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German Pages [273] Year 2018
TRANSZENDENTE ERFAHRUNGEN – PHÄNOMENE UND DEUTUNGEN
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Heiner Schwenke
Die Verwechslung der Welten Auferstehung, Reich Gottes und Jenseitserfahrungen
VERLAG KARL ALBER
https://doi.org/10.5771/9783495813775
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Heiner Schwenke Die Verwechslung der Welten
VERLAG KARL ALBER
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https://doi.org/10.5771/9783495813775 .
Transzendente Erfahrungen – Phänomene und Deutungen Herausgegeben von Heiner Schwenke
Band 1
https://doi.org/10.5771/9783495813775 .
Heiner Schwenke
Die Verwechslung der Welten Auferstehung, Reich Gottes und Jenseitserfahrungen
Verlag Karl Alber Freiburg / München
https://doi.org/10.5771/9783495813775 .
Heiner Schwenke The Confusion of Worlds Resurrection, Kingdom of God, and Otherworld Experiences The idea of the resurrection of the physical body and the eternal continuation of life with this body in a future paradisiacal Kingdom of God on earth is one of the most enigmatic of religious ideas. It fully contradicts our knowledge of the transitoriness of all things in this universe. According to the author the origin for this idea lies in certain forms of otherworld experiences, as, for example, reported by people who had near-death experiences: encounters with the dead in brilliantly beautiful bodies and the experience of paradisiacal, seemingly earthly landscapes. He observes that cultures with a pre-modern cosmology sometimes projected such otherworld experiences onto this world, to distant and unknown locations on earth. These experiences were the blueprint for an expectation of paradisiacal conditions on earth. The author establishes parallels between the reports of otherworld experiences and the eschatological ideas of Zoroastrianism, Judaism and Christianity. He shows that otherworld experiences can indeed foster the expectation of paradisiacal conditions on earth by referring to the Ghost Dance movement of the Lakota people in 1890. He presumes that the confusion of worlds proved fatal not only for the Lakota people but also for Jesus of Nazareth. The Author: Heiner Schwenke, Doctorate of Natural Sciences and Doctorate of Philosophy, born in 1961, is leading the project ›Transcendent Experiences: Phenomena, Ideas, and Judgements‹ at the Max-Planck-Institute for the History of Science in Berlin. He has published several books, among these the monograph Transzendente Begegnungen. Phänomenologie und Metakritik (2014) (English: Transcendental Encounters. Phenomenology and Metacriticism).
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Heiner Schwenke Die Verwechslung der Welten Auferstehung, Reich Gottes und Jenseitserfahrungen Die Vorstellung der Auferstehung des physischen Körpers und des ewigen Fortlebens mit diesem Körper in einem zukünftigen paradiesischen Reich Gottes auf Erden gehört zu den rätselhaftesten religiösen Ideen. Sie widerspricht gänzlich unserem Wissen von der Vergänglichkeit aller Dinge dieses Kosmos. Dem Autor zufolge liegen dieser Idee bestimmte Formen von Jenseitserfahrungen zugrunde, wie sie beispielsweise von Menschen mit Nahtoderfahrungen häufig berichtet werden: Begegnungen mit Verstorbenen in strahlend-schönen Körpern und Erlebnisse paradiesischer, irdisch anmutender Landschaften. Derartige Jenseitserfahrungen seien in Kulturen mit einer prämodernen Kosmologie mitunter ins Diesseits, an entlegene, unbekannte Orte der Erde projiziert worden und lieferten die Vorlage für eine – notwendig vergebliche und potenziell tragische – Erwartung jenseitiger Verhältnisse auf Erden. Der Autor weist Parallelen zwischen den Berichten über Jenseitserfahrungen und eschatologischen Vorstellungen des Zoroastrismus, des Judentums und des Christentums nach. An der Ghost-Dance-Bewegung der Lakota von 1890 zeigt er, dass Jenseitserfahrungen tatsächlich die Erwartung jenseitiger Verhältnisse auf Erden fördern können. Er vermutet, dass die Verwechslung der Welten nicht nur den Lakota, sondern auch Jesus von Nazareth zum Verhängnis wurde.
Der Autor: Heiner Schwenke, Dr. rer. nat., Dr. phil., geboren 1961, leitet das Projekt »Transzendente Erfahrungen: Phänomene, Ideen und Urteile« am Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte in Berlin. Er publizierte mehrere Bücher, darunter die Monographie Transzendente Begegnungen. Phänomenologie und Metakritik (2014).
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Originalausgabe © VERLAG KARL ALBER in der Verlag Herder GmbH, Freiburg / München 2017 Alle Rechte vorbehalten www.verlag-alber.de Umschlagmotiv: Foto: Verlag Karl Alber Satz und PDF-E-Book: SatzWeise GmbH, Trier Herstellung: CPI books GmbH, Leck Printed in Germany ISBN (Buch) 978-3-495-48944-4 ISBN (PDF-E-Book) 978-3-495-81377-5
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Vorwort
In diesem Buch unternehme ich das Wagnis, das Wissen über sogenannte Jenseitserfahrungen zur Aufhellung zweier enigmatischer, miteinander verknüpfter religiöser Ideen einzusetzen: die Vorstellungen einer Auferstehung des physischen Körpers und eines paradiesischen irdischen Reiches, in dem die Auferstandenen mit ebendiesen Körpern ewig leben. Eine solche Verknüpfung der Forschung zu bestimmten Formen von Erfahrung und der religiösen Ideengeschichte stellt höhere Anforderungen und birgt mehr Risiken als Wissenschaft in den Nischen des Spezialistentums. Es kann in meiner Studie nur darum gehen, einen bestimmten Erklärungsansatz plausibel zu machen. Die Gedanken meines Aufsatzes »Eschatology of the Synoptic Jesus: Based on a Misinterpretation of Otherworld Experiences?«, der im Biblical Theology Bulletin 44 (2014) 202–213 erschien, werden dabei wesentlich vertieft und weiterentwickelt. Eine erschöpfende Behandlung der komplexen Thematik kann jedoch von einem Einzelnen nicht geleistet werden. Ich danke Dale C. Allison (Princeton Theological Seminary) für Ermutigung, ausführliche Diskussionen und wertvolle Anregungen zu einer früheren Fassung des Manuskripts. Das Buch ist die erste Publikation im Rahmen des Forschungsprojekts Transcendent Experiences – Phenomena, Ideas, and Judgements, das am Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte in Berlin angesiedelt ist. Dagmar Schäfer, Direktorin am Institut, bin ich für die Unterstützung des Projekts sehr zu Dank verpflichtet. Zu transzendenten Erfahrungen werden solche Erfahrungen gezählt, welche die vertraute Wirklichkeit oder die gewohnten Erklärungskategorien überschreiten. Eine sorgfältige Phänomenologie transzendenter Erfahrungen wird als Grundlage ihrer weiterführenden Thematisierung in der Forschung angesehen. Ihr Einfluss auf die Entstehung mythologischer, religiöser und philosophischer Vorstellungen und der Umgang mit ihnen in verschiedenen Kulturen und Epochen erscheinen als vielversprechende Forschungsfelder. 7 https://doi.org/10.5771/9783495813775 .
Vorwort
Gleichzeitig eröffnet der Band auch die neue Reihe Transzendente Erfahrungen – Phänomene und Deutungen im Verlag Karl Alber. Weitere Bände sind in Vorbereitung, unter anderem mit Untersuchungen zum Verhältnis von Geisterglaube und moderner Wissenschaft, zur Idee der Reinkarnation und zur Phänomenologie außerkörperlicher Erfahrungen. Dem Verlagsleiter, Lukas Trabert, bin ich sehr dankbar für die Aufnahme der Reihe in sein Programm und für seine außerordentlich wohlwollende und konstruktive Begleitung des ersten Bandes. Der Lektorin dieses Buches, Julia Pirschl, danke ich für inhaltliche Anregungen, sprachliche Verbesserungen und, wie allen Mitgliedern des Verlags, mit denen ich zu tun hatte, für die freundliche und engagierte Zusammenarbeit. Ich widme das Buch Anne, Charlotte und Johannes. Dingy-St-Clair, im August 2017
Heiner Schwenke
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Inhalt
Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Rätselhaftigkeit des Auferstehungs- und Reich-GottesGlaubens (15) · Transzendente Erfahrungen (16) · Auswirkungen transzendenter Erfahrungen auf das Denken (17) · Die Vernachlässigung transzendenter Erfahrungen in der Ideengeschichte (19) · Die Hypothese des Buches und der Gang der Untersuchung (20) Jenseitserfahrungen als Schlüssel zum Auferstehungs- und Reich-Gottes-Glauben? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jenseitsreisen (22) · Paradiesische, erdenähnliche Landschaften (23) · Leuchtende jenseitige Personen (27) · Jenseitige Landschaften als irdische Paradiese (31) · Vom bereits existierenden Paradies zur Utopie (32) · Auferstehung (33) · Seelenglaube vs. Auferstehungsglaube (34) Auferstehung und Reich Gottes im Zoroastrismus . . . . . . . Zur Eschatologie des Zoroastrismus (36) · Geschichte und Überlieferung (37) · Gathas: Ein ewiges irdisches Leben? (37) · Zamyād Yašt: Auferstehung und Frašokereti (38) · Griechische Quellen (40) · Auferstehung in mittelpersischen Texten des Zoroastrismus (40) · Die Wiederherstellung des physischen Körpers aus seinen Bestandteilen (41) · Ewiges nachtodliches Leben (42) · Die Auferstandenen sind in der Blüte des Lebens (42) · Der leuchtende Auferstehungskörper (43) · Erneuerte, paradiesische Erde, ewiger Frühling (45) · Weitere Jenseitsmerkmale des nachtodlichen irdischen Lebens (45) · Fazit (46)
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Inhalt
Auferstehung und Reich Gottes im Judentum . . . . . . . . . Nachtodliches Dahindämmern in der Scheol (47) · Geringe Bedeutung des Auferstehungsgedankens im Tanach (48) · Keine klare Trennung von Körper und Seele (48) · Auferstehungsvision des Ezechiel (49) · Jesaja-Apokalypse (51) · Individuelle Auferstehung im Buch Daniel (53) · Erstes Henochbuch: Buch der Wächter (55) · Erstes Henochbuch: Buch der Bilder (57) · Zweites Makkabäerbuch (59) · Weitere Texte aus vorchristlicher Zeit (60) · Viertes Buch Esra (61) · Zweites Baruchbuch (syrische Baruch-Apokalypse) (63) · Paralipomena Jeremiae (Viertes Baruchbuch) (64) · Viertes Buch der Sibyllinischen Weissagungen (65) · Spätere Entwicklungen (66) · Fazit (67)
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Auferstehung und Reich Gottes bei Jesus von Nazareth . . . . Methodische Fragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Physische Auferstehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sprachliche Indizien für eine physische Auferstehung (71) · ἐγείρω (72) · ἀνίστημι (74) · Aufwecken vs. Auferwecken, Aufstehen vs. Auferstehen (75) · Physische Auferstehung impliziert physisches Fortleben (76) · Physische Fortbewegung nach der Auferstehung (76) · Essen, Trinken und Sattsein im Reich Gottes (77) · Miteinander von Auferstandenen und noch nicht Gestorbenen im Reich Gottes (78) · Verstümmelt in das Reich Gottes eingehen (78) Irdisches Reich Gottes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das Reich Gottes und seine Synonyme (79) · Physisches Nachleben deutet auf eine irdische Lokalisierung des Reiches Gottes hin (80) · Gericht auf der Erde (80) · »So auch auf Erden« (81) · »Das Land erben« (82) · Die Wiederherstellung von Israel mit Zion als Zentrum (82) · Allgemeine Auferstehung (85) · Kontextuelle Indizien (86) Einwände gegen die vorgetragene Rekonstruktion der Lehre Jesu . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rein seelisches nachtodliches Leben der Person? (87) · Nachtodliches Leben ohne physischen Körper im Jenseits (88) · Physische Auferstehung zum ewigen Leben vs.
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Inhalt
ewiges Leben, das die Gläubigen bereits jetzt besitzen (91) · Rückkehr der Seele ins Licht (92) · Keine irdisch-räumliche Konzeption des Reiches Gottes (94) · Gegenwart des Reiches Gottes (96) · Nachtodliches Leben im Himmel (98) · Himmel und Erde werden vergehen (99) · Fazit (101) Jenseitige Elemente des nachtodlichen Lebens . . . . . . . . Ewiges Leben (101) · Ein Leben ohne Armut, Hunger und Tränen (102) · Leuchtende Körper (103) · Gott schauen (104) · Fazit (105) Auferstehung und Reich Gottes im Christentum nach Jesus . . Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die physische Auferstehung Jesu als Paradigma . . . . . . . Die nachtodlichen Erscheinungen Jesu im Neuen Testament (107) · Physische Auferstehung oder materielle nachtodliche Manifestation? (108) · Die physische Auferstehung Jesu und das leere Grab (112) · Der physische Auferstehungskörper Jesu in frühchristlichen Schriften (114) Die physische Auferstehung als christliches Dogma . . . . . Auferstehung des physischen Körpers in christlichen Glaubensbekenntnissen und Lehrdokumenten (116) · Heilerische Totenerweckungen als Beweis der Möglichkeit der physischen Auferstehung (119) · Das unlösbare Problem der Wiederzusammenfügung der Körperpartikel (121) Die Verwandlung des Auferstehungskörpers für die Ewigkeit . Die Notwendigkeit der Verwandlung (124) · Keine klare zeitliche Trennung von Auferstehung und Verwandlung im Christentum (125) · Verwandlung des Auferstehungskörpers bei Kyrill von Jerusalem (125) · Anpassung an nachtodliche Umwelten: Kann Fleisch ewig brennen? (126) · Wie überleben die Auferstandenen den Weltenbrand? (127) · Verwandlung in einen nichtphysischen Körper bei Thomas von Aquin (127) · Paulus’ Samenkornmetapher: Auferstehung als Verwandlung (128) · Verknüpfung von physischer Auferstehung und Samenkornmetapher (130) · Auferstehung mit einem anderen Körper ohne Verwandlung (131) · Die Überflüssigkeit der physischen Auferstehung (132)
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Inhalt
Die Verjenseitigung des ewigen Lebens . . . . . . . . . . . . Grundzüge (133) · Jesu Reichserwartung im hellenistischen Raum nicht vermittelbar (133) · Himmel als Ort der Seligen im Hellenismus (134) · Unbeständigkeit der sublunaren Welt (134) · Der große Himmel und die kleine Erde (135) · Himmel als Raum der Entwicklung und des Aufstiegs zu Gott (136) · Wohin mit der unsterblichen Seele? (138) · Verachtung des Irdischen (140) · Probleme mit dem physischen Himmel (141) Nachtodliches Leben auf der Erde: Auferstehung, Gericht und Zwischenreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Auferstehung und Jüngstes Gericht finden auf der Erde statt (142) · Das tausendjährige Reich in der Offenbarung des Johannes (142) · Ein sehr irdisches Zwischenreich bei Irenäus und Laktanz (144) Ewiges Leben auf einer unirdischen Erde nach dem Ende der Zeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jesu Schweigen über die Verwandlung der Welt (147) · Neue Erde ohne Weltuntergang: Offenbarung des Johannes (148) · Neue Erde nach dem Weltuntergang: Zweiter Petrusbrief (148) · Theologische Ratlosigkeit hinsichtlich der neuen Erde (149) · Beschreibungen einer unirdischen neuen Erde (152) · Fazit (153) Die Ghost-Dance-Bewegung der Lakota: Jenseitserfahrungen bewegen zum Glauben an ein kommendes Reich Gottes . . . . Jenseitsreisen während des Ghost Dance (155) · Black Elk (157) Hatte Jesus von Nazareth transzendente Erfahrungen, die seinen Auferstehungs- und Reich-Gottes-Glauben erklären könnten? . Die Suche nach einer spezifischen Erklärung (159) · Jenseitsreisen oder Begegnungen mit Verstorbenen? (160) · Wundererfahrungen als Schlüssel? (161) · Totenerweckungen als Erfahrungsgrundlage des Auferstehungsglaubens Jesu? (162) · Wunder als ›Aufblitzen‹ der Realität des Reiches Gottes? (163) · Wunder und das Selbstbewusstsein Jesu (164) 12 https://doi.org/10.5771/9783495813775 .
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Inhalt
Die große Enttäuschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Unausweichlichkeit der Enttäuschung (167) · Jesu Rolle im endzeitlichen Prozess (168) · Die beiden überlieferten Schreie Jesu am Kreuz (173) · Zur Historizität der Schreie Jesu am Kreuz (174) · Schwäche oder Enttäuschung? (175) · Abmilderung und Weglassung der Schreie Jesu am Kreuz (177) · Beseitigung anderer Peinlichkeiten der Kreuzigungsszene (177) · Enttäuschte endzeitliche Erwartung als Motiv des Schreies Jesu nach Gott (179) · Das Schreien nach Gott und das endzeitliche himmlische Eingreifen bei Laktanz (180) · Erwartete Jesus Gottes Eingreifen zu seinen Lebzeiten? (181) · Die Naherwartung Jesu in den Quellen (181) · Entrückung in der Passahnacht? (183) · Der Menschensohn stirbt nicht, sondern wird entrückt (184) · Jesu Tod am Kreuz und die Tragik der Verwechslung der Welten (186)
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Epilog . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Suche nach dem historischen Jesus und seiner Lehre – Methodische Reflexionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Konsens in der Jesusforschung in weiter Ferne (201) · Dogmatische Vorurteile (201) · Jesusbilder als Modelle (203) · Willkürliche Bevorzugung oder Ausblendung von Quellenmaterial (204) · Selective Scrutiny und Confirmation Bias (205) · Unterbestimmtheit der Theorien über Jesus (206) · Dunkelheit und Widersprüchlichkeit der Überlieferung (207) · Das Scheitern der Kriterien der Authentizität (207) · Kriterium der doppelten Unähnlichkeit (208) · Kohärenzkriterium (209) · Kriterium der vielfachen Bezeugung (209) · Kriterium der Peinlichkeit (210) · Semitismuskriterium (210) · Kriterium der historischen Plausibilität (211) · Allisons Generalkritik an den Kriterien der Authentizität (211) · Datenfundamentalismus in der Jesusforschung (212) · Allgemeine Aussagen zu Jesus möglich (212) · Relative Bewertung der Authentizität (213)
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Inhalt
Wunder und Wissenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . Widerspruch einer Erfahrung zur Wissenschaft nicht nachweisbar (215) · Kausale Abgeschlossenheit der physikalischen Welt kein wissenschaftliches Wissen (215) · Kein außergewöhnlicher Einfluss von Nichtphysikalischem auf Physikalisches möglich? (217) · Wunderberichte als nichtprüfbare Anekdoten (218) · Existieren Wunder nicht, weil sie nicht nach einer intersubjektiven Methode reproduzierbar sind? (219)
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Abkürzungen und Übersetzungen . . . . . . . . . . . . . . .
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Bibliographie
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Register antiker und mittelalterlicher Schriften . . . . . . . . .
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Autorenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Einleitung
Die Rätselhaftigkeit des Auferstehungs- und Reich-Gottes-Glaubens Religiöse Konzepte sind oft sehr rätselhaft. Einen führenden Platz nimmt in dieser Hinsicht die Lehre von einer physischen Auferstehung 1 und einem irdischen Reich Gottes ein. Sie findet sich im Zoroastrismus, im Judentum, im Christentum und mit Einschränkungen auch im Islam. 2 Danach werden die Auferstandenen mit ihren wiederhergestellten physischen Körpern ein ewiges, friedvolles Leben unter der Herrschaft Gottes auf Erden führen, ohne Krankheit und Alter, ohne Katastrophen und Unbill in einer herrlichen Natur, aus 1
›Auferstehung‹ wird oft unspezifisch als »postmortale Erneuerung oder Verklärung der vorangegangenen Existenz« verstanden (G. Ahn: Auferstehung, 913). Ich verwende diesen Terminus jedoch in einem engeren Sinn für den Beginn der postmortalen Existenz einer Person mit einem physischen Körper. Der Ausdruck ›physische Auferstehung‹ wäre demnach ein Pleonasmus, ich benutze ihn aber dennoch um der größeren Eindeutigkeit willen. Typischerweise ist der Auferstehungskörper der wiederhergestellte physische Körper. Auferstehung lässt sich monistisch oder dualistisch denken. Monistisch ist die Vorstellung, dass mit dem Tod des physischen Körpers die ganze Person stirbt und in der Auferstehung mit diesem wieder zum Leben erweckt wird. Ein dualistisches Verständnis von Auferstehung impliziert hingegen, dass ein nichtphysischer Teil der Person, beispielsweise die Seele, nach dem Tod des physischen Körpers weiterlebt und in der Auferstehung mit dem wiederbelebten physischen Körper vereinigt wird (siehe dazu auch H. Ringgren: Resurrection, 7762). 2 Auf den Islam werde ich nicht näher eingehen, denn er hat meines Wissens nie eindeutig ein ewiges nachtodliches Leben auf dieser Erde gelehrt. Zwar ist die Auferstehung nach dem Koran physisch. Auch das nachtodliche Leben im Islam hat einen ausgesprochen physischen Charakter. Doch wird es nicht auf der uns bekannten Erde stattfinden, obwohl Jerusalem als Ort des Jüngsten Gerichts diskutiert wurde (siehe I. Hasson: Last Judgment). Bereits im Koran scheint der Himmel der Ort des nachtodlichen Paradieses zu sein (siehe Koran 51,22; 53,14–15). Die Hölle hat ebenfalls keinen Ort auf der uns bekannten Erde. Diese wird beim endzeitlichen Gericht vernichtet werden. Siehe allgemein zur islamischen Eschatologie L. Hagemann: Eschatologie im Islam; zum islamischen Paradies L. Gardet: Djanna; zur islamischen Hölle R. W. Gwynne: Hell and Hellfire.
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Einleitung
der ebenfalls Gewalt und Verfall verschwunden sind. Diese Vorstellung widerspricht jedoch allem, was wir über diesen Kosmos wissen. Alter und Tod sind essenzielle Bestandteile des biologischen Lebens. Kein Lebewesen lebt ewig. Die Lebensdauer höherer Lebewesen ist sogar verschwindend gering gegenüber dem Alter von Sternen und Planeten. Alle Tiere einschließlich des Menschen leben von der Zerstörung anderen Lebens, viele von der Vernichtung anderer Tiere. Löwen können sich nicht von Steppengras ernähren. Katastrophen wie Überschwemmungen, Dürren, Stürme, Feuersbrünste, Erdbeben, Vulkanausbrüche und Einschläge von Meteoriten, Asteroiden und Kometen sind durch die Natur der Erde und des Kosmos bedingt. Sie bringen den Lebewesen auf der Erde unweigerlich immer wieder Tod und Verderben. Das Leben als solches wird ebenfalls nicht ewig auf der Erde bestehen können, denn auch Himmelskörper sind vergänglich. Durch die Entwicklung der Sonne zum Roten Riesen werden in ferner, aber sicherer Zukunft alle uns bekannten Formen des Lebens auf der Erde verlöschen. 3
Transzendente Erfahrungen Wie konnte sich eine Glaubensüberzeugung bilden, die unserem Wissen von diesem Kosmos derart entgegensteht? Ich vermute, dass man der Lösung des Rätsels näherkommt, wenn man transzendente Erfahrungen einbezieht. Darunter verstehe ich Erfahrungen, in denen Grenzen der vertrauten Wirklichkeit transzendiert, also überschritten werden. Diese Überschreitung kann zum Beispiel in Jenseitserfahrungen erfolgen. Dabei wird eine andere Welt als die gewohnte erlebt. Sie kann aber auch in dem Erleben von Wahrnehmungen und Wirkungen bestehen, die die Grenzlinien dessen zu überschreiten scheinen, was nach dem normalen Denken möglich ist. Hierzu zählen Wahrnehmungen von Dingen, die den physischen Sinnen nicht gegenwärtig sind, oder makroskopische physische Ereignisse, die dem Anschein nach durch einen ungewöhnlichen geistig-seelischen Einfluss bewirkt werden, wie etwa die Heilungs- oder Nahrungswunder des Jesus von Nazareth. 4 3
Siehe P. Ward, D. Brownlee: The Life and Death of Planet Earth. Siehe dazu S. 163–165. Siehe ausführlicher zu meinem Begriff der transzendenten Erfahrung und zur Abgrenzung von verwandten Begriffen wie religiöse, spirituelle,
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Einleitung
Auswirkungen transzendenter Erfahrungen auf das Denken Transzendente Erfahrungen sind bisher bei der Erforschung religiöser und philosophischer Ideen wenig beachtet worden. Dabei können sie nicht nur das Leben, sondern auch das Denken der Experiencer 5 stark beeinflussen. Paradigmatisch ist dafür das Damaskuserlebnis des Paulus von Tarsus, 6 durch das er sich vom Christenjäger zum wohl bedeutendsten Vermittler der christlichen Botschaft im Urchristentum wandelte. In den letzten Jahren wurden die Auswirkungen von transzendenten Erfahrungen auf die Experiencer vermehrt untersucht. 7 Zum Beispiel konnte für den Fall der Nahtoderfahrungen 8 gezeigt werden, dass diese Erlebnisse einen massiven, nachhalmystische, anomale, außergewöhnliche oder paranormale Erfahrung meine Einleitung »Was sind und zu welchem Ende erforscht man transzendente Erfahrungen?« zum zweiten Band der vorliegenden Reihe (erscheint voraussichtlich 2018 unter dem Titel »Jenseits des Vertrauten«). 5 ›Experiencer‹ verwende ich als Fachterminus für eine Person, die etwas (Bestimmtes) erlebt. In diesem Sinn wird der Ausdruck in der englischsprachigen Forschungsliteratur zu Nahtoderfahrungen häufig verwendet (siehe z. B. J. M. Holden, B. Greyson, D. James: The Handbook of Near-Death Experiences) und findet sich auch im Oxford English Dictionary (siehe OED Online: experiencer). Im Deutschen fehlt ein vergleichbarer Ausdruck. Stattdessen verwendet die einschlägige Literatur oft Umschreibungen (z. B. ›Menschen mit Nahtod-Erfahrungen‹) oder das negativ konnotierte ›Betroffene‹. 6 Nach der Apostelgeschichte war Paulus gerade auf dem Weg nach Damaskus, um dort Anhänger des verstorbenen Jesu von Nazareth zu verhaften: »[P]lötzlich umstrahlte ihn ein Licht vom Himmel. Und er fiel auf die Erde und hörte eine Stimme, die zu ihm sprach: Saul, Saul, warum verfolgst du mich? Er aber sagte: Wer bist du, Herr? Der Herr aber sprach: Ich bin Jesus, den du verfolgst. Es wird dir schwer werden, gegen den Stachel auszuschlagen! Da sprach er mit Zittern und Schrecken: Herr, was willst du, daß ich tun soll? Und der Herr antwortete ihm: Steh auf und geh in die Stadt hinein, so wird man dir sagen, was du tun sollst! Die Männer aber, die mit ihm reisten, standen sprachlos da, denn sie hörten zwar die Stimme, sahen aber niemand.« (Apg 9,3–7). Siehe die vollständige Erzählung Apg 9,1–21 und die leicht abweichenden Versionen Apg 22,3–16; 26,9–20. 7 Siehe die Überblicke in R. Noyes et al.: Aftereffects of Pleasurable Western Adult Near-Death Experiences; B. Greyson: Near-Death Experiences and Spirituality; siehe auch B. Greyson, S. Khanna: Spiritual Transformation After Near-Death Experiences. Als Beispiele für prospektive Studien zu den Auswirkungen von Nahtoderfahrungen siehe P. van Lommel et al.: Near-Death Experiences in Survivors of Cardiac Arrest, und J. Schwaninger et al.: A Prospective Analysis of Near-Death Experiences in Cardiac Arrest Patients. 8 Unter Nahtoderfahrungen verstehe ich in erster Linie Erlebnisse während eines Komas in physiologischer Todesnähe. Siehe dazu näher S. 22–23.
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Einleitung
tigen Effekt auf das Weltbild der Experiencer haben. 9 Sie sagen zum Beispiel: »Die Folgen für mein weiteres Leben waren so tief greifend: die Erfahrung der Zeitlosigkeit, das Wissen, dass mein Bewusstsein außerhalb meines Körpers weiterexistiert. Das genügte, um mein Leben aus den Angeln zu heben.« 10 Oder: »Bis zu diesem Augenblick dachte ich immer, ich wüßte, wie es in der Welt zugeht. Aber mein Weltbild hat sich mit einem Mal radikal gewandelt.« 11 Einen ähnlich starken Einfluss können außerkörperliche Erfahrungen ohne Todesnähe haben. 12 William Buhlman schrieb über seine erste derartige Erfahrung: Plötzlich musste alles, was ich jemals über meine Existenz und die Welt um mich herum erfahren hatte, neu bewertet werden. Ich hatte immer ernsthaft bezweifelt, dass irgendetwas jenseits der physischen Welt existierte. Jetzt änderte sich mein Standpunkt vollkommen und ich war hundertprozentig davon überzeugt, dass tatsächlich andere Welten existierten […]. Vor allem wusste ich nun, dass mein physischer Körper bloß ein vorübergehender Träger für mein wirkliches inneres Ich war[.] 13
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P. van Lommel et al.: Near-Death Experiences in Survivors of Cardiac Arrest, wiesen nach, dass die Wirkungen nicht nur durch die physiologischen Begleitumstände einer Nahtoderfahrung ausgelöst werden. Sie verglichen zwei Gruppen von Patienten, wobei die Personen der einen Gruppe ›nur‹ einen Herzstillstand hatte, die andere zusätzlich noch die Erinnerung an eine Nahtoderfahrung. Aus medizinischer Sicht waren keine Unterschiede zwischen beiden Gruppen festzustellen. Siehe auch Parnia et al.: A Qualitative and Quantitative Study of the Incidence, Features and Aetiology of Near Death Experiences; B. Greyson: Incidence and Correlates of Near-Death Experiences in a Cardiac Care Unit. 10 P. van Lommel: Unendliches Bewusstsein, 73. 11 Ebd. 69. 12 Unter außerkörperlichen Erfahrungen verstehe ich Erlebnisse, bei denen der Experiencer den Eindruck hat, das Zentrum des Wahrnehmens und Handelns liege außerhalb des eigenen physischen Körpers, aber nicht unbedingt außerhalb irgendeines eigenen Körpers (siehe ähnliche Definitionen in C. S. Alvarado: Out-of-Body Experiences, 183; E. W. Kelly et al.: Unusual Experiences Near Death and Related Phenomena, 394; M. Nahm: Außerkörperliche Erfahrungen, 151; zur Kritik an der Gleichsetzung von außerkörperlichen Erfahrungen mit sog. Autoskopie-Erlebnissen, d. h. mit Wahrnehmungen des eigenen physischen Körpers von einem Punkt außerhalb desselben, siehe ebd. 160–161; siehe auch E. W. Kelly et al.: Unusual Experiences Near Death and Related Phenomena, 403–404). 13 W. Buhlman: Out of Body, 16.
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Einleitung
Begegnungen mit Personen aus anderen Welten 14 können ebenfalls einschneidende biographische Wirkungen haben 15 und auch das Denken der Experiencer maßgeblich prägen. Wenn es sich dabei um Begegnungen mit Verstorbenen handelt, steht das Verständnis des Todes im Mittelpunkt: Gestützt auf diese Erfahrung, die mehr als dreißig Jahre zurückliegt, glaube ich tatsächlich, dass wir den Tod in einer Form überleben, die ich nur als glückselig beschreiben kann. 16 Nach diesem Erlebnis wurde mir klar, daß das Leben ein Kontinuum ist und das irdische Leben nur eine Stufe darin. Der Tod ist so, als ginge man durch ein Tor. 17 Für mich war das der Beweis für ein Leben nach dem Tod. Es gibt keinen Tod – es gibt nur Leben. 18
Die Vernachlässigung transzendenter Erfahrungen in der Ideengeschichte Viele bedeutende Figuren der Religionsgeschichte hatten, nach den vorhandenen Zeugnissen zu urteilen, intensive transzendente Erfahrungen. Es ist daher wahrscheinlich, dass man ihr Denken im Licht dieser Erfahrungen besser verstehen kann. Das wurde bereits vor über hundert Jahren von William James betont. 19 Es erstaunt daher, dass das Gros der Religionswissenschaftler und Theologen transzendenten Erfahrungen bis heute wenig Bedeutung für das Verständnis
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Siehe zur Definition derartiger ›transzendenter Begegnungen‹ H. Schwenke: Transzendente Begegnungen, 20–26. 15 Siehe dazu D. Arcangel: Afterlife Encounters, 276–300 sowie den Überblick in H. Schwenke: Transzendente Begegnungen, 160–167. 16 L. E. LaGrand: Messages and Miracles, 148. 17 B. Guggenheim, J. Guggenheim: Trost aus dem Jenseits, 117. 18 Ebd. 129. 19 William James meinte, die Erforschung der Religion müsse bei »unmittelbaren persönlichen Erlebnisse[n]« ansetzen (W. James: Die Vielfalt religiöser Erfahrung, 64). Diese brächten, sofern sie im Zusammenhang mit dem Göttlichen gesehen würden, »spontan und unvermeidlich Mythen, Aberglauben, Dogmen, Glaubenssätze und metaphysische Theologie hervor«, die aber »interpretative und induktive Operationen« seien, »die dem religiösen Empfinden nachfolgen« (ebd. 427–428, siehe auch ebd. 448).
19 https://doi.org/10.5771/9783495813775 .
Einleitung
religiöser Ideen beimisst. 20 Woran das liegt, kann man nur vermuten. Mangelnde Kenntnis, Unterschätzung der Verbreitung transzendenter Erfahrungen und Pathologisierung der Experiencer könnten wichtige Gründe sein. 21
Die Hypothese des Buches und der Gang der Untersuchung Die leitende Hypothese dieses Buches ist, dass die Vorstellung einer physischen Auferstehung und eines nachfolgenden ewigen, glücklichen Lebens auf der Erde auf einer Projektion gewisser Inhalte von Jenseitserfahrungen in die irdische Realität beruht. Zunächst werde ich mich mit Jenseitsreisen und einigen verwandten Jenseitserfahrungen beschäftigen. Dabei werde ich besonders zwei Punkte thematisieren: Das Erleben paradiesischer, erdenähnlicher Landschaften und die Begegnungen mit Verstorbenen mit leuchtenden Körpern. Dann werde ich erörtern, wie es zur Projektion dieser Inhalte in die irdische Sphäre kommen kann. Anschließend werde ich die Schilderungen des irdischen Reiches Gottes und seiner Auferstandenen im Zoroastrismus, Judentum und Christentum analysieren und ihre Übereinstimmungen mit Beschreibungen des Jenseits und seiner Bewohner in Berichten über Jenseitsreisen prüfen. Ich gehe dabei besonders ausführlich auf Jesus von Nazareth ein, da er der bei weitem bedeutendste historisch greifbare Vertreter der Lehre einer physischen Auferstehung und eines irdischen Reiches Gottes ist. Am Fallbeispiel der historisch gut belegten Ghost-Dance-Bewegung der Lakota zeige ich anschließend, dass tatsächlich ein Zusammenhang zwischen Jenseitsreisen und dem Glauben an ein nachtodliches Leben auf einer paradiesischen Erde nachgewiesen werden kann. Danach komme ich noch einmal auf Jesus von Nazareth zurück, da sich nach 20
Ausnahmen sind in neuerer Zeit z. B. Dale C. Allison, der die Auferstehungserfahrungen der Jünger Jesu mit den verbreiteten profanen Begegnungen mit Verstorbenen in Zusammenhang bringt (siehe D. C. Allison: Resurrecting Jesus, 269–299), und Carl B. Becker, der Nahtoderfahrungen zum Verständnis des Reines-Land-Buddhismus heranzieht (siehe C. B. Becker: The Centrality of Near-Death Experiences in Chinese Pure Land Buddhism). Siehe zu Parallelen zwischen Elementen von Nahtoderfahrungen und den Lehren über das Leben nach dem Tod in verschiedenen Religionen und Kulturen G. Shushan: Conceptions of the Afterlife in Early Civilizations, und F. Musamian: World Religions and Near-Death Experiences. 21 Siehe zum Beispiel zur Pathologisierung von Begegnungen mit jenseitigen Personen H. Schwenke: Transzendente Begegnungen, 192–226.
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Einleitung
meiner Einschätzung an ihm die tragischen Konsequenzen dieses Glaubens beispielhaft zeigten. Bei Jesus scheinen es nicht Jenseitserfahrungen, sondern Wundererfahrungen gewesen zu sein, die ihn in dem von der frühjüdischen Apokalyptik überlieferten Auferstehungs- und Reich-Gottes-Glauben bestärkt haben. Seinen Vorwurf an Gott am Kreuz, er habe ihn im Stich gelassen, verstehe ich als Inbegriff der Enttäuschung, die die Hoffnung auf ein himmlisches Reich Gottes auf Erden notwendigerweise immer begleitet. In den Anhang habe ich zwei Erörterungen platziert, die durch ihren Umfang den Fluss der Argumentation zu sehr unterbrochen hätten: zur Methode der historischen Jesusforschung und zum Verhältnis von Wunder und Wissenschaft.
21 https://doi.org/10.5771/9783495813775 .
Jenseitserfahrungen als Schlüssel zum Auferstehungs- und Reich-Gottes-Glauben?
Jenseitsreisen Als Erfahrungsgrundlage für die Vorstellung eines ewigen, paradiesischen Lebens auf der Erde kommen vermutlich vor allem Jenseitsreisen in Betracht. Unter Jenseitsreisen verstehe ich Erfahrungen, bei denen man den Eindruck hat, sich in einer realen Welt jenseits dieses Kosmos zu befinden und zu agieren. Für meine Argumentation kommt es nicht darauf an, ob das Jenseits real ist, sondern nur, ob die Jenseitsreisenden ihre Umgebung für real halten, und zwar nicht nur während, sondern auch nach der Erfahrung. Einen wissenschaftlichen Beweis der Existenz eines Jenseits kann es ohnehin nicht geben, wie es ihn auch für diese Welt nicht geben kann. 1 Jenseitsreisen sind ein häufiges Element von Nahtoderfahrungen, sie werden aber auch, wenngleich oft in abgeschwächter Klarheit, von Personen ohne Todesnähe erlebt. Unter Nahtoderfahrungen im engeren Sinn verstehe ich Erfahrungen von Personen während eines Komas in physiologischer Todesnähe, insbesondere bei einem Herzstillstand. 2 Sie sind häufig von einer ›enhanced mentation‹, einer erhöhten Denk- und 1
Siehe H. Schwenke: Transzendente Begegnungen, 186. Ich halte es für sinnvoll, den Ausdruck ›Nahtoderfahrung‹ – wie es das Wort nahelegt – auf Erfahrungen in tatsächlicher, physiologischer Todesnähe zu fokussieren, da man sonst eine sehr heterogene Menge von Erfahrungen erhält, wie an einer deutschen Studie (H. Knoblauch, I. Schmied: Berichte aus dem Jenseits) deutlich wurde. Siehe auch J. E. Owens et al.: Features of »Near-Death Experience« in Relation to Whether or not Patients Were Near Death, 1175, wonach Experiencer, die dem Tod tatsächlich nahe waren, mit höherer Wahrscheinlichkeit eine gesteigerte Lichtwahrnehmung und verbesserte kognitive Fähigkeiten berichten. Vgl. auch die scharfe Definition der »temporary death-experience« in P. Fenwick, E. Fenwick: The Art of Dying, 206–210. Siehe allgemein zu Nahtoderfahrungen P. Fenwick, E. Fenwick: The Truth in the Light; B. Greyson: Western Scientific Approaches to Near-Death Experiences; J. M. Holden, B. Greyson, D. James: The Handbook of Near-Death Experiences; E. W. Kelly, B. Greyson, E. F. Kelly: Unusual Experiences Near Death and Related
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Jenseitserfahrungen: Schlüssel zum Auferstehungs- und Reich-Gottes-Glauben?
Wahrnehmungsfähigkeit begleitet. 3 Dementsprechend sind die Erinnerungen an Erlebnisse und Wahrnehmungen während einer Nahtoderfahrung intensiver und detailreicher als Erinnerungen an gewöhnliche irdische Erlebnisse oder erst recht als Erinnerungen an Imaginationen oder Träume. 4 Nahtoderfahrungen werden oft ›realer als real‹ genannt. Selbst viele Jahre nach der Erfahrung ändert sich der Glaube der Experiencer an die Realität des Erlebnisses anscheinend nicht.
Paradiesische, erdenähnliche Landschaften Vor allem bei Jenseitsreisen im Rahmen von Nahtoderfahrungen bewegen sich viele Experiencer in himmlischen Landschaften, die paradiesisch wirken, aber irdischen Landschaften sehr ähneln. Pim van Lommel schreibt: »Viele Menschen befinden sich während ihrer NTE [d. h. Nahtoderfahrung] in einer prachtvollen Landschaft mit herrlichen Farben, ungewöhnlichen Blumen und einer unglaublich schönen Musik. Manchmal sehen sie auch Städte oder prächtige Bauten.« 5 Peter und Elizabeth Fenwick gewinnen aus der Auswertung von Berichten über Nahtoderfahrungen einen ähnlichen Eindruck: »[E]ine überraschend einheitliche Paradieses-Vision zeichnet sich ab. Es ist das Bild einer himmlischen Landschaft, in der Vögel und Blumen mit leuchtenden Farben, wundervolle Gerüche, himmlische Musik, verstorbene Freunde und Verwandte […] vorkommen können.« 6 Phenomena; R. Moody, P. Perry: Glimpses of Eternity; P. van Lommel: Endloses Bewusstsein; M. Sabom: Recollections of Death. 3 Siehe E. W. Kelly, B. Greyson, E. F. Kelly: Unusual Experiences near Death and Related Phenomena, 384, 386–387. 4 Siehe M. Thonnard et al.: Characteristics of Near-Death Experiences Memories as Compared to Real and Imagined Events Memories; L. E. Moore, B. Greyson: Characteristics of Memories for Near-Death Experiences. 5 P. van Lommel: Endloses Bewusstsein, 59. Nach van Lommels prospektiver Studie hatten 29 % der Personen mit Nahtoderfahrungen die Wahrnehmung einer himmlischen Landschaft (siehe P. van Lommel et al.: Near-Death Experience in Survivors of Cardiac Arrest, 2041). 6 P. Fenwick, E. Fenwick: The Truth in the Light, 111. Nach der Untersuchung der Fenwicks erlebten fast ein Viertel der Personen, die sich Nahtoderfahrungen zuschrieben, paradiesische Landschaften (ebd.); zu einschlägigen Auszügen aus Erlebnisberichten siehe ebd. 109, 111–113. Ähnliche Beschreibungen enthalten Berichte über mittelalterliche Jenseitsreisen, wie etwa die Vision des Drythelm um 700 (siehe [Beda venerabilis:] Beda des Ehrwürdigen Kirchengeschichte der Angelsachsen, 267 [§ 382])
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Jenseitserfahrungen: Schlüssel zum Auferstehungs- und Reich-Gottes-Glauben?
In dem Bericht des Neurochirurgen Eben Alexander über seine eigene Nahtoderfahrung im Jahr 2008 werden die Ähnlichkeit der Jenseitswelt mit irdischen Szenerien und ihr Realitätscharakter ausdrücklich thematisiert: [Ich] fand mich in einer völlig neuen Welt wieder. Die eigenartigste, schönste Welt, die ich je gesehen hatte. Strahlend, pulsierend, ekstatisch, atemberaubend […]. Unter mir war eine Landschaft. Sie war grün, üppig und erdähnlich. Es war die Erde … aber war es gleichzeitig auch nicht. […] Ich flog über Bäume und Felder, Flüsse und Wasserfälle und, da und dort, Menschen dahin. Da waren auch Kinder, die lachten und spielten. […] Eine wunderbare, unglaubliche Traumwelt … Nur dass es kein Traum war. Obwohl ich nicht wusste, wo […] ich war: Hinsichtlich einer Sache war ich mir absolut sicher: Dieser Ort, an dem ich mich plötzlich wiederfand, war vollkommen real. Das Wort real drückt etwas Abstraktes aus, und es ist frustrierend, wie schlecht es das vermitteln kann, was ich zu beschreiben versuche. 7
Alexanders Bericht ist für unser Thema besonders interessant, weil er – wegen der großen Ähnlichkeit der Jenseitswelt mit irdischen Landschaften – seine Unsicherheit über die Natur und Lokalisierung der erlebten Landschaft ausdrückt. In dem Bericht, den der Arzt A. S. Wiltse aus Skiddy in Kansas von seiner Nahtoderfahrung im Jahr 1889 gab, wird die Ähnlichkeit zwischen jenseitigen und irdischen Landschaften noch deutlicher: und die Jenseitsreise eines Soldaten in den Dialogi von Gregor I. aus dem 6. Jh. (siehe P. Dinzelbacher: Mittelalterliche Visionsliteratur, 41–43). Zu jenseitigen Blumen und Gärten siehe auch die Berichte über kindliche Nahtoderfahrungen in R. A. Moody: The Light Beyond, 62, 75–76. 7 E. Alexander: Proof of Heaven, 38–39. Siehe auch den Bericht über die Jenseitsreise eines vierjährigen, todkranken Mädchens, Ann aus Glendale in Kalifornien, in einer erdenähnlichen Umgebung: »Und dann sah ich … da lag diese erstaunlich schöne Welt vor mir. Sie war mit nichts vergleichbar, was ich seitdem auf der Erde gesehen habe. Irgendwie wusste ich innerlich, dass ich die Erde hinter mir gelassen hatte. Ich hatte keine Ahnung, wo ich war, und ich kümmerte mich [auch] nicht darum. Ich spürte einen ganz tiefen Frieden … nein, es war mehr als das. Es war eine Welt des Friedens und der Liebe. Die neue Welt sah derjenigen, die ich verlassen hatte, irgendwie ähnlich, war aber zugleich sehr verschieden. Alles leuchtete von innen in seinem eigenen Licht. Die Farben übertrafen alles auf der Erde – sie waren lebhafter, brillanter und intensiver. Und es gab Farben, die ich nie zuvor gesehen habe – fragen Sie mich nicht, was es für welche waren. Da waren Büsche, Bäume und Blumen; einige davon hatte ich auf der Erde gesehen, wie [zum Beispiel] immergrüne Pflanzen, und andere hatte ich zuvor nicht gesehen und auch seitdem nicht wieder. Sie waren wunderschön, wunderschön.« (A. S. Gibson: Glimpses of Eternity, 53–54). Siehe ferner M. Sabom: Recollections of Death, 67; B. Eadie: Embraced by the Light, 78–81.
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Jenseitserfahrungen: Schlüssel zum Auferstehungs- und Reich-Gottes-Glauben?
Unterhalb von mir lag ein waldbedecktes Tal, durch das ein herrlicher Fluss voller Fischschwärme strömte, die das Wasser brodeln und weiß aufschäumen ließen. Ich dachte, der Fluss sehe sehr ähnlich wie der Emerald River [in Arkansas] aus, und die Berge schienen mir in ähnlichem Grad der Waldron Ridge [in Arkansas] zu gleichen. Auf der linken Seite der Straße war eine hohe Klippe aus schwarzem Gestein, und sie erinnerte mich an den Lookout Mountain [in Georgia], wo die Eisenbahn zwischen ihm und dem Tennessee-River hindurchführt. 8
William Buhlman, der nach eigenen Angaben regelmäßig willentlich induzierte außerkörperliche Reisen unternimmt, ohne dabei in Todesnähe zu sein, schreibt, dass die erste »nichtphysische Dimension« oder Welt, die er auf diesen Reisen durchquert, »von ihrem Aussehen her derart physisch [sei], dass die meisten Menschen glauben, sie nähmen die physische Welt wahr«. 9 Manchmal werden auch Erlebnisse im Schlaf als Jenseitsreisen interpretiert. Den Bericht einer Frau, die eine Tochter im Mutterleib verloren und danach noch einen Sohn tot geboren hatte, zitiere ich ausführlich, um den Realitätscharakter des Erlebnisses deutlich zu machen, und wegen des Lichts der jenseitigen Verstorbenen, das uns gleich beschäftigen wird: Ungefähr sechs Monate nachdem ich meinen Sohn verloren hatte, war meine Trauer kaum noch zu ertragen. Ich fragte andauernd: Warum – warum gerade ich? Es ging mir nur noch schlecht, und ich dachte oft daran, mit allem Schluß zu machen. Eines Nachts befand ich mich im Traum an einem Ort, der meiner Vorstellung von Himmel glich. Ich stand auf einer wunderschönen Wiese, die über und über mit blühenden Blumen übersät war. Ein Engel kam auf mich zu und sagte, er wolle mir etwas ganz Besonderes zeigen. Er trug einen sechs Monate alten Jungen auf seinem rechten Arm, an der linken Hand hielt er ein kleines Mädchen, das mit tapsigen Schritten neben ihm hertrottete. Sie war noch klein, aber sie konnte schon reden. Sie sagte: ›Mama, ich bin Serena, und das ist mein kleiner Bruder Carlos. Es geht uns beiden sehr gut. Wir sind sehr glücklich. Wir haben dich sehr lieb, du brauchst nicht mehr traurig zu sein. Eines Tages werden wir alle wieder beisammen sein.‹ Beide hatten weiße Gewänder an. Serena trug kleine Sandalen an ihren Füßen, Carlos war barfuß. Sie waren umgeben von einem wunderschönen Lichtschein, einem strahlend hellen Licht, das aus ihrem Herzen kam. Ich fragte den Engel: ›Darf ich näher kommen?‹ Er nickte: ›Ja.‹ Der Engel hatte wohl die Funktion eines Babysitters. Ich weiß noch, daß ich 8 9
A. S. Wiltse: A Case of Typhoid Fever with Subnormal Temperature and Pulse, 359. W. Buhlman: Out of Body, 124.
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Jenseitserfahrungen: Schlüssel zum Auferstehungs- und Reich-Gottes-Glauben?
im Gras saß und gerade Carlos auf den Schoß nahm, als Serena zu mir kam. Ich weinte vor lauter Liebe und Glück. Ich wollte den Kindern irgendwie zeigen, daß ich sie liebte und daß auch ihr Vater sie liebte. Ich wollte bei ihnen sein und sie anschauen, solange es ging. Dann konnte ich sie noch einmal umarmen und küssen, bevor sie wieder mit dem Engel fortgingen. Als ich aufwachte, war ich von einem großen Frieden erfüllt. Ganz besonders schön war es zu entdecken, daß die Kinder sowohl meinem Mann als auch mir ähnlich sahen. Serena ist ihrem Vater fast aus dem Gesicht geschnitten, Carlos dagegen schlägt eher in meine Richtung. 10
Paradiesische jenseitige Landschaften können auch in Visionen erlebt werden, die nicht im Rahmen von Jenseitsreisen stattfinden. Die Wahrnehmungsperspektive der betreffenden Personen ändert sich dabei nicht. Es ist wie ein Blick in eine andere Welt. Dazu zwei Beispiele: Als eine Hospizseelsorgerin am Sarg ihres vierzehnjährigen Stiefsohnes Michael stand, sah sie in einer spontanen Vision »eine schöne, hügelige grüne Wiese mit Blumen, Vögeln und Schmetterlingen. Sie war sehr hell, und die Farben waren klar und lebhaft. Und darauf tollte Michael herum! Er blieb stehen und sah mich an, und auf seinem Gesicht lag ein wunderbares Lächeln.« 11 Ein todkrankes zehnjähriges Mädchen, Daisy Irene Dryden, hatte ausgedehnte Sterbebettvisionen, während derer sie bei klarem Bewusstsein war und mit Anwesenden im Sterbezimmer sprechen konnte. Sie sagte, die Zimmerwände würden bei diesen Visionen verschwinden und sie könne dann ganz weit sehen. 12 Bei ihren Blicken ins Jenseits nahm sie – nach ihren eigenen Worten – nicht nur jenseitige Personen wahr und kommunizierte mit ihnen, sondern sah auch »himmlische Blumen und Bäume […], schöner als alles, was man sich vorstellen kann«. 13 Die Realität des Erlebten stand in diesen beiden Visionen für die Experiencer außer Frage. Dennoch glaube ich, dass Jenseitsreisen, bei denen man die paradiesischen Landschaften nicht nur sieht, sondern sich auch außerkörperlich in ihnen bewegt, noch eher dazu bewegen können, sie für eine objektive Realität zu halten.
10
B. Guggenheim, J. Guggenheim: Trost aus dem Jenseits, 289–290 (Hervorhebung H. S.). 11 Ebd. 106–107. 12 Siehe W. Barrett: Deathbed Visions, 53. 13 Ebd. 51.
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Jenseitserfahrungen: Schlüssel zum Auferstehungs- und Reich-Gottes-Glauben?
Leuchtende jenseitige Personen In Nahtoderfahrungen werden häufig jenseitige Personen erlebt. 14 Sie erscheinen körperlich, jedoch geht von ihnen oft ein schwächeres oder stärkeres Leuchten aus. Dieses Leuchten taucht auch, wie wir sehen werden, in religiösen Texten über Auferstandene auf. 15 Es spricht dagegen, dass der Auferstehungs- und Reich-Gottes-Glaube lediglich auf einer Idealisierung irdischer Verhältnisse beruht, denn im irdischen Leben gibt es keine leuchtenden Personen. 16 Außerdem werden auf Jenseitsreisen keine alten und kranken Personen angetroffen, was sich ebenfalls mit religiösen Vorstellungen von den Auferstandenen im Reich Gottes deckt. 17 Als Beispiel für diese Erfahrungen zitiere ich Pamela Reynolds Schilderung ihrer Begegnung mit zahlreichen jenseitigen Personen, darunter ihre verstorbene Großmutter, im Rahmen einer Nahtoderfahrung: Ich war beeindruckt von der Tatsache, dass diese Leute fabelhaft aussahen. Meine Großmutter sah nicht so aus, wie ich sie aus ihrem höheren Alter in Erinnerung hatte – sie war einfach wunderschön. Jeder sah jung und gesund und stark aus. Am ehesten könnte ich es so sagen: Sie waren Licht, sie sahen aus, als ob sie von Licht umgeben waren, als ob sie aus Licht gemacht wären. 18
Das Licht, das transzendente Personen ausstrahlen, kann überwältigend sein. Howard Storm, der vor seiner Nahtoderfahrung im Jahr 1985 Atheist war, nahm bei diesem Erlebnis wahr, wie sich ihm aus
14
Nach P. van Lommel: Near-Death Experience in Survivors of Cardiac Arrest, 2041 sagten 32 % der Befragten, sie hätten im Rahmen ihrer Nahtoderfahrungen verstorbene Personen getroffen; nach J. Schwaninger et al.: A Prospective Analysis of NearDeath Experiences in Cardiac Arrest Patients, 223 gaben 27 % der Befragten an, sie hätten die Gegenwart verstorbener Verwandter erlebt, 36 % berichteten die Gegenwart von Engeln. 15 Siehe S. 43–44, 53–55, 59, 103–104. 16 Zu sehr seltenen Ausnahmen siehe die Fälle in P. Treece: The Sanctified Body, 29– 85; W. Schamoni: Wunder sind Tatsachen, 235–245; H. Thurston: Die körperlichen Begleiterscheinungen der Mystik, 201–208; V. Zander: Seraphim von Sarow, 139; R. Sekanek: Mutter Silbert, 186; N. Kasturi: Sathya Sai Baba I, 62; E. Haraldsson: Sai Baba, 249–252; siehe auch die Diskussion in D. C. Allison: The Historical Christ and the Theological Jesus, 72–75. 17 Siehe S. 42–43, 58–59. 18 J. Faulstich: Das Innere Land, 102. Siehe allgemein zum Leuchten jenseitiger Personen R. A. Moody: The Light Beyond, 12–13.
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Jenseitserfahrungen: Schlüssel zum Auferstehungs- und Reich-Gottes-Glauben?
weiter Ferne ein Licht näherte, »intensiver und schöner« als alles, was er bisher gesehen hatte: Obwohl das Licht unbeschreiblich leuchtete, wusste ich, dass es nicht nur Licht war. Es war ein lebendiges Wesen, ein leuchtendes Wesen, etwa acht Fuß hoch und umgeben von einem Oval aus Strahlung. Die intensive Lichtstrahlung durchdrang meinen Körper. […] Spürbare Hände und Arme umfassten mich sanft und hoben mich hoch. 19
Das Leuchten der himmlischen Körper ist nicht auf menschliche oder übermenschliche Wesen beschränkt. Dies zeigt folgender Auszug aus einem Bericht eines dreizehnjährigen Mädchens über seine Nahtoderfahrung: Am Ende des Tunnels war ein helles Licht. Aus diesem Licht kamen zwei meiner [einige Jahre zuvor verstorbenen] Hunde […] angerannt und sprangen an mir hoch. Sie küssten mein Gesicht mit ihren Zungen. Ihre Zungen waren nicht nass, und ich fühlte kein Gewicht, als sie an mir hochsprangen. Die Hunde schienen von einem inneren Licht zu leuchten. […] Ich umarmte meine Hunde, so fest ich konnte. […] Zusammen begannen wir, zum Licht zu gehen. […] Da waren Leute, so weit das Auge reichte, und sie leuchteten von einem inneren Licht – genau wie meine Hunde. In der Ferne konnte ich Felder, Hügel und einen Himmel sehen. 20
Verstorbene Kinder werden als aufgewachsen und in der Blüte ihres Lebens wahrgenommen. Vicki Noratuk, die von Geburt an blind war, erlebte eine Jenseitsreise im Jahr 1973 nach einem schweren Unfall im Alter von zweiundzwanzig Jahren. Sie berichtet, dass sie ihren leblosen Körper im Krankenhaus sah, während zwei Personen versuchten, sie wiederzubeleben. Dann hatte sie das Empfinden, in eine Art dunkle Röhre hineingezogen zu werden. Als sie auf der anderen Seite herauskam, befand sie sich in einer »milden, hellen Sommerland-Szenerie«. 21 Es gab dort »Bäume, Vögel und viele Menschen, aber sie wirkten wie Lichtgebilde«. 22 Vicki Noratuk bemerkte an sich selbst einen nichtphysischen Körper, der ebenfalls aus Licht zu bestehen schien. 23 Sie begegnete zwei früheren Schulkameradinnen, die 19
H. Storm: My Descend into Death, 25. Storm wurde nach seiner Nahtoderfahrung Pfarrer. 20 P. M. H. Atwater: The New Children and Near-Death-Experiences, 73. 21 V. Noratuk: A Blind Woman’s Near-Death Experience. 22 P. van Lommel: Endloses Bewusstsein, 52. 23 Siehe K. Ring, S. Cooper: Near-Death and Out-of-Body Experiences in the Blind, 110–111.
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Jenseitserfahrungen: Schlüssel zum Auferstehungs- und Reich-Gottes-Glauben?
viele Jahre zuvor im Alter von sechs und elf Jahren gestorben waren. Zu irdischen Lebzeiten waren beiden in hohem Maße zurückgeblieben und außerdem blind. Im Jenseits erschienen sie Vicki jedoch »strahlend und schön, gesund und vital, und offenbar waren sie keine Kinder mehr, sondern standen […] ›in der Blüte ihres Lebens‹«. 24 Leuchtende jenseitige Personen können auch außerhalb einer Jenseitswelt wahrgenommen werden. Sie erscheinen dann wie auf Besuch in der irdischen Sphäre. Dazu als Beispiel der Bericht eines Mannes über sein außerkörperliches Erlebnis, das er mit vierundzwanzig Jahren im Jahr 1975 hatte. Er lag nach einer Weisheitszahnoperation, vor der ihm eine sehr hohe Dosis des Schlafmittels Thiopental verabreicht worden war, in einem dunklen, fensterlosen Erholungsraum: Ich erwachte aus der Operation, geblendet von einem Strom weißen Lichts. Ich glaubte, es sei eine Nachwirkung der Narkose. Ich fand es seltsam, dass es über den Sehnerv hinausdrang und durch meinen ganzen Körper floss. Ich stand sofort auf und blickte auf die Krankenschwester, die mir dabei geholfen hatte. Es war keine Krankenschwester. Sie war in Licht gekleidet, außergewöhnlich schön und liebevoll. Sie war die schönste Frau, die ich jemals gesehen habe, und ich muss fast weinen, wenn ich daran denke. Sie trug ein weites, weißes Kleid, das ein eigenes Licht ausstrahlte. … Das sie umgebende Licht strömte in mich ein und schien sich in alles zu ergießen. … Das Licht, das aus ihrer Mitte leuchtete, war von herrlicher Schönheit. […] Ihre Gesichtszüge wurden von diesem inneren Leuchten überstrahlt. Ich konnte ihre Liebe und Fürsorge buchstäblich spüren […]. Ich blickte zurück und hinab auf meinen Körper, der immer noch auf der Liege unter einer Decke lag. Hier war ich, stand neben einem Lichtwesen und schaute auf meinen Körper. Irgendetwas stimmte da nicht. Bevor ich darüber nachdenken konnte, fing sie meine Gedanken ab und sagte: »Keine Angst, du bist nicht tot. Du bist ziemlich lebendig. Dein Herz schlägt noch. Schau!« Ich sah in ihn [d. h. meinen Körper] hinein. Ich konnte sehen, wie sich die Herzkammern mit Blut füllten und wieder leerten. Ich konnte das Gefäßsystem sehen und die lebenserhaltenden Stoffe auf ihrem Weg durch den Körper. Ich wandte mich ab, zufrieden, dass alles in Ordnung war. Gerade als ich anfing, mich zu fragen, warum sie hier sei und was mit meinem Körper nicht stimmte, fing sie meine Gedanken erneut ab und sagte: »Du atmest nicht regelmäßig. Es besteht die Sorge, dass deine Atmung aussetzen könnte. Ich bin hier, um sie zu stabilisieren und dafür zu sorgen, dass sich das Problem nicht verschlimmert«. 25
24 25
Ebd. 111. K. Ring, E. Elsaesser Valarino: Lessons from the Light, 37 (Hervorhebung H. S.).
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Jenseitserfahrungen: Schlüssel zum Auferstehungs- und Reich-Gottes-Glauben?
Leuchtende jenseitige Personen können nicht nur bei außerkörperlichen Erfahrungen, sondern manchmal auch bei nur wenig oder gar nicht verändertem Bewusstsein und mit offenen physischen Augen in der gewohnten irdischen Umgebung wahrgenommen werden. Hier ein Beispiel: M]it 9½ Jahren habe ich meinen Vater verloren, ich war immer untröstlich und habe viele Jahre noch nach ihm geweint … Dann in einer Weihnachtsnacht geschah es. Ich war schon im Bett, wollte aber dann in die Christmesse gehen. Es war gerade Zeit, daß ich wieder aufstehen sollte, da bekam ich heftige Bauchschmerzen, mußte liegen bleiben. Kurz darauf hörten sie wieder auf, da war es aber schon zu spät für die Messe. Also blieb ich im Bett, dann hörte ich die Türe gehen und leise Schritte, von einem eigentümlichen Klopfen begleitet, ich war allein in der Wohnung und hatte ziemlich Angst. Dann geschah das Wunderbare, mein Vater selig kam auf mich zu, so schön, so strahlend wie Gold, so durchsichtig wie Nebel; er sah so aus, wie er immer war, ich konnte seine Umrisse genau erkennen, dann machte er halt vor meinem Bett und sah mich so gütig an und lächelte. In mir zog ein tiefer Friede ein, und ich war glücklich wie nie zuvor. Dann ging er wieder … 26
Solche lichthaften Erscheinungen im Wachzustand währen in aller Regel kurz. Die jenseitigen Personen wirken dabei oft wie im letzten Fallbeispiel transparent und wenig körperlich. 27 Das Vorbild einer körperlich auferstandenen, in paradiesischen Gefilden lebenden Person können derartige Erscheinungen nicht abgeben. Die kurze Zeit ihrer Wahrnehmung unterstützt den Gedanken einer stabilen, dauerhaften Existenz nicht, die defizitäre Körperlichkeit der Erscheinenden widerspricht der Vorstellung einer physischen Auferstehung, und die Wahrnehmung einer paradiesischen Umgebung, in der die Erscheinenden leben, fehlt. Vermutlich stärken derartige Erlebnisse eher den Glauben an körperlose Seelen oder Geister als an eine physische Auferstehung. Das Paradigma einer leuchtenden, aber dennoch physisch fortlebenden Person scheinen eher jenseitige Verstorbene darzustellen, denen man bei Jenseitsreisen begegnet.
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A. Jaffé: Geistererscheinungen und Vorzeichen, 67–68. Je physischer im Wachzustand wahrgenommene Erscheinungen wirken, desto weniger Licht scheinen sie auszustrahlen (siehe H. Schwenke: Transzendente Begegnungen, 104 und die Fallbeispiele ebd. 98–105). Für Erscheinungen von jenseitigen Personen, die in außerkörperlichen Zuständen wahrgenommen werden, scheint das hingegen nicht zu gelten.
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Jenseitserfahrungen: Schlüssel zum Auferstehungs- und Reich-Gottes-Glauben?
Jenseitige Landschaften als irdische Paradiese Nach meiner Hypothese beruht die Vorstellung einer physischen Auferstehung und eines ewigen nachtodlichen Lebens auf einer paradiesischen Erde auf einer Projektion bestimmter Elemente von Jenseitserfahrungen in die irdische Sphäre. Erlebnisse paradiesischer jenseitiger Landschaften und leuchtender jenseitiger Personen wurden irrtümlich auf der Erde lokalisiert. Wie konnte es dazu kommen? Menschen der Frühgeschichte und Antike, die von unserem Planeten jeweils nur recht kleine Ausschnitte kannten, konnten bei Reisen durch erdenähnliche jenseitige Landschaften leicht zu der Ansicht gelangen, sie befänden sich in einer entlegenen, unbekannten Gegend dieser Erde. Beispiele für eine irdische Lokalisierung paradiesischer nachtodlicher Orte sind die elysischen Gefilde des Homer 28 oder die Inseln der Seligen des Hesiod, die beide am Rand der Erde liegen. 29 Eine Projektion von Jenseitslandschaften, in denen Verstorbene leben, auf die Erde wurde auch dadurch erleichtert, dass der Aufenthaltsort der Verstorbenen, der Geister und der Götter vor der Neuzeit grundsätzlich innerweltlich gedacht wurde. Wer nur lange genug laufen, fahren oder fliegen und durch keinen Wächter aufgehalten würde, konnte dorthin gelangen. 30 Götter oder Geister konnten aus der Unterwelt zur Erdoberfläche aufsteigen 31 oder vom Himmel zur Erde niederfahren und dort eingreifen und wohnen. Das bedeutet, Orte und Personen, die wir als jenseitig bezeichnen würden, wurden innerhalb dieses Kosmos lokalisiert. 28
Siehe Homer: Odyssee IV,563–568: »Es schicken dich einst die unsterblichen Götter / Weit, bis ans Ende der Welt, in Elysions ebne Gefilde. / [… D]ort wandeln die Menschen / Leicht durch das Leben. Nicht Regen, nicht Schnee, nicht Winter von Dauer – / Zephyros läßt allzeit seine hellen Winde dort wehen, / Die ihm Okeanos schickt zur Erfrischung der Menschen« (Übers. Homerus: Odyssee, 111, 113). 29 Siehe Hesiod: Opera et dies, 167–172: »[A]nderen aber verlieh Vater Zeus […] Leben und Wohnsitz fern von Menschen und versetzte sie an den Rand der Erde. Ihr Herz ist frei von Leid, und sie wohnen auf den Inseln der Seligen am tiefwirbelnden Okeanos, die seligen Heroen, denen die kornspendende Erde dreimal im Jahr honigsüße Frucht in Fülle trägt« (Übers. Hesiod: Werke und Tage, 15, 17). In der keltischen Überlieferung gibt es ebenfalls die Vorstellung eines westlichen Inselparadieses (siehe D. Ó hÓgain: The Sacred Isle, 104). Weitere Beispiele der Verortung eines nachtodlichen Paradieses an entlegenen Orten der Erde siehe H.-J. Braun: Das Jenseits, 33–35, 39–40; M. Eliade: Quellentexte, 291–293. 30 Siehe z. B. Homer: Odyssee XI,6–22. 31 Siehe Gilgamesch-Epos XII,87–89 (A. Ungnad, H. Gressmann: Das GilgameschEpos, 67); 1 Sam 28,13.
31 https://doi.org/10.5771/9783495813775 .
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Vom bereits existierenden Paradies zur Utopie Damit ist aber noch nicht erklärt, wie Inhalte von Jenseitserfahrungen zum Modell einer in der Zukunft liegenden Auferstehung und eines zukünftigen Reiches Gottes werden können. Wenn jemand selbst ein Jenseitserlebnis mit leuchtenden Verstorbenen in einer paradiesischen Landschaft gehabt hat, dann wird er dieses Paradies in die Gegenwart und nicht in die Zukunft verlegen. Er wird es auch nicht in das Land verorten, in dem er gerade lebt. Um aus diesem Jenseitserlebnis eine Zukunftsvision für das eigene Land erwachsen zu lassen, müsste er zum Beispiel wie die Lakota der Ghost-DanceBewegung glauben, dass dieses geheimnisvolle Paradies irgendwie heranschweben und sich auf die Erde senken wird. 32 Möglicherweise ist die Umwandlung von Jenseitserfahrungen in eine irdische Utopie eher eine Angelegenheit späterer Rezipienten einschlägiger Erfahrungsberichte, die das jenseitige Paradies selbst nicht erlebt haben und daher seine Beschreibung leichter von seiner Gegenwart abtrennen und in die Zukunft projizieren können. Eine Übertragung paradiesischer Vorstellungen auf die Zukunft des eigenen Landes könnte auch dadurch gefördert werden, dass jenseitige Landschaften manchmal der heimatlichen Landschaft in einigen Aspekten ähneln, wie in der Erfahrung des A. S. Wiltse. 33 Vermutlich sind Inhalte von Jenseitserfahrungen nicht nur in die Zukunft, sondern auch in die Vergangenheit der Erde projiziert worden. Die verbreitete Vorstellung von einem Urzustand des Menschen ohne Krankheit, Leid und Tod in einer buchstäblich paradiesischen Umgebung begegnet uns zum Beispiel in der biblischen Erzählung vom Garten Eden. 34 Das erste Menschenpaar hätte ewig darin leben können, wenn es nicht vom Baum der Erkenntnis gegessen hätte. Wir finden hier also die Idee eines potenziell ewigen irdisch-physischen Lebens.
32
Siehe S. 156 Fn. 7. Siehe S. 24–25. 34 Siehe Gen 2,4–3,24 und allgemein H. B. Partin: Paradise. Mircea Eliade bringt die unter den Tupí-Guaraní-Stämmen Mittel-Südamerikas verbreiteten Expeditionen nach dem verlorenen Paradies mit den in »paradiesische[n] Bilder[n]« beschriebenen Träumen und Ekstasen ihrer Schamanen in Zusammenhang (siehe M. Eliade: Die Sehnsucht nach dem Ursprung, 144–145). Eliade stellt also eine Verbindung zwischen dem Glauben an ein ursprüngliches Paradies und Jenseitserfahrungen her. 33
32 https://doi.org/10.5771/9783495813775 .
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Auferstehung Das Erleben von jenseitigen Personen mit einem menschlich wirkenden Körper könnte vor allem dann zur Vorstellung einer physischen Auferstehung führen, wenn in diesen jenseitigen Personen verstorbene Menschen wiedererkannt werden und ihre Körper dabei substanziell und nicht durchsichtig oder schemenhaft wirken. Damit ein solches Erlebnis als physische Auferstehung gedeutet werden kann, muss außerdem hinzukommen, dass die Experiencer entweder nicht wissen, wo sich der Leichnam der jenseitigen Person befindet, oder dass dieser Leichnam bereits vollständig aufgelöst ist. Wer am Totenbett eines Menschen steht und gleichzeitig eine körperlich wirkende Erscheinung dieser Person hat, wird nicht annehmen, dass es sich bei der Erscheinung um ihren auferstandenen Leichnam handelt. Eher wird er die Vorstellung des Fortlebens der Person mit einem anderen, ähnlichen Körper entwickeln. Ebenso wenig kann die Ansicht des eigenen physischen Körpers aus einer äußeren Perspektive, wie dies bei außerkörperlichen Erlebnissen oft beschrieben wird, den Glauben an eine physische Auferstehung fördern. Vielmehr wird durch dieses Erleben der Gedanke einer Existenz unabhängig vom physischen Körper nahegelegt, wie die bereits zitierte Reflexion von William Buhlman nach seiner ersten außerkörperlichen Erfahrung, bei der er seinen physischen Körper von außen wahrnahm, zeigt: Plötzlich musste alles, was ich jemals über meine Existenz und die Welt um mich herum erfahren hatte, neu bewertet werden. […] Vor allem wusste ich nun, dass mein physischer Körper bloß ein vorübergehender Träger für mein wirkliches inneres Ich war und dass ich mich mit einiger Übung nach Belieben von ihm trennen konnte. 35
Für die Vorstellung einer zukünftigen Auferstehung auf der Erde gelten ähnliche Überlegungen wie für die Vorstellung eines zukünftigen irdischen Paradieses. Wer auf Jenseitsreisen verstorbene Personen mit substanziell wirkenden Köpern antrifft, wird nicht zu der Überzeugung kommen, dass sie jetzt tot in der Erde liegen und erst in ferner Zukunft auferstehen werden. Im Laufe der Rezeption solcher Berichte könnte es aber dazu kommen, dass die Beschreibung der jenseitigen Personen von diesen Erfahrungen abgelöst und zum Muster eines zukünftigen Lebens gemacht wird, das die Verstorbenen, die 35
W. Buhlman: Out of Body, 16.
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als im Staub der Erde schlafend vorgestellt werden, noch vor sich haben.
Seelenglaube vs. Auferstehungsglaube Wenn der Auferstehungsglaube auf der Projektion von Jenseitserfahrungen in die irdische Sphäre basiert, was könnte dann die Erfahrungsgrundlage für den griechischen Seelenglauben sein, der dem Auferstehungsglauben oft entgegengesetzt wird? Ich vermute, dass die griechische Seelenvorstellung ihre Wurzel nicht in einer Jenseitserfahrung, sondern in einer irdischen Wahrnehmung Verstorbener hat, die bei normalem Bewusstsein und – dem Anschein nach – mit den physischen Sinnen erfolgt, wie dies von vielen sogenannten Geistererscheinungen berichtet wird. Die Verstorbenen wirken dabei auf den Betrachter oft wie ein Hauch oder Schemen, machen also einen wenig materiellen Eindruck. Häufig gehen sie nicht, sondern gleiten oder schweben. Man greift bei Berührungsversuchen durch sie hindurch, sie durchdringen Wände und Möbel und lösen sich in Luft auf. 36 Derartige Erfahrungen scheinen sich in griechischen Beschreibungen der Seelen Verstorbener zu spiegeln. Odysseus greift dreimal ins Leere, als er seine verstorbene Mutter umarmen will. 37 In Platons Phaidon wird wiederholt die verbreitete Meinung von der Seele als fragilem Luftgebilde erwähnt. 38 Auch die Etymologie des griechischen Worts für Seele, ψυχή, spricht für diesseitige Erfahrungen als Ursprung des griechischen Seelenkonzepts. ψυχή kann anscheinend nicht, wie meist angenommen, aus dem Atemhauch hergeleitet werden, sondern kommt von ›blasen, kühlen‹ und bedeutet somit ursprünglich ›kühler Hauch‹. 39 In Berichten über Erscheinungen Verstorbener, die mit den normalen Sinnen wahrgenommen werden, wird oft ein kühler Luftzug konstatiert. 40 Wenn man diesen Gedanken folgt, dann drängt sich die Hypothese auf, dass der griechische Seelenglaube, das ideengeschichtlich führen36
Siehe z. B. die Fallbeispiele Nr. 5, 8, 11, 15, 21, 58, 60–62, 64, 67–69, 77–78, 92–93, 97–98, 100, 104 in H. Evans: Seeing Ghosts. 37 Siehe Homer: Odyssee XI,206–208. 38 Siehe Platon: Phaidon 70a5; 77d8; 80d10. 39 Siehe P.-A. Mumm, S. Richter: Die Etymologie von griechisch ψυχή. 40 Siehe H. Evans: Seeing Ghosts, 92–93; vgl. ebd. 78; E. Mattiesen: Das persönliche Überleben des Todes I, 122; M. Kemmerich: Die Brücke zum Jenseits, 489, 530–532.
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de Modell eines jenseitigen Fortlebens, seinen Ursprung in einer diesseitigen Wahrnehmung Verstorbener hat. Die für die physischen Sinne subtile, kraftlose Erscheinung Verstorbener wird für ihre eigentliche Natur gehalten, mit der sie auch im Jenseits, ihrem normalen Aufenthaltsort, existieren. Demnach würde beim Seelenglauben die irdische Wahrnehmung Verstorbener ins Jenseits projiziert. Genau umgekehrt verhält es sich nach meiner Vermutung mit dem Glauben an eine physische Auferstehung und ein diesseitiges nachtodliches Leben: Er beruht auf Jenseitserfahrungen mit körperlich sehr präsenten, strahlenden Verstorbenen, die ins Diesseits projiziert werden. Die Verwechslung der Welten würde sich also bei diesen beiden Konzepten des nachtodlichen Lebens überkreuzen.
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Auferstehung und Reich Gottes im Zoroastrismus
Zur Eschatologie des Zoroastrismus Der Glaube an eine irdische Auferstehung und ein irdisches Reich Gottes scheint sich zuerst im Zoroastrismus entwickelt und von dort aus in das Judentum, das Christentum und den Islam ausgestrahlt zu haben. 1 Im traditionellen Zoroastrismus ist dieser Glaube zentral. 2 Er ist eingebettet in eine Eschatologie, 3 die – in etwas vereinfachter Darstellung – folgende Elemente umfasst: die Trennung von Körper und Seele im Tod; ein individuelles Gericht der Seele nach dem Tod durch den Gang über die Činwadbrücke, die die Bösen in die Hölle stürzen und die Guten in das Paradies gelangen lässt; die zukünftige Auferstehung der Körper und ihre Wiedervereinigung mit den Seelen; ein allgemeines Jüngstes Gericht, das die Höllenbewohner von ihren Sünden reinigt, und schließlich ein ewiges paradiesisches Leben auf der Erde, von der alle Mächte des Bösen vertilgt worden sind. 4 Wir
1
Siehe dazu allgemein M. Boyce, F. Grenet: A History of Zoroastrianism III, 361– 490; M. Boyce: Zoroastrians 1, 29, 76–77, 150–152; J. M. Silverman: Persepolis and Jerusalem; D. Winston: The Iranian Component in the Bible, Apocrypha, and Qumran; siehe ferner die Einzelstudie A. Hintze: Treasures in Heaven. Zum Islam siehe S. 15 Fn. 2. 2 Im modernen Zoroastrismus werden auch abweichende eschatologische Konzepte wie etwa ein rein jenseitiges nachtodliches Leben oder Reinkarnation vertreten (siehe J. J. Modi: A Catechism of the Zoroastrian Religion, 11–12 [§ 9]; M. Stausberg: Die Religion Zarathustras II, 139, 146). Vor allem ist häufig ein geringes Interesse an theologischen Lehren feststellbar (siehe P. G. Kreyenbroek, S. N. Munshi: Living Zoroastrianism, 293–298 und das Beispiel ebd. 190; siehe auch M. Stausberg: Die Religion Zarathustras II, 150–151). 3 Unter Eschatologie versteht man die »Lehre bzw. Gesamtheit religiöser Vorstellungen von den Letzten Dingen, d. h. vom Endschicksal des einzelnen Menschen u. der Welt« (Duden – das große Wörterbuch der deutschen Sprache, Eintrag ›Eschatologie‹). 4 Siehe S. Shaked: Eschatology; P. Skjærvø: Afterlife in Zoroastrianism, 317–346.
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Auferstehung und Reich Gottes im Zoroastrismus
beschäftigen uns hier nur mit der Auferstehung der physischen Körper und dem nachtodlichen Leben auf der Erde.
Geschichte und Überlieferung Man nimmt an, dass der Zoroastrismus im zweiten vorchristlichen Jahrtausend entstanden ist. Möglicherweise entstammt er einem Zweig der bronzezeitlichen Andronowokultur, die ihr Kerngebiet im Bereich des heutigen Kasachstan hatte. 5 Die in den ältesten Texten enthaltenen Hinweise auf die zoroastrische Kultur deuten auf eine pastorale, nichtstratifizierte Hirtengesellschaft ohne Städte, Tempel und Bewässerungskanäle, ja sogar ohne Ackerbau hin. 6 Zarathustra, der legendäre Gründer des Zoroastrismus, scheint am ehesten aus der afghanischen Provinz Badachschan zu stammen, die an Tadschikistan und Pakistan grenzt. 7 Die heiligen Texte des Zoroastrismus wurden lange Zeit mündlich überliefert und anscheinend erst in der Spätantike niedergeschrieben. 8 Das Avestische, die Sprache, in der sie verfasst waren, wurde damals nicht mehr außerhalb des religiösen Kultus gesprochen. 9 Linguistische Analysen ergaben, dass das Alt-Avestische, die Sprache der Gathas, wohl aus dem zweiten Jahrtausend vor Christus stammt. Es ähnelt dem Vedisch der Rigveda. 10
Gathas: Ein ewiges irdisches Leben? In den vermutlich aus dem zweiten Jahrtausend vor Christus stammenden Gathas, siebzehn Hymnen, die traditionell Zarathustra selbst zugeschrieben werden, wird möglicherweise in poetischer Form ein ewiges, irdisches Leben im Reich des Schöpfergottes Ahura Mazdā verheißen. Folgt man der Übersetzung von Herman Lommel, 11 dann
5
Siehe F. Grenet: Zarathustra’s Time and Homeland, 22. Siehe ebd. 7 Siehe ebd. 22–24. 8 Siehe A. Hintze: Zarathustra’s Time and Homeland, 36. 9 Siehe M. Boyce: Zoroastrianism, 28; A. Hintze: On the Literary Structure of the Older Avesta, 31; P. Skjærvø: Afterlife in Zoroastrianism, 311. 10 Siehe A. Hintze: Zarathustra’s Time and Homeland, 33–34. 11 H. Lommel: Die Gathas des Zarathustra. 6
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Auferstehung und Reich Gottes im Zoroastrismus
wird nämlich den Guten ›Heilsein und Nichtsterben‹ 12 in einem ›herrlich gemachten Dasein‹ 13 im ›guten Reich‹ 14 des Herrn der Weisheit, Ahura Mazdā, als Lohn versprochen. 15 Dieses Dasein hat irdisch-physischen Charakter. Es ist ein ›knochenhaftes Leben‹, 16 ein ›gutes Wohnen‹ 17 an ›nahrungsreicher Stätte‹ 18 mit ›Milchtrank und Butter‹. 19 Die Idee der Auferstehung findet sich nicht explizit in den Gathas, könnte dort aber dennoch angedeutet sein. 20 Denn das irdisch-physische Reich des Heilseins wird jedem, der dem ›Guten Denken‹ folgt, zugesagt. 21 Daraus könnte man schließen, dass auch diejenigen Guten an diesem Reich teilhaben, die vor dessen Ankunft gestorben sind. Das würde voraussetzen, dass die Verstorbenen nach ihrem Tod wieder physisch existieren.
