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German Pages 309 Year 2013
Schriften zum Öffentlichen Recht Band 1253
Die wirtschaftliche Betätigung von Universitäten Legitimation und Grenzen Von Ilse-Dore Gräf
Duncker & Humblot · Berlin
ILSE-DORE GRÄF
Die wirtschaftliche Betätigung von Universitäten
Schriften zum Öffentlichen Recht Band 1253
Die wirtschaftliche Betätigung von Universitäten Legitimation und Grenzen
Von Ilse-Dore Gräf
Duncker & Humblot · Berlin
Die Juristische Fakultät der Ruhr-Universität Bochum hat diese Arbeit im Jahre 2013 als Dissertation angenommen.
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Vorwort Die vorliegende Untersuchung wurde im Sommersemester 2013 von der Juristischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum als Dissertation angenommen. Sie wurde mit dem Preis für Wissenschaftsrecht 2013 ausgezeichnet. Mit der Fertigstellung der Dissertation endete zugleich meine siebenjährige Tätigkeit als studentische und nachfolgend als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl von Herrn Professor Dr. Martin Burgi. Der Dank, der meinem Doktorvater gebührt, ist kaum in Worte zu fassen. Lieber Herr Burgi, Sie haben mich nicht nur juristisch, sondern auch persönlich stark geprägt! An Ihrem nahezu unerschöpflichen Wissen haben Sie mich stets teilhaben lassen und mich kontinuierlich in der Gewinnung fachlicher Expertise gefördert (und gefordert). Darüber hinaus unterstützten bzw. initiierten Sie meine Teilnahme an kulturellen und interdisziplinären Projekten. Zudem gewährten Sie mir uneingeschränkte Freiheit bei der Erstellung der Dissertation, nahmen sich aber auch sofort die erforderliche Zeit, wenn ich Diskussionsbedarf hatte. Stets haben Sie mir das Gefühl gegeben, dass Sie an mich bzw. meine juristischen Fähigkeiten glauben und bedingungslos hinter mir stehen. Das ist ein riesiger Vertrauensvorschuss, der in keiner Weise selbstverständlich ist und dem ich hoffe gerecht geworden zu sein. Ich bin über alle Maßen dankbar und sehr stolz, dass Sie mein Doktorvater waren! Ich möchte die Gelegenheit ergreifen, mich auf diesem Wege noch einmal bei allen Kollegen und Kolleginnen zu bedanken, die die Zeit am Lehrstuhl so wertvoll und unvergesslich gemacht haben. Jörg, Robin, Frauke und Tobi – meine Mistreiter von Beginn an – und Christian, Dennis, Alexandra und Ataner, was haben wir gut und gern zusammen gelacht, kontroverse Diskussionen insbesondere beim Mensabesuch geführt und uns gegenseitig unterstützt und beraten. Ich danke euch von Herzen für die vergnügliche, lehrreiche Zeit, die wir am Lehrstuhl hatten und hoffe, dass wir uns nicht aus den Augen verlieren werden! Auch möchte ich all denen danken, die mich als studentische Hilfskraft am Lehrstuhl unterrichtet haben (insbesondere Markus B., Markus S., Hinnerk und Pamela), und den HiWis, denen ich mein Wissen weitergeben durfte (Inga, Lena, Laura und Christopher)! Des Weiteren bedanke ich mich herzlich bei meinen Kollegen und Kolleginnen aus dem Projekt „Neue Steuerung von Universitäten“ für die vielen spannenden Diskussionen, die vergnüglichen Tagungsreisen, den fächerübergreifenden Austausch und den lockeren, ungezwungenen Umgang. In diesem Sinne sage ich: Jörg, Rolf, Sascha, Linda, Maren und Manfred, auf dass wir noch einmal mit einem Bier auf den gelungenen Abschluss des Projektes anstoßen werden! Ich freue mich darauf!
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Vorwort
Ganz herzlich möchte ich mich auch bei Herrn Professor Dr. Stefan Magen für die schnelle Erstellung des Zweitgutachtens und für die angenehme Leitung des Prüfungsvorsitzes bei meinem Rigorosum bedanken. Des Weiteren freue ich mich sehr darüber, dass meine Dissertation in die hoch renommierte Schriftenreihe zum Öffentlichen Recht aufgenommen wurde und spreche an dieser Stelle noch einmal ein großes Dankeschön an den Verlag aus. Zuletzt möchte ich meiner Familie danken. Meinen Eltern danke ich von Herzen für das zeitaufwändige Korrekturlesen meiner Arbeit. Ansonsten kann das Dankeschön, das ich euch gegenüber aussprechen möchte, nur eine Annäherung dessen sein, was ich tatsächlich meine und für euch empfinde. Ich danke euch aus ganzem Herzen für meine wunderschöne, sorgenfreie Kindheit, das Gefühl, dass ich bedingungslos geliebt werde, eure fortwährende Unterstützung sowie euer tiefes Vertrauen und Zutrauen in mich und meine Fähigkeiten. Auch dank der wohl besten Geschwister der Welt und ihrer Klugheit, Gewitztheit, Kreativität und Musikalität auf der einen Seite und ihrer Empathie, ihrem Enthusiasmus, ihrer Spielfreude und ihrer Authentizität auf der anderen Seite bin ich zu der Person geworden, die ich heute bin. Durch euch, Anna, Jennie, Charly und Till, weiß ich von klein auf, was miteinander Wetteifern wirklich heißt und wie man sich durchzusetzen lernt, gleichzeitig aber auch wie viel größer geteilte Freude ist und wie sich absolute Loyalität anfühlt. Dafür danke ich euch aus tiefstem Herzen! Und Carina, seitdem du in meinem Leben bist, ist alles einfach nur noch schöner, noch fröhlicher und noch lebendiger geworden. Ich danke dir für deine unbedingte Unterstützung, dein Vertrauen und dein Liebe! Dich gefunden zu haben, ist mein größtes Glück! Jena, den 23. Juni 2013
Ilse-Dore Gräf
Inhaltsverzeichnis 1. Kapitel Einführung in die Problematik, Zielsetzung der Arbeit und Gang der Untersuchung
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A. Einführung in die Problematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 I. Kultur- und zeitgeschichtlicher Kontext der wirtschaftlichen Betätigung von Hochschulen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 II. Mögliche Gründe für eine Intensivierung der wirtschaftlichen Betätigung von Hochschulen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 III. Konfliktpotential der wirtschaftlichen Betätigung von Hochschulen . . . . . . . . . 25 B. Zielsetzung und Thesen der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 C. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 D. Nicht behandelte Themen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 2. Kapitel Begriff, Erscheinungsformen und Systematisierung der wirtschaftlichen Betätigung von Hochschulen
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A. Begriff der wirtschaftlichen Betätigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 I. Wirtschaftsgut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 II. Synallagmatisches Austauschverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 III. Im Wirtschaftsverkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 1. Charakteristika eines Marktes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 2. Kritische Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 a) Ausklammerung der Grundlagenforschung aus dem Bereich der wirtschaftlichen Betätigung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 b) Lediglich Eröffnung eines Marktes? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42
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Inhaltsverzeichnis IV. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 B. Erscheinungsformen der wirtschaftlichen Betätigung von Hochschulen . . . . . . . . . . 44 I. Marktakteure . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 II. Orientierung an dem materiellen Gehalt der wirtschaftlichen Tätigkeiten . . . . . 45 1. Wissens- und Technologietransfer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 a) Verkauf von Patenten, Gebrauchsmustern, Geschmacksmustern etc. und Lizenzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 b) Gründung von Unternehmen oder Unternehmensbeteiligungen . . . . . . . . . 48 c) Forschungskooperationen und Auftragsforschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 2. Wissenstransfer durch Weiterbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 3. Wissenstransfer durch Validierung und Franchising im Ausland . . . . . . . . . . 54 4. Universitätsdruckereien und -verlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 5. Vermietung und Verpachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 6. Werbung, Sponsoring und Merchandising . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 a) Werbung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 b) Sponsoring . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 c) Merchandising . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 III. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 C. Systematisierung der Erscheinungsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 I. Parameter für die Systematisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 1. Bezug zu Forschung und Lehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 2. Keine Notwendigkeit der Hinzuziehung weiterer Parameter . . . . . . . . . . . . . . 62 II. Kategorisierung anhand des Parameters „Forschungs- und Lehrbezug“ . . . . . . . 62 1. Kategorie mit unmittelbarem Bezug zu Forschung und Lehre . . . . . . . . . . . . 63 2. Kategorie mit mittelbarem Bezug zu Forschung und Lehre . . . . . . . . . . . . . . 63 3. Kategorie ohne unmittelbaren oder mittelbaren Bezug zu Forschung und Lehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 III. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64
Inhaltsverzeichnis
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3. Kapitel Der verfassungs- und europarechtliche Rahmen der wirtschaftlichen Betätigung von Hochschulen
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A. Erkenntnisse für die Zulässigkeit der wirtschaftlichen Betätigung von Hochschulen aus der Diskussion über die wirtschaftliche Betätigung des Staates . . . . . . . . . . . . . 66 I. In Betracht kommende positivrechtliche Aussagen im Grundgesetz . . . . . . . . . . 67 1. Art. 110, 134, 135, 135a GG, Art. 87e, Art. 87 f GG und Finanzmonopole . . 67 2. Art. 15 Abs. 1 S. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 II. Grundgesetz und Wirtschaftsverfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 III. Einschränkungsversuch der verfassungsrechtlichen Statthaftigkeit aus dem Aspekt des Schutzes privater Wettbewerber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 1. Verfassungsrechtlich verankertes Subsidiaritätsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 2. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 IV. Steuerstaatsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 V. Allgemeine verfassungsrechtliche Legitimation für jedes staatliche Handeln . . 76 1. Die Verpflichtung zum Gemeinwohlbezug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 2. Das Erfordernis eines öffentlichen Zwecks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 3. Bindung an die verfassungsrechtliche Kompetenzregelung . . . . . . . . . . . . . . . 81 4. Der Grundsatz vom Vorrang und Vorbehalt des Gesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . 82 VI. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 B. Erkenntnisse für die Zulässigkeit der wirtschaftlichen Betätigung von Hochschulen aus dem Aspekt möglicher Grundrechtsverletzungen von Konkurrenten . . . . . . . . . . 87 I. Die Grundrechtsbindung der Universitäten im Falle der Wirtschaftsbetätigung
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1. Inhalt und Reichweite des Art. 1 Abs. 3 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 2. Keine Modifizierung der Grundrechtsbindung durch die Grundrechtsträgerschaft der Hochschulen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 3. Grundrechtsbindung von gemischtwirtschaftlichen Unternehmen . . . . . . . . . 93 4. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93
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Inhaltsverzeichnis II. Verletzung der Berufsfreiheit konkurrierender Privater durch die wirtschaftliche Betätigung der Hochschulen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 1. Die Wettbewerbsfreiheit als Teil der Berufsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 2. Eingriff in die Wettbewerbsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 a) Der „mittelbar-faktische Eingriff“ im Rahmen von Art. 12 Abs. 1 GG . . . 96 b) Der Eingriffsbegriff nach Rechtsprechung und Teilen der Literatur bei einer staatlichen Wirtschaftsbetätigung i.w.S. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 aa) Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 bb) Übertragung auf die wirtschaftliche Betätigung der Hochschulen . . . . 99 c) Der Eingriffsbegriff von anderen Teilen der Literatur bei einer staatlichen Wirtschaftsbetätigung i.w.S. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 aa) Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 bb) Spezifizierung auf die wirtschaftliche Betätigung der Hochschulen . . 103 3. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 III. Verletzung der Eigentumsfreiheit konkurrierender Privater durch eine wirtschaftliche Betätigung der Hochschulen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 IV. Verletzung der Wissenschaftsfreiheit konkurrierender Hochschulen durch eine wirtschaftliche Betätigung der Hochschulen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 V. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108
C. Erkenntnisse für die Zulässigkeit der wirtschaftlichen Betätigung von Hochschulen aus dem Europarecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 I. Positive Wertentscheidung des Primärrechts zu Gunsten der wirtschaftlichen Betätigung von Hochschulen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 1. „Forschung, technologische Entwicklung und Raumfahrt“, Art. 179 ff. AEUV 111 2. „Freiheit der Kunst und der Wissenschaft“, „Recht auf Bildung“, Art. 13 und 14 EU-GRCharta . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 II. Ausprägungen der positiven Wertentscheidung auf das Beihilfe- und Kartellrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 1. Besonderheiten im Beihilferecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 2. Besonderheiten im Kartellrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 D. Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117
Inhaltsverzeichnis
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4. Kapitel Die Wissenschaftsfreiheit und die Wirtschaftsbetätigung der Hochschulen im Fokus
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A. Die Universität zwischen staatlicher Kompetenzwahrnehmung und grundrechtlicher Freiheitsausübung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 B. Personeller Schutzbereich des Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 I. Allgemeine Grundrechtsfunktionen der Wissenschaftsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . 120 II. Universitäten als Träger der Wissenschaftsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 1. Begriff der juristischen Person . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 2. Anwendbarkeit des Grundrechts „seinem Wesen nach“ . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 a) Juristische Personen des öffentlichen Rechts als Grundrechtsträger . . . . . 123 b) Juristische Personen des öffentlichen Rechts in privater Rechtsform sowie gemischtwirtschaftliche Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 c) Ausnahme: Universitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 aa) Die Sicht des BVerfG: Durchgriffstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 bb) Die überwiegende Sicht der Literatur: Grundrechtstypische Gefährdungslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 cc) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 III. Anwendung der ermittelten Voraussetzungen auf die einzelnen Hochschuleinheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 1. Fachbereiche und Fakultäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 2. Zentrale und dezentrale wissenschaftliche Hochschulinstitute . . . . . . . . . . . . 135 3. Zentrale Betriebseinheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 4. Technologietransferunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 5. Universitäre Weiterbildungsgesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 6. Hochschuldruckereien und -verlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 IV. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 C. Sachlicher Schutzbereich des Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 I. Die Struktur des Grundrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 II. Begriffsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 1. Der Begriff der Wissenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142
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Inhaltsverzeichnis 2. Die Begriffe wissenschaftliche Forschung und wissenschaftliche Lehre . . . . 146 III. Der Freiheitsbereich von Forschung, Lehre und Wissenschaft . . . . . . . . . . . . . . 148 1. Die Wissenschaftsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 2. Das geschützte Verhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 a) Die Forschungsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 b) Die Lehrfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150
D. Der Schutz von wirtschaftlicher Betätigung der Hochschulen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 I. Einbeziehung in den sachlichen Schutzbereich von wirtschaftlichen Tätigkeiten, die einen unmittelbaren Bezug zu wissenschaftlicher Forschung aufweisen . . . 154 1. Reichweite der Einflussnahme bei der Fragestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 2. Reichweite der Einflussnahme bei der Wahl der Methode . . . . . . . . . . . . . . . 157 3. Reichweite der Einflussnahme bei der Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 4. Reichweite des Einflusses auf die Veröffentlichung des Forschungsergebnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 a) Das Erfordernis eines ernsthaften Veröffentlichungswillens . . . . . . . . . . . . 160 b) Dauerhafte Geheimhaltungsklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 c) Temporäre Geheimhaltungsklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 5. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 6. Bedeutung für den grundrechtlichen Schutz der Universitäten bzw. ihrer Untergliederungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 II. Einbeziehung in den sachlichen Schutzbereich von wirtschaftlichen Tätigkeiten, die einen unmittelbaren Bezug zur Lehre aufweisen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 1. Auf eigenen oder fremden forschungsbasierten Erkenntnissen beruhend . . . . 170 2. Zum kritischen Denken und Urteilen anleitende Vermittlung . . . . . . . . . . . . . 171 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 4. Bedeutung für den grundrechtlichen Schutz der Universitäten bzw. ihrer Untergliederungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 III. Einbeziehung in den sachlichen Schutzbereich von wirtschaftlichen Tätigkeiten, die einen mittelbaren Bezug zur Forschung aufweisen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 1. Abgrenzung des Beginns der Transformation in Wirtschaftsgüter von der Beendigung der Erkenntnissuche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 2. Schutz der Transformation von Forschungserkenntnissen in Wirtschaftsgüter durch Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG oder Art. 12 Abs. 1 GG bzw. Art. 14 Abs. 1 GG 176
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3. Zwischenergebnis und zugleich Bedeutung für den grundrechtlichen Schutz der Universitäten bzw. ihrer Untergliederungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 IV. Einbeziehung in den sachlichen Schutzbereich von wirtschaftlichen Tätigkeiten, die einen mittelbaren Bezug zur wissenschaftlichen Lehre aufweisen . . . . . . . . 179 V. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 E. Konfliktfälle im Binnengefüge der Universität: Grenzen der universitären Wirtschaftsbetätigung, die aus möglichen Grundrechtsverletzungen der Hochschulwissenschaftler resultieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 I. Der „klassische“ und der „mittelbar-faktische Eingriff“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 II. Eingriffssituationen, die im Zusammenhang mit wirtschaftlichen Tätigkeiten auftreten, die einen unmittelbaren Bezug zu Forschung und Lehre aufweisen . . 184 1. Formen der unmittelbaren Beeinträchtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 a) Anordnung inhaltlicher Änderungen, Zustimmungsvorbehalt vor Veröffentlichungen, Veröffentlichungszwang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 b) Vereinbarung temporärer Geheimhaltungsklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 c) Beispielsfall „Quantitative Products Laboratory“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 2. Mittelbar-faktische Beeinträchtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 III. Eingriffssituationen, die im Zusammenhang mit wirtschaftlichen Tätigkeiten auftreten, die einen mittelbaren Bezug zu Forschung und Lehre aufweisen . . . . 190 1. Formen der unmittelbaren Beeinträchtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 a) Meldepflicht einer Diensterfindung gem. § 5 i.V.m. § 42 Nr. 2 ArbnErfG 191 b) Temporäres Offenbarungsverbot gemäß § 24 Abs. 2 i.V.m. § 42 Nr. 1 S. 1 ArbnErfG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 c) Verpflichtung zur Durchführung universitärer Wirtschaftstätigkeiten in Lehre oder Forschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 d) Wirtschaftlich-orientierte Leistungskriterien zur Verteilung der universitären Ressourcen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 e) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 2. Mittelbar-faktische Beeinträchtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 IV. Grundsätzliches zur verfassungsrechtlichen Rechtfertigung von Eingriffen in Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 1. Verfassungsimmanente Schranken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 2. In Betracht kommende widerstreitende Verfassungsgüter und Grundrechte Dritter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199
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Inhaltsverzeichnis V. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung der Eingriffe, die im Zusammenhang mit wirtschaftlichen Tätigkeiten stehen, die einen unmittelbaren Bezug zu Forschung und Lehre aufweisen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 1. Anordnung der Durchführung inhaltlicher Modifizierungen . . . . . . . . . . . . . . 200 a) Die Wissenschaftsfreiheit der Universität als widerstreitendes Verfassungsgut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 b) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 2. Veröffentlichungszwang und Zustimmungsvorbehalte vor Veröffentlichungen 201 3. Vertragliche Vereinbarung von temporären Geheimhaltungsklauseln zum Schutz privater Auftraggeber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 a) Art. 12 Abs. 1 GG bzw. Art. 14 Abs. 1 GG als kollidierende Grundrechte Dritter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 b) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 4. Erzeugen eines faktischen Drucks mit dem Ziel der Gewährleistung der Finanzierung von universitären Wirtschaftstätigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 a) Das Prinzip der Wirtschaftlichkeit als widerstreitendes Verfassungsgut . . 204 b) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 VI. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung der Eingriffe, die im Zusammenhang mit wirtschaftlichen Tätigkeiten stehen, die einen mittelbaren Bezug zu Forschung und Lehre aufweisen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 1. Das temporäre Offenbarungsverbot gem. § 24 Abs. 2 i.V.m. § 42 Nr. 1 S. 1 ArbnErfG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 a) Art. 33 Abs. 5 GG als widerstreitendes Verfassungsgut . . . . . . . . . . . . . . . 206 b) Funktionsfähigkeit der Hochschule als widerstreitendes Verfassungsgut . . 207 c) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 2. Zwang zur Durchführung eines Weiterbildungskurses . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 3. Verpflichtung zur Durchführung einer universitären Wirtschaftstätigkeit in der Forschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 4. Heranziehung wirtschaftlich-orientierter Leistungskriterien im Rahmen der leistungsorientierten Mittelvergabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 a) Grundsätze des BVerfG zur evaluationsbasierten Ressourcenverteilung . . 211 b) Transfer der Grundsätze des BVerfG auf den vorliegenden Fall . . . . . . . . 212 c) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 VII. Gesamtergebnis – konkrete Grenzen für die wirtschaftliche Betätigung der Universitäten im Binnengefüge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213
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F. Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 5. Kapitel Hochschulgesetzliche Legitimation und Begrenzung der wirtschaftlichen Betätigung von Hochschulen
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A. Der hochschulgesetzliche Begriff der wirtschaftlichen Betätigung . . . . . . . . . . . . . . 218 B. Zulässigkeitsrahmen für alle Wirtschaftstätigkeiten der Hochschulen . . . . . . . . . . . . 219 I. Konkretisierung des öffentlichen Zwecks durch die Hochschulaufgaben . . . . . . 221 II. Verbot der Beeinträchtigung von Forschung und Lehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 1. Begrenzung des wirtschaftlichen Risikos der Hochschulen . . . . . . . . . . . . . . 224 2. Begrenzung der Inanspruchnahme von sachlichen und personellen Ressourcen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 3. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 III. Schlussfolgerungen für die Legitimation der wirtschaftlichen Betätigung der Hochschulen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 IV. Die Zulässigkeit der wirtschaftlichen Betätigung von Hochschulen, die einen mittelbaren Bezug zu Forschung und Lehre aufweist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 1. Der Bezug zu den Hochschulaufgaben als Grenze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 2. Das Verbot der Beeinträchtigung von Forschung und Lehre als Grenze . . . . . 228 3. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 C. Erweiterung der Zulässigkeit der wirtschaftlichen Betätigung der Hochschulen . . . . 231 I. Der Katalog der Hochschulaufgaben als Pflicht- und Rahmenvorgabe . . . . . . . . 231 1. „Wissenschaftliches Aufgabenfindungsrecht“ der Hochschulen . . . . . . . . . . . 232 2. „Hochschulaufgabenbezogenes Aufgabenfindungsrecht“ einiger Landeshochschulgesetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 3. Zwischenergebnis und Schlussfolgerung für die Legitimation der wirtschaftlichen Betätigung der Hochschulen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 II. Legitimation von wirtschaftlichen Betätigungen, die weder einen unmittelbaren noch einen mittelbaren Bezug zu Forschung oder Lehre aufweisen . . . . . . . . . . 234 1. Begriffsbestimmungen: Hilfstätigkeiten, Annextätigkeiten und Randnutzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 2. Rechtsgrundlagen der Annextätigkeiten und der Randnutzungen . . . . . . . . . . 237
16
Inhaltsverzeichnis 3. Reichweite der Legitimation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 III. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241
D. Begrenzung der Zulässigkeit der wirtschaftlichen Betätigung von Hochschulen . . . 242 I. Überblick über die hochschulgesetzlichen Regelungen zur unternehmerischen Betätigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 1. Gemeinsamkeiten der hochschulgesetzlichen Regelungen zur unternehmerischen Betätigung der Hochschulen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 a) Gründung, Übernahme, wesentliche Erweiterung oder Beteiligung an wirtschaftlichen Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 b) Öffentlicher Zweck: Bezug zu den Hochschulaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . 245 2. Keine Einschränkung des Anwendungsbereichs durch einzelne hochschulgesetzliche Normen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 II. Kategorisierung der hochschulgesetzlichen Regelungen zur unternehmerischen Betätigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 III. Die hochschulgesetzlichen Grenzen der unternehmerischen Betätigung . . . . . . . 248 1. Kategorie der „Speziell-gesetzlichen-Normierung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 a) Angemessenes Verhältnis zur Leistungsfähigkeit und zum voraussichtlichen Bedarf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 b) Angemessener Einfluss der Hochschule in den Organen des Unternehmens 250 c) Beschränkung der Einlageverpflichtung und der Haftung der Hochschule 251 d) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 e) Subsidiaritätsklausel im Hochschulgesetz von Nordrhein-Westfalen und von Sachsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 aa) Nordrhein-Westfalen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 bb) Sachsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 cc) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 f) Anzeige- und Genehmigungspflichten als Ersatz für eine Subsidiaritätsklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 g) Prüfungsrechte und -pflichten des Landesrechnungshofs . . . . . . . . . . . . . . 258 h) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 2. „Verweis-auf-LHO“-Kategorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 3. „Weder-noch“-Kategorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 a) Mögliche Auslegungsleitlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263
Inhaltsverzeichnis
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b) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264 IV. Regelung zur Verwendung der finanziellen Erträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264 V. Unternehmerische Hochschulbetätigung im In- und Ausland . . . . . . . . . . . . . . . 265 E. Vereinbarkeit des einfachgesetzlichen Rahmens mit dem Verfassungsrahmen . . . . . 267 I. Eingriff in Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 II. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 F. Gesamtergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 6. Kapitel Fazit und Reformperspektiven
273
Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284 Sachwortregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306
1. Kapitel
Einführung in die Problematik, Zielsetzung der Arbeit und Gang der Untersuchung Wenn Hochschulen1 Auftragsforschungen durchführen, Wirtschaftsunternehmen an Hochschulerfindungen entgeltpflichtige Nutzungsrechte einräumen oder sich mit der Hoffnung auf Rendite an akademischen Spin-Offs2 beteiligen, wenn innerstaatliche Hochschulen ausländischen Hochschulen Curricula von Studiengängen zum Franchising anbieten, bezahlungspflichtige Weiterbildungskurse für Hochschulmitglieder und Dritte durchführen oder das Auditorium Maximum beispielsweise an die Bochumer Symphoniker vermieten, dann ist von Tätigkeiten die Rede, die allesamt unter den Begriff der wirtschaftlichen Betätigung von Hochschulen zusammengefasst werden können.
A. Einführung in die Problematik Erstaunlicherweise finden sich in der wissenschaftsrechtlichen Literatur fast3 ausschließlich Abhandlungen, die einzelne Phänomene der hier4 als „wirtschaftliche 1 Diese Arbeit bezieht sich ausschließlich auf staatliche Hochschulen. Sie legt den Fokus wiederum auf staatliche Universitäten. Viele Ausführungen gelten jedoch z. B. für Fachhochschulen entsprechend. Dies wird durch den Beschluss des BVerfG vom 13.4. 2010 bestärkt, in dem das Gericht klarstellte, dass sich grundsätzlich auch Fachhochschullehrer auf die Freiheit von Wissenschaft, Lehre und Forschung berufen dürften; vgl. BVerfGE 126, 1 ff. 2 Bei einem akademischen Spin-Off handelt es sich um eine neue unternehmerische Tätigkeit, die auf einer spezifischen, wissenschaftlichen Erkenntnis basiert (corporate Spin-Offs resultieren hingegen aus der Privatwirtschaft). Des Weiteren ist für ein solches Spin-Off kennzeichnend, dass diese Erkenntnis von Wissenschaftlern im Rahmen ihrer Tätigkeit an einer Hochschule oder an einem anderen Forschungsinstitut erworben wurde und diese Wissenschaftler nun in dem neu gegründeten akademischen Spin-Off arbeiten. Es handelt sich demnach um eine Form der Verwertung von Forschungsergebnissen. Ausführlich dazu Hemer/ Schleinkofer/Göthner, Akademische Spin-Offs, S. 30 ff. 3 Ausnahmen bilden die Beiträge von Fehling, in: ders./Kämmerer/Schmidt (Hrsg.), Hochschulen zwischen Gleichheitsidee und Elitestreben, S. 35 ff., und Knauff, WissR 43 (2010), 28 ff.; etwas häufiger wurde das Verhältnis der Universitäten zur Wirtschaft untersucht. Hervorgehoben werden sollen hierbei die neueren Arbeiten von Lux, Rechtsfragen der Kooperation zwischen Hochschulen und Wirtschaft; Dähne, Forschung zwischen Wissenschaftsfreiheit und Kommerz; Kamp, Forschungsfreiheit und Kommerz. 4 Zum Begriff vgl. sogleich 2. Kap. A.
20
1. Kap.: Einführung
Betätigung“ bezeichneten Tätigkeiten thematisieren.5 Es fehlt an einer Arbeit, die sich mit der ganzen Bandbreite der bestehenden und zukünftigen wirtschaftlichen Tätigkeiten einer Hochschule übergreifend auseinandersetzt und die durch diese Tätigkeiten aufgeworfenen rechtlichen Probleme aufzeigt sowie diesbezügliche Lösungsstrategien entwickelt. Dieser Befund ist umso überraschender, als sich die Aktualität und Relevanz des Themas gerade in der jüngsten Gesetzgebung verschiedener Bundesländer widerspiegelt. Denn die Landesgesetzgeber haben ihren jeweiligen Hochschulgesetzen6 in den vergangenen Jahren (mehr oder weniger)7 spezifische Regelungen zur wirtschaftlichen Betätigung hinzugefügt, teilweise auch unter der gleichlautenden Überschrift,8 die den Akteuren der hochschulischen 5
Zum Bereich des Technologietransfers, vgl. z. B. Püttner/Mittag, Rechtliche Hemmnisse der Kooperation zwischen Hochschulen und Wirtschaft, S. 1 ff.; Ullrich, in: Schuster (Hrsg.), Handbuch des Wissenschaftstransfers, S. 101 ff.; Kuhn, in: Schuster (Hrsg.), Handbuch des Wissenschaftstransfers, S. 121 ff.; Berger, in: Geis (Hrsg.), Hochschulrecht im Freistaat Bayern, S. 252 ff.; zum Bereich von Unternehmensbeteiligungen, vgl. z. B. Blum, Spin-Offs in strategischen Unternehmensnetzwerken, S. 19 ff.; Hemer/Dornbusch/Kulicke, Beteiligungen von Hochschulen an Ausgründungen, S. 4 ff.; zum Bereich des Sponsorings, vgl. z. B. Kocyan, Rechtsprobleme des Hochschulsponsoring, S. 100 ff.; Hampe, Hochschulsponsoring und Wissenschaftsfreiheit, S. 1 ff. 6 Viele Hochschulgesetze wurden jüngst erneut geändert. Der hier zu Grunde gelegte Stand ist vom September 2012: LHG BW v. 1.1. 2005 (GBl.BW. S. 1), zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes vom 10.7. 2012 (GBl.BW S. 457); BayHSchG v. 23.5. 2006 (BayGVBl. S. 245), zuletzt geändert durch § 1 Nr. 18 des Gesetzes vom 8.4. 2013 (GVBl S. 174); BerlHG in d. Fassung v. der Bek. v. 26.7. 2011 (Berl.GVBl. S. 378); BbgHG v. 18.12. 2008 (GVBl. I S. 318), zuletzt geändert durch Gesetz vom 4. .4 2013 (GVBl. I Nr. 11); BremHG in d. Fassung v. 9.5. 2007 (Brem.GBl. S. 339), zuletzt geändert durch Nr. 2.1 d. Bek. v. 24.1. 2012 (Brem.GBl. S. 24, 153); HmbHG v. 18.7. 2001 (HmbGVBl. S. 171), zuletzt geändert durch Art. 1 d. G. v. 20.12. 2011 (HmbGVBl. S. 550); HessHG v. 14.12. 2009 (GVBl. I S. 666), zuletzt geändert durch Art. 1 d. G. v. 26.6. 2012 (GVBl. I S. 227); LHG MV in d. Fassung d. Bek. v. 25.1. 2011 (GVOBl. MV S.18), zuletzt geändert durch Art. 6 d. G. v. 22.6. 2012 (GVOBl. MV S. 208); NHG i. d. Fassung d. Bek. v. 26.2. 2007 (Nds. GVBl. S. 69), zuletzt geändert durch Art. 7 des Gesetzes vom 12.12. 2012 (Nds. GVBl. S. 591); HG NRW v. 31.10.06 (GV. NRW. S. 474), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 18.12. 2012 (GV. NRW. S. 672); HochSchG Rh.-Pf. i. d. Fassung d. Bek. v. 19.11. 2010 (GVBl. S. 463), zuletzt geändert durch Art. 1 d. G. v. 20.12. 2011 (GVBl. S. 455); UG Saarland v. 23.6. 2004 (Amtsbl. S. 1782), zuletzt geändert durch Art. 1 d. G. v. 10.2. 2010 (Amtsbl. I S. 28); SächsHSFG in der Fassung der Bekanntmachung vom 15.1. 2013 (SächsGVBl. S. 3); HSG LSA in d. Fassung d. Bek. v. 14.12. 2010 (GVBl. LSA S. 600), zuletzt geändert durch Gesetz vom 23.1. 2013 (GVBl. LSA S. 45); HSG SH v. 28.2. 2007 (GVOBl. Schl.-H. S. 184), zuletzt geändert durch Art. 1 d. G. v. 4.2. 2011 (GVOBl. Schl.-H. S. 34, 67); ThürHG v. 21.12. 2006 (GVBl. S. 601), zuletzt geändert durch Art. 16 d. G. v. 21.12. 2011 (GVBl. S. 531). 7 Sehr allgemein gehalten sind: § 4 Abs. 4 BremHG; § 3 Abs. 9 HmbHG; § 2 Abs. 6 UG Saarl.; § 4 Abs. 11 BerlHG; § 3 Abs. 2 HSG SH; detaillierte Vorschriften sind: § 5 Abs. 7 HG NRW; § 2 Abs. 5 LHG BW; § 6 Abs. 3 SächsHSG; § 104 Abs. 4 HochSchG Rh.-Pf.; § 15 ThürHG; § 3 Abs. 9 HessHG; Art. 73 Abs. 3 BayHSchG; § 50 Abs. 4 NHG; § 3 Abs. 9 LHG MV; § 113 HSG LSA; keine Regelung trifft das Landeshochschulgesetz von Brandenburg. 8 Vgl. § 113 HSG LSA und § 15 ThürHG deren Überschrift jeweils „Wirtschaftliche Betätigung“ lautet.
A. Einführung in die Problematik
21
Wirtschaftsbetätigung einen klaren Rechtsrahmen bieten sollen. Doch kann man bereits von einem „Hochschulwirtschaftsrecht“9 sprechen oder liegt ein solches noch in weiter Ferne? Inwieweit können die hochschulischen Wirtschaftstätigkeiten durch das Verfassungs-, das Europa-10 oder das jeweilige Landeshochschulrecht legitimiert werden, inwiefern setzt ihnen die Rechtsordnung welche Grenzen? Welche Risiken resultieren aus der Wirtschaftsbetätigung der Hochschulen insbesondere im Hinblick auf die Wissenschaftsfreiheit? Welche Chancen eröffnen sich möglicherweise auch für Hochschulen? Dies sind die zentralen Fragen, die es in dieser Arbeit aus europa-, verfassungs- und hochschulrechtlicher Perspektive zu beantworten gilt und zwar übergreifend für alle Tätigkeiten, die per definitionem zur wirtschaftlichen Betätigung von Hochschulen zählen.
I. Kultur- und zeitgeschichtlicher Kontext der wirtschaftlichen Betätigung von Hochschulen Bei jeder Annäherung an ein Thema ist es wichtig, dieses in den kultur- und zeitgeschichtlichen Kontext einzubetten, um ein umfassendes Verständnis zu ermöglichen. Dabei sind nicht nur „harte“, sondern auch „weiche Faktoren“11 zu beachten. Folglich soll hier zunächst ein kurzer Überblick über die Veränderung der universitären Wirtschaftsbetätigung und über in Frage kommende Gründe für diese gegeben werden, bevor das Stimmungsbild der betroffenen Hochschulakteure auf diese Veränderung nachgezeichnet wird. Die wirtschaftliche Betätigung der Universitäten ist keine spezifische Erscheinung der vergangenen Jahre. Vielmehr haben Universitäten bereits seit ihren Gründungen, d. h. seit Ende des 14. Jahrhunderts,12 z. B. ihre Ländereien13 verpachtet und sich mithin (äußerlich betrachtet)14 wirtschaftlich betätigt. Auch der Wissens9
Terminologie erstmals von Knauff, WissR 43 (2010), 28 (44), verwendet. Das Europarecht spielt in dieser Arbeit, wie im 3. Kap. B. dargelegt wird, nur eine untergeordnete Rolle, da es keinerlei Anforderungen bezüglich des „Ob“ wirtschaftlicher Betätigung normiert. Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union haben dieser keine diesbezüglichen Kompetenzen eingeräumt. 11 Harte Faktoren sind nachprüfbare Fakten, die sich z. B. in betriebswirtschaftlichen Kennzahlen ausdrücken lassen. Weiche Faktoren sind beispielsweise Stimmungen; vgl. Zell, Die Grundlagen der Organisation Lernen und Lehren, S. 79. 12 Tomerius, Die Hochschulautonomie und ihre Einschränkungen beim Zusammenwirken von Land und Hochschule, S. 9 ff., gibt einen Überblick über die Entwicklung der deutschen Universitäten. Die ersten waren Heidelberg (1386), Köln (1388), Erfurt (1392) und Leipzig (1409). 13 Die Universitäten erhielten diese so genannte Pfründe von dem jeweiligen Landesherren zu dem Zweck der Bewirtschaftung, da sie oftmals an Geldmangel litten; so beschreibt es Knauff, WissR 43 (2010), 28 (32) unter Verweis auf Ellwein, Die deutsche Universität, S. 31. 14 Zur notwendigen Unterscheidung von einem phänomenologischen und einem rechtlichen Begriff der wirtschaftlichen Betätigung, vgl. sogleich 2. Kap. A. 10
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1. Kap.: Einführung
und Technologietransfer, der zum großen Teil auf einen wirtschaftlichen Austausch gerichtet ist, hat eine lange Tradition. Während aber früher wirtschaftliche Tätigkeiten vornehmlich als Begleiterscheinung wahrgenommen wurden (z. B. Verpachtung der hochschuleigenen Grundstücke) oder vorrangig eine gesellschaftliche Funktion erfüllten (z. B. Öffnung der Hochschule nach außen durch den Wissensund Technologietransfer), hat sich in den letzten Jahren die Bedeutung der wirtschaftlichen Betätigung grundlegend gewandelt. Die Hochschulen versuchen nunmehr neue Formen der wirtschaftlichen Betätigung zu erschließen, bestehende Formen auszubauen und deren Organisation und Leitung zu professionalisieren.15 Zudem orientieren sie sich dabei nicht mehr (allein) an dem haushaltsrechtlichen Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit16, sondern zunehmend17 an Struktur- und Handlungsprinzipien, die der Privatwirtschaft entlehnt sind. Diese Entwicklung ist kein vereinzeltes und kein zufälliges Phänomen, sondern Teil einer umfassenden Ökonomisierungsstrategie, die seit den 1990er18 Jahren schrittweise19 Einzug in den Hochschulen bzw. in den Landesministerien gehalten hat. Die Ökonomisierung20 reicht von der Aufgabenwahrnehmung (z. B. Imple15 Der Ausbau der wirtschaftlichen Betätigung der Universitäten und die Professionalisierung entsprechen auch dem Willen des Bundes. Denn dieser änderte den § 42 des Arbeitnehmererfindungsgesetz (Gesetz zur Änderung des § 42 ArbnErfG v. 19.1. 2002 [BGBl. I S. 414]), so dass nun die Verwertung von Hochschulerfindungen nicht mehr Aufgabe des einzelnen Wissenschaftlers, sondern die des Dienstherren ist (nur in den Ländern, in denen die Dienstherreneigenschaft auf die Hochschulen übertragen wurde, handelt es sich bei dem hier in Frage stehenden Dienstherren gleichzeitig um die Hochschule – wie z. B. § 2 Abs. 3 HG NRW); vgl. dazu auch 1. Kap. B. II. 1. 16 Dieser Grundsatz richtet sich jedoch nach traditionellem Verständnis überwiegend an die „Ausgabenseite“ und nicht an die „Einnahmenseite“; vgl. Burgi, in: Butzer (Hrsg.), Wirtschaftlichkeit durch Organisations- und Verfahrensrecht, S. 53 (55). 17 Eine ausschließliche Orientierung an dem ökonomischen Prinzip der Gewinnmaximierung ist den Hochschulen als Körperschaften des Öffentlichen Rechts verwehrt; vgl. zu diesem Problem 3. Kap. A. IV. 1. 18 Einen entscheidenden Wendepunkt bildete die Abschaffung der hochschulorganisationsrechtlichen Bestimmungen (§§ 60 ff. HRG) des Bundes durch die 4. Novelle des HRG (Viertes HRGÄndG vom 20.08. 1998 [BGBl. I S. 2190]), denn diese löste die Vielfalt der Organisationen in den Ländern aus; vgl. auch Kahl, Staat und Hochschule, S. 92, der den Beginn der Hochschulreformen durch Zitate verschiedener Politiker Anfang der 1990er Jahre anschaulich belegt. 19 Zu bedenken gilt es, dass die Reformen in jedem Bundesland unterschiedlich verlaufen und zum Teil noch nicht zum Abschluss gekommen sind. Sie differieren hinsichtlich des Ausmaßes, des Zeitpunktes, der Reihenfolge und der Bezeichnung. Wenn folglich von den Hochschulreformen die Rede ist, dann handelt es sich um Reformelemente, die in der Mehrzahl der Länder (trotz zeitlicher Variation) umgesetzt wurden; vgl. Schulte, VVDStRL 65 (2006), 110 (125); Burgi/Gräf, DVBl. 2010, 1125; Sieweke, Managementstrukturen und outputorientierte Finanzierung im Hochschulbereich, S. 17. 20 Wie bereits bei Hendler, VVDStRL 65 (2006), 238 (244), soll der Begriff der Ökonomisierung hier vor allem ein Phänomen beschreiben. Da der Begriff der Ökonomisierung keine rechtsdogmatische Funktion erfüllt, ist es unschädlich, dass es ihm an Abgrenzungsschärfe
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mentierung des Wettbewerbsgedankens, der in der Exzellenzinitiative, dem Bologna-Prozess und dem inter- bzw. intrahochschulischen Wettbewerb sichtbar wird)21 über die Organisation der Hochschulen (z. B. Stärkung der Kompetenzen der monokratischen Leitungsorgane, Einführung eines Hochschulrats)22 bis hin zur verwendeten Sprache (z. B. Wissen als „Ware“, Rektor als „Vorstandsvorsitzender“)23. Sogar die Kernaufgaben „Forschung und Lehre“ bleiben von der Ökonomisierung nicht unberührt. Dies zeigt sich in der Tendenz, Forschungserkenntnisse vermehrt auf ihre ökonomische Verwertbarkeit hin zu untersuchen und die Lehre zunehmend auf die Vermittlung von berufsqualifizierenden Fähigkeiten auszurichten.24 Die Ökonomisierung betrifft in breve den Wissenschaftsbetrieb „Hochschule“ als solchen.
II. Mögliche Gründe für eine Intensivierung der wirtschaftlichen Betätigung von Hochschulen Welche Gründe kommen aber nun für die Intensivierung der wirtschaftlichen Betätigung in Betracht? Als einer der zentralen Gründe kann die fortwährend angespannte, durch die Finanz- und Wirtschaftskrise (ab 2008) nochmals verschärfte, öffentliche Haushaltslage des Bundes, der Länder und der Kommunen genannt werden, die die Erschließung zusätzlicher Einnahmequellen notwendig macht. Hierbei sehen sich die Länder als (Haupt-)Finanzierungsverantwortliche der Hochschulen vor eine schwierige Aufgabe gestellt, da die in Betracht kommenden Einnahmequellen begrenzt und weitestgehend ausgeschöpft sind. Denn das Thema „Studiengebühren“ ist im politischen, länderübergreifenden Diskurs nach Einführung der Studienbeiträge und ihrer kurz darauffolgenden Abschaffung im Saarland, in Hessen, in NordrheinWestfalen und Baden-Württemberg sowie (derzeit geplant)25 in Hamburg aller Wahrscheinlichkeit nach für längere Zeit ad acta gelegt. Die sodann in Betracht mangelt. Zum Ökonomisierungsbegriff im Bereich der öffentlichen Verwaltung vgl. Burgi, VVDStRL 62 (2003), 405 (416 f.) m.w.N. 21 Ausführlich Mager, VVDStRL 65 (2006), 274 (278); v. Coelln, DVBl. 2009, 1090 ff. 22 Die sog „externen Stakeholder“ (externe Mitglieder des Hochschulrats) stammen zu 34 % (Universitäten allgemein) bzw. 48 % (technische Universitäten) aus dem Bereich der Wirtschaft; vgl. die Studie von Gerber/Bogumil, in: Bogumil/Heinze (Hrsg.), Neue Steuerung von Hochschulen, S. 93 (109). 23 Besonders deutlich tritt der Einzug der Ökonomie in die Sprache der Hochschulen im Landeshochschulgesetz von Baden-Württemberg zu Tage, in dem das Rektorat/Präsidium „Vorstand“ (§ 16 LHG BW) und der Hochschulrat „Aufsichtsrat“ (§ 20 LHG BW) genannt wird. 24 Mager, VVDStRL 65 (2006), 274 (279). 25 In Hamburg ist die Abschaffung laut Regierungsprogramm für das Wintersemester 2012/ 2013 geplant (http://www.spd-hamburg.de/cms/fileadmin/LO/Dokumente/-Parteitage/1501 11/SPD_Regierungspro-gramm_2011.pdf, S. 21).
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1. Kap.: Einführung
kommende Finanzierung durch Drittmittel26 ist insofern problematisch, als dass die Länder regelmäßig selbst zu den Drittmittelgebern27 zählen. Somit handelt es sich aus der Perspektive der Länder auf den ersten Blick nicht um eine potentielle Einnahmequelle. Wohl besteht aber die Möglichkeit, die Länder durch eine verstärkte Drittmittelfinanzierung des Bundes28 zu entlasten, so dass man bei Drittmitteln zumindest von einer mittelbaren Einnahmequelle aus Ländersicht sprechen kann.29 Generell problematisch an Drittmitteln ist allerdings, dass die Mittel antragsabhängig, projekt- und personengebunden sowie befristet sind und darüber hinaus bestimmte Fächergruppen begünstigen (insbesondere Natur- und Ingenieurwissenschaften sowie Medizin).30 Schwerer wiegt indes, dass die Wahl der Forschungsschwerpunkte durch die Drittmittelgeber mittelbar gesteuert wird.31 Denn durch Ausschreibungen von bestimmten übergeordneten Themen werden zwangsläufig externe Anreize gesetzt, die geeignet sind, Forschungsarbeiten (zumindest thematisch) in eine bestimmte Richtung zu lenken.32 Drittmittel kommen demnach nur bedingt und oftmals nur für eine bestimmte universitäre Fächergruppe als zusätzliche Finanzierungsquelle in Frage. Sie sind nicht dafür geeignet, eine dauerhafte Entlastung der Länder in der Grundfinanzierung herbeizuführen. Des Weiteren spielen nach wie vor Spenden oder Schenkungen lediglich eine marginale Rolle, obwohl sich die Hochschulen von den Hochschulabsolventen durch eine gezielte Alumni-Arbeit eine vergrößerte Bereitschaft erhoffen, die ehemalige eigene Universität monetär
26 Der Begriff der Drittmittel wird in § 25 HRG nur negativ umschrieben („Forschungsvorhaben […] die nicht aus den der Hochschule zur Verfügung stehenden Haushaltsmitteln, sondern aus Mitteln Dritter finanziert werden.“); ausführlich dazu Karpen, Wissenschaftsfreiheit und Hochschulfinanzierung, S. 39 ff. 27 Mit 67,3 % stammt der weitaus größte Teil der Drittmittel für die Hochschulen von der öffentlichen Hand; vgl. Statistisches Bundesamt, Bildung und Kultur, Bericht 2009, S. 28. 28 Die größten Drittmittelgeber sind: die Deutsche Forschungsgemeinschaft e. V. mit 33,7 %, der Bund mit 19,8 % und die Europäische Union mit 8,9 %; vgl. Statistisches Bundesamt, Bildung und Kultur, Bericht 2009, S. 77 ff. 29 Das Ziel einer finanziellen Entlastung der Länder ist auch im Projekt „Exzellenzinitiative“ versteckt. So konstatieren Schimank/Lange, in: Weingart/Taubert (Hrsg.), Das Wissensministerium, S. 311 (339): „Der Bund wollte sich institutionellen Einfluss […] auf die besten deutschen Hochschulen ,kaufen‘, die Länder wollten das Geld – aber ohne einen quasi-trägerschaftlichen Einfluss des Bundes auf einzelne Hochschulen.“ 30 Trute, Die Freiheit zwischen grundrechtlicher Freiheit und staatlicher Institutionalisierung, S. 433. 31 Differenzierend Trute, Die Freiheit zwischen grundrechtlicher Freiheit und staatlicher Institutionalisierung, S. 433 f., der zwischen öffentlichen und privaten Geldgebern und den Vergabemodalitäten unterscheidet. Er attestiert insbesondere den öffentlichen Drittmittelgebern, dass sie die Mittel nicht zweck-, sondern rein qualitätsorientiert vergeben. 32 So wurden z. B. in den vergangenen Jahren insbesondere die bildgebenden Verfahren in der Neurowissenschaft gefördert (PET oder fMRI). Bei diesen abbildenden Verfahren werden jedoch tendenziell Theoriebildung und Prozesse vernachlässigt; so die Befürchtung von Demmerling, in: Janich (Hrsg.), Naturalismus und Menschenbild, S. 240 (245, Fn. 6).
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oder auf sonstige Weise zu unterstützen.33 Somit kommt als letzte Einnahmequelle die wirtschaftliche Betätigung von Hochschulen in Betracht. Sie ist aus der Sicht der Ministerien34 besonders attraktiv, da die hochschulische Wirtschaftsbetätigung ein weites Spektrum an Erscheinungsformen umfasst, deren Kapazitäten noch nicht voll ausgeschöpft scheinen,35 und darüber hinaus eine Einbindung der Hochschulen in die Einnahmegenerierung ermöglicht.36 Mithin handelt es sich bei der wirtschaftlichen Betätigung um eine viel versprechend erscheinende Einnahmequelle für die Länder, die es zu erschließen gilt.37
III. Konfliktpotential der wirtschaftlichen Betätigung von Hochschulen Dass die Länder bestrebt sind, die Hochschulen effizienter zu gestalten und damit auch das Bemühen einer gesteigerten Ausschöpfung des ökonomischen Potentials einer Hochschule einhergeht, zeigt ein Blick in die vergangene Dekade, in der die Organisation der Hochschulen hierarchischer ausgerichtet und gleichzeitig den Universitäten ein vergrößerter Spielraum zur eigenen Gestaltung und Abgrenzung von anderen Universitäten gewährt wurde.38 Denn die durch Mitbestimmung und 33 Beispielsweise wird in § 3 Abs. 6 HessHG, § 3 Abs. 10 LHG MV, § 3 Abs. 6 HSG SH und § 5 Abs. 3 ThürHG die Alumniarbeit sogar in den Katalog der Hochschulaufgaben inkorporiert. 34 Vgl. z. B. den ehemaligen Wissenschaftsminister für das Land Nordrhein-Westfalen Pinkwart, WiSt 30 (2001), 470 ff.; ders., Zeitschrift für Wirtschaftspolitik 56 (2007), 255 ff., der aussagt, dass sich die Hochschulen, um auf den Zukunftsmärkten agieren zu können, selbst wie Unternehmen verhalten müssten. 35 Vgl. z. B. Leusing, Hochschulen als Standortfaktor, S. 15 ff. 36 Ein europäisches Paradebeispiel ist wahrscheinlich die Holding der Universität Maastricht, die sechs Unternehmen im Alleineigentum und einundzwanzig Unternehmensbeteiligungen umfasst. Sie tritt in die großen Fußstapfen der amerikanischen Privatuniversitäten, indem sie im Jahr 2010 einen Gewinn von ca. 1,5 Millionen Euro erwirtschaftete, der teilweise reinvestiert und teilweise an die Universität überwiesen wurde. Einen ähnlichen Geldsegen durch hochschulische Wirtschaftsbetätigung erträumen sich natürlich viele für die hiesigen Hochschulen. Die amerikanischen Eliteuniversitäten hingegen sind auf Grund der völlig unterschiedlichen Ausgangslagen und Hochschullandschaften mit denen in Deutschland kaum vergleichbar. Als Musterbeispiel kann hier die Stanford University genannt werden, die mit dem Verkauf ihrer Anteile an Google ca. 300 Millionen US Dollar erwirtschaftet haben soll; vgl. v. Bebber, DUZ 2011, 9. 37 Ökonomisierungstendenzen und ein ökonomisiertes Verständnis von Wissenschaft zeigen sich beispielsweise auch in Berlin. Dort trennt die neue Ressortaufteilung Wissenschaft von Forschung. Forschung wird dem Ressort „Wirtschaft, Technologie und Forschung“ und Wissenschaft dem Ressort „Bildung und Wissenschaft“ zugeordnet; vgl. http://www.tagesspie gel.de/wissen/eine-mauer-durch-die-forschung/5859660.html; Wiarda, Irre Ehe, in: Die Zeit vom 1.12. 2011, S. 89. 38 Dahingehend auch Wissenschaftsrat, Empfehlungen zur Interaktion von Wissenschaft und Wirtschaft, S. 12 ff.; zur Verfassungsmäßigkeit Hendler, VVDStRL 65 (2006), 238 (247).
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1. Kap.: Einführung
starke staatliche Regulierung geprägte Gruppenhochschule39 erschien weniger geeignet zu sein, die Hochschulen zu mündigen Wirtschaftsakteuren zu befähigen. Vielmehr benötigten die nunmehr angestrebten Managementhochschulen ihrer Meinung nach ein Mindestmaß an Autonomie und Entscheidungsfreiheit, durchsetzungsstarke Leitungsstrukturen und einen zumindest globalisierten Haushalt40 mit der Möglichkeit der jährlichen Übertragbarkeit.41 Diese Grundvoraussetzungen sind durch die Hochschulreformen hochschulgesetzliche Wirklichkeit geworden. Insgesamt kann man demnach die angespannte öffentliche Haushaltslage als einen zentralen Faktor für die Intensivierung der wirtschaftlichen Betätigung und die generelle Ökonomisierung der Hochschulen benennen. Sie ist einer der Gründe für die damit verbundene Umwälzung des Hochschulsystems.42 Viele weitere maßgebliche Faktoren (wie z. B. der Drang nach einer Internationalisierung der Hochschulen, der in der Einführung der Bachelor- und Masterstudiengänge mündete)43 stellen einen von der Wirtschaftsbetätigung unabhängigen Einfluss auf die Reformen dar und werden deswegen mangels Bezugs zu dieser nicht weitergehend vertieft.44 Welche Motivation können aber nun die Hochschulen haben, sich verstärkt wirtschaftlich zu betätigen? Was verfolgen sie für Ziele? Und welchen Risiken sehen sie sich dabei ausgesetzt? Ein großer Anreiz, sich verstärkt wirtschaftlich zu betätigen, scheint aus Hochschulsicht (präziser: aus der Sicht vieler Hochschulleitungen und einiger Hoch-
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Zu den verschiedenen Leitbildern Smeddinck, DÖV 2007, 269 ff. So führt Kocyan, Rechtsprobleme des Hochschulsponsoring, S. 46 ff., aus, dass vor den Reformen, die ihren Ausgangspunkt in dem vierten Änderungsgesetz zum Hochschulrahmengesetz nahmen, die Hochschulen fest in das (landes-)haushaltsrechtliche Korsett eingeschnürt waren. Das in den Haushaltsordnungen der Länder enthaltene Prinzip der Jährlichkeit des Haushalts, das Prinzip der sachlichen Bindung und das Bruttoprinzip erschwerten oder verhinderten sogar eine bewegliche und geplante Wirtschaftsführung der Hochschulen. Auch abseits der staatlichen Finanzierung – im Bereich der Vermögensverwaltung – behinderten ein ungünstiges Steuer-, Stiftungs- und Haushaltsrecht die zusätzliche Gewinnung privaten Kapitals. Um die Hochschulen aus diesem Zustand der Unbeweglichkeit zu befreien, wurde das Hochschulrecht in allen Ländern grundlegend reformiert; vgl. auch Zeh, Finanzverfassung und Autonomie der Hochschule, S. 61 ff.; Kracht, Das neue Steuerungsmodell im Hochschulbereich, S. 138 ff.; Sieweke, Managementstrukturen und outputorientierte Finanzierung im Hochschulbereich, S. 76 ff. 41 Das Modell der Managementhochschule orientiert sich am Neuen Steuerungsmodell; vgl. zu diesem statt vieler Sieweke, Managementstrukturen und outputorientierte Finanzierung im Hochschulbereich, S. 24 ff. 42 Ausführlich Schimank, in: Stölting/ders. (Hrsg.), Die Krise der Universitäten, S. 223 ff.; Smeddinck, DÖV 2007, 269 (270). 43 Ausführlich zu den Ursachen der Hochschulreformen Kahl, Hochschule und Staat, S. 92 ff. 44 Vgl. den Überblick bei Bogumil/Grohs, in: Bogumil/Heinze (Hrsg.), Neue Steuerung von Hochschulen, S. 139 ff. m.w.N. 40
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schulprofessoren)45 die Hoffnung auf eine damit einhergehende Profilschärfung und Reputationssteigerung der Hochschule zu sein.46 Diese soll wiederum zu einer besseren Stellung im Wettbewerb mit den anderen Hochschulen um die besten Forscher und Studenten, aber auch um Forschungsgelder und eine obere Platzierung in nationalen und internationalen Universitäts- bzw. Forschungsrankings führen.47 Die äußeren ökonomisierten Begebenheiten haben die Anforderungen, die an Hochschulen gestellt werden, erweitert. Dies kommt besonders darin zum Ausdruck, dass nun nicht mehr allein wissenschaftliche Exzellenz, sondern auch wirtschaftlicher Erfolg zu einem Qualitätskriterium einer Hochschule gezählt wird.48 Dabei meint „wirtschaftlicher Erfolg“ hier nicht primär die Höhe der erzielten Gewinne, sondern insbesondere die quantifizierbaren, d. h. zählbaren und sichtbaren Lehr- und Forschungserfolge, wie z. B. Anzahl der Patentanmeldungen, Höhe der Drittmitteleinwerbungen, Anzahl der Spin-Offs bzw. Start-Ups49 und die Anzahl der Hochschulabsolventen.50 Auf einige der genannten Parameter (vor allem auf die Anzahl der Patentanmeldungen und der Spin-Offs bzw. Start-Ups) kann sich eine verstärkte Wirtschaftsbetätigung förderlich auswirken. Von großer Bedeutung für die Hochschulen sind demnach z. B. hochschuleigene Technologietransferunternehmen, die die Schnittstelle für Kooperationen mit kleinen und mittleren Unternehmen der Region oder großen (inter-)nationalen Unternehmen bilden.51 Sie sind für die Verwertung der Forschungsergebnisse verantwortlich (z. B. Verkauf von Schutzrechten, Patentanmeldungen) und schärfen somit potentiell den Ruf einer Hoch45
Befürworter sind vor allem die Hochschulleitungen, die durch die Hochschulreformen an Macht gewonnen haben; vgl. Hochschulrektorenkonferenz, Hochschulen als Motoren der wirtschaftlichen Entwicklung, passim; der Titel bringt bereits die positive Haltung gegenüber wirtschaftlicher Betätigung zum Ausdruck; ein medial auffälliger Vertreter der Befürworter der wirtschaftlichen Betätigung aus dem Kreis der Hochschulprofessoren ist der Leiter des Zentrums für Angewandte Geschichte der Universität Nürnberg-Erlangen (vgl. Staas, Die Firma zahlt, in: Die ZEIT vom 28.4. 2011, S. 21). Dieser fordert sogar, dass sich Wissenschaft stets „den vitalisierenden Kräften von Angebot und Nachfrage“ aussetzen müsse. „Wissenschaft lebt von Aufträgen. In Aufträgen dokumentiert sich die Nachfrage.“ Bei wem nicht nachgefragt werde, der habe keine Legitimation. 46 Zustimmen Bumke, VVDStRL 69 (2010), 407 (421): „Da Exzellenz für die meisten von ihnen [den Hochschulen] ausscheidet, bleibt nur die Profilbildung […].“ 47 Zum Wettbewerb an Universitäten, vgl. Geis, VVDStRL 69 (2010), 364 (377 ff.). 48 Knauff, WissR 43 (2010) 28 (31), mit Verweis auf den diesbezüglichen kritischen Beitrag von v. Coelln, DVBl. 2009, 1090 (1098); ähnlich äußert sich Bumke, VVDStRL 69 (2010), 407 (421): „[…] die Dominanz des Geldes als universelles Kennzeichnen für Spitzenforschung ist neu.“ 49 Start-Ups werden im Gegensatz zu Spin-Offs von Hochschulabsolventen gegründet; vgl. Roski, Spin-Off Unternehmen zwischen Wissenschaft und Wirtschaft, S. 117. 50 Kritisch Bull/Mehde, JZ 2000, 650 (651 f.). 51 Auch die Zusammenarbeit mit anderen Universitäten soll vorangetrieben werden. Ein erfolgreiches Beispiel ist die „Universitas 21“, eine Holding von aus- und inländischen Universitäten, die das Ziel verfolgt, Internet-Studienangebote zu vermarkten; vgl. dazu Fehling, in: ders./Kämmerer/Schmidt (Hrsg.), Hochschulen zwischen Gleichheitsidee und Elitestreben, S. 35.
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1. Kap.: Einführung
schule als exzellente Forschungsstätte. Auch die Förderung von Nachwuchswissenschaftlern kann aus Hochschulsicht zur Reputationssteigerung beitragen, da sie idealiter zu mehr Ausgründungen aus Hochschulen führt. Dadurch könnte der Ruf der Hochschulen hinsichtlich ihrer Innovationsfähigkeit erweitert werden. Insgesamt gibt es vor allem für Hochschulleitungen viele Möglichkeiten, von einer Intensivierung der wirtschaftlichen Hochschultätigkeiten zu profitieren – nicht zuletzt im Rahmen der Exzellenzinitiative, in welcher der wirtschaftliche Erfolg mittelbar ein Bewertungskriterium darstellt.52 Allerdings erfährt eine solche Sichtweise nicht nur Zuspruch. Vor den Folgen eines verstärkt ökonomischen Verständnisses von Forschung und Lehre warnen viele Hochschulprofessoren. Sie mahnen mit den Worten des BVerfG, dass „eine von gesellschaftlichen [und ökonomischen] Nützlichkeits- und politischen Zweckmäßigkeitsvorstellungen freie Wissenschaft Staat und Gesellschaft im Ergebnis am besten dient“53. Dass ein altruistisches Wissenschaftsverständnis das Fundament für jeglichen Erfolg universitärer Forschung und Lehre bilde, versuchen sie insbesondere durch zwei Argumente zu verdeutlichen. Zum ersten schützt ihrer Überzeugung nach ein Betreiben von Wissenschaft als Selbstzweck den einzelnen Forscher vor Zugriffen der jeweiligen Machtinstitutionen (früher Kirche, heute Staat, nun vermehrt auch Wirtschaft und Finanzsektor)54 und somit die Unabhängigkeit des Forschers.55 Diese Unabhängigkeit und letztlich auch die Glaubwürdigkeit der Wissenschaftler sehen die Kritiker allerdings in Gefahr, wenn sich die Motivation des Wissenschaftlers ändere und „die Neugier des selbstformulierten Forschungsdrangs […] der unternehmerischen Wissensproduktion“56 weiche. Denn wenn Forschungserfolg mit ökonomischer Verwertbarkeit gleichgesetzt werde, dann hänge die Bewertung der universitären Forschung zunehmend von der Wirtschaft und anderen Akteuren außerhalb der scientific community ab. Eine solche Akzentverschiebung, so befürchten sie, stelle ein Einfallstor für Manipulations- bzw. Ver52 Vgl. z. B. Punkt 5 der Begutachtungskriterien zum „Exzellenzcluster“, der da lautet „Anwendungsbezug [der Forschung], Erkenntnistransfer [der Forschung] und Kooperationspartner im In- und Ausland“. Die verstärkte Ausrichtung der Forschung hin zu einem Anwendungsbezug hängt u. a. mit der Intensivierung der universitären Wirtschaftsbetätigung zusammen, denn die wirtschaftliche Verwertung durch Technologietransferstellen ist auf anwendungsbezogene Forschungserkenntnisse angewiesen; vgl. http://www.dfg.de-/download/ pdf/dfg_im_profil/reden_stellungnahmen/2011/pk_exin/pk_exin_110302_kriterien_exzellenz cluster.pdf. 53 BVerfGE 47, 327 (370); 111, 333 (354); zustimmend Kleindiek, Wissenschaft und Freiheit in der Risikogesellschaft, S. 128 f.; Dickert, Naturwissenschaft und Forschungsfreiheit, S. 65 f.; Mager, VVDStRL 65 (2006), 274 (286); Hendler, VVDStRL 65 (2006), 238 (247); Dähne, Forschung zwischen Wissenschaftsfreiheit und Wirtschaftsfreiheit, S. 272; Bumke, VVDStRL 69 (2010), 407 (416 f.); a.M. z. B. Ruffert, VVDStRL 65 (2006), 146 (158). 54 So die zutreffende Einschätzung von Nettesheim, DVBl. 2005, 1072 (1073). 55 Dickert, Naturwissenschaft und Forschungsfreiheit, S. 65 ff.; Nettesheim, DVBl. 2005, 1072 (1073); Kempen, DVBl. 2005, 1082 f.; Hendler, VVDStRL 65 (2006), 238 (255). 56 Nettesheim, DVBl. 2005, 1072 (1073).
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schleierungsversuche dar.57 Zum zweiten prognostizieren die Kritiker, dass eine auf Kommerzialisierung ausgelegte Wissenschaft nicht zu einer Steigerung der Innovation, sondern im Gegenteil zu einer geistigen Verarmung und einem deutlich geringeren Forschungsertrag führen werde. Sie erinnern daran, dass gerade eine offene Geisteshaltung die Forschung und letztlich auch die ökonomische Verwertbarkeit befruchte. Denn ein ökonomischer Nutzen sei oftmals eher Zufall, denn Planung, und stelle sich häufig erst im Nachhinein heraus. Des Weiteren lehnen sie eine verstärkte finanzielle Eigenverantwortung der Hochschulen ab, da sie im Falle der Ressourcenknappheit binnenhochschulische Verteilungskämpfe befürchten, die insbesondere zu Lasten von kleinen, ökonomisch weniger interessanten Fächern gehen könnten.58 Nach ihrem Verständnis sind Wissenschaft und Wirtschaft zwei unterschiedliche Systeme, die nicht kompatiblen Eigengesetzlichkeiten folgen würden.59 Verschieden seien vor allem die Zielsetzungen – auf der einen Seite das Streben nach neuen Erkenntnissen bzw. der Wahrheit und auf der anderen Seite die Gewinnmaximierung. Marktgängigkeit kann aus ihrer Sicht kein Wissenschaftsziel sein, da mit dieser eine – wie bereits dargelegt – abzulehnende „Vernutzung der Wissenschaft“60 einhergehe. Dass die beschriebenen Gefahren nicht von der Hand zu weisen sind, zeigt sich ihnen zufolge bereits in dem zunehmenden Legitimationszwang der Grundlagenforschung und der Hinwendung zur anwendungsorientierten Forschung.61 Eine Wirtschaftsbetätigung in Einzelfällen sehen die Kritiker demnach nicht als problematisch an. Vielmehr befürchten sie, dass sich die Ausrichtung am ökonomischen Nutzen, die die wirtschaftliche Betätigung gerade verkörpert, als pars pro toto auf die gesamte Hochschule überträgt. Die Hochschule als „Wirtschafts- und Dienstleistungsunternehmen“62 – das ist das abschreckende Bild, das sie vor Augen haben. Zugespitzt formuliert lehnt diese Gruppe die hochschulische Wirtschaftsbetätigung und ihre Ausweitung ab, da sie befürchtet, dass mit ihr ein ökonomisches Denken überhand in den Hochschulen gewinnt, das die Freiheit der Wissenschaft insgesamt gefährdet.
57 Auch das BVerfGE 111, 333 (359), wirkt einer verstärkt zweckorientierten Forschung entgegen. So weist es darauf hin, dass Einnahmen durch Auftragsforschungen nicht als Bewertungskriterium bei der hochschulinternen Mittelverteilung verwendet werden dürfen; vgl. auch Löwer, in: Grupp/Hufeld (Hrsg.), FS Mußgnug, S. 421 ff. 58 Hufeld, DÖV 2002, 309 (310 f.); a.M. Schenke, NVwZ 2005, 1000 (1001), der mehr hochschulische finanzielle Eigenverantwortung begrüßt. 59 Vgl. Schenke, NVwZ 2005, 1000 (1002); Mager, VVDStRL 65 (2006), 274 (278 ff.); Gärditz, Hochschulorganisation und verwaltungsrechtliche Systembildung, S. 506 ff. 60 Nettesheim, DVBl. 2005, 1072 (1073). 61 „Heute stellt Wissenschaft, die nicht praxisorientiert ist, ihre Legitimation in Frage.“ So die Befürchtung von Nettesheim, DVBl. 2005, 1072 (1073); ebenfalls kritisch Löwer, in: Grupp/ Hufeld (Hrsg.), FS Mußgnug, S. 421 ff.; Gärditz, NVwZ 2005, 407 ff.; Ladeur, DÖV 2005, 753 ff.; Schenke, NVwZ 2005, 1000 ff.; Peters, NWVBl. 2008, 365 ff. 62 Schenke, NVwZ 2005, 1000.
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1. Kap.: Einführung
Zusammenfassend entzündet sich der Streit der Befürworter und Gegner des Ausbaus von ökonomischen Strukturen und Tätigkeiten einer Hochschule an den verschiedenen Leitbildern (Gruppenhochschule versus Managementhochschule)63 und an der daraus resultierenden Frage nach der Legitimation des Betreibens der Wissenschaft als Selbstzweck. Es wird zu klären sein, ob ein solches Verständnis von Wissenschaft in unserer ökonomisierten und digitalisierten Welt noch gültig ist bzw. – etwas abgeschwächt formuliert – ob es neuer Antworten auf die alte Frage nach dem Verhältnis und der gegenseitigen Einflussnahme von Wirtschaft und Hochschulen bedarf.
B. Zielsetzung und Thesen der Arbeit In dieser Arbeit wird kein bestimmtes Leitbild zu Grunde gelegt. Vielmehr soll hier ein pragmatisch-nüchterner Ansatz verfolgt werden. Denn m. E. kann nur eine eklektische Haltung den dargelegten Konflikt schlichten. Weder den Finanzierungsverantwortlichen der Hochschulen noch den Hochschulprofessoren wäre geholfen, wenn die durch die wirtschaftliche Betätigung bedingten gewinnträchtigen Chancen gänzlich ungenutzt blieben. Denn eine Unterfinanzierung der Hochschulen würde sich zuvörderst negativ auf Forschung und Lehre auswirken. Finanzielle Kürzungen, insbesondere Tätigkeiten betreffend, die über die (verfassungsrechtlich geschuldete)64 „wissenschaftliche Grundversorgung“ hinausgehen, könnten gegebenenfalls jedoch durch Erträge der wirtschaftlichen Betätigung verhindert oder zumindest abgeschwächt werden. Gleichzeitig darf eine Aufgeschlossenheit gegenüber wirtschaftlichen Erwägungen nicht mit einer vollständigen und unterschiedslosen Unterwerfung von einerseits verwaltungstechnischen und andererseits wissenschaftlichen Belangen unter ökonomische Zwänge verwechselt werden. Das heißt: Je weiter sich wirtschaftliche Strukturprinzipien an wissenschaftsrelevante Angelegenheiten annähern, desto strenger müssen die Sicherungsvorkehrungen sein, die zur Abwehr einer strukturellen Gefährdung der Wissenschaftsfreiheit getroffen werden. Hier wird die These vertreten, dass der Ausbau der wirtschaftlichen Betätigung bei gleichzeitiger Wahrung der Wissenschaftsfreiheit die größten Erfolgsaussichten verspricht, wenn die gegenläufigen Interessen folgendermaßen ausbalanciert werden könnten: Einerseits müsste die Entscheidung einer Hochschule, einer wirtschaftlichen Betätigung nachzugehen oder eine solche zu unterlassen, ihr überlassen werden. Mit anderen Worten ist zu fordern, dass eine Hochschule im Außenverhältnis, d. h. gegenüber dem Staat i. e.S., in ihrem Entschluss über das „Ob“ einer wirtschaftlichen Betätigung weitgehend frei ist. Andererseits müsste wiederum eine Hochschule die Entscheidung eines Hochschulprofessors, an einer wirtschaftlichen 63
Bogumil/Burgi/Heinze u. a. (Hrsg.), Neue Steuerung von Universitäten, S. 24 ff. Zur finanziellen Grundversorgung der Hochschulen vgl. statt vieler Krausnick, Staat und Hochschule im Gewährleistungsstaat, S. 38 ff. 64
B. Zielsetzung und Thesen der Arbeit
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Betätigung nicht zu partizipieren, ebenfalls respektieren. Anders formuliert müsste die Hochschule im Binnenverhältnis, d. h. insbesondere gegenüber den Hochschulprofessoren, notfalls gezwungen werden, auf eine freiwillige Mitwirkung der Hochschulwissenschaftler bei der wirtschaftlichen Betätigung zu setzen. Ob bzw. wie ein solcher Interessenausgleich im Einzelnen umgesetzt werden könnte, wird im Verlauf dieser Arbeit zu klären sein. Bereits hier lässt sich jedoch, freilich nur grob skizziert, Folgendes postulieren: Im Außenverhältnis ist darauf zu achten, dass keine Sanktionen an die Entscheidung geknüpft werden dürfen, keiner Wirtschaftsbetätigung nachzugehen. Beispielsweise dürfte das Land in einem solchen Falle die Grundmittel einer Hochschule nicht kürzen. Positiv ist zu fordern, dass der wirtschaftlichen Betätigung keine unnötigen bürokratischen oder sonstigen Hindernisse in den Weg gelegt werden. Zudem muss den Hochschulen de lege lata hinreichend Autonomie gewährt werden, so dass sie überhaupt über einen Bewegungsspielraum verfügen, um eigenständige und gegebenenfalls schnelle Entscheidungen zu treffen. Grundvoraussetzung dafür ist ein Mindestmaß an Flexibilität in der Haushaltsführung (z. B. die Möglichkeit, Rücklagen zu bilden), womit in der Regel die Abschaffung der Kameralistik verbunden ist.65 Staatliche Genehmigungsvorbehalte sollten nur dort eingesetzt werden, wo sie zum Wohle und zum Schutz der Hochschule risikominimierend wirken. Ebenfalls muss sichergestellt werden, dass bei einer wirtschaftlichen Betätigung mit dem Einsatz von Körperschaftsmitteln (z. B. Beteiligung an einem akademischen Spin-Off) der Ertrag den Hochschulen zugute kommt und nicht in den allgemeinen Landeshaushalt zurückfließt. Andernfalls ginge der Anreiz, sich wirtschaftlich zu betätigen, verloren. Insgesamt bedarf es eines klaren Rechtsrahmens, der Rechtssicherheit und nicht zuletzt Rechtsfrieden schafft. Im Binnenverhältnis der Hochschulen wird darauf zu achten sein, dass die jeweiligen Hochschulleitungen den Hochschulwissenschaftlern gegenüber keine unmittelbaren oder mittelbaren Sanktionen im Falle der Nichtteilnahme an Wirtschafstätigkeiten verhängen. Es wird zu untersuchen sein, welche Anreizstrukturen für eine Wirtschaftsbetätigung möglicherweise geeignet erscheinen und welche einer freien wissenschaftlichen Entfaltung entgegenstehen. Unabhängig von dem Umfang und der Art und Weise der Wirtschaftsbetätigung muss eines stets gewährleistet und bei allen Überlegungen berücksichtigt werden: Das Ziel der Wissenschaft, das Streben nach neuen Erkenntnissen, darf nicht zu Gunsten einer erhöhten Performanz in der Wirtschaftsbetätigung geschwächt oder sogar gänzlich aus den Augen verloren werden. Letztendlich spitzt sich somit die zentrale Frage dieser Arbeit darauf zu, ob es einen Weg gibt, der eventuell vorhandene Nachteile und Risiken, die durch eine wirtschaftliche Betätigung der Hochschulen entstehen können, vermeidet oder zumindest reduziert und die noch näher zu spezifizierenden Vorteile und Chancen voll ausschöpft.
65
Zustimmend Mager, VVDStRL 65 (2006), 274 (286).
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1. Kap.: Einführung
C. Gang der Untersuchung Basierend auf diesen Vorüberlegungen wird sich der Hauptteil der Arbeit nach einer vorangegangen Begriffsbestimmung (2. Kap. A.), Darstellung der Erscheinungsformen (2. Kap. B.) und Kategorisierung der tatsächlichen Formen der wirtschaftlichen Betätigung von Hochschulen (2. Kap. C.) mit der derzeit geltenden Rechtslage auseinandersetzen. Darin soll zunächst die Möglichkeit untersucht werden, Erkenntnisse für die Zulässigkeit der wirtschaftlichen Betätigung von Hochschulen aus der verfassungsrechtlichen Diskussion über die staatliche Wirtschaftsbetätigung i.w.S. (3. Kap. A.), aus dem Aspekt möglicher Grundrechtsverletzungen (3. Kap. B.) und aus europarechtlicher Perspektive (3. Kap. C.) zu gewinnen. Sodann soll der Blick auf das Zusammenspiel der Wissenschaftsfreiheit und der wirtschaftlichen Betätigung von Hochschulen gelenkt werden (4. Kap. A. bis F.). In diesem Zusammenhang ist zu untersuchen, ob bzw. inwiefern welche Kategorie der wirtschaftlichen Betätigung von Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG legitimiert wird (4. Kap. D.). Ebenso ist zu klären, welchen Grenzen die universitäre wirtschaftliche Betätigung im Binnenverhältnis (Hochschule – Hochschulwissenschaftler) unterliegt (4. Kap. E.). Im Anschluss daran soll geprüft werden, wie sich die aus der verfassungsrechtlichen Analyse erwachsenden Erkenntnisse zu den überwiegend neu in die Landeshochschulgesetze eingefügten Regelungen zur wirtschaftlichen Betätigung der Universitäten verhalten (5. Kap. A. bis E.). Ausgehend von dem einfachgesetzlichen Zulässigkeitsrahmen für die wirtschaftliche Betätigung der Hochschulen, der die verfassungsrechtlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen konkretisiert (5. Kap. B.), soll untersucht werden, inwiefern die einfachgesetzlichen Vorschriften die Zulässigkeit dieser Tätigkeiten erweitern (5. Kap. C.) oder beschränken (können) (5. Kap. D.). Dabei soll insbesondere auf die Regelungen in den einzelnen Landeshochschulgesetzen eingegangen werden. Wie sind sie ausgestaltet? Welche Gemeinsamkeiten, welche Unterschiede zeigen sich? Was für Formen der wirtschaftlichen Betätigung ermöglichen sie? Im Schlussteil wird zu klären und zu bewerten sein, inwiefern die rechtlichen Rahmenbedingungen die hier postulierte und die tatsächlichen Form der wirtschaftlichen Betätigung von Hochschulen bedingen (6. Kap.). Hierbei sollen auch die jüngsten hochschulpolitischen Entwicklungen berücksichtigt werden. Denn die neuere Rechtsprechung66 und die veränderten politischen Machtverhältnisse in den Bundesländern lassen eine Kurskorrektur in der Hochschulpolitik erwarten, die im schlechtesten Fall in der rein ideologiebedingten Zurücksetzung bestimmter Strukturelemente der Hochschulreformen auf den status quo ante und im besten Fall in deren pragmatischer, zum Teil empiriebasierter67 Nachjustierung bestehen wird. Handlungsleitend für die ab66 Sowohl das BVerfGE 127, 87 ff. (Landeshochschulgesetz Hamburg), als auch das BVerwGE 135, 286 ff. (Stiftungshochschulen Niedersachsen), zeigen allmählich den auf dem Neuen Steuerungsmodell basierenden Hochschulreformen Grenzen auf. 67 Auch bei empirischen Studien ist darauf zu achten, dass sie langfristig angelegt sind, denn naturgemäß zeigen sich die Auswirkungen einer Reform erst nach einiger Zeit und lassen sich
D. Nicht behandelte Themen
33
schließende Empfehlung im Hinblick auf entsprechende Reformüberlegungen soll eine langfristige und ausbalancierende Perspektive sein.
D. Nicht behandelte Themen Da es in dieser Arbeit um das „Ob“ der wirtschaftlichen Betätigung geht, können zu den Rechtsfragen, die das „Wie“ der universitären Wirtschaftsbetätigung betreffen, nur weiterführende Hinweise gegeben werden. Weitgehend nicht behandelt werden mithin die Probleme, die das europäische und nationale Wettbewerbsrecht aufwerfen. Denn die Regelungen zur Zulässigkeit von wirtschaftlichen Betätigungen der Universitäten (das „Ob“ betreffend) sind allein Sache der Mitgliedstaaten.68 Erst auf der zweiten Stufe (das „Wie“ betreffend) könnten sich vor allem aus den Art. 107 ff. AEUV69 Begrenzungen hinsichtlich der Art und Weise der Durchführung der (zulässigen) Wirtschaftsbetätigung der Universitäten ergeben.70 Neben dem europäischen und nationalen Wettbewerbsrecht spielen insbesondere steuer- und haushaltsrechtlichen Erwägungen in das „Wie“ der universitären Wirtschaftsbetätigung mit hinein, wie z. B. die Frage nach möglichen Vorteilen der Gründung einer Tochtergesellschaft gegenüber einer Einbindung in die Körperschaft der Universität.71 Auch diese müssen aber mangels thematischen Bezugs weitgehend ausgeblendet werden. Das Gleiche gilt für Fragen aus dem Beamten- und Nebentätigkeitsrecht, die ganz überwiegend nur für das „Wie“ der universitären Wirtschaftsbetätigung von Bedeutung sind.72 Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die erwähnten Rechtsgebiete, wenn überhaupt, nur punktuell in dieser Arbeit einbezogen werden können; genauer gesagt nur dann, wenn sie für das Verständnis der Zulässigkeit der universitären Wirtschaftsbetätigung förderlich erscheinen. dann erst beurteilen. Dementsprechend sind übergreifende empirische Analysen überwiegend noch nicht zum Abschluss gekommen; vgl. aber Bogumil/Burgi/Heinze/Wannöffel (Hsrg.), Neue Steuerung von Universitäten, im Erscheinen. 68 Vgl. dazu 3. Kap. B.; zur Kompetenzverteilung von EU und den Mitgliedstaaten im Bereich der Wissenschaft Lindner, WissR Beiheft 19, S. 43 ff. 69 Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, ABl. EU C 115/47 vom 09.05.08. 70 Vgl. zum „Wie“ bei der wirtschaftlichen Betätigung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten aus dem nationalen und europäischen Wettbewerbsrecht statt vieler Degenhart, ZUM 2001, 357 (370 ff.); zur Wirtschaftstätigkeit der öffentlichen Hand im Allgemeinen, vgl. statt vieler Ehlers, Gutachten E zum 64. DJT, S. 50 ff. 71 Zu steuerrechtlichen Problemen Strahl, FR 1998, 761 ff.; ders., UR 2001, 277 ff.; ders., FR 2002, 916 ff.; ders., FR 2004, 72 ff.; ders., FR 2008, 15 ff.; Hüttemann, FR 2009, 308 ff.; zu haushaltsrechtlichen Problemen Kracht, Das Neue Steuerungsmodell im Hochschulbereich, S. 31 ff.; Sieweke, Managementstrukturen und outputorientierte Finanzierung im Hochschulbereich, S. 76 ff. 72 Zu dienstrechtlichen Problemen Blümel/Scheven, in: Flämig u. a. (Hrsg.), Handbuch des Wissenschaftsrechts, Bd. 1, S. 443 ff.; Geis, in: ders. (Hrsg.), Hochschulrecht im Freistaat Bayern, S. 370 ff.; Lux-Wesener/Kamp, in: Hartmer/Detmer (Hrsg.), Hochschulrecht, S. 331 ff.
2. Kapitel
Begriff, Erscheinungsformen und Systematisierung der wirtschaftlichen Betätigung von Hochschulen Seit den Hochschulreformen handeln Universitäten verstärkt im Modus1 der wirtschaftlichen Betätigung. Dies bringt bereits äußerlich der Internetauftritt2 der Universitäten zu Tage.3 Denn auf der Homepage sprechen viele Hochschulen neben den (klassischen) Zielgruppen wie z. B. Studierenden, Promovierenden und Lehrenden verstärkt auch Großunternehmen sowie kleine und mittlere Unternehmen (KMU) als potentielle Kunden an. Ihnen werden beispielsweise schutzrechtlich gesicherte Technologien zum Kauf oder zur Lizenzierung angeboten oder auf ihre Belange präzise abgestimmte Fort- und Weiterbildungen in unterschiedlichen Veranstaltungsformen (Seminare, Fachvorträge und -gespräche, Internet-Lehrgänge, Fortbildungen mit Zertifikat etc.) unterbreitet. Bestimmte Einrichtungen an Hochschulen vermitteln nicht nur Partner für Auftragsforschungen, Prüfaufträge, Beraterund Gutachtertätigkeiten, sondern auch die notwendigen Räumlichkeiten, Labore und technischen Ausstattungen. Hochschulen lassen sich sponsern, vermieten auf dem Campus Werbeflächen und bieten zum Teil kostenpflichtige „Career-Serviceleistungen“ an wie z. B. die Einsichtnahme in eine Bewerberdatenbank. Ob es sich bei den genannten Tätigkeiten, die phänomenologisch betrachtet unternehmerähnlich erscheinen,4 um eine wirtschaftliche Betätigung im rechtlichen Sinne handelt, ist im Folgenden zu untersuchen. 1
Dass es sich bei einer wirtschaftlichen Betätigung um einen Modus staatlichen Handelns handelt, scheint mittlerweile allgemein anerkannt zu sein; vgl. nur Kluth, Grenzen kommunaler Wettbewerbsteilnahme, S. 3 ff.; Burgi, Kommunalrecht, § 17 Rdnr. 1. 2 62 % aller deutschen staatlichen Hochschulen (nicht berücksichtigt wurden künstlerische und pädagogische Hochschulen) führen auf ihrer Starthomepage als Zielgruppen „Wirtschaft“ oder „Unternehmen“ auf. Die Berechnung erfolgt auf der Basis von empirischer Recherchearbeit seitens der Verf. 3 Die steigende Anzahl der Phänomene von Wirtschaftstätigkeiten und die unterschiedliche Ausschöpfung des Wirtschaftspotentials belegt auch eine jüngste Studie (bezogen auf den Bereich des Technologietransfers) von Fritsch/Slavtchev/Steigenberger, Hochschule, Innovation, Region, S. 143 ff. 4 Kluth, Grenzen kommunaler Wettbewerbsteilnahme, S. 3 ff., weist zutreffend auf den historischen Kontext der wirtschaftlichen Betätigung und deren Begriffsbestimmung hin. So gelte es bei der Untersuchung der universitären Wirtschaftsbetätigung zu berücksichtigen, dass der Begriff der wirtschaftlichen Betätigung aus einer Zeit stamme, in der verschieden Lebensbereiche noch als klar umrissen und voneinander getrennt galten. So habe früher dem
A. Begriff der wirtschaftlichen Betätigung
35
A. Begriff der wirtschaftlichen Betätigung Die Weite des (Rechts-)Begriffs der wirtschaftlichen Betätigung hängt vor allem davon ab, um welchen rechtlichen Zusammenhang es sich jeweils handelt.5 Im Rundfunkrecht wird beispielsweise überwiegend ein weites Begriffsverständnis zu Grunde gelegt, das den Fokus ganz auf die Tätigkeit als solche richtet (die zentrale Frage lautet: Liegt eine wirtschaftliche Tätigkeit vor?).6 Im Kommunalrecht wird hingegen vornehmlich ein enges Verständnis der wirtschaftlichen Betätigung zu Grunde gelegt,7 um nicht die gesamte Leistungsverwaltung der Gemeinden den gemeindewirtschaftrechtlichen Schranken zu unterwerfen.8 So liegt dort der Schwerpunkt der Diskussion insbesondere auf der Unterscheidung von wirtschaftlichen und nichtwirtschaftlichen Tätigkeiten und ihrer Organisationsform (Liegt ein wirtschaftliches Unternehmen vor? Unter welchen Voraussetzungen ist ein solches Unternehmen statthaft?).9 Aus zwei Gründen soll in dieser Untersuchung (zunächst)10 ein weiter Begriff der wirtschaftlichen Betätigung verwendet werden: Zum einen wird auf diese Weise eine thematische Verkürzung vermieden. Denn nicht nur Unternehmen können sich wirtschaftlich betätigen, sondern auch Hochschuleinheiten, die nur kurzfristig Wirtschaftstätigkeiten nachgehen und somit den Unternehmensbegriff nicht erfülWirtschaften im Staatsbereich das Verwalten und Regieren gegenüber gestanden und im Privatbereich der häusliche Bereich. Diese Aufteilung sei heute nicht mehr gültig. Diese Einschätzung ist zutreffend. Heutzutage arbeitet beispielsweise ein Programmierer von seinem Schlafzimmer aus, eine Hausfrau gibt als Beruf Familienmanagerin an und der Vorstand einer Universität stellt alljährlich einen Wirtschaftsplan auf (vgl. § 16 Abs. 3 Nr. 5 LHG BW). Die Lebensbereiche verschmelzen miteinander. Dies hat laut Kluth zur Folge, dass eine Unterscheidung von Wirtschaften und Staatstätigkeiten weder an eine politische Richtung, die von festen Lebensbereichen ausgehe (Neoliberalismus), oder an Ordnungs- und Organisationsprinzipien, wie z. B. die doppelte Buchführung des Kaufmanns, anknüpfen könne. Auch eine Gewinnerzielungsabsicht scheide aus historischen Gründen als Voraussetzung für eine wirtschaftliche Betätigung aus. Eine Begriffsbestimmung müsse vom äußeren Erscheinungsbild her erfolgen. 5 So auch Burgi, Kommunalrecht, § 17 Rdnr. 3. 6 Vgl. z. B. Mand, Erwerbswirtschaftliche Betätigung öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten außerhalb des Programms, S. 18 ff. m.w.N. 7 So auch Burgi, Kommunalrecht, § 17 Rdnr. 2 f. 8 Vgl. Nierhaus, in: Mann/Püttner (Hrsg.), Handbuch der kommunalen Praxis, Bd. 2, § 40 Rdnr. 7 ff.; aus der Klassifizierung als Wirtschaftsunternehmen folgen spezielle gemeinderechtlichen Beschränkungen der Wirtschaftstätigkeiten (Schrankentrias genannt), die die Diskussion in der kommunalrechtlichen Literatur dominieren. 9 Übersicht über Streitstand bzw. dessen Entwicklung bei Püttner, Die öffentlichen Unternehmen, S. 23 ff. m.w.N.; Ehlers, Gutachten E für den 64. DJT, S. 24 f.; S. 30 ff. m.w.N.; vgl. auch 5. Kap. B. III. 10 Wie zu zeigen sein wird, gehen indes die Landeshochschulgesetze von einem engeren Begriffsverständnis der wirtschaftlichen Betätigung aus. Die entsprechenden Unterschiede werden aber nicht bereits bei der verfassungsrechtlichen, sondern erst bei der hochschulrechtlichen Analyse relevant und sollen an dieser Stelle erläutert werden; vgl. 5. Kap. A.
36
2. Kap.: Systematisierung der wirtschaftlichen Betätigung von Hochschulen
len.11 Zum anderen sollen die Erkenntnisse aus der Diskussion der Wirtschaftsbetätigung des Staates bzw. der öffentlichen Hand (staatliche Wirtschaftsbetätigung i.w.S.)12 für diese Arbeit fruchtbar gemacht werden können, die ein weites Begriffsverständnis voraussetzen.13 Da die universitäre Wirtschaftsbetätigung einen Ausschnitt der staatlichen Wirtschaftsbetätigung i.w.S. darstellt (denn Hochschulen sind Körperschaften des öffentlichen Rechts und größtenteils zugleich staatliche Einrichtungen14 oder Stiftungen15 des öffentlichen Rechts und bilden demnach einen Teil der öffentlichen Hand), kann auf Erörterungen der staatlichen Wirtschaftstätigkeiten i.w.S. zurückgegriffen werden, die bereits in diesem Zusammenhang ausführlich diskutiert wurden. Insofern gilt es, die Quintessenz der Lösungsvorschläge hinsichtlich allgemeiner (insbesondere Verfassungs-)Rechtsfragen der öffentlichen Wirtschaftsbetätigung für diese Arbeit nutzbar zu machen (vgl. 3. Kap. A.). Es herrscht weitgehend Einigkeit darüber, was im Falle eines weiten Begriffsverständnisses unter einer wirtschaftlichen Betätigung verstanden wird. Bei den verschiedenlautenden, vom Sinn her sich aber entsprechenden Definitionsvorschlägen16 kristallisieren sich drei Merkmale heraus, die kumulativ vorliegen müs11 Die ständige Rechtsprechung des EuGH versteht unter einem Unternehmen „jede eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübende Einheit, unabhängig von ihrer Rechtsform und der Art ihrer Finanzierung“. Eine Einheit besteht nach dem EuGH dann, wenn sie einen „dauerhaften wirtschaftlichen Zweck verfolgt, wobei aber eine Rechtspersönlichkeit nicht erforderlich ist“; vgl. EUGH, Slg. 1991, I-1979, Rdnr. 21. 12 Burgi, Kommunalrecht, § 17 Rdnr. 2. 13 Die staatliche Wirtschaftsbetätigung i.w.S. kennt z. B. keine Trennung von wirtschaftlichen und nichtwirtschaftlichen Tätigkeiten. 14 Bis zur Abschaffung der hochschulorganisationsrechtlichen Bestimmungen (§§ 60 ff. HRG) des Bundes durch die 4. Novelle des HRG (4. HRGÄndG vom 20.08. 1998 [BGBl. I S. 2190]) galt für alle Hochschulen im Hinblick auf die Rechtsform, dass sie Körperschaften des öffentlichen Rechts und zugleich staatliche Einrichtungen waren. Jetzt gibt es zahlreiche Öffnungsklauseln in den Landeshochschulgesetzen (§ 8 Abs. 1 LHG BW; Art. 11 Abs. 1 BayHSchG; § 5 Abs. 2 BbgHG; § 2 Abs. 2 HmbHG; § 2 Abs. 1 HG NRW), aber nur einige Länder haben tatsächlich davon Gebrauch gemacht (z. B. § 2 Abs. 1 HG NRW). Die Mehrzahl der Länder führt die Hochschulen nach wie vor in einem Doppelstatus. Ausnahmen sind Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein, die die Hochschulen rein körperschaftlich ausgestalten (vgl. § 2 Abs. 1 HG NRW; § 2 Abs. 1 SächsHSG; § 54 Abs. 1 HSG LSA; § 2 Abs. 1 HSG SH). 15 In fünf Hochschulen in Niedersachsen liegt die Trägerschaft von mehreren Hochschulen nicht mehr beim Land, sondern bei Stiftungen des öffentlichen Rechts, wobei die Hochschulbinnenstruktur körperschaftlich verfasst bleibt (Trennungsmodell). Auch die EuropaUniversität Viadrina in Frankfurt Oder (Trennungsmodell) sowie die Johann Wolfgang GoetheUniversität Frankfurt a.M. (Einheitsmodell) wurden in Stiftungsuniversitäten umgewandelt; vgl. auch das TU-Darmstadt-Gesetz; kurzer Überblick bei Burgi/Gräf, DVBl. 2010, 1125 ff. 16 Vgl. z. B. Badura, in: Münch (Hrsg.), FS Schlochauer, S. 3 sowie Huber, in: Brenner/ ders./Möstl (Hrsg.), FS für Peter Badura zum 70. Geburtstag, S. 897 (899): „Die wirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand wird als das Anbieten von Waren oder Dienstleistungen im Wirtschaftsverkehr beschrieben, ohne Rücksicht darauf, ob diese Tätigkeit in privatrechtlichen oder öffentlich-rechtlichen Organisations- oder Handlungsformen ausgeübt wird und ob sich
A. Begriff der wirtschaftlichen Betätigung
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sen, damit von einer wirtschaftlichen Betätigung gesprochen werden kann. Zuvörderst müssen Wirtschaftsgüter angeboten werden, d. h. Güter, die einen wirtschaftlichen Wert haben (A. I.).17 Zum zweiten müssen sich Leistung und Gegenleistung synallagmatisch gegenüberstehen (A. II.). In der Regel, aber nicht zwingend, erfolgt eine Entgeltzahlung. Zum dritten müssen die Wirtschaftsgüter im Wirtschaftsverkehr, d. h. auf einem Markt, angeboten werden (A. III.). Was bedeuten diese Voraussetzungen nun im Einzelnen?
I. Wirtschaftsgut Das erste Merkmal des Wirtschaftsguts bereitet regelmäßig keine Probleme. Der Begriff „Wirtschaftsgut“ ist weit zu verstehen.18 Waren, Dienstleistungen und sonstige Leistungen werden von ihm umfasst. D.h., wenn Hochschulen19 beispielsweise neue, spezifische Forschungserkenntnisse an die Industrie in Workshops vermitteln (wie z. B. das Institut für Luft- und Raumfahrt der RWTH Aachen, das Dienstleistungen im Bereich Akustikmessung, numerische Simulation oder Geschwindigkeitsmessungen in Strömungen anbietet)20, Universitätstaschen an Studenten verkaufen oder Kommunikationsleistungen im Hochschulsponsoring erbringen, handelt es sich um Wirtschaftsgüter.21 Allerdings ist es zudem erforderlich, dass diese Wirtschaftsgüter marktgängig sind, d. h., dass sie auch von Privaten andie öffentliche Hand dabei eines rechtlich verselbstständigten Wirtschaftssubjekts bedient“; Püttner, Die öffentlichen Unternehmen, S. 1: „Die unternehmerische Betätigung des Staates […] bedeutet Teilnahme des Staates am Produktions- und sonstigen Wirtschaftsprozess und zwar prinzipiell in einer der privaten Unternehmenstätigkeit vergleichbaren Art“; Schliesky, Öffentliches Wettbewerbsrecht, S. 161: „Unter wirtschaftlicher Tätigkeit ist die eigene Teilnahme des Staates oder seiner Untergliederungen am Wettbewerb auf einem Markt als Anbieter zu verstehen“; Storr, Der Staat als Unternehmer, S. 43: „Der Staat handelt dann unternehmerisch, wenn er wie ein Unternehmer tätig wird, d. h. am geschäftlichen Verkehr teilnimmt und Güter produziert und Dienstleistungen anbietet“; Ehlers, Gutachten E für den 64. DJT, S. 1: „Wirtschaftliche Betätigung des Staates heißt, wie ein Unternehmer am Marktgeschehen teilzunehmen.“ 17 Am häufigsten wird der Begriff im Steuerrecht verwendet, kann aber grundsätzlich unverändert auf andere Rechtsgebiete übertragen werden. Der Begriff des Wirtschaftsguts wird gesetzlich nicht definiert, sondern von der Rechtsprechung entwickelt; BFH, BStBl. 1990 II, 794; 1992 II, 893; im Einzelnen vgl. Seigel, Bilanzsteuerrecht, S. 18 f. 18 Vgl. Siekmann, in: Stober/Vogel (Hrsg.), Wirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand, S. 103 (125). 19 Bzw. ihre Untergliederungen oder rechtlich verselbstständigten Tochterunternehmen. 20 http://www.ilr.rwth-aachen.de/index.php?id=71&L=1%2520and%2520char% 2528124%2529%2520user%2520char%2528124%2529%253D0. 21 Folgende Güter stellen keine Wirtschaftsgüter dar: Eigenkapital, Rücklagen, Verbindlichkeiten, Rückstellungen, Aufwendungen für die Ingangsetzung oder Erweiterung des Geschäftsbetriebs und Rechnungsabsetzungsposten; so explizit BFH, BStBl. 1990 II, 794; 1992, II, 893; vgl. zum Begriff der Wirtschaftsgüter Seeber/Keller, Kooperatives Marketing in Bildungsträgernetzwerken, S. 7; Wolf, Teilnahme an wissenschaftlicher Weiterbildung, S. 22 f.
38
2. Kap.: Systematisierung der wirtschaftlichen Betätigung von Hochschulen
geboten werden könnten.22 Eine Marktgängigkeit ist regelmäßig zu bejahen, wenn Hochschulen ebenso wie Private ein Entgelt23 für ihre Leistung berechnen können.24 Bei entgeltlichen Technologietransferdienstleistungen, beim Tagungsmanagement oder weiteren oben aufgezählten wirtschaftlichen Leistungen handelt es sich somit im Ergebnis um Wirtschaftsgüter.
II. Synallagmatisches Austauschverhältnis Das zweite Merkmal des synallagmatischen Vertrags25 erweist sich ebenfalls als unproblematisch, da bei den oben aufgezählten Tätigkeiten eine dem wirtschaftlichen Wert der Leistung entsprechende Gegenleistung (im Sinne eines „do ut des“) grundsätzlich in der Form der Zahlung eines Entgelts erfolgt. Abzugrenzen sind die gegenseitigen Verträge (auch vollkommen zweiseitige Verträge26 genannt) von den unvollkommen zweiseitigen oder den einseitigen Verträgen, welche nur eine Partei zu einer Leistung verpflichten. Dies ist beispielsweise bei dem Schenkungsversprechen des Schenkers der Fall. Folglich fällt der gesamte Bereich des Mäzenatentums und des Spendenwesen nicht unter den Begriff der wirtschaftlichen Betätigung.
III. Im Wirtschaftsverkehr Das dritte Merkmal des Wirtschaftsverkehrs hingegen bedarf einer intensiven Auseinandersetzung. Im Hinblick auf die Wirtschaftsteilnahme von Hochschulen wird angezweifelt, inwieweit Marktprinzipien auf hochschulische Leistungen
22 Zum Erfordernis der Marktgängigkeit der Wirtschaftsgüter Schricker, Wirtschaftliche Tätigkeit der öffentlichen Hand und unlauterer Wettbewerb, S. 3; Siekmann, in: Stober/Vogel (Hrsg.), Wirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand, S. 103 (125); Hövelbernd, Die Kammern als Wettbewerber, S. 38. 23 Finanziell gesehen ist die Erhebung eines Entgelts vorteilhaft für Hochschulen, da sie bei dessen Berechnung – anders als bei der Erhebung einer Gebühr – nicht an das Kostendeckungsprinzip gebunden sind und demnach Überschüsse erzielen könnten. Allerdings sind die Voraussetzungen der Gebührenordnungen der Länder zu beachten. 24 Wann ein Entgelt berechnet werden kann, ist in den Ländern oder sogar von Hochschule zu Hochschule unterschiedlich geregelt; vgl. z. B. ThürHGEG vom 21.12.06 (GVBl. 18/2006 S. 644) oder Ordnung für Gebühren und Entgelte der TU Clausthal vom 27.01.04 (Mitt. TUC 2004, S. 33) in der Fassung vom 16.06.09 (Mitt.TUC 2009, S. 179). 25 Der synallagmatische Vertrag wird auch „gegenseitig verpflichtender Vertrag“ genannt. Darunter fallen alle Verträge, die für zumindest zwei Vertragsparteien Leistungspflichten begründen, die aufeinander bezogen sind zu genetischer, konditionelle und funktioneller Abhängigkeit; so die Definition von Gernhuber, Das Schuldverhältnis, S. 309. 26 Medicus/Lorenz, Schuldrecht I, § 40 Rdnr. 472.
A. Begriff der wirtschaftlichen Betätigung
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übertragen werden könnten.27 Skeptisch stehen einige vor allem der Vereinbarkeit von Prinzipien des Wirtschaftsverkehrs und dem Bereich der Hochschulforschung gegenüber. Jedenfalls im Bereich der Grundlagenforschung könne man nicht von einem Markt sprechen.28 Auch in dem Bereich der anwendungsorientierten Forschung sei, wenn überhaupt, nur die Eröffnung eines Marktes möglich.29 Fraglich ist nun, ob die angebrachten Zweifel in Bezug auf die wirtschaftlichen Tätigkeiten der Hochschulen berechtigt sind. 1. Charakteristika eines Marktes Klärungsbedürftig ist zunächst, was unter einem „Markt“ verstanden wird. Rechtliche Verwendung findet der Begriff insbesondere im europäischen und nationalen Wettbewerbsrecht und dem europäischen Beihilferecht (z. B. § 19 Abs. 2 GWB30, § 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG31, Art. 107, 108 AEUV).32 Allerdings wirkt einschränkend, dass es sich um bereichsspezifische Gesetze handelt, deren Ziele darin bestehen, den unverfälschten Wettbewerb zwischen Unternehmen zu sichern (vgl. 27
Diese Leistungen seien grundsätzlich Kollektivgüter, die unabhängig von Angebot und Nachfrage angeboten werden müssten und mit einem Verdrängungswettbewerb nicht vereinbar seien. Daraus wird teilweise die Konsequenz gezogen, dass es bei Kollektivgütern nur einen „Quasimarkt“ geben könne, auf welchem der Wettbewerb künstlich erzeugt werde. Folgt man dieser Ansicht, so käme nur bei nicht-kollektiven Gütern ein „echter Wettbewerb“ auf einem „klassischen Markt“ in Betracht. Inkohärent erscheint es insoweit aber, der Weiter- bzw. Fortbildung einen echten „marktmäßigen Wettbewerb“ zu bescheinigen, denn auch diese müssten per definitionem den Kollektivgütern unterfallen; so aber Bumke, VVDStRL 69 (2010), 410 (413); ähnlich Geis, VVDStRL 69 (2010), 366 (Fn. 16, 368) der den Bereich der Fortbildungsangebote ausgeklammert sehen will. Denn auch die Weiterbildung ist eine Hochschulaufgabe (vgl. § 2 Abs. 1 S. 1, 3 HRG und die jeweiligen Landeshochschulgesetze der Länder); ebenfalls kritisch Schimank, Szenarien der Profilbildung im deutschen Hochschulsystem, Die Hochschule 2002, 82 ff.; Nickel, Partizipatives Management von Universitäten. Zielvereinbarungen – Leitungsstrukturen – Staatliche Steuerung, S. 54; Schröder, Leistungsorientierte Ressourcensteuerung und Anreizstrukturen im deutschen Hochschulsystem, S. 54 f. 28 Stellungnahme der Kanzler und Kanzlerinnen der Universitäten der BRD zum überarbeiteten Entwurf der Europäischen Kommission eines Gemeinschaftsrahmens für staatliche Beihilfen für Forschung, Entwicklung und Innovation vom 8.9. 2006, S. 1; zwar wird die Diskussion im Hinblick auf das europäische Beihilfenrecht geführt. Die gleichen Fragen stellen sich jedoch in diesem Kontext auch; ebenfalls kritisch Bumke, VVDStRL 69 (2010), 410 (413); ähnlich Geis, VVDStRL 69 (2010), 366 (368). 29 Stellungnahme der Kanzler und Kanzlerinnen der Universitäten der BRD zum überarbeiteten Entwurf der Europäischen Kommission eines Gemeinschaftsrahmens für staatliche Beihilfen für Forschung, Entwicklung und Innovation vom 8.9. 2006, S. 1. 30 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) in der Fassung der Bekanntmachung vom 15.07.05 (BGBl. I S. 2114), zuletzt geändert durch Art. 13 Abs. 21 des Gesetzes vom 25.05.09 (BGBl. I S. 1102). 31 Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 3.03.10 (BGBl. I S. 254). 32 So explizit Musil, Wettbewerb in der staatlichen Verwaltung, S. 12.
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2. Kap.: Systematisierung der wirtschaftlichen Betätigung von Hochschulen
§ 1 GWB), die Mitbewerber, Verbraucher sowie sonstige Marktteilnehmer vor unlauteren geschäftlichen Handlungen zu schützen (vgl. § 1 UWG) und Wettbewerbsverzerrungen durch staatliche Beihilfen vorzubeugen bzw. solche zu ahnden (vgl. Art. 107 ff. AEUV).33 Insofern erscheint es zweifelhaft, aus diesen eine allgemeine Definition gewinnen zu können.34 Einen übergreifenden Schlüsselbegriff stellt der Begriff des Marktes allerdings in den Wirtschaftswissenschaften dar und wird dementsprechend oft und breit thematisiert.35 Während die Rahmenbedingungen des Marktes abhängig von der jeweils vertretenen ökonomischen Theorie36 sehr unterschiedlich ausfallen, besteht jedoch Einigkeit dahingehend, dass der Markt als tatsächliches37 Phänomen immer wiederkehrende, charakteristische Merkmale aufweist. Im Folgenden geht es darum, diese notwendigen Mindestvoraussetzungen eines Marktes, gewissermaßen die „essentialia fori“38, herauszufiltern. Damit ein Markt entsteht, bedarf es einer potentiellen „Tausch“39-beziehung, d. h., dass Anbieter und Nachfrager ein (knappes) Wirtschaftsgut gegen Entgelt (möglich ist aber auch ein anderes gleichwertiges Wirtschaftsgut) austauschen (können). Hinzukommen muss jedoch auch eine Auswahlmöglichkeit.40 Denn erst wenn der Nachfrager die Möglichkeit hat, von dem ersten Anbieter zu einem zweiten zu wechseln oder wenn zwei Nachfrager um das Wirtschaftsgut eines Anbieters kon-
33
Darauf verweist Musil, Wettbewerb in der staatlichen Verwaltung, S. 12. Die Zweifel verdichten sich, wenn man sich vergegenwärtigt, dass die Europäische Kommission, um mutmaßliche Verstöße gegen die Wettbewerbsvorschriften ahnden zu können, immer zuerst den jeweilig „relevanten Markt“ bestimmen muss, der anhand des räumlichen und sachlichen Marktes im konkreten Einzelfall ermittelt wird. Detailliert dazu Bekanntmachung der Kommission über die Definition des relevanten Marktes i.S.d. Wettbewerbsrechts der Gemeinschaft, ABl. Nr. C 372 v. 09.12. 1997, S. 5 ff. 35 Ebenso Musil, Wettbewerb in der staatlichen Verwaltung, S. 12. 36 Unterschiedliche Theorien des Marktes (freilich nur eine Auswahl): Zu diesen gehört die Sicht des Marktes bei Smith, The Wealth of Nations, S. 400 ff.; liberale Markttheorien z. B. v. Hayek, in: ders. (Hrsg.), Individualismus und wirtschaftliche Ordnung, S. 141 ff.; Alternativmodelle, die tendenziell für die Aufhebung des Marktes argumentieren wie z. B. Galbraith, The New Industrial States S. 1 ff.; und schließlich der Ordoliberalismus der Freiburger Schule, der bedeutend für die theoretische Grundlage des Modells der Sozialen Marktwirtschaft in Deutschland ist; vgl. stellvertretend Eucken, Grundlagen der Nationalökonomie, S. 78 ff.; vgl. auch Drexl, Die wirtschaftliche Selbstbestimmung des Verbrauchers, S. 91 ff.; dieser Überblick basiert auf den Zusammenfassungen der Lehrbücher von Homann/Suchanek, Ökonomik, S. 206 ff.; und Richter/Furubotn, Neue Institutionenökonomik, S. 339 ff.; zum Markt nach Keynes, vgl. Flassbeck, Preise, Zins und Wechselkurs, S. 12 ff. 37 Bei dem Begriff des Marktes handelt es sich nicht um einen Rechtsbegriff. 38 Lat. Forum (Markt); das Begriffspaar ist angelehnt an die „essentialia negotii“, d. h. die notwendigen Mindestbestandteile, die ein Vertrag eines bestimmten Typus haben muss und über die sich die Parteien einig sein müssen, damit von einem Vertragsschluss ausgegangen werden kann. 39 Mit „Tausch“ ist hier nicht das „Tauschgeschäft“ i.S.v. § 480 BGB gemeint. 40 Ebenfalls für ein dreipoliges Verhältnis spricht sich Peters, VVDStRL 69 (2010), 7 (13), aus. 34
A. Begriff der wirtschaftlichen Betätigung
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kurrieren, gibt es eine Verhandlungsbasis für den Preis.41 Somit müssen mindestens zwei Anbieter vorhanden sein oder mindestens zwei Nachfrager. Das Phänomen des Marktes ist demnach begriffsnotwendig mit dem der Konkurrenz42 verknüpft. Damit ergibt sich folgende (Mindest-)Definition: Ein Markt entsteht durch ein potentielles Zusammentreffen von zwei antagonistischen Marktseiten, die mindestens ein Wirtschaftsgut (in der Regel) gegen Entgelt austauschen, wobei zumindest eine der Marktseiten aus mindestens zwei Anbietern oder mindestens zwei Nachfragern bestehen muss. 2. Kritische Würdigung Fraglich ist, ob die Grundlagenforschung von dem Bereich der wirtschaftlichen Betätigung auszuklammern ist (a)) und ob die anwendungsorientierte Forschung lediglich zur Eröffnung eines Marktes führen kann (b)). a) Ausklammerung der Grundlagenforschung aus dem Bereich der wirtschaftlichen Betätigung? Zu klären gilt es nun, ob die Grundlagenforschung aus dem Bereich der wirtschaftlichen Betätigung ausgeklammert werden muss. Zunächst ist festzuhalten, dass zweifellos nicht der gesamte universitäre Forschungsbereich marktmäßigen Kriterien unterliegt. In Frage stehen insoweit lediglich aus der Forschung resultierende oder transformierte Erkenntnisse, die (marktmäßige) Wirtschaftsgüter (wie bereits unter A. 1. in diesem Kapitel dargelegt) darstellen. In concreto handelt es sich dabei beispielsweise um auf Forschungserkenntnissen basierende Beratungsleistung, Auftragsforschung, Lizenzierungs- und Patentmanagement und sonstige wirtschaftliche Technologietransferdienstleistungen. Ob diese Forschungserkenntnisse jedoch ausschließlich aus der anwendungsorientierten Forschung resultieren, kann selten mit Gewissheit gesagt werden. Denn häufig erweist sich die rein erkenntnisorientierte Grundlagenforschung43 als anwendungsrelevant (z. B. führt teilweise 41
Die Mindestvoraussetzungen entsprechen letztlich der funktionellen Definition eines Marktes: Der Markt als Ort des Zusammentreffens von Angebot und Nachfrage, das zu einer Preisbildung führt. Dabei ist der Ort nicht geographisch, sondern abstrakt zu sehen; vgl. dazu Homburg/Krohmer, Marketingmanagement, S. 2 ff.; Freiling/Reckenfelderbäumer, Markt und Unternehmung, S. 22 ff.; S. 91 ff. 42 Auch Grzeszick, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. IV, § 78 Rdnr. 9; Mehde, Wettbewerb zwischen Staaten, S. 28 ff. und Musil, Wettbewerb in der staatlichen Verwaltung, S. 11 ff., rücken das Zusammenspiel von Markt und Wettbewerb in den Fokus, wobei jedoch anzumerken ist, dass der Begriff des Wettbewerb weiter ist und den der Konkurrenz umfasst. Konkurrenz liegt dann vor, wenn sich Wirtschaftssubjekte derselben Marktseite durch ihre Entscheidung gegenseitig beeinflussen; vgl. Eichhorn, Verwaltungslexikon, Stichwort „Konkurrenz“, S. 587; ausführlich zum Begriff der Konkurrenz und seinen soziologischen Formen Simmel, in: Rammstedt (Hrsg.), Soziologie, S. 213 ff. 43 Nach dem OECD, Frascati-Manual, S. 77, wird Grundlagenforschung folgendermaßen definiert: „Basic research is experimental or theoretical work undertaken primarily to acquire
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2. Kap.: Systematisierung der wirtschaftlichen Betätigung von Hochschulen
gerade die größere Offenheit zu Innovationen, die erst im Nachhinein erkannt werden und nicht beabsichtigt waren) und anwendungsorientierte Forschung44 als grundlagenrelevant (z. B. wenn neue Labortechniken der Grundlagenforschung zur Verfügung gestellt werden).45 Die Grenzen sind fließend.46 Die Grundlagenforschung ist mithin oftmals kaum von dem Prozess der Generierung von Wirtschaftsgütern zu trennen. Sie kann für diese eine unentbehrliche Vorbereitungsleistung sein oder sogar darüber hinausgehen. Eine Ausklammerung der Grundlagenforschung aus dem Bereich der Wirtschaftstätigkeiten ist demnach nicht sinnvoll, zumal eine Abgrenzung keinen Mehrwert für die rechtliche Bewertung mit sich brächte. Eine solche Sichtweise wird zudem durch Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG gestützt, der nicht zwischen verschiedenen Forschungsarten unterscheidet.47 Aus diesem Grund scheint es vorzugswürdig beide Forschungsbereiche nicht künstlich begrifflich zu trennen, sondern von einem institutionellen Begriffsverständnis auszugehen und schlicht von „universitärer Forschung“ in Abgrenzung zur „Industrieforschung“ bzw. „außeruniversitärer Forschung“ zu sprechen. b) Lediglich Eröffnung eines Marktes? Des Weiteren gilt es den Einwand zu untersuchen, dass die aus einer universitären Forschung resultierenden Wirtschaftsgüter nur einen Markt eröffneten, nicht aber selbst Teil eines Marktes seien.48 Ausschlaggebend kommt es nach der hier zu Grunde gelegten Definition für die Beurteilung des Vorliegens eines Marktes auf eine Konkurrenzsituation an. Da eine Konkurrenz von Anbieter- oder Nachfrageseite erfolgen kann, ist es für die Qualifizierung eines Marktes indes unerheblich, ob eine new knowledge of the underlying foundations of phenomena and observable facts without any particular application or use in view.“ 44 Näheres zur Grundlagenforschung und den Unterschieden zur anwendungsorientierten Forschung bei Trute, Die Forschung zwischen grundrechtlicher Freiheit und staatlicher Institutionalisierung, S. 97 ff.; Classen, Wissenschaftsfreiheit außerhalb der Hochschule, S. 34; Krüger, in: Flämig u. a. (Hrsg.), Handbuch des Wissenschaftsrechts, Bd. 1, S. 261 (267 f.); Schulze-Fielitz, in: Geis (Hrsg.), Hochschulrecht im Freistaat Bayern, S. 158 ff.; Kempen, in: Hartmer/Detmer (Hrsg.), Hochschulrecht, S. 1 (25). 45 Wissenschaftsrat (Österreich), Stellungnahme zur Bedeutung der Grundlagenforschung und ihrer Förderung, S. 1; die Industrieforschung wiederum profitiert von der universitären Forschung (Grundlagenforschung und anwendungsorientierter Forschung) und umgekehrt (so genanntes Forschungsdreieck). 46 Auch in der Praxis wird eine diesbezügliche Differenzierung abgelehnt. Einzelne Hochschularten seien nicht lediglich zu einer bestimmten Forschungsarbeit berechtigt; so explizit mit Hinweis auf ein solches Ergebnis der durchgeführten Expertengespräche Püttner/ Mittag, Rechtliche Hemmnisse der Kooperation zwischen Hochschulen und Wirtschaft, S. 23. 47 Vgl. Püttner/Mittag, Rechtliche Hemmnisse der Kooperation zwischen Hochschulen und Wirtschaft, S. 23 f. 48 Stellungnahme der Kanzler und Kanzlerinnen der Universitäten der BRD zum überarbeiteten Entwurf der Europäischen Kommission eines Gemeinschaftsrahmens für staatliche Beihilfen für Forschung, Entwicklung und Innovation vom 08.09. 2006, S. 1.
A. Begriff der wirtschaftlichen Betätigung
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Hochschule erst durch ihre Tätigkeit einen Markt eröffnet (z. B. bei der Vergabe einer Lizenz an einer Hochschulerfindung). Denn auch im Fall der Markteröffnung wäre eine Konkurrenzsituation auf Seiten der Nachfrager möglich.49 Sie wäre sogar umso wahrscheinlicher, da neue Erkenntnisse wiederum Produkt- und Prozessinnovationen ankurbeln, mit denen sich Unternehmen profilieren könnten.50 Da das Bestehen einer (potentiellen) Konkurrenzsituation für die Annahme eines Marktes ausreichend ist, werden alle Voraussetzungen eines Marktes erfüllt. Der hier verwendete weite Marktbegriff führt demnach zu keinem Ausschluss der Wirtschaftsgüter, die aus einem bestimmten universitären Forschungszweig stammen. Ein wirtschaftliches Tätigwerden durch die Hochschulen im Wirtschaftsverkehr ist im gesamten Bereich der universitären Forschung möglich.
IV. Ergebnis Im Ergebnis ist somit festzuhalten, dass die eingangs skizzierten Tätigkeiten als wirtschaftliche Betätigung von Hochschulen klassifiziert werden können. Zu Grunde gelegt wird dabei ein weites Begriffsverständnis von wirtschaftlicher Betätigung, das von der Definition der staatlichen Wirtschaftstätigkeit i.w.S. ausgeht. Demnach handelt es sich um eine wirtschaftliche Betätigung, wenn Wirtschaftsgüter im Wirtschaftsverkehr angeboten werden. Mithin kommt es für die Qualifizierung als wirtschaftliche Betätigung weder auf den Grad der rechtlichen Verselbstständigung einzelner Wirtschaftssubjekte noch auf die privatrechtliche oder öffentlich-rechtliche Ausgestaltung der Organisationsformen an.51 Auch die Gewinnerzielungsabsicht ist kein begriffskonstituierendes Merkmal.52 Relevant wird die (ausschließliche) Gewinnerzielungsabsicht erst im Rahmen der Prüfung der allgemeinen Legitimation von wirtschaftlicher Betätigung (3. Kap. A. V. 2.).
49 In anderen Konstellationen kommt freilich auch eine Konkurrenz auf Anbieterseite in Betracht. Z. B. wenn es um die Erteilung einer Auftragsforschung geht. 50 Die immense Bedeutung der Forschung als solcher spiegelt sich in der unternehmerischen Weisheit wider, dass im Gegensatz zu einem Preisvorteil ein technologischer Vorsprung von Konkurrenten kaum einzuholen sei; vgl. Kuder, Die Gründung eines Forschungs- und Entwicklungsgemeinschaftsunternehmens in kartellrechtlicher Sicht nach deutschem Recht, S. 182. 51 Explizit Badura, in: Münch (Hrsg.), FS Schlochauer, S. 3; Badura/Huber, in: SchmidtAßmann (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, 3. Kapitel, Rdnr. 122; Huber, in: Brenner/ ders./Möstl (Hrsg.), FS Badura, S. 897 (899). 52 Ebenso Püttner, Die öffentlichen Unternehmen, S. 29; Schneider, DVBl. 2000, 1250 f.; a.M. Schnettler, Betriebe, öffentliche Haushalte und Staat, S. 36 ff.; Schliesky, Öffentliches Wettbewerbsrecht, S. 51.
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2. Kap.: Systematisierung der wirtschaftlichen Betätigung von Hochschulen
B. Erscheinungsformen der wirtschaftlichen Betätigung von Hochschulen Im Folgenden soll die beispielhafte Skizzierung der wirtschaftlichen Betätigung von Hochschulen weiter ausgeführt werden. Ziel dabei ist es, einen ersten Eindruck von der tatsächlichen Dimension und der Diversität der wirtschaftlichen Betätigung von Hochschulen zu bekommen und ausgewählte wirtschaftliche Tätigkeiten näher zu beleuchten. Keinen Mehrwert bringt insofern eine vollständige Auflistung wirtschaftlicher Hochschultätigkeiten (die auch – realistisch betrachtet – nicht zu leisten wäre).
I. Marktakteure Die Diversität deutet sich bereits an, wenn man sich vor Augen führt, wer als Marktakteur in Betracht kommt. Denn nicht nur die (in der Regel körperschaftlich verfasste) „Einheit Hochschule“ bzw. ihre Untergliederungen (wie z. B. Fakultäten)53 haben die Möglichkeit, am Marktgeschehen teilzunehmen. Auch rechtlich selbstständige Tochterunternehmen, deren alleiniger Gesellschafter die jeweilige Hochschule ist, und gemischt-wirtschaftliche Unternehmen54 (wie z. B. „An-Institute“)55 können Anbieter von universitären Wirtschaftstätigkeiten sein.
53 Fachbereiche, Fakultäten, wissenschaftliche Einrichtungen oder Betriebseinheiten haben nach ganz h.M. keine Rechtsfähigkeit im zivilrechtlichen Sinne. Konsequenterweise können sie nicht in eigenem Namen einen Vertrag mit privaten Unternehmen abschließen. Möglich ist es aber, dass sie im Namen der Hochschule einen Vertrag abschließen, wenn sie dazu bevollmächtigt sind; eingehend dazu Püttner/Mittag, Rechtliche Hemmnisse der Kooperation zwischen Hochschule und Wirtschaft, S. 248 ff.; umstritten hingegen ist die Frage nach der Teilrechtsfähigkeit der Fachbereiche/Fakultäten. Bei diesem Streit geht es aber um die Frage einer „internen Teilrechtsfähigkeit“, d. h. um die Begründung einer eigenständigen Rechtsposition der Fachbereiche/Fakultäten gegenüber übergeordneten Stellen. Die h.M. geht von einer Teilrechtsfähigkeit aus; vgl. BVerwGE 45, 39 ff.; Maurer, WissR 10 (1977), 193 (209); Thieme, Hochschulrecht, S. 175; a.M. Hoffmann-Becking, DVBl. 1972, 299 (303). 54 Da auch für die Unternehmen von Hochschulen die Haftung begrenzt sein muss, werden diese regelmäßig in der Rechtsform einer privaten GmbH oder AG geführt; ausführlich dazu Sendlak, Unternehmerische Tätigkeit der Hochschulen, S. 74 ff. 55 Bei „An-Instituten“ handelt es sich um externe Einrichtungen, die durch einen Verleihungsakt und eine Kooperationsvereinbarung den Status eines Instituts „an“ der Hochschule bekommen und dadurch besondere Handlungsmöglichkeiten erhalten, die sie als Einrichtung außerhalb der Hochschule nicht hätten; vgl. Ernst/Altmann, WissR 42 (2009), 22 (23 f.) und in diesem Kapitel unter B. II. 1. c).
