Die Universität Wien im Austrofaschismus: Österreichische Hochschulpolitik 1933 bis 1938, ihre Vorbedingungen und langfristigen Nachwirkungen [1 ed.] 9783737013628, 9783847113621


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Die Universität Wien im Austrofaschismus: Österreichische Hochschulpolitik 1933 bis 1938, ihre Vorbedingungen und langfristigen Nachwirkungen [1 ed.]
 9783737013628, 9783847113621

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Schriften des Archivs der Universität Wien Fortsetzung der Schriftenreihe des Universitätsarchivs, Universität Wien

Band 29

Herausgegeben von Ulrike Denk, Nina Knieling und Thomas Maisel

Die Bände dieser Reihe sind peer-reviewed.

Linda Erker

Die Universität Wien im Austrofaschismus Österreichische Hochschulpolitik 1933 bis 1938, ihre Vorbedingungen und langfristigen Nachwirkungen

Mit 40 Abbildungen

V&R unipress Vienna University Press

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://dnb.de abrufbar. Veröffentlichungen der Vienna University Press erscheinen bei V&R unipress. Gedruckt mit freundlicher Unterstützung der Stadt Wien Kultur (MA 7), des Instituts für Historische Sozialforschung der Arbeiterkammer und des Rektorats der Universität Wien. © 2021 Brill | V&R unipress, Theaterstraße 13, D-37073 Göttingen, ein Imprint der Brill-Gruppe (Koninklijke Brill NV, Leiden, Niederlande; Brill USA Inc., Boston MA, USA; Brill Asia Pte Ltd, Singapore; Brill Deutschland GmbH, Paderborn, Deutschland; Brill Österreich GmbH, Wien, Österreich) Koninklijke Brill NV umfasst die Imprints Brill, Brill Nijhoff, Brill Hotei, Brill Schöningh, Brill Fink, Brill mentis, Vandenhoeck & Ruprecht, Böhlau, Verlag Antike und V&R unipress. Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Umschlagabbildung: Universität Wien im Februar 1934. Quelle: ÖNB/Wien, 461.707-B, 00188023, »Februar 1934, 12. 2. 1934«. Vandenhoeck & Ruprecht Verlage | www.vandenhoeck-ruprecht-verlage.com ISSN 2198-624X ISBN 978-3-7370-1362-8

Inhalt

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9 11 14 20 25

1. Missbrauchte Autonomie: Die politisierte Universität von 1918 bis 1933 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tage des Terrors im Oktober 1932 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rückblick: Die politischen Entwicklungen an der Universität ab 1918 Die Rolle der Universität Wien im »Schwarzen Wien« . . . . . . . . Antidemokratische Agenda und Autonomie . . . . . . . . . . . . . . Der Aufstieg der NS-Rektoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . US-amerikanische Beobachtungen der Gewalt . . . . . . . . . . . . . Jahresbeginn 1933: Höhepunkt des NS-Studententerrors . . . . . . .

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27 27 33 39 48 52 57 62

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69 69 74 80 83

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87 92 96

3. Zwischen Eifer, Eid und Entlassung: Veränderungen im Lehrkörper, März 1933 bis Juli 1934 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zuckerbrot und Peitsche: Beginn der Lehrenden-Überwachung . . . .

103 104

Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erkenntnisinteresse und Aufbau der Studie Stand der Forschung . . . . . . . . . . . . . Quellenarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . Diktatur der vielen Namen . . . . . . . . .

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2. Pauken und Prügeln: NS-Studententerror und austrofaschistische Gegenmaßnahmen, März 1933 bis Juli 1934 . . . . . . . . . . . . . Universitärer Mikrokosmos am Anatomischen Institut . . . . . . . Erster Wendepunkt an der Universität Wien . . . . . . . . . . . . Verschärfte Durchgriffe gegen die NS-Studierenden . . . . . . . . Semesterauftakt im Herbst 1933 und autoritäre Neuordnung . . . Staatliche Disziplinarsenate, um den Terror in den Griff zu bekommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Disziplinierungen im Studienjahr 1933/34 . . . . . . . . . . . . . . Der Februar 1934 und die linken Studierenden . . . . . . . . . . .

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6

Inhalt

Erste Enthebungen von Lehrenden als »versteckte« Disziplinierungen . Zentralisierung der Personalangelegenheiten . . . . . . . . . . . . . . Am »Österreichischen Weg« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Gestaltungsansprüche: Studierende zwischen Juliputsch 1934 und Juliabkommen 1936 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der gescheiterte NS-Putsch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Konsequenzen für die nationalsozialistischen Studierenden . . . . Die »lange« Perspektive der Linken . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die beiden Hochschulgesetze im Juli 1935 . . . . . . . . . . . . . . Patriotisches Selbstverständnis in austrofaschistischen Studentenzeitschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

108 112 123

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135 135 139 151 154

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5. Neuordung und Einsparung: Berufungen und Pensionierungen von Lehrenden, Juli 1934 bis Juli 1936 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Heinrich Gomperz: Platz machen für den Wunschkandidaten . . . . Ludwig Adamovich: Die typische Ständestaatsbesetzung? . . . . . . Prioritätenverschiebung: Expertise vs. Weltanschauung . . . . . . . Hochschulpolitik durch Postenstreichungen . . . . . . . . . . . . . .

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173 181 184 185 190

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193 193

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199 204 209 214 217

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225 225 233 237 252

Schlussbetrachtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Universität Wien und die erste österreichische Diktatur . . . . . . Universitätsgeschichte: Ein Beitrag zur Faschismusforschung . . . . .

263 267 274

6. Abstieg des Austrofaschismus: Die Universität Wien zwischen Juliabkommen 1936 und »Anschluss« 1938 . . . . . . . . . . . . Das Juliabkommen und seine Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . Austrofaschistischer Universitätsalltag: Inklusion und Exklusion durch Berufungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wissenschafterinnen an der Universität Wien von 1933 bis 1938 Antisemitischer Grundkonsens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vergiftetes politisches Klima, ein Mord und sein Nachleben . . . Am Vorabend vom »Anschluss« . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Der lange Schatten des Austrofaschismus: NS-Regime und Nachkriegszeit an der Universität Wien . . . . . . . . . . . . Die (Selbst-)Gleichschaltung 1938 . . . . . . . . . . . . . . . . Restauration statt »Stunde Null« ab 1945 . . . . . . . . . . . . Zwischen Entnazifizierung und Rückkehr der »Ehemaligen« . Mit starker Lobby: Reintegration und Rehabilitierung ab 1955

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7

Inhalt

Antisemitisch, androzentrisch und allzu lange rückwärtsgewandt . . .

