Die Verwaltung der kaiserzeitlichen römischen Armee: Studien für Hartmut Wolff 3515094202, 9783515094207

Der endgültige Übergang von einer Miliz- zu einer Berufsarmee unter Augustus markiert eine fundamentale Weichenstellung

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German Pages 210 [212] Year 2010

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Table of contents :
INHALTSVERZEICHNIS
VORWORT
DIE VERWALTUNG DER KAISERZEITLICHEN ARMEE
RATIONES AD MILITES PERTINENTES:
FRIEDENSSICHERUNG UND KRIEG IN DER RÖMISCHEN KAISERZEIT.
DIE VERSORGUNG DER RÖMISCHEN ARMEE MIT WAFFEN UND AUSRÜSTUNG
AUF KÜRZESTEM WEG UND GUT VERPFLEGT AN DIE FRONT
MILITÄRS IN DER ADMINISTRATIVEN KONTROLLE DER BEVÖLKERUNG IM RÖMISCHEN ÄGYPTEN
DIE RÖMISCHE ARMEE UND IHR EINFLUSS AUF PRODUKTION UND BEVORRATUNG IM ZIVILEN BEREICH
KONTROLLE UND VERANTWORTLICHKEIT VON OFFICIALES IN PRINZIPAT UND SPÄTANTIKE
TRUPPENERGÄNZUNGEN IN EINER AUSSERGEWÖHNLICHEN SITUATION: THEODOSIUS DER GROSSE UND DIE REKRUTIERUNGEN NACH ADRIANOPEL
I. REGISTER: SACHVERHALTE, FACHBEGRIFFE, NAMEN
II. QUELLENREGISTER
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Die Verwaltung der kaiserzeitlichen römischen Armee: Studien für Hartmut Wolff
 3515094202, 9783515094207

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Armin Eich (Hg.) Die Verwaltung der kaiserzeitlichen römischen Armee

HISTORIA Zeitschrift für Alte Geschichte Revue d’histoire ancienne Journal of Ancient History Rivista di storia antica –––––––––––––––––– EINZELSCHRIFTEN Herausgegeben von Kai Brodersen/Erfurt Mortimer Chambers/Los Angeles Martin Jehne/Dresden François Paschoud/Genève Aloys Winterling/Berlin

HEFT 211

Armin Eich (Hg.)

Die Verwaltung der kaiserzeitlichen römischen Armee Studien für Hartmut Wolff

Franz Steiner Verlag Stuttgart 2010

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar. ISBN 978-3-515-09420-7

Jede Verwertung des Werkes außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig und strafbar. Dies gilt insbesondere für Übersetzung, Nachdruck, Mikroverfilmung oder vergleichbare Verfahren sowie für die Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen. © 2010 Franz Steiner Verlag, Stuttgart. Gedruckt auf säurefreiem, alterungsbeständigem Papier. Druck: Laupp & Göbel GmbH, Nehren Printed in Germany

INHALTSVERZEICHNIS Vorwort ..............................................................................................................

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Armin Eich Die Verwaltung der kaiserzeitlichen Armee Zur Bedeutung militärischer Verwaltungsstrukturen in der Kaiserzeit für die administrative Entwicklung des Imperium Romanum ...........................

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Konrad Stauner Rationes ad milites pertinentes: Organisation und Funktion der Binnenadministration militärischer Einheiten in der Frühen und Hohen Kaiserzeit ..................................................................

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Werner Eck Friedenssicherung und Krieg in der römischen Kaiserzeit Wie ergänzt man das römische Heer? ................................................................

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Peter Herz Die Versorgung der römischen Armee mit Waffen und Ausrüstung .................. 111 Michael Alexander Speidel Auf kürzestem Weg und gut verpÁegt an die Front. Zur Versorgung pannonischer Expeditionstruppen während der severischen Partherkriege ........................................................................... 133 Bernhard Palme Militärs in der administrativen Kontrolle der Bevölkerung im römischen Ägypten ....................................................................................... 149 Helmut Bender Die römische Armee und ihr EinÁuss auf Produktion und Bevorratung im zivilen Bereich Archäologische Beispiele aus den nordwestlichen Provinzen des Imperium Romanum .................................................................................... 165 Rudolf Haensch Kontrolle und Verantwortlichkeit von ofÀciales in Prinzipat und Spätantike ................................................................................ 177

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Inhaltsverzeichnis

Hartmut Leppin Truppenergänzungen in einer außergewöhnlichen Situation: Theodosius der Große und die Rekrutierungen nach Adrianopel ...................... 187 Indices ................................................................................................................ 201

VORWORT Die in diesem Band versammelten Beiträge sind aus einer Tagung hervorgegangen, die der Lehrstuhl für Alte Geschichte an der Universität Passau am 16. und 17. Februar 2007 ausgerichtet hat. Das Kolloquium ist von der Fritz-Thyssen-Stiftung großzügig gefördert worden. Herr Professor Martin Jehne (Dresden) und Herr Professor Werner Eck (Köln) haben für das Zustandekommen der Tagung wertvolle Hilfe geleistet. Den Genannten gilt der Dank des Herausgebers für ihre Unterstützung. Gedankt sei an dieser Stelle auch den Herausgebern der Historia-Einzelschriften, im besondern Herrn Professor Kai Brodersen, für die Aufnahme des Tagungsbandes in die Reihe. Der Titel des Bandes: Die Verwaltung der kaiserzeitlichen römischen Armee enthält zwei Bedeutungsschattierungen: Einerseits zielt er auf die Armee als eine sich selbst verwaltende Organisation und andererseits auf dieselbe Armee als ein Verwaltungsinstrument, das der kaiserlichen Zentrale als ein wichtiges Machtmittel für die Organisierung und Beherrschung des römischen Reiches zur Verfügung stand. In dieser zweifachen Hinsicht, als ein bürokratischer Nucleus, der erhebliche administrative Potenzen in sich barg, ist die kaiserzeitliche Armee Gegenstand der nachfolgenden Untersuchungen. Die Quellensituation ist schwierig. Archäologische, epigraphische, papyrologische, numismatische und literarische Befunde aus mehreren Jahrhunderten sind auszuwerten und miteinander zu kombinieren. In vielen Fällen können nur noch Spezialisten den Überblick über spezielle Befundlagen und Forschungsdiskussionen behalten: Als Beispiele seien die weitgehend papyrologisch dokumentierte Rolle der Provinzialarmee in der zivilen Verwaltung Ägyptens oder die unter anderem über Keramik- oder Tierknochenauswertung rekonstruierbare Versorgung römischer Truppenlager genannt. Diese Beispiele stehen nur stellvertretend für generell sehr schwierige Quellenlagen. Die Beiträge in diesem Band sind durchweg von Experten verfaßt, die sich seit vielen Jahren intensiv mit den jeweiligen Quellen befaßt haben. Die Autoren widmen diesen Band Hartmut Wolff anläßlich seiner Emeritierung. Er hat in seiner Lehre und in seiner Forschung stets die sorgfältige und detailorientierte Arbeit an den Quellen aus dem gesamten oben genannten Spektrum mit der Behandlung der „großen“ historischen Themen zu verbinden gewußt. Eines seiner zentralen Anliegen war die Zusammenführung des Studiums der archäologischen und schriftlichen Quellen, die gemeinsam eine Wirklichkeit abbilden, wenn auch aus verschiedenen Perspektiven. Und eines der Arbeitsfelder des Geehrten, auf dem er diese Zusammenführung exemplarisch vorgeführt hat, ist die Geschichte der römischen Armee, die aus diesem Grund in den Mittelpunkt der Tagung gestellt wurde. Es sei der Hoffnung Ausdruck gegeben, daß aus dem Dargebotenen Anregungen für zukünftige Arbeiten erwachsen mögen. Armin Eich Passau September 2008

DIE VERWALTUNG DER KAISERZEITLICHEN ARMEE ZUR BEDEUTUNG MILITÄRISCHER VERWALTUNGSSTRUKTUREN IN DER KAISERZEIT FÜR DIE ADMINISTRATIVE ENTWICKLUNG DES IMPERIUM ROMANUM Armin Eich In der althistorischen Literatur besteht Konsens darüber, daß die zivilen Verwaltungsinstitutionen des früh- und hochkaiserzeitlichen Reichsstaates keinen hohen Entwicklungsgrad erreicht haben. Dies fällt vor allem unter dem quantitativen Aspekt ins Auge: Für die vespasianische Regierungszeit lassen sich (bei einer Reichsbevölkerung von mehreren Dutzend Millionen Personen, die in einem annähernd fünf Millionen km2 großen Areal lebten) ca. 70 ritterliche Geschäftsträger des Kaisers nachweisen1, darüber hinaus eine Reihe von Sklaven und Freigelassenen des kaiserlichen Haushalts, die mit Verwaltungsaufgaben im engeren Sinne betraut waren.2 Hinzukommen Schreibkräfte und anderes Hilfspersonal in einigen zentralen ofÀcia (wie der Annonarpräfektur) und den Statthalterstäben. Insgesamt handelt es sich um einige hundert Personen, von denen aber nur ein Teil selbständige Verwaltungsarbeit leistete.3 Ein größerer Teil war bspw. mit archivalischen Aufgaben betraut, wie etwa die kaiserlichen tabularii des Zentralhaushalts und in den Provinzen, oder leistete Sekretariats- und andere Assistenzdienste (wie etwa die diversen proximi oder adiutores). Dieser verhältnismäßig geringfügige zentrale Apparat stand in keinem Verhältnis zu den Aufgaben, die sich die kaiserliche Regierung aufgebürdet hatte und deren Schwierigkeit und Anzahl im Laufe der kaiserzeitlichen Geschichte eher wuchsen als abnahmen. Die bedeutendste dieser Aufgaben war die Unterhaltung eines in den vier nachaugusteischen Jahrhunderten stetig wachsenden, stehenden Heeres, das nach neueren Forschungen schon im 2. Jahrhundert eine Stärke von über 400 000 Mann erreicht haben dürfte4 und dessen Kosten im dritten Jahrhundert im Jahresdurchschnitt die Summe von einer Milliarde Sesterzen weit überschritten.5 Die ge1 2

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Vgl. W. Eck, Die nichtsenatorische Administration, in Die Verwaltung des römischen Reiches in der hohen Kaiserzeit, Ausgewählte und erweiterte Beiträge, Bd. 2, Basel u. a. 1997, 76. G. Boulvert, Esclaves et affranchis sous le Haut-Empire romain. Rôle politique et administratif, Napoli 1970, und ders., Domestique et fonctionnaire sous le Haut-Empire romain. La condition de l·affranchi et de l·esclave du prince, Paris 1974, passim. Vgl. unten Anm. 121 ff. Vgl. den Beitrag von W. Eck in diesem Band, bes. S. 90. Vgl. bspw. J. Jahn, Zur Entwicklung römischer Soldzahlungen von Augustus bis auf Diocletian, Studien zu Fundmünzen der Antike 2, 1984, 53 – 74, 53 ff., 67. Vgl. auch die Kalkulationen von B. Campbell, War and Society in Imperial Rome, London 2002, 176, und N. Hanel, Militär als Wirtschaftsfaktor in den Norwestprovinzen in der frühen und mittleren Kaiserzeit, in H. von

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legentlich formulierte These, daß die Heeresversorgung in Gestalt einer Art zentraler Verwaltungswirtschaft durch Angehörige des kaiserlichen Verwaltungsapparates geleistet worden wäre, scheitert an den angesprochenen Größen(miß-)verhältnissen und ist zu Recht entschieden zurückgewiesen worden.6 Umstritten blieb jedoch die Frage, wie die gewaltige administrative und logistische Leistungen erfordernde Heeresunterhaltung in der Praxis bewältigt wurde. Unter anderem ist in der Forschung ein Ansatzes vertreten worden, der den Anteil staatlicher administrativer Leistung als allenfalls geringfügig ansetzt und privaten Dienstleistungen die vorherrschende Rolle zuweist. Als wohl prominentester Vertreter dieser Sichtweise ist Elio LoCascio zu nennen.7 Die Zuspitzung der Alternative staatlich-administrative oder privatwirtschaftliche Versorgung8 führt dabei allerdings in die Irre, denn beide Versorgungstypen sind, abhängig von regionalen und militärischen Konstellationen, in verschiedenen Ausprägungen und meist in kombinierter Weise belegt.9 Doch dies ist nicht die einzige Schwäche der Reduktion auf einen alternativen Lösungsansatz: Problematisch ist auch, daß diese Alternative den Blick auf weitere Optionen verstellt, gleichsam als gäbe es nur die Möglichkeiten, die Heeresunterhaltung entweder dem zentralen zivilen (und zahlenmäßig sehr schwachen) Verwaltungsapparat oder privaten Unternehmern oder beiden in Kombination anzuvertrauen. Daneben existierten jedoch noch weitere, und zwar im Vergleich zu den zentralstaatlichen oder zivilen ganz erhebliche, aber häuÀg übersehene

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Hesberg (Hrsg.), Das Militär als Kulturträger in römischer Zeit, Köln 1999, 117 – 146, tabellarische Kalkulation: Abb. 1 (135). Siehe etwa Th. Kissel, Untersuchungen zur Logistik des römischen Heeres in den Provinzen des griechischen Ostens, 27 v. Chr. – 235 n. Chr., St. Katharinen 1995; J. Remesal Rodríguez, La annona militaris y la exportación de aceite bético a Germania, con un corpus de sellos en ánforas Dressel, 20 hallados en: Nimega, Colonia, Mainz, Saalburg, Zugmantel y Nida-Heddernheim, Madrid 1986; dens., Heeresversorgung und die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen der Baetica und Germanien, Materialien zu einem Corpus der in Deutschland veröffentlichten Stempel auf Amphoren der Form Dressel 20, Stuttgart 1997. Vgl. zur Kritik vor allem P. Eich, Ökonomischer Interventionismus im 3. Jh.? Anmerkungen zur Interpretation der epigraphischen Zeugnisse auf Dressel 20-Amphoren aus der Severerzeit, in C. Gazdac u. a., Orbis Antiquus. Studia in honorem Ioannis Pisonis, Cluj 2004, 58–72 und ders., Zum Problem der Vermittlung zwischen Mikroökonomie und der Makroebene der Verwaltung, Xantener Berichte 14, 2006, 59–73. Il princeps e il suo impero. Studi di storia amministrativa e Ànanziaria romana, Bari 2000, vor allem „Le techniche dell·amministrazione“ (S. 14–79). Für eine programmatische Darlegung vgl. etwa S. 70, wo einerseits das Fehlen einer nennenswerten Bürokratie konstatiert wird. In Fragen der Versorgungssicherheit (mantenimento) von Truppeneinheiten sei andererseits die „ovvia opzione … il loro appalto, ancora una volta, a privati“ gewesen. Dies ist hier von den hauptstädtischen Einheiten gesagt, gilt aber nach Lo Cascios Thesen grundsätzlich. Wie bei E. Lo Cascio, L·approvvigionamento dell·esercito romano: mercato libero o ‚commercio¶ amministrato?, in L. de Blois, E. Lo Cascio (Hrsg.), The Impact of the Roman Army (200 B. C. – A. D. 476). Economic, Social, Political, Religious and Cultural Aspects (Proceedings of the 6th Workshop of the Network ‚Impact of Empire¶), Leiden u. a. 2007, 195–206. Vgl. A. Eich, Das Berufsheer der frühen und hohen Kaiserzeit und die Verarmung der kaiserlichen Zentrale, in L. de Blois, E. Lo Cascio (Hrsg.), The Impact of the Roman Army (200 B. C. – A. D. 476). Economic, Social, Political, Religious and Cultural Aspects (Proceedings of the 6th Workshop of the Network ‚Impact of Empire¶), Leiden u. a. 2007, 106–127.

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Kapazitäten, nämlich die des Heeres selbst. Diese Potenz des Heeres als eines Verwaltungsträgers sui generis ist bisher monographisch kaum untersucht worden.10 Eine gewisse Ausnahme bildet die 1944 publizierte Dissertation von H. Zwicky,11 der jedoch vor allem Abkommandierungen militärischer Chargen zu externer Verwendung behandelt hat und weniger die Verwaltung des Heeres als einer Institution durch sich selbst. Und doch hat diese Thematik für das Verständnis des Imperium Romanum eine erhebliche Bedeutung. Im Vergleich zu den Zentralorganen der kaiserlichen Verwaltung war das personelle Reservoir der Armee gewaltig, ihre funktionale Durchstrukturierung weit fortgeschritten und das Durchsetzungspotential sehr stark. Man könnte also versucht sein, in der Armee, obwohl sie in den traditionellen Darstellungen als Verwaltungssubjekt faktisch nicht vorkommt, einen entscheidenden Träger routinierter Verwaltungstätigkeit im römischen Kaiserreich zu sehen. Doch eine solche These bedarf der VeriÀzierung an den keineswegs reichlich zur Verfügung stehenden und selten unproblematischen Quellen. Die in diesem Band versammelten Arbeiten leisten gemeinsam einen Beitrag zur Beurteilung der genannten These, ohne daß selbstverständlich eine einheitliche Betrachtungsweise vorausgesetzt werden kann. Auch die anschließenden Vorüberlegungen erheben keineswegs den Anspruch, eine Art Quintessenz der hier vorgelegten Beiträge zu sein. Dafür sind die Dinge insgesamt noch zu sehr im Fluß. Es soll lediglich ein Interpretationsrahmen abgesteckt werden, der sich hoffentlich als Áexibel genug erweisen wird, um den vorliegenden und künftigen Ergebnissen angepaßt zu werden. Zunächst ist eine Begriffsklärung notwendig. Der Terminus „Verwaltung“ kann selbstverständlich in einem sehr allgemeinen Sinn gebraucht werden und beispielsweise zur Bezeichnung jedes organisierenden oder regulierten Zugriffs eines Staates oder einer anderen Institution verwendet werden. In diesem Sinn kann man im Lateinischen etwa bellum oder legationem administrare sagen. Als Beispiel sei auf die „Verwaltung“ von Beute durch militärische Funktionäre in der Zeit der römischen Republik verwiesen. In einem locus classicus schildert Polybios (15,15) im Zusammenhang mit der Erstürmung Carthagenas durch römische Truppen im Jahr 207 v. Chr. den disziplinierten Übergang der kämpfenden Truppe von der angeordneten Massakrierung der Bevölkerung zum Zusammentragen der Beute, die anschließend zum Verkauf angeboten wurde. Aus dem Ertrag wurde der gesamten im Operationsgebiet anwesenden Truppe, also nicht nur den im engeren Sinn beutemachenden Einheiten, ein aliquoter Anteil ausgezahlt.12 Es handelt sich zweifellos um die efÀziente Redistribution eines von einem Armeeteil erkämpften Gewinnes, insofern also, wenn man so will, um einen „Verwaltungsvorgang“, zu des10 Vgl. jetzt den Überblick von M. A. Speidel, Einheit und Vielfalt in der römischen Heeresverwaltung, in J. Heinrichs, R. Haensch (Hrsg.), Herrschen und Verwalten, Der Alltag der römischen Administration in der Hohen Kaiserzeit, Köln u. a. 2007, 173–194. 11 H. Zwicky, Zur Verwendung des Militärs in der Verwaltung der römischen Kaiserzeit, Diss. Zürich 1944. 12 Vgl. bspw. M. Tarpin, Le butin sonannt et trébuchant dans la Rome républicaine, in La guerre dans les économies antiques (Entretiens d·Archéologie et d·Histoire S.-B.-d.-C.), Saint-Bertrand-de-Comminges 2000, 365–376, 368 ff.

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sen Abwicklung das übliche Personal (im wesentlichen der vor Ort kommandierende Prokonsul13) und der Rückgriff auf die eingespielten Befehlswege und eingeübten Verhaltensmuster vollkommen ausreichten. Auf der anderen Seite kann in einem engeren Sinn erst dann von „Verwaltung“ gesprochen werden, wenn eigene, charakteristische Institutionen existieren, die ihnen anvertraute Organisationsleistungen nicht als Nebenprodukt und nur in besonderen Situationen erbringen, sondern diese Organisationsleistungen als ihr spezielles Handlungsfeld verstehen und die auf diesem Feld ihre eigenen Organisationsund Verhaltenstypologien ausbilden. Solche speziellen Verwaltungsinstitutionen erscheinen in der Entwicklungsgeschichte von Gesellschaften in der Regel verhältnismäßig spät und als Resultat längerer, nicht selten widersprüchlich verlaufender Prozesse. Peter Eich hat in seiner Studie zur Entwicklungsgeschichte der zentralstaatlichen römischen Verwaltungsinstitutionen einen solchen, kompliziert verlaufenden Prozeß am Beispiel des römischen Reiches (von der späten Republik bis zum Beginn der Spätantike) dargestellt.14 Die Kompliziertheit und Widersprüchlichkeit dieses Prozesses ist hier unter anderem auch dadurch begründet, daß es sich nicht um die zielstrebige Umsetzung eines zentral (etwa von Augustus) erarbeiteten Plans handelte, sondern um die etappenweise Etablierung von Organisationsstrukturen, deren Durchsetzung nach und nach aufgrund Àskalischer Notwendigkeiten im Widerstreit mit der gewissermaßen natürlichen Abneigung aristokratischer Eliten gegen formalisierte Verwaltungsabläufe vollzogen wurde. P. Eich hat in diesem Zusammenhang darüber hinaus darauf aufmerksam gemacht, daß die römische Entwicklung im Großen und Ganzen keinen typologischen Sonderfall darstellte, sondern charakteristische Züge einer vormodernen, protobürokratischen Genese aufwies. Als ein Element dieser typischen Entwicklungsgeschichte ist von dem genannten Autor die Ausformung charakteristischer protobürokratischer Verwaltungsformen innerhalb der Armee und die Induktionswirkung, die die Militärverwaltung auf andere Verwaltungszweige ausübte, angesprochen worden.15 Auf diesem Gebiet besteht, wie gesagt, noch Spielraum für weitere Untersuchungen. Als charakteristische protobürokratische bzw. regelrecht bürokratische Verwaltungselemente können folgende benannt werden: (1) die regelmäßige Schriftförmigkeit von Verwaltungsakten zum Zweck der Übermittlung, Dokumentation und Archivierung von Entscheidungs- und Weisungsvorgängen innerhalb einer Verwaltungsorganisation; (2) das Vorhandensein von funktionalen Hierarchien mit deÀnierter Zuschreibung von Weisungskompetenzen innerhalb der Verwaltungsinstitution; (3) die Existenz von regelhaften Beförderungskriterien innerhalb der Kompetenzhierarchien; (4) EfÀzienzorientierung im Hinblick auf vorgegebene (und re-deÀnierbare) Zielvorgaben sowie eine geregelte Sanktionierung bei Nichterreichen dieser Ziele; 13 Zu den „budgetären“ Aufgaben des Statthalters vgl. E. Fallu, Les rationes du proconsul Cicéron. Un exemple de style administratif et d·interprétation historique dans la correspondance de Cicéron, ANRW 1,3, Berlin u. a. 1973, 209–238. 14 Zur Metamorphose des politischen Systems in der römischen Kaiserzeit. Die Entstehung einer „personalen Bürokratie“ im langen dritten Jahrhundert (Klio Beihefte 9), Berlin 2005. 15 Eich, Metamorphose (wie Anm. 14), passim (vgl. Index ss. vv. Militarisierung, Militärkommando, Militärrecht).

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(5) Finanzierung der Verwaltungsinstitutionen aus dem Staatshaushalt und infolgedessen deren Festlegung auf politisch deÀnierte Ziele.

Aufzählungen dieser Art tragen immer ein Moment der Willkür in sich. Sie können kaum mehr als ein Orientierungsangebot sein, das natürlich seinerseits der Kritik unterliegt. Jedoch ist zu hoffen, daß in der gegebenen, der Organisationslehre Max Webers entlehnten AuÁistung von Elementen (proto-)moderner Verwaltung eine genügend klare Konzeption aufscheint, um die These der Protomodernität römischkaiserzeitlicher Armeeverwaltung an ihr überprüfen zu können. Es muß kaum betont werden, daß es nicht sinnvoll ist, danach zu suchen, ob die genannten Elemente durchweg vollständig, in idealtypisch klarer Weise zu einem Ganzen verbunden, in den Quellen anzutreffen sind. Schon die Überlieferungssituation spricht massiv gegen ein solches Vorgehen. Aber selbstverständlich geht es auch gar nicht darum, nach „realen Idealtypen“ zu suchen, sondern darum zu fragen, wieweit sich die in den Quellen anzutreffenden militärischen Organisationsformen bzw. die aus diesen entlehnten Verwaltungsstrukturen solchen idealtypischen Formen im Ganzen oder eben auch nur in einzelnen Aspekten annähern. Dabei sind gegebenenfalls auch negative Ergebnisse hinzunehmen und in den Gesamtbefund zu integrieren. Die oben aufgeführten Merkmale „bürokratischer“ Verwaltung sind offenkundig nicht typisch für die ursprünglichen Formen der römischen Herrschaft in Italien oder im Mittelmeerraum. An diesem Grundbefund änderte sich auch in der Kaiserzeit prinzipiell zunächst kaum etwas. Daß das Imperium unter Augustus oder seinen nächsten Nachfolgern nicht von einer verschachtelten Ministerialbürokratie durchdrungen war, die durch einen beständigen Strom schriftlicher Verordnungen der Zentrale gelenkt wurde (und/oder ihrerseits ihre Arbeitsgänge schriftförmig dokumentierte), muß nicht eigens gezeigt werden: Eine durch lange Instanzenzüge, feste Aufgabenbindung, Kompetenzhierarchien, transparente Beförderungsregeln etc. geprägte Verwaltung ist typologisch offenkundig weit entfernt von der durch lokale Teilautonomien, geringe (zentrale) Verwaltungsintensität und klienteläre Vermittlung charakterisierte Herrschaftsform der frühen und hohen Kaiserzeit. Doch existierten in diesem typologisch auf den ersten Blick eindeutig strukturierten administrativen Kosmos Fremdkörper, die eine einfache Kategorisierung nicht zulassen; in diesem Zusammenhang ist, neben der Domanialverwaltung, an erster Stelle das Heer zu nennen. Bei der folgenden Betrachtung dieser „militärischen Verwaltung“ sind mehrere Untersuchungsfelder unterschieden. (a) Die Selbstverwaltung der militärischen Einheiten und Vorgänge im engeren Sinn (b) Das Ausgreifen dieser militärischen Selbstverwaltungsformen auf nicht-militärische Felder, aber innerhalb des militärischen Kontextes oder Umfeldes (c) Die Auslagerung von militärischem Personal, Ressourcen und Verwaltungserfahrung in ursprünglich außermilitärische Bereiche (d) Die Organisation von Tätigkeiten/Leistungen nach militärischem Vorbild (partiell oder vollständig)

Diese vier Untersuchungsfelder sind nur idealtypisch gegeneinander abgrenzbar. Wer sich auf die praktische Untersuchungsarbeit einläßt, stößt bald auf Überschneidungen, Unschärfen u. ä. Dennoch ist eine annäherungsweise Einteilung möglich

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und – wenn man die einem idealtypischen Zugriff stets innewohnenden Beschränkungen mitbedenkt – durchaus sinnvoll. (a) Die Selbstverwaltung der militärischen Einheiten und Vorgänge im engeren Sinn Innerhalb der von Augustus geschaffenen Berufsarmee waren die oben genannten Kriterien (2) und (3) protobürokratischer Formalisierung, also die Existenz von funktionalen Hierarchien und das Vorliegen von prinzipiell regelhaften Beförderungskriterien innerhalb der Kompetenzhierarchien offenkundig gegeben. Selbstverständlich ist der Terminus der „Regelhaftigkeit“ (ebensowenig wie mutatis mutandis der der Funktionalität) dabei nicht im Sinne mathematischer Exaktheit, sondern als Ausdruck einer hinreichend deutlich zu erkennenden Regelmäßigkeit von Beförderungsvorgängen zu verstehen.16 Daß solche Regeln innerhalb der militärischen Karrierestrukturen existierten, hat vor allem David J. Breeze sorgfältig herausgearbeitet.17 Zunächst fällt die Quantität der betroffenen Positionen ins Auge: bspw. wenigstens 1100 Stellen innerhalb jeder Legion, die unterhalb des Zenturionats aus dem Reservoir der Mannschaftsdienstgrade zu besetzen waren.18 Um den Typus und Grad der Regelmäßigkeit in der Beförderungsstruktur zu verdeutlichen, sei ein Beispiel aus dem von Breeze ausgebreiteten Material herausgegriffen: Innerhalb jeder Zenturie hatte bereits A. von Domaszewski eine „in sich geschlossene Gruppe von Positionen“ isoliert,19 deren Bekleidung für einen weiteren Aufstieg in die Gruppe der zentralen OfÀzialengruppe unerläßlich war. Das heißt nicht, daß alle drei Stellen dieser Positionengruppe (tesserarius, optio, signifer) in stereotyper Reihung hätten durchlaufen werden müssen. Aber regelmäßige Elemente der Karrierestruktur lassen sich durchaus benennen, etwa daß zwischen der Wahrnehmung von zwei dieser drei Positionen kein der „geschlossenen Gruppe“ fremder Aufgabenbereich zugewiesen wurde („no other post intervened between any two of them“) und daß ein „Überspringen“ dieser Positionsgruppe als ganzer20 i. d. R. nicht möglich war, wenn der Betreffende weiter aufrücken wollte.21 Innerhalb der Regelmäßigkeit existierte demnach eine gewisse Flexibilität, die allerdings nicht besonders groß war: der Aufstieg in die Position bspw. eines Àsci curator (vgl. etwa ILS 2081) oder cornicularius tribuni (bspw. ILS 2077), also bis zu einem der „senior staff 16 Um von Regelmäßigkeit der Beförderungen sprechen zu können, muß natürlich nicht der hochformalistische, idealtypische Anspruch des „Büchermilitärs“ Vegetius erfüllt sein (vgl. das Kapitel 2,21: In legione ita Àeri promotiones ut per omnes cohortes transeant qui promoventur.). 17 D. J. Breeze, The Career Structure below the Centurionate during the Principate, in ANRW II 1 (1974), 435–451; ders., The Organisation and Career Structure of the Immunes and Principales of the Roman Army, BJ 174, 1974, 245–292 (wieder abgedruckt in D. J. Breeze, B. Dobson, Roman OfÀcers and Frontiers [MAVORS 10], Stuttgart 1993, 11–58). 18 Breeze, Career Structure below the Centurionate (wie Anm. 17), 435 f. 19 Breeze, Career Structure below the Centurionate (wie Anm. 17), 437 („a self-contained group [sc. of posts“]). 20 Wohl aber das Überspringen einer einzelnen Position und zuweilen auch von zwei Stellen innerhalb der Gruppe. 21 Breeze, Career Structure below the Centurionate (wie Anm. 17), 437: „(…) the holding of one or two of them being an indispensable prerequisite for further promotion, which was usually to one of the senior staff posts (…).“

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posts“, setzte mit Notwendigkeit einen vorhergehenden Einsatz auf wenigstens einem Posten der Stellengruppe tesserarius – optio – signifer voraus, ohne daß die Tätigkeit innerhalb des durch diese Positionengruppe charakterisierten Feldes durch einen diesem Feld fremden Einsatz unterbrochen werden sollte. Diese „Áexible Stereotypierung“, die eine gewisse, aber ihrerseits regelhafte Flexibilisierung zuläßt, kann regelmäßig an dem von Breeze ausgebreiteten und neben den Legionen auch weitere Einheitstypen22 dokumentierenden Material beobachtet werden. Bezeichnender Weise bildeten sich – vergleichbar der Entwicklung innerhalb der familia Caesaris23 – eine mit bestimmten Stellen verknüpfte Erwartungshaltung auf eine künftige Beförderung heraus.24 Zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang noch die mit dem Einsetzen des dritten Jahrhunderts zunehmende Spezialisierung, so besonders die Herausbildung von Positionen und Positionsabfolgen,25 die einen charakteristisch administrativen Charakter trugen und deren Inhaber regelmäßig auf den Einsatz in nicht-militärischen Aufgabenfeldern beschränkt blieben.26 Daneben entwickelte sich die Stellung von „FachofÀzieren“, die mit speziellen, nicht im eigentlichen Sinn militärischen Aufgaben betraut waren.27 Der relativen Verstetigung von Karrieretypen, verbunden mit Spezialisierungstendenzen, korrespondierten die Abstufungen der Saläre und Sonderzahlungen. Zwar sind die Gehaltstufen und die mit bestimmten Positionen verbundenen Gehaltsansprüche nicht mehr umfassend und präzise rekonstruierbar, aber das Faktum der Abstufung und der Rang- bzw. Aufgabenbezogenheit der Saläre ist als solches zweifelsfrei belegt.28 Unsere Kenntnisse über die Selbstverwaltungspraxis der einzelnen Einheiten des Heeres sind durch die Arbeiten von Konrad Stauner auf eine neue Grundlage gestellt worden. Da der Beitrag Stauners in diesem Band die Quellen zu diesem Forschungsbereich ausführlich dokumentiert und synthetisiert, sei hier nur zusammenfassend auf einige zentrale Momente hingewiesen. Jede römische Militäreinheit hatte eine Reihe von Verwaltungsaufgaben eigenverantwortlich zu bewältigen 22 cohortes urbanae, vigiles, auxilia, equites singulares Augusti. 23 Vgl. Fronto, Ad M. Caes. 5,52 v. d. h. 24 Vgl. die Ausdrucksweise des legatus pro praetore Claudius Severus gegenüber dem Rekruten Apollinarius, der sich (wohl 107 n. Chr.) für die in Bostra stationierte Legion um eine Position als librarius legati (Z. 26: libravrion eJautou` [sc. Claudii Severi]) beworben hatte; P. Mich. 8, 466, Z. 28 ff.: o{ti tovpo~ ouj scolavzi, ejn tosouvtw/ de libravrion se legew``no~ poihvsw ejf¨ ejlpivdwn (mit Aussicht auf spätere Beförderung). 25 Wie z. B. primiscrinius, ostiarius, latercunensis. 26 Breeze, Career Structure below the Centurionate (wie Anm. 17), 438: „These new careers only contained administrative posts; after Caracalla no soldier can be shown to have been given the all-round military training of the second century.“ 27 Vgl. als Fallstudie mit weiterer Diskussion des Phänomens O. Stoll, „Ordinatus architectus“. Römische Militärarchitekten und ihre Bedeutung für den Technologietransfer, in ders., Römisches Heer und Gesellschaft, Mavors XIII, Stuttgart 2001, 300–368 (zuerst in L. Schumacher [Hrsg.], Religion – Wirtschaft – Technik. Althistorische Beiträge zur Entstehung neuer kultureller Strukturmuster im historischen Raum Nordafrika/Kleinasien/Syrien, St. Katharinen 1998). 28 Vgl. etwa Breeze, Career Structure below the Centurionate (wie Anm. 17), 408 f.; M. A. Speidel, Sold und Wirtschaftslage der römischen Soldaten, in G. Alföldy, B. Dobson, W. Eck (Hrsgg.), Kaiser, Heer und Gesellschaft in der römischen Kaiserzeit, Stuttgart 2000, 65–94; Jahn, Römische Soldzahlungen (wie Anm. 5).

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sowie zu dokumentieren und verfügte zu diesem Zweck über entsprechende Verwaltungsbereiche, denen einschlägig geschultes Personal zugeordnet war.29 Im einzelnen zu nennen sind neben der Kranken- und Verwundetenbetreuung die Departements für Waffen und Ausrüstung (arma), Proviant (victus, frumentum), Bekleidung (vestimenta), Geld (quaestura), sowie für die archivalische Erfassung und Koordination der Teilbereiche (tabularium).30 Mit jeweils unterschiedlich gesetzten Schwerpunkten hatten diese Departements, mit Ausnahme des tabularium, die Veranschlagung des Bedarfs, die Beschaffung und Verteilung der betreffenden Güter sowie, verbunden damit, die Aktualisierung der Personalerfassung, ferner die PÁege, die Aufbewahrung und eventuelle Reparaturen der Güter, schließlich die Kostenerfassung und Abrechnung zu leisten. In der Finanzstelle, der quaestura, wurden diese Kosten zentral erfaßt, wodurch ein zusätzliches Kontrollelement gegeben war. Zudem oblag der quaestura die komplexe dreifache Kontenführung für die einzelnen Soldaten der Einheit. Die Veranschlagung der monatlichen Soldkosten, die Anforderung der Beträge bei der Provinzquästur bzw. – procuratur,31 Transport der Gelder, ihre Lagerung und Auszahlung können als parallele Tätigkeiten zu der Güterbeschaffung und –verteilung in den Bereichen arma, victus und vestimenta gesehen werden. Die zentrale Dokumentation lief im tabularium der Einheit zusammen, das aufgrund dieser Positionierung eine nochmalige Kontrollfunktion über die gesamten Beschaffungs- und Redistributionsfunktionen wahrnahm. Zudem wurde nicht nur eine permanente quantitative Erfassung des Personalstandes geleistet (verbunden mit Aktualisierungen etwa hinsichtlich von Beförderungen, Rekrutierungen, Invaliditäten etc.), sondern auch eine „dislokatorische Darstellung der Truppe“,32 also die präzise, täglich aktualisierte Erfassung ihrer räumlichen Anordnung, wodurch die Erreichbarkeit jedes einzelnen Soldaten etwa mit Blick auf die Redistribution von Versorgungsgütern ermöglicht wurde. Das tabularium dokumentierte über viele Jahre hinweg die Tätigkeit der Einheit, so daß es über seine aktuellen militärischen Funktionen hinaus33 archivalische Dienstleistungen, wie etwa den Nachweis des Eintritts- oder Entlassungsdatums, leisten konnte.34 Diese Skizze zeigt bereits den hohen Grad der Verschriftung,35 der für die Selbstverwaltung der römischen Militäreinheiten charakteristisch war. Allein die in kurzen Zeitabständen (teilweise täglich) aktualisierte Erfassung des Personalstandes und der Dislokation der Einheiten hatte einen erheblichen bürokratischen Auf29 Vgl. (auch zu den folgenden Bemerkungen) den Beitrag von Konrad Stauner in diesem Band. 30 Vgl. das Schema unten, Tafel 3; Beitrag Stauner. 31 Zu unserem insgesamt sehr beschränkten Wissen: G. P. Burton, Provincial Procurators and the Public Provinces, Chiron 23, 1993, 13–28. 32 K. Stauner, Das ofÀzielle Schriftwesen des römischen Heeres von Augustus bis Gallienus (27 v. Chr. – 268 n. Chr.). Eine Untersuchung zu Struktur, Funktion und Bedeutung der ofÀziellen militärischen Verwaltungsdokumentation und zu deren Schreibern, Bonn 2004, 91 ff. und öfter. 33 Von Stauner unter die Rubriken „operative Funktionen“, „Kontrolle“, „Referenz“ gestellt (Stauner, Schriftwesen [wie Anm. 32], 210 ff.). 34 Vgl. etwa Roman Military Records on Papyrus (ed. R. O. Fink), Cleveland (Ohio) 1971, Nr. 87, bes. den Beglaubigungsvermerk Z. 24 ff. 35 Zur (situationsabhängigen) Schriftförmigkeit von Befehlen: Stauner, Schriftwesen (wie Anm. 32), 119.

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wand zur Folge. So haben etwa die bei Chesterholm (Vindolanda) entdeckten Reste der Archive der dort um die Wende vom ersten zum zweiten Jahrhundert n. Chr. stationierten Einheit gezeigt, daß die zerstreut im Umland dislozierten, aus der cohors abkommandierten Späh- und Rekognosziergruppen etc. täglich ihren genauen Standort und ihre Vollzähligkeit in Form sogenannter renuntia an das Standortkommando zu melden hatten.36 Im zentralen Archiv der Einheit wurden dann regelmäßig, im Abstand von allenfalls einigen Tagen, Dokumentationen über das DislozierungsproÀl der Einheit erstellt (Zahl der für besondere Aufgaben Abkommandierten, Einsatz in Standortfabriken, Krankenstand u. a. m.).37 Und damit ist, wie soeben skizziert, nur ein kleinerer Teilbereich der DokumentationspÁichten jeder Einheit benannt. Es war daher nicht unrealistisch, als die Ausgräber des Forts in Vindolanda zu Beginn der Grabungen damit rechneten, bis zu 100 000 Schreibtafeln entziffern und konservieren zu müssen.38 So ist es dann zwar nicht gekommen, doch dies hat wohl seine Gründe eher in Zufällen der Überlieferungs- und Fundgeschichte; eine mehrere Jahrzehnte an einem Standort stationierte cohors milliaria hat zweifellos Dokumente in der Größenordnung der geschätzten Anzahl produziert, auch wenn eine Vielzahl von Alltagsdokumenten (wie renuntia, pridiana, Dienstpläne etc.) in gewissen Abständen entsorgt wurden, so daß sich wohl nicht Hunderttausende von Dokumenten in den Legions- und Auxiliararchiven stapelten.39 Das Schreibpersonal der militärischen Einheiten erreichte daher auch beträchtliche Größenordnungen,40 wie etwa die lambaesische Weihung der Schreibsoldaten aus dem ofÀcium des dortigen Legionslegaten zeigt, die in einem collegium von wenigstens 43 Mitarbeitern zusammengefaßt waren.41 Innerhalb des bürokratischen Dienstes bildeten sich Laufbahntypen und Hierarchien mit speziÀschen Soldstufen heraus.42 Auf der Ebene der Selbstverwaltung militärischer Einheiten Ànden sich nach dem Gesagten alle fünf der oben als charakteristisch für (proto-)bürokratische Organisationsformen benannten Elemente (regelmäßige Schriftförmigkeit von Verwaltungsakten; Vorhandensein von funktionalen Hierarchien; Existenz von regelhaften Beförderungskriterien; EfÀzienzorientierung; Finanzierung aus dem Staatshaushalt). Die beiden zuletzt genannten Aspekte müssen hier nicht ausführlich dokumentiert werden: daß den Militäreinheiten konkrete Aufgaben zugeschrieben waren, die sie efÀzient zu bewältigen hatten, ergibt sich aus den angeführten Sachverhalten (etwa der ausführlichen DokumentationspÁicht) implizit; und die Abhän36 Vgl. etwa Tab. Vindol. III 574 (dazu Stauner, OfÀzielles Schriftwesen [wie Anm. 32], 91 f.). 37 Vgl. bspw. Tab. Vindol. II 154 (dazu Stauner, OfÀzielles Schriftwesen [wie Anm. 32], 88 ff. mit der Parallelüberlieferung). 38 R. Birley, The Discovery of the Writing Tablets, E. Birley u. a. (Hrsgg.), Vindolanda, Research Reports, New Series, vol. II: The Early Wooden Forts. Reports on the Auxiliaries, the Writing Tablets, Inscriptions, Brands and GrafÀti, Hexham 1993, 9–17. 39 Vgl. etwa die „Entsorgungsgeschichte“ des Archivs von Vindonissa: M. A. Speidel, Die römischen Schreibtafeln von Vindonissa, Brugg 1996, 13–15. 40 Vgl. etwa R. W. Davies, Service in the Roman Army, Edinburgh 1989, 43 ff.; Stauner, Schriftwesen (wie Anm. 32), 113 ff. 41 AE 1898, 109; Y. LeBohec, La troisième légion Auguste, Paris 1989, 193; Stauner, Schriftwesen (wie Anm. 32), 467 f. 42 Speidel, Schreibtafeln (wie Anm. 39), 57–64.

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gigkeit der kaiserzeitlichen Berufsarmee vom zentralen Staatshaushalt ist häuÀg ausführlich behandelt worden.43 Im Kontext der Binnenadministration kann also sicherlich von einer protobürokratischen Formalisierung gesprochen werden. Ein weiterer Aspekt soll noch unter dieser ersten Rubrik („Selbstverwaltung militärischer Einheiten“) angesprochen werden, obwohl auch eine Zuordnung zum Folgeabschnitt („Das Ausgreifen militärischer Selbstverwaltungsformen auf nichtmilitärische Felder“) denkbar wäre; die Übergänge sind hier Áießend, und manches ist von geringfügigen Verschiebungen in der Akzentuierung abhängig: Wenn man die Selbsterwaltung der Einheiten als solche in den Blick nimmt, so führt bereits diese Betrachtungsweise über sich hinaus, denn die Einheiten organisierten ja nicht nur sich selbst (ihre Binnenstruktur, das Personal, die Versorgung und die archivalische Dokumentation), sondern ja auch ihre Präsenz in einer gegebenen Region und gaben damit dieser Stationierungsregion ein speziÀsches administratives Gepräge. Die Typologie und Intensität der militärischen administrativen Präsenz unterschied sich abhängig von der Dichte und Struktur der Besiedlung. Tendenziell zeigen, jedenfalls in der Überlieferung, dünn besiedelte und/oder wenig urbanisierte Gebiete eine höhere Intensität militärischer Administration als solche mit hoher städtischer Dichte. So scheint etwa die Provinz Asia im Vergleich zu anderen Provinzen verhältnismäßig schwächer von militärisch-administrativen Strukturen durchdrungen gewesen zu sein.44 Allerdings ist generell damit zu rechnen, daß in städtereichen Provinzen Garnisonen, stationes u. ä. häuÀg innerhalb von Städten lokalisiert waren, wo sie geringere archäologische Spuren in der Überlieferung hinterlassen haben.45 Eine weiträumig verstreute und vernetzte Militärpräsenz und entsprechend von militärischer Administration durchdrungene Landschaften lassen sich bspw. mehrfach in Nordafrika nachweisen. Das bekannteste Beispiel einer solchen militärisch konrollierten Landschaft hat unter anderem R. Rebuffat in mehreren ausführlichen Studien über die Ostraka von Bu Njem (Gholaia) illustriert.46 In Gholaia, ungefähr 300 km südöstlich von Lepcis Magna in der tripolitanischen Wüste gelegen, war zwischen 201 und 259/63 eine kleine Einheit stationiert. Es handelte sich um eine Vexillation der legio III Augusta (zeitweise ergänzt durch einen nicht näher identi43 K. RaaÁaub, ‚Die Militärreformen des Augustus und die politische Problematik des frühen Prinzipats¶, G. Binder (Hrsg.), Saeculum Augustum I (Wege der Forschung 266), Darmstadt 1987, 246–307. Zu den langfristigen Konsequenzen, die die von Augustus durchgesetzte Umstellung von einem Miliz- zu einem stehenden Berufsheer für die Àskalische Entwicklung des Imperium hatte, vgl. etwa Eich, Berufsheer (wie Anm. 9). 44 Wobei innerhalb dieser Provinz erhebliche regionale Unterschiede zu verzeichnen sind; vgl. bspw. C. Brélaz, La sécurité publique en Asie Mineure sous le Principat (Ier–IIIème s.ap. J.-C.): Institutions municipales et institutions impériales dans l·Orient romain, Basel 2005. 45 Vgl. allgemein zu dem Phänomen M. C. Bishop, Praesidium: Social, Military, and Logistical Aspects of the Roman Army·s Provincial Distribution during the Early Principate, in A. Goldsworthy, I. Hynes (Hrsgg.), The Roman Army as a Community (Journal of Roman Archaeology, Suppl. Ser. 34), Portsmouth (Rhode Island) 1999, 111–118. 46 R. Rebuffat, L·armée romaine à Gholaia, in G. Alföldy, B. Dobson, W. Eck (Hrsg.), Kaiser, Heer und Gesellschaft in der römischen Kaiserzeit, Stuttgart 2000, 227–260; ders., Une zone militaire et sa vie économique: le limes de Tripolitaine, in Armées et Àscalité dans le monde antique (Colloque Paris 1976; Colloques Nationaux du C.N.R.S. 936), Paris 1977, 395–419.

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Àzierbaren numerus conlatus)47, die nach AuÁösung dieser Legion 238 n. Chr. offenbar unter dem Namen vexillatio golensis an ihrem angestammten Stationierungsort verblieb (Armée [wie Anm. 46], 230). Dieser Garnisonsort Gholaia war, in der Formulierung Rebuffats, partie d·un réseau coordonné de forteresses (228). Das von Rebuffat näher untersuchte Festungssystem war verbunden durch ein annähernd quadratisches Itinerar von etwa 150 – 200 km Seitenlänge, zuzüglich zweier castella, die entlang einer südöstlich von Gholaia führenden Straße liegen. Das Netz dürfte dichter, d. h. auch die Anzahl der castella höher gewesen sein, zudem griff das Netzsystem der über Militärstraßen verbundenen Forts viel weiter aus (vgl. die Karte bei Rebuffat, 254). Die heute bekannten und untersuchten Forts bilden jedoch bereits ein relativ engmaschiges System von Kleinkastellen, die in der Regel mit 12 – 15 Mann Besatzung ausgestattet gewesen sein dürften (insgesamt ca. 200 Mann in den archäologisch und/oder in den Ostraka dokumentierten Kleinkastellen der näheren Umgebung48). Die für die Garnison von Gholaia selbst in den Ostraka (für die 50er Jahre des 3. Jh.) gegebenen effektiven Zahlen bewegen sich, von größeren zeitweisen „Ausschlägen“ abgesehen, zwischen 40 und 68 Mann,49 von denen regelmäßig größere Teile außerhalb des Lagers eingesetzt wurden. Das Lager von Gholaia verfügte über ein (ergrabenes) scriptorium (237 u. Plan 259), in dem im wesentlichen alle oben skizzierten Aufgaben der Binnenadministration einer römischen Militäreinheit wahrgenommen wurden (Personalstandserfassung, dislokatorische Abbildung, Diensteinteilung, Rechenlegung, Kontrolle und Dokumentation der Versorgungsgüterzufuhr).50 Da die Einheiten bzw. Teileinheiten jedoch über ein größeres Gebiet verstreut innerhalb eines réseau coordonné de forteresses disloziert war, resultiert aus dieser Selbstverwaltung der einzelnen Garnisonen eine administrative Durchdringung der Region (in der das Militär der bei weitem dominierende Faktor war) oder, anders gewendet, die militärische Organisation der eigenen Präsenz in einem gegebenen Raum. Daß zerstreute Dislozierungen dieses Typs in Nordafrika ein weit verbreitetes Phänomen waren, haben vor allem die Studien von M. Khanoussi nachgewiesen51 (auch wenn nicht durchweg mit der Kastelldichte des limes Tripolitanae zu rechnen ist).52 47 Sc. eine aus Soldaten unterschiedlicher Stammeinheiten für eine bestimmte Zeit und für eine bestimmte Aufgabe zusammengesetzte Einheit ohne dauerhafte Identität. 48 Rebuffat, L·armée romaine (wie Anm. 46), 232. 49 R. Marichal, Les ostraca de Bu Njem (Suppléments de Libya Antiqua 7), Tripoli 1992, 71 f. 50 Überblicksartige Darstellung bei Rebuffat, L·armée romaine (wie Anm. 46), 232–240; ausführliche Dokumentation bei Marichal, Les ostraca (wie Anm. 49), 49–116. 51 M. Khanoussi, Présence et rôle de l·armée romaine dans la région des Grandes Plaines (Afrique Proconsulaire), in L·Africa Romana IX, Sassari 1992, 319–328; ders., Noveaux documents sur la présence militaire dans la colonie julienne-augustéenne de Simitthus (Chintou, Tunisie), CRAI 1991, 825–838 und ders., L·armée romaine et la police des domaines impériaux en Afrique proconsulaire, in L·Africa Romana. Atti del XIII convegno di studio (1998), Roma 2000, 1131–1137. 52 S. bspw. auch N. Benseddik, Septime Sévère, P. Aelius Peregrinus Rogatus et le limes de Maurétanie Césarienne, in Cl. Lepelley, X. Dupuis (Hrsgg.), Frontières et limites géographiques de l·Afrique du Nord antique. Hommages à P. Salama. Actes de la table ronde 1997, Paris 1999, 89–107.

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Aspekte dieser Organisationsform (réseau coordonné de forteresses) waren unter anderem: (1) Die Reglementierung der Requirierungsleistungen, die die einheimische Bevölkerung zu erbringen hatte;53 (2) die Überwachung, Registrierung und Dokumentation der entsprechenden Transportbewegungen von den Gestellungsorten bis zu den Lagertoren; (3) die Aufrechterhaltung eines permanenten Nachrichten- und Kontrollsystems innerhalb der Anwesenheitsregion;54 (4) die Durchführung und Beaufsichtigung der Selbstversorgungsleistungen der Truppe (Wassertransport, Holzschlag, Viehweide, Geldtransport55 etc.) und die Verarbeitungen und Konsumierung der betreffenden Güter (belegt sind Arbeiten an Getreidemühlen, Schmieden, Webstühlen, Backöfen, beim Heizofen des Bades, sowie Bauarbeiten u. a.).56 Damit verbunden war natürlich eine permanente Kontrolle der Bewegungen und Aufenthaltsorte der verschiedenen Gruppen und Kleinstgruppen, die aus den Garnisonen gebildet wurden. Die genannten Funktionen sind nur beispielhaft gewählt, einige zentrale Momente sind nicht genannt, wie etwa die Aufrechterhaltung des Droh- und Zwangspotentials, das den militärischen Kernbereich ausmachte und erst eigentlich die „Organisation der eigenen Präsenz in einem gegebenen Raum“ für das Militär notwendig machte. Es dürfte jedoch deutlich geworden sein, daß der skizzierte militärische Organisationstyp protobürokratischen Verwaltungsformen wesentlich näher kommt als etwa das Verwaltungshandeln einer kaiserzeitlichen civitas, das Elemente wie permanente Aufenthalts- und Bewegungsdokumentation oder zentral (von einem Einsatzzentrum aus) gelenkte Versorgungsgüterbeschaffung nicht kannte. Die im vorhergehenden anhand des Kastellnetzwerkes der tripolitanischen Wüste skizzierte militärische Organisationsform darf wohl als typisch für solche, von Militärpräsenz geprägte Räume gelten.57 Das tripolitanische Kastellnetzwerk stand Mitte des dritten Jahrhunderts unter dem Kommando eines procurator Augustorum (et) praepositus limitis (regionis?) Tripolitanae58, der seinerseits dem legatus Augusti in Lambaesis zugeordnet war. Die Titulatur markiert wohl eine Zwischenstufe in der Entwicklung, die von der gelegentlichen Betreuung von Fiskalprokuratoren mit kleineren Spezialkommandos in Grenznähe59 über die Übertragung „kombinierter“ Kommandos (als [procurator et] praepositus) in deÀnierten Grenzab53 54 55 56 57

Marichal, Les ostraca (wie Anm. 49), 56 ff.; 99 ff. Marichal, Les ostraca (wie Anm. 49), 49 ff.; Rebuffat, L·armée romaine (wie Anm. 46), 238. Vgl. R. W. Davies, Ratio and opinio in Roman Miltary Documents, Historia 16, 1967, 115–118. Marichal, Les ostraca (wie Anm. 49), 76 ff.; Rebuffat, L·armée romaine (wie Anm. 46), 239. Die Quellenbezeugung ist nicht sehr dicht (zu erinnern ist daran, daß das gesamte von Marichal, LeBohec und Rebuffat rekonstruierte réseau coordonné de forteresses von der AufÀndung eines sehr kleinen Teils des Archivs von Gholaia abhängig war. Ohne diesen Fund wäre das ganze System im dunklen geblieben). Vgl. vor allem J. F. Gilliam, The Dux Ripae at Dura, in Roman Army Papers (Mavors Roman Army Researches 2), Amsterdam 1986, 158–175, für die Dokumentation solcher speziellen Militärzonen. Für weitere Parallelen vgl. den Überblickartikel von C. R. Whittaker, Supplying the Army. Evidence from Vindolanda, in P. Erdkamp, The Roman Army and the Economy, Amsterdam 2002, 204–234 und die folgenden Anmerkungen. 58 Vgl. die Inschriftenedition R. Rebuffat, Libya Antiqua 15/16, 1978/9 (ersch. 1987), 125–139, 128. Dazu jetzt mit verbesserter Lesung und umfangreichem Kommentar Y. Le Bohec, La genèse du limes dans les provinces de l·Empire romain, RHD 69, 1991, 307–330. 59 Vgl. z. B. RIB 1234.

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schnitten60 wie dem angeführten limes (regionis) Tripolitanae oder etwa dem limes Tentheianus61 bis zu den institutionalisierten duces limitis der Spätantike führte.62 Es leuchtet ein, daß das Potential des skizzierten Verwaltungstyps („organisierte Anwesenheit“) ausdehnbar war, wenn es sich etwa darum handelte, die römische Präsenz in besonders sensiblen (also vor allem: rohstoffreichen) Regionen zu organisieren. Diese Bemerkungen führen bereits auf den folgenden Abschnitt: (b) Das Ausgreifen der militärischen Selbstverwaltungsformen auf nicht-militärische Felder, aber innerhalb des militärischen Kontexts oder Umfelds Wie bereits betont, kann darüber gestritten werden, wo die Trennlinien zwischen den Unterkapiteln genau gezogen werden sollen. Doch andererseits besteht kein Zweifel, daß es ein solches (b) Ausgreifen über eigentlich militärische Aufgaben hinaus gab. Zunächst sind die von Tacitus so genannten agri vacui militum usui sepositi63 zu erwähnen, d. h. die in den epigraphischen Quellen meist als prata (legionis) bezeichneten, den jeweiligen militärischen Einheiten zu ihrer Verwendung zugeschlagenen Nutzterritorien.64 Diese Territorien mußten zunächst erfaßt, also unter anderem vermessen, gegenüber Nachbarterritorien abgegrenzt und archivalisch dokumentiert werden.65 Dann schloß sich die (unter Umständen auch proÀtorientierte)66 Nutzung an.67 Diese ist, zwar immer nur vereinzelt und in chronologisch und regional verstreuten Nachrichten, aber doch in einem recht weiten Spektrum belegt. Neben der agrarischen Nutzung im engeren Sinne Ànden sich Nachweise für holzund weidewirtschaftliche Verwertung.68 Die Anzahl von Tieren auf den Legionster60 Vgl. jetzt auch Chr. Witschel, Die Situation im römischen Afrika während des 3. Jahrhunderts, K. P. Johne u. a. (Hrsg.), Deleto paene imperio Romano. Transformationsprozesse des römischen Reiches im 3. Jh. und ihre Rezeption in der Neuzeit, Stuttgart 2006, 145–222, darin 189–191: „Die Verwaltungsgeschichte der afrikanischen Provinzen: ein Kurzabriß“. 61 IRT 880 (nach der Konjektur von Le Bohec). In Z. 6 ist noch zu lesen (…) Gallicano […]ve praep(osito) limitis. 62 Le Bohec, Genèse du limes (wie Anm. 58), 313 ff. S. aber auch Eich, Metamophose (wie Anm. 14), 129 ff. 63 Tac., Ann. 13,54,1. 64 Vgl. zum Folgenden auch: A. Móscy, Zu den Prata Legionis, in Pannonien und das römische Heer. Ausgewählte Aufsätze, Stuttgart 1992, 121–124; ders., Das Territorium Legionis und die Cannabae in Pannonien, ibid., 125–160. 65 H. von Petrikovits, Militärisches Nutzland in den Grenzprovinzen des römischen Reiches, in Beiträge zur römischen Geschichte und Archäologie, Bd. 2 (Bonner Jahrbücher Beihefte 91), Köln 1991, 55–77, 60. S. auch O. Stoll, Armee und Agrarwirtschaft. Die „Stationen“ vor dem norisch-pannonischen Limes und die Landwirtschaft im „Freien Germanien“, in ders., Römisches Heer und Gesellschaft. Gesammelte Beiträge 1991 – 1999, Stuttgart 2001, 452–511. 66 Vgl. z. B. Tab. Vindol. II 178 (reditus castelli). 67 Petrikovits, Militärisches Nutzland (wie Anm. 65), 60 ff., bes. 63; Whittaker, Supplying the Army (wie Anm. 57), 223. 68 Umfangreiche Literatur und Quellen bei M. Nenninger, Die Römer und der Wald: Untersuchungen zum Umgang mit einem Naturraum am Beispiel der römischen Nordwestprovinzen (Geographica Historica 16), Stuttgart 2001, 274 ff. („Holzversorgung und -verarbeitung im römischen Militär“). Nutzung der Steinbrüche: Hanel, Militär als Wirtschaftsfaktor (wie Anm. 5), 125 f.

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ritorien schätzt A. Móscy auf jeweils wenigstens 5000.69 Dabei handelte es sich sowohl um Reit-, Trag- und Zugtiere, als auch um Tiere für die Fleischversorgung, sowie für die Milch-, Wolle- und Ledergewinnung. Die Zuchttierhaltung war verbunden mit nutzungswirtschaftlichen Elementen. H. von Petrikovits verweist auf die Existenz legionseigener Schlachthöfe unter der Leitung militärischer Chargen, den signiferi leg(ionis) agentes cura(m) macelli (vgl. CIL VIII 18224). Hinzukam der Bau und die Betreuung winterfester Ställe sowie von veterinaria, die von Militärpersonal betreut wurden. Die Verarbeitung von Wolle, Leder etc. erfolgte offenbar partiell in militäreigenen Manufakturen.70 Abgesehen von der Verwertung landwirtschaftlicher Güter wurden noch eine Reihe weiterer Produkte auf den Legionsterritorien in Militärmanufakturen (fabricae) hergestellt oder instandgesetzt. Zwar ist in jüngerer Zeit von verschiedenen Forschern darauf aufmerksam gemacht worden, daß das von Vegetius rückblickend formulierte Selbstversorgungsideal nicht der Realität entsprach und Waffen wie auch Rüstungsmaterial aus externen Quellen zugekauft bzw. ihre Produktion als munus angeordnet wurde.71 Doch zeigen dieselben Studien, daß diese externe Versorgung, zumindest im Westen,72 nur ergänzend gewesen ist und wahrscheinlich vor allem individuelle Liebhaber- oder Vorzeigestücke betraf.73 (Im frühen Prinzipat stand es den Soldaten frei, sich Waffen nach ihrem Geschmack anfertigen zu lassen, sie mußten allerdings die zusätzlichen Kosten – über den obligatorischen Soldabzug hinaus – dafür selbst tragen.) Die archäologischen Hinweise sprechen massiv dafür, daß Manufakturen, die der Herstellung, vor allem aber der Instandhaltung von Waffen dienten, zur Standardausstattung aller Einheiten gehörten.74 Zu den militärinternen Dienstleistungen gehörte auch der Aufbau, die personelle Besetzung und die Leitung von Lazaretten.75 Wahrscheinlich gehörten valetu69 Territorium (wie Anm. 64), 154. 70 M. C. Bishop, The Military Fabricae and the Production of Arms in the Early Principate, in ders. (Hrsg.), The Production and Distribution of Roman Military Equipment, Proceedings of the Second Military Equipment Research Seminar (BAR Intern. Ser. 275), Oxford 1985, 1– 42. 71 Vgl. die Überblicke von M. Feugère, Les armes des Romains de la république à l·antquité tardive, Paris 1993, 109–171; P. Cosme, Les fournitures d·armes aux soldats romains, in L. de Blois, E. Lo Cascio (Hrsgg.), The Impact of the Roman Army (200 B. C. – A. D. 476). Economic, Social, Political, Religious and Cultural Aspects (Proceedings of the 6th Workshop of the Network ‚Impact of Empire·), Leiden u. a. 2007, 239 – 260. 72 Für das östliche Imperium ist die Quellenlage, speziell auch die archäologische, viel schlechter als für den Westen. 73 Cosme, Fournitures d·armes (wie Anm. 71), 252. 74 Cosme, Fournitures d·armes (wie Anm. 71), 241 und vor allem M. C. Bishop, The Distribution of Military Equipment within Roman Forts of the First Century AD, in C. Unz (Hrsg.), Studien zu den Miltärgrenzen Roms 3, Stuttgart 1986, 719–721; ders., Military fabricae (wie Anm. 70); C. van Driehl-Murray, M. Gechter, Funde aus der fabrica der legio I Minervia am Bonner Berg, Bonn 1984; J. C. N. Coulston, How to arm a Roman Soldier, in M. Austin u. a. (Hrsgg.) Modus Operandi. Essays in Honour of Geoffrey Rickman, London 1988, 167–190, 171 ff. 75 Vgl. zum Folgenden vor allem J. C. Wilmanns, Der Sanitätsdienst im Römischen Reich. Eine sozialgeschichtliche Studie zum römischen Militärwesen nebst einer Prosopographie des Sanitätspersonals, Hildesheim u. a. 1995.

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dinaria zur Standardausstattung aller größeren römischen Standlager und wohl auch Marschlager76 (nicht dagegen kleinerer Garnisonslager mit starker Fluktuation). Die Leitung eines Legionslazaretts durch einen optio valetudinarii war eine militärische Dienststellung,77 die an relativ früher Stelle in einschlägigen militärischen Laufbahnen eingegliedert war. Charakteristischerweise waren den optiones librarii für die Buchhaltung des Lazaretts zugeordnet. Das leitende medizinische Personal wurde vermutlich außerhalb des Militärs rekrutiert, hatte jedoch militärische Rangstellungen inne (so die leitenden Ärzte der Legionen als medici ordinarii bzw. medici centuriones) und war „administrativ Zenturien zugewiesen.“78 Das aus der jeweiligen Einheit zum Lazarettdienst abkommandierte Personal konnte sich eine kollegiale Organisationsform geben, wie es für militärische Chargen, die aus dem gewöhnlichen Dienstalltag ausgegliedert waren, häuÀger belegt ist. Für die in Lambaesis stationierte legio III Augusta sind etwa (neben den optiones) capsarii, pequarii (pecuarii), librarii und discentes capsariorum bezeugt (CIL VIII 2553 = ILS 2438, Z. 6). Der Sanitätsdienst verfügte demnach neben dem Leitungspersonal, der Buchführung und den im eigentlichen Sinne Lazarettdienst Leistenden auch über eine eigene Ausbildungsabteilung.79 Der betreffende Tätigkeitsverband konnte damit, wenn man davon absieht, daß die Personalzufuhr (Auswahl und Zuweisung) und die Absteckung des Tätigkeitsinhalts durch die Einheitsleitung vorgenommen wurden, verhältnismäßig autark arbeiten. Es handelt sich, wenn man die zugespitzte Formulierung gelten läßt, um eine weitgehende Auslagerung von Kapazitäten innerhalb der Militäreinheiten. Bisher sind vor allem Strukturen und Vorgänge innerhalb der militärischen Lager und ihrer Territorien betrachtet worden. Mit dem nächsten Schritt wird dieser Bereich verlassen, indem die infrastrukturelle Erschließung und Betreuung größerer Gebiete innerhalb des Reiches in den Blick genommen werden. In diesem Kontext bietet es sich an, zunächst ein besonders gut dokumentiertes und erforschtes Exempel eines durch militärische Potentiale infrastrukturell erschlossenen und betreuten Gebietes zu erwähnen, nämlich des mons Berenicidis oder Beronices (also der „berenikidischen Wüste“) östlich des Nils. Wie andere vergleichbare militärisch kontrollierte und erschlossene Gebiete handelte es sich um ein durch Rohstoffreichtum ausgezeichnetes Territorium (Porphyr, Granit, Gold u. a.). Die römische Armee war in dieser Region in ungefähr 70 Kastellen präsent,80 die mit Garnisonen, die aus verschiedenen Auxiliareinheiten für 76 H. von Petrikovits, Die Spezialgebäude römischer Legionslager, in A. Viñayo González (Hrsg.), Legio VII Gemina, León 1970, 227–251, 231, verweist für Marschlager auf Pseudo-Hyginus, Mun. castr. 4 u. 35. 77 Organisatorisch war sie innerhalb der Legion dem praefectus castrorum zugeordnet (Veg., De re mil., 2,10); für die anderen Einheitstypen fehlen Nachrichten. 78 O. Stoll, „Medicus centurio“ (PSI 1063). Ein SanitätsofÀzier mit taktischem Kommando? Probleme, Hypothesen, Lösungen, Jahrbuch des Zentralmuseums Mainz 50, 2003, 329–354, 333. 79 Zur Tätigkeit der capsarii gehörte unter anderem die Bergung und unmittelbare Versorgung von Verwundeten; vgl. die Illustration bei R. W. Davies, The Roman Military Medical Service, Saalburg Jahrbuch 27, 1970, 84–104, 88, vgl. auch A. Man, capsarius, RE III 2 (1899), 1553 f. 80 Vgl. die Karte V. A. MaxÀeld, The Deployment of the Roman auxilia in Upper Egypt and the Eastern Desert during the Principate, in G. Alföldy, B. Dobson, W. Eck (Hrsg.), Kaiser, Heer

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bestimmte Fristen abkommandiert waren, besetzt waren. In den kleinen Kastellen ist mit einer Besatzung von etwa acht bis fünfzehn (im Durchschnitt zwölf) Soldaten, bei den größeren mit etwa sechzig Soldaten81 zu rechnen. Da wohl fünf solcher „größeren“ Kastelle existiert haben, ergibt sich eine Gesamtgarnison im mons Berenicidis von ca. 1140 Soldaten, wobei diese exakt klingende Zahl nicht darüber hinwegtäuschen darf, daß sie anhand von geschätzten Durchschnittsgrößen ermittelt worden ist. Ungefähr 1000 Soldaten als Gesamtgarnison ist jedoch eine realistische Größenordnung. Wenn man für die Provinz Aegyptus zur Zeit seiner wohl größten Stärke einen Auxiliarbestand von ca. 9900 Soldaten (um 156 / 61 n. Chr.) ansetzt,82 dann war etwa ein Zehntel (eher mehr als weniger) der in Ägypten83 stationierten auxiliarii im militärischen Sperrgebiet der berenikidischen Wüste eingesetzt. Schon 1910 hat K. Fitzler vierzehn Steinbruchgebiete in Ägypten gezählt, die wenigstens teilweise (d. h. wenn man sich nur an den positiven Belegen orientiert, vermutlich trifft dies jedoch für alle Abbaugebiete zu)84 durch Militär gesichert waren.85 Ohne daß genauere statistische Angaben zum jetzigen Zeitpunkt möglich wären, ist doch aus dem Gesagten auf eine erhebliche Belastung des ägyptischen Militärs allein durch den Einsatz auf dem Gebiet der Rohstoffsicherung zu schließen.86 Die Kastelle im mons Berenicidis sicherten ein Straßennetz und an diesen Straßen die Brunnen und Wasserstellen (hydreumata). Das gesamte System stand unter

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und Gesellschaft in der römischen Kaiserzeit, Stuttgart 2000, 407–441, 408. Es ist nicht sicher, ob alle Forts jeweils gleichzeitig besetzt waren (auf der anderen Seite sind mit Sicherheit auch noch nicht alle Standorte identiÀziert). Die Anzahl 70 (minus x nicht besetzte Forts, plus x noch nicht identiÀzierte Forts) entspricht jedenfalls der Phase der stärksten Truppenpräsenz im mons Berenicidis in der ersten Hälfte des zweiten Jahrhunderts. S. zur Problematik auch M. J. Klein, Untersuchungen zu den kaiserlichen Steinbrüchen an Mons Porphyrites und Mons Claudianus in der östlichen Wüste Ägyptens, Bonn 1988. Das Lager am mons Claudianus (0,46 ha) beherbergte 60 Soldaten (M.C. Inv. Nr. O 1538 und 2931; vgl. MaxÀeld, Deployment (wie Anm. 80), 432, und H. Cuvigny, L·organigramme du personnel d·une carrière impériale d·après un ostracon du Mons Claudianus, Chiron 35, 2005, 309–353, 309 ff., bes. 334 ff.). MaxÀeld zählt (loc.cit., 432 f.) fünf weitere Lager dieser Größenordnung in der berenikidischen Wüste. Als Unsicherheitsfaktor auf der Minusseite ist zu verzeichnen, daß wir nicht wissen, ob die Größe der Lager regelmäßig vollständig ausgenutzt wurde; auf der Plusseite ist demgegenüber zu erwähnen, daß die größeren Standorte an der Westseite der Region (wie Contrapollonopolis maior, Hierakonpolis, Caenopolis [vgl. die Karte, ibid. 408]) nicht in die Auswertung mitaufgenommen worden sind. Die Jahreszahlen beziehen sich auf das Diplom CIL XVI 184, das vier alae und zwölf cohortes auÁistet. Vgl. dazu MaxÀeld, Deployment (wie Anm. 80), 434 („The diploma […] shows the army at its largest, when comparing with numbers given in other diplomas“). Weitere Daten zur Zusammensetzung und Größe des Auxiliarheeres ebd. Vereinzelt sind auch Detachments von außerägyptischen Einheiten, etwa der palmyrenischen sagittarii, belegt; vgl. MaxÀeld, Deployment (wie Anm. 80), 426. Vgl. P. Le Roux, Exploitations minières et armées romaines: essai d·interprétation, in Cl. Domergue (éd.), Mineria y metalurgia en las antiguas civilizaciones mediterraneas y europeas (Col. Madrid Oktober 1985), Bd. 2, Madrid 1989, 171–181. K. Fitzler, Steinbrüche und Bergwerke im ptolemäischen und römischen Ägypten. Ein Beitrag zur antiken Wirtschaftsgeschichte, Leipzig 1910. Zu weiteren nicht-militärischen Einsatzfeldern der in Ägypten stationierten Soldaten vgl. B. Palme in diesem Band.

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dem Kommando eines praefectus praesidiorum et montis Berenicidis.87 Zu den zentralen Aufgaben88 der praesidia gehörte: – –

– – – –

die Sicherheit der Bewegung innerhalb der Abbauregion durch Eskorten und den Unterhalt des Systems von Relaisstationen zu gewährleisten; ein dichtes und schnell funktionierendes Nachrichtennetz innerhalb der Region aufrecht zu erhalten (was sowohl aufgrund der Unwirtlichkeit der Landschaft als auch aufgrund der feindseligen Haltung der lokalen Bevölkerung notwendig war); die Versorgung der sich in der Region bewegenden Menschen und Tiere (z. B. durch Unterhaltung von Tränken im Bereich der Lager/hydreumata; Requirierung von Proviant aus verschiedenen Landesteilen;89 die Kontrolle und Beaufsichtigung der Bergbau- und Transporttätigkeit; der Aufbau und die Instandhaltung des Straßen- und Transportsystems innerhalb der berenicidischen Wüste; (nur fakultativ) die Durchführung bestimmter technischer Arbeiten; etwa die Erschließung von Minen (Aufspürung erzreicher Lager oder Granit-/Porphyrvorkommen), „Sprengungen“; vielleicht Unterstützung bei der Entwicklung und dem Bau größerer Maschinen wie der in der Region eingesetzten Lastentransporter, deren Größe wohl private Unternehmenskapazitäten überstieg. Mit Bergbauarbeiten im eigentlichen Sinn waren Soldaten in der Regel jedoch nicht betraut.90

Diese Aufgabenstruktur ist aufgrund der reichhaltigen Ostrakafunde aus der Region gut rekonstruierbar. In anderen Regionen ähnlichen (oder partiell ähnlichen) Typs stehen neben archäologischen Quellen nur Inschriften zur Verfügung, so daß der Mitteilungstypologie der epigraphischen Quellen zufolge ganz vordringlich Funktionärsbezeichnungen, jedoch kaum Funktionsabläufe überliefert sind. Präzise Analogien zu dem Befund der berenikidischen Wüste sind nicht zu erwarten (dafür sind schon die landschaftlichen Besonderheiten der ostägyptischen Region zu ausgeprägt, die im besonderen eine Kontrolle der Wasserstellen erzwang), doch haben eine Reihe sorgfältiger Studien einzelner militärisch geprägter Verwaltungsgebiete es ermöglicht, die typologischen Gemeinsamkeiten zu sehen. Die Literatur zu anderen Abbauregionen kann hier nicht ausführlich diskutiert werden. Die Anhaltspunkte, die 87 Vgl. ILS 2699. Zur Entwicklung der Kommandostruktur A. Bülow-Jacobsen, H. Cuvigny, Sulpicius Serenus, procurator Augusti, et la titulature de préfets de Bérénice, Chiron 37, 2007, 11–34. 88 Die folgende Aufzählung ist kombiniert aus den Forschungsergebnissen von H. Cuvigny (Hrsg.), La route de Myos Hormos. L·armée romaine dans le désert Oriental d·Égypte. Praesidia du desert de Bérénice, 2 Bde., Paris 2003, 1, 326–333 (verfaßt von der Herausgeberin); dies., L·organigramme (wie Anm. 81), 309 ff.; MaxÀeld, Deployment (wie Anm. 80), 424– 434. 89 Vgl. jetzt die Überblicksdarstellung von C. Adams, Land Transport in Roman Egypt. A Study of Economics and Administration in a Roman Province, Oxford 2007, vor allem 210 ff. 90 Sehr (vielleicht zu) skeptisch gegenüber der älteren Literatur Cuvigny, L·organigramme (wie Anm. 81), 335 f. MaxÀeld, Deployment (wie Anm. 80), 424, verweist auf Belege für Soldateneinsatz im Bergbau (vgl. unten Anm. 103).

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auf typologische Gemeinsamkeit bezüglich der Rolle des Militärs hindeuten, sind verstreut überliefert, ein ganzheitliches Szenario, wie es sich für den mons Berenicidis wenigstens in Umrissen entwerfen läßt, ist in keinem anderen Fall möglich. Doch sei auf einige hier interessierenden Überlieferungsbruchstücke verwiesen. Allgemein ist vorauszuschicken, daß die ostägyptischen Abbauregionen Züge militärischer Sperrgebiete trugen, in denen die gesamte administrative Hoheit beim Militär lag und deren Betreten genehmigungspÁichtig war (OGIS 674). Das ist bei den im folgenden erwähnten militärisch geprägten Regionen nicht der Fall: In der Regel war hier das Militär ein (für bestimmte historische Phasen) dominanter, aber nicht der einzige Faktor, der die römische Reichsgewalt repräsentierte und ihren Willen durchsetzte. Insofern bilden sie eine „Mittelform“ zwischen militärisch regierten Gebieten wie dem mons Berenicidis und weitgehend „zivil“ kontrollierten Regionen (wie dem Italien der hohen Kaiserzeit). Einen materialreichen Überblick über solche vom Militär zeitweise dominierten „Mischregionen“ hat G. Forni gegeben.91 Phasen stark verdichteter militärischer Dominanz in einer Region lassen sich – kaum überraschend – vor allem im Zuge von schwierigen Eroberungen und den anschließenden Jahrzehnten in rohstoffreichen Gebieten nachweisen. Dies gilt bspw. in Nordwestspanien von 27 v. Chr. bis 40 bzw. 70 n. Chr. als die Garnison von drei auf zwei und anschließend auf eine Legion verringert wurde.92 Forni spricht von einem „tipo di occupazione militare (…) con gli accampamenti-base delle legioni, e successivamente dell·unico accampamento legionario in León, situati ai margini esterni della zona da vigilare, collegati da strade ai forti e ai piccoli presidî-dislocati all·interno e all·esterno“,93 also von einer systematischen Einhegung und infrastrukrurellen Durchdringung der betreffenden Region, an der natürlich neben den Legionen auch Auxiliarformationen und -detachments beteiligt waren.94 Analoge Phänomene beschreibt Forni für Illyricum (217 ff.), Thrakien (222 ff.)95 und vor allem in Wales (passim). Wales steht auch im Mittelpunkt des Forschungsüberblickes von G. Boon zu den britischen Metallterritorien, der zeitlich parallel zu Forni arbeitend zu ähnlichen Ergebnissen gekommen ist. Aufgrund seiner Analyse der Stempel auf den in Somerset gefundenen Bleibarren schloß Boon, daß die privaten Konzessionäre, Subunternehmer und Arbeiter unter einer formellen und strikten Kontrolle arbeiteten, die nach Lage der Dinge kaum anders als militärisch ausgeübt gewesen sein kann.96 Bezeichnenderweise wurde das frühe walisische Legionslager Caerlon-Isca in unmittelbarer Nähe der ersten, wohl noch auf die claudische Zeit zurückgehenden Förderanlagen errichtet.97 Vergleichbare „dominante Positionierungen“ in Kontakt zu 91 L·occupazione militare romana della Spagna nord-occidentale: Analogie e paralleli, in A. Viñayo González (Hrsg.), Legio VII Gemina, León 1970, 207–225. 92 Forni, Occupazione militare (wie Anm. 91), 218 f. 93 Forni, Occupazione militare (wie Anm. 91), 221. 94 Forni, Occupazione militare (wie Anm. 91), 207 f. 95 Dort im Rahmen einer reinen Auxiliargarnison. 96 G. Boon, Aperçu sur la production des métaux non ferreux dans la Bretagne romaine, Apulum 9, 1971, 454–503, 459: „sous un contrôle formel et strict“. Die Wendung ist an dieser Stelle auf zwei Konzessionäre (aus der vespasianischen Zeit) bezogen; Boon geht jedoch generell von einer strikten Kontrolle des Förder- und Transportprozesses aus. 97 Boon, Production des métaux (wie Anm. 96), 461.

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oder innerhalb von Bergbauregionen lassen sich häuÀger beobachten, etwa für die seit trajanischer Zeit in Apulum stationierte legio XIII in den dakischen Abbauregionen98 und für die legio VII Gemina (seit Vespasian) im Kontext des Bergbaus und der infrastrukturellen Durchdringung Nordwestspaniens.99 Die Beobachtungen Boons fügen sich auch gut zu dem Resumée, das J. Andreau in seinem tour d·horizon über den römischen Bergbau zur Problematik der Supervision gibt.100 Zwar dürften die detaillierten Kontrollen vor Ort (wie Nachwiegen und Reinheitstests) nicht regelmäßig von militärischen Chargen durchgeführt worden sein,101 doch erhöhte die Präsenz von stationarii oder anderen Detachments in der unmittelbaren Region das Drohpotential des Staates102 und erleichterte die Durchsetzung staatlicher Ansprüche (etwa auf die korrekte Ablieferung der geforderten Anteile).103 Der Einsatz von Soldaten bei Minenarbeiten im engeren Sinn war zwar keinesfalls die Regel, doch scheint er gerade im Zusammenhang mit der Exploration und ersten Erschließung (z. B. der Drainage) von Erzvorkommen vorgekommen zu sein.104 In diesem Fall wurden die Soldaten in ihrer Funktion als in einem breiten Spektrum verwendbares105 98 H.-Chr. Noeske, Studien zur Verwaltung und Bevölkerung der dakischen Goldbergwerke in römischer Zeit, in BJ 177, 1977, 271–415, 314; zur vorherigen Stationierungsgeschichte N. Gudea, Die Nordgrenze der römischen Provinz Obermösien. Materialien zu ihrer Geschichte, JRGZM 48 (2), 2001, 4–120, 33. 99 C. Domergue, Introduction à l·étude des mines d·or du Nord-Ouest de la péninsule ibérique dans l·antiquité, in A. Viñayo González (Hrsg.), Legio VII Gemina, León 1970, 253–286 (auch zur technischen Unterstützung durch Soldaten bei Drainagearbeiten u. ä.). Angesichts der von ihm dargestellten Befundlage kommt Forni, Occupazione militare (wie Anm. 91), 219, etwas überraschend zu dem Schluß, die Heranziehung von Legionaren zu Kontrollzwecken in Abbauregionen erscheine „del tutto fortuita“. 100 Vgl. etwa J. Andreau, Recherches récentes sur les mines à l·époque romaine. I.: Propriété et mode d·éxploitation, RN ser. 6, 31, 1989, 86–112, 86 ff., 104 f.: „Même si les transactions sur les puits étaient libres, l·administration conservait d·ailleurs le contrôle de l·exploitation, puisque les puits devaient au préalable avoir été mis sur le marché par le Àsc, dans les formes prévues par la loi.“ 101 Vgl. z. B. Boon, Production des métaux (wie Anm. 96), 468; Noeske, Dakische Goldbergwerke (wie Anm. 98), 308. 102 Vgl. die grundlegenden Ausführungen über die Bedeutung der bloßen Anwesenheit militärischer Chargen für die Vergrößerung des staatlichen Zwangs- und Kontrollpotentials bei C. Brélaz, Sécurité publique (wie Anm. 44), 252 ff. 103 S. zu dieser Aufgabe von detachierten Verbänden in Förderegionen am Beispiel Spaniens P. Le Roux, L·armée romaine et l·organisation des provinces ibérique d·Auguste à l·invasion de 409, Paris 1982; dazu Cl. Domergue, Les mines de la péninsule ibérique dans l·antiquité romaine (CEFR 127), Rome 1990, 350 f.; sowie die Beiträge in dem Sammelband P. Le Roux (Hrsg.), Armées et Àscalité dans le monde antique (Colloque Paris 1976), Paris 1977; generell: U. Täckholm, Studien über den Bergbau in der römischen Kaiserzeit, Diss. Uppsala 1937, 138 und Noeske, Dakische Goldbergwerke (wie Anm. 98), 312 ff. mit dem Inschriftendossier 312, Anm. 240 mit Belegen für Lusitanien, Hispania Tarraconensis, Dalmatia, Moesia sup. 104 Andreau, Recherches récentes (wie Anm. 100), 107, u. a. mit Bezug auf Tac., Ann. 11,20,3; Boon, Production des métaux (wie Anm. 96), 466. 105 So vor allem im Festungs-, Brücken- und Straßenbau. Vgl. bspw. G. R. Watson, The Roman Soldier, Bath 1969, 145; Th. Kissel, Road-building as a munus publicum, in P. Erdkamp (Hrsg.), The Roman Army and the Economy, Amsterdam 2002, 127–160, 156: „By far the greatest evidence for road building activity comes from the Roman body of military.“ (mit den Nach-

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Arbeitskräftereservoir106 herangezogen. P. Le Roux sah in diesem Aspekt sogar die Hauptmotivation für die Plazierung von Legionslagern im Umkreis von Rohstoffregionen107 und spricht von einer großen Zahl von Aufgaben, „qui incombaient quotidiennement à des unités organisées à l·image d·une société en miniature qui toutefois construisait, organisait, réparait, mais ne produisait pas“. Im Unterschied zu Strafgefangenen oder Sklaven, die in den Bergwerken arbeiten mußten, seien die Soldaten von dauerhaften körperlichen Anstrengungen befreit gewesen, ihre speziellen Fähigkeiten seien jedoch häuÀg unverzichtbar gewesen.108 Der Rückgriff auf Fachwissen von OfÀzieren oder einfacher Soldaten im Bereich der AufÀndung und Erschließung von Bodenschätzen, bzw. bei der Leitung spezieller Arbeiten scheint regelmäßig vorgekommen zu sein.109 Der massenhafte Einsatz von Soldaten in der Bergbauarbeit hatte jedoch, wenn er zu belegen ist, allenfalls transitorischen Charakter. Die Beteiligung von Soldaten der legio II Augusta an den Erschließungsarbeiten bei Isca läßt sich (allenfalls) für den Beginn der Abbauperiode nachweisen110, und bezeichnenderweise wehrten sich die von Curtius Rufus zu Minenarbeiten (Drainage u. ä.) rechts des Rheins abkommandierten Soldaten gegen eine Tätigkeit, die sie nicht als ihre genuine Aufgabe ansahen, indem sie einen Protestbrief an Claudius sandten (Tac., Ann. 11,20,3).111 Typischer dürfte die für die dakischen Goldbergbaugebiete belegte Detachierung von militärischem Verwaltungspersonal gewesen sein, das als librarii im procuratorischen Stab seinen Dienst versah.112 Es ist jedenfalls vielsagend, daß zivile Verwaltungsträger (wie in diesem Fall die dakischen Bergwerksprokuratoren) für die Rekrutierung von administrativ geschultem Personal auf militärische Chargen zurückgriffen.113 Das Argument von Le Roux, die Legionsverbände seien für die Aufgabe, damnati und Sklaven in den territoria metalla zu kontrollieren, völlig überdimensioniert,114 ist zwar plausibel, doch läßt Le Roux außer acht, daß Rohstoffgebiete generell feindliche Angriffe im größeren Stil oder Auf-

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weisen); R. MacMullen, Soldier and Civilian in the Later Roman Empire, Cambridge (Mass.) 1963, 23 ff. Überlegungen zur Gesamtbelastung der einzelnen Einheiten mit i. e. S. nicht-militärischen Arbeiten bei Hanel, Militär als Wirtschaftsfaktor (wie Anm. 5), 125–127. S. auch die instruktive Karte bei J. van Heesch, Mints and the Roman Army from Augustus to Diocletian, in Ph. Freeman u. a. (Hrsgg.), Proceedings of the XVIIIth International Congress of Roman Frontier Studies held in Amman, Jordan (September 2000), Oxford 2002, I 35–42, 40. Le Roux, Exploitations minières (wie Anm. 84), 180. Le Roux verweist auf Funktionsbezeichnungen wie caelator, canalicularius, fabriciensis, hydraularius, librator, mensor agrarius, structor. Vgl. die Quellenzusammenstellung bei Le Roux, Exploitations minières (wie Anm. 84), 177 f. Boon, Production des métaux (wie Anm. 96), 466. Vgl. J. Andreau, Recherches récentes sur les mines a l·époque romain. II. Nature de la main d·oeuvre; Histoire des techniques et de la production, RN ser. 6, 32, 1990, 85–108, 92: „(…) sous le Haut Empire, l·armée paraît occasionnellement remplir toutes les missions que comporte l·activité minière, sauf l·exploitation elle-même, dans son fonctionnement quotidien.“ Noeske, Dakische Goldbergwerke (wie Anm. 98), 313 (siehe dort Anm. 248 für Parallelen); 358 f. Vgl. dazu MacMullen, Soldier and Civilian (wie Anm. 5), 49 ff. und die weitere bei Noeske zitierte Literatur (vgl. Anm. 112). Le Roux, Exploitations minières (wie Anm. 84), 180.

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standsbewegungen auf sich ziehen konnten. Es gab offenbar eine Motivationsbündelung für die Stationierung von Militär in der Nähe von Abbauregionen: Mobilisierung von Kontrollkapazitäten, politisch-militärische Sicherung des Gebietes und die Möglichkeit, spezielle Fähigkeiten und Kenntnisse des Militärpersonals zu nutzen. Die Administration der territoria metalla als solche war – entgegen der Auffassung von S. Dušaniþ115 – in der Regel nicht militärförmig: Die gewöhnlichen Bezeichnungen der staatlichen Funktionäre, wie sie etwa Noeske, Andreau und Dušaniþ in den hier zitierten Studien ausführlich dokumentiert haben (procurator, vilicus, dispensator, tabularius), verweisen eher auf ein anderes strukturelles Vorbild, das häuÀg als (die andere) Inspirationsquelle bei der Ausbildung zentralstaatlicher Verwaltungsstrukturen diente: die Latifundien- oder Domaniallandbewirtschaftung.116 Wenn man von regionalen Besonderheiten absieht, lassen sich die Kernaufgaben des Militärs in Förderterritorien mit den Kategorien der (1) Supervision und Kontrolle (einschließlich eines hohen Zwangspotentials im Hintergrund); der (2) Entwicklung und Erhaltung der Infrastruktur (auch über das Fördergebiet hinaus) und der (3) Bereitstellung von administrativem Personal beschreiben. (c) Die Auslagerung von militärischem Personal, Ressourcen und Verwaltungserfahrung in ursprünglich außermilitärische Bereiche Abkommandierungen bzw. Einteilungen einzelner Soldaten zu zivilen oder „halbmilitärischen“ Dienstleistungen waren im römischen Kaiserreich keine Seltenheit und sind auf verschiedenen Feldern belegt. Die oben erwähnte Dissertation von H. Zwicky117 enthält zu dieser Problematik bereits viel wichtiges Material. Außermilitärisch eingesetzt werden konnten sowohl OfÀziere als auch UnterofÀziere und einfache Soldaten. Als Einsatzfelder nennt Zwicky vor allem Aushebungen,118 Heeres-

115 Aspects of Roman Mining in Noricum, Pannonia, Dalmatia and Moesia Superior, ANRW II 6, (1977), 52–109, 88, verweist auf CIL III 14606 (Rudnica), wo ein (centurio) ofÀcinar(um) (ein Freigelassener) belegt ist, und kommentiert (wie Anm. 223): „The post of (centurio) ofÀcinar(um) reÁects the quasi-miltary organization comparable to the organization of e. g. the familia monetalis (…)“. Vgl. auch IMS III 2, 31, Z. 4 f., wo der Hrsg. P. Petroviþ die Lesung von Dušaniþ librarius/prae(fecti) te/rit(orii) (sic) übernimmt. Wenn die Ergänzung zutrifft, wäre hier ein praefectus territorii metalli belegt, d. h. die Leitung der Abbauregion (bei Ravna) einem Funktionär mit einem militärtypischen Titel anvertraut. Möglicherweise liegt eine unvollkommene Analogie zum mons Berenicidis vor. Insgesamt gesehen war die Administration von Bergbauregionen nicht schwerpunktmäßig militärförmig; vgl. Eich, Metamorphose (wie Anm. 14), 314–333. 116 Das gilt übrigens unabhängig davon, ob die staatlichen Funktionäre die privat-unternehmerischen Tätigkeiten nur beaufsichtigten oder ob ein territorium metalli in sogenannter régie directe verwaltet wurde (für den zweiten Verwaltungstypus gibt es kaum aussagekräftige Quellen). 117 Verwendung des Militärs (wie Anm. 11). 118 Zum Einsatz von UnterofÀzieren und milites bei der alltäglichen Rekrutierungspraxis vgl. bspw. G. Forni, Il reclutamento delle legioni da Augusto a Diocleziano, Milano u. a. 1953, 22–27, bes. 23 f.