B. Erscheinungsformen der wirtschaftlichen Betätigung von Hochschulen
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II. Orientierung an dem materiellen Gehalt der wirtschaftlichen Tätigkeiten Neben den verschiedenen Marktakteuren spiegelt sich die Vielfalt der wirtschaftlichen Betätigung auch in dem Grad der institutionellen Verfestigung (Unternehmen versus institutionelle Einbindung), in der zeitlichen Dimension (Dauer), der Anzahl (regelmäßige oder einmalige wirtschaftliche Tätigkeit?) und vor allem im Aufgabenfeld wider. Da die wirtschaftlichen Tätigkeiten oft sich überschneidende Formen annehmen, orientiert sich die Übersicht zu besonders relevanten wirtschaftlichen Tätigkeiten an der inhaltlichen Schwerpunktsetzung. 1. Wissens- und Technologietransfer Ein Großteil der wirtschaftlichen Betätigung von Hochschulen erfolgt durch Technologietransferstellen der Hochschulen, deren Aufgabe darin besteht, einen Transferkanal für Wissen56 von Hochschulen in Unternehmen und auch umgekehrt von der Wirtschaft oder außeruniversitären Forschungseinrichtungen in Hochschulen zu bilden.57 An einigen Hochschulen sind die Technologietransferstellen als Hochschulinstitute in das hochschulorganisatorische Gesamtgefüge eingegliedert. In den vergangenen Jahren sind jedoch vermehrt einzelne (zum Teil auch alle) transferrelevanten Bereiche in rechtlich selbstständige Kapitalgesellschaften (mit beschränkter Haftung) ausgegliedert worden (z. B. Technologietransferunternehmen58, Patentverwertungs- und Lizenzierungsgesellschaften59). Von Letzteren verspricht 56 Es werden weniger Technologien als Wissen transferiert; so die Einschätzung von Thieme, Hochschulrecht, S. 239 f.; als Bereich des Technologietransfers gelten ursprünglich vorwiegend technische und naturwissenschaftliche Disziplinen. Inzwischen umfasst der Wissenstransfer aber auch die meisten anderen Disziplinen, wenn auch in unterschiedlichem Maße. So befruchten beispielsweise die Wirtschafts- und Sozialwissenschaften das Marketing und die Public-Relations-Pflege; umfassend Püttner/Mittag, in: Flämig u. a. (Hrsg.), Handbuch des Wissenschaftsrechts, Bd. 2, S. 1611 (1612 ff.). 57 Vgl. Püttner/Mittag, in: Flämig u. a. (Hrsg.), Handbuch des Wissenschaftsrechts, Bd. 2, S. 1611 (1612); Beispiele bei Fritsch u. a. (Hrsg.), Hochschule, Innovation, Region, S. 141 ff. 58 Die Ruhr-Universität Bochum nimmt mit der im Jahr 1998 gegründeten „rubitec“ (Gesellschaft für Innovationen und Technologie der Ruhr-Universität Bochum mbH) gemeinsam mit der Gesellschaft für Wissens- und Technologietransfer der TU Dresden (Gründungsjahr 1994) eine Vorreiterrolle ein. In diesen gibt es wiederum eine gesonderte Abteilung bzw. Organisationseinheit für die Patentverwertung. 59 Patentverwertungsagenturen wurden vom Bund und den Ländern etabliert. Die Finanzierung erfolgt durch Bund, Länder bzw. Eigenbeteiligungen der Hochschulen. Sinn und Zweck der Errichtung von den Patentverwertungsagenturen besteht darin, die Hochschulen vor dem Hintergrund der Änderung des Arbeitnehmererfindungsgesetzes bei der Nutzung der Schutzrechte zu unterstützen. Das Beispiel der TransMIT GmbH zeigt (an welcher die drei mittelhessischen Hochschulen Fachhochschule Gießen-Friedberg, die Phillips-Universität Marburg und die Justus-Liebig Universität Göttingen u. a. beteiligt sind), dass oft in Patentverwertungsagenturen der Sachverstand gebündelt wird und diese für mehrere Hochschulen arbeiten,
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2. Kap.: Systematisierung der wirtschaftlichen Betätigung von Hochschulen
man sich mehr Effizienz, da die Bündelung der Aufgaben und die größere Handlungsfreiheit es diesen ermöglichen, gezielt die relevante Zielgruppe (z. B. auf ihrer eigenen Homepage) anzusprechen und durch unmittelbare Kontaktaufnahme an sich zu binden. Unabhängig von der Rechtsform der verschiedenen Technologietransferstellen bzw. -unternehmen besteht ihre Haupttätigkeit darin, den in den Hochschulen generierten Forschungsergebnissen zu einer Anwendung in der Praxis zu verhelfen.60 Überwiegend handelt es sich dabei um wirtschaftliche Tätigkeiten, da sie als Wirtschaftsgüter im Wirtschaftsverkehr dargeboten werden. Im Einzelnen: a) Verkauf von Patenten, Gebrauchsmustern, Geschmacksmustern etc. und Lizenzierung Die wirtschaftliche Verwertung von Hochschulerfindungen obliegt seit der Neufassung des § 42 ArbnErfG61, durch die das so genannte Hochschullehrerprivileg abgeschafft wurde,62 nicht mehr dem einzelnen Hochschullehrer, sondern dem jeweiligen Dienstherrn63 bzw. den Hochschulen64. Auf Grund der erforderlichen Sachkenntnis, die bei der Bewältigung dieser zusätzlichen Aufgabe vonnöten ist, und den erheblichen Risiken, die Patenterteilungsverfahren und Rechtsstreitigkeiten auf Grund von möglichen Patentverletzungen etc. in sich bergen, übertragen (insbesondere kleine und mittelgroße) Universitäten oftmals die Wahrnehmung der Patentverwertung auf eine Patentverwertungsagentur (z. B. die TransMIT GmbH)65. Zu beachten gilt zudem, dass nur die Fälle, in denen den Hochschulen die Dienstherwas wiederum Kosten spart; näher dazu Wissenschaftsrat (Hrsg.), Empfehlungen zur Interaktion von Wissenschaft und Wirtschaft, S. 46. 60 Epping, in: Hailbronner/Geis (Hrsg.), HRG-Kommentar, Bd. 1, § 2 Rdnr. 54, und Thieme, Hochschulrecht, S. 239 f., definieren den Technologietransfer als Unterstützung des (potentiell) kommerziellen Wissenstransfers. Diese Definition deckt jedoch nur einen Teilbereich des Aufgabenfelds von Technologietransferstellen ab. 61 Gesetz zur Änderung des Gesetzes über Arbeitnehmererfindungen vom 18.01.02 (BGBl. I S. 414). 62 Zu den nicht unerheblichen Problemen bei der Bewältigung der durch § 42 ArbnErfG für die Hochschulen entstandenen Herausforderungen, vgl. Leuze, GRUR 2005, 27 (33); Gärditz/ Pahlow, WissR 39 (2006), 48 ff. 63 Die Vorschriften des Arbeitnehmererfindungsgesetzes richten sich nicht nur an die verbeamteten Hochschulforscher, sondern auch an die sonstigen Hochschulbeschäftigten, die in einem öffentlich-rechtlichen Angestelltenverhältnis beschäftigt sind. Das bedeutet, dass nicht nur der Dienstherr, sondern auch der Arbeitgeber gemeint ist; vgl. Leuze, in: Himmelmann/ders. u. a. (Hrsg.), ArbEG, Kommentar, § 42 Rdnr. 1 ff.; Schübler-Pfister, in: Gärditz/Pahlow (Hrsg.), Hochschulerfindungsrecht, S. 11 (18 ff.). 64 Strittig ist, ob das Verwertungsrecht an einer Hochschulerfindung dem Land als Dienstherren oder unmittelbar der Hochschule zusteht; vgl. Pahlow/Gärditz, WissR 39 (2006), 48 (65 ff.); feststeht, dass z. B. in Nordrhein-Westfalen, in dem die Dienstherreneigenschaft auf die Hochschulen übertragen wurde, sich dieses Problem nicht stellt. 65 An der TransMIT GmbH sind u. a. die drei mittelhessischen Hochschulen beteiligt (Fachhochschule Gießen-Friedberg, die Phillips-Universität Marburg und die Justus-Liebig Universität Göttingen).
B. Erscheinungsformen der wirtschaftlichen Betätigung von Hochschulen
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reneigenschaft übertragen wurde, zweifelsfrei eine wirtschaftliche Betätigung von Hochschulen darstellen.66 Deswegen wird auf diese Konstellation der Fokus gelegt. In den Prozess der Verwertung der Hochschulerfindungen werden die Hochschulwissenschaftler eng eingebunden. Die Hochschulforscher müssen zunächst einmal ihre Diensterfindungen (§ 4 Abs. 2 ArbnErfG) der Hochschulleitung als zuständigem Dienstherren melden, es sei denn, sie nehmen die Ausnahme des § 42 Nr. 2 ArbnErfG in Anspruch.67 Die Hochschulleitung wiederum muss entscheiden, ob sie diese Erfindung in Anspruch nimmt oder freigibt.68 Das heißt, dass die Hochschule die (gebundene)69 Erfindung70 auf ihre Patentfähigkeit, Gebrauchsmusterfähigkeit oder sonstige wirtschaftliche Verwertbarkeit prüft und bewertet. Falls das Ergebnis der Analyse Erfolg in Aussicht stellt, nimmt die Hochschule als Dienstherr die Erfindung in Anspruch (§ 6 Abs. 1 ArbnErfG) und verpflichtet sich dadurch, die Erfindung zur Erteilung eines Schutzrechts anzumelden (§ 13 Abs. 1 S. 1 ArbnErfG).71 Dabei ist grundsätzlich die Anmeldung zur Erteilung eines Patents dem Gebrauchsmusterschutz vorzuziehen (vgl. § 13 Abs. 1 S. 2 ArbnErfG). Dem Hochschulforscher ist im Falle einer Verwertung seiner Diensterfindung ein bestimmter Anteil des erzielten Erlöses zu zahlen (§ 42 Nr. 4 ArbnErfG).72 Die Hochschule kann – wenn sie nicht selbst das Patent z. B. zur Einwerbung von 66 Nur in wenigen Ländern ist die Hochschule selbst und nicht das Land Dienstherr: in Berlin (§ 2 Abs. 4 BerlHG), in Nordrhein-Westfalen (§ 2 Abs. 3 S. 1 HG NRW), in Niedersachsen (Stiftungshochschulen, § 58 Abs. 1 NHG) und im Saarland (§ 9 S. 5 UG Saarl., allerdings beschränkt auf wissenschaftliche Mitarbeiter, Lehrkräfte für besondere Aufgaben und nichtwissenschaftliche Mitarbeiter). Allerdings kann das Land die Dienstherreneigenschaft auch auf die Hochschulen übertragen (z. B. § 9 S. 4 UG Saarl.). 67 Nach der Sonderausnahme für Hochschulwissenschaftler gilt nach § 42 Nr. 2 ArbnErfG, dass ein Erfinder auf Grund seiner Lehr- und Forschungsfreiheit die Offenbarung seiner Diensterfindung ablehnen kann. In einem solchen Fall ist er nicht verpflichtet, die Erfindung dem Dienstherrn zu melden; zur Verfassungsmäßigkeit 4. Kap. E. 68 So explizit Schübler-Pfister, in: Gärditz/Pahlow (Hrsg.), Hochschulerfindungsrecht, S. 11 (12). 69 Es muss sich um eine „gebundene Erfindung“ (im Gegensatz zu einer „freien Erfindung“) handeln (vgl. § 4 ArbnErfG). Gebundene Erfindungen (Diensterfindungen) sind gem. § 4 Abs. 2 ArbnErfG „während der Dauer des Arbeitsverhältnisses gemachte Erfindungen, die entweder aus der dem Arbeitnehmer im Betrieb oder in der öffentlichen Verwaltung obliegenden Tätigkeit entstanden sind (Nr. 1) oder maßgeblich auf Erfahrungen oder Arbeiten des Betriebes beruhen (Nr. 2)“. Es können folglich auch Erfindungen aus Nebentätigkeiten darunter fallen, soweit sie die Voraussetzungen einer Erfahrungsfindung erfüllen; ausführlich Bernhardt/ Kraßer, Lehrbuch des Patentrechts, S. 252 f.; Lux, Rechtsfragen der Kooperation zwischen Hochschulen und Wirtschaft, S. 144 ff. 70 § 2 ArbnErfG: „Erfindungen im Sinne des ArbnErfG sind nur Erfindungen, die patentoder gebrauchsmusterfähig sind.“ Das heißt, dass die Pflicht gem. § 13 Abs. 1 ArbnErfG, eine Erfindung zur Erteilung eines Schutzrechts anzumelden, nur nach eingehender Analyse erfolgen kann. 71 Ausführlich Trimborn, in: Himmelmann/Leuze u. a. (Hrsg.), ArbEG, Kommentar, § 3 Rdnr. 3 ff. 72 Leuze, in: Himmelmann/ders. u. a. (Hrsg.), ArbEG, Kommentar, § 42 Rdnr. 1 ff.
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2. Kap.: Systematisierung der wirtschaftlichen Betätigung von Hochschulen
Drittmitteln behalten will73 – die Schutzrechte verkaufen oder gegen eine kostenpflichtige Lizenz verpachten.74 Bei diesen Tätigkeiten handelt es sich entsprechend der obigen Ausführungen um eine wirtschaftliche Betätigung von Hochschulen.75 b) Gründung von Unternehmen oder Unternehmensbeteiligungen Hochschulerfindungen können zwecks Verwertung auch zu einer Ausgründung (Unternehmensgründung) einer Universität führen. Es müssen auch noch nicht alle Details konkretisiert sein, denn Ausgründungen sind häufig Initiativzünder für die Weiterentwicklung und Austestung neuer Erfindungen.76 Obwohl Hochschulen damit das Risiko tragen, dass eine Innovation eventuell keine Marktreife erlangt, ist für sie nicht allein die Renditeerwartung entscheidend.77 Sie wollen des Weiteren durch diese Art der Wirtschaftstätigkeiten Wirtschaftskontakte intensivieren und die Attraktivität der Hochschule als Wirtschaftsstandort78 stärken.79 Zudem ist es flexibler und zum Teil effizienter ein Unternehmen zu gründen, da teilweise steuer-, haushalts- und dienstrechtliche Probleme80 durch die bestehende Einbindung in die „Einheit Hochschule“ auftreten.
73 Diese Tätigkeit würde jedoch keine wirtschaftliche Betätigung darstellen, da in diesem Fall das Handeln der Hochschule nicht im Wirtschaftsverkehr stattfände. 74 30 % der erzielten Einnahmen hat die Hochschule jedoch (falls sie Dienstherr ist) an den Hochschullehrer abzuführen (vgl. § 42 Nr. 4 ArbnErfG). 75 Vgl. auch BHGZ 173, 356 ff., die Entscheidung erging zu dem Bestehen oder Nichtbestehen einer Anmeldepflicht von Hochschulerfindungen seitens eines Abteilungsleiters eines Universitätsklinikums. In dieser Entscheidung bejahte der BGH die Verfassungsmäßigkeit der Neuregelung. 76 Kohler/Beyer, in: Asche u. a. (Hrsg.), Modernes Patentbewusstsein in Hochschulen, S. 79. 77 Bei der Renditeerwartung ist laut einer Studie des Fraunhofer Instituts weitgehend Ernüchterung eingetreten; vgl. Hemer/Dornbusch/Kulicke/Wolf, Beteiligungen von Hochschulen an Ausgründungen, S. 31. 78 Oftmals ist die Hochschule sogar einer der größten Arbeitgeber vor Ort, wie beispielsweise die Ruhr-Universität in Bochum (neben Opel) mit ca. 5500 Mitarbeitern; vgl. Burgi/Gräf, WissR 44 (2011), 336 ff. 79 Thieme, Hochschulrecht, S. 238; Kohler/Beyer, in: Asche u. a. (Hrsg.), Modernes Patentbewusstsein in Hochschulen, S. 79 ff. 80 Zu steuerrechtlichen Problemen Strahl, FR 2002, 916 ff.; ders., FR 2008, 15 ff.; zu haushaltsrechtlichen Problemen Kracht, Das Neue Steuerungsmodell im Hochschulbereich, S. 31 ff.; Sieweke, Managementstrukturen und outputorientierte Finanzierung im Hochschulbereich, S. 76 ff.; zu dienstrechtlichen Problemen Blümel/Scheven, in: Flämig u. a. (Hrsg.), Handbuch des Wissenschaftsrechts, Bd. 1, S. 443 ff.; Geis, in: ders. (Hrsg.), Hochschulrecht im Freistaat Bayern, S. 370 ff.; Lux-Wesener/Kamp, in: Hartmer/Detmer (Hrsg.), Hochschulrecht, S. 331 ff.
B. Erscheinungsformen der wirtschaftlichen Betätigung von Hochschulen
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Des Weiteren nimmt die Beteiligung einer Hochschule an verschiedenen Unternehmensgründungen (z. B. akademischen Spin-Offs oder Start-Ups)81, wenn auch nur zögerlich,82 zu. Als Form der Beteiligung der Hochschule kommen neben Sacheinlagen (wie z. B. der Übertragung eines Patents)83 durch die Veränderung der meisten Landeshochschulgesetze auch Bareinlagen von Haushaltsmitteln (zum Teil auf das Körperschaftsvermögen begrenzt)84 in Betracht. Bei akademischen Spin-Offs handelt es sich um Unternehmen, deren Gründung auf neuem Wissen oder spezifischen Kompetenzen beruhen, die aus der Hochschule resultieren. Start-Ups sind den akademischen Spin-Offs von der Struktur her ähnlich. Beide unterscheiden sich jedoch vor allem in ihrer Urheberschaft voneinander. Während Start-Ups von Absolventen einer Hochschule gegründet werden, werden akademischen Spin-Offs von an den Hochschulen tätigen Wissenschaftlern gegründet (insbesondere von vormals wissenschaftlichen Mitarbeitern). Aus dieser unterschiedlichen Personenkonstellation ergeben sich differierende Zielsetzungen, die die Hochschulen verfolgen. Bei Start-Ups steht der Fördergedanke im Vordergrund,85 wohingegen bei akademischen Spin-Offs überwiegend strategische Überlegungen eine Rolle spielen (wie z. B. Bindung der akademischen Spin-Offs an die Universität, Quelle zukünftiger Forschungsprojekte oder potentielle Steigerung der Reputation als innovative Universität)86. Vermehrt gehen auch private Wirtschaftsunternehmen oder Fondsgesellschaften dazu über, das jeweilige Startkapital zur Verfügung zu stellen und Anteilseigner bei den regelmäßig als Kapitalgesellschaften geführten Ausgründungen zu werden.87 So können private Unternehmen Wettbewerbsvorteile gegenüber ihren Konkurrenten erlangen, da die Akquisition von neuen Erkenntnissen eine generelle
81 Näher dazu Berger, in: Geis (Hrsg.), Hochschulrecht im Freistaat Bayern, S. 252 (254); Hemer/Schleinkofer/Göthner, Akademische Spin-Offs, S. 30 ff. 82 Vgl. die Ergebnisse einer Studie der Fraunhofer Gesellschaft durchgeführt von Hemer/ Dornbusch/Kulicke/Wolf, Beteiligungen von Hochschulen an Ausgründungen, S. 42 ff. 83 Weitere empirische Beispiele von Sacheinlagen finden sich bei einer Studie der Fraunhofer Gesellschaft durchgeführt von Hemer/Dornbusch/Kulicke/Wolf, Beteiligungen von Hochschulen an Ausgründungen, S. 34 ff. 84 Z. B. § 50 Abs. 4 S. 1 NHG. 85 Letzteres wird vor allem dadurch erreicht, dass Hochschulen (potentielle) Existenzgründer in einem Existenzgründerwettbewerb gegenseitig herausfordern und Existenzgründer beraten, begleiten und fortbilden (vgl. z. B. das Existenzgründerprogramm der TU Clausthal „start.on.top“ oder das der Johannes-Gutenberg Universität Mainz „ExPro“). Solche Angebote sind in der Regel kostenlos und kommen mithin nicht als wirtschaftliche Betätigungen in Betracht. Wichtig ist auch die Gründerstarthilfe EXIST von der Bundesregierung, die seit 1998 existiert; vgl. dazu Knauff, WissR 43 (2010), 28 (33); es gibt jedoch auch Beratungstätigkeiten, die entgeltlich erfolgen und zwar grundsätzlich dann, wenn sie sich nicht an Hochschulangehörige wenden. 86 Vgl. auch die weiteren strategische Überlegungen aus der Studie von Hemer/Dornbusch/ Kulicke/Wolf, Beteiligungen von Hochschulen an Ausgründungen, S. 32 ff. 87 Fettweis, in: Hochschulrektorenkonferenz (Hrsg.), Hochschulen als Motoren der wirtschaftlichen Entwicklung, S. 55.
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2. Kap.: Systematisierung der wirtschaftlichen Betätigung von Hochschulen
Schlüsselrolle beim Unternehmenserfolg einnimmt.88 Auf diese Weise werden private Wirtschaftsunternehmen und die Hochschulen weiter aneinander gebunden, woraus wieder neue Forschungskooperationen entstehen können. c) Forschungskooperationen und Auftragsforschung Es gibt viele Formen der Forschungskooperationen; aber nur wenn das Wirtschaftsgut hinreichend konkretisiert ist, kommt eine Klassifizierung der Tätigkeit als wirtschaftliche Betätigung in Betracht. Dies ist nicht der Fall bei der Bildung von Kompetenzclustern bzw. Inkubatoren89 und strategischen Allianzen90, die eine erste Annäherung von Hochschulen und Unternehmen fördern und vornehmlich die Infrastruktur und die finanziellen Mittel zur Verfügung stellen sollen. Auch die kooperative Forschung91 und deren institutionalisierte Form, das so genannte „AnInstitut“92, sind durch eine langfristige Perspektive und eine zieloffene Aufgaben88 Wissenschaftsrat (Hrsg.), Empfehlungen zur Interaktion von Wissenschaft und Wirtschaft, S. 21. 89 Der Begriff „Inkubator“ kommt ursprünglich aus dem Bereich der Medizin und wird dort als Bezeichnung für Brutkästen verwendet. Im übertragenen, wirtschaftlichen Sinne sind Einrichtungen gemeint, die innovativen Existenzgründern den Start erleichtern sollen, indem sie ihnen die Infrastruktur und finanzielle Mittel zur Verfügung stellen. Prototyp ist das Silicon Valley in den USA, Tennessee. Häufig sind Inkubatoren und Technologiezentren miteinander verbunden. In Bezug auf den Technologiepark Bremen, vgl. Timm, in: Hochschulrektorenkonferenz (Hrsg.), Hochschulen als Motoren der wirtschaftlichen Entwicklung, S. 71; ausführliche Darstellung bei Selmayr, in: ders. (Hrsg.), Organisationsformen des Technologietransfers Wissenschaft/Wirtschaft, S. 423 ff. 90 Unter dem Sammelbegriff der strategischen Allianzen werden verschiedene Formen der Kooperation von Hochschulen und Partnern aus der Wirtschaft und Gesellschaft zusammengefasst: Joint Venture, Value Adding Partnership oder Networking. Die strategische Allianz ist somit eine besonders weitreichende Form der Kooperation, die sich durch eine langfristige Ausrichtung kennzeichnet; dieser Überblick beruht auf v. Lojewski/Niederdrenk, in: Meyer/ Pfeiffer (Hrsg.), FS Rieger, S. 349 f. 91 Die kooperative Forschung ist durch eine zieloffene Aufgabenstellung und eine langfristige Perspektive geprägt (im Gegensatz zur punktuellen Auftragsforschung). Sie kann den Austausch von personellen, materiellen und immateriellen Ressourcen, wie z. B. Arbeitskräfte, Know-How und Marktinformationen, beinhalten; so die Ausführung vom Wissenschaftsrat (Hrsg.), Empfehlungen zur Interaktion von Wissenschaft und Wirtschaft, S. 38; die Verbundforschung des BMBF und die Projektförderung von der europäischen Kommission sind von großer Bedeutung für die kooperative Forschung; so die Ausführungen von Bierhals/Schmoch, in: Schmoch u. a. (Hrsg.), Wissens- und Technologietransfer in Deutschland, S. 81 (84 f.). 92 Bei „An-Instituten“ handelt es sich um externe Einrichtungen, die durch einen Verleihungsakt und eine Kooperationsvereinbarung den Status eines Instituts „an“ der Hochschule bekommen und dadurch besondere Handlungsmöglichkeiten erhalten, die sie als Einrichtung außerhalb der Hochschule nicht hätten. Die einzelnen Voraussetzungen, unter denen eine externe Einrichtung den Status eines „An-Instituts“ erhalten kann, sind in den Landeshochschulgesetzen unterschiedlich geregelt. In allen Ländern sind „An-Institute“ jedoch rechtlich selbstständig und nicht organisatorisch in die Hochschule eingebunden; dieser Überblick beruht auf den Ausführungen von Lux-Wesener/Kamp, in: Hartmer/Detmer (Hrsg.), Hochschulrecht, S. 331 (333 ff.); vgl. auch zuletzt Ernst/Altmann, WissR 42 (2009), 22 (23 f.).
B. Erscheinungsformen der wirtschaftlichen Betätigung von Hochschulen
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stellung geprägt, die nicht auf ein konkretes Wirtschaftsgut ausgerichtet sind. (Das „An-Institut“ kommt aber als Akteur universitärer Wirtschaftsbetätigung in Betracht.) Anders verhält es sich hingegen bei der Auftragsforschung93. Diese liegt vor, wenn private oder öffentliche Auftraggeber (z. B. Ministerien des Bundes/der Länder) Finanzmittel für Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten zur Lösung eines spezifischen Problems an einen Auftragnehmer (hier: Hochschule) vergeben.94 Dabei werden regelmäßig einzelne Modalitäten der Forschung durch den Auftraggeber vorgegeben. Zwei Konstellationen müssen unterschieden werden. Zum einen kann ein Auftraggeber mit einer Hochschule95 einen Vertrag abschließen (im Einvernehmen mit dem betroffenen Hochschulforscher)96. Die Hochschule wird Vertragspartner und der Wissenschaftler erledigt die Forschung als Dienstaufgabe. Zum anderen kann ein Auftraggeber einen Hochschulforscher direkt beauftragen. Dann erfüllt der Forscher den Auftrag regelmäßig (als Privater) in Nebentätigkeit.97 Da es in dieser Arbeit um die wirtschaftliche Betätigung von Hochschulen geht, ist letztere Konstellation hier nicht relevant. Bei ersterer hingegen handelt es sich um eine wirtschaftliche Betätigung von Hochschulen. 2. Wissenstransfer durch Weiterbildung Die Weiterbildung ist ein weiterer großer Bereich, in dem sich Hochschulen wirtschaftlich betätigen.98 Das zeigt sich bereits darin, dass auch in der juristischen Literatur, die grundsätzlich mit ökonomisch geprägten Begriffen im Hochschulbe-
93 Teilweise wird der Begriff der Vertragsforschung vorgezogen, da es sich nicht um einen „Auftrag“ im zivilrechtlichen Sinne handelt (dieser wird unentgeltlich durchgeführt, vgl. § 672 ff. BGB) und deswegen ungenau ist. Da dieser Begriff sich jedoch durchgesetzt hat, soll ihm auch hier der Vorzug gegeben werden; zur Vertragsforschung Lieske, Forschung als Geschäft, S. 12. 94 Berger, in: Geis (Hrsg.), Hochschulrecht im Freistaat Bayern, S. 252 (254); Wissenschaftsrat (Hrsg.), Empfehlungen zur Interaktion von Wissenschaft und Wirtschaft, S. 42. 95 Fachbereiche bzw. Fakultäten und wissenschaftliche Institute bzw. Einrichtungen können nur im Namen der Hochschule einen Vertrag abschließen; eingehend dazu Püttner/Mittag, Rechtliche Hemmnisse der Kooperation zwischen Hochschule und Wirtschaft, S. 248 ff. 96 Auf Grund des individuellen Abwehrrechts aus Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG kann der Forscher grundsätzlich selbst u. a. über Forschungsgegenstand und die Wahl der Forschungsmethode entscheiden. Die Hochschule kann ihm keine Leistungsverpflichtung oktroyieren; ausdrücklich Kirchhof, ZRP 1976, 238 f.; somit muss die Hochschule im Einvernehmen mit dem Forscher einen Vertrag abschließen, da sie ansonsten Gefahr läuft, ihre Vertragspflichten nicht erfüllen zu können und sich etwaigen Schadensersatzansprüchen aussetzt; zu evtl. Schadensersatzansprüchen ausführlich Over, Zivilrechtliche Haftung für Fehlleistungen in der Forschung, S. 10 ff.; vgl. dazu ausführlich 4. Kap. D. I. 97 Püttner/Mittag, in: Flämig u. a. (Hrsg.), Handbuch des Wissenschaftsrechts, Bd. 2, S. 1611 (1614). 98 Seit der 6. Novelle des HRG (HRGÄndG vom 08.08.02 [BGBl. I S. 3138]) ist die Weiterbildung Bestandteil der Primäraufgaben in § 2 Abs. 1 HRG.
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2. Kap.: Systematisierung der wirtschaftlichen Betätigung von Hochschulen
reich eher fremdelt, offen von einem „Weiterbildungsmarkt“99 gesprochen wird, auf welchem sich die Hochschulen gegen private Konkurrenz zu positionieren versuchen.100 Dabei werden unter Weiterbildung „alle Formen der Fortsetzung oder der Wiederaufnahme organisierten Lernens nach Abschluss einer ersten Bildungsphase und in der Regel nach Aufnahme einer Berufstätigkeit“101 verstanden. Der gemeinhin gezogene Unterschied zwischen beruflicher102 und wissenschaftlicher103 Weiterbildung ist nicht eindeutig, da sich einerseits beide Bereiche überschneiden, mithin auch berufliche Weiterbildung wissenschaftlich sein kann, und andererseits nicht jede Weiterbildung, nur weil sie an Hochschulen stattfindet, zwingend als wissenschaftlich zu qualifizieren ist.104 Regelmäßig werden die Weiterbildungsmaßnahmen der Universitäten jedoch zumindest einen Wissenschaftsbezug aufweisen. Als wirtschaftliche Tätigkeiten ist z. B. die Vermittlung von spezifischen neuen Forschungsergebnissen an die Wirtschaft oder Industrie in Form von Kursen o. ä. zu bewerten (so bietet z. B. das Institut für Kunststofftechnik der Universität Darmstadt Seminare für Einrichter in den Bereichen „Einrichterseminare – Spritzgießen“ und „Folieneinrichterseminar“ an, in welchen Referenten über die neuesten Forschungserkenntnisse der Kunststoffverarbeitung unterrichten). Ebenfalls ist die Durchführung von Weiterbildungsveranstaltungen (in Form von Kursen, Vorträgen, Work-Shops, zunehmend auch via E-Learning)105 für z. B. das Erlernen von so genannten Soft Skills, die Ausweitung der EDV-Kenntnisse oder entsprechende fachliche Upgrades als wirtschaftliche Betätigung zu klassifizieren sowie das Ab99 So z. B. Pawelek, Die Wahrnehmung hoheitlicher Hochschulaufgaben durch private Weiterbildungseinrichtungen, S. 97; Bumke, VVDStRL 69 (2010), 407 (413). 100 Anfangs nicht ohne Gegenwehr der Privaten, die Angst vor der staatlichen Konkurrenz hatten. Ihre Befürchtungen haben sich aber nicht bewahrheitet, da der universitäre Anteil am Weiterbildungsmarkt laut BMBF, Berichtssystem Weiterbildung IX, 2006, S. 287 ff., gering ist (3 %); ausführlich zur Entwicklung Battis, WissR 22 (1989), 33 (34 f.). 101 Epping, in: Hailbronner/Geis (Hrsg.), HRG-Kommentar, Bd. 1, § 2 Rdnr. 14; die Kultusministerkonferenz (KMK) ergänzt im Jahr 2001 die Voraussetzung der Aufnahme einer beruflichen Tätigkeit alternativ durch die Familientätigkeit; KMK (Hrsg.), Sachstands- und Problembericht zur „Wahrnehmung wissenschaftlicher Weiterbildung an den Hochschulen“, S. 2. 102 „Berufliche Weiterbildung ist praxisgeprägt, wohingegen die wissenschaftliche Weiterbildung forschungsgeprägt ist“; so Epping, in: Hailbronner/Geis (Hrsg.), HRG-Kommentar, Bd. 1, § 2 Rdnr. 14, unter Hinweis auf Battis, WissR 22 (1989), 33 (36). 103 Auf das Adjektiv „wissenschaftlich“ wurde im Gesetzestext verzichtet (vgl. § 2 Abs. 1 HRG). Es ergibt sich aber aus einer systematischen Gesamtschau. Das Adjektiv soll betonen, dass das Weiterbildungsangebot dem fachlichen und didaktischen Niveau der Hochschule entspricht; so zutreffend Kultusministerkonferenz (Hrsg.), Sachstands- und Problembericht zur „Wahrnehmung wissenschaftlicher Weiterbildung an den Hochschulen“, S. 2. 104 Auf diese Uneindeutigkeit weist bereits Detmer, WissR 37 (2004), 150 (152), hin; bei Art. 5 Abs. 3 GG wird zu prüfen sein, ab wann eine Weiterbildung als wissenschaftliche qualifiziert werden kann; vgl. dazu 4. Kap. D. II. 105 Statt vieler Bremer/Krömker/Voss, in: Holten/Nittel (Hrsg.), E-Learning in Hochschulen und Weiterbildung, S. 61 ff.
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halten von (inter-)nationalen Summer Schools, Sprachkursen im In- und Ausland.106 Diese schließen in der Regel mit einem Teilnahmeschein, Zertifikat oder Zeugnis ab, die auch von privaten Anbietern erteilt werden können. Erforderlich für die Annahme einer wirtschaftlichen Betätigung ist, dass die Hochschulen ein der Leistung entsprechendes Entgelt erheben, das regelmäßig über die kostendeckenden Gebühren hinausgeht.107 Indizwirkung kommt insofern der Öffnung der Veranstaltung gegenüber externen Dritten zu, denn universitätsinterne Teilnehmer müssen oftmals nur einen symbolischen Betrag leisten. Erstaunlicherweise ist der Marktanteil der Hochschulen im Weiterbildungssektor bisher eher gering.108 Das Problem liegt in der Zersplitterung des Weiterbildungsprogramms innerhalb einer Hochschule auf mehrere Akteure (Fakultäten, zentrale Einrichtungen der Hochschule) und setzt sich in der (daraus resultierenden) an Vollständigkeit mangelnden Kommunikation nach außen fort. Abhilfe soll an einigen Hochschulen durch Ausgründungen109 geschaffen werden, die aber ebenfalls eine gewisse Streuung des Weiterbildungsangebots innerhalb der Hochschule nicht verhindern können.110 Inhaltlich hingegen haben sich viele Hochschulen bereits strategisch neu ausgerichtet und passen dementsprechend ihr Weiterbildungsangebot verstärkt den Nachfragern an, die nicht standardisierte, sondern individuelle Angebotszuschnitte präferieren.111 So hat z. B. das Transferzentrum für Weiterbildung an der Universität Halle-Wittenberg nur für Fach- und Führungskräfte aus der Privatwirtschaft verschiedene praxisorientierte Weiterbildungsprogramme entwickelt, die auch als „In-House“ Seminare durchgeführt werden können. Gegen ein erhöhtes Entgelt werden auch der Weiterbildungsbedarf eines einzelnen Unternehmens
106 Eine Bestandsaufnahme findet sich bei Wolf, Teilnahme an wissenschaftlicher Weiterbildung, S. 22 ff. 107 Vgl. Christmann, Rahmenbedingungen wissenschaftlicher Weiterbildung, S. 4. 108 In der allgemeinen Weiterbildung liegt der Marktanteil bei 3 %; vgl. BMBF, Berichtssystem Weiterbildung IX, 2006, S. 287 ff., 297 ff.; in der akademischen Weiterbildung liegt der Marktanteil bei 10 %; vgl. Herm, Lebenslanges Lernen und Weiterbildung, S. 20. 109 Z. B. Akademie der Ruhr-Universität Bochum (gGmbH) oder die Deutsche Universität für Weiterbildung, die von der FU Berlin und der Klett AG gegründet wurde. 110 Das liegt vor allem an dem bürokratischen Mehraufwand, der mit einer zentralen Koordination einhergeht. Infolgedessen führen die Fakultäten respektive Fachbereiche ihre Veranstaltungen ohne Absprache mit einer zentralen Einrichtung durch; so die Einschätzung der Kultusministerkonferenz (Hrsg.), Sachstands- und Problembericht zur „Wahrnehmung wissenschaftlicher Weiterbildung an Hochschulen“, S. 2 ff. 111 Z. B. „KMU-Management – Das Unternehmerprogramm oder Führen in der mittleren Managementebene“; zur strategischen Neuausrichtung der Hochschulen im Bereich der Weiterbildung Hanft/Knust (Hrsg.), Internationale Vergleichsstudie zur Struktur und Organisation der Weiterbildung an Hochschulen, S. 2, die belegen, dass die Weiterbildungsstrukturen in der letzten Dekade nicht an konkreten Zielgruppen und deren Lernerfordernisse ausgerichtet waren.
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2. Kap.: Systematisierung der wirtschaftlichen Betätigung von Hochschulen
analysiert und darauf basierende maßgeschneiderte Seminare für dieses Unternehmen entwickelt.112 3. Wissenstransfer durch Validierung und Franchising im Ausland Teilweise schließen deutsche Hochschulen mit ausländischen Hochschulen Verträge ab, die als wirtschaftliche Betätigung klassifiziert werden können – so z. B. im Fall der Validierung und des akademischen Franchisings. Bei einer so genannten Validierung handelt es sich um einen Lizenzvertrag. Die ausländische Hochschule erwirbt das Recht, gegen eine festgelegte Nutzungsgebühr ihren Studenten nach erfolgreichem Abschluss eines durch die ausländische Hochschule durchgeführten und entwickelten Studiums, einen akademischen Grad der inländischen Hochschule zu verleihen.113 Beim akademischen Franchising hingegen erwirbt die ausländische Institution regelmäßig das Recht, die von der inländischen Hochschule entwickelten Curricula der jeweiligen Studiengänge zu übernehmen und das Abschlusszertifikat mit dem Siegel der inländischen Hochschule zu verleihen.114 Das Franchising ist demnach in der Regel mit einem höheren Aufwand verbunden, da es kontinuierlicher Qualitätssicherungen seitens der inländischen Hochschule bedarf, zeichnet sich aber auch durch eine höhere Gewinnmarge aus. Die Validierung hingegen ist im Vergleich dazu kostengünstiger und risikoärmer, aber auch in der Gewinnerwartung geringer. In beiden Fällen kann es jedoch im Falle eines erheblichen Qualitätsunterschieds zwischen inländischer und ausländischer Hochschule zu einem Reputationsverlust der ersteren kommen. Vielleicht sind auch aus diesem Grunde diese wirtschaftlichen Tätigkeiten in den deutschen Hochschulen (bisher) nicht weit verbreitet. 4. Universitätsdruckereien und -verlage Die Bedeutung von Universitätsdruckereien und -verlagen115 nimmt in jüngerer Zeit wieder zu.116 Grund dafür ist die Entwicklung von neuen Publikationsformen 112
Die Akademie der Ruhr-Universität Bochum (gGmbH) setzt z. B. auf interdisziplinäre Bildungsmaßnahmen und individuelle Beratung bei der Einführung und Umsetzung neuer Steuerungs-, Verwaltungs- und Arbeitsprozesse. Die Universität Koblenz-Landau bietet Berufstätigen und Berufseinsteigern die Möglichkeit, im Rahmen eines Fernstudienkurses praxisnotwendige betriebswirtschaftliche Grundlagen zu erlernen. 113 Die Anerkennung ist nicht auf akademische Grade beschränkt, sondern kann sich beispielsweise auch auf Studienmodule etc. beziehen; ausführlich Krauß, Deutsche Hochschulen im Ausland, S. 76. 114 Krauß, Deutsche Hochschulen im Ausland, S. 77. 115 Die Organisationsform ist uneinheitlich; Einrichtungen der Hochschulen: z. B. University of Bamberg Press, Universitätsverlag TU Berlin, Universitätsverlag Göttingen; Ausgründungen: z. B. Bochumer Universitätsverlag GmbH, Düsseldorf University Press GmbH, Kassel University Press GmbH; die Mehrzahl ist Mitglied in der „Arbeitsgemeinschaft Universitätsverlage“. 116 So die Einschätzung von Halle, Bibliotheksdienst 40 (2006), 809 ff.
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durch Internet und E-Publishing. Durch „Open-Access“117 sollen wissenschaftliche Literatur und Materialien im Internet kostenlos und ohne Lizenzbeschränkungen zugänglich gemacht werden (mithin handelt es sich in diesem Fall nicht um eine Form der wirtschaftlichen Betätigung). Dadurch wird das Ziel erreicht, wissenschaftliche Arbeiten (überwiegend, aber nicht zwingend von der eigenen Universität)118 möglichst weltweit zu verbreiten. Daneben veröffentlichen die Universitätsverlage mit Hilfe der hauseigenen Druckereien viele schriftliche Arbeiten119 in den Printmedien, die entgeltlich erworben werden müssen. Vorteil gegenüber privaten Anbietern ist jedoch, dass die Universitätsverlage und -druckereien kostengünstiger arbeiten,120 da ihr Ziel nicht primär in der Generierung zusätzlicher Einnahmen besteht. Allerdings stellt dies den marktbezogenen Charakter der Tätigkeit nicht in Frage, da die Universitätsdruckereien und -verlage de facto am Wettbewerb teilnehmen und den kommerziellen Anbietern Konkurrenz machen.121 5. Vermietung und Verpachtung Bestimmte Tätigkeiten in dem klassischerweise – d. h. in haushaltsrechtlicher Terminologie – als Vermögensverwaltung bezeichneten Bereich stellen ebenso eine wirtschaftliche Betätigung dar, wie z. B. die Vermietung und Verpachtung von Hochschulvermögen (Tagungsräume, Sportplätze und -hallen, Aulen, technische Ausstattungen, Labore etc.).122 Der Charakter der wirtschaftlichen Betätigung wird 117 Englisch: freier Zugang; hier: offizielle Bezeichnung der „Arbeitsgemeinschaft Universitätsverlage“; einige folgern aus dem „Open-Access“, dass generell wissenschaftliche Leistungen frei zugänglich gemacht werden sollten; vgl. dazu z. B. Pflüger/Ertmann, ZUM 2004, 436 ff. 118 Die Angebote richten sich weit überwiegend, aber nicht ausschließlich an die Hochschulmitglieder der eigenen Hochschule. Verselbstständigte universitäre Tochterunternehmen zeigen die Tendenz sich stärker wirtschaftlich zu betätigen. Sie richten sich nicht nur an Hochschulmitglieder der eigenen Hochschule, sondern explizit auch an die Mitglieder anderer Hochschulen (vgl. z. B. Düsseldorf University Press http://www.dupress.de-/index2.html). 119 Z. B. Dissertationen, Habilitationen, Sammelbände, Festschriften oder sonstige Forschungsarbeiten. 120 Zu möglichen beihilferechtlichen Problemen Huber/Prikoszovits, EuZW 2008, 171 (172); vgl. auch 3. Kap. B. II. 1. 121 Knauff, WissR 43 (2010), 28 (32). 122 Aus steuerrechtlicher Perspektive wird hingegen grundsätzlich zwischen Einnahmen aus wirtschaftlicher Tätigkeit und aus Vermögen unterschieden. Hintergrund für diese Unterscheidung ist, dass Einnahmen aus Vermögensverwaltung grundsätzlich steuerfrei sind und Einnahmen aus einem „Betrieb gewerblicher Art“ grundsätzlich Körperschafts- und Umsatzsteuerpflichten unterliegen; umfassend zur steuerrechtlichen Beurteilung der wirtschaftlichen Betätigung von Hochschulen Strahl, FR 1998, 761 ff. (allgemeiner Überblick über steuerrechtliche Aspekte der wirtschaftlichen Betätigung von Hochschulen); ders., UR 2001, 277 ff. (zum Bereich des Hochschulsports); ders., FR 2002, 916 ff. (insbesondere zu Beteiligungen an Tochtergesellschaften); ders., FR 2004, 72 ff. (insbesondere zu Ausgliederungen wirtschaftlicher Tätigkeiten); ders., FR 2008, 15 ff. (zur steuerrechtlichen Beurteilung von Kooperationen im Bereich der wirtschaftlichen Betätigung).
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2. Kap.: Systematisierung der wirtschaftlichen Betätigung von Hochschulen
noch deutlicher, wenn man berücksichtigt, dass die Hochschulen zunehmend dazu tendieren, einen Teil der Vermögensverwaltung auf Tochterunternehmen auszulagern, welche über die bloße Vermietung hinaus ein Veranstaltungsmanagement universitärer Kongresse, Tagungen, Feiern und ähnlicher Veranstaltungen anbieten, das sich von der Raumvergabe über Beratung und Planung bis hin zur Durchführung erstreckt.123 6. Werbung, Sponsoring und Merchandising Auch an Hochschulen gibt es Tätigkeiten, die gerade zur Gewinnerzielung durchgeführt werden (erwerbswirtschaftliche Betätigung). So besteht das primäre Ziel des Abschlusses von Sponsoringverträgen, der Vermietung von Werbeflächen und des Betreibens von Merchandising in der Steigerung der Einnahmen von Hochschulen. Verantwortlicher Ansprechpartner bei den Hochschulen sind regelmäßig die Marketing- oder Fundraisingabteilung, die verschiedene Aufgaben bündeln.124 a) Werbung Werbung wird gemeinhin als entgeltliche Belegung von Werbeträgern (Medien, die die Werbebotschaft kommunizieren) mit Werbemitteln (z. B. Anzeigen, Plakate, Fernseh-Spots) definiert, um die vom Unternehmen verfolgten Werbeziele zu erreichen.125 Dass es sich um eine wirtschaftliche Betätigung handelt, liegt auf der Hand. Die Hochschulen schließen einen entgeltlichen Vertrag mit dem werbenden Unternehmen. Auf dem Campus von Hochschulen konkurrieren viele Unternehmen um die Möglichkeit, ihre Werbung zu platzieren, da die Zielgruppe der Studenten in vielerlei Hinsicht bedeutend ist. So ist für einige Unternehmen z. B. die Möglichkeit der Rekrutierung des Nachwuchses in den Zeiten immer knapper werdender hochqualifizierter Absolventen wichtig. Häufig werden der erhöhten Aufmerksamkeit wegen außergewöhnliche Werbeaktionen durchgeführt, wie z. B. die Campus Promotion, bei der Unternehmen auf Freiflächen und in Eingangsbereichen der Hochschule Stände aufbauen, Flyer und Produktsamplings ausgeben dürfen oder so genannte Welcome Bags verteilen. 123 Vgl. z. B. CAMPUSERVICE GmbH Frankfurt a.M., UNIversaal RUB, Universität Hamburg Marketing GmbH; oftmals bündeln diese Tochterunternehmen auch Career Services, Merchandising, Werbung, Firmenkontakte und Alumniaktivitäten; die Ausgliederung wirtschaftlicher Tätigkeiten kann auch steuerrechtliche Gründe haben; vgl. Strahl, FR 2004, 72 ff. 124 Neben den institutionalisierten Formen (z. B. Hamburg Universität Marketing GmbH) gibt es viele in die Hochschulverwaltung eingebundene Hochschulmarketingeinrichtungen, die auch externe Unternehmen als Kunden gewinnen wollen. Beispiele für letztere Variante sind z. B. die Universität zu Köln und die Leuphana Universität Lüneburg, die beide Vorschläge machen, womit Unternehmen werben und Absolventen ansprechen könnten (Employer Branding, Roadshows als Werbeevent, Verkauf von Tagungsmaterial etc.). 125 Sander, Marketing-Management, S. 544; Hampe, Hochschulsponsoring und Wissenschaftsfreiheit, S. 31.
B. Erscheinungsformen der wirtschaftlichen Betätigung von Hochschulen
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b) Sponsoring Allerdings gewinnt das (Hochschul-)Sponsoring im Vergleich zur Werbung immer mehr an Bedeutung. Das Hochschulsponsoring126 ist „die Förderung des Gesponserten durch den Sponsor zur Verfolgung vertraglich festgelegter kommunikativer Ziele durch die Bereitstellung von Geld, Sachmitteln, Dienstleistungen oder Know-How, wobei es sich beim Sponsor um einen Privaten und beim Gesponserten um eine Hochschule, einen Teilbereich oder ein Mitglied einer Hochschule handeln muss“127. Da Sponsoring nicht nur einen Werbeeffekt, sondern mindestens im gleichen Maße eine Förderung für ein bestimmtes Projekt verfolgt, erscheint dieses Engagement glaubwürdiger als reine Werbetätigkeit.128 Zudem präsentieren sich die Unternehmen dadurch der Öffentlichkeit als „good citizen“ und schärfen gleichzeitig ihr Unternehmensprofil. Anders als für den Werbenden ist für den Sponsor demnach gerade entscheidend, wohin das Geld in der Hochschule fließt.129 Die Leistung des Sponsors besteht in der Regel aus der Zahlung eines Entgelts, es kommen aber auch Sachmittel oder Dienstleistungen in Betracht.130 Die Gegenleistungen der Hochschulen sind ebenso facettenreich und können in zwei Formen des so genannten „weichen“ und „harten Sponsorings“ unterteilt werden.131 Wenn der Gesponserte ohne Entfaltung eigener Aktivitäten dem Sponsor bestimmte Rechtspositionen zur Nutzung einräumt und deren Nutzung duldet, spricht man vom „weichen Sponsoring“ (z. B. Übertragung der Nutzungs- und Verwertungsrechte am Namen der Hochschule an ein Privatunternehmen im Rahmen des Merchandisings). „Hartes Sponsoring“ hingegen bedarf einer selbstständigen Aktivität seitens des Gesponserten (z. B. Kommunikationsleistung durch Umbenennung der Hörsäle an verschiedenen Hochschulen, wie „easyCredit-Hörsaal“ an der Universität Nürnberg126 Das wissenschaftliche Hochschulsponsoring unterscheidet sich vom allgemeinen Sponsoring darin, dass gerade die wissenschaftliche Betätigung eines Hochschulmitglieds gefördert wird; so Hampe, Hochschulsponsoring und Wissenschaftsfreiheit, S. 23. 127 Hampe, Hochschulsponsoring und Wissenschaftsfreiheit, S. 23; zur sprachlichen Wurzel des Sponsoringbegriffs und der Relevanz in den verschiedenen Rechtsgebieten und der Wirtschaft; vgl. Schaub, Sponsoring und andere Verträge zur Förderung überindividueller Zwecke, S. 11 ff. 128 Doch nicht nur endogene Faktoren sind ausschlaggebend für die zunehmende Bedeutung des Sponsorings, sondern auch exogene Faktoren – vor allem gesellschaftliche Veränderungen, wie z. B. die gesellschaftspolitische Rolle der Unternehmen und wachsende Resistenz der Öffentlichkeit gegenüber der Werbung; darauf verweist Beier, Hochschul-Sponsoring, S. 55 f. 129 Der Werbende agiert rein nach (sozial-)marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten und ist folglich daran interessiert, eine möglichst umfassende Gegenleistung für eine möglichst geringe Leistung zu erhalten. 130 Z. B. Übereignung von Büchern an die Hochschule seitens eines Lehrbuchverlags; weitere Beispiele für die Leistungen des Sponsors bei Kocyan, Rechtsprobleme des Hochschulsponsoring, S. 93. 131 Einteilung nach Hampe, Hochschulsponsoring und Wissenschaftsfreiheit, S. 23.
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2. Kap.: Systematisierung der wirtschaftlichen Betätigung von Hochschulen
Erlangen oder der „Aldi-Süd-Hörsaal“ an der Fachhochschule WürzburgSchweinfurt; aber auch außergewöhnliche Aktionen wie „Die Berliner Nacht der Unternehmen“, in der Studierende und Absolventen der Berliner Hochschulen mit Shuttlebussen zu mehreren Berliner Unternehmen gefahren werden und diese durch Referate, Führungen und persönliche Gespräche kennenlernen). In diesen Fällen handelt es sich um eine Art der wirtschaftlichen Betätigung von Hochschulen. c) Merchandising Dass der Einzug englischer Rechtsbegriffe (trotz fortwährender Kritik) vor der deutschen Rechtspraxis nicht Halt macht, erkennt man nicht nur am Begriff des Sponsorings, sondern auch an dem des Merchandisings. Wörtlich lässt sich letzterer Begriff schlicht mit „Warenhandel treiben“ übersetzen. Im juristischen132 Sprachgebrauch wird er hingegen enger verstanden. Die Auffassungen in der Rechtsprechung und Literatur lassen sich dahingehend zusammenfassen, dass unter Merchandising „die Sekundärverwertung von populären Erscheinungen, insbesondere Logos, Namen, fiktiven Figuren und Titeln verstanden wird, die außerhalb ihres eigentlichen Betätigungs- und Erscheinungsfeldes zum Zwecke des Absatzes von Waren und Dienstleistungen einschließlich der Verkaufsförderung und Werbung“133 durchgeführt wird.134 Das Merchandising kann entweder durch den Berechtigten oder durch Einräumung von Rechten und sonstigen Besitzständen an Dritte erfolgen. Typischerweise stellt bei hochschulischem Merchandising der Verkauf von Universitäts-T-Shirts, -taschen, -tassen und weiteren Accessoires, die das Universitätslogo aufgedruckt haben, eine wirtschaftliche Betätigung dar, wobei nunmehr verstärkt der Vertrieb über das Internet einbezogen wird.135 Wenn allerdings ein Privatunternehmen das Merchandising auf dem Unicampus betreibt, da die Nutzungs- und Verwertungsrechte an Namen, Siegel und Wappen von der Hochschule auf das Privatunternehmen übertragen wurden, dann handelt es sich um eine Art des 132
Im betriebswirtschaftlichen Kontext, der auch eher allgemeiner Natur ist, werden unter dem Begriff des Merchandisings „die Produktion, der Vertrieb und die Werbung für Markenartikel verstanden, die das gleiche Logo oder die gleiche Botschaft transportieren wie ein bekanntes Markenprodukt“; ausführlich Storch, Licensing/Marketing, S. 3. 133 Schertz, ZUM 2003, 631 (Fn. 6) m.w.N.; vgl. zur Auffassung der Rechtsprechung BGH, GRUR 1987, 128 ff. (Nena-Entscheidung); BGH, ZUM 1993, 363 ff. (Guldenberg-Entscheidung); auf das Urheberrecht bezogen Schricker, in: ders. (Hrsg.) Urheberrecht – Kommentar, Vor §§ 28 ff. Rdnr. 110. 134 Die Werbung ist ein gewünschter, aber kostenloser Nebeneffekt, der dadurch entsteht, dass der Konsument die Marke „Hochschule“ (beispielsweise durch das Tragen eines T-Shirts mit abgebildetem Universitätslogo) der Öffentlichkeit präsentiert; vgl. auch Fehling, in: ders./ Kämmerer/Schmidt (Hrsg.), Hochschulen zwischen Gleichheitsidee und Elitestreben, S. 35 (44), der Merchandising als eine „Maßnahme der ökonomisierten Image-Pflege“ bezeichnet. 135 Oftmals findet sich bereits auf der Startseite der Universität ein entsprechendes Button das angeklickt werden kann, und den Besucher der Internetseite sofort auf die Internetseite des Uni-Shops führt; vgl. z. B. http://www.unishop-bonn.de/.
C. Systematisierung der Erscheinungsformen
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„weichen Sponsorings“. Die entgeltliche Übertragung der Nutzungsrechte ist dann als wirtschaftliche Betätigung zu qualifizieren.136
III. Ergebnis Der Einblick in die verschiedenen Bereiche wirtschaftlicher Tätigkeiten an Hochschulen zeigt, dass die wirtschaftliche Betätigung mittlerweile ein fester Bestandteil des Hochschulalltags ist.137 Gleichzeitig wird deutlich, dass nahezu jede Einheit der Hochschule – in unterschiedlicher Intensität – wirtschaftlich tätig wird. Die Vielfalt der hochschulischen Akteure und des wirtschaftlich relevanten Angebots bedeuten allerdings auch, dass eine Systematisierung der Erscheinungsformen von wirtschaftlichen Tätigkeiten unentbehrlich ist. Zu klären ist im Folgenden, anhand welcher Parameter eine für die nachfolgende rechtliche Prüfung sinnvolle Kategorisierung erfolgen kann (C. I.). Wenn die Parameter feststehen, sind die daraus folgenden Kategorien zu bilden und zu definieren (C. II.), um sie im weiteren Verlauf der rechtlichen Untersuchung zu Grunde zu legen.
C. Systematisierung der Erscheinungsformen Um die Erscheinungsformen sinnvoll systematisieren zu können, müssen in einem vorherigen Schritt geeignete Parameter festgelegt werden.138 Bei der Frage, welche Parameter für eine solche Systematisierung in Betracht kommen, ist insbesondere zu berücksichtigen, welches Ziel mit derselben verfolgt wird. Zuvörderst besteht dieses hier darin, die verfassungsrechtliche und einfachgesetzliche Prüfung hinsichtlich Legitimation und Grenzen der universitären Wirtschaftsbetätigung vorzubereiten. Notwendige Vorstufe ist es dabei, die Vielfalt der tatsächlichen Erscheinungsformen von wirtschaftlicher Betätigung handhabbar zu machen.139
136 Zur Verwertung des Universitätsemblems durch die Universität BGH, NJW 1993, 918 ff; vertiefend Schaub, Sponsoring und andere Verträge zur Förderung überindividueller Zwecke, S. 350 ff. 137 So die Einschätzung von Knauff, WissR 43 (2010), 28 (33). 138 Eine anschauliche und ausführliche Darstellung, wie man ausgehend von tatsächlichen Phänomenen (hier bezogen auf das Sponsoring) Typen bildet, findet sich bei Schaub, Sponsoring und andere Verträge zur Förderung überindividueller Zwecke, S. 29 ff. 139 Die Notwendigkeit des „Kleinarbeitens“ großer Strukturen betont eindrücklich auch Lindner, WissR (42) 2009, Beiheft 19, 80; 85; insbesondere ermahnt er die Rechtswissenschaftler auf „Großtheorien“ oder „Paradigmenwechsel“ zu verzichten. Stattdessen sollten sie sich darauf konzentrieren, „die sich in den Prozessen abbildende Komplexität auf juristisch handhabbare, demokratisch legitimierbare Handlungsformen rechtsstaats- und grundrechtskonform zu reduzieren“.
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2. Kap.: Systematisierung der wirtschaftlichen Betätigung von Hochschulen
I. Parameter für die Systematisierung Das Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit ist als „objektive Wertentscheidung“140 im hohen Maße für nahezu jeglichen hochschulrechtlichen Kontext von zentraler Bedeutung. Man könnte Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG auch als „systemrelevant“ oder als „systemisch“141 für die Wissenschaft bezeichnen. Aus diesem Grund muss Ausgangspunkt der Systematisierung das Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit selbst sein.142 1. Bezug zu Forschung und Lehre Vor allem nach dem inhaltlichen Bezug zu wissenschaftlicher Forschung und wissenschaftlicher Lehre muss demnach differenziert werden,143 wobei der genaue Grad dieses Bezugs näher zu bestimmen ist. Als weiteres Kriterium, das aus dem Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit resultiert, kommt der jeweilige Hochschulakteur respektive der Grundrechtsträger in Betracht: auf der einen Seite die natürlichen Personen (allen voran die Hochschulprofessoren) und auf der anderen Seite die juristischen Personen des öffentlichen Rechts (Universitäten, ihre Untergliederungen etc.) und des Privatrechts (Tochtergesellschaften in der Organisationsform des Privatrechts)144. Die Notwendigkeit einer Differenzierung zwischen natürlichen und juristischen Personen ergibt sich aus ihrer divergierenden Grundrechtsfähigkeit. Während sich beispielsweise die Hochschulprofessoren als natürliche Personen über die Wissenschaftsfreiheit hinaus nicht nur auf Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG, sondern auch auf weitere Grundrechte (relevant werden hier insbesondere Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 GG bei außerdienstlichen Nebentätigkeiten sowie Art. 2 Abs. 1 GG) berufen können, bleibt dies den staatlichen Hochschulen und ihren Untergliederungen als juristischen Personen des öffentlichen Rechts nach vorzugswürdiger Meinung145 140 Auch objektiv-rechtlichen Grundrechtsfunktionen, -gehalte oder -dimensionen genannt; in den Worten des BVerfGE 35, 79 (112, 114); 43, 242 (267); 88, 129 (136); 93, 85 (95); 111, 333 (353), handelt es sich um „objektive Wertentscheidungen“ oder (systematisiert) „objektive Wertordnung“; vgl. im Einzelnen 4. Kap. B. I. 141 Als systemisch werden solche Akteure bezeichnet, die unentbehrlich für das Funktionieren und die Existenz des Systems selbst sind. Ursprünglich stammt der Begriff aus der Therapie, wurde dann aber in der Finanzkrise 2008 auch auf Banken übertragen. 142 Ausführlich dazu 4. Kap. C. 143 Zum Verhältnis von Forschung und Lehre 4. Kap. C. II. 144 Diese Form der Privatisierung wird Organisationsprivatisierung genannt; im Einzelnen Burgi, Funktionale Privatisierung und Verwaltungshilfe, S. 71 ff.; ders., in: Erichsen/Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 10 Rdnr. 11 ff. 145 Ebenso Ronellenfitsch, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. IV, § 98 Rdnr. 41; Ehlers, Gutachten E zum 64. DJT, S. 39; Krebs, in: v. Münch/Kunig (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Art. 19 Rdnr. 48; Dreier, in: ders. (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 19 Abs. 3 Rdnr. 68; Jarass, in: ders./Pieroth, Grundgesetz, Art. 19 Rdnr. 23; für einen Grundrechtsschutz staatlicher (erwerbs)-wirtschaftlicher Betätigung demgegenüber z. B. Bettermann, NJW 1969, 1321 (1324 ff.); Merten, in: Bernat u. a. (Hrsg.), FS Krejci, S. 2003 (2013); differenzierend Barden, Grundrechtsfähigkeit gemischt-wirtschaftlicher Unternehmen,
C. Systematisierung der Erscheinungsformen
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verwehrt. Gleiches gilt für die Tochtergesellschaften der Hochschulen, deren Anteile vollständig oder mehrheitlich in der Hand der Hochschule liegen.146 Diese unterschiedliche Reichweite der Grundrechtsträgerschaft von natürlichen und juristischen Personen stellt eine entscheidende Weichenstellung hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Prüfung von wirtschaftlicher Betätigung dar. Ergo ist eine separate Betrachtung beider „Hochschulakteur-Typen“ erforderlich.147 Wie der Titel bereits zeigt, konzentriert sich diese Arbeit auf die wirtschaftliche Betätigung von juristischen Personen im Hochschulbereich. Der Parameter „Hochschulakteur“ ist demnach Teil der gedanklichen Vorüberlegungen dieser Arbeit. Er fungiert hier als Filter, indem er die wirtschaftlichen Betätigungen, die Hochschulwissenschaftler in Nebentätigkeit erbringen, ausblendet. Für die anstehende Untersuchung ist der einzelne Hochschulwissenschaftler demnach nur von Bedeutung, insofern seine Tätigkeiten zumindest mittelbar einen Bezug zur Wirtschaftsbetätigung der Institution „Universität“ aufweisen. Eine solche mittelbare Verknüpfung liegt in der Regel dann vor, wenn es sich um einen arbeitsteiligen, mehrschrittigen Prozess handelt, in dem die Universität z. B. die Verwertung von Forschungsergebnissen vorantreibt. Dies wäre beispielsweise der Fall, wenn ein Hochschulforscher eine Diensterfindung macht. Diese Diensterfindung muss er prinzipiell seinem Dienstherrn melden.148 Anschließend erfolgt die Transformation in Wirtschaftsgüter durch die Technologietransferstelle bzw. -unternehmen der Universitäten. Nur letztere Tätigkeit stellt eine Wirtschaftsbetätigung der Institution „Universität“ dar, nicht aber die vorgelagerte Arbeit des Hochschulwissenschaftlers. Darüber hinaus ist die Konstellation relevant, in der die Hochschulwissenschaftler gewissermaßen als „Dienstleister“ 149 für ein Hochschulinstitut, ein universitäres Weiterbildungsunternehmen oder eine sonstige wirtschaftende Einheit der Hochschulen tätig werden. Denn in einem solchen Fall handelt es sich um eine Wirtschaftsbetätigung der jeweiligen Hochschulinstitution. Das Verhältnis von juristischer (Universität) zur natürlichen Person (Hochschulwissenschaftler) wird vor allem bei der Bestimmung der Grenzen im Binnengefüge der Universität (4. Kap. E.) und der Grundrechtsfähigkeit der Universitäten relevant werden (4. Kap. B. II.). Im Ergebnis lässt sich festhalten, dass hinsichtlich der wirtschaftlichen Betätigung von juristischen Personen in der Einheit „Universität“ aus dem Grundrecht der S. 63 ff.; zum allgemeinen Problem der Grundrechtsfähigkeit juristischer Personen des öffentlichen Rechts vgl. 4. Kap. B. II. 146 Zur Grundrechtsfähigkeit juristischer Personen des Privatrechts, die vollständig in der öffentlichen Hand liegen, vgl. z. B. (auf den Fall von städtischen Wasserwerken bezogen) BVerfGE 45, 63 (79 f.); zur Grundrechtsfähigkeit von gemischt-wirtschaftlichen Unternehmen der öffentlichen Hand, vgl. jüngst BVerfGE 128, 226 ff. (Fraport); ausführlich im 4. Kap. B. II. 2. 147 Ausführlich zu den natürlichen Personen und der Frage, welches Grundrecht bei einer Verwertungshandlung einschlägig ist (Art. 5 Abs. 3 GG, Art. 12 Abs. 1 GG oder Art. 14 Abs. 1 GG), Kamp, Forschungsfreiheit und Kommerz, S. 208 ff.; S. 299 ff. 148 Im Einzelnen dazu vgl. 4. Kap. E. 149 So bezeichnet sie Thieme, Hochschulrecht, S. 384.
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2. Kap.: Systematisierung der wirtschaftlichen Betätigung von Hochschulen
Wissenschaftsfreiheit lediglich ein relevanter Parameter folgt: der Grad der Unmittelbarkeit von wirtschaftlichen Tätigkeiten zu Forschung und Lehre. 2. Keine Notwendigkeit der Hinzuziehung weiterer Parameter Fraglich ist nun, ob ein Parameter für eine Systematisierung ausreicht oder ob weitere hinzugezogen werden müssen. Hintergrund dieser Überlegung ist, dass einerseits eine zu grobe Kategorisierung keinen Mehrwert hat, wenn sie durch eine zu geringe Anzahl an Parametern simplifizierend wirkt und zu einer Sachverhaltsverzerrung führt. Zu bedenken gilt es jedoch, dass andererseits eine zu starke Differenzierung dem Gedanken der Systematisierung zuwider läuft, der stets mit einer (wohldurchdachten) Überschaubarkeit korreliert. Ausschlaggebend muss bei dieser Überlegung jedoch stets das übergeordnete Ziel sein, auf Grund der Systematisierung verlässliche Aussagen über eine für die Untersuchung relevante Kategorie treffen zu können. Das heißt, dass die zu bildenden Kategorien nur generelle Aussagekraft entfalten können, wenn sie sich in der Logik des Systems bewegen, in dem sie sich befinden.150 Dieses „System“ ist hier in erster Linie die verfassungsrechtliche Dogmatik.151 Es erscheint somit nicht sinnvoll, übergeordnete Gesichtspunkte ohne verfassungsrechtliche Verwurzelung, wie z. B. Zeitdauer, Häufigkeit und Grad der Institutionalisierung der wirtschaftlichen Tätigkeiten als Parameter hinzuzuziehen, da sich aus ihnen keine zwingenden verfassungsrechtlichen Schlussfolgerungen ergeben. Im Ergebnis kann dem übergeordneten Ziel demzufolge am besten durch den einzelnen Parameter des Unmittelbarkeitsgrads der wirtschaftlichen Betätigung zu Forschung und Lehre entsprochen werden.
II. Kategorisierung anhand des Parameters „Forschungs- und Lehrbezug“ Sinnvoll erscheint es, den Grad der Unmittelbarkeit der wirtschaftlichen Betätigung von Hochschulen und ihren Untergliederungen danach zu bestimmen, ob die wirtschaftliche Betätigung einen unmittelbaren, mittelbaren oder keinen Bezug zu Forschung und Lehre aufweist. Demzufolge ergeben sich drei Kategorien: 1. Wirtschaftliche Tätigkeiten, die einen unmittelbaren Bezug zu Forschung und Lehre haben. 2. Wirtschaftliche Tätigkeiten, die einen mittelbaren Bezug zu Forschung und Lehre haben.
150
Eindrucksvoll Hegel, Wissenschaft der Logik, Bd. 1, S. 13. Zur verfassungsrechtlichen Dogmatik im Bereich der Freiheitsrechte, vgl. nur Grabitz, Freiheit und Verfassungsrecht, S. 113 ff.; S. 137 ff. 151
C. Systematisierung der Erscheinungsformen
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3. Wirtschaftliche Tätigkeiten, die weder einen unmittelbaren noch einen mittelbaren Bezug zu Forschung und Lehre haben. Im Folgenden gilt es, diese Kategorien näher zu bestimmen. Zunächst ist es unentbehrlich Forschung und Lehre zu definieren, wobei es an dieser Stelle nicht zielführend wäre, ausführlich auf deren Begriffsbestimmung oder das Verhältnis zum Wissenschaftsbegriff einzugehen (vgl. dazu 4. Kap. C.). Somit werden hier die Definitionen des BVerfG zu Grunde gelegt. Demnach ist Forschung „eine geistige Tätigkeit mit dem Ziel, in methodischer, systematischer und nachprüfbarer Weise neue Erkenntnisse zu gewinnen“152. Lehre hingegen ist „diejenige Vermittlung von eigenen und fremden Erkenntnissen und Fachwissen, die mit der Anleitung zum kritischen wissenschaftlichen Urteil, Denken und Arbeiten verbunden ist“153. Dementsprechend ergeben sich folgende Definitionen für die Kategorien: 1. Kategorie mit unmittelbarem Bezug zu Forschung und Lehre Eine wirtschaftliche Betätigung, die unmittelbar mit Forschung und Lehre zusammenhängt, liegt dann vor, wenn (neu-)154gewonnene Erkenntnisse oder die zur kritischen Auseinandersetzung befähigende Vermittlung von auf Forschung basierenden Erkenntnissen ohne einen weiteren Transformationsakt als Wirtschaftsgüter im Wirtschaftsverkehr angeboten werden. Zu denken ist insbesondere an Auftragsforschung, gutachterliche Tätigkeiten (eines Hochschulinstituts) oder entgeltliche, wissenschaftliche Weiterbildungsveranstaltungen. 2. Kategorie mit mittelbarem Bezug zu Forschung und Lehre Eine wirtschaftliche Betätigung, die mittelbar mit Forschung und Lehre zusammenhängt, liegt dann vor, wenn (neu)gewonnene Erkenntnisse oder die zur kritischen Auseinandersetzung befähigende Vermittlung von auf Forschung basierenden Erkenntnissen einer weiteren Transformation in Wirtschaftsgüter durch einen oder mehrere Zwischenschritte bedürfen, um im Wirtschaftsverkehr angeboten werden zu können.
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BVerfGE 35, 79 (112). BVerfGE 35, 79 (112). 154 Natürlich besteht nicht Einigkeit über die Definition von Forschung. Gemeinsamer Nenner aller Meinungen ist aber, dass es sich bei Forschung um „neue Erkenntnisse“ handeln muss, wobei es bei der Beurteilung der Neuheit auf den Einzelnen ankommt unter Berücksichtigung des gemeinhin bekannten fachlichen Wissens. „Neu“ kann auch als Erweiterung, Verknüpfung, Systematisierung etc. verstanden werden; so fasst Kamp, Forschungsfreiheit und Kommerz, S. 222 ff., die Diskussion treffend zusammen. 153
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2. Kap.: Systematisierung der wirtschaftlichen Betätigung von Hochschulen
In diesen Bereich fallen vor allem die Verwertung von Forschungsergebnissen (insbesondere Lizenzierung und Patentierung) und vergleichbare Transferleistungen der Hochschulen und ihrer Untergliederungen bzw. Tochterunternehmen. 3. Kategorie ohne unmittelbaren oder mittelbaren Bezug zu Forschung und Lehre Die dritte Kategorie der wirtschaftlichen Betätigung, die weder einen unmittelbaren noch einen mittelbaren Bezug zu Forschung und Lehre aufweist, erfasst solche Tätigkeiten, die von vornherein keinen spezifischen Wissenschaftsbezug aufweisen und hat Auffangcharakter. Beispielsweise sind hier das Eventmanagement, die Raumvermietung und das Merchandising anzusiedeln.155
III. Ergebnis Da das Ziel der Kategorisierung der Erscheinungsformen darin besteht, vor allem die verfassungsrechtliche Prüfung vorzubereiten, muss sich die Kategorisierung an den Merkmalen des Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG, d. h. wissenschaftlicher Forschung und wissenschaftlicher Lehre, orientieren. Dabei reicht die Bezugnahme auf den Grad der Unmittelbarkeit zu Forschung und Lehre als Parameter für die Kategorisierung aus. Insgesamt ergeben sich somit drei Kategorien: 1. Wirtschaftliche Tätigkeiten, die einen unmittelbaren Bezug zu Forschung und Lehre aufweisen. 2. Wirtschaftliche Tätigkeiten, die einen mittelbaren Bezug zu Forschung und Lehre aufweisen. 3. Wirtschaftliche Tätigkeiten, die weder einen unmittelbaren noch einen mittelbaren Bezug zu Forschung und Lehre aufweisen.
155 Die Beispiele deuten bereits an, dass die Kategorie 3 auch durch eine Gewinnerzielungsabsicht geprägt wird; zur erwerbswirtschaftlichen Betätigung vgl. 3. Kap. A. IV. 2.
3. Kapitel
Der verfassungs- und europarechtliche Rahmen der wirtschaftlichen Betätigung von Hochschulen Die wirtschaftliche Betätigung der Hochschulen bildet einen Teil der staatlichen Wirtschaftsbetätigung i.w.S.1 Sie kann demnach nicht isoliert betrachtet werden. Vielmehr gilt es, sie in den Kontext der allgemeinen staatlichen Wirtschaftsbetätigung i.w.S. einzubetten bzw. spiegelbildlich die Erkenntnisse aus der langandauernden Diskussion zur staatlichen Wirtschaftsbetätigung i.w.S. für die Statthaftigkeitsprüfung der universitären wirtschaftlichen Betätigung nutzbar zu machen. Aus diesem Grund müssen die Überlegungen zur staatlichen wirtschaftlichen Betätigung i.w.S. (bzw. der öffentlichen Hand)2 Ausgangspunkt der verfassungsrechtlichen Prüfung zur Legitimation universitärer Wirtschaftsbetätigung sein (A.). Da die Hochschulen eine verfassungsrechtliche Sonderstellung haben (ähnlich wie die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten), soll nachfolgend geprüft werden, ob sich aus den Grundrechten, genauer gesagt aus dem Aspekt der konkurrenzwirtschaftlichen Betätigung Privater und anderer Hochschulen, konkrete verfassungsrechtliche Grenzen für die wirtschaftliche Betätigung der Hochschulen ergeben (B.). Daraufhin wird zu hinterfragen sein, ob bzw. inwieweit das Europarecht auf die Zulässigkeit hochschulischer Wirtschaftsbetätigung Einfluss nehmen kann (C.).
1
Zum Begriff Burgi, Kommunalrecht, § 17 Rdnr. 2. „Öffentliche Hand“ wird hier als Sammelbegriff für die juristischen Personen des öffentlichen Rechts verstanden. In einem Staat mir dezentralisierter Verwaltung kann die Tätigkeit der aus dem Staat ausgegliederten Selbstverwaltungskörperschaften und auch die Tätigkeit von Bund und Ländern nicht ohne weiteres als (einheitliche) Tätigkeit des Staates aufgefasst werden; näher dazu Püttner, Die öffentlichen Unternehmen, S. 2 f. 2
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3. Kap.: Der verfassungs- und europarechtliche Rahmen
A. Erkenntnisse für die Zulässigkeit der wirtschaftlichen Betätigung von Hochschulen aus der Diskussion über die wirtschaftliche Betätigung des Staates In der Diskussion über Legitimation und Grenzen staatlicher Wirtschaftsbetätigung i.w.S., die bereits Ende der 1950er bzw. Anfang der 1960er Jahre3 begann, hat sich allmählich die vorherrschende Meinung herausgebildet, dass das Verfassungsrecht der wirtschaftlichen Betätigung der öffentlichen Hand nicht entgegenstehe, sie aber auch nicht explizit erlaube.4 Trotzdem kann der Diskurs nicht als abgeschlossen dargestellt werden. Denn noch immer finden sich gewichtige Stimmen, die bereits vorgetragene Argumente gegen oder für eine verfassungsrechtliche Legitimation wirtschaftlicher Tätigkeiten wiederbeleben, zeitgeschichtlich kontextualisieren oder sonstige neue Impulse geben.5 Darüber hinaus ist eine Nachzeichnung der Argumentationsstränge für und gegen eine verfassungsrechtliche Legitimation der wirtschaftlichen Betätigung als Grundverständnis für den derzeitigen wissenschaftlichen Diskurs unentbehrlich. Zu beachten ist, dass sich die Diskussion vornehmlich auf die erwerbswirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand bezieht, d. h. auf solche wirtschaftlichen Tätigkeiten, die ausschließlich der Gewinnerzielung dienen. Offensichtlich ist dort die Legitimationsfrage am virulentesten.6 Sie ist jedoch ebenso für die allgemeine staatliche Wirtschaftsbetätigung i.w.S. relevant. Denn die erwerbswirtschaftliche Betätigung stellt einen Teilausschnitt der wirtschaftlichen Betätigung dar. Daraus folgt, dass auch spezielle Erörterungen zur erwerbswirtschaftlichen Betätigung im Sinne eines „Erst-Recht-Schlusses“ auf alle wirtschaftlichen Tätigkeiten übertragen werden können, vorausgesetzt die Verfassung steht einer erwerbswirtschaftlichen Betätigung im Ergebnis nicht entgegen.7 3 Eine Auswahl: Frentzel, Wirtschaftsverfassungsrechtliche Betrachtungen zur wirtschaftlichen Betätigung der öffentlichen Hand, S. 6 ff.; Emmerich, Das Wirtschaftsrecht der öffentlichen Unternehmen, S. 86 ff.; Horak, Die wirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand in der Bundesrepublik Deutschland und ihre Probleme, S. 15 ff,; Junker, Charakterisierung und rechtliche Umgrenzung der öffentlich-wirtschaftlichen Unternehmertätigkeit, S. 38 ff.; Bettermann, in: Mitglieder der jur. Fakultät (Hrsg.), FS Hirsch, S. 1 ff.; Klein, Die Teilnahme des Staates am Wettbewerb, S. 264 ff.; Nipperdey, in: Bettermann/ders. (Hrsg.), Die Grundrechte, Bd. IV/2, S. 741 ff., S. 865 ff. 4 Statt vieler Ronellenfitsch, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. IV, § 98 Rdnr. 32 f. m.w.N. 5 Z. B. Schliesky, Öffentliches Wettbewerbsrecht, S. 112 ff. m.w.N. 6 Die ganz h.M. steht einer Legitimation der staatlichen Erwerbswirtschaft ablehnend gegenüber; statt vieler Badura, in: Baur/Hopt/Mailänder (Hrsg.), FS Steindorff, S. 835 f. 7 Dafür spricht auch, dass eine Abgrenzung von wirtschaftlicher Tätigkeit i. e.S. und erwerbswirtschaftlicher Tätigkeit mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden ist. Alle (früheren) Abgrenzungsversuche finden sich bei Schricker, Wirtschaftliche Tätigkeit der öffentlichen Hand und unlauterer Wettbewerb, S. 4 ff.; nach der ersten Meinung soll die privatrechtliche
A. Wirtschaftliche Betätigung des Staates
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I. In Betracht kommende positivrechtliche Aussagen im Grundgesetz 1. Art. 110, 134, 135, 135a GG, Art. 87e, Art. 87 f GG und Finanzmonopole Die Frage nach einer grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Legitimation hätte nicht zu einer derartigen Vielfalt an Lösungsansätzen geführt, wenn sie eindeutig bzw. explizit im Grundgesetz geregelt wäre. So ist es nicht verwunderlich, dass in der Verfassung keine positivrechtlichen Aussagen über eine generelle verfassungsrechtliche Zulässigkeit wirtschaftlicher Tätigkeiten der öffentlichen Hand existieren. Wohl gibt es vereinzelt spezifische Regelungen, wie z. B. Art. 134, 135 Abs. 6, 135a GG (die Eigentumsverhältnisse an überkommenem Staatsvermögen regelnd) oder Art. 110 Abs. 1 GG (die Beweglichkeit der Wirtschaftsführung von bereits zulässigen Bundesbetrieben betreffend).8 Aber selbst diese berühren nur mittelbar die Zulässigkeit vereinzelter wirtschaftlichen Tätigkeiten der öffentlichen Hand.9 Zwar ordnen Art. 87e Abs. 3 S. 1 GG bzw. Art. 87 f Abs. 2 S. 1 GG (Regelungen zur Eisenbahn und Post- und Telekommunikation) den „privatwirtschaftlichen“ Modus sogar an und enthalten somit eine ausnahmsweise explizite Erlaubnis. In keinem Fall darf jedoch den vorhandenen Regelungen die Bejahung einer allgemeinen verfassungsrechtlichen Zulässigkeit entnommen werden,10 da weder Wortlaut noch Historie, Systematik oder Telos einen Anhaltspunkt dafür bieten.11 Nichts anderes kann sich aus der Existenz von Finanzmonopolen ergeben, die in Art. 105 Abs. 1, 106 Abs. 1 und 108 Abs. 1 GG geregelt sind. Denn bei einer bestimmten Form der Steuererhebung handelt es sich nicht um eine wirtschaftliche Tätigkeit. Aus diesem Grunde scheiden weitere Schlussfolgerungen hinsichtlich der hier in Frage stehenden Zulässigkeit von staatlicher Wirtschaftsbetätigung i.w.S. aus. oder öffentlich-rechtliche Organisationsform maßgeblich sein. Nach der zweiten Meinung die Orientierung am Gewinnprinzip. Nach der dritten Meinung der Zugang zu den angebotenen Leistungen und nach der letzten Meinung der Zweck, dem die wirtschaftlichen Tätigkeiten zu dienen bestimmt sind. 8 Vgl. auch Grupp, ZHR 140 (1976), 367 (378 f.). 9 Ebenso verhält es sich mit Art. 109 Abs. 2 GG (das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht betreffend) und Art. 115 Abs. 2 GG (betriebswirtschaftliche Rentabilität spielt keine Rolle für die verfassungsrechtliche Grenze der Staatsverschuldung); vgl. weitere Ausführungen bei Ronellenfitsch, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. IV, § 98 Rdnr. 42. 10 So auch Klein, Die Teilnahme des Staates am wirtschaftlichen Wettbewerb, S. 146 ff.; Grupp, ZHR 140 (1976), 367 (378 f.); Backhaus, Öffentliche Unternehmen, S. 151 f.; Ossenbühl, Bestand und Erweiterung des Wirkungskreises der Deutschen Bundespost, S. 100 ff.; Stober, ZHR 145 (1981), 565 ff.; Dickersbach, WiVerw 1983, 187 (197); Schricker, Wirtschaftliche Tätigkeit der öffentlichen Hand und unlauterer Wettbewerb, S. 53 f.; Ronellenfitsch, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. VI, § 98 Rdnr. 42; a.M. Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 89. 11 An den einzelnen Auslegungsmethoden sich orientierender, sehr übersichtliche Beitrag von Stober, ZHR 145 (1981), 565 ff.; ähnlich Schliesky, Öffentliches Wettbewerbsrecht, S. 143 ff.
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3. Kap.: Der verfassungs- und europarechtliche Rahmen
2. Art. 15 Abs. 1 S. 1 GG Auch Art. 15 Abs. 1 S. 1 GG, der die Überführung von Grund und Boden, Naturschätzen und Produktionsmitteln zum Zwecke der Vergesellschaftung in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft regelt, lässt sich kein „Erst-Recht-Schluss“ („Wenn schon eine Sozialisierung zulässig ist, so muss es erst recht die wirtschaftliche Betätigung sein.“12) hinsichtlich einer bejahenden verfassungsrechtlichen Zulässigkeit staatlicher Wirtschaftstätigkeiten i.w.S. entnehmen. Nach Art. 15 Abs. 1 S. 1 GG ist nicht die Übernahme ganzer Unternehmen vorgesehen, sondern nur die Möglichkeit, bestimmte Eigentumsteile in Gemeineigentum zu überführen. Darüber hinaus betreffen die Vergesellschaftung und die sich daraus ergebende Gemeinwirtschaft auf der einen Seite und die Teilnahme der öffentlichen Hand an einer nicht sozialisierten Wirtschaft auf der anderen Seite grundlegend unterschiedliche Bereiche.13 Ein maiore ad minus Schluss ist demnach nicht zulässig.14 Vielmehr stehen Sozialisierung und wirtschaftliche Betätigung in einem aliud-Verhältnis zueinander, denn durch Sozialisierung kann kein wettbewerbliches Nebeneinander von privater und öffentlicher Wirtschaftstätigkeit entstehen, das für eine wirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand per definitionem charakterisierend ist. 3. Zwischenergebnis Im Ergebnis gilt es festzuhalten, dass die öffentliche Hand und mithin auch die Universitäten kein explizites, verfassungsmäßig gesichertes Recht auf wirtschaftliche Betätigung haben. Aus der Tatsache, dass es keine ausdrücklichen verfassungsrechtlichen Regelungen in Bezug auf die Zulässigkeit von wirtschaftlichen Tätigkeiten der öffentlichen Hand gibt, darf jedoch nicht im Umkehrschluss gefolgert werden, dass solche Tätigkeiten vor vornherein unzulässig sind.15
II. Grundgesetz und Wirtschaftsverfassung Das Grundgesetz hat keine bestimmte Wirtschaftsordnung, aus welcher sich eine grundlegende Entscheidung hinsichtlich der Zulässigkeit (bzw. Unzulässigkeit) der
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Bettermann, in: Mitglieder der juristischen Fakultät Berlin (Hrsg.), FS Hirsch, S. 1 (16). Vgl. Klein, Die Teilnahme des Staates am wirtschaftlichen Wettbewerb, S. 187; Ossenbühl, Bestand und Erweiterung des Wirkungskreises der Deutschen Bundespost, S. 102. 14 Stober, ZHR 145 (1981), 565 (570) m.w.N.; Dickersbach, WiVerw 1983, 187 (197); Schricker, Wirtschaftliche Tätigkeit der öffentlichen Hand und unlauterer Wettbewerb, S. 28. 15 So aber Scholz, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 12 Rdnr. 402, der wegen Fehlens der Berufsfreiheit der öffentlichen Hand für die staatliche Wirtschaftsbetätigung eine explizite Legitimation fordert; a.A. Stober, ZHR 145 (1981), 565 (578). 13
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Wettbewerbsteilnahme der öffentlichen Hand ergeben könnte.16 So ist es verfehlt von wirtschaftlichen Tätigkeiten der öffentlichen Hand als „Fremdkörpern im marktwirtschaftlichen System“17 zu sprechen, da das Grundgesetz nicht auf marktwirtschaftliche Prinzipien festgelegt ist. Dies hat das BVerfG bereits im Jahre 1954 festgehalten. Die soziale Marktwirtschaft sei zwar eine nach dem Grundgesetz in Betracht kommende Wirtschaftsordnung, keineswegs aber die allein mögliche.18 Die Wirtschaftsordnung beruhe auf einer vom Willen des Gesetzgebers getragenen wirtschafts- und sozialpolitischen Entscheidung, die durch eine andere Entscheidung ersetzt oder durchbrochen werden könne.19 An dieser oftmals zitierten „wirtschaftspolitischen Neutralität des Grundgesetzes“ hat das BVerfG auch in nachfolgenden Entscheidungen festgehalten und herausgestellt, dass es ebenfalls nicht möglich sei, mittels einer Gesamtschau der einzelnen Grundrechte ein übergeordnetes System wirtschaftsverfassungsrechtlicher Leitlinien herzuleiten.20 Das bedeutet für den Gesetzgeber allerdings keinen „Freischein“, da er durch Art. 79 Abs. 3 GG unabänderlich an die Strukturprinzipien des Grundgesetzes – insbesondere gem. Art. 20 Abs. 3 GG an die verfassungsmäßige Ordnung – und an die Grundrechte als unmittelbar geltendes Recht (gem. Art. 1 Abs. 3 GG) gebunden ist. Dies stellt auch das BVerfG in beiden Entscheidungen in einem vieldiskutierten21 Nebensatz heraus, in dem es den Gesetzgeber daran erinnert, dass er bei seiner politischen Entscheidung zu Gunsten einer Wirtschaftsordnung gleichsam „das Grundgesetz und insbesondere die Grundrechte zu beachten“22 habe. Eine Überinterpretation stellt es dar, aus diesem Nebensatz einen strukturellen Zusammenhang zwischen den Grundrechten und den wirtschaftlichen Aussagen des Grundgesetzes herauszulesen und daraus für die wirtschaftliche Tätigkeit der öffentlichen Hand gewissermaßen ein „Verbot mit
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Diese Erkenntnis hat sich bereits sehr früh durchgesetzt; vgl. Isensee, DB 1979, 145 (150); Rittner, Wirtschaftsrecht, S. 177; Badura, ZHR 146 (1982), 448; anders noch Nipperdey, Soziale Marktwirtschaft und Grundgesetz, S. 64 ff. 17 Backhaus, Öffentliche Unternehmen, S. 40. 18 Vgl. BVerfGE 4, 7 (17 f.); a.M. Nipperdey, Soziale Marktwirtschaft und Grundgesetz, S. 64 ff., der die soziale Marktwirtschaft als eigenständiges und einziges verfassungsrechtliches Prinzip begreift. 19 Vgl. BVerfGE 4, 7 (17). 20 Vgl. insbesondere BVerfGE 50, 290 (336 ff.); es gab viele anders lautende Interpretationsversuche wie z. B. Krüger, DVBl. 1951, 361 ff., der die These vertrat, dass der Staat nur gelegentlich in das Wirtschaftsgeschehen eingreifen dürfe, ihm aber die Festlegung auf ein bestimmtes Wirtschaftssystem verwehrt sei; konträr Huber, DÖV 1956, 97 ff., 200 ff., der von einer Garantie einer „gemischten Wirtschaftsverfassung“ ausging, d. h. einer Balance von grundrechtlichen Wirtschaftsfreiheiten und unterschiedlichen Sozialbindungen. 21 Dieser Nebensatz wurde auf vielerlei Weise interpretiert; statt vieler vgl. Scholz, Paritätische Mitbestimmung und Grundgesetz, S. 35 ff.; Badura, AöR 92 (1967), 382 ff. 22 So bereits BVerfGE 4, 7 (17): „Dies ermöglicht dem Gesetzgeber die ihm jeweils sachgemäß erscheinende Wirtschaftspolitik zu verfolgen, sofern er dabei das Grundgesetz beachtet“; noch deutlicher BVerfGE 50, 290 (338): „[…]sofern [der Gesetzgeber] dabei das Grundgesetz, insbesondere die Grundrechte beachtet“.
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3. Kap.: Der verfassungs- und europarechtliche Rahmen
Erlaubnisvorbehalt“ zu folgern.23 Vielmehr folgt aus dem ersten Hinweis, das Grundgesetz zu achten, dass dem Gesetzgeber lediglich eine Gestaltungsfreiheit innerhalb des grundgesetzlichen Rahmens zukommt. Extrempositionen wie eine Planwirtschaft (Zentralverwaltungswirtschaft), die gegen die Grundrechte (insbesondere Art. 12 Abs. 1 GG, Art. 14 Abs. 1 GG), das Prinzip des Föderalismus und die kommunale Selbstverwaltung verstoßen würde, oder eine völlig freie Marktwirtschaft (ökonomischer Liberalismus), die vor allem nicht mit dem verfassungsrechtlich verankerten Sozialstaatsprinzip vereinbar wäre, sind demzufolge nicht mit dem Grundgesetz vereinbar.24 Aus dem zweiten Zusatz, insbesondere die Grundrechte zu wahren, lassen sich mögliche Grenzen vor allem hinsichtlich etwaiger privater Konkurrenz ableiten, die im weiteren Verlauf behandelt werden.25 Im Ergebnis lässt sich festhalten, dass die fehlende verfassungsrechtliche Festlegung auf eine bestimmte Wirtschaftsordnung keine grundsätzliche Aussage in Bezug auf die verfassungsrechtliche Statthaftigkeit der staatlichen Wirtschaftsbetätigung i.w.S. zulässt.
III. Einschränkungsversuch der verfassungsrechtlichen Statthaftigkeit aus dem Aspekt des Schutzes privater Wettbewerber Bei der Frage, wie die die staatlichen Wirtschaftsbetätigung i.w.S. verfassungsrechtlich zu beurteilen ist, muss man sich stets vergegenwärtigen, dass die Intensität des Meinungsstreites auf unterschiedliche Vorstellungen über das Verhältnis von Staat und Gesellschaft zurückführen ist.26 Zentraler Konfliktpunkt ist, ob bzw. inwieweit die wirtschaftliche Betätigung Privater vor der des Staates zu schützen ist. Während früher die Meinung vorherrschte, dass dieser Streit politisch auszutragen sei,27 ist man nunmehr übereingekommen, diesen Streit rechtlich zu lösen. Da sich freilich ein politischer Wille insbesondere im einfachgesetzlichen Recht niederschlägt, ist dieser Gegensatz nicht zwingend. Von Gewicht ist er allerdings im 23
So aber Ronellenfitsch, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. IV, § 98 Rdnr. 33. 24 Schmidt, in: ders./Vollmöller (Hrsg.), Kompendium Öffentliches Wirtschafsrecht, S. 57, führt aus, dass das Grundgesetz eine Grundentscheidung für Freiheit und Sozialstaatlichkeit treffe (auf der einen Seite die Freiheitsrechte, insbesondere Art. 12, 14 GG und auf der anderen Seite soziale Verpflichtungen, die aus Art. 15 Abs. 1 GG folgten). Aus diesem Grunde schließe es Extreme (wie z. B. Planwirtschaft) aus. 25 Vgl. 5. Kap. D. 26 Kluth, Grenzen kommunaler Wettbewerbsteilnahme, S. 23, macht darauf aufmerksam, dass sich insbesondere zwei Leitlinien ausmachen ließen: Die eine von Böckenförde, der „im Sozialstaat die Unterscheidung von Staat und Gesellschaft für ein Indiz der Freiheitssicherung halte“, die andere von Hesse, der gerade „im Sozialstaat die Überwindung der Unterscheidung von Gesellschaft und Staat erblicke“; vgl. Böckenförde, Staat und Gesellschaft, S. 185 ff.; Hesse, DÖV 1975, 437 ff. 27 So z. B. Dickersbach, WiVerw 1983, 187 (188 f.).
A. Wirtschaftliche Betätigung des Staates
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Hinblick auf die Verfassung, die sich den wechselnden politischen Strömungen durch eine erschwerte Abänderbarkeit28 ein Stück weit entzieht. Denn wenn die Verfassung bereits eine Grundentscheidung für oder gegen die Legitimation staatlicher Wirtschaftsbetätigung träfe, dann wäre an diese bekanntermaßen auch der einfache Gesetzgeber gebunden mit der Konsequenz, dass die oben aufgeworfenen Fragen prinzipiell nicht mehr dem politischen Willen unterworfen wären. Mittlerweile herrscht ganz überwiegend die Auffassung vor, dass die Verfassung die Wirtschaftsbetätigung des Staates i.w.S. nicht aus Gründen des Schutzes privater Wirtschaftstätigkeit einschränkt. Deswegen soll nur exemplarisch auf die bekannteste Konstruktion, die einen verfassungsrechtlichen Vorrang privater vor staatlicher Wirtschaftstätigkeit zu begründen versuchen, eingegangen werden.29 1. Verfassungsrechtlich verankertes Subsidiaritätsprinzip Hinter dem Grundsatz der Subsidiarität staatlichen Handelns verbirgt sich zunächst einmal die Idee, dass eine übergeordnete Einheit eine Aufgabe nur dann erfüllen soll, wenn die jeweils untergeordnete Einheit30 dazu nicht zu leisten imstande ist.31 Übertragen auf die staatliche Wirtschaftsbetätigung32 i.w.S. folgt aus dem Subsidiaritätsgedanken ein grundsätzlicher Vorrang privater wirtschaftlicher Tätigkeit vor gleichgearteten Tätigkeiten der öffentlichen Hand.33 Wenn ein solcher Grundsatz existieren würde, hinge die rechtliche Beurteilung einer staatlichen
28 Zur verfassungsändernden Mehrheit Unruh, Der Verfassungsbegriff des Grundgesetzes, S. 278 ff.; Winterhoff, Verfassung, Verfassunggebung, Verfassungsänderung, S. 129 ff. 29 Ein weiterer Begründungsversuch ist z. B. die Theorie der Grundrechte als „negative Kompetenznormen“, die aber nur noch aus dem Aspekt der Rechtshistorie interessant ist und deswegen hier nicht vertieft wird; vgl. dazu Nipperdey, Soziale Marktwirtschaft und Grundgesetz, S. 16; Rupp, AöR 101 (1976), 161 (172 ff.); Dürig, in: Maunz/ders. (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Bd. 1, Art. 2 Abs. 1 Rdnr. 48, 52 (Fassung von 1978). 30 Burgi, Funktionale Privatisierung und Verwaltungshilfe, S. 235, verweist auf die abstrakten Bedingungen des Subsidiaritätsgedankens, über die Einigkeit herrsche: „1. Die Einheiten müssen einen homogenen Mitgliederkreis haben. 2. Die Einheiten müssen in einem wie auch immer gearteten Rangverhältnis zueinander stehen.“ 31 So Hauser, Wirtschaftliche Betätigung von Kommunen, S. 31. 32 Am häufigsten wird auf die erwerbswirtschaftliche Betätigung rekurriert, die einen spezifischen Fall der wirtschaftlichen Betätigung darstellt. Allerdings entfalten diese Überlegungen für alle Arten der wirtschaftlichen Betätigung Gültigkeit. Aus diesem Grunde ist es hier nicht erforderlich, zwischen wirtschaftlichen und erwerbswirtschaftlichen Tätigkeiten zu unterscheiden; darauf weist auch Burgi, Funktionale Privatisierung und Verwaltungshilfe, S. 231, hin. 33 Ronellenfitsch, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. IV, § 98 Rdnr. 34.
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3. Kap.: Der verfassungs- und europarechtliche Rahmen
wirtschaftlichen Tätigkeit i.w.S. von der Existenz (und in einem weiteren Schritt von der Effektivität und Effizienz)34 der wirtschaftlichen Tätigkeit von Privaten ab. Die Existenz eines verfassungsrechtlich verankerten Subsidiaritätsprinzips35 als weiteres – ausnahmsweise ungeschriebenes – Strukturprinzip der Verfassung versuchen die Befürworter im Wege eines induktiven Schlusses verschiedener Verfassungssätze oder im Wege einer verfassungsrechtlichen Gesamtschau zu beweisen.36 Bereits aus den Grundrechten lasse sich ein Bekenntnis zu Gunsten der untergeordneten Einheit erkennen.37 Denn in ihrer vorrangigen Funktion als Abwehrrechte des Individuums richteten sie sich gegen den Staat. Doch nicht nur in ihrer allgemeinen Funktion lasse sich ein solches Rangverhältnis erkennen, sondern auch im materiellen Gehalt einzelner Grundrechte (wie z. B. der allgemeinen Handlungsfreiheit)38 sowie in der Kompetenzverteilung des Grundgesetzes (z. B. Art. 30 GG)39. Der im Zusammenhang mit der Ratifikation des Vertrages von Maastricht40 in das Grundgesetz eingefügte Art. 23 GG41, der erstmals explizit den Begriff der Subsidiarität als solchen enthält,42 gab den Befürwortern eines verfas34 Dies folgt aus der Überlegung, dass der unteren Instanz der Vorrang zusteht, soweit ihre Kräfte dazu ausreichen und soweit sie die gestellt Aufgabe zumindest genauso gut wie die obere Instanz ausführen kann; so zutreffend Storr, Der Staat als Unternehmer, S. 430. 35 Zu der geschichtlichen Entwicklung, d. h. von den Wurzeln des Subsidiaritätsgedankens im deutschen Idealismus bis heute, vgl. statt vieler Isensee, Subsidiaritätsprinzip und Verfassungsrecht, S. 58 ff. 36 Vgl. Huber, DÖV 1956, 200 (205 f.); Maunz, VerwArch 50 (1959), 315 (316); Ipsen, NJW 1963, 2049 (2054); 2097 (2107); v. Münch, JZ 1960, 303 ff.; Zuck, Subsidiaritätsprinzip und Grundgesetz, S. 133; differenzierend Ende der 1960er Jahre Isensee, Subsidiaritätsprinzip und Verfassungsrecht, S. 286; S. 313, nach dem das Subsidiaritätsprinzip ein Auslegungsprinzip sei. Es handle sich um kein rechtstechnisches, sondern um ein rechtsethisches Problem. 37 Vgl. statt vieler Dürig, JZ 1953, 191 ff.; Ipsen, NJW 1963, 2049 ff.; 2097 ff. 38 Die allgemeine Handlungsfreiheit berücksichtige innerhalb der Verhältnismäßigkeit, dass der Freiheit des Einzelnen Vorrang gebühre, solange die öffentlichen Belange in der Abwägung nicht schwerer wiegen; vgl. z. B. Zuck, Subsidiaritätsprinzip und Grundgesetz, S. 133 ff. 39 Allen anderen Regelungen voran wird Art. 30 GG genannt, der den Ländern im Grundsatz die Ausübung der staatlichen Befugnisse und der Erfüllung der staatlichen Aufgaben zuweist, es sei denn das Grundgesetz selbst trifft eine andere Regelung. Daraus wird gefolgert, dass im Grundsatz die untergeordnete bzw. kleinere Einheit tätig werden darf und nur ausnahmsweise die größere. Entsprechendes lasse sich Art. 70 und 72 GG für die Gesetzgebung entnehmen und Art. 92 GG für die föderale Aufteilung der rechtsprechenden Gewalt; vgl. z. B. Häberle, AöR 119 (1994), 169 ff.; Süsterhenn, in: Weber (Hrsg.), FS Höffner, S. 227 (232); 30 Jahre später daran anschließend Pieper, Subsidiarität, S. 118 ff.; vgl. weitere Ausführungen bei Oppermann, in: Nörr/ders. (Hrsg.), Subsidiarität: Idee und Wirklichkeit, S. 215 (221). 40 Vertrag über die Europäische Union (Vertrag von Maastricht), ABl. C 191 vom 29.07. 1992; unterzeichnet wurde der Vertrag am 07.02. 1992; in Kraft getreten ist er am 01.11. 1993. 41 BGBl. I 1992, 2086. 42 Art. 23 Abs. 1 S. 1 GG lautet: „Zur Verwirklichung eines vereinten Europas wirkt die Bundesrepublik Deutschland bei der Entwicklung der Europäischen Union mit, die demokratischen, rechtsstaatlichen, sozialen und föderativen Grundsätzen und dem Grundsatz der
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sungsrechtlichen Subsidiaritätsprinzips kurzzeitig neuen Auftrieb. Die explizite Nennung der Subsidiarität sei das Sichtbarmachen eines zuvor existierenden, jedoch ungeschriebenen Verfassungsgrundsatzes.43 Ihr Hauptargument besteht darin, dass die Syntax des Art. 23 Abs. 1 S. 1 GG den Subsidiaritätsgedanken auf eine Ebene mit anderen innerstaatlich prägenden Strukturprinzipien der Verfassung hebe. Daraus schlussfolgern sie, dass der Subsidiaritätsgrundsatz ein ähnliches44 fundamentales Rechtsprinzip darstelle, welches für den inneren Staatsaufbau des Grundgesetzes konstitutiv sei.45 Diese Sichtweise vernachlässigt allerdings den Sinn und Zweck des Art. 23 GG. Er korrespondiert mit Art. 5 Abs. 3 EU (ex-Art. 5 Abs. 2 EGV) und macht die Zulässigkeit bestimmter Maßnahmen der Europäischen Union davon abhängig, dass die Ziele der entsprechenden Tätigkeiten von den Mitgliedstaaten nicht in hinreichendem Maße erreicht werden und die Zielverfolgung auf Gemeinschaftsebene effektiver ist. Ziel aus Sicht der Mitgliedstaaten ist es demnach, die Kompetenzen der Europäischen Union zu begrenzen.46 Es geht damit um das übergeordnete Thema der Souveränität eines Mitgliedstaates und nicht um die Herstellung von Homogenität47 des supranationalen und deutschen Rechts. Insbesondere schützt Art. 23 Abs. 1 S. 1 GG die Bundesländer vor der im Vorfeld gefürchteten Aushöhlung ihrer Staatlichkeit.48 Darüber hinaus treffen auch die vorgenannten Behauptungen der Befürworter eines Subsidiaritätsgrundsatzes nicht zu.49 Dafür spricht bereits, dass die (relative) Offenheit des Grundgesetzes hinsichtlich der Wirtschaftsordnung, nicht mit einem generellen Subsidiaritätsprinzip in Einklang zu bringen ist.50 So argumentieren zutreffenderweise die Gegner eines Subsidiaritätsprinzips, dass das Grundgesetz geSubsidiarität verpflichtet ist und einen diesem Grundgesetz im Wesentlichen vergleichbaren Grundrechtsschutz gewährleistet.“ 43 Statt vieler Häberle, AöR 119 (1994), 169 ff. m.w.N.; Oppermann, in: Nörr/ders. (Hrsg.), Subsidiarität: Idee und Wirklichkeit, S. 215 (226). 44 Wichtig ist zu betonen, dass es sich um ein „ähnliches“ und nicht um ein „gleiches“ fundamentales Rechtsprinzip handelt nach der Meinung der Befürworter eines verfassungsrechtlich verankerten Subsidiaritätsgrundsatzes. So wird nicht gefordert, diesem Grundsatz einen Status der Unantastbarkeit durch die Ewigkeitsklausel des Art. 79 Abs. 3 GG zu verleihen; darauf macht Oppermann, in: Nörr/ders. (Hrsg.), Subsidiarität: Idee und Wirklichkeit, S. 215 (224), aufmerksam. 45 Oppermann, in: Nörr/ders. (Hrsg.), Subsidiarität: Idee und Wirklichkeit, S. 215 (222). 46 Diese Einschätzung teilt Otting, Steuerungsmodell und rechtliche Betätigungsspielräume der Kommunen, S. 149 m.w.N. 47 Die Homogenität zwischen supranationalem und nationalem Recht setze voraus, dass der Subsidiaritätsgrundsatz auch im nationalen Rechte gelten müsse; so Oppermann, JuS 1996, 569 ff. 48 So ist es nicht verwunderlich, dass die Bundesländer Hauptantriebskraft dieser gesetzlichen Verankerung waren; vgl. dazu Storr, Der Staat als Unternehmer, S. 435 m.w.N. 49 Vgl. auch Rendtorff, Der Staat 1 (1962), 405 ff.; Herzog, Der Staat 2 (1963), 399 ff. 50 So auch Stober, ZHR 145 (1981), 565 (577).
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3. Kap.: Der verfassungs- und europarechtliche Rahmen
rade nicht auf ein liberales Wirtschaftsmodell festgelegt sei, das durch den grundsätzlichen Vorrang privater Kräfte vor staatlicher Tätigkeit geprägt werde, sondern dem Gesetzgeber hinsichtlich seiner Wirtschaftspolitik einen verfassungsrechtlich abgesicherten Spielraum eröffne.51 Ebenso lassen sich dem Staatsaufbau und der Verteilung der Aufgaben zwischen Bund und Ländern keine zwingenden Schlüsse für die Staatsform entnehmen.52 Insbesondere enthalten diese Vorschriften keinen Anhaltspunkt dafür, einen etwaigen Vorrang privater Tätigkeiten gerade auf den Bereich der Wirtschaft zu übertragen.53 2. Ergebnis Insgesamt ist es demnach abzulehnen, der Verfassung ein generelles Subsidiaritätsprinzip zu entnehmen und dieses insbesondere auf das Verhältnis von staatlichen und privaten wirtschaftlichen Akteuren anzuwenden. Die Negierung eines solchen generellen, verfassungsrechtlichen Prinzips schließt hingegen nicht aus, dass ein solches einfachgesetzlich durch Bundes- oder Landesrecht für verschiedene Bereiche normiert werden kann. Umgekehrt darf man diese einfachgesetzliche Normierung (vor allem in den Gemeindeordnungen der Länder und den Haushaltsordnungen des Bundes und der Länder)54 aber nicht für die Auslegung des Verfassungsrechts heranziehen.55
IV. Steuerstaatsprinzip Ursprünglich wurde der Begriff des „Steuerstaates“ rein deskriptiv verstanden: Der Staat finanziere tatsächlich und ganz überwiegend die Erfüllung öffentlicher Aufgaben aus Steuern.56 Erst in den 1970er/1980er Jahren wurde der Begriff im Rahmen der Diskussion über die Zulässigkeit erwerbswirtschaftlicher Betätigung
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Herzog, Der Staat 2 (1963), 399 (340). So Emmerich, Wirtschaftsrecht der öffentlichen Unternehmen, S. 109; später daran anschließend Schricker, Wirtschaftliche Tätigkeit der öffentlichen Hand und unlauterer Wettbewerb, S. 78; Stober, ZHR 145 (1981), 565 (577). 53 So Emmerich, Wirtschaftsrecht der öffentlichen Unternehmen, S. 109; daran anknüpfend zu einem späteren Zeitpunkt Scholz, NJW 1992, 2593 (2599); ebenso Hövelbernd, die Kammern als Wettbewerber, S. 75. 54 Typischerweise taucht dieses in den Gemeindeordnungen oder Haushaltsordnungen des Bundes oder der Länder auf (vgl. § 65 BHO oder früher § 67 DGO); zur Frage, ob es in den Landeshochschulgesetzen eine entsprechende Subsidiaritätsklausel gibt wird im 5. Kap. B. III. e) zu klären sein. 55 Ronellenfitsch, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. IV, § 98 Rdnr. 34. 56 Entwicklung sehr präzise herausgearbeitet von Sacksofsky, Umweltschutz durch nichtsteuerliche Abgaben, S. 129 ff. 52
A. Wirtschaftliche Betätigung des Staates
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des Staates normativ „aufgeladen“:57 Der Begriff des „Steuerstaates“58 wurde nun dahingehend ausgelegt, dass der Staat gezwungen sei, seinen Finanzbedarf grundsätzlich aus Steuern zu finanzieren. Nur in engen Grenzen sei eine anderweitige Finanzierung überhaupt zulässig, da ansonsten die bereits im Grundgesetz (Art. 105 ff. GG) angelegte Finanzverteilung ihre Funktion verlieren würde.59 Nach dieser Ansicht ist folglich der „Unternehmerstaat“60, begrifflicher Antagonist des „Steuerstaates“,61 als verfassungsrechtlich unzulässig zu beurteilen, da dieser die vom „Steuerstaat“ gezogenen Grenzen staatlicher Finanzierung gerade sprengen und neben Steuereinnahmen weitere Finanzquellen unabhängig vom Nähegrad zu öffentlichen Aufgaben erschließen will. Stimmt man der Ansicht des „Steuerstaates“ zu, so folgt (bezogen auf die Statthaftigkeit der staatlichen Wirtschaftsbetätigung i.w.S.) aus dem Verbot des „Unternehmerstaates“ ein ebensolches Verbot für zumindest alle erwerbswirtschaftlichen62 Tätigkeiten der öffentlichen Hand.63 Merchandising von Hochschulen wäre demnach z. B. bereits qua Verfassungsrecht nicht statthaft.64 Allerdings ist bereits fraglich, ob die aus dem Begriff des „Steuerstaates“ abgeleiteten Argumente auf die wirtschaftliche Betätigung von Hochschulen übertragbar sind, da die Hochschulen weit überwiegend vom Land finanziert werden und selbst keine Steuern erheben können. Die Theorie ist für die Hochschulen, wenn überhaupt, nur mittelbar in der Variante relevant, dass das Land die Hochschulen verpflichten würde, ihre Einnahmen mittels erwerbswirtschaftlicher Betätigung zu erhöhen, um seinerseits die Finanzierung der Hochschulen zu kürzen und Steuern zu 57
Sacksofsky, Umweltschutz durch nicht-steuerliche Abgaben, S. 129. Diese auf liberalem Gedankengut basierende so genannte „Steuerstaatstheorie“ geht insbesondere auf Isensee, Subsidiaritätsprinzip, S. 208, zurück; Überblick über Herleitung und Inhalt des Steuerstaatsprinzips bei Wienbracke, Bemessungsgrenzen der Verwaltungsgebühr, S. 82 ff. 59 Statt vieler Isensee, Subsidiaritätsprinzip und Verfassungsrecht, S. 208. 60 Ausführlich Sultan, in: Teschemacher (Hrsg.), FG Schanz, Bd. I, S. 407 ff. 61 Genaue sprachliche Analyse bei Sacksofsky, Umweltschutz durch nicht-steuerliche Abgaben, S. 128, die aufzeigt, dass der Argumentationsgang in der klassischen Form des Syllogismus erfolgt. 62 Die Statthaftigkeit der wirtschaftlichen Tätigkeit der öffentlichen Hand im Allgemeinen wird durch die Frage, ob das Grundgesetz den „Steuerstaat“ zwangsweise fordert und ob aus diesem Grund zusätzliche Erwerbseinkünfte aus anderen Einnahmequellen unzulässig sind, nicht berührt. Nur die erwerbswirtschaftliche Betätigung wird hier bedroht; darauf verweist auch Püttner, Die öffentlichen Unternehmen, S. 197. 63 So die zutreffende Ansicht von Isensee, Subsidiaritätsprinzip und Verfassungsrecht, S. 208; zustimmend Kirchhof, Verwalten durch „mittelbares“ Einwirken, S. 364; Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 93; Berg, GewArch 1990, 225 (230); Henneke, NdsVBl. 1998, 273 (282), fortgesetzt in NdsVBl. 1999, 1 ff.; differenzierend Stober, ZHR 145 (1981), 565 (586 ff.); ablehnend Dickersbach, WiVerwR 1983, 187 ff.; Püttner, Die öffentlichen Unternehmen, S. 197 f.; Sacksofsky, Umweltschutz durch nicht-steuerliche Abgaben, S. 126 ff.; Hövelbernd, Die Kammern als Wettbewerber, S. 79 f. 64 Es gibt einige Versuche solche Tätigkeiten als Hilfstätigkeiten zu rechtfertigen (Randnutzung); vgl. z. B. im Bereich der kommunalen Wirtschaftstätigkeit Rocke, Nebentätigkeiten kommunaler wirtschaftlicher Unternehmen, S. 86 ff. 58
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3. Kap.: Der verfassungs- und europarechtliche Rahmen
sparen. Einer Vertiefung des Problems bedarf es hier nicht, da die Übertragung des Verbots des „Unternehmerstaates“ auf erwerbswirtschaftliche Tätigkeiten des Staates bereits grundsätzliche Bedenken hervorruft. Selbst wenn man die Ausführungen nicht bereits im Kern in Frage stellen, sondern sie als zutreffend zu Grunde läge, wäre fraglich, ob eine ad hoc erwerbswirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand oder eine solche Betätigung in Unternehmensform nach dieser Theorie als verfassungsrechtlich unstatthaft qualifiziert werden dürfte. Denn der „Steuerstaatsbegriff“ impliziert lediglich, dass der Staat sich nicht vorrangig über andere Quellen als die der Steuer finanzieren darf.65 Das Regel-Ausnahme-Verhältnis darf folglich nicht ins Gegenteil verkehrt werden. Abgesehen davon, dass eine solche Gefahr durch erwerbswirtschaftliche Tätigkeiten der öffentlichen Hand nicht droht (da der erwirtschaftete Betrag im Vergleich zu den erhobenen Steuern66 verschwindend gering ist), lassen sich dem Gegensatzpaar keine Aussagen hinsichtlich eines generellen Verbots entnehmen.67 Vielmehr spricht das Regelverständnis der Finanzierung durch Steuern dafür, dass es noch weitere Möglichkeiten der Finanzierung geben muss, freilich unter bestimmten Voraussetzungen und unter dem Vorbehalt, dass sie nicht zur Regelfinanzierung werden. Art, Ausmaß und Ausgestaltung lassen sich dem Steuerstaatsprinzip jedoch gerade nicht entnehmen. Ein Verbot eben dieser Tätigkeiten kann dem „Prinzip des Steuerstaates“ hingegen nicht entnommen werden.
V. Allgemeine verfassungsrechtliche Legitimation für jedes staatliche Handeln 1. Die Verpflichtung zum Gemeinwohlbezug Jedes „amtliche dem Staat zurechenbare Handeln mit Entscheidungscharakter“68 muss in einem demokratischen Verfassungsstaat, wie es die Bundesrepublik 65
(587).
Ebenso Püttner, Die öffentlichen Unternehmen, S 197; Stober, ZHR 145 (1981) 565
66 Aktuelle Daten können auf der Homepage des Bundesfinanzministeriums nachgelesen werden: http://www.bundesfinanzministerium.de/nn_3264/DE/Wirtschaft__und__Verwaltung/ Steuern/Steuerschaetzung__einnahmen/Steuereinnahmen/node.html?__nnn=true. 67 Den Art. 105 ff. GG lassen sich nicht entnehmen, dass die Erhebung von Steuern die ausschließliche Form der Finanzierung von öffentlichen Aufgaben darstellt und ihm die Erzielung von Überschüssen verwehrt ist; so die zutreffende Einschätzung von Siekmann, in: Sachs (Hrsg.), GG-Kommentar, vor Art. 104a Rdnr. 137; Otting, Rechtliche Betätigungsspielräume der Kommunen, S. 152 ff. 68 BVerfGE 47, 253 (272 f.); 77, 1 (40); Böckenförde, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. II, § 24 Rdnr. 11, verweist darauf, dass die notwendige demokratische Legitimation den gesamten Umfang staatlichen Handelns umfasst. So beschränke sich die Ausübung von Staatsgewalt nicht auf den Bereich hoheitlichen Handelns. Sie umfasse auch schlicht-hoheitliches Handeln, fiskalisches Handeln und sonstige amtliche Erklärungen oder Äußerungen.
A. Wirtschaftliche Betätigung des Staates
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Deutschland ist, dem Gemeinwohl dienen.69 Aus dem demokratischen Prinzip70 folgt allgemein gesprochen, dass alle Staatsgewalt vom Volk auszugehen hat und umgekehrt wieder auf dieses zurückführbar sein muss.71 Im Fall der dauerhaften Übertragung der Staatsgewalt auf Verfassungsorgane muss sichergestellt werden, dass die Wahrnehmung und Ausübung öffentlicher Aufgaben durch den Staat sich nicht verselbstständigen kann, sondern stets an das Volk rückgekoppelt und gegenüber diesem verantwortet werden muss.72 Es bedarf demnach der Gewährleistung eines hinreichenden Legitimationsniveaus73. Aus der notwendigen Rückkopplung folgt zudem, dass der Staat nicht frei nach seinem Belieben tätig werden darf, sondern prinzipiell nur, wenn sein Handeln dem Gemeinwohl74 gewidmet ist.75 Denn erst die Aussicht auf die Verwirklichung des Gemeinwohls veranlasst das den Staat konstituierende Volk76 überhaupt, ein Staatsgebilde zu erschaffen und dieses mit Macht zu versehen.77 Die Begrenzung staatlichen Tätigwerdens auf das Gemeinwohl folgt ebenso aus dem Rechtsstaatsprinzip, das alle staatliche Gewalt an das Recht bindet und damit einen Gegenentwurf zum totalitären Staat bildet, der grundsätzlich keinerlei Grenzen staatlichen Handelns kennt.78 Die Ausrichtung am Gemeinwohl stellt somit sowohl den Ausgangspunkt als auch die grundlegende Rechtfertigung allen staatlichen Handelns dar.79 Imperativ folgt aus diesem „regulativen Prinzip“80 69 Grundlegend Isensee, in: ders./Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. IV, § 71 Rdnr. 2 ff. 70 Das demokratische Prinzip ist in der Bundesrepublik Deutschland in Art. 20 Abs. 2 GG verankert. „Es enthält zugleich die Proklamation eines politischen Ordnungsprinzips und ist Kernsatz aller Demokratie“; so Böckenförde, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. II, § 24 Rdnr. 10; warum es bei der Legitimation staatlichen Handelns vor allem auf die demokratische Legitimation ankommt, vgl. Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 16 ff. 71 In Bezug auf den Einsatz öffentlicher Unternehmen Burgi, VerwArch 93 (2002), 255 (261). 72 So explizit Böckenförde, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. II, § 24 Rdnr. 11. 73 BVerfGE 93, 37 (66 f.); zum Begriff grundlegend Böckenförde, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. II, § 24 Rdnr. 11; auf die wirtschaftliche Betätigung bezogen Schliesky, Souveränität und Legitimität von Herrschaftsgewalt, S. 302 ff. 74 Das Gemeinwohl verkörpert nach Isensee, in: ders./Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. IV, § 71 Rdnr. 2 ff., die „Idee vom guten Zustand des Gemeinwesens und vom Gedeihen aller seiner Glieder“. Staatsziele seien hingegen besonders inhaltlich umschrieben und konkrete Staatsaufgabe auf bestimmte Handlungsbereiche bezogen. 75 BVerfGE 10, 89 (102); Berg, GewArch 1990, 225 (228); Huber, in: Brenner/ders./Möstl (Hrsg.), FS Badura, 897 (901 f.); Schliesky, Öffentliches Wettbewerbsrecht, S. 182. 76 Auch Staatsvolk genannt. Damit ist die „Gesamtheit von Menschen, die im Staat als politischer Handlungs- und Wirkeinheit zusammengeschlossen sind und ihn tragen“, gemeint. Zum Volk als Träger und Bezugspunkt demokratischer Legitimation Böckenförde, in: Isensee/ Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. II, § 24 Rdnr. 26 ff. 77 Ausdrücklich Schliesky, Öffentliches Wettbewerbsrecht, S. 181. 78 So Püttner, Die öffentlichen Unternehmen, S. 128. 79 So zutreffend Schliesky, Öffentliches Wettbewerbsrecht, S. 181 f.
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für den Staat, dass der intendierte Gemeinwohlbezug sich in jedem staatlichen Handeln durch einen konkreten öffentlichen Zweck (bzw. öffentliches Interesse)81 äußern muss.82 Fehlt ein solcher öffentlicher Zweck, so ist das jeweilige staatliche Handeln unzulässig.83 Das bedeutet, dass das Verfassungsrecht einen öffentlichen Zweck als zwingendes Zulässigkeitsmerkmal fordert.84 2. Das Erfordernis eines öffentlichen Zwecks Der Zwang zur Verfolgung eines öffentlichen Zwecks wird vor allem dadurch relativiert, dass sich ein öffentlicher Zweck verhältnismäßig einfach konstruieren lässt.85 Überflüssig wird das Erfordernis eines öffentlichen Zwecks indes nicht. Zwar gelingt keine positive Bestimmung des öffentlichen Zwecks, da eine unbestimmte Vielzahl an Fällen erfasst werden müsste,86 aber aus einer negativen Abgrenzung ergeben sich weitere Erkenntnisse hinsichtlich des „Ob“ wirtschaftlicher Betätigung. Nach einer Negativabgrenzung liegt ein öffentlicher Zweck nicht mehr vor, wenn eine Tätigkeit ausschließlich der Gewinnerzielung dient. Folgt man dieser Auffassung, so zieht das Erfordernis der Verfolgung eines öffentlichen Zwecks den wirtschaftlichen Tätigkeiten mit reiner Gewinnerzielungsabsicht (erwerbswirtschaftliche Betätigung) eine äußerste Grenze.87 Denn eine erwerbswirtschaftliche Betätigung ist gerade dadurch gekennzeichnet, dass sie keiner (öffentlichen) Aufgabe 80
Isensee, in: ders./Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. IV, § 7 Rdnr. 13; d. h. beim Gemeinwohl handelt es sich um ein Leitbild und nicht die Spiegelung der Wirklichkeit. 81 Zu den verschiedenen Ebenen und den terminologischen Unterschieden; vgl. nur Burgi, Funktionale Privatisierung und Verwaltungshilfe, S. 26 ff. 82 So auch Burgi, Funktionale Privatisierung und Verwaltungshilfe, S. 28; Schliesky, Öffentliches Wettbewerbsrecht, S. 181; ders., DVBl. 1999, 78 (80). 83 Dass dadurch aber kein subjektiv-öffentliches Recht begründet wird, beschreibt u. a. Barbey, Bundesverfassungsgericht und einfaches Recht, S. 23 f.: „Der Zwang zur Legitimation staatlichen Handelns und Entscheidens schützt zwar u. a. auch den individuellen Lebensbereich des Einzelnen, begründet aber kein Grundrecht. Grundrechte setzen Bedingungen für die verfassungsgemäße Wahrnehmung bereits legitimierter staatlicher Macht. Sie determinieren das kompetenzgemäße Handeln und Entscheiden der Staatsorgane. Der Zwang zur Legitimation staatlichen Handelns und Entscheidens schützt dagegen vor der nicht legitimieren Ausübung staatlicher Macht und zwar ganz unabhängig davon, ob dadurch zugleich ein Grundrecht verletzt wird oder nicht: die nicht legitimierte Macht ist bereits als solche – nicht erst wegen einer Grundrechtsverletzung – rechtswidrig […] und verletzt die rechtlich geschützt Individualsphäre.“ 84 So auch statt vieler Burgi, Funktionale Privatisierung und Verwaltungshilfe, S. 28 ff., ders., Kommunalrecht, § 17 Rdnr. 24. 85 Darauf macht Burgi, Kommunalrecht, § 17 Rdnr. 24, aufmerksam. 86 Die Beweisführung, dass eine positive Begriffsbestimmung letztlich scheitern muss, findet sich u. a. bei Püttner, Die öffentlichen Unternehmen, S. 129 m.w.N.; Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 92 m.w.N.; Otting, Rechtliche Betätigungsspielräume der Kommunen, S. 122. 87 Emmerich/Steiner, Möglichkeiten und Grenzen der Rundfunkanstalten, S. 42 f.; Schricker, Wirtschaftliche Tätigkeit der öffentlichen Hand und unlauterer Wettbewerb, S. 42.