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281 281 286 312 316 318 323

Danksagung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dokumentation und Verzeichnis der Grafiken . Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . Archivbestände und Quellen . . . . . . . . . . Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . Personenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . Hinweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Einleitung

Viel ist an der Universität Wien aus der Zeit des Austrofaschismus bis heute nicht erhalten geblieben. Die wichtigste Hinterlassenschaft hat aber kaum an Bedeutung eingebüßt: das Auditorium Maximum (kurz: Audimax) im Hauptgebäude der Universität Wien am Ring. Als der damals größte Hörsaal des Landes am 14. Dezember 1936 feierlich eröffnet wurde, konnten die HörerInnen von »Radio-Wien« den Festakt ab 11:15 Uhr eine ganze Stunde lang an den Empfangsgeräten mitverfolgen – es war der erste akustische Live-Stream aus der Universität Wien.1 Kardinal Theodor Innitzer weihte das Auditorium Maximum ein und erteilte damit dem Neubau, der durch die Verbauung eines Innenhofes entstanden war, auch Gottes Segen. Die Gestaltung der Feier, an der Rektor Leopold Arzt und Festredner Richard Meister maßgeblich beteiligt waren, wurde damit auch zum sinnfälligen Beispiel für die engen Beziehungen zwischen der katholischen Kirche und dem autoritären Regime auf dem Boden der Universität. Kirche und Politik hatten zu diesem Zeitpunkt bereits seit mehr als zwei Jahren in die österreichischen Universitäten hineinregiert und sie im Sinne des Austrofaschismus umgeformt. Zusätzlich zu den Eingriffen von außen gab es zwischen 1933 und 1938 auch Veränderungen von innen, um die Universität umzugestalten. Lehrende und Studierende verfolgten eigene Interessen, die sich nicht zuletzt in der Diskriminierung und im Ausschluss von KollegInnen und KommilitonInnen zeigten. Gemeinsam war diesen Maßnahmen, dass sie die Freiheit der Wissenschaft auf akademischem Boden einschränkten und die Universität Wien in den Jahren des Austrofaschismus zu einer Konflikt- und manchmal auch Kampfzone machten. Dieses Buch basiert auf der Dissertation der Autorin, die von Sybille Steinbacher (Wien/Frankfurt am Main) betreut wurde. Das Manuskript wurde gewissenhaft überarbeitet sowie um die aktuellste Forschungsliteratur und weitere Recherchen ergänzt; zugleich wurden die Kapitel zur spanischen Universidad Central de Madrid ausgekoppelt. Vgl. Erker, Die Universität Wien im Austrofaschismus: Zur politischen Vereinnahmung einer Hochschule – im Vergleich mit der Universität Madrid im Franco-Faschismus. 1 Vgl. Montag, 14. Dezember. In: Radio-Wien 13 (11. 12. 1936) 11, S. 16.

10

Einleitung

Obwohl diese fünf Jahre große Veränderungen für die Universität Wien brachten, blieben sie – im Gegensatz zu den sieben Jahren im Nationalsozialismus – lange unerforscht. Was nach dem »Anschluss« im März 1938 an der ältesten bis heute bestehenden Universität im deutschsprachigen Raum geschah, war in der Universitätsgeschichte einzigartig. Doch auch in den Jahren zuvor war es zu tiefen Einschnitten gekommen. Die Auflösung des Nationalrates im März 1933 markierte den Anfang der ersten österreichischen Diktatur. Fast hätte das Ende der Demokratie in Österreich auch einen ganz praktischen Nutzen für die Alma Mater Rudolphina, so die lateinische Bezeichnung für die Universität Wien, gehabt. Überfüllte Hörsäle waren nämlich schon damals ein Problem, weshalb das Rektorat der Universität Wien überlegte, die chronische Platznot der Hochschule durch die Nutzung der de facto funktionslos gewordenen Parlamentsräume zu lindern, die nur wenige Gehminuten vom Hauptgebäude entfernt lagen.2 Die Universitätsleitung entschied sich dank erheblicher finanzieller Unterstützung des Unterrichtsministeriums letztlich für eine nachhaltigere Lösung: Der sechste Hof im Hauptgebäude am Ring wurde überdacht und zum Auditorium Maximum umgebaut, um so im Erdgeschoss und auf der Galerie für knapp 1.000 HörerInnen Platz zu schaffen.3 Bis heute ist das Audimax der größte Hörsaal der Universität Wien. Zum Zeitpunkt der Einweihung des Audimax Ende 1936 war die ideologische Umgestaltung der Universität weit fortgeschritten. Bereits 1933 begann das Regime damit, die vaterländisch-katholische Erziehung der studentischen Jugend neben Lehre und Forschung schrittweise zur dritten Aufgabe der Hochschule zu machen. Vor allem die beiden 1935 unter Schuschnigg implementierten Hochschulgesetze bedeuteten für die österreichischen Universitäten eine radikale Beschneidung ihrer Autonomie und standen für die Bemühung des Regimes, die Hochschulen zu Erziehungsanstalten im Dienst der Diktatur umzuformen. Ab 1935 waren sämtliche Studierende dazu verpflichtet, Vorlesungen zur staatsbürgerlichen Erziehung sowie zu den ideellen und weltanschaulichen Grundlagen des österreichischen Staates zu absolvieren. Ab Ende 1936 konnten diese Pflichtvorlesungen endlich auch in einem Hörsaal stattfinden, der dafür groß genug war. Unterrichtet wurden die neuen Pflichtfächer von einem erhöhten Rednerpult aus. Dahinter an der Wand befanden sich ein mächtiger doppelköpfiger Adler mit zweifachem Heiligenschein sowie einem ebenso groß dimensionierten Kreuz. Von diesem Pult aus skizzierten Kardinal Innitzer und Unterrichtsminister Hans Pernter bei ihren Eröffnungsreden am 14. Dezember 1936 die Trias von Staat, Kirche und Universität. Die junge Generation sollte, so 2 Vgl. Pawlowsky, Totes Parlament, S. 95 sowie Kniefacz/Posch, Selbstdarstellung mit Geschichte, S. 394. 3 Vgl. »Das ›Auditorium maximum‹ eröffnet«, Der Wiener Tag, 15. 12. 1936, S. 5.