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lieferungen,119 Steuer- und Zensuserhebungen,120 Monopolaufsichten und Aufsichten über Bauarbeiten. Die ersten drei genannten Tätigkeitsfelder, zweifellos die aufwendigsten und politisch wichtigsten unter den von Zwicky genannten, bilden die Schwerpunkte der im vorliegenden Band publizierten Studien von W. Eck (Rekrutierung), P. Herz und H. Bender (Heeresbelieferung) und B. Palme (Zensuserhebungen), so daß an dieser Stelle keine weiteren Erörterungen nötig sind. Komplex ist die Entwicklung im Bereich der Mitarbeiterstäbe der höheren Reichsfunktionäre, den ofÀcia, gelaufen,121 denen R. Haensch im vorliegenden Band einen Beitrag gewidmet hat. In der Republik waren solche Mitarbeiterstäbe aus haushaltsnahen Kräften der Amtsträger und aus den staatlich rekrutierten und bezahlten apparitores jeweils ad hoc für individuelle Statthalterschaften zusammengesetzt worden. Mit Augustus trat insofern ein Bruch ein, als von dessen Prinzipat an die legati Augusti pro praetore ein ofÀcium erhielten, das aus Militärangehörigen bestand, die im Turnus aus dem exercitus des statthalterlichen Kommandobereichs für diese Aufgaben abkommandiert wurden.122 Diese militärisch geprägten und organisierten Stäbe der kaiserlichen Legaten wurden zum Vorbild für andere Funktionärsstäbe. Die Übernahme des miltärischen Organisationsmodells in die proconsularen Statthalterbüros fand wohl – nach den Befunden der Inschriftenstatistik – im Laufe des dritten Jahrhunderts statt.123 Im Laufe des vierten Jahrhunderts fand eine typologische Angleichung der OfÀcialenorganisation in den Funktionärsstäben insgesamt (vor allem praesides, vicarii, praefecti praetorio)124 statt. Die Einordnung der in den Büros arbeitenden milites erfolgte nun dauerhaft, mit der Folge, daß diese Verwaltungskräfte, im fünften Jahrhundert ingesamt ca. 30 000, de iure Militärs blieben und mi-

119 Zur allmählichen Entwicklung des zuständigen OfÀziers zu einem reinen, später aus dem Heeresverband ausgegliederten „VerwaltungsofÀzier“ vgl. P. Herz, Der centurio supernumerarius und die annona militaris, Laverna 10, 1999, 165–184. 120 Vgl. jetzt bspw. J. Nelis-Clément, Les BeneÀcarii: Militaires et administrateurs au service de l·empire (1er s. a. C. – Vie s. p. C.), Paris 2000, 244 ff. (3.1. Les bénéÀciaires et la question des taxes, des réquisitions et de l·annone); B. Palme, Zivile Aufgaben der Armee im kaiserzeitlichen Ägypten, in A. Kolb (Hrsg.), Herrschaftsstrukturen und Herrschaftspraxis. Konzepte, Prinzipien und Strategien der Administration im römischen Kaiserreich; Akten der Tagung an der Universität Zürich (Oktober 2004), Berlin 2006, 299 – 328. 121 Vgl. neben der unten zitierten Literatur die sorgfältige Fallstudie von Fr. Bérard, La garnison de Lyon et les ofÀciales du gouverneur de Lyonnaise, in G. Alföldy, B. Dobson, W. Eck (Hrsg.), Kaiser, Heer und Gesellschaft in der römischen Kaiserzeit, Stuttgart 2000, 279–305. 122 B. Palme, Die ofÀcia der Statthalter in der Spätantike. Forschungsstand und Perspektiven, AnTard 7, 1999, 85–131, 92 ff. mit umfangreichen Literaturhinweisen. 123 Vgl. R. Haensch, Capita provinciarum. Statthaltersitze und Provinzialverwaltung in der römischen Kaiserzeit (Kölner Forschungen 7), Mainz 1997, 720. Mit Blick auf die hier behandelte Thematik ist es auch von Interesse, daß das ofÀcium eines legatus Augusti, der eine Provinz mit nur einer permanenten Legion regierte, mit seinem ofÀcium, das ihm in seiner Eigenschaft als Oberkommandierendem dieser Provinzlegion zuarbeitete, identisch war, also gewissermaßen gleichzeitig ein ziviles als auch ein militärisches Verwaltungsorgan war: Stauner, Schriftwesen (wie Anm. 32), 123. 124 Palme, ofÀcia (wie Anm. 122), 100 (mit Blick auf die genannten ofÀcia): „Die Organisation aller Büros folgt, wie die Notitia zeigt, einer einheitlichen Grundlinie.“

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litärförmig gegliedert, besoldet und gekleidet wurden,125 aber doch dauerhaft zivilen Tätigkeitsbereichen (der sog. militia inermis)126 zugeordnet waren. Eine weitere Kompetenz militärischen Personals, auf die der Staat auch außerhalb der etablierten militärischen Kommandostrukturen regelmäßig zurückgriff, war die der Landvermessung in allen ihren Varianten.127 Eine partiell aus dem regulären Dienst ausgegliederte128 Einheit bildeten die frumentarii, die der kaiserlichen Zentrale zur besondern Verwendung, etwa im Bereich der Informationsbeschaffung, dienten.129 Diese Tätigkeit gehört einem halbmilitärischen Feld an, darin vergleichbar den (militär-)polizeilichen Aufgaben, die viele Soldaten im Laufe ihrer Dienstzeit routinemäßig für jeweils einige Monate zu übernehmen hatten.130 Einen bekannten Fall permanenter Auslagerung von ursprünglich militärinternen Verwaltungs- und Produktionskapazitäten bilden die Waffenfabriken, die spätestens im vierten Jahrhundert aus der Obhut der einzelnen Einheiten ausgegliedert und zu einem zentral verwalteten Produktionskomplex131 unter der Leitung der Prätorianerpräfektur, später (wohl 395) des magister ofÀciorum wurden. Die Zusammenfassung zu einem zentral gelenkten System dürfte auf Diocletian zurückgehen.132 Die 125 Palme, ofÀcia (wie Anm. 122), 101. 126 Zur Entwicklung der Terminologie vgl. J.-P. Callu, ‚Manus inermis¶: Le phénomène burocratique et l·‚Histoire Auguste¶, Quaderni Ticinesi di Numismatica e Antichità Classiche 13, 1984, 229–248. 127 Cl. Nicolet, L·inventaire du monde. Géographie et politique aux origines de l·Empire romain, Paris 1988, 162; vgl. Le Roux, L·armée romaine (wie Anm. 103), 70–79; G. P. Burton, The Resolution of Territorial Disputes in the Provinces of the Roman Empire, Chiron 30, 2000, 195 – 215, 213. 128 Die aus ihren Einheiten abkommandierten Soldaten blieben diesen Stammeinheiten zwar formal zugeordnet, aber: „While in Rome, they formed a regularly organized unit, the numerus frumentariorum, with its own junior ofÀcers and centurions and a commander who was a senior legionary centurion.“ (N. J. E. Austin, N. B. Rankov, Exploratio. Military and Political Intelligence in the Roman World from the Second Punic War to the Battle of Adrianople, London u. a.1995, 136). 129 M. Clauss, Untersuchungen zu den principales des römischen Heeres von Augustus bis Diokletian. Cornicularii, speculatores, frumentarii, Diss. Bochum 1973, 82 ff. 130 Vgl. M. F. Petraccia Lucernoni, Gli stationarii in età imperiale (Serta Antiqua et Mediaevalia 3), Rom 2001. Einen besonderen Fall polizeilicher Aufgabenzuschreibung an eine militärförmig organisierte Einheit stellen die stadtrömischen Vigilen dar; vgl. jetzt S. Ruciĸski, Le rôle du préfet des vigiles dans le maintien de l·ordre public dans la Rome impériale, Eos 90 (2), 2003, 261–274. 131 Zu dessen Arbeitsweise und der Geostrategie seiner Dislokation vgl. S. James, The fabricae: State Arms Factories of the Later Roman Empire, in J. C. N. Coulston, Military Equipment and the Identity of Roman Soldiers, Proceedings of the Fourth Roman Military Equipment Conference (BAR Intern. Ser. 394), Oxford 1988, 258–331. 132 Der Gedanke wird zumindest durch die Bemerkung von Lactanz, Diocletian habe die Zahl der Waffenfabriken unmäßig vermehrt, nahegelegt (Mort. pers. 7; vgl. Malalas 307 B.). Die zentralistische Systematisierung würde auch gut zu dem ProÀl der diocletianischen Reformen passen, etwa im Bereich der Münzprägung, obschon auch hier, wie bei der Waffenherstellung, eher eine jahrzehntelange Entwicklung einen vorläuÀgen Abschluß fand, als eine vollkommen innovative Reform durchgesetzt wurde. Vgl. zum archäologischen Befund (stereotypierte Produkte ohne Merkmale handwerklichen Ehrgeizes) Th. Fischer, Das römische Heer in der Zeit der

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fabricae, nach den wahrscheinlich nicht vollständigen AuÁistungen133 der Notitia Dignitatum fünfzehn in der östlichen134 und zwanzig in der westlichen135 Reichshälfte, waren formal militärische Einheiten, die ihr Personal teils durch Rekrutierungen, teils durch Abkommandierungen (deputationes) aus bestehenden Einheiten erhielten.136 Die in den fabricae dienenden Soldaten wurden wie gewöhnliche Rekruten gekennzeichnet,137 waren nach militärischen Rängen gegliedert,138 wurden aus dem Annonarsystem versorgt, standen unter militärischem Kommando139 und erhielten nach Ableistung ihrer mindestens zwanzigjährigen Dienstzeit140 Veteranenstatus.141 Zu geringen Anteilen hat private Waffenfabrikation wohl noch weiter bestanden, kam aber aufgrund der Monopolisierung der Waffenproduktion durch den Staat schließlich zum Erliegen und ging vollständig in staatliche Hand über.142 Es ist wenig überraschend, daß wir angesichts der militärischen Organisation der fabricenses gelegentlich von Kampfeinsätzen, aber auch von dem latenten Unruhepotential, das von den fabricae ausging, hören.143 Das System der staatlichen Waffenfabriken ist übrigens in der Hinsicht der „Militärförmigkeit“ grundsätzlich zu unterscheiden von den Uniformfabriken und anderen staatlichen Textilverarbeitungsstätten der Spätantike, die mit unfreiem, partiell auch angestelltem freien Personal operierten und dem comes sacrarum largitionum unterstellt waren.144 Diese Textilmanufakturen sind entwicklungsgeschichtlich eher auf jene Manufakturkomplexe zurückzuführen, die antike Groß-

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Tetrarchie. Eine Armee zwischen Innovation und Kontinuität?, in Die Tetrarchie. Ein neues Regierungssystem und seine mediale Präsentation (Kolloquium des Lehr- und Forschungszentrums für die Antiken Kulturen des Mittelmeerraumes der Universität zu Köln, 13.–14. Februar 2004), Wiesbaden 2006, 103–133. Siehe die Zusammenstellung epigraphischer und literarischer Belege für weitere fabricae bei R. Delmaire, Les institutions du Bas-empire Romain, de Constantin à Justinien. Bd.1.: Les institution civiles palatines, Paris 1995, 87. Nach der Vermutung Delmaires haben nicht alle bezeugten Staatsmanufakturen gleichzeitig bestanden; einige mögen von Anfang an nur temporär geplant gewesen sein. ND or XI 18–39. ND occ IX 16–38. Delmaire, Institutions (wie Anm. 133), 90. CTh 10,22,4. Dabei begegnen die spätantiken militärischen Rangstufen: biarchus, centenarius, ducenarius. Instruktiv sind bspw. die Grabsteine von dem Soldatenfriedhof in Concordia, wo auch Soldaten der benachbarten Bogenfabrik (sagittarii) bestattet waren; ebenso wie die „regulären“ Soldaten nennen sie ihre Rangstufen (z. B. ILCV 506 ff., passim; CIL V 8754, 8757 und öfter). Weitere Belege bei Delmaire, Institutions (wie Anm. 133), 89, Anm. 51. Die OfÀzierstitel lauteten entweder tribunus fabricae oder praepositus fabricae: Delmaire, Institutions (wie Anm. 133), 89. Zur Kommandostruktur in der frühen und hohen Kaiserzeit Bishop, Military fabricae (wie Anm. 70), 11 f. Die operative Unterstellung der fabrica unter einen optio fabricae in dem Verantwortungbereich des praefectus fabrum erinnert an die hierarchische Struktur der Valitudinarien. Vgl. AE 1966, 375. CIL V 8742. Nov. Iust. 85. Vgl. den Beitrag von H. Leppin in diesem Band. Delmaire, Institutions (wie Anm. 133), 135 ff.

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grundbesitzer von jeher auf ihren Gütern unterhielten und die auch der Kaiser auf seinem Domanialland betrieb. An der Dichotomie der spätantiken Waffen- bzw. Uniformfabriken lassen sich wieder die zwei Vorbilder oder Inspirationsquellen beobachten, auf die staatlich organisierte, hierarchisierte und efÀzienzorientierte Arbeits- und Verwaltungsformen des späten kaiserlichen Staates wesentlich zurückzuführen sind: Militär und Domanialverwaltung. (d) Die Organisation von Tätigkeiten/Leistungen nach militärischem Vorbild Wie bereits wiederholt betont, lassen sich klare Trennlinien zwischen den einzelnen Organisationsformen nicht ziehen, doch sind Schwerpunktbildungen erkennbar. Wenn etwa die spätantike Waffenproduktion wesentlich durch Auslagerung militärischer Kapazitäten charakterisiert ist, so vollzog sich die Produktion von Münzgeld vom Beginn der Kaiserzeit an partiell nach militärischem Vorbild.145 Bezeichnenderweise war die politisch verantwortliche Leitung der Prägestätten – ohne daß hier absolute Verbindlichkeit geherrscht hätte – einem Ritter zugeordnet, der die tres militiae durchlaufen hatte und nicht selten nach der Monetarprocuratur weiter eine OfÀzierskarriere verfolgte.146 Die Verwaltungsleitung der einzelnen Prägestätten oblag einem optio et exactor, der für die Arbeitsorganisation im allgemeinen, die Zuordnung der Arbeitskräfte zu den Arbeitsgruppen und die Rechnungslegung der Werkstatt zuständig war.147 Die Aufgabenteilung erinnert von Ferne an die Führungsstruktur der Armeelazarette, die ebenfalls in die Kompetenzsphäre einer militärischen Charge Àelen (praefectus castrorum), der für ihr Funktionieren gegenüber höheren Stellen verantwortlich zeichnete, die aber unmittelbar und vor Ort von einem optio geleitet wurden, der auch die Kasse des Instituts betreute. Die einzelnen Arbeitsgruppen oder MünzofÀzinen unterstanden optiones, die Befehlsempfänger des optio et exactor waren und die ihrerseits das Kommando über die ihnen zugewiesenen Arbeitsgruppen führten.148 Die Arbeiter selbst waren in der Regel Sklaven oder Freigelassene, d. h. die Analogie zu militärischen Organisationsformen endet hier (wie bereits die Bezeichnung der Arbeiter als familia zeigt).149 Der Arbeitsprozeß verlief strikt weisungsgebunden und die Sanktionen für Fehlverhalten (z. B. Desertion oder Diebstahl von Arbeitsmaterial) waren schwerwiegend, aber dies ist natürlich für sklavistische Arbeitsprozesse ebenso typisch wie für militärische. Allerdings erinnert die feste Zuordnung der monetarii zu ihrer Arbeitsein145 Vgl. bereits Mommsen, Römische Münzpächterinschriften, Zeitschrift für Numismatik 14, 1887, 36–39. 146 Vgl. die prosopographischen Daten bei M. Peachin, The Procurator Monetae, NC 146, 1986, 96–106: in sechs von zehn Fällen, in denen ein cursus rekonstruiert werden kann, war die Monetarprocuratur Teil der militia equestris oder schloß sich an diese an. Die eher zivil geprägten Karrieren liegen in der Regel chronologisch später; möglicherweise kündigt sich hier die „zivile“ Einordnung der Münzprägung in die Kompetenz des Comes sacrarum largitionum an. Vgl. auch S. Demougin, Procuratores Monetae, RN 1997, 41–45. 147 J. Lafourie, Familia Monetaria, Bulletin de la Société Francaise de Numismatique 1972, 267– 271. 148 Lafourie, Familia Monetaria (wie Anm. 147). 149 CIL VI 298. Vgl. zur Organisation der Produktionsprozesse bspw. E. Bernareggi, Familia Monetalis, Quaderni Ticinesi di Numismatica e Antichità Classiche 3, 1974, 177–191.

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heit, die R. A. G. Carson wahrscheinlich gemacht hat, an militärische Organisationsformen.150 In der Spätantike, mit der Unterstellung unter den comes sacrarum largitionum, verloren die OfÀzinen die genannten Elemente militärischer Organisationstypologie und nahmen, auch in der Bezeichnung der Funktionsträger, charakteristische Züge spätantiker Zentralverwaltung an.151 Als weiteres Beispiel für Anleihen bei militärischen Organisationsformen können die tabellarii Augusti genannt werden, die dem Kaiser zur unmittelbaren Verfügung stehenden Boten. Zwar waren diese in der Regel unfrei und insofern, wenigstens entwicklungsgeschichtlich, Teil des „Haushaltspersonals“.152 Doch die funktionale Hierarchisierung war eindeutig nach militärischem Vorbild durchgeführt: praepositi, decuriones, optiones, tessararii;153 in Rom verfügten sie über ein Hauptquartier mit der Bezeichnung castra tabellariorum. In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, daß die gesamte, überwiegend vom Militär geschaffene Infrastruktur (viae militares und ihre Anschlüsse, Brücken, Häfen etc.) neben den selbstverständlichen geostrategischen, auch kommunikativen Zwecken, also der Verbindung von Leitungszentrale und den weisungsgebundenen Stellen diente.154 Insofern gliedern sich die tabellarii Augusti, obschon faktisch keine Militärangehörigen, in eine militärische Struktur ein. Zu nennen ist schließlich die annona, also die stadtrömische Lebensmittelversorgung. Die Terminologie des organisatorischen Apparates kann als militärisch beeinÁußt verstanden werden: das Subalternpersonal trug überwiegend Bezeichnungen, die auch in militärischen Kontexten mit analogen Bedeutungen anzutreffen sind: tabularii, commentarienses, dispensatores,155 auch wenn sich natürlich streiten läßt, ob in diesem Fall nicht die Assoziation zur Domaniallandverwaltung näher lag. Immerhin trug das Hauptbüro des Annonardienstes, also die statio annonae in 150 R. A. G. Carson, System and Product in the Roman Mint, in ders. u. a. (Hrsgg.), Essays in Roman Coinage presented to H. Mattingly, London 1956, 227–239, 235 f. 151 Dazu ausführlich C. E. King, The sacrae largitiones: Revenues, Expenditure and the Production of Coin, in dies. (Hrsg.), Imperial Revenue and Monetary Policy in the Fourth Century A. D. (BAR Int. Ser. 76), Oxford 1980, 141 – 253. 152 In der Spätantike bildet sich dann ein professioneller Dienst mit eigenen, charakteristischen Rangbezeichnungen: A. Kolb, Transport und Nachrichtentransfer im Römischen Reich, Berlin 2000, 278. 153 Die epigraphischen Belege bei A. Kolb, Transport und Nachrichtentransfer (wie Anm. 152), 275, Anm. 6. 154 Die Belege sind zusammengestellt bei J. Šašel, Viae militares, in ders., Opera Selecta, Ljubljana 1992, 259–276; s. zur Interpretation vor allem M. A. Speidel, Heer und Strassen – Militares Viae, in R. Frei-Stolba (Hrsg.), Siedlung und Verkehr im römischen Reich. Römerstrassen zwischen Herrschaftssicherung und Landschaftsprägung, Koll. H. E. Herzig, Bern u. a. 2004, 331–344. 155 „Dispensator“ war natürlich in erster Linie eine in privaten Haushalten verwendete Funktionsbezeichnung. Sie konnte jedoch zwanglos in militärischen Kontexten (allerdings nicht für Militärangehörige) verwendet werden, bspw. für einen (unfreien) dispensator legionis (III Augustae) (CIL VIII 2388–93; 8472 u. ö.; AE 1969/70, 664); dispensator classis (CIL X 3346); dispensator castrorum (CIL VI 8520), oder im Rahmen kaiserlich geführter Expeditionen als Bezeichnung für den Beauftragten der mitgeführten Zentralkasse (z. B. Plin. Nat. hist. VII 129, CIL VI 8541); vgl. J. Muñiz Coello, OfÀcium dispensatoris, in Gerión 7, 1989, 107–119, 111 f., Anm. 9 und 11.

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Rom, eine typisch militärische Bezeichnung;156 der Leiter der Einrichtung trug als praefectus einen militärischen Titel.157 Eine präzise Trennung der Herkunftssphären bestimmter Funktionen ist ohnehin in vielen Fällen nicht möglich und würde auch bei penibler Durchführung nur den Sachverhalt verdunkeln, daß militärische Denk- und Organisationsweisen im Lauf der Geschichte längst in die römische Gutswirtschaft eingedrungen waren und von daher auch wieder in militärische Bereiche „reexportiert“ werden konnten. Militärische Bezeichnungen Ànden sich bspw. in Columellas Haushaltspersonal.158 Dessen – offenbar der Mode entsprechende – Gewohnheit, seine Arbeiter in Dekurien antreten und arbeiten zu lassen, Àndet seine Entsprechung in soldatischen „Zehnerarbeitsgruppen“, wie sie etwa in den ostägyptischen Ostraka belegt sind.159 Sicherlich läßt sich mit dem Verweis auf die zuletzt genannten administrativen Sektoren nicht die These untermauern, die Armee habe generell als strukturelles Vorbild bei dem Ausbau „ziviler“160 Verwaltungsinstitutionen gedient. Andere Modelle standen zur Verfügung, auf die bewußt zurückgegriffen wurde oder die eine bedeutende Induktionswirkung ausgeübt haben. Auf die Verwaltung von Domanialland als entwicklungsgeschichtlichem Ursprung semi-staatlicher und später im Vollsinne staatlicher Strukturen ist wiederholt hingewiesen worden. Andere Inspirationsquellen wie etwa unternehmerisch tätige Korporationen oder Civitasinstitutionen könnten unter diesem Gesichtspunkt behandelt werden, aber dies würde den hier gezogenen Rahmen sprengen. Es ist jedoch nicht zu übersehen, daß militärische Verwaltungsformen gerade in besonders sensiblen Bereichen, die für das Überleben der zentralen politischen Institutionen in ihrer historisch gewordenen Form konstitutiv waren, als Vorbilder attraktiv waren: Münzemission, administrative Kommunikation des Zentrums mit den Weisungsempfängern der Peripherie, ausreichende Lebensmittelversorgung 156 CIL VI 9626. Vgl. H. Pavis d·Escurac, La préfecture de l·annone. Service administratif impérial d·Auguste à Constantine, Rom 1976, 153 ff. 157 E. Höbenreich, Annona. Juristische Aspekte der stadtrömischen Lebensmittelversorgung im Prinzipat, Leykam 1997; 38 ff. Ihm unterstanden (zuerst belegt seit Marcus) unter anderem subpraefecti: ibid. 42 f. (CIL VI 1729); s. allgemein auch B. Sirks, Food for Rome. The legal structure of the transportation and processing of supplies for the imperial distributions in Rome and Constantinople, Amsterdam 1991. 158 Colum. 1,9,4 u. 7; 1,8,17; vgl. Kolb, Transport und Nachrichtentransfer (wie Anm. 152), 276, Anm. 3. 159 O. Claud. 134 bezeugt die Abkommandierung von Garnisonssoldaten in Zehnergruppen (vgl. Z. 3 f.: meta; th`~ ejrgazomevnh~ dekaniva~) zu Arbeitseinsätzen, allerdings ohne SpeziÀzierung hinsichtlich der Tätigkeiten. Decuriae im Sinne von militärischen „labouring squads“ sind auch bei Vermessungsarbeiten belegt: L. Keppie, Colonisation and Veteran Settlement in Italy 47 – 14 B. C., London 1983, 199 und A. Kolb, DEKANION – ein Hapax Legomenon, in EA 36, 2003, 115–119, bes. Anm. 20 und 31. Vgl. auch Veget., De re milit. 2,8,7: Erant decani, denis militibus praepositi, qui nunc caput contuberni vocantur. 160 Le Roux, Exploitations minières (wie Anm. 84), 174, hat daran erinnert, daß die in den modernen Demokratien eingespielten Trennungen zwischen im weiteren Sinn politischen Sphären (etwa zwischen „zivil“ und „militärisch“) in der römischen Staatlichkeit weit weniger scharf ausgebildet waren: Das Heer war in der Kaiserzeit vor allem ein multifunktionales Machtinstrument des Kaisers.

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der Hauptstadt. Zweifellos war ein erhöhter EfÀzienzdruck maßgeblich für die partielle Integration militärischer Strukturformen in diese Sektoren. Es wäre jedoch irreführend, den EinÁuß militärischer Administrationsformen auf die genannten, begrenzten Bereiche beschränkt zu denken. Wie bereits mehrfach betont, sind die verschiedenen Spielarten, in denen soldatische Organisationsformen die Administration und Herrschaft im Imperium mitprägten, nicht eindeutig voneinander zu trennen: die Armee organisierte zunächst ihre eigene Präsenz in den ihr zugewiesenen Räumen mit einem für antike Verhältnisse ausgesprochen differenzierten Apparat, dem in der frühen und hohen Kaiserzeit nichts Vergleichbares zur Seite stand. In sensiblen, vor allem rohstoffreichen, aber auch in „verwaltungsarmen“ Gebieten konnten diese Ressourcen über den engeren militärischen Bereich ausgreifend benutzt werden. In zahlreichen Bereichen (Kontrolle, Erschließung von Territorien, Kommunikation; s.oben: (b) und (c)) konnte auf militärische Kapazitäten zurückgegriffen werde, so daß Vernetzungen und eingespielte Kooperationswege entstanden. Insofern bilden die zuletzt behandelten Anleihen bei militärischen Organisationsformen nur einen gewissen Kulminationspunkt. Es ist weiterhin nicht zu übersehen, daß das militärische Modell mit seinen klaren Hierarchien und eindeutig deÀnierten Befehlswegen speziell in der Spätantike eine bedeutende ideologische Anziehungskraft auf die zentrale Administration entfaltete: die Funktionäre der kaiserlichen Zentrale konnten in der Spätantike mit der Wendung qui in sacro palatio militant161 zusammengefaßt werden; der Hof selbst hieß in ofÀziellem Kontext zuweilen praetorium.162 Die Mitarbeiterstäbe der großen Funktionärsbüros waren nach militärischem Vorbild organisiert.163 Nun ist zu Recht in der jüngeren Literatur darauf hingewiesen worden, daß dieses terminologische Phänomen nicht einseitig als Ausdruck einer „Militarisierung“ der imperialen Verwaltung interpretiert werden sollte.164 Beispielsweise hat die permanente Abkommandierung militärischen Personals in „zivile“ Aufgabenbereiche (etwa in statthalterliche ofÀcia) in gewisser Weise zu einer „Demilitarisierung“ dieser Funktionäre geführt. Im Zuge dieser Entwicklung läßt sich bspw. beobachten, daß ursprünglich rein innermilitärische Funktionen über das Stadium der faktischen Ausgliederung schließlich zu zivilen Aufgaben liturgisiert wurden.165 Doch handelt es sich bei den Prozessen der „Militarisierung“ und „Demilitarisierung“ nicht um gegenläuÀge Entwicklungen, sondern um einen langfristigen Amalgamierungsvorgang: Den Ausbau der unmittelbar der kaiserlichen Zentrale zuarbeitenden Verwaltung, die partiell an den ersten vorhandenen Administrationsapparat, die Armee, anknüpfte und sich, ebenso partiell, an diesem Vorbild orientierte.

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Cod. Theod. 6,36; Cod. Just. 12,28. Cod. Just. 1,40,15. Vgl. K. L. Noethlichs, Hofbeamter, RAC 15, 1991, 1111–1158, 1113. Palme, ofÀcia (wie Anm. 122). P. Eich, Militarisierungs- und Demilitarisierungstendenzen im dritten Jahrhundert n. Chr., in L. de Blois, E. Lo Cascio (Hrsg.), The Impact of the Roman Army (200 B. C. – A. D. 476). Economic, Social, Political, Religious and Cultural Aspects (Proceedings of the 6th Workshop of the Network ‚Impact of Empire¶), Leiden u. a. 2007, 509 – 528. 165 Vgl. etwa Herz, centurio supernumerarius (wie Anm. 119).

RATIONES AD MILITES PERTINENTES: ORGANISATION UND FUNKTION DER BINNENADMINISTRATION MILITÄRISCHER EINHEITEN IN DER FRÜHEN UND HOHEN KAISERZEIT Konrad Stauner Anfang der dreißiger Jahre des 2. Jh.s1 visitierte der kappadokische Statthalter Arrian in Apsaros an der östlichen Schwarzmeerküste die fünf dort stationierten Kohorten. In seinen Aufzeichnungen an Kaiser Hadrian hat er von seinem dortigen Besuch die Soldauszahlung, eine Inspektion der Waffen, des Lazaretts und der Proviantvorräte besonders hervorgehoben.2 Mit Ausnahme der Personalverwaltung und des Bekleidungswesens kommen hier jene zentralen Administrationsbereiche zur Sprache, die es unabhängig von der Truppengattung in jeder regulären Einheit des römischen Heeres gab, die deshalb auch in den einschlägigen Quellen immer wieder erwähnt werden und die für die nachfolgenden Ausführungen der Prägnanz wegen mit einem zentralen Begriff aus dem jeweiligen Bereich belegt seien: So steht Ta b u l a r i u m für die Personalverwaltung bzw. Einsatzzentrale der Truppe, Q u a e s t u r a für die Finanzverwaltung, Vi c t u s für das Proviantwesen, A r m a und Ve s t i m e n t a für das waffentechnische bzw. vestimentäre Materialwesen und schließlich Va l e t u d i n a r i u m für den Lazarettbereich der Truppe, wobei hier anzumerken ist, daß unter den Auxiliareinheiten möglicherweise nur größere über einen eigenen Sanitätsbereich verfügten.3 All diese Verwaltungsbereiche führten Dokumente, die sich auf die Soldaten bezogen, eben rationes ad milites pertinentes, wie Vegetius sagt, für die, summarisch gesprochen, librarii zuständig waren.4 In einem «Rundgang» durch diese Bereiche werden deren rationes sowie die Interaktion zwischen diesen administrativen Sektionen anhand ausgewählter Dokumente exemplarisch vorgestellt, das Organisationsschema der truppeninternen Verwaltung herausgearbeitet und abschließend die Funktion der rationes aufgezeigt. Eröffnet wird die Darstellung mit dem zuletzt genannten Verwaltungsbereich, dem Truppenlazarett. 1 2 3 4

Alle Zeitangaben, insbesondere jene in runden bzw. eckigen Klammern hinter epigraphischen und papyrologischen Quellenangaben, verstehen sich als «n. Chr.». Arr. per. p. E. 6,2; s. Anm. 169. Zu Apsaros vgl. CIL X 1202 = ILS 2660: praeposit(o) numeror(um) / tendentium in ponto Ab/saro. Hierzu Speidel RAS II, 247 mit Anm. 21. Wesch-Klein 1998, 77 mit Anm. 31 f; Nutton 2004, 179. Veg. mil. 2,7,7. Wenn Vegetius (mil. 2,19,1) davon spricht, daß in legionibus plures scholae sunt, quae litteratos milites quaerunt, meint er wohl eben diese Verwaltungsbereiche. Zu librarius als generischem Begriff s. Stauner 2004, 114. Die Schreibsoldaten waren nicht (alle) in der ersten Kohorte der Legion vereint (Herz 2007, 310), sondern wie auch andere Funktionsträger (z. B. beneÀciarii, signiferi, custodes armorum) über verschiedene Kohorten verteilt (s. etwa IMS II 53).

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Valetudinarium In den Legionen unterstand das auf rund 250 Betten angelegte Lazarett der Oberaufsicht des praefectus legionis.5 Die administrative Leitung vor Ort im valetudinarium hatte der optio valetudinarii6 inne. Die anfallende Verwaltungsdokumentation (ratio valetudinarii) führte zumindest teilweise ein dem valetudinarium zugeordneter librarius aus dem ofÀcium praefecti legionis.7 Sie umfaßte wohl eine Liste des administrativen und medizinischen Personals, der Auszubildenden (discentes)8, eine Patientenaufstellung, die nach der Art der Dienstunfähigkeit der behandelten Soldaten gegliedert war und Angaben über verabreichte Medikamente etc. enthielt (s. u.), sowie vermutlich Inventarunterlagen zur medizinischen Ausrüstung und zu 5

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Aufnahmekapazität: Leven 2005; vgl. Wilmanns 1995, 105; Wesch-Klein 1998, 78. Oberaufsicht: Veg. mil. 2,10,3; vgl. Davies 1969, 84; Kissel 1995, 239 f mit Anm. 8; Stauner 2004, 168. Zu valetudinaria: Davies SRA, 209–236; v. Petrikovits 1975, 98–102; Wilmanns 1995, passim; M. A. Speidel 1996, 72 f; Wesch-Klein 1998, 77 ff, 81, 83; Baker 2004, passim; Nutton 2004, 178 ff; Leven 2005. Ein optio etwa in CIL XIII 8011; zwei optiones in CIL VIII 2553; vgl. Baker 2004, 43, 48; Nutton 2004, 181 mit Anm. 63; Stauner 2004, 451 Nr. 466; nach Davies (SRA, 212 mit Anm. 15) der ausscheidende optio und sein Nachfolger. Wohl zu Recht sieht er (1969, 85 mit Anm. 11) im o. val. und o. fabricae zwei o. supernumerarii (Dig. 50,6,7; vgl. Bishop 1985, 11). Zur Lazarettverwaltung: Davies SRA, 212 mit Anm. 14 u. 15; Breeze ROF, 72; Kissel 1995, 240; Wesch-Klein 1998, 79. Von einem Mißverständnis der Funktion der optiones val. zeugt Southerns (2006, 235) Erklärung: «their function, if their titles are taken literally, was to assist in the hospital, but in what way is not made clear». Die leitende Funktion der optiones geht jedoch aus CIL VIII 2553 (Erwähnung an erster Stelle) eindeutig hervor. Nach Wilmanns (1995, 117, 241–245 Nr. 87) versah der o. val. L. Caecilius Urbanus «nebenher auch die cura operis armamentarii (‚Waffenmeisterei¶)», wobei sie sich auf die im Vergleich zu CIL VIII 2553 (198/9–201) rund 10 Jahre später gesetzte Inschrift CIL VIII 2563 (209–211) bezieht, die die Posten des o. val. und curator op. arm. direkt hintereinander angibt. Eine Personalunion von Verwaltungschef des Lazaretts und curator im Bereich der Waffenkammer ist theoretisch denkbar, aber nicht sehr wahrscheinlich, da es zwischen beiden Verwaltungssektionen wohl kaum Überschneidungspunkte gab, die es nahegelegt hätten, die Leitung in die Hände ein und derselben Person zu legen. Eine sukzessive Bekleidung der Posten liegt m. E. näher und entspricht auch mehr der Personaleinsatzpolitik des Heeres (s. das Kapitel zu den F u n k t i o n s t r ä g e r n ). Den administrativen Charakter des Postens eines o. val. zeigt der cursus des C. Luccius Sabinus: militavit in coh(orte) / I urb(ana) adlatus tribunor(um), fuit / secutor, optio valetudi(narii), optio / carcaris, singularis, beneÀc(iarius) / tribuni, a quaestionib(us) factus per / Annium Verum praef(ectum) urbis et / tesserarius, optio, signif(er), Àsci / curator, optio ab act(is), cornicul(arius) / trib(uni), benef(iciarius) Valeri Asisatici praet(oris) / urb(is) […] (CIL IX 1617 [146]). Sabinus bekleidete überwiegend (wenn nicht ausschließlich) administrative Posten. Auch in seiner späteren zivilen Stellung als decurio in Beneventum kamen ihm seine Verwaltungskenntnisse zweifelsohne zugute. Vgl. Wilmanns 1995, 182 ff Nr. 36; Stauner 2004, 283 Nr. 112. Auf das obige Mißverständnis der Funktion des o. val. ist auch Southerns (2006, 235) Anmerkung zum cursus des Sabinus zurückzuführen: «either he was not, or did not want to remain, a medical specialist». CIL VIII 2553. Diese Inschrift liefert den bislang einzigen positiven Beleg für einen librarius im valetudinarium. Zu Funktionsbezeichnungen und Titeln der Schreibsoldaten s. Stauner 2004, 153 mit Anm. 546, 190. Eine solche Liste läßt die genannte collegium-Inschrift CIL VIII 2553 vermuten.

Rationes ad milites pertinentes

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den bevorrateten Arzneimitteln.9 Ferner dürften Aufstellungen über Arznei- und Behandlungskosten geführt worden sein. Für diese Kosten (expensae), die den Patienten offensichtlich nicht in Rechnung gestellt wurden, zeichnete in den Legionen der Lagerpräfekt verantwortlich.10 Vermutlich hat er sie nach Kenntnisnahme an den ebenfalls seinem ofÀcium unterstellten Kassenbereich zur Verrechnung mit den Geldern der Einheit weitergeleitet.11 Aus dem valetudinarium erging regelmäßig oder bedarfsweise eine Krankenstandsmeldung an das Büro des Kommandanten und fand dort Eingang in Morgenappell- und Stärkeberichte über den personellen Status quo der Einheit zum jeweiligen Zeitpunkt.12 Einblick in die konkrete Dokumentation des Sanitätsbereichs und dessen Interaktion mit der Einsatzzentrale der Truppe (Ta b u l a r i u m ) gewähren uns zwei Dokumente aus den letzten Jahrzehnten des 1. Jh.s (Taf. 1). Das Lazarettdokument P.Masada 723, vermutlich aus dem valetudinarium der legio X Fretensis, enthält Aufzeichnungen zur Behandlung der aegri, die unter der Überschrift numerus aegrorum namentlich aufgelistet sind, verbunden mit einer Angabe der getroffenen Maßnahmen zur Genesung des jeweiligen Patienten. Der Statusbericht Tab.Vindol. II 154 aus Vindolanda gibt das dokumentarische Ergebnis der Krankenstandsmeldung aus dem valetudinarium der dortigen Einheit wieder. Die aegri bilden hier nur eine Gruppe der Dienstuntauglichen jenes Tages. Daneben waren vulnerati und lippientes (Soldaten mit Augenentzündung) krankgemeldet.13 Dies läßt vermuten, daß die Aufstellung aus Masada noch weitere numeri enthielt, wie z. B. einen numerus vulneratorum. Interessant an dem Statusbericht ist die Tatsache, daß man sich bei der Meldung der Erkrankten nicht mit einer lediglich numerischen Auskunft begnügte, etwa der Art non valentes XXXI, sondern es erfolgte eine detaillierte Aufschlüsselung über die Art der vorübergehenden Dienstunfähigkeit. Warum? Ich vermute, daß die Unterscheidung in aegri, vulnerati etc. aufgrund von Erfahrungswerten aussagekräftig war hinsichtlich der vermutlichen Dauer des Dienstausfalls der betreffenden Soldaten, was wiederum eine Auswirkung auf die weitere Diensteinteilung in der Personaleinsatzzentrale gehabt haben könnte. Auf der Ebene 9 Vgl. etwa die Inventarlisten Tab.Vindol. II 194 und 196 (ca. 97–102/3) über Haushaltsgegenstände im Prätorium von Vindolanda. Analoge Listen gab es vermutlich auch im Lazarett – und nicht nur dort. 10 Veg. mil. 2,10,3. Eine kostenlose medizinische Versorgung lassen die Soldabrechnungen vermuten, da sie keine Abzüge hierfür aufführen (was natürlich auch zufallsbedingt sein kann). Vgl. Wesch-Klein 1998, 82. 11 Vgl. die Kosten für die Bewirtung des parthischen Gesandten Goces, die aus den Truppenkassen der Einheiten, die den Parther aufnahmen, bestritten und anschließend vom Prokurator zurückerstattet wurden (s. Anm. 49). 12 Krankenstandsmeldungen in Morgenappellberichten aus Gholaia: O.Bu Njem 1–62, passim; in Statusberichten: s. die weiteren Ausführungen. Zu diesen Berichten s. Stauner 2004, 74–84, 88–90; ders. 2005, 76. 13 Tab.Vindol. II 154,22–25. Zwei aegri sind neben absentes auch in einem mit summa Orontarsium überschriebenen Truppendokument aufgelistet (ChLA X 443 II 2 f [3. Jh.]). An einem oculorum dolor litt auch Numerian (Aur. Vict. Caes. 38,7). Zur Behandlung u. a. von Augenkrankheiten s. Davies SRA, 218; Wesch-Klein 1998, 72 mit Anm. 3; Birley 2002, 79; Baker 2004, 42; Nutton 2004, 181. Augenarzt: Wilmanns 1995, 181 f Nr. 35; Wesch-Klein 1998, 82 mit Anm. 64.

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des valetudinarium dürfte die personenspeziÀsche Datenerfassung von Bedeutung gewesen sein zum einen als Behandlungshistorie für den zuständigen Arzt und zum anderen möglicherweise für Statistiken über den Verbrauch der Arzneien für aegri, vulnerati etc., aus denen sich wiederum insbesondere unter Kriegsbedingungen wichtige Informationen zum logistischen Bedarf ableiten ließen.14 Der Vergleich der beiden Dokumente verdeutlicht, daß die Binnenverwaltung römischer Einheiten ein Dokumentationswesen mit einer Detailtiefe von gestaffelter Relevanz führte. Schriftlich Àxiert wurde nur, was für den jeweiligen Dokumentationszweck von Bedeutung war: im Lazarett die personenbezogene Erhebung behandlungs- und verbrauchsrelevanter Daten, in der Personaleinsatzzentrale die numerische Patientenaufschlüsselung für die Übersicht zum personellen Status quo der Einheit. Die valetudinaria deckten ihren Bedarf an Arzneien zumindest teilweise selbst. So hat man z. B. nicht mehr benötigte Dokumente (aus dem Truppenarchiv?) verbrannt, um die Asche der charta combusta als Kaustikum zur Wundbehandlung zu verwenden.15 Was nicht durch Eigen- oder Fremdproduktion lokal beschafft werden konnte, wurde zum Teil über größere Entfernungen angeliefert. In den Legionen erging vermutlich im Vorfeld eine Bedarfsmeldung aus dem Büro des valetudinarium an den praefectus legionis. Dieser bestellte nach Kissel (1995, 245) die benötigten Güter gegebenenfalls beim Prokurator der Provinz. Möglicherweise führten abkommandierte Soldaten die Transporte durch oder eskortierten sie.16 Medizinische Bedarfsgüter für militärische Einheiten durften Zollgrenzen abgabenfrei passieren, wie die auf einem Faß eingebrannte Inschrift immune in r(ationem) val(etudinarii) leg(ionis) II Ad(iutricis) (zollfreie Ware auf Rechnung des valetudinarium der legio II Adiutrix) aus dem pannonischen Aquincum zeigt (Taf. 1).17 Ein konkretes Beispiel für die Erkrankung eines Soldaten während einer Außenmission ist aus Dura Europos überliefert. Ein Soldat aus einem Trupp, der zwischen Oktober 250 und Juli 251 im Zusammenhang mit der Soldauszahlung die ratio stipendii vermutlich dem Prokurator überbrachte, erkrankte offensichtlich unterwegs und verblieb wohl an der Dienststelle des Prokurators, denn im Stärkebe-

14 Aus Vindolanda ist eine AuÁistung von Ingredienzen für medizinische Zwecke bekannt, die alle Zutaten für die Herstellung von Salben zur Behandlung von Augenleiden enthält (Tab. Vindol. III 591 [ca. 97–102/3]). 15 Verbrannte Dokumente wurden in Vindolanda zahlreich gefunden. Vgl. Bowman/Thomas 1994, 18; Bowman 1994, 14. Charta combusta: Celsus de medicina 5,8. Vgl. Davies SRA, 220 mit Anm. 69. 16 Einteilung zum Eskortendienst etwa: O.Krok. 87,98–102 (118); RMR 1 XXX 18 (219); RMR 47 (= ChLA VII 337 [223–233]) II 5; s. a. Anm. 123 und 157. 17 Dig. 39,4,4,1. Vgl. Davies SRA, 219 mit Anm. 62 u. Taf. 10.8 auf Seite 222; Kissel 1995, 246; Wilmanns 1995, 118 mit Anm. 281; Wesch-Klein 1998, 78 mit Anm. 36; Breeze 2000, 61 mit Anm. 24; Campbell 2002, 94 mit Anm. 135; Nutton 2004, 179. Vgl. den Verweis r(a)ti(one) Babe(lonis) in ChLA XLV 1329–1330 (399), zwei Dokumenten aus dem Versorgungswesen der legio V Macedonica. Er bedeutet möglicherweise, «daß der actuarius Sergius – etwa aufgrund eines lokalen Versorgungsengpasses in Memphis, dem Standlager seiner Einheit – Proviant aus bzw. auf Rechnung des benachbarten Babylon, des Standlagers der legio XIII gemina, bezog» (Mitthof [2001, 491] unter Bezugnahme auf Zuckerman 1988, 280).

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richt seiner Einheit ist er als aeger remansit vermerkt.18 Auf dem Marsch erkrankte auch der adiutor memoriae aus dem comitatus des Kaisers Galerius. Er wurde auf der Etappe von Caesarea Maritima im dortigen valetudinarium zurückgelassen. Für die Dauer seiner Rekonvaleszenz und für die Nachreise nach Ägypten zum Expeditionsheer erhielt er ein Schreiben, das ihn dazu berechtigte, ofÀzielle VerpÁegungsrationen in Empfang zu nehmen.19 Aus dem 3. Jh. ist zudem ein Papyrusfragment (P.Ross. Georg. V 57) unbekannter Herkunft erhalten, das offensichtlich aus der Verwaltung eines Krankenhauses stammt und neben Ärzten die Namen wohl von Patienten auÁistet sowie Rezepte angibt. Die Aufstellung ist in mehrere Abschnitte gegliedert. Der zweite trägt die Überschrift «ajporikw'n» (recto, Z. 8), mit der möglicherweise hoffnungslos oder unheilbar Kranke gemeint sind. Eine solch markante Überschrift könnte auch in einer Patientenübersicht eines Militärlazaretts anzutreffen gewesen sein.20 Abschließend sei mit Blick auf diese Überschrift (ajporikw'n) noch ein administratives Verfahren erwähnt, das vermutlich die Ärzte vor Ort in der Truppe einleiteten, nämlich jenes, das zur missio causaria führte. Die Truppenärzte dürften die dauerhafte Dienstunfähigkeit21 eines Soldaten wohl als erste festgestellt und dem Truppenkommandanten gemeldet haben. Dieser hat daraufhin wohl eine entsprechende Mitteilung an den Statthalter gesandt, wie die Verfahrensregelung des Aemilius Macer nahelegt, in der es heißt, daß der aufgrund eines geistigen oder körperlichen Gebrechens weniger Diensttaugliche zurückgemeldet werden soll.22 Laut einem Bescheid Gordians III. sollten Soldaten, die aufgrund einer missio causaria ihren Dienst vorzeitig beendet hatten, nicht erneut eingestellt werden, weil sie nicht unüberlegt verabschiedet wurden, sondern nur dann, wenn durch die Aussagen der Ärzte und die sorgfältige Ermittlung des kompetenten Richters (iudex) feststand, daß sie an einem Gebrechen litten.23 Mit «Richter» ist der jeweilige Statthalter gemeint, da er es war, der gegebenenfalls eine epistula missoria ausstellte.24 Gordians 18 Soldschätzung: s. das Kapitel Q u a e s t u r a . Stärkebericht: RMR 66 (= ChLA VII 350) Frag. b II 6. Vgl. Davies SRA, 228 mit Anm. 136. Auch der librator Nonius Datus erkrankte (inÀrmitatem contractam) während seiner Abkommandierung zum Bau einer Wasserleitung in Saldae (CIL VIII 2728,84 [152]). 19 Rea et al. 1985 = ChLA XLVII 1433 (293). Vgl. Kissel 1995, 159 ff mit Anm. 122; Mitthof 2001, 234 mit Anm. 703, 236 mit Anm. 713. 20 Vgl. die prägnanten Überschriften im pridianum RMR 63 II, v. a. 3 (ca. 17. Sept. 100?, 101?, 104?, 105?). Hierzu Stauner 2004, 102 f. 21 Tac. ann. 16,13,3; Frontin. strat. 4,6,4. Vgl. Watson 1969, 123 f, Wesch-Klein 1998, 88 ff. 22 Dig. 49,16,13,3: quis vitio animi vel corporis minus idoneus militiae renuntiatur (vgl. die renuntia aus Vindolanda, in denen dem Kommandanten die befehlsgemäße Mannschaftsverteilung rückgemeldet wurde; Rückmeldung an den Kaiser: Hadriani sententiae Nr. 4 [Corp. Gloss. Lat., ed. Götz 1888–1923, III 32,51–56; vgl. III 388,5–9]: Adrianus dixit: vir clarissimus, praefectus meus, de ea re excutiet et renuntiabit mihi; vgl. Lewis, GRBS 32, 1991, 276 f); Dig. 3,2,2,2. Die m. causaria galt als m. honesta mit entsprechenden Privilegien (Dig. 27,1,8,5). Veg. mil. 2,3,3: praeterea necesse est aliquantos morbo debilitari atque dimitti. 23 Cod. Iust. 12,35,6. Vgl. Wesch-Klein 1998, 89 mit Anm. 100. 24 Etwa CIL XVI, App. 1 (122): M. Acilio Av{av}iola et Pansa co(n)s(ulibus) / pridie nonas Ianuarias. / T. Haterius Nepos praef(ectus) Aeg(ypti) / L. Valerio Nostro equiti / alae Vocontiorum, turma / Gaviana, emerito hone/stam missionem dedit. Darunter in anderer Hand: [Pe]r-

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Verfügung deckt sich mit dem Inhalt eines Entlassungsschreibens für einen gewissen Tryphon, der aufgrund einer Sehschwäche zunächst dreimal in Alexandrien einer medizinischen Epicrisis unterzogen und daraufhin vom praefectus Aegypti entlassen wurde.25 Stellten also die Truppenärzte bei einem Soldaten ein Gebrechen fest, das eine missio causaria rechtfertigte, so erging eine Meldung an den Statthalter. Möglicherweise wurde der Betreffende nochmals von den Ärzten der zentralen Musterungsbehörde beim Statthalter untersucht, der gegebenenfalls die missio causaria im Auftrag bzw. Namen des Kaisers erteilte.26 Dies zog das reguläre Entlassungsprozedere nach sich: Streichung27 aus der Stammrolle, Rückgabe der gestellten Ausrüstung und Waffen an die Ausgabestellen gegen Quittung, Auszahlung des Solds bzw. der Ersparnisse sowie der für die Ausrüstung hinterlegten Gelder (s. Anm. 68 f). Victus28 Dem Proviantwesen oblag die Bereitstellung und Verteilung von Nahrungsmitteln innerhalb der Einheit.29 Dieser Verwaltungsbereich ist der mit Abstand am besten dokumentierte, wohl nicht zuletzt deshalb, weil Proviant naturgemäß am häuÀgsten ausgegeben wurde und folglich den wohl auch umfangreichsten Dokumentationsaufwand nach sich zog. Es ist davon auszugehen, daß das in diesem Bereich vorÀndliche Dokumentationsspektrum und -verfahren in den anderen Logistikbereichen prinzipiell auf dieselbe Weise gestaltet war. Über Eingang und Verteilung der Nahrungsmittel ist aus diesem Administrationsbereich eine Vielzahl unterschiedlicher Dokumente bekannt: Aufzeichnungen über Proviantlieferungen etwa in Form von Frachtbriefen, wie sie aus Gholaia erhalten sind30; chronologische Aufstellungen über Restbestände an Getreide mit dem Datum

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legi o(mnia) s(upra) s(cripta) e(t) h(onestam) m(issionem) dedi prid(ie) non(as). Vgl. Mann/ Roxan 1988, 341 f; Mann 2000, 158; (epistula) missoria s. Fezzi 2007, 271 Zeile 30, 272 Zeile 22, 272 Anm. 19. Tryphon: P.Oxy. I 39 (52); vgl. P.Oxy. II 317; P.Oxy. II, p. 319. Ob Tryphon Soldat oder Zivilist im Staatsdienst war, ist ungewiß. Ein Entlassungsschreiben für einen Soldaten war jedoch wohl sehr ähnlich abgefaßt. Vgl. Watson 1969, 41. Siehe auch das kaiserliche Reskript zur vorzeitigen Entlassung des vigilis M. Aur. Mucianus propter adversam corporis valitudinem(!) (Z. 6), jetzt bei v. Saldern 2006, v. a. 300–304. Siehe ferner Davies SRA, 227 mit Anm. 125; Wierschowski 1984, 275 Anm. 735; Wesch-Klein 1998, 72 mit Anm. 5. Neben Sehschwäche waren Taubheit und Stummheit weitere Entlassungsgründe (Dig. 29,1,4). v. Saldern 2006, 303 f. Vgl. RMR 47 (= ChLA VII 337 [223–233]) I 16 mit Komm. zu Zeile 16; s. a. Anm. 183. Auch «frumentum» diente als generischer Begriff für Proviant (vgl. Roth 1999, 18 mit Anm. 74, 25 mit Anm. 115). Da jedoch in den Finanzdokumenten des Heeres im Zusammenhang mit Proviantabzügen von victus die Rede ist, wird dieser Begriff auch hier verwendet. Davies SRA, 187–206; Roth 1999; Erdkamp 2002. Zur Verproviantierung republikanischer Heere s. Whittaker (2002, 211 Anm. 24) mit den zentralen Fragen zur Heeresversorgung auf Seite 205 f. O.Bu Njem 75–81 (254 bzw. 259). Vgl. das von Kissel (1995, 154–157; v. a. 156 f Anm. 117) vorgeschlagene Verfahren zur Sicherstellung des ordnungsgemäßen Güterempfangs bei der

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der Entladung eingetroffener Fuhrwerke (karra exonerata)31; Empfangsquittungen, mit denen militärische Proviantabholer staatlichen bzw. zivilen Bezugsquellen den Erhalt von Getreide bestätigten, das diese im Auftrag des Prokurators bzw. des Statthalters (so zumindest in Ägypten) bereitstellten32; chronologische Listen über die Ausgabe von Nahrungsmitteln nach Art und Quantität wie etwa die ratio frumenti emensi33 aus Vindolanda, der zufolge in einem Zeitraum von 15 bis 20 Tagen 320,5 modii an Weizen verteilt wurden, unter anderem an Legionäre, die sich in Vindolanda aufhielten, oder etwa die Verbuchung der Ausgabe von Winterweizen etwa an den Truppe. Die zuverlässige Kontrolle über den Eingang der vorgesehenen Proviantmenge bei der Einheit war allerdings weniger durch die Quittierung des praepositus – denn diese besagt für sich allein nicht viel –, sondern vielmehr durch die doppelten Mengenangaben (in lokaler und römischer Maßeinheit sowie in Wort und Zahl) gewährleistet. Erst mit dieser Vorsichtsmaßnahme in Verbindung mit der Bestätigung des praepositus war hinreichend sichergestellt, daß die gesamte Menge ihren Bestimmungsort erreichte und die zivilen Spediteure nicht etwa unterwegs ein Quantum für sich behielten. Vgl. Stauner 2004, 47–51; s. a. Mitthof 2001, 204 (Transportgeleitschein). 31 Tab.Vindol. III 583–585 (ca. 97–102/3). Die Entladung von Fuhrwerken wird auch auf Ostraka vom Mons Claudianus bestätigt (O.Claud. 124 f [107]). Vgl. Breeze 2000, 61 mit Anm. 17. 32 So quittierte der procurator (!) einer turma der ala veterana Gallica gewissen conductores fenarii den Erhalt von Heu für seine Kameraden (RMR 80 [130]; s. Anm. 35). Ob diese conductores Zivilisten oder Soldaten waren, ist ungewiß; vgl. Kissel 1995, 192 f mit Anm. 67; Breeze 2000, 60 mit Anm. 12; Soldaten als conducto(res) kastelli (AE 1995, 1512); hierzu Bülow-Jacobsen in Cuvigny 2003 II, 412. In den Jahren 185/6 bestätigte der duplicarius (nach Adams [1999, 121] ein optio) Antonius Iustinus in vierfach ausgestellten Quittungen dem Strategen des Hermopolites, Damarion, von den Ältesten verschiedener Dörfer eine bestimmte Menge an Gerste (in der Regel 100 Artaben) aus einer vom praefectus Aegypti für die ala Heracliana festgesetzten Gesamtmenge von 20000 Artaben empfangen zu haben: P.Amh. II 178; P.Ryl. II 85; P.Amh. II 173; P.Amh. II 107; P.Amh. II 176; P.Amh. II 174; P.Ryl. II 274; BGU III 807; P.Amh. II 108; P.Amh. II 175 (zusammengestellt bei Daris 1992); eine weitere Lieferung, möglicherweise ebenfalls für die ala Heracliana: P.Ryl. II 275 (= Daris 1992, Nr. 2 [184/5]); s. a. P.Iand. VII 138 (2. Jh.); RMR 79 (2. Hälfte 2. Jh.); P.Bodl. 14 (184/5); BGU III 842 (187); P. Grenf. 48 (191); P.Bodl. 15 (ca. 200); BGU XI 2024 (204; vgl. Speidel RAS II, 240–274, v. a. 254 mit Anm. 52, 269 mit Anm. 137); P.Köln II 94 (213); PSI VII 797 (232); P.Panop. Beatty 1,392–398 (298). Vgl. Lesquier 1918, 363–365; Breeze ROF, 539 f; Remesal Rodríguez 1997, 68 mit Anm. 76 ff; Adams 1999, 120 mit Anm. 7 u. 10, 124 mit Anm. 39; Breeze 2000, 60 f mit Anm. 11 ff; Mitthof 2001, 37–50, v. a. 41, 136 mit Anm. 218, 138, 151 Anm. 316, 241 mit Anm. 735. 33 Tab.Vindol. II 180 (104–ca. 120). Vgl. August. Anc. 15: duodecim frumentationes […] emensus sum. Vgl. die verschiedenen rationes, die nach Cato (agr. 2,5 f) auf einer villa zu führen waren, darunter auch eine ratio frumentaria. Die hier aufgezeigten buchhalterischen Aufgaben dürften mit jenen des militärischen Proviantwesens durchaus vergleichbar gewesen sein. Vgl. auch das Heroninos-Archiv, für das nach Rathbone (1991, 402) die militärische Buchhaltung möglicherweise eine Vorbildfunktion hatte. Siehe hierzu auch D. Jones 2006, 226, 236–239. Die Ausgaben in Tab.Vindol. II 180 wurden nicht verrechnet, was darauf hindeuten könnte, daß das Täfelchen kein Dokument über ofÀzielle Verteilungen regulärer Rationen war. Whittaker (2002, 230; s. a. 213) hält diese und ähnliche Aufstellungen für «accounts of entrepreneurs, whether military or civil, who were providing supplementary provisions to soldiers and civilians in the camp and the vicus.» Dieses Dokument läßt jedoch von seiner Gestaltung her eine enge Anlehnung an die ofÀzielle Dokumentation erkennen. Es wurde im militärischen Milieu erstellt, möglicherweise von Soldaten, die auch für ofÀzielle rationes verantwortlich waren.

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cornicularius Atticus34; Bestätigungen der Proviantausgabe an die Soldaten einer Untereinheit (turma oder centuria) durch den zuständigen curator bzw. optio35 sowie Kompilationen solcher Dokumente zu Gesamtberichten wie jenem aus Luguvalium, der vermutlich aus der Feder des summus curator der dortigen Kavallerieeinheit stammt36; schließlich die Quittungen der Proviantempfänger, in denen feinsäuberlich Art und Quantität des ausgegebenen Nahrungsmittels oder die adaeratio hierfür festgehalten und der Erhalt vom Empfänger dem Proviantausgeber schriftlich bestätigt wurde.37 Diese Empfangsbestätigungen wurden anschließend an die Truppenkasse weitergeleitet, wo signiferi und librarii depositorum die entsprechende Abbuchung vom Empfängerkonto vornahmen.38 So ist auf einem solchen Dokument aus Pselchis die Weiterleitung an die librarii mit der Angabe toi'~ librarivoi~ explizit vermerkt.39 In den Soldabrechnungen des 1. Jh.s sind die VerpÁegungskosten (in victum) regel34 Tab.Vindol. III 586,4–6 (ca. 97–102/3). Zum cornicularius s. Stauner 2004, 118–125. 35 Curator: RMR 80,2 (130); s. Anm. 32. Der Soldat nennt sich in diesem Dokument zwar procurator, jedoch steht außer Zweifel, daß er Militärangehöriger war. Optio: RMR 81 II 5 (205): Der optio Malochos bestätigt einem Kaisavrwn oijkonovmou oujikavrio~, von dem er 50 Artaben Weizen erhalten hat, die Austeilung an namentlich aufgelistete Soldaten. Zu dispensatores s. Adams 1999, 124 f; Mitthof 2001, 38 f; Herz 2002, 41; ders. 2007, 312. 36 Tab.Luguval. Inv.-Nr. 6–9 (vor ca. 105) – eine Aufstellung über die Ausgabe einer Drei-TagesRation an Gerste und Weizen für die 16 Turmen der Kavallerieeinheit. Der summus curator dürfte zuvor entsprechende Quittungen der curatores erhalten haben, in denen der Empfang der Getreiderationen auf Turmenebene (vgl. P.Oxy. XII 1436) bestätigt bzw. rückgemeldet (renuntiare, s. Anm. 22) wurde; vgl. Tomlin 2003, 178; Stauner 2004, 52. 37 So quittierte der Soldat M. Aur. Iulius Herakleianos einem optio, der als «Empfänger des Weizens» (paralhvpth~ sivtou) angesprochen wird, den Erhalt seiner Ration (RMR 78, Nr. 1 [179/211]). Mit «Empfänger des Weizens» ist wohl gemeint, daß der optio von einer externen Bezugsquelle den Weizen direkt erhielt und dann verteilte. Kissel (1995, 153) will in ihm ein Mitglied des «ofÀcium procuratoris» sehen, wofür der Text allerdings keine Anhaltspunkte enthält. Weitere Empfangsquittungen: RMR 74–81. Vgl. Mitthof 2001, 41. Soldaten, die aus irgendeinem Grund keine Naturalien in Empfang nahmen, erhielten eine adaeratio, etwa für Linsen, Salz, Essig (RMR 78, Nr. 15 [162/194]). Ein Quittungsbuch der ala veterana Gallica zeigt, daß Kavalleristen dieser Einheit während der ersten vier Monate des Jahres 179 Heugeld in Höhe von 25 Denaren erhielten, zum Teil im voraus, weil sie auf Außenmission entsandt wurden (ejn procreiva/ ejxercovmenoi eij~…, RMR 76 XI 15 u. ö.). Den Erhalt des Geldes quittierten die Soldaten dem summus curator. Mehrmals schrieb der curator Iul. Serenus für einen illiteraten Soldaten die Quittung (etwa VI 14 f, 21 f) und erhielt selbst auch vom gleichnamigen summus curator sein Heugeld (X 9–14). Vgl. van Berchem 1937, 134 mit Anm. 3; Breeze ROF, 535; Kissel 1995, 167 mit Anm. 150; Whittaker 2002, 214; Herz 2007, 312. Adärierter Naturalsold wurde «unter denselben Modalitäten wie die Stipendien, d. h. quadrimenstruenweise an drei Zahltagen im Jahr (1. Jan., 1. Mai., 1. Sept.) ausgezahlt.» (Mitthof 2001, 460 Anm. 785 unter Verweis auf P.Panop. Beatty 2,36–42; 291–298); vgl. P.Oxy. LXIII 4367,8 (325–337): Auszahlung für zweites Quadrimenstruum (1. Mai–31. Aug.). 38 So zumindest regulär im 1. Jh. und bis zu einem unbekannten Zeitpunkt im 2. Jh. (vermutlich in der 2. Hälfte des 2. Jh.s). Die Quittungen aus dem späten 2. Jh., als die annona vermutlich bereits kostenfrei war, zeigen, daß die Empfänger den Erhalt der Lebensmittel nach wie vor quittieren mußten. Vermutlich sollte damit sichergestellt werden, daß jeder Soldat nur das ihm zustehende Quantum empÀng. Extras hingegen mußten nach wie vor bezahlt werden (s. Anm. 138 f). 39 RMR 78 Nr. 67,5 (178/210); s. a. Anm. 38. Hierzu Stauner 2004, 68, 72, 432 f Nr. 426.

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mäßig in gleicher Höhe abgebucht.40 Sie zeigen, daß jeder Soldat bestimmte Grundnahrungsmittel wie Weizen, Speck, Käse, sauren Wein und Salz empÀng.41 Hinzu kamen Sonderausteilungen wie z. B. für das saturnalicium k(astrense)42. Für die Essenszubereitung waren verschiedene Utensilien nötig, die ebenfalls an die Soldaten ausgegeben wurden. So hatten in Vindolanda ein gewisser Firmanus und ein decurio Glasgeschirr und ein weiterer Soldat einen Kochtopf (cucuma) in Besitz.43 Ferner ist davon auszugehen, daß der Kommandant regelmäßig Statusberichte über die Vorratsbestände, z. B. nach einer frumentatio, erhielt, vielleicht in einer Form ähnlich den renuntia aus Vindolanda, die dem Kommandanten die befehlsgemäße Verteilung von Mannschaft und Ausrüstung bestätigten.44 Analog hierzu könnten Meldungen aus dem Proviantwesen die ordnungsgemäße Verteilung von Nahrungsmitteln mit Angabe der restlichen Vorratsmengen (vgl. Anm. 31) bestätigt haben. Ein Schriftstück über die Ausgabe von Weizen an equites und pedites enthält die Randanmerkung ad cognlega, die möglicherweise zu ad cogn(oscendum) lega(tur) aufzulösen ist und auf Überprüfungen der Dokumentation nach erfolgter Proviantausteilung hinweist.45 Gegebenenfalls hat daraufhin der Kommandant, wohl in Absprache mit dem Prokurator bzw. dem Statthalter, die Entsendung von Soldaten zur Proviantabholung veranlaßt.46 Die obigen Belege (Anm. 32) für die Involvierung des Statthalters in die Heeresversorgung stammen aus Ägypten.47 Daß auch in anderen Provinzen der Gouverneur als Oberkommandierender der Provinzialtruppen bei solchen Aktivitäten 40 Je 80 Drachmen in RMR 68 II 6, 17, 27 (81) (Taf. 2). In RMR 69,5, 13, 22 (ca. 84) wurden in der 1. Soldauszahlung 128 Drachmen, in der 2. und 3. hingegen nur 100 Drachmen berechnet. Allerdings sind hier sämtliche Abzugsposten nur ergänzt. Auch die Kosten für Tierfutter (faenaria) waren jeweils gleich hoch (10 Drachmen in RMR 68 II 5, 16, 26 bzw. 13 Drachmen in RMR 69,4, 12). 41 SHA Hadr. 10,2: cibis etiam castrensibus in propatulo libenter utens, hoc est larido, caseo et posca. SHA Avid. 5,3: et praeter laridum ac buccellatum atque acetum militem in expeditione portare prohibuit. SHA Pesc. Nig. 10,3 f: idem iussit vinum in expeditione neminem bibere, sed aceto universos esse contentos. idem pistores sequi expeditionem prohibuit, bucellato iubens milites et omnes contentos esse. Veg. mil. 3,3,10: frumenti vero et aceti vel vini nec non etiam salis omni tempore necessitas declinanda. Vgl. Cod. Theod. 7,4,6 (360) = Cod. Iust. 12,37,1. Tab.Vindol. II 190 (ca. 97–102/3) dokumentiert Verteilungen, u. a. von saurem Wein (acetum) und Bier (cervesa). Whittaker (2002, 218) sieht diese Rationen als «supplementary food for special purposes». Vgl. Davies SRA, 188 f; Roth 1999, 7–67, v. a. 25 f; Kehne 2007, 324 f. 42 RMR 68 II 8; III 7 (81). 43 Tab.Vindol. III 590. Kochgeschirr war Teil des Marschgepäcks. So ließ Marius seine Soldaten Proviant und Geschirr an einem Stab über die Schulter tragen, was ihnen den Spitznamen muli Mariani einbrachte (Frontin. strat. 4,1,7). 44 Tab.Vindol. II 127–153, III 574–579 (ca. 92–130). Vgl. Stauner 2004, 499 s. v. renuntium, v. a. 91 ff. Zu einer frumentatio in der cohors XX Palmyrenorum scheint der Statthalter dem Kommandanten Instruktionen erteilt zu haben (RMR 101 [ca. 216]; vgl. Kissel 1995, 244 mit Anm. 29) – ein weiteres Indiz für die Truppenverwaltung als interaktiver Administrationsverbund quer durch die Verwaltungshierarchien. Hierzu Stauner 2004, 211 f. 45 RMR 81 II 14 mit Komm. zu Zeile 14 (205). 46 Prokurator: Strab. 3,4,20. Vgl. Adams 1976, 229; Breeze ROF, 543; Herz 2002, 42. Zum Requisitionsprozedere s. Mitthof 2001, 43 f. 47 Zur Beteiligung des Statthalters an Versorgungsmaßnahmen s. auch das Kapitel Ve s t i m e n t a .

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beteiligt war, ist vorauszusetzen48, wobei die primäre Zuständigkeit für konkrete Versorgungsmaßnahmen beim Prokurator (Strab. 3,4,20) lag und der Statthalter gegebenenfalls Unterstützung leistete. So stellte Plinius (epist. 10,27 f) als Statthalter von Bithynien dem nach Paphlagonia entsandten Prokurator Soldaten zum Schutz beim Getreideaufkauf zur Verfügung. Ein weiteres Beispiel für die Interaktion zwischen diesen beiden Amtsträgern liefert ein Schreiben des syrischen Legaten Marius Maximus an den procurator Augustorum, in dem jener diesen dazu auffordert, den Einheiten, die den parthischen Gesandten Goces mit Gefolge gastfreundlich aufnehmen sollten, die hierfür aus der Truppenkasse bestrittenen Ausgaben zurückzuerstatten. Anschließend sollte der procurator dem Statthalter eine Aufstellung über die jeder Einheit rückerstatteten Auslagen vorlegen (quid autem in quoque numero erogaveris, scribe mihi). Der Brief zeigt, daß trotz der konkreten Zuständigkeit des Prokurators für die TruppenÀnanzen der Statthalter die Oberaufsicht über die Abwicklung dieser Angelegenheit führte.49 Grundlage für die letztlich vom Prokurator bereitzustellenden Mengen an Nahrungsmitteln könnten Meldungen über Restbestände an Getreide (s. o.) aus dem truppeninternen Proviantwesen bzw. Statusberichte über die aktuelle Präsenzstärke aus dem Kommandantenbüro gewesen sein, aus denen sich der Bedarf der Truppe ergab.50 Im Zuge der Bereitstellung der benötigten Nahrungsmittel informierte der Prokurator den Kommandanten der fraglichen Einheit über die Proviantlieferung. So heißt es in einem Frachtbrief eines procurator Augustorum an den praepositus in Gholaia, daß die Fracht ad usus militum morantium Golas bestimmt sei.51 Der Truppenkommandant wiederum entsandte daraufhin Soldaten zur Abholung der Güter, 48 Vgl. Adams 1999, 125; Kehne 2007, 327. 49 RMR 98.2,7 f = ChLA VI 315 Frag. a. B,7 f (ca. 208). Vgl. Adams 1976, 228 f; Kissel 1995, 167 f Anm. 153; Remesal Rodríguez 1997, 67, 73; Erdkamp 2002, 54 f; Eich 2006, 67 f; Stauner 2006, 27; Kehne 2007, 327. Daß diese Auslagen «were then reimbursed out of the corresponding account by the governor» (Herz 2007, 318), geht aus dem Schreiben nicht hervor. Der Statthalter wurde dem Brief nach lediglich über die Beträge informiert. Vgl. Eich 2005, 125 f, 156. 50 Vgl. Kissel (1995, 158), der ebenfalls davon ausgeht, daß der Prokurator «in seinem ofÀcium über genaue Bedarfslisten der jeweils in seinem Amtsbereich stationierten Einheiten verfügte». Vgl. die Bedarfsmeldungen (petitiones) der Truppenkommandanten in Ägypten an den katholikos (P.Oxy. XXXI 2561 [293–305]) sowie die matrices, Mannschaftsaufstellungen (P.Panop. Beatty 1,46–48, 72–76 [298]; vgl. Mitthof 2001, 168 mit Anm. 386), mit denen nach Mitthof (ebd., 169) «die zuständigen Provinzbehörden den Bedarf der einzelnen Einheiten für einen künftigen Zeitraum ermittelten.» Ihm zufolge haben auch im Kontext des spätrömischen Heeres die «Einheiten einen ständigen Schriftverkehr mit der Zentralverwaltung» unterhalten und «waren verpÁichtet, in regelmäßigen Abständen Mannschaftslisten mit Angaben zur Stärke und Zusammensetzung der Einheiten vorzulegen». Ziel war es, «Fehlbelieferungen zu vermeiden und ein Höchstmaß an EfÀzienz zu gewährleisten» (ebd., 169; s. a. 142, 396–399 Nr. 67, 426 ff Nr. 92). Über die Umbrüche des 3. Jh.s hinweg läßt dies im Bereich der Truppenversorgung eine grundlegende Kontinuität im administrativen bzw. dokumentationstechnischen Prozedere zwischen militärischen und zivilen Verwaltungsstellen erahnen. Zur Heeresverwaltung in der Spätantike: K. Stauner, Das ofÀzielle Schriftwesen des oströmischen Heeres von Diokletian bis Maurikios (284–602 n. Chr.) – in Vorbereitung. 51 O.Bu Njem 75,4 f (254) und O.Bu Njem 81,5 f (259); hierzu Stauner 2004, 50 f, 55, 152, 210. Vgl. die Wendung bei Tac. ann. 4,72,1: in usus militares (bzgl. Beschaffung von Häuten).

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wie vielfach belegt ist. So enthält die vermutlich aus einer Legion stammende Diensthistorie RMR 10 regelmäßig den Entsendungsauftrag ad frumentum52, wie etwa im Falle des M. Papirius Rufus, der 80 n. Chr. ex epist[ula T. Suedi] Clementis praef(ecti) castrorum ausrückte.53 Kissel (1995, 152 Anm. 100) sieht in dieser epistula ein «Ermächtigungsschreiben […] zur Inempfangnahme an den zentralen Sammelstellen […], das sicherlich vom lokalen Prokurator vorab abgesegnet wurde.» Die epistula könnte demnach Angaben zu den benötigten Proviantmengen enthalten haben. Neben den Proviantausgaben im Stammlager mußten auch die Soldaten auf Außenposten in die Versorgung mit Nahrungsmitteln eingeplant werden.54 Vermutlich erhielt der Proviantbereich aus der Personaleinsatzzentrale eine Mitteilung über die Personalstärke auf den Außenposten, so daß entsprechende VerpÁegungsrationen bereitgestellt werden konnten. Deren Eingang auf dem Außenposten war an das Hauptquartier zurückzumelden. So wies in einem Rundschreiben der praefectus montis Berenicidis Artorius Priscillus die curatores an den praesidia entlang der Straße von Koptos nach Myos Hormos an, ihm unverzüglich die Abrechnungen für Weizen, Gerste und Stroh zuzuschicken.55 Zudem kam im praesidium von Krokodilo eine Vorlage für solche Rückmeldungen zum Vorschein.56 Dies unterstreicht die Bedeutung, die der Sicherstellung der VerpÁegung zugemessen wurde, und es nimmt deshalb auch nicht wunder, daß das Thema Proviant in militärischen Dokumenten in der einen oder anderen Form immer wieder zur Sprache kommt. Arma Das waffentechnische Materialwesen war für die Beschaffung bzw. Herstellung, Reparatur, Aufbewahrung und Ausgabe von Waffen und im weitesten Sinne waffentechnischer Ausrüstungsgegenstände zuständig.57 Räumlich betrachtet sind damit 52 ad frumentum: RMR 9,31 d–f (90–96); RMR 10,2, 5, 8, 23, 27 (ca. 88); ChLA X 454,14 (3. Jh.); missi ad frumentum bzw. hordeum comparandum: RMR 47 I 13; II 4 (s. Anm. 16); ad hord(eum) sive frument(um): ChLA XLV 1333,3 (3. Jh.); frumentatum; ad annona[m] defendendam; ad naves frumentarias: RMR 63 II 19, 31, 33 (Anf. 2. Jh.); a frumento: RMR 51 II 23 (frühes 1. Jh.); s. a. P.Mich. VIII 478,8 mit Komm. zu Zeile 7 f (frühes 2. Jh.); Ios. bell. Iud. 2,4,3 (centuria eskortiert einen Getreide- u. Waffentransport zur Legion; vgl. Cass. Dio 69,12,2; s. Anm. 96); Plin. epist. 10,27; weitere Beispiele bei Davies SRA, 284 Anm. 11 f; 288 Anm. 97 f. Vgl. Wierschowski 1984, 160 mit Anm. 647; Stauner 2004, 47–51, 60 f, 88 ff; Palme 2006a, 302 mit Anm. 16. 53 RMR 10,2 f (ca. 88). Siehe Anm. 141. 54 Vgl. die Proviantvorbereitung für abkommandierte Soldaten bei Frontin. strat. 4,7,31 (cibaria parare). 55 O.Krok. 41,67–69 (109): lovgon purou' [[kai;]] kriqh'~ kai; acuvrwn […] eujqevw~ pevmyate. Vgl. P.Panop. Beatty 1,73 (298): Auch die matrices (Mannschaftsverzeichnisse) zur Bestimmung des Umfangs von Proviantlieferungen sollten von den Einheiten jeden Monat unverzüglich an den Prokurator der Unteren Thebais geschickt werden. 56 Sie trägt die «Überschrift» lovgo~ purou' kai; kriqh'(~) praisidivou Krokod(ilw;) / (ejpidedomevno~ uJp)ov tino~ kouravtoro~ (O.Krok. 79,1 f; Traian/Hadrian) – m. a. W. eine ratio frumenti et hordei reddita a curatore. 57 Zur Versorgung der Truppen mit Waffen: Tac. hist. 2,82,1; Cass. Dio 69,12,2; Documenti 62 (= Speidel RAS I, 329–332). Davies SRA, 51 mit Anm. 74; Wierschowski 1984, 173–199.

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die Waffenkammern (armamentaria) und jene Bereiche der truppeneigenen fabrica gemeint, die der Produktion und Ausbesserung der Ausrüstung dienten. Die armamentaria waren zumindest teilweise in den principia58 des jeweiligen Truppenlagers untergebracht59 und wurden von den custodes armorum60 bewacht bzw. verwaltet. Neben den Waffenkammern befanden sich vermutlich die Schreibstuben der 58 Zur Problematik bzgl. der räumlichen Einheit bzw. Trennung von principia und armamentaria (RIB 1092; CIL XIII 8824) s. Speidel RAS I, 363 Anm. 38; Johnson ³1990, 128; Bishop/Coulston ²2006, 263–266. 59 Die armamentaria (arm.) dienten der Aufbewahrung von Waffen und Munition (Tac. hist. 1,38; 1,80; Isid. orig. 15,5,4), wie etwa Funde aus Lambaesis zeigen, wo man u. a. 6000 Schleuderkugeln aus Ton und 300 Steinkugeln fand (Johnson ³1990, 128). In den arm. lagerten die Waffen offensichtlich nicht nach cohortes oder centuriae, sondern nach Waffentyp geordnet (Speidel RAS II, 131; Le Bohec 1997), was die Vermutung nahelegt, daß es sich bei den dort aufbewahrten Materialien um bedarfsweise ausgegebene Ersatzwaffen und Munitionsvorräte (s. Wierschowski in Anm. 75) bzw. um waffentechnische Ausrüstung «in general ownership» (Bishop/Coulston ²2006, 265) handelte. Vgl. die Stelle Tac. hist. 1,38, die zeigt, daß in den stadtrömischen arm. offensichtlich auch Ersatz- bzw. auf Halde produzierte Waffen für Auxiliartruppen lagerten (vgl. Campbell 2002, 38 mit Anm. 122). Ihre persönliche Ausrüstung, für die sie zumindest teilweise einen Geldbetrag hinterlegen mußten, den sie bei der Rückgabe wieder ausgezahlt bekamen (s. Anm. 68), verwahrten die Soldaten griffbereit in den contubernia (Caes. civ. 3,76,3: depositis in contubernio armis. Hyg. mun. 1; vgl. v. Petrikovits 1975, 36, 137; Kemkes ²2006, 132 Abb. 137; Bishop/Coulston ²2006, 265). Nach Le Bohec (1997) unterstand das arm. «einem curator operis armamentarii und einem magister, der von einem scriba armamentarii und einem architectus armamentarii unterstützt wurde». Weder aus den Legionen noch aus den Auxiliartruppen gibt es einen positiven Nachweis für scribae armamentarii. Diese sind allein für das arm. der cohortes praetoriae in Rom nachgewiesen (CIL VI 999 = Stauner 2004, 322 f Nr. 198). Ob zudem der curator op. arm. einen dauerhaften Leitungsposten im arm. innehatte, ist nicht erwiesen. Speidel (RAS II, 131 Anm. 3) sieht in diesem curator (CIL VIII 2563 = ILS 2437) einen «supply ofÀcer». Vgl. Kissel 1995, 187 mit Anm. 47. 60 Der custos a. zählte zu den opera vacantes (RMR 58 II 3 f [90]; s. Stauner 2004, 93 f, 434 f Nr. 430) und war verantwortlich «for ensuring that the men of his unit owned all of the required equipment, sold kit to new recruits, bought it back from those retiring, and supervised the repair or scrapping of damaged items» (Bishop/Coulston ²2006, 266). In der Forschung wird davon ausgegangen, daß jede centuria bzw. turma einen Waffenwart hatte (v. Domaszewski ²1967, 44 f Nr. 50; Breeze ROF, 40; Speidel RAS I, 363 mit Anm. 40; M. A. Speidel 1996, 175). Aus einer collegium-Inschrift (AE 1902, 10) im Heiligtum der custodes a. in den principia von Lambaesis (v. Domaszewski 1902, 23 f) geht hervor, daß unter Sept. Severus 62 custodes a. in der legio III Augusta dienten. Jedoch zeigt eine im selben Raum gefundene Altarinschrift (AE 1902, 11 u. 147) mit Namensliste, daß es unter Sev. Alexander nur noch 32 custodes waren. Derselbe Stein weist eine weitere Liste mit 32 Namen auf, deren Schriftbild von deutlich schlechterer Qualität ist, so daß Cagnat (CRAI 1901, 634) den Schluß zog, daß beide Listen nicht zur selben Zeit eingemeißelt worden sein können. v. Domaszewski (1902, 24) ist der Ansicht, daß nach der Neugründung der Legion unter Valerian die 32 Namen der 2. Liste hinzugefügt wurden und vermutet deshalb, daß die Legion auch unter Valerian nur 32 custodes a. hatte. Nach ihm hatten die fünf centuriae der ersten cohors jeweils einen custos, während in den cohortes 2–9 nur jeweils die Manipel (2 centuriae) über einen custos verfügten (insgesamt 27 Manipel). Den Grund für diese numerische Veränderung sieht er «in den wahnsinnigen Soldverhältnissen der Zeit; die höheren Donative für die Principales waren nicht mehr zu erschwingen» (ebd.; vgl. ders. ²1967, 44 f Nr. 50). Diese zufällig erhaltenen Inschriften sollten zur Vorsicht bei generalisierenden Aussagen über die personelle Zusammensetzung von cohortes, centuriae, ofÀcia etc. mahnen, verdeutlichen sie doch die Zeitgebundenheit der Quellen!

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custodes armorum.61 In einer solchen Schreibstube könnte das ursprünglich wohl längere Schriftstück entstanden sein, von dem leider nur noch die subscriptio erhalten ist, die vermutlich aus der Feder eines Waffenwarts stammt: s(cripsi) a(rmorum) c(ustos). Die zusätzliche Erwähnung eines vasarium quartum [ – – – ] / (centuria) X[ deutet auf ein Verzeichnis oder Archiv im Kontext einer Schreibstube, möglicherweise des Waffenwarts, hin.62 Ein solches Büro ist wohl auch auf dem Bruchstück einer Tafel aus Vindonissa gemeint. Das Dokument war an den custos armorum adressiert, der bei Haus- oder Büronummer XXX seinen Dienstsitz hatte. Ebenfalls aus Vindonissa stammt ein Brief für einen gewissen Rarus, den Waffenwart in der Zenturie des Sever[ – – – ].63 Jeder Soldat erhielt zu Beginn seines Dienstes vom zuständigen custos armorum Ausrüstung wie Schwert, Dolch, Lanze bzw. Speer, Schild, Helm, Panzer, Schienbeinbinden und Schulterbedeckung. Hinzu kamen weitere Gegenstände wie Säge, Korb, Spaten, Axt, Riemen, ein sichelförmiges Messer sowie eine Kette. Iosephus Flavius zufolge hatten die Soldaten beim Marschieren beinahe soviel wie die Lasttiere zu tragen.64 Die Ausrüstung wurde zweifelsohne gegen Quittung ausgehändigt und zumindest teilweise in Rechnung gestellt.65 Diese Quittung enthielt alle Details zu den ausgegebenen Waffen mit Angabe der Kosten für die Verrechnung mit dem Konto des Waffenempfängers in der Q u a e s t u r a .66 Bei der Rückgabe67 etwa zur Entlassung nahm vermutlich der custos armorum das Material ent61 Johnson ³1990, 128; M. A. Speidel 1996, 61 f, 175 Anm. 6; vgl. Speidel RAS I, 363 Anm. 38; ders. RAS II, 61 Anm. 18, 131; vgl. Rebuffat 2000, 259 Abb. 6 mit dem reichsweit einzigen erhaltenen Schreibtisch eines militärischen scriptorium (Gholaia). 62 ChLA XLVI 1393,2 u. 4–5 (48); vgl. Plin. nat. 7,162: vasaria excutienda; Plin. epist. 7,31: rationes […] excutere. Zu excutere vgl. Hadriani sententiae Nr. 4 in Anm. 22. 63 M. A. Speidel 1996, 61 f, 174 f Nr. 38 und 142 f Nr. 23. 64 Waffentechnische Ausrüstung etwa in Tab.Luguval. Inv.-Nr. 14 (vor ca. 105); ChLA X 409 (2./3. Jh.); ChLA X 446,7 (3. Jh.); Frontin. strat. 4,7,29 (Ausrüstung 211 v. Chr.); Suet. Aug. 82,1; SHA Claud. 14,2–15; Waffenausgabe durch custos a.: Dig. 49,16,14 (zu den verschiedenen Interpretationen s. Speidel RAS II, 131 f). Weitere Ausrüstungsgegenstände: Ios. bell. Iud. 3,5,5; vgl. Breeze ROF, 531 f; Junkelmann 1986, 149–218; Kemkes ²2006, 84–97. Soldaten als «Lasteseln»: Frontin. strat. 4,1,7. 65 Quittung an Truppenkasse: s. Anm. 39. Daß explizite Soldabzüge für Waffen bislang fehlen, dürfte daran liegen, daß derlei Ausgaben zu Dienstbeginn und danach aufgrund der hohen Qualität der Waffen (s. Anm. 96) wohl eher selten anÀelen (vgl. Breeze ROF, 535). Der früheste kaiserzeitliche Beleg für Soldabzüge u. a. für Waffen stammt aus tiberischer Zeit und wird von Tacitus (ann. 1,17,4: arma […] redimi) als einer der Gründe für die Meuterei der pannonischen Legionen angeführt. Der früheste Beleg überhaupt stammt aus dem 2. Jh. v. Chr. von Polybios (6,39,15), dem zufolge im römischen Heer der quaestor den Soldaten den Preis für Proviant, Kleidung und Waffen abgezogen habe (oJ tamiva~ th;n tetagmevnhn timh;n ejk tw'n ojywnivwn uJpologivzetai). Vgl. Watson 1969, 89 f, 103 f; Breeze ROF, 534; Sheridan 1998, 81 f; Roth 1999, 14 mit Anm. 51; Campbell 2002, 93. 66 Daß die Truppenkasse Detailinformationen über ausgegebenes Material erhielt, belegt die ratio stipendiaria (P.Masada 722) des C. Messius. Siehe das Kapitel Q u a e s t u r a . 67 Die Ausrüstung mußte zumindest teilweise zurückgegeben werden, wie ein Brief Valerians an den procurator Syriae zeigt. Darin heißt es, daß der tribunus militum und spätere Kaiser Claudius etwa den ihm ausgehändigten Brustpanzer später wieder abgeben müsse (loricam unam, quam refundat, SHA Claud. 14,5).

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gegen, inspizierte es und vermerkte auf einer Quittung den auszuzahlenden Schätzwert.68 Gleichermaßen könnte mit allen anderen zurückzugebenden Materialien verfahren worden sein. Am Ende des Abgabe-Prozedere überreichte der Noch-Soldat dem zuständigen signifer (oder einem assistierenden librarius depositorum) die Quittung(en) und empÀng die entsprechenden Beträge. So sind etwa in einem Kassendokument über Auszahlungen aus den deposita einer Kavallerieeinheit (möglicherweise der ala veterana Gallica) in Ägypten unter der Überschrift recessa depositorum zwei Auszahlungen an den Reiter Dionysius verbucht. Der Soldat erhielt 1459 Denare ausgehändigt und 103 Denare für abgegebene Waffen rückerstattet.69 In der Gesamtquittung über ausgehändigte Gelder wurde der Betrag für zurückgegebene Waffen mit in armis (ijn a[rmi~) vermerkt.70 Die custodes armorum waren für die Soldaten wohl auch die Ansprechpartner, wenn waffentechnische Ausrüstung repariert oder ersetzt werden mußte. Ein entsprechender Bedarf könnte sich anläßlich einer Waffeninspektion, z. B. nach einem Gefecht, ergeben haben, deren Ergebnis dem Kommandanten schriftlich vorgelegt wurde, wie ein Bericht aus dem britannischen Luguvalium zeigt.71 Die Bedeutung der Waffeninspektion zur Kontrolle der ordnungsgemäßen Ausrüstung wird durch einen Vorfall herausgestellt, den Frontin (strat. 4,1,28) berichtet. So schreibt er, Corbulo habe einem praefectus equitum, der vor dem Feind gewichen und dessen Einheit mangelhaft bewaffnet war (parum instructam armis alam), von seinem Lictor die Kleider herunterreißen und ihn so entblößt bei den principia stehen lassen. Vermutlich war der OfÀzier seiner WaffeninspektionspÁicht nicht nachgekommen und hatte damit gegen die observanda disciplina (Dig. 49,16,12; s. Anm. 186) verstoßen. Noch im spätkaiserzeitlichen Heer wurde ein Soldat, der seine Waffen vernachlässigte, gezüchtigt, ebenso sein Gruppenkommandant, wenn dieser den Sol-

68 Ob der geringe Auszahlungsbetrag von nur 21 Denaren und 27,5 Obolen in P.Col. VIII 221,5 (= ChLA XLVII 1448,5 [143]) ein solcher Schätzwert ist, bleibt ungewiß. Möglicherweise hatte der Soldat Privatwaffen und nur zum geringeren Teil ausgegebenes Material benutzt. Vgl. Gilliam RAP, 321 f; Breeze ROF, 535, 572; Wierschowski 1984, 200 mit Anm. 872; Bishop 1985, 9; Speidel RAS II, 134 mit Anm. 9 u. 10; Stauner 2004, 72, 429 f Nr. 422; Bishop/Coulston ²2006, 262. 69 RMR 73 Frag. a II 1–2, 18: item armorum Dionysi(i) (ca. 120–150). Vgl. Marichal 1945, 51 f; Breeze ROF, 535, 572; Wierschowski 1984, 200 mit Anm. 871. 70 Gesamtquittung: P.Col. VIII 221,5 (143). Vgl. Gilliam RAP, 317–327; Davies SRA, 88 mit Anm. 115; Breeze ROF, 572; Stauner 2004, 72, 429 f Nr. 422. Ausgegebene Waffen: Veg. mil. 1,11,1 (scutum publicum). Die Waffen der vorübergehend von Sev. Alexander (SHA Alex. 54,4 ff) entlassenen Soldaten waren wohl auch arma publica. Sie wurden, nachdem die Soldaten sie auf Befehl des Kaisers niedergelegt hatten (depositis armis), eingesammelt (arma collecta). Ebenso legten die Soldaten den Militärmantel nieder (depositis […] sagulis militaribus), den wohl ebenfalls der Staat bereitstellte (SHA Claud. 14,5). Vgl. die Verteilung von Militärbekleidung durch Sev. Alexander (s. Anm. 83); s. a. Anm. 95 sowie Liv. 44,16,3: vestimenta militibus ab Roma mittenda (nach Macedonia, 169 v. Chr.). Vermutlich gab es in Rom neben Waffenlagern (s. Anm. 59) auch Magazine für vestimentäre Ausrüstung. 71 Tab.Luguval. Inv.-Nr. 14 (vor ca. 105); vgl. Davies SRA, 86 mit Anm. 95, 225 f mit Anm. 106; Tomlin 2003, 178 f; Stauner 2004, 45 f; Bishop/Coulston ²2006, 263.

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daten nicht zwang, die Waffen zu ersetzen, bzw. den Vorfall nicht dem Kommandeur meldete.72 Vermutlich leitete der zuständige custos nach einer solchen Inspektionsmeldung beschädigte Waffen (arma […] quassata, Veg. mil. 2,11,2) zur Reparatur an die Werkstatt, sandte nach deren Rückgabe eine Mitteilung über die Reparaturkosten an die Truppenkasse zum Abzug vom Konto des betreffenden Soldaten73, aktualisierte die Bestandslisten der Waffenkammer nach Ausgabe von Ersatzwaffen74 bzw. Munition und erteilte gegebenenfalls der fabrica einen Auftrag zur Nachproduktion bzw. informierte den Kommandanten über den Nachschubbedarf an fremdproduzierter Waffenausrüstung oder an Rohmaterialien für die truppeninterne Herstellung.75 Dieser hat daraufhin auf Tagesbasis Personal in die fabrica abgestellt oder gegebenenfalls in Absprache mit dem Statthalter bzw. Prokurator Soldaten auf Beschaffungsmission entsandt.76 So tätigte in Soknopaiu Nesos etwa ein signifer der equites singulares des praefectus Aegypti Materialeinkäufe, vermutlich für die Herstellung von Lanzen.77 Als litteratus homo (Veg. mil. 2,20,7) war der Feldzeichenträger bestens für diese logistisch-administrative Aufgabe geeignet. 72 Maurikios Strategikon 1,6,11. Zur PÁicht des Soldaten, seine Waffen einsatzbereit zu halten (arma apta) s. Liv. 44,34,3. 73 Soldabzug für Reparatur an Waffen: RMR 71 Frag. a 3; 12: refec(tio) arm(orum); Frag. b 7? (spätes 2. Jh.); an Panzer und Helm: ChLA X 446,7 (3. Jh.): [re]f(ectio) loric(ae) et casid(is) (Ergänzung von Jahn 1983, 220 Anm. 13) (Taf. 2). Möglicherweise ist analog zu in victum (RMR 68 II 6, 17, 27, s. Taf. 2) auch in re]f(ectionem) zu setzen. Siehe auch Breeze ROF, 535; Speidel RAS II, 132 mit Anm. 8; Daris 2000, 156. 74 Bestandslisten sind analog zu Tab.Vindol. III 583–585 (s. Anm. 31) vorauszusetzen. Ersatzwaffen: Polybios 6,39,15 (s. Anm. 65). In Spanien ordnete Sertorius an, daß in der ganzen Provinz Waffen hergestellt werden sollten. Nachdem er sie inspiziert hatte, ließ er an die Soldaten für ihre alten, unbrauchbaren Waffen neue ausgeben: referre vetera arma milites iussit, […] novaque iis per centuriones divisit (Liv. Frag. 22,4 aus Buch 91). 75 Zur Problematik der Aussage des Vegetius (mil. 2,11,3), daß es in den Legionen fabricas scutarias loricarias arcuarias, in quibus sagittae missibilia cassides omniaque armorum genera formabantur, gegeben habe, s. Wierschowski (1984, 176 f), dem zufolge sich die waffentechnische Produktion im Heer v. a. auf massenhaft benötigte Munition wie Geschützkugeln oder Pfeil- und Speerspitzen beschränkte (vgl. die Funde aus Lambaesis, s. Anm. 59). Im Regelfall seien die Waffen vom Heer oder durch den einzelnen Soldaten privat «auf dem Weg des Kaufes» bezogen worden (ebd., 178). Vgl. Kissel 1995, 177–195, v. a. 178 mit Anm. 6. Allerdings belegt der Werkstattbericht ChLA X 409 (2./3. Jh.) aus einer Legion die Fertigung (fabricatae bzw. peractae, I 11 f bzw. I 14 u. II 14) u. a. von Schwertern und Schilden. Vgl. Bishop (1985, 3, 12 f), der für das 1. und 2. Jh. bzgl. des Westens des Reiches zu dem Ergebnis kommt: «The main production was by the army […] private production must have been responsible for a very small proportion of the equipment made at any given time.» (ebd., 13); s. a. Campbell 2002, 94; Herz 2007, 315. 76 Einteilung zu Werktätigkeiten (auf Tagesbasis): in einer Legion: ChLA X 409 (2./3. Jh.); in Auxiliareinheit: Tab.Vindol. II 155 (ca. 97–102/3). Vgl. Bishop 1985, 32 f; Kissel 1995, 191 mit Anm. 60 f; Stauner 2004, 81 ff; Bishop/Coulston ²2006, 42. Möglicherweise steht die Entsendung ad metalla im pridianum RMR 63 II 22 (Anf. 2. Jh.) im Kontext der Erzbeschaffung für die Rüstungsproduktion. Vgl. Kissel 1995, 188 f. 77 Signifer: Documenti 62 (3. Jh.); Text auch bei Speidel RAS I, 329–332. Vgl. Kissel 1995, 186 f mit Anm. 43; Alston 1998, 111 mit Anm. 30; Campbell 2002, 94 mit Anm. 131. Nach Speidel (RAS I, 332 Anm. 18) fungierte der signifer als conductor armamentarii. Soknopaiu Nesos

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Vestimenta Das truppeninterne Bekleidungswesen war für Beschaffung bzw. Produktion, Reparatur und Verteilung der vestimentären Ausrüstung zuständig. Neben Waffen und anderen Gegenständen erhielten die Soldaten verschiedene Bekleidungsstücke, die ihnen in den Soldabrechnungen summarisch unter dem Kostenposten in vestimentis78 vom Sold abgezogen wurden, so daß wir diesem Dokumenttyp nicht entnehmen können, was die Soldaten im einzelnen erhielten. Die einzigen explizit und regelmäßig in Soldabrechnungen des 1. Jh.s angeführten Bekleidungsstücke sind Schuhe und Beinbinden (caligae fasciae).79 Deren Erwähnung bei jedem Soldabzug ist allerdings nicht verwunderlich, da Schuhe ein regelrechter Verschleißartikel waren. So benötigte der Matrose Terentianus zwei Paar Schuhe pro Monat (bis me im mensem calcio), die er sich zumindest teilweise von seinem Vater schicken ließ.80 Die Briefe zeigen, daß auch private Ausrüstung für den Dienst zugelassen war und somit Abzüge nicht automatisch vorgenommen wurden. Mehr Einblick in diesen Ausgabebereich gewährt uns die ratio stipendia(ria)81, eine Aufstellung der Kostenabzüge eines gewissen C. Messius, der möglicherweise in der legio X Fretensis diente. Über einen Zeitraum von zwei Soldauszahlungen hinweg erhielt Messius einen Lederriemen (lorum fasciarium), eine Leinentunika (tunica linia), einen (Über-?)Mantel (pallium opertorium) und eine weiße Tunika (tunica alba), mit deren Kosten sein Konto belastet wurde.82 Weitere kostenpÁichtige vestimenta militaria waren offensichtlich Beinschienen (ocreae) und Hosen (bracae), wie die Vita des Severus Alexander vermuten läßt, der zufolge der Kaiser (einmal?) derlei Ausrüstungsgegenstände neben Schuhen kostenlos verteilt haben

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wurde des öfteren (oder regelmäßig) für militärische Beschaffungen herangezogen. So bestätigte ein eques alae Gallicae den dortigen Presbytern den Erhalt von Gerste (P.Grenf. 48 [191]; vgl. Speidel RAS I, 331 mit Anm. 16; Alston 1998, 111 mit Anm. 25; Mitthof 2001, 43 mit Anm. 25). Ein vexillarius equitum singularium stellte den Dorfältesten eine Empfangsquittung aus (P.Louvre I 33 [200?]). Der Ort lieferte auch Bekleidung ans Heer (s. Anm. 95). Vgl. den signifer vexillationis legionis III Diocletianae, der eigens für die Abholung von 8280 litrae Öl und 8280 italischen sextarii Salz ausgesandt wurde (P.Panop. Beatty 2,245–249). RMR 68 II 29, III 8, 28 (81). Vgl. Tac. ann. 1,17,4: vestem […] redimi. Nachdem Polybios (6,39,15) aus der Mitte des 2. Jh.s v. Chr. berichtet hatte, daß die Soldaten u. a. ausgegebene Kleidung zu bezahlen hatten, verfügte etwas später eine von C. Gracchus eingebrachte lex militaris, daß die Bekleidungskosten der Soldaten aus der Staatskasse bestritten werden sollten (Plut. C. Gracchus 5,1; vgl. Watson 1969, 90). Im Zusammenhang mit Caesars Soldverdoppelung (Suet. Iul. 26,3) vermutete Watson (1969, 90) eine Abschaffung der kostenlosen Kleiderausgabe. Etwa RMR 68 II 7, 18, 28 (81); s. Taf. 2. P.Mich. VIII 468,23–26 (frühes 2. Jh.); vgl. Breeze ROF, 542. Im Original steht lediglich ratio stipendia (s. Taf. 2), was Probleme bzgl. der grammatikalischen Verbindung der beiden Wörter aufwirft. Wahrscheinlich handelt es sich, wie auch die Herausgeber des Papyrus, Cotton und Geiger (1989, 49) bereits vermuteten, um eine Abkürzung des Adjektivs stipendia(ria). In den weiteren Ausführungen wird diese Adjektivform verwendet. P.Masada 722 = ChLA XLVI 1365 (72/75); s. Taf. 2. Vgl. P.Mich. VIII 468,7 (frühes 2. Jh.): Claudius Terentianus läßt sich von seinem Vater u. a. einen Mantel (palliolum) schicken.