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dient, sondern nur des Geldes wegen betrieben wird.88 Ein übergeordneter öffentlicher Zweck, der sich in der Erfüllung von öffentlichen Aufgaben nach außen hin manifestiert, kann demnach bei der erwerbswirtschaftlichen Betätigung nicht angenommen werden. Es gibt allerdings vermehrt Bestrebungen zu belegen, dass auch bei einer wirtschaftlichen Betätigung mit reiner Gewinnerzielungsabsicht ein öffentlicher Zweck zu bejahen sei.89 Ausgangspunkt dieser Argumentation ist die Bestimmung des Unmittelbarkeitsgrads, den eine Gewinnerzielungsabsicht ihr zufolge in Bezug auf einen öffentlichen Zweck aufweisen müsse. Ein bloßer mittelbarer Bezug reiche aus. Ein solcher sei zumindest dann gewahrt, wenn das erwirtschaftete Geld wieder gemeinwohlfördernd verwendet werde.90 Auch verweisen diese Ansätze darauf, dass die Erwirtschaftung von Einnahmen dem Staat nicht fremd sei, wie sich der Finanzverfassung entnehmen lasse. Zu Recht weisen sie auch darauf hin, dass das BVerfG bisher noch nie ein Verbot der Erwerbswirtschaft qua Verfassungsrecht formuliert habe. Denn in der Tat hat das BVerfG in der so genannten SasbachEntscheidung lediglich festgestellt, dass nach Maßgabe der einfachgesetzlichen Rechtslage eine ausschließlich am Gewinn orientierte (gemeinde-)wirtschaftliche Tätigkeit unstatthaft sei.91 Fraglich ist nun, ob dieser Meinung zuzustimmen ist. Es ist richtig, dass das BVerfG bisher in keiner Entscheidung zu einer Position Stellung bezogen hat. Des Weiteren ist es zutreffend, dass die Erhebung von Steuern und Abgaben nicht die einzige zulässige Form der Einnahmeerzielung ist. Gleichzeitig wurde aber dargelegt, dass Steuern und Abgaben die Haupteinnahmequelle des Staates darstellen müssen. Da sich letztere Aussage nur auf das Ausmaß bezieht, kann man schlussfolgern, dass sich dem Grundgesetz aus dem Verweis auf die primäre Einnahmequelle durch Steuern und Abgaben weder Gründe für noch gegen eine erwerbswirtschaftliche Betätigung entnehmen lassen. Es ist zudem nachvollziehbar zu hinterfragen, ob dem Ziel, Gewinne zu erwirtschaften, um damit beispielsweise den Haushalt zu konsolidieren, die Bejahung eines öffentlichen Zwecks tatsächlich abgestritten werden kann (insbesondere in Zeiten der „Finanz- und Eurokrise“). Denn auch die „Schuldenbremse“92 des Grundgesetzes zielt auf den 88 Einstimmigkeit besteht dahingehend, dass wirtschaftliche Tätigkeiten, die neben der Verfolgung eines öffentlichen Zwecks auch Einnahmen erwirtschaften sollen, verfassungsrechtlich nicht unzulässig sind (soweit die Erfüllung des öffentlichen Zwecks nicht durch die Gewinnerzielungsintention beeinträchtigt wird). Anders ist der Sachverhalt aber zu beurteilen, wenn der einzige Zweck in der Gewinnerwirtschaftung besteht; zustimmend Burgi, Sektorenspezifische Modernisierung des kommunalen Wirtschaftsrechts in Nordrhein-Westfalen, S. 38 ff. 89 Vgl. Emmerich, Das Wirtschaftsrecht der öffentlichen Unternehmen, S. 86 ff.; Gusy, JA 1995, 166 (170); Schliesky, Öffentliches Wettbewerbsrecht, S. 185; Otting, DVBl. 1997, 1258 (1260); Hellermann, Öffentliche Daseinsvorsorge und gemeindliche Selbstverwaltung, S. 154; Cremer, DÖV 2003, 921 (922 f.); Franz, Gewinnerzielung durch kommunale Daseinsvorsorge, S. 58 ff. 90 Franz, Gewinnerzielung durch kommunale Daseinsvorsorge, S. 58 ff. m.w.N. 91 BVerfGE 61, 82 (107 f.). 92 Im Rahmen der Föderalismusreform II eingefügt; vgl. „Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes (Art. 91 c, 91 d, 104 b, 109, 109a, 115, 143d)“, BGBl. I 2009, 2248.
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Ausgleich des Haushaltes ab, um nicht zuletzt die Funktionsfähigkeit des Staates zu sichern.93 Wenn diese durchaus schlüssige Argumentation zulässig wäre, wäre der Gegensatz eines öffentlichen Zwecks und einer erwerbswirtschaftlichen Betätigung (zumindest auf einem ersten Blick) nicht mehr zwingend.94 Allerdings vermögen all diese Erwägungen das zentrale Argument der herrschenden Meinung nicht zu widerlegen; namentlich, dass es ohne eine Negativabgrenzung des öffentlichen Zwecks von der bloßen Erwerbswirtschaft keinen Anwendungsbereich mehr für das Erfordernis eines öffentlichen Zwecks gäbe.95 Mit anderen Worten wäre die Voraussetzung des öffentlichen Zwecks obsolet. Befremdlich mutet es dann aber an, dass, soweit ersichtlich, das Erfordernis eines öffentlichen Zwecks von niemandem ernsthaft bestritten, sondern gleich einer „verfassungsrechtlich anerkannten Wahrheit“ als gegeben vorausgesetzt wird. Gäbe es keinen Anwendungsbereich des öffentlichen Zwecks mehr, würde dieses verfassungsrechtliche Erfordernis letztlich ad absurdum geführt. Auch ist es zutreffend, dass die Unterschiede zwischen den Privaten und dem Staat nicht vollkommen verwischt werden dürfen. Bei einer verfassungsrechtlichen Zulässigkeit staatlicher Erwerbswirtschaft würde dem Staat eine dem Individuum vergleichbare Privatautonomie erwachsen, die sich im Widerspruch zum Grundgesetz befände.96 Denn das Grundgesetz geht von einer Trennung des Staates und der Gesellschaft aus, die dadurch zum Ausdruck kommt, dass das staatliche Handeln sich einem konstanten Rechtfertigungsdruck ausgesetzt sieht und vor allem im Bereich der Bindung agiert, wohingegen das gesellschaftliche Handeln bzw. das des Individuums durch Freiheit gekennzeichnet ist.97 Im Ergebnis folgt somit aus dem Erfordernis eines öffentlichen Zwecks eine verfassungsrechtliche Unzulässigkeit der erwerbswirtschaftlichen Betätigung der öffentlichen Hand.98
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Auch aus einer Analyse des wissenschaftlichen Dienstes ergibt sich, dass bei staatlichen Ausgaben nun besonders darauf zu achten sei, diese auf der Einnahmeseite zu refinanzieren; vgl. dazu Wissenschaftliche Dienste, http://www.bundestag.de/dokumente/ana-lysen/2009/ schul-denbremse.pdf, S. 1. 94 Zu dieser Einschätzung kommen im Ergebnis u. a. Otting, Rechtliche Betätigungsspielräume der Kommunen, S. 122; Möstl, BayVBl. 1999, 547 ff.; Hellermann, Örtliche Daseinsvorsorge und gemeindliche Selbstverwaltung, S. 154; Jarass, DÖV 2002, 489 (500); Cremer, DÖV 2003, 921 (922 f.). 95 Weitere Ausführungen bei Ehlers, Jura 1999, 212 (214); ders., Gutachten E zum 64. DJT, S. 72. 96 Vgl. Püttner, Die öffentlichen Unternehmen, S. 131; Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 92 f.; Stober, Handbuch des Wirtschaftsverwaltungs- und Umweltrechts, S. 587; Berg, GewArch 1990, 225 (228). 97 Burgi, Gutachten D zum 67. DJT, S. 16 ff. 98 A.M. Cremer, DÖV 2003, 921 (922), der die Ansicht vertritt, dass das Fehlen eines öffentlichen Zwecks nicht allein eine verfassungsrechtliche Unzulässigkeit begründen könne.
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3. Bindung an die verfassungsrechtliche Kompetenzregelung Art. 30 GG regelt, dass im Grundsatz die Ausübung staatlicher Befugnisse und die Erfüllung staatlicher Aufgaben Sache der Länder ist. Nur ausnahmsweise, wenn das Grundgesetz eine andere Regelung trifft oder zulässt, ist gemäß dieser Vorschrift der Bund zuständig. Art. 30 GG weist demnach dem Bund oder den Ländern nach zutreffender Ansicht verschiedene Aufgabenbereiche eindeutig und vor allem lückenlos zu.99 Für die Zulässigkeit der staatlichen Wirtschaftsbetätigung i.w.S. resultiert daraus, dass eine Wirtschaftsbetätigung verfassungsrechtlich unzulässig ist, wenn sie sich außerhalb des Rahmens der Verwaltungskompetenzen bewegt.100 Diese Schlussfolgerung wird teilweise abzuwenden bzw. von vornherein zu vermeiden versucht, indem die staatliche Wirtschaftstätigkeit i.w.S. aus dem Anwendungsbereich des Art. 30 GG ausgeklammert wird. Die Begründungsansätze für eine solche Ausklammerung der Wirtschaftstätigkeiten sind vielfältig.101 Beispielsweise bewertet eine Meinung eine Verwaltungstätigkeit im Vergleich zu einer Wirtschaftstätigkeit als wesensmäßig gegensätzlich und folgert daraus eine Unvereinbarkeit der Subsumtion von Wirtschaftstätigkeiten unter Art. 30 GG (konkreter: „Erfüllung der staatlichen Aufgaben“).102 Eine zweite Meinung knüpft hingegen an die organisationsrechtliche Ausgestaltung der jeweiligen Wirtschaftsbetätigung an und argumentiert, dass zumindest privatrechtlich geführte Unternehmen des Bundes dem Anwendungsbereich des Art. 30 GG entzogen werden sollten.103 Wie vor allem bei dieser Auffassung ersichtlich wird, besteht das Anliegen der Ausklammerung wirtschaftlicher Tätigkeiten aus dem Art. 30 GG letztlich darin, eine Zulässigkeit der Wirtschaftsbetätigung des Bundes bzw. wirtschaftlicher Unternehmen des Bundes herzuleiten. Denn nur die wirtschaftlichen Betätigung des Bundes steht angesichts des Art. 30 GG, der die Erfüllung von staatlichen Aufgaben grundsätzlich den Ländern zuweist, unter einem Rechtfertigungsdruck, da für diese nur vereinzelt ausdrückliche Kompetenznormen im Grundgesetz existieren (so z. B. Art. 87 Abs. 3 S. 1 GG).104 99
So auch Schliesky, Öffentliches Wettbewerbsrecht, S. 140. Zustimmend z. B. Lerche, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), GG-Kommentar, Art. 83 Rdnr. 42; Lerche/Graf v. Pestalozza, Die Deutsche Bundespost als Wettbewerber, S. 106; Schliesky, Öffentliches Wettbewerbsrecht, S. 140 f.; Ehlers, Gutachten E für den 64. DJT, S. 43 f.; ablehnend Dickersbach, WiVerw 1983, 187 (192 ff.); Schricker, Wirtschaftliche Tätigkeit der öffentlichen Hand und unlauterer Wettbewerb, S. 44; Emmerich/Steiner, Möglichkeiten und Grenzen der wirtschaftlichen Betätigung für öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 50. 101 Weiterführend Kirchhof, in: Isensee/ders. (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. IV, § 99 Rdnr. 42 ff. 102 Vgl. z. B. Dickersbach, WiVerw 1983, 187 (192 ff.); Püttner, Die öffentlichen Unternehmen, S. 162 ff.; Hellermann, Örtliche Daseinsvorsorge und gemeindliche Selbstverwaltung, S. 175 f. 103 Vgl. z. B. Gubelt, in: v. Münch (Hrsg.), GG-Kommentar, Art. 30 Rdnr. 5. 104 Soweit es sich bei wirtschaftlichen Tätigkeiten um die Erfüllung staatlicher Aufgaben im Sinne von Art. 30 GG handeln sollte, käme Art. 87 GG mit der Folge zur Anwendung, dass außerhalb des dort abgesteckten Rahmens nur die Länder in ihrem jeweiligen Zuständig100
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3. Kap.: Der verfassungs- und europarechtliche Rahmen
Letztlich vermögen aber beide Begründungsansätze nicht zu überzeugen. Berücksichtigt man, dass es sich bei der wirtschaftlichen Betätigung um einen bestimmten Modus staatlichen Tätigwerdens handelt, so bedeutet das gerade, dass nur die Handlungsform geändert wird, die (öffentliche) Verwaltung aber unabhängig von ihrem Handlungsmodus stets Verwaltung bleibt.105 Mit anderen Worten übt die Verwaltung unverändert auch im Modus der wirtschaftlichen Betätigung Kompetenzen aus und wird gleichsam durch diese begrenzt. Ein Gegensatzpaar von Verwaltung bzw. der Erfüllung staatlicher Aufgaben einerseits und Wirtschaftsbetätigung andererseits scheitert demnach bereits an einer mangelnden Vergleichbarkeit (Modus der Aufgabenerfüllung versus Aufgabe). 4. Der Grundsatz vom Vorrang und Vorbehalt des Gesetzes Es ist selbstverständlich, dass die staatliche Wirtschaftsbetätigung i.w.S. bzw. die Wirtschaftsbetätigung der öffentlichen Hand den Grundsatz vom Vorrang des Gesetzes (Art. 20 Abs. 3 GG) beachten muss. Allgemein gesprochen bindet dieser Grundsatz alle Staatsgewalt an das Gesetz.106 Daraus folgt für die Verwaltung bzw. die öffentliche Hand sowohl eine Handlungs- als auch eine Unterlassungspflicht. Zum einen ist die öffentliche Hand verpflichtet, die bestehenden Gesetze anzuwenden (vorausgesetzt diese greifen wiederum nicht ihrerseits unzulässig in Rechtspositionen der öffentlichen Hand ein). Zum anderen darf sie nicht gegen sonstige existierende Gesetze verstoßen, auch wenn ihr konkretes Handeln nicht gesetzlich geregelt sein sollte.107 Während der Grundsatz vom Vorrang des Gesetzes unbedingt und ausnahmslos für jegliche Verwaltungstätigkeit gilt, ist dies für den Vorbehalt des Gesetzes umstritten. Letzterer Grundsatz besagt (verkürzt), dass bestimmte Regelungsgegenstände dem formellen Gesetz vorbehalten sind und demnach nicht autonom von der
keitsbereich wirtschaftlich tätig werden dürften. Der Bund wäre demnach auf die im Grundgesetz explizit genannten Unternehmen beschränkt (insbesondere Art. 87e, Art. 87 f GG). Dies stünde allerdings im Gegensatz zur tatsächlichen Lage. Um dem Vorwurf einer realitätsfernen verfassungsrechtlichen Argumentation zu entgehen, wird teilweise eine ungeschriebene Verwaltungszuständigkeit des Bundes (kraft Natur der Sache) konstruiert (so Lerche, in: Maunz/ Dürig [Hrsg.], GG-Kommentar, Art. 83 Rdnr. 42). Andere widersprechen, dass ungeschriebene Zuständigkeit restriktiv auszulegen seien (so z. B. Pöpel, JA 1988, 127 f.). Eine vermittelnde Ansicht will das Problem dahingehend lösen, dass es die privatrechtliche Erwerbswirtschaft der öffentlichen Hand als Teil der fiskalischen Tätigkeit dem Geltungsanspruch der Regelung des Art. 30, 83 ff. GG entzieht (z. B. Gubelt, in: v. Münch/Kunig [Hrsg.], Kommentar zum Grundgesetz, Art. 30 Rdnr. 5). 105 Vgl. Ehlers, Gutachten E für den 64. DJT, S. 43. 106 Zusammenfassend handelt es sich bei dem Grundsatz vom Vorrang des Gesetzes um eine „Kollisions- und Rangordnungsregel“; so Unruh, Der Verfassungsbegriff des Grundgesetzes, S. 496. 107 Detterbeck, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 7 Rdnr. 259 ff.
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Verwaltung geregelt werden dürfen.108 Wenn folglich die Wirtschaftsbetätigung der öffentlichen Hand dem Vorbehalt des Gesetzes unterläge, bedürfte sie eines formellen Gesetzes. Andernfalls wäre sie von vornherein als unzulässig zu bewerten. Ob dem so ist, gilt es nun zu untersuchen. Es gibt verschiedene Formen des Grundsatzes vom Vorbehalt des Gesetzes: den grundrechtlichen, den finanz- und haushaltsrechtlichen und den (geschriebenen und ungeschriebenen)109 institutionell-organisatorischen Gesetzesvorbehalt sowie den (ungeschriebenen) allgemeinen Vorbehalt des Gesetzes, oftmals, wenn auch ungenauerweise110, mit dem so genannten Parlamentsvorbehalt gleichgesetzt.111 Erstere beiden (der grundrechtliche und der finanz- und haushaltsrechtliche Gesetzesvorbehalt) spielen in diesem Kontext eine untergeordnete Rolle.112 Auf den organisatorisch-institutionellen Vorbehalt des Gesetzes und den allgemeinen Vorbehalt des Gesetzes soll hier der Fokus gerichtet werden. Der ungeschriebene institutionell-organisatorische Gesetzesvorbehalt ist stets dann zu beachten, wenn Aufgaben der Verwaltung auf selbstständige öffentlichrechtliche Rechtsträger ausgelagert werden sollen.113 Der Grundsatz besagt, dass juristische Personen des öffentlichen Rechts nur durch oder auf Grund eines Gesetzes errichtet werden dürfen.114 Denn durch die Übertragung von Verwaltungsaufgaben an einen verselbstständigten Träger nehmen die Steuerungs- und Kontrollmöglich108
Burgi, Sponsoring der öffentlichen Hand, S. 118. Geschriebene institutionell-organisatorischen Gesetzesvorbehalte sind z. B. Art. 33 Abs. 5 GG, Art. 28 Abs. 2 GG oder aber Art. 84 Abs. 2 GG. 110 Der Parlamentsvorbehalt besagt, dass spezifische Angelegenheiten der Entscheidung des Parlaments bedürfen. Hierbei muss allerdings nicht zwingend eine Entscheidung in Form eines formellen Gesetzes ergehen. Grundsätzlich würde auch eine andere Form der Entscheidung (z. B. konstitutive Zustimmung des Parlaments) ausreichen. Deswegen können der allgemeine Vorbehalt des Gesetzes und der so genannte Parlamentsvorbehalt nicht gleichgesetzt werden; so die zutreffende Unterscheidung nachzulesen bei Detterbeck, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 7 Rdnr. 259 ff. 111 So auch Burgi, Sponsoring der öffentlichen Hand, S. 118 f. 112 Der grundrechtliche Gesetzesvorbehalt (z. B. Art. 12 Abs. 1 S. 2, 14 Abs. 1 S. 2 oder Art. 8 Abs. 2 GG) wird erst im Abschnitt C bei der konkreten Grundrechtsprüfung (Grundrechtsverletzung der privaten Wettbewerber oder der Hochschulwissenschaftler durch die wirtschaftliche Betätigung?), d. h. auf den Einzelfall und das jeweilig einschlägige Grundrecht bezogen, von Bedeutung sein. Der finanz- und haushaltsrechtliche Gesetzesvorbehalt (also beispielsweise das Budgetrecht des Parlaments gem. Art. 110 GG oder die Finanzverteilung von Bund und Ländern gem. Art. 107 Abs. 2, 109 Abs. 3 GG) ist in dieser Arbeit nicht weiter relevant; ausführlich zu den Gesetzesvorbehalten Ossenbühl, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. V, § 101 Rdnr. 38 ff. 113 Siehe auch die Ausführungen bei Mand, Erwerbswirtschaftliche Betätigung öffentlichrechtlicher Rundfunkanstalten außerhalb des Programms, S. 215 ff. 114 Dahingehend besteht zumindest Einigkeit, vgl. Ossenbühl, VVDStRL 29 (1971), 137 (172 f.); Püttner, Die öffentlichen Unternehmen, S. 122 f.; Krebs, NVwZ 1985, 609 (614 f.); Ehlers, Gutachten E zum 64. DJT, S. 48, verweist darauf, dass das Gleiche für die Errichtung von privaten Unternehmen gelte. 109
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3. Kap.: Der verfassungs- und europarechtliche Rahmen
keiten des Parlaments zunehmend ab.115 Durch das Erfordernis eines formellen Gesetzes wird dieser Steuerungsverlust weitgehend aufgefangen, so dass letztlich die demokratische Legitimation der Verwaltung gewahrt bleibt.116 Zugleich sind in dem erforderlichen Gesetz die wahrzunehmenden Aufgaben der juristischen Personen des öffentlichen Rechts festzulegen, so dass auch der Wirkungskreis der juristischen Personen des öffentlichen Rechts durch legislative Vorgaben abgesteckt wird.117 Auf die Hochschulen übertragen bedeutet dies, dass ihnen als verselbstständigte mittelbare Träger von Staatsgewalt nur die Verfolgung der gesetzlich übertragenen Aufgaben erlaubt ist (d. h. insbesondere die Pflege von Forschung und Lehre).118 Der allgemeine Vorbehalt des Gesetzes wird aus dem Rechtsstaats- und Demokratieprinzip hergeleitet. Früher, d. h. als noch klar zwischen Eingriffs- und Leistungsverwaltung unterschieden wurde bzw. werden konnte,119 war die rechtsstaatliche Wurzel von zentraler Bedeutung für den Vorbehalt des Gesetzes, da dieser der „Idee der Gewaltenteilung und -kontrolle“120 entsprang. Während die Leistungsverwaltung regelmäßig nicht auf eine gesetzliche Grundlage angewiesen war, bedurfte die Eingriffsverwaltung stets einer solchen, um gerechtfertigt werden zu können. Heutzutage wird angesichts der Verlagerung des Staates hin zu einem Gewährleistungs- und Regulierungsstaat und der wachsenden Bedeutung der Leistungsverwaltung eine Begrenzung des Vorbehalts des Gesetzes auf die Eingriffsverwaltung als veraltet angesehen.121 In zunehmendem Maße rückt die demokratische Wurzel in den Vordergrund. Aus dieser folgt, dass der parlamentarische Gesetzgeber dazu verpflichtet ist, seine Verantwortung wahrzunehmen, indem er wesentliche Entscheidungen nicht an die Verwaltung delegiert, sondern selbst trifft.122 Was im Einzelnen unter „wesentlich“ verstanden wird, ist nicht abschließend geklärt.123 Weitgehend ist man sich aber darüber einig, dass sich die Wesentlichkeit
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So Mand, Erwerbswirtschaftliche Betätigung öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten außerhalb des Programms, S. 224, unter Hinweis auf Schmidt-Aßmann, in: Stödter/Thieme (Hrsg.), FS Ipsen, S. 333 (348). 116 Zu den Steuerungsfunktionen eines formellen Gesetzes Storr, Der Staat als Unternehmer, S. 411 ff. 117 Vgl. z. B. Krebs, NVwZ 1985, 609 (615); umstritten ist, ob sich der institutionell-organisatorische Gesetzesvorbehalt auch auf die Umsetzungstätigkeiten beziehen. Nach h.M. ist zwischen der übertragenen Aufgabe und der Umsetzungstätigkeit zu unterscheiden; vgl. statt vieler Schliesky, Öffentliches Wettbewerbsrecht, S. 256 f. 118 So auch Ehlers, Gutachten E zum 64. DJT, S. 46. 119 So auch Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 1 Rdnr. 20. 120 Burgi, Sponsoring der öffentlichen Hand, S. 119. 121 Statt vieler Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 6 Rdnr. 10. 122 BVerfGE 40, 237 (248); 41, 251 (260 f.); Storr, Der Staat als Unternehmer, S. 415. 123 Trotz der begrifflichen Schwammigkeit hat sich die Wesentlichkeitstheorie durchgesetzt; vgl. Badura, Staatsrecht, S. 276; kritisch Papier, in: Götz/Klein/Starck (Hrsg.), Die öffentliche Verwaltung zwischen Gesetzgebung und richterlicher Kontrolle, S. 304 (308).
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entscheidend (aber nicht ausschließlich) aus der Grundrechtsrelevanz ergibt.124 Mit anderen Worten soll „wesentlich“ jedenfalls „wesentlich für die Verwirklichung der Grundrechte“125 heißen. Darüber hinaus sollen auch diejenigen Fragen „wesentlich“ sein, die von solch großer Wichtigkeit für die Gesellschaft bzw. den einzelnen Bürger sind, dass sie im Interesse des demokratischen Prinzips einer allgemeinen gesetzlichen Regelung bedürfen.126 Hinsichtlich des Grads der inhaltlichen Bestimmtheit der gesetzlichen Regelungen kann man festhalten, dass die Anforderungen an den parlamentarischen Gesetzgeber umso höher sind, je intensiver sich die Angelegenheiten für einen Bürger auswirken, was wiederum grundsätzlich von der Grundrechtsrelevanz indiziert wird.127 Bezogen auf die Wirtschaftsbetätigung der Hochschulen würde es eines formellen Gesetzes insbesondere dann bedürfen, wenn deren wirtschaftliche Betätigung grundrechtsrelevant wäre. Das wäre unproblematisch zu bejahen, wenn Hochschulen durch die wirtschaftliche Betätigung in Grundrechte Privater (z. B. Berufs- oder Eigentumsfreiheit) eingreifen würden. Zwar ist mittlerweile auch die Möglichkeit der mittelbar-faktischen Grundrechtseingriffe (die hier offensichtlich nur in Betracht käme) anerkannt, allerdings kann, wie sogleich im Abschnitt B ausführlich dargelegt wird, die bloße Wirtschaftstätigkeit der Hochschulen nicht als ein solcher Eingriff gewertet werden. Allein eine Wirtschaftsbetätigung löst nicht bereits aus Gesichtspunkten eines möglichen Grundrechtseingriffs den allgemeinen Vorbehalt des Gesetzes aus.128 Im Ergebnis bedarf somit eine wirtschaftliche Betätigung der Hochschulen keiner formell-gesetzlichen Grundlage. Unabhängig von der verfassungsrechtlichen Notwendigkeit einer formell-gesetzlichen Normierung ist die Frage der Zweckmäßigkeit einer solchen Regelung zu beantworten, die hier nur kurz angedeutet werden soll (ausführlich vgl. Kap. 5). Eine gesetzliche Normierung erscheint angesichts der multipolaren Interessenlage einer Hochschule (Land vs. Hochschule vs. Hochschulwissenschaftler) zweckmäßig zu sein, um eine reibungslose Ausübung der Wissenschaftsfreiheit der Hochschulwissenschaftler einerseits und der wirtschaftlichen Ziele der Institution „Hochschule“ 124
Vgl. z. B. Eberle, DÖV 1984, 485 (486); Storr, Der Staat als Unternehmer, S. 415; Burgi, Sponsoring der öffentlichen Hand, S. 120. 125 Storr, Der Staat als Unternehmer, S. 415. 126 Burgi, Sponsoring der öffentlichen Hand, S. 119. 127 Vgl. BVerfGE 49, 89 (127); 98, 218 (252); Storr, Der Staat als Unternehmer, S. 418. 128 Eine andere Bewertung ergibt sich auch nicht aus dem weiteren Aspekt der „Wesentlichkeit“, namentlich der Notwendigkeit einer formell-gesetzlichen Normierung auf Grund der großen Bedeutung für die Gesellschaft. Das wird insbesondere bei einem Vergleich mit den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten deutlich. Die Diskussion hat dort ihren Schwerpunkt auf der erwerbswirtschaftlichen Betätigung (z. B. Rundfunkwerbung) und ist somit nicht mit der wirtschaftlichen Betätigung der Hochschulen vergleichbar. Darüber hinaus stellt die Rundfunkwerbung eine erhebliche Einnahmequelle dar, so dass sie nicht mehr als bloße Randnutzung qualifiziert werden kann; vgl. ausführlich Mand, Erwerbswirtschaftliche Betätigung öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten außerhalb des Programms, S. 215 ff.; zur Randnutzung vgl. 5. Kap. C. III.
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3. Kap.: Der verfassungs- und europarechtliche Rahmen
andererseits zu einem Ausgleich zu bringen. Auch ist die Rechtssicherheit, die mit einer Normierung einhergehen sollte, nicht zu vernachlässigen. Eine „normative Grundsatzentscheidung“129, in der zumindest die grundsätzliche Zulässigkeit (das „Ob“) der hochschulischen Wirtschaftsbetätigung hervorgehoben würde, könnte nicht nur den Kontroll- und Steuerungsverlust des Parlaments teilweise abfedern, sondern gleichzeitig den Ausführenden der hochschulischen Wirtschaftstätigkeiten ein positives Signal senden.130 Gleichzeitig könnten in einer gesetzlichen Normierung Einzelfragen, wie z. B. die Frage der Vorkehrungen gegen eine unangemessene Verwendung der erwirtschafteten Mittel, abschließend geregelt werden.
VI. Ergebnis Es lässt sich festhalten, dass aus dem Grundgesetz weder ein explizites Verbot noch eine ausdrückliche Erlaubnis für die staatliche Wirtschaftsbetätigung i.w.S. und somit auch für die wirtschaftliche Betätigung von Hochschulen folgt. Die erwerbswirtschaftliche Betätigung ist hingegen (vorbehaltlich etwaiger Ausnahmeregelungen)131 verfassungsrechtlich unzulässig. Etwas detaillierter lässt sich Folgendes festhalten: Die wirtschaftliche Betätigung ist nicht positivrechtlich in der Verfassung normiert (weder Art. 109, 110, 134 noch Art. 135a GG können herangezogen werden). Auch aus Art. 87e Abs. 3 S. 1 und Art. 87 f Abs. 2 S. 1 GG können keine allgemeinen Schlussfolgerungen gezogen werden. Eine Wirtschaftsordnung, der wirtschaftliche Tätigkeiten des Staates fremd sind, ein Subsidiaritätsprinzip, aus dem ein grundsätzlicher Vorrang privater Wettbewerber folgt, und ein Steuerstaatsprinzip, das die Einnahmequellen des Staates ausschließlich auf Steuern und Abgaben reduziert, sind in der Verfassung nicht verankert und lassen sich auch nicht durch systematische oder historische Erwägungen kreieren bzw. begründen. Konsequenter Weise kommen sie weder zur Begründung eines Verbotes oder einer Erlaubnis wirtschaftlicher Tätigkeiten in Betracht. Generell muss sich die wirtschaftliche Betätigung in die bundesstaatliche Kompetenzordnung (Art. 30, 83 ff. GG) einfügen (Rechtsfragen wirft dieses Erfordernis indes nur für öffentliche Unternehmen des Bundes auf, die hier aber zu vernachlässigen sind). Die universitäre Wirtschaftsbetätigung ist wie andere Formen staatlichen Handelns dem Gemeinwohl verpflichtet. Bei der wirtschaftlichen Betätigung der Hochschulen ist in der Regel von dem Vorliegen eines öffentlichen Zwecks auszugehen, da ihr Wirkungskreis auf die Hochschulaufgaben, denen eine öffentliche Zwecksetzung vorausgeht, reduziert ist.132 Zudem löst eine wirtschaft129
Burgi, Sponsoring der öffentlichen Hand, S. 122. Gedanke übernommen von Burgi, Sponsoring der öffentlichen Hand, S. 122. 131 Vgl. dazu 5. Kap. C. 132 Dieses Ergebnis folgt aus dem institutionell-organisatorischen Gesetzesvorbehalt; vgl. in diesem Kapitel unter A. IV. 4. 130
B. Mögliche Grundrechtsverletzungen von Konkurrenten
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liche Betätigung der Hochschulen nicht den Vorbehalt des Gesetzes aus, so dass diese keiner gesetzlichen Grundlage bedarf.133 Insgesamt trifft die Verfassung keine Grundsatzentscheidung zu Gunsten oder gegen eine allgemeine staatliche Wirtschaftsbetätigung i.w.S. Sie spricht sich nur gegen einen Ausschnitt der wirtschaftlichen Betätigung, namentlich den ausschließlich auf Gewinn gerichteten Teil der wirtschaftlichen Tätigkeiten (erwerbswirtschaftliche Betätigung), aus. Somit bleibt es prinzipiell dem einfachen Gesetzgeber überlassen, wie er das Verhältnis von privater und öffentlicher Wirtschaftstätigkeit politisch einschätzt und dementsprechend regelt.
B. Erkenntnisse für die Zulässigkeit der wirtschaftlichen Betätigung von Hochschulen aus dem Aspekt möglicher Grundrechtsverletzungen von Konkurrenten Soeben wurde unterstellt, dass die Wirtschaftsbetätigung der Hochschulen nicht in die Grundrechte privater Wettbewerber eingreifen würde und infolgedessen der Vorbehalt des Gesetzes nicht ausgelöst würde (A. IV. 4.). Diese Behauptung soll im Folgenden substantiiert werden. Die grundrechtliche Bewertung der „konkurrenzwirtschaftlichen Betätigung“134 durch Universitäten wirft verschiedene rechtliche Probleme auf, die in der Jurisprudenz seit langer Zeit für verschiedene öffentlichrechtliche Rechtsträger (Staat i. e.S., Kommunen, Rundfunkanstalten) kontrovers diskutiert werden.135 Soweit ersichtlich136 erfolgte bisher (anders als im Rundfunkbereich)137 kein Transfer der verschiedenen propagierten Lösungswege auf den
133
Die Regelungen in den Landeshochschulgesetzen werden im 5. Kap. B. genauer geprüft. Unter diesem Schlagwort wird die Diskussion überwiegend geführt; vgl. z. B. Huber, Konkurrenzschutz im Verwaltungsrecht, S. 535 ff. 135 Hier wäre es nicht weiterführend, den Diskurs in seiner vollen Länge und Breite darzustellen, da eine solche Zusammenschau bereits von vielen erfolgreich geleistet wurde; vgl. Klein, Die Teilnahme des Staates am wirtschaftlichen Wettbewerb, S. 53 ff.; Emmerich, Das Wirtschaftsrecht der öffentlichen Unternehmen, S. 55; Scholz, AöR 97 (1973), 301 ff.; Püttner, Die öffentlichen Unternehmen, S. 92 f; S. 112 ff.; Badura, in: Münch (Hrsg.), FS Schlochauer, S. 1 (3 ff.); Möstl, Grundrechtsbindung öffentlicher Wirtschaftstätigkeit, S. 68 ff.; Hellermann, Örtliche Daseinsvorsorge und gemeindliche Selbstverwaltung, S. 80 ff.; Hösch, Die kommunale Wirtschaftstätigkeit, S. 49 ff.; S. 164 ff.; Kaltenborn, WuW 2000, 488 ff.; Pagenkopf, GewArch 2000, 177 ff.; Löwer, VVDStRL 60 (2001), 416 (456); Knemeyer, WiVerw 2001, 1 ff.; Mann, JZ 2002, 819 ff.; Pieroth/Hartmann, DVBl. 2002, 421 ff.; Huber, in: Brenner/ders./ Möstl (Hrsg.), FS Badura, S. 89 ff.; Ehlers, Gutachten E zum 64. DJT, S. 30 ff. 136 Erste Andeutungen zu einer eventuellen Modifizierung hinsichtlich der Grundrechtsbindung bei Hochschulen finden sich bei Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland Staatsrecht, Bd. III/1, § 76 I 6 a. 137 Vgl. statt vieler Mand, Erwerbswirtschaftliche Betätigung öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten außerhalb des Programms, S. 157 ff. m.w.N. 134
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3. Kap.: Der verfassungs- und europarechtliche Rahmen
Bereich der wirtschaftlichen Betätigung von Hochschulen. Diese Lücke gilt es im Folgenden zu schließen. Die Untersuchung ist entlang zweier im Stufenverhältnis zueinander stehenden Voraussetzungen gegliedert. Als Grundvoraussetzung müssten die Universitäten bei ihrer wirtschaftlichen Betätigung an die Grundrechte gebunden sein (I.). Andernfalls käme eine Berufung der privaten Wettbewerber oder der Hochschulen auf die möglicherweise betroffenen Grundrechte (namentlich Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1, Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG) von vornherein nicht in Betracht. Als zweites müsste die hochschulische Wirtschaftsbetätigung einen verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigenden Eingriff in die angesprochenen Grundrechte der privaten Konkurrenten oder der Hochschulen darstellen (II.; III.; IV.). Nur falls beide Voraussetzungen positiv vorlägen, käme es zu einer Beschränkung der wirtschaftlichen Betätigung von Hochschulen.
I. Die Grundrechtsbindung der Universitäten im Falle der Wirtschaftsbetätigung Teilweise wird der so genannten fiskalischen Tätigkeit der Verwaltung die Grundrechtsbindung in Abrede gestellt, was vor allem auf unterschiedliche Vorstellung des Verhältnisses von öffentlicher zu privater Wirtschaftsbetätigung zurückgeht.138 Zwar herrscht Uneinigkeit, was im Einzelnen unter einer fiskalischen Tätigkeit zu verstehen ist.139 Wie sogleich ausgeführt wird, kommt es letztlich auf eine Begriffsbestimmung von „fiskalischer Tätigkeit“ nicht an. Wenn man jedoch der Ansicht folgen würde, wäre demnach eine Hochschule bei der Ausübung von fiskalischen Tätigkeiten (regelmäßig wird es sich um wirtschaftliche Tätigkeiten der Kategorie 3 handeln, wie z. B. das Betreiben von Werbung oder die Vermietung von Hochschulausstattung und -räumen) nicht an die Grundrechte gebunden. Grundrechtsverletzungen könnten mithin, wenn überhaupt, nur noch bei Wirtschaftstätigkeiten der Kategorien 1 (unmittelbarer Bezug zu Forschung und Lehre) und 2 (mittelbarer Bezug zu Forschung und Lehre) erfolgen. Allerdings stößt bereits der Ansatz zwischen grundrechtsgebundenem und grundrechtsungebundenem Handeln bei Trägern staatlicher Gewalt zu unterscheiden auf erhebliche Bedenken. Denn der übereinstimmende Anknüpfungspunkt der verschiedenen Auffassungen (die da 138
Ebenso Schliesky, Öffentliches Wettbewerbsrecht, S. 58. Teilweise wird „fiskalische Verwaltungstätigkeit“ mit „privatrechtlich handelnder Verwaltung“ oder „privatrechtlich organisierter Verwaltung“ gleichgesetzt; so z. B. Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 3 Rdnr. 11; Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 212 ff.; überholt gilt mittlerweile die Auffassung, die „fiskalisches Handeln“ mit „nicht hoheitlich tätig werdender Verwaltung“ übersetzt; so z. B. Wilke/Schachel, WiVerw 1978, 95 ff.; die Lehre vom Verwaltungsprivatrecht fasst hingegen Bedarfsdeckungsgeschäfte, Hilfsgeschäfte und erwerbswirtschaftliche Tätigkeiten als fiskalische Verwaltungstätigkeit zusammen, vgl. Wolff/Bachof/Stober/Kluth, Verwaltungsrecht, Bd. I, § 23 Rdnr. 29; v. Danwitz, AöR 120 (1995), 595 (617). 139
B. Mögliche Grundrechtsverletzungen von Konkurrenten
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lauten: keine Grundrechtsbindung140, mittelbare Grundrechtsbindung über die grundrechtliche Drittwirkung141 und Lehre vom Verwaltungsprivatrecht142) beruht 140 Eine Meinung lehnt die Bindung an öffentlich-rechtliche Regelungen im Bereich der Wirtschaftsteilnahme der öffentlichen Hand generell ab. Bei der Teilnahme am Wirtschaftsverkehr sei kein Unterschied zwischen Staat und den Privatrechtssubjekten festzustellen. Bei einer wirtschaftlichen Betätigung müsse der Staat wettbewerbsfähig sei. Aus diesem Grunde dürfe er nicht zusätzlich durch eine Grundrechtsbindung, insbesondere durch die Bindung an den Gleichheitssatz, belastet werden; vgl. Forsthoff, Der Staat als Auftraggeber, S. 14: „Der Fiskus ist nicht an die Grundrechte gebunden, sondern durch die Grundrechte geschützt“; Emmerich, Das Wirtschaftsrecht öffentlicher Unternehmen, S. 132 f.; Bettermann, in: Mitglieder der juristischen Fakultät Berlin (Hrsg.), FS Hirsch, S. 1 (19 f.). 141 Eine weitere Meinung behandelt die staatliche und private Wirtschaftsteilnahme unterschiedslos. Doch soll dies keine Befreiung von jedweder Grundrechtsbindung bedeuten. Stattdessen wird die mittelbare Grundrechtsbindung propagiert. Grundrechte werden dieser Ansicht zufolge somit für die öffentliche Hand lediglich mittelbar relevant; und zwar in Form der mittelbaren Wirkung der Grundrechte über privatrechtliche Generalklauseln wie beispielsweise solche des Wettbewerbsrechts (§ 3 UWG). Universitäten wären nach dieser Auffassung folglich nicht unmittelbar an die Grundrechte gebunden und zwar nicht nur im Falle der erwerbswirtschaftlichen Betätigung (z. B. Werbung), sondern ebenso bei der nicht ausschließlich gewinnorientierten Teilnahme am Wirtschaftsleben; vgl. Dürig, in: Maunz/ders. (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 3 Abs. 1 Rdnr. 496 ff. (Fassung von 1978); Püttner, Die öffentlichen Unternehmen, S. 93; Pietzcker, Der Staatsauftrag als Instrument des Verwaltungshandelns, S. 379 ff.; gegen diese Ansicht spricht indes (zutreffenderweise) laut BVerfGE 128, 226 (244 f.), dass die mittelbare Grundrechtswirkung dem Ausgleich bürgerlicher Freiheitssphären untereinander diene und damit von vornherein relativ sei, wohingegen der Staat einer grundsätzlichen Rechenschaftspflicht gegenüber dem Bürger unterliege. Eine bloße mittelbare Grundrechtsbindung werde dieser Anforderung nicht gerecht. 142 Die so genannte Lehre vom Verwaltungsprivatrecht (vgl. statt vieler Siebert, in: FS Niedermeyer, S. 215 (219); Wolff/Bachof/Stober/Kluth, Verwaltungsrecht, Bd. I, § 23 Rdnr. 29) differenziert nach der Art des Handelns und knüpft zur Bestimmung derselben an den Unmittelbarkeitsgrad der Verfolgung öffentlicher Zwecke an. Wenn die öffentliche Hand durch die Teilnahme am Wirtschaftsleben unmittelbar einen öffentlichen Zweck verfolge (d. h. privatrechtliche Handlungs- und Organisationsformen zum Zwecke der unmittelbaren Erfüllung von ursprünglich öffentlichen Aufgaben vor allem im Bereich der Leistungs- und Lenkungsverwaltung in Anspruch nimmt), so unterliege sie auch im Falle des privatrechtlichen Agierens öffentlich-rechtlichen Bindungen. Bei einer bloßen mittelbaren Verknüpfung der Wirtschaftstätigkeiten zum öffentlichen Zweck bestehe hingegen keine Grundrechtsbindung. Zur mittelbaren öffentlichen Zweckverfolgung zählt diese Ansicht insbesondere die fiskalischerwerbswirtschaftliche Betätigung, d. h. Bedarfsdeckungs-, Hilfsgeschäfte und die erwerbswirtschaftliche Betätigung. Ergo wäre nach dieser Meinung die erwerbswirtschaftliche Betätigung der Universitäten nicht an die Grundrechte gebunden (Kategorie 3). Die wirtschaftlichen Betätigungen, die einen unmittelbaren oder mittelbaren Bezug zu Forschung und Lehre haben (Kategorien 1 und 2), unterlägen hingegen einer Grundrechtsbindung. Zwar weisen die wirtschaftlichen Tätigkeiten der Kategorie 2 lediglich einen mittelbaren Bezug zu Forschung und Lehre auf, aber sie erfüllen andere öffentliche Zwecke als Forschung und Lehre unmittelbar, wie z. B. den des Wissens- und Technologietransfers. Aus diesem Grunde wäre das Unmittelbarkeitserfordernis zu bejahen und nach der Lehre vom Verwaltungsprivatrecht von einer Grundrechtsbindung auszugehen. Im Ergebnis könnten nur die Kategorien 1 und 2 potentiell in die Grundrechte Privater eingreifen. Dies käme für die erwerbswirtschaftlichen Tätigkeiten der Universitäten (Kategorie 3) auf Grund der partiell mangelnden Grundrechtsbindung von vornherein nicht in Betracht.
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auf einer dogmatischen Konstruktion, die sich im Widerspruch zur normativen Grundlage für die Bestimmung des Geltungsbereichs der Grundrechte befindet; namentlich zu Art. 1 Abs. 3 GG. Ein unumstößlicher Grundsatz im Bereich der juristischen Dogmatik besagt, dass dogmatische Konstruktionen nicht dazu verwendet werden dürfen, normative Regelungen zu umgehen oder auszuhöhlen.143 Mit anderen Worten dürfen etwaige Theorien zum fiskalischen Verwaltungshandeln den normativen Rahmen, wie ihn Art. 1 Abs. 3 GG absteckt, nicht überschreiten. Inhalt und Reichweite des Art. 1 Abs. 3 GG gilt es im Folgenden darzulegen und auf ihre Vereinbarkeit mit einer partiellen Befreiung der fiskalischen Verwaltungstätigkeit von der Grundrechtsbindung zu untersuchen. 1. Inhalt und Reichweite des Art. 1 Abs. 3 GG Nach Art. 1 Abs. 3 GG sind Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung an die Grundrechte als unmittelbar geltendes Recht gebunden. Von vornherein kommt für die wirtschaftliche Betätigung von Hochschulen nur die Zuordnung zur „vollziehenden144 Gewalt“ in Betracht. Allerdings lässt sich dem Begriff der „vollziehenden Gewalt“ nicht entnehmen, worauf er sich im Einzelnen bezieht. Somit bleibt fraglich, ob die wirtschaftliche Betätigung der Hochschulen unter diesen Begriff subsumiert werden kann. Weitgehend Einigkeit herrscht mittlerweile darüber, dass „vollziehende Gewalt“ nicht nur Handlungen erfasst, die mit Befehl oder Zwang durchgesetzt werden können, sondern auch die leistende oder wirtschaftlich tätig werdende Verwaltung, die eine „ebenbürtige Aktualisierung von Staatsgewalt“145 darstellt.146 Kluth macht zutreffend darauf aufmerksam, dass „der Begriff der (Staats-)Gewalt in seiner spezifisch juristischen Tradition im Rahmen des neuzeitlichen Staates immer schon in erster Linie auf die latente, im Gewaltmonopol wurzelnde Macht bezogen war, die eine Befolgung von Regeln im Normalfall gerade ohne den Einsatz von Befehl und Zwang ermöglichte bzw. ermöglichen sollte“147. Aus dieser Erkenntnis lässt sich jedoch lediglich schlussfolgern, dass die wirtschaftliche Betätigung nicht bereits mangels Imperativität terminologisch exkludiert ist. Nicht hingegen lässt sich der positive Umkehrschluss bilden, dass die wirtschaftliche Betätigung von dem Begriff der „vollziehenden Gewalt“ umfasst wird. Keine eindeutigen Ergebnisse lassen sich ebenfalls der historischen Auslegung 143
So zutreffend Kluth, Grenzen kommunaler Wettbewerbsteilnahme, S. 57. Der Begriff der „vollziehenden Gewalt“ bedeutet nicht allein den „Vollzug“ von Gesetzen. Vielmehr werden alle Tätigkeiten unabhängig von ihrer Handlungsform, des verwendeten Mittels und der Rechtsform umfasst; darauf verweist Starck, in: v. Mangoldt/Klein/ders. (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 1 Abs. 3 Rdnr. 227. 145 Kluth, Grenzen kommunaler Wettbewerbsteilnahme, S. 59. 146 Ebenso Schliesky, Öffentliches Wettbewerbsrecht, S. 58 f.; Starck, in: v. Mangoldt/ Klein/ders. (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 1 Abs. 3 Rdnr. 227. 147 Kluth, Grenzen kommunaler Wettbewerbsteilnahme, S. 59. 144
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entnehmen. Zwar lautete bis 1956 die Terminologie in Art. 1 Abs. 3 GG „Verwaltung“ anstelle von „vollziehender Gewalt“.148 Daraus kann man aber einerseits folgern, dass durch die Änderung lediglich klargestellt werden sollte, dass auch die staatsleitende Tätigkeit der Regierung sowie der gesamte Bereich der Streitkräfte von der Grundrechtsbindung erfasst werden.149 Möglich erscheint es andererseits jedoch auch die Änderung als Beleg dafür heranzuziehen, dass der Begriff der Verwaltung von vornherein beschränkt gewesen ist.150 Eindeutige Erkenntnisse zur Reichweite der Grundrechtsbindung resultieren erst aus einem systematischen Gesichtspunkt. Denn der Begriff der „vollziehenden Gewalt“ findet ebenfalls in Art. 20 Abs. 2 GG Verwendung. Nach diesem geht alle Staatsgewalt vom Volke aus (Art. 20 Abs. 1 S. 1 GG). „Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt (Art. 20 Abs. 1 S. 2 GG).“ Somit wird in Art. 20 Abs. 1 S. 1 und S. 2 GG ersichtlich, dass alle staatliche Gewalt in der Gesamtheit ihrer Funktionen und Organe von der Staatsfunktionentrias umfasst werden soll.151 Denn das Subjekt des zweiten Satzes („sie“) ersetzt das Subjekt des ersten Satzes („alle Staatsgewalt“) und wird erschöpfend durch diese Trias (Gesetzgebung, vollziehende Gewalt, Rechtsprechung) beschrieben. Für den Begriff der „vollziehenden Gewalt“ folgt daraus, dass er weit auszulegen ist, so dass die drei Gewalten tatsächlich die Terminologie „alle Staatsgewalt“ lückenlos ausfüllen können.152 Es ist kein Grund ersichtlich, weswegen dem Begriff der vollziehenden Gewalt im Kontext des Art. 1 Abs. 3 S. 1 GG eine abweichende Bedeutung zukommen sollte.153 Nach zutreffender Auffassung hindert die Ausübung von wirtschaftlichen Tätigkeiten demnach nicht die Subsumtion unter den Begriff der „vollziehenden Gewalt“. Auch Wirtschaftstätigkeiten, die zur Kategorie 3 gehören, sind somit an die Grundrechte gebunden. 148
Gesetz zur Ergänzung des Grundgesetzes vom 19.3. 1956 (BGBl. I S. 111). So Herdegen, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 1 Abs. 3 Rdnr. 94; vgl. auch BT-Drucks. II/2150, S. 2. 150 So z. B. Ronellenfitsch, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. III, § 84 Rdnr. 46. 151 So z. B. BVerfGE 128, 226 (244); Starck, in: v. Mangoldt/Klein/ders. (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 1 Abs. 3 Rdnr. 221; Dreier, in: ders. (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Art. 1 Abs. 3 Rdnr. 53. 152 So die wohl mittlerweile h.M., jüngst bestätigt durch BVerfGE 128, 226 (244) „Fraport“: „Die Grundrechte binden gem. Art 1 Abs. 3 GG die staatliche Gewalt umfassend, wobei der Begriff der staatlichen Gewalt weit zu verstehen ist. Grundrechtsgebunden in diesem Sinne ist demnach jedes Handeln staatlicher Organe oder Organisationen. Diese Bindung steht zudem nicht unter einem Nützlichkeits- oder Funktionsvorbehalt: sobald der Staat eine Aufgabe an sich zieht, ist er bei deren Wahrnehmung auch an die Grundrechte gebunden“; zu den Stimmen in der Lit. vgl. statt vieler Rüfner, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. V, § 117 Rdnr. 1. 153 So auch Kluth, Grenzen kommunaler Wettbewerbsteilnahme, S. 59; Schliesky, Öffentliches Wettbewerbsrecht, S. 60, verweist zur Bekräftigung dieses Arguments auf Zippelius, Methodenlehre, § 10 III a, nach welchem im Zweifel davon auszugehen sei, dass der Verfassungsgesetzgeber einen einheitlichen Sprachgebrauch wählen wollte. 149
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Völlig zutreffend fast Schliesky zusammen: „Nicht die Art und Weise der jeweiligen Maßnahme, nicht die bei der Aufgabenerfüllung gewählte Organisationsform ist entscheidend für die Grundrechtsgeltung, sondern allein die Tatsache, dass es der Staat ist, der handelt.“154 Letztlich eröffnet Art. 1 Abs. 3 GG somit keinen Raum für dogmatische Konstruktionen, die zu einer Grundrechtsungebundenheit von spezifischen Verwaltungstätigkeiten kommen. Anderslautende Auslegungen überschreiten den zulässigen Interpretationsspielraum, den Art. 1 Abs. 3 GG eröffnet. 2. Keine Modifizierung der Grundrechtsbindung durch die Grundrechtsträgerschaft der Hochschulen An diesem Ergebnis vermag auch die ausnahmsweise Grundrechtsträgerschaft der Hochschulen nichts zu ändern. Die Möglichkeit einer partiellen Befreiung der Grundrechtsbindung (bezogen auf den Bereich des grundrechtlich geschützten Verhaltens des ausnahmsweise grundrechtsberechtigten Trägers öffentlicher Gewalt), die bei der von der Grundrechtslage her vergleichbaren wirtschaftlichen Betätigung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten diskutiert wird, ist bereits auf Grund des absoluten Geltungsanspruchs des Art. 1 Abs. 3 GG zu verneinen.155 Darüber hinaus würde eine anderweitige Interpretation den ursprünglichen Grund der Verleihung der Grundrechtsträgerschaft an Universitäten außer Acht lassen.156 Dies wird insbesondere dann deutlich, wenn man sich vergegenwärtigt, dass ebenfalls den Individualgrundrechtsträgern des Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG, d. h. insbesondere den Hochschulwissenschaftlern, im Falle der universitären Grundrechtsausübung eine Berufung auf die Forschungs- oder Lehrfreiheit verwehrt wäre. Eine solche Sichtweise stünde im Widerspruch zur dogmatischen Konstruktion der Bestimmung der Reichweite des Grundrechtsschutzes (vgl. ausführlich 4. Kap. B. II.). Denn zum Schutz der Individualgrundrechtsträger wurde den Hochschulen überhaupt erst die Grundrechtsfähigkeit verliehen. Für eine, wenn auch nur partiell, nicht vorhandene Grundrechtsbindung gibt es demnach keinen legitimen Anhaltspunkt.157 Die Möglichkeit der Hochschulen, sich auf die Wissenschaftsfreiheit zu berufen, kann demnach nur im Verhältnis zu Konkurrenten zur Berücksichtigung im Abwägungsprozess bei einer etwaigen Grundrechtsprüfung (im Einzelfall), nicht aber zu einer ausschnittsweisen Grundrechtsungebundenheit führen.158 Im Ergebnis sind 154
Schliesky, Öffentliches Wettbewerbsrecht, S. 60. Vgl. z. B. Bethge, AöR 104 (1979), 265 (284); Mand, Erwerbswirtschaftliche Betätigung öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten außerhalb des Programms, S. 172; allgemein zur Möglichkeit einer partiellen Befreiung von der Grundrechtsbindung Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. III/1, § 74 I 1. 156 In Bezug auf Religionsgesellschaften Magen, Körperschaftsstatus und Religionsfreiheit, S. 27 f. 157 Zustimmend Jarass, in: ders./Pieroth (Hrsg.), GG-Kommentar, Art. 19 Abs. 3 Rdnr. 61. 158 Im Ergebnis ebenso Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. III/1, § 74 I 6 b. 155
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demnach die Hochschulen bei jedweder wirtschaftlichen Betätigung als Teil der „vollziehenden Gewalt“ unmittelbar an die Grundrechte gebunden.159 3. Grundrechtsbindung von gemischtwirtschaftlichen Unternehmen Lediglich kurz angemerkt sei an dieser Stelle, dass auch gemischtwirtschaftliche Unternehmen, an denen sowohl private als auch öffentlich-rechtliche Anteilseigner beteiligt sind, umfassend an die Grundrechte gebunden sind, vorausgesetzt die Unternehmen werden von der öffentlichen Hand beherrscht. Mit anderen Worten trifft die Grundrechtsbindung in diesem Fall das gesamte Unternehmen und nicht nur die hinter dem gemischtwirtschaftlichen Unternehmen stehenden öffentlich-rechtlichen Eigentümer und ihre gesellschaftsrechtlichen Einwirkungsbefugnisse.160 Diese Ansicht wird dadurch gestützt, dass ansonsten kein effektiver Grundrechtsschutz sichergestellt werden könnte, da die Geltendmachung von Grundrechten über den Umweg der Einwirkungsrechte vom Verfahren und Zeitaufwand her zu schwerfällig wäre.161 Demnach sind beispielsweise auch „An-Institute“ an die Grundrechte gebunden, falls die Hochschulen über einen beherrschenden Einfluss verfügen (vgl. zur spiegelbildlichen Grundrechtsfähigkeit 4. Kap. B. II. 2. b). 4. Ergebnis Eine Abgrenzung von grundrechtsgebundenem und grundrechtsungebundenem Handeln ist folglich unzulässig. Art. 1 Abs. 3 GG bezieht sich auf jede staatliche Betätigung.162 Er differenziert nicht zwischen privatrechtlicher oder öffentlichrechtlicher Organisationsform oder zwischen hoheitlichem, schlicht-hoheitlichem oder fiskalisch-erwerbswirtschaftlichem Handeln.163 Auch Tätigkeiten, die ausnahmsweise als Grundrechtsausübungen seitens verselbstständigter öffentlichrechtlicher Rechtsträger (Hochschulen, Rundfunkanstalten) zu klassifizieren sind, werden nicht von der unmittelbaren Grundrechtsbindung befreit. Vielmehr ist die 159 Zustimmend, allerdings weitgehend ohne Begründung Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, III/1, § 74 I 6 a; Enders, in: Friauf/Höfling (Hrsg.), Berliner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 1 Rdnr. 162; Starck, in: v. Mangoldt/Klein/ders. (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 1 Abs. 3 Rdnr. 222, 227; Dreier, in: ders. (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Art. 1 Abs. 3 Rdnr. 60; zu einem gegenteiligen Ergebnis im Rundfunk kommt Mand, Erwerbswirtschaftliche Betätigung öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten außerhalb des Programms, S. 172; zumindest relativierend im Bereich des Rundfunks Bethge, AöR 104 (1979), 265 (284). 160 BVerfGE 128, 226 (247 f.) – Fraport. 161 So explizit BVerfGE 128, 226 (246) – Fraport. 162 Vgl. bereits Zeidler, VVDStRL 19 (1961), 208 (222). 163 Ebenso Starck, in: v. Mangoldt/Klein/ders. (Hrsg.), GG-Kommentar, Art. 1 Abs. 3 Rdnr. 221 f.; Dreier, in: ders. (Hrsg.), GG-Kommentar, Art. 1 Abs. 3 Rdnr. 65 f.
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hochschulische Grundrechtsposition (gegebenenfalls) einzelfallabhängig bei der Angemessenheit im Rahmen einer Verhältnismäßigkeitsprüfung zu berücksichtigen. Das Gleiche muss auch im Bereich der fiskalisch-erwerbswirtschaftlichen Betätigung gelten (deren Zulässigkeit noch im 5. Kap. C. geprüft wird).164 Durch eine solche Sichtweise wird die Wirtschaftsteilnahme der Hochschulen auch nicht von vornherein behindert oder sogar unmöglich gemacht. Allein durch die Annahme einer konstant bestehenden Grundrechtsbindung werden die hochschulischen wirtschaftlichen Tätigkeiten genauso wenig in den Konkurs getrieben, wie eine Grundrechtsungebundenheit eine automatisch marktmissbräuchliche Stellung nach sich zöge.165 Im Ergebnis sind Hochschulen, ihre Untergliederungen und ihre privatrechtlich ausgestalteten Tochterunternehmen stets an die Grundrechte gebunden, unabhängig davon, ob sie sich wirtschaftlich betätigen oder sonstigen Tätigkeiten nachgehen.166 Gleiches gilt für gemischt-wirtschaftliche Unternehmen, soweit die Hochschulen über eine beherrschende Stellung in diesen verfügen.
II. Verletzung der Berufsfreiheit konkurrierender Privater durch die wirtschaftliche Betätigung der Hochschulen Nachdem nunmehr geklärt ist, dass Hochschulen bei wirtschaftlichen Tätigkeiten jeder Art an die Grundrechte gebunden sind, gilt es der Frage nachzugehen, ob sich aus den Grundrechten privater Wettbewerber konkrete Grenzen für die hochschulische Wirtschaftsbetätigung ergeben. Zuerst soll die Möglichkeit eines Eingriffs in Art. 12 Abs. 1 GG durch eine wirtschaftliche Betätigung der Hochschulen untersucht werden. Im Falle der Bejahung eines solchen Eingriffs würde sich die Frage nach einer verfassungsrechtlichen Rechtfertigung anschließen, in deren Rahmen bei 164 Die Ablehnung einer Fiskalgeltung der Grundrechte wird auch durch folgenden Aspekt gestützt: Der Staat ist seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts anerkannter Weise eine einheitliche Rechtsperson. Staat und Fiskus sind identisch. Eine Differenzierung ist nicht mehr notwendig und zeitgemäß. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts war hoheitliches Handeln des Staates prinzipiell rechtsschutzlos hinzunehmen, da der Monarch als unfehlbar galt. Zur zumindest teilweisen Abhilfe wurde die Figur des „Fiskus“ als weiteres Rechtssubjekt des Staates geschaffen. Dieser konnte im Gegensatz zu dem Monarchen verklagt werden, so dass wenigstens ein finanzieller Ausgleich erfolgen konnte. Mit der Einführung eines gerichtlichen Primärrechtsschutzes gegen die Staatsgewalt in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde die ursprüngliche Funktion des Fiskus jedoch obsolet; zur Geschichte ausführlich Storr/ Schröder, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 34 ff.; zu den verschiedenen „Fiskusbegriffen“ Mayer, Verwaltungsrecht, Bd. 1, S. 119; weiterführend Burmeister, VVDStRL 52 (1993), 190 (217). 165 Angelehnt an Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, III/1, § 74 IV 4. 166 Ausführlich Möstl, Grundrechtsbindung öffentlicher Wirtschaftstätigkeit, S. 76 ff.; S. 89 ff.
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dem Prüfungspunkt der Angemessenheit gegebenenfalls die Grundrechtsposition der Universitäten zu berücksichtigen wäre. 1. Die Wettbewerbsfreiheit als Teil der Berufsfreiheit Durch die wirtschaftliche Betätigung der Universitäten könnten die privaten Konkurrenten in ihrer Wettbewerbsfreiheit verletzt werden. Auf Grund des engen Bezugs von Berufsfreiheit und der freien Persönlichkeitsentfaltung wird die Wettbewerbsfreiheit überwiegend nicht (mehr) unter Art. 2 Abs. 1 GG, sondern unter Art. 12 Abs. 1 GG subsumiert.167 Dem ist grundsätzlich zuzustimmen.168 Die Berufsfreiheit sichert dem Einzelnen die Freiheit, sich nach seinen Vorstellungen und Fähigkeiten in den Arbeitsmarkt einzubringen und seinen eigenen Status zu erarbeiten; vor allem auch im wirtschaftlichen Bereich.169 Diese Freiheit des Individuums bildet die Grundvoraussetzung für sein unternehmerisches Handeln bzw. sein spezifisches Verhalten im Wettbewerb.170 Durch die Kumulation dieser individuellen Freiheitsausübung kann wiederum erst Wettbewerb auf einem bestimmten Markt entstehen. Die freie persönliche Entfaltung im wirtschaftlichen Bereich und die Berufsfreiheit sind demnach eng miteinander verflochten. Diese enge Verbindung rechtfertigt es, die Wettbewerbsfreiheit in Art. 12 Abs. 1 GG zu verankern. Es gilt jedoch zu beachten, dass durch die Zuordnung zur Berufsfreiheit keine gleichzeitige Entscheidung über die Reichweite des Schutzsubstrats getroffen wird (aus welchem Grunde ihre Bedeutung auch nicht überbewertet werden sollte).171 Da die Wettbewerbsfreiheit gerade nicht explizit in den Grundrechtskatalog aufgenommen wurde, so dass stets der Anknüpfungspunkt „der Einzelne im Wettbewerb“ und nicht das „System Wettbewerb“ sein muss,172 darf die Subsumtion der Wettbewerbsfreiheit unter Art. 12 Abs. 1 GG nicht dahingehend fehlinterpretiert werden, dass eine bestimmte Art des Wettbewerbs vom Grundgesetz präferiert wird (wie z. B. ein aus167 Die Rspr. betont vor allem den engen Bezug der Berufsfreiheit zur freien Persönlichkeitsentfaltung; BVerfGE 30, 292 (334); 54, 301 (313); 75, 284 (292); BVerwGE 87, 37 (39); aus diesem engen Bezug folgert wiederum die Literatur die Notwendigkeit der Subsumtion der Wettbewerbsfreiheit unter Art. 12 GG; vgl. Kluth, Grenzen kommunaler Wettbewerbsteilnahme, S. 60 f.; Papier, DVBl. 1984, 801 (806); Schliesky, DVBl. 1999, 78 (82); Mand, Erwerbswirtschaftliche Betätigung öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten außerhalb des Programms, S. 191; Pieroth/Schlink, Grundrechte, S. 208; kritisch Hösch, Die kommunale Wirtschaftstätigkeit, S. 17 ff. 168 Ebenso Huber, Konkurrenzschutz im Verwaltungsrecht, S. 320. 169 So Schliesky, DVBl. 1999, 78 (82). 170 Ebenso Schliesky, DVBl. 1999, 78 (82); Pieroth/Schlink, Grundrechte, S. 208. 171 Weitgehender Schliesky, DVBl. 1999, 78 (82 f.), der einen bestimmten Marktanteil durch die Wettbewerbsfreiheit geschützt sieht; kritisch Storr, Der Staat als Unternehmer, S. 155 ff. 172 Ebenso Hösch, Die kommunale Wirtschaftstätigkeit, S. 18; Pieroth/Schlink, Grundrechte, S. 208; Mand, Erwerbswirtschaftliche Betätigung öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten außerhalb des Programms, S. 190 ff.
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schließlich seitens Privater durchgeführter Wettbewerb) und einen spezifischen Grundrechtsschutz erfährt.173 Die Ablehnung des Schutzes eines spezifischen Wettbewerbssystems ergibt sich zudem bereits aus den Erläuterungen zur wirtschaftspolitischen Neutralität des Grundgesetzes und zum (verfassungsrechtlich nicht verankerten) Subsidiaritätsprinzip zu Gunsten privater Wettbewerber.174 Maßgeblich kommt es darauf an, welche Auswirkungen eine Beeinträchtigung des Wettbewerbs für die freie persönliche Entfaltung des privaten Unternehmers haben könnte. Zusammenfassend begründet die Wettbewerbsfreiheit kein neues Recht, sondern stellt sprachlich exponiert den unternehmerischen Bezug der Berufsfreiheit heraus.175 2. Eingriff in die Wettbewerbsfreiheit a) Der „mittelbar-faktische Eingriff“ im Rahmen von Art. 12 Abs. 1 GG Die zentrale Frage lautet nun, welches Verhalten staatlicherseits als Eingriff in den Schutzbereich der Wettbewerbsfreiheit zu bewerten ist. Welche Kriterien ausschlaggebend dafür sind, staatliches Handeln als Grundrechtseingriff zu qualifizieren, wird im Einzelnen sehr kontrovers beurteilt. Einigkeit besteht dahingehend, dass zumindest dann von einem Eingriff auszugehen ist, wenn ein Rechtsakt vorliegt, der dem Individuum final und unter Verwendung von Befehl und Zwang eine ihn unmittelbar belastende Rechtsfolge auferlegt.176 Dieser Eingriffsbegriff wird gemeinhin als „klassischer Eingriff“ bezeichnet.177 Versucht man die wirtschaftliche Betätigung der Hochschulen unter die vier genannten Merkmale zu subsumieren, stellt man fest, dass keines der Merkmale erfüllt wird. Denn bei einer hochschulischen Wirtschaftstätigkeit handelt es sich um eine faktische Tätigkeit, die somit keinen rechtlichen Hoheitsakt darstellt. Zudem werden die Merkmale des Zwangs und der Unmittelbarkeit nicht erfüllt, da eine Wirtschaftsteilnahme der Hochschulen auf die Reaktion des Marktes angewiesen ist.178 Und zuletzt zielt die Wirtschafts173 Mand, Erwerbswirtschaftliche Betätigung öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten außerhalb des Programms, S. 191. 174 Vgl. in diesem Kapitel A. II.; III. 175 Zustimmend Hösch, Die kommunale Wirtschaftstätigkeit, S. 18, der sehr treffend diesen Gedanken noch weiter ausführt: „Die Grundrechte konstituieren den Wettbewerb als Koordinationsverfahren nicht umgekehrt. […] Marktzutrittsschranken sind […] als Berufszugangsoder Berufsausübungsregeln am Maßstab von Art. 12 Abs. 1 GG zu prüfen. Ob man das zu prüfende Recht Wettbewerbsfreiheit oder schlicht Berufsfreiheit nennt, begründet kein neues Recht, sondern kann höchstens der Verdeutlichung der konkret zu prüfenden Konstellation dienen.“ 176 So Cremer, Freiheitsgrundrechte, S. 147 ff. 177 Vgl. z. B. Eckhoff, Der Grundrechtseingriff, S. 175 ff.; v. Münch, in: ders./Kunig (Hrsg.), GG-Kommentar, Vorbem. Art. 1 bis 19 Rdnr. 51a; Sachs, Verfassungsrecht II, S. 103; Pieroth/Schlink, Grundrechte, S. 58. 178 Storr, Der Staat als Unternehmer, S. 168.
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betätigung nicht auf die Beeinträchtigung der anderen Wettbewerber ab. Vielmehr steht regelmäßig die Erfüllung von öffentlichen Aufgaben bzw. – auf die Hochschulen konkretisiert – von Hochschulaufgaben im Vordergrund. Jedoch handelt es sich bei dem „klassischen Eingriff“ um eine dogmatische Konstruktion, die qua Verfassung nicht die einzige sein muss.179 Auch die so genannte mittelbar-faktische Beeinträchtigung ist als möglicher Grundrechtseingriff anerkannt. Mindestvoraussetzung ist dieser Konstruktion zu Folge als erstes eine Zurechenbarkeit der negativen Beeinträchtigung zu den Hochschulen, die den Anwendungsbereich eines mittelbar-faktischen Eingriffs verengt.180 Als zweites muss diese Beeinträchtigung eine Intensität aufweisen, die zumindest eine Bagatellgrenze überschreitet.181 Darüber hinaus wird im Rahmen von Art. 12 Abs. 1 GG von der Rechtsprechung gefordert, dass eine Regelung oder eine staatliche Maßnahme, die sich negativ auf die Berufsfreiheit eines Einzelnen auswirkt, eine so genannte „objektiv berufsregelnde Tendenz“182 aufweisen müsse. Das heißt, dass eine enge Verbindung zwischen der negativen Beeinträchtigung und der Ausübung der Berufsfreiheit bestehen muss, die im Wege einer wertenden Betrachtung zu ermitteln ist.183 Wie die Zurechenbarkeit und die Intensität im Detail zu bestimmen sind, ist stark umstritten.184 Hier soll der Fokus auf zwei Lösungsvorschläge gelegt werden, die sich gerade auf die staatliche wirtschaftliche Betätigung i.w.S. beziehen.185 Die Ergebnisse sollen sodann auf die Wirtschaftsbetätigung von Hochschulen übertragen und konkretisiert werden. Im Rahmen der staatlichen Wirtschaftsbetätigung i.w.S. wird insbesondere diskutiert, ob es überhaupt eines spezifischen Verhaltens der öffentlichen Hand bedarf oder ob die bloße Existenz der Konkurrenz durch die öffentliche Hand ausreicht, um einen Eingriff zu bejahen. Die erste Meinung (Rechtsprechung und Teile der Literatur) stellt zur Bestimmung eines Eingriffs vorrangig auf das Merkmal der Intensität ab, 179
Rechtshistorische Analysen belegen jedoch, dass das Grundgesetz nicht zwangsläufig ein solch enges Verständnis eines Eingriffs voraussetzt; so zutreffend Cremer, Freiheitsgrundrechte, S. 148 ff., mit Verweis auf Roth, Faktische Eingriffe in Freiheit und Eigentum, S. 101 ff. 180 Zustimmend Badura, in: Baur/Hopt/Mailänder (Hrsg.), FS Steindorff, S. 835 (851); Huber, Konkurrenzschutz im Verwaltungsrecht, S. 316 ff. m.w.N. 181 Vgl. Möstl, in: Brenner/Huber/ders. (Hrsg.), FS Badura, S. 951 (961 ff). 182 Vgl. z. B. BVerfGE 16, 147 (162); 49, 24 (47 f.); 52, 42 (54); 70, 191 (214); BVerwGE 71, 183 (189 ff.). 183 Tatsächlich erhöht dieses Merkmal die Eingriffsschwelle jedoch kaum. Einige verzichten sogar ganz auf das Erfordernis. Auch die Rechtsprechung bejaht teilweise einen Eingriff, ohne auf die objektiv berufsregelnde Tendenz einzugehen. Letztlich korreliert diese Voraussetzung weitgehend mit dem Merkmal der Zurechenbarkeit; Nachweise bei Mand, Erwerbswirtschaftliche Betätigung öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten außerhalb des Programms, S. 192 f. 184 Zu den Einzelheiten vgl. Huber, Konkurrenzschutz im Verwaltungsrecht, S. 316 ff.; vgl. auch Mand, Erwerbswirtschaftliche Betätigung öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten außerhalb des Programms, S. 190 ff. 185 Allgemeinere Ausführung zu den Voraussetzungen eines mittelbar-faktischen Eingriffs im 4. Kap. E. I.
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wohingegen sich die zweite Meinung vor allem auf das Merkmal der Zurechenbarkeit konzentriert. b) Der Eingriffsbegriff nach Rechtsprechung und Teilen der Literatur bei einer staatlichen Wirtschaftsbetätigung i.w.S. aa) Überblick Die langjährige Rechtsprechung (und ein Teil der Literatur) geht davon aus, dass das alleinige Vorhandensein von öffentlicher Wirtschaftstätigkeit keine verfassungsrechtliche Rechtfertigung auslöse, mit anderen Worten also keinen Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG darstelle.186 Ausgangspunkt dieser Überlegungen bildet die weitgehend unumstrittene Erkenntnis, dass private Konkurrenz187 grundrechtlich irrelevant sei.188 Ein einzelner privater Unternehmer könne von dem Staat nicht verlangen, vor dem wirtschaftlichen Tätigwerden eines anderen Privaten geschützt zu werden, da die wettbewerbliche Ordnung wesensmäßig Konkurrenz mit sich bringe bzw. in sich berge.189 Bereits der Begriff der Wirtschaftsbetätigung inkludiere zwingend die Möglichkeit der Entstehung von Konkurrenz. Aus eben diesen Gründen schütze das Grundgesetz weder die Sicherung weiterer Erwerbsmöglichkeiten noch die Erhaltung eines bestimmten Geschäftsumfangs.190 Dementsprechend könne durch das bloße Hinzutreten eines weiteren privaten Wettbewerbers kein Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG erfolgen.191 Geschützt werde lediglich der freie Zugang zur Teilnahme am Wettbewerb, mit der Folge, dass die einzelnen Konkurrenten sich weitgehend frei unternehmerisch entfalten könnten.192 Nach Auffassung der Rechtsprechung könne bei der staatlichen Wirtschaftsbetätigung i.w.S. nichts anderes gelten. Denn wenn diese Wirtschafsbetätigung auf hoheitliche Instrumente verzichte und sich in gleicher Weise wie ein Privater den privatrechtlichen Rege186 Vgl. BVerwGE 17, 306 (314); 20, 191 (198); 39, 329 (336); 71, 183 (193); Badura, in: Münch (Hrsg.), FS Schlochauer, S. 3 (21 f.); Papier, DVBl. 1984, 801 (809); Huber, Konkurrenzschutz im Verwaltungsrecht, S. 316; Schneider, DVBl. 2000, 1250 (1255); Hövelbernd, Die Kammern als Wettbewerber, S. 135 f. 187 Freilich sind private Unternehmen nicht grundrechtsverpflichtet. Die Grundrechte werden für diese lediglich mittelbar bei Generalklauseln relevant. Es handelt sich hier folglich um eine rein theoretische Überlegung, aus der sich jedoch Erkenntnisse für die Beurteilung der Zulässigkeit von öffentlichen Unternehmen ergeben könnten. 188 Auch Koch, Der Grundrechtsschutz des Drittbetroffenen, S. 431, und Storr, Der Staat als Unternehmer, S. 159, gehen in ihrer Argumentation von diesem Ausgangspunkt aus. 189 So explizit Storr, Der Staat als Unternehmer, S. 159; Pieroth/Schlink, Grundrechte, S. 208. 190 So die ganz h.M.; dargestellt bei Storr, Der Staat als Unternehmer, S. 159; vgl. noch sogleich unter III. 191 Denn „zu den Funktionsbedingungen eines Wettbewerbs gehört, dass man darin unterliegen kann“. Mit der Freiheit zum Wettbewerb sei die Vorstellung einer Freiheit von Konkurrenz unverträglich; so ausdrücklich Pieroth/Schlink, Grundrechte, S. 208. 192 So BVerwGE 30, 33 ff.; 31, 33 ff.
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lungen unterwerfe,193 sei keine unterschiedliche Bewertung der wirtschaftlichen Betätigung der öffentlichen Wettbewerbsteilnehmer zulässig.194 Das Grundgesetz garantiere der Privatwirtschaft keine Ausschließlichkeit ihres wirtschaftlichen Handelns.195 Das Hinzutreten des Staates als Konkurrent sei vielmehr „eine weitgehend systemimmanente Verschärfung des marktwirtschaftlichen Konkurrenzdrucks […], vor dem Art. 12 Abs. 1 GG nicht bewahrt“196. Ein Grundrechtseingriff kann nach dieser Auffassung (im Gegensatz zur zweiten Meinung, vgl. sogleich unter c) nur dann angenommen werden, wenn die öffentliche Hand bei ihrer Wirtschaftstätigkeit eine spezifische Verhaltensweise an den Tag legt, die zu einer besonders intensiven Integritätsverletzung des grundrechtlich geschützten Verhaltens führt. Eine solche Verhaltensweise liege dann vor, wenn die Wirtschaftsbetätigung der öffentlichen Hand die private wirtschaftliche Betätigung unmöglich mache, unzumutbar einschränke oder eine unerlaubte Monopolstellung entstehe.197 Griffig zusammengefasst wird diese Meinung oftmals mit den Worten, dass Art. 12 Abs. 1 GG nicht vor bloßer Konkurrenz schütze, unabhängig davon, ob es sich um Konkurrenz durch private Unternehmen oder durch solche der öffentlichen Hand handele.198 bb) Übertragung auf die wirtschaftliche Betätigung der Hochschulen Nach der soeben dargelegten Definition eines Eingriffs im Rahmen von Art. 12 Abs. 1 GG greifen wirtschaftliche Tätigkeiten der Hochschulen (zumindest derzeit noch) faktisch nie in die Wettbewerbsfreiheit Privater ein – schlicht aus dem Grund, dass das Ausmaß der hochschulischen Wirtschaftsbetätigung realiter viel zu gering ist, um die private Konkurrenz ernsthaft in Bedrängnis zu bringen.199 Dies wird vor 193
Teilweise wird an dieser Stelle als weiteres Merkmal gefordert, dass die öffentliche Hand keine Sonderstellung ausspielen dürfe. Dieses Merkmal wurde von der Rspr. erst nachträglich anerkannt; vgl. BVerwGE 71, 183 (190). Tatsächlich handelt es sich bei diesem Merkmal vornehmlich um eine Frage des „Wie“ und ist demnach hier nicht zu problematisieren. 194 Vgl. Schneider, DVBl. 2000, 1250 (1255 f.); Hövelbernd, Die Kammern als Wettbewerber, S. 138. 195 So BVerwGE 39, 329 (336); krit. Storr, Der Staat als Unternehmern, S. 159, Fn. 443, der darauf verweist, dass der Rückgriff des BVerwG auf BVerfGE 24, 236 (251), verfehlt sei. Denn das strittige Wettbewerbsverhältnis habe in der Entscheidung des BVerfG zwischen einem privaten Unternehmer und einem nicht-rechtsfähigen Verein, der der katholischen Kirche nahe stand, bestanden. 196 BVerwG, NJW 1995, 2938 (2939). 197 Vgl. BVerwG, NJW 1995, 2938 (2939); Dickersbach, WiVerw 1983, 187 (208); Papier, DVBl. 1984, 801 (809); Huber, Konkurrentenschutz im Verwaltungsrecht, S. 299. 198 So explizit bereits BVerwGE 17, 306 (314); 20, 191 (198); 39, 329 (336); 71, 183 (193). 199 Gerade Stober, NJW 2002, 2357 (2358), beklagt, dass es keine Übersicht über die tatsächlichen Einnahmen der wirtschaftlichen Tätigkeiten der öffentlichen Hand gebe. Daraus resultiere die Gefahr, dass sich die Regelungsnotwendigkeit nicht nach objektiven Kriterien richte, sondern vor allem durch politische Überzeugungen dominiert werde. Auch auf den Bereich der universitären Wirtschaftstätigkeit trifft die Aussage Stobers zu.
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3. Kap.: Der verfassungs- und europarechtliche Rahmen
allem am Beispiel der Weiterbildung deutlich, bei der ein besonders großes Gefährdungspotential vermutet werden könnte.200 Der Bereich der Weiterbildung eignet sich auch deswegen besonders gut als Beispiel, da hier tatsächlich ein Weiterbildungsmarkt existiert, der weitgehend den üblichen, gemeinhin anerkannten Marktund Sanktionskriterien bzw. -mechanismen unterliegt. Insofern kommt der Untersuchung der Weiterbildung auch Indizwirkung für die Beurteilung der sonstigen universitären Wirtschaftstätigkeiten zu. Denn wenn schon in dem marktgängigen Bereich der Weiterbildung ein Verdrängungswettbewerb faktisch ausgeschlossen wäre, dann würde im Sinne eines a maiore ad minus Schlusses die Gefahr einer solchen Art des Wettbewerbs in anderen Bereichen, die aus differierenden Gründen201 von vornherein den Marktmechanismen weniger stark ausgesetzt sind, gegen Null tendieren. In welchem Teilbereich der Weiterbildung wäre nun eine dominante Stellung der Wirtschaftstätigkeiten der Universitäten am wahrscheinlichsten? Bei einer Analyse des Weiterbildungsmarktes kommt man zu dem Schluss, dass eine marktbeherrschende Stellung der Universitäten insbesondere im Bereich der wissenschaftlichen Weiterbildung zu erwarten wäre. Denn die wissenschaftliche Weiterbildung stellt sich – in ökonomischer Terminologie gesprochen – als eines der Kerngeschäfte der Universitäten dar, in dem die Universitäten bereits als Marke verstanden werden. Indes beträgt der Marktanteil der Universitäten in der wissenschaftlichen Weiterbildung tatsächlich nur ca. zehn Prozent.202 Im Bereich der allgemeinen Weiterbildung, d. h. einschließlich der Durchführung von Computerkursen oder Sprachkursen, ist der universitäre Anteil mit drei Prozent sogar verschwindend gering.203 Da trotz einer zu beobachtenden Volumensteigerung des Weiterbildungsmarktes keine Mehrung, sondern, im Gegenteil, ein Rückgang des Marktanteils der Universitäten zu verzeichnen ist,204 besteht kein Anlass einen Verdrängungswettbewerb oder eine Monopolstellung seitens der Universitäten zu befürchten. Zu dem gleichen Schluss kommt man bei den anderen universitären Wirtschaftstätigkeiten, die ebenfalls einen unmittelbaren oder auch einen mittelbaren Bezug zur Forschung aufweisen. Allerdings beruht dort die Schlussfolgerung nicht auf konkreten Prozentangaben (die leider nur in vereinzelten Wirtschaftsteilgebieten bekannt sind)205, sondern auf einer besonderen Marktkonstellation (vgl. 2. Kap. 200
Da in diesem Bereich die private Konkurrenz am größten ist. Vgl. dazu sogleich unter bb). 202 Pawelek, Die Wahrnehmung hoheitlicher Hochschulaufgaben durch private Weiterbildungseinrichtungen, S. 97, mit Verweis auf Herm u. a., Lebenslanges Lernen und Weiterbildung, S. 20. 203 BMBF (Hrsg.), Berichtssystem Weiterbildung IX, S. 287 ff.; S. 297 ff. 204 Von ca. 1980 bis Anfang 2000 hat sich das Volumen des Weiterbildungsmarktes auf 25 Milliarden Euro verdoppelt; vgl. Pawelek, Die Wahrnehmung hoheitlicher Hochschulaufgaben durch private Weiterbildungseinrichtungen, S. 97. 205 https://www.destatis.de/DE/Publikationen/Thematisch/BildungForschungKultur/Hoch schulen/BroschuereHochschulenBlick0110010117004.pdf?__blob=publicationFile, S. 36 ff. 201
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A. III. 2.). Einer Wirtschaftsbetätigung mit einem Forschungsbezug ist zu eigen, dass sie oftmals erst einen Markt eröffnet.206 Beispielsweise geht einer Lizenzvergabe notwendigerweise eine (Hochschul-)Erfindung voraus, die wiederum dadurch charakterisiert ist, dass sie neue (technisch umsetzbare) Lösungen für ein spezifisches Problem bietet. Falls es sich um besonders revolutionäre (Hochschul-)Erfindungen handelt, sich also ein ganz neues Wirtschaftsfeld eröffnet (wie z. B. durch die Erfindung des Internets), dann ist eine Konkurrenz auf Anbieterseite zu diesem Zeitpunkt regelmäßig ausgeschlossen. Von einem (anfänglichen) Fehlen der Konkurrenz auf Anbieterseite darf jedoch nicht auf ein Fehlen von Wettbewerb als solchem geschlossen werden. Denn für die Annahme eines Wettbewerbs reicht es aus, dass die Nachfrager untereinander beispielsweise um die Erteilung einer Lizenz konkurrieren. Der für die Annahme eines Marktes unentbehrliche Wettbewerb existiert darum auch dann, wenn ein Markt durch eine wirtschaftliche Forschungstätigkeit erst eröffnet wird (vgl. dazu bereits 2. Kap. A. III. 2. b). Ein Verdrängungswettbewerb ist in einem solchen Fall jedoch äußerst unwahrscheinlich, da ein solcher Wettbewerb prinzipiell unter den Anbietern ausgetragen wird, von denen es in diesem speziellen Fall (vorerst) nur einen gibt.207 Stattdessen könnte man eher darüber nachdenken, ob durch die Besonderheit der Eröffnung eines Marktes den Universitäten eine unerlaubte Monopolstellung zukommen könnte, die ebenfalls den Wettbewerb verzerren würde. Jedoch trifft die gegenteilige Behauptung zu. Durch die wirtschaftliche Verwertung machen die Universitäten die Hochschulerfindungen erst einem Markt zugänglich und schaffen damit die Voraussetzungen für eine Nutzung. Somit tragen sie das Wissen in die Unternehmen herein und befruchten auch deren Produktions- oder Forschungsstätten. Daher verhindert letztlich auch das auf Kommunalismus angelegte Wesen der Wissenschaft etwaige Monopolisierungstendenzen. Die wirtschaftlichen Tätigkeiten von Universitäten dürfen nicht auf Abgrenzung und Isolation angelegt sein, sondern leben vom Austausch und von der Kooperation, was auch in vielen Forschungskooperationen zwischen verschiedenen Universitäten oder zwischen der privaten Wirtschaft und den Universitäten zum Ausdruck kommt. Die Eigenarten der Wissenschaft verhindern demnach regelmäßig das Vorliegen eines Eingriffs in die Wettbewerbsfreiheit durch Wirtschaftstätigkeiten, die einen Forschungsbezug aufweisen. Als Zwischenergebnis lässt sich festhalten, dass bei Zugrundelegung der Ansicht der Rechtsprechung und verschiedener Vertreter der Literatur universitäre wirtschaftliche Tätigkeiten keinen Eingriff in die Wettbewerbsfreiheit privater Unternehmer darstellen. 206 Auf dieser Erkenntnis beruht gerade die Einführung eines „weiten Marktbegriffs“ in dieser Arbeit; vgl. im 2. Kap. III. 207 Eine Verdrängung der Hochschulen von dem Markt scheitert bereits daran, dass z. B. die Verwertung von Hochschulerfindungen einen Teil des Technologietransfers darstellt und demnach als Hochschulaufgabe zwingend, d. h. unabhängig vom wirtschaftlichen Erfolg, von den Universitäten durchzuführen ist; ausführlich dazu Epping, in: Hailbronner/Geis (Hrsg.), HRG-Kommentar, Bd. 1, § 2 Rdnr. 1 ff.
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3. Kap.: Der verfassungs- und europarechtliche Rahmen
c) Der Eingriffsbegriff von anderen Teilen der Literatur bei einer staatlichen Wirtschaftsbetätigung i.w.S. aa) Überblick Eine in jüngerer Zeit immer mehr Zuspruch findende Auffassung nimmt allerdings auch unterhalb der Schwelle des Verdrängungswettbewerbs an,208 dass die Möglichkeit eines Eingriffs in den Schutzbereich der Wettbewerbsfreiheit bestehe.209 Überwiegend bejahen die Vertreter dieser Meinung bereits dann einen Eingriff, wenn eine Wirtschaftstätigkeit der öffentlichen Hand existiert. Sie knüpfen demnach nicht mehr wie die Rechtsprechung und Teile der Literatur an ein spezifisches Verhalten an, sondern an die Generierung eines bloßen Zustands. Die Grundannahme ihrer Überlegung ist, dass der Staat bzw. die öffentliche Hand den Wettbewerb bereits durch seine/ihre Wettbewerbsteilnahme verfremde. Öffentliches Wirtschaften sei entgegen der Meinung der Rechtsprechung gerade nicht systemimmanent. Der Staat bleibe stets ein Fremdkörper im privatwirtschaftlichen Wettbewerb, unabhängig davon, ob er sich den gleichen Regelungen wie ein Privater unterwerfe, ohne eine öffentlich-rechtliche Sonderstellung geltend zu machen. Als Begründung führen sie vor allem zwei Argumente an. Zum einen übe ein Unternehmer einen Beruf aus, auf den er im Gegensatz zum Staat zur Schaffung und Wahrung seines Lebensunterhalts angewiesen sei, wohingegen dem Staat das Privileg der Steuererhebung zustehe.210 Diese unterschiedliche Ausgangslage spiegele sich prinzipiell auch in der Grundrechtsberechtigung des privaten Unternehmers und der Grundrechtsverpflichtung des Staates wider.211 Zum zweiten verfüge der Staat über die Kompetenz, den Wettbewerb zu regulieren.212 Durch diese Regulierungskompetenz könne er eine Marktordnung oder zumindest Rahmenbedingungen für einen Markt festsetzen.213 So könne er die Wettbewerbsordnung (wenn auch innerhalb bestimmter Grenzen) zu seinen Gunsten ändern.214 Allein diese Kompetenz (ohne dass es auf ihre tatsächliche Ausübung ankäme) verhindere eine Gleichstellung mit privaten Unternehmern.215 208
Die Übertragung der Terminologie „unterhalb der Schwellenwerte“ und „oberhalb der Schwellenwerte“ auf den Bereich der Wirtschaftbetätigung stammt von Mand, Erwerbswirtschaftliche Betätigung öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten außerhalb des Programms, S. 195. 209 Z. B. Schliesky, Öffentliches Wettbewerbsrecht, S. 199 ff.; ders., DVBl. 1999, 78 (82 f.); Storr, Der Staat als Unternehmer, S. 159 ff.; Selmer, in: Stober/Vogel (Hrsg.), Wirtschaftliche Betätigung, S. 80 ff.; im Bereich des Rundfunks vgl. z. B. Emmerich/Steiner, Möglichkeiten und Grenzen der wirtschaftlichen Betätigung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 77 ff. 210 So Storr, Der Staat als Unternehmer, S. 162. 211 So Selmer, in: Stober/Vogel (Hrsg.), Wirtschaftliche Betätigung, S. 80 f.; Storr, Der Staat als Unternehmer, S. 163; Schliesky, Öffentliches Wettbewerbsrecht, S. 199. 212 So Storr, Der Staat als Unternehmer, S. 162. 213 Storr, Der Staat als Unternehmer, S. 166. 214 Storr, Der Staat als Unternehmer, S. 166. 215 Storr, Der Staat als Unternehmer, S. 167.
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Eine faktische Chancengleichheit, auf die die Rechtsprechung und Teile der Literatur abstellen, könne auf Grund dieser unterschiedlichen Ausgangslage in Motivation (Eigennützigkeit versus Gemeinwohl) und Angewiesenheit (Lebensunterhalt versus Finanzierung durch Steuern) nicht angenommen werden.216 Gerade durch die existenzielle Angewiesenheit stelle bereits die Reaktion der privaten Wettbewerber auf die öffentliche Konkurrenz eine Verfremdung des Wettbewerbsverhaltens dar.217 Denn die (weitgehende) Selbstregulierung des Marktes gebiete es, dass nur der Marktteilnehmer, der sich zur Existenzsicherung nach der Konkurrenz ausrichtet, wirtschaftlich erfolgreich werden könne (eine Folge dieser Ausrichtung wäre beispielsweise die Preissenkung bei einem Überangebot).218 „Die Relevanz der sozialen Interaktion der Wettbewerbsfreiheit beruht darauf, dass dieser Zwang zur Reaktion eine Freiheitsbeschränkung darstellt, weil er [Anm. der private Unternehmer] einem faktischen Druck ausgesetzt ist, auf die veränderte Wettbewerbslage reagieren bzw. neu agieren zu müssen.“219 Im Ergebnis stellt somit nach dieser Meinung jede Wettbewerbsteilnahme der öffentlichen Hand einen Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG dar und bedarf einer verfassungsrechtlichen Rechtfertigung. bb) Spezifizierung auf die wirtschaftliche Betätigung der Hochschulen Jedoch bestehen gegen die Übertragung dieser Auffassung auf die universitäre Wirtschaftsbetätigung und gegen die Konstruktion des Eingriffs als solche erhebliche Bedenken. Hochschulen nehmen eine Sonderstellung im Gefüge der mittelbaren Staatsverwaltung ein. Anders als beispielsweise die Kommunen können sie keine Steuern erheben. Sie sind von der staatlichen Grundfinanzierung abhängig. Diese Abhängigkeit soll zwar zunehmend durch die Zuweisung von Globalbudgets (oder zumindest durch die Reduzierung der Anzahl der Titel im Falle der schrittweisen Umstellung von der kameralistischen Haushaltsführung auf globalisierte Haushalten oder Globalhaushalte) gelockert werden.220 Gleichzeitig senkt die Politik jedoch oftmals die Summe der Grundfinanzierung und erwartet stattdessen eine Steigerung der eigenen Einnahmen von Universitäten.221 (Man kann demnach, so sei es an dieser Stelle lediglich angemerkt, darüber streiten, ob es sich um einen tat216
Selmer, in: Stober/Vogel (Hrsg.), Wirtschaftliche Betätigung, S. 80 f; Schliesky, Öffentliches Wettbewerbsrecht, S. 199 ff. 217 So Selmer, in: Stober/Vogel (Hrsg.), Wirtschaftliche Betätigung, S. 80 f.; Storr, Der Staat als Unternehmer, S. 163; Schliesky, Öffentliches Wettbewerbsrecht, S. 199. 218 Vgl. Storr, Der Staat als Unternehmer, S. 166. 219 Storr, Der Staat als Unternehmer, S. 167. 220 Vgl. ausführlich Sieweke, Managementstrukturen und outputorientierte Finanzierung im Hochschulbereich, S. 77 ff. 221 Vgl. z. B. die Kürzungen in Hessen bei gleichzeitigem Zuwachs der Aufgaben; http:// www.fr-online.de/rhein-main/marburger-unipraesidentin-entsetzen-ueber-geplante-kuerzun gen,1472796,2949860.html vom 30.3. 2010.
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sächlichen oder nur einen scheinbaren Autonomiegewinn für die Universitäten im Finanz- und Haushaltsbereich handelt.) Wichtig ist es festzuhalten, dass die Universitäten nicht unmittelbar auf die Finanzierungsquelle „Steuereinnahmen“ zugreifen können, sondern vielmehr eine Stellung zwischen „Absicherung durch Grundfinanzierung“ und „Angewiesensein auf eigene Mehreinnahmen“ innehaben.222 Des Weiteren verfügen Universitäten nicht über eine Kompetenz zur Wettbewerbsregulierung, sondern nur über eine Satzungshoheit zur Regelung akademischer Angelegenheiten im Rahmen der Gesetze. Satzungen sind zudem regelmäßig – wie am Beispiel der Prüfungsordnungen ersichtlich wird – von der Genehmigung der Ministerialverwaltungen abhängig.223 Die Reichweite einer solchen Regelungskompetenz ist auf einen binnenuniversitären Adressatenkreis beschränkt und ist offensichtlich nicht mit einer Regulierungskompetenz des Wettbewerbs vergleichbar. Es deutet sich demnach bereits an, dass die Überlegungen dieser Ansicht auf die Wirtschaftsbetätigung der Universitäten nicht übertragbar sind. Darüber hinaus vermag die Eingriffskonstruktion als solche nicht zu überzeugen. Ihr mangelt es bereits an der Rückkopplung der Berufsfreiheit an die freie persönliche Entfaltung des Individuums. Denn indem die Vertreter dieser Meinung bereits die Existenz öffentlicher Wirtschaftstätigkeit als Eingriff qualifizieren, ist für sie nicht eine spürbare Beeinträchtigung eines privaten Unternehmers entscheidend, sondern eine Beeinträchtigung eines spezifischen, d. h. nur aus Privaten bestehenden Wettbewerbssystems.224 Die Abschirmung eines bestimmten gesellschaftlichen Bereichs vor staatlicher Wirtschaftsbetätigung läuft wiederum auf ein Subsidiaritätsprinzip heraus, das jedoch nicht in der Verfassung verankert ist. Zudem ist, wie eingangs erläutert, der Schutzbereich der Wettbewerbsfreiheit nicht eröffnet, wenn eine individuelle Rückkopplung nicht hinreichend beachtet wird.225 Dass eine solche Rückkopplung hier sogar regelmäßig fehlt, ergibt sich bereits aus der Ausweitung des Eingriffsbegriffs auf die Herbeiführung eines bloßen Zustands. Die Zugrundelegung eines derartigen Eingriffsverständnisses würde dazu führen, dass eine erstmalige Wirtschaftsteilnahme eines öffentliche-rechtlichen Akteurs nicht nur in die Wettbewerbsfreiheit eines privaten Unternehmers, sondern stets unterschiedslos in die Wettbewerbsfreiheit aller privaten Unternehmer eingreifen würde. Eine Individualisierbarkeit der Betroffenen wäre nicht mehr möglich und überdies auch überflüssig, da es auf eine individuelle Rückkopplung generell nicht mehr ankäme. Eine solche Sichtweise ist jedoch als uferlos zu bewerten und zurückzuweisen. Denn sie würde zu einer Handlungsunfähigkeit der Verwaltung und letztlich zu einer
222 Diese Zwitterposition bzw. das Nähe-Distanz-Verhältnis zum Staat setzt sich ebenfalls in der Gleichzeitigkeit der Grundrechtsverpflichtung und Grundrechtsberechtigung (im Hinblick auf Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG) fort. 223 Vgl. z. B. § 34 Abs. 1 S. 1 LHG BW. 224 Ebenso Mand, Erwerbswirtschaftliche Betätigung öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten außerhalb des Programms, S. 197. 225 So bereits Ulmer, ZHR 146 (1982), 366 (468 f.).
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Machtverschiebung zu Gunsten der Justiz führen.226 Im Ergebnis beeinträchtigt die bloße Existenz der öffentlichen Konkurrenz ebenso wenig wie die der privaten Konkurrenz die Möglichkeit, sich frei auf einem Markt wirtschaftlich zu betätigen. 3. Stellungnahme Zu klären ist, ob der Meinung der Rechtsprechung uneingeschränkt zugestimmt werden kann. Entgegengehalten wird ihr, dass sie die unterschiedliche Ausgangslage von privaten und öffentlichen Wettbewerbern nicht hinreichend berücksichtige.227 Es ist zutreffend, dass sich private und öffentliche Wirtschaftsteilnehmer vor allem in ihrer existenziellen Angewiesenheit unterscheiden: auf der einen Seite Schaffung bzw. Erhaltung einer Lebensgrundlage und auf der anderen Seite lediglich Aufbesserung der Grundfinanzierung. Des Weiteren profitiert die öffentliche Hand von dem stärker entgegengebrachten Vertrauen seitens der Konsumenten und der Banken, das sich in einer größeren Kreditwürdigkeit und einem günstigeren Zinssatz niederschlägt.228 (Durch die „Eurokrise“ trifft diese Aussage allerdings nur noch unter Vorbehalt zu.) Allerdings reicht dieser Unterschied als alleiniger Umstand nicht aus, um einen Grundrechtseingriff in die Wettbewerbsfreiheit Privater zu begründen. Vielmehr ist es Sache der zweiten Stufe, des „Wie“, dafür zu sorgen, dass möglichst gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle Wirtschaftsteilnehmer gelten, wozu letztlich auch die weitgehende Eliminierung der staatlichen Privilegien bei der Wettbewerbsteilnahme gehört. Für die Annahme eines Eingriffs genügt es nicht, dass ein öffentlicher Wettbewerber ein spezifisches „öffentlich-rechtliches (wettbewerbsbezogenes) Potential“229 in sich trägt. Im Ergebnis ist demnach der ersten Auffassung zuzustimmen. Somit greifen die Hochschulen durch ihre Wirtschaftstätigkeiten grundsätzlich nicht in die Wettbewerbsfreiheit Privater ein mit der Folge, dass sich keine konkreten Grenzen für ihre wirtschaftliche Betätigung aus Art. 12 Abs. 1 GG ableiten lassen.
226 Hampe, Hochschulsponsoring und Wissenschaftsfreiheit, S. 126, mit Verweis auf Weber-Dürler, VVDStRL 57 (1997), 57 (76). 227 Vgl. Emmerich/Steiner, Möglichkeiten und Grenzen der wirtschaftlichen Betätigung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 75 ff.; Schricker, Wirtschaftliche Tätigkeiten der öffentlichen Hand und unlauterer Wettbewerb S. 34 ff. 228 Vgl. Storr, Der Staat als Unternehmer, S. 195 ff. 229 Mand, Erwerbswirtschaftliche Betätigung öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten außerhalb des Programms, S. 199.
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III. Verletzung der Eigentumsfreiheit konkurrierender Privater durch eine wirtschaftliche Betätigung der Hochschulen Neben einer Verletzung des Art. 12 Abs. 1 GG durch eine wirtschaftliche Betätigung wird auch eine Verletzung des Art. 14 Abs. 1 GG diskutiert. Jedoch kommen selbst die Vertreter, die aus der Wettbewerbsfreiheit bestimmte Grenzen für die wirtschaftliche Betätigung ableiten, überwiegend230 zu dem Schluss, dass sich der Eigentumsfreiheit keine wesentlichen Anhaltspunkte für einen Schutz vor staatlicher Konkurrenz entnehmen ließen.231 In Betracht käme lediglich eine Beeinträchtigung des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs.232 Denn bei diesem Recht handelt es sich anders als beim Vermögen233 um eine ganz überwiegend anerkannte234 eigentumsrechtliche Position. Prinzipiell gilt, dass der Schutz des Gewerbebetriebs nicht weitergeht „als der Schutz, den seine wirtschaftliche Grundlage genießt“235. Tatsächliche Gegebenheiten wie z. B. die Wettbewerbsstellung und günstige Umweltbedingungen fallen somit aus dem Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG heraus.236 Die Eigentumsfreiheit gewährleistet im Kontext der wirtschaftlichen Betätigung lediglich, dass ein privater Unternehmer auf seine Produktionsstätte und sein Betriebszubehör und sonstige Teile des Gewerbebetriebs zurückzugreifen kann, um Güter zu produzieren, Dienstleistungen zu erbringen oder auf sonstige Weise am Wirtschaftsverkehr teilzunehmen. Doch die wirtschaftliche Betätigung führt zu keiner Beeinträchtigung des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Ein privater Unternehmer kann unverändert Waren herstellen oder Dienstleistungen erbringen. Eine wirtschaftliche 230 Beachte aber die differenzierte Meinung von Kluth, Grenzen kommunaler Wettbewerbsteilnahme, S. 82 ff. 231 Vgl. z. B. Ossenbühl, Bestand und Erweiterung des Wirkungskreises der Deutschen Bundespost, S. 122 ff.; v. Maydell/Scholz, Grenzen der Eigenwirtschaft gesetzlicher Krankenversicherungsträger, S. 127 ff.; Schliesky, Öffentliches Wettbewerbsrecht, S. 266 ff. 232 Erfasst wird alles, was den wirtschaftlichen Wert des Betriebes ausmacht; so Pieroth/ Schlink, Grundrechte, S. 231; vgl. auch BVerwGE 81, 49 (54); BGHZ 111, 349 (356); kritisch Kluth, Grenzen kommunaler Wettbewerbsteilnahme, S. 78 f. 233 Dafür sprechen bereits die Entstehungsgeschichte und der Wortlaut. Zudem unterscheidet man auch im Zivil- und Strafrecht zwischen Eigentum und Vermögen; ausführlich Mand, Erwerbswirtschaftliche Betätigung öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten außerhalb des Programms, S. 188. 234 Kluth, Grenzen kommunaler Wettbewerbsteilnahme, S. 78 ff., befürwortet hingegendessen, sich von dem Recht am Gewerbebetrieb zu verabschieden und stattdessen auf konkret betroffene Eigentumspositionen Bezug zu nehmen; ebenso kritisch Hösch, Eigentum und Freiheit, S. 37 ff. 235 BVerfGE 58, 300 (353). 236 Darauf verweisen das BVerfGE 77, 84 (118), sowie Pieroth/Schlink, Grundrechte, S. 231.
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Betätigung führt (wenn überhaupt)237 nur dazu, dass die Erwartung sinkt, die produzierten Güter verkaufen oder das Dienstleistungsangebot erweitern zu können. Indes handelt es sich bei Gewinnerwartungen gerade nicht um eine geschützte eigentumsrechtliche Position. Letztlich ist somit bereits ein Eingriff in Art. 14 Abs. 1 GG zu verneinen. Art. 14 Abs. 1 GG lassen sich im Ergebnis keine weiteren verfassungsrechtlichen Grenzen für die Wirtschaftsbetätigung der Hochschulen entnehmen.
IV. Verletzung der Wissenschaftsfreiheit konkurrierender Hochschulen durch eine wirtschaftliche Betätigung der Hochschulen Doch nicht nur bei privaten Unternehmen, sondern ausnahmsweise auch bei öffentlichen Wettbewerbern (in Gestalt von Hochschulen) muss die Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung, hervorgerufen durch die konkurrenzwirtschaftliche Betätigung anderer Hochschulen, diskutiert werden. Unterstellt wird hier, dass zumindest eine Kategorie der Wirtschaftsbetätigung von Hochschulen vom Schutzbereich des Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG umfasst wird (ausführlich dazu im 4. Kap. D. I.). Grundrechtsrelevant könnten am naheliegendsten die Wirtschaftstätigkeiten der Kategorie 1 sein, die einen unmittelbaren Bezug zu Forschung und Lehre aufweisen wie z. B. die Durchführung von wissenschaftlichen Auftragsforschungen und Gutachtertätigkeiten oder die entgeltliche Vermittlung von neuesten Forschungserkenntnissen an Wirtschaft und Industrie. In Betracht käme wie bei der Prüfung von Art. 12 Abs. 1 GG nur eine mittelbare Beeinträchtigung des Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG durch das Hinzutreten eines weiteren wirtschaftlichen Akteurs in Gestalt einer konkurrierenden Hochschule. Da private und öffentliche Wettbewerber grundsätzlich unterschiedslos zu behandeln sind und die Wissenschaftsfreiheit hier gewissermaßen die Funktion der Wettbewerbsfreiheit übernimmt, muss zutreffenderweise der gleiche Prüfungsmaßstab wie bei der Grundrechtsprüfung der privaten Unternehmer angelegt werden.238 Demnach liegt ein Grundrechtseingriff vor, wenn die verfassungsrechtlich geschützte wirtschaftliche Betätigung von einer Hochschule durch die Wirtschaftstätigkeiten einer anderen Hochschule besonders stark beeinträchtigt oder unmöglich gemacht wird.239 Jedoch ist die Existenz eines gezielten Verdrängungswettbewerbs aus den gleichen Gründen, die bereits im Rahmen von
237 Die Wahrscheinlichkeit einer tatsächlichen Beeinträchtigung ist im Bereich der hochschulischen Wirtschaftsbetätigung auf Grund der geringen privaten Konkurrenz deutlich geringer als in anderen Bereichen der staatlichen Wirtschaftsbetätigung. 238 So auch im Bereich des Rundfunkrechts Mand, Erwerbswirtschaftliche Betätigung öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten außerhalb des Programms, S. 201, unter Verweis auf Engel, ZUM 1993, 214 (217). 239 Vgl. zur kommunalwirtschaftlichen Betätigung Burgi, Sektorenspezifische Modernisierung des kommunalen Wirtschaftsrechts in Nordrhein-Westfalen, S. 72.
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Art. 12 Abs. 1 GG dargelegt wurden (z. B. zu wenig tatsächliche Konkurrenz, das im Kommunalismus wurzelnde Wesen der Wissenschaft), zu verneinen.240 An diesem Ergebnis vermag auch ein (tatsächliches oder virtuell-verstandenes) örtliches Näherrücken der wirtschaftlichen Betätigung durch eine konkurrierende Hochschule nichts zu verändern. Mit anderen Worten ist die Beurteilung des Vorliegens eines Grundrechtseingriffs in die Wissenschaftsfreiheit unabhängig davon zu fällen, ob die wirtschaftliche Betätigung auf dem eigenen Campus stattfindet oder in unmittelbarer Nachbarschaft zu einer konkurrierenden Hochschule. Eine räumliche Begrenzung lässt sich der Dimension der Wissenschaftsfreiheit nicht entnehmen (worin auch ein erheblicher Unterschied zur kommunalen Wirtschaftstätigkeit besteht)241. Eine andere Beurteilung kann auch nicht durch die Berufung auf ein etwaiges Selbstverwaltungsrecht einer Hochschule gerechtfertigt werden. Denn falls überhaupt ein Selbstverwaltungsrecht grundrechtlich garantiert wird,242 dann hat ein solches nur dienende Funktion und kann nicht mit dem kommunalen Recht zur Selbstverwaltung, das als „originäre territoriale Herrschaftsgarantie konzipiert ist“243, gleichgesetzt werden. Im Ergebnis resultieren demnach für hochschulische Wirtschaftstätigkeiten keine weiteren Grenzen aus einer Grundrechtsprüfung des Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG.
V. Ergebnis Zusammenfassend folgt aus der Untersuchung zur konkurrenzwirtschaftlichen Betätigung der Hochschulen, dass die Generierung eines bloßen Zustands nicht ausreicht, um einen Eingriff in die Wettbewerbs- oder Eigentumsfreiheit zu begründen. Stattdessen ist ein spezifisches Verhalten eines öffentlichen Akteurs erforderlich, das die Wettbewerbs-, Eigentums- oder Wissenschaftsfreiheit nachteilig beeinträchtigt. Darüber hinaus muss eine konkrete negative Beeinträchtigung bei einem individualisierbaren privaten Unternehmer zu messen sein, die nur im Extremfall, nicht aber in der Regel, gleichzeitig alle Unternehmer betreffen kann. Zudem folgt aus der Eingriffskonstruktion der Rechtsprechung, dass es neben einer 240
Dass dieses Ergebnis letztlich auch zwingend ist, ergibt sich daraus, dass zwischen Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG und Art. 12 Abs. 1 GG nicht nur eine funktionelle Identität, sondern sogar eine inhaltliche Übereinstimmung existiert, soweit sich der Schutz der Grundrechte gegen wettbewerbsrelevante Aktivitäten richtet; vgl. auch Mand, Erwerbswirtschaftliche Betätigung öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten außerhalb des Programms, S. 204. 241 Der kommunalrechtliche Streit der „überörtlichen wirtschaftlichen Betätigung“ (der in Art. 28 Abs. 2 GG wurzelt) wird demnach bei der wirtschaftlichen Betätigung der Hochschulen (aus verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten) nicht relevant. 242 Dafür z. B. Bettermann, NJW 1969, 1321 (1327); Gallas, Die Staatsaufsicht über die wissenschaftlichen Hochschulen, S. 99; Hendler, Selbstverwaltung als Ordnungsprinzip, S. 330 f.; Knemeyer, in: Flämig u. a. (Hrsg.), Handbuch des Wissenschaftsrechts, Bd. 1, S. 237 (238 ff.); abgeschwächt Gärditz, Hochschulorganisation und verwaltungsrechtliche Systembildung, S. 380 ff.; ablehnend z. B. Smeddinck, DÖV 2007, 269 (272). 243 Gärditz, Hochschulorganisation und verwaltungsrechtliche Systembildung, S. 382.
C. Europarecht
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Zurechnung des jeweiligen Handelns zum Staat einer besonders intensiven, spürbaren Beeinträchtigung bedarf, um einen Eingriff annehmen zu können. Eine solche intensive Beeinträchtigung liegt zutreffenderweise dann vor, wenn es sich um einen Verdrängungswettbewerb oder um eine unerlaubte Monopolstellung handelt. Die Hürde für die Annahme eines Eingriffs ist hoch anzusiedeln. Universitäre Wirtschaftstätigkeiten überschreiten diese Eingriffsschwelle, wie dargelegt, jedoch nicht, was nicht zuletzt bereits in dem auf Kommunalismus angelegten Wesen universitärer Wissenschaft wurzelt. Auf Grund mangelnder Grundrechtsrelevanz wird zudem durch eine wirtschaftliche Betätigung der Hochschulen nicht der Vorbehalt des Gesetzes ausgelöst. Im Ergebnis können aus den Grundrechten privater und öffentlicher Wettbewerber demnach keine konkreten Grenzen für die universitäre Wirtschaftsbetätigung abgeleitet werden.
C. Erkenntnisse für die Zulässigkeit der wirtschaftlichen Betätigung von Hochschulen aus dem Europarecht Dem Europarecht244 und dem Verfassungsrecht liegen unterschiedliche Zielvorstellungen zu Grunde.245 Während es dem Verfassungsrecht vor allem um die Begrenzung bzw. die Bindung staatlichen Handelns an das geltende Recht geht, ist das Europarecht an der Herstellung möglichst optimaler Wettbewerbsbedingungen interessiert.246 Im nationalen Verfassungsrecht sieht sich somit der Staat einem ständigen Rechtfertigungsdruck gegenüber dem Individuum (respektive der Gesellschaft) ausgesetzt, dessen Aktionsradius nicht durch Bindung, sondern durch Freiheit gekennzeichnet ist.247 Im Europarecht wird hingegendessen nicht die Verschiedenheit von öffentlichen und privaten Akteuren betont. Es kommt vielmehr darauf an, dass eine Leistung erfolgreich erbracht wird.248 Nicht entscheidend ist hingegen, wer die Leistung erbringt. Ihre vornehmliche Aufgabe sieht die Europäische Union somit darin, gleiche Wettbewerbsbedingungen zu schaffen bzw. zu
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Die Auswirkungen des WTO-Rechts (vor allem des GATS) sind dargelegt bei Zacharias, WissR 38 (2005), 289 ff. 245 Darauf verweist u. a. auch Burgi, Sektorenspezifische Modernisierung des kommunalen Wirtschaftsrechts in Nordrhein-Westfalen, S. 15. 246 Darauf mach Burgi, Gutachten D zum 67. DJT, S. 16 ff. m.w.N., aufmerksam. 247 So Burgi, Gutachten D zum 67. DJT, S. 16 ff. 248 Dem Recht der Europäischen Union liegt aber auch eine Trennung von Staat und Gesellschaft zu Grunde. Das nationale Recht geht aber anders als das Europarecht mit dieser Trennung um; vgl. auch Burgi, Sektorenspezifische Modernisierung des kommunalen Wirtschaftsrechts in Nordrhein-Westfalen, S. 15.
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3. Kap.: Der verfassungs- und europarechtliche Rahmen
gewährleisten, indem sie z. B. Markteintrittsbarrieren oder sonstige Hindernisse für einen Wettbewerb beseitigt.249 Allein in den divergierenden Zielsetzungen kommt bereits zum Ausdruck, dass das Europarecht ausschließlich auf das „Wie“ wirtschaftlicher Betätigung gerichtet ist.250 Es geht darum, wie ein ungestörter Wettbewerb unter Wahrung der Chancengleichheit erreicht werden kann (einschlägig sind vor allem die Rechtsgebiete des Beihilfe- und Kartellrechts)251. Dem Europarecht lassen sich jedoch keine rechtlichen Anforderungen hinsichtlich des „Ob“ staatlicher Wirtschaftstätigkeit im Allgemeinen und der Hochschulen im Besonderen entnehmen.252 Abgesehen davon, dass eine Begrenzung der Zulässigkeit nicht dem europäischen Interesse entspräche, folgt dies (rechtlich gesehen) aus einer mangelnden Kompetenz zur diesbezüglichen Rechtsgestaltung. Es ist allein Sache der Mitgliedstaaten die Zulässigkeit der öffentlichen Wirtschaftsbetätigung bzw. der öffentlichen253 Unternehmen zu regeln,254 aus welchem Grunde auch dem Europarecht in dieser Arbeit nur eine untergeordnete Bedeutung zukommt. Nicht zu vernachlässigen sind jedoch die positiven Impulse, die das Europarecht für grenzüberschreitende Wirtschaftstätigkeiten von Hochschulen gibt.
249
Dies klingt auch in Art. 3 Abs. 3 EU an, der insoweit als Auslegungshilfe herangezogen wird; vgl. ausführlich Ruffert, in: Calliess/ders. (Hrsg.), EU-Kommentar, Art. 3 Rdnr. 9. 250 Rechtlich entscheidend ist freilich, dass der Europäischen Union die Zulässigkeit betreffend keine Kompetenzen übertragen wurden. 251 Selbstredend sind die Hochschulen als Teilnehmer im Wirtschaftsverkehr grundsätzlich an die Grundfreiheiten des AEUV gebunden. Allein aus der Bindung an die Grundfreiheiten kann jedoch nicht auf die Zulässigkeit bzw. die Reichweite der Zulässigkeit wirtschaftlicher Tätigkeiten geschlossen werden; darauf verweist Knauff, WissR 43 (2010), 28 (39) m.w.N. 252 Siehe auch Burgi, Sektorenspezifische Modernisierung des kommunalen Wirtschaftsrechts in Nordrhein-Westfalen, S. 17 f. 253 Für die Klassifizierung eines Unternehmens als „öffentlich“ ist laut der EU-Transparenzrichtlinie (EU-Transparenzrichtlinie; RL 80/723/EWG v. 25.6. 1980 [ABl. EWG L 195/ 35], zuletzt geändert durch RL 2006/111/EG v. 16.11. 2006 [ABl. EG L 318/17]) allein „ein beherrschender Einfluss“ (Art. 2 Abs. 1 lit. b EU-TransparenzRL) seitens der öffentlichen Hand auf das jeweilige Unternehmen erforderlich. Entscheidend kommt es für die Bestimmung des Kreises der öffentlichen Unternehmen letztlich aber auf die Ausübung von wirtschaftlichen Tätigkeiten an. Öffentliche Unternehmen können öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich organisiert sein; vgl. Burgi, Kommunalrecht, § 17 Rdnr. 72; so bereits schon Püttner, Die öffentlichen Unternehmen, S. 32. 254 Laut EU-Kommission verhält sich das europäische Recht gegenüber staatlicher Wirtschaftsbetätigung neutral; vgl. Mitt. KOM 2000, 580 endg., vom 20.9. 2000.
C. Europarecht
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I. Positive Wertentscheidung des Primärrechts zu Gunsten der wirtschaftlichen Betätigung von Hochschulen 1. „Forschung, technologische Entwicklung und Raumfahrt“, Art. 179 ff. AEUV Das Europarecht steht einer wirtschaftlichen Betätigung der Hochschulen grundsätzlich positiv gegenüber. So resultiert aus den Vorschriften des Abschnitts über „Forschung, technologische Entwicklung und Raumfahrt“ (3. Teil des AEUV, Titel XIX)255 im Ergebnis eine „positive Wertentscheidung“256 zu Gunsten der wirtschaftlichen Betätigung von Hochschulen; allerdings begrenzt auf den Forschungsbereich. Bereits in Art. 179 Abs. 1 AEUV wird die Zielsetzung der Art. 179 – 190 AEUV verdeutlicht, die vor allem darin besteht, die Wettbewerbsfähigkeit des europäischen Forschungsraums zu effektuieren. Art. 179 Abs. 2 fährt fort: „In diesem Sinne [Anm. um Wettbewerbsfähigkeit herzustellen] unterstützt sie [Anm. die Europäische Union] in der gesamten Union die Unternehmen – einschließlich der kleinen und mittleren Unternehmen –, die Forschungszentren und die Hochschulen bei ihren Bemühungen auf dem Gebiet der Forschung und technologischen Entwicklung von hoher Qualität […].“ Wie aus diesem (Halb-)Satz ersichtlich wird, unterstellt die Europäische Union Hochschulen, Forschungszentren und Unternehmen somit einen Gleichklang der Interessen.257 Ihr zufolge besteht dieses Interesse darin, optimale Ausgangsbedingungen für einen Forschungswettbewerb, vor allem im Hinblick auf Drittländer wie den Vereinigten Staaten von Amerika, zu schaffen. Eine Verbesserung der Ausgangsbedingungen soll der Europäische Union zufolge u. a. durch eine Förderung der (grenzüberschreitenden) Forschungskooperationen (unabhängig von der Ausgestaltung des Trägers der Forschungsbereiche, d. h. einschließlich der Kooperation von Hochschulen und privaten Unternehmen) eintreten.258 In ihren Augen gilt es somit einen europäischen Raum der Forschung zu schaffen und zu stärken, „in dem Freizügigkeit für Forscher herrscht und wissenschaftliche Erkenntnisse und Technologien frei ausgetauscht werden, die Entwicklung ihrer Wettbewerbsfähigkeit einschließlich der ihrer Industrie zu fördern sowie alle Forschungsmaßnahmen zu unterstützen […]“ (vgl. 255
Art. 165 AEUV, der u. a. auch die Hochschulbildung erfasst, ist zu vernachlässigen, da aus ihm keine Erkenntnisse hinsichtlich der wirtschaftlichen Betätigung der Hochschulen folgen, was auf einen ersten Blick erfasst werden kann. Aus Art. 165 Abs. 4 AEUV folgt lediglich eine Kompetenz für Förderungsmaßnahmen im Bildungsbereich; vgl. auch Ruffert, in: Calliess/ders. (Hrsg.), EU-Kommentar, Art. 165 Rdnr. 13 ff. 256 Knauff, WissR 43 (2010), 28 (39). 257 Die Entfunktionalisierung stellt einen gravierenden Unterschied im Vergleich zur Vorgänger-Regelung des Art. 163 Abs. 1 EG dar. Durch die Veränderung soll die Bildung eines europäischen Forschungsraums erleichtert werden; vgl. dazu Lindner, WissR Beiheft 15, S. 48. 258 Bei der grenzüberschreitenden Forschungskooperation handelt es sich um ein neues Ziel, das durch den Lissabonner Vertrag in den AEUV eingefügt wurde.
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3. Kap.: Der verfassungs- und europarechtliche Rahmen
Art. 179 Abs. 1 AEUV). Um dieses Ziel zu erreichen, listet Art. 180 AEUV verschiedene Fördermaßnahmen auf, wie z. B. „Verbreitung und Auswertung der Ergebnisse der Tätigkeiten auf dem Gebiet der Forschung der Union und technologischen Entwicklung“ oder „Förderung der Zusammenarbeit mit und zwischen Unternehmen, Forschungszentren und Hochschulen“. Jedoch lässt sich weder den Art. 179 – 190 AEUV noch sonstigen Vorschriften des Unionrechts eine Kompetenz zu Gunsten der Europäische Union entnehmen, in dem Hochschulbereich unmittelbar regelnd tätig zu werden.259 Auf Grund des Grundsatzes der begrenzten Einzelermächtigung (Art. 5 Abs 2 EU)260 ist es der Europäischen Union mithin nicht möglich, z. B. Maßnahmen zur Intensivierung des Technologietransfers zu treffen.261 Sie kann stattdessen nur mittelbar Einfluss nehmen, namentlich durch eine finanzielle Anreizsetzung via Drittmitteln oder Förderprogrammen o. ä., wie es auch in Art. 4 Abs. 3 AEUV statuiert ist. 2. „Freiheit der Kunst und der Wissenschaft“, „Recht auf Bildung“, Art. 13 und 14 EU-GRCharta Trotz der endgültigen Rechtsverbindlichkeit, die die europäische Grundrechtecharta262 über den Verweis263 des Art. 6 UAbs. 1 EU im Vertrag von Lissabon erfahren hat,264 lassen sich auch dieser, namentlich Art. 13 und 14 EU-GRCharta (Freiheit der Kunst und der Wissenschaft, Recht auf Bildung) keine weiterführenden Erkenntnisse im Hinblick auf die wirtschaftliche Betätigung der Hochschulen entnehmen. Unabhängig von der Frage, ob der Schutzbereich des Art. 13 EUGRCharta265 überhaupt eine Kategorie der wirtschaftlichen Betätigung umfasst (in Frage käme vor allem die Wirtschaftsbetätigung, die einen unmittelbaren Bezug zu Forschung und Lehre aufweist; Kategorie 1), muss ein entsprechender Versuch bereits an dem Kompetenzvorbehalt des Art. 51 Abs. 2 EU-GRCharta scheitern. Nach Art. 51 Abs. 2 EU-GRCharta „dehnt [die Charta] den Geltungsbereich des Unionsrechts nicht über die Zuständigkeiten der Union hinaus aus und begründet 259 Eine Ausnahme betrifft Forschungsförderungen nach Art. 182 Abs. 5 AEUV; vgl. diesbezüglich Cremer, Forschungssubvention im Lichte des EGV, S. 190 ff. 260 Ausführlich Calliess, in: ders./Ruffert, EU-Kommentar, Art. 5 EU Rdnr. 6 ff. 261 Darauf weist zutreffend Knauff, WissR 43 (2010), 28 (39), hin. 262 Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. 2000 Nr. C 364/1 in der redaktionell angepassten Fassung vom 12.12. 2007, ABl. C 306/156. 263 Im gescheiterten Verfassungsvertrag war sogar eine Inkorporation der Grundrechtecharta in den (damaligen) EGV geplant; vgl. dazu Streinz/Ohler/Herrmann, Die neue Verfassung für Europa, S. 78 ff. m.w.N. 264 „Die Charta der Grundrechte und die Verträge sind rechtlich gleichrangig“; vgl. dazu Pache/Rösch, EuZW 2008, 519 ff.; Kingreen, in: Calliess/Ruffert (Hrsg.), EU-Kommentar, Art. 6 Rdnr. 1 ff. 265 Art. 14 EU-GrCharta betrifft vor allem den Zugang zu Bildungseinrichtungen und spielt somit offensichtlich im Bereich der Wirtschaftsbetätigung keine Rolle.