Zamyād Yašt: Auferstehung und Frašokereti Eindeutig artikuliert wird die Lehre der Auferstehung hingegen im jüngeren Avesta. Im Zamyād Yašt (Hymne an die Erde), der nach Almut Hintze dem sechsten Jahrhundert vor Christus zuzuordnen
12
Siehe Yasna 31,6.21; 33,8; 34,1.11; 44,17–18; 45,5.10; 47,1; 51,7. Siehe Yasna 30,9; 34,15; 50,11. 14 Siehe Yasna 34,1; 48,8; 49,8; 51,1. 15 Siehe zum Beispiel Yasna 34,1.13–14: »Für welches Handeln, welches Wort, welche Andacht du, o Weiser, Nichtsterben und Wahrsein und das Reich des Heilseins zu geben gewillt bist«; »Den Weg, o Herr, welchen du mir als den des Guten Denkens nanntest, […] zu dem Lohn, welcher den Guthandelnden (? Wohlverständigen) verheißen ist, (dem Lohn) den du, o Weiser, bestimmt hast. Denn diesen erwünschten (Lohn) gebt ihr, o Weiser, um des Handelns aus dem Guten Denken willen dem knochenhaften (= leiblichen) Leben (derer), welche in der Gemeinschaft der Mutterkuh (sind, nämlich) eure Einsicht des Verstandes, der durch Wahrsein die (Dorf-)Gemeinde fördert.« (Übers. H. Lommel: Die Gathas des Zarathustra, 87, 89). 16 Siehe Yasna 34,14; 43,16. 17 Siehe Yasna 29,10; 30,10; 48,11. 18 Siehe Yasna 48,11. 19 Siehe Yasna 49,5. Lommel übersetzt ›Labung‹ statt ›Milchtrank‹ (H. Lommel: Die Gathas des Zarathustra, 160). 20 Siehe S. Shaked: Eschatology; bejahend H. Lommel: Die Religion Zarathustras, 232–233; M. Boyce: Zoroastrianism, 77; M. Boyce: Zoroastrians 27–29. 21 Siehe Yasna 49,5: »Aber der, o Weiser, welcher sein geistiges Ich mit dem Guten Denken vereinigt, ein jeder, der durch Wahrsein Stammesverwandter der Fügsamkeit ist – (dem soll) Labung und Butter (zuteil werden) – und er soll mit diesen allen in deinem Reich (sein), o Herr.« (Übers. H. Lommel: Die Gathas des Zarathustra, 160). 13
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ist, 22 wird die Auferstehung der Toten und, nach dem Sieg gegen die Kräfte des Bösen, die Erneuerung und Unsterblichmachung der Erde, das Frašokereti, 23 geweissagt. Bewirkt wird es durch einen von Ahura Mazdā gesandten Retter und Heilsbringer, den Saošyant Astvat.ereta. 24 [Der von Mazdā geschaffene Glücksglanz, 25] Welcher den Siegreichen unter den Überwindern 26 begleiten wird und auch seine anderen Gefährten, damit er das Leben herrlich mache, nicht alternd, unvergänglich, nicht verwesend, nicht faulend, ewig lebend, ewig gedeihend, nach Wunsch herrschend. Wenn die Toten auferstehen werden, wird lebendig machend der Unvergängliche kommen, wird Herrliches sich das Leben nach Wunsch schaffen. 27
Die Unsterblichmachung der physischen Welt geschieht durch den Blick des Saošyant: Dieser wird das ganze körperhafte Leben mit Augen der Labe ansehen; und (sein) Blick wird unvergänglich machen die ganze körperhafte Welt. 28
In dieser herrlichen Existenz werden leibliche Nöte wie Hunger und Durst überwunden sein. 29
22
Siehe A. Hintze: Der Zamyād-Yašt, 43. Siehe zu diesem Konzept der endzeitlichen Erneuerung der Erde A. Hintze: Frašō. k r ti; A. Hultgård: Persian Apocalypticism, 56–60. 24 Siehe zu dieser Figur A. Hintze: Der Zamyād-Yašt, 21, 41, 371–372; zur Sendung durch Ahura Mazdā siehe Yašt 19,92. 25 Siehe zum Glücksglanz (avestisch: xvar nah-) ebd. 15–33. 26 Das ist ein Attribut des Saošyant Astvat.ereta, siehe ebd. 366. 27 Yašt 19,89 (Übersetzung A. Hintze: Der Zamyād-Yašt, 365). Vgl. Yašt 19,11.19.23 (siehe die Übersetzung in A. Hintze: Der Zamyād-Yašt, 109, 148, 158). 28 Yašt 19,94 (Übersetzung A. Hintze: Der Zamyād-Yašt, 381). 29 Siehe Yašt 19,96: »Überwinden werden Unversehrtheit und Unsterblichkeit beide, Hunger und Durst« (Übersetzung A. Hintze: Der Zamyād-Yašt, 396). Zu eschatologischen Aussagen in anderen jungavestischen Schriften siehe S. Raei: Die Endzeitvorstellungen der Zoroastrier, 36–41. 23
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Auferstehung und Reich Gottes im Zoroastrismus
Griechische Quellen In antiken griechischen Texten gibt es einige Hinweise auf die zoroastrische Lehre der Auferstehung, vermutlich bevor sie im Zoroastrismus selbst schriftlich fixiert wurde. In den aus dem fünften Jahrhundert vor Christus stammenden Historien des Herodot erwähnt der Perser Prexaspes die Möglichkeit, dass ein toter Mann aus dem Grabe ersteht. Von daher könnte man vermuten, dass das Konzept der Auferstehung schon vorhanden war. 30 Nach Diogenes Laertius behauptete der griechische Historiker Theopomp 31 im vierten Jahrhundert vor Christus »im 8. Buch seiner Philippika […], nach der Lehre der Magier würden die Menschen zu neuem Leben erwachen und unsterblich sein«. 32 Ähnliches schreibt Aeneas Gazeus in seinem Dialog Theophrast, der kurz nach 485 unserer Zeitrechnung entstand, Theopomp zu: »Zarathustra machte die Weissagung, dass ein Tag kommen wird, an dem alle Toten auferstehen werden. Das bezeugt Theopomp und er lehrt es auch anderen.« 33
Auferstehung in mittelpersischen Texten des Zoroastrismus In mittelpersischen Schriften des Zoroastrismus, die im frühen Mittelalter entstanden, werden Auferstehung, Frašokereti und nachtodliches Leben ausführlich behandelt. Die Auferstehung betrifft grundsätzlich alle verstorbenen Menschen. 34 Die Gerechten werden für
30
Siehe Herodot: Historiae III,62,4. Es geht um Smerdis (Bardiya), den Sohn Kyros’ II., der das persische Weltreich begründete und von etwa 559 bis 530 v. Chr. regierte. Nach Herodot wurde Smerdis auf Befehl seines älteren Bruders, König Kambyses II., durch Prexaspes umgebracht. Ein Herold kam zu Kambyses und verkündete, dass man Smerdis als König anerkennen müsste. Kambyses fragte bei Prexaspes nach, der sagte, dies sei nur möglich, wenn die Toten auferstehen würden. 31 Theopomp von Chios wurde 378/7 v. Chr. geboren und starb vermutlich nach 320 v. Chr. 32 Diogenes Laertius: De clarorum philosophorum vitis, Proemium 9 (Übers. Diogenes Laertius: Leben und Meinungen berühmter Philosophen I, 6, bearbeitet von H. S.). 33 Enea di Gaza: Teofrasto, 64.8–10. 34 Siehe Bundahišn 34,7; nach Pahlawī Riwāyat 48,67 werden Menschen, die einen Totschlag begangen haben, jedoch nicht auferweckt.
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Auferstehung und Reich Gottes im Zoroastrismus
immer in der Blüte ihres Lebens auf der Erde leben, »ohne Alter und ohne Schwäche und ohne Tod«. 35
Die Wiederherstellung des physischen Körpers aus seinen Bestandteilen Der Vorgang der Auferstehung wird in verschiedenen Schriften beschrieben und erörtert. Voraussetzung ist die Einsammlung und Zusammenfügung der Elemente des Körpers: »Denn zu jener Zeit werde ich [d. h. Ahura Mazdā] die Knochen von dem Geist der Erde fordern, das Blut von dem Wasser, das Haar von den Pflanzen und das Leben vom Wind«. 36 In diesem Zusammenhang wird auch die Machbarkeit der Auferstehung thematisiert. Schon die Fragestellungen machen unzweifelhaft deutlich, dass es sich um die Wiederherstellung der verstorbenen physischen Körper handelt. Im Bundahišn fragte Zarathustra Ahura Mazdā: »Woraus werden sie den Körper, den der Wind weggeweht hat und das Wasser hinuntergezogen hat, wieder formen und wie soll die Auferstehung geschehen?« 37 Und im Wizīdagīhā ī Zādspram fragt er: »Derjenige, der tot ist, abgesondert durch die Hunde und die Vögel und weggetragen von den Wölfen und den Geiern, wie wird man ihn wieder zusammenfügen?« 38 Die Antwort ist jeweils, dass eine Schöpfung aus dem Nichts, die von Ahura Mazdā ja bereits geleistet wurde, schwieriger ist, als Tote aufzuerwecken: »[W]as gewesen ist, kann wieder sein; siehe, wenn ich [d. h. Ahura Mazdā] das, was nicht gewesen ist, gemacht habe, wie (sollte) ich das, was gewesen ist, nicht wieder formen können?« 39 Im Wizīdagīhā ī Zādspram macht Ahura Mazdā dies am Beispiel eines Holzkastens sehr anschaulich: Wenn du, der du Zardušt [mittelpersisch für: Zarathustra] bist, einen hölzernen Kasten machen willst, wie wäre es am einfachsten für dich ihn herzustellen, wenn du kein Holz hast, das du aber schneiden und zusammen-
35
Ayādgār ī Jāmāspīg (Persisch) 6 (Übers. S. Raei: Die Endzeitvorstellungen der Zoroastrier, 195). 36 Bundahišn 34,5 (Übers. ebd. 186). Vgl. ganz ähnlich Pahlawī Riwāyat 48,55 und sehr ausführlich Wizīdagīhā ī Zādspram 34,7–19. 37 Bundahišn 34,4 (Übers. ebd. 185). 38 Wizīdagīhā ī Zādspram 34,3 (Übers. ebd. 199). 39 Bundahišn 34,5 (Übers. ebd. 186).
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Auferstehung und Reich Gottes im Zoroastrismus
fügen musst, oder wenn es einen Kasten gibt, dessen Bretter aber getrennt von einander sind, und man sie von neuem zusammenbauen muss? 40
Wie zu erwarten antwortet Zarathustra: »Wenn das Holz aus einem einzigen Stück bestanden hätte, wäre es einfacher gewesen, als wenn es gar kein Holz gegeben hätte, und wenn es Bretter des Kastens gegeben hätte, wäre es einfacher gewesen, als wenn es keinen Kasten gegeben hätte.« 41 Die Wiederbelebung der Toten wird nach den Texten entweder durch Ahura Mazdā selbst oder durch den Saošyant ausgeführt. 42
Ewiges nachtodliches Leben Das nachtodliche Leben wird ewig sein. Im Pahlawī Riwāyat liest man: »Alle Menschen werden lebendig sein und nicht mehr sterben«. 43 Und das Bundahišn verheißt: »[A]lle Menschen werden unsterblich bis in Ewigkeit und zu ewigem Fortgang«. 44 Dies gilt nicht nur für den Menschen: Die ganze körperliche Welt »wird unsterblich werden bis in alle Ewigkeit«. 45
Die Auferstandenen sind in der Blüte des Lebens Die Beschreibung der Auferstandenen entspricht in hohem Maß den Beschreibungen der Verstorbenen, die im Rahmen von Jenseitserfahrungen erlebt werden. Die Menschen wirken nicht mehr alt, sondern wie in der Blüte ihres Lebens. Das wird immer wieder hervorgehoben, wie zum Beispiel im Ayādgār ī Jāmāspīg: »[D]er erhabene Gott gewährt seine Gnade und er lässt die Menschen auferstehen und die Leute werden ohne Alter und ohne Schwäche und ohne Tod sein«. 46 Dieser nachtodliche Zustand der Blüte des Lebens wird verschiedentlich mit einem Alter von vierzig Jahren verglichen: »[A]lle Menschen 40 41 42 43 44 45 46
Wizīdagīhā ī Zādspram 34,4 (Übers. ebd. 199). Wizīdagīhā ī Zādspram 34,5 (Übers. ebd. 199). Siehe ebd. 174 mit Nachweisen. Pahlawī Riwāyat 48,53 (Übers. ebd. 177). Bundahišn 34,23 (Übers. ebd. 189). Bundahišn 34,32 (Übers. ebd. 191). Ayādgār ī Jāmāspīg (Persisch) 6 (Übers. ebd. 194–195).
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Auferstehung und Reich Gottes im Zoroastrismus
werden in Gestalt eines 40-jährigen Körpers unvergänglich, unsterblich, nicht altern, unzerstörbar und ohne Verfall sein«. 47 Im Bundahišn werden zwei verschiedene nachtodliche Altersgruppen genannt: »Sie [d. h. der Saošyant mit seinen Begleitern] werden die Männer, die volljährig waren, im Alter von vierzig Jahren wiederherstellen; und sie werden Jene, die minderjährig waren und unvolljährig waren[,] im Alter von fünfzehn Jahren wiederherstellen«. 48 Diese Lehre der zwei Altersgruppen im nachtodlichen Leben scheint die Standardposition der zoroastrischen Eschatologie zu sein. 49 Sie entspricht eher modernen Erfahrungsberichten über Begegnungen mit verstorbenen Kindern im Jenseits, nach denen diese dort allmählich aufzuwachsen scheinen, 50 als die Lehre von einem völlig einheitlichen Alter der jenseitigen Verstorbenen.
Der leuchtende Auferstehungskörper Eine besonders auffallende Parallele zu Berichten über Jenseitserfahrungen besteht darin, dass der Auferstehungskörper nach den zoroastrischen Lehren leuchten wird. 51 Der Körper der Gerechten werde aus 47
Pahlawī Riwāyat 48,101 (Übers. ebd. 183); vgl. Wizīdagīhā ī Zādspram 35,51: »[I]n Größe und Gewicht werden sie [d. h. die Auferstandenen] Vierzigjährigen ähneln« (Übers. ebd. 223). Im Ayādgār ī Jāmāspīg (Pāzand) 6 wird hingegen das Alter von fünfzehn Jahren für alle Auferstandenen genannt: »[D]ie Menschen werden für immer ohne Tod und unsterblich sein, nicht altern und fünfzehn Jahre alt bleiben« (Übers. ebd. 193). 48 Bundahišn 34,24 (Übers. ebd. 190) 49 Siehe S. Shaked: Eschatology, 568. 50 Siehe S. 25–26, 28–29. 51 In den erhaltenen avestischen Texten kommt das Leuchten der Auferstandenen, soweit mir bekannt ist, noch nicht vor. Das Motiv der Schattenlosigkeit könnte jedoch ein früher Hinweis auf das Leuchten sein. Nach der Überlieferung des Plutarch wurde schon im vierten Jahrhundert vor Christus vom griechischen Historiker Theopomp behauptet, nach der zoroastrischen Lehre würden die Menschen im glücklichen Endzustand keinen Schatten mehr werfen (Plutarch: De Iside et Osiride, 47). In der mittelpersischen Schrift Wizīdagīhā ī Zādspram taucht die Schattenlosigkeit bei der Diskussion der Eigenschaften des Auferstehungskörpers in einer Frage des Zarathustra an Ahura Mazdā wieder auf: »›Werden die Körper, die auf der Erde sterben, anlässlich der Erneuerung wieder körperlich oder werden sie so wie diejenigen sein, die keinen Schatten haben?‹ Ohrmazd [mittelpers. für: Ahura Mazdā] antwortete: ›Sie werden wieder körperlich sein und aufstehen.‹« (Wizīdagīhā ī Zādspram 34,1; Übers. S. Raei: Die Endzeitvorstellungen der Zoroastrier, 199). Es ist aufschlussreich, dass Ahura Mazdā nicht antwortet, die Auferstehungskörper würden einen Schatten haben, son-
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»leuchtendem Ton« bestehen, heißt es, und »ihre Knochen werden im Licht sein wie Kristall«. 52 Die Menschen würden nach der Auferstehung »einen strahlenden Anzug« tragen. 53 Das Licht, das vorher der Sonne gegeben war, werde aus den auferstandenen Menschen leuchten. 54 An anderer Stelle wird das Licht einiger Auferstandener mit »der Sonne, dem Mond und den größten oder kleinsten Sternen« verglichen. 55 Möglicherweise trägt auch die endzeitliche Prüfung und Reinigung der Auferstandenen durch einen Fluss aus geschmolzenem Metall zum Leuchten ihrer Körper bei: »Auf der ganzen Welt werden alle Menschen auferstehen und werden durch das geschmolzene Metall hindurchgehen, so dass sie rein, hell und klar sein werden, wie die Sonne mit ihrem Licht.« 56 Das ausführlich beschriebene Licht der Auferstandenen ist ein sehr starkes Indiz dafür, dass Jenseitserfahrungen bei der Ausprägung der zorastrischen Eschatologie im Spiel waren. Leuchtende physische dern nur die Körperlichkeit der Auferstandenen behauptet. Ein Körper muss nicht substanzlos und durchsichtig sein, um keinen Schatten zu werfen. Er kann auch dann schattenlos sein, wenn er selbst Licht ausstrahlt. Ein Beispiel dafür findet sich weiter oben in derselben Schrift, wo die Erleuchtung Zarathustras beschrieben wird. Er näherte sich sieben göttlichen Wesen, und als er nur noch sieben Meter entfernt war, sah er seinen Schatten am Boden nicht mehr, wegen des Lichts, das diese Wesen ausstrahlten (siehe Wizīdagīhā ī Zādspram 21,11; engl. Übers. in: M. Boyce: Textual Sources for the Study of Zoroastrianism, 75). Die göttlichen Wesen werden wegen des Lichts, das aus ihnen leuchtet, selbst erst recht keinen Schatten geworfen haben, wenn schon Zarathustra, der in ihrem Licht stand, keinen Schatten mehr warf. Schattenlosigkeit ist vermutlich auch eine Eigenschaft der leuchtenden jenseitigen Personen, von denen Menschen mit Nahtoderfahrungen erzählen. Sie wird jedoch selten ausdrücklich erwähnt. R. A. Moody: The Light Beyond, 94 zitiert eine literarisch eingekleidete Nahtoderfahrung in einer Novelle von Katherine Anne Porter (1890– 1980), in der von der Schattenlosigkeit der jenseitigen Personen die Rede ist (siehe K. A. Porter: Pale Horse, Pale Rider, 254); zu Porters eigener Nahtoderfahrung im Jahr 1918 siehe R. A. Moody: The Light Beyond, 28. 52 Wizīdagīhā ī Zādspram 35,50.51 (Übers. S. Raei: Die Endzeitvorstellungen der Zoroastrier, 222). 53 Wizīdagīhā ī Zādspram 35,60 (Übers. ebd. 225). 54 Siehe Bundahišn 34,8: »Dann, wenn sie den Körper und den Leib aller materiellen Lebewesen wiederhergestellt haben, werden sie [d. h. der Saošyant und seine Helfer] ihnen ihre Form geben, und (sie werden) Gayōmart [d. i. der erste Mensch] die eine Hälfte des Lichts, das die Sonne begleitet (geben) und den anderen Menschen die andere Hälfte« (Übers. ebd. 187); ganz ähnlich Wizīdagīhā ī Zādspram 35,59 (siehe ebd. 225). 55 Wizīdagīhā ī Zādspram 35,56 (Übers. ebd. 224); vgl. Wizīdagīhā ī Zādspram 35,54. 56 Ayādgār ī Jāmāspīg (Pāzand) 6 (Übers. ebd. 193, modifiziert von H. S. nach Rücksprache mit S. Raei).
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Auferstehung und Reich Gottes im Zoroastrismus
menschliche Körper kennen wir auf der Erde praktisch nicht. 57 Bei Personen, die in Jenseitserfahrungen erlebt werden, scheinen sie jedoch normal zu sein.
Erneuerte, paradiesische Erde, ewiger Frühling Das nachtodliche Leben wird auf der im Frašokereti erneuerten Erde in einem ewigen irdischen Paradies stattfinden. Im Pahlawī Riwāyat heißt es: »[I]mmer wird [es] wie der Frühling sein, wie ein Garten mit allen Pflanzen und Blumen«. 58 Die »wichtigsten Pflanzenarten werden wiederhergestellt werden und es wird keine Verringerung geben«; 59 auch »[d]as ganze Vieh wird wieder existieren«. 60 Die Umwelt des nachtodlichen Lebens ähnelt damit erkennbar Schilderungen himmlischer Landschaften, wie sie in Jenseitsreisen erlebt werden. 61
Weitere Jenseitsmerkmale des nachtodlichen irdischen Lebens Trotz seiner irdischen Lokalisierung weist das nachtodliche Leben des Zoroastrismus weitere Jenseitsmerkmale auf. Ein erstes Beispiel ist das Zusammenleben der Auferstandenen mit allen göttlichen Wesen auf der Erde: »Dann werden Ohrmazd [mittelpersisch für Ahura Mazdā], die heilvollen Unsterblichen sowie alle göttlichen Wesen und die ganze Menschheit an einem Ort weilen und auch die Sterne, der Mond, die Sonne […] werden alle in Gestalt eines Mannes auf die Erde kommen.« 62 Die Lehre, dass der Mensch im nachtodlichen Leben keine Nahrung mehr benötigt, wirkt ebenfalls unirdisch. Sie klingt bereits im Zamyād Yašt an: »Überwinden werden Unversehrtheit
57
Zu Ausnahmen siehe S. 27 Fn. 16 angegebene Literatur. Pahlawī Riwāyat 48,107 (Übers. S. Raei: Die Endzeitvorstellungen der Zoroastrier, 184). 59 Pahlawī Riwāyat 48,107 (Übers. ebd.). 60 Pahlawī Riwāyat 48,103 (Übers. ebd.). Dies bedeutet nicht unbedingt, dass die wilden Tiere nicht mehr existieren werden; die ganze Artenvielfalt der Schöpfung wird anscheinend nach zoroastrischer Mehrheitsmeinung erhalten bleiben (siehe M. Boyce: A History of Zoroastrianism I, 246 mit Fn. 74). 61 Siehe S. 23–26. 62 Pahlawī Riwāyat 48,99 (Übers. S. Raei: Die Endzeitvorstellungen der Zoroastrier, 183). 58
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und Unsterblichkeit beide, Hunger und Durst«. 63 Theopomp soll schon im vierten Jahrhundert vor Christus behauptet haben, nach der zoroastrischen Lehre würden die Menschen im glücklichen Endzustand keine Nahrung mehr benötigen. 64 Dies bedeutet nach den mittelpersischen Schriften des Zoroastrismus nicht, dass gar nicht mehr gegessen wird: »Jemand, der möchte, wird essen und jemand, der nicht möchte, wird nicht essen.« 65 Die Vielfalt der Speisen und Geschmäcke werde allerdings viel größer sein als jetzt. 66 Zum Teil scheint man vom bloßen Geschmack gesättigt zu werden. 67 Schließlich wirkt auch der Vollzug des Beischlafs ohne Kinderzeugung eher wie ein unirdisches Element des nachtodlichen Lebens: »Und Mann und Frau werden Verlangen nacheinander haben und sie werden es handhaben und vollziehen, ohne dass sie gebären werden.« 68
Fazit In der zoroastrischen Eschatologie werden die Parallelen zu Berichten über Jenseitserfahrungen sehr deutlich. Besonders signifikant ist das Leuchten der Auferstandenen in zoroastrischen Texten, das in Schilderungen von Jenseitsreisenden regelmäßig als Merkmal verstorbener Menschen erwähnt wird. Auch die zoroastrische Lehre, die Auferstandenen würden in der Blüte ihres Lebens und in frühlingshaften, üppigen Landschaften leben, entspricht Beschreibungen von verstorbenen Menschen und von jenseitigen Landschaften in Berichten über Jenseitsreisen. 63
Yašt 19,96 (Übers. A. Hintze: Der Zamyād Yašt, 396). Siehe Plutarch: De Iside et Osiride, 47. 65 Pahlawī Riwāyat 48,60 (Übers. S. Raei: Die Endzeitvorstellungen der Zoroastrier, 177). 66 Siehe Pahlawī Riwāyat 48,59: »Es wird tausendmal mehr Speisen und Geschmacksrichtungen geben als es jetzt gibt« (Übers. 177). 67 Siehe Pahlawī Riwāyat 48,105: »Wenn danach [d. h. nach der Auferstehung] das Fleischessen nicht nötig ist, liegt das an dem Vergnügen am Geschmack allen Fleisches, das in allen Zeiten im Mund bleiben wird« (Übers. ebd. 184); Wizīdagīhā ī Zādspram 35,60: »[D]er süße Geschmack und das Fett des Rindes Hadayōš [d. i. eine mythische Urkuh] wird den Menschen als Nahrung gegeben werden« (Übers. ebd. 225). 68 Pahlawī Riwāyat 48,106 (Übers. ebd. 184); ähnlich Bundahišn 34,24: »[S]ie werden Geschlechtsverkehr mit der Frau auf eben solche Weise haben wie jetzt im materiellen Leben, aber es wird keine Zeugung von Kindern geben« (Übers. ebd. 190). 64
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Auferstehung und Reich Gottes im Judentum
Nachtodliches Dahindämmern in der Scheol Für die jüdische Religion, deren schriftliche Quellen bis ins achte Jahrhundert vor Christus reichen, 1 ist die Vorstellung eines physischen nachtodlichen Lebens auf der Erde nicht ganz so wesentlich wie für den Zoroastrismus. Das Interesse an einem Nachleben war ursprünglich sehr gering. Die Verstorbenen fuhren unwiderruflich in die Unterwelt, die Scheol, hinab. In ihrem Dunkel führten sie eine schattenhafte und freudlose Existenz. Die biblische Standardsicht des Todes sah diesen als den Endzustand des Menschen an. Abgesehen von Ausnahmen wie Henoch oder Elia, die Gott zu sich nahm, wird die gewöhnliche Masse aller Menschen, so wie man es damals verstand, in Hiob 7,7–9 angemessen beschrieben: »Denk daran, dass mein Leben nur ein Hauch ist. Nie mehr schaut mein Auge Glück. Kein Auge gewahrt mich, das nach mir sieht, suchen mich deine Augen, dann bin ich nicht mehr da. Die Wolke schwindet, vergeht, so steigt nie mehr auf, wer zur Unterwelt fuhr.« 2
Vermutlich wurden die Toten der Scheol in älteren biblischen Zeiten noch verehrt, geachtet und befragt. Die Entwicklung eines auf Jahwe ausgerichteten Monotheismus führte anscheinend dazu, dass die Toten zu kraft- und bewusstlosen Wesen degradiert wurden. 3 Von einem Leben nach dem Tod konnte man kaum noch sprechen. 4
1
Siehe J. C. Gertz: Tora und vordere Propheten, 216. M. Greenberg: Resurrection, 240. 3 Siehe B. Lang, C. McDannell: Der Himmel, 19–29; D. Kühn: Totenkult (Israel); H. Schwenke: Transzendente Begegnungen, 238–239. 4 So auch zum Beispiel die Encyclopaedia of Judaism, die den Glauben an die Scheol mit der Vorstellung der Endgültigkeit des Todes identifiziert und ihn nicht zu den Lehren eines nachtodlichen Lebens zählt (siehe N. Gillman: Death and Afterlife, 594–595). 2
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Auferstehung und Reich Gottes im Judentum
Geringe Bedeutung des Auferstehungsgedankens im Tanach Die Idee einer physischen Auferstehung spielt im Tanach, der hebräischen Bibel, die im Wesentlichen die gleichen Schriften enthält wie das Alte Testament des Christentums, eine geringe Rolle. Der Gedanke taucht erst seit dem babylonischen Exil auf, und zwar an insgesamt drei Stellen, im Buch Ezechiel, im Buch Jesaja und im Buch Daniel. Bei den beiden erstgenannten scheint es nach überwiegender Meinung eher um die Auferstehung des Volkes Israel als um die Auferstehung des Individuums zu gehen. Beides hängt aber zusammen, wie wir sehen werden.
Keine klare Trennung von Körper und Seele Im Unterschied zur zoroastrischen und zur griechischen Anthropologie lässt der Tanach den Menschen nicht aus zwei verschiedenen, abtrennbaren Prinzipien bestehen. Eine unabhängig vom Leib bestehende Seele gibt es nicht. […] Nach dem Tod besteht immer der ganze Mensch im Schattenreich weiter, in der Gestalt, in der er begraben wurde; und wenn im A[lten]T[estament] eine Rückkehr aus dem Totenreich erwogen wird, ist diese dementsprechend eine Rückkehr zu vollem Leben und voller Leiblichkeit […] zurück auf die Erde. […] Somit ist auch die Auferstehung nicht Wiedervereinigung von Leib und Seele, sondern einfach Wiederaufleben des ganzen Menschen und seine Rückkehr in die Gemeinschaft der Überlebenden auf eine Erde, die von Sünde gereinigt und von den Folgen der Sünde befreit, aber durchaus nicht vergeistigt ist. 5
Für unsere Fragestellung ist es aber nicht entscheidend, ob in der Auferstehung der physische Leichnam durch die Vereinigung mit der Seele wieder lebendig wird oder ob ein schattenhafter Totengeist wieder volle physische Körperlichkeit erlangt, sondern nur, ob das postmortale Leben irdisch-physischer Natur ist. 5
G. Stemberger: Der Leib der Auferstehung, 115. Vgl. auch G. Stemberger: Auferstehung: »Auferstehung [wird] nicht als Wiedervereinigung von Leib und Seele vorgestellt, sondern als Wiederbelebung des ›Schattens‹ : da mit dem Tod die psychosomatische Einheit des Menschen nicht gebrochen wird, der Tote vielmehr auch in der Unterwelt in einer gewissermaßen ›verdünnten‹ Leiblichkeit ›lebt‹, kehrt er mit dem Erstarken des Lebens auch wieder in volle Leiblichkeit zurück. Ort des Auferstehungslebens ist die erneuerte irdische Welt.«
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Auferstehung und Reich Gottes im Judentum
Auferstehungsvision des Ezechiel Die Ursprünge des Buches Ezechiel sollen bis in die erste Hälfte des sechsten Jahrhunderts vor Christus zurückgehen. Die Datierung der Auferstehungsvision in Kapitel 37 ist allerdings unklar, da der Text vermutlich diverse Bearbeitungen erfahren hat. Er lautet wie folgt: Die Hand Jhwhs kam über mich, und Jhwh führte mich im Geist hinaus und ließ mich nieder inmitten der Ebene, und diese war voller Gebeine. Er führte mich an ihnen vorüber ringsherum, und siehe, es lagen ihrer sehr viele über die Ebene hin, und sie waren ganz dürr. Da sprach er zu mir: Menschensohn, können wohl diese Gebeine wieder lebendig werden? Ich aber antwortete: O Herr Jhwh, du weißt es. Nun sprach er zu mir: Weissage über diese Gebeine und sprich zu ihnen: Ihr dürren Gebeine, höret das Wort Jhwhs! So spricht der Herr Jhwh zu diesen Gebeinen: Siehe, ich bringe Geist in euch, damit ihr wieder lebendig werdet. Ich schaffe Sehnen an euch und lasse Fleisch an euch wachsen, ich überziehe euch mit Haut und lege Geist in euch, damit ihr wieder lebendig werdet, und ihr werdet erkennen, daß ich Jhwh bin. Da weissagte ich, wie mir befohlen war; und als ich weissagte, siehe, da entstand ein Rauschen, und die Gebeine rückten eines ans andere. Und als ich hinschaute, siehe, da bekamen sie Sehnen, und es wuchs Fleisch an ihnen, und sie wurden mit Haut überzogen; Geist aber war noch nicht in ihnen. Da sprach er zu mir: Menschensohn, weissage über den Geist, weissage und sprich zum Geist: So spricht Gott der Herr: Geist, komme von den vier Winden und hauche diese Getöteten an, dass sie wieder lebendig werden! Und ich weissagte, wie er mir befohlen hatte. Da kam Geist in sie, und sie wurden lebendig und stellten sich auf ihre Füße, ein überaus [, überaus] großes Heer. Dann sprach er zu mir: Menschensohn, diese Gebeine sind das ganze Haus Israel. Siehe, sie sprechen: Verdorrt sind unsre Gebeine, und dahin ist unsere Hoffnung! Wir sind verloren! Darum weissage und sprich zu ihnen: So spricht der Herr Jhwh: Siehe, nun öffne ich eure Gräber und lasse euch aus euren Gräbern steigen und bringe euch heim ins Land Israels. 6
Der Text erscheint inkohärent. Einerseits ist von Gebeinen die Rede, die offen in einer Ebene herumliegen, andererseits von Gräbern, die geöffnet werden. Einerseits wird gesagt, die Gebeine seien »das ganze Haus Israels«, andererseits wird von »diese[n] Getötete[n]« gesprochen. Letztere können nicht mit dem »ganze[n] Haus Israel« identifiziert werden, weil nicht alle Mitglieder des Hauses Israel eines gewaltsamen Todes gestorben sind. Auch diejenigen, die fern der 6
Ez 37,1–12 (Übers. K. Schmid: Hintere Propheten, 369).
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Auferstehung und Reich Gottes im Judentum
Heimat aus den Gräbern steigen und zurück ins Land Israel gebracht werden, können nicht das ganze Haus Israel darstellen, da längst nicht alle Israeliten ins Exil gezwungen wurden. Das Verständnis und die Redaktionsgeschichte des Textes sind sehr umstritten. 7 In der Antike wurde der Text oft wörtlich verstanden, als Beschreibung einer zukünftigen Auferstehung der Toten. Heute wird häufig angenommen, dass die Vision metaphorisch die – mit der Befreiung der Exilierten aus der babylonischen Gefangenschaft verbundene – nationale Restauration Israels ausdrückt. 8 Manche vertreten die Auffassung, der Ausdruck ›diese Getöteten‹ zeige eine späte redaktionelle Einfügung an, die die Vorstellung einer individuellen Auferstehung mit Hinblick auf die Märtyrer der Makkabäerzeit 9 in den Text hineinträgt. 10 Der Text könnte demnach sowohl die Restauration Israels als auch eine Auferstehung im wörtlichen Sinn thematisieren. Nationale Restauration und individuelle Auferstehung vom Tod schließen sich keineswegs aus. Ein Volk ist ohne die einzelnen Individuen nichts. Wenn es ausgelöscht ist, kann es nur durch die Auferstehung der Individuen wieder zum Leben erwachen. Selbst wenn noch eine größere Anzahl der Volksmitglieder am Leben ist, kann die Auferstehung der Verstorbenen maßgeblich zu neuer Größe und Macht des Volkes beitragen. Dies ist vielleicht der Sinn der Rede von einem »überaus, überaus große[n] Heer«, das die Wiederbelebten bilden würden. Sie spricht in meinen Augen dagegen, dass sich der Text nur auf die Heimführung der lebenden Exilierten bezieht, denn das war keine sehr große Zahl. 11 Der Fokus liegt in diesem Text auf der 7
Siehe die Überblicke in K. Schöpflin: The Revivification of the Dry Bones, 76–80; J. M. Hiebel: Ezekiel’s Vision Accounts, 139–155. 8 Siehe M. Greenberg: Ezechiel 21–37, 453, 462–464; F. Sedlmeier: Das Buch Ezechiel – Kapitel 25–48, 207; J. H. Charlesworth: Where Does the Concept of Resurrection Appear?, 2–3; die Lehre von der Auferstehung der Toten sieht hingegen D. S. Russell: The Method and Message of Jewish Apocalyptic, 368 in diesem Text verkörpert. 9 Die Makkabäer führten einen jüdischen Aufstand gegen die Herrschaft und Hellenisierung durch die Seleukiden an (167–160 v. Chr.) und begründeten die Königsdynastie der Hasmonäer, die von 164 bis 63 v. Chr. in Judäa herrschte. 10 Siehe R. Mosis: Ezechiel 37,1–14, 169: Die Makkabäerzeit sei durch ihre Kämpfe und Gefallenen mit dem »Problem des postmortalen Schicksals des Einzelnen« konfrontiert worden; siehe weiter R. Bartelmus: Ez 37,1–14, 387; F. Sedlmeier: Das Buch Ezechiel, 210–213; K. Schöpflin: The Revivification of the Dry Bones, 77; K. Schmid: Hintere Propheten, 368–369; siehe auch J. M. Hiebel: Ezekiel’s Vision Accounts, 147– 151 mit Fn. 53. 11 Nach Jer 52,28–30 wurden insgesamt 4600 Menschen deportiert, vermutlich vor allem Angehörige der Oberschicht. Auch Rudolf Mosis weist auf die erstaunliche
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Auferstehung und Reich Gottes im Judentum
Restauration Israels, aber es ist möglich, dass ihr die Auferstehung von Individuen funktional zugeordnet wurde. 12 Falls man in dem Text die Idee einer individuellen Auferstehung erkennen will, wäre es für unsere Fragestellung relevant, wo das Leben nach der Auferstehung stattfinden würde. Die Antwort ist eindeutig: auf der Erde. Die Menschen, die aus den Gräbern steigen, fahren nicht zum Himmel auf, sondern kehren heim nach Israel. Über dessen irdische Lokalisierung besteht kein Zweifel. 13 Zu Qualität und Dauer des nachtodlichen Lebens macht der Text keine Andeutung.
Jesaja-Apokalypse Die zweite Stelle im Tanach, in dem der Gedanke einer körperlichen Auferstehung anklingt, findet sich im Buch Jesaja, in der sogenannten Jesaja-Apokalypse (Jesaja 24–27). Sie ist vermutlich im Wesentlichen nach dem Tod Alexanders des Großen entstanden. 14 Es geht vor allem um den Vers Jesaja 26,19. Sein hebräischer Urtext ist sehr dunkel und umstritten. In der ausgangstextorientierten Übersetzung Schlachter 2000 lautet er: »Aber deine Toten werden leben, [auch] mein Leichnam; sie werden auferstehen. Wacht auf und jubelt, ihr Größe des auferstandenen Heeres in der Ezechielvision hin (siehe R. Mosis: Ezechiel 37,1–14, 170). 12 Der Ezechieltext weist auffällige Übereinstimmungen mit Details zoroastrischer Auferstehungslehren auf. Dazu zählen die Vorstellung, dass die Knochen zuerst auferweckt werden, die Rede vom Rauschen, das den lebensspendenden Wind Vayu anzeigen könnte und die Erweckung einer Armee (siehe J. M. Silverman: Persepolis and Jerusalem, 133–135 und die dortigen Literaturangaben). Da Auferstehung im Zoroastrismus als individuell verstanden wurde, könnte mit der Übernahme zoroastrischer Auferstehungsmotive auch die Vorstellung einer individuellen Auferstehung in den Ezechieltext eingeflossen sein. 13 Siehe auch Ez 36,24.28: »[Gott spricht:] Denn ich will euch aus den Heidenvölkern herausholen und aus allen Ländern sammeln und euch wieder in euer Land bringen. […] Und ihr sollt in dem Land wohnen, das ich euren Vätern gegeben habe, und ihr sollt mein Volk sein, und ich will euer Gott sein.« 14 Siehe K. Schmid: Hintere Propheten, 334: »Mit ihrer kosmischen Thematik gehören die Kap. 24–27 in den literaturhistorischen Bereich von Weltgerichtsaussagen, die im Gefolge des Zusammenbruchs des Perserreiches entstanden sind […]. Der Verlust einer übergreifenden politischen Ordnung, wie sie das Perserreich bot, hat offenkundig die prophetische Überlieferung stark geprägt«. Nach N. Gillman: Death and Afterlife, 596 konnte das Datum der Jesaja-Apokalypse noch nicht ermittelt werden; es liege wahrscheinlich etwas früher als das des Buches Daniel (165 v. Chr.).
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Bewohner des Staubes! Denn dein Tau ist ein Morgentau, und die Erde wird die Toten wiedergeben.« Die Phrase ›mein Leichnam‹ scheint kaum in den Kontext zu passen, 15 weshalb die Übersetzer ein ›auch‹ eingefügt haben. Der letzte Halbsatz des Jesaja-Zitats wird auch ganz anders übersetzt: »[D]ie Unterwelt wird die Rephaim zu Fall bringen«. 16 Dabei werden unter den Rephaim die mächtigen Totengeister früherer Tyrannen verstanden, 17 die gerade nicht auferstehen werden. 18 In der Septuaginta, der ältesten griechischen Übersetzung des Tanach, 19 ist Jesaja 26,19 weniger dunkel: »Die Toten werden auferstehen, und die in den Gräbern werden auferweckt werden, und freuen werden sich die auf der Erde; denn der Tau, der von dir kommt, ist Heilmittel für sie, das Land der Gottlosen aber wird fallen.« Es ist wie bei der vorhin besprochenen Ezechielvision unklar, ob es sich bei der Auferstehung der Toten in der Jesaja-Apokalypse nur um eine Metapher für die Wiederherstellung Israels oder tatsächlich um eine Auferstehung von Individuen vom Tod handelt. 20 Die Stelle ist eingebettet in ein eschatologisches Szenario, in dem es um die weltweite Durchsetzung der Herrschaft Jahwes und letzten Endes um die Wiederherstellung von Israel geht. Wenn man bei Jesaja 26,19 von einer individuellen Auferstehung ausgeht, dann würde das nachtodliche Leben nach dem Kontext dieser Stelle zweifelsfrei auf der Erde stattfinden, im wiederhergestellten Israel, in das die zerstreuten ›Kinder Israels‹ gesammelt werden. 21 Das Zentrum dieses zukünftigen Lebens wäre Jerusalem mit dem Zionsberg, von wo aus Jahwe als König über die ganze Erde herrschen würde. 22 Nähme man den Vers Jesaja 25,8 hinzu, wonach Gott den Tod verschlingen 23 und Tränen von jedem Gesicht abwischen wird, und verstünde man dieses
15
Siehe zur Diskussion der Stelle M. McAffee: Rephaim, Whisperers, and the Dead in Isaiah 26:13–19, 92–93. 16 Übers. H. S. nach ebd. 93. 17 Siehe ebd. 78, 84–87, 93–94. 18 Siehe ebd. 93. Vgl. auch ähnlich W. A. M. Beuken: Jesaja 13–27, 384. 19 Siehe A. Berlejung: Quellen und Methoden, 29. 20 Siehe M. Greenberg: Resurrection, 241; B. Doyle: The Apocalypse of Isaiah Metaphorically Speaking, 315. 21 Siehe Jes 27,12–13. 22 Siehe Jes 24,23; 27,13. 23 J. Blenkinsopp: Isaiah 1–39, 359 sieht hier eine Anspielung auf den kanaanitischen Unterweltgott Mot, in dem der Tod personifiziert wird und der den Gott Baal zu Beginn der Trockenperiode verschlingt.
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gleichfalls wörtlich, was ebenfalls umstritten ist, 24 so ergäbe sich das Bild eines ewigen, leidfreien Lebens in körperlicher Form. 25 Insgesamt lassen die Befunde aber nicht mit ausreichender Sicherheit auf das Konzept einer individuellen, physischen Auferstehung und eines ewigen, irdischen nachtodlichen Lebens in der Lehre der Jesaja-Apokalypse schließen.
Individuelle Auferstehung im Buch Daniel Die erste und einzige Stelle im Tanach, in der nach herrschender Meinung die Lehre einer individuellen Auferstehung und eines ewigen nachtodlichen Lebens ausgedrückt wird, findet sich im Buch Daniel. 26 Dessen Endfassung stammt sehr wahrscheinlich aus den Jahren zwischen 167 und 165 vor der Zeitwende. 27 Im zwölften Kapitel wird vorhergesagt: Und viele von denen, die im Staub der Erde schlafen, werden aufwachen; die einen zum ewigen Leben, die andern zur ewigen Schmach und Schande. Und die Verständigen werden leuchten wie der Glanz der Himmelsausdehnung, und die, welche die Vielen zur Gerechtigkeit weisen, wie die Sterne immer und ewiglich. 28
Das Schlafen im Staub der Erde scheint sich auf Leichname zu beziehen, nicht auf die Schatten der Toten in der Scheol. 29 Ihr Aufwachen 24
Zur Ansicht, dass Jes 25,8 keine allgemeine Beseitigung des Todes und keine individuelle Auferstehung ausdrückt, siehe J. D. W. Watts: Isaiah 1–33, 333; B. Doyle: The Apocalypse of Isaiah Metaphorically Speaking, 257. Interessanterweise spricht die Septuaginta überhaupt nicht davon, dass der Tod verschlungen wird: »Der Tod, mächtig geworden, hat sie [d. h. die Völkerschaften] verschlungen, und wiederum nahm Gott jede Träne von jedem Antlitz weg« (Jes 25,8 LXX). 25 Vgl. dazu aber Jes 65,17–25, wo nur von einem langen Leben auf der neuen Erde unter Gottes Herrschaft gesprochen wird: »[W]er hundertjährig stirbt, wird noch als junger Mann gelten« (Jes 65,20); nach Jes 66,22 soll der »Same« und »Name« der Auserwählten »bestehen bleiben«, woraus ex silentio geschlossen werden könnte, dass dies nicht für das Individuum gilt. 26 Siehe J. H. Charlesworth: Where Does the Concept of Resurrection Appear?, 12; J. J. Collins: Daniel, 394; M. Greenberg: Resurrection, 241; M. Witte: Schriften (Ketubim), 504–505. 27 Siehe M. Witte: Schriften (Ketubim), 503. 28 Dan 12,2–3. 29 Besonders im Theodotion, einer griechischen Übersetzung des Tanach aus dem zweiten nachchristlichen Jahrhundert, wird es klar, dass es sich um Leichname in den
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würde also eine physische Auferstehung bedeuten, obwohl dies nicht explizit gesagt wird. Das Leben der Auferstandenen ist zeitlich unbegrenzt. Anscheinend gibt es eine Aufteilung in ein gutes und schlechtes nachtodliches Schicksal. 30 Der Ort des nachtodlichen Lebens wird in dieser Stelle nicht ausdrücklich erwähnt. Aus dem Kontext ergibt sich aber, dass es auf der Erde stattfinden wird. Erstens ist nirgendwo von einem überirdischen oder himmlischen Wohnort der Auferstandenen die Rede. Zweitens geht es im Danielbuch um die Befreiung Israels vom Joch der Fremdherrschaft. Die Schrift entstand vor dem Hintergrund des Kampfes gegen den Seleukidenherrscher Antiochus IV. Epiphanes, der den Jahwekult zu hellenisieren versuchte. 31 Seine Herrschaft sollte beendet und der Tempel von der fremden Kultur gereinigt werden. 32 Israel und Jerusalem sollten also befreit und nicht etwa zugunsten eines überirdischen Lebens aufgegeben werden. 33 Das geweissagte und für sehr bald erwartete 34 Reich der Gottesherrschaft ist also auf der Erde lokalisiert. 35 Es wird sich über die ganze Erde erstrecken 36 und ewig, unvergänglich und unzerstörbar sein. 37 In diesem Reich wird das Volk Israel herrschen. 38 Wo, wenn nicht dort, sollen die Auferstandenen leben? Einigen der Auferstandenen wird ein Leuchten zugeschrieben, wie wir es bereits im Zoroastrismus kennengelernt haben. Manchmal wird daraus auf ihre himmlische Existenz nach dem Tod geschlossen. 39 Ohne zusätzliche Hinweise auf den Ort des nachtodlichen LeGräbern handelt: »Und viele von denen, die in einer Aufschüttung von Erde schlafen, werden aufgeweckt werden« (Dan 12,2 TH, Übers. in: Septuaginta Deutsch, 1461). 30 Dagegen jedoch A. A. Fischer: Tod und Jenseits im Alten Orient und im Alten Testament, 247–248. 31 Siehe dazu die Rede von der Abschaffung der Opfer und von der Aufstellung eines ›Gräuels der Verwüstung‹, bei dem es sich vermutlich um einen hellenistischen Kultgegenstand handelte, der im Tempel aufgestellt wurde (siehe Dan 9,27; 11,31; 12,11). 32 Siehe Dan 8,13–14; 12,11–13. 33 Siehe dazu R. A. Horsley: Revolt of the Scribes, 81–104, 193–207. 34 Nach Dan 8,14 wird das Ende der Entweihung des Tempels durch einen fremden Kult und damit wohl auch der Beginn des Gottesreiches in 1150 Tagen erwartet, in Dan 12,11 wird die Frist auf 1290 Tage verlängert; im nächsten, möglicherweise später zugefügten Vers anscheinend auf 1335 Tage (siehe dazu J. J. Collins: From Prophecy to Apocalypticism, 145). 35 So auch z. B. D. S. Russell: The Method and Message of Jewish Apocalyptic, 376. 36 Siehe Dan 2,34–35. 37 Siehe Dan 2,44; 7,14.18.27. 38 Siehe Dan 7,27. 39 Nach J. J. Collins: From Prophecy to Apocalypticism, 144 werden die weisen Lehrer
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bens ist dieser Schluss jedoch voreilig, wie ähnliche Beschreibungen im Zoroastrismus zeigen. Dort kann man nachtodlich sehr wohl wie Sonne, Mond und Sterne leuchten und dennoch auf der Erde wohnen. Die Pointe meiner Theorie der Verwechslung der Welten ist ja gerade, dass Elemente von Jenseitserfahrungen wie etwa das Leuchten der Körper jenseitiger Personen auf die Erde projiziert werden.
Erstes Henochbuch: Buch der Wächter Das nicht zum Tanach zählende erste Henochbuch besteht aus fünf verschiedenen Büchern und zwei Anhängen. In zwei Büchern wird klar erkennbar ein physisches nachtodliches Leben auf der Erde vor-
»wie Sterne sein«. Sie könnten es sich leisten, ihr Leben in dieser Welt zu verlieren, weil ihnen eine größere Herrlichkeit in der nächsten Welt versprochen wurde. Aber im Text wird nur davon gesprochen, dass sie wie die Sterne leuchten, nicht dass sie wie Sterne sein, d. h. alle wesentlichen Eigenschaften von Sternen besitzen werden. Außerdem wird nirgendwo von einem Ende dieser Welt und von einer nächsten Welt gesprochen. Die Erwartung des Danielbuches zielt nicht auf ein Ende der Welt, sondern auf ein Ende des Seleukidenreiches (siehe auch R. A. Horsley: The Revolt of the Scribes, 207). Vermutungen zu einer Anleihe bei der hellenistischen Vorstellung einer Sternexistenz nach dem Tod (siehe z. B. J. J. Collins: Daniel, 394) halte ich auch deshalb für wenig plausibel, weil man allgemein davon ausgeht, dass sich die Redaktoren des Buches Daniel zu den in Dan 12,3 genannten ›Verständigen‹ und ›Führern zur Gerechtigkeit‹ rechneten, also zu denen, die post mortem leuchten werden (siehe J. J. Collins: From Prophecy to Apocalypticism, 144; J. J. Collins: A Commentary on the Book of Daniel, 385; M. Witte: Schriften [Ketubim], 503; R. A. Horsley: Revolt of the Scribes, 97). Es wäre erstaunlich, wenn gerade diejenigen, die sich am entschiedensten gegen das Joch des Seleukidenreiches und die Hellenisierung der jüdischen Religion wendeten, für sich eine himmlische Existenz vorsahen (so aber O. Kaiser, E. Lohse: Tod und Leben, 75). Erstens wären sie dann vom Volk Israel getrennt, dessen irdischer Verbleib kaum bezweifelt werden kann. Zweitens würden sie damit ein hellenistisches Konzept übernehmen, was ihnen kaum entgangen sein dürfte und in Widerspruch zu ihrem Kampf gegen die Hellenisierung der jüdischen Religion stünde. Drittens ist mit der griechischen Vorstellung einer nachtodlichen Existenz im Äther oder gar als Stern keine Auferstehung verbunden. Der physische Körper ruht in der Erde, nur die Seele entschwebt in den Äther (siehe I. Peres: Griechische Grabinschriften und neutestamentliche Eschatologie, 81–89). A. A. Fischer: Tod und Jenseits im Alten Orient und im Alten Testament, 244–246, 249 vermutet keine leibliche Auferstehung der Verständigen und Führer zur Gerechtigkeit, sondern eine Auferstehung mit »verklärte[r] Lichtgestalt«, die ein »himmlisches Geschick« erwarte (ebd. 249). Siehe dazu auch J. S. Park: Conceptions of the Afterlife in Jewish Inscriptions, 158–159.
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hergesagt, im Buch der Wächter 40 und im Buch der Bilder. 41 Älter ist das Buch der Wächter. Seine jetzige Form ist vermutlich im dritten Jahrhundert vor Christus entstanden. 42 Darin wird zwar ein physisches nachtodliches Leben auf der Erde vorhergesagt, allerdings an Orten, die dem Menschen gewöhnlich verborgen sind. 43 Auf einer Visionsreise kommt Henoch zu einem hohen und großen Berg im Westen der Erde. 44 Im Inneren des Berges sind vier Hohlräume. 45 Darin werden die Seelen oder Geister – die Terminologie schwankt – der Toten gesammelt und aufbewahrt bis »zum Tage ihres Gerichts«. 46 Gemeint sind wohl einfach die Toten. Sie sind nicht völlig inaktiv, denn Henoch hört den Geist Abels klagen. 47 Obwohl nur davon gesprochen wird, dass Geister oder Seelen zum Leben erweckt werden, ist das postmortale Leben der Gerechten allem Anschein nach irdisch-physisch. Das geht aus einer weiteren Vision des Henoch hervor. Er sieht an »einem anderen Ort der Erde« 48 einen Berg, den duftende Bäume umgeben. 49 Darunter ist der Baum des Lebens, dessen Blätter und Blüten in Ewigkeit nicht welken werden. 50 Nach dem Gericht werden die Auserwählten von seiner Frucht essen dürfen 51 und sein »Wohlgeruch« wird »in ihren Gebeinen« sein. 52 Sie sind also nicht mehr nur Geister oder Seelen; ›essen‹ und ›Gebeine‹ sprechen
40
1 Hen 1–36. 1 Hen 37–71. Weitere mögliche Andeutungen einer physischen Auferstehung im ersten Henochbuch finden sich in z. B. in der Epistel Henochs (siehe 1 Hen 92,3–5) und im Buch der Traumvisionen (siehe 1 Hen 90,20–38). 42 Siehe G. W. E. Nickelsburg, J. C. VanderKam: 1 Enoch, 3; ausführlicher G. W. E. Nickelsburg: 1 Enoch 1, 169–171, 230, 279, 293. S. Uhlig: Das äthiopische Henochbuch, 494, 506 vermutet eine Abfassung zwischen dem Ende des 3. und der Mitte des 2. Jh. v. Chr. 43 J. J. Collins: From Prophecy to Apocalypticism, 139. 44 Siehe 1 Hen 22,1. 45 Siehe 1 Hen 22,1–4.8–13. Siehe zu diesen Kammern L. T. Stuckenbruck: The »Otherworld« and the Epistle of Enoch, 84–85. 46 Siehe 1 Hen 22,3–4 (Zitat 1 Hen 22,4; Übers. S. Uhlig: Das äthiopische Henochbuch, 556). 47 Siehe 1 Hen 22,5–7. 48 1 Hen 24,1 (Übers. S. Uhlig: Das äthiopische Henochbuch, 559); vgl. auch 1 Hen 25,3. 49 Siehe 1 Hen 24,3. 50 Siehe 1 Hen 24,4. 51 Siehe 1 Hen 25,4–5. 52 1 Hen 25,6 (Übers. S. Uhlig: Das äthiopische Henochbuch, 561). 41
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für eine physische Existenz. 53 Die Aussage, dass kein »Fleisch« den Baum des Lebens »bis zum großen Gericht« berühren darf, 54 zeigt in die gleiche Richtung. Nach dem Gericht darf dieser Baum, so kann man schließen, vom Fleisch der Auserwählten berührt werden. Wie es aber zur nachtodlichen physischen Existenz kommt, bleibt im Dunkeln. 55 Eine Auferstehung des Leichnams wird mit keinem Wort erwähnt. Das nachtodliche Leben der Auserwählten wird lang, aber nicht ewig sein. 56 Leid ist daraus verbannt: »[I]n ihren Tagen wird sie weder Trauer noch Leid, noch Bedrängnis, noch Plage erreichen«. 57
Erstes Henochbuch: Buch der Bilder Im Buch der Bilder, das heute oft auf die Zeitenwende datiert wird 58 und dessen Gedanken möglicherweise auf Jesus von Nazareth gewirkt haben, 59 wird ein ewiges physisches nachtodliches Leben auf der Erde geweissagt. Es wird aber nicht deutlich, wie die Auferstehung im Einzelnen vor sich gehen soll: »Und in jenen Tagen wird die Erde zurückgeben, was ihr anvertraut ist, und die Unterwelt wird das zurückgeben, was sie empfangen hat, und die Hölle (oder: Vernichtung) wird zurückgeben, wozu sie verpflichtet ist«. 60 Liegt ein monistisches Konzept vor, nach dem die subtil-körperlichen Schatten der Toten in der Auferstehung wieder volle physische Realität und Vitalität er53
Nach Nickelsburg könnte mit »Gebeine« allerdings auch der Sitz der Empfindung oder das Selbst gemeint sein (siehe G. W. E. Nickelsburg: 1 Enoch 1, 315). 54 1 Hen 25,4 (Übers. H. S. nach G. W. E. Nickelsburg, J. C. VanderKam: 1 Enoch, 45). 55 Siehe dazu G. Stemberger: Der Leib der Auferstehung, 38: »Falls die Gerechten auf die Erde zurückkehren, erlangen sie natürlich auch wieder ihre volle Leiblichkeit. Doch wäre dies nicht eine radikale Änderung ihres Zustandes, sondern nur eine graduelle, da ja auch das ganze Jenseits leiblich ist.« 56 Siehe 1 Hen 25,6; vgl. auch 1 Hen 10,17. 57 1 Hen 25,6 (Übers. S. Uhlig: Das äthiopische Henochbuch, 561). 58 Siehe J. H. Charlesworth: The Date and Provenience of the Parables of Enoch, 56; D. L. Bock: Dating the Parables of Enoch: A Forschungsbericht, 112; G. Nickelsburg datiert das Buch der Bilder in die Spanne von der späten Zeit der Herrschaft Herodes des Großen (37–4 v. Chr.) bis zu den ersten Jahrzehnten des ersten nachchristlichen Jahrhunderts, mit Präferenz für den früheren Teil dieses Zeitraums (G. W. E. Nickelsburg, J. C. VanderKam: 1 Enoch 2, 62–63); für eine Frühdatierung wesentlicher Teile bereits S. Uhlig: Das äthiopische Henochbuch, 494, 574–575. 59 Siehe J. H. Charlesworth: Did Jesus Know the Traditions in the Parables of Enoch? und ausführlicher S. 184–186. 60 1 Hen 51,1 (Übers. S. Uhlig: Das äthiopische Henochbuch, 593–594).
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halten? 61 Oder ist das Schema der Auferstehung dualistisch: Gibt die Erde den Körper und die Scheol die Seele oder den Geist zurück, und werden beide wiedervereinigt? 62 Wie man diese Fragen auch beantworten mag: Das folgende postmortale Leben wird irdisch-physisch sein. Die auferstandenen Gerechten werden auf der Erde leben, die zu einem paradiesischen Ort umgewandelt werden wird: »Und ich [d. h. der Herr der Geister] werde das Festland umwandeln und es zu einem Segen machen und werde meine Auserwählten auf ihm wohnen lassen«. 63 Etwas später im Text heißt es: »[D]ie Erde wird sich freuen, und die Gerechten werden auf ihr wohnen, und die Auserwählten werden auf ihr gehen«. 64 Für ein physisches Leben spricht außerdem die Art der Fortbewegung, das Gehen. Mit einem nichtphysischen Körper würden die Auferstandenen eher schweben oder fliegen. Ein drittes, starkes Indiz ist das Essen. Die Auserwählten werden mit dem vom Herrn der Geister gesandten »Menschensohn speisen, und sich (zur Ruhe) niederlegen und sich erheben von Ewigkeit zu Ewigkeit«. 65 Das nachtodliche Leben auf der Erde wird also in einem irdisch anmutenden Tagesrhythmus von Ruhen, Aufstehen und Essen ablaufen. 66 Im letzten Zitat wird die Ewigkeit des nachtodlichen Lebens ausgesprochen. An anderer Stelle heißt es, die Lebenstage der auferstandenen Gerechten und Heiligen würden »ohne Ende« und »ohne Zahl« sein. 67 Die Ewigkeit des nachtodlichen Lebens geht ebenfalls aus der Beschreibung des Gewandes, das die Auserwählten tragen werden, hervor. Sie werden mit »dem Gewand der Herrlichkeit« bekleidet sein, das »nicht alt« wird. 68 Das Gewand der Herrlichkeit ist 61
Siehe dazu G. Stemberger: Der Leib der Auferstehung, 47; G. W. E. Nickelsburg, J. C. VanderKam: 1 Enoch 2, 184. 62 Siehe ebd. 63 1 Hen 45,5 (Übers. S. Uhlig: Das äthiopische Henochbuch, 586). Siehe zur irdischen Lokalisierung des postmortalen Lebens im Buch der Bilder auch G. W. E. Nickelsburg: Four Worlds that are »Other«, 55, 70–75. 64 1 Hen 51,5 (Übers. S. Uhlig: Das äthiopische Henochbuch, 594). Aus 1 Hen 38,4 kann man zudem ex negativo schließen, dass die Auserwählten die Erde besitzen werden: »[U]nd danach [d. h. nach dem Gericht über die Sünder und Frevler] werden es nicht die Mächtigen und Erhabenen sein, die die Erde besitzen« (Übers. H. S. nach G. W. E. Nickelsburg: Four Worlds that are »Other«, 72; zur Deutung siehe ebd. 72– 73). 65 1 Hen 62,14 (Übers. S. Uhlig: Das äthiopische Henochbuch, 615). 66 Siehe dazu G. W. E. Nickelsburg, J. C. VanderKam: 1 Enoch 2, 267. 67 1 Hen 58,3 (Übers. S. Uhlig: Das äthiopische Henochbuch, 603). 68 1 Hen 62,15–16 (Übers. ebd. 615).
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möglicherweise eine Metapher für den Körper der Auferstandenen. 69 »Herrlichkeit« ist zunächst ein Attribut des Gewandes, im nächsten Vers wird sie dann den Auferstandenen selbst zugeschrieben: »[E]ure Herrlichkeit wird nicht vergehen«. 70 Im Merkmal der »Herrlichkeit« schwingt wahrscheinlich ein leuchtender Glanz mit, den die Auferstandenen ausstrahlen. 71 Das Leuchten der Auferstandenen wird auch explizit erwähnt: Das »Licht des Herrn der Geister« werde »auf dem Angesicht der Heiligen, Gerechten und Auserwählten« erscheinen, sodass die Sünder und Frevler sie nicht anzuschauen vermögen. 72 Das Leben auf der verwandelten Erde werde in ewigem Licht stattfinden: »[D]ie Gerechten werden im Licht der Sonne und die Auserwählten im Licht des ewigen Lebens sein […]. Und das Licht wird unaufhörlich sein […], denn die Finsternis wird vorher vernichtet, […] und das Licht der Wahrheit wird für ewig beständig sein«. 73
Zweites Makkabäerbuch Im zweiten Makkabäerbuch, das vermutlich im letzten Drittel des zweiten vorchristlichen Jahrhunderts entstand, 74 ist der Gedanke einer physischen Auferstehung klar ausgedrückt. Es gehört wie das erste Henochbuch nicht zum Tanach, ist aber in der Septuaginta enthalten und wird von katholischen und orthodoxen Kirchen zum Alten Testament gezählt. Im Zusammenhang mit der Schilderung des Martyriums einer Mutter mit ihren sieben Söhnen und der Selbsttötung des sich der Festnahme durch Antiochus entziehenden Rasi taucht das Thema der Auferstehung auf. Der zweite Bruder sagte über seine Zunge und seine Hände, die ihm abgeschnitten beziehungsweise abgeschlagen werden sollen: »Vom Himmel habe ich diese empfangen […] und von ihm hoffe ich diese wieder zu erhalten«. 75 Rasi, der sich in sein Schwert stürzte und den Angreifern seine Eingeweide entgegen schleuderte, »rief den über das Leben und den Atem Herrschenden an, er solle ihm diese [d. h. die Eingeweide] wieder zurück69 70 71 72 73 74 75
Siehe dazu G. W. E. Nickelsburg, J. C. VanderKam: 1 Enoch 2, 267–268. 1 Hen 62,16 (Übers. S. Uhlig: Das äthiopische Henochbuch, 615). Siehe dazu G. W. E. Nickelsburg, J. C. VanderKam: 1 Enoch 2, 267–268. 1 Hen 38,4 (Übers. S. Uhlig: Das äthiopische Henochbuch, 577). 1 Hen 58,3.6 (Übers. ebd. 603); vgl. auch 1 Hen 38,2; 50,1. Siehe A. Berlejung: Makkabäerbücher, 581. 2 Makk 7,11 LXX.
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geben«. 76 Der Auferstehungskörper ist in diesen Fällen offensichtlich ein physischer Körper. Nach dem Wortlaut dieser Stellen zu urteilen, scheint es genau derselbe Körper zu sein, der stirbt. 77 Es wird zudem ausdrücklich von »auferstehen« und »Auferstehung« gesprochen. 78 Über das Leben nach der Auferstehung wird nur gesagt, dass es ewig ist. 79 Die Möglichkeit der Auferstehung wird mit dem Hinweis auf die Schöpferkraft Gottes begründet. Der Gott, der den einzelnen Menschen im Mutterleib gebildet und die Menschheit als solche aus dem Nichts geschaffen habe, 80 werde den Getöteten »Atem und Leben« wieder zurückgeben. 81
Weitere außerbiblische Texte aus vorchristlicher Zeit Die Auferstehung und ein nachtodliches Leben auf der Erde werden in weiteren nichtbiblischen Texten angedeutet. In den Psalmen Salomos, die vermutlich aus der Zeit zwischen siebzig und vierzig vor der Zeitenwende stammen, liest man: »Die aber den Herrn fürchten, werden auferstehen zum ewigen Leben, und ihr Leben wird im Licht sein des Herrn, und es wird nicht mehr enden.« 82 Vom Tod der Gottes76
2 Makk 14,46 LXX. Siehe dazu G. Stemberger: Der Leib der Auferstehung, 23. Stemberger teilt diese »übliche Auffassung« nicht: »Die Auferstehung ist leiblich, aber nicht unbedingt im Sinn einer Auferstehung des materiell selben Leibes. Sonst müßten die Brüder auch von einer Wiedervereinigung von Leib und Seele reden, was sie aber nicht tun« (G. Stemberger: Der Leib der Auferstehung, 17). Stemberger sieht hier eher die »altisraelitische Auffassung vom Toten«, der in die Scheol hinabfährt, wie er gestorben ist; das hieße im Falle der sieben Brüder ohne Zunge und Gliedmaßen. Bei ihrer Rückkehr ins Leben würden sie die Glieder wieder zurückbekommen. Der durch Wiederbelebung und Vervollständigung aus dem Schattenleib der Scheol hervorgehende Auferstehungsleib sei in »gewissem Sinn […] identisch mit dem gestorbenen, da er sich nicht von ihm unterscheidet, trotzdem ist es nicht notwendig derselbe; es kann auch ein neuer Leib sein, der dem alten genau entspricht« (ebd. 20). 78 Siehe 2 Makk 7,9 LXX etwas umständlich: »[D]er König der Welt [d. h. Gott] aber wird uns […] in ein ewiges Wiederaufleben des Lebens auferstehen lassen (ἀναστήσει)«; 2 Makk 7,14 LXX: »(Es ist) zu wünschen, dass die von den Menschen Scheidenden sich auf die Verheißungen von Gott verlassen, dass sie von ihm wieder auferweckt werden. Für dich [d. h. Antiochus IV.] aber wird es eine Auferstehung (ἀνάστασις) ins Leben nicht geben.« 79 Siehe 2 Makk 7,9.36 LXX. 80 Siehe 2 Makk 7,22.28 LXX 81 2 Makk 7,23 LXX. 82 PsSal 3,12 LXX. 77
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fürchtigen war nicht ausdrücklich die Rede, daher kann nicht mit Sicherheit gesagt werden, ob eine Auferstehung der Toten gemeint ist. 83 Überdies bleibt es unklar, ob das ewige Leben der Gottesfürchtigen im Licht irdisch oder himmlisch sein wird. 84 Die Testamente der Zwölf Patriarchen, die abgesehen von christlichen Bearbeitungen aus der Makkabäerzeit zu stammen scheinen, 85 lehren an verschiedenen Stellen mehr oder weniger deutlich ein physisches nachtodliches Leben auf der Erde, nämlich in Israel. 86 Im Testament Juda heißt es zum Beispiel: »Und hierauf werden Abraham und Isaak und Jakob zum Leben auferstehen, und ich und meine Brüder werden Herrscher unserer Szepter in Israel sein […]. Die in Trauer starben, werden in Freude auferstehen; […] Die um des Herrn willen starben, werden zum Leben auferweckt werden«. 87
Viertes Buch Esra Auch das vierte Buch Esra, das – abgesehen von christlichen Zusätzen – um die erste nachchristliche Jahrhundertwende entstanden sein dürfte, 88 scheint ein nachtodliches Leben auf der Erde vorherzusagen. Auf ihr wird allerdings nach einer Periode des siebentägigen urzeitlichen Chaos das Vergängliche sterben. 89 Die Toten werden auferstehen: »Die Erde gibt die heraus, die in ihr schlafen, der Staub die, die still in ihm ruhen, und die Kammern geben die Seelen heraus, die ihnen anvertraut sind.« 90 Der Vorgang der Auferstehung bleibt je83
Siehe G. Stemberger: Der Leib der Auferstehung, 57. Stemberger hält ein Leben der Auferstandenen auf der Erde für wahrscheinlich (siehe ebd. 60). 85 Siehe H. C. Kee: Testaments of the Twelve Patriarchs, 777–778. 86 Siehe G. Stemberger: Der Leib der Auferstehung, 71: »[D]ie TestXII [lehren] die Auferstehung in Form der Rückkehr des (natürlich leiblichen) Menschen auf Erden. Sein Leib wird gleich dem sein, den er in seinem Erdenleben hatte, da ja Leib und Geist einander vollkommen entsprechen – es wird aber nicht der wiederhergestellte verstorbene Fleischesleib sein«. 87 TestJud 25,1.4 (Übers. G. Stemberger: Der Leib der Auferstehung, 67). Siehe auch TestSim 6,7; TestSeb 10,1–2; TestBen 10,6–10. 88 Siehe J. Schreiner: Das 4. Buch Esra, 301; B. M. Metzger: The Fourth Book of Ezra, 520. 89 Siehe 4 Esr 7,31; vgl. auch 4 Esr 7,113 und dazu G. Stemberger: Der Leib der Auferstehung, 83. 90 4 Esr 7,32 (Übers. J. Schreiner: Das 4. Buch Esra, 346); vgl. auch den lateinischen 84
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doch im Dunkeln. Zwar besagen einige Stellen, dass sich die Seele im Tod vom Körper trennt. 91 Man könnte daher denken, dass Erde und Staub die Leichname oder Körperpartikel herausgeben, die Seelen aus ihren Kammern befreit und beide vereint werden. Das wird hier aber nicht gesagt. Das wiederholte Relativpronomen ›die‹ deutet eher an, dass im Staub und in der Erde keine toten Sachen liegen, sondern tote Personen. 92 Für uns ist aber nur die Frage entscheidend, ob das nachtodliche Leben physisch ist und wo es stattfindet. Grundsätzlich kann man sagen, dass bei der Auferstehung materielles Sein aus dem Inneren der Erde an ihre Oberfläche tritt, denn auch die Seelen werden nicht völlig unkörperlich gedacht. Wenn sich den Auferstandenen die »Grube der Pein« und »der Ofen der Hölle« »gegenüber« dem »Paradies der Wonne« zeigt, 93 dann wird man davon ausgehen müssen, dass es sich um irdische Örtlichkeiten handelt, 94 da nirgends von einer Versetzung in andere Regionen gesprochen wird. Zwar taucht das Motiv des Leuchtens der guten Auferstandenen auf. Das Licht derer, die »die Wege des Höchsten beachtet haben«, werde »dem Licht der Sterne gleichen« und ihr Gesicht werde »wie die Sonne leuchten«; »das Gesicht der Enthaltsamen«, heißt es etwas später, werde sogar »mehr als die Sterne strahlen«. 95 Dies impliziert aber für sich genommen noch keine himmlische Existenz, wie wir bei der Besprechung des Zoroastrismus, des Buches Daniel und des ersten Henochbuches gesehen haben. 96
Text der Vulgata: et terra reddet qui in eam dormiunt, et pulvis qui in eo silentio habitant, et promptuaria reddent quae eis commendatae sunt animae. 91 Siehe v. a. 4 Esr 7,78.100. 92 Siehe zur Stelle auch G. Stemberger: Der Leib der Auferstehung, 82: »In der Auferstehung werden die Seelen aus ihren Kammern befreit. […] Auch in den Kammern waren die Seelen nicht unleiblich gedacht, jetzt aber erst erlangen sie wieder ihre volle Leiblichkeit. Ob das eine Wiedervereinigung mit demselben Leib bedeutet, den die Seele im Erdenleben gehabt hat, ist nicht ausdrücklich gesagt. Dieser Gedanke ist offenbar nicht mehr fern, hier aber noch nicht voll entwickelt. Was Staub und Erde wiedergeben, sind dem Wortlaut nach die Toten, dem Zusammenhang nach ist es wohl am ehesten der Leib, die Materie (ohne notwendig an die Identität des Leibes zu denken).« 93 4 Esr 7,36. 94 So auch G. Stemberger: Der Leib der Auferstehung, 83. 95 4 Esr 7,88.97.125. 96 Siehe S. 44–45, 53–55, 58–59.
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Zweites Baruchbuch (syrische Baruch-Apokalypse) Das zweite Baruchbuch, das auch ›syrische Baruchapokalypse‹ genannt wird, 97 stammt vermutlich aus dem ersten Drittel des zweiten Jahrhunderts nach Christus. 98 Es kennt nicht nur die physische Auferstehung, sondern auch den Gedanken, dass die Toten mit demselben Aussehen auferstehen, wie sie gestorben sind, damit man sie wiedererkennen kann: Denn sicher gibt die Erde ihre Toten dann zurück, die sie jetzt empfängt, um sie aufzubewahren; dabei wird sich an ihrem Aussehen nichts verändern. Denn wie sie empfangen hat, so wird sie sie auch wiedergeben, und wie ich sie ihr übergab, so wird sie sie auch auferstehen lassen. Denn dann wird’s nötig sein, den Lebenden zu zeigen, daß die Toten wieder aufgelebt sind und daß die zurückgekommen sind, die einstmals weggegangen sind. 99
Doch nach dem Gericht werden die Auferstandenen verwandelt, die Gerechten »zum Glanz der Engel«, die Sünder jedoch zu »gräßlichen Gestalten«. 100 Die Gottlosen gehen dann zu einem nicht näher lokalisierten Ort der Strafe, der Pein und des Feuers, 101 die Gerechten werden in den Höhen einer jetzt noch unsichtbaren Welt leben, also offenbar nicht auf dieser Erde: 102 Wenn dieser festgesetzte Tag [d. h. das endzeitliche Gericht] vorüber ist, (dann) wird sich die Gestalt derer verändern, die schuldig erfunden sind, und auch die Herrlichkeit von denen, die als Rechtschaffene gelten können. […] Die Herrlichkeit von denen, die sich jetzt rechtschaffen gezeigt haben wie mein Gesetz es will, […] – ihr Glanz wird dann verherrlicht sein in unterschiedlicher Gestalt. Ins Licht ihrer Schönheit wird verwandelt sein das Ansehen ihres Angesichts. So können sie die Welt bekommen und emp97
Der vollständige Text ist nur in syrischer Sprache überliefert. Die syrische Fassung basiert auf einer griechischen, diese möglicherweise auf einer hebräischen Urform; siehe A. F. J. Klijn: 2 (Syriac Apocalypse of) Baruch, 616; G. S. Oegema: Apokalypsen, 59. 98 Nach G. S. Oegema: Apokalypsen, 60 ist eine Abfassungszeit zwischen dem Diaspora-Aufstand 115–117 n. Chr. und dem Bar-Kochba-Aufstand 132–135 n. Chr. am wahrscheinlichsten. 99 2 Bar (= syrBar) 50,2–3 (Übers. A. F. J. Klijn: Die syrische Baruch-Apokalypse, 155). 100 2 Bar 51,5 (Übers. ebd. 156). 101 Siehe 2 Bar 30,4–5; 44,12.15; 51,6. 102 Nach M. Henze: Jewish Apocalypticism in Late First Century Israel, 316 ist diese jetzt noch unsichtbare Welt mit dem Paradies identisch, das seit Adams Sündenfall verborgen ist (siehe 2 Bar 4,3–4).
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fangen, die nicht vergeht, so wie sie ihnen versprochen ward. […] Sie werden sehen jene Welt, die noch unsichtbar für sie ist; sie werden sehen eine Zeit, die ihnen noch verborgen ist. Und weiter wird die Zeit sie nicht mehr altern lassen. Denn in den Höhen jener Welt wird ihre Wohnung sein; sie werden Engeln gleichen und den Sternen ähnlich sein. Sie werden sich wandeln in jegliche Gestalt, die sie nur wünschen – von Schönheit bis zur Lieblichkeit, vom Licht zum Glanz der Herrlichkeit. Des Paradieses weite Räume werden für sie ausgebreitet; gezeigt wird ihnen die hoheitsvolle Schönheit der lebendigen Wesen werden, die unter meinem Throne sind, und aller Engel Heere[.] 103
Eine himmlische Existenz wird, allerdings ohne Erwähnung der Auferstehung, der Nation Israel in der rund hundert Jahre früher entstandenen Himmelfahrt Moses 104 prophezeit: »Und Gott wird dich [d. h. Israel] erhöhen, und er wird dir festen Sitz am Sternenhimmel verschaffen, am Ort ihrer Wohnung. Und du wirst von oben herabblicken und deine Feinde auf Erden sehen und sie erkennen und dich freuen«. 105
Paralipomena Jeremiae (Viertes Baruchbuch) Diese ebenfalls Baruch, dem Schreiber des Propheten Jeremia zugeschriebene Schrift 106 entstand bis auf ihre christlichen Zusätze vermutlich um das Jahr 130 unserer Zeitrechnung. 107 Darin wird erzählt, dass der im Buch Jeremia erwähnte Abimelech 108 mit einem Korb
103
2 Bar 51,1.3.8–11 (Übers. A. F. J. Klijn: Die syrische Baruch-Apokalypse, 155– 156). 104 Für eine Abfassung kurz nach der Zeitenwende siehe E. Brandenburger: Himmelfahrt Moses, 60; G. S. Oegema: Apokalypsen, 35. Der Text ist nur lateinisch überliefert. Er wurde wohl aus dem Griechischen übersetzt; eine hebräische Urform wird vermutet (siehe E. Brandenburger: Himmelfahrt Moses, 59; J. Priest: Testament of Moses, 920). 105 AssMos 10,9–10 (Übers. E. Brandenburger: Himmelfahrt Moses, 77). Unklar ist nach meinem Eindruck hingegen der Ort des nachtodlichen Lebens in den Biblischen Altertümern (Antiquitates Biblicae) 3,10, auch wenn dort vom Lebendigmachen der Toten und vom Aufrichten der Schlafenden aus der Erde gesprochen wird. Denn das Verhältnis der geweissagten neuen Erde zur alten wird nicht recht klar (siehe die Übers. in C. Dietzfelbinger: Pseudo-Philo: Antiquitates Biblicae, 107–108). 106 Siehe z. B. Jer 36,4–32. 107 Siehe J. Herzer: 4 Baruch, xxxiv. 108 Siehe z. B. Jer 38,7–13.
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Auferstehung und Reich Gottes im Judentum
voller Feigen unterwegs ist und in der Mittagshitze im Schatten eines Baumes einschläft. Er schläft sechsundsechzig Jahre lang. Als er aufwacht, sind die Feigen in seinem Korb immer noch so frisch, als wären sie gerade gepflückt worden. Als Baruch die Geschichte hört und die Feigen im Korb sieht, deutet er das Geschehen als Gleichnis der körperlichen Auferstehung: Bereite dich, mein Herz, und freue dich und juble in deinem Zelt – ich meine: deinem fleischlichen Haus –, denn dein Leid wurde in Freude verwandelt. […] Fasse neuen Mut, mein jungfräulicher Glaube, und glaube, daß du leben wirst! Blicke auf diesen Korb mit Feigen, denn siehe, sechsundsechzig Jahre sind vergangen, aber sie vertrockneten nicht, sie rochen auch nicht, sondern sie triefen von Saft. So wird (auch) dir geschehen, mein Fleisch, wenn du tust, was dir vom Engel der Gerechtigkeit geboten worden ist. Der den Korb mit Feigen bewahrte, wird auch dich bewahren durch seine Kraft. 109
Viertes Buch der Sibyllinischen Weissagungen Die Auferstehung lehrt schließlich auch das vierte Buch der Sibyllinischen Weissagungen, das nach allgemeiner Ansicht jüdischen Ursprungs ist und vermutlich gegen Ende des ersten Jahrhunderts entstand: 110 Aber wenn dann alles zu Staub und Asche geworden ist, wird Gott das unendliche Feuer zur Ruhe bringen, wie er es angezündet hat, Gott selber wird abermals die Gebeine und den Staub der Männer formen, er wird die Sterblichen wieder aufrichten, wie sie vordem waren. Und dann wird das Gericht sein, bei dem Gott selbst richten wird, indem er abermals die Welt richtet. Die aber, welche in Gottlosigkeit sündigten, die wird abermals ein Erdhügel bedecken und der modrige Tartarus und die gräßlichen Kammern der Hölle. Die aber fromm sind, werden wiederum auf der Erde leben, … wobei Gott Geist und zugleich Leben und Gnade schenkt den Frommen; alle werden dann einander sehen, das liebliche, herrliche Licht der Sonne schauend. O glückselig der Mann, der zu jener Zeit leben wird. 111
Das nachtodliche Leben der Frommen wird auf der Erde stattfinden. Es wird aber weder ausdrücklich gesagt, dass es ewig sein wird, noch 109 110 111
ParJer 6,3–7 (Übers. J. Herzer: Die Paralipomena Jeremiae, 112). Siehe J.-D. Gauger: Einführung, 451–454; H. Merkel: Sibyllinen, 1064. Sib IV,179–192 (Übers. H. Merkel: Sibyllinen, 1115).
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Auferstehung und Reich Gottes im Judentum
werden das Leben auf der Erde und die Seinsweise der Auferstandenen näher beschrieben.
Spätere Entwicklungen Im rabbinischen Judentum nach der Zerstörung des zweiten Tempels 112 im Jahr 70 wurden Auferstehung und ein nachtodliches Leben auf der Erde als zentrale Lehre des Judentums angesehen. 113 Eine bildliche Darstellung der Auferstehung findet sich auf Wandmalereien in der Synagoge von Dura Europos am Euphrat in Syrien. Sie bilden die physische Auferstehung der Toten nach dem 37. Kapitel des Buches Ezechiel ab. 114 Die Auferstehungshoffnung war so konkret, dass man sich darüber Gedanken machte, wie die exilierten Juden am rechten Ort, nämlich am Ölberg bei Jerusalem, auferstehen konnten. 115 Es wurde vermutet, dass ihre sterblichen Überreste durch unterirdische Tunnel dorthin rollen würden. 116 Der Glaube an eine irdisch-physi112
Der sogenannte zweite Tempel wurde nach dem babylonischen Exil in Jerusalem errichtet, nachdem der erste Jerusalemer Tempel 586 v. Chr. von Nebukadnezar II. zerstört worden war. 113 Siehe Mischna Sanhedrin 10,1 und J. Neusner: The Talmud, 109; D. Boyarin, S. Siegel: Resurrection, 241; A. J. Avery-Peck: Resurrection of the Body in Early Rabbinic Judaism, 265; ausführlicher M. Morgenstern: Die künftige Welt, die Auferstehung der Toten und die Hoffnung auf den Messias. Auch wenn im rabbinischen Judentum Körper und Seele unterschieden werden, ist ihr Verhältnis anscheinend nicht wie in der griechischen Philosophie zu denken, wonach die Seele die ganze Persönlichkeit enthält und der Körper bloß ihr Haus ist. Vielmehr machen für das rabbinische Judentum erst Körper und Seele zusammen die Person aus (siehe D. Boyarin, S. Siegel: Resurrection, 241–242 mit Bezug auf die rabbinische Parabel vom Körper als blindem Mann und der Seele als lahmem Mann im Babylon. Talmud, Sanh. 91a–b). 114 Es fällt auf, dass die Darstellung der Wandmalerei in der Synagoge von Dura Europos in einem Detail vom Ezechieltext abweicht. Dort liegen Knochen auf der Erde, während auf dem Fresko von Fleisch umgebene Körperteile zu sehen sind. Bernhard Lang vermutet, dass diese Abänderung bewusst erfolgte, um die Ähnlichkeit von Ez 37 mit der zoroastrischen Auferstehungslehre zu verbergen. Im Zoroastrismus wurden nur die trockenen Knochen der Toten für die Auferstehung aufbewahrt (siehe B. Lang: A Zoroastrian Prophecy of Resurrection, 84–89; siehe auch J. M. Silverman: Persepolis and Jerusalem, 130–133). 115 Die Vorstellung, dass der Ölberg der Ort der Auferstehung sein wird, stützt sich anscheinend auf Sach 14,4–5, obwohl dort nur von der Ankunft Jahwes auf dem Ölberg und der Spaltung dieses Bergs die Rede ist. 116 Siehe D. C. Allison: Resurrecting Jesus, 220 mit Fn. 85; D. C. Allison: Constructing Jesus, 51 mit Fn. 89; D. Vetter: Leben nach dem Tod im Judentum, 96.
