93 Abs. 2 AktG gerade nicht ausreichend ist.113 Allenfalls bei Verstoß gegen materielle Vorgaben der Angemessenheit, namentlich bei unangemessener Höhe der sich aus der Drittvergütung und gesellschaftsseitiger Vergütung zusammensetzenden Gesamtvergütung, ist eine schädigende Belastung des Gesellschaftsvermögens denkbar: Hat ein Vorstandsmitglied in treuwidriger Weise auf eine gegen die Angemessenheitskriterien verstoßende gesellschaftsseitige Vergütung hingewirkt, besteht neben der Schadensersatzpflicht i.S.d. § 93 Abs. 2 AktG hinsichtlich der zu viel gezahlten gesellschaftsseitigen Vergütung ein Rückforderungsanspruch der Gesellschaft nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 AktG.114 In Anlehnung daran könnte in Folge der Annahme unangemessener Drittvergütung ein Schaden in Höhe der zu viel gezahlten gesellschaftsseitigen Vergütung liegen, mithin in Höhe der Differenz zu einer angemessenen Höhe der Gesamtvergütung. Doch unabhängig von praktischen Bedenken115 sprechen erhebliche dogmatische Erwägungen gegen die Legitimation solcher Überlegungen: Verweigert der Aufsichtsrat seine Zustimmung, ist sowohl die Vereinbarung als auch Leistung der Drittvergütung als nichtig anzusehen.116 Die Rückforderung zu viel gezahlter gesellschaftsseitiger Vergütung stünde dann aber in klarem Widerspruch zu der verweigerten Zustimmung. Denn ist die Drittvergütung rückwirkend nichtig, kann sich aus ihr nicht in Addition mit der gesellschaftsseitigen Vergütung die Unangemessenheit der Gesamtvergütung ergeben. Setzt man somit an der gesellschaftsseitigen Vergütung an, wäre die Rückforderung „zu viel“ gezahlter Vergütung nichts anderes als eine (teilweise) Verwirkung des Lohnanspruchs des Vorstandsmitglieds ex tunc. Im Zusammenhang mit treuwidrigem Verhalten eines Sachwalters hat der Gesetzgeber die Verwirkung eines Lohnanspruchs aber allein für den Makler in § 654 BGB anerkannt. Wird dieser vertragswidrig auch für einen anderen tätig, ist sein Lohnanspruch ausgeschlossen, ohne dass es eines Schadens des Geschäftsherrn bedarf.117 § 654 BGB erfasst damit eine Form besonders grob treuwidrigen Verhaltens und fällt in seiner Rechtsfolge entsprechend scharf aus.118 Die Vorschrift dient sowohl der Prävention und hat nach Auffassung der Rechtsprechung 113
s. nur Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 93, Rn. 213. Spindler, in: MüKo-AktG, § 87, Rn. 136, 144; ders., AG 2011, 725, 732 f.; Raapke, S. 190, 202 f. 115 Eine solche Konstruktion könnte nur im Falle der Höhe nach unangemessener Vergütung zu einem Ausgleich führen, würde jedoch im Rahmen funktionaler Unangemessenheit zu Schwierigkeiten in der praktischen Umsetzung führen. Insofern könnte man allenfalls im Wege der Fiktion, dass die von der Gesellschaft geleistete Gesamtvergütung als Grenze angemessener Vergütung anzusehen sei, jegliche Leistung eines Dritten als unangemessen anzusehen sein. 116 Zur Klarstellung: Die Intensität des Verstoßes bedingt die Nichtigkeit sowohl der Vereinbarung (Verpflichtungsgeschäft) als auch der Leistung (Verfügungsgeschäft). 117 BGH v. 05. 02. 1962 – VII ZR 248/69, BGHZ 36, 323, 326; Sprau, in: Palandt, BGB, § 654, Rn. 2; Roth, in: MüKo-BGB, § 654, Rn. 1. 118 Hopt, ZGR 2004, 1, 47. 114
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4. Teil: Sanktionierung und Rechtsschutz bei unzulässiger Drittleistung
gar Strafcharakter.119 Diese Einordnung zwingt dazu, die Ausweitung der Vorschrift restriktiv zu handhaben und dessen Rechtsgedanken nicht auf jeden Fall treuwidrigen Verhaltens zu übertragen. Während daher grds. allein eine analoge Anwendung auf maklerähnliche Rechtsverhältnisse und Verträge propagiert wird,120 ist nach neuerer Rechtsprechung für den Verlust des Entgeltanspruchs maßgeblich, ob sich der Treunehmer wegen eines schweren Treubruchs als unwürdig erwiesen hat.121 Indes ist selbst nach dieser weiteren Auffassung eine analoge Anwendung des § 654 BG nicht geeignet, den Unrechtsgehalt im vorliegenden Fall sachgerecht zu erfassen. Zwar könnte im Einzelfall ein entsprechend gravierender Treuverstoß durchaus anzunehmen sein, doch zeigt nicht nur der Umstand, dass in der Rechtsdiskussion gerade unklar ist, wann die Annahme einer Drittvergütung als Treuepflichtverstoß zu werten ist, dass der Unrechtsgehalt unzulässiger Drittvergütung i. d. R. nicht an den von § 645 BGB vorausgesetzten heranreicht. Zudem muss insbesondere Berücksichtigung finden, dass es vorliegend um einen Treupflichtverstoß in einem andauernden und äußerst vielschichtigen Interessenwahrungsverhältnis geht,122 das wohl kaum mit einem „einfachen Vermittlungsauftrag“ gleichgesetzt werden kann. Die Stellung als Gesellschaftsorgan setzt daher für sich schon eine andere Handhabung etwaiger Treueverstöße voraus und lässt insbesondere eine Verwirkung des Lohnanspruchs als zu weitgehend erscheinen. bb) Gewinnhaftung unter Berücksichtigung des Rechtsgedankens des § 667 BGB? Während somit ein „klassischer“ Schaden der Gesellschaft im Falle unzulässiger Drittvergütung nicht in Betracht kommt, ist diese jeder Schmiergeld- bzw. Bestechungsleistung anhängende Problematik des nicht unmittelbar verursachten Schadens von der höchstrichterlichen Rspr. keinesfalls ignoriert worden. Unter Rückgriff auf den Rechtsgedanken des § 667 Alt. 2 BGB hat bereits das Reichsgericht einen Anspruch der Gesellschaft auf „Abschöpfung“ einer solch unzulässigen Gewinnerzielung anerkannt,123 was der BGH in ständiger Rspr. fortgesetzt hat.124 Diese sog. 119 BGH v. 05. 02. 1962 – VII ZR 248/69, BGHZ 36, 323, 326; v. 16. 10. 1980 – IVa ZR 35/ 80, NJW 1981, 280, 280; Sprau, in: Palandt, BGB, § 654, Rn. 2; Hopt, ZGR 2004, 1, 47; a.A. Arnold, in: Staudinger, BGB, § 654, Rn. 2; wohl auch Roth, in: MüKo-BGB, § 654, Rn. 2. 120 Sprau, in: Palandt, BGB, § 654, Rn. 8; Hopt, ZGR 2004, 1, 47; ausführlich zur analogen Anwendung Arnold, in: Staudinger, BGB, § 654, Rn. 10 ff. 121 BGH v. 06. 05. 2004 – IX ZB 349/02, NJW-RR 2004, 1422, 1424; v. 23. 09. 2009 – V ZB 90/09, NJW-RR 2009, 1710, 1710; v. 22. 10. 2009 – V ZB 77/09, NJW-RR 2010, 426, 426. 122 So überzeugend Hopt, ZGR 2004, 1, 47 für den Treuepflichtverstoß aufgrund „klassischer“ Schmiergelder. 123 RG v. 23. 05. 1919 – II 376/18, RGZ 96, 53, 55; v. 24. 04. 1920 – III 411/19, RGZ 99, 31, 34; v. 30. 05. 1940 – V 204/39, RGZ 164, 98, 102 f. 124 BGH v. 29. 10. 1962 – II ZR 194/60, BGHZ 38, 171, 175; v. 07. 01. 1963 – VII ZR 149/61, BGHZ 39, 1, 2 ff.; v. 24. 02. 1982 – IVa ZR 306/80, NJW 1982, 1752, 1752; v. 01. 04. 1987 – IVa ZR 211/85, NJW-RR 1987, 1380, 1380; v. 17. 10. 1991 – III ZR 352/89, WM 1992, 879, 879; v.
A. Sanktionierung unzulässiger Drittvergütung
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Gewinnhaftung ist freilich nicht allein auf Schmiergelder an Geschäftsleiter von Kapitalgesellschaften bezogen, sondern findet – pauschal beschrieben – immer dort Anwendung, wo die Loyalität eines treuhänderisch Beauftragten in Frage gestellt wird, weil die Leistung in „innerem Zusammenhang“ mit der treuhänderischen Tätigkeit steht. Bereits eingangs dieser Bearbeitung wurde auf die entsprechende, auf Kapitalgesellschaften bezogene Rechtsprechung hingewiesen, wonach die Annahme von Zuwendungen Dritter, namentlich Schmier- oder Bestechungsgelder, Provisionen oder Vorzugspreise, einen Treuepflichtverstoß des Geschäftsleiters einer Kapitalgesellschaft begründet.125 Auch wurde festgestellt, dass die Annahme grds. jeglicher Leistungen sonstiger Dritter (also nicht Aktionäre, Bieter oder ganz im Ausnahmefall auch Gläubiger) einen entsprechenden Treuepflichtverstoß zwingend zur Folge hat,126 was die Fallgruppe der Leistungen sonstiger Dritter für die weitere Zweckrichtung dieser Bearbeitung uninteressant macht. Dennoch ist an dieser Stelle nochmals auf diese von der Rechtsprechung prinzipiell klar vorgegebene Fallgruppe zu rekurrieren. Denn will man auch unter Berücksichtigung von Leistungen, deren Annahme nicht per se einen Treuepflichtverstoß bedeutet, ein einheitliches Bild gewinnen, muss zunächst ein kurzer Blick auf die in der genannten Rechtsprechung – bislang allenfalls am Rand erwähnte – praktizierte Rechtsfolge der Gewinnhaftung geworfen werden, um deren Anwendbarkeit auf unzulässige Drittvergütung (oder später unzulässige Bieterleistung) beurteilen zu können. Im Kern geht es damit um die Frage, ob unzulässige Drittvergütungen als eine Gewinnhaftung auslösende Schmiergelder qualifiziert werden können. (1) Grundlage: Gewinnhaftung bei Treupflichtverletzung Nach § 667 Alt. 2 BGB ist der Beauftragte verpflichtet, dem Auftraggeber alles herauszugeben, was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt. Hierfür ist maßgeblich, ob das Erlangte in „innerem Zusammenhang“ mit dem aufgetragenen Geschäft stand,127 wovon unstreitig alle Vorteile erfasst sind, die der Beauftragte durch eine „ordnungsgemäße“ Geschäftsführung erzielt hat.128 Dagegen ist der Empfang von Schmiergeldern oder Provisionszahlungen eines Dritten gerade nicht vom Auftrag umfasst, sodass solche Vorteile bei einer strikten Orientierung am Wortlaut des § 667 Alt. 2 BGB nur „bei Gelegenheit“, aber nicht „aus“ der Geschäftsbesorgung erlangt wurden. Nach vertretener Auffassung gehe daher eine Gewinnhaftung auf Grundlage
02. 04. 2001 – II ZR 217/99, NZG 2001, 800, 801; OLG Düsseldorf v. 25. 11. 1999 – 6 U 146/98, WM 2000, 1393, 1397. 125 s. dazu oben 2. Teil A.II.1. 126 s. dazu oben 2. Teil D.III. 127 Allg.M., s. nur BGH v. 17. 10. 1991 – III ZR 352/89, WM 1992, 879, 880; v. 04. 02. 2000 – V ZR 260/98, BGHZ 148, 373, 375. 128 Rusch, S. 202.
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4. Teil: Sanktionierung und Rechtsschutz bei unzulässiger Drittleistung
des § 667 Alt. 2 BGB bereits im Ansatz fehl.129 Indes orientiert sich die von der Rechtsprechung geprägte ganz herrschende Meinung gerade nicht allein am Wortlaut der Norm. Der zur Abgrenzung bemühte innere Zusammenhang sei vielmehr auch dann anzunehmen, wenn objektiv die Gefahr besteht, dass der Beauftrage infolge der Zuwendung das Interesse seines Auftraggebers zurückstellen könnte:130 Unter Berücksichtigung historischer Erwägungen131 diene § 667 Alt. 2 BGB u. a. dem Zweck, „daß dem Besorger fremder Geschäfte aus dieser Geschäftsführung keine Vorteile verbleiben sollen, die seine Unbefangenheit im Verhältnis zu seinem Auftraggeber beeinträchtigen könnten“.132 Mithin stünden auch alle für den Beauftragten persönlich bestimmten Vorteile in innerem Zusammenhang mit der Geschäftsführung, „wenn die Besorgnis besteht, er könnte durch sie veranlaßt werden, die Interessen seines Geschäftsherrn außer acht zu lassen“.133 Dafür sei unerheblich, dass der Gewährende die „Schmiergelder“ nur „dem ungetreuen Angestellten zukommen lassen wollte“.134 Ebenso (zumindest für die Anspruchsentstehung), ob der Gesellschaft durch die Annahme ein Schaden entstanden ist.135 An dieser ganz herrschenden Meinung ist einige Kritik geübt worden. Im Anschluss an die Rspr. des BAG erkennt eine Auffassung zwar einen Gewinnhaftungsanspruch grds. an, allerdings soll dies nicht aus § 667 Alt. 2 BGB, sondern auf Grundlage des § 687 Abs. 2 BGB erfolgen.136 Da diese Bestimmung in der praktischen Rechtsanwendung jedoch keinen nennenswerten Unterschied mit sich bringt,137 muss dies im Rahmen dieser Bearbeitung nicht weiter vertieft werden.138 Schärfer ist indes die Kritik, die in einer solchen Gewinnhaftung eine Form des dem 129
Müller, S. 256 f.; Ebert, S. 470. Ganz h.M. aus der Rspr. s. Fn. 123, 124; aus der Lit. Martinek, in: Staudinger, BGB, § 667, Rn. 12; Fischer, in: Bamberger/Roth, BGB, § 667, Rn. 10; Beuthien, in: Soergel, BGB, § 667, Rn. 7, 13; Sprau, in: Palandt, BGB, § 667, Rn. 3; Berger, in: Erman, BGB, § 667, Rn. 9; Hopt, ZGR 2004, 1, 48 f.; Fleischer, WM 2003, 1045, 1056; Hölters, in: Hölters, AktG, § 93, Rn. 130; König, FS v. Caemmerer, 1978, S. 179, 200; grds. auch Rusch, S. 202 ff.; Löhnig, S. 620 f.; trotz dogmatischer Bedenken Ehmann, in: Erman, BGB, 12. Aufl. 2008, § 667, Rn. 17; a.A. Seiler, in: MüKo-BGB, § 667, Rn. 17; Müller, S. 256. 131 Dazu anschaulich Rusch, S. 203 f.; Löhnig, S. 620; zweifelnd aber Helms, S. 373 ff., 377. 132 BGH v. 07. 01. 1963 – VII ZR 149/61, BGHZ 39, 1, 4; unter Hinweis auf RG v. 24. 04. 1920 – III 411/19, RGZ 99, 31, 34. 133 Grundlegend für die „neuere Rspr.“ BGH v. 07. 01. 1963 – VII ZR 149/61, BGHZ 39, 1, 2. 134 St. Rspr. BGH v. 07. 01. 1963 – VII ZR 149/61, BGHZ 39, 1, 2. 135 BGH v. 07. 01. 1963 – VII ZR 149/61, BGHZ 39, 1, 4 f.; v. 02. 04. 2001 – II ZR 217/99, NZG 2001, 800, 801; Ehmann, in: Erman, BGB, 12. Aufl. 2008, § 667, Rn. 17; Hueck/Nipperdey, S. 247. 136 s. BAG v. 14. 07. 1961 – 1 AZR 288/60, BAG 11, 208, 211 f.; zustimmend Ebert, S. 469 ff., 475. 137 Grundlegend für die „neuere Rspr.“ BGH v. 07. 01. 1963 – VII ZR 149/61, BGHZ 39, 1, 3; darauf weist auch Helms, S. 394 hin. 138 Zu weiteren dogmatischen Ansätzen s. die Hinweise in Fn. 141. 130
A. Sanktionierung unzulässiger Drittvergütung
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deutschen Recht grds. fremden Strafschadensersatzes sieht.139 Allerdings wird dieser Vorwurf selbst von vielen Kritikern der dogmatischen Konstruktion der herrschenden Meinung140 wenn nicht direkt zurückgewiesen, so doch zumindest als unbeachtlich erklärt. Die angestellten kritischen Überlegungen zielen zumeist darauf ab, den Gewinnhaftungsanspruch auf eine dogmatisch überzeugendere Grundlage zu stellen,141 nicht aber gegen einen Gewinnhaftungsanspruch an sich. Denn Notwendigkeit und Grund einer Gewinnhaftung ergeben sich nach ganz überwiegender Auffassung aus der Stellung des Treunehmers und der damit verbundenen Möglichkeit, aber auch Versuchung zur treuwidrigen Ausnutzung der fiduziarischen Beziehung zum Nachteil des Geschäftsherrn, mithin aus dem Inhalt der verletzten Loyalitätspflicht selbst.142 In diesem Sinne exemplarisch schlägt Helms vor, den Gewinnhaftungsanspruch im Sinne eines allgemeinem Prinzips aus der Verletzung von Treuepflichten selbst abzuleiten.143 Zumindest in Abgrenzung zu einem unzulässigen Strafschadensersatz ist dies überzeugend: Im Verhältnis zum Treugeber wird dem Treunehmer ein besonders weit reichender Handlungsfreiraum eingeräumt,144 er gleichzeitig aber – als Gegengewicht – dazu verpflichtet, die Interessen des Treugebers vorbehaltlos und unter Ausblendung der Verfolgung eigener Interessen zu fördern. Gerade die Annahme der Leistung eines Dritten kann aber aufgrund der damit verbundenen Stimulierung finanzieller Eigeninteressen des Treunehmers zu einem Interessenkonflikt führen, der dessen Unbefangenheit und damit „die Basis des Treupflichtverhältnisses selbst in Frage stellt“.145 Die Notwendigkeit des Verbots der Verfolgung finanzieller Eigeninteressen (zu gleichzeitigem Lasten des Treugebers) erweist sich damit als immanente Voraussetzung, um die Funktionsfähigkeit
139 Insbesondere Müller, S. 256 f.; auf etwaige Probleme in diesem Zusammenhang hinweisend Ehmann, in: Erman, BGB, 12. Aufl. 2008, § 667, Rn. 17. 140 Hierzu ausführlich u. a. Helms, Gewinnherausgabe als haftungsrechtliches Problem, S. 369 ff., der dem Streit um die dogmatische Einordnung insbesondere im Hinblick auf die Anspruchsverjährung Bedeutung einräumt, S. 476; Böger, System der vorteilsorientierten Haftung im Vertrag, S. 445 ff.; Rusch, Gewinnhaftung bei Verletzung von Treuepflichten, S. 202 ff; eine Übersicht gibt auch Löhnig, Treuhand, S. 616 ff.; sich ausschließlich gegen die dogmatische Konstruktion, nicht aber den Gewinnhaftungsanspruch an sich wendend Ebert, S. 469 ff., 475; Köndgen, RabelsZ 56 (1992), 696, 751 f. 141 Neben dem Ansatz des BAG die Gewinnhaftung aus § 687 Abs. 2 BGB abzuleiten, s. Fn. 136, werden insbesondere eine Analogie zu §§ 61 Abs. 2, 113 Abs. 3 HGB, §§ 88 Abs. 2 S. 2, 284 Abs. 2 S. 2 AktG vertreten (differenzierend Löhnig, S. 625 ff.) oder aber die Gewinnhaftung im Wege der eigenständigen Rechtsfortbidlung aus Sinn und Zweck der Treuepflicht abgeleitet (in diese Richtung Köndgen, RabelsZ 56 (1992), 696, 752; Helms, S. 472, 476; ähnlich Hopt, ZGR 2004, 1, 49). 142 Anschaulich Köndgen, RabelsZ 56 (1992), 696, 750; ferner Helms, S. 473; Hopt, ZGR 2004, 1, 48 f.; Veil, ZGR 2005, 155, 180; Rusch, S. 242 ff.; Köndgen, RabelsZ 56 (1992), 696, 752; Fleischer, WM 2003, 1045, 1056. 143 Helms, S. 472, 476; Köndgen, RabelsZ 56 (1992), 696, 752. 144 Exemplarisch hierzu die Ausführungen im zweiten Teil, oben 2. Teil C.I. 145 Helms, S. 473; Hueck/Nipperdey, S. 247.
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4. Teil: Sanktionierung und Rechtsschutz bei unzulässiger Drittleistung
des Rechtsinstituts der treuhänderischen Tätigkeit an sich zu gewährleisten.146 Berücksichtigt man ferner die Ineffektivität sonst üblicher Sanktionsinstrumentarien bei Verletzung organschaftlicher Treuepflichten (insbesondere im Zusammenhang mit der Annahme von Schmiergeldern), erscheint es mithin nicht nur konsequent, sondern geboten, dem Treugeber einen Anspruch auf Abschöpfung des treuwidrig erzielten Gewinns zuzuerkennen.147, 148 Denn gerade durch die (Möglichkeit zur) Erzielung dieses Gewinns wird die Treuwidrigkeit überhaupt erst begründet – wie durch dessen Abschöpfung der Grund des Treuepflichtverstoßes wieder beseitigt wird. Dass in diesem Zusammenhang durchaus Präventionserwägungen eine Rolle spielen, wird mithin nicht bestritten, sondern – im Gegenteil – in Anbetracht des Sanktionsdefizits bei Schmiergeldannahmen gar begrüßt.149 Im Ergebnis besteht zumindest hinsichtlich der Rechtsfolge, nämlich der Notwendigkeit der Abschöpfung eines Schmiergelds, überwiegend Einigkeit. Dies rechtfertigt es, sich in der weiteren Bearbeitung allein auf die Frage zu konzentrieren, ob in der Annahme unzulässiger aktionärsseitiger Leistung eine vergleichbare treuwidrige Annahme eines Schmiergelds zu sehen ist – ohne auf den Streit um die dogmatische Grundlage vertieft einzugehen.150 (2) Anwendbarkeit auf treuwidrige Drittvergütung? Bislang ist ungeklärt, ob eine Gewinnhaftung auch bei Annahme unzulässiger aktionärsseitiger Drittvergütung in Betracht kommt. Unter Berücksichtigung von Rechtsprechung und Literatur haben sich für die Annahme des Gewinnhaftungsanspruchs folgende Voraussetzungen herauskristallisiert:151 Zunächst müsste sich das Verhältnis zwischen Vorstand und Gesellschaft als ein Treuepflichtverhältnis der angedachten Art darstellen, ferner müsste der Vorstand in seiner Stellung als Treunehmer durch die Annahme der Leistung eines Dritten einen Gewinn erzielen, und schließlich muss die Verwirklichung dieses Gewinns zu einem (pflichtwidrigen) Interessenkonflikt im Verhältnis zum Treugeber führen können. Für die Bestimmung der notwendigen fiduziarischen Beziehung kommt es allein auf das Verhältnis zwischen Treugeber und Treunehmer an, der Dritte spielt hier grds. keine Rolle. Insofern muss der Treupflichtige erstens besonderen Vermögensbetreuungspflichten unterworfen sein, heißt Verfügungsmacht über die Vermögensinteressen des Treugebers innehaben, diese zweitens nicht im eigenen, sondern in 146
Helms, S. 473; König, FS v. Caemmerer, 1978, S. 179, 200. Helms, S. 473. 148 Unter dieser Argumentation erscheint insbesondere das Urteil des BGH v. 02. 04. 2001 – II ZR 217/99, NZG 2001, 800, 801 systemwidrig zu der sonst verfolgten Linie. 149 Köndgen, RabelsZ 56 (1992), 696, 753; Hopt, ZGR 2004, 1, 49; König, FS v. Caemmerer, 1978, S. 179, 200; Rusch, 210 f., 215, 249; ausführlich zu diesem Aspekt, wenn auch unter § 667 Var. 2 BGB kritisch, Böger, S. 461 ff., 465 ff. 150 s. hierzu ausführlich die Autoren der in Fn. 140 genannten Beiträge. 151 Zusammenfassend Rusch, S. 242 ff.; Hopt, ZGR 2004, 1, 49. 147
A. Sanktionierung unzulässiger Drittvergütung
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dessen (Fremd-)Interesse ausüben und dabei drittens Entscheidungsautonomie genießen.152 Die organschaftliche Treuepflicht des Geschäftsleiters einer Kapitalgesellschaft ist urtypischer Anwendungsfall einer solchen Beziehung.153 Ebenso wenig steht ferner die Gewinnerzielung durch die Annahme von Drittvergütung in Frage. Selbst wenn diese objektiv für einen besonderen Arbeitsaufwand des Vorstands erfolgen soll und sich damit als Äquivalent erbrachter Leistung darstellt, besteht zunächst die Vermutung, dass der Aufwand durch die gesellschaftsseitige Vergütung bereits angemessen abgegolten wurde. Bedenken einer Subsumtion der Drittvergütung unter die Gewinnhaftung können sich damit allenfalls im Rahmen des Interessenkonflikts ergeben. Dass ein solcher Interessenkonflikt immanente Voraussetzung der Gewinnhaftung ist, ergibt sich bereits aus der (teils bereits oben genannten) Rspr.: Der im Rahmen des § 667 Var. 2 BGB erforderliche innere Zusammenhang bestehe erst, wenn die Sondervorteile „eine Willensbildung zum Nachteil des Auftraggebers [Treugebers] befürchten lassen“.154 Im Zusammenhang mit Provisionsleistungen führt der BGH weiter aus, dass der „Beklagte [als Treunehmer] durch seine Provisionsforderung zumindest stets in der Gefahr war, seine Anlageempfehlungen nicht allein an den Interessen der Klägerin [als Treugeber] auszurichten“.155 Vorliegend könnte jedoch gegen die Beachtlichkeit des Interessenkonflikts sprechen, dass – im Gegensatz zu den sonst im Zusammenhang mit Schmiergeldern diskutierten Konstellationen – die Leistung gerade nicht von einem Gesellschaftsfremden, sondern von einem Aktionär als „Teil“ der Gesellschaft stammt. Indes wird der herausgehobenen Stellung der Aktionäre als „wirtschaftliche Eigentümer“ bereits auf der Ebene der Zulässigkeit Rechnung getragen, indem – im Vergleich zu Leistungen anderer Dritter – die Grenzen der gesellschaftsrechtlichen Zulässigkeit deutlich weiter gezogen sind – Prinzipal und damit Treugeber bleibt aber dennoch die Gesellschaft. Erfüllt daher eine aktionärsseitige Leistung die in der Zulässigkeit gestellten Anforderungen nicht, ist ihr die Gefahr einer unzulässigen Einflussnahme auf den Vorstand der Aktiengesellschaft offensichtlich immanent. Ebenso, wenn der Aufsichtsrat der Leistung seine Zustimmung verweigert. Warum sollten die Aktionäre dann aber auf Ebene der Haftung privilegiert werden, insbesondere wenn man berücksichtigt, dass sich der Vorstand durch die Annahme solch unzulässiger Leistung eines (gravierenden) Treuepflichtverstoßes schuldig macht? Denn fasst man die Aussagen von Rechtsprechung und Literatur zusammen, sind als „Schmiergeld“ im zivilrechtlichen Sinne all solche Leistungen zu qualifizieren, deren Annahme mit der Treuepflicht des Betreffenden nicht zu vereinbaren ist.156 152
Rusch, S. 195 f.; zustimmend Helms, S. 803; wohl auch Hopt, ZGR 2004, 1, 5, 49. s. etwa Hopt, ZGR 2004, 1, 5; ausführlich zum Pflichtenprogramm des organschaftlichen Treueverhältnisses, oben 2. Teil A.I. 154 BGH v. 01. 04. 1987 – IVa ZR 211/85, NJW-RR 1987, 1380, 1380; v. 02. 04. 2001 – II ZR 217/99, NZG 2001, 800, 801. 155 BGH v. 01. 04. 1987 – IVa ZR 211/85, NJW-RR 1987, 1380, 1380. 156 Helms, S. 379, Fn. 345, m.w.Nachw. 153
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4. Teil: Sanktionierung und Rechtsschutz bei unzulässiger Drittleistung
Unerheblich ist auch, dass Drittvergütungen eher selten im Zusammenhang mit einem konkreten Geschäft geleistet werden und damit keine konkreten Geschäftsaussichten des Treugebers berühren. Denn gerade in solchen Fällen ist die Notwendigkeit der Gewinnhaftung ihrem Sinn und Zweck nach besonders offenbar, da die Wahrscheinlichkeit eines nachzuweisenden oder bemerkbaren Schadens des Treugebers deutlich geringer ist.157 Die Gewinnabschöpfung resultiert mithin aus dem „rein negativen Abwehrinteresse“ des Geschäftsherrn, pflichtwidrige Handlungen des Treunehmers unterbinden zu können.158 Zumal unstreitig ist, dass der Anspruch auf Gewinnabschöpfung unabhängig von einem Schaden des Treugebers eintritt, was voraussetzt, dass die Annahme der Leistung gerade nicht mit einem konkret schadensstiftenden Ereignis zusammenfallen muss. Entscheidend ist allein der Bezug zur gegenwärtigen und zukünftigen Interessenwahrnehmung in der Interessenssphäre des Treugebers.159 (3) Reichweite des Gewinnhaftungsanspruchs Bei konsequenter Weiterentwicklung implizieren die zuvor genannten Aussagen der Rechtsprechung schließlich („befürchten lassen“, „stets in Gefahr war“),160 dass bereits die Annahme der Leistung eines Dritten die Gefahr des Interessenkonflikts und damit den Treueverstoß mit sich bringt. Auf die tatsächliche Pflichtwidrigkeit kommt es gerade nicht an; insbesondere nicht darauf, ob sich der Treunehmer tatsächlich an den Interessen des Leistenden ausrichtet und damit pflichtwidrig verhält.161 Dies legt den Schluss nahe, dass sämtliche Vergütungen und Leistungen Dritter und gerade nicht nur Schmiergelder und Bestechungsleistungen unter die Herausgabepflicht fallen und damit konsequenterweise jegliche Drittvergütung herauszugeben wäre. Denn selbst wenn diese nach obigen Maßstäben als mit dem Unternehmensinteresse und der Treuepflicht vereinbar angesehen werden könnte,162 würde die Gefahr der (wenn auch nur psychologischen) Ausrichtung auf die Interessen des Aktionärs dennoch nicht vollends beseitigt werden können. Zur Lösung empfiehlt sich indes ein doppelter Ansatzpunkt: Erfüllt eine Drittvergütung die oben herausgearbeiteten materiellen Anforderungen, kann zwar nach hier vertretener Auffassung noch immer nicht angenommen werden, dass die Gefahr des unzulässigen Interessenkonflikts vollends gebannt ist, auch wenn sich die Leistung an zulässigen Kennziffern orientiert und das Erfordernis der Nachhaltigkeit gewahrt wird. Doch wäre es widersinnig zu bestreiten, dass die vom BGH beschriebene abstrakte Gefahr des Interessenkonflikts durch solche Drittvergütungen deutlich geschmälert ist. Richtiger Ansatzpunkt ist somit nicht die 157 158 159 160 161 162
s. etwa Rusch, S. 248. Helms, S. 475; Rusch, S. 248. Löhnig, S. 620, m.w.Nachw. s. Nachweise in Fn. 154 – 155. s. etwa Beuthien, in: Soergel, BGB, § 667, Rn. 13. Ähnlich Köndgen, RabelsZ 56 (1992), 696, 753.
A. Sanktionierung unzulässiger Drittvergütung
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Differenzierung anhand der tatsächlichen Pflichtwidrigkeit, sondern anhand der von der Leistung ausgehenden Gefahr künftiger Pflichtwidrigkeit. Die Ausnahme wenig gefahrträchtiger Leistungen von der Rechtsfolge der Abschöpfung erscheint unter rechtsdogmatischen Gesichtspunkten damit nicht per se im Widerspruch zum Prinzip der Gewinnhaftung.163 Dennoch verbleibende Bedenken können schließlich mit einem Blick auf § 667 BGB beseitigt werden. Dieser ist dispositiv, der Auftraggeber kann auf die Herausgabepflicht verzichten.164 Zwar ist der „Auftraggeber“ oder besser Treugeber vorliegend die Gesellschaft, doch wird diese gegenüber dem Vorstand durch den Aufsichtsrat vertreten, § 112 AktG. Übertragen auf den hier diskutierten Fall kann somit der Aufsichtsrat durch bewusste Entscheidung von einer Herausgabepflicht absehen und dem Vorstand die Leistung zugestehen.165 Die Rechtslage klar unzulässiger Schmiergelder wird davon nicht berührt, bei einer etwaigen Zustimmung würde sich der Aufsichtsrat vielmehr selbst pflichtwidrig verhalten. Insofern ist zu berücksichtigen, dass der Aufsichtsrat gerade nicht der Geschäftsherr selbst ist und es systemwidrig erschiene, über die hier diskutierte dogmatische Konstruktion die Wertung von § 93 Abs. 4 S. 2 AktG auszuhebeln, wonach der Zustimmung des Aufsichtsrats gerade keine dispensierende Wirkung zukommen kann. Im Endeffekt kann auf diesem Wege auch im Rahmen der Gewinnhaftung ausreichend sichergestellt werden, dass nur dem Nutzen der Gesellschaft dienende Drittvergütungen vom Vorstand angenommen und insbesondere einbehalten werden dürfen. Dies deckt sich nicht nur mit dem bereits allgemein unter der organschaftlichen Treuepflicht bzw. weiteren gesellschaftsrechtlichen Vorgaben herausgearbeiteten Zustimmungserfordernis des Aufsichtsrats, sondern bestätigt dieses sogar. Abschließend ist anzumerken, dass zumindest im Rahmen der aktionärsseitigen Drittvergütung für den Vorstand keine „doppelte Inanspruchnahme“ sowohl durch die Abschöpfung des Gewinns als auch durch einen Anspruch des Aktionärs aufgrund Nichtigkeit der Vereinbarung besteht.166 Denn zumindest wenn man das Institut der Gewinnhaftung im Rahmen von Drittvergütungen anerkennt, steht einem Anspruch des Aktionärs aus § 812 Abs. 1 BGB der Einwand des § 817 S. 2 BGB entgegen.167, 168
163
Ähnlich Köndgen, RabelsZ 56 (1992), 696, 753. BGH v. 28. 11. 1996 – III R 45/95, NJW-RR 1997, 778, 778; Seiler, in: MüKo-BGB, § 667, Rn. 2; Fischer, in: Bamberger/Roth, BGB, § 667, Rn. 5; Martinek, in: Staudinger, BGB, § 667, Rn. 3. 165 Ebenso Mayer-Uellner, AG 2011, 193, 198. 166 Zur Nichtigkeit s. oben 4. Teil A.I. 167 Ebert, S. 468, Fn. 415; Helms, S. 378, Fn. 336; wohl auch Ehmann, in: Erman, BGB, 12. Aufl. 2008, § 667, Rn. 17. 168 Problematischer erweist sich diese Rechtsfolge indes im Zusammenhang mit Leistungen des Bieters im Rahmen des § 33d WpÜG, s. dazu unten 4. Teil B.I.1.b). 164
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4. Teil: Sanktionierung und Rechtsschutz bei unzulässiger Drittleistung
cc) Fazit Nimmt der Vorstand eine unzulässige aktionärsseitige Leistung an, so hat er sie nach Maßgabe des Gewinnhaftungsanspruchs an die Gesellschaft herauszugeben. Mit Auffassung der Rechtsprechung ist dieser hier zunächst als Fall des § 667 BGB zu behandeln – ob dies auf dogmatischer Ebene so aufrecht zu erhalten ist, kann vorliegend nicht entschieden werden. Gleichwohl besteht eine gewisse Nähe zu § 93 Abs. 2 AktG – zum einen, weil der Treuepflichtverstoß immanente Voraussetzung zur Anspruchsentstehung ist, zum anderen, weil durch den Gewinnhaftungsanspruch zumindest im Ansatz eine Haftungslücke gefüllt wird, die der Anspruch aus § 93 Abs. 2 AktG hinterlässt. Insofern – als wichtiger Unterschied zu § 93 Abs. 2 AktG – kommt der Gewinnhaftungsanspruch aber erst bei endgültiger Nichtigkeit der Drittvergütung zum Tragen, nicht bereits bei bloßer Pflichtwidrigkeit des Vorstandshandelns. Dadurch gelingt es, den Zwischenraum zwischen Pflichtwidrigkeit des Vorstandshandelns und endgültiger Nichtigkeit der Leistung sachgerecht zu überbrücken. Freilich kann der Anspruch nur bei erfolgter Leistung verwirklicht werden, nicht bereits beim „bloßen“ In-Aussicht-Stellen der Leistung. Insofern bleibt zu hoffen, dass die präventive Wirkung des Anspruchs diese Lücke zumindest in gewissem Rahmen auszugleichen vermag. Allerdings bleibt zu konstatieren, dass das Sanktionsbedürfnis im Hinblick auf unzulässige Drittvergütung durch den Gewinnhaftungsanspruch nur zum Teil abgedeckt wird, da auch dieser keine insbesondere den Vorstand spürbar treffende Sanktion bedeutet, da er lediglich die ohnehin unzulässige Leistung „abschöpft“. b) § 93 Abs. 2 AktG in Folge der Drittvergütung – Einschränkung der Business Judgement Rule des § 93 Abs. 1 S. 2 AktG? Häufig wird sich die schädigende Wirkung der Drittvergütung erst bei Folgemaßnahmen des Vorstands zeigen. Kommt es zu konkreten Schädigungen nach Maßgabe des § 93 Abs. 2 AktG und kann der Ursachenzusammenhang zwischen einem Schaden der Gesellschaft und einer pflichtwidrigen Maßnahme des Vorstands (-mitglieds) nachgewiesen werden,169 hat die Gesellschaft bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen einen konkreten Schadensersatzanspruch gegen den Vorstand. Doch sind einer solchen Haftung insbesondere auf Ebene der Pflichtwidrigkeit Grenzen gesetzt: Denn Anknüpfungspunkt ist nicht mehr die Treuepflicht des Vorstands, sondern dessen Sorgfaltspflicht nach § 93 Abs. 1 S. 1 AktG. Wie bereits im zweiten Teil der Bearbeitung dargestellt, richtet sich eine Haftung des Vorstands somit nunmehr danach, ob er einem ordentlichen und gewissenhaften Unterneh169 Zur Notwendigkeit der Kausalität zwischen Pflichtwidrigkeit und Schaden, s. etwa Hopt/Roth, in: Großkomm AktG, § 93, Rn. 413 ff.; Hüffer/Koch, AktG, § 93, Rn. 47; Krieger/ Sailer-Coeani, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 93, Rn. 40; Hölters, in: Hölters, AktG, § 93, Rn. 262.
A. Sanktionierung unzulässiger Drittvergütung
383
mensleiter entsprechend gehandelt hat. Erfüllt er dabei die Voraussetzungen der in § 93 Abs. 1 S. 2 AktG kodifizierten Business Judgement Rule, genießt er einen breiten Ermessenspiel- und Haftungsfreiraum.170 Mit anderen Worten kann er, selbst wenn sein Handeln erwiesenermaßen einen Schaden der Gesellschaft verursacht, im Anwendungsbereich der Business Judgement Rule nicht für diesen haftbar gemacht werden.171 Anknüpfungspunkt für die weitere Sanktionierung eines durch Drittvergütung potentiell verwässerten Vorstandshandelns könnte der Verlust dieser Entlastungsmöglichkeit sein. Denn als ungeschriebene, aber allgemein anerkannte Voraussetzung der Business Judgement Rule hat der Vorstand frei von sachfremden Einflüssen und Sonderinteressen zu handeln.172 Ist die unternehmerische Entscheidung durch einen Interessenkonflikt beeinträchtigt, soll der Vorstand nicht mehr in den Genuss der Haftungsprivilegierung kommen.173 Maßgeblich ist daher, ob der durch die Drittleistung hervorgerufene Interessenkonflikt die Neutralität des Vorstands derart erschüttert, dass sein nachfolgendes unternehmerisches Handeln nicht mehr als frei von entsprechenden Sonderinteressen angesehen werden kann. Der Gesetzgeber lässt offen, welche Intensität der Interessenkonflikt für einen Ausschluss der Business Judgement Rule aufweisen muss;174 insofern würde nach strenger Sprechart dieser ungeschriebenen Voraussetzung gar jeglicher Interessenkonflikt zu einem Verlust des Privilegs aus § 93 Abs. 1 S. 2 AktG führen. Indes wäre eine entsprechend strenge Handhabung dazu geeignet, die Idee eines weiten, haftungsfreien Geschäftsleiterermessens leer laufen zu lassen. So sind kaum Fälle denkbar, in denen das Geschäftsleiterhandeln vollkommen frei von Interessenkonflikten ist.175 Maßgeblich ist daher, im Sinne einer Erheblichkeits- bzw. Relevanzschwelle, ob der Interessenkonflikt ausreichende Intensität aufweist, den Vorstand
170
s. 2. Teil C.II. Dies ist indes nicht mit einer von § 93 Abs. 2 S. 2 AktG abweichenden und damit den Vorstand begünstigenden Regelung der Beweislast zu verwechseln. Diese trifft gem. Abs. 2 S. 2 nach wie vor – und damit entgegen dem allgemeinen Grundsatz der Normentheorie, nach der jede Partei die Voraussetzungen der ihr günstigen Norm zu beweisen hat [Hüffer/Koch, AktG, § 93, Rn. 53; Rosenberg, Die Beweislast, S. 98 f.] – den Vorstand, dem als sachnähere Partei bei Zweifeln das Vorliegen der Voraussetzungen des § 93 Abs. 1 S. 2 AktG obliegt [Begr. RegE, BT-Drucks. 15/5092 (UMAG), S. 12; Hüffer/Koch, AktG, § 93, Rn. 54; Paefgen, AG 2004, 245, 257]. 172 Begr. RegE, BT-Drucks. 15/5092 (UMAG), S. 11. 173 Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 93, Rn. 25; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 93, Rn. 72; Spindler, in: MüKo-AktG, § 93, Rn. 60 ff.; ders., FS Hopt, Band 1, 2010, S. 1407, 1423; zweifelnd aber Krieger/Sailer-Coceani, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 93, Rn. 19. 174 Harbarth, FS Hommelhoff, 2012, S. 323, 333, m.w.Nachw. 175 Weiss/Buchner, WM 2005, 162, 164; Schlimm, S. 294; Harbarth, FS Hommelhoff, 2012, S. 323, 333. 171
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4. Teil: Sanktionierung und Rechtsschutz bei unzulässiger Drittleistung
zur Berücksichtigung sachfremder Erwägungen zu veranlassen.176 Eine gewisse Hilfe gibt dabei die Konkretisierung nach Art des Interessenkonflikts an die Hand, wobei danach zu fragen ist (unter der Annahme absteigender Intensität des Interessenkonflikts nach Reihenfolge der nachfolgend genannten Fallgruppen), ob das Vorstandsmitglied erstens selbst Partei des fraglichen Geschäfts ist, als zweites ein finanzielles Eigeninteresse an dem Geschäft hat oder drittens ideelle Interessen mit dem Geschäft verbindet.177 Zur Bewertung aktionärsseitiger Drittvergütung sind diese Maßstäbe nur bedingt tauglich, vielmehr ist bereits einen Schritt früher anzusetzen. So gilt die Berücksichtigung (auch finanzieller) Eigeninteressen unter der Loyalitätspflicht dann als zulässig, wenn sich der diese Eigeninteressen verwirklichende Vorteil des Vorstands mittelbar aus dem Unternehmensvorteil ableitet.178 Es wäre systemwidrig, wollte man dem Vorstand auf der einen Seite – im Rahmen der Loyalitätspflicht – die Verfolgung entsprechender Eigeninteressen zuerkennen, ihm dagegen auf der anderen Seite – bei der Beurteilung seines Geschäftsleiterermessens – eine entsprechende Privilegierung verwehren. Die Verfolgung mit dem Unternehmensinteresse kongruenter (finanzieller) Eigeninteressen des Vorstands führt mithin für sich grds. noch nicht zu einem Ausschluss der Business Judgement Rule.179 Daher gilt etwa die Gewährung gesellschaftsseitiger stock options im Hinblick auf § 93 Abs. 1 S. 2 AktG als unproblematisch.180 Daran ansetzend wird die Gewährung von Aktien, stock options oder anderer sich am Erfolg der Gesellschaft orientierender Vergütungsbestandteile auch bei Gewährung durch den Aktionär als unproblematisch angesehen.181 Doch wäre dem nur dann undifferenziert zuzustimmen, wenn man das Interesse an der Unternehmenswert- oder auch Börsenwertmaximierung mit dem Unternehmensinteresse gleichsetzen wollen würde. Und selbst wenn dies der Fall wäre oder man den potentiellen Interessenkonflikt entsprechend der in dieser Arbeit herausgearbeiteten Grundsätze bewältigen würde, wäre nur die Gefahr eines unzulässigen finanziellen Eigeninteresses gebannt; die Gefahr eines unzulässigen ideellen Eigeninteresses aufgrund emotionaler Verbundenheit zum leistenden Aktionär bestünde unablässig fort. Überzeugender ist daher eine sich – unter Berücksichtigung der in dieser Bearbeitung herausgestellten Anforderungen – am 176 Unter Rückgriff auf das amerikanische Recht Paefgen, S. 214 ff.; ferner Spindler, in: MüKo-AktG, § 93, Rn. 62; Harbarth, FS Hommelhoff, 2012, S. 323, 333; Schlimm, S. 294 ff., 296. 177 Paefgen, S. 215; Schlimm, S. 297, die überdies noch als viertes nach strukturellem Interesse differenziert; Harbarth, FS Hommelhoff, 2012, S. 323, 334 f. 178 s. dazu ausführlich oben 3. Teil A.III.1.a)bb)(3). 179 Hölters, in: Hölters, AktG, § 93, Rn. 38; Spindler, in: MüKo-AktG, § 93, Rn. 60; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 93, Rn. 72; Schlimm, S. 296; Paefgen, S. 215; Harbarth, FS Hommelhoff, 2012, S. 323, 333. 180 Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 93, Rn. 72; Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 93, Rn. 26; Spindler, in: MüKo-AktG, § 93, Rn. 60. 181 Bauer/Arnold, DB 2006, 260, 266; Hohaus/Weber, DStR 2008, 104, 107; Gehb/Heckelmann, ZRP 2005, 145, 147.