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soll. Allerdings geht aus dem Zusammenhang nicht hervor, ob die Empfänger Soldaten waren. Jedenfalls zeigt die Stelle, daß es (in Rom) entsprechende Magazine gab, in denen die Materialien eingelagert waren.83 Einen Hinweis auf entsprechende Magazinbestände in den Legionslagern liefert ein Schreibtäfelchen aus Vindonissa mit einer Anweisung zur Bereitstellung genagelter Schuhe für einen Trupp ausrückender Soldaten.84 Analog zum Proviantwesen war auch die Ausgabe von Kleidung vom Empfänger zweifellos zu quittieren und wird eine Aktualisierung der Bestandslisten in der Kleiderkammer nach sich gezogen haben. Aus Vindolanda ist eine ratio vestis85 mit einer AuÁistung von Empfängern oder Besitzern bestimmter Kleidungsstücke bekannt. Neben Empfangsquittungen könnte eine solche oder ähnliche Zusammenstellung vom Bekleidungswesen an die Truppenkasse weitergeleitet worden sein, denn, wie wir der ratio stipendiaria des C. Messius entnehmen können, lagen der Finanzverwaltung detaillierte Informationen darüber vor, was der einzelne Soldat an vestimenta erhalten und folglich zu bezahlen hatte (s. das Kapitel Q u a e s t u r a ). Engpässe in den Magazinbeständen wurden an den Kommandanten gemeldet, der daraufhin entsprechende Anordnungen erteilte. War der Bedarf durch die truppeneigenen Werkstätten zu befriedigen, so stellte er (auf Tagesbasis) die benötigten Arbeits- und Fachkräfte bereit. Einem Bericht über Handwerks- und Bauarbeiten (fabricae) aus dem Lager Vindolanda zufolge waren an einem 25. April eines Jahres zwischen 97–102/3 n. Chr. 343 Mann zu den unterschiedlichsten Tätigkeiten eingeteilt, allen voran 12 Schuster (sutores), die vielleicht angeliefertes Leder zu Schuhen verarbeiteten oder Reparaturen an solchen durchführten.86 Auf einen 27.? Juli im selben Zeitraum ist eine Liste datiert, welche die Anzahl von Schuhnägeln (clavi caligares) angibt, die für Reparaturen an den Schuhen verschiedener Personen notwendig waren. Für die Sandalen eines gewissen Tetricus waren beispielsweise 25 83 SHA Alex. 40,5: donavit et ocreas et bracas et calciamenta inter vestimenta militaria. Auch Maximinus Thrax soll Kosten für Schuhe übernommen haben (SHA Maximin. 6,3: calciamenta quin etiam ipse prospiciebat). Vgl. Remesal Rodríguez 1997, 79 mit Anm. 191 f. Siehe auch Anm. 70. 84 Soleas clavatas fac mittas / nobis, ut abeamus (M. A. Speidel 1996, 170 f Nr. 36). Hierzu van Driel-Murray 1985, 54. Vgl. die Abwesenheitsvermerke in Soldbucheintragungen in Anm. 115. 85 Tab.Vindol. III 608 (ca. 97–ca. 120). 86 Tab.Vindol. II 155. Vgl. Bishop 1985, 3, 33. Angeliefertes Leder: Tab.Vindol. II 343 (104–ca. 120). Kissel (1995, 229 f) sieht in den sutores «zivile Handwerker», die «in der Legionsfabrik (!) von Vindolanda beschäftigt waren». Nichts deutet in diesem Bericht darauf hin, daß es sich hierbei um Zivilisten handelte. Im Werkstattbericht ChLA X 409 (2./3. Jh.) sind Zivilisten als solche (pagani, II 7; vgl. van Driel-Murray 1985, 56 f) genannt. Das Fehlen von Schustern bei Paternus (Dig. 50,6,7) besagt nichts, denn die Liste der immunes ist unsystematisch und, wie Paternus selbst anmerkt, unvollständig (hi igitur omnes inter immunes habentur – was bedeutet, daß es mehr gab; vgl. Davies 1969, 84; Bishop 1985, 11). Da für Schuhe als Verschleißartikel (s. Anm. 80) ein konstanter Nachschub- bzw. Ausbesserungsbedarf bestand, waren im Heer wohl entsprechende Fachkräfte verfügbar. Siehe den Dienstplaneintrag cal(ceamenta) (RMR 9,6 m [90–96]), den v. Premerstein (1903, 21 u. 36) als Einteilung zur Ausbesserung von Schuhwerk deutete. Zu Räumlichkeiten für Lagerung, Ausgabe und vielleicht Reparatur von Lederartikeln im Lager Valkenburg s. van Driel-Murray 1985, 53.

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Nägel nötig.87 Leder in großer Menge brauchte man zudem für Zelte (tentoria, papiliones), die Tacitus als weiteren Abzugsposten erwähnt.88 Für gewöhnlich teilte sich ein aus acht Mann bestehendes contubernium ein Gemeinschaftszelt (papilio). Jeder Soldat mußte anteilig einen Betrag für das Zelt hinterlegen, den er bei der Entlassung zurückerhielt.89 Die Vita des Claudius Gothicus belegt zudem die Bevorratung von Rohleder in den Einheiten. So wies Kaiser Valerian den procurator Syriae Zosimus an, dem tribunus legionis und späteren Kaiser Claudius neben Jahresmengen an Proviant auch 30 Zehnerbündel Lederhäute für Zelte auszuhändigen.90 Ferner sollte Claudius vestimentäre und waffentechnische Ausrüstung erhalten, darunter zwei rote Militärtuniken (tunicae russae militares) sowie zwei Kriegsmäntel (sagochlamydes) pro Jahr, einen Schwertgürtel aus vergoldetem Silber (balteum argenteum inauratum), einen vergoldeten Helm (cassis inaurata) und zwei Schilde mit GoldauÁagen (scuta chrysographata).91 War der Bedarf truppenintern nicht zu decken – und es scheint davon ausgegangen werden zu müssen, daß das Heer Bekleidung im engeren Sinne (Tuniken, Mäntel, Decken etc.) nicht selbst herstellte, sondern bei zivilen Produzenten in Auftrag gab92 –, so erging über den Truppenkommandanten eine Mitteilung an den Statthalter als den Oberkommandierenden der Provinzialarmee – so zumindest in Ägypten. Dieser erteilte daraufhin in Koordination mit dem Kommandanten oder einem Beauftragten der fraglichen Einheit die entsprechenden Anweisungen. So lieferte Ende der 70er Jahre des 2. Jh.s der Ex-Kavallerist Dionysius Amyntianos aus der ala Apri87 Tab.Vindol. III 604,3 (97–102/3): in calciamentis Tetrici clavi n(umero) XXV. Vgl. die Forderung der auf Rom marschierenden Áavischen Einheiten nach «Schuhnagelgeld» (clavarium) (Tac. hist. 3,50); wegen starker Schuhabnutzung forderten die classiarii von Vespasian «Schuhgeld» (calciarium), der sie daraufhin barfuß marschieren ließ (Suet. Vesp. 8,3). Nach Kaiser Maurikios (Strategikon 12 B.1) sollten die Sohlen «gotischer Schuhe» mit einigen kleinen Nägeln verstärkt sein. Vgl. Watson 1969, 107 mit Anm. 295 f; Le Bohec 1993, 244 f; Sheridan 1998, 74. 88 Tac. ann. 1,17,4: tentoria […] redimi. Beschaffung von Häuten: Tac. ann. 4,72,1; Tab.Vindol. II 343 (104–ca. 120); Documenti 58 (143); 60 (215); 61 (265?); zum Lederbedarf des Heeres: Davies SRA, 51 mit Anm. 74; Breeze ROF, 534; Campbell 2002, 92 f; Whittaker 2002, 232. Zum Gebrauch von Zelten im Heer: Davies SRA, 73–77, 88 ff; Breeze ROF, 535; Kissel 1995, 221–234, v. a. 222 ff. 89 P.Col. VIII 221,5 (143). Vgl. Breeze ROF, 535; Stauner 2004, 72, 168, 212, 429 f Nr. 422; Bishop/Coulston ²2006, 42 mit Anm. 14. Für die Zelte war in den Legionen der praefectus legionis zuständig (Veg. mil. 2,10,2; vgl. Davies SRA, 88 mit Anm. 113). Zu papilio s. die Rekonstruktion bei van Driel-Murray 1990. 90 SHA Claud. 14,3: pellium tentoriarum decurias triginta. Vgl. Kissel 1995, 233 mit Anm. 221. Zur Jahresbevorratung an Getreide: Tac. Agr. 22,2; Veg. mil. 3,3; vgl. Jones 1964, 497; Davies SRA, 187 mit Anm. 5; v. Petrikovits 1975, 82; Wierschowski 1984, 169 mit Anm. 690; Junkelmann 1986, 127; Roth 1999, 176; Kehne 2007, 325. 91 SHA Claud. 14,5; zu cassis inaurata vgl. P.Vindob. L 135 (= ChLA XLV 1340 [27]),9–11; hierzu Gilliam RAP, 429–432. 92 Sheridan 1998, 82. Cato soll Sizilien als die Vorratskammer Roms bezeichnet und dies wie folgt begründet haben: nam sine ullo sumptu nostro coriis, tunicis, frumentoque suppeditando maximos exercitus nostros vestivit, aluit, armavit (Cic. Verr. 2,5). Das römische Heer wurde also auf Kosten der Provinzialen mit Lederwaren, Tuniken, Proviant und Waffen versorgt. Vgl. Kissel 1995, 226 f mit Anm. 195.

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ana 775 Decken an die legio II Traiana. Er handelte dabei auf Anordnung des praefectus Aegypti Pactumeius Magnus sowie des Legionskommandeurs, des praefectus castrorum Cominius Atticus.93 Zu Beginn der Herrschaft Hadrians war ein optio, der möglicherweise analog zum optio valetudinarii eine Leitungsfunktion im vestimentären Versorgungswesen seiner Einheit innehatte, an einer Lieferung von 200 Decken beteiligt, die Weber von Herakleopolis ebenfalls auf Anweisung des praefectus Aegypti für das Heer bereitstellten.94 Den Webern aus Soknopaiu Nesos bestätigte im Jahre 128 n. Chr. ein gewisser Dionysios zusammen mit den paralhptai; dhmosivo(u) iJmatismou' den Erhalt von 19 Tuniken für die (wohl militärischen) Wachen sowie von fünf weißen Mänteln für Soldaten in Iudaea.95 Im Jahre 138 n. Chr. bestellte der ägyptische Statthalter C. Avidius Heliodorus bei den Webern aus Philadelphia verschiedene Stoffwaren, die nach detaillierten Qualitätsanforderungen gefertigt und an das Heer in Kappadokien bzw. an ein Truppenlazarett geliefert werden sollten.96 In einem weiteren Fall wurde ein Soldat der in Moesia stationierten cohors I Hispanorum veterana zur Kleiderabholung nach Gallien entsandt.97 Diese Versorgungsmaßnahme über die Provinzgrenzen hinweg ist ein Indiz für eine übergeordnete Koordination solcher Aktivitäten, möglicherweise durch eine Zentralinstanz in Rom (s. Anm. 187). Die wiederholte Involvierung des Statthalters in die Beschaffung vestimentärer Ausrüstung (vgl. Anm. 32) läßt vermuten, daß Güterlieferungen durch Zivilisten bzw. Gemeinden an das Heer generell mit dem Gouverneur koordiniert und von ihm genehmigt werden mußten. Damit war dieser stets über die Inanspruchnahme der Provinzialbevölkerung für die Heeresversorgung im Bilde und konnte Liefer93 P.Oxy. XXXVI 2760 (179/80). Hierzu Breeze ROF, 71 mit Anm. 3, 540; Adams 1999, 121 mit Anm. 14, 123 mit Anm. 28; Breeze 2000, 61 mit Anm. 22. 94 P.Oxy. XIX 2230 (n. 28. 8. 119). Die Herausgeber ergänzten den Titel des Soldaten zu ojptivwn ejp[imelhth;~ iJmatismw'n], nach Breeze (ROF, 71 mit Anm. 3) ein «optio in charge of clothing»; vgl. ders., 540; ebenso Sheridan 1998, 83 mit Anm. 18. Allerdings wäre diese militärische Funktionsbezeichnung bislang singulär. Hierzu Mitthof 2001, 416 mit Anm. 586. Vgl. jedoch den optio, der als paralhvpth~ sivtou fungierte (s. Anm. 37). Vgl. ferner den zivilen ejpimelhth;~ kaligivwn (PSI VIII 886 [311/2]) aus Oxyrhynchus, dessen Aufgabe es vermutlich war «to supervise the order of boots required by the army» (P.Dub., p. 119). 95 P.Ryl. II 189,3–6 (128): ci/qwnou~ (!) devka ejnneva, (givnontai) iq, kai; ij~ (!) ‹s›tratiwtika;~ creiva~ / tw'n ejn th'/ ¨Iou{a}daiva/ strateuomevnwn pallivwla (!) leuka; / pevnte, (givnetai) e. Vgl. Alston 1998, 111 mit Anm. 32; Breeze 2000, 60 mit Anm. 14. 96 BGU VII 1564. Vgl. Davies 1969, 95; Kissel 1995, 232 mit Anm. 214; Sheridan 1998, 75, 83 f mit Anm. 21; Roth 1999, 21 Anm. 94; Breeze 2000, 60 f mit Anm. 11, 14 u. 17; Campbell 2002, 94 mit Anm. 132; Nutton 2004, 179. Qualitätsanforderungen gab es auch für Getreide (Documenti 66 [2. Jh.]) und für Waffen aus ziviler Fertigung (Cass. Dio 69,12,2; vgl. Wierschowski 1984, 187; Kissel 1995, 179). Ferner ist aus dem 4. Jh. eine große Lieferung von Tuniken bekannt: Am 5. 3. 342 erhielten drei Aurelii für die Ablieferung von 3500 Tuniken ebensoviele Talente. Aufgrund der Stückzahl war die Lieferung zweifelsohne für das Heer bestimmt (P. Bodl. 16). Vgl. Livius (44,16,4), der berichtet, daß 169 v. Chr. das in Makedonien operierende Heer mit 6000 Togen, 30000 Tuniken und 200 Pferden versorgt wurde; vgl. Roth (1999, 249), allerdings mit teilweise falschen Zahlenangaben. 97 RMR 63 II 18 (Anf. 2. Jh.): in Gallia vestitum. Vgl. Sheridan 1998, 82 mit Anm. 13; Breeze 2000, 61 mit Anm. 21; Whittaker 2002, 212 mit Anm. 31; Stauner 2004, 102–104, 108–112; Kehne 2007, 327.

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aufträge entsprechend erteilen.98 Die Beispiele zeigen das Ineinandergreifen verschiedener administrativer Dienststellen auf unterschiedlichen hierarchischen Ebenen innerhalb der Einheit, innerhalb der Provinz und zum Teil auch provinzübergreifend und verdeutlichen damit den mitunter interprovinzialen Charakter des militärischen Beschaffungswesens.99 Quaestura100 In der Q u a e s t u r a , dem Ànanztechnischen Verwaltungszentrum jeder Einheit, liefen aus den oben vorgestellten Logistikbereichen sämtliche Meldungen zusammen, die eine Auswirkung auf den Kontostand des einzelnen Soldaten hatten. Für jeden Soldaten führte man anscheinend drei separate Konten mit den Bezeichnungen depositum, viaticum und sepositum.101 Letzteres diente vermutlich zur Aufbewahrung jener Gelder, die der Soldat erst beim Ausscheiden aus dem Militärdienst erhielt.102 Allerdings fällt auf, daß in den bisherigen Solddokumenten kein einziger Kasseneintrag zu Abzügen und Guthaben eines Soldaten das sepositum erwähnt. Wenn dieses Konto tatsächlich existierte (woran aufgrund RMR 73 nicht zu zweifeln ist) und dazu diente, Ersparnisse aufzubauen, die zum Ende des Dienstes ausgezahlt wurden, wie kommt es, daß nirgends in den Soldbüchern ein Hinweis auf die Einbehaltung eines entsprechenden sepositum-Betrags erwähnt ist? Denkbar ist, daß nicht vom Sold (stipendium), sondern von den regelmäßigen Geldgeschenken der Kaiser (donativum) ein Betrag im sepositum zurückgelegt wurde. Möglicherweise ist also das ursprüngliche Donativ gemeint, wenn Vegetius, der «donativum im Sinne von stipendium» (Carrié ²1998, 145) verwendet, davon spricht, daß die Hälfte des Donativs einbehalten wurde, um der Verschwendung vorzubeugen.103 Dies würde erklären, warum in den Soldbüchern unter den Abzü98 Vgl. Alston 1998, 112; Sheridan 1998, 84; Adams 1999, v. a. 120, 122. 99 Aufstellungen über Außenmissionen in und außerhalb der Provinz Ànden sich in pridiana: RMR 63 II 24 (Anf. 2. Jh.): intra provinciam; P.Brook. 24 (ca. 215) II 31: absunt in choram; III 50: inferiore [c]hora; s. a. das mit ChLA XI 501 (48–52) vergleichbare Dokument ChLA XI 479 Frag. 1,5: absente]s exstra (!) provi[nciam; 1,9: intra provi]nciam; 1,11: i]nfer(iore) chora (3. Jh.). Zu den pridiana s. Stauner 2004, 95–112; M. A. Speidel 2007a, 177–182. 100 Der Begriff ist als Bezeichnung des Kassenbereichs explizit erwähnt in: RMR 70 (= ChLA X 410) Frag. a II 18 (193–196); RMR 98.2,5 (ca. 208) und RMR 83,16 (n. 31. 8. 251); s. a. RMR, p. 549 s. v. quaestura. 101 RMR 68 II 31; III 29 (81); RMR 74 passim (117); RMR 70 (= ChLA X 410 [193–196]), passim; RMR 71 Frag. a 9 (spätes 2. Jh.); einzig in RMR 73 Frag. a III 27 ff (ca. 120–150) werden mit der summa depositorum / sepositor[u]m / viaticorum alle drei Konten nebeneinander erwähnt. Vgl. v. Premerstein 1903, 4–14; Lesquier 1918, 257–262; Marichal 1945, 50–53, 80; Gilliam RAP, 309–315; Watson 1969, 44, 51 f, 136, 150 f; Davies SRA, 20; Le Bohec 1993, 244–251; Daris 2000, 154 f; M. A. Speidel 2000, 73 mit Anm. 53. 102 Marichal 1945, 50; Fink 1971, 269. 103 Veg. mil. 2,20,1: ex donativo, quod milites consequuntur, dimidia pars sequestraretur apud signa et ibidem ipsis militibus servaretur, ne per luxum aut inanium rerum comparationem ab ipsis contubernalibus posset absumi. Siehe auch P.Mich. VIII 514, Komm. zu Zeile 10. Vgl. Mitthof 2001, 235 mit Anm. 706.

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gen vom regulären Sold nirgends ein Hinweis auf einbehaltene sepositum-Beträge vermerkt ist. Das viaticum-Konto scheint zur Bestreitung der Kosten für Dienstreisen gedient zu haben. Zwar gibt es Belege dafür, daß Rekruten und Soldaten viatica erhielten, allerdings fehlen eindeutige Beweise dafür, daß die Kosten für Dienstreisen tatsächlich aus dem viaticum-Konto des betreffenden Soldaten bestritten wurden. Die erste Einzahlung auf dieses Konto stellte vermutlich der mögliche Restbetrag des Marschgeldes dar, das die Rekruten nach Musterung und ersten Tests beim Abmarsch zu ihrer zukünftigen Einheit erhielten. Nach der Ankunft dort nahm der zuständige signifer eventuelle Restbeträge des viaticum entgegen und zahlte sie in das für jeden Neuzugang eröffnete Konto ein. Bei den Rekruten, die aus Kleinasien stammten und in die verschiedenen Zenturien der cohors I Lusitanorum in Ägypten eingeschrieben wurden, reichten die Beträge von 8,3 Denaren bis zu 22,6 Denaren (RMR 74 [117]). Der Flottenrekrut Apion hingegen erhielt sein viaticum erst nach der Ankunft bei seiner Einheit in Misenum.104 Ob dies eine generelle Regelung (zumindest bei der Flotte) war, ist ungewiß. Wenn ja, so stellt sich die Frage, wie die Rekruten, die ja im ofÀziellen Auftrag zu ihrer neuen Einheit unterwegs waren, die Reisekosten bestritten. Es kann nicht davon ausgegangen werden, daß jeder Rekrut über genügend Eigenkapital verfügte, um die Kosten zunächst aus eigener Tasche vorzustrecken. Erhielten die Rekruten vielleicht wie der adiutor memoriae (s. das Kapitel Va l e t u d i n a r i u m ) ein Schreiben, das sie unterwegs zum Empfang kostenloser VerpÁegungsrationen berechtigte? Wenn ja, warum hätte dann nachträglich ein Reisegeld ausgezahlt werden sollen? Das Kontobuch RMR 70 zeigt allerdings, daß nach der Aufnahme der Rekruten in ihre Stammeinheit das viaticum-Konto auf einen offensichtlichen Festbetrag von 75 Denaren aufgestockt wurde. Woher das Geld kam – ob es den Neuankömmlingen unmittelbar nach ihrer Ankunft in der Einheit geschenkt oder zwangsweise vom Sold abgezogen und auf das viaticum-Konto eingezahlt wurde –, läßt sich nicht entscheiden; zumindest sind aus den wenigen erhaltenen Soldabrechnungen keine Transferierungen auf das viaticum-Konto bekannt. Hingegen sind Auszahlungen aus dem viaticum-Konto (recessa viaticorum) in RMR 73 belegt; allerdings ist nicht erkennbar, ob die ausgezahlten Beträge tatsächlich für die Bestreitung von Reisekosten verwendet wurden: Ein gewisser Pasion empÀng etwas mehr als 2 Denare und ein gewisser Crispus

104 BGU II 423 (2. Jh.). Zum viaticum: Watson 1959, 375; Davies SRA, 19 ff; Watson 1969, 44, 102, 105, 150; ders. 1974, 497; M. A. Speidel 1996, 76 mit Anm. 43 u. 47; ders. 2000, 73 mit Anm. 53; Stauner 2004, 38, 64 f, 69 f; Palme 2006b, 285–287; M. A. Speidel 2007b, 288; Phang (2008, 168 f), deren Erklärungsvorschlag für den Erhalt des viaticum erst nach Ankunft in der Einheit (to discourage their deserting with it) für die frühe Prinzipatszeit nicht überzeugt, da zum einen ein nur nachträglich ausgezahltes viaticum denjenigen, der desertieren wollte, gewiß nicht von seinem Vorhaben abhielt, und zum anderen zu jener Zeit eher das gegenteilige Problem bestand: Zu viele wollten zum Militär (s. etwa die zahlreichen cohortes voluntariorum bei Spaul 2000; s. a. Vell. 2,113,1), weswegen im Zweifelsfall ein Nachweis für die Erfüllung der Eingangsvoraussetzungen zu erbringen war (Plin. epist. 10,29 f; CPL 102).

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25 Denare.105 Ferner ist zwei aus severischer Zeit stammenden collegium-Inschriften aus Lambaesis zu entnehmen, daß die Mitglieder der collegia bei Dienstreisen über das Meer - offensichtlich vor Reiseantritt - ein viaticum von mindestens 200 Denaren und zusätzlich 500 Denare aus der Vereinskasse erhielten.106 Woher allerdings die 200 Denare stammen, bleibt offen. Die Formulierung acc(ipiet) viat(icum) läßt vermuten, daß das Reisegeld dem Soldaten (aus der Truppenkasse?; vgl. Anm. 49) gestellt und nicht seinem persönlichen viaticum-Konto entnommen wurde. Eine Reisekostenabrechnung aus Vindolanda vermittelt zudem eine Vorstellung von den Auslagen auf einer Reise von Vindolanda vermutlich zum Legionslager nach Eburacum (York) und zurück. Aufgelistet sind drei Stops in Vinovia (Binchester), Cataractonium (Catterick) und Isurium (Aldborough) entlang dieser Route, mit den dort jeweils getätigten Ausgaben für ein weinhaltiges Erfrischungsgetränk (faex) sowie für Gerste und Weizen. Hinzu kam eine Reparatur der Wagenachsen und eine Übernachtung in Cataractonium. Insgesamt belaufen sich die Ausgaben auf 94,75 Denare, die, falls der Reisende ein Soldat im ofÀziellen Auftrag war, möglicherweise (zum Teil) mit seinem viaticum bestritten wurden.107 Denkbar ist, daß bei solchen Außenmissionen die ofÀziellen Transportkosten mit einem Tagessatz für die VerpÁegung aus der Truppenkasse gezahlt wurden und alle darüber hinausgehenden Extras der Soldat aus seinem viaticum-Konto bestreiten mußte. Das depositum-Konto diente zur Verwahrung nicht ausgezahlter Soldbeträge sowie zur Bestreitung der laufenden Kosten für ausgehändigte Ausrüstung und Nahrungsmittel.108 Die etwa für Waffen abgezogenen Beträge erhielt der Soldat zumindest teilweise bei der Abgabe zum Ende der Dienstzeit zurück (s. Anm. 69). Verstarb er während des Dienstes, so empÀngen seine Erben die hinterlegten Gelder. Zu diesem Zweck waren bestimmte Tage festgelegt. Isidora, die Mutter eines während des Dienstes verstorbenen Soldaten, hatte den Auszahlungstag versäumt, denn sie schrieb bekümmert an ihre Tochter Sarapias, daß sie zu eben jenem Zeitpunkt erkrankt war und deshalb die Ersparnisse nicht abholen konnte.109 Bei der Aushän105 [recessa] viaticorum: RMR 73 Frag. a I 14; vgl. I 26 und II 1 [120–150]. Pasion/Crispus: RMR 73 Frag. a I 15 f. Vgl. Tab.Vindol. II 283 (ca. 97–102/3): ein Brief, der eine Reise nach Rom, Reisegeld (viaticum) und tabulas (Briefe?) erwähnt. 106 CIL VIII 2557 = AE 1983, 977: si qui(s) de col(legis) tra(ns)m(are) prof(ecerit) cum pr[a]es(cripto), acc(ipiet) viat(icum) pro m(?erito) (denarios) CC eq(ue) ar(ca) D. Vgl. ILS 9096. S. a. Cod. Theod. 7,13,16 (406): der Rekrut erhielt ein «Hand- oder […] Reisegeld (pulveraticium)» (Mommsen 1889, 246 mit Anm. 3); vgl. Cassiod. var. 12,15,7; s. a. Cod. Iust. 12,35,18,5a (492): Anastasius scheint darin verfügt zu haben, daß Soldaten dienstliche Hinund Rückreisen von 30 Tagen aus ihnen zu überlassenden Geldern (expensas sibi praebendas) bestreiten sollten. Vgl. Klotz (1879, 850 f) s. v. praebita «Nahrungsgeld», auch als Gerundiv: 2) praebenda, -ae, «verst. pecunia, was einem Privatmanne von Staatswegen gewährt wird»; vgl. Cassiod. var. 5,39,12; 3) praebenda, -orum, «was man reichen muß (den Magistraten, welche in die Provinz geschickt wurden)»; vgl. Gell. 15,4. AuÁösung von tram (s. o.) v. Verf. 107 Tab.Vindol. II 185 (ca. 92–97). Vgl. Birley 2002, 89; Whittaker 2002, 212. 108 Daß die vom Sold einbehaltenen Gelder in den Legionen im ofÀcium primi pili verwaltet wurden (Herz 2007, 311), ist nicht erwiesen. M. E. kommt dafür vielmehr das ofÀcium praefecti legionis in Frage, s. Stauner 2004, 168. 109 P.Mich. VIII 514,9 ff (3. Jh.): oujk e[laba auj/tou' ta; dhpovseita o{ti hjsqevnh/ka. hJmevra~ e[cousin lammavni[n].

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digung der pekuniären Hinterlassenschaften verstorbener Soldaten erstellte ein librarius caducorum eine Gesamtquittung mit detaillierter Angabe der ausgezahlten Beträge für die zurückgegebenen Materialien. So erhielt Semphasies, die Mutter und Erbin eines verstorbenen Soldaten, unter anderem die Gelder aus dem depositum und für zurückgegebene Waffen (in armis) bzw. für den Anteil am Gemeinschaftszelt (papilio). Das Eigentum und die Gelder des Verstorbenen waren in den principia, dem Sitz der Kassenverwaltung, abzuholen.110 Interessant ist ein Vergleich zwischen den beiden aus dem späten 1. Jh. stammenden Finanzdokumenten P.Masada 722 und RMR 68 aus dem Kassenbereich der jeweiligen Einheit (Taf. 2). RMR 68 ist ein überblickartiges Kassendokument zur Verrechnung ausgegebener Materialien und Nahrungsmittel mit den Geldern im depositum. Hier ging es nicht primär um die Details zum jeweiligen Abzugsposten, sondern letztlich um das aktuelle Guthaben im depositum des einzelnen Soldaten nach Verrechnung der Abzüge. Deshalb interessierte hier lediglich der Gesamtbetrag des jeweiligen Abzugspostens, weswegen für den Kleiderabzug nur summarisch in vestimentis angegeben ist. P.Masada 722 hingegen ist eine ratio stipendiaria, die keinerlei Angaben zum Kontostand des Soldaten macht, sondern en détail nur die Ausgabeposten, darunter alle ausgehändigten Bekleidungsstücke, auÁistet, die der Soldat im Abrechnungszeitraum empÀng, jeweils mit dem entsprechenden Betrag angegeben (s. Anm. 82). Folglich handelt es sich bei der ratio stipendiaria nicht um denselben Ànanztechnischen Dokumenttyp wie bei RMR 68, sondern um eine detaillierte Aufstellung lediglich der Abzugsposten und deren Kosten, die für den ersten Abrechnungszeitraum zusammengerechnet den hinter accepi stipendi angegebenen Betrag von 50 Denaren (Zeile 4) ergeben. Für die Interpretation von P.Masada 722 als einem von RMR 68 unterschiedlichen Dokumenttyp spricht auch die Tatsache, daß der hinter [accepi st]ipendi(i) angegebene Betrag (50 Denare) nicht der Gesamtbetrag des Solds sein kann, den Legionäre zu jener Zeit erhielten. Dieser lag offensichtlich bei 75 Denaren.111 Die 50 Denare Sold erhielt Messius in Form verschiedener Güter, die mit seinem Sold verrechnet wurden. Bei einem Gesamtsold von 75 Denaren lagen demnach die Abzüge bei der ersten Soldauszahlung bei rund 67 %. Im Vergleich dazu wurden dem Q. Iulius Proculus (RMR 68 II 1–31) bei den drei verbuchten Soldauszahlungen gemessen am angegebenen Accepitstip(endii)-Betrag (II 3, 14, 24) von 247,5 Drachmen bei der ersten Soldauszahlung 73,5 %, bei der zweiten rund 43 % und bei der dritten sogar 100 % (II 10, 20, 30) abgezogen (Taf. 2). Die Detailtiefe richtete sich offensichtlich nach dem Verwendungszweck des jeweiligen Dokuments. P.Masada 722 ist m. E. ein konkretes Beispiel für die von Vegetius aufgezeigte Tätigkeitsbeschreibung der signiferi, denen die Aufgabe oblag, sowohl die Ersparnisse der Soldaten zu verwahren als auch dem einzelnen Soldaten gegenüber Rechenschaft (über seine Vermögensverhältnisse) abzulegen:

110 P.Col. VIII 221,4 f; s. a. Anm. 68 u. 70 sowie Gilliam RAP, 329–334. Zum librarius caducorum s. Anm. 7. 111 Der in RMR 68 angegebene Accepit-stipendii-Betrag von 247,5 Drachmen wird in der Forschung als der Gesamtsold des Soldaten betrachtet. Hierzu M. A. Speidel 2000, 81 f.

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singulis reddere rationem.112 Das Dokument ist vermutlich, wie schon Cotton/Geiger (1989, 45) meinten, ein Auszug aus den Finanzunterlagen und «served as a receipt for C. Messius». Wie bereits im Falle des Statusberichts bzw. des Lazarettdokuments (s. das Kapitel Va l e t u d i n a r i u m ), so führt auch dieser Vergleich wiederum die kontext- bzw. fragenspeziÀsche Detailtiefe der Dokumente vor Augen. Schriftlich Àxiert wurde nur, was für den jeweiligen Dokumentationszweck relevant war: in RMR 68 die summarisch aufgeführten Abzüge zur Berechnung des neuen Kontostands, in P.Masada 722 die detaillierte Rechenschaftslegung gegenüber C. Messius über die Soldabzüge im einzelnen. Zudem belegt P.Masada 722 indirekt die in den vorausgehenden Kapiteln aufgezeigten Ànanztechnischen Meldungen der verschiedenen Ausgabebereiche an die Truppenkasse, in denen en détail mitgeteilt wurde, was der jeweilige Soldat an frumentum, arma und vestimenta empfangen hatte.113 Bei diesen Meldungen ist vor allem an die von den Soldaten zu unterschreibenden Empfangsquittungen zu denken (s. Anm. 39). Ferner erhielt der Kassenbereich von der Personaleinsatzzentrale Informationen über den Aufenthaltsort abkommandierter sowie über versetzte und verstorbene Soldaten, so daß die Kassenbücher entsprechend aktualisiert werden konnten.114 So ist in Soldabrechnungen aus dem späten 2. Jh. vor den Namen verschiedener Soldaten deren aktueller Aufenthaltsort von einer zweiten Hand vermerkt.115 Vor dem Namen eines gewissen Longinus ist im Kassenbuch seiner Einheit der Zusatz translati (!) in ala Apriana zu lesen.116 Hinter dem Namen steht der Betrag, den Longinus im depositum hatte. Diese Information wurde vermutlich der ala Apriana als der neuen Stammeinheit des Longinus übermittelt. In Zeile 26 heißt es ferner: T Turbon h(abet) d(epositos)… Der Soldat war also im Dienst verstorben (thetatus).117 Vermutlich erfolgte hierauf eine Mitteilung an den oder die Erben zwecks Auszahlung des hinterlassenen Vermögens. Die Tatsache, daß derlei Informationen auch in den Kontobüchern vermerkt sind, liefert einen Nachweis für die Interaktion zwischen den Verwaltungsbereichen Ta b u l a r i u m und Q u a e s t u r a . Eine weitere dokumentarische Aufgabe des Kassenbereichs war die regelmäßige Erstellung einer Soldanforderung in Vorbereitung auf die nächste Soldauszah112 Veg. mil. 2,20,7: haec ratio apud signiferos […] servabatur. Et ideo signiferi non solum Àdeles sed etiam litterati homines eligebantur, qui et servare deposita et scirent et singulis reddere rationem. 113 Die unterschiedlich hohen Abzüge für Bekleidung in Soldabrechnungen (RMR 68 III 8 u. 28: 100 bzw. 145,5 Drachmen) zeigen, daß diese Abzüge nicht standardmäßig in gleicher Höhe und ungeachtet der tatsächlich ausgegebenen Kleidungsstücke erfolgten, sondern daß auch hier die Kassenstelle detaillierte Informationen über die ausgegebenen Güter zur Verfügung hatte. 114 Vgl. Marichal 1945, 45 mit Anm. 71; s. u. Anm. 117. Vgl. die pridiana (RMR 63 II 8–11 [Anf. 2. Jh.]; RMR 64 II 22–29 [156]; hierzu Stauner 2004, 95–112), in denen Veränderungen in der personellen Zusammensetzung der Einheiten detailliert dokumentiert sind. 115 ChLA X 410,62, 68, 74, 81, 86, 108, 188. Vgl. Marichal 1945, 66–69; Daris 1994, 191. 116 RMR 73 Frag. a III 25 (ca. 120–150). Vgl. Lesquier 1918, 105, 251 Anm. 1; Marichal 1945 48. 117 Zu thetatus: Isid. orig. 1,24 (mortis signum); RMR 34 (115–117?) enthält eine Aufstellung u. a. von Verlusten (II 19: tetates) der legio III Cyrenaica. Vgl. Watson 1952; ders. 1974, 506 mit Anm. 51; Stauner 2004, 18 mit Anm. 28.

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lung.118 Im Zusammenhang mit der Anforderung und Auszahlung von Sold bzw. mit der nachfolgenden Überprüfung der Rechnungsunterlagen wurden – zumindest im 3. Jh. n. Chr. – zwei verschiedene Dokumente (opinio und ratio) erstellt, deren zeitliche Abfolge umstritten ist. Nach Davies (1967) ist mit opinio119 die Soldanforderung durch die Einheit und mit ratio die nachträgliche Überprüfung durch den procurator gemeint, nach Marichal (ChLA VII 350, p. 57) verhält es sich aufgrund der zeitlichen Anordnung von opinio und ratio genau anders herum.120 Für Davies· Sicht scheint allerdings die Grundbedeutung von opinio als Schätzung zu sprechen, ferner die Anforderung der opinio durch die Truppe (opinionem petere) sowie die Tatsache, daß ad opinionem petendam offensichtlich eine weitaus größere Anzahl von Soldaten (bis zu 30 Mann, Davies 1967, 116) abkommandiert wurde, möglicherweise für die Durchführung des Geldtransports bzw. dessen Eskortierung zur Einheit. Für die Überbringung lediglich der Rechnungsbücher hätte es wohl dieses personellen Aufwands nicht bedurft.121 118 Zur Soldanforderung s. Davies 1967. Dreimal pro Jahr wurde Sold ausgezahlt (s. a. Anm. 37), nämlich am 1. Januar: RMR 73 Frag. h (ca. 120–150); 72,7 (2. Jh.); ChLA X 495,3 (vor 193/ nach 211); 473,4 (2./3. Jh.); 446,3 (3. Jh.); P.Panop. 2,37, 58, 201, 292 (300); am 1. Mai: RMR 71 (spätes 2. Jh.) Frag. a 1, 10; Frag. b 5; RMR 66 (= ChLA VII 350) Frag. b I 30 (250) und am 1. September: ChLA XI 495,2 (vor 193/nach 211); RMR 66 (= ChLA VII 350 [250/1]) Frag. b II 3; P.Oxy. XXXI 2561 (293–305); P.Oxy. VII 1047 (4. Jh.); s. a. P.Vindob. L 135 (27); hierzu Gilliam RAP, 429–432. Nach Sueton (Dom. 7,3) wurde unter Domitian an einem 4. Termin Sold ausgezahlt. Cassius Dio (67,3,5) spricht hingegen lediglich von einer Solderhöhung um ein Drittel. Vgl. Watson 1969, 91 mit Anm. 230; Campbell 1984, 185 mit Anm. 25; Alston 1998, 103 mit Anm. 5; Daris 2000, 155; M. A. Speidel 2000, 71 mit Anm. 40; Campbell 2002, 84; Herz 2007, 313. Eine Soldauszahlung (numeratio) ist möglicherweise auch in Tab. Vindol. II 242,3 (ca. 97–102/3) gemeint; Tab.Vindol. II 327 (ca. 97–102/3) erwähnt zudem mehrere Personen mit Kleingeld (aere minuto); vgl. Birley 2002, 79. Iosephus (bell. Iud. 5,9,1 f) berichtet, daß Titus vor den Mauern Jerusalems die Legionen antreten und ihnen den Sold auszahlen ließ. Insgesamt waren vier ganze Legionen anwesend (Ios. bell. Iud. 6,4,3: V Macedonica, X Fretensis, XV Apollinaris und XII Fulminata) sowie Vexillationen der legio III Cyrenaica und XX Deiotariana (Tac. hist. 5,1,2; vgl. Faulkner 2002, 213). Die Soldauszahlung dauerte vier Tage; d. h. mehr als eine Legion erhielt pro Tag die für sie bestimmten Gelder. Bei einer Sollstärke von 5000–6000 Mann ist dies eine beachtliche administrative Leistung, wenn man bedenkt, daß jeder einzelne Soldat den Erhalt seines Solds schriftlich quittieren mußte. Vgl. Campbell 1984, 181 f; Stauner 2004, 215. Den literarischen Quellen zufolge soll Sold auf Senatsbeschluß hin erstmalig in der Zeit der frühen Republik während des Krieges gegen Veji (406–396 v. Chr.) an die damals noch Bauern-Soldaten ausgezahlt worden sein (Diod. Sic. 14,16,5; Liv. 4,59,11: decerneret senatus, ut stipendium miles de publico acciperet). Vgl. Watson 1969, 89 mit Anm. 218. 119 Zu opinio bzw. opinator s. Mitthof 2001, 158–165. 120 RMR 66 (= ChLA VII 350 [250/1]) Frag. b I 29 f; II 1–8; vgl. Mitthof 2001, 158 mit Anm. 348. 121 Zur Sicht von Davies fügt sich auch gut die Tatsache, daß im 4. Jh. in Ägypten die Soldgelder von den Kassenbeamten des Gaus an Soldaten mit der Funktionsbezeichnung opinatores übergeben wurden. Hierzu Mitthof (2001, 161), bei dem die Forschungspositionen zur Problematik von opinio und ratio zusammenfassend (159) dargestellt sind. Nach ihm (ebd., 160) führt von der opinio im 3. Jh. «ein direkter Weg zu den opinatores […], die in den spätrömischen Papyri und Gesetzen begegnen». So sieht er denn auch in der opinio eine «Zahlungsaufforderung durch die Truppe» (ebd., 165).

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Die Einteilung zur Soldabholung beim Prokurator122 erfolgte vermutlich anläßlich des Morgenappells und ist in verschiedenen Dokumenten der cohors XX Palmyrenorum verzeichnet.123 Abkommandierungen zur selben Aufgabe sind auch aus Nordengland bekannt: Einmal aus dem wohlbekannten Statusbericht aus Vindolanda, in dem dieser Auftrag allerdings anders formuliert ist (stipendiatum).124 Im anderen Fall handelt es sich um fünf Fragmente eines Tintentäfelchens, auf dem mehrere Aufgaben vermerkt sind, die eine oder mehrere Gruppen von Soldaten zu erfüllen hatten. Sie sollten die opinio abholen (ad opin]ionem peten(dam)), ferner offensichtlich verschiedene Materialien (i]mpensam petituri) sowie Bauholz (mate[ria)125 beschaffen und sich daraufhin im praetorium zurückmelden (in praetori[um? … se?] referent), womit hier wohl das Hauptquartier gemeint ist.126 Ferner ist einem Ostrakon aus Gholaia zu entnehmen, daß eine Maßnahme propter opiniones erfolgte (O.Bu Njem 147,8). Nach Auszahlung der Soldgelder und entsprechender Überarbeitung der Kontobücher überbrachten Soldaten dem Prokurator die Endabrechnung über die tatsächlich ausgezahlten Gelder zur Überprüfung. Vor dem Hintergrund des oben Gesagten ist mit ad rationem stipendii in den Diensteinteilungen möglicherweise diese Aufgabe gemeint.127 122 Strab. 3,4,20; Tac. hist. 1,12. Vgl. Davies 1967, 117 mit Anm. 22; M. A. Speidel 1996, 76. 123 RMR 1 u. 2 (= ChLA VIII 355 u. 356 [219 bzw. 222]), passim; RMR 66 (s. Anm. 120); ebenso RMR 65 (= ChLA VII 349 [ca. 240]),4–6; ferner wird eine opinio in einem ofÀziellen Schreiben im Zusammenhang mit einer Mannschaftsstärke erwähnt (P.Flor. II 278 [= ChLA XXV 779; 3. Jh.?] V 4); vgl. Mitthof 2001, 158 Anm. 348. Dieselbe Art von Angaben zu Außenmissionen Àndet sich auch in Morgenappellberichten (etwa RMR 47 [= ChLA VII 337; 223–233] II 4: missi ad hordeum comparandum). Zu RMR 1 und 2 vgl. Stauner 2004, 21–26; zu Morgenappellberichten: ders., 74–84. 124 Tab.Vindol. II 154,14 (ca. 85–92). Der gesamte Eintrag lautete möglicherweise [Ebura]co stipendiatum – in Eburacum (York), zur Abholung des Solds. Insgesamt wurden hierzu 11 Mann abkommandiert. Vgl. Tomlin 1996, 461; Birley 2002, 79. Supinum-Konstruktionen Ànden sich auch in RMR 63 II 18–20: vestitum, frumentatum (s. Komm. zu Z. 19), equatum (zur Abholdung von Kleidung, Weizen, Pferden). 125 Vgl. die zu Holzschlagarbeiten abkommandierten vexillationes der legio XXII Primigenia, zusammengestellt bei Speidel RAS II, 149–152; vgl. Kissel 1995, 196–207, v. a. 203 mit Anm. 105; Kemkes ²2006, 133 Abb. 139. Soldatenbeschwerden hierüber: Tac. ann. 1,35,1. Vgl. Tab. Vindol. III 684 (ca. 97–102/3) mit der Überschrift «Bauholz für den Speicher» (materiem horrei). Siehe auch Anm. 154. 126 Hassall/Tomlin 1986, 450–452. Zu praetorium s. den Komm. zu Z. 6–8. Die Abkommandierungen sind im Futur abgefaßt, was auf Einteilungen anläßlich des Morgenappells hindeutet. Vgl. RMR 47 (= ChLA VII 337 [223–233]) I 6: [quod imperatum fuerit, faciemus] et ad omnem tesseram parati eirimus (!); I 16; RMR 48,7 (= ChLA VII 338,6 [ca. 233]); RMR 49,1 (= ChLA VII 343,1 [ca. 240?]); RMR 50 (= ChLA VII 344 [239]) I 1, 8; II Frag. b 7; O.Bu Njem 1–62 (50er Jahre 3. Jh.); s. Stauner 2004, 74–84. 127 RMR 66 (= ChLA VII 350 [250/1]) Frag. b II 3, 4, 6, 7. Vgl. Davies 1967, 115 f mit Anm. 2 f; Hassall/Tomlin 1986, 450–452. Im Zusammenhang mit einer Soldauszahlung bzw. einer Überprüfung der Finanzunterlagen der Truppe steht möglicherweise auch P.Oxy. LXIII 4367 (325– 337). Hierzu Mitthof 2001, 460 ff. Siehe zudem Plinius (epist. 7,31), der als Militärtribun die Dokumentation verschiedener Einheiten überprüfen sollte, eine Aufgabe, die er mit rationes excutere wiedergibt (s. a. Anm. 165). Vgl. zudem Dig. 49,16,15: si ratio constiterit – gemeint ist hier die nachträgliche Überprüfung der Frage, ob der Spätrückkehrer (aus dem Urlaub) ein Deserteur war oder nicht; siehe hierzu Anm. 185.

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Grundlage für die Soldanforderung waren Aufstellungen über den Personalbestand der Truppe. Da sowohl der Sold als auch die Entlassungsgelder (commoda missionum) an den Rang des Soldaten gekoppelt waren (pro gradu cuiusque128), benötigte der Kassenbereich nach Rängen gegliederte Verzeichnisse über die Anzahl der Soldaten, die auf den verschiedenen Soldstufen129 den einfachen, anderthalbfachen, doppelten usw. Sold bezogen.130 Das heißt, daß jedwede Veränderung im Status des einzelnen Soldaten (Beförderung, Degradierung, Versetzung, Entlassung) an den Kassenbereich gemeldet werden mußte, da dies eine unmittelbare Auswirkung auf die personelle Zusammensetzung der Einheit und damit auf die Höhe der benötigten Soldgelder hatte.131 Die Führung der verschiedenen Konten für jeden Soldaten, die zahlreich eingehenden Meldungen über die Ausgabe von Proviant und Material, über Beförderungen, Versetzungen und Strafen mit der daraus sich ergebenden Aktualisierung der Kassenbücher sowie die Erstellung der Soldanforderungen und -abrechnungen für den Prokurator müssen in diesem Bereich der Truppenverwaltung zu einem enormen Aufkommen an zu bearbeitenden Schriftstücken geführt haben. Möglicherweise war dieser administrative Aufwand mitursächlich für die seit dem 2. Jh. faßbaren Veränderungen in der Dokumentation der Finanzverwaltung.132 In den Solddokumenten aus dem späten 2. bzw. aus dem 3. Jh. fehlen die detaillierten Aufstellungen über Abzüge für Proviant, Bekleidung etc. Stattdessen treten neue Termini technici (collatio und sublatio) für Abzüge in Erscheinung.133 Deren Höhe ist mit rund 4 (collatio) bzw. 8 (sublatio) Denaren jedoch deutlich geringer, so daß damit keineswegs die Kosten abgedeckt werden konnten, wie sie uns in RMR 68 und P.Masada 722 gegenübertreten. Zudem unterscheidet sich das Abrechnungsdokument ChLA X 410 (193–196) von RMR 68 (81) auch insofern, als es einen Überblick über die Beträge in den Konten depositum und viaticum wiedergibt, während RMR 68 nur Abzüge aus dem depositum aufweist. Die mit ChLA X 410 prinzipiell 128 Suet. Aug. 49,2. Zu gradus s. M. A. Speidel 2000, 71 Anm. 37. 129 Die Grabinschrift des M. Caesius Verus führt die verschiedenen Soldstufen auf, die er im Laufe seines Militärdienstes bezog: stipendia caligata, evocativa, centurionica (AE 1990, 896). Zur Höhe des Solds in den verschiedenen Truppengattungen s. M. A. Speidel 2000, v. a. 84. 130 Wenn es zutrifft, daß, wie Vegetius (mil. 2,7,8) schreibt, in den Legionen die sesquiplicares und duplares die anderthalbfache bzw. doppelte Ration an annona erhielten, so sind entsprechende Meldungen über die personelle Zusammensetzung (aus dem Ta b u l a r i u m ) auch an das Proviantwesen vorauszusetzen. Vgl. P.Panop. Beatty 1,46 ff (s. Anm. 50): matrices (Mannschaftsverzeichnisse), aus denen der Bedarf der Einheit an Weizen hervorging, sollten den Versorgungsbehörden in dreifacher Ausfertigung vorgelegt werden. Mit diesen matrices könnten nach Dienstgraden geordnete Listen gemeint sein, die die Anzahl der Bezugsberechtigten pro Rangstufe mitteilten (vgl. Veg. mil. 2,7,1). Vgl. M. A. Speidel 2000, 69 mit Anm. 26. 131 Ferner konnten auch Geldstrafen (pecuniaria multa, Dig. 49,16,3,1; vgl. Pol. 6,37,8; Gell. 11,1,6 f; Paulus epit. Festi, P 69: stipendium ignominiae causa non erat datum; Non. 532 M: propter ignominiam stipendium […] subtrahebatur) gegen Soldaten verhängt werden, die in den Kassenbüchern wohl ebenfalls vermerkt wurden. Vgl. Watson 1969, 125; M. A. Speidel 2000, 72 mit Anm. 42. 132 Fink RMR, p. 256; Stauner 2004, 70, 210. 133 collatio: ChLA X 410, passim (193–196); ChLA XI 495,4: contulit pu[b]l(ico) (vor 193/nach 211); sublatio: ChLA XI 473,4 (2./3. Jh.); ChLA X 446,4 (3. Jh.).

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identischen Dokumente ChLA XI 495134 (vor 193/nach 211) und ChLA X 446 (3. Jh.) (Taf. 2) wiederum enthalten – soweit erkennbar – nur Angaben zum depositum, nicht aber zum viaticum.135 Möglicherweise gehen die versorgungstechnischen Veränderungen, die sich in der Dokumentation widerspiegeln, auf Hadrian zurück, von dem die Historia Augusta (Hadr. 10,3) berichtet, er habe die PÁichten der Soldaten und die Auslagen für sie geregelt.136 Allerdings ist mit einer kostenfreien annona erst ab der Mitte des 2. Jh.s zu rechnen, so daß es Proviantabzüge wohl auch noch unter Hadrian gab. Da auch diese in den obengenannten Dokumenten fehlen, ist davon auszugehen, daß Soldbücher unter Hadrian noch etwas anders aussahen als die aufgezeigten Dokumente aus dem späten 2. bzw. dem 3. Jh., in denen sich vielmehr der vorläuÀge Abschluß versorgungstechnischer Veränderungen widerspiegelt, die sich im Laufe des 2. Jh.s vollzogen.

134 ChLA XI 495 (Taf. 2): Marichals (ChLA XI, p. 40) Interpretation von Zeile 6 weist eine Ungereimtheit auf. Wenn der Soldat tatsächlich einen Betrag von 25 Denaren auf sein Konto einzahlte (adi]ecit in deposit(is) (denarios) XXV), wieso wird dieser Einzahlungsbetrag dann zu den Abzügen hinzugerechnet? Der Gesamtabzug von 89 Denaren und 4 Obolen (Zeile 7) setzt sich zusammen aus: contulit pu[b]l(ico) (womit wohl collatio gemeint ist, vgl. Anm. 133) (Zeile 4 [4 Denare, 4 Obolen]), tess(eras) baronum (Zeile 5 [60 Denare], nach Marichal ein Abzug für die VerpÁegung der Sklaven des Soldaten oder des contubernium) und eben aus dem fraglichen Einzahlungsbetrag von 25 Denaren! Auch ist nicht verständlich, wie bei einem addierten Gesamtguthaben (Zeile 2 f) von 257 Denaren, 22 Obolen und 1 Quadrans (ChLA XI, p. 40) nach Abzug der obengenannten 89 Denare und 4 Obolen und Aushändigung (reliq(uos) tulit, Zeile 8) von 168 Denaren, 18 Obolen und 1 Quadrans an den Soldaten noch ein Betrag von 75 Denaren (Zeile 9) auf dem Konto übrigbleiben konnte. Ist mit den 75 Denaren vielleicht das viaticum-Konto gemeint (vgl. ChLA X 410,37), obgleich dieses nicht expressis verbis erwähnt ist? Träfe dies zu, so wäre der Plural deposita als generischer Begriff auch für verschiedene Arten von Konten (nämlich sowohl für das eigentliche depositum als auch für das viaticum) zu verstehen. Ein ähnlich hoher Betrag wie der vermeintliche Einzahlungsbetrag in diesem Dokument ist auch in ChLA X 446,6 aufgeführt (Taf. 2). Auch der in der Zeile darüber angegebene Betrag von 50 Denaren ist ähnlich hoch wie jener für die tesserae baronum in ChLA XI 495. Ob somit in ChLA XI 495,6 tatsächlich eine Einzahlung vorliegt, ist also fraglich. 135 ChLA X 446,2: [h]abet in [d]eposi[t]is (Taf. 2). Man beachte den Plural depositis (ebenso in ChLA XI 473 [2./3. Jh.]), während in RMR 68 II 31 und III 29 von in deposito die Rede ist. Möglicherweise ist in den Dokumenten, die – zumindest soweit erkennbar – nur in depositis angeben, in diesem Plural auch das viaticum mit eingeschlossen (s. hierzu Anm. 134). Leider ist bei der Angabe von depositum und viaticum in ChLA X 410,33 (Taf. 2) der Plural (in dep(ositis)) vom Herausgeber mit Verweis (ChLA X, p.11, Komm. zu Zeile 6) auf die ausgeschriebene Pluralform in ChLA XI 473,3 nur ergänzt. Möglicherweise ist hier jedoch eine Auflösung im Singular vorzuziehen (vgl. Marichal 1945, 9 ff), weil das viaticum gesondert angeführt ist, während in ChLA X 446 und XI 473 bzw. 495 allem Anschein nach das viaticum nicht gesondert erwähnt ist, dafür aber zumindest in ChLA X 446,6 und XI 473,3 eindeutig der Plural depositis verwendet wird. 136 SHA Hadr. 10,3: ordinatis et ofÀciis et impendiis. Vgl. Birley (1997, 118), der allerdings ofÀcia mit «headquarters staff» übersetzt. Vom Kontext her ist mit ofÀcia jedoch schwerlich das Verwaltungspersonal gemeint. Es geht um den ordnungsgemäßen Dienstvollzug, d. h. um die PÁichten der Soldaten, und nicht um irgendwelche Funktionsträger in den Büros. Nach M. A. Speidel (2000, 76) hat möglicherweise Hadrian (SHA Hadr. 10,3) ein neues Versorgungssystem eingerichtet. Zur kostenlosen annona s. a. Mitthof (2001, 46).

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Welche Abzüge sich im einzelnen hinter der collatio bzw. sublatio verbergen, ist nicht zu erkennen.137 N i c h t mit inbegriffen waren zumindest Abzüge für Reparaturen an Waffen und Ausrüstung, denn diese werden neben der collatio bzw. sublatio explizit erwähnt (s. Anm. 73). In ChLA XI 495 ist zudem ein Abzug tess(eras) baronum in Höhe von 60 Denaren vermerkt. Bei einem weiteren Soldaten kamen anscheinend ausgehändigte Gürtel zur Anrechnung.138 Diese sporadisch in Erscheinung tretenden Abzüge legen die Vermutung nahe, daß die Verwaltung im 2. Jh. den Soldaten Versorgungsgüter «gegen individuelle Bezahlung anbot».139 Dies zeigt, daß trotz der versorgungs- und dokumentationstechnischen Veränderungen zumindest das Verwaltungsprinzip im 2. bzw. 3. Jh. nach wie vor dasselbe war: Die Kosten für in Anspruch genommene Dienstleistungen wurden an den Kassenbereich zum Abzug vom Empfängerkonto weitergeleitet. Wie bereits am Beispiel von P.Masada 722 aus dem 1. Jh. gezeigt, so belegt auch hier die Erwähnung der Reparatur, der tesserae baronum und der Gürtel, daß die Kassenführer im 2. und 3. Jh. weiterhin detaillierte Informationen zu etwaigen Soldabzügen erhielten. ChLA XI 495 etwa zeigt zudem das nach wie vor arbeitsteilige Dokumentationsverfahren im Kassenbereich. Wie im Falle von RMR 68, bei dessen Erstellung drei bzw. vier verschiedene Schreiber beteiligt waren, so sind auch bei der Abfassung von ChLA XI 495 drei Hände erkennbar. Während aber in RMR 68 jeweils ein Schreiber pro Soldauszahlung einen vollständigen Verbuchungseintrag anlegte, war die Anlage ein und desselben Eintrags in ChLA XI 495 auf mehrere Hände verteilt (Taf. 2). Die Veränderungen in der Dokumentation zeigen, daß trotz des Fehlens von Details wie in RMR 68 und P.Masada 722 der Bearbeitungsaufwand nach wie vor beachtlich war. Mehrere Verwaltungsträger waren an Erstellung und Überprüfung dieses einen Soldeintrags beteiligt. Die Finanzdokumentation setzte ein Höchstmaß an Korrektheit und Vertrauenswürdigkeit auf seiten der Kassenverwalter voraus. Wohl genau aus diesem Grund hebt Vegetius (mil. 2,20) von allen Verwaltungssektionen die Truppenkasse als jenen Bereich hervor, für den nicht nur vertrauenswürdige, sondern auch (in besonderem Maße) litterati homines ausgewählt wurden, weil es hier darauf ankam, dem einzelnen Soldaten über seine Finanzverhältnisse Rechenschaft ablegen zu können (singulis reddere rationem). Eine korrekte und transparente Kassenführung stand damit nicht zuletzt auch im Dienste des innermilitärischen Friedens.140

137 Zu Interpretationsversuchen s. ChLA X 410, p. 8 f. Möglicherweise handelte es sich um eine Ànanztechnische Verwaltungsgebühr, so M. A. Speidel 1992, 97. 138 Zu tesseras baronum s. Anm. 134; vgl. Daris 2000, 156. Gürtel (cincturas): ChLA X 410 Frag. A II 14. 139 Jahn 1983, 223. 140 Vgl. die den Bankiers (argentarii) auferlegte PÁicht, über ihre Finanzgeschäfte sorgfältig Buch zu führen (rationes diligenter conÀciant [Dig. 2,13,10,1]), weil ihre Dienstleistungen von öffentlichem Interesse waren (ofÀcium eorum atque ministerium publicam habet causam). Ein vergleichbares Interesse innerhalb der militärischen Öffentlichkeit lag auch im Falle der signiferi vor.

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Tabularium Im Ta b u l a r i u m verstanden als Personalverwaltung bzw. Einsatzzentrale der jeweiligen Einheit141 liefen die administrativen Fäden der gesamten Truppe zusammen und erfolgten auf der Grundlage der oben vorgestellten Meldungen aus den verschiedenen Verwaltungsbereichen entsprechende Diensteinteilungen (z. B. anläßlich des Morgenappells) zur Sold-, Kleider- und Proviantabholung etc., teilweise über die Provinzgrenzen hinweg (Taf. 3).142 Hier wurden zudem die Stammrolle und das ganze Spektrum an personalbezogenen Dokumenten143 wie Morgenappellberichten, Dienstplänen etc. geführt und bedarfs- oder intervallweise überblickartige Dokumente zum personellen Status-quo der Einheit für übergeordnete Dienststellen verfaßt. Von hier aus ergingen auch Mitteilungen über etwaige Veränderungen bezüglich Rang, Stationierung etc. des einzelnen Soldaten zumindest an die Q u a e s t u r a , wo diese Infor141 Damit ist aber nicht notwendigerweise gesagt, daß es sich dabei in jedem Falle um eine einzige Dienststelle, etwa das Büro der Kommandanten der Einheit, gehandelt haben muß. In den Legionen etwa unterstanden die logistischen Verwaltungsbereiche dem praefectus legionis, während etwa die Personalverwaltung und übergeordnete Diensteinteilung im ofÀcium legati legionis angesiedelt waren. Inwiefern z. B. externer Nachschubbedarf aus dem Proviantwesen an den praefectus legionis gemeldet und entsprechende Diensteinteilungen von diesem OfÀzier und nicht etwa vom legatus legionis vorgenommen wurden (weil es sich, wie man argumentieren könnte, um Routineangelegenheiten handelte, für die der Präfekt verantwortlich zeichnete), läßt sich im einzelnen nicht entscheiden. Kissel (1995, 152 Anm. 100) und Remesal Rodríguez (1997, 68) gehen von einer Einteilung durch den Lagerpräfekten aus und verweisen auf die Diensthistorie RMR 10 (ca. 88) (vgl. Roth 1999, 273 mit Anm. 207; Stauner 2004, 60 f, 111, 137, 150 f, 208), aus der hervorgeht, daß ein gewisser M. Papirius Rufus vom praefectus castrorum zur Abholung von Weizen ausgeschickt wurde. Dieses Beispiel wie auch der von Adams (1999, 121 mit Anm. 14) als Beleg für die Zuständigkeit des Lagerpräfekten herangezogene Beschaffungsfall, in dem neben dem Statthalter der Legionskommandeur (s. Anm. 93) mitwirkte, helfen bei der Beantwortung dieser Frage leider nicht weiter, weil es sich in beiden Fällen um eine in Ägypten stationierte Legion handelt, in der es neben dem Präfekten als Kommandeur sehr wahrscheinlich keinen zweiten Präfekten als Lagerpräfekten gab (vgl. Dobson 2000, 150), so daß sich anhand dieser Beispiele gerade n i c h t zeigen läßt, daß der reguläre Lagerpräfekt die Diensteinteilungen vornahm (zum praef. castr. in Ägypten s. Gilliam RAP, 145–161; Dobson ROF, 166 ff). Bzgl. der Legionen außerhalb Ägyptens ist es ebensogut denkbar, daß der reguläre Lagerpräfekt den Entsendungsbedarf an das KommandeursofÀcium weiterleitete, da der Kommandeur die Gesamtverantwortung für die Einheit trug und zudem der oberste Administrationsträger einer Verwaltungseinheit sich typischerweise direkt auch um Belange nachgeordneter Verwaltungsebenen kümmerte (vgl. Stauner 2004, 46; Kontrollen durch den Kaiser: s. Anm. 174). Insofern wäre es nur folgerichtig, wenn in den Legionen sämtliche Bedarfsmeldungen aus den Verwaltungsbereichen, für die der praefectus legionis zuständig war, zunächst an das ofÀcium praefecti gemeldet und mögliche Personalanforderungen an das ofÀcium legati legionis weitergeleitet wurden. Diese Verfahrensweise liegt auch deshalb nahe, weil die Personalverwaltung darüber im Bilde sein mußte, welcher Soldat sich dienstlich wo befand. 142 Diensteinteilungen: Tab.Vindol. II 154 (ca. 85–92); RMR 10 (ca. 88); RMR 63 (Anf. 2. Jh.). Vgl. Kissel 1995, 188; Stauner 2004, 74–84, 88–90, 95–112; ders. 2005, 76 ff. Provinzübergreifende Beschaffung: s. Anm. 96, 97, 99; zu deren vermutlich zentraler Koordination s. Anm. 187. 143 Vgl. etwa die Abschrift eines statthalterlichen Benachrichtigungsschreibens über die Zuteilung von Rekruten (RMR 87). Aus dem Dokument geht hervor, daß Personalunterlagen im tabularium der Einheit archiviert wurden. Hierzu Stauner 2004, 35–37, 125.

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mationen in die Kassenbücher zur entsprechenden Berücksichtigung bei Soldauszahlungen eingetragen wurden.144 Neben den (zivilen) Lieferanten für die verschiedenen Logistiksektionen der Truppe hatten möglicherweise auch die Verwaltungsbüros eigene Bezugsquellen für ihren Bedarf. Aus Ägypten ist ein eques Romanus namens Aurelius Heraclianus bekannt, der für die legio II Traiana als conductor librariae kastrorum legionis fungierte. Hinter dieser Bezeichnung, für die es keine Parallele gibt, vermuteten die Herausgeber des Papyrus einen «contractor for the writing ofÀce» des Legionslagers. Möglicherweise lieferte Heraclianus diverse Schreibwaren an die Legionsverwaltung, die für ihre umfängliche Dokumentation zweifellos einen großen Bedarf an «Büromaterialien» hatte.145 Eine weitere binnenadministrative Aufgabe der Einsatzzentrale bestand in der Betreuung der Außenposten (stationes und praesidia), die der jeweiligen Einheit unterstanden (Taf. 3).146 Insbesondere die jüngst von Cuvigny edierten Ostraka aus dem praesidium Krokodilo an der Straße von Koptos nach Myos Hormos gewähren Einblick sowohl in die Intensität des Nachrichtenaustausches zwischen Hauptquartier und Außenposten als auch in die dabei zu beachtenden dokumentarischen Verfahrensregeln.147 An den praesidia wurden verschiedene Dokumentsorten geführt, wie etwa Dienstpläne mit dem vom Mons Claudianus her bekannten turnusmäßigen Einteilungsschema148 oder Tagesprotokolle, wie sie aus Gholaia bekannt sind, mit zeitgenauer Angabe der Ankunft und Abreise von Eskorten und Kurierreitern. So kam beispielsweise der Kurierreiter Mokatralis aus dem praesidium Phoinikion gegen Mitternacht in Krokodilo an. Noch in derselben Stunde verließ der Reiter Germanus den Stützpunkt.149 Ankunft und namentliche Benennung des einen und Abmarsch des nächsten Reiters wurden schriftlich Àxiert. Dieselbe dokumentarische

144 Siehe das Kapitel Q u a e s t u r a sowie Anm. 130. 145 P.Oxy. XLI 2951 (267). Vgl. die Abkommandierung zur Papyrusherstellung: ad chartam comÀci[endam] (!) (RMR 10,18; vgl. v. Premerstein 1903, 16; Stauner 2004, 60 f, 150, 208; Palme 2006a, 302 mit Anm. 16). Im ThLL (7.2.2 [1979] col. 1347 s. v. librarius) Àndet man unter «B» librarium im Sinne von biblioqhvkh und unter «C» libraria als «locus, quo libri exponuntur» angegeben. Demnach steht möglicherweise libraria kastrorum legionis summarisch für die Legionsbüros, in denen die Dokumentation der Einheit erstellt und aufbewahrt wurde. 146 Vgl. Stauner 2008, 10 Abb. 3. Vgl. die adlocutio Hadriani an die Soldaten der legio III Augusta in Lambaesis: quod multae, quod diversae stationes vos distinent (CIL VIII 2532), zuletzt ediert von Speidel 2006, v. a. 8. 147 Zur Lage von Krokodilo s. Talbert 2000, 80 C2; Cuvigny 2003 II, 663 Taf. 1. 148 O.Krok. 117 (109). Dieser Zeitraum ist in vier Zeiteinheiten eingeteilt, in denen 2 Mannschaften alternierend einen Dienst verrichteten. Dasselbe Einteilungsschema Àndet sich auch am Mons Claudianus (O.Claud. 304 [ca. 150]; Abb. des Lagers bei Klee 2006, 126) bzw. auf einem weiteren Dokument aus Oberägypten. Hierzu Stauner 2004, 26–34. Die Dokumente zeigen, daß es eine Dienstvorausplanung gab. Dies verdeutlicht auch ein Brief des Saturnilus an seine Mutter, in dem er schreibt, daß er in zwei Monaten für weitere 18 Monate auf einen Außenposten abkommandiert werde (P.Mich. III 203,13–15 [Traian]). 149 O.Krok. 29,9–12 (109): w{ran ib ojyev / [aj]po; Foinikw'no~ Mokavtrali~ / kai; ejxh'lqe German(o;~) / th'i (aujth'/); vgl. O.Krok. 27 (109); s. a. O.Krok., p. 17. Soldaten, die die ganze Nacht durch die Wüste reiten: Heliod. Aeth. 8,15.

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Verfahrensweise begegnet uns in Gholaia.150 Wir haben damit an zwei verschiedenen Außenposten in zwei verschiedenen Provinzen mit einer Zeitdifferenz von weit über 100 Jahren eine prinzipiell identische Aufzeichnungspraxis bei demselben Dokumenttyp vor uns – ein weiteres Indiz für eine beachtliche Einheitlichkeit des militärischen Schriftwesens!151 Die Zustellung von Post ist in den Tagesprotokollen mit einem Hinweis auf Anzahl und Art der zugestellten Dokumente vermerkt. In der Regel waren es Briefe, v. a. Rundschreiben, jedoch ist auch zweimal von acta die Rede – einmal werden sie als a[kta tw'n klaseikw'n152 bezeichnet, möglicherweise der classis Alexandrina, ein anderes Mal als versiegelte Akten des cornicularius aus dem Büro des Statthalters153. Zum Teil wird eine kurze Inhaltsangabe der Briefe angegeben. So traf am 16. Juli 109 ein gewisser Iulius Celer [meta;] diplwvmato~ peri; lh/stqw'n154 in Krokodilo ein. In einem weiteren Brief geht es um die Einreichung eines Monatsberichts nicht bekannten Inhalts. Ein gewisser Fuscus schreibt dem curator von Krokodilo, daß er seinen Bericht bereits eingereicht habe (katacwriv[sa~?] / mhno;~ to;n lovgon) und fordert seinen Kollegen (ajdelfov~) auf, selbiges zu tun. Dieses Schreiben verdeutlicht die DokumentationspÁichtigkeit des ordnungsgemäßen Dienstvollzugs und erweist damit die Schriftführung als integralen Bestandteil des Dienstes auch auf den Außenstationen.155 Die Rundschreiben156 machten einen nicht unerheblichen Teil der an die praesidia zugestellten Briefe aus. Sie waren grundsätzlich an alle curatores der praesidia entlang der Straße von Koptos nach Myos Hormos bzw. nach Berenice adressiert. Absender waren der praefectus praesidiorum et montis Beronices (!) (ILS 2699) sowie centuriones, decuriones und duplicarii an verschiedenen Militärposten. Jedes dieser Rundschreiben wurde so in Umlauf gebracht, daß an jedem praesidium eine Abschrift angefertigt und dann das Original von einem Kurierreiter aus dem eigenen praesidium zum nächsten praesidium weiterbefördert wurde. In diesen Rundschrei150 O.Bu Njem 67,7 f: reven[erunt …] / hora noctis V (50er Jahre 3. Jh.) – auch hier wurde die Ankunft bzw. Rückkehr einer wohl zur Mannschaft von Gholaia gehörenden Person zeitgenau protokolliert. 151 Zur These einer prinzipiellen Einheitlichkeit der Dokumentation siehe die verfehlte Kritik M. A. Speidels (2007a, 176 f Anm. 9), der den Verfasser aus dem Kontext gerissen zitiert (Stauner 2004, 207). Es wird nicht behauptet, daß in Vindolanda oder Dura Europos pridiana gefunden wurden, vielmehr wird zusammenfassend herausgehoben, daß besagte Texte aus verschiedenen Jahrhunderten stammen und dennoch eine beachtenswerte Einheitlichkeit aufweisen! 152 O.Maximianon Inv.-Nr. 1060,4 (2. Jh.), REG 113, 2000, 399 f. 153 O.Krok. 1,44 f (108): a[kta ejsfragi[smevna / korniklarivo(u) hJgemovno(~); versiegelte Akten werden auch noch in Zeile 47 erwähnt. Die Versiegelung sollte wohl die unerlaubte Einsichtnahme während der Beförderung verhindern; vgl. Cuvigny 2003 II, 471; O.Krok., p. 27, Komm. zu Zeile 44. Zum cornicularius s. Stauner 2004, 118–125; 160: hier ist in der Liste «Cornicularius praefecti Aegypti» der cornicularius aus O.Krok. 1,45 hinzuzufügen. 154 O.Krok. 26,4 (109). Ein weiterer Brief des Präfekten Artorius Priscillus handelt von Holz: meta; diplwvmato(~) ¨Artwrivou Prisk(ivllou) ejpavrcou peri; xuvlwn (O.Krok. 30,44 [109]). 155 O.Krok. 80 (Traian/Hadrian). 156 Sie werden in den Tagesprotokollen unterschiedslos als ejpistolaiv und diplwvmata bezeichnet (Cuvigny 2003 II, 322). Eine Zusammenstellung der Rundschreiben Àndet sich bei Cuvigny 2003 II, 323 f.

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ben erhielten die curatores Anordnungen, z. B. zur Bereitstellung von Eskorten157 oder zum Einschreiten gegen Transporteure, die Holz für den Bau von Schiffen illegal veräußern wollten, sowie Nachrichten etwa über Aktivitäten bzw. Angriffe von Barbaren.158 Die Rundschreiben waren für die curatores P f l i c h t l e k t ü r e , d. h. sie mußten zur Kenntnis genommen, abgeschrieben, an das nächste praesidium weitergeleitet und ihr Inhalt entsprechend umgesetzt werden. Dieses Verfahren wurde in verschiedenen Rundschreiben wiederholt eingeschärft. Rechenschaftsablegung (ajpodidovnai lovgon) wurde als eine Art Strafe angedroht, sollten die curatores die in den Rundschreiben erteilten Anweisungen nicht befolgen.159 Die Umsetzung schriftlich erteilter Anweisungen, die Dokumentation des Dienstes und aller außergewöhnlichen Vorkommnisse sowie die Weiterleitung von Nachrichten waren jedoch nur eine Seite der Schriftführungsaufgaben eines curator. Von großer Bedeutung war zudem der Faktor Zeit, also die Geschwindigkeit, in der all dies erledigt wurde.160 So sollten die curatores einem ofÀziellen Brief zufolge notieren, wieviel Zeit zwischen Ankunft und Weiterleitung von Briefen verstrich. Der curator(?) Apollinaris etwa notierte, daß Briefe in der elfeinhalbten Stunde des Tages ankamen und zur zwölften das praesidium wieder verlassen haben. Eine halbe Stunde Aufenthalt im praesidium zum Wechsel der Kurierreiter und möglicherweise zur Anfertigung einer Abschrift. Der Brief endet mit der Anweisung an den Empfänger, seinerseits dieselben Angaben zu machen.161 Dies verdeutlicht, daß Geschwindigkeit ein Faktor bei der Weiterleitung der Post war und somit auch auf den Außenposten in Sachen Schriftführung versiertes Personal zum Einsatz kommen mußte.162 So überrascht es nicht, daß wir auf den Außenposten u. a. 157 Etwa für Karawanen oder für besondere Reisende, z. B. den procurator: ¨Io]uvli~ Kevler meta; ejpitrovpou (O.Krok. 26,11 [ca. 109]). 158 Holztransporteure: O.Krok. 41,17–26 (109); Barbarenangriffe: O.Krok. 87 (118). 159 O.Krok. 41,25 f (109): peri; [t]ouvtwn ajpodwv[s]etev moi lovgo[n]; Zeile 61–63: eja;n de; e[u{r]w uJma'~ […] (die Anweisung, Esel zum Präfekten nach Koptos weiterzuleiten, nicht ausgeführt zu haben), uJfevete lovgon; vgl. O.Krok. 44,8 f (109); O.Bu Njem 71,2: ducentes asinos n(umero) IIII (50er Jahre 3. Jh.). Es wurde auf den Außenposten über alle wesentlichen Vorgänge eine minutiöse schriftgeführte Kontrolle ausgeübt. Vgl. Rebuffat 2000, 236; Cuvigny 2005, 82 mit Anm. 7. In einem Brief wurde der Adressat, vermutlich ein curator praesidii, dafür getadelt, daß er Briefe ohne vorherige Kenntnisnahme weitergeleitet hatte: aujta;~ [d. h. ejpistola;~, d. Verf.] / ajpevstila~ kai; ouj / mevli soi ajnagnou'/nai (O.Krok. 84,12–15 [Traian]). 160 Siehe hierzu Remijsen 2007, v. a. 135–139. 161 O.Krok. 83 (Traian): ¨Apoleinavri~ Leukalivwi / caivrein. / h\lqavn moi ejpistolai; th;[n] / eJndekavthn uJmoivsian th'[~] / hJmevra~ kai; o{ran dwde[kav]/thn ej{k}xh'lqan to; aujt[o;] / su; gravyon. ejrrw… Genaue Zeit- sowie Ortsangaben Ànden sich auch im zivilen Bereich, etwa in privatrechtlichen Streitfällen. So gibt es im Archiv der Sulpicii, die in der ersten Hälfte des 1. Jh.s n. Chr. in Puteoli als Geldverleiher tätig waren, mehrere vadimonia, mit denen der Kläger dem Beklagten das Versprechen abnahm, sich an einem bestimmten Tag zu festgelegter Stunde am vereinbarten Ort zur Verhandlung vor dem Magistraten einzuÀnden. In TPSupl. 8 etwa verpÁichtet sich L. Marius Florus, an einem 13. Januar in Puteoli auf dem Forum vor der ara Augusti Hordoniana zur dritten Stunde zu erscheinen ([V]adimonium factum / L(ucio Mario Floro in idus Ian(uarias) / primas Puteolis in foro ante / aram Augusti Hordionian/am hora teria). 162 So sollte z. B. die Nachricht von einem Überfall auf einen Militärposten (O.Krok. 87 [118]) schnellstmöglich weitergeleitet werden.

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librarii antreffen. In Gholaia hatte zeitweise ein librarius sogar das Kommando über einen kleinen Trupp inne.163 Die Funktion der rationes ad milites pertinentes Der Begriff r a t i o n e s ist nicht nur der generische Terminus technicus für einen Großteil der ofÀziellen Truppendokumentation und begegnet als solcher bei Vegetius (mil. 2,7), aus dessen Werk der Ausdruck rationes ad milites pertinentes genommen ist. Er Àndet sich wie gezeigt auch in den einzelnen Verwaltungsbereichen zur Bezeichnung etwa der ratio frumenti, der ratio vestis oder der ratio stipendiaria. In dem Ausdruck r a t i o n e m r e d d e r e steht er zugleich für eine – wenn nicht die – grundlegende Maxime der Militäradministration, nämlich für eine detaillierte Rechenschaftslegung auf allen hierarchischen Ebenen – vom einzelnen Soldaten gegenüber dessen unmittelbarem Vorgesetzten, über die verschiedenen Verwaltungsbereiche gegenüber dem Truppenkommandanten bis hin zum Truppenkommandanten gegenüber Statthalter und Kaiser. Die rationes der Verwaltungssektionen waren stets auf eine bestimmte Fragestellung hin ausgerichtet – Wer hat warum was wann wo gemacht oder wieviel empfangen etc.?164 – und enthalten eine entsprechende Fülle explikativer Details, die auf der Kommandoebene in entsprechende Diensteinteilungen wie etwa zur Kleider- oder Proviantabholung mündeten. Sie waren damit AusÁuß eines Dokumentationssystems, in dem auf unterschiedlichen administrativen Ebenen die jeweils relevanten Informationen gesammelt, kompiliert, archiviert und gegebenenfalls in entsprechender Form für andere Dienststellen bereitgestellt oder durch sie kontrolliert wurden. Inspektionen der verschiedenen Verwaltungsbereiche durch Kaiser, Statthalter, Kommandeure oder Beauftragte sind belegt. So überprüfte Plinius während seiner Militärzeit als tribunus legionis auf Anordnung des syrischen Konsularlegaten die rationes auxiliarer Kavallerie- und Infanterieeinheiten.165 Arrian führte als Statthalter von Kappadokien Kontrollen höchstpersönlich durch.166 In seinem Schreiben an Kaiser Hadrian berichtet er u. a. von einer Soldauszahlung sowie von einer Inspektion der Waffen, des Lazaretts167 163 Rebuffat 1969/70; ders. 2000, 231 mit Anm. 35 f. Vgl. Campbell 2002, 39; Stauner 2004, 137 f, 147, 211 f, 437 f Nr. 436; s. a. 415 f Nr. 397. Aus Krokodilo ist das Fragment einer Amphore erhalten, die einem librarius gehörte (O.Krok. 105). Aus Maximianon ist ebenfalls ein librarius bekannt (M774). Zur Lage von Maximianon s. Talbert 2000, 80 D1; Klee 2006, 124, 127. 164 Vgl. Dig. 49,16,4,15: examinantur […] et cur et ubi fuerit et quid egerit. Vgl. Anm. 181. 165 Plin. epist. 7,31: ego iussus a legato consulari rationes alarum et cohortium excutere. Militärzeit als Tribun: epist. 10,87. Vgl. Davies 1967, 116 mit Anm. 7; Stauner 2004, 101 mit Anm. 315. 166 Siehe Anm. 169; Inspektionsreisen des Statthalters auch bei Strabon 3,4,20. 167 In den Legionen Àel die Krankenvisitation in den Gesamtzuständigkeitsbereich des praefectus legionis; ihre konkrete Durchführung war jedoch Aufgabe der tribuni militum (Veg. mil. 2,10,3; 3,2,6; Dig. 49,16,12,2; vgl. Devijver 1968, v. a. 27; Kissel 1995, 241 mit Anm. 18). Sie diente zur Kontrolle der Unterbringung und Versorgung der Dienstunfähigen, zur Aussonderung von Simulanten (Dig. 49,16,6,5; vgl. Wesch-Klein 1998, 82 mit Anm. 61) sowie zur Trostspendung und Stärkung der Truppenmoral (Tac. ann. 1,71,3; vgl. Liv. 8,36,6 f). Krankenbesuche sind belegt für Germanicus: Tac. ann. 1,71,3; Tiberius: Vell. 2,114,1 f; Suet. Tib. 11,2 (ziviler Kon-

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und der Proviantvorräte.168 Zu letzterem Punkt erwähnt er einen gesonderten Bericht in Latein an den Kaiser und unterstreicht damit die Bedeutung dieses Versorgungsbereichs.169 Nach Dio Cassius hat Hadrian auf seinen Reisen alle Militärlager besucht und dort praktisch alles inspiziert und jeden darin unterwiesen, was zu tun sei.170 Möglicherweise erteilte der Kaiser auch verfahrenstechnische Anweisungen zum militärischen Schriftwesen. Dies wäre ein weiterer Erklärungsfaktor für die Einheitlichkeit der Truppendokumentation. Die RechenschaftspÁichtigkeit der Truppen gegenüber dem Kaiser geht besonders aus einer Inschrift deutlich hervor, die anläßlich des Manöverbesuchs Hadrians in Lambaesis gesetzt wurde. Der Verlauf der Übungen war auf irgendeine Weise erklärungsbedürftig, so daß der Kommandeur der legio III Augusta höchstpersönlich den Kaiser detailliert darüber informierte, was diesem kundzutun war (argu]enda).171 Insbesondere unterrichtete er Hadrian über den Grund für die ver-

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text); Traian: Plin. paneg. 13,3; Hadrian: SHA Hadr. 10,6; vgl. Cass. Dio 69,9,1 f; Sev. Alexander: SHA Alex. 47,2. Vgl. Kissel 1995, 241 f mit Anm. 20 ff. Lazarettinspektion: Arr. per. p. E. 6,2 (s. Anm. 169); 10,3. Vgl. Davies SRA, 225 f mit Anm. 103 ff, 227 mit. Anm. 119; WeschKlein 1998, 83 mit Anm. 68. Auch der Arzt Pedanius Dioscurides, der von sich schreibt, er habe aufgrund seiner militärischen Lebensweise viele Länder bereist (de materia medica, pr. 4), könnte auf diesen Reisen im kaiserlichen Auftrag Lazarette inspiziert haben. Vgl. Davies 1969, 86 mit Anm. 33; Kissel 1995, 246 mit Anm. 35; Wilmanns 1995, 76 f mit Anm. 180; WeschKlein 1998, 81 f mit Anm. 60; Nutton 2004, 178, 182. Die Überprüfung des Proviants diente nicht zuletzt der Kontrolle der Lebensmittelqualität (frumentum probare [Dig. 49,16,12,2]) als vorbeugende Maßnahme gegen Lebensmittelvergiftungen und die daraus resultierende Dienstunfähigkeit von Soldaten (Tab.Vindol. II 154,22–25 [ca. 85–92]; P.Mich. VIII 477,35–39; 478,8–13 [beide frühes 2. Jh.]; ChLA X 443 II 3 [3. Jh.]). Vgl. Kissel 1995, 241–244. Aus dem 1./2. Jh. ist das Fragment eines Ledersäckchens mit der Aufschrift exemplar hordei (ChLA XLI 1191) erhalten, das offensichtlich eine Gerstenprobe vermutlich für Kontrollzwecke enthielt. Vgl. die Getreideprobe Documenti 66 (2 Jh.); hierzu Palme 2006a, 311 mit Anm. 58. Arr. per. p. E. 6,2: kai; th;n misqofora;n th'/ stratia'/ e[dwka kai; ta; o{pla ei\don […] kai; tou;~ kavmnonta~ kai; tou' sivtou th;n paraskeuh;n th;n ejnou'san. h{ntina de; uJpe;r aujtw'n th;n gnwvmhn e[scon, ejn toi'~ ÔRwmai>koi'~ gravmmasin gevgraptai. Arrian erwähnt noch weitere Inspektionen von anderenorts stationierten Truppen: 3,1; 10,2 f; vgl. SHA Avid. 6,2: arma militum septima die semper respexit, vestimenta etiam et calciamenta et ocreas – ein Indiz für regelmäßige truppeninterne Überprüfungen; Waffeninspektion: s. Anm. 71. Cass. Dio 69,9,1–3: pavnta ta; frouvria kai; ta; teivch periskopw'n […] aujto;~ pavnta aJplw'~ […] kai; ejforw'n kai; ejxetavzwn; […] pavnta~ de; ejdivdasken a} crh; poiei'n; SHA Hadr. 10,3 (s. Anm. 136); vgl. Davies SRA, 72 mit Anm. 6. Weitere Belege für Truppeninspektionen durch den Kaiser: Caracalla: Herodian. 4,8,1 (stratovpeda diwvk / hse); Maximinus Thrax: SHA Maximin. 6,2 (gladios, {lanceas}, loricas, galeas, scuta, tunicas et omnia arma illorum cottidie circumspicere). [Catullinu]s leg(atus) meus pro causa ves[tra a]cer est, ve[rum, quae argu/e]nda vobis aput me fuissent, omnia mihi pro vobis ipse di[xit: quod] / cohors abest, quod omnibus annis per vices in ofÀcium pr[ocon]/sulis mittitur, quod ante annum tertium cohortem et qui[nos] / ex centuris in supplementum comparum tertianorum dedis/tis, quod multae, quod diversae stationes vos distinent, quod / nostra memoria bis non tantum mutastis castra sed et nova fecis/tis. (Kaiser): ob haec excusatos vos hab[erem, si q]uid in exercitatione cessas/set. sed nihil aut cessavis[se videtur aut est ulla causa cur] / vobis excusatione [aput me opus esset…] – Text nach Speidel 2006. Zum Besuch Hadrians in Afrika s. Birley 1997, 203–214. S. a. Stauner 2008, 10 Abb. 3.

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minderte Präsenzstärke der Legion.172 Daß dem Kaiser hierüber Rechenschaft abzulegen war, zeigt die Formulierung quae argu]enda vobis aput me fuissent. Den Aspekt der letztendlichen Kontrolle durch den Kaiser selbst verdeutlicht auch die Vita Hadrians. Sie berichtet, daß der Kaiser es sich angelegen sein ließ, die Soldaten zu kennen und über die Truppenstärke im Bilde zu sein. Ferner habe er Meldungen über die Bestände in den Militärspeichern genau studiert und ebenso Berichte aus den Provinzen, um gegebenenfalls Verknappungen ausgleichen zu können.173 Noch ausführlicher erzählt die Vita des Severus Alexander, daß dieser Berichte (rationes) über die Dienstzeit der Soldaten, die Truppenstärke, Ränge und Soldverhältnisse überprüfte, um über alles genauestens informiert zu sein (instructissimus). Ebenso soll er vor Beförderungen die Personalakten eingehend durchgelesen haben.174 Dies verdeutlicht auf eindrückliche Weise die RechenschaftspÁichtigkeit der Truppenkommandanten gegenüber dem Kaiser und die Kontrolle der unterbreiteten Militärberichte durch letzteren.175 Entsprechende Rechenschaftslegung wurde auch vom einzelnen Soldaten verlangt. Als Beispiel sei hier abschließend das Prozedere zur Gewährung von Urlaub erwähnt: Wollte ein Soldat beurlaubt werden, so mußte er sich (unabhängig von der möglicherweise erkauften Zustimmung seines centurio176) mit einem persönlich geschriebenen Urlaubsantrag an seinen Kommandanten wenden: rogo, domine, dignum meum habeas, cui des commeatum.177 Zudem war es erforderlich, den Ur-

172 Unter anderem waren die Außenposten (stationes) zu besetzen. Dies zeigt, daß trotz des hohen Besuchs nicht alle Soldaten für die Übungen zur Stammeinheit zurückbeordert wurden, sondern man verfuhr bei der Ausübung zumindest bestimmter Routinedienste nach dem Motto «business as usual» – etwas anderes hätte der Kaiser und Militärexperte Hadrian wohl auch nicht erwartet. Zur Berichterstattung an den Kaiser s. a. Anm. 22 173 SHA Hadr. 10,8–11,1: agebatque, ut sibi semper noti essent, et eorum numerus sciretur. laborabat praeterea, ut condita militaria diligenter agnosceret, reditus quoque provinciales solerter explorans, ut, si alicubi quippiam deesset, expleret. Vgl. SHA Alex. 15,5: annonam militum diligenter inspexit. Die Bedeutung einer geordneten Versorgung des Heeres hat bereits Iul. Caesar herausgestellt (Cass. Dio 42,49,5). 174 SHA Alex. 20,6 ff: milites suos sic ubique scivit, ut in cubiculo haberet breves et numerum et tempora militantum continentes, semperque, cum solus esset, et rationes eorum et numerum et dignitates et stipendia recenseret, ut esset ad omnia instructissimus. denique cum inter militares aliquid ageretur, multorum dicebat et nomina. de provehendis etiam sibi adnotabat et perlegebat cuncta pittacia et sic faciebat diebus etiam pariter adnotatis et quis quo esset insinuante promotus. Zum Aspekt der Kontrolle durch den Kaiser s. a. SHA Alex. 29,4: actis publicis permultam operam dabat, idcirco quod et res bellicae et civiles; ebenso 16,3. Zur Glaubwürdigkeit der Informationen in der Historia Augusta s. Anm. 187. 175 Nach Sueton (Aug. 101) verfügte Augustus über eine Übersicht über die reichsweite Dislokation der Soldaten: breviarium totius imperii, quantum militum sub signis ubique esset. Dieses breviarium war zweifelsohne eine Kompilation aus einschlägigen Unterlagen, die ihm von den Provinzialheeren zugestellt wurden. 176 Tac. hist. 1,46,2–4. Vgl. Watson 1969, 108 mit Anm. 299, 110; Speidel RAS II, 330–341, v. a. 331 mit Anm. 5. 177 Persönlich geschriebene Urlaubsanträge: Tab.Vindol. II 166–177 (ca. 92–102/3), davon relativ vollständig: Tab.Vindol. II 168: ] (centuriae) Felicionis / [rogo domi]ne Cerialis / [di]gnum me habeas / [cu]i de[s comm]eatum. Erholungsurlaub im spätkaiserzeitlichen Heer: Maurikios

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laubszweck und -ort anzugeben.178 Bei einem positiven Bescheid wurde individuell der Urlaubszeitraum, das commeatus spatium, und zumindest der Zeitraum für die Rückreise zu Wasser oder zu Lande (tempus navigationis vel itineris) auf einem Gewährungsbescheid (pittacium179) schriftlich festgelegt, so daß bekannt war, an welchem Tag der Beurlaubte sich wieder an seinem Standort zum Dienst zurückmelden mußte. So erhielt ein gewisser Ammonas 10 Tage Urlaub und zwei Tage für die Rückkehr zu seiner Einheit.180 Das pittacium überbrachte der Soldat vermutlich der Personalverwaltung für den Eintrag in die Urlaubsliste, aus der hervorging, wer wie lange beurlaubterweise von der Einheit abwesend war.181 Fand sich der Beurlaubte zum festgesetzten Termin nicht bei seiner Truppe ein (non comparet182), so wurden verschiedene administrative Maßnahmen ergriffen, die sich aus den Strafrechtsbestimmungen des Paulus und Papinianus rekonstruieren lassen: Zum einen wurde der betreffende Soldat als Nicht-Rückkehrer notiert (notatus) und eine ratio dierum eröffnet, d. h. es erfolgte eine Zählung der Tage, die der Betreffende überfällig war. Zum anderen erhielt der Kassenbereich ( Q u a e s t u r a ) eine Mitteilung über die Nicht-Rückkehr des Soldaten. Dort wurde er von der Liste der Aufwandsempfänger gestrichen (impendiis expungitur183). Kehrte er mit einer gewissen Verspätung zurück, so mußte er umfassend Rechenschaft für seine Verspätung ablegen. Er mußte glaubhaft machen (se probare), daß er entweder aus Gesundheitsgründen verhindert (valetudine impeditus), von Räubern festgesetzt (a latronibus detentus) oder seine Rückkehr aus einem ähnlichen Grund verzögert worden war (similive casu moram passus).184 Der jeweilige Entschuldigungsgrund wurde nur dann akzeptiert, wenn der Soldat zudem nachweisen konnte, daß er so rechtzeitig von seinem Urlaubsort abgereist war, daß er innerhalb des ihm gewährten Urlaubszeit-

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Strategikon 1,6,11; 1,7,13 f. Vgl. Speidel RAS II, 332 f, Bowman 1994, 88; Stauner 2004, 63 f; Phang 2007, 297–299. Urlaub sollte nur in wirklich begründeten Fällen gewährt werden (Veg. mil. 2,19,4: causis iustissimis adprobatis). Vgl. Plin. epist. 10,9: et multas privatas et omnes publicas causas petendi commeatus reddidisti. Angabe des Urlaubszeitraums, -zwecks bzw. -orts: Plin. epist. 10,8,6: commeatum triginta dierum; P.Wisc. II 70 (= ChLA XLVII 1440 [2. Jh.]),3–6: peti/[vit a me u]t tibi commeatum darem / [dierum] XXX ad intervisendas possessio/[nes tuas], quas habes nomo Arsinoite. Vgl. Speidel RAS II, 337 f. In einem Brief fordert ein gewisser Marcus den Adressaten auf, noch heute das pittacium für den Urlaub am nächsten Tag einzureichen: SB 9272,8 f: ejpivde~ shvmeron to; / pitavkkion ij~ th;n au[rion (1./2. Jh.). Pittacium mit Gegenvermerk: IGR I 1183; vgl. Speidel RAS II, 337 mit Anm. 25. O.Florida 1 (2. Jh.): e[cei~ devka hJmevra~ ko/mia'ten ¨Ammwna'~. / e[cei~ duvo hJmevra~ komi/a'ten kai; soi; ajpavgaqai. Hierzu Speidel RAS II, 335 f. Vgl. P.Wisc. II 70 in Anm. 178. Veg. mil. 2,19,4: quando quis commeatum acceperit vel quot dierum, adnotatur in brevibus. Dieser Vermerk steht in dem Morgenappellbericht RMR 47 (= ChLA VII 337 [223–233]) II 20 aus Dura Europos. Offensichtlich hätte sich der Soldat bis spätestens zum Morgenappell zurückmelden müssen. Vgl. Speidel RAS II, 333 mit Anm. 15. Vgl. Tab.Vindol. II 345,4 f (ca. 92–97) – hier sollten Soldaten von einer Liste gestrichen werden. Deserteure werden explizit in Tab.Vindol. II 226,10 und 320,4 (ca. 97–102/3) genannt. Überfall von Räubern auf Soldaten: O.Krok. 87 (118); CIL VIII 2728,11–14 (152): in/ter vias lattrones (!) sum passus nudus saucius e/vasi. Ermordung durch Räuber: RMR 63 II 10 (Anf. 2. Jh.): occisus a latron[i]bus; O.Krok. 87?