C. Europarecht
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weder neue Zuständigkeiten noch neue Aufgaben für die Union, noch ändert sie die in den Verträgen festgelegten Zuständigkeiten und Aufgaben“. Da die Europäische Union allerdings nur Maßnahmen zur Forschungs- und Bildungsförderung (vgl. Art. 182 Abs. 5 AEUV und Art. 165 Abs. 4 AEUV) treffen darf,266 nicht aber über eine inhaltlich-gestalterische Kompetenz im Hochschulrecht verfügt, dürfen aus den Grundrechten keine diesbezüglichen Vorgaben gefolgert werden.267 Aus diesem Grunde spielen die Grundrechte der EU-Charta bei der Zulässigkeit universitärer Wirtschaftsbetätigung keine Rolle und können in dieser Arbeit vernachlässigt werden.268
II. Ausprägungen der positiven Wertentscheidung auf das Beihilfe- und Kartellrecht Die soeben konstatierte positive Wertentscheidung des Europarechts zu Gunsten der Wirtschaftsbetätigung von Hochschulen wird auch im europäischen Beihilfeund Kartellrecht offensichtlich. Obwohl beide Rechtsgebiete (wie das gesamte Europarecht) auf die zweite Stufe – das „Wie“ der Wirtschaftsbetätigung – ausgerichtet sind, sollen die Ausprägungen der Wertentscheidung kurz dargelegt werden. Denn das Europarecht vermag zwar keine rechtlich-verbindliche, aber eventuell (nicht zu unterschätzende) rechtspolitische Impulse im Rahmen der Diskussion zur wirtschaftlichen Betätigung der Hochschulen geben. 1. Besonderheiten im Beihilferecht Art. 107 Abs. 1 AEUV, der gemeinhin bekannte beihilferechtliche Grundsatz, besagt, dass „staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Binnenmarkt unvereinbar [sind], soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen“. Wenn Hochschulen im Wirtschaftsverkehr Wirtschaftsgüter anbieten, sind sie als Unternehmen im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV zu klassifizieren. Denn die ständige Rechtsprechung des EuGH versteht unter einem Unternehmen „jede eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübende Einheit, unabhängig von ihrer 266
Ausführlich zu dem Kompetenzen im Bereich der Wissenschaft Lindner, DÖV 2000, 543 ff.; ders., WissR Beiheft 15, 35 ff. 267 So explizit Lindner, WissR Beiheft 15, 54; zu beachten gilt des Weiteren, dass die Mitgliedstaaten gem. Art. 51 Abs. 1 EU-GRCharta nur bei der Durchführung von Unionsrecht Art. 13 EU-GRCharta zu beachten haben, wohingegen die Europäische Union bei Gestaltung Erlass und Vollzug von Rechtsakten, für die die Europäische Union über eine Kompetenz verfügt, ihrerseits Art. 13 EU-GRCharta berücksichtigen muss. 268 Ausführlich Ruffert, in: Calliess/ders. (Hrsg.), EU-Kommentar, Art. 13 EU-GRCharta Rdnr. 1 ff.; Kingreen, in: Calliess/Ruffert (Hrsg.), EU-Kommentar, Art. 14 EU-GRCharta Rdnr. 1 ff.
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3. Kap.: Der verfassungs- und europarechtliche Rahmen
Rechtsform und der Art ihrer Finanzierung“269, wobei eine entsprechende wirtschaftende Einheit wiederum vorliegt, wenn sie einen „dauerhaften wirtschaftlichen Zweck“270 verfolgt. Ausschlaggebend für das Europarecht ist die Tätigkeit selbst und nicht der Träger der Tätigkeit. Wenn also eine Hochschule wirtschaftlichen Tätigkeiten nachgeht, so handelt es sich bei ihr um ein „Unternehmen“ im Sinne der Vorschrift. Dies hat zur Folge, dass es den Hochschulen (vorausgesetzt die weiteren Merkmale271 sind erfüllt und die Ausnahmeregelungen der Absätze 2 und 3 sind nicht einschlägig) verboten ist, erstens staatliche Mittel gewährt zu bekommen, die zu einer Verfälschung des Wettbewerbs führen könnten und zweitens anderen Wirtschaftsakteuren staatliche Mittel zu gewähren, die als unzulässige272 Beihilfe qualifiziert werden müssten.273 Hochschulen kommt demnach eine Zwitterstellung als potentielle Beihilfeempfänger und Behilfegewährer zu. Dies führt zu zahlreichen Problemen. Beispielsweise ist fraglich, ob bzw. inwieweit die staatliche Grundfinanzierung, durch welche die Voraussetzungen für eine universitäre Wirtschaftsbetätigung erst geschaffen werden (z. B. durch die sachlichen Mittel in Form der Bereitstellung von Räumen sowie der Ausstattung mit technischen Mitteln), als Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV zu qualifizieren ist.274 Auch erscheint es problematisch, wenn Hochschulen Leistungsempfängern Wirtschaftsgüter zu besonders günstigen Konditionen anbieten, indem sie diesen z. B. Raummieten für einen Workshop oder Personalkosten zur Vorbereitung eines solchen – mithin Kosten, die für die Hochschule faktisch nicht zusätzlich anfallen – nicht in Rechnung stellen.275 Hierbei könnte es sich um eine Beihilfe zu Gunsten der Leistungsempfänger handeln. Die Gefahr, eine möglicherweise unzulässige Beihilfe zu empfangen oder zu gewähren, führt zu einer Rechtsunsicherheit der Hochschulen im Hinblick auf ihre Wirtschaftsbetätigung und somit nicht zuletzt zu einem Hemmnis der Entfaltung der wirtschaftlichen Betätigung der Hochschulen insgesamt. Selbst wenn es sich nicht 269
EuGH, Slg. 1991, I-1979, Rdnr. 21. EuGH, Slg. 1991, I-1979, Rdnr. 21; eine Rechtspersönlichkeit ist indes nicht erforderlich. 271 Es muss sich um einen wirtschaftlichen Vorteil handeln. Dieses Merkmal ist weit auszulegen. Direkte Zuwendungen, aber auch vergünstigte Kredite oder Bürgschaften können darunter subsumiert werden; Huber/Prikoszovits, EuZW 2008, 171 f., führen weiter aus: „Wenn der Staat selbst wirtschaftlich tätig wird und Ausgaben tätigt, sind diese dann nicht Beihilfen, wenn ein anderer, nichtstaatlicher Akteur diese Ausgaben ebenso getätigt hätte: Die erbrachte Leistung muss zur erlangten Gegenleistung in einem marktüblichen Verhältnis stehen (market investor test bzw. private investor test).“ 272 Untere bestimmten Voraussetzungen kann eine Beihilfe auch als zulässig qualifiziert werden; vgl. dazu. die Ausnahmeregelung des Art. 107 Abs. 2 und Abs. 3 AEUV; ausgeführt bei Cremer, in: Calliess/Ruffert (Hrsg.), EU-Kommentar, Art. 107 Rdnr. 40 ff. 273 Ausführlich dazu Huber/Prikoszovits, EuZW 2008, 171; Knauff, WissR 43 (2010), 28 (40 ff.). 274 So Huber/Prikoszovits, EuZW 2008, 171; Knauff, WissR 43 (2010), 28 (41). 275 Huber/Prikoszovits, EuZW 2008, 171 (172 f.); Knauff, WissR 43 (2010), 28 (41). 270
C. Europarecht
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um eine unzulässige Beihilfe handeln würde, bestünde beispielsweise noch immer die Notifizierungspflicht gem. Art. 108 Abs. 3 AEUV, die einen zusätzlichen Verwaltungsaufwand bedeuten würde. Die Erhöhung der Hemmschwellen scheint insgesamt im Widerspruch zu den Regelungen zur Forschungsförderung zu stehen, deren Ziel auch in einer Intensivierung der grenzüberschreitenden Wirtschaftsbetätigung besteht.276 Dieser Widerspruch wird jedoch durch das europäische Sekundärrecht zumindest teilweise aufgelöst. Als erstes findet auch im Hochschulbereich die de-minimis Verordnung277 Anwendung.278 Diese legt fest, dass Beihilfen, die die Höhe von 200 000 E nicht überschreiten, prinzipiell als beihilferechtlich zulässig zu qualifizieren sind und vom Notifizierungserfordernis des Art. 108 Abs. 3 AEUV befreit sind.279 Speziell für den Bereich der Forschung gilt zudem die so genannte Allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung280 (vgl. Art. 1 Abs. 1 lit. g AGVO). In dieser werden allgemeine Vereinbarkeitskriterien (vgl. Art. 30 ff. AGVO) zusammengefasst, unter denen Forschung (abhängig vom Anwendungsbezug)281 als mit dem Binnenmarkt vereinbar zu erklären ist. Hintergrund ist, dass die Europäische Union davon ausgeht, Forschungs-, Entwicklungs- und Innovationsbeihilfen könnten zu wirtschaftlichem Wachstum, stärkerer Wettbewerbsfähigkeit und mehr Beschäftigung beitragen und seien somit im Ergebnis (anders als „übliche“ Beihilfen) als positiv für den europäischen Binnenmarkt zu bewerten. Als letztes ist der „Gemeinschaftsrahmen für staatliche Beihilfen für Forschung, Entwicklung und Innovation“282 zu nennen. Dieser schafft Rechtssicherheit, indem er die Prüfung der Kommission, ob eine Ausnahme im Sinne von Art. 107 Abs. 3 lit. b AEUV oder 276
Darauf macht auch Knauff, WissR 43 (2010), 28 (41), aufmerksam. ABl. 2006 Nr. L 397/5; unter bestimmten Voraussetzungen waren im Jahr 2011 (vom 1.1. 2011 bis zum 31.12. 2011) auf Grund der Finanzkrise sogar ausnahmsweise Beihilfen bis zu 500 000 E beihilferechtlich zulässig; vgl. dazu die Regelung zur vorübergehenden Gewährung geringfügiger Beihilfen im Geltungsbereich der Bundesrepublik Deutschland während der Finanz- und Wirtschaftskrise, Ziff. 4.2.2. ABl. 2009 Nr. C 83/1. 278 Vgl. auch Frenz, Handbuch Europarecht, Bd. 3, § 3 Rdnr. 1 ff.; Cremer, in: Calliess/ Ruffert (Hrsg.), EU-Kommentar, Art. 107 Rdnr. 33 ff. 279 Ziele der so genannten de-minimis Verordnung sind, die Verwaltungspraxis zu vereinfachen, die Transparenz zu fördern und die Beihilfeaufsicht zu entlasten (und dadurch letztlich auch zu mehr Effizienz zu verhelfen); vgl. auch Verordnung (EU) Nr. 360/2012 vom 25.4. 2012 über die Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf De-minimis Beihilfen, die Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse erbringen. 280 ABl. 2008 Nr. L 214/3; die AGVO ersetzt die Gruppenfreistellungsverordnungen für die Beschäftigungs- und Ausbildungsbeihilfen und für die KMU-Beihilfen, die am 30.6. 2008 ausgelaufen sind; vgl. ausführlich Cremer, in: Calliess/Ruffert (Hrsg.), EU-Kommentar, Art. 107 Rdnr. 63 ff. 281 Vgl. Erwägungspunkt 59 AGVO: Forschungskategorien sind „Grundlagenforschung, industrielle Forschung oder experimentelle Entwicklung“; sie werden in Art. 30 definiert. Die Beihilfeintensität darf bei der Grundlagenforschung 100 %, bei industrieller Forschung 50 % und bei experimenteller Forschung 25 % nicht überschreiten (vgl. Art. 31 AGVO). 282 ABl. 2006 Nr. C 323/1. 277
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3. Kap.: Der verfassungs- und europarechtliche Rahmen
Art. 107 Abs. 3 lit. c AEUV vorliegt,283 (unter bestimmten Voraussetzungen)284 in eine positive Richtung lenkt. Zumindest den wirtschaftlichen Tätigkeiten mit einem Forschungsbezug gegenüber trifft das Sekundärrecht (wie bereits in Art. 179 ff. AEUV angeklungen) eine positive Wertentscheidung und drängt den Grundsatz des Art. 107 Abs. 1 AEUV weitgehend zurück.285 2. Besonderheiten im Kartellrecht Ähnliches lässt sich auch dem Kartellrecht entnehmen.286 Nach Art. 101 Abs. 1 AEUV dürfen Hochschulen nicht an wettbewerbswidrigen Absprachen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen mitwirken, „welche den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen geeignet sind und eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Binnenmarkts bezwecken oder bewirken“. Art. 102 Abs. 1 AEUV verbietet die missbräuchliche Bildung von Monopolen, „soweit dies dazu führen kann, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen“.287 Problematisch erscheinen insoweit Auftragsforschungen, deren Ergebnisse nur einem einzelnen Unternehmen, namentlich dem Auftraggeber, zur Verfügung gestellt werden.288 Des Weiteren können sich Probleme im Bereich des Technologietransfers ergeben, indem z. B. nur einem Unternehmen eine Lizenz zur alleinigen Nutzung erteilt wird, wodurch das entsprechende Unternehmen einen bedeutsamen Wettbewerbsvorteil erlangen könnte.289 Aber auch in diesen Bereichen berücksichtigen zwei Verordnungen (VO EU Nr. 1217/2010 und VO EG Nr. 772/2004)290 die Besonderheiten des Forschungsbereichs und normieren Ausnahmen von dem Kartellverbot. So erlaubt die Verordnung EU 1217/2010 Absprachen zwischen Unternehmen und Hochschulen über gemeinsame Forschungs- und Entwicklungsprojekte und die Verordnung (EG)
283 Ganz überwiegend wird im Forschungsbereich eine Ausnahme anhand von Art. 107 Abs. 3 lit. C AEUV geprüft; vgl. ausführlich Cremer, Forschungssubvention im Lichte des EGV, S. 81 f. 284 Vgl. zu den Einzelheiten Cremer, in: Calliess/Ruffert (Hrsg.), EU-Kommentar, Art. 107 Rdnr. 67 f. 285 So auch Knauff, WissR 43 (2010), 28 (42). 286 Vgl. ausführlich Weiß, in: Calliess/Ruffert (Hrsg.), EU-Kommentar, Art. 101 Rdnr. 25 ff.; Art. 102 Rdnr. 21 ff. 287 Beide Vorschriften setzen anders als die Beihilferegelungen eine spürbare Wettbewerbsverzerrung voraus. 288 Das Beispiel wurde von Knauff, WissR 43 (2010), 28 (43), übernommen. 289 Das Beispiel stammt von Knauff, WissR 43 (2010), 28 (43). 290 ABl. 2010 Nr. L 335, S. 36 ff.; ABl. 2004 Nr. L 123 S. 11 ff.; vgl. auch die vom Rechtscharakter her als empfehlend zu bewertende Leitlinie der Kommission zur Anwendung von Art. 101 AEUV auf Technologietransfer-Vereinbarungen, ABl. 2004 Nr. C 101/2.
D. Zwischenfazit
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Nr. 772/2004 befreit Patentlizenzen-, Know-How- und Softwarelizenzvereinbarungen unter bestimmten Voraussetzungen291 vom Kartellverbot.292 Im Ergebnis steht das Europarecht folglich grenzüberschreitenden Wirtschaftstätigkeiten der Hochschulen positiv gegenüber. Zwar lassen sich dem Unionsrecht keine unmittelbaren Erkenntnisse zum „Ob“ der wirtschaftlichen Betätigung der Hochschulen entnehmen. Andererseits darf der Impuls auch nicht unterschätzt werden, der aus der Aufgeschlossenheit des Europarechts gegenüber universitären Wirtschaftstätigkeiten für rechtspolitische Erwägungen folgen könnte. Und wie die allgemeine verfassungsrechtliche Analyse gezeigt hat, ist es vorrangig die Aufgabe des einfachen Gesetzgebers die Wirtschaftsbetätigung nach seinen politischen Überzeugungen zu gestalten.
D. Zwischenfazit Welches (Zwischen-)Fazit kann man im Anschluss an die allgemeine verfassungs- und europarechtliche Prüfung mit Blick auf das Stimmungsbild (Gegner und Befürworter) und auf die verschiedenen Kategorien der wirtschaftlichen Betätigung von Universitäten ziehen? Durch das Europarecht wird zwar nicht rechtlich-bindend, aber doch mittelbar-faktisch die Position der Befürworter von universitären Wirtschaftstätigkeiten gestärkt, da es die Hochschulen zumindest im Bereich der Forschung durch verschiedene Fördermaßnahmen unterstützt. Die allgemeinen verfassungsrechtlichen Erwägungen hingegen sind vornehmlich neutraler Natur. Lediglich der erwerbswirtschaftlichen Betätigung des Staates zieht das Verfassungsrecht Grenzen. Dies hat Konsequenzen für die Kategorie 3 (wirtschaftliche Betätigung, die weder einen unmittelbaren noch einen mittelbaren Bezug zu Forschung und Lehre aufweist). Denn diese Kategorie umfasst Wirtschaftstätigkeiten, wie z. B. Werbung, Merchandising, Sponsoring, Vermietung und Verpachtung. Es handelt sich somit um solche Tätigkeiten, die gerade im Interesse der Gewinnerzielung betrieben werden. Ob es zulässige Ausnahmen von dem verfassungsrechtlichen Verbot (z. B. unter dem Aspekt der Randnutzung) gibt, wird im 5. Kap. C. II. geklärt werden. Für die wirtschaftliche Betätigung der Kategorien 1 und 2 resultieren hingegen keine konkreten Beschränkungen aus den allgemeinen verfassungsrechtlichen Erwägungen.
291
Vgl. die Voraussetzungen der Freistellungen Art. 1 a-c VO EG Nr. 2659/2000; Art. 2 VO EG Nr. 772/2004. 292 Zur VO EU Nr. 1217/2010 vgl. Besen/Slobodenjuk, GRUR 2011, 300 ff.; zur VO EG Nr. 772/2004 vgl. Enders, GRUR 2012, 25 ff.
4. Kapitel
Die Wissenschaftsfreiheit und die Wirtschaftsbetätigung der Hochschulen im Fokus Im Folgenden soll der Fokus auf das Zusammenspiel von Wissenschaftsfreiheit und der Wirtschaftsbetätigung von Universitäten gerichtet werden. Von zentraler Bedeutung für den gesamten Hochschulbereich ist Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG, der in diesem Abschnitt näher untersucht wird: zum einen für eine mögliche Legitimation der wirtschaftlichen Betätigung im Außenverhältnis z. B. zu privaten Wettbewerbern oder dem Staat i. e.S. (D.), zum anderen für eine mögliche Begrenzung der wirtschaftlichen Betätigung im Binnenverhältnis zu den Hochschulwissenschaftlern (E.). Zunächst ist zu prüfen, ob die jeweilige Kategorie der wirtschaftlichen Betätigung vom Schutzbereich des Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG umfasst wird. Falls dem so wäre, hätte dies zur Konsequenz, dass eine solche wirtschaftliche Betätigung auf einfachgesetzlicher Ebene nur unter erschwerten Bedingungen eingeschränkt werden könnte, da Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG ein vorbehaltlos gewährtes Grundrecht ist. Für die Einbeziehung in den Schutzbereich der Wissenschaftsfreiheit kommt insbesondere die Kategorie 1 der wirtschaftlichen Betätigung in Betracht, da sie dadurch gekennzeichnet ist, dass sie einen unmittelbaren Bezug zu Forschung und Lehre aufweist. Aber auch die Kategorie 2 (wirtschaftliche Betätigung, die einen mittelbaren Bezug zu Forschung und Lehre aufweist) ist nicht zu vernachlässigen, soweit die der wirtschaftlichen Verwertung vorgelagerte Tätigkeit vom Schutzbereich des Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG umfasst wird. Anders verhält es sich indes mit der Kategorie 31 der wirtschaftlichen Betätigung, die von vornherein nicht für die Einbeziehung in den sachlichen Schutzbereich der Wissenschaftsfreiheit in Betracht kommt. Bevor jedoch die Vereinbarkeit der wirtschaftlichen Betätigung der Kategorien 1 und 2 mit der Qualifizierung als „wissenschaftlich“ geprüft werden kann, bedarf es einiger grundsätzlicher Erläuterungen hinsichtlich der universitären Besonderheiten. Charakteristisch für die Universitäten ist ihre so genannte „Doppelköpfigkeit“2, von der ausgehend die universitären Besonderheiten erläutert werden sollen.
1 Diese Kategorie ist dadurch charakterisiert, dass sie weder einen unmittelbaren noch einen mittelbaren Bezug zu Forschung und Lehre aufweist. 2 Vgl. Heß/Leuze, WissR (2005), Beiheft 15, 1 ff.; Starck, in: v. Mangoldt/Klein/ders. (Hrsg.), GG-Kommentar, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 239; Hartmer, in: ders./Detmer (Hrsg.), Hochschulrecht, S. 1 (2 ff.).
A. Staatliche Kompetenzwahrnehmung und grundrechtliche Freiheitsausübung
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A. Die Universität zwischen staatlicher Kompetenzwahrnehmung und grundrechtlicher Freiheitsausübung Universitäten befinden sich in einem permanenten Spannungsfeld zwischen staatlicher Kompetenzwahrnehmung und grundrechtlicher Freiheitsausübung. Diese ambivalente Stellung wurzelt in Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG.3 Sie ist für die gesamte Organisation „Universität“ und ihr Agieren wesensprägend.4 Denn bei Universitäten handelt es sich nicht nur um verselbstständigte öffentlich-rechtliche Verwaltungseinheiten, deren Aufgabe als Teil der mittelbaren Staatsverwaltung darin besteht, die Verwirklichung der grundrechtlichen Freiheit der Hochschulwissenschaftler, d. h. die Pflege von wissenschaftlicher Forschung und wissenschaftlicher Lehre, zu gewährleisten.5 Daneben üben die Universitäten selbst grundrechtlich geschütztes Verhalten aus (ausführlich unter B. II. c)).6 Mit anderen Worten schützen Universitäten somit den sensiblen Bereich der Wissenschaft vor dem freiheitsgefährdenden Staat und schirmen ihn vor staatlich-interessengeleiteter Einflussnahme inhaltlicher oder sonstiger verfremdender Art ab. Zur Effektuierung dieses Schutzes können sie sich auf die Wissenschaftsfreiheit berufen, obwohl es sich bei Universitäten mit Ausnahme der wenigen Privathochschulen um juristische Personen des öffentlichen Rechts handelt. Universitäten sind gleichzeitig aber auch selbst Teil dieses freiheitsgefährdenden Staates und müssen demnach Distanz zum inneren Freiheitskern der an Hochschulen praktizierten Wissenschaft wahren.7 Auch die universitäre Wirtschaftsbetätigung bewegt sich in diesem Spannungsfeld. Das heißt, wenn die wirtschaftliche Betätigung der Kategorien 1 und/oder 2 vom Schutzbereich des Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG umfasst wären, könnten Universitäten dieses Grundrecht gegenüber dem Staat i. e.S. (in einer entsprechenden Eingriffssituation) geltend machen. Die Hochschulwissenschaftler wiederum können sich nicht nur gegenüber dem Staat i. e.S., sondern auch gegenüber der Universität oder anderen universitären wirtschaftenden Einheiten auf Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG berufen, falls diese bei der Ausübung der Tätigkeiten in die Lehr-, Forschungs- oder Wissenschaftsfreiheit eingreifen sollten. Wie dieses Spannungsverhältnis aufzulösen ist, wenn z. B. die Universitätsleitung oder der verantwortliche Leiter eines universitären „An-Instituts“ auf der einen Seite und die ausführenden Hochschulwissenschaftler auf der anderen Seite unterschiedliche Interessen verfolgen und es zu einem Konflikt kommt, wird in diesem Kapitel im Abschnitt E. (Grenzen im Binnengefüge der 3
Oppermann, in: Flämig u. a. (Hrsg.), Handbuch des Wissenschaftsrechts, Bd. 1, S. 1010, verwendet die Terminologie „hochschulrechtlicher Dualismus“. 4 Vgl. Gärditz, Hochschulorganisation und verwaltungsrechtliche Systembildung, S. 273; Burgi/Gräf, DVBl. 2010, 1125 (1127). 5 Gärditz, Hochschulorganisation und verwaltungsrechtliche Systembildung, S. 292. 6 Vgl. Burgi/Gräf, DVBl. 2010, 1125 (1126 ff.). 7 Vgl. auch Classen, Wissenschaftsfreiheit außerhalb der Hochschule, S. 114.
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wirtschaftlichen Betätigung der Universität) zu erörtern sein. In den Abschnitten B. bis D. soll hingegen (wie bisher in dieser Arbeit) unterstellt werden, dass die Universitäten bzw. ihre wirtschaftenden Einheiten und die Hochschulwissenschaftler die gleichen Interessen verfolgen; der jeweilige Hochschulwissenschaftler die wirtschaftliche Tätigkeit mithin freiwillig und ohne Druck seitens der Leitung der wirtschaftenden Hochschuleinheit ausübt. Denn vorerst geht es noch um die Frage der Legitimation der wirtschaftlichen Betätigung von Universitäten im Unterschied zur sonstigen staatlichen Wirtschaftsbetätigung i.w.S. Das heißt, dass ein Blick von außen auf die wirtschaftliche Betätigung von Universitäten geworfen wird, was vorerst eine weitere Differenzierung im Binnenverhältnis der Universitäten entbehrlich macht. Wie die universitären Besonderheiten sich auf die Legitimation der wirtschaftlichen Betätigung von Universitäten auswirken, ist im Folgenden zu untersuchen.
B. Personeller Schutzbereich des Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG I. Allgemeine Grundrechtsfunktionen der Wissenschaftsfreiheit In erster Linie handelt es sich bei Art. 5 Abs. 3 GG um ein Abwehrrecht des Individuums gegen den Staat. Es soll vor jeder Art von staatlichen Eingriffen in die wissenschaftliche Betätigung schützen.8 Allerdings lassen sich der abwehrrechtlichen Funktion z. B. keine organisatorischen Anforderungen an die nicht individuell konkretisierbaren Entscheidungsabläufe der Hochschulorganisation als Ganzes entnehmen und auch kein hinreichend differenziertes Gestaltungsgebot im Hinblick auf Organisation und Verfahren,9 und das, obwohl gerade in dem Wissenschaftsbetrieb Organisation und Verfahren eine große Rolle spielen.10 Hier knüpfen die vom BVerfG entwickelten11 objektiv-rechtlichen Dimensionen12 des Grundrechts der 8
Burgi/Gräf, DVBl. 2010, 1125 (1127). Gärditz, Hochschulorganisation und verwaltungsrechtliche Systembildung, S. 309, daran anknüpfend Burgi/Gräf, DVBl. 2010, 1125 (1127). 10 Der Hochschulorganisation widmet sich der Beitrag von Schmidt-Aßmann, in: Bull/ Seewald/Becker (Hrsg.), FS Thieme, S. 697 ff.; daran anknüpfend Trute, Die Verwaltung 27 (1994), 331 (307). 11 Bereits in der Lüth-Entscheidung entwickelte das BVerfG „eine den Grundrechten inhärente objektive Wertordnung, die als verfassungsrechtliche Grundentscheidung für alle Bereiche des Rechts“ gelten sollte; vgl. BVerfGE 7, 198 (205); seitdem ständige Rechtsprechung des BVerfG, vgl. BVerfGE 6, 55 (72); 6, 386 (388); 10, 59 (81); 12, 205 (259); 21, 362 (371 f.); 30, 173 (188 ff.); 33, 303 (330 f.). 12 Auch objektiv-rechtliche Grundrechtsfunktionen, -gehalte oder in den Worten des BVerfG „objektive Wertentscheidungen“ oder (systematisiert) „objektive Wertordnung“ ge9
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Wissenschaftsfreiheit an.13 In einem ersten Schritt stellen sich die so genannten objektiv-rechtlichen Gehalte der Wissenschaftsfreiheit als Handlungspflichten und -maßstäbe des Staates dar. Sie verpflichten diesen, die Wissenschaftsfreiheit vor Eingriffen Dritter zu schützen. In einem zweiten Schritt werden diese objektiven Schutzpflichten „resubjektiviert“14. Das bedeutet, dass aus diesen Schutzpflichten dem Individuum subjektive Ansprüche in der Form von Teilhaberechten erwachsen.15 Ein Leistungsrecht kommt hingegen nur selten in Betracht.16
II. Universitäten als Träger der Wissenschaftsfreiheit Im Folgenden ist zu prüfen, ob bzw. inwieweit juristische Personen des öffentlichen Rechts, also Universitäten und ihre Untergliederungen, Träger des Grundrechts der Wissenschaftsfreiheit sind. Den Ausgangspunkt der Untersuchung bildet Art. 19 Abs. 3 GG, nach welchem die Grundrechte auch für inländische17 juristische Personen gelten, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind. 1. Begriff der juristischen Person Festzuhalten ist zunächst, dass für die Auslegung des Merkmals „juristische Person“ nicht an die Vorgaben des einfachen Rechts, also vor allem die (ohnehin nannt; vgl. in Bezug auf die Hochschulorganisation bereits BVerfGE 35, 79 (112; 114); 43, 242 (267); 88, 129 (136); 93, 85 (95); 111, 333 (353); kritisch Höfling, WissR 41 (2008), 92 (97); Gärditz, Hochschulorganisation und verwaltungsrechtliche Systembildung, S. 320 f. 13 Dreier, Jura 1994, 505 (509). 14 Erstmals wohl Dreier, in: ders. (Hrsg.), GG-Kommentar, Vorbemerkung vor Art. 1 Rdnr. 58; zur Missverständlichkeit der Resubjektivierung Kleindiek, Wissenschaft und Freiheit in der Risikogesellschaft, S. 235. 15 Vgl. Pernice, in: Dreier (Hrsg.), GG-Kommentar, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 54; Starck, in: v. Mangoldt/Klein/ders. (Hrsg.), GG-Kommentar, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 387; Scholz, in: Maunz/ Dürig (Hrsg.), GG-Kommentar, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 177; Fehling, in: Dolzer/Kahl/Waldhoff u. a. (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 35 ff. 16 Auch bei der finanziellen Grundausstattung hat der Wissenschaftler nur einen Anspruch auf eine angemessene Berücksichtigung bei der Verteilung der Mittel; dahingehend Lux, Rechtsfragen der Kooperation zwischen Hochschulen und Wirtschaft, S. 36; so auch schon BVerfGE 35, 79 (115): „Darüber hinaus verstärkt die Wertentscheidung des Art. 5 Abs. 3 GG die Geltungskraft des Freiheitsrechts in Richtung auf Teilhabeberechtigungen“; ebenso BVerwGE 52, 339 (345). 17 Da nur die Hochschulen in der Bundesrepublik Deutschland untersucht werden, ist es nicht notwendig auf dieses Merkmal näher einzugehen. Ohnehin wird die Bedeutung des Merkmals immer mehr nivelliert. Streitig ist, wann von einer ausländischen juristischen Person gesprochen werden kann. Eine Meinung stellt auf den Sitz der juristischen Person ab (z. B. Rüfner, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. V, § 116 Rdnr. 60), die andere Meinung geht von dem tatsächlichen Aktionszentrum der juristischen Person aus (z. B. Pieroth/Schlink, Grundrechte, Rdnr. 148); näher dazu Kloepfer, Verfassungsrecht II, S. 55.
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umstrittene)18 Unterscheidung von „Vollrechtsfähigkeit“ und „Teilrechtsfähigkeit“, angeknüpft werden darf.19 Denn dann würde unzulässigerweise der einfache Gesetzgeber die Anwendung und Reichweite des verfassungsrechtlichen Schutzes bestimmen. Vielmehr muss sich die Auslegung aus dem Verfassungsrecht selbst ergeben. Bei der Interpretation des Merkmals „juristische Person“ ist an den Sinn und Zweck des Art. 19 Abs. 3 GG anzuknüpfen. Wie Dürig pointiert ausdrückt, geht es nicht um „den Wertschutz von ,Fiktionen‘, mit denen unpersönliche Substrate rechtstechnisch zur ,Person‘ im Rechtssinn zusammengedacht werden“20. Vielmehr sei stets die natürliche Person, der Mensch, zu berücksichtigen. „Auch bei [Art. 19 Abs. 3 GG] ist die personale Würde und Freiheit des Menschen der unabdingbare Legitimations- und Interpretationsmaßstab.“21 Diese Grundidee des Art. 19 Abs. 3 GG muss bei dessen Interpretation unabhängig von dem Streit um die dogmatische Struktur22 berücksichtigt werden. Zunächst einmal ist Voraussetzung für das Vorliegen einer „juristischen Person“ im Sinne von Art. 19 Abs. 3 GG, dass der in Frage stehenden Organisation grundsätzlich Rechte und Pflichten zugeordnet werden können.23 Das bedeutet, dass die jeweilige Organisation eine hinreichende Organisationsstruktur und eine Fähigkeit zur Willensbildung aufweisen muss.24 Diese Voraussetzungen müssen ebenso Teileinheiten einer Organisation, die eigenständig über Art. 19 Abs. 3 GG ein Grundrecht geltend machen wollen, selbst erfüllen. Es gibt keine Ausstrahlungswirkung der Makro- auf die Mikroebene. Erforderlich für diese Organisationseinheiten ist zudem eine gewisse Unabhängigkeit gegenüber der übergeordneten Ein18 Kritisch zu den Kategorien Voll- und Teilrechtsfähigkeit Remmert, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 19 Abs. 3 Rdnr. 37; Anknüpfungspunkt der Kritik ist die begriffliche Irreführung. Kein Rechtssubjekt könne Inhaber und Adressat aller Rechte und Pflichten sein. Vielmehr sei jede Rechtsfähigkeit von vornherein relativ. 19 So Trute, Die Forschung zwischen grundrechtlicher Freiheit und staatlicher Institutionalisierung, S. 357; Classen, Wissenschaftsfreiheit außerhalb der Hochschule, S. 114; Lux, Rechtsfragen der Kooperation zwischen Hochschulen und Wirtschaft, S. 46; konträrer Meinung ist Rüfner, AöR 89 (1964), 261 (268); v. Mutius, in: Dolzer/Kahl/Waldhoff u. a. (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 19 Abs. 3 Rdnr. 44. 20 Dürig, in: Maunz/ders. (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 19 Abs. 3 Rdnr. 1 (Fassung von 1978). 21 Dürig, in: Maunz/ders. (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 19 Abs. 3 Rdnr. 1 (Fassung von 1978); daran anschließend Remmert, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 19 Abs. 3 Rdnr. 113. 22 Streitübersicht bei Remmert, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 19 Abs. 3 Rdnr. 26 ff.; vgl. auch sogleich unter B. II. 2. c). 23 Vgl. Bethge, Die Grundrechtsberechtigung juristischer Personen nach Art. 19 Abs. 3 GG, S. 31 f.; Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. III/2, S. 1134. 24 So Classen, Wissenschaftsfreiheit außerhalb der Hochschule, S. 114 m.w.N., der darüber hinaus zutreffend darauf hinweist, dass im Ergebnis kein wesentlicher Unterschied zu den Vorgaben des einfachen Rechts besteht. Man muss jedoch beachten, dass dieses Ergebnis keinen Widerspruch darstellt, da der beschrittene Weg maßgeblich ist; vgl. auch Lux, Rechtsfragen der Kooperation zwischen Hochschulen und Wirtschaft, S. 46 ff.
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heit.25 Denn ansonsten wäre eine eigene Grundrechtsträgerschaft obsolet. Im Ergebnis kommen nicht nur Hochschulen als „juristische Personen“ i.S.v. Art. 19 Abs. 3 GG in Betracht, sondern beispielsweise auch Fakultäten, wissenschaftliche Institute (insbesondere „An-Institute“) und Tochtergesellschaften in privater Rechtsform (vgl. sogleich unter 2. b)).26 2. Anwendbarkeit des Grundrechts „seinem Wesen nach“ Das Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit müsste des Weiteren auf die benannten juristischen Personen „seinem Wesen nach“ anwendbar sein. Gefragt wird also nach der grundsätzlichen Möglichkeit, Träger eines Grundrechts zu sein, und der Bestimmung der Reichweite der Grundrechtsfähigkeit. a) Juristische Personen des öffentlichen Rechts als Grundrechtsträger Üblicherweise sind juristische Personen des öffentlichen Rechts nicht grundrechtsfähig.27 Als Begründung sollte man jedoch nicht wie die Rechtsprechung auf das Konfusionsargument zurückgreifen (welches da lautet, dass der Staat nicht gleichzeitig Grundrechtsverpflichteter und -berechtigter sein könne).28 Denn dieser Begründungsansatz ist lückenhaft.29 Es ist nicht ungewöhnlich, dass eine Norm (z. B. § 433 BGB) dasselbe Rechtsubjekt einerseits verpflichtet und andererseits berechtigt.30 Zentral für die Ablehnung der Grundrechtsfähigkeit der juristischen Personen des öffentlichen Rechts ist vielmehr, dass durch ein solche die Hauptfunktion der Grundrechte als Abwehrrechte des Einzelnen gegen den Staat unterlaufen würde.31 Denn mit der unbeschränkten Anerkennung einer Grundrechtsträgerschaft ginge
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Vgl. Trute, Die Forschung zwischen grundrechtlicher Freiheit und staatlicher Institutionalisierung, S. 358; Classen, Wissenschaftsfreiheit außerhalb der Hochschule, S 114. 26 Ebenso Maunz, in: ders./Dürig (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 34. 27 So die ständige Rspr. und die h.M.; vgl. z. B. BVerfGE 61, 82 (100 f.); 68, 193 (206); 75, 192 (196); Dreier, in: ders. (Hrsg.), GG-Kommentar, Art. 19 Abs. 3 Rdnr. 57; Kloepfer, Verfassungsrecht II, S. 57 m.w.N,; a.M. Bettermann, NJW 1969, 1321 ff., der u. a. darauf verweist, dass der Wortlaut nicht zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts und des Privatrechts differenziert; ebenso Broß, VerwArch 77 (1986), 65 (72 ff.). 28 BVerfGE 15, 256 (261 f.); 21, 362 (369 ff.); kritisch Jachmann, BayVBl. 1998, 129 (131); Storr, Der Staat als Unternehmer, S. 181 ff. 29 Es versagt bereits, wenn Grundrechtsträger und Grundrechtsverpflichteter zwei verschiedene Rechtssubjekte sind. Aber selbst wenn beide Rechtssubjekte identisch sind, trifft das Konfusionsargument nicht zu; vgl. ausführlich Kluth, Funktionale Selbstverwaltung, S. 402 ff. 30 Z. B. berechtigt und verpflichtet § 433 BGB den Käufer als Schuldner und Gläubiger (je nach Perspektive); anschaulich bereits Bettermann, NJW 1969, 1321 (1323). 31 BVerfGE 61, 82 (100).
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eine unzulässige Ausdehnung staatlicher Macht einher.32 Ein weiteres Argument gegen eine grundsätzliche Grundrechtsfähigkeit lässt sich dem Zweck der Gründung und Errichtung juristischer Personen des öffentlichen Rechts entnehmen. Dieser ist in der Regel staatsorganisationsrechtlicher Natur. Die Bildung von juristischen Personen bezweckt die Zuordnung (und gleichzeitige Abgrenzung) bestimmter Kompetenzen an diese Institution und die gleichzeitige sichtbare Ausformung nach außen.33 Kompetenzen unterscheiden sich jedoch grundlegend in ihrer Struktur und ihrem Schutzzweck von Grundrechten.34 Wären sie gleichgestellt, dann würde jeder Kompetenzkonflikt zwischen verschiedenen juristischen Personen des öffentlichen Rechts zu einem Grundrechtskonflikt erwachsen. Zugleich könnte unzulässigerweise die Kompetenzordnung des Grundgesetzes umgangen werden, indem die Möglichkeit bestünde, Kompetenzen durch die Grundrechte auszulegen.35 Ein umfassender Grundrechtsschutz steht dem Staat somit nicht zu. Ohnehin ist der Staat aber in der Regel auf diesen Schutz nicht angewiesen, da er als demokratischer Rechtsstaat seine Existenz auf andere Weise sichert.36 b) Juristische Personen des öffentlichen Rechts in privater Rechtsform sowie gemischtwirtschaftliche Unternehmen Die Versagung grundrechtlichen Schutzes gilt unabhängig von der gewählten Rechtsform. Ob eine juristische Person in einer öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Rechtsform organisiert wird, ist der Verwaltung grundsätzlich selbst überlassen.37 Wenn aber die gewählte Rechtsform ausschlaggebend für eine Ablehnung oder Bejahung der Grundrechtsträgerschaft wäre, dann könnte die Verwaltung selbst über deren Anwendung bestimmen. Art. 19 Abs. 3 GG macht jedoch deutlich, dass es gerade nicht auf wählbare und fakultative Faktoren ankommen 32 Vgl. Classen, Wissenschaftsfreiheit außerhalb der Hochschule, S. 117; Rüfner, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. V, § 116 Rdnr. 60 ff. 33 Vgl. Hailbronner, Die Freiheit der Forschung und Lehre als Funktionsgrundrecht, S. 58; Rüfner, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. V, § 116, Rdnr. 68. 34 BVerfGE 21, 362 (370 f.); 96, 231 (239); Classen, Wissenschaftsfreiheit außerhalb der Hochschule, S. 117; anders Pieroth/Schlink, Grundrechte, Rdnr. 193 f., die grundsätzlich davon ausgehen, dass die Kompetenzen innerhalb der Grundrechte eine Rolle spielen würden. 35 So zutreffend Kluth, Funktionale Selbstverwaltung, S. 404. 36 Aus dem Verfassungsprozessrecht sei z. B. das Organstreitverfahren gem. Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG genannt. Für die generelle Existenzsicherung des Staates sind die Geltung des Rechts und deren Durchsetzung die wichtigsten Voraussetzungen. Aus diesem Grunde ist ihm die Berufung auf so genannte „Justizgrundrechte“ nicht verwehrt (vgl. Art. 101 Abs. 1 S. 2 und Art. 103 Abs. 1 GG); dazu BVerfGE 3, 359 (363); 18, 44 (447); 21, 362 (373). 37 So genannte Formenwahlfreiheit der Verwaltung. Nach diesem Grundsatz ist die Verwaltung grundsätzlich berechtigt, auch privatrechtliche Organisations- und Handlungsformen zu wählen, solange eine bestimmte Organisations- oder Handlungsform nicht de lege lata zwingend vorgegeben ist; näher Ehlers, in: Erichsen/ders. (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 3 Rdnr. 34 ff.; zu den Privatisierungsformen vgl. nur Burgi, Funktionale Privatisierung und Verwaltungshilfe, S. 71 ff.
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kann, deren Beeinflussung darüber hinaus die Verwaltung selbst in der Hand hat, sondern auf vorgegebene und gegebenenfalls systematisch zu erforschende Voraussetzungen, die objektiv zu ermitteln sind.38 Alle öffentlich-rechtlich konstituierten Einheiten sind demnach unabhängig von ihrer privatrechtlichen oder öffentlich-rechtlichen Organisationsform grundsätzlich nicht grundrechtsfähig.39 Einen Sonderfall stellen so genannte gemischtwirtschaftliche Unternehmen dar. Von diesen ist die Rede, wenn sowohl die öffentliche Hand als auch Private an demselben Unternehmen beteiligt sind. Falls die öffentliche Hand einen beherrschenden Einfluss auf das ganze Unternehmen ausübt, ist nach zutreffender Ansicht dem ganzen Unternehmen die Berufung auf Grundrechte versagt.40 Bei der Bestimmung des beherrschenden Einflusses kommt es nicht auf die konkreten Einwirkungsbefugnisse auf der Führungsebene des Unternehmens an, sondern vielmehr auf die Gesamtverantwortung für das gemischtwirtschaftliche Unternehmen.41 Regelmäßig ist ab einer Beteiligung von 50 Prozent seitens der öffentlichen Hand von einer Verneinung der Grundrechtsfähigkeit des Unternehmens auszugehen. Dabei ist zu beachten, dass dem Prozentsatz der Beteiligung zwar keine alleinige ausschlaggebende Bedeutung zur Bestimmung des beherrschenden Einflusses zukommt, aber zumindest eine gewichtige Indizwirkung.42 Keinen Unterschied macht es indes, wenn erst die Addition der Anteile von mehreren öffentlich-rechtlichen Trägern zu einer mehrheitlichen Anteilsbeteiligung führt.43 Etwas lapidar lautet die Begründung des BVerfG, warum die Rechte der privaten Anteilseigner durch die vollständige Grundrechtsbindung bei einem beherrschenden Einfluss der öffentlichen Hand keine ungerechtfertigte Einbuße darstelle. Ob diese sich an einem öffentlich beherrschten Unternehmen beteiligen würden oder nicht, liege in ihrer freien Entscheidung. Auch wenn sich die Mehrheitsverhältnisse erst nachträglich ändern würden, stehe es ihnen frei – wie bei der Änderung von Mehrheitsverhältnissen sonst auch – hierauf zu reagieren.44 Auch wenn der Argumentationsgang salopp daherkommt, verdient das Ergebnis Zustimmung. Wenn Private mit Trägern öffentlicher 38 So zutreffend Storr, Der Staat als Unternehmer, S. 217 f.; Roellecke, in: Umbach u. a. (Hrsg.), Grundgesetz – Mitarbeiterkommentar, Art. 19 Abs. 3 Rdnr. 132. 39 Früher wurde teilweise eine Gewerbefreiheit der öffentlichen Hand insbesondere für unternehmerische Betätigung gefordert; vgl. Bettermann, in: Mitglieder der juristischen Fakultät Berlin (Hrsg.), FS Hirsch, S. 1 (23); Dickersbach, WiVerwR 1983, 187 ff.; ablehnend z. B. Püttner, Die öffentlichen Unternehmen, S. 93 f.; Pielow, Grundstrukturen öffentlicher Verwaltung, S. 375. 40 Vgl. BVerfG, NJW 1990, 1783 ff.; NVwZ 2009, 1282 ff. (zu Energieversorgungsunternehmen) und jüngst BVerfGE 128, 226 ff. (Fraport); Dreier, in: ders. (Hrsg.), GG-Kommentar, Art. 19 Abs. 3 Rdnr. 77 m.w.N.; Huber, in: v. Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), GGKommentar, Art. 19 Abs. 3 Rdnr. 293 m.w.N. 41 BVerfGE 128, 226 (246). 42 Nähere Ausführungen bei Dreier, in: ders. (Hrsg.), GG-Kommentar, Art. 19 Abs. 3 Rdnr. 77. 43 BVerfGE 128, 226 (247). 44 BVerfGE 128, 226 (248).
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Gewalt kooperieren, dann dürfen sie nicht nur die Vorteile nutzen, die sich aus einer solchen Zusammenarbeit ergeben, sondern müssen gleichermaßen auch die Verpflichtungen in Kauf nehmen, die mit dieser Kooperation einhergehen. Ein „Rosinenpicken“ verbietet sich. Unberührt bleibt ohnehin das Eigentumsrecht der privaten Anteilseigner, das diese gegenüber der öffentlichen Gewalt geltend machen können.45 c) Ausnahme: Universitäten Einigkeit besteht dahingehend, dass für bestimmte Bereiche, auch für Universitäten, eine Ausnahme von diesem Grundsatz gemacht werden muss. Umstritten ist hingegen, inwieweit den Universitäten bzw. ihren Untergliederungen oder Tochtergesellschaften eine entsprechende Grundrechtsfähigkeit erwächst. Die Antwort hängt von der Schutzrichtung und Funktion des Art. 19 Abs. 3 GG ab, die sehr kontrovers beurteilt werden. aa) Die Sicht des BVerfG: Durchgriffstheorie Aus Sicht der Rechtsprechung liegt der Sinn des Art. 19 Abs. 3 GG ausschließlich darin, den Grundrechtsschutz der natürlichen Personen abzurunden.46 So ist es stringent, dass die Rechtsprechung (und Teile der Literatur) an das Erfordernis eines „personalen Substrats“47 anknüpft, d. h., dass sie die Einbeziehung der juristischen Personen in den grundrechtlichen Schutzbereich davon abhängig macht, wie eine solche der freien Entfaltung der natürlichen Personen dienen würde.48 Eine Grundrechtsfähigkeit ist nach der Rechtsprechung nur dann gerechtfertigt, wenn der „Durchblick“49 bzw. „Durchgriff“50 auf die hinter der juristischen Person stehenden 45
Vgl. statt vieler Ehlers, Gutachten E für den 64. DJT 2002, S. 39. Vgl. z. B. BVerfGE 21, 362 (369); 61, 82 (101); 68, 193 (205 f.); zustimmend statt vieler Remmert, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 19 Abs. 3 Rdnr. 36 ff. m.w.N.; Gärditz, Hochschulorganisation und verwaltungsrechtliche Systembildung, S. 370 ff. m.w.N. 47 Der Begriff des „personalen Substrats“ stammt nicht vom BVerfG selbst, sondern von Pieroth/Schlink, Grundrechte, Rdnr. 152. 48 Vgl. BVerfGE 21, 362 (369); 61, 82 (101); 68, 193 (205 f.); zustimmend vor allem Gärditz, Hochschulorganisation und verwaltungsrechtliche Systembildung, S. 370 ff. 49 Beide Begriffe werden vom BVerfG synonym angewandt. Der Begriff des „Durchgriffs“ wird überwiegend verwendet, obwohl m. E. der Begriff des „Durchblicks“ den Sinn und Zweck der Meinung des BVerfG besser widerspiegelt. 50 Die „Durchgriffstheorie“ darf nicht mit der „Sachwaltertheorie“ gleichgesetzt werden. Letztere postuliert einen völlig gleichgeschalteten Grundrechtsschutz von einer natürlichen und einer übergeordneten juristischen Person. Insbesondere Bethge, Die Grundrechtsberechtigung juristischer Personen nach Art. 19 Abs. 3 GG, S. 97 f., hat versucht die Sachwaltertheorie wiederzubeleben. Die juristische Person nehme als Sachwalter treuhänderisch ein Grundrecht wahr. Diese Auffassung widerspricht dem Sinn von Art. 19 Abs. 3 GG. Dieser Artikel stellt keine „Grundrechtstreuhand“ dar, sondern formt eigenständige Grundrechtspositionen für 46
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natürlichen Personen eine Einbeziehung in den Schutzbereich erforderlich erscheinen lässt.51 Dies sei bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts (wie in diesem Kapitel unter B. II. 2. a) dargelegt) regelmäßig zu verneinen.52 Eine Grundrechtsfähigkeit einer juristischen Person des öffentlichen Rechts könne jedoch ausnahmsweise bejaht werden, wenn die betreffende juristische Person unmittelbar dem grundrechtlich geschützten Lebensbereich zuzuordnen sei.53 Dies sei insbesondere dann der Fall, wenn die juristische Person des öffentlichen Rechts dem Individuum zur Verwirklichung seiner individuellen Grundrechte diene und als vom Staat unabhängige Einrichtung ausgestaltet sei.54 Das BVerfG hat sich zwar bislang noch nicht explizit dazu geäußert, ob die geforderten Voraussetzungen im Falle der Universitäten erfüllt sind, da es bislang die Grundrechtsträgerschaft von Hochschulen nur in der Zulässigkeit bejaht und in der Begründetheit ausdrücklich offengelassen hat.55 Das hindert aber nicht daran, die Tätigkeiten der Universitäten unter die beiden Voraussetzungen (Zuordnung zum grundrechtlich geschützten Lebensbereich und hinreichende Staatsferne) zu subsumieren. Bei Universitäten liegt ein „personales Substrat“ in Form der Hochschulwissenschaftler klar auf der Hand (anders als z. B. bei öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten)56. Als Wissenschaftsbetrieb ermöglichen Universitäten erst durch ihre Struktur, ihr Personal und ihre technischen sowie finanziellen Mittel die Entfaltung von freier Wissenschaft. Universitäten sind damit dem grundrechtlich geschützten Lebensbereich der Wissenschaft zuzuordnen. Das Erfordernis einer gewissen Staatsferne äußert sich vor allem in der rechtlichen Verselbstständigung der Universitäten und der damit verbundenen Ausklammerung aus der unmittelbaren Staatsverwaltung. Darüber hinaus verfügen sie in akademischen Angelegenheiten über ein Recht der Selbstverwaltung, was ebenfalls die Staatsdistanz unterstreicht.57 juristische Personen; kritisch auch Lux, Rechtsfragen der Kooperation zwischen Hochschulen und Wirtschaft, S. 48 ff. 51 BVerfGE 21, 362 (369). 52 BVerfGE 15, 256 (261 f.); 21, 362 (369 ff.). 53 BVerfGE 21, 362 (373); 31, 314 (322); 61, 82 (102); 75, 192 (196); 85, 360 (384); 93, 85 (93). 54 BVerfGE 21, 362 (373); 31, 314 (322). 55 Vgl. u. a. BVerfGE 15, 256 (262; 264); 67, 202 (207; 211); vgl. auch Kluth, Funktionale Selbstverwaltung, S. 427; Lux, Rechtsfragen der Kooperation zwischen Hochschulen und Wirtschaft, S. 47. 56 Vgl. dazu die Ausführungen von Storr, Der Staat als Unternehmer, S. 219. 57 Ob den Universitäten ein Selbstverwaltungsrecht bereits durch Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG eingeräumt wird, ist umstritten. Da aber die meisten Landesverfassungen und dazu alle Landeshochschulgesetze den Universitäten in akademischen Angelegenheiten ein Recht zur Selbstverwaltung gewähren, braucht der Streit nicht entschieden zu werden. Für eine grundrechtliche Verwurzelung der akademischen Selbstverwaltung sind z. B. Knemeyer, BayVBl. 1982, 513 (514); Thieme, Hochschulrecht, S. 65 f.; Hendler, Selbstverwaltung als Ordnungsprinzip, S. 330 f.; dagegen sind z. B. Gallas, Die Staatsaufsicht über die wissenschaftlichen Hochschulen, S. 83 f.; Erichsen/Scherzberg, NVwZ 1990, 8 (9); Tomerius, Die Hoch-
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Eine Grundrechtsfähigkeit von Universitäten kann somit im Ergebnis nach der Rechtsprechung bejaht werden.58 Die Rechtsform spielt hierbei keine Rolle. Das bedeutet, dass sowohl Hochschulen und ihre Untergliederungen als auch von der Hochschule ausgegliederte Gesellschaften in Privatrechtsform als Grundrechtsträger grundsätzlich in Betracht kommen. bb) Die überwiegende Sicht der Literatur: Grundrechtstypische Gefährdungslage Auf einem anderen dogmatischen Wege kommt hingegen der überwiegende Teil der Literatur zur Bejahung der Grundrechtsfähigkeit der Universitäten.59 Nach dieser Auffassung ist bei der Grundrechtsträgerschaft juristischer Personen60 zu prüfen, ob erstens das Grundrecht korporativ ausgeübt werden könne, ob zweitens die juristische Person die grundrechtlich geschützte Tätigkeit tatsächlich ausübe und ob drittens sich die juristische Person in einer dem Bürger vergleichbaren „grundrechtstypische Gefährdungslage“ gegenüber dem freiheitsgefährdenden Staat i. e.S. befinde.61 Da diese Voraussetzungen ausschließlich von Art. 19 Abs. 3 GG und nicht von der Schutzbedürftigkeit der Individualgrundrechtsträger ausgehen, resultiert aus der Auffassung der Literatur eine von den natürlichen Personen unabhängige Grundrechtsposition und unterscheidet sich insofern von der Ansicht der Rechtsprechung.62 Erfüllen nun Universitäten die drei genannten Voraussetzungen? Die Möglichkeit, das Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit korporativ auszuüben, steht nicht in schulautonomie und ihre Einschränkungen beim Zusammenwirken von Land und Hochschule, S. 82 ff.; Pieroth/Schlink, Grundrechte, § 4 Rdnr. 77. 58 So auch im Rahmen der Zulässigkeit z. B. BVerfGE 15, 256 (262); 21, 362 (369 ff.); 39, 302 (313); 93, 85 (93). 59 Vgl. z. B. Bettermann, NJW 1969, 1321 ff.; Dickert, Naturwissenschaft und Forschungsfreiheit, S. 309; Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. III/1, § 59; Hartung, DÖV 1992, 393 (400); Erichsen, Staatsrecht und Verfassungsgerichtsbarkeit, Bd. 1, S. 160; Pieroth/Schlink, Grundrechte, Rdnr. 183; v. Mutius, in: Dolzer/Vogel/Waldhoff u. a. (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 19 Abs. 3 Rdnr. 146. 60 Und zwar unabhängig davon, ob es sich um juristische Personen des öffentlichen Rechts oder des Privatrechts handelt. Sie argumentieren, dass Art. 19 Abs. 3 GG gerade nicht zwischen diesen unterscheide, sondern einheitlich von „juristischen Personen“ spreche; vgl. Tomerius, Die Hochschulautonomie und ihre Einschränkungen beim Zusammenwirken von Land und Hochschule, S. 89 f. 61 Diese Aufzählung stammt von Lux, Rechtsfragen der Kooperation zwischen Hochschulen und Wirtschaft, S. 48, die sich wiederum auf Tomerius, Die Hochschulautonomie und ihre Einschränkungen beim Zusammenwirken von Land und Hochschule, S. 88 ff., stützt. 62 So Trute, Die Forschung zwischen grundrechtlicher Freiheit und staatlicher Institutionalisierung, S. 364 f.; Zimmermann, Der grundrechtliche Schutzanspruch juristischer Personen des öffentlichen Rechts, S. 70 ff.; Tomerius, Die Hochschulautonomie und ihre Einschränkungen beim Zusammenwirken von Land und Hochschule, S. 89 f.; Lux, Rechtsfragen der Kooperation zwischen Hochschulen und Wirtschaft, S. 49.
B. Personeller Schutzbereich des Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG
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Frage. Das Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit knüpft nicht an menschliche Eigenschaften an und setzt auch keine solchen Fähigkeiten voraus, welche nicht von juristischen Personen substituiert werden könnten.63 Zwar können Universitäten nicht selbst forschen und lehren, sie schaffen und gewährleisten jedoch die notwendigen Rahmenbedingungen, ohne die freie Wissenschaft nicht stattfinden könnte. Somit ist von einer korporativen Ausübbarkeit des Grundrechts der Wissenschaftsfreiheit auszugehen. Die Ausführungen leiten sofort über zur zweiten Voraussetzung, nach welcher sich Universitäten tatsächlich wissenschaftlich betätigen müssen. Die soeben erwähnte Bereitstellung und Gewährleistung von personellen sowie technischen und organisatorischen Rahmenbedingungen sind als unerlässlich für einen effektiven Grundrechtsschutz zu bewerten.64 Dass die Organisation der Universität von besonderer Bedeutung für die Wissenschaft als solche ist, wird darüber hinaus bereits daran deutlich, dass man Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG auch als „Organisationsgrundrecht“65 bezeichnet.66 Bedenkt man, dass sich Individualgrundrechtsträger auf die objektiv-rechtlichen Dimensionen der Wissenschaftsfreiheit berufen können, die vor allem auf Organisation und Verfahren bezogen sind, so wird man nicht abstreiten können, dass sich durch die Gewährleistungen der dargestellten Rahmenbedingungen auch Universitäten wissenschaftlich betätigen. Als letztes müssten sich Universitäten und Individualgrundrechtsträger in einer vergleichbaren „grundrechtstypischen Gefährdungslage“ gegenüber dem Staat befinden. Eine solche Lage liegt nach Auffassung der Literatur vor, wenn sich eine juristische Person beim fraglichen Handeln in demselben Außenrechtsverhältnis befinde wie ein Staatsbürger.67 Hier wird die Subsumtion dadurch erleichtert, dass es sich bei Universitäten gerade um verselbstständigte Rechtspersonen handelt, die nicht unmittelbar in die Staatsorganisation eingebunden sind. Darüber hinaus sind sie in so genannten wissenschaftlichen Angelegenheiten nicht weisungsgebunden.68 Aus diesen Gründen ist von einer vergleichbaren Gefährdungslage gegenüber dem Staat 63 Nicht in Betracht käme somit z. B. eine Berufung einer juristischen Person auf die Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) oder die körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG); vgl. Lux, Rechtsfragen der Kooperation zwischen Hochschulen und Wirtschaft, S. 47; Kloepfer, Verfassungsrecht II, S. 60 64 Lux, Rechtsfragen der Kooperation zwischen Hochschulen und Wirtschaft, S. 49. 65 Grundlegend Schmidt-Aßmann, in: Becker/Bull/Seewald (Hrsg.), FS Thieme, S. 697 ff.; Geis, WissR 37 (2004), 2 (13 f.). 66 Vgl. u. a. Erichsen/Scherzberg, NVwZ 1990, 8 (11 f.); Tomerius, Die Hochschulautonomie und ihre Einschränkungen beim Zusammenwirken von Land und Hochschule, S. 91. 67 v. Mutius, Jura, 1983, 30 (40); ders., in: Dolzer/Vogel/Waldhoff u. a. (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 19 Abs. 3 Rdnr. 146. 68 Hochschulen dürfen die so genannten Körperschaftsangelegenheiten (d. h. wissenschaftsrelevante Aufgaben in Forschung und Lehre) im Rahmen ihres akademischen Selbstverwaltungsrechts eigenständig erledigen. Der Staat führt nur Rechtsaufsicht. Rechts- und Fachaufsicht hingegen hat der Staat in dem Bereich der staatlichen Angelegenheiten (vor allem Haushalts- und Personalangelegenheiten) inne, in dem Hochschulen als rechtlich unselbstständige Landeseinrichtungen fungieren; vgl. Lynen, in: Hartmer/Detmer (Hrsg.), Hochschulrecht, S. 75 (95 ff.).
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4. Kap.: Wissenschaftsfreiheit und die Wirtschaftsbetätigung im Fokus
i. e.S. auszugehen. Somit kommt im Ergebnis auch die Meinung der Literatur zur Bejahung einer Grundrechtsfähigkeit der Universitäten. cc) Stellungnahme Die Meinung des BVerfG und der Literatur bejahen letztlich beide die Grundrechtsträgerschaft von Universitäten. Diesem Ergebnis ist zunächst einmal zuzustimmen. Es kann für die Beurteilung der Grundrechtsfähigkeit nicht darauf ankommen, ob eine Universität in staatlicher oder privater Hand ist, zumal in Deutschland die ganz überwiegende Anzahl der Universitäten vom Staat getragen wird, was allein auf historische Gründe zurückzuführen ist.69 Allerdings unterscheiden sich beide Auffassungen hinsichtlich der Reichweite der universitären Grundrechtsfähigkeit, was auf divergierende Begründungen der Verleihung des Grundrechtschutzes (teilweise) in Kombination mit einer unterschiedlichen dogmatischen Herleitung zurückzuführen ist. Diese Verschiedenheit wird insbesondere bei einem Konflikt im Binnengefüge der Universitäten sichtbar (vgl. dazu 4. Kap. E.), namentlich zwischen der Universität (oder weiteren grundrechtsfähigen Organisationseinheiten von Universitäten) und Hochschulforschern und -lehrern (oder anderen grundrechtsberechtigten natürlichen Personen i.S.v. Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG).70 Während den Universitäten in dieser Fallkonstellation nach Meinung des BVerfG eine Berufung auf Art. 5 Abs. 3 GG von vornherein verwehrt wäre, stünde ihr nach Ansicht der Literatur ein solches Recht grundsätzlich zu. Denn nach dem BVerfG käme den Universitäten nur insoweit Grundrechtsschutz zu, als ein solcher die Verwirklichung der individuellen Freiheitsentfaltung fördern würde, wohingegen nach Ansicht der Literatur den Universitäten eine vom Individualgrundrechtsträger unabhängige Grundrechtsposition zustünde. Zu klären gilt es, welcher Meinung zu folgen ist. Zutreffend erscheint es von Art. 19 Abs. 3 GG auszugehen. Die alleinige Existenz von Art. 19 Abs. 3 GG bringt bereits zum Ausdruck, dass in dogmatischer Hinsicht den juristischen Personen eine eigenständige Grundrechtsposition zukommen muss. Denn wenn ein von den Individualgrundrechtsträgern abgeleiteter Grundrechtsschutz ausreichen würde, so wäre die Vorschrift obsolet.71 Ein direkter Rückgriff (den indes auch nicht die Rechtsprechung, sondern die „Sachwaltertheorie“ propagiert)72 auf Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG muss schon deswegen scheitern, weil es sich bei Universitäten um komplexe Gebilde handelt, die nicht als „einheitliches 69
Vgl. Storr, Der Staat als Unternehmer, S. 219. Ebenso Lux, Rechtsfragen der Kooperation zwischen Hochschulen und Wirtschaft, S. 50 ff. 71 Oder ihr Anwendungsbereich würde auf eine bloße deklaratorische Bedeutung minimiert, was auf das Gleiche hinausliefe. 72 Insbesondere Bethge, Die Grundrechtsberechtigung juristischer Personen nach Art. 19 Abs. 3 GG, S. 97 f., hat versucht die Sachwaltertheorie wiederzubeleben. Die juristische Person nehme als Sachwalter treuhänderisch ein Grundrecht wahr. Diese Auffassung widerspricht jedoch dem Sinn von Art. 19 Abs. 3 GG; kritisch Lux, Rechtsfragen der Kooperation zwischen Hochschulen und Wirtschaft, S. 48 ff. 70
B. Personeller Schutzbereich des Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG
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Produkt von Willensentschließungen der in ihnen zusammengefassten Grundrechtsträger“73 darstellbar sind. Darüber hinaus repräsentieren Universitäten beispielsweise auch Belange der Mitarbeiter aus Technik und Verwaltung, die sich nicht auf die Wissenschaftsfreiheit berufen dürfen. Somit ist es für die Beurteilung der Grundrechtsfähigkeit von Universitäten notwendig an Art. 19 Abs. 3 GG anzuknüpfen, gemäß dem das Grundgesetz eine korporative Freiheitsentfaltung unter bestimmten Voraussetzungen für schützenswert befindet.74 Die Anknüpfung an Art. 19 Abs. 3 GG bedeutet jedoch nicht, dass der Bezug zu den Individualgrundrechtsträgern für die Auslegung des Art. 19 Abs. 3 GG unwesentlich wäre.75 Tatsächlich trifft das Gegenteil zu, wie sowohl systematische als auch teleologische Erwägungen zeigen. Zum einen steht Art. 19 Abs. 3 GG selbst in dem Abschnitt „Grundrechte“ und kann demnach nicht isoliert vom Grundrechtskatalog ausgelegt werden. Zum anderen ist der Sinn und Zweck der Verleihung von Grundrechtsfähigkeit an Korporationen vorrangig in der Arrondierung des Schutzes der Mitglieder zu sehen, die die juristische Person bilden.76 Universitäten dienen nicht dazu, eigene Angelegenheiten (im Sinne eines Selbstzwecks der Organisation) gegen den Staat i. e.S. zu verteidigen. Stattdessen ist ihr Handeln an den Zweck gebunden, zu welchem die Organisation überhaupt gegründet wurde, namentlich (bei Universitäten) zur Pflege von wissenschaftlicher Forschung und Lehre.77 Universitäten bilden demnach zum Wohl ihrer Mitglieder einen weiteren Schutzwall gegen den Staat i. e.S., indem sie beispielsweise grundrechtlichen Schutz wahrnehmen, wenn eine individuelle Zurechnung zum Individualgrundrechtsträger nicht mehr möglich ist. Somit bekräftigt die systematische und teleologische Auslegung des Art. 19 Abs. 3 GG die Notwendigkeit einer steten Rückkopplung an den Grundrechtsschutz der betroffenen natürlicher Personen.78 Mit anderen Worten stellt der Individualbezug 73
Gärditz, Hochschulorganisation und verwaltungsrechtliche Systembildung, S. 372. So auch Gärditz, Hochschulorganisation und verwaltungsrechtliche Systembildung, S. 372, der zutreffend festhält: „Der Gewinn ausdifferenzierten Grundrechtsschutzes durch und in Organisation und Verfahren darf […] nicht gleichsam durch die Hintertür des Korporativen wieder entwertet werden.“ 75 A.M. Trute, Die Forschung zwischen grundrechtlicher Freiheit und staatlicher Institutionalisierung, S. 362 f.; Schmidt-Aßmann, in: Becker/Bull/Seewald (Hrsg.), FS Thieme, S. 697 (706 ff.); Classen, Wissenschaftsfreiheit außerhalb der Hochschule, S. 114 f.; Lux, Rechtsfragen der Kooperation zwischen Hochschulen und Wirtschaft, S. 50 f.; Pernice, in: Dreier (Hrsg.), GG-Kommentar, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 34 f.; Bethge, in: Sachs (Hrsg.), GGKommentar, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 211; Fehling, in: Dolzer/Kahl/Waldhoff u. a. (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 126. 76 Zutreffend Gärditz, Hochschulorganisation und verwaltungsrechtliche Systembildung, S. 373. 77 Zustimmend Huber, in: v. Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), GG-Kommentar, Art. 19 Abs. 3 Rdnr. 227; Storr, Der Staat als Unternehmer, S. 206; Gärditz, Hochschulorganisation und verwaltungsrechtliche Systembildung, S. 373 f. 78 So auch Kluth, Funktionale Selbstverwaltung, S. 439, nach dem die primär rechtfertigenden Wesensmerkmale des Art. 19 Abs. 3 GG in dem Schutz der natürlichen Person, insbesondere in der Menschenwürde und ihren Entfaltungsbedingungen zu sehen sind. 74
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4. Kap.: Wissenschaftsfreiheit und die Wirtschaftsbetätigung im Fokus
den unabdingbaren Legitimations- und Interpretationsmaßstab der Grundrechtsanerkennung von juristischen Personen des öffentlichen Rechts dar.79 Das bedeutet, dass den Universitäten zwar aus dogmatischer Sicht eine eigenständige Grundrechtsposition erwächst, diese aber wiederum funktional an einen bestimmten Schutzzweck gebunden ist.80 Demnach ist die Grundrechtsfähigkeit von Universitäten relativ zu bestimmen.81 Abstrakt gesehen kann jeder hinreichend verselbstständigten universitären Einheit, die darüber hinaus fähig zur Willensbildung ist, eine Grundrechtsfähigkeit zukommen, konkret betrachtet hingegen nur, soweit eine entsprechende Grundrechtsfähigkeit dem Schutz der Hochschulwissenschaftler dienen würde.82 In keinem Fall ist es mithin möglich, dass eine Universität den ihr verliehenen Grundrechtsschutz gegen die an ihr tätigen Hochschulwissenschaftler „ausspielt“. Zu einem konträren Ergebnis würde man indes gelangen, wenn man der Meinung der „grundrechtstypischen Gefährdungslage“ folgen würde. Der Kern dieser Ansicht kommt gut bei Dreier zum Ausdruck, nach welchem Art. 19 Abs. 3 GG gerade die „Kunstprodukte menschlicher Tätigkeiten um ihrer selbst willen und nicht allein wegen der hinter ihnen stehenden natürlichen Rechtssubjekte“ schützt. Jedoch wird ohne das verbindende Element des „personalen Substrats“ Art. 19 Abs. 3 GG der Sinn entzogen.83 Was der Selbstzweck bei Universitäten sein soll, wenn nicht der Schutz der Mitglieder gegenüber dem Staat i. e.S., vermag diese Meinung nicht zu begründen. Im Übrigen bleibt auch die zentrale Bestimmung der „grundrechtstypischen Gefährdungslage“ mittels eines Vergleichs völlig unklar.84 Bereits die Existenz von Art. 19 Abs. 3 GG verdeutlicht, dass das Handeln von natürlichen und juristischen Personen nie gleichwertige Formen annehmen kann, wie es aber die „grundrechtstypische Gefährdungslage“ unzutreffend impliziert bzw. voraussetzt.85 Im Ergebnis ist somit (trotz der teilweise berechtigten Kritik)86 dem 79
Vgl. Dürig, in: Maunz/ders. (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 19 Abs. 3 Rdnr. 1 (Fassung von 1978). 80 So explizit Gärditz, Hochschulorganisation und verwaltungsrechtliche Systembildung, S. 373; zustimmend Kempen, in: Hartmer/Detmer (Hrsg.), Hochschulrecht, S. 1 (10); im Ergebnis ähnlich Schmidt-Aßmann, in: Becker/Bull/Seewald (Hrsg.), FS Thieme, S. 697 (705), der die Meinung vertritt, dass der Grundrechtsschutz von Wissenschaftsorganisationen bei den individuellen Trägern seinen Ausgangspunkt nehme, sich dann aber dogmatisch verselbstständige, jedoch an seine personalen Grundlage rückgebunden bleibe; ebenso Kluth, Funktionale Selbstverwaltung, S. 443. 81 Gärditz, Hochschulorganisation und verwaltungsrechtliche Systembildung, S. 373. 82 So beschreibt Gärditz, Hochschulorganisation und verwaltungsrechtliche Systembildung, S. 374, zutreffend: „Eine völlige Verselbstständigung korporativer Selbstbestimmung würde die Organisation von ihren Trägern ablösen und damit gerade diejenige Freiheitsausübung gefährden, um derentwillen eine Korporation geschaffen wurde.“ 83 So explizit auch Storr, Der Staat als Unternehmer, S. 207. 84 Kritisch Classen, Wissenschaftsfreiheit außerhalb der Hochschulen, S. 116; Kluth, Funktionale Selbstverwaltung, S. 439; Storr, Der Staat als Unternehmer, S. 206 ff. 85 Zimmermann, Der grundrechtliche Schutzanspruch juristischer Personen des öffentlichen Rechts, S. 48; daran anknüpfend Classen, Wissenschaftsfreiheit außerhalb der Hochschulen, S. 116.
B. Personeller Schutzbereich des Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG
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BVerfG zuzustimmen. Denn nur diese Meinung berücksichtigt in hinreichendem Maße den systemtragenden Individualbezug der Grundrechte und schließt eine Gefährdung von denen aus, um derentwillen überhaupt erst eine Korporation gebildet wurde.87 Mithin ist Universitäten eine relationale Grundrechtsfähigkeit hinsichtlich der Wissenschaftsfreiheit zu attestieren. Zusammenfassend rundet der korporative Grundrechtsschutz die individuelle Freiheitsentfaltung demnach ab. Eine Einbeziehung in den grundrechtlichen Schutzbereich ist, wie das BVerfG zutreffend ausdrückt, nur dann gerechtfertigt, „wenn ihre Bildung und Betätigung Ausdruck der freien Entfaltung der natürlichen Personen sind, besonders, wenn der ,Durchgriff‘ auf die hinter den juristischen Personen stehenden Menschen dies als sinnvoll und erforderlich erscheinen lässt“88. Insbesondere was Organisation und Verfahren betrifft kommt somit im Ergebnis den Universitäten grundrechtlicher Schutz zu.89 Auch wo eine individuelle Zurechnung nicht oder nur schwierig möglich ist, dürfen Universitäten ihren korporativen grundrechtlichen Schutz ausüben.
III. Anwendung der ermittelten Voraussetzungen auf die einzelnen Hochschuleinheiten Im Folgenden ist zu untersuchen, welche der bereits eingangs90 vorgestellten Hochschuleinheiten prinzipiell als Grundrechtsträger der Wissenschaftsfreiheit neben den in der Regel körperschaftlich verfassten Universitäten in Betracht kommen. Zusammenfassend müssen die verschiedenen Hochschuleinheiten folgende Voraussetzungen erfüllen: 1. Sie müssen Träger von Rechten und Pflichten sein können, d. h. dass eine organisatorische Verfestigung und eine Fähigkeit zur Willensbildung vorzuweisen ist. 2. Sie müssen gegenüber der übergeordneten Einheit „Universität“ eine gewisse Eigenständigkeit aufweisen. 3. Sie müssen der Verwirklichung der freien Entfaltung der Individualgrundrechtsträger dienen, was insbesondere dann der Fall ist, wenn der „Durchgriff“ auf die hinter den juristischen Personen stehenden Menschen einen zusätzlichen korporativen Grundrechtsschutz als sinnvoll und erforderlich erscheinen lässt. 86 So beschränkt die Rechtsprechung die korporative Berufung der Rundfunkfreiheit z. B. nicht auf das Außenverhältnis; vgl. BVerfGE 14, 121 (130 f.); kritisch z. B. Tomerius, Die Hochschulautonomie und ihre Einschränkungen beim Zusammenwirken von Land und Hochschule, S. 91 ff.; Lux, Rechtsfragen der Kooperation zwischen Hochschulen und Wirtschaft, S. 50 f. 87 Gärditz, Hochschulorganisation und verwaltungsrechtliche Systembildung, S. 376. 88 BVerfGE 21, 362 (369); 68, 193 (205 f.); 75, 192 (196). 89 So kommt es, dass Gärditz, Hochschulorganisation und verwaltungsrechtliche Systembildung, S. 375, in dem korporativen Grundrechtsschutz die „quasi-institutionelle Fortschreibung“ der objektiv-rechtlichen Dimensionen der Wissenschaftsfreiheit erblickt. 90 2. Kap. B. I.
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4. Kap.: Wissenschaftsfreiheit und die Wirtschaftsbetätigung im Fokus
1. Fachbereiche und Fakultäten Es zeigt sich bereits in der Struktur der Hochschulen, dass Fachbereiche und Fakultäten Träger von Rechten und Pflichten sein können.91 Fachbereiche und Fakultäten sind die Grundbausteine einer Hochschule. Aus ihnen setzt sich eine Hochschule zusammen und aus ihnen lässt sich das Profil einer Hochschule herauslesen. Dies impliziert eine organisatorische Verfestigung. Fachbereiche und Fakultäten haben naturgemäß einen stärkeren Bezug zu den Fachgebieten, die sie in sich bündeln oder einzeln repräsentieren.92 Um ihren Zweck, beispielsweise fachspezifische Aufgaben organisatorischer Art wahrzunehmen bzw. zu erfüllen, müssen sie eine Fähigkeit zur Willensbildung haben. Auch die Eigenständigkeit gegenüber der zentralen und übergeordneten Einheit ist in der Struktur der Hochschulen bereits angelegt.93 Mithin handelt es sich um eine „juristische Person“ i.S.v. Art. 19 Abs. 3 GG.94 Das Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit ist auch „seinem Wesen nach“ auf Fakultäten und Fachbereiche anwendbar, da diese als organisatorische Grundeinheiten der Universitäten die Wahrnehmung der innerhalb der Universitäten zu erfüllenden Aufgaben gewährleisten und fördern. Sie weisen sogar eine stärkere Nähe zu wissenschaftlichen Entscheidungsträgern und -gegenständen auf als die zentrale Hochschulebene.95 Bezüglich der Reichweite der Grundrechtsberechtigung und des Verhältnisses zum Individualrecht kann auf die oben gemachten Ausführungen verwiesen werden. Auch hier gilt, dass der Grundrechtsschutz der Fachbereiche und Fakultäten relational zu bestimmen ist, demnach also nicht gegen die Individual91
Die Struktur ist historisch bedingt. Früher hatten die Fakultäten und Fachbereiche eine noch viel bedeutendere, eigenständigere Rolle. Heute hat sich das Verhältnis verkehrt. Die zentrale Ebene soll nunmehr jedoch zu Lasten der dezentralen Ebene in den Fokus gerückt werden; vgl. zur Gesamtentwicklung der Fakultät seit dem Ende des zweiten Weltkrieges Rüegg (Hrsg.), Geschichte der Universität in Europa, Bd. 4, passim. 92 Zustimmend Lindner, WissR 40 (2007), 254 ff.; Gärditz, Hochschulorganisation und verwaltungsrechtliche Systembildung, S. 377 f. 93 Ursprünglich wurde die Vollwertigkeit einer Universität sogar über das Vorliegen der drei „klassischen Fakultäten“, d. h. die theologische, juristische und medizinische Fakultät, definiert. „Vollwertigkeit“ bedeutet gleichzeitig aber auch „Teilbarkeit“. Diese mögliche Teilbarkeit unterstreicht die Eigenständigkeit der Fakultäten und Fachbereiche. Zur geschichtlichen Entwicklung der fachlichen Gliederung Thieme, in: Flämig u. a. (Hrsg.), Handbuch des Wissenschaftsrechts, Bd. 1, S. 813 (814 ff.). 94 Zu dem gleichen Ergebnis kommt Lux, Rechtsfragen der Kooperation zwischen Hochschulen und Wirtschaft, S. 54, die allerdings ihre Argumentation durch Verweise in den Fußnoten auf die Landeshochschulgesetze stützen lässt. Dies verbietet sich allerdings, da auch hier gilt, dass das einfache Recht nicht die Reichweite und Anwendung des Verfassungsrechts vorgeben darf. 95 Man könnte auch den Gedanken des BVerfG aufgreifen und einen a maiore ad minus Schluss ziehen. Das heißt man könnte sagen, dass die Fakultäten und Fachbereiche in jedem Falle grundrechtsberechtigt sein müssten, da diese den Wissenschaftlern sogar noch näher stünden; so auch Dürig, in Maunz/ders. (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 19 Abs. 3 Rdnr. 29 (Fassung von 1978); vgl. zur Grundrechtsberechtigung von Fakultäten und Fachbereichen im Allgemeinen BVerfGE 15, 252 (262); 68, 193 (207); 75, 192 (196); 93, 85 (93); 111, 333 (352).
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grundrechtsträger ausgespielt werden kann. Möglich ist es den Fakultäten bzw. den Fachbereichen aber, grundrechtlichen Schutz aus Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG gegenüber der Institution „Universität“ oder dem Staat i. e.S. in Anspruch zu nehmen.96 Im Ergebnis kann somit Fachbereichen und Fakultäten eine Grundrechtsposition erwachsen.97 2. Zentrale und dezentrale wissenschaftliche Hochschulinstitute Fraglich ist, ob Gleiches für die so genannten wissenschaftlichen Hochschulinstitute gilt, die in der Regel unterhalb der Fachbereichs- bzw. Fakultätsebene angesiedelt sind, teilweise aber auch auf die zentrale Ebene „heraufgezont“98 werden. Auch sie sind auf Grund ihrer Fähigkeit zur Willensbildung und organisatorischen Verfestigung „juristische Personen“ i.S.v. Art. 19 Abs. 3 GG. Fraglich ist jedoch, ob sie gegenüber dem Fachbereich bzw. der Fakultät oder der zentralen Hochschulebene hinreichend verselbstständigt sind. Erforderlich ist dafür eine „eigenständige Transformationsleistung durch organisierter Willensbildungsprozesse, die als Freiheitsentfaltung der Organisation beschreibbar ist“99. In einem solchen Fall ist von einer ausreichenden Verselbstständigung auszugehen. Regelmäßig wird man als Indiz eine gewisse Größe des Instituts heranziehen können, in welcher sich naturgemäß eine Unabhängigkeit von einzelnen Personen manifestiert. Auf zentraler Ebene wird dies prinzipiell der Fall sein (typischerweise bei „An-Instituten“), wohingegen auf dezentraler Ebene ein genauerer Blick z. B. auf die Anzahl der Mitarbeiter und etwaige Verflechtung mit einem einzelnen Lehrstuhl(inhaber) zu prüfen sein wird. Von einer Grundrechtsfähigkeit kann nicht ausgegangen werden, wenn keine „hinreichende Emanzipation kollektiver Willensbildungsprozesse gegenüber den individuellen Grundrechtsträgern stattfindet“100. Bei einer hinreichenden Verselbstständigung hingegen kommt ein Grundrechtsschutz von Hochschulinstituten prinzipiell in Betracht.101
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Gärditz, Hochschulorganisation und verwaltungsrechtliche Systembildung, S. 378. Zu dem gleichen Ergebnis kommen BVerfGE 68, 193 (207); 75, 192 (196); 93, 85 (93); 111, 333 (352); 127, 87 (115); Hänsch, Die Rechtsstellung der Fakultäten/Fachbereiche in der Hochschule, S. 130 f.; Lindner, WissR 40 (2007), 254 ff.; Starck, in: v. Mangoldt/Klein/ders. (Hrsg.), GG-Kommentar, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 408; Bethge, in: Sachs (Hrsg.), GG-Kommentar, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 211; Scholz, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 124; Fehling, in: Dolzer/Kahl/Waldhoff u. a. (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 126. 98 Janson, in: Flämig u. a. (Hrsg.), Handbuch des Wissenschaftsrechts, Bd. 1, S. 883 (884). 99 Gärditz, Hochschulorganisation und verwaltungsrechtliche Systembildung, S. 379. 100 Gärditz, Hochschulorganisation und verwaltungsrechtliche Systembildung, S. 379. 101 Zustimmend Schulze-Fielitz, in: Geis (Hrsg.), Hochschulrecht im Freistaat Bayern, S. 158 (166); zweifelnd Gärditz, Hochschulorganisation und verwaltungsrechtliche Systembildung, S. 379. 97
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4. Kap.: Wissenschaftsfreiheit und die Wirtschaftsbetätigung im Fokus
3. Zentrale Betriebseinheiten Die so genannten zentralen Betriebseinheiten, die der Bündelung von Personalund Sachmitteln dienen (typischerweise Rechenzentrum und Bibliotheken)102, stellen zwar auch „juristische Personen“ i.S.v. Art. 19 Abs. 3 GG dar. Insofern kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden. Allerdings endet die relative Grundrechtsfähigkeit aus binnenrationalen Gründen bereits dort, wo keine wissenschaftliche Tätigkeit durch die individuellen Grundrechtsträger mehr ausgeübt wird.103 Das wird größtenteils bei zentralen Betriebseinheiten der Fall sein.104 Daraus folgt, dass zentrale Betriebseinheiten sich nicht auf die Wissenschaftsfreiheit berufen können.105 4. Technologietransferunternehmen Wie anfangs bereits dargestellt, sind die Technologietransferstellen der Hochschulen überwiegend nicht mehr in das hochschulorganisatorische Gesamtgefüge eingegliedert, sondern werden von der Hochschule als selbstständige Gesellschaften in Privatrechtsform geführt. Dass Letztere mithin „juristische Personen“ i.S.v. Art. 19 Abs. 3 GG bilden, ist offenkundig. Auch liegt gerade der Grund ihrer Ausgründung darin, ihre Handlungsfreiheit zu vergrößern, von der man sich mehr Effizienz erhofft.106 Dass die private Rechtsform nicht ausschlaggebend für die Bejahung der Grundrechtsträgerschaft sein kann, wurde bereits in diesem Kapitel unter B. II. 2. b) erläutert. Allerdings greift auch hier die Argumentation, die bereits bei der Bereichsausnahme „Hochschule“ ausgeführt wurde. Zur Bestimmung der Reichweite der konkreten Grundrechtsfähigkeit wird zu prüfen sein, ob bzw. inwieweit die wirtschaftliche Verwertung von wissenschaftlichen Tätigkeiten in den sachlichen Schutzbereich des Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG fällt (vgl. D. III.; D. IV.). Bei einer Bejahung wäre sodann zu untersuchen, ob beispielsweise durch organisations- oder verfahrensrechtliche Gesichtspunkte der individuelle Grundrechtsschutz abgerundet 102 Vgl. zu den wissenschaftlichen Bibliotheken Gattermann, in: Flämig u. a. (Hrsg.), Handbuch des Wissenschaftsrechts, Bd. 1, S. 897 ff. 103 Zutreffend Gärditz, Hochschulorganisation und verwaltungsrechtliche Systembildung, S. 379. 104 Ebenso Janson, in: Flämig u. a. (Hrsg.), Handbuch des Wissenschaftsrechts, Bd. 1, S. 883 (884); Fehling, in: Dolzer/Kahl/Waldhoff u. a. (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 143. 105 Ansonsten stehen bei diesen Institutionen Service-Leistungen für wissenschaftlich tätige Dritte im Vordergrund, die aber ebenfalls nicht von der Wissenschaftsfreiheit umfasst werden; zustimmend Oppermann, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. VI, § 145 Rdnr. 423 (Fassung von 1989); Fehling, in: Dolzer/Kahl/Waldhoff u. a. (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 142 f.; Schulze-Fielitz, in: Geis (Hrsg.), Hochschulrecht im Freistaat Bayern, S. 158 (166). 106 Vgl. auch Fritsch u. a. (Hrsg.), Hochschule, Innovation, Region, S. 141 ff.; ob die Haupttätigkeiten der Technologietransferunternehmen, wie z. B. Patentierung und Lizenzierung, in den sachlichen Schutzbereich der Wissenschaftsfreiheit fallen, wird unter D. III. genau untersucht werden.
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und unterstützt werden könnte. Zumindest eine abstrakte Grundrechtsfähigkeit ist den Technologietransferunternehmen demnach zu attestieren.107 5. Universitäre Weiterbildungsgesellschaften Viele Hochschulen gründen Weiterbildungseinrichtungen aus und führen sie als alleiniger Träger oder als Mehrheitseigner (d. h. mit beherrschendem Einfluss) in privater Rechtsform fort.108 Nur sofern es sich um wissenschaftliche109 Weiterbildungsgesellschaften handelt, kommt überhaupt eine Grundrechtsträgerschaft in Betracht. Auch hier kann auf Grund der körperschaftlichen Struktur von einer „juristischen Person“ i.S.v. Art. 19 Abs. 3 GG ausgegangen werden. Soweit jene die Entfaltung freier Lehre gewährleisten und fördern, tragen sie wesentlich zur Verwirklichung der Grundrechte der Hochschulwissenschaftler bei. Inwiefern jedoch die hier als „wirtschaftlich“ klassifizierten Tätigkeiten110 „Lehre“ i.S.v. Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG darstellen und somit in dessen sachlichen Schutzbereich fallen, wird in diesem Kapitel unter D. II. geklärt werden. Insofern gilt das zu den Technologietransferunternehmen Gesagte entsprechend. Festzuhalten gilt es, dass – abstrakt gesehen – auch hochschulische Weiterbildungsgesellschaften Träger der Wissenschaftsfreiheit sein können. 6. Hochschuldruckereien und -verlage Für Hochschuldruckereien und -verlage gelten grundsätzlich die Ausführungen die bereits zu den zentralen Betriebseinrichtungen gemacht wurden unabhängig davon, ob sie als eine solche Einrichtung oder in privater Rechtsform geführt werden. Im Vordergrund stehen hier die Service-Leistungen für Wissenschaftler.111 Zwar sind 107 Zustimmend Schulze-Fielitz, in: Geis (Hrsg.), Hochschulrecht im Freistaat Bayern, S. 158 (166). 108 So z. B. die Ruhr-Akademie gGmbH der Ruhr-Universität Bochum; zu den unterschiedlichen Rechtsformen von Weiterbildungsgesellschaften vgl. Pawelek, Die Wahrnehmung hoheitlicher Hochschulaufgaben durch private Weiterbildungseinrichtungen, S. 108 ff. 109 Das Adjektiv soll betonen, dass das Weiterbildungsangebot dem fachlichen und didaktischen Niveau der Hochschule entspricht; vgl. KMK (Hrsg.), Sachstands- und Problembericht zur „Wahrnehmung wissenschaftlicher Weiterbildung an den Hochschulen“, S. 2; Pawelek, Die Wahrnehmung hoheitlicher Hochschulaufgaben durch private Weiterbildungseinrichtungen, S. 78 ff.; vgl. auch bereits 2. Kap. B. II. 2. 110 Als wirtschaftliche Tätigkeiten sind die Durchführung von Weiterbildungsveranstaltungen wie beispielsweise Kurse, Vorträge, Workshops (zunehmend auch via E-Learning) für das Erlernen von so genannten Soft Skills, für (inter-)nationale Summer Schools, Sprachreisen und -kurse im In- und Ausland zu klassifizieren sowie Beratungen für Unternehmen, die auf neuesten Forschungserkenntnissen beruhen; vgl. bereits 2. Kap. B. II. 2. 111 Ebenso Janson, in: Flämig u. a. (Hrsg.), Handbuch des Wissenschaftsrechts, Bd. 1, S. 883 (884); Fehling, in: Dolzer/Kahl/Waldhoff u. a. (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 144.
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4. Kap.: Wissenschaftsfreiheit und die Wirtschaftsbetätigung im Fokus
die Vermittlung und Verbreitung wissenschaftlicher Erkenntnisse als Form der Kommunikation wichtige Elemente des zu verteidigenden Freiheitsbereichs. Allerdings erwächst daraus nur dem publizierenden Wissenschaftler, nicht aber der Institution selbst eine Grundrechtsträgerschaft.112
IV. Zwischenergebnis Insgesamt sind Hochschulen, Fachbereiche/Fakultäten, (de)zentrale Hochschulinstitute (wie z. B. „An-Institute“), wissenschaftliche Weiterbildungsgesellschaften und Technologietransferunternehmen prinzipiell grundrechtsberechtigt, wohingegen den zentralen Betriebseinheiten und Hochschuldruckereien und -verlagen keine Grundrechtsträgerschaft erwächst. Ersteren kommt über Art. 19 Abs. 3 GG eine abstrakte Grundrechtsposition zu, die sie nicht gegen die individualen Grundrechtsträger ausspielen dürfen. Denn Maßstab für die Bejahung einer Grundrechtsberechtigung ist der Schutz der individuellen Grundrechtsträger, um derentwillen die Organisation „Universität“ überhaupt erst geschaffen wurde.113 Die zentralen Aussagen dieses Abschnitts lassen sich somit wie folgt bündeln: 1. Es existiert eine abstrakt-eigenständige und keine abgeleitete Grundrechtsposition der hochschulischen Organisationseinheiten, d. h. Anknüpfungspunkt ist Art. 19 Abs. 3 GG und nicht Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG. 2. Diese Grundrechtsposition wird nur umfassend im Außenverhältnis zum Staat i. e.S. gewährleistet. Konkret wird die Reichweite des Grundrechtsschutzes durch den Individualgrundrechtsträger bedingt, was zur Folge hat, dass ihr Freiheitsschutz nicht unterlaufen werden kann. 3. Der Hauptzweck des Grundrechtschutzes juristischer Personen besteht somit in der Vervollständigung des Individualschutzes durch die Wahrnehmung und Verfolgung der kollektiven Zwecksetzung der Organisation „Universität“. Der Grundrechtsschutz der Hochschule und der genannten organisatorischen Einheiten der Universität korrespondiert im Ergebnis mit den objektiv-rechtlichen Funktionen der Wissenschaftsfreiheit, ist deren „quasi-institutionelle Fortschreibung“114. Denn vor allem durch die Klagemöglichkeit der Hochschuleinheiten in dem Fall, in welchem eine individuelle Zurechnung nicht möglich ist (oft auch im Bereich der Organisation), gewinnt die Freiheitsentfaltung insgesamt an Durchsetzungskraft.115
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Scholz, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 84. So auch Gärditz, Hochschulorganisation und verwaltungsrechtliche Systembildung, S. 374. 114 So die Einschätzung von Gärditz, Hochschulorganisation und verwaltungsrechtliche Systembildung, S. 375. 115 Gärditz, Hochschulorganisation und verwaltungsrechtliche Systembildung, S. 376. 113
C. Sachlicher Schutzbereich des Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG
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C. Sachlicher Schutzbereich des Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG Geklärt ist nun, dass Universitäten und bestimmte Universitätseinheiten bzw. Tochtergesellschaften prinzipiell als Träger der Wissenschaftsfreiheit in Betracht kommen. Bei welchen Tätigkeiten sie jedoch diese ihnen eingeräumte verfassungsrechtliche Position ausspielen können und dürfen, soll im Folgenden analysiert werden. Bei der näheren Untersuchung des sachlichen Schutzbereiches der Wissenschaftsfreiheit steht die Frage im Zentrum, ob bzw. inwieweit die Kategorien 1 und/oder 2 der wirtschaftlichen Betätigung möglicherweise dem Schutzbereich von Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG unterfallen. Bereits die mehrfach betonte Verflechtung des korporativ wahrgenommen Grundrechts mit dem Individualrecht macht indes deutlich, dass eine isolierte Betrachtung des korporativ sachlichen Schutzbereichs nicht zielführend wäre.116 Anders formuliert: Wenn der Sinn und Zweck der Grundrechtsträgerschaft von Universitäten vorrangig in der Verwirklichung des grundrechtlichen Schutzes der Hochschulwissenschaftler an Universitäten besteht, dann bedeutet das für die Frage der Einbeziehung der wirtschaftlichen Betätigung von Universitäten in den Schutzbereich der Wissenschaftsfreiheit, dass Ausgangspunkt der Prüfung die individuell ausgeübte wirtschaftliche Tätigkeiten sein muss. Denn ohne eine solche Prüfung könnte man nicht beurteilen, ob es eines zusätzlichen korporativen Schutzes bedürfte, um die individuelle Wissenschaftsfreiheit abzurunden. Auch wäre die Bestimmung der Reichweite des korporativ wahrgenommenen Grundrechtsschutzes nicht möglich, wenn nicht klar bestimmt wäre, ob unter dem Dach einer sich wirtschaftlich betätigenden Institution, wie z. B. bei einem Technologietransferunternehmen einer Universität, überhaupt wissenschaftliche Tätigkeiten stattfänden. Mit anderen Worten kann der Umfang des sachlichen Schutzbereichs des korporativ wahrgenommenen Grundrechts nicht losgelöst von dem des Individualgrundrechtsträgers bestimmt werden. Das bringt bereits das Telos der Verleihung der Grundrechtsfähigkeit der Universitäten zum Ausdruck. Somit gilt es zu prüfen, ob die Ausübung der wirtschaftlichen Tätigkeiten durch die Hochschulwissenschaftler zugleich als wissenschaftlich qualifiziert werden kann (d. h. ob der individuelle Schutzbereich des Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG eröffnet ist) (vgl. D. I.; D. II.; D. III.; D. IV.). Daraufhin wird zu ermitteln sein, ob bzw. inwiefern ein zusätzlich korporativ wahrgenommener grundrechtlicher Schutz sinnvoll und erforderlich wäre (D. I. 6.; D. II. 4.; D. III. 3.; D. IV.). Um diese Prüfung vornehmen zu können, sollen im Folgenden zunächst kurz die Struktur des Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG (C. I.) und die Begriffe Forschung, Lehre und Wissenschaft beleuchtet (C. II.) und anschließend auf die Forschungs-, Lehr und Wissenschaftsfreiheit des Individuums eingegangen werden (C. III.). Daraufhin soll dieses gebündelte Wissen auf die soeben beschriebene Weise für die Erörterung eines 116 Darauf verweist auch Gärditz, Hochschulorganisation und verwaltungsrechtliche Systembildung, S. 375 ff.
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4. Kap.: Wissenschaftsfreiheit und die Wirtschaftsbetätigung im Fokus
potentiellen grundrechtlichen Schutzes wirtschaftlicher Tätigkeiten von Universitäten impulsgebend verwendet werden.
I. Die Struktur des Grundrechts Für die Bestimmung des sachlichen Schutzbereiches muss zunächst die Struktur des Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG geklärt werden. Nach nahezu einhelliger Meinung117 handelt es sich um ein einheitliches gewährtes Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit. Anderweitige Versuche, beispielsweise die Wissenschaftsfreiheit in ein „Jedermann“-Grundrecht und ein Funktionsgrundrecht für den universitären Betrieb von Forschung und Lehre aufzuspalten,118 finden zu Recht ganz überwiegend keinen Zuspruch.119 Dies wird bereits aus dem Wortlaut ersichtlich: Die gleichrangige Nennung der Begriffe von Wissenschaft, Forschung und Lehre im Gesetzeswortlaut deutet zunächst einmal auf eine gleichrangige semantische Bedeutung hin.120 Oftmals wird jedoch die Meinung vertreten, die Begriffe stünden in einem gestuften Verhältnis zueinander, denn bei dem Begriff der Wissenschaft handele es sich um den Oberbegriff von Forschung und Lehre.121 Diese Auffassung stößt jedoch auf er117 Vgl. BVerfGE 35, 79 ff.; Dreier, DVBl. 1980, 471 ff.; Dickert, Naturwissenschaften und Forschungsfreiheit, S. 163 ff.; Starck, in: v. Mangoldt/Klein/ders. (Hrsg.), GG-Kommentar, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 322; Scholz, in: Maunz/Dürig, (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 85; Wendt, in: v. Münch/Kunig (Hrsg.), GG-Kommentar, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 100. 118 So Hailbronner, Die Freiheit der Forschung und Lehre als Funktionsgrundrecht, S. 85 ff.; ihm von der Tendenz her folgend A. Blankenagel, AöR 105 (1980), 35 (38 ff.). 119 Dies ist auch richtig, denn allein der Wortlaut „Wissenschaft und ihre Lehre“ spricht bereits gegen diese Auslegung. Vor allem rückt hier aber die Institution beherrschend in den Vordergrund und reduziert Forschung und Lehre zu „ihren“ Produkten. Damit wird das Individualgrundrecht unzulässig in den Hintergrund gerückt; so sehen es u. a. auch Dickert, Naturwissenschaften und Forschungsfreiheit, S. 165 f.; Lux, Rechtsfragen der Kooperation zwischen Hochschulen und Wirtschaft, S. 13. 120 Abzulehnen ist die Meinung, dass der Begriff der Wissenschaft mittlerweile deckungsgleich mit dem der Forschung sei. Dagegen spricht bereits der Wortlaut von Art. 74 Abs. 2 Nr. 13 GG und Art. 91 b GG, die beide von „wissenschaftlicher Forschung“ sprechen. Wenn beide Begriffe semantisch deckungsgleich wären, würde es sich um eine Tautologie handeln, die vom Gesetzgeber nicht intendiert sein kann. Andernfalls würde er nicht zwischen „Forschung“ und „wissenschaftlicher Forschung“ differenzieren; so sieht es zutreffend Mager, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. VII, § 166 Rdnr. 7; konträrer Meinung ist hingegen Kaufhold, Die Lehrfreiheit, S. 171 ff. 121 Vgl. BVerfGE 35, 79 (113); Trute, Die Forschung zwischen grundrechtlicher Freiheit und staatlicher Institutionalisierung, S. 132; Classen, Wissenschaftsfreiheit außerhalb der Hochschule, S. 75; Bethge, in: Sachs (Hrsg.), GG-Kommentar, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 200; Schulte, VVDStRL 65 (2006), 110; Ruffert, VVDStRL 65 (2006), 146; Fehling, in: Dolzer/ Kahl/Waldhoff u. a. (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 57, will die Begriffe in Art. 5 Abs. 3 GG eigentlich voneinander entkoppeln, um den Freiheitsbereich des Grundrechts zu stärken. In einer resümierenden Auseinandersetzung mit den Gemeinsamkeiten der Begriffe stimmt er jedoch zu, Wissenschaft als Oberbegriff für Forschung und
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hebliche Bedenken. Denn die Begriffe Forschung und Lehre umfassen bereits den Begriff der Wissenschaft, da Forschung und Lehre die einzigen, denkbaren Ausprägungen von Wissenschaft sind.122 Wissenschaft kann also ausschließlich mittels des Forschens und Lehrens betrieben werden, gleichzeitig aber ist umgekehrt nicht jedes Forschen und Lehren als Wissenschaft zu qualifizieren. Die weit verbreitete Ansicht, dass Wissenschaft der Oberbegriff von Forschung sei, ist mithin abzulehnen, denn sie geht von der irrigen Annahme aus, dass der Begriffsumfang der Wissenschaft (als Hyperonym)123 größer sei als der von Forschung und Lehre (als Hyponym). Dies würde implizieren, dass jede Art von Forschung und Lehre Wissenschaft sein müsste, aber nicht jede Wissenschaft zwangsläufig Forschung und Lehre. Wie bereits dargestellt, trifft diese Aussage jedoch nicht zu, so dass der Begriff der Wissenschaft anders zu deuten ist. Nach dem gerade Gesagten weisen die Begriffe Forschung und Lehre vom Begriffsinhalt her mehr semantische Merkmale als der Begriff der Wissenschaft auf, d. h. dass sie weiter gefasst sind. Dementsprechend hat der Begriff der Wissenschaft im Rahmen von Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG einschränkende bzw. attributive Funktion:124 Nicht jede Forschung und nicht jede Lehre werden geschützt, sondern nur solche, die wissenschaftlich sind. Dies ist bei der Definition von (wissenschaftlicher) Forschung und (wissenschaftlicher) Lehre zu berücksichtigen.125 Wenn man von der Wissenschaftsfreiheit spricht, deutet die exponierte Stellung des Begriffs „Wissenschaft“ folglich nicht darauf hin, dass dieser gegenüber Forschung und Lehre ein Hyperonym ist, sondern dass dieser Begriff von entscheidender, wesensprägender Bedeutung für das Grundrecht ist.
Lehre verwenden zu können. Die grundlegenden Kriterien des Schutzbereichs des Grundrechts entwickelt er aber am Begriff der Wissenschaft selbst. 122 Dass Forschung und Lehre den Begriff der Wissenschaft erschöpfend umschreiben, sehen ebenso Dreier, DVBl. 1980, 471 f.; Köttgen, in: Neumann/Nipperdey/Scheuner (Hrsg.), Grundrechte, Bd. 2, S. 296; Starck, in: v. Mangoldt/Klein/ders. (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 352; Wendt, in: v. Münch/Kunig (Hrsg.), GG-Kommentar, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 100. 123 Grundlegende Regeln der Semantik werden anschaulich beschrieben bei Löbner, Semantik, S. 118 f.; ebenso Schumacher/Steiner, in: Müller (Hrsg.), Arbeitsbuch Linguistik, S. 188 f. 124 Vgl. auch Starck, in: v. Mangoldt/Klein/ders. (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 352; Wendt, in: v. Münch/Kunig (Hrsg.), GG-Kommentar, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 100. 125 Auf Grund von besserer Lesbarkeit wird jedoch auf das Attribut „wissenschaftlich“ hier in der Regel verzichtet. Nur zum Zwecke der besonderen Betonung wird es hier den Begriffen „Forschung und Lehre“ vorangestellt.
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4. Kap.: Wissenschaftsfreiheit und die Wirtschaftsbetätigung im Fokus
II. Begriffsbestimmung 1. Der Begriff der Wissenschaft Aus diesem Grund erscheint es sinnvoll, den attributiv auszulegenden Begriff der Wissenschaft zuerst zu definieren. Einige Vertreter der Wissenschaftstheorie negieren jedoch die (staatliche) Definierbarkeit des Wissenschaftsbegriffs, denn eine allgemeingültige Definition komme bereits einer unzulässigen Verkürzung und Erstarrung des Normbereichs der Wissenschaftsfreiheit gleich oder berge zumindest dahingehend ein unkalkulierbares Risiko in sich.126 Damit jedoch überhaupt ein Normbereich entstehen kann, müssen normprägende Begriffe bestimmbar sein.127 Die Definierbarkeit ist grundsätzlich die unabdingbare Voraussetzung für die Gewährleistung normativen Schutzes. Indem jedoch einige Stimmen in der Literatur eine Begriffsbestimmbarkeit ausschließen, wird ihr Anliegen, der Wissenschaft größtmöglichen Schutz zu gewähren, ad absurdum geführt, da – im Gegenteil – kein rechtlicher Schutz entstehen kann. Dieses Dilemma128 wird auf vielerlei Weise aufzulösen versucht. Beispielsweise wird vorgeschlagen, dass nicht mehr der Staat, sondern das Individuum selbst bestimmen solle, ob und wann es Wissenschaft betreibe.129 Andere propagieren, dass nicht das subjektive Selbstverständnis, sondern die Drittanerkennung durch die „scientific community“ ausschlaggebend dafür sein solle, ob eine Tätigkeit als wissenschaftlich zu qualifizieren sei oder nicht.130 Allerdings sind beide Vorschläge, ohne vertieft auf diese und die Kritik an ihnen eingehen zu wollen,131 abzulehnen. Wenn die subjektive Interpretation entscheidend wäre, dann würde jede selbst deklarierte wissenschaftliche Tätigkeit z. B. Wissen-
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Vgl. Schumacher, Wissenschaftsbegriff und Wissenschaftsfreiheit, S. 12 ff.; Schrödter, Die Wissenschaftsfreiheit des Beamten, S. 43 f.; Mayen, Der grundrechtliche Informationsanspruch des Forschers gegenüber dem Staat, S. 95 ff.; zusammenfassender Überblick bei Dickert, Naturwissenschaften und Forschungsfreiheit, S. 168 ff. 127 Einprägsam Isensee, Wer definiert die Freiheitsrechte?, S. 35: „Was der Staat nicht definieren kann, dass kann er auch nicht schützen“; ebenso Trute, Die Forschung zwischen grundrechtlicher Freiheit und staatlicher Institutionalisierung, S. 55; Classen, Wissenschaftsfreiheit außerhalb der Hochschule, S. 73. 128 Treffend formuliert es Trute, Die Forschung zwischen grundrechtlicher Freiheit und staatlicher Institutionalisierung, S. 55: „Soll die Wissenschaft normativ geschützt werden, dann bedarf die Grundstruktur wissenschaftlicher Tätigkeit der rechtlichen Bestimmung, die ihrerseits in der Gefahr steht, schon auf Grund definitorischer Vorentscheidungen den Normbereich zu verkürzen.“ 129 Vgl. Ridder, Soziale Ordnung des Grundgesetzes, S. 135; Preuss, Das politische Mandat der Studentenschaft, S. 105. 130 Vgl. Denninger, Das HRG – Kernstück einer Bildungsreform?, S. 62; S. 77 m.w.N. 131 Angesichts der übergeordneten Frage des Schutzes wirtschaftlicher Tätigkeiten von Hochschulen durch die Wissenschaftsfreiheit ist es geboten an dieser Stelle auf die weiterführende Literatur und auf die Rechtsprechung zu verweisen, da eine ausführliche Erörterung nicht konstruktiv zur Lösung des Problems beitragen würde; vgl. stattdessen ausführlich Dickert, Naturwissenschaften und Forschung, S. 168 ff.
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schaftsförderung beantragen können.132 Des Weiteren kann eine unabhängige Wissenschaft nicht geschützt oder gefördert werden, indem man ihre Anerkennung von (oftmals sogar konkurrierenden) bereits anerkannten Wissenschaftlern abhängig macht, die nicht davor gefeit sind, Bewährtes bewahren zu wollen und somit neuen Erkenntnissen ablehnend gegenüberstehen können.133 Zutreffend ist es vielmehr, dass es dem Staat nicht verboten ist, „Wissenschaft“ zu definieren, sondern es gerade seine Verpflichtung darstellt, den Begriff allgemein, freilich unter Wahrung seiner charakteristischen Offenheit134 zu bestimmen.135 Ein solches Definitionsgebot wird folgendermaßen überzeugend erfüllt: Unter einer wissenschaftlichen Tätigkeit versteht man alles, „was nach Inhalt und Form als ernsthafter, planmäßiger Versuch zur Ermittlung der Wahrheit anzusehen ist“136. Kennzeichnend für diese vom BVerfG, BVerwG und weiten Teilen der Literatur zu Grunde gelegte Definition137 ist, dass sie sowohl an formale, tätigkeitsbeschreibende als auch an subjektive Kriterien anknüpft. Anders als eine Begriffsbestimmung anhand von materiell-inhaltlichen Kriterien138 ist sie unabhängig von einer be132
Zudem würde das Ordnungssystem der verschiedenen Grundrechtstatbestände mit ihren jeweils unterschiedlichen Schranken unterlaufen und ausgehöhlt werden; kritisch BVerfGE 90, 1 (12 f.): „Aus der Offenheit und Wandelbarkeit von Wissenschaft, von der der Wissenschaftsbegriff des Grundgesetzes ausgeht, folgt aber nicht, dass eine Veröffentlichung schon deshalb als wissenschaftlich zu gelten hat, weil ihr Autor sie als wissenschaftlich ansieht oder bezeichnet. Denn die Einordnung unter die Wissenschaftsfreiheit, die nicht dem Vorbehalt des Art. 5 Abs. 2 GG unterliegt, kann nicht allein von der Beurteilung desjenigen abhängen, der das Grundrecht für sich in Anspruch nimmt“; ebenfalls kritisch Höfling, Offene Grundrechtsinterpretation, S. 87 f.; Dickert, Naturwissenschaften und Forschung, S. 172. 133 Auch würde die Abhängigkeit von der Drittanerkennung innovations-, kreativitäts- und freiheitshemmend wirken, da gerade neuen Erkenntnissen oftmals die Nichtanerkennung drohen würden; so sieht es zutreffend Scholz, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 89; dafür ist Denninger, in: Wassermann (Hrsg.), AKKommentar, Bd. 1, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 18. 134 Die Offenheit und Wandelbarkeit folgt bereits aus dem Prozesscharakter der Wissenschaft, d. h. „aus der prinzipiellen Unabgeschlossenheit jeglicher wissenschaftlicher Erkenntnis“; so BVerfGE 35, 79 (113); 90, 1 (12); vgl. ebenfalls Pernice, in: Dreier (Hrsg.), GGKommentar, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 24. 135 Vgl. Bauer, Wissenschaftsfreiheit in Lehre und Studium, S. 29; Lux, Rechtsfragen der Kooperation zwischen Hochschulen und Wirtschaft, S. 14. 136 BVerfGE 35, 79 (112 f.); 47, 327 (367 f.); 66, 155 (177); 90, 1 (12). 137 BVerfGE 35, 79 (112 f.); 47, 327 (367 f.); 66, 155 (177); 90, 1 (12); BVerwGE 29, 77 (78 f.); die Definition geht teilweise auf Smend, VVDStRL 4 (1928), 44 (67), zurück; zustimmende Auswahl der Literaturstimmen Knemeyer, Lehrfreiheit, S. 25; Classen, Wissenschaftsfreiheit außerhalb der Hochschule, S. 74; Wendt, in: v. Münch/Kunig (Hrsg.), GGKommentar, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 100; Starck, in: v. Mangoldt/Klein/ders. (Hrsg.), GG-Kommentar, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 222; Mager, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. VII, § 166 Rdnr. 8. 138 Inhaltliche Kriterien, die durch die Zugrundelegung einer bestimmten Wissenschaftstheorie geprägt sind, sehen sich dem Vorwurf ausgesetzt, dass sie neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen den Schutz verwehren. Zum einen sind sie starr und unflexibel, zum anderen müssen sich neue Erkenntnisse ihre Anerkennung erst noch verdienen. Gerade neue Er-
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4. Kap.: Wissenschaftsfreiheit und die Wirtschaftsbetätigung im Fokus
stimmten Wissenschaftstheorie und gewährleistet dementsprechend eine neuen Erkenntnissen gegenüber offene, unvoreingenommene Interpretation. Zu den formalen Kriterien gehören die Ernsthaftigkeit und Planmäßigkeit der jeweiligen Tätigkeit. Als ernsthaft ist ein Handeln dann zu qualifizieren, wenn „das Streben nach Wahrheit grundsätzlich an dem erreichten Wissensstandard anknüpft bzw. entsprechende Grundkenntnisse in dem Untersuchungsbereich vorliegen“139. Planmäßig wird derjenige tätig, „der geordnet methodisch vorgeht, wobei es jedoch nicht auf die Vollständigkeit oder Richtigkeit der Methoden ankommt, sondern auf ihre Wiederholbarkeit und intersubjektive Nachvollziehbarkeit“140. Das subjektive Element der Definition gibt dem Begriff der Wissenschaft sein Gepräge: Der Versuch zur Ermittlung der Wahrheit, auch (im Vordringen) das Streben nach neuen Erkenntnissen genannt.141 Bei der Wahrheit handelt es sich um eine nicht bestimmbare Größe,142 die am besten mit einem „Limes (Grenzwert) gegen unendlich“ in der Analysis verglichen werden kann, da nur eine Annäherung, nie aber die Wahrheit als „Wert“ erreicht werden kann. Entscheidend ist demnach die Bereitschaft, bereits gewonnene Ergebnisse wieder in Frage zu stellen, da nach dem zuvor Gesagten jede Erkenntnis nur vorläufiger Natur sein kann.143 Ergo ist ausschlaggebend für die Bejahung dieses Kriteriums die subjektive Überzeugung, sich der Wahrheit größtmöglich anzunähern, nicht aber die tatsächlich gewonnene Erkenntnis als solche. Der Wissenschaftsbegriff ist demnach grundsätzlich, d. h. vorkenntnisse sind aber besonders schutzwürdig; so zutreffend Classen, Wissenschaftsfreiheit außerhalb der Hochschule, S. 73. 139 So Mager, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. VII, § 166 Rdnr. 8; zustimmend Alber-Malchow/Steigleder, in: Wagner (Hrsg.), Rechtliche Rahmenbedingungen für Wissenschaft und Forschung I, S. 23 (27); Pieroth/Schlink, Grundrechte, Rdnr. 670; Epping, Grundrechte, Rdnr. 277 f. 140 Für die intersubjektive Nachvollziehbarkeit und die Wiederholbarkeit reiche es nicht aus, nur die Ergebnisse zu präsentieren. Ebenfalls müsse eine Begründung mitgeliefert werden, die von einem Dritten nachvollzogen werden könne; Definition basierend auf Mager, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. VII, § 166 Rdnr. 8, mit Verweis auf Classen, Wissenschaftsfreiheit außerhalb der Hochschule, S. 78 ff. 141 Da der Begriff der Wahrheit aus historischer, philosophischer, soziologischer und rechtlicher Perspektive sehr unterschiedlich, teilweise auch ideologisch, aufgeladen ist, wird vermehrt gefordert, den Begriff der Wahrheit durch die Terminologie der „neuen Erkenntnisse“ zu ersetzen; vgl. A. Blankenagel, AöR 105 (1980), 35 (37); Fehling, in: Dolzer/Kahl/Waldhoff u. a. (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 64, schlägt „Generierung von Wissen“ vor, das in eine ähnliche Richtung geht wie „Streben nach neuen Erkenntnissen“; daran anknüpfend Ruffert, VVDStRL65 (2006), 146 (158). 142 Wissenschaft ist demnach ein nicht abschließbarer Prozess; vgl. Seiffert, Einführung in die Wissenschaftstheorie I, S. 189; auch die Wissenschaftstheorie hat Schwierigkeiten mit der Begriffsbestimmung; vgl. Ströker, Einführung in die Wissenschaftstheorie, S. 78 ff; Bühl, Einführung in die Wissenschaftssoziologie, S. 64; Knoblauch, Wissenssoziologie, S. 242 ff. 143 Alber-Malchow/Steigleder, in: Wagner (Hrsg.), Rechtliche Rahmenbedingungen für Wissenschaft und Forschung I, S. 23 (27); Classen, Wissenschaftsfreiheit außerhalb der Hochschule, S. 80; Denninger, in: ders (Hrsg.), GG-Kommentar, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 16; Mager, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. VII, § 166 Rdnr. 8.
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ausgesetzt der beschrittene Weg genügt den formalen Kriterien „ernsthaft“ und „planmäßig“, irrtumsoffen144, da das Kriterium „Versuch zur Ermittlung der Wahrheit“ subjektiv und nicht objektiv zu bestimmen ist. Fraglich ist allerdings, ob der Wissenschaftsbegriff eine altruistische Haltung des Wissenschaftlers impliziert. Eine Vielzahl an Vertretern geht davon aus, dass eine „außerhalb der Wahrheitssuche“ liegende Motivation von dem Wissenschaftsbegriff nicht umfasst sei, wobei sie unter diesen externen Zwecken (in Anlehnung an das BVerfG) jegliche „gesellschaftlichen, politischen und persönlichen Zweckmäßigkeits- und Nützlichkeitsvorstellungen“145 verstehen.146 Sie gehen mithin davon aus, dass das Betreiben von Wissenschaft allein durch den Erkenntnisgewinn für die Wissenschaft motiviert sein darf. Dies ist ein hehrer Anspruch, den die Vertreter dieser Meinung an den einzelnen Wissenschaftler stellen. Er spiegelt das humanistische Bildungsideal im Sinne eines „edel sei der Wissenschaftler, hilfreich und gut“147 wider. Als Ethos der Wissenschaft verstanden ist diesem freilich nachzueifern. Problematisch ist aber, dass es sich um ein Ideal handelt, dass hier juristisch handhabbar gemacht werden soll, indem es in die Begriffsbestimmung der Wahrheit integriert wird. Diese Vorgehensweise stößt auf Bedenken.148 Richtig ist, dass die Wahrheitssuche ausschlaggebend für die Qualifizierung als Wissenschaft ist, nicht zwingend ist hingegen die hier vorgeschlagene, altruistische Subsumtion.149 Denn das Setzen eines externen Anreizes schließt eine Wahrheitssuche nicht per se aus.150 144 Vgl. BVerfGE 5, 85 (145); 90, 1 (12), wonach über gute und schlechte Wissenschaft, Wahrheit oder Unwahrheit von Ergebnissen nur wissenschaftlich geurteilt werden kann. 145 BVerfGE 47, 327 (370); 111, 333 (354); oftmals wird zur Begründung auf diese Ausführungen des BVerfG verwiesen; allerdings stellt dieses nur fest, dass dem Freiheitsrecht auch der Gedanke zu Grunde liege, dass eine von gesellschaftlichen Nützlichkeits- und politischen Zweckmäßigkeitsvorstellungen freie Wissenschaft Staat und Gesellschaft im Ergebnis am besten diene. Das BVerfG formuliert mithin lediglich, dass eine solche Wissenschaft aus seiner Sicht am dienlichsten sei, nicht aber postuliert es zwingend, dass jegliche Zweckmäßigkeitsvorstellungen, Wissenschaftlichkeit ausschließen würden. 146 Vgl. z. B. Losch, Wissenschaftsfreiheit, Wissenschaftsschranken, Wissenschaftsverantwortung, S. 111 m.w.N.; A. Blankenagel, AöR 105 (1980), 35 (53); ders., AöR 125 (2000), 70 (93 ff); M. Blankenagel, Wissenschaft zwischen Information und Geheimhaltung, S. 44 ff. 147 Frei nach Johann Wolfgang Goethes Gedicht „Das Göttliche“. 148 So auch Ruffert, VVDStRL 65 (2006), 146 (157), der fordert, sich der Realität zu stellen. Der Wandel von der erkenntnissuchenden Reflektion zur angewandten Naturwissenschaft müsse akzeptiert werden, denn technologische Forschung entdecke nicht die Wahrheit, sondern gestalte die Wirklichkeit. 149 So auch die Einschätzung von Ruffert, VVDStRL 65 (2006), 146 (159; 179); Mager, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. VII, § 166 Rdnr. 9, allerdings nur im Hinblick auf Forschung und Lehre; konträre Ansicht Nettesheim, DVBl. 2005, 1072 (1081). 150 Bündig formuliert Ruffert, VVDStRL 65 (2006), 146 (159): „In der Reduktion auf eine vollständig uneigennützige, allein der Erweiterung öffentlichen wissensdienende diskursive Wissenschaft liegt eine verfassungsrechtliche nicht abgesicherte Überhöhung brüchiger wissenschaftssoziologischer Postulate ohne historische Basis.“ Eine zurückhaltende, skeptische Position nimmt Pernice, in: Dreier (Hrsg.), GG-Kommentar, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 26, ein. Nach diesem muss Wissenschaft auch kein Selbstzweck sein. Allerdings könne freie Wissenschaft
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4. Kap.: Wissenschaftsfreiheit und die Wirtschaftsbetätigung im Fokus
Das wird bereits daran deutlich, dass unter einem externen Anreiz nicht nur finanzielle, sondern auch immaterielle Aspekte zu verstehen sind. Von dem Bestreben die Reputation und die Karriere zu fördern, die zumindest mittelbar finanziell motiviert sind, wird sich jedoch kaum ein Wissenschaftler freisprechen können.151 Für die Bejahung des Merkmals „Versuch zur Ermittlung der Wahrheit“ sind m. E. extern gesetzte Anreize nicht generell hinderlich. Vielmehr gilt es nach der Sensibilität des Forschungsgegenstands, der Art der externen Anreizsetzung und der Stärke des Beeinflussungsgrads zu differenzieren. Bei einem nicht ausschließlich auf einer altruistischen Haltung basierenden Verständnis der Wissenschaft erscheint es vorzugwürdig nicht mehr von einem Streben nach Wahrheit, sondern von einem – synonym zu verstehenden – Streben nach neuen Erkenntnissen zu sprechen. Denn der Begriff der „Wahrheit“ wird zu sehr mit einem altruistischen Wissenschaftsverständnis in Verbindung gebracht, wohingegen der Begriff der „neuen Erkenntnisse“ eine unvoreingenommene Interpretation ermöglicht.152 2. Die Begriffe wissenschaftliche Forschung und wissenschaftliche Lehre Forschung und Lehre (im allgemeinen Sinne) widmen sich oftmals einem ganz bestimmten Zweck, der durchaus wirtschaftlicher oder finanzieller Natur sein kann.153 Im außeruniversitären Bereich ist ein finanzieller Anreiz zwar nicht der ausschließliche, aber regelmäßig der hauptsächliche Grund, um zu forschen und übt mithin auch eine gewisse Lenkungswirkung aus.154 Allerdings lässt sich nicht jeder verfolgte Zweck155 mit einer Qualifizierung als wissenschaftliche Forschung oder wissenschaftliche Lehre vereinbaren. Das Attribut „wissenschaftlich“ präzisiert nur dort stattfinden, wo durch äußere Einflussnahme die kritische Distanz zur eigenen These oder zur Offenheit mit der Fachöffentlichkeit nicht gefährdet werde. Pernice zieht somit die Grenze deutlich enger als Ruffert; ausführlich dazu in diesem Kapitel unter D. I. 151 So explizit auch Kamp, Forschungsfreiheit und Kommerz, S. 222 ff. 152 Im Ergebnis zustimmend Fehling, in: Dolzer/Kahl/Waldhoff u. a. (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 64. 153 Das wird bereits in der Ausrichtung der verschiedenen Forschungstypen sichtbar. Es gibt z. B. die Industrieforschung, Ressortforschung, die Großforschung, die anwendungsorientierte Forschung und Grundlagenforschung; vgl. Trute, Die Forschung zwischen grundrechtlicher Freiheit und staatlicher Institutionalisierung, S. 97 ff.; Kleindiek, Wissenschaft und Freiheit in der Risikogesellschaft, S. 286 ff. (Großforschung); S. 295 ff. (Ressortforschung); S. 322 ff. (Industrieforschung). 154 Zustimmend H. Hesse, in: Haf (Hrsg.), Ethik in den Wissenschaften, S. 7 (19); Dähne, Forschung zwischen Wissenschaftsfreiheit und Wirtschaftsfreiheit, S. 220. 155 Dass Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG die Verfolgung eines bestimmten Zwecks nicht ausschließt, wird dadurch gestützt, dass Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG nicht zwischen Grundlagenforschung oder angewandter Forschung oder zwischen Geistes-, Natur- und Ingenieurswissenschaften unterscheidet. Der Schutzumfang soll nicht bereits begrifflich reduziert werden; so Ruffert, VVDStRL 64 (2006), 146 (158).