A. Sanktionierung unzulässiger Drittvergütung
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Einzelfall orientierende Beurteilung.182 Generell erscheint eine Pauschalierung unter der Business Judgement Rule kaum zielführend.183 Denn wer eigensüchtig Sondervorteile verfolgt, soll die „Entlastung“ wohl kaum für sich fruchtbar machen können.184, 185 Fragt man aber nach Tendenzen, so deutet die Annahme von Leistungen, welche nach den hier gefundenen Maßstäben als unzulässig anzusehen sind, auf einen Ausschluss des privilegierten Ermessensfreiraums hin. Denn hierin spiegelt sich gerade die Gefahr wider, dass der Vorstand durch die Annahme der Leistung Interessen verfolgt, die sich gerade nicht aus dem Unternehmensinteresse ableiten, sondern aus partiellen Interessen. Dem die Berücksichtigung von Eigeninteressen legitimierenden Aspekt wird damit der Boden entzogen. Irrelevant ist insofern auch die etwaige Zustimmung des Aufsichtsrats. Diese bezieht sich zunächst nur auf die Annahme der Leistung selbst, nicht aber auf weitere unternehmerische Handlungen. In Anbetracht der zwingenden Kompetenzabgrenzung wäre eine solche „Genehmigung“ von Geschäftsführungsmaßnahmen durch den Aufsichtsrat,186 auch im Hinblick auf die Sonderstellung des § 111 Abs. 4 AktG, zweifelhaft.187 Ebenso wäre unter Berücksichtigung der Wertung des § 93 Abs. 4 S. 2 AktG mehr als fragwürdig, wie die Zustimmung des Aufsichtsrats die Legitimation eines unzulässigen Interessenkonflikts bewirken soll.188 Umgekehrt kann allerdings der verweigerten Zustimmung des Aufsichtsrats selbst im Falle materiell ansonsten zulässiger Leistungen eine gewichtige Indizwirkung für das Vorliegen von sachfremden Interessen zukommen. Denn grundlos wird eine solche Entscheidung des Aufsichtsrats nicht
182
Dies steht insbesondere nicht im Widerspruch zu der von Hopt/Roth, in: Großkomm AktG, § 93 Rn. 73, vertretenen Auffassung, wonach die Verletzung gegen die organschaftliche Treuepflicht zugleich einen Ausschluss des Haftungsfreiraums bewirkt. Dem ist zwar grds. zuzustimmen, doch kann sich dies nur auf Fälle beziehen, in denen Treuepflichtverstoß und Sorgfaltswidrigkeit eine Handlungseinheit bilden. Vorliegend kommen etwaige Pflichtwidrigkeiten erst in Folge der Leistung in Betracht, sodass die Ausstrahlung des vorhergehenden Treuepflichtverstoßes in Frage steht. Stellt sich die nachfolgende Handlung hingegen selbst als parallele Treuwidrigkeit dar, ist mit Hopt/Roth von einer Unanwendbarkeit der BJR auszugehen. 183 Paefgen, S. 217; Schlimm, S. 296, die darauf hinweist, dass auf diesem Wege auch Raum für die Berücksichtigung individueller Charakterzüge des Vorstands bleibt. 184 Schall, in: Spindler/Stilz, AktG, § 117, Rn. 25 a.E. „Befangenheit zerstört die Entlastung“. 185 Zur Beurteilung der Rechtsfolge, sprich des Maßes der Einschränkung der Business Judgement Rule, s. ausführlich Harbarth, FS Hommelhoff, 2012, S. 323, 335 ff. 186 Zur Klarstellung: Die Einwilligung des Aufsichtsrats im Zusammenhang mit der Annahme von Drittleistung bezieht sich auf die Loyalitätspflicht und ist Ausdruck eines Systems zur Kontrolle potentieller Interessenkonflikte. Dies darf keinesfalls mit der Möglichkeit zur Zustimmung zu Interessenkonflikten im Zusammenhang mit konkreten Geschäftsführungsmaßnahmen verwechselt werden. 187 Ausführlich zur „Genehmigung“ durch den Aufsichtsrat, Schlimm, S. 283 ff. 188 Ebenso Schlimm, S. 285 f.
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4. Teil: Sanktionierung und Rechtsschutz bei unzulässiger Drittleistung
ergehen; so könnte eine ablehnende Entscheidung bspw. auf der Befürchtung einer aus der etwaigen Leistung folgenden ideellen Verbundenheit des Vorstands beruhen. Gleichwohl sind durchaus Fälle denkbar, in denen die Annahme einer unzulässigen Drittvergütung nur schwerlich einen Ausschluss der Business Judgement Rule rechtfertigen kann. Dies gilt etwa in Fällen, in denen die Leistung allein der Höhe nach unzulässig ist, obgleich die dahinterstehende Intention durchaus mit dem Unternehmensinteresse in Einklang zu bringen ist. Anschaulich zeigt sich dies an der Leistung von Friede Springer an Mathias Döpfner. Diese ist der Höhe nach unzulässig. Auf Ebene der Loyalitätspflichten ist eine entsprechende pauschale „Verurteilung“ angebracht, da die abstrakte Gefahr einer Interessenbeeinflussung gegeben ist und jegliche Aufweichung dieser Begrenzung Umgehungen Tür und Tor öffnen würde. In ihrer Ausgestaltung weist die Vergütung jedoch keinen Anlass zur Berücksichtigung gesellschaftsfremder, partieller Interessen auf, insbesondere wenn man bedenkt, dass Mathias Döpfner langfristig an das Unternehmen gebunden werden und nicht auf einen konkreten Anlass ausgerichtet werden sollte. Eine pauschale Versagung des Privilegs aus § 93 Abs. 1 S. 2 AktG stünde dazu im Widerspruch. Je anlassbezogener dagegen die Stimulierung finanzieller Eigeninteressen erfolgt,189 desto eher sollte dies auch im Rahmen von § 93 Abs. 1 S. 2 AktG berücksichtigt werden. Ist dagegen eine Leistung nach den hier gefundenen Maßstäben als zulässig anzusehen, spricht viel dafür, dem auch im Rahmen der Business Judgement Rule Rechnung zu tragen.190 Denn in der Zulässigkeit spiegelt sich gerade die Kongruenz mit dem Unternehmensinteresse wider.191 Durch die Einhaltung der Anforderungen an die Ausgestaltung wird die (finanzielle) Interessenidentität gewahrt, zusätzlich bewirkt die Kontrolle durch den Aufsichtsrat auch, dass nicht etwaige ideelle Interessen die Entscheidungsfindung unzulässig verwässern. Doch gilt auch hier: Ausgestaltung und Zustimmung bedeuten keinen „Freifahrtschein“. Gerade im Falle (zulässiger) kurzfristig ausgestalteter, anlassbezogener Boni sollte der Frage nach der neutralen Entscheidungsfindung besondere Beachtung geschenkt werden. Denn obgleich diese zulässig sein können, besteht hier nur ein schmaler Grat zur Unzulässigkeit, was die Bedeutung der Begründungspflichten des Aufsichtsrats nochmals hervorhebt.
189
So etwa, wenn sich ein Transaktionsbonus zwar an zulässigen Parametern orientiert, hingegen gerade dazu dienen soll, den Widerstand des Vorstands gegen ein Übernahmeangebot via Befriedigung des finanziellen Eigeninteresses zu beseitigen; dies muss nicht generell unzulässig sein, doch bedarf es hier der genauen Überprüfung der dem Vorstandshandeln zu Grunde liegenden Intention. 190 Strenger erscheint hier Schlimm, S. 300, nach der entsprechende Prämien „von […] an der Transaktion interessierter Seite […] in aller Regel – insbesondere ab einer gewissen Höhe – ein relevantes „finanzielles“ Eigeninteresse begründen“. 191 Zumindest insofern besteht Einigkeit mit Bauer/Arnold, DB 2006, 260, 266; Hohaus/ Weber, DStR 2008, 104, 107; Gehb/Heckelmann, ZRP 2005, 145, 147.
A. Sanktionierung unzulässiger Drittvergütung
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c) § 117 Abs. 2 AktG Schließlich kann sich ein Anspruch gegen Mitglieder des Vorstands nach § 117 Abs. 2 AktG ergeben.192 Danach haften die beeinflussten Vorstandsmitglieder neben dem Ersatzpflichtigen nach Abs. 1 als Gesamtschuldner. Essentielle Voraussetzung dafür ist, dass die Bestimmung des Einflussnehmers nach Abs. 1 zumindest mitursächlich für das pflichtwidrige Verhalten der Organmitglieder ist.193 Darüber hinaus müssen für eine Haftung neben den Voraussetzungen nach § 117 Abs. 1 AktG, inklusive des Vorsatzes, die Anforderungen nach § 93 Abs. 2 AktG vorliegen.194 Da insofern aber bereits ein eigener Anspruch der Gesellschaft nach § 93 Abs. 2 AktG bestehen wird, erlangt dieser Anspruch lediglich für eine Direkthaftung gegenüber den Aktionären gem. § 117 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 S. 1 AktG Bedeutung.195 2. Weitere Rechtsfolgen und Sanktionsmöglichkeiten a) Abberufung nach § 84 Abs. 3 AktG Liegt ein wichtiger Grund vor, kann der Aufsichtsrat nach § 84 Abs. 3 S. 1 AktG die Bestellung zum Vorstandsmitglied widerrufen. Ein solcher ist gegeben, wenn der Gesellschaft die Beibehaltung des Vorstandsmitglieds bis zum Ablauf seiner Amtszeit nicht mehr zugemutet werden kann.196 Als Beispiel eines dafür besonders relevanten Falls nennt Abs. 3 S. 2 u. a. die grobe Pflichtverletzung des Vorstandsmitglieds. Doch kommt es für das tatsächliche Vorliegen eines wichtigen Grundes stets auf die besonderen Umstände des Einzelfalls an.197
192 Darüber hinaus ist an eine Haftung nach § 117 Abs. 1 S. 1 AktG zu denken, wenn der Vorstand selbst bestimmenden Einfluss auf andere taugliche Adressaten i.S.d. Norm ausübt. Indes handelt es sich hierbei allenfalls um eine mittelbare Folge der Incentivierung, sodass hierauf nicht näher einzugehen ist. 193 Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 117, Rn. 25; Witt, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 117, Rn. 15; unklar Walchner, in: Heidel, AktienR, § 117 AktG, Rn. 14, bei dem nicht hinreichend deutlich wird, dass das pflichtwidrige Unterlassen der Abwendung einer Schädigung nach Abs. 1 S. 1 ebenfalls auf die Bestimmung des Einflussnehmers zurückzuführen ist, s. oben Fn. 79. 194 Schall, in: Spindler/Stilz, AktG, § 117, Rn. 27; Spindler, in: MüKo-AktG, § 117, Rn. 58; Hüffer/Koch, AktG, § 117, Rn. 10; Leuering/Görtz, in: Hölters, AktG, § 117, Rn. 11. 195 Kort, in: Großkomm AktG, § 117, Rn. 194; Schall, in: Spindler/Stilz, AktG, § 117, Rn. 27; Witt, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 117, Rn. 16. 196 Allg.M., BGH v. 23. 10. 2006 – II ZR 298/05, NZG 2007, 189, 189; OLG Stuttgart v. 13. 03. 2002 – 20 U 59/01, AG 2003, 211, 212; Kort, in: Großkomm AktG, § 84, Rn. 140; Hüffer/Koch, AktG, § 84, Rn. 34; Lutter/Krieger/Verse, Rechte und Pflichten des AR, § 7, Rn. 364. 197 BGH v. 23. 10. 2006 – II ZR 298/05, NZG 2007, 189, 189; v. 07. 06. 1962 – II ZR 131/61, WM 1962, 811, 812; Spindler, in: MüKo-AktG, § 84, Rn. 128; Eckert, in: Wachter, AktG, § 84, Rn. 41; Lutter/Krieger/Verse, Rechte und Pflichten des AR, § 7, Rn. 365.
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4. Teil: Sanktionierung und Rechtsschutz bei unzulässiger Drittleistung
Die Annahme unzulässiger Leistungen Dritter, die gegen die herausgearbeiteten Kriterien verstößt, begründet in der Regel eine solch grobe Pflichtverletzung. Denn wie bereits eingangs und im Rahmen der Gewinnhaftung aufgezeigt, wird durch die unzulässige, also eher zum Nachteil der Gesellschaft als zu ihrem Vorteil führende Verfolgung finanzieller Eigeninteressen das Fundament der Treuepflicht an sich angegriffen. In diesem Sinne gilt es auch im Rahmen der Einzelfallabwägung als erschwerender Umstand, wenn der Vorstand aus Eigennutz handelt.198 So wird als ein zu einer Abberufung führender Loyalitätsverstoß etwa die Bestechlichkeit oder die Ausnutzung der Stellung für ein privates Geschäft angeführt199 oder etwa der Versuch, im Zusammenhang mit Geschäften der Gesellschaft persönliche Vorteile rauzuschlagen.200 Mit obigen Ausführungen ist kein Grund ersichtlich, unzulässige Drittvergütung zumindest im Ansatz anders zu behandeln – freilich erst, sobald die Leistung als endgültig nichtig angesehen werden kann. Aufgrund der unklaren Rechtslage sowie der Schwierigkeit, zulässige und unzulässige Drittvergütung voneinander abzugrenzen, ist hier in Grenzfällen201 ein anderes Ergebnis zumindest denkbar. Indes darf nicht außer Acht gelassen werden, dass die Abberufung des unzulässig incentivierten Vorstandsmitglieds einen größeren Schaden mit sich bringen kann als seine Fortbeschäftigung. So, wenn das Vorstandsmitglied besonderen Wert für die Gesellschaft hat und deshalb oder mangels verfügbarer Kandidaten auf dem Markt für Führungskräfte adäquater Ersatz nicht in Aussicht ist. Mithin ist es gerade Ausprägung der Einzelabwägung, dass dem Aufsichtsrat wenn auch kein überprüfungsfreier Beurteilungsspielraum,202 so aber ein sich am Unternehmensinteresse auszurichtendes Ermessen über die Entscheidung der Abberufung zusteht.203 Zwar handelt er seinerseits pflichtwidrig, wenn er ein für die Gesellschaft unzumutbares Vorstandsmitglied im Amt belässt. Doch ist diese Entscheidung insbesondere dann gerechtfertigt, wenn der Gesellschaft nach einer auf prognostischen Elementen beruhenden Einschätzung ein größerer Schaden durch die Abberufung als durch die
198
Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 84, Rn. 121, 156. BGH v. 08. 05. 1967 – II ZR 126/65, WM 1967, 679, 679 (zur GmbH); KG v. 03. 05. 2007 – 23 U 102/06, AG 2007, 745, 747; Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 84, Rn. 157, 121; Spindler, in: MüKo-AktG, § 84, Rn. 131; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 84, Rn. 104. 200 Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 84, Rn. 157, 121; s. ferner zu solchen Konstellationen der Schmiergeldannahme die Nachweise in Fn. 123, 124, wenngleich sich diese zumeist nicht auf § 84 Abs. 3 AktG beziehen. 201 Namentlich wenn die Drittvergütung zumindest prinzipiell der Zustimmung des Aufsichtsrats zugänglich ist. 202 Ganz herrschende Meinung, s. nur Spindler, in: MüKo-AktG, § 84, Rn. 127, m.w.Nachw. 203 Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 84, Rn. 122, 105; Spindler, in: MüKo-AktG, § 84, Rn. 127; Kort, in: Großkomm AktG, § 84, Rn. 146 ff.; Weber, in: Hölters, AktG, § 84, Rn. 72; a.A. Wiesner, in: Münchener Hdb. GesR, Band 4, § 20, Rn. 61, m.w.Nachw. 199
A. Sanktionierung unzulässiger Drittvergütung
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Beibehaltung des Vorstandsmitglieds droht.204 Erscheint in diesem Zusammenhang eine erfolgreiche und konfliktfreie Zusammenarbeit wahrscheinlich, wird sich der Aufsichtsrat wohl eher für die Beibehaltung aussprechen. Der Effektivität dieser Sanktion sind mithin aus praktischen Gründen und Interessen Grenzen gesetzt. b) Rechtspolitische Erwägung: Gesetzliches Bestellungshindernis nach Vorbild des § 76 Abs. 3 AktG? Als Ansatz für eine weitergehende und insbesondere unter präventiven Aspekten effektive Sanktionsmöglichkeit könnte rechtspolitisch über ein Bestellungshindernis nach Vorbild des § 76 Abs. 3 AktG nachgedacht werden.205 Eine sachliche Nähe besteht zumindest zu § 76 Abs. 3 S. 2 Nr. 3 e) AktG, wonach Mitglied des Vorstands nicht sein darf, wer nach den §§ 263 bis 264a oder den §§ 265b bis 266a StGB zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist. Nach Abs. 3 S. 3 gilt ein solcher Ausschluss für die Dauer von fünf Jahren seit der Rechtskraft des Urteils. Nach Auffassung des Gesetzgebers bringe eine entsprechende Verurteilung „deutlich zum Ausdruck“, dass die betreffende Person eine „zweifelhafte Einstellung zu fremden Vermögensmassen“ hat.206 Denn Personen, „die wegen Vermögensdelikten zu hohen Strafen verurteilt worden sind, sind per se nicht geeignet, Aufgaben innerhalb des Vorstands einer Aktiengesellschaft auszuüben“, da „keine Vertrauensbasis für ordnungsgemäße und an den Regeln des Wirtschaftslebens ausgerichtete Geschäftsführung“ mehr besteht.207 Durch die Annahme von Schmiergeldern wird das Vertrauen jeglichen treuhänderischen Verhältnisses an seiner Basis zerstört, womit entsprechende Loyalitätsverletzungen von Natur aus eine größere Nähe zur fiduziarischen Vorstandstätigkeit aufweisen als manche Vermögensstraftaten.208 Doch besteht zwischen den angeführten Straftaten und der Schmiergeldannahme ein bedenkenswerter Unterschied: Im Falle von Vermögensstraftaten rechtfertigen sich die Strafbarkeit und ferner die einschneidende Sanktion des Bestellungshindernisses aus dem erwiesenen und zudem nicht unbeachtlichen Schaden des anvertrauten Vermögens. Abstrakt gesehen mag zwar die Gefährdung des Vermögensinteresses des Treugebers infolge der Annahme von Schmiergeldern durchaus nicht dahinter zurück stehen, doch muss dem Umstand Rechnung getragen werden, dass ein konkreter Vermögensschaden zumeist nicht nachzuweisen ist. Führt aber bspw. die 204
Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 84, Rn. 122; Kort, in: Großkomm AktG, § 84, Rn. 150. 205 Im Zusammenhang mit Bieterleistung weist ebenfalls Spindler, FS Schwark, 2009, S. 641, 652 auf eine entsprechende Möglichkeit hin. 206 Begr. RegE, BT-Drucks. 16/6140 (MoMiG), S. 70. 207 Begr. RegE, BT-Drucks. 16/6140 (MoMiG), S. 70. 208 Ein solche durch den Gesetzgeber pauschalierte Behandlung von Vermögensstraftaten auch ohne Bezug zum Vorstandsamt wird in der Literatur durchaus kritisch gesehen, s. Weiß, wistra 2009, 209, 211; Möser, ZVglRWiss 110 (2011), 324, 333 ff.; Spindler, in: MüKo-AktG, § 84, Rn. 117.
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4. Teil: Sanktionierung und Rechtsschutz bei unzulässiger Drittleistung
Drittleistung zu Betrugshandlungen oder gar zur Untreue (zu Gunsten eines Dritten), wird der Unrechtsgehalt über die Verwirklichung einer der in § 76 Abs. 3 AktG genannten Normen bereits aufgefangen. Entsprechende Erwägungen wären damit wohl nur dann zu rechtfertigen, wenn der Gesetzgeber bereits die Gefährdung der Interessen des Treunehmers als vergleichbar gravierend anerkennen würde. Hiergegen spricht jedoch bereits die gesetzgeberische Wertung, dass sich selbst § 299 StGB, der eine Schmiergeldannahme im Wettbewerb unter Strafe stellt,209 im Katalog des § 76 Abs. 3 AktG nicht wiederfindet – zumal aktionärsseitige Leistungen an Vorstandsmitglieder nicht einmal von diesem erfasst werden.210
3. Geltendmachung der Ansprüche Eine ganz entscheidende Rolle für die Effektivität jeglicher Verhaltensvorgabe spielt schließlich die Effektivität der Haftungsdurchsetzung.211 Gerade im Bereich der Drittvergütung sind hier gewisse Zweifel angebracht. Dabei ist zwischen der durch die Gesellschaft (vertreten durch ihren Aufsichtsrat) selbst angestrengten Rechtsverfolgung und den Rechten der Aktionäre nach §§ 147, 148 AktG zu unterscheiden: Der Anspruchsverfolgung durch den Aufsichtsrat ist sich auf zwei Ebenen zu nähern: Als erstes steht freilich die Effektivität der Haftungsdurchsetzung in Folge der Annahme einer unzulässigen Leistung aufgrund der damit verbundenen Treuepflichtverletzung im Raum. Wie ein Blick auf die bislang mehrfach ergangenen Urteile des BGH im Falle der Schmiergeldannahme nach Leistung sonstiger Dritter zeigen,212 ist ihre Durchsetzung im Ansatz durchaus (effektiv) möglich. Dies mag sich auch damit erklären, dass der Geltendmachung der Ansprüche aus Sicht des Aufsichtsrats prinzipiell keine Eigeninteressen entgegenstehen: Generell wird der Effektivität des deutschen Organhaftungsregimes entgegengehalten, dass der Aufsichtsrat häufig selbst kein Interesse an einer Geltendmachung etwaiger Ansprüche hat. Denn damit setzt er sich zugleich seinerseits dem Vorwurf aus, die ihm obliegende Kontrollaufgabe nur ungenügend wahrgenommen zu haben – was ein nicht unbeträchtliches Haftungsrisiko für ihn selbst zur Folge hat.213 Doch beziehen sich 209
s. dazu im Zusammenhang mit Leistungen des Bieters, unten 4. Teil B.III.2. s. dazu unten 4. Teil A.IV. 211 Allgemeine Erkenntnis, s. etwa Spindler, AG 2013, 889, 897, „law in the books“. 212 RG v. 23. 05. 1919 – II 376/18, RGZ 96, 53, 54; BGH v. 02. 04. 2001 – II ZR 217/99, NZG 2001, 800, 801; v. 21. 02. 1983 – II ZR 183/82, WM 1983, 498, 499 (zur GmbH); v. 10. 02. 1992 – II ZR 23/91, WM 1992, 691, 693 (zur GmbH); v. 26. 03. 1962 – II ZR 151/50, WM 1962, 578, 578 (zum VVaG); v. 08. 05. 1967 – II ZR 126/65, WM 1967, 679, 679 (zur GmbH); OLG Düsseldorf v. 25. 11. 1999 – 6 U 146/98, WM 2000, 1393, 1397 (zur GmbH). 213 Allg.M., s. nur Habersack, ZHR 177 (2013), 782, 785 f.; Spindler, AG 2013, 889, 898. 210
A. Sanktionierung unzulässiger Drittvergütung
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diese Bedenken in erster Linie auf Ansprüche wegen etwaiger Sorgfaltspflichtverletzungen des Vorstands, denn der Vorwurf der unzureichenden Kontrolle ist bei der Verletzung von Verschwiegenheits- oder Treuepflichten naturgemäß deutlich unwahrscheinlicher.214 Wenngleich damit der Verfolgung von Schmiergeldern nicht per se Eigeninteressen des Aufsichtsrats entgegenstehen (immerhin ist noch zu bedenken, dass die Besetzung des Aufsichtsrats auch vom leistenden (Groß-)Aktionär mitbestimmt wird), bestehen im Hinblick auf die Verfolgung der treuwidrigen Annahme aktionärsseitiger Drittvergütung anderweitige Grenzen: De lege lata besteht das Problem des mangelnden materiellen Schadens der Gesellschaft. Denn das (hier befürwortete) Institut der Gewinnhaftung – über welches man dieses Problem zumindest in gewissem Maße eingrenzen könnte – wird bislang nur bei Schmiergeldern sonstiger Dritter anerkannt bzw. diskutiert. Nach derzeitigem Diskussionsstand würde daher eine Klageerhebung gegen den Vorstand der Gesellschaft keinen materiellen Vorteil bringen. Eher im Gegenteil, wenn man bedenkt, dass mangels bezifferbaren (genauer de lege lata anerkannten) Schadens die Gefahr der Klageabweisung droht. Da der Aufsichtsrat im Vorfeld der Klageerhebung die Erfolgsaussichten unter dem Aspekt des Prozessrisikos zu analysieren und prognostizieren hat,215 wird es somit i. d. R. gar nicht erst zu einer entsprechenden Klageanstrengung kommen. Die bloße Feststellung der Pflichtwidrigkeit des Vorstandshandelns kommt angesichts des zu erwartenden Reputationsschadens, den die Gesellschaft im Falle der klageweisen und damit öffentlichen Anspruchsverfolgung erleiden würde,216 wohl kaum in Betracht. Diese Erwägung stünde im Übrigen selbst dann der Effektivität der Haftungsdurchsetzung entgegen, wenn man einen ersatzfähigen Schaden über das Institut der Gewinnhaftung akzeptieren würde. Denn obgleich der Aufsichtsrat eine voraussichtlich erfolgreiche Klage im Grundsatz verfolgen muss, steht es ihm dennoch frei, aufgrund des überwiegenden Unternehmenswohls von einer Anspruchsverfolgung abzusehen.217 Im Übrigen ist auch die eingangs beschriebene Gefahr des Verdachts der unzureichenden Kontrolle des Vorstands durch den Aufsichtsrat im Falle von aktionärsseitigen Drittvergütungen nicht vollständig aus der Welt. Denn auch hier müsste sich der Aufsichtsrat u. U. dem Vorwurf stellen, seiner Kontrolltätigkeit in den sich an die Incentivierung anschließenden, pflichtwidrigen und der Gesellschaft möglicherweise nachteiligen Maßnahmen nicht hinreichend nachgekommen zu sein. In diesem Sinne verwirklicht sich auf zweiter Ebene – der Haftungsdurchsetzung von Ansprüchen, welche der Gesellschaft in Folge der Incentivierung durch sorg214
Habersack, ZHR 177 (2013), 782, 786. BGH v. 21. 04. 1997 – II ZR 175/95, BGHZ 135, 244, 253 – ARAG/Garmenbeck; Lutter/ Krieger/Verse, Rechte und Pflichten des AR, § 7, Rn. 447; Spindler, AG 2013, 889, 898; Habersack, ZHR 177 (2013), 782, 786; Mertens, FS Schmidt, 2009, S. 1183, 1188. 216 Spindler, AG 2013, 889, 898. 217 BGH v. 21. 04. 1997 – II ZR 175/95, BGHZ 135, 244, 255 – ARAG/Garmenbeck; Lutter/ Krieger/Verse, Rechte und Pflichten des AR, § 7, Rn. 449 Spindler, AG 2013, 889, 898; Goette, ZHR 176 (2012), 588, 608 ff., 615; Habersack, ZHR 177 (2013), 782, 786. 215
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4. Teil: Sanktionierung und Rechtsschutz bei unzulässiger Drittleistung
faltswidriges Vorstandshandeln der Gesellschaft eigentlich zustünden – das beschriebene Problem der Interessenverquickung von Aufsichtsrat und Vorstand bei Verfolgung von Sorgfaltswidrigkeiten vollständig. Wie beschrieben, bestehen hier anerkannt erhebliche Zweifel an der Effektivität der Haftungsdurchsetzung durch den Aufsichtsrat.218 Davon zu trennen sind die Rechte der Aktionäre aus §§ 147, 148 AktG. Nach § 147 AktG kann die Hauptversammlung durch Beschluss der einfachen Mehrheit die Anspruchsverfolgung erzwingen, nach § 148 AktG können Aktionäre, die zusammen mindestens 1 % des Grundkapitals oder Aktien im Wert von mindestens 100.000 Euro halten, unter Einhaltung der weiteren Voraussetzungen des § 148 Abs. 1 S. 2 AktG beantragen, die Ansprüche gegen den Vorstand in eigenem Namen geltend machen zu können. § 147 AktG ist im Falle von Drittvergütungen wohl kaum zielführend, da nicht nur der Umstand, dass die Leistung häufig von einem die Hauptversammlung zumindest mitdominierenden Aktionär ausgegeben wird, gegen das Erreichen des erforderlichen Quorums spricht. Dieses Defizit kann nach bislang bestehenden Erkenntnissen auch nicht durch das Klagezulassungsverfahren des § 148 AktG ausgeglichen werden. Zwar wurde dieser in der Hoffnung geschaffen, das Vollzugsdefizit durch eine für die Aktionäre vereinfachte Anspruchsverfolgung zu beseitigen.219 Doch blieb der erwünschte Erfolg aus; die Rede ist von bislang erst drei Verfahren seit Einführung durch das UMAG im Jahre 2005.220, 221 Damit bleibt zu konstatieren: De lege lata222 kann auch die Rechtsverfolgung durch die Aktionäre das beschriebene Defizit der Haftungsdurchsetzung nicht beseitigen. Vielmehr spricht gerade dies für die Notwendigkeit einer präventiven Kontrolle der Drittvergütung durch den Aufsichtsrat.
IV. Strafrechtliche Sanktionierung? Eine prinzipielle strafrechtliche Sanktionierung der Annahme drittvergütender Leistungen der Aktionäre besteht grds. weder für den Vorstand noch für die leistenden Aktionäre. Zwar ist § 299 StGB nunmehr durchaus auch auf transaktions218 219
789.
s. bereits Ausführungen zu Fn. 213. Begr. RegE, BT-Drucks. 15/5092 (UMAG), S. 20; Habersack, ZHR 177 (2013), 782,
220 Schmolke, ZGR 2011, 398, 402; Haar/Grechenig, AG 2013, 653, 654; J. Vetter, FS Hoffmann-Becking, 2013, S. 1317, 1319. 221 Deswegen attestiert die Literatur § 148 AktG weitgehend Bedeutungslosigkeit, s. Bosch/ Lange, JZ 2009, 225, 226; Schmolke, ZGR 2011, 398, 402; Spindler, AG 2013, 889, 899; Haar/ Grechenig, AG 2013, 653, 654; Hellwig, FS Maier-Reimer, 2010, S. 201, 213 f.; Lutter, FS Schneider, 2011, S. 763, 765; Peltzer, FS Schneider, 2011, S. 953, 956; J. Vetter, FS HoffmannBecking, 2013, S. 1317, 1319. 222 Zu Überlegungen de lege ferenda, s. etwa Schmolke, ZGR 2011, 398; Spindler, AG 2013, 889, 899 ff.
A. Sanktionierung unzulässiger Drittvergütung
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bezogene Leistungen von Aktionären anwendbar. Durch das Erfordernis, dass die Leistung jedoch zugunsten des Bieters erfolgen muss und angesichts der insofern erforderlichen Unrechtsvereinbarung ist eine solche Strafbarkeit wohl eher theorethischer Natur.223 Eine Strafbarkeit des Vorstands wegen Untreue nach § 266 StGB ist allenfalls im Zusammenhang mit einer schadensgleichen Vermögensgefährdung denkbar, doch bestehen hier schon bei Leistungen des Bieters – als grds. noch konfliktträchtigere Konstellation – erhebliche Bedenken.224 Eine ausführliche Betrachtung etwaiger strafrechtlicher Verantwortung hat damit allein im Rahmen der Annahme von bieterseitigen Leistungen Bedeutung und wird dementsprechend erst dort Inhalt einer ausführlichen Untersuchung.
V. Fazit Ein Anspruch gegen den leistenden Gesellschafter ist – ohne Neuinterpretation der Beweislastverteilung im Rahmen des § 117 Abs. 1 AktG – kaum denkbar, geschweige denn durchsetzbar. Zentrale Rolle im Rahmen der Sanktionierung sollte daher der gesellschaftsseitigen Inanspruchnahme des Vorstands zukommen. Obgleich dort indes durch die Möglichkeit der Gewinnhaftung ein über die bislang bestehenden Haftungsansätze hinausgehender Ansatz gefunden wurde, erweisen sich die Möglichkeiten der Sanktionierung unzulässiger Drittvergütung als vergleichsweise dünn. Denn selbst die Gewinnhaftung im Falle nichtiger Leistung schöpft allein das Erhaltene ab, in Anbetracht der Unwägbarkeiten wirklicher Schädigungen kann dies für sich aber kaum als zufriedenstellende Schadenskompensation angesehen werden. Insofern ist auch das Problem des Durchsetzungsdefizits zu bedenken, das auch bei Annahme einer Gewinnhaftung einer effektiven Rechtsverfolgung wegen etwaiger Eigeninteressen des Aufsichtsrats entgegenstehen kann – hier bietet auch die Geltendmachung gesellschaftsseitiger Ansprüche durch die Aktionäre im Wege der §§ 147, 148 AktG keinen geeigneten Ausweg. Und auch die Möglichkeit der Abberufung ist nicht der Weisheit letzter Schluss, da diese Gefahr läuft, der Gesellschaft mehr zu schaden als von Nutzen zu sein. Diesem Sanktionsdefizit sollte man zum einen durch eine entsprechende – einzelfallabhängige – Einschränkung der Business Judgement Rule begegnen, zum anderen ist ihm – wie in dieser Bearbeitung geschehen – insbesondere durch eine nach rechtlichen Umständen bestmögliche präventive Kontrolle der Drittleistung beizukommen. Dies gilt nicht nur für das zwingende Erfordernis der Einholung der Zustimmung des Aufsichtsrats (welches in besonders gelagerten Fällen bei Nichtbeachtung von vornherein die Nichtigkeit der Drittvergütung mit sich bringen sollte), sondern auch hinsichtlich der zwingenden Verpflichtung auf die Einhaltung materieller Kriterien (deren Nichtbeachtung grds. die Nichtigkeit der Vereinbarung be223 224
s. dazu unten 4. Teil B.III.2.b). s. dazu unten 4. Teil B.III.3.a)bb).
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4. Teil: Sanktionierung und Rechtsschutz bei unzulässiger Drittleistung
dingt, wobei allenfalls bei einem Verstoß gegen Vorgaben hinsichtlich der Höhe der Angemessenheit nach § 87 Abs. 1 AktG an eine Teilnichtigkeit zu denken ist). Koppelt man diese Möglichkeiten wiederum mit dem Institut der Gewinnhaftung und lenkt durch die gesteigerte Verantwortung des Aufsichtsrats den Blick auf dessen Haftbarkeit gem. §§ 93, 116 AktG, erscheint die präventive Kontrolle durchaus geeignet, den jeder Drittvergütung immanenten Interessenkonflikt in dem Maße zu bewältigen, dass ein vollständiges Verbot aktionärsseitiger Leistungen als zu scharf erschiene. Eine darüber hinausgehende strafrechtliche Sanktionierung ginge demgegenüber zu weit.
B. Sanktionierung unzulässiger Leistung des Bieters Im Gegensatz zu drittvergütenden Leistungen der Aktionäre erfolgt die Betrachtung der Sanktionierung von unzulässigen Leistungen des Bieters in zweierlei Hinsicht. Denn will man ein umfassendes Bild über Sanktionierung und Regulierung bieterseitiger Leistung gewinnen, bedarf es nicht allein eines Blicks auf die Konsequenzen, die eine unzulässige Leistung an sich zur Folge hat; vielmehr bedarf es – zumindest im Zusammenhang mit börsennotierten Aktiengesellschaften – zusätzlich der Auseinandersetzung mit den (insbesondere kapitalmarkrechtlichen) Konsequenzen, die sich aus der unterbliebenen Offenlegung der Leistung ergeben. Am Kapitalmarkt kommt gerade der Transparenz gegenüber den Aktionären enorme Bedeutung zu, sodass etwaige Lücken bei der Sanktionierung der Annahme unzulässiger Leistungen selbst, durch die Sanktionierung der unterlassenen Offenlegung der Leistung aufgefangen werden könnten. Dies vorausgeschickt wird zunächst auf die kapitalmarktrechtliche (heißt nur für börsennotierte Gesellschaften relevante) und anschließend gesellschaftsrechtliche Sanktionierung eingegangen. Abschließend ist die strafrechtliche Ahndung zu betrachten, der insbesondere, weil es sich bei dem Bieter im Unterschied zum Aktionär um eine gesellschaftsfremde Person handelt, deutlich größere Bedeutung als im Rahmen der Drittvergütung zuzumessen ist.
I. Kapitalmarkrechtliche Sanktionierung 1. Verbot ungerechtfertigter Leistungen durch den Bieter, § 33d WpÜG Das kapitalmarktrechtliche Verbot ungerechtfertigter Leistungen an die Geschäftsleitung der Zielgesellschaft richtet sich allein gegen den Bieter. Unmittelbare Konsequenzen können sich daher allenfalls gegen den Bieter, nicht aber gegen den Vorstand, als die Leistung annehmendes Verwaltungsorgan, richten.
B. Sanktionierung unzulässiger Leistung des Bieters
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a) Keine Ordnungswidrigkeit im Falle des Verstoßes In seiner heutigen Form wird ein Verstoß gegen § 33d WpÜG mangels Auflistung nicht als Ordnungswidrigkeit nach § 60 Abs. 1, 2 WpÜG geahndet. Der vom Bundesfinanzministerium vorgelegte erste Diskussionsentwurf zum Entwurf eines Gesetzes zur Regelung von Unternehmensübernahmen vom 29. 6. 2000 (DiskE-ÜG) schlug hier noch eine andere Richtung ein.225 Nach § 61 Abs. 1 Nr. 8 DiskE-ÜG wurde ein Verstoß gegen § 29 DiskE-ÜG mit einer Geldbuße von bis zu 1,5 Millionen Euro bedroht – § 29 DiskE-ÜG wurde (fast) unverändert in Form des § 33 Abs. 3 WpÜG a.F. (heute § 33d WpÜG) in das neu geschaffene Gesetz aufgenommen – der Vorschlag zur Bußgeldbewährung war jedoch bereits im RefE-ÜG nicht mehr enthalten. Eine Begründung für das Streichen dieses „bestechungsähnlichen Tatbestands“ ist nicht erfolgt.226 Dies überrascht umso mehr, als die Höhe der Geldbuße nach § 61 Abs. 3 DiskE-ÜG mit 1,5 Millionen Euro eindeutig auf die Einordnung als schweren Pflichtverstoß hinweist.227 b) Gesetzliches Verbot i.S.d. § 134 BGB und damit verbundene Rechtsfolge Bei dem Verbot nicht gerechtfertigter Leistungen an Verwaltungsorgane der Zielgesellschaft nach § 33d WpÜG handelt es sich nach einhelliger Auffassung von Gesetzgeber und Literatur um ein gesetzliches Verbot i.S.d. § 134 BGB.228 Rechtsfolge eines Verstoßes ist grds. die Nichtigkeit des gesamten Rechtsgeschäfts.229 Allerdings bedingt die Anordnung der Nichtigkeit des Kausalgeschäfts nicht automatisch die Nichtigkeit der entsprechenden Verfügung,230 sondern muss vielmehr durch Auslegung der Verbotsnorm bestimmt werden.231 Im Rahmen des § 33d WpÜG erfasst nach allgemeiner Auffassung bereits das „Gewähren“ die konkrete Zuwendung des Vorteils als auch das anspruchsbegründende Versprechen
225
Zur Entstehungsgeschichte des § 33d WpÜG, s. oben 3. Teil B.I.1. Rönnau, in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, vor § 60, Rn. 4, nach dessen Hintergrundinformationen die Sanktionierung des § 29 DiskE-ÜG allein aus „pragmatischen Gründen“ entfallen ist – der BaFin sollte zumindest in der ersten Phase nach Inkrafttreten des WpÜG die unter Umständen schwierige Ermittlungsarbeit erspart bleiben; Altenhain, in: Kölner Komm WpÜG, § 60, Rn. 11; Schüppen, FS Tiedemann, 2008, S. 749, 752. 227 Altenhain, in: Kölner Komm WpÜG, § 60, Rn. 11. 228 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 59; aus der Literatur statt aller Ekkenga, in: Ehricke/Ekkenga/Oechsler, WpÜG, § 33, Rn. 123. 229 Ellenberger, in: Palandt, BGB, § 134, Rn. 13. 230 Als Ausfluss des Abstraktionsprinzips, s. etwa Wendtland, in: Bamberger/Roth, BGB, § 134, Rn. 22. 231 St. Rspr., s. nur BGH v. 14. 12. 1999 – X ZR 34/98, NJW 1999, 1186, 1187; Ellenberger, in: Palandt, BGB, § 134, Rn. 13; Wendtland, in: Bamberger/Roth, BGB, § 134, Rn. 22. 226
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4. Teil: Sanktionierung und Rechtsschutz bei unzulässiger Drittleistung
einer Leistung.232 Dementsprechend soll nach dem Willen des Gesetzgebers sowohl die Zusage des Vorteils nichtig, als auch eine bereits gewährte Leistung rückforderbar sein.233 Dies berücksichtigend richtet sich das Verbot des § 33d WpÜG und die damit zusammenhängende Nichtigkeit nicht nur gegen das Verpflichtungs-, sondern auch gegen das Erfüllungsgeschäft.234 aa) Rückforderungspflicht des Bieters nach hergebrachter Auffassung Nach hergebrachter Auffassung in der Literatur hat infolge der Nichtigkeit der Bieter gegen den Vorstand einen Anspruch auf Rückforderung der unzulässigen Leistung gem. § 812 Abs. 1 S. 1 BGB. Dieser Anspruch ist nach nahezu einhelliger Meinung insbesondere nicht durch den Ausschlussgrund des § 817 S. 2 BGB gesperrt:235 Nach § 817 S. 2 BGB ist die Rückforderung durch den Leistenden ausgeschlossen, wenn diesem gleichfalls wie dem Empfänger ein Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot zur Last fällt. Wer sich aufgrund gesetzes- oder sittenwidrigen Handelns außerhalb der Rechtsordnung bewege, könne nicht seinerseits den Schutz der Rechtsordnung in Anspruch nehmen und Rückabwicklung verlangen.236 Da § 817 S. 2 BGB mittlerweile auf sämtliche Leistungskondiktionen und damit auch auf § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB angewandt wird,237 steht dessen Anwendbarkeit nicht entgegen, dass er sich sowohl nach Wortlaut als auch systematischer Stellung nur auf § 817 S. 1 BGB bezieht. Unbeachtlich ist auch, dass die Organe der Zielgesellschaft selbst nicht gegen § 33d WpÜG verstoßen können. Unabhängig davon, dass nach herrschender Meinung auch ein einseitiger Verstoß des Leistenden einer 232 Schlitt/Ries, in: MüKo AktG, § 33d WpÜG, Rn. 10; Krause/Pötzsch/Stephan, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 33d, Rn. 11; Röh, in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, § 33d, Rn. 8; Hirte, in: Kölner Komm WpÜG, § 33d, Rn. 14; Steinmeyer, in: Steinmeyer/ Häger, WpÜG, § 33d, Rn. 4; Kiem, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33d, Rn. 11. 233 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 59. 234 Hirte, in: Kölner Komm WpÜG, § 33d, Rn. 16; Steinmeyer, in: Steinmeyer/Häger, WpÜG, § 33d, Rn. 7; Krause/Pötzsch/Stephan, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 33d, Rn. 23; Schlitt/Ries, in: MüKo AktG, § 33d WpÜG, Rn. 15; Spindler, FS Schwark, 2009, S. 641, 643. 235 A.A. war einzig Röh, in: Haarmann/Riehmer/Schüppen, WpÜG, 1. Aufl. 2002, § 33, Rn. 167, der sich mittlerweile aber in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, § 33d, Rn. 14, der herrschenden Ansicht angeschlossen hat. 236 BGH v. 19. 04. 1961 – IV ZR 217/60, NJW 1961, 1458, 1459; v. 07. 03. 1962 – V ZR 132/ 60, NJW 1962, 955, 958; v. 06. 05. 1965 – II ZR 217/62, NJW 1965, 1985, 1987; Sprau, in: Palandt, BGB, § 817, Rn. 11; Wendehorst, in: Bamberger/Roth, BGB, § 817, Rn. 24; für eine Auslegung des § 817 S. 2 BGB allein anhand generalpräventiver Zweckrichtung, Schwab, in: MüKo-BGB, § 817, Rn. 9; Klöhn, AcP 210 (2010), 804, 817 f. 237 Ansonsten würde § 817 S. 2 BGB und dem zugrundeliegenden Rechtsgedanken kaum ein Anwendungsbereich verbleiben und die Vorschrift mithin ausgehöhlt; BGH v. 19. 04. 1961 – IV ZR 217/60, NJW 1961, 1458, 1459; v. 07. 03. 1962 – V ZR 132/60, NJW 1962, 955, 958; v. 06. 05. 1965 – II ZR 217/62, NJW 1965, 1985, 1987; Lorenz, in: Staudinger, BGB, § 817, Rn. 10; Schwab, in: MüKo-BGB, § 817, Rn. 10; Buck-Heeb, in: Erman, BGB, § 817, Rn. 11.
B. Sanktionierung unzulässiger Leistung des Bieters
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Anwendung des § 817 S. 2 nicht entgegensteht,238 verletzen die Verwaltungsorgane der Zielgesellschaft durch die Annahme der Leistung ihre organschaftlichen Treuepflichten nach § 93 AktG i.V.m. § 3 Abs. 3 WpÜG. Mithin liegt der Gedanke nahe, zumindest den für die Einstufung des § 33d WpÜG als Verbotsgesetz maßgeblichen Rechtsgedanken auf die (überdies zur Verwirklichung des Tatbestands) notwendige Annahme bzw. Bereitschaft zur Annahme der Leistung durch die Verwaltungsmitglieder der Zielgesellschaft zu erstrecken. Allerdings erscheint eine Anwendung des § 817 S. 2 BGB (nicht nur im Fall des § 33d WpÜG) dann kritisch, wenn gerade der Schutzzweck der verletzten Norm die Vermögensverschiebung unterbinden will.239 Denn dann würde die mit der Anwendung des § 817 S. 2 BGB verbundene Aufrechterhaltung der rechtsgrundlosen Vermögenszuweisung dem Zweck der Nichtigkeitsfolge widersprechen.240 In diesem Sinne komme nach einer in der Literatur vertretenen Ansicht eine Anwendung des § 817 S. 2 BGB dann nicht in Frage, wenn aufgrund einer „gesteigerten“ Nichtigkeit auch das Erfüllungsgeschäft von der Nichtigkeitssanktion erfasst sei.241 Dem folgend lehnt auch eine Vielzahl der Autoren zu § 33d WpÜG die Anwendung des § 817 S. 2 BGB mit einem einfachen Verweis auf die Nichtigkeit des Erfüllungsgeschäfts ab.242 Indes ist (zumindest nach herkömmlicher Rechtsauffassung) auch ohne diese dogmatisch umstrittene243 und „schematische“ Schlussfolgerung im vorliegenden Fall eine Anwendung des § 817 S. 2 BGB ausgeschlossen. Denn die dargestellte Einschränkung der Anwendbarkeit wird allgemein und grundsätzlich bei dem Schutzzweck der Norm widersprechenden Vermögensverschiebungen anerkannt.244 § 33d WpÜG will insbesondere vermeiden, dass aufgrund einer ungerechtfertigten Leistung des Bieters Zweifel an der Unabhängigkeit der Verwaltungsmitglieder entstehen.245 Würde aber der Vorteil aufgrund der Anwendung des § 817 S. 2 BGB beim 238 RG v. 30. 06. 1939 – V 50/38, RGZ 161, 52, 55; BGH v. 29. 04. 1968 – VII ZR 9/66, NJW 1968, 1329, 1330; Wendehorst, in: Bamberger/Roth, BGB, § 817, Rn. 11; Schwab, in: MüKoBGB, § 817, Rn. 34; die a.A. [Wazlawik, ZGS 2007, 336, 342] will sich auf das Wort „gleichfalls“ berufen, was allerdings von der herrschenden Meinung mit Hinweis auf dessen rein „satzverbindende Bedeutung“ abgelehnt wird, Lorenz, in: Staudinger, BGB, § 817, Rn. 10. 239 Schwab, in: MüKo-BGB, § 817, Rn. 20; Wendehorst, in: Bamberger/Roth, BGB, § 817, Rn. 23 f.; Buck-Heeb, in: Erman, BGB, § 817, Rn. 15. 240 Lieb, in: MüKo-BGB, 4. Aufl. 2004, § 817, Rn. 13. 241 Lieb, in: MüKo-BGB, 4. Aufl. 2004, § 817, Rn. 13, m.w.Nachw.; gegen dieses Vorgehen jetzt aber Schwab, in: MüKo-BGB, § 817, Rn. 20. 242 Hirte, in: Kölner Komm WpÜG, § 33d, Rn. 16; Steinmeyer, in: Steinmeyer/Häger, WpÜG, § 33d, Rn. 7; Krause/Pötzsch/Stephan, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 33d, Rn. 23; Schlitt/Ries, in: MüKo AktG, § 33d WpÜG, Rn. 15; Spindler, FS Schwark, 2009, S. 641, 643. 243 s. hierzu den Überblick bei Buck-Heeb, in: Erman, BGB, § 817, Rn. 11; zudem Schwab, in: MüKo-BGB, § 817, Rn. 20. 244 s. Nachweise in Fn. 239, wenngleich sich in diesem Zusammenhang eine Vielzahl vom Einzelfall abhängiger Lösungswege finden lassen, etwa über § 242 BGB oder § 138 BGB. 245 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 59.