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raums hätte zurückkehren können (dum non tardius a loco profectum se probet, quam ut occurrere posset intra commeatum). Wenn er also glaubhaft machen konnte, daß die verspätete Rückkehr nicht von ihm zu verantworten war, so war er in seinen alten Stand wieder einzusetzen (restituendus), und es wurden ihm sämtliche Gelder für den fraglichen Zeitraum wieder zuerkannt. Das heißt, nach Feststellung der Unschuld des Spätrückkehrers, wohl durch den Kommandanten oder einen Beauftragten, erfolgte eine entsprechende Mitteilung an den Kassenbereich, der daraufhin die zurückgehaltenen Zahlungen vornahm (omnia stipendia […] redduntur).185 *** Der gesamte dokumentarische Aufwand, den die Militäradministration betrieb, diente dem übergeordneten Ziel der Sicherstellung der ordnungsgemäßen Versorgung der Soldaten und des ordnungsgemäßen Dienstvollzugs, wie dies insbesondere in den renuntia aus Vindolanda in aller Deutlichkeit zum Ausdruck kommt. Die rationes ad milites pertinentes waren das dokumentarische Instrument, mit dem letztlich der Kommandant truppenintern überprüfen konnte, ob seinen Anordnungen Folge geleistet und damit die militärische Disziplin gewahrt wurde.186 Die Bedeutung dieses doppelten Ziels einer sichergestellten Versorgung und des ordnungsgemäßen Dienstvollzugs kommt fokussiert in einem Satz aus der Vita des Kaisers Severus Alexander zum Ausdruck: miles non timendus si vestitus, armatus, calciatus et satur et habens aliquid in zonula (SHA Alex. 52,3). Der Soldat – stellvertretend für das gesamte Militär als dem wirkungsmächtigsten Exekutivorgan und der stärksten Stütze jeder kaiserlichen Regierung – mußte (vom Kaiser) nicht gefürchtet werden, wenn er (ordnungsgemäß) bekleidet, bewaffnet, beschuht, gesättigt und besoldet wurde. Bekleidung, Bewaffnung, VerpÁegung und Besoldung sind deshalb zentrale Verwaltungsbereiche, und es nimmt somit auch nicht wunder, daß sie uns in den unterschiedlichsten Militärdokumenten immer wieder 185 Dig. 49,16,14 (Paulus): qui commeatus spatium excessit, emansoris vel desertoris loco habendus est. habetur tamen ratio dierum, quibus tardius reversus est: item temporis navigationis vel itineris. et si se probet valetudine impeditum vel a latronibus detentum similive casu moram passum, dum non tardius a loco profectum se probet, quam ut occurrere posset intra commeatum, restituendus est. Dig. 49,16,15 (Papinianus): ex causa desertionis notatus ac restitutus temporis, quod in desertione fuerit, impendiis expungitur. quod si ratio constiterit neque desertorem fuisse apparuerit, omnia stipendia citra temporis Ànem redduntur. Zu notatus vgl. Frontin (strat. 4,1,22), dem zufolge Aur. Cotta (252 v. Chr.) als Konsul befehlsverweigernde equites bei den Zensoren anzeigte (notarentur). Zudem beschlossen Senat und Volk, daß den Soldaten ausstehender Sold nicht ausgezahlt werde (ne eis praeterita aera procederent). Mit diesem Vorgehen sollte die Disziplin wiederhergestellt werden (stabilita disciplina). Als der Konsul Q. Petillius Spurinus (176 v. Chr.) im Kampf gegen die Ligurer Àel, beschloß der Senat, der Legion, in der der Konsul starb, den Jahressold nicht auszuzahlen und zudem den Sold zu kürzen (Frontin. strat. 4,1,46: stipendium ei annuum non daretur, aera reciderentur). Vgl. Liv. 41,18; Val. Max. 2,7,15. Ebenso wurde Gerste statt Weizen als Strafe ausgegeben (Liv. 27,13,9; Plut. Marc. 25,6; Frontin. strat. 4,1,25 und 37; vgl. Roth 1999, 18 mit Anm. 78, 248 mit Anm. 26). 186 Zur Wahrung militärischer Disziplin: SHA Hadr. 10,2–5; 22,1; Alex. 12,5; 50,1; 51,6; 52,3; 54,5; 59,5. Die schriftliche Fixierung disziplinarischer Regeln bereits durch Augustus geht aus Dig. 49,16,12,1 hervor. Zum Thema Disziplin zuletzt Phang 2008.

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begegnen. In diesem Satz kommt schlaglichtartig das existentielle Interesse eines jeden Kaisers an einer gesicherten und stabilen Herrschaft187 zum Ausdruck und Ànden die rationes ad milites pertinentes bzw. die Maxime des rationem reddere ihre ultimative Begründung.

187 Das Dienstverhältnis, insbesondere die Länge des Dienstes, die Besoldung und die Entlassungsgelder legte bereits Augustus in einer stipendiorum praemiorumque formula (Suet. Aug. 49,2) fest. Damit sollte vermieden werden, daß die Soldaten nach ihrer Entlassung weder aufgrund ihrer langen Dienstzeit noch weil sie Not litten, zu Aufständen aufgewiegelt werden könnten und damit letztlich die Stabilität der kaiserlichen Regierung gefährdeten (vgl. Cass. Dio 54,25,5). Denn, so heißt es in der SHA Alex. 52,3, Armut treibt den Soldaten, wenn er bewaffnet ist, zu verzweifelten Taten an (mendicitas militaris ad omnem desperationem vocaret armatum). Vor aufbegehrenden Soldaten soll sich deshalb Sev. Alexander als Garant für die Verproviantierung, Bekleidung und Besoldung präsentiert haben (SHA Alex. 53,9: qui acceptam a provincialibus annonam, qui vestem, qui stipendia vobis adtribuit; vgl. Cic. Verr. 2,5 in Anm. 92). Vgl. Devijver 1968, 28 mit Anm. 3; Campbell 1984, 181–198; M. A. Speidel 2000, 65 mit Anm. 5; Campbell 2002, 83–89. Nach Nutton (2004, 186) wurde auch die medizinische Versorgung nicht zuletzt deshalb auf einem hohen Niveau gehalten, «because the survival of individual emperors depended on the loyalty and well-being of their troops.» Abschließend ein Wort zur Glaubwürdigkeit der Berichte aus der Historia Augusta über die Kontrollen der Kaiser, insbesondere des Sev. Alexander. Es steht außer Frage, daß die HA als historische Quelle mit Vorsicht zu verwenden ist. Besonders von Sev. Alexander zeichnet der Verfasser das Bild eines idealtypischen Kaisers. Unabhängig davon, ob Alexander die erwähnten Überprüfungen der Militärberichte tatsächlich vorgenommen hat, werden diese dem Leser als eine PÁicht präsentiert, deren Erfüllung von einem tugendhaften Kaiser erwartet wird. Hinzu kommt im Sinne des quasi ‹kanonischen Grundsatzes› der modernen Historia-Augusta-Forschung, nämlich «nur solche in der Historia Augusta mitgeteilte Informationen als glaubwürdig gelten zu lassen, die sich durch zusätzliche, externe Belege erhärten oder gar veriÀzieren lassen» (Brandt 2006, 18 f), daß einschlägige Kontrollen auch außerhalb der HA von Hadrian und anderen Kaisern sowie von Beauftragten berichtet werden, wie in diesem Beitrag gezeigt. Insofern sind zumindest diese Informationen der HA und insbesondere die von Sev. Alexander berichteten, eingehenden Kontrollen der Dokumentation – von der Tendenz her – grundsätzlich glaubwürdig, entsprechen sie doch dem existentiellen Interesse eines jeden Kaisers (vgl. oben die eingehenden Inspektionen Hadrians [s. Anm. 170]; vgl. ferner Tacitus [ann. 4,4] und Sueton [Tib. 30], denen zufolge Tiberius dem Senat über notwendige Entlassungs- und Rekrutierungsmaßnahmen berichtete, was zeigt, daß dem Kaiser die hierfür notwendigen Informationen vorlagen; von Vespasian [Suet. Vesp. 21] wird berichtet, er habe die Briefe und Berichte aller Beamten genau durchgelesen: perlectis epistulis ofÀciorumque omnium breviariis). Nicht zuletzt sprechen für diese Kontrollen viele der militärischen Dokumente selbst, insbesondere die pridiana, die von ihrer Gestaltung her einen hochofÀziellen Charakter aufweisen und auf eine umfassende, kontextbezogene Rechenschaftslegung gegenüber einem höherrangigen Adressaten – primär vermutlich gegenüber dem Statthalter, aber letztlich gegenüber dem Kaiser – hin angelegt sind (vgl. Stauner 2004, 112; Phang 2007, 295; dies. 2008, 207). Eine Zentralisierung bestimmter Heeresdokumente letztlich beim Kaiser war auch nicht zuletzt deshalb erforderlich, weil nur so etwa provinzübergreifende Versorgungsmaßnahmen (s. Anm. 97) oder die reichsweite Verteilung von Rekruten unterschiedlicher ethnischer Herkunft auf die verschiedenen Einheiten durchgeführt werden konnten. Nach M. A. Speidel (2007b, 294 f) sollte damit die Entstehung monoethnischer Einheiten verhindert, die Kampfkraft der Truppen gestärkt und deren Loyalität gegenüber Rom gefestigt werden. In dieser zentral gesteuerten Verteilungspraxis könnte sich somit eine Maxime zur Sicherung römischer Herrschaft mit militärischen Mitteln manifestieren, für deren Umsetzung die Militärdokumentation die conditio sine qua non bildete.

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Funktionsträger in den verschiedenen Verwaltungsbereichen Über die konkrete Verteilung administrativer Zuständigkeiten in den hier vorgestellten Verwaltungsbereichen in den Legionen und Auxiliareinheiten sind wir nur unvollständig informiert. Generell läßt sich sagen, daß in den Legionen der praefectus legionis die Oberaufsicht über die besagten Bereiche führte.188 Wer die Leitung vor Ort innehatte, ist nicht in jedem Falle gesichert. Das Lazarett unterstand dem optio valetudinarii (s. Anm. 6), der Kassenbereich den signiferi, die Waffenkammern den custodes armorum; hier gab es zumindest teilweise auch einen curator operis armamentarii, der wohl eine Leitungsfunktion bei der Herstellung oder Beschaffung waffentechnischer Ausrüstung innehatte (s. Anm. 59). Die Werkstatt (fabrica) verwaltete ein optio189 und wohl ebenso die Kleiderkammer190 und das Proviantwesen191. In letzterem Bereich waren in den Legionen mensores frumenti bzw. tritici für die frumentationes zuständig.192 Des weiteren dienten librarii in verschiedenen Funktionen in den einzelnen Verwaltungssektionen, so etwa als librarii depositorum im Kassenbereich oder als horreorum librarii in den Speichern, die keinesfalls nur dem Proviantwesen zugeordnet gewesen sein müssen.193 In den Auxiliareinheiten hatten im Prinzip dieselben Funktionsträger administrative Leitungsaufgaben inne. Hier begegnen etwa im Proviantwesen bei der Rati-

188 Zum praefectus (castrorum) legionis und seinen ofÀciales s. Stauner 2004, 167–170. 189 Dig. 50,6,7. Zu den fabricae s. Bishop 1985, v. a. 9–13. 190 Vgl. P.Oxy. XIX 2230 (s. Anm. 94). Daß es sich bei diesem optio wie auch bei jenem in P.Oxy. XXXVI 2760 (s. Anm. 93) um «ad hoc optiones» (Breeze ROF, 71 mit Anm. 3) handelt, ist keineswegs erwiesen, denn schließlich wurden auch signiferi als leitende Funktionsträger auf Außenmissionen zur Materialbeschaffung entsandt (s. Anm. 77). Zum optio als Funktionsträger im Proviantwesen s. Anm. 37. 191 Nach van Berchem (1937, 133–137, v. a. 136 f) sei der actuarius bereits in der Hohen Kaiserzeit in den Legionen und Auxiliareinheiten der Proviantmeister gewesen. Die optiones seien dem actuarius unterstellt gewesen und hätten in den Zenturien den Proviant an die Soldaten verteilt. Es fällt allerdings auf, daß in der Hohen Kaiserzeit der actuarius in den Legionen dem ofÀcium legati legionis angehörte und nicht dem des praefectus legionis, der ja für das Proviantwesen die Oberaufsicht führte. Die Zuordnung zum Kommandeursbüro, in dem u. a. die Personalverwaltung angesiedelt war, legt diese Interpretation nicht nahe. N i c h t s in den Quellen aus der Hohen Kaiserzeit deutete darauf hin, daß der actuarius bereits in jener Zeit diese Zuständigkeit hatte, die aus der späteren Kaiserzeit wohl belegt ist. Hier ist m. E. von einer allmählichen kompetenzerweiternden bzw. -verlagernden Entwicklung auszugehen. Hierzu Stauner 2004, 129–131. 192 Dig. 49,16,12,2; CIL V 936 = ILS 2423; AE 1917, 29 (mensor frumenti); ILS 9091 (mensor tritici). Vgl. v. Domaszewski ²1967, 45 Nr. 60; Devijver 1968, 26; Davies SRA, 202 mit Anm. 96. Remesal Rodríguez 1997, 67, 70; Mitthof 2001, 151 Anm. 316. 193 Mitunter waren auf unterschiedlichen Ebenen innerhalb desselben Speichergebäudes Vorräte aus verschiedenen Logistikbereichen eingelagert, so etwa Munition und andere waffentechnische Ausrüstung im Untergeschoß und Proviant im vor tierischen Räubern geschützten Obergeschoß (v. Petrikovits 1975, 82), so daß horreorum librarii (Dig. 50,6,7) als administrative Funktionsträger sowohl dem Proviantwesen als auch der Waffenkammer zugeordnet gewesen sein könnten. Zum Begriff horreum s. v. Petrikovits 1977, 635; zu den librarii und ihren Funktionsbezeichnungen s. Stauner 2004, 153 mit Anm. 546, 190.

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onenausgabe neben optiones auch cibariatores194. In den Kavallerieeinheiten hatte jede turma einen eigenen curator, der für die Verteilung des Proviants an «seine» Mannschaft zuständig war (s. Anm. 32). Alle curatores zusammen unterstanden wiederum dem summus curator, der die ratio bzw. den lovgo~ führte, wie ein summus curator im 4. Jh. von sich selbst sagt.195 Er hatte damit die Gesamtübersicht über den Proviantbedarf seiner Einheit und kontrollierte vermutlich die Abrechnungen der curatores, die er zu Gesamtabrechnungen kompilierte bzw. mit seinen Unterlagen abglich und vermutlich regelmäßig dem Prokurator zur Überprüfung unterbreitete.196 Die Laufbahn des M. Aur. Malcihianus (!) zeigt die enge Verzahnung von Proviantwesen und Kassenbereich: Als Soldat der legio II Adiutrix diente er zunächst als strator ofÀcii consularis und war für die Beschaffung (Ammian. 29,3,5) und VerpÁegung der Pferde des Statthalters zuständig – ein Posten, der ihn wohl auf seine nächsthöhere Stelle als summus curator vorbereitete. Von diesem Leitungsposten im Proviantwesen avancierte er zum signifer in der Finanzzentrale der cohors milliaria Hemesenorum.197 Curatores treten des weiteren als Kontrolleure ordnungsgemäßer Befehlsausführung in Erscheinung und hatten darüber hinaus auch die Leitung von Außenposten wie praesidia inne, wobei hier allerdings offenbleibt, welcher konkrete Rang sich jeweils hinter der Funktionsbezeichnung «curator» verbirgt.198 Insgesamt sollte man jedoch bei der Zuordnung von Verantwortlichkeiten an bestimmte Chargen Zurückhaltung üben.199 Ein grundlegender Wesenszug der Militärorganisation war ihre pragmatische Herangehensweise an die Bewältigung anstehender Aufgaben und Probleme. Das heißt, es konnten für die unterschiedlichsten, v. a. administrativen Aufgaben eine Vielzahl höherrangiger Funktionsträger eingesetzt werden, ohne daß dahinter notwendigerweise eine generelle Aufgabenzuordnung an die jeweilige Charge vermutet werden muß. So begegnet uns beispielsweise ein signifer, der eigentlich für den Kassenbereich zuständig war, als Einkäufer waffentechnischer Materialien (s. Anm. 77). Wäre ein custos armorum für eine sol194 Zum optio s. Breeze ROF, 71–77. Zu cibariatores s. Mitthof (2001, 46), nach dem es sich «vielleicht um zivile Lieferbeauftragte handelte, die den Soldaten die Ware zu einem vom Staat vorgegebenen Preis feilboten»; s. a. 311 ff. Nach Clauss (1999, 26) hingegen war der cibariator ein «Soldat, der die VerpÁegungsrationen zuteilte»; vgl. Roth 1999, 278. Zu cibarium als Sammelbegriff für verschiedene Grundnahrungsmittel s. RMR, p. 311; Roth 1999, s. Index 381 f. 195 CPR VII 21,11: peri; to; logoqevsion h\n, ejpeidh; sou'mmo~ ejtuvgcanon; vgl. Speidel RAS II, 137 Anm. 1; Kissel 1995, 167 mit Anm. 151; vgl. P.Abinn. 26,15 f. 196 Vgl. CIL III 4812 (= ILS 2524; vgl. AE 1974, 500). Kissel (1995, 169 f mit Anm. 157) sieht die Setzung dieser Weihinschrift durch den s(ummus) c(urator) alae Aug(ustae) und den s(ummus) c(urator) coh(ortis) I Ael(iae) Brit(tonum) in Virunum, dem Verwaltungszentrum der Provinz Noricum, im Zusammenhang mit deren Einreichung einer Art «Jahresabschlußbericht», mit dem sie «Rechenschaft über ihre Tätigkeit vor dem Finanzprokurator ablegen mußten, der die von ihnen verbuchten Einnahmen und Ausgaben kontrollierte.» Vgl. Spaul 1994, 228; ders. 2000, 196 f mit Anm. 5. 197 CIL III 10315 = AE 1992, 1456; vgl. Speidel RAS II, 137 ff. 198 Curatores als Kontrolleure: s. die renuntia aus Vindolanda (s. Anm. 44); curatores in Leitungsfunktion: O.Krok., passim. Vgl. Bagnall 1976, 24; Breeze ROF, 76; Cuvigny 2003 II, 313– 320. 199 Vgl. Remesal Rodríguez 1997, 67.

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che Aufgabe nicht kompetenter gewesen? Als Antwort auf diese Frage sei auf den cursus des C. Iulius Dexter verwiesen, der in seiner Kavallerieeinheit sukzessive eques, curator turmae, armorum custos und signifer turmae war.200 Dexter bekleidete im Laufe seiner Karriere nach und nach Leitungsfunktionen im Proviantwesen, in der Waffenkammer und schließlich in der Kassenverwaltung seiner Einheit und lernte damit die verschiedenen Zentralbereiche der Binnenadministration seiner Einheit in umfassender Weise kennen. Vermutlich hatte auch jener materialieneinkaufende signifer zuvor eine Leitungsfunktion in der Waffenkammer seiner Einheit inne. Als Finanzexperte war er für den Einkauf somit gleich doppelt qualiÀziert. Das Geheimnis hinter der EfÀzienz der römischen Militäradministration lag nicht zuletzt in deren Áexiblem Personaleinsatz. Der cursus des Dexter, der repräsentativ für viele andere ist201, verdeutlicht eine weitere Maxime der Militärverwaltung, nämlich die konsequente Versetzung administrativer Funktionsträger quer durch die verschiedenen Zentralbereiche der Truppenverwaltung. Damit zeichnet sich die Binnenadministration der Einheiten durch eine in doppeltem Sinne ambulante Organisation aus202: Ihre Funktionsträger versahen nämlich zum einen ihren Dienst nicht stationär in einem Büro, sondern wurden wie etwa der materialienkaufende signifer auch auf Außenmissionen geschickt, und zum anderen stiegen sie in der Hierarchie auf, indem sie von einem zum anderen Verwaltungsbereich wechselten und so die verschiedenen Seiten der Truppenverwaltung gründlich kennenlernten. Damit verfügte die Militäradministration über ein schier unerschöpÁiches Reservoir an Verwaltungsexperten, die aufgrund ihrer Sachkompetenz universell einsetzbar waren. BIBLIOGRAPHIE Adams, C. E. P. 1999: Supplying the Roman army: bureaucracy in Roman Egypt, in: A. Goldsworthy/I. Haynes (Hrsg.): The Roman Army as a Community (JRA, Suppl. Ser. No. 34) (Portsmouth, Rhode Island 1999) 119–126. Adams, J. P. 1976: Logistics of the Roman Imperial Army. Major Campaigns on the Eastern Front in the First Three Centuries A. D. (Diss. Yale University). Alföldy, G./Dobson, B./Eck, W. (Hrsg.) 2000: Kaiser, Heer und Gesellschaft in der Römischen Kaiserzeit. Gedenkschrift für Eric Birley (Stuttgart). Alston, R. 1998: Soldier and Society in Roman Egypt. A social history (London). Baker, P. A. 2004: Medical Care for the Roman Army on the Rhine, Danube and British Frontiers in the First, Second and Early Third Centuries AD (BAR Intern. Ser. 1286) (Oxford). Bagnall, R. S. 1976: The Florida Ostraka (O.Florida). Documents from the Roman Army in Upper Egypt (Durham, N. C.). Birley, A. 1997: Hadrian. The restless emperor (London). – 2002: Garrison Life at Vindolanda. A Band of Brothers (Stroud, Glo.).

200 CIL VIII 2094 = ILS 2518: Dis Manibus / C(aius) Iulius Dexter vet(eranus), mil(itavit) in ala / eq(ues), cur(ator) turmae, armor(um) custos, signi/fer tur(mae), milita(vit) annis XXVI, dimis(sus) emer(itus) / honesta missione, duoviratu egit in col(onia) / sua Thelepte, vixit an(nos) LXXXV. hic crematus. / Tutia Tertia, marita Iuli(i) Dextri, vix(it) an(nos) LXX. / hic cremata est. 201 Vgl. Breeze ROF, 11–58; Stauner 2004, 193 ff. 202 Siehe Stauner 2004, 212.

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Konrad Stauner

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Rationes ad milites pertinentes

Tafel 1 Dokumentation zum Krankenstand

83

84

Konrad Stauner

Tafel 2 Dokumente aus dem Verwaltungsbereich Quaestura203

203 In P. Masada 722 werden die Zeilen mit den verschiedenen Händen (m2, m3, m4) jeweils als die a-Zeilen der vorausgehenden Zeile gezählt, also 6a, 14a und 15a.

Rationes ad milites pertinentes

Tafel 3 Organisationsschema der Binnenverwaltung regulärer Einheiten des Römischen Heeres

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FRIEDENSSICHERUNG UND KRIEG IN DER RÖMISCHEN KAISERZEIT. WIE ERGÄNZT MAN DAS RÖMISCHE HEER? Werner Eck Das römische Reich ist ohne sein Heer nicht denkbar; die Geschichte der Expansion der römischen Macht ist immer auch eine Geschichte des römischen Heeres. Sie ist aber gleichzeitig eine Geschichte der Veränderungen, die sich in diesem Heer ergaben. Es genügt an Begriffe wie Milizheer, Rekrutierung von Proletariern, stehendes Heer, Freiwilligenheer zu erinnern. Verbunden mit dieser Thematik ist ebenso der Übergang von der republikanischen Staatsform zum augusteischen Prinzipat: Gerade die Probleme, die sich bei der Rekrutierung der Truppen spätestens seit Marius ergeben hatten, führten schließlich zum Tod der Republik. Augustus verdankte den endgültigen Sieg über seine Konkurrenten der militärischen Macht, über die er verfügte. Und seine Nachfolger hätten ihre Stellung ohne das Heer nicht bewahren können. Es war die Basis der Macht Roms und seiner Kaiser. Ein solches Instrument muss gepÁegt und erhalten werden – unter verschiedensten Aspekten. Fast keiner der Kaiser hat dieses Instrument willentlich vernachlässigt, eher in besonderem Maß gepÁegt wie etwa Domitian, dessen Tod heftige Reaktionen bei den Truppen ausgelöst hat.1 Wer sich nicht oder jedenfalls nicht genügend um die materiellen und ‚ideellen¶ Belange des Heeres kümmerte wie beispielsweise Nero, wurde zumeist recht schnell mit den Konsequenzen seines falschen Handelns konfrontiert. Das Heer war und blieb ein eminent politischer Faktor, wenn auch in anderer Form als in der späten Republik. Doch nicht von diesem allgemeinen Problem soll hier die Rede sein, sondern von einem Teilaspekt, der ins Zentrum der Verwaltung der kaiserzeitlichen Armee, dem Thema dieses Kolloquiums, führt: Der Frage der Rekrutierung, der Ergänzung der Truppen mit neuen Soldaten. Denn das Heer konnte seinen Zweck nur erfüllen, wenn es in dem Umfang vorhanden war, der im Grundsatz seit augusteischer Zeit als nötig angesehen wurde, um die Aufgaben wahrzunehmen, die ihm nach außen und innen zukamen. Den Mannschaftsbestand zu erhalten, war somit eine der primären und kontinuierlichen Aufgaben der römischen Heeresleitung und der Administration der Truppen. Welches Gewicht die kontinuierliche Rekrutierung für das Heer darstellte, war notwendigerweise auch vom numerischen Umfang der Ergänzung abhängig. Deshalb ist es zunächst nötig zu klären, mit welchen Quantitäten man bei der perma1

Siehe W. Eck, La romanisation de la Gérmanie, Paris 2007, 33 ff. – Für wichtige Hinweise möchte ich Michael Alexander Speidel meinen Dank aussprechen.

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Werner Eck

nenten Rekrutierung zu rechnen hat. Dabei geht es nicht um absolute Präzision der Zahlen, sondern um approximative Annäherung, um das Gewicht der Rekrutierung abschätzen zu können. Von den beiden großen Gruppen innerhalb des Heeres, den Legionen und den Auxiliarverbänden, lassen sich die Legionen in ihrem Umfang relativ leicht bestimmen: Die Zahl der Legionen, die, zumindest ideell, das Rückgrat der römischen Militärmacht bildeten, wurde durch Traian auf insgesamt dreißig Einheiten erhöht, was mit kleinen Schwankungen während des gesamten 2. Jahrhunderts beibehalten wurde; und auch vor Traian war der Bestand nur zeitweise geringfügig niedriger gewesen. Je nachdem wie hoch man die Mannschaftsstärke einer Legion ansetzt: rund 5000 oder rund 6000 Mann, kommt man damit auf einen nominellen Gesamtbestand von ungefähr 150.–180.000 Legionären im 2. Jahrhundert. Schwieriger ist es, den Mannschaftsbestand der Auxiliartruppen zu bestimmen, da wir nicht für alle Provinzen die Zahl der Einheiten genau kennen. Im Allgemeinen geht man davon aus, dass in den Provinzen mit Legionsbesatzung die Zahl der Auxiliare in einer Provinz in etwa der der Legionäre entspricht, was tendenziell zutrifft, jedoch nicht überall. Die folgende Liste ist für die Zeit des Antoninus Pius erstellt, da sich für diese Jahrzehnte – jedenfalls für die meisten kaiserlichen Provinzen – ein relativ genauer Bestand an Einheiten ermitteln läßt; denn durch die immer größer werdende Zahl der Militärdiplome haben wir inzwischen für die große Mehrheit der Provinzen zumeist recht genaue und zutreffende Informationen über das Auxiliarheer. Soweit für die Zeit des Pius eine genauere Information fehlt, werden in der folgenden Liste Zahlen aus der hadrianischen Regierungszeit verwendet. So ergibt sich etwa Folgendes:2345678910 Provinz

Alen

Kohorten

Gesamtzahl der Auxiliare3

Britannia

13

37

27.0004

Germania inferior

4

15

9.5005

Germania superior

3

16

10.5006

Raetia

4

14

10.5007

Noricum

3

5

6.000–70008

Pannonia superior

7

11

12.0009

Pannonia inferior

5

13

10.00010

2 Kaiserliche Provinzen wie z. B. die Aquitania, die Belgica oder Galatia werden hier nicht berücksichtigt, da uns genauere Informationen fehlen. 3 Die Milliaria-Einheiten sind bei der Gesamtzahl soweit möglich berücksichtigt. 4 So nach CIL XVI 69 vom Jahr 122. 5 W. Eck – A. Pangerl, Neue Diplome für die Heere von Germania superior und Germania inferior, ZPE 148, 2004, 259 ff. 6 RMD 90 aus dem Jahr 129 7 CIL XVI 94. 101. 8 G. Alföldy, Noricum, London 1974, 144. 9 Siehe die Liste der Einheiten zwischen 118/9 und 166/7 bei B. Lörincz, Die römischen Hilfstruppen in Pannonien während der Prinzipatszeit, Wien 2001, 85 f. 10 RGZM Nr. 30.

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Friedenssicherung und Krieg

Provinz

Alen

Dalmatia

Kohorten

Gesamtzahl der Auxiliare

3

1.50011

Dacia superior

3

10

7.000

Dacia inferior

3

9 (10)

7.00012

Dacia Porolissensis

3

12

10.50013

Moesia superior

2

10

6.00014

Moesia inferior

5

11

8.00015

3

1.50016

14

10.50017

Lycia-Pamphylia

1

50018

Cilicia

1

500

Thracia Cappadocia

4

Syria

7

23

14.500 + Dromedarreiter19

Syria Palaestina

3

12

8.50020

Arabia

2

6

4.50021

Aegyptus

4

9

6.50022

Africa

1

9

500023

Mauretania Caesariensis

1?

4?

2.50024

Mauretania Tingitana

5

11

8.50025

1

500

Sardinia

Diese Auxiliareinheiten umfassen nach ihrer Normzahl rund 190.000 Mann zu Fuß bzw. zu Pferd. Ob das auch in der Realität immer zutraf, ist natürlich nicht gesagt.111213141516171819202122232425 11 W. Eck – A. Pangerl, ZPE 163, 2008, 233 ff. 12 RMD 39; wie hoch man die Zahl der Soldaten im numerus Illyricorum veranschlagen muss, bleibt offen. 13 RMD 64 und andere. 14 Z. B. RGZM Nr. 37; W. Eck – A. Pangerl, Moesia und seine Truppen. Neue Diplome für Moesia und Moesia superior, Chiron 38, 2008, 317 ff. 15 Dazu jetzt P. Weiß, Militärdiplome für Moesia (Moesia, Moesia superior, Moesia inferior), Chiron 38, 2008, 267 ff. 16 M. M. Roxan – P. Weiß, Die Auxiliartruppen der Provinz Thracia. Neue Militärdiplome der Antoninenzeit, Chiron 28, 1998, 371 ff. 17 Vgl. RGZM Nr. 18 (Angaben zum Jahr 101 aus einem noch unpublizierten Diplom). 18 Siehe RMD III 161; CIL XVI 128. 19 P. Weiß, Die Auxilien des syrischen Heeres von Domitian bis Antoninus Pius. Eine Zwischenbilanz nach den neuen Militärdiplomen, Chiron 36, 2006, 249 ff., bes. 294. 20 RMD III 173 und andere. 21 P. Weiß – M. P. Speidel, Das erste Militärdiplom für Arabia, ZPE 150, 2004, 253 ff.; die gleiche Zahl Àndet sich in einem weiteren, noch unpublizierten Diplom für Arabia vom Jahr 145. 22 RMD III 185. 23 RMD V 368. 373. 24 W. Eck – A. Pangerl, Neue Militärdiplome für die Truppen der mauretanischen Provinzen, ZPE 153, 2005, 187 ff., bes. 196. 25 W. Eck – A. Pangerl (wie Anm. 24) 197 ff.

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In den anderen kaiserlichen Provinzen, die in der obigen Liste nicht aufgeführt sind, also Provinzen wie Gallia Lugdunensis, Lusitania oder Epirus muß man ebenfalls Militär voraussetzen, wohl zumindest eine Auxiliareinheit, nicht anders, als dies auch für die provinciae populi Romani anzunehmen ist. In der Provinz Asia stand, wie wir wissen, zumindest eine Kohorte, vergleichbar mit Pontus-Bithynia, wo unter Plinius vielleicht sogar zwei Kohorten Dienst taten.26 Ähnlich ist es später in Lycia-Pamphylia, seit dort ein Prokonsul amtierte.27 Selbst wenn man in all diesen Provinzen jeweils nur eine einzige Einheit von je 500 Mann ansetzt, müssten nochmals rund 10.000 Auxiliare zu der obigen Zahl hinzugezählt werden. Dazu kommen die Flotten in Germanien, Pannonien, Mösien, Syrien und Alexandria, vielleicht auch noch in Africa und in den Gewässern zwischen Mauretania und der Baetica, schließlich auch die beiden italischen Flotten, die mit Sicherheit nicht weniger als je vier- bis fünftausend Mann umfassten, eher sogar deutlich mehr. Auch die equites singulares wären noch in diese Kategorie einzubeziehen. Wenn man also von nominell rund 230.000 Auxiliaren und Flottensoldaten (ohne Einrechnung der numeri) ausgeht, die um die Mitte des 2. Jahrhunderts den Bestand in der römischen Armee ausmachten, dann trifft man die Realität wohl einigermaßen. Zusammen mit den Legionen sollte der exercitus Romanus also eine Zahl von mindestens 400.000 Mann erreicht haben.28 Das ist deutlich mehr, als das, was man im Allgemeinen für das 2. Jahrhundert veranschlagt; dennoch war der Bestand für das gesamte Reich nicht besonders groß, vor allem, wenn der Umfang der Armee zur Größe des Reiches und der Länge der Grenzen in Beziehung gesetzt wird. Außer den Flottensoldaten dienten alle Angehörigen der beiden großen Truppengattungen regulär 25 Jahre. Doch nicht alle Soldaten überlebten die volle Dienstzeit. Wie viele Soldaten pro Jahr vor Vollendung der Dienstjahre ausÀelen, läßt sich nicht sagen, vermutlich variierte das je nach den Umständen, in denen sich die einzelne Truppe befand. Vor allem bei größeren Epidemien, noch mehr natürlich im Kriegsfall waren die Ausfälle höher. Unter Vespasian bezeugen einige Diplome die Entlassung von causarii, Leuten, die durch Verwundung dienstuntauglich geworden waren.29 Durch solche Faktoren schnellte der Bedarf an Ersatz in die Höhe, in besonderen Situationen sogar gewaltig. Da man das aber nicht genauer feststellen kann, bleibt (im Kontext einer fast generell 25-jährigen Dienstzeit) nur die simple statistische Größe eines Ersatzbedarfs von 4 % pro Jahr, um so jedenfalls numerisch den Gesamtbestand zu erhalten. Wenn eine Truppe lange bestanden hat und keine besonderen Umstände eingetreten sind, dürfte sich wohl ein jährlicher Ersatzbedarf 26 W. Eck, Prokonsuln und militärisches Kommando. Folgerungen aus Diplomen für prokonsulare Provinzen, in Heer und Integrationspolitik. Die römischen Militärdiplome als historische Quelle, Passauer Historische Forschungen 2, Köln 1986, 518 ff = in ders., Die Verwaltung des römischen Reiches in der Hohen Kaiserzeit. Ausgewählte und erweiterte Beiträge, Bd. 2, hg. R. Frei-Stolba – M. A. Speidel, Basel 1998, 187 ff. 27 RMD I 67. 28 Die stadtrömischen Truppen der Prätorianer und Urbaniciani werden hier nicht einbezogen, da für sie partiell andere Bedingungen galten. 29 CIL XVI 10; RMD V 323.

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ergeben haben, der dem statistischen Mittel in etwa entsprochen haben dürfte. Setzt man dies voraus, dann erforderte das gesamte Heer im Reich (ohne die stadtrömischen Truppen) jährlich rund 16.000 neue Soldaten für alle Truppengattungen. Weit über die Hälfte dieser notwendigen Rekruten Àel auf die Auxiliareinheiten, mehr als 9000 Mann. Im Allgemeinen wird man von einer mehr oder minder regelmäßigen Ergänzung für die Truppen ausgehen dürfen. Dafür sprechen gerade die Militärdiplome, die bereits jetzt für einige Provinzen so dicht in aufeinander folgenden Jahren bezeugt sind, dass der Befund nur zu erklären ist, wenn mehr oder weniger jährlich 25 Jahre zuvor neue Soldaten in die Einheiten eingetreten sind. Denn andernfalls wäre das Heer schnell nicht mehr in dem Umfang einsatzfähig gewesen, wie es notwendig war. Die Abfolge der Diplome für die Provinz Moesia bzw. Moesia inferior zeigt dies bereits recht anschaulich:3031 Zeit

Beleg

73

Eck-Pangerl, Dacia 50, 2006, 93 ff.

28.4.75

RMD I 2

[28.4.] 75

Weiß (wie Anm. 15)

7.2.78

CIL XVI 22; RMD IV 208, Eck-Pangerl, Chiron 39, Nr. 131

7.2.78

RMD V 325

78

RMD IV 209

82

CIL XVI 28

82/83

Weiß (wie Anm. 15)

14.6.92

CIL XVI 37 Flotte

14.6.92

ZPE 148, 2004, 269

9.9.97

RMD V 337; Eck – Pangerl, ZPE 151, 2005, 191

9.9.97

RMD V 338; Eck – Pangerl, ZPE 151, 2005, 185 ff.

14.8.99

CIL XVI 44.

14.8.99

CIL XVI 45; RGZM 8

Sept./Okt. 99

RMD IV 217

13.5.105

CIL XVI 50; RGZM 10.11.; Mitt. HVP 102, 7; Weiß (wie Anm. 15)

Sept./Dez. 107

RGZM 14

Mai/Aug. 109

RMD IV 219

99/110

RMD IV 221

25.9.111

RMD IV 222

[25.9.]111?

CIL XVI 58

27.9.112

RMD II 85

30 Siehe dazu die beiden oben in Anm. 14 und 15 genannten Aufsätze von W. Eck- A. Pangerl und P. Weiß. 31 In Chiron 39, 2009, 505 ff. werden insgesamt weitere 17 Diplome für Moesia inferior publiziert. Dort S. 578 f. eine vollständigere Liste aller Diplome in diesem Bereich.

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Werner Eck

Zeit

Beleg

113?

RMD IV 224

ca. 113

Weiß (wie Anm. 15)

26.4.107/114

unpubliziert PA 28

116

Eck-Pangerl, Nr. 6 (wie Anm. 14)

9–118/10–119

RMD V 349. 350

120

Eck-Pangerl Nr. 7. 8 (wie Anm. 14)

19. Okt. 121

RMD V 356

9.12.121

Weiß (wie Anm. 15)

1.6.125

RMD IV 235; V 364

20.8.127

RMD IV 241; RGZM 23

105/127

RMD V 369

125/129

RMD V 375

2.4.134

CIL XVI 78; Weiß (wie Anm. 15)

135

Eck-Pangerl Nr. 11 (wie Anm. 14)

28.2.138

CIL XVI 83

Jan./Nov. 140

Weiß (wie Anm. 15)

138/142?

RMD IV 265

7.4.145

RMD III 165 = V 399.

Jan./ Febr. 146

RMD IV 270

145/6

Eck-Pangerl Nr. 12 (wie Anm. 14)

147

Weiß (wie Anm. 15)

148/153

AE 1997, 1778 = RMD V 412

154

Eck-Pangerl Nr. 15 (wie Anm. 14)

ca. 155

AE 2001, 2160 = RMD V 414

8.2.157

Ivantchik, Chiron 37, 2007, 219 ff.

Vor oder nach 157

Weiß (wie Anm. 15)

158?

RMD I 50

Mehr als 50 Konstitutionen sind bisher für den Zeitraum zwischen Vespasian und dem Ende der antoninischen Regierungszeit für die Provinz Moesia/Moesia inferior bekannt geworden, d. h. für einen Zeitraum von rund 90 Jahren. Da die Masse der Diplome verloren gegangen ist, bezeugt eine so hohe Zahl umso deutlicher, dass man nach aller Wahrscheinlichkeit auch für die Jahre, für die bisher keine Dokumente vorliegen, von mindestens einer Konstitution ausgehen darf. Wie freilich diese Rekrutierung durchgeführt wurde, läßt sich im Detail, soweit ich sehe, nicht genau feststellen. Immerhin kann man davon ausgehen, dass sich dafür in den einzelnen Provinzen wohl eine gewisse lokale Routine ausgebildet haben dürfte, ohne dass man einer speziell auf diesen Zweck ausgerichteten Organisationsform bedurfte. Besonders groß war der jährliche Bedarf ohnehin in den meisten Provinzen nicht. Denn bei einer 25-jährigen Dienstzeit, wie sie, wie gesagt,

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bei fast allen Truppen galt, haben 4 % Ersatzbedarf bei einer Legion 240 Rekruten ausgemacht, bei einer cohors quingenaria oder einer ala, in denen rund 500 Mann dienten, also lediglich 20 Mann. Wenn z. B. in der Provinz Raetia im 2. Jahrhundert Truppen mit rund 10.500 Mann stationiert waren, dann brauchte man, um das Heer auf normaler Stärke zu halten, etwas mehr als 400 Rekruten pro Jahr. Diesen Ersatz wird man im Allgemeinen aus der Einsatzprovinz beschafft haben. In diese Richtung deuten auch die fast 40 Diplome, die man bisher für die Provinz Rätien gefunden hat. Denn diese stammen bis auf zwei aus Rätien selbst, was darauf hindeutet, dass sich ihre Empfänger nach der Entlassung in der Provinz selbst niedergelassen haben. Das taten aber zumeist Soldaten, die von dort stammten. Tatsächlich waren die Empfänger der Diplome, soweit man etwas über ihre Herkunft sagen kann, aus den Stämmen in der Provinz oder in westlich benachbarten, gallisch geprägten Provinzen rekrutiert worden. Nur zwei Diplome für Rätien sind bisher aus dem östlichen Donaugebiet bekannt geworden; in diesen beiden Fällen sind die Diplomempfänger Angehörige eines thrakischen Stammes.32 Dieser Befund aber lässt darauf schließen, dass für die Ergänzung des rätischen Heeres vom späten 1. bis zum Beginn der Regierungszeit Marc Aurels, aus der die Zeugnisse stammen, weitgehend die Freiwilligen genügten, mit denen man in nicht geringem Umfang zu rechnen hat und von denen man vor allem auch in der Forschung stets ausgegangen ist.33 Wenn Traian in einem Brief an den jüngeren Plinius ganz selbstverständlich von voluntarii spricht im Gegensatz zu denen, die ausgehoben wurden (an lecti sint),34 dann ist dies durchaus sprechend, ebenso wie die Empfehlungsbriefe, von denen in der Korrespondenz von Soldaten in Ägypten gesprochen wird. Man brauchte solche Briefe offensichtlich, um selbst in die Flotte aufgenommen zu werden.35 Das heißt, es muß in manchen Provinzen und für bestimmte Truppen mehr Anwärter als Plätze gegeben haben, jedenfalls in Friedenszeiten.36 Wenn das so zutrifft, dann darf man auch schließen, dass es, um die Aufgaben für diesen kontinuierlichen Ersatz zu erledigen, kaum einer größeren Organisation innerhalb des Heeres bedurfte. Der Statthalter konnte das mit seinem Stab, mit OfÀzieren der Legionen und den Präfekten der Auxiliareinheiten durchaus bewältigen. Der jeweilige Statthalter hatte wohl persönlich die endgültige probatio durchzuführen. Doch nicht immer herrschte Normalität im römischen Heer, wie z. B. ein Papyrus aus Ägypten, PSI 1063, zeigt. Nach diesem Dokument wurden am 3. September 117 den sechs centuriae der cohors I Augusta praetoria Lusitanorum equitata, die in Oberägypten stationiert war, tirones zugeteilt; sie kamen aus Asia, da sie Asiani 32 W. Eck – A. Pangerl, ZPE 163, 2008, 239 ff.; RGZM 38. 33 Dazu im Detail W. Eck – A. Pangerl, Beobachtungen zu den diplomata militaria für die Provinz Germania inferior, in Festschrift H. Hellenkemper, Kölner Jahrbuch (im Druck). 34 Plinius, ep. 10, 30. 35 Dazu umfassend R. W. Davies, Joining the Roman Army, in ders., Service in the Roman Army, hg. D. Breeze – V. MaxÀeld, Edinburgh 1989, 3 ff., bes. 11 ff.; H. M. Cotton, Documentary Letters of Recommendation in Latin from the Roman Empire, Meisenheim 1981. Interessant ist, dass nach einer Aussage im Archiv des Tiberianus solche Briefe allerdings nicht immer erfolgreich waren, siehe P. Mich. VIII 468, 38–41, jetzt bei S. Strassi, L·archivio di Claudius Tiberianus da Karanis, Berlin 2008, 21 und 24 mit Anm. 36. 36 Vgl. Davies, Joining the Roman Army (wie Anm. 35) 3 ff.

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genannt werden. Jede der sechs centuriae der Kohorte erhielt Rekruten, und zwar 20, 17, 20, 22, 24 und 23 Mann, also insgesamt 126 Rekruten, was bei einer Sollstärke der Kohorte von maximal 500 Soldaten 25 % Zugang ausmachte, also ein ganzes Viertel des Bestandes.37 Der normale Ergänzungsbedarf auf Grund von Tod oder Krankheit während der üblichen Dienstzeit und dem Ausscheiden nach 25 Jahren, belief sich, wie schon erwähnt, rechnerisch auf 4 %, also rund 20 Rekruten. Dieser Prozentsatz hat sicherlich in den einzelnen Jahren etwas variiert; doch 25 % Ersatz können durch die normale Schwankungsbreite nicht erklärt werden. Ein so hoher Bedarf könnte höchstens dann zustande gekommen sein, wenn der Einheitskommandeur über eine recht langen Zeitraum hinweg bewusst auf Ergänzung verzichtet hätte oder wenn er von der höheren Militärführung dazu angehalten worden wäre. Beides ist in der gegebenen Situation nicht so recht wahrscheinlich. Näher liegt der Gedanke, dass besondere Umstände zu einem solch hohen Ersatzbedarf geführt hatten. Dabei hilft wohl das Datum weiter. Die Rekruten wurden in Ägypten am 3. September 117 den centuriae zugeteilt, also kurz nach dem Tod Traians. Gerade in Ägypten aber war es in den Jahren zwischen 115 und 117 n. Chr. zu äußerst blutigen Kämpfen zwischen Teilen der jüdischen Bevölkerung der Provinz und den römischen Truppen gekommen. Bei diesen Kämpfen und den anschließenden Maßnahmen kam ein beträchtlicher Teil der jüdischen Bevölkerung um, doch auch die römischen Truppen sind von Verlusten nicht verschont geblieben, nicht anders als etwa auch in der westlich benachbarten Cyrenaica. Dann aber darf man wohl schließen, dass auch die cohors I Augusta praetoria Lusitanorum equitata in diesen Kämpfen deutliche Ausfälle erlitten hatte. Wenn diese Annahme zutrifft, dann sagt der Papyrus aber gleichzeitig, dass in diesem Fall die lokale Rekrutierung, soweit sie damals in Ägypten überhaupt praktiziert werden konnte, nicht mehr ausreichte. Vielmehr war man auf Rekruten von außerhalb der Provinz angewiesen. Diese werden Asiani genannt, was über das genaue Rekrutierungsgebiet zwar keine eindeutige Aussage zulässt. Denn Asiani könnte auf die Provinz Asia verweisen, ebenso aber auch auf den gesamten Raum der heutigen Türkei, der geographisch ebenfalls Asia genannt werden konnte, wie dies erstmals bei Strabo begegnet; dieser Raum aber war in verschiedene römische Provinzen aufgeteilt und organisiert.38 Wie auch immer: die Rekrutierung wurde auf jeden Fall außerhalb der Provinz vorgenommen und dabei müssen dann auch Teile der militärischen, vielleicht aber auch der zivilen Administration anderer Provinzen einbezogen worden sein. Im Fall dieser Kohorte aus Oberägypten konnte nur vermutet werden, dass massive Verluste im Krieg zu einer Rekrutierung in einem ferner gelegenen Teil des Imperium Romanum führte. Doch es gibt andere Zeugnisse, die dies weit klarer, detailreicher und konkreter zeigen. Diese Zeugnisse sind die römischen diplomata militaria. Dies sind Urkunden, die auf eine kaiserliche Konstitution zurückgehen, mit denen Soldaten, die keine römischen Bürger waren, nach 25 Dienstjahren, zumeist nach ihrer Entlassung das römische Bürgerrecht verliehen wurde. Da die Diplome üblicherweise an Leute ausgegeben wurden, die diese 25 oder mehr Dienst37 PSI IX 1063. 38 Strabo 2, 5, 24; 12, 1, 3; siehe E. Olshausen, NP 6, 514.

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jahre hinter sich hatten, sagen sie auch etwas über die Rekrutierung aus, die mindestens 25 Jahre früher erfolgt war. Diese Urkunden sind bisher für die Fragen der Rekrutierung nur in sehr beschränktem Maß, jedenfalls nicht systematisch herangezogen worden, was auch daran lag, dass ihre Zahl lange Zeit nicht besonders hoch gewesen war. Heute hat sich dies grundsätzlich geändert, da sich das Material gegenüber dem, was etwa in CIL XVI bis zum Jahr 1955 gesammelt ist, mehr als vervierfacht hat, was insbesondere durch den Fall des Eisernen Vorhangs und die allgemeine Zugänglichkeit von metal detectors verursacht wurde. Zur Zeit sind insgesamt weit über 900, vielleicht sogar bis zu 1000 Diplome bekannt, ein Teil davon ist noch unpubliziert.39 Für unsere Thematik lassen sich verschiedene Auffälligkeiten in diesem Material ausmachen, auf die im Folgenden eingegangen wird. Aussagekräftig für die Frage, wie die Rekrutierung durchgeführt wurde, sind dabei vor allem Fälle in diesem Material, in denen von einer kaiserlichen Konstitution mehrere Diplome oder in Einzelfällen sogar relativ viele Diplome bekannt geworden sind. Wenn man von einer normalen kontinuierlichen Rekrutierung in einer Provinz ausgeht, dann können 25 oder 26 Jahre später nicht allzu viele Veteranen aus einer Auxiliareinheit das Bürgerrechtsprivileg durch ein Diplom bestätigt erhalten haben. Denn statistisch konnten ohnehin maximal 4 % in jedem Jahr auf ihre Entlassung hoffen. Da aber nicht alle Rekruten eines Jahrgangs die Pensionsgrenze erreichten, weil sie aus irgendwelchen Gründen, durch Tod oder Krankheit, schon vorher ausgeschieden waren, gab es im Normfall weit weniger Veteranen und das heißt dann auch entsprechend weniger Diplome pro Jahr. Von diesen dann ausgegebenen Diplomen können wiederum nur analog wenige die Zeit überdauert haben. Wenn aber in einem Jahr aus einer Konstitution überdurchschnittlich viele Diplome bekannt sind, dann liegt mit einiger Wahrscheinlichkeit keine Normalsituation vor und man muss fragen, warum dies so ist, und was 25 oder 26 Jahre früher in bestimmten Militäreinheiten geschehen ist. Der bisher auffälligste Befund stammt aus dem Jahr 160. Am 7. Februar dieses Jahres wurde eine Konstitution des Antoninus Pius für Veteranen der classis Misenensis publiziert. Von diesem kaiserlichen Erlaß wusste man bis vor einigen Jahrzehnten nichts. Erst im Jahr 1968 wurde das erste Diplom aus diesem Bürgerrechtserlaß publiziert, ein Diplom, das in Paestum gefunden wurde, also nicht allzu weit vom Stationierungsort der Flotte von Misenum. Seitdem aber sind immer neue Diplome, die sich auf diese Konstitution beziehen, aufgetaucht, die sicher oder mit großer Wahrscheinlichkeit aus dem östlichen Balkanbereich stammen. Heute sind 39

Dies sind: 186 Exemplare in CIL XVI, 476 in den fünf Bänden der Roman Military Diplomas, 47 in der Publikation der Diplome des Römisch-Germanischen Zentralmuseums Mainz (einige dort publizierte waren schon vorher in RMD veröfffentlicht worden). In den Jahren 2004–2007 sind ferner noch mindestens 120 Diplome publiziert worden, weitere 120–140 mehr oder minder fragmentarische Diplome sind zudem noch unveröffentlicht, von deren Existenz man aber weiß. In den beiden in Anm. 14 und 15 angeführten Aufsätzen, werden fast 40 Diplome allein aus den mösischen Provinzen publiziert. Damit kommt man leicht auf eine Zahl von deutlich über 900 Dokumenten. Siehe dazu auch W. Eck, Militärdiplome als Inschriften der Stadt Rom, in: EpigraÀa 2006. Atti dell·XIV Rencontre sur l·épigraphie in onore di Silvio Panciera con altri contributi di colleghi, allievi e collaboratori, hg. M. L. Caldelli – G. L. Gregori – S. Orlandi, Rom 2008, 1121 ff.

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dies bereits 13 Exemplare. Die meisten sind überhaupt erst im Jahr 2006 publiziert worden. Folgende Liste läßt sich zusammenstellen: 1. RMD II 105 (Fundort: Paestum): C. Iulius Seuthi f. Bitho Philippop. ex Thr. et Marcia Acti Secunda ux. eius Italic. 2. RMD III 172 (wahrscheinlich gefunden in Bulgarien): [–––] 3. RMD IV 277 (Fundort unbekannt): P. Lucretius Prili f. Firmus Philippop. ex Thrac. 4. RMD V 425 (Fundort unbekannt): C. Iulius Epta[––– f. –––, Ni]copol[i ex Thracia.] 5. RMD V 426 (Fundort unbekannt): [––––] 6. RGZM 39 (wahrscheinlich aus dem östl. Balkan): C. Valerius Dineti f. Dento[– ––] et Scuris Dolentis Àl. ux. eius [–––]. 7. ZPE 155, 2006, 239 ff. (wahrscheinlich aus dem östl. Balkan): [ ––– f.] Tacitus Aug. Tr. ex Thrac., [et ––– ]e Àl. uxor eius, Thraiss., [et ––– f. eius et M]ucatralis f. eius [et ––– ]a Àl. eius 8. ZPE 155, 2006, 241 ff. (wahrscheinlich aus dem östl. Balkan): [ –––]lius/nius Amatoci f. M[––– Philip]popol. ex Thra[c., et ––– ?Pi]therotis Àl. T[hraiss., et – f. eius et] Aletana [Àl.? eius–––]. 9 ZPE 155, 2006, 243 f. (wahrscheinlich aus dem östl. Balkan): [–––]. 10. ZPE 155, 2006, 244 f, (wahrscheinlich aus dem östl. Balkan): [–––]. 11. ZPE 155, 2006, 245 f. (wahrscheinlich aus dem östl. Balkan): [–––]. 12. ZPE 163, 2007, 227 ff. (wahrscheinlich aus dem östl. Balkan): P. Aeli[us ––– f. –––] et Din[––– f./il.)] et Diep[–––]. 13. unpubliziert (wahrscheinlich aus dem östl. Balkan): M Ann[–]tio Bithi f. [–]lenti Philip. ex Thr. et Nisae Muzaceni f. ux. eius Thraissae. Von keiner Bürgerrechtskonstitution für Veteranen haben wir so viele Diplome, wie in diesem Fall. In der ganz überwiegenden Mehrheit der Fälle ist auch heute noch nur ein einziges Diplom erhalten, obwohl die Zahl der Konstitutionen, die durch zwei oder mehr Diplome bezeugt sind, mit der zunehmenden Dokumentenzahl deutlich zugenommen hat. Doch 13 Diplome sind exzeptionell. So läßt sich schon aus diesem Befund erschließen, dass hier besondere Umstände vorliegen müssen, damit überhaupt so viele Dokumente die Chance hatten zu überleben. Wie bei allen anderen Fällen von epigraphischer Überlieferung ist die Menge der bis heute erhaltenen Zeugnisse im Allgemeinen von der ursprünglichen Zahl abhängig. Je mehr Inschriften früher einmal vorhanden waren, desto größer ist die Chance, dass einige davon nicht zerstört wurden. Wie viele Prozent epigraphischer Zeugnisse jeweils überlebt haben, läßt sich nicht in einem generell zutreffenden Maße bestimmen.40 Im Fall der Diplome aber kann man zumindest einige Male für die frühen Jahre Vespasians zeigen, dass zwischen 0, 16 und maximal 1 % aller Diplome, die einst ausgegeben wurden, bis heute überlebt haben und uns bekannt geworden sind.41 40 Siehe dazu zuletzt W. Eck, Befund und Realität. Zur Repräsentativität unserer epigraphischen Quellen in der römischen Kaiserzeit, Chiron 37, 2007, 49 ff. 41 W. Eck, Der Kaiser als Herr des Heeres. Militärdiplome und kaiserliche Reichsregierung, in Documenting the Roman Army, hg. J. Wilkes, London 2003, 55 ff.

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Wendet man diese Relation auf die Diplome vom 7. Februar 160 an, dann müssen damals mehrere Tausend solcher Dokumente an Veteranen ausgegeben worden sein. Bei 0,5 % Überlebenschance sollten es weit mehr als 2000 gewesen sein; selbst wenn man den Prozentsatz auf 1 % erhöht, müsste man immer noch mit mehr als 1000 Diplomen rechnen. Da wohl nur gut die Hälfte aller Rekruten auch ihr „Pensionsalter“ erreichten, müssten 26 Jahre früher – so lange dauert der Dienst der Flottensoldaten – in etwa die doppelte Anzahl von Rekruten in die classis Misenenis aufgenommen worden sein müssen, also grob kalkuliert zwischen mindestens 2000 und 4000. Tatsächlich ist die Gesamtstärke der Flotten in Italien unbekannt; ob man wesentlich mehr als 5000 Flottensoldaten in Misenum postulieren darf, ist unsicher. Doch selbst wenn deren Zahl deutlich höher war, ist es klar, dass in den Jahren 133/134 ganz plötzlich ein großer oder sehr großer Teil der Mannschaft nicht mehr in dieser Flotte gedient hat und ein außergewöhnlicher Ersatzbedarf an Rekruten aufgetreten ist. Dass dies mit einer normalen jährlichen Ergänzung der Einheit nichts zu tun haben kann, ist unmittelbar einleuchtend. Durch einen Zufall der Überlieferung braucht man keine großen Überlegungen anzustellen, was zu diesem hohen Rekrutenbedarf geführt hat. Denn ein Papyrus, der im Fayum gefunden, aber in Caesarea Maritima in der Provinz Syria Palaestina geschrieben wurde, gibt die Erklärung. Er enthält ein Schreiben, das von Veteranen der in Jerusalem stationierten legio X Fretensis abgefasst worden war. Sie bitten den Statthalter der Provinz Syria Palaestina, wie Iudaea seit dem Ende des Bar Kochba Aufstandes hieß, um ein Dokument, das ihnen ihren Veteranenstatus bescheinigt. Denn die 22 Veteranen, die für das Schreiben verantwortlich waren, wollten am Ende ihrer Dienstzeit nach Ägypten zurückkehren, woher sie stammen. Dabei erwähnen sie Folgendes:42 Cum militaverimus, domine, in classe praetoria Misenensis (!) et ex indulgentia divi Hadriani in leg(ionem) Fr(etensem) translatis [a(nnos)] super XX omnia nobis uti bonis militibus constituerint….= „Da wir, Herr, aus der prätorischen Flotte von Misenum, in der wir gedient haben, durch die Gunst des vergöttlichten Hadrian in die legio X Fretensis versetzt worden sind und mehr als zwanzig Jahre alles geleistet haben, wie es sich für gute Soldaten geziemt, bitten wir….“ (der Rest des Schreibens ist hier nicht mehr relevant). Daraus ergibt sich, dass diese Legionsveteranen ursprünglich in der classis Misenensis gedient hatten, dann aber durch Hadrian aus der Flotte in die in Iudaea stationierte legio X Fretensis, also die in Jerusalem stationierte Legion, versetzt worden waren. Da die Soldaten der Flotte keine römischen Bürger waren, muß ihnen vor dem Transfer noch das römische Bürgerrecht verliehen worden sein. Eine solche außergewöhnliche Maßnahme erfolgte ohne Zweifel nur in einer Notsituation. Eine solche aber trat in hadrianischer Zeit in Iudaea nur im Jahr 132/133 zu Beginn der Rebellion des Bar Kochba auf, als die plötzliche Erhebung eines Teils der jüdischen Bevölkerung die römischen Truppen in der Provinz völlig überrascht hat. Fronto, der Lehrer Marc Aurels, verweist in seinem Werk über den Partherkrieg auf die möglichen Niederlagen und Verluste, die im Krieg eintreten können. Um 42 Corpus Papyrorum Latinorum Nr. 117.

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seinen Worten mehr Gewicht zu verleihen, erwähnt er Vorfahren der kaiserlichen Familie, die mit solchen Wechselfällen konfrontiert wurden. Dabei erwähnt er auch Hadrian: avo vestro Hadriano imperium obtinente quantum militum a Iudaeis, quantum a Britannis caesum? = „Wie viele Soldaten wurden, als Hadrian dein Großvater herrschte, von den Juden vernichtet, wie viele von den Britanniern?“43

Dass somit in der Armee in Iudaea massive Verluste eingetreten sind, kann nicht strittig sein. In der Situation eines massiven Aufstandes war es aber dann nötig, schnell die dezimierten Truppen der Provinz aufzufüllen, und zwar so, dass die neuen Soldaten der Legion mehr oder weniger sofort zur Verfügung standen. Freiwillige in dieser Situation innerhalb der Provinz anzuwerben, verbot sich aus verschiedenen Gründen, vermutlich hätte man sie auch nicht bekommen. Denn wer stellte sich schon freiwillig zum Dienst im Heer, wenn man von den Massenverlusten der römischen Truppen gehört hatte? Vielleicht war damals sogar eine ganze Legion, die legio XXII Deiotariana, von den Aufständischen vernichtet worden. Eine Rekrutierung in anderen Provinzen, wie etwa im Fall der Kohorte in Oberägypten, hätte aber viel zu lange gedauert und vor allem hätten diese jungen Soldaten erst noch entsprechend gedrillt werden müssen. Wenn ein größerer Teil einer gesamten Legion auf diese Weise erst wieder auf seine normale Stärke gebracht werden musste, war die Einheit über längere Zeit nicht einsatzfähig, was man sich aber in einer Kriegssituation gar nicht leisten konnte. Deshalb griffen Hadrian und seine Berater in der Notsituation des Jahres 132/33 auf die Flottensoldaten von Misenum zurück, die alle bereits eine militärische Ausbildung hinter sich hatten, da sie, wie man aus dem Antrag an den Stattalter von Syria Palaestina vom Jahr 150 schließen darf, wohl um 125 n. Chr. rekrutiert worden waren.44 Man gliederte also unmittelbar einsetzbare Soldaten der Flotte in die X Fretensis ein; ob dabei alle 2000 oder sogar bis zu 4000 Mann, die damals die Flotte verließen, nur in diese eine Legion kamen, läßt sich nicht sagen. Auch andere Legionseinheiten könnten mit Flottensoldaten aufgefüllt worden sein. Man konnte die Flotte in dieser massiven Form eines großen Teils ihrer Mannschaft berauben, weil sie im Allgemeinen nicht so sehr als unmittelbares Kriegsinstrument angesehen wurde und jedenfalls damals nicht in Kriegshandlungen verwickelt war. Somit war es möglich, die riesigen Lücken, die auf diesem Weg im Mannschaftsbestand der Flotte entstanden waren, ganz anders, als bei den Einheiten in Iudaea nötig war, unter geringerem Zeitdruck aufzufüllen und die Rekruten entsprechend auszubilden. Wenn die Diplome einen zutreffenden Eindruck geben, dann müssen also in den Jahren 133/34 mehrere Tausend neue Soldaten für die Flotte rekrutiert worden sein, davon die überwiegende Mehrheit, wenn nicht sogar alle im Gebiet der Thraker. Denn fast alle heute bekannten Diplome stammen sicher oder wahrscheinlich 43 Fronto, de bello Parthico 2 (van den Hout p. 221 [Teubner 1988]). 44 Vermutlich mußten diese Soldaten nach ihrer Versetzung in die Legion die normale Dienstzeit von Legionären absolvieren. Bei Entlassung im Jahr 150 nach 25 Jahren wären sie 125 n. Chr. rekrutiert worden.

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aus dem östlichen Balkanbereich, d. h. die Empfänger müssen nach ihrer Entlassung wieder dorthin zurückgekehrt sein, wo heute ihre Diplome gefunden wurden. In nicht wenigen Fällen steht in den Diplomen, dass es sich um Thraker gehandelt hat; nicht wenige der Veteranen hatten sogar eine Frau aus dieser Region geheiratet. Aber auch bei den Diplomempfängern, für die keine Herkunftsangabe im Text der Urkunde erhalten ist, darf man aber mit größter Wahrscheinlichkeit schließen, dass das thrakische Siedlungsgebiet ihre Heimat war. Denn weshalb sollte sonst ein Veteran, der in Italien in der Flotte gedient hatte, nach 25 Jahren nach Thrakien gehen? Das macht nur Sinn, wenn er in seine Heimat zurückkehrte.45 Der einzige Veteran des Jahrgangs 160 n. Chr. aus der Flotte von Misenum, dessen Diplom nicht im Osten der Balkanhalbinsel, sondern in Paestum gefunden wurde, war ein Thraker aus Philippopolis in Thrakien; doch er hat eine Marcia Actie Secunda geheiratet, die als Italic(a) bezeichnet wird. Sie war wohl der Grund dafür, dass er nicht in seine Heimat zurückkehrte.46 Dass hier eine massenhafte Rekrutierung stattgefunden haben muß, kann nicht strittig sein. Doch wie wurden die Rekruten gefunden? Handelte es sich um die Anwerbung von Freiwilligen oder wurde hier ein dilectus durchgeführt? Schon die große Zahl spricht mehr für einen dilectus; denn beim Bedarf von mehreren Tausenden von jungen Leuten, ist es nicht so wahrscheinlich, dass sich in kurzer Zeit genügend Leute anwerben ließen – zumal allen klar war, dass man weit von der Heimat entfernt würde dienen müssen. Das aber war generell weniger beliebt. Wichtiger aber ist, dass wir im Zusammenhang des Bar Kochba Krieges auch anderswo von Aushebungen wissen, und sogar von ganz außergewöhnlichen. Denn das Kernland des gesamten Imperiums, Italien, wurde in hadrianischer Zeit üblicherweise nicht mehr als Rekrutierungsgebiet betrachtet. Doch gerade in den Jahren um 133 wurden mindestens zwei Senatoren von Hadrian beauftragt, in Italien einen dilectus durchzuführen: Voconius Saxa in den Regionen, die von der via Tiburtina durchzogen wurden,47 T. Caesernius Statianus Memmius Macrinus aber in der Transpadana.48 Wenn man damals selbst auf Italien für Zwangsrekrutierung zurückgreifen mußte, was ja der Terminus dilectus besagt, dann hat man in den Provinzen erst recht nicht die langwierigere Prozedur der Freiwilligenwerbung verwandt, sondern den Gemeinden die Stellung einer bestimmten Zahl von Rekruten befohlen. Denn die PÁicht zum Dienst in der römischen Armee war, wie Peter Brunt zu Recht betont hat, nie aufgehoben worden, weder für römische Bürger, noch für Peregrine.49 Wie freilich dieser dilectus in den Provinzen Thracia und vielleicht auch Moesia inferior durchgeführt wurde, ist nicht völlig klar. Auf jeden Fall muß 45 Zum gesamten Vorgang siehe ausführlich W. Eck, Rom herausfordern: Bar Kochba im Kampf gegen das Imperium Romanum. Das Bild des Bar Kochba-Aufstandes im Spiegel der neuen epigraphischen Überlieferung, Rom 2007, 33 ff. 46 RMD II 105. 47 SEG 31, 1300 = S. ûahin, Die Inschriften von Perge, Bonn 1999, Nr. 154. 48 Dessau 1068 (Aquileia). 49 P. Brunt, Conscription and Volunteering in the Roman Imperial Army, in Roman Imperial Themes, Oxford 1990, 188 ff.; vgl. auch G. R. Watson, Conscription and Voluntary Enlistment in the Roman Army, Proc. African Classical Ass. 16, 1982, 46 ff.

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Werner Eck

in diesem Fall der Befehl zur Aushebung direkt vom Kaiser oder von Leuten gekommen sein, die seinen Befehl weitergaben. Denn es ist ausgeschlossen, dass der ritterliche praefectus classis Misenensis unmittelbar in den genannten Provinzen durch seine OfÀziere tätig werden konnte, nachdem ihm umgekehrt eine kaiserliche Anordnung den Großteil seiner Mannschaft entzogen hatte. Der Bar Kochba Krieg läßt noch weitere Einsichten für die Rekrutierung zu. Aus dem Jahr 157 und 158 ist uns je eine kaiserliche Bürgerrechtskonstitution bekannt, die sich auf die Truppen von Syria Palaestina bezieht; bezeugt sind die beiden Konstitutionen durch drei Diplome, die sämtlich Veteranen der ala VII Phrygum als Empfänger der civitas Romana nennen.50 Diese ala hatte bereits an der Niederschlagung des Aufstandes zwischen 132 und 136 teilgenommen. Wenn nur ein einzelnes Diplome bezeugen würde, dass 25 Jahre früher Rekruten in diese Einheit aufgenommen wurden, dann wäre das nichts Außergewöhnliches. Da es aber drei Diplome aus den Jahren 157 und 158 sind, die ausschließlich für diese Einheit bestimmt waren und uns noch erhalten sind, wäre es sehr seltsam, wenn diese relative Massierung von Diplomen für nur eine einzige Einheit nicht auf eine entsprechende massive Rekrutierung 25 Jahre früher, also 132 und 133, verweisen würde, die ihrerseits durch besonders hohe Ausfälle in dieser Reitereinheit bedingt gewesen wäre. Es war also offensichtlich ein zahlenmäßig hoher Ersatz nötig geworden, nichts anders als bei der legio X Fretensis. Auch im Fall der ala VII Phrygum kann man wiederum feststellen, dass die Rekruten nicht aus der Einsatzprovinz, in der gekämpft wurde, kamen. Alle drei Soldaten stammten ihrem Namen nach aus dem thrakischen Siedlungsgebiet, nicht anders als die Rekruten der classis Misenensis im Jahr 133/4. Wenige Jahre später kann man Vergleichbares beobachten, nochmals im Konnex mit dem Bar Kochba Aufstand. Seit 1993 sind vier Diplome bekannt geworden, die ebenfalls das Heer von Syria Palaestina betreffen. Die Konstitution wurde am 7. März 160 in Rom veröffentlicht. Die Diplome wurden für folgende Veteranen ausgestellt: 51 Serpodius Epaphrae Àlius aus Telmessus in Lycia, Soldat in der ala Antiana Gallorum et Thracum sagittaria. Muta Mutetis Àlius aus Aspendus in Pamphylien, Soldat in der cohors I Damascenorum Armeniaca. Vaxades Vaxadi Àlius aus Suedra in Pamphylien, Soldat in der cohors I Sebastenorum milliaria. Galata Talae Àlius aus Sagalassus in Pisidien, Soldat in der cohors VI Petreorum. Die Soldaten dienten in verschiedenen Einheiten der Provinz, doch das Wichtige in unserem Kontext sind ihre Herkunftsorte. Sie liegen alle in der Provinz Lycia-Pamphylia. Wenn sie im Jahr 160 nach 25 Jahren Dienst entlassen wurden, dann hatten sie im Jahr 135 ihren Dienst aufgenommen. Da sie alle aus einem eng umschriebenen 50 RMD V 421; W. Eck – A. Pangerl, Eine Konstitution für die Truppen von Syria Palaestina aus dem Jahr 158, ZPE 157, 2006, 185 ff.; dies., Eine Konstitution für die Hilfstruppen von Syria Palaestina vom 6. Febr. 158 n. Chr., ZPE 159, 2007, 283 ff. 51 RMD III 173; RGZM 41; Eck-Pangerl, SCI 24, 2005, 101 ff.; das vierte Diplom liegt im HechtMuseum in Haifa und wird in Kürze von H. M. Cotton und W. Eck publiziert werden.

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Gebiet stammen, darf man auf eine spezielle Rekrutierungsmission in der Provinz Lycia-Pamphylia schließen. Auch in diesem Fall muß wohl ein spezieller Auftrag der kaiserlichen Zentrale vorgelegen haben, wo diese Rekrutierungen stattÀnden sollten. Und auch in diesem Fall darf man mit einem organisierten dilectus rechnen. Ein letzter Fall, wiederum im Kontext des Bar Kochba Aufstandes, liegt kaum wesentlich anders. Vom 21 Juni 159 n. Chr. liegen uns fünf Diplome für Truppen der Provinz Pannonia superior vor.52 Beleg

Einheit

RMD V 422

ala I Thracum Victrix

RMD V 423

ala I Thracum Victrix

RMD V 424

ala I Thracum Victrix

REMA 1, 2004, Nr. II.2

ala I Thracum Victrix

REMA 1, 2004, Nr. II.3

?

Das sind deutlich mehr Diplome, als wir üblicherweise aus einer Konstitution erwarten dürfen. Das weit Auffallendere daran ist jedoch, dass vier dieser Diplome an Veteranen der ala I Thracum Victrix ausgegeben wurden; beim fünften Diplom sind die Namen des Empfängers und seiner Einheit nicht erhalten. 25 Jahre früher, also im Jahr 134 n. Chr., sind somit in diese ala sehr zahlreiche Rekruten aufgenommen worden. Wenn man die erschlossene Ratio zwischen erhaltenen und früher ausgegebenen Diplomen hier anwenden darf, müssten im Jahr 134 mehrere Hundert Rekruten für diese ala gemustert worden sein. Daß in Pannonien damals kriegerische Ereignisse zu hohen Verlusten bei der ala I Thracum geführt hätten, ist nicht bezeugt, auch nicht sehr wahrscheinlich. Andererseits ist bekannt, dass Vexillationen aus Pannonien an den Kämpfen gegen Bar Kochba in Iudaea teilgenommen haben. Ein Sex. Attius Senecio, tribunus militum der legio X Gemina, die in Pannonia superior stand, war von Hadrian in expeditione Iudaica ad vexilla[tiones ducendas…] abgeordnet worden.53 Legionen gingen aber kaum alleine in einen solchen Kriegseinsatz; sie wurden auch von Hilfstruppen begleitet. Damit liegt es durchaus nahe, dass die Reitertruppe oder zumindest ein größerer Teil von ihr zu den Einheiten gehörte, die nach Iudaea gesandt wurden. Wenn sie dort hohe Verluste erlitt, wurden diese offensichtlich wiederum durch Rekruten aus Thrakien ersetzt; denn zumindest die Namen von drei der Diplomempfänger des Jahres 159 sind thrakisch. In diesem Fall könnte man vermuten, dass die Truppe wegen ihrer schweren Verluste nach Pannonien zurückkehrte, um dort ergänzt zu werden. Allerdings könnte man die ‚Verluste¶ der Einheit auch anders erklären, nämlich ähnlich wie bei der Flotte in Misenum. Denn warum sollte nicht ein Großteil der Reiter der ala als schon trainierter Ersatz für große Verluste anderer Einheiten nach Iudaea gesandt worden sein, während man in Pannonien die entstandenen Lücken in Ruhe wieder schließen konnte? Damit kann man also für die Truppen in drei verschiedenen Regionen: Italien, Syria Palaestina und Pannonien, zeigen, dass im Zusammenhang des Bar Kochba 52 RMD V 422. 423. 424; W. Eck –A. Pangerl, REMA 1, 2004, 80 ff. 53 CIL VI 3505; vgl. W. Eck, JRS 89, 1999, 81 Anm. 40.

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Werner Eck

Krieges die notwendigen Rekruten aus Thrakien geholt wurden, nicht aber aus der direkten oder näheren Gegend des Standorts der jeweiligen Einheiten.54 In allen drei Fällen scheint es sich um solch umfangreiche Rekrutierungen gehandelt zu haben, dass reine Freiwilligenwerbung fast ausgeschlossen ist, zumal sie alle in recht kurzer Zeit hintereinander erfolgten; vielmehr darf man, gerade in Verbindung mit dem, was für Italien in dieser Zeit bekannt ist, einen dilectus, eine Zwangsaushebung voraussetzen. All das aber bedeutet eine weit umfassendere Organisation, die in einem Zusammenspiel zwischen dem Oberkommandeur der zu ergänzenden Einheiten, also dem jeweiligen Provinzstatthalter, der kaiserlichen Zentrale in Rom und dem Statthalter der Provinz, in der die Rekrutierung stattfand, abgelaufen ist. Dabei dürften im Allgemeinen OfÀziere der aufnehmenden Provinz beteiligt gewesen sein wie im Fall eines Iulius Iulianus, eines tribunus numeri Syrorum Malvensium, der (mille) iuniores Bessos, also tausend junge Besser, aus Thrakien in die Mauretania Tingitana geführt hat.55 Er dürfte also keine so große Ausnahme gewesen sein, wie man vielleicht zunächst aus dem Text erschließen möchte. Wie im Zusammenhang des Bar Kochba Aufstandes massive Aushebungen von Rekruten notwendig wurden, so kann man das auch für vergleichbare Situationen voraussetzen und auch nachweisen. Zwei weitere Beispiele, die wiederum aus den Diplomen erschlossen werden können, mögen dies unterstreichen. Für den 7. Nov. des Jahres 88 kennen wir seit einiger Zeit zahlreiche Diplome, die auf zwei am selben Tag erlassene Parallelkonstitutionen für das Heer Syriens zurückgehen: Beleg

Einheit

Konstitution

Herkunft

CIL XVI 35

coh. Musulamiorum

1. Konst.

Bessus

Weiß, Chiron 2007, 252 f.



1. Konst.



Weiß, Chiron 2007, 253 f.



1. Konst.



RMD I 3

ala Phrygum

2. Konst.

Pannonius

RMD V 329

ala praet. singularium

2. Konst.

Thrax

RMD V 330

ala praet. singularium

2. Konst.

Thrax

RMD V 331

ala praet. singularium

2. Konst.

Thrax

Es sind insgesamt sieben Diplome, drei aus der einen, vier aus der anderen Konstitution. Warum man die Truppen auf zwei Konstitutionen verteilte, ist nicht klar. Vielleicht waren es Gründe, die durch die innere Organisation des syrischen Heeres bedingt waren. Wichtig ist zum einen, dass zum selben Zeitpunkt offensichtlich 54 Vermutlich waren auch die Auxiliareinheiten anderer Provinzen von den Folgen des Aufstandes betroffen. So sind von einer Konstitution für die Truppen von Raetia vom 28. Sept. 157 vier Diplome bekannt (RGZM 38; RMD II 104; III 170; IV 275). Möglicherweise ist hier ein Transfer von Soldaten aus dem rätischen Heer in Einheiten in Iudaea zu greifen; die rätischen hätten sodann wieder aufgefüllt werden müssen. 55 CIL VIII 9382 = Dessau 2763 = M.-P. Speidel, A Thousand Thracian Recruits for Mauretania Tingitana, in ders., Roman Army Studies vol. one, Amsterdam 1984, 341 ff.

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zahlreiche Diplome ausgegeben wurden, sicher mehrere hundert; zum andern gehören drei der Diplome Soldaten aus der ala praetoria singularium, in der also, wenn die Überlieferung wie im Fall der ala VII Phrygum (siehe oben) ein Spiegel der ehemaligen Realität war, im Jahr 88 besonders viele Soldaten 25 Dienstjahre absolviert hatten. Das aber heißt dann auch, dass 25 Jahre früher offensichtlich eine massive Einstellung von Rekruten speziell in diese Einheit erfolgt war. Wenige Jahre später, im Jahr 91 (12. Mai), kann man für das syrische Heer nochmals dasselbe Phänomen beobachten: Beleg

Einheit

Konstitution

Herkunft

RMD I 4

ala III Thracum

1. Konst.

Thrax

Eck-Pangerl, Chiron 2007, 206 ff.

coh. I Thracum mill.

1. Konst.

Thrax

RMD I 5

ala veterana Gallica

2. Konst.

Scaenus

Eck-Pangerl, Chiron 2007, 215 ff.

ala veterana Gallica

2. Konst.

Thrax

Eck-Pangerl, Chiron 2007, 219 ff.

ala veterana Gallica

2. Konst.

Thrax(?)

RMD IV 214 = RGZM 6

coh. [–––] Thracum

2. Konst.



Eck-Pangerl, SCI 2005,108 ff.



2. Konst.



Weiß, Chiron 2007, 253 ff.



2. Konst.



Eck-Pangerl, SCI 2005, 110 ff. (?)



2. Konst.



Auch hier wurden wieder zwei Konstitutionen ausgestellt, von denen insgesamt 8 oder 9 Diplome bis jetzt bekannt sind, zwei aus der einen, sechs oder sieben aus der anderen. Auch ist zu sehen, dass wieder eine Einheit mit mehreren Diplomen vertreten ist, die ala veterana Gallica mit drei Diplomen. Die Rekrutierung müsste 25 Jahre früher, also spätestens im Frühjahr 66 erfolgt sein. Daß dies im Kontext der Kriege im Osten unter Nero gesehen werden muß, war frühzeitig aufgefallen. Peter Weiß aber hat sehr klar gezeigt, dass es sich hier nicht um Ergänzungen des syrischen Heeres während der Kampfphase, sondern jeweils nach Ende der Kämpfe gehandelt hat.56 Davon hat auch Tacitus berichtet.57 Es galt die Truppen nicht während des Einsatzes, sondern in der Etappe wieder aufzufrischen. Nicht anders als in den Jahren unter Hadrian hat damals der gesamte Balkanbereich Truppen nach dem Osten abgeben müssen, zum einen durch die Verlegung von Legionen, zum andern durch die Ergänzung des Mannschaftsbestandes der Auxilien, wofür vor allem in den thrakischen Siedlungsgebieten rekrutiert wurde, wie die Namen und die Herkunftsangaben der Soldaten zeigen: Fast alle werden als Thraker bzw. Besser gekennzeichnet.

56 P. Weiß, Die Auxilien des syrischen Heeres von Domitian bis Antoninus Pius. Eine Zwischenbilanz nach den neuen Militärdiplomen, Chiron 36, 2006, 249 ff.; vgl. auch M. Heil, Die orientalische Außenpolitik des Kaisers Nero, München 1997, 117 ff., 159 ff. 57 Tac., ann. 15, 26.

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Doch nicht alle umfangreichen Rekrutierungen müssen durch kriegerische Ereignisse und ihre Folgen bedingt sein. Folgende Beobachtung zu einer Konstitution vom 23. April 157 für die Hilfstruppen in Moesia superior kann dies zeigen:58 Beleg58

Einheit

Herkunft

RMD V 418

I Antioch.

östl. Provinz

RMD V 419

?

RGZM 37

III Britt. vet.

Laodicea

Eck-MacDonald-Pangerl, ZPE 165, 2008, 237 ff.

?



Weiß, Chiron 2008, Diplom Nr. 6

I Antioch.

östl. Provinz

Eck-Pangerl, Chiron 2008, Nr. II 14

?



Eck-Pangerl, Chiron 2008, Nr. II 15

?



Eck-Pangerl, Chiron 2008, Nr. II 16

?



Eck-Pangerl, Chiron 2008, Nr. II 17

II Gall. Maced.



Insgesamt neun Diplome sind aus der Konstitution bekannt, die am 23. April 157 in Rom veröffentlicht wurde; für vier ist auch die Einheit des Empfängers bezeugt; es sind drei verschiedene Einheiten; bei den fünf anderen Diplomen fehlt der Name der Reitereinheit oder Kohorte. Die Veteranen, die 157 das Bürgerrecht mit den Diplomen attestiert erhielten, waren vermutlich im Jahr 132 rekrutiert worden. Da das Auxiliarheer von Moesia superior nach allem, was wir wissen, zwei Alen und zehn Kohorten, also insgesamt rund 6000 Mann umfasste, wären rein rechnerisch pro Jahr rund 240 Veteranen entlassen und entsprechend viele Diplome ausgestellt worden. Weil jedoch durchschnittlich kaum mehr als 50–60 % eines Rekrutenjahrgangs das Ende der Dienstzeit lebend erreichte, wurden kaum mehr als 120–140 Soldaten entlassen und entsprechend viele Diplome gebraucht. Neun Diplome aus einer Konstitution aber lassen auf bedeutend mehr Veteranen in diesem Jahr schließen. Von irgendwelchen kriegerischen Verwicklungen im Donauraum, die um das Jahr 132 zu besonders hohen Verlusten bei den Hilfstruppen und damit zu einem überdurchschnittlichen Rekrutierungsbedarf geführt hätten, ist nichts bekannt. Somit ist zu fragen, was die Ursache dafür war, dass damals in Moesia superior offensichtlich wesentlich mehr Rekruten in die Einheiten aufgenommen wurden, als dies unter normalen Umständen erwartet werden darf. Man könnte wiederum an den Aufstand des Bar Kochba denken;59 doch die großen Kampfhandlungen in Iudaea 58 Es ist auffällig, dass in allen Fällen, in denen sich ein Diplom aus dieser Konstitution nachweisen lässt, lediglich tabellae I erhalten geblieben sind, abgesehen von RGZM 37, von dem beide tabellae überlebt haben. Zu fragen ist, ob dies Zufall ist oder ob dafür nicht besondere Umstände verantwortlich sind. Es scheint sich um ein generelles Phänomen zu handeln; denn bei einem Vergleich aller bis RMD V publizierten Diplome (siehe RMD V p. 681 ff.) ergibt sich eine Relation von 408 tabellae I und 118 tabellae II (ausgenommen die Fälle, in denen beide Tafeln erhalten sind). Das damit dokumentierte Problem muß an anderer Stelle diskutiert werden. 59 Siehe oben zu Anm. 45 ff.

105

Friedenssicherung und Krieg

begannen nach unseren sonstigen Quellen erst in der zweiten Jahreshälfte. Da die Konstitution bereits am 23. April 157 in Rom publiziert wurde, müssten die Veteranen dieses Jahres schon in der ersten Hälfte 132 in das Heer eingetreten sein, vorausgesetzt, man hatte sie nicht vor dem Ende der 25-jährigen Dienstzeit entlassen. Zu einer solchen Annahme besteht aber keinerlei Grund. Somit ist das Geschehen in Iudaea kaum der Auslösefaktor für die massenhafte Rekrutierung. Das einzige Geschehen, das denkbar wäre, ist der geplante Besuch Hadrians in den Donauprovinzen im Jahr 132.60 Ein solcher Besuch wurde natürlich lange vorher angekündigt, so dass die Statthalter sich darauf einstellen und alles vorbereiten konnten. Die verantwortlichen Kommandeure der Truppen wussten selbstverständlich alle, dass Hadrian sich penibel gerade auch mit den Heereseinheiten befasste, wie nicht zuletzt die epigraphischen Dokumente während seines Besuches in Africa bei der legio III Augusta zeigen.61 Eine Unterausstattung der Alen und Kohorten mit Soldaten hätte der Kaiser mit Sicherheit gerügt. So wäre es vorstellbar, dass nach einer Periode der Nachlässigkeit bei der Ergänzung des Heeres in Obermösien der angekündigte Besuch Hadrians dazu geführt haben könnte, dass der damalige kaiserliche Legat eine umfassende Rekrutierung veranlasst hatte, die dann ihren Niederschlag in einer entsprechenden Entlassungs- und Privilegierungswelle 25 Jahre später gefunden hätte. Dies wäre eine Möglichkeit, den Befund zu erklären; doch sicher kann sie nicht sein.62 Zu viele uns unbekannte Gründe können zusammengewirkt haben, die zu dem uns vorliegenden Ergebnis: neun Diplome aus einer einzigen Konstitution des Jahres 157, geführt haben.63 Das zeigt eine weitere Konstitution für das Heer von Mauretania Tingitana vom 26. Okt. 153, für die eine Erklärung wie hier für Moesia superior vermutet worden war, die jedoch nicht haltbar ist. Folgender Befund ist zu erklären: Beleg

Einheit

Herkunft

1

RGZM 34

ala I Aug. Gallorum

Dacus

2

RMD V 411

ala I Aug. Gallorum

thrak. Name?

3

ZPE 153, 2005, 197 f.

ala I Aug. Gallorum

Dacus

4

Eck – Pangerl, ZPE 162, 2007, 235

ala I Aug. Gallorum

thrak. Name

5

RMD V 409





60 Siehe H. Halfmann, Itinera principum. Geschichte und Typologie der Kaiserreisen im Römischen Reich, Stuttgart 1986, 194. 61 Les discours d·Hadrien à l·armée d·Afrique. Exercitatio, hg. Y. Le Bohec, Paris 2003, 79 ff. Zur Qualität Hadrians als ‚Inspekteur¶ des Heeres siehe R. W. Davies, Fronto, Hadrian and the Roman Army, Latomus 27, 1968, 75 ff. = in ders., Service in the Roman Army (wie Anm. 35) 71 ff. 62 Vgl. den Erklärungsversuch für die zahlreichen Diplome für die Truppen von Mauretania Tingitana im Jahr 153: W. Eck, – A. Pangerl, Weitere Militärdiplome für die mauretanischen Provinzen, ZPE 162, 2007, 235 ff., bes. 246 mit Verweis auf ZPE 153, 2005, 203 ff. 63 Auffällig ist in der obigen Tabelle, dass die drei Soldaten, deren Herkunft bekannt ist, aus Provinzen des Ostens stammten, nicht etwa aus dem Donauraum, wie man erwarten könnte. Zweimal ist dabei die cohors I Antiochensium genannt, die aber seit Áavischer Zeit in Moesia superior stand. Ob dies auf Rekrutierung aus der ehemaligen Herkunftsregion hinweist?

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Werner Eck

Beleg

Einheit

Herkunft

6

RMD V 410 = ZPE 153, 2005, 200 ff. = P. Weiß, ZPE 162, 2007, 255 f.





7

Weiß, ZPE 162, 2007, 250 ff.

(nicht ala I Gall.)

Moesus

8

Weiß, ZPE 162, 2007, 254 f.





Sieben oder acht Diplome sind aus dieser Konstitution erhalten, rechnet man 25 Jahre zum Zeitpunkt der Rekrutierung zurück, kommt man ins Jahr 128. Gerade in diesem Jahr aber besuchte Hadrian die Truppen im späteren Numidien. So lag es nahe, eine Erklärung wie für Obermösien zu vermuten.64 Doch das ist nicht sehr wahrscheinlich, nachdem durch weitere Diplomfunde deutlich wurde, dass vier der insgesamt neun Diplome für eine einzige Einheit ausgestellt wurden, für die ala I Augusta Gallorum c. R. (oben Nr. 1–4). Bei den vier anderen Diplomen ist die Einheit, aus der der Veteran stammt, nicht bekannt (oben Nr. 5. 6. 8), nur bei einem einzigen Diplom (oben Nr. 7) ergibt es sich aus dem Text, dass die Privilegierung einen Veteranen aus einer anderen Einheit betraf.65 Wenn aber heute noch vier Diplome für die ala I Augusta Gallorum erhalten sind,66 müssen ursprünglich, wenn man mit einer normalen Überlieferungsrelation rechnen darf, weit mehr als hundert Diplome ausgegeben worden sein. Die Rekrutierung 25 Jahre früher aber war dann noch weit umfangreicher gewesen, da viele Soldaten den langen Dienst nicht überlebten, für die aber auch keine Diplome ausgegeben wurden. Dann aber müsste der Bestand im Jahr 128 auf weit unter die Hälfte des Normalen abgesunken gewesen sein. Solch große Lücken aber konnten auf normalem Weg in einer Einheit nicht entstehen. Deshalb muss man zumindest für diese ala I Augusta Gallorum mit einer besonderen Ursache rechnen, die dazu führte, dass im Jahr 128 so viele Rekruten benötigt wurden. Worin diese Ursache bestand, lässt sich allerdings nicht klären. Doch wäre es z. B. nicht unmöglich, dass im Lager nur dieser Einheit in dieser Zeit eine seuchenartige Krankheit ausgebrochen war, der ein größerer Teil der Soldaten zum Opfer Àel. Doch auch ein einzelner Überfall durch Nomaden wäre denkbar, bei dem viele Reiter gefallen waren. Jedenfalls spricht viel dafür, einen besonderen Grund für diese ala anzunehmen, der aber nicht in einer sich über mehrere Jahre hinziehenden nachlässigen Rekrutierung bestanden haben kann, ein Verhalten, das sodann wegen des anstehenden Kaiserbesuchs wieder gut gemacht worden wäre. Ein letztes Beispiel zeigt nochmals ein anderes Szenario bei der Rekrutierungspraxis innerhalb des Heeres. Innerhalb kürzester Zeit sind, erneut für die Provinz Syrien zahlreiche Diplome bekannt geworden, die alle auf eine Konstitution Hadrians vom 22. März 129 zurückgehen. Es handelt sich um folgende Diplome: 64 Siehe die Literatur in Anm. 62. 65 Es ist zwar der Name der Einheit nicht überliefert, wohl aber ein Teil des Cognomens des Präfekten; es ist nicht der Kommandeur der ala I Augusta Gallorum. 66 Dabei ist es durchaus möglich, dass auch noch von den anderen vier Diplomen, bei denen der Empfänger und seine Einheit nicht bekannt sind, eines oder mehrere ebenfalls diese ala betreffen. Die Wahrscheinlichkeit aus der erkennbaren Überlieferung spricht jedenfalls für eine solche Annahme.

107

Friedenssicherung und Krieg

Beleg

Einheit

Herkunft

Eck – Pangerl, Chiron 2006, 233 fff. = RMD V 372



MacDonald, SCI 2006, 97 ff.



Eck – Pangerl, Chiron 2006, 237 ff. = RMD V 371

coh. I Ulpia Dacorum

Dacus?

Eck – Pangerl, Chiron 2006, 221 ff.

coh. I Ulpia Dacorum

Dacus

Eck – Pangerl, Chiron 2006, 230 ff.



Eck – Pangerl, Chiron 2006, 236 ff.



Eck – Pangerl, Chiron 2006, 240 f.

coh. I Ulpia Dacorum

Eck – Pangerl, Chiron 2006, 242 f.

coh. I Ulpia Dacorum

Dacus?

Da die Konstitution Veteranen betrifft, die 25 Jahre oder etwas mehr im Heer gedient hatten, waren sie spätestens im Jahr 104 ausgehoben worden. Vier der erhaltenen Diplome betreffen Soldaten der cohors I Ulpia Dacorum, die erst von Traian aufgestellt worden war, vermutlich aus Dakern, die sich nach dem ersten Dakerkrieg unterworfen hatten oder noch wahrscheinlicher auf seine Seite gewechselt waren. Denn alle Veteranen dieser Einheit besaßen bereits das römische Bürgerrecht. Soweit ihre Namen erhalten sind, beginnen alle mit M. Ulpius. Traian muss ihnen also frühzeitig die civitas Romana verliehen haben. Nicht auszuschließen ist freilich, dass sich die Einheit erst später im Osten in den Kämpfen gegen die Parther ausgezeichnet hat. Wenn mindestens vier Diplome nur für diese Einheit heute bekannt sind, dann darf man annehmen, dass viele hundert Veteranen der Einheit damals entlassen worden waren und ein Diplom erhalten hatten. Die Aufstellung der cohors I Ulpia Dacorum aber kann man sich wohl am ehesten als eine angeordnete Aushebung vorstellen, nicht etwa als Rekrutierung von Freiwilligen. In diesem Fall lag somit die Ursache für die massenhafte Entlassung und Privilegierung im Jahr 129 darin, dass die Einheit 25 Jahre früher überhaupt erst aufgestellt wurde und dabei nur oder größtenteils Rekruten aufgenommen wurden. Schließlich sei noch auf zwei weitere Fälle hingewiesen, in denen ebenfalls überdurchschnittlich viele Diplome aus einer Konstitution bekannt geworden sind. Beide gehören in die Zeit Marc Aurels. Am 21. Juli 164 erging ein Bürgerrechtserlass für die Auxilien von Dacia Porolissensis. Durch folgende Diplome sind wir davon informiert: Beleg

Einheit

Herkunft

CIL XVI 185

coh. I Batavorum

Pannonius

RMD I 63

coh. I Brittonum

(Thraker)

RMD I 64

ala Siliana c.R.

Castris

RMD I 65 = RMD II 115





RMD I 66

ala Siliana c.R.

(Thraker)

108

Werner Eck

Beleg

Einheit

Herkunft

RMD II 116





RMD II 117





RMD IV 287





unpubl. Diplom67





Die Rekrutierung dieser Soldaten erfolgte spätestens im Jahr 139, da die Dienstzeit als 25 Jahre oder mehr angegeben wird. Welcher Grund damals zu Beginn der Regierungszeit des Pius zu der massenhaften Rekrutierung geführt hat, in deren Folge im Jahr 164 so viele Soldaten entlassen wurden, dass neun Diplome bis heute überlebt haben, lässt sich nicht erkennen. Zumindest sind keine kriegerischen Vorkommnisse mit entsprechenden Folgen erkennbar. So kann man nicht mehr sagen, als dass hier vermutlich wie schon in den anderen Fällen allein wegen der Menge der benötigten Soldaten eine Aushebung und keine Werbung von Freiwilligen durchgeführt wurde, wofür ein besonderer Grund vorgelegen haben muß, der sich uns bis heute jedoch entzieht. 67 Dreizehn Jahre später, am 23. März 178, wurde von Marc Aurel und Commodus eine Bürgerrechtsverleihung publiziert, aus der sich die folgenden Diplome erhalten haben:68 Beleg

Empfänger

Einheiten

RMD III 184

Thiodo Rolae Àl Daco ex equite

coh. VII Thrac.