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Auferstehung und Reich Gottes im Judentum
sche Auferstehung wird von vielen Juden bis heute geteilt, in den letzten Jahrzehnten anscheinend wieder zunehmend. 117 An dem Verständnis von Auferstehung als Wiederbelebung des physischen Körpers hat sich dabei nichts geändert. Noch heute definiert die Encyclopaedia Judaica Auferstehung dahingehend, dass »die Toten in ihrem Körper wiederbelebt und wieder auf der Erde leben werden«. 118 Neben den Auferstehungsglauben traten – durch die Berührung mit der griechischen Kultur – das Konzept einer unsterblichen Seele und der Glaube an eine nachtodliche Existenz ohne physischen Körper im Jenseits. 119 Nach dem Jubiläenbuch, dessen Entstehung auf die Mitte des zweiten vorchristlichen Jahrhunderts geschätzt wird, 120 werden die Gebeine der Gerechten in der Erde ruhen, während ihr Geist bis in Ewigkeit in Freude jubeln wird. 121 Die möglicherweise um die Zeitenwende entstandene Weisheit Salomos 122 verspricht: »Die Seelen der Gerechten aber sind in Gottes Hand und keine Folter wird sie antasten. Sie schienen – in den Augen der Toren – tot zu sein, und ihr Weggang wurde für eine Misshandlung gehalten und ihr Hingang von uns weg für eine Vernichtung. Sie aber sind im Frieden.« 123 Der Glaube an eine unsterbliche Seele wurde im Laufe der Zeit zu einem »Eckstein« des jüdischen Glaubens. 124 Ferner wird seit dem Mittelalter zudem eine Reinkarnation der Seele gelehrt. 125
Fazit Die Lehre einer Auferstehung und eines ewigen nachtodlichen Lebens auf der Erde entwickelte sich im Judentum vermutlich ab dem dritten vorchristlichen Jahrhundert, wobei diese Vorstellung an die 117
Siehe N. Gillman: Death and Afterlife, 607–609. M. Greenberg: Resurrection, 240. 119 Siehe N. Gillman: Death and Afterlife, 597–598; A. F. Segal: Life after Death, 367– 368; S. Pines: Soul, Immortality of. 120 Siehe K. Berger: Das Buch der Jubiläen, 300. 121 Siehe Jub 23,30–31; anderer Ansicht ebd. 446 Fn. 30e. 122 Siehe dazu M. Witte: Die Weisheit Solomos, 547. 123 Weish 3,1–3 LXX. Siehe auch TestAbr 20. 124 Y. M. Grintz: Soul, Immortality of, 35; siehe zur mittelalterlichen Diskussion um die Unsterblichkeit der Seele und ihre Abtrennbarkeit vom Körper S. Pines: Soul, Immortality of. 125 Siehe N. Gillman: Death and Afterlife, 603–604; G. Scholem: Soul, Immortality of. 118
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Auferstehung und Reich Gottes im Judentum
Restauration Israels geknüpft wurde. Im Buch Daniel wird das Leuchten der Auferstandenen betont. Diese wichtige Parallele zur Beschreibung von Verstorbenen in Berichten über Jenseitserfahrungen kommt auch im Buch der Bilder des ersten Henochbuches vor. Darin werden nähere Einzelheiten des nachtodlichen Lebens auf der Erde erwähnt: Der Herr der Geister wird die Erde zu einer paradiesischen Stätte machen. Die Auserwählten werden mit dem vom Himmel herabgestiegenen Menschensohn in Ewigkeit zusammenleben im Rhythmus von Mahl und Ruhe. In späteren Schriften werden diese Vorstellungen anscheinend nicht weiter ausgeführt. Im zweiten Baruchbuch wird das Leben der verwandelten Auferstandenen in himmlische Regionen verlegt. Im Jubiläenbuch findet sich bereits in vorchristlicher Zeit der hellenistische Gedanke eines Nachlebens der Seele ohne Wiedererweckung des physischen Körpers.
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Auferstehung und Reich Gottes bei Jesus von Nazareth
Der bei weitem einflussreichste, historisch greifbare Vertreter der Lehre einer irdischen Auferstehung und eines ewigen nachtodlichen Lebens auf der Erde 1 war vermutlich der charismatische jüdische Prediger und Wundertäter Jesus von Nazareth. 2 Deshalb werde ich ihn 1
Möglicherweise übte Zarathustra indirekt über das Einsickern seiner Ideen in das Judentum, das Christentum und den Islam einen noch größeren Einfluss auf die Religionsgeschichte aus. Nach Mary Boyce war Zarathustra der Erste, der ein individuelles nachtodliches Gericht, Himmel und Hölle, die Auferstehung des Körpers, ein allgemeines Jüngstes Gericht und ein ewiges Leben von Seele und Körper nach der Wiedervereinigung gelehrt hat. Diese Gedanken seien dann Glaubensartikel eines großen Teils der Menschheit geworden (siehe M. Boyce: Zoroastrians, 1, 29). Die Quellenlage zu Zarathustras Existenz und Lehre ist jedoch äußerst dürftig. 2 Ich vermeide im Folgenden bewusst die oft im Zusammenhang mit Jesus verwendeten Begriffe ›apokalyptisch‹ und ›millenaristisch‹, da sie einerseits manchmal Implikationen enthalten, die möglicherweise auf den Glauben Jesu nicht zutreffen, wie etwa die Vorstellung eines Weltendes, einer Periodisierung der Geschichte oder eines tausendjährigen Reiches, und andererseits ein in meinen Augen für Jesus wesentliches Element wie das ewige nachtodliche Leben auf Erden nicht notwendig einschließen. Siehe etwa Hellholms Definition von Apokalyptik (von gr. αποκάλυψις: Enthüllung, Offenbarung) als eine auf Offenbarungen beruhende Lehre der Endzeit und des Weltuntergangs, bei denen folgende Elemente typisch seien: »1. die Periodisierung der Gesch. in vier oder sieben Weltalter und deren Niedergang (zyklisch oder linear); 2. die eschatologische Endzeit mit Weltuntergang und -erneuerung durch einen endzeitlichen Retter u. mit Auferstehung der Toten; 3. den kriegerischen Endkampf zw. dem Guten und dem Bösen auf der kosmischen sowie der irdischen Ebene; 4. naturhafte Geschehnisse mit kosmischen Störungen wie Weltenbrand, Überflutung, Erdbeben; 5. soziale Unordnung in der Herrscherschicht in Gesellschaft, Familie und Rel. gemeinschaft« (D. Hellholm: Apokalyptik, 590). Der Ausdruck ›Millenarismus‹ bezeichnet wie sein vom Griechischen abgeleitetes Pendant ›Chiliasmus‹ eigentlich die »Vorstellung einer 1000 Jahre umfassenden Zeitspanne unmittelbar vor dem letzten Gericht und dem Ende der Welt« (D. Pezzoli-Olgiati: Chiliasmus, 136), wird aber ganz ähnlich wie ›Apokalyptik‹ gebraucht. Siehe weiter die umfassende interkulturelle Darstellung der Merkmale des Millenarismus in D. C. Allison: Jesus of Nazareth, 78–94, und die Definition von ›Millennialismus‹ in D. S. Duling: Millennialism, 183, als soziale Bewegung mit der Überzeugung, dass die elende gegenwärtige Welt bald
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Auferstehung und Reich Gottes bei Jesus von Nazareth
ausführlich behandeln, zumal sich bei ihm, wie ich glaube, die tragischen Konsequenzen dieser Lehre paradigmatisch gezeigt haben.
Methodische Fragen Bei der Klärung der Frage, ob Jesus tatsächlich eine physische Auferstehung und ein nachtodliches irdisches Leben lehrte, kommt zur ideengeschichtlichen Untersuchung der überlieferten Lehre Jesu die realgeschichtliche Suche nach dem historischen Jesus hinzu. Das ist ein methodisch kontroverses und anspruchsvolles Unterfangen. Um den Gedankengang nicht zu unterbrechen, habe ich ausführlichere methodische Überlegungen in einen Anhang verlegt. 3 Hier nur einige Hinweise. Ich schließe mich weitgehend der Methodologie von Dale Allison an. 4 Er hält es im Hinblick auf die Funktionsweise des menschlichen Langzeitgedächtnisses, das eher allgemeine Eindrücke als genaue Einzelheiten aufbewahrt, für sehr unwahrscheinlich, dass Aussagen und Taten Jesu in den langen Jahren vor ihrer schriftlichen Fixierung exakt im Gedächtnis bleiben konnten. 5 Deshalb sei es nahezu unmöglich, mit Hilfe sogenannter Authentizitätskriterien 6 einzelne Worte und Taten Jesu als historisch zu erweisen. Da das Langzeitgedächtnis aber recht zuverlässig allgemeine Eindrücke wiedergebe, könne man aus immer wiederkehrenden Elementen der Überlieferung schließen, dass Jesus Derartiges gesagt und getan haenden und durch eine neue, vollkommene, herrliche und sorgenfreie Welt ersetzt werden wird. 3 Siehe S. 201–214. 4 Nicht nur in methodischer, auch in inhaltlicher Hinsicht werde ich mich bei dem Versuch der Rekonstruktion der Eschatologie Jesu besonders auf Dale Allisons Arbeiten beziehen. Grundsätzlich ist es ein Problem einer interdisziplinären Studie wie dieser, dass der Autor nicht die ganze Forschungsliteratur der verschiedenen Fachgebiete berücksichtigen kann, insbesondere, wenn es sich um die geradezu uferlose Literatur und Meinungsvielfalt zu Jesus von Nazareth handelt. Deshalb muss er eine Auswahl treffen. Dale Allison ist nach meinem Eindruck nicht nur die führende Kapazität auf dem Gebiet der Eschatologie Jesu, er arbeitet zudem methodisch sehr reflektiert, verarbeitet Unmengen an Quellenmaterial und Literatur und diskutiert mit großer Unvoreingenommenheit sehr zahlreiche Ansichten zur jeweiligen Fragestellung. Beispielhaft werden diese Vorzüge an seinem Buch Constructing Jesus: Memory, Imagination, and History deutlich. 5 Siehe D. C. Allison: Constructing Jesus, 1–20. 6 Siehe dazu D. C. Allison: How to Marginalize the Traditional Criteria of Authenticity.
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Physische Auferstehung
be. 7 Auch aus Überlieferungen von Geschehnissen, die sich höchstwahrscheinlich nicht oder nicht wie berichtet ereignet haben, könne man historische Einsichten gewinnen. 8 Zur Ermittlung der Überzeugungen Jesu hinsichtlich Auferstehung und Reich Gottes werde ich mich vor allem auf die – mit einiger Wahrscheinlichkeit – bereits im ersten Jahrhundert nach Christus schriftlich überlieferten Jesusworte stützen. Dies sind vor allem die Jesusworte in den kanonischen Evangelien. Allerdings ist beim Lukas- und Johannesevangelium eine Datierung ins erste Jahrhundert unsicher. 9 Das apokryphe Thomasevangelium scheint deutlich später entstanden zu sein. 10 Die anderen Schriften des Neuen Testaments enthalten nur wenige Jesusworte. 11 Für meine Argumentation ziehe ich auch Berichte über Wundertaten Jesu heran. Sie finden sich fast ausschließlich in den kanonischen Evangelien, wenn man von den elf Wundern im Kindheitsevangelium des Thomas vom Ende des zweiten Jahrhunderts absieht. 12
Physische Auferstehung Sprachliche Indizien für eine physische Auferstehung Da keine theoretischen Abhandlungen von Jesus von Nazareth überliefert sind, muss man seine Weltsicht erschließen. Dabei spielen sprachliche Indizien eine wichtige Rolle. Die Grundidee der physischen Auferstehung ist, dass derselbe Körper aufersteht, der starb 7
Siehe ebd. 26. Siehe zum Beispiel D. C. Allison: It Don’t Come Easy, 191 zu vermutlichen Wahrheiten über Jesus in den Versuchungsgeschichten Mt 4,1–11 und Lk 4,1–13. 9 Martin Meiser sieht für das Lukasevangelium ein Zeitfenster von 90–120 n. Chr. (siehe M. Meiser: Der theologiegeschichtliche Standort des lukanischen Doppelwerks, 101–111 und die dort erwähnte Literatur); Mathias Rein verlegt das Johannesevangelium in den Zeitraum zwischen 90 und 110 n. Chr. (siehe M. Rein: Das Johannesevangelium, 155). Das Markusevangelium wird hingegen ganz überwiegend um 70 n. Chr. angesetzt (siehe J. Schröter: The Gospel of Mark, 277–278), das Matthäusevangelium 80–90 n. Chr. (siehe D. C. Duling: The Gospel of Matthew, 298). 10 Siehe die Diskussion in S. Gathercole: The Gospel of Thomas, 112–127. Gathercole selbst datiert das Thomasevangelium zwischen 135 und 200 n. Chr. (siehe ebd. 124); für eine Datierung in die zweite Hälfte des 2. Jh. n. Chr. argumentieren C. A. Evans: Jesus and the Extracanonical Works, 635–647; E. E. Popkes: Das Menschenbild des Thomasevangeliums, 356–362. 11 Siehe z. B. 1 Kor 7,10; 9,14; 11,24–25; Apg 1,7–8; 11,16; 20,35. 12 Siehe EvInfThom 2; 9–18. 8
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Auferstehung und Reich Gottes bei Jesus von Nazareth
und begraben wurde. Es besteht also eine Identität und Kontinuität des physischen Körpers. Diese Identität und Kontinuität zeigt sich in den Evangelien wie in den anderen neutestamentlichen Schriften an den beiden Verben, mit denen der Vorgang des Lebendigmachens der Toten bezeichnet wird. 13 ἐγείρω Das überwiegend verwendete Verb ist ἐγείρω. Es bedeutet grundsätzlich ›wecken, aufstehen machen, sich aufrichten, aufstehen‹. 14 In den Jesus zugeschriebenen Worten findet sich ein alle möglichen Formen des Aufweckens, Aufstehens, Aufrichtens und Sicherhebens umfassender Gebrauch von ἐγείρω. Jesus bezeichnet mit diesem Wort die allgemeine Auferstehung der Toten 15 und seine eigene Auferstehung beziehungsweise diejenige des Menschensohnes 16 genauso wie heilerische Wiederbelebungen. 17 Er befiehlt mit diesem Wort auch anscheinend toten Menschen aufzustehen, das heißt ins Leben zurückzukehren, 18 ebenso (anderen) Kranken, sich zu erheben und gesund zu werden. 19 Jesus verwendet ἐγείρω ferner für das Aufstehen und Aufbrechen aus dem Sitzen, 20 vom Mahl, 21 vom Liegen am Boden, 22 vom Schlaf, 23 in Gleichnissen für das nächtliche Aufstehen der Jungfrauen bei der Ankunft des Bräutigams, 24 für das Aufstehen eines Hausherrn, der seine Tür abschließen will, 25 für das Aufstehen aus dem Bett, 26 für das Hochheben eines Schafes, das in eine Grube ge13
Eine Ausnahme könnte die Auferstehungslehre des Paulus nach dem Samenkornprinzip darstellen, wie er sie in 1 Kor 15 entwickelt, siehe dazu S. 128–130. 14 Siehe Thayer’s Greek Lexicon (http://biblehub.com/greek/1453.htm, besucht 29. April 2017). 15 Siehe Mt 12,42; Mk 12,26; Lk 11,31; 20,37; Joh 5,21. 16 Siehe Mt 16,21; 17,9.23; 20,19; 26,32; 27,63; Mk 14,28; Lk 9,22; Joh 2,19. 17 Siehe Mt 10,8; 11,5; Lk 7,22. 18 Siehe Mk 5,41; Lk 7,14; 8,54. 19 Siehe Mt 9,5–6; Mk 2,9.11; Lk 5,23–24; Joh 5,8. 20 Siehe Mt 26,46; Mk 3,3. 21 Siehe Mk 14,42; Joh 14,31. 22 Siehe Mt 17,7. 23 Siehe Mk 4,27. 24 Siehe Mt 25,7. 25 Siehe Lk 13,25. 26 Siehe Lk 11,8.
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Physische Auferstehung
fallen ist, 27 sowie im metaphorischen Sinn für das sich vor Gericht oder im Krieg gegen jemanden Erheben 28 und für das Auftreten von Propheten. 29 Besonders signifikant ist die Tatsache, dass Jesus das Lebendigwerden von anscheinend toten Personen aufgrund einer heilerischen Handlung ebenso mit ἐγείρω bezeichnet wie seine eigene Auferstehung von den Toten oder die allgemeine Auferstehung der Toten. Denn in den Fällen der heilerischen Totenerweckung ist es unbestreitbar, dass genau derselbe physische Körper, der (anscheinend) gestorben war, wieder lebendig wird und aufsteht. Wenn man von den metaphorischen Bedeutungen von ἐγείρω absieht, bezeichnet dieses Verb immer Aktionen oder Veränderungen eines bestimmten Körpers, dessen Kontinuität in diesem Prozess außer Frage steht. Ganz entsprechend ist der Gebrauch von ἐγείρω außerhalb der Jesusworte in den neutestamentlichen Schriften. 30 Auch hier werden heilerische Totenerweckungen mit ἐγείρω bezeichnet. 31
27
Siehe Mt 12,11. Siehe Mt 24,7; Mk 13,8; Lk 21,10. 29 Siehe Mt 24,11.24; Mk 13,22. 30 ἐγείρω bezeichnet außerhalb der Jesusworte das Lebendigmachen oder -werden von verstorbenen Personen; neben der Auferstehung Jesu (Mt 27,63–64; 28,6–7; Mk 16,6; Lk 24,6.34; Joh 2,22; 21,14; Apg 3,15; 4,10; 5,30; 10,40; 13,30.37) die Auferstehung Johannes des Täufers (als Jesus) (Mt 14,2; Mk 6,14.16; Lk 9,7), in welchem Fall Auferweckung allerdings nicht die Wiederbelebung desselben Körpers bedeuten würde; die Auferweckung der Körper vieler in (Todes-)Schlaf gefallener Heiliger bei Jesu Tod (Mt 27,52); die Auferweckung Toter durch Gott (Apg 26,8); das heilerische Auferwecken eines toten Menschen (Mt 9,25; Joh 12,9.17); das Aufstehen einer geheilten Person (Mt 8,15; 9,7; Mk 2,12; Apg 3,6); das Aufrichten einer kranken Person (Mk 1,31; 9,27; Apg 3,7); das Aufrichten einer gesunden Person (Apg 10,26); das Aufwecken aus dem Schlaf (Mt 1,24; 8,25; Mk 4,38; Apg 12,7); das Aufstehen vom Schlaf, von der Ruhe, aus dem Sitzen oder vom Boden (Mt 2,13–14.20–21; 8,26; 9,19; 25,7; Mk 10,49, Joh 13,4; Apg 9,8); das Sichaufmachen (Joh 11,29, Offb 11,1). In den primär lehrhaften Briefen des Neuen Testaments kommt ἐγείρω selten in anderer Bedeutung als das Lebendigwerden oder -machen von Verstorbenen vor (siehe Röm 13,11; Eph 5,14: ›[geistig] aufwachen‹ ; Phil 1,17: ›erwecken, verursachen‹). An einer Stelle bezieht Paulus ἐγείρω im Sinn des Lebendigmachens Verstorbener ausdrücklich auf Körper (1 Kor 15,44). 31 Siehe Mt 9,25; Joh 12,1.9.17. 28
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Auferstehung und Reich Gottes bei Jesus von Nazareth
ἀνίστημι Das andere Verb, das im Neuen Testament den Vorgang des Lebendigmachens von Toten bezeichnet, ist ἀνίστημι. Es bedeutet ›aufstehen, sich erheben, aufbrechen‹ und im transitiven Gebrauch ›aufrichten, jemanden aufstehen machen‹. 32 In den überlieferten Jesusworten findet sich ein ἐγείρω sehr ähnlicher Gebrauch von ἀνίστημι. Jesus bezeichnet damit nicht nur sein eigenes beziehungsweise des Menschensohnes Auferstehen vom Tod, 33 das Auferstehen anderer vom Tod 34 und die allgemeine Totenauferstehung, 35 sondern ebenfalls das heilerisch bewirkte Wiederlebendigwerden anscheinend toter Personen, 36 das Aufstehen kranker Personen, 37 das Aufstehen vom Schlaf 38 oder aus dem Bett, 39 das sich Aufmachen, 40 das aus einer Menschenmenge Vortreten, 41 das Erzeugen von Nachkommen 42 sowie im übertragenen Sinn das sich Erheben gegen jemanden zum Kampf. 43 Wenn man von dem metaphorischen Gebrauch des Wortes absieht, impliziert ἀνίστημι wie ἐγείρω die Kontinuität des Körpers, der aufsteht, sich aufmacht oder aufgerichtet wird. 44 Besonders bedeutsam für die Beurteilung der Auferstehungsvorstellung Jesu ist die Verwendung von ἀνίστημι für das Aufstehen von anscheinend Toten nach Heilungen. 45 Außerhalb der Jesusworte wird ἀνίστημι in den neutestamentlichen Quellen ganz ähnlich verwendet, unter anderem für das Aufstehen von heilerisch Wiederbelebten 46 beziehungsweise für das Aufrichten (transitiv) einer anscheinend toten
32
Siehe Thayer’s Greek Lexicon (http://biblehub.com/greek/450.htm, besucht 29. April 2017). 33 Siehe Mk 8,31; 9,9.31; 10,34; Lk 18,33; 24,46. 34 Siehe Lk 16,31. 35 Siehe Mt 12,41–42; Mk 12,25; Lk 11,31–32; Joh 6,39–40.44.54. 36 Siehe Joh 11,23. 37 Siehe Lk 17,19. 38 Siehe Lk 22,46. 39 Siehe Lk 11,7–8. 40 Siehe Lk 15,18.20; Joh 11,31. 41 Siehe Lk 6,8. 42 Siehe Mt 22,24. 43 Siehe Mk 3,26. 44 Beim Erwecken von Nachkommen aus Steinen ist eine physische Kontinuität gewahrt, aber nicht die Kontinuität eines bestimmten Körpers. 45 Siehe Mk 5,42; Lk 8,55. 46 Siehe Mk 5,42; Lk 8,55; Apg 9,40.
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Physische Auferstehung
Person, 47 für die Auferstehung Jesu, 48 für die Auferstehung früherer Propheten, 49 für die allgemeine Totenauferstehung, 50 für das Aufstehen einer von einer Krankheit geheilten Person, 51 für das Aufstehen aus dem Sitzen oder Liegen, vom Schlaf oder für das Aufbrechen 52 sowie für das sich bei Gericht oder zu einer Disputation gegen jemanden erheben. 53
Aufwecken vs. Auferwecken, Aufstehen vs. Auferstehen Dieser die Jesusworte durchweg prägende sprachliche Tatbestand ist in meinen Augen einer der stärksten Belege für die Lehre einer physischen Auferstehung durch Jesus. In deutschen Bibelübersetzungen fällt dieser Befund allerdings nicht auf, weil dort durch das Einschieben der Silbe ›er‹ in die Verben ›aufwecken‹ und ›aufstehen‹ der Eindruck erweckt wird, der Originaltext würde für das Aufwecken oder Aufstehen vom Tod ein anderes Wort verwenden als für die alltäglichen Formen des Aufweckens oder Aufstehens. Jesus wird nach den gängigen Übersetzungen von seinen Jüngern während des Seesturms aufgeweckt, 54 aber von Gott von den Toten auferweckt. Der Gelähmte ist nach der Heilung durch Jesus aufgestanden, 55 während Jesus von den Toten auferstanden ist. Dadurch wird ein mehr oder weniger grundlegender Unterschied in der Sache suggeriert, der vom Originaltext des Neuen Testaments nicht gedeckt ist. Die Unterscheidung zwischen ›aufwecken‹ und ›auferwecken‹ beziehungsweise ›aufstehen‹ und ›auferstehen‹ hat sich im deutschen Sprachgebrauch allgemein durchgesetzt. 56 Die weiteren Indizien, die ich im Folgenden anführen werde, sind überwiegend punktueller als dieser sprachliche Befund, ergeben aber 47
Siehe Mk 9,27; Apg 9,41. Siehe Mk 16,9; Joh 20,9. 49 Siehe Lk 9,8.19. 50 Siehe Mt 12,41; Mk 12,23; Lk 11,32; Joh 11,24. 51 Siehe Lk 4,39; 5,25. 52 Siehe Mt 9,9; 26,62; Mk 1,35; 2,14; 7,42; 10,1; Lk 1,39; 4,16.29.38; 5,25.28; 22,45; 23,1; 24,12.33. 53 Siehe Mk 14,57.60; Lk 10,25. 54 Siehe Mt 8,25; Mk 4,38; Lk 8,24. 55 Siehe Mt 9,7; Mk 2,12; Lk 5,25. 56 Siehe auch die Einträge zu ›aufwecken‹, ›auferwecken‹, ›aufstehen‹ und ›auferstehen‹ in Duden – das große Wörterbuch der deutschen Sprache. 48
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Auferstehung und Reich Gottes bei Jesus von Nazareth
in ihrer Gesamtheit ebenfalls eine beachtliche Evidenz für meine These, dass Jesus eine physische Auferstehung und ein irdisches Fortleben vertrat.
Physische Auferstehung impliziert physisches Fortleben Ersteht der physische Körper vom Tod, so ist, wenn keine grundlegende Transformation des auferstandenen Körpers stattfindet, die Existenz nach dem Tode ebenfalls physisch. Von einer derartigen nachtodlichen Verwandlung des menschlichen Körpers ist in den Worten Jesu jedoch nicht die Rede. Dass Totenauferweckung bei Jesus nicht per se Verwandlung bedeutet, zeigen seine heilerischen Totenerweckungen. Er verwendet für sie die gleichen Verben wie für die endzeitliche Totenerweckung. 57 Eine Verwandlung der heilerisch Erweckten findet jedoch offensichtlich nicht statt.
Physische Fortbewegung nach der Auferstehung Es gibt in den Jesusworten einen Hinweis darauf, dass man sich nach der Erweckung vom Tod fortbewegt wie mit einem normalen physischen Körper. Nach dem Markusevangelium sagt Jesus voraus: »Nach meiner Auferweckung werde ich an eurer Spitze nach Galiläa gehen.« 58 Albert Schweitzer wies darauf hin, dass Markus hier dasselbe Wort (προάγω) benutzt wie beim Zug der Schar Jesu vor seinem Tod nach Jerusalem: »Sie gingen die Straße nach Jerusalem hinauf, und Jesus ging an ihrer Spitze«. 59 Die Parallele der beiden Stellen ist offensichtlich, und es ist klar, dass προάγω in derartigen Zusammenhängen normalerweise einen Modus der kontinuierlichen physischen Fortbewegung bezeichnet 60 und nicht etwa ein Beamen an einen anderen Ort.
57
Siehe S. 72–74. Mk 14,28 (Übers. H. S.). 59 Mk 10,32 (Übers. H. S.); siehe A. Schweitzer: Geschichte der Leben-Jesu-Forschung, 440–441 Fn. 26; A. Schweitzer: Reich Gottes und Christentum, 151 Fn. 2. 60 Siehe auch Mt 2,9; 21,9; Mk 6,45; 11,9; Lk 18,39. 58
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Physische Auferstehung
Essen, Trinken und Sattsein im Reich Gottes Der physische Charakter des von Jesus verheißenen postmortalen Lebens wird durch seine Worte zum Essen und Trinken im Reich Gottes 61 bekräftigt: »Selig ist jeder, der Brot im Reich Gottes essen wird«. 62 In einer anderen Weissagung kommt das Trinken hinzu. Jesus verheißt seinen Jüngern: »[I]hr [sollt] an meinem Tisch in meinem Reich essen und trinken«. 63 Dass dieses endzeitliche Mahl im Reich Gottes nach der Auferstehung stattfinden wird, geht eindeutig aus der Beteiligung verstorbener Patriarchen und Propheten an diesem Mahl hervor. Jesus prophezeit nämlich im Lukasevangelium seinen Hörern: »Da wird das Heulen und das Zähneknirschen sein, wenn ihr Abraham, Isaak und Jakob und alle Propheten im Reich Gottes seht, euch selbst aber hinausgestoßen! Und sie werden kommen von Osten und von Westen, von Norden und von Süden, und zu Tisch sitzen im Reich Gottes.« 64 Alle drei synoptischen Evangelien 65 enthalten die Prophezeiung Jesu, dass er nach seiner Auferstehung im Reich Gottes Wein trinken werde. Im Markusevangelium heißt es: »Ich werde nicht mehr von der Frucht des Weinstocks trinken bis zu jenem Tag, an dem ich von Neuem davon trinken werde im Reich Gottes.« 66 In den Seligpreisungen der sogenannten Feldpredigt wird ebenfalls ausdrücklich auf das Reich Gottes Bezug genommen. 67 Jesus 61
Siehe dazu S. 79–80, 94–97. Lk 14,15 (Übers. H. S.). 63 Lk 22,30. 64 Lk 13,28–29. Vgl. ähnlich Mt 8,11: »Ich sage euch aber: Viele werden kommen vom Osten und vom Westen und werden im Reich der Himmel mit Abraham, Isaak und Jakob zu Tisch sitzen«. 65 Als synoptische Evangelien werden das Matthäusevangelium, das Markusevangelium und das Lukasevangelium bezeichnet. 66 Mk 14,25 (Einheitsübersetzung 2017, bearbeitet von H. S.); fast wortgleich Mt 26,29; sehr ähnlich Lk 22,18. 67 Siehe Lk 6,20. Zum grundsätzlich eschatologischen Charakter der Seligpreisungen Jesu siehe W. D. Davies, D. C. Allison: A Critical and Exegetical Commentary on the Gospel According to Saint Matthew I, 439–440; M. Frenschkowski: Seligpreisungen; zu den Seligpreisungen der Feldpredigt siehe auch D. C. Allison: Constructing Jesus, 123–124. Die Zusage des Reiches Gottes in Lk 6,20 impliziert keineswegs, dass das Reich Gottes schon da ist. Dafür spricht auch, dass Jesus nach der vierten und letzten Seligpreisung sagt: »Freut euch an jenem Tag und hüpft« (Lk 6,23). Die Wendung ›jener Tag‹ (ἡ ἡμέρα ἐκείνη) bedeutet, wenn sie wie hier absolut, d. h. ohne Bezugswort, verwendet wird, den endzeitlichen Tag der Ankunft des Menschensohnes und des Gerichts (siehe z. B. Mt 7,22; 24,36; Lk 10,12; 17,31; 21,34). Im Alten Testament 62
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Auferstehung und Reich Gottes bei Jesus von Nazareth
verheißt den Hungernden, dass sie dort satt sein werden, während die, die jetzt satt sind, dann hungern würden, 68 vermutlich, weil sie nicht in das Reich Gottes eingelassen werden. Sattsein und Hungern sind Befindlichkeiten, die nach normalem Verständnis an physische Körperfunktionen geknüpft sind.
Miteinander von Auferstandenen und noch nicht Gestorbenen im Reich Gottes Aus den überlieferten Jesusworten lässt sich erschließen, dass auch noch nicht Verstorbene zum Gericht versammelt werden und in das Reich Gottes beziehungsweise in das ewige Feuer eingehen können. 69 Dass die Betroffenen zuvor sterben müssen, um zum Gericht und zu diesen Orten des ewigen Lebens zu gelangen, wird weder hier noch in anderen eschatologischen Äußerungen Jesu gesagt. Eine grundlegende Verwandlung vor dem Eingang ins ewige Leben lehrt er nicht. Daher spricht der Eingang der Lebenden ins Reich Gottes sowohl für eine physische Existenz darin als auch für eine irdische Lokalisierung desselben.
Verstümmelt in das Reich Gottes eingehen Eine physische Fortexistenz im Reich Gottes lässt sich auch aus einem sehr radikalen Ratschlag Jesu im Markusevangelium entnehmen: Und wenn deine Hand für dich ein Anstoß [zur Sünde] wird, so haue sie ab! Es ist besser für dich, daß du als Krüppel in das Leben eingehst, als daß du beide Hände hast und in die Hölle fährst, in das unauslöschliche Feuer. Und wenn dein Fuß für dich ein Anstoß [zur Sünde] wird, so haue ihn ab! Es ist besser für dich, daß du lahm in das Leben eingehst, als daß du beide Füße hast und in die Hölle geworfen wirst, in das unauslöschliche Feuer. Und wenn dein Auge für dich ein Anstoß [zur Sünde] wird, so reiß es aus! Es ist besser für dich, daß du einäugig in das Reich Gottes eingehst, als daß du
steht ›jener Tag‹ ganz ähnlich für den ›Tag Jahwes‹, an dem dieser kommen und Gericht an seinen Feinden halten wird (siehe z. B. Jes 2,11.17.20; Hos 2,18; Amos 8,3.9). 68 Siehe Lk 6,21.25. 69 Siehe z. B. Mt 13,41–43; 16,27–28; 24,29–31.34.37–41; 25,31–46; Mk 13,26–27.
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Irdisches Reich Gottes
zwei Augen hast und in das höllische Feuer geworfen wirst, wo ihr Wurm nicht stirbt und das Feuer nicht erlischt. 70
Jesus setzt hier voraus, dass man mit seinem jetzigen physischen Körper das Reich Gottes betreten kann. Ob er dabei zum Zeitpunkt des Gerichts noch lebende oder aber verstorbene und in ihrem physischen Körper wieder auferweckte Personen im Auge hat, lässt der Text offen. 71 Der Eintritt mit dem physischen Köper ins Reich Gottes deutet wiederum auf eine physische Natur des nachtodlichen Lebens hin, da von einer Verwandlung nicht gesprochen wird.
Irdisches Reich Gottes Das Reich Gottes und seine Synonyme Es war bereits häufig vom Reich Gottes die Rede. Das ist der meistverwendete Terminus für das von Jesus verkündete Reich, in dem die Gerechten ewig leben werden. 72 Das Matthäusevangelium sagt in der Regel statt ›Reich Gottes‹ ›Reich der Himmel‹. 73 ›Himmel‹ drückt hier den Ursprung des Reiches, nicht seinen Ort aus. Es ist ein Reich, das vom Himmel kommt. Seine himmlische Verfassung und Regierung werden vermutlich dem irdischen Ursprung des römischen Welt-
70
Mk 9,43–48. D. C. Allison: The Eschatology of Jesus, 284 deutet diese Stelle als Beleg für eine physische Auferstehung. Sie impliziere, dass der Körper exakt so auferstehe, wie er begraben wurde. Er verweist dazu auf 2 Bar 50,2: »Denn sicher gibt die Erde ihre Toten dann zurück, die sie jetzt empfängt, um sie aufzubewahren; dabei wird sich an ihrem Aussehen nichts verändern. Denn wie sie sie empfangen hat, so wird sie sie auch wiedergeben, und wie ich sie ihr übergab, so wird sie sie auch auferstehen lassen« (Übers. A. F. J. Klijn: Die syrische Baruchapokalypse, 155). Da Jesus hier aber nicht von Tod und Auferstehung spricht (wie D. C. Allison: Jesus of Nazareth, 140 bemerkt), halte ich es für möglich, dass er zumindest zeitweise das Kommen des Reiches so bald erwartete, dass die Mehrzahl der Hörer zu Lebzeiten davon betroffen gewesen wäre. Siehe zur Naherwartung Jesu S. 181–184. 72 Siehe z. B. Mt 19,24; 21,31.43; Mk 1,14–15; 9,1.47; 10,14–15.23–25; 12,34; 14,25; 15,43; Lk 4,43; 6,20; 7,28; 8,10; 9,2.11.27.60.62; 10,9.11; 13,28–29; 14,15; 17,20; 18,16–17.24–25; 19,11; 21,31; 22,16.18; 23,51. 73 Siehe Mt 3,2; 4,17; 5,3.10.19–20; 7,21; 8,11; 10,7; 11,11–12; 13,11.24.31.33.44– 45.47.52; 16,19; 18,1.3–4.23; 19,12.14.23; 20,1; 22,2; 23,13; 25,1. Siehe zum Ausdruck ›Reich der Himmel‹ D. C. Allison: Constructing Jesus, 181–183 und umfassend J. T. Pennington: Heaven and Earth in the Gospel of Matthew. 71
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Auferstehung und Reich Gottes bei Jesus von Nazareth
reiches entgegengesetzt. 74 Jesus nennt dieses Reich außerdem ›meines Vaters Reich‹, 75 ›mein Reich‹, 76 ›sein [d. h. Gottes] Reich‹, 77 ›das Reich ihres [d. h. der auferstandenen Gerechten] Vaters‹ 78 oder nur ›Reich‹. 79
Physisches Nachleben deutet auf eine irdische Lokalisierung des Reiches Gottes hin Wenn die Verstorbenen physisch auferstehen und physisch weiterleben, dann ist dies allein schon ein starkes Indiz dafür, dass das Reich Gottes, in das die Gerechten eingehen werden, auf der Erde lokalisiert sein wird.
Gericht auf der Erde Ein weiteres Indiz für ein irdisches Fortleben ist der Ort des endzeitlichen Gerichts, das der Jesus der Synoptiker verkündete. Es wird nämlich auf der Erde stattfinden. Der Richter ist, soweit er genannt wird, der Menschensohn. Er wird vom Himmel 80 zum Gericht auf die Erde kommen. 81 Die Menschen auf der Erde werden ihn kommen sehen. 82 Die bekannteste Gerichtsszene findet sich im Matthäusevangelium: 74
Siehe ebd. 296, 330, 336–337, 343. Pennington widerlegt die traditionelle These von Gustaf Dalman, Matthäus wolle mit dem Ausdruck ›Reich der Himmel‹ den Namen Gott ehrfurchtsvoll umschreiben (siehe ebd. 13–37). 75 Mt 26,29. 76 Lk 22,30; Joh 18,36. 77 Lk 12,31. 78 Mt 13,43. 79 Lk 22,29. 80 Siehe Mt 24,30; 26,64; Mk 13,26; 14,62; Lk 21,27; 22,69. 81 Siehe z. B. Mt 10,23; 16,27–28; 24,30.44; 25,31; 26,64; Mk 8,38; 13,26; 14,62; Lk 9,26; 18,8; 12,40; 21,27. Vgl. auch Lk 12,49, wo Jesus vermutlich in Anspielung auf das Feuer des endzeitlichen Gerichts sagt: »Ich bin gekommen, um Feuer auf die Erde zu werfen« (Einheitsübersetzung 2017). 82 Siehe Mt 16,28: »Wahrlich, ich sage euch: Es stehen einige hier, die den Tod nicht schmecken werden, bis sie den Menschensohn haben kommen sehen in seinem Reich!«; Mt 24,30: »[D]ann werden […] alle Geschlechter der Erde […] den Menschensohn kommen sehen auf den Wolken des Himmels mit großer Kraft und Herrlichkeit« (ganz ähnlich Mk 13,26 und Lk 21,27); Mk 14,62: »Und ihr werdet den
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Irdisches Reich Gottes
Wenn aber der Menschensohn in seiner Herrlichkeit kommen wird und alle Engel mit ihm, dann wird er sich auf den Thron seiner Herrlichkeit setzen, und vor ihm werden alle Völker versammelt werden. Und er wird sie voneinander trennen, wie ein Hirte die Schafe von den Ziegen trennt, und er wird die Schafe zu seiner Rechten aufstellen, die Ziegen aber zu seiner Linken. Dann wird der König [d. i. der Menschensohn] zu denen zu seiner Rechten sagen: Kommt, Gesegnete meines Vaters, und erbt das Reich, das für euch bereitet ist seit der Grundlegung der Welt! […] Dann wird er auch denen zur Linken sagen: Geht weg von mir, Verfluchte, in das ewige Feuer, das für den Teufel und seine Engel vorbereitet ist! […] Und sie werden in die ewige Züchtigung gehen, die Gerechten aber in das ewige Leben. 83
Da weder hier noch in anderen Jesusworten davon gesprochen wird, dass die Menschen vom Gerichtsort an einen unirdischen Ort entrückt werden – sie gehen vielmehr zu ihren Bestimmungsorten –, spricht ein irdisches Gericht auch für ein irdisches Fortleben.
»So auch auf Erden« Im einzigen Gebet, das Jesus nach der Überlieferung seine Jünger lehrte, dem Vaterunser, ist die Erde der Ort des endzeitlichen Reiches Gottes. Es heißt dort: »Dein Reich komme, Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auch auf Erden«. 84 Mit dem Kommen des Reiches Gottes und im Geschehen von Gottes Willen auf Erden wird in zwei Menschensohn sitzen sehen zur Rechten der Macht und kommen mit den Wolken des Himmels!« (ganz ähnlich Mt 26,64). 83 Mt 25,31–34.41.46 (Übers. H. S.). Siehe auch Mt 16,27: »Der Menschensohn wird in Kürze mit seinen Engeln in der Herrlichkeit seines Vaters kommen, und dann wird er jedem nach seinen Taten vergelten« (Übers. H. S.); Mt 13,41–42: »Der Menschensohn wird seine Engel aussenden und sie werden aus seinem Reich alle ›Stolpersteine‹ [d. h. solche Menschen, die andere zu Fall gebracht haben] und Menschen, die Gesetzlosigkeit üben, sammeln, und werden sie in den Feuerofen werfen; dort wird Weinen und Zähneknirschen sein« (Übers. H. S.). Für ein irdisches Gericht spricht auch die Strafandrohung gegenüber Ländern und Städten, siehe Mt 10,15: »Wahrlich, ich sage euch: Es wird dem Land Sodom und Gomorra erträglicher gehen am Tag des Gerichts als dieser Stadt«; Mt 11,22 (ähnlich Lk 10,14): »Doch ich sage euch: Es wird Tyrus und Zidon erträglicher gehen am Tag des Gerichts als euch!«; Mt 11,24 (ähnlich Lk 10,12): »Es wird dem Land Sodom erträglicher gehen am Tag des Gerichts als dir [d. h. Kafarnaum]!«. Zu weiteren Gerichtsstellen siehe die umfassende Liste einschlägiger Jesusworte in D. C. Allison: Resurrecting Jesus, 63–67, die allerdings nicht zwischen individuellem und kollektivem Gericht unterscheidet. 84 Mt 6,10.
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Auferstehung und Reich Gottes bei Jesus von Nazareth
verschiedenen Wendungen dieselbe Sache ausgedrückt: das Reich Gottes soll auf Erden errichtet werden. 85
»Das Land erben« In den Seligpreisungen der Bergpredigt, deren Verheißungen einen endzeitlichen Charakter haben, 86 verspricht Jesus den Sanftmütigen, sie würden »τὴν γῆν« erben. 87 Das ist ein klarer Beleg für ein irdisches postmortales Leben, denn ἡ γῆ bedeutet ›Erde‹, ›Land‹ oder ›Gebiet‹, aber auf keinen Fall ›Himmel‹. 88 Wahrscheinlich hat γῆ im Textzusammenhang der betreffenden Seligpreisung eine territoriale Bedeutung. Den dortigen Ausdruck »das Land erben« gibt es nämlich bereits im Alten Testament, wo die territoriale Bedeutung des Ausdrucks meines Wissens unbestritten ist. Die Psalmen weissagen: »Aber die Sanftmütigen werden das Land erben« 89 – »[D]ie von Ihm [d. h. Jahwe] Gesegneten werden das Land erben« 90 – »[S]o wird er [d. h. Jahwe] dich erhöhen, daß du das Land erbst«. 91 Im Buch Jesaja verheißt Jahwe: »Wer aber bei mir Zuflucht sucht, der wird das Land erben und meinen heiligen Berg [d. h. den Zionsberg] besitzen«, 92 und: »[M]eine Auserwählten sollen es [d. h. das Land] besitzen«. 93
Die Wiederherstellung von Israel mit Zion als Zentrum In den gerade angeführten Stellen wird bereits deutlich, dass Jesus nicht ganz allgemein die Erde als Ort des Reiches Gottes im Blick hat. Es geht ihm ganz konkret um das Land Israel und um Jerusalem mit dem Zionsberg als dessen Zentrum. Jesus verheißt zum Beispiel sei85
Siehe zur Stelle W. D. Davies, D. C. Allison: A Critical and Exegetical Commentary on the Gospel According to Saint Matthew I, 603–605. 86 Zum grundsätzlich eschatologischen Charakter der Seligpreisungen Jesu siehe S. 77 Fn. 67. 87 Mt 5,5. 88 Siehe Thayer’s Greek Lexicon (http://biblehub.com/greek/1093.htm, besucht 29. April 2017). 89 Ps 37,11. 90 Ps 37,22. 91 Ps 37,34. 92 Jes 57,13. 93 Jes 65,9.
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Irdisches Reich Gottes
nen Jüngern, dass sie auf zwölf Thronen sitzen und (mit ihm) 94 die zwölf Stämme Israels regieren werden. 95 Dies deutet darauf hin, dass Jesus die Wiederherstellung Israels anstrebte, 96 was wiederum die irdische Lokalisierung des Reiches Gottes im Denken Jesu unterstreicht. In diese Richtung weisen auch die beiden bereits zitierten Weissagungen Jesu über die endzeitliche Wallfahrt ins Reich Gottes: »Viele werden kommen vom Osten und vom Westen und werden im Reich der Himmel mit Abraham, Isaak und Jakob zu Tisch sitzen«. 97 Und ganz ähnlich: »Und sie werden kommen von Osten und von Westen, von Norden und von Süden, und zu Tisch sitzen im Reich Gottes.« 98 In diesen Zusammenhang gehört auch das Wort von der Einsammlung der Auserwählten im Markusevangelium: »Und dann wird er [d. h. der Menschensohn] seine Engel aussenden und seine Auserwählten sammeln von den vier Windrichtungen, vom äußersten Ende der Erde bis zum äußersten Ende des Himmels.« 99 Vorbild für die Wiedereinsammlung des Volkes Israel könnte eine Weissagung im fünften Buch Mose sein: Wenn deine [d. h. Israels] Zerstreuung von einem Ende des Himmels bis zum (anderen) Ende des Himmels reicht, wird der Herr, dein Gott, dich
94
Am Kreuz Jesu wurde nach allen vier Evangelien eine Aufschrift befestigt, die besagte, dass Jesus der König der Juden sei (siehe Mt 27,37; Mk 15,26; Lk 23,38; Joh 19,19). Nach D. C. Allison: Constructing Jesus, 240 hängt dies wahrscheinlich damit zusammen, dass Jesus sich nicht vom Königtitel distanziert hatte. Siehe auch ebd. 303: »Wenn er [d. h. Jesus] in die Zukunft blickte, sah er Throne, einschließlich einen für sich selbst«. 95 Siehe Lk 22,28–30: »[Jesus sagte zu seinen Jüngern:] Ihr aber seid die, die bei mir geblieben sind in meinen Prüfungen. Und ich will euch das Reich zusprechen, wie es mir mein Vater zugesprochen hat, dass ihr an meinem Tisch in meinen Reich essen und trinken möget und auf Thronen sitzen werdet, um die zwölf Stämme Israels zu regieren (κρίνοντες)« (Übers. H. S.). Ähnlich Mt 19,27–28. Zur Übersetzung von »κρίνοντες« mit »regieren(d)« statt wie meistens mit »richten(d)« siehe W. D. Davies, D. C. Allison: A Critical and Exegetical Commentary on the Gospel According to Saint Matthew III, 55–56; D. C. Allison: The Eschatology of Jesus, 285; Thayer’s Greek Lexicon (http://biblehub.com/greek/2919.htm, besucht 29. April 2017). 96 Siehe E. P. Sanders: Jesus and Judaism, 61–156; D. C. Allison: The Eschatology of Jesus, 285–286; R. A. Horsley: Jesus and the Politics of Palestine under Roman Rule, 359–360. Die christliche Tradition versuchte die Reich-Gottes-Konzeption Jesu von territorialen jüdischen Erwartungen zu lösen (siehe S. 96 Fn. 178, 133–134 und D. C. Allison: Constructing Jesus, 175–176). 97 Mt 8,11. 98 Lk 13,29. 99 Mk 13,27.
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Auferstehung und Reich Gottes bei Jesus von Nazareth
von dort versammeln und dich von dort holen. Und der Herr, dein Gott, wird dich in das Land hineinbringen, das deine Väter als Erbbesitz erhalten haben, und du wirst es als Erbbesitz erhalten. 100
Der Zielort dieser Wanderung beziehungsweise Einsammlung dürfte Jerusalem mit dem Zionsberg sein. 101 Es wird in alttestamentlichen Prophetien explizit als Ziel der Rückkehr der Verstreuten genannt. Das Buch Sacharja verheißt: So spricht der Herr der Heerscharen: Siehe, ich rette mein Volk aus dem Land des Aufgangs und aus dem Land des Untergangs der Sonne; und ich will sie herbeibringen, daß sie mitten in Jerusalem wohnen sollen; und sie werden mein Volk sein, und ich will ihr Gott sein in Wahrheit und Gerechtigkeit. 102
Und nach dem Buch Jesaja werden »die Erlösten des Herrn […] zurückkehren und nach Zion kommen mit Jauchzen. Ewige Freude wird über ihrem Haupt sein; Wonne und Freude werden sie erlangen, aber Kummer und Seufzen werden entfliehen!« 103 Für Jerusalem als Zentrum des Reiches Gottes in der Vorstellungswelt Jesu spricht schließlich auch seine Rede von einem neuen Tempel. 104
100
Dtn 30,4–5 LXX, siehe D. C. Allison: The Eschatology of Jesus, 300, En. 9. Allison weist ebd. auch darauf hin, dass die Wendung »vom Osten und Westen und Norden und Süden« in verschiedenen jüdischen Texten im Zusammenhang mit der Heimkehr der Juden in das Abraham verheißene Land auftaucht, z. B. in Ps 107,2–3: »[D]ie Erlösten des Herrn, […] die er gesammelt hat aus den Ländern, von Osten und von Westen, von Norden und vom Meer« und in Jes 43,5–6: »Ich will deinen Samen vom Osten herführen und dich vom Westen her sammeln. Ich will zum Norden sagen: Gib heraus! und zum Süden: Halte nicht zurück! Bringe meine Söhne aus der Ferne herbei und meine Töchter vom Ende der Welt«. 101 Siehe D. C. Allison: Constructing Jesus, 42–43 Fn. 56; W. D. Davies, D. C. Allison: A Critical and Exegetical Commentary on the Gospel According to Saint Matthew II, 26–29. Exegeten, die die Wanderung zum Mahl mit den Patriarchen nicht (nur) als Wiederkehr der Diasporajuden, sondern (auch) als Zusammenkommen der erlösten Heidenvölker verstehen, bestreiten nicht, dass der Ort der eschatologischen Versammlung irdisch, und zwar Jerusalem bzw. Zion, ist (siehe z. B. M. F. Bird: Who Comes from East and West?). 102 Sach 8,7–8. 103 Jes 35,10 und 51,11. Nach alttestamentlichen Verheißungen wird Jahwe einst (wieder) in Zion wohnen und herrschen, siehe S. 136–137 mit Fn. 162. 104 Siehe Mt 26,61; Mk 14,58.
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Irdisches Reich Gottes
Allgemeine Auferstehung Die Wiederherstellung Israels ist im Judentum mit einer Auferstehung wenn nicht aller, so doch zumindest zahlreicher Verstorbener verbunden. 105 Diese Lehre vertrat nach der Überlieferung auch Jesus. Aus den synoptischen Evangelien geht dies eher nebenbei hervor. Jesus weissagt zum Beispiel, dass die »Königin des Südens« – die legendäre Königin von Saba, die als Zeitgenossin Salomos galt 106 – und die Bewohner der längst untergegangenen Stadt Ninive beim endzeitlichen Gericht »zusammen mit dieser [d. h. der aktuellen jüdischen] Generation auferstehen« werden. 107 Er prophezeit ferner, dass viele im Reich der Himmel »mit Abraham, Isaak und Jakob zu Tisch sitzen« und auch »alle Propheten« 108 sich einfinden würden. Das setzt die Auferstehung der Patriarchen und Propheten voraus. Das Lukasevangelium lässt Jesus von einer »Auferstehung der Gerechten« sprechen. 109 Bekannt ist auch seine von allen Synoptikern geschilderte Auseinandersetzung mit den Sadduzäern, die die Totenauferstehung leugnen und sie an einem Fallbeispiel ad absurdum führen möchten. 110 Sie fragen Jesus, mit wem eine Frau, die mit sieben Männern verheiratet war, nach der Auferstehung verheiratet sein werde. In seiner Antwort setzt Jesus die Tatsache der Auferstehung zunächst einfach voraus: »[W]enn sie von den Toten auferstehen, dann heiraten sie nicht noch werden sie verheiratet, sondern sie sind wie die Engel, die im Himmel sind«. 111 Dann begründet er aber doch die Lehre, dass die Toten auferstehen, mit einem Verweis auf die Schrift. Bei Markus heißt es etwas umständlich: »Was aber die Toten 105
Siehe S. 50–55. Siehe 1 Kön 10,1–13 und TestSal 19,3; 21,3. 107 Mt 12,41–42; Lk 11,31–32 (Übers. H. S.). Nach einigen Übersetzungen werden die Königin des Südens und die Bewohner von Ninive im Endgericht gegen die heutige jüdische Generation aufstehen, um sie zu verdammen. Das würde ebenfalls ihre Auferstehung voraussetzen. Die Präposition μετὰ mit Genitiv (ἀναστήσονται bzw. ἐγερθήσεται […] μετὰ [τῶν ἀνδρῶν] τῆς γενεᾶς ταύτης) bedeutet allerdings ›(gemeinsam) mit‹. Siehe zur Stelle auch W. D. Davies, D. C. Allison: A Critical and Exegetical Commentary on the Gospel According to Saint Matthew II, 357–359; D. C. Allison: The Eschatology of Jesus, 284; D. C. Allison: Constructing Jesus, 39–40 Fn. 40. 108 Mt 8,11; Lk 13,28. 109 Lk 14,14. 110 Siehe Mt 22,23–33; Mk 12,18–27; Lk 20,27–40. 111 Mk 12,25. 106
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Auferstehung und Reich Gottes bei Jesus von Nazareth
anbelangt, daß sie auferstehen: Habt ihr nicht gelesen im Buch Moses […]?« 112 Das Lukasevangelium formuliert glatter: »Daß aber die Toten auferstehen, hat auch Mose angedeutet«. 113 Die Tatsache, dass Jesus hier von ›den Toten‹ ohne Einschränkung spricht, lässt auf die Überzeugung einer Auferstehung aller schließen. Im Johannesevangelium spricht Jesus einige Male von der endzeitlichen Totenauferstehung. 114 Etwas unklar bleibt, ob »alle, die in den Gräbern sind«, 115 auferstehen werden oder nur die, die an Jesus glauben. 116 Folgt man dem Neuen Testament, dann scheint die Lehre einer allgemeinen Auferstehung unter den Anhängern Jesu ein zentraler Glaubenssatz gewesen zu sein, 117 und sie ist es in den christlichen Kirchen bis heute geblieben. 118 Das stärkt in meinen Augen die Vermutung, dass eine allgemeine Auferstehung auch von Jesus gelehrt wurde.
Kontextuelle Indizien Jesus von Nazareth kannte aller Wahrscheinlichkeit nach die biblische Erzählung vom Garten Eden und war daher mit der Vorstellung eines ewigen, paradiesischen Lebens auf Erden vertraut. 119 Dabei handelte es sich allerdings nicht um ein nachtodliches Leben. 120 Darüber hinaus scheint er Teil einer Tradition gewesen zu sein, in der an Auf112
Mk 12,26. Lk 20,37. 114 Siehe Joh 5,28–29; 6,39–40.44.54; siehe auch 11,24–26. 115 Siehe Joh 5,28–29: »Denn es kommt die Stunde, in der alle, die in den Gräbern sind, seine Stimme hören werden, und sie werden herauskommen: die das Gute getan haben, zur Auferstehung des Lebens; die aber das Böse getan haben, zur Auferstehung des Gerichts« (Übers. Schlachter 2000, bearbeitet von H. S.). 116 Siehe z. B. Joh 6,40: »Das ist aber der Wille dessen, der mich gesandt hat, daß jeder, der den Sohn sieht und an ihn glaubt, ewiges Leben hat; und ich werde ihn auferwecken am letzten Tag«; Joh 6,54: »Wer mein Fleisch ißt und mein Blut trinkt, der hat ewiges Leben, und ich werde ihn auferwecken am letzten Tag«. 117 Siehe etwa Apg 4,2; 17,18.32; 23,6; 24,15.21; Röm 4,17; 6,4–5.8; 8,11; 1 Kor 15,12– 57; Phil 3,11; 1 Thess 4,13–14; Hebr 6,2; Offb 20,4–6.12–13. Siehe auch das Fazit von P. Hoffmann: Auferstehung, 451: »In Übereinstimmung mit Aussagen der zeitgenössischen Apokalyptik teilt die Jesusüberlieferung also die Erwartung der Auferstehung der Gerechten und der Sünder«. 118 Siehe S. 116–119. 119 Siehe Gen 2,4–3,24 und die auf Gen 2,24 Bezug nehmenden Jesusworte in Mk 10,7–8 und Mt 19,5. 120 Siehe S. 32. 113
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erstehung und ewiges nachtodliches Leben in einem Reich Gottes auf Erden geglaubt wurde. Man findet in Jesusworten deutliche Anklänge an das Buch Daniel und an das erste Henochbuch, insbesondere an das Buch der Bilder, in denen diese Dinge gelehrt wurden. 121 Von Johannes dem Täufer, der Jesus taufte, sagt die Überlieferung wenig, aber immerhin, dass er ein unmittelbar bevorstehendes endzeitliches Gericht, eine auf Erden ankommende Erlöserfigur und ein Reich Gottes predigte. 122 Jesu Anhänger schließlich verkündeten nach dem Tod Jesu eine physische Auferstehung, was unter anderem die Erzählungen vom leeren Grab belegen. 123 Die Erwartung eines ewigen irdischen Reiches Gottes verblasste allerdings im Christentum bald. Vorstellungen einer postmortalen Verwandlung und einer unirdischen nachtodlichen Existenz gewannen an Bedeutung. 124
Einwände gegen die vorgetragene Rekonstruktion der Lehre Jesu Rein seelisches nachtodliches Leben der Person? Im Matthäusevangelium sagt Jesus: »Und fürchtet euch nicht vor denen, die den Körper töten, die Seele aber nicht töten können; fürchtet eher den, der sowohl Seele und als auch Körper in der Hölle zerstören kann!« 125 Aus dieser Stelle könnte man auf eine vom Körper unabhängige Fortexistenz der Seele schließen. Über Bewusstsein und Handlungsfähigkeit einer vom Körper getrennten Seele wird jedoch 121
Siehe die allgemeinen Hinweise in L. M. McDonald: The Scriptures of Jesus. Auffallend sind insbesondere die Parallelen zwischen Dan 12,3 und Mt 13,43 hinsichtlich des Leuchtens der auferstandenen Gerechten und zwischen 1 Hen 45,3; 51,3; 55,4; 61,8; 62,2–3.5; 69,27.29 und Mt 19,28; 25,31 hinsichtlich des ›Menschensohnes‹ und ›Auserwählten‹, der sich zum eschatologischen Gericht auf den ›Thron der Herrlichkeit‹ setzen wird. Siehe zum möglichen Einfluss der Gedanken des Buches der Bilder auf Jesus S. 184–186. 122 Siehe Mt 3,1–12; Mk 1,3–8; Lk 3,2–18. Nach Erich Gräßer ist es »historisch kaum zu bezweifeln, daß Jesus von der Naherwartungsbotschaft des Täufers seinen Ausgangspunkt nahm« (E. Gräßer: Das Problem der Parusieverzögerung in den synoptischen Evangelien, XVII). Allison betont ebenfalls die Kontinuität zwischen Johannes dem Täufer und Jesus (siehe D. C. Allison: Constructing Jesus, 204–220). 123 Siehe dazu S. 112–114. 124 Siehe S. 124–130, 133–141. 125 Mt 10,28 (Übers. H. S.).
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nichts gesagt. An dem einzigen Ort, der erwähnt wird, der Hölle, sind Körper und Seele jedenfalls beisammen. Eine vom physischen Körper abtrennbare Seele bedeutet nicht ohne weiteres ein vom physischen Körper unabhängiges Leben der Person. Es bleibt daher zweifelhaft, ob dieses Jesuswort ein vom physischen Körper unabhängiges, rein seelisches Weiterleben der Person impliziert. 126
Nachtodliches Leben ohne physischen Körper im Jenseits Im Lukasevangelium gibt es zwei Stellen, an denen Jesus von einer schon jetzt parallel zur irdischen Welt existierenden Jenseitswelt spricht, in der die Verstorbenen leben. Es handelt sich dabei erstens um das Gleichnis vom reichen Prasser und armen Lazarus, die direkt nach ihrem Tod in den Hades beziehungsweise in Abrahams Schoß
126
Die beiden Worte, mit denen Jesus die Gepenster- bzw. Geisterfurcht der Jünger besänftigte, eignen sich ebenfalls nicht dafür, ihm den Glauben an eine vom physischen Körper unabhängige Existenz der menschlichen Person zuzuschreiben. Das erste dieser beiden Jesusworte findet sich im Zusammenhang mit seinem ›Seewandel‹. Als die Jünger Jesus »auf dem See gehen sahen, erschraken sie und sprachen: Es ist ein Gespenst! und schrieen vor Furcht« (Mt 14,26; ganz ähnlich Mk 6,49). Jesus beruhigte sie mit dem Wort »Ich bin es« (Mt 14,27; Mk 6,50; Übers. H. S.). Wenn Jesus und die Jünger geglaubt hätten, dass die Person Jesus grundsätzlich auch ein Gespenst (φάντασμά) hätte sein können, hätte Jesus sie nicht mit »Ich bin es« überzeugen können, dass sie kein Gespenst vor sich hatten. Er hätte ihnen nicht klarmachen müssen, dass er es war, den sie wahrnahmen, sondern dass er kein Gespenst war. Ähnliches gilt für das andere Jesuswort. Angesichts seiner nachtodlichen Erscheinung gerieten seine Jünger »in Panik und glaubten voller Angst, sie sähen einen Geist (πνεῦμα)« (Lk 24,37, Übers. H. S.). Jesus beruhigte sie nicht, indem er sagte, dass er kein Geist sei; vielmehr sagte er: »Seht meine Hände und Füße, ich bin es selbst« (Lk 24,39; Übers. H. S.). Daraus schließe ich, dass weder Jesus noch die Jünger annahmen, Jesus ›selbst‹, also die Person Jesu, könne ein reiner Geist ohne physische Hände und Füße sein. Allison hat recht, wenn er feststellt, dass hier das Konzept eines körperlosen Geistes – oder besser: eines Geistes ohne physischen Körper, denn irgendeinen Körper musste Jesus haben, sonst hätte man ihn nicht sehen können – vorliegt (siehe D. C. Allison: Night Comes, 33; D. C. Allison: The Scriptural Background of a Matthean Legend, 180); die entscheidende Frage ist aber, ob das Konzept einer Person ohne physischen Körper artikuliert wird. Die These, dass die ›Ich bin‹-Worte Jesu nicht der Selbstidentifikation Jesu dienen, sondern eine Offenbarungsformel seien, die die Göttlichkeit oder Messianität Jesu ausdrückt, überzeugt mich in den beiden hier besprochenen Fällen nicht (siehe dazu W. D. Davies, D. C. Allison: A Critical and Exegetical Commentary on the Gospel According to Saint Matthew II, 506; H. Roose: Ich-bin-Worte).
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kommen. 127 Obwohl Lukas mit keinem Wort eine spätere Auferstehung dieser beiden anspricht und es sich eher um deren endgültiges nachtodliches Schicksal als um einen Zwischenzustand zu handeln scheint, 128 ist eine spätere Auferstehung nicht ausgeschlossen. 129 Nachtodliche Zwischenzustände wurden in jüdischen Schriften aus hellenistisch-römischer Zeit 130 durchaus gelehrt. 131 Die andere Stelle ist das Wort Jesu zu einem reuigen Mitgekreuzigten: »Wahrlich, ich sage dir: Heute wirst du mit mir im Paradies sein«. 132 Das würde wie im Gleichnis des reichen Prassers und des armen Lazarus bedeuten, dass es ein unmittelbar an den Tod anschließendes nachtodliches Leben ohne physischen Körper in einem Jenseits gebe. Das widerspräche aber, wie gesagt, dem Auferstehungsglauben nicht unbedingt, wenn man dieses nachtodliche Leben im Paradies als Zwischenzustand verstehen würde. Außerdem ist die Überlieferung dieses Jesuswortes 127
Siehe Lk 16,19–31: »Es war aber ein reicher Mann, der kleidete sich in Purpur und kostbare Leinwand und lebte alle Tage herrlich und in Freuden. Es war aber ein Armer namens Lazarus, der lag vor dessen Tür voller Geschwüre und begehrte, sich zu sättigen von den Brosamen, die vom Tisch des Reichen fielen; und es kamen sogar Hunde und leckten seine Geschwüre. Es geschah aber, daß der Arme starb und von den Engeln in Abrahams Schoß getragen wurde. Es starb aber auch der Reiche und wurde begraben. Und als er im Hades seine Augen erhob, da er Qualen litt, sieht er den Abraham von ferne und Lazarus in seinem Schoß. Und er rief und sprach: Vater Abraham, erbarme dich über mich und sende Lazarus, daß er die Spitze seines Fingers ins Wasser tauche und meine Zunge kühle; denn ich leide Pein in dieser Flamme! Abraham aber sprach: Sohn, bedenke, daß du dein Gutes empfangen hast in deinem Leben und Lazarus gleichermaßen das Böse; nun wird er getröstet, du aber wirst gepeinigt. Und zu alledem ist zwischen uns und euch eine große Kluft befestigt, so daß die, welche von hier zu euch hinübersteigen wollen, es nicht können, noch die, welche von dort zu uns herüberkommen wollen. Da sprach er: So bitte ich dich, Vater, daß du ihn in das Haus meines Vaters sendest – denn ich habe fünf Brüder –, daß er sie warnt, damit nicht auch sie an diesen Ort der Qual kommen! Abraham spricht zu ihm: Sie haben Mose und die Propheten; auf diese sollen sie hören! Er aber sprach: Nein, Vater Abraham, sondern wenn jemand von den Toten zu ihnen ginge, so würden sie Buße tun! Er aber sprach zu ihm: Wenn sie auf Mose und die Propheten nicht hören, so würden sie sich auch nicht überzeugen lassen, wenn einer von den Toten auferstände!« (Übers. Schlachter 2000, bearbeitet von H. S.). 128 So O. Lehtipuu: The Afterlife Imagery in Luke’s Story of the Rich Man and Lazarus, 275, 302–303. 129 Jesus spricht selbst nach den meisten Lesarten im letzten Vers dieses Gleichnisses (Lk 16,31) von Auferstehung und meint damit hier offenbar, von einem jenseitigen Aufenthaltsort der Verstorbenen zurück auf die Erde zu kommen. 130 Siehe z. B. 1 Hen 22; 4 Esr 7,78–99; 2 Bar 30,2–5. 131 Siehe S. 56, 62. 132 Siehe Lk 23,43.
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nicht sehr glaubwürdig. Als Zeugen kommen vermutlich nur die Anhänger Jesu in Frage. Diese standen aber nach Lukas eigener Darstellung zu weit vom Kreuz entfernt, um in normaler Lautstärke gesprochene Worte Jesu zu verstehen. 133 Dieses Jesuswort kommt zudem nur bei Lukas vor und seine Darstellung der Szene widerspricht derjenigen von Matthäus und Markus. Nach ihnen verspotteten beide Mitgekreuzigten Jesus und keiner von ihnen zeigte Reue. 134 Wenn Jesus tatsächlich wie Zoroastrier oder Griechen daran geglaubt hätte, dass sich die Seele im Tod vom Körper trennt und ins Jenseits geht, wäre es naheliegend gewesen, dass er bei heilerischen Totenerweckungen von der Rückholung der Seele aus dem Jenseits gesprochen hätte. Das ist aber nicht überliefert. Stattdessen redet er überwiegend von ›aufwecken‹ (ἐγείρω) bei der Wiederbelebung der Toten, 135 was eher einen geistig inaktiven oder zumindest reduzierten Zustand der Verstorbenen impliziert. Wenn Jesus seinen verstorbenen Freund Lazarus glücklich im Paradies oder in Abrahams Schoß gewähnt hätte, würde das nicht zu seiner Rede von ›aus dem Schlaf aufwecken‹ (ἐξυπνίζω) passen. 136 Vor diesem Hintergrund würde es zudem wenig verständig und recht egoistisch wirken, dass Jesus bei Lazarus’ Tod geradezu wütend wurde 137 und ihn mit aller Macht in dieses im Vergleich zum Paradies nur mäßig erfreuliche irdische Leben zurückzuholen versuchte. Jesu Verhalten passt besser dazu, dass er annahm, Lazarus sei mit dem Tod in einen bewusst- und leblosen Zustand gesunken, aus dem er gerettet werden musste.
133
Siehe Lk 23,49 und S. 178. Siehe Mt 27,44; Mk 15,32; siehe auch O. Lehtipuu: The Afterlife Imagery in Luke’s Story of the Rich Man and Lazarus, 255, wonach das Jesuswort in Lk 23,43 eine Erfindung des Lukasevangeliums ist. 135 Siehe S. 72. ἐγείρω hat zwar auch noch die Bedeutung des Aufrichtens (siehe S. 72–73), aber die Bedeutung des Aufweckens ist wohl primär und hat sich auch in den Übersetzungen erhalten. Siehe aber P. W. van der Horst: Ancient Jewish Epitaphs, 117, wonach ›Schlaf‹ auch für einen glücklichen Zustand im Paradies stehen kann. 136 Siehe Joh 11,11; ἐξυπνίζω kommt von ὕπνος (Schlaf). 137 Zweimal (Joh 11,33.38) wird das Verb ἐμβριμάομαι (ergrimmen, von βρίμη: Wut, Zorn) benutzt, um Jesu Gemütszustand angesichts des Todes von Lazarus zu beschreiben. 134
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Physische Auferstehung zum ewigen Leben vs. ewiges Leben, das die Gläubigen bereits jetzt besitzen In den Jesusworten des Johannesevangeliums scheint es auf den ersten Blick eine Konkurrenz zwischen der Auferstehung am Jüngsten Tag und einem ewigen Leben, das man bereits jetzt durch den Glauben an Jesus besitzt, zu geben. 138 Einerseits sagt Jesus: »[E]s kommt die Stunde, in der alle, die in den Gräbern sind, seine Stimme hören werden, und sie werden herausgehen: die das Gute getan haben, zur Auferstehung des Lebens; die aber das Böse getan haben, zur Auferstehung des Gerichts«. 139 Auf der anderen Seite verspricht er: »Wer an den Sohn glaubt, der hat ewiges Leben«. 140 Oder auch: »Wer mein Wort hört und dem glaubt, der mich gesandt hat, der hat ewiges Leben und kommt nicht ins Gericht, sondern er ist vom Tod zum Leben hindurchgedrungen.« 141 Allerdings erscheint in anderen Jesusworten die Auferweckung am jüngsten Tag zusammen mit der präsentischen Zuschreibung des ewigen Lebens: »Das ist aber der Wille dessen, der mich gesandt hat, daß jeder, der den Sohn sieht und an ihn glaubt, ewiges Leben hat; und ich werde ihn auferwecken am letzten Tag.« 142 Und: »Wer mein Fleisch ißt und mein Blut trinkt, der hat ewiges Leben, und ich werde ihn auferwecken am jüngsten Tag.« 143 Deshalb kann ich zwischen der Lehre eines ewigen Lebens, das man bereits besitzt, und der Lehre einer zukünftigen physischen Auferstehung keinen Widerspruch erkennen. 144 Ich verstehe diese Jesusworte vielmehr so, dass die zukünftige Auferstehung zum ewigen Leben an eine bereits jetzt – durch den Glauben und durch mystische, ›jesuphagische‹ Handlungen – erworbene Verbindung mit Jesus gesichert wird. 145 In diesem Sinn ist es verständlich, wenn Jesus sagt, wer an 138
Siehe Joh 3,36; 5,24. Joh 5,28–29 (Übers. Schlachter 2000, bearbeitet von H. S.); siehe auch Joh 5,21.25; 11,23–25.27. 140 Joh 3,36 (Hervorhebung H. S.). 141 Joh 5,24 (Hervorhebung H. S.); siehe auch Joh 3,16.18; 6,47. Das endzeitliche Gericht scheint also einerseits durch das Kommen Jesu vollzogen zu sein (siehe Joh 3,18– 19), obwohl andererseits auch von einer endzeitlichen »Auferstehung des Gerichts« die Rede ist (Joh 5,29). 142 Joh 6,40 (Hervorhebung H. S.); siehe ganz ähnlich 6,39.44. 143 Joh 6,54 (Hervorhebung H. S.). 144 Siehe auch Joh 11,25: »Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt«. 145 Siehe Joh 6,56: »Wer mein Fleisch ißt und mein Blut trinkt, der bleibt in mir und ich in ihm«; siehe zur Jesuphagie im Johannesevangelium E. Kobel: Dining with John, 139
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Auferstehung und Reich Gottes bei Jesus von Nazareth
ihn glaube, werde leben, »auch wenn er stirbt«. 146 Dass der Jesus des Johannesevangeliums an eine physische Auferstehung glaubt, wird durch das Wort vom Herauskommen der Toten aus den Gräbern belegt. 147 Er scheint außerdem nicht an einen jenseitigen Zwischenzustand zu glauben, sonst würde er nicht sagen, dass die Toten seine Stimme in den Gräbern hören würden. 148 Das personale Selbst scheint im Grab und nicht im Jenseits lokalisiert zu sein. Der Autor des Johannesevangeliums bejaht außerhalb der Jesusworte unzweifelhaft die Möglichkeit einer physischen Auferstehung, sowohl durch seine Einordnung der Wiederbelebung des Lazarus als Auferweckung von den Toten 149 als auch durch seine starke Betonung der Leerheit des Grabes Jesu. 150
Rückkehr der Seele ins Licht Das apokryphe Thomasevangelium lehrt die Rückkehr der Seele ins Licht. Es spricht weder von der Auferstehung Jesu noch von der Auferstehung anderer Personen noch vom ewigen Leben, sondern nur von einem Nichtsterben. Nicht der Glaube ist dafür ausschlaggebend, dass man »den Tod nicht schmecken« 151 wird, sondern vor allem Erkenntnis. 152 ›Den Tod nicht schmecken‹ bedeutet nicht wie bei den Synoptikern, dass der physische Körper nicht stirbt und die Person in ihm ewig leben wird. 153 Das Irdisch-Körperliche wird vielmehr rainsbes. 236–237, 247. Daneben nennt Jesus auch das Neugeborenwerden aus Wasser und Geist (siehe Joh 3,5), eine Anspielung auf die Taufe als Erfordernis für den Erwerb des ewigen Lebens (siehe M. Rein: Johannesevangelium, 167 mit Fn. 46). 146 Joh 11,25. 147 Siehe Joh 5,29. 148 Siehe Joh 5,28. 149 Siehe Joh 12,1.9.17. 150 Joh 20,1–9. 151 EvThom 1, 18, 19, 85. Diese Wendung spielt auf ein eschatologisches Wort Jesu in Mk 9,1 an: »Und er sprach zu ihnen: Wahrlich, ich sage euch: Es sind einige unter denen, die hier stehen, die den Tod nicht schmecken werden, bis sie das Reich Gottes in Kraft haben kommen sehen!« (ähnlich Mt 16,28; Lk 9,27; vgl. auch Joh 8,52); siehe D. C. Allison: Constructing Jesus, 126. 152 Siehe EvThom, Prolog und Logion 1: »Dies sind die verborgenen Worte, die der lebendige Jesus sagte, und Didymus Judas Thomas schrieb sie auf. Und er sagte: ›Wer die Deutung dieser Worte findet, wird den Tod nicht schmecken‹.« (Übers. J. Schröter, H.-G. Bethge: Das Evangelium nach Thomas, 164). 153 Siehe S. Gathercole: The Gospel of Thomas, 196–197.
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Einwände gegen die vorgetragene Rekonstruktion der Lehre Jesu
dikal abgewertet. 154 Die Befreiung der Seele vom Körper im Tod und ihr Wiederaufstieg 155 in das ewige, überweltliche Licht Gottes ist das Ziel. Der Jesus des Thomasevangeliums gibt anscheinend den Jüngern sogar Hinweise, was sie den Archonten, den sieben bösen Planetenherrschern, sagen sollen, wenn sie sich ihnen auf ihrer Reise durch die Planetensphären in das Licht in den Weg stellen. Jesus spricht: »Selig sind die einzelnen, die Erwählten. Denn ihr werdet das Königreich finden. Denn ihr stammt aus ihm (und) werdet wieder dorthin gehen.« Jesus spricht: »Wenn sie [d. h. die Archonten] zu euch sagen: ›Woher stammt ihr?‹, (dann) sagt ihnen: ›Wir sind aus dem Licht gekommen, dem Ort, wo das Licht entstanden ist aus sich selbst […]‹. Wenn sie zu euch sagen ›Seid ihr es?‹, (dann) sagt: ›Wir sind seine Kinder, und wir sind die Erwählten des lebendigen Vaters.‹« 156
Das Reich Gottes der kanonischen Evangelien wird im Thomasevangelium mit diesem jenseitigen Reich des Lichts identifiziert. 157 Unser Kosmos mit Himmel und Erde wird schlussendlich zerstört und an154
Siehe E. E. Popkes: Das Menschenbild des Thomasevangeliums, 354: Nach dem Thomasevangelium »wurde die körperliche Verfaßtheit menschlicher Existenz von den niederen Mächten des unteren Kosmos erschaffen«. Um wieder ins Licht zurückkehren zu können, aus dem die »geistig-seelische Komponente ihres Daseins« stammt, müssen die Jünger diese von »dessen irdisch-körperlicher Verfaßtheit radikal abgrenzen (EvThom 56; 80; 87; 112)«. Zu diesem Zweck müssen sie sich »der Fortpflanzung enthalten, da sie auf diese Weise ihr körperliches Dasein perpetuieren (EvThom 79,3). Sie müssen die Differenz von Männlichkeit und Weiblichkeit überwinden, um in die androgyne Einheit zurückkehren zu können, aus der sie stammen (EvThom 22,4 f.; 114 etc.). Sie müssen lernen, an dieser Welt ›vorüberzugehen‹ (EvThom 42), um in ihre Heimat zurückzufinden.« 155 Zur Präexistenz der Jünger im ewigen Licht siehe ebd. 234–238. 156 EvThom 49,1–50,2 (Übers. J. Schröter, H.-G. Bethge: Das Evangelium nach Thomas, 172). Siehe zur Stelle C. Tornau: Die neuplatonische Kritik an den Gnostikern und das theologische Profil des Thomasevangeliums, 344–345: »Das neutestamentliche ›Königreich‹ wird hier zu dem Lichtreich, dem die Gnostiker ursprünglich angehören und in das sie zurückkehren werden. Die Bedingung für diese Rückkehr ist neben der Auserwähltheit auch eine mit dem Stichwort ›Einzelne‹ (μοναχός) gekennzeichnete Einswerdung oder besser Isolation, die wohl mit Metaphern wie dem ›Ausziehen‹ des körperlichen ›Kleides‹ zusammengehört und die Befreiung der Seele von fremden, verunreinigenden und sie in der Welt festhaltenden Zusätzen bedeutet. Das Logion 50 beschreibt dann die Modalitäten des Aufstiegs. Jesus fasst die in der Gnosis geläufige Situation ins Auge, dass die Jünger auf ihrem Weg durch die [höheren] Welten [zurück zum Licht] von den Archonten aufgehalten und nach ihrer Herkunft und ihrem Ziel befragt werden.« Siehe auch ausführlich S. Gathercole: The Gospel of Thomas, 404–410. 157 Siehe ebd. 145–146: Thomas habe sich das Reich Gottes als ein präexistentes, pa-
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Auferstehung und Reich Gottes bei Jesus von Nazareth
scheinend nicht mehr erneuert werden, was die heimgekehrten Seelen im überweltlichen Licht jedoch nicht mehr berühren kann. 158 Diese Vorstellungen sind weit von dem entfernt, was mit der Masse der Jesusworte in den synoptischen Evangelien und mit dem zeitgenössischen Kontext Jesu vereinbar scheint.
Keine irdisch-räumliche Konzeption des Reiches Gottes Ein weiterer Einwand gegen die von mir vorgetragene Rekonstruktion der Lehre des Jesus der Evangelien ist, dass er keine irdisch-räumliche Auffassung vom Reich Gottes vertreten habe. Manche Theologen behaupten, der Ausdruck βασιλεία τοῦ θεοῦ, der von mir mit ›Reich Gottes‹ übersetzt wird, bedeute vielmehr Gottes Macht und Aktivität als Herrscher. 159 Dale Allison hat jedoch den räumlichen Aspekt der βασιλεία τοῦ θεοῦ ausführlich nachgewiesen. 160 Aus der großen Fülle seiner Argumente möchte ich nur drei anführen. Erstens ist häufig die Rede vom ›Hineingehen in das Reich Gottes‹. 161 Hier ist das Reich Gottes offenbar etwas Räumliches. Was könnte es heißen, dass man in Gottes Macht oder Herrschaft hineingeht? Allison vermutet überdies, dass sich diese Wendung an den Ausdruck ›hineingehen in das Land (Kanaan)‹ in alttestamentlichen und außerkanonischen jüdischen Schriften anlehnt. 162 Dies würde eine räumliche Deutung des Reiches Gottes noch stärken. 163 Der räumliche Sinn wird auch sehr offensichtlich, wenn gesagt wird, dass jemand wegen moralischer Verfehlungen das verheißene Reich oder Land im Gegensatz zu anderen Menschen nicht betreten darf. 164 Zweitens: Jesus prophezeit, dass Engel die Bösen aus dem Reich Gottes sammeln radiesisches Reich des Lichts vorgestellt. Es sei mit Sicherheit kein geographischer Ort im Kosmos. 158 Siehe EvThom 11,1–2; 111 und dazu S. Gathercole: The Gospel of Thomas, 247; 598–601; S. Gathercole: »The Heavens and the Earth will be Rolled up«, 296–299, 302. 159 Siehe D. C. Allison: Constructing Jesus, 168–169 mit Fn. 597. 160 Siehe ebd. 164–204. 161 Siehe z. B. Mt 5,20; 7,21; 23,13; Mk 9,47; 10,15.23–25. 162 Siehe Ex 12,25 LXX; Lev 19,23, Num 15,2; Dtn 1,8; 4,1; 6,18; 16,20; 27,3; Ri 18,9; AssMos 2,1; TestLev 12,5. 163 Siehe D. C. Allison: Constructing Jesus, 179–181. 164 Siehe ebd. 180–181 und Mt 5,20; 7,21; 23,13; Mk 10,15; vgl. Num 20,24; Dtn 4,21; Ez 13,9; 20,38.