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4. Teil: Sanktionierung und Rechtsschutz bei unzulässiger Drittleistung
Verwaltungsmitglied verbleiben, würde der Zustand der potentiellen Beeinflussung gerade entgegen der Ratio der Norm aufrechterhalten. Durch eine Anwendung des Ausschlussgrundes würde der „Bestechungserfolg“ durch die rechtsgrundlose Vermögenszuordnung damit im Widerspruch zum Schutzzweck der Norm „perpetuiert“.246 Diese Widersprüchlichkeit wird besonders bei Betrachtung des klar geäußerten gesetzgeberischen Willens deutlich, dass eine bereits geleistete Forderung rückforderbar ist.247 bb) Bedenken gegen die hergebrachte Auffassung: Geltung des § 817 S. 2 BGB bei Anerkennung eines Gewinnhaftungsanspruchs der Gesellschaft? Diese einhellige und hergebrachte Auffassung ist ihrerseits äußerst unbefriedigend. So richtet sich das Verbot bieterseitiger Leistung gerade ausdrücklich nur gegen den Bieter, aber gerade nicht gegen den Vorstand. Betrachtet man unter diesem Gesichtspunkt die möglichen zivilrechtlichen Rechtsfolgen unzulässiger bieterseitiger Leistung,248 besteht auch hier ein unter wertenden Aspekten kaum zu rechtfertigendes Ergebnis: Der Bieter erhält seine Leistung zurück. Hat er diese ordnungsgemäß offengelegt, kommt (rechtssicher) allenfalls eine Haftung aus § 117 AktG in Betracht, was unter Berücksichtigung der sich dort ergebenden Schadensund Kausalitätsprobleme kaum jemals Bedeutung erlangen wird. Abgesehen von strafrechtlichen Sonderkonstellationen hat der Bieter mithin nichts zu befürchten. Die Nichtigkeit der Leistung als „drakonisch“ zu bezeichnen, erscheint damit allzu euphemistisch.249 Der Grund der in der Gesetzesbegründung angeordneten Rückforderungspflicht ist aber ebenso zwingend. Der Bestechungserfolg darf in keinem Fall aufrechterhalten werden, die Leistung darf dem Vorstand nicht verbleiben. Die Anordnung der Rückforderungspflicht und die wertende Einschränkung des § 817 S. 2 BGB erscheint mithin als das „kleinere Übel“. Die Fortgeltung dieser Rechtsauffassung gerät indes dann ins Wanken, erkennt man den bereits für unzulässige aktionärsseitige Leistungen angenommenen Grundsatz des Gewinnhaftungsanspruchs der Gesellschaft gegen den Vorstand auch im Falle nichtiger Bieterleistungen an. Mit diesem würde zum einen der eigentliche Grund für die Rückforderungspflicht des Bieters nicht entfallen; der Vorstand würde die Leistung nicht behalten, sodass auch hier nicht die Gefahr der „Perpetuierung“ des Bestechungserfolgs bestünde. Stattdessen würde zum anderen Platz für ein unter wertenden Aspekten fast schon ge246 Ekkenga, in: Ehricke/Ekkenga/Oechsler, WpÜG, § 33, Rn. 123; Röh, in: Haarmann/ Schüppen, WpÜG, § 33d, Rn. 14; Weber, S. 343 f.; allgemein zu dieser Möglichkeit zur Einschränkung des Anwendungsbereichs des § 817 S. 2 BGB, Wendehorst, in: Bamberger/Roth, BGB, § 817, Rn. 24. 247 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 59. 248 s. dazu unten 4. Teil B.II.1.b). 249 So aber Kiem, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33d, Rn. 4.
B. Sanktionierung unzulässiger Leistung des Bieters
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botenes Ergebnis gemacht, indem die Leistung die Gesellschaft, als eigentlich „geschädigte“ Partei, erhalten würde. In Konsequenz müsste die oben beschriebene Nichtanwendbarkeit des § 817 S. 2 aufgehoben werden, da ansonsten dem Vorstand eine doppelte Inanspruchnahme drohen würde, was den Gewinnhaftungsanspruch in die Ecke des unzulässigen „Strafschadensersatzes“ drängen würde. Mit folgenden – dogmatischen – Erwägungen ist daher das bisherige Rechtsfolgenverständnis zu Gunsten des Gewinnhaftungsanspruchs aufzugeben: Zunächst findet der Gewinnhaftungsanspruch im Sinne der oben herausgearbeiteten Kriterien auch auf unzulässige Bieterleistung Anwendung. Im Vergleich zu aktionärsseitigen Leistungen250 bereitet die bieterseitige Leistung insbesondere im Rahmen des notwendigen Interessenkonflikts noch weniger Probleme, ist der Bieter doch zum einen gesellschaftsfremde Person und besteht mit dem Transaktionsbezug zum anderen ein zumindest mittelbarer Zusammenhang mit einem konkreten „Geschäft“. Damit sind unzulässige Bieterleistungen naturgemäß näher an der ursprünglichen Fallgruppe der Gewinnhaftung, den Schmiergeldern sonstiger Dritter im Zusammenhang mit einem konkreten Geschäftsabschluss. Weiterhin steht auch § 33d WpÜG bzw. die Interpretation dessen Rechtsfolge nicht im Weg. Unbeachtlich ist insofern die Schlussfolgerung, dass bei Nichtigkeit sowohl des Erfüllungs- als auch des Verpflichtungsgeschäfts § 817 S. 2 BGB per se keine Anwendung finden soll. Gerade der vorliegende Fall dient als Beispiel dafür, warum diese Wertung als zu „schematisch“ abzulehnen ist. Denn mit den eingangs genannten Gründen wird das Institut der Gewinnhaftung dem Schutzzweck der Norm deutlich gerechter als eine Rückforderung der Leistung durch den Bieter. Insbesondere ist zu berücksichtigen, dass sich § 33d WpÜG gerade und ausschließlich gegen den Bieter richtet, sodass vielmehr dessen nach hergebrachter Auffassung bestehende „Privilegierung“ contra legem anmutet. Unschädlich ist insofern auch, dass der Gesetzgeber in der Gesetzesbegründung selbst verlangt, dass eine Leistung durch den Bieter rückforderbar sein muss und auch zwingend zurückzufordern ist.251 Maßgebend für die Interpretation des Gesetzes muss immer der in ihm zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers sein, sodass es durchaus zulässig ist, das Gesetz auf Fälle zu erstrecken, die der historische Gesetzgeber nicht bedacht hat.252 Dies ist vorliegend offensichtlich der Fall. Zudem ist – in systematischer Hinsicht – zu berücksichtigen, dass bei Ablehnung einer Gewinnhaftung im Falle unzulässiger Bieterleistung ein unzulässiger „Wertungswiderspruch“ nicht nur zur Rechtsfolge unzulässiger aktionärsseitiger Leistungen, sondern auch zur Rechtsfolge sonstiger Schmiergelder entstehen würde.253 Zuletzt besteht gar im Hinblick auf die Durchsetzung des An250
s. oben 4. Teil A.III.1.a)bb)(2). Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 59. 252 BVerfG v. 09. 11. 1988 – 1 BvR 243/86, BVerfGE 79, 106, 121; Schmalz, 2. Aufl. 1990, S. 111, Rn. 248. 253 Zum Wertungswiderspruch Rüthers/Fischer/Bork, S. 449 f., Rn. 744; Larenz/Canaris, Methodenlehre, S. 155; Zippelius, § 10, III., S. 44 f., s. dazu bereits oben 3. Teil B.I.4.d) cc)(3)(a)(aa). 251
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4. Teil: Sanktionierung und Rechtsschutz bei unzulässiger Drittleistung
spruchs ein geringeres Risiko. So bestand nach hergebrachter Rechtsauffassung für die Leitung der Bietergesellschaft schließlich nicht nur die Möglichkeit, sondern aufgrund ihrer Geschäftsleitungspflichten die Pflicht zur Geltendmachung des Anspruchs.254 Diese Pflicht geht nunmehr auf den Aufsichtsrat der Zielgesellschaft über, der zum einen aufgrund des eigenen pflichtwidrigen Verhaltens und der daraus folgenden Inanspruchnahme nach §§ 93 Abs. 2, 116 S. 3 AktG dem gleichen Pflichtenprogramm unterliegt wie die Geschäftsleitung der Bietergesellschaft, zum anderen, da er im Gegensatz zur Bietergesellschaft zumindest nicht zwingend in die Schmiergeldleistung involviert ist, gar weniger Interesse hat, etwaige Verstöße und daraus resultierende Ansprüche unter den Tisch fallen zu lassen. c) Fazit und Bewertung Nach herkömmlicher Auffassung ist § 33d WpÜG das, was gemeinhin als „zahnloser Tiger“ bezeichnet wird: Ein Verbot, dessen Missachtung keinerlei einschneidende Konsequenz bedeutet, insbesondere nicht für den leistenden Bieter als eigentlichen Adressaten der Norm. Insofern ist bereits unverständlich, warum der Gesetzgeber die Ausgestaltung im Gesetzgebungsverfahren als Ordnungswidrigkeit ohne weitere Erläuterung aufgegeben hat. Die geäußerte Vermutung, dass der BaFin in den Anfängen des WpÜG die durchaus schwierige Ermittlungsarbeit erspart werden sollte, hat wohl nunmehr – 12 Jahre nach Erlass des WpÜG – ihre Gültigkeit verloren.255 Mit der vorliegend dargestellten Interpretation der Rechtsfolge (Gewinnhaftungsanspruch der Gesellschaft) könnte die Norm zumindest gewisse, insbesondere präventive Bedeutung erlangen. Nach hier vertretener Auslegung bedingt bereits die Nichteinholung der Zustimmung des Aufsichtsrats einen Verstoß, der zugleich auch die Nichtigkeit der Leistung zur Folge hat. Insofern fällt bereits eine Leistung, die ohne Zustimmung des Aufsichtsrats erfolgt ist, unter den Gewinnhaftungsanspruch, den der Aufsichtsrat auch geltend machen müsste, will er sich nicht seinerseits pflichtwidrig verhalten. 2. Verstoß gegen Offenlegungspflichten Im Gegensatz zum kapitalmarkrechtlichen Leistungsverbot trifft die Pflicht zur Offenlegung der Leistung nicht nur den Bieter, sondern auch den Vorstand der Zielgesellschaft. Gleichwohl liegt das Hauptaugenmerk auf dem bieterseitigen Verstoß:
254
Ansonsten macht sich die Verwaltung der Bietergesellschaft ihrerseits einer mit Schadensersatz bewährten Pflichtverletzung schuldig, so Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 59; Hirte, in: Kölner Komm WpÜG, § 33d, Rn. 16; Kiem, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 33d, Rn. 26; Steinmeyer, in: Steinmeyer/Häger, WpÜG, § 33d, Rn. 7; Spindler, FS Schwark, 2009, S. 641, 543. 255 Rönnau, in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, vor § 60, Rn. 4.
B. Sanktionierung unzulässiger Leistung des Bieters
401
a) Offenlegungspflichten des Bieters nach § 11 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 WpÜG Nach § 11 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 WpÜG hat der Bieter in der Angebotsunterlage sämtliche Geldleistungen oder andere geldwerte Vorteile offenzulegen, die den Verwaltungsmitgliedern der Zielgesellschaft gewährt oder in Aussicht gestellt werden. Unterlässt der Bieter die entsprechende Offenlegung von Leistungen oder gibt er diese falsch an, so stellt sich zunächst die Frage ob dies den Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit nach § 60 WpÜG erfüllt; in Betracht kommen hier § 60 Abs. 1 Nr. 1a) oder Nr. 2a) WpÜG. Überdies kommt bei unrichtigem Inhalt der Angebotsunterlage ein Schadensersatzanspruch der Aktionäre nach § 12 WpÜG in Betracht256 sowie die Möglichkeit der BaFin, gem. § 15 WpÜG das Angebot zu untersagen. aa) Ordnungswidrigkeit nach § 60 Abs. 1 Nr. 1a) bzw. Nr. 2a) WpÜG § 11 WpÜG selbst findet keine Erwähnung im Katalog des § 60 WpÜG als Ordnungswidrigkeitstatbestand des WpÜG. Dennoch kann die Einordnung eines Verstoßes gegen die inhaltlichen Vorgaben zur Erstellung der Angebotsunterlage nach § 11 Abs. 2 WpÜG als bußgeldbedrohte Ordnungswidrigkeit nicht ohne weiteres abgelehnt werden. (1) Meinungsstand Manche Autoren qualifizieren einen Verstoß gegen die Offenlegungspflichten nach § 11 (Abs. 2 S. 3 Nr. 3) WpÜG als Ordnungswidrigkeit gem. § 60 Abs. 1 Nr. 1a) WpÜG,257 wohingegen Thoma einen Verstoß gegen § 60 Abs. 1 Nr. 2a) WpÜG für gegeben hält.258 Grund ist in beiden Fällen die Verknüpfung der Vorgaben zum Inhalt der Angebotsunterlage mit den bußgeldbewährten Übermittlungs- und Veröffentlichungspflichten des Angebots nach § 14 WpÜG. So hat der Bieter nach § 14 Abs. 1 S. 1 WpÜG die Pflicht, die Angebotsunterlage innerhalb von vier Wochen nach der Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots an die BaFin zu übermitteln, und nach § 14 Abs. 2 S. 1 WpÜG, unter Einhaltung der Vorgaben nach § 14 Abs. 3 WpÜG, die Angebotsunterlage unverzüglich zu veröffentlichen, wenn die BaFin die Veröffentlichung gestattet hat oder wenn seit dem Eingang der Angebotsunterlage zehn Werktage verstrichen sind (Gestattungsfiktion). Dabei macht sich der Bieter einer Ordnungswidrigkeit nach § 60 Abs. 1 Nr. 1a) WpÜG schuldig, wenn er vorsätzlich oder leichtfertig entgegen § 14 Abs. 2 S. 1 WpÜG die Veröffentlichung der Angebotsunterlage „nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig“ vornimmt, 256
Da dieser Anspruch allerdings dem Schutz der Altgesellschafter gedacht ist, findet seine Erläuterung erst unter 4. Teil C.II.1.a) statt. 257 Schüppen, FS Tiedemann, 2008, S. 749, 753; Spindler, FS Hopt, Band 1, 2010, S. 1407, 1413. 258 Thoma, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 11, Rn. 154.
402
4. Teil: Sanktionierung und Rechtsschutz bei unzulässiger Drittleistung
bzw. nach § 60 Abs. 1 Nr. 2a) WpÜG, wenn er entgegen § 14 Abs. 1 S. 1 WpÜG die Angebotsunterlage nicht in entsprechender Weise übermittelt. Unterbleibt damit die (ordnungsgemäße) Offenlegung von Zuwendungen des Bieters an Organmitglieder der Zielgesellschaft unter Verstoß gegen § 11 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 WpÜG, wäre bei bloßer Betrachtung des Wortlauts die Angebotsunterlage unrichtig bzw. nicht vollständig, sodass ihre Veröffentlichung oder Übermittlung den jeweiligen Ordnungswidrigkeitstatbestand erfüllen würde. Nach anderer Ansicht hingegen fällt ein Verstoß gegen die inhaltlichen Vorgaben zur Angebotsunterlage nicht unter den Ordnungswidrigkeitstatbestand.259 Die bußgeldbewährte Sanktionierung würde nur an die formalen Pflichten zur Veröffentlichung oder Übermittlung des Angebots selbst ansetzen, ein vorgelagerter Verstoß gegen die Anforderungen an die Angebotsunterlage selbst sei dagegen (u. a.) über die zivilrechtliche Haftung nach § 12 WpÜG auszugleichen.260 Auch diese Interpretation findet im Wortlaut der Norm Rückhalt, wenn man berücksichtigt, dass § 60 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 WpÜG nicht § 11 WpÜG und damit die Angebotsunterlage selbst ansprechen, sondern nur § 14 WpÜG und damit die Veröffentlichung bzw. Übermittlung derselben. (2) Eigene Bewertung Obgleich diese unterschiedlichen Ansichten vertreten werden, ist das dargestellte Problem von einem Großteil der Literatur als solches nicht beachtet.261 Dabei geht es nicht (nur) um die hier behandelte Konstellation der Leistungen des Bieters, sondern um die generelle Berücksichtigung der inhaltlichen Anforderungen nach § 11 WpÜG im Rahmen des § 60 WpÜG. Anknüpfungspunkt ist das generelle Verständnis des Ordnungswidrigkeitstatbestandes als Blankettvorschrift und die Reichweite der Verweise auf die in Bezug genommenen Ausfüllungsnormen. Entscheidend ist dabei, ob die Aufnahme inhaltlicher Anforderungen an die Angebotsunterlage nach § 11 Abs. 2 WpÜG im Wege eines Kettenverweises Berücksichtigung finden soll262 oder ob sich der Verweis in den unmittelbaren (primär formalen) Pflichten des § 14 WpÜG erschöpft.263 259 Moosmayer, wistra 2004, 401, 403; Schaal, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, § 60 WpÜG, Rn. 22; Altenhain, in: Kölner Komm WpÜG, § 60, Rn. 38; wohl ebenso, wenn auch mit sehr einzelfallbezogener Begründung, die sich hauptsächlich auf die Vorgaben aus der WpÜG-AngebotsVO konzentriert, Cahn, ZHR 167 (2003), 262, 276. 260 Moosmayer, wistra 2004, 401, 403 f.; Schaal, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, § 60 WpÜG, Rn. 22. 261 Einzige ersichtliche Ausnahme ist Cahn, ZHR 167 (2003), 262, 276. 262 Der Einordnung als Ordnungswidrigkeit steht nicht bereits der erforderliche Rückgriff auf eine Verweisungskette entgegen, da ein solcher auch im Rahmen von Ordnungswidrigkeiten nicht per se gegen Art. 103 Abs.2 GG verstößt, sondern vielmehr einzelfallabhängig zu entscheiden ist, ob durch die Verweisungs“technik“ gegen die Gebote der Normenklarheit und Normenbestimmtheit verstoßen wird, Eggers, in: Park, Kapitalmarktstrafrecht, Teil 4, Kap. 1, A, Rn. 2.
B. Sanktionierung unzulässiger Leistung des Bieters
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(a) Inhaltliche Aussage von § 14 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 WpÜG § 14 WpÜG selbst begründet zunächst allein prozessuale Pflichten: § 14 Abs. 1 S. 1 WpÜG schreibt nur die Handlungspflicht des Bieters vor, die Angebotsunterlage innerhalb von vier Wochen nach Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots an die BaFin zu übermitteln. Inhalt ist damit allein die fristgemäße Übermittlung der Angebotsunterlage. Zwar wird zudem noch die eigenhändige Unterschrift des Bieters verlangt, doch dient dies gerade der Fristwahrung264 bzw. nach vertretener Ansicht der Kennzeichnung der persönlichen Verantwortungsübernahme.265 Weitere Vorgaben hinsichtlich Form und Inhalt der Angebotsunterlage ergeben sich allgemein aus dem Gesetz, finden jedoch keine Grundlage in § 14 Abs. 1 S. 1 WpÜG selbst.266 Vielmehr sind die übermittelte Angebotsunterlage und die an sie gestellten weiteren gesetzlichen Anforderungen Gegenstand der Überprüfung durch die BaFin nach § 15 Abs. 1 Nr. 1, 2 WpÜG. Ebenso wenig lässt sich aus § 14 Abs. 2 S. 1 WpÜG eine Pflicht des Bieters zur Einhaltung der Vorgaben nach § 11 Abs. 2 WpÜG sowie nach § 2 WpÜG-AngebotsVO herleiten. Zwar trifft die BaFin die Pflicht, bei entsprechenden Verstößen das Angebot nach § 15 Abs. 1 WpÜG zu untersagen, ferner wird das Haftungsrisiko des Bieters nach § 12 WpÜG ausgelöst, doch nehmen diese Normen selbstständig Bezug auf § 11 WpÜG. Dagegen beziehen sich die Pflichten des Bieters nach § 14 Abs. 2 S. 1 WpÜG „lediglich“ auf den „Prozess“ der Veröffentlichung, indem der BaFin die Überprüfung des Angebots auferlegt und der Bieter dazu verpflichtet wird, dieses nach Gestattung unverzüglich zu veröffentlichen. (b) Auslegung des § 60 Abs. 1 WpÜG Ein anderes Ergebnis könnte sich jedoch durch Auslegung der Vorgaben nach § 60 Abs. 1 Nr. 1, 2 WpÜG ergeben.267 Im Gegensatz zu anderen Blankettvorschriften sanktionieren diese nicht bloß ein Zuwiderhandeln gegen Ausfüllungsnormen, sondern konkretisieren die Art der Zuwiderhandlung (sog. Teilblankettgesetz) durch Vorgabe der Handlungsvarianten „nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der 263
Bzw. anderer direkt genannter Ausfüllungsnormen. Thoma, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 14, Rn. 24; Assmann, in: Assmann/Pötzsch/ Schneider, WpÜG, § 14, Rn. 4, 14; Geibel, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, § 14, Rn. 11. 265 So Geibel, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, § 14, Rn. 11, unter Verweis auf § 11 Abs. 1 S. 5 WpÜG, ferner Seydel, in: Kölner Komm WpÜG, § 14, Rn. 19, weshalb dieser auch eine Unterzeichnung kraft rechtsgeschäftlicher Bevollmächtigung nicht für zulässig erachtet. 266 So ist bspw. der Umstand, dass in der Unterlage nach § 11 Abs. 3 WpÜG eine Richtigkeits- und Vollständigkeitsunterlage enthalten sein muss, immanente Voraussetzung nach § 11 WpÜG, nicht jedoch des § 14 Abs. 1 S. 1 WpÜG; allgemein zu den Anforderungen im Rahmen des § 14 Abs. 1 S. 1 WpÜG, s. Thoma, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 14, Rn. 13 ff.; Assmann, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 14, Rn. 4 ff., 14; Seydel, in: Kölner Komm WpÜG, § 14, Rn. 16 ff. 267 Bei Interpretationsproblemen ist auch bei Kettenverweisungen auf die üblichen juristischen Auslegungsmethoden zurückzugreifen, Eggers, in: Park, Kapitalmarktstrafrecht, Teil 4, Kap. 1, A, Rn. 2. 264
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4. Teil: Sanktionierung und Rechtsschutz bei unzulässiger Drittleistung
vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig“.268 Damit kann sich aus § 60 Abs. 1 Nr. 1, 2 WpÜG eine eigenständige, von der Ausfüllungsnorm losgelöste Handlungsvorgabe ergeben: Ausgangspunkt der Gesetzesauslegung ist der Gesetzeswortlaut; Anknüpfungspunkt ist dabei die sowohl in Abs. 1 Nr. 1a) als auch Nr. 2a) aufgenommene Handlungsanweisung der „nicht richtig[en]“ oder „nicht vollständig[en]“ Veröffentlichung bzw. Übermittlung der Angebotsunterlage.269 Nach allgemeiner Auffassung erfolgt eine Veröffentlichung bzw. Übermittlung „nicht richtig“, wenn sie inhaltlich falsch ist, mithin unrichtige Informationen enthält. Eine Beschränkung auf Fälle der nicht in der vorgeschriebenen Form erfolgten Veröffentlichung ist zu Recht abzulehnen, da diese Fälle bereits durch die alternative Tathandlung „nicht in der vorgeschriebenen Weise“ erfasst werden, die sonst keine eigenständige Bedeutung mehr hätte.270 Auf den ersten Blick scheint der Wortlaut damit klar die Einbeziehung der inhaltlichen Vorgaben des § 11 Abs. 2 WpÜG als Konkretisierung der sich aus § 14 WpÜG ergebenden Pflichten zu fordern.271 Ein zweiter Blick offenbart jedoch, dass sich aus dieser allgemein anerkannten Definition gerade keine Erkenntnis über die Reichweite der inhaltlichen Richtigkeit ergibt. Denn dass der Vorgabe auch bei restriktivem Verständnis ein eigenständiger Anwendungsbereich verbleibt, veranschaulicht ein Urteil des OLG Frankfurt, bestätigt durch den BGH, nach welchem die Angabe des falschen Zeitpunkts der Kontrollerlangung gem. § 35 Abs. 1 S. 1 WpÜG „nicht richtig“ i.S.d. § 60 Abs. 1 Nr. 1a) WpÜG ist.272 Die Pflicht des Bieters zur Angabe des Zeitpunkts der Kontrollerlangung ergibt sich dabei unmittelbar aus § 35 Abs. 1 S. 1 WpÜG, ohne Rückgriff auf die inhaltlichen Pflichten nach § 11 Abs. 2 WpÜG. Berücksichtigt man, dass § 60 Abs. 1 Nr. 1a) WpÜG direkt Bezug auf § 35 Abs. 1 S. 1 WpÜG nimmt und damit auch auf die inhaltliche Vorgabe der Angabe des richtigen Zeitpunkts, offenbart sich der entscheidende Unterschied zu den inhaltlichen Pflichten nach § 11 Abs. 2 WpÜG, die lediglich über eine Kettenverweisung Geltung beanspruchen sollen.273 Folglich kann das Argument, dass die Handlungs268
Altenhain, in: Kölner Komm WpÜG, § 60, Rn. 3, 33; ähnlich auch Ehricke, in: Ehricke/ Ekkenga/Oechsler, WpÜG, § 60, Rn. 8; Schaal, in: MüKo-AktG, WpÜG, § 60, Rn. 3. 269 Bereits oben wurde festgestellt, dass nach bloßem Wortverständnis die nach Maßgabe des § 11 Abs. 2 WpÜG fehlerhafte bzw. unvollständige Übermittlung bzw. Veröffentlichung eines Angebots „nicht richtig“ oder „nicht vollständig“ erfolgt, sodass ein entsprechender Verstoß als Ordnungswidrigkeit i.S.d. § 60 WpÜG anzusehen wäre. 270 Altenhain, in: Kölner Komm WpÜG, § 60, Rn. 39; Tschauner, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, § 60, Rn. 18. 271 Thoma, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 60, Rn. 10; Steinhardt, in: Steinmeyer, WpÜG, § 60, Rn. 4; Schaal, in: MüKo-AktG, WpÜG, § 60, Rn. 4; Tschauner, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, § 60, Rn. 18; Altenhain, in: Kölner Komm WpÜG, § 60, Rn. 38; wohl enger Rönnau, in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, § 60, Rn. 8. 272 OLG Frankfurt a.M. v. 30. 11. 2005 – WpÜG-Owi 1/04, NZG 2006, 792, 794 f.; bestätigt durch BGH v. 31. 05. 2006 – 2 Ars 78/06, wistra 2006, 391. 273 Altenhain, in: Kölner Komm WpÜG, § 60, Rn. 38, fasst die dargestellte Rspr. und den Zusammenhang mit § 35 WpÜG gar als Indiz dafür auf, dass gerade kein Fall einer unrichtigen
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alternative „nicht richtig“ zwingend die Berücksichtigung der Vorgaben nach § 11 WpÜG verlangt, keine Geltung mehr beanspruchen. Gleiches gilt im Übrigen für die Tatbestandsalternative „nicht vollständig“: Die Veröffentlichung bzw. Übermittlung des Angebots ist „nicht vollständig“, wenn nicht alle vom Gesetz geforderten Informationen enthalten sind oder der Bieter seinen Handlungspflichten nur zum Teil nachkommt.274 Dies soll bspw. dann der Fall sein, wenn einzelne Tatsachen oder Beurteilungen zum Sachverhalt weggelassen werden, sodass ein falsches Gesamtbild vermittelt wird.275 Was allerdings als vollständig angesehen wird, beurteilt sich nach dem rechtlich Geschuldeten, wiederum unter Rückgriff auf die zu Grunde liegende blankettausfüllende Norm.276 Eine eigenständige Aussage zur Reichweite der Vollständigkeit lässt sich damit auch der Tatvariation „nicht vollständig“ nicht entnehmen. Klarer wird das Verständnis des § 60 WpÜG bei einem Blick auf dessen Zweck: Nach herrschender Auffassung ist Schutzzweck des § 60 WpÜG wie auch seiner Bezugsnormen in erster Linie das Allgemeininteresse an der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts.277 Oberste Priorität ist dabei ein geordnetes, transparentes und kontrollierbares Angebotsverfahren.278 Demgegenüber soll der Schutz des einzelnen Anlegers nur als „Reflex“ erfolgen und damit hinter der vorrangigen Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts an sich zurücktreten.279 In diesem Sinne deutet bereits die Gesetzesbegründung zu § 60 Abs. 1 Nr. 1 WpÜG eine restriktive Auslegung der Norm an. Danach dient die Sanktionierung der in Nr. 1 genannten Pflichten der ordnungsrechtlichen Durchsetzung solcher Informationen, die zum Erwerb von Wertpapieren von zentraler Bedeutung sind.280 Die Pflichten der Nr. 2 dienen der Unterstützung der Veröffentlichungspflichten der Nr. 1, und die Pflichten der Nr. 3 sollen explizit die Einbeziehung der BaFin als Kontrollinstanz sicherstellen.281 Betrachtet man unter dieser Prämisse die Veröffentlichungs- oder Unterrichtungspflichten der Nr. 1 bis 3, zeigt sich, dass sich sämtliche auf den Eintritt solcher Veröffentlichung vorliegt, wenn die Angebotsunterlage zwar richtig veröffentlicht, diese aber selbst (z. B. unter Verstoß gegen § 11 Abs. 2 WpÜG) inhaltlich falsch ist. 274 Altenhain, in: Kölner Komm WpÜG, § 60, Rn. 40; Rönnau, in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, § 60, Rn. 8; Thoma, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 60, Rn. 11; Steinhardt, in: Steinmeyer, WpÜG, § 60, Rn. 4; Schaal, in: MüKo-AktG, WpÜG, § 60, Rn. 4; Tschauner, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, § 60, Rn. 18. 275 Altenhain, in: Kölner Komm WpÜG, § 60, Rn. 40; Thoma, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 60, Rn. 11. 276 Rönnau, in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, § 60, Rn. 8; Altenhain, in: Kölner Komm WpÜG, § 60, Rn. 40. 277 H.M., Schaal, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, § 60 WpÜG, Rn. 3; Rönnau, in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, Vor § 60, Rn. 13; Noack, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 60, Rn. 1; a.A. Altenhain, in: Kölner Komm WpHG, § 60, Rn. 4 ff. 278 Rönnau, in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, Vor § 60, Rn. 13. 279 Rönnau, in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, Vor § 60, Rn. 13. 280 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 68. 281 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 68.
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wesentlicher Ereignisse oder Maßnahmen beziehen, deren geordnete Offenlegung an sich (und die daran gekoppelte Kontrolle) einen funktionsfähigen Kapitalmarkt überhaupt erst ermöglicht.282 Hierfür spielt die inhaltliche Korrektheit aber nur eine zweitrangige Rolle. Auf Dauer wird diese zwar ebenfalls essentiell, doch nimmt sie nicht den gleichen Rang ein wie Regelungen, die soz. als Eckpfeiler einen transparenten und kontrollierbaren Kapitalmarkt sicherstellen (wie eben die formal ordnungsgemäße Offenlegung oder Übermittlung des Angebots an sich); insbesondere dann nicht, wenn es sich nur um einzelne Verstöße handelt. Dieses restriktive Verständnis wird letztlich durch systematische Aspekte bestätigt. Nach Urteil des OLG Frankfurt a.M. ist es für einen Verstoß gegen § 60 Abs. 1 Nr. 3 WpÜG i.V.m. § 14 Abs. 2 S. 2 WpÜG ohne Bedeutung, dass eine Angebotsunterlage nicht den inhaltlichen Vorgaben nach § 11 Abs. 2 WpÜG oder der WpÜGAngebotsVO entspricht.283 Allein maßgeblich sei die Tatsache, dass die Veröffentlichung vor Gestattung durch die BaFin vorgenommen wurde. Denn durch den Bußgeldtatbestand des § 60 Abs. 1 Nr. 3 WpÜG solle allein gewährleistet werden, dass die Veröffentlichung eines Angebots tatsächlich erst nach Prüfung der Angebotsunterlage durch die BaFin erfolgt.284 Gleichwohl lässt sich diese Rechtsprechung nicht einfach auf die hier in Frage stehenden Fälle des Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 übertragen. Denn im Gegensatz zu diesen Vorschriften ist die Formulierung des Nr. 3 deutlich formaler: Danach liegt u. a. dann ein Verstoß vor, wenn die Angebotsunterlage entgegen § 14 Abs. 2 S. 2 WpÜG (und somit vor Veröffentlichung nach den Voraussetzungen des Abs. 2 S. 1) bekannt gemacht wird. Dabei fehlen gerade die in Nr. 1 und Nr. 2 fraglichen Begehungsvarianten „nicht vollständig“ und „nicht richtig“. Gleichwohl ist dieser Rspr. ein Indiz auch für das Verständnis der Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 zu entnehmen. Denn in dem genannten Urteil lag parallel zu dem Verstoß gegen § 14 Abs. 2 S. 2 WpÜG ein Verstoß gegen § 14 Abs. 1 S. 1 WpÜG (und damit gegen § 60 Abs. 1 Nr. 2 WpÜG) vor, der im Sinne der hier geführten Diskussion zumindest abstrakt geeignet gewesen wäre, die verletzten Pflichten des § 11 Abs. 2 WpÜG zu erfassen. Indes kam der entsprechende, potentielle Verstoß gegen § 14 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 60 Abs. 1 Nr. 2 WpÜG in dem Urteil gar nicht erst zur Sprache, sodass davon auszugehen ist, dass dieser (im Wege der Gesetzeskonkurrenz?) von § 14 Abs. 2 S. 2 i.V.m. § 60 Abs. 1 Nr. 3 WpÜG verdrängt wurde. Dies erschiene aber dann systemwidrig, wollte man § 60 Abs. 1 Nr. 2 aufgrund dessen Wortlauts einen insbesondere inhaltlich weiteren Anwendungsbereich zuerkennen. Im Umkehrschluss ist dem Urteil daher zu entnehmen, dass sich sämtliche in § 60 282 Bspw. seien hier genannt die Pflicht zur Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots gem. § 10 Abs. 1 S. 1 WpÜG, die Veröffentlichung des Angebots selbst, § 14 Abs. 2 S. 1 WpÜG oder die Veröffentlichung der Stellungnahme der Verwaltungsorgane der Zielgesellschaft zu Angeboten des Bieters nach § 27 Abs. 3 S. 1 WpÜG (sämtlich Pflichten des § 60 Abs. 1 Nr. 1). 283 OLG Frankfurt a.M. v. 28. 01. 2010 – WpÜG 10/09, NJW 2010, 583, 583 f. 284 OLG Frankfurt a.M. v. 28. 01. 2010 – WpÜG 10/09, NJW 2010, 583, 583 f., unter Verweis auf Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 68.
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Abs. 1 genannten Pflichten in erster Linie auf das formale Prozedere beziehen, wohingegen ein Verstoß gegen inhaltliche Pflichten des § 11 Abs. 2 WpÜG auch im Wege einer Kettenverweisung nicht zu ordnungswidrigem Verhalten führt. (3) Fazit Ein Verstoß gegen die inhaltlichen Vorgaben des § 11 Abs. 2 WpÜG – und damit die fehlerhafte oder unterbliebene Offenlegung einer Bieterleistung an den Vorstand – bedingt weder einen Verstoß gegen § 60 Abs. 1 Nr. 1 WpÜG noch gegen § 60 Abs. 1 Nr. 2 WpÜG. Der Ordnungswidrigkeitstatbestand des § 60 WpÜG ist restriktiv auszulegen, sodass für eine Einbeziehung inhaltlicher Verfehlungen im Rahmen einer Kettenverweisung kein Raum ist. bb) Verwaltungsrechtliche Befugnisse: Untersagung des Angebots nach § 15 WpÜG Keine Sanktionierung im Wortsinne, sondern eine verwaltungsrechtliche Eingriffsbefugnis steht der BaFin nach § 15 Abs. 1 WpÜG zu. Danach hat sie das Angebot des Bieters etwa dann zu untersagen, wenn es nicht die Angaben enthält, die nach § 11 Abs. 2 WpÜG erforderlich sind (Nr. 1) oder die in der Angebotsunterlage enthaltenen Angaben offensichtlich gegen Rechtsvorschriften des WpÜG verstoßen (Nr. 2). Unterbleibt die Offenlegung einer dem Vorstand in Aussicht gestellten oder bereits gewährten Leistung vollständig, so hat die BaFin das Angebot nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 WpÜG zu untersagen. Die praktische Relevanz dieser Vorgabe ist als eher gering einzuschätzen, da die BaFin im Falle der Unvollständigkeit der Angebotsunterlage dem Bieter grds. zunächst die Möglichkeit zur Nachbesserung nach Maßgabe des § 14 Abs. 2 WpÜG einräumen wird.285 Im Rahmen des § 11 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 WpÜG ist aufgrund des von bieterseitigen Leistungen ausgehenden Gefährdungspotentials im Sinne optimaler Transparenz auch bei Nichtleistung die Verpflichtung zur Abgabe einer ausdrücklichen Negativerklärung wünschenswert, aber wohl nicht im Gesetz angelegt.286 Um etwaigen Risiken zu entgehen, ist eine solche freilich empfehlenswert.287
285
Seydel, in: Kölner Komm WpÜG, § 15, Rn. 22; Meyer, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 15, Rn. 10; Thoma, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 15, Rn. 9; Angerer, in: Geibel/ Süßmann, WpÜG, § 15, Rn. 37, einige Autoren gehen insofern von einer „Ermessensreduzierung auf Null“ aus. 286 Unklar Seydel, der, in: Kölner Komm WpÜG, § 11, Rn. 78 („hat“) von einer entsprechenden Pflicht auszugehen scheint, dagegen, in: Kölner Komm WpÜG, § 15, Rn. 21 die Negativ-Feststellung allgemein „jedenfalls in Zweifelsfällen“ nur noch für empfehlenswert hält. 287 Allgemein Seydel, in: Kölner Komm WpÜG, § 15, Rn. 21; Thoma, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 15, Rn. 12, m.w.Nachw.
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Erweisen sich veröffentlichte Angaben als unrichtig oder unvollständig, so fällt dies nicht in den Regelungsbereich des Abs. 1 Nr. 1, sondern in den des Abs. 1 Nr. 2.288 Dafür ist nicht etwa notwendig, dass die Angaben als solche unzutreffend wiedergegeben wurden; vielmehr sind auch Fälle erfasst, in denen die Angaben an sich zutreffend waren, jedoch inhaltlich gegen Vorgaben des Gesetzes verstoßen haben.289 Eine Untersagung nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 WpÜG ist daher auch dann möglich, wenn eine gegen § 33d WpÜG verstoßende Bieterleistung offengelegt wird. Doch erscheint dies de lege lata als äußerst unwahrscheinlich. Zwingende Voraussetzung für die Untersagung ist ein offensichtlicher Verstoß gegen die gesetzlichen Vorgaben. Dies ist zwar nicht nur der Fall, wenn sich die Rechtswidrigkeit auf den ersten Blick aufdrängt.290 Allerdings wird dies in der Praxis den größten Anwendungsfall spielen, denn die BaFin ist nicht zu einer umfassenden materiellen Prüfung verpflichtet (wenngleich berechtigt).291 Aufgrund der äußerst unklaren Rechtslage zu § 33d WpÜG wird indes kaum einmal ein „offensichtlicher“ Verstoß vorliegen, der die BaFin zu einer Untersagung veranlasst.292 In diesem Sinne wird aufgrund des Kriteriums der „Offensichtlichkeit“ der Schutz für die Anleger durch § 15 Abs. 1 Nr. 2 WpÜG generell als relativ gering eingestuft.293 Ungeachtet dessen würde im Übrigen die im Rahmen dieser Untersuchung vorgeschlagene verpflichtende Einholung der Zustimmung des Aufsichtsrats auch an dieser Stelle zu größerer Rechtssicherheit beitragen: Denn wird die Leistung ohne Einholung der Zustimmung gewährt, läge ein offensichtlicher Verstoß vor. Würde die Zustimmung gegeben, hätte auch eine „beschränkt materielle Prüfung“294 der Zusage durch die Begründung des Aufsichtsrats gewisse Orientierungspunkte.
288
Meyer, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 15, Rn. 10; Seydel, in: Kölner Komm WpÜG, § 15, Rn. 19; Thoma, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 15, Rn. 11; Wackerbarth, in: MüKo-AktG, WpÜG, § 15, Rn. 13; Angerer, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, § 15, Rn. 15. 289 Seydel, in: Kölner Komm WpÜG, § 15, Rn. 24, 27; Angerer, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, § 15, Rn. 16; Scholz, in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, § 15, Rn. 26. 290 So aber Thoma, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 15, Rn. 21 f., 23. 291 Angerer, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, § 15, Rn. 16; Seydel, in: Kölner Komm WpÜG, § 15, Rn. 28; Meyer, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 15, Rn. 11. 292 Klar unzulässige Leistungen werden wohl gar nicht erst in der Angebotsunterlage angegeben werden. 293 Etwa Scholz, in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, § 15, Rn. 26; Angerer, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, § 15, Rn. 17, die beide darauf hinweisen, dass diese Lücke durch § 12 WpÜG ausgeglichen würde, was angesichts der seltenen Anwendung von § 12 WpÜG jedoch ebenso fraglich erscheint, s. dazu unten im Text zu Fn. 555. 294 So etwa Meyer, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 15, Rn. 11.
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cc) § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Alt. 2 WpHG i.V.m. § 39 Abs. 2 Nr. 11 WpHG bzw. i.V.m. § 38 Abs. 2 Nr. 1 WpHG – Kurs- und Marktpreismanipulation Nach § 20a Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 WpHG ist es verboten, Umstände zu verschweigen, die für die Bewertung eines Finanzinstruments erheblich sind, wenn das Verschweigen geeignet ist, auf den Markt- oder Börsenpreis des Finanzinstruments einzuwirken.295 Die vorsätzliche oder leichtfertige Verwirklichung dieser Tatbestandsvoraussetzungen bedingt zunächst „nur“ eine Ordnungswidrigkeit nach § 39 Abs. 2 Nr. 11 WpHG. Hat das vorsätzlich tatbestandsgemäße Verhalten allerdings eine tatsächliche Einwirkung auf den Börsen- oder Marktpreis des Finanzinstruments zur Folge, verwirklicht der Täter den Straftatbestand des § 38 Abs. 2 Nr. 1 WpHG. Die Einordnung seines Verhaltens als strafwürdiges Unrecht liegt damit nicht mehr in der Hand des Täters, sondern hängt von der in äußeren Umständen liegenden Erfolgsverwirklichung seines Handelns ab und spielt damit für die vorliegende Betrachtung keine weitere Rolle. Damit die Nichtangabe einer bieterseitigen Leistung an den Vorstand unter den vorgenannten Tatbestand subsumiert werden kann, muss sie (im Wesentlichen) folgende Voraussetzungen erfüllen: Durch die unterlassene Veröffentlichung muss der Bieter wider eine durch Rechtsvorschrift vorgegebenen Offenbarungspflicht handeln,296 die Kenntnis von Leistungen entsprechender Leistungen muss für die Bewertung des Finanzinstruments i.S.d. Norm erheblich sein, und das Verschweigen dazu geeignet, auf den Preis der Wertpapiere der Zielgesellschaft einzuwirken. Zunächst ist eine Angebotsunterlage relevantes „Medium“ i.S.d. Norm.297 Mit der Vorgabe des § 11 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 WpÜG besteht dort zudem eine ausdrückliche Offenbarungspflicht für den Bieter, sodass die unterlassene Offenlegung von Leistungen an den Vorstand der Zielgesellschaft eine prinzipiell normgemäße Täuschungshandlung bedeutet. Fraglich ist hingegen, ob eine bieterseitige Leistung auch einen bewertungserheblichen Umstand i.S.d. Norm darstellt.298 Im Ausgangspunkt 295 Daneben besteht nach § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Alt. 1 WpHG das Verbot, unrichtige oder irreführende Angaben über Umstände zu machen, sofern diese zur Beeinflussung des Marktoder Börsenpreises geeignet sind. Hinsichtlich bieterseitiger Leistungen ist an diese Alternative dann zu denken, wenn die entsprechenden Angaben in der Angebotsunterlage zwar gemacht wurden, aber eben unrichtig oder irreführend. 296 Schröder, Hdb. Kapitalmarktstrafrecht, 3. Kapitel, D., I., Rn. 449; Fleischer, in: Fuchs, WpHG, § 20a, Rn. 37; Vogel, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 20a, Rn. 106. 297 Moosmayer, wistra 2004, 401, 404; Vogel, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 20a, Rn. 59. 298 Aufgrund seiner Unbestimmtheit sieht sich der Rechtsbegriff des bewertungserheblichen Umstands umfangreichen Diskussionen hinsichtlich seiner Verfassungsmäßigkeit, seines Verständnisses und seiner Reichweite ausgesetzt, s. dazu exemplarisch Vogel, in: Assmann/ Schneider, WpHG, § 20a, Rn. 68 ff., m.w.Nachw.; Schröder, Hdb. Kapitalmarktstrafrecht, 3. Kapitel, C., IV. Rn. 396 ff.; Sorgenfrei, in: Park, Kapitalmarktstrafrecht, Teil 3, Kap. 4, A., Rn. 61 ff.; Eichelberger, S. 258 ff.; Schönhöft, S. 63 ff. Mangels entsprechender Zwecksetzung
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ist hier auf das durch § 2 Abs. 1 MaKonV299 festgelegte Verständnis zurückzugreifen, wonach bewertungserhebliche Umstände i.S.d. Norm all solche Tatsachen und Werturteile sind, die ein verständiger Anleger bei seiner Anlageentscheidung berücksichtigen würde.300 Dies zugrunde legend soll nach vertretener Auffassung aus der gesetzgeberischen Entscheidung zur Etablierung einer Offenbarungspflicht gar eine Vermutung für die Entscheidungserheblichkeit des entsprechenden Umstands gefolgert werden können.301 So bestehe der Zweck der Offenbarungspflichten zumeist gerade darin, für die Bewertung maßgebliche Umstände offenzulegen.302 Zumindest hinsichtlich kapitalmarktrechtsspezifischer Offenlegungspflichten erscheint eine solche Vermutung sachgerecht,303 denn regelmäßig dienen diese der Sicherung einer ausreichenden Informationsgrundlage sowohl des Kapitalmarkts im Allgemeinen als auch bestehender und potentieller Anleger eines Wertpapiers. Und auch die Verpflichtung nach § 11 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 WpÜG dient (in diesem Sinne) der Information der Wertpapierinhaber über potentielle Interessenkonflikte der Vorstandsmitglieder der Zielgesellschaft, gerade auch im Hinblick auf die vom Vorstand abzugebende Stellungnahme nach § 27 WpÜG und der damit verbundenen inhaltlichen Einschätzung der Angebotsunterlage.304 Vorliegend ist zudem zu bedenken, dass die Veröffentlichung der Stellungnahme des Vorstands nach § 27 Abs. 3 WpÜG nach allgemeiner und unbestrittener Auffassung als bewertungserheblicher Umstand i.S.d. Norm angesehen wird.305 Dann kann aber auch ein Umstand, der zur objektiven Einschätzung eines anerkannt grds. bewertungserheblichen Umstands notwendig ist, aus Sicht des verständigen Anlegers ebenfalls Bewertungserheblichkeit erlangen. dieser Bearbeitung besteht jedoch kein Anlass, tiefer auf diese Fragestellungen einzugehen, vielmehr erscheint die Subsumtion unter anerkannte Voraussetzungen ausreichend, um die Rechtslage sachgerecht bewerten zu können. 299 Mit der dieser Norm zugrunde liegenden Marktmanipulations-Konkretisierungsverordnung (MaKonV) hat der Verordnungsgeber auf Grundlage der entsprechenden Ermächtigung in § 20a Abs. 5 S. 1 Nr. 1 WpHG in Anbetracht der Ausfüllungsschwierigkeiten den Rechtsbegriff des entscheidungserheblichen Umstands näher konkretisiert. 300 Konkretisiert wird diese allgemein gehaltene Definition durch § 2 Abs. 2 bis 4 MaKonV, welche nicht abschließend [statt aller Schröder, in: Achenbach/Ransiek, Hdb. Wirtschaftsstrafrecht, Straf- und Bußgeldtatbestände im BörsG und WpHG, Rn. 34] Fallbeispiele bewertungserheblicher Umstände anführen. Allerdings findet sich der vorliegende Fall in keiner dieser Regelungen wieder, sodass sich ein Rückgriff auf die § 2 Abs. 2 bis 4 MaKonV erübrigt. 301 Vogel, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 20a, Rn. 104; Eichelberger, S. 268; Schönhöft, S. 87; krit. Stoll, in: Kölner Komm WpHG, § 20a, Rn. 199 und zumindest hinsichtl. nichtkapitalmarktrechtlicher Offenlegungspflichten ablehnend; ferner krit. Schröder, in: Achenbach/Ransiek, Hdb. Wirtschaftsstrafrecht, Straf- und Bußgeldtatbestände im BörsG und WpHG, Rn. 41. 302 Arlt, S. 286; Eichelberger, S. 268. 303 So die ausdrückliche Einschränkung von Vogel, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 20a, Rn. 104, aus Anlass der Bedenken von Stoll, in: Kölner Komm WpHG, § 20a, Rn. 199. 304 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 41. 305 Stoll, in: Kölner Komm WpHG, § 20a, Rn. 193; Vogel, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 20a, Rn. 110.