Erkenntnisinteresse und Aufbau der Studie

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der Kardinal und Erzbischof, die Liebe zu ihrem Vaterland entdecken und die christliche Weltanschauung sich »in die Herzen der akademischen Bürger senken«.4 Der Unterrichtsminister sprach anschließend davon, dass die Universität nicht mehr »einen Gegensatz von Glauben und Wissen« vertreten sollte und die Wissenschaft nicht mehr voraussetzungslos sei, denn sie »kann die Bindung an metaphysische Werte nicht mehr ablehnen«5 und müsse dem Staat dienen. Die Hochschulen waren unter austrofaschistischer Führung mithin dazu angehalten, gefügiger Teil des neuen Staates zu sein.6 Das Universitätsleben sah zu dieser Zeit allerdings weniger harmonisch aus, als die Reden von Pernter und Innitzer vermuten ließen. Die Dollfuß/Schuschnigg-Diktatur hatte sich durch autoritäre Eingriffe und politisch motivierte Disziplinierungen von Lehrenden und Studierenden ihren Einfluss an den Hochschulen erst sichern müssen. Das lag nicht zuletzt daran, dass die Universitäten – stärker noch als andere Bereiche der Gesellschaft – von deutschnationalen und nationalsozialistischen Kräften unterwandert waren. Nicht ohne Grund titelte die »Arbeiter-Zeitung« im Februar 1933, also kurz vor Dollfuß’ Ausschaltung des Parlaments: »Die Universität – eine braune Kaserne!«.7 Die gesetzlichen Eingriffe zur »Rückeroberung der Hochschulen« durch das neue Regime wurden rasch gesetzt, und spätestens ab der autoritären Mai-Verfassung von 1934 war die Freiheit von Wissenschaft und Lehre noch stärker bedroht als zuvor. Das Regime endete allerdings nach fünf Jahren, noch bevor viele der austrofaschistischen Maßnahmen an den Hochschulen Wirkung zeigten. Der politische Durchgriff auf die Hochschulen nahm nach dem »Anschluss« im März 1938 noch sehr viel drastischere Formen an: Der rassistisch und politisch motivierte Ausschluss von insgesamt über 2.200 Studierenden und über 300 Lehrenden durch die Nationalsozialisten stellte den absoluten Tiefpunkt in der langen Geschichte der Universität Wien dar. Die sieben Jahre unter NS-Herrschaft bedeuteten eine noch dramatischere Umgestaltung der Universität.

Erkenntnisinteresse und Aufbau der Studie Das Ziel der vorgelegten Untersuchung ist es, die Entwicklungen an der Universität Wien im Austrofaschismus erstmals in einer eigenen umfassenden Studie darzustellen und damit eine Forschungslücke zu schließen. Denn im Gegensatz zu den Jahren 1938 bis 1945, die universitätshistorisch gut untersucht sind, blieben 4 5 6 7

»Die Eröffnung des Auditorium Maximum«, Neue Freie Presse, 15. 12. 1936, S. 7. »Das ›Auditorium maximum‹ eröffnet«, Der Wiener Tag, 15. 12. 1936, S. 5. Vgl. Arzt, Bericht 1936/37, S. 12. »Die Universität – eine braune Kaserne!«, Arbeiter-Zeitung, 23. 2. 1933, S. 2.

12

Einleitung

die fünf Jahre davor nahezu unerforscht. Im Zentrum der Arbeit stehen die Wechselbeziehungen zwischen der politischen Ebene und der Universität Wien mit ihren Funktionären, Lehrenden und Studierenden. Sie rekonstruiert die Veränderungen an der größten Hochschule des Landes im Austrofaschismus und analysiert die politischen Kontexte und Handlungsspielräume der einzelnen Akteure sowie der sehr wenigen Akteurinnen. Die historischen Vorgänge werden dabei institutionen- wie auch personenbezogen untersucht, um so herauszuarbeiten, was die Universität im Austrofaschismus charakterisierte. Im Besonderen geht die Studie der Frage nach, wie und mittels welcher Instrumente die Autonomie der Universität nach 1933 beschränkt wurde und in welchem Ausmaß die katholische Kirche ihren Einfluss im Bereich der Hochschulen erweitern konnte. Spezielles Augenmerk liegt auf der Geschichte der antisemitischen Diskriminierungen im Bereich der Lehrenden sowie der Frage nach der Inklusion und Exklusion linker und/oder jüdischer bzw. als jüdisch fremddefinierter WissenschafterInnen durch Antisemiten und deren Netzwerke. Schließlich geht es auch darum, das Spannungsverhältnis zwischen dem Regime und nationalsozialistisch eingestellten Lehrenden und Studierenden zu untersuchen. Bei einem genauen Blick auf die Ereignisse zeigt sich, dass es zwischen März 1933 und März 1938 nicht bloß zu einem einzigen Umbruch an der Universität Wien kam, der mit dem Wechsel von der Demokratie in die Diktatur einherging. Genauer betrachtet lassen sich drei voneinander zu unterscheidende Etappen der Transformation unterscheiden.8 Auf die erste Phase der Regime-Konstituierung nach dem Staatsstreich im März 1933 folgte die zweite Phase, die mit der Proklamation der Verfassung im Mai bzw. mit dem Juliputsch 1934 einsetzte und bis zum Juliabkommen 1936 dauerte. Diese zweite Phase stellte gewissermaßen die austrofaschistische Blütezeit an der Universität Wien dar. Diese zwei Jahre waren unter anderem durch neue Universitätsgesetze und strikteres Vorgehen gegen oppositionelle Lehrende und Studierende geprägt. Mit dem Juliabkommen 1936 begann dann die dritte und letzte Phase, in der es zur Umsetzung des »Deutschen Wegs« und damit zum allmählichen Niedergang des austrofaschistischen Projekts kam. Nur 15 Monate nach der staatstragenden Eröffnung des Auditorium Maximum im Dezember 1936 stand die Alma Mater Rudolphina nach dem »Anschluss« im März 1938 unter nationalsozialistischer Führung. Diese Dreiteilung spiegelt sich auch in der Struktur der Arbeit wider und deckt sich mit der etablierten Periodisierung des austrofaschistischen Herrschaftssystems.9

8 Diese Untersuchung steht damit einer Perspektive kritisch gegenüber, die bei der Periodisierung ganz auf die Umbruchsjahre, im Fall des Austrofaschismus noch dazu fälschlicherweise auf 1934 und nicht auf 1933 fokussiert und dabei den Wandel innerhalb der Diktatur und damit die Binnendifferenzierung außer Acht lässt. 9 Vgl. Tálos, Das austrofaschistische Herrschaftssystem.