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Einwände gegen die vorgetragene Rekonstruktion der Lehre Jesu
und in die Gehenna werfen werden. Ist es semantisch möglich, aus einer unräumlich gedachten Herrschaft Gottes gesammelt und hinausgeworfen zu werden? 165 Drittens verspricht Jesus das Reich Gottes oft einer bestimmten Menschengruppe durch ein Possessivpronomen als zukünftigen Besitz oder sagt, dass sie das Reich Gottes erben werde. 166 Ein Land kann man besitzen oder erben, aber können Menschen Gottes Macht oder Herrschaft besitzen oder erben? 167 Ferner geht der räumliche Charakter des Reiches Gottes nicht dadurch verloren, dass ›Reich Gottes‹ und ›ewiges Leben‹ bei den Synoptikern fast Synonyme sind. 168 Vielmehr ist ›ewiges Leben‹ auch eine Bezeichnung für einen Ort. Für das Hineingehen in das ewige Leben wird dasselbe Verb (εἰσέρχομαι) verwendet wie für das Hineingehen in das Reich Gottes. 169 Dies spricht eindeutig gegen einen metaphorischen Sinn von εἰσέρχομαι in Bezug auf das ewige Leben. 170 Eine andere sprachliche Gleichbehandlung von (ewigem) Leben und Reich Gottes betrifft das Verb erben (κληρονομέω). Man kann das verheißene Leben erben, 171 wie man nach dem Endgericht das verheißene Land oder das Reich Gottes erben kann. 172 Das Verständnis vom ewigen Leben als räumlich lokalisiertem Existenzbereich klingt auch aus der Ankündigung Jesu, dass die Auserwählten nach dem Endgericht vom Gerichtsplatz weggehen 173 zum ewigen Leben, die Verfluchten
165
Siehe Mt 13,41–42 und ebd. 178–179. Siehe Mt 5,3.5.10; 25,34; Mk 10,14; Lk 6,20; vgl. Num 33,54; Dtn 1,8; 6,18; 16,20; Jos 1,6; Ps 37,9.11.22.29.34; Tob 4,12. 167 Siehe dazu D. C. Allison: Constructing Jesus, 179, 181. Siehe auch ebd. 179 die Diskussion der Formulierung Jesu in Mt 25,34, dass das Reich, das die Gerechten erben werden, für sie »bereitet ist seit Grundlegung der Welt«: Einen Ort oder ein Land kann man, semantisch betrachtet, für jemanden bereiten, aber in welchen Sinn könnte man dies von Gottes Herrschaft sagen? 168 Siehe ebd. 186–189. 169 Siehe Mt 18,8–9; 19,17; zum Hineingehen in das (ewige) Leben Mk 9,43.45; zum Hineingehen in das Reich Gottes bzw. den Himmel: Mt 5,20; 7,21; 18,3; 19,23; Mk 9,47; 10,23–24; Lk 18,24–25. Direkt austauschbar sind (ewiges) Leben und Reich Gottes in Mk 9,43.45; Mt 18,9 (in das Leben hineingehen) und Mk 9,47 (in das Reich Gottes hineingehen). Im Johannesevangelium wird der Ausdruck ›Reich Gottes‹ durch ›(ewiges) Leben‹ ersetzt (siehe ebd. 188). 170 Siehe auch ebd. 189 zur Gleichsetzung vom ›Leben der kommenden Welt‹ und ›kommende Welt‹ in jüdischen Quellen. 171 Siehe Mt 19,29; Lk 10,25; Lk 18,18. 172 Siehe Mt 5,5; 25,34. 173 ἀπέρχομαι. 166
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Auferstehung und Reich Gottes bei Jesus von Nazareth
gehen hingegen zu ihrem Strafort, dem ewigen Feuer. 174 In das ewige Feuer kann man hineingeworfen werden. 175 Es wird auch als Gehenna bezeichnet 176 oder als Feuerofen. 177 Allison kommt zu dem Schluss, dass der Ausdruck βασιλεία τοῦ θεοῦ »sowohl ein Reich als auch eine Herrschaft bezeichnet; es ist ein Ort und eine Zeit in der Zukunft, in der Gott uneingeschränkt herrschen wird«. 178
Gegenwart des Reiches Gottes Gegen die Deutung vom Reich Gottes als Ort des zukünftigen ewigen Lebens wird außerdem vorgebracht, dass Jesus das Reich Gottes als gegenwärtig verkündet habe. 179 Wesentliche Elemente der Eschatologie des synoptischen Jesus wie die Auferstehung der Toten, das endzeitliche Gericht, der Sieg über das Böse, die Einsammlung des Volkes Israel nach Zion, das messianische Gastmahl im Reich Gottes und die Leid- und Todlosigkeit der Gerechten liegen jedoch zweifellos noch in der Zukunft. Es gibt allerdings ein Jesuswort im Lukasevangelium, nämlich Kapitel 17, Vers 21, das die Gegenwart des Reiches Gottes nach überwiegender Ansicht unzweideutig ausdrückt: 180 ἡ βασιλεία τοῦ Θεοῦ ἐντὸς ὑμῶν ἐστιν. Heutzutage wird gewöhnlich übersetzt: »Das Reich Gottes ist mitten unter euch«. Eine rein präsentische Auffassung des Reiches Gottes lässt sich mit dieser Stelle jedoch nicht begründen. Denn Jesus spricht unmittelbar im Anschluss daran aus174
Siehe Mt 25,46; Mk 9,43. Siehe Mt 5,29; 13,42.50; 18,8–9; Mk 9,45.47; Lk 12,5. 176 Siehe Mt 5,22.29–30; 10,28; 18,9; 23,15.33; Mk 9,43.45.47; Lk 12,5. 177 Siehe Mt 13,42.50. 178 D. C. Allison: Constructing Jesus, 201. Die Mehrdeutigkeit von βασιλεία könnte unter anderem damit zusammenhängen, dass Herrschaft vor der Entstehung moderner Territorialstaaten mit exakten Grenzen meistens nicht ausschließlich durch ein Territorium, sondern auch durch personenbezogene Merkmale wie etwa Stammeszugehörigkeit definiert wurde. Deshalb ist es vermutlich sachgerecht, βασιλεία nicht auf ›beherrschtes Gebiet‹ zu reduzieren. Eine βασιλεία ganz ohne ›beherrschtes Gebiet‹ wäre allerdings so etwas wie ein König ohne Land. Die Ablehnung einer räumlichen Dimension des Reiches Gottes durch christliche Theologen hat vermutlich nicht nur philologische Gründe, sondern hängt wohl auch damit zusammen, dass ein irdisch-territoriales Reich Gottes nicht gekommen und überdies kaum vorstellbar ist, sodass es peinlich wäre, Jesus eine derart irrige Erwartung zuzuschreiben. 179 Siehe A. Lindemann: Herrschaft Gottes / Reich Gottes, 202. 180 Siehe A. Strobel: Die Passa-Erwartung als urchristliches Problem in Lc 17,20 f., 158. 175
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Einwände gegen die vorgetragene Rekonstruktion der Lehre Jesu
führlich vom zukünftigen Kommen des Menschensohnes, das dem endzeitlichen Gericht und damit auch dem Reich Gottes vorhergeht. 181 Man könnte vielleicht erwägen, dass Jesus in seinen Wundertaten die Realität des Reiches Gottes bereits aufscheinen sah, ohne dass sie sich bereits voll entfaltet hätte. 182 Noch problematischer als der zeitliche Aspekt des Reiches Gottes ist in diesem Jesuswort seine Lokalisierung. »ἐντὸς ὑμῶν ἐστιν« wurde traditionell mit ›(inwendig) in euch‹ übersetzt, was der griechischen Vorlage mehr entspricht als ›mitten unter euch‹. 183 Eine Lokalisierung des Reiches Gottes im Menschen schließt nicht aus, dass es gleichzeitig auch eine intersubjektive, irdisch-räumliche Dimension besitzt. Selbst im Thomasevangelium, wo ebenfalls gesagt wird, dass das Reich Gottes in den Jüngern ist, wird ein äußerer, räumlicher Aspekt des Reiches behauptet. 184
181
Siehe Lk 17,22–37. Siehe dazu S. 163 und Mt 12,28; Lk 11,20. Siehe zur Stelle und zur Gegenwart des Reiches Gottes im allgemeinen D. C. Allison: Constructing Jesus, 98–116; siehe auch E. P. Sanders: Jesus and Judaism, 123–156. 183 Siehe dazu die Übersetzungen der Vulgata (»regnum Dei intra vos est«), Luther 1545 (»Das reich Gottes ist inwendig in euch«) und der King James Version (»the kingdom of God is within you«). Die heute gängige Übersetzung »(mitten) unter euch« geht möglicherweise auf den Einfluss von Johannes Weiß zurück (so T. Holmén: The Alternatives of the Kingdom, 206). »Am verkehrtesten« sei »die alte […] Deutung: das Reich Gottes ist inwendig in euch«, schreibt Weiß. Sie passe »in den Zusammenhang wie die Faust aufs Auge« (J. Weiss: Die Predigt Jesu vom Reiche Gottes, 85). Siehe zur Übersetzungsproblematik ausführlich T. Holmén: The Alternatives of the Kingdom. Nach Holmén wäre eine philologische korrekte Alternative zu ›in euch‹ höchstens ›innerhalb des Kreises‹ der angesprochenen Pharisäer (und nicht außerhalb davon), aber es sei undenkbar, dass Lukas seinen Jesus sagen lassen will, das Reich Gottes sei ausschließlich innerhalb der Gruppe der Pharisäer anwesend. Weiß gibt die philologische Schwierigkeit der Übersetzung ›unter euch‹ zu und schreibt, »ἐν μέσῳ [wäre] allerdings treffender gewesen« (J. Weiss: Die Predigt Jesu vom Reiche Gottes, 86). H. Weder: Gegenwart und Gottesherrschaft, 39 übersetzt ἐντὸς ὑμῶν mit »in eurem Erfahrungsbereich«, A. Lindemann: Herrschaft Gottes / Reich Gottes, 205 mit »zu eurer Verfügung«; ähnlich A. Scriba: Echtheitskriterien der Jesus-Forschung, 78. 184 Siehe EvThom 3,3: »Aber das Königreich ist innerhalb von euch und außerhalb von euch«; 113,4: »[D]as Königreich des Vaters [ist] ausgebreitet über die Erde« (Übers. J. Schröter, H.-G. Bethge: Das Evangelium nach Thomas, 164, 181). 182
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Auferstehung und Reich Gottes bei Jesus von Nazareth
Nachtodliches Leben im Himmel Aus einer der wenigen Andeutungen des Johannesevangeliums über den Ort des nachtodlichen Lebens kann man schließen, dass zumindest die Jünger Jesu bei ihm im Himmel wohnen werden. Er sagt nämlich zu ihnen, dass er (nach seinem Tod) zum Vater gehen werde, 185 also in den Himmel. Dorthin könnten sie ihm jetzt nicht folgen. 186 Aber er werde wiederkommen 187 und sie zu sich nehmen, damit sie auch dort sein können, wo er ist. 188 Dieses Leben bei Jesus hat offenbar räumlichen Charakter, denn Jesus sagt, im Haus seines Vaters seien viele Wohnungen, und er werde dort hingehen und eine Wohnstätte für die Jünger vorbereiten. 189 In Spannung zu einer postmortalen Existenz im Himmel scheinen im Johannesevangelium die Jesusworte zur zukünftigen Auferstehung aller Toten am letzten Tag 190 und zum Gericht zu stehen. 191
185
Siehe Joh 7,33; 14,12.28; 16,5.10.28. Siehe Joh 7,34; 13,33.36. 187 Siehe Joh 14,3.18.28. 188 Siehe Joh 14,3. 189 Siehe Joh 14,2–3: »Im Haus meines Vaters sind viele Wohnungen […]. Ich gehe hin, um euch eine Stätte zu bereiten. Und wenn ich hingehe und euch eine Stätte bereite, so komme ich wieder und werde euch zu mir nehmen, damit auch ihr seid, wo ich bin.« 190 Siehe Joh 6,39–40.44.54; siehe auch 11,24–26. 191 Siehe insbesondere Joh 5,24.27; 12,48. Im Johannesevangelium finden sich außerdem deutliche Spuren einer Kritik und Neuinterpretation apokalyptischer Jesusworte, siehe D. C. Allison: Constructing Jesus, 131–132 mit Verweis auf Joh 2,19–22 und 21,20–23. Den Ausdruck ›Reich Gottes‹ verwendet Jesus im Johannesevangelium nur zweimal (siehe Joh 3,3.5). Das Reich Gottes hat auch bei Johannes keinen rein geistigen Charakter, denn man kann es sehen und hineingehen. Ansonsten ist es in »das ewige Leben« (ζωή αἰώνιος) verwandelt worden, das allerdings viele Gemeinsamkeiten mit dem Reich Gottes der Synoptiker hat (siehe ebd. 188), siehe dazu auch S. 98 Fn. 191. Wenn Jesus in Joh 18,36 zu Pilatus sagt: »ἡ βασιλεία ἡ ἐμὴ οὐκ ἔστιν ἐκ τοῦ κόσμου τούτου«, dann scheint βασιλεία in erster Linie ›Herrschaft‹ oder ›königliche Gewalt‹ zu bedeuten, und οὐκ ἔστιν ἐκ τοῦ κόσμου τούτου soviel wie ›den Ursprung / die Quelle nicht in dieser Welt haben‹ oder vielleicht auch ›nicht weltlicher Natur sein‹. Daraus folgt aber nicht, dass das der Herrschaft Jesu unterworfene Reich keinen räumlichen Charakter besitzt. 186
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Einwände gegen die vorgetragene Rekonstruktion der Lehre Jesu
Himmel und Erde werden vergehen Die Evangelien enthalten zwei Jesusworte zum Vergehen von Himmel und Erde. Daraus könnte man auf den ersten Blick schließen, dass das nachtodliche Leben nach der Vorstellung Jesu nicht mehr irdisch sein wird, weil die Erde nicht mehr existieren wird. Doch dann würde auch das Land, das Jesus den Sanftmütigen in der Bergpredigt verspricht, nicht mehr existieren, und erst recht nicht Jerusalem und der Zionsberg, die für Jesus vermutlich das Zentrum des Reiches Gottes bilden sollten. 192 Jesus benutzt die Formel vom Vergehen von Himmel und Erde jedoch nicht primär, um endzeitliche Ereignisse zu schildern, sondern um die Dauerhaftigkeit des Gesetzes beziehungsweise seiner eigenen Worte gegenüber der Vergänglichkeit der Welt zu betonen. 193 Seine konkreten endzeitlichen Weissagungen betreffen außerdem Verfolgungen, Kriege und Hungersnöte auf der Erde und eher harmlose astronomische Phänomene wie Sonnen- und Mondfinsternis sowie Meteoritenschwärme, 194 aber nicht die Vernichtung
192
Siehe S. 82–84. Siehe Lk 16,17: »Es ist aber leichter, daß der Himmel und die Erde vergehen, als daß ein einziges Strichlein des Gesetzes falle«; siehe dazu und zur Parallelstelle Mt 5,18 W. D. Davies, D. C. Allison: A Critical and Exegetical Commentary on the Gospel According to Saint Matthew I, 490. In Mk 13,31 (ähnlich Mt 24,35; Lk 21,33) sagt Jesus das Vergehen von Himmel und Erde anscheinend als tatsächliches Zukunftsereignis voraus: »Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte werden nicht vergehen«. 194 Siehe Mk 13,24: »Aber in jenen Tagen, nach jener Drangsal, wird die Sonne verfinstert werden, und der Mond wird seinen Schein nicht geben, und die Sterne des Himmels werden herabfallen«; ganz ähnlich Mt 24,29; etwas abgeschwächt erscheint das Geschehen in der Parallelstelle Lk 21,25: »Und es werden Zeichen [sichtbar] sein an Sonne und Mond und Sternen, und auf der Erde Angst und Ratlosigkeit der Völker bei dem Getöse des wogenden Meeres« (Übers. H. S.); vgl. auch Jes 13,10; 34,4; Ez 32,7–8; Joel 2,10; 3,4; 4,15; Apg 2,20; Offb 6,12–13. Dass es sich beim Fall der Sterne um Meteoritenschauer handelt, lässt Offb 6,13 vermuten: »[U]nd die Sterne des Himmels fielen auf die Erde, wie ein Feigenbaum seine unreifen Früchte abwirft, wenn er von einem starken Wind geschüttelt wird«. Die Bildsprache legt nahe, dass es sich bei den herabfallenden Sternen um unzählige, eher kleine und leichte Objekte handelt; siehe auch R. Drößler: 2000 Jahre Weltuntergang, 127; vgl. auch Jes 34,4. Die Tatsache, dass eine Mondfinsternis stets bei Vollmond stattfindet und sich dabei der Mond rötlich verfärbt, wird in Offb 6,12 übrigens recht genau wiedergegeben: »[D]er ganze Mond (σελήνη ὅλη) wurde wie Blut« (Einheitsübersetzung 2017); vgl. auch ähnlich Joel 3,4: »[D]ie Sonne soll verwandelt werden in Finsternis und der Mond in Blut, ehe der große und schreckliche Tag des Herrn kommt« und das Joel-Zitat in Apg 2,20. 193
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Auferstehung und Reich Gottes bei Jesus von Nazareth
von Himmel und Erde. 195 Von einer neuen Erde spricht er gar nicht. Ein einziges Mal kommt in seinen Verheißungen ein Wort vor, das ›Erneuerung‹ oder ›Wiedergeburt‹ bedeutet (παλιγγενεσία). Der Kontext lässt darauf schließen, dass es sich wahrscheinlich auf die endzeitliche Erneuerung Israels bezieht. 196 Die Vorstellung der Vergänglichkeit von Himmel und Erde war im Judentum eine allgemeine Überzeugung. 197 Sie scheint eher Zerstörungen auf der Erde als das gänzliche Verschwinden der Erde zu betreffen. Wenn von einer neuen Erde gesprochen wird, dann bedeutet dies anscheinend nicht die Erschaffung einer ganz neuen kosmischen Entität, sondern vielmehr die Erneuerung von etwas Vorhandenem. 198 Das Leben, insbesondere das des Volkes Israel, scheint durch diese Erneuerung hindurch und danach in besserer, aber durchaus irdischer Form weiterzugehen. 199 Die Topographie Israels mit Jerusalem und seinem heiligen Berg scheint ebenfalls bestehen zu bleiben: 195
Auch Allison ist der Ansicht, dass Jesus nicht das buchstäbliche Ende der Welt erwartete, sondern die Wiederherstellung einer verfallenen Welt (siehe D. C. Allison: Constructing Jesus, 32 Fn. 7). 196 Siehe Mt 19,28: »Jesus aber sprach zu ihnen: Wahrlich, ich sage euch: Ihr, die ihr mir nachgefolgt seid, werdet in der Wiedergeburt (ἐν τῇ παλιγγενεσίᾳ), wenn sich der Menschensohn auf den Thron seiner Herrlichkeit setzen wird, auch auf zwölf Thronen sitzen und die zwölf Stämme Israels regieren« (Übers. Schlachter 2000, bearbeitet von H. S.). Siehe zur Übersetzung dieser Stelle auch S. 83 Fn. 95. In der Parallelstelle Lk 22,30 sagt Jesus nicht »in der Wiedergeburt«, sondern »in meinem Reich«. 197 Siehe W. D. Davies, D. C. Allison: A Critical and Exegetical Commentary on the Gospel According to Saint Matthew III, 368 mit Fn. 283, wo sie u. a. verweisen auf Gen 8,22: »Von nun an soll nicht aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht, solange die Erde besteht«; Ps 102,26–28: »Du [d. h. Gott] hast vorzeiten die Erde gegründet, und die Himmel sind das Werk deiner Hände. Sie werden vergehen, du aber bleibst; sie alle werden wie ein Kleid zerfallen, wie ein Gewand wirst du sie wechseln, und sie werden verschwinden. Du aber bleibst, der du bist, und deine Jahre nehmen kein Ende«; Jes 51,6: »[D]enn die Himmel werden vergehen wie ein Rauch, und die Erde wird wie ein Kleid zerfallen, und ihre Einwohner werden auf dieselbe Weise umkommen; aber mein [d. h. Gottes] Heil wird ewig bleiben und meine Gerechtigkeit nicht zugrunde gehen«; Jes 65,17: »Denn siehe, ich schaffe einen neuen Himmel und eine neue Erde, so daß man an die früheren nicht mehr gedenkt und sie nicht mehr in den Sinn kommen werden«. 198 Siehe Jes 65,17–25. 199 In der Vision der neuen Erde des Jesajabuches (siehe Jes 65,17–25) werden zwar kein Klagen und Wehgeschrei mehr zu hören sein und Tierfrieden wird auf dem Zionsberg herrschen, die Menschen werden aber, obwohl sie wesentlich älter als bisher werden, dennoch weiterhin sterben sowie Kinder zeugen, Häuser bauen und Weinberge bestellen.
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Jenseitige Elemente des nachtodlichen Lebens
»[A]uf dem Berg Zion und in Jerusalem gibt es Rettung« inmitten der endzeitlichen Zerstörungen, verspricht das Buch Joel.200 Auch Jesus scheint in dieser Tradition ein erneuertes Israel angestrebt zu haben. 201 Nach Richard Horsley erhoffte er, wie die jüdische Apokalyptik der hellenistisch-römischen Zeit insgesamt, »nicht das Ende der Welt, sondern das Ende des Reiches«. 202 Mit ›Reich‹ sind die Großreiche gemeint, die Israel unterdrückten und ausbeuteten, zunächst vor allem das Seleukidenreich und später, zur Zeit Jesu, das römische Imperium und seine Vasallen.
Fazit Die Diskussion der Einwände ergibt, dass die Überlieferung von Jesusworten, die einer physischen Auferstehung und einem irdischen Reich Gottes tatsächlich widersprechen, schmal und tendenziell späteren Datums ist. Sie kann die vorgetragene Rekonstruktion der diesbezüglichen Lehre Jesu daher nicht ernsthaft in Frage stellen. 203
Jenseitige Elemente des nachtodlichen Lebens Wie im Zoroastrismus, im Buch Daniel und im Buch der Bilder des ersten Henochbuches ist das nachtodliche Leben in der Lehre des Jesus von Nazareth zwar auf der Erde lokalisiert, besitzt aber neben physisch-diesseitigen Eigenschaften auch Merkmale, die sich nach unserer Erfahrung nirgendwo im bekannten Kosmos finden, sondern vielmehr jenseitigen Charakter haben.
Ewiges Leben Ein eindeutiges Jenseitselement ist die Ewigkeit des Lebens im Reich Gottes. Wie eingangs bereits gesagt, kann nach unseren kosmologischen und biologischen Kenntnissen ein ewiges Leben auf der Erde 200
Joel 3,5 (Einheitübersetzung 2017). Siehe S. 82–84. 202 R. A. Horsley: Revolt of the Scribes, 207. 203 Siehe auch allgemein die umfassende Diskussion der Eschatologie Jesu in D. C. Allison: Constructing Jesus, 31–220; D. C. Allison: Jesus von Nazareth, 95–171. 201
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Auferstehung und Reich Gottes bei Jesus von Nazareth
ausgeschlossen werden. 204 Es könnte nur in einem Jenseits stattfinden. Obwohl das ewige Leben in den Jesusworten der synoptischen Evangelien nur selten ausdrücklich vorkommt, wird meines Wissens nicht bestritten, dass der synoptische Jesus ein ewiges Leben verkündete. Die Auferstandenen werden nicht nur nicht mehr sterben, sie »können nicht mehr sterben«, sagt Jesus im Lukasevangelium. 205 Im Matthäusevangelium sagt er, nach dem Endgericht würden die Missetäter »in die ewige Strafe hingehen, die Gerechten aber in das ewige Leben«. 206 Denjenigen, die ihm nachfolgen, verspricht Jesus im Markus- und Lukasevangelium »in der zukünftigen Weltzeit ewiges Leben« 207 beziehungsweise – in der Formulierung des Matthäusevangeliums –, dass sie das »ewige Leben erben«. 208 Nicht selten spricht Jesus auch einfach von ›Leben‹ (ζωή), wenn es um das ›ewige Leben‹ (ζωή αἰώνιος) geht. 209 Auf die Frage eines Menschen: »Guter Meister, was soll ich Gutes tun, um das ewige Leben zu erlangen?«, antwortet Jesus: »Willst du […] in das Leben eingehen, so halte die Gebote!« 210 Die im Endgericht verfluchten Missetäter werden anscheinend ebenfalls ewig existieren und eine »ewige Strafe erhalten«. 211 Dass gesagt wird, sie hätten nicht Teil am »ewigen Leben«, ist kein Widerspruch, denn das ›ewige Leben‹ hat einen emphatischen Charakter, der über eine bloß unendlich fortdauernde Existenz hinausgeht und die Fülle des Lebens einschließt. 212
Ein Leben ohne Armut, Hunger und Tränen In den Seligpreisungen der Feldpredigt im Lukasevangelium verheißt Jesus den Auserwählten ein Leben ohne Armut, Hunger und Tränen im Reich Gottes: »Glückselig die Armen, denn euer ist das Reich
204
Siehe S. 16. Lk 20,36 (Hervorhebung H. S.). 206 Mt 25,46. 207 Mk 10,30; Lk 18,30. 208 Mt 19,29. 209 Siehe D. C. Allison: Constructing Jesus, 186. 210 Mt 19,16–17 (Hervorhebung H. S.). Siehe ähnlich Lk 10,25–28 und ferner Mt 7,14; 18,8–9; Mk 9,43.45. 211 Mt 25,46; vgl. auch Mt 18,8; 25,41; Mk 9,48. 212 Siehe Thayer’s Greek Lexicon (http://biblehub.com/greek/2222.htm, besucht 29. April 2017). 205
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Jenseitige Elemente des nachtodlichen Lebens
Gottes! 213 Glückselig die Hungernden, denn ihr werdet gesättigt werden! Glückselig die Weinenden, denn ihr werdet lachen! 214 […] Freut euch an jenem Tag und hüpft!« 215 Es ist offensichtlich, dass Jesus hier Merkmale einer nichtirdischen Realität zeichnet. Wie schon eingangs gesagt, sind Krankheit und Tod wesentliche Merkmale des biologischen Lebens. Es wird sie auf Erden immer geben, deshalb immer auch Leid und Tränen. Hunger und Armut werden sich wegen Dürren, Überschwemmungen und Naturkatastrophen nie ganz verbannen lassen. Wie Krankheit und Tod gehören sie zur irdischen conditio humana. Ein Leben, in dem sie nicht mehr vorkommen, ist nicht von dieser Welt.
Leuchtende Körper Ein weiteres und sehr charakteristisches Jenseitselement ist das Leuchten der Gerechten im Reich Gottes. »Dann [d. h. nach der endzeitlichen Scheidung der Sünder von den Gerechten] werden die Gerechten leuchten wie die Sonne im Reich ihres Vaters«, 216 prophezeit Jesus im Matthäusevangelium in Anlehnung an das Buch Daniel. 217 Hier auf Erden kennen wir keine Menschen oder anderen Lebewesen, die wie die Sonne leuchten. Zwar wird ein Leuchten ganz selten bei irdischen Personen berichtet. 218 Nach dem Wort Jesu werden aber wohl alle Gerechten leuchten, und es hat den Anschein, als würden sie dann beständig leuchten, so wie eben Sonne oder Sterne unauf-
213
Laut W. D. Davies, D. C. Allison: A Critical and Exegetical Commentary on the Gospel According to Saint Matthew I, 442–445 ist bei der entsprechenden Seligpreisung in der Bergpredigt (Mt 5,3: »Glückselig sind die geistlich Armen«) der Zusatz »geistlich« sekundär. 214 Vgl. auch Mt 5,4: »Glückselig die Trauernden, denn sie werden getröstet werden!« (Übers. H. S.). Nach W. D. Davies, D. C. Allison: A Critical and Exegetical Commentary on the Gospel According to Saint Matthew I, 449 ist bei Matthäus aber nicht jedwede Trauer gemeint, sondern nur die Trauer über die Situation des auserwählten Volkes. 215 Lk 6,20–21.23 (Übers. H. S.). 216 Mt 13,43. 217 Siehe Dan 12,3. Zu Parallelstellen in der rabbinischen Literatur siehe D. C. Allison: Constructing Jesus, 197. 218 Siehe die sogenannte Verklärung Jesu (Mt 17,1–9; Mk 9,2–9; Lk 9,28–36) und die S. 27 Fn. 16 genannte Literatur.
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Auferstehung und Reich Gottes bei Jesus von Nazareth
hörlich leuchten. Ein beständiges Leuchten ist aber typisch für jenseitige Personen, wie sie in Jenseitserfahrungen erlebt werden. 219
Gott schauen Im Matthäusevangelium wird denen, »die reinen Herzens sind«, versprochen, dass sie »Gott schauen« werden. 220 Im Neuen Testament findet sich noch an einer zweiten Stelle die Gottesschau der Auferstandenen im Reich Gottes, nämlich in der Offenbarung des Johannes. Dort heißt es: [D]er Thron Gottes und des Lammes wird in ihr [d. h. der Stadt, dem neuen Jerusalem] sein, und seine Knechte werden ihm [d. h. Gott] dienen; und sie werden sein Angesicht sehen, und sein Name wird auf ihren Stirnen sein. Und es wird dort keine Nacht mehr geben, und sie bedürfen nicht des Lichts einer Lampe noch des Lichtes der Sonne, denn Gott, der Herr, wird auf sie scheinen, und sie werden herrschen von Ewigkeit zu Ewigkeit. 221
Hier geht es nicht um eine mystische Jenseitsschau. Gott wird sich vielmehr in derselben Welt oder Sphäre wie die Menschen befinden, wie dies auch in der zoroastrischen Eschatologie beschrieben wird. 222 Einige Verse aus dem vorausgehenden Kapitel lassen daran keinen Zweifel: Und ich, Johannes, sah die heilige Stadt, das neue Jerusalem, von Gott aus dem Himmel herabsteigen, zubereitet wie eine für ihren Mann geschmückte Braut. Und ich hörte eine laute Stimme aus dem Himmel sagen: Siehe, das Zelt Gottes bei den Menschen! Und er wird bei ihnen wohnen; und sie werden seine Völker sein, und Gott selbst wird bei ihnen sein, ihr Gott. 223
Ganz ähnlich, so scheint mir, meint der Jesus des Matthäusevangeliums nicht, dass die Menschen reinen Herzens im irdischen Reich Gottes ab und zu in einer Jenseitsvision Gott mystisch schauen wer219
Siehe S. 27–30. Mt 5,8. Eine ähnliche Verheißung wird in Psalm 11,7 ausgesprochen: »Denn der Herr ist gerecht, er liebt Gerechtigkeit; die Aufrichtigen werden sein Angesicht schauen«. In Psalm 17,15 hofft David: »Ich aber werde dein [d. h. Gottes] Angesicht schauen in Gerechtigkeit, an deinem Anblick mich sättigen«. 221 Offb 22,3–5 (Übers. Schlachter 2000, bearbeitet von H. S.); vgl. auch schon ähnlich Jes 60,19–20 zum Leuchten Gottes. 222 Siehe S. 45. 223 Offb 21,2–3. 220
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Jenseitige Elemente des nachtodlichen Lebens
den. Er hat eher eine selbstverständliche und potenziell permanente Gottesschau bei normalem Bewusstsein in der irdischen Sphäre im Sinn, 224 wie sie die Diener Gottes in der Offenbarung des Johannes genießen und wie sie wohl auch in der Jenseitsvorstellung des Zoroastrismus, nach der die Auferstandenen mit Ahura Mazdā zusammen wohnen werden, enthalten ist. 225 Eine derartige Gottesschau bei normalem Bewusstsein und mit den gewöhnlichen Sinnen wird meines Wissens nicht ernsthaft aus unserer irdischen Sphäre berichtet. Wenn es so etwas tatsächlich geben sollte, dann nur jenseits dieser Welt. Im lateinischen Mittelalter galt die jenseitige Gottesschau als Inbegriff der höchsten Glückseligkeit. 226
Fazit Die Untersuchung der überlieferten Lehre des Jesus von Nazareth ergibt das Bild eines nachtodlichen Lebens mit dem auferstandenen physischen Körper in einem Reich Gottes auf Erden. Da diese Lehre die Jesusüberlieferung bis in den Sprachgebrauch hinein durchtränkt, halte ich es für wahrscheinlich, dass sie auch vom historischen Jesus vertreten wurde und ein wesentlicher Bestandteil seiner Verkündigung war. In das von Jesus verkündete irdische Reich Gottes können auch Lebende Eintritt erhalten, die zur Zeit des Endgerichts noch nicht gestorben sind. Das Leben im Reich Gottes kombiniert irdische Elemente wie Essen, Trinken und physische Fortbewegung mit Jenseitselementen wie Unsterblichkeit, Leidfreiheit, leuchtende Körper und Gottesschau. Man kann insofern sagen, dass Jesus ein »jenseitig-irdisches Königreich« erwartete. 227
224
Siehe zu dieser Deutung auch D. C. Allison: Studies in Matthew, 45–48. Siehe S. 45. 226 Siehe Dante Alighieri: La Divina Commedia, Paradiso XXXIII; B. Oberdorfer: Visio Dei; M. Frenschkowski: Vision, 141–142; auch nach Karl Rahner ist die Gottesschau »das Ganze des vollendeten Heiles« (K. Rahner: Anschauung Gottes, 159). 227 E. P. Sanders: Jesus and Judaism, 237. Nach Albert Schweitzer besaß das von Jesus verkündete Leben im Reich Gottes ebenfalls überirdische Qualitäten, obwohl es auf der Erde lokalisiert war (siehe A. Schweitzer: Reich Gottes und Christentum, 116– 119). 225
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Auferstehung und Reich Gottes im Christentum nach Jesus
Einleitung Die christlichen Lehren von der nachtodlichen Existenz des Menschen bilden ein komplexes und verwirrendes Gemenge von Ideen. Hier kann ich nur einige Grundzüge darstellen. Jesu Lehre einer physischen Auferstehung und eines ewigen nachtodlichen Lebens auf Erden sah sich im frühen Christentum zwei Herausforderungen ausgesetzt, die beide den Glauben an ein jenseitiges ewiges Leben förderten. Die eine war das hellenistische Weltbild, auf das das Christentum bei seiner Ausbreitung traf. Im Hellenismus war das Konzept einer den Tod überdauernden Seele und die Vorstellung vom Himmel als Wohnstatt der Seligen verbreitet. Die Seele wurde meistens subtil körperlich gedacht und war der Träger der Person. Sie konnte sich im Tod vom Körper lösen und in den Himmel entschweben. Die andere Herausforderung bestand in der sachlichen Unmöglichkeit, mit dem physischen Auferstehungskörper ein ewiges, leidfreies Leben auf Erden zu führen. Obwohl weite Teile des Christentums hellenistische Seelenvorstellungen übernahmen, bewirkte die neutestamentliche Überlieferung gleichzeitig ein dauerhaftes dogmatisches Festhalten an einer Auferstehung des verstorbenen physischen Körpers und an einem ewigen irdischen Leben. Die Kombination dieser Lehren führte dazu, dass Auferstehung nicht als Rückkehr der Person ins Leben, sondern als Wiedervereinigung der Seele mit dem rekonstruierten physischen Körper verstanden wurde. Vor allem die Unmöglichkeit eines unsterblichen irdisch-physischen Lebens führte zu Spekulationen über eine Verwandlung des Auferstehungskörpers und zu einer stillschweigenden Verjenseitigung des ewigen Lebens unter dem Etikett einer ›neuen Erde‹, die kaum noch irdische Merkmale aufwies.
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Die physische Auferstehung Jesu als Paradigma
Die physische Auferstehung Jesu als Paradigma Die nachtodlichen Erscheinungen Jesu im Neuen Testament Nach den Beschreibungen der neutestamentlichen Evangelien, der Apostelgeschichte und der Paulusbriefe verfügten etliche der Anhänger Jesu über Erfahrungen mit dem verstorbenen Jesus. 1 Man kann ohne Übertreibung sagen, dass es das Christentum ohne die nachtodlichen Erscheinungen Jesu nicht gegeben hätte. Sie galten auch als das wichtigste Erfahrungsfundament des christlichen Glaubens an eine Auferstehung des physischen Körpers. Dabei ist ihr Charakter nach den Beschreibungen des Neuen Testaments keineswegs immer eindeutig physisch. Der Auferstehungskörper Jesu kann zwar manchmal von mehreren oder gar von vielen Personen gleichzeitig gesehen und gehört werden. 2 Einmal wird berichtet, dass er berührt wird. 3 Auch wird behauptet, dass er gegessen hat. 4 Andererseits taucht er plötzlich aus dem Nichts auf oder scheint durch Wände gehen zu können und verschwindet genauso abrupt wieder. 5 All dies tun physische Körper normalerweise nicht. Wenn tatsächlich der physische Körper Jesu auferstanden wäre, würde es außerdem erstaunen, dass die Jünger Jesu ihn bei manchen Erscheinungen zunächst nicht wiedererkennen. 6 Die sogenannten Emmaus-Jünger diskutieren geraume Zeit mit dem auferstandenen Jesus, ohne zu bemerken, dass er es ist. 7 Das Markusevangelium bezieht sich anscheinend auf diese von 1
Siehe dazu Mk 16,9.12.14–19; Mt 28,9–10.16–20; Lk 24,15–31.36–52; Joh 20,11– 22.26–29; 21,4–22; Apg 1,1–11; 9,3–8; 13,31; 22,6–11; 26,12–18; 1 Kor 15,3–8 und die ausführliche Darstellung und Erörterung in D. C. Allison: Resurrecting Jesus, 228– 299. 2 Siehe Mt 28,16–20; Mk 16,12.14; Lk 24,15–31.36–52; Joh 20,19–23.26–29; 21,4–22; Apg 1,4–9; 1 Kor 15,5–7. 3 Siehe Mt 28,9: »Sie aber traten herzu und umfaßten seine [d. h. Jesu] Füße und beteten ihn an«. Nach D. C. Allison: Resurrecting Jesus, 278 mit Fn. 317 sollte der Bericht über das Umfassen der Füße möglicherweise zeigen, dass Jesus kein Geist war, weil Geister nach dem Volksglauben oft keine Füße besäßen. Im Johannesevangelium sagt der erscheinende Jesus zwar zu Thomas, er solle ihn berühren, aber es wird nicht ausdrücklich gesagt, dass Thomas es auch tut (siehe Joh 20,27–28; siehe ähnlich auch Lk 24,39–40). Bei der ersten nachtodlichen Erscheinung Jesu im Johannesevangelium sagt Jesu hingegen zu Maria Magdalena, sie solle ihn nicht anrühren (siehe Joh 20,17). 4 Siehe Lk 24,41–43; Apg 10,41; siehe auch Joh 21,15. 5 Siehe Lk 24,31; Joh 20,19.26. 6 Siehe dazu D. C. Allison: Resurrecting Jesus, 227–228. 7 Siehe Lk 24,15–29.
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Auferstehung und Reich Gottes im Christentum nach Jesus
Lukas berichtete Episode mit dem Hinweis, Jesus sei »in einer anderen Gestalt« erschienen. 8 Im Johannesevangelium hält Maria Magdalena 9 Jesus zunächst für den Gärtner und erkennt ihn erst, als er sie anspricht. 10 Bei Jesu Erscheinung am See Genezareth erkennen ihn seine Jünger zunächst nicht, obwohl er mit ihnen spricht. 11 Es fällt auf, dass der physische Charakter der nachtodlichen Erscheinungen Jesu in den beiden letzten Evangelien ausführlicher dargestellt und stärker betont wird als in den beiden ersten und als in den Paulusbriefen. Das deutet auf eine theologisch motivierte Gestaltung der späteren Erscheinungsberichte hin. Das Markusevangelium enthielt sogar vor dem später hinzugefügten sekundären Schluss 12 überhaupt keine expliziten Erscheinungen Jesu, nur die Erscheinung eines anonymen jungen Mannes in einem weißen Gewand im Grab, der über die Auferstehung Jesu spricht. Möglicherweise wurde hier jedoch eine Jesuserscheinung in eine Engelerscheinung umgewandelt. 13
Physische Auferstehung oder materielle nachtodliche Manifestation? Erscheinungen von Verstorbenen sind eine sehr verbreitete Erfahrung. 14 Manchmal nehmen sie den Charakter einer materiellen Manifestation des Verstorbenen an, die anscheinend nicht nur mit den physischen Augen gesehen, sondern die auch berührt werden kann. 15 Vereinzelt werden an den Erscheinungen physiologische Vorgänge 8
Mk 16,12. Bei der Auflistung der Zeugen der ersten nachtodlichen Erscheinung Jesu wird Maria Magdalena übrigens in allen Evangelien als Erste genannt (siehe D. C. Allison: Resurrecting Jesus, 249 und Mt 28,1; Mk 16,1; Lk 24,10; Joh 20,1; siehe auch EvPetr 12,50–51). 10 Siehe Joh 20,14–16. August Goforth bezieht sich auf diese Stelle im Johannesevangelium, wenn er zwei eigene nachtodliche Begegnungen schildert, bei denen die jenseitige Person anders (nämlich deutlich jünger) aussah als zum Zeitpunkt ihres Todes und daher von ihm nicht sofort erkannt wurde (siehe A. Goforth, T. Gray: The Risen, 130–132, 140). 11 Siehe Joh 21,4–7. Vgl. ferner Mt 28,17: »Und als sie [d. h. die elf Jünger] ihn [d. h. Jesus] sahen, warfen sie sich anbetend vor ihm nieder; etliche aber zweifelten«. 12 Mk 16,9–20. 13 Siehe D. C. Allison: Resurrecting Jesus, 249–253, 335–337. 14 Siehe H. Schwenke: Transzendente Begegnungen, 26–27 und die dort zitierte Literatur. 15 Siehe ebd. 101–103, 108–111 zu spontanen multisensorischen Erscheinungen mit 9
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Die physische Auferstehung Jesu als Paradigma
wie Atem, Herzschlag und Darmgeräusche beobachtet. 16 Auch Essen und Trinken wird berichtet. 17 Dass lebensecht und materiell wirkende nachtodliche Erscheinungen des Jesus von Nazareth nicht bloß erfunden wurden, um die Lehre seiner physischen Auferstehung zu untermauern, vermute ich unter anderem aufgrund der Beschreibung des Pfingstgeschehens fünfzig Tage nach dem Tod Jesu. 18 Nach der Darstellung der Apostelgeschichte waren die Jünger Jesu »einmütig« in einem Haus »beisammen«, als »plötzlich […] ein Brausen wie von einem daherfahrenden gewaltigen Wind« auftrat. Es erschienen »Zungen wie von Feuer, die sich zerteilten und sich auf jeden von ihnen setzten«. Die Feuerzungen lösten bei dieser Berührung anscheinend eine Bewusstseinsveränderung aus: »[S]ie wurden alle vom Heiligen Geist erfüllt und fingen an, in anderen Sprachen zu reden, wie der Geist es ihnen auszusprechen gab«. 19 Ähnliche Windund Lichterscheinungen treten in moderner Zeit auch bei Séancen auf. 20 Sie werden zum Teil als Vorstufe stärkerer physikalischer PhäBerührungserlebnissen und ebd. 138–140 zu derartigen Erscheinungen im Zusammenhang mit Séancen. 16 Siehe R. H. Mikulasch: Das Medium Mirabelli, 75–77. An der dort als sehr vollständig beschriebenen, von vielen Zeugen wahrgenommenen Erscheinung des Bischofs José de Camargo Barros (1848–1906) wurden unter anderem Zähne und Gaumen befühlt sowie Herz- und Atemrhythmus und Geräusche in den Eingeweiden festgestellt. Die Erscheinung wirkte durchaus so, als hätte sie auch Speise zu sich nehmen können. 17 In H. Evans: Seeing Ghosts, 85 wird die Erscheinung einer Frau (Hester Marshall) beschrieben, die ohne Wissen der Zeugin (Marie Benoist) bereits verstorben war. Sie wirkte offenbar vollkommen lebensecht, nur deutlich jünger. Sie trug anders als gewohnt keinen Schmuck und sagte auf Nachfrage, da, wo sie jetzt sei, brauche sie keinen. Sie trank Kaffee, aß ein Sandwich und ging mit der Zeugin zur Straßenbahn, wollte aber nicht mit ihr nach Hause kommen. Harold Sharp berichtet, dass sein Hund Hektor sich in einer Séance materialisierte und eine auf dem Boden stehende Wasserschale leerschlürfte (siehe H. Sharp: Auch Tiere überleben den Tod, 29). 18 Das Pfingstfest ist das jüdische Schawuot-Fest, das fünfzig Tage nach dem Passahfest gefeiert wird (siehe Lev 23,15–21). 19 Apg 2,1–4. 20 George Henslow zitiert einen Séance-Teilnehmer: »›Lichter‹, ›brausenden Wind‹, ›Zungen von Feuer‹ erleben wir [in unseren Séancen] fast jeden Sonntag« (G. Henslow: The Religion of the Spirit World, 202–203); siehe auch W. Crookes: Researches in the Phenomena of Spiritualism, 86 (Wind vor Materialisationserscheinungen), 91 (diverse sich im Raum bewegende Lichter, die sich zum Teil auf die Köpfe von Personen setzten); siehe ferner A. Ballou: An Exposition of Views Respecting the Principal Facts, Causes and Peculiarities Involved in Spirit Manifestations, 86–87; J. D. Lewis: Hints for the »Evidences of Spiritualism«, 90. In zeitgenössischen Berichten über Séance-Phänomene werden ebenfalls Lichter und Luftbewegungen in geschlossenen
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Auferstehung und Reich Gottes im Christentum nach Jesus
nomene beschrieben. 21 Dem Autor der Apostelgeschichte ist diese Verbindung zwischen den Pfingstlichtern und den materiell wirkenden Erscheinungen Jesu jedoch anscheinend unbekannt. Er berichtet die Pfingstereignisse jedenfalls nicht, um materielle Erscheinungen Jesu wahrscheinlicher zu machen. Es gibt auch keinen mir bekannten literarischen oder kerygmatischen Grund, die Pfingstgeschehnisse vollständig zu erfinden. Deshalb halte ich es für durchaus denkbar, dass hier ein im Kern historisches Erlebnis der Jünger wiedergegeben wird. In modernen Berichten wird ähnlich wie in der Apostelgeschichte eine ungewöhnliche Wirkung der Berührung durch die in Séancen auftretenden Lichter beschrieben. 22 Unter anderem soll die Berührung durch ein solches Licht regelmäßig einer Trance vorausgegangen sein, in der die betreffende Person mit fremden Stimmen sprach. 23 Die Parallele zwischen den Pfingstphänomenen und Räumen berichtet, siehe M. Keen, A. Ellison, D. Fontana: The Scole Report, 54–65 (Lichter), 230, 241 (Luftbewegungen); G. Solomon, J. Solomon: The Scole Experiment 21, 28, 30, 187–188, 224–228 (Lichter), 6 (Luftbewegungen). 21 Siehe W. Crookes: Researches in the Phenomena of Spiritualism, 92; G. Henslow: The Religion of the Spirit World, 203; C. Wills-Brandon: Heavenly Hugs, 183; H. Schwenke: Transzendente Begegnungen, 106, 109–110. Eine weitere Parallele zu modernen Séancen, von denen Materialisationen berichtet werden, sind erdbebenartige Erschütterungen, wie sie in Apg 4,31 erwähnt werden: »Und als sie gebetet hatten, erbebte die Stätte, wo sie versammelt waren, und sie wurden alle mit Heiligem Geist erfüllt und redeten das Wort Gottes mit Freimütigkeit«. Ein mir persönlich bekannter Zeuge berichtet ähnliches im Vorfeld einer den Berichten nach besonders eindrücklichen Materialisation bei einer Séance im Mai 2016 in Basel: »Der Boden und die Wände [des Raumes] zittern, ich mache mir fast Sorgen, ob es sich um ein Erdbeben handelt oder sonst etwas Beunruhigendes. […] Der ganze Raum bebt gewaltig« (Bericht liegt dem Autor vor); siehe auch G. Henslow: The Religion of the Spirit World, 204. 22 Siehe C. Wills-Brandon: Heavenly Hugs, 183–184: »Diese Kugeln aus Licht begannen größer zu werden, und es sah so aus, als ob sie versuchten, Form anzunehmen. Eine begann die Form eines Kopfes anzunehmen und ich dachte bei mir, Ist das vielleicht meine Großmutter? … Es ist für mich immer noch schwer, über den nächsten Teil der Erfahrung zu reden, weil es mich sehr bewegt. Eine dieser bläulich-weißen Kugeln, nicht sehr groß, prallte auf meiner linken Seite gegen mich, in der Nähe der Herzgegend. Obwohl es sich [nur] wie ein leichter Schubs anfühlte, nahm es mir buchstäblich den Atem. Es war, als ob das Licht durch mich hindurchgegangen wäre. Und [gleichzeitig] damit fühlte ich mich plötzlich voller Frieden, Freude, Ruhe und ungemein geliebt«. 23 Arthur Findlay berichtet solches von dem spiritualistischen Medium John Campbell Sloan (1869–1951). Ein bläuliches Licht sei vor dem Beginn des Trancesprechens quer durch den Raum zu Sloan geschwebt, und als es ihn erreichte, habe sein Mund zu sprechen begonnen, aber nicht mit seiner eigenen Stimme. Eine andere Persönlichkeit
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Die physische Auferstehung Jesu als Paradigma
Séance-Phänomenen wurde bereits im neunzehnten Jahrhundert gezogen. 24 Eine einigermaßen adäquate Erörterung der nachtodlichen Erscheinungen Jesu und der Pfingstphänomene würde eine eigene Abhandlung erfordern. Für meine Zwecke reicht es aus festzuhalten, dass die nachtodlichen Erscheinungen Jesu anscheinend teilweise den Eindruck einer physischen Anwesenheit des verstorbenen Jesus vermittelten. Wohl deshalb, so vermute ich, wurden sie von seinen Jüngern im Licht der Auferstehungslehre, die er zu irdischen Lebzeiten verkündet hatte, als Erscheinungen seines auferstandenen physischen Körpers gedeutet. Diese Interpretation der nachtodlichen Erscheinungen Jesu prägt den Auferstehungsglauben des Christentums bis heute. Dabei sprach die Phänomenologie der berichteten Erscheinungen – veränderte Gestalt, plötzliches Auftauchen und Verschwinden in geschlossenen Räumen – bei genauerer Betrachtung eher dagegen, dass es sich tatsächlich um seinen wiederbelebten physischen Körper handelte. Ich glaube im Übrigen nicht, dass das Konzept der Auferstehung mit einem leuchtenden, in der Blüte des Lebens stehenden Körper seinen Ursprung in sehr materiell wirkenden Erscheinungen Verstorbener hat, die bei normalem Bewusstsein und anscheinend mit den physischen Sinnen wahrgenommen wurden. Derartige Erscheinungen sind nicht nur relativ selten, sie leuchten in aller Regel auch nicht. 25 Dem Körper des auferstandenen Jesus wird in den Evangelien ebenfalls kein Leuchten zugeschrieben. Die Vorstellung von leuchtenden Auferstandenen in der Blüte ihres Lebens geht nach meiner Hypothese vielmehr auf Wahrnehmungen verstorbener Personen ohne Beteiligung der physischen Sinne zurück, die im Rahmen von Jenseitserfahrungen gemacht werden. 26 habe dann aus ihm gesprochen, die jetzt die Kontrolle über das Medium zu haben bekanntgab. Ähnliches sei auch bei Sitzungen mit anderen Medien beobachtet worden. Findlay vergleicht das Phänomen mit dem Pfingstgeschehen, wo die Jünger in anderen Sprachen redeten, nachdem sich die Feuerzungen auf sie gesetzt hatten (A. Findlay: The Way of Life, 78–79). 24 Siehe z. B. A. Ballou: An Exposition of Views Respecting the Principal Facts, Causes and Peculiarities Involved in Spirit Manifestations, 87; E. Crowell: The Identity of Primitive Christianity and Modern Spiritualism, 489; J. Jones: The Natural and Supernatural, 403; J. D. Lewis: Hints for the »Evidences of Spiritualism«, 89–90. 25 Siehe dazu H. Schwenke: Transzendente Begegnungen, 104. Auch von den materiell wirkenden Erscheinungen bei Séancen (siehe das Beispiel in ebd. 139–140) wird in den mir bekannten Fällen kein Leuchten berichtet. 26 Siehe S. 27–29 und 33.
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Auferstehung und Reich Gottes im Christentum nach Jesus
Die physische Auferstehung Jesu und das leere Grab Trotz ihrer Rätselhaftigkeit werden die nachtodlichen Erscheinungen Jesu von den kanonischen Evangelien eindeutig als Zeichen und Belege seiner physischen Auferstehung verstanden. Er hat einen Körper mit »Fleisch und Knochen«, 27 und zwar denselben Körper, der nach der Kreuzigung ins Grab gelegt wurde. 28 Eine notwendige Voraussetzung dieser Lehre ist, dass sich der Leichnam Jesu nach der Auferstehung nicht mehr im Grab befand. 29 Deshalb mussten die Evangelisten 27
Lk 24,39. Es gibt nur wenige schwache Anhaltspunkte dafür, dass die Evangelien eine nichtphysische Fortexistenz Jesu nach dem Tod verkündigen wollen. Manche Interpreten sind der Auffassung, dass Jesus nach der etwas kryptischen Ostererzählung des Matthäusevangeliums bereits aus dem Grab entwichen war, bevor der Stein vor dem Eingang weggewälzt wurde: »Nach dem Sabbat […] kamen Maria Magdalena und die andere Maria, um das Grab zu besehen. Und siehe, es geschah ein großes Erdbeben, denn ein Engel des Herrn stieg vom Himmel herab, trat herzu, wälzte den Stein von dem Eingang hinweg und setzte sich darauf. […] Vor seinem furchtbaren Anblick aber erbebten die Wächter und wurden wie tot. Der Engel aber wandte sich zu den Frauen und sprach: Fürchtet ihr euch nicht! Ich weiß wohl, daß ihr Jesus, den Gekreuzigten, sucht. Er ist nicht hier, denn er ist auferstanden, wie er gesagt hat. Kommt her, seht den Ort, wo der Herr gelegen hat!« (Mt 28,1–6). Obwohl es nicht ausdrücklich gesagt wird, scheint es, als ob die Öffnung des Grabes erst erfolgte, als die beiden Marien am Grab sind, sodass sie Jesus aus dem Grab hätten kommen sehen müssen, wenn er erst nach dessen Öffnung herausgekommen wäre (siehe H. von Campenhausen: Der Ablauf der Ostereignisse, 27; D. C. Allison: The Scriptural Background of a Matthean Legend, 178). Von Campenhausen hält »die seltsame Folgerung, daß Jesus vorher aus dem noch verschlossenen Grab heraus durch den Felsblock hindurch gefahren sein muß«, allerdings für »wahrscheinlich […] ganz ungewollt« (H. von Campenhausen: Der Ablauf der Ostereignisse, 27). Selbst wenn man annähme, dass Matthäus ein Entweichen Jesu aus dem verschlossenen Grab behaupten wollte, bedeutet dies keineswegs, dass er dabei eine nichtphysische postmortale Existenz Jesu im Sinn hatte. Denn die Leerheit des Grabes wird im Matthäusevangelium mit der Auferstehung Jesu erklärt: »Er [Jesus] ist nicht hier, denn er ist auferstanden […]. Kommt her, seht den Ort, wo der Herr gelegen hat« (siehe Mt 28,6). Eine nichtphysische postmortale Seinsweise würde – im Gegensatz zu einer Auferstehung des verstorbenen physischen Körpers – kein Verschwinden des physischen Körpers erfordern und das leere Grab daher in keiner Weise erklären. Auch die direkt anschließend geschilderte Szene, in der die Frauen die Füße des ihnen vor dem Grab begegnenden Jesus umfassen (Mt 28,9), spricht eindeutig dagegen, dass der Evangelist dem auferstandenen Jesus eine nichtphysische Seinsweise zuschrieb. Außerdem wurde eine physische Fortexistenz Jesu in anderen Evangelien offensichtlich nicht im Widerspruch zum Hindurchgehen durch Wände und verschlossene Türen gesehen (siehe Lk 24,31.36 und Joh 20,19.26). 29 Siehe dazu L. Oberlinner: Die Verkündigung der Auferweckung Jesu, 165 und H. Hoping: Einführung in die Christologie, 71–72. 28
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Die physische Auferstehung Jesu als Paradigma
großes Gewicht darauf legen, dass das Grab Jesu leer war. Alle vier Evangelien berichten, dass Jesu Leichnam nach der Kreuzigung in ein Grab gelegt wurde, dass dieses Grab mit einem – bei Matthäus und Markus als ›groß‹ beziehungsweise ›überaus groß‹ bezeichneten – Stein verschlossen wurde und dass sich sein Leichnam nach der Auferstehung nicht mehr darin befand. 30 Die Evangelien belassen es dabei aber nicht, sondern bringen das leere Grab ausdrücklich in einen logischen Zusammenhang mit der Auferstehung. Man findet ein wechselseitiges Begründungsverhältnis zwischen Auferstehung und leerem Grab: Einerseits wird den Frauen, die ans Grab kommen und den Leichnam Jesu darin nicht mehr finden, das Fehlen des Leichnams mit der Auferstehung Jesu erklärt. 31 Andererseits wird das leere Grab auch zum Beleg der Auferstehung. Mit dem mehr oder weniger großen und schweren Stein vor dem Grab und bei Matthäus zusätzlich mit Siegeln und Wachen 32 sollte plausibel gemacht werden, dass die Leerung des Grabs – und mit ihr eine Vortäuschung der Auferstehung – durch Wegnahme des Leichnams nicht oder kaum möglich war. 33 Da in den Evangelien außer einem derartigen Grabraub und Jesu physischer Auferstehung keine andere Möglichkeit genannt wird, wie der Leichnam Jesu aus dem Grab hätte verschwinden kön-
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Siehe Mt 27,57–28,8; Mk 15,42–16,8; Lk 23,50–24,12; Joh 19,38–20,15. Das leere Grab wird bei Markus und Matthäus allerdings nur indirekt ausgesagt: »Er [d. h. Jesus] ist […] nicht hier. Seht den Ort, wo sie ihn hingelegt hatten!« (Mk 16,6; ähnlich Mt 28,6). Leere Gräber nach der Auferstehung werden auch in der Erzählung der Heiligenauferstehung nach Jesu Tod im Matthäusevangelium impliziert: »[D]ie Erde wurde erschüttert und die Felsen wurden gespalten. Und die Gräber wurden geöffnet, und viele Körper der Heiligen, die entschlafen waren, wurden auferweckt und kamen aus den Gräbern heraus nach seiner Auferstehung. Sie kamen in die heilige Stadt und erschienen vielen.« (Mt 27,51–53) (Übers. H. S.). Zur exegetischen Diskussion des leeren Grabes Jesu siehe ausführlich D. C. Allison: Resurrecting Jesus, 299–337. 31 Siehe Mt 28,6 und dazu S. 112 Fn. 28; ganz ähnlich Mk 16,6; etwas ausführlicher Lk 24,3–7; vgl. auch Joh 20,8–9. 32 Siehe Mt 27,65–66. 33 Das Matthäusevangelium lässt Gegner Jesu zu Pilatus sagen, er solle den Befehl zur Bewachung des Grabes Jesu geben, »damit nicht etwa seine Jünger in der Nacht kommen, ihn stehlen und zum Volk sagen: Er ist von den Toten auferstanden!« (Mt 27,64). Maria Magdalena vermutete laut Johannesevangelium, dass man Jesu Leichnam weggenommen habe (siehe Joh 20,2.13.15). Der Hinweis auf die noch im Grab verbliebenen Leichentücher Jesu (siehe Joh 20,5–7) wird als Argument des Evangelisten gegen einen Raub der Leiche Jesu verstanden (siehe H. Hoping: Einführung in die Christologie, 71).
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Auferstehung und Reich Gottes im Christentum nach Jesus
nen, 34 ergibt sich aus einem gut verschlossenen und bewachten Grab, das trotzdem leer ist, ein Argument für die Auferstehung.
Der physische Auferstehungskörper Jesu in frühchristlichen Schriften Die Epistula Apostolorum, der Brief der Apostel, eine apokryphe Schrift, die vermutlich in der ersten Hälfte des zweiten Jahrhunderts entstand, 35 betont, dass die Apostel den auferstandenen Jesus »berühren konnten«. 36 Jesus geht hier zudem nicht durch verschlossene Türen wie im Johannesevangelium, 37 sondern ruft die im Haus befindlichen Jünger »heraus vor die Tür«, 38 was dem physischen Charakter seiner Erscheinung besser gerecht wird. Voller Zweifel in unserem Herzen, ob er es auch wirklich war, gingen wir zu ihm hinaus. Jesus fragte uns: »Weshalb zweifelt ihr und seid so ungläubig? Ich habe euch doch selbst erklärt, daß ich leibhaftig leiden werde [wörtl. ›über mein Fleisch‹], daß ich sterben muß und auferstehen werde. Damit ihr erkennt, daß ich es wirklich bin, lege du, Petrus, deine Finger in die Nägelmale an meinen Händen. Und du, Thomas, lege deine Finger in die Lanzenstiche an meiner Seite. Und du, Andreas, sieh nach, ob mein Fuß die Erde berührt und einen Abdruck hinterläßt. Denn beim Propheten steht geschrieben: ›Ein Gespenst, ein Dämon, macht keine Spur auf der Erde.‹« 39 34
Eine von Dale Allison besprochene weitere Erklärung des leeren Grabes besteht darin, dass der Körper Jesu ungewöhnlich rasch verweste oder sich gar auf übernatürliche Weise innerhalb sehr kurzer Zeit entmaterialisierte (siehe D. C. Allison: Resurrecting Jesus, 212–213 mit Fn. 59 sowie ebd. 308–311 mit einem antiken und einem modernen tibetischen Fallbeispiel; zur Entmaterialisierung des Leichnams tibetischer Mönche siehe auch G. Holland: The Rainbow Body). Obwohl man diese Möglichkeit nicht ausschließen kann, passt sie nicht gut zum Text der Evangelien. Würde die Auferstehung nicht als Wiederherstellung des physischen Körpers, sondern nur als nichtphysisches Fortleben verstanden, fände sie wohl auch ohne die Entmaterialisierung des physischen Körpers statt und könnte dessen Verschwinden daher nicht erklären. Die Evangelien erklären jedoch, wie gesagt, das leere Grab mit der Auferstehung (siehe S. 112 Fn. 28 und S. 113). 35 M. Hornschuh: Studien zur Epistula Apostolorum, 116. 36 EpAp 2,3 (Übers. K. Berger, C. Nord: Das Neue Testament und frühchristliche Schriften, 992), vgl. EpAp 12,1. 37 Joh 20,19.26. 38 EpAp 11,4 (Übers. K. Berger, C. Nord: Das Neue Testament und frühchristliche Schriften, 996). 39 EpAp 11,6–9 (Übers. ebd. 996–997).
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Die physische Auferstehung Jesu als Paradigma
Der Brief der Apostel stellt auch die Aufnahme Jesu in den Himmel wie einen physischen, mit den normalen Sinnen wahrnehmbaren Vorgang dar: Als er [d. h. Jesus] noch redete, donnerte und blitzte es, die Erde bebte, der Himmel öffnete sich einen Spaltbreit, und eine Wolke aus Licht nahm Jesus auf. Wir hörten die Stimmen vieler Engel, die freuten sich, lobten Gott und sangen: »Versammle uns bei dir, Priester, im Licht der Herrlichkeit.« Als Jesus dem Firmament des Himmels nahe war, hörten wir ihn sagen: »Geht in Frieden«. 40
Ein als Brief des Ignatius von Antiochien 41 an die Gemeinde in Smyrna deklarierter Text, der aber möglicherweise erst nach dem Tod des Ignatius in der zweiten Hälfte des zweiten Jahrhunderts geschrieben wurde, 42 verteidigt mit drastischen Worten die Fleischlichkeit des Körpers Jesu nach der Auferstehung. Der Autor wendet sich gegen die Doketisten, die Jesus nur einen Scheinleib zusprachen: Ich weiß nämlich und vertraue darauf, daß er [d. h. Jesus] auch nach der Auferstehung derselbe war im Fleisch. Und als er zu denen bei Petrus kam, sprach er zu ihnen: »Fasst (mich) an, betastet mich und sehet, dass ich kein körperloser Dämon bin.« 43 Und sogleich betasteten sie ihn und glaubten, weil sie mit seinem Fleisch und seinem Blut in Kontakt gekommen waren. […] Nach der Auferstehung aß und trank er mit ihnen wie ein Fleischlicher, obwohl er dem Geiste nach vereinigt war mit dem Vater. 44
In manchen Glaubensdokumenten wird ausdrücklich behauptet, Jesus sei nicht nur mit seinem physischen Körper in den Himmel aufgefahren, sondern würde mit ihm auch zum Jüngsten Gericht wieder vom Himmel kommen. Im Werk Ancoratus des Epiphanios von Salamis 45 aus dem Jahr 374 heißt es über Jesus: »[D]erselbe aber hat im Fleisch gelitten und ist auferstanden und hinaufgestiegen in die Himmel in ebendiesem Leib; er sitzt in Herrlichkeit zur Rechten des Va40
EpAp 51,3.5 (Übers. ebd. 1020). Ignatius war Bischof von Antiochien in Syrien. Nach der Kirchengeschichte des Eusebius soll er unter Trajan in Rom gestorben sein, also vor dem Jahr 117. Manche Historiker verlegen seinen Tod ins spätere zweite Jahrhundert. 42 Siehe W. Schmithals: Zu Ignatius von Antiochien. 43 Vgl. Lk 24,39. 44 IgnSm 3,1–3 (Übers. H. S. nach dem griech. Text in J. B. Lightfoot, J. R. Harmer: The Apostolic Fathers, 128). 45 Epiphanios von Salamis wurde zwischen 310 und 320 in Eleutheropolis in Judäa geboren, wurde 367 Bischof von Konstantia (Salamis) auf Zypern und starb 402 oder 403 auf der Rückreise von Konstantinopel nach Zypern auf dem Meer. 41
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Auferstehung und Reich Gottes im Christentum nach Jesus
ters und kommt in ebendiesem Leib in Herrlichkeit, Lebende und Tote zu richten; sein Reich wird kein Ende haben«. 46 Dasselbe lehrt das Große Glaubensbekenntnis der armenischen Kirche, das möglicherweise ebenfalls dem vierten Jahrhundert entstammt. 47
Die physische Auferstehung als christliches Dogma Auferstehung des physischen Körpers in christlichen Glaubensbekenntnissen und Lehrdokumenten Die Auferstehung des physischen Körpers nach dem Vorbild der Auferstehung Jesu ist bis heute wichtiger Bestandteil offizieller kirchlicher Lehre geblieben. 48 Ausdrücklich wird sie im Apostolischen Glaubensbekenntnis, dem verbreitetsten Bekenntnis der westlichen christlichen Kirchen, formuliert. 49 Seine zahlreichen Vorformen reichen möglicherweise bis ins zweite Jahrhundert zurück. 50 Es lehrt die Auferstehung des Fleisches (carnis resurrectionem), 51 was neuerdings jedoch mit »Auferstehung der Toten« übersetzt wird. 52 In christlichen Glaubensbekenntnissen und Lehrdokumenten wird ausdrücklich betont, dass ein Mensch bei der Auferstehung des Fleisches nicht mit irgendeinem (ähnlichen) physischen Körper aufersteht, sondern mit genau demselben, der begraben worden war. 46
Übers. H. Denzinger: Enchiridion symbolorum, 34 (D 44) (Hervorhebung H. S.). Siehe ebd. 37 (D 48). Dass Jesus in demselben Körper, in dem er auf Erden lebte, vom Himmel zum Gericht kommen wird, lehrt auch Augustinus in De civitate dei XX,6. 48 Siehe zu Auferstehungslehren bis zum Spätmittelalter C. W. Bynum: The Resurrection of the Body. 49 Siehe H. Denzinger: Enchiridion symbolorum, 30 (D 30). Das Konstantinopolitanische Glaubensbekenntnis, das auf das Konzil von Konstantinopel im Jahr 381 zurückgehen soll und auch in den östlichen Kirchen breite Verwendung findet, spricht von der Auferstehung der Toten (ἀνάστασις νεκρῶν, resurrectio mortuorum) (siehe ebd. 77 [D 150]). 50 Siehe ebd. 21–30 (D 10–30). 51 Diese Formulierung findet sich anscheinend zuerst im ersten Klemensbrief (1 Clem 26,3), siehe H. E. Lona: Über die Auferstehung des Fleisches, 23. Ab 170 n. Chr. habe diese Formel die Rede von der Auferstehung des Leibes bzw. der Toten zunehmend verdrängt (siehe ebd. 265). 52 Gemeint ist die ökumenische Fassung der deutschsprachigen Kirchen von 1970; siehe Katechismus der Katholischen Kirche, 82; Gesangbuch der Evangelisch-reformierten Kirchen der deutschsprachigen Schweiz, 340 (Nr. 263). 47
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Die physische Auferstehung als christliches Dogma
»Wir glauben, daß wir in seinem [d. h. Jesu] Tod und seinem Blut gereinigt wurden, um von ihm auferweckt zu werden am jüngsten Tag in diesem Fleisch, in dem wir jetzt leben«, formuliert das Glaubensbekenntnis Fides Damasi am Ende des fünften Jahrhunderts. 53 Gegen die Übersetzung der Formel ›carnis resurrectionem‹ mit ›Auferstehung der Toten‹ im Apostolischen Glaubensbekenntnis wandte die päpstliche Kongregation für die Sakramente und den Gottesdienst im Jahr 1983 ein: »[M]it der Aufgabe der Formulierung ›Auferstehung des Fleisches‹ verbindet sich die Gefahr, heutige Theorien zu unterstützen, die die Auferstehung in den Moment des Todes verlegen und dadurch praktisch die leibliche Auferstehung, speziell dieses Fleisches, ausschließen«. 54 Und der Katechismus der Katholischen Kirche wiederholte 1997 die Aussage des Vierten Laterankonzils, dass »alle […] mit ihren eigenen Leibern auferstehen, die sie jetzt tragen«. 55 Offenbar war das nicht immer selbstverständlich. Verschiedentlich wird explizit die Auffassung bekämpft, die Auferstehung erfolge in einem ›anderen Fleisch‹. 56 Dieses Thema war zum Beispiel im fünften Jahrhundert Teil einer Glaubensprüfung für Kandidaten des Bischofsamts: »Wer zum Bischof geweiht werden soll, muß zuvor geprüft werden […]. Man soll ihn auch fragen, ob er hani die Auferstehung dieses Fleisches, das wir tragen, und nicht eines anderen
53
Übers. H. Denzinger: Enchiridion symbolorum, 44 (D 72) (Hervorhebung H. S.). Nahezu wortgleich bekennt die Vierte Synode von Toledo, die am 5. Dezember 633 begann: »[D]urch seinen [d. h. Jesu] Tod und sein Blut gereinigt, haben wir die Vergebung der Sünden erlangt, um von ihm am Jüngsten Tag in dem Fleisch auferweckt zu werden, in dem wir jetzt leben« (Übers. ebd. 205 [D 485]). Papst Leo XI. schreibt in seinem Brief Congratamulur vehementer vom 13. April 1053 an Petrus, den Patriarchen von Antiochien: »Ich glaube auch hani die wahre Auferstehung eben dieses Fleisches, das ich jetzt an mir trage, und das ewige Leben« (Übers. ebd. 290 [D 684]). Im Glaubensbekenntnis des byzantinischen Kaisers Michael VIII. Palaiologos (1259– 1282), verlesen auf dem Zweiten Konzil von Lyon am 6. Juli 1274, heißt es: »Wir glauben auch hani die wahre Auferstehung dieses Fleisches, das wir jetzt tragen, und das ewige Leben« (Übers. ebd. 355 [D 854]). Siehe auch Irenaeus von Lyon: Adversus haereses V,15,1. 54 Kongregation für die Sakramente und den Gottesdienst: De Symbolo Apostolico, 35 (RdNr 4785g). 55 Katechismus der Katholischen Kirche, 286 (§ 999); H. Denzinger: Enchiridion symbolorum, 333 (D 801). 56 Schon Tertullian: De resurrectione carnis, 55 kämpft gegen die Meinung, »es werde ein anderes Fleisch auferstehen« (Übers. [Tertullian:] Tertullians sämtliche Schriften II, 497).
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Auferstehung und Reich Gottes im Christentum nach Jesus
glaubt«. 57 Die sechzehnte Synode von Toledo konkretisiert Ende des siebten Jahrhunderts die bekämpfte Vorstellung von einem anderen Fleisch: Wie er [d. h. Jesus] uns durch seine Auferstehung ein Beispiel gegeben hat […], so wollen wir jederzeit glauben, daß auch wir am Ende dieser Zeit auferstehen werden, nicht in einem luftigen Schemen oder im Schemen einer eingebildeten Erscheinung, wie es die verwerfliche Meinung gewisser Leute behauptet, sondern in der Substanz des wahrhaften Fleisches, in dem wir jetzt sind und leben[.] 58
Ein buchstäbliches Verständnis der physischen Auferstehung nimmt unter Christen ab, 59 zum Bedauern konservativer Theologen. 60 Doch wird sie offiziell immer noch gelehrt, zum Beispiel, wie wir bereits sahen, vom Katechismus der römisch-katholischen Kirche, obwohl dieser auch die Unsterblichkeit einer vom Körper trennbaren Seele postuliert:
57
Statuta Ecclesia Antiqua, verfasst in der Gallia Narbonensis (römische Provinz im Bereich der heutigen Provence in Frankreich) Mitte bis Ende des 5. Jh. (Übers. H. Denzinger: Enchiridion symbolorum, 140–141 [D 325]; Hervorhebung H. S.). 58 Glaubensbekenntnis der 16. Synode von Toledo, begonnen am 2. Mai 693 (Übers. ebd. 250 [D 574]; Hervorhebung H. S.). Ähnlich das Glaubensbekenntnis der 11. Synode von Toledo, begonnen am 7. November 675: »Wir bekennen nun, daß nach diesem Beispiel unseres Hauptes [d. h. Jesus] die wahre Auferstehung des Fleisches aller Toten geschieht. Wir glauben, daß wir weder in einem luftförmigen noch in irgendeinem anderen Fleisch (wie manche daherphantasieren) auferstehen werden, sondern in dem, in dem wir leben, bestehen und uns bewegen.« (Übers. ebd. 232 [D 540]; Hervorhebung H. S.). 59 Siehe D. C. Allison: Night Comes, 25–30. Nach K. Harpprecht: Wer glaubt schon an Auferstehung?, bejahen 40 Prozent der deutschen Katholiken und die Hälfte der deutschen Protestanten die Auferstehung. In den USA glauben nach einer Umfrage aus dem Jahr 2006 zwar 72 Prozent der Bevölkerung an ein Leben nach dem Tod, aber nur 36 Prozent beantworteten die Frage: »Glauben Sie, dass, nachdem Sie gestorben sind, Ihr physischer Körper eines Tages auferweckt werden wird?« mit Ja (siehe T. Hargrove, G. Stempel: Most Americans Doubt the Resurrection of the Body). Siehe auch C. W. Bynum: The Resurrection of the Body, 14–15. 60 Siehe z. B. N. T. Wright: Surprised by Hope, 3–27. Siehe auch die Reaktion des Präsidenten des Southern Baptist Theological Seminary in Louisville, Albert Mohler, auf die geringe Zustimmung zur Frage »Glauben Sie, dass, nachdem Sie gestorben sind, Ihr physischer Körper eines Tages auferweckt werden wird?« in der in Fn. 59 erwähnten Umfrage. Mohler meinte, dies Ergebnis spiegele das sehr tiefe Niveau des ›doctrinal preaching‹ in den US-amerikanischen Kirchen wider (siehe T. Hargrove, G. Stempel: Most Americans Doubt the Resurrection of the Body).
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Die physische Auferstehung als christliches Dogma
Das christliche Credo […] gipfelt in der Verkündigung, daß die Toten am Ende der Zeiten auferstehen und daß es ein ewiges Leben gibt. […] Wie Christus wirklich von den Toten auferstanden ist und für immer lebt, so werden die Gerechten nach ihrem Tod für immer mit dem auferstandenen Christus leben und er wird sie am Letzten Tag auferwecken. […] »Auferstehung des Fleisches« (wie die Formulierung im apostolischen Glaubensbekenntnis wörtlich lautet) bedeutet […], daß nach dem Tod nicht nur die unsterbliche Seele weiterlebt, sondern daß auch unsere »sterblichen Leiber« (Röm 8,11) wieder lebendig werden. 61
Orthodoxe Kirchen halten ebenfalls am Dogma der Auferstehung des physischen Körpers fest. Im Ausführlichen christlichen Katechismus des Philaret Drosdow von Moskau 62 aus dem Jahr 1823, der heute noch in Gebrauch ist, 63 wird Auferstehung definiert als die »Wiedervereinigung« der »Leiber der verstorbenen Menschen mit ihren Seelen«. Gott könne die »Körper«, die »in der Erde verwes’t und zerstäubt« sind, »wieder erneuern«, weil er »den Körper anfangs aus Erde geschaffen hat«. 64 Evangelische Theologen lehnten im zwanzigsten Jahrhundert häufig die Unsterblichkeit der Seele ab und legten deshalb ein besonderes Gewicht auf eine körperliche Auferstehung. 65 Mit welcher Art Körperlichkeit die Auferstandenen versehen sein werden, bleibt allerdings oft dunkel.
Heilerische Totenerweckungen als Beweis der Möglichkeit der physischen Auferstehung Wie in den Jesusworten des Neuen Testaments werden auch in der frühchristlichen Literatur heilerische Totenerweckungen als Belege für die Möglichkeit der Auferstehung des toten physischen Körpers 61
Katechismus der Katholischen Kirche, 284 (§§ 988–990). Philaret Drosdow wurde 1783 geboren und war von 1826 bis zu seinem Tod 1867 Metropolit von Moskau (siehe M. Tamcke: Kommentar, 145–158). 63 Siehe J. Wasmuth: Orthodoxe Theologie, 293. 64 P. Drosdow: Ausführlicher christlicher Katechismus, 88. 65 Siehe C. Schwöbel: Auferstehung: »Für die ev. Theologie des 20. Jh. steht weithin das Bekenntnis zur A[uferstehung] der Toten ›in ausschließendem Gegensatze‹ (P. Althaus: [Auferstehung] RGG3 1, 1957, 697) zur Vorstellung der Unsterblichkeit der Seele. Dem entspricht ein Verständnis des Todes als Tod des ganzen Menschen und nicht als Trennung der Seele vom Leib, so daß die A[uferstehung] als Neuschöpfung und nicht als Verbindung der Seele mit einer neuen Leiblichkeit verstanden werden muß.« 62
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Auferstehung und Reich Gottes im Christentum nach Jesus
angesehen. Dies unterstützt zum einen die These, dass Jesus selbst die heilerischen Totenerweckungen als Auferstehung in diesem Sinn verstanden hat, und unterstreicht zum anderen den Glauben an die Auferstehung des physischen Körpers im Christentum. In der Kirchengeschichte des Eusebius von Caesarea 66 findet sich ein Auszug aus einer verlorenen Schrift des Quadratus von Athen, 67 die vermutlich kurz nach der Wende des ersten zum zweiten Jahrhundert entstand. Sie erwähnt Auferstandene, die noch den Zeitgenossen des Quadratus bekannt waren: Was unser Erlöser getan hat, war ständig noch vor aller Augen, denn es war wirklich geschehen: Leute, die geheilt waren, und Leute, die von den Toten auferstanden waren, Leute, die man nicht nur [einmal] als Geheilte und Auferstandene gesehen hatte, sondern die auch ständig da waren, nicht nur solange unser Erlöser auf Erden war, sondern auch nachdem er sich entfernt hatte. Sie lebten noch geraume Zeit, und einzelne waren sogar bis in unsere Tage hinein am Leben. 68
Irenäus von Lyon 69 führt die heilerischen Totenerweckungen Jesu ausdrücklich als Beispiele der physischen Auferstehung an: Unsere Gegner, die ihrem eigenen Heile im Wege stehen, mögen uns doch sagen, in welchen Leibern denn die tote Tochter des Hohenpriesters, 70 der tote Sohn der Witwe, der aus dem Tore herausgetragen wurde, 71 und Lazarus, der schon vier Tage im Grabe lag, 72 in welchen Leibern die auferstanden sind! Doch wohl in den Leibern, in denen sie auch gestorben waren. Wären es andere gewesen, dann wären ja andere auferstanden, als gestorben waren. Denn es heißt doch: Es ergriff der Herr die Hand des Toten 73 und sprach zu ihm: Jüngling, ich sage dir, stehe auf! Und es saß der Tote, 74 und er befahl ihm zu essen zu geben, 75 und er gab ihn seiner Mutter. 76 Und den Lazarus 66
Der Kirchenhistoriker Eusebius wurde um oder kurz nach 260 geboren, war Bischof von Caesarea in Palästina und starb um 339. 67 Siehe Eusebius: Historia ecclesiastica IV,3,1–2. Quadratus war vermutlich Bischof von Athen in den zwanziger Jahren des 2. Jh. und gilt als ältester christlicher Apologet. 68 Quadratus-Fragment (Übers. K. Berger, C. Nord: Das Neue Testament und frühchristliche Schriften, 769). 69 Irenäus von Lyon wurde vermutlich zwischen 130 und 140 in Kleinasien geboren, war Bischof von Lyon und starb um 200 in Gallien. 70 Siehe Mk 5,22. 71 Siehe Lk 7,12. 72 Siehe Joh 11,39. 73 Dies wird in Mk 5,41 von der Auferweckung der Tochter des Jairus gesagt. 74 Siehe Lk 7,14–15. 75 Dies wird in Mk 5,43 von der Auferweckung der Tochter des Jairus gesagt.