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Man denke nur an den hypothetischen Fall, dass sich der Vorstand aufgrund eines massiven Interessenkonflikts für ein die Anteilseigner benachteiligendes Angebot ausspricht. Die (durch § 27 Abs. 3 WpÜG vorgegebene) Einschätzung des Vorstands an sich ist dabei ebenso bewertungserheblich wie die Information, dass die Einschätzung des Vorstands u. U. auf sachfremden Erwägungen beruht.306 Prinzipiell kann die Offenlegung bieterseitiger Leistungen in der Angebotsunterlage somit als bewertungserheblicher Umstand angesehen werden. Gleichwohl bleibt zu berücksichtigen, dass es sich dabei keinesfalls um eine unwiderlegbare Vermutung handelt. Entscheidend ist nach wie vor die von der herrschenden Meinung postulierte objektivierte Sicht eines verständigen Anlegers. Und diese unterliegt zwei auch hier zu beachtenden Einschränkungen: Zum ersten muss die Bewertungserheblichkeit unter Berücksichtigung aller Umstände des konkreten Einzelfalls gewürdigt werden.307 Dabei ist zum zweiten zu berücksichtigen, dass das Erheblichkeitskriterium gerade aufgrund seiner Unbestimmtheit restriktiv gehandhabt werden muss und damit auf das eindeutig Erhebliche beschränkt ist.308 Um einem Zirkelschluss zu entgehen ist dies nicht anhand der Frage der Intensität der Erheblichkeit zu beantworten,309 sondern anhand der Feststellung, dass sachkundige Anleger hinsichtlich der Erheblichkeit nicht unterschiedlicher Meinung sein können.310 Als letzte Voraussetzung muss das Wissen um die Incentivierung des Vorstands durch den Bieter dazu geeignet sein, auf den Markt- oder Börsenpreis des Wertpapiers einzuwirken, was grds. durch eine objektiv-nachträgliche ex-ante Prognose festgestellt wird.311 Im vorliegenden Fall des Verschweigens von entsprechenden Leistungen in der Angebotsunterlage entwickelt dieses Merkmal im Vergleich zu obigen Ausführungen keine eigenständige „Selektierungskraft“.312, 313 Eine eigen306
Ferner kann bspw. das Wissen um angedachte (oder gerade nicht angedachte) Beteiligungsprogramme des Managements nach erfolgter Übernahme Hinweise auf die zukünftige strategische Ausrichtung des Zielunternehmens geben und dadurch Bedeutung für die Bewertung des Wertpapiers erlangen. 307 Vogel, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 20a, Rn. 77. 308 Vogel, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 20a, Rn. 74. 309 Denn wollte man anhand der Intensität der Erheblichkeit solche Bagatellfälle ausschließen, die den Preis nur unwesentlich zu beeinflussen vermögen, müsste man dem entgegenhalten, dass diese allein aufgrund des ihr innewohnenden Beeinflussungspotentials schon als erheblich anzusehen wären, s. dazu Eichelberger, S. 265. 310 s. nur Vogel, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 20a, Rn. 74, unter Verweis auf Literatur zur § 264a StGB; ähnlich Stoll, in: Kölner Komm WpHG, § 20a, Rn. 197; dies hat zur Folge, dass bspw. bloße Formalia (z. B. im Rahmen der Angebotsunterlage nach § 11 WpÜG) aus dem Anwendungsbereich der Vorschrift ausscheiden. 311 Stoll, in: Kölner Komm WpHG, § 20a, Rn. 202; Schröder, in: Achenbach/Ransiek, Hdb. Wirtschaftsstrafrecht, Straf- und Bußgeldtatbestände im BörsG und WpHG, Rn. 44 f. 312 So die Formulierung Fleischer, in: Fuchs, WpHG, § 20a, Rn. 34 hinsichtlich der allgemeinen Bedeutung dieses Merkmals; dagegen weist Vogel, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 20a, Rn. 113 ff. durchaus auf relevante Fälle hin, in denen sich beide Kriterien voneinander unterscheiden.
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4. Teil: Sanktionierung und Rechtsschutz bei unzulässiger Drittleistung
ständige Bedeutung erlangt das Merkmal allenfalls aufgrund der Umstände des konkreten Einzelfalls. dd) Fazit Unterlässt der Bieter die Offenlegung entgegen § 11 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 WpÜG, verwirklicht er nicht den Ordnungswidrigkeitstatbestand des § 60 WpÜG. Diese doch bedenkenswerte Lücke kann auch nicht hinreichend durch § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Alt. 2 WpHG i.V.m. § 39 Abs. 2 Nr. 11 WpHG bzw. i.V.m. § 38 Abs. 2 Nr. 1 WpHG ausgeglichen werden. Hier ist zwar durchaus eine Vermutung für die Bewertungserheblichkeit anzunehmen, doch bleibt der Einzelfall maßgeblich. Eine Untersagung des Angebots durch die BaFin nach § 15 WpÜG ist zwar möglich, aufgrund des Erfordernisses der „Offensichtlichkeit“ indes nicht sehr wahrscheinlich. b) Offenlegungspflichten des Vorstands Vorliegend relevant sind allein die bußgeldbedrohten Offenlegungspflichten des Vorstands nach § 27 WpÜG i.V.m. § 60 Abs. 1 WpÜG. Doch kann insofern auf die zu § 11 WpÜG gemachten Ausführungen verwiesen werden.314 Ebenso wie im Rahmen der Offenlegungspflichten des Bieters allein ein Verstoß gegen die Verfahrensvorschriften des § 14 WpÜG eine Ordnungswidrigkeit nach sich zieht, sind auch im Rahmen des § 27 WpÜG lediglich die Verfahrensvorschriften nach Abs. 3 von § 60 Abs. 1 WpÜG erfasst. Die inhaltliche Ordnungsgemäßheit der an die Stellungnahme des Vorstands geknüpften Vorgaben nach § 27 Abs. 1 WpÜG spielen für den Verstoß gegen § 60 Abs. 1 WpÜG aber ebenso wenig eine Rolle wie die inhaltlichen Vorgaben an die Angebotsunterlage des Bieters nach § 11 Abs. 2 WpÜG. Dies ist hier wie dort rechtspolitisch äußerst fragwürdig, de lege lata aber einzig plausible und systemkonforme Auslegung des Ordnungswidrigkeitstatbestandes des § 60 Abs. 1 WpÜG. Einer Subsumtion unter § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Alt. 2 WpHG i.V.m. § 39 Abs. 2 Nr. 11 WpHG bzw. i.V.m. § 38 Abs. 2 Nr. 1 WpHG steht im Übrigen im Weg, dass das Gesetz die Offenlegung der Annahme einer Leistung nicht ausdrücklich vorschreibt. c) Fazit und Bewertung Auch die Sanktionierung der unterlassenen Offenlegung vermag nicht die Lücken zu füllen, die im Hinblick auf die Sanktionierung unzulässiger Leistung an sich bestehen. Auch ist fraglich, ob der u. U. gar strafbewährte Verstoß gegen § 20a 313
Kritisch aber hinsichtlich der Feststellung der tatsächlichen Einwirkung auf den Börsenoder Marktpreis im Falle des Verschweigens und damit hinsichtlich einer etwaigen Strafbarkeit gem. § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Alt. 2 WpHG i.V.m. § 38 Abs. 2 Nr. 1 WpHG, Schömann, S. 65. 314 s. dazu oben 4. Teil B.I.2.a)aa).
B. Sanktionierung unzulässiger Leistung des Bieters
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WpHG geeignet ist, das insofern bestehende Sanktionsdefizit des WpÜG auszugleichen. So wird die unterlassene Offenlegung einer bieterseitigen Leistung wohl kaum von den Ermittlungsbehörden mit § 20a WpHG in Verbindung gebracht werden. Ratsam wäre insofern eine Erweiterung des § 60 WpÜG auf inhaltliche Verstöße, wenngleich dies ein Umdenken im Hinblick auf dessen Zwecksetzung bedeutet.
II. Gesellschafts- und privatrechtliche Sanktionierung Hinsichtlich der gesellschaftsseitigen Sanktionierung kann bis auf einige Modifizierungen auf die zur Drittvergütung gemachten Vorgaben zurückgegriffen werden. Insofern bedarf es allein dann einer intensiveren Betrachtung, wenn sich zwischen unzulässiger Aktionärs- und Bieterleistung Unterschiede ergeben. 1. Mögliche Sanktionierung a) Nichtigkeit der Leistung Erster entscheidender Unterschied ist die strengere Handhabung der Nichtigkeit. Ein Verstoß gegen § 33d WpÜG ist als Verstoß gegen ein Verbotsgesetz i.S.d. § 134 BGB nichtig. Im Anwendungsbereich des WpÜG ergibt sich nach hier vertretener Auslegung des § 33d WpÜG allerdings per se die Nichtigkeit der Absprache, wenn die Zusage ohne vorherige Zustimmung (Einwilligung i.S.d. § 183 BGB) des Aufsichtsrats erfolgt.315 Zum einen ist die Einholung der Zustimmung integraler Bestandteil des § 33d WpÜG, zum anderen ist aufgrund der Besonderheit der Übernahmesituation davon auszugehen, dass die incentivierende Wirkung schon vor einer etwaigen Entscheidung über die nachträgliche Genehmigung Einfluss auf das Vorstandshandeln nehmen wird. Dies darf freilich nicht zu einer gravierenden Einengung der Möglichkeit von Absprachen zwischen Vorstand und Bieter führen. Denn bei ganz strikter Auslegung des Merkmals „Inaussichtstellen“ würde bereits die erste Absprache zwischen Bieter und Vorstand unter das Verbot fallen. In diesem Sinne empfiehlt sich die unverzügliche (§ 121 BGB) Information des Aufsichtsratsvorsitzenden über das Vorhaben etwaiger Bieterleistungen, damit dieser im Sinne der hier angedachten Rolle sachgemäß in den Prozess der Bieterleistung eingebunden werden kann. Die endgültige bzw. erste Zustimmung sollte dann aber bis zur Entscheidung des Vorstands über die Stellungnahme nach § 27 WpÜG vorliegen. Kommen Vorstand und Bieter erst nach der (ersten) Stellungnahme miteinander hinsichtlich etwaiger Leistungen ins Gespräch, gilt auch hier das Erfordernis der unverzüglichen Information des Aufsichtsrats. In welcher Form und Frist dieser dann seine endgültige Zustimmung gibt, verbleibt in seinem Ermessen. 315 Diese Rechtsfolge ergibt sich im Übrigen nicht allein aus einem Verstoß gegen § 33d WpÜG. Vielmehr ist sie auch unter § 76 AktG i.V.m. § 134 BGB geboten.
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4. Teil: Sanktionierung und Rechtsschutz bei unzulässiger Drittleistung
b) Etwaige Ansprüche und Sanktionierung Eine Haftung aus § 93 Abs. 2 AktG ergibt sich mangels Schadens ebenso wenig wie im Rahmen der Drittvergütung.316 In Anwendung des Rechtsgedankens des § 667 BGB sind aber die Grundsätze der Gewinnhaftung auch auf den Bieter zu übertragen.317 Freilich kommt man aber nur dann nicht zu einer unzulässigen und einem Strafschadensersatz nahe kommenden „doppelten Inanspruchnahme“ des Vorstands, wenn man die Rückforderungspflicht des Bieters nach hergebrachter Auffassung im Anwendungsbereich des § 33d WpÜG entsprechend oben dargestellter Grundsätzen einschränkt.318 Für eine Haftung etwaiger Folgemaßnahmen ist der Anspruch aus § 93 Abs. 2 AktG allerdings durchaus von Relevanz, insbesondere weil sich im Rahmen unzulässiger Bieterleistung die Einschränkung der Business Judgement Rule aufgrund des Verdachts der unzulässigen Berücksichtigung von Sonderinteressen oder sachfremden Erwägungen nahezu aufdrängt.319 Teils wird daher gar eine pauschale Beschränkung der Business Judgement Rule im Falle jeglicher, auch zulässiger bieterseitiger Leistung als notwendig angesehen.320 Allerdings ist einer solch pauschalen Einschränkung des § 93 Abs. 1 S. 2 AktG auch für die Fälle zulässiger und vom Aufsichtsrat gebilligter drittvergütungsähnlicher Leistungen mit Vorsicht zu begegnen. Vielmehr sollte hier – wie auch im Rahmen der Drittvergütung – anhand der speziellen Eigenheiten der herausgearbeiteten Fallgruppen ein Urteil im Einzelfall gebildet werden. So ist die schlichte, unverbindliche Aussicht auf Weiterbeschäftigung i. d. R. im Unternehmensinteresse geboten. Zwar kann auch bei dieser durchaus ein potentiell relevantes (finanzielles) Eigeninteresse vorliegen,321 doch sollte die Einhaltung der Anforderungen an die Zulässigkeit hinreichend gewährleisten können, dass die Übernahme und die daran anknüpfende Weiterbeschäftigung im Interesse der Gesellschaft liegen. Auch bei einer in Verbindung mit der Weiterbeschäftigung zulässigerweise in Aussicht gestellten Erhöhung der Bezüge oder aber bei einer Leistung des Bieters zum Verzicht auf die CoC-Klausel steht die Verfolgung eigener Interessen nicht zwingend in Konflikt mit den Interessen der Gesellschaft und ihrer Anteilseigner – zumal die Zustimmungspflicht des Aufsichtsrats eine bessere und zuverlässigere Kontrolle des Interessenkonflikts des Vorstands mit sich bringt als die pauschale Einschränkung der Business Judgement 316
s. dazu oben 4. Teil A.III.1.a)aa). s. dazu oben 4. Teil A.III.1.a)bb). 318 s. dazu oben 4. Teil B.I.1.b)bb). 319 Ähnlich, entsprechende Leistungen aber nicht unter dem Aspekt der Zulässigkeit beleuchtend, Schlimm, S. 74, m.w.Nachw. auf das amerikanische Recht; s. zur BJR oben 4. Teil A.III.1.b). 320 So Drygala, FS Schmidt, 2009, S. 269, 281. 321 Etwas weiter wohl Schlimm, S. 74 (unter Rückgriff auf Branson, Valparaiso Univ. Law Review 36 (2002) 631, 641), welche sich eher gegen die Relevanz des Eigeninteresses ausspricht. 317
B. Sanktionierung unzulässiger Leistung des Bieters
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Rule. Auch wenn hier ein durchaus nicht unbeachtliches finanzielles Eigeninteresse des Vorstands bedient wird,322 bleibt dieses mit den im Unternehmensinteresse gebündelten Interessen noch prinzipiell kongruent. Anders stellt sich hingegen die Situation bei einem dem Interesse der Anteilseigner konträren finanziellen Eigeninteresse des Vorstands dar, namentlich bei vom Bieter in Aussicht gestellten vergünstigten Managementbeteiligungen. Erkennt man – unter Ausblendung der oben geäußerten Zweifel – mit der herrschenden Meinung die weitreichende Zulässigkeit vergünstigter Managementbeteiligungen an, so sollte dem Vorstand aufgrund dessen immanenten finanziellen Eigeninteresses die Privilegierung der Business Judgement Rule versagt werden.323 Denn dieses steht gerade im Widerspruch zu dem von ihm im Rahmen seiner eigentlichen Pflichtenbindung zu berücksichtigenden Erlös-„Maximierungs“interesse der Altgesellschafter. Dagegen kann auch nicht vorgebracht werden, dass die Zustimmung des Aufsichtsrats auch als Einwilligung in den Interessenkonflikt verstanden werden kann.324 Auch wenn der Aufsichtsrat zu der Einschätzung kommen sollte, dass die Interessen der Altgesellschafter hinreichend gewahrt sind, beseitigt dies nicht das naturgemäß konträre finanzielle Eigeninteresse des Vorstands. Ferner kommt eine Haftung sowohl des Bieters nach § 117 Abs. 1 S. 1 AktG als auch des beeinflussten Vorstandsmitglieds nach § 117 Abs. 2 S. 1 AktG in Betracht.325 Die Haftung des Bieters ist auch nicht etwa dadurch ausgeschlossen, dass er nicht Aktionär der Gesellschaft ist. Zum einen kommt es im Rahmen des § 117 AktG auf die tatsächliche und nicht auf die rechtliche Einflussnahme an, und zum anderen wird gerade dem Bieter in seiner Position als künftigem Aktionär ein Einfluss auf den Vorstand zugeschrieben.326 Ein unmittelbarer Anspruch ist auch hier jedoch mangels unmittelbaren Schadens allenfalls für Handlungen in Folge der Leistung denkbar. Neben möglicher Beeinflussungen hinsichtlich Paketbildung oder der Gewährung einer die Zielgesellschaft schädigenden Due Diligence wird im Zusammenhang mit bieterseitigen Leistungen vor allen Dingen ein Anspruch der Aktionäre nach § 117 Abs. 1 S. 2 AktG wegen eines vorsätzlich herbeigeführten Mindererlöses aus dem Anteilsverkauf Relevanz haben können.327 Grund dafür kann insbesondere eine fehlerhafte und irreführende Stellungnahme des Vorstands nach § 27 WpÜG sein. 322 Weiter aber Gehb/Heckelmann, ZRP 2005, 145, 147, die prinzipiell eher von Interessenidentität ausgehen, die Frage der beeinflussenden Wirkung des Bonus dabei aber vollständig außer Acht lassen. 323 Hopt/Roth, in: Großkomm AktG, § 93, Rn. 264 (MBO); Ebke, ZHR 155 (1991), 132, 157 (MBO); Fleischer, FS Wiedemann, 2002, S. 827, 841 f. (MBO); Schlimm, S. 74, 300; insofern auch übereinstimmend Drygala, FS Schmidt, 2009, S. 269, 281; a.A. wohl Gehb/ Heckelmann, ZRP 2005, 145, 147. 324 Hiergegen spricht schon die mangelnde „Genehmigungsmöglichkeit“ des Aufsichtsrats, Schlimm, S. 283 ff. 325 s. zu § 117 AktG bereits oben 4. Teil A.II.1. 326 Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 117, Rn. 13; Kort, in: Großkomm AktG, § 117, Rn. 119. 327 s. etwa Schüppen, FS Tiedemann, 2008, S. 749, 754.
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4. Teil: Sanktionierung und Rechtsschutz bei unzulässiger Drittleistung
Eine Abberufung des Vorstands nach § 84 Abs. 3 BGB ist schließlich in gleicher Weise möglich wie im Rahmen der Drittvergütung.328 Doch ist gerade im Falle von Bieterleistungen in der Übernahmesituation zu berücksichtigen, dass diese zumeist an Vorstandsmitglieder gewährt werden, die für die Gesellschaft von besonderer Bedeutung sind. Eine Abberufung erscheint mithin noch unwahrscheinlicher. 2. Besonderes Problem: Geltendmachung gesellschaftsseitiger Ansprüche bei Erfolg der Übernahme Schließlich darf keinesfalls unerwähnt bleiben, dass die Anspruchsdurchsetzung unzulässiger bieterseitiger Leistungen – zumindest bei Erfolg der Übernahme – wohl nur theoretischer Natur ist. Auf das entsprechende Vollzugsdefizit wurde bereits im Rahmen aktionärsseitiger Drittvergütung eingegangen.329 Im Falle bieterseitiger Leistungen verschärft sich dieses nochmals zunehmend. Denn es ist kaum zu erwarten, dass der Aufsichtsrat – der nach der Übernahme vom vorherigen Bieter und „jetzigen“ Mehrheitsaktionär abhängig ist bzw. neu besetzt wurde – eine entsprechende Anspruchsverfolgung anstreben wird. Durchaus bestehende Ersatzansprüche der Gesellschaft, die sich aus den Pflichtverstößen ergeben, werden nach erfolgreicher Übernahme damit weitgehend nutzlos.330 Dies lässt zugleich die den Sanktionsandrohungen zugedachte präventive Wirkung in einem anderen Licht erscheinen.
III. Strafrechtliche Sanktionierung Im Gegensatz zu unzulässiger aktionärsseitiger Leistung spielt die strafrechtliche Sanktionierung unzulässiger Leistung des Bieters eine gewichtigere Rolle, nicht zuletzt deshalb, weil die vom Bieter als „außenstehendem“ Dritten stammende Leistung grds. nicht von klassischen „Schmiergeldern“ bzw. „Bestechungen“ zu unterscheiden ist. Im Hinblick auf die Unzulässigkeit der Leistung selbst wird auf die §§ 331 ff., 299 und 266 StGB eingegangen,331 anschließend wird im Hinblick auf die Strafbarkeit in Folge unterlassener Offenlegung der Leistung als Sonderfall noch eine Strafbarkeit des Bieters nach § 264a StGB diskutiert.
328
s. dazu oben 4. Teil A.III.2.a). s. dazu oben 4. Teil A.III.3. 330 Ähnlich die Erwägungen von Kuntz, S. 21, im Rahmen von Management-Buy-Outs. 331 Dabei wird nachfolgend nicht zwischen Strafbarkeit des Bieters und Strafbarkeit des Vorstands untergliedert, da, sofern eine Strafbarkeit beider wie im Falle der §§ 331 ff. StGB und des § 299 StGB in Betracht kommt, die zu stellenden Anforderungen allenfalls unwesentlich voneinander abweichen. Eine Strafbarkeit nach § 266 StGB kommt nur für den Vorstand, eine Strafbarkeit nach § 264a StGB nur für den Bieter in Betracht. 329
B. Sanktionierung unzulässiger Leistung des Bieters
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1. §§ 331 ff. StGB – Amtsdelikte Wie bereits im Rahmen der Vergleichbarkeit zwischen § 33d WpÜG und den Amtsträgerdelikten nach § 331 ff. StGB herausgestellt, handelt es sich bei den Geschäftsleitern von Kapitalgesellschaften grds. nicht um Amtsträger i.S.d. StGB. Zusammengefasst sind als Amtsträger332 alle nach § 11 Abs. 1 Nr. 2 StGB oder § 11 Abs. 1 Nr. 4 StGB verpflichteten Personen anzusehen, welche zu Dienstverrichtungen berufen sind, die aus der Staatsgewalt abgeleitet sind und staatlichen Zwecken dienen.333 Dies könnte allenfalls bei Geschäftsleitern von juristischen Personen des Privatrechts in Betracht kommen, die als sonstige Stelle i.S.d. § 11 Abs. 1 Nr. 2c) StGB anzusehen sind, und deren leitende Beschäftigte damit unter den Amtsträgerbegriff fallen können.334 Dafür muss aber die juristische Person des Privatrechts Merkmale aufweisen, die die im Gesetz vorgenommene Gleichstellung mit einer Behörde rechtfertigt.335 Nach dem BGH ist dies insbesondere dann anzunehmen, wenn sie „derart staatlicher Steuerung unterliegt, dass sie bei der Gesamtbewertung der sie kennzeichnenden Merkmale als verlängerter Arm des Staates“ erscheint.336 Entscheidend ist dabei häufig eine Orientierung anhand des konkreten Rechtsguts der §§ 331 ff. StGB.337 Sind sowohl die öffentliche Hand als auch Private an der juristischen Person beteiligt, ist insbesondere anhand der Gesellschaftsverträge die Möglichkeit und Reichweite der Einflussnahme und Steuerungsmöglichkeit der öffentlichen Hand zu berücksichtigen.338 Damit grds. übereinstimmend sind nach Auffassung der Literatur folgende konkrete Vorgaben zu beachten: So muss die juristische Person u. a. von einem Träger öffentlicher Gewalt gegründet worden sein, Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnehmen und zumindest eine Mehr-
332 Unter den Begriff Amtsträger werden der Einfachheit sowohl die Amtsträger i.S.d. § 11 Abs. 1 Nr. 2 StGB als auch die sonstigen verpflichteten Personen nach § 11 Abs. 1 Nr. 4 StGB gefasst, s. 3. Teil, Fn. 640. 333 St. Rspr., s. nur BGH v. 09. 10. 1990 – 1 StR 538/89, BGHSt 37, 191, 194, m.w.Nachw. 334 Moosmayer, wistra 2004, 401, 406. 335 BGH v. 19. 12. 1997 – 2 StR 521/97, BGHSt 43, 370, 377; v. 03. 03. 1999 – 2 StR 437/98, BGHSt 45, 16, 19; v. 15. 03. 2001 – 5 StR 454/00, BGHSt 46, 310, 312; v. 16. 07. 2004 @ 2 StR 486/03, BGHSt 49, 214, 219; v. 02. 12. 2005 – 5 StR 119/05, BGHSt 50, 299, 30; v. 11. 05. 2006 – 3 StR 389/05, NStZ 2006, 628, 630. 336 BGH v. 19. 12. 1997 – 2 StR 521/97, BGHSt 43, 370, 377; v. 03. 03. 1999 – 2 StR 437/98, BGHSt 45, 16, 19; v. 15. 03. 2001 – 5 StR 454/00, BGHSt 46, 310, 312; v. 16. 07. 2004 @ 2 StR 486/03, BGHSt 49, 214, 219; v. 02. 12. 2005 – 5 StR 119/05, BGHSt 50, 299, 30; v. 11. 05. 2006 – 3 StR 389/05, NStZ 2006, 628, 630; v. 9. 12. 2010 – 3 StR 312/10, NStZ 2011, 394, 395. 337 Saliger, in: Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, StGB, § 11, Rn. 40. 338 Kritisch zu diesem Vorgehen und der damit verbundenen strengen Handhabung des Steuerungskriteriums der Rspr. Radtke, in: MüKo-StGB, § 11, Rn. 81, der „exemplarisch“ auf BGH v. 02. 12. 2005 – 5 StR 119/05, BGHSt 50, 299, 305 ff. und BGH v. 19. 06. 2008 @ 3 StR 490/07, BGHSt 52, 290, 295 ff. verweist.
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4. Teil: Sanktionierung und Rechtsschutz bei unzulässiger Drittleistung
heitsbeteiligung der öffentlichen Hand aufweisen.339 Dennoch können auch solche Vorgaben nicht verhindern, dass es sich immer um eine Einzelfallentscheidung handeln wird.340 Im Ergebnis ist der Anwendungsbereich der §§ 331 ff. StGB auf Geschäftsleiter von juristischen Personen damit sehr begrenzt, sodass eine tiefergehende Betrachtung des Tatbestands nicht erforderlich erscheint. Zumal bei Gesellschaften, die obige Kriterien erfüllen und damit häufig im (Mehrheits-)Besitz des Staates stehen, Übernahmen im Allgemeinen und erst recht im Rahmen des WpÜG nicht sehr wahrscheinlich sind.341 Sollte es jedoch zu einer solch seltenen Konstellation kommen, müssen sich die Beteiligten vor Augen führen, dass eine strafrechtliche Haftung nach §§ 331 ff. StGB in Betracht kommen kann. Mangels vollkommener Vergleichbarkeit zu § 33d WpÜG können dabei u. U. gar schärfere Anforderungen an die Zulässigkeit einer Drittleistung gestellt werden, da die strafrechtlichen Amtsträgerdelikte eine Differenzierung nach dem „Nutzen“ der Leistung für den Staat nicht kennen.342 Nicht zu vergessen ist überdies, dass der Tatbestand der §§ 331 ff. StGB nicht auf Leistungen in Übernahmesituationen beschränkt ist. Insofern kommt eine strafrechtliche Haftung des Leistenden und des Geschäftsleiters aufgrund jeglicher Leistungssituation in Betracht. 2. § 299 StGB – Bestechung und Bestechlichkeit im Verkehr § 299 StGB regelt die Bestechlichkeit (Abs. 1) und die Bestechung (Abs. 2) im geschäftlichen Verkehr. Die Norm geht aus § 12 UWG a.F.343 hervor und wurde im Zuge des Gesetzes zur Bekämpfung der Korruption344 in das Strafgesetzbuch aufgenommen. In Abgrenzung zu den §§ 332, 334 StGB wird das Ziel verfolgt, mittels der sog. „Angestelltenbestechung“ Korruption im privaten geschäftlichen Verkehr 339 Hilgendorf, in: LK-StGB, § 11, Rn. 40; B. Heinrich, S. 383 f., teils unter Berufung auf Urteile des BGH; Radtke, in: MüKo-StGB, § 11, Rn. 81, wenngleich insbesondere Radtke die Anforderungen des BGH als zu streng bezeichnet. 340 Exemplarisch hat die Rspr. die Amtsträgereigenschaft angenommen bei einem Vorstandsmitglied einer Landesbank (BGH v. 10. 03. 1983 – 4 StR 375/82, BGHSt 31, 264, 267), einem Geschäftsführer einer kommunalen Energieversorgungs-GmbH (BGH v. 14. 11. 2003 – 2 StR 164/03, NJW 2004, 693, 695) oder einen kaufmännischen Vorstand einer AG, die öffentlichen Personennahverkehr betreibt (OLG Düsseldorf v. 09. 10. 2007 – III-5 Ss 67/07 – 35/ 07 I, NStZ 2008, 459, 460); dagegen abgelehnt bei einem Geschäftsführer einer gemischtwirtschaftlichen Abfallentsorgungsgesellschaft aufgrund der Sperrminorität (25,1 % der Anteile) des privaten Gesellschafters (BGH v. 02. 12. 2006 – 5 StR 119/05, BGHSt 50, 299, 306 f.), oder den Geschäftsführer einer Gesellschaft, deren einziger Gesellschafter das Bayerische Rote Kreuz ist (BGH v. 15. 03. 2001 – 5 StR 454/00, BGHSt 46, 310, 312 ff.); zu weiteren Beispielen s. Saliger, in: Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, StGB, § 11, Rn. 42. 341 Moosmayer, wistra 2004, 401, 406 zu Übernahmen nach dem WpÜG. 342 s. dazu oben 3. Teil B.I.2.b)aa)(1). 343 BGBl. I 1974, S. 469, 547. 344 BGBl. I 1997, S. 2038.
B. Sanktionierung unzulässiger Leistung des Bieters
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unter Strafe zu stellen.345 Durch das am 26. 11. 2015 in Kraft getretene Korruptionsbekämpfungsgesetz346 hat § 299 StGB jüngst weitreichende Änderungen erfahren. Namentlich wurde das – bereits im neunjährigen Entwicklungsprozess stark kritisierte347 – sog. „Geschäftsherrenmodell“ in Gesetzesform gegossen. Nunmehr macht sich nach § 299 Abs. 1 StGB strafbar, wer im geschäftlichen Verkehr als Angestellter oder Beauftragter eines Unternehmens, (Nr. 1) einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge, oder (Nr. 2) ohne Einwilligung des Unternehmens einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen eine Handlung vornehme oder unterlasse und dadurch seine Pflichten gegenüber dem Unternehmen verletze. Während Abs. 1 Nr. 1 dabei der alten Rechtslage entsprechen soll, stellt Abs. 1 Nr. 2 die Implementierung des genannten Geschäftsherrenmodells dar.348 Spiegelbildlich macht sich nach Abs. 2 strafbar, wer in der gleichen Intention einem Angestellten oder Beauftragten einen Vorteil anbietet, verspricht oder gewährt. Hauptsächlicher Anwendungsfall des § 299 StGB ist dabei die Konstellation, dass der Käufer bzw. Besteller einer Ware oder gewerblichen Leistung, mithin die Nachfrageseite, zur Erteilung eines Auftrags veranlasst werden soll.349, 350 Weniger beachtet, aber dennoch anerkannt ist allerdings auch der gegenteilige Fall der „umgekehrten Lieferrichtung“351, in der Mitglieder des liefernden Unternehmens bestochen werden, sodass der Erwerber allein aufgrund der Bestechung den Zuschlag für die Ware oder gewerbliche Leistung erhält bzw. ihm in Folge der Bestechung die Ware zu günstigeren als marktüblichen Konditionen geliefert wird. Unter diese Fallgruppe könnten auch Drittleistungen (in Übernahmesituationen) zu subsumieren sein: Bevorzugen Geschäftsleiter von Kapitalgesellschaften in Folge einer „Bestechung“ das (Übernahme-)Angebot eines Bieters/Interessenten gegenüber anderen Angeboten, erscheint eine Strafbarkeit der Beteiligten nach § 299 StGB möglich.352 345
Rönnau, in: Achenbach/Ransiek, Hdb. Wirtschaftsstrafrecht, § 299 StGB, Rn. 2. BGBl. 2015, 2025. 347 Exemplarisch Rönnau/Golombek, ZRP 2007, 194; zudem geben einen guten Überblick über die verschiedentlich geübte Kritik Dannecker/Schröder, ZRP 2015, 48, 48 f.; sehr deutlich zudem Schünemann, ZRP 2015, 68. 348 Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 18/6389, S. 15. 349 Rönnau, in: Achenbach/Ransiek, Hdb. Wirtschaftsstrafrecht, § 299 StGB, Rn. 32. 350 Angestellte der Einkaufsabteilung eines Unternehmens werden bestochen, damit das Unternehmen minderwertige oder überteuerte Ware von dem Profiteur der Bestechung bezieht. 351 Rönnau, in: Achenbach/Ransiek, Hdb. Wirtschaftsstrafrecht, § 299 StGB, Rn. 38; ders., FS Kohlmann, 2003, S. 239, 241; Pragal, S. 48 ff.; allgemeiner Fischer, StGB, § 299, Rn. 16; Dannecker, in: Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, StGB, § 299, Rn. 55; Tiedemann, in: LKStGB, § 299, Rn. 31; krit. aber Hoven, NStZ 2015, 553, 557 f. 352 Die Strafwürdigkeit einer solchen Konstellation unter § 299 StGB bereits unter der alten Rechtslage zogen auch Rönnau, in: Achenbach/Ransiek, Hdb. Wirtschaftsstrafrecht, § 299 346
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4. Teil: Sanktionierung und Rechtsschutz bei unzulässiger Drittleistung
a) Zwecksetzung und Normcharakter Bislang sollte durch § 299 StGB als überindividuelles Schutzgut und als Ausfluss des sog. Wettbewerbsmodells in erster Linie der lautere (faire) Wettbewerb geschützt werden,353 zudem nach h.M. ferner die (Vermögens-)Interessen der Mitbewerber.354 Ob darüber hinaus auch die Interessen des Geschäftsherrn (reflexartig) geschützt waren oder nicht, kann angesichts des neu eingeführten Geschäftsherrenmodells dahinstehen. Denn ungeachtet der beachtlichen Kritik hieran, verkörpern Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Nr. 2 zweifelsohne de lege lata einen unmittelbaren Schutz der Interessen des Geschäftsherrn.355 Nach Intention des Gesetzgebers sollte der Schutz der Interessen des Geschäftsherrn an der loyalen und unbeeinflussten Erfüllung der Pflichten durch seine Angestellten und Beauftragten im Bereich des Austausches von Waren und Dienstleistungen gewährleistet werden.356 Dadurch ist ab sofort eine Strafbarkeit für Bestechungsleistungen – unter Vorbehalt der weiteren tatbestandlichen Voraussetzungen – auch ohne „Wettbewerbsverzerrung“ gegeben.357 Sowohl § 299 Abs. 1 StGB als auch § 299 Abs. 2 StGB werden sowohl als Tätigkeitsdelikt als auch als abstraktes Gefährdungsdelikt eingeordnet.358 Keine der möglichen Tatbestandshandlungen begründet allein durch ihre Vollendung einen Schaden bei etwaigen Mitbewerbern. Dieser tritt erst durch die endgültige Bevorzugung im Wettbewerb ein, was aber nach dem klaren Wortlaut der Norm keine Bedingung für die Strafbarkeit ist. Insofern werden durch § 299 Abs. 1, 2 StGB „Versuchshandlungen als vollendete Straftaten“ bewertet.359 StGB, Rn. 38 und Pragal, S. 49 f. zumindest in Betracht, wohingegen Moosmayer, wistra 2004, 401, 406 f. – weitergehend – ganz konkret eine Strafbarkeit nach § 299 StGB unter bestimmten Voraussetzungen annahm. 353 BGH v. 09. 08. 2006 – 1 StR 50/06, NJW 2006, 3290, 3298; in der Lit. allg.M., s. etwa Fischer, StGB, § 299, Rn. 2; s. auch Heuking/v. Coelln, BB 2016, 323, 325. 354 BGH v. 13. 05. 1952 – 1 StR 670/51, BGHSt 2, 396, 402; Tiedemann, in: LK-StGB, § 299, Rn. 1; Krick, in: MüKo-StGB, § 299, Rn. 2; Heine/Eisele, in: Schönke/Schröder, StGB, § 299, Rn. 2; Dannecker, in: Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, StGB, § 299, Rn. 11; Heger, in: Lackner/Kühl, StGB, § 299, Rn. 1; wohl auch Ludwig, in: Müller-Gugenberger/Bieneck, Wirtschaftsstrafrecht, § 53, Rn. 71; krit. Rönnau, in: Achenbach/Ransiek, Hdb. Wirtschaftsstrafrecht, § 299 StGB, Rn. 6 f. 355 Begr. RegE, BT-Drucks. 18/4350, S. 21; Momsen, in: BeckOK-StGB, § 299, Rn. 6; Heuking/v. Coelln, BB 2016, 323, 325. 356 Begr. RegE, BT-Drucks. 18/4350, S. 21. 357 Heuking/v. Coelln, BB 2016, 323, 325; Hoven, NStZ 2015, 553, 556; Dann, NJW 2016, 203, 204. 358 Momsen, in: BeckOK-StGB, § 299, Rn. 10; Kühl, in: Lackner/Kühl, StGB, § 299, Rn. 1; Fischer, StGB, § 299, Rn. 2b; Dannecker, in: Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, StGB, § 299, Rn. 11; Heine/Eisele, in: Schönke/Schröder, StGB, § 299, Rn. 2; Krick, in: MüKo-StGB, § 299, Rn. 2; Rönnau, in: Achenbach/Ransiek, Hdb. Wirtschaftsstrafrecht, § 299 StGB, Rn. 7; Krack, NStZ 2001, 505, 507; Heuking/v. Coelln, BB 2016, 323, 326. 359 BGH v. 10. 07. 1957 – 4 StR 5/57, BGHSt 10, 358, 367; Dannecker, in: Kindhäuser/ Neumann/Paeffgen, StGB, § 299, Rn. 11; dies wird insbesondere angesichts der Neufassung
B. Sanktionierung unzulässiger Leistung des Bieters
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b) Erläuterungen zu den Voraussetzungen des objektiven Tatbestands Der Subsumtion von Leistungen des Bieters an die Organe der Zielgesellschaft unter § 299 StGB a.F. wurde bereits im Ansatz entgegengehalten, dass Leistungen des Bieters in Übernahmesituationen „wohl an Tatbestandsvoraussetzungen dieser [Norm] scheitern“ werden.360 Von dieser bereits unter der alten Rechtslage zweifelhaften Kritik ist namentlich die nach wie vor aktuelle Frage hervorzuheben, ob Wertpapiere bzw. Unternehmensbeteiligungen überhaupt als Ware i.S.d. Norm anzusehen sind.361 Doch auch davon abgesehen, wird dieser Aussage angesichts der inhaltlichen Neuerungen in § 299 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 2 StGB nicht ohne weiteres zugestimmt werden können: aa) Voraussetzungen der § 299 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 2 StGB362 (1) Täterkreis § 299 Abs. 1 StGB erfasst als „Angestellte“ und „Beauftragte“ die bei dem Betrieb Beschäftigten, wohingegen § 299 Abs. 2 StGB den Vorteilsgeber im Visier hat. Während damit Abs. 1 als Sonderdelikt einzustufen ist, vorliegend mithin nur die Geschäftsleiter selbst erfasst, kann Abs. 2 von jedermann verwirklicht werden. (a) Geschäftsleiter von Kapitalgesellschaften als Angestellte und Beauftrage eines geschäftlichen Betriebes Im Ergebnis grds.363 unumstritten ist die generelle Einordnung von Geschäftsleitern als Angestellte364 bzw. Beauftragte365 und mithin als taugliche Täter des § 299 Abs. 1 StGB. Entscheidend ist, dass Geschäftsleiter für eine juristische Person oder in deren Namen in leitender oder sonstiger Stellung tätig werden.366 Maßgebliches Abgrenzungskriterium für die genaue Einordnung als „Angestellter“ oder „Beauftragter“ ist die Weisungsgebundenheit des Geschäftsleiters, sodass viel dafür spricht, kritisiert, da der neue § 299 StGB die Untreuestrafbarkeit nach vorne verlagere, s. etwa Heuking/v. Coelln, BB 2016, 323, 326. 360 Etwa Rönnau, in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, vor § 60, Rn. 4. 361 Schüppen, FS Tiedemann, 2008, S. 749, 753; Tiedemann, in: LK-StGB, § 299, Rn. 30. 362 Hier werden auch solche Voraussetzungen dargelegt, welche sowohl für Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1 als auch für Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 2 bestehen. 363 A.A. Brand/Wostry, WRP 2008, 637, s. dazu sogleich. 364 Angestellter ist, wer in einem Dienst- oder Auftragsverhältnis zum Geschäftsinhaber steht und dessen Weisungen unterworfen ist, Tiedemann, in: LK-StGB, § 299, Rn. 11; Rönnau, in: Achenbach/Ransiek, Hdb. Wirtschaftsstrafrecht, § 299 StGB, Rn. 10; Krick, in: MüKoStGB, § 299, Rn. 4. 365 Beauftragter ist, wer – ohne Angestellter oder Geschäftsinhaber zu sein – aufgrund seiner Stellung befugt und verpflichtet ist, für den Betrieb tätig zu werden und mittelbar oder unmittelbar Einfluss auf die Unternehmensentscheidungen nehmen kann, Tiedemann, in: LKStGB, § 299, Rn. 16; Krick, in: MüKo-StGB, § 299, Rn. 5. 366 Statt vieler Dannecker, in: Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, StGB, § 299, Rn. 21.
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4. Teil: Sanktionierung und Rechtsschutz bei unzulässiger Drittleistung
den Geschäftsführer der GmbH als Angestellten367 und den geschäftsführenden Vorstand einer Aktiengesellschaft als Beauftragten368 anzusehen.369 Da dieser Abgrenzung in der Rechtsfolge jedoch keine Bedeutung zukommt und der Begriff „Beauftragter“ in erster Linie eine Auffangfunktion im Verhältnis zum „Angestellten“-Begriff hat,370 ist eine genauere Einordnung vorliegend ohne Belang.
367
Rönnau, in: Achenbach/Ransiek, Hdb. Wirtschaftsstrafrecht, § 299 StGB, Rn. 10; Heine/Eisele, in: Schönke/Schröder, StGB, § 299, Rn. 7; Heger, in: Lackner/Kühl, StGB § 299, Rn. 2; Tiedemann, in: LK-StGB, § 299, Rn. 14; Dannecker, in: Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, StGB, § 299, Rn. 21; Krick, in: MüKo-StGB, § 299, Rn. 4; für eine Einordnung als Beauftragter hingegen BGH v. 09. 08. 2006 – 1 StR 50/06, NJW 2006, 3290, 3298. 368 So auch Rönnau, in: Achenbach/Ransiek, Hdb. Wirtschaftsstrafrecht, § 299 StGB, Rn. 10; Krick, in: MüKo-StGB, § 299, Rn. 8; Heine/Eisele, in: Schönke/Schröder, StGB, § 299, Rn. 8; für eine Einordnung als Angestellter hingegen Heger, in: Lackner/Kühl, StGB § 299, Rn. 2; Tiedemann, in: LK-StGB, § 299, Rn. 14; Dannecker, in: Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, StGB, § 299, Rn. 21. 369 Gegen eine Einordnung des Vorstandsmitglieds als tauglicher Täter der Bestechlichkeit nach Abs. 1 Brand/Wostry, WRP 2008, 637, 643 f., da dieses bei der Annahme eines Wettbewerbsvorteils in seiner Eigenschaft als Geschäftsleitungsorgan und damit als Willensbildungsorgan der Aktiengesellschaft handele. Insofern werde der Gesellschaft das Handeln des Geschäftsleiters als eigenes zugerechnet, sodass das Handeln des Geschäftsleiters mit dem straflosen Handeln des Betriebsinhabers selbst vergleichbar sei. So stelle sich die in Folge der Bestechung erfolgte Bevorzugung eines Wettbewerbers mit der Organtheorie als Handlung der Gesellschaft und damit letztlich des Prinzipals dar. Diese Argumentation lässt allerdings zum einen außer Acht, dass die, die Strafbarkeit des § 299 StGB auslösende, Prinzipal-AgentenBeziehung zwischen Vorstand und Gesellschaft nach wie vor besteht und aufgrund des „bloß“ zivilrechtlich weit ausgekleideten Handlungsspielraums in der AG gar noch zunimmt. Vergrößert sich aber aufgrund des Handlungsfreiraums des Vorstandsmitglieds noch die Möglichkeit zur Vornahme grds. strafwürdiger Handlungen nach § 299 StGB, wäre es widersprüchlich, gerade unter Berufung auf die Ausgestaltung dieses Freiraums eine Strafbarkeit zu versagen. Dementsprechend verstößt das Vorstandsmitglied durch Selbstbereicherung zu Lasten der Gesellschaft gegen seine organschaftliche Treuepflicht, § 93 AktG. Selbst wenn entsprechende Handlungen der Gesellschaft im Außenverhältnis zugerechnet werden müssten, bestehen dennoch Ansprüche der Gesellschaft als Prinzipal gegen den Vorstand als Agenten. Dies kann auch nicht, wie von den Autoren behauptet, im Rahmen von § 299 StGB unbeachtet bleiben. Denn handeln überdies Bestechender und Vorstand kollusiv zusammen oder ist das pflichtwidrige Handeln dem Geschäftspartner zumindest evident (wie im Rahmen von § 299 StGB wohl regelmäßig der Fall), verliert auch die organschaftliche Vertretungsmacht des Vorstands ihre Außenwirkung (zu den Folgen des Missbrauchs der Vertretungsmacht s. Weber, in: Hölters, AktG, § 82, Rn. 9 f.; Spindler, in: Müko-AktG, § 82, Rn. 57 ff.). Dann lässt sich die obige Argumentation aber nicht aufrechterhalten, da das wettbewerbswidrige Verhalten dem Prinzipal gerade nicht mehr zugerechnet wird und solche Schutzmechanismen bei Handeln des Betriebsinhabers selbst gerade nicht greifen können. Zum anderen zeigt gerade die vorliegende Fallgestaltung, dass nicht jegliche Handlungen des Vorstandsmitglieds Qualität einer letztlichen Willensbildung der Gesellschaft haben. Denn über eine Übernahme entscheiden nach wie vor die Aktionäre als Gesellschafter, nicht aber der Vorstand. Dieser kann zwar seinen Einfluss ausüben und damit andere Wettbewerber benachteiligen, was aber nichts an der den Gesellschaftern verbleibenden letztendlichen Willensbildung ändert. 370 Fischer, StGB, § 299, Rn. 10; Tiedemann, in: LK-StGB, § 299, Rn. 16; Dannecker, in: Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, StGB, § 299, Rn. 22.