Erkenntnisinteresse und Aufbau der Studie

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Die Untersuchung konzentriert sich aber nicht nur auf die Zeit der Dollfuß/ Schuschnigg-Diktatur, sie macht auch deutlich, dass die inneruniversitären Entwicklungen sowohl bei den Lehrenden wie auch den Studierenden bereits in den Jahren vor dem Austrofaschismus rekonstruiert werden müssen. Es ist einerseits zwar unbestritten, dass der Beginn der ersten österreichischen Diktatur eine politische Zäsur darstellte. Die Geschichtsschreibung entlang politischer Zäsuren und der damit fokussierte Blick auf den Bruch, in diesem Fall auf den Bruch mit der Demokratie im März 1933, verdeckt andererseits aber die vielen Kontinuitäten aus den 1920er Jahren bis weit in das Dollfuß/Schuschnigg-Regime hinein. Daher setzen die weitgehend chronologisch aufgebauten Kapitel der Studie bereits mit der Geschichte der Universität Wien in der Ersten Republik ein, um die Entwicklungen nach 1933 in ihrem historischen Kontext zu betrachten. Nach 1918/19 wurde die Universität Wien noch stärker als in den Jahrzehnten zuvor zum Austragungsort antisemitischer Anfeindungen. Dabei standen einander Hochschüler (ganz selten auch Frauen) unterschiedlicher politischer Richtungen nicht nur im intellektuellen, sondern auch im physischen Schlagabtausch gegenüber. Deutschnationale und später nationalsozialistische Studierende organisierten – zum Teil gemeinsam mit ihren katholischen Kollegen – die Diskriminierung von linken und/oder jüdischen Studierenden. Gleichzeitig wurde die Hochschulautonomie von mehr oder weniger geheimen Professorencliquen dafür missbraucht, linke und jüdische bzw. als solche definierte Lehrende sukzessive aus der Universität zu drängen. Zudem gelang es ihnen, Maßnahmen gegen den Antisemitismus und den Rechtsruck konsequent abzublocken. Die Beziehungen zwischen dem Dollfuß/Schuschnigg-Regime und der Universität Wien sowie die Entwicklungen an der Hochschule von März 1933 bis März 1938 stehen sodann in den fünf anschließenden Kapiteln im eigentlichen Zentrum der Untersuchung. Lehrende und Studierende werden in den Ausführungen zu den ersten beiden austrofaschistischen Phasen (1933 bis 1934 sowie 1934 bis 1936) in gesonderten Abschnitten untersucht. Diese Trennung erscheint sinnvoll, da ab 1933 die gesetzlichen Maßnahmen, die staatlichen Repressionen aber auch die politische Vereinnahmung der Universitätsangehörigen massiv zunahmen. Im besonderen Fokus stehen die Disziplinarverfahren gegen oppositionelle Angehörige beider Gruppen, da diese Verfahren wichtige Rückschlüsse auf die politischen Entwicklungen und autoritären Eingriffe an der Hochschule zulassen. Die politischen Schlüsselmomente – wie die Parteienverbote 1933/34, die Kampfhandlungen im Februar 1934, die Mai-Verfassung 1934 und der gescheiterte Putsch im Juli 1934 – wirkten sich auch auf das Leben vieler Universitätsangehöriger aus, da das Regime die Repression daraufhin verschärfte. Von 1936 bis zum »Anschluss« 1938 nahmen die gesetzlichen wie alltäglichen Eingriffe zur Machtsicherung vor allem gegen nationalsozialistische Universitäts-

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Einleitung

angehörige aus taktischen Gründen wieder ab, sodass sich deren Situation merklich verbesserte. Mit den Entwicklungen insbesondere nach dem Juliabkommen 1936 setzte auch an der Universität ein politischer Kurswechsel ein, der im »Anschluss« an NS-Deutschland endete. Über sein kurzes Bestehen hinaus hatte das Regime lange währende Nachwirkungen, die im chronologisch abschließenden Kapitel der Studie in den Blick genommen werden. Nach den Jahren des Nationalsozialismus, die in vielen, aber nicht in allen Bereichen einen Bruch mit der austrofaschistischen Universitätspolitik brachten, knüpfte man nach Kriegsende in vielerlei Hinsicht an die Jahre vor 1938 an: Das erste Leitungsteam der Universität, das noch im April 1945 ernannt wurde, bestand zum Gutteil aus Personen, die bereits im Austrofaschismus Funktionsträger innerhalb und außerhalb der Universitäten gewesen waren. Und es wurden alte Netzwerke reaktiviert, um spätestens nach einer strengeren Phase der Entnazifizierung bis 1947 auch nationalsozialistisch belastete Professoren wieder beruflich zu integrieren. Die aus rassistischen Gründen vertriebenen Lehrenden holte man hingegen nicht zurück. Das Jahr 1945 bedeutete, wie mehrere Studien bereits gezeigt haben, für den Wiener Wissenschaftsbetrieb keine Stunde Null. Die Nachkriegsjahre waren auch in vielen Bereichen eine Fortschreibung der Hochschulpolitik der Zwischenkriegszeit und des Austrofaschismus, nun eben unter demokratischen Vorzeichen. Dabei erneuerten sich Machtkonstellationen unter der Federführung ehemaliger Funktionäre des Dollfuß/Schuschnigg-Regimes, weshalb für die Universität Wien überspitzt von einer bis in die 1960er Jahre »verlängerten Zwischenkriegszeit« gesprochen werden kann. Dies wird unter anderem an der Personal- und der Ehrungspolitik der Universität Wien sowie an der mit ihr personell eng vernetzten Österreichischen Akademie der Wissenschaften illustriert.

Stand der Forschung Die Geschichte der Universität Wien in den Jahren von 1933 bis 1938 fand bis vor kurzem weder in universitätshistorischen Überblickswerken noch in Form von Einzelstudien eine angemessene Beachtung. Die austrofaschistische Diktatur und ihr Verhältnis zu den Universitäten blieb entweder Anhängsel der Forschung zur Zwischenkriegszeit oder eine Vorbemerkung zum NS-Regime in Österreich. Ähnlich ist es mit den Standardwerken zum Austrofaschismus: In diesen Büchern waren die Universitäten und Hochschulen bestenfalls ein Nebenschauplatz. Unter den allgemeinen Arbeiten zum Austrofaschismus sei das Standardwerk von Emmerich Tálos hervorgehoben, der in seiner umfangreichen Monografie zum austrofaschistischen Herrschaftssystem den Repressionen im