C. Sachlicher Schutzbereich des Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG
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scharf die Grenzen externer Beeinflussung (die sogleich im Abschnitt D. im Hinblick auf ihre Reichweite bei der Verfolgung wirtschaftlicher Zwecke untersucht werden sollen). So kann man wissenschaftliche Forschung als „Streben nach neuen Erkenntnissen mit systematischen und nachprüfbaren Methoden“156 und wissenschaftliche Lehre als „wissenschaftlich fundierte Vermittlung von eigenen und fremden wissenschaftlichen Erkenntnissen und Methoden“157 definieren. Wissenschaftliche Forschung und wissenschaftliche Lehre sind im Ergebnis folglich Ausprägungen bzw. Handlungsformen der Wissenschaft. Das Verhältnis von Forschung und Lehre zueinander ist durch eine Wechselwirkung geprägt. Während Forschung notwendig ist, um den Charakter der Lehre als wissenschaftlich fundierte Übermittlung der durch die Forschung gewonnenen Erkenntnisse zu gewährleisten, belebt das in der Lehre stattfindende wissenschaftliche Gespräch wiederum die Forschungsarbeit.158 Allerdings kann von dieser inhaltlichen Wechselseitigkeit nicht auf eine zwingend vorliegende Einheit der Person (Einheit von Forschendem und Lehrendem) einerseits und der Institution (Einheit von Forschungs- und Lehreinrichtungen) andererseits geschlossen werden.159 Anders formuliert verdient die These, dass Wissenschaft nur in einer Institution stattfinden könne, die Forschung und zugleich Lehre in sich vereine,160 genauso wenig Zustimmung, wie die These, dass nur derjenige wissenschaftlich lehren könne, der selbst wissenschaftlich forsche.161 Diese Auffassungen privilegieren ohne jeglichen Anhaltspunkt in Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG den universitären gegenüber dem außeruniversitären (insbesondere Forschungs-)Bereich162 Zudem legt die Definition der Lehre offen, dass ein Lehrender nicht notwendig selbst forschen muss, sondern auch fremde Forschungserkenntnisse vermitteln kann, ohne dass ein solcher Rückgriff einer Qualifizierung als wissenschaftliche Lehre entgegenstünde. Gewährleistet werden muss im Ergebnis nur überhaupt ein Forschungsbezug im Bereich der Lehre. 156 BVerfGE 35, 79 (113); Pernice, in: Dreier (Hrsg.), GG-Kommentar, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 24; das BVerwG, NVwZ 1987, 681 (682), sieht Forschung als „die selbstständige Erarbeitung objektiv neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse“ an. Insgesamt besteht keine Einigkeit über die Definition von Forschung. Gemeinsamer Nenner aller Meinungen ist aber, dass es sich bei Forschung um „neue Erkenntnisse“ handeln muss, wobei es bei der Beurteilung der Neuheit auf den Einzelnen ankommt unter Berücksichtigung des gemeinhin bekannten fachlichen Wissens. „Neu“ kann auch als „Erweiterung, Verknüpfung, Systematisierung etc.“ verstanden werden; so sieht es zutreffend Kamp, Forschungsfreiheit und Kommerz, S. 222 ff. 157 BVerfGE 35, 79 (113); Pernice, in: Dreier (Hrsg.), Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 24 ff.; Mager, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. VII, § 166 Rdnr. 7. 158 BVerfGE 35, 79 (112 f.); 90, 1 (12 f.). 159 Ausführlich zu diesem Problem Kaufhold, Die Lehrfreiheit, S. 88 ff.; S. 176 ff.; in Kurzform Fehling, in: Dolzer/Kahl/Waldhoff u. a. (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 94 f. 160 So Köttgen, Das Grundrecht der deutschen Universität, S. 13; S. 39 ff. 161 So Dickert, Naturwissenschaften und Forschungsfreiheit, S. 271 ff. 162 Vgl. Gärditz, Hochschulorganisation und verwaltungsrechtliche Systembildung, S. 370 ff. m.w.N.
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4. Kap.: Wissenschaftsfreiheit und die Wirtschaftsbetätigung im Fokus
III. Der Freiheitsbereich von Forschung, Lehre und Wissenschaft Wie weit reichen nun die Wissenschaftsfreiheit und das allgemein geschützte Verhalten von wissenschaftlicher Forschung und wissenschaftlicher Lehre? 1. Die Wissenschaftsfreiheit Die Wissenschaftsfreiheit schützt über die spezifischen Tätigkeiten in Forschung und Lehre hinaus die „Freiheit und Eigengesetzlichkeit im kommunikativen, organisatorischen und institutionellem Zusammenhang all derer, die Wissenschaft betreiben“163. Hier sind insbesondere die organisations- und verfahrensrechtlichen objektiv-rechtlichen Gehalte zu verorten.164 Einzelne Tätigkeiten, die zwar punktuell (d. h. auf das Individuum bezogen), aber vorrangig von der Forschungs- und Lehrfreiheit erfasst werden, werden demnach von der Wissenschaftsfreiheit oft in wichtiger Weise unterstützt. Dies ist vor allem der Fall, wenn diese Tätigkeiten in ihrer übergreifenden (d. h. das System betreffenden), organisatorischen Dimension betroffen sind. Als Beispiel165 sei hier die Forschungsförderung genannt, die zwar mittlerweile eine europäisch angelegte Struktur aufweist, deren Transparenz jedoch – vorsichtig ausgedrückt – durch diese Entwicklung nicht gesteigert wurde.166 Um diese teilweise sehr unübersichtliche Förderungsmöglichkeiten167 überblicken und gegebenenfalls bestimmte Förderungssummen einwerben zu können, existieren mittlerweile an den meisten Universitäten speziell für diese Tätigkeit eingerichtete Stellen. Dass eine solche Stelle eingerichtet wird bzw. dass es überhaupt eine funktionierende Forschungsförderung gibt, hängt nicht vom Begehren eines einzelnen Forschers ab, sondern von organisatorischen Faktoren. Anders gewendet: Die Forschungsfreiheit wäre betroffen, wenn einem einzelnen Forscher eine bestimmte Forschungsförderung rechtswidrig versagt bliebe. Die Wissenschaftsfreiheit wäre betroffen, wenn die organisatorischen Strukturen an einer Hochschule eine Forschungsförderung eines Forschers verhindern würden. Das Differenzierungskrite163 Mager, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. VII, § 166 Rdnr. 16. 164 Vgl. zur Wissenschaftsadäquanz des Hochschulsystems insbesondere BVerfGE 35, 79 ff.; 111, 333 ff.; 127, 87 ff.; BVerwGE 135, 286 ff. 165 Beispiel von Mager, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. VII, § 166 Rdnr. 16. 166 Zu dem Problem der europäischen Forschungsförderung allgemein Meusel, WissR Beiheft 13 (1999), 66; Heinrich, Die rechtliche Systematik der Forschungsförderung in Deutschland und den Europäischen Gemeinschaften, S. 4 ff.; Pfeiffer, Die Forschungs- und Technologiepolitik der Europäischen Gemeinschaft als Referenzgebiet für das europäische Verwaltungsrecht, S. 54 ff.; S. 227 ff.; allgemein zu den Vorgaben des Europarechts im Hochschulbereich Krausnick, Staat und Hochschule im Gewährleistungsstaat, S. 237 ff. 167 Überblick über die teilweise unnötige Komplexität bei Zacher, in: Martinek/Schmidt/ Wadle (Hrsg.), FS Jahn, S. 199 ff.
C. Sachlicher Schutzbereich des Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG
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rium knüpft demnach an das Merkmal an, ob die organisatorischen bzw. verfahrensrechtlichen Rahmenbedingungen oder bestimmte individuelle Handlungsformen betroffen sind.168 2. Das geschützte Verhalten a) Die Forschungsfreiheit Die Forschungsfreiheit wird umfassend gewährleistet. Denn nicht nur die Forschungstätigkeit selbst, sondern auch die Vor- und Nachbereitungshandlungen werden vom sachlichen Schutzbereich erfasst, soweit sie für die Durchführung der Forschung unerlässlich sind.169 So erstreckt sich die Freiheit der Forschung „insbesondere [auf] die Fragestellung und die Grundsätze der Methodik sowie die Bewertung des Forschungsergebnisses und seine Verbreitung“170. Erforderlich ist, dass der Forscher eigenverantwortlich und selbstständig arbeitet. Eine Eigenverantwortlichkeit kann aber nicht bereits schon dann ausgeschlossen werden, wenn neben der Erkenntnissuche weitere Zielsetzungen (wie z. B. der Wunsch den Auftraggeber zufriedenzustellen) hinzukommen.171 Es bedarf grundsätzlich weiterer Informationen, um eine Entscheidung hinsichtlich der Gewährung oder Versagung grundrechtlichen Schutzes zu fällen. Leicht fällt es hingegen, die äußerste Grenze des Schutzbereiches zu bestimmen. Diese wird dann offensichtlich überschritten, wenn bewusst Forschungsergebnisse oder sonstige Ausprägungen der wissenschaftsrelevanten Kernelemente gefälscht werden bzw. über diese getäuscht wird. Die Qualität der Forschungsleistung, insbesondere die Richtigkeit der Methoden, die Stringenz der Argumentation und Beweisführung oder die Vollständigkeit der Belege,172 kommt hingegen auf Grund des inhaltlichen Nichteinmischungsgebots173 des Gesetzgebers als Grenze des Schutzbereichs nicht in Betracht. Es obliegt der „scientific community“ im wissenschaftlichen Diskurs darüber zu urteilen. Auch falls bei der wissenschaftlichen Forschungstätigkeit in Rechte Dritter eingegriffen wird, führt 168 Vgl. Mager, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. VII, § 166 Rdnr. 16. 169 Mager, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. VII, § 166 Rdnr. 13. 170 BVerfGE 35, 79 (112); einfachgesetzlich ausgestaltet auch in § 4 Abs. 2 HRG bzw. den entsprechenden Landeshochschulgesetzen; des Weiteren sind denkbare Tätigkeiten: Materialsammlung, Ermittlung über den Stand der Forschung, Nutzung von Datenbanken etc.; vgl. dazu Pernice, in: Dreier (Hrsg.), GG-Kommentar, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 30. 171 Zustimmend Losch, Wissenschaftsfreiheit, Wissenschaftsschranken, Wissenschaftsverantwortung, S. 105 f.; Classen, Wissenschaftsfreiheit außerhalb der Hochschule, S. 78 f.; Lux, Rechtsfragen der Kooperation zwischen Hochschulen und Wirtschaft, S. 15 ff. 172 BVerfGE 90, 1 (12 f.): „Die Wissenschaftsfreiheit schützt daher auch Mindermeinungen sowie Forschungsansätze und -ergebnisse, die sich als irrig oder fehlerhaft erweisen. Ebenso genießt unorthodoxes oder intuitives Vorgehen den Schutz des Grundrechts. Voraussetzung ist nur, dass es sich dabei um Wissenschaft handelt.“ 173 Der Begriff findet sich bei Hailbronner, Die Freiheit der Forschung und Lehre als Funktionsgrundrecht, S. 106.
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4. Kap.: Wissenschaftsfreiheit und die Wirtschaftsbetätigung im Fokus
dies grundsätzlich nicht zur Ausgrenzung aus dem Schutzbereich von Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG, sondern ist bei den Schranken des Grundrechts, also im Wege der Abwägung von unmittelbar verfassungsrechtlich geschützten Rechtsgütern,174 zu klären.175 Die Forschungsfreiheit schützt zudem grundsätzlich negativ das Recht, bestimmten Forschungstätigkeiten nicht nachzugehen. Eine negative Publikationsfreiheit existiert hingegendessen nur eingeschränkt (vgl. D. I. 4.). b) Die Lehrfreiheit Bei der Lehrfreiheit176 wird insbesondere die zum kritischen Denken anregende Vermittlung von auf Forschung basierenden Erkenntnissen sowie die Wahl der Lehrmethoden und der Vermittlungsmedien geschützt.177 Forschung und Lehre stehen somit, wie bereits erwähnt, in einem Verhältnis der Wechselwirkung zueinander, die jedoch nicht zu einer Personalunion oder institutionellen Verschränkung zwingt. Nicht jeder Lehrende ist auf die Vermittlung seiner eigenen Forschungsergebnisse eingeschränkt. Denn anders als bei der Forschungsfreiheit wird bei der Lehrfreiheit nicht notwendigerweise die Neuheit der Erkenntnisse vorausgesetzt. Es reicht aus, fremde Erkenntnisse zu vermitteln, solange diese wissenschaftlichen Forschungstätigkeiten entstammen.178 So formuliert Geis zutreffend, dass keine 174 Zu den Problemen der Schranken der Wissenschaftsfreiheit vgl. ausführlich Losch/ Radau, NVwZ 2003, 390 (391); das Hauptproblem bei den Schranken bestehe aber darin, dass nur unmittelbar verfassungsrechtlich qualifizierte Rechtsgüter und Schutzerfordernisse in Betracht kämen und der Schutzzweck der Forschungsfreiheit beim Abwägungsprozess angemessen zu berücksichtigen sei. So könne die Forschungsfreiheit etwa in der Garantie der und im Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit ihre Schranken finden. Jedoch ließen sich aus diesen Verfassungsgütern Beschränkungsdirektiven herleiten, die zu unterschiedlichen Erlaubnisgrenzen führen würden, je nachdem von welchem politischen oder moralisch-ethischen Standpunkt aus die Rechtsgüterabwägung zwischen der Forschungsfreiheit und dem konkret berührten Schutzgut geführt werde. 175 Zustimmend Wahl, Forschungs- und Anwendungskontrolle, S. 34; Losch/Radau, NVwZ 2003, 390 (392); Pernice, in: Dreier (Hrsg.), GG-Kommentar, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 30; a.M. Lerche, in: Lukes/Scholz (Hrsg.), Rechtsfragen der Gentechnologie, S. 88 ff.; Lorenz, in: Badura/Scholz (Hrsg.), FS Lerche, S. 267 ff.; differenzierend Trute, Die Forschung zwischen grundrechtlicher Freiheit und staatlicher Institutionalisierung, S. 150 ff.; Bethge in: Sachs (Hrsg.), GG-Kommentar, Rdnr. 206a, der plastisch beschreibt, dass die Produktion eines Frankensteinmonsters (ausnahmsweise) bereits ein Problem des Gewährleistungsbereichs sei. 176 Umfassend Knemeyer, Lehrfreiheit, S. 24 ff.; Kaufhold, Die Lehrfreiheit, S. 1 ff. 177 BVerfGE 35, 79 (112); Pernice, in: Dreier (Hrsg.), GG-Kommentar, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 32; Mager, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. VII, § 166 Rdnr. 14; Starck, in: v. Mangoldt/Klein/ders. (Hrsg.), GG-Kommentar, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 376; Fehling, in: Dolzer/Kahl/Waldhoff u. a. (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 83; die Wahl des Lehrgegenstands und der Veranstaltungsform wird nicht vorbehaltlos geschützt wegen der notwendigen Einhaltung des Studienlehrplans und weiterer dienstrechtlicher Verpflichtungen. 178 Vgl. Pernice, in: Dreier (Hrsg.), GG-Kommentar, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 32 f.; Mager, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts VII, § 166 Rdnr. 14; Geis, in: ders.
D. Der Schutz von wirtschaftlicher Betätigung der Hochschulen
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Lehre ohne die Weitergabe eines bestimmten Wissenskanons auskomme.179 Erforderlich ist jedoch, dass die Lehrenden eigenverantwortlich und eigenständig arbeiten.180 Die Eigenständigkeit der Lehrtätigkeit manifestiert sich nicht in der Neuheit der Erkenntnisse, sondern in der eigenverantwortlichen inhaltlichen und methodischen Gestaltung sowie der Bewertung und Gewichtung bestimmter Lehrmeinungen.181 Grundsätzlich ist auch die negative Lehrfreiheit geschützt, d. h. das Recht einen bestimmten Inhalt nicht vermitteln zu müssen. Bei Hochschulen steht diese allerdings unter dem Vorbehalt der Erfüllung des Studienangebots und des Lehrdeputats.182 Die Grenze der Lehrfreiheit wird durch die Einhaltung bestimmter Mindeststandards im Bereich der Lehre bedingt, deren Anforderungen auf Grund der Wissenschaftsadäquanz relativ niedrig anzusetzen sind.183
D. Der Schutz von wirtschaftlicher Betätigung der Hochschulen Nachdem der allgemeine Schutzumfang der Wissenschafts-, Forschungs- und Lehrfreiheit dargelegt wurde, gilt es nun einen detaillierten Blick auf die bereits entwickelten Kategorien wirtschaftlicher Tätigkeiten von Hochschulen und deren Verhältnis zu dem sachlichen Schutzbereich des Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG zu werfen. Als erstes sollen die wirtschaftlichen Tätigkeiten betrachtet werden, die einen unmittelbaren Bezug zur Forschung aufweisen (Kategorie 1 a)184. Es handelt sich mithin um solche Forschungstätigkeiten, die keines weiteren Transformationsakts bedürfen, um im Wirtschaftsverkehr als Wirtschaftsgüter angeboten zu werden. Mit anderen Worten ist in diesem Fall der jeweilige Forschungsgegenstand das Produkt oder die Dienstleistung selbst, wie z. B. bei Auftragsforschungen und Gutachtentätigkeiten. Folgende Problemstellungen ergeben sich also vor allem in diesem Zusammenhang: (Hrsg.), Hochschulrecht im Freistaat Bayern, S. 91; Starck, in: v. Mangoldt/Klein/ders. (Hrsg.), GG-Kommentar, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 358, 375 ff. 179 Geis, in: ders. (Hrsg.), Hochschulrecht im Freistaat Bayern, S. 91 (92). 180 Während bei wissenschaftliche Mitarbeitern in der Regel die Eigenverantwortlichkeit zu bejahen sein wird, ist bei studentischen Tutoren vom Gegenteil auszugehen; vgl. Pernice, in: Dreier (Hrsg.), GG-Kommentar, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 33; Starck, in: v. Mangoldt/Klein/ders. (Hrsg.), GG-Kommentar, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 358; anders Scholz, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 105. 181 So zutreffend Kempen, in: Hartmer/Detmer (Hrsg.), Hochschulrecht, S. 1 (29 f.); Geis, in: ders. (Hrsg.), Hochschulrecht im Freistaat Bayern, S. 91 (92). 182 Pernice, in: Dreier (Hrsg.), GG-Kommentar, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 33; Geis, in: ders. (Hrsg.), Hochschulrecht im Freistaat Bayern, S. 91 (93); Starck, in: v. Mangoldt/Klein/ders. (Hrsg.), GG-Kommentar, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 377. 183 So explizit Mager, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. VII, § 166 Rdnr. 14. 184 Auf Grund der Komplexität erscheint es sinnvoll, Forschung und Lehre getrennt zu prüfen. Aus diesem Grunde wird hier die Kategorie 1 in die Kategorien1 a und 1 b aufgeteilt.
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4. Kap.: Wissenschaftsfreiheit und die Wirtschaftsbetätigung im Fokus
Hindert eine vorherige ökonomische Verwertungsabsicht (unabhängig, ob sie von einem externen Auftraggeber z. B. im Rahmen einer Auftragsforschung verfolgt wird oder von der Universität selbst und unabhängig von dem Grad der Gewichtung im Gesamtprojekt) die Einbeziehung in den sachlichen Schutzbereich? Wie viel Einfluss dürfen beispielsweise finanzielle oder sonstige externe Zwecksetzungen auf den Forschungsgegenstand nehmen, ohne dass der grundrechtliche Schutz versagt wird? Wie viel Eigenverantwortlichkeit und Unabhängigkeit der Forschenden müssen durch die Universität gewährleistet werden, so dass die Forschung noch als wissenschaftlich qualifiziert werden kann? Bisher wurden diese Fragen nicht in der universitären Forschung, sondern vorrangig im Zusammenhang mit der außeruniversitären Forschung185 (insbesondere der Industrieforschung)186 gestellt. Dabei wurde hinsichtlich der Reichweite des grundrechtlichen Schutzes aus Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG streng zwischen Hochschulforschung und Industrieforschung differenziert, wobei letztere sich durch die regelmäßig vorliegende ökonomische Verwertungsabsicht dem Makel der Instrumentalisierung und (im Extremfall) Manipulation ausgesetzt sah. Dies führte zu einer Frontenbildung von – überspitzt formuliert – „guter“ (weil freier und ideell motivierter) Hochschulforschung und „fragwürdiger“ (da ökonomisch motivierter) Industrieforschung.187 Dass nun eine verstärkt wirtschaftliche Sichtweise in den Universitäten, vor allem Hochschulorganisation und Hochschultätigkeiten betreffend, Einzug erhält, trifft überwiegend auf eine ablehnende Haltung.188 Um dieser faktischen Entwicklung rechtlich entgegenzuwirken, wird entweder der Schutzbereich des Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG restriktiv ausgelegt oder die Lösung des Problems auf die Rechtfertigungsebene verlagert.189 Die überwiegende Ablehnung der wirtschaftlich motivierten Tätigkeiten hängt vor allem damit zusammen, dass die Verbindung von Wirtschaft und Wissenschaft 185 Ausführlich Oppermann, Kulturverwaltungsrecht, S. 108 ff.; Trute, Forschung zwischen grundrechtlicher Freiheit und staatlicher Institutionalisierung, S. 493 ff.; Classen, Wissenschaftsfreiheit außerhalb der Hochschule, S. 72 ff.; kurzer Überblick bei H.-D. Thieme, DÖV 1994, 150 ff. 186 Schmoch, Hochschulforschung und Industrieforschung, S. 23 ff.; Kamp, Forschungsfreiheit und Kommerz, S. 37 ff. 187 In diese Richtung gehend A. Blankenagel, AöR 105 (1980), 35 (53), der von „reiner“ universitärer Forschung im Gegensatz zur Industrieforschung spricht; ders., AöR 125 (2000), 70 (101), der im Fall von Organisationen mit Vermarktungsinteresse von „egoistisch-erwerbswirtschaftlichen“ Forschungsorganisationen spricht; ähnlich Karpen, in: Schuster (Hrsg.), Handbuch des Wissenschaftstransfers, S. 71 ff. 188 Ablehnend A. Blankenagel, AöR 125 (2000), 70 ff.; Geis, VVDStRL 69 (2010), 364 ff.; Bumke, VVDStRL 69 (2010), 407 ff.; offener Classen, Wissenschaftsfreiheit außerhalb der Hochschule, S. 89 ff.; Knauff, WissR 43 (2010), 28 (30), fasst treffend den Zeitgeist zusammen: „Das Ideal von Forschung und Lehre, die unabhängig von wirtschaftlichen Erwägungen allein um ihrer selbst willen erfolgen, zählt weniger denn je.“ 189 Darauf macht bereits Lux, Rechtsfragen der Kooperation zwischen Hochschulen und Wirtschaft, S. 25 f., aufmerksam.
D. Der Schutz von wirtschaftlicher Betätigung der Hochschulen
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grundsätzlich als Freiheitsgefährdung der Wissenschaft gewertet wird.190 Dabei sehen sich die Medizin bzw. die Natur- und Ingenieurswissenschaften der Gefahr ausgesetzt, dass ihre Forschungserkenntnisse von besonders großem Interesse für die Wirtschaft und Industrie sind und sie aus diesem Grunde in eine anwendungsorientierte Forschung gezwungen werden könnten. Für die Geisteswissenschaften und die Grundlagenforschung besteht darin die Gefahr, dass sie aus Kosten-NutzenAspekten im Gegensatz zur Medizin bzw. den Natur- und Ingenieurswissenschaften eine marginale Rolle spielen und ihre Existenzberechtigung bei einer rein ökonomischen Sichtweise bedroht wäre. Einer solchen einseitigen Sichtweise, die beispielsweise durch die Festlegung der Kriterien für die leistungsorientierte Mittelvergabe (z. B. durch das Leistungskriterium der Drittmitteleinwerbung) sukzessive in den Hochschulen einen Nährboden findet, gilt es freilich entgegenzuwirken. Diese Entwicklung ist jedoch nicht auf die vergleichsweise eher punktuell durchgeführte wirtschaftliche Betätigung von Hochschulen, sondern vielmehr auf die strukturelle Veränderung der Hochschulorganisation durch die Hochschulreformen zurückzuführen.191 Die Ablehnung der Einbeziehung von wirtschaftlichen Tätigkeiten in den hochschulischen Wissenschaftsbereich geht vor allem darauf zurück, dass die Unabhängigkeit des Forschers bereits durch das Setzen eines ökonomischen Anreizes bezweifelt wird. Zu beachten gilt es, dass es dem einzelnen Forscher im Rahmen des Nebentätigkeitsrechts192 grundsätzlich möglich ist, sich als Privatmann wirtschaftlich zu betätigen (z. B. durch eine private Gutachtentätigkeit). Hier geht es letztlich jedoch nicht um das ökonomisch motivierte privatrechtliche Handeln eines Hochschullehrers in Nebentätigkeit, sondern um ein wirtschaftliches Tätigwerden einer Universität oder einer Untergliederung (z. B. universitäres „An-Institut“), wobei in der Regel mehrere Hochschulwissenschaftler diese Tätigkeiten als Dienstaufgabe ausführen. Ein Nebentätigkeitsrecht für Hochschulen/Untergliederungen existiert jedoch gerade nicht. Sie sind als öffentlich finanzierte Körperschaften des öffentlichen Rechts grundsätzlich dem Gemeinwohl verpflichtet. Was könnte nun aus dieser Verschiedenheit für die Bestimmung des Grads einer zulässigen externen Beeinflussung gefolgert werden? Man könnte zu dem Ergebnis kommen, dass im Falle einer wirtschaftlichen Betätigung von Universitäten bereits bei dem Anschein einer möglichen Beeinflussung von außen die Qualifizierung einer Tätigkeit als 190 Z. B. Köttgen, in: Neumann/Nipperdey/Scheu (Hrsg.), Grundrechte, S. 299 (304); Roellecke, BB 1981, 1905 (1906); A. Blankenagel, AöR, 116 (1991), 494 (495); grundlegend dazu auch die Arbeit von Dähne, Forschung zwischen Wissenschaftsfreiheit und Wirtschaftsfreiheit, S. 256 ff.; S. 348 ff. 191 Zu der Implementierung und rechtlichen Bewertung neuer Hochschulinstrumente Kracht, Das neue Steuerungsmodell im Hochschulbereich, S. 55 ff.; Sieweke, Managementstrukturen und outputorientierte Finanzierung im Hochschulbereich, S. 76 ff. 192 Zur Abgrenzung von Hauptamt und Nebentätigkeit im Einzelfall – besonders auf den Bereich der Gutachtentätigkeit, Verbreitung von Forschungsergebnissen und Auftragsforschung bezogen, vgl. Lux, Rechtsfragen der Kooperation zwischen Hochschulen und Wirtschaft, S. 225 ff.
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4. Kap.: Wissenschaftsfreiheit und die Wirtschaftsbetätigung im Fokus
wissenschaftlich ausgeschlossen wäre. Man könnte jedoch auch entgegnen, dass finanzielle Erwägungen in dem Bereich der Wissenschaft nicht von vornherein „verteufelt“ werden dürften. Denn die Hochschule ist kein isolierter, von den gesellschaftlichen Strömungen abgekoppelter Bereich (mehr)193, in welchem die Forschung im Sinne einer „l’art pour l’art“ betrieben wird. Die neben der Erkenntnissuche verfolgten Ziele müssen nicht von vornherein schädlich für die Wissenschaftlichkeit einer Tätigkeit sein. Vielmehr gilt es den Einfluss finanzieller Gesichtspunkte auf die Freiheit und Unabhängigkeit des Forschers und auf ihre Vereinbarkeit mit der Wissenschaftlichkeit differenziert zu prüfen. Es scheint geboten, die beschriebene Polarisierung von Wirtschaft und Wissenschaft einer differenzierten und nüchternen Sichtweise weichen zu lassen. Dabei sollen die einzelnen Elemente der Forschungsfreiheit differenziert auf ihre Vereinbarkeit mit den Elementen der wirtschaftlichen Tätigkeiten, den damit einhergehenden ökonomischen Motivationen und ihren Auswirkungen und Ausprägungen (z. B. Vorgabe der Fragestellung oder des Ergebnisses von Externen) untersucht werden.
I. Einbeziehung in den sachlichen Schutzbereich von wirtschaftlichen Tätigkeiten, die einen unmittelbaren Bezug zu wissenschaftlicher Forschung aufweisen Der Sinn des Ziels, wirtschaftlich ausgerichtete Forschungstätigkeiten in den Schutzbereich der Wissenschaftsfreiheit einzubeziehen, um diese wie andere Forschungstätigkeiten vor Eingriffen jeglicher Art hinreichend zu schützen, wird bereits teilweise in Frage gestellt. Denn typischerweise seien bei wirtschaftlichen, gewinnorientierten Tätigkeiten Art. 12 Abs. 1 GG oder Art. 14 Abs. 1 GG einschlägig und böten in der Regel ausreichend rechtlichen Schutz.194 Prinzipiell ist es richtig, dass der Schutzbereich des Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG nicht notwendigerweise auf alle (neben der Erkenntnissuche) „auch-gewinnorientierten“ Forschungsarbeiten ausgedehnt werden muss, um diese hinreichend schützen zu können. Allerdings entfaltet Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG als vorbehaltlos gewährtes Grundrecht grundsätzlich eine stärkeren Schutz als Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 14 Abs. 1 GG. Somit ist bei einer Forschungstätigkeit, die neben der Erkenntnissuche auch die Gewinnerzielung umschließt, nicht die Frage von entscheidender Bedeutung, ob sie überhaupt geschützt wird, sondern wie stark sie geschützt wird. Wenn aber eine bestimmte gegen 193 Die Hochschule sieht sich in einem solchen Fall schnell dem Vorwurf ausgesetzt, sie sei ein „Elfenbeinturm“. Hochschulforscher seien wirklichkeitsfremd; so Nuissl, in: Knust/Hanft (Hrsg.), Weiterbildung im Elfenbeinturm, S. 141 f.; andererseits weist Dickert, Naturwissenschaft und Forschungsfreiheit, S. 23, 261, überzeugend nach, dass bereits im 19. Jahrhundert externen Zwecksetzungen große Bedeutung beigemessen wurde. 194 So Kleindiek, Wissenschaft und Freiheit in der Risikogesellschaft, S. 319 ff.; S. 333 f.; A. Blankenagel, AöR 125 (2000), 70 (94); a.M. Starck, in: v. Mangoldt/Klein/ders. (Hrsg.), GGKommentar, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 355 m.w.N.
D. Der Schutz von wirtschaftlicher Betätigung der Hochschulen
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Entgelt durchgeführte Forschungstätigkeit als wissenschaftlich zu qualifizieren wäre, dann würde ihr der entsprechend starke Schutz aus Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG gebühren, der ebenfalls anderen wissenschaftlichen Forschungen erwächst. Andernfalls käme dies im Ergebnis einer verfassungswidrigen Ungleichbehandlung gleich. Zu beachten gilt es zudem, dass die Berufung auf die Grundrechte der Berufsund Eigentumsfreiheit den Hochschulen und ihren Untergliederungen als juristischen Personen des öffentlichen Rechts verwehrt ist.195 Das bedeutet, wenn die Wirtschaftstätigkeiten nicht von Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG geschützt wären, so stünde den Universitäten in diesem Fall kein grundrechtlicher Schutz zu. Diese weitreichende Konsequenz für die Universitäten deutet bereits an, dass ein alleiniger Verweis auf die Existenz der Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 14 Abs. 1 GG nicht als ausreichend erachtet werden kann, um wirtschaftlich motivierte Tätigkeiten aus dem sachlichen Schutzbereich des Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG auszuschließen. In welchen Fällen eine wirtschaftliche Betätigung einer Hochschule im Bereich der Forschung unter den Terminus der „wissenschaftlichen Forschung“ subsumiert werden kann, soll nun im Einzelnen – ausgehend von dem Individualgrundrechtsträger und sodann auf die Institution „Universität“ übertragend – untersucht werden. 1. Reichweite der Einflussnahme bei der Fragestellung Fraglich ist, ob die externe Vorgabe der Wahl eines Themenbereichs bzw. der genauen Fragestellung der Klassifizierung als „wissenschaftliche Forschung“ und somit einer Einbeziehung in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG entgegensteht. Insbesondere wenn die vorgegebene Fragestellung auf einen (erhofften) finanziellen Output des Forschungsergebnisses gerichtet ist, wird dies bezweifelt, denn die Themenstellung orientiere sich dann nicht mehr am wissenschaftlichen Wert per se.196 Daraus folgt, dass diese Vertreter die eigenständige Bestimmung des Themas ohne einen konkreten praktischen Nutzen als konstitutives Merkmal für „wissenschaftliche Forschung“ klassifizieren. Allerdings ist dieser Ansatz nicht zielführend. Denn die Forcierung der eigenständigen Themenwahl isoliert nicht nur den Forscher und beschneidet ihn in seiner Freiheit, sondern auch die Gesellschaft, die gerade an wissenschaftlich fundierten Lösungen konkreter Probleme, die sich realiter stellen, interessiert ist und nicht zuletzt von den Ergebnissen aus Auftragsforschungen zumindest mittelbar profitiert. Eine Nichtanerkennung von Wissenschaftlichkeit auf Grund einer vorgegebenen Themenstellung muss somit als realitätsfern und kontraproduktiv gewertet werden. Richtigerweise muss Ausgangspunkt der Überlegungen die Freiheit des Forschers sein. Die Forschungsfreiheit schützt die Wahl der Fragestellung, d. h. dass der Forscher selbst über Themenwahl und die spezifische Forschungsfrage bestimmen 195
Vgl. bereits in diesem Kapitel unter B. II. 2. a). A. Blankenagel, AöR 105 (1980), 35 (53); M. Blankenagel, Wissenschaft zwischen Information und Geheimhaltung, S. 44. 196
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4. Kap.: Wissenschaftsfreiheit und die Wirtschaftsbetätigung im Fokus
darf. Negativ schützt die Forschungsfreiheit jedoch auch das Recht des Forschers ein bestimmtes Thema nicht zu bearbeiten. Daraus folgt für die Einbeziehung einer vorgegeben Forschungsfrage in den Schutzbereich von Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG, dass nicht die Vorgabe selbst schädlich ist. Entscheidend ist vielmehr, dass die Bearbeitung des Themas freiwillig erfolgt.197 Der Forscher darf nicht gegen seinen Willen zu einer bestimmten Forschungstätigkeit gezwungen werden. Die Beachtung der Freiwilligkeit richtet sich nicht nur gegen den externen (öffentlichen)198 Auftraggeber, sondern vor allem auch gegen die Universitäten oder die wirtschaftenden Hochschuleinheiten, für die der Forscher seine Tätigkeit ausübt. Mit anderen Worten darf der Hochschulforscher trotz bestehender dienstrechtlicher Verpflichtungen199 nicht übergangen werden (detailliert sogleich unter E.).200 Die Einbeziehung einer vorgegebenen Fragestellung in den Schutzbereich der Forschungsfreiheit wird zudem durch die Tatsache gestützt, dass eine Beschränkung hinsichtlich der Themenauswahl im Hochschulalltag keine Seltenheit ist. Denn oftmals manifestiert sich eine (unterschiedlich einschneidende) Themenbegrenzung bereits durch die Gründung eines Hochschulinstituts oder durch die Einwerbung eines Drittmittelprojekts.201 Wenn nun externe Auftraggeber für eine bestimmte Forschungstätigkeit bezahlen und dementsprechend die Forschungsfrage vorgeben, so ändert sich die rechtliche Beurteilung nicht. Unerheblich ist auch, ob der Auftraggeber wiederum wirtschaftliche Motive verfolgt.202 Entscheidend für eine Qualifizierung als wissenschaftliche Forschung ist allein die Akzeptanz des Hoch197 Zustimmend Classen, Wissenschaftsfreiheit außerhalb der Hochschule, S. 84; Lux, Rechtsfragen der Kooperation zwischen Hochschule und Wirtschaft, S. 27; Kamp, Forschungsfreiheit und Kommerz, S. 60; Starck, in: v. Mangoldt/Klein/ders. (Hrsg.), GG-Kommentar, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 355 ff. 198 Als Auftraggeber kommen sowohl öffentliche (Bundes- und Landesministerien, öffentlich-rechtliche Verbände etc.) als auch private Akteure (private Wirtschaftsunternehmen etc.) in Betracht. Insoweit in dieser Arbeit von möglichen grundrechtlichen Eingriffen seitens der Auftraggeber dies Rede ist, sind freilich nur die öffentlichen Auftraggeber gemeint. 199 Zum Nebentätigkeitsrecht im Bereich der Auftragsforschung Püttner/Mittag, Rechtliche Hemmnisse der Kooperation zwischen Hochschulen und Wirtschaft, S. 54 f.; Scheven, in: Schuster (Hrsg.), Handbuch des Technologietransfers, S. 161 ff.; Blümel/Scheven, in: Flämig u. a. (Hrsg.), Handbuch des Wissenschaftsrechts, Bd. 1, S. 443 (457); zum Nebentätigkeitsrecht allgemein Post, Das Nebentätigkeitsrecht der Professoren und des übrigen wissenschaftlichen und künstlerischen Hochschulpersonals in Nordrhein-Westfalen, S. 3 ff.; Wank, Nebentätigkeit, Rdnr. 328 ff. 200 Püttner/Mittag, Rechtliche Hemmnisse der Kooperation zwischen Hochschulen und Wirtschaft, S. 25; Lux, Rechtsfragen der Kooperation zwischen Hochschule und Wirtschaft, S. 27. 201 Vgl. Kamp, Forschungsfreiheit und Kommerz, S. 64; ein Hochschulinstitut „Berg- und Energierecht“ wird schwerlich in einem anderen Themengebiet forschen. Auch die Lehrstuhlbezeichnung schränkt bereits in gewisser Weise die Themenwahl ein. Im Bereich der Drittmittelforschung vgl. die Ausführungen von Rollmann, Die Universität als Wirtschaftsunternehmen, S. 75 ff.; Misera, Drittmittelforschung, S. 53 ff. 202 Zustimmend Classen, Wissenschaftsfreiheit außerhalb der Hochschule, S. 84.
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schulforschers in Bezug auf die Vorgabe der Forschungsfrage – freilich vorausgesetzt, die weiteren Merkmale der wissenschaftlichen Forschung sind erfüllt. 2. Reichweite der Einflussnahme bei der Wahl der Methode Die Wahl der Forschungsmethode203 muss frei und unabhängig vom Forscher selbst getroffen werden. Denn es stellt eine seiner Kernkompetenzen dar, eine verlässliche Prognose darüber zu geben, welche Methode seiner Meinung nach die größte Annäherung an das anvisierte Forschungsziel verspricht. Nur wenn der Forscher diese eigenverantwortlich gewählte Methode anwendet, ist es ihm möglich, das erzielte Ergebnis frei zu bewerten. Die Freiheit der Wahl der Methode kann somit auf die Freiheit der Bewertung, das „Schlüsselmerkmal“ der Wissenschaftlichkeit (dazu sogleich unter D. I. 3.) „durchschlagen“.204 Die Wissenschaftlichkeit einer Forschungsarbeit setzt demnach voraus, dass der Forscher stets alle möglichen Methoden in Betracht zieht, auf ihre Geeignetheit überprüft und auf dieser Grundlage die Methode auswählt, die dem Forschungsziel aus seiner Sicht am dienlichsten ist (freilich unter der Prämisse, dass er nur die Methoden heranziehen muss, die er überhaupt fähig ist auszuüben).205 Hinsichtlich der Möglichkeiten eines Auftraggebers, Einfluss auf die Methode zu nehmen, folgt daraus, dass er lediglich unverbindliche Empfehlungen aussprechen kann.206 Vorschläge und Empfehlungen ohne Weisungscharakter sind als Aufforderung zu interpretieren, zusätzliche Untersuchungen (neben der nach Meinung des Forschers optimalen Methode) durchzuführen. Eine solche Einflussnahme verhindert nicht die Qualifizierung einer Forschungsarbeit als wissenschaftlich. Im Gegenteil: Ein solches Vorgehen ist gerade typisch für die Wissenschaft. Es sichert das erzielte Forschungsergebnis ab und verleiht der jeweiligen Forschungsarbeit eine verstärkte Glaubwürdigkeit. Wenn der Auftraggeber jedoch zwingend die Anwendung einer bestimmten Methode anordnet, beugt sich der Forscher nicht mehr der seiner Meinung nach dienlichsten Methode, sondern der Weisung des Auftraggebers. Falls die angeordnete Methode nicht zufällig mit der Überzeugung des Forschers übereinstimmt, die größtmögliche Annäherung an die Generierung neuer Erkenntnisse zu ermöglichen, schließt die Befolgung der Weisung die Wissenschaftlichkeit aus.207 Im Umkehrschluss folgt daraus, dass Verbote, eine bestimmte Methode anzuwenden, die Qualifizierung als wissenschaftliche Forschung nicht verhindern, 203 Die Methode wird hier in einem umfassenden Sinne verstanden. Sie umfasst die Bildung von Thesen und ihre experimentelle oder theoretische Überprüfung anhand einer bestimmten Methodik; so explizit auch Classen, Wissenschaftsfreiheit außerhalb der Hochschule, S. 84. 204 Lux, Rechtsfragen der Kooperation zwischen Hochschule und Wirtschaft, S. 18. 205 Lux, Rechtsfragen der Kooperation zwischen Hochschule und Wirtschaft, S. 18. 206 Zustimmend Classen, Wissenschaftsfreiheit außerhalb der Hochschule, S. 85; Lux, Rechtsfragen der Kooperation zwischen Hochschule und Wirtschaft, S. 27. 207 Classen, Wissenschaftsfreiheit außerhalb der Hochschule, S. 86; im Ergebnis ebenso Schulze-Fielitz, in: Geis (Hrsg.), Hochschulrecht im Freistaat Bayern, S. 158 (172).
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4. Kap.: Wissenschaftsfreiheit und die Wirtschaftsbetätigung im Fokus
wenn sie vom Forscher selbst für untauglich gehalten werden. Im Ergebnis muss der Forscher demnach unabhängig eine Methode wählen und diese durchführen.208 Alle Vorgaben des Auftraggebers mit Empfehlungscharakter stehen einer Qualifizierung als Wissenschaft nicht entgegen, Weisungen nur dann, wenn sie mit der vom Forscher ausgewählten Methode (zufällig) im Einklang stehen. 3. Reichweite der Einflussnahme bei der Bewertung Die Freiheit der Bewertung der Forschungsanalysen ist das wesensprägende Merkmal der Wissenschaftlichkeit. Der Forscher muss eigenverantwortlich und frei von jeglicher externer Beeinflussung zu einem nach seiner Überzeugung die größtmögliche (neue) Erkenntnis erreichenden, abschließenden Ergebnis gelangen. Denn nur dann „manifestiert sich das subjektive Streben nach Wahrheit [Anm. bzw. neuer Erkenntnis]“209 in der Bewertung, das „Herzstück“ aller Wissenschaftlichkeit ist. An die Befolgung dieses Merkmals sind strenge Anforderungen zu stellen. So reicht es für die Qualifizierung einer Tätigkeit als wissenschaftliche Forschungstätigkeit nicht aus, dass der Forscher ein bestimmtes Ergebnis – neben einem seiner Meinung nach dem Erkenntnisgewinn näherkommenden Ergebnis – lediglich für vertretbar hält.210 Andererseits ist es für die Qualifizierung einer Forschungsarbeit als wissenschaftlich nicht abträglich, wenn der Forscher sich bei mehreren gleichermaßen vertretbaren Ergebnissen für das entscheidet, das mit dem erhofften übereinstimmt, unabhängig davon, ob dieses altruistisch oder ökonomisch motiviert ist. (Voraussetzung ist aber, dass der Forscher für hinreichende Transparenz sorgt, d. h. er müsste auf die alternativen Ergebnisse hinweisen.) Die Grenze der Wissenschaftlichkeit ist hingegendessen klar überschritten, wenn ein Auftraggeber ein bereits vordefiniertes Ergebnis durch (vermeintlich) „wissenschaftliche“211 Analysen zusätzlich stützen will. Angelehnt an den Ausdruck des „Gefälligkeitsgutachtens“212, der solche Forschungsarbeiten von wissenschaftlichen abgrenzt, könnte man derartige Forschung als „Gefälligkeitsforschung“ bezeichnen.213 Allerdings ist eine 208 Zustimmend Starck, in: v. Mangoldt/Klein/ders. (Hrsg.), GG-Kommentar, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 355; Jarass, in: ders./Pieroth (Hrsg.), GG-Kommentar, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 122. 209 Lux, Rechtsfragen der Kooperation zwischen Hochschule und Wirtschaft, S. 28. 210 So auch Lux, Rechtsfragen der Kooperation zwischen Hochschule und Wirtschaft, S. 28. 211 Richtigerweise müsste es heißen, dass der Auftraggeber Analysen von Wissenschaftlern durchführen lässt, die jedoch bei diesem Auftrag nicht im verfassungsrechtlichen Sinne wissenschaftlich tätig werden. 212 Ein jüngeres Beispiel für ein Gefälligkeitsgutachten stellt laut Angaben der Zeitung „Die Zeit“, (vgl. Gehrmann/Hamann, Entlastung mit Wenn und Aber, in: Die Zeit vom 22.12. 2011, S. 22) das Rechtsgutachten im Fall Arcondors dar; allgemein zu Gefälligkeitsgutachten Misera, Drittmittelforschung, S. 66; zu Gefälligkeitsgutachten im Umweltrecht Fehling, Verwaltung zwischen Unparteilichkeit und Gestaltungsaufgabe, S. 369; Pernice, in: Dreier (Hrsg.), GGKommentar, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 26. 213 Zu beachten ist, dass die Einordnung einer Tätigkeit als „nichtwissenschaftlich“ zur Folge hat, dass sie nicht mehr zum Hauptamt eines Professors gezählt werden kann. Das be-
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vollkommene „Desinteressiertheit“214 des Forschers keine Voraussetzung für wissenschaftliche Forschung. Naheliegender ist es, ein Interesse im Sinne einer Neugier oder Begeisterung zu werten, welche oftmals treibende Kraft der Forschung sind. Es ist mithin für die Einbeziehung in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG nicht abträglich, wenn ein bestimmtes Ergebnis erhofft wird, soweit die Ergebnisoffenheit dadurch nicht negativ beeinflusst wird. Allerdings wird die erforderliche Ergebnisoffenheit, d. h. die Bereitschaft sich von einem erwünschten Ergebnis im Falle der Nichtbestätigung abkehren zu können, insbesondere bei der Verfolgung finanzieller Interessen in Frage gestellt.215 Eine wirtschaftliche Ausrichtung verschiebe die Prioritäten von sorgfältiger, unvoreingenommener (und mithin wissenschaftlicher) Forschung hin zu interessengebundener, unfreier Forschung.216 Ein solcher Verdacht ist angesichts der „Macht des Marktes“217 zwar nachvollziehbar. Er beweist jedoch nicht das Vorliegen eines erzwungenen Ergebnisses und rechtfertigt somit nicht den Generalausschluss von „auch-gewinnorientierter“ Forschung aus dem Schutzbereich des Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG.218 Darüber hinaus führt ein auf einer unsorgfältigen Forschungsleistung beruhendes Produkt zu einem erheblichen Ansehensverlust eines Forschers und potentiellen Schadensersatzansprüchen.219 Allein aus egoistischen Motiven überlässt deutet, dass die Tätigkeit grundsätzlich nur in Nebentätigkeit erfolgen darf. Auf diese bedeutende Konsequenz weisen Lux-Wesener/Kamp, in: Hartmer/Detmer (Hrsg.), Hochschulrecht, S. 331 (340 f.), hin. 214 So aber A. Blankenagel, AöR 105 (1980), 35 (62 ff.); bei ihm ist die Desinteressiertheit ein Teil der Definition (neben Universalismus, organisierter Skeptizismus, Kommunalismus); ebenso Classen, Wissenschaftsfreiheit außerhalb der Hochschule, S. 86; zutreffend hingegen Lux, Rechtsfragen der Kooperation zwischen Hochschule und Wirtschaft, S. 28; Kamp, Forschungsfreiheit und Kommerz, S. 67, der treffenderweise darauf verweist, dass sich ansonsten weite Teile universitär betriebener Forschung außerhalb des Schutzbereichs befänden. Zudem ist fraglich, aus welchem Grunde eine Begeisterung oder sonstige emotionale Bindung einer kritischen Sachbezogenheit entgegenstehen sollte. 215 Vgl. Köttgen, in: Neumann/Nipperdey/Scheuner (Hrsg.), Grundrechte, Bd. 1, S. 299 (304); Kirchhof, Wissenschaft in verfasster Freiheit, S. 17; Schmidt-Aßmann, NVwZ 1998, 1225 (1227). 216 Vgl. Schmidt-Aßmann, NVwZ 1998, 1225 (1227), der davon spricht, dass die Einbeziehung der Wissenschaft in wirtschaftliche Verwertungszusammenhänge (Ökonomisierung) wissenschaftliches Wissen zur „Ware“ mache. Das Aufspüren von „Marktlücken“ und die richtige Platzierung des Produkts „am Markt“ seien für die Forschung wichtiger als das sorgfältige und zeitaufwendige Durchgehen langer Versuchsreihen. 217 Kamp, Forschungsfreiheit und Kommerz, S. 68. 218 Zustimmend Classen, Wissenschaftsfreiheit außerhalb der Hochschule, S. 89 f. 219 Dies zeigt sich auch jüngst am Beispiel eines Professors der Geschichte an der Universität Gießen, dem in der „scientific community“ der Vorwurf gemacht wurde, die Geschichte von Familienunternehmen zu beschönigen. Die Rezensionen in der FAZ und Süddeutschen vielen sehr skeptisch aus und auch in der Zeit (Staas, Die Firma zahlt, in: Die Zeit vom 26.4. 2011, S. 21) wurde der Vorwurf der Unredlichkeit erhoben, der für den betroffenen Professor an der Universität Nürnberg-Erlangen imageschädigend wirkte; vgl. allgemein Kamp, Forschungsfreiheit und Kommerz, S. 69.
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4. Kap.: Wissenschaftsfreiheit und die Wirtschaftsbetätigung im Fokus
ein Auftraggeber (z. B. bei einer Auftragsforschung) in der Regel die Bewertung dem Forscher, der wiederum ebenfalls aus ähnlichen Motiven sich um redliche, wissenschaftliche Forschungsarbeit bemüht.220 Hinzu kommt, dass in der hier zu Grunde liegenden Konstellation die Universität Vertragspartner der Auftragsforschung oder Gutachtentätigkeit ist und nicht der Forscher selbst. Der Forscher fungiert als „Dienstleister“ und wird unabhängig vom Ergebnis der Auftragsforschung bezahlt. Die beauftragte wirtschaftliche Einheit, wie z. B. ein „An-Institut“ einer Universität, trägt hingegen das Risiko, dass im Falle eines aus der Perspektive des Auftraggebers unliebsamen Ergebnisses keine erneute Beauftragung durch eben diesen Auftraggeber erfolgen könnte. Diese Risikoverteilung trägt letztlich auch zum Schutz des freien Tätigwerdens der „Dienstleister“ bei. 4. Reichweite des Einflusses auf die Veröffentlichung des Forschungsergebnisses Wissenschaftliche Forschung ist auf die Veröffentlichung der Forschungsergebnisse, regelmäßig in Form einer Publikation, angelegt.221 Die Verbreitung ist das kommunikative Gegenstück zu dem vergleichsweise isolierten Prozess der Forschungstätigkeit.222 Dabei ist gerade die Veröffentlichung für die Wissenschaft von integraler Bedeutung, da sie gleich mehrere für die Wissenschaft bedeutende Zwecke erfüllt. a) Das Erfordernis eines ernsthaften Veröffentlichungswillens Die wichtigste Funktion besteht darin, den diskursiv-kritischen Austausch mit anderen Wissenschaftlern zu ermöglichen und zu fördern, in welchem die Forschungsergebnisse bestätigt, ergänzt, hinterfragt oder verworfen werden.223 Die Diskussion der „scientific community“ stellt demnach eine Qualitäts- und Gütekontrolle dar, die im Extremfall in der Identifizierung der Forschungsergebnisse als Falsifikation gipfeln kann. Damit eine solche Kontrolle erfolgen kann, ist es erforderlich, dass nicht nur das Forschungsergebnis selbst, sondern alle Begründungselemente, die ein lückenloses Nachvollziehen ermöglichen (Methodik, Experi-
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Kamp, Forschungsfreiheit und Kommerz, S. 68 f. BVerfGE 47, 327 (375); Bull, WissR 4 (1971), 35 (54 f.); Kimminich, WissR 18 (1985), 116 (123). 222 Das kommunikative Element der Wissenschaft wurde in besonderem Maße durch die Wissenschaftssoziologie herausgearbeitet; vgl. diesbezüglich Merton, in: Weingart (Hrsg.), Wissenschaftssoziologie I, S. 45 ff., der einer der bekanntesten und „einflussreichsten amerikanischen Wissenschaftssoziologen“ (so Breithecker-Amend, Wissenschaftsentwicklung und Erkenntnisfortschritt, S. 313) unserer Zeit ist. 223 A. Blankenagel, AöR 125 (2000), 70 (93); Lüthje, in: Denninger (Hrsg.), Hochschulrahmengesetz, § 2 Rdnr. 14; vgl. dazu auch Pernice, in: Dreier (Hrsg.), GG-Kommentar, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 20. 221
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mentaufbau etc.), offengelegt werden.224 Für den Forscher selbst ist – freilich neben dem Erkenntnisgewinn als solchem – die mit der Veröffentlichung einhergehende Förderung der Reputation und der Karriere bedeutend. Hinzu kommt, dass die Anzahl der Veröffentlichungen eine immer gewichtigere Rolle als so genannter „publication index“ bei der leistungsorientierten Mittelvergabe spielt.225 Auch regt die Veröffentlichung oftmals die Entwicklung neuer Forschungsthesen an und befruchtet mithin die Forschung anderer Wissenschaftler.226 Insgesamt ist die Verbreitung der Forschungsergebnisse somit die Basis für die notwendige Transparenz, ohne die die Wissenschaft prägende Interdiskursivität nicht stattfinden könnte. Die zentrale Bedeutung der Veröffentlichung legt den Schluss nahe, dass eine solche ein konstitutives Merkmal für die Gewährung des Schutzes aus Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG ist. Dem ist grundsätzlich zuzustimmen.227 Gerade die hier propagierte relative Offenheit gegenüber externen Einflussmöglichkeiten beim Forschungsprozess zwingt zu einer absoluten Offenheit im Forschungsergebnis. Denn nur durch sie kann eine Gütekontrolle durch die scientific community erfolgen, die als korrektives Element nicht wissenschaftliches Vorgehen aufdecken kann. Nur durch sie verwirklicht sich das zentrale Anliegen der Wissenschaft, den allgemeinen Erkenntnisstand zu erweitern. Daher ist in der Veröffentlichung der Forschungsergebnisse prinzipiell ein konstitutives Merkmal für die Eröffnung des Schutzbereiches der Wissenschaftsfreiheit zu sehen.228 Eine negative Veröffentlichungsfreiheit kann unter den dargelegten Voraussetzungen nicht angenommen werden.229 224
So explizit Classen, Wissenschaftsfreiheit außerhalb der Hochschule, S. 87. Ausführlich dazu Dörre/Neis, Das Dilemma der unternehmerischen Hochschule, S. 122 ff. 226 Dagegen kann sich ein Wissenschaftler auch nicht wehren; vgl. Engel, GRUR 1982, 705 (708); Kirchhof, Der Gesetzgebungsauftrag zum Schutz des geistigen Eigentums gegenüber modernen Vervielfältigungstechniken, S. 24. 227 A.M. Schübler-Pfister, in: Gärditz/Pahlow (Hrsg.), Hochschulerfindungsrecht, S. 11 (19 f.), die eine negative Publikationsfreiheit bejaht. Sie stellt zum einen darauf ab, dass die Entscheidung, nicht zu veröffentlichen, die Suche nach der Wahrheit nicht behindere und zum anderen auf § 42 Nr. 2 ArbnErfG, der von einer vorhandenen negativen Publikationsfreiheit ausgehe. Hier wird aber vor allem auf den Zweck der Publikation abgestellt. Darüber hinaus dürfen einfachgesetzliche Normen nicht zur Auslegung von Verfassungsrecht herangezogen werden. 228 Zustimmend A. Blankenagel, AöR, 105 (1980), 35 (70); Dickert, Naturwissenschaften und Forschungsfreiheit, S. 291 ff.; M. Blankenagel, Wissenschaft zwischen Information und Geheimhaltung, S. 104 ff.; Lux, Rechtsfragen der Kooperation zwischen Hochschule und Wirtschaft, S. 20; S. 28 f.; Pernice, in: Dreier (Hrsg.), GG Kommentar, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 28; 31; a.A. Rollmann, Die Universität als Wirtschaftsunternehmen, S. 84; Classen, Wissenschaftsfreiheit außerhalb der Hochschule, S. 89 f.; Graf Vitzthum, in: Badura/Scholz (Hrsg.), FS Lerche, S. 341 (348). 229 Eine negative Veröffentlichungsfreiheit setzt zudem die tatbestandliche Trennung von Forschung und Veröffentlichung voraus, die jedoch abzulehnen ist. Dies wird auch in der Definition der Forschung deutlich. Eine negative Veröffentlichungsfreiheit kann demnach grundsätzlich nicht angenommen werden; zustimmend Classen, Wissenschaftsfreiheit außerhalb der Hochschule S. 89, mit Verweis auf BVerfGE 35, 79 (113). 225
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4. Kap.: Wissenschaftsfreiheit und die Wirtschaftsbetätigung im Fokus
Allerdings gilt es, die Pflicht zur Veröffentlichung noch weiter zu präzisieren. Es ist zu hinterfragen, zu welchem Zeitpunkt von dem Vorliegen einer solchen Pflicht auszugehen ist. Es wäre beispielsweise nicht einleuchtend, wenn ein Forscher verpflichtet wäre, die aus seiner Forschungsarbeit resultierenden Erkenntnisse, die seiner Einschätzung zufolge noch zu sehr mit Unsicherheit behaftet wären und durch weitere Experimente o. ä. abgesichert werden müssten oder gar lücken- oder fehlerhaft wären, zu veröffentlichen.230 Eine solche Verpflichtung würde den Wissenschaftsbegriff gleichsam von innen heraus ad absurdum führen231 und in die absolut zu gewährende Freiheit der Bewertung der Forschung, die auch die Möglichkeit der Korrektur und nicht zuletzt das Eingestehen des Scheiterns umfasst, in verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigender Weise eingreifen.232 Die Feststellung der Publikationsreife ist mithin als Ausfluss der Bewertungsfreiheit des Forschers zu begreifen.233 Neben der Beurteilung der Publikationsreife obliegt es ebenfalls dem Forscher, den Zeitpunkt (neben Form und Inhalt)234 der Veröffentlichung zu bestimmen.235 Regelmäßig wird der Forscher zeitnah alle notwendigen Vorkehrungen treffen, die für eine Veröffentlichung erforderlich sind, so dass alsbald eine solche erfolgen kann. Allerdings oktroyiert Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG keinen bestimmten Zeitpunkt der Veröffentlichung. Als ausreichend für die Gewährung des Schutzes der Wissenschaftsfreiheit muss es demnach erachtet werden, dass der Forscher im Falle der Feststellung der Publikationsreife einen ernsthaften Willen zur Veröffentlichung hat, der sich grundsätzlich in dieser manifestiert.236 Es drängt sich nun die Frage auf, wie sich Geheimhaltungsklauseln, die typischerweise bei der Auftragsforschung oder Gutachtentätigkeit (z. B. in der Funktion eines mit einem Universitätsinstitut verbundenem Materialprüfungsamt)237 vereinbart werden, in diesem Zusammenhang auswirken; und zwar unter der Vorausset230 Zu diesem Schluss gelangt man auch, wenn der Sinn und Zweck der Verbreitung der Forschungsergebnisse zu Grunde gelegt wird, der gerade darin besteht, eine neue Erkenntnis, von der der Forscher überzeugt ist, der „scientific community“ vorzustellen. 231 Denn dann würde sich das Ergebnis gerade nicht aus der Sicht des Forschers als größtmögliche Annäherung an die Wahrheit darstellen; so zutreffend Lux, Rechtsfragen der Kooperation zwischen Hochschule und Wirtschaft, S. 21. 232 So auch Lux, Rechtsfragen der Kooperation zwischen Hochschule und Wirtschaft, S. 21. 233 Zustimmend Meusel, in: Schuster (Hrsg.), Handbuch des Wissenschaftstransfers, S. 89 (92 f.); Lux, Rechtsfragen der Kooperation zwischen Hochschule und Wirtschaft, S. 21; Kamp, Forschungsfreiheit und Kommerz, S. 75 ff. 234 Vgl. im Einzelnen Classen, Wissenschaftsfreiheit außerhalb der Hochschule, S. 78 ff.; darauf aufbauend Lux, Rechtsfragen der Kooperation zwischen Hochschule und Wirtschaft, S. 22. 235 Ebenso BVerfGE 47, 327 (389). 236 So auch Meusel, in: Schuster (Hrsg.), Handbuch des Wissenschaftstransfers, S. 89 (90); Dickert, Naturwissenschaften und Forschungsfreiheit, S. 280; Lüthje, in: Denninger (Hrsg.), Hochschulrahmengesetz, § 3 Rdnr. 14; Lux, Rechtsfragen der Kooperation zwischen Hochschule und Wirtschaft, S. 21. 237 Gemeint ist also gerade nicht das Gutachten, das in Nebentätigkeit erbracht wird; das Beispiel stammt von Thieme, Hochschulrecht, S. 374.
D. Der Schutz von wirtschaftlicher Betätigung der Hochschulen
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zung, dass der Hochschulforscher und der Leiter der wirtschaftenden Einheit dem Abschluss von Geheimhaltungsklauseln zugestimmt haben.238 Schließen Geheimhaltungsklauseln von vornherein die Eröffnung des Schutzbereichs der Wissenschaftsfreiheit aus, da sie die Qualifizierung einer Tätigkeit als wissenschaftlich verhindern? Oder sind die betroffenen Forschungstätigkeiten ausnahmsweise von einer Veröffentlichungspflicht ausgenommen? Im Binnenverhältnis zwischen der wirtschaftenden universitären Einheit und dem ausführenden Hochschulwissenschaftler muss hinterfragt werden, inwiefern Geheimhaltungspflichten, in die individuelle Wissenschaftsfreiheit eingreifen und gegebenenfalls verfassungsrechtlich gerechtfertigt werden können (vgl. 4. Kap. E. III.; V.). Hier gilt es zu differenzieren zwischen einer dauerhaft auferlegten und einer zeitlich-bedingten Geheimhaltungsverpflichtung. Zunächst soll die Möglichkeit einer dauerhaften Geheimhaltungsklausel untersucht werden. b) Dauerhafte Geheimhaltungsklauseln Eine Verpflichtung, dauerhaft über die Forschungserkenntnisse zu schweigen, lässt sich nicht unter einen „ernsthaften Willen zur Veröffentlichung“ subsumieren. Vielmehr stehen sich die Geheimhaltung und die Veröffentlichung als Antonyme gegenüber. Gemeinhin rechtfertigt diese Feststellung bereits das Verneinen der aufgeworfenen Frage.239 Wenn allerdings die Möglichkeit des Abschlusses einer dauerhaften Geheimhaltungsklausel nicht von dem Schutzbereich des Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG erfasst würde (also ein Fall des Grundrechtsverzicht vorläge, da hier, wie bereits angemerkt, die Zustimmung des Hochschulforschers zu Geheimhaltungsvereinbarungen vorausgesetzt wird)240, dann hätte dies nicht nur Konsequenzen für die Forschung an Universitäten, sondern darüber hinaus (in noch schwerwiegenderem Maße) für die außeruniversitäre Forschung. Auf Grund der Tragweite der Entscheidung soll der Blick hier zunächst auf die Industrieforschung241 gerichtet werden. In einem ersten Schritt soll untersucht werden, ob ausnahmsweise in der Industrieforschung der Abschluss einer dauerhaften Geheimhaltungsklausel einer 238 Die Verträge schließt regelmäßig die Hochschulleitung mit einem Dritten ab. Der Hochschulforscher führt die jeweilige wirtschaftliche Tätigkeit als Dienstaufgabe aus. Falls der Hochschulforscher den vertraglichen Bedingungen jedoch nicht zustimmen würde, läge prinzipiell ein Eingriffstatbestand vor. Diese Konstellation wird ausführlich im 4. Kap. E. diskutiert. 239 Vorausgesetzt wird hier freilich, dass zumindest ein Veröffentlichungswille vorliegen muss. Wenn man allerdings diesen Willen nicht als Merkmal der Wissenschaftlichkeit ansieht, dann besteht nicht mehr die Notwendigkeit, eine entsprechende Befreiung zu konstruieren; so z. B. Schübel-Pfister, in: Gärditz/Pahlow (Hrsg.), Hochschulerfindungsrecht, S. 11 (19 f.); nach der hier zu Grunde gelegten Meinung ist aber dem auf Kommunalismus angelegtem Wesen immanent, dass zumindest ein Veröffentlichungswille besteht. 240 Fraglich ist indes, ob nur natürliche Personen oder auch juristische Personen auf einen Grundrechtschutz verzichten können. 241 Nach wohl h.M. kann sich Industrieforschung auf Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG berufen; vgl. Kempen, in: Hartmer/Detmer (Hrsg.), Hochschulrecht, S. 1 (26 ff.).
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4. Kap.: Wissenschaftsfreiheit und die Wirtschaftsbetätigung im Fokus
Qualifizierung einer Forschungstätigkeit als wissenschaftlich nicht entgegensteht. In einem zweiten Schritt sollen dann aus den Ausführungen zur Industrieforschung Konsequenzen für die universitäre Forschung gezogen werden. Anders als die Hochschulforschung ist die Industrieforschung aus wirtschaftlichen Gründen gerade auf eine Geheimhaltung der Forschungsergebnisse angewiesen.242 Die Geheimhaltungspflicht stellt folglich keinen Selbstzweck dar.243 Aus ihr resultiert der erwünschte Vorsprung gegenüber der Konkurrenz, der ausschlaggebend für die Forschungstätigkeit an sich ist.244 Der ökonomische Output wiederum refinanziert die Forschung. Eine Veröffentlichungspflicht, so wird befürchtet, würde hingegen die Konkurrenten bevorteilen, da sie von den Forschungsergebnissen profitieren würden, ohne für die durch die Forschung anfallenden Kosten aufkommen zu müssen.245 Dies könnte sich forschungs- und innovationshemmend auf den gesamten privaten Forschungsbereich auswirken.246 Aus diesen Gründen wird teilweise die Schlussfolgerung gezogen, dass der Industrieforschung ausnahmsweise keine Pflicht zur Veröffentlichung aufzuerlegen sei und ihr mithin ein Grundrechtsschutz aus Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG zuteil werde.247 Dieser Forderung wird jedoch entgegengesetzt, dass eine Veröffentlichung für die Gewährung grundrechtlichen Schutzes unabdingbar sei. Eine ausnahmsweise Befreiung von dieser Pflicht komme auch für die Industrieforschung nicht in Betracht, denn es sei streng zwischen „Wissenschaft“ und „Wirtschaft“ zu unterscheiden.248 Im Falle der Verwehrung des grundrechtlichen Schutzes aus Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG stehe die Industrieforschung nicht schutzlos da, sondern könne sich auf Art. 12 Abs. 1 GG bzw. Art. 14 Abs. 1 GG berufen.249 Die Vertreter dieser Meinung verweisen auf die Wählbarkeit des Grundrechtschutzes (Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 14 Abs. 1 GG auf der einen Seite und Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG auf der anderen Seite). Die Industriefor-
242 Schmitt Glaeser, WissR 7 (1974), 107 (112); Classen, Wissenschaftsfreiheit außerhalb der Hochschule, S. 89 f.; Kamp, Forschungsfreiheit und Kommerz, S. 73. 243 So Kamp, Forschungsfreiheit und Kommerz, S. 73. 244 Schmitt Glaeser, WissR 7 (1974), 107 (112); Graf Vitzthum, in: Badura/Scholz (Hrsg.), FS Lerche, S. 341 (348); Classen, Wissenschaftsfreiheit außerhalb der Hochschule, S. 89 f.; Kamp, Forschungsfreiheit und Kommerz, S. 73 f. 245 Kamp, Forschungsfreiheit und Kommerz, S. 73 f. 246 Graf Vitzthum, in: Badura/Scholz (Hrsg.), FS Lerche, S. 341 (348). 247 Graf Vitzthum, in: Badura/Scholz (Hrsg.), FS Lerche, S. 341 (348). 248 A. Blankenagel, AöR, 105 (1980), 35 (70), Dickert, Naturwissenschaft und Forschung, S. 270 ff.; Kleindiek, Wissenschaft und Freiheit in der Risikogesellschaft, S. 256 ff.; M. Blankenagel, Wissenschaft zwischen Information und Geheimhaltung, S. 104 ff.; Dähne, Forschung zwischen Wissenschaftsfreiheit und Wirtschaftsfreiheit, S. 363 ff. 249 Vgl. Dähne, Forschung zwischen Wissenschaftsfreiheit und Wirtschaftsfreiheit, S. 363 ff.
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schung habe es selbst in der Hand durch Hinzufügen oder Weglassen einer Geheimhaltungsklausel die Intensität250 des Grundrechtsschutzes zu bestimmen.251 Im Ergebnis ist letzterer Meinung zu folgen. Die Konstruktion einer ausnahmsweisen Befreiung von einer Veröffentlichungspflicht allein auf Grund von ökonomischen Gesichtspunkten vermag nicht zu überzeugen. Zwar sind die Beweggründe nachvollziehbar, aber die Verfechter beschreiben in ihrer Argumentation nur die Notwendigkeit des Schutzes. Sie beweisen hingegen durch eine Auslegung der Verfassung (speziell Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG) nicht, dass eine solche Befreiung nicht nur erstrebenswert, sondern auch rechtlich möglich wäre. Zudem widerlegen sie nicht, dass ein Mindestmaß an Publizität dem Wissenschaftsbegriff immanent und mithin unumgänglich ist.252 Eine Ausnahmeregelung von der Veröffentlichungspflicht ist demnach abzulehnen. Jedoch kann darüber nachgedacht werden, ob die Publizität durch ein funktionales Äquivalent substituiert werden könnte. In Betracht käme mit dem ökonomischen Verwertungsprozess typischerweise einhergehenden Handlungen, wie z. B. eine Patentanmeldung.253 Denn soweit es sich um Patente, d. h. Erfindungen auf dem Gebiet der Technik handelt, die eine gewerbliche Verwendung gestatten (§ 1 PatentG, Art. 52 Abs. 1 EPÜ254), ist mit der Erteilung des Patents automatisch eine Veröffentlichung im Patentblatt verbunden (§ 49 Abs. 1 PatentG; Art. 97 Abs. 3 EPÜ), die die für die Nachvollziehung notwendigen Beschreibungen und Zeichnungen enthält (§ 32 Abs. 3 PatentG, Regel 73 EPÜ AO255).256 Folglich könnte man annehmen, dass durch die Anmeldung eines Patents oder anderer Schutzrechte zumindest ein Mindestmaß des Publizitätserfordernisses erfüllt wäre.257 Jedoch stößt eine solche Ansicht auf Bedenken. Denn die Patentanmeldung stellt selbst einen Fall der wirtschaftlichen Verwertung dar. Sie gehört damit zur Kategorie 2 der wirtschaftlichen Betätigung und setzt eine bereits abgeschlossene Erkenntnissuche 250 Gemeint ist, dass Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG als vorbehaltloses Grundrecht prinzipiell einen intensiveren grundrechtlichen Schutz gewährleisten kann. 251 Vgl. A. Blankenagel, AöR 125 (2000), 70 (95); M. Blankenagel, Wissenschaft zwischen Information und Geheimhaltung, S. 104 ff. 252 Ausführlich Kleindiek, Wissenschaft und Freiheit in der Risikogesellschaft, S. 250 ff. m.w.N. 253 Für die Annahme eines solchen funktionalen Äquivalents ist Kamp, Forschungsfreiheit und Kommerz, S. 78 f.; konträre Meinung A. Blankenagel, AöR 125 (2000), 70 (94). 254 Übereinkommen über die Erteilung europäischer Patente (EPÜ) vom 5.10. 1973 in der Fassung von der Akte zur Revision von Artikel 63 EPÜ vom 17. 12.1991 und der Akte zur Revision des EPÜ vom 29.11. 2000. 255 Ausführungsordnung zum Übereinkommen über die Erteilung europäischer Patente (EPÜ AO) vom 5.10. 1973 in der Fassung des Beschlusses des Verwaltungsrats der Europäischen Patentorganisation vom 7.12. 2006 und zuletzt geändert durch den Beschluss des Verwaltungsrats vom 26.10. 2010. 256 Darauf macht Kamp, Forschungsfreiheit und Kommerz, S. 79, aufmerksam. 257 So Kamp, Forschungsfreiheit und Kommerz, S. 79 m.w.N.
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4. Kap.: Wissenschaftsfreiheit und die Wirtschaftsbetätigung im Fokus
voraus.258 Hier geht es jedoch gerade um die Beendigung der Erkenntnissuche und nicht bereits um Folgeprozesse.259 Ein anderer Kritikpunkt ist, dass ein Patent nicht unentgeltlich einsehbar ist, was einen grundlegenden Unterschied zur üblichen Veröffentlichung bedeutet.260 Im Ergebnis kann die Veröffentlichung demnach nicht durch ein funktionales Äquivalent substituiert werden. Dies gilt erst recht für die hier in Frage stehenden staatlichen Universitäten, bei denen gerade keine existenzsichernde Notwendigkeit zur Verschwiegenheit besteht, da zumindest eine finanzielle Grundsicherung gewährleistet wird.261 Dauerhafte Geheimhaltungsklauseln bei Gutachtentätigkeiten oder Auftragsforschungen stehen somit der Gewährung grundrechtlichen Schutzes aus Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG entgegen.262 Somit kann festgehalten werden, dass dauerhafte Geheimhaltungsklauseln nicht vom Schutzbereich des Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG umfasst werden. c) Temporäre Geheimhaltungsklauseln Des Weiteren ist zu diskutieren, wie zeitlich-bedingte Geheimhaltungsklauseln zu behandeln sind oder – anders ausgedrückt – ob sich eine beabsichtigte zeitliche Verzögerung einer Veröffentlichung hemmend auf die Gewährung des Grundrechtsschutzes aus der Wissenschaftsfreiheit auswirkt. Aus den obigen Ausführungen zur Feststellung der Publikationsreife folgt, dass der Forscher den Zeitpunkt der Publikation grundsätzlich selbst bestimmt.263 Entscheidend für die Gewährung grundrechtlichen Schutzes aus Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG kommt es darauf an, ob der Forscher einen ernsthaften Willen zur Veröffentlichung hat.264 Bei der Vereinbarung einer zeitlich-bedingten Geheimhaltungsklausel ist fraglich, ob das Merkmal der „Ernsthaftigkeit“ bejaht werden kann. Dies wird man nicht mehr annehmen können, wenn die Forschungserkenntnisse zum Zeitpunkt der Veröffentlichung nicht mehr als
258
Vgl. dazu sogleich unter D. III. Diese Folgeprozesse, vor allem die Verwertung wissenschaftlicher Erkenntnisse, unterfallen typischerweise – sofern sie als Beruf ausgeübt werden – der Berufsfreiheit oder der Eigentumsfreiheit; vgl. BVerfGE 31, 229 (239 f.); Dähne, Forschung zwischen Wissenschaftsfreiheit und Wirtschaftsfreiheit, S. 357. 260 Zustimmend A. Blankenagel, AöR 125 (2000), 70 (94); zwar sind auch Zeitschriften, Sammelbände, Downloads im Internet, Kopien oder Fernleihe kostenpflichtig, aber solche Veröffentlichungen sind zumindest kostenlos in öffentlichen Bibliotheken einsehbar. 261 So auch Fehling, in: Dolzer/Kahl/Waldhoff u. a. (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 74. 262 So auch die Auffassung von Püttner/Mittag, Rechtliche Hemmnisse der Kooperation zwischen Hochschulen und Wirtschaft, S. 30. 263 Ebenso BVerfGE 47, 327 (389). 264 So auch Lux, Rechtsfragen der Kooperation zwischen Hochschule und Wirtschaft, S. 22. 259
D. Der Schutz von wirtschaftlicher Betätigung der Hochschulen
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„neu“ zu bewerten sind und bereits vom Stand der Forschung überholt wurden.265 Wann dieser Fall eintritt, wird je nach Fachdisziplin unterschiedlich zu bestimmen sein. Positiv formuliert, muss zur Bejahung der Ernsthaftigkeit ein innerer zeitlicher Zusammenhang zwischen Feststellung der Publikationsreife und Veröffentlichung vorliegen. Ob von einem solchen Zusammenhang beim Abschluss einer zeitlichbedingten Geheimhaltungsklausel noch ausgegangen werden kann, hängt vom Einzelfall ab. Festzuhalten gilt es, dass befristete Geheimhaltungsverpflichtungen nicht die Eröffnung des Schutzbereichs der Wissenschaftsfreiheit von vornherein ausschließen. 5. Zwischenergebnis Wirtschaftliche Forschungstätigkeiten, die der Kategorie „unmittelbarer Bezug zu Forschung“ zuzuordnen sind, werden somit vom Schutzbereich des Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG umfasst, soweit sie als wissenschaftlich (unter den aufgezeigten Voraussetzungen) bezeichnet werden können.266 Eine wirtschaftliche Tätigkeit bzw. eine wirtschaftliche Verwertungsabsicht schließt das Vorliegen von Wissenschaft mithin nicht von vornherein aus. In den verschiedenen Forschungsphasen gibt es mehrere Möglichkeiten (in unterschiedlicher Intensität) Einfluss auf den Forschungsgegenstand zu nehmen, ohne dass diese per se einer Qualifizierung als Wissenschaftlichkeit entgegenstünden. Damit einher geht jedoch ein hoher Anspruch an den jeweiligen Forscher, sich stets seiner Unabhängigkeit zu vergewissern. In concreto ist eine vorgegebene Fragestellung zulässig, wenn die Beantwortung auf einem freiwilligen Entschluss des Hochschulforschers beruht. Bei der Wahl der Methode stehen Vorgaben des Auftraggebers mit Empfehlungscharakter einer Qualifizierung als Wissenschaft nicht entgegen. Weisungen hingegen sind ausgeschlossen, es sei denn, die Methode stimmt (zufällig) mit der vom Forscher ausgewählten Methode überein. Voraussetzung ist demnach, dass der Forscher unabhängig und allein auf Grund seiner Expertise die Methode auswählt, die nach seiner Prognose am geeignetsten ist, um die Forschungsfrage optimal zu lösen. Hinsichtlich der Bewertung des Forschungsergebnisses verbietet sich jede Einflussnahme von außen. Jede Beeinflussung, die der Forscher mutwillig zuließe, würde einen Grundrechtsverzicht bedeuten, da die Tätigkeiten nicht mehr als wissenschaftlich qualifiziert werden könnten. Umgekehrt würde jede unfreiwillige Beeinflussung bei der Bewertung der Forschungsarbeit (z. B. seitens der Universität oder seitens eines öffentlichen Auftraggebers) einen nicht zu rechtfertigenden Eingriff in die Forschungsfreiheit des Hochschulforschers darstellen. Der Forscher muss mithin eigenverantwortlich und autonom zu einem abschließenden Ergebnis gelangen. Es reicht nicht für eine Qualifizierung einer Tätigkeit als wissenschaftliche Forschungstätigkeit aus, dass 265 Zutreffend Lux, Rechtsfragen der Kooperation zwischen Hochschule und Wirtschaft, S. 22 f. 266 Zu diesem Ergebnis kommen bereits Scholz, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 98 f., und Püttner/Mittag, Rechtliche Hemmnisse der Kooperation zwischen Hochschulen und Wirtschaft, S. 24.
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4. Kap.: Wissenschaftsfreiheit und die Wirtschaftsbetätigung im Fokus
der Forscher ein bestimmtes Ergebnis neben einem seiner Meinung nach dem Erkenntnisgewinn näherkommenden Ergebnis lediglich für vertretbar hält. Erst recht wird eine Forschungstätigkeit nicht vom Schutzbereich des Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG umfasst, wenn ein Auftraggeber ein bereits vordefiniertes Ergebnis durch (vermeintlich) „wissenschaftliche“ Analysen zusätzlich stützen will. Auf Grund der hier formulierten relativen Offenheit des Wissenschafts- bzw. Forschungs- und Lehrbegriffs gegenüber externer Einflussnahme ist vor allem zur Verifizierung der Forschungserkenntnisse durch die „scientific community“ prinzipiell von einer Veröffentlichungspflicht auszugehen (gewissermaßen als Gegengewicht). Ausreichend ist das Vorliegen eines ernsthaften Willens zur Veröffentlichung der Forschungsergebnisse, der sich grundsätzlich in der Veröffentlichung selbst manifestiert. Regelmäßig muss eine relativ kurze Zeitspanne zwischen dem Zeitpunkt des Veröffentlichungswillens und der Publikation liegen. Nur ausnahmsweise, d. h. bei notwendigen und berechtigten befristeten Geheimhaltungsklauseln, darf die Veröffentlichung zumindest zeitlich herausgezögert werden, ohne dass der Schutz aus Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG versagt bliebe. Nicht möglich ist allerdings die Substituierung der Veröffentlichung durch ein funktionales Äquivalent. Der Abschluss von dauerhaften Geheimhaltungsklauseln stellt sich für die Hochschulwissenschaftler als Grundrechtsverzicht dar. 6. Bedeutung für den grundrechtlichen Schutz der Universitäten bzw. ihrer Untergliederungen Festgestellt wurde im letzten Abschnitt, dass bei wirtschaftlichen Tätigkeiten der Kategorie 1 a ein Grundrechtsschutz der Universitäten bzw. der universitären (grundrechtsfähigen) organisatorischen Einheiten prinzipiell weiterhin in Betracht kommt. Denn ein Grundrechtsschutz ist nicht bereits schon aus dem Grund ausgeschlossen, dass sich die Individualgrundrechtsträger, d. h. die Hochschulwissenschaftler, bei der Ausführung der Wirtschaftstätigkeiten nicht zugleich auch wissenschaftlich betätigen würden. Mithin ist in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob ein korporativ wahrgenommener Grundrechtsschutz die Forschungsfreiheit der Hochschulwissenschaftler verstärken und letztlich zur eigentlichen Zweckerfüllung der Institution „Universität“ beitragen könnte.267 Diese Frage ist im Ergebnis zu bejahen. Denn angesichts der knappen finanziellen Ressourcen gewinnt der Gesichtspunkt der zusätzlichen Mittelgenerierung sowohl für die Ministerien der Länder als auch für die Universitätsleitungen an Bedeutung (vgl. bereits Kapitel 1). So stehen die Universitäten unter Druck, selbst Einnahmen durch Forschung zu erwirtschaften, was sie teilweise auch mittelbar über die Kriterien der leistungsorientierten Ressourcenvergabe zu forcieren suchen. Diesen Druck leiten die Universitätsleitungen oftmals an die Fakultäten/Fachbereiche weiter oder aber an die Tochtergesellschaften bzw. „An-Institute“, deren Zwecke zwar nicht ausschließlich, aber teilweise 267 Vgl. ausführlich Gärditz, Hochschulorganisation und verwaltungsrechtliche Systembildung, S. 375 ff.
D. Der Schutz von wirtschaftlicher Betätigung der Hochschulen
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in der Einnahmeerwirtschaftung bestehen. Eingriffe in die Forschungs- bzw. Wissenschaftsfreiheit sind demnach nicht nur seitens des jeweiligen Landes, sondern vor allem auch seitens der Universitätsleitungen zu befürchten, die insoweit Teil des freiheitsgefährdenden Staates sind. Es erscheint sinnvoll zu sein, dass die jeweilig wirtschaftenden Einheiten sich schützend vor die bei ihnen tätigen Hochschulwissenschaftler stellen können, indem ihnen eine konkrete Berufung auf Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG ermöglicht wird. Dies wäre z. B. erforderlich, wenn die technische Infrastruktur oder das Personal einer wirtschaftenden Einheit reduziert werden sollen, weil aus Sicht der Universitätsleitungen der erhoffte wirtschaftliche Erfolg bisher ausblieb. Auch die wirtschaftliche Risikoverteilung im Verhältnis von wirtschaftender Hochschuleinheit und der dort tätigen Hochschulwissenschaftler spricht für einen konkreten korporativen Grundrechtsschutz. Da Hochschulwissenschaftler sich in einem öffentlich-rechtlichen Angestelltenverhältnis oder in einem beamtenrechtlichen Verhältnis zum Land bzw. zur Hochschule befinden, werden sie regelmäßig nicht erfolgsabhängig entlohnt.268 Das heißt, dass sie bei wirtschaftlichen Misserfolgen o. ä. auch nicht zwangsläufig als unmittelbar betroffen gelten können. Hier würde ein zusätzlicher korporativer Grundrechtsschutz den Individualschutz somit wesentlich unterstützen und nicht zuletzt zur Entfaltung der praxisrelevanten und gleichsam wissenschaftlichen Forschung beitragen. Im Ergebnis ist somit von einem konkreten Grundrechtsschutz der Universitäten, Fakultäten und „An-Institute“ bei Wirtschaftstätigkeiten der Kategorie 1 a auszugehen.
II. Einbeziehung in den sachlichen Schutzbereich von wirtschaftlichen Tätigkeiten, die einen unmittelbaren Bezug zur Lehre aufweisen Im Folgenden sollen die wirtschaftlichen Tätigkeiten betrachtet werden, die einen unmittelbaren Bezug zur Lehre269 aufweisen (Kategorie 1 b). Es handelt sich mithin um solche Lehrtätigkeiten, die ohne einen weiteren Transformationsakt als Dienstleistungen im Wirtschaftsverkehr angeboten werden können. In Betracht kommen z. B. Summer Schools oder diverse Work-Shops zu den neusten Forschungsergebnissen im jeweiligen Fachgebiet.270 Die Frage, ob überhaupt Ge268 Nur in wenigen Ländern ist die Hochschule selbst und nicht das Land Dienstherr: in Berlin (§ 2 Abs. 4 BerlHG), in Nordrhein-Westfalen (§ 2 Abs. 3 S. 1 HG NRW), in Niedersachsen (Stiftungshochschulen, § 58 Abs. 1 NHG) und im Saarland (§ 9 S. 5 UG Saarl., allerdings beschränkt auf wissenschaftliche Mitarbeiter, Lehrkräfte für besondere Aufgaben und nichtwissenschaftliche Mitarbeiter). Im Saarland besteht aber die Möglichkeit die Dienstherreneigenschaft vollständig auf die Hochschulen zu übertragen (vgl. § 9 S. 4 UG Saarl.). 269 Ausführlich zur Lehre und Lehrfreiheit Knemeyer, Lehrfreiheit, S. 10 ff. 270 Wie bereits im 2. Kap. A. II. dargelegt, wird ein Großteil der wissenschaftlichen Weiterbildung an Hochschulen in Form von Zusatz- und Ergänzungsstudiengängen o. ä. durchgeführt. Bei diesen handelt es sich freilich mangels einer entsprechenden Entgeltzahlung und eines vorhandenen Marktes nicht um eine wirtschaftliche Betätigung.
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4. Kap.: Wissenschaftsfreiheit und die Wirtschaftsbetätigung im Fokus
winnorientierung und Wissenschaft im Bereich der Lehre zusammenfallen können, steht anders als bei der Forschung nicht in Frage.271 Aus diesem Grund wird der Fokus im Folgenden darauf gelegt, unter welchen Voraussetzungen eine wirtschaftliche Lehrtätigkeit eines Hochschulwissenschaftlers als wissenschaftlich bezeichnet werden kann und somit dem Schutzbereich von Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG unterfallen könnte. Darauf basierend soll die Möglichkeit eines korporativen Grundrechtsschutzes, wahrgenommen durch Universitäten bzw. insbesondere universitäre Weiterbildungsgesellschaften, untersucht werden. 1. Auf eigenen oder fremden forschungsbasierten Erkenntnissen beruhend Zunächst einmal stellt sich die Frage, was überhaupt Gegenstand einer wissenschaftlichen Lehrtätigkeit sein kann. Auf Grund der bereits erläuterten Einheit von Forschung und Lehre und der damit verbundenen Wechselwirkung ist es erforderlich, dass die vermittelten Erkenntnisse eigenen oder fremden wissenschaftlichen Forschungstätigkeiten entspringen.272 Insbesondere im letzteren Fall dürfen die aus der Forschung resultierenden Erkenntnisse nicht unbedacht übernommen werden, sondern bedürfen einer kritischen Reflexion der jeweiligen Lehrperson273, die sich in der eigenverantwortlichen inhaltlichen und methodischen Gestaltung der Lehrtätigkeit manifestieren.274 Eine große Anzahl der wirtschaftlichen Tätigkeiten im Lehrbereich, wie z. B. das Erlernen von so genannten Soft-Skills275 oder speziell auf Un-
271
Sie wird allerdings auch nicht breit thematisiert, sondern oftmals mit einem Satz festgestellt; z. B. Battis, WissR 22 (1989), 30 (39): „Einnahmen aus der Weiterbildung können […] eine ähnliche Rolle spielen“ oder Jarass, in: ders./Pieroth (Hrsg.), GG-Kommentar, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 123: „Geschützt ist auch die wissenschaftliche Lehre gegen Entgelt“; v. Coelln, DVBl. 2009, 1090 (1092), hält ein Preisbildung nach Angebot und Nachfrage zumindest bei der Lehre für vorteilhaft. 272 Fehling, in: Dolzer/Kahl/Waldhoff u. a. (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 83; Denninger, in: Wassermann u. a. Hrsg.), AK-Grundgesetz, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 29; Starck, in: v. Mangoldt/Klein/ders. (Hrsg.), GG-Kommentar, Art. 5 Rdnr. 328; a.M. Scholz, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 105. 273 Ob eine bestimmte formale Qualifikation (Promotion, Habilitation etc.) ausschlaggebend ist oder das tatsächliche Handeln, ist umstritten, gegen das Erfordernis einer formalen Qualifikation Fehling, in: Dolzer/Kahl/Waldhoff u. a. (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 84; dafür Starck, in: v. Mangoldt/Klein/ders. (Hrsg.), GGKommentar, Art. 5 Rdnr. 339. 274 So explizit Kempen, in: Hartmer/Detmer (Hrsg.), Hochschulrecht, S. 1 (29); Geis, in: ders. (Hrsg.), Hochschulrecht im Freistaat Bayern, S. 91 (92). 275 Z. B. bietet die LMU München in diesem Bereich Kurse zur Persönlichkeitsentwicklung, Personal- und Organisationsentwicklung, Führung, Sprache und Kommunikation, Coaching, Mentoring etc. an. Z. B. Rhetorik-Kurse dürften jedoch bei entsprechender Qualifikation des Leiters durchaus wissenschaftlich sein können; weniger das Erlernen von handwerklichen und sozialen Fähigkeiten.
D. Der Schutz von wirtschaftlicher Betätigung der Hochschulen
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ternehmen zugeschnittene Schlüsselqualifikations-Kurse276, wird somit nicht vom Schutzbereich des Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG erfasst. Denn bei diesen handelt es sich in der Regel um Service-Leistungen der Hochschulen, bei denen allenfalls auf allgemein anerkannte Forschungsergebnisse zurückgegriffen wird.277 Anders hingegen ist die Vermittlung von spezifischen neuen Forschungsergebnissen an die Wirtschaft oder Industrie in Form von Kursen o. ä. zu bewerten (so bietet z. B. das Institut für Kunststofftechnik der Universität Darmstadt Seminare für Einrichter in den Bereichen „Einrichterseminare – Spritzgießen“ und „Folieneinrichterseminar“ an, in welchen Referenten über die neuesten Forschungserkenntnisse der Kunststoffverarbeitung unterrichten).278 Ebenso kommen beispielsweise Summer Schools in Betracht, die entweder allgemein das Erlernen eines im Studienplan nicht vorgesehenen Themengebiets vorsehen oder eine bestimmte, meist auf neusten Forschungsergebnissen beruhende Fragestellung in das Zentrum rücken.279 2. Zum kritischen Denken und Urteilen anleitende Vermittlung Nun stellt sich die Frage, wie eine wirtschaftliche Lehrtätigkeit geartet sein muss, damit sie als wissenschaftlich qualifiziert werden kann. Eine wissenschaftliche Lehrtätigkeit setzt stets voraus, dass sie die Teilnehmer zum kritischen Denken und zum Fällen eines eigenen Urteils anleitet.280 Demgemäß reicht nicht jede bloße Wissensvermittlung für eine Qualifizierung als wissenschaftliche Lehre aus.281 So werden z. B. Sprach- oder EDV-Kurse sowie „Life-Work-Planning“-Seminare282 o. ä. nicht vom Schutzbereich des Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG erfasst, da es bei diesen vor allem um das Auswendiglernen eines bestimmten Lernstoffs geht. Auch universitäre
276 Vgl. z. B. das Angebot des Transferzentrums für Weiterbildung an der Universität HalleWittenberg. 277 So auch Püttner/Mittag, Rechtliche Hemmnisse der Kooperation zwischen Hochschulen und Wirtschaft, S. 26 f.; Fehling, in: Dolzer/Kahl/Waldhoff u. a. (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 81. 278 http://www.fbmk.h-da.de/fachbereich/institut-fuer-kunststofftechnik/dienstleistungsangebot. 279 Vgl. z. B. das Angebot der FU Berlin: http://www.fu-berlin.de/sites/weiterbildung/gasthoerercard/index.html. 280 Dieses Ziel ist oftmals nur unvollkommen erreichbar. Wichtig ist allerdings nicht, dass die Teilnehmer tatsächlich kritisch denken und ihr eigenes Urteil fällen, sondern dass die Veranstaltung so aufgebaut ist (methodisch und inhaltlich), dass sie die Möglichkeit dazu hätten; so auch Geis, in: ders. (Hrsg.), Hochschulrecht im Freistaat Bayern, S. 91 ff. 281 Denninger, in: Wassermann u. a. (Hrsg.), AK-Grundgesetz, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 30; Pernice, in: Dreier (Hrsg.), Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 26; Fehling, in: Dolzer/Kahl/Waldhoff u. a. (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 84 f. 282 Vgl. hierzu z. B. das berufsbezogene Weiterbildungsangebot der FU Berlin: http:// www.fu-berlin.de/sites/weiterbildung/weiterbildungsprogramm/index.html.
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4. Kap.: Wissenschaftsfreiheit und die Wirtschaftsbetätigung im Fokus
(juristische) Repetitorien283 können grundsätzlich nur vom Schutzbereich erfasst werden, wenn sich die Wissensvermittlung z. B. auf die Systematik und das Erfassen des Gesamtkontextes und nicht auf bloßes „Einpauken“ des bekannten Prüfungsstoffes konzentriert. Auch große Teile der Praktikerweiterbildung284 (unabhängig davon, in welchen Formen sie stattfinden – Workshop, Vortrag, „In-House“-Seminare etc.) sind darauf ausgerichtet, bestimmte Fertigkeiten zu vermitteln und können mithin nicht als wissenschaftliche Weiterbildung qualifiziert werden. Anders hingegen sind Summer Schools oder die oben genannte Vermittlung von spezifischen neuen Forschungserkenntnissen zu bewerten, deren Ziel gerade darin besteht, in fachwissenschaftlich fundierter Weise eine bestimmte Fragestellung aus unterschiedlichen Perspektiven zu beleuchten und darüber zu diskutieren oder auf der Basis eines vorhandenen Wissenskanons, ein angelehntes, aber bisher fremdes Themengebiet interaktiv zu erarbeiten.285
3. Zwischenergebnis Nur ein vergleichsweise kleiner Ausschnitt der universitären Weiterbildung kann im Ergebnis zugleich als kommerziell und wissenschaftlich qualifiziert werden und wird vom Schutzbereich des Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG erfasst. Das deutet allerdings nicht auf einen Qualitätsmangel hin, vielmehr divergieren die Ziele der verschiedenen Weiterbildungsveranstaltungen von der Aneignung bestimmter praktischer Fertigkeiten (Soft Skills/Sprach- und EDV-Kurse) bis hin zur kritischen Diskussion neuester Forschungsergebnisse in einer Sommerakademie oder Workshops, die speziell für Adressaten aus Wirtschaft, Industrie, Schulen oder Verbänden ausgerichtet werden. Bei ersterem geht es den Teilnehmern darum, einen bekannten Wissensstandard zu erarbeiten, d. h. dass sie sich ein bereits feststehendes Ergebnis aneignen wollen und dafür Geld zahlen. Dabei wird in der Regel die Wissenschaftlichkeit der Lehre zu verneinen sein. Bei letzterem geht es weniger um das Ergebnis als um den Weg selbst. Im Vordergrund stehen dabei die Diskussion und das Aufwerfen von Fragen. In einem solchen Fall ist tendenziell vom Vorliegen wissenschaftlicher Lehre auszugehen. Zu beachten gilt es des Weiteren, dass hier bei Sommerakademien vorausgesetzt wird, dass die Teilnehmer ein kostendeckendes Entgelt bezahlen, da es 283 Universitäre Repetitorien sind wiederum nur eine wirtschaftliche Betätigung, wenn die Teilnehmer ein der Leistung entsprechendes Entgelt bezahlen. Dies wird bei eingeschriebenen Studenten regelmäßig nicht der Fall sein. 284 Z. B. Hilfe bei der Einführung und Umsetzung neuer Steuerungs-, Verwaltungs- und Arbeitsprozesse; vgl. das über hundert Serviceleistungen umfassende Angebot des cubus (culture in business), einem akademischen Spin-Off der rubitec-Gesellschaft für Innovation und Technologie der Ruhr-Universität Bochum mbH. 285 Die Annahme einer wissenschaftlichen Lehrtätigkeit ist demnach wahrscheinlicher, wenn die Teilnahmevoraussetzungen hinsichtlich der Qualifikation (nicht hinsichtlich der Fachrichtung!) möglichst homogen sind (Fachsemesterzahl, Universitätsabschluss etc.) und zwar in Abhängigkeit von der anvisierten Zielgruppe; so die zutreffende Einschätzung von Geis, in: ders. (Hrsg.), Hochschulrecht im Freistaat Bayern, S. 91 ff.
D. Der Schutz von wirtschaftlicher Betätigung der Hochschulen
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sich andernfalls um keine wirtschaftliche Betätigung handeln würde. Eine wirtschaftliche Betätigung wird in der Regel zu bejahen sein, wenn der Teilnehmerkreis nicht aus Studenten der eigenen Universität, sondern aus sonstigen Dritten besteht. Wenn es hingegendessen um spezielle Dienstleistungen für bestimmte Bereiche der Wirtschaft oder Industrie geht, steht das Erfordernis des synallagmatischen Austauschverhältnisses nicht in Frage. 4. Bedeutung für den grundrechtlichen Schutz der Universitäten bzw. ihrer Untergliederungen Auch in der Kategorie 1 b der wirtschaftlichen Betätigung üben die Hochschulwissenschaftler somit in engen Grenzen zugleich wissenschaftliche Tätigkeiten aus. Das bedeutet, dass den Universitäten bzw. ihren Fakultäten und Weiterbildungsunternehmen grundrechtlicher Schutz, abstrakt gesehen, weiterhin zusteht. Die Bewertung ändert sich auch nicht durch eine Konkretisierung der Reichweite des Grundrechtsschutzes anhand des „personalen Substrats“. Denn auch bei wirtschaftlichen Tätigkeiten der Kategorie 1 b fördert ein zusätzlich korporativ wahrgenommener Grundrechtsschutz die Verwirklichung der Lehrfreiheit der Hochschulwissenschaftler. Insofern gelten die Ausführungen zum korporativen grundrechtlichen Schutz der wirtschaftlichen Betätigung der Kategorie 1 a entsprechend (vgl. D. I. 6.). Im Ergebnis ist somit ein konkreter korporativer Grundrechtsschutz bei Wirtschaftstätigkeiten der Kategorie 1 b zu bejahen.
III. Einbeziehung in den sachlichen Schutzbereich von wirtschaftlichen Tätigkeiten, die einen mittelbaren Bezug zur Forschung aufweisen Im Folgenden soll untersucht werden, ob wirtschaftliche Tätigkeiten, die einen mittelbaren Bezug zur wissenschaftlichen Forschung aufweisen, vom Schutzbereich des Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG umfasst werden. Untersucht wird die Kategorie 2 a, die da lautet: Eine wirtschaftliche Betätigung liegt dann vor, wenn (neu)gewonnene Erkenntnisse einer weiteren Transformation in Wirtschaftsgüter durch einen oder mehrere Zwischenschritte bedürfen, um im Wirtschaftsverkehr angeboten werden zu können. Gemeinhin werden solche Tätigkeiten unter dem Stichwort der „wirtschaftlichen Verwertung von Forschungsergebnissen“286 diskutiert. Die hier vorge-
286 Aber auch diese Terminologie wird unterschiedlich ausgelegt, wie Kamp, Forschungsfreiheit und Kommerz, S. 222 ff., ausführlich darlegt. Zur Abgrenzung stellt er darauf ab, ob die Verwertungshandlung „neue Erkenntnisse“ zum Ziel hat, wobei es für die Bestimmung des Grads der Neuheit auf den Forscher selbst ankommen soll; a.M. Trute, Die Forschung zwischen grundrechtlicher Freiheit und staatlicher Institutionalisierung, S. 127, der die Erkenntnissuche und die wirtschaftliche Verwertung davon abhängig macht, ob das erforschte
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4. Kap.: Wissenschaftsfreiheit und die Wirtschaftsbetätigung im Fokus
schlagene Formulierung erscheint vor allem hinsichtlich des Unmittelbarkeitsgrads exakter zu sein. Letztlich sind beide Terminologien aber synonym zu verstehen. In die Kategorie 2a der wirtschaftlichen Betätigung fallen insbesondere die Patentierung und Lizenzierung praxisrelevanter Forschungsergebnisse287 sowie die Beteiligung an akademischen Spin-Offs.288 Um die Frage zu beantworten, ob gegebenenfalls auch wirtschaftliche Tätigkeiten, die einen mittelbaren Bezug zur wissenschaftlichen Forschung aufweisen, vom Schutzbereich des Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG umfasst sind, bedarf es eines zweistufigen Vorgehens.289 Zunächst gilt es zu klären, ob bzw. wie die Beendigung der (die Forschungsfreiheit prägenden) Erkenntnissuche und der Beginn der Transformation in Wirtschaftsgüter voneinander abgegrenzt werden können (D. III. 1.). Daran schließt sich die Untersuchung an, ob eine Transformation in Wirtschaftsgüter ausnahmsweise durch die Wissenschaftsfreiheit oder generell durch die Eigentumsbzw. Berufsfreiheit grundrechtlich geschützt wird (D. III. 2.).290
1. Abgrenzung des Beginns der Transformation in Wirtschaftsgüter von der Beendigung der Erkenntnissuche Um die Erkenntnissuche von der hier in Frage stehenden Transformation abgrenzen zu können, bedarf es zunächst der Klärung, was genau unter einer „Transformation in Wirtschaftsgüter durch einen oder mehrere Zwischenschritte“ zu verstehen ist. Der Begriff der Transformation bezeichnet schlicht eine „Wandlung“ oder „Umwandlung“291. Dabei kann sich die (Um-)Wandlung auf verschiedene Aspekte beziehen, wie z. B. äußere Form und/oder Funktion. Das Ergebnis dieser Transformation muss wiederum ein Wirtschaftsgut292 sein. Bei diesem Wirtschaftsgut kann es sich (z. B. im Falle der Änderung der äußeren Form von wisWissen in ein technisches Instrument transformiert werden kann, das wiederum zu Generierung weiteren Wissens dient. 287 Der Patentschutz spielt in der Praxis eine größere Rolle, da er eine Übertragung und Lizenzierung gestattet, während sonstige Urheberrechte nur in einem Vergütungsanspruch im Falle der Nutzung münden; vgl. dazu Dähne, Forschung zwischen Wissenschaftsfreiheit und Wirtschaftsfreiheit, S. 366. 288 Vgl. die Ausführungen zum Technologietransfer im 2. Kap. B. II. 1. 289 So auch Kamp, Forschungsfreiheit und Kommerz, S. 219 ff. 290 Die h.M. sieht gerade den Schutzzweck anderer Grundrechte betroffen und verneint eine Inklusion in den Schutzbereich von Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG; so auch BVerwGE 13, 122 (113 f.); vgl. auch Oppermann, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. VI, § 145 Rdnr. 17 (Fassung von 1989); Classen, Wissenschaftsfreiheit außerhalb der Hochschule, S. 98 ff.; A. Bankennagel, AöR 125 (2000), 70 (94 ff.); Scholz, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 84; Fehling, in: Dolzer/Kahl/Waldhoff u. a. (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 105. 291 In der Jurisprudenz wird bei der Umsetzung von völkerrechtlichen Abkommen in nationales Recht verwendet (so genannter Transformationsakt, vgl. Art. 59 Abs. 2 GG). 292 Vgl. die Ausführungen im 2. Kap. A. I.
D. Der Schutz von wirtschaftlicher Betätigung der Hochschulen
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senschaftlichen Erkenntnissen) um die Produktion von Waren, um die Aufbereitung wissenschaftlicher Erkenntnisse zu Dienstleistungserbringungen oder um den Erlös aus Schutzrechten (Lizenzierung oder Patentierung) handeln.293 Die Terminologie der „Transformation in Wirtschaftsgüter“ bezeichnet mithin einen Prozess, der auf die Erzielung eines marktgängigen „Endprodukts“ gerichtet ist. Demgegenüber konträr zeichnet sich die Erkenntnissuche nicht durch Zielgerichtetheit, sondern durch Offenheit aus. Wie soeben unter D. I. 4. a) dargelegt, gilt sie dann als abgeschlossen, wenn der Forscher seine Forschungserkenntnisse für publikationsreif erklärt, mit anderen Worten er also einen ernsthaften Willen zur Veröffentlichung hat.294 Insgesamt ist der Abschluss der Erkenntnissuche mithin subjektiv zu bestimmen. Teilweise wird die Publikation295 als Beleg für eine mögliche Überschneidung von „Erkenntnissuche“ und „Transformation in Wirtschaftsgüter“ herangezogen.296 Eine solche Ansicht ist jedoch abzulehnen. Denn bei einer Publikation handelt es sich lediglich um ein Sichtbarmachen des Vorliegens eines ernsthaften Veröffentlichungswillens oder – anders formuliert – um die Kundgabe der Beendigung der Erkenntnissuche nach außen. Die neugewonnenen Forschungserkenntnisse werden demnach im Falle einer Publikation nicht, wie es für die Kategorie 2 a der wirtschaftlichen Betätigung Voraussetzung wäre, (durch ein oder mehrere Zwischenschritte) in Wirtschaftsgüter umgewandelt, sondern nehmen nur Gestalt an.297 Die „Sichtbarmachung“ ist wiederum unabdingbare Voraussetzung für eine sich eventuell anschließende Transformation in Wirtschaftsgüter. Denn für jede Umwandlung ist notwendige Voraussetzung, dass es etwas gibt, dessen Funktion oder Form o. ä. gewandelt werden kann.298 Das bedeutet, dass erst wenn der Forscher selbst die Forschungsarbeit für beendet erklärt und sichtbar gemacht hat, eine Transformation
293 Anders Kamp, Forschungsfreiheit und Kommerz, S. 222 ff., der zwischen Anwendung wissenschaftlicher Erkenntnisse und Produktionsprozessen unterscheidet; wiederum anders Trute, Die Forschung zwischen grundrechtlicher Freiheit und staatlicher Institutionalisierung, S. 127, der wiederum von der „Produktion von Artefakten“ in Abgrenzung zur grundrechtlich geschützten „Erzeugung von Wissen“ spricht. 294 So auch Lux, Rechtsfragen der Kooperation zwischen Hochschule und Wirtschaft, S. 22. 295 Unter der Voraussetzung, dass der Forscher ein entsprechendes Entgelt vom Verlag erhält. Nur dann käme eine wirtschaftliche Betätigung in Betracht. Nicht erfasst werden demnach Veröffentlichungen durch „open access“ o. ä. 296 So z. B. Schübel-Pfister, in: Gärditz/Pahlow (Hrsg.), Hochschulerfindungsrecht, S. 11 (19 f.). 297 Der ernsthafte Veröffentlichungswille und die Veröffentlichung stehen in einem inneren unmittelbaren Zusammenhang zueinander. Regelmäßig fallen der ernsthafte Veröffentlichungswille und die Publikation auch zeitlich zusammen. Nur ausnahmsweise, d. h. bei notwendigen und berechtigten befristeten Geheimhaltungsklauseln, darf die Veröffentlichung zeitlich herausgezögert werden, ohne dass der Schutz des Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG versagt bliebe. 298 Ähnlich Dähne, Forschung zwischen Wissenschaftsfreiheit und Wirtschaftsfreiheit, S. 363.
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4. Kap.: Wissenschaftsfreiheit und die Wirtschaftsbetätigung im Fokus
in Wirtschaftsgüter beginnen kann.299 Beide Prozesse, d. h. die Beendigung der Erkenntnissuche und der Beginn der Transformation in Wirtschaftsgüter, können somit voneinander getrennt werden.300 2. Schutz der Transformation von Forschungserkenntnissen in Wirtschaftsgüter durch Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG oder Art. 12 Abs. 1 GG bzw. Art. 14 Abs. 1 GG Die klare Abgrenzungsmöglichkeit von Beendigung der Erkenntnissuche und Transformation in Wirtschaftsgüter legt bereits die Schlussfolgerung nahe, dass letzterem Prozess der grundrechtliche Schutz der Wissenschaftsfreiheit versagt bleibt, da er nicht unter die dargelegte301 wissenschaftliche Forschungsfreiheit subsumiert werden kann. So verneint auch die Rechtsprechung302 und die überwiegende Anzahl der Literatur303 die Gewährung des Schutzes von Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG und verweist darauf, dass die entsprechenden wirtschaftlichen Tätigkeiten in keinem spezifischen Funktionszusammenhang zur Wissenschaft stünden, sondern vielmehr typischerweise von dem Grundrecht der Berufs- bzw. Eigentumsfreiheit erfasst würden. Eine Privilegierung auf Grund dessen, dass eine Produktion auf wissenschaftlichem Verfahren beruhe, komme nicht in Betracht.304 Mehrheitlich gehen die Begründungsansätze von einem aliud-Verhältnis der in Frage stehenden Grundrechte aus mit der Folge, dass die Eröffnung des Schutzbereichs der Wissenschaftsfreiheit bereits negiert wird.305 Einige wenige Vertreter schlagen jedoch 299 Classen, Wissenschaftsfreiheit außerhalb der Hochschule, S. 98, hingegen bestimmt die Beendigung der Erkenntnissuche auch subjektiv und grenzt diesen Prozess von „anschließende[n] Schlussfolgerungen, egal ob geistiger […] oder technischer Art“ ab. 300 Die Veröffentlichung ist nach ganz h.M. – anders als die wirtschaftliche Verwertung insgesamt – dem Schutzbereich von Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG zuzuordnen; vgl. H.-D. Thieme, DÖV 1994, 150 (153); Fechner, Geistiges Eigentum und Verfassung, S. 330; Leuze, GRUR 2005, 27 (30). 301 Vgl. in diesem Kapitel D. I. 302 Vgl. BVerfGE 71, 162 (176); BVerwGE 13, 112 ff. 303 Vgl. z. B. Hailbronner, WissR 13 (1980), 212 (218); Oppermann, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. VI, § 145 Rdnr. 17 (Fassung von 1989); Trute, Die Forschung zwischen grundrechtlicher Freiheit und staatlicher Institutionalisierung, S. 127; Classen, Wissenschaftsfreiheit außerhalb der Hochschule, S. 98 ff.; H.-D. Thieme, DÖV 1994, 150 (153); A. Blankennagel, AöR 125 (2000), 70 (94 ff.); Lux, Rechtsfragen der Kooperation zwischen Hochschule und Wirtschaft, S. 56 f.; Scholz, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 84; Bethge, in: Sachs (Hrsg.), GG-Kommentar, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 220a; Fehling, in: Dolzer/Kahl/Waldhoff u. a. (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 105; Schübel-Pfister, in: Gärditz/Pahlow (Hrsg.), Hochschulerfindungsrecht, S. 11 (19 f.). 304 So explizit Hailbronner, WissR 13 (1980), 212 (218). 305 So Trute, Die Forschung zwischen grundrechtlicher Freiheit und staatlicher Institutionalisierung, S. 127; A. Blankennagel, AöR 125 (2000), 70 (94 ff.); Jarass, in: ders./Pieroth (Hrsg.); GG-Kommentar, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 122; differenzierend Hailbronner, WissR 13
D. Der Schutz von wirtschaftlicher Betätigung der Hochschulen
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vor, das Problem auf Konkurrenzebene zu lösen. Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG seien in den Fällen der Transformation wissenschaftlicher Erkenntnisse in Wirtschaftsgüter gegenüber Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG leges speciales.306 Dies impliziert wiederum, dass sie die wirtschaftlichen Tätigkeiten der Transformation in Wirtschaftsgüter grundsätzlich vom Schutzbereich der Wissenschaftsfreiheit erfasst sehen, was jedoch auf Grund des Spezialitätsverhältnisses keine praktische Relevanz entfaltet. Eine gänzlich andere Richtung schlägt eine Minderheit in der Literatur vor. Diese bejaht auf mittelbarem Wege die Integration der Transformation in Wirtschaftsgüter in den Schutzbereich von Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG.307 Genauer gesagt nehmen die Befürworter dieser Meinung einen entsprechenden Schutz dann an, wenn eine Einschränkung des wirtschaftlichen Verwertungsprozesses eine relevante mittelbare Beeinträchtigung der vorgelagerten wissenschaftlichen Forschungsfreiheit selbst darstelle. Dies sei dann der Fall, wenn ein Vorwirkungszusammenhang zwischen der Erkenntnissuche und der Verwertungshandlung bestehe, der insbesondere dann vorliege, wenn die wirtschaftliche Zielsetzung der Forschung in ihrer Realisierung vereitelt oder beeinträchtigt werde. Denn dann werde rückwirkend die finanzielle und existenzielle Grundlage für das Forschen selbst vereitelt.308 Diese Meinung will mithin besonders den privatfinanzierten Forschungssektor schützen, der im Vergleich zum universitären Forschungsbereich auf eine Refinanzierung angewiesen ist. Auch in diesem Zusammenhang wird der Streit insbesondere durch die unterschiedliche Intensität des jeweils in Betracht kommenden Grundrechtsschutzes relevant. Nicht hingegen steht in Frage, ob eine Transformation in Wirtschaftsgüter überhaupt grundrechtlich geschützt wird, da prinzipiell (ebenfalls bzw. alternativ)309 Art. 12 Abs. 1 GG bzw. Art. 14 Abs. 1 GG in Betracht kommen.
(1980), 212 (218); Classen, Wissenschaftsfreiheit außerhalb der Hochschule, S. 98 ff.; Fehling, in: Dolzer/Kahl/Waldhoff u. a. (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 105. 306 So Scholz, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 84; Oppermann, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.); Handbuch des Staatsrechts, Bd. VI, § 145 Rdnr. 17 (Fassung 1989); Bethge, in: Sachs (Hrsg.), GG-Kommentar, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 220a. 307 Am intensivsten hat sich Kamp, Forschungsfreiheit und Kommerz, S. 234 ff., mit dieser Frage auseinandergesetzt und differenziert beantwortet; von der Tendenz her auch für eine Inklusion der wirtschaftlichen Verwertung in den Schutzbereich der Wissenschaftsfreiheit ist Frieling, GRUR 1987, 407 (408), der allerdings nur die Eröffnung des Schutzbereichs von Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG propagiert, aber keinerlei Begründung liefert; Ruffert, VVDStRL 65 (2006), 146 (187), hingegen betont, dass die Wissenschaftsfreiheit in der Verwertungsphase relevant sei und etwaige Rückwirkungen der Beschränkung von Verwertungshandlungen auf die wissenschaftliche Betätigung zurückwirken könnten; von der Tendenz her ähnlich Graf Vitzthum/Geddert-Steinacher, AöR 119 (1994), S. 523 ff. 308 Ausführlich zu dieser Theorie Kamp, Forschungsfreiheit und Kommerz, S. 260 ff. 309 Der Grundrechtsschutz von Art. 12 Abs. 1 GG bzw. Art. 14 Abs. 1 GG kommt neben Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG in Betracht, wenn man von der Konkurrenzlösung ausgeht. Ansonsten muss man von einem alternativen Grundrechtsschutz sprechen.
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4. Kap.: Wissenschaftsfreiheit und die Wirtschaftsbetätigung im Fokus
Zutreffend ist, dass ein bloßer mittelbarer Bezug zwischen der wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Forschungstätigkeit nicht ausreicht, um von einer Eröffnung des Schutzbereiches des Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG ausgehen zu können. Allein auf Grund dessen, dass eine wirtschaftliche Verwertungsabsicht der Gewährung grundrechtlichen Schutzes aus Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG nicht entgegensteht, darf nicht geschlussfolgert werden, dass auch die nachfolgende Umsetzung einer solchen Absicht von demselben Grundrecht umfasst wird. Es ist nicht ungewöhnlich, dass ein Prozess durch verschiedene Phasen gekennzeichnet wird, die selbst wiederum so komplex sind, dass sie von unterschiedlichen Grundrechten geschützt und nicht als bloßer Annex der Haupttätigkeit gewertet werden können.310 Die Transformation in Wirtschaftsgüter ist (im Bereich der Industrieforschung regelmäßig, bei der Hochschulforschung seltener)311 wesentlicher Anreiz der Forschungstätigkeit und kommt nicht als bloßer Annex in Betracht. In dieser (Um-)Wandlung spiegeln sich die typischerweise von Art. 12 Abs. 1 GG bzw. Art. 14 Abs. 1 GG erfassten Tätigkeiten wider.312 Warum eine Ausnahme allein auf Grund des wissenschaftlich vorgelagerten Verfahrens angenommen werden sollte, ist nicht ersichtlich. Vielmehr stößt die (indes nicht zu beanstandende) relativ expansiv betriebene Auslegung des Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG hier an ihre Grenzen. Es ist zudem nicht einleuchtend, warum ein nachgelagerter Vorwirkungszusammenhang eine andere Bewertung des Grundrechtsschutzes rechtfertigen sollte.313 Eventuelle Beschränkungen der Transformation in Wirtschaftsgüter lösen keinen Grundrechtsschutz des Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG aus, solange sie nicht die jeweils vorgelagerten Forschungstätigkeiten selbst einschränken. Andernfalls würden (wie Classen zu Recht zu bedenken gibt)314 alle Normen des Technik- und Sicherheitsrechts am Maßstab der Wissenschaftsfreiheit zu messen sein, was weder praktikabel noch vom Gesetzgeber intendiert ist.
310 Vgl. z. B. im Bereich der Kunstfreiheit BVerfGE 31, 229 (239 f.); 71, 162 (176); Losch, Wissenschaftsfreiheit, Wissenschaftsschranken, Wissenschaftsverantwortung, S. 76; Sachs, Verfassungsrecht II, S. 319. 311 Die Änderung des ArbEntG hing auch mit dem Bestreben zusammen, im Hochschulbereich mehr Patentierungen zu erreichen; vgl. die Entwurfsbegründung zum ArbEntG, BTDrs. 14/5975, S. 6. 312 So auch die ganz h.M.; vgl. z. B. Trute, Die Forschung zwischen grundrechtlicher Freiheit und staatlicher Institutionalisierung, S. 127; Classen, Wissenschaftsfreiheit außerhalb der Hochschule, S. 98 ff.; Fehling, in: Dolzer/Kahl/Waldhoff u. a. (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 105 m.w.N. 313 A.M. Badura, in: ders./Lerche/Zacher (Hrsg.), FS Maunz, S. 1 (11); Kamp, Forschungsfreiheit und Kommerz, S. 234 ff. 314 Classen, Wissenschaftsfreiheit außerhalb der Hochschule, S. 100.
D. Der Schutz von wirtschaftlicher Betätigung der Hochschulen
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3. Zwischenergebnis und zugleich Bedeutung für den grundrechtlichen Schutz der Universitäten bzw. ihrer Untergliederungen Im Ergebnis werden demnach wirtschaftliche Tätigkeiten, die einen mittelbaren Bezug zur wissenschaftlichen Forschung aufweisen,315 nicht vom Schutzbereich des Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG umfasst, sondern regelmäßig von Art. 12 Abs. 1 GG bzw. Art. 14 Abs. 1 GG. Auf letztere Grundrechte können sich die Hochschule oder ihre Untergliederungen nicht berufen.316 Somit scheidet ein korporativer Grundrechtsschutz bei Wirtschaftstätigkeiten der Kategorie 2 a von vornherein aus.
IV. Einbeziehung in den sachlichen Schutzbereich von wirtschaftlichen Tätigkeiten, die einen mittelbaren Bezug zur wissenschaftlichen Lehre aufweisen Wie eingangs erörtert, liegt eine wirtschaftliche Betätigung, die mittelbar mit Lehre zusammenhängt, dann vor, wenn die zur kritischen Auseinandersetzung befähigende Vermittlung von auf Forschung basierenden Erkenntnissen einer weiteren Transformation in Wirtschaftsgüter durch ein oder mehrerer Zwischenschritte bedürfen, um im Wirtschaftsverkehr angeboten werden zu können. Zu denken ist an Lernprodukte (z. B. lernfördernden CDs oder Spiele) oder Service-Leistungen im Lehrbereich, die vornehmlich praktische Fähigkeiten vermitteln und gegen ein entsprechendes Entgelt angeboten werden. Auch solche Tätigkeiten werden nicht von Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG geschützt, sondern von der Berufs- bzw. Eigentumsfreiheit, auf die sich Universitäten nicht berufen können. Insofern gelten die obigen Ausführungen (D. III.) hinsichtlich der wirtschaftlichen Tätigkeiten, die einen mittelbaren Bezug zur Forschung aufweisen, entsprechend.
V. Ergebnis Zusammenfassend ist nur ein kleiner Teilausschnitt der wirtschaftlichen Betätigung von Universitäten (Kategorie 1), namentlich der Teil der Tätigkeiten, der einen unmittelbaren Bezug zu Forschung und Lehre aufweist, von dem grundrechtlichen Schutz des Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG umfasst, wobei strenge Anforderungen an die Qualifizierung einer Tätigkeit als wissenschaftlich zu stellen sind. Bei Wirtschaftstätigkeiten der Kategorie 1 verfügen nicht nur die Hochschulwissenschaftler, 315 D.h. solche Tätigkeiten, die dann vorliegen, wenn (neu)gewonnene Erkenntnisse einer weiteren Transformation in Wirtschaftsgüter durch ein oder mehrerer Zwischenschritte bedürfen, um im Wirtschaftsverkehr angeboten werden zu können. 316 So die ganz h.M. ausgeführt bei Dähne, Forschung zwischen Wissenschaftsfreiheit und Wirtschaftsfreiheit, S. 363 ff.
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4. Kap.: Wissenschaftsfreiheit und die Wirtschaftsbetätigung im Fokus
sondern auch die Universitäten bzw. die hinreichend verselbstständigten Institutionen (z. B. Fakultät, „An-Institut“) über einen Grundrechtsschutz aus Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG. Wirtschaftliche Tätigkeiten, die einen mittelbaren Bezug zu Forschung oder Lehre aufweisen, könnten hingegen prinzipiell nur von Art. 12 Abs. 1 GG bzw. Art. 14 Abs. 1 GG erfasst werden. Auf diese können sich Universitäten bzw. ihre Untergliederungen und Tochtergesellschaften (Weiterbildungs- und Technologietransfergesellschaften) im Unterschied zu Privaten jedoch nicht berufen.