B. Sanktionierung unzulässiger Leistung des Bieters
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(b) Bieter und weitere Personen als Täter nach Abs. 2 Vorliegend kommt der Bieter selbst, aber grds. auch jede andere Person als Vorteilsgeber in Betracht. Aus dem Merkmal „zu Zwecken des Wettbewerbs“ des § 299 Abs. 2 StGB a.F. wurde nach ganz überwiegender Ansicht geschlossen, dass im Sinne einer teleologischen Einschränkung zum einen Mitbewerber371 selbst und zum anderen nur solche Personen als taugliche Täter anzusehen seien, die im Interesse eines Mitbewerbers handeln und damit nach h.M. auch für diesen nach außen tätig werden,372 Private Dritte, die nicht für einen Mitbewerber tätig werden, konnten sich allenfalls als Anstifter oder Gehilfe strafbar machen.373 Zahlte daher ein Aktionär einen Transaktionsbonus, um damit eine von ihm befürwortete Unternehmensübernahme voranzutreiben, konnte sich daraus eine Strafbarkeit des leistenden Aktionärs nach § 299 Abs. 2 StGB wenn überhaupt als Teilnehmer, nicht jedoch als Täter ergeben.374 Durch Wegfall des Wettbewerbsbezugs ist (zumindest im Anwendungsbereich des Geschäftsherrenmodells) diese Ansicht aufzugeben, wenngleich nach wie vor Einschränkungen im Hinblick auf die Einbeziehung des leistenden Aktionärs bestehen. Aus dem Gesichtspunkt „bei dem Bezug von Waren“ und dem Tätigwerden „im geschäftlichen Verkehr“ ist weiterhin zu fordern, dass der leistende Aktionär fremdnützig (ob er selbst einen Vorteil erlangt, sollte insofern unerheblich sein) zugunsten des Bieters mit oder ohne Auftrag für diesen handelt.375 Diese Voraussetzungen werden wohl eher im Ausnahmefall vorliegen. (2) Vorteil im geschäftlichen Verkehr Für eine Strafbarkeit nach Abs. 1 muss der Angestellte oder Beauftrage einen Vorteil im geschäftlichen Verkehr fordern, sich versprechen lassen oder annehmen.376 Das Merkmal „fordern“, als bloß einseitige Maßnahme, dehnt die Strafbarkeit auf den Vorfeldbereich aus, da es nicht einmal eine Übereinkunft von Geber und Nehmer voraussetzt.377 Denn ob es zu überhaupt zu einem Vorteil unter entsprechender 371
Strebt ein Dritter eine eigene Bevorzugung an, ist er selbst Mitbewerber i.S.d. Norm. Dannecker, in: Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, StGB, § 299, Rn. 62; Fischer, StGB, § 299, Rn. 15, 19; Rönnau, in: Achenbach/Ransiek, Hdb. Wirtschaftsstrafrecht, § 299 StGB, Rn. 57; Tiedemann, in: LK-StGB, § 299, Rn. 20; Pragal, ZIS 2006, 63, 78; wohl auch Heine/ Eisele, in: Schönke/Schröder, StGB, § 299, Rn. 25; zur Begründung wird angeführt, dass als tauglicher Wettbewerb i.S.d. Norm nur der Wettbewerb des Täters oder eines Dritten anzusehen sei. 373 Statt aller Heger, in: Lackner/Kühl, StGB, § 299, Rn. 6. 374 Zwar spricht Pragal, S. 49 f., eine Strafbarkeit eines Aktionärs unter dem Aspekt der „Angestelltenbestechung“ an, verzichtet aber auf eine rechtliche Würdigung des Sachverhalts. 375 Tiedemann, in: LK-StGB, § 299, Rn. 20. 376 Demgegenüber ist nach Abs. 2 das „Anbieten, Versprechen oder Gewähren“ unter Strafe gestellt. Für Drittleistungen in Übernahmesituationen ergibt sich daraus indes keine zu beachtende inhaltliche Abweichung, sodass sich in der Darstellung allein auf Abs. 1 konzentriert werden kann. 377 Allg.M., krit. Fischer, StGB, § 299, Rn. 17; zustimmend Tiedemann, in: LK-StGB, § 299, Rn. 48. 372
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4. Teil: Sanktionierung und Rechtsschutz bei unzulässiger Drittleistung
Unrechtsvereinbarung kommt, ist unbeachtlich.378 Gemeinsam mit der Möglichkeit des „Sich-Versprechen-Lassens“ wird deutlich, dass es unerheblich ist, ob die Leistung des Vorteils bereits erfolgt ist oder nicht. Unter Vorteil ist ferner alles zu fassen, was die Lage des Empfängers irgendwie verbessert und auf das er keinen Anspruch hat.379 Sozialadäquate Zuwendungen werden allerdings im Wege der Auslegung von § 299 StGB ausgenommen,380 sodass sich Geschäftsleitung und Bieter sachgerecht nicht bei jeder „noch so kleinen“ Zuwendung im Rahmen der Absprachen um einen Unternehmenskauf Gedanken um ihre strafrechtliche Verantwortung machen müssen.381 Durch das Erfordernis des Handelns im geschäftlichen Verkehr wird schließlich („rein“) privates Handeln382 und dem gegenüberstehend bloßes amtliches Handeln in Ausübung von Hoheitsgewalt383 aus dem Anwendungsbereich der Vorschrift ausgeschlossen. Es sollen alle Maßnahmen zur Förderung eines beliebigen Geschäftszwecks erfasst sein.384 Der Kauf von Wertpapieren, die öffentlich gehandelt werden, ist davon wohl unzweifelhaft erfasst. Gleichfalls scheiden damit aber für Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 2 jegliche Handlungen aus, die sich allein auf innerorganisatorische Leitungsmaßnahmen des Vorstands beziehen und damit als rein betriebsinterne Vorgänge nicht die notwendige Außenwirkung aufweisen.385 (3) Wertpapiere und Unternehmensbeteiligung als Ware i.S.d. Norm Wohl umstrittenstes Kriterium bei der Frage nach der Anwendbarkeit ist die Subsumtion von Aktien und Unternehmensbeteiligungen unter den Warenbegriff des § 299 StGB.386 So wird eine Anwendbarkeit des § 299 StGB bei Leistungen an 378 BGH v. 25. 07. 1960 – 2 StR 91/60, BGHSt 15, 88, 97 f. (zu §§ 331 f. StGB); Krick, in: MüKo-StGB, § 299, Rn. 21. 379 Satt aller Fischer, StGB, § 299, Rn. 7, mit dem entsprechenden Merkmal in § 331 StGB identisch. 380 Tiedemann, in: LK-StGB, § 299, Rn. 28, m.w.Nachw. 381 s. dazu bereits die Erwägungen im Rahmen der Definition der Drittleistung, s. 2. Teil B.I. 382 BGH v. 13. 05. 1952 – 1 StR 670/51, BGHSt 2, 396, 403; v. 10. 07. 1957 – 4 StR 5/57, BGHSt 10, 359, 366. 383 Fischer, StGB, § 299, Rn. 12; Heine/Eisele, in: Schönke/Schröder, StGB, § 299, Rn. 9. 384 Heger, in: Lackner/Kühl, StGB § 299, Rn. 3, m.w.Nachw. 385 Heine/Eisele, in: Schönke/Schröder, StGB, § 299, Rn. 9; Dannecker, in: Kindhäuser/ Neumann/Paeffgen, StGB, § 299, Rn. 30. 386 Ablehnend Schüppen, FS Tiedemann, 2008, S. 749, 753; Tiedemann, in: LK-StGB, § 299, Rn. 30; befürwortend hingegen Moosmayer, wistra 2004, 401, 406; Krick, in: MüKoStGB, § 299, Rn. 26; Heine/Eisele, in: Schönke/Schröder, StGB, § 298, Rn. 10, § 299, Rn. 22; Pragal, S. 47 f., 49 f.; Köhler, in: Köhler/Bornkamm, UWG, § 2, Rn. 39 (zum UWG); Sosnitza, in: Ohly/Sosnitza, UWG, § 2, Rn. 47 (zum UWG); wohl auch Spindler, FS Schwark, 2009, S. 641, 649; ders., FS Hopt, Band 1, 2010, S. 1407, 1416, wenn auch insgesamt zweifelnd; widersprüchlich Rönnau, der die Anwendung des § 299 StGB auf die hier diskutierte Situation, in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, vor § 60, Rn. 4 aufgrund dessen Tatbestandsvoraussetzungen
B. Sanktionierung unzulässiger Leistung des Bieters
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Geschäftsmitglieder anlässlich einer Übernahmesituation mit dem Einwand abgelehnt, dass der Erwerb von Unternehmen, Unternehmensbeteiligungen oder eines Aktienpakets weder den Erwerb einer Ware noch einer gewerblichen Leistung darstellen würde.387 Indes ist der Warenbegriff (bzw. der der gewerblichen Leistung) des § 299 StGB nach einhelliger Auffassung im Schrifttum wettbewerbsrechtlich und damit in Anlehnung an das UWG wirtschaftlich-weit zu verstehen.388 Der engere handelsrechtliche Warenbegriff findet gerade keine Anwendung.389 Damit ist für die Konkretisierung des Begriffs auf § 2 Nr. 1 UWG zurückzugreifen, für den als Waren alle wirtschaftlichen Güter anerkannt sind, die Gegenstand des Handels sein können.390 In diesem Zusammenhang sind vom Gesetzeswortlaut (§ 2 Nr. 1 UWG) ausdrücklich auch Rechte erfasst,391 was nach allgemeinem Verständnis auch Wertpapiere mit einschließt.392, 393 In Konsequenz sind dann aber grds. auch Aktien und sonstige Unternehmensbeteiligungen als „Ware“ i.S.d. Norm anzusehen.394 Darauf aufbauend wird für die Subsumtion von Aktien unter den Warenbegriff zudem zu Recht an-
scheitern sieht, hingegen, in: Achenbach/Ransiek, Hdb. Wirtschaftsstrafrecht, § 299 StGB, Rn. 38, eine ähnliche Situation als mögliches Fallbeispiel des § 299 StGB anführt. 387 Schüppen, FS Tiedemann, 2008, S. 749, 753; Tiedemann, in: LK-StGB, § 299, Rn. 30. 388 Tiedemann, in: LK-StGB, § 299, Rn. 30; Heine/Eisele, in: Schönke/Schröder, StGB, § 299, Rn. 22; Krick, in: MüKo-StGB, § 299, Rn. 26. 389 Krick, in: MüKo-StGB, § 299, Rn. 26; Dannecker, in: Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, StGB, § 299, Rn. 54; Hoth, WRP 1956, 261, 266. 390 Sosnitza, in: Ohly/Sosnitza, UWG, § 2, Rn. 47; Tiedemann, in: LK-StGB, § 298, Rn. 24; Krick, in: MüKo-StGB, § 299, Rn. 26; Heine, in: Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl. 2010, § 299, Rn. 22; Dannecker, in: Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, StGB, § 299, Rn. 54; allgemein und ohne Bezug zum UWG diese Definition voraussetzend Heger, in: Lackner/Kühl, StGB, § 299, Rn. 5, § 298, Rn. 2. 391 Statt aller Köhler, in: Köhler/Bornkamm, UWG, § 2, Rn. 39; genau genommen sind nach § 2 Nr. 1 UWG n.F. „Rechte“ unter den Begriff der „Dienstleistung“ und nicht unter den Begriff der „Ware“ einzuordnen. Dies spielt für die Reichweite der Norm aber insbesondere deswegen keine weitere Rolle, da das Gesetz beide Begriffe gleich behandelt und damit eine genaue Differenzierung nicht erforderlich ist, Köhler, in: Köhler/Bornkamm, UWG, § 2, Rn. 39. Überdies hat § 2 UWG a.F., auf dem dieses Verständnis maßgeblich fußt, keine entsprechende Einordnung vorgenommen. 392 Zum UWG, Sosnitza, in: Ohly/Sosnitza, UWG, § 2, Rn. 47; Köhler, in: Köhler/Bornkamm, UWG, § 2, Rn. 39. 393 Insofern geht der Verweis von Schüppen, FS Tiedemann, 2008, S. 749, 753 auf BGH v. 15. 12. 1953 – I ZR 167/53, BGHZ 11, 274, 278 fehl, da dieses Urteil auf einem veralteten Verständnis des wettbewerbsrechtlichen Warenbegriffs beruht, nach dem Rechte noch nicht durch den Warenbegriff erfasst waren. Dies kann allerdings mit der ausdrücklichen Aufnahme von „Rechten“ in den Gesetzeswortlaut des § 2 UWG keine Geltung mehr beanspruchen. 394 Moosmayer, wistra 2004, 401, 406; Krick, in: MüKo-StGB, § 299, Rn. 26; Heine/Eisele, in: Schönke/Schröder, StGB, § 298, Rn. 10, § 299, Rn. 22; Köhler, in: Köhler/Bornkamm, UWG, § 2, Rn. 39.
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4. Teil: Sanktionierung und Rechtsschutz bei unzulässiger Drittleistung
geführt, dass Wertpapiere die „Handelsobjekte des Kapitalmarkts“ sind.395, 396 Immanente Voraussetzung dafür ist die Fungibilität des Wertpapiers, mithin seine Einordnung als vertretbare Sache i.S.d. § 91 BGB.397 Dies erfüllen in jedem Fall Aktien börsennotierter Unternehmen, die als Wertpapiere i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 1 WpHG an einem organisierten Markt i.S.d. § 2 Abs. 5 WpHG gehandelt werden.398 Allerdings sind auch die Aktien nicht-börsennotierter Unternehmen „Gegenstand des Handels“ i.S.d. Norm. Denn diese Umschreibung setzt gerade nicht voraus, dass Wertpapiere Gegenstand des Handels an einem Markt i.S.d. WpHG sein müssen. Gegenstand des Handels kann auch sein, was nicht in gleicher Weise formalisiert und transparent erfolgt. So ist auch der Handel am Grauen Kapitalmarkt als tauglicher Handel anzusehen, denn entscheidend muss letztlich sein, ob die Wertpapiere „öffentlich vertrieben“ werden.399 Entsprechend ist auch der Handel im „Freiverkehr“ von Aktien nicht-börsennotierter Unternehmen400 unter den Tatbestand zu fassen. Ein solches Verständnis kann auch nicht damit entkräftet werden, dass „Wertpapierhandel am Kapitalmarkt […] offensichtlich etwas [ganz] anderes als Warenverkehr“ ist.401 Denn eine solche Sichtweise setzt zum einen ein umgangssprachliches Verständnis des „Warenverkehrs“ voraus, angelehnt an den handelsrechtlichen Warenbegriff. Dieses Argument ist nur dann schlüssig, wenn man „Ware“ als körperliche Sache begreift, sodass ein Handel mit Rechten an einer Sache bzw. Ansprüchen auf eine Sache ausgeschlossen ist, da sich nur dann ein Unterschied zwischen Wertpapierhandel am Kapitalmarkt und dem sog. „Warenverkehr“ ergeben kann.402 Der handelsrechtliche Warenbegriff findet in § 299 StGB jedoch gerade keine Berücksichtigung. Zum anderen findet der Begriff Waren„verkehr“ keinen Rückhalt im Wortlaut des § 299 StGB. Dieser nimmt Bezug auf den geschäftlichen Betrieb (Abs. 1) oder geschäftlichen Verkehr (Abs. 2), welche jedoch keinesfalls 395 Moosmayer, wistra 2004, 401, 406 unter Verweis auf Lenenbach, Kapitalmarktrecht, § 2, Rn. 2.2. 396 Unter Kapitalmarkt ist zum einen der börsliche und außerbörsliche Handel in Wertpapieren i.S.d. WpHG, aber auch der öffentliche Vertrieb von nicht unter das WpHG fallenden Kapitalmarktprodukten (Grauer Markt) zu verstehen, Lenenbach, Kapitalmarktrecht, § 2, Rn. 2.2. 397 Ellenberger, in: Palandt, BGB, § 91, Rn. 2; Lenenbach, Kapitalmarktrecht, § 2, Rn. 2.6; Moosmayer, wistra 2004, 401, 406. 398 Dazu Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 2, Rn. 8 ff.; strenger Versteegen, in: Kölner Komm WpHG, § 2, Rn. 32 ff; anerkannt ist indes, dass die Zulassung an einem organisierten Markt nicht Voraussetzung für die Einordnung als Wertpapier i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 1 WpHG ist. 399 So bereits Hopt, ZHR 141 (1977), 389, 423; Lenenbach, Kapitalmarktrecht, § 1, Rn. 1.84. 400 So die Definition von Bayer, Gutachten E zum 67. Deutschen Juristentag, 2008, E 13; Hüffer/Koch, AktG, § 3, Rn. 6; Lutter, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 3, Rn. 6. 401 So die Kritik von Schüppen, FS Tiedemann, 2008, S. 749, 753; dem zustimmend Tiedemann, in: LK-StGB, § 299, Rn. 30. 402 Zum handelsrechtlichen Warenbegriff Koch, in: Oetker, HGB, Überblick vor §§ 373 bis 381, Rn. 30 ff.
B. Sanktionierung unzulässiger Leistung des Bieters
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gleichbedeutend mit einem „Warenverkehr“ sind, sodass ein Tatbestandsmerkmal geschaffen wird, das im Gesetzeswortlaut nicht angelegt ist. Schließlich deckt sich nur diese Interpretation des Warenbegriffs mit dem Verständnis der Begrifflichkeiten in § 298 StGB. Dieser ist Ausfluss der strafrechtlichen „Hochstufung“ schwerer Kartellrechtsverstößen nach dem GWB.403 Mithin ist der in § 298 StGB verwendete Warenbegriff ausweislich des Gesetzesentwurfs streng kartellrechtsakzessorisch zu verstehen.404 Das Verständnis von Waren und gewerblichen Leistungen bzw. Dienstleistungen sowohl vom GWB als auch vom UWG weist aber gleichermaßen einen wettbewerbsrechtlichen Bezug auf. Berücksichtigt man zudem die identische Formulierung „Waren“ und „gewerbliche Leistungen“ in GWB und § 2 UWG a.F.405 sowie in § 298 StGB und § 299 StGB, ist davon auszugehen, dass eine Differenzierung der Begriffe zwischen den verschiedenen Gesetzen und Vorschriften nicht angedacht ist. Mithin greift die h.M. für den Warenbegriff des GWB und damit auch für § 298 StGB auf das Verständnis von § 2 UWG a.F. zurück,406 welcher auch Grundlage des oben dargestellten Verständnisses von § 299 StGB ist. Im Rahmen von § 298 StGB ist aber selbst von Kritikern einer Subsumtion der „Unternehmensbeteiligung“ unter den Warenbegriff im Rahmen von § 299 StGB anerkannt, dass „Geschäftsbetriebe und Anteile hieran“ als Waren anzusehen sind.407 (4) Unrechtsvereinbarung Im Gegensatz zum kapitalmarktrechtlichen Verbot nach § 33d WpÜG und zur Zulässigkeit unter allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Aspekten muss sich der Vorteil als Gegenleistung für die Vornahme oder das Unterlassen einer Handlung (bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen) darstellen. Mithin bedarf es auch im Rahmen des neu kodifizierten Geschäftsherrenmodells einer entsprechenden Unrechtsvereinbarung zwischen den Beteiligten.408 Dabei handelt es sich um eine zumindest stillschweigende Übereinkunft oder die auf eine entsprechende Vereinba403
Tiedemann, in: LK-StGB, § 298, Rn. 23. GesE, BT-Drucks. 13/5584, S. 14; Tiedemann, in: LK-StGB, § 289, Rn. 23. 405 In n.F. ist von „Waren und Dienstleistungen“ die Rede, wobei mit der Neufassung keine Veränderung der Konnexität zwischen UWG und GWB einhergehen sollte, Tiedemann, in: LKStGB, § 289, Rn. 23. 406 Tiedemann, in: LK-StGB, § 298, Rn. 24; Hohmann, in: MüKo-StGB, § 298, Rn. 49; Dannecker, in: Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, StGB, § 299, Rn. 54; Heger, in: Lackner/Kühl, StGB, § 299, Rn. 5, § 298, Rn. 2. 407 So Tiedemann, in: LK-StGB, § 298, Rn. 24, der für § 299 StGB eine Subsumtion von Unternehmensbeteiligungen unter den Warenbegriff ablehnt. Eine Differenzierung zwischen Anteilen an einem Geschäftsbetrieb und einer Unternehmensbeteiligung erscheint allerdings willkürlich. 408 Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 18/6389, S. 15; Begr. RegE, BT-Drucks. 18/4350, S. 21; Momsen, in: BeckOK-StGB, § 299, Rn. 26; Heuking/ v. Coelln, BB 2016, 323, 328 f.; Walther, DB 2016, 95, 97. 404
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4. Teil: Sanktionierung und Rechtsschutz bei unzulässiger Drittleistung
rung abzielende Erklärung, dass die Leistung des Vorteils aufgrund der angestrebten (pflichtwidrigen) Handlung als Gegenleistung erfolgt.409 Die Sicherung des allgemeinen Wohlwollens des Empfängers ist indes nicht ausreichend;410 vielmehr muss für den Vorteil eine Handlung vorgenommen oder unterlassen werden.411 Darüber hinaus stellt das Gesetz ausdrücklich klar, dass die „konstituierende Konnexität zwischen Vorteilsgewährung und Gegenleistung des Vorteilsbegünstigten“412 für die Annahme einer Unrechtsvereinbarung nur gegeben ist, wenn der Begünstigte eine ihm obliegende Pflicht gegenüber dem Geschäftsherrn verletzt. Nicht ausreichend ist es insofern, wenn sich die Pflichtverletzung des Vorteilsgebers in der Annahme des Vorteils (etwa unter Verstoß gegen unternehmensinterne Compliance-Vorschriften) erschöpft.413 (a) Vornahme oder Unterlassen einer Handlung „bei dem Bezug“ von Waren Problematisch könnte im Zusammenhang mit der Vornahme oder dem Unterlassen einer Handlung „bei dem Bezug“ von Waren sein, dass die Geschäftsleitung den Verkaufsprozess zwar beeinflussen kann, ihr jedoch keine Entscheidungsbefugnisse zukommen. So kann sie zwar mit dem Spektrum der ihr zustehenden Möglichkeiten414 ihren Einfluss zu Gunsten des präferierten Angebots und zu Lasten konkurrierender Angebote ausüben, die endgültige Entscheidung über den Verkauf der Anteile trifft aber jeder Gesellschafter autonom. Infolge ist das mögliche Handeln oder Unterlassen dem eigentlichen „Bezug“ vorgelagert. Indes war bereits für § 299 StGB a.F. (der gleichfalls auf das Erfordernis „bei dem Bezug“ abstellt) anerkannt, dass eine wettbewerbswidrige Bevorzugung (im Sinne des § 299 StGB a.F.415) auch in solchen Handlungen oder Unterlassungen liegen kann, die den Bestechenden oder begünstigten Dritten gegenüber seinen Konkurrenten auch nur mittelbar besserstellt.416 In diesem Sinne reicht es aus, wenn der Bestochene die endgültige Entscheidung zumindest faktisch beeinflussen kann; dagegen ist nicht zwingend erforderlich, dass die bestochene Person Entscheidungskompetenz hat.417 Machen Geschäftsleiter damit ihren faktisch ganz beträchtlichen Einfluss – bei öffentlichen 409 Krick, in: MüKo-StGB, § 299, Rn. 24; BGH v. 27. 10. 1960 – 2 StR 177/60, BGHSt 15, 239, 242; v. 08. 02. 1961 – 2 StR 566/60, BGHSt 16, 40, 46; v. 19. 11. 1992 – 4 StR 456/52, BGHSt 39, 45, 46; v. 26. 10. 1999 – 4 StR 393/99, NStZ 2000, 319, 319 (sämtlich zu §§ 331 ff. StGB). 410 Tiedemann, in: LK-StGB, § 299, Rn. 29; Dannecker, in: Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, StGB, § 299, Rn. 44, nach denen die „Gegenleistung für den Vorteil in einer mehr oder weniger genau bestimmten Bevorzugung bestehen muss“. 411 Heuking/v. Coelln, BB 2016, 323, 329. 412 Momsen, in: BeckOK-StGB, § 299, Rn. 26. 413 Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 18/6389, S. 15. 414 s. dazu oben 2. Teil D.I.2.b)bb). 415 § 299 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1 StGB stellen nach wie vor deckungsgleich auf das Kriterium der Bevorzugung ab. 416 Krick, in: MüKo-StGB, § 299, Rn. 25. 417 So Tiedemann, in: LK-StGB, § 299, Rn. 11, m.w.Nachw. (zum Angestelltenbegriff).
B. Sanktionierung unzulässiger Leistung des Bieters
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Übernahmen in Form der Stellungnahme nach § 27 WpÜG oder durch das Unterlassen von Abwehrmaßnahmen – zu Gunsten eines bestimmten Angebots (bzw. zu Lasten eines konkurrierenden Angebots) geltend, ist eine Bevorzugung i.S.d. § 299 StGB a.F. und damit auch das nunmehr Vornehmen oder Unterlassen einer Handlung bei dem Bezug anzunehmen. Bedenken könnten allerdings bestehen, sofern die Handlung allein in einer privilegierten Informationsweitergabe im Rahmen der Due Diligence besteht. Während nach Auffassung der Rspr. schon die Weitergabe von Insiderinformationen eine Bevorzugung i.S.d. § 299 StGB a.F. darstellen kann,418 wird eine solche Ausweitung im Schrifttum teils kritisiert und abgelehnt.419 Im kritisierten Fall ging es jedoch um die Weitergabe von Informationen aus dem Vergabeverfahren. Insofern ist die Kritik, dass die Weitergabe von Insiderinformationen nicht von der „Ausrichtung“ des § 299 auf den „Bezug“ von Waren und gewerblichen Leistungen erfasst sei,420 vorliegend nicht einschlägig. Denn im Falle einer privilegierten Informationsweitergabe im Rahmen der Due Diligence geht es meist um Informationen hinsichtlich der Beschaffenheit des Unternehmens selbst und somit gerade um Informationen über die im Unternehmenskauf zu beziehende verbriefte „Ware“. Eine entsprechende Bevorzugung bewirkt schließlich eine Besserstellung, die sich maßgeblich auf die Chancen zum Kauf des Unternehmens und somit auf den „Bezug der Ware“ ausüben kann. (b) Pflichtwidrigkeit Zentrale Neuerung ist die Möglichkeit der Tatbegehung in Form einer Pflichtverletzung gegenüber dem Geschäftsherrn unter Verzicht auf einen Wettbewerbsbezug. Weitgehend ungeklärt ist jedoch die Frage, was als strafwürdige Pflichtverletzung anzusehen ist. Zu Recht wird bemängelt, dass der Begriff der Pflichtverletzung tendenziell uferlos sei421 – bereits aus der Diskussion um die Pflichtverletzung im Rahmen des § 266 StGB422 wird ersichtlich, dass der endgültigen Klärung dieser Frage eine lange Diskussion vorausgehen wird. Ob die Gesetzesbegründung eine lenkende Hilfestellung gibt, ist mehr als fraglich. Diese gibt lediglich vor, dass es sich um Pflichten handeln müsse, die sich auf den Bezug von Waren oder Dienstleistungen beziehen. Insofern sei nicht jede aus dem jeweiligen Rechtsverhältnis resultierende Pflicht ausreichend.423 Dies schränkt zwar den Anwendungsbereich ein, indem „rein innerbetriebliche Störungen“ aus dem Tatbestand 418 BGH v. 09. 08. 2006 – 1 StR 50/06, NJW 2006, 3290, 3298; ebenso Rosenau, in: Satzger/ Schluckebier/Widmaier, StGB, § 299, Rn. 26. 419 Tiedemann, in: LK-StGB, § 299, Rn. 33; Heine/Eisele, in: Schönke/Schröder, StGB, § 299, Rn. 23. 420 So Tiedemann, in: LK-StGB, § 299, Rn. 33. 421 Walther, DB 2016, 95, 97. 422 s. dazu kurz unten 4. Teil B.III.3.a)aa). 423 Begr. RegE, BT-Drucks. 18/4350, S. 21.
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4. Teil: Sanktionierung und Rechtsschutz bei unzulässiger Drittleistung
ausgenommen werden. Gleichwohl konkretisiert dies nicht den materiellen Inhalt des zu beachtenden Pflichtenprogramms. Dies gilt ebenso für die Aussage, dass es sich um Pflichten handeln muss, die dem Angestellten oder Beauftragten gegenüber dem Inhaber des Betriebes obliegen, welche sich aus Gesetz oder Vertrag ergeben können.424 Problematisch hieran ist, dass nach der undifferenzierten Lesart der aktuellen Tatbestandsfassung, jede Pflichtverletzung zu einer Strafbarkeit führt, solange sie nur im Zusammenhang mit dem Bezug von Waren und Dienstleistungen steht.425 Um aber dem ultima ratio-Grundsatz des Strafrechts gerecht zu werden, werden dementsprechend bereits zu diesem frühen Stadium verschiedenste Ansätze zur Konkretisierung der Pflichtverletzung vertreten bzw. vorgeschlagen. So wird unter Berücksichtigung der europäischen Vorgaben (welche Anlass für Implementierung des Geschäftsherrenmodells waren) und im Hinblick auf das „intendierte Regelungsumfeld (Wettbewerbsschutz)“, eine wettbewerbsbezogene Auslegung propagiert, wonach nur solche Pflichten erfasst sein sollen, deren Verletzung geeignet ist, den Leistungswettbewerb zu beeinträchtigen.426 Ferner wird vorgeschlagen, die Pflichtverletzung auf Verhaltensweisen zu begrenzen, die eine rechtserhebliche Entscheidung vorbereiten, treffen oder durchführen,427 lediglich Pflichtverletzungen von gewisser Bedeutung („gravierend“) zu erfassen428 oder den Tatbestand auf solche Fälle zu beschränken, in denen sich das Verhalten als klar und evident pflichtwidrig erweist.429 Einer Bewertung der verschiedenen Ansätze bedarf es vorliegend grds. nicht. Abgesehen von einer wettbewerbsbezogenen Auslegung – welche jedoch angesichts der klaren gesetzgeberischen Intention schwer zu halten sein wird –430 wird die pflichtwidrige transaktionsbezogene Incentivierung wohl von den verschiedenen Auslegungsmöglichkeiten erfasst. Für die Frage, wann konkret ein pflichtwidriges Verhalten vorliegt, empfiehlt es sich insofern auf die im Rahmen dieser Bearbeitung herausgearbeiteten materiellen und prozessualen Maßstäbe zurückzugreifen. (c) Subsumtion: Unrechtsvereinbarung bei transaktionsbezogenen Leistungen Übertragen auf Drittleistung in Übernahmesituationen kommt ein nach § 299 StGB strafbares Verhalten nur dann in Betracht, wenn den Beteiligten eine Un424
Begr. RegE, BT-Drucks. 18/4350, S. 21. So und zugleich zu Recht sehr kritisch Rönnau, in: Achenbach/Ransiek, Hdb. Wirtschaftsstrafrecht, § 299 StGB, Rn. 102. 426 Kubiciel NZWiSt 2014, 667, 672; Dannecker/Schröder, ZRP 2015, 48, 49; Hoven, NStZ 2015, 553, 558 ff.; dagegen Schünemann, ZRP 2015, 68, 70, der diesen Auslegungsansatz als „fürwahr bizarre Idee“ bezeichnet, „einen falsch formulierten [Gesetzes]Vorschlag nicht durch die richtige Formulierung zu korrigieren, sondern mit Auslegungskünsten zu verharmlosen“. 427 Walther, DB 2016, 95, 97. 428 Grützner, ZIP 2016, 253, 255; Momsen, in: BeckOK-StGB, § 299, Rn. 26, der darauf hinweist, dass dies auch Ansicht des Gesetzgebers sei, eine entsprechende Begründung aber vermissen lässt. 429 Tiedemann, in: LK-StGB, § 299, Rn. 46. 430 Schünemann, ZRP 2015, 68, 70; Ähnlich Grützner, ZIP 2016, 253, 255. 425
B. Sanktionierung unzulässiger Leistung des Bieters
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rechtsvereinbarung dergestalt nachgewiesen werden kann, dass die Leistung des Bieters (oder neuerdings des Aktionärs) ihren Grund in einer Bevorzugung im Rahmen der Übernahmesituation hat. Wohl aufgrund zu erwartender beträchtlicher Beweisschwierigkeiten wurde von diesem Erfordernis im Rahmen des § 33d WpÜG abgesehen (ebenso im Rahmen der oben vorgenommenen Kategorisierung von Drittleistungen). Insofern steht – nach wie vor – zu befürchten, dass in der praktischen Anwendung eine Strafbarkeit häufig an dem zweifelsfreien Nachweis einer entsprechenden Vereinbarung scheitern wird. Indes kann anhand der hier vertretenen Auslegung von § 33d WpÜG der Schluss gezogen werden, dass dann ein starkes Indiz auf das Vorliegen einer Unrechtsvereinbarung hindeutet, wenn sich der Grund für die Leistung anhand der dargestellten Leitlinien offensichtlich431 nicht in dem Wert des Managements für die Zielgesellschaft erschöpft. Dies entbindet allerdings nicht von dem Nachweis einer entsprechenden Unrechtsvereinbarung, sondern kann diesen allenfalls erleichtern. Denn ansonsten würde die Unzulässigkeit nach § 33d WpÜG mit der Strafbarkeit nach § 299 StGB gleichgesetzt, was die unterschiedlichen gesetzlichen Voraussetzungen zwischen den Normen unzulässig außer Acht lassen würde.432 Die gemachten Ausführungen gelten im Übrigen – sofern man Aktionäre im Rahmen transaktionsbezogener Leistungen als taugliche Täter nunmehr anerkennen möchte – auch für entsprechende aktionärsseitige Leistungen. (5) Vorherige Einwilligung des Geschäftsherrn? Durch das – erst im Zuge des Gesetzgebungsprozesses – eingeführte Tatbestandsmerkmal „ohne Einwilligung des Unternehmens“ erhält der Geschäftsherr die Möglichkeit über eine etwaige Strafbarkeit zu disponieren.433 Als erforderlich wird angesehen, dass sowohl der Vorteil als auch die Verbindung des Vorteils mit der pflichtwidrigen Handlung von der Einwilligung erfasst sind.434 Intention hinter diesem Erfordernis ist zum einen, dass das Unternehmen keines strafrechtlichen Schutzes bedarf, wenn es in Kenntnis der Unrechtsvereinbarung die Annahme bzw. Gewährung des Vorteils vorab gestattet. Zum anderen soll Rechtssicherheit insbesondere für Angestellte und Beauftragte erhöht werden, indem bei einem transparenten und vom Unternehmen gebilligten Verhalten kein Risiko einer Strafbarkeit nach § 299 StGB besteht.435 Allerdings öffnen sich durch diese – teils als deklaratorisch angesehene436 – Regelung im Hinblick auf die vorliegend zu betrachtenden Konstellation einige Schwierigkeiten. So ist bei einem genaueren Blick schon nicht 431 Diese Einschränkung ist zu fordern, da jede Leistung des Bieters objektiv dazu geeignet ist, den Vorstand zu beeinflussen. 432 Auch angesichts des strafrechtlichen Bestimmtheitsgebots nach Art. 103 Abs. 2 GG ist eine entsprechende Auslegung unzulässig. 433 Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 18/6389, S. 15; Momsen, in: BeckOK-StGB, § 299, Rn. 27; Heuking/v. Coelln, BB 2016, 323, 329. 434 Dann, NJW 2016, 203, 205; Heuking/v. Coelln, BB 2016, 323, 329. 435 Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 18/6389, S. 15. 436 s. etwa Heuking/v. Coelln, BB 2016, 323, 329.
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4. Teil: Sanktionierung und Rechtsschutz bei unzulässiger Drittleistung
klar, wer überhaupt zur Einwilligung berechtigt sein soll und ob die Einwilligungsmöglichkeit bei offensichtlich treuwidrigen Leistungen nicht teleologisch reduziert werden sollte: Ordnet man die Einwilligungsmöglichkeit in das aktienrechtliche Kompetenzgefüge ein, so wäre es zunächst naheliegend, dass dem Aufsichtsrat die Kompetenz zur Einwilligung zusteht. Dem stehen indes zumindest Zweifel gegenüber: Denn selbst wenn man vertritt, dass der Aufsichtsrat als „Vertreter“ der Hauptversammlung und damit der Anteilseigner selbst agiert, ist er dennoch nicht als Geschäftsherr anzusehen. Insofern greift die Argumentation für einen Strafbarkeitsausschluss schon im Ansatz nicht durch: Ausgehend vom Zweck der Norm kann der Betriebsinhaber nicht strafbar sein, da zum einen – so noch die Mindermeinung zu § 299 StGB a.F., die schon dort unter Einbeziehung der Interessen des Geschäftsherrn in den Schutzbereich der Norm die Möglichkeit der Einwilligung des Geschäftsherrn gefordert hat – von ihm trotz Bestechung keine Anreizwirkung für unsachliche Entscheidungen ausgehen kann.437 Zum anderen wird dem Inhaber eines Rechts generell das Recht zugestanden, auf den rechtlichen Schutz zu verzichten.438 Dies ist auf Aufsichtsratsmitglieder nicht übertragbar. Denn Aufsichtsratsmitglieder gelten nach herrschender Ansicht ihrerseits als „Beauftragte“.439 Zwischen ihnen und der Hauptversammlung und damit den Aktionären als Anteilseigner besteht seinerseits eine Prinzipal-Agenten-Beziehung, die eine wertungsmäßige Identität zwischen Entscheidungen und Maßnahmen der Anteilseigner und solchen des Aufsichtsrats ausschließt. Noch größere Bedenken bestehen allerdings hinsichtlich der Möglichkeit, der Hauptversammlung das Recht zur Einwilligung zu gewähren. Unter gesellschaftsrechtlicher und auch kapitalmarktrechtlicher Betrachtung spricht einiges dagegen, die Gewährung einer Leistung durch den Bieter (oder Aktionär) von der Zustimmung der Aktionäre abhängig zu machen.440 Dieses austarierte System verschiedener Zuständigkeiten und Kontrollmöglichkeiten würde zunichte gemacht, wollte man nunmehr im Rahmen des § 299 StGB jegliche bieterseitige Leistung unter den Vorbehalt der vorherigen Einwilligung der Hauptversammlung stellen. Trotz der dargelegten Bedenken erscheint es damit im Ergebnis vorzugwürdig, dem Aufsichtsrat die entsprechende Kompetenz zuzuschreiben, was im Übrigen auch am ehesten mit § 112 AktG in Einklang zu bringen ist.
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Dannecker, in: Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, StGB, § 299, Rn. 27, Tiedemann, in: LK-StGB, § 299, Rn. 2; wohl auch Heine/Eisele, in: Schönke/Schröder, StGB, § 299, Rn. 19a. 438 Heuking/v. Coelln, BB 2016, 323, 329; wie dargelegt liegt diese Erwägung auch den gesetzgeberischen Überlegungen zugrunde, Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 18/6389, S. 15. 439 Aus der Rspr. nur RG v. 10. 04. 1934 – 1 D 36/34, RGSt 68, 119, 120 (zur Genossenschaft); Krick, in: MüKo-StGB, § 299, Rn. 8; Moosmayer, wistra 2004, 401, 407; Tiedemann, in: LK-StGB, § 299, Rn. 10; zweifelnd dagegen Fischer, StGB, § 299, Rn. 8a. 440 s. dazu die Ausführungen im 3. Teil.
B. Sanktionierung unzulässiger Leistung des Bieters
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In Anbetracht der dargelegten Zweifel ist die Einwilligungsmöglichkeit jedoch teleologisch zu reduzieren441: Seine Zustimmung sollte der Aufsichtsrat nur erteilen dürfen, wenn die Mindestanforderungen nach § 33d WpÜG bzw. die gesellschaftsrechtlichen Grundsätze eingehalten sind. In solchen Konstellationen liegt indes grds. schon keine „Unrechtsvereinbarung“ zwischen dem Management und dem Leistenden vor, sodass es auf die Frage einer Einwilligung gar nicht erst ankommt. Steht die Leistung hingegen in einem kausalen Zusammenhang mit einer zwischen den Beteiligten getroffenen „Unrechtsvereinbarung“, hätte der Aufsichtsrat der Drittleistung auch im Rahmen von § 33d WpÜG bzw. nach gesellschaftsrechtlichen Vorgaben nicht zustimmen dürfen. Da der Aufsichtsrat aber keinen Dispens von den gesellschaftsrechtlichen Vorgaben und den entsprechenden Voraussetzungen treffen kann,442 lässt die unsachgemäße Zustimmung eine gesellschaftsrechtliche Verantwortung der Beteiligten unberührt. Dies muss in Konsequenz dann auch Auswirkung auf die strafrechtliche Verantwortung haben, denn es entstünde ein interdisziplinärer Wertungswiderspruch, wenn der Aufsichtsrat unter gesellschaftsrechtlichen Erwägungen keinen Dispens erteilen kann, unter strafrechtlichen hingegen schon. Das Erfordernis der vorherigen Einwilligung deckt sich indes mit der kapitalmarktrechtlichen Bewertung nach § 33d WpÜG443 sowie – sofern man aktionärsseitige Leistungen als mögliche Fallgruppe anerkennen möchte – auch mit der bereits herausgearbeiteten Wertung, dass es zur Wirksamkeit anlassbezogener Vergütung ebenfalls der vorherigen Zustimmung des Aufsichtsrats bedarf. bb) Voraussetzungen der § 299 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1 StGB Ob darüber hinaus auch eine Strafbarkeit nach § 299 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1 StGB in Betracht kommt ist zumindest insofern dogmatisch – wenn mit oben Gesagtem auch nicht zwingend praktisch – von Relevanz, als eine dispensierende Zustimmung des Unternehmens von vornherein nicht in Betracht kommt.444 Während dies für § 299 StGB a.F. zwar herrschende Meinung, aber dennoch bestritten war, hat der Gesetzgeber dies nunmehr ausdrücklich klargestellt.445 Gleichwohl soll
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Dies verstößt auch nicht gegen das strafrechtliche Bestimmtheitsgebot, da es sich bei dem Aufsichtsrat wie dargelegt nicht um den eigentlichen Geschäftsherrn im Sinne der Norm handelt. 442 s. dazu 3. Teil B.I.4.d)cc)(3)(b). 443 s. dazu 3. Teil B.I.4.d)cc)(3). 444 A.A. Walther, BB 2016, 95, 98, der damit aber zum einen die mangelnde Disponibilität hinsichtlich des Wettbewerbsschutzes und zum anderen den dahingehenden Willen des Gesetzgebers nicht hinreichend beachtet, der ausdrücklich nur die die Tatbestandsalternative der Pflichtverletzung mit einem Einwilligungserfordernis versehen hat. 445 Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 18/6389, S. 15.
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4. Teil: Sanktionierung und Rechtsschutz bei unzulässiger Drittleistung
eine etwaige dennoch erfolgte Zustimmung zumindest im Rahmen des Kriteriums der Lauterkeit Berücksichtigung finden können.446 Auch in dieser Tatbestandsalternative bedarf es einer Unrechtsvereinbarung, in deren Rahmen sich der Vorteil als Gegenleistung für eine unlautere Bevorzugung bei dem Bezug von Waren im Wettbewerb darstellen muss. Als Bevorzugung wird jede anvisierte Besserstellung des Täters oder eines von ihm begünstigten Dritten verstanden, auf die er oder der Dritte keinen Anspruch hat und die den freien Wettbewerb beeinträchtigt.447 Mit obigen Ausführungen, ist das Handeln des Vorstands taugliche tatbestandsgemäße Bevorzugung. Diese ist unlauter, wenn die angestrebte Besserstellung – gemessen an den Grundsätzen des lauteren Wettbewerbs – nicht auf ausschließlich sachgerechten Erwägungen beruht.448 Setzt man indes die Bevorzugung in den Kontext der Vorteilszuwendung, erkennt die h.M. zu Recht, dass bereits die Zuwendung des Vorteils an sich die Gefahr der sachfremden Entscheidung begründet.449 Mithin verliert die Unlauterkeit – trotz potentieller Zustimmung des Geschäftsherrn – ihre eigenständige Bedeutung, sodass es – neben dem Abschluss der Unrechtsvereinbarung – nur noch darauf ankommt, dass der Vorteil dazu geeignet ist, geschäftliche Entscheidungen sachwidrig zu beeinflussen,450 was im Falle des Verstoßes gegen die hier aufgezeigten Vorgaben anzunehmen ist. Besonderes Augenmerk liegt auf der Voraussetzung, dass der Vorteilsgeber bzw. der sonst von der Bevorzugung Begünstigte hinsichtlich des Bezugs der Ware im Wettbewerb mit Konkurrenten stehen muss. So muss sich der Vorsatz des Täters darauf richten, dass zum Zeitpunkt des Bezugs der Ware (und nicht bereits zum Zeitpunkt der Vorteilsgewährung)451 ein wirtschaftliches Konkurrenzverhältnis zu
446 Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 18/6389, S. 15; was die zuvor erwähnte Klarstellung jedoch wiederum abschwächt, weshalb Dann, NJW 2015, 2016, 203, 205 die diesbezüglichen Ausführungen des Rechtsausschusses treffend als „sibyllinisch“ kritisiert. 447 Heine/Eisele, in: Schönke/Schröder, StGB, § 299, Rn. 18; Dannecker, in: Kindhäuser/ Neumann/Paeffgen, StGB, § 299, Rn. 43; Krick, in: MüKo-StGB, § 299, Rn. 25; Rönnau, in: Achenbach/Ransiek, Hdb. Wirtschaftsstrafrecht, § 299 StGB, Rn. 37. 448 H.M., Fischer, StGB, § 299, Rn. 16; Krick, in: MüKo-StGB, § 299, Rn. 28; Heine/Eisele, in: Schönke/Schröder, StGB, § 299, Rn. 19; Heger, in: Lackner/Kühl, StGB, § 299, Rn. 5; Dannecker, in: Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, StGB, § 299, Rn. 53 f.; Rönnau, in: Achenbach/Ransiek, Hdb. Wirtschaftsstrafrecht, § 299 StGB, Rn. 46. 449 BGH v. 13. 05. 1952 – 1 StR 670/51, BGHSt 2, 396, 401; Dannecker, in: Kindhäuser/ Neumann/Paeffgen, StGB, § 299, Rn. 53; Tiedemann, in: LK-StGB, § 299, Rn. 42, m.w.Nachw. 450 H.M., Fischer, StGB § 299, Rn. 16; Dannecker, in: Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, StGB, § 299, Rn. 53; Heine/Eisele, in: Schönke/Schröder, StGB, § 299, Rn. 19; jeweils m.w.Nachw. 451 BGH v. 18. 06. 2003 – 5 StR 489/02, NJW 2003, 2996, 2997; Heine, in: Schönke/ Schröder, StGB, § 299, Rn. 23; Rönnau, in: Achenbach/Ransiek, Hdb. Wirtschaftsstrafrecht, § 299 StGB, Rn. 42.