RMD IV 293

Thiae Timarchi f. Daco ex equite

coh. II Gallorum veter.

RMD IV 294

Sisceo Aptasae Àl. Daco ex equite

coh. I Aug. Nerv.

Eck-MacDonald-Pangerl, REMA 1, 2004, 68 ff





Eck-MacDonald-Pangerl, REMA 1, 2004, 72 ff





Weiß, ZPE 156, 2006, 251 ff.





Eck – Pangerl, ZPE 162, 2007, 226 ff.

Ta[u]risio Titi Àl. Daco exequitibus

coh. I Aelia Hispanor.

Insgesamt sieben Diplome sind aus dieser Konstitution erhalten. 25 Jahre vor 178, also etwa im Jahr 153 müssen somit viele Rekruten in die Hilfstruppen von Britannien eingestellt worden sein. Unmittelbar kriegerische Ereignisse sind aus diesem Jahr auf der Insel nicht bekannt. Immerhin erscheint auf Münzen des Antoninus 67 In Privatbesitz. 68 W. Eck – A. Pangerl, Neue Diplome für die Hilfstruppen von Britannia, ZPE 162, 2007, 223 ff.

Friedenssicherung und Krieg

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Pius mit der tribunicia potestas XVIII die Gestalt der Britannia mit Schild und einem vexillum, was auf kriegerische Aktionen in der Zeit vorher hinweisen sollte.69 Wenn die Überlieferungsrate für die Diplome hier ähnlich angesetzt werden darf wie in anderen Fällen, dann muss man mit vielen Hunderten Diplomen und entsprechend höheren Zahlen von Rekruten rechnen. Falls diese massenhafte Rekrutierung also durch vorangegangene Verluste in einem Krieg gegen Stämme in Britannien verursacht gewesen sein sollten, dann kann es sich nicht um einen geringfügigen Krieg gehandelt haben. Man könnte sich freilich fragen, ob nicht auch ein unkriegerischer Grund zu dieser massiven Rekrutierung geführt haben könnte. Denn es fällt auf, dass in vier von den sieben Diplomen, in denen der Empfängerteil des Textes noch gelesen werden kann, nur Reiter (exequite/ibus) bezeugt sind; bei vier Fällen kann dies kaum auf dem Zufall der Überlieferung beruhen. Da in einer kriegerischen Aktion aber aus cohortes equitatae kaum nur die Reiter gefallen sein können, so dass es nötig war, sie zu ersetzen, könnte man den Grund für die massenhafte Rekrutierung im Jahr 153 vielleicht doch eher darin sehen, dass man über längere Zeit in den Einheiten die teureren Reiter nicht ersetzt hat, um Kosten zu sparen, wer auch immer dann den Nutzen davon hatte. Sicher ist in jedem Fall, dass um das Jahr 153 im östlichen Balkanraum eine große Rekrutierungsaktion für die Auxilien Britanniens durchgeführt wurde, die man als dilectus, als eine systematische Aushebung, nicht aber als eine Freiwilligenwerbung ansehen muss. Eine solche Großmaßnahme in einer anderen Provinz kann nicht allein vom damaligen Statthalter Britanniens70 ausgegangen sein, sie muss vielmehr durch die Zentrale in Rom mit Einschaltung des Kaisers veranlasst worden sein. Die Diplome des Jahres 178 zeigen dies mit genügender Deutlichkeit an, so wie dies auch für andere Provinzen durch eine Massierung von Diplomen nachgewiesen werden kann. Die vorgeführten Beispiele ließen sich noch durch nicht ganz wenige Fälle vermehren, in denen mehr Diplome aus einer einzigen Konstitution bekannt sind,71 69 BMC Emp. IV, Antoninus Pius Nr. 1965. 1971 ff.; vgl. A. Birley, The Roman Government of Britain, Oxford 2005, 147. 70 Für das Jahr 153 ist kein Legat von Britannien bekannt, siehe Birley, Government (wie Anm. 63) 145 ff. 71 Siehe etwa zu einer Konstitution vom 1. September 114 die folgenden sechs Kopien: Beleg

Einheit

Empfänger

RMD V 345 = RGZM 17/18

ala Frontoniana

Advesioni Mattiaci f. Eravisco

CIL XVI 61

ala Frontoniana

Nertomaro Irducissae f. Boio et Custae Magni Àl. ux. eius Aquin.

RMD III 153





RMD II 87





RMD V 346 +154

coh.II[––]um



PA IV 258





Die Rekrutierung erfolgte am Ende der 80er Jahre, also während der Donaukriege Domitians, bei denen es wohl größere Ausfälle gegeben hat. Auch für Germania inferior kann man für die

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Werner Eck

manchmal lediglich drei. Doch zeigt sich schon aus diesen Exempla, dass offensichtlich öfter als bisher angenommen wurde, Aushebungen im dilectus-Verfahren nötig waren, um den Mannschaftsbestand des Heeres, jedenfalls der Auxiliareinheiten zu erhalten.72 Die meisten der Beispiele fallen in die Jahrzehnte des 2. Jahrhunderts, in denen im Reich weithin Friede herrschte, und in denen es vielleicht wegen des relativen wirtschaftlichen Wohlstandes in vielen Provinzen wenig attraktiv war, ins Heer einzutreten, zumal seit dem Jahr 140 durch Pius auch die Privilegierung der Soldaten in den Hilfstruppen beschnitten wurde.73 Dies könnte dazu beigetragen haben, dass sich nicht genügend Freiwillige meldeten und deshalb öfter auf die Aushebung von Rekruten zurückgegriffen werden mußte. Doch kann dies nicht die volle Erklärung für dieses an den Diplomen ablesbare Phänomen sein. Man wird diese Befunde mit unserer sonstigen Überlieferung konfrontieren müssen, um Normalität und Sondersituationen erkennen zu können. Doch zeigten die geschilderten Befunde mit großer Deutlichkeit, dass weit häuÀger innerhalb einer Provinz Zwangsaushebungen anstelle von Freiwilligenrekrutierung durchgeführt wurden, um die Truppen anderer Provinzen mit den nötigen Rekruten zu versorgen,74 als dies üblicherweise angenommen wurde.75 Das aber bedeutet, dass auch weit kompliziertere und weitreichendere administrative Verfahren notwendig waren. Darüber ist in anderem Zusammenhang zu handeln.

72 73

74

75

Jahre 127 und 152, also im Abstand von 25 Jahren, verstärkte Entlassung vermuten, mit entsprechend hoher Rekrutierung ein Vierteljahrhundert früher, im Jahr 102 und sodann 127: siehe W. Eck – A. Pangerl, Beobachtungen zu den diplomata militaria für die Provinz Germania inferior (siehe Anm. 33). Vgl. z. B. Tac. ann. 16,13: dilectus per Galliam Narbonensem Africamque et Asiam habiti sunt supplendis Illyrici legionibus, ex quibus aetate aut valetudine fessi sacramento solvebantur. Siehe dazu neuestens P. Weiß, Die vorbildliche Kaiserehe. Zwei Senatsbeschlüsse beim Tod der älteren und der jüngeren Faustina, neue Paradigmen und die Herausbildung des ‚antoninischen¶ Prinzipats, Chiron 38, 2008, 1 ff. Ein sehr eindringliches Beispiel aus Oinoanda, das vielleicht um 220–260 n. Chr. zu datieren ist, wird von Nicholas Milner publiziert werden: Danach hat ein Bürger bei einer zweiten Aushebung für das Heer die Stadt unterstützt. Siehe beispielsweise für diese Ansicht J. B. Campbell, The Emperor and the Roman Army, Oxford 1984, 12: „By the second century the auxilia, just like the legions, were in the main recruited in the provinces where they were stationed or those adjacent“ (mit Hinweis auf Cheesman, Auxilia 79 ff.), ebenso M. Hassell, in CAH XI, Cambridge 2000, 337 f., der lokale Rekrutierung selbst bei entsprechenden Namen: eastern-sounding names annimmt: „local recruitment will have increased dramatically, if a unit remained long enough in an area for its members to form attachments to local girls and raise families.“

DIE VERSORGUNG DER RÖMISCHEN ARMEE MIT WAFFEN UND AUSRÜSTUNG Peter Herz Ich betrachte meine folgenden Ausführungen nicht als endgültigen Beitrag zu diesem Thema. Im Gegenteil hat sich bei der Vorbereitung meines Beitrags deutlich gezeigt, daß viele notwendige Vorarbeiten erst noch zu erbringen sind bzw. daß sich die Quellensituation insgesamt als recht deÀzitär darstellt. Zu den Bereichen, in denen noch viel zu klären wäre, gehört sicherlich die eigentliche Herstellung der Waffen, wo weder für die Arbeitsabläufe noch den notwendigen Arbeitsaufwand verläßliche Zahlen vorliegen.* Hinzu kommt, daß das Problem einer sachgerechten Versorgung der römischen Armee mit Waffen und Ausrüstung zu allen Perioden der römischen Geschichte ein Dauerbrenner war. In vielen Belangen stehen wir heute noch am Anfang der Überlegungen. So können wir bis heute noch nicht endgültig sagen, ob es im Verlauf der eigentlichen Kaiserzeit eine organisatorische Entwicklung gegeben hat oder ob die administrativen Strukturen weitgehend unverändert blieben. FINANZIERUNG Bei der Finanzierung der Waffen müssen wir wahrscheinlich zwei unterschiedliche Kategorien berücksichtigen: 1. die Kosten für Gegenstände, die nicht persönlich einem einzelnen Soldaten zuweisbar waren, wie etwa die Herstellungskosten für pila, Pfeile usw. und auch Großgerät (Ballisten, Transportwagen), 2. die Kosten für Gegenstände, die man einem individuellen Besitzer zuordnen konnte. Zur Kategorie 2 gehörten sicherlich die Kosten für die Rüstung, den Helm, den Schild, Schwert und Dolch, aber auch ein Anteil am Zelt des contubernium. Die Kosten wurden vom einzelnen Soldaten durch Abzüge von seinem Bruttosold aufgebracht und wurden ihm dann wahrscheinlich beim Ausscheiden aus dem aktiven Dienst und der Rückgabe der Gegenstände zurückerstattet. Ein solches Abrechnungssystem wird durch Papyri bestätigt, in denen verstorbene Soldaten testamentarisch über solche Geldbeträge verfügen konnten.1 Ob die dabei genannten Geldbeträge dem wirklichen Wiederbeschaffungswert der Aus*

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Mein spezieller Dank gehört meinen studentischen Mitarbeitern und Studierenden, die auf dem Gebiet der römischen Waffentechnik arbeiten und mit denen ich bei der Vorbereitung meines Beitrages mehrfach einen intensiven Gedankenaustausch hatte. Es steht zu hoffen, daß einige dieser Überlegungen in absehbarer Zeit auch schriftlich vorgelegt werden können Vgl. etwa R. O. Fink, Roman Military Records on Papyrus, Ann Arbor/Mich. 1971, Nr. 70 und 73 mit den entsprechenden Angaben. Vgl. zum Soldatentestament auch S. E. Phang, The Mar-

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Peter Herz

rüstungsgegenstände entsprachen oder eher als Sicherheitsleistung für einen überlegten und verantwortlichen Umgang mit diesen Gegenständen anzusehen sind, läßt sich momentan nicht entscheiden, da dafür die Quellenbasis zu dürftig ist. Auf jeden Fall ist dieses Geld von den Geldbeträgen zu unterscheiden, die unter dem Namen des Soldaten in den deposita der Einheit lagen.2 Wer arbeitete aber mit diesem Geld bzw. wer entschied über seine Verwendung? Zunächst einmal hatte der Rechnungsführer der centuria, also der signifer, zumindest administrativ mit diesem Geld zu schaffen, da er wahrscheinlich die entsprechenden Abzüge auf dem Kontoblatt des jeweiligen Soldaten registrieren mußte. Doch die entsprechenden Geldbeträge dürften bereits vorher abgezogen worden sein, also bevor sie überhaupt in die Verfügungsgewalt der Soldaten kamen. Ich vermute, daß diese Abzüge spätestens auf der Ebene der Einheit vorgenommen wurden, also der legio bzw. bei den auxiliares auf der Ebene der cohors bzw. ala. Ob jemand in der legio konkret über diese Gelder verfügen konnte, um damit fehlende Waffen zu beschaffen bzw. unbrauchbar gewordene Waffen zu ersetzen, ist schwer zu sagen, am ehesten würde ich in einem solchen Fall den primus pilus als Verantwortlichen erwarten.3 Das eigentliche Management dieser Gelder würde ich noch eine Stufe über der Einheit ansetzen, d. h. auf der Ebene des procurator provinciae, in dessen Amtsbereich diese Einheit stationiert war. Dieser hatte vor allem die Neu- bzw. Ersatzbeschaffung von Ausrüstungsgegenständen zu organisieren und zu Ànanzieren, soweit diese durch den privaten Sektor beschafft werden mußten. MATERIALBESCHAFFUNG Hier möchte ich mich zunächst auf die Versorgung mit Metallen konzentrieren. Wir wissen, daß das römische Militär für seine Waffen sehr verschiedene Metallsorten bzw. -legierungen benötigte, die natürlich auch unterschiedliche Beschaffungswege hatten. Die Beschaffung von Eisen- und Stahl war zumindest im Bereich der Rheingrenze und auch an der oberen Donau vergleichsweise unproblematisch, da man die Eisenerzbergwerke des ferrum Noricum zur Verfügung hatte oder auf die lokalen Raseneisenvorkommen zurückgreifen konnte. Während das ferrum Noricum stets unter staatlicher Kontrolle stand, sieht es bei den anderen Versorgungsquellen schon differenzierter aus.4

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riage of Roman Soldiers, 13 BC – AD 235. Family and Law in the Imperial Army, Leiden, Boston, Köln 2001 (Columbia Studies in the Classical Tradition), 213–221. Zu diesem Teil der Verwaltung sei auf den Vortrag von Stauner beim Kolloquium verwiesen. Zur Rolle des primus pilus als verantwortlicher OfÀzier für die Versorgung der legio: A. Mocsy, Das Lustrum Primipili und die Annona Militaris, Germania 44, 1966, 312–326 = Pannonien und das römische Heer. Ausgewählte Aufsätze, Stuttgart 1992 (Mavors 7), 106–120 (mit Nachträgen). Zum ferrum Noricum vgl. H. Straube, Ferrum Noricum und die Stadt auf dem Magdalensberg, mit Beiträgen von H. Dolenz und G. Piccotini, Wien, New York 1996. Neuere metallurgische Untersuchungen an frühkaiserzeitlichen gladii scheinen darauf hinzudeuten, daß sie aus einer

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Ein neuer Beitrag von Peter Rothenhöfer und Norbert Hanel aus dem Jahre 2005 hat Indizien geliefert, die für uns sichern, daß im rechtsrheinischen Gebiet die Ausbeutung lokaler Metallvorkommen durch die Römer praktisch unmittelbar nach dem Beginn der Okkupation unter Augustus startete.5 Interessant ist dabei auf jeden Fall die Frage, wer diese Förderstätten betrieb. Die Aufschriften auf einigen Bleibarren, die im sauerländischen Brilon bzw. in dem Schiffswrack von Rena Maiore vor Sardinien gefunden wurden [Augusti Caesaris (plumbum) Germanicum bzw. Pudentis (plumbum) Germ(anicum)], sprechen für eine gemischte Nutzung dieser Vorkommen. Im Falle des kaiserlichen Bleies ist eine direkte Nutzung für die Waffenproduktion denkbar, im Fall eines privaten Unternehmers mußte man dieses Metall ankaufen. Dies bedeutet, wir müssen selbst im unmittelbaren Hinterland der Reichsgrenze mit privatrechtlich organisierten Formen des Metallabbaus und der Metallproduktion rechnen. Dazu scheint auch der archäologische Befund zu passen, den Rothenhöfer für das südliche Niedergermanien aufgearbeitet hat.6 Danach ließ sich eine größere Anzahl von kleinen Verhüttungs- bzw. Verarbeitungsstätten nachweisen, die in den Kontext von villae rusticae gehören. Sie basierten wohl auf lokalen Vorkommen von Raseneisenerz, die man ohne größeren technischen Aufwand abbauen konnte. Was kaum eindeutig zu klären ist, ist die anschließende Verwendung des so gewonnenen Roheisens. War es lediglich für den Bedarf der villa rustica gedacht oder müssen wir mit einem größeren Abnehmerkreis rechnen, also auch dem staatlichen Sektor? Daß sich der Staat durchaus um die private Eisenherstellung kümmerte, scheint sich durch den Juristen Marcianus anzudeuten. Denn in einem Fragment zur Lex specialis de delatoribus (Dig. 39,4,16,11) heißt es: Magnus Antoninus rescripsit, si colonus vel servi domini praedii ferrum illicite in praedio fecerint ignorante domino, nulla poena dominum teneri. „Der große Antoninus (= Caracalla) schrieb (auf eine Anfrage) zurück, daß in dem Fall, daß ein Kolone oder die Sklaven des Gutseigners ohne Wissen des Herren und gegen das Gesetz (illicite) Eisen herstellten, der Eigentümer nicht von einer Strafe bedroht werde.“

Dies könnte dafür sprechen, daß der Staat bereits in der hohen Kaiserzeit die private Eisenproduktion wohl nicht nur aus Àskalischen Gründen überwachte, sondern weil er sich auch aus dieser Quelle gegebenenfalls mit dem notwendigen Rohmetall versorgen konnte.7 Um das Rohmetall in seine Verfügungsgewalt zu bekommen, gab

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Stahllegierung geschmiedet wurden, die aus norischem und oberitalischem Eisen bestand (mündliche Mitteilung von J. LöfÁ). P. Rothenhöfer, N. Hanel, Germanisches Blei für Rom. Zur Rolle des römischen Bergbaus im rechtsrheinischen Germanien im frühen Prinzipat, Germania 83, 2005, 53–65. P. Rothenhöfer, Die Wirtschaftsstrukturen im südlichen Niedergermanien. Untersuchungen zur Entwicklung eines Wirtschaftsraumes an der Peripherie des Imperium Romanum, Rahden/ Westf. 2005 (Kölner Studien zur Archäologie der römischen Provinzen 7). In der Diskusion, die sich an den Vortrag anschloß, machte Herr Eck den Vorschlag, hier einen Hinweis auf den conductor einer staatlichen Domäne zu sehen. Dies läßt sich aber nur schwer veriÀzieren, da wir z. B. im nordgallisch-germanischen Raum zwar grundsätzlich von der Existenz von kaiserlichem Privatbesitz ausgehen können, vgl. CIL XIII 1807 = ILS 1330 (Lugu-

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es für den Staat mehrere Wege. Er konnte es als Konzessionsabgabe einfordern, er konnte direkte Lieferforderungen erheben – dieses System ist durch einige constitutiones im Codex Theodosianus bekannt8 – oder er konnte es direkt beim Produzenten ankaufen. Dabei konnte er sich durch das aus der coemptio bekannte Vorkaufsrecht sicherlich Preisvorteile sichern. Man könnte hier vielleicht das System der spanischen Bergwerke als Vorbild heranziehen, wie es uns durch die lex metalli Vispacensis bekannt ist.9 Problematisch wurde es, wenn Rohmetalle über längere Strecken zum Endverbraucher transportiert werden mußten. Dies dürfte notwendig gewesen sein, wenn man an die Versorgung mit Roheisen denkt. Dabei sollte man neben dem gallischen Hinterland der Rheingrenze auch an eine Versorgung aus der britischen Produktion denken. Diese Produktion dürfte Dimensionen erreicht haben, die mehr als den lokalen Bedarf decken konnte. Fulford registriert neben dem größeren Betrieb im Weald, für den man schätzt, daß dort jährlich 700–750 t Roheisen gewonnen wurden, auch die Nutzung von lokalen Eisenvorkommen in Northamptonshire, Lincolnshire und Norfolk.10 Dabei sollte man auch beachten, daß inzwischen im britischen Bereich für die Energieversorgung die Verwendung von Steinkohle ausreichend nachgewiesen ist,11 während die entsprechenden Untersuchungen für den Rest des Imperium Romanum noch ausstehen. Hier hat es den Anschein, daß man sich dort vor allem auf die Holzkohle als Energieträger verließ.12

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dunum) für Timesitheus (vice proc(uratoris) patrimon(ii) prov(inciae) Belg(icae) et duarum Germaniarum, proc(urator) ration(is) privat(ae) per Belgic(am) et duas Germ(anias)), aber nicht sagen können, ob eine der nachgewiesenen ländlichen Verhüttungsstellen auf Land mit einer solchen Rechtsqualität lag. Vgl. auch M. Polfer, La métallurgie du fer en Gaule de Nord et en Rhénanie à l·époque Romaine: le rôle des établissements ruraux, in M. Polfer (Ed.), Artisanat et productions artisanales en milieu rural dans les provinces du nord-ouest de l·Empire romain. Actes du colloque d·Erpeldange mars 1999, Montagnac 1999, 45–76. An welchen Dingen die römische Administration interessiert sein konnte, zeigt Dig. 50,13,2 (Ulp. opin. 1) sehr deutlich. A. H. M. Jones, The Later Roman Empire. A social, economic and administrative survey, Oxford 1964, 838 f. Rothenhöfer (wie Anm. 6), 93 hält eine hälftige Aufteilung des gewonnen Metalls für denkbar. Vgl. für das System auch C. Domergue, Les mines de la péninsule ibérique dans l·antiquité romaine, Rom 1990 (Collection de l·École française de Rome 127), 253–333. Vgl. D. Flach, Die Bergwerksordnungen von Vipasca, Chiron 9, 1979, 399–448. FIRA I,502–507 Nr. 105. M. Fulford, The Economy of Roman Britain, in M. Todd (Ed.), Research on Roman Britain 1960–1989, London 1989 (Britannia Monograph Series 11), 175–201, bes. 189 ff. für die britische Eisengewinnung. Die Zahlen nach H. Cleere, D. Crossley, The Iron Industry of the Weald, Leicester 1985, 57–86. Vgl. auch K. Dark, P. Dark, The Landscape of Roman Britain, Stroud 1997, 129–130 zur Eisenverhüttung im Forest of Dean. I. Schrüfer-Kolb, Roman Iron Production in Britain. Technological and socio-economic landscape development along the Jurassic Rim, Oxford 2004. D. Sim, I. Ridge, Iron for the Eagles. The Iron Industries of Roman Britain, Stroud 2002. H. Cleere, The Roman iron industry in the Weald and its connection with the Classis Britannica, Archaeological Journal 131, 1974, 171–199. A. H. V. Smith, Provenance of Coals from Roman Sites in England and Wales, Britannia 28, 1997, 297–324 mit weiterer Literatur. P. Herz, Artikel ‚Holzkohle¶ in Der Neue Pauly V, 1998, 682.

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Aus welchen Quellen die römischen Truppen am Rhein die Rohmetalle für die Herstellung von Bronze bezogen, muß unsicher bleiben.13 In der Spätantike vermute ich, daß man dieses Problem zu einem großen Teil durch die Wiederverwendung von Altmetall löste, obwohl sich die Kaiser ausdrücklich gegen eine solche Praxis aussprachen.14 Mit dem Bedarf an den verschiedenen Metallen ist der Materialbedarf des römischen Heeres für seine Waffenversorgung allerdings nur partiell beschrieben. Einen ebenso großen Umfang und sicherlich ebenso große Anstrengungen erforderten die Beschaffung von Leder und Holz. Dabei lasse ich beim Holz die Kategorien ‚Bauholz¶ und ‚Holz als Energieträger¶ bewußt unberücksichtigt, sondern konzentriere mich auf die eigentliche Waffenproduktion.15 Ich möchte den Bedarf und auch die damit verbundenen logistischen Probleme an einem Beispiel zu verdeutlichen. Ein scutum benötigte zu seiner Produktion in der Hauptsache die folgenden Grundmaterialien: Holz, Knochenleim und Leder.16 Dies alles konnte das römische Militär natürlich selbst beschaffen und auch verarbeiten, doch dies hätte einen großen Teil der in der Truppe verfügbaren Arbeitskraft auf Dauer gebunden. Holz mußte gefällt, zugehauen und getrocknet werden, vorausgesetzt, es befand sich überhaupt in der Nähe des Lagers. Die Herstellung von Knochenleim war mühsam und durch die Begleitumstände störend.17 Hier lag eine Verlagerung in den privaten Sektor nahe, was auch für die Herstellung anderer Stoffe wie Filz galt.18 13 Ich vermute hierbei, daß die Bronze in Barrenform oder als Rohling angeliefert wurde, um dann vor Ort weiterverarbeitet zu werden. 14 CTh 11,21,2 (7.4.371) mit ‚aes, quod dichoneutum vocatur¶ und ‚conÁatores Àgurati aeris¶. Vgl. F. Pergamin (Ed.), La legislazione di Valentiniano e Valente (364–375), Milano 1993 (Materiali per una palingenesia delle costituzioni tardo-imperiali II, 4), 542. 15 Ich greife hier auf meine Vorarbeiten zu dieser Thematik zurück: P. Herz, Holz A–B, in Der Neue Pauly V, 1998, 676–677. Holz D–I, in Der Neue Pauly V, 1998, 678–681, Holzkohle, in Der Neue Pauly V, 1998, 682. Ders., Holz und Holzwirtschaft in römischer Zeit, in P. Herz, G. Waldherr (Hrsg.), Landwirtschaft im Imperium Romanum, St. Katharinen 2001 (Pharos 14), 101–117. Ders., Die Logistik der kaiserzeitlichen Armee. Strukturelle Überlegungen, in P. Erdkamp (Ed.), The Roman Army and the Economy, Amsterdam 2002, 19–46. Ders., Der römische Staat und die Wirtschaft. Staatliche Eingriffe in das Wirtschaftsleben (Kontrolle von Ressourcen), in M. Polfer (Ed.), Artisanat et économie romaine. Italie et provinces occidentales de l·Empire. Actes du 3e colloque international d·Erpeldange (Luxembourg) sur l·artisanat romain (14–16 octobre 2004), Montagnac 2005, 17–30. Ders., Finances and Costs of the Army, in P. Erdkamp (Ed.), A Companion to the Roman Army, Oxford 2007, 306–322. 16 Wie mir meine Mitarbeiter mündlich mitteilten, hat man inzwischen auf experimentellem Wege festgestellt, daß man wahrscheinlich Fischleim und keinen Knochenleim verwendete. 17 E. Schmid, Beindrechsler, Hornschnitzer und Leimsieder im römischen Augst, in E. Schmid, L. Berger, P. Bürgin (Hrsg.), Provincialia. Festschrift für Rudolf Laur-Belart, Basel, Stuttgart 1968, 185–197, bes. 194 ff. 18 Wie H. Ubl, Was trug der römische Soldat unter dem Panzer?, Bayerische Vorgeschichsblätter 71, 2006, 261–276 herausgestellt hat, trug der Soldat wahrscheinlich ein dickes Untergewand aus Filz (zur Herstellung von Filz vgl. W. O. Moeller, The Wool Trade of Ancient Pompeii, Leiden 1976, 27) oder ein Lederwams. Filz wurde auch für die Kavalleriesättel benötigt, vgl. A. Hyland, Equus Romanus. The horse in Roman times, London 1990, 131–136 mit einer genauen Beschreibung des üblichen Militärsattels, der aus Leder hergestellt wurde, das man über

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Einen Teil seines Bedarfs an Leder deckte das römische Heer zumindest in der frühen Kaiserzeit durch Steuerabgaben. Dies sichert uns Tacitus in seinem Bericht zu dem Aufstand der Frisii im Jahre 28. Tac. ann. 4.72.1: tributum iis Drusus iusserat modicum pro angustia rerum, ut in usus militares coria boum penderent, non intenta cuiusquam cura, quae Àrmitudo, quae mensura.19 „Drusus (I.) hatte ihnen daher eine moderate Abgabe entsprechend der Beschränktheit ihrer Mittel auferlegt, nämlich daß sie Rinderhäute zum Gebrauch des Militärs lieferten, wobei keine Vorschrift hinsichtlich ihrer Qualität oder Größe existierte.“

Hier ist der direkte Bezug zur Versorgung des Militärs gesichert, wobei der in diesem Zusammenhang genannte primus pilus Olennius wahrscheinlich der zuständige OfÀzier für die Materialbeschaffung einer legio war. Dies könnte dafür sprechen, daß er von einer der niederrheinischen legiones kam, also am ehesten Vetera oder Novaesium. Die gewaltigen Mengen an gebrauchsfähigem Leder, die die römische Armee benötigte, dürften wohl nur zu einem kleinen Teil als tributum beschafft worden sein. Ich vermute vielmehr, daß sich der römische Staat vor allem den langwierigen Produktionsweg von der frischen Haut bis zum fertigen gegerbten Endprodukt ersparte und daher in der Regel das fertige Leder ankaufte. Man muß zwar nicht unbedingt mit den Zahlen operieren, die etwa bei der Neuaufstellung einer kompletten legio benötigt wurden,20 doch ich glaube kaum, daß das unmittelbare Hinterland der Grenze in der Lage gewesen ist, diesen Bedarf aus den eigenen Ressourcen zu decken. Also bietet sich eine im wesentlichen privatwirtschaftlich organisierte Lösung an, wobei bei der Verwertung des geschlachteten Viehs neben dem Leder auch noch Knochenleim und die Sehnen als Rohprodukte anÀelen.21 Man darf annehmen, daß die verantwortlichen Instanzen der römischen Verwaltung hier durchaus Áexibel agierten und sich den lokalen Versorgungsmöglichkeiten anpaßten. Mit anderen Worten, wenn es die wirtschaftlichen Strukturen des Hinterlandes erlaubten, konnte vieles an die zivile Wirtschaft delegiert werden, wenn nicht, mußte das Militär andere Wege suchen. Eine Überlegung, die vielleicht die Aufteilung zwischen einer zivilen und einer der direkten Kontrolle des Militär unterstehenden Produktion besser erklären kann, ein Holzgerüst gezogen hatte, und den man wohl mit Filz ausgepolstert hatte. Daneben muß man mit einer Satteldecke aus dickem Filz rechnen. Vgl. auch P. Connolly, The Roman Saddle, in M. Dawson (Ed.), Roman Military Equipment. The accoutrements of war. Proceedings of the third Roman military equipment research seminar, Oxford 1987, 7–27. 19 Ich bin skeptisch, ob die Lieferungen der Frisii einen wichtigen Faktor für die Versorgung der Armee darstellten, oder ob Drusus durch diese Forderung vor allem das Abhängigkeitsverhältnis zum Imperium herausstellen wollte. Vgl. K.-P. Johne, Die Römer an der Elbe. Das Stromgebiet der Elbe im geographischen Weltbild und im politischen Bewußtsein der griechisch-römischen Antike, Berlin 2006, 90 zu den Umständen der Unterwerfung. 20 P. Herz, Der Aufstand des Iulius Sacrovir (21 n. Chr.). Gedanken zur römischen Politik in Gallien und ihren Lasten, Laverna 3, 1992 [1993], 42–93. 21 Dies bestätigt A. K. Bowman, J. D. Thomas (Edd.), The Vindolanda Writing Tablets. Tabulae Vindolandenses II, London 1994, Nr. 343, wo immerhin eine Menge von 100 Pfund Sehnen erwähnt wird.

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betrifft daher den Umfang der notwendigen Arbeit und die Gefährlichkeit der Produktion. Ein lanius aus dem militärischen Bereich konnte ohne weiteres ein Schlachttier töten und in seine Teile zerlegen,22 aber ebenso konnte man die anschließende Bearbeitung des rohen Fells bis zur gebrauchsfertigen Lederhaut ohne weiteres an zivile Unternehmer vergeben, die diese schmutzige und zeitaufwendige Arbeit übernahmen.23 Unsicher muß bleiben, ob man die rohen Häute an Händler verkaufte oder sich lediglich die notwendige Arbeitsleistung durch einen Werkvertrag (locatio-conductio) beschaffte.24 Die Korrespondenz aus Vindolanda hilft hier nicht weiter, da die Bezugsquelle für die hier erwähnten Rohhäute unklar bleibt, obwohl vieles für einen Bezug der dort gehandelten Rohhäute von privaten Produzenten spricht. Ein ähnliches Wechseln zwischen staatlichen und privaten Bezugsquellen scheint auch für die Beschaffung von Holz gegolten zu haben. Natürlich hatte das römische Militär Zugriff auf die großen staatlichen Wälder und konnte sich dort versorgen. Dies galt sowohl für Bauholz als auch die Hölzer, die man für die eigentliche Waffenproduktion benötigte. Daneben ist aber auch durch eine Quittung gesichert, daß die equites singulares des praefectus Aegypti eine Lieferung von Palmholzschäften erhielten, die wahrscheinlich für Übungslanzen verwendet werden sollten.25 Dieser Papyrus gibt auch einen interessanten Einblick in das administrative Verfahren zumindest für Ägypten. Lieferanten waren die Ältesten des Dorfes Soknopaios und kein Händler, was zunächst vermuten läßt, daß man den Dorfältesten diese Lieferung befohlen hatte. Doch die Vermutung, daß es sich um ein Verfahren analog zur Lederbeschaffung bei den Frisii handeln könnte, also die Form eines tributum, wird schnell beseitigt, da der signifer, der diese Lieferung für seine Einheit in Empfang nahm und quittierte, für das Holz auch eine Zahlung leistete. Also handelt es sich um kein tributum, sondern eher eine Beschaffung, die wahrscheinlich in der rechtlichen Form einer coemptio vorgenommen wurde. Inter22 Die lanii Ànden sich Dig. 50,6,7 unter den militärischen Funktionen erwähnt, denen eine vacatio zugestanden wird. 23 Dies gilt auch analog für die Weiterverarbeitung der bei der Zerlegung des Tieres anfallenden Knochen und Sehnen. Die Knochen lieferten die Materialbasis für den Knochenleim, konnten aber auch bei der Herstellung der Bögen verwendet werden. Die Sehnen der Schlachttiere benötigte man u. a. für die Bogensehnen, aber auch für Schnüre. 24 Ein sichere und regelmäßige Quelle waren z. B. die Felle der Opfertiere, die regelmäßig geopfert werden mußten. P. Herz, SacriÀce and SacriÀcial ceremonies in the Roman Army of the Imperial Period, in A. I. Baumgarten (Ed.), SacriÀce in Religious Experience, Leiden, Boston, Köln 2002 (Numen 93), 81–100, bes. 97 ff. kommt auf eine Mindestzahl von 50–60 Opfertieren (in der Regel Rinder), die laut Feriale Duranum alljährlich geopfert werden mußten. Was anschließend mit diesen Häuten und den übrigen Rohmaterialien (Sehnen, Hörner) geschah, bleibt unklar. Ähnlich ungeklärt ist, wer das Verwendungsrecht für die Felle der Opfertieren hatte. Da diese Opfer im Namen der gesamten Einheit dargebracht wurden, vermute ich, daß dem Kommandeur auch das Recht zur weiteren Disposition zukam. Nur am Rande soll erwähnt werden, daß auch die Kostenfrage für den gesamten militärischen Opferbetrieb (Opfertiere, Wein, Weihrauch, usw.) noch genauer durchdacht werden müßte. 25 P. Stud. Pal. XXII 92 nach G. Horsmann, Untersuchungen zur militärischen Ausbildung im republikanischen und kaiserzeitlichen Rom, Boppard 1990, 150 Anm. 169.

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essant ist, daß diese Einheit offensichtlich über eigene Geldmittel verfügte, um solches Material sofort bezahlen zu können und daher nicht auf die Zahlung durch eine andere Instanz verweisen mußte. Möglicherweise handelt es sich aber um einen Sonderfall, da die fragliche Einheit direkt dem obersten Verwaltungschef für Ägypten unterstellt war. Auf jeden Fall scheint sich bei diesem Zeugnis, das Horsmann grob ins 2./3. Jh. datierte, anzudeuten, daß der römische Staat in dieser Zeit weitgehend von der kostenlosen Bereitstellung der Materialien abgegangen war und sich seine Vorteile eher durch das System der coemptio sicherte. Dies sicherte eher die Kooperation des privaten Sektors bei der Materialbeschaffung, obwohl das römische Heer vor allem in den Grenzregionen entlang von Rhein und Donau grundsätzlich der wichtigste Abnehmer von bestimmten Rohprodukten gewesen sein dürfte. In diesem Zusammenhang ist es notwendig, auch den in Vindolanda gefundenen Brief Tabulae Vindolandenses II 343 etwas genauer zu prüfen.26 Obwohl es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um kein Schreiben aus dem eigentlichen Dienstbetrieb der Truppe handelt, ändert dies nichts an der Wichtigkeit der darin enthaltenen Informationen.27 Wenn es sich um Ànanzielle Aktionen aus dem eigentlichen Dienstbetrieb handeln würde, müßte sich Octavius, der Schreiber des Briefes, z. B. nicht mit dem Problem herumschlagen, daß seine Sicherheitsleistung (arra) (wahrscheinlich wegen Nichteinhaltung einer Frist oder Liefervereinbarung) verloren gehen könnte.28 Wenn man erst einmal akzeptiert hat, daß die in diesem Brief angesprochenen geschäftlichen Transaktionen wahrscheinlich von negotiatores stammen, die mit der Belieferung der Truppe befaßt sind, dann werden auch die Text angesprochenen geschäftlichen Probleme verständlicher. Es läßt sich hier ein System der militärischen Versorgung erkennen, das sich wahrscheinlich in einem Gebiet entwickelte, in dem man regelmäßig auf die Dienste ziviler Händler zurückgreifen mußte. Es dürfte in Nordengland einige Zeit gedauert haben, bis sich die lokale Wirtschaft auf die wirtschaftlichen Erfordernisse einer starken Besatzungsarmee mit ihren besonderen Ansprüchen eingestellt hatte.29 26 Tabulae Vindolandenses II, Nr. 343 (p. 321–329). 27 K. Stauner, Das ofÀzielle Schriftwesen des römischen Heeres von Augustus bis Gallienus (27 v. Chr. – 268 n. Chr.). Eine Untersuchung zu Struktur, Funktion und Bedeutng der ofÀziellen militärischen Verwaltungdokumentation und zu deren Schreibern, Bonn 2004, 53 nach R. Birley, Roman records from Vindolanda on Hadrian·s Wall, Carvoran 1999, 41. 28 M. Kaser, Das römische Privatrecht I. Das altrömische, das vorklassische und klassische Recht, 2. neubearbeitete AuÁage, München 1971, 547–548: „Die arra ist nach semitischen Vorbildern vor allem den griechischen Rechten vertraut und gilt dort als erforderlich, um eine Haftung zu begründen. Mit ihr wird anfangs wohl ein Symbol hingegeben, mit dem der Geber seine Person verpfändet, später ein Vermögenswert, der bei Vertragsbruch des Gebers dem Empfänger verfällt, bei dem des Empfängers ein- oder mehrfach zurückzugeben ist. In den östlichen Provinzen besteht die arra fort und hat auf das nachklassische Recht eingewirkt.“ 29 C. Van Driel-Murray, The Leather Trades in Roman Yorkshire and beyond, in P. Wilson, J. Price (Edd.), Aspects of Industy in Roman Yorkshire and the North, Oxford 2002, 109–123, bes. 111–113 mit guten Überlegungen zur Arbeit des lokalen Versorgungssystem für Leder auf der Basis von Tabulae Vindolandenses II, Nr. 343.

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Dabei arbeitete das römische Militär mit zivilen Händlern zusammen, die die Lieferung bestimmter Produkte (bearbeitete Häute, gedroschenes Getreide) vertraglich zusicherten, wodurch das Lieferungsrisiko auf die Zivilisten abgewälzt wurde.30 Die Lieferanten mußten Sicherheiten geben (arra), die bei Nichteinhalten der Zusagen verÀelen. Vertragspartner waren wahrscheinlich OfÀziere, die auf der Ebene der belieferten Einheit tätig waren, die demnach auch über Geldmittel verfügen mußten, um Zahlungen leisten zu können, ohne den Umweg über eine höhergestellte Instanz gehen zu müssen.31 Daß in der Tat eine solche Zahlungsberechtigung von TruppenofÀzieren existierte, zeigt auch der unlängst vorgelegte Papyrus Bingen 106 = P.Vindob. G 25791 Recto (14./15. (?) März 209), der einen interessanten Einblick in das Ànanzielle Alltagsgeschäft gewährt.32 Demnach zahlte Iulius Melas, der curator einer Abteilung der equites singulares des praefectus Aegypti, an die (für die Beschaffung) Verantwortlichen der Arsinoiton Polis 225 Drachmen für die Lieferung von 45 Artaben Gerste zu 5 Drachmen die Artabe. Dies spricht dafür, daß in diesem Fall dem für die Versorgung der Truppe außerhalb des Lagers zuständigen OfÀzier bzw. Funktionsdienstgrad eine gewisse Menge an Bargeld zur Verfügung stand, um kleinere Zahlungen sofort zu erledigen. Hier haben wir die Empfangsquittung für die ausgebenden lokalen Verantwortlichen vor uns, die wahrscheinlich im Gegenzug dem curator ebenfalls eine Quittung ausstellten, die er nach Rückkehr in das Standquartier seiner Truppe dem summus curator als oberstem Verantwortlichen für die Versorgung der Gesamteinheit vorlegen mußte. Wir haben hier wahrscheinlich einen Akt der coemptio vor uns, wobei ebenso denkbar gewesen wäre, daß die Gemeinde das Getreide ausgehändigt hätte, um anschließend die Empfangsquittung einem Vertreter der Finanzverwaltung vorzulegen, damit dieser dann die Auszahlung aus einer Filiale der Staatsbank veranlaßte. Da aber die equites singulares wahrscheinlich den praefectus auf einer Dienstreise begleiteten, konnte man hier zu einem abgekürzten Verfahren greifen, da der prae-

30 Aus dem Text geht eindeutig hervor, daß man auf diese Weise den arbeitsaufwendigen Prozeß des Gerbens und des Dreschens in den zivilen Sektor verlagerte. Die Händler kauften die Rohhäute und das noch nicht ausgedroschene Getreide bei den Produzenten auf und bereiteten es für die Lieferung an das Militär vor, d. h. sie mußten zunächst Ànanziell in Vorleistung gehen, denn sie hatten die Kosten für die Beschaffung der unverarbeiteten Ware, die zu erbringende Arbeitsleistung und den anschließenden Transport zu übernehmen. Bemerkenswert ist Strabon (4,5,2 [C 199]), der unter den frühkaiserzeitlichen Exportprodukten Britanniens auch Felle (devrmata) erwähnt, was wohl auf gegerbte Häute hindeutet. 31 Dies wäre im Falle von Vindolanda der procurator Britanniae oder noch wahrscheinlicher einer seiner lokalen Vertreter gewesen. A. R. Birley, The Roman Government of Britain, Oxford 2005 nennt lediglich die führenden Funktionäre der Verwaltung, geht aber nicht auf die Arbeitsweise ein. 32 Vgl. auch F. Mitthof, Zwei neue Dokumente aus dem Archiv der Eheleute Aurelios Dioskoros und Aurelia Thermutharion alias Herais, in H. Melaerts, Papyri in honorem Johannis Bingen octogenarii (P. Bingen), Leuven 2000 (Studia varia Bruxellensia ad orbem Graeco-Latinum pertinentia 5), 401–414, bes. 408–411 Nr. 106 ‚Quittung über eine Gerste-Lieferung an equites singulares¶.

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fectus Aegypti in Personalunion oberster Verantwortlicher sowohl für das Militär als auch die Finanzverwaltung war. ARBEITSKRÄFTE Das römische Militär repräsentierte in seiner Gesamtheit die größte Ansammlung an Arbeitskraft, die im gesamten Imperium Romanum existierte. Daneben verfügte das Militär vor allem in den legiones über eine große Anzahl an guten und spezialisierten Handwerkern. Das große Fragment Digesten 50,6,7, ein Auszug aus dem Werk ‚De iure immunitatis¶ des späteren praefectus praetorio Tarruntenus Paternus, das den Stand der Periode Mark Aurels repräsentiert, gibt einen gewissen Überblick zu der hohen Spezialisierung, mit der wir hier rechnen können.33 Dies bedeutet, das römische Militär hätte im Prinzip, vorausgesetzt die notwendigen Materialien waren vorhanden, alles selbst herstellen können. Auf die noch ausstehende sachgerechte Kommentierung dieses Fragmentes möchte ich ausdrücklich hinweisen (vgl. meine Anmerkungen in der Appendix). Daß man in der Tat versuchte, sich selbst zu versorgen, wird durch die Existenz von militärischen fabricae bestätigt, die durch einige Zeugnisse gesichert sind. Das erste Zeugnis, ein Grabstein, stammt aus Bath in Britannien, wobei unsicher bleiben muß, warum sich dieser Mann gerade an diesem Ort aufhielt, wo man ihn bestattete. ILS 2429 = RIB 156 (Bath) Iulius Vita/lis fabricie(n)s/is leg(ionis) XX V(aleriae) v(ictricis), / stipendior/um IX an(n)or(um) XX/IX, natione Bel/ga, ex col(l)egio / fabrice(nsium), elatu/s, h(ic) s(itus) e(st).

Iulius Vitalis wird als fabricensis der legio XX Valeria Victrix und natione Belga bezeichnet. Etwas unsicher sind die Modalitäten seines Verhältnisses zur legio XX. Während die Angabe von stipendia für einen direkten Bezug zum römischen Militär sprechen könnte, also regulärer Soldat der legio, ist die Zugehörigkeit zum collegium der fabricenses, die man hier annehmen kann, nicht besonders aussagekräftig. Man könnte dieses collegium durchaus mit anderen collegia von Funktionsdienstgraden vergleichen, die wir u. a. aus dem Lager der legio III Augusta in Nordafrika kennen.34 Allerdings scheint der im Anschluß zu besprechende Papyrus Chartae Latinae Antiquiores Nr. 409 zu sichern, daß der Personalbestand einer militärischen fabrica sowohl Soldaten als auch Zivilisten umfassen konnte. Bemerkenswert ist, daß man den Grabstein des Iulius Vitalis in Bath fand, was eine durchaus respektable Entfernung zum Standort der legio XX in Chester bedeutet. Dies könnte auf den ersten Blick dafür sprechen, daß sich auch die zugehörige fabrica der legio getrennt vom eigentlichen Lager angesiedelt hatte, möglicherweise, um besser auf die für die Produktion erforderlichen Rohstoffe zurückgreifen 33 Zur Person vgl. W. Kunkel, Die römischen Juristen. Herkunft und soziale Stellung, 2. AuÁ. Köln, Weimar 1967 (ND 2001 mit einem Vorwort von D. Liebs), 219–222 u. 411. 34 Für diese collegia vgl. S. Perea Yébenes, Collegia militaria. Asociaciones militares en el impero romano, Madrid 1999.

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zu können. Eine weitere Variante bietet sich durch den lokalen Kalkstein, der auch für öffentliche Bauwerke gern genutzt wurde.35 In diesem Kontext sind die Ausführungen von Stauner zu Tabulae Vindolandenses II 155 kommentarbedürftig.36 Stauner gibt ‚fabricis¶ mit ‚Werkstätten¶ wieder, was er wie ein Werkstattgebäude versteht. Wenn man sich allerdings die erhaltenen Partien des Textes ansieht, dann wird man zu einigen ModiÀkationen gezwungen. Wenn man hingegen ‚fabrica¶ mit Tätigkeit als faber wiedergibt, dann wird die Nachricht schon etwas sinnvoller.37 Denn die Masse der in diesem Text aufgeführten Tätigkeiten gehören in den Baubereich, wo die Soldaten entweder bei der Produktion von Baumaterialien oder als Bauarbeiter eingesetzt sind. Dies ist allerdings keine weltbewegende Neuigkeit, denn es ist allgemein bekannt, daß das römische Militär technisch in der Lage war, seine Lager und auch die Befestigungen selbst zu errichten.38 VII k(alendas) Maias fabricis h(omines) cccxxxxiii ex eis sutores vacat xii s[tr]uctores ad balneum vacat xviii [a]d plumbum [a]d .ar[ […].. a [] valetudinar[ ad furnaces[ ad lutum tectores [ …apil.[ ad cae[ [.].. b ad p cum[

Der Papyrus ‚Chartae Latinae Antiquiores ed. A. Bruckner, R. Marichal, Part X, Germany I (Berlin/DDR), Zürich 1979, Nr. 409 = Berlin inv. 6765¶ repräsentiert auf alle Fälle ein sehr interessantes Zeugnis, das man grob ins 2./3. Jh. datieren kann. Wahrscheinlich gehört dieser Text zu einer Produktionsstätte (fabrica) in der Verantwortung der legio II Traiana und ist eine Art von Tagesbericht, der sowohl die Zahl der beschäftigten Männer als auch Art und Anzahl der fertiggestellten Waffen oder Ausrüstungsgegenstände festhielt. Col. I XIIII] Kal. Ma[ias] [op]erati sunt in fabricam legionis milites legion(arii) immun]es []ari n(umero) C cohorta]les galliar]ii f[ic(?)

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Fulford (wie Anm. 10), 188 mit den Belegen. Stauner, Schriftwesen (wie Anm. 27), 81. ThlL VI,1 12–15 s. v. fabrica Vgl. in diesem Sinne auch Tabulae Vindolandenses II 156 und 157.

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Peter Herz ] …es ] ….VIII ] ….IIII ] lamnae levisatares X ] spathar[u]m fabricatae X ] . fabricatae VI ] elaria V ] peractae CXXV ] ……. c]lavis carrum…. Col. II XIII Ka[l(endas) Maias [op]erati sun[t in fabricam legionis milites leg[ionarii immunes [ cohortales [ galliarii Àc[ pagani [ custodiae [ s]cuta talari[a levesatae la[ item breves [ …….. [ [s]cuta planat[a arcus peracti [ capitula ball[istaria servo in p[ .[

Ein wichtiges Problem ist bisher noch nicht angesprochen worden. Wir haben sehr unterschiedliche Personengruppen, die in dieser Werkstätte arbeiten, wir können aber nicht sagen, wie sich ihre rechtlichen Bedingungen darstellten. Für die Soldaten (milites legionis bzw. leg[ionarii]) war die Arbeit in der fabrica wohl Teil ihres üblichen Dienstes. Doch dann beginnen bereits die Probleme. Die immunes und die cohortales, die ich als einfache Soldaten einstufe, sind eindeutig Angehörige des römischen Militärs, doch was fangen wir mit den ‚galliarii Àc[..?..]¶ an. Wenn wir die Grundbedeutung ‚galearius¶ nehmen, dann handelt es sich bei dem galearius oder ‚Helmträger¶ um eine Art von Bursche oder Gehilfe, der einem Reiter zugeordnet ist. Ist dieser galearius aber ein Soldat oder gehört er in die große Zwischengruppe der calones, der miliärischen Hilfskräfte? Vielleicht sollte man die Bezeichnung ‚galliarii¶ hier wirklich als kolloquiale Benennung der Hilfsarbeiter in dieser fabrica interpretieren. Ihr Status, also Militärangehöriger oder Zivilist, läßt sich momentan nicht klären. Sicherlich wurden auch Zivilisten in der fabrica beschäftigt, die sich in der Gruppe der pagani wiederÀnden.39 Doch auch bei ihnen bleiben viele Unsicherheiten: Arbeiteten diese Männer gegen Tageslohn (mercenarii), standen sie in einem festen Arbeitsverhältnis zur Truppe oder handelt es sich bei ihnen um zwangsver39 ThlL X,1 78–84 s. v. paganus.

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pÁichtete Arbeitskräfte? Welche Arbeiten übernahmen sie in der fabrica, Handlangertätigkeiten oder waren es ausgebildete Handwerker, die auch verantwortungsvolle Arbeiten übernehmen konnten? Die für die jeweiligen Tage genannten Tätigkeiten und die Zahlen für die fertiggestellten Waffen sind im Detail nicht leicht zu interpretieren, da der Text zu sehr geschädigt ist. Doch sie scheinen die folgenden Tatsachen zu sichern. 1. Die Zahl der sicherlich fertiggestellten Waffen [10 spathae, [?] fabricatae VI, usw.] und die Zahl der sicherlich eingesetzten Arbeitskräfte, die allein bei den Soldaten mindestens 100 betrug, macht deutlich, daß die Waffenherstellung eine sehr personalintensive Angelegenheit mit einem relativ geringen out-put war. 2. Es scheint sich anzudeuten, daß die Produktion von Waffen und Ausrüstungsgegenständen teilweise in eine größere Zahl von einzelnen Arbeitsgängen aufgespalten war. Dies bedeutet eine weitgehende Spezialisierung der einzelnen Arbeitskräfte. Außerdem muß man von einer sehr personal- und zeitintensiven Produktion ausgehen, die innerhalb eines Lagers kaum in der Lage war, Großserien zu produzieren.40 Um dies etwas zu verdeutlichen, habe ich den römischen Infanteriehelm der hohen Kaiserzeit ausgewählt. Der römische Helm bestand in seiner Grundform aus einer Metallkalotte, die aus einem einzigen Stück gefertigt wurde. Hergestellt wurde diese Kalotte aus dünnem Eisenblech, das in erwärmten Zustand über eine Form getrieben werden mußte. Ob bei diesem Arbeitsgang auch sofort der breite Nackenschutz ausgeschmiedet wurde, ist unsicher. Es ist auch durchaus möglich, daß dieser Teil gesondert angefertigt wurde und dann in einem weiteren Arbeitsgang an die Kalotte angeschweißt wurde. Auf jeden Fall waren diese Arbeitsgänge recht arbeitsintensiv. Beim Treiben des Helmes waren mindestens drei Arbeitskräfte [Halter des Werkstücks, Hauptschläger, eigentlicher Schmied] eingesetzt, während eine weitere Arbeitskraft parallel dazu den Blasebalg bedienen mußte, um in der Esse die Temperatur zu halten. Nach der eigentlichen Treibarbeit waren weitere Nacharbeiten notwendig, um eine glatte und nicht von Hammerspuren durchsetzte OberÁäche der Kalotte zu erreichen. In weiteren Arbeitsgängen wurden dann der bewegliche Wangenschutz und eine Stirnverstärkung angenietet. Auch die Herstellung des Wangenschutzes dürfte ein getrennter Arbeitsgang gewesen sein. Abgesehen von der Herstellung der Metallplatten, die das Ausgangsmaterial für den Helm darstellten [hier vermute ich, daß man diese Platten in Formen gegossen hat], ein sehr arbeitsintensiver Prozeß. 40 Um dies an einem Beispiel zu verdeutlichen. Ein römischer gladius wurde aus einem Stahlrohling gefertigt, der während des Fertigungsprozesses im rotglühenden Zustand mehrere hundertmal gespalten und wieder zusammengeschmiedet werden mußte, um dem Endprodukt die notwendige Elastizität und Härte zu geben. Um ein solches Schwert herzustellen, ist ein erheblicher Zeitaufwand notwendig, wobei die Frage nach den Werkzeugen noch völlig ungeklärt ist. Im Mittelalter kamen hier wassergetriebene schwere Schmiedehämmer zum Einsatz. Vom technischen Wissen hätten man in römischer Zeit solche Werkzeuge einsetzen können, doch der archäologische Nachweis scheint bisher noch nicht gelungen zu sein. Ich danke hier J. LöfÁ für die Diskussion der Problematik.

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Wenn eine aus vier Männern bestehende Arbeitsgruppe pro Arbeitstag zwei bis drei Helme herstellen konnte, denke ich, daß bereits die Obergrenze erreicht war. Dieser hohe Arbeitsaufwand könnte vielleicht erklären, warum man in der Spätantike die technisch einfacher herzustellenden Spangenhelme entwickelte. Der für die Herstellung eines klassischen Infanteriehelmes wirklich notwendige Arbeitsaufwand läßt sich m. E. nur auf experimentellem Wege klären. Die im Codex Theodosianus überlieferten Meßzahlen für die Herstellung von Helmen sind hierfür nicht verwertbar, da sich die Produktionszahlen auf die Zusatzarbeiten beziehen und diese Handwerker wahrscheinlich nicht ausschließlich für das Militär arbeiteten.41 Noch größere Aufwendungen an Arbeitszeit und Arbeitskräften sind bei der Herstellung von Metallrüstungen [lorica hamata, lorica segmentata] und Schilden zu vermuten.42 Die Konsequenz aus diesen Überlegungen ist, daß das römische Militär einfach auf die im zivilen Bereich vorhandene Arbeitskraft angewiesen war, um einsatzfähig zu bleiben. In welcher Form war aber der zivile Sektor in die Waffenproduktion eingebaut? Bei der Beurteilung des privaten Sektors stehen wir noch vor gravierenden Lücken in der Dokumentation. Das System, das sich durch Cassius Dio (69,12,2), einem fast singulären Zeugnis, andeutet, scheint auf den ersten Blick in den Kategorien der locatio-conductio und zwar operum funktioniert zu haben.43 Dio 69,12,2: … Plh;n kaq¨ o{son ta; o{pla ta; ejpitavcqenta sfivsin h|tton ejpithvdeia ejxepivtide~ wJ~ ajpodokimasqei`sin aujtoi`~ uJp Ôejkeivnwn crhvsasqai, ejpei; de; povrrw ejgevneto, fanerw`~ ajpevsthsan. „… nur die Waffen, deren Anfertigung ihnen anbefohlen worden war, stellten sie absichtlich mangelhaft her, damit sie (die Römer) sie zurückwiesen und sie dann sich selbst ihrer bedienen könnten.“

Dies bedeutet, die entscheidende Leistung, die man in diesem Fall dem privaten Sektor abforderte, war die Erbringung der Arbeitsleistung. Wer das Rohmaterial oder die Holzkohle für die Schmiedeessen bereitstellen mußte, bleibt bei Cassius Dio weitgehend im dunkeln, obwohl der Wortlaut der Stelle und auch der Kontext eher dafür sprechen, daß diese Materialien vom staatlichen Auftraggeber bereit ge41 CTh 10,22,1 (374). 42 D. Sim, Roman Chain-mail. Experiments to reproduce the techniques of manufacture, Britannia 28, 1997, 359–371 hat den Versuch unternommen, einen wahrscheinlich Arbeitsbedarf für die komplette Neuherstellung eines Kettenhemdes zu berechnen. Er ermittelte dabei einen Zeitbedarf von 4831 Arbeitsstunden bzw. 1,3 Arbeitsjahren bei einer täglichen Arbeitszeit von 10 Stunden. Um 6000 Kettenhemden zu produzieren, wären demnach 28,878 Millionen Arbeitsstunden notwendig gewesen. Man konnte hier nur durch einen großen Einsatz an Arbeitskräften zu einer schnelleren Produktion kommen. Die CTh 10,22,1 (11.3.374) genannten Meßzahlen beziehen sich auf die Verzierung von Helmen, geben also keine wirklichen Produktionszahlen wieder. Wichtig ist dabei die Unterscheidung zwischen der Arbeit an den eigentlichen Helmen (cassides) und den Wangenklappen (buculae). 43 Lit. zur locatio operum Kaser, Privatrecht (wie Anm. 27), 562 ff. Während die locatio operum üblicherweise ein Privatgeschäft ist, hat hier der römische Staat als locator einen sehr hohen EinÁuß und kann die Bedingungen nach Belieben ändern.

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stellt wurden. Dies scheint auch die Arbeitsweise der spätantiken fabricae gewesen zu sein.44 Wenn also die jüdischen Schmiede absichtlich Waffen herstellten, die nicht den Qualitätsanforderungen des römischen Militärs entsprachen und deshalb bei der Abnahme zurückgewiesen wurden, dann bedeutete dies wohl auch, daß sie damit auch das vom Staat bereitgestellte Eisen unterschlugen, damit es anschließend anderweitig verwendet werden konnte. Der weitere Wortlaut bei Cassius Dio scheint dabei anzudeuten, daß hier kein völlig freies Vertragsverhältnis zwischen gleichberechtigten Geschäftspartnern bestand, sondern daß die römischen Autoritäten die Arbeitsleistung von den Schmieden einforderten. Wer für die Qualitätsprüfung und Abnahme der Waffen verantwortlich war, bleibt weitgehend unbekannt. Möglicherweise handelte es um einen Vertreter aus dem ofÀcium des Statthalters. Dies gilt aber vor allem für den Fall, daß die Waffen für den exercitus bestimmt waren, der in der provincia stationiert war, in der sich die Produktionsstätte befand. Arbeitsleistungen, die mit denen bei Cassius Dio vergleichbar wären, Ànden sich in den beiden Katalogen der ‚munera civilia¶ bei Hermogenianus (Dig. 50,4,1) bzw. bei Arcadius Charisius (Dig. 50,4,18) nicht erwähnt. Das darf allerdings nicht verwundern, da die dort angesprochenen munera vor allem Leistungen der jeweiligen lokalen Oberschicht betreffen. Am ehesten verwertbar scheinen hier zwei Fälle zu sein, die in den Papyri Beatty Panopolis vom Ende des 3. Jh. erwähnt werden. In ersten Fall werden vom Gaustrategen auf Anforderung des procurator 4 Bäcker bereitgestellt, die an einem nicht genauer speziÀzierten Ort ihrer Arbeit nachgehen sollen.45 Im zweiten Fall handelt es sich um einen Fahndungsbefehl für einen Schmied, der samt seiner Werkzeuge zur Arbeit in ein staatliches Arsenal verbracht werden sollte.46 Hier arbeitet die römische Verwaltung in Formen, die sich ohne weiteres mit dem spätrepublikanischen Requirierungssystem vergleichen lassen, das wir durch die Inschrift Syll.3 748 = IG V 1 Nr. 1146 aus Gytheion kennen. Für den unter diesen Rahmenbedingungen arbeitenden Handwerker bedeutete dies im schlechtesten Fall eine Tätigkeit ohne jegliche Bezahlung, also eine Sonderform von Zwangsarbeit, im besseren und wahrscheinlich üblichen Fall gab es die Bezahlung eines Arbeitsentgeltes, das deutlich unter den üblichen Entlohnungen lag. In diesem Kontext ist auch die Inschrift CIL XIII 2828 = ILS 7047 (Monceauxle-Comte) zu beachten. 44 Dabei scheint bei der Metallbeschaffung ein doppeltes System existiert zu haben. Neben den direkten Lieferungen der staatlichen metalla dürften die Betreiber von privaten Schürfstellen einen bestimmten Teil ihrer Metalle an den Staat abgeliefert haben. Jones, Later Roman Empire (wie Anm. 8) 838 f. mit den Belegen in Anm. 37. CTh 11,16,15 = CJ 10,48,12 (9. Dez. 382) an den praefectus praetorio Hypatius stellt fest: …carbonis quoque, nisi eum, quem moneta sollemniter vel fabricatio secundum veterem morem poscit armorum, ab huiusmodi viri praebitio desistat. … 45 Th. C. Skeat, Papyri from Panopolis in the Chester Beatty Library Dublin, Dublin 1964 = P. Beatty Panopolis 1,187–192. Da die Männer einem Soldaten übergeben werden, ist ein militärischer Kontext anzunehmen. 46 P. Beatty Panopolis 1,213–216.

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Peter Herz M. Ulpio / Avito (centurioni) / leg(ionis) III Aug(ustae) / IIII Fl(aviae) / opiÀces loricari qui in Ae/duis consist(unt) / et vico Briviae / Sugnuntiae re/spondent quiq. / sub cura eius fu/erunt, erga ibs[os] / b(ene) [m]er(enti) pos(uerunt) „Dem Marcus Ulpius Avitus, dem centurio der legio III Augusta und der (legio) IV Flavia, haben dies die Rüstungen herstellenden Handwerker, die im Gebiet der Haeduer leben und zum vicus Brivia Sugnuntia gehören, und die unter seinem Kommando waren, weil er sich um sie verdient gemacht hat, errichtet.“

Ich vermute, daß es sich hier um einen centurio frumentarius handelt, der die Produktion der Waffen überwachte (sub cura) und möglicherweise auch die Qualitätsüberprüfung übernahm. Interessant ist auch, daß sich die Handwerker auf die Herstellung von Rüstungen spezialisiert hatten. Für welchen Endverbraucher diese Rüstungen letztendlich bestimmt waren, läßt sich kaum sagen. Wenn man den naheliegendsten Abnehmer annimmt, dann wären dies die beiden römischen exercitus am Rhein. Aber im Prinzip sind auch alle anderen Empfänger denkbar. Wenn man die Position als centurio der legio IV Flavia als künftigen Einsatzort verstehen möchte, dann könnten die Rüstungen für Truppen an der unteren Donau bestimmt gewesen sein. Wie aber kamen die Handwerker zu ihrer Bezahlung? Wenn man hier das Beispiel des spätantiken Verwaltungsablaufs nimmt, den uns die Papyri Beatty Panopolis (s. o.) überliefert haben, dann dürften die produzierten Güter direkt bei der Einheit abgeliefert worden sein bzw. sie wurden von einem Beauftragten der Einheit gegen die entsprechende Auslieferungsquittung übernommen.47 Wenn es sich um einen zivilen Lieferanten handelte, konnte dieser erst nach der Vorlage der quittierten Ablieferung die ihm zustehende Bezahlung von der Kasse des procurator erhalten.48 Welche Rolle spielten die eigentlichen Endabnehmer, also die belieferten Einheiten, in diesem Versorgungsystem? Um die Problematik etwas an einem Beispiel zu verdeutlichen: wenn eine Einheit eine Lieferung von 100 neuen Helmen und 150 neuen gladii erhielt, waren diese Ausrüstungsstücke sofort einsetzbar? Wie z. B. wurden die gladii an die Truppe ausgeliefert? Waren sie bereits einsatzfähig, d. h. bereits mit einem Schwertgriff und mit einer scharfen Klinge versehen? Hier wäre der gladius institutus zu bedenken, der in einem Zeugnis (Tab. Luguval. Nr. 16) aus der Nähe von Carlisle erwähnt wird, wobei sich allerdings die in der Diskussion vorgeschlagene Interpretation als ‚Standardschwert¶ nur schwer mit der Grundbedeutung von ‚instituere¶ = ‚einrichten¶ vereinbaren läßt.49 Daher sollte auch auf jeden Fall die Möglichkeit bedacht werden, daß das Schwert lediglich mit 47 Vgl. P. Herz, Der centurio supernumerarius und die annona militaris, Laverna 10, 1999 [2000], 165–184. 48 Dabei scheint der Amtsbereich des für das Rheingebiet zuständigen procurator Belgicae et duarum Germaniarum an die ursprüngliche Organisationsform aus der Frühphase der römischen Okkupation anzuknüpfen. 49 Vgl. Stauner, Schriftwesen 45 (wie Anm. 27) nach R. S. O. Tomlin, Roman Manuscripts from Carlisle: the Inkwritten Tablet, Britannia 29, 1998, 31–84, bes. 55–63 Nr. 16, wo gladius als Neutrum verwendet wird. Tomlin 62 versteht in seinem Kommentar ‚gladia instituta¶ als ‚regulation swords¶, also den Vorschriften entsprechend. Die dazu in Anm. 129 zitierten Quellenstellen (Cic. Phil. 13,33: Deiotari regis et patris et Àli et magnus et nostro more institutus exercitus; Suet. Iul. 24,2: unam [legionem] etiam ex Transalpinis conscriptam … quam disci-

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einen Standardschwertgriff ausgeliefert wurde oder daß man sogar ganz auf einen solchen Griff verzichtete. Dies würde bedeuten, daß man bei der Truppe erst noch eine Anpassung an die Bedürfnisse des einzelnen Soldaten durchführen mußte, dem dieses Schwert dann übergeben wurde.50 Auch die Möglichkeit, daß sich der einzelne Soldat auf seine eigene Kosten ein qualitativ besseres Schwert beschaffen konnte, scheint nicht grundsätzlich ausgeschlossen zu sein.51 Dafür könnte u. a. die Inschrift CIL XIII 6677 = ILS 2472 aus Mainz sprechen, in der ein veteranus der legio XXII als negotiator gladiarius bezeichnet wird. Pro salute imp. M. Au/rel(ii) [Commo]di Antonini / Pii Felicis, / Fortunae reduci / leg(ionis) XXII Pr(imigeniae) p(iae) f(idelis) C.Gentil/ius Victor vet(eranus) leg. / XXII Pr. p.f. m(issus) h(onesta) m(issione) negot/iator gladiarius, testamento suo Àeri / iussit ad HS n. VIII mil(ia). „Für das Heil des imperator Marcus Aurelius Commodus Antoninus Pius Felix der Fortuna Redux der legio XXII Primigenia pia Àdelis hat Gaius Gentilius Victor, ein ehrenhaft entlassener Veteran der legio XXII Primigenia pia Àdelis und Schwerthändler, in seinem Testament verfügt, daß es für einen Betrag von 8000 Sesterzen gemacht wird.“52

Wenn man allerdings die Summe von 8000 Sesterzen berücksichtig, die im Testament des C. Gentilius Victor für diese Dedikation vorgesehen war, dann könnte Victor durchaus mehr als nur Luxusschwerter an die Truppe geliefert haben. Es wäre auch denkbar, daß er als Zwischeninstanz zwischen Truppe und Produzent fungierte. Auf diesem Weg konnten sich sicherlich auch Soldaten bessere Qualitäten bei anderen Ausrüstungsgegenstäden beschaffen. Dabei vermute ich, daß vermutlich Schwert und Dolch nur mit einer einfachen Holz- oder sogar Lederscheide ausgeliefert wurden, bei der lediglich das Ortband und die Öffnung aus Metall waren. Aufwendigere Modelle, bei denen die Schwertscheide etwa künstlerisch gestaltete Schmuckplatten auf gepreßtem Metall oder Edelmetallverzierungen besaßen, mußte sich der daran interessierte Soldat oder OfÀzier wahrscheinlich auf eigene Kosten besorgen. Noch deutlicher wird das Problem bei den Helmen. Stellte man bereits bei der Produktion mehrere unterschiedliche Helmgrößen her oder mußten die Helme erst im Lager paßgenau auf den einzelnen Soldaten zugerichtet werden, indem man z. B. plina cultuque Romano institutam et ornatam …; Veget. 2,18: Ex his igitur apparet bene institutam quasi munitissimam esse civitatem) lassen sich aber m. E. auch anders verstehen. 50 Man mußte auf jeden Fall berücksichtigen, daß es unterschiedliche Handgrößen gab. Diese Detailanpassung könnte die Aufgabe eines gladiarius gewesen sein, der möglicherweise auch das Schärfen des Schwertes übernehmen mußte. 51 Vgl hierzu die Materialien bei O. Stoll, Excubatio ad signa. Die Wache bei den Fahnen in der römischen Armee und andere Beiträge zur kulturgeschichtlichen und historischen Bedeutung eines militärischen Symbols, St. Katharinen 1995, 31–35. Die von Stoll angemahnte Untersuchung der ‚privaten¶ Waffen ist immer noch ein Desiderat. 52 Es muß wohl unentschieden bleiben, wie konkret die Anrufung der Fortuna Redux zu verstehen ist. Man kann an einen früheren Einsatz der Einheit in den Markomannenkriegen denken, aber auch die unter dem Stichwort ‚Bellum desertorum¶ laufenden Unruhen in Germania superior lassen sich nicht völlig ausschließen. Dazu vgl. O. Hekster, Commodus. An emperor at the crossroads, Amsterdam 2002, 65–67, der von einem Einsatz des obergermanischen exercitus ausgeht.

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im Helminneren entsprechend dicke Lederschichten oder -polster anbrachte? Dies wäre z. B. eine denkbare Aufgabe für die custodes armorum gewesen, die jeder centuria zugeordnet waren. Dabei bin ich unsicher, ob man diese custodes als einfache Soldaten einstufen muß, die ausschließlich mit dieser Tätigkeit betraut waren, oder ob sie bei ihrer Tätigkeit auf zusätzliche Arbeitskräfte aus der Truppe zurückgreifen konnten, die sie unterstützten. DIE VERSORGUNG BEIM EINSATZ Ein bedeutender Teil der militärisch hochwertigen römischen Einheiten befand sich seit dem Ende des 2. Jh. in einem fast permanenten Einsatz fernab ihrer Standlager und damit auch fernab der üblichen Versorgungsmöglichkeiten. Sicherlich verfügten diese mobilgemachten Einheiten auch außerhalb ihrer Standlager über Waffenspezialisten, die in der Lage waren, kleinere Reparaturen an Rüstungen, Helmen, Schilden und Waffen durchzuführen bzw. Verschleißteile zu ersetzen. Solche Leute konnten ohne weiteres wieder die Kettenglieder einer lorica zusammennieten oder beschädigte Teile einer lorica segmentata ausbessern oder ersetzen. Zerbeulte Helme ließen sich wieder in Form treiben (ausbeulen), schartige Schwerter konnten man mit einem Schleifstein wieder schärfen, den die Truppen mit sich führten. Auch die Verschleißteile machten sicherlich keine Mühe. Unter Verschleißteilen verstehe ich z. B. den Ersatz der Niete bei bereits verwendeten pila, die man nach dem Kampf wieder auf dem Schlachtfeld aufgesammelt hatte. Man konnte auch die Metallspitzen von verwendeten Speeren oder Pfeilen erneut verwendeten, selbst wenn der Schaft beschädigt oder zerbrochen war. Dies setzte allerdings bei den Lanzenschäften und Pfeilen voraus, daß man einen gewissen Vorrat an passenden und vor allem ausgetrockneten Rohschäften im Troß mit sich geführt hatte. Ob diese Arbeiten aber insgesamt von den hinreichend bekannten custodes armorum erledigt werden konnten, möchte ich allerdings nachdrücklich bezweifeln. Denn wenn man den Begriff ‚custos¶ einmal unvoreingenommen betrachtet, dann scheint die Hauptaufgabe des ‚custos¶ primär die Verwaltung und Instandhaltung der im Waffendepot der Garnison eingelagerten Waffen gewesen zu sein. Ob es dabei einen Unterschied in den technischen Fähigkeiten zwischen den legiones, die eine wesentlich größere und differenzierte Zahl an Spezialisten besaßen, und den römischen auxilia gab, vermag ich momentan nicht zu entscheiden. Größere Reparaturen von Waffen erforderten den Einsatz von Spezialisten und Feldschmieden, die zudem mit Holzkohle versorgt werden mußten, um überhaupt die für die Metallbearbeitung notwendige Temperatur zu erreichen [mindestens 800 Grad Celsius].53 Wie sich die Reparatur von beschädigten Bögen im Einsatz darstellte, kann man sich nur in Ansätzen verdeutlichen. Die von den römischen Truppen verwendeten Bögen waren sicherlich in ihrer Herstellung weniger arbeitsaufwendig als die hochkomplizierten DoppelreÁexbö53 Ich hoffe, daß in absehbarer Zeit für diese Fragen auf experimentellem Wege verläßliche Zahlen gewonnen werden können.

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gen, die die Steppenvölker einsetzten und die bei ihrer Herstellung einen enormen Arbeitsaufwand erforderten.54 Doch ich scheue mich etwas, mir selbst bei römischen Bögen eine größere Reparatur von beschädigten Bögen mit ‚Bordmitteln¶ vorzustellen. Daher vermute ich zunächst, daß die Einheiten, die entweder mit der SpeziÀkation ‚sagittarii¶ versehen waren oder für die wir eine orientalische Herkunft sichern können, ihre eigenen Bogenmeister (arcuarii) besaßen und auch mit ins Feld führten, die diese Arbeiten übernehmen konnten.55 Daneben wurde wahrscheinlich ein gewisser Bestand an bereits vorbereiteten Rohbögen mitgeführt, die man lediglich noch mit den Sehnen bespannen mußte. Die dazu notwendigen Bogensehnen, die man aus Schaf- bzw. Ziegendärmen herstellte, dürften ebenfalls im Troß mitgeführt worden sein. Die hier entwickelten Rahmenbedingungen hatten natürlich Auswirkungen für die Größe des Trosses, den eine Einheit bei ihren Einsatz mit sich führen mußte, um über einen längeren Zeitraum ihre Einsatzfähigkeit zu erhalten. Vielleicht haben diese Bedingungen gewisse strukturelle Entwicklungen gefördert, die wir erst in der Spätantike bei der Verteilung der fabricae richtig fassen können. Besonders auffällig ist dies im Osten des Reiches, wo der Kompetenzbereich des magister ofÀciorum zwei interessante Gruppen von fabricae umfaßt.56 Die erste Gruppe mit den Orten Damascus, Antiochia am Orontes, Edessa, Irenopolis, Caesarea liegt im syrisch-kappadokischen Aufmarschgebiet, die zweite Gruppe mit Hadrianopolis, Marcianopolis, Nikomedeia und Sardes Àndet sich zu beiden Seiten des Marmarameeres, also in einem für Winterquartiere beliebten Raum. Möglicherweise konnte man auch bereits vor der ofÀziellen Einrichtung der fabricae dort bestehende Lücken in der Ausrüstung auffüllen. Die von M. A. Speidel in seinem Vortrag präsentierten Informationen zu den römischen Anlagen von Zeugma sprechen dafür, daß an bestimmten Orten eine gewisse Vorratswirtschaft für den Aufmarsch betrieben wurde.57

54 Für die Bogenherstellung vgl. S. James, Excavations at Dura-Europos 1928–1937. Final Report VII. The arms and armours and other military equipment, London 2004, 191–198 mit einer guten technischen Beschreibung des Bogens von Yrzi. Bei diesem konnte die Verwendung von drei unterschiedlichen Holzarten (u. a. Eiche, Ulme), Horn, Tierknochen und -sehnen nachgewiesen werden. 55 Arcuarii werden in Dig. 50,6,7 unter den Personen erwähnt, die Anspruch auf eine vacatio hatten. Eine groben Überblick über die in Frage kommenden Einheiten liefern die beiden zusammenfassenden Studien von J. E. H. Spaul, Ala2. The auxiliary cavalry units of the pre-diocletianic imperial Roman army, Andover 1994 u. ders. Cohors2. The evidence for and a short history of the auxiliary infantry units of the imperial Roman army, Oxford 2000. 56 ND Or. 10,18 ff. Vgl. auch M. Clauss, Der magister ofÀciorum in der Spätantike (4.–6. Jahrhundert). Das Amt und sein EinÁuß auf die kaiserliche Politik, München 1981 (Vestigia 32). 57 Ein weiterer Ort, der hier zu bedenken wäre, ist Apameia am Oberlauf des Orontes. Vgl. J. Ch. Balty, Apamea in Syria in the Second and Third Centuries A. D., JRS 78, 1988, 91–104, bes. 97 ff. J. Ch. Balty, W.van Rengen, Apamée de Syrie. Quartiers d·hiver de la IIe légion Parthique. Monuments funéraires de la nécropole militaire, Bruxelles 1992.

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APPENDIX Das Digestenfragment Dig. 50,6,7 aus Tarruntenus Paternus, De iure immunitatis ist hinsichtlich der darin aufgeführten militärischen Funktionen merkwürdig, da viele Chargen, für die man an sich eine immunitas erwarten würde, nicht genannt werden, während andere hier registriert sind, die man nicht regelmäßig in jeder Einheit erwarten darf. Quibusdam aliquam vacationem munerum graviorum condicio tribuit, ut sunt (1) mensores, (2) optio valetudinarii, (3) medici, (4) capsarii, et (5) artiÀces et (6) qui fossam faciunt, (7) veterinarii, (8) architectus, (9) gubernatores, (10) naupegi, (11) ballistrarii, (12) specularii, (13) fabri, (14) sagittarii, (15) aerarii, (16) bucularum structores, (17) carpentarii, (18) scandularii, (19) gladiatores, (20) aquilices, (21) tubarii, (22) cornuarii, (23) arcuarii, (24) plumbarii, (25) ferrarii, (26) lapidarii, et (27) hi qui calcem cocunt, et (28) qui silvam inÀndunt, (29) qui carbonem caedunt ac torrent. In eodem numero haberi solent (30) lani, (31) venatores, (32) victimarii, et (33) optio fabricae, et (34) qui aegris praesto sunt, (35) librarii depositorum et (36) librarii caducorum, et (37) adiutores corniculariorum, et (38) stratores, et (39) polliones, et (40) custodes armorum, et (41) praeco, et (42) bucinator. Hi igitur omnes inter immunes habentur. Die unlängt von Sommer (s.u.) vorgelegte Übersetzung des Fragmentes ist ungenau bzw. teilweise direkt falsch:58 „Einigen gewährt ihre Lage einige Freiheiten von wichtigen Diensten; dahin gehören die Landmesser, der optio, Krankenwärter, Ärzte, die Heilgehilfen, Künstler und solche, welche mit der Grabung des Lagergrabens beschäftigt sind, Tierärzte, der Baumeister, Steuermänner, Schiffszimmerleute, Hersteller von Wurfgeschützen, Spiegel- oder Glasmacher, fabri, Pfeilmacher, Kupferschmiede, Hersteller von Helmvisieren, Zimmerleute, Schindelmacher, Schwertfeger, Brunnengräber, Hersteller von Trompeten und der Hörner, Bogenmacher, Bleiarbeiter, Eisenarbeiter, Steinmetze, Kalkbrenner, Holzschläger, Kohlenbrenner. Eben dazu werden gewöhnlich auch Fleischhauer, Jäger (des Lagers), Opfertierverkäufer, der Gehilfe, der über die Waffenschmiede gesetzt ist, diejenigen, welche die Kranken warten, auch die Buchhalter, die die Beweise zu führen haben, die Buchhalter bei den Magazinen, bei den hinterlegten Geldern (der Soldaten) und bei den dem Fiskus zugefallenen, die Beistände der cornicularii, die Fouriere, die Reiniger und Bewahrer der Waffen, der Herold, der Trompeter gezählt. Alle diese werden folglich für befreit erachtet.“

Entgegen Sommer sollte man (2) optio valetudinarii zu lesen. Es handelt sich um den militärischen Leiter des Krankenhauses und den Vorgesetzten der (4) capsarii, also der Sanitäter.59 Die Aufgabe von (6) qui fossam faciunt wird etwas zu eng gesehen. Das Graben eines Lagergrabens ist Teil der alltäglichen Arbeiten eines Soldaten und dürfte daher kaum Anlaß für eine Befreiung liefern. Wenn man allerdings ‚fossam facere¶ als Planung und Anlage eines Kanals (vgl. fossa Mariana, fossa Drusiana) versteht, dann wird eine solche Befreiung schon wahrscheinlicher, da dafür Ingenieursleistungen wie Planung, Vermessung und Organisation notwendig waren. Ungeklärt muß bleiben, ob Paternus an entsprechende Arbeiten aus seiner eigenen Lebenszeit dachte oder hier nur generell auf solche Leistungen eingeht. Die 58 St. Sommer, Rom und die Vereinigungen im südwestlichen Kleinasien (133 v. Chr. – 284 n. Chr.), Hennef 2006, 83 + Anm. 378. 59 Wie die Zusammenarbeit zwischen den medici der Einheit und dem optio valetudinarii geregelt war (Kommandogewalt), ist noch völlig ungeklärt.

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Funktionen (9) gubernatores und (10) naupegi, also Steuermänner und Schiffszimmerleute, sind am ehesten bei den Flotten zu erwarten.60 Bei (13) fabri ist unsicher, ob man nicht fabri auf die beiden folgenden Begriffe (14) ‚sagittarii¶ und (15) ‚aerarii¶ zu beziehen hat. Bei den (17) carpentarii sollte man an Stelle von Zimmerleuten besser die Funktion eines Stellmachers bedenken, der bei der Instandhaltung der Wagen benötigt wurde.61 Die folgende Gruppe 19, 21, 22, 23 wirft einige Probleme auf. Während eine vacatio für einen (23) arcuarius oder Bogenmacher wegen seiner Spezialkenntnisse sinnvoll ist, sind die (19) gladiatores kaum Schwertfeger gewesen, denn dies wären eher die gladiarii. Wir kennen allerdings aus dem militärischen Umfeld Amphitheater. Ob es beim Militär wirklich eigene Spezialisten für die Herstellung von Blechblasinstrumenten gab und es auch noch notwendig war, zusätzlich zwischen der Herstellung einer tuba und eines cornu zu differenzieren, das ist höchst fraglich. Man sollte daher überlegen, ob sich nicht hinter den (21) tubarii und den (22) cornuarii in Wirklichkeit die tubicines und cornicines verbergen. Die Aufgabenbereiche 24–29 beschreiben Außenkommandos in Bergwerken [(24) plumbarii, (25) ferrarii] und Steinbrüchen [(26) lapidarii, (27) hi qui calcem cocunt], die vom Militär betrieben wurden, oder in den Wäldern [(28) qui silvam inÀndunt, (29) qui carbonem caedunt ac torrent]. Hier kann man auch die (18) scandularii oder Schindelmacher und die (31) venatores einordnen, die auf einem Jagdkommando z. B. Bären einfangen sollten. Die (32) victimarii sind keine Opfertierverkäufer, sondern die Gehilfen eines OfÀziers oder Magistraten, der in einer priesterlichen Funktion tätig wurde.62 Der (33) optio fabricae ist der Leiter einer Produktionsstätte, vgl. den aus Mainz bekannten optio navaliorum.63 Die Funktionen 35–38 beschreiben Stabsfunktionen, die am ehesten in dem Hauptquartier einer legio oder sogar im ofÀcium eines Provinzstatthalters zu erwarten sind. Interessant ist, daß bei der internen Verwaltung der Truppe nur für die eher mit zweitrangigen Aufgaben (deposita, caduca) befaßten librarii eine vacatio festgestellt wird: (35) librarii depositorum, (36) librarii caducorum. Die librarii, die etwa mit der Auszahlung des Soldes oder der Verwaltung der Lebensmittel- oder der Materiallieferungen für diese Truppe befaßt waren, werden hier nicht genannt. Daß man diesen Leuten eine vacatio verweigert hätte, halte ich für recht unwahrscheinlich, da dies völlig der Bedeutung ihres Dienstbereiches widersprechen würde. Man könnte eher vermuten, daß in unserer Digestenstelle eine Erweiterung der für diese Leute bereits existierenden vacationes auch auf die anderen Dienstbe60 H. C. Konen, Classis Germanica. Die römische RheinÁotte im 1.–3. Jahrhundert n. Chr., St. Katharinen 2000 (Pharos 15), 165. Im historischen Umfeld des Paternus wäre an die Sonderaktion des Marcus Valerius Maximianus (AE 1956,124) zu denken, bei der Kontingente von Flottensoldaten aus dem Mittelmeergebiet und aus Britannien an die obere Donau verlegt wurden. 61 In der Spätantike gehörte der Stellmacher zu den Berufen, für die der Staat (CTh 13,4,2 = CJ 10,66,1 [2. Aug. 337]) ausdrücklich Väter aufforderte, ihre Kenntnisse an die Söhne weiterzugeben. 62 Vgl. die Serie der militärischen Inschriften mit der Formulierung ‚dedicante xxx¶. 63 Vgl. P. Herz, Zeugnisse römischen Schiffbaus in Mainz. Die Severer und die expeditio Britannica, JbRGZM 32, 1985, 422–435.

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reiche gemeint ist. Ähnliches ist auch für die (36) adiutores der cornicularii zu vermuten, die jetzt ebenfalls eine vacatio in Anspruch nehmen durften, die die ihnen vorgesetzten cornicularii sicherlich schon des längeren genießen durften. Auch für die Funktionen (41) praeco = ‚Herold¶ und (42) bucinator = ‚Trompeter¶ darf man vermuten, daß sie Teil des Stabes eines Statthalters und zwar für seine öffentlichen Auftritten waren. Bei (39) polliones = ‚Reiniger der Waffen¶ sollte man auch die Möglichkeit bedenken, daß es sich um Dolmetscher handeln könnte. Die (40) custodes armorum sollte man besser als ‚Verwalter der Waffenkammer(n)¶ verstehen. Unter sachlichen Gesichtspunkten erscheinen zwei Funktionen, die hier erwähnt werden, sehr suspekt. Es sind einmal die (12) specularii, die als Spiegeloder Glasmacher verstanden werden sollen, zum anderen die (20) aquilices oder Brunnengräber.64 Vor allem die zweite Arbeit gehört sicherlich zu den Aufgaben, mit denen sich römische Soldaten auskannten, doch sind sie daher unbedingt sinnvoll? Welche Bedeutung hatte die Kunst der Glasherstellung für das römische Militär, die es erforderlich gemacht hätte, solchen Soldaten eine vacatio zu verleihen. Sollte man nicht hier die speculatores vermuten? Auch bei den aquilices wäre die Variante ‚aquiliferi¶ zu bedenken, eine Funktion, die bei den Legionen mehrfach besetzt war.65

64 Die specularii werden zwar CTh 13,4,2 = CJ 10,66,1 als Nr. 34 erwähnt. Die meisten der hier genannten Berufe ([P}uden{tis] diatretarii, eburarii, barbaricarii usw.) gehören zu den gehobenen Berufen, deren Notwendigkeit für das römische Militär sich kaum nachweisen läßt. 65 O. Stoll (wie Anm. 51). Balty, Apamea (wie Anm. 57), 99 verweist auf einen discens aquiliferum.

AUF KÜRZESTEM WEG UND GUT VERPFLEGT AN DIE FRONT ZUR VERSORGUNG PANNONISCHER EXPEDITIONSTRUPPEN WÄHREND DER SEVERISCHEN PARTHERKRIEGE Michael Alexander Speidel qua proximum et commeatibus non egenum Tac., Ann. 15,12

Rom verdankte seine militärischen Erfolge seit dem zweiten Jahrhundert in zunehmendem Mass dem Einsatz von Feldheeren, die aus Abteilungen der Grenztruppen gebildet und über grosse Entfernungen ins Kriegsgebiet geführt wurden.1 Eine entscheidende Voraussetzung dafür war, sowohl unterwegs als auch im Aufmarschund im Kriegsgebiet, eine gesicherte Versorgung dieser Truppen, denn die Marschwege waren oft mehrere tausend Kilometer lang und die Expeditionsheere konnten insgesamt einige zehntausend Soldaten umfassen. Führte jeder Kampfverband seine gesamte Ausrüstung einschliesslich des notwendigen Bedarfs an Ersatz von Waffen, Rüstungen, schwerem Gerät, Pferden, den Sklaven und Freigelassenen der Soldaten und OfÀziere usw. bei sich, so muss noch mit einem Tross von vielleicht dem selben Umfang gerechnet werden. So heisst es bei Tacitus vom Heer des Vitellius bei seinem Marsch auf Rom, es habe aus 60.000 Soldaten und einem noch grösseren Tross bestanden. 40.000 Soldaten habe das Flavische Heer bei Cremona umfasst und auch hier sei der Tross noch umfangreicher gewesen.2 Die beiden Beispiele verdeutlichen zur Genüge die Grösse und die Bedeutung der Aufgabe, die die Organisation der VerpÁegung und des Transports für solche Truppenverschiebungen an entfernte Reichsgrenzen mit sich brachten.3 Es gehörte deshalb zu den wichtigsten Aufgaben im Vorfeld eines Krieges, alle erforderlichen Massnahmen für die 1 2

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R. Saxer, Untersuchungen zu den Vexillationen des römischen Kaiserheeres von Augustus bis Diokletian (1967). M. P. Speidel, Roman Army Studies II (1992) 67 ff. Tac., Hist. 2,87. 3,33. Vgl. auch Herod. 7,8,10 f. 8,1,4 f. Siehe ferner die Überlegungen zur Länge der Marschkolonne solcher Heere bei M. Gichon, in A. R. Hands/D. R. Walker (eds.), The Defence of the Roman and Byzantine East (1986) 287–310. Dazu etwa T. Kissel, Untersuchungen zur Logistik des römischen Heeres in den Provinzen des griechischen Ostens (1995) bes. 78 ff. F. Mithoff, Annona Militaris (2001) 51 ff. Von den Strapazen der Soldaten und den Sorgen ihrer OfÀziere, die das Fehlen einer organisierten Lebensmittelversorgung auf dem Marsch mit sich brachte, berichtet in aller Anschaulichkeit Xenophons Anabasis. Der selbe Text, aber auch Quellen aus der römischen Kaiserzeit verdeutlichen zudem, welche Leiden und Belastungen der Durchzug eines grossen Heeres für die Zivilbevölkerung bedeuten konnte: siehe etwa H. Halfmann, Itinera principum (1986) 70 ff.

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VerpÁegung der Soldaten und den Transport des Materials sicherzustellen, denn eine ungenügende Vorbereitung hätte jeden Feldzug schon gleich zu Beginn scheitern lassen können.4 Die Organisation der Heeresversorgung und ihre Entwicklung ist ein grosses Thema mit noch vielen offenen Fragen, wie etwa jener nach der Einrichtung, den Aufgaben und der Entwicklung einer zentralen, provinzübergreifenden Organisation oder nach dem Anteil, den die Truppen selbst oder in Zusammenarbeit mit privaten Unternehmen zu ihrer Versorgung beisteuerten.5 Für die Reisen der Kaiser mit ihrem umfangreichen Gefolge konnten die notwendigen Massnahmen in Friedenszeiten bis zu einem Jahr im Voraus bekannt gegeben werden.6 Bei Feldzügen musste aber in den meisten Fällen erheblich schneller gehandelt werden. Denn der Erfolg der Expeditionsheere hing auch wesentlich davon ab, wie schnell und wie gut ausgerüstet die Truppen ins Kriegsgebiet gelangten, sowie von der logistischen Unterstützung, die sie am Kriegsschauplatz selbst erhielten. Die erhaltenen Quellen lassen dabei nur erahnen, mit welchem organisatorischen und administrativen Aufwand die Vorbereitung und die Durchführung solcher Feldzüge verbunden waren.7 Die hier besprochenen und teils neu vorgestellten Zeugnisse aus der Zeit der severischen Partherkriege sind deshalb besonders willkommen, denn sie werfen weiteres Licht auf die damalige Organisation der Heeresversorgung. Neue Einsichten in die Versorgung von Caracallas Feldheer während seines Partherfeldzugs erlaubt vor allem ein vor Kurzem veröffentlichter Papyrus aus der Zeit zwischen dem 29. August 216 und dem 8. April 217. Aus diesem Text geht hervor, dass die Landbesitzer im ägyptischen Philadelphia eine Sonderabgabe in Naturalien oder Geld zu leisten hatten, die für die kaiserlichen Heere Caracallas nach Syrien zu senden waren:8 … tw'n paraskeuazomevnwn e¢idj w'n te kai; genw'n pempomevnwn eij~ Surivan toi'~ genneotavtoi~ strateuvmasi tou' kurivou hJmw'n¢ ¢ A¢ut¢j [¢ o]k¢ra ¢ t¢v o¢ r¢ o¢ ~ Seouhvrou ¨Antwneivnou Eujtuco• u'[~] E¢us j ebou'~ Sebastou'. Der ofÀzielle Befehl zur Erhebung dieser Sonderabgaben war zweifellos vom Statthalter erlassen worden, der seinerseits dazu eine Anordnung vom Kaiser erhalten haben muss.9 Zu diesem Zeitpunkt

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Veg. 3,3. Zur mittlerweile umfangreichen Literatur zur römischen Heeresversorgung siehe etwa J. Roth, in Y. LeBohec, Les légions de Rome sous le Haut-Empire (2000) 707 ff. Ferner die Beiträge in P. Erdkamp (ed.), The Roman Army and the Economy (2002). P. Kehne, in P. Erdkamp (Hg.), A Companion to the Roman Army (2007) 323–338 jeweils mit weiterer Literatur. Zur Organisation der Heeresversorgung während Feldzügen siehe auch F. Bérard, MEFRA 96 (1984) 259–324. Ferner: IK 27,1. 8. 9. 12. 20. TAM V 2, 1143 etc. W. Eck, Xantener Berichte 14 (2006) 49–57. Halfmann, Itinera (wie Anm. 3) 74. Siehe die Literatur oben in Anm. 3 und 4. P. Yale III 137 vom 25. Regierungsjahr Caracallas (d. h. zwischen dem 29. August 216 und dem 8. April 217). Zu diesem Text P. Schubert, A Yale Papyrus (P Yale III 137) in the Beinecke Rare Book and Manuscript Library III (2001). Zu paraskeuazomevnwn bemerkt Schubert, A Yale Papyrus (wie Anm. 8) 67: „The term was probably taken from the ofÀcial order to levy the special tax“. Ein vergleichbarer Text aus dem Jahre 229, BGU II 659, wurde auf Anordnung des Epistrategen Didius Balbinus in Soknopaiou Nesos öffentlich ausgehängt.