Stand der Forschung

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Bildungsbereich freilich nur knapp vier Seiten widmete.10 Er veröffentlichte aber als Erster valide Zahlen zu Disziplinarverfahren, die von 1933/34 bis 1936/37 aus politischen Gründen gegen Studierende angestrengt wurden und lenkte den Blick auf politische Maßnahmen, von denen die Universität betroffen war. Gerhard Wagner arbeitete in seiner Diplomarbeit zur Österreichischen Hochschülerschaft personelle wie strukturelle Kontinuitäten und Brüche in der (Vor-) Geschichte des studentischen Vertretungsorgans über die Jahre 1933/1938/1945 hinweg auf und lieferte damit eine ausführliche Organisationsgeschichte, die leider nie in Buchform erschien.11 Aus den Perspektiven der WissenschafterInnen und ZeitzeugInnen leisteten Marie Tidl, die im Austrofaschismus bis zu ihrer Verhaftung im November 1938 Studentin an der Universität Wien und Leiterin des Geeinten Roten StudentenVerbands (GRSV) gewesen war, sowie Wolfgang Speiser, bis 1932 Obmann der Sozialistischen Studentenschaft, wertvolle Beiträge zur Hochschulgeschichte.12 Wichtige Einblicke und wissenschaftshistorische Analysen trug auch Engelbert Broda bei. Der Chemiker kannte wie Tidl und Speiser das Innenleben der Wiener Hochschulen in der Zwischenkriegszeit und lieferte darüber hinaus auch aus der Perspektive des Exilanten und Rückkehrers einen wichtigen Beitrag zur Geschichte der Universität Wien über die Jahre 1933, 1938 und 1945 hinweg.13 Die lebensgeschichtlichen Erinnerungen und wissenschaftlichen Dokumentationen dieser drei exponierten Linken, aber auch vieler anderer, stellen wichtige Quellen dar, denn sie geben aus erster Hand Einblicke in die Wiener Hochschulgeschichte. Es sind die Jahre 1933 bis 1938, in denen die von den Nationalsozialisten nach dem »Anschluss« 1938 vertriebenen Studierenden noch einen (politisierten) Studienalltag erlebten, von dem sie später in ihren Erinnerungen durchaus sehr unterschiedlich berichteten. Die erste Zeithistorikerin, die politische Verstrickungen österreichischer Professoren und das Verhältnis von Universität und Politik in der Zwischenkriegszeit in den Blick nahm, war Erika Weinzierl. Auch wenn sie sich nicht ausschließlich auf das Dollfuß/Schuschnigg-Regime konzentrierte, so leistete sie bereits in ihrer Antrittsvorlesung 1968 für die Jahre 1933 bis 1938 Pionierarbeit.14 Der Publikation ihrer Vorlesung im Jahr 1969 folgten an der Universität Salzburg 10 Vgl. ebd., S. 307–310, konkret Fn. 261. 11 Vgl. Wagner, Von der Hochschülerschaft Österreichs. 12 Vgl. Tidl, Marie Hofmann-Tidl sowie Tidl, Die Roten Studenten, Speiser, Die sozialistischen Studenten. 13 Vgl. Broda, Das Jahr 1938 und die Naturwissenschaft in Österreich sowie Broda, Notizen zur Rolle der österreichischen Wissenschafter in der Emigration. 14 Vgl. Weinzierl, Universität und Politik in Österreich. Zu Erika Weinzierl vgl. Rathkolb, Erika Weinzierl sowie zu den Hintergründen ihrer Salzburger Berufung Pinwinkler, Die »Gründergeneration« der Universität Salzburg, S. 136–146.

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Einleitung

Dissertationen im Bereich der Universitätsgeschichte – so etwa jene von Herbert Dachs zu Historikern an Österreichs Universitäten von 1918 bis 1930.15 Wenige Jahre nach Weinzierls Antrittsvorlesung legte Helge Zoitl sein Werk zur sozialdemokratischen Studentenbewegung in Wien von 1914 bis 1925 vor und publizierte damit wichtige Ergebnisse zur Studierendengeschichte, die auch für die Erforschung des Austrofaschismus relevant sind.16 Die Jahre 1933 bis 1938 waren aber weder bei Dachs noch Zoitl Teil des Untersuchungszeitraumes. Weinzierls Antrittsvorlesung inspirierte auch den späteren Wissenschaftshistoriker Friedrich Stadler.17 Seit Ende der 1970er Jahre publiziert Stadler vor allem zur Geschichte des Wiener Kreises und damit auch über den Philosophen Moritz Schlick, der 1936 im Hauptgebäude der Universität ermordet wurde.18 Im Laufe der 1980er Jahre forschten Brigitte Lichtenberger-Fenz und Susanne PreglauHämmerle zur österreichischen Hochschulpolitik in der Ersten Republik und legten damit ebenfalls wertvolle und detailreiche Arbeiten vor, die nach wie vor aktuell sind.19 Aus Anlass des 650-Jahr-Jubiläums der Universität Wien entstanden 2015 weitere Arbeiten, die den Austrofaschismus an der Universität bzw. wichtige Akteure der Diktatur behandelten. Aber auch in diesen Jubiläumsbeiträgen war das Dollfuß/Schuschnigg-Regime nur Teil einer größeren Erzählung oder Fragestellung. Im zweiten der vier Jubiläumsbände lieferte der Wissenschaftshistoriker Mitchell Ash einen Überblicksartikel zu den Folgen der politischen Systembrüche des 20. Jahrhunderts auf die Universitäten in Österreich und ging dabei auch auf die Brüche 1933/34, 1938 und 1945 ein. Auch hier blieb der Austrofaschismus lediglich ein Teilaspekt und hatte keine Priorität.20 Die Ausstellung »Bedrohte Intelligenz – Von der Polarisierung und Einschüchterung zur Vertreibung und Vernichtung im NS-Regime«, die im Frühjahr 2015 an verschiedenen Standorten der Universität Wien gezeigt wurde, dokumentierte die systematische Diskriminierung von als jüdisch und/oder links geltenden Universitätsangehörigen vor 1938, legte aber ebenfalls den Fokus auf die Jahre ab 1938.21 Die Ausstellung »Die Universität. Eine Kampfzone« im Jüdischen Mu-

15 Vgl. Dachs, Politische Haltung. 16 Vgl. Zoitl, »Student kommt von Studieren«. 17 Vgl. Stadler, Laudatio auf Erika Weinzierl am 5. 5. 2009. Ich danke Friedrich Stadler für die Bereitstellung des Redemanuskripts. 18 Vgl. Stadler, Studien zum Wiener Kreis sowie Stadler, Die andere Kulturgeschichte. 19 Vgl. Lichtenberger, »…deutscher Abstammung« sowie Preglau-Hämmerle, Politische und soziale Funktion der österreichischen Universität. 20 Vgl. Ash, Die Universität Wien in den politischen Umbrüchen. 21 »Bedrohte Intelligenz. Von der Polarisierung und Einschüchterung bis zur nationalsozialistischen Vertreibung und Vernichtung«, kuratiert von Franz-Stefan Meissel und Thomas Olechowski von der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien.