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Die physische Auferstehung als christliches Dogma
rief er mit lauter Stimme und sprach zu ihm: Lazarus, komm heraus! und es ging hinaus der Tote, umwickelt an Händen und Füßen mit Tüchern 77. 78
Kyrill von Jerusalem 79 zitiert auch Totenerweckungen der alttestamentlichen Propheten und der Apostel als Beispiele von Auferstehung: Viele Stellen der Schrift bezeugen die Auferstehung der Toten. […] Nicht erwähnt habe ich, wie Elias den Sohn der Witwe von den Toten erweckte, 80 nicht erwähnt habe ich, wie Elisäus zweimal Tote erweckte, das eine Mal zu seinen Lebzeiten, das andere Mal nach seinem Tode. 81 […]. Daran sei noch erinnert, daß auch die Apostel Tote erweckt haben. Petrus erweckte die Tabitha in Joppe, 82 Paulus den Eutychus in Troas, 83 auch alle übrigen Apostel wirkten Totenerweckungen; allerdings sind nicht alle Wunder aufgeschrieben, die jeder gewirkt hat. 84
Das unlösbare Problem der Wiederzusammenfügung der Körperpartikel Origenes von Alexandrien 85 argumentierte in der ersten Hälfte des dritten Jahrhunderts überzeugend, dass die Einsammlung der Partikel des Leichnams nicht ausschlaggebend für die Identität der Person sein kann, weil auch während des irdischen Lebens die Elemente des Körpers ständig ausgetauscht werden. 86 Trotzdem blieb die vorherrschen76
Siehe Lk 7,15. Siehe Joh 11,43–44. 78 Irenaeus von Lyon: Adversus haereses V,13,1 (Übers. [Irenäus von Lyon:] Des heiligen Irenäus fünf Bücher gegen die Häresien II, 504–505). 79 Kyrill von Jerusalem wurde um 315 geboren und war ab etwa 350 bis zu seinem Tod 386 Bischof von Jerusalem. In den orthodoxen Kirchen gilt er als Kirchenvater, in der römisch-katholischen Kirche als Kirchenlehrer. 80 Siehe 1 Kön 17,22. 81 Siehe 2 Kön 4,34; 13,21. 82 Siehe Apg 9,40. 83 Siehe Apg 20,10. 84 Kyrill von Jerusalem: Procatechesis et Catecheses ad illuminandos XVIII,16–17 (Übers. [Kyrill von Jerusalem:] Des heiligen Cyrillus von Jerusalem Katechesen, 347–349). 85 Der sehr bedeutende und einflussreiche Theologe Origenes wurde um 185 in Alexandria geboren und starb um 254 in Tyros. Ihm werden etwa 700 Werke zugeschrieben. 86 Siehe Origenes: Fragment zu Psalm 1,5, in Methodius: De resurrectione I,22–23 (abgedruckt in: Methodius, ed. Bonwetsch, 244–248); dazu C. W. Bynum: The Resurrection of the Body, 64–66. 77
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Auferstehung und Reich Gottes im Christentum nach Jesus
de Richtung der Auferstehungslehre jahrhundertelang dem Paradigma der Einsammlung und Zusammenfügung der verstreuten Elemente des toten Körpers verhaftet. 87 Dies bestätigt noch einmal, dass man an die Auferstehung genau desjenigen physischen Körpers, der gestorben war, dachte. Eine vieldiskutierte Frage war, wie die Einsammlung der in alle Welt verstreuten Partikel des Leichnams möglich sei. Kyrill von Jerusalem beschreibt die Einwände, mit denen diese Lehre konfrontiert wurde: Heiden wie Samariter entgegnen uns: »Wenn der Mensch stirbt, zerfällt er, fault und löst sich vollständig in Würmer auf, die auch ihrerseits sterben. Wenn sich aber solche Fäulnis und Vernichtung des Körpers bemächtigt hat, wie soll er auferweckt werden? Die Schiffbrüchigen werden von Fischen verzehrt, die selbst wieder verzehrt werden. Bären und Löwen zermalmen und verzehren sogar noch die Knochen der Tierkämpfer. Geier und Raben fressen das Fleisch von den Toten, die man auf freiem Felde liegen ließ, und fliegen dann in alle Welt davon. Woher soll der Körper zusammengebracht werden? Denn es ist möglich, daß von jenen Raubvögeln der eine in Indien, ein anderer in Persien, ein dritter in Gothien endet. Andere Menschen werden verbrannt, und Regen oder Winde zerstreuen ihre Asche. Wie soll der Körper wieder zusammengesetzt werden?« 88
Solche Fragen wurden schon früh gestellt. Im Brief der Apostel fragen die Apostel Jesus selbst nach dessen Auferstehung: »Kann denn der Leib lebendig werden, wenn er aufgelöst und verstreut ist?«, 89 allerdings ohne eine Antwort darauf zu erhalten. 90 Athenagoras von Athen 91 nahm um das Jahr 180 in seiner Abhandlung Über die Auferstehung an, dass Gott sowohl weiß, »wohin ein jedes Teilchen der sich auflösenden Körper gerät«, als auch »ausreichende Macht besitzt, […] das Aufgelöste zu einigen«. 92 Er diskutiert das später noch 87
Siehe dazu C. W. Bynum: Death and Resurrection in the Middle Ages, 594; C. W. Bynum: The Resurrection of the Body, 30, 32, 35, 38, 72, 75–76, 89, 103–104, 118– 119, 158, 162–163, 213, 220, 263–264. 88 Kyrill von Jerusalem: Procatechesis et Catecheses ad illuminandos XVIII,2 (Übers. [Kyrill von Jerusalem:] Des heiligen Cyrillus von Jerusalem Katechesen, 338). 89 EpAp 24,2 (Übers. K. Berger, C. Nord: Das Neue Testament und frühchristliche Schriften, 1004). 90 Siehe EpAp 24,3: »Daraufhin wurde Jesus zornig und fuhr uns an: ›Ihr Kleingläubigen! Wie lange wollt ihr noch fragen?‹« (Übers. ebd.). 91 Der Philosoph Athenagoras von Athen soll in der zweiten Hälfte des 2. Jh. in Athen gelebt haben. Von seinen Schriften ist neben der Abhandlung Über die Auferstehung nur noch die Apologie des Christentums erhalten. 92 Athenagoras: De resurrectione, 2–3 (Übers. [Athenagoras von Athen:] Des Athe-
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Die physische Auferstehung als christliches Dogma
oft behandelte Problem, dass menschliche Körper direkt oder indirekt (über den Genuss von Tieren, die Menschen gefressen haben) von Menschen gegessen werden. Dies könne die Wiederherstellung des Körpers aus seinen ursprünglichen Elementen nicht verhindern, da »sich Menschenleiber nie ihresgleichen assimilieren«, 93 das heißt, Elemente der Körper anderer Menschen in den eigenen Körper integrieren. Ebenfalls etwa um das Jahr 180 schrieb Irenäus von Lyon, dass es für Gott viel leichter sei, den in der Erde aufgelösten Leichnam wieder zum Dasein zu bringen, als den Menschen neu zu erschaffen. 94 Ähnlich argumentierte Tertullian 95 wenige Jahrzehnte später. 96 nagoras von Athen Apologie und Schrift über die Auferstehung, 330–332). Siehe auch Kyrill von Jerusalem: Procatechesis et Catecheses ad illuminandos XVIII,3 im Anschluss an die S. 122 zitierte Stelle: »Für dich, der du ein winzig kleiner und schwacher Mensch bist, ist Indien weit von Gothien und Spanien weit von Persien entfernt. Für Gott aber, der die ganze Erde in seiner Faust hält, ist alles nahe. […] Da du noch schwach im Glauben bist, gebe ich dir ganz einfache Vergleiche. Nimm an, verschiedene Pflanzensamen seien gemischt, und du hieltest diese verschiedenen Samen in deiner einen Hand! Ist es nun für dich, den Menschen, schwer oder leicht, was in deiner Hand ist, zu sondieren und die einzelnen Samen nach ihrer Beschaffenheit zu sammeln und zu ihrer Gattung zu legen? Wenn nun du das, was du in deiner Hand hast, sondieren kannst, sollte dann Gott das, was er in seiner Faust hält, nicht sondieren und wieder in Ordnung bringen können? Überlege, was ich dir sage, und antworte, ob es nicht gottlos ist, (die Auferstehung) zu leugnen!« (Übers. [Kyrill von Jerusalem:] Des heiligen Cyrillus von Jerusalem Katechesen, 338–339). 93 Athenagoras: De resurrectione, 7 (Übers. [Athenagoras von Athen:] Des Athenagoras von Athen Apologie und Schrift über die Auferstehung, 337); siehe auch Athenagoras: De resurrectione, 8: »[S]o werden sich auch die Menschenleiber nie mit gleichartigen Leibern einigen, da sie für diese keine naturgemäße Nahrung bilden, mögen sie noch so oft infolge herben Mißgeschickes durch einen menschlichen Magen hindurchgehen. Sie haben keine ernährende Kraft und kehren sich auflösend wieder zu den Elementen zurück, woraus sie ihre erste Gestaltung empfangen haben.« (Übers. ebd. 338). 94 Siehe Irenäus von Lyon: Adversus haereses V,3,2: »Nahm er [d. h. Gott] doch Staub von der Erde und machte den Menschen. Aber viel schwieriger und unglaublicher ist es, aus nicht existierenden Knochen und Nerven und Venen und den übrigen menschlichen Organen den Menschen zum Dasein und Leben und Denken zu bringen, als das bereits Gewordene und später nur in Erde Aufgelöste aus den angegebenen Gründen wieder zu erneuern, da es doch nur dort hinübergegangen ist, von wo der Mensch, der noch nicht war, seinen Ursprung genommen. Der nämlich den, der noch nicht war, wann es ihm beliebte, ins Dasein rief, der wird noch vielmehr die, welche schon waren, nach seinem Wohlgefallen in das von ihm geschenkte Leben zurückrufen.« (Übers. [Irenäus von Lyon:] Des heiligen Irenäus fünf Bücher gegen die Häresien II, 480). 95 Der einflussreiche christliche Schriftsteller Quintus Septimius Florens Tertullianus wurde um 160 in Karthago geboren und starb nach 220. Von ihm sind 31 Werke erhalten.
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Auferstehung und Reich Gottes im Christentum nach Jesus
Entgegen der Antwort des Athenagoras ist es unbestreitbar, dass ständig Partikel eines menschlichen Organismus in einen anderen menschlichen Organismus eingebaut werden. Wenn ein Leichnam nicht vollständig von der Umwelt isoliert wird, ist es nur eine Frage der Zeit, bis andere Menschen Atome, Moleküle und Salze dieses Leichnams über ihre Nahrung in sich aufnehmen und ihrem Körper assimilieren. Diese Mehrfachverwendung von Körperpartikeln würde notwendig zu unvollständigen Auferstehungskörpern führen, wenn Auferstehung auf der Zusammensetzung der Partikel des Leichnams beruhte, denn die Partikel können bei der Auferstehung nicht zwei Personen gleichzeitig zugeordnet werden. 97 Das Problem einer Wiederherstellung des Auferstehungskörpers aus denselben Partikeln kann zwar nicht gelöst werden. Eine Wiederherstellung aus gleichartigen Partikeln wäre allerdings logisch möglich und würde wohl denselben Zweck erfüllen.
Die Verwandlung des Auferstehungskörpers für die Ewigkeit Die Notwendigkeit der Verwandlung Es ist unvorstellbar, dass ein biologischer Organismus ewig lebt. Aus diesem Grund muss zur Wiederherstellung des physischen Körpers eine Verwandlung hinzutreten, um ihn unzerstörbar zu machen. Wenn nicht die Erde der nachtodliche Aufenthaltsort ist, sondern der Himmel oder das ewige Höllenfeuer, kommt außerdem das Erfordernis der Verwandlung zum Zweck der Anpassung an eine gänzlich andersartige Umwelt hinzu. Dies ist vielen christlichen Autoren bewusst. 96
Siehe Tertullianus: De resurrectione carnis, 11: »Denn entweder hat Gott alles aus nichts hergestellt, dann wird er auch das in nichts verwandelte Fleisch wieder aus dem Nichts hervorziehen können, oder er hat alles aus einer anders beschaffenen Materie gestaltet, dann wird er das Fleisch, wenn es auf irgend eine Weise absorbiert ist, auch wieder hervorrufen können. In jedem Falle ist der, welcher etwas gemacht hat, auch imstande, es wieder zu machen, da ja machen mehr ist als wiedermachen, und die Entstehung verleihen mehr als sie wieder verleihen. Somit muss man die Wiederherstellung des Leibes für leichter erachten als seine erste Herstellung.« (Übers. [Tertullian:] Tertullians sämtliche Schriften II, 434). De resurrectione carnis wird auf das Jahr 211 datiert (siehe C. Butterweck: Tertullian, 101). Siehe auch Minucius Felix: Octavius 34,9–10. 97 Siehe D. C. Allison: Night Comes, 19–21.
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Die Verwandlung des Auferstehungskörpers für die Ewigkeit
Keine klare zeitliche Trennung von Auferstehung und Verwandlung im Christentum Im Zoroastrismus waren Auferstehung und Verwandlung zwei zeitlich getrennte Vorgänge. 98 Das gilt auch für das jüdische zweite Baruchbuch. 99 Im Christentum werden hingegen Auferstehung und Verwandlung oft nicht klar unterschieden. Dazu hat maßgeblich Paulus beigetragen. Er ließ nämlich Auferstehung und Verwandlung in eins fallen. Trotzdem wird im Christentum oft zumindest logisch zwischen Auferstehung und Verwandlung differenziert. Irenäus von Lyon schreibt zum Beispiel: »Das aber ist unser Glaube, daß Gott auch unsere sterblichen Leiber, die die Gerechtigkeit bewahrten, auferwecken, unversehrbar und unsterblich machen wird.« 100 Greifbarer wird die Trennung von Auferstehung und Verwandlung an der Qualifizierung heilerischer Wiederbelebungen von Toten als Fälle von Auferstehung. Hier ist es unstreitig, dass die Körper der Auferweckten noch gewöhnlich und sterblich waren. Eine erhebliche Zeitspanne zwischen Auferstehung und Verwandlung findet sich bei Autoren, die ein tausendjähriges Reich vor dem Jüngsten Gericht postulieren. Die zu Beginn dieses Reiches Auferweckten werden erst an dessen Ende verwandelt. 101
Verwandlung des Auferstehungskörpers bei Kyrill von Jerusalem Auf die Transformation des Auferstehungskörpers geht zum Beispiel Kyrill von Jerusalem näher ein. Um 350 nach Christus schreibt er in seinen Katechesen an die Täuflinge, der auferweckte physische Körper der Gerechten werde verwandelt »wie das Eisen, das im Feuer zu Feuer wird«; er werde dann unvergänglich sein, bedürfe keiner Nahrung mehr, könne schweben und leuchten. Diesen »himmlischen Körper« würden die Gerechten erhalten, »um würdig mit den Engeln verkehren zu können«. Die Sünder hingegen erhielten »einen ewigen Körper, welcher fähig ist, Sündenstrafen zu erleiden, ewig im Feuer 98
Siehe S. 39. Siehe 2 Bar 50,2; 51,1–3.5.9–10. 100 Irenäus von Lyon: Adversus haereses II,29,2 (Übers. [Irenäus von Lyon:] Des heiligen Irenäus fünf Bücher gegen die Häresien I, 186). 101 Siehe z. B. Lactantius: Divinae institutiones VII,26,5; Lactantius: Epitome divinarum institutionum 67,8; Irenäus von Lyon: Adversus haereses V,36,1. 99
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Auferstehung und Reich Gottes im Christentum nach Jesus
zu brennen, ohne jemals zu verbrennen«. 102 Hier wird deutlich, dass die Verwandlung des Auferstehungskörpers nicht nur seiner ewigen Haltbarkeit, sondern auch seiner Adaptation an unterschiedliche nachtodliche Umwelten dient.
Anpassung an nachtodliche Umwelten: Kann Fleisch ewig brennen? Das Problem der Anpassung an nichtirdische nachtodliche Umwelten zeigt sich auch beim späten Augustinus. Er beharrt nämlich auf der bleibenden Fleischlichkeit des Auferstehungskörpers, das heißt wohl: auf seinem physischen Charakter. Um zu beweisen, dass ein fleischlicher Körper dazu fähig ist, in den Himmel zu schweben und dort Wohnstatt zu nehmen 103 beziehungsweise im Höllenfeuer auf ewig zu brennen, ohne verzehrt zu werden, bietet er im Gottesstaat zahlreiche extravagante Beispiele auf. Vor allem für den Nachweis, dass ein fleischlicher Körper das ewige Höllenfeuer aushalten kann, treibt Augustinus einigen Aufwand. 104 Er führt Salamander an, die im Feuer leben, 105 Würmer in heißen Quellen, ferner nicht verwesendes Pfauenfleisch, die wärmende und kühlende Kraft des Strohs, schlummerndes Feuer im Kalkstein, unbrennbare Diamanten, 106 Quellen, die brennende Fackeln löschen und gelöschte entzünden, unlöschbaren Asbeststein, rauchende Früchte, Steine, deren Schimmer mit dem Mond zu- und abnimmt, und schließlich kappadozische Stuten, die vom Wind trächtig werden. 107 Letzten Endes greift Augustinus dann aber zum Totschlagargument der Allmacht Gottes, vielleicht weil er spürt, dass er seine Lehre der ewigen Fleischlichkeit des Auferstehungskörpers sachlich nicht recht plausibel machen kann. 108
102
Kyrill von Jerusalem: Procatechesis et Catecheses ad illuminandos XVIII,18–19 (Übers. [Kyrill von Jerusalem:] Des heiligen Cyrillus von Jerusalem Katechesen, 349–350). 103 Siehe Augustinus: De civitate dei XIII,18; XXII,11; siehe auch XXII,4. 104 Siehe Augustinus: De civitate dei XXI,2–9. 105 Siehe Augustinus: De civitate dei XXI,2.4. 106 Siehe Augustinus: De civitate dei XXI,2.4. 107 Siehe Augustinus: De civitate dei XXI,5. 108 Siehe Augustinus: De civitate dei XXI,6–8.
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Die Verwandlung des Auferstehungskörpers für die Ewigkeit
Wie überleben die Auferstandenen den Weltenbrand? Ein weiteres Problem ist das Überleben der Auferstandenen bei der endzeitlichen kosmischen Umgestaltung. Bei Laktanz verbergen sich die Auferstandenen in unterirdischen Höhlen, 109 bei Augustinus überleben sie in der Höhe über dem Weltenbrand: »[S]ie werden sich zu der Zeit in den höheren Bereichen aufhalten, wohin die Flammen jenes Brandes so wenig emporsteigen werden wie seinerzeit das Wasser der Sündflut«. Allerdings scheint das eine reine Vorsichtsmaßnahme zu sein. Da sie »im Besitz der Unsterblichkeit und Unvergänglichkeit« sind, werden sie »auch das Weltbrandfeuer nicht zu fürchten haben«. 110
Verwandlung in einen nichtphysischen Körper bei Thomas von Aquin Nach Thomas von Aquin ersteht zwar ausdrücklich derselbe Körper, der gestorben war. 111 Dieser wird aber so verwandelt werden, dass er keine animalischen Funktionen mehr aufweisen wird. 112 Er wird äußerst subtil, aber nicht luftartig sein, 113 sich ohne Widerstand nach dem Willen des Geistes bewegen 114 und bei den Heiligen leuchten. 115 Besonders der Umstand, dass der verwandelte Auferstehungskörper dem Willen ohne Widerstand folgen wird, zeigt an, dass es sich hier nicht mehr um einen physischen Körper handelt. Denn die allgemeine Erfahrung lehrt, dass sich die Materie dieses Kosmos eben nicht 109
Nach Laktanz überdauern die Gerechten des tausendjährigen Reiches den Endkampf Gottes gegen die Heidenvölker drei Tage lang in Höhlen unter der Erde, während Gott an der Oberfläche die Gottlosen mit Hitze, Brand, Schwefelregen, Steinhagel und Feuertropfen ausmerzt (siehe Lactantius: Divinae Institutiones VII,26,2–3). Das Fleisch der Frevler wird in der Hölle ein anderes sein, ein »unauflösliches und auf ewig bleibendes, so dass es den Qualen und dem ewigen Feuer gewachsen sein kann« (Lactantius: Divinae institutiones VII,21,3; Übers. Laktanz: Divinae Institvtiones, 173). 110 Augustinus: De civitate dei XX,18 (Übers. [Augustinus:] Des heiligen Kirchenvaters Aurelius Augustinus zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat III, 309). 111 Siehe Thomas von Aquin: Summa Theologiae, Suppl., q. 79, a. 1, co. 112 Siehe Thomas von Aquin: Summa Theologiae, Suppl., q. 81, a. 4, co. 113 Siehe Thomas von Aquin: Summa Theologiae, Suppl., q. 83, a. 1, co. 114 Siehe Thomas von Aquin: Summa Theologiae, Suppl., q. 84, a. 1, co. 115 Siehe Thomas von Aquin: Summa Theologiae, Suppl., q. 85, a. 1, co.
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Auferstehung und Reich Gottes im Christentum nach Jesus
ohne Widerstand vom Willen des Menschen beeinflussen lässt. Seit Descartes wird in der Philosophie oft bezweifelt, dass der Wille überhaupt einen Einfluss auf die Materie haben kann.
Paulus’ Samenkornmetapher: Auferstehung als Verwandlung Paulus verstand Auferstehung nicht als Wiederbelebung eines wieder zusammengefügten Körpers. Der physische Körper bleibt tot. 116 Aus ihm entsteht in der Auferstehung ein andersartiger, »pneumatischer Körper (σῶμα πνευματικόν)«. 117 Das paulinische Konzept eines pneumatischen Körpers wurzelt anscheinend in der stoischen Vorstellung einer körperlichen, pneumatischen Seele, wie sie insbesondere durch Cicero verbreitet worden war. 118 Um die Entstehung des pneumatischen Körpers aus dem toten physischen Körper zu veranschaulichen, bedient sich Paulus der Samenkornmetapher. Wie die neue Pflanze aus dem Samenkorn wächst, das in der Erde keimt, so ersteht der pneumatische Körper aus dem physischen Körper, wenngleich in einem Augenblick bei der Auferstehung. Die zentrale Stelle dazu findet sich im ersten Korintherbrief: Aber jemand könnte einwenden: Wie sollen die Toten auferstehen? Und mit was für einem Körper sollen sie kommen? Du Gedankenloser, was du säst, wird nicht lebendig, wenn es nicht stirbt! […] So ist es auch mit der Auferstehung der Toten: Es wird gesät […] ein physischer Körper, und es wird auferweckt ein pneumatischer Körper. 119
Nach der Logik der Samenkornmetapher wird der ›verwesliche‹ physische Körper 120 also nicht zuerst wiederbelebt 121 und dann verwandelt. Vielmehr ist der Auferstehungskörper sofort ein unverweslicher pneumatischer Körper, der seiner Natur nach ewig leben kann. Die Paulus nennt ihn »psychischen Körper« (σῶμα ψυχικόν) (1 Kor 15,44), aber es ist aus dem Zusammenhang klar, dass er damit mehr oder weniger das meint, was wir hier den irdisch-physischen Körper nennen (siehe M. D. Litwa: We are Being Transformed, 137). 117 1 Kor 15,44. 118 Siehe T. Engberg-Pedersen: Cosmology and Self in the Apostle Paul, insbes. 19– 37; M. D. Litwa: We are Being Transformed, 127–151. 119 1 Kor 15,35–36.42.44 (Übers. Schlachter 2000, bearbeitet von H. S.). 120 Siehe 1 Kor 15,42: »Es wird gesät in Verweslichkeit und auferweckt in Unverweslichkeit«. 121 Siehe aber Röm 8,11: »[Gott wird] eure sterblichen Leiber lebendig machen«. 116
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Die Verwandlung des Auferstehungskörpers für die Ewigkeit
Samenkornmetapher macht ein vollständig leeres Grab bei der Auferstehung nicht unmittelbar einsichtig, weil sich ein Samenkorn beim Keimungsprozess nur allmählich umwandelt und auflöst. Das Bild passt eher zu einem im Grab verwesenden Leichnam. 122 Deshalb überrascht es nicht, dass Paulus das leere Grab nicht erwähnt. Die Theologie nimmt trotzdem überwiegend an, dass sich auch nach seiner Vorstellung die Gräber bei der Auferstehung leeren. 123 Die bei der Wiederkunft Christi noch Lebenden werden ebenfalls verwandelt, ohne vorher sterben zu müssen: »Siehe, ich sage euch ein Geheimnis: Wir werden zwar nicht alle entschlafen, wir werden aber alle verwandelt werden, plötzlich, in einem Augenblick, zur Zeit der letzten Posaune; denn die Posaune wird erschallen, und die Toten werden auferweckt werden unverweslich, und wir werden verwandelt werden.« 124 Der physische Körper der noch Lebenden wird also in vivo in einen pneumatischen Körper verwandelt. In der zitierten Passage, aus der übrigens sehr deutlich die Erwartung der endzeitlichen Wiederkunft Christi noch zu Lebzeiten einiger der Leser spricht, bezeichnet Paulus seine Verwandlungstheorie als ein Geheimnis. Dies spricht dafür, dass sie etwas Unbekanntes in der christlichen Lehre darstellte. Auch im Philipperbrief treffen wir die Verwandlungstheorie an: »Jesus Christus [… wird] unseren armseligen Körper verwandeln […] in eine Gestalt, die seinem Körper der Herrlichkeit ähnlich ist, gemäß
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Es gibt noch andere Hinweise, dass die Lehre des Paulus nicht unbedingt ein leeres Grab bei der Auferstehung verlangt. Paulus schließt nämlich die Möglichkeit einer Existenz außerhalb eines bestehenden physischen Körpers nicht aus. Ein Beispiel ist 2 Kor 5,6.8: »Solange wir im Leib daheim sind, sind wir nicht daheim bei dem Herrn […]. Wir sind aber getrost und wünschen vielmehr, aus dem Leib auszuwandern und daheim zu sein bei dem Herrn.« Das andere Beispiel ist seine Himmelsreise: »Ich weiß von einem Menschen in Christus, der vor 14 Jahren (ob im Leib oder ob außerhalb des Leibes, ich weiß es nicht; Gott weiß es) bis in den dritten Himmel entrückt wurde. Und ich weiß von dem betreffenden Menschen (ob im Leib oder außerhalb des Leibes, weiß ich nicht; Gott weiß es), daß er in das Paradies entrückt wurde und unaussprechliche Worte hörte, die ein Mensch nicht sagen darf« (2 Kor 12,2–4). 123 Siehe dazu D. C. Allison: Resurrecting Jesus, 305–307; U. Schnelle: Paulus, 459– 460. L. Novakovic: Jesus’ Resurrection and Historiography, 927 mahnt hingegen, man solle die Tatsache, dass die in 1 Kor 15,3–7 überlieferte frühchristliche Tradition das leere Grab nicht erwähnt, nicht leichtfertig ignorieren. Die Annahme, dass die Formulierung »und dass er begraben wurde« ein Wissen um das leere Grab voraussetze, lese etwas in den Text hinein. 124 1 Kor 15,51–52.
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Auferstehung und Reich Gottes im Christentum nach Jesus
der Kraft, mit der er sich alles unterwerfen kann.« 125 Nach dem ersten Thessalonicherbrief können die Auferstandenen entgegen der Schwerkraft durch die Luft fliegen oder schweben, was mit einem pneumatischen Körper im Gegensatz zu einem physischen Körper vermutlich ohne weiteres möglich sein sollte: »[D]ie Toten in Christus werden zuerst auferstehen. Danach werden wir, die wir leben und übrigbleiben, zusammen mit ihnen entrückt werden in Wolken, zur Begegnung mit dem Herrn, in die Luft, und so werden wir bei dem Herrn sein allezeit.« 126 In der frühen Kirche griff insbesondere Origenes die Samenkornmetapher des ersten Korintherbriefs auf und nahm Paulus’ Satz »Fleisch und Blut können das Reich Gottes nicht erben« wörtlich. 127 Aus dem Samenkorn des zu Staub zerfallenen irdischen Körpers lasse Gott einen Körper entstehen, »wie er will«. 128 Denen, die für den Himmel bestimmt sind, erwachse daraus ein »geistige[r]« Körper, »der im Himmel wohnen kann«, denjenigen, die auf einer niedrigeren Stufe stehen, ein weniger herrlicher und würdiger Körper, und den »zum ewigen Feuer Verdammten« 129 immerhin ein unverweslicher Körper, der »auch durch die Höllenstrafen nicht zerstört werden kann«. 130
Verknüpfung von physischer Auferstehung und Samenkornmetapher In den Katechismen der römisch-katholischen und der russisch-orthodoxen Kirche wird die Theorie der Wiederherstellung des physischen Körpers mit der Samenkornmetapher verknüpft. Wie wir bereits sahen, lehrt der Katechismus der Katholischen Kirche, dass »alle
125
Phil 3,20–21 (Übers. H. S.). Vgl. auch Kol 3,1: »[S]ucht das, was droben [im Himmel] ist, wo der Christus ist, sitzend zur Rechten Gottes«. 126 1 Thess 4,16–17. 127 Siehe Origenes: De principiis II,10,3 mit Bezug auf 1 Kor 15,50. 128 Origenes: De principiis II,10,3 (Übers. K. Schnitzer: Origenes: Die Grundlehren der Glaubenswissenschaft, 150). Origenes bezieht sich hier auf 1 Kor 15,38. 129 Origenes erwägt an anderen Stellen seines Werks bekanntlich eine eschatologische Allversöhnung, die den Teufel einschließt und eine ewige Hölle ablehnt, siehe C. Markschies: Origenes und sein Erbe, 11. 130 Origenes: De principiis II,10,3 (Übers. [Origenes:] Origenes über die Grundlehren der Glaubenswissenschaft, 151–152).
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Die Verwandlung des Auferstehungskörpers für die Ewigkeit
mit ihren eigenen Leibern auferstehen, die sie jetzt tragen«. 131 Unter Berufung auf Paulus wird aber im selben Atemzug gesagt, dass der irdische Körper, der nur ein »Samenkorn« sei, in einen »überirdischen Leib« verwandelt werde. 132 Hier scheint zwischen Auferstehung und Verwandlung also zumindest logisch unterschieden zu werden. Der orthodoxe Katechismus des Philaret von Moskau lehrt ebenfalls die Erneuerung des »in Staub zerfallen[en]« Körpers und die Verwandlung nach der Samenkornmetapher. 133
Auferstehung mit einem anderen Körper ohne Verwandlung Bei Paulus existieren der irdisch-physische Körper und der pneumatische Auferstehungskörper nacheinander. Seine Samenkornmetapher erhellt dieses Nacheinander jedoch nicht sehr überzeugend, da sich, wie eben erwähnt, bei der Samenkeimung die Existenz des Samens und der neuen Pflanze überlappen. Es wundert deshalb nicht, dass im Anschluss an Paulus eine Auferstehungskonzeption vertreten wurde, die eindeutig ohne ein leeres Grab auskommt und eine gleichzeitige Existenz von irdischem Körper und Auferstehungskörper postuliert. Sie findet sich im Brief an Rheginus, einem Traktat über die Auferstehung, der um das Jahr 150 verfasst wurde. 134 Darin heißt es: »Die sichtbaren Körperglieder sind tot und werden nicht gerettet. Nur lebendige Glieder werden nämlich auferstehen. Jetzt existieren sie verborgen in den sichtbaren Gliedern«. 135 Die ›lebendigen Glieder‹ sind also zu irdischen Lebzeiten bereits vorhanden. Sie gehören »eine[m] Körper, der besser ist als der irdische«. 136 Die Lehre von zwei Körpern entspricht aus phänomenologischer Sicht vielen außerkörperlichen Erfahrungen, bei denen die Experiencer das Empfinden haben, mit einem zweiten Körper aus ihrem physischen Kör131
Katechismus der Katholischen Kirche, 286 (§ 999). Ebd. 286–287 (§ 999) unter Berufung auf 1 Kor 15,35–37.42.44.52–53. 133 Siehe [P. Drosdow:] Ausführlicher christlicher Katechismus, 88–89 (Zitat 88). 134 Siehe K. Berger, C. Nord: Das Neue Testament und frühchristliche Schriften, 1043. Siehe ebd. zum paulinischen Charakter des Briefes: »Der Verfasser dringt sehr tief in die paulinische Gedankenwelt ein. […] Der Brief […] ist eines der wenigen Dokumente dafür, dass die paulinische Lehre verstanden und weiterentwickelt worden ist.« 135 Rheg 9,2–3 (Übers. ebd. 1048; Hervorhebung H. S.). 136 Rheg 7,3 (Übers. ebd. 1047). 132
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Auferstehung und Reich Gottes im Christentum nach Jesus
per auszutreten. Sie nehmen letzteren von außen wahr und spüren trotzdem einen Körper an sich selbst. 137 In der offiziellen christlichen Lehre ist eine solche Zwei-Körper-Lehre meines Wissens jedoch nie vertreten worden. 138
Die Überflüssigkeit der physischen Auferstehung Neben das Problem der Möglichkeit der Auferstehung des physischen Körpers und seiner ewigen Fortdauer trat das Problem der Überflüssigkeit der physischen Auferstehung. Hier sehe ich zwei Aspekte. Erstens ist es überflüssig, dass genau derselbe Körper wieder aufersteht. Die Organe des Stoffwechsels, Herz, Lunge, Magen, Darm, Nieren, Blase und das Blut mit seinen vielfältigen Funktionen werden nicht mehr benötigt, da der Körper unsterblich ist und keine Sauerstoff- und Nahrungsaufnahme mehr zum Weiterleben benötigt. Der Auferstehungskörper könnte auch hohl sein. 139 Zweitens kam durch die Lehre einer unsterblichen Seele die Frage auf, ob ein physischer Auferstehungskörper überhaupt erforderlich ist. Papst Benedikt XII. erklärte 1336, die Seelen der Heiligen genössen bereits vor der Auferstehung des Körpers die unmittelbare Gottesschau von Angesicht zu Angesicht, das höchste Ziel des nachtodlichen Lebens. Die Auferstehung des Körpers würde dem nichts hinzufügen. 140 Kurz 137
Siehe S. 18. Es ist umstritten, ob der Brief an Rheginus zum christlichen Schrifttum gehört. K. Berger, C. Nord: Das Neue Testament und frühchristliche Schriften, 1043 zählen diesen Brief zur frühchristlichen Literatur und nennen »die Position des Verfassers […] jedenfalls nicht gnostisch«. 139 Siehe D. C. Allison: Night Comes, 23–24. 140 Siehe die päpstliche Konstitution Benedictus Deus vom 29. Januar 1336: »Durch diese auf immer geltende Konstitution definieren Wir kraft Apostolischer Autorität: daß nach allgemeiner Anordnung Gottes die Seelen aller Heiligen […] und anderer Gläubiger, die nach der von ihnen empfangenen heiligen Taufe Christi verstorben sind, in denen es nichts zu reinigen gab, als sie dahinschieden, noch geben wird, wenn sie auch künftig dahinscheiden werden, oder wenn es in ebendiesen damals etwas zu reinigen gab oder geben wird, wenn sie nach ihrem Tod gereinigt wurden, […] auch vor der Wiederannahme ihrer Leiber und dem allgemeinen Gericht nach dem Aufstieg unseres Erlösers und Herrn Jesus Christus in den Himmel, im Himmel, Himmelreich und himmlischen Paradies mit Christus in der Gemeinschaft der heiligen Engel versammelt waren, sind und sein werden, und nach dem Leiden und Tod des Herrn Jesus Christus das göttliche Wesen in einer unmittelbaren Schau und auch von Angesicht zu Angesicht geschaut haben und schauen […] und daß die so Schauenden ebendieses 138
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Die Verjenseitigung des ewigen Lebens
zuvor hatte Papst Johannes XXII. seine entgegenstehende Meinung auf dem Sterbebett weitgehend widerrufen. 141
Die Verjenseitigung des ewigen Lebens Grundzüge Im Gegensatz zur physischen Auferstehung trat die Erde als Ort des postmortalen Lebens bald in den Hintergrund. Das hatte verschiedene Gründe. Die Erwartung eines irdischen Reiches Gottes verblasste bald. Zudem verlangte eine sich im Tod vom physischen Körper lösende Seele, die überwiegend als subtil-körperlich aufgefasst wurde, nach einem angemessenen Aufenthaltsort. Dieses Bedürfnis traf sich mit der griechisch-römischen Vorstellung vom Himmel als Ort der Seligen, die vom Christentum rasch adaptiert wurde. 142 Der Himmel war auch der Ort Gottes, sodass die guten Seelen nach dem Tod bereits zu Gott gelangen konnten. Die mit einer Todsünde behafteten Seelen stiegen hingegen direkt nach dem Tod in die Hölle hinab.
Jesu Reichserwartung im hellenistischen Raum nicht vermittelbar Das Verblassen der Reichserwartung lag wohl zum Teil an dem Ausbleiben der ersehnten Wiederkunft des Jesus von Nazareth. Außerdem war ein irdisches Reich Gottes mit Jerusalem als Zentrum in der göttliche Wesen genießen, sowie daß aufgrund dieser Schau und dieses Genusses die Seelen derer, die schon dahingeschieden sind, wahrhaft selig sind und das ewige Leben und die ewige Ruhe haben, und auch hdie Seeleni jener, die später dahinscheiden, ebendieses göttliche Wesen vor dem allgemeinen Gericht schauen und es genießen werden; […] und daß, nachdem diese unmittelbare Schau von Angesicht zu Angesicht und dieser Genuß in ebendiesen angefangen hat oder haben wird, ebendiese Schau und ebendieser Genuß ohne irgendeine Unterbrechung oder Verminderung besagter Schau und besagten Genusses ununterbrochen besteht und fortgesetzt wird bis zum Endgericht und von dann bis in Ewigkeit.« (Übers. H. Denzinger: Enchiridion symbolorum, 378–379 [D 1000–1001]). Dieser Text wird auch im Katechismus der Katholischen Kirche zitiert (292–293 [§ 1023]); siehe auch K. Rahner: Eschatologie, 1185. 141 Siehe seine Bulle Ne super his vom 3. Dezember 1334 (H. Denzinger: Enchiridion symbolorum, 377–379 [D 990–991]) und zu dieser Kontroverse C. W. Bynum: The Resurrection of the Body, 283–291. 142 Siehe dazu z. B. B. Lang: Himmel und Hölle, 43–49.
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Auferstehung und Reich Gottes im Christentum nach Jesus
hellenistischen Welt, in die sich das Christentum ausdehnte, kaum nachvollziehbar. Benedict Viviano schreibt, dass die jesuanische Reichserwartung eine frühjüdische apokalyptische Weltsicht voraussetzt, wie wir sie im Buch Daniel finden. Sobald sich das Christentum aus der Sphäre des palästinischen und Diaspora-Judentums in die griechisch-römische Welt hinein bewegte, waren die kulturellen Voraussetzungen, die eine solche Hoffnung hätten einsichtig machen können, nicht mehr gegeben. 143
Himmel als Ort der Seligen im Hellenismus Der Kontakt mit der griechisch-römischen Welt förderte auf der anderen Seite auch direkt die Verjenseitigung des nachtodlichen Lebens. Nach frühen griechischen Vorstellungen lebten die Verstorbenen als Schatten im Hades oder in den elysischen Gefilden jenseits des Ozeans am Rande der Erde. 144 Platon vertrat dagegen das Konzept einer unsterblichen Seele, deren wahre Heimat der Himmel ist. 145 Im griechischen Volksglauben wurde das Schicksal der Verstorbenen zunehmend in die Höhe verlegt, in den Luftraum, in den Äther, zu den Sternen, in den Himmel oder in den ebenfalls im Himmel gedachten Olymp.146 Die Lehre vom Himmel als Ort der Seligen war von überragendem Einfluss auf das Christentum. Möglicherweise lag dies daran, dass sie in verschiedener Hinsicht plausibler und attraktiver war als die Lehre von einem irdischen postmortalen Leben.
Unbeständigkeit der sublunaren Welt Ein ewiges Leben auf der Erde wirkte vor dem Hintergrund der griechisch-römischen Lehre der sublunaren Welt unglaubhaft. In der Welt unter dem Mond ist alles dem ständigen Werden und Vergehen unterworfen. Beständigkeit oder gar Ewigkeit kann es nur in der translunaren Welt, dem Himmel über dem Mond, geben. 147 Aristote143
B. T. Viviano: The Kingdom of God in History, 32. Siehe S. 31. 145 Siehe insbesondere Platon: Phaidros 245a5–249d2. 146 Siehe dazu allgemein I. Peres: Griechische Grabinschriften und neutestamentliche Eschatologie, 106 und im Einzelnen ebd. 81–89, 110–121. 147 Siehe dazu B. Hoppe: Sublunar / translunar. 144
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Die Verjenseitigung des ewigen Lebens
les schrieb, der Himmel sei weder entstanden noch könne er untergehen, er sei ewig und habe weder Anfang noch Ende. Die Alten hätten den Himmel zu Recht den Göttern zugeteilt, »weil er allein unsterblich sei« und »unverletzlich durch jede sterbliche Bedrängnis«. 148 Die Lehre vom ewigen Himmel und der vergänglichen sublunaren Welt findet sich in der sehr einflussreichen Erzählung Der Traum des Scipio von Cicero. Sie galt »schon im Altertum als eines der berühmtesten Dichtwerke in Prosa«. 149 Darin heißt es, unterhalb des Mondes »gibt es schon nur noch Sterbliches und Hinfälliges, außer den Seelen, die durch das Geschenk der Götter dem Menschengeschlecht gegeben sind, oberhalb des Mondes ist alles ewig«. 150 Dementsprechend solle man sein Streben nicht auf die vergängliche, von Katastrophen wie »Überschwemmungen und Feuersbrünsten« unweigerlich heimgesuchte Erde richten, 151 sondern auf den Himmel. »Dieses Leben ist der Weg zum Himmel«, 152 lässt Cicero den verstorbenen leiblichen Vater des jüngeren Scipio Africanus, 153 Lucius Aemilius Paullus, 154 sagen. »Wohnsitz und ewige Heimat (sedes et aeternum domum)« des Menschen 155 sei die »in strahlendstem Schimmer erglänzend[e]« Milchstraße. 156
Der große Himmel und die kleine Erde Die Erde erscheint im Traum des Scipio zudem überaus klein und unbedeutend und nicht als würdiger Ort für die Ewigkeit. Der jünge148
Aristoteles: De caelo II,1 (283b26–284a14) (Übers. Aristoteles: Vom Himmel, Von der Seele, Von der Dichtkunst, 100). 149 K. Büchner: Einleitung, 333. 150 Cicero: De re publica VI,17(17) (Übers. M. T. Cicero: Der Staat [Büchner], 267). In De natura deorum weist Cicero auf die »Ordnung der Gestirne und ihre seit Ewigkeit bestehende Gleichmäßigkeit hin«, »diesseits des Mondes« sei hingegen »alles trügerisch und falsch und voll von Irrtum« (Cicero: De natura deorum II,43.56; Übers. M. T. Cicero: Vom Wesen der Götter, 129, 139). 151 Cicero: De re publica VI,21(23). 152 Cicero: De re publica VI,16(16) (Übers. M. T. Cicero: Der Staat [Büchner], 264). 153 Publius Cornelius Scipio Aemilianus Africanus minor Numantius (185–129 v. Chr.), römischer Staatsmann und Feldherr, der 146 v. Chr. Karthago zerstörte. 154 Lucius Aemilius Paullus Macedonicus (um 229–160 v. Chr.), römischer Feldherr und Staatsmann, besiegte König Perseus von Makedonien bei Pydna im Jahr 168 v. Chr. 155 Cicero: De re publica VI,23(25). 156 Cicero: De re publica VI,16(16) (Übers. M. T. Cicero: Der Staat [Büchner], 264).
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Auferstehung und Reich Gottes im Christentum nach Jesus
re Scipio Africanus betrachtet das All von »einem hohen, strahlend hellen Ort voller Sterne aus«: 157 Als ich von diesem Standort aus alles betrachtete, schien mir großartig und wunderbar zu sein, was es sonst noch zu sehen gab. Da waren aber die Sterne, die so waren, wie wir sie noch nie von der Erde aus sahen, und die alle so groß waren, wie wir es niemals vermutet hätten. Von ihnen aus war jener Stern am kleinsten, der vom Himmel aus am weitesten entfernt und der Erde am nächsten ist und der nicht mit seinem eigenen Licht leuchtete. Die Kugeln der Sterne aber übertrafen leicht die Größe der Erde; jetzt schien mir die Erde selbst so klein zu sein, dass ich mich für unser Reich, mit dem wir gewissermaßen nur einen Punkt der Erde berühren, schämte. 158
Er wird von dem verstorbenen älteren Scipio Africanus ermahnt, nicht den Blick auf die Erde zu heften: »Ich merke [sagte der ältere Scipio], 159 dass du auch jetzt noch den Wohnsitz und die Heimat der Menschen [auf der Erde] betrachtest; wenn sie dir klein erscheint, wie sie auch [tatsächlich] ist, dann blicke doch stets diese himmlischen Dinge an und beachte jene menschlichen nicht.« 160
Himmel als Raum der Entwicklung und des Aufstiegs zu Gott Der ständige Wohnort oder Thron des alttestamentlichen Gottes wurde anscheinend erst nach der Zerstörung des Jerusalemer Tempels durch die Babylonier im Jahr 586 vor Christus im Himmel verortet. 161 Nach eschatologischen Prophetien in alttestamentlichen Büchern wie auch nach der Offenbarung des Johannes soll er wieder auf die Erde zurückkommen und auf Zion wohnen: »So spricht der Herr: Ich will wieder nach Zion zurückkehren, und ich werde Wohnung nehmen mitten in Jerusalem, und Jerusalem soll ›die Stadt der Wahrheit‹ heißen und der Berg des Herrn der Heerscharen ›der heilige Berg‹«. 162 In 157
Cicero: De re publica VI,11(11). Cicero: De re publica VI,16(16) (Übers. M. T. Cicero: Der Staat [Nickel], 291, 293, bearbeitet von H. S.). 159 Publius Cornelius Scipio Africanus (235–183 v. Chr.) römischer Staatsmann und Feldherr, besiegte Hannibal 202 v. Chr. in der Schlacht von Zama. 160 Cicero: De re publica VI,19(20) (Übers. M. T. Cicero: Der Staat [Nickel], 297). 161 Siehe dazu K. Schmid: Himmelsgott, Weltgott, Schöpfer, 115. 162 Sach 8,3; vgl. Sach 2,14: »Juble und freue dich, Tochter Zion [d. h. Jerusalem]; denn siehe, ich komme und werde in deiner Mitte wohnen, spricht der Herr«. Nach Ez 43,7.9 will Jahwe im Land Israel in einem neuen Tempel für immer mitten unter den 158
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Die Verjenseitigung des ewigen Lebens
der griechisch-römischen Philosophie ist der Himmel hingegen der natürliche Ort des Göttlichen. Nach Aristoteles wohnt die Gottheit im äußersten und höchsten Himmel. 163 Wenn es das Ziel des Menschen ist, zu Gott zu gelangen, dann muss er sich nach dem Tod von der Erde entfernen, um durch den Aufstieg durch die himmlischen Sphären zu Gott zu gelangen. Dieser Vorgang wurde oft auch als geistiger Entwicklungsprozess verstanden. Die weiten Räume des Himmels verliehen, so scheint es, dem nachtodlichen Leben offensichtlich mehr Möglichkeiten und Dynamik, als es der enge Raum der Erde erlaubt hätte. Ein frühes Beispiel ist Origenes. Bei ihm entwickelt sich selbst ein heiliger Mensch nach dem Tode weiter: Unmittelbar nach dem Hinscheiden werden die Heiligen an einem Ort auf der Erde, den die heilige Schrift Paradies nennt, dem Erziehungsort und, so zu sagen, Hörsaale der Seelen verweilen, wo sie über das Sichtbare belehrt, und über das Zukünftige Aufschluß erhalten werden […]. Ist Einer reines Herzens, geläuterten Verstandes und geübteren Sinnes, so wird er schneller fortschreiten, und bald in das Luftreich kommen, und nach dem Aufenthalt in allen Räumen, die die Griechen Sphären, die heilige Schrift aber Himmel nennt, zum eigentlichen Himmelreich gelangen. In jenen Räumen wird er zunächst anschauen, was dort geschieht; dann aber auch die Gründe davon erkennen. So wird er stufenweise aufsteigen, dem nach, der durch die Himmel vorangegangen ist, Jesu, dem Sohne Gottes […]. Wenn dann die Heiligen in das Himmelreich eingegangen sind, dann werden sie das Wesen der Gestirne im Einzelnen durchschauen, und erfahren, ob sie lebend, oder was sie überhaupt sind: werden die Gründe der übrigen Werke Gottes erkennen, die er ihnen selbst offenbaren will. […] Nachdem sie das Wesen der Sterne, und den Grund der Umwälzungen des Himmels begriffen haben, werden sie zum Ungesehenen (von dem wir bloß die Namen kennen) und zum Unsichtbaren fortschreiten. […] Erst nach solchen Fortschritten, daß wir nicht mehr Fleisch und Körper, vielleicht nicht einmal Seelen seyn werden, sondern die reine und zur Vollkommenheit gereifte Vernunft, von keinem Nebel der Leidenschaft getrübt, dann erst wird diese das ideelle geistige Wesen der Dinge von Angesicht zu Angesicht schauen. 164 Israeliten wohnen, nach Jes 24,23 wird Jahwe auf dem Berg Zion und in Jerusalem herrschen; nach Joel 4,16–17.21 verspricht Jahwe, er werde auf dem Zion wohnen, seinem heiligen Berg, und Jerusalem werde heilig sein; nach Mich 4,7 wird Gott auf dem Berg Zion in Ewigkeit als König herrschen; nach Jes 40,3–4 soll man eine Straße für Jahwe durch die Wüste bauen, alle Sterblichen werden seine Herrlichkeit sehen (wenn er kommt) und nach Jes 52,8 werden die Wächter Zions »mit eigenen Augen sehen, wie der Herr nach Zion zurückkehrt«. Siehe ähnlich Ps 132,13–14; Sach 1,17. 163 Siehe Aristoteles: De caelo I,9 (278b14–15). 164 Origenes: De principiis II,11,6–7 (Übers. [Origenes:] Origenes über die Grund-
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Auferstehung und Reich Gottes im Christentum nach Jesus
Wohin mit der unsterblichen Seele? Ein wesentlicher Faktor der Verjenseitigung des nachtodlichen Lebens war die schon erwähnte, nicht auf den Platonismus beschränkte hellenistische Vorstellung, dass sich die Person mit ihrem Bewusstsein im Tod von ihrem physischen Körper löst und getrennt von ihm weiterlebt. »Nicht du bist sterblich, sondern dieser [dein] Körper hier«, lässt der vom Stoizismus beeinflusste Cicero den verstorbenen Vater des jüngeren Scipio sagen. 165 Man spricht hier meistens von Seelenglauben, doch ist dieser Begriff spätestens seit der cartesianischen Entgegensetzung von Seele und Körper etwas irreführend. Zwar wurde das, was den Tod überlebt, in der Antike oft Seele (ψυχή) genannt. Es hatte jedoch meistens einen klar erkennbaren subtil-körperlichen Charakter. Das gilt sogar für Platon, den antiken Hauptvertreter der Lehre einer unsterblichen Seele. Die berühmte Jenseitserzählung des Soldaten Er in Platons Staat stellt die Seelen mit allen Attributen der Körperlichkeit dar: Sie können wahrnehmen, sprechen, weinen und klagen, sich an die Brust schlagen, stehen, gehen, schreiten, vortreten, sich lagern oder in einer Reihe aufstellen, Dinge vom Boden aufheben, schmutzig oder rein sein und trinken. Andere können sie sehen, ergreifen, an Händen, Füßen und Kopf fesseln, niederwerfen, die Haut abziehen, in Dornen zerschinden und mit ihnen sprechen. 166 In Platons Phaidon hat die Seele, obwohl sie für uns unsichtbar ist, einen Ort, sie kann wandern, einen Kahn besteigen, aufschreien, rufen, in den Tartaros stürzen, gewaltsam weggeführt oder in Gefängnissen festgehalten werden. 167 Auch im Christentum wurde die Seele oft oder sogar meistens in irgendeiner Form als körperlich aufgefasst. Tertullian schreibt zum Beispiel, die Seele besitze alle gewöhnlichen und notwendigen Merkmale eines Körpers, wie zum Beispiel Sichtbarkeit, Begrenzung und
lehren der Glaubenswissenschaft, 164–166). Siehe zur Weiterentwicklung nach dem Tod A. Recheis: Engel, Tod und Seelenreise, 192: »Bei Origenes und Klemens [von Alexandrien] ist mit dieser [nachtodlichen] Erziehung der Seelen ihr Aufstieg von Wohnung zu Wohnung eng verbunden. Diese Bleibestätten sind vor allem geistige, aber auch kosmologische Wirklichkeiten. [… D]er Aufstieg durch die Sphären ist Symbol für die fortschreitende Läuterung und wachsende Vereinigung mit Gott«. 165 Cicero: De re publica VI,24(26). 166 Siehe Platon: Politeia X,13–16 (613e6–621d2). 167 Siehe Platon: Phaidon 80b8–81e2; 112d4–114c6.
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Die Verjenseitigung des ewigen Lebens
Dreidimensionalität. 168 Sie habe die Gestalt des Körpers, den sie belebte. 169 Tertullian beruft sich auf Visionen einer Mitchristin, die sagte: »Unter anderem wurde mir die Seele in leiblicher Gestalt gezeigt und der Geist war sichtbar, nicht entleert und in hohler Beschaffenheit, nein, so, dass er sich auch festhalten zu lassen versprach, zart, lichtartig, luftfarben und in vollkommen menschlicher Gestalt.« 170 Nach populären Vorstellungen im Mittelalter ist die Seele »nicht etwa ein unsichtbarer Geist, ein Nichtkörper, sondern ein zweiter Körper, ein Zweitkörper, den der erste Körper mit sich trägt, der besonders am Ende wichtig ist«. 171 Auch in Dantes Göttlicher Komödie haben die Seelen alle Merkmale der Körperlichkeit. Sie sehen nicht nur wie körperliche Menschen aus, sie agieren auch ganz überwiegend so, abgesehen davon, dass manche durch die Luft schweben. 172 Diese subtilen Seelenkörper, die nicht im Grabe verbleiben, müssen nach dem Tod irgendwo sein. Cicero zum Beispiel legt sich nicht fest, aus welcher Substanz sie bestehen, aber jedenfalls sei diese feiner als die Luft hier auf der Erde. 173 Daher würden die Seelenkörper nach dem Tod nach oben steigen, hoch über die Erde, in eine Umgebung, die ihrer Natur entspreche. 174 Dort oben würden sie sich »mit denselben Dingen ernähren und erhalten, mit denen sich die Sterne ernähren und erhalten«. 175 Der Himmel sei ihr eigentliches Zuhause. 176 Dass die Verstorbenen körperhaft gedacht wurden, zeigt sich an der Stelle im Traum des Scipio, wo der verstorbene Paullus seinen Sohn umarmt und küsst. 177 Auch im Christentum verbreitete sich, soweit ich sehe, sehr schnell die Auffassung, dass die Seelen nicht im Grabe 168
Siehe Tertullian: De anima 9,1. Siehe Tertullian: De anima 9,7. 170 Tertullian: De anima 9,4 (Übers. [Tertullian:] Tertullians sämtliche Schriften II, 299). 171 R. Sprandel: Die Seele der Analphabeten im Mittelalter, 98. 172 Siehe z. B. Dante Alighieri: Divina Commedia, Inferno V,84. 173 Siehe Cicero: Tusculanae disputationes I,42.65. Nach M. D. Litwa: We are Being Transformed, 137 bestanden die körperlich gedachten Seelen der Stoiker aus Pneuma. 174 Siehe Cicero: Tusculanae disputationes I,43. 175 Cicero: Tusculanae disputationes I,43 (Übers. M. T. Cicero: Gespräche in Tusculum, 45); siehe dazu M. D. Litwa: We are Being Transformed, 135–136. 176 Siehe Cicero: Tusculanae disputationes I,51: »Was mich betrifft, so scheint mir, wenn ich die Natur der Seele überdenke, die Frage viel schwieriger und dunkler, in welcher Weise die Seele im Körper sei wie in einer fremden Behausung, als die andere Frage, wie sie ist, wenn sie frei ist und in den offenen Himmel, also gewissermaßen in ihr eigenes Haus gelangt.« (Übers. M. T. Cicero: Gespräche in Tusculum, 51). 177 Siehe Cicero: De re publica VI,14(14). 169
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Auferstehung und Reich Gottes im Christentum nach Jesus
ruhen, sondern sich an jenseitigen Orten aufhalten. 178 Es dauerte allerdings etwas, bis dies in Glaubensbekenntnissen festgehalten wurde. Auf dem Konzil von Lyon wurde 1274 erklärt: Die Seelen derer aber, die nach dem Empfang der heiligen Taufe überhaupt keiner Sündenschuld verfallen sind, sowie jene, die nach einer zugezogenen Sündenschuld entweder noch in ihren Leibern verweilend, oder nachdem sie ebendies abgelegt haben, […] gereinigt wurden, werden sogleich in den Himmel aufgenommen. Die Seelen derer aber, die in einer Todsünde oder allein mit der Ursünde verscheiden, steigen alsbald in die Hölle hinab[.] 179
Verachtung des Irdischen Die Verjenseitigung des nachtodlichen Lebens wurde durch eine Geringschätzung des irdischen Lebens vonseiten spirituell orientierter christlicher Theologen befördert. Ein Beispiel dafür ist Origenes. Erwartungen eines irdisch-physischen Lebens nach der Auferstehung kanzelt er ab. Entsprechende Aussagen in der Bibel seien bildlich zu verstehen: Leute, welche die Mühe des Nachdenkens scheuen, oberflächliche Betrachter des Gesetzes; die nur ihren Gelüsten schmeicheln, Buchstabenschüler glauben, die Verheißungen beziehen sich auf sinnliches Wohlbehagen und Ueberfluß. Darum begehren sie auch nach der Auferstehung fleischliche Leiber, mit der Fähigkeit zu essen und zu trinken, und mit allen Verrichtungen des Fleisches und Blutes; und begreifen die Lehre des Apostels Paulus von der Auferstehung eines geistigen Leibes nicht. Folgerichtig verbinden sie damit ehliche Verbindungen und Kinderzeugung, 180 bilden sich ein, Jerusalem werde als irdische Stadt auf einem Grunde von kostbaren Steinen wiederaufgebaut […]. 181 Ja, sie meinen, es werden ihnen Diener ihrer Lüste 178
In der frühen syrischen Kirche vertraten manche Theologen wie später auch die Nestorianer den Seelenschlaf zwischen Tod und Auferstehung. In diesem Zustand verblieb die Seele im Grab oder wurde an einem anderen Ort aufbewahrt (siehe F. S. B. Gavin: The Sleep of the Soul). Irenäus von Lyon lehrte, dass die Seelen bis zur Auferstehung in der Unterwelt verweilen (siehe Irenäus von Lyon: Adversus haereses V,31,2). Für Augustinus lebte die wache und aktive Seele an einem von der Erde getrennten Ort (siehe Augustinus: De cura pro mortuis gerenda XIII.16). 179 Glaubensbekenntnis des Kaisers Michael VIII. Palaiologos (Übers. H. Denzinger: Enchiridion symbolorum, 355 ([D 857–858]). An der späteren Wiedervereinigung der Seelen mit den Körpern wird jedoch festgehalten (siehe ebd. 355–356 [D 859]). 180 Vgl. Irenaeus von Lyon: Adversus haereses V,34,2; V,35,1. 181 Vgl. Offb 21,18–20; Irenaeus von Lyon: Adversus haereses V,34,4.
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Die Verjenseitigung des ewigen Lebens
aus andern Völkern gegeben werden, die sie als Feldbauer, 182 oder als Bauleute gebrauchen könnten, um ihre zerstörte und zerfallene Stätte wieder aufzubauen. 183 Sie hoffen, die Schätze der Heiden verzehren, und über deren Reichthümer gebieten zu dürfen […]. 184 Dann glauben sie auch, sie werden, nach den Formen und Einrichtungen dieser Welt nach Würden, Rang und Macht, Könige und Fürsten seyn, gleich den irdischen, weil es im Evangelium heißt: »du wirst Macht haben über fünf Städte« […]. 185 Kurz, sie wollen Alles nach der Gewohnheit dieses Lebens wieder haben, was von den Verheißungen zu erwarten ist. Dieß ist die Denkungsart derer, die sich zwar Christen nennen, aber in ziemlich jüdischem Sinne die Schrift erklären, und Nichts, was göttlicher Verheißung würdig wäre, darin finden. 186
Probleme mit dem physischen Himmel Bis in die Moderne hinein fand das nachtodliche Leben nach christlichen Vorstellungen zumindest teilweise in dem uns bekannten Kosmos statt, wenngleich zum Beispiel das Empyreum, das Paradies der Seligen, verschiedentlich in einen genuin transzendenten, geistigen Raum verlegt wurde. 187 Durch die Beobachtung, dass im sublunaren Raum dieselben Naturgesetze gelten wie in der translunaren Welt, durch den Nachweis, dass die Himmelskörper aus denselben Elementen bestehen wie die Erde, und durch die Entdeckung des Entstehens und Vergehens von Sternen, Sonnensystemen und Galaxien und einer Entwicklung des Universums als Ganzes schied der kosmische Himmel als Ort des nachtodlichen ewigen Lebens in einem jahrhundertelangen Prozess schlussendlich definitiv aus. 188 Das Gleiche gilt für das Innere der Erde als Ort einer ewigen Hölle.
182
Vgl. Jes 61,5. Vgl. Jes 60,10. 184 Vgl. Jes 60,5–6.11.17; 61,7. 185 Siehe Lk 19,17.19. 186 Origenes: De principiis II,11,2 (Übers. [Origenes:] Origenes über die Grundlehren der Glaubenswissenschaft, 158–159). 187 Siehe M. Kurdzialek, G. Maurach: Empyreum. 188 Siehe dazu D. Evers: Chaos im Himmel. 183
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Auferstehung und Reich Gottes im Christentum nach Jesus
Nachtodliches Leben auf der Erde: Auferstehung, Gericht und Zwischenreich Auferstehung und Jüngstes Gericht finden auf der Erde statt Trotz der christlichen Verjenseitigung des nachtodlichen Lebens wurde dessen Beginn, nämlich Auferstehung und Jüngstes Gericht, mindestens bis ins Mittelalter ganz überwiegend auf die vertraute Erde verlegt. Wenn Auferstehung als Wiederherstellung des bekannten physischen Körpers durch Einsammlung und Zusammenfügung seiner Partikel verstanden wird, dann ist es fast zwingend, dass sie auf der Erde stattfinden muss, weil sich hier die Bestandteile des Körpers befinden. Aber auch das anschließende Jüngste Gericht wurde auf der Erde erwartet. Die Auferstandenen werden nicht zu Jesus, dem endzeitlichen Richter, in den Himmel gebracht, sondern er kommt zum Gericht auf die Erde. Diese Vorstellung knüpft an die Aussagen Jesu über den zum Gericht vom Himmel kommenden Menschensohn an. 189 Im Brief der Apostel sagt Jesus ausdrücklich: »So werde ich herabkommen auf die Erde, um die Lebendigen und die Toten zu richten«. 190 Noch Thomas von Aquin hielt es für sehr wahrscheinlich, dass Jesus in der Nähe des Jerusalemer Ölbergs, von wo aus er in den Himmel aufgefahren sei, zum Gericht niedersteigen werde. 191 Das Gericht selbst werde dann möglicherweise im oder in der Nähe des Tals von Josaphat, dem Kidrontal zwischen Tempelberg und Ölberg bei Jerusalem stattfinden, wie im Buch Joel geschrieben stehe. 192
Das tausendjährige Reich in der Offenbarung des Johannes Wie wir sahen, eignete sich die Erde für das hellenistische Denken nicht als Ort des ewigen Lebens. 193 Es überrascht daher nicht, dass die christliche Tradition ein eindeutig irdisches postmortales Leben nur für ein zeitlich begrenztes Zwischenreich konzipierte. Die Lehre 189
Siehe S. 80–81, 168–169. EpAp 16,4 (Übers. K. Berger, C. Nord: Das Neue Testament und frühchristliche Schriften, 999). 191 Siehe Thomas von Aquin: Summa Theologiae, Suppl., q. 88, a. 4, co. 192 Siehe Thomas von Aquin: Summa Theologiae, Suppl., q. 88, a. 4, ad 1 mit arg. 1 und s.c.; siehe Joel 4,2. 193 Siehe S. 134–136. 190
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Nachtodliches Leben auf der Erde: Auferstehung, Gericht und Zwischenreich
eines derartigen Zwischenreiches wurde durch die zum neutestamentlichen Kanon gehörende Offenbarung des Johannes begründet. 194 Sie ist vermutlich um einhundert bis einhundertzehn unserer Zeitrechnung entstanden 195 und gilt als die einflussreichste apokalyptische Schrift überhaupt. 196 Nach ihrer Vision wird Jesus mit seinem himmlischen Heer vom Himmel herabkommen und die Herrscher des Bösen mitsamt ihren Heeren vernichten. Dann wird der Satan für tausend Jahre gefesselt werden. In dieser Zeitspanne wird Jesus mit den vom Tod auferweckten Märtyrern über die Völker der Erde herrschen: Und ich sah den Himmel geöffnet, und siehe, ein weißes Pferd, und der darauf saß, heißt »Der Treue und der Wahrhaftige«; und in Gerechtigkeit richtet und kämpft er. […] Und die Heere im Himmel folgten ihm nach auf weißen Pferden. […] Und aus seinem Mund geht ein scharfes Schwert hervor, damit er die Heidenvölker mit ihm schlage, und er wird sie mit eisernem Stab weiden; und er tritt die Weinkelter des Grimmes und des Zornes Gottes, des Allmächtigen. […] Und ich sah das Tier 197 und die Könige der Erde und ihre Heere versammelt, um Krieg zu führen mit dem, der auf dem Pferd sitzt, und mit seinem Heer. Und das Tier wurde ergriffen und mit diesem der falsche Prophet, der die Zeichen vor ihm tat, durch welche er die verführte, die das Malzeichen des Tieres annahmen, und die sein Bild anbeteten; die beiden wurden lebendig in den Feuersee geworfen, der mit Schwefel brennt. Und die übrigen wurden getötet mit dem Schwert dessen, der auf dem Pferd sitzt, das aus seinem Mund hervorgeht, und alle Vögel sättigten sich von ihrem Fleisch. Und ich sah einen Engel aus dem Himmel herabsteigen, der hatte den Schlüssel des Abgrundes und eine große Kette in seiner Hand. Und er ergriff den Drachen, die alte Schlange, die der Teufel und der Satan ist, und band ihn für 1000 Jahre und warf ihn in den Abgrund und schloß ihn ein und versiegelte über ihm, damit er die Völker nicht mehr verführen kann, bis die 1000 Jahre vollendet sind. Und nach diesen muß er für kurze Zeit losgelassen werden. Und ich sah Throne, und sie setzten sich darauf, und das Gericht wurde ihnen übergeben; und [ich sah] die Seelen derer, die enthauptet worden waren um des Zeugnisses Jesu und um des Wortes Gottes willen, und die das Tier nicht angebetet hatten noch sein Bild, und das Malzeichen weder auf ihre Stirn noch auf ihre Hand an-
194
Siehe zu Parallelen mit 2 Baruch und 4 Esra O. Böcher: Chiliasmus, 725. Siehe S. Witetschek: Ein weit geöffnetes Zeitfenster?, 147. 196 Siehe A. Y. Collins: The Book of Revelation, 384. 197 Dieses Tier ist wohl identisch mit dem Tier aus dem Meer (Offb 13,1–4) und stellt eine widerchristliche, weltbeherrschende Macht, vermutlich das römische Imperium, dar, eventuell personifiziert in einem bestimmten Kaiser. 195
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Auferstehung und Reich Gottes im Christentum nach Jesus
genommen hatten; und sie wurden lebendig und regierten die 1000 Jahre mit Christus. Die übrigen der Toten aber wurden nicht wieder lebendig, bis die 1000 Jahre vollendet waren. Dies ist die erste Auferstehung. Glückselig und heilig ist, wer Anteil hat an der ersten Auferstehung! Über diese hat der zweite Tod keine Macht, sondern sie werden Priester Gottes und des Christus sein und mit ihm regieren 1000 Jahre. 198
Zum tausendjährigen Reich werden also nicht alle auferweckt werden, sondern nur bestimmte Märtyrer des christlichen Glaubens. Sie werden von da an unsterblich sein. Die gewöhnlichen Menschen werden anscheinend weiterhin sterben. Tod und Trauer und wohl auch Krankheit, Hunger und Armut sind aus dem tausendjährigen Reich nicht explizit verbannt. Es geht nicht in erster Linie um ein nachtodliches Leben, sondern um irdisches Leben und irdische Herrschaft. Dies wird noch deutlicher, wenn wir zwei der nachfolgenden Versionen des tausendjährigen Reiches ansehen, bei Irenäus von Lyon und bei Laktanz.
Ein sehr irdisches Zwischenreich bei Irenäus und Laktanz Eine reiche Ausschmückung des tausendjährigen Reiches bietet Irenäus von Lyon. 199 Dazu bedient er sich alttestamentlicher Prophezeiungen und auch einiger Jesusworte, die ein physisches nachtodliches Leben verheißen, wie die Weissagung vom Weintrinken im Reiche Gottes. 200 Jesus werde, so weissagt Irenäus, vom Himmel herabkommen und den Antichrist und seine Gefolgschaft in den Feuerpfuhl werfen. 201 Dann würden die Gerechten auferstehen und über die übriggebliebenen Menschen tausend Jahre lang 202 herrschen. 203 Die Erde 198
Offb 19,11.14–15.19–20,6. Siehe dazu B. Lang, C. McDannell: Der Himmel, 78–83, 101. 200 Siehe Irenaeus von Lyon: Adversus haereses V,33,1; vgl. Mt 26,29; Mk 14,25. 201 Siehe Irenäeus von Lyon: Adversus haereses V,30,4. 202 Siehe Irenäus von Lyon: Adversus haereses V,23,2; V,28,3 in Verbindung mit V,30,4: Jesus wird bei seiner Wiederkunft den siebten Tag der Vollendung der Schöpfung herbeiführen. Dieser siebte Tag, der Tag der Ruhe Gottes, ist die Zeit des Reiches Gottes auf Erden und entspricht 1000 menschlichen Jahren, entsprechend 2 Petr 3,8. 203 Siehe Irenäus von Lyon: Adversus haereses V,32,1: »Es muß aber von den Gerechten gesagt werden, daß sie zuerst bei der Erneuerung dieser Welt und der Wiederkunft Gottes auferstehen werden, um die verheißene Erbschaft zu empfangen, die Gott den Vätern versprochen hat, und um in ihr zu herrschen. […] In der Welt, in der sie sich gemüht und gelitten haben, auf jegliche Weise in der Geduld erprobt, in 199
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Nachtodliches Leben auf der Erde: Auferstehung, Gericht und Zwischenreich
werde überwältigend fruchtbar sein 204 und die übriggebliebenen Menschen würden sich vermehren 205 – ein starkes Indiz für die Erdenhaftigkeit dieses Reiches. Der Frieden werde sich auch auf die Tierwelt erstrecken, entsprechend der Vision des Jesaja. 206 Die Menschen bleiben anscheinend grundsätzlich sterblich. Nur die auferstandenen Gerechten sterben nicht mehr, aber nicht, weil sie verwandelt sind, sondern weil sie »vergessen zu sterben« und so »die Unverweslichkeit vorwegnehmen«. 207 In sehr prägnanter Form wurde das tausendjährige Reich von Laktanz 208 verfochten. In seinen Göttlichen Unterweisungen, die spätestens Anfang 311 abgeschlossen wurden, 209 schildert er zunächst die Rettung der von den Heeren des Antichristen belagerten Gerechten durch Jesus Christus aus höchster Not. 210 Die feindlichen Heere werder werden sie gerechter Weise auch die Früchte ihrer Geduld empfangen. In der Welt, in der sie getötet wurden wegen ihrer Liebe zu Gott, in der werden sie auch lebendig gemacht werden. Wo sie Knechtschaft erduldeten, da werden sie herrschen. Denn reich in allem ist Gott, und alles gehört ihm. Deshalb muß diese Schöpfung, in den alten Zustand wiedereingesetzt, unbehindert den Gerechten dienen.« (Übers. [Irenäus von Lyon:] Des heiligen Irenäus fünf Bücher gegen die Häresien II, 557– 558). 204 Siehe Irenäus von Lyon: Adversus haereses V,33,3–4: »So erinnern sich auch die Presbyter, die Johannes, den Schüler des Herrn, gesehen haben, von ihm gehört zu haben, wie der Herr von jenen Zeiten lehrte und sprach: ›Es werden Tage kommen, wo Weinstöcke wachsen werden, jeder mit 10 000 Reben, und an einer Rebe 10 000 Zweige, und an einem Zweige 10 000 Schosse und an jedem Schoß 10 000 Trauben und an jeder Traube 10 000 Beeren, und jede Beere wird ausgepreßt 1000 Liter Wein geben. Und wenn einer von den Heiligen eine Traube ergreift, wird die andere ihm zurufen: Ich bin eine bessere Traube, nimm mich und preise durch mich den Herrn! Ähnlich werde auch ein Weizenkorn 10 000 Ähren hervorbringen und jede Ähre 10 000 Körner haben und jedes Korn 10 Pfund weißes, reines Mehl geben. Und dementsprechend alle übrigen Obstsorten und Samen und Kräuter; und alle Tiere würden sich mit den Speisen nähren, die ihnen die Erde bietet, und friedlich und zutraulich untereinander, gegen den Menschen aber ganz unterwürfig sein.‹ Dies bezeugt auch Papias, ein Hörer des Johannes und Hausgenosse des Polykarpus, ein Mann der alten Zeit, wie in dem vierten seiner Bücher […] geschrieben steht.« (Übers. ebd. 562). 205 Siehe Irenäus von Lyon: Adversus haereses V,34,2; V,35,1. 206 Siehe Irenäus von Lyon: Adversus haereses V,33,4 und Jes 11,6–8; 65,25. 207 Irenäus von Lyon: Adversus haereses V,36,2; V,35,2 (Übers. [Irenäus von Lyon:] Des heiligen Irenäus fünf Bücher gegen die Häresien II, 573, 571). 208 Lucius Caelis Firmianus Lactantius (um 250 – um 325) war ein Rhetoriklehrer in Kaiser Diokletians Residenz Nicomedia. Die diokletianische Christenverfolgung ab 303 ließ ihn zum christlichen Apologeten werden (siehe S. Freund: Einleitung, 3–13). 209 Siehe ebd. 4–5. 210 Siehe Lactantius: Divinae institutiones VII,17,10–11.
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Auferstehung und Reich Gottes im Christentum nach Jesus
den vernichtet werden, das Blut der Feinde »wird fließen wie ein Sturzbach«, 211 der Antichrist und die anderen Fürsten und Tyrannen, »welche die Erde aufgerieben haben«, werden »den verdienten Qualen« zugeführt werden. 212 Dann wird das tausendjährige Reich als ein sehr irdisches Imperium errichtet werden, mit einer Hauptstadt, mit Funktionsträgern und mit einer herrschenden und einer unterworfenen Klasse. 213 Die Gerechten früherer Zeit werden auferweckt werden, 214 die bei der Ankunft noch lebenden Gerechten werden nicht mehr sterben und sich vermehren. Wie bei Irenäus wird die Natur von überbordender Fruchtbarkeit sein und Tierfrieden herrschen: [W]enn jener [d. h. Christus] die Ungerechtigkeit vernichtet, sein größtes Gericht gehalten und die Gerechten, die es von Anfang an gab, zum Leben erneuert hat, wird er sich tausend Jahre unter den Menschen aufhalten und sie in überaus gerechter Herrschaft regieren. […] Dann werden diejenigen, die in ihren Körpern lebendig sind, 215 nicht sterben, sondern durch eben diese tausend Jahre hindurch eine unendliche Menschenmenge zeugen, und ihre Nachkommenschaft wird heilig und Gott teuer sein. Die aber aus der Unterwelt aufgeweckt werden, die werden wie Richter über die Lebenden gebieten. 216 Die Heiden aber werden nicht gänzlich ausgelöscht werden, sondern einige übrig gelassen für den Sieg Gottes, damit die Gerechten über sie triumphieren und sie der ewigen Knechtschaft unterworfen werden. […] Nach dessen [d. h. des Volkes Gottes] Ankunft werden sich die Gerechten aus allen Teilen der Erde zusammenfinden, und nach dem Gericht wird in der Mitte der Erde eine heilige Stadt errichtet werden, in der er selbst, Gott, ihr Gründer, bei den Gerechten, die die Herrschaft ausüben, verweilt. […] Die Erde aber wird ihre Fruchtbarkeit auftun und von sich aus überreiche Frucht hervorbringen, die Felsen der Berge werden von Honig triefen, Wein wird in den Bächen zu Tal fließen und die Flüsse werden überströmen von Milch […]. Die wilden Tiere werden sich in dieser Zeit nicht von Blut ernähren, die Vögel nicht von Beute, sondern alles wird ruhig und friedlich sein. Löwen und Kälber werden zusammen an der Krippe stehen, der Wolf
211
Lactantius: Divinae institutiones VII,19,5 (Übers. Laktanz: Divinae Institvtiones, 167). 212 Lactantius: Divinae institutiones VII,19,7 (Übers. ebd.). 213 Siehe S. Freund: Kommentar, 545. 214 Siehe Lactantius: Divinae institutiones VII,24,2. 215 Das sind die Gerechten, die bei der Ankunft Christi noch leben. 216 Diese Bevorzugung der auferweckten Gerechten gegenüber den noch Lebenden »erscheint etwas unmotiviert« (S. Freund: Kommentar, 548).
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Ewiges Leben auf einer unirdischen Erde nach dem Ende der Zeiten
das Schaf nicht reißen, der Hund nicht jagen, Habichte und Adler keinen Schaden zufügen, das Kind mit den Schlangen spielen. 217
Die Lehre von einem irdischen Zwischenreich wurde im Christentum nie allgemein anerkannt und ab dem vierten Jahrhundert weitgehend abgelehnt. Ein Grund dafür war der Aufstieg des Christentums zur Staatsreligion des römischen Reiches. 218 Mit den reformatorischen Bewegungen der Neuzeit erstarkte sie ab dem siebzehnten Jahrhundert wieder 219 und ist in »konservativen christlichen Kreisen […] wahrscheinlich weiter verbreitet als je zuvor«. 220
Ewiges Leben auf einer unirdischen Erde nach dem Ende der Zeiten Für ein ewiges glückliches Leben auf der Erde muss nicht nur der physische Körper der Auferstandenen verwandelt werden, sondern auch die Erde selbst und mit ihr der gesamte Kosmos. 221 Es ist daher nur folgerichtig, wenn christliche Theologen ein ewiges irdisches Leben nur für eine verwandelte neue Erde postulierten. Sie beschreiben diese neue Erde überwiegend sehr vage oder gestehen ihr nur noch wenige irdische Merkmale zu.
Jesu Schweigen über die Verwandlung der Welt Nach den vorhandenen Quellen zu urteilen, hat Jesus vermutlich zu einer Verwandlung des Kosmos geschwiegen. 222 Dies deutet darauf hin, dass die Eschatologie Jesu eher regional ausgerichtet war. Seine Erwartung der Wiederherstellung Israels mit Jerusalem und Zion als Zentrum steht in einer gewissen Spannung zu späteren Vorstellungen eines Weltendes und einer völligen Neuschöpfung der Erde. Jesus sagte zwar selbst in Anlehnung an Weissagungen des Alten Testa217
Lactantius: Divinae institutiones VII,24,2–4.6–8 (Übers. Laktanz: Divinae Institvtiones, 181, 183). 218 Siehe G. G. Blum: Chiliasmus, 732. 219 Siehe R. Bauckham: Chiliasmus, 739–743. 220 Ebd. 743. 221 Siehe S. 16. 222 Siehe S. 100 mit Fn. 196 zu seiner einmaligen Verwendung des Wortes παλιγγενεσία in Mt 19,28, das dort wahrscheinlich die Erneuerung Israels meint.
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Auferstehung und Reich Gottes im Christentum nach Jesus
ments astronomische Phänomene wie Sonnenfinsternis, Mondfinsternis und Meteoritenschauer voraus, 223 doch durch diese würde die Erde weder verwandelt noch in ihrem Bestand grundlegend gefährdet werden. Bei anderer Gelegenheit spricht Jesus – ebenfalls alttestamentliche Vorstellungen aufgreifend – vom Vergehen von Himmel und Erde, aber dies geschieht vor allem, um die ewige Geltung der eigenen Worte zu versinnbildlichen, und nicht, um eine konkrete apokalyptische Aussage zu machen. 224
Neue Erde ohne Weltuntergang: Offenbarung des Johannes Die Offenbarung des Johannes spricht als erste neutestamentliche Schrift von einer neuen Erde (und einem neuen Himmel) am Ende der Zeiten, ohne allerdings eine gänzliche Vernichtung der alten Erde zu prophezeien. 225 Neben Erdbeben bietet sie nur die schon von Jesus genannten astronomischen Phänomene auf: Und ich sah, als es das sechste Siegel öffnete, und siehe, ein großes Erdbeben entstand, und die Sonne wurde schwarz wie ein härener Sack, und der Mond wurde wie Blut und die Sterne des Himmels fielen auf die Erde, wie ein Feigenbaum seine unreifen Früchte abwirft, wenn er von einem starken Wind geschüttelt wird. 226
Der Autor erwartet die endzeitlichen Geschehnisse »bald«, sie sollen »rasch geschehen«, ihre »Zeit ist nahe«. 227
Neue Erde nach dem Weltuntergang: Zweiter Petrusbrief Als einzige der neutestamentlichen Schriften prophezeit der zweite Petrusbrief, die vermutlich späteste neutestamentliche Schrift, 228 eine vollständige Zerstörung der bekannten Erde (und der Himmel). Bei seinem Weltuntergangsszenario durch Feuer greift der zweite Petrus223
Siehe S. 99. Siehe S. 99–100. 225 Siehe Offb 21,1. 226 Offb 6,12–13; vgl. Joel 2,10; 3,4; Jes 34,4; Mt 24,29; Apg 2,20. 227 Offb 22,6–7.10.20. 228 Möglicherweise um 125–130 n. Chr. (siehe R. Feldmeier: Der zweite Petrusbrief, 335 mit Fn. 27). 224
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Ewiges Leben auf einer unirdischen Erde nach dem Ende der Zeiten
brief vermutlich das in der Antike verbreitete stoische Konzept der Ekpyrosis, des Weltenbrandes, auf. 229 Im Anschluss daran sollen, wie in der Johannesoffenbarung, neue Himmel und eine neue Erde erschaffen werden. Von Auferstehung sagte der zweite Petrusbrief nichts: 230 Es wird aber der Tag des Herrn kommen wie ein Dieb in der Nacht; dann werden die Himmel mit Krachen vergehen, die Elemente aber vor Hitze sich auflösen und die Erde und die Werke darauf verbrennen. Da nun dies alles aufgelöst wird, wie sehr solltet ihr euch auszeichnen durch heiligen Wandel und Gottesfurcht, indem ihr das Kommen des Tages Gottes erwartet und ihm entgegeneilt, an welchem die Himmel sich in Glut auflösen und die Elemente vor Hitze zerschmelzen werden! Wir erwarten aber nach seiner Verheißung neue Himmel und eine neue Erde, in denen Gerechtigkeit wohnt. 231
In der Folge wird vor allem im lateinischen Westen des Christentums vielfach gelehrt, dass die alte Welt mit Ausnahme der Menschen und Engel durch einen Weltenbrand zerstört werde, bevor eine neue entstehe. 232
Theologische Ratlosigkeit hinsichtlich der neuen Erde Im Gegensatz zur Beschreibung des Zwischenreiches sind christliche Theologen meistens wortkarg, wenn es um die Verfassung des Lebens auf der neuen Erde geht. Ein bekanntes Beispiel ist Irenäus von Lyon. 229
Siehe J. A. Harrill: Stoic Physics, the Universal Conflagration, and the Eschatological Destruction, 118–119, 127, 131. Die Ekpyrosis wurde allerdings nicht als ein apokalyptisches Geschehen gedacht, sondern als ein periodisches, natürliches Ereignis, das die Welt reinigen und immer wieder dasselbe entstehen lassen soll (siehe A. Stückelberger: Ekpyrosis, 433). Dies spricht jedoch nicht gegen eine konzeptionelle Anregung des Petrusbriefs durch das stoische Ekpyrosis-Konzept. 230 Harrill sucht zu zeigen, dass der Petrusbrief vor dem Hintergrund der stoischen Lehre einer Einheit von Ethik und Physis bzw. von Seele und Körper und des Ideals eines stabilen, ›holistischen‹ psychophysischen Selbst Stabilität und Festigkeit (στηριγμός) predigt, die es denjenigen, die sie erlangen, ermöglicht, der eschatologischen Auflösung zu entgehen (siehe J. A. Harrill: Stoic Physics, the Universal Conflagration, and the Eschatological Destruction, 119–132). 231 2 Petr 3,10–13. 232 Siehe allgemein M. Seils: Weltende, Weltuntergang, 465 und im Einzelnen z. B. Justin der Märtyrer: Apologia maior, 20; Minucius Felix: Octavius 34,1–5; Tertullian: De spectaculis, 30; siehe später Augustinus: De civitate dei XX,16.18.24.30; Thomas von Aquin: Summa Theologiae, Suppl., q. 74, a. 2–9.