Zur Versorgung pannonischer Expeditionstruppen

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hatte der Feldzug ins Gebiet jenseits des Tigris bereits begonnen.10 Philadelphia war damals nicht der einzige Ort in Ägypten, in dem eine besondere Kriegsabgabe gefordert wurde. Vielmehr zeigen auch weitere Papyri, dass seit 216 an anderen Orten in Ägypten ebenfalls Requisitionen von Getreide, Packtieren und Geld durchgeführt und für Caracallas Expeditionstruppen nach Syrien gesandt wurden.11 Das Getreide war, wie aus einem der Papyri zu erfahren ist, nach Alexandria zu bringen.12 Beim weiteren Transport und dessen Organisation haben dann die ReichsÁotten und ihre Praefekten sowie die syrischen Hafenstädte Seleuceia und Laodiceia offensichtlich eine wichtige Rolle gespielt.13 Die Formulierung eij~ Surivan toi'~ genneotavtoi~ strateuvmasi tou' kurivou hJmw'n im Papyrus aus Philadelphia zeigt somit erneut die grosse Bedeutung (Nord-)Syriens bei der Organisation der Versorgung von Caracallas Expeditionsheer.14 Bevor solche Feldheere jedoch in Syrien eintrafen, hatten sie oft eine Anreise von Tausenden von Kilometern zurückzulegen. Ein weiteres Element bei der Versorgung von Expeditionsheeren bestand deshalb in der Bereitstellung von bestimmten Gütern des Nachschubs an wichtigen Stellen entlang der Marschroute. Das castellum von Aulutrene, nahe der phrygischen Stadt Apameia im Süden der Provinz Asia, bietet dafür ein aufschlussreiches Beispiel, dessen Bedeutung in diesem Zusammenhang bisher allerdings noch nicht vollständig erfasst wurde.15 Hier und im benachbarten Apameia sind seit dem mittleren zweiten und bis weit ins dritte Jahrhundert zahlreiche Einheiten der Donauarmeen (legio I Italica, legio IIII Flavia, legio VII Claudia, legio XI Claudia, cohors I praetoria, ala I Gaetulorum, Hemeseni) vor allem durch Grabsteine ihrer Soldaten nachgewiesen.16 Da Grabsteine jenen Soldaten, die unterwegs starben, meist erst an den grossen Sammelstellen oder bei ihren Truppenlagern errichtet wurden,17 ist Aulutrene als wichtige Etappenstation auf dem Verbindungsweg zwischen der Donau und den östlichen Kriegsschauplätzen zu erkennen. Hier weihten in den Jahren zwischen 198 und 209 auch neun mil(ites) conducto(res) kastelli der leg(io) XI Cl(audia) und der leg(io) I 10 Wohl im Sommer 216 und jedenfalls nach dem 27. Mai: SEG 17, 759. Siehe auch Herodian 4,11,2 ff. und den Kommentar von C. R. Whittaker in der Ausgabe der Loeb Classical Library Bd. I (1969) 434 ff. Ferner Dio 78,1 ff. HA Car. 6 f. 11 BGU I 266. P.Oxy. XLIII 3091. P. Stras. VII 688. Siehe auch Mitthof, Annona (wie Anm. 3) 53 ff. 12 P.Oxy. XLIII 3091. 13 H. Seyrig, in Mélanges syriennes offerts à R. Dussaud I (1939) 451–459. D.v. Berchem, BJ 185 (1985) 47–87. M. Reddé, Mare nostrum (1986) 372 ff. J.-P. Rey-Coquais, in E. Dabrowa (Hg.), The Roman and Byzantine Army in the East (1994) 149–163. A. Gebhardt, Imperiale Politik und provinziale Entwicklung (2002) 134 ff. 157 ff. M. Hartmann/M. A. Speidel, in R. Early et al., Zeugma: Interim Reports (2003) 124 f. 14 In Nordsyrien lag das Heer auch am Ende dieses Feldzugs wieder: Dio 78,28,2. 78,29,2. 78,34,2 und 5. Vgl. z. B. auch AE 1972, 626 und 628 für Getreidelieferungen aus Cilicia nach Syrien für kaiserliche Expeditionsheere des dritten Jahrhunderts. 15 Siehe hierzu und zum Folgenden auch M. A. Speidel, Soldaten und Zivilisten, in Ders., Heer und Herrschaft im Römischen Reich der Hohen Kaiserzeit (2009) 489 ff. 16 M. Christol/T. Drew-Bear, in Y. LeBohec (Hg.), La Hiérarchie (Rangordnung) de l·armée Romaine sous le Haut-Empire (1995) 57–87, bes. 87 Anm. 200 mit einer Liste der Zeugnisse. 17 Siehe nur AE 1941, 166. AE 1993, 1572. RIU 3, 720. 944. ILS 2306. 2307. etc.

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Ita(lica) einen Altar für die Kaiserfamilie. Sie gehörten einer vex(illatio) Aulutre(nensis) an, die unter dem Kommando eines primuspilus stand und die, wie der Name der Abteilung nahelegt, für einige Dauer hier stationiert waren. Als milites conductores hatten sie zweifellos mit der Heeresversorgung zu tun.18 Ihre Tätigkeit darf man deshalb vor allem auch im weiteren Umfeld von Aulutrene und Apameia und zweifellos im Zusammenhang mit dem Durchmarsch grösserer Feldheere vermuten. Das Lager von Aulutrene ist somit nicht allein als Etappenort sondern auch als wichtige Versorgungsbasis der Expeditionstruppen auf ihrem Marsch ins Kriegsgebiet und bei ihrer Rückkehr an die Donau zu beurteilen. Mit der Vorbereitung und der Durchführung solch grosser Truppenverschiebungen durch das westliche Kleinasien wurden offenbar Primipilare betraut, zu denen vielleicht auch C. Titius Similis aus Köln gehörte, denn er hatte in der ersten Hälfte des dritten Jahrhunderts die Stellung eines prae/positus vexill(ationum) e[xpeditionis pe]r Asiam, L[y]ciam / Pamphyliam et Phrygiam inne.19 In Apameia ist in der zweiten Hälfte des zweiten Jahrhunderts noch ein weiterer Primipilar, Iulius Ligys, bezeugt, der dort für seine Wohltaten gegenüber der Stadt geehrt wurde.20 Stephen Mitchell hat angenommen, dass auch er für die Soldaten in Aulutrene zuständig gewesen sei.21 Diese Annahme wird nun durch eine Inschrift aus Kilter in der phrygischen Pentapolis bestätigt, die vermutlich in die späten Jahre der Regierungszeit des Commodus gehört. In dieser Inschrift spricht der Prokonsul der Provinz Asia zwei Truppenbefehlshaber an, einen (in der Inschrift namentlich nicht genannten) Tribunen sowie einen Kommandeur namens Ligys. Beide befehligten Soldaten im Süden der

18 AE 1988, 1030 = AE 1995, 1512. Dazu Speidel (wie Anm. 1) 193 f. S. Mitchell, Anatolia. Land, Men, and Gods in Asia Minor. Vol I (1993) 121. Vgl. auch Christol und Drew-Bear (wie Anm. 16) 71 und 78. Zu conductores beim Heer sowie zur Rolle der primipili bei der Heeresversorgung bes. A. Mócsy, Pannonien und das römische Heer (1992) 106 ff. und bes. 118 ff. L. Wierschowski, Heer und Wirtschaft (1984) 276 mit Anm. 746. Speidel (wie Anm. 1) 193 f. Siehe auch F. Mithoff, Annona Militaris (2001) 38 f. und 305 f., der jedoch irrt, wenn er die conductores „in jedem Fall“ als Privatleute bezeichnet. Dagegen sprechen sowohl AE 1988, 1030 = AE 1995, 1512 und ILS 9103 als auch die papyrologischen Zeugnisse RMR 58 ii 5 und 70 a ii 18 sehr deutlich. In anderen Fällen könnte es sich aber durchaus um Private gehandelt haben. Vgl. auch CIL III 365 (Apameia): –] / qui Apameae negotiantur / h(onoris) c(ausa) sowie Dig. 16,2,20. Kaum zutreffend ist jedoch die Annahme von Christol und Drew-Bear (wie Anm. 16) 78, dass die neun milites conductores kastelli von Aulutrene mit dem Bau oder der Reparatur des castellum beauftragt waren. 19 ILS 3172. Dazu Saxer, Vexillationen (wie Anm. 1) 16 Nr. 119. Saxer sieht im Kommando des Similis jedoch einen Auftrag, im westlichen und südlichen Teil Kleinasiens militärische Unternehmungen auszuführen, was ebenfalls nicht ausgeschlossen werden kann. 20 IGRR IV 786. Die Inschrift wurde wegen M. Aelius Apollinaris, grammatevw~ tou' dhvmou von Apameia, der für die Errichtung des Denkmals verantwortlich war, in die Regierungszeit des Antoninus Pius gesetzt, weil ein Aelius Apollinaris aus Apameia für jene Zeit durch lokale Münzen bekannt ist: BMC Phrygia 96, Nr. 159. Allerdings hiess dieser Mann P. Aelius Apollinaris und könnte ein älterer Verwandter unseres Mannes gewesen sein. Lokale Münzen mit dem Namen eines M. Aelius Apollinaris (der Mann auf IGRR IV 786?) können offenbar nicht helfen, den Zeitraum enger einzugrenzen: RN (1892) 82, 44. 21 Mitchell, Anatolia (wie Anm. 18) 121, Anm. 27.

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Provinz Asia.22 Das sehr seltene cognomen Livgu~, die zeitliche und örtliche Nähe der Zeugnisse sowie der beiderorts bezeugte hohe militärische Rang lassen kaum einen Zweifel daran, dass es sich in den genannten Inschriften von Apamea und Kilter um die selbe Person und mithin um den Kommandanten von Aulutrene gegen Ende der Regierungszeit des Commodus handelte. Es ist deshalb anzunehmen, dass die Versorgungsbasis in Aulutrene nicht nur während der grossen Kriege im Osten unterhalten wurde. Dafür spricht vielleicht auch ein gestempelter Ziegel der niedermoesischen legio IIII Flavia, der dort gefunden wurde und der zeigt, dass diese Legion in Aulutrene Bauten aus dauerhaftem Material errichtet hat, deren Nutzung wohl kaum allein für die Dauer eines einzigen Feldzuges vorgesehen war.23 Vergleichbare Häufungen von Soldatengrabsteinen und anderen Militärinschriften provinzfremder Heere an den grossen Verbindungsrouten zwischen den Donauprovinzen und den östlichen Grenzregionen weisen auf weitere grössere und kleinere Anlagen dieser Art, so etwa besonders beim thrakischen Perinthus24 oder im galatischen Ankyra,25 aber vermutlich auch in Byzantion,26 Prusa ad Olympum,27 Amasia,28 Tyana,29 Stratonikeia30 etc. Zusammen beleuchten sie nicht nur die grosse strategische Rolle dieser Routen durch Kleinasien, sondern auch eine von der Forschung bisher kaum wahrgenommene,31 bedeutende militärische Infrastruktur, deren Zweck es zweifellos war, den römischen Truppen den schnellsten Weg ins Kriegsgebiet durch die Bereitstellung fester Lagerplätze sowie der notwendigen Lebensmittel und Versorgungsgüter zu ermöglichen.32

22 T. Hauken, Petition and Response (1998) 189 = SEG XLVIII 1514, Z. 7 (Ligys). Das Kommando dieses Ligys ist im Text von Kilter deutlich abgesetzt und jedenfalls völlig unabhängig von jenem des ceilivarco~, in dem wohl der Befehlshaber der Kohorte von Eumeneia zu sehen ist. Siehe dazu Speidel, Soldaten (wie Anm. 15). 23 AE 1995, 1513. Dazu Christol/Drew-Bear (wie Anm. 16) 75 ff. 24 AE 1998, 1184. M. H. Sayar, Perinthos – Herakleia (Marmara Ereglisi) und Umgebung (1998) 67. 75. 76. 77. 79. 295. etc. sowie bes. ILS 1141 und AE 1926, 79: praeposito vexillatio/nib[us] Illyricianis Perinthi / tendentibus. 25 E. Bosch, Quellen und Geschichte der Stadt Ankara im Altertum (1967) Nr. 109. 110. 111. 112. 175. 176. 177. 178. 182. 183. 187. 213. 268. 269. 270. 271. 272. 362. 363. 366. AE 1977, 811. etc. 26 IK 58, 15. 122. 123. 294. SEG XXIV 888. etc. Zur Bedeutung der Stadt für den Durchzug von Expeditionsheeren siehe auch Tac., Ann. 12,62. M. P. Speidel, Roman Army Studies I (1984) 9 f. 27 IK 9, 37. IK 39, 174. IK 40, 173. 28 CIL III 6748. 13635. AE 1990, 893. AE 1991, 1473. 1474. AE 1992, 1670. 29 IK 55, 53. 54. 55. 128. AE 1997, 1524. 30 IK 22, 1224a = B. Lörincz, Die römischen Hilfstruppen in Pannonien während der Prinzipatszeit (2001) 481. 1239. 31 Siehe z. B. M. Sartre, in G. Urso (Hg.), Tra Oriente e Occidente. Indigeni, Greci e Romani in Asia minore. (2007) 231: „en Asie Mineure, on sait que l·armée n·occupe qu·une place modeste“. Das trifft aber nur auf die dauerhaft dort stationierten Einheiten zu. 32 Siehe etwa Tac., Ann. 15,12: Ille (sc. Corbulo) … qua proximum et commeatibus non egenum, regionem Commagenem, exim Cappadociam, inde Armenios petivit. Vgl. auch Tac., Ann. 12,46: castellum commeatu egenum. Zu den Auswirkungen dieser Infrastruktur auf die Zivilbevölkerung Kleinasiens siehe Speidel (wie Anm. 15).

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Weiteres Licht auf solche Anlagen sowie auf die mögliche Bedeutung des kurzen eij~ Surivan im oben erwähnten Papyrus aus Philadelphia, werfen die jüngsten Ergebnisse der Feldforschungen bei Zeugma am Euphrat.33 Denn hier konnte in einem unmittelbar südwestlich an die Stadt angrenzenden, ca. 20 ha grossen und über mehrere Plateaus verteilt liegenden Areal ein ausschliesslich militärisch genutzter Platz nachgewiesen werden, der offenkundig für die Versorgung von Feldheeren eine bedeutende Rolle gespielt hat. Dieses Areal ist im Norden und im Süden von zwei parallelen Hügelzügen eingeschlossenen, von denen der südliche in seiner Mitte einen künstlichen Durchbruch aufweist. Im Osten grenzt das Gebiet an die steilen Abhänge des Belkis Tepe, während es im Westen durch das kleine aber tiefe Tal Bahçe Dere begrenzt wird. Das ganze Areal ist damit deutlich vom Stadtgebiet getrennt. Über das gesamte Areal (deutlich vermehrt jedoch in der nördlichen, stadtnahen Hälfte) und auf den beiden Hügelzügen verstreut fanden sich bei intensiven OberÁächenbegehungen aber auch als Funde aus Sondierschnitten zahlreiche von römischen Truppen gestempelte Dachziegel. Für die Deutung des beschriebenen Areals ist es wichtig, dass die grossÁächigen Grabungen des Jahres 2000 im Stadtgebiet von Zeugma nicht einen einzigen solchen Ziegelstempel erbrachten. In einem recht deutlich begrenzten Bereich im nördlichen Teil des Areals konnten zudem siebzehn in sehr sorgfältigen Buchstaben auf Steinplatten gemeisselte, heute aber in kleine Bruchstücke zerschlagene Fragmente verschiedener lateinischer Inschriften des zweiten und dritten Jahrhunderts geborgen werden.34 Es darf angenommen werden, dass sie vor allem als Verkleidungsplatten von Statuensockeln gedient hatten. Das wenige, was die spärlichen Textreste noch erkennen lassen, sind Fragmente von Kaisertitulaturen, von Namen, Dedikationsformeln, und möglicherweise von Funktionstiteln. Aussagekräftig ist aber vor allem der Umstand, dass alle Fragmente lateinische Buchstaben tragen, was in Zeugma zweifellos auf das römische Heer weist. Auch hier fehlen aus dem eigentlichen Stadtgebiet vergleichbare Funde. Die geophysikalischen Untersuchungen, die mittlerweile auf nahezu der ganzen nördlichen Hälfte des Areals durchgeführt werden konnten35 sowie die zu ihrer Ergänzung und VeriÀzierung gegrabenen Kontrollschnitte ergaben den Nachweis von rechtwinkligen Strassenzügen und dazu parallel stehenden, grossen, mehrphasigen Überbauungen. Zwar sind keine abschliessenden Aussagen möglich, bevor nicht grossÁächige Grabungen durchgeführt wurden, doch scheinen einige der erkennbaren Grundrisse auf grössere Lagerbauten hinzuweisen. Strukturen, die auf 33 Ausführlich hierzu und zum folgenden bes. Hartmann/Speidel (wie Anm. 13) 100 ff. M. Hartmann/M. A. Speidel, in W. Aylward (ed.), The 2000 Rescue Excavations at Zeugma. (Packard Humanities Institute, Los Altos. Im Druck). 34 Hartmann/Speidel (wie Anm. 13) 112 ff. Hartmann/Speidel (wie Anm. 33) Àg. 21 mit den Funden bis 2003. Seither konnten noch drei weitere solche Fragmente im selben Fundgebiet geborgen werden. Die zeitliche Einordnung ist nur nach den Buchstabenformen möglich. In ihrem zerschlagenen Zustand dienten die Bruchstücke vermutlich als Platten für einen Boden. Dazu Hartmann/Speidel (wie Anm. 33) Àg. 22. Auch zahlreiche unbeschriebene Bruchstücke von Steinplatten wurden gefunden. 35 Durchgeführt von Prof. Dr. Mahmut Drahor, Dokuz Eylül Universität, Izmir.

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Mannschaftsunterkünfte oder Kasernen hinweisen, fehlen dagegen bisher. Für die Deutung der Überbauung des Areals ist es ferner bedeutsam, dass aus nahezu allen Kontrollschnitten Reste römischer Waffen zutage kamen (Kettenhemden, Panzerschuppen, Helmfragmente, Pfeil- und Speerspitzen, Beschläge und Spannbuchsen von Katapulten, Geschossbolzen, Fussangeln, Pionieräxte etc.). An einzelnen Stellen, die auf den geomagnetischen Aufnahmen auch deutlich zu erkennen waren, konnten dabei gleich grössere Mengen metallischer Waffenreste geborgen werden. Diese Aufnahmen zeigen noch mehrere weitere solche Stellen an, die aber bisher noch nicht archäologisch untersucht werden konnten. Die bisherigen chronologischen Hinweise für die Belegung des Platzes aus den Kontrollschnitten liefern vor allem mehrere Münzen und die Keramik. Sie weisen auf eine Nutzung des Areals zwischen dem späten ersten und dem 4. Jahrhundert. Weiter reichende Aussagen ermöglicht eine Zusammenstellung der bisher bekannt gewordenen Ziegelstempel: C ’ THR[– LEG P IN LEG I LEG I IT LEG II LEG III LEG III AV•[– LEG IIII LEG IIII SCY LEG VII LEG VII CPF LEG XIIII

1 1 2 1 2 11 1 7 198 4 1 4

Total

23336

Ziegel sind Baumaterial. Aus diesem Bild geht deshalb deutlich hervor, dass die legio IV Scythica den grössten Anteil an den Bauarbeiten im untersuchten Areal hatte, denn ihre Ziegel machen rund 85 % des Gesamtbestandes aus. Dazu passt, dass sich die Bautätigkeit der legio IV Scythica in der ganzen näheren und weiteren Umgebung nachweisen lässt.37 Die eigentliche Überraschung ist aber, dass auch zahlreiche andere Einheiten hier geziegelt und somit sicherlich auch Bauten errichtet haben.38 Es fällt auf, dass im Gegensatz zu den Stempeln der legio IV Scythica 36 Berücksichtigt sind hier alle bis Ende 2006 geborgenen Stücke. In dieser Zahl nicht eingeschlossen ist jedoch eine grosse Menge an Ziegelstempeln aus der selben Fundgegend, die nicht mehr lesbar oder auf Grund des Erhaltungszustandes keiner Einheit mehr zuweisbar sind. 37 M. A. Speidel, in D. Kennedy (ed.) The Twin Towns of Zeugma on the Euphrates (1998) bes. 166 ff. und 176 ff. M. A. Speidel, in LeBohec, Les légions (wie Anm. 4) 332 ff. Hartmann/Speidel (wie Anm. 13) Nr. 1. 38 Dies spricht gegen die Annahme, dass wir es hier mit dem Standlager der legio IV Scythica zu tun haben, die mindestens bis in die Mitte des 3. Jh.s in der Umgebung von Zeugma ihr Standlager hatte: Speidel, in Kennedy, Twin Towns (wie Anm. 37) 175 f. Dagegen spricht ausserdem,

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die Mehrzahl der übrigen Legionsstempel nur eine Ziffer und keine Namen zeigen. Dies scheint deshalb eine besondere Eigenart der bei Zeugma ziegelnden Expeditionstruppen gewesen zu sein. Die gestempelten Ziegel und die mit ihnen verbundenen Baumassnahmen lassen sich ohne grossÁächige Grabungen zeitlich nicht näher einordnen. Auch deshalb sind die Grabinschriften römischer Soldaten aus der West-Nekropole, die dem untersuchten Areal gegenüber liegt und von diesem durch das kleine Tal Bahçe Dere getrennt ist, besonders willkommen. Auf diesem Friedhof wurden im zweiten und dritten Jahrhundert zahlreiche Bewohner der Stadt Zeugma begraben.39 In einem recht eng begrenzten Bereich fanden sich hier aber auch lateinische Grabsteine römischer Soldaten. Es ist deshalb von Bedeutung, dass in unmittelbarer Nähe auch einige gestempelte Ziegel der legio IV Scythica geborgen werden konnten. Allerdings wurde bisher lediglich ein einziger, sehr bruchstückhaft erhaltener Grabstein gefunden, der allenfalls einem Soldaten der vierten Legion zugewiesen werden könnte.40 Alle übrigen gehören Soldaten von der Donaugrenze. Bisher veröffentlicht sind Grabsteine von Soldaten der legio I Adiutrix,41 der legio II Adiutrix,42 der legio VII Claudia pia Àdelis,43 der legio X Gemina,44 und der cohors milliaria Maurorum.45 Mit Ausnahme des Grabsteins eines optio der legio VII Claudia pia Àdelis gehören alle Inschriften ans Ende des zweiten oder ins dritte Jahrhundert.46 Aus der Zeit von Septimius Severus· zweitem Partherkrieg stammt der Grabstein des Sep(timius) Longinus von der legio I Adiutrix, der mit acht Dienstjahren verstarb.47 Da Septimius Severus seinen Familiennamen offenbar nur ganz zu Be-

39 40 41 42

43 44 45 46 47

dass weder aus den Nekropolen der Stadt Zeugma noch aus der unmittelbaren Umgebung bisher ein Hinweis auf einen Soldatenfriedhof der 4. Legion gewonnen werden konnte. Schließlich wäre auch die Wahl der auf mehreren Plateaus gelegenen Felder für ein ständiges Legionslager der Hohen Kaiserzeit ganz ungewöhnlich – dies umso mehr, da in unmittelbarer Nähe grosse, Áache und durch römische Wasserleitungen und Strassen erschlossene Felder zur Verfügung gestanden hätten. Auf den ersten Blick scheinen die Ziegelfunde bei Zeugma an den Befund von Porolissum zu erinnern, wo viele Ziegel der l(egio) VII G(emina) f(elix) und der l(egio) III G(allica) aus der Zeit vom Ende des 2./Anfang 3. Jh. gefunden wurden: N. Gudea, 44. JbRGZM (1997) 48 f. Siehe jedoch die Erklärung dieser Funde bei I. Piso, in LeBohec, Les légions (wie Anm. 4) 206 ff. 218 ff. Die Richtigkeit von Pisos Argumenten ergibt sich auch aus dem Vergleich mit den Zeugnissen (Inschriften und Ziegelstempel) der legio IIII Flavia in Aquincum: E. Ritterling, RE 12 (1924) 1544 f. und A. Mócsy, RE Suppl. 9 (1962) 616. J. Wagner, Seleukeia am Euphrat/Zeugma (1976) 147 f. AE 1977, 822 = Speidel, in Kennedy, Twin Towns (wie Anm. 37) 176 Nr. 1. AE 1977, 819. AE 1977, 820. Allerdings ist die Herkunft aus der Westnekropole dieses bruchstückhaft erhaltenen Grabsteins, der sich jetzt im archäologischen Museum in Sanliurfa beÀndet (Inv.Nr. 1419), – wenn auch mit guten Gründen – nur erschlossen. Dazu Wagner, Seleukeia (wie Anm. 39) 534 Nr. 2. Eine weitere Inschrift unten im Text. AE 2003, 1789. AE 1977, 821. AE 2003, 1790. Speidel (wie Anm. 1) 212 ff. Hartmann/Speidel (wie Anm. 13) 115 ff. AE 1977, 819: D(is) M(anibus). / Sep(timio) Longino / mil(iti) leg(ionis) I Ad(uitricis) / p(iae) f(idelis) stip(endiorum) VIII. Ae(lius) Cesianus) / heres eius / ponere cu/ravit. Vixit / annos

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ginn seiner Herrschaft vergab, wird Longinus vermutlich im Jahre 201, nur kurz vor der Rückkehr seiner Legion an die Donau, bei Zeugma am Euphrat begraben worden sein.48 Ein weiterer, bisher noch unveröffentlichter Grabstein eines Soldaten der legio II Adiutrix kam im Jahre 2003 in der Westnekropole zum Vorschein:49 D(is) M(anibus) L(ucius) Sep(timius) Patern(u)s q(uondam) mil(es) leg(ionis) II Adi(utricis) p(iae) f(idelis) ann(orum) L stip(endiorum) XX [–––]+[–]sanus [here]ns (?) eiu[s] [pon]end(um) curavit.

Abb. 1: Grabstein des L. Septimius Paternus

XXVI. Dazu Speidel (wie Anm. 1) 212 ff. noch mit einer Datierung in die Zeit von Caracallas Partherkrieg. Verbessert in: M. P. Speidel, in Twin Towns (wie Anm. 37) 203 Anm. 67. 48 Zur Namensverleihung: A. Mócsy, in E. Weber/G. Dobesch (Hg.), Römische Geschichte, Altertumskunde und Epigraphik. Festschrift A. Betz (1985) 403 ff. Zur Abreise des Kaisers und des Expeditionsheeres aus Syrien zu Beginn des Jahres 202 siehe A. R. Birley. The African Emperor. Septimius Severus (1988) 140 f. Zur Rückkehr der pannonischen Expeditionstruppen mit dem Kaiser im Jahre 202: B. Lörincz, in LeBohec, Les légions (Anm. 4) 166. 49 Eine vollständige Veröffentlichung mit Kommentar erfolgt in Hartmann/Speidel (Anm. 33). Noch unveröffentlicht ist auch ein weiteres, 2004 geborgenes, allseitig gebrochenes kleines Bruchstück eines Grabsteins aus der Westnekropole mit vier lateinischen Buchstaben auf drei Zeilen.

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Der Vorname zusammen mit dem abgekürzten Familiennamen des verstorbenen Lucius Septimius Paternus sowie das allgemeine, auf das ausgehende zweite oder das dritte Jahrhundert weisende Erscheinungsbild der Inschrift legen es nahe, dass auch dieser Soldat der legio II Adiutrix seinen Namen von Septimius Severus beim Eintritt in die Legion erhalten hatte. Mit seinen zwanzig Dienstjahren (die Zahl ist vielleicht gerundet) wird Paternus deshalb am Partherkrieg Caracallas teilgenommen haben und vermutlich im Jahre 215 bei Zeugma begraben worden sein.50 Wie die Inschrift eines aquilifer der legio II Adiutrix aus Byzantion vom Jahre 214 zeigt, war diese Einheit offenbar nicht als Vexillation sondern als vollständige Legion in den Partherkrieg Caracallas gezogen, wie sie es, im Gegensatz zu anderen Legionen, auch sonst im zweiten und dritten Jahrhundert häuÀg getan hat.51 Im Verlauf der severischen Partherkriege wurden ausserdem ein dup(licarius) leg(ionis) X G(eminae) sowie ein weiterer Soldat der legio II Adiutrix in Zeugmas Westnekropole begraben.52 Zu welchem Zeitpunkt vor der Mitte des dritten Jahrhunderts der Grabstein eines Soldaten der cohors milliaria Maurorum equitata auf diesem Friedhof errichtet wurde, lässt sich nicht genauer erkennen.53 Zweifellos war aber die Kohorte aus Matrica an der unterpannonischen Donau zusammen mit Legionssoldaten aus der Pannonia inferior während eines der Orientfeldzüge dieser Zeit vorübergehend ins Lager bei Zeugma gezogen.54 Obschon die legio XIIII Gemina als einzige Legion Pannoniens bisher mit keinem Grabstein in der Westnekropole vertreten ist, darf man annehmen, dass auch ihre Soldaten für die Partherfeldzüge der Severer ins Lager bei Zeugma eingerückt sind. Denn nicht nur ist ihre Teilnahme an diesen Unternehmen bezeugt55 und ihre Trennung von den übrigen pannonischen Legionen unwahrscheinlich,56 sondern es haben sich im beschriebenen Militärfeld bei Zeugma auch vier von ihr gestempelte

50 Vgl. auch die schon öfter geäusserte Vermutung, dass die Truppen aus den Donauländern den Winter 215/216 im nördlichen Syrien verbracht hätten: z. B. Ritterling (wie Anm. 38) 1322. Speidel (wie Anm. 1) 214. Th. Franke, in LeBohec, Les légions (wie Anm. 4) 201. 51 Speidel (wie Anm. 26) 12. Vgl. Ritterling (wie Anm. 38) 1452. Mócsy (wie Anm. 38) 628. B. Lörincz, in LeBohec, Les légions (wie Anm. 4) 167. 52 AE 1977, 821: D(is) M(anibus). / Aelio / Secund/ino dup(licario) / leg(ionis) X G(eminae) p(iae) f(idelis) / stip(endiorum) XXII. Dazu Speidel (wie Anm. 1) 214 f. Als duplicarius legionis diente der Soldat nicht vor der Zeit des Septimius Severus. Sein Grabstein gleicht äusserlich jenem des Septimius Longinus (AE 1977, 819) auf das Genaueste, was für die ungefähre Gleichzeitigkeit der beiden Inschriften spricht. AE 1977, 820: [D(is)] M(anibus) / [Se]p(timius) oder [Au]r(elius) Maximus / [–––] leg(ionis) II Adi(utricis) / [–––]I vi(xit) an(nos) / [––– ]ETE++ / [–. Dazu Speidel (wie Anm. 1) 213. 53 Hartmann/Speidel (wie Anm. 13) 117 f. Nr. 8 = AE 2003, 1790. 54 Zu dieser erst während der Markomannenkriege aufgestellten Einheit Lörincz, Hilfstruppen (wie Anm. 30) 38. Ferner: RMD V 446. 447 = RGZM 44. CIL XVI 132. 55 Ritterling (wie Anm. 38) 1742. Th. Franke, in LeBohec, Les légions (wie Anm. 4) 201. J. Ch. Balty, JRS 78 (1987) 102. J. Ch. Balty/W. van Rengen, Apamée de Syrie (1993) 14. 56 Zur Teilnahme der beiden Adiutrix Legionen an Severus· und Caracallas Partherfeldzügen siehe Ritterling (wie Anm. 38) 1321 f. 1398 f. Speidel (wie Anm. 26) 3 ff. B. Lörincz, in LeBohec, Les légions (wie Anm. 4) 157 f. 166 f. Zur legio X Gemina: Ritterling (wie Anm. 38) 1686. Mócsy (wie Anm. 38) 628. J. Gómez-Pantoja, in LeBohec, Les légions (wie Anm. 4) 190.

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Ziegel gefunden.57 Zu welchen Feldzügen die durch Ziegelstempel bezeugten moesischen Legionen und die nordafrikanische legio III Augusta nach Zeugma kamen, muss vorläuÀg offen bleiben. Die drei severischen Partherfeldzüge sind keineswegs die einzigen Möglichkeiten.58 Erst weitere Untersuchungen und grossÁächige Grabungen können hier Antworten geben. Wie die Zusammenstellung der Ziegelstempel zeigt, wurden im untersuchten Areal auch gestempelte Ziegel einer legio I und einer legio II geborgen. Zweifellos handelt es sich um Stempel der beiden Adiutrix Legionen. Während keiner dieser gestempelten Ziegel bisher zeitlich genauer eingeordnet werden kann, gehört jedoch ein bisher unveröffentlichter Stempel mit der Inschrift LEG P IN sicher in die Zeit vor Caracallas Partherfeldzug.59 Denn zu lesen ist zweifellos leg(ionis) P(annoniae) in(ferioris),60 womit nur die legio II Adiutrix in der Zeit zwischen den Jahren 106 und 214 gemeint gewesen sein kann, als sie die einzige Legion war, die in Unterpannonien lag. Daraus folgt aber, dass die legio II Adiutrix schon vor Caracallas Feldzug gegen das Partherreich im Militärfeld bei Zeugma Bauten errichtet hatte. Als Zeitpunkt kommen dafür neben den Partherkriegen Traians und des Lucius Verus auch die beiden Partherkriege des Septimius Severus in Frage.61 Vor dem ersten Partherkrieg lag Zeugma noch an der Reichsgrenze, die Severus im Frühjahr 195 vermutlich genau hier mit seinem Heer überschritt.62 Von den Truppen dieses Heeres, die den Winter des Jahres 194/195 in Nordsyrien verbrachten, werden deshalb sicherlich auch einige das Areal bei Zeugma bezogen haben. In den zweiten Partherkrieg des Severus zog die legio II Adiutrix im Jahre 197 als ganze Legion und kehrte erst 202 wieder nach Aquincum zurück.63 Als die legio II Adiutrix im Winter 215/216 dann erneut nach Zeugma kam, dürfte sie die von ihr zuvor errichteten Bauten wieder vorgefunden und genutzt haben. Es ist aber auch denkbar, dass Soldaten jener Legionen, die hier Bauten errichtet hatten, die Anlage bei Zeugma (ähnlich wie jene bei Aulutrene) nicht nur zeitweise, während der bekannten, grossen Kriege im Osten, betrieben, sondern dass eine kleine Zahl von ihnen auch in Friedenszeiten die militärische Einsatzbereitschaft solcher Anlagen sicherstellten. Jedenfalls kann aber die wiederholte Nutzung des Platzes mit dem mehrfachen Einzug der legio II Parthica in „ihr“ Lager bei Apamea am Orontes im dritten Jahrhundert verglichen werden.64 Auch für die equites singulares Augusti darf angenom57 Ein oder zwei Bruchstücke bei Hartmann/Speidel (wie Anm. 13) 120 f. Mittlerweile sind noch weitere, bisher unveröffentlichte Stücke hinzugekommen. 58 Dazu Hartmann/Speidel (wie Anm. 13) 115 ff. und Hartmann/Speidel (wie Anm. 33). 59 Zum diesem Stempel Hartmann/Speidel (wie Anm. 33) Àg. 23. 60 Vgl. etwa die Stempel EXER PAN INF auf Ziegeln in Pannonia inferior: CIL III 3749. 10659. 13393 oder die Schreibweise vexillatio P(annoniae) inf(erioris) auf einer Inschrift aus Stratonikeia: Lörincz, Hilfstruppen (wie Anm. 30) Nr. 481. 61 Ritterling (wie Anm. 38) 1449. Mócsy (wie Anm. 38) 628. Speidel (wie Anm. 26) 12. Lörincz, in LeBohec, Les légions (wie Anm. 4) 164 ff. 62 Birley, Septimius Severus (wie Anm. 48) 115. Dazu auch M. A. Speidel, Chiron 37 (2007) 405–433. 63 AE 1976, 544. Speidel (wie Anm. 26) 12. Lörincz, in LeBohec, Les légions (wie Anm. 4) 166. 64 Balty (wie Anm. 38) 97 ff. Balty/van Rengen (wie Anm. 37) 13 ff.

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men werden, dass sie das Lager bei Anazarbos in Kilikien im dritten Jahrhundert mehrfach bezogen, auch wenn dies anhand der bisher gefundenen Inschriften nicht eindeutig zu entscheiden ist.65 Weitere Hinweise auf ähnliche (?) Anlagen für Expeditionstruppen in Nordsyrien Ànden sich auch bei Cyrrhos oder bei Beroia.66 Gerne wüsste man mehr über das Aussehen, die Entwicklung und die Funktion der mit den gestempelten Ziegeln bedeckten Bauten. Die Inschriften, einige Gebäudegrundrisse im bisher untersuchten Bereich, die auf grosse Lagerbauten hinweisen sowie der Umstand, dass Zeugma seit dem Jahre 195 im Reichsinneren lag,67 legen den Schluss nahe, dass dieses Areal seit dem dritten Jahrhundert trotz der grossen Entfernung zu den neuen östlichen Reichsgrenzen als Etappe sowie als Materialund Nachschubbasis diente, ähnlich, wie das Lager bei Aulutrene.68 Es ist somit durchaus wahrscheinlich, dass die in den Jahren 216 und 217 in Ägypten eingezogenen Nachschubgüter zum Teil in dieses Lager bei Zeugma kamen. Obwohl hier der grösste Teil der Bauarbeiten von Soldaten der lokalen legio IV Scythica geleistet wurde, haben die Truppen der Expeditionsheere offensichtlich ebenfalls einzelne Bauten errichtet. Denn wo genügend Ziegel einer Einheit gefunden wurden, wie bei jenen der dritten Legion, lagen diese im Feld in deutlich erkennbaren, örtlichen Konzentrationen. Somit scheint sich in der Anlage bei Zeugma auch der Aufbau solcher Expeditionsheere zu spiegeln.69 Denn diese wurden aus Abteilungen (Vexillationen) aller Einheiten der jeweils benötigten Truppengattungen (Legionen, Alen, Kohorten, Flotten) eines oder mehrerer (dann meist benachbarter) Provinzheere zusammengestellt, häuÀg nach den Provinzen benannt, aus denen sie kamen,70 und als geschlossener Verband unter einem einheitlichen Kommando ins Einsatzgebiet geführt.71 Auch die Abteilungen des pannonischen Feldheeres dürften deshalb die Militärbasis bei Zeugma jeweils gemeinsam bezogen und genutzt haben.72 Es ist zudem anzunehmen, dass – ähnlich wie in Aulutrene – auch für 65 Inschriften: M. P. Speidel, Die Denkmäler der Kaiserreiter (1994) Nr. 688 – 688e. Siehe ferner: IK 56, 70–72. Zum Friedhof der equites singulares Augusti von Anazarbos M. P. Speidel, Riding for Caesar (1994) 62 f. 66 Cyrrhos: IGLS I 148. 150. 151. 152. AE 1955, 225. Beroia: IGLS I 179. 180. 181. IGLS II 455. AE 1987, 953. Allgemein dazu Gebhardt, Imperiale Politik (wie Anm. 13) bes. 132 ff. 67 Dazu Speidel (wie Anm. 62). 68 AE 1977, 818 (Zeugma, Mitte 4. Jh.) mit Speidel (wie Anm. 26) 401 ff. 69 Hierzu und zum folgenden bes. Saxer, Vexillationes (wie Anm. 1) 118 f. Speidel (wie Anm. 26) 337 ff. (zu AE 1975, 951). Ders. (wie Anm. 1) 26 ff. 40 ff. 43 ff. 67 ff. 70 Im Falle der aus pannonischen Truppen zusammengestellten Feldheere etwa milites le]g(ionum) IIII Panno/[niar(um) qui su]nt in vexil/[latione: AE 1934, 233. Vexill(atio) auxiliar(iorum) / Pann(oniae) infer(ioris): ILS 1370. Vexil(lationes) coh(ortium) Pa(nnoniae) sup(erioris): ILS 9132. Vexillatio P(annoniae) inf(erioris): Lörincz, Hilfstruppen (wie Anm. 30) 481. Zusammen mit Einheiten von der unteren Donau: Vexillationes ex Illyrico: ILAfr 281. Vexillationes Illyricianes: AE 1926, 79. Vexillatio equit(um) Illyricor(um): CIL XVI 75. AE 1997, 1764. AE 2004, 2044 mit Saxer, Vexillationen (wie Anm. 1) Nr. 48. 71 Z. B. ILS 1076. ILS 2723. AE 1926, 79. AE 1957, 123. AE 1976, 547. etc. und oben Anm. 70. Dazu Saxer, Vexillationen (wie Anm. 1) 118 ff. 72 Im Jahre 114 erwartete das gesamte Feldheer der Donauprovinzen Kaiser Traian bei Satala: A. R. Birley, Hadrian. The Restless Emperor (1998) 69. Bezeugt ist aber auch der Aufenthalt von Soldaten der legio I Adiutrix in Cyrrhos unter Trajan (CIL III 7606 = IGLS I 148) sowie im

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Zeugma und die übrigen grossen Sammelplätze in Nordsyrien während der Kriegszüge eine einheitliche, militärisch organisierte Versorgung eingerichtet wurde.73 Innerhalb eines Expeditionsheeres blieb aber jede Legionsvexillation eine eigene taktische Einheit unter einem eigenen vexillum.74 Als solche errichteten sie in der Militärbasis bei Zeugma offenbar ihre Bauten, die sie dann sicherlich auch für ihre eigenen Bedürfnisse nutzten. Damit muss aber auch eine organisatorische und administrative Tätigkeit der einzelnen Legionsabteilungen verbunden gewesen sein.75 Von der inneren Verwaltung der Truppen ist zwar durch Papyrusfunde aus Masada bekannt, dass sie auch während Feldzügen und Belagerungen über Mannschaftsbestand, Ausgaben und Material auf das Genaueste Buch geführt haben,76 doch ob die einzelnen Legionsabteilungen auch für Bereiche ihrer eigenen Versorgung zuständig waren, lässt sich bisher nicht sicher erkennen.77 In diesem Zusammenhang fällt jedoch auf, dass die ausserhalb Syriens bekannt gewordenen Inschriften von Bürgern der Stadt Zeugma alle im pannonischen Raum gefunden wurden, wobei eine besondere Dichte in Brigetio, dem Standort der legio I Adiutrix, zu beobachten ist.78 Es ist denkbar (aber natürlich nicht zu beweisen), dass solche Kontakte als Folge der wiederholten Anwesenheit pannonischer Expeditionstruppen bei Zeugma entstanden waren und dann vielleicht auch in einem Zusammenhang mit Lieferungen für diese Einheiten standen. Dafür könnte auch der Umstand sprechen, dass einer der bei Brigetio bezeugten Syrer dem Stadtrat Zeugmas angehörte.79

73 74 75

76 77 78

79

3. Jh. der obermoesischen Legionen VII Claudia und IIII Flavia in Cyrrhos (CIL III 195 = IGLS I 150. CIL III 194 = IGLS I 151) und in Beroia (CIL III 192 = IGLS I 179). Was daraus für die Nutzung der Militärbasis bei Zeugma zu schliessen ist, muss vorläuÀg offen bleiben, es ist aber zu erwarten, dass Teile des illyrischen Feldheeres auch andernorts untergebracht waren. Siehe oben zu Anm. 66. Vgl. etwa zum Partherkrieg Traians ILS 9471 (Alabanda, Karien): … ejpimel[h]/th'/ / eujqhniva~ ejn tw'/ polevmw' tw'/ Parqik[w'/] / th'~ o[cqh~ tou' Eujfravtou … Siehe ferner TAM V 2, 1143. Saxer, Vexillationen (wie Anm. 1) 118. Innerhalb der Vexillationen übernahm zweifellos der optio vexillationis wichtige Verwaltungsaufgaben. Zu Rang und Titel siehe Speidel (wie Anm. 1) 67 ff. Zu den Verwaltungsaufgaben der optiones allgemein etwa D. Breeze, in D. Breeze/B. Dobson, Roman OfÀcers and Frontiers (1993) 71 ff. M. A. Speidel, Die römischen Schreibtafeln von Vindonissa (1996) 59 f. A. R. Birley, Garrison Life at Vindolanda (2002) 80 ff. Zum Grabstein eines optio der legio VII C.p.f. aus Zeugma mit dem Relief eines Bündels von Schreibtafeln: Hartmann/Speidel (wie Anm. 13) 115 f. P. Yadin 722. 723. 730. Siehe z. B. ILS 8879 (Kara-Alilar, Bithynien): … ajnnwnarchvsa[~] / legiw'si a¨ kai; b¨ / diovdoi~ [ejpi;] Pevrsa~. RIU 435 (Brigetio). 522 (Brigetio). 712 (Nähe Brigetio). ILS 7207 (Celeia). AE 1995, 1242 (Savaria). Vgl. auch die Bürger aus Doliche: RIU 523 (Brigetio). 533 (Brigetio)? und Cyrrhos: RIU 113 (Savaria). Civis Surus: RIU 110 (Savaria). RIU 435: I(ovi) O(ptimo) M(aximo) D(olicheno) / Domitius Titus dec(urio) / Seleu(ceiae) Zeugm(a)e pro salute / suae et suorum om(nium) v(otum) s(olvit) l(ibens) l(aetus) m(erito). Unnötig ist die in RIU II S. 124 vorgeschlagene Ergänzung dec(urio municipii Brigetionis, domo) / Seleu(cia) Zeugm(a)e. Zeugma hatte zwar nie römisches Stadtrecht, doch ist decurio hier wohl lediglich als lateinische Übersetzung von bouleuthv~ zu verstehen, denn umgekehrt wurde auch decurio in griechischen Inschriften oft mit bouleuthv~ wiedergegeben: so etwa in

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Michael A. Speidel

Mit der Errichtung solcher Anlagen in Kleinasien und in Nordsyrien gelang es Rom zweifellos, seine Feldheere schneller und in besserem Zustand in die Kriegsgebiete im Osten zu verschieben. Damit erhöhte sich die Schlagkraft der römischen Militärmacht, die bei grösseren KonÁikten stets auf die Zufuhr zusätzlicher Truppen von anderen Reichsgrenzen angewiesen war. In den Versorgungsstützpunkten auf dem Anmarschweg, wie jenem bei Aulutrene, musste den Soldaten wenigstens neue MarschverpÁegung ausgegeben werden können, denn diese reichte üblicherweise höchstens für siebzehn Tage aus.80 Vermutlich war es hier aber auch möglich, alles übrige, das einem schnellen Vorankommen unterwegs hinderlich geworden war (etwa unbrauchbar gewordene Schuhe und Kleider, Transportmittel usw.) zu ersetzen oder auszubessern. Im eigentlichen Aufmarschgebiet werden die grossen Sammellager wie jenes bei Zeugma zudem als Versorgungs- und Materialbasis für den bevorstehenden Feldzug gedient haben. Um solche Anlagen mit dem gewünschten Erfolg zu betreiben, bedurfte es aber der notwendigen Vorbereitung und Unterhaltsarbeiten sowie der damit verbundenen Verwaltung. Diese, in ihrem vollen Umfang, in ihrer Organisation und in den Einzelheiten ihres Betriebs bisher weitgehend unbekannt gebliebene Infrastruktur für römische Expeditionsheere muss somit als besonders wichtiger Bestandteil der römischen Strategie zur Sicherung der Ostgrenzen und bereits seit dem zweiten Jahrhundert als ein wesentliches Element der römischen Kriegserfolge im Osten erkannt werden.81 Es ist deshalb auch von Bedeutung, dass noch in der zweiten Hälfte des vierten Jahrhunderts eine Eliteeinheit des spätrömischen Feldheeres (equites scutarii Aureliaci) in Zeugma inschriftlich bezeugt ist.82 Es bleibt zu hoffen, dass weitere Untersuchungen und grossÁächige Grabungen in diesem militärischen Areal im Südwesten der Stadt Zeugma durchgeführt werden können und noch viele neue Erkenntnisse zu den Orientfeldzügen und zur Organisation der Heeresversorgung erbringen werden.

IGRR I 25. AE 1921, 57. AE 1961, 213. Die boulhv erscheint auch in einem noch unveröffentlichten Bruchstück einer griechischen Inschrift aus dem Stadtgebiet von Zeugma. 80 Cic., Tusc. 2,37. Amm. 17,9,2. HA Sev. Alex. 47. 81 Siehe HA Sev. Alex. 45: deinde per ordinem mansiones, deinde stativae, deinde ubi annona esset accipienda, et id quidem eo usque quamdiu ad Ànes barbaricos veniretur. Ferner HA Sev. Alex. 47 und vgl. Tac., Ann. 13,39. Siehe auch Julians Versuch, ein ähnliches Versorgungsnetz an der Maas wieder zu errichten: Amm. 17,9,2. 82 AE 1977, 818 mit Speidel (wie Anm. 26) 401–403.

147

Zur Versorgung pannonischer Expeditionstruppen

ANHANG: Bisher bei Zeugma nachgewiesene römische Truppenkörper Einheit:

Ziegelstempel

Inschriften

Legio I Adiutrix

X

X83

Legio I Italica

X

Legio II Adiutrix

X84

Legio III Augusta

X86

Legio IIII (Flavia?)

X

Legio IIII Scythica

X

X

Legio VII C.p.f.

X

X87 X88

Legio X Gemina Legio XIIII (Gemina)

X X89

Coh milliaria Maurorum Coh I milliaria Thracum Equites scutarii Aureliaci

83 84 85 86 87 88 89 90

91

X85

X90 X91

AE 1977, 819 (201 n. Chr.). Der Stempel LEG P IN datiert vor 214 n. Chr. Dazu oben im Text. AE 1977, 820 (1. Hälfte 3. Jh.) und die oben vorgestellte, neue Inschrift (215 n. Chr.). Zur legio III Augusta und ihren Ziegeln im Zeugma demnächst M. A. Speidel, in Mélanges pour Yann Le Bohec (im Druck). AE 2003, 1789 (1. Hälfte 2. Jh.). AE 1977, 821 (Anf. 3. Jh.). AE 2003, 1790 (1. Hälfte 3. Jh.). Unveröffentlicht. Vermutlich stammt der Ziegel aus der Zeit vor der Verschiebung der Truppe nach Iudaea, die zwischen den Jahren 93 und 124 geschah: P. Weiss, Chiron 36 (2006) 285 und 291 f. Ihr Lager in Syria hatte die Truppe bei Tell el Hajj: P. Bridel et al., Tell el Hajj in Syrien. Zweiter vorläuÀger Bericht. Grabungskampagne 1972 (1974) 56 f. mit Taf. 11a, jetzt AE 1987, 951. Siehe auch R. A. Stucky, AAS 25 (1975) 165–181. AE 1977, 818 mit Speidel (wie Anm. 26) 401 ff. (Mitte/zweite Hälfte 4. Jh.)

MILITÄRS IN DER ADMINISTRATIVEN KONTROLLE DER BEVÖLKERUNG IM RÖMISCHEN ÄGYPTEN Bernhard Palme Seit der Eingliederung Ägyptens in das Imperium Romanum war es eine Hauptaufgabe der kaiserlichen Verwaltung unter der Leitung des praefectus Aegypti, die optimale Nutzung der steuerlichen Ressourcen des Landes zu gewährleisten1. Voraussetzung dafür war eine möglichst lückenlose Erfassung der Steuerzahler, ihres Besitzes und ihrer Erwerbstätigkeit sowie ein verläßlicher Überblick über ihren steuerrechtlichen Status und die eventuell damit verbundenen Privilegien. Erschwert wurde die administrative Erfassung der Bevölkerung durch größtenteils unkontrollierte Wanderbewegungen innerhalb der Provinz und die Neigung der enchorischen Bevölkerung, sich bei Mißernten oder übermäßigen Belastungen durch Abgaben und Liturgien dem Zugriff des Staates durch Flucht (ajnacwvrhsi~) zu entziehen2. In der Hohen Kaiserzeit existierte zwar bekanntlich kein ziviler Beamtenapparat, aber in Ägypten stand dem Präfekten – anders als den Statthaltern und Prokuratoren in den restlichen Provinzen – für die vielfältigen Aufgaben in Finanzverwaltung, Rechtsprechung, Organisation und Ausführung öffentlicher und infrastruktureller Arbeiten sowie bei der Registrierung und Steuerung von Migrationsbewegungen die gut strukturierte Gauverwaltung zur Verfügung3. Deren leitende Amtsträger, die Strategoi (und wahrscheinlich auch die Basilikoi Grammateis) wurden 1

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Einen Überblick über die Verwaltung des römischen Ägypten geben insbesondere A. K. Bowman, Egypt, in CAH X2, The Augustan Empire, 43 B. C. – 69. A. D., Cambridge 1996, 676–702; 1096–1100 und H.-A. Rupprecht, Kleine Einführung in die Papyruskunde, Darmstadt 1994, 53–63, jeweils mit zahlreichen Angaben zur weiterführenden Literatur. Die umfassendste Studie zum Steuerwesen ist immer noch S. L. Wallace, Taxation in Egypt from Augustus to Diocletian, Princeton 1938. H. Braunert, Die Binnenwanderung. Studien zur Sozialgeschichte Ägyptens in der Ptolemäerund Kaiserzeit, Bonn 1964, zur SteuerÁucht bes. 158–179 und ders., IDIA. Studien zur Bevölkerungsgeschichte des ptolemäischen und römischen Ägypten, JJP 9/10 (1955/6) 211–328, bes. 260–293; S. Link, Anachoresis: SteuerÁucht im Ägypten der frühen Kaiserzeit, Klio 75 (1993) 306–320. Eine Zusammenstellung der papyrologischen Evidenz zur Anachorese gibt S. Strassi Zaccaria, L·editto di M. Sempronius Liberalis, Triest 1988, 76–91. Dies unterschied Ägypten von den anderen Provinzen, wo die Verwaltung sich lediglich auf die städtischen Einrichtungen und Funktionäre stützen konnte, die jedoch wesentlich autonomer agieren konnten, s. P. Eich, Die Administratoren des römischen Ägyptens, in R. Haensch, J. Heinrichs (Hgg.), Herrschen und Verwalten. Der Alltag der römischen Administration in der Hohen Kaiserzeit, Köln – Weimar – Wien 2007, 378–399, bes. 384 f. In Ägypten waren auch die griechischen Städte einer vergleichsweise strikten Kontrolle durch Präfekten und Prokuratoren unterworfen, s. A. K. Bowman, D. Rathbone, Cities and Administration in Roman Egypt, JRS 82 (1992) 107–127 und mit z. T. divergierender Einschätzung A. Jördens, Das Verhältnis der römischen Amtsträger in Ägypten zu den „Städten“ in der Provinz, in W. Eck (Hg.) unter

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Bernhard Palme

direkt vom Präfekten ernannt und waren mit der Steuererhebung und der administrativen Kontrolle der Bevölkerung in ihren Amtsbereichen (nomoiv) betraut. Dennoch griff auch der praefectus Aegypti auf die Personalressourcen und das Knowhow der Armee zurück – und bei bestimmten Aufgaben offenbar sogar ganz regelmäßig. Die Aktivitäten der römischen Armee im administrativen Bereich sind für die gesamte Kaiserzeit und für alle Teile des Reiches durch literarische Quellen, Inschriften und Papyri hinlänglich dokumentiert und von der althistorischen Forschung wiederholt untersucht worden4. In allen ofÀcia der Reichsverwaltung stellten Soldaten, die zum Stubendienst abkommandiert waren, den überwiegenden Teil des Büropersonals5. Zusätzlich zog man für diverse Aufgaben in der Jurisdiktion und Verwaltungspraxis bisweilen OfÀziere ritterlichen Standes heran, die mit Hilfe der von ihnen kommandierten Truppen auch organisatorisch aufwendigere Aufgaben erledigen konnten6. Im folgenden sei ein Aspekt herausgegriffen und vertieft: Die Rolle von Militärs bei der administrativen Kontrolle der Bevölkerung. Die Provinz Aegyptus bietet sich als Modellfall für diese Untersuchung an, denn hier stehen mit den Papyri aussagekräftige Quellen zur Verfügung, welche die bürokratischen Abläufe in den diversen Ebenen der Provinzialverwaltung beleuchten. Zudem lag Ägypten – wenn man vom jüdischen Aufstand der Jahre 116–117 und einigen temporären und zumeist lokal beschränkten Unruhen absieht – im Windschatten militärischer Ausein-

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6

Mitarbeit von E. Müller-Luckner, Lokale Autonomie und römische Ordnungsmacht in den kaiserzeitlichen Provinzen vom 1. bis 3. Jh., München 1999, 141–180. Zu den administrativen Aufgaben der Armee s. im allgemeinen H. Zwicky, Zur Verwendung des Militärs in der Verwaltung der römischen Kaiserzeit, Winterthur 1944; R. MacMullen, Soldier and Civilian in the Later Roman Empire, Cambridge MA, London 1963, bes. die Kapitel „Makers and builder“ S. 23–48 und „Administrators“ S. 49–77; für Ägypten: B. Palme, Zivile Aufgaben der Armee im kaiserzeitlichen Ägypten, in A. Kolb (Hg.), Herrschaftsstrukturen und Herrschaftspraxis: Konzepte, Prinzipien und Strategien von Herrschaftsorganisation und Administration im römischen Kaiserreich. Akten der Tagung an der Universität Zürich, 18.–20. 10. 2004, Berlin 2006, 299–328. In den Verwaltungskanzleien der Statthalter und Prokuratoren hatten die beneÀciarii, commentarienses und cornicularii etc. exakt nach Rang und Aufgabenbereichen deÀnierte Tätigkeit, vgl. A. H. M. Jones, The Roman Civil Service (Clerical and Subclerical Grades), JRS 39 (1949) 38–55 (= Jones, Roman Government and Law, Oxford 1960, 153–175); M. Clauss, Untersuchungen zu den principales des römischen Heeres von Augustus bis Diokletian: Cornicularii, speculatores, frumentarii, Diss. Bochum 1973; J. Ott, Die BeneÀziarier: Untersuchungen zu ihrer Stellung innerhalb der Rangordnung des römischen Heeres und zu ihrer Funktion, Stuttgart 1995, 82–150; J. Nelis-Clément, Les beneÀciarii: militaires et administrateurs au service de l·Empire (Ier s. a. C. – VIe s. p. C.), Paris 2000, 115–126; R. Haensch, A commentariis und commentariensis: Geschichte und Aufgaben eines Amtes im Spiegel seiner Titulaturen, in Y. Le Bohec (Hg.), La hiérarchie (Rangordnung) de l·armée romaine sous le Haut-Empire. Actes du Congrès de Lyon (15–18 sept. 1994), Paris 1995, 267–284 und ders., Capita provinciarum: Statthaltersitze und Provinzialverwaltung in der römischen Kaiserzeit, Mainz 1997, 713–726. D. Erkelenz, Die administrative Feuerwehr? Überlegungen zum Einsatz ritterlicher OfÀziere in der Provinzialadministration, in Haensch, Heinrichts (Hgg.), Herrschen und Verwalten (wie Anm. 3) 289–305; B. Palme, Militärs in der Rechtsprechung des römischen Ägypten, in E. Harris, G. Thür (Hgg.), Symposion 2007. Akten der Gesellschaft für griechische und hellenistische Rechtsgeschichte, Wien 2008, 279–294.

Militärs in der administrativen Kontrolle

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andersetzungen, so daß man die Verhältnisse in einer von Kriegsereignissen weitgehend unbeeinträchtigten Provinz studieren kann. Die römische Armee war im Land am Nil zunächst durch zwei Legionen (legio XXII Deiotariana und die legio III Cyrenaica), nach 117 durch die legio II Traiana und eine beträchtliche Anzahl von Auxiliareinheiten präsent7, wobei die Gesamtstärke im Verlauf des 1.–3. Jh. zwischen ca. 16.000 und 11.000 Mann schwankte8. Die Bevölkerung des kaiserzeitlichen Ägypten zerÀel hinsichtlich ihres rechtlichen Status in römische Bürger, Peregrine und Unfreie, wie überall im Reich. Bei den Peregrinen bildeten Personen mit dem Bürgerrecht von Alexandria oder den Griechenstädten Naukratis, Ptolemais und (ab 130) Antinoopolis die Spitzen der Gesellschaft, die ”Ellhne~, denen die große Masse der Aijguvptioi gegenüberstand, unter die alle einfachen Menschen egal welcher Ethnizität subsummiert waren. Für die in Ägypten ansässigen cives Romani und deren familiae (einschließlich der Sklaven) sowie für die Soldaten (sowohl für die Legionäre als auch die Auxiliaren) war der praefectus Aegypti zuständig. Bürgerzensus (census populi) und Geburtsdeklarationen (professiones) lieferten dem Präfekten die Personaldaten der Zivilisten und Veteranen, die eine steuerlich privilegierte Stellung genossen9. Die peregrine Bevölkerung war hinsichtlich ihrer Àskalischen Stellung mehrfach unterteilt (s. im folgenden). Der sog. Provinzialzensus, die (nicht verpÁichtenden) Geburtsanzeigen und verschiedene Besitzdeklarationen lieferten der Verwaltung die relevanten Daten. Für die peregrinen Bevölkerungsgruppen waren die Behörden der Chora, namentlich die Strategen und Basilikoi Grammateis auf der Ebene der Gaue (nomoiv) zuständig10. 7 Grundlegend für die römische Armee in Ägypten ist immer noch J. Lesquier, L·armée romaine de l·Égypte d·Auguste à Dioclétien, Cairo 1918, 39–114, ferner H. Devijver, The Roman Army in Egypt (with Special Reference to the Militiae Equestres), in ANRW II.1, Berlin – New York 1974, 452–492 und ders., L·Égypte e l·armée romaine, in L. Criscuolo, G. Geraci, (Hgg.), Egitto e storia antica, Bologna 1989, 37–54; R. Alston, Soldier and Society in Roman Egypt. A Social History, London, New York 1995 mit reicher Bibliographie auf S. 241–258. Zu der Anzahl und Dislozierung der Truppen vgl. zuletzt Alston, loc. cit. 13–38. 8 Vgl. etwa die Kalkulationen bei Alston, Soldier (wie Anm. 7) 31 f. und Table 2.3. Zur legionaren Besatzung: S. Daris, Legio II Traiana Fortis, in Y. Le Bohec (Hg.), avec la collaboration de C. Wolff, Les légions de Rome sous le Haut-Empire. Actes du Congrès de Lyon (17–19 septembre 1998), Lyon, Paris 2000, I, 365–367 und ders., Legio XXII Deiotariana, in Le Bohec, Wolff, loc. cit., 359–363. Zu den Auxiliar-Truppen s. nun die Aufstellung bei Alston, loc. cit., 24–26 mit Table 2.1 und 2.2 sowie Appendix I, S. 165–189. Zu den Truppen in Ägypten selbst kam zeitweise die Besatzung von Nubien, vgl. M. P. Speidel, Nubia·s Roman Garrison, in ANRW II.10.1, Berlin – New York 1988, 767–798. 9 Zu den Geburtsdeklarationen römischer Kinder s. O. Montevecchi, Ricerche di sociologia dei documenti dell·Egitto greco-romano, VII: CertiÀcati di nascita di cittadini romani, Aegyptus 28 (1948) 129–167; H. Braunert, Cives Romani und kat¨ oijkivan ajpografhv, in E. Boswinkel, B. A. van Groningen, P. W. Pestman (Hgg.), Antidoron Martino David oblatum, (Pap.Lugd.Bat. XVII), Leiden 1968, 11–21; R. Haensch, Das Statthalterarchiv, SZ 109 (1992) 283–290 und die Liste der Testimonien aus dem Zeitraum von 62–242 in der Tabelle II, S. 306–311. 10 Zum Provinzialzensus im römischen Ägypten s. M. Hombert, Cl. Préaux, Recherches sur le recensement dans l·Égypte romaine, (Pap.Lugd.Bat. V), Leiden 1952; R. S. Bagnall, B. W. Frier, The Demography of Roman Egypt, Cambridge 1994, 1–30. Zum Provinzialzensus außerhalb Ägyptens s. u. Anm. 35.

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Bernhard Palme

Die Mitwirkung von Militärs bei den Bemühungen der Verwaltung, die Bevölkerung und deren Bewegung zu überblicken, läßt sich vor allem in zwei Bereichen greifen: Zum einen Àndet man Soldaten erwartungsgemäß dort, wo der Präfekt unmittelbar verantwortlich war: bei der administrativen Erfassung römischer Bürger. Das Militär fungierte hier als Stabs- und Verwaltungsstelle des Präfekten. Zum anderen begegnet es im Zusammenhang mit den sog. Reintegrationsedikten, durch die der Provinzialzensus vorbereitet wurde. Hierbei war ein zahlenmäßig größerer Einsatz von Soldaten notwendig, um die Fluktuation der Bevölkerung zu dirigieren und zu beaufsichtigen. MILITÄRS UND EPIKRISIS Entscheidend für die Feststellung des rechtlichen und Àskalischen Status war die Epikrisis, ein Verfahren, bei dem geprüft und festgelegt wurde, wer das römische oder alexandrinische Bürgerrecht besaß, wer zu den Einwohnern der Gaumetropolen (mhtropoli'tai) gehörte und als ejpikekrimevno~ (einer, der die Epikrisis passiert hatte) nur den halben Kopfsteuersatz bezahlte, oder wer einfacher, die volle Kopfsteuer zahlender Ägypter (laografouvmeno~) war11. Der Status eines Individuums richtete sich nach dem seiner Eltern, aber ein Aufstieg war möglich, etwa durch die Erlangung des römischen Bürgerrechtes nach Ableistung des Militärdienstes in einer Auxiliareinheit. Die Epikrisis der in Ägypten ansässigen römischen Bürger führte der Präfekt durch, wobei dieses Verfahren sowohl für Römer selbst (P.Diog. 6 und dessen Abschrift P.Diog. 7, BGU IV 1032) als auch deren Kinder (SB I 5217, P.Oxy. XII 1451), Freigelassene und Sklaven (BGU IV 1033, PSI V 447) bezeugt ist12. Daneben treten die Veteranen besonders oft in den Epikrisis-Dokumenten hervor (s. im folgenden). Eine gesonderte militärische Epikrisis, die in der älteren Forschung angenommen wurde, gab es nicht13. Bis zur Mitte des 2. Jh. scheint der Präfekt auch die Inhaber des alexandrinischen Bürgerrechts mitbetreut zu haben, danach dürfte es ein eigenes Verfahren vor den städtischen Behörden Alexandrias gegeben haben14. 11

Zur Epikrisis s. die ausführlichen Studien von C. A. Nelson, Status Declaration in Roman Egypt, (Am.Stud.Pap. XIX), Amsterdam 1979, 3–40 mit dem Überblick über die ältere Forschung S. 3–9 und Th. Kruse, Der Königliche Schreiber und die Gauverwaltung. Untersuchungen zur Verwaltungsgeschichte Ägyptens in der Zeit von Augustus bis Philippus Arabs (30 v. Chr. – 245 n. Chr.), München, Leipzig 2002, I, 252–271. 12 Zur Epikrisis durch den praefectus Aegypti s. Braunert, Cives Romani (wie Anm. 9) 11–21; Haensch, Statthalterarchiv (wie Anm. 9) 283–290 (die in der Tabelle IV, S. 313–317 zusammengestellte Liste wird durch die Tabelle hier im Anhang aktualisiert). Die Epikrisis der enchorischen Bevölkerungsgruppen war Aufgabe der Strategen und Basilikoi Grammateis auf Gauebene: Kruse, Schreiber (wie Anm. 11) I, 252–280. 13 Gegen die Auffassung der älteren Forschung, die von unterschiedlichen Epikrisis-Verfahren ausging, hat bereits Lesquier, L·armée (wie Anm. 7) 175–201 festgestellt, daß es nur ein einziges Verfahren gegeben hat. Zur Epikrisis von Veteranen s. A. A. Aly, The Roman Veterans in Egypt, Diss. Michigan 1949, 78– 106 und Kruse, Schreiber (wie Anm. 11), II, 638–640. 14 Dies geht aus dem Titel des zitierten Tomos in P.Hamb. 31a = Doc.Eser.Rom. 91 hervor, wo neben den Veteranen auch angeführt sind: oJmoivw~ de;] | kai; ÔRwmai'oi ka[i; ¨Ale]x¢[andrei'~ kai;

Militärs in der administrativen Kontrolle

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Bislang sind (inklusive der Duplikate) zwanzig Testimonien für Epikriseis durch den praefectus Aegypti bekannt geworden (s. die Tabelle im Anhang). Die Epikrisis der römischen Bürger geschah zwar auf Anordnung und unter der Verantwortung des Präfekten, die Durchführung selbst war jedoch stets in die Hände eines OfÀziers gelegt. Originale Epikrisis-Dokumente, d. h. solche, die aus den Akten der Behörden stammen, dürften lediglich in den fragmentarischen BGU IV 1033 (113–117) und 1032 (173) vorliegen; diesen treten zwei amtliche Bescheinigungen über die erfolgte Epikrisis (P.Oxy. VIII 1023 und SB XXIV 15891, s. unten) zur Seite. Die anderen Testimonien sind Auszüge aus den Epikrisis-Akten, die als Abschriften von privaten Personen (den Betroffenen oder ihren Nachkommen) angefertigt worden und mit deren Papieren erhalten geblieben sind. Die überwiegende Zahl aller Epikrisis-Dokumente des Präfekten betreffen Veteranen. Lediglich P. Diog. 6 (und 7), SB I 5217, BGU IV 1032 und P.Oxy. XII 1451 gelten römischen Zivilisten, BGU IV 1033 und PSI V 447 deren Sklaven. Weder in der formalen Gestaltung noch in der aus den Dokumenten rekonstruierbaren administrativen Behandlung lassen sich Unterschiede zwischen dem Epikrisis-Verfahren für Veteranen und jenem für Zivilisten ablesen. Solche sind wohl auch nicht zu erwarten, denn in mehreren Fällen halten die Akten fest, daß im selben Verfahren mit den Veteranen auch Römer und deren Kinder, Freigelassene und Sklaven geprüft wurden15. Die Auszüge aus Epikrisis-Akten weisen ein uniformes Gestaltungsschema und weitgehend auch einen formelhaften Text auf: Zunächst hält eine Überschrift (prografhv) summarisch die verschiedenen Gruppen von Veteranen (aus alae, cohortes und classes) sowie das Datum der Epikrisis und die Namen des Präfekten sowie des OfÀziers, von dem die Dokumente (dikaiwvmata) der Veteranen geprüft wurden, fest. Danach folgen, mit Aktenzahl gekennzeichnet, die Abschriften der bei jedem Veteranen individuell geführten Verhandlung16. Diese für die Ordnung und Archivierung des Aktenmaterials überaus aufschlußreichen Daten hat bereits Rudolf Ha-

ajpeleuvqeroi kai; dou'loi kai; e{teroi (Z. 5–6 ). Alexandriner werden in diesem Zusammenhang auch in BGU IV 1033, 2–3 genannt. 15 Vgl. die in Anm. 14 zitierte Phrase, die mit geringen Varianten in etlichen Dokumenten begegnet, s. die letzte Spalte der Tabelle im Anhang, wo die relevanten Zeugnisse in Klammer gesetzt sind: (Titel des tomos). 16 Als Beispiel mag dienen: BGU I 265 = W.Chr. 459 = Doc.Eser.Rom. 93, 3–18 (Ars., 148): OiJ uJpo] | gegram[mevnoi] oujetranoi; strat[eusavmenoi ejn ei[lai~] | kai; speivrai~ kai; ejn klavssh/ Suri[a]kh'/ e[n[e]ioi m[e;n ejpitucovnte~] | su;n tevknoi~ kai; ejggovnoi~, e{teroi{~} mov¢[no]i th'[~ ÔRwmaivwn] | poløeØiteiva~ kai; ejpigamiva~ pro;~ gun[ai'k]a~, [a}~ tovte ei\con,] | o{te touvtoi~ hJ pol{e}iteiva ejd[ov]qh  h]¯ ei[ t[ine~ a[gamoi ei\en,] | [p]ro;~ a}~ eja;n metaxu; avgavgwn (l. ajgavgwsi) tou' mevcr[i mia'~ e{kasto~, e[ti de;] | kai; e{teroi oujetranoi; oiJ cwri;~ calkw'n pavnte~ [kai; aujtoi; ejpi] | tucovnte~ movnoi th'~ ÔRwmaivwn pol[eit]eiva~ [ejpekrivqhsan] | ejx ejnkeleuvsew~ Mavrkou Petrwnivou [ÔO]nw¢[ravtou ejpavrcou] | Aijguvptou d[i]a; Mag¢iv¢ou Sabeivnou c{e}iliavr[co]u l[egew'no~ b—] | Traianh'~ ¨Iscura'~ ajpo; Mecei;r g e{[w~] b— tou' Pac[w;n mhno;~] | [tou' ejne]stw'to~ i–a– (e[tou~) Aujtokravtoro~ … ÔA de; parevqento] | [dikai]wvmata tw'/ progegrm[mevnw'] S¢[a]b¢e¢[ivnw/, eJkavs | tw' ojnovm]ati paravk[ei]tai. – Vergleichbare Urkunden mit ähnlichem Wortlaut sind P.Hamb. I 31a, BGU I 113, SB I 5217, BGU III 780, SB VI 9227, PSI V 447, P.Oxy. XII 1451, BGU III 847 etc. Zum Verfahren vgl. S. Link, Konzepte der Privilegierung römischer Veteranen, (HABES 9), Stuttgart 1989, 119 f.

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ensch scharfsinnig ausgewertet17: Demnach dürfte jeder Präfekt (bzw. jeder betraute OfÀzier) seine eigenen tovmoi ejpikrivsew~ angelegt haben, wobei man die Epikriseis jeweils eines Quartals in einem Tomos zusammenfaßte. Aus den Akten des Jahres 148 läßt sich erkennen, daß in der Kanzlei des verantwortlichen OfÀziers (Magius Sabinus, Tribun der legio II Traiana) ein Tomos für die Veteranen (BGU I 265) und parallel ein zweiter für die Zivilisten (SB I 5217) geführt wurden. Seit dem Jahre 142 ist zu beobachten, daß innerhalb der einzelnen Tomoi die Eintragungen nach den Heimatgauen der Epikrisis-Kandidaten geordnet waren. Diese Akten hat man im Archiv des Statthalters aufbewahrt. Da die Abschriften aus den Epikrisis-Akten mitunter erst viele Jahre später angefertigt wurden, ist davon auszugehen, daß die Akten über bemerkenswert lange Zeiträume archiviert waren. Im Grunde verwundert es kaum, wenn mehr als zwei Drittel der Testimonien zur Epikrisis des Präfekten Veteranen aus Alen, Kohorten und den Flotten betreffen. Nach ihrer Entlassung aus dem Heeresdienst hatte man mittels Epikrisis festzustellen, daß sie (und unter Umständen ihre Frauen und Kinder) nun das römische Bürgerrecht und die damit verbundenen Steuerprivilegien – z. B. die Befreiung von der Kopfsteuer (laografiva) – besaßen18. Dies war insbesondere dann wichtig, wenn sich der Veteran in der Chora oder gar einer anderen Provinz niederlassen wollte, denn dort konnten unter Umständen lokale Behörden seinen Status anfechten und seine Privilegien mißachten19. Harmut Wolff hat überzeugend aufgezeigt, daß zwischen der Entlassung eines Auxiliarsoldaten aus dem aktiven Militärdienst und seiner Niederlassung als römischer Bürger und oujetranov~ mit anerkannten Privilegien eine längere Übergangsphase liegen konnte, während der die Papiere, die seinen neuen Status bewiesen, noch nicht ausgestellt waren20. Die Epikrisis bezeichnete den Endpunkt dieser heiklen Phase, womit nach der missio honesta, der Feststellung der emerita stipendia, der Verleihung der civitas Romana und der daraus resultierenden beneÀcia des Kaisers quasi nochmals zusammenfassend der neue Status als Veteran und Bürger bestätigt wurde.

17 Haensch, Statthalterarchiv (wie Anm. 9) 290–295. 18 Zur Epikrisis der Veteranen s. Lesquier, L·armée (wie Anm. 7) 155–175, zu den Veteranenprivilegien allgemein H. Wolff, Die Entwicklung der Veteranenprivilegien vom Beginn des 1. Jh. v. Chr. bis auf Konstantin d. Gr., in W. Eck, H. Wolff (Hgg.), Heer und Integrationspolitik, Köln – Wien 1986, 44–115; Link, Konzepte (wie Anm. 16) bes. 25–28, 117–120 und 125 zu den ägyptischen Verhältnissen. 19 Zu Veteranensiedlungen in Ägypten s. J. E. G. Whitehorne, Soldiers and Veterans in the Local Economy of First Century Oxyrhynchos, in Miscellanea Papyrologica II.2, Florenz 1990, 543– 557 und Alston, Soldier (wie Anm. 7) 48–52 und 117–142; F. Mitthof, Soldaten und Veteranen in der Gesellschaft des römischen Ägypten (1.–2. Jh. n. Chr.), in G. Alföldy, B. Dobson, W. Eck, (Hgg.), Kaiser, Heer und Gesellschaft in der römischen Kaiserzeit. Gedenkschrift für Eric Birley, Stuttgart 2000, 377–405; speziell für die Flottensoldaten: H. Konen, Migration und Mobilität unter den Angehörigen der Alexandrinischen und Syrischen Flotte, Laverna 14 (2003) 18–47, bes. 20 f. 20 H. Wolff, Bemerkungen zum Verwaltungsgang und zur Verwaltungsdauer der Bürgerrechtsschenkungen an Auxiliare, ZPE 43 (1981) 403–425 anhand der Militärdiplome; vgl. auch Wolff, Veteranenprivilegien (wie Anm. 18) bes. 108 f.

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Da es keine regulären Entlassungsurkunden gab, blieb es jedem Veteranen selbst überlassen, sich amtliche Schriftstücke oder durch Zeugen beglaubigte Urkunden als beweiskräftige Unterlagen zu verschaffen, die allfällige Anfechtungen seines Standes – und damit den schwerwiegenden Vorwurf der Desertion, Anmassung des Bürgerrechts und Erschleichung von Privilegien – widerlegen konnten21. Abgesehen von den bekannten Militärdiplomen (für Gruppen von Soldaten) und drei an einzelne Soldaten ausgestellten, individuellen Entlassungsbescheinigungen auf Holz und Bronze22 informiert vor allem eine auf Papyrus erhaltene Bittschrift über die Bemühungen von Veteranen, Beweismittel über ihren Status in die Hände zu bekommen. Zweiundzwanzig ehemalige Flottensoldaten, die in die legio X Fretensis versetzt worden waren, ersuchen den Statthalter von Syrien-Palästina um die Bestätigung, daß er sie nicht aus der Flotte, sondern aus der Legion entlassen habe23. Die Veteranen halten diese Bestätigung zum einen wegen der ungewöhnlichen Versetzung für nötig, zum anderen aber auch, weil sie sich in ihrer Heimatstadt Alexandria ansiedeln wollen, also außerhalb des Wirkungsbereiches des Statthalters von Syrien-Palästina und fern seines Archives, wo die entsprechenden Akten im Bedarfsfalle rasch hätten eingesehen werden können24. Die unsichere Zeitspanne vor dem Abschluß der Anerkennungsprozeduren (für die der praefectus Aegypti zuständig war) illustriert am anschaulichsten SB XVI 12508. In diesem Schreiben vom 1. Oktober 149, das vermutlich im Stab des Präfekten oder eines Finanzprokurators entstand, wird dem Basilikos Grammateus mitgeteilt, daß ein Reiter der ala Vocontiorum mehr als 25 Jahre gedient habe und daher von den per capita-Abgaben (ejpikefavlia) befreit sei25. Diese Bestätigung des abgeleisteten Militärdienstes einerseits und der Steuerprivilegien andererseits macht nur Sinn, wenn der Betroffene nicht mehr Soldat, aber auch noch nicht anerkanntermaßen Veteran ist. Daß es durchaus mehrere Jahre dauern konnte, bis der Präfekt und sein Büro die Unterlagen geprüft und die Epikrisis vollzogen hatten, zeigt am besten das komplexe Dokument SB IV 7362, ein Auszug aus den Epikrisis-Akten für einen Veteranen namens Valerius Clemens, der sich in der Chora an21 Umfassende Studien zu den Vorgängen rund um die Entlassung aus dem Heeresdienst bieten M. A. Speidel, Honesta Missio. Zu ‚Entlassungsurkunden¶ und verwandten Texten, in M. A. Speidel, H. Lieb (Hgg.), Militärdiplome. Die Forschungsbeiträge der Berner Gespräche von 2004, (Mavors 15), Stuttgart 2007, 293–325, bes. 310 ff. und speziell für Ägypten: Aly, Veterans (wie Anm. 13) bes. 1–17 und 47–75. 22 Zu diesen und vergleichbaren Urkunden s. Speidel, Missio (wie Anm. 21) 313–316. 23 PSI IX 1026 = ChLA XXV 784 (mit weiterer Literatur) = CPL 117 = CIL XVI App. 13 = Doc. Eser.Rom. 83 und 98. Zur Interpretation zuletzt B. Palme, Die classis praetoria Misenensis in den Papyri, in P. Amann, M. Pedrazzi, H. Taeuber (Hgg.), Italo – Tusco – Romana. Festschrift für L. Aigner-Foresti, Wien 2006, 296–298 und Speidel, Missio (wie Anm. 21) 312 f. 24 ChLA XXV 784, 7–10: … et i¢n¢ patriam Alexandriam ad Aegypto ituri petimus et | rogamus digneris nobis adÀrmare a te missos esse, ut ex adÀrmatione tua a¢ppareat | nos ex eadem legione missos esse non ex classe u¢t possit r¢[e]bus neces[sari]s sub|scriptio t¢u¢a¢ [inst]r¢u¢menti c¢a¢usa nobi¢s¢ prodesse … Der Statthalter kommt der Bitte der Veteranen durch seine subscriptio unter der Petition nach. 25 SB XVI 12508, 7–11: [ej]dhlwvqh ejstrateu'sqai e[tesi pleivos ¢ [¢ i ei[ko] | [s]i pevnte: ajkovlouqon ou\n ejsti gr(avfai) k¢ata; | th;n cavrin tou' megivstou Aujtokravtoro~ | periaireqh'nai aujto;n ejk th'~ dovse | w~ ejpikefalivwn. Zur Erklärung des Textes vgl. Kruse, Schreiber (wie Anm. 11) II, 635–641.

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siedeln möchte26. Der Auszug ist auf den 11. Aug. 188 (Z. 25–28) datiert. Er bezieht sich auf die Akten jener Epikrisis, die zwischen dem 25. Juli und dem 26. Sept. des Jahres 186 von dem damaligen Präfekten Longaeus Rufus durchgeführt worden war (Z. 4–5). Damals hatte der Veteran ein Schreiben des noch früher amtierenden Präfekten Pactumeius Magnus vom 31. Dez. 177 (Z. 14) vorgelegt, das offenbar eine Art ‚Entlassungsbescheinigung¶ (ejpistolh; ajpoluvsew~) war (Z. 8–16)27. Zwischen der missio (ajpovlusi~) und der Epikrisis lagen mithin nicht weniger als achteinhalb Jahre (Dez. 177 bis Sommer 186). Sogar nach bestandener Epikrisis kam es für den Veteranen darauf an, bei der Ansiedlung in der Chora den Behörden seines neuen Wohnortes den Nachweis über das abgeschlossene Epikrisisverfahren und damit über sein Bürgerrecht und den Àskalischen Status jederzeit und eindeutig erbringen zu können. Dazu konnten Auszüge aus den Epikrisis-Akten dienen. Denselben Zweck erfüllten aber auch einfachere Bescheinigungen, von denen ein Exemplar in P.Oxy. VII 1023 vom Jahre 116/7 auf uns gekommen ist: In lakonischen Worten wird bestätigt, daß der Veteran Publius Petronius Celer die missio und die Epikrisis durch den Präfekten erhalten hat und sich nun erstmals in der Chora niederlassen wird28. Einen konkreten Adressat nennt diese Bestätigung nicht, doch der Hinweis auf die Ansiedlung (prwvtw~ parepidhmhvsa~) zeigt, daß sie an die Lokalbehörden gerichtet war. Der Veteran konnte das Schreiben jedem präsentieren, bei dem er es für angebracht hielt. Einem ähnlichen Zweck diente vielleicht auch das Fragment einer beeideten Erklärung über die vollzogene Epikrisis, SB XXIV 15891 (Karanis, 138–160), deren Einzelheiten nicht mehr erkennbar sind. Es dürfte einleuchten, daß die Veteranen selbst und genauso die Militärbehörden bei dem Übergang vom Status des peregrinen Auxiliarsoldaten zum Veteranen mit Bürgerrecht besondere Vorsicht walten ließen. Leicht einsichtig ist ferner, daß es vor dem militär-bürokratischen Hintergrund angebracht erschien, wenn ein mit militärischen Dokumenten bestens vertrauter OfÀzier aus dem Ritterstand die Epikrisis der Veteranen überwachte. Doch abgesehen von den mit Veteranen befaßten Epikrisis-Akten zeigen auch die Epikrisis-Unterlagen ziviler römischer Bürger, ihrer Kinder, Freigelassenen und Sklaven, daß der praefectus Aegypti auch die Durchführung dieser Verfahren stets an einen ritterständischen OfÀzier delegiert hat29. Alle Epikriseis römischer Bürger seitens des Präfekten laufen über einen OfÀzier. In den Doku26 SB IV 7362, 6–8: boulovmeno~ parepidhmei'n pro;~ kairo;n nomw'/ ¨Arsinoeivth/. Die Formel begegnet auch in BGU III 780, 13–15; BGU I 265, 19–20; BGU I 113, 12–13; P.Hamb. I 31a, 11 und mit einem anderen Ansiedlungsort in SB VI 9228, 16–17: boulovmeno~ parepidhmei'n pro;~ kairo;n th'/ Sohvnh/. 27 So auch H. Horstkotte, SB 7523 und der Veteranenstatus Mitte des 2. Jh.s n. Chr., ZPE 111 (1996) 257, Anm. 18; Kruse, Schreiber (wie Anm. 11) II, 637–639. 28 P.Oxy. VII 1023 (Oxy., 116/7): Povplio~ P¢etrwvnio~ | Kevler ajpoluvsimo~ | stratiwvth~, prwvtw~ | parepidhmhvsa~, dhlwqei;~ ejpikekrivsqai | uJpo; Koeivntou ÔRam | miv[o]u Martiavli~ | tw'/ a (e[tei) ÔAdrianou' | tou' kurivou. 29 Nelson, Status Declarations (wie Anm. 11) 42 und 68–73. – Soldaten waren sogar in die Epikrisis-Verfahren für Alexandriner involviert: BGU IV 1033 und P.Hamb. I 31a, vgl. wie Anm. 14. In der Petition P.Flor. I 57 (166) wird erwähnt, daß der Präfekt zumindest in diesem Fall auch die Epikrisis alexandrinischer Epheben vornahm, s. Nelson 53 f. Als beteiligte Beamte

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menten wird zugleich aber unmißverständlich zum Ausdruck gebracht, daß der Präfekt die Verantwortung und Initiative hat, der OfÀzier dagegen nur als sein Stellvertreter (dia; tou' dei'no~) oder „auf Befehl“ (ejx ejgkeleuvsew~) des Präfekten handelt30. Die mit der Durchführung der Epikrisis betrauten OfÀziersränge gehören allesamt den militiae equestres an: Bisweilen werden Kommandanten von Hilfstruppen herangezogen, z. B. ein praefectus alae oder ein praefectus cohortis, gelegentlich auch ein praefectus classis Alexandrinae. In den meisten Fällen aber ist es ein tribunus der legio II Traiana, der für diese Aufgabe abkommandiert wird31. Besonders anschaulich zeigt dies eine Aufstellung über vollzogene Epikriseis in P.Wash.Univ. I 3, Kol. II (Oxy.?, Anf. 3. Jh.), wo jeweils der mit der Durchführung befaßte OfÀzier genannt ist; dreimal waren dies tribuni, einmal ein praefectus classis32. Da nirgendwo ein Prinzip erkennbar wird, nach welchem einmal dieser, ein andermal jener OfÀzier den Auftrag bekam, steht zu vermuten, daß die Wahl ad personam getroffen wurde und vielleicht die besondere organisatorische Fähigkeit eines OfÀziers dafür den Ausschlag gab. Nach den derzeit vorliegenden Testimonien wurde die Epikrisis in der beschriebenen Form bis mindestens zum Jahre 214 abgehalten. Bald danach dürfte die Epikrisis durch die Constitutio Antoniniana überÁüssig geworden sein. Weniger klar ist, warum die Belege erst mit der Regierungszeit des Kaisers Trajan einsetzen (frühester Beleg: 103), zumal eine verwandte Textgruppe vorführt, daß OfÀziere aus dem Ritterstand auch schon viel früher mit vergleichbaren Verfahren befaßt waren: Die Elite der ”Ellhne~ in den Metropoleis der Chora, die sog. oiJ ejk tou' gumnasivou, mußten sich gleichfalls einer Epikrisis unterziehen, um ihre Stellung als „die vom Gymnasium“ nachzuweisen, die gleichfalls (unklare) Steuerprivilegien genossen. Die Zugehörigkeit zu dieser munizipalen Oberschicht folgte ebenfalls der Abstammung, weshalb die Anträge, mit denen die Aufnahme der 13jährigen betrieben wurde, in der Regel auf mehrere Generationen von Vorfahren aus der gymnasialen Elite verweisen. Ein besonders eindrucksvoller Antrag auf Epikrisis für die gymnasiale Klasse liegt in dem oxyrhynchitischen P.Mich. XVI 676 vom Jahre 272 vor. Die hier ausgebreitete Genealogie geht in der väterlichen Linie sechs, in der mütterlichen sogar acht Generationen zurück, also nicht weniger als etwa 220 Jahre. Dabei wird unter anderem erwähnt, daß ein Vorfahre mütterlicherseits im 3. und 5. Jahr des Nero (56/7 und 58/9) durch den Tribunen Curtius Paulinus die (gymnasiale) Epikrisis passiert hatte: uJpo; Kourtivou Paulivnou ch• liavrc[o]u ejpik(ekrimevnwn). Interessanter werden ein Exegetes, Ex-Kosmetes, ein Priester und ein weiterer (unklarer) alexandrinischer Beamter genannt; von der Mitwirkung eines OfÀziers ist nicht die Rede. 30 So in SB I 5217, 3–5: ejx ejnke[leuvse]w~ Mavrk[ou P]e | trwnivou ÔOna[rav]tou [ejp]avrcou Aijguvpto[u dia;] Magivou Sabe[ivnou] | ciliavrcou le[ge]w'no~ [d]eutevra~ Traia[nh']~ ¨Iscura'[~. Vgl. auch die Erwähnung des Tribunen in Z. 27. 31 Aly, Veterans (wie Anm. 13) 79, Anm. 1. Die Belege sind der im Anhang beigefügten Tabelle zu entnehmen. 32 P.Wash.Univ. I 3, Kol. II (Oxy.?, Anf. 3. Jh.), fragmentarisch, vgl. dazu Nelson, Status Declarations (wie Anm. 11) 68–73. Das Schema der Eintragungen läßt sich am deutlichsten in Kol. I 10–13 und Kol. II 25; 34 und 40 erkennen.

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Weise wird derselbe Tribun auch in P.Oxy. XLVI 3279 vom Jahre 148/9 genannt als derjenige, der im 3. und 4. Jahr des Nero (56/7 und 57/8) die gymnasiale Epikrisis durchgeführt hatte. Und noch erstaunlicher ist, daß derselbe Curtius Paulinus ein drittes Mal in P.Oxy. X 1266 vom Jahre 98 als Verantwortlicher für die Epikrisis im 5. Jahr des Vespasian (72/3) erwähnt wird – dort allerdings ohne seinen militärischen Rang. Das gibt zu denken, ob nicht auch andere Epikrisis-Beauftragte ohne Titel römische Militärs gewesen sein könnten. John Rea hat in seinem Kommentar zu P.Oxy. XLVI 3279 darauf hingewiesen, daß gerade das 3., 4. und 5. Jahre Neros sowie das 5. Jahr Vespasians häuÀg in den Dokumenten der gymnasialen Epikrisis von Oxyrhynchos vorkommen und daher besonders wichtige Verfahren, vielleicht eine Art „General-Epikriseis“ gewesen sein dürften33. Wie dem auch sei: Sicher ist, daß schon im Jahre 56/7 ein Tribun mit der Durchführung der gymnasialen Epikrisis betraut war, die keinerlei militärische Aspekte hatte und keine römischen Bürger betraf. Dieses Beispiel zeigt einerseits, daß OfÀziere auch bei nicht-präfektalen Epikriseis in der Chora tätig sein konnten, und dies andererseits auch schon der Fall war, lange bevor sie nachweislich bei der Epikrisis der cives Romani zum Einsatz kamen. MITWIRKUNG BEIM PROVINZIALZENSUS Durch die Epikrisis wurde, wie gesagt, der Status einer Person festgelegt. Um die konkreten Daten für die Steuerveranlagung zu erheben und à jour zu halten, mußte die Reichsverwaltung von Zeit zu Zeit einen Zensus durchführen. Wie in den anderen Teilen des Reiches wurden auch in Ägypten die römischen Bürger in unregelmäßigen Abständen durch den allgemeinen Bürgerzensus registriert34. Dagegen wurde der sog. Provinzialzensus für die peregrine Bevölkerung – für den der im Weihnachtsevangelium erwähnte Zensus des Quirinius in Syrien und Judäa nur das berühmteste Beispiel ist – in den einzelnen Provinzen zu unterschiedlichen Zeitpunkten und nach den diversen Àskalischen Rahmenbedingungen abgehalten35. Die einzigen Zensusdeklarationen, die außerhalb Ägyptens erhalten geblieben sind, 33 Vgl. dazu Kruse, Schreiber (wie Anm. 11) I, 256–258; vergleichbare Fälle, in denen Epikriseis früherer Generationen angeführt werden, sind zitiert bei Palme, Zivile Aufgaben (wie Anm. 4), 314, Anm. 70. 34 Zum Bürgerzensus in Ägypten s. Braunert, Cives Romani (wie Anm. 9) 11–21; allgemein im Reich zuletzt besonders E. Lo Cascio, Il census a Roma e la sua evoluzione dall·età ‚serviana¶ alla prima età imperiale, MEFRA 113 (2001) 565–603. 35 Zu den Zensusmodalitäten in anderen Provinzen: P. A. Brunt, The Revenues of Rome, JRS 71 (1981) 163–172; H. Braunert, Der römische Provinzialzensus und der Schätzungsbericht des Lukas-Evangeliums, Historia 6 (1957) 192–214; L. Neesen, Untersuchungen zu den direkten Staatsabgaben der römischen Kaiserzeit, Bonn 1980; E. Lo Cascio, Census provinciale, imposizione Àscale e amministrazioni cittadine nel Pricipate, in Eck, Müller-Luckner (Hg.), Lokale Autonomie (wie Anm. 3) 187–211; A. Bérenger-Badel, Les recensements dans la partie orientale de l·Empire: le cas de l·Arabie, MEFRA 113 (2001) 605–619; K. Rosen, Jesu Geburtsdatum, der Census des Quirinius und eine jüdische Steuererklärung aus dem Jahr 127 nC, JAC 38 (1995) 5–15. – A. Aichinger, Zwei Arten des Provinzialzensus? Überlegungen zu neupublizier-

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stammen aus der Provinz Arabia und gehen auf denselben Zensus des Jahres 127 zurück: P.Yadin 16 sowie P.Hever 61 und 6236. Obwohl sie nur den Landbesitz deklarieren, nicht aber alle Personen des Haushaltes, steht außer Zweifel, daß diese Urkunden der Festsetzung der Steuerquoten und damit dem Provinzialzensus dienten. In Ägypten lieferten die kat¨ oijkivan ajpografaiv die Daten für den Provinzialzensus, der seit der Regierungszeit des Augustus zunächst in 7-jährigen Abständen, seit 33/4 (oder 47/8) dann regelmäßig alle 14 Jahre bis 257/8 stattfand37. Der enorme Papierkrieg und bürokratische Aufwand, den die Erfassung aller Haushalte und aller Einwohner Ägyptens mit sich brachte, spiegelt sich in der beachtlichen Zahl von ca. 330 originalen Apographai wider, die bislang ediert wurden und jedes einzelne Zensusverfahren mehrfach dokumentieren. Die Entgegennahme und weitere bürokratische Bearbeitung der Apographai oblag wiederum den Gaubehörden, insbesondere den Strategen und Basilikoi Grammateis. Die Anordnung zur kat¨ oijkivan ajpografhv ging vom praefectus Aegypti aus; ein außergewöhnlicher Fall ist jedoch für das Jahr 230/1 bekannt geworden, als die Order von einem hohen OfÀzier mitgetragen wurde38. Nicht nur für die Verwaltungsstellen, sondern auch für die Bewohner Ägyptens bedeutete die kat¨ oijkivan ajpografhv unter Umständen einen erheblichen Aufwand. Zum einen war die Erstellung der in mehreren Exemplaren einzureichenden Deklarationen für die Masse der schreibunkundigen Menschen eine zusätzliche, mit Ànanziellen Ausgaben für die Berufsschreiber verbundene Belastung; zum anderen hatte bei der Abgabe eine persönliche Stellung vor der Behörde zu erfolgen. Da die Deklaration nach dem Prinzip der ijdiva (origo) zu erfolgen hatte, viele Menschen jedoch (wie aus den Deklarationen selbst hervorgeht) an einem anderen Ort als ihrem ursprünglichen Meldeort lebten, war ein nicht unerheblicher Teil der Bevölkerung gezwungen, zum Zwecke der kat¨ oijkivan ajpografhv eine Reise auf sich zu nehmen39. Zumindest im 2. und frühen 3. Jh. hat die Verwaltung den Provinzialzenten israelischen Papyrusfunden, Chiron 22 (1992) 36–45 geht davon aus, daß zwischen einzelnen, groß angelegte Zensusmaßnahmen kleinere, intermediäre Zensus durchgeführt wurden. 36 P. Yadin 16 gehört zu dem Archiv der Babatha, P.Hever 61 und 62 zu dem der Salome Komaïse. Alle drei Dokumente sind ofÀzielle Kopien der Deklarationen, die in Rabbath Moab südlich des Toten Meeres abgegeben wurden. Zu den Texten s. H. M. Cotton, P.Hever 61, Einleitung S. 175 f. und Rosen, Jesu Geburtsdatum (wie Anm. 35) 7–11. 37 Zum ägyptischen Provinzialzensus s. die Literatur oben Anm. 10; zu seiner Einführung: R. S. Bagnall, The Beginnings of the Roman Census in Egypt, GRBS 32 (1991) 255–265. Die kat¨ oijkivan ajpografhv besprechen Wallace, Taxation (wie Anm. 1) 96–115; Bagnall, Frier, Demography (wie Anm. 10) 1–30 (mit einer Liste der Dokumente) und zuletzt ausführlich Kruse, Schreiber (wie Anm. 11) I, 64–139. 38 P.Oxy. XLII 3077, 3–9 (Oxy., 230/1): k¢[ata; ta; keleusqevnta uJpo;] | Aujrhlivou Zhvnwno~ ¨Ia[nouarivou tou' lam(protavtou)] | strathlavtou kai; Klau[divou Maskouleivnou] | tou' lamprovtata hJgem[oneuvsanto~ ajpogr(afovmeqa) pro;~] | th;n tou' dielq(ovnto~) q (e[tou~) Mavr[kou Aujrhlivou Seouhvrou] | ¨Alexavndrou Kaivsaro~ t[ou' kurivou kat¨ oijkivan] ajpogr(afh;n) ktl. Auch in P.Lond. III 946 (Herm., 231) und in PSI X 1112 (Oxy., 231) treten beide gemeinsam auf. Hinter der unspeziÀschen Bezeichnung strathlavth~ steht nach der Vermutung der ed. pr. wohl ein dux. 39 Die Vorgänge sind beschrieben bei B. Palme, Die ägyptische kat¨ oijkivan ajpografhv und LK 2,1–5, Protokolle zur Bibel 2 (1993) 1–24. Die origo war auch in anderen Provinzen das Registrierprinzip: Ähnlich wie in Judäa Joseph und Maria in der Darstellung des Evangeliums von

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sus aber auch gezielt genutzt, um die durch SteuerÁucht oder Arbeitssuche in die Städte, insbesondere natürlich Alexandria, abgewanderten Menschen wieder in ihre ursprünglichen Wohnsitze zurückzuführen. Vom Jahre 104 bis 216 sind mehrere Statthalteredikte papyrologisch bezeugt, welche diejenigen Personen, die sich illegal außerhalb ihrer Heimatbezirke aufhalten, zur straffreien Rückkehr auffordern40. Die Forschung hat für sie den Terminus ‚Reintegrationsedikte¶ geprägt. Sie gingen den Anordnungen zum Zensus voraus und verfolgten das Ziel, der LandÁucht entgegenzuwirken und durch Rückführung der Arbeitskräfte die größtmögliche landwirtschaftliche Produktion zu gewährleisten. Die erhaltenen Reintegrationsedikte waren zwar durch vergleichbare Intentionen motiviert, reagierten aber offenbar auch auf aktuelle Situationen und sind in ihren Formulierungen daher variabel. Vermutlich gingen jedem Provinzialzensus solche Maßnahmen voran. Die auf uns gekommenen Reintegrationsedikte stammen auffälligerweise aus genau derselben Zeitspanne, für die auch die Epikrisisurkunden vorliegen. Das bislang älteste Reintegrationsedikt wird in dem größeren Textkonvolut von P.Lond. III 904 zitiert. Im Jahre 104 vom praefectus Aegypti C. Vibius Maximus promulgiert, ist für die hier verfolgte Fragestellung insbesondere jener Passus der Verlautbarung relevant, der denjenigen Personen, die triftige Gründe für ihren Aufenthalt in Alexandria nachzuweisen vermögen, das Recht zum Verbleib in der Stadt gewährt. Als Anlaufstelle für diese Personen setzt der Präfekt einen praefectus alae namens Festus ein, der einerseits die Zensusmeldungen entgegennehmen wird, andererseits durch seine subscriptio auf einer innerhalb einer bestimmten Frist auszustellenden Bestätigung die Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes amtlich beglaubigen soll. Schwere Strafen werden jedem angedroht, der außerhalb dieser Fristen ohne subscriptio angetroffen wird41. Für welche Personengruppen die Ausnahmeregelung gedacht ist, kann man dem Reintegrationsedikt des Caracalla in P.Giss. I 40, Kol. II vom Jahre 216 entNazareth nach Bethlehem gehen mußten, hatten auch in Arabia Babatha in P.Yadin 16 und Salome Komaïse in P.Hever 61 und 62 von ihrem Wohnort Mah¢oza in das 40 km entfernte Rabbath Moab zu kommen, um ihre Deklarationen persönlich abzugeben. 40 Solche ‚Reintegrationsedikte¶ sind bezeugt in P.Lond. III 904 (104, Vibius Maximus); BGU II 372 = SB XX 14662 (154, Sempronius Liberalis); P.Fay. 24 (158: Beeidete Deklaration, das Edikt auszuhängen); P.Westminster Coll. 30 (201/2); P.Cattaoui II 10 = SB I 4284, 6–9 (207, nur erwähnt); P.Oxy. XLVII 3364 (206/9, sehr fragmentarisch); P.Gen. I2 16, 17–21 (207, nur erwähnt); P.Flor. I 6 (210, nur erwähnt); P.Giss. I 40, Kol. II 1–5 = W.Chr. 378 (215, Caracalla, nur erwähnt); P.Giss. 40, Kol. II 16–29 (215, Caracalla-Edikt); BGU I 159 (216, nur erwähnt). – Denselben Intentionen diente auch P.Oslo III 79 (134/5), eine Order, die idia nicht zu verlassen. 41 P.Lond. III 904 (S. 125), 28–43 = W.Chr. 202 = Meyer, Jur.Pap. 2a = Sel.Pap. II 220 (Alex., 104): Eijdw;~ mevnto[i o{]ti ejnivwn tw'n [ajpo;] | th'~ cwvra~ hJ povli~ hJmw'n e[cei cre[ivan] | bouvlom[ai] pavnta[~ t]ou;~ eu[[l]o•gon do[kou'n]|ta[~] | e[cein tou' ejnqavde ejpimevnin [aij] | tivan ajpogravfes[q]ai para; Boull..[…] | Fhvstw/ ejpavrcw[i] ei[lh~ o}n ejpi; to[uvtw/] | e[taxa, ou| kai; ta;~ [uJ]pografa;~ oiJ ajpod[eiv]|xante~ ajnagk[aivan a]uJtw'n th;n parou[sivan] | lhvmyonta[i kata; t]ou'[t]o to; paravggelm[a] | ejnto;~ [th'~ triakavdo~ tou' eJn]es[t]w'to~ mhno;~ ¨E[peivf, tou;~ de; a[llou~ ej]panelqei'n | meq¨ hJ[mevra~ ..: eja;n dev ti~ cwri;]~ uJpografh'[~] tou' ejpil•[oivpou crovnou euJ]reqh'i, ouj | metrivw~ zhmiwqhvsetai ktl. Ergänzungsvorschläge nach W. Schubart, Aegyptus 31 (1951) 153.