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seum Wien sowie der dazugehörige Katalog dokumentierten die Geschichte der Universität Wien vor allem aus der Perspektive der jüdischen Studierenden und Lehrenden.22 Eine Ausnahme im Zuge des Hochschuljubiläumsjahres 2015 stellte die Arbeit des Wissenschaftsjournalisten und Soziologen Klaus Taschwer dar. Er konzentrierte sich in seiner Monografie »Hochburg des Antisemitismus« zwar auf die antisemitisch geprägten Entwicklungen der Universität Wien in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts,23 doch im Kapitel »Fünf fatale Jahre unter dem Kruckenkreuz« gibt er einen ersten Überblick über die ökonomisch und politisch motivierte Entlassungs- und Pensionierungspolitik im Austrofaschismus, auch wenn in diesem Buch die Jahre 1933 bis 1938 ebenfalls nicht im Zentrum stehen.24 Das gilt auch für einige weitere Arbeiten, die für die vorliegende Studie hilfreich waren, wie etwa die Studie »Black Vienna« von Janek Wasserman. Der USHistoriker rückte darin die lokalen rechtskonservativen Eliten in ihrer Rolle als die intellektuellen Widersacher des »Roten Wien« in den Mittelpunkt. Wasserman zeigte dabei, wie deutschnationale und christlichsoziale Professoren an der Universität Wien auch über die politische Zäsur der Parlamentsausschaltung 1933 hinweg eng miteinander verbunden waren.25 An einigen der Protagonisten im Werk von Wasserman arbeitete sich auch Andreas Huber quellenintensiv ab. Der Historiker und Soziologe lieferte in seiner Arbeit zu den 1938 aus politischen Gründen vertriebenen Lehrenden der Universität Wien und ihrer Rückkehr nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs einen wichtigen Mosaikstein zur Rekonstruktion von Karrieren einzelner Professoren. Viele von ihnen spielten im Austrofaschismus eine wichtige Rolle, wurden nach dem »Anschluss« aus politischen Gründen entlassen und übernahmen ab 1945 wieder wichtige universitätsinterne wie bildungspolitische Funktionen.26 Die Recherchen von Roman und Hans Pfefferle zur Entnazifizierungspraxis der Universität Wien nach 1945 waren komplementär zu jenen von Huber. Das Autorenduo konzentrierte sich in seiner Studie vor allem auf die Karrieren von nationalsozialistischen Professoren und Funktionären sowie auf die inkonsequente – wie sie es nennen: »glimpfliche« – Entnazifizierungspolitik und -praxis der Alma Mater Rudolphina.27

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Mitarbeit: Linda Erker, Susanne Gmoser, Michael A. Mathiaschitz, Franz-Stefan Meissel, Roman Pfefferle, Herbert Posch, Thomas Olechowski, Klaus Taschwer und Stefan Wedrac. Vgl. Hanak-Lettner, Kampfzone. Zu den Ausschlüssen von HochschülerInnen vor 1938 konnte die Autorin einen Beitrag und eine Installation beisteuern. Erker, Ausschlüsse vor dem »Anschluss«. Vgl. Taschwer, Hochburg. Vgl. ebd., S. 161–199. Vgl. Wasserman, Black Vienna. Vgl. Huber, Rückkehr erwünscht. Vgl. Pfefferle/Pfefferle, Glimpflich entnazifiziert.

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Einige kleinere Untersuchungen aus den vergangenen Jahren widmeten sich schließlich auch schwerpunktmäßig den Entwicklungen an der Universität Wien im Austrofaschismus, gingen dabei aber nur auf Teilaspekte ein. Im Zuge eines österreichweit vernetzten Lehrveranstaltungsprojekts entstand etwa 2013 die Publikation »Österreichische Hochschulen im 20. Jahrhundert«,28 in der die Journalistin und Historikerin Stefanie Mittendorfer in einem kurzen Beitrag die Frage der politischen Disziplinierungen von Studierenden 1933/34 an der Universität Wien thematisierte. Die Historikerin Leena Eichberger wählte für einen Beitrag im gleichen Sammelband vier Lehrende der Universität Wien des Jahres 1934 aus, um den politischen Motiven von Ausschlüssen anhand der Quellen im Archiv der Universität Wien nachzugehen.29 Thomas Olechowski und Kamila Staudigl-Ciechowicz veröffentlichten in dem von Ilse Reiter-Zatloukal 2012 mitherausgegebenen Sammelband »Österreich 1933–1938« eine in der Fragestellung klar abgegrenzte Studie zur Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien im Austrofaschismus.30 Darüber hinaus arbeiteten sie mit Tamara Ehs 2014 in ihrer gemeinsamen Studie zur Fakultätsgeschichte wissenschaftsgeschichtliche Entwicklungen wie auch sozialhistorische Rahmenbedingungen von 1918 bis 1938 heraus,31 die auch neue Ergebnisse zum Austrofaschismus präsentierte. 2017 legte Staudigl-Ciechowicz eine rechtshistorische Dissertation vor,32 in der sie das Dienst-, Habilitations- und Disziplinarrecht zwischen 1848 und 1938 untersuchte und die Jahre des Dollfuß/ Schuschnigg-Regimes ebenfalls ausführlicher berücksichtigte. Die Politikwissenschafterin Ehs wiederum forschte zu den neu eingeführten Hochschullagern von 1936 bis 1938 und lieferte damit eine Untersuchung zur austrofaschistischen Studierenden- und Ideologiegeschichte.33 Neben diesen Studien mit Fokus auf die Universität Wien sind weitere Publikationen zu anderen österreichischen Hochschulen zu nennen, die dabei halfen, die spezielle Rolle der Universität Wien als größte Hochschule des Landes besser zu verstehen. Bereits 1988 veröffentlichte der Wissenschaftshistoriker Walter Höflechner die umfangreiche Monografie »Die Baumeister des künftigen Glücks«, die für viele der weiter oben genannten universitätshistorischen Beiträge eine wichtige Referenz darstellte. Er lieferte eine sehr quellennahe Ge28 An der Universität Wien leiteten Maria Mesner, Herbert Posch und die Autorin das Lehrveranstaltungsprojekt im Rahmen eines Forschungsseminars. Vgl. Erker, Hochschulen im Austrofaschismus und Nationalsozialismus. 29 Vgl. Mittendorfer, Disziplinarakten sowie Eichberger, Politisch motivierte Disziplinarverfahren. 30 Vgl. Olechowski/Staudigl-Ciechowicz, Die Staatsrechtslehre. 31 Vgl. Olechowski/Ehs/Staudigl-Ciechowicz, Die Wiener Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät. 32 Vgl. Staudigl-Ciechowicz, Dienst-, Habilitations- und Disziplinarrecht. 33 Vgl. Ehs, Der »neue österreichische Mensch«.