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Auferstehung und Reich Gottes im Christentum nach Jesus
So ausführlich er sich in Gegen die Häresien über das tausendjährige Zwischenreich äußerte, so wenig sagt er über die Lebensumstände auf der neuen Erde und im neuen Himmel. 233 Er nennt nur die drei Orte des nachtodlichen Lebens der Gerechten: den Himmel, die Stadt – das vom Himmel herabgestiegene Jerusalem der Johannesoffenbarung – und das Paradies, weiter nichts. 234 Auch bei Laktanz wird die neue Erde nur ganz kurz geschildert. Über die Welt nach dem tausendjährigen Reich finden sich in den Göttlichen Unterweisungen nur zwei Sätze: Wenn aber die tausend Jahre erfüllt sind, wird die Welt von Gott erneuert, der Himmel zusammengerollt und die Erde verwandelt werden. Und Gott wird die Menschen so verwandeln, dass sie Engeln ähnlich sind, und sie werden weiß wie Schnee sein, 235 sich stets im Angesicht des allmächtigen Gottes aufhalten und ihrem Herren in Ewigkeit opfern und dienen. 236
Über die Art der Welt, in der die Gerechten leben, wird nichts gesagt. Einen Anhaltspunkt für irdische Eigenschaften dieser Welt gibt es also nicht. Moderne Theologen tun sich ebenfalls schwer, etwas über die ewige neue Erde (und den neuen Himmel) zu sagen. Paul Althaus hebt »die völlige Andersheit der neuen Welt« hervor, andererseits auch deren Identität mit der jetzigen. Diesen offenkundigen Widerspruch verbrämt er als ein »Geheimnis«. 237 Nicholas Thomas Wright wagt sich etwas weiter vor. Für ihn ist das Leben in der neuen Welt offen233
Siehe B. Lang, C. McDannell: Der Himmel, 82. Siehe Irenaeus von Lyon: Adversus haereses V,36,1. 235 Dies deutet nach S. Freund: Kommentar, 585–586 die Verwandlung zur Unsterblichkeit an. Freund verweist ebd. auch auf die Formulierung »Gewand der Unsterblichkeit« in Lactantius: Epitome Divinarum Institutionum 67,8. Die Gerechten des tausendjährigen Reiches müssen sich beim Endkampf Gottes gegen die Heidenvölker unter der Erde verbergen (siehe Lactantius: Divinae institutiones VII,26,2–3). Daraus kann man schließen, dass die Gerechten zu diesem Zeitpunkt nicht unsterblich sind. Nach Augustinus halten sich die Auferstandenen beim Weltenbrand in den höheren Regionen auf, wohin die Flammen nicht reichen, obwohl er selbst sagt, dass sie das Feuer des Weltenbrandes eigentlich nicht zu fürchten haben (siehe S. 127). 236 Lactantius: Divinae institutiones VII,26,5 (Übers. Laktanz: Divinae Institvtiones, 189). Vergleiche auch Lactantius: Epitome divinarum institutionum 67,8: »Hiernach wird Gott die Welt erneuern und die Gerechten in die Gestalt von Engeln umbilden, damit sie, mit dem Gewand der Unsterblichkeit beschenkt, Gott in Ewigkeit dienen. Und dies wird das Reich Gottes sein, das kein Ende haben wird.« (Übers. Lactantius: Göttliche Unterweisungen in Kurzform, 144). 237 P. Althaus: Die letzten Dinge, 361, 363. 234
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Ewiges Leben auf einer unirdischen Erde nach dem Ende der Zeiten
bar physisch. 238 Möglicherweise bestünden die unsterblichen Auferstehungskörper aus Molekülen. 239 Unsterblichkeit sei keine immanente Eigenschaft der Auferstehungskörper und der gesamten neuen Welt. Sie sei vielmehr ein Geschenk Gottes, der allein von Natur aus unsterblich sei. 240 Wright weicht also letzten Endes einer sachlichen Antwort auf die Frage, wie ein physischer Körper unzerstörbar sein und ewig leben könne, mit einem Verweis auf die Macht Gottes aus. 241 Für John Polkinghorne ist es denkbar, dass auch nichtmenschliche Geschöpfe auf der neuen Erde leben, wenngleich nicht unbedingt alle Bakterien, Dinosaurier und Löwen, die jemals gelebt haben. Haustiere würden vielleicht eine besondere Rolle spielen. 242 Die neue Erde werde zeitlich verfasst sein, aber mitsamt dem ganzen Universum ein »von der alten Schöpfung vollkommen verschiedenes ›physikalisches Gewebe‹« aufweisen. 243 Wie dieses physikalische Gewebe aber beschaffen sein muss, damit ein physisches Leben ohne Leid und Tod in alle Ewigkeit möglich ist, sagt Polkinghorne nicht, obwohl er nicht nur Theologe, sondern auch theoretischer Physiker ist. Den einzigen Grund für die Hoffnung auf ein materielles ewiges Leben sieht er in der unerschütterlichen Liebe und Treue Gottes. 244 Sein Verzicht auf eine intersubjektiv nachvollziehbare Argumentation unterscheidet ihn kaum von den Zeugen Jehovas, die unter bloßer Berufung auf Bibelstellen ein ewiges irdisches Leben predigen. 245 Auf katholischer Seite scheint die Abneigung noch größer zu sein, über eine materielle, ewige neue Erde zu spekulieren. Karl Rahner hält die Materie nur für einen »Anlauf des Geistes und der Subjektivität und der Freiheit« und erwartet, dass sich der »materielle Kosmos, dessen Sinn und Ziel 238
Jesus habe nach seiner Auferstehung eine »neue Art physischen Körper« bekommen, schreibt Wright (N. T. Wright: Surprised by Hope, 63). Auch Paulus schaffe die physische Beschaffenheit des Auferstehungskörpers nicht ab (siehe ebd. 156); dieser habe »eine neue Art der Physikalität« und sei sogar »körperlicher« als unser gegenwärtiger Körper (ebd. 154). 239 Wright schreibt, es komme nicht darauf an, ob wir genau dieselben Moleküle zurückerhielten, aber ein gewisses Maß an Kontinuität sei durchaus möglich (siehe ebd. 157). 240 Siehe ebd. 161. 241 Siehe ebd. 158–159, 161, 164. 242 Siehe J. Polkinghorne: The God of Hope and the End of the World, 122–123. 243 Ebd. 143. 244 Siehe ebd. 149. 245 Siehe Wachturm Bibel- und Traktatgesellschaft: Was lehrt die Bibel wirklich?, 27– 28, 33–36; vgl. auch ebd. 37, 54, 65, 80, 84, 110, 153.
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Auferstehung und Reich Gottes im Christentum nach Jesus
von vorneherein die Vollendung der Freiheit« sei, einmal selbst ›aufheben‹ werde. 246
Beschreibungen einer unirdischen neuen Erde Wenn hingegen die neue Erde näher beschrieben wird, wirkt sie meistens wenig irdisch. 247 Das beginnt schon in der Offenbarung des Johannes. Sie ist der einzige Text im Neuen Testament, der die Verhältnisse auf der neugestalteten Erde beschreibt. Es wird vor allem die Pracht der Stadtmauer und Stadttore des neuen Jerusalems geschildert, das vom Himmel auf die Erde niedergestiegen ist. Es ist eine unirdische kubische Stadt, die fast zweitausend Kilometer breit, lang und hoch (!) ist. In dieser Stadt wohnt Gott zusammen mit Jesus (als Lamm) ohne einen Tempel. Sie erleuchten die Stadt derart, dass diese weder der Sonne noch des Mondes bedarf. Von Gottes Thron geht ein Strom aus, das Wasser des Lebens. Das einzige Zeichen nichtmenschlichen Lebens ist ein Baum inmitten dieses Flusses. Es ist ein Baum des Lebens, der jeden Monat eine Frucht produziert. Seine Blätter haben Heilkräfte. Über das Gebiet außerhalb der Stadt wird nur gesagt, dass es dort Völker und Könige gibt. Nur Auserwählte können in die Stadt gelangen, obwohl ihre Tore immer offen stehen. 248 Thomas von Aquin versucht die Bedingungen der Ewigkeit der neuen Erde in den Kategorien des Denkens seiner Zeit näher zu bestimmen. Alles Vergängliche wird durch den Weltenbrand ausgelöscht werden. Die Körper aller Menschen werden vollständig zu 246
K. Rahner: Grundkurs des Glaubens, 427–428. Vgl. auch die Kritik am Reflexionsniveau christlicher Eschatologie in K. Rahner: Eschatologie, 1186; K. Rahner: Letzte Dinge, 222. 247 Die wenig bekannte syrische Danielapokalypse aus dem vierten oder fünften Jahrhundert stellt in dieser Hinsicht eine Ausnahme dar. Sie kennt kein tausendjähriges Zwischenreich, dafür ist das ewige Reich auf Erden unverkennbar irdisch-paradiesisch. Jesus kommt als Krieger aus dem Himmel zurück auf die Erde, vernichtet seine Feinde mit Feuer, nimmt dem Tod seine Macht und bringt der Welt Frieden. Nach der allgemeinen Auferstehung kehren alle Israeliten zu dem von Jesus erbauten neuen Jerusalem zurück, auch alle Völker wallfahren dorthin. Man geht offensichtlich zu Fuß und schwebt oder fliegt nicht. Die Erde weist weiterhin Berge, Hügel, Ebenen, Flüsse, Meere, Strände und Inseln auf. Es werden Palmen, Zedern, Olivenbäume, Myrten und Zypressen erwähnt, schöne Blüten, köstliche Kräuter und wohlriechendes Rohr (siehe syrDan 30–40). 248 Siehe Offb 21,1–22,5.
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Ewiges Leben auf einer unirdischen Erde nach dem Ende der Zeiten
Asche verbrannt werden. Den Gerechten wird das jedoch keine Pein bereiten. 249 Die Bewegung der Himmelskörper wird aufhören. 250 Es wird keine Pflanzen, Tiere, Mineralien und keine sonstigen aus verschiedenen Elementen gemischten Körper geben. 251 Unsterbliche Seelen sind bei Tieren oder Pflanzen nicht vorhanden, und gemischte Körper tragen die Ursache des Verfalls bereits in sich selbst, wohl weil sie sich im Unterschied zu den reinen Elementen wieder entmischen können. 252 Die neue Welt wird eine Welt ohne Chemie sein. Nur die Himmelskörper, die reinen Elemente und der Mensch werden bestehen bleiben. 253 Wenig irdisch wird die neue Erde auch bei den Mormonen sein. Alles Vergängliche wird – wie bei Thomas von Aquin – in glühendem Feuer schmelzen. Die neue Erde wird dann wie ein Kristall und wie ein Meer aus Glas und Feuer sein. 254 Eine der jetzigen Erde ähnliche, idealisierte neue Erde wird meines Wissens von akademischen Theologen nicht gelehrt, wohl aber von Glaubensgemeinschaften wie den Zeugen Jehovas oder den Siebenten-Tags-Adventisten, die ihren Glauben auf eine literalistische Bibelauslegung stützen. 255 Die sachliche Möglichkeit eines leidfreien, ewigen physischen Lebens wird nicht diskutiert.
Fazit Die Geschichte christlicher Lehren über das nachtodliche Leben ist von dem Problem der Unmöglichkeit eines ewigen irdisch-physi249
Siehe Thomas von Aquin: Summa Theologiae, Suppl., q. 74, a. 8, co. Siehe Thomas von Aquin: Summa Theologiae, Suppl., q. 77, a. 1, co. 251 Siehe Thomas von Aquin: Summa Theologiae, Suppl., q. 91, a. 5, co. 252 Siehe Thomas von Aquin: Summa Theologiae, Suppl., q. 74, a. 1, ad 3. 253 Siehe Thomas von Aquin: Summa Theologiae, Suppl., q. 91, a. 5, co. 254 Siehe The Doctrine and Covenants, 237 (Sect. 130:7–9); siehe auch B. Lang, C. McDannell: Der Himmel, 422: »Die noch einmal umgestaltete Erde, jetzt ein Meer aus Kristall und Feuer, wird zum höchsten Himmel, zum Reich der ›himmlischen Herrlichkeit‹«. Es wird Fortpflanzung auf dieser himmlischen neuen Erde geben (siehe ebd. 423); siehe auch S. E. Black: Terrestrial Kingdom; T. J. Riskas: New Heaven and New Earth. 255 Zur diesbezüglichen Lehre der Zeugen Jehovas siehe die Nachweise S. 151 Fn. 245; zur Lehre der Siebenten-Tags-Adventisten siehe General Conference of Seventh-Day Adventists: 28 Fundamental Beliefs, 11 (Nr. 28), und dazu näher K. McKenzie: The New Earth Under Construction; S. Pierce: An Old World Made New. 250
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Auferstehung und Reich Gottes im Christentum nach Jesus
schen Lebens geprägt. Einerseits wird an der physischen Natur der Auferstehung Jesu und aller Menschen bis heute festgehalten. Andererseits wird über eine Verwandlung der auferstandenen Körper spekuliert, die sie der Vergänglichkeit des Irdisch-Physischen entrinnen lässt. Dasselbe gilt für die Erde, die nach der überwiegenden Überlieferung der endgültige Ort des ewigen Lebens sein soll. Sie soll mitsamt dem ganzen Kosmos grundlegend verwandelt werden, um eine geeignete Stätte für die ewige Seligkeit zu bieten. Im Mikrokosmos des Auferstehungskörpers und im Makrokosmos der verwandelten physischen Welt haben wir somit eine ganz ähnliche Problemlage: Beide sollen diesseitig sein, aber gleichzeitig jenseitige Eigenschaften aufweisen.
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Die Ghost-Dance-Bewegung der Lakota: Jenseitserfahrungen bewegen zum Glauben an ein kommendes Reich Gottes
Wenn man Jenseitserfahrungen als Quelle der religiösen Vorstellungen von Auferstehung und irdischem Reich Gottes plausibel machen möchte, ist es wünschenswert, nicht nur Parallelen zwischen Berichten über Jenseitserfahrungen und religiösen Beschreibungen der Auferstandenen und des Reiches Gottes aufzuzeigen, sondern auch historische Anhaltspunkte für einen entsprechenden ursächlichen Zusammenhang vorzuweisen. In Bezug auf den Ursprung des Auferstehungs- und Reich-Gottes-Glaubens ist das unmöglich, weil er im Dunkel der Geschichte liegt. Aber es gibt ein prägnantes Fallbeispiel zumindest für die Übernahme des Glaubens an ein kommendes paradiesisches Reich Gottes auf Erden aufgrund von Jenseitsreisen: die gut dokumentierte Ghost-Dance-Bewegung der Lakota, einer Stammesgruppe der Sioux.
Jenseitsreisen während des Ghost Dance Zu den in South Dakota lebenden Lakota kam 1889 die Kunde eines kommenden Reiches Gottes. 1 Sie stammte vom Propheten Wovoka aus dem Volk der Paiute. 2 Wovoka war unter anderem von christlichen Ideen beeinflusst worden. 3 In dem Reich, das er vorhersagte, würden alle Indianer, die Lebenden und die Verstorbenen, auf einer paradiesischen, erneuerten Erde leben. 4 Die Lakota akzeptierten diese Prophezeiung nicht einfach, sondern sandten eine Delegation zu Wovoka, der zweitausend Kilometer entfernt in Nevada lebte, um mehr
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Siehe R.-H. Andersson: The Lakota Ghost Dance of 1890, 31. Siehe ebd. Siehe ebd. 25, 27, 29. Siehe ebd.
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Die Ghost-Dance-Bewegung der Lakota
über den Propheten und seine Botschaft herauszufinden. 5 Vor allem anderen wurden sie durch Jenseitsreisen überzeugt. Wovoka lehrte sie einen Tanz, der von den Weißen ›Ghost Dance‹ genannt wurde. 6 Die Lakota glaubten, dass dieser Tanz die Teilhabe an der kommenden Welt sichern und deren Kommen beschleunigen würde. 7 Der Ghost Dance war tranceinduzierend. Viele Teilnehmer fielen während des Tanzes wie tot zu Boden und hatten visionäre Erlebnisse. 8 Nach den überlieferten Berichten erlebten manche von ihnen Jenseitsreisen, trafen verstorbene Verwandte und Freunde im Jenseits und sprachen mit ihnen. 9 Der Lakota Little Wound zum Beispiel schaute in seiner Jenseitserfahrung »weite und fruchtbare Lande, die sich in alle Richtungen erstreckten« und seine »Augen aufs Höchste erfreuten«. Auf den Ruf einer göttlichen Gestalt seien Verstorbene herbeigekommen: Sie ritten auf den schönsten Pferden, die ich jemals sah, hatten herrliche, überaus strahlende Kleider an und schienen sehr glücklich zu sein. Als sie sich näherten, erkannte ich die Spielkameraden meiner Kindheit, und ich rannte los, um sie zu umarmen, während Tränen der Freude mir die Wangen herunterliefen. […] Dann schauten wir […] in ein großes Tal, worin Tausende Büffel, Wapitis und andere Hirsche weideten. 10
5
Siehe ebd. 31–40. Siehe ebd. 29, 306–308. 7 Siehe ebd. 75, 310. In der Ghost-Dance-Bewegung gab es sehr verschiedene, aber meist vage Beschreibungen, wie die neue Welt kommen sollte. Black Elk sagte, sie würde wie eine Wolke kommen und alle Weißen zerschmettern (siehe R. J. DeMallie: The Sixth Grandfather, 257). Laut James Mooney hätten die Sioux erwartet, dass die Weißen nach dem endzeitlichen Erdbeben durch einen riesigen Erdrutsch verschluckt würden, eventuell in Verbindung mit einer Flut oder mit Wirbelstürmen, während die Indianer in die Höhe getragen und die Oberfläche des Gelobten Landes erreichen würden (siehe J. Mooney: The Ghost Dance Religion, 787–789). Wovoka selbst scheint von einem Erdbeben gesprochen zu haben (siehe ebd. 781–782). In anderen Stämmen vermutete man eine Flut aus Schlamm und Wasser, die die Weißen vernichtete, während die Indianer sie auf den Bergen überlebten, und bei deren Zurückweichen die neue Welt auftauche (siehe ebd. 784). Andere glaubten, dass die Welt nach einem tiefen Schlaf der Indianer angekommen sein werde (ebd. 786). Wieder andere dachten, dass die neue Welt aus dem Westen herankommen und über die alte Erde gleiten werde. Eine Flammenfront werde ihr vorangehen und die Weißen übers Wasser treiben, während die Indianer durch heilige Federn das Feuer übersteigen und so ins Gelobte Land gelangen könnten (siehe ebd.). Andere erwarteten einen Wirbelsturm mit Blitzen und Donner, der allein die Weißen vernichten werde (siehe ebd.). 8 Siehe R.-H. Andersson: The Lakota Ghost Dance of 1890, 34, 45, 57, 61–62, 299. 9 Siehe ebd. 35, 45, 62. 10 Ebd. 63. 6
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Die Ghost-Dance-Bewegung der Lakota
Die Landschaften, die jenseitigen Personen und der starke Realitätscharakter dieser Erfahrung ähneln Berichten über jenseitige Landschaften und Personen während einer Nahtoderfahrung. Die Beschreibung der »überaus strahlende[n] Kleider« der verstorbenen Indianer legt nahe, dass Little Wound auch das Leuchten der jenseitigen Personen erlebte.
Black Elk Bei einem der eifrigsten Teilnehmer des Ghost Dance, dem jungen Medizinmann und späteren Heiligen Mann der Oglala-Lakota, Black Elk, 11 wird ein Zusammenhang zwischen eigener Jenseitserfahrung und dem Glauben an Wovokas Prophetie besonders deutlich. Black Elk war eine außergewöhnliche religiöse Persönlichkeit. 12 Er galt als Heiler und mystischer Visionär. Von ihm wurden sogar Naturwunder berichtet. 13 Anfangs schien Black Elk nicht viel von der neuen Bewegung zu halten. Das kann aus den stenographischen Protokollen seiner Unterredungen mit John Neihardt erschlossen werden. 14 Nach Neihardts Darstellung äußerte sich Black Elk auch explizit dazu: »Als ich zuerst davon hörte, dachte ich, es sei nur dummes Gerede, das irgendjemand irgendwo angefangen hatte. […] Ich glaubte es noch nicht. Ich dachte, es sei vielleicht nur die Verzweiflung, die Menschen [sowas] glauben macht, so wie ein Mann, der Hunger leidet, vom Überfluss aller guten Speisen träumen mag.« 15 Black Elk ging die Sache aber nicht aus dem Kopf, da die Botschaft Wovokas seiner eigenen früheren Vision von der Wiedergeburt seines Volkes ähnelte. 16 Er schloss sich schließlich dem Ghost Dance an und wurde offenbar durch eigene Jenseitserfahrungen während der Tänze überzeugt. Er
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Geboren um 1865, gestorben 1950. Zu seinen Titeln als Medizinmann und Heiliger Mann siehe M. Steltenkamp: Nicolas Black Elk, 45. Zu seinem Einsatz beim Ghost Dance siehe R. J. DeMallie: The Sixth Grandfather, 266. 12 Michael Steltenkamp bezeichnet ihn als religiösen Giganten (M. Steltenkamp: Nicolas Black Elk, 233). 13 Siehe ebd. 23–32, 63–64 zu Visionen; ebd. 48, 155–156 zu Heilungen; ebd. 156, 160 zur Eindämmung eines Feuers durch einen Sonnentanz und zum Abwenden von Gewitter und Sturm. 14 Siehe R. J. DeMallie: The Sixth Grandfather, 256–258. 15 J. G. Neihardt: Black Elk Speaks, 186–187. 16 Siehe R. J. DeMallie: The Sixth Grandfather, 257–258.
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Die Ghost-Dance-Bewegung der Lakota
sah nicht nur wunderbare Landschaften voller Wildtiere, 17 sondern auch verstorbene Indianer im Jenseits. Seine Beschreibung ähnelt Berichten über Nahtoderfahrungen: »Die Männer, die ich sah, waren alle wunderschön und es schien, dass dort keine alten Männer waren. Sie waren alle jung. Es gab auch keine Kinder, alle waren ungefähr im selben Alter.« 18 Black Elk verkündete in seinen Reden, dass er das »Gelobte Land« gesehen habe, 19 und war überzeugt, dass dieses Land in Reichweite war und sehr bald zu ihnen kommen würde. Noch im selben Jahr, am 29. Dezember 1890, starb die Ghost-Dance-Bewegung der Lakota im Massaker der US-Armee bei Wounded Knee.
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Siehe ebd. 261, 263–264. Ebd. 263–264. Ebd. 266, 268.
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Hatte Jesus von Nazareth transzendente Erfahrungen, die seinen Auferstehungs- und Reich-Gottes-Glauben erklären könnten?
Die Suche nach einer spezifischen Erklärung In meiner Analyse der überlieferten Lehre des Jesus von Nazareth kam ich zu dem Schluss, dass der Glaube an eine irdisch-physische Auferstehung und an ein irdisches Gottesreich Jesus nicht nur zugeschrieben wurde, sondern dass er wahrscheinlich auch ein wesentlicher Bestandteil der Botschaft des historischen Jesus war. Daraus ergibt sich die Frage, warum gerade Jesus einen so intensiven Glauben an diese endzeitlichen Geschehnisse hegte, dass er sie öffentlich verkündete. Die Antwort sollte möglichst spezifisch auf Jesus, wie wir ihn aus den frühen Überlieferungen kennen, zugeschnitten sein und nicht auf viele andere seiner Zeitgenossen ebenfalls zutreffen. Deshalb wäre zum Beispiel ein bloßer Verweis auf die Lektüre bekannter eschatologischer Schriften wie etwa des Danielbuches unzureichend. Die Suche nach besonderen psychologischen und kognitiven Defiziten Jesu, die seinen intensiven eschatologischen Glauben erklären könnten, halte ich ebenfalls für wenig erfolgversprechend. 1 Wenn 1
Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts gab es die Tendenz, Jesus (auch) im Hinblick auf seine mutmaßlichen eschatologischen Überzeugungen als geisteskrank einzustufen (siehe A. Schweitzer: Geschichte der Leben-Jesu-Forschung, 376–381; A. Schweitzer: Die psychiatrische Beurteilung Jesu; D. Capps: Beyond Schweitzer and the Psychiatrists, 402–403). Als Konsequenz würden, so schrieb damals Albert Schweitzer, die theologischen »Gegner eines eschatologischen Jesusbildes sich noch immer als diejenigen ansehen, die Jesum aus dem Irrenhause erretteten« (A. Schweitzer: Geschichte der Leben-Jesu-Forschung, 381). Schweitzer diskreditierte mit seiner medizinischen Dissertation Die psychiatrische Beurteilung Jesu aus dem Jahr 1913 die Versuche einer psychiatrischen Ferndiagnose Jesu nachhaltig. Da er aber keine Erklärung dafür hatte, wie Jesus (unter anderem) ernsthaft an eine »grosse, allgemeine […] Totenauferstehung« und an ein nachfolgendes Reich Gottes, das »vom Himmel auf die Erde herniederkommt« und in dem alle »das ewige Leben« besitzen, glauben konnte (A. Schweitzer: Das Messianitäts- und Leidensgeheimnis, 73; A. Schweitzer: Reich Gottes und Christentum, 116–117), blieb ihm nichts Anderes übrig, als das
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Hatte Jesus von Nazareth transzendente Erfahrungen?
man sich den Fall der Ghost-Dance-Bewegung der Lakota vor Augen hält, drängt sich vielmehr die Frage auf, ob nicht auch Jesus von Nazareth in seinem eschatologischen Glauben durch transzendente Erfahrungen inspiriert und bestärkt wurde.
Jenseitsreisen oder Begegnungen mit Verstorbenen? Im Fall des Ghost Dance konnten Jenseitsreisen zum Glauben an ein irdisch-paradiesisches Reich bewegen, in dem alle Verstorbenen in der Blüte ihrer Jahre leben und Hunger und Not vergessen sind. Teilnehmer des Ghost Dance sahen und erlebten nämlich ein derartiges Reich mit wundersam lebendigen und leuchtenden Verstorbenen. Durch das Erlebnis der mystischen Nähe dieser neuen Welt wurden sie in der Überzeugung bestärkt, ihre Ankunft stehe unmittelbar bevor. Bei den Lakota ging es jedoch nicht um Auferstehung im biblischen Sinn, sondern um das Kommen einer bereits existierenden paradiesischen Welt, in der die Verstorbenen schon lebten. Bei Jesus von Nazareth ergibt die Auswertung der Quellen ein anderes Bild. Wenn er wie die Lakota eine Jenseitsreise in eine paradiesische Welt mit leuchtenden Verstorbenen erlebt hätte, wäre er wohl zu der Überzeugung gekommen, dass dieses Reich bereits existierte, natürlich nicht in Israel, sondern an einem anderen, schwer bestimmbaren Ort. Auch die allgemeine Auferstehung der Toten hätte für ihn nicht als rein zukünftiges Ereignis gelten können, wenn er in diesem Reich bereits Verstorbene in ihrem leuchtenden nachtodlichen Zustand angetroffen hätte. Zu diesen Überlegungen passt, dass die Evidenz für Jenseitsreisen Jesu sehr dünn ist. Die einzigen Andeutungen im Neuen Testament finden sich im Johannesevangelium. 2 ›Fremdartige‹, ›Rätselhafte‹ und ›Anstößige‹ der Weltanschauung Jesu zu betonen (siehe A. Schweitzer: Geschichte der Leben-Jesu-Forschung, 620, 622–628). 2 In einem früheren Beitrag hatte ich, Bernhard Lang folgend, Jenseitsreisen noch größeres Gewicht für das Verständnis Jesu beigemessen (siehe H. Schwenke: Eschatology of the Synoptic Jesus, 209; B. Lang: Jahwe, 241–243). Die als Beleg für Jenseitsreisen Jesu in Frage kommenden Bibelstellen Joh 3,13: »Und niemand ist in den Himmel hinaufgestiegen, als der, der vom Himmel herabgekommen ist, der Menschensohn«, Joh 1,18: »Niemand hat Gott je gesehen; der eingeborene Gott, der in des Vaters Schoß ist, der hat ihn kundgemacht« und Joh 6,46: »Nicht dass jemand den Vater gesehen hat, außer dem, der von Gott ist: Er hat den Vater gesehen« (Übers. H. S.) lassen sich jedoch auch aus der johanneischen Lehre der Präexistenz Jesu erklären. Sie implizieren daher nicht unbedingt Jenseitsreisen Jesu zu irdischen Lebzeiten.
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Hatte Jesus von Nazareth transzendente Erfahrungen?
Beschreibungen jenseitiger Landschaften und Begegnungen mit Verstorbenen finden sich nirgends. In der Verklärungsszene wird zwar eine Begegnung Jesu mit zwei jenseitigen Personen, Moses und Elia, geschildert, die nach dem Lukasevangelium leuchteten. 3 Allerdings handelt es sich hierbei nach damaligem Verständnis gerade nicht um Verstorbene. Elia starb nach dem Alten Testament nicht und wurde nicht begraben, sondern fuhr in einem feurigen Wagen im Sturmwind zum Himmel auf. 4 Moses wurde nach dem Buch Deuteronomium zwar von Gott selbst an unbekannter Stätte begraben. 5 Nach späterer Legende ist er aber ebenfalls in den Himmel aufgenommen worden. 6 Die Verklärungserfahrung könnte Jesus in der bereits im Buch Daniel vorgefundenen Vorstellung von leuchtenden jenseitigen Personen bestärkt haben, 7 aber wohl nicht im Glauben an bereits wiederauferweckte Verstorbene.
Wundererfahrungen als Schlüssel? Ein Schlüssel zur Eschatologie Jesu könnten aber andersartige transzendente Erfahrungen darstellen, nämlich solche, die man gemeinhin Wunder nennt. Es kommt hier wiederum nicht darauf an, ob diese Geschehnisse tatsächlich die Grenzen normaler Erklärungskategorien überschritten. 8 Entscheidend ist vielmehr, dass sie es für Jesus und sein Umfeld taten. Es besteht eine überwältigende Einstimmigkeit in In Lk 9,31 wird gesagt, dass sie ›ἐν δόξῃ‹ erschienen, was hier ›Glanz‹ und ›Leuchten‹ bedeutet (siehe Thayer’s Greek Lexicon, http://biblehub.com/greek/1391.htm, besucht 29. April 2017; siehe dort auch die Hinweise auf eine ähnliche Verwendung von δόξα z. B. in Lk 2,9; 9,32; Apg 22,11; 1 Kor 15,40–41; 2 Kor 3,7; Offb 18,1). 4 Siehe 2 Kön 2,9–12. 5 Siehe Dtn 34,5–7. 6 Siehe W. D. Davies, D. C. Allison: A Critical and Exegetical Commentary on the Gospel According to Saint Matthew II, 698 Fn. 69 mit Nachweisen. Eine Himmelfahrt Moses deutet auch der Titel der apokryphen, unvollständig überlieferten Schrift Assumptio Mosis an, die aus der Zeit Jesu stammen könnte (siehe dazu E. Brandenburger: Himmelfahrt Moses, 59–60). Nach Brandenburger setzt die Verklärungsszene wohl die Himmelfahrt des Moses voraus (siehe ebd. 62). 7 Siehe Dan 10,5–6: »Und ich hob meine Augen auf und schaute und siehe, da stand ein Mann, in Leinwand gekleidet und die Lenden mit Gold von Uphas umgürtet. Und sein Leib war wie ein Topas, und sein Angesicht strahlte wie der Blitz und seine Augen wie Feuerfackeln; seine Arme aber und seine Füße sahen aus wie leuchtendes Erz«. 8 Zur weitergehenden Frage, ob sie dem aktuellen wissenschaftlichen Wissen widersprechen, siehe S. 214–221. 3
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Hatte Jesus von Nazareth transzendente Erfahrungen?
den Quellen, dass Jesus mit ungewöhnlichen Fähigkeiten begabt war. 9 Die Zahl der ihm zugeschriebenen Wundertaten scheint in der Antike ohne Parallele gewesen zu sein. 10
Totenerweckungen als Erfahrungsgrundlage des Auferstehungsglaubens Jesu? Wichtig für den Glauben Jesu an eine physische Auferstehung könnten insbesondere seine heilerischen Totenerweckungen gewesen sein. Er predigte nicht nur eine physische Auferstehung, er bewirkte sie nach seinem Verständnis auch. 11 Hier liegt die in den Quellen am ehesten greifbare Erfahrungsgrundlage für seinen Auferstehungsglauben. Wir hatten gesehen, dass er nach den Evangelien die heilerischen Totenerweckungen mit denselben Vokabeln wie die endzeitliche Totenerweckung bezeichnet, was dafürspricht, dass er keinen fundamentalen Unterschied zwischen beiden macht. 12 Dass nicht nur die Bevölkerung, sondern auch Jesus selbst von seinen Totenerweckungen beeindruckt war, zeigt sich in seiner Antwort auf die Anfrage der Jünger Johannes’ des Täufers, ob er derjenige (Retter) sei, der da kommen solle. Er führte sie neben anderen Heilungen als Beleg für seine Mission auf: Als aber Johannes im Gefängnis von den Werken des Christus 13 hörte, sandte er zwei seiner Jünger und ließ ihm sagen: Bist du derjenige, der kommen soll, oder sollen wir auf einen anderen warten? Und Jesus antwortete und sprach zu ihnen: Geht hin und berichtet dem Johannes, was ihr hört und seht: Blinde werden sehend und Lahme gehen, Aussätzige werden
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Siehe D. C. Allison: The Historical Christ and the Theological Jesus, 66–68; G. H. Twelftree: Miracle Story; G. Theißen, A. Merz: Der historische Jesus, 256–283; G. Theißen: Wunder Jesu und urchristliche Wundergeschichten, 68–74. 10 Siehe G. H. Twelftree: Miracle Story, 416; siehe auch B. L. Blackburn: The Miracles of Jesus, 124 sowie Joh 21,25: »Es sind aber noch viele andere Dinge, die Jesus getan hat; und wenn sie eines nach dem anderen beschrieben würden, so glaube ich, die Welt würde die Bücher gar nicht fassen, die zu schreiben wären.« Die weitaus meisten der überlieferten Wundertaten Jesu waren Heilungen. 11 Siehe z. B. Mt 11,5; Lk 7,22; Joh 11,14–44. Bei der ersten Jüngeraussendung verlangte Jesus Totenerweckungen auch von seinen Jüngern: »Heilt Kranke, reinigt Aussätzige, weckt Tote auf, treibt Dämonen aus!« (Mt 10,8). 12 Siehe S. 72–74. 13 Griech. Χριστός für hebräisch Maschiach, kirchenlateinisch Messias: der Gesalbte.
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rein und Taube hören, Tote werden auferweckt, und Armen wird das Evangelium verkündigt. 14
Wunder als ›Aufblitzen‹ der Realität des Reiches Gottes? Jesu Glaube an die Möglichkeit eines postmortalen ewigen Lebens in einem paradiesischen irdischen Reich Gottes ohne Hunger und Krankheit und im Frieden mit der Natur könnte ebenfalls durch seine Wundererfahrungen angeregt oder zumindest gestärkt worden sein. Die Realität des Reiches Gottes ›blitzte‹– so konnte es scheinen – in den Wundern Jesu bereits ›auf‹. 15 Diese Deutung könnte Bibelstellen erklären helfen, in denen Jesus von der unmittelbaren Nähe oder Gegenwart des Reiches Gottes zu sprechen scheint, obwohl die entscheidenden endzeitlichen Ereignisse noch in der Zukunft liegen. 16 Anhänger des modernen Hindu-Mönchs Sathya Sai Baba 17 glaubten angesichts seines von Wundern überquellenden Auftretens, dass »das Goldene Zeitalter« angebrochen sei. 18 Ich halte es für sehr wahrscheinlich, dass vergleichbare Gedanken Jesus und seiner Umgebung durch den Kopf gingen. Über die Realisierbarkeit des paradiesischen Lebens im Reich Gottes konnte angesichts der Wunder Jesu nur wenig Zweifel bestehen. Wenn schon Jesus mit einem Wort Tote erwecken, Krankheiten aller Art heilen, 19 Hungernden fast aus dem Nichts Nahrung verschaffen 20 und sogar die bedrohliche Natur besänftigen konnte, 21 dann lag der Gedanke nahe, dass es für Gott ein
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Mt 11,2–6 (Hervorhebung H. S.), ganz ähnlich Lk 7,18–23. Siehe zu diesem Sprachgebrauch H. Weder: Gegenwart und Gottesherrschaft, 30, 32–33, 37, 61. 16 Siehe Mk 1,15; Lk 11,20; 17,20–21 und S. 96–97. 17 Geboren 1926 in Puttaparthi (Bundesstaat Andhra Pradesh, Indien), gestorben 2011 daselbst. 18 N. Kasturi: Sathya Sai Baba I, 201, 242. 19 Siehe z. B. Mt 4,23–25; 8,1–17; 9,1–8.27–34; 12,9–13; 15,29–31; 20,29–30; Mk 1,29–34.39–44; 2,1–12; 3,1–6.7–12; 6,54–56; 7,31–37; 8,22–26; 10,46–52; Lk 4,33– 41; 5,12–14.17–26; 6,6–11.17–19; 7,1–15; 8,40–56; 9,11; 13,10–17; 14,1–4; 17,11– 19; 18,35–43; 22,49–51; Joh 4,46–53; 5,1–9; 9,1–12; 11,14–44. 20 Siehe die sogenannten Brotvermehrungen Mt 14,15–21; 15,32–39; 16,9–10; Mk 6,30–44; 8,1–9.18–20; Lk 9,11–17; Joh 6,1–13.26; siehe außerdem die Verwandlung von Wasser in Wein Joh 2,1–10. 21 Siehe die Stillung eines Seesturms Mt 8,23–27; Mk 4,35–41; Lk 8,22–25. 15
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Leichtes sein werde, diese Dinge in seinem Reich in großem Maßstab zu verwirklichen.
Wunder und das Selbstbewusstsein Jesu Eine derartige Häufung von Wundern, die mit der eigenen Person assoziiert waren, blieb vermutlich nicht ohne einschneidende Wirkung auf das Selbstbewusstsein Jesu. Man darf annehmen, dass er sich fragte, was es zu bedeuten habe, dass ausgerechnet er diese ungewöhnlichen Dinge vollbrachte. In diesem Zusammenhang ist die Frage relevant, ob Jesus sich als Magier verstand, wie dies in neuerer Zeit vor allem von Morton Smith behauptet wurde. 22 Wenn Jesus seine Wunderhandlungen auf die Anwendung erlernter magischer Techniken zurückführte, würden sie weniger Eindruck auf ihn selbst gemacht haben, als wenn sie für ihn selbst rätselhaft waren. Ich sehe jedoch keine große Unterstützung der Magier-These durch die Jesusüberlieferung. Seine Wunderhandlungen zeichnen sich durch große Mühelosigkeit aus. Umständliche Rituale und Inkantationen Jesu werden nicht berichtet. 23 22
Siehe M. Smith: Jesus der Magier; siehe allgemein zur Frage E. M. Yamauchi: Magic, Sorcery; B. Kollmann: Jesus and Magic; G. H. Twelftree: The Message of Jesus I, und die dort jeweils angeführte Literatur. 23 Zur Bedeutung von Ritualen und Beschwörungen für die Magie siehe F. Wiggermann: Magie, Magier, 657: »Jeder mag. Akt besteht aus einer Manipulation an und mit Objekten (Ritual) und einer oft in rhythmisierter Sprache gestalteten Beschwörung«. An diesen Merkmalen fehlt es bei den Beschreibungen der Wunder Jesu. Bei Heilungen befiehlt er Lahmen und Toten einfach aufzustehen (siehe z. B. Mt 9,6; Mk 2,11; 5,41; Lk 5,24; 7,14; 8,54; Joh 5,8; vgl. auch Apg 3,8; 9,34.40; 14,10) oder aus dem Grab herauszukommen (siehe Joh 11,43), Aussätzigen, sie sollen rein sein (siehe z. B. Mt 8,3; Mk 1,41; Lk 5,13), Blinden, sie sollen sehen (siehe Lk 18,42; ganz ohne Heilungsworte Mk 10,52), einem Mann mit einer gelähmten Hand, er solle die Hand ausstrecken (siehe Mt 12,13; Mk 3,5; Lk 6,10). Manchmal ergreift er einfach ohne Worte die Hand der Kranken, richtet sie gegebenenfalls auf (siehe z. B. Mt 9,25; Mk 1,31; 9,27) oder rührt sie nur an (siehe Mt 8,15; Lk 22,51), legt Hand oder Finger auf die betroffene Stelle (siehe z. B. Mt 9,29; 20,34; Mk 8,25) oder den Kranken (unspezifisch) die Hände auf (siehe z. B. Mk 6,5; Lk 4,40; 13,13; ferner Mk 5,23; 7,23; 10,16; Mt 9,18; vgl. auch Apg 9,12). Ausnahmen, bei denen Jesus nicht nur mit Wort oder Berührung heilt, sind Mk 8,23 (Jesus speit einem Blinden in die Augen), Joh 9,6 (Jesus macht aus Speichel und Erde einen Brei und streicht ihn auf die Augen eines Blinden) und Mk 7,33 (Jesus berührt die Zunge eines Tauben mit Speichel). Es wird außerdem berichtet, dass er eine Frau, die sein Gewand im Gedränge von hinten berührte, heilte, ohne es zu beabsichtigen (siehe Mk 5,24–34; Mt 9,20–22; Lk 8,43–48). Die Vorstel-
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Das teilweise ungeheure Aufsehen, das die Wunder Jesu in der Bevölkerung erregt zu haben scheinen, 24 und die dadurch angefachte, auf ihn projizierte Heilserwartung 25 werden ebenfalls nicht ohne Einfluss auf Jesus selbst gewesen sein. Für eine entscheidende Prägung seines Selbstverständnisses durch seine Wundertaten spricht ein Vergleich mit dem eben erwähnten Sai Baba, 26 dessen Wunder an Zahl und Art ganz grob gesehen mit den Wundern Jesu vergleichbar erscheinen. 27 Sai Babas Wunder führten nämlich nicht nur zur fast lung, dass man Jesus unter Umständen nur berühren musste, um geheilt zu werden, war anscheinend verbreitet (siehe Mt 12,36; Mk 6,56; Lk 6,19). Die bösen Geister trieb er manchmal »mit einem Wort« aus (Mt 8,16; vgl. ähnlich Mt 8,28; Mk 1,25; 5,8; 9,25; Lk 4,35), manchmal ohne ein Wort (siehe Mt 15,28; Mk 7,25–30). Schließlich gibt es Berichte über Heilungen ohne Heilungsworte oder Berührungen (siehe z. B. Mk 10,52; Lk 17,14), darunter eine Fernheilung (Mt 8,5–10.13; Lk 7,1–10; Joh 4,46–53). Bei Massenheilungen schien gar keine Zeit für ausführliche Rituale zu bestehen (siehe Mk 1,32–34; 3,7–10; 6,53–56; Mt 4,23–25; 12,15; 14,34–36; Lk 6,17–19). Auch die Beschreibungen der anderen Wunderhandlungen enthalten keine Hinweise auf besondere Manipulationen und Beschwörungen. Vor den sogenannten Brotvermehrungen spricht er anscheinend nur übliche Dank- und Segensworte (siehe Mt 14,19; 15,36; Mk 6,41; 8,6; Lk 9,16; Joh 6,11), bei der Verwandlung von Wasser in Wein tut und sagt er gar nichts (siehe Joh 2,6–10), bei der Stillung eines Seesturms droht er Wind und Wellen mit wenigen Worten (siehe Mk 4,39; ähnlich Mt 8,26; Lk 8,24) und einen Feigenbaum ohne Früchte lässt er mit einem Satz verdorren (siehe Mk 11,14; ähnlich Mt 21,19). 24 Siehe z. B. Mk 3,7–10; Mt 4,23–25; Lk 6,17–19. 25 Vgl. etwa Mt 8,27: »Die Menschen aber verwunderten sich und sprachen: Wer ist dieser, daß ihm selbst die Winde und der See gehorsam sind?« (ganz ähnlich Mk 4,41); Joh 6,14–15: »Als nun die Leute das Zeichen sahen, das Jesus getan hatte, sprachen sie: Das ist wahrhaftig der Prophet, der in die Welt kommen soll! Da nun Jesus erkannte, daß sie kommen würden, um ihn mit Gewalt zum König zu machen, zog er sich wiederum auf den Berg zurück, er allein«; Joh 7,31: »Viele aber aus der Volksmenge glaubten an ihn und sprachen: Wenn der Christus [d. h. Messias] kommt, wird er wohl mehr Zeichen tun als die, welche dieser getan hat?« 26 Siehe S. 163. 27 Siehe dazu N. Kasturi: Sathya Sai Baba I; E. Haraldsson: Sai Baba. Wie bei Jesus sind die Sai Baba zugeschriebenen ungewöhnlichen Phänomene überwiegend nicht rein mentaler Art (wie etwa Hellsehen, Präkognition oder Telepathie), sondern haben eine starke physische Komponente, wenngleich der Schwerpunkt der Wunder bei Jesus mehr auf Heilungen und bei Sai Baba mehr auf der Materialisierung von Gegenständen liegt. Der Parapsychologe Erlendur Haraldsson schätzte Mitte der 1980er Jahre, dass Sai Baba »täglich im Durchschnitt zwanzig oder dreißig Gegenstände, oder sogar mehr, produziert« (ebd. 282), wobei er mit ›produziert‹ ›dem Anschein nach materialisiert‹ meinte. Die ungewöhnlichen Erfahrungen Black Elks (siehe S. 157) scheinen demgegenüber mehr im Bereich der Visionen und Jenseitsreisen in Trance gelegen zu haben, obwohl auch von ihm Heilungen und Naturwunder berichtet wer-
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grenzenlosen Verehrung seiner Anhänger, sondern waren wohl auch der Hauptgrund für sein übermenschliches Selbstbewusstsein. »Niemand kann meine Herrlichkeit erfassen«, 28 schrieb er mit zwanzig Jahren an seinen älteren Bruder Seshama Raju, der sich Sorgen wegen des Aufsehens machte, das Sai Baba erregte. 29 Ohne Berücksichtigung der mit Jesus assoziierten Wundererfahrungen kann man, so scheint mir, kaum überzeugend erklären, warum er sich eine zentrale Rolle als Menschensohn und Messias im endzeitlichen Drama mit Drangsal, 30 Auferstehung, Gericht und Reich Gottes zuschrieb. 31
den. Beschreibungen von Jenseitsreisen Jesu liegen hingegen zumindest im Neuen Testament nicht vor; auch von Sai Baba sind mir keine bekannt. 28 »No one can comprehend My Glory, whosoever it may be, whatever be the method of enquiry, and no matter how long the attempt« (Brief vom 25. Mai 1947, http://media.radiosai.org/journals/Vol_08/01OCT10/05-L4_07.htm, besucht 29. April 2017). Eine deutsche Version des Briefes findet sich in N. Kasturi: Sathya Sai Baba II, 19. 29 Siehe ebd. 17. 30 Siehe z. B. Mk 13,3–25 und die Parallelstellen Mt 24,3–29; Lk 21,10–26 sowie die weiteren Hinweise in D. C. Allison: The Eschatology of Jesus, 286–289. 31 Siehe dazu S. 168–169. Möglicherweise prägten auch visionäre Erlebnisse das Selbstbewusstsein Jesu. Aus den Quellen lässt sich jedoch nicht ersehen, ob Jesus derartige Erlebnisse, die recht verbreitet sind, in ungewöhnlicher Intensität oder Häufigkeit hatte. Explizit genannt werden nur seine Taufvision (Mk 1,10–11; Mt 3,16–17; in den Versionen der Taufe Jesu in Lk 3,21–22 und Joh 1,29–34 wird nicht von einer Vision Jesu gesprochen), seine Vision des Satanssturzes (Lk 10,18) und das schon erwähnte Verklärungserlebnis (Mt 17,1–9; Mk 9,2–9; Lk 9,28–36). Ihm werden auch Kontakte mit Engeln zugeschrieben (siehe Mt 4,11; Mk 1,13; Lk 22,43). Ein Indiz für visionäre Erfahrungen könnte ferner Jesu ungewöhnlich häufige Rede von Gott als Vater mit dem Flair einer persönlichen Beziehung darstellen (siehe z. B. Mt 10,32–33; 11,27; 26,53; Lk 10,22; 22,29; Joh 1,18; 5,19; 6,46 sowie F. Wilk: »Vater …«; J. C. Poirier: God, 228; zur seltenen Anrede Gottes als Vater im Alten Testament und in Qumran siehe H. Spieckermann: The »Father« of the Old Testament; L. Doering: God as Father in Texts from Qumran). Für ein mystisches Leben Jesu spricht, dass er sich zum Beten in die Stille zurückzog (siehe Mt 14,23; Mk 1,35; 6,46; Lk 5,16; 6,12; 9,28).
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Die große Enttäuschung
Die Unausweichlichkeit der Enttäuschung Der grundlegende Irrtum des Auferstehungs- und Reich-GottesGlaubens besteht nach meiner Hypothese darin, Inhalte von Jenseitserfahrungen in die irdische Realität zu projizieren. Der nichtphysische Körper leuchtender jenseitiger Verstorbener ist dabei das Vorbild des dereinst auferstehenden, für das ewige Leben verwandelten Leichnams. Die Auferstandenen werden in einem ewigen irdischen Gottesreich leben, das den irdisch-paradiesisch wirkenden Jenseitsorten, an denen Verstorbene während Jenseitserfahrungen oft erlebt werden, nachempfunden ist. Diese Projektion jenseitiger Landschaften und Körper auf die Erde führt dazu, dass jenseitige Zustände im Diesseits, also buchstäblich der Himmel auf Erden, erwartet werden. Dies ist aber etwas, das seiner Natur nach niemals wird eintreten können. Deshalb ist die Geschichte der Auferstehungs- und ReichGottes-Erwartung notwendig eine Geschichte der Enttäuschungen. 1 Eine dieser Enttäuschungen ging tatsächlich unter dem Namen ›The Great Disappointment‹ in die Geschichte ein, nämlich das Ausbleiben der von William Miller 2 für den 22. Oktober 1844 berechneten Wiederkunft Christi. Ihr sollte eine Auferstehung der Heiligen, dann aller Menschen folgen und ein ewiges Leben der Gerechten auf einer neugestalteten Erde. 3 Miller hatte im Staat New York und in angrenzenden Gebieten eine beträchtliche Anhängerschaft gefunden, vielleicht fünfzigtausend Menschen. 4 Felder wurden nicht mehr abgeern-
1
Siehe D. C. Allison: Jesus von Nazareth, 94; L. L. Dawson: Prophetic Failure in Millennial Movements, 150. 2 Der baptistische Prediger William Miller lebte von 1782 bis 1849; zu Miller siehe W. R. Judd: William Miller. 3 Siehe W. Miller: Views of the Prophecies and Prophetic Chronology, 33–35. 4 Siehe D. L. Rowe: Millerites, 7.
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tet, Vieh wurde geschlachtet und unter den Armen verteilt. Viele verkauften ihre Habe, um anderen zu helfen, ihre Schulden zu bezahlen. 5 Als der berechnete Tag vorüberging, ohne dass Jesus erschien, war die Enttäuschung ungeheuer groß. Ein Anhänger Millers namens Henry Emmons berichtete: Ich wartete den ganzen Dienstag [d. h. den 22. Oktober 1844] und der liebe Jesus kam nicht; – ich wartete am Mittwoch den ganzen Vormittag, und fühlte mich körperlich wohl wie immer, aber nach zwölf Uhr fing ich an, mich schwach zu fühlen, und bevor es dunkel war, benötigte ich jemanden, der mir hinauf in mein Zimmer half, weil meine Kräfte mich sehr rasch verließen, und ich lag ausgestreckt mit dem Gesicht nach unten zwei Tage lang ohne Schmerzen – krank vor Enttäuschung[.] 6
Ein besonders tragisches Beispiel einer enttäuschten Reich-GottesErwartung haben wir mit der Ghost-Dance-Bewegung der Lakota kennengelernt. Mindestens ebenso tragisch war aber in meinen Augen das Schicksal des Jesus von Nazareth.
Jesu Rolle im endzeitlichen Prozess Der Jesus der synoptischen Evangelien lässt es nicht bei der Verkündigung des Reiches Gottes bewenden. Er schreibt sich, wie schon angedeutet, eine entscheidende Rolle im endzeitlichen Drama um das Kommen des Reiches Gottes zu. Er versteht es als seine Sendung, das endzeitliche Gericht zu bringen. 7 Er sieht sich nach den synoptischen Evangelien als der noch nicht offenbar gewordene Menschensohn, 8 der auf den Wolken des Himmels 9 mit seinen Engeln 10 zum endzeitli-
5
Siehe L. Boutelle: Sketch of the Life and Religious Experience of Eld. Luther Boutelle, 63. 6 H. Emmons: Letter from Bro. Emmons, 6. 7 Siehe Lk 12,49: »Ich bin gekommen, um Feuer auf die Erde zu werfen« (Einheitsübersetzung 2017), und dazu U. Luz: Warum zog Jesus nach Jerusalem?, 422. 8 Siehe z. B. Mt 16,13.27; 19,28–29; 24,24–27; 26,64; Mk 8,31–38; 14,62; Lk 9,26; 12,8–10; 17,22–25.30; 22,69; siehe auch Joh 12,23.34; vgl. Apg 7,55–56. Zur Frage, ob sich der historische Jesus als der Menschensohn verstand, siehe die Diskussion in D. C. Allison: Constructing Jesus, 293–303. Zur Verborgenheit des henochischen Menschensohnes siehe 1 Hen 48,6; 62,6–7. 9 Siehe Mt 24,30; 26,64; Mk 13,26; 14,62; Lk 21,27. 10 Siehe Mt 13,41–42; 16,13.27; 24,31; 25,31; Mk 8,38; 13,27; Lk 9,26; vgl. auch Mt 26,53.
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chen Gericht 11 kommen und sich dann – wie der Menschensohn im henochischen Buch der Bilder – ›auf den Thron der Herrlichkeit‹ setzen wird. 12 Ins Reich Gottes, das er auch ›mein Reich‹ nennt, 13 wird er dann seine Auserwählten versammeln. 14 Seine zwölf Jünger werden auf zwölf Thronen sitzen und – wohl unter seiner Oberherrschaft – die zwölf Stämme des erneuerten Israel regieren. 15 Dementsprechend hoffen zumindest einige seiner Jünger, dass er »Israel befreien« werde. 16 Um seine Sendung zu erfüllen, zieht er mit seinen Jüngern nach Jerusalem. 17 Das versetzt sie anscheinend zeitweise in Angst. 18 Andererseits erwarten manche, mit Jesu Ankunft in Jerusalem werde das Reich Gottes auf der Stelle erscheinen. 19 Zu dieser bevorstehenden irdischen Herrschaft Jesu passt allerdings nicht recht, dass Jesus nach den synoptischen Evangelien ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht nur sein Leiden, sondern auch sein Sterben voraussagt. 20 An einigen Stellen macht er sehr konkrete Aussagen über seinen Tod und seine Auferstehung. 21 Mit Theißen und Merz halte ich es jedoch angesichts der »Flucht der Jünger [bei der Gefangennahme Jesu] und de[m] Zusammenbruch ihrer Erwartungen aufgrund der Kreuzigung Jesu […] 11
Siehe Mt 13,41–42; 16,27; 24,30–31.37–44; 25,31–46; Mk 8,38; 13,26–27; Lk 9,26; 12,8; 17,24.26–36; 21,36. 12 Siehe dazu die Nachweise S. 87 Fn. 121. Nach D. Boyarin: The Jewish Gospels, 101 ist das einzig Neue an der Christologie der Evangelien die Aussage, dass der Menschensohn des Buches der Bilder bereits in der Person des Jesus von Nazareth da ist. 13 Lk 22,30; siehe auch Mt 13,41; 19,28; 20,21.23; Mk 10,37.40. Zur postulierten Herrschaftsvision Jesu passt, dass er sich nach den Evangelien als Messias sah (siehe Mt 16,20; 24,5; 26,64; Mk 8,29–30; 14,61–62; Lk 4,41; 9,20–21; 22,67–70; Joh 10,24–25; 17,3); siehe dazu D. C. Allison: Constructing Jesus, 279–293. 14 Mt 24,31; Mk 13,27; vgl. 1 Hen 61,5. 15 So D. C. Allison: Constructing Jesus, 251, 303; siehe Mt 19,28; 25,31; Lk 22,30 und S. 83 Fn. 95. 16 Lk 24,21 (Übers. H. S.). 17 Siehe z. B. Mt 16,21; 20,18; Mk 10,33; Lk 9,31.51; 13,33; 18,31. In vielen Leidensweissagungen ist von Jesus als dem Menschensohn die Rede. Ein Vorbild für den leidenden Menschensohn sieht D. Boyarin: The Jewish Gospels, 141–145, in Dan 7,25: »Ihm [d. h. dem letzten bösen König] werden die Heiligen für eine Zeit und zwei Zeiten und eine halbe Zeit ausgeliefert« (Einheitsübersetzung 2017). Dabei seien die Heiligen ein Symbol für den Menschensohn in Dan 7,13–14, mit dem der von Boyarin diagnostizierte Bitheismus der Menschensohn-Konzeption maskiert werde. 18 Siehe Mk 10,32: »Sie gingen die Straße nach Jerusalem hinauf, und Jesus ging an ihrer Spitze, und die ihm folgten, waren entgeistert und voller Angst« (Übers. H. S.). 19 Siehe Lk 19,11; siehe auch S.182 Fn. 78. 20 Siehe Mt 17,12; 26,2.21.45; Mk 9,12.31; 10,33; 14,21.41; Lk 9,44; 17,25; 18,32–33. 21 Siehe Mt 16,21; 17,23; 20,18–19; 26,2; Mk 8,31; 9,31; 10,33–34; Lk 9,22; 18,32–33.
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für unwahrscheinlich, daß Jesus eindeutige Todesprophetien geäußert hat«. 22 Schon Reimarus bemerkte mit einigem Recht, das Verhalten der Jünger Jesu nach seinem Tod und bei den ersten Berichten von seiner Auferstehung deute nicht darauf hin, dass ihnen der Gedanke der Auferstehung Jesu vertraut war. 23 Aus diesen Gründen ziehe ich die sehr konkreten Weissagungen Jesu zu seinem Tod und seiner Auferstehung 24 für meine Argumentation nicht heran. Die unspezifischen Leidensweissagungen, wonach er mit einer besonderen ›Taufe‹ getauft werden, einen besonderen ›Kelch‹ trinken, 25 ausgeliefert, verachtet, verworfen werden und viel leiden müsse, 26 sind sehr schwierig zu beurteilen. Einerseits könnte die rasche Flucht der Jünger bei der Ergreifung Jesu dafürsprechen, dass sie nicht ernsthaft damit gerechnet hatten. Andererseits wird berichtet, dass Petrus Jesus einige Zeit zuvor vom Gang ins Leiden abhalten wollte, was bedeutet, dass er die Absicht Jesu ernst nahm. 27 Theißen und Merz vermuten trotzdem, dass die »Einsicht [der Jünger] in die Notwendigkeit des 22
G. Theißen, A. Merz: Der historische Jesus, 379; zur Jüngerflucht siehe Mt 26,56; Mk 14,50; zum Zusammenbruch ihrer Erwartungen hinsichtlich der Befreiung Israels siehe Lk 24,21; vgl. zu dieser Erwartung auch Apg 1,6. 23 Siehe [H. S. Reimarus:] Fragment über die Auferstehungsgeschichte, 134–135. 24 Siehe die Nachweise Fn. 21. 25 Siehe Mk 10,38–40 (ähnlich Mt 20,22–23): »Jesus aber sprach zu ihnen: Ihr wißt nicht, um was ihr bittet! Könnt ihr den Kelch trinken, den ich trinke, und getauft werden mit der Taufe, womit ich getauft werde? Und sie sprachen zu ihm: Wir können es! Jesus aber sprach zu ihnen: Ihr werdet zwar den Kelch trinken, den ich trinke, und getauft werden mit der Taufe, womit ich getauft werde; aber das Sitzen zu meiner Rechten und zu meiner Linken zu verleihen, steht nicht mir zu, sondern [es wird denen zuteil], denen es bereitet ist«; Lk 12,50: »Aber ich muß mich taufen lassen mit einer Taufe, und wie drängt es mich, bis sie vollbracht ist!«; Mk 14,36 (ähnlich Mt 26,39.42; Lk 22,42): »Und er [Jesus] sprach: Abba, Vater! Alles ist dir möglich; nimm diesen Kelch von mir! Doch nicht, was ich will, sondern was du willst!«; Joh 18,11: »Da sprach Jesus zu Petrus [bei seiner Gefangennahme]: Stecke dein Schwert in die Scheide! Soll ich den Kelch nicht trinken, den mir der Vater gegeben hat?« Die Taufe und das Trinken des Kelches bedeutet hier nach W. D. Davies, D. C. Allison: A Critical and Exegetical Commentary on the Gospel According to Saint Matthew III, 89–90 das eschatologische Erleiden von Gottes (Zorn und) Gericht, aber nicht unbedingt den Tod. Siehe dazu auch M. F. Bird: Passion Predictions, 443–444. 26 Siehe z. B. Mt 17,12; Mk 9,12; Lk 9,44; 17,25 und die allgemeineren Aussagen in den vermutlich ex eventu spezifizierten Weissagungen Mt 16,21; 17,22; Mk 8,31; 9,31; Lk 9,22. Siehe auch die umfassende Auflistung der Leidensankündigungen Jesu in M. F. Bird: Passion Predictions, 443–444. 27 Siehe Mt 16,21–22: »Von da an begann Jesus seinen Jüngern zu zeigen, daß er nach Jerusalem gehen und viel leiden müsse von den Ältesten, den obersten Priestern und Schriftgelehrten, und getötet werden und am dritten Tag auferweckt werden müsse.
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Leidens [Jesu …] nachösterlich« war: »Alle Leidensweissagungen, die diese Notwendigkeit schon den irdischen Jesus aussprechen lassen, dürften spätere Erkenntnisse sein, die dem Irdischen nachträglich in den Mund gelegt wurden.« 28 Was erwartete aber Jesus selbst? Sein öffentliches Verhalten in Jerusalem war jedenfalls sehr unvorsichtig und provokativ. Er zieht dort nach der Überlieferung wie ein messianischer Friedenskönig auf einer Eselin ein. 29 Er geht gewaltsam gegen Geldwechsler und Händler in der Tempelanlage vor, was einen Angriff auf die Tempelaristokratie bedeutete, die von diesem Tempelmarkt ökonomisch erheblich profitierte. 30 Er prophezeit dem priesterlichen Establishment das Strafgericht 31 und kündigt die Zerstörung des Tempels an. 32 Jesus tut also einiges, um die Jerusalemer Obrigkeit gegen sich aufzubringen. 33 Er muss wissen, dass er sich damit in GeDa nahm Petrus ihn beiseite und fing an, ihm zu wehren und sprach: Herr, schone dich selbst! Das widerfahre dir nur nicht!« Ähnlich Mk 8,31–33. 28 G. Theißen, A. Merz: Der historische Jesus, 377–378. 29 Siehe Mt 21,1–11; Mk 11,1–11; Lk 19,28–40; Joh 12,12–19; vgl. Sach 9,9: »Frohlocke sehr, du Tochter Zion; jauchze, du Tochter Jerusalem! Siehe, dein König kommt zu dir; ein Gerechter und ein Retter ist er, demütig und reitend auf einem Esel, und zwar auf einem Füllen, einem Jungen der Eselin«. Siehe dazu G. Kittel, G. Friedrich, G. W. Bromiley: Theological Dictionary, 369: Das Reiten auf Pferden wird mit Krieg assoziiert, deshalb reitet der messianische Friedenskönig auf einem Esel. Siehe ferner W. D. Davies, D. C. Allison: A Critical and Exegetical Commentary on the Gospel According to Saint Matthew III, 116–117. 30 Siehe Mk 11,15–17: »Jesus ging in den Tempel und begann die hinauszutreiben, die im Tempel verkauften und kauften; und er stieß die Tische der Wechsler um und die Stühle der Taubenverkäufer. Und er ließ nicht zu, daß jemand ein Gerät durch den Tempel trug. Und er lehrte und sprach zu ihnen: Steht nicht geschrieben: ›Mein Haus soll ein Bethaus für alle Völker genannt werden‹ ? Ihr aber habt eine Räuberhöhle daraus gemacht!« Ähnlich Mt 21,12–16; Lk 19,45–46. Siehe dazu U. Luz: Warum zog Jesus nach Jerusalem?, 419–421; M. Stowasser: Jesu Konfrontation mit dem Tempelbetrieb von Jerusalem. Nach Stowasser warf der Tempelmarkt für die Clans, aus denen die Römer die Hohepriester rekrutierten, »umfangreichen Gewinn ab und bildete wohl ein wesentliches Standbein des Reichtums [dieser …] Familien« (ebd. 42– 43). 31 Siehe z. B. Mt 21,33–46; 23,1–36; Mk 12,1–12.35–40. 32 Siehe Mk 14,58; 15,29; ähnlich Mt 26,61; 27,40; siehe dazu U. Luz: Warum zog Jesus nach Jerusalem?, 421. 33 Ulrich Luz resümiert, Jesus habe »sich in Jerusalem sehr auffällig benommen« und »sich um das offenkundige Risiko, das er dadurch einging, überhaupt nicht gekümmert. Spätestens nach seiner Zeichenhandlung im Tempel wäre es höchste Zeit gewesen, sich aus der Stadt abzusetzen und unterzutauchen. Jesus hat das nicht getan« (U. Luz: Warum ging Jesus nach Jerusalem?, 421). Siehe schon A. Schweitzer: Geschichte der Leben-Jesu-Forschung, 445; L. Goppelt: Theologie des Neuen Testa-
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fahr begibt. Er sagt selbst, dass Jerusalem ein gefährliches Pflaster für Propheten sei, 34 und »hatte allen Grund, sich bedroht zu fühlen«. 35 Rechnete Jesus aber auch tatsächlich für sich mit Leiden und Tod und ging sogar bewusst hinein? Die Überlieferung zeichnet weitgehend dieses Bild. Jesus weiß, dass ihn einer seiner Jünger an die Obrigkeit ausliefern will, lässt ihn aber gewähren. 36 Er schreckt kurz vor seiner Verhaftung fast vor dem drohenden Leiden zurück, ergibt sich ihm aber als gottgewollt. 37 Er widersetzt sich seiner Verhaftung nicht 38 und tadelt diejenigen, die ihn mit Gewalt verteidigen wollen. 39 Schließlich verteidigt sich Jesus nicht in dem Prozess gegen ihn. 40 Auch bei seiner Geißelung und Misshandlung durch die Schergen ist kein Protest überliefert. 41 Nach den Evangelien hat es eindeutig den Anschein, als ob Jesus aus freien Stücken in sein Leiden hineinging. 42
ments, 274. Nach Craig Evans war Jesu Tod das Ergebnis seines Einzugs in Jerusalem, wo er das herrschende priesterliche Establishment bedrohte (siehe C. A. Evans: Death and Burial of Jesus, 144). 34 Siehe z. B. Mt 23,37; Lk 13,33; siehe dazu U. Luz: Warum ging Jesus nach Jerusalem?, 412–416. 35 G. Theißen, A. Merz: Der historische Jesus, 379; siehe auch U. Luz: Warum zog Jesus nach Jerusalem?, 413–414, 419, 421. 36 Siehe Mt 26,21–24; Mk 14,17–21; Lk 22,21–22; Joh 6,64; 13,2.11.21.26–27. 37 Siehe Mt 26,36–46; Mk 14,32–42; Lk 22,39–46. 38 Mt 26,47–56; Mk 14,43–50; Lk 22,47–53; Joh 18,1–9. 39 Siehe Mt 26,51–54; Lk 22,51; Joh 18,10–11. 40 Siehe Mt 26,57–68; 27,11–14; Mk 14,53–65; 15,1–5; Lk 22,63–71; 23,3.6–11; Joh 18,19–23; 19,8–11; nur in Joh 18,36–37 scheint sich Jesus gegen einen Vorwurf zu verteidigen, nämlich dagegen, politisch gegen die Besatzungsmacht Rom aufgetreten zu sein. 41 Siehe Mt 27,27–30; Mk 15,15–20; Joh 19,1–3; siehe auch 1 Petr 2,23. 42 Allison argumentiert, die Annahme, dass Jesus nicht aus freien Stücken in den Tod gegangen sei, setze entweder ein großflächiges Vertuschen der Tatsachen oder ein katastrophales Versagen der Erinnerung in den frühen christlichen Quellen voraus. Er meint, die Einwilligung Jesu in sein Schicksal sei wahrscheinlich nach der Tatsache, dass Jesus auf Befehl des Pontius Pilatus gekreuzigt wurde, das am besten bezeugte Faktum der letzten Tage Jesu (siehe D. C. Allison: Constructing Jesus, 433). Auf der anderen Seite hat möglicherweise Werner Kelber recht, wenn er sagt, dass die Überlieferung der rohen Fakten bei keinem Ereignis der christlichen Ursprünge weniger wahrscheinlich sei als bei Jesu Tod (siehe W. H. Kelber: The Works of Memory, 245– 246). Dieses Ereignis hatte die Jünger Jesu mit Sicherheit massiv traumatisiert (siehe ebd.). Hinzu kamen vielleicht noch schwere Schuldgefühle, da sie ihren Meister bei der Gefangennahme im Stich gelassen hatten (siehe D. C. Allison: Resurrecting Jesus, 368). Diese beiden Faktoren könnten eine Idealisierung der Leidensgeschichte Jesu in der frühen Überlieferung gefördert haben.
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Aber sie enthalten doch einen Hinweis darauf, dass er zumindest nicht mit Absicht in den Tod ging.
Die beiden überlieferten Schreie Jesu am Kreuz Aus traditioneller christlicher Sicht erfüllte Jesus mit seinem Tod einen göttlichen Erlösungsplan. 43 Nun wird jedoch im Markus- und Matthäusevangelium überliefert, dass Jesus ganz kurz vor seinem Tod geschrien habe: »Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen?«, wie es in allen gängigen Übersetzungen heißt. Etwas genauer kann man übersetzen: »Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich im Stich gelassen?« 44 Mit einem weiteren unartikulierten Schrei stirbt Jesus. 45 Besonders der erste Schrei ist für das Christentum problematisch, weil sein Inhalt nicht zu der Lehre passt, dass Jesu Sterben und Tod entsprechend einem zwischen ihm und dem ›Vater‹ 43
Siehe dazu ausführlich die Abschnitte »Der Erlösungstod Christi im göttlichen Heilsplan« und »Christus hat sich für unsere Sünden seinem Vater dargebracht« im Katechismus der Katholischen Kirche, 185–192 (§§ 599–623) mit sehr zahlreichen Verweisen auf das Neue Testament; siehe auch den orthodoxen Katechismus des Philaret von Moskau: Jesus Christus hat »durch Seinen Kreuzestod uns von der Sünde, vom Fluch’ und vom Tod erlös’t […]. Sein freiwilliges Leiden und Sein Kreuzestod für uns […] ist sowohl eine vollkommene Genugthuung für die göttliche Gerechtigkeit, die uns der Sünde wegen zum Tode verdammt hat, als auch ein unermeßliches Verdienst, das Ihm das Recht erworben hat, ohne der Gerechtigkeit nahe zu treten, uns Sündern Verzeihung der Sünden und Gnade zum Sieg über Sünde und Tod zu verleihen.« ([P. Drosdow:] Ausführlicher christlicher Katechismus, 47–48); Martin Luther schreibt: »Ich gleube, das Jhesus Christus […] mich verlornen und verdampten menschen erlöset hat […] mit seinem heiligen, theuren blut und mit seinem unschüldigen leiden und sterben« ([M. Luther:] D. Martin Luthers kleiner Katechismus, 26). Die klassische Vorstellung vom Erlösungstod Jesu ist in den letzten Jahrzehnten theologisch vielfach hinterfragt worden, siehe z. B. die Diskussion in D. Sattler: Erlösung?, 128–166; B. Nitsche: Christologie, 117–129 und v. a. die Absage an das Verständnis der Hinrichtung Jesu als Sühnopfer in K.-P. Jörns: Notwendige Abschiede, 286–341. Eine völlige Abkehr vom Erlösungsgedanken scheint mir jedoch selten zu sein (siehe dazu auch die Umfrageergebnisse in ebd. 55). 44 Mt 27,46; Mk 15,34. Das griechische Verb ἐγκαταλείπω drückt hier kein wertneutrales Sichentfernen Gottes aus, so wie etwa der Teufel Jesus verließ (ἀφίημι; Mt 4,11), Jesus Nazareth verließ (καταλείπω; Mt 4,13) oder Simon Petrus und Andreas ihre Fischernetze verließen (ἀφίημι; Mt 4,20), sondern eben ein Im-Stich-Lassen, siehe H. G. Liddell, R. Scott; H. S. Jones: The Online Liddell-Scott-Jones Greek Lexicon, 470 zu ἐγκαταλείπω, I.2. Es geht in dem Schrei Jesu also – dem Wortlaut nach – nicht einfach um ein Fernsein, sondern um ein treuwidriges Nichthelfen Gottes. 45 Siehe Mt 27,50; Mk 15,37.
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verabredeten Erlösungsplan abgelaufen ist. 46 Der zweite Schrei ist ebenfalls ungewöhnlich.
Zur Historizität der Schreie Jesu am Kreuz Wenn wir Dale Allison folgen, so ist in Bezug auf einzelne Worte und Handlungen Jesu keine historische Gewissheit zu erreichen. Hinsichtlich der Schreie Jesu am Kreuz erscheint es mir jedoch nicht unmöglich, die Frage nach der Historizität mit plausiblen Gründen zu beantworten, wenngleich Gewissheit nicht zu erreichen ist. Ein Schrei als solcher ist jedenfalls besser im Gedächtnis zu behalten als ein genauer Wortlaut. Ich halte es außerdem für unwahrscheinlich, dass die beiden ersten Evangelisten Schreie Jesu berichten, wenn sie nicht der Überzeugung wären, dass Jesus geschrien hat, da die Schreie Jesu am Kreuz auch ohne einen skandalösen Wortlaut weder zur Erfüllung eines göttlichen Heilsplanes noch zur hohen Würde Jesu passen und somit für die frühen Christen eine Peinlichkeit darstellen mussten. Wenn man nun den Inhalt des ersten Schreies Jesu betrachtet, so fällt auf, dass er nicht isoliert im Text steht, sondern dass auch Reaktionen darauf berichtet werden: [U]m die neunte Stunde schrie Jesus mit lauter Stimme auf: Eli, Eli, lema sabachthani? das heißt: »Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich im Stich gelassen?« Einige der Anwesenden sprachen, als sie es hörten: Der ruft den Elia! Und sogleich lief einer von ihnen, nahm einen Schwamm, füllte ihn mit Essig, steckte ihn auf ein Rohr und gab ihm zu trinken. Die übrigen aber sprachen: Halt, laßt uns sehen, ob Elia kommt, ihn zu retten! Jesus aber schrie nochmals mit lauter Stimme und gab den Geist auf. 47
Diese kontextuellen Details erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass der Inhalt des Schreies nicht frei erfunden wurde. Wenngleich ihn die Umstehenden laut Evangelien falsch verstehen, so verstehen sie den Schrei doch ähnlich wie diese, nämlich als Ruf nach jemandem, und zwar nach einer bedeutenden transzendenten Person. 48 46
Siehe zu dieser Lehre Mt 26,39.42.44; Mk 14,36.39; Lk 22,42; Joh 4,34; 10,17; 12,27; 18,11; Phil 2,8 und Katechismus der Katholischen Kirche, 187–189 (§§ 606– 612) mit weiteren Hinweisen auf das Neue Testament. 47 Mt 27,46–50 (Übers. Schlachter 2000, bearbeitet von H. S.). 48 Obwohl ich einen Ruf Jesu nach Elia für unwahrscheinlich halte, möchte ich darauf
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Schwäche oder Enttäuschung? Ein weiteres Merkmal des ersten überlieferten Schreies Jesu am Kreuz ist, dass er als außergewöhnlich laut beschrieben wird. 49 Das ist erstaunlich, wenn man den berichteten Verlauf seiner Folterung und Hinrichtung zugrunde legt. Jesus stand ganz kurz vor seinem Tod und scheint extrem geschwächt gewesen zu sein. Die Geißelung 50 war anscheinend so brutal gewesen, 51 dass er danach nicht mehr in
hinweisen, dass Elia mit dem Kommen des Reiches Gottes in Zusammenhang gebracht wird. Im Alten Testament wird vorausgesagt, dass Elia vor dem endzeitlichen Gericht Gottes wiederkommen wird, siehe Mal 3,23–24: »Siehe, ich sende euch den Propheten Elia, ehe der große und furchtbare Tag des Herrn kommt; und er wird das Herz der Väter den Kindern und das Herz der Kinder wieder ihren Vätern zuwenden, damit ich bei meinem Kommen das Land nicht mit dem Bann schlagen muß!«; siehe auch Sir 48,10–11. Nach M. Öhler: Elia, 109 nahm die »Eliaerwartung […] im Judentum des 1. Jahrhunderts eine wichtige Rolle ein«. Sie war auch in der Umgebung Jesu lebendig. Manche halten ihn für den wiedergekommenen Elia (siehe Mt 16,14; Mk 8,28; Lk 9,19). Jesus spricht von Johannes dem Täufer als dem wiedergekommenen Elia (siehe Mt 11,14: »Und wenn ihr es annehmen wollt: Er ist der Elia, der kommen soll«; Mt 17,12–13; Lk 7,27 sowie Mk 9,11–13 und dazu M. Öhler: Elia, 289–294). Das Johannesevangelium lässt hingegen den Täufer leugnen, dass er Elia ist (siehe Joh 1,21). Zum Verständnis muss gesagt werden, dass die endzeitliche Wiederkunft des Elia nicht als Auferstehung verstanden wird. Elia zählt mit Henoch und Esra zu den Entrückten, die nicht gestorben, sondern lebendig in den Himmel aufgenommen wurden (siehe 2 Kön 2,9–12; Sir 48,9; 49,14; 1 Hen 70–71; 4 Esr 14,9; zu einer möglichen Entrückung des Baruch siehe 2 Bar 46,7; 76,2) und die in der Endzeit wieder erscheinen sollen, siehe 4 Esr 6,26: »Dann schaut man die Männer, die entrückt wurden und den Tod seit ihrer Geburt nicht verkosteten. Dann wird das Herz der Erdbewohner verwandelt und zu einer anderen Gesinnung hingelenkt« (Übers. J. Schreiner: Das 4. Buch Esra, 337). Im jüdischen Volksglauben gibt es außerdem die Vorstellung, dass Elia am Vorabend des Passahfestes als himmlischer Gesandter kommt, um Armen zu helfen und Missetäter zu bestrafen. Dieses Kommen Elias wird jedoch nicht mit der endzeitlichen Erlösung Israels verknüpft (siehe D. Noy: Elijah, 335). 49 Das von Markus verwendete Verb βοάω bedeutet ›laut (nach jemandem) schreien‹ (siehe Thayer’s Greek Lexicon, http://biblehub.com/greek/994.htm, besucht 29. April 2017). Die Lautstärke wird durch den Zusatz ›mit lauter Stimme‹ (φωνῇ μεγάλῃ) noch einmal betont (siehe Mk 15,34: ἐβόησεν ὁ Ἰησοῦς φωνῇ μεγάλῃ; vgl. zum zweiten Schrei Mk 15,37: ἀφεὶς φωνὴν μεγάλην). Matthäus intensiviert βοάω noch durch die Vorsilbe ἀνά (ἀναβοάω), ebenfalls in Verbindung mit ›lauter Stimme‹ (siehe Mt 27,46: ἀνεβόησεν ὁ Ἰησοῦς φωνῇ μεγάλῃ; vgl. den zweiten Schrei Mt 27,50: κράξας φωνῇ μεγάλῃ). 50 Siehe Mt 27,26; Mk 15,15; Joh 19,1. 51 Ein Schrifthinweis darauf könnte 1 Petr 2,24 sein, wo möglicherweise auf Jesu Wunden durch die Geißelung angespielt wird.
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der Lage war, wie üblich den Querbalken des Kreuzes selbst zu tragen. 52 Sie führte wohl auch dazu, dass er ungewöhnlich rasch am Kreuz verstarb.53 Zudem ist die Lungenfunktion durch das Hängen am Kreuz sehr stark eingeschränkt. 54 In dieser Situation überaus laut zu schreien, erfordert vermutlich eine enorme Willensanstrengung. Ein unwillkürlicher Schrei aus Schwäche, Schmerz oder Verzweiflung ist weniger wahrscheinlich. Schmerzensschreie Jesu hätte man eher bei der Geißelung oder bei der Kreuzigung erwartet, aber davon wird nichts berichtet. Wenn man den skandalösen Inhalt des Schreies mit hinzunimmt, entsteht für mich eher der Eindruck, als habe Jesus versucht, unter Aufbietung der letzten Kraft Gott im Himmel mit seiner Stimme zu erreichen, weil sich das Geschehen nicht so entwickelte, wie er gehofft hatte. 55 Auch der letzte, unartikulierte Schrei, mit dem Jesus stirbt, kann so verstanden werden. Davies und Allison schreiben, es sei ungewöhnlich, dass jemand mit einem Schrei stirbt, insbesondere wenn er zuvor gefoltert worden ist. 56 Es ist denkbar, dass Jesus noch etwas hatte sagen wollen, seine Kraft aber nicht mehr zur Artikulation ausreichte.
52
Mt 27,32; Mk 15,21; Lk 23,26; siehe F. P. Retief, L. Cilliers: Crucifixion. Siehe W. D. Edwards et al.: On the Physical Death of Jesus Christ. 54 Siehe F. P. Retief, L. Cilliers: Crucifixion. 55 Wäre aus Jesu Sicht alles nach einem mit dem ›Vater‹ verabredeten Erlösungsplan abgelaufen, dann müsste dieser Schrei nicht als Ausdruck von Enttäuschung, sondern als Ausdruck von Schwäche verstanden werden, was ich aus den dargelegten Gründen für weniger wahrscheinlich halte. Meine Interpretation stützt also nicht die These von Albert Schweitzer, Jesus habe mit seinem Tod das Reich Gottes herbeiführen wollen (siehe A. Schweitzer: Reich Gottes und Christentum, 142–145). Dann hätte nämlich kein ersichtlicher Grund für Enttäuschung bestanden, weil das Geschehen in diesem Fall nicht vom Erlösungsplan Jesu abgewichen wäre, wie Schweitzer ihn formulierte. Aus Allisons Sicht stimmt der erste Schrei Jesu ebenfalls nicht mit dessen Glaubenssystem überein. Er meint, der Schrei könne nur etwas über Jesu verwirrten Geisteszustand nach der Folter sagen und nichts über Jesu Überzeugungen vor der Festnahme (siehe D. C. Allison: Constructing Jesus, 432). Wenn der Schrei Jesu hingegen nicht Schwäche, sondern Enttäuschung über das Nichthandeln Gottes ausdrückte, dann muss er kein Zeichen von Verwirrtheit darstellen, sondern kann sehr wohl Jesu eschatologische Überzeugungen vor der Festnahme spiegeln. 56 Siehe W. D. Davies, D. C. Allison: A Critical and Exegetical Commentary on the Gospel According to Saint Matthew III, 627. 53
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Abmilderung und Weglassung der Schreie Jesu am Kreuz Da Jesu geschriener Vorwurf an Gott ein großes Problem für die Lehre darstellt, dass er entsprechend dem zwischen ihm und dem göttlichen Vater vereinbarten Erlösungsplan starb, 57 erstaunt es nicht, dass die beiden vermutlich späteren Evangelien die Schreie Jesu nur in abgemilderter Form oder gar nicht enthalten. Im Lukasevangelium schreit Jesus nicht, wie bei Markus und Matthäus, 58 sondern er ruft. 59 Und der Wortlaut seines Rufes ist kein Vorwurf an Gott, sondern lautet ganz ergeben: »Vater, in deine Hände befehle ich meinen Geist!« 60 Im Johannesevangelium ruft oder schreit Jesus überhaupt nicht am Kreuz, sondern spricht, anscheinend mit normaler Stimme. Sein letztes Wort »Es ist vollbracht!« 61 drückt ganz im Gegensatz zum Markus- und Matthäusevangelium das Bewusstsein aus, ein Vorhaben wie geplant zu Ende geführt, eben ›vollbracht‹, zu haben.