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nehmen. In diesem berühmten Edikt – auf das wahrscheinlich Cassius Dio im Zusammenhang mit dem Massaker anspielt, das Caracalla im Jahre 215 in Alexandria angerichtet hatte42 – heißt es (Kol. II 16–19): „Alle Ägypter, die in Alexandria sind, und vor allem Bauern, die von woanders her Áüchtig sind und leicht ausÀndig gemacht werden können, sind überall in jedem Fall auszuweisen, abgesehen jedoch von den Schweinehändlern und Flußschiffern sowie jenen, die Schilf zum Beheizen der Bäder liefern. Die übrigen weise aus …“43. Ausgenommen von der ‚Rückführung¶ bzw. Ausweisung sind also Berufszweige, die für die Versorgung der Großstadt mit Lebensmitteln oder Rohstoffen unerläßlich waren. Im Edikt des Vibius Maximus erhält der Alenpräfekt Festus das Pouvoir, die Ansuchen solcher Leute zu prüfen und darüber zu entscheiden. Man wird davon ausgehen dürfen, daß auch die Kontrolle, ob nach der gesetzten Frist alle Verbliebenen ihre Erlaubnisscheine haben, dem Festus und seiner Reitereinheit überantwortet war. Sämtliche im Vorfeld des Provinzialzensus anstehenden Maßnahmen zur Kontrolle und Steuerung der Migrationsbewegungen bzw. Rückführung von LandÁüchtigen lagen also in den Händen des Militärs. Eine weitere Differenzierung der Maßnahmen ist im Reintegrationsdikt des Präfekten M. Sempronius Liberalis vom Jahre 154 vorgenommen (SB XX 14662). Hier werden die Personen, welche sich außerhalb ihrer Wohnsitze aufhalten, in zwei klar unterschiedene Gruppen geteilt: Auf der einen Seite gibt es Übeltäter (kakou'rgoi), die sich in Banden zusammengerottet Übergriffe (e[fodoi) und Raub haben zuschulden kommen lassen. Die zivilen Behörden – Epistrategen und Strategen – werden gemeinsam mit dem Militär gegen die Übeltäter vorgehen, indem sie Missetaten strafrechtlich verfolgen, auf frischer Tat ertappte Übeltäter einer Untersuchung und Bestrafung zuführen und schließlich dafür sorgen sollen, künftigen Übergriffen vorzubeugen. Auf der anderen Seite sichert der Präfekt all jenen, die zurückgekehrt in ihre Heimat sich wieder der Landwirtschaft widmen, Freiheit vor Konsequenzen zu. Er will anscheinend sogar von einer weiteren Verfolgung früherer Taten Abstand nehmen44. Sehr klar zeigt sich – wie schon im Edikt des Vibius Maximus – auch hier die Politik, nicht rundheraus alle SteuerÁüchtigen oder Migranten pauschal zu kriminalisieren, sondern durch Zusicherung der Straffreiheit einen An42 Cassius Dio 77, 23, 2: Tau'ta me;n oiJ ejpicwvrioi e[paqon, oiJ de; dh; xevnoi pavnte~ ejxhlavqhsan plh;n tw'n ejmpovrwn. 43 P.Giss. I 40, Kol. II 16–20: Aij[guvpti]o¢i¢ pavnte~, oi{ eijsin ejn ¨Alexandreiva/, kai; mavlista a[groikoi, oi{tine~ pefeuv¢[gan] | a[l¢[loqen k]a¢i; eujmarw'~ e¢[uJ]rivs[k]esqai duvnanta¢i¢, pavnth/ pavntw~ ejgblhvsimoiv eijsin, o¢[ujc]i; | m[evn]t¢o¢i¢ g¢e coirevmpor¢o¢i¢ k¢ai; nau'tai potav[m]i•oi ejkei'noiv te, oi{tine~ kavlamon pr[o;]~ to; | uJpokaivein ta; bala[nei']a¢ katafevrousi. tou;¢~¢ de; a[llou~ e[gba¢l¢l¢e, oi{tine~ tw'/ plhvqe[i] tw'/ | ijdivw/ ka[i; ouj]ci; crhvsei ta¢ravssousi th;n povlin. 44 BGU II 372 = W.Chr. 19 Kol. II 5–15; die maßgebliche Edition ist jene von Strassi, L·editto (wie Anm. 2) 1–75, wiederabgedruckt als SB XX 14662: “Istwsan, o{t[i] k[a]i; toi'~ krativstoi[~] ejpistrathvgoi~ | kai; toi'~ strathgoi'~ kai; toi'~ pe[m]fqei'si uJp¨ ejm[¢ ou'] | pro;~ th;n th'~ cwvra~ ajsfavleian kai; ajmerim•ni• a v n | stratiwvtai~ parhvggel[t]ai, ta;~ me;n ajrcomevna~ | ejfovdou~ k[w]luvein, proorw'nta~ kai; proapantw'nta~, ta;~ [de; g]enomevna~ par¢[a]utivka ejpidiwv|kein ka[i;] to[u;~] lhmfqevnta~ ejp¨ aujt[o]f¢[wvr]w/ ka | kouvrgou~ m[h]de;n peraitevrw tw'n aujth'/ th'/ | lh/steiva/ geno[m]evnwn ejxetavzein, a[lloi~ de; tw'n po | te prograf[ev]ntwn hJsucavzousi kai; ejn th'/ oijkeiva/ th'/ gew[rg]iva/ proskarterou'si mh; ejnoclei'n.

162

Bernhard Palme

reiz zur Rückkehr an den Wohnort und Arbeitsplatz zu geben. In willkommener Deutlichkeit bringen zudem die Worte des Sempronius Liberalis zum Ausdruck, wie die Soldaten mit speziellem Befehl in die Chora entsandt wurden, um die entsprechenden Maßnahmen durchzusetzen. Daß sie dabei mit den zivilen Behörden Hand in Hand arbeiten sollten, ist schon deshalb nötig, weil nur diese die Unterlagen hatten, aus denen die origo eines Zivilisten hervorging. Die anderen Reintegrationsedikte sind sehr fragmentarisch bzw. werden nur auszugsweise in anderen Texten zitiert, weshalb entsprechende Regelungen nicht erhalten blieben. Es liegt jedoch die Vermutung nahe, daß bei keinem Provinzialzensus und seinen vorbereitenden oder begleitenden Maßnahmen auf die Mitwirkung des Militärs verzichtet werden konnte. Die Rolle des Militärs bei der Registrierung und Kontrolle der Bevölkerung war gewiß auch kein speziÀsches Phänomen der Provinz Aegyptus. Abgesehen von zwei Dutzend inschriftlichen Zeugnissen für die Funktion ritterständischer OfÀziere als censitores45, tritt auch in den Zensusdeklaration des Jahres 127 aus der Provinz Arabia – P.Yadin 16 sowie P.Hever 61 und 62 –, ein praefectus alae als Leiter des Zensusbüros auf, der die Deklarationen entgegennimmt46. Neben anderen, gut dokumentierten Einsätzen von Angehörigen der militiae equestres in verschiedensten Bereichen der zivile Provinzialadministration dürfte auch die Tätigkeit bei der Kontrolle und Registrierung der Bevölkerung zu den regulären Aufgaben während des Kommandos gehört haben, die im Auftrag des Statthalters auszuführen waren47. So wie bei den senatorischen Statthaltern Hinweise auf Zensusmaßnahmen in den Cursus-Inschriften selten sind, weil sie als selbstverständlicher Bestandteil der routinemäßigen Amtsgeschäfte keiner gesonderten Erwähnung für wert erachtet wurden, so Ànden sich auch vergleichsweise wenige Hinweise auf die Beteiligung der Militärs. Nur das Aktenmaterial selbst und die daraus gezogenen Abschriften hielten die Namen der verantwortlichen OfÀziere getreulich fest.

45 Gesammelt bei Erkelenz, Administrative Feuerwehr? (wie Anm. 6) 299, Anm. 49. 46 P. Yadin 16, 36 f.: Prei'sko~ e[parco~ iJppevwn ejdexavmhn th'/ pro; mia'~ nwnw'n Dekembrivwn. Vgl. den entsprechenden Passus in P. Hever 61, 5–6. 47 In diesem Sinne etwa auch Zwicky (wie Anm. 4) 75 f.; Brunt, Revenues (wie Anm. 35) 165; Aichinger, Provinzialzensus (wie Anm. 35) bes. 39–45; Erkelenz, Administrative Feuerwehr? (wie Anm. 6) 299 f. Die epigraphischen Belege für die senatorischen Zensusbeamten hat A. Bérenger, Missions sénatoriales et administration de l·Empire. Censiteurs et Correcteurs d·Auguste a Sévère Alexandre (31 av. J.-C. – 235 ap. J.-C.), Diss. Paris 1996, umfassend aufgearbeitet.

163

Militärs in der administrativen Kontrolle Tabelle: Epikriseis durch den praefectus Aegypti Beleg

Jahr der Epikrisis

DokumentTyp

Fundort

Verantwortlicher OfÀzier

HMSLNHNULPHYQRa (Titel des tomos)

P.Hamb. I 31 + P.Stras. V 340 = Doc.Eser.Rom. 90

103

Auszug

Ars.

BGU IV 1033

113– 117

Original-Akt

?

P.Oxy. VIII 1023

116– 117

Bestätigung

Oxy.

P.Hamb. I 31a = Doc.Eser.Rom. 91

126– 138

Auszug Ars. ? [ – ] praefectus alae Veteran? ([Veteranen], Aprianae Römer, Alexandriner, deren Freigelassene, Sklaven und andere)

P.Diog. 5

132– 133

Auszug

Ars.

Antonius Ru[ – ]

Veteran & Kinder ([ – ])

140 BGU I 113 = W.Chr. 458 = Doc. Eser.Rom. 92 = FIRA III 7a

Auszug

?

[ – ]ius Nat[alis] tribunus leg. II Traianae

Veteran & Tochter (Veteranen, Römer, deren Freigelassene, Sklaven und andere)

P.Diog. 6 (Duplikat: P.Diog. 7)

143

Auszug

Ars.

Vergilius Iulianus tribunus

Römer

SB XXIV 15891

147

Erklärung über Epikr.

Ars.

[–]

Römer (?)

BGU I 265 = 148 W.Chr. 459 = Doc. Eser.Rom. 93

Auszug

Ars.

Magius Sabinus tribunus leg. II Traianae

Veteran (Veteranen)

SB I 5217 (mit SB II p. 463) = FIRA III 6

148

Auszug

Ars.

Magius Sabinus tribunus leg. II Traianae

unehelicher Sohn (Römer, deren Freigelassene und Sklaven)

BGU III 780 = Doc.Eser.Rom. 94

155– 159

Auszug

Ars.

[ – ] Severus praefectus cohortis [–]

Veteran (Veteranen, [Römer, deren Freigelassene], Sklaven und andere)

SB VI 9227 (Duplikat: SB VI 9228) = Doc.Eser. Rom. 95

160

Auszug Syene Septimius Priscus praefectus classis Augustae Alexandrinae

Veteran & Sohn (Veteranen, Römer, deren Freigelassene, Sklaven und andere)

PSI V 447

165– 166

Auszug

Römer, Sklave (Veteranen, Römer, deren Freigelassene, Sklaven und andere)

Oxy.

Cornelius Proculus tribunus

Veteran, Frau & Kinder ([ – ])

[ – ] praefectus classis [ – ]

Sklave? (Veteranen, Römer, Alexandriner und andere) Veteran

M. Iulius Senecio tribunus leg. II Traianae

164

Bernhard Palme

Beleg

Jahr der Epikrisis

DokumentTyp

Fundort

Verantwortlicher OfÀzier

Ars.

Bab[…]urius Lucullinus praefectus classis

HMSLNHNULPHYQRa (Titel des tomos)

BGU IV 1032

173

Original-Akt

Römer

P.Oxy. XII 1451

175

Auszug Alex.? Iuvencus Valens praefectus classis Augustae Alexandrinae

uneheliche Kinder, Sklaven (Veteranen, Römer, deren Freigelassene, Sklaven und andere)

BGU III 847 = 183 W.Chr. 460 = Doc. Eser.Rom. 96

Auszug

Ars.

Cocceius Varus tribunus leg. II Traianae

Veteran? ([Veteranen, Römer], deren Freigelassene und Sklaven und andere)

SB IV 7362 = Sel. Pap. II 315 = Doc. Eser.Rom. 97 = FIRA III 7b

186

Auszug

Ars.

Allius Hermolaus tribunus leg. II Traianae

Veteran

P.Oxy. LVIII 3920

nach Auszug 214 (?)

Oxy.

Veteran ([Veteranen], Iulius Marcus praefectus classis Römer, deren FreigelasAugustae Alexandri- sene, Sklaven und andere) nae

P.Wash.Univ. I 3

Anf. 3. Jh.

Register Oxy.? Iuvencus Valens Römer praefectus classis Augustae Alexandrinae (Z. 12–13), Marcius tribunus [leg. II Traianae] (Z. 25), Plotinus tribunus leg. [II Traianae] (Z. 34), Allius Hermolaus tribunus leg. [II Traianae] (Z. 39– 40)

DIE RÖMISCHE ARMEE UND IHR EINFLUSS AUF PRODUKTION UND BEVORRATUNG IM ZIVILEN BEREICH ARCHÄOLOGISCHE BEISPIELE AUS DEN NORDWESTLICHEN PROVINZEN DES IMPERIUM ROMANUM Helmut Bender Wenn man die Maxime, mit der ein „vorbildlicher Heerführer“ 1 von einem antiken Schriftsteller charakterisiert wird, nämlich „Nie kam es unter seinem Kommando vor, dass ein Soldat von einem Provinzialen Holz, Öl oder irgendeine Dienstleistung gewaltsam erpresste“2, wenn man also diese Maxime gelten lässt und als allgemein gültig akzeptiert, so haben die Zivilen, um die es hier geht, reichlich zu tun, zu produzieren und zu verdienen gehabt. Denn die kaiserzeitliche Armee von ca. 400.000 Soldaten3 mit regelmäßigen Soldzahlungen stellt einen enormen Wirtschaftsfaktor dar, der, wenn nicht Requisition, Raub oder Erpressung das übliche waren, den zivilen Sektor in Produktion und Bevorratung ganz erheblich beeinÁusst haben muss. Der Bitte von Herrn Eich, hierzu aus der Sicht eines Archäologen etwas zusammenzutragen, bin ich gerne gefolgt, hat doch in den Jahren seit 1986, als ich nach Passau kam, gerade die offene, kollegiale und freundschaftliche Diskussion mit Hartmut Wolff mir vieles gegeben. Nun sind Beispiele aus dem Arbeitsbereich der provinzialrömischen Archäologie der nordwestlichen Provinzen genügend beizubringen4, aber deren Interpretation ist manches Mal nicht eindeutig und schwierig in einen gesamten Kontext einzubauen. Auf die Hilfe von schriftlichen Quellen

1 2

3 4

G. Wesch-Klein, Soziale Aspekte des römischen Heerwesens in der Kaiserzeit. Heidelberger Althist. Beitr. u. Epigraph. Stud. 28 (1998) 138. Hist. Aug., Pesc. 3,6; Wesch-Klein, Soziale Aspekte (wie Anm. 1) 138 zu dieser Stelle; welche Belastung ein Heer für eine Siedlung bedeuten kann, kommt selbst noch in der späten Quelle Eugippius, v. Sev. 19,2 heraus, wo Severin dem mit seinen Soldaten heranziehenden Gibuld entgegengeht, damit diese nicht Passau behelligen; vgl. H. Wolff, Ein Heiliger am raetisch-norischen Donauufer, in: E. Boshof u. a. (Hrsg.), Ostbairische Lebensbilder I. Neue Veröffentl. Inst. Ostbair. Heimatforsch. Univ. Passau 54 (2004) 17. W. Eck in diesem Band. „Neben der leider immer stärker zurücktretenden Rechtsgeschichte kommen der Archäologie, der Papyrologie und der wirtschaftsgeschichtlich orientierten Numismatik zentrale Funktionen zu, wobei die Archäologie für weite Teile des Reiches längst zum bestimmenden Quellenlieferanten geworden ist“, so K. Strobel, Die Ökonomie des Imperium Romanum: Wirtschaftsgeschichte im Widerstreit zwischen Primitivismus und Modernismus. Xenia Posnancensia, MonograÀe 2 (2004) 89.

166

Helmut Bender

können wir dabei keineswegs verzichten und es bedarf einer regelmäßigen Diskussion, um alle Elemente zusammenzuführen5. Ich behandle vier Beispiele, die in unterschiedlich chronologischen Abschnitten angesiedelt sind; zum Schluss will ich eine kurze Synthese wagen. Auf Grund eigener Interessen und Forschungen steht der Agrarsektor im Mittelpunkt6. Das späte 3. Jh. n. Chr. und die Spätantike spare ich aus. Als erstes Beispiel betrachten wir das Lager von Dangstetten am Hochrhein und seine Versorgung mit Tafelgeschirr, Kochtöpfen und Fleisch. Seit G. Fingerlin sämtliche Fundstellen von 1–1358 mit den Funden publiziert 7 hat , ist auch die systematische Bearbeitung bestimmter Fundgruppen in Gang gekommen und publiziert. Es liegt ab anfangs des Jahres 2007 die Analyse des Tafelgeschirrs durch K. Roth-Rubi vor und seit 1998 die Bearbeitung der Kochtöpfe von J. Leckebusch8. Über die Tierknochen informiert vorläuÀg ein kurzer Überblick von H.-P. Uerpmann aus dem Jahr 19779; die Saumseligkeit dieses letztgenannten Autors hat bisher verhindert, dass das gesamte Tierknochenmaterial publiziert wurde, was, wie nachher darzustellen ist, doch ganz wichtig im Hinblick auf Produktion und Bevorratung im zivilen Bereich erscheint. Die 667 Randstücke (= Mindestindividuenzahl), 225 Bodenstücke und 170 Wandscherben aus Terra Sigillata stellen nur einen kleineren Anteil der jeweils im Lager in Gebrauch beÀndlichen Becher/Tassen/Kelche bzw. Teller/Platten dar. Jeder Soldat nannte 2–3 Becher/Tassen/Kelche und eine Platte/Teller sein eigen; so kann man bei einer Truppenstärke von vielleicht 3.000 Mann mit mindestens 9.000– 12.000 Gefäßen rechnen, die, wie K. Roth-Rubi sicher nachzuweisen glaubt, in einem Schub als Grundausstattung auf dem Wasserweg Rhone/Saône/Rhein gelie5

6

7

8 9

H. Wolff drückte das einmal so aus: … „aber die Antwort muss man stets mit kühlem Kopfe und unverliebt in die eigene Einbildungskraft Ànden“; ders., Ostraetien und Ufernoricum in der vita Sancti Severini des Eugippius, in: Neutraublinger Bl. 2002/2003, 36. Ohne jeweils Einzelnachweise zu geben, verweise ich grundsätzlich bezüglich des Agrarsektors auf H. Bender, Agrargeschichte Deutschlands in der römischen Kaiserzeit innerhalb der Grenzen des Imperium Romanum, in: J. Lüning/A. Jockenhövel u. a. (Hrsg.), Deutsche Agrargeschichte. Vor- und Frühgeschichte (1997) 263 ff.; ders., Bauliche Gestalt und Struktur römischer Landgüter in den nordwestlichen Provinzen des Imperium Romanum, in: P. Herz/G. Waldherr (Hrsg.), Landwirtschaft im Imperium Romanum. Pharos. Studien zur griech.-röm. Antike 14 (2001) 1 ff. Zum Thema Armee als Wirschaftsfaktor vgl. auch N. Hanel, Militär als Wirtschaftsfaktor in den Nordwestprovinzen in der frühen und mittleren Kaiserzeit, in: H. von Hesberg (Hrsg.), Das Militär als Kulturträger in römischer Zeit. Schr. Archäolog. Inst. Universtität Köln (1999) 117 ff.; Th. Fischer, Die römische Armee als Wirtschaftsfaktor, in: L. Wamser (Hrsg.), Die Römer zwischen Alpen und Nordmeer. Schriftenr. Archäolog. Staatssammlung München 1 (2000) 49 ff. G. Fingerlin, Vorbemerkungen des Ausgräbers, in: K. Roth-Rubi, Dangstetten III. Das Tafelgeschirr aus dem Militärlager von Dangstetten. Forsch. u. Ber. z. Vor.- und Frühgesch. BadenWürttemberg 103 (2006) 12. Roth-Rubi, Dangstetten III (wie Anm. 7); J. Leckebusch, Fundber. Baden-Württemberg 22, 1998, 377 ff. H.-J. Uerpmann, Arch. Nachr. aus Baden 11, 1973, 12 ff.; ders. Schlachterei-Technik und Fleischversorgung im römischen Militärlager von Dangstetten (Landkreis Waldshut), in: L. Berger u. a. (Hrsg.), Festschr. Elisabeth Schmid zu ihrem 65. Geburtstag (1977) 261 ff.

EinÁuss der Armee auf Produktion und Bevorratung

167

fert wurden10. Dreiviertel der Sigillata kommen aus Arretium/Arezzo11 und aus weiteren italischen Werkstätten, ein Viertel aus gallischen. Der größte Teil der feinen Ware von Dangstetten (700 klassiÀzierbare Randstücke = Mindestindividuenzahl) stammt aus Lyon; auch zu dieser Ware kann man die Vermutung anstellen, dass mindestens 3.000 Trinkgefäße, wenn jeder Soldat zwei hatte (die Formen D2–D3 für warme Getränke), 6.000 Gefäße benutzt werden12. Rechnen wir also mit einem Gesamtbedarf von 15.000–18.000 Gefäßen, die in Lyon, dem großen Umschlagplatz für die Versorgung der Truppen am Rhein (man denke nur noch an die Amphoren) allein für die Grundausstattung von Dangstetten zusammengestellt wurden13. J. Leckebusch, dem wir die Analyse der Kochtöpfe von Dangstetten verdanken, hat herausgefunden, dass die meisten Typen in Dangstetten vor Ort getöpfert und gebrannt wurden14, was durch Fehlbrände und Töpferöfen in anderen zeitgleichen Lagern bewiesen ist. Da Form und Machart, scheibengedreht wie auch handgemacht, auch in den anderen augusteischen Lagern erscheinen, kann man von einem Soldatenkochtopf15 sprechen (Gebrauchsspuren): Vorkommen etwa in Haltern, Oberaden oder Rödgen werden von Leckebusch angeführt, der für Dangstetten 790 Kochtöpfe16 „registrierte“. Nur zu einem Typ, nämlich Dangstetten 201, einem scheibengedrehten Topf, sind „Vergleiche aus der Gegend, nämlich Basel und Altenburg bekannt“17. Hat also das Lager Dangstetten auch Beziehungen zum gleichzeitig bestehenden spätlatènezeitlichen Oppidum Altenburg, ca. 22 km Áussaufwärts18, und zu Basel mit dem spätlatènezeitlichem Oppidum oder frührömischen Lager auf dem Münsterhügel, von K. Roth-Rubi als Umschlagplatz an der RhoneSaône-Rhein-Achse gesehen, gepÁegt? Dass Dangstetten durchaus direkt mit dem Altenburger Oppidum in wirtschaftliche Beziehungen trat, ja treten musste, kann durch die Analyse der Tierknochen sicher nachgewiesen werden und ist durch die Hinaufdatierung des Belegungsbeginns von Dangstetten auf ca. 20/15 v. Chr. durch K. Roth-Rubi sogar sehr wahrscheinlich geworden. „Den Fundzahlen zufolge waren fast zwei Drittel der Schlachttiere Schweine. Anteilsmäßig steht das Rind mit 25 % an zweiter, die kleinen Wiederkäuer Schaf und Ziege mit gut 10 % an dritter Stelle. Die Tatsache jedoch, dass das Schlachtverhältnis Schwein zu Rind im benachbarten nahezu zeitgleichen Oppidum Altenburg-Rheinau entgegengesetzt lautet (Rind 61 %; Schwein 27 %; Schafe/Ziege 11 %) deutet darauf hin, dass der überhöhte Prozentanteil des Schweins

10 11 12 13 14 15 16 17 18

Roth-Rubi, Dangstetten III (wie Anm. 7) 105. Ebd. 104. Ebd. 73, 98, 105. Ebd. 105. Leckebusch (wie Anm. 8) 417. Ebd. 404. Ebd. 396. Ebd. 388 Abb. 5/1, 418. Fingerlin, Vorbemerkungen (wie Anm. 7) 12.

168

Helmut Bender

in Dangstetten durch Ankäufe bzw. Requirieren von Schweinen als Nahrungsmittel für die Legionäre zustande kommt“19. Zweierlei ist am Tierknochenmaterial des Schweines bemerkenswert: Die Tiere kamen lebend ins Lager und wurden, nach den Schlachterspuren an den Knochen zu urteilen, vor Ort verarbeitet. Es handelt sich, wie man aus vielen Vergleichsfunden, etwa aus Manching, weiß, um die kleinere keltische Rasse; die Schweine müssen also von der umwohnenden keltischen Bevölkerung, also Altenburg, bezogen worden sein20. Zu fragen wäre allerdings, ob dieses Geschäft durch Ankauf zu marktüblichen Preisen oder im Wege der Requisition geschah. Allgemein nimmt man an, dass eine römische Armee im Kriege die zweite Form des Erwerbs bevorzugte21. Hierzu ist es notwendig, das archäologische Fundmaterial aus Altenburg, das leider immer noch nicht grundlegend publiziert ist, in den Blick zu nehmen. G. Fingerlin22 hat schon die wesentlichen Punkte angesprochen: Keine römischen Militaria, wenige Parallelen im Fibelspektrum, wie oben dargestellt ein gleicher Kochtopftyp, keine römischen Münzen. Was hätten auch die Altenburg-Leute mit römischem Kurantgeld bei einem ganz anderen Wirtschaftssystem anfangen sollen? Keine Terra Sigillata, keine Feinware des Dangstetten-Horizontes23. Ich möchte einmal vorsichtig aus dieser negativen Evidenz des relativ spärlichen Fundmaterials schließen, dass die Truppen in Dangstetten für den Zeitraum 20/15– 10/8 v. Chr. requiriert haben. Wir fassen den Komplex Dangstetten zusammen: –



Beschaffung von Tafel- und Trinkgeschirr aus teilweise weit entfernten Produktionszentren in Italien und Gallien; das Heer im Norden gibt dem zivilen Bereich im Süden Produktions- und Gewinnmöglichkeiten. Transport – Handel – Umschlag bieten für eine weitere Klientel im zivilen Sektor Einkunftsmöglichkeiten.

19 J. Peters, Römische Tierhaltung und Tierzucht. Eine Synthese aus archäozoologischer Untersuchung und schriftlich-bildlicher Überlieferung. Passauer Univschr. Archäologie 5 (1988) 241 f. 20 Uerpmann, Schlachterei-Technik (wie Anm. 9) 263 Tab. 2. Wichtige Beobachtungen zu den Tierknochenmaterialien aus den frühkaiserzeitlichen Lagen an Rhein und Lippe liefert die Übersicht von Th. Becker, Viehwirtschaft bei Kelten, Römern und Germanen im Rheinland, in: M. Schmauder (Hrsg.), Krieg und Frieden. Kelten – Römer – Germanen (2007) 133 ff., bes. 141: „Auch an anderen kurzzeitig besetzten Lagern der augusteischen Eroberungsfeldzüge lässt sich eine Fleischversorgung aus der Umgebung belegen.“ … Am Ober- und Hochrhein lässt sich hingegen sehr früh „der EinÁuss der römischen auf eine einheimisch-keltische Viehwirtschaft“ belegen, vgl. hierzu G. Breuer/A. Rehazek/B. Stopp, Jahrb. Augst-Kaiseraugst 20, 1999, 207 ff. bes. 219. 21 Hanel, Militär als Wirtschaftsfaktor (wie Anm. 6) 123; M. Junkelmann, Panis militaris. Kulturgesch. der Alten Welt 75 (21997) 54; K. Stauner, Das ofÀzielle Schriftwesen des römischen Heeres von Augustus bis Gallienus (27 v. Chr. –268 n. Chr.). Eine Untersuchung zu Struktur, Funktion und Bedeutung der ofÀziellen militärischen Verwaltungsdokumentation und zu deren Schreiben (2004) 47 ff., 60 ff. 22 Fingerlin, Vorbemerkungen (wie Anm. 7) 10. 23 F. Fischer, Altenburg, Gde. Jestetten, WT (BW) und Rheinau, Bez. AndelÀngen, Kanton Zürich (CH), in: S. Rieckhoff/J. Biel, Die Kelten in Deutschland (2001) 282; es fanden sich jedoch viele Südimportstücke, z. B. Campana, Amphoren des Vor-Dangstetten-Horizontes; zur Datierung des Oppidums Altenburg-Rheinau vgl. jedoch auch P. Nagy u. a., Archäologie der Schweiz 27, 2004, 10 f.; ebd. 28, 2005, 40.

EinÁuss der Armee auf Produktion und Bevorratung

– – –

169

Eigenversorgung vor Ort in der Töpferei von Kochgeschirr. Bezug von tierischen Lebensmitteln aus dem einheimischen Umfeld. Wiederum auf dem Weg des Ferntransportes wird das Grundnahrungsmittel Getreide herangeschafft, und zwar als Naturalsteuer aus den gallischen Bereichen24. Denn es ist eher nicht anzunehmen, dass die Altenburg-Leute, die nach allgemeiner Annahme mehr Subsistenzwirtschaft betrieben und weniger Überschüsse produzierten, die Stellung von Getreide in genügenden Mengen leisten konnten25.

Mit dem zweiten Fallbeispiel bleiben wir am Hochrhein und befassen uns mit dem Legionslager Vindonissa und seinem weiteren Umfeld, speziell allerdings mit der Region nördlich des Rheins hinüber nach Schleitheim (noch in der Schweiz), HüÀngen und Rottweil26. Während die 13. Legion, die als erste ein Lager in Vindonissa bezog, zwar Ziegel produzierte, aber noch nicht stempelte27, haben die beiden folgenden, nämlich die 21. und die 11. Legion, nun auch viel Material gestempelt. Über eine Kartierung der gestempelten Ziegel hatte die ältere Forschung versucht, u. a. ein Legionsterritorium abzugrenzen; wie neuere Untersuchungen allerdings klar erwiesen haben, sind die Fundstellen im Areal von Villae rusticae z. B. auf dem Wege des Bezuges von Nahrungsmitteln gegen die Lieferung von Baumaterial oder anderen Hilfeleistungen zu erklären; die Vergütung von Hilfestellung oder Baumaterial bzw. Lieferung von Lebensmitteln erfolgte gegen Verrechnung oder auf Grund eines Kredites, der später abgelöst wurde. Denn so lange der Staat für die Währung garantierte und das Vertrauen in diese bestand, konnte das System funktionieren. Das scheint einer der Gründe zu sein, warum wir einerseits einen enormen Aufschwung der Villenwirtschaft in der Nordschweiz feststellen können, andererseits jedoch in diesen Gutshöfen nur wenige Münzen des 1. Jhs. n. Chr. gefunden werden28. Für die weitere Entwicklung sind zwei Dinge bemerkenswert. Während nach dem Abzug der 11. Legion aus Vindonissa 101 n. Chr. in den nun zum vicus gewordenen canabae ein eklatanter Abschwung festzustellen ist, ein Faktum, das erstmals von Th. Pekáry an Hand des Münzspektrums beschrieben wurde29, prosperieren die 24 P. Rothenhöfer, Die Wirtschaftsstrukturen im südlichen Niedergermanien. Untersuchungen zur Entwicklung eines Wirtschaftsraumes an der Peripherie des Imperium Romanum. Kölner Stud. z. Archäologie d. Röm. Provinzen 7 (2005) 57 mit Anm. 95 zum „gallischen Steuergetreide“. 25 F. Fischer, Das Oppidum bei Altenburg-Rheinau und sein spätlatènezeitliches Umfeld, in: C. M. Hüssen/W. Irlinger u. a. (Hrsg.), Spätlatènezeit und frühe Kaiserzeit zwischen Alpenrand und Donau (2004) 123 ff. 26 G. Fingerlin, Freiburger Universitätsbl. 159, 2003, 23 mit Abb. 8. 27 E. Federhofer, Der Ziegelbrennofen von Essenbach, Lkr. Landshut und römische Ziegelöfen in Raetien und Noricum. Passauer Univschr. Archäologie 11 (2007) 70 ff., 104 ff., 112 ff.; zur Kartierung Chr. Ebnöther/C. Schucany, Jahresber. Pro Vindonissa 1998, 86 Abb. 13. 28 B. Heidinger, Münzen, in: Chr. Ebnöther, Der römische Gutshof in Dietiknon. Monograph. Kantonsarchäologie Zürich 25 (1995) 239 ff.; J. Trumm, Die römerzeitliche Besiedlung am östlichen Hochrhein (50 v. Chr. – 450 n. Chr.). Materialh. Archäologie Baden-Württemberg 63 (2002) 29 ff., bes. 32; Rothenhöfer, Wirtschaftsstrukturen (wie Anm. 24) 201 ff. 29 Th. Pekáry, Die Fundmünzen von Vindonissa. Von Hadrian bis zum Ausgang der Römerherrschaft. Veröffentl. Ges. Pro Vindonissa 6 (1971) 11; Trumm, Römerzeitliche Besiedlung (wie Anm. 28) 31 f.; St. Wyss, Jahresber. Pro Vindonissa 2006, 70.

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Gutshöfe weiter und erreichen sogar im 2. Jh. n. Chr. eine hohe Blüte. Ein Grund könnte natürlich darin liegen, dass nun zivile Siedlungen mit ihren hungrigen Bewohnern den Platz einnahmen, aber gerade im kartierten Ziegelstempel-Areal gibt es neben Vindonissa, von dessen Abschwung wir hörten, Aquae Helveticae/Baden, Turicum/Zürich, Lenzburg, Sursee und Olten m. E. zu wenige Bewohner, um den Wohlstand der ca. 22 ländlichen Anwesen zu begründen30. Eine Erklärung hierfür könnten die Beobachtungen von J. Trumm bieten, der in einer grundlegenden Arbeit das östliche Hochrheingebiet nördlich des Rheins aufgearbeitet und anlässlich der ROMEC (= Roman Military Equipment Studies)-Tagung 2001 in Brugg einen zu unserem Thema interessanten Vortrag gehalten hat31. Entgegen landläuÀger, auf Namen, etwa Iuliomagus, Sigillata und vor allem auf gestempelten Ziegeln beruhender Ansicht von einer frühen Aufsiedelung in tiberisch-claudischer Zeit nördlich des Rheins entlang der Straßenachse Zurzach/Rheinheim – HüÀngen – Rottweil kam es erst 70/75 n. Chr. zur „Gründung des Strassendorfes Iuliomagus und zur Áächigen Aufsiedelung des Umlandes“32. Die Ziegel mit den Stempeln der 21. und 11. Legion sind an den Plätzen stets die ältesten Funde33 und sie korrelieren überwiegend nicht mit der Anfangsdatierung des übrigen Materials: „Im letzten Viertel des 1. Jhs. n. Chr. bezogen einige Gutshöfe um Schleitheim als Gegenleistung für die Lieferung landwirtschaftlicher Produkte nach Vindonissa auch Baumaterial aus (älteren?) Truppenbeständen, darunter gestempelte Ziegel. Diese Praxis dürfte nach dem Abzug der 11. Legion von staatlichen Stellen weitergeführt worden sein – möglicherweise in Form eines kontrollierten Ruinenabbruchs im verlassenen Legionslager“34 (dispensator in Vindonissa nach 101 n. Chr.). Das kurzzeitig bestehende Lager von Dangstetten hat, soweit wir wissen, keine Spuren in der näheren oder weiteren Umgebung hinterlassen und wir wissen auch nicht, wohin die Bewohner des Oppidums Altenburg-Rheinau, das fast gleichzeitig aufgegeben wurde, gegangen sind (vielleicht in Richtung der aufstrebenden Kolonie Augusta Raurica35?). Die von Vindonissa und Zurzach jenseits des Rheins in claudischer Zeit bis an die Donau vorrückenden Truppen zogen durch ein, soweit wir das archäologisch nachweisen können, eher siedlungsleeres Land. Das bleibt sogar bis in die frühÁavische Zeit der Fall, als weiter im Norden von dieser Achse, aber auch von Westen durch das Kinzigtal der Raum um Rottweil bis nach Rottenburg besetzt wurde. Wie aber sind die Truppen versorgt worden, nachdem das ländliche Siedlungswesen um Schleitheim erst ab 70/75 n. Chr. aufgebaut und an der 30 Ebnöther/Schucany (wie Anm. 27) 86. 31 J. Trumm, Militaria, Ziegelstempel und eine gefälschte Inschrift: Veteranen im Umfeld von Schleitheim – Iuliomagus, in: Jahresber. Pro Vindonissa 2001, 109 f. 32 Trumm, Militaria (wie Anm. 31). 33 U. Brandl, Untersuchungen zu den Ziegelstempeln römischer Legionen in den nordwestlichen Provinzen des Imperium Romanum. Katalog der Sammlung Julius B. Fritzemeier. Passauer Univschr. Archäologie 6 (1999) 138 ff., 143 Karte 15, 144 Karte 16 (leg. XI Claudia); 216 ff., 221 Karte 23, 222 Karte 14 (leg. XXI Rapax). 34 Trumm, Militaria (wie Anm. 31) 115 Anm. 52. 35 Zur Siedlungsentwicklung dieser Kolonie ab 15/10 v. Chr. vgl. P.-A. Schwarz, Kastelen 1. Die prähistorischen Siedlungsreste und die frühkaiserzeitlichen Holzbauten auf dem Kastelenplateau. Forsch. Augst 21 (2004) 328 ff. mit Abb. 177.

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oberen Donau eigentlich überhaupt keine dichte Besiedelung zu erkennen ist? Ich denke, dass das im letzten Viertel des 1. Jhs. n. Chr. und eine Zeit lang am Beginn des 2. Jhs. n. Chr. von den Gutshöfen in der Schweiz und der unmittelbar nördlich des Rheins anschließenden Region geleistet wurde. „Der Abzug von mehr als 5.500 gut besoldeten Soldaten führte im Umland von Vindonissa offenbar zu keinem demograÀschen oder ökonomischen Einbruch, vielmehr ist gerade das 2. Jh. n. Chr. eine Zeit der wirtschaftlichen Blüte. Dies belegt eine große Anzahl von Gutshöfen, die in dieser Zeit in Stein ausgebaut und erweitert wurden und Innenausstattungen wie Mosaikböden oder Fresken erhielten“36. Ich komme nun zu meinem dritten Beispiel, der Wetterau nördlich des Mains bei Frankfurt. Spätestens mit dem Ausbau des sog. Taunus- und Wetteraulimes und der Anlage der Kastelle entlang dieser weit nach Norden ausgreifenden Linie, um die fruchtbare Wetterau einzubeziehen, wird auch die Agrarlandschaft etabliert, und zwar sofort37, nicht etwa, wie das in anderen Regionen meistens angenommen wird38, um eine oder zwei Generationen versetzt. H. Schönberger hat sogar vermutet, dass die Wetterau allein wegen ihrer Fruchtbarkeit vom Limes eingeschlossen wurde. In allen diesen Kastellen, von denen die Saalburg das bekannteste Objekt ist, sind, soweit ausreichende Grabungsbefunde vorliegen, Speicherbauten/horrea freigelegt worden. Mit solchen der Legion hat sich H. von Petrikovits39 beschäftigt und dargelegt, dass sie nicht allein zur Lagerung von Getreide, sondern auch von Oliven, Wein, Geräten, gepökeltem Fleisch dienten; folgt man Tacitus40, so hat Agricola angeordnet, dass jedes Lager für ein Jahr VerpÁegung, also wohl eine Jahresernte als Vorrat haben sollte. Die insgesamt 14 Kastelle am Taunus- und Wetteraulimes mit ca. 8.300 Mann Truppen (inklusive 2.100 Pferde, 970 Packtiere) konnten ohne Schwierigkeiten, wie die Archäobotanikerin A. Kreuz41 errechnet hat, aus der Wetterau versorgt werden, und zwar nicht nur mit Getreide, sondern auch mit Salaten und Leguminosen, die ja schnell zum Verbraucher gelangen mussten, ferner mit Obst und Gewürzen, natürlich auch mit Fleisch. Zur Klärung der Lebensmittelversorgung der Truppen haben die Naturwissenschaften der Archäobotanik und Paläoanatomie ganz wesentliche neue Aspekte gebracht. Nach Berechnungen von A. Kreuz reichten die Äcker und Wiesen der Wetterau bei weitem aus, um die Truppen nicht nur mit variantenreichen Lebens36 Trumm, Militaria (wie Anm. 31) 111. 37 St. Pfahl, Die römische und frühalamannische Besiedlung zwischen Donau, Brenz und Nau. Materialh. Archäologie Baden-Württemberg 48 (1999) 85 f.; H. Schönberger ebd. 86 Anm. 500; ähnlich für Köln angenommen von W. Eck, Köln in römischer Zeit. Geschichte einer Stadt im Rahmen des Imperium Romanum (2004) 416 f.; Rothenhöfer, Wirtschaftsstrukturen (wie Anm. 24) 45 f., 72 f. 38 Pfahl, Römische und frühalamannische Besiedlung (wie Anm. 37) 86. 39 H. von Petrikovits, VerpÁegungsbauten der Legion in: Beitr. z. röm. Geschichte u. Archäologie. Beih. Bonner Jahrb. 49 (1991) 55 ff.; vgl. auch unten Anm 45. 40 Tac. Agr. 22,2; Zitat von Petrikovits, VerpÁegungsbauten (wie Anm. 39) 55. 41 A. Kreuz, Römische Landwirtschaft, eine Entwicklung zum Besseren? Einige Aspekte aus dem Mittelgebirgsraum, in: P. Herz/G. Waldherr, Landwirtschaft im Imperium Romanum (wie Anm. 6) 119 ff., bes. 130 f.; für den Wirtschaftsraum südliches Niedergermanien Rothenhöfer, Wirtschaftsstrukturen (wie Anm. 24) 54 ff.; Eck, Köln (wie Anm. 37) 428.

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mitteln zu versorgen, sondern ebenso die Tiere mit Gras und Heu. Nicht einmal 19 % der GesamtÁäche von 750 km2 der Wetterau mussten hierzu von ca. 250 bekannten Gutshöfen bewirtschaftet werden. Aus papyrologischen Quellen, von Ostraka und Schreibtafeln können wir erschließen, wie die Beschaffung und der Transport dieser Güter zu den Soldaten und den Bewohnern der vici abgelaufen sein könnte. Wir wissen aus diesen Quellen42, dass das Militär für Heu und Getreide bezahlt hat und z. B. im 3. Jh. n. Chr. Soldaten zu den Kunden einer Hühnerfarm43 gehörten, von der Eier und Hühner bezogen wurden. Die Produktion von Lebensmitteln und die temporäre Bevorratung (horreum) erfolgten in den Gunstarealen, während Besorgung und der Transport zu den Konsumenten in den Lagern und vici vom Militär organisiert wurden; es ist außerdem ziemlich sicher, dass die Waren rechtmäßig erworben wurden, nicht requiriert oder erpresst, denn warum soll man die Produzenten vergrätzen, auf die man dauerhaft angewiesen war, die nur Überschuss produzierten, wenn es sich denn nun lohnte. Das war jedenfalls bis ins 3. Jh. n. Chr. meist der Fall. Während in der Wetterau auf kurzen Distanzen auf einem gut ausgebauten Verkehrsnetz die Waren vom Produzenten rasch zum Konsumenten gelangen konnten – nicht einmal eine Tagesreise war dazu erforderlich – können wir aber auch eine Lebensmittelversorgung über weite Distanzen ausmachen. Einen Musterfall stellt das Schiff von Woerden in den Niederlanden dar mit seiner Ladung von ca. 60 Tonnen Getreide, die nach einem Schiffsunglück an Bord blieben44. Dass die Ladung für das Kastell Zwammerdam/Nigrum Pullum oder für ein benachbartes Lager am Rheinlimes bestimmt war, ist nach den detaillierten Untersuchungen von J. K. Haaleboos u. a. ziemlich sicher. Interessanter als die Ladung Getreide sind freilich die darin enthaltenen Unkrautsamen. Sie weisen auf kalkreiche Böden, die es im niederländischen Flussgebiet in dieser Art nicht gibt, sondern viel weiter im Süden, die Maas aufwärts etwa im Bereich des antiken Coriovallum/Maastricht, ca. 200 Flusskm. entfernt. Gerade hier hat man nun in dem großen Gutshof von Voerendaal, der abgesehen von seiner repräsentativen Architektur45 – allein die Frontseite erstreckt sich über 190m –, ein sehr großes Horreum von ca. 235.000 kg (= 235 Tonnen) Fassungskapazität ausgegraben. Hier konnte nicht nur die Ernte des Gutshofes mit einem Wirtschaftsareal von ca. 250 ha untergebracht werden und daraus ein Lager am Niederrhein-Limes versorgt werden, sondern wahrscheinlich ein weiterer Militärstandort46. Ich könnte mir vorstellen, dass z. B. eine Abordnung einer Truppe auf Getreidebeschaffung losgeschickt wurde; wir kennen ja solche Auftragslagen aus Papyri oder Schreibtafeln47. Produktion und Bevorratung auf Abruf Ànden sich 42 Kreuz, Römische Landwirtschaft (wie Anm. 41) 131. 43 L. Wierschowski, Heer und Wirtschaft. Das römische Heer der Prinzipatszeit als Wirtschaftsfaktor. Habelts Diss. Drucke, Reihe Alte Gesch. 20 (1984) 114 Anm. 413. 44 Bender, Bauliche Gestalt (wie Anm. 6) 18 Anm. 87; Eck, Köln (wie Anm. 37) 428 f.; Rothenhöfer, Wirtschaftsstrukturen (wie Anm. 24) 75 Anm. 263, 212. 45 Bender, Bauliche Gestalt (wie Anm. 6) 13 f. mit Abb. 6a–b; Junkelmann, Panis militaris (wie Anm. 21) 66 ff. zu militärischen Magazinbauten und den benötigten bzw. zu erbringenden Kapazitäten. 46 Vgl. die Karte bei J. K. Haaleboos, Jahrb. Röm. Germ. Zentralmus. 43, 1996, 476 Abb. 1. 47 M. A. Speidel, Die römischen Schreibtafeln von Vindonissa. Veröffentl. Ges. Pro Vindonissa 12 (1996) 77 zu einer Abordnung der Bonner leg. I. Minervia, die in Vindonissa Getreide besorgte;

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hiermit in der Villa von Voerendaal, die, wie die archäologischen Untersuchungen ergeben haben, sich aus einen eisenzeitlichen Gehöft ab der Mitte des 1. Jh. v. Chr. zu der Großanlage im späteren 2./3. Jh. n. Chr. entwickelte48. Die auf den Gutshöfen erworbenen Lebensmittel sind sicherlich nicht ausschließlich bar bezahlt worden, obwohl durchaus Geld dafür in den Truppenkassen vorhanden gewesen sein dürfte, denn das wurde den Soldaten ja a priori vom Sold einbehalten. Es scheint vielmehr eher der Fall gewesen zu sein – und dahin tendiert die moderne Wirtschaftsgeschichtsforschung derzeit mehrheitlich49 – , dass das Geschäft gegen zu zahlende Steuern verrechnet wurde (etwa tributum soli; tributum capitis). Denn wenn es eine Barbezahlung gegeben hätte, so müssten wir doch wahrscheinlich mehr Münzen auf den Gutshöfen Ànden50. Dieses System ersparte ausserdem dem einzelnen, doch stark eingespannten Bauern den mühsamen Transport der Güter und den Weg zum nächsten Markt, wo er vielleicht neben anderen Anbietern vergeblich auf die Soldaten-Kundschaft gewartet hätte, seine Ware vielleicht verdorben wäre (Gemüse/Salate/Obst) oder den mühsamen Rücktransport bei nicht erfolgtem Geschäft hätte organisieren müssen51. Wenn J. Remesal-Rodriguez beim Geschäft mit Olivenöl aus Spanien in den Norden eine solche Verrechnungspraxis hat nachweisen können, warum dann nicht auch im lokal/regionalen Wirtschaftsablauf52? Mit meinem vierten und letzten Beispiel verlasse ich den Agrarsektor, der dank neuerer archäologischer und naturwissenschaftlicher Forschungen im Nordwesten

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dagegen Eck, Köln (wie Anm. 37) 406, 787 Anm. 17; wie freilich das von Wierschowski, Heer und Wirtschaft (Anm. 43) bearbeitete Material zeigt, reichten die Beziehungen der Truppe und der einzelnen Soldaten weit über den engeren Stationierungsraum hinaus, auch vor allem auf dem privaten Sektor; Stauner, Schriftwesen (wie Anm. 21) 60 ff., 149 ff. Vgl. die einzelnen chronologischen Stufen des Ausbaus der Voerendaal-Ten Hove Villa bei L. I. Kooistra, Borderland Farming. Possibilities and limitations of farming in the Roman Period and early Middle Ages between the Rhine and Meuse (1998) 129 ff. H.-J. Drexhage/H. Konen/K. RufÀng, Die Wirtschaft des römischen Reiches (1.–3. Jahrhundert). Eine Einführung (2002) 40 ff., 42: „(…) man verfügte aber über Möglichkeiten, neben dem in Münzen real existierenden Finanzvolumen über Kreditgeldschöpfung und Verrechnungssysteme wirtschaftlich zu agieren“. Vgl. oben Anm. 28; Pfahl, Besiedlung (wie Anm. 37) 56; hierzu Wierschowski, Heer und Wirtschaft (wie Anm. 43) 223. Solderhöhungen unter Septimus Severus und Caracalla wurden in Naturalien ausbezahlt, die von der Bevölkerung direkt zu den Lagern gebracht werden mussten; R. Wolters, Geldwesen und Wirtschaftsstrukturen in der Römischen Kaiserzeit, in: K. Strobel (Hrsg.), Forschungen zur Monetarisierung und ökonomischer Funktionalisierung von Geld in den nordwestlichen Provinzen des Imperium Romanum. Die Entstehung eines europäischen Wirtschaftsraumes. Trierer Hist. Forsch. 49 (2004) 181 ff., bes. 190; zum speziellen Münzumlauf in britannischen Gutshöfen R. Reece, Coins and Villas, in: K. Branigan/D. Miles (Hrsg.), Villas Economies. Economic Aspects of Roman British Villas (1988) 34 ff. (Prägungen des Zeitraumes 14–259 n. Chr. sind außerordentlich selten). Bei Rothenhöfer, Wirtschaftsstrukturen (wie Anm. 24) 211 noch die traditionelle Vorstellung, dass die „Bauern“ das erzielte Geld auf den lokalen Märkten zum Erwerb von Nicht-Gutsprodukten wieder ausgaben. Zusammenfassend J. Remesal Rodriguez, Münstersche Beitr. z. antiken Handelsgesch. 21, 2002, 69 ff., bes. 81 f.; Strobel, Forschungen zur Monetarisierung (wie Anm. 50) 53 Anm. 187; Rothenhöfer, Wirtschaftsstrukturen (wie Anm. 24) 219 mit Anm. 186.

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des Imperium Romanum gut zu überblicken ist und der durchaus andere Regionen mit reicherer schriftlicher Überlieferung erklärend erhellen kann. Die Fachtagung ROMEC 2001 in Brugg53 befasste sich unter dem Titel „Römisches Militär und Militaria im zivilen Bereich“ mit einem Phänomen, das vielfache Erklärungsmöglichkeiten bietet: Militaria = Kleinfunde aus Metall militärischen Charakters in zivilen Siedlungen, also nicht in Truppenlagern und zugehörigen canabae/vici oder nicht in Wachttürmen oder ähnlichen militärischen Anlagen, können auf vielfache Weise erklärt werden: Waren auch im Nordwesten, wie im Osten, in den zivilen Siedlungen Soldaten stationiert? Waren diese zufällig dort, auf Verwandtenbesuch, auf der Durchreise, in dienstlichem Auftrag? Sind die Militaria aus Metall Altstücke für·s Recyclen? Sind sie Erinnerungsstücke von Veteranen, von Nachkommen ebensolcher oder zur Reparatur gegebene Ausrüstungsteile? Stammen sie von immunes, die in dienstlichem Auftrag auf Dauer in der Siedlung stationiert waren? Man hat inzwischen längst erkannt, und das ist auch in den vielen in Jahresber. Pro Vindonissa 2001 abgedruckten Beiträgen nochmals evident geworden, dass es keine monokausale Erklärung geben kann; man hat auch bemerkt, dass jede Fund- oder Warengruppe separat betrachtet werden muss. Pferdegeschirrteile, die lange Zeit als Beweise für die Anwesenheit von Militär in zivilem Kontext erachtet wurden, muss man ausscheiden54, und nicht erst seit dem grundlegenden Aufsatz von St. Pfahl und M. Reuter55 kann man solche Geräte durchaus auch als Jagdwaffen interpretieren. Wo fand dann aber nun die Produktion von Waffen und Ausrüstung statt, für deren Erstbeschaffung und Reparatur bzw. Ersatz ein hoher Bedarf anzusetzen ist? Soweit wir diese Frage archäologisch beantworten können, hat es z. B. im Gegensatz zu den Amphoren- oder Sigillata-Töpfereien keine großen zentralen Waffenfabriken gegeben56; jedenfalls gilt diese Aussage für die frühe und mittlere Kaiserzeit. Nach den vielen Halbfabrikaten, den Öfen und Gussformen zu urteilen, fanden Produktion und Reparatur auch in zivilen Siedlungen statt, wo sie von den Soldaten erworben oder zur Reparatur gegeben werden konnten. Wie vorsichtig man freilich bei der Interpretation von Befunden und Funden verfahren muss, hat E. DeschlerErb an zwei Beispielen aus Augusta Raurica gezeigt57. Hier fanden sich im Stadtzentrum in der Insula 22 Fragmente eines Schienenpanzers, die allerdings nicht zur Reparatur, sondern zum Einschmelzen in die Werkstatt gelangten, denn einige Stücke zeigen bereits diesen Arbeitsprozess; andererseits gelang es, in der Insula 50 im Süden, aber an der wichtigen Querverbindung vom West- zum Osttor, eine Repara53 E. und S. Deschler-Erb (Hrsg.), Jahresber. Pro Vindonissa 2001, 3 ff.; hierzu N. Hodgson, Britannia 36, 2005, 510 f. 54 M. Gschwind, Germania 75, 1997, 607 ff.; Th. Völling, ebd. 74, 1996, 433 ff., bes. 444 ff.; B. Steidl, Römische Waffen und Ausrüstungsteile der mittleren Kaiserzeit aus dem germanischen Mittelfranken, in: G. Seitz (Hrsg.), Im Dienste Roms – Festschr. f. Hans Ulrich Nuber (2006) 307 mit Anm. 8. 55 St. Pfahl/M. Reuter, Waffen aus römischen Einzelsiedlungen rechts des Rheins, in: Germania 74, 1996, 119 ff. 56 Gschwind (wie Anm. 54) 629. 57 E. Deschler-Erb, Ad arma! Römisches Militär des 1. Jahrhunderts n. Chr. in Augusta Raurica. Forsch. Augst 28 (1999) 80 ff., 83 ff. (Insula 22), 86 (Insula 50).

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turwerkstatt u. a. für Waffen und Ausrüstungsteile zu lokalisieren; hier konnte man sozusagen vor dem Besuch der Innenstadt sein reparaturbedürftiges Objekt abgeben und nachher wieder abholen. Diese beiden Beispiele sind somit keineswegs Beweise für die dauernde Stationierung von Militär in der Stadt, zeigen aber doch wohl, dass Entsorgung mit einem Gewinn bzw. Reparatur in gleicher Weise denkbar erscheinen. Militärisch oder Zivil gehen nahtlos ineinander über. M. Gschwind58 hat in einem grundlegenden Aufsatz das Fundmaterial aus den rätischen Auxiliarkastellen auf diesen Fragenkomplex hin untersucht. „Die Produktion der Handwerker“ war „ganz auf den lokalen Bedarf ausgerichtet.“ „Dennoch weisen die hier zusammengesetzten Funde darauf hin, dass die Versorgung der raetischen Auxiliareinheiten mit aus Bronze gefertigten militärischen Ausrüstungsgegenständen zum Großteil durch die in den Kastellen und den Lagerdörfern angesiedelten Werkstätten sichergestellt wurde“59. … Das Fundmaterial deutet „darauf hin, dass die in den vici angesiedelten Handwerksbetriebe einen größeren Anteil an der Versorgung der Einheiten hatten als die Handwerker der Truppe. Für die Existenz zentraler, vom römischen Militär betriebener Werkstätten gibt es keine Hinweise“60. Die vici bzw. canabae unterstanden zwar der Aufsicht des Militärs, aber soweit ich weiß, war die Ansiedlung darin ganz frei; in diesem Sinne waren die Handwerker freie Zivilisten, die nun allerdings eine ganz enge Verbindung mit dem Militär erstrebten. Kurz zusammengefasst meine ich sagen zu können, dass es faktisch keine strenge Trennung zwischen dem militärischen und zivilen Bereich gegeben haben kann, dagegen scheinen mir jedenfalls rein praktische Überlegungen zu sprechen, die ich an sehr subjektiv ausgewählten archäologischen Beispielen versuchte darzustellen. 58 Gschwind (wie Anm. 54); M. Polfer, Zur Rolle des städtischen Handwerks in der Wirtschaft der römischen Provinz Gallia Belgica auf der Grundlage der archäologischen, epigraphischen und ikonographischen Quellen, in: G. Seitz (Hrsg.), Im Dienste Roms (wie Anm. 54) 205 ff., Polfer lehnt jede Art von Interdependenz ab (= wirtschaftliche Überschussproduktion im Verkauf auf überregionalen Märkten sei nicht erkennbar, exclusive Keramik); diese dezidierte Feststellung mag für die Gallia Belgica ihre Gültigkeit haben, dürfte aber z. B. für die Germania Superior und Raetia kaum zutreffen. Wenn man z. B. die echten Messerfutteralbeschläge mit Namen des Gemellianus, dessen ErÀnder sicherlich in Aquae Helveticae/Baden, seine Werkstatt hatte, und die weite Verbreitung betrachtet: L. Berger, Durchbrochene Messerfutteralbeschläge (Thekenbeschläge) aus Augusta Raurica. Forsch. Augst 32 (2002) 13 ff. Nicht wenige Funde wurden, wie der Katalog und die Verbreitungskarten bei Berger zeigen, in militärischem Kontext gefunden. Schliesslich wird manches Objekt aus Glas, Bronze, Eisen, anderen Metallen oder Bein, das in den Städten oder in den nichtstädtischen Keinsiedlungen (vici) produziert und zum Kauf angeboten wurde, seinen Weg ins Lager oder seinen vicus oder aufs Land gefunden haben. Übersicht in J.-C. Béal/J.-C. Goyon (Hrsg.), Les Artisans dans la Ville antique. Coll. Arch. et Hist. de l´Antiquité Université Lumière-Lyon 6 (2002) 113 ff.; eine schöne Kartierung für Augst bei A. Furger, Römermuseum und Römerhaus Augst. Augster Museumsh. 10 (1987) 16–17. Zur Keramik aus Augst und deren Verbreitung im Umland der Kolonie D. Schmid, Ein Töpferbezirk in Augusta Raurica und die regionale Verbreitung seiner Produkte, in: B. Liesen/U. Brandl (Hrsg.), Römische Keramik. Herstellung und Handel. Xantener Ber. 13 (2003) 295 ff. 59 Gschwind (wie Anm. 54) 627 f. 627 f. 60 Ebd. 630; vgl. Wierschowski, Heer und Wirtschaft (wie Anm. 43) 132 f.

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Wenn Aelius Spartianus den Pescennius Niger mit dem eingangs gebrachten Zitat als guten Heerführer charakterisierte, so wird er damit sicherlich seinen spätantiken Lesern klargemacht haben, warum in der frühen und mittleren Kaiserzeit eigentlich alles ziemlich gut ablief und dass man sich gegenseitig achtete und wusste, dass man den Ast, auf dem man saß, nicht absägen durfte61.

61 Vgl. allgemein Wierschowski, Heer und Wirtschaft (wie Anm. 43) 17.

KONTROLLE UND VERANTWORTLICHKEIT VON OFFICIALES IN PRINZIPAT UND SPÄTANTIKE Rudolf Haensch In der Forschung haben die verschiedenen gesetzlichen Regelungen der Spätantike, nach denen entweder der ganze Stab eines Amtsinhabers, das sogenannte ofÀcium, oder dessen Leiter, also der princeps ofÀcii, oder die führenden ofÀciales – die primates –, den Amtsinhaber bei der Durchführung bestimmter Amtshandlungen zu kontrollieren hatten und bei Amtsmißbräuchen eingreifen mußten oder selbst bestraft werden sollten, immer schon ein gewisses Erstaunen ausgelöst1. Zu sehr kollidiert diese Kontrolle eines Vorgesetzten durch seine Untergebenen mit dessen Disziplinargewalt2 und dem sozialen Abstand, der solche Vorgesetzten auch noch in der Spätantike von ihren ofÀciales trennte (und die Verleihung von Ehrentitel an ausscheidende hochrangige ofÀciales wirkte sich ja gerade nicht auf die Dienstzeit aus). Mindestens genauso problematisch erscheint es aus heutiger Sicht, eine Gruppe kollektiv für das Fehlverhalten eines einzelnen haftbar zu machen, zumal dieser einzelne auch noch ihr Vorgesetzter ist. Diese Regelungen sind daher auch immer wieder in der Forschung diskutiert worden – am ausführlichsten wohl von Klaus Rosen3. Seine Studie galt allerdings 1

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Vgl. z. B. O. Seeck, Geschichte des Untergangs der antiken Welt, 2, Berlin 1901, 98; E. Stein, Histoire du Bas-Empire, 1, Bruxelles 1959, 70, vgl. 50 und jetzt W. Kuhoff, Diokletian und die Epoche der Tetrarchie, Frankfurt/M. u. a. 2001, 337 mit Anm. 862. Eine Liste derartiger Regelungen bei K.-L. Noethlichs, Beamtentum und Dienstvergehen: Zur Staatsverwaltung in der Spätantike, Wiesbaden 1981, 223 ff. und M. Clauss, Der magister ofÀciorum in der Spätantike (4.–6. Jahrhundert), München 1980, 38 ff.; vgl. auch R. Morosi, Il princeps ofÀcii e la schola agentum in rebus, Humanitas 31/32, 1979/1980, 23–70 (= Morosi, Princeps), hier 47 f. Folgende weitere Abkürzungen werden verwendet: R. Haensch, Das Statthalterarchiv, ZRG R. A. 109, 1992, 209–317 = Haensch, Statthalterarchiv; R. Haensch, Le rôle des ofÀciales de l´administration provinciale dans le processus de décision, Cahiers du Centre Gustave-Glotz 11, 2000, 259–276 = Haensch, Rôle; A. H. M. Jones, The Roman Civil Service, jetzt in ders., Studies in Roman Government and Law, Oxford 1968, 153–175, 201–216 = Jones, Service; B. Palme, Die ofÀcia der Statthalter in der Spätantike, AnTard 7, 1999, 85–133 = Palme, OfÀcia; K. Rosen, Iudex und ofÀcium: Kollektivstrafe, Kontrolle und EfÀzienz in der spätantiken Provinzialverwaltung, Ancient Society 21, 1990, 273–292 = Rosen, Iudex. Freilich kamen in einer Reihe von spätantiken ofÀcia die principes von ausserhalb und unterstanden nicht der Disziplinargewalt des jeweiligen Amtsinhabers, sondern desjenigen, der sie entsandt hatte; zu diesen principes z. B. F. M. Ausbüttel, Die Verwaltung der Städte und Provinzen im spätantiken Italien, Frankfurt/M. u. a. 1988, 186; R. Delmaire, Les institutions du basempire romain, De Constantin à Justinien, Paris 1995, 109 ff.; Morosi, Princeps 23 f.; Palme, OfÀcia 108 f. (mit unterschiedlichen Stellungsnahmen dazu, wie die Angaben de eodem ofÀcio in der Notitia dignitatum zu verstehen sind, und der älteren Literatur). Rosen, Iudex.

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speziell den Regelungen, bei denen das ganze ofÀcium haftbar gemacht wurde. Sie ist jedoch insofern typisch, als sie sich wie auch alle übrigen Untersuchungen nur auf die literarischen und – zugegeben – zahlreichen juristischen Belege beschränkt. Die papyrologische und epigraphische Überlieferung wurde bisher nicht herangezogen. Dadurch beraubte man sich aber nicht nur der Möglichkeit, einmal zu überprüfen, ob die gesetzlichen Regelungen mehr als nur tote Buchstaben waren. Man setzte ebenso selbstverständlich die erste in den beiden spätantiken Codices erhaltene derartige Regelung mit derjenigen gleich, durch die eine solche Praxis generell eingeführt worden sei, und die letzte dort faßbare Anordnung mit derjenigen, die einen terminus post quem für die Aufgabe dieser Praxis biete. Rosen kam daher zum Ergebnis, daß Konstantin Regelungen, die das gesamte ofÀcium haftbar gemacht hätten, im Jahre 319 eingeführt habe und „daß sie in dem Jahrhundert, das der Veröffentlichung des Codex Theodosianus 438 folgte, mehr und mehr außer Gebrauch“ gekommen seien4. Dementsprechend mußte er die entsprechenden Hinweise aus ostgotischer Zeit und in Regelungen Justinians als seltene Überbleibsel abtun5. Ebenso ließ er außer Acht, daß gerade im Codex Theodosianus nur die gesetzlichen Regelungen einer bestimmten Zeit – nämlich diejenigen der Herrscher seit Konstantin bis zu Theodosius II – gesammelt wurden und diese auch nicht vollständig, sondern nur soweit sie der von Theodosius II eingesetzten Kommission zugänglich waren. Gerade das Gesetz, mit dem nach Rosen die Kollektivhaftung eingeführt wurde – Cod. Theod. X 8, 2 (11.3.319) –, trifft in keiner Weise eine generelle Regelung. Vielmehr ordnet es die Praxis nur für eine ganz spezielle Form eines administrativen Aktes an – nämlich die Vergabe von bona vacantia durch den rationalis. Sicher fehlt eine entsprechende Bestimmung in einer Verfügung Diokletians und Maximians zur derselben Problematik (Cod. Iust. I 5). Doch können wir erstens nicht mehr feststellen, inwieweit diese vollständig zitiert wurde. Zweitens ist auch nicht auszuschließen, daß eine entsprechende Praxis schon bei anderen Akten als der Vergabe von bona vacantia bzw. zumindest in anderen ofÀcia lange Zeit gang und gäbe gewesen war. Ganz grundsätzlich blieb in der gesamten Diskussion die generellere Frage außer Acht, inwieweit Stabsmitglieder schon in früheren Jahrhunderten im Rahmen ihrer Arbeit individuelle Verantwortung übernahmen und gegebenenfalls die Konsequenzen zu tragen hatten. Für diese Zeit geht man vielmehr gerne davon aus, daß die berühmten Worte Frontins, die Stäbe der hohen Würdenträger sollten nicht mehr als deren Hände und deren Instrumente sein, nicht nur ein Ideal formulierte, sondern die alltägliche Realität beschrieb (Aqu. 2,2: … sunt ad ministerium tamen ut manus quaedam et instrumentum agentis)6. 4 5

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Rosen, Iudex 291. Rosen, Iudex 291 f zu Cass. Var. II 26, 3; Edict. Theod. 55; Cod. Just. I 27, 1, 20 (der grundsätzlichen Regelung der neueroberten nordafrikanischen Provinzen!). Für entsprechende Regelungen zu Gegenzeichnungen durch den princeps s. z. B. Cass. Var. VII 24, 1–2; Lyd. Mag. III 12; dazu Morosi, Princeps 48. So z. B. Rosen, Iudex 279; vgl. A. K. Bowman, Provincial Administration and Taxation, in CAH X, Cambridge 1996, 352 f.; s. die Kritik an derartigen Darstellungen bei Jones, Service 157, N. Rankov, BeneÀciarii and the Reality of Roman Bureaucracy, Journal of Roman Ar-

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Zunächst ist also danach zu fragen, inwieweit die spätantiken Papyri die genannten Kontrollfunktionen und die entsprechende Verantwortung der ofÀciales widerspiegeln. Am Anfang steht ein negatives Ergebnis: Es gibt allem Anschein nach kein Dokument, das zweifelsfrei den Protest eines ofÀcium gegen eine Maßnahme seines Vorgesetzten enthält oder gar im Verlaufe einer gerichtlichen Untersuchung eines entsprechenden Fehlverhaltens entstanden wäre. Dies kann man in zweierlei Hinsicht zu erklären versuchen: Entweder verhinderten in der alltäglichen Realität gemeinsame Interessen von Statthaltern und ofÀcia schon im Vorfeld solche Konfrontationen7. Oder man betont, daß es sich um administrationsinterne Vorgänge von solcher Brisanz handelte, daß auch im Falle einer so der alltäglichen Realität verhafteten Quellengattung wie den Papyri eher exzeptionelle Überlieferungsbedingungen nötig wären, damit sie uns überliefert worden wären. Was wir fassen können, sind die Auswirkungen der administrativen Praktiken, die Fürsorge für solche Streitigkeiten treffen sollten. In diesem Zusammenhang sind zunächst die Schreiben spätantiker Würdenträger mit drei (oder gar mehr) „Kontrollvermerken“ zu nennen. Das betrifft z. B. eine Reihe von Dokumenten aus den Kanzleien der im 6. Jh. in der Thebais, also in der südlichsten Provinz des Reiches, amtierenden Würdenträger. Am Ende zweier in griechischer Sprache gehaltenen prostavgmata von praesides Thebaidis im Zusammenhang mit Lieferungen der annona nach Alexandria Àndet sich jeweils zweimal legi und dazu noch ein Kürzel, wohl als Abkürzung für recognovi8. Dasselbe gilt auch für drei, entweder in die Jahre 526–528 oder 541–543 bzw. 533–535 oder 548–550 zu datierende, Anweisungen der praesides Thebaidis, an die in Antaiopolis bzw. Hermoupolis stationierten numeri Getreide zu liefern9. Gerade derartige Anforderungen von Abgabenlieferungen gehören zu den administrativen Handlungen, bei denen verschiedene, im Codex Theodosianus erhaltene, Verlautbarungen die Kontrolle des Amtsinhabers durch sein ofÀcium vorschreiben10. Daß eine solche Kontrolle auch tatsächlich bei der Erstellung der Dokumenten eine Rolle spielte, wird im Falle von P. Cairo Masp. 67030 ganz explizit gesagt. Dort heißt es nämlich, die im folgenden speziÀzierte Anforderung sei, kinduvnw/ th`~ tavxew~ also auf Risiko des ofÀcium, erstellt worden. Indirekt schlägt sich dies aber auch in allen Dokumenten darin nieder, daß am Ende des eigentlichen Textes der Hinweis steht: tou`to ejk tavxew~ ajpevstaltai. Dieser Vermerk sollte sicher nicht nur einen letztlich überÁüssigen Hinweis geben, wie das Schreiben erstellt

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chaeology 15, 2002, 524–527, hier 527, oder bei N. J. E. Austin, N. B. Rankov, Exploratio, London 1995, 149. Vgl. schon Rosen, Iudex 287 f. Für das Verhältnis zwischen einem Amtsinhaber und seinem princeps in einem relativ gut bezeugten Fall s. Sym. Epist. X 23, 10–13, dazu Morosi, Princeps 47. Zur Dokumentation fehlerhaften Verhaltens spätantiker ofÀciales s. B. Palme, The Imperial Presence: Government and Army, in R. S. Bagnall (ed.), Egypt in the Byzantine World, 300–700, Cambridge u. a. 2007, 244–270, hier 254 Anm. 38. P. Cairo Masp. I 67030 = ChLA XLI 1195 (531 oder 546); P. Cairo Masp. 67280 = ChLA XLI 1192 (538–539 ?). P. Cairo Masp. III 67320 = ChLA XLI 1193, cf. P. Erl. 55 (41), vgl. dazu F. Mitthof, Annona militaris, Firenze 2001, 2, Nr. 188; P. Cairo Masp. 67321 = SP 396 = ChLA XLI 1186; SB V 8028 = ChLA X 464, cf. P. Lond. V 1663, vgl. dazu Mitthof, a. O. 190. Cod. Theod. VI 31, 1; VII 4, 30; VIII 5, 38; XI 16, 7. 8; XII 6, 18; 11, 2.

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wurde, sondern belegen, daß das ofÀcium Kenntnis von dem Schreiben hatte. In den beiden erwähnten prostavgmata wird dieses Formular auch noch um tauvth~ ga;r e{neken th`~ aijtiva~ ergänzt, also explizit darauf hingewiesen, daß es um die Verantwortung für die Maßnahme ging. Wie sind denn nun in diesen Zusammenhängen die drei Kontrollvermerke im Einzelnen zu erklären? Recognovi dürfte wie in anderen, noch zu erörternden, Dokumenten der Hohen Kaiserzeit der Vermerk des ofÀcialis sein, der für die korrekte Ausfertigung der Anordnung verantwortlich war. Das dürfte eher nicht der `Schreiber´ selbst gewesen sein, sondern vermutlich ein höherrangiges Stabsmitglied (je nach Materie wohl ein cornicularius bzw. ein numerarius), das dessen Arbeit kontrolliert hatte. Dann müßten aber die zwei legi von ihren Vorgesetzten stammen – also dem Statthalter und vermutlich als zweitem seinem princeps. Dieselbe Struktur wie die bisher genannten Dokumente weisen auch die Kontrollvermerke auf der Anweisung eines Augustalis, also des dem praeses Thebaidis vorgeordneten Gouverneurs, auf, Getreide nach Alexandria zu schicken11. Im Fall dieser Anweisung sind allerdings zwei der drei Vermerke nicht in lateinischer Sprache, sondern in griechischer gehalten. Konkret Àndet man zweimal e[rrwsqe und einmal wiederum das (lateinische) Kürzel für recognovi. Das ist wohl am ehesten damit zu erklären, daß es sich bei dem Text im Gegensatz zu den anderen bisher angeführten Dokumenten nicht um das Original, sondern um eine Kopie handelt, bei der man die `verständlichen´ Kontrollvermerke übersetzt hatte. Ein parallel aufgebautes lateinisches Dokument stellt eine Anweisung des im Jahre 505 amtierenden comes rei militaris limitis Thebaici an den Tribunen des in Hermupolis stationierten numerus dar, einen bestimmten Rekruten in seinen Einheit aufzunehmen12. Am Ende des Schreibens liest man zweimal den Gruß bene vale und einmal die Bestätigung complevi. Auch dieses Schreiben wurde also dreimal kontrolliert. In seinem Fall mußte zwar nicht die Rechtmäßigkeit der Forderung nach bestimmten Abgaben dokumentiert werden. Aber man hatte Fürsorge für den Fall zu treffen, daß der Rekrut doch zu einer der Gruppen gehörte, die aus irgendeinem Grund vom Militärdienst befreit oder für diesen ungeeignet war. Insgesamt stellen die diskutierten Dokumente mit drei „Vermerken“ ganz offensichtlich Belege für eine Routineprozedur dar und keineswegs, wie man in der Nachfolge von Rosen für das 6. Jh. vermuten müßte, eine exzeptionelle Vorgehensweise in Einzelfällen. Dem Charakter einer Routineprozedur entspricht, daß die Vermerke nur in der 1. Person Singular gehalten sind und keine Namen genannt werden. Für die Zeitgenossen war schon alleine aus der Position der „Unterschriften“ zu erkennen, wer sie geleistet hatte. Nicht drei, aber zwei derartiger Kontrollvermerke Ànden sich auch noch auf anderen Dokumenten der Hohen Kaiserzeit und der Spätantike. Jeweils zwei solcher Kontrollvermerke – jedes Mal in der 1. Person Singular gehalten – sind nachweisbar z. B. bei einem Reskript Hadrians, einem des Antoninus Pius und dem Rest

11 P. Flor. III 293 (544–545). 12 P. Ryl. IV 609 = CPL 274 = ChLA IV 246.

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eines bilingualen Gerichtsprotokolls aus dem letzten Drittel des 4. Jh.13 Auch in diesen Fällen dürften es der Kaiser bzw. Amtsinhaber selbst und ein hochrangiger ofÀcialis in seinem Büro gewesen sein, die so gezeichnet hatten. Die Zeitgenossen konnten wiederum wohl schon aufgrund ihrer Kenntnis der Struktur eines solchen Dokumentes beurteilen, wer unterschrieben hatte. (Mindestens) zwei Kontrollvermerke – allerdings in zwei verschiedenen Sprachen – dürften aber auch dann vorhanden gewesen sein, wenn im Falle der entsprechenden Urkunde auf einen ersten, in griechischer Sprache gehaltenen, Kontrollvermerk – z. B. provqe~ (mache publik!) – der Hinweis rJwmaikav folgt, es also lateinische Passagen bzw. eher lateinische Kürzel gab, die der jeweilige Kopist nicht verstand oder nicht auÁösen wollte. Derartige Angaben Ànden sich z. B. bei einem Edikt, mit dem in den Jahren 245/249 ein rationalis und der ihm zugeordnete procurator bestimmte Liturgien aufhoben14. Einschlägig ist auch ein Schreiben eines praefectus Aegypti des Jahres 328, an dessen Ende nicht nur der Gruß e[rrwso, sondern auch nicht mehr präzis zu bestimmende rJwmaikav standen15. Da wir aber nicht wissen, was sich genau hinter diesen rJwmaikav verbarg, ist auch nicht auszuschließen, daß sich in derartigen Fällen ein ofÀcialis mit seinen Namen genannt hatte; denn solche namentlichen Nennungen bilden eine zweite große Gruppe von Kontrollvermerken: Aus dem frühen 2. Jahrhundert stammt die Kopie eines Schreibens, mit dem der im Jahre 103 amtierende praefectus Aegypti den Kommandeur einer Einheit seiner Provinz angewiesen hatte, sechs Rekruten in die Stammlisten seines Verbandes aufzunehmen. Am Ende der Ausfertigung Àndet sich der Vermerk eines gewissen Avidius Arrianus, cornicularius cohortis III Ituraerorum, das Original beÀnde sich im tabularium seiner Einheit16. Diese Notiz des ranghöchsten ofÀcialis im Stabe dieser cohors bietet nicht nur den ersten Beleg für die Übernahme des doch recht `bürokratischen´ griechischen Terminus aujqentikovn in die lateinische Sprache – und damit wenigstens einen indirekten Hinweis, wie wichtig das Vorbild hellenistischer Kanzleien für die Ausprägung römischer administrativer Praktiken war17. Sie erstaunt auch deshalb, weil alle sonstigen Nachrichten aus dem hohen Prinzipat darauf hindeuten, daß die Amtsinhaber selbst es genehmigen mußten, wenn aus ihren Unterlagen Dokumente kopiert wurden. So hat13 SB XVI 12509 bzw. CIL III 411 = IGR IV 1397 = I. Smyrna II 1, 597 bzw. SB XX 14688 = ChLA XLIII 1246. 14 P. Oxy. XXXIII 2664. 15 SB XVIII 13260 Z. 14. 16 P. Oxy. VII 1022 = W. Chr. 453 = CPL 111 = ChLA III 215 = Fink, Roman Military Records 87. Vgl. auch die entsprechenden Vermerke von bibliofuvlake~: CPR I 18 = M. Chr. 84 = Stud. Pal. XX4 und SB IV 7362 = Doc. Es. Rom. 97; dazu R. Haensch, Die Provinz Ägyptus, in I. Piso (Hg.), Die römische Gründung, Cluj-Napoca 2008, 81–105, hier 94 f. 17 Vgl. dazu R. Haensch, Typisch römisch?, in N. Erhardt, J. Wiesehöfer (Hg.), Monumentum et instrumentum inscriptum, 2008 (im Druck) und ders., Die Provinz Aegyptus: Kontinuitäten und Brüche zum ptolemäischen Ägypten. Das Beispiel des administrativen Personals, in I. Piso (Hg.), Akten des Kolloquiums „Die römischen Provinzen. Begriff und Gründung“, Cluj-Napoca 28.9.–1.10.2006 (im Druck) sowie J.-L. Mourgues, Ecrire en deux langues: Bilinguisme et pratique de chancellerie sous le haut-empire romain, Dialogues d´Histoire Ancienne 21, 1995, 105–129.

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ten Hadrian und Antoninus Pius nach dem Zeugnis zweier Inschriften selbst die Erlaubnis gegeben, daß sententiae aus den kaiserlichen commentarii kopiert wurden18. Zwei andere Inschriften überliefern entsprechende Genehmigungen – eine eines praefectus Aegypti und vielleicht eine eines Legaten von Moesia inferior –, ohne daß sicher zu bestimmen wäre, welche Art von Urkunden in diesen Fällen kopiert worden waren19. Schließlich Àndet sich in den Digesten ein Reskript des Septimius Severus, der das Verfahren leitende Magistrat müsse die Erlaubnis geben, wenn man acta publica tam criminalia quam civilia inspizieren wolle. Man kann sicherlich den kaum zu bestreitenden Widerspruch mit der Hypothese zu beseitigen versuchen, nur bei der Einsicht in besonders wichtige Unterlagen wie Gerichtsprotokolle sei die Zustimmung des Amtsinhabers nötig gewesen. Aber man sollte auch damit rechnen, daß der praefectus cohortis III Ituraerorum zunächst in schriftlicher oder mündlicher Form seine Zustimmung erteilt hatte und dann der cornicularius cohortis in einem zweiten bürokratischen Akt auf der von ihm ausgegebenen Kopie deren Authentizität bestätigte. Dann wäre uns der erste Akt dieses bürokratischen Vorganges nur nicht erhalten geblieben. Auf jeden Fall aber übernahm der cornicularius für den zweiten Akt die Verantwortung und nicht mehr der Präfekt, dessen Hand und Instrument er nach Ansicht des fast gleichzeitig lebenden Frontinus hätte sein sollen. Wie nahe solche Praktiken demjenigen sind, was wir aus spätantiken Rechtsquellen über ofÀciales erfahren, wird deutlich, wenn man eine Passage aus den sententiae des Pseudo-Paulus heranzieht20. Nach diesem Autor des frühen 4. Jh. durften Unterlagen des Fiscus nur dann in einem Prozess gegen diesen verwendet werden, wenn man eine Erlaubnis zur Einsicht dieser Akten erlangt hatte. Daß es eine solche Erlaubnis gab, hatte der commentariensis, der ranghöchste für schriftliche Unterlagen zuständige ofÀcialis im Stab eines Procurators, eigenhändig auf der Kopie zu vermerken. Diese Angabe wird bestätigt und verallgemeinert, wenn am Ende einer Kopie, die ein Protokoll einer Sitzung eines rationalis Aegypti aus dem Jahr 299 überliefert, nicht nur die ausdrückliche Erlaubnis des Amtinhabers stand, daß das Protokoll ausgehändigt werden dürfe, sondern auch ein commentariensis unter Nennung seines Namens bestätigte, daß er dies getan hatte21. Gegenstand der Verhandlung war der Protest eines vir egregius gegen eine ungerechtfertigte Nominierung als Liturge gewesen. Daß es gerade bei einem solchen Verhandlungsgegenstand einen expliziten Vermerk des commentariensis gab, paßt dazu, daß mehrere der im Codex Theodosianus überlieferten späteren Gesetze vom jeweiligen ofÀcium forderten, gegen den Amtsinhaber einzuschreiten, wenn dieser die Rechte privilegierter Gruppen verletze22. Am ehesten ist es schließlich aus den erläuterten Zusammenhängen zu 18 T. Ritti (Hg.), Museo Archeologico die Denizli-Hierapolis: Catalogo delle Iscrizioni greche e latine, Napoli 2008, 72–74 nr. 16; dazu Ch. Jones, A Petition to Hadrian of 129 C. E., Chiron 39, 2009 bzw. CIL III 411 = IGR IV 1397 = I. Smyrna II 1, 597. 19 ILS 9059 = W. Chr. 463 = Daris 104; AE 1919, 10 = SEG 1, 329 = 19, 1109 = I. Scyth. Min. I 68; dazu Haensch, Statthalterarchiv 226 Anm. 47. 20 Dig. XLIX 45, 7. 21 P. Oxy. IX 1204. 22 Cod. Theod. XII 1, 80; VI 35, 10; XIV 4, 6; XII 1, 126; VI 27, 10; VI 26, 15.

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erklären, wenn sich am Ende eines bilingualen Gerichtsprotokolls eines Statthalters der Thebais in der Mitte des 4. Jh., der über die Berechtigung von Steuerforderungen zu entscheiden hatte, nicht nur die Anweisung edantur des Gouverneurs, sondern auch die Angabe Fl. Antirus exceptor obtuli Àndet23. Avidius Arrianus ist aber nicht der einzige ofÀcialis der Hohen Kaiserzeit, der unter Nennung seines Namens unterschrieb. Dabei soll hier gar nicht auf all die Schriftstücke eingegangen werden, die einzelne ofÀciales im Gefolge ihrer Tätigkeit selbständig und im eigenen Namen ausfertigten24. Hier geht es nur um die Fälle, in denen ofÀciales erkennbar, und damit auch nachverfolgbar, im Zusammenhang von Dokumenten ihrer Vorgesetzten bezeugt sind. Aus severischer Zeit sind zwei Urkunden höchster Autoritäten des Reiches überliefert, die nicht nur von diesen selbst, sondern auch von einem Stabsmitglied unter Nennung seines eigenen Namens gezeichnet wurden. Ein gewisser Menius Mauricianus bestätigte unter expliziter Nennung seines Namens, daß er ein Schreiben geprüft hatte, mit dem der praefectus Aegypti Ti. Claudius Subatianus Aquila einen zur Zwangsarbeit in den Alabasterminen Verurteilten nach Verbüßung seiner Strafe entlassen hatte25. Dem Präfekten selbst schreibt die Forschung im Falle dieses Dokumentes ganz einhellig den Abschlußgruß ejrrw`sqai se bouvlomai zu, der zweifelsfrei von einer anderen Hand als der des Briefkopisten bzw. des Menius Mauricianus stammt. Da die dienstliche Position des Menius Maecianus nicht explizit genannt wird, ist sie auch nicht exakt zu bestimmen. Anders dürfte dies im Falle eines griechischsprachigen Reskriptes Caracallas an die Bewohner der kaiserlichen Domäne von Takina aus den Jahren 212/3 sein26. Neben dem mutmaßlich auf den Kaiser zurückzuführenden lateinischen Kontrollvermerk rescripsi bestätigte auch ein gewisser M. Ofellius Theodoros, das Dokument geprüft zu haben. Wenn er, wie es der distinktive Name sehr wahrscheinlich macht, mit dem konsularen Statthalter M. Ulpius Ofellius Theodorus unter Elagabal identisch ist, müßte er zur Zeit des Reskriptes der amtierende a libellis gewesen sein27. Das Reskript suchte die Bewohner des Dorfes vor unberechtigten Forderungen durchreisender Soldaten zu schützen – gerade dies war eine der Materien, bei denen die im Codex Theodosianus erhaltenen Regelungen die Kontrolle des Amtinhabers durch sein ofÀcium einschärfen. Schließlich könnte es auch aus den hier erläuterten Zusammenhängen zu erklären sein, wenn sich am Ende eines in einem Briefregister erhaltenen fragmentarischen Rundschreibens eines praefectus Aegypti an verschiedene Strategen der 80er Jahre des 3. Jh. die Angabe Àndet: Aujrhvl(io~) Dravkwn privgkiy28. Ein noch größeres Gewicht kam den namentlich genannten ofÀciales in den Fällen zu, in denen in den Schreiben ihrer Vorgesetzten auf die von diesen verfaßten Dokumente hingewiesen wurde oder solche Urkunden gar angehängt wurden. So 23 24 25 26 27 28

P. Berl. Zill. 4 = ChLA X 463. Dazu ausführlich, Haensch, Rôle. SB I 4639, dazu ausführlich Haensch, Rôle 259 ff. SEG 37, 1186 = AE 1989, 721. S. Haensch, Rôle 261 mit der dort zitierten Literatur (Anm. 13). P. Oxy. XIX 2228, Z. 25 ff. (283 oder 285).

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bestätigte z. B. der im Jahre 374 amtierende praefectus annonae Alexandriae in einem Schreiben dem exactor von Oxyrhynchos, daß das abzuliefernde Getreide in Alexandria angekommen sei. Es wies dabei daraufhin, daß er über diese vollständige Lieferung durch einen Bericht von fünf namentlich genannten ofÀciales seines Stabes informiert worden sei. Zwei tabularii, zwei oijkonovmoi, also wohl dispensatores, und ein adiutor hätten ihm eine entsprechende Meldung ‚auf eigene Gefahr¶ (ijdivw/ kinduvnw/) zukommen lassen29. In einem fast 25 Jahre später datierenden Dokument der gleichen Art war die Zahl der namentlich genannten ofÀciales wohl noch größer30. Aber derartige Angaben sind keinesfalls erst ein spätantikes Phänomen. Schon im Jahre 197 bezog sich ein agens vice archierei in seinem Brief auf Unterlagen, die an sein Schreiben angehängt waren. Diese Dokumente habe ihm im Zusammenhang mit dem Verkauf von Stellen als stolisthv~, also von Priestern, die Gottheiten „bekleideten“, ein namentlich genannter tabularius seines Stabes zukommen lassen31. Auch in diesem Fall sollte allem Anschein nach die Möglichkeit eröffnet werden, gegebenenfalls diesen tabularius zu Rechenschaft zu ziehen. Zwar fehlt im Vergleich zu den spätantiken Zeugnissen noch der explizite Hinweis, dieser tabularius habe auf eigenes Risiko gehandelt. Doch das Fehlen einer entsprechenden Angabe berechtigt keineswegs zu dem Schluß, der kaiserzeitliche tabularius sei noch nicht regreßpÁichtig gewesen. Wie es die zusammengestellten Beispiele zeigen, dürfte der entscheidende Grund dafür, daß in der einen Gruppe von Urkunden die ofÀciales nur zeichneten, während sie bei den Dokumenten der anderen Gruppe auch ihren Namen nannten, darin bestanden haben, daß die betreffenden ofÀciales in dem einen Fall einen inhaltlichen Beitrag zur jeweiligen Entscheidung geleistet hatten und in dem anderen Fall nur die Richtigkeit einer von ihrem Vorgesetzten getroffenen Entscheidung bestätigten. Eine derartige Hypothese erscheint insgesamt wahrscheinlicher als an eine rein zeitliche Entwicklung oder unterschiedliche Praktiken bei verschiedenen Stäben oder Dokumententypen zu denken. Akzeptiert man aber eine solche Hypothese, dann würde sich hinter der bei den kaiserlichen subscriptiones beobachtbaren unterschiedlichen Vorgehensweise – zwischen denen Hadrians und des Antoninus Pius auf der einen Seite und derjenigen Caracallas auf der anderen Seite – eine unterschiedlich große Rolle des a libellis bei der Formulierung des Entscheides verbergen. In ganz besonderer Form trat schließlich der an einem Verwaltungsakt beteiligte ofÀcialis hervor, wenn er neben dem eigentlichen Amtsinhaber als Absender eines amtlichen Schreibens fungierte und dann dementsprechend auch als zweiter unterzeichnet hatte. Aus der Spätantike ist z. B. auf P. Bingen 121 zu verweisen, ein Schreiben aus dem späten 4 Jh. oder frühen 5. Jh., mit dem ein praepositus und sein princeps dem Wunsch eines Anachoreten nachgaben, einen altgedienten Soldaten nicht in einer Oase zu stationieren. Alleine die unterschiedlichen Titel machen noch 29 P. Turner 45. 30 P. Oxy. XXIV 2408 (Juli – Aug. 397). In denselben Zusammenhang gehören auch P. Ryl. IV 653 = ChLA IV 254 = P. Sakaon 33 und P. Vindob. Inv. G. 25835 (ZPE 112, 1996, 165 ff.), die jedoch in den hier interessierenden Punkten zu fragmentarisch sind. 31 W. Chr. 81 = P. Achm. 8.