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schichte des Hochschulwesens in Österreich vom Ende des 19. Jahrhunderts bis in das Jahr 1938, von der auch die hier vorgelegte Publikation profitierte.34 Zwei Jahre später widmete sich der Historiker Michael Gehler wiederum der Universität Innsbruck und erforschte das Spannungsfeld von Studierenden und Politik in der Zwischenkriegszeit.35 Die Diplomarbeit von Alexander Freiberger zu den Disziplinarverfahren gegen NS-Studierende von 1933 bis 1938 sowie Ina Friedmanns Untersuchungen erweiterten Gehlers Darstellung um den Blick auf die politischen Repressions- und Disziplinarmaßnahmen in Innsbruck.36 Der Historiker Paulus Ebner arbeitete in seiner Dissertation über die Geschichte der Wiener Hochschule für Bodenkultur (BOKU) von 1914 bis 1955 sowohl die Rolle und die Aktivitäten der nationalsozialistischen Lehrenden als auch jene ihrer Studierenden auf. Gemeinsam mit Juliane Mikoletzky gab er darüber hinaus 2016 in der Festschrift zum 200-Jahr-Jubiläum der Technischen Universität (TU) Wien einen Einblick in die Geschichte der Hochschule, die ähnlich der Universität Wien schon im Austrofaschismus und in den Jahren zuvor zu einer Arena der Gewalt und gleichzeitig Opfer strikter staatlicher Einsparungen geworden war.37 Ein Beitrag im Sammelband »100 Jahre Frauen an der Technischen Universität Wien 1919–2019«, den Margarethe Szeless und Marion Krammer herausgaben, erweiterte die Auseinandersetzung an der TU Wien mit den Jahren von 1933 bis 1938.38 2017 präsentierte der Historiker Johannes Koll den Sammelband »›Säuberungen‹ an österreichischen Hochschulen 1934–1945«, in dem die politisch motivierten Ausschlüsse an den Hochschulen in Graz, Innsbruck und Wien von 1938 bis 1945 erstmals vergleichend im Mittelpunkt stehen. Einige der Beiträge berücksichtigten auch die Entwicklungen von 1933 bis 1938,39 wie etwa die Studie von Markus Wurzer, der sich ausschließlich auf diesen Zeitraum konzentrierte und die Disziplinarverfahren gegen Studierende in Graz untersuchte, die einige Überschneidungen mit den Entwicklungen an der Universität Wien aufweisen.40 Im Sammelband »Antisemitismus in Österreich 1933–1938«, der von Gertrude Enderle-Burcel und Ilse Reiter-Zatloukal 2018 herausgegeben wurde, werden gleich in mehreren Beiträgen die diskriminierenden Alltagspraktiken des 34 Vgl. Höflechner, Die Baumeister des künftigen Glücks. 35 Vgl. Gehler, Studenten. 36 Vgl. Freiberger, Disziplinarverfahren gegen NS-Studierende sowie Friedmann, »[…] dass ausserordentliche Zeiten und Verhältnisse ausserordentliche Massnahmen erfordern«, S. 483–490. 37 Vgl. Ebner, Die Hochschule für Bodenkultur in Wien sowie Mikoletzky/Ebner, Finanzielle Auszehrung und politische Repression. 38 Vgl. Szeless/Krammer, 100 Jahre Frauen an der Technischen Universität bzw. Erker, Geschlechterverhältnisse im Austrofaschismus 1933–1938. 39 Vgl. Koll, »Säuberungen«. 40 Vgl. Wurzer, »Wie die Verbrecher wurden sie registriert«.

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akademischen Antisemitismus an Österreichs Hochschulen von 1933 bis 1938 aufgegriffen.41 2019 widmeten Ina Friedmann und Dirk Rupnow in ihrem Jubiläumsband zur Geschichte der Universität Innsbruck den Jahren des Austrofaschismus besondere Aufmerksamkeit und sogar ein eigenes Kapitel. Dabei verorten sie die Innsbrucker Hochschule »[z]wischen innerer Opposition und äußerer Anpassung« und zeigen, dass es auch an der Universität Innsbruck von 1933 bis 1938 zu Ausschlüssen politisch missliebiger Universitätsangehöriger sowie zu Berufungen von dezidiert regimeloyalen Lehrenden kam.42 Neue Forschungsergebnisse zur Wiener Hochschulgeschichte lieferte schließlich ein FWFProjekt zur Geschichte der Veterinärmedizinischen Hochschule, das die Historikerin Lisa Rettl 2019 mit einer Buchpublikation abschloss. Diese setzte erstmals auch eine universitätsinterne Auseinandersetzung mit der eigenen Hochschulgeschichte in Gang und soll – so die Zusage des Rektorats – in einer Gedenkinitiative ihre Fortsetzung finden.43

Quellenarbeit Für die Recherche zu den Entwicklungen an der Universität Wien in den Jahren des Austrofaschismus wurden etliche neue Quellen bearbeitet. Dabei handelte es sich im Wesentlichen um Archivalia der staatlichen Verwaltung, aber auch um personenbezogene Disziplinarakten, Dokumente der universitären Administration und Personalakten, um Nachlässe und lebensgeschichtliche Erinnerungen. Zudem wurden zeitgenössische Zeitungen nach einschlägigen Artikeln durchsucht. Um die rechtliche Dimension der Neuordnungen von Österreichs Hochschulen überblicken zu können, wurden rund 120 Bundesgesetzblätter und 80 Ministerratsprotokolle ausgewertet, in denen das Hochschulwesen, die Ereignisse an der Universität Wien, Studierende bzw. die Behandlung der öffentlich Bediensteten im Mittelpunkt stehen. Die Ministerratsprotokolle erhellten, wie die jeweiligen Regierungsmitglieder bzw. Ministerialbeamten ab 1933 die Lage an den Universitäten – etwa die Ausschreitungen der NS-Studierenden – einschätzten. Die Protokolle belegen aber auch, wie sich die innen- wie außenpo41 Vgl. Staudigl-Ciechowicz, Rechtlicher Rahmen für die Universitäts-Personalpolitik, Taschwer, Braun-schwarze Beziehungsgeflechte, Erker/Taschwer, Antisemitische Personalpolitik an der Universität Wien sowie Erker, Studierende der Universität Wien und ihr Antisemitismus. 42 Vgl. Friedmann/Rupnow, Zwischen innerer Opposition und äußerer Anpassung. 43 Vgl. Rettl, Jüdische Studierende und Absolventen der Wiener Tierärztlichen Hochschule, Rettl, Die Wiener Tierärztliche Hochschule und der Nationalsozialismus sowie Erker, Die Tierärztliche Hochschule im Austrofaschismus.