Beseitigung anderer Peinlichkeiten der Kreuzigungsszene Im dritten und vierten Evangelium sind zudem weitere Peinlichkeiten der Kreuzigungsszene teilweise oder ganz verschwunden. Im Markus- und Matthäusevangelium sehen von den Anhängern Jesu nur Frauen der Kreuzigung zu und dies auch nur von ferne. 62 Die männ57
Davies und Allison erwägen ebd. 625 Fn. 71, dass der Schrei Jesu eine eschatologische Bedeutung haben könnte. Jedoch lehnen auch sie ebd. 624–625 die verbreitete Lesart ab, Jesus habe in Wirklichkeit Psalm 22 gebetet, nämlich dessen Anfang laut gerufen und den weiteren, recht langen, mit einem Lob Gottes endenden Text leise weitergebetet. Dafür gibt es im Text der Evangelien keinen Anhaltspunkt. Dem guten Ende von Ps 22 widerspricht vielmehr der fast unmittelbar folgende letzte, nicht mehr verstehbare, laute Schrei Jesu im Augenblick des Todes (siehe Mt 27,50; Mk 15,37). 58 Siehe S. 175 Fn. 49. 59 Lk 23,46 verwendet hier das Verb φωνέω. 60 Lk 23,46. 61 Joh 19,30. 62 Siehe Mk 15,40–41: »Es sahen aber auch Frauen von ferne zu, unter ihnen waren auch Maria Magdalena und Maria, die Mutter des jüngeren Jakobus und des Joses, sowie Salome, die ihm auch, als er in Galiläa war, nachgefolgt waren und ihm gedient hatten, und viele andere, die mit ihm nach Jerusalem hinaufgezogen waren«; Mt 27,55–56: »Es waren aber dort viele Frauen, die von ferne zusahen, welche Jesus von Galiläa her gefolgt waren und ihm gedient hatten; unter ihnen waren Maria Magdalena und Maria, die Mutter des Jakobus und Joses, und die Mutter der Söhne des Zebedäus«.
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lichen Jünger Jesu waren laut Markus- und Matthäusevangelium bei seiner Gefangennahme geflohen 63 und hatten ihn im Stich gelassen. Das war erstens peinlich für sie und führte zweitens zu einer ungünstigen Zeugenlage, weil das Zeugnis einer Frau wenig oder nichts galt. 64 Die Verlässlichkeit des Zeugnisses wurde zudem durch die weite Entfernung vom Geschehen in Frage gestellt. Das Lukasevangelium suggeriert hingegen, dass es vor allem die als Zeugen zählenden Männer waren, die der Kreuzigung beiwohnten, wenngleich immer noch weit entfernt. 65 Im Johannesevangelium stehen schließlich der anonyme Lieblingsjünger Jesu, von der Tradition mit dem Evangelisten Johannes gleichgesetzt, und drei Frauen neben dem Kreuz und Jesus spricht zu ihnen. 66 Wäre die Situation so gewesen, wie in den drei synoptischen Evangelien geschildert, so hätten die Anhänger Jesu ihn noch nicht einmal sprechen hören können. 67 Insgesamt scheint die Auskunft der beiden ersten Evangelien, dass Jesus am Kreuz nach Gott geschrien hat, konsistenter und vertrau63
Siehe Mk 14,50: »Da verließen ihn alle und flohen«; Mt 26,56: »Da verließen ihn alle Jünger und flohen«. 64 Siehe z. B. Flavius Josephus: Antiquitates Iudaicae IV,219; D. C. Allison: Resurrecting Jesus, 328–329; P. Lapide: Auferstehung, 54–55. 65 Siehe Lk 23,49: »Es standen aber alle, die ihn kannten, weit entfernt (μακρόθεν), auch die Frauen, die ihm von Galiläa her nachgefolgt waren; und sie sahen dies« (Hervorhebung H. S.). 66 Siehe Joh 19,25–27: »Es standen aber bei dem Kreuz Jesu seine Mutter und die Schwester seiner Mutter, Maria, die Frau des Klopas, und Maria Magdalena. Als nun Jesus seine Mutter sah und den Jünger dabei stehen, den er lieb hatte, spricht er zu seiner Mutter: Frau, siehe, dein Sohn! Darauf spricht er zu dem Jünger: Siehe, deine Mutter! Und von der Stunde an nahm sie der Jünger zu sich«. Siehe zur Weglassung der Jüngerflucht bei Lukas und Johannes auch G. Theißen, A. Merz: Der historische Jesus, 398: »Mk zeichnet in seinem ganzen Evangelium die Jünger als unverständige Anhänger Jesu. Sie schlafen in Gethsemane und fliehen bei Jesu Gefangennahme. Nur die Frauen beobachten ›von ferne‹ die Kreuzigung. Mt verschärft dies Versagen […]. Lk betont dagegen, daß die Jünger bei Jesus ›in seinen Anfechtungen‹ ausgeharrt haben (22,28) und läßt konsequenterweise die Jüngerflucht weg (vgl. 22,47– 53). […] Die Kreuzigung wird nicht nur von den Frauen, sondern von allen ›Bekannten Jesu‹ (d. h. auch von seinen Jüngern) beobachtet (23,49). Das JohEv zeigt eine vergleichbare Tendenz. Die Jünger fliehen nicht, sondern Jesus sorgt dafür, daß sie unbehelligt gehen dürfen (18,9). Zumindest der Lieblingsjünger steht – zusammen mit den Frauen – unter (!) dem Kreuz (19,26 f.).« 67 Dies gilt allerdings auch für zwei Worte, die Jesus nach dem Lukasevangelium am Kreuz spricht (Lk 23,34: »Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun«; 23,43: »Wahrlich, ich sage dir: Heute wirst du mit mir im Paradies sein«; siehe dazu auch S. 89–90).
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enswürdiger zu sein als die beiden entgegenstehenden, recht unterschiedlichen Versionen des Lukas- und Johannesevangeliums. Die Tatsache, dass sich der überlieferte Wortlaut des ersten Schreies Jesu mit dem Anfang des zweiundzwanzigsten Psalms deckt, 68 bedeutet keineswegs fehlende Authentizität. Ich würde es für wahrscheinlicher ansehen, dass ein ähnlich klingender Schrei biblisiert, also in die Form eines Bibelzitats gebracht wurde. 69 Ein Urteil über die Historizität des ersten Schreies Jesus ist von Gewissheit weit entfernt, ich vermute aber, dass Jürgen Moltmann recht hat: »Der Gedanke, das letzte Wort Jesu an den Gott, den er Abba, lieber Vater, angerufen hatte, habe gelautet: ›Du hast mich verlassen‹, hätte wohl kaum in der Christenheit Wurzeln schlagen können, wenn dieses furchtbare Wort nicht tatsächlich ausgesprochen [worden] oder doch im Todesschrei zu hören gewesen wäre.« 70
Enttäuschte endzeitliche Erwartung als Motiv des Schreies Jesu nach Gott Wenn man annimmt, dass Jesus am Kreuz nach Gott geschrien hat, wie es vom Markus- und Matthäusevangelium berichtet wird: Was ist die plausibelste Erklärung dafür? Warum warf Jesus Gott unmittelbar vor seinem Tod vor, er habe ihn im Stich gelassen? Was war seine Erwartung gewesen, worin bestand seine Enttäuschung? Ich vermute, dass Jesu Erwartung und Enttäuschung mit dem Kommen des Reiches Gottes zu tun hatten. Jesus erwartete am Kreuz ein endzeitliches Eingreifen Gottes oder seiner Engel, letztlich mit dem Ziel, das Reich Gottes aufzurichten. Doch es erfolgte keine himmlische Intervention. Die Reich-Gottes-Lehren gingen, soweit ich sehe, ursprünglich immer davon aus, dass Menschen das Reich Gottes nicht alleine herbeiführen können. Die Gerechten können weder das Böse besiegen noch die Erde in ein ewiges Paradies verwandeln. Gott oder
68
Siehe dazu auch S. 177 Fn. 57. Siehe allgemein zur Biblisierung M. Goodacre: Scripturalization in Mark’s Crucifixion Narrative. 70 J. Moltmann: Der Weg Jesu Christi, 187. Siehe ähnlich L. Goppelt: Theologie des Neuen Testaments, 240: Jesus »stirbt mit dem Gebetsruf Mk 15,34. Dieser Ruf war so anstößig, daß er nur in Mt 27,46 wiedergegeben wird, während ihn die übrigen Evangelisten beiseiteließen. Er wurde von niemandem erfunden«. 69
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seine Gesandten müssen kommen und eingreifen. Die Reich-GottesErwartung ist daher untrennbar mit dem Ruf nach Gott verbunden.
Das Schreien nach Gott und das endzeitliche himmlische Eingreifen bei Laktanz Sehr plastisch wird dies von Laktanz dargestellt. In seinen Göttlichen Unterweisungen schreibt er von der Rettung der Gerechten, die der Errichtung des Reiches Gottes auf Erden vorhergeht: So wird die ganze Erde gewissermaßen in einer einzigen gemeinsamen Plünderung verwüstet werden. Wenn das geschehen ist, dann werden sich die Gerechten und die Gefolgsleute der Wahrheit von den Bösen absondern und in die Einöden fliehen. Nachdem er [d. h. der Antichrist] davon gehört hat, wird der Gottlose wutentbrannt mit einem großen Heer kommen und nach Heranführung aller Truppen denjenigen Berg umzingeln, auf dem die Gerechten sich aufhalten, um sie zu ergreifen. Sobald jene sich aber von allen Seiten eingeschlossen und belagert sehen, werden sie mit lauter Stimme zu Gott schreien und himmlische Hilfe erflehen, und Gott wird sie erhören und einen großen König [nämlich Jesus Christus] vom Himmel herabsenden, der sie erretten und befreien und alle Frevler mit Feuer und Schwert vernichten soll. […] Dann wird sich in der Mitte der Himmel auftun in tiefster und finsterer Nacht, dass auf der ganzen Erde das Licht des herabkommenden Gottes wie ein Blitz aufscheint […]. Er wird in Begleitung von Engeln mitten auf die Erde herabkommen. Es wird ihm eine unauslöschliche Flamme voranschreiten, und die Kraft der Engel wird in die Hände der Gerechten jene Menge geben, die sich zur Belagerung des Berges festgesetzt hat. Sie wird von der dritten Stunde an bis zum Abend niedergemacht werden, und das Blut wird fließen wie ein Sturzbach. 71
71
Lactantius: Divinae institutiones VII,17,9–11; VII,19,2.5 (Übers. S. Freund: Laktanz, 163, 167; Hervorhebung H. S.). Als Beleg führt Laktanz die sehr ähnliche Weissagung des Hystaspes an, »dass die Frommen und Gläubigen, die sich von den Verbrechern abgesondert hätten, unter Weinen und Stöhnen ihre Hände zum Himmel ausstrecken und den Beistand Jupiters erflehen würden. Jupiter werde auf die Erde blicken, die Stimmen der Menschen hören und die Gottlosen vernichten«. Abgesehen davon, dass es nicht Jupiter, sondern Gott sei, entspreche diese Darstellung der Wahrheit (Lactantius: Divinae institutiones VII,18,2; Übers. ebd. 165; Hervorhebung H. S.).
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Erwartete Jesus Gottes Eingreifen zu seinen Lebzeiten? Um den Ruf Jesu am Kreuz zu erklären, muss noch etwas Weiteres hinzukommen. Wenn Jesus erwartet hätte, dass er am Kreuz sterben muss, damit danach das Reich Gottes aufgerichtet werden kann, dann stünde sein kurz vor seinem Tod geäußerter Vorwurf an Gott, er habe ihn im Stich gelassen, nicht im Einklang mit dieser Erwartung. Wenn er aber das endzeitliche Eingreifen Gottes oder seiner Gesandten zugunsten des Reiches Gottes noch zu seinen irdischen Lebzeiten erwartete und beim Herannahen des Todes bemerkte, dass Gott nicht mehr kommen würde, dann wäre der Inhalt seines ersten Schreis sehr verständlich. 72 In diese Richtung plädierte bereits Hermann Reimarus, der allerdings übersah, dass das von Jesus verkündete Reich Gottes nicht einfach ein »weltlich Reich« war, sondern eine irdisch-jenseitige Hybridnatur besaß: Er [Jesus] beschloß sein Leben mit den Worten: Eli Eli lama asaphthani: Mein Gott! Mein Gott! warum hast du mich verlassen? ein Geständniß, so sich ohne offenbaren Zwang nicht anders deuten lässet, als daß ihm Gott zu seinem Zweck und Vorhaben nicht geholfen, wie er gehoffet hatte. Es war demnach sein Zweck nicht gewesen, daß er leiden und sterben wollte; sondern daß er ein weltlich Reich aufrichtete, und die Juden von ihrer Gefangenschaft erlösete: und darin hatte ihn Gott verlassen, darin war ihm seine Hoffnung fehl geschlagen. 73
Die Naherwartung Jesu in den Quellen Wenn Jesus glaubte, das Reich Gottes werde bald kommen, dann bedeutet das, dass er eine sogenannte Naherwartung hegte. 74 Aus vielen überlieferten Worten Jesu geht eine Naherwartung hervor. Nach dem Markus- und Matthäusevangelium begann Jesus sein öffentliches Auftreten mit derselben Botschaft wie Johannes der Täufer: »Das Reich Gottes steht vor der Tür!« 75 Seine Predigt vom Reich Gottes 72
Siehe dazu auch S. 176 Fn. 55. [H. S. Reimarus:] Von dem Zwecke Jesu und seiner Jünger, 153–154 [II, 1 § 8]. 74 Siehe dazu D. C. Allison: Jesus of Nazareth, 147–151; E. Gräßer: Die Naherwartung Jesu; J. Richter: Die »konsequente Eschatologie« im Feuer der Kritik. 75 Mt 4,17; Mk 1,15 (Übers. H. S.); vgl. zur gleichlautenden Botschaft Johannes des Täufers Mt 3,2. Nach Allison kann ἤγγικεν hier nicht mit »ist angekommen« übersetzt werden, weil sonst das Reich Gottes bereits mit Johannes dem Täufer angekom73
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ist begleitet von Aufrufen zur permanenter Wachsamkeit: »Habt acht, wacht und betet! Denn ihr wisst nicht, wann die Zeit da ist. […] So wacht nun! […] Was ich aber euch sage, das sage ich allen: Wacht!« 76 Die Überlieferung scheint Jesus nicht immer genau dieselbe Naherwartung zuzuschreiben. 77 Dies könnte einerseits in einem Schwanken oder einer Entwicklung der Überzeugungen Jesu begründet sein, andererseits auch in dem Versuch der Autoren der Evangelien, das Nichteintreffen der Weissagungen Jesu abzumildern. Die Evangelien sind vermutlich vierzig bis siebzig Jahre nach Jesu Tod geschrieben worden und das Reich Gottes war immer noch nicht gekommen. Einige Stellen drücken aus, dass Jesus das dem Reich Gottes vorausgehende Gericht in allernächster Zukunft erwartete. Seinen Jüngern, die er in Israel auf eine Missionsreise schickt, sagt er voraus: »Ihr werdet mit den Städten Israels nicht fertig sein, bis der Menschensohn kommt«. 78 Dem Hohepriester und dem Hohen Rat prophezeit er, sie würden den Menschensohn zum endzeitlichen Gericht »mit den Wolken des Himmels kommen sehen«. 79 Sein Aufruf, sich von Körperorganen zu trennen, die zur Sünde verführen, um ohne sie ins Reich Gottes hineingehen zu können, 80 redet nicht von Tod und Auferstehung. 81 Anscheinend steht dahinter die Annahme, das Reich Gottes komme noch zu Lebzeiten der Mehrheit der Hörerschaft Jesu. In jedem Fall verkündet Jesus das Reich Gottes »nicht kommenden Generationen […], sondern der damals lebenden«. 82 Nach einer Schilderung der endzeitlichen Ereignisse – Drangsal, kosmische Erschütterung und Kommen des Menschensohnes mit seinen Engeln – sagt er voraus: »Ich sage euch als Wahrheit, dass diese Generation men wäre und nicht erst mit Jesus, was der Evangelist mit Sicherheit nicht hatte sagen wollen (siehe D. C. Allison: Constructing Jesus, 124 mit Fn. 424). 76 Mk 13,35–37; siehe ähnlich Mt 24,36–51; 25,1–13; Lk 12,35–48; 21,36; siehe auch 1 Thess 5,2; 2 Petr 3,10. 77 Siehe dazu z. B. G. Theißen, A. Merz: Gerichtsverzögerung und Heilsverkündigung, 233–253; A. Schweitzer: Reich Gottes, 135–138; D. C. Allison: Jesus of Nazareth, 150. 78 Mt 10,23. Eine extreme Naherwartung hegten nach dem Lukasevangelium auch nicht näher spezifizierte Hörer Jesu, die anscheinend glaubten, mit Jesu Ankunft in Jerusalem werde »das Reich Gottes […] auf der Stelle (παραχρῆμα) erscheinen« (Lk 19,11, Übers. H. S.). 79 Mk 14,62; Mt 26,64 (Einheitsübersetzung 2017). 80 Mk 9,43–48; Mt 18,8–9. 81 Siehe dazu auch S. 78–79. 82 E. Gräßer: Die Naherwartung Jesu, 127.
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nicht vergehen wird, bevor alle diese Dinge geschehen sind.« 83 Alle drei Synoptiker überliefern das Jesuswort, dass manche der anwesenden Hörer »den Tod nicht schmecken« werden, bis das Reich Gottes kommt. 84 Im Lukasevangelium, das eschatologische Zeitangaben vermeidet, sagt Jesus, Gott werde »seinen Auserwählten […] schnell Recht schaffen«. 85 Es ist erstaunlich, dass derartige Weissagungen Jesu in den Evangelien überliefert wurden, weil sie mit Ausnahme des Markusevangeliums vermutlich erst zu einem Zeitpunkt vollendet wurden, zu dem fast niemand mehr aus der Generation Jesu am Leben war. Weitere Indizien für eine Naherwartung Jesu sind seine Aussage, dass die endzeitliche Wiederkunft des Elia bereits in Johannes dem Täufer stattgefunden habe, 86 sowie das Fehlen jeglicher »Anweisungen und Verhaltensregeln für eine fernere Zukunft« in der Verkündigung Jesu. 87 In den Jesusworten der Evangelien finden sich weder ein Missionsplan, noch eine Gemeindeordnung, noch Anleitungen für seine Anhänger, wie sie in Gesellschaft, Politik und Wirtschaft leben sollten. 88
Entrückung in der Passahnacht? Diese Quellenbefunde lassen es zwar denkbar erscheinen, dass Jesus in Jerusalem eine akute Naherwartung hegte, aber sie liefern dafür kein positives Indiz. Es gibt jedoch eine Variante eines bereits zitierten Jesuswortes, die eine extreme Naherwartung ausdrückt. Nach 83
Mk 13,30 (= Mt 24,34) (Übers. H. S.). Siehe Mk 9,1; Lk 9,27; vgl. auch Mt 16,27–28. Dass das endzeitliche Geschehen die Generation Jesu betrifft, geht vermutlich auch aus Lk 11,50–51 hervor: Von dieser Generation werde das »Blut aller Propheten gefordert werde[n], das seit Grundlegung der Welt der Welt vergossen worden ist, vom Blut Abels an bis zum Blut des Zacharias, der zwischen dem Altar und dem Tempel umkam. Ja, ich sage euch, es wird gefordert werden von diesem Geschlecht!«; siehe ähnlich Mt 23,34–35. Diese Weissagung impliziert nach Allison, dass diese Generation die letzte sei (siehe D. C. Allison: The Historical Christ and the Theological Jesus, 92; D. C. Allison: Constructing Jesus, 33–34). 85 Lk 18,7–8. Andererseits gibt es im Lukasevangelium Jesusworte, die das Kommen des Reiches Gottes in eine unbestimmte Ferne rücken, siehe etwa Lk 21,9: »[A]ber das Ende kommt nicht so bald«. 86 Siehe S. 175 Fn. 48. 87 E. Gräßer: Die Naherwartung Jesu, 127. 88 Siehe ebd. 127–128. 84
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dem Matthäus- und Lukasevangelium sagte Jesus nämlich zum Hohepriester und zu den Mitgliedern des Hohen Rates, sie würden den Menschensohn, also ihn, Jesus, von nun an 89 zur Rechten Gottes sitzen und auf den Wolken des Himmels kommen sehen. 90 Jesus scheint in diesem Wort seine unmittelbar bevorstehende Offenbarung als Menschensohn, seine Entrückung in den Himmel und sein Kommen zum Gericht vorherzusagen. Gibt es irgendeinen Anhaltspunkt dafür, dass Jesus glaubte, dieses Ereignis stehe unmittelbar bevor? Viele Juden erwarteteten die Ankunft des Messias in der Passahnacht. 91 Da Jesus sich nach den Evangelien auch mit dem Messias identifizierte, 92 ist es zumindest denkbar, dass er diese kalendarische Erwartung auf sich und das aktuelle Passahfest bezog. 93
Der Menschensohn stirbt nicht, sondern wird entrückt Die Hypothese, dass Jesus das Menschensohn-Konzept des henochischen Buches der Bilder kannte und auf sich anwandte, könnte aber auch ohne die Annahme einer akuten Naherwartung Jesu erklären helfen, warum er im Angesicht des Todes seine Hoffnung zerbreSiehe Mt 26,64 (ἀπ’ ἄρτι) und Lk 22,69 (ἀπὸ τοῦ νῦν). Siehe auch die ausführliche Diskussion in W. D. Davies, D. C. Allison: A Critical and Exegetical Commentary on the Gospel According to Saint Matthew III, 529–532. 90 Siehe Mt 26,64; Lk 22,69. 91 Siehe die Nachweise in D. C. Allison: Constructing Jesus, 146 Fn. 518; siehe auch A. Scriba: Echtheitskriterien der Jesus-Forschung, 203–208. 92 Siehe Nachweise S. 169 Fn. 13; schon im henochischen Buch der Bilder werden der Menschensohn und der Messias als ein- und dieselbe Figur angesehen (siehe nur 1 Hen 48,10; 52,4); dort ist der Menschensohn darüber hinaus auch der Auserwählte und der Gerechte; siehe J. H. Charlesworth: Did Jesus Know the Traditions in the Parables of Enoch?, 191–202 und G. W. E. Nickelsburg, J. C. VanderKam: 1 Enoch 2, 44–45, 113–120 mit zahlreichen Nachweisen sowie D. Boyarin: The Jewish Gospels, 80, 86, 93–95. 93 A. Scriba: Echtheitskriterien der Jesus-Forschung, 218 vertritt die These, Jesus habe den Anbruch des Gottesreiches in Jerusalem in der Nacht vor seiner Kreuzigung erwartet, nämlich in der Passahnacht des 15. Nisan im Jahr 28 n. Chr. Nach Scribas kalendarischen Berechnungen handelte es sich dabei um ein Sabbatjahr (siehe ebd. 217–218 und Lev 25,1–7); siehe auch ebd. 206–208, 218 mit Fn. 90 zu Spuren einer endzeitlichen Passah-Erwartung im Neuen Testament, insbesondere im Lukasevangelium. Nach A. Strobel: Die Ausrufung des Jobeljahrs in der Nazarethpredigt Jesu, könnte Jesus gar geglaubt haben, er lebe in einem messianisch bedeutsamen Jobeljahr, das nach jeweils sieben Sabbatjahren ausgerufen wird (siehe dazu Lk 4,16–30 und Lev 25,8–24). 89
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chen sah. 94 Lange war das Buch der Bilder auf einen Zeitpunkt nach Jesus von Nazareth datiert worden, sodass ein Einfluss auf dessen Denken nicht für möglich gehalten wurde. Neuerdings wird sein Entstehungsdatum eher in eine Zeit vor dem Auftreten Jesu verlegt. 95 Geographische und archäologische Indizien sprechen für die Abfassung des Buches in Untergaliläa, vielleicht in Migdal (Magdala). 96 Nazareth liegt nicht allzu weit entfernt. Es wäre dann ohne weiteres möglich, dass Jesus und sein Umfeld die Lehre des Buches der Bilder kannte und davon beeinflusst wurde. 97 Der henochische Menschensohn ist neben dem Menschensohn im Buch Daniel nach dem heutigen Forschungsstand das einzige vorchristliche Modell des Menschensohnes und zudem erheblich breiter ausgeführt. Die Parallelen zwischen dem Menschensohn des Buches der Bilder und dem Menschensohn in den Jesusworten der synoptischen Evangelien sind auffallend. Beide werden – anscheinend in physischer Form 98 – vom Himmel auf die Erde kommen, sich als endzeitlicher Richter über Gut und Böse auf den Thron der Herrlichkeit setzen und danach ewig auf der Erde weilen und herrschen. 99 Nach der Darstellung der synoptischen Evangelien war Jesus offensichtlich der Überzeugung, dass er der himmlische Menschensohn sein werde. 100 Wenn er dabei dem henochischen Vorbild folgte, musste er davon ausgehen, dass er nicht sterben würde. 101 Denn der zunächst verborgen lebende heno-
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Siehe zu Jesus und dem Menschensohn des Buches der Bilder J. H. Charlesworth: Did Jesus know the Tradition in the Parables of Enoch?; G. Macaskill: Matthew and the Parables of Enoch; L. Walck: The Parables of Enoch and the Synoptic Gospels; B. E. Reynolds: The Enochic Son of Man and the Apocalyptic Background of the Son of Man Sayings in John’s Gospel; D. Boyarin: The Jewish Gospels, 74–95. 95 Siehe S. 57. 96 Siehe M. Aviam: The Book of Enoch and the Galilean Archeology and Landscape; J. H. Charlesworth: Did Jesus Know the Traditions in the Parables of Enoch?, 184– 191. 97 Siehe ebd. 205–217 und J. H. Charlesworth: The Date and Provenience of the Parables of Enoch, 56. 98 Das geht unter anderem daraus hervor, dass der henochische Menschensohn mit den Auserwählten auf der Erde ewig zusammenleben und essen wird (siehe 1 Hen 62,14). 99 Siehe die Nachweise S. 87 Fn. 121. 100 Siehe S. 168–169. 101 Siehe S. 175 Fn. 48 zu Menschen wie Elia, Henoch und Esra, die ohne Tod in den Himmel aufgenommen wurden, also den Tod ›nicht geschmeckt‹ haben, sondern in der Endzeit vom Himmel kommen werden.
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chische Menschensohn 102 stirbt nicht, sondern wird lebend in seinem physischen Körper in den Himmel entrückt und dort zum offenbaren himmlischen Menschensohn. 103 Jesu Wort an die Mitglieder des Hohen Rats, von nun an würden sie ihn zur Rechten Gottes sitzen und auf den Wolken des Himmels kommen sehen, könnte vor diesem Hintergrund so verstanden werden, dass er mit seiner unmittelbaren Entrückung ohne vorherigen Tod rechnete. Aber auch ohne diese Naherwartung würde Jesus beim Herannahen des Todes erkannt haben, dass seine Reich-Gottes-Mission fehlzuschlagen drohte, weil der henochische Menschensohn eben nicht stirbt. Wenn er dieser Menschensohn war, dann mussten Gott oder seine Engel kommen und ihn vor seinem Tod entrücken. Doch nichts dergleichen geschah.
Jesu Tod am Kreuz und die Tragik der Verwechslung der Welten Obwohl keine dieser Überlegungen über das Niveau einer vagen Vermutung hinauskommen kann, stützen sie insgesamt doch die These, dass Jesu Vorwurf an Gott am Kreuz erstens im Kern historisch war und dass er zweitens eher als Ausdruck einer Enttäuschung über das Ausbleiben einer endzeitlichen Handlung Gottes denn als Ausdruck einer Schwäche Jesu verstanden werden kann. Es erscheint somit durchaus denkbar, dass Jesus in dem Bewusstsein starb, er habe sich umsonst für das Kommen des Reiches Gottes brutal foltern und einem grausamen Tod ausliefern lassen. Deutet man das Kreuzigungsgeschehen so, dann kann man Jesu Schrei nach Gott als Inbegriff der Enttäuschung aller Hoffnungen ansehen, die durch die Verwechslung der Welten geweckt werden: Hoffnungen auf ein physisches Kommen und Eingreifen himmlischer Mächte zur Schaffung jenseitiger Verhältnisse auf Erden.
102
Siehe zur anfänglichen Verborgenheit des henochischen Menschensohnes 1 Hen 48,6; 62,6–7. 103 Siehe 1 Hen 70–71.
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Epilog
Wer die wesentlichen Schlussfolgerungen dieser Studie teilt, wird vielleicht nach den Konsequenzen und Perspektiven für die betroffenen Religionen fragen. Der Versuch einer gründlichen Antwort würde ein eigenes Buch erfordern. Ich möchte trotzdem einige Andeutungen machen. Meine Untersuchung zeigt, dass der Glaube an eine physische Auferstehung und ein ewiges irdisches Fortleben in einem paradiesischen Reich Gottes in den Traditionen dreier näher untersuchter Religionen – Zoroastrismus, Judentum und Christentum – nachweisbar ist. 1 Diese drei Religionen können jedoch anscheinend weitgehend auf diesen Glauben verzichten, ohne in ihrer Identität bedroht zu sein. 2 Im Fall des Christentums berühren meine Schlussfolgerungen allerdings auch die zentrale Lehre der Erlösung der Menschheit durch den Tod des Jesus von Nazareth am Kreuz 3 und das damit zusammenhängende Bild eines übermenschlichen Jesus. 4 Deshalb werde ich mich in diesem Epilog auf das Christentum konzentrieren. Nach meiner Deutung hat sich der in den Quellen erkennbare 1
Siehe zusammenfassend S. 46, 67–68, 105, 153–154. Siehe S. 36 Fn. 2, 67, 118, 130, 151–152. 3 Siehe S. 173 Fn. 43. Nach U. Berner, J. Figl: Christentum, 422 hat das Christentum wesentlich den Charakter einer Erlösungsreligion. 4 Nach dem Glaubensbekenntnis von Konstantinopel ist Jesus »wahrer Gott« (siehe H. Denzinger: Enchiridion symbolorum, 76 [D 150]; siehe z. B. gleichlautende christliche Lehraussagen ebd. 34–36, 38–39, 57, 72, 79, 126, 141, 184, 188–189, 235–236, 239, 241, 244, 263–264, 290, 307, 328, 354, 430–431 [D 44, 46, 48, 50–51, 125, 144, 168, 294, 325, 432, 441, 547, 554, 558, 564, 617, 619, 681, 750, 791, 852, 1333, 1339]). Nach Martin Luther ist »Jhesus Christus warhafftiger Gott vom Vater inn ewigkeit geborn« ([M. Luther:] D. Martin Luthers kleiner Katechismus, 26); zur wahren Gottheit Jesu siehe auch [P. Drosdow:] Ausführlicher christlicher Katechismus, 33–36; zum Zusammenhang zwischen der Göttlichkeit Jesu und seiner Rolle als Erlöser siehe U. Berner, J. Figl: Christentum, 422: »Nur wenn Christus wie Gott, ihm wesensgleich ist, kann er uns auch wahrhaft erlösen«. 2
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Epilog
Jesus von Nazareth bei seiner Reich-Gottes-Mission grundlegend geirrt. Es geht dabei nicht um die von manchen Theologen eingeräumte Naherwartung Jesu. 5 Der Irrtum, der in der Naherwartung Jesu gesehen wird, ist zeitlicher Art: Ein bestimmtes Geschehen, dessen grundsätzliche Möglichkeit normalerweise nicht bestritten wird, wurde zu früh erwartet. Der Irrtum, den ich meine, besteht hingegen darin, dass Jesus etwas Unmögliches erwartete: ein physisches, ewiges Leben auf Erden, sowohl für die auferstandenen Verstorbenen wie auch für die dann noch Lebenden. Das bedeutet, er erwartete mit dem Reich Gottes etwas, das seiner Natur nach nicht eintreten konnte und weder in naher noch in ferner Zukunft wird eintreten können. Die Vorstellung von einem ewigen paradiesischen Leben in einem irdischen Reich Gottes ist vor dem Hintergrund der kosmologischen, geographischen und biologischen Kenntnisse der Frühgeschichte und Antike zwar nachvollziehbar. 6 Der Irrtum, der sich in dieser Projektion jenseitiger Zustände auf die Erde ausdrückt, scheint jedoch einen deutlich größeren Mangel an Urteilsvermögen zu verraten als eine Naherwartung, die sich nur hinsichtlich des Zeitpunkts eines durchaus möglichen Geschehens irrt. 7 Eine Erhebung Jesu über alle anderen Menschen erscheint schon aus diesem Grund nicht gerechtfertigt. Vor allem aber entzieht dieser eschatologische Irrtum der traditionellen Erlöserrolle Jesu den Boden: Wenn das Reich des ewigen Lebens, das Jesus verkündet hat, unmöglich existieren kann, dann vermag weder sein Kreuzestod noch irgendetwas anderes den Zugang zu diesem Reich verschaffen. 8 Die überkommene christliche Sicht auf das Erlösungshandeln Jesu wird auch durch eine weitere Überlegung infrage gestellt: Jesus wurde möglicherweise durch eine metaphysische 5
Siehe S. 181–184. Siehe S. 31–34. 7 Karl Rahner schrieb zur mutmaßlichen Naherwartung Jesu, dass ein »echt menschliches Bewußtsein [wie es Jesus als wahrer Mensch während seines Erdenlebens gehabt habe] eine unbekannte Zukunft vor sich haben« müsse und es somit eigentlich keinen Grund gebe, »von einem Irrtum Jesu in seiner Naherwartung zu sprechen« (K. Rahner: Grundkurs des Glaubens, 247). Vgl. dagegen aber zum Beispiel die päpstliche Konstitution Inter innumeras sollicitudines vom 14. Mai 553: »Wer sagt, der eine Jesus Christus […] habe vom Zukünftigen oder vom Tag des Jüngsten Gerichts keine Kenntnis gehabt, der sei mit dem Anathema [d. h. dem Ausschluss aus der Kirche] belegt« (H. Denzinger: Enchiridion symbolorum, 179 [D 419]). 8 Nach Edvin Larsson war das Reich Gottes nicht nur für die Synoptiker, sondern auch für Jesus selbst »der zentrale Heilsbegriff« (E. Larsson: Heil und Erlösung III, 617). 6
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Epilog
Illusion, die eng mit der eben beschriebenen zusammenhängt, zu einem unvorsichtigen Verhalten verleitet, ohne welches es nicht zu seiner Hinrichtung in Jerusalem gekommen wäre. 9 Die Aufrichtung des Reiches Gottes, einer Art Jenseits auf Erden, würde nämlich nach der Überzeugung des Jesus der synoptischen Evangelien durch ein massives, physisches Eingreifen himmlischer Mächte bewirkt. Dies geht aus etlichen Jesusworten hervor. 10 Er glaubte also an die Möglichkeit der Aufhebung der Grenzen zwischen dem Jenseits Gottes und der Engel und dem irdischen Diesseits. 11 Sein Schrei kurz vor seinem Tod am Kreuz, Gott habe ihn im Stich gelassen, ließe sich in diesem Zusammenhang am ehesten so verstehen, dass er eine endzeitliche Intervention Gottes erwartet hatte, die ihn vor dem Tod bewahrt hätte. 12 Eine mögliche Erklärung für diese Erwartung wäre, dass Jesus sich für den Menschensohn nach dem henochischen Modell hielt, der als endzeitlicher Richter physisch vom Himmel kommen wird, zu diesem Zweck aber vorher ohne Tod in seinem physischen Körper in den Himmel entrückt werden muss. 13 Auch unabhängig von dieser Erklärung drängt sich mir der Eindruck auf, dass Jesus durch den trügerischen Glauben an die Möglichkeit der Vermischung von diesseitiger und jenseitiger Welt ungewollt in sein Verderben lief. Diese Deutung würde jedoch nicht zur traditionellen Lehre passen, die Jesu Weg in den Tod zu einer mit Gott vereinbarten, bewussten Erlösungstat erklärt. 14 9
Hier denke ich vor allem daran, dass sich Jesus nach der Überlieferung in Jerusalem provozierend verhielt, der vorhersehbaren Verfolgung nicht entzog und vor Gericht nicht verteidigte (siehe S. 171–172). 10 Siehe S. 80–81 mit Fn. 82–83, S. 168 Fn. 10 und zusätzlich Mt 13,39.49–50; 24,40– 41; Lk 17,34–36; vgl. auch Mt 26,53: »Oder meinst du, ich könnte nicht jetzt meinen Vater bitten, und er würde mir mehr als zwölf Legionen Engel schicken?« 11 Für Jesus und seine Zeitgenossen gehörte der Himmel Gottes und der Engel zum selben Kosmos wie die Erde (siehe S. 31). 12 Siehe S. 175–176, 179–181, 186. 13 Siehe S. 185–186. 14 Siehe S. 173 mit Fn. 43. Auch moderne Deutungen der Hinrichtung Jesu als Erlösungsgeschehen scheinen kaum ohne die Annahme auszukommen, Jesus habe in seinen Tod eingewilligt und ihn als heilbringend aufgefasst. Dies gilt beispielsweise für Karl Rahners Soteriologie. Nach Rahner kann der Tod Jesu »[i]n einem wahren Sinn […] als Ursache unseres Heils betrachtet« werden (K. Rahner: Grundkurs des Glaubens, 276). Eine Voraussetzung sei allerdings, dass Jesus seinen Tod »frei angenommen[]« habe (ebd. 278). An anderer Stelle sagt er noch deutlicher, dass »der vorösterliche Jesus selbst seinen Tod als diese E[rlösungs]tat deutet« (K. Rahner: Erlösung, 1166).
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Epilog
Trotz eschatologischer Irrtümer könnte Jesus von Nazareth, wie ich ihn sehe, jedoch weiterhin als menschliches Vorbild gelten. Er strebte eine Verbesserung der menschlichen Lebensverhältnisse auf diesem Planeten an. Das ist auch heute noch ein wichtiges und hehres Ziel. Er predigte nicht nur ein Reich Gottes auf Erden ohne Leid, Trauer und Hunger, er handelte vor allem auch in diesem Sinn. Jesu Wirken als Heiler war in der Antike möglicherweise einzigartig. 15 Seine Nahrungs- und Naturwunder können überwiegend als Heilungshandeln im weiteren Sinn verstanden werden, das die Leiden und Nöte der Menschen verringerte. 16 Das gilt auch für seine Zuwendung zu Randgruppen der Gesellschaft, die er nach den synoptischen Evangelien selbst als ärztliches Handeln bezeichnete. 17 Das tragische Ende seiner Reich-Gottes-Mission in Jerusalem entwertet sein Vorbild als Heiler nicht. Heute stützen wir unsere Versuche zur Verbesserung der Lebensbedingungen auf der Erde zwar eher auf wissenschaftlich-technisches Wissen als auf religiös-metaphysische Konzepte. Trotzdem sind katastrophale Irrtümer und Fehlschläge an der Tagesordnung. Zum Beispiel beschleunigte der durch Entwicklungshilfe geförderte Brunnenbau die Desertifikation der Sahelzone. 18 Produktion von Biosprit aus Getreide, die durch CO2-Neutralität die globale Erwärmung verlangsamen sollte, zog Urwaldabholzung, 15
Siehe S. 162 mit Fn. 10 und J.-O. Henriksen, K. O. Sandnes: Jesus as Healer, 248; zu Jesus als Heiler siehe auch K.-W. Niebuhr: Jesus, 422–424. 16 Man könnte das Heilen im weiteren Sinn auch als Nächstenliebe bezeichnen. Nächstenliebe ist ein Kernbegriff christlicher Ethik. Doch bezeichnet ›Liebe‹ nicht in erster Linie ein Handeln als vielmehr etwas Seelisches oder Geistiges, aus dem eine Handlung erwachsen kann. Deshalb ziehe ich das Wort ›Heilen‹ für die Bezeichnung des Schwerpunkts der Taten Jesu vor. Bei den Nahrungswundern können die sogenannten Brotvermehrungen als Heilen im weiteren Sinne gelten (siehe Mt 14,19; 15,36; Mk 6,41; 8,6; Lk 9,16; Joh 6,11), weniger die Verwandlung von Wasser in Wein (siehe Joh 2,1–10); bei den Naturwundern die Stillung eines Seesturms (siehe Mt 8,23–27; Mk 4,35–41; Lk 8,22–25), aber natürlich nicht das Verdorrenlassen eines Feigenbaums ohne Früchte (siehe Mt 21,19; Mk 11,14). 17 Siehe Mk 2,16–17: »Und als die Schriftgelehrten und die Pharisäer sahen, daß er mit den Zöllnern und Sündern aß, sprachen sie zu seinen Jüngern: Warum ißt und trinkt er mit den Zöllnern und Sündern? Als Jesus es hörte, sprach er zu ihnen: Nicht die Starken brauchen den Arzt, sondern die Kranken.« Ganz ähnlich Mt 9,11–12; Lk 5,30–31. Zu Jesu Zuwendung zu Randgruppen – neben seinen Heilungen im engeren Sinn von Personen am Rande der Gesellschaft – siehe z. B. Mt 9,9–13; 11,19; 21,31; Mk 2,15–17; Lk 5,27–32; 7,36–50; 14,13–14.21; 19,1–10; siehe auch Mt 11,28. 18 Siehe W.-D. Blümel: Wüsten, 59; H. Heineberg: Einführung in die Anthropogeographie / Humangeographie, 146.
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Landgrabbing, Hunger und sogar vermehrte CO2-Freisetzung nach sich. 19 Selbst wenn man Jesus von Nazareth nicht als Erlöser, sondern ›nur‹ als Vorbild auffasst, bleibt allerdings das Problem bestehen, dass alle wissenschaftlichen Rekonstruktionen seiner zweitausend Jahre zurückliegenden Taten, Worte und Überzeugungen spekulativ bleiben. Wer wollte sein Leben an etwas so Unsicherem orientieren? Schon Gotthold Ephraim Lessing bezweifelte, dass man auf der Basis historischer Erkenntnisse »irgend etwas von großem, dauerhaften Belange […] wagen« könne. 20 Die Kluft zwischen uns und dem historischen Jesus, der vielzitierte »garstige breite Graben« Lessings, 21 kann durch Wissenschaft nicht überbrückt werden. Das Christentum glaubt jedoch an die Möglichkeit, mit dem realen Jesus von Nazareth in Berührung zu kommen. Es verstand sich von Beginn an als Religion einer lebendigen Gemeinschaft mit ihm. 22 Ohne die Erlebnisse der Jünger Jesu mit ihrem verstorbenen Meister wäre die Bewegung Jesu vermutlich mit seinem Tod zu Ende gewesen und das Christentum gar nicht erst entstanden. 23 Erfahrungen mit dem verstorbenen Jesus begleiteten und prägten die Geschichte des Christentums bis in die Gegenwart. 24 Wenn Paulus von Tarsus nicht Jesus in seinem Da-
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Siehe H. K. von Biesalski: Der verborgene Hunger, 193–199; oxfam Deutschland: Fragen und Antworten zu Agrosprit. 20 [G. E. Lessing:] Ueber den Beweis des Geistes und der Kraft, 10. 21 Ebd. 13; siehe dazu auch G. Theißen: Historische Skepsis und Jesusforschung. 22 Nach Mt 28,20 versprach Jesus seinen Jüngern: »Ich bin bei euch alle Tage bis an das Ende der Weltzeit«; nach Mt 18,20 sagte er zu ihnen: »[W]o zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich in ihrer Mitte« (siehe D. C. Allison: Resurrecting Jesus, 366). Laut Katechismus der Katholischen Kirche, 166 (§ 533) ist es jedem Menschen möglich, »in den alltäglichsten Dingen in Gemeinschaft mit Jesus zu sein«. Häufig wird die Gemeinschaft der Christen mit Jesus in der Metapher von Leib und Haupt ausgedrückt; siehe ebd. 237–239 (§§ 787–795) den Abschnitt »Die Kirche ist Leib Christi« mit Verweisen u. a. auf Mt 28,20; Joh 6,56; 15,4–5; Kol 1,18; siehe zur realen, mystischen Gemeinschaft mit Jesus auch E. Biser: Wird das Christentum noch Prägekraft entfalten?, 43: »[D]as Christentum ist von seiner Mitte her eine mystische, auf die Lebensgemeinschaft mit dem Stifter gegründete […] Religion«; Evangelischer Erwachsenenkatechismus, 910: »[D]ie Christen stehen mit Christus in einer realen Lebensgemeinschaft«; A. Schweitzer: Jesus und wir, 275: Für die »ganze alte Theologie« sei die Verbindung mit Jesus »kein Erkennen, kein Stellungnehmen zu ihm, sondern eine mystische Lebensgemeinschaft«. 23 Siehe S. 107–111. 24 Siehe z. B. P. H. Wiebe: Visions of Jesus, 15–88.
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maskuserlebnis begegnet wäre, 25 hätte er nicht die Ausbreitung des Christentums im römischen Reich maßgeblich vorangetrieben. Franz von Assisi hätte sich ohne seine mystischen Jesuserfahrungen 26 wahrscheinlich nicht zur überragenden, heute noch einflussreichen christlichen Gestalt des Mittelalters entwickelt. 27 Für die christliche Frömmigkeit waren auch Erlebnisse mit anderen verstorbenen Personen von enormer Bedeutung. An erster Stelle stehen dabei Erscheinungen von Maria, der Mutter Jesu. 28 Die Frage ist jedoch, wie man mit Menschen in realen Kontakt kommen und Gemeinschaft pflegen kann, die verstorben sind. Nach dem herrschenden, wissenschaftlich inspirierten Weltbild ist dies unmöglich, weil verstorbene Personen – und dazu zählt auch Jesus von Nazareth – nicht mehr existieren. 29 Beruht das Christentum folglich auf Illusionen und speist es sich weiterhin aus ihnen? Die Antwort kann ich hier nur andeuten und muss für Näheres auf mein Buch Transzendente Begegnungen: Phänomenologie und Metakritik verweisen. 30 Meine Argumentation lautet in Grundzügen wie folgt: Wenn man unter einer Person ein Wesen versteht, das Bewusstsein besitzt oder zumindest haben könnte, dann kann die gegenwärtig herrschende Form von Wissenschaft keine Aussage darüber machen, ob die Existenz einer Person an irdisch-physische Strukturen gebunden ist. 31 Diese Art Wissenschaft beruht nämlich auf intersubjektiven, von jedermann grundsätzlich gleichermaßen anwendbaren Methoden. Bewusstsein ist jedoch nicht mit solchen Methoden erfassbar. Daher ist keine wissenschaftlich fundierte Aussage über die Existenz von Bewusstsein und folglich auch keine Aussage über eine notwendige Kopplung von physischem Körper und Bewusstsein möglich. 32 Gewisse Formen transzendenter Erfahrungen, wie Nahtoderfahrungen oder Erfahrungen mit verstorbenen Per25
Siehe Apg 9,1–21; 22,3–16; 26,9–20. Siehe insbesondere seine Audition vor dem Kruzifix in San Damiano, in der Jesus zu ihm sagte, er solle seine Kirche wiederaufbauen (siehe O. Karrer: Franz von Assisi, 42–43). 27 Für Dante war Franz von Assisi eine ›Sonne‹ für die Welt, für andere ein ›zweiter Christus‹ (siehe Dante Alighieri: La Divina Commedia, Paradiso XI,50; H. Feld: Franziskus von Assisi, 63–64). 28 Zu modernen Marienerscheinungen siehe S. Rogo: Miracles, 205–257, 284–286. 29 Siehe H. Schwenke: Transzendente Begegnungen, 171, 211. 30 Siehe ebd. 170–230. 31 Siehe ebd. 171–176. 32 Siehe ebd. 182–184. 26
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sonen, sprechen nach Auffassung vieler Experiencer für eine Fortexistenz von Bewusstsein und Person nach dem Tod des physischen Körpers. Es kann sich bei diesen Einschätzungen zwar nicht um wissenschaftliches Wissen handeln. Das bedeutet aber nicht, dass sie kein Wissen oder nur minderwertiges und vorläufiges Wissen enthalten können. Wir bestreiten unser alltägliches Leben zum größten Teil mit nichtwissenschaftlichem Wissen. 33 Auch Wissenschaft im beschriebenen Sinn kann nur dann funktionieren, wenn die Wissenschaftler nichtwissenschaftliches Wissen anerkennen. 34 Erfahrungen mit verstorbenen Personen sind keine seltene Kuriosität, sondern weit verbreitet und für die Experiencer oft existenziell bedeutsam. Bei Umfragen in westlichen Ländern gibt etwa ein Viertel der Befragten an, derartige Erfahrungen gemacht zu haben. 35 Die Wirkungen werden ganz überwiegend als positiv beschrieben: Liebe, Trost, Unterstützung, Glück, Frieden und Inspiration. 36 Das verbreitete Vorurteil, diese Erlebnisse gingen auf Wunschdenken zurück, bestätigt sich nicht. Das Verlangen nach ihnen scheint eher hinderlich zu sein. 37 Erstaunlicherweise wurden und werden nachtodliche Kontakte nicht nur von Vertretern eines wissenschaftlich inspirierten Weltbildes, sondern auch vom Christentum bekämpft. 38 Diese feindliche Haltung geht möglicherweise auf den Einfluss des Alten Testaments zurück. Darin finden sich Passagen, in denen der Totenkult – anscheinend zugunsten einer Alleinverehrung Jahwes – unterdrückt und der Kontakt zu Verstorbenen sogar unter Todesstrafe gestellt wird. 39 Neben den nachtodlichen Erfahrungen mit Jesus von Nazareth spielten jedoch früh auch Kontakte mit anderen Verstorbenen in der christlichen Frömmigkeit eine wichtige Rolle. Augustinus von Hippo, der unter Berufung auf das Alte Testament zu beweisen sucht, dass die Verstorbenen grundsätzlich nichts von uns wissen und uns nicht
33
Siehe ebd. 181–182. Siehe ebd. 180–184, 187–191; siehe auch S. 218. 35 Siehe ebd. 26–27. 36 Siehe ebd. 34–140, 160–167. 37 Siehe ebd. 158–159. 38 Siehe dazu ebd. 231–265. 39 Siehe ebd. 238–239, 251–253; B. Lang, C. McDannell: Der Himmel, 19–29; D. Kühn: Totenkult (Israel); R. Heckl: Die Rolle der Ahnen in der Grundkonzeption der Hexateuchüberlieferung, 529. 34
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helfen können, 40 muss dieses Wissen und diese Hilfe trotzdem für gewisse Fälle zugeben. Er versucht dabei aber eine Art jenseitiger Zweiklassengesellschaft von Märtyrern und (normalen) Toten zu etablieren: Man darf also nicht deshalb, weil Märtyrer gewissen Personen Heilung von ihren Krankheiten vermitteln oder Beistand leisten, meinen, daß alle Toten in die Geschicke der Lebenden eingreifen können. Man muß das vielmehr so verstehen, daß die Märtyrer nur vermittels göttlicher Macht Anteil an den Geschicken der Lebenden nehmen, da ja die Toten aufgrund ihrer eigenen Natur so etwas nicht vermögen. 41
Im Katholizismus hat sich eine Dichotomie von Heiligen und Verstorbenen bis in die heutige Zeit erhalten. Heilige werden neben Verstorbene gestellt, als ob sie eine von diesen abtrennbare Gruppe wären. 42 Dadurch wird die Tatsache, dass es sich beim Heiligenkult um Versuche der Kontaktaufnahme mit verstorbenen Menschen handelt, sprachlich verschleiert. Wenn man nun den von mir beschriebenen Irrtum Jesu akzeptierte und aus diesem Grund – neben den Konzepten einer physischen Auferstehung und eines ewigen Fortlebens in einem irdischen Reich Gottes – auch auf eine Vergöttlichung Jesu und auf die zentrale Lehre der Erlösung der Menschen durch seinen Tod verzichtete, dann stellt sich die Frage nach alternativen Leitideen des Christentums. 43 Dazu möchte ich, im Anschluss an die vorangegangenen Überlegungen, einen Vorschlag skizzieren, der zwei Ideen aus dem frühesten Christentum aufgreift und verknüpft. Das Problem des Lessing’schen Grabens kann dabei in engen Grenzen gehalten werden. 40
Siehe Augustinus: De cura pro mortuis gerenda, XIII.16; zu Augustinus’ Ansichten über Kontakte mit Verstorbenen siehe ausführlicher H. Schwenke: Transzendente Begegnungen, 246–250. 41 Augustinus: De cura pro mortuis gerenda, XVI.19 (Übers. Aurelius Augustinus: Die Sorge für die Toten, 32–33). 42 So wird im Katechismus der Katholischen Kirche, 276–277 (§§ 957–958) zuerst die »Gemeinschaft mit den Heiligen« und dann die »Gemeinschaft mit den Verstorbenen« beschrieben. Das ist so, als wenn man in einem zoologischen Buch erst die Falken und dann die Vögel abhandeln würde. 43 Nach meinem Eindruck herrscht gegenwärtig zumindest im deutschsprachigen Christentum eine gewisse Ratlosigkeit hinsichtlich der Leitideen. Zu beobachten sind u. a. Tendenzen zur Beschränkung auf ethische, psychologische, soziale und politische Themen, zum Festhalten an überlieferten Lehren ohne tiefere intellektuelle Auseinandersetzung und im Bereich der Spiritualität zur Favorisierung von Konzepten aus nichtchristlichen Traditionen.
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Die erste Leitidee meines Vorschlags ist die Nachfolge Jesu. Sie war von Anfang an ein Ideal christlichen Lebens. 44 Worin sollte man aber Jesus heute nachfolgen? Vielleicht in dem, was ihn am meisten vor anderen Zeitgenossen auszeichnete. Nach den Quellen zu urteilen scheint das am ehesten sein Wirken als Heiler gewesen zu sein. 45 Da Heilen zudem aus ethischer Sicht als überaus vorzügliches Handeln gelten darf, schlage ich vor, die Nachfolge Jesu an Jesus als Heiler zu orientieren. 46 Mehrfach ist überliefert, dass Jesus nicht nur selbst heilte, sondern auch seine Jünger beauftragte, Kranke zu heilen. 47 Heilen physischer Krankheiten durch bloße Worte oder Handauflegen, wie dies von Jesus von Nazareth berichtet wurde, ist vielleicht nicht jedem gegeben. Doch zu Heilen in einem weiteren Sinn als Linderung und Befreiung von körperlichen, seelischen und geistigen Nöten sind grundsätzlich alle Menschen fähig. Es gibt in der christlichen Geschichte eine bedeutende Tradition, in der dieses Heilen im weiteren Sinn im Mittelpunkt der Lebenspraxis steht. 48 Zu ihr gehören bekannte Namen wie Franz von Assisi, 49 Vinzenz von Paul, 50 Albert Schweitzer und Mutter Teresa. Die zweite Leitidee ist eine mystische Gemeinschaft diesseitiger und jenseitiger Personen. Dieser Gedanke ist, wie wir sahen, ebenfalls im frühesten Christentum verankert. 51 Er spielt in meinem Vorschlag 44
Siehe zur Geschichte und zu den vielen Varianten des Konzepts der Nachfolge Jesu U. Luz et al.: Nachfolge Jesu. 45 Siehe S. 162, 190. Jesu Wirken als Heiler scheint historisch vergleichsweise gut gesichert zu sein. Siehe z. B. K.-W. Niebuhr: Jesus, 422: »Wenige Züge des Wirkens Jesu sind so gut in den Quellen bezeugt wie sein Auftreten und seine Erfolge als Heiler von Kranken.« 46 Hier trifft es sich, dass Jesus von Nazareth im Deutschen als ›Heiland‹ bezeichnet wird, ein Wort, das etymologisch von ›heilen‹ kommt. 47 Siehe E. E. Popkes: Der Krankenheilungsauftrag Jesu, 12 mit Verweis auf Mk 6,13; Mt 10,1.8; Lk 9,1–2.6; 10,9 und EvThom 14,4–5. 48 Siehe dazu auch E. Biser: Wird das Christentum noch Prägekraft entfalten?, 36: »Das Christentum ist […] eine therapeutische Religion«. Zur christlichen Geschichte des Heilens im engeren Sinn siehe C. S. Keener: Miracles I, 359–507. 49 Franz von Assisi hat viele Facetten, aber seine helfende Hinwendung zu Armen, Aussätzigen, Räubern, Schlachttieren, Wölfen, Bienen, Regenwürmern und sogar Bäumen (siehe O. Karrer: Franz von Assisi, 41–42, 99–101, 103–105, 220, 255–256, 262–263, 451–463, 473–487, 721; A. Rotzetter: Die Freigelassenen, 70, 130) macht ihn zweifellos zu einem Vertreter des Heilens in weiten Sinn. 50 Der französische katholische Priester Vincent de Paul (1581–1660) gilt als Pionier christlicher caritativer Vereinigungen. 51 Siehe S. 191–192.
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mit dem ersten Element zusammen: Die Nachfolge Jesu wird nicht alleine beschritten, sondern inspiriert und unterstützt durch andere. 52 Bei den anderen kann es sich sowohl um auf Erden lebende Zeitgenossen als auch um verstorbene (und andere jenseitige) Personen handeln. Diese mystische Gemeinschaft wird nicht hierarchisch, sondern als Gemeinschaft von prinzipiell Gleichen gedacht. Jesus von Nazareth ist Mitglied dieser Gemeinschaft und ihr Ausgangspunkt, aber nicht ihre Spitze. Unterstellt man den von mir vermuteten gravierenden Irrtum Jesu bei seiner Reich-Gottes-Mission, erscheint es, wie gesagt, kaum gerechtfertigt, ihn über alle anderen Menschen zu stellen. Die Idee einer nachtodlichen Gemeinschaft mit Jesus erweiterte sich im Christentum bald zur Vorstellung einer ›sanctorum communio‹, der ›Gemeinschaft der Heiligen‹. Der Ausdruck findet sich bereits im Apostolischen Glaubensbekenntnis. 53 Dabei werden unter ›Heiligen‹ häufig alle Christen verstanden, lebende und verstorbene. Die Mitglieder der Gemeinschaft der Heiligen helfen und unterstützen sich gegenseitig. 54 Dabei geht es hauptsächlich um Abhilfe akuter irdischer und jenseitiger Notlagen der Mitglieder selbst. 55 Die wel52
Man kann sich fragen, ob gutes Handeln eine Unterstützung durch andere benötigt. Die Kenntnis ethischer Leitlinien und Normen scheint jedenfalls nicht auszureichen. Eine empirische Untersuchung stellte fest, dass sich Ethikprofessoren nicht besser verhalten als Vertreter anderer Fachrichtungen (siehe J. Rust, E. Schwitzgebel: Ethicists’ and Nonethicists’ Responsiveness to Student E-Mails). 53 Siehe H. Denzinger: Enchiridion symbolorum, 30 (D 30). Siehe zur dunklen Herkunft und Bedeutung des Begriffs der Gemeinschaft der Heiligen H. Kruse: »Gemeinschaft der Heiligen«. 54 Siehe Katechismus der Katholischen Kirche, 274–277 (§§ 946–948, 954–959, 962) sowie die Enzyklika Mirae caritatis von Leo XIII. vom 28. Mai 1902: Die Gemeinschaft der Heiligen sei »die gegenseitige Mitteilung von Hilfe, Sühnung, Fürbitten und Wohltaten unter den Gläubigen, die entweder die himmlische Heimat erreicht haben oder dem Sühnefeuer überantwortet sind oder noch auf Erden pilgern, und die zu einer Bürgerschaft (civitatem) zusammenwachsen, deren Haupt Christus und deren Lebensform die Liebe ist« (Übers. H. Denzinger: Enchiridion symbolorum, 857 [D 3363]). Man sieht aus dieser Aufzählung, dass Christen in der Hölle nicht zur Gemeinschaft der Heiligen gezählt werden. In der evangelischen Theologie wird die Gemeinschaft der Heiligen eher als die irdische Kirche gedacht (siehe G. L. Müller: Gemeinschaft der Heiligen, 434). 55 Typischerweise sind dies bei irdischen Personen Krankheiten, die durch die Fürbitte jenseitiger Personen (nämlich Heiliger im engeren Sinn) geheilt werden, und bei jenseitigen Personen die Qualen im Purgatorium, die durch die Gebete irdischer Personen gemildert und abgekürzt werden (siehe dazu Katechismus der Katholischen Kirche, 276–277 [§§ 956, 958]). Wir sehen hier die schon bei Augustinus feststellbare
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tenübergreifende, mystische Gemeinschaft meiner Konzeption ist hingegen der Förderung des alltäglichen, irdisch-praktischen Lebens in der Nachfolge Jesu, das die Heilung aller Wesen im Blick hat, gewidmet. 56 Weitere Unterschiede sind, dass es bei meiner Konzeption nicht auf formale Merkmale wie die Taufe ankommt, sondern auf Gesinnung und Taten. 57 In der traditionellen Gemeinschaft der Heiligen sind auch nicht alle Mitglieder prinzipiell gleich, denn Jesus ist ihr »Haupt«. 58 Wie könnte aber das Erleben einer weltenübergreifenden Gemeinschaft in der Nachfolge Jesu konkret aussehen? Dazu zitiere ich ein sehr einfaches, zeitgenössisches Fallbeispiel, das keinen explizit christlichen Kontext aufweist. Die irdische Person im Beispiel widmet
Neigung, eine nur mittelbare Hilfe und Interaktion zwischen Lebenden und Verstorbenen zuzulassen, nämlich über den Weg der Fürbitte bei Gott. Nach den einschlägigen Erlebnisberichten erscheinen Heilige jedoch nicht selten den Notleidenden, kommunizieren mit ihnen und wirken direkt am Heilungsgeschehen mit (siehe z. B. W. Schamoni: Wunder sind Tatsachen, 27, 80, 130–132, 134, 138–139, 142, 154, 157, 166, 172–173, 199; C. B. Ruffin, Padre Pio: 380–382, 385, 388–389). 56 Einige Theologen sehen das Wesen des Christentums oder zumindest seine Zukunft in der Mystik. Nach Eugen Biser ist »das Christentum […] keine moralische, sondern eine mystische Religion« (E. Biser: Wird das Christentum noch Prägekraft entfalten?, 37). Karl Rahner neigte zu der Auffassung, »daß der Christ der Zukunft ein Mystiker sei oder daß er nicht mehr sei« (K. Rahner: Elemente der Spiritualität in der Kirche der Zukunft, 375). Albert Schweitzer schrieb: »Unsere Religion, insoweit sie sich als spezifisch christlich erweist, ist […] nicht so sehr Jesuskult als Jesusmystik« (A. Schweitzer: Geschichte der Leben-Jesu-Forschung, 629). Schweitzer brachte diese Jesusmystik auch mit der Nachfolge Jesu in Verbindung (siehe ebd. 630). Die von mir vorgeschlagene Mystik wird vermutlich manchen Theologen als minderwertige Mystik gelten, da christliche Mystik oft als eine Form von Gottesmystik verstanden wird, bei der Gott als ein Wesen neben anderen aufgefasst wird. Dadurch konkurriert die mystische Hinwendung zu anderen Wesen mit der Hinwendung zu Gott. Diese Konkurrenz würde im Rahmen eines Panentheismus, bei dem Gott kein Wesen neben anderen, sondern in allem ist, nicht auftreten. Dann würde der Satz von Martin Buber gelten: »Wer sich Gott zuwendet, braucht sich […] von keinem anderen Wesen abzuwenden« (M. Buber: Ich und Du, 159; siehe auch H. Schwenke: Transzendente Begegnungen, 240–242). 57 Die Idee einer Gemeinschaft der Heiligen, die auf Gesinnung und Taten gründet, klingt in einer Notiz des früheren UN-Generalsekretärs Dag Hammarskjöld an: »[M]ich durchschwebt die Vision von einem seelischen Kraftfeld, geschaffen in einem ständigen Jetzt von den vielen, in Wort und Taten ständig Betenden, im heiligen Willen Lebenden. – – – ›Die Gemeinschaft der Heiligen‹« (D. Hammarskjöld: Zeichen am Weg, 102). 58 Siehe Katechismus der Katholischen Kirche, 274 (§ 947).
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sich jedoch eindeutig dem Heilen in meinem Sinn, und die Erfahrung mit einer jenseitigen Person gibt ihr die Kraft dazu: Eine amerikanische OP-Schwester, deren Vater fünf Jahre zuvor gestorben war, erlebte im Vietnamkrieg kurz nach ihrer Ankunft im Kriegsgebiet einen Bombenangriff auf ihr Krankenhaus. Sie kroch voller Angst unter das Bett in ihrem Zimmer. Dort hatte sie ein Erlebnis: »Plötzlich war mein Vater bei mir! Ich spürte seine Gegenwart und Wärme – ich war umgeben von seiner Liebe und Fürsorge. Ich fühlte mich geborgen in der Gewißheit seiner Stärke und fühlte einen überwältigenden Frieden. […] Er blieb mehrere Minuten da, dann verließ er mich wieder. Dieses Erlebnis hat meinen Glauben gestärkt und mir die Angst vor dem Tod genommen. Während meiner Zeit in Vietnam begegnete ich vielen jungen Männern, die schwer verwundet waren oder im Sterben lagen. Der Krieg hörte nicht auf – es wurden immer mehr Verwundete eingeliefert. Ich blieb bei vielen Schwerverletzten, weil es für mich undenkbar war, daß sie allein in einem fremden Land sterben sollten. Das Erlebnis mit meinem Vater hat mir geholfen, all das durchzustehen.« 59
Erlebnisse mit jenseitigen Personen können sehr unterschiedlich intensiv und deutlich sein. Das Spektrum umfasst schwer zuzuordnende Empfindungen der Inspiration und Unterstützung, klare Präsenzerlebnisse wie im gerade zitierten Fallbeispiel, ausgedehnte Visionen in veränderten Bewusstseinszuständen einschließlich Träumen und hyperreale Begegnungen mit jenseitigen Personen im Rahmen von Jenseitsreisen bei außerkörperlichen Erfahrungen. 60 Nach meinem Eindruck ist die Fähigkeit zu dieser Form der Mystik grundsätzlich bei jedem Menschen vorhanden. Die Übung von Aufmerksamkeit und Konzentration könnte subtilere Empfindungen deutlicher ins Bewusstsein treten lassen. Erfahrungen einer weltenübergreifenden, mystischen Gemeinschaft finden sich auch in nichtreligiösen Kontexten, unter anderem im Zusammenhang mit Kreativität und Kunst. Als Beispiel führe ich die Beschreibung an, die die Pianistin Hélène Grimaud von ihrem Erleben während des Klavierspiels gibt. Es handelt sich dabei zwar um ein anderes Genre. Doch ihre Erfahrungen der transzendenten Begleitung und Inspiration kommen meiner Idee einer mystischen Gemeinschaft in der Nachfolge Jesu recht nahe. Grimaud fühlt sich
59 60
B. Guggenheim, J. Guggenheim: Trost aus dem Jenseits, 37. Siehe H. Schwenke: Transzendente Begegnungen, 58–70, 83–136.
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während des Spiels nicht »allein«, sondern »beschützt«. 61 Sie nimmt auch manchmal die Gegenwart der Komponisten wahr, deren Werke sie spielt. 62 In dieser Gegenwart erlebt sie eine himmlische Inspiration und Liebe, die sie mit ihrem Spiel auf die Erde zu transportieren sucht: [W]enn ich mich verdopple und mir, während ich spiele, selbst beim Spielen zusehe, dann kommt es vor, dass ich ein Licht herabkommen sehe, das den ganzen Flügel umgibt, und ich weiß, dass sie [d. h. die Komponisten] dieses Licht sind. Und in diesem Augenblick weiß ich, dass ich nur da bin, um diesen Gesang des Himmels zu empfangen und ihn, je mehr er in mich eindringt, sanfter Blitz der Liebe, durch das Mark des Baumes in die Tiefe der Erde, ins Herz der Erde, dieses pulsierenden Gestirns, zu leiten. 63
61
H. Grimaud: Variations Sauvages, 236. Siehe ebd. und B. Ullmann: Hélène Grimaud. 63 H. Grimaud: Variations Sauvages, 237 (Übers. H. Grimaud: Wolfssonate, 240, bearbeitet von H. S.). 62
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Die Suche nach dem historischen Jesus und seiner Lehre – Methodische Reflexionen Konsens in der Jesusforschung in weiter Ferne Der Frage nach dem historischen Jesus und seiner Lehre sind zahlreiche Theologengenerationen rund um den Globus nachgegangen. Man kann hier durchaus von einem überforschten Themengebiet sprechen. Trotzdem konnte bisher kein Konsens erreicht werden, im Gegenteil: Die verwirrende Vielfalt der verschiedenen Jesusbilder der Forschung scheint in den letzten fünfzig Jahren eher größer als kleiner geworden zu sein. 1 Sie kann nicht allein durch die Widersprüche und Textvarianten in der Jesusüberlieferung erklärt werden.
Dogmatische Vorurteile Ein wichtiges Hindernis auf dem Weg zu einem wissenschaftlichen Konsens besteht nach meinem Eindruck darin, dass es immer noch dogmatische Vorurteile zugunsten eines bestimmten Jesusbildes gibt. Dies hängt vor allem mit der Eigenschaft Jesu als Stifter der größten Weltreligion, des Christentums, zusammen. Er gilt traditionell vielen Gläubigen als Gott, 2 als Erlöser der Menschen 3 und als einziger Weg 1
Werner Kümmel beklagte 1983 »den Eindruck eines völligen Meinungswirrwarrs« in der Jesusforschung (W. G. Kümmel: Dreißig Jahre Jesusforschung, 535). John Dominic Crossan empfand 1991 die »verblüffende Vielfalt« in der Jesusforschung als »akademische Peinlichkeit« (J. D. Crossan: The Historical Jesus, xxviii). James Carleton Paget meinte 2001, das »Chaos der Meinungen« in der Jesusforschung werde »eine andauernde Realität darstellen« (J. C. Paget: Quests for the Historical Jesus, 152). 2 Siehe z. B. Katechismus der Katholischen Kirche, 74, 149 (§§ 151, 464). 3 Siehe dazu S. 173 Fn. 43.
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zu Gott, damit zum Heil und zum wahren Leben. 4 Die Erschütterung dieses Jesusbildes könnte auch die Gültigkeit der christlichen Botschaft in Zweifel ziehen. So argumentiert André Feuillet im theologischen Lexikon Sacramentum Mundi gegen Albert Schweitzers Auffassung, Jesus habe sich in seiner Erwartung der baldigen Ankunft des Reiches Gottes geirrt, die »Konsequenzen« dieser Ansicht seien »untragbar«. Schweitzers These müsse nämlich zu der Annahme führen, die Botschaft Jesu »beruhe auf einer Täuschung« und stelle damit die »bleibende Geltung des Evangeliums radikal in Frage«. 5 Viele Jesusforscher sind kirchliche Amtsträger und stehen zum Teil hinsichtlich ihrer Orthodoxie unter kirchlicher Aufsicht. 6 Das kann ein Festhalten am traditionellen Jesusbild begünstigen. 7 Es gibt aber auch rein wissenschaftlich motivierte Vorurteile. Zum Beispiel wurde und wird auf der Basis eines nicht weiter hinterfragten Wissenschaftsverständnisses, das sogenannte Wunder Jesu wie Heilungen oder Materialisationen im Widerspruch zum wissenschaftlichen 4
Siehe z. B. Katechismus der Katholischen Kirche, 148, 252, 456, 517, 657 (§§ 459, 846, 1698, 1996, 2609). 5 A. Feuillet: Eschatologismus, 1193–1196 (Zitate 1194–1195). Schon Papst Pius X. hatte 1907 die Meinung verurteilt, dass »Jesus in bezug auf die unmittelbar bevorstehende Ankunft des Messias einen Irrtum verkündet hat« (Dekret Lamentabili von Papst Pius X. vom 3. Juli 1907, § 33; Übers. H. Denzinger: Enchiridion symbolorum, 870 [D 3433]). Siehe aus neuerer Zeit die Feststellung von John Collins, es sei schwer, den Schluss zu vermeiden, dass der moderne theologische Widerstand gegen einen eschatologischen Jesus von der Tatsache herrühre, dass dieser für den modernen Geschmack zu fremd und unbequem sei (siehe J. J. Collins: Introduction, xvi). 6 In der römisch-katholischen Kirche wurden noch vor kurzem Lehrverbote für Gelehrte ausgesprochen, die von der offiziellen Lehrmeinung abwichen, u. a. für Hans Küng, Leonardo Boff, Matthew Fox, Uta Ranke-Heinemann, Eugen Drewermann und Roger Haight. 7 Siehe zur katholischen Jesusforschung z. B. H. Häring: Den Evangelien trauen. Papst Benedikt XVI. erklärte vor einigen Jahren, dass »die Treue zum Depositum fidei, wie es vom Lehramt der Kirche vorgelegt wird, die Voraussetzung für seriöse theologische Forschung und Lehre schlechthin darstellt« (Ansprache von Benedikt XVI. an die erste Gruppe deutscher Bischöfe anlässlich ihres »Ad-limina«-Besuches, 10. November 2006, zit. nach https://w2.vatican.va/content/benedict-xvi/de/speeches/2006/novem ber/documents/hf_ben-xvi_spe_20061110_ad-limina-germany.html, besucht 13. Juli 2017). Danach müssen also Rom unterstellte Forscher und Professoren das Jesusbild des römisch-katholischen Lehramts zum Ausgangspunkt nehmen, wie es sich beispielsweise im katholischen Katechismus findet. Zu dessen Autorität siehe die Apostolische Konstitution Fidei depositum vom 11. Oktober 1992: Der Katechismus »ist eine Darlegung […] der katholischen Lehre, wie sie […] vom Lehramt der Kirche bezeugt […] wird. Ich [Papst Johannes Paul II.] erkenne ihn als sichere Norm für die Lehre des Glaubens an« (Katechismus der Katholischen Kirche, 33).
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Die Suche nach dem historischen Jesus und seiner Lehre
Wissen sieht, nur ein Jesus ohne Wunder als historisch gelten gelassen. 8
Jesusbilder als Modelle Die dogmatische Voreingenommenheit für ein bestimmtes Jesusbild ist ein psychologisches oder soziologisches, aber kein wissenschaftstheoretisches Problem. Sie kann daher kaum durch wissenschaftstheoretische Überlegungen verringert werden. Man kann lediglich feststellen, dass ein derartiger Dogmatismus aus der Perspektive einer intersubjektiven Wissenschaftskonzeption unwissenschaftlich ist. 9 Ein wesentliches Merkmal der modernen Wissenschaft ist die universelle intersubjektive Nachvollziehbarkeit der Forschungsergebnisse. 10 Dogmatische Prämissen, die nicht von beliebigen Forschern geteilt werden können, verhindern diese intersubjektive Nachvollziehbarkeit. 11 Bestimmte Jesusbilder dürfen nicht als Prämissen genommen werden, sondern sollten als hypothetische Konstrukte verstanden werden, die ihre Rechtfertigung daraus beziehen, dass sie möglichst viele der einschlägigen Daten – hier insbesondere: möglicherweise authentische Textstellen – in einen möglichst kohärenten Zusammenhang bringen. Jesusbilder sind in dieser Hinsicht verschieden leistungsfähig, aber nie einfach wahr oder falsch. 12 Von soziologisch oder psychologisch bedingten dogmatischen Vorurteilen 8
Siehe maßgeblich R. Bultmann: Neues Testament und Mythologie, 17–18: »[E]rledigt ist die Erwartung des mit den Wolken des Himmels kommenden ›Menschensohnes‹ und des Entrafftwerdens der Gläubigen in die Luft, ihm entgegen (1. Thess 4,15 ff.). Erledigt ist durch die Kenntnis der Kräfte und Gesetze der Natur der Geisterund Dämonenglaube. […] Die Wunder des Neuen Testaments sind damit als Wunder erledigt. […] Man kann nicht elektrisches Licht und Radioapparat benutzen, in Krankheitsfällen moderne medizinische und klinische Mittel in Anspruch nehmen und gleichzeitig an die Geister- und Wunderwelt des Neuen Testaments glauben.« Warum der Glaube an Flüge auf den Wolken oder an Geister der Wissenschaft widerspricht, sagt Bultmann nicht. Siehe zur theologischen Leugnung der Historizität der Wunder Jesu auch B. Kollmann: Von der Rehabilitierung mythischen Denkens, 3–10; zum Verhältnis Wunder und Wissenschaft siehe S. 214–221. 9 Siehe dazu auch H. Schwenke: Epistemischer Partikularismus als Weg der Theologie?, 67. 10 Siehe ebd. 59–63. 11 Siehe ebd. 71–73. 12 Siehe dazu allgemein H. Schwenke: Transzendente Begegnungen, 268–269 und S. 213.
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müssen im Übrigen kognitive Intuitionen unterschieden werden. Sie sind bei komplexen Problemlagen vermutlich unentbehrlich, um zu einer erfolgversprechenden Arbeitshypothese zu kommen. 13 Erst das starre Festhalten an einer Arbeitshypothese gegen überwiegende Evidenz macht sie zu einem Dogma.
Willkürliche Bevorzugung oder Ausblendung von Quellenmaterial Vorurteile zugunsten eines bestimmten Jesusbildes führten anscheinend oft zu einer willkürlichen Bevorzugung oder Ausblendung von Quellenmaterial. Diese Praxis kritisierte bereits Wilhelm Wrede mit Blick auf die Jesusforschung: Denn jeder Forscher verfährt schliesslich so, dass er von den überlieferten Worten dasjenige beibehält, was sich seiner Konstruktion der Thatsachen und seiner Auffassung von geschichtlicher Möglichkeit einfügen lässt, das Übrige aber abstösst. Die Thatsache, dass die Worte den Sinn, in dem sie überliefert sind, mehr oder weniger einbüssen, bekümmert ihn dabei sehr wenig. 14
Das Ausblenden von Quellenmaterial kann entweder durch schlichtes Ignorieren erfolgen oder dadurch, dass man es für nicht authentisch erklärt. Ein Beispiel hierfür liefert Eberhard Jüngel. Im Matthäusevangelium schickt Jesus seine Jünger zur Bekehrung der Städte Israels aus. Er prophezeit ihnen: »Ihr werdet mit den Städten Israels nicht fertig sein, bis der Menschensohn kommt«. 15 Jüngel schreibt, diese Stelle sei »schon deshalb suspekt«, weil sie »der locus classicus für die ›Naherwartung‹ Jesu« sei: »Wer den Spruch für echt hält, muss mit Albert Schweitzer folgern, dass Jesus sich geirrt hat.« 16 Hier wird die Authentizität einer Überlieferung in Frage gestellt, weil sie nicht 13
Intuitive ›Bauchentscheidungen‹ sind logisch-rationalen Entscheidungen überlegen, wenn die Zahl der relevanten Möglichkeiten ein gewisses, gar nicht besonders hohes Maß übersteigt (siehe auch G. Gigerenzer: Bauchentscheidungen, 96–101). In den Wissenschaften ist Intuition heuristisch sehr wichtig, muss aber im Gegensatz zum Alltagsleben durch intersubjektiv nachvollziehbare Nachweise bestätigt werden. 14 W. Wrede: Das Messiasgeheimnis in den Evangelien, 86–87; siehe dazu auch A. Schweitzer: Geschichte der Leben-Jesu-Forschung, 384. 15 Mt 10,23. 16 E. Jüngel: Paulus und Jesus, 237–238. Schweitzer schreibt hingegen: »Alle Versuche, um das Eingeständnis herumzukommen, daß Jesus eine Vorstellung von dem Kommen des Reiches besaß, die unerfüllt blieb […], bedeuten Verfehlungen gegen die
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Die Suche nach dem historischen Jesus und seiner Lehre
mit dem Bild eines irrtumsfreien Jesus zusammenpasst. Verfechter eines uneschatologischen Jesus scheiden große Mengen von Überlieferungsmaterial als nicht authentisch aus. 17 Dale Allison bemerkt, dass dies eine riskante Vorgehensweise sei. Wenn die Amputation über ein gewisses Maß hinausgehe, würde der Patient – in diesem Fall die Glaubwürdigkeit der Quellen – daran zugrunde gehen. 18
Selective Scrutiny und Confirmation Bias Bei der Ausscheidung von Überlieferungen wegen angeblicher Nichtauthentizität könnte das Phänomen der Selective Scrutiny (selektive Überprüfung) eine Rolle spielen. 19 Selective Scrutiny bedeutet in der Jesusforschung, dass eine Überlieferung, die nicht zum eigenen Jesuskonzept passt, kritischer geprüft wird als andere. Da die Authentizität nahezu aller Überlieferungen zu Jesus mehr oder weniger fraglich ist, ist es leicht möglich, die Authentizität einer bestimmten Textstelle durch eine erhöhte Prüfintensität in Frage zu stellen. Deshalb ist es sinnvoll, die Frage der Authentizität mit großer Vorsicht zu handhaben, dazu gleich mehr. 20 Die schlichte Ausblendung von Daten, die der eigenen Theorie widersprechen und die Bevorzugung von Beweismaterial, das sie bestätigt, ist unter dem Begriff Confirmation Bias (Bestätigungsfehler) beschrieben worden. 21 Beide Strategien, Confirmation Bias und Selective Scrutiny, zielen darauf ab, die eigene Theorie in einem günstigeren Licht erscheinen zu lassen, als es nach der Datenlage gerechtfertigt wäre.
Wahrhaftigkeit« (A. Schweitzer: Reich Gottes und Christentum, 433; siehe auch ebd. 340–341, 386–387, 429–433). 17 Siehe z. B. die Analyse der Methode von John Dominic Crossan in D. C. Allison: Jesus of Nazareth, 10–33. 18 Siehe ebd. 34–35. 19 Siehe J. S. B. T. Evans et al.: Reasoning, Decision Making, and Rationality, 441 und die dort zitierte Literatur. 20 Siehe S. 207–214. 21 Siehe J. S. B. T. Evans et al.: Reasoning, Decision Making, and Rationality, 442. Siehe zur Rolle des Confirmation Bias in der Jesusforschung D. C. Allison: Constructing Jesus, 87–88 Fn. 246.
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Unterbestimmtheit der Theorien über Jesus Nach meinem Eindruck unterschätzen manche Jesusforscher zudem das Ausmaß der Unterbestimmtheit ihrer Theorien durch die herangezogenen Daten, das heißt in der Regel: Textstellen, und dementsprechend auch die Möglichkeit, andere, ähnlich plausible Theorien auf der Basis derselben Daten zu formulieren. 22 Dazu ein Beispiel, das für meine Thematik relevant ist: Jesus antwortet auf die Frage der Sadduzäer, mit wem eine Frau, die sieben Männer hatte, in der kommenden Welt verheiratet sei, in der kommenden Welt werde überhaupt nicht geheiratet, sondern die Auferstandenen seien wie die Engel im Himmel. 23 Daraus schließt Margaret Barker, Jesus habe keine physische Auferstehung gelehrt. 24 Barkers Schluss vom Unverheiratetsein im auferstandenen Zustand auf ein nichtphysisches Fortleben ist aber nicht zwingend. Jesu Aussage passt ohne weiteres zur Annahme einer physischen Auferstehung. Man muss nicht nichtphysisch existieren, um ehelos zu leben. In der religiösen Ideengeschichte wurde eine nachtodliche Ehelosigkeit nicht an eine nichtphysische nachtodliche Existenz gekoppelt. Im Christentum wird
22
Siehe J. Ladyman: Understanding Philosophy of Science, 162: »All underdetermination arguments exploit the fact that often more than one theory, explanation or law is compatible with the evidence. Data underdetermine the correct theory when the data are insufficient to determine which of several theories is true«. Allison ist sich dieser Problematik in der Jesusforschung bewusst (siehe D. C. Allison: The Historical Christ and the Theological Jesus, 56). 23 Siehe Mk 12,25: »Denn wenn sie [die Menschen] von den Toten auferstehen, so heiraten sie nicht noch werden sie verheiratet, sondern sie sind wie die Engel, die im Himmel sind«; Mt 22,30: »Denn in der Auferstehung heiraten sie nicht, noch werden sie verheiratet, sondern sie sind wie die Engel Gottes im Himmel«; Lk 20,35–36: »[D]iejenigen aber, die für würdig befunden werden, jene Welt zu erlangen und die Auferstehung von den Toten, werden weder heiraten noch verheiratet werden; denn sie können auch nicht mehr sterben, denn sie sind wie Engel; und sie sind als Söhne der Auferstehung Söhne Gottes« (Übers. H. S.). 24 Siehe M. Barker: The Risen Lord, 10: »It is also clear from his [d. h. Jesus] answer to the Sadducees that he did not envisage a physical resurrection. They had asked about the marital status of a women [sic] who had had seven husbands and Jesus replied that in heaven there would be no marriage«. Wir sehen hier, dass Barker Jesu Antwort außerdem dahingehend paraphrasiert, dass es im Himmel keine Heirat gebe, was implizieren würde, dass die Auferstandenen im Himmel sind. In den Texten der Evangelien bezieht sich »im Himmel« aber auf Engel, nicht auf die Auferstandenen (siehe W. D. Davies, D. C. Allison: A Critical and Exegetical Commentary on the Gospel According to Saint Matthew III, 227).