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deutlich, daß es sich nicht um gleichrangige Amtsinhaber, sondern einen Vorgesetzten und dessen leitenden ofÀcialis handelt. In der Hohen Kaiserzeit gab es zumindest im Bereich der Finanzverwaltungsstäbe ein gleichartiges Phänomen: Es sind dies die Briefe, die im Namen eines ritterlichen Procurators und des ihm beigeordneten Freigelassenenprocurators ergingen. Die Schreiben der vier rationales anläßlich des Bittgesuches des Procurators der Marcussäule sind nur der bekannteste Fall32. In allen diesen Urkunden dürfte die Nennung des Untergebenen nicht nur eine Frage der HöÁichkeit gewesen sein, sondern auch implizieren, daß dieser wesentlich und zwar so, daß zumindest ein Teil der Verantwortung auf ihn Àel, an der Entscheidung beteiligt war. Ein typisches Phänomen spätantiker Protokolle der Sitzungen eines Magistrates, bei denen über eine Eingabe und die sich daran gegebenenfalls anschließenden Schritte zu entscheiden war, ist die Einleitungsformel ex ofÀcio dictum/recitatum est. Sie Àndet sich nicht nur in den ravennatischen Urkunden des 6. Jh., sondern auch im Falle der Dokumente eines dux Aegypti des Jahres 375, von Statthaltern der Arcadia in den Jahren 437 (?), 461 und 488 und eines praefectus praetorio Orientis im Jahre 53133. Die Formel kündigt die Frage an, ob man eine bestimmte Eingabe verlesen solle, was der Amtsinhaber in den erhaltenen Fällen dann jeweils genehmigte. Ganz offensichtlich suchte das jeweilige ofÀcium mit dieser Passage zu dokumentieren, daß es die entsprechende Eingabe korrekt dem Amtsinhaber weitergereicht hatte und damit seine VerpÁichtungen erfüllt hatte. Die Formel ist zweifellos ein direkter Niederschlag der kollektiven Verantwortung des ofÀciales, die auch in den Gesetzen des Codex Theodosianus eine so große Rolle spielt. Sie Àndet sich nach allem, was wir wissen, noch nicht in den Gerichtsprotokollen des Hohen Prinzipats. Allerdings steht am Ende einer im Jahre 162 bei einem Epistrategen der Heptanomia eingereichten und von diesem bearbeiteten Petition als Anweisung dieses Amtsinhabers an seinen Stab: th`/ tavxei: ajkousqhvsetai (P. Oxy. VII 1032). Das lateinische Äquivalent wäre: ofÀcio: audietur. Es gab also auch schon Mitte des 2. Jh. Anweisungen, die generell dem ofÀcium galten. Darf man deshalb auch schlußfolgern, daß das ofÀcium auch damals schon in seiner Gesamtheit für die Ausführung derartiger Anweisungen verantwortlich war? Welches Resultat steht am Ende dieser so quellennah argumentierender Überlegungen zur Rolle der Stabsmitglieder römischer Amtinhaber in Hoher Kaiserzeit und Spätantike bei der Kontrolle ihrer Vorgesetzten und dem Ausmaß, in dem sie selbst in diesem Zusammenhang zur Verantwortung gezogen werden konnten? Die vorgetragenen Überlegungen wollten sicher nicht bestreiten, daß es in beider Hinsicht Entwicklungsprozesse gegeben hat, an deren Ende die ofÀciales erkennbar selbstständiger, aber auch regreßpÁichtiger handelten. Die dreifache Kontrolle eines 32 ILS 5920; für weitere Beispiele G. Boulvert, Esclaves et affranchis impériaux sous le haut-empire Romain, Neapel 1970, 395 f. sowie TAM V 1, 333 mit R. Haensch, Capita provinciarum, Mainz 1997, 650. 33 P. Oxy. LXIII 4381; ChLA III 217 = P. Thomas 25; P. Oxy. XVI 1878 = ChLA XLVII 1408; P. Oxy. XVI 1877 = ChLA XLVII 1407; AE 2004, 1410 = SEG LIV, 2004, 1178. Vgl. auch SB XX 14707 = ChLA XLVII 1462.

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statthalterlichen Schreibens läßt sich beispielsweise erst im 6. Jh. belegen. Ebenso entspricht es unterschiedlichen gesellschaftlichen Strukturen, ob im Briefkopf eines Schreibens neben dem Amtsinhaber ein kaiserlicher Freigelassener oder ein Soldat erscheint. Trotz all dieser Entwicklungen dürfte die weit verbreitete These, neben den Amtsinhabern der Hohen Kaiserzeit habe es noch keine Stäbe und Stabsmitglieder von Eigengewicht gegeben, nicht mehr zu halten sein. Ebenso unhaltbar ist die Annahme, die ofÀcia hätten nur in der Zeit eine Kontrollfunktion ausgeübt, in der wir diese Funktionen in den spätantiken Gesetzescorpora fassen können. Man erfaßt keineswegs die vollständige Realität des römischen Reiches und seiner Verwaltung, wenn man sich nur auf die literarischen Quellen beschränkt und die dokumentarischen ausblendet.

TRUPPENERGÄNZUNGEN IN EINER AUSSERGEWÖHNLICHEN SITUATION: THEODOSIUS DER GROSSE UND DIE REKRUTIERUNGEN NACH ADRIANOPEL Hartmut Leppin Die Schlacht von Adrianopel am 9. August 378 löste eine der schwersten Krisen der Spätantike aus. Die Lage auf dem Balkan hatte sich zugespitzt. Der Kaiser war gefallen, ein Großteil der hohen OfÀziere dahingerafft, die Ostarmee des Römischen Reiches, durch Truppenabgaben in den Westen ohnehin geschwächt, zu einem großen Teil aufgerieben. Laut Ammianus Marcellinus (31,13,18) war kaum ein Drittel des römischen Heeres entkommen. Unter den Entkommenen wiederum dürften die berittenen Truppen dominiert haben, so daß nur ein kleiner Teil der Fußtruppen überlebt haben kann.1 Die Goten hatten auf dem Balkan das Áache Land unter Kontrolle, viele römische Soldaten liefen zu ihnen über, mit Mühe konnten die Städte gehalten werden, selbst Konstantinopel war gefährdet. Dort organisierte die Kaiserwitwe Domnica die Abwehr, an der sich neben zufällig anwesenden Einheiten von Sarazenen die Stadtbewohner selbst beteiligten2, ein in dieser Zeit noch ungewöhnliches Phänomen. Die Reaktion auf diese Krise ist durch ganz unterschiedliche Quellen für die Verhältnisse der Antike gut dokumentiert. Verschiedentlich sind die entsprechenden Texte vor allem unter dem Gesichtspunkt der Krisenwahrnehmung ausgewertet worden3, während das konkrete Handeln der Regierung, das in den Gesetzestexten breit dokumentiert ist, zwar erfaßt4, aber kaum in einen weiteren Zusammenhang 1

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Zur Entwicklung der Armee nach wie vor grundlegend D. Hoffmann, Das spätrömische Bewegungsheer und die Notitia dignitatum (Epigraphische Studien 7,1), 2 Bde., Düsseldorf 1969, I 440–468, speziell hier 448 f.; vgl. zum spätantiken Militärwesen den Forschungsüberblick J. M. Carrié/S. Janniard, L·armée romaine tardive dans quelques travaux récents, 2 Teile, AntTard 8 (2000), 321–341 sowie AntTard 9 (2001), 351–361. Socr. 5,1; Soz. 7,1,1 f.; vgl. Amm. 31,16,4–7 und Zos. 4,22; zum Problem D. Woods, The Saracen Defenders of Constantinople in 378, GRBS 37 (1996), 259–279. Grundlegend J. Straub, Die Wirkung der Niederlage bei Adrianopel auf die Diskussion über das Germanenproblem in der spätrömischen Literatur, Philologus 95 (1943), 255–286 = ders., Regeneratio imperii. Aufsätze über Roms Kaisertum und Reich im Spiegel der heidnischen und christlichen Publizistik, Darmstadt 1972, 195–219; M. Pavan, La politica gotica di Teodosio nella pubblicistica del suo tempo, Rom 1964; s. ferner N. Lenski, Initium mali Romano imperio. Contemporary Reactions to the Battle of Adrianople, TAPhA 127 (1997), 129–168, der einen äußerst breiten und gut durchdachten Quellenüberblick bietet. A. Lippold, Theodosius I., RE S XIII (1973), 837–961, insbes. 841–863; 937–942; H. Leppin Theodosius der Große. Auf dem Weg zu einem christlichen Imperium, Darmstadt 2003, 45– 48.

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eingeordnet wird.5 Aus diesen Maßnahmen sollen jene zur Truppenrekrutierung herausgegriffen werden, um sie mit literarischen Quellen in Verbindung zu bringen, wobei ich die Maßnahmen des Kaisers nicht allein als Mittel der Bekämpfung von Mißständen deute, sondern auch als Ausdruck seiner Selbstdarstellung, als ein Mittel, um einÁußreichen Kreisen das Engagement des Herrschers zu verdeutlichen.6 Sehr rasch wurde nach der Niederlage von Adrianopel mit Theodosius ein Militär aktiviert, der wahrscheinlich erst kürzlich rehabilitiert worden war und immerhin einen ersten Erfolg über die Sarmaten erringen sollte. Am 19. Januar 379 wurde er zum Kaiser erhoben. In diesem Jahr war er natürlich intensiv mit der Erneuerung der Armee befaßt. Einen Eindruck von den Maßnahmen vermittelt der – allerdings militärisch wenig erfahrene, dafür als Panegyriker bewährte – Themistios, der im Frühjahr oder Sommer7 aus Konstantinopel anreiste, um dem Kaiser eine Ergebenheitsadresse vorzutragen, die ihn der Loyalität Konstantinopels und des Senats versichern, zugleich ihn in die Stadt locken sollte. Darin äußert Themistios sich auch zu den militärischen Maßnahmen des Theodosius: Wir vertrauen darauf, den Skythen (= Goten) die Bahn des Erfolgs versperren und die Feuersbrunst löschen zu können, die schon alles ergreift, die weder der Haimos zum Stehen brachte noch die schon für Reisende schwer zugänglichen thrakischen und illyrischen Grenzgebiete. Jetzt aber fassen wieder die Reiter, fassen die Fußsoldaten Mut. Du bewirkst, daß die Barbaren sich bereits vor den Bauern fürchten, und den Bergleuten beÀehlst du, vom Gold zu lassen und 5

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Dabei beschränke ich mich auf die Texte aus dem Reichsteil des Theodosius; aus dem Westen sind folgende zu nennen: CTh 7,18,2 (2. Juli 379); 7,18,4 (15. Juli 380; vgl. CI 12,45,1 – möglicherweise ein Indiz für eine Gültigkeit auch im Osten); 7,18,6 (2. April 382). Diese Gesetze gehen in sehr scharfer Form gegen Desertionen vor, indem sie auch diejenigen actores, die Deserteure verbergen, bedrohen. Diese Tendenz wird sich auch in einzelnen östlichen Bestimmungen zeigen; allerdings gibt es in der Praxis erhebliche Unterschiede, s. C. Zuckerman, Two Reforms of the 370s. Recruiting Soldiers and Senators in the Divided Empire, REByz 56 (1998), 79–139, 118; vgl. zum in der Zeit des Valens entwickelten Rekrutierungssystem (teils in kritischer Auseinandersetzung mit Zuckerman, der hier einen Bruch sieht) J. M. Carrié, Le système de recrutement des armées romaines de Dioclétien aux Valentiniens, in: Y. Le Bohec/ C. Wolff (Hg.), L·armée romaine de Dioclétien aux Valentiniens (Coll. Centre Et. Rom. Et. Gallo-Rom. NS 26), Lyon 2004, 371–387. Eng verwandt damit sind Maßnahmen zur Finanzierung der Armee, die hier nicht erörtert werden können; vgl. zum Grundsätzlichen J. M. Carrié, L·état de la recherche de nouveaux modes de Ànancement des armées (Rome et Byzance, IVe–VIIIe siècles), in: Av. Cameron (Hg.), The Byzantine and Early Islamic Near East 3, Princeton 1995, 27–60 und, mit zahlreichen neuen Gesichtspunkten, Zuckerman, Two Reforms (wie Anm. 5). Eine Verschärfung der Finanzpolitik ist nicht feststellbar, allerdings bemüht Theodosius sich, die Kurialen an ihre PÁichten zu binden: CTh 12,1,81 f. (17. März 380); 12,1,86 (21. Juli 381); 12,1,87 (30. Juli 381); 12,1,91 (6. August 382); 12,1,92 (23. Oktober 382); 12,1,93 (25. Nov. 382), doch werden sie auch vor Mißhandlungen geschützt (12,1,80 f. [17. März 380]; 12,1,85 [21. Juli 381]). Ein zunehmendes strenges Vorgehen gegen Unterschlagung und Betrügereien in Steuerangelegenheiten ist auch feststellbar, aber dies war gewiß nichts Neues: CTh 13,11,1 (4. Juni 381); 10,24,2 (21. Juli 381); 10,24,3 (30. November 381); 1,2,8 (22. Februar 382); 12,9,2 (11. April 382); 10,10,16 (20. Mai 382); 4,20,2 (30. Mai 382). Them., Or. 14,180 c berichtet von einer Anreise zur See, aber bei einem offenkundig noch nicht ruhigen Meer.

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zum Eisenschwert zu greifen. Und dieses Heer – fern jeglicher Schwelgerei – ist schon freiwillig zusammengeströmt, und es ist darin geschult, sich seine Güter unter Mühen zu erwerben.8

Leider ist die Passage an einer entscheidenden Stelle textkritisch problematisch, nämlich bei der Frage, was die Bergleute denn tun. Ich stütze mich bei meiner Konstitution to;n sivdhron katalambavnein, zum Eisenschwert greifen, vor allem auf Y (Codex Salmanticus aus dem 14. Jh.), der eine Reihe von Themistios-Reden mit eigenen Versionen überliefert, sowie auf u, einen weniger wichtigen Vaticanus aus dem 16. Jh.; die Codices A, ein Ambrosianus aus dem Anfang des 15. Jh.s, und P, ein Coislinianus aus dem Anfang des 15. Jh.s, der von A abhängig ist, hingegen bieten to;n sivdhron metalleuvein, das Eisen abbauen. Auch wenn A gemeinhin als der beste Codex gilt und die modernen Editoren G. Downey und R. Maisano seine Version übernommen haben9, möchte ich für to;n sivdhron katalambavnein plädieren, und zwar aus sachkritischen Argumenten. Wie sollte man sich in der Krisenzeit die rasche Umstellung von Goldbergbau auf Eisenabbau vorstellen? Wie wäre ferner der Zusammenhang zu dem folgenden Satz zu denken, wenn es wirklich um Bergbau ginge? Man darf daher wohl Themistios mit den wirklich großen Kennern seines Textes, D. Pétau und J. Hardouin, so verstehen, daß auch Bergarbeiter eingezogen wurden, obgleich andere Quellen davon nicht berichten. Dies ist um so wahrscheinlicher, als sich manche, die mit dem Aufspüren von Goldminen betraut waren, schon vor Adrianopel den Goten angeschlossen hatten.10 Diese Gruppe besaß also durchaus militärisches Interesse. Wenn diese Deutung stimmt, so belegt sie, in welcher Not Theodosius sich befand, denn Valens hatte noch alles getan, um die metallarii bei ihrer eigentlichen Arbeit zu halten.11 Unstreitig ist daneben von Bauern die Rede, doch wer diese Bauern ihrem Status nach waren, ob Kolonen oder selbständig Wirtschaftende, bleibt offen. Was geschah mit diesem zusammengewürfelten Heer? Themistios fährt mit einem mythologischen Exempel fort und spricht den Kaiser direkt an: Es war nicht lediglich eine mythologische Fabel, daß Achill Panik auslöste, indem er bloß auf die 8 Them., Or. 14,181 b/c: …, to;n drovmon th'~ eujpragiva~ ejfevxein h[dh Skuvqai~ pisteuvomen kai; sbevsein th;n nemomevnhn ta; pavnta purkai>avn, h}n oujk e[sthsen Ai|mo~, ouj Qra/kw'n o{ria, kai; ¨Illuriw'n, duspovreuta kai; oJdoipovrw/: ajlla; nu'n ejpanhvkei me;n toi'~ iJppeu'sin, ejpanhvkei de; toi'~ oJplivtai~ ta; fronhvmata. poiei'~ de; h[dh kai; tou;~ gewrgou;~ foberou;~ toi'~ barbavroi~, kai; tou;~ metalleva~, kai; to;n cruso;n ajfevnta~ keleuvei~ to;n sivdhron katalambavnein. kai; strato;~ ou|to~ a[geusto~ hJdupaqeiva~ h[dh sunerruvhken ejqelonth;~ ejk povnwn kthvsasqai ta; ajgaqa; pepaideumevno~. Übers. nach Leppin/Portmann. 9 Das gilt insbesondere für die 14. Rede; s. H. Schenkl, Die handschriftliche Überlieferung der Reden des Themistios, WSt 20 (1898), 205–243, 229 f., der sich 229 auch für metalleuvein entscheidet, allerdings 229 f. die Möglichkeit richtiger Lesarten in Y konzediert. 10 Amm. 31,6,5 f. Zum Status der Minenarbeiter s. A. H. M. Jones, The Later Roman Empire 284– 602. A Social, Economic, and Administrative Survey, 3 Bde., Oxford 1964, II 838 f. Natürlich hatten Minen auch eine militärische Bedeckung, s. J. C. Edmondson, Mining in the Later Roman Empire and Beyond. Continuity and Disruption, JRS 79 (1989), 84–102, 97. Zu den metallarii R. M. Errington, Roman Imperial Policy from Julian to Theodosius, Chapel Hill 2006, 106. 11 CTh 10,19,5; 10,19,7.

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bis dahin siegreichen Barbaren einbrüllte. Wenn du nämlich, ohne schon gegen die Untäter in Stellung gegangen zu sein, allein durch die Nähe deines Lagers und deine Überwachung ihre Anmaßung gezügelt hast – wie hätte es dann diesen dem Verderben ausgelieferten Leuten ergehen müssen, wenn sie das Schwingen der Lanze, das Schütteln des Schildes und das nahe Blinken der Helme bemerkt hätten?12 Das ist eine verbose Umschreibung von Untätigkeit. Mag Themistios die Vorgänge auch freundlich interpretieren, so handelt es sich offenkundig doch um eine bunt zusammengewürfelte Truppe, die zunächst nicht zum Einsatz kam. Die QualiÀkation der Soldaten sieht Themistios darin, daß sie gewohnt sind, hart zu arbeiten. Daraus leitet er zumindest eine abschreckende Wirkung ab. Er argumentiert nicht mit ihrem Status, er erwähnt ja nicht einmal, ob die Bauern frei waren oder nicht. An Gegenstimmen zu der freundlichen Einschätzung der Gesamtlage durch Themistios fehlt es nicht. Im weit entfernten, damals noch leidlich ruhigen Antiochia räsonierte um dieselbe Zeit der Rhetor Libanios über die Ursachen der römischen Niederlage. Als er die Krise beschreibt, erklärt er: Aber jetzt greifen wir auf die Bauern zurück, da die, die unter Waffen gelebt haben, dahin sind: Die Befürchtungen sind groß, und nichts Nützliches liegt in den Hoffnungen.13 Das, was Themistios präziser und lobend beschreibt, wird hier als Menetekel gedeutet, wobei der Status der Bauern ebensowenig wie bei dem Konstantinopolitaner geklärt wird. Mit dieser Sicht stand Libanios gewiß nicht allein. Daß er allerdings nicht eben gut informiert war, zeigt der Ratschlag, den er Theodosius erteilen zu müssen glaubte: Man solle Rache nehmen für den Tod Julians, dann würden sich die Dinge zum Besseren wenden14; die Schwäche des Militärs sieht er ohnehin nicht als Ursache an.15 Angesichts der schlechten Informationen des Libanios besitzt es keine Bedeutung, daß er nicht von den Bergarbeitern spricht. Eine noch andere Sicht, die einem ähnlichen DeÀzit an Informationen entspringt, vertritt der damalige Wortführer der Nizäner in Konstantinopel, Gregor von Nazianz, in seiner 22. Rede.16 Dort erklärt er, die Ursache für all das Unglück sei 12 Them., Or. 14,181 c: oujk h\n mu'qo~ poihtikov~, tavracon ejmbalei'n to;n ¨Acilleva kai; ejmbohvsanta movnon toi'~ barbavroi~ tevw~ nikw'sin. eij ga;r ou[pw pro;~ tou;~ ajlithrivou~ parataxavmeno~ tw'/ plhsivon aujlivzesqai movnon kai; ejformei'n ejnevkoya~ aujtw'n th;n aujqavdeian, tiv paqei'n eijko;~ tou;~ kavkista ajpoloumevnou~, o{tan i[dwsi pavllonta to; dovru kai; th;n ajspivda nwmw'nta kai; th'~ kovruqo~ th;n ajstraph;n ejgguvqi lampomevnhn. Übers. nach Leppin/Portmann. 13 Lib., Or. 24,16: kai; nu'n ejpi; tou;~ gewrgou;~ h{komen tw'n ejn toi'~ o{ploi~ bebiwkovtwn oijcomevnwn. aiJ prosdokivai de; deinai; kai; crhsto;n oujde;n ejn ejlpivsi. 14 CTh 10,1,12, das das nahe bei Antiochia gelegene Daphne betraf und dort die Fortführung eines heidnischen Brauches genehmigte, könnte das Mißverständnis des Libanios mitverursacht haben. 15 Lib., Or. 24,3; 5, anders 2,37–40; 45 a. d. J. 380/1; diese Bemerkungen könnten durchaus von dem Verhalten römischer Würdenträger inspiriert sein, das Adrianopel vorausging, doch sind die Opfer hier eigene Soldaten. In der ganzen Rede verwahrt Libanios sich dagegen, als moros zu gelten, weist aber ausführlich auf die Widrigkeiten der Zeitläufte hin. 16 § 2; vgl. 33,2 (s. dazu N. Gómez Villega, Gregorio de Nazianzo en Constantinopla [Nueva Roma 11], Madrid 2000, 93 f.); s. zu weiteren Quellen Lenski, Initium mali (wie Anm. 3), 149–152. Derartige Deutungen waren natürlich christliches Gemeingut, s. etwa Ambr., Fid. 2,139. Ambr., Ep. 51 (15), 5–7 läßt die Gebete des Bischofs Acholios von Thessalonika die Barbaren vertreiben.

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nicht die mangelnde Qualität der römischen Truppen – es seien die gleichen, die einst den Erdkreis unterworfen hätten –, sondern der mangelnde Glaube an die Dreieinigkeit, das eigentliche Thema dieser Rede, die für eine innerchristliche Aussöhnung sorgen soll. Das zeigt vor allem, wie weit entfernt breite Kreise in den Städten von den militärischen Realitäten waren, und einmal mehr, wie stark die Religiosität bei Heiden und Christen gleichermaßen die Perzeption der Wirklichkeit prägte. Diese Form der Krisenbewältigung war für die Administration gewiß nicht handlungsleitend, doch muß man sich derartige Positionen verdeutlichen, um einen angemessenen Eindruck davon zu erhalten, vor welchem Hintergrund Theodosius handelte. Themistios und Libanios vermitteln zudem durchaus einen Eindruck von den Truppen, auf die Theodosius nach seiner Kaisererhebung angewiesen war. Reguläre Einheiten standen ihm kaum zu Gebote. Bis zu dem Zeitpunkt, da Themistios sprach, scheint Theodosius tatsächlich stillgehalten zu haben. Anscheinend trat gleichwohl eine gewisse Beruhigung ein, jedenfalls zog Gratian wieder gen Westen, am 2.7. war er in Aquileia.17 Allerdings brach Theodosius noch im Sommer zu einem Feldzug auf; nach einem Aufenthalt in Thessalonika, wo er am 17.6. bezeugt ist18, ist er am 6.7. in Scupi und am 10.8. in Vicus Augusti belegt.19 Offenbar näherte er sich den Kampfgebieten. Als Resultat wurden am 17.11. in Konstantinopel Erfolge über Goten, Alanen und Hunnen verkündet20, deren Tragweite natürlich dahinsteht. Edikte zur Rekrutierung – eigentlich das wohl dringlichste Problem dieser Jahre21 – sind aus dieser Zeit nicht erhalten. Ab Januar 380 ist Theodosius die meiste Zeit in Thessalonika bezeugt; dort nahm er eine intensive oder jedenfalls gut bezeugte Verwaltungstätigkeit auf. Vermutlich hatten die wichtigsten Büros jetzt in dieser Stadt auch einen Standort. Trotz der vergleichsweise dichten Dokumentation seiner administrativen Tätigkeit wäre es bekanntlich irrig zu glauben, hier hätten wir einen vollständigen Katalog der Maßnahmen des Theodosius. Es handelt sich lediglich um die Auswahl von Gesetzen, wie sie den Autoren des Codex Theodosianus nach ihren Kriterien wichtig erschien22; der Codex Iustinianus trägt kaum etwas dazu bei. So fehlen Hinweise auf die Rekrutierung der Bergarbeiter, die sicherlich einer wie auch immer gearteten normativen Grundlage bedurften. Unter den erhaltenen Gesetzen des Theodosius fallen zwei auf, denn anders als sonst üblich sprechen sie keinen hohen Beamten an, vielmehr wenden sie sich an 17 18 19 20 21

CTh 7,18,2. CTh 10,1,12. CTh 12,3,4. Cons. Const., Ad a. 379,3 (Chron. Min. I 243). R. Grosse, Römische Militärgeschichte von Gallienus bis zum Beginn der byzantinischen Themenverfassung, Berlin 1920, 198–220; A. H. M. Jones (wie Anm. 10), I 614–623; M. J. Nicasie, Twilight of Empire. The Roman Army from the Reign of Diocletian until the Battle of Adrianople, Amsterdam 1998, 83–96; P. Southern/K. R. Dixon, The Late Roman Army, London 1996, 67–75; H. Elton, Warfare in Roman Europe, AD 350 – 425, Oxford [u. a.] 1997, 128–154. 22 Grundlegend jetzt zur Interpretation von Konstitutionen des Codex Theodosianus S. SchmidtHofner, Reagieren und Gestalten. Der Regierungsstil des spätrömischen Kaisers am Beispiel der Gesetzgebung Valentinians I. (Vestigia 58), München 2008.

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die provinciales insgesamt. Das eine Gesetz – das ein am Tag vorher ergangenes, an den comes rerum privatarum gerichtetes Gesetz aufnimmt – bezieht sich auf ein Àskalisches Problem23, das andere aber auf die Rekrutierung; dieses sei hier etwas näher vorgestellt: Für die vorzüglichen Truppen der auserlesensten Soldaten darf man nach unserem Beschluß keinen aus der Reihe der Sklaven stellen noch den Zögling einer Schenke oder einen aus der Dienerschaft berüchtigter Absteigen noch aus der Zahl der Köche oder Müllerbäcker oder gar aus derjenigen, die die Schande einer GehorsamsverpÁichtung vom Militärdienst fernhält24, noch Personen, die aus Arbeitshäusern abgezogen worden sind. Sie werden nämlich durch keine Entschuldigung der Strafe für den schwerwiegenden Schaden entgehen, wenn dies durch jemandes Anzeige den viri illustres, den Heermeistern, gemeldet wird. Aber sobald die harte Strafe jenen als GestellungsverpÁichteten verurteilt hat, so wird ihn die Abgabe dreier tüchtigerer Rekruten belasten.25 Es wäre naheliegend, diese Bestimmungen als Reaktionen auf die unvermeidlichen Mißstände in der Rekrutierung, die im Krisenjahr 379 eingerissen waren, zu deuten, und so tut man das auch gemeinhin. Doch fällt auf, daß sie zu den Verhältnissen, wie sie in den literarischen Quellen beschrieben werden, nicht passen. Weder von Bauern ist hier die Rede noch von Bergleuten. Vielmehr Àndet sich eine Liste von Menschen, die bei der Rekrutierung im Donauraum um diese Zeit kaum eine große Rolle gespielt haben können, Köche, Bäckermüller und dergleichen. Natürlich kann man argumentieren, daß vielleicht im Osten, an der Euphratgrenze, die zu einem Teil ihrer Truppen beraubt worden war, solche Gestalten in den Militärdienst eingetreten sein könnten. Doch bleibt die Bedeutung gerade dieser Gruppe 379/80 im Dunkeln. Sehr hilfreich war das, was Theodosius mit jenem Gesetz verfügte, in der aktuellen Situation eigentlich nicht. Was ist daraus zu erschließen? Das primäre Ziel des Gesetzes dürfte nicht gewesen sein, konkrete Schwierigkeiten zu beheben, vielmehr dürfte es vornehmlich einen deklaratorischen Charakter gehabt haben; der Kaiser demonstrierte damit, daß ihm an der Reinheit des Militärs in der traditionellen Form – es wurde ja nichts Neues verfügt – gelegen war, und hierfür war die allgemeine Fassung mit ihrer Adressierung an alle Provinzialen besonders geeignet.26 23 CTh 10,10,12 f. (zu delatores bonorum), zur Datierung s. O. Seeck, Regesten der Kaiser und Päpste für die Jahre 311 bis 476 n. Chr., Stuttgart 1919, 103. 24 Söhne von Freigelassenen waren prinzipiell als Soldaten zugelassen; vgl. Grosse, Römische Militärgeschichte (wie Anm. 21), 199. 25 CTh. 7,13,8: Inter optimas lectissimorum militum turmas neminem e numero servorum dandum esse decernimus neve ex caupona ductum vel ex famosarum ministeriis tabernarum aut ex cocorum aut pistorum numero vel etiam eo, quem obsequii deformitas militia secernit, nec tracta de ergastulis nomina. Poenam etenim gravis dispendii nulla excusatione fugituri sunt, si hoc cuiusdam indicio inlustribus viris magistris equitum peditum fuerit intimatum. Sed cum illum animadversio dura damnavit offerentem, tum triplicata nobilioris tironis fatigabit inlatio. Irrtümlich wird in der Überlieferung angegeben, daß das Gesetz in Konstantinopel proponiert worden sei, s. Mommsen ad loc. 26 CTh 7,13,11 = CI 12,43,2, weitergeleitet vom Consularis Phoenices am 15. Mai 382 (Seeck, Regesten der Kaiser [wie Anm. 23], 11; wahrscheinlich handelt es sich hier um das Edikt eines

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Das nächste einschlägige Gesetz, vom 2. Februar 380, ist an den Prätorianerpräfekten des Oriens Neoterius gerichtet und behandelt ein ähnliches Problem: Wir haben in Erfahrung gebracht, daß einige Schreiber der Kurien, nachdem sie ihre munera aufgegeben hatten, aber auch Logographen von civitates sich in den Militärdienst eingeschlichen haben. Nach deren Entfernung haben wir dieses Gesetz beschlossen, damit keiner aus dieser Menschengruppe es wage, etwas Derartiges zu unternehmen, da für die Rekrutierung zum Militärdienst die Menge völlig ausreicht, die man aus den Nichtansässigen, den Söhnen von Veteranen und denjenigen, die keinen öffentlichen Lasten unterliegen, nach sorgfältiger Überprüfung auffüllen kann.27 Hier ist man wieder bei einem klassischen Problem der Rekrutierung der Spätantike angelangt. Viele aus dem Umfeld des Kurialenstandes versuchten sich ihren munera zu entziehen, indem sie in den Militärdienst eintraten. Das drängende Problem eines Rekrutenmangels wird indes nicht anerkannt, der Gesetzgeber stellt vielmehr sogar die Behauptung auf, daß im Prinzip genügend Männer zur Verfügung stünden, wenn man nur nach ihnen suche, indem man insbesondere den traditionellen Weg gehe, die Söhne von Veteranen einzuziehen. Auch dieses Gesetz reagiert mithin nicht auf die speziÀschen Mißstände der Krise der Jahres 379, sondern greift auf, was traditionell in der Militärpolitik erwartet wurde, wobei allerdings die Bereitschaft, auch vagi (Nichtansässige) zu akzeptieren, über das hinausging, was Valens zumindest angestrebt hatte.28 Daß weiter Regelungsbedarf bestand, dokumentiert die Gesetzgebung im April. Am 26. des Monats erging wieder an den Prätorianerpräfekten Neoterius folgende Bestimmung: Unsere Milde hat beschlossen, aus den geeigneten Gegenden rasch Ergänzungen für die Truppen zu mobilisieren. Dafür müssen nach unserem Befehl handverlesene und von jedem Verdacht der Ungeeignetheit freie Männer bestimmt werden. Wenn sie sich dabei schlecht aufführen, soll zu ihrer Besserung nach unserer Verkündigung ein hartes Urteil mit strenger Strafe folgen, während die Statthalter das schwerste Urteil des Statusverlustes und die unerbittliche Rache treffen soll, geschweige denn, daß sie diejenigen Provinzialen verschonen wird, die in Amt und Dienst die große Möglichkeit der Ausbeutung und sich zu bereichern, oder Prätorianerpräfekten, s. J. Matthews, The Making of the Text, in: J. Harries/I. Wood [Hg.], The Theodosian Code. Studies in the Imperial Law of Late Antiquity, London 1993, 19–44, 27; ders., Laying Down the Law. A Study of the Theodosian Code, New Haven/London 2000, 68; 181), verbietet die Gestellung fremder Sklaven für den Heeresdienst; in irgendeiner Weise scheint es also möglich gewesen zu sein, Sklaven einzuschleusen. 27 CTh 8,2,3: Conperimus aliquantos relictis muneribus curiarum scribas, sed et logografos civitatum in nomen inrepsisse militiae. His retractis legem hanc tulimus, ne quis ex hoc hominum numero paria audeat usurpare, hoc admodum sufÀciente numero militiae supplementis, qui ex vagis veteranorumque Àliis vacantibusque potuerit Àda pervestigatione conpleri; vgl. Grosse, Römische Militärgeschichte (wie Anm. 21), 204–206. Dies ist wohl kein Widerspruch zu CTh 7,13,6, da es hier um die GestellungspÁicht von Grundbesitzern geht, die nicht auf Nichtansässige oder Veteranensöhne zurückgreifen dürfen. Dieselbe Tendenz wie CTh 8,2,3 zeigt 7,2,1 vom 19. Juli 383, s. auch CTh 7,22,11 (8. September 380) und CI 12,47,2 (380?). 28 CTh 7,13,7,1 (wenn advena in diesem Sinne zu verstehen ist; vgl. zum Problem Carrié, Système de recrutement [wie Anm. 5], 373).

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vorgetäuschte Furcht geführt hat.29 Am 14. Mai 380 schärfte man erneut die VerpÁichtung der Sprößlinge von Soldatenfamilien, namentlich auch der Veteranensöhne, ein, sich dem Militärdienst zur Verfügung zu stellen.30 Offenkundig gab es Rekrutierungsprobleme, doch wird erneut eines betont: Man will allein geeignete Rekruten, einerseits in Hinblick auf ihre regionale Herkunft, andererseits auf ihre Integrität. Ein damit eng zusammenhängendes Problem war das der Desertionen, das mit Gesetzen am 29. April 380 – das zur Denunziation von Desertierten aufruft – und am 16. Januar 381 – das gegen die Deckung von Deserteuren gerichtet ist – angegangen wurde.31 Am 8. Juli 381 geht es entsprechend weiter, diesmal in einem Edikt an den comes Orientis Felix: Nicht nur diejenigen Söhne von Veteranen und Soldaten, die in verschiedenen Ämtern tätig, sondern auch die, die mit eigenen Dingen beschäftigt sind, sollen nach unserem Willen der bewaffneten militia zugesellt werden. Es soll daher keine Gelegenheit für eine Sonderregelung geben.32 Anderthalb Jahre nach dem stolzen Hinweis, daß es genügend Ressourcen für die Auffüllung des Heeres geben müsse, erwies es sich, daß die Soldaten- und Veteranenfamilien eine weitaus weniger zuverlässige Quelle bildeten als erwartet. Während der folgenden Monate geschah wenig; es ist die Zeit, in welche die schwere Krankheit des Theodosius zu datieren ist, die ihn zur Taufe veranlaßte. Militärisch waren in dem ganzen Jahr allenfalls bescheidene Erfolge zu verzeichnen; es drangen offenbar erneut, wenn auch weiter westlich, Barbaren über die Donau vor; sie erreichten Thessalien, und nur dank der Hilfe von Generälen, die Gratian entsandt hatte, vermochte man sie zu vertreiben.33 Gegriffen hatten die Maßnahmen des Winters offenbar nicht. Am 24. November 380 zog Theodosius endlich in Konstantinopel ein.34 Die Religionspolitik trat stärker in den Vordergrund; immerhin erging aber noch eines der bereits erwähnten Desertionsgesetze. Theodosius· Gotenpolitik erzielte einen ersten symbolischen Erfolg, da der Gotenkönig Athanarich, dessen Valens nicht 29 CTh 7,13,9: Ex opportunis regionibus supplementa numeris mansuetudo nostra decrevit agitari: in id delectos quosque viros atque ab omni suspicione pravitatis alienos iussimus destinari. In his, si male se gesserint, corrigendis non mediocrem fore denuntiamus severa animadversione sententiam, cum iudices supplicium existimationis extremum et ultio inexpiabilis exceptura videatur, ne his quidem provincialibus temperatura, quos in ofÀcium ministeriumque praedarum vel capiendi ubertas vel formido simulata deduxerit. 30 CTh 7,22,9; 12,1,83. Das Edikt ist aus Konstantinopel datiert, wurde also vermutlich nicht vom Kaiser, sondern vom Prätorianerpräfekten erlassen, da Theodosius zu dem Zeitpunkt in Thessalonika weilte. 31 CTh 7,18,3 (dazu Zuckerman, Two Reforms [wie Anm. 5], 116 mit Anm. 117); 7,18,5. – Zukkerman vermutet ibid. 115 f. aufgrund von P.Lond. III 982 (zu benutzen in der Edition von J. R. Rea, Letter of a Recruit. P.Lond. III 982 Revised, ZPE 115 [1997], 189–193) in Verbindung mit Veg., Mil. 2,5, daß um diese Zeit auch ein neuer Eid (aber möglicherweise schon unter Valens) eingeführt worden sei. 32 CTh 7,22,10: Non solum in diversis ofÀciis militantes, sed etiam vacantes rebus propriis veteranorum ac militum Àlios armatae militiae volumus sociari. Nulla igitur sit excusationis occasio. 33 Zos. 4,31–34 (chronologisch verwirrt); Iord., Get. 140 f. 34 Socrat. 5,6,6; Cons. Const., Ad a. 380,2 (Chron. Min. I 243).

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Herr geworden war, nach Konstantinopel einzog und sich dem Kaiser unterwarf; allerdings werden viele Zeitgenossen gewußt haben, daß Athanarich inzwischen unter den Goten eine RandÀgur geworden war und eben deswegen den Kaiser aufsuchte.35 Wenige Tage später, Ende Januar 381, hielt Themistios wieder eine Rede, die 15. der Sammlung. Im Gestus der afÀrmativen Kritik, der charakteristisch für die Panegyrik ist, fordert Themistios den Herrscher auf, sich stärker den inneren Verhältnissen zuzuwenden, da jetzt nicht die Jahreszeit für den Krieg sei. Er spricht recht deutlich aus, daß es beim Herrscher nicht allein auf die militärische Erfahrung ankomme, die er Theodosius durchaus zuspricht, sondern auch auf zivile Kompetenzen.36 Vor allem um die rechtlichen Angelegenheiten solle der Kaiser sich kümmern. Natürlich gibt Themistios auch Hinweise auf die militärische Lage und macht deutlich, daß die Krise keineswegs bewältigt ist, formuliert das aber positiv: Er zeigt sich zuversichtlich, daß Theodosius einmal Siegestitel erhalten werde.37 Außerdem erwähnt er armenische und iberische Einheiten, hat also Kenntnis über eine Mobilisierung von Truppen, vermutlich Föderaten, aus dem Osten, die auch sonst bezeugt sind.38 Möglicherweise klingen an einer Stelle Zweifel an der militärischen Qualität der Armee durch: Ein Kaiser, der das Recht vernachlässige, könne sich auch nicht auf die Feigheit der Soldaten und den Leichtsinn der Feldherren berufen.39 Themistios wird aber nicht sehr konkret. Das nächste Jahr, in dem Theodosius, als habe er den Ratschlägen des Themistios folgen wollen, überwiegend in Konstantinopel weilte, brachte nur ein Gesetz zum Militärwesen; andere Themen, namentlich religiöse Fragen – es ist das Jahr des Konzils von Konstantinopel – standen wieder im Vordergrund. Am 5. September wendet der Kaiser sich in einem an den Prätorianerpräfekten Illyricums Eutropius gerichteten Gesetz gegen Selbstverstümmelung: Wer mit einer gräßlichen Verstümmelung eines Fingers den Waffendienst verweigert, soll dem, was er zu meiden sucht, nicht entkommen, sondern schändlich gekennzeichnet die ihm auferlegte Mühe des Soldatendienstes tragen als jemand, der sich der Ehre verweigert hat. Darüber soll für jene Provinzialen, die aufgrund der Wagstücke dieser jungen Leute häuÀg an einem Mangel an (geeigneten) Rekruten leiden, folgende Alternative unverrückbar beschlossen sein, daß sie nämlich zum Zeitpunkt der Aushebung, sobald sie begonnen haben, sich gemeinschaftlich zu versammeln, zwei versehrte junge

35 Cons. Const., Ad a. 381,1 (Chron. Min. I 243); Marc. Com., Ad a. 381,2 (Chron. Min. II 61); Them., Or. 15,190 d–191 a; Ambr., Spir. 1, prol. 17; Zos. 4,34,2 f.; Oros. 7,34,6. 36 Them., Or. 15,188 c/d. 37 Them., Or. 15,194 a. 38 Them., Or. 15,189 d; vgl. Lib., Or. 24,38; Them., Or. 16,207 a; 18,219 b; 34,20 (mit Hoffmann, Das spätrömische Bewegungsheer [wie Anm. 1], I 463). Außerdem wurden ägyptische Truppen mit gotischen ausgetauscht, s. Zos. 4,30,2–5; 4,31,1; 4; möglicherweise ist P.Herm.Rees 17 ein ReÁex davon (s. C. Zuckerman, The Hapless Recruit Psois and the Mighty Anchorite, Apa John, BASP 32 (1995), 183–194, 188). 39 Them., Or. 15,189 d; vgl. Hoffmann, Das spätrömische Bewegungsheer [wie Anm. 1], I 462. Lenski, Initium mali (wie Anm. 3), 146 sieht hier wohl zu Recht eine Anspielung auf Valens.

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Männer statt einem Unversehrten deiner Vorzüglichkeit zur Verfügung stellen.40 Hier ist man bereit, auch minder taugliche Rekruten zu akzeptieren. Das bedeutete eine Entschärfung gegenüber Valentinian I., der verlangt hatte, Selbstverstümmler lebendig zu verbrennen – wobei dies wohl nie praktiziert wurde41 –, stand aber in einer Tradition der Gesetzgebung, die Constantin der Große eröffnet hatte, die indes weniger pragmatisch war.42 Möglicherweise zeigt ein – allerdings mit Deutungsschwierigkeiten behafteter – Papyrus, daß dieses Gesetz tatsächlich wirksam wurde, da hier ein Mann, der sich anscheinend verstümmelt hat, plötzlich doch der DienstpÁicht ausgesetzt gewesen zu sein scheint.43 Aufs Ganze gesehen trat noch im Jahre 381 eine gewisse militärische Beruhigung ein. Einige feindliche Gruppen wurden zurückgedrängt44, vielleicht setzten manche Goten jetzt stärker auf eine Aussöhnung, nachdem ihnen zu Ohren gekommen war, mit welchen Ehren Athanarich auch nach seinem Tod bedacht wurde.45 Aber die Situation blieb militärisch offen. Das Jahr 382, wieder eines, während dem Theodosius sich in Konstantinopel aufhielt, brachte zwar immer noch keine klaren militärischen Erfolge, aber immerhin den – fragwürdigen – Frieden mit den Goten46, so daß die militärischen Probleme vorerst an Dringlichkeit verloren. Aus den folgenden Jahren gibt es noch das eine oder andere einschlägige Gesetz, aber die Dichte verringert sich. Blicken wir auf die unruhigen Jahre zu Beginn der Herrschaft des Theodosius zurück: Faktisch war der Kaiser offenbar in einem hohen Maße auf die Rekrutierung von Barbaren angewiesen. Anscheinend ermunterte er Goten zum Überlaufen, nicht ohne Erfolg, denn den Eindringlingen ging es ja nicht darum, das Römische Reich in den Untergang zu treiben, sondern am Wohlstand des Imperiums zu partizipieren. Im heidnischen Kontext allerdings – zu denken ist vor allem an die bei Zosimos greifbare Überlieferung47 – wurde dies zu einem der Hauptkritikpunkte an

40 CTh 7,13,10. Qui spurca amputatione digiti usum declinat armorum, non evadat illa quae vitat, sed insignitus macula ferat inpositum militiae laborem qui declinaverit dignitatem. Ipsis quin etiam provincialibus, qui ex horum ausis iuniorum saepe patiuntur penuriam praebendorum, haec optio inmobilis decernatur, ut tempore dilectus agitandi, ubi conmune coeperint conveniri, duos mutilos iuniores pro uno integro eminentiae tuae dispositionibus offerant. S. zu dem Gesetz Zuckerman, Hapless Recruit (wie Anm. 38), 186; vgl. M. B. Charles, Vegetius in Context. Establishing the Date of the Epitoma rei militaris (Historia – ES 194), Stuttgart 2007, 141, der Zuckermans Beitrag nicht heranzieht. 41 CTh 7,13,5. 42 Vgl. CTh 7,13,4 (27. April 367); vgl. N. Lenski, Failure of Empire. Valens and the Roman State in the Fourth Century A. D., Berkeley/Los Angeles 2002, 310; 314. 43 P.Herm.Rees 7 in der Deutung von Zuckerman, Hapless Recruit (wie Anm. 40), insbes. 186 f. 44 Zos. 4,34,2 f. 45 Ambr., Spir. 1, prol. 17; Amm. 27,5,10; Zos. 4,34,4 f. 46 Leppin, Theodosius der Große (wie Anm. 4), 49–54. 47 Zos. 4,30,1; 4,31,1 (Theodosius gestattete den Barbaren die Rückkehr ins eigene Volk, sofern sie Ersatzleute stellten). In dem anscheinend verwirrten Kapitel 4,27 spricht Zosimos über Veränderungen in der Militärführung, die sich wohl über einen längeren Zeitraum erstreckt haben. Auch die Bemerkungen bei Iord., Get. 139 bleiben zu allgemein, als daß sie für die Fragestellung hier ausgewertet werden könnten.

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seiner Herrschaft, möglicherweise nicht ganz zu Unrecht, da die neuen Einheiten gewiß nur schwer zu integrieren waren. Die relativ große Zahl von Gesetzen, die die Auswahl der Redaktoren des Codex Theodosianus uns aus den ersten Jahren des Theodosius hinterlassen hat, kreisen indes um ein anderes Problem und besitzen dabei eine klare gemeinsame Tendenz. Nachdem zunächst die Armee vor ungeeigneten Elementen geschützt wurde, wird in einem zweiten Schritt versucht, die Söhne von Soldaten und Veteranen zu mobilisieren. Zwar wird die Rekrutierung als ernsthaftes Problem betrachtet, man will aber prononciert nicht von den alten Grundsätzen abweichen. Auf die Mißstände, die es, wenn man den literarischen Quellen traut, unter diesem Gesichtspunkt in den ersten Monaten der Herrschaft des Theodosius gegeben hatte, reagiert die Administration dadurch, daß sie klar die alten Prinzipien verfolgt, die auch Valens zum größten Teil bestätigt hatte.48 Indem Theodosius jedoch verlangte, daß reale Rekruten gestellt wurden, gab er die Politik auf, die Valens offenbar in der letzten Phase seiner Regierung betrieben hatte, als er bevorzugt aurum tironicum statt Rekruten eintrieb, anscheinend gerade unter dem Eindruck, mit den Goten genügend potentielle Soldaten gewonnen zu haben.49 Dabei machte man nach Adrianopel die eine oder andere Konzession, was etwa die Verstümmelten angeht. Doch eines wird deutlich: Man brauchte wieder leibhaftige Menschen, um sich der Angriffe erwehren zu können. Theodosius scheint, seit er bei seinem ersten Winteraufenthalt in Thessalonika in den EinÁußbereich der Administration gelangte, auf „wilde“ Rekrutierungen verzichtet, zumindest sie in der Gesetzgebung abgelehnt zu haben. Eine stärkere Rolle bei der Stärkung der Donaufront spielt nunmehr die Umgruppierung von Truppen. Ansonsten schloß Theodosius an Reformen an, die bereits Valens eingeleitet hatte und schärfte Traditionen wieder ein. Dafür sind natürlich sachliche Gründe denkbar. So waren die zusammengewürfelten Truppen ohne Zweifel militärisch weniger geeignet als erfahrene Einheiten. Der unmittelbare Druck der Krise 379 verlangte nach ungewöhnlichen Maßnahmen, jetzt war etwas Zeit, um Luft zu holen. Doch erscheint es zweifelhaft, ob man damit alles erklären kann. Denn die neuen Truppen waren nicht wesentlich erfolgreicher als die alten; am Ende kam es zu dem bekannten Vertrag von 382, der den Goten eine weitgehende Selbständigkeit auf dem Balkan konzedierte. Ferner sind gar nicht alle Maßnahmen pragmatisch sinnvoll, sondern dezidiert traditionsorientiert. Gewicht sollte man auch anderen Gründen zumessen, nämlich eben der Welt der traditionalistischen Administration. Daß sie den Kaiser zu einem Schwenk veranlassen konnte, wäre nicht verwunderlich, denn Theodosius war als neuer Kaiser ja im Osten weitgehend isoliert und mußte sich mit der eingespielten Administration dort gut stellen.50

48 Zur Rekrutierungspolitik unter Valens Zuckerman, Two Reforms (wie Anm. 5), insbes. 97–121; Lenski, Failure of Empire (wie Anm. 42), 307–319 (ohne Berücksichtigung von Zuckerman). 49 Socr. 4,34,4 f.; Soz. 6,37,16; vgl. CTh 7,6,3; zum Komplex Lenski, Failure of Empire (wie Anm. 42), 318 f. 50 Zum Problem Leppin, Theodosius der Große (wie Anm. 4), 54–86.

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Auch in anderen Bereichen, etwa bei der Kleiderfrage achtete er auf die Wiederherstellung geordneter Verhältnisse.51 Dieses Milieu, das durchaus versuchte, eigene Vorstellungen gegenüber dem jeweiligen Kaiser durchzusetzen52, ist auch im Schrifttum zu greifen. Einen zeitnahen, möglicherweise in die theodosianische Zeit gehörigen Text bildet die Epitome rei militaris des Verwaltungsbeamten Vegetius. Dieser verfaßte eine durchaus kompetente Schrift zum römischen Militärwesen, die vor allem auf die Traditionen zurückblickt. Der Rekrutierung sind dort die ersten sieben Kapitel des ersten Buches gewidmet. Vegetius hebt hervor, daß aus bestimmten Regionen besonders tüchtige Rekruten kommen53; sie müssen das richtige Alter besitzen (1,4), die richtige Größe (1,5), die richtige körperliche Erscheinung (1,6). Wichtig ist überdies, daß die Rekruten den richtigen Beruf und die richtige Moral haben – verstümmelte Rekruten hätte Vegetius anders als Theodosius kaum noch in die Armee aufgenommen. Dabei hebt Vegetius ausdrücklich hervor, daß die Gestellung von Rekruten durch Landbesitzer dazu führe, daß diejenigen als Rekruten angeboten würden, die als ungeeignet gelten (1,7). Was bei Vegetius ebenfalls sichtbar wird, ist die Sorge, daß zivile Ämter für geeignete Rekruten attraktiv sein könnten (1,5; 1,7). Indem er den Waffendienst und zumal die Auswahl wie auch Ausbildung der Rekruten als Grundlage römischer Größe interpretiert, behauptet Vegetius das gerade Gegenteil zu Themistios, der aber eben Notmaßnahmen rechtfertigen muß. Selbst wenn man eine spätere Datierung des Vegetius als die theodosianische Zeit annimmt – als terminus post quem gilt der Tod Gratians 383, der terminus ante quem ist weniger klar –, mindert das nicht seine Bedeutung für die hier vorgeschlagene Interpretation, da derartige Milieus nicht Formationen weniger Jahre sind, sondern eine gewisse Beharrungskraft besitzen.54 Dieses Milieu wollte Theodosius offenbar mit seiner Rekrutierungsgesetzgebung bedienen, ihm signalisieren, daß er seine Wünsche ernst nahm. Welches Ergebnis für das Gebaren der kaiserlichen Verwaltung in Krisenzeiten läßt sich hier gewinnen? Man ist zu einer durchaus raschen Reaktion fähig und auch beweglich, man kann improvisieren. Allerdings zeigt sich auch sehr deutlich, daß 51 Vgl. CTh 14,10,1 (12. Januar 382); 10,21,2 (30. März 382). 52 Dies läßt sich in unterschiedlichen Schriften fassen, s. C. Kelly, Ruling the Later Roman Empire, Cambridge 2004, der dies für das 6. Jh. anhand des Johannes Lydos gezeigt hat. 53 Veg., Epit. 1,2 f. gibt in Kap. 3 insofern eine Parallele zu Themistios, als hier die Tüchtigkeit der Landbevölkerung durch Gewöhnung an harte Arbeit hervorgehoben wird; vgl. zur Forderung nach einer hohen Qualität der Rekruten im spätantiken Militärwesen Charles, Vegetius in Context (wie Anm. 40), 136–144. 54 Lenski, Initium mali (wie Anm. 3), 148 sieht in vielen Ratschlägen des Vegetius sogar eine Reaktion auf die Fehler, die im Zuge der Schlacht von Adrianopel gemacht wurden. Zur Datierung des Vegetius: Den terminus post quem bildet der Hinweis auf den Tod Gratians 1,20,3, den terminus ante quem die subscriptio einer Handschrift, die auf 450 zu beziehen ist; vgl. zur Diskussion eingehend mit umfassenden Literaturhinweisen Charles, Vegetius in Context (wie Anm. 40), passim, der mit der gebotenen Vorsicht für eine Datierung in die Zeit Valentinians III. (425 – 455) plädiert. Mir leuchtet trotz der zahlreichen wertvollen Beobachtungen in diesem Buch nach wie vor die Frühdatierung am stärksten ein; s. meine Rezension in HZ 288,3 (2009), 719 f.

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bald der Druck entsteht, gemäß den Traditionen zu verfahren und das Heer so zu formieren, daß ihm nur diejenigen angehören, deren Ausbleiben nicht anderswo zu Schwierigkeiten führt, und die auch in Hinblick auf ihre Herkunft als geeignet galten, wobei man in einem gewissen Umfang dann doch bereit ist, den Kreis derer, deren Rekrutierung erlaubt war, zu erweitern.55 Diese Maßnahmen sind nicht allein unter dem Gesichtspunkt der militärischen EfÀzienz zu sehen. Zusammengewürfelte Truppen waren ohne Zweifel weniger geeignet für die Führung eines Krieges als ein ausgebildetes Heer, aber sie waren besser als gar nichts. Der Menschenmangel oder genauer: der Mangel an dienstbereiten Römern blieb ein zentrales Problem des römischen Heerwesens in der gesamten Spätantike. Ihm wurde man durch die strenge Auslese gerade nicht gerecht, auch wenn der Gesetzgeber sich vorstellte, daß es schon genügend Soldatensöhne geben werde. In dem ZielkonÁikt zwischen der Reinheit des Heeres und der Erreichung der Truppenstärke entschied man sich für das erstere, während die Rhetoren andere Gesichtspunkte ins Feld führten. Der Aspekt der Reinheit der Armee spielt bei ihnen keine Rolle. Es wären also nicht die Traditionalisten im kulturellen Sinne gewesen, die diesen Gedanken vorbrachten. Seine OfÀziere im Felde scheinen das Verhalten des Theodosius auch nicht in diese Richtung gelenkt zu haben. Vielmehr dürfte hier die Administration ihren EinÁuß ausgeübt haben, typischerweise Angehörige eines urbanen Milieus also. Natürlich bedeutet das nicht, daß die Verwaltung allein nach ideologischen Gesichtspunkten gehandelt und pragmatische Erwägungen gänzlich hintangestellt habe. Es wurden ja auch noch andere Maßnahmen getroffen: So zog man Truppen aus dem Osten ab und versetzte sie an die Donau, und man tauschte die gotischen Einheiten des Donauraums mit solchen aus Ägypten aus, aber es zeigt sich, welch hohen Stellenwert die Wahrung des Status eines römischen Soldaten dem Anspruch nach auch in Notzeiten hatte, jedenfalls in den Augen einer Verwaltung, die durchaus auch den Kaiser auf ihre Linie zu bringen vermochte.

55 Für eine Erweiterung des Heeres sprechen die zahlreichen nach Theodosius oder seinen Söhnen benannten Einheiten (Not. Dig. Or. V–IX passim), auch wenn deren genaue Einordnung schwierig bleibt, vgl. zum Problem nur G. Clemente, La „Notitia dignitatum“, Cagliari 1968, 217–222; Lippold, Theodosius I. (wie Anm. 4), 938 f.

I. REGISTER: SACHVERHALTE, FACHBEGRIFFE, NAMEN Abbauregionen (militärische Sicherung) 23–29 adaeratio 44 Adrianopel (Schlacht) 187–199 Ägypten 149–164 Altenburg 167 f. Amasia 137 Anazarbos in Kilikien 144 Apameia am Orontes 143 aquilices 132 Arbeitskräfte (s. auch fabricae, pagani) 120– 128 arcuarii (Bogenmeister) 129, 131 arma („Department für Waffen und Ausrüstung“) 16, 37, 47–51 armamentaria 48, 128 Aufgabenzuweisung an bestimmte Chargen 77, 150 Epikrisis 157 Aulutrene (logistischer Knotenpunkt) 135 f. Ausbildungsabteilung (Sanitätsdienst) 23, 38 authentikon (als bürokratischer Terminus) 181 Bar-Kochba-Aufstand 96, 100 f. Bedarfsmeldungen, 63 s. auch petitiones Beförderung (regelhaft) 14 f., s. auch 77 beniÀciarii 150 Beroia 144 Bewegungsprotokolle 67 biarchus 32 Binnengliederung der Truppenkörperverwaltung 16–18 Brigetio 145 Byzantion 137 bürokratischer Verwaltungstyp 11–14 der Armee als Organisationsvorbild 33–36 calones 122 canabae (Waffenproduktion und -reparatur) 174 f. capsarii 23, 130 Caracalla, expeditio Syriaca 134 f. castra tabellariorum 34 censitores 162 centenarius 32 cibariatores 77 coemptio 114, 117–119, 167 f. (s. Finanztransaktionen)

collatio s. Soldabzüge collegia (innerhalb der Truppenkörper) 17, 120 comes rei militaris limitis Thebaici 180 commeatum 72 commentarienses 150 conductores 136 conductor armamentarii 51 conductor librariae kastrorum legionis 67 conducto(res) kastelli 43 comes sacrarum largitionum 32 f. commentarienis 182 commoda missionum 63 cornicularii 43, 68, 150, 180 cornicularius cohortis 181 f. cornicularius tribuni 14 adiutores corniculariorum 132 curator 44, 68, 77 curator operis armamentarii 48 custos armorum 48 f., 76, 128 Cyrrhus 144 Dangstetten 167–169 Dekanien 35 deposita 50, 56, 58 f., 63 f., 112 Desertionen (juristische Regelungen) 188, 194, s. auch Selbstverstümmelung Detachierung von militärischem Verwaltungspersonal (deputatio) 28–33 s. auch Ferntransporte, ofÀcia, Provinzialzensus Diensthistorie 47 Dienstwege 40 f. (Materialbeschaffung), 45, 182 (Aktenprüfung) Dienstreisen, s. viaticum dispensatores 34, 170, 183 DokumentationspÁichtigkeit des Dienstvollzugs 68 Intention 70 f., 74 dilectus (Zwangsrekrutierung) 99–102, 110 Verhältnis zur Freiwilligenrekrutierung 110 discentes capsariorum 23 ducenarius 32 Entlassungsbescheinigungen 155 f. epikrisis (und Militärs) 152–158 epikrisis (verantwortliche OfÀziere) 163 f. epistula missoria 41

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Register: Sachverhalte, Fachbegriffe, Namen

Ergänzungsbedarf des Heeres pro Jahr 90 Erfassung der Bevölkerung 149–164 Ersatz (Material) 112 exceptor 182 FachofÀziere 15 fabricae 22, 31, 47–51, 53, 120–132, 174 f. Bogenherstellung 117 Helmherstellung 122 ff., 127 f. loricae (Herstellung) 124 Schwertherstellung 123 (s. auch 126 f.) Spezialisierung der Arbeitskräfte 123 Ferntransport (Heeresmaterial) 40, 114, 166 ff., 171 f., 179 ferrarii 131 Finanzen (s. auch quaestura, Sold-) 112, 118 Finanztransaktionen 119 (s. auch quaestura, Kostenerfassung) Àsci curator 14 Flottensoldaten: Transferierung in Legion 97 f. Frachtbriefe 42 f. frumentarii 31 frumentum, s. victus galearius 122 Gholaia 18–20, 42, 46, 62, 67 ff. Großbetriebe als Heeresversorger 172 f. Hadrian 70 f., 105 (Inspektionen), 97 f. Heereslieferungen 43, 46, 54 f.,118, 126, 165– 176 (s. auch Heeresversorgung) als Liturgie 124 f. Verrechung mit Naturalsteuern 169, 173 zentrale Koordinierung 55 Heeresstärke Auxiliare 88 f. Legionäre 88 Heeresversorgung (s. auch Materialbeschaffung, praefectus castrorum, Requirierung, Waffen und Ausrüstung) 9 f., 112–120 Heroninos-Archiv (militärisches Organisationsvorbild) 43 Holz (Heeresbedarf) 115–117 horrea (in Kastellen) 171 (s. auch librarii horreorum) immunes 122, 130–132 Inspektionen (Waffen, Lazarette, Proviant) 70 (s. auch Visitationen) juristische Verantwortung (von Stabsangehörigen) 178

Kaiser Inspektionen, Kontrolle 71 f. Zentralisierung bestimmter Heeresdokumente 75 Rekrutierungsanordnungen und -regulierung (in besonderen Fällen) 95–100, 110 Transferierung von Flottensoldaten in Legion 97 Kontrolle (inneradministrativ) 45, 177–186 administrative K. der Bevölkerung 149–164 innerhalb des ofÀcium 177–186 Kontrollvermerke 179–186 (s. 69) Lieferungen, Leistungsforderungen 179, 183 Soldzahlungen 61 (des) Vorgesetzten durch das ofÀcium 177– 186 Waffen, Lazarette, Proviant 70 f. Zeitabläufe (Zirkularweiterleitung) 69 Kollektivhaftung (des ofÀcium) 177 ff. Kostenerfassung (auf Truppenkörperebene) 16, 37–78 Transparenz 65 Krankenstandserfassung 39 f., 83 (Tafel 1) Landvermessung 31 lapidarii 131 latercunensis 15 Leder (Heeresbedarf) 115 librarii 23, 28, 37, 44 librarii caducorum 59, 131 librarii depositorum 44, 50, 76, 131 librarii horreorum 76 librarii legati 15 Logistik 133–146, s. auch Heeresversorgung, Materialbeschaffung, Requirierung, tabularium, victus und die einzelnen Materialgruppen (Metalle, Holz etc.) magister (armamentarii) 48 Mannschaftsaufstellungen, s. matrices 46 Materialbeschaffung 40 f., 112–120 interprovinzialer Charakter 54–56 Materialzusammenführung 115 f. matrices 46, 63 medici centuriones 23 medici ordinarii 23 mensores frumenti bzw. tritici 76 Metallabbau 113 Metalle (Versorgung mit) 112–114 Militärdiplome (Quelle für Rekrutierung) 87– 110

Register: Sachverhalte, Fachbegriffe, Namen militärisch geprägte Regionen 18–29, 67–70 Militariafunde in Zivilsiedlungen, Deutung 174 Minenarbeiter (Militäreinsatz) 189 f. Minen (militärische Bedeckung) 189 f., s. auch 26–28 missio causaria 41 missio honesta 154–156 mons Berenicidis 23, 47, 68 Morgenappellberichte 66 MünzofÀzinen (Organisation) 33 Myos Hormos 47, 67, 69 Nachrichtennetze 25 f., 67–70 negotiator gladiarius 127 Normierung von Gebrauchsgegenständen 167, vgl. 123–128 numerarius 180 ofÀcium 30, 150, 177–186, s. auch Kontrolle legati legionis 66 praefecti legionis 75 primi pili 58 opinio 61 f. optio 14 f., 76 fabricae 38, 76, 131 navaliorum 131 supernumerarius 38 valetudinarii 23, 38, 76, 130 vexillationis 145 ordinarius architectus 15 (vgl. medici ord.) Organisationsschema (Truppenkörperebene) 85 (Tafel 3) ostiarius 15 pagani („Zivilisten“ in Militärwerkstätten) 53, 122, s. auch 189 f. pequarii (pecuarii) 23 Perinthus 137 Personalstandserfassung 16, 60, 63, 121 f. (s. auch Krankenstandserfassung, Rekrutierung) petitiones 46, 61 f. pittacium (Gewährungsbescheid bei Urlaubsgesuch) 73 plumbarii 131 polliones 132 Polizeiaufgaben 161 f. praefectus Aegypti 150 Stabs- und Verwaltungsstelle (militärisch) 152 praefecti alae bzw. cohortis (Mitwirkung bei Zensuserhebung) 157–162

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praefecti classis (Mitwirkung bei Zensuserhebung) 157 praefecti fabricae 32 praefectus (castrorum) legionis 23, 55, 66 Inspektionen (Waffen, Lazarett, Proviant) 70 f. Koordination von Verwaltungsbereichen (Legionsebene) 76 Materialbeschaffung / Logistik 54, 66 ofÀcium 75 praefectus praesidiorum et montis Berenicidis (vel Beronices) 25, 68 praepositus vexill(ationum) e[xpeditionis 136 praesidia 18–29, 47, 67–70 prata legionis 21 f. pridiana 41 primates 177 primiscrinius 15 primus pilus 112, 136 princeps ofÀcii 177, 180, 183 private Dienstleister (Heeresversorgung) 10 f., 54 f., 116 f., 126 f., 165–176 procurator (et) praepositus limitis 20 f. procurator provinciae 45 f., 112 Produktion (militäreigene Produktion, s. auch fabricae) von Gefäßen 167 protobürokratische Organisationsformen 11–36 Proviantwesen, s. victus Provinzialzensus (Mitwirkung von Militärs) 158–162 Prusa ad Olympum 137 quaestura (s. auch Finanzen, procurator provinciae, Sold-) 16, 37, 53, 56–65, 73, 84 (Tafel 2), 118 ratio dierum 73 ratio stipendiaria 49, 52, 59 ratio valetudinarii 38 ratio vestis 53 recessa depositorum 50 Rechnungslegung (auf Truppenkörperebene) 37–78 reditus castelli 21 Registrierung und Steuerung von Migrationsbewegungen 149 f., 161 Reintegrationsedikte 160 Rückführung von LandÁüchtigen 161 Rekrutierung 87–110, 187–199 (s. auch Ergänzungsbedarf) administrative Mechanismen 56 f., 93 f. nach Kriegen bzw. inneren Unruhen 94– 102, 187 ff.

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Register: Sachverhalte, Fachbegriffe, Namen

Krise (nach 378 n. Chr.) 187–199 Traditionsgewicht bei Rekrutenauswahl 197 f. renuntia 17, 74 (s. auch Bewegungsdokumentation) Reparatur (Waffen und Ausrüstung) 47–51, 128–132, 174 f. Requirierungen 43, 46 f., 116, 135, 165–176 Rohstoffsicherung 24 f.

Theodosius 188–199 Tierverarbeitung 168 f., s. auch 115 ff. tribunus fabricae 32 tribunus legionis (Mitwirkung bei Zensuserhebung) 157 tribuni militum (InspektionspÁichten) 70 f. tribunus numeri (Überführung von Rekruten an Bestimmungsort) 102 Tyana 137

Schlachthöfe (legionseigen) 22 Tierverarbeitung 168 f., s. auch 115 ff. Schlachttiere (Eigenversorgung) 167 f. Schriftlichkeit 37–78, 177–187 Schriftverkehr 68 (s. Dienstwege, Nachrichtennetze, renuntia), 37–78 passim scriba armamentarii 48 scriptorium 19, 49 Selbstversorgung (militärischer Einheiten) 120, 165–176 Selbstverstümmelung (juristisch) 196 Selbstverwaltung der militärischen Einheiten 14–21, 37–78 sepositum 56, 58 f. Severus Alexander 72 (Kontrolle der rationes) signifer 14 f., 44, 50 f., 59, 76 f., 112 Soldabzüge (bzw. -rückerstattung) 52, 58 f., 63 Soldschätzung, -anforderung, s. opinio specularii 131 Stärkeberichte 39 stationes 18–29, 67–70 Steinkohle (Heeresbedarf) 114 stipendiatum 62 Stratonikeia 137 strator ofÀcii consularis 77 sublatio s. Soldabzüge summus curator 44, 77, 119

valetudinaria 22 f., 37 f. Vegetius (Reformvorschläge) 198 f. Verlegung von Heeresverbänden 133–146 Versorgungsstationen entlang von Heeresrouten 137 Verwaltung (DeÀnition) 10–13 vestimenta (Departement für vestimentäres Materialwesen) 37, 52–56 Veteranen (und epikrisis) 151–154 veterinaria 22 viaticum 56, 58, 63 vici (Waffenproduktion und -reparatur) 174 f. victus (Proviantwesen) 16, 37, 42–47, 76 Vindolanda 17 Vindonissa 169–171 Visitationen 37, 70 f. (s. auch Inspektionen) Voerendaal (Gutshof) 172 f. Vorratsbewirtschaftung 45, 129, 165–176 Größenordnung 167

tabellarii Augusti 34 tabularii 183 f. tabularium („Personalverwaltung und Einsatzzentrale“) 16, 37–39, 63, 66–75, 181 Tarruntenus Paternus 130–132 tesserarius 14 f.

Waffen und Ausrüstung, s. auch arma, Reparatur Finanzierung 111 f. Materialbeschaffung 112 ff.; 124 f. (als Liturgie) Qualitätsprüfung und Abnahme 125 f. Weber, Max (Organisationslehre) 13 f. Wetterau 171 Zensusdateien 151 ff., s. auch Provinzialzensus zentraler Regierungsapparat 9 f. Zeugma (dauerhafte Versorgungsstation) 129, 138–146 Zwammerdam (Nigrum Pullum) 172

II. QUELLENREGISTER Kopial überlieferte Texte Ambrosius Epistulae 51 (15), 5–7 S. 189 De Àde ad Gratianum 2,139 S. 189 De spiritu sancto 1, prol. 17 S. 195 f. Ammianus Marcellinus 17,9,2 S. 146; 27,5,10 S. 196; 29,3,5 S. 77; 31,6,5 S. 189; 31,16,4–7 S. 187 Arrianos, Periplus Ponti Euxini 3,1 S. 71; 6,2 S. 36, 71; 10,2–3 S. 71

7,22,11 S. 193; 8,2,3 S. 193; 8,5,38 S. 179; 10,1,12 S. 191; 10,8,2 S. 178; 10,10,12 f. S. 192; 10,10,16 S. 188; 10,19,5 u. 7 S. 189; 10,21,2 S. 198; 10,24,2 S. 188; 11,16,7 u. 8 S. 179; 11,16,15 S. 125; 11,21,2 S. 115; 12,1,80 S. 182, 188; 12,1,83 S. 194; 12,1,85 S. 188; 12,1,81–87 u. 91–93 S. 188; 12,1,126 S. 182; 12,3,4 S. 191; 12,6,18 S. 179; 12,9,2 S. 188; 12,11,2 S. 179; 13,1,11 S. 188; 13,4,2 S. 131 f.; 14,4,6 S. 182; 14,10,1 S. 198 Columella, De agricultura 1,8,17 S. 35; 1,9,4 u. 7 S. 35

Aurelius Victor, Liber de Caesaribus 38,7 S. 39 Cassiodorus, Variae 2,26,3 S. 178; 5,39,12 S. 58; 7,24,1 f. S. 178; 12,15,7 S. 58

Cons. Const., ad a. 379,3 S. 191; ad a. 380,2 S. 194; ad a. 381,1 S. 195 Diodor 14,16,5 S. 61

Cassius Dio 54,25,5 S. 75; 67,3,5 S. 61; 69,9,1 f. S. 71; 69,12,2 S. 47, 124; 77,23,2 S. 161; 78,1 ff. S. 135; 78,28,2 u. 29,2 S. 135; 78,34,2 S. 135 Celsus, De medicina 5,8 S. 40 Cicero Orationes in Verrem 2,5 S. 54, 75 Orationes Philippicae 13,33 S. 126 Tusculanae Disputationes 2,37 S. 146

Digesta Iustiniani 2,13,10,1 S. 65; 3,2,2,2 S. 41; 16,2,20 S. 136; 27,1,8,5 S. 41; 29,1,4 S. 42; 39,4,4,1 S. 40; 39,4,16,11 S. 113; 49,16,3,1 S. 63; 49,16,4,15 S. 70; 49,16,6,5 S. 70; 49,16,12 S. 50; 49,16,12,1 S. 74; 49,16,12,2 S. 70 f., 76; 49,16,14 S. 49, 62, 74; 49,16,15 S. 74; 49,45,7 S. 182; 50,4,1 S. 125; 50,4,18 S. 125; 50,6,7 S. 76, 117, 129; 50,13,2 S. 114 Edictum Theodorici 55 S. 178

Codex Iustinianus 1,5 S. 178; 1,27,1,20 S. 178; 1,40,15 S. 35; 10,1,12 S. 189; 10,22,1 S. 124; 10,48,12 S. 125; 10,66,1 S. 131 f.; 12,3,4 S. 189; 12,28 S. 35; 12,35,6 S. 41; 12,35,18,5a S. 58; 12,37,1 S. 45; 12,43,2 S. 192; 12,45,1 S. 188; 12,47,2 S. 193 Codex Theodosianus 1,2,8 S. 188; 4,20,2 S. 188; 6,26,15 S. 182; 6,27,10 S. 182; 6,31,1 S. 179; 6,35,10 S. 182; 6,36 S. 35; 7,4,6 S. 45; 7,4,30 S. 179; 7,6,3 S. 197; 7,13,6 S. 193; 7,13,7,1 S. 193; 7,13,8 S. 192; 7,13,9 S. 194; 7,13,10 S. 196; 7,13,11 S. 192; 7,13,16 S. 58; 7,13,64 u. 5 S. 196; 7,18,2 S. 188, 191; 7,18,3 S. 194; 7,18,4 S. 188; 7,18,6 S. 188; 7,22,9 S. 194;

Eugippius, vita Severini 19,2 S. 165 Flavius Iosephus, Bellum Iudaicum 2,4,3 S. 47; 3,3,5 S. 49; 4,1,22 S. 74; 4,1,46 S. 74; 5,9,1 f. S. 61; 6,4,3 S. 61 Frontinus Strategemata 4,1,7 S. 49; 4,1,25 u. 37 S. 74; 4,1,28 S. 50; 4,6,4 S. 41; 4,7,29 S. 49 De aquis 2,2 S. 178 Fronto ad Marcum Caesarem v.d.H. 5,52 S. 15 de bello Parthico 2 v.d.H. p. 221 S. 98

206

Quellenregister

Gellius, Noctes Atticae 11,1,6 S. 63; 15,4 S. 58

Plutarchos, C. Gracch. 5,1 S. 51; Marc. 25,6 S. 74

Gregor von Nazianz, Orationes 22,2 u. 33,2 S. 189

Polybios, Historiae 6,37,8 S. 63; 6,39,15 S. 49

Hadriani sententiae 4 (CGL III 32,51–56) S. 41, 49

Pseudo-Hyginus, De munitione castrorum 1 S. 48

Heliodoros, Aithiopika 8,15 S. 67

Scriptores Historiae Augustae, Hadr. 10,2 S. 45; 10,3 S. 64; 10,2–5 S. 74; 10,6 S. 71; 10,8–11,1 S. 72; Avid. 5,3 S. 45; Pesc.Nig. 3,6 S. 165; 10,3 S. 45; Alex. 12,5 S. 74; 15,1 S. 72; 16,3 S. 72; 20,6 ff. S. 72; 29,4 S. 72; 40,5 S. 53; 45 u. 47,2 S. 71; 47 S. 146; 50,1 S. 74; 51,6 S. 74; 52,3 S. 74 f.; 53,9 S. 75; 54,4 ff. S. 50; 54,5 S. 74; 59,5 S. 74; Maximin. 6,2 S. 71; Claud. 14,2–15 S. 49; 14,3 S. 54; 14,4 S. 49; 14,5 S. 50, 54; Car. 6 f. S. 135

Herodianos 4,8,1 S. 71; 4,11,2 ff. S. 135; 7,8,10 S. 133; 8,1,4 S. 133 Iordanes, Getica 140 f. S. 194 Isiodorus, Origines 1,24 S. 60; 15,45,4 S. 48 Libanios, Orationes 24,3. 5 u. 16 S. 189 Livius 4,59,11 S. 61; 8,36,6 f. S. 70; 27,13,9 S. 74; 41,18 S. 74; 44,16,3 S. 50; 44,16,4 S. 55; 44,34,2 S. 51; Frag. 22,4 (lib. 91) S. 51 Lydus, De magistratibus 3,12 S. 178 Maurikios, Strategikon 1,6,11 S. 51, 73; 1,7,13 S. 73; 12 B.1 S. 54 Nonius Marcellus 532 M S. 63 Notitia Dignitatum or. V–IX S. 198; X 18 ff. S. 129; XI 18–39 S. 32; occ. IX 16–38 S. 32 Novellae Iustiniani 85 S. 32 Orosius 7,34,6 S. 195 Paulus, Epitome Festi P 69 S. 63 Pedanius Dioscurides, De materia medica pr. 4 S. 71 Plinius iun. Epistulae 7,31 S. 49, 62, 70; 10,8,6 S. 73; 10,27–28 S. 46 f.; 10,29 f. S. 57; 10,30 S. 93; 10,87 S. 70 Panegyricus 13,3 S. 71 Plinius sen., Naturalis historia 7,129 S. 34; 7,162 S. 49

Socrates 4,34,4 f. S. 197; 5,1 S. 187 Sozomenos 6,37,16 S. 197; 7,7,1 f. S. 187 Strabon 2,5,24 S. 94; 3,4,20 S. 45 f., 61, 70; 4,5,2 S. 119; 12,1,3 S. 94 Suetonius, Caes. 24,2 S. 126; 26,3 S. 52; Aug 49,2 S. 63, 75; 82,1 S. 49; 101 S. 72; Tib. 11,2 S. 70; 30 S. 75; Vesp. 8,3 S. 54, 21 S. 75 Tacitus Agricola 22,2 S. 54, 171 Historiae 1,12 S. 62; 1,38 S. 48; 1,46,2–4 S. 72; 1,80 S. 48; 2,82,1 S. 47; 2,87 S. 133; 3,33 S. 133; 4,4 S. 75; 5,1,2 S. 61 Annales 1,17,4 S. 49, 52, 54; 1,35,1 S. 62; 1,71,3 S. 70; 4,72,1 S. 46, 54; 11,20,3 S. 27; 12,46 S. 137; 12,62 S. 137; 13,39 S. 146; 13,54,1 S. 21 f.; 15,12 S. 137; 15,26 S. 103; 16,13 S. 110; 16,13,3 S. 41 Tarruntenus Paternus, De iure immunitatis (Dig. 50,6,7) 130–132 Themistios, Orationes 14,180c S. 188; 14,181 b/c S. 189 f.; 15,188–194 S. 195; 16,207a S. 195; 18,219b S. 195; 34,20 S. 195 Valerius Maximus 2,7,15 S. 74

Quellenregister Vegetius, Epitoma rei militaris 1,2 f. S. 198; 1,11,1 S. 50; 1,20,3 S. 198; 2,3,3 S. 41; 2,7,7 S. 36; 2,7,8 S. 63; 2,8,7 S. 35; 2,10 S. 23; 2,10,2 S. 54; 2,10,3 S. 39, 70; 2,11,2 S. 51; 2,11,3 S. 51; 2,18 S. 127; 2,19,1 S. 36; 2,19,4 S. 73; 2,20,1 S. 56; 2,20,7 S. 60, 65; 2,21 S. 14; 2,70,7 S. 51; 3,3 S. 54; 3,3,30 S. 45 Velleius Paterculus 2,113,1 S. 57; 2,114,1 f. S. 70 Zosimos 4,22 S. 187; 4,30,2–5 S. 195; 4,31–4 S. 194 f.

207

III 13635 S. 137; III 14606 S. 29; V 936 S. 76; V 8742 S. 32; V 8754, 8757 S. 32; VI 298 S. 33; VI 999 S. 48; VI 1729 S. 35; VI 3505 S. 101; VI 8520 S. 34; VI 8541 S. 34; VI 9626 S. 35; VIII 2094 S. 78; VIII 2388– 98 S. 34; VIII 2553 S. 37; VIII 2557 S. 58; VIII 2563 S. 38, 48; VIII 2728 S. 41, 73; VIII 2951 S. 67; VIII 8472 S. 34; VIII 9382 S. 102; VIII 18224 S. 22; IX 1617 S. 38, X 1202 S. 36; X 3346 S. 34; XIII 1807 S. 113; XIII 2828 S. 125; XIII 6677 S. 127; XIII 8011 S. 37; XIII 8824 S. 48; XVI App. 13 S. 155 Germania 83,2005,53 ff. S. 113

Epigraphische Texte

ILAfr 281 S. 144

AJPh 108,1987,699–706 S. 181

IG V 1 1146 S. 125

Année Épigraphique 1898,109 S. 17, 1902,10– 11 S. 48; 1902,147 S. 48; 1917,29 S. 76; 1919,10 S. 182; 1921,57 S. 146; 1926,79 S. 144; 1926,137 S. 137; 1934,233 S. 144; 1941,166 S. 135; 1955,225 S. 144; 1956,124 S. 131; 1957,123 S. 144; 1961,213 S. 146; 1966,375 S. 32; 1969/70,664 S. 34; 1972,626 u. 628 S. 135; 1974 S. 77; 1975,951 S. 144; 1976,544 S. 143; 1976,547 S. 144; 1977,811 S. 137; 1977,818 S. 144, 146; 1977,819–822 S. 140, 142, 147; 1983,977 S. 58; 1987,951 S. 146; 1987,953 S. 144; 1988,1030 S. 136; 1989,721 S. 183; 1990,893 S. 137; 1990,896 S. 63; 1991,1473 S. 137; 1992,1456 S. 77; 1992,1670 S. 137; 1993,1572 S. 135; 1995,1242 S. 145; 1995,1512 S. 43, 136; 1995,1513 S. 137; 1997,1524 S. 137; 1997,1764 S. 144; 1997,1778 S. 92; 1998,1184 S. 137; 2001,2160 S. 92; 2003,1789–90 S. 140, 142, 147; 2004,1420 S. 185; 2004,2044 S. 144

IGLS I 148–152, 179–181 S. 144; I 148 S. 144; I 150–151 S. 145; I 179 S. 145; II 455 S. 144

Bosch, Quellen u. Gesch. der Stadt Ankara (1967), 109–112, 175–178 etc. S. 137 Chiron 9,1979,399 ff. S. 114 CIL III 192 ff. S. 145; III 365 S. 136; III 411 S. 180 f.; III 3749 S. 143; III 4812 S. 77; III 6748 S. 137; III 7606 S. 144; III 10315 S. 77; III 10659 S. 143; III 13393 S. 143;

IGRR I 25 S. 146; I 1183 S. 73; IV 786 S. 136; IV 1397 S. 180 f. IK Byzantion 15,122–123, 174 S. 137 IK Perge 154 S. 99 IK Prusa 37 S. 137 IK Smyrna 597 S. 180 f. IK Stratonikeia 1224a S. 137 IK Tyana, 53–55 S. 137 ILCV 506 ff. S. 32 ILS 1068 S. 99; 1076 S. 144; 1141 S. 137; 1330 S. 113; 1370 S. 144; 2077 S. 14; 2306–07 S. 135; 2081 S. 14; 2423 S. 76; 2429 S.120; 2437 S. 48; 2472 S. 127; 2518 S. 78; 2524 S. 77; 2660 S. 36; 2699 S. 25, 68; 2723 S. 144; 2763 S. 102; 3172 S. 136; 5920 S. 185; 7047 S. 125; 7207 S. 145; 8879 S. 145; 9059 S. 182; 9091 S. 76; 9096 S. 58; 9103 S. 136; 9471 S. 145 IMS II 53 S. 36; III 2,31 S. 29

208

Quellenregister

I. Scyth. Min. I 68 S. 182 Lörincz, Hilfstruppen in Pannonien 481 S. 143 f. OGIS 674 S. 26 RIB 1092 S. 48; 2049 S. 120 RIU 110, 112, 435, 522–23, 533, 712 S. 145; 720, 944 S. 135 Saxer, Vexillationen 48 S. 144 Sayar, Perinthos – Herakleia (1998) 67, 75–79, 295 S. 137 SEG 17,759 S. 135; 19,1109 (=1,329) S. 182; 24,888 S. 137; 31,1300 S. 99; 37,1186 S. 183

Roman Military Diplomas I 2 S. 91; I 3 S. 102; I 4 S. 103; I 39 S. 89; I 50 S. 92; I 63–64 S. 107; I 64 S. 89; I 65 S. 108; I 66 S. 108; I 67 S. 90; I 90 S. 88; II 85 S. 91; II 87 S. 109; II 104 S. 102; II 105 S. 94, 99; II 115 ff. S. 108; III 153 S. 109; III 161 S. 89; III 165 (=V 399) S. 92; III 170 S. 102; III 172 S. 94; III 173 S. 89, 100; III 184 S. 108; IV 208 f. S. 91; IV 214 S. 103; IV 217,219,221,222 S. 91; IV 224 S. 92; IV 265, 270 S. 92; IV 275 S. 102; IV 277 S. 94; IV 287 S. 108; IV 293 f. S. 108; V 323 S. 90; V 325 S. 91; V 329 S. 102; V 337 f. S. 91; V 345 S. 109; V 346+154 S. 109; V 349 f., V 356 S. 92; V 368 S. 89; V 369 S. 92; V 371 S. 107; V 373 S. 89, S. 92; V 375 S. 92; V 409 f. S. 106; V 412 (= AE 1997,1778), V 414 (= AE 2001,2160) S. 92; V 421 S. 100; V 418 f. S. 104; V 422–24 S. 101; V 425 S. 94; V 426 S. 94; V 446 f. S. 142

SIG3 748 S. 125 TAM V1,333 S. 185; V2,1143 S. 145

Scripta Classica Israelica 25,2005,101 ff. S. 100; 108 ff., S. 103 Scripta Classica Israelica 26,2006,97 ff. S. 107

Diplomata Militaria et sim. ZPE 148,2004,269 S. 91 Chiron 36,2006,221–243 S. 107 ZPE 151,2005,185 ff. S. 91 Chiron 37,2007,219 ff. S. 92; 252 ff. S. 102; 206 ff., 215ff,, 219 ff., 253 ff. S. 103 Chiron 38,2008,267 ff. S. 91 f.; 317 ff. S. 92; II Nr. 14–17 S. 104

ZPE 153,2005,200 ff., 235 S. 106 ZPE 155,2006,243–245 S. 94 ZPE 156,2006,293 ff. S. 42, 251 ff. S. 108

Chiron 39,2009,505 ff. S. 91 ZPE 157,2006,185 ff. S. 100 CIL XVI 10 S. 90; 22 S. 91; 35 S. 102; 37 S. 91; 44 ff. S. 91; 50 S. 91; 58 S. 91; 61 S. 109; 69 S. 88; 75 S. 144; 78 S. 92; 83 S. 92; 94 S. 88; 101 S. 88; 132 S. 142; 184 S. 24; 185 S. 107; App. 1 S. 41

ZPE 159,2007,283 ff. S. 100 ZPE 162,2007,235,250 ff.,254 ff. S. 106, 108 ZPE 163,2007,227 ff. S. 94

Dacia 50,2006,93 ff. S. 91 ZPE 165,2008,237 ff. S. 104 REMA 1,2004, II 2–3 S. 101 RGZM (= Pferdehirt, Röm. Militärdiplome und Entlassungsurkunden in der Sammlung des RGZM, Mainz 2004) 6 S. 103; 10–11 S. 91; 18 S. 89, 109; 30 S. 88, 34 S. 106; 37 S. 89, 104, 38 S. 93; 39 S. 94; 41 S. 100; 44 S. 142

Papyrologische Texte BGU I 113 S. 153, 156; I 159 S. 160; I 265 S. 153 f., 156; I 266 S. 135; II 372 S. 160 f.; II 423 S. 57; II 659 S. 134; III 780 S. 153, 156; III 807 S. 43; III 842 S. 43; III 874

Quellenregister S. 153; IV 254 S. 184; IV 1032 S. 152 ff.; IV 1033 S. 152 ff., 156; VII 1564 S. 55; XI 2024 S. 43 Chartae Latinae Antiquiores III 215 S. 181; III 217 S. 185; IV 246 S. 180; VI 315 Frag. a. B S. 46; VII 337 S. 40, 42, 62, 73; VII 338 S. 62; VII 344 S. 62; VII 349 S. 62; VII 350 S. 41, 61 f.; VIII 355–56 S. 62; X 409 S. 49, 51, 53, 121; X 410 S. 56, 60, 63–65; X 443 S. 39, 71; X 446 S. 49, 51, 63 f.; X 454 S. 47; X 463 S. 182; X 464 S. 179; X 495 S. 61, 65; XI 473 S. 63 f.; XI 479 Frag. 1,5 S. 56; XI 495 S. 61, 63 f.; XI 501 S. 56; XXV 784 S. 155; XXXV 779 S. 62; XLI 1186 S. 179; XLI 1191 S. 71; XLI 1192, 1193 u. 1195 S. 179; XLIII 1246 S. 180; XLV 1329– 30 S. 40; XLV 1333 S. 47; XLV 1340 S. 54; XLVI 1365 S. 52; XLVI 1393 S. 49; XLVII 1407 S. 185; XLVII 1433 S. 41; XLVII 1440 S. 73; XLVII 1448 S. 50; XLVII 1462 S. 185

209

P. Berl. Zill. 4 S. 182 P. Bingen 106 S. 119 (FS J. Bingen, ed. H. Melaerts) P. Bodl. 14 f. S. 43; 16 S. 55 P. Brook. 24 S. 56 P. Cairo Masp. 67030, 67280, 67320–21 S. 179 P. Cattaoui II 10 S. 160 P. Col. VIII 221 S. 50, 54, 59 P. Diog. 6–7 S. 152 f. P. Erl. 55 S. 179 P. Fay. 24 S. 160 P. Flor. I 6 S. 160; II 278 S. 62, III 293 S. 180

Chiron 35,2005,309 ff. S. 24 P. Gen. I2 16 S. 160 CPL 102 S. 57; 111 S. 181; 117 S. 97, 155, 274 S. 180

P. Giss. I 40, Koll. II S. 160 f.

CPR VII 21 S. 77

P. Gren f. 48 S. 43, 52

Daris, Documenti Esercito Romano 58 S. 54; 62 S. 47, 51; 66 S. 55, 71; 91 S. 152, 83 mit 98 S. 155; 93 S. 153; 104 S. 182

P. Iand. VII 138 S. 43

Mitthof, Annona militaris 188 S. 179; 204 S. 43

P. Herm. Rees 17 S. 195 f.

P. Hamb. 31a S. 152 f., 156

P. Hever 61–62 S. 159, 162 O. Bu Njem 1–62 S. 39, 62; 67 S. 68; 71 S. 69; 75–81 S. 42; 75 S. 46; 81 S. 46 O. Claud. 124–25 S. 43; 134 S. 35; 304 S. 67 O. Florida 1 S. 73 O. Krok. 1 S. 68; 26 S. 68 f.; 27 S. 67; 29 S. 67; 30 S. 68; 41 S. 47, 69; 44 S. 69; 79 S. 47; 80 S. 68; 84 S. 69; 87 S. 40, 69, 73; 105 S. 70; 117 S. 67

P. Köln II 94 S. 43 P. Lond. III 904 S. 160; III 982 (revised: ZPE 115,1997,189–193) S. 194; III 946 S. 159; V 1663 S. 179 P. Masada 722 S. 49, 52, 59 f., 65; 723 S. 39 P. Mich. III 203 S. 67; VIII 466 S. 15; VIII 468 S. 52; VIII 477 S. 71; VIII 478 S. 47, 71; VIII 514 S. 56, 58; XVI 676 S. 157

O. Maximianon Inv. Nr. 1060,4 S. 68 P. Oslo III 79 S. 160 P. Achm. 8 S. 184 P. Amh. II 107 f. S. 43; II 173 ff. S. 43

P. Oxy. I 39 S. 42; II 317 S. 42; VII 1022 S. 181; VII 1023 S. 156; VII 1047 S. 61;

210

Quellenregister

VIII 1032 S. 153; IX 1204 S. 182; X 1266 S. 158; XII 1436 S. 44; XII 1451 S. 152 f.; XVI 1877–78 S. 185; XIX 2228 S. 183; XIX 2230 S. 55, 76; XXIV 2408 S. 184; XXXI 2561 S. 46, 61; XXXIII 2664 S. 181; XXXVI 2760 S. 55, 76; XLI 2951 S. 67; XLIII 3091 S. 135; XLVI 3279 S. 158; LXIII 4367 S. 44, 62; LXIII 4381 S. 185 P. Panop. Beatty 1,46 ff., 72 ff. S. 46, 63; 1,73 S. 47; 1,187–192 S. 125; 1,213–216 S. 125; 1,392 ff.; S. 43; 2,36 ff.; 291 ff. S. 44; 2,37 S. 61; 2,58 S. 61; 2,201 S. 61; 2,245–49 S. 52; 2,292 S. 61 PSI V 447 S. 153; VII 797 S. 43; VIII 886 S. 55; IX 1026 S. 155; IX 1063 S. 23, 93 f.; X 1112 S. 159

Roman Military Records on Papyrus 1 S. 40; 1 u. 2 S. 62; 9–10 S. 47; 9 S. 53; 34 S. 60; 10 S. 66–67; 47 S. 40, 42, 47, 62, 73; 48 S. 62; 49 S. 62; 50 S. 62; 51 ii S. 47; 58 ii S. 136; 63 S. 41, 47, 51; 55 f., 62, 66, 73; 64 S. 60; 65 S. 62; 66 S. 41, 61 f.; 68 S. 51, 52, 59 f., 64; 68–69 S. 45, 65; 70 S. 55, 111, 136; 71 Frag. a 1 S. 61; 71 Frag. a 3, 12 u. Frag. b 7 S. 51; 73 S. 50, 56, 62, 111; 74–81 S. 44; 73 S. 56–58; 74 S. 56 f.; 76 xi S. 44; 79–80 S. 43; 80 S. 44; 81 S. 44 f.; 83 S. 56; 87 S. 16, 66, 181; 98 S. 46, 56; 101 S. 45 SB 4284 S. 160; 4639 S. 183; 5217 S. 153 f., 157; 7362 S. 155 f.; 8028 S. 179; 9227 S. 153, 156; 9272 S. 73, 12508 S. 155; 12509 S. 180; 13260 S. 181; 14662 S. 160 f.; 14688 S. 180; 14707 S. 185; 15891 S. 153, 156

P. Ross. Georg. V 57 S. 41 P. Ryl. II 85 S. 43; II 189 S. 55; II 274–75 S. 43; IV 609 S. 180; IV 653 S. 184

Strassi, L¶editto di M. Sempronius Liberalis (1988), 1–75 S. 161

P. Sakaon 33 S. 184

Tab. Luguval. Inv.-Nr. 6–9 S. 44; 14 S. 49, 50; 16 S. 126

P. Stras. VII 688 S. 135

Tabulae Puteolanae Supl. 8 S. 69

P. Stud. Pal. XXII 92 S. 117

Tab. Vindol. II 127–153 S. 45; II 154 S. 17, 39, 62, 66, 71; II 155 S. 51, 53, 121; II 156–57 S. 121; II 166–177 S. 72; II 168 S. 72; II 178 S. 21; II 180 S. 43; II 185 S. 58; II 190 S. 45; II 194 S. 39; II 196 S. 39; II 226 S. 73; II 283 S. 58; II 327 S. 61; II 343 S. 53 f., 116, 118; II 345 S. 73; III 546 S. 44; III 574 S. 17; III 574–579 S. 45; III 583–585 S. 43, 51; III 590 S. 45; III 591 S. 40; III 604 S. 54; III 608 S. 53; III 684 S. 62

P. Thomas 25 S. 185 P. Turner 45 S. 184 P. Vindob. G 25791 S. 119; G 25835 S. 184; L 135 S. 54, 61 P. Wash. Univ. I 3 S. 157 P. Wisc. II 70 S. 73 P. Yadin 16 S. 159, 162; 722–23, 730 S. 145 P. Yale III 37 S. 134

Wilcken, Chrestomathie 19 S. 161; 81 S. 184; 202 S. 160; 378 S. 160; 453 S. 181; 459 S. 153; 463 S. 182