B. Sanktionierung unzulässiger Leistung des Bieters
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einem oder mehreren anderen Unternehmen besteht.452 Trotz der beträchtlichen Einschränkungen die sich beim Übertragen auf die vorliegende Konstellation ergeben, verbleibt entgegen teils anders geäußerter Vermutung453 ein schmaler – wenngleich mit der Neufassung wohl eher hypothetischer – Anwendungsbereich strafbarer Konstellationen: Eine Strafbarkeit nach § 299 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1 StGB kommt dann in Betracht, wenn die Täter damit rechnen müssen, dass sich die Gesellschafter beim Verkauf ihrer Anteile zwischen mindestens zwei verschiedenen Kaufinteressenten als Mitbewerber entscheiden können.454 Somit sind solche Übernahmesituationen erfasst, in denen ein Wettbewerb zwischen verschiedenen Bietern besteht. Hinsichtlich der zur Strafwürdigkeit erforderlichen Wettbewerbslage ist zu berücksichtigen, dass die Norm als Ausfluss des Charakters als abstraktes Gefährdungsdelikt keinen Taterfolg in dem Sinne verlangt, dass eine Bevorzugung im Wettbewerb tatsächlich erfolgt, sondern diese lediglich Gegenstand der vom Täter angestrebten Unrechtsvereinbarung sein muss.455 Insofern besteht Einigkeit, dass die „Bevorzugung im Wettbewerb“ (in gewissem Maß)456 subjektiviert ist und es damit auf die Vorstellung des Täters hinsichtlich der unlauteren Beeinflussung eines zukünftigen Wettbewerbs ankommt.457 Um dabei nicht in Konflikt mit dem strafrechtlichen Bestimmtheitsgebot zu geraten, sollte zur weiteren Konkretisierung der konkrete Wettbewerbsbegriff des UWG (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG) als maßgeblich erachtet werden, nach dem ein nur potentieller Wettbewerb gerade nicht ausreichend ist.458 Ein solcher konkreter Wettbewerbsbegriff lässt sich nicht allein anhand der subjektiven Vorstellung der Täter bestimmen, sondern ist an gewisse objektive Rahmenbedingungen gebunden. Nur ein solches Verständnis steht im Einklang mit dem Wortlaut des § 299 Abs. 1 StGB, der ausdrücklich eine unlautere Bevorzugung in einem – wenn auch zukünftigen – Wettbewerbsverhältnis verlangt und sich dabei nicht auf den bloßen subjektiv zu bestimmenden Vorsatz der Beteiligten be-
452 Heine/Eisele, in: Schönke/Schröder, StGB, § 299, Rn. 23; Krick, in: MüKo-StGB, § 299, Rn. 27; Rönnau, in: Achenbach/Ransiek, Hdb. Wirtschaftsstrafrecht, § 299 StGB, Rn. 42 f. 453 Spindler, FS Schwark, 2009, S. 641, 649; ders., FS Hopt, Band 1, 2010, S. 1407, 1416 wendet etwa ein, dass Übernahmesituationen wohl kaum von einer Norm zum Schutz des freien Wettbwerbs erfasst sein könnten. 454 So auch Moosmayer, wistra 2004, 401, 406. 455 BGH v. 2. 12. 2005 – 5 StR 119/05, NJW 2006, 925, 932; Fischer, StGB, § 299, Rn. 15; Dannecker, in: Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, StGB, § 299, Rn. 45; Krick, in: MüKo-StGB, § 299, Rn. 18; Rönnau, in: Achenbach/Ransiek, Hdb. Wirtschaftsstrafrecht, § 299 StGB, Rn. 41. 456 s. dazu die nachfolgende Einschränkung. 457 Allg.M., Krick, in: MüKo-StGB, § 299, Rn. 27; Fischer, StGB, § 299, Rn. 15. 458 Dannecker, in: Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, StGB, § 299, Rn. 48; Tiedemann, in: LK-StGB, § 299, Rn. 37; Gercke/Wollschläger, wistra 2008, 5, 6; Sprafke, Korruption, S. 157; a.A. wohl Rönnau, in: Achenbach/Ransiek, Hdb. Wirtschaftsstrafrecht, § 299 StGB, Rn. 42.
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schränkt.459 Eingedenk der Normintention reicht es aber für die Strafbarkeit nach § 299 StGB aus, dass zum Zeitpunkt der Unrechtsvereinbarung hinsichtlich des späteren Zeitpunkts des Bezugs der Waren Mitbewerber und damit ein Wettbewerbsverhältnis den Umständen nach zu erwarten sind.460 Denn auch dann liegt eine hinreichend wahrscheinliche Schädigung von Mitbewerbern vor, die (als Folge der „eigenen“ Bevorzugung) notwendige Voraussetzung für die Strafwürdigkeit des Verhaltens nach § 299 StGB ist. Die nähere Konkretisierung eines tauglichen Wettbewerbsverhältnisses bedarf damit eines Rückgriffs auf die objektiv zu bestimmenden Umstände. Diese orientieren sich aber zum einen an den Gegebenheiten des konkreten Markts der Ware und zum anderen an den Umständen des Einzelfalls. Eine pauschalisierte Bestimmung tauglicher Situationen ist über diese Vorgabe hinaus nicht sinnvoll möglich und angesichts des neu implementierten „Geschäftsherrenmodells“ wohl auch nicht zielführend.461 c) Erläuterungen zu den Voraussetzungen des subjektiven Tatbestands Sowohl die Strafbarkeit nach Abs. 1 als auch nach Abs. 2 erfordert vorsätzliches Handeln, Fahrlässigkeit genügt nicht.462 Dabei ist für die Strafbarkeit nach beiden Absätzen grds. dolus eventualis hinsichtlich der Voraussetzungen des objektiven Tatbestands ausreichend.463 Lediglich in den Tatalternativen des „Forderns“ (Abs. 1) bzw. des „Anbietens“464 (Abs. 2) muss der Täter absichtlich (dolus directus 1. Grades) auf den Abschluss der Unrechtsvereinbarung hinwirken.465 Hervorzuheben ist an dieser Stelle, dass sich der Täter bezüglich des Handelns im Wettbewerb keinen bestimmten verletzten Mitbewerber vorzustellen braucht.466 459 Tiedemann, in: LK-StGB, § 299, Rn. 37, der zudem darauf hinweist, dass bei anderem Verständnis das Erfordernis „im Wettbewerb“ in dem Erfordernis „im geschäftlichen Verkehr“ aufgehen würde; zust. Gercke/Wollschläger, wistra 2008, 5, 6; Sprafke, Korruption, S. 157. 460 Überzeugend Tiedemann, in: LK-StGB, § 299, Rn. 37; Dannecker, in: Kindhäuser/ Neumann/Paeffgen, StGB, § 299, Rn. 48; „ähnlich“ Diemer/Krick, in: MüKo-StGB, § 299, Rn. 27; Gercke/Wollschläger, wistra 2008, 5, 6; Sprafke, Korruption, S. 157. 461 Zumindest kann angenommen werden, dass auf der einen Seite eine Wettbewerbssituation beim Vorhandensein weiterer (formeller) Angebote (i.S.d. § 22 WpÜG) besteht, auf der anderen Seite die bloße Existenz weiterer Marktteilnehmer hingegen nicht für die Annahme einer Wettbewerbssituation ausreicht. 462 s. nur Krick, in: MüKo-StGB, § 299, Rn. 31, 36. 463 Statt aller Dannecker, in: Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, StGB, § 299, Rn. 56. 464 Ob im Rahmen von Abs. 2 auch Absicht hinsichtlich der weiteren Tatalternativen vorliegen muss, ist umstritten, wird aber von der wohl herrschenden Meinung abgelehnt, Heine/ Eisele, in: Schönke/Schröder, StGB, § 299, Rn. 29; Heger, in: Lackner/Kühl, StGB, § 299, Rn. 8; Tiedemann, in: LK-StGB, § 299, Rn. 54; a.A. Dannecker, in: Kindhäuser/Neumann/ Paeffgen, StGB, § 299, Rn. 72. 465 Als Mindestvoraussetzung allg.M., s. nur Heine/Eisele, in: Schönke/Schröder, StGB, § 299, Rn. 29. 466 Allg.M., s. BGH v. 16. 07. 2004 – 2 StR 486/03, BGHSt 49, 214, 228, m.w.Nachw.
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d) Abschließende Bewertung Unter der Konstellation der „umgekehrten Lieferrichtung“ können sich sowohl der Bieter, je nach Lesart und wenngleich in einem sehr engen Rahmen wohl auch der Aktionär auf der einen Seite, als auch der Vorstand auf der anderen Seite nach § 299 Abs. 2 bzw. Abs. 1 StGB strafbar machen. Dem steht insbesondere nicht der Einwand entgegen, dass der Erwerb von Unternehmen, Unternehmensbeteiligungen oder eines Aktienpakets weder den Erwerb einer Ware noch einer gewerblichen Leistung darstellen würde. Diese Auffassung beruht auf einem de lege lata nicht mehr zu vertretenden, engen handelsrechtlichen Warenverständnis, welches unzulässig außer Acht lässt, dass Rechte an Unternehmen nach richtiger Auslegung durchaus als „Ware“ i.S.d. Norm zu qualifizieren sind. Mit der Neufassung des § 299 StGB hat der Gesetzgeber zudem einige Einschränkungen in der Anwendbarkeit beseitigt. Nach dem in § 299 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 2 StGB implementierten Geschäftsherrenmodell ist ein Wettbewerbsbezug gerade nicht mehr erforderlich; ausreichend ist eine – wenn auch in ihrem Inhalt noch nicht endgültig definierte – Pflichtverletzung gegen den Geschäftsherrn. Erfasst werden damit auch all solche Bieterleistungen, die keinen Bezug zum Wettbewerb haben, sondern allein eine Beeinflussung zum Nachteil der Gesellschaft als Geschäftsherrn bezwecken bzw. bewirken. Da ein Handeln im „geschäftlichen Verkehr“ „bei dem Bezug von Waren“ aber nach wie vor erforderlich ist, wird sich der Anwendungsbereich auch hierauf begrenzen. Zudem ist nunmehr potentiell auch die Einbeziehung eines leistenden Aktionärs möglich, wenn dieser einen nicht zu rechtfertigenden Vorteil an den Vorstand im Zusammenhang mit einer Transaktion leistet, die einen Bieter bevorzugen soll. Unklar ist hingegen die Möglichkeit der Einwilligung seitens des Aufsichtsrats. Nach hier vertretener Auffassung kommt dieser im vorliegenden Anwendungsbereich kaum eigenständige Bedeutung zu, allenfalls insofern, dass – über den Wortlaut des § 299 StGB hinaus – daran zu denken ist, eine unterlassene Einholung der Zustimmung als Indiz für die Annahme einer Unrechtsvereinbarung zu sehen. Im Hinblick auf die Unrechtsvereinbarung bestehen zudem weitere erhebliche rechtspraktische Einschränkungen, da deren Nachweis durchaus mit einigen Schwierigkeiten verbunden sein kann. Angesichts des strafrechtlichen Bestimmtheitsgebots nach Art. 103 Abs. 2 GG sollte ein Verstoß gegen die (materiellen) Voraussetzungen des § 33d WpÜG bzw. gesellschaftsrechtlichen Voraussetzungen ebenfalls lediglich als Indiz herangezogen werden dürfen. Einer Strafbarkeit nach § 299 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1 StGB – welche nach wie vor den Wettbewerb verschiedener Bieter voraussetzt – wird dagegen kaum ein eigener Anwendungsbereich verbleiben. Im Ergebnis bleibt abzuwarten, ob und wie die Neufassung des § 299 StGB auf die Rechtspraxis Einfluss erhalten wird – erforderlich ist überhaupt erst einmal ein Bewusstsein der Änderung materiellen Rechts in diesem Zusammenhang. An einer wirklich effektiven Erfassung verwirkten Unrechts bestehen – neben den noch beträchtlichen Unklarheiten – nicht zuletzt aufgrund des relativen Strafantragserfordernisses des § 301 StGB jedoch gewisse Zweifel.
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3. § 266 StGB – Untreue Bei der Strafbarkeit gem. § 266 StGB von Geschäftsleitern als Treunehmer hinsichtlich des Vermögens von Kapitalgesellschaften als Treugeber ist gemeinhin von „Organuntreue“467 die Rede. Unter diesem Aspekt ist § 266 StGB – nicht kritiklos – zur „Zentralnorm im Wirtschaftsstrafrecht“468 bzw. zum „wirtschaftsstrafrechtlichem Generaltatbestand“ avanciert;469 ebenso wird ihr konstatiert, eine „Schrittmacherfunktion“ in zentralen „aktienrechtlichen Fragen“ (insbesondere im Rahmen der Frage nach der Reichweite der Treuepflicht bei gesellschaftsseitigen Transaktionsboni) übernommen zu haben.470 Vorliegend ergeben sich indes hinsichtlich der Strafbarkeit der Geschäftsleiter471 in Folge pflichtwidriger Annahme eines Vorteils durch einen Dritten (konkreter: des Bieters) erhebliche Bedenken: a) Voraussetzungen der (Organ-)Untreue Unabhängig von der Verletzung des Missbrauchstatbestands (Abs. 1 Alt. 1) oder des Treuebruchtatbestands (Abs. 1 Alt. 2) und ihrem Verhältnis zueinander472 bestimmt sich die Untreuestrafbarkeit gem. § 266 StGB im objektiven Tatbestand nach vier wesentlichen Kriterien: Der Täter muss hinsichtlich ihm fremden Vermögens eine Vermögensbetreuungspflicht innehaben, durch deren Verletzung er (entweder in Form des Missbrauchs oder Treuebruchs) dem betreuenden Vermögen einen Nachteil zufügt.473 Geschütztes Rechtsgut ist dabei offensichtlich (und nach ganz herrschender Auffassung auch ausschließlich) das Vermögen des Treugebers.474 467 Dies geht wohl auch auf § 294 AktG 1937 („Organ-Untreue“) zurück, der als spezifisch aktienrechtlicher Tatbestand denjenigen mit Strafe bedroht hat, der „als Mitglied des Vorstands oder des Aufsichtsrats oder als Abwickler vorsätzlich zum Nachteil der Gesellschaft [ge] handelt“ hat. Mit dem AktG 1965 ist dieser aufgehoben worden und nach dem Willen des Gesetzgebers in § 266 StGB aufgegangen, Begr. RegE, BT-Drucks. IV/171, S. 270; s. dazu Otto, Aktienstrafrecht, Vor § 399, Rn. 18; Loeck, S. 11 ff.; Spindler, FS Hopt, Band 1, 2010, S. 1407, 1417. 468 So exemplarisch Seier, in: Achenbach/Ransiek, Hdb. Wirtschaftsstrafrecht, Untreue, Überschrift A. I. 469 Darauf hinweisend Spindler, FS Hopt, Band 1, 2010, S. 1407, 1417, m.w.Nachw.; explizite Kritik hieran übt auch Rönnau, ZStW 119 (2007), 887, 901. 470 So die Auffassung von Schüppen, FS Tiedemann, 2008, S. 749, 749, im Hinblick auf die Mannesmann-Entscheidung des BGH, zur Reichweite des treuwidrigen Verhaltens bei gesellschaftsseitigen Transaktionsboni. 471 Bieter können den Untreuetatbestand naturgemäß nicht erfüllen. 472 Das Verhältnis beider Tatbestandsalternativen ist stark umstritten (s. exemplarisch zu den verschiedenen Ansichten Schünemann, in: LK-StGB, § 266, Rn. 18 ff.; Kindhäuser, in: Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, StGB, § 266, Rn. 11 ff.), bedarf vorliegend mangels Relevanz jedoch keiner weiteren Erörterung. 473 Kindhäuser, in: Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, StGB, § 266, Rn. 28; Schünemann, in: LK-StGB, § 266, Rn. 29. 474 BGH v. 17. 11. 1955 – 3 StR 234/55, BGHSt 8, 254, 255 ff.; v. 04. 11. 1997 – 1 StR 273/ 97, BGHSt 43, 293, 297; v. 20. 07. 1999 – 1 StR 668/98, NJW 2000, 154, 155; Dierlamm, in:
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Damit ist für die Strafbarkeit im Rahmen des § 266 StGB nicht die bloße Pflichtverletzung (die bspw. im Falle von Tätigkeitsdelikten bereits strafbarkeitsbegründend sein kann), sondern der durch eine besonders gelagerte Pflichtverletzung kausal verursachte Vermögensschaden entscheidend, was mithin die Einordnung der Untreue als Erfolgsdelikt475 bedingt.476 Dementsprechend ist die treuwidrige Ausnutzung der Dispositionsbefugnis und damit verbundene Pflichtverletzung des Treunehmers zwar Handlungsunrecht, das maßgebliche Erfolgsunrecht ist aber die daraus folgende Vermögensschädigung.477 Mangels Versuchsstrafbarkeit hat somit die alleinige Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht ohne einen daraus resultierenden Vermögensnachteil keine Strafbarkeit zur Folge. Diese kann allenfalls noch mittels Rückgriff auf die Lehre der Vermögensgefährdung in Betracht kommen.478 Wie auch sonst im Rahmen der Diskussionen um die spezifischen Besonderheiten der Organuntreue ist auch vorliegend nicht die Frage des geschützten Rechtsguts oder der Vermögensbetreuungspflicht der Geschäftsleiter problematisch,479 sondern vielmehr die Feststellung der Pflichtverletzung sowie insbesondere und entscheidend die des Vermögensnachteils:480 aa) Pflichtverletzung Zur Feststellung der Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht orientiert sich die heute herrschende Meinung zunächst an den vorgelagerten zivilrechtlichen Anforderungen zur Pflichtwidrigkeit des Handelns des Organwalters (Akzessorie-
MüKo-StGB, § 266, Rn. 1; Kindhäuser, in: Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, StGB, § 266, Rn. 1; Schünemann, in: LK-StGB, § 266, Rn. 23; Perron, in: Schönke/Schröder, StGB, § 266, Rn. 1. 475 BVerfG v. 23. 6. 2010 – 2 BvR 2559/08, 105/09, 491/09, NStZ 2010, 626, 627; BGH v. 13. 4. 2011 – 1 StR 592/10, KommJur 2011, 380, 381; Schünemann, in: LK-StGB, § 266, Rn. 29; Dierlamm, in: MüKo-StGB, § 266, Rn. 284; Saliger, NJW 2010, 3195, 3196. 476 Schünemann, in: LK-StGB, § 266, Rn. 29. 477 s. nur Dierlamm, in: MüKo-StGB, § 266, Rn. 1. 478 Seier, in: Achenbach/Ransiek, Hdb. Wirtschaftsstrafrecht, Untreue, Rn. 34, m.w.Nachw. insbesondere hinsichtlich der Kritik an einer damit verbundenen Vorverlagerung der Strafbarkeit. 479 Auch vorliegend gilt zum einen das Vermögen der Aktiengesellschaft unstreitig als geschütztes Rechtsgut [BGH v. 17. 06. 1952 – 1 StR 668/51, BGHSt 3, 23, 25; v. 29. 05. 1987 – 3 StR 242/86, BGHSt 34, 379, 384; v. 24. 08. 1988 – 3 StR 232/88, BGHSt 35, 333, 337; ausführlich Loeck, S. 16, m.w.Nachw. auf die Literatur], nicht hingegen das Vermögen der Gesellschafter [BGH v. 29. 05. 1987 – 3 StR 242/86, BGHSt 34, 379, 385; exemplarisch aus der Literatur Spindler, FS Hopt, Band 1, 2010, S. 1407, 1417; ausführlich Kuntz, S. 41 f.]; zum anderen trifft diesbzgl. die Mitglieder des Vorstands ebenso unbestritten eine Vermögensbetreuungspflicht i.S.d. Norm [dazu Schünemann, in: LK-StGB, § 266, Rn. 256; Seier, in: Achenbach/Ransiek, Hdb. Wirtschaftsstrafrecht, Untreue, Rn. 235 ff.]. 480 Brammsen, wistra 2009, 85, 86; Saliger, HRRS 2006, 10, 12; Schünemann, S. 18.
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tätslehre).481 Gerade dann, wenn sich das Handlungsunrecht aber anhand der Auslegung von gesellschaftsrechtlichen Generaltatbeständen wie § 93 Abs. 1 AktG bestimmt, drängt sich die Frage nach der Reichweite der Akzessorietät des Strafrechts auf.482 In Anbetracht der Fülle der verschiedenen Ansichten kann zumindest angenommen werden, dass dem strafrechtlichen Rechtsgüterschutz als ultima ratio nur dann hinreichend nachgekommen wird, wenn man die zivilrechtliche Pflichtwidrigkeit des Vorstandshandelns zwar als notwendige, nicht aber als zwingend hinreichende Bedingung für die Strafbarkeit nach § 266 StGB einordnet.483 Welche Auswirkungen ein solches Verständnis auf den vorliegenden Fall der Annahme von bieterseitigen Leistungen im Rahmen des Übernahmeprozesses hat, müsste mithin, unter Berücksichtigung der gesellschaftsrechtlichen Anforderungen im Ausgangspunkt, für das Strafrecht gesondert betrachtet werden. Im Hinblick auf die gravierenden Zweifel an dem Vorliegen eines kausalen Vermögensnachteils erscheinen ausführliche Ausführungen zu diesem Themenkomplex an dieser Stelle jedoch nicht zielführend. bb) Subsumtion anhand des Vermögensnachteils: Untreue bei Drittleistung in Übernahmesituationen? Abstrakt bestimmt sich der Vermögensnachteil nach dem Prinzip der Gesamtsaldierung durch einen Vergleich der Vermögenslage vor und nach dem treuwidrigen Ereignis.484 Einschränkend ist jedoch anerkannt, dass trotz entsprechender Vermögensminderung durch die konkrete Handlung kein tatbestandlicher Vermögensschaden vorliegt, wenn durch die Tathandlung zugleich ein den Verlust aufwiegender
481 Rönnau, ZStW 119 (2007), 887, 906; Brammsen, wistra 2009, 85, 86 ff.; Schüppen, FS Tiedemann, 2008, S. 749, 760 ff. 482 Rönnau, ZStW 119 (2007), 887, 906 ff., 908; Brammsen, wistra 2009, 85, 86 ff.; Fleischer, DB 2006, 542, 545; Schüppen, FS Tiedemann, 2008, S. 749, 760 ff., jeweils m.w.Nachw. So fordert der BGH v. 06. 12. 2001 – 1 StR 215/01, BGHSt 47, 187, 197, eine „gravierende [gesellschaftsrechtliche] Pflichtverletzung“ zur Annahme einer Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht, wohingegen in der Literatur eine strafrechtsspezifische Einschränkung der Pflichtverletzung unter dem Aspekt der „limitierten Akzessorietät“ gefordert wird, wonach sich gesellschafts- und strafrechtliche Rechtshandhabung wie zwei konzentrische Kreise verhalten, bei denen das Strafrecht den potentiell inneren Kreis darstellt, exemplarisch Tiedemann, FS Weber, 2004, S. 319, 323. 483 Brammsen, wistra 2009, 85, 88 (mit grobem Überblick über die verschiedenen Ansichten); ferner BGH v. 06. 12. 2001 – 1 StR 215/01, BGHSt 47, 187, 197; Kubiciel, NStZ 2005, 353, 357 f.; Fleischer, DB 2006, 542, 545; Spindler, FS Hopt, Band 1, 2010, S. 1407, 1417; Dittrich, S. 33 ff., 202. 484 BGH v. 23. 05. 2002 – 1 StR 372/01, BGHSt 47, 295, 301; Fischer, StGB, § 266, Rn. 115a; Dierlamm, in: MüKo-StGB, § 266, Rn. 202; Perron, in: Schönke/Schröder, StGB, § 266, Rn. 40; Seier, in: Achenbach/Ransiek, Hdb. Wirtschaftsstrafrecht, Untreue, Rn. 170.
B. Sanktionierung unzulässiger Leistung des Bieters
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äquivalenter Vermögenszuwachs erfolgt ist.485 Darüber hinaus wird gefordert, dass zwischen der treuwidrigen Handlung und der Vermögensminderung ein Pflichtwidrigkeitszusammenhang bestehen muss.486 Dieser setzt voraus, dass die Minderung auch bei pflichtgemäßem Handeln des Treupflichtigen eingetreten wäre,487 woraus sich – im Hinblick auf den Ermessensfreiraum des Vorstands – zumindest potentiell in der vorliegenden Konstellation beträchtliche Einschränkungen ergeben könnten. Für die nachfolgenden Ausführungen ist schließlich zu berücksichtigen, dass auch die ausbleibende Vermögensmehrung einen tauglichen Schaden darstellen kann, was allerdings eine gesicherte Aussicht des Treugebers auf den Vorteil voraussetzt.488 Dies vorausgeschickt, sind drei Konstellationen denkbar, unter denen ein Vermögensnachteil durch die Annahme einer unzulässigen bieterseitigen Leistung zumindest zu diskutieren ist: Werden – als erste Konstellation – die Unternehmensanteile aufgrund von pflichtwidrigen Handlungen des Vorstands zu einem niedrigeren als marktüblichem bzw. bei hypothetischem ordnungsgemäßem Handeln des Vorstands zu niedrigerem als zu erwartendem Kaufpreis veräußert, scheidet ein tauglicher Vermögensschaden der Gesellschaft aus. Unmittelbar betroffen ist nur das Vermögen der Altgesellschafter, die durch den Verkauf ihrer Anteile einen niedrigeren Gewinn realisieren. Deren eigene Vermögensinteressen werden jedoch gerade nicht geschützt.489 Dagegen hat die Veräußerung unter Wert auf das Gesellschaftsvermögen selbst grds. keine Auswirkung.490 Aber selbst wenn sich die kaufpreismindernden Umstände auf die gesamte wirtschaftliche Lage des Unternehmens auswirken sollten, wäre insbesondere die Differenzierung zwischen Auswirkungen der pflichtwidrigen Handlungen und weiteren äußeren Umständen kaum möglich und damit sehr kritisch zu sehen. 485 BGH v. 27. 02. 1975 – 4 StR 571/74, NJW 1985, 1234, 1235; v. 17. 08. 2006 – 4 StR 117/ 06, NStZ-RR 2006, 378, 379; Fischer, StGB, § 266, Rn. 115a; Dierlamm, in: MüKo-StGB, § 266, Rn. 202. 486 Kindhäuser, in: Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, StGB, § 266, Rn. 99; Dierlamm, in: MüKo-StGB, § 266, Rn. 202; unter Hinweis auf die zunehmende Akzeptanz dieser Voraussetzung Seier, in: Achenbach/Ransiek, Hdb. Wirtschaftsstrafrecht, Untreue, Rn. 209 ff.; allerdings gegen die Berücksichtigung hypothetischer Kausalverläufe Fischer, StGB, § 266, Rn. 115b, unter Berufung auf BGH v. 07. 09. 2011 @ 2 StR 600/10, NJW 2011, 3528, 3529. 487 Dierlamm, in: MüKo-StGB, § 266, Rn. 202; Kindhäuser, in: Kindhäuser/Neumann/ Paeffgen, StGB, § 266, Rn. 99. 488 BGH v. 28. 01. 1983 – 1 StR 820/81, BGHSt 31, 232, 234; Fischer, StGB § 266, Rn. 116. 489 BGH v. 29. 05. 1987 – 3 StR 242/86, BGHSt 34, 379, 385; ausführlich Kuntz, S. 41 f.; da indes die Stellung des Vorstands (allein) als Walter der Vermögensinteressen der Aktiengesellschaft als von den Mitgliederinteressen getrennter und insbesondere eigenständiger Verband fast allgemein anerkannt ist, bedarf die Erwägung, dass sich die Vermögensbetreuungspflicht des Vorstands auch auf die Aktionäre als dessen Mitglieder bezieht und damit die Schädigung des Vermögens der einzelnen Gesellschafter als tauglicher Schaden in Betracht kommt, keiner weitergehenden Beachtung. 490 s. etwa Rhein, S. 76.
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4. Teil: Sanktionierung und Rechtsschutz bei unzulässiger Drittleistung
Hat der Vorstand – als zweite Konstellation – ein Übernahmeangebot bevorzugt behandelt (oder aber zu Unrecht nicht abgewehrt)491, obwohl er um die negativen Folgen für die Gesellschaft nach vollzogener Transaktion wusste, ist mittels vergangenheitsbezogener Gesamtsaldierung an sich kein Vermögensschaden festzustellen. Durch die vom Vorstand begünstigte Übernahme hat sich die wirtschaftliche Gesamtsituation der Gesellschaft nicht verschlechtert. Die Schädigung des Gesellschaftsvermögens tritt (wenn überhaupt) erst nach erfolgter Transaktion durch weitere Handlungen ein. Mithin könnte sich ein tauglicher Vermögensschaden allenfalls durch eine Anwendung der Fallgruppe der schadensgleichen Vermögensgefährdung ergeben. Danach begründet bereits die naheliegende Gefahr des endgültigen Verlusts eines Vermögensteils eine gegenwärtige Minderung des Gesamtvermögens.492 Angesichts des strafrechtlichen Bestimmtheitsgebots nach Art. 103 Abs. 2 GG493 und der Tatsache, dass es sich bei der Untreue um ein Verletzungsdelikt handelt, sollte sich die naheliegende Gefahr allerdings bereits konkret abzeichnen.494 So wird u. a. gefordert, dass der Schaden der Höhe nach bezifferbar sein muss, dagegen eine „diffuse Verlustwahrscheinlichkeit“ nicht ausreichend ist.495 Die hier in Frage stehenden Gefahren hängen allesamt von weiteren Maßnahmen des Vorstands bzw. Bieters ab496 und ergeben sich gerade nicht aus der Übernahme an sich. Auch ist es unmöglich, bereits zu diesem Zeitpunkt eine hinreichend konkrete Gefährdung festzustellen, die eine Prognose hinsichtlich der Höhe des Schadens zulässt – insbesondere weil das eigentliche schadensbegründende Ereignis noch nicht stattgefunden hat. Insofern wird zwar die Gefahr weiteren Schadens begründet, die an sich aber noch nicht zur Annahme einer Untreue ausreicht. 491 Diesbzgl. dürfte bereits der Anwendungsbereich sehr bestritten und – sofern überhaupt als möglich erachtet – auf einen sehr engen Raum begrenzt sein. Der Vorstand unterliegt zumindest im Rahmen einer öffentlichen Übernahme dem Neutralitätsgebot des § 33 Abs. 1 WpÜG und ist ferner nicht dazu berechtigt, auf die Anteilseignerstruktur einzuwirken (was aber die Abwehr eines unliebsamen Angebots bedeuten würde) [s. Hopt/Roth, in: Großkomm AktG, § 93, Rn. 213, m.w.Nachw.]. Gleichwohl werden entsprechende Abwehrmaßnahmen nach vertretener Ansicht als zulässig erachtet, wenn das Unternehmen in rechtswidriger Weise oder durch nicht in den Bereich der Aktionäre fallenden „(Um)strukturierungs- und Desinvestitionsentscheidungen“ geschädigt werden soll [Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 76, Rn. 27; eng: Hopt/Roth, in: Großkomm AktG, § 93, Rn. 215 f.]. 492 Statt aller Fischer, StGB, § 266, Rn. 150. 493 Insbesondere wird die Ausdehnung des Tatbestands auf bloße Gefährdungen als verfassungswidrige Analogie zu Lasten des Täters kritisiert, Art. 103 Abs. 2 GG, Brammsen, wistra 2009, 85, 89; Matt, NJW 2005, 390, 390 f.; allerdings ist zu berücksichtigen, dass das BVerfG v.23. 06. 2010 – 2 BvR 2559/08, 105, 491/09, BVerfGE 126, 170, 226 ff., die Verfassungsmäßigkeit dieser Fallgruppe bestätigt hat. 494 Dierlamm, in: MüKo-StGB, § 266, Rn. 226; Kindhäuser, in: Kindhäuser/Neumann/ Paeffgen, StGB, § 266, Rn. 111; Perron, in: Schönke/Schröder, StGB, § 266, Rn. 45; Arnold, Jura 2005, 844, 848. 495 Kindhäuser, in: Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, StGB, § 266, Rn. 111; Perron, in: Schönke/Schröder, StGB, § 266, Rn. 45 „wirtschaftliche Minderbewertung“. 496 Ausführlich zu Fallgestaltungen, in denen der Schaden noch von weiteren Handlungen des Täters abhängt, Perron, in: Schönke/Schröder, StGB, § 266, Rn. 45b.
B. Sanktionierung unzulässiger Leistung des Bieters
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Als drittes kommt schließlich in Betracht, dass sich das Organmitglied durch die Entgegennahme der Zuwendung (bzw. des Schmiergelds) einen der Gesellschaft zustehenden Vermögensteil einverleibt hat.497 Mangels Strafwürdigkeit kann von vornherein der Fall ausgeschlossen werden, dass der vom Dritten gewährte Vorteil vom Kaufpreis abgezogen und damit ein ungünstigeres Geschäft abgeschlossen wird. Es wären wiederum nur die Vermögensinteressen der Gesellschafter betroffen. Ferner ist anerkannt, dass die schuldrechtliche Herausgabepflicht (hier einhergehend mit treuwidrigem Verhalten des Vorstands) von Schmiergeldern an den Geschäftsherrn nach dem Rechtsgedanken der §§ 667, 670 BGB selbst nicht als spezifische Treueplicht i.S.d. § 266 StGB anzusehen ist.498 Untreue bzw. ein zur Untreue tauglicher Vermögensnachteil ist damit allenfalls denkbar, wenn das Vorstandsmitglied treuwidrig eine Provision einbehält, die es dem Treugeber als eigentlichen Forderungsinhaber hätte abführen müssen.499 Dafür ist maßgeblich, ob es sich nach der Intention des Vorteilsgebers um einen personenbezogenen Vorteil handelt (dann kein Vermögensschaden) oder aber der Vorteil der Gesellschaft zugedacht war (dann Vermögensschaden).500 Letzteres kann für keine der vorliegend in Betracht kommenden Leistungen angenommen werden. Der Vorteil dient regelmäßig der Sicherung des Wohlwollens des Geschäftsleiters – was den Verbleib des Vorteils beim Geschäftsleiter notwendig voraussetzt. cc) Fazit Damit bleibt zu konstatieren, dass mangels Vermögensschadens der Gesellschaft die Annahme einer unzulässigen Bieterleistung keine Untreuestrafbarkeit des Vorstands gem. § 266 StGB bedingt. b) Abschließende Bewertung der Organuntreue Eine kritische Betrachtung des § 266 StGB kommt nicht umhin, die Rolle des § 266 StGB als „Zentralnorm“ des Wirtschaftsstrafrechts aufzugreifen. Denn dass die Norm (auch) im vorliegenden Fall diesem Charakter nicht gerecht wird, zeigt sich anschaulich an dem erfolgsbezogenen Erfordernis des Vermögensschadens. Zwar sind gerade Kapitalgesellschaften aufgrund der ihr inhärenten Trennung von Vermögen und Verfügungsbefugnis besonders anfällig für Untreue-Konstellationen, doch kann gerade die Erforderlichkeit eines konkreten Vermögensschadens die Strafbarkeit weit „nach hinten“ drängen. Denn charakteristisch für treuwidriges Verhalten von Organen in Kapitalgesellschaften ist auch, dass ein konkreter Schaden 497
s. allgemein zur Frage der Untreue des schmiergeldempfangenden Vorstands, Loeck, S. 75 ff. 498 BGH v. 23. 05. 2002 – 1 StR 372/01, BGHSt 47, 295, 297 f.; Schünemann, in: LK-StGB, § 266, Rn. 103, m.w.Nachw. 499 Ausführlich Loeck, S. 75. 500 BGH v. 23. 05. 2002 – 1 StR 372/01, BGHSt 47, 295, 298 f.
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4. Teil: Sanktionierung und Rechtsschutz bei unzulässiger Drittleistung
aus einer pflichtwidrigen Handlung häufig nicht nachgewiesen werden oder aufgrund der besonderen Koppelung keine Beachtung finden kann, weder der Gesellschaft oder ihr verbundener Interessengruppen, noch der Gesamtwirtschaft.501 Insofern gewinnt der Charakter des § 266 StGB als Vermögensdelikt an dieser Stelle eine verdrängende Wirkung.502 Problematisch daran ist, dass dies wohl kaum als bewusste gesetzgeberische Entscheidung gegen die Einordnung von Treuepflichtverletzung (in Kapitalgesellschaften) als strafwürdiges Unrecht angesehen werden kann, mangels Alternativen sich aber entsprechend auswirkt.503 Dass aber ein entsprechendes Bedürfnis (trotz kritischer Stimmen) zumindest nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann, zeigt sich besonders deutlich an den Reformdiskussionen zu § 299 StGB,504 wonach bloße Treuepflichtverletzungen eine Strafbarkeit auslösen können sollen – unabhängig von einem wettbewerbsrechtlichen Bezug. 4. § 264a StGB – Kapitalanlagebetrug (bei unterlassener Offenlegung) Schließlich – und in Abgrenzung zu den zuvor genannten Delikten – kommt (allein) im Falle unterlassener Offenlegung bieterseitiger Leistungen an Vorstandsmitglieder der Zielgesellschaft eine Strafbarkeit des Bieters gem. § 264a StGB in Betracht. Nach dessen Abs. 1 Nr. 1 macht sich strafbar, wer im Zusammenhang mit dem Vertrieb von Wertpapieren in Prospekten hinsichtlich der für die Entscheidung über den Erwerb erheblichen Umstände gegenüber einem größeren Kreis von Personen unrichtige vorteilhafte Angaben macht oder nachteilige Tatsachen verschweigt. Als abstraktes Vermögensgefährdungsdelikt505 stellt die Norm damit Täuschungshandlungen im Zusammenhang mit dem Verkauf von Wertpapieren unter Strafe. Allerdings will in den vorliegenden Konstellationen der Bieter keine Wertpapiere verkaufen, sondern – in entgegengesetzter Richtung – den bisherigen Anteilseignern ihre Anteile an der Zielgesellschaft abkaufen. Mit dem insoweit klaren Wortlaut der Norm kommt eine Anwendung der Vorschrift daher dann nicht in Frage, wenn die Gegenleistung des Bieters in einer Barzahlung liegt. Im Anwendungsbereich des § 2 Abs. 1 WpÜG sind aber ausdrücklich sowohl „Kauf“ als auch „Tauschangebote“ als taugliche Angebotsalternativen erfasst. Soll damit die Gegenleistung des Bieters ihrerseits in Wertpapieren (der Bietergesellschaft) erfolgen,
501 Auf diese Kritik weist auch Loeck, S. 13 hin, der sie jedoch zugleich mit der Erweiterung durch die „konkrete Vermögensgefährdung“ abtut. 502 Dies übersieht bspw. – rein exemplarisch – Bittmann, ZGR 2009, 931, 968; zum Charakter als Vermögensdelikt, s. Rönnau, ZStW 119 (2007), 887, 901 ff. 503 Dies zeigt sich an den obigen Ausführungen zu §§ 331 ff. StGB und § 299 StGB. 504 s. dazu ausführlich Tiedemann, in: LK-StGB, § 299. 505 Ganz h.M., s. Wohlers/Mühlbauer, in: MüKo-StGB, § 264a, Rn. 9, m.w.Nachw.; krit. Tiedeman/Vogel, in: LK-StGB, § 264a, Rn. 24.
B. Sanktionierung unzulässiger Leistung des Bieters
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steht der Wortlaut einer Anwendung des § 264a StGB nichts mehr entgegen.506 In Folge könnten auch Angaben in der Angebotsunterlage nach § 11 WpÜG, die auch hinsichtlich der Bewertung des Tauschangebots relevant sind, als taugliche Angaben i.S.d. Norm anzusehen sein. Unabhängig vom Vorliegen der anderweitigen Tatbestandsvoraussetzungen müsste dafür die unter Verstoß gegen § 11 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 WpÜG erfolgende Nichtoffenlegung der Bieterleistung ein Verschweigen notwendiger Tatsachen i.S.d. Norm darstellen. Bei Tauschangeboten muss das bieterseitige Angebot gem. § 2 Nr. 2 WpÜG-AngebVO (i.V.m. § 11 Abs. 4 WpÜG) den inhaltlichen Vorgaben des § 7 WpPG i.V.m. der ProspektVO gerecht werden. Danach muss die Angebotsunterlage mindestens die nach Art. 3, Art. 4 ProspektVO sowie die nach dem in Anhang 1 zur ProspektVO enthaltenen Schema erforderlichen Angaben enthalten.507 Indes findet sich dort keine dem § 11 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 WpÜG entsprechende Verpflichtung zur Angabe bieterseitiger Leistungen. Zwar finden sich in den Ziff. 14.2, 15, 17.2 des Anhangs 1 der ProspektVO Angabepflichten hinsichtlich vergleichbarer Interessenskonflikte oder Beteiligungen der Leitungsorgane des Emittenten (also des Bieters) selbst. Vereinbarungen des Bieters mit den Leitungsorganen der Zielgesellschaft sind jedoch nicht erfasst. Damit drängt sich zugleich die Frage auf, ob die Angabe bieterseitiger Leistungen im Rahmen einer Übernahme überhaupt vom Schutzzweck des § 264a StGB erfasst ist. § 264a StGB bezweckt zum einen den Schutz der Anleger vor täuschungsbedingten, zukünftigen Geldanlagen bzw. soll zum anderen die Dispositionsfreiheit von Anlegern hinsichtlich Investitionsentscheidungen gewährleisten.508 Zwar kann es sich bei bieterseitigen Zuwendungen an Organe der Zielgesellschaft durchaus um erhebliche, da für die Anlageentscheidung relevante Tatsachen handeln. Doch beruht diese Relevanz darauf, dass die Informationen für eine objektive Beurteilung des (Tausch-)Angebots an sich erforderlich sind. Dagegen wirkt sich das Risiko aus dem Verschweigen nicht auf die Einschätzung der zukünftigen Investition aus. Denn es findet keine „Täuschung“ über die zum Tausch angebotenen Anteile und den ihr innewohnenden Gefahren statt, sondern – pauschal gesagt – über die Werthaltigkeit der bislang gehaltenen Anteile an der Zielgesellschaft509 und somit hinsichtlich der Desinvestitionsentscheidung der Anteilseigner. Damit besteht die auf der „Täuschung“ beruhende abstrakte Vermögensgefährdung „nur“ hinsichtlich des Tauschgeschäfts selbst, nicht aber hinsichtlich der als Gegenleistung angebotenen Anteile. Allein der Umstand, dass aufgrund des Tauschgeschäfts Desinvestition und Investition Hand in Hand gehen, darf aber den Anwendungsbereich der Norm nicht über den ursprünglich angedachten 506 Moosmayer, wistra 2004, 401, 403 f.; Möllers, in: Kölner Komm WpÜG, § 12, Rn. 152; Spindler, FS Hopt, Band 1, 2010, S. 1407, 1416. 507 Seydel, in: Kölner Komm WpÜG, § 11 Anh. – § 2 AngebVO, Rn. 7. 508 Begr. RegE, BT-Drucks. 10/318 (2. WikG), S. 22; BGH v. 29. 05. 2000 – II ZR 280/98, NJW 2000, 3346, 3348. 509 Risiken, die die Zielgesellschaft nach Übernahme treffen können, sind irrelevant, da es ja gerade um die „Veräußerung“ der Anteile an der Zielgesellschaft geht.
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4. Teil: Sanktionierung und Rechtsschutz bei unzulässiger Drittleistung
Normzweck ausweiten – unabhängig davon, ob eine solche Einschränkung wünschenswert ist oder nicht.
IV. Fazit Im Ergebnis und insbesondere im Vergleich zur gesellschaftsrechtlichen Sanktionierung kommt der kapitalmarktrechtlichen Sanktionierung kaum eigenständige Bedeutung zu. So sieht das WpÜG weder für die unzulässige Leistung an sich, noch für die unterlassene Offenlegung der Leistung die Verwirklichung einer Ordnungswidrigkeit vor. Und auch der nach hier vertretener Auffassung bestehende Gewinnhaftungsanspruch ergibt sich selbst allein aus dem Gesellschaftsrecht; § 33d WpÜG muss nur in der Rechtsfolge konform dazu ausgelegt werden. Lediglich die Kurs- und Marktmanipulation nach § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Alt. 2 WpHG i.V.m. § 39 Abs. 2 Nr. 11 WpHG bzw. i.V.m. § 38 Abs. 2 Nr. 1 WpHG im Falle unterlassener Offenlegung sieht eine eigenständige Sanktionierung vor. Hier ist aber zum einen fraglich, ob dies überhaupt praktische Relevanz erlangt, zum anderen stimmt bedenklich, dass die unterlassene Offenlegung, als abstrakt besehen „geringerer Verstoß“ als die Leistung eines unzulässigen Vorteils, schärfer als diese sanktioniert wird. Darüber hinaus fand auch eine strafrechtliche Sanktionierung unzulässiger Leistungen des Bieters kaum statt. Eine Strafbarkeit nach § 266 StGB und § 264a StGB kommt nicht in Betracht; eine Strafbarkeit nach §§ 331 ff. StGB ist rein theoretischer Natur. Durch die Reform des § 299 StGB ist nunmehr allerdings durchaus eine Strafbarkeit nach § 299 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 2 StGB denkbar. Jedoch bestehen im Zusammenhang mit dieser sehr jungen Vorschrift bislang zu viele Unwägbarkeiten, als dass ein valider Rückschluss auf eine tatsächliche Erfassung potentiell strafbarerer Verhaltensweisen möglich wäre. Besondere Bedenken ergeben sich insofern im Hinblick auf den zweifelsfreien Nachweis einer Unrechtsvereinbarung. Kritischen Stimmen, welche eine mangelnde strafrechtliche Sanktionierung deshalb als unproblematisch erachten, weil eine entsprechende Sanktionsandrohung nur in seltenen Fällen wirklich einmal zu einer Verurteilung führen wird und zudem die Parteien durch etwaige zivilrechtliche Ansprüche deutlich empfindlicher getroffen würden, ist sich nicht einfach „bedenkenlos“ anzuschließen. Zum einen verkennen diese die nicht unbeträchtliche präventive Wirkung strafrechtlicher Sanktion, zum anderen ist zu bedenken, dass auch das zivilrechtliche Haftungsregime das durch unzulässige „bestechende“ Leistungen des Bieters verwirklichte Unrecht aufgrund der zuvor dargestellten Unwägbarkeiten nur sporadisch aufzufangen vermag. Eine nicht unbeträchtliche Rolle nimmt dabei die Erwartung ein, dass bei Erfolg der Übernahme etwaige gesellschaftsrechtliche Ansprüche wohl kaum durch den (neuen) Aufsichtsrat der Zielgesellschaft geltend gemacht würden.