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überwiegend eine physische Auferstehung gelehrt, 25 gleichzeitig aber auch ein postmortales Eheleben abgelehnt. 26 Die Unterbestimmtheit der Theorien durch ihre Daten ist ein allgemein-wissenschaftliches Problem, das nach meinem Eindruck in der geisteswissenschaftlichen Forschung wenig Beachtung findet. Man kann es dadurch verringern, dass man möglichst viele Daten möglichst unterschiedlicher Provenienz einbezieht.
Dunkelheit und Widersprüchlichkeit der Überlieferung Die Jesusüberlieferung enthält viele schwer zu deutende und miteinander kaum vereinbare Texte. 27 Das ist jedoch kein unüberwindliches Hindernis für einen Konsens. Schwer verständliche und widersprüchliche Quellen und Daten gibt es nämlich in allen Wissenschaften. Sie zwingen dazu, Theorien mit ›Puffer‹ auszustatten, das heißt, sie so allgemein und vorsichtig zu formulieren, dass sie nicht entscheidend von der Deutung einiger weniger Daten – hier vor allem: Bibelstellen – abhängen. Eine Theorie sollte zwar selbst kohärent sein, deshalb kann sie Widersprüche im Datenmaterial nicht abbilden. Aber sie sollte darauf abzielen, eine möglichst große Anzahl von Daten in einen sinnvollen, kohärenten Zusammenhang zu bringen.
Das Scheitern der Kriterien der Authentizität Das größte rein wissenschaftliche Problem der Jesusforschung scheint aber die bereits angeklungene Frage der Authentizität der Jesusüberlieferung zu sein. Die exegetische Forschung hat verschiedene Kriterien der Authentizität vorgeschlagen. Sie haben sich jedoch anscheinend nicht bewährt. 28 Gerd Theißen und Annette Merz beklagen das Fehlen »zuverlässige[r] Kriterien zur Scheidung von echter und 25
Siehe S. 118–119. Siehe z. B. B. Lang, C. McDannell: Der Himmel, 292; zu Ausnahmen u. a. bei Emanuel Swedenborg, Wilhelm Schneider, Charles Kingsley und den Mormonen siehe ebd. 292–300, 346–352, 360, 422–423. 27 Siehe dazu z. B. H. Merkel: Die Widersprüche zwischen den Evangelien. 28 Siehe dazu D. C. Allison: How to Marginalize the Traditional Criteria of Authenticity, und die Beiträge in C. Keith, A. Le Donne (eds.): Jesus, Criteria, and the Demise of Authenticity. 26
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unechter Jesusüberlieferung«. 29 Allison ist noch kritischer: »Unsere Kriterien [der Authentizität] haben uns nicht in das gelobte Land des Gelehrtenkonsenses geführt. Falls sie dazu entwickelt wurden, Subjektivität zu überwinden und Ordnung in unser Fachgebiet zu bringen, dann haben sie versagt: Die heillos verwirrende Parade der verschiedenen Jesusse geht weiter«. 30 Im Folgenden werde ich kurz die wichtigsten Authentizitätskriterien besprechen.
Kriterium der doppelten Unähnlichkeit Das Kriterium der doppelten Unähnlichkeit, das heißt der Unähnlichkeit der überlieferten Aussagen Jesu sowohl mit den Lehren des zeitgenössischen Judentums wie auch mit den Lehren des Urchristentums, wird oft Ernst Käsemann zugeschrieben. 31 Er behauptete, man habe in der Jesusforschung nur dann »[e]inigermaßen sicheren Boden […] unter den Füßen, wenn nämlich Tradition aus irgendwelchen Gründen weder aus dem Judentum abgeleitet noch der Urchristenheit zugeschrieben werden kann«. 32 Nach verbreiteter Kritik schneidet das Kriterium der doppelten Unähnlichkeit Jesus aber zu Unrecht von seinen jüdischen Vorgängern und christlichen Nachfolgern ab. 33 Es führe tendenziell dazu, dass authentisches Material für unauthentisch erklärt werde. 34 Die sachgerechte Anwendung dieses Kriteriums scheitere ohnehin an unserem unzulänglichen Wissen über Judentum und Christentum im ersten Jahrhundert. 35
29
G. Theißen, A. Merz: Der historische Jesus, 116. Siehe D. C. Allison: How to Marginalize the Traditional Criteria of Authenticity, 9. 31 Nach G. Theissen, D. Winter: Die Kriterienfrage in der Jesusforschung, 116 wurde das Kriterium der doppelten Unähnlichkeit von Rudolf Bultmann erstmals klar formuliert; D. S. du Toit: Der unähnliche Jesus, 106–107 sieht es schon 1910 bei Heinrich Weinel. 32 E. Käsemann: Das Problem des historischen Jesus, 205. 33 Siehe D. C. Allison: How to Marginalize the Traditional Criteria of Authenticity, 4–5; ausführlich D. S. du Toit: Der unähnliche Jesus 92–118; siehe auch M. Ebner, B. Heininger: Exegese, 303. 34 D. C. Allison: How to Marginalize the Traditional Criteria of Authenticity, 5. 35 Siehe ebd. und D. C. Allison: It Don’t Come Easy, 188–189; siehe schon früher M. D. Hooker: Christology and Methodology, 482. 30
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Kohärenzkriterium Das Kohärenzkriterium, das anscheinend seit dem neunzehnten Jahrhundert eingesetzt wird, 36 prüft die Vereinbarkeit einer Überlieferung mit einer anderen, die schon aus einem anderen Grund als authentisch angesehen wird. 37 Es wird insbesondere als Unterkriterium zum Kriterium der doppelten Unähnlichkeit verwendet. 38 Nach Allison leidet die Anwendung des Kohärenzkriteriums unter anderem daran, dass die Feststellung von Spannungen oder Widersprüchen zwischen Textstellen entscheidend vom Betrachter abhänge. Jesus sei zudem vielleicht gar nicht auf Kohärenz in unserem Sinn aus gewesen, da er kein systematischer Theologe gewesen sei. 39
Kriterium der vielfachen Bezeugung Das Kriterium der vielfachen Bezeugung in unabhängigen Quellen kämpft nach Mark Goodacre mit dem Problem, dass die Unabhängigkeit wesentlicher Quellen in Bezug auf Jesus sehr schwer nachzuweisen ist. 40 Außerdem steht dieses Kriterium in Spannung zu anderen Kriterien. Goodacre führt die Taufe Jesu durch Johannes als Beispiel für den Konflikt mit dem Kriterium der Peinlichkeit an. Sie sei peinlich für die Urkirche, weil sie sowohl Sünden Jesu als auch eine Überordnung des Johannes über Jesus nahelege. Andererseits sei die Taufe Jesu durch Johannes vielfach bezeugt. Also könne sie nicht als allgemein peinlich empfunden worden sein. 41 Allison argumentiert ähnlich im Hinblick auf das Kriterium der doppelten Unähnlichkeit. Wenn die Menschensohnworte Jesu in vielen Quellen bezeugt seien, dann könne man nach dem Kriterium der doppelten Unähnlichkeit darauf schließen, dass hier eine frühchristliche Ideologie und nicht etwa authentische Jesusworte vorlägen. 42 36
Siehe A. Le Donne: The Criterion of Coherence, 97–98. Siehe ebd. 99. 38 So maßgeblich N. Perrin: Was lehrte Jesus wirklich?, 37; siehe auch G. Theißen: Historische Skepsis und Jesusforschung, 331. 39 Siehe D. C. Allison: How to Marginalize the Traditional Criteria of Authenticity, 3– 4; ähnlich A. Le Donne: The Criterion of Coherence, 110–113. 40 Siehe M. Goodacre: Criticizing the Criterion of Multiple Attestation, 154–165. 41 Siehe ebd. 166. 42 Siehe D. C. Allison: How to Marginalize the Traditional Criteria of Authenticity, 7. 37
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Kriterium der Peinlichkeit Das Kriterium der Peinlichkeit zeichnet Überlieferungen aus, die der frühen Kirche peinlich waren oder Probleme bereiteten und deshalb nicht ihre Erfindung sein konnten. Als Beispiele gelten die gerade erwähnte Taufe Jesu durch Johannes oder die Behauptung, dass Jesus, obwohl er der Sohn Gottes ist, nicht weiß, wann das endzeitliche Gericht kommt. 43 Das Kriterium der Peinlichkeit wurde bereits um die vorletzte Jahrhundertwende formuliert. 44 Nach Allison ist es nur auf einen kleinen Ausschnitt des überlieferten Materials anwendbar. 45 Außerdem sei die Peinlichkeit offenbar nicht so groß und allgemein anerkannt gewesen, dass die betreffenden Stellen aus den Quellen ausgemerzt worden seien. 46 Rafael Rodríguez zeigt, dass das Urteil über die Peinlichkeit einer Überlieferung vom Kontext abhängt, in den man diese Überlieferung stellt. 47 Ähnlichkeit mit dem Kriterium der Peinlichkeit weist das Kriterium der Tendenzwidrigkeit auf. 48 Es zeichnet Textmaterial aus, »das allgemeinen Tendenzen in urchristlichen Quellen widerspricht«. 49
Semitismuskriterium Die wichtigsten Quellen zu Jesus, insbesondere das Neue Testament, sind in Griechisch geschrieben. Das Semitismuskriterium unterstellt, Jesus habe nicht griechisch, sondern stets in einer semitischen Sprache gesprochen. Deshalb sei ein semitischer Einfluss auf den griechischen Text der Jesusüberlieferung ein Zeichen für Authentizität. 50 Loren Stuckenbruck kritisiert, dass die linguistischen Verhältnisse im damaligen Galiläa und Judäa viel zu komplex waren, um solche Schlüsse zuzulassen. 51 43
Siehe J. P. Meier: A Marginal Jew, 168–169. Siehe S. E. Porter: Criteria for Authenticity, 106–107 Fn. 9 mit Verweis auf Paul Schmiedel. 45 Siehe D. C. Allison: How to Marginalize the Traditional Criteria of Authenticity, 5. 46 Siehe ebd. 5–6. 47 Siehe R. Rodríguez: The Embarrassing Truth about Jesus, 141–146. 48 Siehe G. Theißen: Historische Skepsis und Jesusforschung, 339–340. 49 Ebd. 339. 50 Siehe L. T. Stuckenbruck: »Semitic Influence on Greek«. 51 Siehe ebd. 93–94. Siehe auch S. E. Porter: The Role of Greek Language Criteria in Historical Jesus Research, zu möglicherweise ursprünglich griechischen Worten Jesu. 44
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Kriterium der historischen Plausibilität Theißen und Winter schließlich schlagen das Kriterium der historischen Plausibilität vor. 52 Dabei handelt es sich um eine Kombination meist bekannter Elemente: Widerspruch einer Überlieferung zu Tendenzen in der Lehre der frühen Kirche (Tendenzwidrigkeit), 53 Bezeugung derselben formalen und inhaltlichen Elemente in verschiedenen unabhängigen Quellen sowie Überlieferung gleichbleibender Motive in verschiedenen Textgattungen (Quellenkohärenz), 54 Entsprechung zum zeitgenössischen jüdischen Kontext (Kontextentsprechung) 55 und individuelle Merkmale Jesu innerhalb dieses Kontexts (kontextuelle Individualität). 56 Allison hält auch das Kriterium der historischen Plausibilität für ungeeignet, über die Authentizität einzelner Worte oder Taten Jesu zu entscheiden, einerseits wegen unseres Unwissens über die frühe Kirche, andererseits, weil es zu wenig spezifisch sei. 57
Allisons Generalkritik an den Kriterien der Authentizität Allison kommt bei seiner Kritik der Authentizitätskriterien zu dem Schluss, dass es sehr wenig Quellenmaterial zu Jesus gebe, das man eindeutig als authentisch oder nicht authentisch klassifizieren könne. Das allermeiste sei »möglicherweise authentisch«. 58 Im Hinblick auf die Funktionsweise des menschlichen Langzeitgedächtnisses, das weniger genaue Einzelheiten als allgemeine Eindrücke aufbewahre, hält es Allison überdies für sehr unwahrscheinlich, dass konkrete Aussagen und Taten Jesu über einen längeren Zeitraum exakt erinnert und überliefert wurden, bevor man sie schriftlich fixierte. 59 Selbst
52 53 54 55 56 57
G. Theissen, D. Winter: Die Kriterienfrage in der Jesusforschung, 175–232. Siehe ebd. 177–180. Siehe ebd. 180–183. Siehe ebd. 183–188. Siehe ebd. 188–191. Siehe D. C. Allison: How to Marginalize the Traditional Criteria of Authenticity, 7–
8. 58
D. C. Allison: The Historical Christ and the Theological Jesus, 56; D. C. Allison: How to Marginalize the Traditional Criteria of Authenticity, 12, 30. 59 Siehe unter Einbezug der aktuellen Gedächtnisforschung D. C. Allison: Constructing Jesus, 1–10; siehe ferner zur Instabilität mündlicher Überlieferung die Hinweise in D. S. du Toit: Der unähnliche Jesus, 121 mit den Literaturangaben in Fn. 145.
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wenn die Evangelien Erinnerungen enthalten sollten, seien diese unausweichlich oft trübe, verworren oder falsch. 60
Datenfundamentalismus in der Jesusforschung Aus wissenschaftstheoretischer Sicht scheint mir die Suche nach definitiv authentischen Überlieferungen zu Jesus ein Fall von Datenfundamentalismus zu sein. Dieser ist auch für die erfolgreichen empirischen Wissenschaften keine erfolgversprechende Strategie. Sie besitzen nämlich kein absolut sicheres Datenfundament, auf dem man Theorien aufbauen könnte. 61 Erfolgreiche empirische Theorien sind keine logischen Folgerungen aus Daten. Sie sind, soweit ich sehe, vielmehr Konstrukte, die dazu dienen, die Komplexität der Daten zu reduzieren und auf einen möglichst einfachen und gleichzeitig möglichst datennahen Nenner zu bringen. 62
Allgemeine Aussagen zu Jesus möglich Oben habe ich bereits den alternativen Vorschlag von Allison dargestellt. 63 Er verzichtet auf den Versuch des Nachweises der Authentizität einzelner Aussagen und sucht stattdessen in der großen Menge der ›möglicherweise authentischen‹ Überlieferungen 64 nach immer wiederkehrenden Themen oder Motiven, 65 um allgemeine Aussagen 60
Siehe D. C. Allison: Constructing Jesus, 8–9. Siehe K. R. Popper: Logik der Forschung, 75–76: »So ist die empirische Basis der objektiven Wissenschaft nichts ›Absolutes‹ ; die Wissenschaft baut nicht auf Felsengrund. Es ist eher ein Sumpfland, über dem sich die kühne Konstruktion ihrer Theorien erhebt; sie ist ein Pfeilerbau, dessen Pfeiler sich von oben her in den Sumpf senken – aber nicht bis zu einem natürlichen, ›gegebenen‹ Grund.« 62 Siehe H. Schwenke: Transzendente Begegnungen, 268–269; H. A. Simon: Does Scientific Discovery have a Logic?, 475; G. Chaitin: Grenzen der Berechenbarkeit, 92; G. Chaitin: Die Grenzen der Gewissheit, 56. 63 Siehe S. 70–71. 64 Siehe S. 211. 65 Allison spricht von wiederkehrender Bezeugung (recurrent attestation) im Gegensatz zur vielfachen Bezeugung (multiple attestation): Vielfache Bezeugung liege vor, wenn ein bestimmtes Wort oder Ereignis in zwei oder mehr unabhängigen Quellen bezeugt werde; von wiederkehrender Bestätigung spreche er hingegen, wenn ein Thema oder Motiv in der ganzen Überlieferung wieder und wieder auftaucht (siehe D. C. 61
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über Jesus zu gewinnen. 66 Da das menschliche Langzeitgedächtnis durchaus getreu allgemeine Eindrücke aufbewahre, dürfe man erwarten, dass ein Thema oder Motiv, das weite Teile der Jesusüberlieferung durchdringt, Wissen über Jesus enthält. 67 Die Suche nach allgemeinen Aussagen, nach Strukturen und wiederkehrenden Elementen in einem Meer ›weicher‹ Daten ist völlig im Einklang mit der wissenschaftlichen Methode in den erfolgreichen empirischen Wissenschaften, auf die sich Allison auch selbst zur Rechtfertigung seiner Methodologie beruft. 68 Sie führt ihn dazu, aus den in den Quellen immer wiederkehrenden Themen und Motiven des Redens und Handelns Jesu eine »hypothetische Erzählung« zu formen, die »mehr Daten in einer befriedigenderen Weise aufhellen kann als ihre Konkurrenten«. 69 Dieses Theorieverständnis ist im Prinzip dasselbe, wie ich es eben als charakteristisch für die empirischen Wissenschaften geschildert habe. Aus diesen methodischen Überlegungen heraus habe ich mich, wenn möglich, auf Indizien und Motive gestützt, die in den einschlägigen Quellen weitverbreitet sind, wie etwa der Sprachgebrauch Jesu in den überlieferten Jesusworten.
Relative Bewertung der Authentizität Wenngleich die Wirklichkeitsnähe der Jesusüberlieferungen nicht befriedigend geklärt werden kann, erscheint mir eine relative Bewertung ihrer Authentizität gerechtfertigt. Es ist in meinen Augen rational, das Markusevangelium, das etwa vierzig Jahre nach Jesu Tod fertiggestellt wurde, als Quelle dem Philippusevangelium aus dem zweiten bis vierten Jahrhundert vorzuziehen, auch wenn ein definitives Urteil darüber, wie viel historische Wahrheit beide enthalten, unmöglich ist. Es scheint mir vernünftig, eine primitivere Fassung einer Erzählung – zum Beispiel die des Seewandels Jesu – für authentischer zu halten als eine ausgefeiltere Version und sie deshalb zu bevorAllison: Constructing Jesus, 19–20; D. C. Allison: How to Marginalize the Traditional Criteria of Authenticity, 25). 66 Siehe D. C. Allison: Constructing Jesus, 10–30; siehe auch D. C. Allison: How to Marginalize the Traditional Criteria of Authenticity, 21–30. 67 Siehe D. C. Allison: Constructing Jesus, 10–20. 68 Siehe D. C. Allison: How to Marginalize the Traditional Criteria of Authenticity, 23; D. C. Allison: Constructing Jesus, 19. 69 D. C. Allison: How to Marginalize the Traditional Criteria of Authenticity, 30.
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zugen, 70 obwohl man nicht nachweisen kann, dass den betreffenden Erzählungen überhaupt ein reales Geschehen zugrunde liegt. Drittens darf man auch davon ausgehen, dass Jesus eher Ideen anhing, die in seiner Umgebung verbreitet waren (wie etwa das Konzept einer körperlichen Auferstehung), als solchen, die dort unseres Wissens nicht vorkamen (wie zum Beispiel die Vorstellung des Aufstiegs der Seele durch die Planetensphären ins Licht). 71 Schließlich halte ich die Verwendung des Kriteriums der Peinlichkeit im Einzelfall für vertretbar, um zwischen verschiedenen Versionen eines Geschehens zu wählen. Wenn zum Beispiel Jesu lauter Schrei am Kreuz »Mein Gott, warum hast Du mich im Stich gelassen«, der der christlichen Vorstellung vom Kreuzestod Jesu als eines mit Gott verabredeten Erlösungswerkes eindeutig widerspricht, in einer vermutlich späteren Quelle zur gelassenen Aussage »Es ist vollbracht« wird, dann bevorzuge ich die frühere und peinlichere Variante, obwohl die Frage ihrer Wirklichkeitsnähe nicht definitiv entschieden werden kann. 72
Wunder und Wissenschaft Sogenannte Wunder werden oft als unhistorische Fiktion abgetan, weil sie dem gesicherten wissenschaftlichen Wissen widersprächen und deshalb unmöglich seien. 73 Die Frage der objektiven Realität von Wundern ist allerdings für unsere Betrachtung unerheblich. Für den Einfluss sogenannter Wunder auf das Denken von Personen kommt es nur darauf an, dass die Experiencer glauben, außergewöhnliche Phänomene zu erleben. Trotzdem möchte ich auf das Verhältnis von Wundern und Wissenschaft eingehen, damit man Jesus und seiner Umgebung nicht vorschnell ungewöhnlich zahlreiche und inten70
Siehe Joh 6,15–21 und Mk 6,45–54 im Vergleich mit Mt 14,22–34. Siehe ThomEv 50 und S. 93 mit Fn. 156. 72 Siehe S. 173–177. 73 Den angeblichen Widerspruch zwischen den Wunderberichten des Neuen Testaments und der Wissenschaft hat man oft dadurch beseitigen wollen, dass man die Berichte bildlich aufgefasst hat. Wie Ruben Zimmermann schreibt, lassen die Texte jedoch »keinen Zweifel daran, dass sie als historische Erzählungen dargeboten werden, auch wenn der Erzählinhalt die gewohnte Realität durchbricht«. Sie »wollen faktuale Erzählungen sein, […] die sich durch Wirklichkeitsreferenz auszeichnen und deutlich von fiktionalen, d. h. erdichteten Texten wie z. B. Gleichnissen unterschieden werden können« (R. Zimmermann: Von der Wut des Wunderverstehens, 35). 71
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sive Halluzinationen oder extreme Einfältigkeit wegen ihres Wunderglaubens unterstellt. 74
Widerspruch einer Erfahrung zur Wissenschaft nicht nachweisbar Die Ansicht, die Wunder Jesu ständen im Widerspruch zur modernen Wissenschaft, ist weit verbreitet. 75 Jedoch ist sie bei näherer Betrachtung nicht stichhaltig begründbar. 76 Ein Widerspruch zu einer bestimmten wissenschaftlichen Aussage ließe sich zwar leicht entdecken, aber nicht ein Widerspruch zur Wissenschaft als Ganzer. Das hängt damit zusammen, dass man nicht nachweisen kann, ob die Wissenschaft als Ganze selbst widerspruchsfrei ist. Bereits die Konsistenzprüfung eines Systems von deutlich weniger als zweihundert Aussagen scheint den denkbar besten Computer zu überfordern. 77 Die Wissenschaft enthält aber mit Sicherheit Millionen von allgemeinen Aussagen. Das heißt, man kann zumindest derzeit gar nicht feststellen, ob die Wissenschaft als Ganze selbst widerspruchsfrei ist, selbst wenn sie es wäre. 78 Diese Feststellung wäre aber die Grundlage für die Behauptung, dass eine bestimmte Aussage der Wissenschaft widerspreche. Denn wenn das System der wissenschaftlichen Aussagen nicht widerspruchsfrei ist, wäre es mit jeder beliebigen Aussage vereinbar. 79
Kausale Abgeschlossenheit der physikalischen Welt wissenschaftlich nicht nachweisbar Die meisten der berichteten Wunder Jesu – Heilungen, Brotvermehrungen, die Verwandlung von Wasser in Wein, das abrupte Verdor74
Zur Diskussion der Ansicht, dass Menschen, die an Wunder glauben, kognitive Defizite aufweisen, siehe T. R. Lawrence: Apparitions and Kindred Phenomena, 251– 253. 75 So z. B. Rudolf Bultmann (siehe S. 203 Fn. 6). 76 Dieser Absatz ist mit geringfügigen Veränderungen entnommen aus H. Schwenke: Transzendente Begegnungen, 178–179. 77 Siehe C. Cherniak: Minimal Rationality, 93–94, 143; dazu U. Charpa: Grundprobleme der Wissenschaftstheorie, 63. 78 Siehe zur Inkonsistenz fundamentaler Sätze der Physik T. Rothman: Die Physik – ein baufälliger Turm von Babel. 79 Der einschlägige logische Grundsatz lautet: ex contradictione sequitur quodlibet.
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renlassen eines Feigenbaums oder die Stillung des Seesturms – können als ein Einfluss von etwas Nichtphysikalischem, nämlich von Jesu Vorstellungen und Absichten, auf die physikalische Welt angesehen werden. Unter Physikalischem verstehe ich hier etwas, das mit intersubjektiven Methoden gemessen oder beobachtet werden kann. Das ist bei Bewusstseinszuständen und -inhalten, wozu auch Vorstellungen und Absichten einer Person gehören, nicht möglich. 80 Gegen den Einfluss von etwas Nichtphysikalischem auf Physikalisches wird oft das Prinzip der kausalen Abgeschlossenheit der physikalischen Welt ins Feld geführt. 81 Nach diesem Prinzip gibt es keine nichtphysikalischen Ursachen physikalischer Ereignisse. 82 Die Abgeschlossenheit der Gesamtheit des Physikalischen ist jedoch wissenschaftlich nicht beweisbar. Man müsste dazu die ganze physikalische Welt auf den Prüfstand stellen. Das ist schon aus dem einfachen Grund unmöglich, weil Wissenschaftler und Messapparate Teile der physikalischen Welt sind und während einer Untersuchung stets zahlreiche neue Ereignisse erzeugen, die in der Untersuchung selbst nicht vorkommen. 83 Eine kausale Abgeschlossenheit der physikalischen Welt
80
Siehe dazu ausführlicher H. Schwenke: Transzendente Begegnungen, 172–176. Siehe dazu differenziert T. Müller: Ist die Welt kausal geschlossen?. Ich begnüge mich im Folgenden mit zwei wissenschaftstheoretischen Argumenten in enger Anlehnung an H. Schwenke: Transzendente Begegnungen, 177–178. 82 Siehe B. Falkenburg: Mythos Determinismus, 29. Wenn man keine ursachelosen Spontanereignisse zulässt, führt das Prinzip der Abgeschlossenheit der physikalischen Welt zum physikalischen Kausaldeterminismus (siehe ebd.), nach dem »jeder Zustand des Kosmos […] eine durch strikte Naturgesetze bestimmte Folge des vorhergehenden« ist (ebd. 23). Ein derartiger Kausaldeterminismus ist jedoch experimentell nicht nachweisbar. Theoretische Ergänzungen der experimentellen Ergebnisse hält der Physiker Günter Ludwig für Ideologie: »Determinierte Ergänzungstheorien enthalten reine Märchen, weil sie nicht realisierbare Präparierverfahren enthalten, nicht realisierbar, so wie ein perpetuum mobile zweiter Art nicht realisierbar ist. […] Die Erfindung deterministischer Märchentheorien kann eigentlich nur einen ideologischen Hintergrund haben. Man hat die Vorstellung, daß die Welt irgendwie durch sich selbst ablaufen müßte. Eine Begründung für eine solche Vorstellung kann die Physik nicht liefern.« (G. Ludwig: Ist der Determinismus eine Grundvoraussetzung für Physik?, 64). Siehe auch D. Hartmann: Philosophische Grundlagen der Psychologie, 322–328. 83 Die These der Abgeschlossenheit der physikalischen Welt wird oft mit dem Energieerhaltungssatz begründet. Weil der Energieerhaltungssatz nur für abgeschlossene Systeme gilt (siehe T. Dorfmüller et al.: Mechanik, Relativität, Wärme, 144), kann er die Abgeschlossenheit der physikalischen Welt jedoch nicht begründen. Siehe auch kritisch T. Müller: Ist die Welt kausal geschlossen?, 98–100, wo der Zusammenhang 81
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Wunder und Wissenschaft
würde außerdem wissenschaftliches Handeln unmöglich machen. 84 Für die planmäßige Durchführung von wissenschaftlichen Untersuchungen und für den wissenschaftlichen Diskurs müssen wir eine Bestimmung der physikalischen Aktionen des Wissenschaftlers durch Vorstellungen und Absichten, also durch nichtphysikalische Faktoren annehmen. Der Wissenschaftler, der eine kausal abgeschlossene physikalische Welt annimmt, ist sich seiner eigenen wissenschaftlichen Handlungen nicht bewusst. 85
Kein außergewöhnlicher Einfluss von Nichtphysikalischem auf Physikalisches möglich? Nehmen wir an, ein Kritiker von Wundern würde einen Einfluss von Vorstellungen und Absichten auf das intersubjektiv beobachtbare Verhalten von Menschen zugeben. Nehmen wir zudem an, er würde außerdem akzeptieren, dass nicht nur winzige, sondern auch makroskopische, ja sogar globale Veränderungen auf Vorstellungen und Absichten von Menschen zurückgehen und somit nicht mit den Methoden einer intersubjektiven Wissenschaft erklärt werden können. Er könnte dann aber immer noch argumentieren, dass diese nichtphysikalischen Einflüsse ihren Weg stets über den je eigenen Körper nehmen und diesen in Aktion versetzten, und nicht direkt auf etwas außerhalb des eigenen Körpers einwirken, wie dies etwa bei den Nahrungs- und Naturwundern Jesu der Fall gewesen sein soll. Das Problem bei dieser Position ist, dass Vorstellungen und Absichten in keinem Fall mit intersubjektiven Methoden nachweisbar sind. Deshalb kann mit solchen Methoden noch nicht einmal ihr Einfluss auf den eigenen Körper festgestellt werden. Folglich kann unter Berufung auf Wissenschaft gar nichts dafür oder dagegen vorgebracht von Verursachung und Energie anhand von Beispielen aus der Quantenphysik bestritten wird. 84 Siehe dazu auch G. Ludwig: Ist der Determinismus eine Grundvoraussetzung für Physik?, 60. 85 Diese Selbstvergessenheit des Wissenschaftlers illustriert der Psychologe Wolfgang Prinz: »Die Idee eines freien menschlichen Willens ist mit wissenschaftlichen Überlegungen prinzipiell nicht zu vereinbaren. Wissenschaft geht davon aus, daß alles, was geschieht, seine [physikalischen] Ursachen hat und daß man diese Ursachen finden kann. Für mich ist unverständlich, daß jemand, der empirische Wissenschaft betreibt, glauben kann, daß freies, also nichtdeterminiertes Handeln denkbar ist« (W. Prinz: Der Mensch ist nicht frei, 22).
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werden, dass Vorstellungen und Absichten direkt auf etwas Physikalisches außerhalb des eigenen Körpers einwirken können.
Wunderberichte als nichtprüfbare Anekdoten Ein Kritiker von Wundern könnte nun die Strategie wechseln und Wunder nicht dem wissenschaftlichen Wissen entgegensetzen und ihre Möglichkeit nicht abstreiten, sondern vielmehr vorbringen, für die Existenz dieser Vorkommnisse gebe es keinen einzigen wissenschaftlichen Beweis. Berichte darüber seien nichtwissenschaftliche Anekdoten, die ein epistemisch verantwortungsbewusster Mensch nicht glauben dürfe, weil man nichts akzeptieren solle, was nicht wissenschaftlich bewiesen ist. An anderer Stelle habe ich ausführlicher dargelegt, dass ein Wissenschaftler viele Tatsachen akzeptieren muss, die nicht wissenschaftlich bewiesen sind. 86 Er könnte sonst weder im Alltag überleben, noch könnte er sich bei seinem Forschungshandeln orientieren, noch besäße er das nötige Grundwissen, um intersubjektive Wissenschaft betreiben zu können. Darüber hinaus ist es im wissenschaftlichen Diskurs essenziell, dass die Teilnehmer einander ihre jeweiligen Selbstzuschreibungen von Meinungen und Fragen ohne wissenschaftliche Prüfung glauben, weil sonst der Diskurs blockiert würde. Ohne die Anerkennung von nichtwissenschaftlichem Wissen wäre Wissenschaft unmöglich. Es kommt hinzu, dass empirische Wissenschaft auch inhaltlich auf wissenschaftlich kaum prüfbaren Fakten aufbaut. 87 Das liegt daran, dass sich empirisch-wissenschaftliche Untersuchungsergebnisse auf Tatsachen in Raum und Zeit beziehen, deren Vorhandensein von anderen in der Regel nicht effektiv mit intersubjektiven Methoden geprüft werden kann. Kosmische oder erdgeschichtliche Ereignisse wie das Auftreten einer Supernova oder einer Eiszeit hinterlassen oft massive, intersubjektiv zugängliche Spuren, die ausreichen, um diese Geschehnisse Millionen und Milliarden Jahre später wissenschaftlich untersuchen zu können. Von dieser Art sind aber die Ereignisse, die man wissenschaftliche Untersuchungen nennt, nicht. Selbst wenn alle an einer Untersuchung 86
Siehe H. Schwenke: Wissenschaftliche Methode und die Grenzen der Naturwissenschaften; H. Schwenke: Transzendente Begegnungen, 180–184. 87 Siehe ausführlicher ebd. 187–188; H. Schwenke: Außersinnliche Wahrnehmung als Erleben, 120–121.
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Wunder und Wissenschaft
beteiligten Forscher auf Schritt und Tritt von Kameras gefilmt würden, erschiene es utopisch, im Nachhinein wissenschaftlich feststellen zu wollen, ob die Untersuchung in allen Aspekten tatsächlich so durchgeführt wurde und abgelaufen ist, wie es die Forscher später in ihrer Publikation berichten. Protokolle können unsauber geführt oder gefälscht werden, Bildmaterial bearbeitet, Daten geschönt und erfunden werden. Zwischen Untersuchung und Publikation liegen oft Monate bis Jahre. Es ist praktisch unmöglich, nach einer so langen Zeit jedes relevante Detail zuverlässig mit intersubjektiven Methoden zu rekonstruieren. 88 Man kann daher, wenn man will, jeden missliebigen Bericht über eine Laboruntersuchung oder eine Feldbeobachtung anzweifeln. Die Einstufung von Wunderberichten als wissenschaftlich nicht bewiesene Anekdoten müsste konsequenterweise auf Berichte über Ablauf und Ergebnis wissenschaftlicher Untersuchungen ausgedehnt werden. Und dabei sind, um ein Beispiel zu nennen, die zahlreichen ekstatischen Levitationen und Flüge des Josef von Copertino, 89 die Tausende von Menschen erlebt haben, darunter auch gekrönte Häupter, 90 wahrscheinlich besser bezeugt als Ablauf und Ergebnis einer durchschnittlichen wissenschaftlichen Untersuchung unserer Tage. Es wäre Selective Scrutiny, nur Wunderberichte anzuzweifeln und nicht auch Berichte über wissenschaftliche Untersuchungen. 91
Existieren Wunder nicht, weil sie nicht nach einer intersubjektiven Methode reproduzierbar sind? Szientistisch orientierte Kritiker von Wundern könnten schließlich gegen deren Existenz einwenden, dass sie nicht mit einer intersubjek-
88
Nicht die Berichte über eine einzelne wissenschaftliche Untersuchung, sondern erst allgemeinere Aussagen, die durch eine Vielzahl von solchen Berichten gestützt werden, können intersubjektives wissenschaftliches Wissen darstellen; siehe H. Schwenke: Transzendente Begegnungen, 190–191; H. Schwenke: Wissenschaftliche Methode und die Grenzen der Naturwissenschaften. 89 Franziskanischer Mönch, geboren 1603 als Guiseppe Maria Gesa in Copertino in Apulien, gestorben 1663 in Osimo (Ancona). 90 Siehe W. Schamoni: Wunder sind Tatsachen, 328–332; H. Thurston: Die körperlichen Begleiterscheinungen der Mystik, 32–36. 91 Siehe zu Selective Scrutiny S. 205.
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tiven Methode reproduzierbar sind. 92 Reproduzierbarkeit ist jedoch kein geeignetes Kriterium für die Existenz eines einzelnen Ereignisses, sondern nur für die Zuverlässigkeit der Produktion einer bestimmten Art von Phänomenen mit einer bestimmten Methode. Der (sinnlose) Versuch, ein bestimmtes Ereignis (hier: ein Wunder) zu reproduzieren, besteht aus Handlungen an einer anderen Raumzeitstelle als das originale Ereignis. Daher handeln Aussagen über den Reproduzierbarkeitsversuch von anderen Sachverhalten und können Aussagen über die Existenz des originalen Ereignisses nicht widersprechen. Reproduzierbarkeit betrifft vielmehr ein Verhältnis zwischen zwei oder mehr gegebenen, methodisch erzielten Ergebnissen. Wenn man mit dem Urteil der Nichtreproduzierbarkeit die Gültigkeit eines dieser Ergebnisse anzweifeln wollte, würde man dem Urteil der Nichtreproduzierbarkeit die Basis entziehen. Nur mit den niemals beweisbaren Zusatzannahmen, dass die Durchführung einer bestimmten Methodik immer gleiche Ergebnisse zeitigen muss und dass die absolute Gleichartigkeit der eingesetzten Methoden nachgewiesen werden kann, könnte aus dem Befund der Nichtreproduzierbarkeit mit Sicherheit geschlossen werden, dass eines der betrachteten Ereignisse nicht wie angegeben erzielt wurde, wobei aber immer noch unklar bliebe, welches. Mangelnde Reproduzierbarkeit kann verschiedene Gründe haben. Zum Beispiel können die Angaben über Methode und Ergebnis falsch sein oder nicht ausreichend genau. Nichtreproduzierbarkeit kann aber auch dadurch bedingt sein, dass sich ein Objekt trotz aller methodischer Normierungsanstrengungen indeterministisch verhält. Beispielsweise ist das Sprudeln eines Springbrunnens nicht reproduzierbar, selbst wenn man den Wasserstrahl noch so genau normiert. 93 Im Bereich des Lebens ist es die Regel, dass man die Phänomene noch nicht einmal nach einer bestimmten Methode produzieren kann. Wie will man zum Beispiel ein Gespräch mit dem Nachbarn, einen Hundespaziergang im Grünen oder ein Fußballspiel mit einer intersubjektiven Methode herstellen? Wenn man aber ein Phänomen nicht produzieren kann, dann kann man es auch nicht reproduzieren. Rein mentale Wunder wie Telepathie oder Hellsehen entziehen sich von vorneherein dem Zugriff einer intersubjektiven Wissenschaft, weil sie nicht mit intersubjektiven Methoden erfasst 92
Dieser Absatz folgt sehr eng H. Schwenke: Außersinnliche Wahrnehmung als Erleben, 118–119, 121–122; H. Schwenke: Transzendente Begegnungen, 188–190. 93 Siehe G. Ludwig: Ist der Determinismus eine Grundvoraussetzung für Physik?, 62.
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Wunder und Wissenschaft
werden können. Man kann mit intersubjektiven Methoden keine Empfindungen, Wahrnehmungen oder Gedanken messen, daher auch keine ›Übertragung‹ von Gedanken oder ungewöhnliche Wahrnehmungsformen. 94
94
Siehe dazu H. Schwenke: Transzendente Begegnungen, 172–175; H. Schwenke: Außersinnliche Wahrnehmung als Erleben, 113–117.
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Abkürzungen und Übersetzungen
Biblische Bücher werden nach den Loccumer Richtlinien abgekürzt. Für außerkanonische antike jüdische und christliche Schriften werden die Abkürzungen der vierten Auflage von Religion in Geschichte und Gegenwart verwendet. Übersetzungen aus dem Tanach bzw. dem Alten Testament und dem Neuen Testament erfolgen, soweit nicht anders angegeben, nach der Bibelausgabe Schlachter 2000 der Genfer Bibelgesellschaft, wobei ich den Ausdruck ὁ υἱὸς τοῦ ἀνθρώπου stets stillschweigend mit ›Menschensohn‹ statt mit ›Sohn des Menschen‹ übersetzt habe; ebenso ἐκ νεκρῶν ἀνίστημι mit ›von den Toten auferstehen‹ statt ›aus den Toten auferstehen‹. Übersetzungen aus der Septuaginta (LXX) folgen der Ausgabe Septuaginta Deutsch von Wolfgang Kraus und Martin Karrer. Griechische Zitate aus dem Neuen Testament sind der 28. Auflage des Nestle-Aland Novum Testamentum Graece entnommen, griechische Zitate aus der Septuaginta (LXX) der Ausgabe Septuaginta, editio altera, von Alfred Rahlfs und Robert Hanhart, lateinische Zitate aus der Vulgata der Biblia Sacra iuxta Vulgatam versionem, editio quinta. Sonstige Übersetzungen fremdsprachiger Texte stammen, sofern nicht anders angegeben, vom Autor.
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Register antiker und mittelalterlicher Schriften
Mesopotamische Schriften Gilgamesch-Epos XII,87–89 31 Zoroastrische Schriften Gathas (= Yasna 28–34, 43–51, 53) 29,10 38 30,9 38 30,10 38 31,6 38 31,21 38 33,8 38 34,1 38 34,11 38 34,13–14 38 34,14 38 34,15 38 43,16 38 44,17–18 38 45,5 38 45,10 38 47,1 38 48,8 38 48,11 38 49,5 38 49,8 38 50,11 38 51,1 38 51,7 38 Zamyād Yašt (= Yašt 19) 19,11 39 19,19 39 19,23 39 19,89 39
19,92 39 19,94 39 19,96 39, 46 Ayādgār ī Jāmāspīg (Pāz.) 6 43, 44 Ayādgār ī Jāmāspīg (Pers.) 6 41, 42 Bundahišn 34,4 41 34,5 41 34,7 40 34,8 44 34,23 42 34,24 43, 46 34,32 42 Pahlawī Riwāyat 48,53 42 48,55 41 48,59 46 48,60 46 48,67 40 48,99 45 48,101 43 48,103 45 48,105 46 48,106 46
250 https://doi.org/10.5771/9783495813775 .
Register antiker und mittelalterlicher Schriften 48,107 45
34,7–19 41 35,50 44 35,51 43, 44 35,54 44 35,56 44 35,59 44 35,60 44, 46
Wizīdagīhā ī Zādspram 21,11 44 34,1 43 34,3 41 34,4 42 34,5 42
Griechische und römische Autoren Aristoteles
Herodot
De caelo I,9 (278b14–15) 137 II,1 (283b26–284a14) 135
Historiae III,62,4 40 Hesiod
Cicero
Opera et dies 167–172 31
De natura deorum II,43 135 II,56 135
Homer Odyssee IV,563–568 31 XI,6–22 31 XI,206–208 34
De re publica VI,11(11) 136 VI,14(14) 139 VI,16(16) 135, 136 VI,17(17) 135 VI,19(20) 136 VI,21(23) 135 VI,23(25) 135 VI,24(26) 138
Plato
Tusculanae Disputationes I,42 139 I,43 139 I,51 139 I,65 139 Diogenes Laertius De clarorum philosophorum vitis Proemium 9 40 Flavius Josephus Antiquitates Iudaicae IV,219 178
Phaidon 70a5 34 77d8 34 80d10 34 80b8–81e2 138 112d4–114c6 138 Phaidros 245a5–249d2 134 Politeia X,13–16 138 Plutarch De Iside et Osiride 47 43,46
251 https://doi.org/10.5771/9783495813775 .
Register antiker und mittelalterlicher Schriften Altes Testament einschließlich deuterokanonischer Schriften Genesis 2,4–3,24 32 2,24 86 8,22 100 Exodus 12,25 LXX 94 Leviticus 19,23 94 23,15–21 109 25,8–24 184 Numeri 15,2 94 20,24 94 33,54 95 Deuteronomium 1,8 94–95 4,1 94 4,21 94 6,18 94–95 16,20 94–95 27,3 94 30,4–5 LXX 84 34,5–7 161 Josua 1,6 95 Richter 18,9 94 1 Könige 10,1–13 85 17,22 121 2 Könige 2,9–12 161, 175 4,34 121 13,21 121
20,38 94 32,7–8 99 36,24 51 36,28 51 37,1–12 49 43,7 136–137 43,9 136–137 Jesaja 2,11 78 2,17 78 2,20 78 11,6–8 145 13,10 99 24–27 51–53 24,23 52, 137 25,8 52–53 25,8 LXX 53 26,19 51–52 26,19 LXX 52 27,12–13 52 27,13 52 34,4 99, 148 35,10 84 40,3–4 137 43,5–6 84 51,6 100 51,11 84 52,8 137 57,13 82 60,5–6 141 60,10 141 60,11 141 60,17 141 60,19–20 104 61,5 141 61,7 141 65,9 82 65,17 100 65,17–25 53, 100 65,20 53 65,25 145 66,22 53
Ezechiel 13,9 94
252 https://doi.org/10.5771/9783495813775 .
Register antiker und mittelalterlicher Schriften Jeremia 36,4–32 64 38,7–13 64 52,28–30 50 Psalmen 11,7 104 17,15 104 22 177, 179 37,9 95 37,11 82, 95 37,22 82, 95 37,29 95 37,34 82, 95 102,26–28 100 107,2–3 84 132,13–14 137 Daniel 2,34–35 54 2,44 54 7,13–14 169 7,14 54 7,18 54 7,25 169 7,27 54 8,13–14 54 8,14 54 9,27 54 10,5–6 161 11,31 54 12,2 TH 54 12,2–3 53–54 12,3 55, 87, 103 12,11 54 12,11–13 54 12,12 54 Hosea 2,18 78 Joel 2,10 99, 148 3,4 99, 148
3,5 101 4,2 142 4,15 99 4,16–17 137 4,21 137 Amos 8,3 78 8,9 78 Micha 4,7 137 Sacharja 1,17 137 2,14 136 8,3 136 8,7–8 84 9,9 171 14,4–5 66 Maleachi 3,23–24 175 Tobit 4,12 95 2 Makkabäer 7,9 LXX 60 7,11 LXX 59 7,14 LXX 60 7,22 LXX 60 7,23 LXX 60 7,28 LXX 60 7,36 LXX 60 14,46 LXX 59–60 Weisheit Salomos 3,1–3 LXX 67 Jesus Sirach 48,9 175 48,10–11 175 49,14 175
253 https://doi.org/10.5771/9783495813775 .
Register antiker und mittelalterlicher Schriften Weitere frühjüdische und rabbinische Schriften Antiquitates Biblicae (Biblische Altertümer) 3,10 64 Assumptio Mosis 2,1 94 10,9–10 64 Babylonischer Talmud Sanhedrin 91a–b 66 2 Baruch (syrische Baruchapokalypse) 4,3–4 63 30,2–5 89 30,4–5 63 44,12 63 44,15 63 46,7 175 50,2 79, 125 50,2–3 63 51,1 64 51,1–3 125 51,3 64 51,5 63, 125 51,6 63 51,8–11 63–64 51,9–10 125 76,2 175 4 Esra 6,26 175 7,31 61 7,32 61–62 7,36 62 7,78 62 7,78–99 89 7,88 62 7,97 62 7,100 62 7,113 61 7,125 62 14,9 175
1 Henoch (äthiopisches Henochbuch) 1–36 56 10,17 57 22 89 22,1 56 22,1–4 56 22,3–4 56 22,5–7 56 22,8–13 56 24,1 56 24,3 56 24,4 56 25,3 56 25,4 57 25,4–5 56 25,6 56–57 37–71 56 38,2 59 38,4 58–59 45,3 87 45,5 58 48,6 168, 186 48,10 184 50,1 59 51,1 57 51,3 87 51,5 58 52,4 184 55,4 87 58,3 58–59 58,6 59 61,5 169 61,8 87 62,2–3 87 62,5 87 62,6–7 168, 186 62,14 58, 185 62,15–16 58 62,16 59 69,27 87 69,29 87 70–71 175, 186 90,20–38 56 92,3–5 56
254 https://doi.org/10.5771/9783495813775 .
Register antiker und mittelalterlicher Schriften Jubiläenbuch 23,30–31 67
Testament Benjamins 10,6–10 61
Paralipomena Jeremiae (4 Baruch) 6,3–7 65
Testament Judas 25,1 61 25,4 61
Psalmen Salomos 3,12 LXX 60
Testament Levis 12,5 94
Sibyllinische Weissagungen IV,179–192 65 Syrische Danielapokalypse 30–40 152 Testament Abrahams 20 67
Testament Simeons 6,7 61 Testament Sebulons 10,1–2 61 Mischna Sanhedrin 10,1 66 Neues Testament
Matthäus 1,24 73 2,9 76 2,13–14 73 2,20–21 73 3,1–12 87 3,2 79, 181 3,16−17 166 4,1–11 71 4,11 166, 173 4,13 173 4,17 79, 181 4,20 173 4,23–25 163, 165 5,3 79, 95, 103 5,4 103 5,5 82, 95 5,8 104 5,10 79, 95 5,18 99 5,19–20 79 5,20 94–95 5,22 96 5,29 96 5,29–30 96 6,10 81
7,14 102 7,21 79, 94–95 7,22 77 8,1–17 163 8,3 164 8,5–10 165 8,11 77, 79, 83, 85 8,13 165 8,15 73, 164 8,16 165 8,23–27 163, 190 8,25 73, 75 8,26 73, 165 8,27 165 8,28 165 9,1–8 163 9,5–6 72 9,6 164 9,7 73, 75 9,9 75 9,9–13 190 9,11–12 190 9,18 164 9,19 73 9,20–22 164 9,25 73, 164
255 https://doi.org/10.5771/9783495813775 .
Register antiker und mittelalterlicher Schriften 9,27–34 163 9,29 164 10,1 195 10,7 79 10,8 72, 162, 195 10,15 81 10,23 80, 182, 204 10,28 87, 96 10,32–33 166 11,2–6 162–163 11,5 72, 162 11,11–12 79 11,14 175 11,19 190 11,22 81 11,24 81 11,27 166 11,28 190 12,9–13 163 12,11 73 12,13 164 12,15 165 12,28 97 12,36 165 12,41 75 12,41–42 74, 85 12,42 72 13,11 79 13,24 79 13,31 79 13,33 79 13,39 189 13,41 169 13,41–42 81, 95, 168–169 13,41–43 78 13,42 96 13,43 80, 87, 103 13,44–45 79 13,47 79 13,49–50 189 13,50 96 13,52 79 14,2 73 14,15–21 163 14,19 165, 190 14,22–34 214 14,23 166
14,26 88 14,27 88 14,34–36 165 15,28 165 15,29–31 163 15,32–39 163 15,36 165, 190 16,9–10 163 16,13 168 16,14 175 16,19 79 16,20 169 16,21 72, 169–170 16,21–22 170–171 16,27 81, 168–169 16,27–28 78, 80, 183 16,28 80, 92 17,1–9 103, 166 17,7 72 17,9 72 17,12 169–170 17,12–13 175 17,22 170 17,23 72, 169 18,1 79 18,3 95 18,3–4 79 18,8 102 18,8–9 95–96, 102, 182 18,9 95–96 18,20 191 18,23 79 19,5 86 19,12 79 19,14 79 19,16–17 102 19,17 95 19,23 79, 95 19,24 79 19,27–28 83 19,28 87, 100, 147, 169 19,28–29 168 19,29 95, 102 20,1 79 20,18 169 20,18–19 169 20,19 72
256 https://doi.org/10.5771/9783495813775 .
Register antiker und mittelalterlicher Schriften 20,21 169 20,22–23 170 20,23 169 20,29–30 163 20,34 164 21,1–11 171 21,9 76 21,12–16 171 21,19 165, 190 21,31 79, 190 21,33–46 171 21,43 79 22,2 79 22,23–33 85 22,24 74 22,30 206 23,1–36 171 23,13 79, 94 23,15 96 23,33 96 23,34–35 183 23,37 172 24,3–29 166 24,5 169 24,7 73 24,11 73 24,24 73 24,24–27 168 24,29 99, 148 24,29–31 78 24,30 80, 168 24,30–31 169 24,31 168–169 24,34 78, 183 24,35 99 24,36 77 24,36–51 182 24,37–41 78 24,37–44 169 24,40–41 189 24,44 80 25,1 79 25,1–13 182 25,7 72–73 25,31 80, 87, 168–169 25,31–34 81 25,31–46 78, 169
25,34 95 25,41 81, 102 25,46 81, 96, 102 26,2 169 26,21 169 26,21–24 172 26,29 77, 80, 144 26,32 72 26,36–46 172 26,39 170, 174 26,42 170, 174 26,44 174 26,45 169 26,46 72 26,47–56 172 26,51–54 172 26,53 166, 168, 189 26,56 170, 178 26,57–68 172 26,61 84, 171 26,62 75 26,64 80–81, 168–169, 182, 184 27,11–14 172 27,26 175 27,27–30 172 27,32 176 27,37 83 27,40 171 27,44 90 27,46 173, 175, 179 27,46–50 174 27,50 173, 175, 177 27,51–53 113 27,52 73 27,55–56 177 27,57–28,8 113 27,63 72 27,63–64 73 27,64 113 27,65–66 113 28,1 108 28,1–6 112 28,6 112–113 28,6–7 73 28,9 107, 112 28,9–10 107 28,16–20 107
257 https://doi.org/10.5771/9783495813775 .
Register antiker und mittelalterlicher Schriften 28,17 108 28,20 191 Markus 1,3–8 87 1,10−11 166 1,13 166 1,14–15 79 1,15 163, 181 1,25 165 1,29–34 163 1,31 164 1,32–34 165 1,35 75, 166 1,39–44 163 1,41 164 2,1–12 163 2,9 72 2,11 72, 164 2,12 73, 75 2,14 75 2,15–17 190 2,16–17 190 3,1–6 163 3,3 72 3,5 164 3,7–10 165 3,7–12 163 3,26 74 4,27 72 4,35–41 163, 190 4,38 73, 75 4,39 165 4,41 165 5,8 165 5,22 120 5,23 164 5,24–34 164 5,41 72, 120, 164 5,42 74 5,43 120 6,5 164 6,13 195 6,14 73 6,16 73 6,30–44 163 6,41 165, 190
6,45 76 6,45–54 214 6,46 166 6,49 88 6,50 88 6,53–56 165 6,54–56 163 6,56 165 7,23 164 7,25–30 165 7,31–37 163 7,33 164 7,42 75 8,1–9 163 8,6 165, 190 8,18–20 163 8,22–26 163 8,23 164 8,25 164 8,28 175 8,29–30 169 8,31 74, 169–170 8,31–33 171 8,31–38 168 8,38 80, 168–169 9,1 79, 92, 183 9,2–9 103, 166 9,9 74 9,11–13 175 9,12 169–170 9,25 165 9,27 75, 164 9,31 74, 169–170 9,43 95–96, 102 9,43–48 79, 182 9,45 95–96, 102 9,47 79, 94–96 9,48 102 10,1 75 10,7–8 86 10,14 95 10,14–15 79 10,15 94 10,16 164 10,23–25 79, 94 10,30 102 10,32 76, 169
258 https://doi.org/10.5771/9783495813775 .
Register antiker und mittelalterlicher Schriften 10,33 169 10,33–34 169 10,34 74 10,37 169 10,38–40 170 10,40 169 10,46–52 163 10,49 73 10,52 164–165 11,1–11 171 11,9 76 11,14 165, 190 11,15–17 171 12,1–12 171 12,18–27 85 12,23 75 12,25 74, 85, 206 12,26 72, 86 12,34 79 12,35–40 171 13,3–25 166 13,8 73 13,22 73 13,24 99 13,26 80, 168 13,26–27 78, 169 13,27 83, 168–169 13,30 183 13,31 99 13,35–37 182 14,17–21 172 14,21 169 14,25 77, 79, 144 14,28 72, 76 14,32–42 172 14,36 170, 174 14,39 174 14,41 169 14,42 72 14,43–50 172 14,50 170, 178 14,53–65 172 14,57 75 14,58 84, 171 14,60 75 14,61–62 169 14,62 80, 168
15,1–5 172 15,15 175 15,15–20 172 15,21 176 15,26 83 15,29 171 15,32 90 15,34 173, 175, 179 15,37 173–175, 177 15,40–41 177 15,42–16,8 113 15,43 79 16,1 108 16,6 73, 113 16,9 75, 107 16,9–20 108 16,12 107–108 16,14 107 16,14–19 107 Lukas 1,39 75 2,9 161 3,2–18 87 3,21−22 166 4,1–13 71 4,16 75 4,16–30 184 4,29 75 4,33–41 163 4,35 165 4,38 75 4,39 75 4,40 164 4,41 169 4,43 79 5,12–14 163 5,13 164 5,16 166 5,17–26 163 5,23–24 72 5,24 164 5,25 75 5,27–32 190 5,28 75 5,30–31 190 6,6–11 163
259 https://doi.org/10.5771/9783495813775 .
Register antiker und mittelalterlicher Schriften 6,8 74 6,10 164 6,12 166 6,17–19 163, 165 6,19 165 6,20 77, 95 6,20–21 103 6,21 78 6,23 77, 103 6,25 78 7,1–10 165 7,1–15 163 7,12 120 7,14 72, 164 7,14–15 120 7,15 121 7,18–23 163 7,22 72, 162 7,27 175 7,28 79 7,36–50 190 8,10 79 8,22–25 163, 190 8,24 75, 165 8,40–56 163 8,43–48 164 8,54 72, 164 8,55 74 9,1–2 195 9,2 79 9,6 195 9,7 73 9,8 75 9,11 79, 163 9,11–17 163 9,16 165, 190 9,19 75, 175 9,20–21 169 9,22 72, 169–170 9,26 80, 168 9,27 79, 92, 183 9,28 166 9,28–36 103, 166 9,31 161, 169 9,32 161 9,44 169–170 9,51 169
9,60 79 9,62 79 10,9 79, 195 10,11 79 10,12 77, 81 10,14 81 10,18 166 10,22 166 10,25 75, 95 10,25–28 102 11,7–8 74 11,8 72 11,20 97, 163 11,31 72 11,31–32 74, 85 11,32 75 11,50–51 183 12,5 96 12,8 169 12,8–10 168 12,31 80 12,35–48 182 12,40 80 12,49 80, 168 12,50 170 13,10–17 163 13,13 164 13,25 72 13,28 85 13,28–29 79 13,29 83 13,33 169, 172 14,1–4 163 14,13–14 190 14,14 85 14,15 77, 79 14,21 190 15,18 74 15,20 74 16,17 99 16,19–31 89 16,31 74, 89 17,11–19 163 17,14 165 17,19 74 17,20 79 17,20–21 163
260 https://doi.org/10.5771/9783495813775 .
Register antiker und mittelalterlicher Schriften 17,21 96 17,22–25 168 17,22–37 97 17,24 169 17,25 169–170 17,26–36 169 17,30 168 17,31 77 17,34–36 189 18,7–8 183 18,8 80 18,16–17 79 18,18 95 18,24–25 79, 95 18,30 102 18,31 169 18,32–33 169 18,33 74 18,35–43 163 18,39 76 18,42 164 19,1–10 190 19,11 79, 169, 182 19,17 141 19,19 141 19,28–40 171 19,45–46 171 20,27–40 85 20,35–36 206 20,36 102 20,37 72, 86 21,9 183 21,10 73 21,10–26 166 21,25 99 21,27 80, 168 21,31 79 21,33 99 21,34 77 21,36 169, 182 22,16 79 22,18 77, 79 22,21–22 172 22,28 178 22,28–30 83 22,29 80, 166 22,30 77, 80, 100, 169
22,39–46 172 22,42 170, 174 22,43 166 22,45 75 22,46 74 27,47–53 172, 178 22,49–51 163 22,51 164, 172 22,63–71 172 22,67–70 169 22,69 80, 184 23,1 75 23,3 172 23,6–11 172 23,26 176 23,34 178 23,38 83 23,43 89–90, 178 23,46 177 23,49 90, 178 23,50–24,12 113 23,51 79 24,3–7 113 24,6 73 24,10 108 24,12 75 24,15–29 107 24,15–31 107 24,21 169–170 24,31 107, 112 24,33 75 24,34 73 24,36 112 24,36–52 107 24,37 88 24,39 88, 112, 115 24,39–40 107 24,41–43 107 24,46 74 Johannes 1,18 160, 166 1,21 175 1,29−34 166 2,1–10 163, 190 2,6–10 165 2,19 72
261 https://doi.org/10.5771/9783495813775 .
Register antiker und mittelalterlicher Schriften 2,19–22 98 2,22 73 3,3 98 3,5 92, 98 3,13 160 3,16 91 3,18 91 3,18–19 91 3,36 91 4,34 174 4,46–53 163, 165 5,1–9 163 5,8 72, 164 5,19 166 5,21 72, 91 5,24 91, 98 5,25 91 5,27 98 5,28 92 5,28–29 86, 91 5,29 91–92 6,1–13 163 6,11 165, 190 6,14–15 165 6,15–21 214 6,26 163 6,39 91 6,39–40 74, 86, 98 6,40 86, 91 6,44 74, 86, 91, 98 6,46 160, 166 6,47 91 6,54 74, 86, 91, 98 6,56 91, 191 6,64 172 7,31 165 7,33 98 7,34 98 8,52 92 9,1–12 163 9,6 164 10,17 174 10,24–25 169 11,11 90 11,14–44 162–163 11,23 74 11,23–25 91
11,24 75 11,24–26 86, 98 11,25 91–92 11,27 91 11,29 73 11,31 74 11,33 90 11,38 90 11,39 120 11,43 164 11,43–44 121 12,1 73, 92 12,9 73, 92 12,12–19 171 12,17 73, 92 12,23 168 12,27 174 12,34 168 12,48 98 13,2 172 13,4 73 13,11 172 13,21 172 13,26–27 172 13,33 98 13,36 98 14,2–3 98 14,3 98 14,12 98 14,18 98 14,28 98 14,31 72 15,4–5 191 16,5 98 16,10 98 16,28 98 17,3 169 18,1–9 172 18,9 178 18,10–11 172 18,11 170, 174 18,19–23 172 18,36 80, 98 18,36–37 172 19,1 175 19,1–3 172 19,8–11 172
262 https://doi.org/10.5771/9783495813775 .
Register antiker und mittelalterlicher Schriften 19,19 83 19,25–27 178 19,26–27 178 19,30 177 19,38–20,15 113 20,1 108 20,1–9 92 20,2 113 20,5–7 113 20,8–9 113 20,9 75 20,11–22 107 20,13 113 20,14–16 108 20,15 113 20,17 107 20,19 107, 112, 114 20,19–23 107 20,26 107, 112, 114 20,26–29 107 20,27–28 107 21,4–7 108 21,4–22 107 21,14 73 21,15 107 21,20–23 98 21,25 162
9,8 73 9,12 164 9,34 164 9,40 74, 121, 164 9,41 75 10,26 73 10,40 73 10,41 107 11,16 71 12,7 73 13,30 73 13,31 107 13,37 73 14,10 164 17,18 86 17,32 86 20,10 121 20,35 71 22,3–16 17, 192 22,6–11 107 22,11 161 23,6 86 24,15 86 24,21 86 26,8 73 26,9–20 17, 192 26,12–18 107
Apostelgeschichte 1,1–11 107 1,4–9 107 1,6 170 1,7–8 71 2,1–4 109 2,20 99, 148 3,6 73 3,7 73 3,8 164 3,15 73 4,2 86 4,10 73 4,31 110 5,30 73 7,55–56 168 9,1–21 17, 192 9,3–7 17 9,3–8 107
Römerbrief 4,17 86 6,4–5 86 6,8 86 8,11 86, 119, 128 13,11 73 1. Korintherbrief 7,10 71 9,14 71 11,24–25 71 15 72 15,3–7 129 15,3–8 107 15,5–7 107 15,12–57 86 15,35–36 128 15,35–37 131 15,38 130
263 https://doi.org/10.5771/9783495813775 .
Register antiker und mittelalterlicher Schriften 15,40–41 161 15,42 128, 131 15,44 73, 128, 131 15,50 130 15,51–52 129 15,52–53 131
Hebräerbrief 6,2 86
2. Korintherbrief 3,7 161 5,6 129 5,8 129 12,2–4 129
2. Petrusbrief 3,8 144 3,10 182 3,10–13 149
1. Petrusbrief 2,23 172 2,24 175
Epheserbrief 5,14 73 Philipperbrief 1,17 73 2,8 174 3,11 86 3,20–21 130 Kolosserbrief 1,18 191 3,1 130 1. Thessalonicherbrief 4,13–14 86 4,15ff. 203 4,16–17 130 5,2 182
Offenbarung 6,12 99 6,12–13 99, 148 6,13 99 11,1 73 13,1–4 143 18,1 161 19,11 144 19,14–15 144 19,19–20,6 144 20,4–6 86 20,12–13 86 21,1 148 21,1–22,5 152 21,2–3 104 21,18–20 140 22,3–5 104 22,6–7 148 22,10 148 22,20 148
Außerkanonische frühchristliche Schriften 1. Clemensbrief 26,3 116
51,5 115 Ignatius von Antiochien
Epistula Apostolorum 2,3 114 11,4 114 11,6–9 114 12,1 114 16,4 142 24,2 122 24,3 122 51,3 115
An die Smyrnäer 3,1–3 115 Kindheitsevangelium des Thomas 2 71 9–18 71
264 https://doi.org/10.5771/9783495813775 .
Register antiker und mittelalterlicher Schriften Brief an Rheginus (Abhandlung über die Auferstehung) 7,3 131 9,2–3 131 Petrusevangelium 12,50–51 108 Testament Salomos 19,3 85 21,3 85 Thomasevangelium Prolog 92 1 92 3,3 97 11,1–2 94
14,4–5 195 18 92 19 92 22,4–5 93 42 93 49,1–50,2 93 50 93 56 93 79,3 93 80 93 85 92 87 93 111 94 112 93 113,4 97 114 93
Weitere antike und mittelalterliche christliche Autoren Aeneas Gazeus Theophrastus (ed. Colonna) 64.8–10 40 Athenagoras De resurrectione 2–3 122 7 122–123 8 123 Augustinus De civitate Dei XIII,18 126 XX,6 116 XX,16 149 XX,18 127, 149 XX,24 149 XX,30 149 XXI,2–9 126 XXI,2 126 XXI,4 126 XXI,5 126 XXI,6–8 126 XXII,4 126 XXII,11 126
De cura pro mortuis gerenda XIII.16 140, 194 XVI.19 194 Dante Alighieri La Divina Commedia Inferno V,84 139 Paradiso XI,50 192 Paradiso XXXIII 105 Eusebius Historia ecclesiastica IV,3,1–2 120 Irenaeus von Lyon Adversus Haereses II,29,2 125 V,3,2 123 V,13,1 121 V,15,1 117 V,23,2 144 V,28,3 144 V,30,4 144 V,31,2 140 V,32,1 144–145
265 https://doi.org/10.5771/9783495813775 .
Register antiker und mittelalterlicher Schriften Minucius Felix
V,33,1 144 V,33,3–4 145 V,33,4 145 V,34,2 140, 145 V,34,4 140 V,35,1 140, 145 V,35,2 145 V,36,1 125, 150 V,36,2 145
Octavius 34,1–5 149 34,9–10 124 Origenes Fragment zu Psalm 1,5 121 De principiis II,10,3 130 II,11,2 140–141 II,11,6–7 137
Justin der Märtyrer Apologia maior 20 149
Quadratus
Kyrill von Jerusalem
Fragment 120
Procatechesis et Catecheses ad illuminandos XVIII,2 122 XVIII,3 123 XVIII,16–17 121 XVIII,18–19 125–126
Tertullian
Lactantius
De resurrectione carnis 11 123–124 55 117
Divinae institutiones VII,17,9–11 180 VII,17,10–11 145 VII,18,2 180 VII,19,2 180 VII,19,5 145–146, 180 VII,19,7 146 VII,21,3 127 VII,24,2 146 VII,24,2–4 146–147 VII,24,6–8 146–147 VII,26,2–3 127, 150 VII,26,5 125, 150
De spectaculis 30 149 Thomas von Aquin
Epitome divinarum institutionum 67,8 125, 150 Methodius De resurrectione I,22–23 121
De anima 9,1 138–139 9,4 139 9,7 139
Summa theologiae Suppl., q. 74, a. 1, ad 3 153 Suppl., q. 74, a. 2–9 149 Suppl., q. 74, a. 8, co. 153 Suppl., q. 77, a. 1, co. 153 Suppl., q. 79, a. 1, co. 127 Suppl., q. 81, a. 4, co. 127 Suppl., q. 83, a. 1, co. 127 Suppl., q. 84, a. 1, co. 127 Suppl., q. 85, a. 1, co. 127 Suppl., q. 88, a. 4, arg. 1 142 Suppl., q. 88, a. 4, s. c. 142 Suppl., q. 88, a. 4, co. 142 Suppl., q. 88, a 4, ad. 1 142 Suppl., q. 91, a. 5, co. 153
266 https://doi.org/10.5771/9783495813775 .
Register antiker und mittelalterlicher Schriften Christliche Glaubensdokumente Apostolisches Glaubensbekenntnis 116–117, 119, 196
Glaubensbekenntnis des Epiphanios von Salamis im »Ancoratus« (374) 115–116 Konstantinopolitanisches Glaubensbekenntnis 116, 187 Großes Glaubensbekenntnis der Armenischen Kirche (4.Jh.?) 116 Statuta Ecclesia Antiqua (5. Jh.) 117– 118
Glaubensbekenntnis »Fides Damasi« (Ende 5. Jh.) 117 Konstitution »Inter innumeras sollicitudines« von Papst Vigilius (14. 5. 553) 188 Glaubensbekenntnis der 4. Synode von Toledo (633) 117
Glaubensbekenntnis der 11. Synode von Toledo (675) 118 Glaubensbekenntnis der 16. Synode von Toledo (693) 118 Brief »Congratamulur vehementer« von Papst Leo XI. an Petrus, den Patriachen von Antiochien (10. 4. 1053) 117 Beschluss des Vierten Konzils im Lateran (1215) 117 Glaubensbekenntnis des Kaisers Michael VIII. Palaiologos, 2. Konzil von Lyon (6. 7. 1274) 117 Bulle »Ne super his« von Papst Johannes XXII. (3. 12. 1334) 133 Konstitution »Benedictus Deus« von Papst Benedikt XII. (29. 1. 1336) 132–133
Koran 51,22 15
53,14–15 15
267 https://doi.org/10.5771/9783495813775 .
Autorenregister
Ahn, Gregor 15 Alexander, Eben 24 Allison, Dale C., Jr. 19, 27, 66, 69–71, 77, 79, 81–85, 87–88, 92, 94–103, 105, 107–108, 112–114, 118, 124, 129, 132, 161–162, 166–172, 174, 176–178, 181– 184, 191, 205–213 Althaus, Paul 119, 150 Alvarado, Carlos S. 18 Andersson, Rani-Henrik 155–156 Arcangel, Dianne 18 Atwater, Phyllis M.H. 28 Aviam, Mordechai 185
Ballou, Adin 109, 111 Barker, Margaret 206 Barrett, William 26 Bartelmus, Rüdiger 50 Bauckham, Richard 147 Becker, Carl B. 19 Beda Venerabilis 23 Berger, Klaus 67, 114, 120, 122, 131– 132, 142
Berlejung, Angelika 52, 59 Berner, Ulrich 187 Bethge, Hans-Gebhard 92–93, 97 Beuken, Willem A.M. 52 von Biesalski, Hans Konrad 191 Bird, Michael F. 84, 170 Biser, Eugen 191, 195, 197 Black, Susan Easton 153 Blackburn, Barry L. 162 Blenkinsopp, Joseph 52 Blum, Georg Günter 147 Blümel, Wolf-Dieter 190 Böcher, Otto 143
Bock, Darrell L. 57 Bonwetsch, G. Nathanael 121 Boutelle, Luther 168 Boyarin, Daniel 66, 169, 184–185 Boyce, Mary 36–38, 44–45, 69 Brandenburger, Egon 64, 161 Braun, Hans-Jürg 31 Bromiley, Geoffrey W. 171 Brownlee, Donald 16 Buber, Martin 197 Büchner, Karl 135 Buhlman, William 18, 25, 33 Bultmann, Rudolf 203, 208, 215 Butterweck, Christel 124 Bynum, Caroline Walker 116, 118, 121–122, 133
von Campenhausen, Hans 112 Capps, Donald 159 Chaitin, Gregory 212 Charlesworth, James H. 50, 53, 57, 184–185
Charpa, Ulrich 215 Cherniak, Christopher 215 Cilliers, Louise 176 Collins, Adela Yarbro 143 Collins, John J. 53–56, 202 Cooper, Sharon 28–29 Crookes, William 109–110 Crossan, John Dominic 201, 205 Crowell, Eugene 111 Davies, William David 77, 82–85, 88, 99–100, 103, 161, 170–171, 176–177, 184, 206 Dawson, Lorne L. 167
268 https://doi.org/10.5771/9783495813775 .
Autorenregister DeMallie, Raymond J. 156–158 Denzinger, Heinrich 116–118, 133, 140, 187–188, 196, 202
Dietzfelbinger, Christian 64 Dinzelbacher, Peter 24 Doering, Lutz 166 Dorfmüller, Thomas 216 Doyle, Brian 52–53 Drosdow, Philaret 119, 131, 173, 187 Drößler, Rudolf 99 du Toit, David S. 208, 211 Duling, Dennis C. 69, 71 Eadie, Betty J. 24 Ebner, Martin 208 Edwards, William D. 176 Eliade, Mircea 31–32 Ellison, Arthur 110 Elsaesser Valarino, Evelyn 29 Emmons, Henry 168 Engberg-Pedersen, Troels 128 Evans, Craig A. 71, 172 Evans, Hilary 34, 109 Evans, Jonathan S. B. T. 205 Evers, Dirk 141 Falkenburg, Brigitte 216 Faulstich, Joachim 27 Feld, Helmut 192 Feldmeier, Reinhard 148 Fenwick, Elizabeth 22–23 Fenwick, Peter 22–23 Feuillet, André 202 Figl, Johann 187 Findlay, Arthur 110–111 Fischer, Alexander A. 54–55 Fontana, David 110 Frenschkowski, Marco 77, 105 Freund, Stefan 145–146, 150, 180 Friedrich, Gerhard 171 Gardet, Louis 15 Gathercole, Simon 71, 92–94 Gauger, Jörg Dieter 65 Gavin, Frank S. B. 140 Gertz, Jan Christian 47 Gibson, Arvin S. 24
Gigerenzer, Gerd 204 Gillman, Neil 47, 51, 67 Goforth, August 108 Goodacre, Mark 179, 209 Goppelt, Leonhard 171, 179 Gräßer, Erich 181–183 Gray, Timothy 108 Greenberg, Moshe 47, 50, 52–53, 67 Grenet, Frantz 36–37 Gressmann, Hugo 31 Greyson, Bruce 17–18, 22–23 Grimaud, Hélène 198–199 Grintz, Yehoshua M. 67 Guggenheim, Bill 19, 26, 198 Guggenheim, Judy 19, 26, 198 Gwynne, Rosalind W. 15 Hagemann, Ludwig 15 Hammarskjöld, Dag 27, 197 Haraldsson, Erlendur 165 Hargrove, Thomas 118 Häring, Hermann 202 Harmer, John Reginald 115 Harpprecht, Klaus 118 Harrill, J. Albert 149 Hartmann, Dirk 216 Hasson, Isaac 15 Heineberg, Heinz 190 Heininger, Bernd 208 Hellholm, David 69 Henriksen, Jan-Olav 190 Henslow, George 109–110 Henze, Matthias 63 Herzer, Jens 64–65 Hiebel, Janina Maria 50 Hintze, Almut 36–39, 46 Hoffmann, Paul 86 Holden, Janice Miner 17, 22 Holland, Gail B. 114 Holmén, Tom 97 Hooker, Morna D. 208 Hoping, Helmut 112–113 Hoppe, Brigitte 134 Hornschuh, Manfred 114 Horsley, Richard A. 54–55, 83, 101 van der Horst, Pieter Willem 90 Hultgård, Anders 39
269 https://doi.org/10.5771/9783495813775 .
Autorenregister Jaffé, Aniela 30 James, Debbie 17, 22 James, William 19 Jones, Henry Stuart 173 Jones, John 111 Jörns, Klaus-Peter 173 Judd, Wayne R. 167 Jüngel, Eberhard 204
Lindemann, Andreas 96–97 Litwa, M. David 128, 139 Lohse, Eduard 55 van Lommel, Pim 17–18, 23, 27–28 Lommel, Herman 37–38 Lona, Horacio E. 116 Ludwig, Günter 216 Luz, Ulrich 168, 171–172, 195
Kaiser, Otto 55 Karrer, Martin 222 Karrer, Otto 195 Käsemann, Ernst 208 Kasturi, Narayana 27, 163, 165–166 Kee, Howard Clark 61 Keen, Montague 110 Keener, Craig S. 195 Keith, Chris 207 Kelber, Werner H. 172 Kelly, Edward F. 22–23 Kelly, Emily Williams 18, 22–23 Kemmerich, Max 34 Khanna, Surbhi 17 Kittel, Gerhard 171 Klijn, Albertus Frederik Johannes 63–
Macaskill, Grant 185 Mattiesen, Emil 34 Maurach, Gregor 141 McAffee, Matthew 52 McDannell, Colleen 47, 144, 150, 153,
64, 79
Kobel, Esther 91 Kollmann, Bernd 164, 203 Kraus, Wolfgang 222 Kreyenbroek, Philip G. 36 Kruse, Heinz 196 Kühn, Dagmar 47, 193 Kümmel, Werner Georg 201 Kurdzialek, Marian 141 Ladyman, James 206 LaGrand, Louis E. 19 Lang, Bernhard 47, 66, 133, 144, 150, 153, 160, 193, 207 Lapide, Pinchas 178 Larsson, Edvin 188
Lawrence, Tony R. 215 Le Donne, Anthony 207, 209 Lehtipuu, Outi 89–90 Lessing, Gotthold Ephraim 191, 194 Lewis, John Delaware 109, 111 Lightfoot, Joseph Barber 115
193, 207
McDonald, Lee Martin 87 McKenzie, Keisha 153 Meier, John P. 210 Meiser, Martin 71 Merkel, Helmut 65, 207 Merz, Annette 162, 169–172, 178, 182, 207–208
Metzger, Bruce Manning 61 Mikulasch, Rodolpho H. 109 Miller, William 167–168 Modi, Jivanji Jamshedji 36 Moltmann, Jürgen 179 Moody, Raymond A., Jr. 23–24, 27, 44 Mooney, James 156 Morgenstern, Matthias 66 Mosis, Rudolf 50–51 Müller, Gerhard Ludwig 196 Müller, Tobias 216–217 Mumm, Peter-Arnold 34 Munshi, Shehnaz Neville 36 Musamian, Farnaz 20 Nahm, Michael 18 Neihardt, John G. 157 Neusner, Jacob 66 Nickel, Rainer 136 Nickelsburg, George W. E. 56–59, 184 Niebuhr, Karl-Wilhelm 190, 195 Nitsche, Bernhard 173 Noratuk, Vicki 28–29 Nord, Christiane 114, 120, 122, 131– 132, 142
270 https://doi.org/10.5771/9783495813775 .
Autorenregister Novakovic, Lidija 129 Noyes, Russell, Jr. 17 Ó hÓgáin, Dáithí 31 Oberdorfer, Bernd 105 Oberlinner, Lorenz 112 Oegema, Gerbern S. 63–64 Öhler, Markus 175 Paget, James Carleton 201 Park, Joseph S. 55 Parnia, Sam 18 Partin, Harry B. 32 Pennington, Jonathan T. 79–80 Peres, Imre 55, 134 Perrin, Norman 209 Perry, Paul 23 Pezzoli-Olgiati, Daria 69 Pierce, Seth 153 Pines, Shlomo 67 Poirier, John C. 166 Polkinghorne, John 151 Popkes, Enno Edzard 71, 93, 195 Popper, Karl R. 212 Porter, Katherine Anne 44 Porter, Stanley E. 210 Priest, John 64 Prinz, Wolfgang 217 Raei, Shahrokh 39, 41–46 Rahner, Karl 105, 133, 151–152, 188– 189, 197
Recheis, Athanas 138 Reimarus, Hermann Samuel 170, 181 Rein, Matthias 71, 92 Retief, Francois P. 176 Reynolds, Benjamin E. 185 Reynolds, Pamela 27 Richter, Julius 181 Richter, Susanne 34 Ring, Kenneth 28–29 Ringgren, Helmer 15 Riskas, Thomas J., Jr. 153 Rodríguez, Rafael 210 Rogo, Scott 192 Roose, Hanna 88 Rothman, Tony 215
Rotzetter, Anton 195 Rowe, David L. 167 Ruffin, C. Bernard 197 Russell, David S. 50, 54 Rust, Joshua 196 Sabom, Michael 23–24 Sanders, Ed Parish 83, 97, 105 Sandnes, Karl Olav 190 Sattler, Dorothea 173 Schamoni, Wilhelm 27, 197, 219 Schmid, Konrad 49–51, 136 Schmithals, Walter 115 Schnelle, Udo 129 Schnitzer, Karl Friedrich 130 Scholem, Gershom 67 Schöpflin, Karin 50 Schreiner, Josef 61, 175 Schröter, Jens 71, 92–93, 97 Schwaninger, Janet 17, 27 Schweitzer, Albert 76, 105, 159–160, 171, 176, 182, 191, 195, 197, 202, 204– 205 Schwenke, Heiner 19–20, 22, 30, 47, 108–111, 160, 192–194, 197–198, 203, 212, 215–216, 218–221 Schwitzgebel, Eric 196 Schwöbel, Christoph 119 Scott, Robert 173 Scriba, Albrecht 97, 184 Sedlmeier, Franz 50 Segal, Alan F. 67 Seils, Martin 149 Sekanek, Rudolf 27 Shaked, Shaul 36, 38, 43 Sharp, Harold 109 Shushan, Gregory 20 Siegel, Seymour 66 Silverman, Jason M. 36, 51, 66 Simon, Herbert Alexander 212 Skjærvø, Prods Oktor 36–37 Smith, Morton 164 Solomon, Grant 110 Solomon, Jane 110 Spieckermann, Hermann 166 Sprandel, Rolf 139 Stausberg, Michael 36
271 https://doi.org/10.5771/9783495813775 .
Autorenregister Steltenkamp, Michael F. 157 Stemberger, Günter 48, 57–58, 60–62 Stempel, Guido, III 118 Storm, Howard 27–28 Stowasser, Martin 171 Strobel, August 96, 184 Stückelberger, Alfred 149 Stuckenbruck, Loren T. 56, 210 Tamcke, Martin 119 Theißen, Gerd 162, 169–172, 178, 182, 191, 207–211
Thonnard, Marie 23 Thurston, Herbert 27, 219 Tornau, Christian 93 Treece, Patricia 27 Twelftree, Graham H. 162, 164
Walck, Leslie 185 Ward, Peter 16 Wasmuth, Jennifer 119 Watts, John D. W. 53 Weder, Hans 97, 163 Weiß, Johannes 97 Wiebe, Philipp H. 191 Wiggermann, Frans 164 Wilk, Florian 166 Wills-Brandon, Carla 110 Wiltse, A. S. 24–25, 32 Winston, David 36 Winter, Dagmar 208, 211 Witetschek, Stephan 143 Witte, Markus 53, 55, 67 Wrede, William 204 Wright, Nicholas Thomas 118, 150– 151
Uhlig, Siegbert 56–59 Ullmann, Bettina 199 Ungnad, Arthur 31
Yamauchi, Edwin M. 164
VanderKam, James C. 56–59, 184 Vetter, Dieter 66 Viviano, Benedict T. 134
Zander, Vera [Valentine] 27 Zimmermann, Ruben 214
272 https://doi.org/10.5771/9783495813775 .