E. Konfliktfälle im Binnengefüge der Universität: Grenzen der universitären Wirtschaftsbetätigung, die aus möglichen Grundrechtsverletzungen der Hochschulwissenschaftler resultieren Bevor nun der Blick auf die noch ausstehende Legitimation der wirtschaftlichen Betätigung der Kategorien 2 und 3 und auf die Konsequenzen, die der grundrechtliche Schutz der wirtschaftlichen Betätigung der Kategorie 1 nach sich zieht, gerichtet wird, müssen die Grenzen im Binnengefüge der universitären Wirtschaftsbetätigung herausgearbeitet werden. Denn wie bereits im Abschnitt A hervorgehoben, wurde in dieser Arbeit bisher unterstellt, dass die jeweils wirtschaftlich tätig werdende Hochschulinstitution und die an ihr tätigen Hochschulwissenschaftler einen Interessengleichklang verfolgen. Anders formuliert, wurde eine Sichtweise von außen auf die Universität eingenommen, die die universitäre Wirtschaftsbetätigung als eine geschlossene Einheit wahrnimmt. Tatsächlich können jedoch viele heterogene Verpflichtungen und Interessen der Universitäts-, Fakultäts- oder „AnInstituts“-Leitungen einerseits und der Hochschulwissenschaftler andererseits zu vielfältigen Konflikten zwischen den verschiedenen Parteien führen. Beispielsweise ist vorstellbar, dass die Leitung eines „An-Instituts“ einen Hochschulforscher auffordern würde, inhaltliche Änderungen an einer Auftragsforschungsarbeit vorzunehmen, die der Hochschulforscher im Rahmen seiner Institutsanstellung ausgeführt hat. Wie wäre der Konflikt zu lösen, wenn der Hochschulforscher sich gegen die inhaltlichen Änderungen zur Wehr setzen würde? Ein weiterer Konflikt könnte z. B. aus der Anzeigepflicht einer Diensterfindung des Hochschulwissenschaftlers gegenüber dem Dienstherrn resultieren, die mit einem vorübergehenden Offenbarungsverbot verbunden ist (§ 24 Abs. 2 i.V.m. § 42 Nr 1 S. 1 ArbnErfG). Wie wäre der Konflikt zu lösen, wenn der Hochschulwissenschaftler seine Erfindung im Rahmen seiner Lehr- und Forschungstätigkeit vor Ablauf des Offenbarungsverbots präsentieren wollte und die Universitätsleitung dieses Verhalten sanktionieren würde? Diese Beispiele verdeutlichen bereits, dass bei der Ausarbeitung der konkreten Grenzen im Binnengefüge der universitären Wirtschaftsbetätigung dem Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit (bzw. der Forschungs- und Lehrfreiheit) der Hochschul-
E. Konfliktfälle im Binnengefüge der Universität
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wissenschaftler eine herausragende Bedeutung zukommt. Denn etwaige Grundrechtsverletzungen der Hochschulwissenschaftler durch die (Organe der) Universität würden gleichzeitig die Wirtschaftsbetätigung der Universitäten, Fakultäten, „AnInstitute“ oder sonstigen wirtschaftenden Einheiten begrenzen. Das Ziel dieses Abschnitts besteht zusammenfassend darin, potentielle konkrete Grenzen herauszufiltern, die im Binnengefüge der Universität bzw. der universitären Wirtschaftsbetätigung beachten werden müssen. Grundsätzlich erscheint es bei einer Untersuchung des universitären Binnengefüges sinnvoll, im Zusammenhang mit Wirtschaftstätigkeiten der Universitäten zwei Grundkonstellationen zu unterscheiden: 1. Der Hochschulwissenschaftler forscht und/oder lehrt in seiner Funktion als Bediensteter oder Angestellter eines „An-Instituts“317, einer universitären Weiterbildungsakademie oder einer sonstigen universitären Forschungs- oder Lehreinrichtung, die überwiegend wirtschaftliche Tätigkeiten ausführt. 2. Der Hochschulwissenschaftler ist nicht ausschließlich dienst- oder arbeitsrechtlich an eine wirtschaftende universitäre Einheit gebunden. Bei der ersten Konstellation werden die Hochschulwissenschaftler gewissermaßen als „Dienstleister“318 für eine universitäre Einheit tätig, die überwiegend wirtschaftliche Tätigkeiten ausübt. Ergo handelt es sich letztlich um Wirtschaftsbetätigungen der Universitäten. Anders verhält es sich hingegen bei der zweiten Konstellation, der kein Bezug zur Wirtschaftbetätigung der verschiedenen Hochschulinstitutionen immanent ist. Denn hier stehen die Hochschulwissenschaftler im Fokus, die nicht dauerhaft an wirtschaftende Hochschuleinheiten gebunden sind (z. B. Lehrstuhlinhaber). Für die anstehende Untersuchung ist diese Konstellation demnach nur von Bedeutung, insoweit die Tätigkeiten der Hochschulwissenschaftler zumindest mittelbar einen Bezug zur Wirtschaftsbetätigung der Institution „Universität“ aufweisen. Eine solche mittelbare Verknüpfung liegt in der Regel dann vor, wenn ein Hochschulforscher eine Diensterfindung macht und diese anschließend durch ein universitäres Technologietransferunternehmen (oder eine sonstige wirtschaftende Hochschuleinheit) in Wirtschaftsgüter transformiert wird. Letzteres würde eine wirtschaftliche Betätigung der Universität darstellen. Des Weiteren käme ein mittelbarer Bezug in Betracht, wenn die Universitätsleitung oder die Organe der anderen wirtschaftenden Hochschuleinheiten aus einer ökonomischen Zielsetzung heraus handeln würden, um bestehende Wirtschaftstätigkeiten der Universität zu schützen oder auszubauen.319 317 Dieses wird als „Prototyp“ der wirtschaftlichen Betätigung der Universität gesehen; vgl. Lux-Wesener/Kamp, in: Hartmer/Detmer (Hrsg.), Hochschulrecht, S. 331 (333). 318 Bezeichnung von Thieme, Hochschulrecht, S. 384. 319 Ein mittelbarer Bezug würde in dem Fall dann vorliegen, wenn z. B. eine Universitätsleitung einem Hochschulforscher die Anweisungen erteilen würde, eine mit den Interessen eines Sponsoringpartners kollidierende Veröffentlichung zu modifizieren; vgl. dazu Hampe, Hochschulsponsoring und Wissenschaftsfreiheit, S. 177 ff.
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4. Kap.: Wissenschaftsfreiheit und die Wirtschaftsbetätigung im Fokus
Erst die verfolgte Zielsetzung der Universitätsleitung, die Wirtschaftsbetätigung der Universitäten zu schützen, würde in letzterem Fall den Bezug zur universitären wirtschaftlichen Tätigkeit herstellen. Auf die Kategorisierung der wirtschaftlichen Betätigung von Universitäten übertragen korreliert die erste Konstellation (Stichwort: „Dienstleister“) weitgehend320 mit der wirtschaftlichen Betätigung der Kategorie 1, die durch einen unmittelbaren Bezug zu Forschung und Lehre charakterisiert wird. Die zweite Konstellation (Stichwort: „nicht wirtschaftlich-gebundene“ Hochschulwissenschaftler) betrifft regelmäßig die Wirtschaftstätigkeiten der Kategorie 2, die gerade an (individuelle) Forschungs- oder Lehrtätigkeiten eines Hochschulwissenschaftlers anknüpfen, um die jeweils gewonnenen Erkenntnisse sodann durch einen oder mehrere Schritte in Wirtschaftsgüter zu transformieren. Die Kategorie 3 wird hingegen auch im nachfolgenden Abschnitt keine Rolle spielen, da sie tatbestandlich voraussetzt, dass die entsprechenden wirtschaftlichen Tätigkeiten nicht vom Schutzbereich des Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG erfasst werden. Ausführende sind dort in der Regel Verwaltungsbeamte bzw. -angestellte und keine Hochschulwissenschaftler. Die Kategorien 1 und 2 werden hingegen dadurch charakterisiert, dass entweder die wirtschaftlichen Tätigkeiten selbst (Kategorie 1) oder die den wirtschaftlichen Tätigkeiten vorgelagerten Handlungen (Kategorie 2) vom Schutzbereich des Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG umfasst werden. Auf diese beiden Kategorien konzentrieren sich die nachfolgenden Grundrechtsprüfungen. Dabei sollen Eingriffssituationen, die sich typischerweise bei Wirtschaftstätigkeiten der Kategorie 1 stellen (E. II.) oder die typischerweise den Wirtschaftstätigkeiten der Kategorie 2 vorgelagert sind (E. III.), auf die Möglichkeit einer verfassungsrechtlichen Rechtfertigung (E. V.; E. VI.) untersucht werden. Vor den jeweiligen Abschnitten werden der (allgemeine) Grundrechtseingriff (E. I.) und die Schranken des Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG (E. IV.) eingeführt.
I. Der „klassische“ und der „mittelbar-faktische Eingriff“ Einigkeit über die Frage, welches Verhalten staatlicherseits als Eingriff in den jeweiligen grundrechtlichen Schutzbereich zu bewerten ist, besteht dahingehend, dass zumindest dann von einem Eingriff auszugehen ist, wenn ein Rechtsakt vorliegt, der dem Individuum final eine ihn unmittelbar belastende Rechtsfolge auferlegt, die gegebenenfalls durch Befehl und Zwang durchgesetzt werden kann.321 Dieser Ein-
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Vorausgesetzt die wirtschaftlichen Tätigkeiten können zugleich als wissenschaftlich qualifiziert werden. Dies ist z. B. bei der Tätigkeit eines „An-Instituts“ (Auftragsforschungen und Gutachtentätigkeiten) regelmäßig der Fall, wohingegen die Tätigkeiten der Technologietransferunternehmen prinzipiell nicht zugleich als wissenschaftlich qualifiziert werden können; vgl. ausführlich in diesem Kapitel Abschnitt D. 321 Statt vieler vgl. nur Cremer, Freiheitsgrundrechte, S. 147 ff.
E. Konfliktfälle im Binnengefüge der Universität
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griffsbegriff wird gemeinhin als „klassischer Eingriff“ bezeichnet.322 Einigkeit besteht des Weiteren dahingehend, dass es sich bei dem „klassischen Eingriff“ um eine dogmatische Konstruktion handelt, die qua Verfassung nicht die einzige sein muss.323 Kontrovers werden die verschiedenen Bausteine für die Konstruktion eines weiteren Eingriffsbegriffs diskutiert.324 Man stimmt jedoch darin überein, dass es auch einen so genannten mittelbar-faktischen Eingriff gibt. Das bedeutet, dass es für die Annahme eines Eingriffs nicht allein auf die Form staatlichen Handelns ankommen kann, sondern auch auf die Auswirkung eben dieses Handelns, d. h. auf eine nachträgliche Folgenbetrachtung. Die Eingriffskonstruktion kann demnach nicht nur vom „Eingriffscharakter“, sondern ebenfalls von der „Eingriffswirksamkeit“ ausgehend bestimmt werden.325 Auch das BVerfG erkennt an, dass mittelbar-faktische Beeinträchtigungen einen Eingriff begründen können.326 Allerdings könne nicht jede mittelbar-faktische Beeinträchtigung zu der Annahme eines Eingriffs führen, da andernfalls jeder negative Reflex als Eingriff zu werten sei.327 Dies würde zu einer Lähmung staatlichen Handelns führen.328 Zudem würde eine derartige Ausdehnung des Grundrechtschutzes zu einer faktischen Entwertung desselben führen.329 Mindestvoraussetzung ist demnach eine Zurechenbarkeit330 der negativen Beeinträchtigung zum Staat, die die Annahme eines mittelbar-faktischen Eingriffs einschränkt.331 Des Weiteren muss diese Beeinträchtigung eine Intensität aufweisen, die 322
Vgl. z. B. Eckhoff, Der Grundrechtseingriff, S. 175 ff.; v. Münch, in: ders./Kunig (Hrsg.), GG-Kommentar, Vorbem. Art. 1 Rdnr. 51a; Sachs, Verfassungsrecht II, S. 103; Pieroth/Schlink, Grundrechte, S. 58. 323 So explizit Storr, Der Staat als Unternehmer, S. 168; bereits rechtshistorische Analysen belegen, dass das Grundgesetz nicht zwangsläufig ein solch enges Verständnis eines Eingriffs voraussetzt; so z. B. Gallwas, Faktische Beeinträchtigung im Bereich der Grundrechte, S. 44 f.; Cremer, Freiheitsgrundrechte, S. 148 ff., mit Verweis auf Roth, Faktische Eingriffe in Freiheit und Eigentum, S. 101 ff. m.w.N. 324 Vgl. statt vieler Cremer, Freiheitsgrundrechte, S. 136 ff. m.w.N. 325 Terminologie von Scholz, AöR 97 (1972), 301 (306). 326 Vgl. z. B. BVerfGE 105, 279 (300 f.): „Unter der Geltung des Grundgesetzes ist der Grundrechtsschutz nicht auf Eingriffe im herkömmlichen Sinne begrenzt, sondern auf faktische und mittelbare Beeinträchtigungen ausgedehnt worden.“ 327 BVerfGE 105, 279 (300); 106, 275 (299). 328 BVerfGE 105, 279 (300); so auch Hampe, Hochschulsponsoring und Wissenschaftsfreiheit, S. 125. 329 BVerfGE 105, 279 (300 f.). 330 Teilweise wird die Finalität staatlichen Handelns als beschränkendes Kriterium vorgeschlagen, teilweise auch auf die Lehre von der objektiven Zurechenbarkeit oder auf die Lehre vom Schutzzweck der Norm abgestellt; vgl. Hampe, Hochschulsponsoring und Wissenschaftsfreiheit, S. 179 f. m.w.N.; wichtig ist hier indes lediglich, dass das Merkmal der Intensität von einer ex-post Betrachtung und damit von der Eingriffswirksamkeit ausgeht und die Zurechenbarkeit von einer ex-ante Betrachtung, so dass die Kombination beider Merkmale zu einem angemessen Ausgleich führt. 331 Zustimmend Badura, in: Baur/Hopt/Mailänder (Hrsg.), FS Steindorff, S. 835 (851); Huber, Konkurrenzschutz im Verwaltungsrecht, S. 316 ff. m.w.N.
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4. Kap.: Wissenschaftsfreiheit und die Wirtschaftsbetätigung im Fokus
zumindest eine Bagatellgrenze überschreitet.332 Es ist kaum möglich abstrakt zu bestimmen, wann eine Beeinträchtigung als so intensiv zu qualifizieren ist, dass sie die Eingriffsschwelle überschreitet. Demnach kommt es regelmäßig auf eine Beurteilung des Einzelfalls an. Als Orientierungshilfe dienen die beiden äußeren Grenzen, die verhältnismäßig leicht umrissen werden können: zum einen die Bagatellgrenze, bei deren Unterschreitung nie eine intensive Beeinträchtigung vorliegt, und zum anderen die Grenze des Unmöglichmachens der grundrechtlich geschützten Freiheit, bei der immer von einer intensiven Beeinträchtigung auszugehen ist.333 Generell ist zu beachten, dass das Merkmal der Intensität nicht, wie vereinzelt vorgeschlagen wird,334 ein alleiniges Eingriffskriterium darstellt. Denn ohne dem staatlichen Verantwortungsbereich zugerechnet werden zu können, vermag auch die intensivste Beeinträchtigung keinen Eingriff zu begründen.335 Die Intensität und die Zurechenbarkeit bilden vielmehr gemeinsam die Voraussetzungen für die Annahme eines mittelbar-faktischen Eingriffs. Zusammenfassend könnten demnach die Universitäten auch durch mittelbare Formen der Beeinträchtigungen in die Wissenschaftsfreiheit bzw. Forschungs- und Lehrfreiheit der Hochschulwissenschaftler eingreifen, wenn ihre Handlungen in objektiv zurechenbarer Weise und hinreichend intensiv den grundrechtlich geschützten Bereich des Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG negativ beeinträchtigen würden.
II. Eingriffssituationen, die im Zusammenhang mit wirtschaftlichen Tätigkeiten auftreten, die einen unmittelbaren Bezug zu Forschung und Lehre aufweisen Nachdem nun abstrakt geklärt wurde, welche Anforderungen an Grundrechtseingriffe zu stellen sind, sollen diese auf typische Fälle im Umfeld der universitären Wirtschaftsbetätigung konkretisiert werden. Zunächst soll der Blick auf mögliche Eingriffssituationen im universitären Binnengefüge gerichtet werden, in der die Hochschulwissenschaftler gewissermaßen als „Dienstleister“336 für eine wirtschaftlich tätigwerdende Hochschuleinheit (wie z. B. das „An-Institut“ als „Prototyp“337 der wirtschaftlichen Betätigung, das im Folgenden als Beispiel dienen soll), die gleichzeitig wissenschaftliche Tätigkeiten ausführt, arbeiten.
332
Vgl. Möstl, in: Brenner/Huber/ders. (Hrsg.), FS Badura, S. 951 (961 ff.). Es kommt laut BVerfGE 13, 290 (299); 61, 291 (308) auf eine „tatsächlich freiheitsmindernde Wirkung der staatlichen Maßnahme“ an. 334 Vgl. z. B. Di Fabio, JZ 1993, 689 (696). 335 A.M. Schliesky, Öffentliches Wettbewerbsrecht, S. 211 ff. 336 Bezeichnung von Thieme, Hochschulrecht, S. 384. 337 Lux-Wesener/Kamp, in: Hartmer/Detmer (Hrsg.), Hochschulrecht, S. 331 (333). 333
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1. Formen der unmittelbaren Beeinträchtigung Man kann in diesem Zusammenhang zwischen unmittelbaren und mittelbaren Formen der Beeinträchtigung unterscheiden. Zunächst sollen direkte Beeinträchtigungen beleuchtet werden. Eine unmittelbare Beeinträchtigung liegt dann vor, wenn beispielsweise die Leitung eines „An-Instituts“ ein bestimmtes Verhalten von den Hochschullehrern in der Forschung (z. B. Befolgung einer temporären Geheimhaltungsklausel im Rahmen einer Auftragsforschungsarbeit, mit der spiegelbildlich ein zeitlich-befristetes Veröffentlichungsverbot einhergeht) fordert und im Falle der Nichtbefolgung mit Sanktionen droht. Zu klären ist, wann eine solche direkte Beeinträchtigung als Grundrechtseingriff in die Wissenschaftsfreiheit eines Hochschulforschers qualifiziert werden muss. Grundvoraussetzung ist selbstverständlich, dass die fragliche Beeinträchtigung das grundrechtlich geschützte Verhalten (Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG) eines Hochschulwissenschaftlers berührt. Wenn der Schutzbereich der Wissenschaftsfreiheit eröffnet ist (vgl. dazu Abschnitt C.; D.), wird im Falle einer direkten Beeinträchtigung häufig unproblematisch ein Grundrechtseingriff zu bejahen sein.338 Denn überwiegend werden dann sogar alle Merkmale des Grundrechtseingriffs „im klassischen Sinne“ erfüllt sein. Vorstellbar wäre es z. B., dass die Leitung eines „An-Instituts“ den Hochschulwissenschaftler im Rahmen einer Auftragsforschungsarbeit anweisen würde, inhaltliche Änderungen vorzunehmen. Ebenfalls könnte es vorkommen, dass die Leitung eine Veröffentlichung vom Hochschulwissenschaftler fordern würde, der sich allerdings gegen eine solche zur Wehr setzen und die Forschungsarbeit, die er im Rahmen der Institutsarbeit erbringen sollte, nicht publik machen wollte.339 Andersherum stünden möglicherweise vorübergehende Geheimhaltungsklauseln, die die Universitätsleitungen und Kooperationspartner vor allem bei Gutachtentätigkeiten oder Auftragsforschungen vertraglich vereinbaren, einer vorherigen (d. h. vor Ablauf der Frist) Veröffentlichung seitens des Hochschulforschers entgegen.340 Falls der Hochschulwissenschaftler nicht in die Vertragsverhandlungen einbezogen worden wäre (und demnach einer temporären Geheimhaltungsklausel nicht zugestimmt hätte), dann könnte das spiegelbildlich mit den genannten Vertragsklauseln einhergehende temporäre Veröffentlichungsverbot einen Eingriff begründen. a) Anordnung inhaltlicher Änderungen, Zustimmungsvorbehalt vor Veröffentlichungen, Veröffentlichungszwang Die Bewertung der Forschungsarbeit wird vom Schutzbereich des Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG umfasst. Sie wird absolut geschützt, d. h. dass jegliche gezielte Beeinflus338
Das BVerfGE 35, 79 (128), geht auch von einem weiten Eingriffsbegriff im Rahmen des Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG aus; ebenfalls Fehling, in: Dolzer/Kahl/Waldhoff u. a. (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 153. 339 Vgl. auch Hampe, Hochschulsponsoring und Wissenschaftsfreiheit, S. 176 f. 340 Zu Geheimhaltungsklauseln vgl. bereits in diesem Kapitel unter D. I. 4. b); c).
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sung seitens der Universität als Grundrechtseingriff zu werten wäre (ausführlich unter D. I. 3.). Dazu würde auch die Anordnung zählen, inhaltliche Änderungen an einer Auftragsforschung durchzuführen, bei der es sich um einen „klassischen Eingriff“ handeln würde. Wenn allerdings eine Veröffentlichung gegen den Willen des ausführenden Hochschulforschers erfolgen sollte, der Hochschulforscher folglich zu einer Veröffentlichung gezwungen würde, so müsste sich die Entscheidung des Hochschulforschers nicht publizieren zu wollen, entweder als Ausfluss der Bewertungsfreiheit der Forschungserkenntnisse oder als Resultat eines ernsthaften Gewissenskonflikts o. ä. darstellen.341 Denn nur in diesen Grenzen existiert eine negative Publikationsfreiheit. Präziser formuliert, käme demnach regelmäßig nur die Möglichkeit eines Eingriffs in Betracht, wenn der „An-Instituts“-Leiter den Hochschulforscher anweisen würde, eine Publikation herauszubringen, obwohl dieser die Forschungserkenntnisse für noch nicht publikationsreif hielte. Ebenfalls wäre die Annahme eines Eingriffs möglich, wenn der „An-Instituts“-Leiter einen bestimmten Zeitpunkt oder einen Ort für die Veröffentlichung vorschreiben würde. Denn auch diese Modalitäten werden vom Schutzbereich des Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG umfasst. Als Letztes käme das Vorliegen eines Eingriffs in Betracht, wenn der Hochschulforscher aus besonders schwerwiegenden ethischen Gründen, wie das extreme Beispiel der Gefahr der Gesundheit und des Lebens von einer Vielzahl an Menschen durch das Erzeugen eins tödlichen Killervirus (jüngst aktuell durch Experimente in der Virologie in der Universität Rotterdam)342 zeigt, eine Veröffentlichung für nicht vertretbar hielte. Denn auch in diesem Fall existiert ausnahmsweise eine negative Publikationsfreiheit, die verletzt sein könnte. Nur in diesen Fällen würde eine entsprechende Anordnung eines „An-Instituts“-Leiters einen Eingriff in die Forschungsfreiheit darstellen. Andernfalls wäre der Schutzbereich des Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG von vornherein nicht eröffnet, so dass ein Eingriff in die Wissenschaftsfreiheit nicht in Betracht käme. Der Schutzbereich wäre ebenfalls nicht eröffnet, wenn kein hinreichender Grad selbstständigen Arbeitens des jeweiligen Individualgrundrechtsträgers vorläge. Dieses Merkmal gewinnt bei den hier betrachteten Konstellation an Bedeutung, da die „Dienstleister“ ausführende Tätigkeiten für das „AnInstitut“ erbringen, mit anderen Worten also nicht ein bestimmter Hochschulforscher, sondern das „An-Institut“ mit einer Auftragsforschung oder Gutachtentätigkeit beauftragt wurde.343 So erfolgen Veröffentlichungen auch im Namen des „AnInstituts“ der Universität und nicht im Namen des ausführenden Hochschulwissenschaftlers. Freilich schließt die institutionelle Einbindung in ein „An-Institut“ die Annahme selbstständigen Arbeitens nicht aus. Aber sie bedarf hier einer gesonderten 341 Von einer nicht vorhandenen Publikationsreife ist beispielsweise dann auszugehen, wenn keine hinreichenden Daten zur Veröffentlichung vorliegen oder sich die aufgestellten Thesen als falsch herausstellen. 342 Vgl. Bahnsen, Wer Wissen schafft, in: Die ZEIT, 1.12. 2011, S. 39; dieses ethische Problem thematisiert bereits Dürrenmatt in seinem Drama „Die Physiker“. 343 Allein aus dem Zweck der Qualitätssicherung der Institutsarbeit erscheinen bereits eine Koordination und ein Zustimmungserfordernis des „An-Instituts“-Leiters vor der Veröffentlichung notwendig; so auch Thieme, Hochschulrecht, S. 348.
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Betrachtung. Als Regel lässt sich festhalten, dass ein selbstständiges Arbeiten bei wissenschaftlichen Mitarbeitern tendenziell eher zu verneinen sein wird als bei Hochschulprofessoren, was aber nicht bedeutet, dass wissenschaftlichen Mitarbeitern nie ein selbstständiges Arbeiten attestiert werden könnte.344 Vielmehr kommt es auch hier auf die Umstände des Einzelfalls an. Hochschulprofessoren sind zwar ebenfalls wie die wissenschaftlichen Mitarbeiter materiell in die „An-Instituts“ Arbeit eingebunden, aber „sie sind verfahrensmäßig freier gestellt“345. „Für sie kann regelmäßig mit ihrer Berufung in ein Institut unterstellt werden, dass sie auch unter Bezugnahme auf das Institut veröffentlichen und selbstverantwortlich über die Publikationen innerhalb eines Institutsprogramms entscheiden dürfen.“346 Von einem Eingriff kann demnach nur ausgegangen werden, wenn die Forschungsarbeit hinreichend selbstständig erbracht wird, was sich regelmäßig bereits aus dem Dienstbzw. Angestelltenverhältnis ergibt. Dies ist grundsätzlich der Fall, wenn die ausführenden Tätigkeiten von einem Hochschulprofessor übernommen werden.347 b) Vereinbarung temporärer Geheimhaltungsklauseln Auch die Vereinbarung von vorübergehenden Geheimhaltungsklauseln kann einen Grundrechtseingriff (seitens der Universität) darstellen. Wenn ein Hochschulforscher temporären Geheimhaltungsklauseln, die ein „An-Institut“ beispielsweise mit einem privaten Auftraggeber abschließt, nicht zustimmen bzw. bei den Vertragsverhandlungen insgesamt übergangen würde, dann läge ein Grundrechtseingriff vor. Denn aus der Forschungsfreiheit folgt, dass es Sache des Hochschulforschers ist, über die Publikationsreife zu urteilen. Die Verpflichtung zur Geheimhaltung (unabhängig von ihrer zeitlichen Dauer) würde sich für den Hochschulwissenschaftler als Veröffentlichungsverbot darstellen. Die gegebenenfalls legitimen Interessen eines privaten Auftraggebers an einer Geheimhaltung können erst im Rahmen der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung unter E. V. 3. berücksichtigt werden. c) Beispielsfall „Quantitative Products Laboratory“ Dass es sich bei den genannten Beeinträchtigungen nicht nur um hypothetische Gefährdungslagen handelt, zeigt das Beispiel des „Quantitative Products Laboratory“ – einem Institut für angewandte Finanzmathematik bestehend aus zwei Stif344 Das schlägt auch Thieme, Hochschulrecht, S. 348, vor. Andererseits heißt das nicht, dass wissenschaftliche Mitarbeiter nie selbstständig arbeiten. Bei der Beurteilung der Arbeit an einem Lehrstuhl wird man einen weniger strengen Maßstab anlegen und ein selbstständiges Arbeiten der wissenschaftlichen Mitarbeiter leichter bejahen. 345 Thieme, Hochschulrecht, S. 348. 346 Thieme, Hochschulrecht, S. 348 f. 347 Wie solche Eingriffe verfassungsrechtlich gerechtfertigt werden können, vgl. unter E. V. 1.; E. V. 2. in diesem Kapitel.
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4. Kap.: Wissenschaftsfreiheit und die Wirtschaftsbetätigung im Fokus
tungsprofessuren348 (jeweils eine für die Humboldt-Universität und eine für die Technische Universität Berlin), das die Deutsche Bank als stiftendes Unternehmen vier Jahre lang mit 3 Millionen Euro per anno finanzierte. Im Juni 2011 lief die Förderung aus. Der Vertrag wurde nicht verlängert.349 Wie im Mai 2011 bekannt wurde, hatten die erwähnten Berliner Universitätsleitungen vor Einrichtung dieses Forschungsinstituts mit der Deutschen Bank einen Vertrag abgeschlossen, in dem ihr in organisatorischen350 und inhaltlichen Forschungsfragen entscheidende Mitwirkungsrechte eingeräumt wurden. Berufungen sollten „im Einvernehmen“351 mit der Deutschen Bank erfolgen, d. h., dass der Bank vertraglich ein diesbezügliches Zustimmungsrecht eingeräumt wurde. Veröffentlichungen der Forschungsergebnisse sollten die Wissenschaftler, die die Stiftungsprofessuren besetzten, dem stiftenden Unternehmen zur Freigabe vorlegen. Somit verfügte die Deutschen Bank bei Publikationen über ein Vetorecht in Form eines Zustimmungserfordernisses. Des Weiteren sollte das Forschungsinstitut, das durch die zwei Stiftungsprofessuren ins Leben gerufen wurde, inhaltlich von einem paritätisch besetzen Lenkungsausschuss (bestehend aus je zwei Mitgliedern der beiden Universitäten und der Bank) geleitet werden, der u. a. auch sicherstellen sollte, dass die Interessen der Deutschen Bank nicht beeinträchtigt würden. Im Falle einer Pattsituation im Lenkungsausschuss sollte die Stimme des so genannten Managing Directors den Ausschlag geben, der ebenfalls der Bank angehörig war. Über dieses Engagement hinaus vereinbarten die drei Vertragsparteien, dass Mitarbeiter der Bank gegebenenfalls Lehraufträge erhalten und die Universitäten der Bank bei der Personalrekrutierung behilflich sein würden.352 348 Bei der Einrichtung von Stiftungsprofessuren handelt es sich um eine Form des Wissenschaftssponsorings, das sich immer größerer Beliebtheit erfreut. Im Jahr 2009 existierten an deutschen Hochschulen 660 (dauerhaft eingerichtete) Stiftungsprofessuren (ohne die befristeten Stellen); ausführlich Frank/Kralemann/Schneider, Stiftungsprofessuren in Deutschland, S. 5 f. 349 Es bestand eine Verlängerungsoption für weitere 4 Jahre. Vielleicht wurde der Vertrag auch auf Grund der Entrüstung, die der Inhalt des Vertrags in der Wissenschaft und in den Medien auslöste, nicht verlängert; statt vieler vgl. Hartmer (Geschäftsführer des Deutschen Hochschulverbandes): „Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass hier Wissenschaft eingekauft werden sollte“; zitiert nach http://www.spiegel.de/unispiegel-/studium/ 0,1518,765337,00.html (Stand: 30.4. 2012). 350 Auf Bestreben der Deutschen Bank hin wurde das Institut „in räumlicher Nähe“, d. h. im gleichen Gebäude wie das Investment & FinanzCenter der Deutschen Bank in Berlin, errichtet; zitiert nach http://www.spiegel.de/unispiegel/studium/0,1518,765337,00.html (Stand: 30.4. 2013). 351 Laut eigenen Angaben liegt dem Spiegel der Vertrag vor; so http://www.spiegel.de-/ unispiegel/studium/0,1518,765337,00.html (Stand: 30.4. 2013). 352 Wörtlich lautet es im Vertrag: „Die Universitäten werden die Deutsche Bank im Hinblick auf ihre Positionierung im Personalmarkt und bei der Optimierung ihrer Aktivitäten zur Gewinnung geeigneter Praktikanten und zukünftiger Mitarbeiter unterstützen.“ Dazu würden u. a. „Personalmarketingmaßnahmen an der Hochschule“ wie Mailings, Intranetauftritte und die „Verteilung von Infomaterialien durch die hochschuleigene Hauspost“ zählen; zitiert nach http://www.spiegel.de/unispiegel/studium/0,1518,765337,00.html (Stand 30.4. 2013).
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Die Einrichtung der Stiftungsprofessuren des „Quantitative Products Laboratory“ kann in diesem Fall nicht mehr als rein philanthropisches Handeln bewertet werden. Vielmehr geht augenscheinlich mit der Finanzierung eine konkrete Zweckbindung einher, von der sich die Deutsche Bank einen konkreten Profit erhofft. Die Einrichtung der Stiftungsprofessuren unter dem Dach des „Quantitative Products Laboratory“ kann demnach als „eine Art bezahlte Dienstleistung“353 qualifiziert werden. Es handelt sich letztlich um eine besondere Form des Wissenschaftssponsorings, die als wirtschaftliche Betätigung eingestuft werden kann. Ein Eingriff in das Grundrecht der Stiftungsprofessoren aus Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG könnte hier vor allem in der Vereinbarung des Zustimmungserfordernisses vor etwaigen Veröffentlichungen gesehen werden. Denn durch die vertraglich vereinbarte oktroyierte Fremdbestimmung über das „Ob“ des Publizierens greifen die Universitätsleitungen gezielt, unmittelbar und imperativ in den Kernbereich der Forschungsfreiheit ein (die Publikationsreife ist Ausfluss der absolut geschützten Bewertungsfreiheit).354 Zwar könnte man einwenden, dass erst der Vertrag der Hochschulen mit der Deutschen Bank es dem jeweiligen Forscher ermöglicht, eine Stiftungsprofessur anzutreten, und es sich demnach nicht um einen Eingriff handeln könne, da von vornherein nur eine „gekürzte“ Leistung gewährt werde. Aber der Kernbereich der Forschung wird nicht durch die Hochschulen bestimmt, sondern steht vielmehr jedem einzelnen Forscher qua Verfassung zu. Auch die Möglichkeit eines Grundrechtsverzichts kommt in diesem Fall nicht in Betracht, da die Stiftungsprofessoren erst noch berufen werden mussten und demnach keine Möglichkeit der Einflussnahme auf die vertraglichen Obliegenheiten hatten. Es handelt sich mithin um einen Eingriff „im klassischen Sinne“. 2. Mittelbar-faktische Beeinträchtigung Fraglich ist, ob das Erzeugen eines faktischen Drucks einen Eingriff darstellt, vorausgesetzt er ist geeignet, auf das Verhalten des Hochschulwissenschaftlers ausschlaggebend Einfluss zu nehmen. Das heißt, um es an einem Beispiel zu konkretisieren, dass ein „An-Instituts“-Leiter einen Hochschulforscher nicht direkt anweisen würde, eine Publikation abzuändern (z. B. um das Ergebnis der Auftragsforschung im Sinne des Auftraggebers zu „schönen“), sondern ihn durch öffentliche Kritik und der Androhung von Sanktionen (z. B. Androhung von notwendigen Entlassungen durch Aufzählung, wie viele Arbeits- bzw. Projektstellen auf eine erneute Beauftragung durch einen spezifischen Auftraggeber angewiesen sind und Skizzierung einer Betroffenheit des einzelnen Hochschulforschers) zur Abänderung drängen würde.355 353
Gleißner, in: Pfeiffer/Meyer (Hrsg.), Die gute Hochschule, S. 129 (132). Zustimmend Fehling, in: Dolzer/Kahl/Waldhoff u. a. (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 153: „Wird Forschung einer Genehmigungspflicht unterworfen, so liegt darin unabhängig von der Genehmigungsfähigkeit bereits ein Grundrechtseingriff.“ 355 Beispiel angelehnt an Hampe, Hochschulsponsoring und Wissenschaftsfreiheit, S. 183. 354
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Voraussetzung für die Annahme eines Eingriffs sind die objektive Vorhersehbarkeit356 der negativen Beeinträchtigung und eine spürbare Intensität derselben, die eine Bagatellgrenze überschreitet.357 Zunächst müsste das Erzeugen eines faktischen Drucks dem „An-Instituts“-Leiter objektiv zurechenbar sein. Es liegt nicht außerhalb der Lebenserfahrung, dass eine öffentliche Kritik verbunden mit der Androhung von Sanktionen geeignet ist, eine Handlung zu beeinflussen. Demnach wäre von dem Vorliegen einer objektiven Vorhersehbarkeit auszugehen. Fraglich ist hingegen, ob die Beeinträchtigung auch die Eingriffsschwelle überschreiten würde, also hinreichend intensiv wäre. Eine öffentliche Kritik eines „An-Instituts“-Leiters an einem Hochschulwissenschaftler (verbunden mit der Androhung von Sanktionen) würde zumindest eine intensivere Beeinträchtigung darstellen als eine Kritik im informellen Gespräch, da erstere geeigneter wäre, einen faktischen Druck auf den Hochschulforscher auszuüben.358 Vertieft bzw. intensiviert würde eine solche öffentliche Beeinträchtigung – abgesehen von der offensichtlichen Beeinträchtigung durch die Androhung von Sanktionen – durch den „amtlichen Anstrich und der darin liegenden besonderen Autorität“359. Eine Kritik im informellen Gespräch würde hingegen regelmäßig die Eingriffsschwelle nicht überschreiten. Letztlich wären aber die Umstände des Einzelfalls für die Qualifizierung eines Verhaltens als mittelbarfaktischen Eingriff entscheidend.
III. Eingriffssituationen, die im Zusammenhang mit wirtschaftlichen Tätigkeiten auftreten, die einen mittelbaren Bezug zu Forschung und Lehre aufweisen Ähnliche Eingriffssituationen wie im Rahmen der wirtschaftlichen Tätigkeiten der Kategorie 1 (E. II.) sind auch im Zusammenhang mit wirtschaftlichen Tätigkeiten vorstellbar, die einen mittelbaren Bezug zu Forschung und Lehre aufweisen. In dieser Konstellation kommt ein Eingriff in die Wissenschaftsfreiheit (respektive Forschungs- oder Lehrfreiheit) der Hochschulwissenschaftler in Betracht, die nicht in vornehmlich wirtschaftlich tätig werdende Hochschuleinheiten (z. B. „An-Institut“) eingebunden sind. Bei den in Frage stehenden Tätigkeiten handelt es sich demnach um solche, die der Transformation in Wirtschaftsgüter (Kategorie 2 der 356
So statt vieler Gallwas, Faktische Beeinträchtigung im Bereich der Grundrechte, S. 94 ff. m.w.N.; a.M. Ramsauer, Die faktischen Beeinträchtigungen des Eigentums, S. 128 ff.; Bleckmann/Eckhoff, DVBl. 1988, 373 (380), die auf den Schutzzweck der Norm abstellen. 357 Nicht erforderlich ist hingegen das Merkmal der Finalität; vgl. auch Mand, Erwerbswirtschaftliche Betätigung öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten außerhalb des Programms, S. 178; Pieroth/Schlink, Grundrechte, Rdnr. 240; 248. 358 Zustimmend Fehling, in: Dolzer/Kahl/Waldhoff u. a. (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 155. 359 Fehling, in: Dolzer/Kahl/Waldhoff u. a. (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 155; a.M. Thieme, Hochschulrecht, S. 86, der eine öffentliche Kritik nicht für ausreichend hält, um von einem Eingriff auszugehen.
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wirtschaftlichen Betätigung) vorgelagert sind. Auch hier kann man zwischen unmittelbaren und mittelbaren Formen der Beeinträchtigung unterscheiden. Eine unmittelbare Beeinträchtigung käme in Betracht, wenn die Universitätsleitung ein bestimmtes Verhalten von den Hochschullehrern in der Forschung (z. B. Anweisung der Meldepflicht nachzukommen, sobald eine Diensterfindung gemacht wurde) oder in der Lehre (z. B. Anweisung der Durchführung einer entgeltlichen Weiterbildungsveranstaltung an einer Weiterbildungsakademie)360 fordern und im Falle der Nichtbefolgung mit Sanktionen drohen würde (z. B. Etatkürzungen). Eine mittelbare Beeinträchtigung könnte z. B. angenommen werden, wenn eine Universitätsleitung auf einen Hochschulwissenschaftler Druck ausüben würde, die Forschung verstärkt anwendungsorientiert auszurichten, damit die Wahrscheinlichkeit, die Anzahl der universitären Patente steigern zu können, erhöht würde. 1. Formen der unmittelbaren Beeinträchtigung a) Meldepflicht einer Diensterfindung gem. § 5 i.V.m. § 42 Nr. 2 ArbnErfG Die Anordnung einer Universitätsleitung gegenüber einem Hochschulwissenschaftler der in § 5 i.V.m. § 42 Nr. 2 ArbnErfG normierten Meldepflicht einer Diensterfindung nachzukommen, könnte einen Eingriffstatbestand begründen. § 5 Abs. 1 ArbnErfG regelt, dass jeder Forscher eine Diensterfindung unverzüglich seinem Dienstherrn bzw. seinem Arbeitgeber melden muss. § 42 Nr. 2 ArbnErfG normiert speziell für Hochschulerfindungen eine Ausnahme von der Meldepflicht.361 Wenn der Hochschulforscher eine Offenbarung seiner Erfindung auf Grund seiner Forschungs- oder Lehrtätigkeit ablehnt, so besteht nach dieser Vorschrift keine Meldepflicht (§ 42 Nr. 2 S. 1 ArbnErfG). Entscheidet sich der Hochschulforscher jedoch um und entschließt sich nach einer anfänglichen Geheimhaltung doch zu einer Offenbarung, so lebt die Meldepflicht wieder auf (vgl. § 42 Nr. 2 S. 2 ArbnErfG). Fraglich ist, ob die Regelung dieser Ausnahme weitgehend genug ist, um die Annahme eines Eingriffs in die negative Publikationsfreiheit abzuwenden.362 Allerdings ist Voraussetzung für das Vorliegen eines Eingriffs, dass der Schutzbereich überhaupt eröffnet ist. Anders formuliert, müsste Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG überhaupt 360 Das BVerfGE 1, 126 (134 ff.), hält fest, dass „Anweisungen hinsichtlich der Lehre gegenüber einem als selbständigen Wissenschaftler bestellten Hochschullehrer […] dessen Recht, sein Fach in Forschung und Lehre zu vertreten, und damit seine in Art. 5 Abs. 3 GG geschützte Wissenschaftsfreiheit“ berühren könnten. 361 Als Umgehung dieser Vorschrift schlägt Hübner, WissR 38 (2005), 34 (38), vor, eine Veröffentlichung vorzunehmen, die noch nicht zur Entscheidungsreife gelangt ist. Zustimmend Reetz, WissR 41 (2008), 206 (213); eine solche Ansicht ist indes aus praktischen Erwägungen (wer würde eine halbfertige Forschungsarbeit veröffentlichen wollen?) und aus dem Telos einer Veröffentlichung heraus bereits abzulehnen. 362 So Reetz, WissR 41 (2008), 206 (213 f.); Schübel-Pfister, in: Gärditz/Pahlow (Hrsg.), Hochschulerfindungsrecht, S. 11 (20).
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eine negative Publikationsfreiheit gewährleisten. Wie unter D. I. 4. a) erörtert, wird in dieser Arbeit die Meinung vertreten, dass zumindest ein anfänglicher ernsthafter Veröffentlichungswille des Hochschulforschers vorliegen muss, damit von einer „wissenschaftlichen Forschungstätigkeit“ im Sinne von Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG gesprochen werden kann.363 Das bedeutet, dass die Forschungsarbeit regelmäßig durch eine Veröffentlichung zum Abschluss gebracht werden muss. Anders ist der Sachverhalt nur zu bewerten, wenn sich die Nichtveröffentlichung als Ausfluss der Bewertungsfreiheit des Forschers darstellt.364 Denn die Feststellung der Publikationsreife ist als Teil des Kernbereichs der Forschung allein Sache des Hochschulforschers. So fasst Lux treffend zusammen: „Der Entschluss, ein Forschungsergebnis zu veröffentlichen und damit der Weiterentwicklung und gegebenenfalls auch Kritik durch die scientific community zugänglich zu machen, stellt sich gleichsam als Bewertung desselben als größtmögliche Annäherung an die Wahrheit und damit als publikationswürdig dar. Spiegelbildlich stellt sich die Entscheidung, ein Forschungsergebnis nicht zu veröffentlichen, als Qualifikation desselben als (noch) nicht größtmögliche Annäherung an die Wahrheit, als bedeutungslos, ungesichert, noch weiter überprüfungswürdig oder gar falsch und damit nicht als publikationswürdig dar.“365 Eine Ausnahme greift des Weiteren auch, wenn der Forscher ethische Bedenken hat oder das Leben bzw. die Gesundheit der Menschen durch seine Forschung bedroht sieht. In diesen engen Grenzen existiert eine negative Publikationsfreiheit.366 Im Ergebnis käme ein Eingriff nur dann in Betracht, wenn die Bewertungsfreiheit der Forschung betroffen wäre, die zum Kernbestand der Forschungsfreiheit gehört. Andernfalls wäre der Schutzbereich des Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG auf Grund der nur eingeschränkt gewährten negativen Publikationsfreiheit von vornherein nicht eröffnet. Nach dem hier zu Grunde gelegten Verständnis greift demnach eine einfache Meldepflicht einer Hochschulerfindung nicht in Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG ein, da bereits der Schutzbereich nicht eröffnet ist. Denn eine Meldepflicht besteht erst dann, wenn eine Diensterfindung gemacht wurde. In diesem Stadium hat die Forschungsarbeit des Hochschulforschers indes die Publikationsreife erlangt, so dass prinzipiell367 363 A.M. Thieme, Hochschulrecht, S. 348, der von einer umfassenden negativen Publikationsfreiheit ausgeht. 364 So zutreffend Lux, Rechtsfragen der Kooperation zwischen Hochschule und Wirtschaft, S. 20 ff. 365 Lux, Rechtsfragen der Kooperation zwischen Hochschule und Wirtschaft, S. 20 f. 366 Dauerhafte Geheimhaltungsklauseln sind nicht vom Schutzbereich des Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG erfasst. Nicht dauerhafte Geheimhaltungsklauseln sind dann vom Schutzbereich des Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG erfasst, wenn der Hochschulforscher einen ernsthaften Veröffentlichungswillen hat. Das ist regelmäßig dann der Fall, wenn die Forschungserkenntnisse zum Zeitpunkt der Veröffentlichung noch als „neu“ zu bewerten sind und nicht vom Stand der Forschung überholt sind. 367 Als Ausnahmen werden oftmals Gewissensfragen oder ethische Bedenken genannt. Diese Bedenken können dann als Ausnahme gelten, wenn sie aus anderen grundrechtlich ge-
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keine negative Publikationsfreiheit mehr geltend gemacht werden kann. Zu beachten gilt es aber, dass der Hochschulforscher den Zeitpunkt und den Ort der Veröffentlichung stets selbst bestimmen kann. Würde man die Vorschrift des § 5 i.V.m. § 42 Nr. 2 ArbnErfG dahingehend auslegen, dass diese den Hochschulforscher hinsichtlich der Festlegung des Zeitpunkts („unverzüglich“) oder des Orts einschränken würde, so wäre es vertretbar, zumindest den Schutzbereich für eröffnet zu erklären.368 Auch bei einer solch engen Auslegung oder sogar bei einer Bejahung einer umfassenden negativen Publikationsfreiheit würde man aber letztlich zu dem Ergebnis kommen, dass kein Eingriff vorliegt. Denn der Ausnahmetatbestand des § 42 Nr. 2 ArbnErfG berücksichtigt im Ergebnis hinreichend die Bewertungsfreiheit des Forschers und sein Recht, die Publikationsreife feststellen zu dürfen: Wie bereits erwähnt, regelt § 42 Nr. 2 S. 1 ArbnErfG, dass der Hochschulforscher von einer Meldung absehen darf, wenn er eine Offenbarung seiner Diensterfindung auf Grund seiner Lehr- oder Forschungstätigkeit ablehnt. Dabei ist es unschädlich, ob die Entscheidung dauerhafter oder nur temporärer Natur ist, da § 42 Nr. 2 S. 2 ArbnErfG die Möglichkeit einer diesbezüglichen Reversibilität zulässt. Zudem muss der Hochschulwissenschaftler seinem Dienstherrn keine Mitteilung von dem Gebrauch des Schweigerechts machen.369 Diese Regelungen ermöglichen eine flexible Handhabung der Meldepflicht, die der Forschungsfreiheit des Hochschulwissenschaftlers hinreichend Rechnung trägt. Selbst wenn man demnach von einer Eröffnung des Schutzbereichs ausginge, würde die Eingriffsschwelle nicht überschritten, so dass insgesamt kein Grundrechtseingriff vorliegt.370 b) Temporäres Offenbarungsverbot gemäß § 24 Abs. 2 i.V.m. § 42 Nr. 1 S. 1 ArbnErfG Anders als die Meldepflicht ist der § 24 Abs. 2 i.V.m. § 42 Nr. 1 S. 1 ArbnErfG zu beurteilen, der eine Anzeigepflicht des Hochschulforschers gegenüber seinem Dienstherrn normiert, wenn der Hochschulforscher die Diensterfindung im Rahmen seiner Lehr- und Forschungstätigkeit offenbaren will. Dieser Verpflichtung muss der Hochschulwissenschaftler in der Regel zwei Monate vor der geplanten Offenbarung nachkommen. Mit der Anzeigepflicht ist demnach grundsätzlich ein vorüberge-
schützten Freiheiten resultieren (z. B. Art. 2 Abs. 2; Art. 4 Abs. 1 GG); vgl. auch Bartenbach/ Volz, GRUR 2002, 743 ff. 368 Eine solche einschränkende Auslegung ist jedoch nicht im Sinne des Gesetzgebers; vgl. BT-Drs. 14/5975, S. 6; BR-Drucks. 583/01, S. 7. 369 Dies schließt den Verzicht der Darlegung von Gründen mit ein; zu dem gleichen Ergebnis kommt Schübel-Pfister, in: Gärditz/Pahlow (Hrsg.), Hochschulerfindungsrecht, S. 11 (21), die allerdings von einer umfassenden negativen Publikationsfreiheit ausgeht. 370 Zustimmend Lux, Rechtsfragen der Kooperation zwischen Hochschule und Wirtschaft, S. 155 f.; Reetz, WissR 41 (2008), 206 (213 f.); Schübel-Pfister, in: Gärditz/Pahlow (Hrsg.), Hochschulerfindungsrecht, S. 11 (21).
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hendes Offenbarungsverbot verbunden.371 Fraglich ist, ob das vorübergehende Offenbarungsverbot372 einen Eingriff in die Forschungsfreiheit darstellt. Teilweise wird vorgeschlagen, dass das Merkmal „rechtzeitig“ des § 42 Nr. 1 S. 1 ArbnErfG dahingehend interpretiert werden könne, dass das zweimonatige Offenbarungsverbot lediglich eine Regelfrist darstelle.373 Das Offenbarungsverbot könne im Einzelfall aus einem gewichtigen Grund, wie z. B. bei einer lebensrettenden Erfindung, verkürzt werden (laut BVerfG sogar bis auf wenige Stunden).374 Eine solche Verkürzung trete ohne eine entsprechende Erklärung des Dienstherrn ein.375 Letztlich stelle das befristete Offenbarungsverbot eine kaum spürbare Beeinträchtigung dar, die die Eingriffsschwelle nicht zu überschreiten vermöge.376 Folglich verneinen einige Stimmen in der Literatur bereits das Vorliegen eines Grundrechtseingriffs.377 Indes kann dieser Ansicht nicht gefolgt werden. Zwar ist es richtig, dass angesichts der üblichen Vorlauffrist einer Publikation das zweimonatige Offenbarungsverbot im Regelfall keinen tatsächlichen Hinderungsgrund für eine Veröffentlichung darstellen wird.378 Betroffen sind insofern lediglich die neuheitsschädlichen Spontanäußerungen (z. B. auf einer Tagung oder gegenüber Studenten). Diesen gegenüber greift das Argument der Vorlaufsfrist indes nicht. Hinzu kommt, dass der Hochschulforscher das Risiko trägt, sich bei einer „neuheitsschädlichen Offenbarung“ (vgl. § 3 PatG) schadensersatzpflichtig zu machen.379 Er trägt die Beweislast, die Notwendigkeit der vorzeitigen Offenbarung darzulegen.380 Der Wortlaut des § 42 Nr. 1 S. 1 ArbnErfG zeigt keine Möglichkeit auf, ausnahmsweise auf ein Offenbarungs371 Diese Vorschrift verhindert, dass der Hochschulforscher selbst über den Zeitpunkt der Offenbarung bestimmen darf. Die Bestimmung über den Zeitpunkt der Veröffentlichung fällt in den Schutzbereich der Forschungsfreiheit; vgl. BVerfGE 35, 79 (112); Pernice, in: Dreier (Hrsg.), GG-Kommentar, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 30. 372 Teilweise wird an die Anzeigepflicht als Eingriffstatbestand angeknüpft (Kretzer, Die Novellierung des „Hochschullehrerprivilegs“, S. 82 ff.), teilweise an das Offenbarungsverbot (Hübner, WissR 38 [2005], 34 [35]); darauf verweist Schübel-Pfister, in: Gärditz/Pahlow (Hrsg.), Hochschulerfindungsrecht, S. 11 (22). 373 BVerfG-K, NVwZ 2004, 974 (975); Kretzer, Die Novellierung des „Hochschullehrerprivilegs“, S. 82 ff.; Schübel-Pfister, in: Gärditz/Pahlow (Hrsg.), Hochschulerfindungsrecht, S. 11 (24 ff.). 374 BVerfG-K, NVwZ 2004, 974 (975); daran anknüpfend Schübel-Pfister, in: Gärditz/ Pahlow (Hrsg.), Hochschulerfindungsrecht, S. 11 (24; 26). 375 Kritisch Reetz, WissR 41 (2008), 206 (216 ff.), der darauf hinweist, dass die Beweislast den Hochschulforscher treffe und sich dieser somit bei einer frühzeitigen Offenbarung gegebenenfalls schadensersatzpflichtig machen könne. 376 Vgl. Kretzer, Die Novellierung des „Hochschullehrerprivilegs“, S. 82. 377 Z. B. Kretzer, Die Novellierung des „Hochschullehrerprivilegs“, S. 82 ff.; anders jedoch Schübel-Pfister, in: Gärditz/Pahlow (Hrsg.), Hochschulerfindungsrecht, S. 11 (24; 26), die auf die verfassungsrechtliche Rechtfertigung abstellt. 378 Zustimmend Schübel-Pfister, in: Gärditz/Pahlow (Hrsg.), Hochschulerfindungsrecht, S. 11 (26). 379 Vgl. Reetz, WissR 41 (2008), 206 (215). 380 Vgl. Reetz, WissR 41 (2008), 206 (215).
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verbot vollständig verzichten zu dürfen. Auch die vorgeschlagene Fristverkürzung des zweimonatigen Offenbarungsverbots muss als Grundrechtseingriff gewertet werden, da durch das ausnahmslose Verbot, unabhängig von seiner zeitlichen Dauer, ein von Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG geschütztes Verhalten durch Rechtsakt, unmittelbar, final und imperativ verkürzt wird. Somit stellt im Ergebnis die Verpflichtung zur Anzeige in Verbindung mit dem temporären Offenbarungsverbot einen Eingriff in die Wissenschaftsfreiheit dar (zur verfassungsrechtlichen Rechtfertigung E. VI. 1.).381 c) Verpflichtung zur Durchführung universitärer Wirtschaftstätigkeiten in Lehre oder Forschung Ein Eingriff in die Lehrfreiheit wäre unproblematisch zu bejahen, wenn die Hochschulleitung den Hochschullehrer gegen seinen Willen anweisen würde, beispielsweise einen Weiterbildungskurs zu unterrichten.382 Bereits die Zuweisung des zuständigen Hochschulorgans, eine bestimmte Lehrveranstaltung durchzuführen, stellt einen Grundrechtseingriff dar.383 Inwiefern diese Eingriffe gerechtfertigt werden könnten, wird unter E. VI. 2. erörtert. Nicht anders ist es zu beurteilen, wenn die Hochschulleitung einen Hochschulforscher zur Durchführung einer universitären Wirtschaftstätigkeit im Bereich der Forschung verpflichten würde (z. B. Durchführung einer Gutachtentätigkeit für ein Materialprüfungsamt). Auch hier läge ein Eingriff in die Freiheit der Wahl der Fragestellung vor.384 Ob dieser gerechtfertigt werden könnte, wird unter E. VI. 3. geprüft. d) Wirtschaftlich-orientierte Leistungskriterien zur Verteilung der universitären Ressourcen Die Berücksichtigung der Evaluationsergebnisse bei der Ressourcenverteilung ist unabhängig davon, ob die Evaluationskriterien durch Gesetz oder universitäre Satzung festgelegt werden, ebenfalls als Eingriff in die Wissenschaftsfreiheit der Hochschulwissenschaftler zu werten; vor allem dann, wenn die Kriterien der Res381
Zustimmend Schübel-Pfister, in: Gärditz/Pahlow (Hrsg.), Hochschulerfindungsrecht, S. 11 (21 f.). 382 Vgl. dazu BVerfGE 126, 1 ff.; in dieser Entscheidung geht es um die Verfassungsmäßigkeit der Anweisung eines Rektors einer Fachhochschule, das Fach „Darstellende Geometrie“ gegen den Willen des Hochschullehrers zu unterrichten. 383 So lautet § 4 Abs. 3 S. 2 HRG: „Entscheidungen der zuständigen Hochschulorgane in Fragen der Lehre […] insoweit zulässig, als sie sich auf die Organisation des Lehrbetriebes und auf die Aufstellung und Einhaltung von Studien- und Prüfungsordnungen beziehen“. Diese Norm hat Eingriffscharakter – ebenso wie die nunmehr geltenden Regelungen der Landeshochschulgesetze, die sich an diese Regelung des HRG anlehnen, 384 So auch Püttner/Mittag, Rechtliche Hemmnisse der Kooperation zwischen Hochschulen und Wirtschaft, S. 25; Lux, Rechtsfragen der Kooperation zwischen Hochschulen und Wirtschaft, S. 27; S. 81; die Freiheit der Wahl der Fragestellung ist nur hinsichtlich des „Ob“ konstitutiv für die Eröffnung des Schutzbereichs der Forschungsfreiheit.
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4. Kap.: Wissenschaftsfreiheit und die Wirtschaftsbetätigung im Fokus
sourcenverteilung beispielsweise die Höhe der Einnahmen aus Wirtschaftstätigkeiten oder die Anzahl der Diensterfindungen ausschlaggebend berücksichtigen würden. Durch eine Einbeziehung der genannten Kriterien in die hochschulinterne Ressourcenverteilung würde sogar möglicherweise ein Leistungsanreiz gesetzt, der mittelbar eine Veränderung der Forschung – hin zu einer verstärkt ökonomischausgerichteten Forschung385 – herbeiführen könnte.386 Auch das BVerfG geht in seinem Beschluss zum brandenburgischen Hochschulgesetz davon aus, dass die Kompetenz der leistungsorientierten Mittelvergabe nicht nur unerhebliche Gefahren in sich berge.387 „Der von der Wahrnehmung [der Ressourcenvergabe] möglicherweise ausgelöste Druck zur Orientierung an extern gesetzten Bewertungskriterien kann […] zu Fehlentwicklungen führen.“388 Zu problematisieren ist allein, ob dieser Grundrechtseingriff verfassungsrechtlich gerechtfertigt werden kann (vgl. E. VI. 4.). e) Zwischenergebnis Demnach sind in den Fällen einer direkten Beeinträchtigung unter den genannten Voraussetzungen sogar regelmäßig (fast) alle Merkmale des so genannten Eingriffs „im klassischen Sinne“ erfüllt. Sie bedürfen einer verfassungsrechtlichen Rechtfertigung. Ansonsten läge eine Grundrechtsverletzung vor. 2. Mittelbar-faktische Beeinträchtigung Eine ähnliche Drucksituation, wie bereits unter E. II. 2. geschildert, könnte sich auch in der hier in Frage stehenden Konstellation ergeben. Eine mittelbare Beeinträchtigung könnte z. B. angenommen werden, wenn eine Universitätsleitung auf einen Hochschulwissenschaftler Druck ausüben würde, die Forschung verstärkt anwendungsorientiert auszurichten, damit die Wahrscheinlichkeit, die Anzahl der universitären Patente zu steigern, erhöht würde. Da sich keine Unterschiede im Falle 385
Eine diesbezügliche negative Auswirkung zeigt sich bereits darin, Forschungsergebnisse, die früher in einer umfassenden Publikation veröffentlicht wurden, in mehrere kleine Veröffentlichungen aufzuteilen, um eine möglichst hohe Anzahl an Publikationen zu erzielen (denn die Anzahl der Publikationen ist ein weitere Leistungskriterium der Mittelvergabe). Nicht der Sinn einer solchen Aufteilung ist in diesen Fällen handlungsleitend, sondern einzig und allein der monetäre Anreiz. Auf weitere Rationalitätsdefizite und Gefahren der quantitativen Indikatoren weist Gärditz, WissR 42 (2009), 353 (381), hin. 386 Eine konkrete Sanktion wäre in der Nichtberücksichtigung bei der Erteilung einer Leistungszulage zu sehen, wenn der Hochschulwissenschaftler seine Forschungsarbeit nicht nach den Kriterien der Leistungsvergabe ausrichten würde; im Ergebnis zustimmend Thieme, Hochschulrecht, S. 86. 387 BVerfGE 111, 333 (358). 388 BVerfGE 111, 333 (359): „Die […] Bewertungskriterien müssen hinreichenden Raum für wissenschaftseigene Orientierungen belassen. Dieses Erfordernis gilt unabhängig davon, ob solche Kriterien hochschulextern oder -intern festgesetzt werden; bei einer externen Festsetzung besteht aber ein erhöhtes Risiko der Vernachlässigung wissenschaftsadäquater Belange.“
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der Einbindung eines Hochschulwissenschaftlers in ein Hochschulinstitut ergeben, gilt das unter E. II. 2. Gesagte entsprechend.
IV. Grundsätzliches zur verfassungsrechtlichen Rechtfertigung von Eingriffen in Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG Zu hinterfragen gilt es nun, ob die herausgearbeiteten Grundrechtseingriffe, die im Zusammenhang mit verschiedenen Wirtschaftstätigkeiten der Kategorien 1 und 2 auftreten (können), verfassungsrechtlich gerechtfertigt werden können. Falls dies nicht möglich wäre, würde es sich um eine Grundrechtsverletzung handeln. Das damit einhergehende Verbot würde gleichzeitig der Wirtschaftsbetätigung der Universitäten konkrete Grenzen setzen. 1. Verfassungsimmanente Schranken Zwar handelt es sich bei der Wissenschaftsfreiheit des Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG um ein vorbehaltlos gewährleistetes Grundrecht, das bedeutet aber nicht, dass keine Beschränkungsmöglichkeit existiert.389 Vielmehr können sich aus der Verfassung selbst Schranken ergeben.390 Zu den so genannten verfassungsimmanenten Schranken zählen zum einen kollidierende Grundrechte Dritter und zum anderen weitere Rechtsgüter von Verfassungsrang.391 Im Falle einer Grundrechtskollision müssen die widerstreitenden Verfassungsgüter (falls möglich) im Wege der prakti-
389 Auf Grund des Spezialitätsverhältnisses kommt kein Rückgriff auf die Schranken des Art. 5 Abs. 2 GG oder des Art. 2 Abs. 1 Hs. 2 GG in Betracht; vgl. zur ganz h.M. BVerfGE 30, 173 (191 ff.); 47, 327 (369); 67, 213 (224); 83, 130 (139); auch Art. 5 Abs. 3 S. 2 (sog. „Treueklausel“) stellt keine Schranke der Lehrfreiheit dar, sondern hebt hervor, was von vornherein nicht vom Schutzbereich umfasst ist; vgl. dazu Pernice, in: Dreier (Hrsg.), GGKommentar, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 41; Starck, in: v. Mangoldt/Klein/ders. (Hrsg.), GG-Kommentar, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 414 f. 390 Der Vorschlag einer Einteilung in Werk- und Wirkbereich (auf die Wissenschaft konkretisiert: akademischer Erkenntnisbereich und Außenbereich der staatlichen Sphäre) ist hingegen abzulehnen, da eine Abgrenzung mit Schwierigkeiten behaftet ist und zudem kaum einen Mehrwert bringt; zustimmend Trute, Die Forschung zwischen grundrechtlicher Freiheit und staatlicher Institutionalisierung, S. 145 f.; Pernice, in: Dreier (Hrsg.), GG-Kommentar, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 39; Fehling, in: Dolzer/Kahl/Waldhoff u. a. (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 161; a.M. Scholz, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), GG-Kommentar, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 8. 391 BVerfGE 30, 173 (192); 47, 327 (368 ff.); Pernice, in: Dreier (Hrsg.), GG-Kommentar, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 39; Bethge, in: Sachs (Hrsg.), GG-Kommentar, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 223; Fehling, in: Dolzer/Kahl/Waldhoff u. a. (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 159.
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4. Kap.: Wissenschaftsfreiheit und die Wirtschaftsbetätigung im Fokus
schen Konkordanz392 zum Ausgleich gebracht werden.393 Es existiert entgegen der Ansicht vereinzelter Vertreter in der Literatur394 keine Vermutung, dass der Wissenschaftsfreiheit bei dieser Abwägung a priori ein stärkeres Gewicht als anderen Verfassungsgütern einzuräumen wäre.395 Denn die gewichtige Bedeutung der Wissenschaftsfreiheit lässt sich nur in ihrer vorbehaltlosen verfassungsrechtlichen Gewährung nachvollziehen und belegen. Wenn man diesen nachweisbaren, besonderen Schutz der Wissenschaftsfreiheit jedoch als Grund für eine zusätzliche generelle Priorisierung im Abwägungsprozess der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung heranzöge, so würde diese zweite Bevorzugung jedweder verfassungsrechtlichen Grundlage entbehren. Verfehlt ist es insbesondere als Begründung den ersten besonderen Schutz (d. h. den Schutz, den das Grundrecht durch die vorbehaltlose Gewährung erfährt) heranzuziehen, zumal eine solche Vorgehensweise einen Zirkelschluss darstellen würde.396 Darüber hinaus müsste ansonsten jedes vorbehaltlos gewährte Grundrecht zwangsläufig eine doppelte Bevorzugung erhalten, was jedoch z. B. für die Gewissensfreiheit397 (Art. 4 Abs. 1 GG) oder die Koalitionsfreiheit398 (Art. 9 Abs. 3 GG) nicht anerkannt ist (und nicht einmal diskutiert wird). Statt einer Bevorzugung der Wissenschaftsfreiheit ist es vielmehr zutreffend, dass den jeweils in Frage stehenden Verfassungsgütern gleichermaßen zur möglichst optimalen Wirksamkeit verholfen werden muss, indem ihnen unterschiedslos Grenzen gezogen werden.399 Erst wenn die Herstellung der Konkordanz nicht möglich ist, muss bestimmt werden, welchem Verfassungsgut in dem spezifischen Kollisionsfall eine größere Bedeutung beizumessen ist bzw. welches Verfassungsgut zurückzutreten 392 Der Begriff wurde geprägt von Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. 1, S. 317 ff.; die praktische Konkordanz stellt letztlich nichts anderes als eine Konkretisierung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes dar. 393 Vgl. BVerfGE 47, 327 (368): „[Konflikte mit anderen Verfassungsgütern müssen] nach Maßgabe der grundgesetzlichen Wertordnung und unter Berücksichtigung der Einheit dieses Wertsystems durch Verfassungsauslegung gelöst werden.“ 394 Z. B. Wagner, Rechtliche Rahmenbedingungen für Wissenschaft und Forschung, S. 249; Hampe, Hochschulsponsoring und Wissenschaftsfreiheit, S. 181 ff. 395 Zustimmend Fehling, in: Dolzer/Kahl/Waldhoff u. a. (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 159; a.M. Losch, Wissenschaftsfreiheit, Wissenschaftsschranken, Wissenschaftsverantwortung, S. 195 ff.; Pernice, in: Dreier (Hrsg.), GG-Kommentar, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 39; nach diesen folgt aus der großen Bedeutung der Wissenschaftsfreiheit, dass die Verfahren der Selbstkontrolle der staatlichen Folgenkontrolle und Reglementierung stets vorzuziehen seien. 396 Vgl. zum Zirkelschluss Joerden, Logik im Recht, S. 364. 397 Bei Art. 4 Abs. 1 GG ist umstritten, inwiefern die Art. 136 bis 139 und 141 WRV (inkorporiert in die Verfassung durch Art. 140 GG) eine Grenze darstellen; vgl. dazu Klostermann, Der Öffentlichkeitsauftrag der Kirchen, S. 54 ff. 398 Auch bei der Koalitionsfreiheit ist umstritten, ob sich die Schranke des Art. 9 Abs. 2 auch auf Art. 9 Abs. 3 GG bezieht oder nicht. Dagegen spricht jedoch bereits die systematische Stellung; vgl. Pecher, Verfassungsimmanente Schranken von Grundrechten, S. 2. 399 So ausdrücklich Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. 1, Rdnr. 72.
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hat.400 Dies ist abhängig vom Einzelfall zu bestimmen. Auch hier verbietet sich eine pauschale Bevorzugung der Wissenschaftsfreiheit, zumal die erforderliche Abwägung auf Grund des Vorbehalts des Gesetzes regelmäßig vom Gesetzgeber zu treffen ist.401 2. In Betracht kommende widerstreitende Verfassungsgüter und Grundrechte Dritter Als widerstreitendes Verfassungsgut kommt als erstes die eigene Grundrechtsposition der Universitäten in Betracht. Denn Wirtschaftstätigkeiten der Kategorie 1 (wie z. B. Auftragsforschungen) werden grundsätzlich auch von der korporativwahrgenommenen Wissenschaftsfreiheit aus Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG geschützt. Voraussetzung ist aber, dass den Universitäten eine Berufung auf die Wissenschaftsfreiheit nicht verwehrt wäre. Als zweites sind die aus Art. 33 Abs. 5 GG folgenden dienstrechtlichen Pflichten eines verbeamteten Hochschullehrers und -forschers zu untersuchen, bei denen es sich ebenso um Verfassungsgüter handelt.402 Als drittes widerstreitendes Verfassungsgut kommt das in Art. 114 Abs. 2 S. 1 GG verknüpfte Wirtschaftlichkeitsprinzip in Betracht. Nicht minder wichtig ist das Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit der anderen Hochschulwissenschaftler, aus dessen objektivrechtlicher Dimension z. B. die Gewährleistung der Funktionsfähigkeit der Hochschule resultiert, und das Grundrecht der Berufsfreiheit der Studenten (Art. 12 Abs. 1 GG), die ebenfalls als Rechtsgüter von Verfassungsrang in Frage kommen. Als Letztes kann sich z. B. der Abschluss von temporären Geheimhaltungsklauseln als Grundrechtsausübung (Art. 12 Abs. 1 GG bzw. Art. 14 Abs. 1 GG) eines privaten Auftraggebers darstellen. Anstelle einer abstrakten Untersuchung sollen die bereits herausgefilterten Eingriffsbefunde auf die Möglichkeit eines schonenden Ausgleichs mit den widerstreitenden Verfassungsgütern geprüft werden.403 Dabei sollen zunächst die unter E. II. festgestellten Eingriffe (Kategorie 1 der wirtschaftlichen Betätigung mit Hochschulwissenschaftlern als „Dienstleistern“) untersucht werden. Anschließend können die gewonnenen Erkenntnisse in die Analyse der unter E. III. konkretisierten Eingriffe (im Umfeld der Kategorie 2 der wirtschaftlichen Betätigung) einfließen.
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BVerfGE 35, 79 (225). Fehling, in: Dolzer/Kahl/Waldhoff u. a. (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 160. 402 Zu den Grundsätzen des Berufsbeamtentums gehört z. B. auch die Amtsverschwiegenheit, die den Rechten aus Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG Grenzen ziehen kann; vgl. BVerwGE 37, 265 (268). 403 So auch das BVerfGE 39, 334 (347); 47, 285 (367 f.), wonach eine Grenzziehung oder Inhaltsbestimmung nicht generell, sondern nur im Einzelfall durch Güterabwägung vorgenommen werden kann. 401
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V. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung der Eingriffe, die im Zusammenhang mit wirtschaftlichen Tätigkeiten stehen, die einen unmittelbaren Bezug zu Forschung und Lehre aufweisen 1. Anordnung der Durchführung inhaltlicher Modifizierungen Es ist zu untersuchen, ob im Rahmen von universitären Wirtschaftstätigkeiten (wie z. B. Auftragsforschung eines „An-Instituts“, Gutachtentätigkeit für ein Materialprüfungsamt) die Anweisung der Leitung eines „An-Instituts“ (oder sonstigen Leitung einer wirtschaftenden Hochschuleinheit), die Forschungsarbeit vor ihrer Veröffentlichung inhaltlich zu modifizieren, verfassungsrechtlich gerechtfertigt werden kann. a) Die Wissenschaftsfreiheit der Universität als widerstreitendes Verfassungsgut Als widerstreitendes Verfassungsgut kommt zunächst die Wissenschaftsfreiheit der Universitäten aus Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG in Betracht. Denn insoweit universitäre, wirtschaftliche Tätigkeiten einen unmittelbaren Bezug zur Forschung aufweisen (Kategorie 1), ja selbst als wissenschaftlich qualifiziert werden können, dürfen sich Universitäten oder ihre Untergliederungen prinzipiell zum Zwecke ihrer Gewährleistung auf die Wissenschaftsfreiheit berufen (vgl. bereits D. I. 6.; D. II. 4.). Falls eine Berufung auf die Wissenschaftsfreiheit möglich wäre, müsste versucht werden, eine praktische Konkordanz zwischen der Wissenschaftsfreiheit der Universitäten auf der einen und der Forschungsfreiheit der betroffenen Hochschulforscher auf der anderen Seite herzustellen. Allerdings wurde im 4. Kapitel unter B. II. 2. c) ausführlich dargelegt, dass sich Universitäten nicht zu Lasten der Hochschulwissenschaftler auf den korporativen Grundrechtsschutz berufen dürfen. Denn den Universitäten wurde überhaupt erst die Grundrechtsfähigkeit zur Vervollständigung des individuellen Grundrechtsschutzes verliehen.404 Eine Grundrechtskollision von der einerseits korporativ- und andererseits individuell-wahrgenommenen Wissenschaftsfreiheit würde somit einen Missbrauch der Übertragung der Grundrechtsfähigkeit darstellen und den beabsichtigten Schutzzweck konterkarieren.405 Nach der hier vertretenen Meinung der „Durchgriffstheorie“ können Universitäten niemals die (korporativ-wahrgenommene) Wissenschaftsfreiheit als Rechtfertigungsgrund für einen Eingriff in die Wissen404 BVerwGE 102, 304 (309): „Die Hochschulen haben die Wissenschaftsfreiheit der einzelnen Grundrechtsträger insbesondere vor staatlichen Eingriffen zu schützen und zur größtmöglichen Entfaltung zu bringen. […] Eine Zuständigkeit für einen Eingriff in die Forschungsfreiheit [eines Individualgrundrechtsträgers], gestützt auf ein eigenes Recht der Hochschule […] aus Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG, kann es daher nicht geben […].“ 405 BVerwGE 102, 304 (309; 312); Wendt, in: v. Münch/Kunig (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 104.
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schaftsfreiheit (respektive Forschungs- oder Lehrfreiheit) eines Hochschulwissenschaftlers anführen. Bei einem grundrechtlichen innerhochschulischen Konfliktfall wird auch der Vorzug gegenüber der Auffassung der „grundrechtstypischen Gefährdungslage“ deutlich, die zu einer uneingeschränkten Abwägung der korporativ- und der individuell-wahrgenommenen Wissenschaftsfreiheit kommt, da sie die Verleihung des korporativen Grundrechtschutzes nicht vom Schutz des Individualgrundrechtsträgers abhängig macht.406 Dieses Ergebnis wird allerdings auch von dieser Auffassung als unbefriedigend empfunden.407 Aus diesem Grunde versuchen die Vertreter dieser Ansicht, eine Ausnahme zu Gunsten der Individualgrundrechtsträger zu konstruieren. Es existiert indes keine überzeugende Begründung, warum in einem hochschulinternen Kollisionsfall der Grundrechte die praktische Konkordanz nicht unbesehen zur Anwendung gebracht werden sollte. Vorzugswürdiger erscheint es, den Individualgrundrechtsschutz von vornherein bei der Reichweite der Grundrechtsfähigkeit der juristischen Personen des öffentlichen Rechts zu berücksichtigen. b) Ergebnis Demzufolge würde der Eingriff, inhaltliche Änderungen vorzunehmen, eine Grundrechtsverletzung der Forschungsfreiheit der Hochschulwissenschaftler begründen, da die Bewertungsfreiheit – unabhängig von der institutionellen Einbindung – absolut geschützt wird.408 Eine verfassungsrechtliche Rechtfertigung aus der Grundrechtsposition der Universität ist nicht zulässig. 2. Veröffentlichungszwang und Zustimmungsvorbehalte vor Veröffentlichungen Des Weiteren ist zu untersuchen, ob eine Veröffentlichung gegen den Willen des Hochschulforschers erfolgen darf. Die grundsätzliche Verpflichtung zur Publikation folgt indes bereits aus Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG selbst. Ein Veröffentlichungszwang stellt sich somit sowohl als forschungsimmanente als auch als dienstrechtliche Verpflichtung dar. Ausnahmen einer Veröffentlichungspflicht sind insofern nur zulässig, wenn die Weigerung des Hochschulforschers Ausfluss seiner Bewertungsfreiheit ist.409 Eine weitere Ausnahme ist dann anzunehmen, wenn der Forscher auf Grund 406
Vgl. Tomerius, Die Hochschulautonomie und ihre Einschränkungen beim Zusammenwirken von Land und Hochschule, S. 89 f.; Lux, Rechtsfragen der Kooperation zwischen Hochschulen und Wirtschaft, S. 49; beide schlagen die Konstruktion einer Ausnahme vor. 407 So z. B. Lux, Rechtsfragen der Kooperation zwischen Hochschulen und Wirtschaft, S. 48 ff.; Fehling, in: Dolzer/Kahl/Waldhoff u. a. (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 124 ff. m.w.N. 408 So auch die zutreffende Einschätzung von Denninger, in: Wassermann u. a. (Hrsg.), Alternativkommentar zum Grundgesetz, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 25. 409 Vgl. Lux, Rechtsfragen der Kooperation zwischen Hochschulen und Wirtschaft, S. 103.
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4. Kap.: Wissenschaftsfreiheit und die Wirtschaftsbetätigung im Fokus
von weiteren grundrechtlich geschützten Interessen (wie z. B. die Gewissensfreiheit aus Art. 4 Abs. 1 GG) auf eine Veröffentlichung verzichtet. Falls allerdings kein Fall der genannten Ausnahmen vorliegt, kann die Universität den Abschluss einer Veröffentlichung für ein Hochschulinstitut (o. ä.) im Rahmen einer Auftragsforschung erzwingen. Eine Grundrechtsverletzung wäre zu verneinen. Eine erforderliche Zustimmung der zuständigen Organe des Instituts vor einer Veröffentlichung müsste verfassungskonform dahingehend auslegt werden, dass sie nur in Ausnahmefällen verweigert werden dürfte, z. B. wenn sie mit der Institutsarbeit unvereinbar wäre. Das Verständnis des Zustimmungsvorbehalts als inhaltliche Qualitätskontrolle würde hingegen gegen die Forschungsfreiheit verstoßen. In der Regel wird es aber einen entsprechenden Zustimmungsvorbehalt zumindest bei einem Hochschulprofessor nicht geben.410 3. Vertragliche Vereinbarung von temporären Geheimhaltungsklauseln zum Schutz privater Auftraggeber Des Weiteren muss untersucht werden, ob im Rahmen von universitären Wirtschaftstätigkeiten (wie z. B. Auftragsforschung eines „An-Instituts“) vertraglich vereinbarte zeitlich-befristete Geheimhaltungsklauseln, die sich ohne Zustimmung des ausführenden Hochschulforschers für diesen als Veröffentlichungsverbot darstellen, verfassungsrechtlich zulässig sind. a) Art. 12 Abs. 1 GG bzw. Art. 14 Abs. 1 GG als kollidierende Grundrechte Dritter Als widerstreitendes Verfassungsgut kommen hier kollidierende Grundrechte Dritter in Betracht, namentlich die Berufs- und Eigentumsfreiheit eines privaten Auftraggebers. Bei der Abwägung lassen sich folgende Leitlinien festhalten:411 Wenn ohne eine vorübergehende Geheimhaltungsklausel das von Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Verwertungsinteresse des Privaten verletzt würde, so wäre eine solche zeitlich-befristete Geheimhaltungsklausel grundsätzlich verfassungsgemäß. Um das Publikationsinteresse des Hochschulforschers jedoch hinreichend zu berücksichtigen, müsste eine solche Klausel dahingehend ausgelegt werden, dass sofort im Anschluss an die schutzrechtliche Sicherung der Forschungsarbeit eine Veröffentlichung erfolgen dürfte und zwar ohne vorherige Zustimmung des privaten Auf-
410 Thieme, Hochschulrecht, S. 348: „Für sie kann […] mit ihrer Berufung unterstellt werden, dass sie auch unter Bezugnahme auf das Institut veröffentlichen und selbstverantwortlich über die Publikationen innerhalb eines Institutsprogramms entscheiden dürfen.“ 411 In der Praxis wird es freilich oftmals auf die genauen vertraglichen Einzelheiten ankommen. Hier können jedoch nur Leitlinien aufgezeigt werden.
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traggebers.412 Dem grundrechtlich-geschützten Interesse des privaten Auftraggebers wird Genüge getan, wenn der Hochschulforscher beispielsweise sensible Geschäftsdaten löscht oder vom Einzelfall abstrahiert.413 Auf diese Weise können die grundrechtlich geschützten Interessen des Privaten gewahrt werden. Entsprechendes gilt für die Vereinbarung eines Zustimmungsvorbehalts vor einer Veröffentlichung zu Gunsten eines privaten Kooperationspartners. Eine solche Klausel muss verfassungskonform dahingehend ausgelegt werden, dass die Zustimmung nur versagt werden darf, insoweit grundrechtlich geschützte Interessen des privaten Auftraggebers betroffen sind. Auch inhaltliche Anmerkungen dürfen sich nur auf die Wahrung dieser Interessen beziehen.414 Andernfalls würde die Klausel die Bewertungsfreiheit des Hochschulforschers und somit den absolut geschützten Kernbereich der Forschungsfreiheit verletzen. b) Ergebnis Vorübergehende Geheimhaltungsverpflichtungen oder Zustimmungsvorbehalte vor Veröffentlichungen können verfassungskonform dahingehend ausgelegt werden, dass eine Veröffentlichung automatisch dann erfolgen darf, sobald die grundrechtlich geschützten Interessen eines privaten Auftraggebers schutzrechtlich oder auf sonstige Weise gesichert sind. Der Hochschulforscher muss lediglich darauf achten, eine Abstraktion vom Einzelfall vorzunehmen und sensible Geschäftsdaten zu löschen (oder auf sonstige Weise die grundrechtlich geschützten Interessen Privater schützen). 4. Erzeugen eines faktischen Drucks mit dem Ziel der Gewährleistung der Finanzierung von universitären Wirtschaftstätigkeiten Des Weiteren ist zu untersuchen, ob das Erzeugen eines faktischen Drucks, beispielsweise in Gestalt einer „An-Instituts“-Leitung, auf einen einzelnen Hochschulwissenschaftler gerechtfertigt werden könnte.415 Ein Ziel der Leitung (neben weiteren) wird regelmäßig auch die Sicherung der Finanzierung des Instituts durch die Erwirtschaftung von finanziellen Mitteln sein.416
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Lux, Rechtsfragen der Kooperation zwischen Hochschulen und Wirtschaft, S. 24; S. 58. So auch die Meinung von Lux, Rechtsfragen der Kooperation zwischen Hochschulen und Wirtschaft, S. 24; S. 58. 414 So auch die Auffassung von Püttner/Mittag, Rechtliche Hemmnisse der Kooperation zwischen Hochschulen und Wirtschaft, S. 30. 415 Dieser Fall wird jedoch nur selten vorkommen. 416 Die Einnahmegenerierung kann indes, wie unter E. VI. 1. b) in diesem Kapitel ausgeführt wird, nicht über den (unzulässigen) Umweg der Funktionsfähigkeit der Hochschule als Verfassungsgut qualifiziert werden. 413
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a) Das Prinzip der Wirtschaftlichkeit als widerstreitendes Verfassungsgut Fraglich ist, ob das Prinzip der Wirtschaftlichkeit als widerstreitendes Verfassungsgut angeführt werden könnte. Unter dem Wirtschaftlichkeitsgrundsatz versteht man in den Wirtschaftswissenschaften ein Optimierungsgebot zwischen dem verfolgten Ziel (Nutzen) und den zur Verfügung stehenden Ressourcen (Kosten).417 Je nach Schwerpunktsetzung zielt das ökonomische Prinzip entweder „auf die Erreichung eines feststehenden Zwecks mit möglichst geringem Kostenaufwand (Effizienz) oder umgekehrt auf die bestmögliche Zweckerreichung mit gleichbleibendem Kostenaufwand (Effektivität) ab“418. Nach herrschender Meinung handelt es sich bei dem Wirtschaftlichkeitsprinzip ebenfalls um ein Rechtsprinzip, zumal es sowohl in der Verfassung (Art. 114 Abs. 2 GG) als auch auf einfachgesetzlicher Ebene (§ 7 BHO bzw. LHO, § 6 HGrG etc.) – insbesondere auch in den Landeshochschulgesetzen (z. B. § 14 Abs. 4 S. 1 HG NRW) – normiert ist.419 Jedoch ist umstritten, ob es für alle Handlungssubjekte (wie z. B. den parlamentarischen Gesetzgeber) rechtliche Bindungswirkung entfaltet.420 Fraglich ist demnach, wer Adressat der Bindungswirkung ist und wie weit diese Bindung reicht. Ohne auf diese Streitfrage vertieft eingehen zu können,421 reicht es hier aus, zwei weitgehend unumstrittene Aussagen festzuhalten. Zum einen normiert der in Art. 114 Abs. 2 GG explizit erwähnte Wirtschaftlichkeitsgrundsatz einen Kontrollmaßstab und zwar nicht nur für den Bundesrechnungshof, sondern für die gesamte Verwaltung. Zum anderen lässt sich aus Art. 114 Abs. 2 GG ebenfalls ein Handlungsmaßstab für die Verwaltung ableiten (weitere Adressaten sind umstritten)422. Da Universitäten in die mittelbare Staatsverwaltung eingebunden sind, sind sie demnach an das Wirtschaftlichkeitsprinzip gebunden.423 Indes kann man nicht von einer rechtlichen Bindungswirkung auf einen möglichen Rechtfertigungsgrund für einen Grundrechtseingriff schließen. Gegen eine solche Annahme sprechen vor allem zwei gewichtige Argumente: Als erstes spricht gegen eine Heranziehung des Wirtschaftlichkeitsprinzips als widerstreiten417
Im Ergebnis handelt es sich um eine Zweck-Mittel-Relation; vgl. Schmidt-Jortzig, in: Butzer (Hrsg.), Wirtschaftlichkeit durch Organisations- und Verfahrensrecht, S. 17 (19 ff.); zuletzt Pünder, DV 45 (2012), 1 ff. 418 Burgi, in: Butzer (Hrsg.), Wirtschaftlichkeit durch Organisations- und Verfahrensrecht, S. 53 (54). 419 Vgl. Schmidt-Jortzig, in: Butzer (Hrsg.), Wirtschaftlichkeit durch Organisations- und Verfahrensrecht, S. 17 (19 ff.). 420 Bejahend statt vieler v. Arnim, Wirtschaftlichkeit als Rechtsprinzip, S. 60 ff.; verneinend Schmidt-Jortzig, in: Butzer (Hrsg.), Wirtschaftlichkeit durch Organisations- und Verfahrensrecht, S. 17 (19 ff.) m.w.N. 421 Das wäre hier nicht zielführend; vgl. ausführlich v. Arnim, Wirtschaftlichkeit als Rechtsprinzip, S. 18 ff. 422 Umstritten ist vor allem, ob das Wirtschaftlichkeitsprinzip auch rechtliche Bindung für den parlamentarischen Gesetzgeber entfaltet; vgl. dazu v. Arnim, Wirtschaftlichkeit als Rechtsprinzip, S. 67 ff. 423 Dies resultiert bereits aus verfassungsrechtlichen und nicht erst aus einfachgesetzlichen Erwägungen.
E. Konfliktfälle im Binnengefüge der Universität
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des Verfassungsgut, dass dieses Prinzip eine dienende Funktion hat.424 Das bedeutet für den Hochschulbereich, dass das Wirtschaftlichkeitsprinzip nicht als Rechtfertigungsgrund für einen Eingriff in die Kernaufgaben (die Gewährleistung von Forschung und Lehre) der Universitäten in Frage kommt. Als zweites kann man einer Berufung auf das Wirtschaftlichkeitsprinzip als Rechtfertigungsgrund entgegenhalten, dass dieses Prinzip in der Regel nur für die Ausgabenseite eine rechtliche Bindungswirkung entfaltet und nicht für die hier in Frage stehende Einnahmeseite.425 b) Ergebnis Ein Grundrechtseingriff kann demnach nicht durch das Prinzip der Wirtschaftlichkeit gerechtfertigt werden. Da weitere Rechtfertigungsmöglichkeiten nicht in Frage kommen, wäre eine (mittelbar-faktische) Beeinträchtigung der Wissenschaftsfreiheit auf Grund von ökonomischen Gesichtspunkten verfassungswidrig.
VI. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung der Eingriffe, die im Zusammenhang mit wirtschaftlichen Tätigkeiten stehen, die einen mittelbaren Bezug zu Forschung und Lehre aufweisen 1. Das temporäre Offenbarungsverbot gem. § 24 Abs. 2 i.V.m. § 42 Nr. 1 S. 1 ArbnErfG Fraglich ist, ob das aus § 24 Abs. 2 i.V.m. § 42 Nr. 1 S. 1 ArbnErfG resultierende vorübergehende Offenbarungsverbot verfassungsrechtlich gerechtfertigt werden kann. Dies wäre nur dann der Fall, wenn der Grundrechtseingriff zur Wahrung anderer Verfassungsgüter in verhältnismäßiger Weise erfolgen würde. Als widerstreitende Güter von Verfassungsrang kommen die aus Art. 33 Abs. 5 GG resultierenden Pflichten und die Funktionsfähigkeit der Hochschule in Betracht.426
424
Darauf mach Hampe, Hochschulsponsoring und Wissenschaftsfreiheit, S. 183, unter Verweis auf BVerfGE 83, 238 (313) und BVerwGE 82, 29 (34), aufmerksam. 425 So Burgi, in: Butzer (Hrsg.), Wirtschaftlichkeit durch Organisations- und Verfahrensrecht, S. 53 (55); Hampe, Hochschulsponsoring und Wissenschaftsfreiheit, S. 183. 426 Andere Verfassungsgüter, die teilweise in diesem Zusammenhang genannt werden, kommen von vornherein nicht in Betracht. Auf Art. 14 Abs. 1 GG kann sich die Hochschule als juristische Person des öffentlichen Rechts nicht berufen. Der Technologietransfer ist kein Rechtsgut, das Verfassungsrang hat, und die Kompetenznorm des Art. 73 Nr. 9 GG bildet keine verfassungsimmanente Schranke; darauf verweist zutreffend Hübner, WissR 38 (2005), 35 (43 ff.).
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4. Kap.: Wissenschaftsfreiheit und die Wirtschaftsbetätigung im Fokus
a) Art. 33 Abs. 5 GG als widerstreitendes Verfassungsgut Aus der Dienst- und Treuepflicht des üblichen Beamten folgt das Verbot, „die Interessen des Dienstherrn zu schädigen“427. Auf diesen Fall übertragen könnte das zu schützende Interesse der Universität darin bestehen, die Möglichkeit zu erhalten, die Diensterfindungen schutzrechtlich zu sichern, z. B. durch eine Patentanmeldung. Bei einer einheitlichen Auslegung für alle Beamten würde sich die Befolgung des Offenbarungsverbots als Erfüllung der beamtenrechtlichen Pflichten darstellen. Eine solche Auslegung stößt allerdings auf Bedenken. Denn hier ist der Kernbereich der Forschungsfreiheit, namentlich die Feststellung der Publikationsreife als Ausfluss der Bewertungsfreiheit, betroffen und nicht etwa nur das Verwaltungsverhältnis des Hochschulwissenschaftlers zur Universität. Anders als im typischen Dienstverhältnis außerhalb der Hochschule, in dem der Beamte weisungsabhängig immer das umsetzen muss, was der Dienstherr für zweckmäßig erachtet, erscheint im Bereich der Wissenschaft eine andere Bewertung erforderlich zu sein.428 Dies folgt bereits aus einer Analyse des Art. 142 WRV, der „als historische Grundlage des beamtenrechtlichen Grundsatzes gerade die Freiheit der Publikation sichern und nicht verhindern sollte“429. Während sich die übrigen Beamten außerhalb der Hochschule früher auf Grund des (damals noch geltenden) besonderen Gewaltverhältnisses nicht einmal auf die Meinungsfreiheit berufen durften, war demgegenüber eine wissenschaftliche Meinungskundgabe der verbeamteten Hochschulwissenschaftler – sogar in schriftlicher Form – ausdrücklich gewünscht.430 Das deutet bereits an, dass die aus Art. 33 Abs. 5 GG resultierenden Pflichten nicht auf alle Beamtengruppen einheitlich angewandt werden dürfen. Soweit demnach der Kernbereich von Forschung oder Lehre betroffen ist, darf nicht unbesehen auf Art. 33 Abs. 5 GG zurückgegriffen werden.431 Dass ein Rückgriff auf beamtenrechtliche Grundsätze zur Rechtfertigung des Grundrechtseingriffs nicht weiterführt, ergibt sich zudem aus einem Vergleich der verbeamteten Hochschulprofessoren mit den wissenschaftlichen Beschäftigten im Angestelltenverhältnis. Das Offenbarungsverbot aus § 42 Nr. 1 S. 1 ArbnErfG betrifft alle, die wissenschaftlich tätig werden, also nicht nur Hochschulprofessoren, sondern z. B. auch wissenschaftliche Mitarbeiter. Für die wissenschaftlichen Be-
427
Lux, Rechtsfragen der Kooperation zwischen Hochschule und Wirtschaft, S. 156. Vgl. dahingehend auch Hübner, WissR 38 (2005), 35 (48 ff.); Reetz, WissR 41 (2008), 206 (226 ff.). 429 Reetz, WissR 41 (2008), 206 (228). 430 So Reetz, WissR 41 (2008), 206 (228). 431 So Hübner, WissR 38 (2005), 35 (48 ff.); Reetz, WissR 41 (2008), 206 (226 ff.); SchübelPfister, in: Gärditz/Pahlow (Hrsg.), Hochschulerfindungsrecht, S. 11 (24 f.); a.M. Beyerlein, Mitteilung deutscher Patentanwälte 2010, S. 74 ff.; Lux, Rechtsfragen der Kooperation zwischen Hochschule und Wirtschaft, S. 56. 428
E. Konfliktfälle im Binnengefüge der Universität
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schäftigten im Angestelltenverhältnis gilt Art. 33 Abs. 5 GG nicht.432 Diese wissenschaftlichen Beschäftigten unterliegen lediglich einer vertraglich begründeten Loyalitätspflicht gegenüber ihrem Arbeitgeber.433 Diese Loyalitätspflicht hat keinen Verfassungsrang.434 Als Rechtfertigungsgrund käme sie nicht in Betracht. Wenn man nun Art. 33 Abs. 5 GG unterschiedslos auf alle Beamten anwenden würde, so käme man zu dem befremdlichen Ergebnis, dass der Eingriff gegenüber den Hochschulprofessoren gegebenenfalls gerechtfertigt werden könnte, nicht aber gegenüber den wissenschaftlichen Angestellten, da bereits kein widerstreitendes Verfassungsgut vorläge (vorausgesetzt auch die Funktionsfähigkeit der Hochschule könnte hier nicht als Rechtfertigungsgrund herangezogen werden). Dieses Ergebnis würde wiederum eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung begründen. Auch aus diesem Grund ist ein Rückgriff auf Art. 33 Abs. 5 GG ausgeschlossen. b) Funktionsfähigkeit der Hochschule als widerstreitendes Verfassungsgut Des Weiteren könnte die Funktionsfähigkeit des Wissenschaftsbetriebs als widerstreitendes Verfassungsgut in Frage kommen. Gemeinhin versteht man unter der Sicherung der Funktionsfähigkeit der Hochschule, „die Gewährleistung der freien wissenschaftlichen Entfaltung aller Hochschulwissenschaftler in dem Wissenschaftsbetrieb Hochschule, welche organisatorische Sicherheitsvorkehrungen erforderlich macht, die notwendigerweise mit Einschränkungen der Wissenschaftsfreiheit des einzelnen Hochschullehrers einhergehen“435. Zur Sicherung der Funktionsfähigkeit der Hochschulen sind selbstverständlich finanzielle Mittel unerlässlich. Zu hinterfragen ist jedoch, ob die Erschließung von zusätzlichen Einnahmequellen ebenfalls als unerlässlich zu bewerten ist und als Argument für die Sicherstellung der Funktionsfähigkeit der Hochschulen herangezogen werden darf. Die Zweifel verdichten sich, wenn man bedenkt, dass die Universitäten in der Regel nicht existenziell auf diese Mehreinnahmen angewiesen sind, zumal die Länder für die Grundmittel aufkommen müssen.436 Mithin ist bereits fraglich, ob es sich hier
432 Vgl. Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I, § 11 III 4 g); Maunz, in: ders./Dürig (Hrsg.), GG-Kommentar, Art. 33 Rdnr. 46 ff.; Battis, in: Sachs (Hrsg.), GGKommentar, Art. 33 Rdnr. 69. 433 Lux, Rechtsfragen der Kooperation zwischen Hochschule und Wirtschaft, S. 156. 434 Vgl. BVerwGE 81, 212 (216 f.). 435 BVerfGE 35, 79 (124 f.); 56, 192 (213 f.); 95, 193 (212); 111, 333 (353). 436 Die Finanzierung durch den Bund ist auf die Fälle des Art. 91a und Art. 91b GG beschränkt (vgl. auch die Übergangsregelung des Art. 143c GG). Insbesondere die Regelung des Art. 91b GG führt mitunter zu bizarren „Umgehungen“, da sie nur projektbezogene Förderung erlaubt. Am 4. März 2012 wurde indes im Koalitionsausschuss beschlossen, eine (bisher noch nicht umgesetzte) Änderung des Grundgesetzes voranzutreiben, um die Wissenschaftsförderung umzugestalten. So sollen künftig in Art. 91b GG der Begriff „Vorhaben und Einrichtungen der Wissenschaft und Forschung an Hochschulen“ eingefügt werden, so dass Bundesmittel für langfristige und dauerhafte Bund-Länder-Kooperationen eingesetzt werden könnten.
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4. Kap.: Wissenschaftsfreiheit und die Wirtschaftsbetätigung im Fokus
überhaupt um ein Verfassungsgut handelt.437 Denn durch den Umweg über das Argument der Funktionsfähigkeit der Hochschule dürfen nicht erst Rechtsgüter von Verfassungsrang geschaffen werden.438 Genau dieser Gefahr erliegen hier aber die Rechtsprechung und auch Teile der Literatur.439 Es reicht für eine Zugehörigkeit zur Funktionsfähigkeit nicht aus, dass der erwirtschaftete Betrag die Hochschule auf lange Sicht irgendwie fördert. Ansonsten müsste jede Einnahmequelle, die einen noch so marginalen Betrag erwirtschaftet, über den Weg der Funktionsfähigkeit als Verfassungsgut qualifiziert werden. Vielmehr ist es zutreffend, dass die Einnahmequelle einen entscheidenden Anteil des gesamten Hochschuletats ausmachen muss. Erst ein solcher entscheidender Anteil, wie z. B. die Bereitstellung der Grundmittel durch die Länder, sichert die Funktionsfähigkeit der Hochschule und ist demnach als Rechtsgut von Verfassungsrang zu qualifizieren. Wenn man hingegen zusätzliche Einnahmequellen, die darüber hinaus im Verhältnis zur Grundfinanzierung nur einen kleinen Prozentanteil ausmachen, bereits zur Funktionsfähigkeit zählen würde, läge eine unzulässige Ausweitung dieses Begriffs vor. c) Ergebnis Weder die Funktionsfähigkeit der Hochschule noch die Dienst- und Treuepflicht des Beamten kommen demnach als widerstreitende Verfassungsgüter in Betracht.440 Im Ergebnis verletzt das vorübergehende Offenbarungsverbot des § 24 Abs. 2 i.V.m. § 42 Nr. 1 S. 1 ArbnErfG somit die Forschungsfreiheit des Hochschulwissenschaftlers. 2. Zwang zur Durchführung eines Weiterbildungskurses Es gilt zu klären, ob die Anweisung einer Universitätsleitung an einen Hochschullehrer, z. B. einen Kurs in einer universitären Weiterbildungsakademie durchzuführen, verfassungsrechtlich gerechtfertigt werden könnte.441 Zur Beant437 In einem zweiten Schritt werden durch die die wirtschaftliche Verwertung auch universitäre Gemeinwohlzielsetzungen verfolgt, wie z. B. die Verbesserung der Wettbewerbsposition und des Rufs der Universität als exzellente Forschungsstätte sowie der Ausbau der universitären Hochschulautonomie, aber auch diese haben keine Verfassungsrang. 438 Hübner, WissR 38 (2005), 34 (51); Schübel-Pfister, in: Gärditz/Pahlow (Hrsg.), Hochschulerfindungsrecht, S. 11 (25). 439 Bejahend BGH, GRUR 2008, 150 (152), nach dem die Mittelaufbringung der Hochschule aus dem Fundus der an ihre getätigten schutzfähigen Erfindungen die mit Verfassungsrang ausgestattete Funktionsfähigkeit betreffe; trotz bestehender Zweifel bejahend Schübel-Pfister, in: Gärditz/Pahlow (Hrsg.), Hochschulerfindungsrecht, S. 11 (25 f.); ablehnend Hübner, WissR 38 (2005), 34 (50 ff.); Reetz, WissR 41 (2008), 206 (228 ff.). 440 Zustimmend Hübner, WissR 38 (2005), 34 (51 ff.); Reetz, WissR 41 (2008), 206 (220 ff.); a.M. Schübel-Pfister, in: Gärditz/Pahlow (Hrsg.), Hochschulerfindungsrecht, S. 11 (25). 441 Eine solche Anweisung könnte eventuell auf § 4 Abs. 3 S. 2 i.V.m. § 18 Abs. 2 HG NRW oder vergleichbare Vorschriften gestützt werden.
E. Konfliktfälle im Binnengefüge der Universität
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wortung dieser Frage kann auf die Grundsätze zurückgegriffen werden, die die Rechtsprechung (mit Zustimmung in der Literatur) im Falle der Zuweisung von Lehrveranstaltungen seitens monokratischer Leitungsorgane der Universitäten aufgestellt hat. Denn die Aufgabe der Weiterbildung ist regelmäßig von den Dienstpflichten umfasst. Als widerstreitende Verfassungsgüter stehen sich zum einen das beeinträchtigte Grundrecht der Lehrfreiheit des einzelnen Hochschullehrers und zum anderen die Erfüllung der dienstlichen Pflichten sowie die in Art. 12 Abs. 1 GG verankerten Grundrechtspositionen der Studenten gegenüber. Zu letzterem gehört auch das Recht, alle für eine Abschlussprüfung erforderlichen Lehrveranstaltungen im Laufe des Studiums angeboten zu bekommen.442 Ein schonender Ausgleich dieser Verfassungsgüter kann folgendermaßen erreicht werden: Zum einen muss sich eine einseitige Anweisung der Universitäts- oder Fakultätsleitung, die die Übernahme, Koordination oder Verteilung von Lehr- und Weiterbildungsveranstaltungen betrifft, an das konkret-funktionelle Amt in Verbindung mit der jeweilige Ausgestaltung des Dienstverhältnisses halten.443 Insbesondere das übertragene Fach spielt dabei eine begrenzende Rolle. Um die inhaltliche Reichweite des Faches zu bestimmen, kann z. B. auf die Berufungsvereinbarung oder die stellenmäßige Funktionsbezeichnung der Professur zurückgegriffen werden.444 Beziehen sich die Anweisungen auf ein Fach, das nicht von dem konkret-funktionellen Amt und der Ausgestaltung des Dienstverhältnisses umfasst wird, so würde die Grenze der zulässigen Zuweisung überschritten.445 „Eine unbeschränkte Möglichkeit für die Hochschulorgane, dem Hochschullehrer fachfremden Unterricht abzuverlangen, würde nicht nur dessen durch die Lehre des eigenen Fachs bestimmter Lehrfreiheit nicht gerecht, sondern könnte auch zur Sanktionierung missliebiger Lehre im eigenen Fach benutzt werden.“446 Zum anderen darf sich die Anweisung nicht auf Inhalt oder Methode der betroffenen Lehr- und Weiterbildungsveranstaltung beziehen, sondern nur auf die formalen Umstände, wie vor allem die Sicherstellung des Abhaltens der Lehr- und Weiterbildungsveranstaltung (gewissermaßen das „Ob“, nicht aber das „Wie“).447 Dies wird klar in allen Landeshochschulgesetzen einschränkend normiert (wie z. B. in § 4 Abs. 3 S. 2 HG NRW)448. Denn bezüglich des inhaltlichen Kernbereichs der 442
Vgl. BVerfGE 35, 79 (121 f.); 55, 37 (68 f.); 93, 85 (95); Denninger, in: Wassermann u. a. (Hrsg.), Alternativkommentar zum Grundgesetz, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 41. 443 Einfach gesetzlich ausgestaltet wird das konkret-funktionelle Amt durch § 43 HRG bzw. die entsprechenden Regelungen in den Landeshochschulgesetzen; so BVerfGE 126, 1 (20). 444 Thieme, Hochschulrecht, S. 450 f. 445 BVerfGE 93, 85 (98); 126, 1 (24). 446 BVerfGE 126, 1 (24), mit Verweis auf BVerfGE 122, 89 (107). 447 So auch Denninger, in: Wassermann u. a. (Hrsg.), Alternativkommentar zum Grundgesetz, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 34. 448 Die anderen Regelungen der Landeshochschulgesetze lauten ähnlich.
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4. Kap.: Wissenschaftsfreiheit und die Wirtschaftsbetätigung im Fokus
Lehre entfaltet die Wissenschaftsfreiheit einen absoluten Schutz.449 Hält sich die Anweisung an diese Grenzen, so ist sie jedoch nur dann zulässig, soweit sie die „ultima ratio“ bleibt. Denn Vorrang gegenüber der einseitigen Anordnung genießt stets die Selbstkoordination der Hochschullehrer, da sie dieser gegenüber das mildere Mittel darstellt.450 Nur wenn die Selbstkoordination scheitert, weil z. B. keiner der Hochschullehrer zur Übernahme einer bestimmten Lehr- oder Weiterbildungsveranstaltung bereit ist, kommt eine einseitige Anweisung zur Durchführung entsprechender Veranstaltungen durch die Hochschulleitung oder Dekane in Betracht.451 In diesen aufgezeigten Grenzen wäre die Anweisung eines Hochschulorgans an einen Hochschulwissenschaftler, eine Weiterbildungsveranstaltung durchzuführen, verfassungsrechtlich gerechtfertigt.452 3. Verpflichtung zur Durchführung einer universitären Wirtschaftstätigkeit in der Forschung Die Verpflichtung, einer universitären Wirtschaftstätigkeit im Forschungsbereich nachzugehen (wie z. B. Zwang zur Durchführung einer Auftragsforschung), kann hingegen nicht verfassungsrechtlich gerechtfertigt werden. Das wird bereits daraus ersichtlich, dass das Grundrecht der Studenten aus Art. 12 Abs. 1 GG hier nicht als Rechtfertigungsgrund in Betracht kommt. Der Hochschulforscher darf hier stets über das „Ob“ der Wirtschaftsbetätigung selbst entscheiden. Eine Beschränkung hinsichtlich der Eingehung von Kooperationsverträgen mit der Wirtschaft oder sonstigen Partnern resultiert daraus für die Hochschule freilich nicht.453 Um aber sicherzustellen, dass der Vertrag auch erfüllt wird, sollten die Hochschulen die Zu-
449 So auch Bethge, in: Sachs (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 226. 450 BVerfGE 35, 79 (129); 126, 1 (25). 451 Zu beachten ist auch die (noch) geltende Funktionseinheit von Forschung und Lehre. Demnach soll das Lehrdeputat eines Hochschulwissenschaftlers nur so viele Stunden umfassen, dass auch noch die Möglichkeit des Forschens gewährleistet wird, da sich Forschung und Lehre gegenseitig befruchten; vgl. Denninger, in: Wassermann u. a. (Hrsg.), Alternativkommentar zum Grundgesetz, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 39; die Einheit von Forschung und Lehre wird jedoch zunehmend durch „Lehrprofessuren“ o. ä. Einrichtungen in Frage gestellt. Dies stößt auf Kritik. Ablehnend statt vieler Geis, in: Heinig/Langenfeld/Mann/Möllers (Hrsg.), Aktuelle Probleme des Wissenschaftsrechts, S. 37 ff. (insbes. 42 f.), der die Lehrprofessur zur Bewältigung der Studienlasten als „Holzweg“ bezeichnet. 452 Im Ergebnis zustimmend Püttner/Mittag, Rechtliche Hemmnisse der Kooperation zwischen Hochschulen und Wirtschaft, S. 44; nach diesen ist es nicht möglich, „den Hochschullehrer zur Übernahme von zusätzlichen Weiterbildungsveranstaltungen, etwa als unvergütetes Nebenamt, zu verpflichten, soweit er seine Dienstaufgaben mit Ableistung seines Lehrdeputats“ schon erfüllt habe. 453 Vgl. Kirchhof, ZRP 1976, 238 ff.; Lux, Rechtsfragen der Kooperation zwischen Hochschulen und Wirtschaft, S. 81.
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stimmung des ausführenden Hochschulforschers zu dem entsprechenden Forschungs-Kooperationsvertrag einholen.454 4. Heranziehung wirtschaftlich-orientierter Leistungskriterien im Rahmen der leistungsorientierten Mittelvergabe a) Grundsätze des BVerfG zur evaluationsbasierten Ressourcenverteilung Nach dem BVerfG steht dem Gesetzgeber grundsätzlich eine Einschätzungsprärogative und ein Prognosespielraum hinsichtlich der Erprobung neuer Organisationsformen zu.455 Die Grenze des Organisationsspielraums ist erst überschritten, wenn „durch Normen die freie wissenschaftliche Betätigung und Aufgabenerfüllung strukturell gefährdet“456 wird. Bei der Bewertung der strukturellen Gefährdung müsse das hochschulorganisatorische Gesamtgefüge mit den unterschiedlichen Einfluss- und Kontrollmöglichkeiten berücksichtigt werden.457 Durch die jüngere Verfassungsrechtsprechung zum hamburgischen Hochschulgesetz konkretisierte das BVerfG die Grenze dahingehend, dass die Hochschulwissenschaftler (negativ) durch ihre Vertreter in den Hochschulorganen zumindest effektiv eine Gefährdung der Wissenschaftsfreiheit abwehren und (positiv) ihr fachspezifisches Wissen zur Verwirklichung der Wissenschaftsfreiheit in die Hochschule einbringen können müssten. Der Gesetzgeber sei daher verpflichtet „ein hinreichendes Niveau der Partizipation der Grundrechtsträger [zu] gewährleisten“458. Wann von einem solchen hinreichenden Partizipationsniveau jedoch auszugehen sei, hänge von der Betrachtung des Einzelfalls ab. In seinem Beschluss zum brandenburgischen Landeshochschulgesetz urteilte das BVerfG zutreffend, dass die Kompetenz der Hochschulleitung zur Evaluation von Forschung und Lehre sowie zur Berücksichtigung der Evaluationsergebnisse bei der Ressourcenverteilung im Falle einer verfassungskonformen Auslegung mit dem Grundgesetz vereinbar sei. „Die Absicht des Gesetzgebers, Allokationsentscheidungen möglichst rational und im Interesse einer Effektivierung der Ressourcenverwendung auch leistungsorientiert zu steuern, ist bei wissenschaftsadäquater Bewertung der in der Forschung erbrachten und zu erwartenden Leistungen verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.“459 Allerdings müssten drei Kriterien erfüllt sein, die laut dem BVerfG wie folgt lauten:
454 Zustimmend Püttner/Mittag, Rechtliche Hemmnisse der Kooperation zwischen Hochschulen und Wirtschaft, S. 25; Lux, Rechtsfragen der Kooperation zwischen Hochschulen und Wirtschaft, S. 81. 455 BVerfGE 111, 333 (356); 127, 87 (117). 456 BVerfGE 111, 333 (355); 127, 87 (118). 457 BVerfGE 111, 333 (355), 127, 87 (118). 458 BVerfGE 127, 87 (127). 459 BVerfGE 111, 333 (359).
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4. Kap.: Wissenschaftsfreiheit und die Wirtschaftsbetätigung im Fokus
1. Vertreter der Wissenschaft müssen im Verfahren der Festlegung der Kriterien beteiligt werden, um die Gefahr einer von „Nützlichkeits- und politischen Zweckmäßigkeitsvorstellungen geprägten Gesellschaft“460 zu bannen. 2. Disziplinabhängige Unterschiede sind bei der Auswahl der Kriterien zu berücksichtigen.461 3. Wenn die Einwerbung von Drittmitteln als Kriterien einbezogen werden, dann müssen solche Drittmittel außen vor bleiben, „deren Entgegennahme Anreize für eine auftrags- und ergebnisorientierte Forschung“462 setzen. b) Transfer der Grundsätze des BVerfG auf den vorliegenden Fall Diese Grundsätze wären mit Kriterien wie z. B. „Höhe der erwirtschafteten Einnahmen“ oder „Anzahl der Diensterfindungen“ unvereinbar.463 Diese Unvereinbarkeit deutet sich vor allem bei einem Transfer des letzten Grundsatzes auf die vorliegenden Kriterien an. Es soll gerade ein Anreizsetzen verhindert werden, das die Hochschulforscher dazu drängt, ihre Forschungsarbeiten verstärkt nach ökonomischen Gesichtspunkten auszurichten. Eine rein anwendungs- und ergebnisorientierte Forschung stünde nicht nur im Widerspruch zur traditionellen universitären Forschung, sondern könnte letztlich zu einer geistigen Verarmung der Forschungslandschaft führen.464 Denn wirtschaftlicher Erfolg ist auf ein Ergebnis angewiesen, während die Forschung ein durch Ergebnisoffenheit geprägter Prozess ist. Gerade der offene Prozess und die Freiheit, nicht zu einem verwertbaren Forschungsergebnis als Endpunkt gelangen zu müssen, erlaubt dem Hochschulforscher weiterführende Experimente und Gedankenspielereien, die oftmals zufällig zu Innovationen führen. Mithin wäre der Forscher im Fall des Setzens von ökonomischen Anreizen in seiner grundrechtlichen Freiheit so erheblich eingeschränkt, dass keine verfassungskonforme Auslegung der Kriterien mehr möglich erschiene. Diese Einschätzung wird zudem dadurch gestützt, dass eine Vereinbarung der Einbeziehung der „Höhe der erwirtschafteten Einnahmen“ oder der „Anzahl der Diensterfindungen“ in die Berechnungsgrundlage für die Ressourcenvergabe auch mit dem zweiten Grundsatz nicht in Einklang gebracht werden kann. Denn insbesondere die Humanmedizin
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BVerfGE 111, 333 (358). BVerfGE 111, 333 (359): „Außerdem sind disziplinübergreifende Unterschiede in Rechnung zu stellen, etwa hinsichtlich einer abstrakt-theoretischen Grundlagenforschung mit (ungewissem) langfristigem Ertrag gegenüber einer kurzfristig ausgerichteten anwendungsund nachfrageorientierten wissenschaftlichen Tätigkeit. Eine Evaluation allein oder ganz wesentlich anhand eines einzigen Kriteriums, etwa eingeworbener Drittmittel, würde dem nicht gerecht.“ 462 BVerfGE 111, 333 (359). 463 Zur Problematik der Heranziehung von quantifizierbaren Kriterien Gärditz, WissR 42 (2009), 353 (381 ff.), der im Einzelnen die Rationalitätsdefizite darlegt. 464 Zustimmen Hübner, WissR 38 (2005), 34 (52). 461
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befände sich gegenüber anderen Fachbereichen klar im Vorteil, da diese die meisten Einnahmen erwirtschaftet.465 c) Ergebnis Im Ergebnis läge in diesem Fall eine strukturelle Gefährdung für die Wissenschaftsfreiheit vor. Letztlich könnte die Einbeziehung der Höhe der Einnahmen oder der Anzahl der Diensterfindungen als ein Kriterium der Ressourcenverteilung (neben weiteren Kriterien)466 nicht verfassungsrechtlich gerechtfertigt werden.
VII. Gesamtergebnis – konkrete Grenzen für die wirtschaftliche Betätigung der Universitäten im Binnengefüge Aus der Wissenschaft-, Forschungs- und Lehrfreiheit der Hochschulwissenschaftler resultieren somit im Binnenverhältnis konkrete Grenzen für die wirtschaftliche Betätigung der Universitäten. Vor allem gilt es zu beachten, dass sich Universitäten nicht zu Lasten eines einzelnen Hochschulwissenschaftlers auf Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG berufen dürfen. Im Umfeld der wirtschaftlichen Betätigung der Kategorie 1, in der die Hochschulwissenschaftler teilweise als „Dienstleister“ von wirtschaftlich tätig werdenden Hochschuleinheiten fungieren, lassen sich folgende Grenzen festhalten: Die Vereinbarungen von Zustimmungsvorbehalten vor Veröffentlichungen sind verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass sich Weisungen nur auf Formales beziehen dürfen. Anweisungen, inhaltliche Änderungen durchzuführen, sind nicht zulässig, vorausgesetzt der Hochschulwissenschaftler arbeitet selbstständig. Davon ist in der Regel bei Hochschulprofessoren auszugehen. Bei wissenschaftlichen Mitarbeitern ist hingegen eine Betrachtung des Einzelfalls geboten. Resultate von Auftragsforschungsarbeiten, die regelmäßig in Verschriftlichungen bestehen, können die Leitungen der jeweils wirtschaftlichen Hochschuleinheit indes erzwingen, soweit nicht die negative Publikationsfreiheit betroffen ist. Eine solche wird allerdings nur in sehr engen Grenzen gewährleistet. Bei privaten Auftraggebern (z. B. im Falle einer Auftragsforschung) sind vertraglich vereinbarte vorübergehende Geheimhaltungsklauseln nur zulässig, soweit es sich bei diesen gleichzeitig um die Wahrnehmung grundrechtlich geschützter Interessen (Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG) der privaten Auftraggeber handelt. Die damit einhergehende Beschränkung der Wissenschaftsfreiheit des Hochschul465 Das geht aus Ergebnissen des Statistisches Bundesamt, Bildung und Kultur, Bericht 2009, S. 28, hervor. Im Jahr 2009 erwirtschaftete die Humanmedizin 9 569 587 E. 466 Ein alleiniges Kriterium der Ressourcenvergabe würde bereits gegen den Grundsatz verstoßen, disziplinabhängige Unterschiede zu berücksichtigen; so im Ergebnis auch BVerfGE 111, 333 (359).
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4. Kap.: Wissenschaftsfreiheit und die Wirtschaftsbetätigung im Fokus
forschers ist jedoch möglichst gering zu halten. Demgemäß ist eine zeitlich-befristete Geheimhaltungsklausel dahingehend verfassungskonform auszulegen, dass die Verpflichtung zur Geheimhaltung automatisch – d. h. ohne eine Zustimmung des privaten Auftraggebers einholen zu müssen – erlischt, sobald die Resultate der Auftragsforschung schutzrechtlich oder auf sonstige Weise gesichert sind. Zum Schutz des privaten Auftraggebers ist eine Abstraktion vom Einzelfall erforderlich, die z. B. sensible Geschäftsdaten eliminiert. Auch die Vereinbarung eines Zustimmungsvorbehalts vor einer Veröffentlichung muss verfassungskonform dahingehend ausgelegt werden, dass eine Zustimmung nur verweigert werden darf, wenn ansonsten grundrechtlich geschützte Interessen des privaten Auftraggebers unwiderruflich verletzt würden. Auch hier kann eine solche Gefahr regelmäßig durch eine Abstraktion vom Einzelfall vorgebeugt werden. Bei den Tätigkeiten der „nicht-wirtschaftlich gebundenen“ Hochschulwissenschaftler, die im Vorfeld der Wirtschaftstätigkeiten der Kategorie 2 durchgeführt werden, lassen sich folgende Grenzen festhalten: Die Anzeigepflicht in Verbindung mit dem vorübergehenden Offenbarungsverbot des § 24 Abs. 2i.V.m. § 42 Nr. 1 S. 1 ArbnErfG verletzt die Forschungsfreiheit der Hochschulwissenschaftler, da weder die Funktionsfähigkeit der Hochschule noch die hergebrachten Grundsätze des Beamtentums als verfassungsrechtliche Rechtfertigungsgründe herangezogen werden dürfen. Das Interesse der Universitäten an schutzrechtlichen Sicherungen der Diensterfindungen stellt kein Verfassungsgut dar. Ergo kann der Hochschulforscher (bei Vorliegen eines wichtigen Grundes) seine Diensterfindung frühzeitig offenbaren, ohne dass an sein Verhalten Sanktionen seitens der Hochschule geknüpft werden dürfen.467 Eine Pflicht zur Durchführung von (entgeltlichen) Weiterbildungskursen (oder vergleichbaren Lehrtätigkeiten, die zur wirtschaftlichen Betätigung zählen) kommt nur im Rahmen des jeweiligen konkret-funktionellen Amtes in Betracht. Hat ein Hochschullehrer sein Aufgaben-Soll erfüllt, so muss die Hochschulen mit diesem einen (zusätzlichen) Vertrag abschließen und diese Lehrtätigkeit (die regelmäßig in Nebentätigkeit durchgeführt wird)468 vergüten. Letztere Lehrtätigkeiten können nur auf freiwilliger Basis erfolgen. Im Bereich der Forschung sind strengere Maßstäbe anzulegen als in dem der Lehre. Die Universitätsleitungen können Hochschulwissenschaftler nicht zur Durchführung von Auftragsforschungen oder Gutachtentätigkeiten o. ä. verpflichten. Der einzelne Hochschulforscher muss einer entspre467 Da eine solche Offenbarung neuheitsschädlich wäre und somit keine Anmeldung zum Patent mehr erfolgen könnte (vgl. § 3 PatG), ist davon auszugehen, dass es faktisch äußerst selten zu einer solchen frühzeitigen Offenbarung kommen wird. Denn von einer wirtschaftlichen Verwertung seiner Diensterfindung profitiert auch der Hochschulforscher, der gem. § 42 Nr. 3 ArbnErfG stets mit 30 % an den durch die Verwertung erzielten Einnahmen beteiligt werden muss. 468 Eine zusätzliche Vergütung ist regelmäßig nur in Nebentätigkeit möglich; vgl. Püttner/ Mittag, Rechtliche Hemmnisse der Kooperation zwischen Hochschulen und Wirtschaft, S. 42.
F. Zwischenfazit
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chenden Tätigkeit stets zustimmen. Des Weiteren dürfen Universitäten nicht unter Rückgriff auf das Prinzip der Wirtschaftlichkeit in die Wissenschaftsfreiheit der Hochschulwissenschaftler eingreifen. Die Höhe der Einnahmen oder die Anzahl der Diensterfindungen (oder vergleichbare Kriterien) dürfen nicht als Indikatoren einer leistungsorientierten Ressourcenverteilung herangezogen werden. Andernfalls läge eine strukturelle Gefährdung der Wissenschaftsfreiheit vor. Den Organen der Universitäten, die für die Aufstellung der Indikatoren der Leistungsbemessung zuständig sind (laut BVerfG bedarf es einer Partizipation der Vertreter der Wissenschaftler in den Kollegialorganen der Hochschule)469, ist es demnach verwehrt über die Kriterienauswahl Forschung oder Lehre in eine verstärkt anwendungs- oder sogar gewinnorientierte Richtung zu drängen.
F. Zwischenfazit Als Zwischenfazit kann man festhalten, dass es zur Sicherung der Wissenschaftsfreiheit notwendig ist, einen strengen Prüfungsmaßstab hinsichtlich der universitären Wirtschaftsbetätigung im Binnenverhältnis der Hochschulen anzulegen. Eine Vorbeugung missbräuchlicher Steuerung von Forschung und Lehre in eine verstärkt nach ökonomischem Nutzen orientierte Richtung setzt bereits bei der Grundrechtsträgerschaft der Hochschulen an. Zutreffend ist, dass der Grundrechtsschutz der Hochschulen stets an den des Individualgrundrechtsträgers rückgekoppelt werden muss. Eine Berufung der Hochschulen auf die Wissenschaftsfreiheit zu Lasten der Hochschulwissenschaftler wird somit von vornherein verhindert. Diese Sichtweise legt zugleich das maßgebliche Verhältnis von Institution zu Hochschulforschern und -lehrern zu Tage: In erster Linie wird eine Hochschule für die Verwirklichung der individuellen Wissenschaftsfreiheit errichtet – sie nimmt gegenüber den Hochschulwissenschaftlern gewissermaßen eine dienende Funktion ein. Dass sich Hochschulen bei Wirtschaftstätigkeiten, die einen unmittelbaren Bezug zu Forschung und Lehre aufweisen, auf Art. 5 Abs. S. 3 GG berufen dürfen, wirkt sich demnach potentiell nur im Außenverhältnis (z. B. gegenüber staatlichen Auftraggebern oder gegenüber einer übergeordneten Hochschuleinheit) aus. Qua Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG darf kein Hochschulwissenschaftler gezwungen werden, einer Wirtschaftsbetätigung nachzugehen. Universitäten müssen auf die Freiwilligkeit470 der Hochschullehrer und -forscher setzen. Sie sind gut beraten, die jeweiligen Hochschulwissenschaftler in Vertragsverhandlungen mit den Auftraggebern einzu469
BVerfGE 111, 333 (359): „Für die Sicherung wissenschaftsadäquater Evaluationskriterien ist zur Vermeidung wissenschaftsinadäquater Steuerungspotentiale eine angemessene Beteiligung der Vertreter der Wissenschaft im Verfahren der Festlegung der Kriterien unabdingbar.“ 470 Darauf verweisen bereits Püttner/Mittag, Rechtliche Hemmnisse der Kooperation zwischen Hochschulen und Wirtschaft, S. 25.