C. Schutz der Altgesellschafter im Falle unzulässiger Bieterleistung
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C. Sonderfall: Schutz der Altgesellschafter im Falle unzulässiger Bieterleistung Zuletzt und zur Vervollständigung ist ein kurzer Blick auf den Schutz der Altgesellschafter im Falle unzulässiger Leistungen des Bieters in der Übernahmesituation zu werfen. Die Frage nach der Effektivität vorhandener Sanktionsinstrumentarien ist hier besonderes angezeigt, sind doch durch Bestechungsleistungen die Vermögensinteressen der Altaktionäre in besonderer Weise gefährdet und könnte durch einen hinreichenden Schutz derer Interessen das zuvor dargestellte Sanktionsdefizit zumindest abgemildert werden. Zu unterscheiden ist wieder zwischen der Unzulässigkeit der Leistung an sich und dem Unterlassen der für die Zulässigkeit (zumindest im Kapitalmarktrecht) zwingend notwendigen Offenlegung der Bieterleistung.
I. Ansprüche wegen Unzulässigkeit der Leistung 1. § 117 AktG Freilich steht auch den Altaktionären gegen den Bieter prinzipiell ein Anspruch aus § 117 Abs. 1 AktG zu, ebenso gegen den Vorstand nach § 117 Abs. 2 AktG. Doch gilt auch hier das bereits mehrfach Angesprochene: Durch die Annahme des Schmiergelds an sich entsteht weder der Gesellschaft noch dem Aktionär ein gegenüber der Gesellschaft hinausgehender Schaden. Insofern kann § 117 AktG allenfalls Relevanz hinsichtlich Folgeschäden erhalten, insbesondere bei etwaigen Mindererlösen der Gesellschafter.510 Unzulässige Bieterleistungen können zumindest ein gewichtiges Indiz für die Einflussnahme und ihre Ursächlichkeit für schadensstiftende Maßnahmen des Vorstands sein. Auch im Rahmen der Rechtswidrigkeit können sich durch die Einschränkung der Business Judgement Rule Erleichterungen in der Durchsetzbarkeit ergeben. Doch ist auch hier zu konstatieren: Effektiver Rechtsschutz wird den Altaktionären durch § 117 AktG nicht vermittelt. 2. Deliktsrechtliche Ansprüche Maßgeblicher Anknüpfungspunkt für eine Direkthaftung des Bieters oder des Vorstands könnte das Deliktsrecht sein. Dabei ist zu bedenken, dass Direktansprüche der Aktionäre aufgrund des verbandsrechtlichen Haftungssystems eher die Ausnahme denn die Regel sein werden.
510
s. hierzu bereits oben 4. Teil A.II.1.b)bb).
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4. Teil: Sanktionierung und Rechtsschutz bei unzulässiger Drittleistung
a) § 823 Abs 1 BGB Spätestens seit dem „Schadenskreuzer“-Urteil des BGH511 ist weitgehend unstreitig, dass das Mitgliedschaftsrecht der Aktionäre als „sonstiges Recht i.S.d. § 823 Abs. 1 BGB anzusehen ist und damit auch einen direkten Anspruch gegen den Vorstand oder sonstige Ditte begründen kann.512 Äußerst umstritten ist hingegen die Reichweite des so vermittelten Schutzes. Während die Mindermeinung bei Eingriff in das Substrat der Mitgliedsstellung all solche Schäden ersetzt wissen will, die nicht auch Bestandteil des Schadens der Gesellschaft sind,513 erkennt die herrschende Meinung einen Anspruch nur bei Eingriff in ihren rechtlichen Bestand an, nicht aber bereits aufgrund „bloßer“ Entwertung der Mitgliedschaft.514 Ein Anspruch aus § 823 Abs. 1 wegen Annahme einer unzulässigen Bieterleistung setzt damit als Mindestbedingung voraus, dass das in der Aktie verkörperte Mitgliedschaftsrecht des einzelnen Aktionärs verletzt wird. Allerdings verstößt die Annahme einer unzulässigen Bieterleistung in erster Linie gegen die organschaftlichen Treuepflichten der Geschäftsleiter gegenüber der Gesellschaft und betrifft gerade nicht die Mitgliedsstellung der Aktionäre. Eine Haftung aus § 823 Abs. 1 AktG für einen (vorliegend nur potentiellen) parallelen Schaden der Gesellschaft wird aber einhellig abgelehnt.515 Zwar könnte man erwägen, dass gerade in der Übernahmesituation die Leistung auf die Entwertung der Beteiligung der Gesellschafter abzielt und deswegen bereits die Annahme einer entsprechenden Leistung als Eingriff in die Mitgliedsstellung selbst anzusehen ist. Abgesehen davon, dass dieser Eingriff aber dennoch parallel eine Treupflichtverletzung gegenüber der Gesellschaft bedeutet, ergibt sich – wie gehabt – aus der Annahme selbst kein Schaden, weshalb es einer vertieften Auseinandersetzung mit dieser Überlegung nicht bedarf.
511
BGH v. 12. 03. 1990 – II ZR 179/89, BGHZ 110, 323, 327 f. = NJW 1990, 2877, 2878. BGH v. 12. 03. 1990 – II ZR 179/89, BGHZ 110, 323, 327 f. = NJW 1990, 2877, 2878; Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 93, Rn. 211; Hüffer/Koch, AktG, § 93, Rn. 64; Hopt/ Roth, in: Großkomm AktG, § 93, Rn. 625; Spindler, in: MüKo-AktG, § 93, Rn. 302; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 93, Rn. 314 ff.; Hölters, in: Hölters, AktG, § 93, Rn. 352; Krieger/ Saiger-Coceani, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 93, Rn. 79; Wiesner, in: Münchener Hdb. GesR, Band 4, § 26, Rn. 64; zwar betraf das „Schadenskreuzer-Urteil“ einen vereinsrechtlichen Sachverhalt, doch wird dies einmütig auf die AG übertragen. 513 Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 93, Rn. 210 ff., m.w.Nachw.; Mertens, FS Fischer, 1979, S. 461, 468 ff. 514 Hopt/Roth, in: Großkomm AktG, § 93, Rn. 626; Spindler, in: MüKo-AktG, § 93, Rn. 304, 306; Hölters, in: Hölters, AktG, § 93, Rn. 353; Krieger/Saiger-Coceani, in: Schmidt/ Lutter, AktG, § 93, Rn. 79; Wiesner, in: Münchener Hdb. GesR, Band 4, § 26, Rn. 64; wohl auch Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 93, Rn. 316 f. 515 Etwa Mertens/Cahn, in: Kölner Komm AktG, § 93, Rn. 211, „der Eingriff muss sich […] unmittelbar gegen die Mitgliedschaft selbst richten“; Hopt/Roth, in: Großkomm AktG, § 93, Rn. 626; Hüffer/Koch, AktG, § 93, Rn. 63. 512
C. Schutz der Altgesellschafter im Falle unzulässiger Bieterleistung
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b) § 823 Abs. 2 BGB Die Annahme eines unzulässigen Bietervorteils kann nur dann zu einem Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB führen, wenn damit ein Verstoß gegen ein Schutzgesetz i.S.d. Norm verbunden ist. Nach ständiger Rspr. kommt einer Rechtsnorm dann Schutzgesetzeigenschaft zu, „wenn sie – sei es auch neben dem Schutz der Gesamtheit – gerade dazu dienen soll, den einzelnen oder einzelne Personenkreise gegen die Verletzung eines Rechtsgutes zu schützen“.516 Mit anderen Worten soll die Norm nach der ihr im Regelungszusammenhang zukommenden Funktion zumindest auch einem gezielten Individualschutz dienen.517 Dies bestimmt sich maßgeblich sowohl nach Inhalt und Zweck des Gesetzes als auch nach der Intention des Gesetzgebers bei Erlass der Norm, ob er einen solchen Rechtsschutz, „wie er wegen der behaupteten Verletzung in Anspruch genommen wird, zugunsten von Einzelpersonen […] gewollt oder zumindest mitgewollt hat“.518 Der oben referierte Verstoß gegen § 93 AktG kommt dafür nicht in Frage. Nach ganz überwiegender Auffassung hat § 93 AktG keine Schutzgesetzqualität für Aktionäre i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB,519 die Vorstandsmitglieder haften wegen Verletzung ihrer organschaftlichen Treuepflicht allein gegenüber der Gesellschaft. Auch eine Haftung gem. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 299 StGB scheidet aus. Zwar wird § 299 StGB Schutzgesetzeigenschaft zugeschrieben, doch bezieht sich das allein auf Ansprüche geschädigter Wettbewerber, wohl aber nicht auf Ansprüche des Unternehmens selbst oder gar seiner Gesellschafter.520 Eine Haftung über § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. einem Schutzgesetz im Falle unzulässiger Bieterleistungen kommt somit allenfalls gegen den Bieter bei Verstoß gegen § 33d WpÜG in Betracht. Sofern diese Fragestellung in der Literatur überhaupt aufgegriffen wird, wird die Einordnung des § 33d WpÜG als Schutzgesetz aber abgelehnt.521 De lege lata ist dem wohl zuzustimmen:522
516
s. etwa BGH v. 12. 01. 1954 – VI ZR 309/52, BGHZ 12, 146, 148, m.w.Nachw. auf die Rechtsprechung des RG; v. 27. 11. 1963 – V ZR 201/61, BGHZ 40, 306, 306; v. 13. 12. 1988 – VI ZR 235/87, BGHZ 106, 204, 206; v. 21. 10. 1991 – II ZR 204/90, BGHZ 116, 7, 13. 517 Spickhoff, in: Soergel, BGB, § 823, Rn. 195; Schiemann, in: Erman, BGB, § 823, Rn. 157; Wagner, in: MüKo-BGB, § 823, Rn. 405. 518 BGH v. 21. 10. 1991 – II ZR 204/90, BGHZ 116, 7, 13, m.w.Nachw. auf Rspr. 519 BGH v. 09. 07. 1979 – II ZR 211/76, NJW 1979, 1829, 1829; v. 13. 04. 1994 – II ZR 16/ 93, BGHZ 125, 366, 375; Hopt/Roth, in: Großkomm AktG, § 93, Rn. 623. 520 Dannecker, in: Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, StGB, § 299, Rn. 9, m.w.Nachw., der aber wohl einen Anspruch des Unternehmens anerkennt. 521 Spindler, FS Schwark, 2009, S. 641, 644; Noack/Zetzsche, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 33d WpÜG, Rn. 8. 522 Ein tauglicher Schaden wäre indes in dem Anteilsverkauf selbst zu sehen, weshalb ein entsprechender Individualschutz insbesondere in präventiver Hinsicht durchaus effektiveren Schutz bieten würde als die derzeitige Fassung.
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4. Teil: Sanktionierung und Rechtsschutz bei unzulässiger Drittleistung
Primärer Schutzzweck des § 33d WpÜG ist die Sicherung der Integrität des Vorstands.523 Zwar hebt der Gesetzgeber die Interessen der Anteilseigner im Rahmen der Konkretisierung besonders hervor und weist insbesondere darauf hin, dass solche Leistungen als ungerechtfertigt anzusehen seien, „mit denen die Organe der Zielgesellschaft zu einem nicht am Interesse ihrer Gesellschaft und ihrer Anteilseigner orientierten Verhalten bewegt werden sollen“.524 Individualschutz des übervorteilten Anteilseigners ist in der Norm mithin durchaus angelegt. Doch zeigt bereits ein Blick auf die Gesetzesbegründung zu §§ 27, 33 WpÜG als zwei Normen, bei denen der Individualschutz seinerseits äußerst umstritten ist, dass die Betonung der Anteilseignerinteressen verhältnismäßig schwach ausfällt. Denn sowohl zu § 27 WpÜG als auch zu § 33 WpÜG betont der Gesetzgeber in erster Linie die Interessen der Anteilseigner und die Erforderlichkeit ihrer Entscheidungsfreiheit im Rahmen des Übernahmeprozesses.525 Eine vergleichbar ausdrückliche Betonung der Entscheidungsfreiheit der Aktionäre findet in § 33d WpÜG nicht statt. Freilich ist die Integrität des Vorstands den Vorgaben aus § 27 WpÜG und § 33 WpÜG vorgelagert und hat damit erhebliche Bedeutung für die sachgerechte Wahrnehmung der sich daraus ergebenden Vorgaben, insbesondere zu Gunsten der Aktionäre, doch sprechen auch die folgenden Erwägungen gegen eine Schutzgesetzeigenschaft des § 33d WpÜG: So ist ferner unklar, ob man dem Gesetzgeber überhaupt den Willen zusprechen kann, eine Schadensersatzhaftung des Bieters gegenüber den Aktionären zu begründen. § 12 WpÜG macht deutlich, dass sich der Gesetzgeber dem Bedürfnis eines Anspruchs der Altaktionäre gegen den Bieter durchaus bewusst war. So bezieht sich die Haftung aus § 12 WpÜG auch auf die unterlassene Offenlegung von bieterseitigen Leistungen nach § 11 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 WpÜG.526 Im Umkehrschluss liegt hierin durchaus ein Indiz gegen den gesetzgeberischen Willen zu einer Schadensersatzhaftung bei ungerechtfertigter Leistung, zumal die Angabe nach § 11 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 WpÜG gerade unabhängig davon zu erfolgen hat, ob die Leistung gerechtfertigt ist oder nicht. Des Weiteren ist zu bedenken, dass § 33d WpÜG – als übernahmerechtliche Ausformung des aus der organschaftlichen Treuepflicht folgenden Verbots der Annahme von Zuwendungen Dritter – allein deswegen besondere Bedeutung erlangt, weil er sich ausdrücklich gegen den Bieter richtet, wohingegen er die Vorstandsmitglieder nicht in die Pflicht nimmt. Mithin handelt es sich um eine auf den Bieter projizierte Konkretisierung der allgemeinen organschaftlichen Treuepflichten des Vorstands.527 Eine entsprechende Schadensersatzhaftung der Mitglieder des Vorstands für die kehrseitige Annahme der Leistung mangels Schutzgesetzeigenschaft von § 93 AktG kommt aber von vornherein nicht in Betracht, sodass eine entsprechende Einordnung des § 33d WpÜG widersprüchlich dazu anmuten würde. Schließlich ist § 33d WpÜG – wenngleich rechtspolitisch äußerst fragwürdig 523 524 525 526 527
s. ausführlich oben 3. Teil B.I.2.c). Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 59. Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 52, 57. s. dazu sogleich 4. Teil C.II.1.a). s. dazu oben 3. Teil B.I.4.d)bb)(3).
C. Schutz der Altgesellschafter im Falle unzulässiger Bieterleistung
451
– nicht als Ordnungswidrigkeit ausgestaltet. Abstrakt besehen wird in der Literatur die Strafbewährung von Handlungsgeboten oder -verboten als starkes Indiz für die Schutzgesetzeigenschaft verstanden; der Einordnung als Ordnungswidrigkeit wird ebenfalls entsprechende Indizwirkung zugeschrieben, wenngleich es zusätzlicher Anhaltspunkte für die Schutzgesetzeigenschaft bedarf; die Straflosigkeit von Normverletzungen soll demgegenüber letztlich ein gewichtiges Indiz gegen die Einordnung als Schutzgesetz bedeuten.528 Überträgt man diese Wertung auf den vorliegenden Fall, so spricht nach Auffassung von Spindler ein Vergleich mit § 33 WpÜG gegen die Einordnung als Schutzgesetz.529 Denn im Unterschied zu § 33d WpÜG ist ein Verstoß gegen § 33 WpÜG in § 60 Abs. 1 Nr. 8 WpÜG mit einem Bußgeld bedroht. Insofern wird – unter Berücksichtigung der zuvor gemachten Kategorisierung – teils vertreten, dass es § 33 WpÜG gerade nicht allein um den Schutz des Gesellschaftsvermögens ginge, da ansonsten eine entsprechende Sanktionsbedrohung überflüssig wäre, da das Gesellschaftsvermögen bereits durch § 266 StGB umfassenden Schutz genießt.530 Die Bußgeldbedrohung sei daher entscheidender Hinweis für die Schutzgesetzqualität von § 33 WpÜG zu Gunsten der Aktionäre. Im Rückschluss muss dann aber Berücksichtigung finden, dass § 33d WpÜG gerade nicht mit einer Ordnungswidrigkeit bedroht ist.531 c) § 826 BGB Eine Haftung aus § 826 BGB setzt schließlich eine vorsätzliche, sittenwidrige Schädigung durch die Annahme der Leistung voraus. Sittenwidriges Handeln ist nicht bereits in jedem Normverstoß zu sehen, vielmehr bedarf es einer qualifizierten Form der Rechtswidrigkeit, die durch einen erhöhten Unrechtsgehalt gekennzeichnet ist.532 Die Annahme der unzulässigen Leistung selbst wird kaum einen Anspruch aus § 826 BGB begründen können, ist doch ohne weitere Handlung noch kein Schaden eingetreten. Hingegen kann das durch die unzulässige Leistung nach außen dokumentierte Eigeninteresse des Vorstands ein wichtiger Anhaltspunkt für die Sittenwidrigkeit von Folgemaßnahmen und damit einen Anspruch aus § 826 BGB sein. Erfolgt etwa eine bewusst unrichtige Auskunftserteilung und damit verbundene Irreführung aus eigennützigen Interessen, erkennt die Rspr. die Sittenwidrigkeit i.S.d. Norm an.533 528 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 77 II. 3. c), S. 438 f.; Canaris, FS Larenz, 1983, S. 27, 50. 529 Spindler, FS Schwark, 2009, S. 641, 644. 530 Hirte, in: Kölner Komm WpÜG, § 33, Rn. 159; Röh, in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, § 33, Rn. 142. 531 Spindler, FS Schwark, 2009, S. 641, 644. 532 Deutsch, Rn. 318; Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 78 II. 1. b), S. 451; Spindler, WM 2004, 2089, 2091; im Grundsatz zustimmend Wagner, in: MüKo-BGB, § 826, Rn. 10; Kubalek, S. 171 im Zusammenhang mit § 27 WpÜG. 533 BGH v. 22. 06. 1992 – II ZR 178/90, BB 1992, 2163, 2171, m.w.Nachw.
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4. Teil: Sanktionierung und Rechtsschutz bei unzulässiger Drittleistung
Handeln somit die Vorstandsmitglieder im Rahmen der ihnen in der Übernahme obliegenden Aufgaben (etwa bei Angaben nach § 27 WpÜG oder im Rahmen der Abwehrmaßnahmen) pflichtwidrig aus eigennützigen Motiven, ist ihr Handeln durchaus als sittenwidrig anzusehen.534 Freilich sind die Aktionäre hier für Schaden und Sittenwidrigkeit beweispflichtig, doch sollte insofern über Beweiserleichterungen nachgedacht werden dürfen. 3. Fazit Der Schutz der Altaktionäre bei unzulässigen Leistungen des Bieters ist unzureichend.535 Durch Annahme der Leistung selbst wird sich mangels Schadens kein eigener Anspruch ergeben, sodass die Leistung an sich allenfalls Bedeutung für etwaige Folgeansprüche haben wird. Insofern bedurfte es gar nicht erst eines Blickes auf etwaige Direktansprüche aus c.i.c. oder aber – insbesondere von Rhein diskutierten und allein de lege ferenda angedachten – direkten organschaftlichen Ansprüchen der Gesellschafter gegenüber den Vorstandsmitgliedern,536 da die Annahme der Leistung selbst wohl nicht als ausreichende schadenbegründende Pflichtverletzung anzusehen ist.
II. Ansprüche wegen unterlassener Offenlegung der Leistung 1. Ansprüche wegen unterlassener Offenlegung gegen den Bieter a) Kapitalmarktrechtlicher Anspruch: § 12 WpÜG i.V.m. § 11 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 WpÜG Unterlässt der Bieter die Offenlegung von Leistungen an den Vorstand der Gesellschaft oder sind die gemachten Angaben unvollständig oder unrichtig, kommt zuallererst eine Haftung des Bieters nach § 12 WpÜG i.V.m. § 11 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 WpÜG in Betracht. § 12 WpÜG begründet eine sich an prospektrechtlichen Grundsätzen orientierende Haftung für fehlerhafte Angebotsunterlagen. Sind in der Angebotsunterlage für die Beurteilung des Angebots wesentliche Angaben unrichtig oder unvollständig, so kann der Aktionär gem. § 12 Abs. 1 WpÜG u. a. vom Bieter den Ersatz des ihm aus der Annahme des Angebots oder Übertragung der Aktien entstandenen Schadens verlangen. Unstreitiger Anknüpfungspunkt ist damit ein 534
Ebenso Kubalek, S. 172; Krause, ZGR 2002, 799, 822; Möllers/Leisch, WM 2001, 1648, 1652 ff. 535 Wohl auch Noack/Zetsche, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 33d WpÜG, Rn. 8; Spindler, FS Schwark, 2009, S. 641, 644. 536 Rhein, S. 173 ff.
C. Schutz der Altgesellschafter im Falle unzulässiger Bieterleistung
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Verstoß gegen die Vorgaben nach § 11 WpÜG. Seinem Sinn und Zweck nach soll § 12 WpÜG präventiv die Einhaltung der dem Bieter auferlegten Informationspflichten gewährleisten und dient im Endeffekt der Verwirklichung eines effektiven Anlegerschutzes.537 Die Nichtveröffentlichung oder unrichtige Angabe von Bieterleistung an den Vorstand entgegen der Vorgaben nach § 11 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 WpÜG bereitet in ihrer Subsumtion unter § 12 WpÜG grds. keine Probleme. Unterbleibt die Offenlegung, ist die Angebotsunterlage unstreitig unvollständig, wird sie inhaltlich falsch angegeben, bedingt dies die Unrichtigkeit der Angebotsunterlage.538 Allerdings ist nicht jede fehlerhafte Angabe als wesentlich i.S.d. Norm anzusehen,539 nach Auffassung des Gesetzgebers sei für eine Haftung nach § 12 WpÜG vielmehr entscheidend, „ob sich im konkreten Fall bei einer ordnungsgemäßen Angabe die für die Beurteilung der Wertpapiere maßgeblichen tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse ändern würden“.540 Gegen die undifferenzierte Anwendung dieser Abgrenzung bestehen jedoch Bedenken, da sie die Beurteilung der Wesentlichkeit zu sehr auf die wertbildenden Faktoren begrenzen würde.541 In Anlehnung an Prospekthaftungstatbestände werden daher nach nahezu einhelliger Auffassung vielmehr solche Angaben als wesentlich angesehen, die „objektiv für die Beurteilung des Angebots im Hinblick auf seine Annahme bzw. Ablehnung erforderlich sind und die der durchschnittliche, verständige Adressat des Angebots „eher als nicht“ bei seiner Entscheidung über das Angebot berücksichtigen würde“.542 Freilich lässt sich diese Feststellung nur im Einzelfall treffen,543 doch ist aufgrund ihrer potentiellen Bedeutung für die Bewertung des Angebots544 nach den genannten Maßstäben grds. von der Wesentlichkeit der hier in Frage stehenden Angaben nach § 11 Abs. 2 S. 3 Nr. 3
537
Rn. 6.
Möllers, in: Kölner Komm WpÜG, § 12, Rn. 2; Thoma, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 12,
538 Ausführlich zu den Anforderungen an die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Angaben, s. etwa Assmann, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 12, Rn. 23 ff.; Möllers, in: Kölner Komm WpÜG, § 12, Rn. 28 ff. 539 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 42; auch in der Lit. unstr., statt aller Thoma, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 12, Rn. 17. 540 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 42. 541 Assmann, AG 2002, 153, 154; ders., in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 12, Rn. 11. 542 Assmann, AG 2002, 153, 154; ders., in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 12, Rn. 11; Thoma, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 12, Rn. 18; Oechsler, in: Ehricke/Ekkenga/ Oechsler, WpÜG, § 12, Rn. 3; Renner, in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, § 12, Rn. 35; Steinhardt, in: Steinmeyer, WpÜG, § 12, Rn. 10; Schwennicke, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, § 12, Rn. 9; abw. Möllers, ZGR 2002, 664, 671; ders., in: Kölner Komm WpÜG, § 12, Rn. 77. 543 Thoma, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 12, Rn. 19; Wackerbarth, in: MüKo-AktG, WpÜG, § 12, Rn. 6. 544 s. dazu bereits im Zusammenhang mit § 20a WpHG, 4. Teil B.I.2.a)cc).
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4. Teil: Sanktionierung und Rechtsschutz bei unzulässiger Drittleistung
WpÜG auszugehen.545 Die Beweislast über die Unrichtigkeit bzw. Unvollständigkeit sowie für die Wesentlichkeit trägt nichtsdestotrotz der Anspruchsteller.546 Der Bieter haftet nach § 12 Abs. 2 WpÜG nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit. Ebenso wie für die haftungsbegründende Kausalität nach § 12 Abs. 3 Nr. 1 WpÜG besteht dafür jedoch eine widerlegliche Vermutung.547 Die Rechtsfolge schließlich zielt auf Ersatz des negativen Interesses nach Maßgabe der §§ 249 ff. BGB. Damit ist der Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn die fehlerhafte Angebotsunterlage als schädigendes Ereignis nicht eingetreten wäre.548 Insofern stellt nach überzeugender herrschender Auffassung bereits die Annahmeentscheidung selbst einen tauglichen Schaden dar.549 Macht der Anspruchsteller mithin geltend, dass er bei Kenntnis der wahren Rechtslage (und auf den vorliegenden Fall übertragen somit etwa bei Kenntnis der Bieterleistung) seine Wertpapiere nicht verkauft hätte, kann er Zug-um-Zug die Rückgewähr der veräußerten Wertpapiere verlangen.550 Die andere Ansicht, die einen Anspruch nur dann annehmen will, wenn dem Anspruchsteller bei einem Vergleich zwischen Leistung und Gegenleistung ein nachmessbarer Vermögensschaden entstanden ist,551 engt die Haftung des § 12 WpÜG massiv ein. So wäre vorliegend eine Haftung wegen Verstoßes gegen § 11 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 WpÜG kaum möglich, da ein solch weitergehender, im Übrigen vom Anspruchssteller nachzuweisender,552 haftungsausfüllender Schaden kaum zu ermitteln ist.553 Ungeachtet dessen widerspricht eine entsprechende Einschränkung des Haftungstatbestands insbesondere dem präventiven Normzweck des § 12 WpÜG: Denn nach der dargestellten Lesart bliebe ein Verstoß gegen sämtliche Angaben nach § 11 Abs. 2 WpÜG bzw. § 2 WpÜG-AngebVO weitgehend ohne Folgen. Das ist aber nicht mit der § 12 WpÜG zu Grunde liegenden Intention zu vereinbaren, dass die Wertpapierinhaber möglichst umfassend gegen Fehlinformationen hinsichtlich ihrer Desinvestitionsentscheidung geschützt werden sollen.
545 Ausdrücklich auch Assmann, AG 2002, 153, 155; ders., in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 12, Rn. 20 „regelmäßig wesentlich“; Thoma, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 12, Rn. 19 „typischerweise wesentlich“; Renner, in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, § 12, Rn. 36. 546 Möllers, in: Kölner Komm WpÜG, § 12, Rn. 80; Assmann, in: Assmann/Pötzsch/ Schneider, WpÜG, § 12, Rn. 10; a.A. aber Wackerbarth, in: MüKo-AktG, WpÜG, § 12, Rn. 8. 547 Statt aller Assmann, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 12, Rn. 25, 47. 548 Statt aller Oechsler, in: Ehricke/Ekkenga/Oechsler, WpÜG, § 12, Rn. 17. 549 Möllers, in: Kölner Komm WpÜG, § 12, Rn. 89, 312; Oechsler, in: Ehricke/Ekkenga/ Oechsler, WpÜG, § 12, Rn. 17; Thoma, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 12, Rn. 77; Assmann, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 12, Rn. 58. 550 s. Nachweise in Fn. 549. 551 Renner, in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, § 12, Rn. 39 ff.; Steinhardt, in: Steinmeyer, WpÜG, § 12, Rn. 40 ff.; Noack/Holzborn, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 12 WpÜG, Rn. 16. 552 H.M., Thoma, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 12, Rn. 76. 553 Renner, in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, § 12, Rn. 41.
C. Schutz der Altgesellschafter im Falle unzulässiger Bieterleistung
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Obgleich § 12 WpÜG bisweilen als wichtigste Haftungsnorm des WpÜG bezeichnet wird,554 ist ihre rechtstatsächliche Bedeutung im Ergebnis wohl ganz überwiegend auf ihre präventive Wirkung beschränkt. Soweit ersichtlich, ist sie bislang lediglich bei einem Verfahren des OLG Frankfurt a.M. im Jahre 2007 diskutiert, eine Haftung aber auch dort im Ergebnis abgelehnt worden.555 Der Grund mag etwa in den Schwierigkeiten des Nachweises der haftungsausfüllenden Kausalität liegen, ferner auch darin, dass die Altgesellschafter rglm. kein Interesse an einer Rückabwicklung haben werden.556 b) Weitere mögliche Anspruchsgrundlagen Nach § 12 Abs. 6 WpÜG bleiben neben der Haftung nach § 12 Abs 1 WpÜG weitergehende Ansprüche, die nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts aufgrund von Verträgen oder vorsätzlichen unerlaubten Handlungen erhoben werden können, unberührt. Im Umkehrschluss sind Ansprüche aus einer allgemeinen zivilrechtlichen Prospekthaftung ausgeschlossen.557 Anderes gilt indes außerhalb des Anwendungsbereichs des WpÜG, doch ist schon fraglich, ob dort überhaupt entsprechende Aufklärungspflichten hinsichtlich Bieterleistungen angenommen werden können.558 Ansprüche aus culpa in contrahendo, §§ 311 Abs. 2 i.V.m. § 241 Abs. 2 BGB, werden von der herrschenden Meinung als möglich erachtet, kommen aber nur ausnahmsweise im Falle direkten Kontakts zwischen Bieter und Altgesellschafter in Betracht, mithin wegen Inanspruchnahme besonderen persönlichen Vertrauens.559 Insbesondere können mit solchen Ansprüchen umfangreiche Aufklärungspflichten verknüpft sein.560 Zur Geltendmachung eines Mindererlöses durch die unterbliebene Offenlegung der Bieterleistung könnte ferner ein Anspruch aus
554
So Möllers, in: Kölner Komm WpÜG, § 12, Rn. 1; ders., ZGR 2002, 664, 670; zweifelnd Wackerbarth, in: MüKo-AktG, WpÜG, § 12, Rn. 1. 555 s. OLG Frankfurt a.M. v. 18. 04. 2007 – 21 U 72/06, AG 2007, 749, 751. 556 s. dazu Noack/Holzborn, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 12 WpÜG, Rn. 16; zu weiteren Problemen im Rahmen der praktischen Anwendung Wackerbarth, in: MüKo-AktG, WpÜG, § 12, Rn. 1. 557 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 44; Möllers, in: Kölner Komm WpÜG, § 12, Rn. 149; Renner, in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, § 12, Rn. 73; Thoma, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 12, Rn. 84; Assmann, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 12, Rn. 68. 558 Zur gedanklichen Orientierung ist auf die Ausführungen zur strafrechtlichen Haftung nach § 264a StGB zu verweisen, s. 4. Teil B.III.4. 559 Renner, in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, § 12, Rn. 70; Möllers, in: Kölner Komm WpÜG, § 12, Rn. 150; Thoma, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 12, Rn. 86; Assmann, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 12, Rn. 68; Steinhardt, in: Steinmeyer, WpÜG, § 12, Rn. 59; a.A. Oechsler, in: Ehricke/Ekkenga/Oechsler, WpÜG, § 12, Rn. 22. 560 s. allgemein zu einem Anspruch aus c.i.c., Kuntz, S. 126 ff., indes hinsichtlich des Anspruchs der Altaktionäre gegen den die Gesellschaft mittels MBO übernehmenden Vorstand.
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4. Teil: Sanktionierung und Rechtsschutz bei unzulässiger Drittleistung
§ 117 Abs. 1 AktG Relevanz erhalten,561 doch bestehen die bereits beschriebenen Bedenken gegen Nachweis der Kausalität und des Schadens fort. Ein rein deliktischer Anspruch nach § 823 Abs. 2 i.V.m. § 264a StGB scheidet im vorliegenden Fall indes aus, da dieser bei Unterlassen der Offenlegung von Bieterleistung bereits nicht einschlägig ist. § 11 WpÜG stellt dagegen schon kein Schutzgesetz i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB dar, auch weil ein solches Verständnis Gefahr liefe, die Verschuldensregeln nach § 12 Abs. 2 WpÜG – und nicht zuletzt des gesamten WpÜG – durch eine Haftung für bereits fahrlässiges Verschulden zu unterlaufen.562 Eine Haftung aus § 826 BGB ist indes möglich563 und in Extremfällen vorliegend auch denkbar. 2. Ansprüche wegen unterlassener Offenlegung gegen den Vorstand a) Kapitalmarktrechtlicher Anspruch: § 12 WpÜG analog i.V.m. § 27 WpÜG? Mangels ausdrücklicher gesetzlicher Haftungsgrundlage bietet sich auf den ersten Blick eine Haftung des Vorstands analog § 12 WpÜG an. Bereits in der rechtspolitischen Bewertung des DiskE-ÜG wiesen einige Autoren darauf hin, dass sich der Vorstand mit seiner Stellungnahme, vergleichbar der Angebotsunterlage des Bieters, an den gesamten Kapitalmarkt richten würde, was auch eine entsprechende Haftung nach prospektähnlichen Grundsätzen erforderlich mache.564 In der Tat besteht hierfür durchaus ein rechtspraktisches Bedürfnis, doch kann dies de lege lata nicht durch einen Analogieschluss zu § 12 WpÜG geschlossen werden.565 Denn dafür müsste sich die mangelnde gesetzliche Haftungsregelung als Ausdruck einer planwidrigen Regelungslücke erweisen. Wie aber die noch vor Erlass des WpÜG geführte Diskussion um das DiskE-ÜG verdeutlicht, sind diese Voraussetzungen vorliegend nicht gegeben:566 Indem der Gesetzeber zwar eine Haftung des Bieters nach § 12 WpÜG etabliert, eine entsprechende Haftung für Vorstandsmitglieder aber gerade keinen Eingang in die endgültige Fassung des WpÜG gefunden hat, hat sich der Gesetzgeber klar gegen eine entsprechende Haftung des Vorstands entschieden. Denn es ist davon 561 Aufgrund seiner deliktsrechtlichen Natur steht § 117 AktG ebenfalls nicht hinter § 12 WpÜG zurück; mithin wird die Anwendbarkeit auch im Anwendungsbereich des § 12 WpÜG nicht bestritten, s. etwa Oechsler, in: Ehricke/Ekkenga/Oechsler, WpÜG, § 12, Rn. 22. 562 H.M., s. nur Thoma, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 12, Rn. 85, m.w.Nachw. 563 Statt aller Möllers, in: Kölner Komm WpÜG, § 12, Rn. 154. 564 Merkt, ZHR 165 (2001), 224, 246; Becker, ZHR 165 (2001), 280, 284 f.; Hopt, FS Lutter, 2000, S. 1361, 1399. 565 Ganz h.M. Harbarth, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 27, Rn. 135; Krause/Pötzsch, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 27, Rn. 143; Röh, in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, § 27, Rn. 85; Steinmeyer, in: Steinmeyer, WpÜG, § 27, Rn. 76; Friedl, NZG 2004, 448, 452 f.; Kubalek, S. 180 f.; a.A. Hirte, in: Kölner Komm WpÜG, § 27, Rn. 27; Ekkenga, in: Ehricke/ Ekkenga/Oechsler, WpÜG, § 27, Rn. 44; Hopt, ZHR 166 (2002), 383, 431. 566 s. die Nachweise zur h.M. in Fn. 565.
C. Schutz der Altgesellschafter im Falle unzulässiger Bieterleistung
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auszugehen, dass er sich der Diskussion und den Vorschlägen um eine entsprechende gesetzliche Haftung des Vorstands bewusst war. Dies zeigt nicht nur die Breite des wissenschaftlichen Diskurses um eine entsprechende Haftung, sondern auch die Änderungen anderer Normen des WpÜG wie bspw. § 33d WpÜG, dessen Vorgängerregelung § 29 DiskE-ÜG in den gleichen Beiträgen aufgrund seiner Absolutheit kritisiert wurde567 und wohl auch deswegen zugunsten seines heutigen Inhalts entsprechend geändert wurde. Das Schweigen des Gesetzgebers erweist sich somit als klassischer Fall sog. „beredten Schweigens“.568 Dann spielt auch das rechtspraktische Bedürfnis einer solchen Haftung keine Rolle mehr, denn in keinem Fall darf ein Analogieschluss im Widerspruch zu dem vom Gesetzgeber angelegten Regelungsplan bei Erlass des Gesetzes stehen.569 Aus dem gleichen Grund scheidet mit der ganz herrschenden Meinung auch eine Haftung entsprechend anderer spezialgesetzlicher Prospekthaftungsansprüche aus.570 b) Weitere Ansprüche Zwar spielt die Haftung wegen einer fehlerhaften oder irreführenden Stellungnahme des Vorstands eine gewichtige Rolle. Doch zumindest in der vorliegenden Untersuchung erübrigt sich eine ausführliche Betrachtung weiterer Ansprüche der Aktionäre gegen den Vorstand, ist ein Schaden bei unterlassener Offenlegung der Bieterleistung wohl in den seltensten Fällen kausal nachzuweisen.571 Sollte dieser Nachweis dennoch einmal gelingen, so wird zuvorderst eine Haftung nach § 117 Abs. 1 S. 2 oder Abs. 2 S. 1 i.V.m. Abs. 1 S. 2 AktG572 oder ferner aus § 826 BGB eine Rolle spielen,573 wird doch zumindest das bewusste Verschweigen der bieterseitigen Leistung regelmäßig aus sittenwidrigen Motiven erfolgen. Stark umstritten ist dagegen die Haftung aus § 823 Abs. 2 i.V.m. § 27 WpÜG, welche nach wohl herrschender Meinung abgelehnt wird.574 Gleiches gilt für eine Haftung aus allge567
s. Hopt, FS Lutter, 2000, S. 1361, 1379 f. zu § 29 DiskE-ÜG und S. 1398 f. zur Frage der Haftung bei fehlerhafter Stellungnahme. 568 So auch Kubalek, S. 181; dazu ferner Larenz/Canaris, Methodenlehre, S. 191. 569 Harbarth, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 27, Rn. 135; Larenz/Canaris, Methodenlehre, S. 194 f. 570 Röh, in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, § 27, Rn. 85; Harbarth, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 27, Rn. 135 f.; Krause/Pötzsch, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 27, Rn. 143; Steinmeyer, in: Steinmeyer, WpÜG, § 27, Rn. 76; Friedl, NZG 2004, 448, 452 f.; Kubalek, S. 181 f. 571 Ausführlich ist z. B. die Betrachtung von Kubalek, Die Stellungnahme der Zielgesellschaft zu öffentlichen Angeboten nach dem WpÜG, S. 162 ff., 192 ff.; Harbarth, in: Baums/ Thoma, WpÜG, § 27, Rn. 133 ff. 572 s. dazu Harbarth, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 27, Rn. 152; ferner Kubalek, S. 196 ff. 573 s. etwa Steinmeyer, in: Steinmeyer, WpÜG, § 27, Rn. 83, m.w.Nachw. 574 Gegen eine Haftung: Harbarth, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 27, Rn. 141 ff., 146; Steinmeyer, in: Steinmeyer, WpÜG, § 27, Rn. 77 ff.; Krause/Pötzsch, in: Assmann/Pötzsch/
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4. Teil: Sanktionierung und Rechtsschutz bei unzulässiger Drittleistung
mein-zivilrechtlicher Prospekthaftung.575 Eine Haftung aus § 823 Abs. 1 BGB kommt hingegen nach hier vertretener Auffassung nicht in Betracht, denn ein Mindererlös stellt selbst nach der abzulehnenden Mindermeinung wohl keinen tauglichen Schaden dar, ist die Irreführung doch noch keine „gesetzeswidrige Nichtachtung“ oder „rechtswidrige Durchkreuzung“ und damit verbundene „Minderung des Einflusses der Mitgliedschaftsposition“.576
III. Fazit Im Ergebnis ist auch der Schutz der Altgesellschafter im Falle unzulässiger Bieterleistungen, insbesondere bei Erfolg der Übernahme, rudimentär. De lege lata stehen ihnen überhaupt nur drei Möglichkeiten zur Verfügung: Als erstes bleibt ihnen das Vertrauen in die gesellschaftsseitigen Ansprüche nach § 93 Abs. 2 i.V.m. dem Prinzip der Gewinnhaftung. Doch ist die Verfolgung und Durchsetzung dieser Ansprüche durch die vom Bieter dominierte Gesellschaft selbst wohl kaum erfolgversprechend. Dies kann auch nicht durch die Möglichkeit der Klageerzwingung nach § 148 AktG ausgeglichen werden, hat diese Norm doch erwiesenermaßen nicht zum erhofften Erfolg geführt. Insofern führt im Übrigen auch eine Verschärfung der Business Judgement Rule nicht weiter, denn das Problem der Durchsetzung ist hier wie dort das gleiche.577 Als zweites ist an die eigenen Ansprüche nach § 117 AktG zu denken. Das Problem des Schadensnachweises und der Ursächlichkeit der Leistung – unabhängig davon, ob man an der Annahme der Leistung an sich oder aber an der pflichtwidrig unterlassenen Offenlegung anknüpfen will – zieht sich als roter Faden durch diesen, wie aber auch durch sämtliche andere etwaige Schadensersatzansprüche. Will man in
Schneider, WpÜG, § 27, Rn. 151; Friedl, NZG 2004, 448, 450 f.; Noack/Holzborn, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 27 WpÜG, Rn. 34; Schwennicke, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, § 27, Rn. 51; Wackerbarth, in: MüKo-AktG, WpÜG, § 27, Rn. 16a; für eine Haftung aber: Röh, in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, § 27, Rn. 92; Ekkenga, in: Ehricke/Ekkenga/Oechsler, WpÜG, § 27, Rn. 44; Kubalek, S. 165 ff., 195. 575 Gegen eine Haftung: Steinmeyer, in: Steinmeyer, WpÜG, § 27, Rn. 81; Harbarth, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 27, Rn. 139; Krause/Pötzsch, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 27, Rn. 144 f.; Schwennicke, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, § 27, Rn. 55; Friedl, NZG 2004, 448, 453; für eine Haftung: Röh, in: Haarmann/Schüppen, WpÜG, § 27, Rn. 86 ff. (Beschränkung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit); Wackerbarth, in: MüKo-AktG, WpÜG, § 27, Rn. 16, 41 (Beschränkung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit); Hirte, in: Kölner Komm WpÜG, § 27, Rn. 27; Noack/Holzborn, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 27 WpÜG, Rn. 35 (Beschränkung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit); ausführlich Kubalek, S. 182 ff., 198 f. 576 So aber die von Mertens/Cahn, in: Kölner Komm WpÜG, § 93, Rn. 210, angeführten Beispiele; ebenso Kubalek, S. 195 f.; unklar aber Harbarth, in: Baums/Thoma, WpÜG, § 27, Rn. 140. 577 Dies verkennt bspw. Drygala, FS Schmidt, 2009, S. 269, 281.
C. Schutz der Altgesellschafter im Falle unzulässiger Bieterleistung
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Deutschland nicht die – äußerst fernliegende – Möglichkeit einer Strafschadensersatzhaftung einführen, erweist sich dieser Ansatzpunkt als Sackgasse. Alleinig die Möglichkeit der Rückabwicklung des Anteilskaufs nach § 12 Abs. 1 WpÜG im Falle der unterbliebenen Offenlegung erscheint de lege lata taugliches Instrument zu sein. Doch wie ein Blick auf die praktische Relevanz der Haftungsnorm zeigt, ist auch dies eher Wunsch denn Realität. Damit bleibt zuletzt zu konstatieren: Sowohl der angestellte Überblick über einen zivilrechtlichen Schutz der Altaktionäre als auch die gesellschaftsseitigen, bzw. öffentlich-rechtlichen Sanktionsinstrumentarien sind de lege lata als äußerst unzureichend zu bezeichnen. Einzige Abhilfe kann – wie bereits mehrfach hervorgehoben – eine präventive Einbindung des Aufsichtsrats bringen, der sich zugleich an den herausgearbeiteten Maßstäben zu orientieren hat. Ein weiterer Schritt wäre die Einstufung des § 33d WpÜG – wie auch ursprünglich angedacht – als Ordnungswidrigkeit, was gleichzeitig vorteilhafte Wirkung für die Altgesellschafter mit sich bringen könnte, würde man § 33d WpÜG in Folge Schutzgesetzeigenschaft zuerkennen. Eine Erweiterung der strafrechtlichen Sanktionierung ist nicht zwingend erfolgsversprechend, gleichwohl ist auch hier die mögliche präventive Wirkung nicht zu verkennen.