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4. Kap.: Wissenschaftsfreiheit und die Wirtschaftsbetätigung im Fokus
beziehen, die z. B. ein Gutachten in Auftrag geben wollen, und ihre Zustimmung zu verschiedenen Vertragsklauseln (wie z. B. temporäre Geheimhaltungsklauseln) zu erwirken. Denn auf diese Weise schützen sie sich selbst vor potentiellen (Grund-) Rechtsverletzungen. Das Setzen von ökonomischen Anreizstrukturen ist ebenfalls nur im Rahmen von Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG möglich. Das bedeutet zwar kein pauschales Verbot derselben, wohl ist aber eine hinreichende Differenzierung vonnöten. Legitim bzw. sogar wünschenswert ist es beispielsweise Hochschullehrern, die wirtschaftliche Weiterbildungskurse unterrichten, eine zusätzliche Vergütung zu gewähren. Auch die Beteiligung von Hochschulforschern an dem Erlös von Patenten ist geboten und notwendig. Demgegenüber sind Anreize für ein wirtschaftliches Tätigwerden mittels Leistungskriterien, die an ökonomisch-verwertbare Forschung oder Lehre anknüpfen, verboten. Abschließend lässt sich festhalten, dass mit der Stärkung der Hochschulautonomie, d. h. mit der Übertragung mehrerer vormals vom Staat wahrgenommener Angelegenheiten auf die Hochschulen im Zuge der Hochschulreformen, auch das Gefährdungspotential für eine freie wissenschaftliche Betätigung durch die jeweilige Hochschule als Teil der mittelbaren Staatsverwaltung gestiegen ist.471 Gerade auch auf Grund dieser Verlagerung ist es umso wichtiger, einen strengen Prüfungsmaßstab im Binnenverhältnis der Hochschulen im Hinblick auf die universitäre Wirtschaftsbetätigung anzulegen. Wenn jedoch die dargelegten Grenzen beachtet werden, scheint es geboten, der universitären Wirtschaftsbetätigung im Außenverhältnis vergleichsweise niedrigere Hürden aufzuerlegen. Durch diese Sichtweise könnte ein angemessener Ausgleich der widerstreitenden Interessen472 erzielt werden. Welche Schranken die Landeshochschulgesetze normieren bzw. inwieweit sie wirtschaftliche Betätigung von Hochschulen legitimieren, ist im nächsten Kapitel zu untersuchen.
471 Fehling, Die Verwaltung 35 (2002), 399 (401); Krausnick, in: Geis (Hrsg.), Hochschulrecht Bayern, S. 66 (78); Burgi/Gräf, DVBl. 2010, 1125 (1127). 472 Siehe dazu das 1. Kap.
5. Kapitel
Hochschulgesetzliche Legitimation und Begrenzung der wirtschaftlichen Betätigung von Hochschulen Im Folgenden soll der Blick wieder auf das Außenverhältnis der wirtschaftlichen Betätigung der Hochschulen gerichtet werden. Mit anderen Worten wird nun nicht mehr zwischen der wirtschaftlich tätig werdenden Institution und den Hochschulwissenschaftlern differenziert. Vielmehr werden diese von nun an als Einheit betrachtet. Das Ziel dieses Kapitels besteht darin, die hochschulgesetzliche Zulässigkeit der wirtschaftlichen Betätigung von Hochschulen herauszuarbeiten; und zwar sowohl abstrakt als auch in Bezug auf die in dieser Arbeit vorgenommene Kategorisierung der wirtschaftlichen Betätigung der Hochschulen. Das bedeutet, dass in einem ersten Schritt der Zulässigkeitsrahmen der wirtschaftlichen Betätigung konkretisiert und auf seine Erweiterung respektive Begrenzung durch die einfachgesetzliche Ausgestaltung in den Landeshochschulgesetzen hin untersucht werden soll. Im Anschluss an die einzelnen Untersuchungsabschnitte schließt sich jeweils die Prüfung an, inwiefern die universitären Wirtschaftstätigkeiten bzw. die entwickelten Kategorien der wirtschaftlichen Betätigung der Hochschulen unter die Zulässigkeitsvoraussetzungen subsumiert werden können. Dabei ist vor allem von Interesse, ob und gegebenenfalls inwieweit die wirtschaftlichen Betätigung von Hochschulen mit einem mittelbaren Bezug zu Forschung und Lehre (Kategorie 2) bzw. ohne einen unmittelbaren oder mittelbaren Bezug (Kategorie 3) legitimiert werden können. Das Kapitel wird durch eine Untersuchung des hochschulgesetzlich relevanten Begriffs der Wirtschaftsbetätigung eröffnet, um den Anwendungsbereich der landeshochschulgesetzlichen Vorschriften zu sondieren (A.). Dabei gilt es die Fragen zu klären, ob der bisher verwendete (Arbeits-)Begriff identisch ist mit dem hochschulgesetzlichen Begriff der wirtschaftlichen Betätigung und falls nein, inwiefern sich beide Begriffe voneinander unterscheiden. Gleichzeitig wird sich dieser Ausführung bereits entnehmen lassen, auf welche Formen der wirtschaftlichen Betätigung sich die spezifisch wirtschaftlich geprägten Regelungen der Landeshochschulgesetze beziehen. Sodann wird untersucht werden, welche Zulässigkeitsanforderungen die tatbestandlich nicht von diesen landeshochschulgesetzlichen Regelungen erfassten universitären Wirtschaftstätigkeiten erfüllen müssen (B.). Ob dieser Zulässigkeitsrahmen erweitert werden kann und unter welchen Bedingungen, wird daraufhin geklärt werden (C.). Als Letztes soll untersucht werden, inwiefern der
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5. Kap.: Hochschulgesetzliche Legitimation und Begrenzung
Zulässigkeitsrahmen durch die speziellen hochschulgesetzlichen Regelungen zur wirtschaftlichen Betätigung beschränkt wird (D.). Übergreifend gilt es die Frage zu klären, ob man bereits von einem „Hochschulwirtschaftsrecht“1 sprechen kann.
A. Der hochschulgesetzliche Begriff der wirtschaftlichen Betätigung Der hochschulgesetzliche Begriff der wirtschaftlichen Betätigung ist nicht identisch mit dem bisher verwandten (Arbeits-)Begriff. Vielmehr erfasst er nur einen Ausschnitt der wirtschaftlichen Betätigung, namentlich die Gründung, die Übernahme, die wesentliche Erweiterung oder die Beteiligung an Unternehmen.2 Im Vordergrund steht demnach die Begrenzung der wirtschaftlichen Betätigung der Hochschulen, wohingegen deren Zulässigkeit im Übrigen vorausgesetzt wird. Ein Großteil der hochschulischen Wirtschaftstätigkeiten wird von den hochschulgesetzlichen Vorschriften zur wirtschaftlichen Betätigung nicht berücksichtigt, da die meisten Hochschultätigkeiten nicht in Unternehmensform erfolgen.3 Diese tatbestandliche Eingrenzung ist der Tatsache geschuldet, dass bei einer Unternehmensgründung oder -beteiligung das wirtschaftliche Risiko regelmäßig um ein Vielfaches höher ist als bei anderen wirtschaftlichen Tätigkeiten und deswegen ein erhöhter gesetzlicher Regelungsbedarf besteht. Der hochschulgesetzlich relevante Begriff der wirtschaftlichen Betätigung ist somit enger gefasst als der, der in dieser Arbeit bisher zu Grunde gelegt worden ist. Er bezieht sich nur auf unternehmerische Tätigkeiten. In Abgrenzung zur „wirtschaftlichen Betätigung“ soll er als „unternehmerische Betätigung“ bezeichnet werden.4 Der Unterschied zwischen beiden Begriffen ist nicht materiell-inhaltlicher, sondern struktureller Art.5 Das heißt, dass die Dienstleistung oder das Produkt sich nicht verändern, sondern nur das strukturelle Werkzeug der Aufgabenerfüllung. Je beträchtlicher das Ausmaß und der Ertrag der wirtschaftlichen Tätigkeiten sind, desto geneigter wird eine Hochschule sein, die
1
Terminologie übernommen von Knauff, WissR 43 (2010), 28 (44). Vgl. § 2 Abs. 5 LHG BW; Art. 73 Abs. 3 BayHSchG; § 4 Abs. 11 BerlHG; § 4 Abs. 4 S. 2 BremHG; § 3 Abs. 9 HmbHG; § 3 Abs. 9 HessHG; § 3 Abs. 9 LHG MV; . § 50 Abs. 4 NHG; § 5 Abs. 7 HG NRW; § 104 Abs. 4 HochSchG Rh.-Pf.; § 2 Abs. 6 UG Saarl.; § 6 Abs. 3 SächsHSG; § 113 HSG LSA; § 3 Abs. 2 HSG SH; § 15 ThürHG. 3 Ebenso Knauff, WissR 43 (2010), 28 (46). 4 Ähnlich auch § 5 Abs. 7 HG NRW, in dem der Begriff der „unternehmerischen Hochschultätigkeit“ verwendet wird; ebenso Knauff, WissR 43 (2010), 28 (44 f.). 5 So auch Badura, in: Baur/Hopt/Mailänder (Hrsg.), FS Steindorff, S. 835 (836); zur so genannten „Instrumentalfunktion“ von Unternehmen vgl. Burgi, VerwArch 93 (2002), 255 (264 ff.). 2
B. Zulässigkeitsrahmen für alle Wirtschaftstätigkeiten der Hochschulen
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jeweilige Wirtschaftstätigkeit mittels eines wirtschaftlichen Unternehmens zu erbringen.6 Als hochschulisches Unternehmen kommen abhängig vom jeweiligen Hochschulgesetz sowohl öffentlich-rechtliche als auch privatrechtliche Organisationsformen in Betracht.7 Indes soll auf diese unterschiedlichen Formen nicht näher eingegangen werden, da sie (bis auf das Erfordernis der beschränkten Haftung) für das „Ob“ einer Wirtschaftsbetätigung nicht von großer Bedeutung sind (ganz anders als beim „Wie“).8 Stattdessen ist in diesem Zusammenhang relevant, welche Konsequenzen aus der tatbestandlichen Konzentration der Landeshochschulgesetze auf einen Ausschnitt der wirtschaftlichen Betätigung der Hochschulen resultieren. Heißt dieses, dass alle sonstigen universitären Wirtschaftstätigkeiten nicht zulässig sind? Die Antwort erschließt sich, wenn man die hochschulgesetzlichen Vorschriften genauer betrachtet. Aus der tatbestandlichen Fokussierung auf unternehmerische Hochschultätigkeiten folgt nur, dass sich die hochschulgesetzlichen Schranken ausschließlich auf diese beziehen. Bei den anderen Wirtschaftstätigkeiten hingegen, die nicht in Unternehmensform durchgeführt werden oder in einer Unternehmensbeteiligung bestehen, greifen die Schrankenbestimmungen nicht. Daraus folgt jedoch weder die ausnahmslose Unzulässigkeit noch die unbeschränkte Zulässigkeit aller anderen Wirtschaftstätigkeiten. Es bedeutet schlicht, dass an die Wirtschaftstätigkeiten einer Hochschule, die nicht in Unternehmensform erbracht werden, wesentlich weniger strenge Anforderungen hinsichtlich ihrer Legitimation zu stellen sind als an unternehmerische Hochschultätigkeiten. Dieser allgemeine Zulässigkeitsrahmen bzw. die Zulässigkeitsvoraussetzungen, die für alle universitären Wirtschaftstätigkeiten (mit Ausnahme der unternehmerischen Betätigung der Hochschulen) gelten, sollen im folgenden Abschnitt umrissen werden.
B. Zulässigkeitsrahmen für alle Wirtschaftstätigkeiten der Hochschulen Die Analyse des verfassungsrechtlichen Rahmens (3. Kap. A.) hat ergeben, dass die wirtschaftliche Betätigung der Hochschulen einen öffentlichen Zweck erfüllen muss, der im Falle der Hochschulen durch die Hochschulaufgaben konkretisiert und 6 Vgl. zur gemeindlichen Wirtschaftsbetätigung Kluth, Grenzen kommunaler Wettbewerbsteilnahme, S. 12. 7 Folgende Landeshochschulgesetze beschränken die Rechtsform auf juristische Personen des Privatrechts: Art. 73 Abs. 3 BayHSchG; § 105 Abs. 4 LHG MV; § 50 Abs. 4 NHG. Nur Art. 73 Abs. 3 BayHSchG normiert, dass die Haftung der Körperschaft auf die Einlage oder den Wert des Gesellschaftsanteils zu beschränken ist. Dies ist allerdings die einzige weitere hochschulgesetzliche Schrankenregelung, so dass die Norm in Bezug auf die Regelungsdichte der Kategorie „speziell-gesetzliche Hochschulregelungen“ zurückbleibt. 8 Vgl. diesbezüglich statt vieler Sendlak, Unternehmerische Tätigkeit der Hochschulen, S. 74 ff.
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5. Kap.: Hochschulgesetzliche Legitimation und Begrenzung
enger gefasst wird. Dies ist nicht zuletzt dem Erfordernis des institutionell-organisatorischen Gesetzesvorbehalts9 geschuldet, nach welchem „eine juristische Person des öffentlichen Rechts […] nur zur Verfolgung einer spezifischen öffentlichen Aufgabe errichtet werden“10 darf. Gleichzeitig begrenzen die jeweils zugewiesenen Aufgaben den Wirkungskreis der neuen juristischen Person. Ein hinreichender Bezug zu den Hochschulaufgaben ist somit eine zwingende Voraussetzung für die Bejahung der Zulässigkeit von universitären Wirtschaftstätigkeiten der Hochschulen. Darüber hinaus folgt aus der verfassungsrechtlichen Schutzpflicht des Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG, dass Gesetzgeber und Verwaltung eine Gewährleistungsverantwortung dafür tragen, dass die universitäre wirtschaftliche Betätigung nicht die Erfüllung der hochschulischen Kernaufgaben in Forschung und Lehre beeinträchtigt.11 Die Worte des BVerfG sind dahingehend eindeutig: „Der Staat hat die Pflege der freien Wissenschaft und ihre Vermittlung an die nachfolgende Generation durch Bereitstellung von personellen, finanziellen und organisatorischen Mitteln zu ermöglichen und zu fördern.12 Der Staat sei verpflichtet funktionsfähige Institutionen für einen freien Wissenschaftsbetrieb zur Verfügung zu stellen.13 Diese Verpflichtung des Staates folgt aus den objektiv-rechtlichen Dimensionen des Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG, die sich vor allem auf Elemente einer grundrechtskonformen Organisation und eines ebensolchen Verfahrens beziehen.14 Da die Analyse des Verfassungsrechts – insbesondere des allgemeinen Gesetzesvorbehalts – ergeben hat, dass die wirtschaftliche Betätigung der Hochschulen nicht auf eine formell-gesetzliche Grundlage angewiesen ist, sind demnach der 9
Vgl. zum Vorbehalt des Gesetzes 3. Kap. A. IV. 4. Badura, in: Baur/Hopt/Mailänder (Hrsg.), FS Steindorff, S. 835 (837). 11 Fehling, in: ders./Kämmerer/Schmidt (Hrsg.), Hochschulen zwischen Gleichheitsidee und Elitestreben, S. 35 (48). 12 Vgl. BVerfGE 35, 79 (114); in diesem Sinne auch BVerfGE 85, 360 (384). 13 Vgl. BVerfGE 35, 79 (115); 111, 333 (355). 14 Der Staat ist nach der organisationsrechtlichen Dimension auf zweierlei Weise gefordert: Einerseits muss er hinreichende organisatorische Maßnahmen treffen, die die freie Entfaltung des Wissenschaftsbetriebs gewährleisten. Andererseits hat er einen hinreichenden Spielraum bei wissenschaftlichen Eigengesetzlichkeiten zu eröffnen, dem er sich gegenüber zurückhalten muss, da dieser Bereich gerade von Staatsdistanz und Nichteinmischung lebt; vgl. dahingehend Lux, Rechtsfragen der Kooperation zwischen Hochschulen und Wirtschaft, S. 38 ff.; der objektiv-rechtlichen Dimension lassen sich neben den organisationsrechtlichen Elementen auch Anforderungen an die Gestaltung eines Verfahrens und an die Anwendung bereits existierender Verfahrensvorschriften entnehmen. Dem Verfahren kommt insbesondere im Wissenschaftsbereich eine große Bedeutung zu, da inhaltliche, wissenschaftsrelevante Entscheidungen oder die Beurteilung der Auswirkungen auf die Wissenschaft i. d. R. Expertenwissen erfordern, das nur in einer kleinen spezifischen Gruppe vorhanden ist. Um die Verfolgung von Einzelinteressen vorzubeugen, muss i. d. R. eine Entscheidung durch ein legitimiertes und fachlich qualifiziertes Gremium getroffen werden. Jeder, der durch eine potentielle Entscheidung in seinem Freiheitsbereich betroffen ist, hat das Recht an der Entscheidung mitzuwirken. Dieses kann je nach der Intensität der Freiheitsverkürzung z. B. ein Stellungnahme-, Anhörungs-, Vorschlagsoder Zustimmungsrecht sein; vgl. Classen, Wissenschaftsfreiheit außerhalb der Hochschule, S. 130 f.; Lux, Rechtsfragen der Kooperation zwischen Hochschulen und Wirtschaft, S. 39 f. 10
B. Zulässigkeitsrahmen für alle Wirtschaftstätigkeiten der Hochschulen
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Bezug zu den Hochschulaufgaben sowie das Verbot der Beeinträchtigung von Forschung und Lehre grundsätzlich die einzigen Zulässigkeitsvoraussetzungen für alle Wirtschaftstätigkeiten der Hochschulen (vorbehaltlich expliziter Schrankenregelungen in den Landeshochschulgesetzen für unternehmerische Hochschultätigkeiten). Beide Voraussetzungen bilden somit den Prüfungsmaßstab für die Beurteilung der Zulässigkeit universitärer Wirtschaftsbetätigung. Sie sollen in einem ersten Schritt konkretisiert und sodann in einem zweiten Schritt als maßgebliche Grundlage für die (noch ausstehende) Zulässigkeitsprüfung der Kategorien 2 und 3 der universitären Wirtschaftsbetätigung herangezogen werden.
I. Konkretisierung des öffentlichen Zwecks durch die Hochschulaufgaben Welche Hochschulaufgaben normieren die Hochschulgesetze nun im Einzelnen? Trotz des Wegfalls der Rahmenkompetenz des Bundes entsprechen sich die Hochschulaufgaben in den Landeshochschulgesetzen ganz überwiegend, da sie sich am § 2 HRG orientieren.15 Neben den so genannten Primäraufgaben, namentlich „die Pflege und Entwicklung der Wissenschaften […] durch Forschung, Lehre, Studium und Weiterbildung“16, sind als weitere Aufgaben der Hochschulen, die für die wirtschaftliche Hochschulbetätigung relevant sind, „die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses, die Kooperation mit anderen Hochschulen im In- und Ausland und der Technologie- und Wissenstransfer“17 zu nennen. Die landeshochschulgesetzlichen Regelungen knüpfen überwiegend explizit an den Wissens- und Technologietransfer als mögliches Feld zur unternehmerischen Betätigung an (vgl. sogleich unter D. I. 1. b).18 Denn das Tätigkeitsfeld des Wissens- und Technologietransfers wird als besonders marktrelevant eingestuft, woraus wiederum ein verstärktes Regelungsbedürfnis folgt. Auf Grund der zentralen Bedeutung des Wissens- und Technologietransfers für die wirtschaftliche Betätigung der Hochschulen und dessen explizite Nennung in den Landeshochschulgesetzen soll der Fokus auf diese Hochschulaufgabe gelegt werden. Das übergreifende Ziel des Wissens- und Technologietransfers besteht gerade darin, einen Transferkanal für Wissen von der Hochschule in Unternehmen und 15
Siehe dazu auch Epping, in: Hailbronner/Geis (Hrsg.), HRG-Kommentar, Bd. 1, § 2 Rdnr. 1 ff. 16 Vgl. § 2 Abs. 1 HRG. 17 Vgl. § 2 Abs. 2 bis 7 HRG; es werden auch noch weitere Hochschulaufgaben genannt, allerdings sind diese für die Legitimation der universitären Wirtschaftsbetätigung nicht von Interesse. 18 Vgl. § 3 Abs. 9 HessHG; §§ 3 Abs. 9, 105 Abs. 4 LHG MV; § 50 Abs. 4 NHG; § 5 Abs. 7 HG NRW; § 104 Abs. 4 HochSchG Rh.-Pf.; § 6 Abs. 3 SächsHSG; § 113 HSG LSA; § 15 ThürHG.
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5. Kap.: Hochschulgesetzliche Legitimation und Begrenzung
andersherum von der Wirtschaft in die Hochschule zu bilden.19 Der Schwerpunkt des Wissens- und Technologietransfers liegt auf den vielfältigen Formen der Forschungskooperationen von Hochschulen und Wirtschaft, von denen die Gründung eines „An-Instituts“20 eine der üblichsten Formen darstellt.21 Aber auch beispielsweise durch die Einrichtung von Stiftungsprofessuren können Forschungskooperationen begründet werden.22 Eine weitere wichtige Tätigkeit stellt die wirtschaftliche Verwertung der Hochschulerfindungen durch Technologietransferunternehmen dar. Das bedeutet, dass Technologietransferunternehmen Diensterfindungen auf ihre Patent-, Gebrauchs- oder Geschmacksmusterfähigkeit überprüfen und sodann gegebenenfalls zur Erteilung eines Schutzrechts anmelden müssen. Hochschulen können diese Schutzrechte verkaufen oder gegen eine kostenpflichtige Lizenz verpachten. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, dass Technologietransferunternehmen die Patente selbst wirtschaftlich nutzen, indem sie diese z. B. als Sacheinlage für die Beteiligung an akademischen Spin-Offs verwenden.23 Zu dem Wissens- und Technologietransfer gehört nicht zuletzt die Förderung von solchen akademischen Spin-Offs oder auch studentischen Start-Ups.24 Als letztes kann man die Weiterbildung als eine spezielle Ausformung des Wissenstransfers bezeichnen. Somit wird mittelbar auch die Gründung von Weiterbildungsgesellschaften von der Hochschulaufgabe des Wissens- und Technologietransfers angesprochen. Es fällt auf, dass sich der Wissens- und Technologietransfer begrifflich mit anderen Hochschulaufgaben überschneidet. Der Transfer von Wissen ist beispielsweise der wissenschaftlichen Forschung und der wissenschaftlichen Lehre bereits immanent.25 Die Hochschulaufgabe Weiterbildung, die sogar in der Regel eine Primär-
19 Dieser Transfer tritt in vielfältigen Formen auf, z. B. in Form des Personaltransfers. Darunter versteht man, dass beispielsweise Studenten ihre Masterarbeiten in Unternehmen anfertigen oder Professoren einen Forschungsaufenthalt in Unternehmen verbringen. Umgekehrt kommt es auch häufig vor, dass Praktiker in Hochschulen Seminare geben oder Vorlesungen halten, um den Studenten einen Einblick in die Berufswelt zu ermöglichen oder um ein Problem aus einer anderen Perspektive zu beleuchten; vgl. Lux-Wesener/Kamp, in: Hartmer/ Detmer (Hrsg.), Hochschulrecht, S. 331 ff.; vgl. auch ausführlich bereits 2. Kap. B. II. 1. 20 Vgl. Lieske, Forschung als Geschäft, S. 12; s. auch im 2. Kap. B. II. 21 Das „An-Institut“ ist die institutionelle Ausformung der Zusammenarbeit von Hochschule und Wirtschaft; zum „An-Institut“ vgl. Ernst/Altmann, WissR 42 (2009), 22 (23 f.), LuxWesener/Kamp, in: Hartmer/Detmer (Hrsg.), Hochschulrecht, S. 331 (333 ff.). 22 Vgl. zu Stiftungsprofessuren Berger, in: Geis (Hrsg.), Hochschulrecht im Freistaat Bayern, S. 252 (256 f.). 23 Nach Einschätzung von Schulze-Fielitz, in: Geis (Hrsg.), Hochschulrecht im Freistaat Bayern, S. 158 (190), werden die mit dem Patent- und Verwertungsmanagement verbundenen Gewinnerwartungen stark überschätzt. 24 Start-Ups und akademischen Spin-Offs unterscheiden sich vor allem in ihrer Urheberschaft voneinander. Während Start-Ups von Absolventen einer Hochschule gegründet werden, werden akademische Spin-Offs von an den Hochschulen tätigen Wissenschaftlern gegründet; vgl. ausführlich im 2. Kap. B. II. 25 Epping, in: Hailbronner/Geis (Hrsg.), HRG-Kommentar, Bd. 1, § 2 Rdnr. 54.
B. Zulässigkeitsrahmen für alle Wirtschaftstätigkeiten der Hochschulen
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aufgabe26 der Hochschulen neben Forschung und Lehre darstellt,27 fällt zugleich unter den Begriff des Wissenstransfers. Ähnlich verhält es sich mit der Hochschulaufgabe der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses, die auch mit eine Unternehmensgründung oder -beteiligung einhergehen kann und somit auch dem Wissens- und Technologietransfer zugehörig ist.28 Das heißt, dass zu einem gewissen Maß der Wissens- und Technologietransfer immer schon, auch vor Einfügung des § 2 Abs. 7 HRG durch die 4. Änderungsnovelle des HRG im Jahr 1998,29 zu den Aufgaben der Hochschulen gezählt hat. Oftmals ergibt sich gerade erst durch eine Zusammenschau der verschiedenen Hochschulaufgaben mit dem Wissens- und Technologietransfer ein hinreichend konkretes Aufgabenfeld für eine mögliche wirtschaftliche Hochschulbetätigung.30 Für die Zulässigkeit einer wirtschaftlichen Betätigung der Hochschulen ist es erforderlich, dass die Wirtschaftstätigkeiten einen unmittelbaren Bezug zu den Hochschulaufgaben aufweisen. Dabei ergibt sich durch die Kombination verschiedener Hochschulaufgaben vor allem mit der des Wissens- und Technologietransfers ein vergleichsweise großes Aufgabenspektrum für die Hochschulen. Das Erfordernis eines unmittelbaren Bezugs zu den Hochschulaufgaben stellt sich somit als keine unüberwindbare Zulässigkeitshürde dar. 26 Als Primäraufgaben werden die Aufgaben bezeichnet, die in dem Absatz 1 der Hochschulaufgaben in den Landeshochschulgesetzen genannt werden. Der Begriff der Primäraufgaben ist weiter gefasst als der der Kernaufgaben. Denn zu letzterem zählen lediglich Forschung und Lehre, wohingegen zu ersterem auch die Weiterbildung zählen kann (vgl. z. B. § 3 Abs. 1 HG NRW). 27 Seit der 6. Novelle des Hochschulrahmengesetzes gehört die Weiterbildung zu den Primäraufgaben der Hochschulen (vgl. § 2 Abs. 1 HRG); zu den rechtspolitischen Erwägungen, vgl. „10 Punkte Plan“ der gemeinsamen Empfehlung von DIHK, HRG und BDA zur Weiterbildung durch Hochschulen, S. 9 ff., die Landesgesetzgeber sind dem Bundesgesetzgeber überwiegend gefolgt und haben die Aufgabe der Weiterbildung in ihren Landeshochschulgesetzen entsprechend als Primäraufgabe normiert; vgl. § 2 Abs. 1 LHG BW; Art. 2 Abs. 1 BayHSchG; § 3 Abs. 1 BbgHG; § 4 Abs. 1 BremHG; § 3 Abs. 1 HmbHG; § 3 Abs. 1 LHG MV; § 3 Abs. 1 Nr. 1 NHG; § 3 Abs. 1 HG NRW; § 2 Abs. 1 UG Saarl.; § 2 Nr. 1 SächsHSG; § 3 Abs. 1 HSG LSA; § 3 Abs. 1 HSG SH; § 5 Abs. 1 ThürHG. 28 Vgl. Epping, in: Hailbronner/Geis (Hrsg.), HRG-Kommentar, Bd. 1, § 2 Rdnr. 55 ff. 29 Viertes HRGÄndG vom 20.08. 1998 (BGBl. I S. 2190). 30 So wird die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses erst für die unternehmerische Hochschulbetätigung relevant, wenn man sie sie in Zusammenschau mit dem Wissens- und Technologietransfer betrachtet. Beispielhaft kann hier der Fall genannt werden, dass Universitäten oder Unternehmen aus der Privatwirtschaft den Weg von wissenschaftlichen Nachwuchskräften in die Selbstständigkeit ebnen, indem sie Anteilseigner (durch Bar- oder Sacheinlagen) an akademischen Spin-Offs werden. Auch die Aufgabe der internationalen Zusammenarbeit wird erst durch eine Zusammenschau mit dem Wissens- und Technologietransfer für die Wirtschaftsbetätigung bedeutend. In diesem Zusammenhang sind internationale Unternehmensgründungen und institutionalisierte internationale Forschungskooperationen als mögliche unternehmerische Tätigkeiten zu nennen; vgl. Epping, in: Hailbronner/Geis (Hrsg.), HRG-Kommentar, Bd. 1, § 2 Rdnr. 14; Wendelin, in: Geis (Hrsg.), Hochschulrecht im Freistaat Bayern, S. 216; Hemer/Dornbusch/Kulicke/Wolf, Beteiligungen von Hochschulen an Ausgründungen, S. 34 ff.
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5. Kap.: Hochschulgesetzliche Legitimation und Begrenzung
II. Verbot der Beeinträchtigung von Forschung und Lehre Als nächstes soll die zweite Zulässigkeitsvoraussetzung, namentlich das Verbot der Beeinträchtigung von Forschung und Lehre, konkretisiert werden. Es resultiert aus der objektiv-rechtlichen Dimension des Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG und stellt eine verfassungsrechtliche Schutzpflicht dar, nach der Gesetzgeber und Verwaltung eine Gewährleistungsverantwortung dafür tragen, dass die wirtschaftliche Betätigung nicht die Aufgaben der Hochschulen in Forschung und Lehre beeinträchtigt.31 1. Begrenzung des wirtschaftlichen Risikos der Hochschulen Aus diesem Grund muss die Hochschule dafür Sorge tragen, dass bei der universitären Wirtschaftsbetätigung das wirtschaftliche Risiko der Hochschulen begrenzt wird. Konkret bedeutet dies, dass Haftungsbeschränkungen vereinbart werden müssen. Wie diese im Detail ausgestaltet sein müssen, ist Sache des Einzelfalls (zu berücksichtigende Faktoren können z. B. die Höhe des wirtschaftlichen Risikos, die Größe der Hochschule, die Anzahl der beteiligten Akteure etc. sein.). Sinnvoll erscheint es – wie z. B. im Vergaberecht – oberhalb bestimmter Schwellenwerte32 eine angemessene Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit der jeweiligen Hochschule anzuordnen (wie bei der unternehmerischen Hochschulbetätigung gefordert).33 Ebenfalls sollten notwendigerweise bei grenzüberschreitenden Tätigkeiten erhöhte Anforderungen an die wirtschaftliche Betätigung gestellt werden. Zu denken wäre an verfahrensmäßige Sicherungen wie z. B. Zustimmungsvorbehalte, wobei einem zügigen intrahochschulischen Verfahren stets gegenüber der Einschaltung der Ministerien der Vorzug gegeben werden sollte.34 2. Begrenzung der Inanspruchnahme von sachlichen und personellen Ressourcen Des Weiteren muss eine (u. a. von der Größe der Hochschule abhängige) Obergrenze für die sachliche und personelle Ressourcenbindung, die mit einer wirtschaftlichen Betätigung einhergeht, beachtet werden, so dass die Erfüllung der 31
Fehling, in: ders./Kämmerer/Schmidt (Hrsg.), Hochschulen zwischen Gleichheitsidee und Elitestreben, S. 35 (48). 32 Zur Möglichkeit der Gewährung eines Vergaberechtsschutzes unterhalb der Schwellenwerte jüngst Burgi, NVwZ 2011, 1217 ff. 33 So bereits Fehling, in: ders./Kämmerer/Schmidt (Hrsg.), Hochschulen zwischen Gleichheitsidee und Elitestreben, S. 35 (48); vgl. zur Leistungsfähigkeit auch unter D. III. 1. a). 34 Ebenso Fehling, in: ders./Kämmerer/Schmidt (Hrsg.), Hochschulen zwischen Gleichheitsidee und Elitestreben, S. 35 (49), der als Möglichkeit auf eine Kontrolle durch den Hochschulrat verweist.
B. Zulässigkeitsrahmen für alle Wirtschaftstätigkeiten der Hochschulen
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Hochschulaufgaben in Forschung und Lehre nicht beeinträchtigt wird. Das bedeutet, dass es Hochschulen nicht erlaubt ist, jegliche Service-, Beratungen- und Unterstützungsleistungen nur auf Grund dessen wahrzunehmen, dass sie einen unmittelbaren Bezug zu den Hochschulaufgaben aufweisen.35 Vielmehr sind Hochschulen grundsätzlich auf solche wirtschaftliche Leistungen begrenzt, „die gerade von einer Hochschule besonders effizient erbracht werden können, weil dabei vorhandene Ressourcen und wissenschaftliche Know-How (oder auch nur ihr besonderer „Markenname“) zumindest indirekt nutzbar [gemacht werden]“36. 3. Ergebnis Kurz zusammengefasst ist eine wirtschaftliche Betätigung einer Hochschule zulässig, wenn sie einen unmittelbaren Bezug zu den Hochschulaufgaben aufweist, das wirtschaftliche Risiko durch die Vereinbarung von Haftungsbegrenzungen minimiert wird und keine sachlichen oder personellen Mittel, die die Hochschule zur Erfüllung von Forschung und Lehre benötigt, für die jeweiligen Wirtschaftstätigkeit abgezogen werden.
III. Schlussfolgerungen für die Legitimation der wirtschaftlichen Betätigung der Hochschulen Was können nun für Rückschlüsse für die Legitimation der wirtschaftlichen Betätigung aus der Skizzierung des Zulässigkeitsrahmens der wirtschaftlichen Betätigung der Hochschulen gezogen werden? Bereits das Erfordernis des unmittelbaren Bezugs zu den Hochschulaufgaben zieht mehrere Konsequenzen hinsichtlich der Legitimation der wirtschaftlichen Betätigung von Hochschulen nach sich. 1. Die wirtschaftlichen Tätigkeiten, die weder einen unmittelbaren noch einen mittelbaren Bezug zu Forschung und Lehre haben (Kategorie 3), können auf diesem Wege grundsätzlich nicht legitimiert werden. 2. Die wirtschaftlichen Tätigkeiten, die einen unmittelbaren Bezug zu Forschung und Lehre aufweisen (Kategorie 1), werden durch diese Regelungen (neben der Legitimation durch Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG) zusätzlich legitimiert. Relevant wird die Legitimation durch einen Bezug zu den Hochschulaufgaben jedoch, falls eine wirtschaftliche Betätigung der Hochschulen nicht den strengen Anforderungen des
35
Die Terminologie der Beratungs-, Service- und Unterstützungsleistungen geht auf Püttner/Mittag, Rechtliche Hemmnisse der Kooperation zwischen Hochschulen und Wirtschaft, S. 34 f., zurück. Diese fassen alle Leistungen in der Kategorie der „Routinedienstleistungen“ zusammen. 36 Fehling, in: ders./Kämmerer/Schmidt (Hrsg.), Hochschulen zwischen Gleichheitsidee und Elitestreben, S. 35 (47).
226
5. Kap.: Hochschulgesetzliche Legitimation und Begrenzung
Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG genügt und mithin nicht als wissenschaftlich (im verfassungsrechtlichen Sinne) qualifiziert werden kann. 3. In den Fokus rückt besonders die wirtschaftliche Betätigung, die mittelbar mit Forschung und Lehre zusammenhängt (Kategorie 2)37 und durch das Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit nicht legitimiert werden kann.38 Denn in diese Kategorie fallen vor allem die Verwertung von Forschungsergebnissen (insbesondere Lizenzierung und Patentierung) und sonstige Transferleistungen der Hochschulen und ihren Untergliederungen, d. h. Tätigkeiten, die gerade einen unmittelbaren Zusammenhang zum wirtschaftlich relevanten Wissens- und Technologietransfer aufweisen.
IV. Die Zulässigkeit der wirtschaftlichen Betätigung von Hochschulen, die einen mittelbaren Bezug zu Forschung und Lehre aufweist Zunächst erscheint es sinnvoll, die Wirtschaftstätigkeiten, die einen mittelbaren Bezug zu Forschung und Lehre aufweisen, erneut in Erinnerung zu rufen. In Rede stehen hier beispielsweise das akademische Franchising, die Validierung von Studiengängen oder Weiterbildungskurse und Beratungsleistungen (für Absolventen, Schulverbände oder Teilnehmer aus Industrie und Wirtschaft), die nicht den strengen Anforderungen des Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG genügen (z. B. Sprach-, EDV- und SoftSkill-Kurse oder maßgeschneiderte In-House Seminare zu bestimmten Themen). Inwieweit können die universitären Wirtschaftstätigkeiten der Kategorie 2 unter die Zulässigkeitsvoraussetzungen subsumiert werden? 1. Der Bezug zu den Hochschulaufgaben als Grenze Das Erfordernis eines unmittelbaren Bezugs zu den Hochschulaufgaben ist restriktiv auszulegen. Dies kommt zum einen in den Begründungen der Landesgesetzgeber zu den Hochschulaufgaben zum Ausdruck,39 folgt zum anderen aber auch aus der gesetzlichen Zuweisung eines regelmäßig feststehenden Aufgabenkanons. Würde ein großzügiger Auslegungsmaßstab angelegt, so würde die Begrenzung der Hochschultätigkeiten auf den de lege lata zugewiesenen Aufgabenkanon unzulässiger Weise umgangen werden. Ein anderer Bewertungsmaßstab ist nur bei den hochschulischen Wirtschaftstätigkeiten in den Ländern zulässig, die gerade durch die 37 Eine solche wirtschaftliche Tätigkeit liegt dann vor, wenn (neu)gewonnene Erkenntnisse oder die zur kritischen Auseinandersetzung befähigende Vermittlung von auf Forschung basierenden Erkenntnissen einer weiteren Transformation in Wirtschaftsgüter durch ein oder mehrerer Zwischenschritte bedürfen, um im Wirtschaftsverkehr angeboten werden zu können. 38 Vgl. 4. Kap. D. III. 39 Vgl. z. B. Begründung des Gesetzesentwurfs der Sächsischen Staatsregierung, Landtag Sachsen, Drucks. 4/13664, S. 58 ff.
B. Zulässigkeitsrahmen für alle Wirtschaftstätigkeiten der Hochschulen
227
Gewährung eines „hochschulaufgabenbezogenen Aufgabenfindungsrechts“ die eng gezogenen Grenzen lockern, um den Hochschulen ein flexibleres Agieren und eine Anpassung an die Erfordernisse vor Ort zu ermöglichen (vgl. dazu sogleich unter C. I.).40 In Baden-Württemberg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, dem Saarland und Sachsen-Anhalt darf demnach tendenziell ein großzügigerer Prüfungsmaßstab angelegt werden als in den restlichen Ländern. Eine Differenzierung zwischen den Ländern erscheint hier jedoch nicht zwingend erforderlich zu sein, da durch eine Zusammenschau mehrerer Hochschulaufgaben mit dem Wissens- und Technologietransfer (als zentrale Hochschulaufgabe für die wirtschaftliche Betätigung der Hochschulen) das Aufgabenfeld regelmäßig eine hinreichende Konkretisierung erfährt. So kann beispielsweise die Aufgabe der internationalen Kooperation in Verbindung mit dem Wissens- und Technologietransfer als Legitimationsgrundlage für grenzüberschreitende Wirtschaftstätigkeiten (akademisches Franchising41, Validierung von Studiengängen42) herangezogen werden (soweit diese Tätigkeiten die Kernaufgaben der Hochschulen nicht beeinträchtigen; vgl. 2.).43 Die jeweilige Zusammenschau der Aufgaben „Förderung der Absolventen“ und „Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses“ mit der des Wissens- und Technologietransfers kann z. B. Beratungsleistungen durch hochschulische Career-Center zu Unternehmensgründungen legitimieren.44 Zudem werden diese Wirtschaftstätigkeiten vom 40 Vgl. z. B. die Begründung zum Gesetzesentwurf der nordrhein-westfälischen Landesregierung für ein Hochschulfreiheitsgesetz, Landtag NRW, Drucks. 14/2063, S. 229. 41 Beim akademischen Franchising erwirbt die ausländische Institution regelmäßig das Recht, die von der inländischen Hochschule entwickelten Curricula der jeweiligen Studiengänge zu übernehmen und das Abschlusszertifikat mit dem Siegel der inländischen Hochschule zu verleihen; so Krauß, Deutsche Hochschulen im Ausland, S. 77; vgl. bereits 2. Kap. B. II. 3. 42 Bei einer so genannten Validierung handelt es sich um einen Lizenzvertrag. Die ausländische Hochschule erwirbt das Recht gegen eine festgelegte Nutzungsgebühr ihren Studenten nach erfolgreichem Abschluss eines Studiums den jeweils entsprechenden akademischen Grad der inländischen Hochschule zu verleihen; ausführlich Krauß, Deutsche Hochschulen im Ausland, S. 76; vgl. bereits 2. Kap. B. II. 3. 43 Angesichts der globalisierten und digitalisierten Welt sind Wissenschaftler vermehrt darauf angewiesen, sich international zu vernetzen. Teilweise finden sie auf Grund des oftmals hochspezialisierten Fachwissens erst im Ausland einen Forscher, mit dem sie sich fachlich austauschen können. Besonders relevant ist dies für Naturwissenschaftler und Mediziner, aber im zunehmenden Maße gilt dies auch für andere Disziplinen. Hier können die Hochschulinstitutionen durch grenzüberschreitende Tätigkeiten einen wichtigen Transferkanal bereitstellen. Auch die Europäische Union versucht die internationale Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Hochschulen voranzutreiben, indem sie diese gezielt fördert; ausführlich Berning, in: Geis (Hrsg.), Hochschulrecht im Freistaat Bayern, S. 244 (245). 44 Typischerweise erfolgt eine solche Beratung jedoch kostenlos, so dass es sich bei diesen Beratungsleistungen oftmals nicht um eine Art der wirtschaftlichen Betätigung handelt. Gesetzt den Fall, dass im Einzelfall ein entsprechendes Entgelt zu leisten wäre (und eine Entgelterhebung zulässig wäre), so würden Service- und Beratungsleistungen, die sich an Absolventen der Hochschule richteten, durch die Hochschulaufgaben der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses in Verbindung mit dem Wissens- und Technologietransfer jedoch legitimiert werden.
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5. Kap.: Hochschulgesetzliche Legitimation und Begrenzung
berufsvorbereitenden Auftrag der Hochschulen gedeckt.45 Die Aufgabe der Weiterbildung bedarf auf Grund ihrer primären Stellung ausnahmsweise keiner weiteren Konkretisierung durch eine Zusammenschau mit anderen Hochschulaufgaben. Aus der gesetzlichen Systematik resultiert zugleich die Einschränkung, dass Weiterbildungsveranstaltungen an Hochschulen einen wissenschaftlichen Bezug aufweisen müssen. Rein berufliche Weiterbildungsmaßnahmen werden somit durch die Zuweisung der Hochschulaufgabe Weiterbildung nicht legitimiert.46 Andersherum hindert jedoch eine Berufs- oder Praxisbezogenheit nicht die Zulässigkeit einer Weiterbildungsveranstaltung, soweit ein Wissenschaftsbezug gewahrt bleibt.47 Hochschulen sind demnach nicht auf rein wissenschaftliche Weiterbildungsveranstaltungen beschränkt, die von Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG geschützt werden (wie z. B. das Abhalten einer internationalen Summer School)48. Grundsätzlich reicht es aus, wenn die wirtschaftlichen Tätigkeiten der Hochschulen einen hinreichenden Wissenschaftsbezug aufweisen.49 Die Form der Veranstaltung selbst ist unerheblich (Kurse, Workshops, E-Learning, Vorträge etc.). Ob aber z. B. wie an amerikanischen Universitäten50 Sprachreisen zulässig sind, wird deutlich, wenn man die zweite Zulässigkeitsvoraussetzung hinzuzieht. 2. Das Verbot der Beeinträchtigung von Forschung und Lehre als Grenze Bei Sprach- oder Fundraisingreisen setzt eine Hochschule gerade nicht ihre eigenen spezifischen Kenntnisse und vor allem nicht ihre sachlichen Ressourcen gewinnbringend ein, sondern bewegt sich auf einem für sie weitgehend unbekannten Terrain, das typischerweise von privaten Anbietern beherrscht wird. Für die Hochschulen bedeutet eine solche Tätigkeit regelmäßig ein nicht überschaubares wirtschaftliches Risiko. Anders als z. B. amerikanischen Universitäten dürften deutschen Universitäten solche Wirtschaftstätigkeiten verwehrt sein.
45 Vgl. Püttner/Mittag, Rechtliche Hemmnisse der Kooperation zwischen Hochschulen und Wirtschaft, S. 35. 46 Vgl. Detmer, WissR 37 (2004), 150 (152). 47 Dies wird an der Aufteilung der wissenschaftlichen Weiterbildung in die „allgemeine wissenschaftliche Weiterbildung“ und die „berufsbezogene wissenschaftliche Weiterbildung“ deutlich; vgl. dazu Battis, WissR 22 (1988), 33 (37). 48 Vgl. z. B. die internationale Summer School der Freien Universität Berlin; www.fubis. org. 49 Vgl. Battis, WissR 22 (1988), 33 (36); Epping, in: Hailbronner/Geis (Hrsg.), HRGKommentar, Bd. 1, § 2 Rdnr. 14. 50 So wirbt z. B. die Harvard Alumni Association: „HAA offers over 50 programs a year to all seven continents. Accompanied by Harvard academics and fellow alumni, trips range from week-long concentrated stays to extended journeys (two weeks or longer). Whether by land, rail, or cruise, these travel programs can sustain your enthusiasm for learning and establish new friends among your peers“; vgl. http://alumni.harvard.edu/haa/travel.
B. Zulässigkeitsrahmen für alle Wirtschaftstätigkeiten der Hochschulen
229
Auch das akademische Franchising, bei dem eine ausländische Hochschule das Recht erwirbt, die von der inländischen Hochschule entwickelten Curricula von verschiedenen Studiengängen zu übernehmen und das Abschlusszertifikat mit dem Siegel der inländischen Hochschule zu verleihen,51 bedeutet für die Hochschule eine erhebliche Ressourcenbindung. Denn eine solche Tätigkeit ist z. B. auf eine kontinuierliche Qualitätssicherung angewiesen, die dauerhaft Personal beansprucht. Zugleich steigt stets der Aufwand durch die Grenzüberschreitung der Tätigkeiten. Denn bei einer internationalen Wirtschaftstätigkeit ist zumindest eine Analyse des geltenden Rechts der kooperierenden Hochschule erforderlich, gegebenenfalls sind Dolmetscher etc. notwendig. Das heißt freilich nicht, dass jedwede internationale Wirtschaftstätigkeit die Kernaufgaben der Hochschulen in Forschung und Lehre gefährden würde, indem sie sachliche und personelle Ressourcen in Anspruch nimmt, die im Gegenzug den Hochschulen zur Erfüllung der Kernaufgaben nicht mehr zur Verfügung stünden. Vorzugswürdig sind aber punktuelle Wirtschaftstätigkeiten, die nicht auf eine konstante Qualitätssicherung o. ä. angewiesen sind. So bewegt sich beispielsweise die Validierung von Studiengängen noch innerhalb der hier gezogenen Grenzen. Bei dieser erlaubt die deutsche Hochschule gegen ein entsprechendes Entgelt lediglich, dass die Absolventen der ausländischen Hochschule den Abschluss der deutschen Hochschule mit ihrem Namen tragen dürfen.52 Die deutsche Hochschule muss demnach nur punktuell prüfen, ob das Studienprogramm der ausländischen Hochschule den eigenen Qualitätsanforderungen entspricht und somit als gleichwertig angesehen werden kann. Danach bedarf es gegebenenfalls noch einiger weiterer Kontrollstichproben. Insgesamt bleiben aber der Aufwand und das wirtschaftliche Risiko vergleichsweise überschaubar. Das akademische Franchising kann hingegen nicht für generell zulässig erklärt werden. Vielmehr kommt es auf die Größe und die Leistungsfähigkeit der Hochschule im Einzelfall an. Hier könnte folgende Faustformel für die Beurteilung der Zulässigkeit angewandt werden: Je kleiner eine Hochschule ist und je weniger Personal sie hat, desto eher werden aufwändige wirtschaftliche Tätigkeiten zu Lasten von Forschung und Lehre gehen, desto eher sind sie als unzulässig zu beurteilen. Der vermehrt an den Hochschulen zu beobachtenden Praxis, maßgeschneiderte, d. h. auf die Belange eines einzelnen Kunden präzise abgestimmte, Dienstleistungen darzubieten, werden letztlich Grenzen gezogen.53 Denn regelmäßig geht mit diesen 51
Vgl. Krauß, Deutsche Hochschulen im Ausland, S. 77. Es handelt sich um einen Lizenzvertrag; ausführlich Krauß, Deutsche Hochschulen im Ausland, S. 76. 53 Ein Blick auf das Angebot der Weiterbildungseinrichtungen im Internet zeigt, dass diese Art der Weiterbildung verstärkt betrieben wird. So bietet z. B. die LMU München nach eigenen Angaben offene Seminare, Persönlichkeitsentwicklung, Personal- und Organisationsentwicklung, Führung, Sprache und Kommunikation, Internationales, Wirtschaft, Ethik und Gesellschaft, Innovationen, Inhouse und Beratung, Inhouse und Coaching, Mentoring, Beratung, Kooperationen und Intellectual Property Management an. Das Transferzentrum der Universität Halle-Wittenberg bietet eine Analyse des aktuellen Weiterbildungsbedarfs, eine Beratung in Hinblick auf die Erreichung der Weiterbildungsziele, eine Konzeption des individuellen 52
230
5. Kap.: Hochschulgesetzliche Legitimation und Begrenzung
Leistungen ein erhöhter Aufwand einher (z. B. Bedarfsanalyse, Abstimmen der Dienstleistungen auf den spezifischen Bedarf etc.), der nur für einen bestimmten Kunden erfolgt (zum Teil auch in dessen Räumen, wie z. B. bei den In-House Seminaren) und darüber hinaus viel Personal bündelt.54 Solche Tätigkeiten sind nur dann als zulässig zu beurteilen, wenn es sich um keine isolierten Wirtschaftstätigkeiten handelt, sondern diese in eine weitergehende Zusammenarbeit zwischen Hochschule und Unternehmen eingebunden sind.55 3. Ergebnis Im Ergebnis sind somit die Wirtschaftstätigkeiten, die einen mittelbaren Bezug zu Forschung und Lehre aufweisen, zulässig, soweit sie sich innerhalb der dargelegten Grenzen bewegen. Das bedeutet, dass die Wirtschaftstätigkeiten der Kategorie 2 einen engen unmittelbaren Bezug zu den Hochschulaufgaben aufweisen und das wirtschaftliche Risiko sowie der finanzielle und personelle Aufwand überschaubar sein müssen.56 Letztlich sind Hochschulen auf solche Wirtschaftstätigkeiten beschränkt, bei denen sie ihre spezifischen Kenntnisse und die vorhandenen Ressourcen besonders effizient einbringen können. Mit anderen Worten darf sich die Wirtschaftsbetätigung nicht auf jegliche Routinedienstleistungen erstrecken, die ebenso gut von Privaten erbracht werden könnten.57 Zur Verhinderung einer Beeinträchtigung der universitären Kernaufgaben in Forschung und Lehre sind hochschulische Wirtschaftstätigkeiten zugleich hinsichtlich des sachlichen und personellen Aufwands beschränkt, der für diese betrieben werden darf. Des Weiteren sind bei grenzüberschreitenden Tätigkeiten erhöhte Zulässigkeitshürden zu überwinden, Weiterbildungsprogramms, die Organisation und Durchführung der Veranstaltungen und die Beratung zu Fördermöglichkeiten an. Für Unternehmen bieten sie überdies weitere spezielle Seminare an. In den eigenen Worten: „Das Transferzentrum für Weiterbildung hat speziell für Fach- und Führungskräfte verschiedene praxisorientierte Weiterbildungsprogramme entwickelt, die auch als In-House Seminar durchgeführt werden können“; vgl. http://www.weiterbildung.uni-halle.de/. 54 Zweifelnd auch Püttner/Mittag, Rechtliche Hemmnisse der Kooperation zwischen Hochschulen und Wirtschaft, S. 34. 55 So auch Püttner/Mittag, Rechtliche Hemmnisse der Kooperation zwischen Hochschulen und Wirtschaft, S. 35. 56 Ausnahmsweise steht den Hochschulen der Länder, die ein „hochschulaufgabenbezogenes Aufgabenfindungsrecht“ normieren, eine größere Einschätzungsprärogative hinsichtlich des Vorliegens eines hinreichenden Bezugs zu den Hochschulaufgaben zu; vgl. dazu C. I. 2. 57 So merken bereits Püttner/Mittag, Rechtliche Hemmnisse der Kooperation zwischen Hochschulen und Wirtschaft, S. 32 f., an, dass viele Industriebetriebe mit eiligen technischen Problemen an die Hochschulen heranträten und die Hochschulen sodann Mitarbeiter zur Behebung des Problems gegen ein entsprechendes Entgelt in das Unternehmen entsenden würden. Die gleiche Aufgabe hätte aber auch von einem Ingenieurbüro übernommen werden können. Auch nach Auffassung von Püttner/Mittag handelt es sich im Ergebnis um eine unzulässige wirtschaftliche Betätigung, da diese weder im Forschungs- noch im Ausbildungsinteresse der Hochschulen liegt und die Hochschule somit ihr spezifisches Know-How nicht einsetzen kann.
C. Erweiterung der Zulässigkeit der wirtschaftlichen Betätigung
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da mit diesen regelmäßig ein größerer Aufwand und ein größeres wirtschaftliches Risiko einhergehen. In diesen Grenzen ist die wirtschaftliche Betätigung der Kategorie 2 als zulässig zu beurteilen.
C. Erweiterung der Zulässigkeit der wirtschaftlichen Betätigung der Hochschulen Fraglich ist nun, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen der dargestellte Zulässigkeitsrahmen erweitert werden kann. Wäre der unmittelbare Bezug zu den Hochschulaufgaben unumstößlich, dann würden die Wirtschaftstätigkeiten, die der Kategorie 3 zugehörig sind, allein aus diesem Grund bereits unzulässig sein. Denn die Wirtschaftstätigkeiten der Kategorie 3 sind, wenn überhaupt, nur im Umfeld der Hochschulaufgaben anzusiedeln, weisen aber keinen unmittelbaren oder mittelbaren Bezug zu Forschung und Lehre bzw. keinen unmittelbaren Bezug zu den Hochschulaufgaben auf. Wenn allerdings die Landeshochschulgesetze den Hochschulen die Möglichkeit eröffnen würden, unter bestimmten Voraussetzungen den Aufgabenkreis eigenmächtig zu erweitern, könnten die wirtschaftlichen Tätigkeiten der Kategorie 3 gegebenenfalls legitimiert werden. Ob es sich bei den Hochschulaufgaben um einen abschließenden Aufgabenkanon handelt bzw. ob Öffnungsklauseln in den Landeshochschulgesetzen normiert sind, soll im Folgenden untersucht werden.
I. Der Katalog der Hochschulaufgaben als Pflicht- und Rahmenvorgabe Aus der Zuweisung der Aufgaben folgt als erstes, dass Universitäten zur Erfüllung eben dieser Aufgaben nicht nur legitimiert, sondern verpflichtet sind.58 Dieser organisationsrechtliche Grundsatz ist unumstritten. Er gilt aber nur unter dem Vorbehalt, dass ausreichend finanzielle Mittel zur Aufgabenwahrnehmung zur Verfügung stehen.59 Fraglich ist indes, ob der gesetzliche Aufgabenkatalog abschließend konzipiert ist, mit anderen Worten also die Hochschulen auf die Wahrnehmung dieser Aufgaben beschränkt sind. Ob den Hochschulen ein so genanntes Aufgabenfindungsrecht zukommt, bedarf einer differenzierten Betrachtung.60
58
Vgl. Mand, Erwerbswirtschaftliche Betätigung öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten außerhalb des Programms, S. 33. 59 So Thieme, Hochschulrecht, S. 240 f. 60 Thieme, Hochschulrecht, S. 240 ff., widmet sich nicht dem Problem des Aufgabenfindungsrechts, sondern hakt dieses unzutreffenderweise als unproblematisch ab.
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5. Kap.: Hochschulgesetzliche Legitimation und Begrenzung
1. „Wissenschaftliches Aufgabenfindungsrecht“ der Hochschulen Die überwiegende Anzahl der Landeshochschulgesetze normiert, dass nur die Landesgesetzgeber befugt sind, den Hochschulen weitere Aufgaben (durch Rechtsverordnung oder Zielvereinbarungen) zu übertragen, vorausgesetzt sie stehen im Zusammenhang mit den Primäraufgaben (d. h. Forschung, Lehre, ggf. Weiterbildung) der Hochschulen.61 Hieraus kann zweierlei gefolgert werden: Zum einen steht den Hochschulen kein Aufgabenfindungsrecht zu (vorbehaltlich abweichender Regelungen). Zum anderen wird gleichzeitig die Möglichkeit der Übertragung von Aufgaben durch den Gesetzgeber auf die Hochschulen begrenzt und zwar auf solche, die in einem Zusammenhang zu Forschung und Lehre stehen.62 Zutreffend heben Püttner und Mittag jedoch hervor, dass bereits qua Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG, d. h. unabhängig von der einfachgesetzlichen Ausgestaltung der Hochschulaufgaben, es den Hochschulen zusteht, Tätigkeiten wahrzunehmen, „solange die übernommenen Tätigkeiten als Forschung bzw. als mit der wissenschaftlichen Forschung und Lehre zusammenhängend bezeichnet werden können“63. Freilich folgt daraus nicht, dass die Hochschulen über ein umfassendes Aufgabenfindungsrecht verfügen. Vielmehr könnte man das Resultat als „wissenschaftliches Aufgabenfindungsrecht“ bezeichnen. Das bedeutet, dass Hochschulen Aufgaben eigenmächtig übernehmen dürfen, wenn sie zumindest einen mittelbaren Zusammenhang zu wissenschaftlicher Forschung und wissenschaftlicher Lehre aufweisen.64 Indes ergibt sich daraus für die Hochschulen regelmäßig kein zusätzlicher Handlungsspielraum, da die Landeshochschulgesetze typischerweise alle Aufgaben, die mittelbar mit Forschung und Lehre zusammenhängen, in den Hochschulaufgaben erfassen. Der Unterschied liegt lediglich darin, dass diese Schlussfolgerung aus dem Grundgesetz selbst folgt. Somit verfügen die Hochschulen qua Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG über ein „wissenschaftliches Aufgabenfindungsrecht“ und sind insoweit unabhängig von der Ausgestaltung der jeweiligen landesrechtlichen Normierung. Im Ergebnis hat ein solches Aufgabenfindungsrecht jedoch, wenn überhaupt, nur einen marginalen faktischen Anwendungsbereich.
61
Vgl. § 2 Abs. 6 LHG BW; Art. 2 Abs. 7 BayHSchG; § 4 Abs. 10 BerlHG; § 4 Abs. 12 BremHG; § 3 Abs. 13 LHG MV; § 2 Abs. 8 UG Saarl.; § 2 Abs. 9 HochSchG Rh.-Pf.; § 5 Abs. 4 SächsHSG; § 3 Abs. 13 HSG LSA; § 5 Abs. 10 ThürHG. 62 Explizit Püttner/Mittag, Rechtliche Hemmnisse der Kooperation zwischen Hochschulen und Wirtschaft, S. 34. 63 Püttner/Mittag, Rechtliche Hemmnisse der Kooperation zwischen Hochschulen und Wirtschaft, S. 35. 64 Zustimmend Lüthje, in: Denninger (Hrsg.), Hochschulrahmengesetz, Bd. 1, § 2 Rdnr. 57; nicht differenzierend Thieme, Hochschulrecht, S. 240 f.
C. Erweiterung der Zulässigkeit der wirtschaftlichen Betätigung
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2. „Hochschulaufgabenbezogenes Aufgabenfindungsrecht“ einiger Landeshochschulgesetze Einige Landeshochschulgesetze eröffnen den Hochschulen mittlerweile – über das „wissenschaftliche Aufgabenfindungsrecht“ hinaus – freiwillig weitere Aufgaben eigenmächtig zu übernehmen. So räumen § 2 Abs. 6 LHG BW, § 3 Abs. 1 S. 3 NHG, § 3 Abs. 6 HG NRW, § 2 Abs. 7 UG Saarl. und § 3 Abs. 13 HSG LSA den Hochschulen das Recht ein, „andere Aufgaben [zu] übernehmen, soweit diese mit ihren gesetzlichen Aufgaben zusammenhängen und deren Erfüllung durch die Wahrnehmung der neuen Aufgaben nicht beeinträchtigt wird“.65 Diese Normierungen gehen über das „wissenschaftliche Aufgabenfindungsrecht“ insofern hinaus, als nunmehr nur noch ein unmittelbarer Bezug zu den Hochschulaufgaben erforderlich ist (und nicht mehr allein zu den Primäraufgaben Forschung, Lehre und ggf. Weiterbildung). Aus diesem Grund sollen sie als „hochschulaufgabenbezogenes Aufgabenfindungsrecht“ bezeichnet werden. 3. Zwischenergebnis und Schlussfolgerung für die Legitimation der wirtschaftlichen Betätigung der Hochschulen Eine Erweiterung des Zulässigkeitsrahmens der wirtschaftlichen Betätigung der Hochschulen durch das „wissenschaftliche Aufgabenfindungsrecht“ oder das „hochschulaufgabenbezogene Aufgabenfindungsrecht“ kommt im Ergebnis nur in engen Grenzen in Betracht. Das „wissenschaftliche Aufgabenfindungsrecht“ vermag den Zulässigkeitsrahmen faktisch nicht zu erweitern. Eine Legitimation von Wirtschaftstätigkeiten der Kategorie 3 (z. B. Werbung, Merchandising oder Vermietung) durch die Hochschulaufgaben kommt auf diesem Wege nicht in Betracht. An dieser Bewertung vermag auch das „hochschulaufgabenbezogene Aufgabenfindungsrecht“, das einige Landeshochschulgesetze (Baden-Württemberg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, dem Saarland und Sachsen-Anhalt) normieren, nichts zu ändern. Dieses ermöglicht den (jeweils in diesen Ländern ansässigen) Hochschulen eine freiwillige Übernahme von solchen Aufgaben, die mit den Hochschulaufgaben unmittelbar zusammenhängen und deren Erfüllung nicht beeinträchtigen.66 Die Wirtschaftstätigkeiten, die der Kategorie 3 zugehörig sind, weisen hingegendessen, wenn überhaupt, nur einen mittelbaren Bezug zu den Hochschulaufgaben auf. Das heißt, dass die Öffnungsklauseln im Grunde genommen lediglich die Grenzen wiederholen, die bereits die Verfassung den universitären Wirtschaftstätigkeiten 65 Diese Öffnungsklausel verfolgt laut der Begründung zum Gesetzesentwurf der Landesregierung in Nordrhein-Westfalen (vgl. Landtag NRW, Drucks. 14/2063, S. 229) das Ziel, den Aufgabenkatalog zu flexibilisieren und eine Anpassung an die Erfordernisse vor Ort zu ermöglichen. 66 Letztere Begrenzung (namentlich: keine Beeinträchtigung der Kernaufgaben) ist freilich stets bei allen Tätigkeiten, die an Hochschulen durchgeführt werden, zu beachten, da diese Grenze bereits in Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG selbst angelegt ist.
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5. Kap.: Hochschulgesetzliche Legitimation und Begrenzung
zieht, welche wiederum in diesem Kapitel unter B konkretisiert wurden (Stichwort: Zulässigkeitsrahmen).
II. Legitimation von wirtschaftlichen Betätigungen, die weder einen unmittelbaren noch einen mittelbaren Bezug zu Forschung oder Lehre aufweisen Bedeutet dieses Ergebnis nun, dass die wirtschaftliche Betätigung der Universitäten ohne einen unmittelbaren oder mittelbaren Bezug zu Forschung oder Lehre (Kategorie 3), also z. B. die Vermietung von Hörsälen oder Sportplätzen, das Betreiben von Merchandising oder die Vermietung von Werbeflächen, unzulässig ist? Möglicherweise könnten entsprechende Tätigkeiten über die Figuren der Randnutzungen und Annextätigkeiten legitimiert werden. Gemeinsam ist der Konstruktion der Randnutzung und der Annextätigkeiten, dass sie nur solche wirtschaftlichen Tätigkeiten zu legitimieren vermögen, die die Kernaufgabe der Universitäten, namentlich die Pflege von Forschung und Lehre, fördern.67 Des Weiteren dürfen die Tätigkeiten nur unterstützende Funktion haben. Wie weit diese jedoch im Einzelnen reichen darf, ist umstritten. Der Streit wurzelt bereits in den Begrifflichkeiten und deren Definitionen, die im juristischen Diskurs nicht einheitlich vorgenommen werden (Hilfstätigkeiten, Randnutzung, Randtätigkeit, Nebentätigkeit, Annexkompetenz etc.). Von der Begriffsbestimmung und der Abgrenzung der verschiedenen Hilfskonstruktionen hängt wiederum die Reichweite der Zulässigkeit der verschiedenen Wirtschaftstätigkeiten ab. In einem ersten Schritt gilt es demnach die Begriffe zu bestimmen (1.), um sodann deren rechtliche Grundlage zu erörtern (2.). Daraufhin kann untersucht werden, inwiefern die Wirtschaftstätigkeiten, die weder einen unmittelbaren noch einen mittelbaren Bezug zu Forschung und Lehre aufweisen, über eine Klassifizierung als Randnutzung oder Annex- bzw. Hilfstätigkeit legitimiert werden können (3.). 1. Begriffsbestimmungen: Hilfstätigkeiten, Annextätigkeiten und Randnutzungen Als Oberbegriff für Wirtschaftstätigkeiten mit unterstützender Funktion werden die Terminologien Nebentätigkeiten, Randbetätigungen oder Hilfstätigkeiten verwendet.68 Welchen Begrifflichkeiten sollte nun der Vorzug gegeben werden? Von
67 Im Bereich des Rundfunks Gounalakis, Funktionsauftrag und wirtschaftliche Betätigung des Zweiten Deutschen Fernsehens, S. 23. 68 Teilweise werden sie auch alle miteinander vermischt, wie z. B. bei Schink, NVwZ 2002, 129 (134 f.), der Annextätigkeiten, Randnutzungen, Nebentätigkeiten und Hilfsgeschäfte nicht voneinander abgrenzt und stattdessen synonym verwendet.
C. Erweiterung der Zulässigkeit der wirtschaftlichen Betätigung
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vornherein scheidet der Begriff der Nebentätigkeit69 in diesem hochschulrechtlichen Kontext aus, da er bereits im Dienstrecht bei der Abgrenzung von Haupt- und Nebenamt und der daraus resultierenden Frage einer eventuellen Genehmigungspflicht verwendet wird. Mehr Verwirrung als Klarheit würde ebenfalls der Begriff der Randbetätigung70 stiften, da er leicht mit dem der Randnutzung verwechselt werden kann. Die Randnutzung zielt jedoch auf die Legitimation bestimmter erwerbswirtschaftlicher Tätigkeiten (z. B. im Bereich der Vermögensverwaltung) ab und stellt mithin einen Spezialfall der Randbetätigung dar, die gerade nicht nur gewinnorientierte Wirtschaftstätigkeiten erfasst. Da die Terminologie der Randnutzung im juristischen Diskurs darüber hinaus häufiger als die der Randbetätigung vorkommt, ist die Randbetätigung als Hyperonym abzulehnen. Vorzugswürdig erscheint es, den Begriff der Hilfstätigkeiten als Oberbegriff zu verwenden,71 zumal diese Terminologie die Funktionsbezogenheit und Akzidentialität als Grundvoraussetzung für die zu legitimierenden Tätigkeiten in den Vordergrund rückt.72 Dabei fasst man unter dem Begriff der Hilfstätigkeiten solche Tätigkeiten zusammen, die die Kernaufgaben der Universität im weiteren Sinne unterstützen oder fördern.73 „Im weiteren Sinne“ meint hier, dass ausnahmsweise74 und in engen Grenzen rein erwerbswirtschaftliche Tätigkeiten eingeschlossen sein können, vorausgesetzt der finanzielle Ertrag kommt den Hochschulen zugute (denn nur in diesem Fall kommt eine Förderung der Kernaufgaben Forschung und Lehre durch die erwerbswirtschaftliche Betätigung in Betracht). Wenn man dieses Begriffsverständnis zu Grunde legt, handelt es sich bei Annexkompetenzen und Randnutzungen um Hyponyme des Hyperonyms „Hilfstätigkeiten“.75 Annexkompetenzen dienen dazu, ausdrücklich normierte Kompetenzen, die sich auf die jeweiligen Haupttätigkeiten einer juristischen Person des öffentlichen Rechts 69
Möllers, NVwZ 2000, 382 (384), und Hövelbernd, Die Kammern als Wettbewerber, S. 235, verwenden den Begriff der „Nebentätigkeit“ als Oberbegriff. 70 Dieser Begriff wurde erstmals vom BVerfGE 83, 238 (313), verwendet; zur Abgrenzung vgl. auch Degenhart, MMR 1998, 137 (139). 71 Ebenso im Bereich des Rundfunks Jarass, Online-Dienste und Funktionsbereich des Zweiten Deutschen Fernsehens, S. 20 ff.; Gounalakis, Funktionsauftrag und wirtschaftliche Betätigung des Zweiten Deutschen Fernsehens, S. 23; Mand, Erwerbswirtschaftliche Betätigung öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten außerhalb des Programms, S. 44 ff. 72 Der Begriff der „Randbetätigung“ hingegen deutet auf eine örtliche Bezogenheit hin, die allerdings irreführend ist, da die unterstützenden Tätigkeiten stets innerhalb des Wirkungskreises liegen müssen. 73 So auch Mand, Erwerbswirtschaftliche Betätigung öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten außerhalb des Programms, S. 44; 47; Libertus, AfP 1992, 229 (230), grenzt die Begriffe Annexkompetenzen und Randnutzungen hingegen nicht voneinander ab. 74 Trotz des verfassungsrechtlichen Verbots der staatlichen Erwerbswirtschaft sind diese ausnahmsweise in strikten Grenzen zulässig. An dieser ausnahmsweisen Zulässigkeit knüpft die z. T. berechtigte Kritik derjenigen an, die ein verfassungsrechtliches Verbot der erwerbswirtschaftlichen Betätigung ablehnen; vgl. statt vieler Cremer, DÖV 2003, 921 ff. 75 Zustimmend Degenhart, Der Funktionsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der digitalen Welt, S. 47.
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5. Kap.: Hochschulgesetzliche Legitimation und Begrenzung
beziehen, zu vertiefen.76 Das bedeutet wiederum, dass Annexkompetenzen nur eine vertikale, aber keine horizontale Legitimationswirkung entfalten können.77 Typischerweise handelt es sich mithin bei Annextätigkeiten um Vorbereitungs- und Durchführungstätigkeiten im Hinblick auf die entsprechenden Haupttätigkeiten.78 Wichtig ist ihre begleitende Unterstützung der Haupttätigkeit.79 Als Annextätigkeit könnte z. B. das Merchandising klassifiziert werden. Der Begriff der Randnutzung bezeichnet hingegen die „erwerbswirtschaftliche Nutzung des sachlichen […] Betriebsvermögens“80. Aus diesem Grund spricht man teilweise auch von „fiskalischer Randnutzung“.81 Die Figur der Randnutzung fasst demnach vor allem die Fälle zusammen, in denen bereits bestehende Kapazitäten der Universitäten im Falle der Nichtauslastung zur Einnahmeerzielung verwendet werden sollen, „um ein Brachliegen des vorhandenen Wirtschaftspotentials zu verhindern“82. Zu denken ist insbesondere an die Vermietung von Werbeflächen und von universitären Infrastrukturen (wie z. B. Hörsäle, Sportplätze, Labore etc.) sowie das Hochschulsponsoring. Während der Schwerpunkt von Annextätigkeiten mithin auf ihrer unterstützenden Funktion einer bestimmten, ausdrücklich normierten Haupttätigkeit liegt, rückt bei Randnutzungen der erwerbswirtschaftliche Aspekt, der aus der Nutzung des Betriebsvermögens resultiert, in den Vordergrund.83 Der entscheidende Unterschied zwischen beiden Tätigkeiten besteht somit darin, dass Randnutzungen ausnahmsweise kein eigener öffentlicher Zweck immanent sein muss. Sowohl bei Randnutzungen als auch bei Annextätigkeiten handelt es sich im Ergebnis um spezielle Formen von Hilfstätigkeiten, da die auf ihnen basierenden Tätigkeiten ebenfalls die 76
Mand, Erwerbswirtschaftliche Betätigung öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten außerhalb des Programms, S. 45. 77 Ebenso Degenhart, Der Funktionsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der digitalen Welt, S. 47. 78 Vgl. Hövelbernd, Die Kammern als Wettbewerber, S. 240. 79 Vgl. Degenhart, Der Funktionsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der digitalen Welt, S. 106. 80 Libertus, in: Hahn/Vesting (Hrsg.), Kommentar zum Rundfunkrecht, § 13 Rdnr. 75, unter Verweis auf Emmerich/Steiner, Möglichkeiten und Grenzen der wirtschaftlichen Betätigung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 20 ff. 81 Im Rundfunkrecht werden teilweise die erwerbswirtschaftliche Betätigung und die Randnutzung synonym gebraucht. Allerdings ist eine solche Gleichsetzung abzulehnen, da eine Randnutzung nur einen Ausschnitt der erwerbswirtschaftlichen Betätigung darstellt; ausführlich Mand, Erwerbswirtschaftliche Betätigung öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten außerhalb des Programms, S. 51. 82 Mand, Erwerbswirtschaftliche Betätigung öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten außerhalb des Programms, S. 45, unter Verweis auf BVerwGE 82, 29 (34); vgl. auch Heimlich, NVwZ 2000, 746 (747). 83 Ebenso Degenhart, MMR 1998, 137 (139); ders., Der Funktionsauftrag des öffentlichrechtlichen Rundfunks in der digitalen Welt, S. 47; Mand, Erwerbswirtschaftliche Betätigung öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten außerhalb des Programms, S. 44 ff.
C. Erweiterung der Zulässigkeit der wirtschaftlichen Betätigung
237
Kernaufgaben der Universitäten im weiteren Sinne fördern bzw. unterstützen müssen. 2. Rechtsgrundlagen der Annextätigkeiten und der Randnutzungen Mit der Abgrenzung der verschiedenen Begrifflichkeiten ist noch nicht die Frage geklärt, ob es ausnahmsweise einer gesonderten Rechtsgrundlage für Hilfstätigkeiten bedarf.84 Für Annextätigkeiten ist gerade wesensprägend, dass sie nicht speziell gesetzlich geregelt sind, sondern ihre Legitimation aus der ausdrücklich normierten Haupttätigkeit schöpfen. Es handelt sich um einen „Anhang“. Aus diesem Grund schöpfen Annextätigkeiten ihre Legitimation aus der expliziten Normierung der jeweiligen Haupttätigkeit, die die Annextätigkeit gerade unterstützen soll. Sie bedürfen keiner gesonderten Normierung. Die rechtliche Verankerung der Randnutzungen ist umstritten. Teilweise wird das Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit als Rechtsgrundlage herangezogen, das in den Landeshochschulgesetzen und überdies in allen Landeshaushaltsordnungen verankert ist.85 Andere verweisen auf das Recht der Selbstverwaltung86, das den Hochschulen einfachgesetzlich und in den meisten Ländern auch landesverfassungsrechtlich garantiert wird.87 Eine dritte Meinung wiederum sieht die Aufgabenzuweisung zugleich als rechtliche Verankerung der Randnutzung an,88 wohingegen eine vierte Meinung eine gesonderte gesetzliche Ermächtigung für die Zulässigkeit von Randnutzungen fordert.89 Da allen Hochschulen das Recht zur Selbstverwaltung zusteht und in den Hochschulgesetzen selbst oder in den jeweiligen Landeshaushaltsordnungen das Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit rechtlich verankert ist,90 kommt es auf eine diesbezügliche Streitentscheidung nicht 84 So auch Degenhart, Der Funktionsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der digitalen Welt, S. 48. 85 Diese Meinung vertreten z. B. BVerwGE 82, 29 (33 ff.); Fehling, in: ders./Kämmerer/ Schmidt (Hrsg.), Hochschulen zwischen Gleichheitsidee und Elitestreben, S. 35 (44). 86 Ob das Recht der akademischen Selbstverwaltung bereits in Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG verankert ist, braucht hier nicht entschieden zu werden; in folgenden Landesverfassungen wird das Selbstverwaltungsrecht explizit normiert: Art. 20 Abs. 2 Verf. BW; Art. 138 Abs. 2 bay. Verf.; Art. 32 Abs. 2 Verf. Brandbg.; Art. 60 Abs. 1 hess. Verf.; Art. 7 Abs. 3 Verf. MV; Art. 5 Abs. 3 Verf. Nds.; Art. 16 Abs. 1 Verf. NRW; Art. 39 Abs. 1 Verf. Rh.-Pf.; Art. 33 Abs. 2 Verf. Saarl.; Art. 107 Abs. 2 sächs. Verf.; Art. 31 Abs. 1 Verf. LSA; Art. 28 Abs. 1 Verf. Thür. 87 So z. B. Libertus, in: Hahn/Vesting (Hrsg.), Kommentar zum Rundfunkrecht, § 13 Rdnr. 81 ff. 88 Z. B. Grimm, ZUM 1992, 581 (584 f.); Degenhart, Der Funktionsauftrag des öffentlichrechtlichen Rundfunks in der digitalen Welt, S. 47. 89 Diese Meinung vertreten z. B. Emmerich/Steiner, Möglichkeiten und Grenzen der wirtschaftlichen Betätigung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 28 f.; Starck, in: v. Mangoldt/Klein/ders. (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 83. 90 Vgl. z. B. § 104 Abs. 1 LHG MV; § 11 Abs. 4 SächsHSG; § 7 LHO Berl.; diese Meinung vertritt Hampe, Hochschulsponsoring und Wissenschaftsfreiheit, S. 56.
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5. Kap.: Hochschulgesetzliche Legitimation und Begrenzung
an.91 Mithin ist lediglich zu klären, ob es einer gesonderten gesetzlichen Ermächtigung bedarf. Ob eine Ermächtigungsgrundlage erforderlich ist, hängt eng mit dem Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes zusammen.92 Er wird durch Grundrechtseingriffe oder vergleichbare wesentliche Handlungen des Staates ausgelöst, die bei einer Wirtschaftsbetätigung der Hochschulen jedoch regelmäßig nicht vorliegen (vgl. 3. Kap. A. 5.).93 Bedenkt man, dass Randnutzungen durch ihre unterstützende Funktion und ihre notwendige Verknüpfung mit der Haupttätigkeit gekennzeichnet sind, so scheint die Ansicht zutreffend zu sein, die keine gesonderte Ermächtigung für erforderlich hält. Denn bereits durch die gesetzliche Festlegung des Kreises der Hochschulaufgaben ist dem Vorbehalt des Gesetzes genüge getan.94 Verselbstständigt sich hingegen die wirtschaftliche Betätigung immer mehr, so dass von einer bloßen unterstützenden Funktion nicht mehr die Rede sein kann,95 so handelt es sich auch nicht mehr um eine Randnutzung. In diesem Fall wären die Wirtschaftstätigkeiten ohne eine gesonderte Ermächtigungsgrundlage als unzulässig zu verwerfen. 3. Reichweite der Legitimation Annextätigkeiten sind nur zulässig, wenn sie in einem engen Zusammenhang zur jeweiligen Haupttätigkeit stehen und dieser gegenüber eine nachrangige, unterstützende Funktion einnehmen. Denn Annexkompetenzen bewirken lediglich eine Vertiefung bereits vorhandener Kompetenzen, nicht hingegen eine sachliche horizontale Erweiterung derselben. Bei Hochschulen könnte das Merchandising96, d. h. 91 Einer der Hauptgründe gegen das Wirtschaftlichkeits- und Sparsamkeitsprinzip ist, dass das Wirtschaftlichkeitsprinzip nur das „Wie“ der Aufgabenerfüllung beeinflussen, nicht aber eine eigenständige Legitimationsquelle für staatliches Handeln darstellen könne; so explizit Hövelbernd, Die Kammern als Wettbewerber, S. 236, mit Verweis auf Schlieksy, Das öffentliche Wettbewerbsrecht, S. 230. 92 Zum Vorbehalt des Gesetzes Rupp, Grundfragen der heutigen Verwaltungsrechtslehre, S. 113 ff. m.w.N. 93 Vgl. zur Wesentlichkeitstheorie, die den Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes maßgeblich konkretisiert, BVerfGE 49, 89 (126 f.); das BVerwG hat diese Theorie übernommen; vgl. z. B. BVerwGE 47, 194 (197 ff.). 94 So Libertus, in: Hahn/Vesting (Hrsg.), Kommentar zum Rundfunkrecht, § 13 Rdnr. 82. 95 Holznagel, Der spezifische Funktionsauftrag des Zweiten Deutschen Fernsehens, S. 65, fasst es folgendermaßen treffend zusammen: „Je ausgeprägter dieses Maß ausfällt – das heißt, je mehr die Hilfstätigkeit sich als eigenständige Tätigkeit gegenüber der Haupttätigkeit verselbständigt –, desto genauer muss die dienende Funktion der Hilfstätigkeit geprüft werden.“ [Anm. Holznagel verwendet die Terminologie „Hilfstätigkeit“ synonym mit dem Begriff der „Annextätigkeit“ und der „Randnutzung“]. 96 Unter Merchandising versteht man die Sekundärverwertung von populären Erscheinungen, insbesondere Logos, Namen etc., die außerhalb ihres eigentlichen Betätigungs- und Erscheinungsfeldes zum Zwecke des Absatzes von Waren und Dienstleistungen einschließlich der Verkaufsförderung und Werbung durchgeführt wird; so Schertz, ZUM 2003, 631 (Fn. 6) m.w.N.; vgl. zur Auffassung der Rechtsprechung BGH, GRUR 1987, 128 ff. (Nena-Entscheidung); BGH, ZUM 1993, 363 ff. (Guldenberg-Entscheidung).
C. Erweiterung der Zulässigkeit der wirtschaftlichen Betätigung
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der Verkauf von Uni-T-Shirts und -tassen etc. (zunehmend auch via Internet),97 als „Maßnahme der ökonomisierten Imagepflege“98 eine zulässige Form einer Annextätigkeit darstellen. Das Merchandising fördert die Haupttätigkeit zwar durch ihren finanziellen Ertrag. Der Schwerpunkt des Merchandisings liegt jedoch auf der Steigerung der Bekanntheit der Hochschule und dem Bereitstellen identifikationsstiftender Produkte, die ein Gemeinschaftsgefühl hervorrufen und stärken sollen. Letztlich kann man somit dem Merchandising das Verfolgen eines öffentlichen Zwecks attestieren. Es nimmt zudem eine untergeordnete Rolle in den Hochschulen ein. Es ist den Hochschulen demnach problemlos möglich, in eigener Regie Merchandisingprodukte zu verkaufen. Denn bei einer solchen Wirtschaftstätigkeit werden keine Befugnisse horizontal erweitert. Vielmehr verfügen die Hochschulen bereits über die Rechte an ihrem Namen. Es steht ihnen demnach zu, ihren Namen als „Hochschulmarke“ zu verwerten. Es kann zu keiner anderen rechtlichen Bewertung führen, wenn Hochschulen privaten Dritten eine Lizenz zur wirtschaftlichen Nutzung und Verwertung der „Hochschulmarke“ gewähren, zumal dann der Aufwand und das wirtschaftliche Risiko regelmäßig für die jeweilige Hochschule noch geringer sind. Im Ergebnis kann demnach das Betreiben von Merchandising als Annextätigkeit klassifiziert und über diese Konstruktion letztlich auch legitimiert werden. Die Vermietung von Räumlichkeiten (Labore, technische Ausstattung, Sportplätze, Hörsäle etc.) sowie von Werbeflächen und das Hochschulsponsoring, d. h. wirtschaftliche Tätigkeiten der Universitäten, die weder einen unmittelbaren noch einen mittelbaren Bezug zu Forschung und Lehre aufweisen (Kategorie 3), könnten als Randnutzung klassifiziert und über diese Konstruktion sodann legitimiert werden.99 Dies wäre der Fall, wenn diese Wirtschaftstätigkeiten erstens die Haupttätigkeit der Hochschulen fördern würden; wenn sie zweitens der Haupttätigkeit gegenüber eine nachrangige Bedeutung einnehmen würden; und wenn sie drittens die sachgerechte Erledigung der Haupttätigkeit nicht behindern würden.100 Diese Grenzen implizieren, dass für Randnutzungen keine neuen Kapazitäten geschaffen oder erweitert werden dürfen, sondern es nur zulässig ist, auf bereits vorhandene zurückzugreifen.101 Wendet man die aufgestellten Kriterien auf die wirtschaftlichen Tätigkeiten der Kategorie 3 an, so kann man viele grundsätzlich als Randnutzungen qualifizieren: 97
Siehe z. B. die Startseite der Universität Bonn; http://www3.uni-bonn.de. Fehling, in: ders./Kämmerer/Schmidt (Hrsg.), Hochschulen zwischen Gleichheitsidee und Elitestreben, S. 35 (44). 99 Zustimmend für den Bereich der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten Gounalakis, Funktionsauftrag und wirtschaftliche Betätigung des Zweiten Deutschen Fernsehens, S. 79 ff.; Libertus, in: Hahn/Vesting (Hrsg.), Kommentar zum Rundfunkrecht, § 13 Rdnr. 99 f. 100 Alle drei Kriterien gehen auf Holznagel, Der spezifische Funktionsauftrag des Zweiten Deutschen Fernsehens, S. 62, zurück; vgl. auch BVerwGE 82, 29 (33 f.). 101 So auch Heimlich, NVwZ 2000, 746 (747), unter Verweis auf Krölls, GewArch 1992, 281 (287). 98
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5. Kap.: Hochschulgesetzliche Legitimation und Begrenzung
Relativ einfach gestaltet es sich, die Vermietung von Räumlichkeiten und Werbeflächen als Randnutzungen zu klassifizieren, da diese zum typischen Bereich der so genannten Vermögensverwaltung gehören. Der Begriff der Vermögensverwaltung indiziert bereits, dass nur das bereits vorhandene Vermögen wirtschaftlich genutzt wird, also keine zusätzlichen Kapazitäten geschaffen werden. Auch handelt es sich um bloße unterstützende Tätigkeiten, die gegenüber dem Wissenschaftsbetrieb deutlich nachrangige Bedeutung haben. Über eine analoge Anwendung der Drittmittelvorschriften (vgl. D. IV.) kann sichergestellt werden, dass die erwirtschafteten Einnahmen an die Hochschule zurückfließen und nur zur Förderung des Hochschulbetriebs verwendet werden dürfen. Ebenfalls dürfen Labore, Hörsäle und Sportplätze nur an Dritte vermietet werden, wenn keine Lehrveranstaltungen zu Gunsten der Erwerbstätigkeit verdrängt werden. Insbesondere bei der Vermietung von Werbeflächen ist sicherzustellen, dass die Werbung keinen „Anschein sachwidrigen parteiischen Handelns“102 erweckt. Andernfalls würde dieses einen Verstoß gegen die Neutralitätspflicht der Hochschule als Teil des Staates darstellen. Die Hochschulen dürfen Werbeflächen demnach z. B. nicht an politische Parteien vermieten. Wenn diese Grenzen beachtet werden, ist bei Vermietung von Räumlichkeiten und Werbeflächen von einer zulässigen Wirtschaftsbetätigung auszugehen. Fraglich ist indes, ob es sich noch um eine Randnutzung handelt, wenn Hochschulen dazu übergehen, zentrale Stellen innerhalb der Hochschulverwaltung einzurichten oder einen Teil der Vermögensverwaltung auf Tochterunternehmen auszulagern. Deren Aufgabe bestehen z. B. darin, über die bloße Vermietung hinaus ein Veranstaltungsmanagement von universitären Kongressen, Tagungen oder Feiern anzubieten, das sich von der Raumvergabe über Beratung und Planung bis hin zur Durchführung erstreckt.103 Bei der Prüfung, ob es sich vom Umfang der Wirtschaftstätigkeit her noch um eine Randnutzung handelt, wird es immer auf die Umstände des Einzelfalls ankommen. Als Gegenargument ist es jedoch nicht zulässig, auf das teilweise bei einer Randnutzung geforderte Merkmal „bei Gelegenheit“ zurückzugreifen.104 Dies würde bedeuten, dass eine Randnutzung nur „ad-hoc“ erfolgen dürfte. Dieses Merkmal soll eine Verselbstständigung der Randnutzung gegenüber der Haupttätigkeit verhindern. Tatsächlich ist es jedoch vorrangig unökonomisch, keine zentrale Stelle als Ansprechperson einzurichten. Letztlich könnte ein entsprechendes Verbot sogar der Haupttätigkeit zuwiderlaufen, da eine „ad-hocTätigkeit“ möglicherweise sogar mehr Ressourcen in Anspruch nehmen würde. Denn es wäre nicht gewährleistet, dass eine eingearbeitete Person diese Aufgaben bewältigen würde. Möglicherweise fielen diese Aufgaben vielen verschiedenen Personen zu, die gezwungen wären, sich immer wieder neu in diesen Aufgaben102
Heimlich, NVwZ 2000, 746 (747). Vgl. z. B. Campusservice GmbH Frankfurt a.M., Universität Hamburg Marketing GmbH; oftmals werden in diesen Tochterunternehmen auch die Aufgabenfelder Career Services, Merchandising, Werbung, Firmenkontakte und Alumniaktivitäten gebündelt. 104 So aber z. B. Degenhart, Der Funktionsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der digitalen Welt, S. 47 f.; Hampe, Hochschulsponsoring und Wissenschaftsfreiheit, S. 56. 103
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bereich einzuarbeiten, was Zeit und letztlich auch Geld kosten würde.105 Insgesamt können diese Argumente aber nur herangezogen werden, wenn es um die Einrichtung einer zentralen Stelle in einer Hochschule geht. Die Gründung einer Tochtergesellschaft stellt hingegendessen eine Unternehmensgründung dar, deren Legitimation ausschließlich anhand der speziellen Regelungen zur unternehmerischen Hochschultätigkeit gemessen werden darf.106 Als Letztes kann auch das Hochschulsponsoring als Randnutzung qualifiziert werden.107 Wie auch bei der Vermietung von Werbeflächen ist wiederum auf die Wahrung der Neutralität insbesondere in Weltanschauungsfragen zu achten. Auch muss der finanzielle Ertrag den Hochschulen zugute kommen. Es ist zudem abwegig, dass beispielsweise eine Namensänderung eines Hörsaals zu einer Funktionsbeeinträchtigung desselben führen könnte. Somit sind auch Hochschulsponsorships grundsätzlich zulässig.
III. Ergebnis Wirtschaftliche Tätigkeiten, die weder einen mittelbaren noch einen unmittelbaren Bezug zu Forschung und Lehre aufweisen (Kategorie 3), können somit bei Beachtung der dargelegten Grenzen als Annextätigkeiten und Randnutzungen klassifiziert und somit auch legitimiert werden. Die Annextätigkeiten schöpfen ihre Legitimation aus der expliziten Normierung der jeweiligen Haupttätigkeiten. Anders als Randnutzungen ist ihnen ein öffentlicher Zweck immanent. Von den hochschulischen Wirtschaftstätigkeiten kann das Merchandising als Annextätigkeit klassifiziert werden, das als unterstützende Imagemaßnahme der Hochschulen im Wettbewerb um die besten Studenten und Forscher gewertet werden kann. Eine bedeutendere Rolle für die Legitimation der wirtschaftlichen Betätigung der Kategorie 3 spielt indes die Figur der Randnutzung, die ausnahmsweise unter strengen Voraussetzungen erwerbswirtschaftliche Tätigkeiten legitimiert. Voraus105 Zudem wird oftmals aus steuerrechtlicher Gründen eine Auslagerung propagiert; vgl. insbesondere Strahl, FR 2004, 72 ff. 106 Wie unter D dargelegt wird, haben sich die Landesgesetzgeber bis auf NordrheinWestfalen dafür entschieden, die Zulässigkeit einer Unternehmensgründung vor allem von einem unmittelbaren Bezug zu den Hochschulaufgaben abhängig zu machen. Ein solcher unmittelbarer Zusammenhang ist indes bei Randnutzungen zu verneinen, so dass eine Unternehmensgründung über die Figur der Randnutzung nicht in Betracht kommt. Überdies ist zu berücksichtigen, dass eine Unternehmensgründung gerade auf eine Verselbstständigung abzielt und somit einer Klassifizierung als Randnutzung ohnehin entgegenstünde. An dieser Bewertung vermögen die (nicht verallgemeinerungsfähigen und darüber hinaus fragwürdigen) Einzelfälle in der Rechtsprechung (z. B. das Betreiben eines Medienparks oder eines Fitnessstudios als zulässige Randnutzung; vgl. OLG Koblenz, MMR 2001, 812 ff.; OVG Münster, NVwZ 2003, 1520 ff.) nichts zu ändern. Für die Gründung von entsprechenden Tochterunternehmen bedarf es einer expliziten Ermächtigungsgrundlage, die in Nordrhein-Westfalen normiert ist (vgl. § 5 Abs. 7 S. 2 HG NRW). 107 Zum Hochschulsponsoring und den Abgrenzungen vgl. statt vieler Hampe, Hochschulsponsoring und Wissenschaftsfreiheit, S. 22 ff.
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5. Kap.: Hochschulgesetzliche Legitimation und Begrenzung
setzung für die Klassifizierung als Randnutzung ist, dass die in Frage stehenden Wirtschaftstätigkeiten eine nachrangige Bedeutung gegenüber der Haupttätigkeit einnehmen, und dass sie die sachgerechte Erledigung der Haupttätigkeit nicht behindern. Diese Grenzen implizieren, dass für Randnutzungen keine neuen Kapazitäten geschaffen oder erweitert werden dürfen. Im Ergebnis können die Vermietung von Räumlichkeiten (Sportplätze, Hörsäle, aber auch Labore und technische Mittel etc.) und Werbeflächen sowie das Hochschulsponsoring als Randnutzungen klassifiziert und somit auch legitimiert werden. Letztlich kann man die Einschätzung Fehlings als zutreffend bezeichnen, der zu der Schlussfolgerung gelangt, dass die Wirtschaftstätigkeiten, die am weitesten von Forschung und Lehre entfernt sind, die „geringsten Rechtsprobleme“108 aufwerfen. Denn diese Aktivitäten seien wirtschaftlich nahezu risikofrei und Beeinträchtigungen von Forschung und Lehre seien nicht zu besorgen.109
D. Begrenzung der Zulässigkeit der wirtschaftlichen Betätigung von Hochschulen In den Landeshochschulgesetzen gibt es vermehrt Regelungen zur unternehmerischen Betätigung von Hochschulen, die jedoch von Land zu Land unterschiedlich ausgestaltet sind. Gemeinsam ist ihnen, dass sie der Zulässigkeit der unternehmerischen Hochschultätigkeiten Schranken auferlegen (vergleichbar mit denen des Gemeindewirtschaftsrechts). Im Folgenden gilt es die landeshochschulgesetzlichen Regelungen zu kategorisieren und zu untersuchen, inwieweit diese Regelungen die Zulässigkeit der unternehmerischen Tätigkeiten der Universitäten einschränken.
I. Überblick über die hochschulgesetzlichen Regelungen zur unternehmerischen Betätigung Die Regelungen über die unternehmerische Betätigung von Hochschulen als solche weisen ambivalente Züge auf. Denn offenbar halten es alle (bis auf den brandenburgischen) Landesgesetzgeber für notwendig, den Bereich der unternehmerischen Betätigung ausdrücklich normativ zu regeln und gehen mithin von einem vorhandenen Regelungsbedarf aus. Allerdings führt diese Prognose (bis auf in Thüringen und in Sachsen-Anhalt)110 nicht dazu, die unternehmerische Betätigung (oder sogar die wirtschaftliche Betätigung insgesamt) exponiert und detailliert in 108
Fehling, in: ders./Kämmerer/Schmidt (Hrsg.), Hochschulen zwischen Gleichheitsidee und Elitestreben, S. 35 (44). 109 So explizit Fehling, in: ders./Kämmerer/Schmidt (Hrsg.), Hochschulen zwischen Gleichheitsidee und Elitestreben, S. 35 (44). 110 Ausnahme: § 15 ThürHG; § 113 HSG LSA.
D. Begrenzung der Zulässigkeit der wirtschaftlichen Betätigung
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einem eigenen Paragraphen zu regeln (wie beispielsweise bei kommunaler Wirtschaftsbetätigung üblich). Stattdessen hat die Mehrzahl der Landesgesetzgeber einen weiteren Absatz an die Paragraphen über die „Hochschulaufgaben“111, das „Körperschaftsvermögen“ (bzw. „Körperschaftseinnahmen“ oder „Haushaltsführung“)112 oder die „Selbst- und Auftragsverwaltung“113 gehängt. Dieser uneindeutige Befund setzt sich in der Regelungsdichte fort, die teilweise114 deutlich hinter der des Kommunalrechts zurückbleibt.115 Welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede lassen sich nun den Landeshochschulgesetzen in Bezug auf die unternehmerische Hochschulbetätigung herausfiltern (I. 1.)? Welche Parameter sind erforderlich, um sinnvolle Kategorien der hochschulgesetzlichen Vorschriften bilden zu können, die die nachfolgende Prüfung der hochschulgesetzlichen Grenzen am besten vorbereiten (II.)? 1. Gemeinsamkeiten der hochschulgesetzlichen Regelungen zur unternehmerischen Betätigung der Hochschulen Zunächst sei der Blick auf die Gemeinsamkeiten der Regelungen in den Landeshochschulgesetzen gerichtet. Konsens besteht darüber, welche Formen der wirtschaftlichen Betätigung von Hochschulen als hochschulgesetzlich relevant eingestuft werden (a)) und welchen Bezugspunkt diese Tätigkeiten aufweisen müssen (b)). a) Gründung, Übernahme, wesentliche Erweiterung oder Beteiligung an wirtschaftlichen Unternehmen Die hochschulgesetzlichen Bestimmungen beziehen sich nicht auf den gesamten Bereich der wirtschaftlichen Betätigung, sondern nur auf einen Ausschnitt, namentlich die Gründung, Übernahme oder wesentliche Erweiterung von Unternehmen oder die Beteiligung an Unternehmen (teilweise auf die Rechtsform einer juristischen Person des Privatrechts116 begrenzt).117 Anders als viele Gemeindeord-
111 § 2 Abs. 5 LHG BW; § 4 Abs. 11 BerlHG; § 4 Abs. 4 S. 2 BremHG; § 3 Abs. 9 HmbHG; § 3 Abs. 9 HessHG; §§ 3 Abs. 9, 105 Abs. 4 LHG MV; § 2 Abs. 6 UG Saarl.; § 3 Abs. 2 HSG SH. 112 Art. 73 Abs. 3 BayHSchG; §§ 3 Abs. 9, 105 Abs. 4 LHG MV; § 50 Abs. 4 NHG; § 5 Abs. 7 HG NRW; § 104 Abs. 4 HochSchG Rh.-Pf. 113 § 6 Abs. 3 SächsHSG. 114 Sehr allgemeine Regelungen weisen § 4 Abs. 4 S. 2 BremHG, § 3 Abs. 9 HmbHG, § 3 Abs. 2 HSG SH und § 2 Abs. 6 UG Saarl. auf, die Fehling, in: ders./Kämmerer/Schmidt (Hrsg.), Hochschulen zwischen Gleichheitsidee und Elitestreben, S. 35 (36), „Blankettermächtigungen“ und Knauff, WissR 43 (2010), 28 (44), „kursorische Regelungen“ nennen. 115 Diese Einschätzung teilt Knauff, WissR 43 (2010), 28 (45). 116 Art. 73 Abs. 3 BayHSchG; § 105 Abs. 4 LHG MV; § 50 Abs. 4 NHG.
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5. Kap.: Hochschulgesetzliche Legitimation und Begrenzung
nungen unterwerfen die Hochschulgesetze somit die wirtschaftliche Betätigung keiner ständigen Kontrolle, sondern knüpfen nur an einen bestimmten Zeitpunkt, z. B. den Gründungszeitpunkt, an.118 Dabei liegt eine Gründung119 vor, wenn eine Hochschule ein Unternehmen selbst errichtet und eine Übernahme, wenn sie ein vorher in fremder Trägerschaft geführtes Unternehmen erwirbt oder in vergleichbarer Weise erlangt.120 Von einer wesentlichen Erweiterung spricht man hingegen, wenn eine nicht unerhebliche Vergrößerung erfolgt.121 Eine Beteiligung ist gegeben, wenn die Hochschule an einem privatrechtlichen Unternehmen Anteile erwirbt oder auf sonstige Weise eine Dauerbeziehung zu diesem unterhält, ohne dass es auf eine Mindestbeteiligung ankäme.122 Alle sonstigen wirtschaftlichen Tätigkeiten, die die Hochschule selbst oder ihre Untergliederungen als handelndes Rechtssubjekt erbringen, werden von den Regelungen zur unternehmerischen Hochschultätigkeit nicht erfasst. Denn der Begriff des Unternehmens123 ist hier nicht rein funktional, d. h. tätigkeitsbezogen, im Sinne des Europarechts124 zu verstehen, sondern setzt zudem eine organisatorische, von der Verwaltung getrennte Einheit voraus.125 Dafür spricht vor allem die Auslegung des Unternehmensbegriffs bei kommunalen Wirtschaftstätigkeiten, deren Lage funktional vergleichbar mit denen der Hochschulen ist.126 In 117 Einzige Ausnahme sind § 3 Abs. 2 HSG SH, in dem auch „nicht-rechtsfähige Anstalten“ genannt werden, und § 104 Abs. 4 HochSchG Rh.-Pf., in dem zusätzlich auch „Einrichtungen“ Erwähnung finden. 118 Vgl. dazu auch Burgi, Kommunalrecht, § 17 Rdnr. 41. 119 Häufigstes Beispiel ist die wissenschaftliche Ausgründung aus einer Hochschule mit dem Ziel der Verwertung der Forschungsergebnisse. Hier gilt es zu differenzieren, ob die Hochschule alleiniger Gesellschafter bleibt oder ob es sich vielmehr um eine Beteiligung der Hochschule handelt; vgl. dazu akademische Spin-Offs und studentische Start-Ups im 2. Kap. B. 120 Peters, in: Leuze/Epping (Hrsg.), HG NRW, Kommentar, § 5 Rdnr. 25. 121 Nolden, in: ders./Rottmann u. a. (Hrsg.), Sächsisches Hochschulgesetz, Kommentar, § 6 S. 30; nach diesem kann man ab einer 20 prozentigen Erhöhung des Anlagevermögens oder der Produktion von einer wesentlichen Erweiterung ausgehen. Gleichzeitig weist er darauf hin, dass nach dem Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz erst dann von einer wesentlichen Erweiterung ausgegangen werden dürfe, wenn „die fraglichen Maßnahmen den Umfang der Leistungsfähigkeit eines Unternehmens im Sinne einer räumlich oder funktionellen Ausdehnung erheblich steigern“; vgl. RhPfVerfGH, NVwZ 2000, 801 (802). 122 Peters, in: Leuze/Epping (Hrsg.), HG NRW, Kommentar, § 5 Rdnr. 25; Nörr/Stiefenhofer/Lutz, Beteiligungen von Hochschulen an Ausgründungen, S. 248 – Rechtsgutachten der Studie des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung für das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi). 123 Ausführlich zum Begriff des öffentlichen Unternehmens Storr, Der Staat als Unternehmer, S. 36 ff.; Kluth, Grenzen kommunaler Wettbewerbsteilnahme, S. 5 ff. 124 Vgl. dahingehend bes. Art. 2 Abs. 1 lit. b der Transparenzrichtlinie v. 16.11. 2006 (ABl. EG L 318 (17), zuletzt geändert durch RL 2009/162/EU v. 22.12. 2009 (ABl. L 10/14); EuGH, EuZW 2006, 600. 125 In Bezug auf das Hochschulrecht Knauff, WissR 43 (2010), 28 (45), mit Verweis auf OVG NRW, NWVBl. 2003, 462 (464); im Kommunalrecht vgl. Gern, Kommunalrecht, S. 397; Burgi, Kommunalrecht, § 17 Rdnr. 4; 17. 126 So auch Knauff, WissR 43 (2010), 28 (46).
D. Begrenzung der Zulässigkeit der wirtschaftlichen Betätigung
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Anlehnung an das Kommunalrecht kommt es demnach – neben der Grundvoraussetzung des Anbietens von Wirtschaftsgütern im Wirtschaftsverkehr – auf eine Trennung von der allgemeinen Hochschulverwaltung und eine institutionelle Verfestigung der wirtschaftlichen Tätigkeit an, die jedoch bekanntlich keine vollkommen rechtliche Verselbstständigung (wie z. B. eine GmbH oder AG) voraussetzt.127 Die zusätzliche Nennung von „Einrichtungen“ (§ 104 Abs. 4 HochSchG Rh.-Pf.) und „nicht-rechtsfähigen Anstalten“ (§ 3 Abs. 2 HSG SH) in den Landeshochschulgesetzen von Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein ist mithin deklaratorischer Natur, da prinzipiell auch wirtschaftende Einheiten ohne Rechtspersönlichkeit als (nicht-rechtsfähige) öffentliche Unternehmen klassifiziert werden können, soweit sie nicht in die allgemeinen Verwaltung eingebunden sind.128 Als Unternehmen im Sinne der hochschulrechtlichen Vorschriften kommen somit typischerweise Technologietransfergesellschaften, Weiterbildungsunternehmen oder Hochschulbeteiligungen an wissenschaftlichen Ausgründungen (akademische Spin-Offs) in Betracht, nicht aber, wie es Knauff treffend ausdrückt, das „Unternehmen Hochschule“ selbst.129 b) Öffentlicher Zweck: Bezug zu den Hochschulaufgaben Konsens besteht des Weiteren darüber, dass die unternehmerischen Hochschultätigkeiten einen unmittelbaren Bezug zu den Hochschulaufgaben130 aufweisen müssen, die diesen nunmehr in den Landeshochschulgesetzen (früher im Hochschulrahmengesetz)131 zugewiesen werden.132 Die landeshochschulgesetzlichen Regelungen knüpfen überwiegend explizit an den Wissens- und Technologietransfer als mögliches Feld zur unternehmerischen Betätigung an.133 Tatsächliche Einschränkungen hinsichtlich des Aufgabengebiets der unternehmerischen Betätigung der Hochschulen folgen jedoch, wie unter B. I. 1. ausgeführt, im Wesentlichen nicht 127
Rehn/Cronauge, in: dies./v. Lennep/Knirsch (Hrsg.), Gemeindeordnung NRW, Losebl. Stand 2011, § 107 Rdnr. 18 f.; Burgi, Kommunalrecht, § 17 Rdnr. 4. 128 Diese kommen allerdings in der Praxis selten vor; vgl. Gramlich, Öffentliches Wirtschaftsrecht, S. 83. 129 Knauff, WissR 43 (2010), 28 (46). 130 Diese Voraussetzung stellt eine spezifische Ausprägung des Erfordernisses eines „öffentlichen Zwecks“ dar, das in den funktional vergleichbaren Regelungen der Gemeindeordnungen der Länder die erste Voraussetzung bildet. 131 Mit der Rücknahme des bundesrechtlichen Regelungsanspruchs durch die Föderalismusreform I hat das HRG an Bedeutung verloren; zu den diesbezüglichen Änderungen Ennuschat/Ulrich, VBlBW 2007, 121 ff.; die Koalitionsvereinbarungen von CDU/CSU/FDP sehen vor, das HRG aufzuheben (vgl. S. 61des Koalitionsvertrags). Dies ist allerdings bisher noch nicht in die Tat umgesetzt worden. 132 Vgl. zu den Hochschulaufgaben Thieme, Hochschulrecht, S. 231 ff. 133 Vgl. § 3 Abs. 9 HessHG; §§ 3 Abs. 9, 105 Abs. 4 LHG MV; § 50 Abs. 4 NHG; § 5 Abs. 7 HG NRW; § 104 Abs. 4 HochSchG Rh.-Pf.; § 6 Abs. 3 SächsHSG; § 113 HSG LSA; § 15 ThürHG.
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5. Kap.: Hochschulgesetzliche Legitimation und Begrenzung
daraus.134 Die explizite Nennung des Wissens- und Technologietransfer als mögliches Aufgabenfeld für die unternehmerische Betätigung deckt im Ergebnis eine Vielzahl an weiteren spezielleren Hochschulaufgaben ab, die teilweise ebenfalls explizit genannt werden. So regelt z. B. § 15 Abs. 1 ThürHG: „Die Hochschulen können ungeachtet der Rechtsform insbesondere zur Förderung des Wissens- und Technologietransfers, zur Unterstützung von Existenzgründungen der Absolventen und zum Ausbau der Weiterbildungsangebote wirtschaftliche Unternehmen errichten, übernehmen, wesentlich erweitern oder sich daran beteiligen.“ Oftmals ergibt sich gerade erst durch eine Zusammenschau der verschiedenen Hochschulaufgaben mit dem Wissens- und Technologietransfer ein hinreichend konkretes Aufgabenfeld für eine mögliche unternehmerische Hochschulbetätigung.135 2. Keine Einschränkung des Anwendungsbereichs durch einzelne hochschulgesetzliche Normen Fraglich ist indes, ob § 4 Abs. 11 S. 1 BerlHG136 und § 113 Abs. 1 S. 1 HSG LSA137 das Aufgabenfeld der unternehmerischen Hochschulbetätigung beschränken. Diese verbieten, die Kernaufgaben Forschung und Lehre in Unternehmensform zu führen. Diese Vorschriften zielen allerdings nicht darauf ab, wie es der Wortlaut vermuten lassen könnte, wirtschaftliche Tätigkeiten, die unmittelbar mit Forschung oder Lehre zusammenhängen (wie beispielsweise Weiterbildungskurse), generell zu untersagen. Nach ihrem Sinn und Zweck sollen sie vorrangig sicherstellen, dass die Kernaufgaben Forschung und Lehre an den Hochschulen verbleiben 134
Vgl. zu den Hochschulaufgaben B. I. 1. in diesem Kapitel. So wird die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses erst für die unternehmerische Hochschulbetätigung relevant, wenn man sie sie in Zusammenschau mit dem Wissensund Technologietransfer betrachtet. Beispielhaft kann hier der Fall genannt werden, dass Universitäten oder Unternehmen aus der Privatwirtschaft den Weg von wissenschaftlichen Nachwuchskräften in die Selbstständigkeit ebnen, indem sie Anteilseigner (durch Bar- oder Sacheinlagen) an akademischen Spin-Offs werden. Auch die Aufgabe der internationalen Zusammenarbeit wird erst durch eine Zusammenschau mit dem Wissens- und Technologietransfer für die Wirtschaftsbetätigung bedeutend. In diesem Zusammenhang sind internationale Unternehmensgründungen und institutionalisierte internationale Forschungskooperationen als mögliche unternehmerische Tätigkeiten zu nennen; vgl. Epping, in: Hailbronner/Geis (Hrsg.), HRG-Kommentar, Bd. 1, § 2 Rdnr. 14; Wendelin, in: Geis (Hrsg.), Hochschulrecht im Freistaat Bayern, S. 216; Hemer/Dornbusch/Kulicke/Wolf, Beteiligungen von Hochschulen an Ausgründungen, S. 34 ff. 136 § 4 Abs. 11 S. 1 BerlHG: „Zur Erfüllung ihrer Aufgaben können die Hochschulen Dritte gegen Entgelt in Anspruch nehmen, mit Zustimmung des für Hochschulen zuständigen Mitglieds des Senats von Berlin sich an Unternehmen beteiligen und Unternehmen gründen, sofern nicht Kernaufgaben in Forschung und Lehre unmittelbar betroffen sind […]“. 137 § 113 Abs. 1 S. 1 HSG LSA: „Mit Zustimmung des Ministeriums können sich Hochschulen an Unternehmen beteiligen oder Unternehmen gründen insbesondere für die Bereiche Forschung, Entwicklung und Weiterbildung, sofern nicht Kernaufgaben in diesen Bereichen unmittelbar betroffen sind.“ 135
D. Begrenzung der Zulässigkeit der wirtschaftlichen Betätigung
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und nicht auf andere Rechtsträger übertragen werden.138 Letztlich ist auch in diesen Ländern eine unternehmerische Betätigung der Hochschulen mit einem unmittelbaren Bezug zu Forschung und Lehre zulässig, soweit sich die Hochschulen dadurch nicht des Kernbestands der Aufgaben in Forschung und Lehre entledigen. Da sich diese Grenze jedoch bereits aus Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG selbst ergibt und demnach für alle Hochschulen Geltung entfaltet, ist das Verbot, Forschung und Lehre in Unternehmensform zu führen, vorrangig als Ermahnung zu deuten, sich der primären Bedeutung von Forschung und Lehre bewusst zu bleiben und nicht deren „Ausverkauf“ voranzutreiben.139 Im Ergebnis sind § 4 Abs. 11 S. 1 BerlHG und § 113 Abs. 1 S. 1 HSG LSA nicht als Beschränkungen der Kategorie 1 zu werten. Des Weiteren ist fraglich, ob bzw. inwieweit § 2 Abs. 5 LHG BW das Aufgabenfeld der unternehmerischen Hochschulbetätigung beschränkt. Nach § 2 Abs. 5 LHG BW dürfen Hochschulen „Unternehmen nur errichten, übernehmen, wesentlich erweitern oder sich daran beteiligen, wenn öffentliche Zwecke des Technologietransfers, der Verwertung von Forschungsergebnissen und die wissenschaftliche Weiterbildung dies rechtfertigen“. Zweifellos führt das Einfügen des „nur“ zu einer Beschränkung der unternehmerischen Betätigung. Die anderen hochschulgesetzlichen Regelungen eröffnen den Hochschulen einen größeren Spielraum hinsichtlich des Aufgabenfeldes der unternehmerischen Betätigung (z. B. durch Formulierungen wie „Hochschulen können insbesondere zur Förderung im Wissens- und Technologietransfer Unternehmen gründen“140 oder „Hochschulen können im Rahmen ihrer Aufgaben Unternehmen gründen“141). Die baden-württembergische Regelung verengt hingegen den Aktionsradius der unternehmerischen Betätigung. Die Beschränkung relativiert sich jedoch, wenn man die Tätigkeitsfelder genauer betrachtet, auf die die unternehmerische Betätigung eingegrenzt wird. Öffentliche Zwecke des Technologietransfers, Verwertung von Forschungsergebnissen und wissenschaftliche Weiterbildung decken den Großteil der Hochschulaufgaben ab, die für eine unternehmerische Betätigung überhaupt in Frage kommen. Die einzige Hochschulaufgabe, die eventuell auch noch wirtschaftlich interessant wäre, ist die der (inter-)nationalen Kooperation von Hochschulen. Aber auch diese Hochschulaufgabe ist zumindest teilweise durch den Technologietransfer abgedeckt, der u. a. einen Transferkanal in die Hochschule hinein und aus dieser heraus bildet. Letztlich folgt aus § 2 Abs. 5 LHG BW somit keine wesentliche Beschränkung des Aufgabenfelds der unternehmerischen Hochschulbetätigung in Baden-Württemberg (was ebenfalls durch die weite Formulierung „öffentliche Zwecke des Technologietransfers“ gestützt wird). 138
Nörr/Stiefenhofer/Lutz, Beteiligungen von Hochschulen an Ausgründungen, S. 261 – Rechtsgutachten der Studie des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung für das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi). 139 Ähnlich Knauff, WissR 43 (2010), 28 (47). 140 § 3 Abs. 9 HessHG. 141 § 3 Abs. 9 LHG MV.
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5. Kap.: Hochschulgesetzliche Legitimation und Begrenzung
II. Kategorisierung der hochschulgesetzlichen Regelungen zur unternehmerischen Betätigung Zu untersuchen gilt es nun, anhand welcher Parameter die hochschulgesetzlichen Regelungen zur unternehmerischen Betätigung am sinnvollsten kategorisiert werden könnten. Trotz der soeben herausgestellten Gemeinsamkeiten weichen die Vorschriften in den einzelnen Ländern erheblich voneinander ab – vor allem hinsichtlich der Regelungsdichte. Deswegen erscheint eine Kategorisierung der hochschulgesetzlichen Regelungen zur unternehmerischen Betätigung der Hochschulen an Hand dieses Parameters am sinnvollsten zu sein. Die Vorschriften der Landeshochschulgesetze lassen sich somit in drei Kategorien einteilen. Die erste Kategorie („Speziellgesetzliche-Normierung“)142 lehnt sich von der Regelungsdichte und von den Voraussetzungen her an die Normen des Gemeindewirtschaftsrechts an. Wie in den Gemeindeordnungen unterwerfen sie die unternehmerische Betätigung bestimmten Schranken, wie z. B. die Verpflichtung, dass eine unternehmerische Tätigkeit in einem angemessenen Verhältnis zur Leistungsfähigkeit und zum voraussichtlichen Bedarf stehen muss. Die Vorschriften sind regelmäßig abschließend in den Landeshochschulgesetzen geregelt. Die zweite Kategorie hingegen („Verweis-aufLHO“-Kategorie)143 verweist im Wesentlichen auf die haushaltsrechtlichen Bestimmungen der §§ 65 ff. der jeweiligen Landeshaushaltsordnungen, falls es sich um die Unternehmensgründung oder -beteiligung in der Rechtsform einer juristischen Person des Privatrechts handelt. Die hochschulgesetzlichen Voraussetzungen gehen hingegen kaum über die bereits geschilderten Gemeinsamkeiten hinaus. Letzteres trifft in verstärktem Maße auf die dritte Kategorie zu („weder-noch“-Kategorie),144 deren Normen weder einen Verweis auf die jeweiligen Landeshaushaltsordnungen noch weitere materiell-hochschulrechtliche Voraussetzungen enthalten.
III. Die hochschulgesetzlichen Grenzen der unternehmerischen Betätigung Die einzelnen Kategorien der Hochschulgesetze sollen im Folgenden näher untersucht werden. Der Schwerpunkt liegt dabei auf dem Aufzeigen der hochschulrechtlichen Grenzen. Mit der Grenzziehung wird gleichsam die Zulässigkeit der unternehmerischen Hochschulbetätigung abgesteckt. Den Anfang soll die Kategorie der „Speziell-gesetzlichen-Normierung“ machen, die eine rein hochschulgesetzliche Lösung trifft, mit anderen Worten also nicht auf weitere Gesetze (insbesondere die 142 § 2 Abs. 5 LHG BW; § 5 Abs. 7 HG NRW; § 104 Abs. 4 HochSchG Rh.-Pf.; § 6 Abs. 3 SächsHSG; § 15 ThürHG. 143 Art. 73 Abs. 3 BayHSchG; § 3 Abs. 9 HessHG; §§ 3 Abs. 9, 105 Abs. 4 LHG MV; § 50 Abs. 4 NHG; § 113 HSG LSA; § 3 Abs. 2 HSG SH. 144 § 4 Abs. 11 BerlHG; § 4 Abs. 4 S. 2 BremHG; § 3 Abs. 9 HmbHG; § 2 Abs. 6 UG Saarl.
D. Begrenzung der Zulässigkeit der wirtschaftlichen Betätigung
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jeweilige Landeshaushaltsordnung) verweist. Gegebenenfalls können die gewonnenen Erkenntnisse sodann in die nachfolgenden Analysen der anderen beiden Kategorien einfließen. Dies könnte insbesondere für die „Weder-noch“-Kategorie relevant werden, die auf Auslegungsleitlinien angewiesen ist, um rechtlich handhabbar zu werden. 1. Kategorie der „Speziell-gesetzlichen-Normierung“ Die Schranken, die die Landeshochschulgesetze der Kategorie der „Speziellgesetzlichen-Normierung“ den unternehmerischen Hochschultätigkeiten auferlegen, entsprechen im Wesentlichen denen der Gemeindeordnungen der Länder (Stichwort: Schrankentrias).145 Wie bereits dargelegt, muss die unternehmerische Betätigung der Hochschulen stets einen Bezug zu den Hochschulaufgaben aufweisen. Die Voraussetzung des öffentlichen Zwecks ist somit in den Landeshochschulgesetzen im Vergleich zu den Gemeindeordnungen präziser gefasst, was nicht zuletzt auf organisationsrechtliche Gründe zurückzuführen ist. Des Weiteren muss das Unternehmen nach Art und Umfang in einem angemessenen Verhältnis zur Leistungsfähigkeit der Hochschule und zum voraussichtlichen Bedarf stehen (a)), die Hochschule muss einen angemessenen Einfluss in den Organen des Unternehmens erhalten (b)) und die Haftung und Einlageverpflichtung der Hochschule muss auf einen bestimmten und ihrer Leistungsfähigkeit angemessenen Betrag begrenzt werden (c)), wobei die Einlage aus freien Rücklagen der Hochschule zu erfolgen hat. Eine Subsidiaritätsklausel existiert hingegen bis auf zwei Ausnahmen in keinem Landeshochschulgesetz E), wird aber durch Genehmigungs- und Anzeigeerfordernisse gegenüber den jeweiligen Landesministerien (zumindest teilweise) kompensiert (f)). Zuletzt ist auf die Prüfungsrechte und -pflichten des Landesrechnungshofs einzugehen (g)). a) Angemessenes Verhältnis zur Leistungsfähigkeit und zum voraussichtlichen Bedarf Die unternehmerische Hochschultätigkeit muss zunächst nach Art und Umfang in einem angemessenen Verhältnis zur Leistungsfähigkeit der Hochschule und zum voraussichtlichen Bedarf stehen (vgl. z. B. § 5 Abs. 7 S. 1 Nr. 2 HG NRW, § 2 Abs. 5 S. 1 Nr. 2 LHG BW).146 Die Erstellung einer Bedarfsprognose, die sich an dem status
145
Die Voraussetzungen werden auch im Kommunalrecht verwendet und werden als bekannt vorausgesetzt. Da sie im Hochschulrecht nicht anders auszulegen sind, werden die diesbezüglichen Ausführungen kurz gehalten; vgl. zur Problematik z. B. Kluth, Grenzen kommunaler Wettbewerbsteilnahme, S. 89 ff. m.w.N. 146 Ronellenfitsch/Stein, in: Hoppe/Uechtritz (Hrsg.), Handbuch Kommunale Unternehmen, § 4 Rdnr. 13.
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5. Kap.: Hochschulgesetzliche Legitimation und Begrenzung
quo und dem zukünftigen Bedarf orientieren muss,147 hat vor allem dem finanziellen Spielraum Rechnung zu tragen, der regelmäßig im Jahresabschluss zu ermitteln ist.148 Beide Voraussetzungen (Leistungsfähigkeit und Bedarfsprognose) schützen die Hochschule davor, sich zu großen finanziellen Risiken auszusetzen.149 Die Zulässigkeit einer unternehmerischen Hochschultätigkeit hängt somit maßgeblich von der Größe und der finanziellen Ausstattung der jeweiligen Hochschule ab.150 Sie kann demnach nur relativ bestimmt werden. Des Weiteren kann eine Beurteilung, ob eine unternehmerische Betätigung in einem angemessen Verhältnis zur Leistungsfähigkeit einer Hochschule steht, nur anhand einer Gesamtbetrachtung von allen unternehmerischen Tätigkeiten erfolgen. Denn ausschlaggebend für eine Beurteilung muss stets die finanzielle Gesamtbelastung der Hochschule sein.151 Hier sind die jeweiligen Aufsichtsorgane (Hochschulrat bzw. das jeweilige Landesministerium) maßgeblich gefragt. b) Angemessener Einfluss der Hochschule in den Organen des Unternehmens Vor allem bei Unternehmensbeteiligungen (wie z. B. Beteiligung einer Hochschule an einem akademischen Spin-Off) muss sichergestellt werden, dass die Hochschulen einen angemessen Einfluss in den Organen erhalten, um den erforderlichen Bezug zu den Hochschulaufgaben zu wahren und gegebenenfalls durchzusetzen (vgl. z. B. § 5 Abs. 7 S. 1 Nr. 3 HG NRW, § 2 Abs. 5 S. 1 Nr. 3 LHG BW.152 Wie auch bei den Ausführungen zu den Merkmalen „angemessenes Verhältnis zur Leistungsfähigkeit“ und „voraussichtlicher Bedarf“ kann hier auf die Erkenntnisse des Gemeindewirtschaftsrechts zurückgegriffen werden. „Organ“ im Sinne dieser Vorschrift bezeichnet ein Kontroll- und Überwachungsorgan, in welchem durch detaillierte diesbezügliche Regelungen in einem Gesellschaftsvertrag oder in vergleichbarer Weise153 eine Möglichkeit der angemessenen Einflussnahme seitens der
147 Vgl. Cronauge/Westermann, Kommunale Unternehmen, Kap. IX Rdnr. 262; Ronellenfitsch/Stein, in: Hoppe/Uechtritz (Hrsg.), Kommunale Unternehmen, § 4 Rdnr. 13; Burgi, in: Dietlein/ders./Hellermann (Hrsg.), Öffentliches Recht in NRW, § 2 Rdnr. 404. 148 Vgl. Sendlak, Unternehmerische Tätigkeit der Hochschule, S. 59 f. 149 Vgl. Cronauge/Westermann, Kommunale Unternehmen, Kap. IX Rdnr. 262; Burgi, Kommunalrecht, § 17 Rdnr. 45. 150 In Bezug auf die gemeindliche Wirtschaftstätigkeit Burgi, Sektorenspezifische Modernisierung des kommunalen Wirtschaftsrechts in Nordrhein-Westfalen, S. 42. 151 Burgi, Sektorenspezifische Modernisierung des kommunalen Wirtschaftsrechts in Nordrhein-Westfalen, S. 43. 152 Zur Ingerenzpflicht im Kommunalrecht vgl. auch Mann, Die öffentlich-rechtlich Gesellschaft, S. 90 m.w.N. 153 Zu denken ist bspw. an Prüfungsrechte oder Veto-Rechte der Hochschule; so Nörr/ Stiefenhofer/Lutz, Beteiligungen von Hochschulen an Ausgründungen, S. 261 – Rechtsgutachten der Studie des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung für das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi).
D. Begrenzung der Zulässigkeit der wirtschaftlichen Betätigung
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Hochschulen sichergestellt wird.154 Konsequenterweise kommt die Rechtsform der Aktiengesellschaft grundsätzlich nicht in Betracht, da der Vorstand einer Aktiengesellschaft, anders als der Gesellschafter einer GmbH, nicht weisungsgebunden ist (§ 76 Abs. 1 AktG).155 Was unter einem „angemessenen Einfluss“ wiederum zu verstehen ist, hängt vom Einzelfall ab, wobei Ausgangspunkt der Beurteilung vor allem die prozentuale Höhe der Beteiligung ist. Denn der Einfluss der Hochschule in den Kontrollorganen muss nicht zwangsläufig ausschlaggebender Natur sein, sondern korreliert in der Regel mit den tatsächlichen Beteiligungsanteilen.156 Als Mittel der Einflussnahme kommt vielerlei in Betracht: sowohl direkte inhaltliche Mitwirkungsrechte als auch mittelbare Kontrollmöglichkeiten durch eine Wahl- oder Abwahloption der Organe des Unternehmens.157 Entscheidend ist, dass die Einwirkungsmöglichkeiten der Hochschulen dauerhaft sind und diese zumindest die Möglichkeit haben, der Ingerenzpflicht nachzukommen, d. h. den Bezug zu den Hochschulaufgaben sicherzustellen. c) Beschränkung der Einlageverpflichtung und der Haftung der Hochschule Mit einer Unternehmensgründung oder -beteiligung gehen die Hochschulen stets ein wirtschaftliches Risiko ein.158 Dieses kann zwar nicht ausgeschlossen, sollte aber möglichst minimiert werden. Aus diesem Grunde bestimmen die Landeshochschulgesetze (wiederum wie im Kommunalrecht), dass die Einlageverpflichtung der Hochschule auf einen bestimmten und der (bereits unter D. III. a)) angesprochenen) Leistungsfähigkeit der Hochschule angemessenen Betrag begrenzt werden muss, wobei die Einlage aus freien Rücklagen der Hochschule zu erfolgen hat (vgl. z. B. § 5 Abs. 7 S. 1 Nr. 4 HG NRW, § 2 Abs. 5 S. 1 Nr. 4 LHG BW).159 Bei der Einlage kann es sich sowohl um eine Bar- als auch um eine Sacheinlage handeln. Als Sacheinlage kommen auch gewerbliche Schutzrechte, wie z. B. Patente oder aber exklusive Lizenzrechte in Betracht. Diese Variante könnte für die Hochschulen von besonderem Interesse sein.160 154
Cronauge/Westermann, Kommunale Unternehmen, Kap. IX, Rdnr. 268. Hüffer, Aktiengesetz, Kommentar, § 76 Rdnr. 2; vgl. auf den Hochschulbereich bezogen Nolden, in: ders./Rottmann u. a. (Hrsg.), Sächsisches Hochschulgesetz, Kommentar, § 6 S. 34 ff. 156 Vgl. Franz, Gewinnerzielung durch kommunale Daseinsvorsorge, S. 232; Sendlak, Unternehmerische Tätigkeit der Hochschule, S. 61 f. 157 Sendlak, Unternehmerische Tätigkeit der Hochschule, S. 62. 158 Dieses besteht in dem so genannten Kapitalverlustrisiko; vgl. dazu Oebbecke, in: Hoppe/ Uechtritz (Hrsg.), Kommunale Unternehmen, § 8 Rdnr. 43 f. 159 Oebbecke, in: Hoppe/Uechtritz (Hrsg.), Kommunale Unternehmen, § 8 Rdnr. 44. 160 Nörr/Stiefenhofer/Lutz, Beteiligungen von Hochschulen an Ausgründungen, S. 261 – Rechtsgutachten der Studie des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung für das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi). 155
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5. Kap.: Hochschulgesetzliche Legitimation und Begrenzung
Die gleiche Intention, nämlich die Hochschulen vor unkalkulierbaren finanziellen Risiken zu schützen, verfolgt der Ausschluss der unbegrenzten Haftung bei Hochschulen. Denn falls es zu einem Haftungsfall käme, müsste entweder (bei einer entsprechenden hochschulrechtlichen Regelung wie z. B. in § 5 Abs. 7 HG NRW)161 die jeweilige Hochschule oder das Land für die entsprechende Summe aufkommen. Den Hochschulen ist es demnach verboten, z. B. Komplementär einer Kommanditgesellschaft zu werden oder sich an einer offenen Handelsgesellschaft zu beteiligen bzw. eine solche zu gründen, da mit diesen Rechtsformen eine unbegrenzte Haftung einherginge.162 Stattdessen muss die Haftung beschränkt sein und mit der jeweiligen Leistungsfähigkeit der Hochschule korrelieren. Die Angemessenheit der Einlageverpflichtung und der Haftung auf der einen und der Leistungsfähigkeit auf der anderen Seite ist durch eine Abwägung zu ermitteln, wobei als Indiz für die Leistungsfähigkeit der Jahresabschlussbericht regelmäßig herangezogen wird.163 d) Zwischenergebnis Zusammenfassend gilt es zu konstatieren, dass die Voraussetzungen (angemessenes Verhältnis zur Leistungsfähigkeit der Hochschule und zum voraussichtlichen Bedarf, angemessener Einfluss der Hochschule in den Organen des Unternehmens sowie Begrenzung der Haftung und Einlageverpflichtung der Hochschule) keine hochschulspezifischen Besonderheiten normieren, sondern an die Regelungen im Kommunalrecht angelehnt sind. Letztlich konkretisieren und verschärfen diese Schranken die Zulässigkeitsvoraussetzung „Verbot der Beeinträchtigung von Forschung und Lehre“, die für alle wirtschaftlichen Tätigkeiten einer Hochschule Geltung entfaltet. e) Subsidiaritätsklausel im Hochschulgesetz von Nordrhein-Westfalen und von Sachsen Im Hochschulrecht hat die so genannte Subsidiaritätsklausel eine untergeordnete Bedeutung, wohingegen sie bekanntermaßen im Gemeindewirtschaftsrecht eine große Rolle spielt.164 Das könnte, wie auch Knauff vermutet, daran liegen, dass die 161 So lautet es ausdrücklich in der Begründung zum Gesetzesentwurf der nordrheinwestfälischen Landesregierung für ein Hochschulfreiheitsgesetz, Landtag NRW, Drucks. 14/ 2063, S. 236. 162 Ausführlich dazu Sendlak, Unternehmerische Tätigkeit der Hochschule, S. 74 ff. 163 Peters, in: Leuze/Epping (Hrsg.), HG NRW, Kommentar, § 5 Rdnr. 28; Sendlak, Unternehmerische Tätigkeit der Hochschule, S. 65. 164 Zur strittigen Frage, ob eine Subsidiaritätsklausel Drittschutz gewährt, vgl. im Überblick Wendt, in: Mann/Püttner (Hrsg.), Handbuch der kommunalen Wissenschaft und Praxis, Bd. 2, § 42 Rdnr. 36; für einen Drittschutz z. B. von Arnim, Rechtsfragen der Privatisierung, S. 124; Henneke, DVBl. 2000, 997 (999); Kaltenborn, WuW 2000, 488 (495); Cronauge/Westermann, Kommunale Unternehmen, Kap. IX Rdnr. 503; gegen einen Drittschutz und für einen Prognose- und Beurteilungsspielraum Badura, DÖV 1998, 821 ff.; Otting, SächsVBl. 1998, 93
D. Begrenzung der Zulässigkeit der wirtschaftlichen Betätigung
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ökonomische Dimensionen der hochschulischen und kommunalen Wirtschaftstätigkeit und die Anzahl der hochschulischen und kommunalen Unternehmen nicht miteinander vergleichbar sind.165 Möglich wäre auch, dass die private Konkurrenz in diesem Wirtschaftszweig weniger stark ausgeprägt ist und es dementsprechend keiner Subsidiaritätsklausel bedarf. Denn allgemein gesprochen verfolgt eine so genannte Subsidiaritätsklausel den Schutz privater Wirtschaftsteilnehmer vor einer übermächtigen Konkurrenz durch die öffentliche Wirtschaftstätigkeit.166 Im Kommunalrecht normiert sie, dass sich entweder die Gemeinde nur wirtschaftlich betätigen darf, wenn sie die Aufgabe „ebenso gut und wirtschaftlich“167 wie Private erfüllen kann oder (alternativ) „besser und wirtschaftlicher“168. Die unterschiedlich scharf ausgestalteten Voraussetzungen korrelieren regelmäßig mit dem Erfordernis eines „dringenden öffentlichen Zwecks“ oder „öffentlichen Zwecks“, das ebenfalls eine Zulässigkeitsvoraussetzung für eine unternehmerische Wirtschaftstätigkeit der Gemeinde ist. Je nach landespolitischer Couleur werden gewissermaßen als Aushängeschild der wirtschaftspolitischen Überzeugungen strenge oder weniger strenge Voraussetzungen für ein kommunales, wirtschaftliches Tätigwerden in den Gemeindeordnungen verankert. Tatsächlich nivellieren sich die unterschiedlich engen Zulässigkeitsvoraussetzungen in der Praxis, da eine Abgrenzung kaum möglich ist. Den Gemeinden steht zudem eine Einschätzungsprärogative u. a. hinsichtlich der tatsächlich existierenden Konkurrenzsituation zu.169 So kommt der vornehmlich rechtspolitisch geführten Debatte, wie Oebbecke treffend feststellt, vor allem „symbolische Bedeutung“170 zu und zwar insbesondere in Nordrhein-Westfalen, wo in der Regel einer der ersten Rechtsakte im Falle eines Regierungswechsels in der Änderung des Gemeindewirtschaftsrechts besteht.171 Es ist wahrscheinlich kein Zufall, dass Nordrhein-Westfalen das erste und lange Zeit das einzige Land war, das auch im Hochschulrecht eine Subsidiaritätsklausel (94); Selmer, in: Stober/Vogel (Hrsg.), Wirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand, S. 100 f.; Pagenkopf, GewArch 2000, 177 (181). 165 Dies vermutet auch Knauff, WissR 43 (2010), 28 (48). 166 Zum Unterschied zwischen echten und unechten Subsidiaritätsklauseln Cronauge/ Westermann, Kommunale Unternehmen, Kap. IX Rdnr. 270 ff.; vgl. zur Irrelevanz der Unterschiede Ennuschat, NWVBl. 2009, 1 f. 167 Z. B. § 108 Abs. 1 Nr. 3 NGO (Niedersachsen); § 85 Abs. 1 Nr. 3 GemO Rh.-Pf.; § 108 Abs. 1 Nr. 3 KSVG (Saarland); § 71 Abs. 1 Nr. 4 KO Thür. 168 Z. B. § 107 Abs. 1 Nr. 3 GO NRW; § 97 Abs. 1 Nr. 3 SächsGemO; § 101 Abs. 1 Nr. 1 GO SH. 169 Vgl. Franz, Gewinnerzielung durch kommunale Daseinsvorsorge, S. 222. 170 Oebbecke, in: Mann/Püttner (Hrsg.), Handbuch der kommunalen Praxis, Bd. 2, § 41 Rdnr. 30. 171 Nach dem Wechsel der Landesregierung von „schwarz-gelb“ zu „rot-grün“ im Jahr 2010 bestand wieder einer der ersten Rechtsakte darin, das Gemeindewirtschaftsrecht nach den eigenen wirtschaftspolitischen Vorstellungen zu ändern. So wurde das „Gesetz zur Revitalisierung des Gemeindewirtschaftsrechts“ (Gesetz vom 21.12. 2010 [GV. NRW. 2010, S. 688]), erlassen, das die §§ 107, 108 GO NW veränderte und den § 107a GO NW neu einfügte.
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5. Kap.: Hochschulgesetzliche Legitimation und Begrenzung
normiert (erst im Dezember 2010 folgte Sachsen)172. Dort ist die Klausel ebenfalls Ausdruck der ehemaligen schwarz-gelben wirtschaftsliberalen Landespolitik, die sich selbst mit den Schlagworten „Freiheit der Forschung und Lehre, gepaart mit mehr Wettbewerb, mehr Autonomie und mehr Verantwortung“173 beschrieb. In § 5 Abs. 7 S. 2 HG NRW spiegelt sich der Autonomiegewinn der Hochschulen wider, denn betrachtet man die dort geregelte Subsidiaritätsklausel genauer, kommt man zu dem Schluss, dass es sich bei der Klausel tatsächlich um eine „Öffnungsklausel“ und nicht um eine „Begrenzungsklausel“ handelt. Dies soll im Folgenden dargelegt werden. Im Anschluss daran soll die neue Regelung in Sachsen untersucht werden. aa) Nordrhein-Westfalen Was normiert die Subsidiaritätsklausel in dem Hochschulgesetz NordrheinWestfalens? Und worauf genau bezieht sich das Subsidiaritätserfordernis? Die Antworten auf beide Fragen lassen sich bereits dem Wortlaut des § 5 Abs. 7 S. 2 HG NRW selbst entnehmen. Dieser normiert, dass „eine unternehmerische Hochschultätigkeit für sonstige Zwecke im Umfeld der Aufgaben nach § 3 [Anm. Hochschulaufgaben] darüber hinaus nur zulässig [ist], wenn dieser Zweck durch andere Unternehmen nicht ebenso gut und wirtschaftlich erfüllt werden kann“. Die Subsidiaritätsklausel bezieht sich folglich nur auf unternehmerische Hochschultätigkeiten, die nicht unmittelbar mit den explizit genannten Tätigkeitsfeldern (Zwecke von Forschung und Lehre, des Wissenstransfer, der Verwertung von Forschungsergebnissen, vgl. § 5 Abs. 7 S. 1 Nr. 2 HG NRW) zusammenhängen. Zu denken ist laut Gesetzesbegründung an das „Facility Management“174 (darunter wird das Verwalten und Bewirtschaften von Gebäuden, Anlagen und Einrichtungen verstanden). Auf Grund dieser Vorschrift dürfen somit beispielsweise universitäre „Eventmanagement“-Unternehmen gegründet werden, deren Aufgabe vor allem im Tagungsmanagement besteht (von der Raumvergabe über Beratung und Planung bis hin zur Durchführung).175
172
Gesetz über die Hochschulen im Freistaat Sachsen vom 10.12. 2008 (SächsGVBl. S. 900), zuletzt geändert durch Art. 21 des Gesetzes vom 15.12. 2010 (SächsGVBl. S. 387). 173 Vgl. die Begründung zum Gesetzesentwurf der nordrhein-westfälischen Landesregierung für ein Hochschulfreiheitsgesetz, Landtag NRW, Drucks. 14/2063, S. 220. 174 Begründung zum Gesetzesentwurf der nordrhein-westfälischen Landesregierung für ein Hochschulfreiheitsgesetz, Landtag NRW, Drucks. 14/2063, S. 236; das „Facility Management“ bezieht sich zum einen auf technische Tätigkeiten, wie z. B. die Instandhaltung von technischen Gebäudeanlagen, und zum anderen auf kaufmännische Bestandteile, wie z. B. Vermietungen und infrastrukturelle Leistungen (Gebäudereinigungen und die Pflege der Außenanlagen); so Peters, in: Leuze/Epping (Hrsg.), HG NRW, Kommentar, § 5 Rdnr. 28. 175 Vgl. z. B. UNIversaal RUB, außerhalb von NRW vgl. z. B. CAMPUSERVICE GmbH Frankfurt a.M., Universität Hamburg Marketing GmbH; oftmals bündeln diese Tochterunternehmen auch Career Services, Merchandising, Werbung, Firmenkontakte und Alumniaktivitäten.
D. Begrenzung der Zulässigkeit der wirtschaftlichen Betätigung
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Durch § 5 Abs. 7 S. 2 HG NRW werden somit Wirtschaftstätigkeiten, die typischerweise unter dem Begriff der „Randnutzung“176 diskutiert werden, explizit erlaubt. Ebenfalls könnte man nach der Ansicht von Peters auf Grund dieser Vorschrift den Betrieb einer Tanzschule oder eines Fitness-Studios außerhalb des Hochschulsports legitimieren.177 In diesen Fällen wäre jedoch fraglich, ob sich diese Tätigkeiten noch im Umfeld der Hochschulaufgaben, wie es § 5 Abs. 7 S. 2 HG NRW fordert, befänden. Zwar ist der Begriff des „Umfelds“ weiter zu verstehen als ein „mittelbarer Bezug“ zu den Hochschulaufgaben. Eine Grenze muss jedoch dessen negative Wendung markieren.178 D.h., dass eine unternehmerische Tätigkeit, die keinen Bezug zu den Hochschulaufgaben aufweisen würde, nicht mehr über § 5 Abs. 7 S. 2 HG NRW legitimiert werden könnte. Der Betrieb eines Fitnessstudios oder einer Tanzschule müssen m. E. im Grenzbereich des Zulässigen verortet werden. Zwar weisen sie einen mittelbaren Bezug zu der Hochschulaufgabe des Sports auf, allerdings ist die private Konkurrenz in diesem Bereich sehr groß. Im Streitfall obläge der Hochschule die Nachweispflicht, ob sie in der Lage wäre, die entsprechende Wirtschaftstätigkeit besser und wirtschaftlicher zu erfüllen als ein privates Unternehmen.179 Ein solcher Nachweis wird in diesen Fällen kaum gelingen, da die sportliche Betätigung (mit Ausnahme der Sporthochschulen) nicht zum Kernbereich der Hochschulen gehört. Insgesamt lässt sich festhalten, dass die Subsidiaritätsklausel in § 5 Abs. 7 S. 2 HG NRW die Möglichkeiten der unternehmerischen Wirtschaftsbetätigung über den (bisher konstatierten) notwenigen unmittelbaren Bezug zu den Hochschulaufgaben hinaus erweitert und erst in einem zweiten Schritt begrenzend wirkt. Erforderlich ist ein „innerer funktionaler Zusammenhang“180 zu den Hochschulaufgaben. Da ein solcher Zusammenhang positiv kaum zu definieren ist, bedarf es einer negativ formulierten Abgrenzung. Demnach liegt eine unternehmerische Hochschulbetätigung nicht mehr „im Umfeld“ von den Hochschulaufgaben, wenn sie keinen Bezug zu diesen Aufgaben aufweist. Aus der Erweiterung folgt, dass prinzipiell in Nordrhein-Westfalen unternehmerische Tätigkeiten der „Kategorie 3“ zulässig sind. Zwar erfasst diese Kategorie solche wirtschaftlichen Tätigkeiten, die weder einen unmittelbaren noch einen mittelbaren Bezug zu Forschung und Lehre aufweisen (z. B. Raumvermietung, Eventmanagement, Merchandising etc.). Dies bedeutet aber nicht, dass sie in keinem Zusammenhang zu den Hochschulaufgaben stehen, die überdies selbst teilweise lediglich einen mittelbaren Bezug zu Forschung und Lehre haben. Vielmehr handelt es sich bei Wirtschaftstätigkeiten der Kategorie 3 oftmals gerade um solche, die im Umfeld der Hochschulaufgaben siedeln. Dies wird durch die Gesetzesbegründung 176 177 178 179 180
Vgl. dazu in diesem Kapitel unter C. II. So Peters, in: Leuze/Epping (Hrsg.), HG NRW, Kommentar, § 5 Rdnr. 28. Zustimmend Knauff, WissR 43 (2010), 28 (49). Peters, in: Leuze/Epping (Hrsg.), HG NRW, Kommentar, § 5 Rdnr. 28. Peters, in: Leuze/Epping (Hrsg.), HG NRW, Kommentar, § 5 Rdnr. 28.
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5. Kap.: Hochschulgesetzliche Legitimation und Begrenzung
unterstrichen, die das Beispiel des „Facility-Managements“ nennt.181 So gehören die Raumvermietung, das Eventmanagement und das Merchandising zum Anwendungsbereich dieser Vorschrift, wenn sie in Unternehmensform durchgeführt werden oder in einer Unternehmensbeteiligung bestehen (z. B. Tochterunternehmen für Tagungsmanagement oder Merchandising)182. Mithin können über § 5 Abs. 7 S. 2 HG NRW unternehmerische Hochschultätigkeiten der Kategorie 3 legitimiert werden. Diese Regelung erlaubt, dass hochschulische sachliche Ressourcen (wie z. B. Räumlichkeiten, Labore oder Ausstattungen) oder immaterielle Ressourcen (wie die Vermarktung der Reputation einer Universität durch die Generierung der Universität als Marke wie z. B. Merchandising, Werbung) für wirtschaftliche Zwecke genutzt werden dürfen. bb) Sachsen § 6 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 SächsHSG normiert, dass „die Hochschule […] zur Erfüllung ihrer [Hochschulaufgaben] wirtschaftliche Unternehmen gründen, übernehmen oder sich an solchen beteiligen [darf], wenn […] sich der angestrebte Zweck nicht besser und wirtschaftlicher auf andere Weise erreichen lässt […]“. Bei der sächsischen Regelung handelt es sich demgemäß nicht um eine Subsidiaritätsklausel, die zum Schutz privater Wettbewerber besteht. Denn hier ist der Vergleichsmaßstab, dass der Zweck nicht „besser und wirtschaftlicher auf andere Weise“ erreicht werden kann, wohingegen im Gemeindewirtschaftsrecht die privaten und/oder öffentlichen Unternehmen die Vergleichsobjekte bilden. Die Beurteilung der Statthaftigkeit der Unternehmensgründung, -beteiligung oder -übernahme zur wirtschaftlichen Betätigung folgt mithin nicht aus einem Vergleich mit anderen Wettbewerbern, sondern aus einer möglichen alternativen Form der Wirtschaftsbetätigung, die die handelnde Hochschule selbst hätte wählen müssen, wenn dadurch der Zweck besser und wirtschaftlicher erreicht würde. „Auf andere Weise“ kann demnach hier nur als Antonym zur unternehmerischen Hochschulbetätigung gedeutet werden. Das heißt, dass eine wirtschaftliche Betätigung, die nicht in Unternehmensform durchgeführt wird, nach der sächsischen Regelung vorzuziehen ist. Letztlich folgt somit aus der Regelung eine verschärfte Beschränkung der Unternehmensgründung, -beteiligung und -übernahme der Hochschulen. Demnach handelt es sich – anders als im Falle Nordrhein-Westfalens – um eine tatsächliche Subsidiaritätsklausel. Gleichzeitig impliziert sie die Erlaubnis, auch auf andere Weise, namentlich in nicht institutionell verfestigter Form, wirtschaftlichen Tätigkeiten nachzugehen. Allerdings gilt wie bei 181
Begründung zum Gesetzesentwurf der nordrhein-westfälischen Landesregierung für ein Hochschulfreiheitsgesetz, Landtag NRW, Drucks. 14/2063, S. 236. 182 Dass eine Universität Tochterunternehmen für Eventmanagement oder für das Merchandising gründet ist nicht ungewöhnlich; vgl. z. B. die Service und Marketing GmbH, die ein Tochterunternehmen der Universität Mannheim ist, oder die Humboldt-Innovation GmbH. Eine detaillierte Auflistung findet sich bei Hemer/Dornbusch/Kulicke/Wolf, Beteiligungen von Hochschulen an Ausgründungen, S. 10; S. 16 ff.; S. 44 ff. – Studie des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung für das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi).
D. Begrenzung der Zulässigkeit der wirtschaftlichen Betätigung
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der gemeindlichen Wirtschaftsbetätigung183 auch hier, dass der Hochschule eine Einschätzungsprärogative zusteht, in welchen Fällen von dem Vorliegen einer besseren und wirtschaftlicheren Zweckerfüllung auf andere Weise als die der Unternehmensform auszugehen ist. Insofern handelt es sich de facto eher um eine marginale Begrenzung der unternehmerischen Betätigung. cc) Zwischenergebnis Im Ergebnis wirkt nur die sächsische Subsidiaritätsklausel beschränkend, wohingegen es sich bei der nordrhein-westfälischen tatsächlich um eine Öffnungsklausel handelt. Im Vordergrund steht in Nordrhein-Westfalen die implizite Ausdehnung der unternehmerischen Betätigung auf weitere Aufgaben „im Umfeld der Hochschulaufgaben“. In engen Grenzen können somit auch unternehmerische Hochschultätigkeiten der Kategorie 3 zulässig sein. In Sachsen wird hingegen nicht das Aufgabenfeld unternehmerischer Betätigung implizit erweitert, sondern vielmehr klargestellt, dass die Möglichkeit einer Wirtschaftsbetätigung, die nicht in Unternehmensform durchgeführt wird oder in einer Unternehmensbeteiligung besteht, bevorzugt wird. Bei einer unternehmerischen Betätigung sieht sich die jeweilige sächsische Hochschule somit einem erhöhten Rechtfertigungsdruck ausgesetzt. f) Anzeige- und Genehmigungspflichten als Ersatz für eine Subsidiaritätsklausel Nach dem Exkurs ins nordrhein-westfälische und sächsische Hochschulrecht, richtet sich der Blick nun wieder auf alle hochschulrechtlichen Regelungen der Kategorie der „Speziell-gesetzlichen-Normierung“. Anders als im Gemeindewirtschaftsrecht müssen die Hochschulen ihre unternehmerische Betätigung beim Ministerium anzeigen oder genehmigen lassen. Dadurch wird laut Knauff das „Fehlen eines Subsidiaritätsprinzips […] ersetzt, [da Anzeige- oder Genehmigungserfordernisse und das Subsidiaritätsprinzip] zumindest partiell übereinstimmende Zwecksetzungen verfolgen [können]“184. Auffällig ist, dass gerade die hier zu untersuchende Kategorie der „Speziell-gesetzlichen-Normierung“ (bis auf RheinlandPfalz) nur Anzeigeerfordernisse fordert,185 wohingegen die „Verweis-auf-LHO“und die „Weder-noch“-Kategorie Zustimmungspflichten enthalten. Dies ist ebenfalls Spiegelbild des staatlichen Rückzugs aus der Detailsteuerung und gewährt den Hochschulen mehr Freiheit. Die vorgeschaltete Kontrolle wird grundsätzlich in die Hochschule selbst verlagert. So bedarf eine unternehmerische Hochschulbetätigung 183 Die Einschätzungsprärogative, die die gerichtliche Überprüfung des Beurteilungsspielraums beschränkt, stößt jedoch vermehrt auf Kritik; vgl. z. B. Hösch, Die kommunale Wirtschaftstätigkeit, S. 95. 184 Knauff, WissR 43 (2010), 28 (49). 185 Vgl. § 2 Abs. 5 LHG BW; § 5 Abs. 7 HG NRW; § 6 Abs. 3 SächsHSG; § 15 Abs. 2 S. 2 ThürHG.
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5. Kap.: Hochschulgesetzliche Legitimation und Begrenzung
in Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Sachsen der Zustimmung des Hochschulrats.186 In Thüringen bleibt es bei einer bloßen Anzeigepflicht gegenüber dem Ministerium, wohingegen in Rheinland-Pfalz die Zustimmung des zuständigen Ministeriums und des Finanzministeriums erforderlich ist (§ 104 Abs. 4 S. 2 HochSchG Rh.-Pf.). g) Prüfungsrechte und -pflichten des Landesrechnungshofs Einen weiteren Aspekt bilden verschiedene Vorgaben für die Durchführung der unternehmerischen Betätigung, die im Folgenden skizziert werden sollen. Es gehört zu den üblichen Aufgaben des jeweiligen Landesrechnungshofs die Haushalts- und Wirtschaftsführung der Hochschulen alljährlich zu überprüfen. Somit umfasst sein Aufgabenbereich die Prüfung, ob die jeweiligen Voraussetzungen für eine unternehmerische Betätigung der Hochschulen vorliegen, sie ihren Kontrollpflichten nachkommen und ihre Aufgaben in den Organen der Unternehmen pflichtgemäß erfüllen.187 Von dieser generellen Prüfung des Landesrechnungshofs sind jedoch weitergehende Prüfungspflichten zu unterscheiden, die teilweise speziell in den Landeshochschulgesetzen normiert sind. Diese regeln, dass der Landesrechnungshof nicht nur die Haushalts- und Wirtschaftsführung der Hochschulen, sondern auch die der hochschulischen Unternehmen (einschließlich Beteiligungsunternehmen) prüft. Dies ist in Baden-Württemberg ausdrücklich normiert (§ 2 Abs. 5 S. 7 LHG BW), allerdings auf den Fall beschränkt, dass die Hochschule die Mehrheit der Anteile am Unternehmen hält. In Sachsen (§ 6 Abs. 3 S. 5 SächsHSG) und Thüringen (§ 15 Abs. 1 S. 4 ThürHG) wird demgegenüber in den hochschulgesetzlichen Regelungen lediglich festgelegt, dass die Prüfungsrechte des Landesrechnungshofs zu gewährleisten seien. Dabei bleibt unklar, ob sich dieses Prüfungsrecht bzw. diese Prüfungspflicht auf die Hochschule als solche oder auch auf die hochschulischen Unternehmen erstreckt, was in der Praxis oftmals zu Streit führt.188 Das nordrheinwestfälische Hochschulgesetz hingegen spezifiziert die Regelung auf dreierlei Weise. Zum ersten schränkt sie den Anwendungsbereich dahingehend ein, dass der Hochschule die Mehrheit der Anteile gehören muss,189 zum zweiten ist nicht der Landesrechnungshof, sondern ein Wirtschaftsprüfer für die Prüfung der Haushaltsund Wirtschaftsführung der unternehmerischen Betätigung zuständig und zum dritten unterscheidet die Regelung zwischen juristischen Personen des öffentlichen 186
HSG.
§ 20 Abs. 1 Nr. 6 LHG BW; § 21 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 HG NRW; § 6 Abs. 3 S. 4 Sächs-
187 Nörr/Stiefenhofer/Lutz, Beteiligungen von Hochschulen an Ausgründungen, S. 263 – Rechtsgutachten der Studie des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung für das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi). 188 So die Beobachtung von Nörr/Stiefenhofer/Lutz, Beteiligungen von Hochschulen an Ausgründungen, S. 263 – Rechtsgutachten der Studie des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung für das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi). 189 So auch § 2 Abs 5 S. 7 LHG BW.
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und des privaten Rechts. Wenn der Hochschule oder dieser zusammen mit einer oder mehreren juristischen Personen des öffentlichen Rechts die Mehrheit der Anteile gehört, werden der Jahresabschluss, der Lagebericht und die Wirtschaftsführung von einem Wirtschaftsprüfer geprüft § 5 Abs. 7 S. 5 HG NRW). Handelt es sich um eine Beteiligung an einem privatrechtlichen Unternehmen, erfolgt die Prüfung nach den besonderen Prüfungsbestimmungen des § 53 Abs. 1 HGrG (§ 5 Abs. 7 S. 6 HG NRW). In Rheinland-Pfalz hingegen ist das Prüfungsrecht des Landesrechnungshofs nicht bei der wirtschaftlichen Betätigung normiert, sondern bei der Regelung des Finanzwesens (§ 103 Abs. 6 HochSchG Rh.-Pf.) und bezieht sich somit eindeutig nur auf die Hochschule als Ganzes. Insgesamt ist die nordrhein-westfälische Lösung vorzuziehen, die eine klare Regelung trifft und diese auf die spezifischen Gegebenheiten der unternehmerischen Betätigung von Hochschulen abstimmt. Dabei scheint sie am ehesten die Balance zwischen öffentlich-rechtlichen Besonderheiten und privatwirtschaftlichem Usus zu halten. Die baden-württembergische Regelung hingegen schreckt tendenziell Private ab, die das Prüfungsrecht des Landesrechnungshofs als unzulässige Einmischung in ihre unternehmerische Freiheit werten.190 Selbstredend sind ebenfalls die unklaren Regelungen von Sachsen und Thüringen abzulehnen, die den Rechtsfrieden eo ipso gefährden. Gemeinsam ist wiederum der unternehmerischen Hochschulbetätigung der Kategorie der „Speziell-gesetzlichen-Normierung“, dass sich die Hochschulen nur dann an juristischen Personen in der Rechtsform des Privatrechts beteiligen können, wenn sichergestellt ist, dass deren Jahresabschluss und der Lagebericht in analoger Anwendung der Vorschriften des dritten Buchs des Handelsgesetzbuchs für große Kapitalgesellschaften aufgestellt und geprüft werden.191 h) Zusammenfassung Im Ergebnis unterscheiden sich die hochschulgesetzlichen Regelungen der Kategorie der „Speziell-gesetzlichen-Normierung“ in einem zentralen Punkt von den gemeindewirtschaftlichen Regelungen; und zwar in dem der Subsidiaritätsklausel. Nur im nordrhein-westfälischen und sächsischen Hochschulrecht ist eine Subsidiaritätsklausel normiert. Allerdings könnte man zumindest im Falle NordrheinWestfalens sagen, dass es sich tatsächlich um eine „Öffnungsklausel“ handelt, die sich lediglich als Subsidiaritätsklausel verkleidet hat. Anders als im Kommunalrecht 190 Ähnlich die Einschätzung von Nörr/Stiefenhofer/Lutz, Beteiligungen von Hochschulen an Ausgründungen, S. 263 – Rechtsgutachten der Studie des Fraunhofer-Instituts für Systemund Innovationsforschung für das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi). 191 Dies ist in den jeweiligen Landeshaushaltsordnungen normiert. Die Prüfung wird grundsätzlich vom Landesrechnungshof durchgeführt; vgl. Nörr/Stiefenhofer/Lutz, Beteiligungen von Hochschulen an Ausgründungen, S. 264 – Rechtsgutachten der Studie des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung für das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi).
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5. Kap.: Hochschulgesetzliche Legitimation und Begrenzung
gibt es bei den hochschulgesetzlichen Regelungen eine formelle Voraussetzung in Form einer Anzeige- oder Genehmigungspflicht.192 Vorgeschaltet ist jedoch grundsätzlich eine Kontrolle auf der Ebene der Hochschule durch eine Einwilligungspflicht des Hochschulrats. Erst im Anschluss ist eine Anzeige beim Ministerium erforderlich. Die restlichen Voraussetzungen (angemessenes Verhältnis zur Leistungsfähigkeit der Hochschule und zum voraussichtlichen Bedarf, angemessener Einfluss der Hochschule in den Organen des Unternehmens, sowie Begrenzung der Haftung und Einlageverpflichtung der Hochschule) korrelieren mit denen im Kommunalrecht. Das Erfordernis des „öffentlichen Zwecks“ wird durch die Hochschulaufgaben konkretisiert. Insgesamt bleiben die Anforderungen aber hinter denen des Kommunalrechts zurück. So fehlt es beispielsweise an einer Marktanalyse oder an einer Regelung, wer die Vertretung der Hochschulen in den Unternehmen wahrnimmt.193 Die beschriebenen Durchführungsvorgaben sind teilweise unklar formuliert und bedürfen der Nachbesserung. 2. „Verweis-auf-LHO“-Kategorie Die zweite Kategorie („Verweis-auf-LHO“)194 verweist im Wesentlichen auf die haushaltsrechtlichen Bestimmungen der §§ 65 ff. der jeweiligen Landeshaushaltsordnungen, falls es sich um die Unternehmensgründung oder -beteiligung in der Rechtsform einer juristischen Person des Privatrechts handelt.195 Die Anforderungen der §§ 65 ff. der Landeshaushaltordnungen entsprechen teilweise den bereits obengenannten Voraussetzungen (z. B. Haftungsbegrenzung, Einfluss in den Organen), gehen jedoch darüber hinaus (Subsidiaritätsklausel, bestimmte Anforderungen an den Jahresabschluss und den Lagebericht etc.). Weitere hochschulspezifische Schranken existieren neben der bereits erläuterten länderübergreifenden Gemeinsamkeit (Bezug zu den Hochschulaufgaben) jedoch entweder nicht196 oder aber bleiben hinter denen der Kategorie der „speziell-gesetzlichen Normierung“ zurück.197 Wenn die Hochschulen für die unternehmerische Betätigung nicht ihr 192 Bei internationalen Wirtschaftstätigkeiten sind solche Anzeige- oder Genehmigungserfordernisse auch auf kommunaler Ebene nicht unüblich; vgl. z. B. § 107 Abs. 3 S. 3 GO NRW. 193 Ausführlich dazu Schröder, SächsVBl. 2008, 133 (137). 194 Art. 73 Abs. 3 BayHSchG; § 3 Abs. 9 HessHG; §§ 3 Abs. 9, 105 Abs. 4 LHG MV; § 50 Abs. 4 NHG; § 113 HSG LSA; § 3 Abs. 2 HSG SH. 195 Folgende Landeshochschulgesetze beschränken die Rechtsform auf juristische Personen des Privatrechts: Art. 73 Abs. 3 BayHSchG; § 105 Abs. 4 LHG MV; § 50 Abs. 4 NHG. 196 § 3 Abs. 2 HSG SH; § 50 Abs. 4 NHG; § 3 Abs. 9 HessHG. 197 § 113 Abs. 1 HSG LSA normiert ausdrücklich, dass Hochschulen zur Erfüllung ihrer Aufgaben Dritte gegen Entgelt in Anspruch nehmen können. Des Weiteren können Hochschulen Leistungen Dritten gegen Entgelt anbieten, soweit hierdurch nicht die Erfüllung der Aufgaben der Hochschule beeinträchtigt wird. Auch kann das Ministerium nach vorheriger Zustimmung des für den Haushalt zuständigen Ausschusses des Landtages bei geringfügigen Beteiligungen der Hochschulen an Unternehmen Ausnahmen von § 65 Abs. 1 Nr. 4 der
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Körperschaftsvermögen, sondern Mittel aus dem Landeshaushalt einsetzen, so ist das Landeshaushaltsrecht ohnehin unmittelbar198 anwendbar.199 Konsequenterweise kommt den Verweisen nur eine eigene Bedeutung zu, wenn sie sich auf die Verwendung von Körperschaftsvermögen der Hochschule beziehen.200 Ansonsten wären sie lediglich deklaratorischer Natur. Hinzu kommt, dass die Hochschulen bei jeder unternehmerischen Betätigung die Zustimmung (bzw. Genehmigung) des jeweiligen Ministeriums einholen müssen.201 Die Zustimmungspflicht führt zu der Notwendigkeit einer engen informellen Zusammenarbeit aller Beteiligten mit dem Ministerium im Vorfeld (d. h. regelmäßig vor Abschluss des Gesellschaftsvertrags), da nur auf diesem Wege das Risiko der Verweigerung der Zustimmung minimiert werden kann. Dieses Vorgehen verlängert erheblich die Dauer des Verfahrens, verkompliziert dieses und schreckt somit Private sowie die Hochschule selbst ab.202 Eine gleichwertige Kontrolle könnte durch eine entsprechende Zustimmungspflicht des Hochschulrats erfolgen, die ein zügigeres und effektiveres Verfahren ermöglichen würde.203 Wenn es der Wille der Landesgesetzgeber ist, die Hochschulautonomie und die Wirtschaftsbetätigung der Hochschulen zu stärken, sollte über eine entspreLHO LSA zulassen, falls die durch die Anwendung von § 65 Abs. 1 Nr. 4 LHO LSA entstehenden zusätzlichen Kosten im Verhältnis zum Umfang der Beteiligung unverhältnismäßig sind. § 105 Abs. 4 LHG MV normiert ebenfalls eine Ausnahme von den Zulässigkeitsanforderungen der hochschulischen Unternehmen, wenn diese nur einen jährlichen Umsatz von 250.000 Euro haben. („Bei Unternehmen mit einem Jahresumsatz von unter 250.000 Euro kann mit Zustimmung des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur und im Benehmen mit dem Landesrechnungshof von der Anwendung der Vorschriften des Dritten Buches des HGB für große Kapitalgesellschaften abgewichen werden.“) Ebenfalls normiert § 105 Abs. 4 LHG MV binnenhochschulische Zuständigkeitsvorschriften. Art. 73 Abs. 3 BayHSchG normiert, dass die Haftung der Körperschaft auf die Einlage oder den Wert des Gesellschaftsanteils zu beschränken ist. Alle Normen bleiben jedoch hinsichtlich der Regelungsdichte hinter der Kategorie der „speziell-gesetzlichen Normierung“ zurück. 198 Vgl. ausführlich dazu Sendlak, Unternehmerische Tätigkeit der Hochschule, S. 43. 199 Lux-Wesener/Kamp, in: Hartmer/Detmer (Hrsg.), Hochschulrecht, S. 331 (347); in einem solchen Fall, d. h. soweit Haushaltsmittel des Landes eingesetzt werden, sind die Unternehmen oder die Unternehmensanteile Teil des Landesvermögens. So auch explizit § 3 Abs. 9 HessHG; § 15 Abs. 3 ThürHG. 200 Die unternehmerische Betätigung wird teilweise auf den Einsatz von Körperschaftsmitteln begrenzt: Art. 73 Abs. 3 BayHSchG; § 105 Abs. 4 LHG MV; § 50 Abs. 4 NHG; vgl. zur niedersächsischen Gesetzeslage Fittschen, NdsVBl. 2002, 147 ff., der sich allerdings auf eine Vorschrift bezieht, die mittlerweile aufgehoben wurde. Die Grundsätze, die er herausarbeitet, gelten jedoch entsprechend. 201 Art. 73 Abs. 3 BayHSchG; § 3 Abs. 9 HessHG; § 105 Abs. LHG MV; § 50 Abs. 4 S. 2 NHG; § 113 Abs 1 S. 1 HSG LSA; § 3 Abs. 2 S. 3 HSG SH. 202 So die Einschätzung von Nörr/Stiefenhofer/Lutz, Beteiligungen von Hochschulen an Ausgründungen, S. 261 – Rechtsgutachten der Studie des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung für das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi). 203 So auch im Ergebnis die Forderung von Knauff, WissR 43 (2010), 28 (51); Nörr/Stiefenhofer/Lutz, Beteiligungen von Hochschulen an Ausgründungen, S. 261 – Rechtsgutachten der Studie des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung für das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi).
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chende Übertragung des Zustimmungserfordernisses auf den Hochschulrat, soweit noch nicht geschehen, nachgedacht werden. Abgesehen von den üblichen Vorgaben zur Durchführung der unternehmerischen Betätigung der Hochschulen (z. B. Prüfungspflicht des Landesrechnungshofs in Bezug auf die Haushalts- und Wirtschaftsführung der Hochschule) gibt es auch in Niedersachsen eine Sonderregelung im Hinblick auf die Prüfungsrechte des Landesrechnungshofs der hochschulischen Unternehmen. Die Regelung besagt, dass die Hochschule sicherzustellen hat, dass das Unternehmen eine Prüfungsvereinbarung mit dem Landesrechnungshof gemäß § 104 Abs. 1 Nr. 3 der niedersächsischen Landeshaushaltsordnung abschließt, wenn der Landesrechnungshof dies für erforderlich hält. Begrüßenswert ist, dass es sich zumindest nicht um eine gebundene Norm handelt. Ansonsten gilt das bereits oben Gesagte204 genauso wie für die Regelung von Sachsen-Anhalt (§ 113 Abs. 3 S. 3 HSG LSA), deren Bezug uneindeutig ist, da sie nur von einer „Sicherstellung des Prüfungsrechts“ spricht.205 Trotz einiger Unklarheiten und der verstärkten Einbindung der Ministerien kann man als Ergebnis festhalten, dass durch den Verweis auf die Vorschriften der Landeshaushaltsordnungen bei der Verwendung von Körperschaftsmitteln zumindest eine Regelung getroffen wurde, die handhabbar ist. Die Landesgesetzgeber haben sich in diesem Fall für einen weniger starken Ausbau der unternehmerischen Hochschulbetätigung entschieden, da gerade die Zustimmungserfordernisse und die Prüfungsrechte des Landesrechnungshofs Zeit in Anspruch nehmen und letztlich die Zusammenarbeit insbesondere mit privaten Partnern erschwert. 3. „Weder-noch“-Kategorie Die letzte Kategorie206 der hochschulrechtlichen Regelungen enthält weder weitere beschränkende Vorgaben noch Verweisungen auf die Normen der Landeshaushaltsgesetze (bei Einsatz des Körperschaftsvermögens).207 So lautet beispielsweise § 3 Abs. 9 HmbHG: „Die Hochschulen können zur Unterstützung bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben Vereinbarungen mit Unternehmen treffen sowie mit Einwilligung der zuständigen Behörden Unternehmen gründen oder sich an Unternehmen beteiligen.“ Ähnlich kursorisch hält § 2 Abs. 6 UG Saarl. fest: „Die Universität fördert den Wissens- und Technologietransfer. Zu diesem Zweck sowie zur Nutzung ihrer Forschungs- und Entwicklungsergebnisse kann sich die Universität mit Zustimmung des Ministeriums für Wirtschaft und Wissenschaft an Unter204
Vgl. III. 1. b) in diesem Kapitel. Alle anderen Länder (Bayern, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern und SchleswigHolstein) treffen diesbezüglich keine Sonderregelungen. 206 § 4 Abs. 11 BerlHG; § 4 Abs. 4 S. 2 BremHG; § 3 Abs. 9 HmbHG; § 2 Abs. 6 UG Saarl. 207 Alle Landeshochschulgesetze dieser Gruppe normieren die unternehmerische Betätigung in einem Absatz unter der Überschrift „Aufgaben der Hochschulen“. 205
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nehmen beteiligen und eigene Unternehmen gründen.“ Die einzige explizit genannte materielle Beschränkung ist der notwendige Bezug zu den Hochschulaufgaben, der aber bereits zwingend aus der Verfassung folgt. a) Mögliche Auslegungsleitlinie Letztlich sind die Voraussetzungen zur Gründung eines Unternehmens oder Beteiligung an einem Unternehmen in den Ländern der „Weder-noch“-Kategorie vergleichsweise gering, wenn man nur auf die in den Landeshochschulgesetzen normierten Voraussetzungen abstellt. Solche „undeutlichen Blankettermächtigungen“208 können sich besonders gefährdend für Forschung und Lehre auswirken. Denn die Vorschriften eröffnen der jeweiligen Hochschulleitung einen Spielraum, den sie je nach Risikofreudigkeit eng oder weit auslegen kann. Angesichts der finanziell angespannten Haushaltslage könnten die Hochschulleitungen der Versuchung erliegen, sich auf Kosten der Kernaufgaben in risikoreiche Unternehmungen zu begeben.209 Eine solche expansiv betriebene unternehmerische Hochschulbetätigung würde jedoch den allgemeinen Zulässigkeitsvoraussetzungen entgegenstehen, die vor einer Beeinträchtigung der Kernaufgaben durch universitäre Wirtschaftstätigkeiten schützen. Es droht also keine Gefahr, dass die Hochschullehrer und -forscher ausschließlich dem Spielball der Risikofreudigkeit der jeweiligen Hochschulleitung ausgesetzt werden, da das wirtschaftlich Risiko durch die Vereinbarung von Haftungsbeschränkungen begrenzt wird. Hinzu kommt die nur beschränkt erlaubte Inanspruchnahme von personellen und sachlichen Ressourcen. Jedoch darf diese „Grundsicherung“ von Forschung und Lehre nicht darüber hinweg täuschen, dass die vergleichsweise pauschalen Regelungen210 der „Weder-noch“-Kategorie weder für Rechts- und Planungssicherheit bei den Hochschulakteuren noch bei den potentiellen privaten Kooperationspartnern sorgen.211 Das bedeutet, dass explizite Regelungen zur Zulässigkeit unternehmerischer oder sogar aller wirtschaftlicher Tätigkeiten einer Hochschule grundsätzlich (Rechts-)Unsicherheiten beseitigen und den Weg für wirtschaftlichen Erfolg ebnen würden.
208 Fehling, in: ders./Kämmerer/Schmidt (Hrsg.), Hochschule zwischen Gleichheitsidee und Elitestreben, S. 35 (36). 209 Fehling, in: ders./Kämmerer/Schmidt (Hrsg.), Hochschule zwischen Gleichheitsidee und Elitestreben, S. 35 (39). 210 Die einzige Voraussetzung, die zu den allgemeinen Zulässigkeitsvoraussetzungen hinzukommt, ist ein Zustimmungserfordernis des jeweiligen Ministeriums; vgl. § 4 Abs. 11 S. 1 BerlHG; § 108 Abs. 3 Nr. 3 BremHG; § 3 Abs. 9 HmbHG; § 2 Abs. 6 UG Saarl. 211 So auch die Einschätzung von Nörr/Stiefenhofer/Lutz, Beteiligungen von Hochschulen an Ausgründungen, S. 261.
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b) Ergebnis Durch schwammige, kursorische Regelungen, die aller Wahrscheinlichkeit nach aus der Unentschiedenheit der Landesgesetzgeber hinsichtlich einer unternehmerischen Hochschulbetätigung resultieren, erwachsen letztlich größere Gefahren für Forschung und Lehre als aus den detaillierten Regelungen der anderen beiden Kategorien der Landeshochschulgesetze. Ein Grund dafür besteht darin, dass die Handlungen der jeweiligen Akteure unvorhersehbarer sind und demnach kein „Frühwarnsystem“ für Forschung und Lehre durch vorgeschaltete Kontroll- und Vorsichtsmaßnahmen etabliert werden kann. Falls ein Landesgesetzgeber einer ausführlichen Regelung zögerlich gegenüber stehen sollte, weil er z. B. hochschulpolitisch kein „grünes Signal“ für eine unternehmerische Hochschulbetätigung geben will, so sollte er, wie in der „Verweis-auf-LHO“-Kategorie geschehen, zumindest auf die jeweiligen Landeshaushaltsordnungen verweisen. Durch eine unvollständige und pauschale Regelung wird letztlich keinem der Beteiligten geholfen.
IV. Regelung zur Verwendung der finanziellen Erträge Da die Landeshochschulgesetze nicht regeln, was mit etwaigen Einnahmen passiert, die die Hochschulen durch die wirtschaftliche Betätigung erwirtschaften, bleiben folgende Fragen offen: Fließt der Gewinn der unternehmerischen Betätigung in den Landeshaushalt zurück? Dürfen die Hochschulen den Gewinn behalten und neu investieren? Existieren gesetzliche Vorkehrungen, dass, falls der Gewinn bei den Hochschulen verbleibt, der Landesgesetzgeber keine Möglichkeit hat, den Gewinn mit der Bemessung des Zuschussbedarfs zu verrechnen? Bereits in der Einführung dieser Arbeit wurde herausgestellt, dass bezüglich dieser Fragen ein erheblicher Regelungsbedarf besteht. Denn für die Motivation, einer wirtschaftlichen Betätigung nachzugehen, ist es essentiell zu wissen, zu wem bzw. wohin im Falle des wirtschaftlichen Erfolgs das Geld fließt und wie es sodann verwendet werden darf. Gibt es keine eindeutige Regelung, so konterkarieren die Landesgesetzgeber selbst ihr Bemühen, die unternehmerische Hochschulbetätigung zu fördern. Umso erstaunlicher ist es, dass trotz der großen Bedeutung für die Entfaltung von unternehmerischer Hochschultätigkeit die Landeshochschulgesetze im unmittelbaren Kontext der unternehmerischen Betätigung keine diesbezügliche Entscheidung treffen. Allein § 113 Abs. 2 HSG LSA regelt ausdrücklich im direkten Zusammenhang zur unternehmerischen Betätigung, dass „die von den Hochschulen […] erzielten Einnahmen und Gewinne […] bei den Hochschulen [verbleiben]“. Demgegenüber konträr stellt die Normierung des § 15 Abs. 3 ThürHG heraus (in den Absätzen 1 und 2 werden die Voraussetzungen der unternehmerischen Hochschulbetätigung geregelt), dass soweit Haushaltsmittel des Landes eingesetzt werden, die Unternehmen oder Unternehmensanteile Teil des Landesvermögens seien. Zwar handelt es sich bei Letzterem um eine haushaltsrechtliche Selbstverständlichkeit, indes geht es hier vor allem um das Setzen eines rechtspolitischen Akzents, der m. E. im Fall Thüringens eine falsche
D. Begrenzung der Zulässigkeit der wirtschaftlichen Betätigung
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Betonung trifft. Ein Verbot des Anrechnens von Einnahmen und Gewinnen auf die Zuweisung staatlicher Mittel existiert in den Landeshochschulgesetzen explizit auf die unternehmerische Hochschulbetätigung bezogen ebenfalls nicht. Dieser Mangel kann jedoch durch eine entsprechende Anwendung der Regelungen zur Drittmittelforschung zumindest teilweise behoben werden. Denn die Mehrzahl der Hochschulgesetze regelt im Rahmen der Drittmittelforschung, dass „finanzielle Erträge der Hochschule aus Forschungsvorhaben, die in der Hochschule durchgeführt werden, insbesondere aus Einnahmen, die der Hochschule als Entgelt für die Inanspruchnahme von Personal, Sachmitteln und Einrichtungen zufließen, […] der Hochschule für die Erfüllung ihrer Aufgaben zur Verfügung [stehen]“212. Diesen Grundsatz gilt es entsprechend auf alle wirtschaftlichen Tätigkeiten, die nicht durch Landeshaushaltmittel finanziert werden, zu übertragen. Das Gleiche muss für das Verbot gelten, die erwirtschafteten Einnahmen bei der Bemessung des Zuschussbedarfs der Hochschule mindernd zu berücksichtigen. Ein solches normieren indes explizit nur ein Drittel der Landeshochschulgesetze, die überhaupt eine Regelung treffen (und lediglich ein Viertel im Hinblick auf die Gesamtzahl der Landeshochschulgesetze).213 Da allerdings bei einer Anrechnung der Gewinne auf die Haushaltszuweisungen die Gefahr eines Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG besteht, ist dieses Verbot auch in den anderen Ländern zu beachten.214 Vorzugswürdig wäre es jedoch, wenn eine den Drittmittelvorschriften sinngemäße Regelung ebenfalls im Abschnitt zur unternehmerischen Hochschulbetätigung normiert würde oder sich zumindest Verweise auf die genannten Vorschriften zur Drittmittelforschung befänden. Darüber hinaus sollte nicht nur die Verwertung der Forschungsergebnisse eine explizite Normierung erfahren. Stattdessen sollte die Regelung auf alle wirtschaftlichen Tätigkeitsfelder der Hochschulen ausgeweitet werden. Einen ersten Anfang macht insofern die Regelung § 14 Abs. 6 HochSchG Rh.-Pf., die hinzufügt, dass sie zur Drittmittelforschung „entsprechend für Erträge aus Wissenstransfer und Arbeitnehmererfindungen“ gelten würde.
V. Unternehmerische Hochschulbetätigung im In- und Ausland Abschließend gilt es in Anlehnung an die vieldiskutierte Frage der Möglichkeit einer gemeindlichen „überörtlichen“ Wirtschaftsbetätigung zu erörtern, ob eine 212 § 41 Abs. 4 LHG BW; Art. 8 Abs. 7 BayHSchG; § 75 Abs. 4 BremHG; § 34 Abs. 6 BbgHG; § 77 Abs. 6 HmbHG; § 29 Abs. 7 S. 2 HessHG; § 71 Abs. 6 HG NRW; § 14 Abs. 6 HochSchG Rh.-Pf.; § 68 Abs. 5 UG Saarl.; § 25 Abs. 6 HSG LSA; § 37 Abs. 6 HSG SH; § 59 Abs. 6 ThürHG. 213 § 29 Abs. 7 S. 2 HessHG; § 68 Abs. 5 UG Saarl.; § 37 Abs. 6 HSG SH; § 59 Abs. 6 ThürHG. 214 So Kocyan, Rechtsprobleme des Hochschulsponsoring, S. 111, unter Verweis auf Sandberger, in: Flämig u. a. (Hrsg.), Handbuch des Wissenschaftsrechts, Bd. 1, S. 1095.
266
5. Kap.: Hochschulgesetzliche Legitimation und Begrenzung
unternehmerische Hochschultätigkeit vornehmlich auf das regionale Einzugsgebiet begrenzt ist oder ob sie auch darüber hinaus, d. h. bundes-, europa- oder weltweit zulässig ist. So ist z. B. fraglich, ob eine Beteiligung einer deutschen Hochschule an der Holding „Universitas 21“ statthaft wäre, die derzeit von 21 Universitäten aus 15 Staaten getragen wird.215 Ihre Aufgabe besteht u. a. darin, Internet Studienangebote zu vermarkten. Insbesondere auf dem asiatischen Markt scheinen die Prognosen erfolgsversprechend zu sein.216 Zur Beurteilung der Zulässigkeit ist allein auf die soeben beschriebenen Schranken in den Hochschulgesetzen abzustellen. Denn im Unterschied zu der kommunalwirtschaftlichen Betätigung, deren Handlungsspielraum durch Art. 28 Abs. 2 GG „auf alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft“ begrenzt ist,217 spielt die Örtlichkeit bei der unternehmerischen Hochschulbetätigung gerade keine Rolle. Stattdessen bewirken vor allem die Hochschulaufgaben der (inter-)nationalen Zusammenarbeit und des Technologietransfers – konträr zur gemeindlichen Wirtschaftsbetätigung – eine örtliche Entgrenzung der unternehmerischen Hochschulbetätigung. Demnach darf sich prinzipiell eine Hochschule international unternehmerisch betätigen, soweit sie einen Bezug zu den Hochschulaufgaben wahrt. Dies wird durch das europäische Primär- und Sekundärrecht (vgl. 3. Kap. B. I.), das europäische Hochschulkooperationen insbesondere im Forschungsbereich fördert, unterstrichen. Indes ziehen die hochschulgesetzlichen Voraussetzungen (angemessenes Verhältnis zur Leistungsfähigkeit und zum voraussichtlichen Bedarf, Haftungsbeschränkung und angemessener Einfluss der Hochschule in den Organen des jeweiligen Unternehmens) der unternehmerischen Hochschultätigkeit wirkmächtige Grenzen.218 Bei der Holding „Universitas 21“ wird der Einfluss der Hochschulen in den Organen bereits angesichts der Vielzahl der Kooperationspartner vergleichsweise gering sein. Auch das wirtschaftliche Risiko wird durch die internationale Verflochtenheit und der weltweiten Tätigkeit kaum absehbar sein. Bereits aus diesen Gründen wird eine entsprechende Tätigkeit den Hochschulen regelmäßig verwehrt sein. Anders sind hingegen nationale Kooperationen zu beurteilen, wie z. B. die gemeinsame Gründung eines Technologietransferunternehmens (TransMIT GmbH)219. 215 Noch ist allerdings keine deutsche Universität Mitglied geworden. Dies könnte sich allerdings in Zukunft gegebenenfalls ändern. Hier besteht die Aufgabe darin, zu beleuchten, ob eine entsprechende Tätigkeit rechtlich möglich wäre; vgl. www.universitas21.com. 216 Vgl. Fehling, in: ders./Kämmerer/Schmidt (Hrsg.), Hochschulen zwischen Gleichheitsidee und Elitestreben, S. 35. 217 Das verfassungsrechtlich gewährleistete Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden (Art. 28 Abs. 2 GG) gewährleistet nur die Selbstverwaltung der Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft. Fraglich ist hingegen, ob damit gleichzeitig auch eine Begrenzung der Tätigkeiten auf das Gemeindegebiet einhergeht; verneinend Burgi, Sektorenspezifische Modernisierung des kommunalen Wirtschaftsrechts in Nordrhein-Westfalen, S. 64 ff. 218 Ähnlich geht auch Burgi, Sektorenspezifische Modernisierung des kommunalen Wirtschaftsrechts in Nordrhein-Westfalen, S. 42 ff.; S. 59 ff., vor. 219 An der TransMIT GmbH sind die Fachhochschule Gießen-Friedberg, die PhillipsUniversität Marburg und die Justus-Liebig Universität Göttingen beteiligt.
E. Vereinbarkeit des einfachgesetzlichen Rahmens mit dem Verfassungsrahmen
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Hier wird sogar im Falle einer Kooperation oftmals das wirtschaftliche Risiko sinken, bedenkt man, dass das Risiko auf mehrere Hochschulen verteilt wird und die weiteren Vorsichtsmaßnahmen bzw. Schranken von allen Hochschulen gleichermaßen zu berücksichtigen sind (soweit alle beteiligten Hochschulen in einem Bundesland ansässig sind)220. Wie wäre aber der Fall zu beurteilen, wenn eine unternehmerische Betätigung einer Hochschule in Konkurrenz zu einer anderen Hochschule treten würde? Beispielsweise wäre denkbar, dass eine Universität ein Weiterbildungsunternehmen gründet, das vor allem mittels des Internets bundesweit (wenn nicht gar weltweit) Kunden werben würde? Die hochschulgesetzlichen Schrankenbestimmungen gehen nur von der Perspektive der unternehmerisch tätig werdenden Hochschule aus. Sie fordern prinzipiell keine Berücksichtigung der Belange von anderen Universitäten, sondern nur, dass die eigene Erfüllung der Kernaufgaben nicht beeinträchtigt wird. Wenn die dargelegten hochschulrechtlichen Schranken folglich beachtet werden, dann stehen einer solchen konkurrenzwirtschaftlichen Betätigung keine hochschulgesetzlichen Grenzen entgegen.
E. Vereinbarkeit des einfachgesetzlichen Rahmens mit dem Verfassungsrahmen Zuletzt gilt es zu untersuchen, ob die in diesem Kapitel herausgearbeiteten Regelungen zur Zulässigkeit von universitären Wirtschaftstätigkeiten verfassungskonform sind. Dies ist unproblematisch zu bejahen für den (hier als solchen bezeichneten) allgemeinen Zulässigkeitsrahmen, der gerade die verfassungsrechtlichen Erfordernisse (öffentlicher Zweck, keine Beeinträchtigung der Erfüllung der Hochschulaufgaben in Forschung und Lehre) konkretisiert. Die Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Grenzen ist ebenfalls bereits in die Prüfung der Erweiterungsmöglichkeiten des Zulässigkeitsrahmens eingeflossen mit der Konsequenz, dass solche Erweiterungen lediglich in engen, d. h. verfassungskonformen, Grenzen zulässig sind (vgl. bereits Abschnitt C.): Annextätigkeiten sind nur zulässig, wenn sie in einem engen Zusammenhang zur jeweiligen Haupttätigkeit stehen und dieser gegenüber eine nachrangige, unterstützende Funktion einnehmen. Für Randnutzungen dürfen darüber hinaus keine neuen Kapazitäten geschaffen oder erweitert werden. Sie dürfen eine sachgerechte Erledigung der Haupttätigkeit nicht behindern.
220 Ansonsten bedürfte es nach der derzeit geltenden Rechtslage einer genaueren Untersuchung der jeweiligen Landeshochschulgesetze. Folgt man aber der hier vorgestellten Meinung, dann werden die Schrankenbestimmungen als Auslegungsleitlinien auch bei den Bundesländern herangezogen, die keine ausführlichen Regelungen zur unternehmerischen Betätigung erlassen haben. Dies würde zu einer Erleichterung eben solcher länderüberschreitender Kooperationen führen.
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5. Kap.: Hochschulgesetzliche Legitimation und Begrenzung
Fraglich ist jedoch, ob die hochschulgesetzlichen Schranken (vor allem die regelungsdichte Kategorie der „Speziell-gesetzlichen“-Normierung) im Einklang mit der Verfassung stehen. Dies ist insbesondere relevant für Wirtschaftstätigkeiten, die einen unmittelbaren Bezug zu Forschung oder Lehre aufweisen (Kategorie 1) und in Unternehmensform betrieben werden. Denn diese Form der wirtschaftlichen Betätigung der Hochschulen wird über Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG geschützt.221 Zu untersuchen ist, ob die entsprechenden Regelungen in die Wissenschaftsfreiheit eingreifen und gegebenenfalls verfassungsrechtlich gerechtfertigt werden können.
I. Eingriff in Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG Die hochschulgesetzlichen Regelungen verbieten eine unternehmerische Hochschulbetätigung, wenn diese nicht den hochschulgesetzlichen Anforderungen (Schranken) entspricht. Von dem Anwendungsbereich dieser Normen werden sowohl unternehmerische Tätigkeiten einer Hochschule, die einen mittelbaren Bezug zu Forschung und Lehre aufweisen (Kategorie 2), als auch solche, die einen unmittelbaren Bezug zu Forschung und Lehre aufweisen (Kategorie 1), erfasst. Denn das Ziel der Regelungen besteht gerade darin, alle unternehmerischen Tätigkeiten einer Hochschule nur unter besonderen Voraussetzungen zuzulassen (Bezug zu den Hochschulaufgaben, angemessenes Verhältnis zur Leistungsfähigkeit und zum voraussichtlichen Bedarf, angemessener Einfluss der Hochschule in den Organen des Unternehmens, Beschränkung der Einlageverpflichtung und der Haftung der Hochschule). Wie im 4. Kap. D. I. ausgeführt wurde, sind wirtschaftliche Tätigkeiten, die einen unmittelbaren Bezug zu Forschung und Lehre aufweisen (Kategorie 1), vom Schutzbereich des Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG erfasst; und zwar unabhängig von ihrer institutionellen Verfestigung. Das bedeutet, dass es Hochschulen qua Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG erlaubt ist, darüber zu entscheiden, ob z. B. die wissenschaftliche Weiterbildung von einem Tochterunternehmen der Hochschule oder von zentralen Hochschuleinheiten durchgeführt wird. Da unternehmerische Hochschultätigkeiten, die der Kategorie 1 zugehörig sind, durch die hochschulgesetzlichen Regelungen eingeschränkt werden, stellen sich diese somit als Eingriff222 in Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG dar.
II. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung Jedoch kann dieser Eingriff in Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG verfassungsrechtlich gerechtfertigt werden. Als widerstreitende Verfassungsgüter kommen die Funktions221
Vgl. 4. Kap. D. I. Zum Grundrechtseingriff vgl. Pieroth/Schlink, Grundrechte, S. 58; vgl. bereits 4. Kap. E. I. 222
F. Gesamtergebnis
269
fähigkeit des Wissenschaftsbetriebs bzw. das Verbot der Beeinträchtigung von Forschung und Lehre in Frage. Nach der aus der Wissenschaftsfreiheit resultierenden verfassungsrechtlichen Schutzpflicht tragen Gesetzgeber und Verwaltung eine Gewährleistungsverantwortung dafür, dass sich alle Hochschulwissenschaftler in dem Wissenschaftsbetrieb Hochschule frei entfalten können und der Hochschule hinreichend personelle und sachliche Ressourcen zur Erfüllung ihrer Aufgaben in Forschung und Lehre zur Verfügung stehen.223 Jede wirtschaftliche Betätigung, unabhängig vom Bezug zu Forschung und Lehre, darf somit nur insoweit betrieben werden, als eine Gefährdung der Kernaufgaben einer Hochschule vermieden wird. Die Hochschule ist somit z. B. gezwungen Haftungsbeschränkungen zu vereinbaren, um gerade die freie Entfaltung der Wissenschaftler in Forschung und Lehre gewährleisten zu können. Die hochschulgesetzlichen Schranken forcieren folglich gerade den verfassungsrechtlichen Schutzzweck der Wissenschaftsfreiheit durch praktisch anwendbare Voraussetzungen. Das Schutzinteresse der Erfüllung der gesetzlichen Kernaufgaben überwiegt regelmäßig das ökonomische Interesse einer Hochschule an einer unternehmerischen Hochschultätigkeit. Aus diesem Grunde dürfte der Grundrechtseingriff durch die hochschulgesetzlichen Schranken verfassungsrechtlich gerechtfertigt sein. Soweit die Hochschulgesetze jedoch über diesen Schutzzweck hinaus Zulässigkeitshürden aufstellen sollten, so würden diese zusätzlichen Regelungen in verfassungskonformer Auslegung keine Geltung für unternehmerische Tätigkeiten der Kategorie 1 entfalten.
F. Gesamtergebnis Im Ergebnis sind universitäre Wirtschaftstätigkeiten der Kategorien 1 (unmittelbarer Bezug zu Forschung und Lehre), 2 (mittelbarer Bezug zu Forschung und Lehre) und 3 (weder mittelbarer noch unmittelbarer Bezug zu Forschung und Lehre) im Grundsatz zulässig, soweit sie einen hinreichenden Bezug zu den Hochschulaufgaben aufweisen und die Erfüllung der Hochschulaufgaben nicht beeinträchtigen. Die Zulässigkeit von Hochschultätigkeiten im unternehmerischen Modus unterliegt strengeren Anforderungen, die teilweise mit den Schranken der gemeindlichen Wirtschaftstätigkeiten vergleichbar sind. Die Hochschulaufgaben spielen sowohl bei der wirtschaftlichen als auch bei der unternehmerischen Betätigung der Hochschulen eine zentrale Rolle. Denn durch die gesetzliche Zuweisung der Hochschulaufgaben werden der Grundstein des Zulässigen und zugleich der Grenzstein des Unzulässigen gesetzt. Fasst man die Rechtslage in den einzelnen Bundesländern zusammen, so lässt sich folgendes Bild nachzeichnen: Die wirtschaftliche Betätigung, die einen unmittelbaren Bezug zu Forschung und Lehre aufweist (Kategorie 1), wird durch die verfassungsrechtlich gewährleistete 223 Fehling, in: ders./Kämmerer/Schmidt (Hrsg.), Hochschulen zwischen Gleichheitsidee und Elitestreben, S. 35 (48).
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5. Kap.: Hochschulgesetzliche Legitimation und Begrenzung
Wissenschaftsfreiheit (Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG) legitimiert und begrenzt. Hochschulen dürfen also bei Wirtschaftstätigkeiten mit einem unmittelbaren Bezug zu Forschung und Lehre unabhängig vom Landesgesetzgeber über das „Ob“ entscheiden. Voraussetzung ist jedoch, dass sie sich dabei in dem zulässigen Rahmen der Verfassung bewegen. Das bedeutet, dass den Staat eine Schutzpflicht trifft, sicherzustellen, dass die Erfüllung der universitären Kernaufgaben in Forschung und Lehre durch die Wirtschaftstätigkeiten der Hochschulen nicht beeinträchtigt wird. Ihn trifft somit eine Gewährleistungsverantwortung für die Unversehrtheit der Individualgrundrechte der Hochschulwissenschaftler und Studenten. Nur dahingehend ist es ihm erlaubt, Regelungen zur unternehmerischen Betätigung zu erlassen. Es ist dem Staat jedoch verwehrt, die Statthaftigkeit der Wirtschaftstätigkeiten der Kategorie 1 generell an bestimmte Voraussetzungen zu knüpfen. Doch vor allem im Binnenverhältnis, d. h. im Verhältnis der Hochschulleitungen zu den Hochschulwissenschaftlern, zieht das individual-wahrgenommene Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit einer wirtschaftlichen Betätigung der Kategorie 1 strenge Grenzen. So ist es Hochschulleitungen insbesondere verwehrt, Hochschulwissenschaftler zur Durchführung von wirtschaftlichen Tätigkeiten mittelbar (durch vertragliche Vereinbarungen über Zustimmungsvorbehalte vor einer Veröffentlichung ohne Einwilligung des Hochschulwissenschaftlers oder das Setzen von falschen Anreizen) oder unmittelbar zu zwingen sowie inhaltlich beispielsweise auf das Ergebnis von Auftragsforschungen Einfluss zu nehmen. Die Entscheidungsfreiheit über das „Ob“ der Wirtschaftsbetätigung im Außenverhältnis wird demnach durch die starke Begrenzung im Innenverhältnis relativiert. Bei der wirtschaftlichen Betätigung, die einen mittelbaren Bezug zu Forschung und Lehre aufweist (Kategorie 2) gilt es zwischen der unternehmerischen Betätigung und der sonstigen wirtschaftlichen Betätigung zu differenzieren. Das bedeutet, dass die Wirtschaftstätigkeiten der Kategorie 2, die nicht in Unternehmensform erfolgen, lediglich einen engen unmittelbaren Bezug zu den Hochschulaufgaben haben müssen und das wirtschaftliche Risiko überschaubar sein muss. Ausnahmsweise steht den Hochschulen der Länder, die ein „hochschulaufgabenbezogenes Aufgabenfindungsrecht“ normieren, eine größere Einschätzungsprärogative hinsichtlich des Vorliegens eines hinreichenden Bezugs zu den Hochschulaufgaben zu. Letztlich sind aber Hochschulen auf solche Wirtschaftstätigkeiten beschränkt, bei denen sie ihre spezifischen Kenntnisse und die vorhandenen Ressourcen besonders effizient einbringen können. Mit anderen Worten darf sich die Wirtschaftsbetätigung nicht auf jegliche Routinedienstleistungen erstrecken, die ebenso gut von Privaten erbracht werden könnten.224 Zur Verhinderung einer Beeinträchtigung der hochschulischen 224 So merken bereits Püttner/Mittag, Rechtliche Hemmnisse der Kooperation zwischen Hochschulen und Wirtschaft, S. 32 f., an, dass viele Industriebetriebe mit eiligen technischen Problemen an die Hochschulen heranträten und die Hochschulen sodann Mitarbeiter zur Behebung des Problems gegen ein entsprechendes Entgelt in das Unternehmen entsenden würden. Die gleiche Aufgabe hätte aber auch von einem Ingenieurbüro übernommen werden können. Auch nach Auffassung von Püttner/Mittag handelt es sich im Ergebnis um eine unzulässige
F. Gesamtergebnis
271
Kernaufgaben in Forschung und Lehre sind diese Wirtschaftstätigkeiten zugleich hinsichtlich des sachlichen und personellen Aufwands beschränkt, der für diese betrieben werden darf. Des Weiteren sind bei grenzüberschreitenden Tätigkeiten erhöhte Zulässigkeitshürden zu überwinden, da mit diesen regelmäßig ein größerer Aufwand und ein größeres wirtschaftliches Risiko einhergehen. In diesen Grenzen ist die wirtschaftliche Betätigung der Kategorie 2, die nicht in Unternehmensform erfolgt, als zulässig zu beurteilen. Soweit es sich um eine unternehmerische Hochschulbetätigung handelt, zeigt sich in den Ländern ein uneinheitliches Bild. Denn eine Unternehmensgründung, -beteiligung, -erweiterung und -übernahme unterliegen den hochschulgesetzlichen Schranken. Wie dargelegt, divergieren die diesbezüglichen Voraussetzungen in den einzelnen Landeshochschulgesetzen so stark, dass sie einer Kategorisierung bedürfen. Die Kategorie der „Speziell-gesetzlichen-Normierung“ lehnt sich stark an die Regelungen des Gemeindewirtschaftsrechts an. Um sich unternehmerisch betätigen zu dürfen, müssen die Hochschulen demnach sicherstellen, dass die Unternehmen ihrer jeweiligen Leistungsfähigkeit entsprechen und in einem angemessenen Verhältnis zum voraussichtlichen Bedarf stehen. Sodann müssen die Hochschulen einen angemessenen Einfluss in den Organen der jeweiligen Unternehmen erhalten, um die Erfüllung der Hochschulaufgaben zu wahren und gegebenenfalls durchzusetzen. Als drittes muss das Haftungsrisiko der Hochschulen minimiert werden. Eine dem Gemeindewirtschaftsrecht entsprechende Subsidiaritätsklausel existiert indes nicht (Ausnahme: Sachsen).225 Die im Landeshochschulgesetz von NordrheinWestfalen vorhandene Subsidiaritätsklausel entpuppt sich als verkleidete Öffnungsklausel. Als formelle Voraussetzungen werden Zustimmungserfordernisse der Ministerien bzw. der Hochschulräte und Prüfungsrechte der Landesrechnungshöfe bzw. privater Wirtschaftsprüfer (in § 5 Abs. 7 HG NRW) im Falle der unternehmerischen Wirtschaftsbetätigung normiert. Durch die Übertragung des Zustimmungserfordernisses auf den Hochschulrat als Kontrollgremium der Hochschulleitung, haben einige Länder bereits die Grundlage für eine zügige Durchführung einer Kooperation mit der Wirtschaft geschaffen (die oftmals mit einer Unternehmensgründung einhergeht). Die „Verweis-auf-LHO“-Kategorie und die „Weder-noch“Kategorie bleiben hinter diesen Voraussetzungen weit zurück. Als Auslegungsleitlinien sind die Kriterien der Kategorie der „Speziell-gesetzlichen-Normierung“ heranzuziehen oder auf die allgemeinen Zulässigkeitsvoraussetzungen zurückzugreifen.226 Die Zulässigkeit der wirtschaftlichen Betätigung, die weder einen unmittelbaren noch einen mittelbaren Bezug zu Forschung und Lehre aufweist, folgt aus den wirtschaftliche Betätigung, da diese weder im Forschungs- noch im Ausbildungsinteresse der Hochschulen liegt und die Hochschule somit ihr spezifisches Know-How nicht einsetzen kann. 225 Der öffentliche Zweck, der im Gemeindewirtschaftsrecht die erste Voraussetzung ist, wird durch die Hochschulaufgaben konkretisiert. 226 Zustimmend Fehling, in: ders./Kämmerer/Schmidt (Hrsg.), Hochschulen zwischen Gleichheitsidee und Elitestreben, S. 35 (39 ff.)
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5. Kap.: Hochschulgesetzliche Legitimation und Begrenzung
Konstruktionen der Annextätigkeit und der Randnutzung. Einer besonderen gesetzlichen Ermächtigung bedarf es nicht. Die Annextätigkeiten schöpfen ihre Legitimation aus der expliziten Normierung der jeweiligen Haupttätigkeiten. Anders als Randnutzungen ist ihnen ein öffentlicher Zweck immanent. Von den hochschulischen Wirtschaftstätigkeiten kann das Merchandising als Annextätigkeit klassifiziert werden, das als unterstützende Imagemaßnahme der Hochschulen im Wettbewerb um die besten Studenten und Forscher gewertet werden kann. Eine bedeutendere Rolle für die Legitimation der wirtschaftlichen Betätigung der Kategorie 3 spielt indes die Figur der Randnutzung, die ausnahmsweise unter strengen Voraussetzungen erwerbswirtschaftliche Tätigkeiten erlaubt. Voraussetzung für die Klassifizierung als Randnutzung ist, dass die in Frage stehenden Wirtschaftstätigkeiten eine nachrangige Bedeutung gegenüber der Haupttätigkeit einnehmen und dass sie die sachgerechte Erledigung der Haupttätigkeit nicht behindern. Diese Grenzen implizieren, dass für Randnutzungen keine neuen Kapazitäten geschaffen oder erweitert werden dürfen. Hervorzuheben ist hier die nordrheinwestfälische Normierung einer Subsidiaritätsklausel, die explizit die Zulässigkeit von unternehmerischen Wirtschaftstätigkeiten der Kategorie 3 regelt und somit als „verkleidete Öffnungsklausel“ bezeichnet werden kann.
6. Kapitel
Fazit und Reformperspektiven Sind die gegenwärtigen Regelungen nun tatsächlich so ausgestaltet, dass sie den Hochschulen die Möglichkeit eröffnen, die Erwartungen, die an eine wirtschaftliche Betätigung gestellt werden, und die Chancen, die eine wirtschaftliche Betätigung in sich birgt, erschöpfend zu nutzen? Inwiefern sind die vorhandenen Sicherheitsvorkehrungen geeignet, Risiken, die mit einer wirtschaftlichen Betätigung einhergehen, zu minimieren? Welche Soll-Maßnahmen lassen sich aus dem Ist-Befund ableiten, um die Rahmenbedingungen der wirtschaftlichen Betätigung von Hochschulen zu optimieren? Das Ziel dieser Arbeit bestand darin, diese in der Einleitung aufgeworfenen Fragen zu klären. Die dargelegten Antworten sollen im Folgenden prägnant zusammengefasst werden. Die Arbeit mündet in einem gesetzlichen Regelungsentwurf, welcher eine Lösung der streitigen Fragen bereitstellt. Eine der zentralen Hoffnung bzw. Erwartung, die vor allem die Landesministerien1 mit der wirtschaftlichen Betätigung verbunden haben, namentlich die Generierung von Einnahmen und die spiegelbildliche Entlastung der Landeshaushalte, ist bisher nicht erfüllt worden.2 Inwiefern ist dieses Ergebnis nun auf die gegenwärtige Ausgestaltung der Landeshochschulgesetze zurückzuführen? Der primäre Grund für die nicht erfolgte Steigerung der hochschuleigenen Gewinne wurzelt nicht in den Regelungen der Landeshochschulgesetze, sondern bereits im Grundgesetz. Die Verfassung verbietet den Hochschulen als Teil der öffentlichen Hand eine rein erwerbswirtschaftliche Betätigung. Bei einer verfassungsrechtlichen Zulässigkeit staatlicher Erwerbswirtschaft würde dem Staat eine dem Individuum vergleichbare Privatautonomie erwachsen, die sich im Widerspruch zum Grundgesetz befände.3 Denn das Grundgesetz geht von einer Trennung des Staates und der Gesellschaft aus, die dadurch zum Ausdruck kommt, dass das staatliche Handeln sich einem konstanten Rechtfertigungsdruck ausgesetzt sieht und vor allem im Bereich der Gesetzesbindung agiert, wohingegen das gesellschaftliche Handeln bzw. das des In1 Diese Hoffnung stellt eine neben weiteren dar; vgl. z. B. Pinkwart, WiSt 30 (2001), 470 ff.; ders., Zeitschrift für Wirtschaftspolitik 56 (2007), 255 ff. 2 Vgl. zur Empirie Hemer/Dornbusch/Kulicke, Beteiligungen von Hochschulen an Ausgründungen, S. 210 ff. 3 Vgl. Püttner, Die öffentlichen Unternehmen, S. 131; Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 92 f.; Stober, Handbuch des Wirtschaftsverwaltungs- und Umweltrechts, S. 587; Berg, GewArch 1990, 225 (228).
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6. Kap.: Fazit und Reformperspektiven
dividuums durch Freiheit gekennzeichnet ist.4 Demnach muss jedes staatliche Handeln einen öffentlichen Zweck erfüllen. Der abweichenden Meinung, die von der Zulässigkeit einer reinen Gewinnerzielung der öffentlichen Hand ausgeht, kann nicht gefolgt werden. Denn würde man dieser Auffassung folgen, gäbe es keinen Anwendungsbereich für einen öffentlichen Zweck mehr. Im Ergebnis ist den Hochschulen bei einer wirtschaftlichen Betätigung somit eine Gewinnerzielung qua Verfassung nur als Neben- und nicht als Hauptziel erlaubt. Eine reine Steigerung der Einnahmen der Hochschulen durch eine Intensivierung der wirtschaftlichen Betätigung wird demnach auch zukünftig nicht realisierbar sein. Ausnahmen von dem Verbot einer erwerbswirtschaftlichen Betätigung über die Konstruktionen von ungeschriebenen5 Hilfstätigkeiten (vor allem in der spezielleren Form von Annextätigkeiten und Randnutzungen) sind nur in engen Grenzen erlaubt. Das verdeutlichen die Ausführungen zur Legitimation der wirtschaftlichen Betätigung der Kategorie 3 (weder unmittelbarer noch mittelbarer Bezug zu Forschung und Lehre), zu welcher z. B. das Merchandising und die Vermietung von Hochschullaboren gehören. So müssen Randnutzungen gegenüber den Haupttätigkeiten eine nachrangige Bedeutung einnehmen und dürfen die sachgerechte Erledigung der Haupttätigkeit nicht behindern. Ebenfalls ist es den Hochschulen verwehrt, für Randnutzungen neue Kapazitäten zu schaffen oder bereits vorhandene wesentlich zu erweitern. Annextätigkeiten sind wiederum nur zulässig, wenn sie in einem engen Zusammenhang zur jeweiligen Haupttätigkeit stehen und dieser gegenüber eine nachrangige, unterstützende Funktion einnehmen. Im Ergebnis stünde es einem verfassungswidrigen Ansatz gleich, wenn man den Erfolg der wirtschaftlichen Betätigung ausschließlich durch einen „Vorher-Nachher-Vergleich“ der Einnahmegenerierung ermitteln wollte. Auch ein weiteres Ziel der Landesministerien, die Landeshaushalte zu entlasten, lässt sich nicht durch eine Intensivierung der wirtschaftlichen Betätigung der Hochschulen erreichen. Nach zutreffender Ansicht ist es den Landesministerien nicht erlaubt, erwirtschaftete Einnahmen6 bei der Bemessung des Zuschussbedarfs der Hochschulen mindernd zu berücksichtigen. Ein diesbezügliches Verbot folgt einfachgesetzlich aus einer analogen Anwendung der Drittmittelvorschriften7 der Landeshochschulgesetze. Zu bedenken ist ebenfalls, dass eine Berücksichtigung der Mehreinnahmen bei der Berechnung des Zuschussbedarfs für den Output der wirtschaftlichen Betätigung der Hochschulen kontraproduktiv wäre. Denn für die
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Burgi, Gutachten D zum 67. DJT, S. 16 ff. Allein die nordrhein-westfälische Regelung normiert über die als Subsidiaritätsklausel verkleidete Öffnungsklausel (§ 5 Abs. 7 S. 2 HG NRW) explizit die Reichweite von unternehmerischen Hilfstätigkeiten. Dieses Vorgehen ist grundsätzlich vorzugswürdig. 6 Auf das Körperschaftsvermögen der Hochschulen bezogen. 7 Ein solches Verbot normieren indes explizit nur ein Viertel der Landeshochschulgesetze in den entsprechenden Drittmittelvorschriften; vgl. § 29 Abs. 7 S. 2 HessHG; § 68 Abs. 5 UG Saarl.; § 37 Abs. 6 HSG SH; § 59 Abs. 6 ThürHG. 5
6. Kap.: Fazit und Reformperspektiven
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hochschulischen Wirtschaftsakteure stellt es einen wesentlichen Anreiz dar, selbst über die erwirtschafteten Einnahmen zu verfügen. Der erforderliche Analogieschluss legt bereits nahe, dass die bisherigen landeshochschulgesetzlichen Regelungen über den Verbleib des erwirtschafteten Gewinns nicht ausreichend sind, um für hinreichend einfachgesetzliche Rechtssicherheit bei den hochschulischen Wirtschaftsakteuren zu sorgen. Das ist umso erstaunlicher, als gerade Fragen in Bezug auf mögliche Abführungspflichten, die Wiederverwendung des Geldes und eine etwaige Zweckgebundenheit von Reinvestitionen in hohem Maße regelungsbedürftig sind. Anders formuliert: Für den hochschulischen Wirtschaftsakteur muss klar und auf einen Blick ersichtlich sein, wer über den Gewinn für welche Zwecke verfügen darf. Diese Forderung ist bisher in keinem Landeshochschulgesetz zufriedenstellend umgesetzt worden. M. E. erscheint es sinnvoll, eine den Drittmittelvorschriften sinngemäße Regelung im Abschnitt zur unternehmerischen Hochschulbetätigung (in einem eigenen Absatz) zu normieren. Vorzugswürdig wäre es, wenn es sich um eine explizite Normierung und nicht nur um einen Verweis auf die Vorschriften zur Drittmittelforschung handeln würde, da ersteres größere Transparenz schafft. Darüber hinaus sollte sich der neue Absatz nicht nur auf die „Verwertung der Forschungsergebnisse“ beziehen – wie bisher bei den Drittmittelregelungen üblich8 –, sondern auf alle Wirtschaftstätigkeiten der Hochschulen ausgeweitet werden. Ein weiterer Vorteil bestünde darin, dass die mit Unsicherheit behaftete Abgrenzung, was unter der „Verwertung von Forschungsergebnissen“ zu verstehen ist, wegfiele. So könnte ein entsprechender Absatz einer gesetzlichen Regelung zur wirtschaftlichen Betätigung in den Landeshochschulgesetzen lauten: „Finanzielle Erträge der Hochschule aus Wirtschaftstätigkeiten, die die Hochschule durchführt, stehen der Hochschule für die Erfüllung ihrer Aufgaben zur Verfügung. Sie werden bei der Bemessung des Zuschussbedarfs der Hochschule nicht mindernd berücksichtigt. Näheres zur binnenhochschulischen Verteilung ist von den Hochschulen zu regeln.“ Die Hochschulen haben mit der wirtschaftlichen Betätigung freilich ebenfalls monetäre Zielsetzungen verbunden, die weitgehend enttäuscht worden sind; auch aus den oben genannten Gründen. Infolgedessen wurden die Erwartungen an finanzielle Erträge zurückgeschraubt. Mittlerweile wird z. B. eine Beteiligung an einem akademischen Spin-Off aus monetärer Sicht als Erfolg gewertet, wenn „die eingegangene Beteiligung mittelfristig einen Deckungsbeitrag zum Verwertungsgeschäft leistet“9. Der Fokus liegt nunmehr auf anderen Aspekten, die für die Hochschule von großem Nutzen sein können, wie z. B. das Knüpfen von strategischen Partnerschaften mit der Industrie und Wirtschaft, der Reputationsgewinn der Hochschule in der Forschung (widergespiegelt in einer guten Platzierung bei Forschungs-Ran8
Einen ersten Anfang macht insofern die Regelung § 14 Abs. 6 HochSchG Rh.-Pf., die hinzufügt, dass sie zur Drittmittelforschung „entsprechend für Erträge aus Wissenstransfer und Arbeitnehmererfindungen“ gelten würde. 9 Hemer/Dornbusch/Kulicke, Beteiligungen von Hochschulen an Ausgründungen, S. 207.
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6. Kap.: Fazit und Reformperspektiven
kings), die Gewinnung eines Spin-Offs als zukünftigen Drittmittelgeber und der personale Austausch in beide Richtungen (Praktikums- und Masterarbeitsplätze für Studierende, Lehraufträge für die privaten Unternehmer). Diese Erwartungen sind größtenteils erfüllt worden.10 Ob eine (aus Hochschulsicht) erfolgreiche unternehmerische Hochschulbetätigung indes wegen oder trotz der landeshochschulgesetzlichen Regelungen erfolgen konnte, hängt (neben dem Engagement einzelner Persönlichkeiten in den Hochschulen) wesentlich von der jeweiligen Ausgestaltung der Regelungen in den Ländern ab.11 Das solideste rechtliche Fundament stellen die Landeshochschulgesetze bereit, die die Zulässigkeit einer unternehmerischen Hochschulbetätigung an die Beachtung von detaillierten Schranken (ähnlich den Regelungen zur kommunalen Wirtschaftsbetätigung) knüpfen und darüber hinaus eine ganz überwiegende ex ante Kontrolle anordnen. Sie werden in dieser Arbeit in der Kategorie der „Speziellgesetzlichen-Normierung“ zusammengefasst. Diese Regelungen sind transparent und sorgen für Planungssicherheit bei den Beteiligten (sowohl bei den Hochschulakteuren als auch bei den jeweiligen Kooperationspartnern). Beide Aspekte sind für eine erfolgreiche wirtschaftliche Betätigung von großer Bedeutung, da z. B. bei einer Unternehmensbeteiligung private Kooperationspartner an schnelle Entscheidungsstrukturen gewöhnt und auf flexibles und rasches Reagieren angewiesen sind. Nur eine in den Landeshochschulgesetzen angelegte ex ante Kontrolle ermöglicht es den Akteuren im Planungsstatus vorherzusehen, ob die normierten Zulässigkeitsvoraussetzungen erfüllt werden. Nur eine ex ante Kontrolle versetzt die Beteiligten in die Lage, im Vorhinein beispielsweise für einen angemessenen Einfluss der Hochschule in den Organen eines Unternehmens (durch direkte sachliche Mitwirkungsrechte oder mittelbare Kontrollmöglichkeiten wie z. B. eine Wahl- oder Abwahloption) zu sorgen. Ex post Kontrollen in Form von Genehmigungspflichten der Ministerien wie bei den landeshochschulgesetzlichen Regelungen der „Verweis-auf-LHO“-Kategorie und „Weder-noch“-Kategorie wirken sich hingegen hinderlich auf die Entfaltung der unternehmerischen Hochschulbetätigung aus, da dieses Erfordernis regelmäßig zu einer erheblichen Verzögerung derselben führt. Private Unternehmer können es sich nicht leisten über mehrere Monate hinweg einer Planungsunsicherheit hinsichtlich der Realisierung eines Vorhabens zu unterliegen. Aus diesem Grunde sollte eine Kontrolle auf Hochschulebene (Hochschulrat oder Senat) erfolgen, wie bei der Kategorie der „Speziell-gesetzlichen-Normierung“ ganz überwiegend geschehen.12 Eine binnenhochschulische Kontrollinstanz bedeutet nicht nur ein zügigeres, sondern auch ein effektiveres Verfahren, weil der Hochschulrat oder der Senat 10 Vgl. zur Empirie Hemer/Dornbusch/Kulicke, Beteiligungen von Hochschulen an Ausgründungen, S. 210 ff.: „Es gibt genug empirische Evidenz, dass diese Nutzeffekte in vielen Fällen tatsächlich eintreten.“ 11 Hemer/Dornbusch/Kulicke, Beteiligungen von Hochschulen an Ausgründungen, S. 210. 12 Eine bloße Anzeigepflicht gegenüber dem Ministerium wie in Thüringen ist ebenfalls möglich. Rheinland-Pfalz normiert indes eine Zustimmungspflicht des Finanzministeriums und bildet somit die einzige Ausnahme in der Gruppe der „speziell-gesetzlichen-Normierung“.
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als Organe der Hochschule regelmäßig ein eigenes Interesse an der Realisierung von unternehmerischen Tätigkeiten haben, die für die Hochschule unter Berücksichtigung einer Kosten-Nutzen-Analyse und einer Risikoprognose sinnvoll erscheinen. Am förderlichsten für eine unternehmerische Hochschulbetätigung sind somit regelungsdichte Vorschriften wie die der Kategorie der „Speziell-gesetzlichen-Normierung“, die auf nachträgliche Genehmigungserfordernisse verzichten und eine verlässliche und sichere Rechtsanwendung im Vorhinein ermöglichen. Aber auch die Ausgestaltung der Kategorie der „Speziell-gesetzlichen-Normierung“ enthält keine klare Vorgabe, wer in welchem Fall (z. B. nur bei Mehrheitsbeteiligungen) für die Überprüfung einer bereits laufenden unternehmerischen Betätigung zuständig ist. Problematisch an einem Prüfungsrecht des Landesrechnungshofs ist, dass ein solches von den privaten Unternehmern als unzulässige Einmischung in ihre unternehmerische Freiheit empfunden wird und sich letztlich hindernd auf die Zusammenarbeit von Hochschulen mit Privaten auswirkt.13 Diesem Problem kann dadurch abgeholfen werden, dass ein privater Wirtschaftsprüfer für die Überprüfung der Haushalts- und Wirtschaftsprüfung bestellt wird (wie es § 5 Abs. 7 S. 5 HG NRW anordnet). Sinnvoll erscheint es darüber hinaus, nur dann eine Prüfungspflicht des Wirtschaftsprüfers anzunehmen, wenn ein erhöhtes wirtschaftliches Risiko z. B. durch eine hochschulische Mehrheitsbeteiligung an einem Unternehmen indiziert wird. Durch eine entsprechende Regelung werden unnötige bürokratische Hemmnisse vermieden, die Aufklärung der Hochschule über finanzielle Risiken sichergestellt und (im Zuge der gegenseitigen Rücksichtnahme) der private Unternehmer weitgehend von externen Überprüfungen und weiteren Besonderheiten, die aus der öffentlich-rechtlichen Rechtsform resultieren, verschont. In diesem Bereich besteht auf Grund der fehlenden landeshochschulgesetzlichen Regelungen eine große Rechtsunsicherheit. Es ist empfehlenswert, diese Rechtsunsicherheit durch eine Normierung zu beseitigen, die die angesprochenen Probleme vollständig löst. Orientierung bietet die nordrhein-westfälische Lösung § 5 Abs. 7 S. 5 HG NRW). Diese berücksichtigt zufriedenstellend den Grundsatz, dass, wenn sich eine Hochschule auf das Parkett des privatwirtschaftlichen Handelns begibt, sie in die Lage versetzt werden muss, soweit es ihr verfassungsrechtlich möglich ist, sich auf den unter Privaten üblichen Usus einzustellen und die Pflichten, die allein aus ihrer öffentlich-rechtlichen Rechtsform resultieren, möglichst in Eigenregie und vor allem unverzüglich erfüllen zu können. Gerade in der Erprobungsphase14, in der sich die Landeshochschulgesetze infolge der Umstrukturierung der Hochschulorganisation noch befinden, ist die Rechtssicherheit ein entscheidender Faktor für Hoch13 Hemer/Dornbusch/Kulicke, Beteiligungen von Hochschulen an Ausgründungen, S. 206: „Einige der Hochschulen beschränken sich aufgrund der bisher gemachten Erfahrungen nur noch auf strategische Beteiligungen. Gründe dafür sind z. B., dass die erhofften finanziellen Rückflüsse bei Spin-Off-Beteiligungen ausblieben […] oder dass Probleme mit dem Landesrechnungshof auftraten.” 14 Das wird auch an den zahlreichen Erprobungsklauseln, die in den Landeshochschulgesetzen normiert sind, deutlich; vgl. z. B. § 7a BerlHG.
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schulakteure sowie potentielle private Kooperationspartner und Auftraggeber und darf nicht unterschätzt werden. Die Regelungen der Landeshochschulgesetze zur wirtschaftlichen Betätigung reichen ganz überwiegend noch nicht aus, um den Hochschulakteuren der wirtschaftlichen Betätigung einen rechtlichen „roten Leitfaden“ zur Vorbereitung, Durchführung und Verwertung ihrer Wirtschaftstätigkeiten in die Hand zu geben. Inwiefern sind die vorhandenen Sicherheitsvorkehrungen nun geeignet, um die Risiken, die mit einer wirtschaftlichen Betätigung einhergehen, zu minimieren? Um eine Bewertung vornehmen zu können, muss zwischen strukturell-inhaltlichen und finanziellen Risiken unterschieden werden. Auffällig ist, dass die Landesgesetzgeber den Fokus auf die Vermeidung von finanziellen Risiken und nicht auf die Einflussnahme ökonomischer Denkmuster und Strukturen auf den Inhalt von Forschung und Lehre legen. Das wird bereits an dem hochschulgesetzlich relevanten Begriff der wirtschaftlichen Betätigung deutlich, der an eine Unternehmensgründung, -beteiligung, -übernahme oder -erweiterung anknüpft (unternehmerische Betätigung). Nach Einschätzung der Landesgesetzgeber indiziert demnach die unternehmerische Betätigung ein erhöhtes finanzielles Risiko, welches sie durch mehr oder weniger detaillierte Schrankenregelungen einzudämmen versuchen. In Anlehnung an das kommunale Wirtschaftsrecht normieren die Vorschriften der „Speziell-gesetzlichenNormierung“-Kategorie und der „Verweis-auf-LHO“-Kategorie, dass die unternehmerische Hochschulbetätigung in einem angemessenen Verhältnis zur Leistungsfähigkeit und zum voraussichtlichen Bedarf stehen und ein angemessener Einfluss der Hochschule in den Organen des Unternehmens bestehen muss. Darüber hinaus hat eine Beschränkung der Einlageverpflichtung und der Haftung zu erfolgen. Durch diese Voraussetzungen bleibt das finanzielle Risiko der Hochschulen weitgehend überschaubar und vorhersehbar. Eine vollumfängliche Haftung der Hochschulen oder des Landes wird ausgeschlossen. Eine wirkmächtige Bedeutung haben die Schranken auch bei grenzüberschreitenden Wirtschaftstätigkeiten der Hochschulen, bei denen die Voraussetzungen der Schranken regelmäßig schwieriger zu erfüllen sind und demnach seltener vorliegen. Allerdings beziehen sich die Schranken regelmäßig nur auf wirtschaftliche Tätigkeiten, die einen mittelbaren Bezug zu Forschung und Lehre aufweisen (Kategorie 2), und auf unternehmerische Wirtschaftstätigkeiten, da der Einschätzung der Landesgesetzgeber zufolge nur bei der unternehmerischen Verwertung von Lehrund Forschungserkenntnissen ein erhöhtes wirtschaftliches Potential besteht. Jedoch übersehen die Landesgesetzgeber dabei, dass auch bei den Wirtschaftstätigkeiten der Kategorien 1 und 3 finanzielle Überforderungen drohen. Wie bei den Wirtschaftstätigkeiten dieser Gruppen das finanzielle Risiko überschaubar gehalten werden kann, bleibt nicht nur in der „Weder-noch“-Kategorie, sondern ebenfalls in der Kategorie der „Speziell-gesetzlichen-Normierung“ oder in der „Verweis-auf-LHO“Kategorie weitgehend ungeklärt. Man kann somit konstatieren, dass die von den Landesgesetzgebern getroffenen Regelungen zwar erforderlich, aber nicht hinrei-
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chend sind, um das finanzielle Risiko einer wirtschaftlichen Betätigung für die Hochschulen zu minimieren. Der Mangel kann m. E. durch eine Auslegung der Verfassung größtenteils behoben werden. Zutreffender Weise resultiert aus der staatlichen Schutzpflicht aus Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG, dass Gesetzgeber und die Hochschulen eine Gewährleistungsverantwortung dafür tragen, dass die wirtschaftliche Betätigung nicht die Kernaufgaben der Hochschulen in Forschung und Lehre beeinträchtigen. Das bedeutet, dass Hochschulen bei ihren wirtschaftlichen Tätigkeiten immer eine Haftungsbeschränkung vereinbaren müssen. Des Weiteren resultiert aus dem verfassungsrechtlichen Verbot der Beeinträchtigung der Kernaufgaben von Hochschulen eine Begrenzung des Aufwands (hinsichtlich personeller und sachlicher Ressourcenbindung) der geplanten wirtschaftlichen Betätigung. Denn insgesamt darf nicht vernachlässigt werden, dass Hochschulen primär einen öffentlichen Auftrag (Pflege von Forschung und Lehre, Bildung etc.) erfüllen müssen. Gerade die Erfüllung der öffentlichen Aufgabe rechtfertigt die Alimentierung des Staates. Daraus folgt die Einschränkung, dass die vorhandenen sachlichen und personellen Mittel nicht vornehmlich zur Forschung von Privatinteressen (z. B. Auftragsforschung oder reine Serviceleistungen für Private) genutzt werden dürfen, sondern zuvörderst der Zweckbestimmung der Hochschulen nach verwendet werden müssen. Eine Fokussierung auf eine wirtschaftliche Betätigung würde zumindest eine vorübergehende Privatisierung der gewonnenen Erkenntnisse (infolge der grundrechtlich geschützten Interessen privater Auftraggeber) bedingen, die diametral zum ursprünglichen Grund der öffentlichen Alimentierung stünde: nämlich die Unabhängigkeit der Forschung durch eine finanzielle Grundausstattung zu gewährleisten. Aus diesem Grund dürfen Hochschulen grundsätzlich nur solche wirtschaftlichen Tätigkeiten ausführen, die gerade von ihnen wegen ihrer wissenschaftlichen Kenntnisse oder ihrer vorhandenen personellen oder sachlichen Ressourcen besonders effizient erbracht werden können.15 Das bedeutet, dass es Hochschulen nicht erlaubt ist, jegliche Service-, Beratungs- und Unterstützungsleistungen16 nur auf Grund dessen wahrzunehmen, dass sie einen unmittelbaren Bezug zu den Hochschulaufgaben aufweisen. Durch diese ergänzende Verfassungsauslegung der landeshochschulgesetzlichen Regelungen kann das finanzielle Risiko auch bei wirtschaftlichen Tätigkeiten der Kategorie 2, die nicht in Unternehmensform durchgeführt werden, und bei Wirtschaftstätigkeiten, die den Kategorien 1 und 3 zugeordnet werden, möglichst gering gehalten werden. Inwiefern haben sich die genannten Gefahren nun verwirklicht bzw. auf welche Weise können sie weitgehend vermieden werden? M.E. kann eine diesbezügliche Risikominimierung überwiegend gelingen, wenn man das Verfassungsrecht, vor allem Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG, in der hier vorgeschlagenen Weise auslegt. Soweit die 15
Fehling, in: ders./Kämmerer/Schmidt (Hrsg.), Hochschulen zwischen Gleichheitsidee und Elitestreben, S. 35 (47). 16 Terminologie von Püttner/Mittag, Rechtliche Hemmnisse der Kooperation zwischen Hochschulen und Wirtschaft, S. 32 f.
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Kritiker der wirtschaftlichen Betätigung behaupten, dass vor allem ein altruistisches Wissenschaftsverständnis die Hochschulforscher vor Manipulations- und Verschleierungsversuchen schützen würde, ist diesem bereits dem Grunde nach nicht zuzustimmen. Vielmehr ist der Kommunalismus der Wissenschaft für den Schutz vor wissenschaftlichen Unredlichkeiten wie z. B. Fälschungen oder sonstigen Manipulationen von ausschlaggebender Bedeutung. Der Kommunalismus ist wesensprägend für die Wissenschaft, da dieser ein Überprüfen der durchgeführten Forschung und ein Befruchten zukünftiger Forschung überhaupt erst ermöglicht. D.h., dass vor allem Transparenz, Nachvollziehbarkeit und Publizität der wissenschaftlichen Arbeiten sichergestellt werden müssen, so dass diese von der scientific community kontrolliert werden können. Dass bei der Verifizierung von Forschungserkenntnissen vor allem das Internet als derzeitiger Inbegriff der Transparenz eine immer größere Rolle spielt, dürfte spätestens seit der Dokumentation etwaiger Plagiatsnachweise diverser Personen des öffentlichen Lebens auf der Internetplattform wikia (z. B. „de.GuttenPlag.wikia.com“; „de.vroniplag.wikia.com“) offensichtlich sein. Ein ernsthafter Veröffentlichungswille ist somit für eine Qualifizierung einer Tätigkeit als wissenschaftlich erforderlich. Aus einem zwingenden Erfordernis eines Veröffentlichungswillens folgt, dass bei einer wirtschaftlichen Betätigung (z. B. bei einer Auftragsforschung) temporäre Geheimhaltungsklauseln nur insoweit abgeschlossen werden dürfen, als ansonsten grundrechtlich geschützte Interessen eines privaten Auftraggebers verletzt würden. Sobald die grundrechtlichen Interessen des Privaten indes hinreichend gesichert sind (z. B. durch eine erfolgte Patentanmeldung) erlischt nach zutreffender verfassungskonformer Auslegung die Geheimhaltungspflicht automatisch; d. h. ohne ein Zustimmungserfordernis. Des Weiteren verändert sich allein auf Grund einer verstärkt betriebenen wirtschaftlichen Betätigung der Hochschulen nicht das Ethos der Wissenschaftler. Es ist die Pflicht eines Hochschulforschers sich stets seiner wissenschaftlichen Unabhängigkeit zu vergewissern und sich nicht für verzerrende Gefälligkeitsgutachten einspannen zu lassen. Für die finanzielle Unabhängigkeit sorgt nach wie vor die Verfassung, welche dem einzelnen Hochschulwissenschaftler über Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG eine Grundfinanzierung garantiert. Die öffentliche Alimentierung rechtfertigt jedoch, dass an das Ethos des einzelnen Hochschulwissenschaftlers höhere Anforderungen gestellt werden dürfen als dies gelegentlich in der privaten Forschung der Fall sein soll. Freilich darf nicht unterschätzt werden, dass ökonomisierte Strukturen die Forschungsrichtung eines Hochschulwissenschaftlers beeinflussen können. Soweit sich die Kritik gegen Formen der mittelbaren Einflussnahme auf Forschung und Lehre beispielsweise durch eine ausschließliche Belohnung von Hochschulerfindungen richtet, ist ihr zuzustimmen. Bereits am Anfang dieser Arbeit wurde postuliert: Je weiter sich wirtschaftliche Strukturprinzipien an wissenschaftsrelevante Angelegenheiten annähern, desto strenger müssen die Sicherungsvorkehrungen sein, die zur Abwehr einer strukturellen Gefährdung der Wissenschaftsfreiheit getroffen werden.
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Dieses am Anfang dieser Arbeit aufgestellte Postulat wird von den Landeshochschulgesetzen nicht zufriedenstellend umgesetzt. Eine subtile Unterwanderung des Strebens nach neuen Erkenntnissen z. B. durch eine Belohnung von nutzenorientierter Forschung kann jedoch erfolgreich durch eine Auslegung der Verfassung verhindert werden. Eine Verhinderung missbräuchlicher Steuerung von Forschung und Lehre in eine verstärkt am ökonomischen Nutzen orientierte Richtung setzt bereits bei der Grundrechtsträgerschaft der Hochschulen an. Richtig ist, dass der Grundrechtsschutz der Hochschulen stets an den des Individualgrundrechtsträgers rückgekoppelt werden muss. Eine Berufung der Hochschulen auf die Wissenschaftsfreiheit zu Lasten der Hochschulwissenschaftler wird somit von vornherein verhindert. Diese Sichtweise legt zugleich das maßgebliche Verhältnis von Institution zu Hochschulforschern und -lehrern zu Tage: In erster Linie wird eine Hochschule für die Verwirklichung der individuellen Wissenschaftsfreiheit errichtet – ihre Grundrechtsträgerschaft nimmt gegenüber der der Hochschulwissenschaftler eine dienende Funktion ein. Dass sich Hochschulen bei Wirtschaftstätigkeiten, die einen unmittelbaren Bezug zu Forschung und Lehre aufweisen, auf Art. 5 Abs. S. 3 S. 1 GG berufen dürfen, wirkt sich demnach potentiell nur im Außenverhältnis (z. B. gegenüber staatlichen Auftraggebern) aus, wohingegen ihre Grundrechtsträgerschaft im Binnenverhältnis keine Rolle spielt. Gerade auf binnenhochschulischer Ebene müssen die Hochschulwissenschaftler besonders umfassend geschützt werden, da infolge der Übertragung mehrerer vormals staatlicher Angelegenheiten von dem Staat i. e.S. auf die Hochschulen auch das Gefährdungspotential für eine freie wissenschaftliche Betätigung durch die jeweiligen Hochschulleitungen als Teil der mittelbaren Staatsverwaltung gestiegen ist. Somit begrenzt Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG die Einwirkungsmöglichkeiten der Hochschulleitungen auf die Hochschulwissenschaftler hinsichtlich des „Ob“ und des „Wie“ von wirtschaftlichen Tätigkeiten. Qua Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG darf kein Hochschulwissenschaftler gezwungen werden, einer Wirtschaftsbetätigung nachzugehen. Eine Verpflichtung beispielsweise zur Durchführung eines Weiterbildungskurses kommt nur in den engen Grenzen des im Einzelfall zu bestimmenden konkret-funktionellen Amtes in Betracht. Universitäten müssen ansonsten auf die Freiwilligkeit17 der Hochschullehrer und -forscher setzen. Sie sind gut beraten, die jeweiligen Hochschulwissenschaftler in Vertragsverhandlungen mit den Auftraggebern, die z. B. ein Gutachten in Auftrag geben wollen, einzubeziehen und ihre Zustimmung zu verschiedenen Vertragsklauseln (wie z. B. temporäre Geheimhaltungsklauseln) zu erwirken. Denn auf diese Weise schützen sie sich selbst vor potentiellen (Grund-)Rechtsverletzungen. Das Setzen von ökonomischen Anreizstrukturen ist ebenfalls nur im Rahmen von Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG möglich. Dies bedeutet zwar kein pauschales Verbot derselben, wohl aber ist eine hinreichende Differenzierung vonnöten. Legitim bzw. sogar wünschenswert ist es beispielsweise Hochschullehrern, die wirtschaftliche Weiterbildungskurse unter17 Darauf verweisen bereits Püttner/Mittag, Rechtliche Hemmnisse der Kooperation zwischen Hochschulen und Wirtschaft, S. 25.
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richten, eine zusätzliche Vergütung zu gewähren. Auch die Beteiligung von Hochschulforschern an dem Erlös von Patenten ist geboten und notwendig. Demgegenüber verbietet Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG Anreize für ein wirtschaftliches Tätigwerden mittels Leistungskriterien zu setzen, die an ökonomisch-verwertbare Forschung oder Lehre anknüpfen (wie z. B. die Höhe der Einnahmen aus hochschulischen Wirtschaftstätigkeiten oder die Anzahl der Diensterfindungen). Denn durch eine solche Anreizsetzung würde die freie wissenschaftliche Betätigung und Aufgabenerfüllung strukturell gefährdet, zumal u. a. gegen das Gebot, disziplinabhängige Unterschiede bei der Auswahl leistungsbezogener Kriterien zu berücksichtigen, verstoßen würde. Durch einen strengen Prüfungsmaßstab der Legitimation der wirtschaftlichen Betätigung, der vor allem im Binnenbereich der Hochschulen anknüpft, können die Risiken und Gefahren, die die Skeptiker der wirtschaftlichen Betätigung anführen, weitgehend gebannt werden. Auf die Entfaltung der wirtschaftlichen Betätigung wirkt sich ein solch strikter Prüfungsmaßstab dann nicht aus, wenn im Außenverhältnis die Hochschule über das „Ob“ weitgehend selbstständig entscheiden darf, was freilich ein Mindestmaß an Autonomie voraussetzt. Eine Verlagerung der Aufsicht über die wirtschaftliche Betätigung auf die Hochschule bedeutet für die Länder auch keinen Kontrollverlust, wenn die Länder ihre Kontrolle im Vorhinein durch die Normierung von regelungsdichten Zulässigkeitsvoraussetzungen in den Landeshochschulgesetzen ausüben. Auf diese Weise könnten die verschiedenen Interessen ausgeglichen, die Risiken eingedämmt und die Vorteile einer wirtschaftlichen Betätigung am besten ausgeschöpft werden. Eine optimale Regelung der wirtschaftlichen Betätigung sollte m. E. in einem eigenen Paragraphen der Landeshochschulgesetze abschließend normiert werden. Von den hier dargestellten Ergebnissen lässt sich folgender gesetzlicher Regelungsentwurf ableiten, der den in dieser Arbeit herausgestellten Anforderungen hinreichend Rechnung trägt: Wirtschaftliche Betätigung (1) Hochschulen dürfen einer wirtschaftlichen Betätigung nachgehen, wenn diese einen unmittelbaren oder mittelbaren Bezug zu den Hochschulaufgaben aufweist und die Erfüllung der Hochschulaufgaben nicht beeinträchtigt. Eine wirtschaftliche Betätigung, die weder einen unmittelbaren noch einen mittelbaren Bezug zu den Hochschulaufgaben hat, ist darüber hinaus nur zulässig, wenn dieser Zweck nicht durch Private ebenso gut und wirtschaftlich erfüllt werden kann. (2)18 Wirtschaftliche Unternehmen dürfen Hochschulen ungeachtet der Rechtsform nur errichten, übernehmen, wesentlich erweitern oder sich daran beteiligen (unternehmerische Hochschulbetätigung), wenn 18 Absatz 2 lehnt sich an die nordrhein-westfälische Regelung des § 5 Ab 7 HG NRW an. § 5 Abs. 7 S. 2 und S. 3 HG NRW sind auf Grund des hier vorgeschlagenen Abs. 1 nicht mehr notwendig und wurden daher weggelassen. Nr. 1 wurde hier verkürzt. Das Übernommene ist kursiv markiert.
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1. Zwecke der Hochschulaufgaben dies rechtfertigen, 2. das Unternehmen nach Art und Umfang in einem angemessenen Verhältnis zur Leistungsfähigkeit der Hochschule und zum voraussichtlichen Bedarf steht, 3. die Hochschule einen angemessenen Einfluss in den Organen des Unternehmens erhält und 4. die Einlage aus freien Rücklagen der Hochschule erfolgt und die Einlageverpflichtung und die Haftung der Hochschule auf einen bestimmten und ihrer Leistungsfähigkeit angemessenen Betrag begrenzt werden. Die haushaltsrechtliche Behandlung der unternehmerischen Hochschultätigkeit richtet sich ausschließlich nach dem Hochschulgesetz und den aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Vorschriften. Gehört der Hochschule oder dieser zusammen mit einer oder mehreren juristischen Personen des öffentlichen Rechts die Mehrheit der Anteile, werden der Jahresabschluss, der Lagebericht und die Wirtschaftsführung von einem Wirtschaftsprüfer geprüft. Die Prüfung erfolgt auch nach den für die Beteiligung der Gebietskörperschaften an privatrechtlichen Unternehmen geltenden besonderen Prüfungsbestimmungen des § 53 Abs. 1 des Haushaltsgrundsätzegesetzes. (3)19 Der Hochschulrat kann nach vorheriger Zustimmung des Ministeriums bei geringfügigen Beteiligungen der Hochschulen an Unternehmen oder bei hochschuleigenen Unternehmen mit einem Jahresumsatz von unter 250.000 Euro Ausnahmen von den Erfordernissen des Abs. 2 Nr. 1 bis 4 zulassen, falls die durch die Anwendung von Abs. 2 Nr. 1 bis 4 entstehenden zusätzlichen Kosten im Verhältnis zum Umfang der Beteiligung unverhältnismäßig sind. (4) Eine unternehmerische Betätigung bedarf der Zustimmung des Hochschulrats. Auch eine grenzüberschreitende wirtschaftliche oder unternehmerische Betätigung bedarf der Zustimmung des Hochschulrats, wenn eine vom Senat in einer Satzung festzulegende Haftungsobergrenze überschritten wird. Die Haftungsobergrenze kann in jedem Fachgebiet variieren. Die Satzung bedarf der Genehmigung des zuständigen Ministeriums. (5) Finanzielle Erträge der Hochschule aus Wirtschaftstätigkeiten, die die Hochschule durchführt, stehen der Hochschule für die Erfüllung ihrer Aufgaben zur Verfügung. Sie werden bei der Bemessung des Zuschussbedarfs der Hochschule nicht mindernd berücksichtigt. Näheres zur binnenhochschulischen Verteilung ist von den Hochschulen zu regeln.
19 Absatz 3 lehnt sich an § 113 Abs. 1 S. 7 HSG LSA und § 105 Abs. 4 S. 1 Nr. 3 LHG MV an und verbindet beide Regelungen miteinander. Das Übernommene ist kursiv markiert.
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Sachwortregister Akademisches Franchising 54, 226 ff., 228 ff. An-Institut 50 f., 93, 135, 168 f., 180, 184, 185 ff., 190 ff., 200 ff., 203 ff. Annextätigkeit s. Hilfstätigkeit Anzeige- und Genehmigungspflicht von hochschulgesetzlichen Regelungen 257 Arbeitnehmererfindungsgesetz 190 ff. Aufgabenfindungsrecht – hochschulaufgabenbezogenes ~ 232 f. – wissenschaftliches ~ 231 f. Auftraggeber – öffentlich-rechtliche ~ 51 – private ~ 51, 154 ff., 187 Auftragsforschung 50 f., 154 ff., 184 ff., 200 ff. Begriff der wirtschaftlichen Betätigung – hochschulgesetzlicher ~ 218 f. – in der Arbeit zu Grunde gelegter ~ 35 ff. Beihilferecht 113 ff. Berufsfreiheit 94 ff., 176 ff., 202 f. Betriebseinheit 136 Binnenmarkt 115 f. Demokratieprinzip 76 ff. Diensterfindung s. Hochschulerfindung Doppelköpfigkeit der Hochschulen 118, 126 ff. Drittmittel 23 ff., 153, 211 f., 265, 274 f. Drittmittelforschung 264 f. Drittmittelgeber 23 ff., 276 Drittmittelprojekt 156 Durchgriffstheorie des BVerfG 126 ff. Eigentumsfreiheit 106 f., 176 ff., 202 f. Eingriff s. Grundrechtseingriff Eingriffsverwaltung 82 ff. Erkenntnissuche 154, 165, 174 ff., 176 f. Erwerbswirtschaftliche Betätigung 66, 74 ff., 78 ff., 87, 93 f., 117, 234 ff.
Europäische Grundrechtecharta 112 f. Europäischer Forschungsraum 110 Evaluationsbasierte Ressourcenverteilung 211 f. Fachbereich 134 f., 138, 168 f., 173 Fakultät 134 f., 138, 168 f., 173, 179 Fiskalische Verwaltungstätigkeit 88 ff. Forschung – außeruniversitäre ~ 45 ff., 152 f., 164 f., 176 ff., 202 f. – wissenschaftliche ~ 146 ff., 155 ff., 176 ff. Forschungsfreiheit 149 f., 154 ff., 173 ff., 176 ff., 190 ff. Forschungskooperationen 50 f. Forschungsmethode 157 f. Funktionsfähigkeit – der Hochschule 199, 207 f. – des Staates 80 Gebrauchsmuster 46 ff. Geheimhaltungsklausel – dauerhafte ~ 162 ff., 213 ff. – temporäre ~ 162 f., 166 f., 185 ff., 187 ff., 193 ff., 202 f., 213 ff. Gemeinwohlbezug 76 ff. Geschmacksmuster 46 ff. Gewinnorientierte wirtschaftliche Betätigung s. Erwerbswirtschaftliche Betätigung Grenzen der wirtschaftlichen Betätigung – hochschulgesetzliche ~ 242 ff., 248 ff., 267 ff. – verfassungsrechtliche ~ 67 ff., 70 ff., 74 f., 76 ff., 184 ff., 190 ff., 200 ff., 205 ff., 213 f., 215 f., 267 ff. Grundlagenforschung 41 f. Grundrechtsbindung – der gemischtwirtschaftlichen Unternehmen 93 – der Hochschulen 92 f. – des Staates 90 ff.
Sachwortregister Grundrechtseingriff – klassischer ~ 182 ff. – mittelbar-faktischer ~ 96 ff., 182 ff., 189 f. Grundrechtsträgerschaft – der gemischtwirtschaftlichen Unternehmen 124 ff. – der Hochschulen 126 f., 133 ff., 179 Grundrechtstypische Gefährdungslage 128 ff., 201 Gutachtentätigkeit 154 ff., 162, 195 Haushalt – Globalhaushalte 41, 103 – globalisierter Haushalt 41, 103 – kameralistische Haushaltsführung 31, 103 Hilfstätigkeit 234 ff., 237, 238 ff. Hochschulaufgabe 220 f., 221 ff., 226 ff., 231 f., 245 f. Hochschulautonomie 119 f., 215, 261 Hochschuldruckerei 54 f., 137 Hochschulerfindung 45 ff., 181 ff., 191 ff. Hochschulinstitut 135, 156 Hochschullehrerprivileg 46 Hochschulleitung 26 ff., 168, 180 ff., 195, 208, 211, 213 ff. Industrieforschung 41, 151 ff., 163 ff., 176 ff. Juristische Person 121 ff. – ~ des öffentlichen Rechts 123 f. – ~ des Privatrechts 124 ff. Kartellrecht 116 f. Kategorie – ~ der „speziell-gesetzlichen-Normierung“ 249 ff., 267 ff., 273 ff. – „Verweis-auf-LHO“- ~ 260 ff., 267 ff., 273 ff. – „Weder-noch“- ~ 262 ff., 267 ff., 273 ff. Körperschaft des öffentlichen Rechts 118 ff., 153 Konkurrent 87 ff., 94 ff.,106 f., 107 f. Konkurrenz 41, 98 f. Landeshochschulgesetz 218, 219 ff., 231 ff., 242 ff., 248 ff., 264 f., 267 ff. Lehre 146 ff.
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Lehrfreiheit 150 f., 169 ff., 179, 184 ff., 200 ff., 205 ff. Leistungskriterien 153, 195 f., 211 ff. Leistungsorientierte Mittelvergabe 168, 195 f., 211 f. Leistungsverwaltung 35, 82 ff. Lizenzierung 41 f., 46 ff., 222 Lizenzierungsgesellschaft 45 Markt 38 ff., 41 ff., 96, 100 ff. Marktakteur bzw. -teilnehmer 44 Marktwirtschaft 68 ff. Meldepflicht 191 ff. Merchandising 58 f., 238 f., 255 Nebentätigkeit 153 Nebentätigkeitsrecht 234 ff. Öffentliche Hand 65 f., 125 Öffentlicher Zweck 78 ff., 221 ff., 245 ff., 253, 267 Offenbarungsverbot 193 ff., 205 ff. Organisationsform 123 ff. Patent 46 ff., 165 f., 222 Patentmanagement 41 f. Patentverwertungsgesellschaft 45 f. Publikationsfreiheit, negative 150, 185 ff., 191 ff. Publikationsreife 160 ff., 166 ff., 187 ff., 191 ff., 206 f. Randbetätigung s. Randnutzung Randnutzung 234 ff., 237 ff., 255, 272 Rechtsstaatsprinzip 76 ff. Ressourcen, sachliche und personelle 224 f., 228 Schutzrecht 46 ff., 222 Selbstverwaltung, universitäre 108, 127, 237 Spin-Off 48 f., 222 Sponsoring 57 f., 234 ff. Start-Up 48 f., 222 Steuerstaatsprinzip 74 ff. Stiftungsprofessur 187 ff. Subsidiaritätsklausel 252 ff. Subsidiaritätsprinzip 71 ff., 96
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Sachwortregister
Technologietransfer 45 ff., 221 ff., 226 ff. Technologietransferunternehmen 45, 136 f., 221 ff. Transformation von Forschungserkenntnissen in Wirtschaftsgüter 63 f., 173 ff. Unternehmen – gemischtwirtschaftliche 93, 124 ff. – universitäre 48 ff., 123 ff., 242 ff., 249 ff., 260 ff., 262 ff. Unternehmensbeteiligung 48 ff., 242 ff., 249 ff., 260 ff., 262 ff. Unternehmerische Betätigung 218 f., 219 ff., 242 ff., 248 ff., 260 ff., 262 ff., 264 f., 265 ff., 267 ff. Validierung von Studiengängen 54, 226 ff., 228 ff. Verfassungsrechtliche Kompetenzregelung 81 f. Vermögensverwaltung 264 f. Veröffentlichungswille 160 ff., 192 Veröffentlichungszwang 185 ff., 201 f. Verwendung der finanziellen Erträge 364 f. Vorbehalt des Gesetzes 82 ff. Vorrang des Gesetzes 82 Weiterbildungsangebot 51 ff. Weiterbildungsgesellschaften, universitäre 137, 221 ff.
Weiterbildungsmarkt 51 ff., 100 ff. Werbung 56 f., 234 ff. Wettbewerbsfreiheit 95 f., 96 ff. Wirtschaftliche Betätigung, staatliche i.w.S. 65 ff., 87 ff., 98 ff., 102 ff. Wirtschaftlichkeitsprinzip 204 f. Wirtschaftsgut 37 f. Wirtschaftsverfassung 68 ff. Wirtschaftsverkehr 38 ff. Wissenschaftsbegriff 142 ff. Wissenschaftsfreiheit – Eingriff in die ~ 184 ff., 190 ff., 268 – Grundrechtsfunktionen der ~ 120 f. – Objektiv-rechtliche Dimension der ~ 120 f., 220 – Schutzbereich der ~ 121 ff., 139 ff., 148 f., 154 ff., 169 ff., 173 ff., 179 – Struktur der ~ 140 ff. – Verfassungsrechtliche Rechtfertigung der Eingriffe in die ~ 200 ff., 205 ff. Wissenstransfer 51 ff., 54, 221 ff. Zustimmungsvorbehalte vor Veröffentlichung 185 ff., 201 f., 213 Zwang zur Durchführung eines Weiterbildungskurses 195, 208 ff. Zwang zur Durchführung von Wirtschaftstätigkeiten in der Forschung 195, 210 f.