5. Teil
Zusammenfassung in Thesen A. Ergebnisse des zweiten Teils – Jegliche Leistung, die nicht von der Gesellschaft selbst stammt, ist als Leistung eines Dritten anzusehen, sofern sie „im Zusammenhang“ mit der Vorstandstätigkeit steht. Dies ist aus objektiver Sicht zu bestimmen und nimmt lediglich Leistungen offensichtlich rein privaten oder verwandtschaftlichen Ursprungs aus. Auch mittelbare Leistungen, etwa an Familienangehörige des Vorstandsmitglieds, sind erfasst. In Anbetracht des durch Drittleistung hervorgerufenen möglichen Interessenkonflikts ist der Leistungsbegriff zudem weit zu verstehen, was heißt, dass zum einen jegliche materielle Besserstellung und zum anderen bereits die bloße, unverbindliche Aussicht auf einen solchen Vorteil erfasst sind. Ausgenommen sind lediglich Bagatellleistungen, da diese zur Annahme eines beachtlichen Interessenkonflikts für sich nicht ausreichen. – Ein einheitliches Regelungskonzept zur Handhabung von Leistungen Dritter an Vorstandsmitglieder der unabhängigen Aktiengesellschaft ist bislang (insbesondere unter der den Vorstand bindenden organschaftlichen Treuepflicht) nicht vorhanden. Ansatzpunkt zur (Neu)bewertung von Drittleistungen ist die Beurteilung und Handhabung des Interessenkonflikts des incentiverten Vorstandsmitglieds. Prinzipiell trifft den Vorstand die Pflicht zur Vermeidung von Interessenkonflikten. Insofern ist zunächst zu bedenken, dass jegliche Leistung eines Dritten beeinflussende Wirkung auf das annehmende Vorstandsmitglied hat, da mit der Leistung häufig eine monetäre, zumindest aber immer eine psychologische Annäherung an den Leistenden erfolgt. Eine vollständige Ausschaltung des Interessenkonflikts – wie etwa in § 88 AktG oder § 89 AktG – ist gerade nicht möglich. Dies bedingt zugleich die durch Annahme der Leistung eines Dritten bestehende abstrakte Gefahr, dass der Vorstand die Interessen der Gesellschaft nicht mehr als oberste Priorität wahrnimmt. Allerdings bestehen die Pflicht zur Vermeidung von Interessenkonflikten und die dadurch zu schützende Integrität des Vorstands nicht zum Selbstzweck. Vielmehr soll die Wahrung der Interessen des Unternehmens als Treugeber gewährleistet werden. Überwiegt aber der potentielle Nutzen einer Maßnahme (vorliegend die Annahme der Leistung des Dritten) die sich aus derselben Maßnahme ergebende potentielle Gefahr, erscheint eine Aufrechterhaltung der Pflicht zur Vermeidung von Interessenkonflikten nicht zwingend. Unter Berücksichtigung der Pflichtbindung des Vorstands ist daher festzustellen, ob eine Leistung im Wege einer Nutzen-Risiken-
A. Ergebnisse des zweiten Teils
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Analyse der Legitimation unter der organschaftlichen Treuepflicht zugänglich sein kann. Nur wenn dies der Fall ist, bedarf es einer ausführlichen Bewertung anhand der weiteren, institutionell zu beachtenden Vorgaben. – Grenze des durch § 76 Abs. 1 AktG und § 93 Abs. 1 S. 2 AktG eingeräumten weiten Handlungsspielraums des Vorstands ist dessen unbedingte Verpflichtung auf ein interessenpluralistisch zu verstehendes Unternehmensinteresse. Damit nicht vereinbar ist eine Orientierung des Vorstandshandelns allein anhand des Aktionärsinteresses (bzw. anhand eines reinen shareholder value) unter Ausblendung sonstiger stakeholder-Interessen. Gleichwohl ist aber eine besondere Berücksichtigung von Aktionärsinteressen zulässig als Ausfluss deren besonderer Stellung als „wirtschaftliche Eigentümer“ der Aktiengesellschaft und Träger des Residualrisikos. Dies gilt erst recht in der Übernahmesituation, in der die Interessen der Aktionäre besonders zum Vorschein treten. Angesichts dieser aktienrechtlichen Pflichtenlage ist die Legitimationsfähigkeit aktionärsseitiger Leistungen, Leistungen des Bieters sowie Leistungen sonstiger Dritter wie folgt zu bewerten: – Insbesondere unter Berücksichtigung der Principal-Agent-Theorie besteht die Gefahr beträchtlicher Interessendivergenzen zwischen dem Vorstand und der Gesellschaft bzw. ihren Anteilseignern, welche sich in der Übernahmesituation, etwa aufgrund eines beim Vorstand eintretenden Loyalitätswechsels, noch verschärfen können. Leistungen von Aktionären stellen ein Werkzeug dar, solche Divergenzen – auch zum Nutzen der Gesellschaft selbst – zu harmonisieren. Gleichfalls bergen sie die Gefahr, dass der Vorstand dem Partikularinteresse des leistenden Aktionärs eine die sonstigen im Unternehmen vertretenen Interessen verdrängende Bedeutung zumisst und sich in Folge die von der Leistung ausgehende abstrakte Gefahr realisiert. Solange eine Leistung aber als Gegenleistung für die Tätigkeit für die Gesellschaft anzusehen ist und nicht als Gegenleistung für eine Tätigkeit, welche zwar im Zusammenhang mit der Vorstandstätigkeit steht, aber den leistenden Dritten bevorzugt, ist die dadurch gezogene Grenze nicht zwingend überschritten. Vielmehr erscheint sie als sog. „Drittvergütung“ durchaus der Legitimation zugänglich. Drittvergütung ist daher zu definieren als die Leistung all solcher Vorteile, die dem Vorstandsmitglied als Gegenleistung für die von ihm erbrachten Dienste für die Gesellschaft von einem Dritten gewährt oder in Aussicht gestellt werden und somit neben seiner eigentlichen Vergütung durch die Gesellschaft selbst stehen. Angesichts der besonderen Stellung von Aktionären in der Gesellschaft und deren Bedeutung für den Erfolg der Gesellschaft ist die Vermutung anzunehmen, dass aktionärsseitige Leistungen stets als Drittvergütung anzusehen sind. Die Unzulässigkeit der Drittvergütung bleibt gleichwohl möglich und ist in der Rechtsfolge nicht anders zu behandeln als unzulässige Drittleistung. – Leistungen des Bieters sind, aufgrund der ihnen immanent inne wohnenden Gefahr der Verschärfung der abstrakten Gefahr des Loyalitätswechsels des Vorstands, unter der organschaftlichen Treuepflicht besonderes kritisch zu bewerten; dabei ist zwischen zwei Fallgruppen zu differenzieren: „Rein transaktionsbezogene
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5. Teil: Zusammenfassung in Thesen
Bieterleistungen“ beziehen sich auf das Verhalten des Vorstands in der Übernahme. Aufgrund des immanenten Beeinflussungscharakters sind diese nicht unter der organschaftlichen Treuepflicht zu rechtfertigen. Demgegenüber zielen „drittvergütungsähnliche Bieterleistungen“ auf die Zeit nach Übernahme ab und erfolgen lediglich anlässlich der Übernahme. Auch diese werden regelmäßig den Vorstand in der Übernahme beeinflussen können. Doch wohnt ihnen als rechtfertigendes Element der Nutzen inne, den die Gesellschaft aus der Kontinuität der Unternehmensführung und der Qualität operativen Handelns nach Übernahme haben wird. Für die Anteilseigner kann sich dies in einem erhöhten Angebotspreis niederschlagen. Insofern kommt in drittvergütungsähnlichen Bieterleistungen die besondere Interessenlage des Bieters zum Ausdruck, der als zukünftiger Aktionär ähnlich wie der bestehende Aktionär Interesse am Erfolg des Unternehmens haben wird. Angesichts des durch sie geförderten u. U. gar konträren Eigeninteresses des Vorstands im Vergleich zu seiner eigentlichen Pflichtenlage sind diese aber allein dann der Legitimation zugänglich, wenn hinreichend gewährleistet werden kann, dass die Interessen der Gesellschaft und insbesondere ihrer Altaktionäre hinreichend gewahrt werden. – Die Annahme der Leistung sonstiger Dritter (namentlich etwa Gläubiger oder Geschäftspartner wie Zulieferer oder Kunden) ist nicht unter der organschaftlichen Treuepflicht zu rechtfertigen. Einzige Ausnahme können hier etwaige Leistungen von Gläubigern im Insolvenzfall sein, wenn diese ein den Aktionären vergleichbares Risiko im Hinblick auf den Fortbestand der Gesellschaft haben.
B. Ergebnisse des dritten Teils (I) – aktionärsseitige Leistungen – Die Zulässigkeit aktionärsseitiger Drittvergütung lässt sich nicht aus dem Gesetz selbst ableiten. Weder ist ein valider Rückschluss aus den im Zuge des VorstOG eingeführten §§ 285 S. 1 Nr. 9a S. 7, 314 S. 2 Nr. 6a S. 7 HGB, noch aus § 33d WpÜG oder aber § 192 Abs. 2 Nr. 3 AktG möglich. Gleiches gilt für die Vorgaben des Corporate Governance Kodex. Umgekehrt geht aus den angesprochenen Vorschriften jedoch auch nicht die Unzulässigkeit aktionärsseitiger Vergütung hervor. – Aktionärsseitige Drittvergütung ist grds. mit den allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Vorgaben vereinbar. Neben der Einhaltung materieller Anforderungen (s. sogleich) ist die Einholung der Zustimmung des Aufsichtsrats zwingende Voraussetzung für die Zulässigkeit. So verdichtet sich zunächst die aus der organschaftlichen Treuepflicht abgeleitete Förderpflicht des Vorstands zur Gewährleistung der Kontrolle eigenen Handelns durch den Aufsichtsrat zu der Pflicht, entsprechende Leistungen nicht ohne die Einholung der Aufsichtsratszustimmung anzunehmen. Gerade nicht ausreichend ist es, die Zulässigkeit von Drittvergütung allein davon
B. Ergebnisse des dritten Teils (I) – aktionärsseitige Leistungen
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abhängig zu machen, dass sie mit dem „Unternehmensinteresse“ vereinbar ist, ebenso wenig die bloße Offenlegung der Leistung gegenüber dem Aufsichtsrat. Gleiches gilt für die Wahrung der Leitungsautonomie nach § 76 AktG. Nur die Einholung der Zustimmung des Aufsichtsrats kann die Wahrung der sich aus § 76 AktG ergebenden Vorgaben hinreichend gewährleisten und ist angesichts der auch von aktionärsseitigen Leistungen ausgehenden abstrakten Gefahr für die Kompetenzordnung der Aktiengesellschaft das einzige Mittel, um einer Nichtigkeit jeglicher Drittvergütungsvereinbarung nach § 134 BGB i.V.m. § 76 AktG vorzubeugen. Schließlich verlangt auch die Vergütungskompetenz des Aufsichtsrats nach §§ 84, 87 AktG eine ex ante-Kontrolle durch den Aufsichtsrat, was zuletzt (im Hinblick auf den Schutzzweck der Norm unter Berücksichtigung des funktionellen Kriteriums der Angemessenheit) durch die Regelungen des VorstAG für die börsennotierte Aktiengesellschaft nochmals ausdrücklich bekräftigt wurde. Der Zustimmung des Aufsichtsrats kann jedoch keinesfalls dispensierende Wirkung zukommen. – Im Hinblick auf materiell einzuhaltende Vorgaben schränken zunächst die Vorgaben des Unternehmensinteresses und insbesondere der Leitungsautonomie die Möglichkeit vergütungsrelevanter Erfolgszielbestimmungen erheblich ein. Während harte, sich abstrakt an Unternehmens- oder Bereichskennziffern orientierende Zielbestimmungen regelmäßig zulässig sind, ist insbesondere etwa die Vereinbarung weicher bzw. qualitativer Ziele (deren „Erreichungsgrad“ nicht gemessen werden kann) unzulässig. Operative harte bzw. quantitative Ziele (welche konkretes unternehmerisches Handeln in Bezug nehmen) sind hingegen nur dann zulässig, wenn sie sich an bereits bestehenden Strategieerwägungen des Vorstands orientieren. Hier kommt der Rolle des Aufsichtsrats besonderes Gewicht zu. Die Anknüpfung an den Börsenkurs der Gesellschaft ist im Übrigen zulässig. – Zur Vereinbarkeit mit den Angemessenheitskriterien des § 87 Abs. 1 AktG bedarf es keiner vollständigen Integration der aktionärsseitigen Drittvergütung in die bereits bestehende gesellschaftsseitige Vergütung. Gleichwohl gelten die Anforderungen der Angemessenheit an sich auch uneingeschränkt für die Drittbezüge. Diese müssen zum einen für sich unter den Voraussetzungen des § 87 Abs. 1 AktG angemessen sein, zum anderen müssen sie sich aber auch insgesamt derart in die Gesamtbezüge einfügen, dass diese nicht in ihrer Gesamtheit als unangemessen anzusehen sind. Hervorzuheben ist dabei die Vorgabe der Nachhaltigkeit. Da Drittvergütungen häufig als kurzfristig variable Vergütungsbestandteile ausgestaltet werden, tut sich hier ein besonderer Konflikt auf. Zwar ist die entsprechende Ausgestaltung nicht per se unzulässig, gleichwohl erwachsen aus der Nachhaltigkeit als „Soll-Bestimmung“ besonders strenge Begründungsanforderungen an den Aufsichtsrat, welche auch dem Umstand Rechnung tragen müssen, dass kurzfristig ausgestaltete Drittvergütung nur in Ausnahmesituationen (wie Unternehmensübernahmen oder ähnlichen für das Unternehmen relevanten Sondersituationen) als zulässig angesehen werden kann.
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5. Teil: Zusammenfassung in Thesen
– Die Gewährung aktionärsseitiger Drittleistung kann durchaus einen Verstoß gegen die mitgliedschaftliche Treuepflicht des leistenden Aktionärs bedeuten. Doch ergeben sich aus der mitgliedschaftlichen Treuepflicht keine eigenständigen Grenzen, die über die bereits auf Grundlage der sonstigen gesellschaftsrechtlichen Grundsätze zu beachtenden Vorgaben hinausgehen. Insbesondere gebietet die mitgliedschaftliche Treuepflicht nicht die Einholung der Zustimmung der übrigen (nicht-leistenden) Gesellschafter. – Prinzipiell folgt die konkrete Ausgestaltung aktionärsseitiger Vergütung den gleichen Anforderungen wie die der gesellschaftsseitigen Vergütung. Besondere Relevanz kommt dabei – aufgrund der großen Nähe zum Aktionärsvermögen – an operativen Maßnahmen anknüpfenden oder unternehmenswert- und damit zumeist börsenkursorientierten Incentives zu. Insofern kommen direkte Managementbeteiligungen, stock options oder auch börsenwertorientierte Tantiemen wie phantom stocks, stock appreciation rights oder andere vergleichbare sich am Börsenkurs orientierende Prämien in Betracht. Aufgrund der besonderen Interessenlage können sich hier gewisse Beschränkungen ergeben, insbesondere wenn kurzfristige Ziele ins Visier genommen werden. Die Vereinbarung von stock options (nur hier wird das Problem diskutiert) bedarf allerdings keiner Zustimmung der übrigen Aktionäre. Im Hinblick auf die Vereinbarungen von Abfindungen ist ferner zu bedenken, dass diesen ein potentiell sehr beträchtliches Konfliktpotential innewohnen kann. So könnte der Aktionär jegliche Kompetenzabgrenzung unterlaufen, da er ein ihm unliebsames Vorstandsmitglied zum Verzicht auf die weitere Amtsausübung bewegen könnte, insbesondere durch Kompensation des drohenden Verlusts der gesellschaftsseitigen Abfindungsleistung bei Amtsniederlegung ohne wichtigen Grund. Ebenso ist zu bedenken, dass der Aktionär allein aufgrund der Höhe der Abfindungsleistung einen Anreiz schaffen könnte, welcher das Vorstandsmitglied auch zur ordentlichen Amtsniederlegung bewegen könnte. Im Unterschied zu sonstiger aktionärsseitiger Leistung dürfen aktionärsseitige Abfindungen daher nicht zusätzlich zur gesellschaftsseitigen Abfindung, sondern nur anstelle oder in Ergänzung dieser bis zur Höhe des maximal Zulässigen gewährt werden. Dabei sind insbesondere die Wertungen der Ziff. 4.2.3 Abs. 4 S. 1, Abs. 5 DCGK als zwingende Grenzwerte heranzuziehen. Demgegenüber sind aktionärsseitige Anerkennungsprämien (zumindest rechtlich gesehen) in weiterem Maße zulässig als ihre gesellschaftsseitigen Pendants. Mangels Aufwendung des Gesellschaftsvermögens droht von vornherein keine treuwidrige Verschwendung desselben. Grenze ist damit allein die Angemessenheit der Leistung nach Maßgabe des § 87 Abs. 1 AktG, der jedoch gerade dann keine Wirkung entfaltet, wenn von der Anerkennungsprämie keinerlei Anreizwirkung ausgeht. Dies ist von vornherein allein denkbar, wenn die Leistung ohne vorherige Vereinbarung oder Andeutung erfolgt. Denn besteht bereits im Vorfeld der Leistung die Kenntnis einer möglichen Prämie, ist immer eine entsprechende Anreizwirkung vorhanden. Indes sind solche rein belohnende Leistungen aus Aktionärssicht kaum praktikabel, denn abgesehen von aufrichtig gemeinter Anerkennung geleisteter Arbeit des Vorstands macht eine entsprechende aktio-
B. Ergebnisse des dritten Teils (I) – aktionärsseitige Leistungen
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närsseitige Leistung nur dann Sinn, wenn sie Anreizwirkung entfalten kann. Verbleibt der Vorstand nach Leistung der Anerkennungsprämie in der Gesellschaft, suggeriert sie ihm, dass er bei fortwährendem aktionärsfreundlichem Verhalten mit weiteren Prämien rechnen kann – sodass hier kaum der Anwendungsbereich einer Anerkennungsprämie eröffnet sein wird. Scheidet das Vorstandsmitglied dagegen aus der Gesellschaft aus, so kann die Prämie gegenüber anderen, verbleibenden Vorstandsmitgliedern entsprechende Anreizwirkung entfalten. Hier kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an. – Die Vereinbarung kurzfristig ausgestalteter Transaktionsboni ist eher denkbar als entsprechende Boni im normalen Geschäftsverlauf. Zum einen kann mit ihnen ein aus Aktionärssicht vorteilhafter Abschluss der Transaktion selbst befördert, zum anderen kann der Transaktionsbonus vom Eintritt bestimmter transaktionsbezogener Ereignisse (Milestones) abhängig gemacht werden. Gleichwohl bedürfen sie einer besonderen Rechtfertigung durch den Aufsichtsrat und dürfen nicht den Vorstand zur Übernahme selbst oder zur Vornahme bestimmter Milestones überhaupt erst veranlassen, mithin weder abstrakt ausgelobt sein noch dem Vorstand die Art seines Handelns vorgeben. Werden die materiell gesellschaftsrechtlichen Vorgaben und insbesondere die Angemessenheitskriterien des § 87 Abs. 1 AktG eingehalten, ergibt sich ferner kein Konflikt zum kapitalmarktrechtlichen Verhinderungsverbot des § 33 Abs. 1 S. 1 WpÜG. Eine analoge Anwendung des § 33d WpÜG kommt nicht in Betracht. – Aktionärsseitige Leistungen, welche von einem Private-Equity-Investor herrühren, genießen keine Sonderstellung. Konfliktherde sind daher insbesondere die Vereinbarkeit mit der Leitungsautonomie, da entsprechende Leistungen gerade zum Zweck der Einflussnahme gewährt werden, und ferner die Zulässigkeit von ExitPrämien, die häufig als kurzfristig variable Vergütungsbestandteile zu qualifizieren sein werden und die daher in ihrem Umfang klar beschränkt sein müssen. Die Ausrichtung auf die Interessen der NewCo stellt indes prinzipiell keinen unzulässigen Anknüpfungspunkt dar. – In der nicht-börsennotierten Aktiengesellschaft ist für die Zulässigkeit aktionärsseitiger Drittvergütung die Einbindung des Aufsichtsrats in gleicher Weise verpflichtend wie in der börsennotierten Aktiengesellschaft. Hingegen muss im Rahmen der materiellen Ausgestaltung Berücksichtigung finden, dass § 87 Abs. 1 S. 2, 3 AktG ausdrücklich die Börsennotierung voraussetzt, und auch nach der Gesetzesbegründung das Nachhaltigkeitskriterium in der nicht-börsennotierten Aktiengesellschaft lediglich berücksichtigt werden „sollte“ und nicht „muss“. In Folge trifft den Aufsichtsrat bei der Vereinbarung kurzfristig variabler Vergütungsbestandteile nicht der gleiche Begründungsaufwand wie bei Börsennotierung. Konsequenz ist wiederum, dass (auch) die Vereinbarung kurzfristig variabler Drittvergütungsbestandteile in größerem Umfang möglich sein wird.
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5. Teil: Zusammenfassung in Thesen
C. Ergebnisse des dritten Teils (II) – bieterseitige Leistungen – Die Zulässigkeit von Leistungen des Bieters in der Übernahmesituation an den Vorstand börsennotierter Aktiengesellschaften wird implizit durch § 33d WpÜG vorausgesetzt. Zweck der eigentlich als Verbotsnorm ausgestalteten Vorschrift ist die Vermeidung von Zweifeln an der Unabhängigkeit der Entscheidung des Vorstands mit dem letztlichen Ziel der Vermeidung unsachgemäßer Entscheidungen desselben anlässlich bieterseitiger Leistungen. Zwar zwingt dies grds. zu einer restriktiven Auslegung der Norm, doch macht – in Abgrenzung zu den strafrechtlichen Bestechungsverboten und als „übernahmerechtliche Besonderheit“ – die Möglichkeit der „Rechtfertigung“ der Leistung deutlich, dass potentielle Interessenkonflikte des Vorstands dann zulässig sind, wenn der aus einer bieterseitigen Leistung folgende Nutzen für die Gesellschaft und ihre Anteilseigner wahrscheinlich ist. Entgegen der noch weitergehenden Ansicht, die § 33d WpÜG als Zentralnorm zur Bewältigung von Interessenkonflikten verstehen will, wird der restriktive Charakter aber nicht verdrängt, sondern eben nur insoweit zurückgedrängt, als dass der Schutz vor einem Schaden für die Gesellschaft und deren Anteilseigner durch potentielle Bestechlichkeit hinreichend gewahrt ist. Der Normcharakter zielt damit auf eine hinreichende Sicherung des Schutzniveaus unter der Nebenbedingung der Zulässigkeit eines der Gesellschaft nützlichen und kontrollierbaren Interessenkonflikts. – Obgleich sich § 33d WpÜG allein gegen den Bieter richtet, nicht aber den Vorstand in die Pflicht nimmt, ist dessen Tatbestand ist äußerst weit gefasst. Die Anwendbarkeit unterliegt insbesondere keiner zeitlichen Beschränkung und nimmt lediglich Bagatellleistungen des Bieters aus. Die Ratio der Norm gebietet zudem, die bloße Aussicht auf Weiterbeschäftigung sowie nicht-vergünstigte Managementbeteiligungen als tatbestandsgemäß einzuordnen. – Die Zulässigkeit bieterseitiger Leistungen hängt maßgeblich vom Verständnis und der Auslegung des Merkmals „ungerechtfertigt“ ab. Bisher vorhandene Auslegungs- und Definitionsversuche vermögen diesen normativen Rechtsbegriff nicht zufriedenstellend im Hinblick auf den Normzweck auszufüllen. Unter Heranziehung der in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck kommenden gesetzgeberischen Intention sowie weiterer systematischer Erwägungen bedarf es dafür vielmehr – wie im Übrigen auch im Rahmen aktionärsseitiger Drittvergütung – sowohl der Einhaltung materieller (Welche Anforderungen sind bei der Ausgestaltung der Leistung zu beachten?) als auch prozessualer Vorgaben (Wie kann die Einhaltung materieller Anforderungen gewährleistet werden?). – In materieller Hinsicht ist zunächst nur auf die Interessen der Zielgesellschaft und ihrer Aktionäre abzustellen, den Interessen des Bieters kommt hingegen keine eigene Bedeutung zu. Darüber hinaus ist essentielle Bedingung der Rechtfertigung, dass die Leistung an die Kontinuität des Vorstands anknüpft und das incentivierte Vorstandsmitglied von besonderem Wert für die Zielgesellschaft ist. Ausfluss der
C. Ergebnisse des dritten Teils (II) – bieterseitige Leistungen
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systematischen Betrachtung der gesellschaftsrechtlichen Bewertung der Annahme der Leistung durch den Vorstand ist insofern auch, dass die in Betracht kommenden Leistungen (mindestens) auch die für aktionärsseitige Drittvergütung geltenden gesellschaftsrechtlichen, materiellen Anforderungen zu berücksichtigen haben. So ist der Loyalitätskonflikt des Vorstands in Folge drittvergütungsähnlicher Leistungen des Bieters im Vergleich zur aktionärsseitigen Drittvergütung nicht nur verschärft, er erhält zwei unterschiedliche Facetten: Zum einen geht es um die Beeinflussung und damit die Autonomie des Vorstands und dessen Verpflichtung auf das Unternehmensinteresse in der Übernahme selbst, zum anderen geht es um die Vereinbarkeit mit dem langfristigen Unternehmensinteresse. Während aber die situationsbezogene Einflussnahme im Rahmen aktionärsseitiger Drittvergütung durch Vorgaben an die Ausgestaltung der Vergütung entweder weitgehend unterbunden werden kann oder aber im Rahmen von transaktionsbezogenen (aktionärsseitigen) Leistungen durchaus mit Unternehmensinteresse und Leitungsautonomie vereinbar ist, kann eine entsprechende, den Bieter begünstigende Einflussnahme in keinem Fall vollständig bewältigt werden. Daher kann auch der Nutzen für das langfristige Unternehmensinteresse nicht den gleichen Stellenwert wie im Rahmen aktionärsseitiger Leistungen annehmen, was eine bloß eingeschränkte Legitimationsfähigkeit bieterseitiger Leistungen im Vergleich zu aktionärsseitigen Leistungen zur Folge hat. – In prozessualer Hinsicht, insbesondere auf Grundlage des systematischen Vergleichs mit den gesellschaftsrechtlichen Anforderungen und zur Vermeidung eines Wertungswiderspruchs unter Berücksichtigung des Prinzips der „Gleichbehandlung des Gleichartigen“, lässt sich die Kontrolle des abstrakten Interessenkonflikts ferner nur gewährleisten, wenn auch der Bieter die Zustimmung des Aufsichtsrats zu berücksichtigen hat. § 33d WpÜG hat gegenüber dem Gesellschaftsrecht weder abschließende Wirkung, noch versperrt sich das Merkmal „ungerechtfertigt“ einer Ausfüllung mittels prozessualer Kriterien. Verpflichtende Transparenz gegenüber den Aktionären erscheint zwar wünschenswert, ist allerdings für sich nicht ausreichend. Es besteht – ebenfalls als Ausfluss gesellschaftsrechtlicher Wertung – aber im Einzelfall das Bedürfnis, dass das incentivierte Vorstandsmitglied neben der Pflicht zur Einholung der Zustimmung des Aufsichtsrats weitere Verhaltenspflichten trifft (Einbindung von Sachwaltern, etc.), über deren Notwendigkeit und Geeignetheit der Aufsichtsrat zu entscheiden hat. Dies hat – mangels dispensierender Wirkung der Aufsichtsratszustimmung – für den Bieter zumindest mittelbar Relevanz, da eine Zustimmung des Aufsichtsrats ansonsten nicht erfolgen dürfte. – Erste in Betracht kommende Fallgruppe bieterseitiger Leistung ist die Aussicht auf Weiterbeschäftigung. Im Hinblick auf § 33d WpÜG bzw. dessen gesellschaftsrechtliches Pendant, die Annahme der Zusage unter der organschaftlichen Treuepflicht, kann diese durchaus der Legitimation zugänglich sein. Eine mit ihr verbundene Erhöhung der Bezüge ist indes nur zulässig, wenn sie sich als Gegenleistung für ein Mehr an Verantwortung oder zu erbringender Leistung darstellt, was sich in den ex ante der Übernahme zu berücksichtigenden Interessen widerspiegeln muss,
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5. Teil: Zusammenfassung in Thesen
heißt, nicht lediglich Ausdruck der nach Übernahme bestehenden Interessenlage sein darf. Die Aussicht auf Weiterbeschäftigung in einem Konzernunternehmen ist daher unzulässig. Weitergehende Einschränkungen ergeben sich im Hinblick auf die Kompetenzordnung in der Aktiengesellschaft. Insofern ist zunächst jegliche den Aufsichtsrat unmittelbar oder mittelbar bindende Vereinbarung der Weiterbeschäftigung unzulässig. Der Bieter als künftiger Aktionär kann sich jedoch seinerseits verpflichten, von jeglichen „Aktivitäten“ und jeglicher Einflussnahme auf den Aufsichtsrat abzusehen, die auf eine Beendigung der Anstellung und Bestellung des Vorstandsmitglieds abzielen (sog. „Unterlassungsklauseln“). Sog. „Einwirkungsklauseln“, in denen sich der Bieter dazu bereit erklärt, auf ein bestimmtes Verhalten oder Unterlassen des Aufsichtsrats hinzuwirken (etwa einen Austausch des Vorstandsmitglieds nicht vorzunehmen oder aber die Verlängerung des Anstellungsvertrags und/oder eine Erhöhung der Bezüge), sind hingegen nur unverbindlich möglich. D. h. sie dürfen weder an etwaige Vertragsstrafen oder Schadensersatzansprüche bei Ausbleibendem Erfolg gekoppelt werden, noch darf die „Einwirkung“ vor Gericht einklagbar sein. Daran ändert sich auch durch die (verpflichtende) Einbindung des Aufsichtsrats in entsprechende Abreden vor Übernahme nichts. Eine „verbindliche“ Absicherung ist allenfalls bei einer vorzeitigen Wiederbestellung noch vor Übernahme denkbar, doch fehlt es hier wohl an hinreichendem praktischen Nutzen, weil die Wiederbestellung an die Rechtslage ex ante der Übernahme anknüpfen muss, sodass sich die angedachte Unternehmensstrategie des Bieters keinesfalls in der (verbindlichen) Neudefinition der dem Vorstand übertragenen Kompetenzen wiederfinden darf. – Transaktionsboni im engeren Sinne – als zweite Fallgruppe – sind allein bei Ausgestaltung als sog. „Bleibeprämien“ der Legitimation zugänglich. Um etwaige Umgehungen zu vermeiden, dürfen sie aber nicht lediglich allgemein den Erhalt des Managements im Blick haben, vielmehr bedarf es zusätzlicher Erwägungen, weshalb eine über die bloße Weiterbeschäftigung hinausgehende Sonderleistung gerechtfertigt sein soll. Insofern erscheint es zunächst legitim, wenn der Bieter dem betreffenden Vorstandsmitglied als Gegenleistung für den Verzicht auf die Berufung auf eine CoC-Klausel eine Ausgleichszahlung gewährt. Dies findet insbesondere Anklang in der Gesetzesbegründung, die solche Leistungen als gerechtfertigt ansieht, durch die der Verbleib des Vorstands gesichert werden soll, wenn der Erfolg der Übernahme von dem Wert des Managements abhängt. Über den „Abkauf“ einer CoC-Klausel hinaus ist der Anwendungsbereich solcher Sonderzahlungen jedoch denkbar eng und an folgende Voraussetzungen geknüpft: Der Aufsichtsrat muss anhand von Umständen des Einzelfalls zu der Überzeugung gelangen, dass das Vorstandsmitglied – erstens – von besonderer Bedeutung für die Gesellschaft ist; zweitens die Investitionsbereitschaft entscheidend vom Verbleib des Vorstandsmitglieds in der Gesellschaft abhängig ist und zudem dem Interesse sowohl der Aktionäre als auch der Zielgesellschaft entspricht; und drittens muss die realistische Befürchtung bestehen, dass das Vorstandsmitglied nach erfolgter Übernahme – trotz
C. Ergebnisse des dritten Teils (II) – bieterseitige Leistungen
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noch bestehenden Anstellungsverhältnisses – sein Amt aufgeben wird und dafür auch bereit ist, etwaige finanzielle Einbußen in Kauf zu nehmen. – Managementbeteiligungen – als dritte Fallgruppe – kommen zu vergünstigten oder zu marktüblichen Konditionen in Betracht. Der Zulässigkeit vergünstigter Managementbeteiligungen stehen erhebliche Bedenken gegenüber. Eine Koppelung der Interessen des Managements an die des Erwerbers ist hier noch enger als etwa bei der Weiterbeschäftigung (und mit ihr die Gefahr des shift of management loyalty noch präsenter). Denn während der Nutzen anderer Transaktionsboni im Wesentlichen in dem Verbleib des Vorstandsmitglieds trotz Übernahme liegt, entfaltet die Beteiligung rglm. erst nach Übernahme ihre entscheidende – positive – Wirkung. In Folge besteht die realistische Gefahr, dass der Vorstand in der Übernahmesituation – im Unterschied zu sonstigen drittvergütungsähnlichen Leistungen – ein den (Veräußerungs-)Interessen der Altgesellschafter sogar konträres monetäres Eigeninteresse entwickelt (etwa im Sinne eines möglichst niedrigen Kaufpreises). Zulässig kann eine vergünstigte Managementbeteiligung daher nur sein, wenn hinreichend gesichert ist, dass die Übernahme ohne eine entsprechende Beteiligung nicht oder aber zu deutlich schlechteren Angebotskonditionen erfolgen würde. Dies kann nur dann angenommen werden, wenn folgende enge Grenzen eingehalten werden: Der Vorteil muss sowohl für die Altgesellschafter als auch für die Zielgesellschaft bestehen. Unbeachtlich ist demgegenüber eine Argumentation, die allein darauf abstellt, dass ohne die Möglichkeit der Managementbeteiligung die Investitionsbereitschaft nachlassen würde. Und als zweites muss der Aufsichtsrat darlegen, warum es gerade einer derart intensiven Anbindung bedarf. Dies muss insbesondere in Abgrenzung zu weniger konfliktträchtigen Bieterleistungen erfolgen, mithin der entsprechende Nutzen nicht bereits etwa durch die Aussicht auf Weiterbeschäftigung erreicht werden können. Bei Managementbeteiligungen zu marktüblichen Konditionen bestehen zwar die zuvor genannten Risiken des Interessenkonflikts fort, doch muss zumindest aus Sicht der Zielgesellschaft zum Tragen kommen, dass der Vorstand durch den Erwerb der Beteiligung (allein aus eigenen finanziellen) Mitteln selbst ein erhebliches unternehmerisches Risiko eingeht. Insofern ist die für vergünstigte Managementbeteiligungen angenommene restriktive Haltung aufzugeben und deren Zulässigkeit anzunehmen, wenn der Aufsichtsrat als Kontrollinstanz angesichts der gleichwohl bestehenden Gefahren (Interessenkonflikt bzw. Wahrung der Interessen der Gesellschaft durch Einbindung eines Sachwalters; Bietergleichbehandlung; Investitionsinteresse der Altgesellschafter; etc.) zu der Auffassung gelangt, dass der Interessenkonflikt kontrollierbar ist und aus dem Erwerb der Beteiligung kein entscheidender Nachteil, sondern ein Nutzen für die Gesellschaft erwächst. – Den Bieter trifft nach § 11 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 WpÜG die Pflicht zur Offenlegung des Vorteils gegenüber den Aktionären. Diese ist indes nicht – ebenso wenig wie die dem Vorstand korrespondierend auferlegte Offenlegungspflicht nach § 27 WpÜG – Bestandteil der Rechtfertigung der Vorteilsgewährung. § 27 WpÜG schreibt weiterhin weder einen Ausschluss des begünstigten Vorstandsmitglieds vor, noch fordert
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5. Teil: Zusammenfassung in Thesen
er ein Stimmverbot. Weitergehend ist der Vorstand jedoch u. a. im Falle vergünstigter Managementbeteiligungen zur Einholung einer fairness opinion verpflichtet. – Die Zulässigkeit bieterseitiger Leistungen bei nicht-börsennotierten Gesellschaften oder aber im Anwendungsbereich des UmwG richtet sich einzig und allein nach dem gesellschaftsrechtlichen Verbot der Annahme (unzulässiger) Zuwendungen Dritter. Da § 33d WpÜG nach hiesigem Verständnis übernahmerechtliches „Spiegelbild“ der den Vorstand treffenden organschaftlichen Pflicht ist, ergeben sich im Hinblick auf die Zulässigkeit der Leistung selbst keine Besonderheiten.
D. Ergebnisse des vierten Teils – Bei Verstoß gegen materielle Vorgaben ist die Drittvergütungsvereinbarung grds. nichtig. Allenfalls bei einem Verstoß gegen Vorgaben hinsichtlich der Höhe der Angemessenheit nach § 87 Abs. 1 AktG ist an eine Teilnichtigkeit zu denken. Demgegenüber sollte die Nichtbeachtung des Erfordernisses der Einholung der vorherigen Aufsichtsratszustimmung nur in besonders gelagerten Fällen von vornherein die Nichtigkeit der Drittvergütung mit sich bringen, namentlich im Falle anlassbezogener Leistung, die zeitnah vor einem wesentlichen Ereignis erfolgt. Ansonsten ist die Drittvergütungsvereinbarung „lediglich“ schwebend unwirksam, mit der Möglichkeit der nachträglichen Genehmigung entsprechend §§ 177 ff. BGB. Darüber hinaus gestaltet sich die Haftung der beteiligten Personen bei unzulässiger Drittvergütung wie folgt: Eine Haftung des leistenden Aktionärs kann allenfalls über die äußerst schwach ausgeprägte Haftungsnorm des § 117 AktG oder – ebenso unwahrscheinlich – aufgrund Verstoßes gegen die mitgliedschaftliche Treuepflicht erreicht werden. In beiden Fällen ist zudem bereits fraglich, wie aus der Leistung an sich ein Schaden bestimmt werden soll. Bei der Haftung des Vorstands nach § 93 Abs. 2 AktG besteht dieses Problem der Bestimmung eines tauglichen Schadens prinzipiell fort. Doch kann es – in Anlehnung an die Rechtsprechung zur Rechtsfolge bei Annahme von Schmiergeldleistungen – durch Anerkennung eines Gewinnhaftungsanspruchs der Gesellschaft in gewissem Maße abgefedert werden. Danach hat der Vorstand die unter Verstoß gegen materielle oder prozessuale Voraussetzungen erfolgte und deshalb nichtige Leistung an die Gesellschaft herauszugeben. Weiterer Ansatzpunkt ist eine Einschränkung der Business Judgement Rule für Leitungshandlungen, welche der Annahme der Leistung nachfolgen. In der Tendenz sollte dabei bei Unzulässigkeit eine Einschränkung anzunehmen, bei Zulässigkeit dagegen abzulehnen sein; letztlich bleibt hier aber eine einzelfallbezogene Wertung maßgeblich. Weiterhin kommt eine Haftung des Vorstands nach § 117 Abs. 2 AktG in Betracht, ferner die Abberufungsmöglichkeit nach § 84 Abs. 3 AktG, welche jedoch selbst bei Annahme unzulässiger Drittvergütung nicht immer sachgerecht sein wird. Selbst bei Anerkennung eines oben genannten Gewinnhaftungsanspruchs bleibt letztlich zu bedenken, dass bereits im Rahmen der Drittvergütung ein erhebliches Durchsetzungsdefizit besteht, da einer effektiven gesellschaftsseitigen Rechtsver-
D. Ergebnisse des vierten Teils
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folgung etwaige Eigeninteressen des Aufsichtsrats entgegenstehen können. Mangels rechtspraktischer Effektivität bietet hier auch die Geltendmachung gesellschaftsseitiger Ansprüche durch die Aktionäre im Wege der §§ 147, 148 AktG keinen geeigneten Ausweg. Eine strafrechtliche Sanktionierung unzulässiger Drittvergütung ist nunmehr schließlich potentiell möglich, wird aber kaum praktische Bedeutung erlangen. – Im Rahmen der Sanktionierung bieterseitiger Leistungen ist zwischen der Sanktionierung der Leistung (bzw. Annahme derselben) an sich und der unterbliebenen Offenlegung zu differenzieren. Zudem sind kapitalmarktrechtliche, allgemein gesellschaftsrechtliche und strafrechtliche Grenzen zu beachten. Die Leistung an sich ist kapitalmarkrechtlich unter § 33d WpÜG zu bewerten. Allerdings ergeben sich nach hier vertretener Auslegung der Norm kaum Unterschiede im Vergleich zur gesellschaftsrechtlichen Bewertung. Sowohl § 33d WpÜG als auch § 76 AktG i.V.m. § 134 BGB fordern die Nichtigkeit jeglicher Leistung, die gegen materielle Vorgaben verstößt oder aber nicht ex ante vom Aufsichtsrat bewilligt wurde. Da zudem eine Haftung des Vorstands nach Maßgabe des Gewinnhaftungsanspruchs dem Sinn und Zweck des § 33d WpÜG deutlich gerechter wird als die hergebrachte Auffassung, dass der Bieter die Leistung vom Vorstand bei Verstoß gegen § 33d WpÜG zurückzufordern hat, ist diese aufzugeben, mithin der § 817 S. 2 BGB auf den Rückforderungsanspruch des Bieters anzuwenden. Weitere Konsequenzen wegen Verstoßes gegen § 33d WpÜG hat der Bieter nicht zu befürchten. Auch ein Verstoß gegen die kapitalmarkrechtlichen Offenlegungspflichten hat wenig mehr Konsequenzen. So ist die gegen § 11 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 WpÜG verstoßende Nichtanzeige der Leistung keine Ordnungswidrigkeit des i.S.d. § 60 WpÜG (ebenso wenig wie ein korrespondierender Verstoß des Vorstands gegen § 27 WpÜG), da dieser einen Verstoß gegen inhaltliche Vorgaben nicht erfasst. Zwar kommt eine Strafbarkeit oder Ordnungswidrigkeit wegen Verstoßes gegen § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Alt. 2 WpHG i.V.m. § 39 Abs. 2 Nr. 11 WpHG bzw. i.V.m. § 38 Abs. 2 Nr. 1 WpHG theoretisch in Betracht, doch ist kaum davon auszugehen, dass die unterlassene Offenlegung einer bieterseitigen Leistung von den Ermittlungsbehörden mit § 20a WpHG in Verbindung gebracht wird. Letztlich ist zwar noch eine Untersagung des Angebots durch die BaFin nach § 15 WpÜG theoretisch möglich, aufgrund des Erfordernisses der „Offensichtlichkeit“ indes nicht sehr wahrscheinlich. Gesellschaftsrechtlich kommt – wie gesagt – ein Gewinnhaftungsanspruch der Gesellschaft in Betracht; einer Haftung des Vorstands aus § 93 Abs. 2 AktG oder aber des Bieters bzw. Vorstands aus § 117 Abs. 1, 2 AktG steht die Bestimmung eines tauglichen Schadens im Wege. Im Hinblick auf die Geltendmachung etwaiger Ansprüche (ebenso wie im Hinblick auf die Möglichkeit der Abberufung nach § 84 Abs. 3 AktG) ist indes zu bedenken, dass die Durchsetzung noch unwahrscheinlicher ist als im Falle unzulässiger aktionärsseitiger Drittvergütung: Es ist kaum zu erwarten, dass der Aufsichtsrat – der nach der Übernahme vom vorherigen Bieter und „jetzigen“ Mehrheitsaktionär abhängig ist bzw. neu besetzt wurde – eine entsprechende Anspruchsverfolgung anstreben wird. Letztlich ist auch die strafrechtliche Sanktionierung bedenklich. Im Gegensatz zu
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vertretener Auffassung ist unter der Konstellation der „umgekehrten Lieferrichtung“ eine Strafbarkeit nach § 299 StGB auch im Falle von Bestechungsleistung im Zusammenhang mit Anteilskäufen möglich, sodass sich vorliegend sowohl der Bieter (§ 299 Abs. 1 StGB) als auch der Vorstand (§ 299 Abs. 2 StGB) strafbar machen können. Durch Implementierung des sog. „Geschäftsherrenmodells“ bedarf es für eine Strafbarkeit keiner „Wettbewerbsverzerrung“ mehr, weshalb eine Strafbarkeit mehr in den Blickpunkt geraten sollte. Ob sich indes eine Strafbarkeit tatsächlich durchsetzen wird, bleibt angesichts der Vielzahl noch bestehender Unwägbarkeiten abzuwarten. Eine Strafbarkeit wegen unzulässiger Bieterleistung nach §§ 331 ff. StGB ist allenfalls theoretischer Natur, eine Strafbarkeit nach § 266 StGB (Organuntreue) oder § 264a StGB kommt nicht in Betracht. – Durch bieterseitige Leistungen werden die Interessen der Altaktionäre in besonderer Weise gefährdet; ein hinreichender Rechtsschutz zur Wahrung bzw. Absicherung ihrer Interessen besteht allerdings nicht. Im Falle unzulässiger Leistung ist etwa an Direktansprüche nach § 117 AktG oder aber deliktsrechtliche Ansprüche zu denken. Da § 33d WpÜG nicht als Schutzgesetz angesehen werden kann, kommt insofern wohl allein ein Anspruch aus § 826 BGB in Betracht. Allerdings wird der Nachweis eines Schadens allein durch die Annahme der Leistung kaum zu bewerkstelligen sein. Die Leistung kann damit allenfalls als Indiz für etwaige Folgeansprüche Bedeutung gewinnen. Im Falle der unterlassenen Offenlegung erscheint gegen den Bieter potentiell ein Anspruch aus § 12 WpÜG möglich. Ein Blick auf die Praxis zeigt aber, dass der Anspruch bislang wenig bis gar keine Bedeutung erlangt hat. Wiederum (theoretisch) denkbar sind zudem § 117 AktG und § 826 BGB. Dies sind auch die einzigen Ansprüche, die gegen den Vorstand in Betracht kommen, der gegen seine aus § 27 WpÜG folgende Offenlegungspflicht verstoßen hat.
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Stichwortverzeichnis Abberufung 260, 387 ff., 322 ff., 416 Abfindung 121, 218 ff., 280, 322 ff. Aktionäre/Anteilseigner – Incentives siehe Drittvergütung – Interessen 58 ff., 87 ff., 104 ff., 130 ff., 272 ff., 365 – Schutz als Altgesellschafter 447 ff. Aufsichtsrat – Anstellungskompetenz 165 ff. – Kontrollorgan 137 ff., 289 ff., 301 ff. – Vergütungskompetenz 167 ff. – Zustimmung 141 ff., 292 ff., 301 ff. Bestechung (und Bestechlichkeit) 27, 127, 245 ff., 330, 374 ff., 395 ff., 417 f., 447 Bestellungshindernis 389 Bieter – Incentives siehe Leistungen des Bieters – Interessen 107 ff., 274 ff. Business Judgement Rule 55 ff., 205, 382 ff., 393, 414 f., 447 Change of control Klausel
287, 327
Drittleistung – Begriff 43 ff. – Bewertung anhand potentieller Interessenkonflikte 79 ff. – durch Aktionäre siehe Drittvergütung – durch Bieter siehe Leistungen des Bieters – durch sonstige Dritte 113 ff. – in der Rechtsprechung 33 ff. Drittvergütung – Abfindung 218 ff. – Aktienoptionen 214 ff. – Anerkennungsprämien 220 ff. – Angemessenheit 171 ff., 190 ff. – Begriff 104 ff. – Drittvergütungsvereinbarung 354 ff. – Erfolgszielbestimmung 181 ff.
– Gesamtbezüge 168 – Managementbeteiligung 213 f. – Sanktionierung unzulässiger Drittvergütung 354 ff. – Tantiemen 211, 216 – Transaktionsboni 224 ff. Erfordernis der Kontinuität
280 ff.
Fairness Opinion 350 Finanzinvestor 97 ff., 231., 334 Gewinnhaftung
374 ff., 398 ff.
Interessenkonflikt – bei Leistungen des Bieters 110 ff. – bei Private-Equity Transaktionen 98 – Bewältigung durch Aufsichtsrat 137 ff., 292 ff., 305 ff. – Offenlegung 139 ff. – Principal-Agent Konflikt 80 ff. – zwischen Anteilseignern und Management (Übernahmesituation) 91 – zwischen Anteilseignern und Management 88 Investorenvereinbarung – Bemühungsklauseln 317 ff. – Einwirkungsklauseln 322 ff. – Konflikt 112, 158, 322 Kapitalanlagebetrug 275, 444 ff. Kapitalmarktrechtliche Transparenzpflichten 342 ff. Leistungen des Bieters – Drittvergütungsähnliche Bieterleistung 285 – Managementbeteiligung 331 ff. – Rechtfertigung der Vorteilsgewährung 263 ff.
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Stichwortverzeichnis
– Rein transaktionsbezogene Bieterleistung 284 – Sanktionierung unzulässiger Leistung 394 ff. – Transaktionsboni 326 ff. – Transparenz 342 ff. – Weiterbeschäftigung 310 ff.
Treuepflicht des Vorstands – Dogmatische Grundlage 30 ff. – Fallgruppen 37 ff. – Pflicht zur Einbindung des Aufsichtsrats 141 ff. – Pflicht zur Offenlegung von Interessenkonflikten 139 ff.
Management Buy Out 98, 290 ff., 332 ff. Mitgliedschaftliche Treuepflicht 205 ff.
Unrechtsvereinbarung 427 ff. Unternehmensinteresse (Gesellschaftsinteresse) – Begriff 59 ff. – Rechtsprechung 71 ff – Übernahmesituation 76 ff.
Nachhaltigkeit 198 ff. Nicht-börsennotierte Aktiengesellschaft 237 ff. Organuntreue
393, 438 ff.
Private Equity
98 ff., 231 ff.
Retention-Bonus
269 ff., 326 ff.
Schaden 133, 365 ff., 372 Shareholder value – Absoluter shareholder value 65 ff. – Moderater shareholder value 68 ff. Strafschadensersatz 377, 399, 414
Vorstand – Interessenlage 79 ff. – Leitungsautonomie 52 f. – Leitungsermessen 54 ff. – Organschaftliche Treuepflicht siehe Treuepflicht des Vorstands – shift of management loyalty 94, 112 f., 251, 292, 311, 333 Wertpapiere als Ware 424 ff. Wettbewerbsverbot 34 f., 41 f., 143 ff., 151 ff.