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litischen Entwicklungen auf die Universität Wien von 1933 bis 1938 auswirkten. Insbesondere für das Verhalten der Regierung gegenüber Italien und Deutschland und für die Rechtfertigung der universitätspolitischen Maßnahmen stellen die Protokolle gemeinsam mit den ebenfalls bereits editierten »Außenpolitischen Dokumenten der Republik Österreich« wichtige Quellen dar.44 In diesen Diskussionen zeigt sich unter anderem, wie wichtig es war, den spezifisch österreichischen Charakter der Maßnahmen zu betonen – sei es bei der Wiedereinführung der Todesstrafe im November 1933, der Schaffung von Anhaltelagern im September 1933, der Einführung von Italienisch als erste Fremdsprache im Schulunterricht (ebenfalls September 1933) oder bei der Einführung der Pflichtvorlesungen an den Universitäten sowie der Hochschullager im Juli 1935.45 Neben den Gesetzesblättern bildeten die Verordnungsblätter aus dem Dienstbereich des Bundesministeriums für Unterricht die zweite gesetzliche Quellenbasis, um auf der Ebene der Verordnungen und Erlässe die Eingriffe in die Universitäten nachvollziehen zu können. Das Archiv der Universität Wien stellte naturgemäß die wichtigsten Quellenbestände für diese Studie bereit – so etwa für die Personalentwicklung an der Universität Wien in den Jahren des Austrofaschismus. Um festmachen zu können, wer neu in den Personalstand eintrat, durch Berufung aufstieg oder die Hochschule verließ bzw. verlassen musste, wurden alle knapp 1.800 Universitätsangehörigen von den Portieren bis zu den Rektoren aus den publizierten Personalstandverzeichnissen der Jahre 1932/33 bis 1937/38 mit ihren Funktionen in eine Datenbank aufgenommen. Das machte es möglich, die personelle Entwicklung des wissenschaftlichen wie administrativen Personals im Detail nachzuvollziehen und zu kontextualisieren. Ergänzend zu den Personalstand- und Vorlesungsverzeichnissen lieferten die Berichte der Rektoren, die diese jeweils am Ende ihrer einjährigen Amtszeit im Sinne eines Resümees verfassten, wichtige Hinweise etwa zu den Hintergründen von Neuanstellungen, aber auch von Abgängen in Form von Pensionierungen,

44 Vgl. Rauscher, Österreich im Banne des Faschismus sowie Rauscher/Suppan, Österreich zwischen Isolation und Anschluss, Koch/Vyslonzil, Außenpolitische Dokumente der Republik Österreich (Bd. 11). 45 Vgl. zur Todesstrafe Neck/Wandruszka, Protokolle des Ministerrates, Kabinett Engelbert Dollfuß (Bd. 5), S. 46. Bezugnehmend auf die Lager formulierte der Staatssekretär für die Angelegenheiten des Arbeitsdienstes, Odo Neustädter-Stürmer, im Ministerrat prägnant: »Die Konzentrationslager seien eine Erfindung der Engländer, sodaß man von einer Nachahmung reichsdeutscher Verhältnisse nicht sprechen könne. Redner [Neustädter-Stürmer, Anm. L.E.] glaube, daß die Einführung von Sammellagern begrüßt werden müsse; mit Methoden der Weichheit werde man nicht durchkommen.« Zit. nach: Neck/Wandruszka, Protokolle des Ministerrates, Kabinett Engelbert Dollfuß (Bd. 4), S. 337.

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Berufungen an andere Hochschulen oder durch den Tod.46 Erst durch die Kombination all dieser Quellen war es möglich, den Rückgang bei den ordentlichen wie außerordentlichen Professoren zu ermitteln und zu klären, wie viele MitarbeiterInnen der Universität den austrofaschistischen Abbaumaßnahmen tatsächlich zum Opfer gefallen waren oder welche Auswirkungen die »Doppelverdienerverordnung« 1933/34 für Frauen an der Hochschule gehabt hatte.47 Die zeitgenössischen Statistiken des Rektorats boten wichtige Hintergrundinformationen zu den Studierendenzahlen, zur Konfessionszugehörigkeit und auch zu den Geburtsländern der HochschülerInnen. In der »Sonderreihe 187« im Bestand »Akademischer Senat« im Archiv der Universität Wien befinden sich für den Untersuchungszeitraum 1932/33 bis 1937/38 über 700 dokumentierte Disziplinarverfahren gegen Studierende und knapp 40 weitere Einzelakten zu Angehörigen der Universität, also zu Lehrenden, BibliothekarInnen oder Laborangestellten, die sich einem Verfahren zu stellen hatten. Diese Akten konnten erstmals ausgewertet werden.48 Neben dem Personalabbau aufgrund der Einsparungen stellten diese Disziplinierungen ein wichtiges Instrument dar, um Lehrende, vor allem aber Studierende für verbotene (parteipolitische) Aktivitäten zu bestrafen und sie von der Hochschule auszuschließen. Im Fall der Studierenden zeigte sich, dass die große Mehrheit der Verfahren wegen des neu geschaffenen Tatbestands der illegalen parteipolitischen Betätigung eröffnet worden war. Da aber nicht immer eindeutig aus den Universitätsakten hervorgeht, für welche der damals verbotenen Bewegungen der jeweilige Student (seltener: die Studentin) aktiv war, musste neben der umfassenden Sichtung der Disziplinarakten auch in anderen Archiven zu den Betroffenen recherchiert werden. Für die Jahre 1933 und 1934 konnte dadurch zusätzlich eine 46 Die als »Rektoratsberichte« in dieser Arbeit bezeichneten Publikationen liegen im Archiv der Universität Wien auf und beziehen sich auf die sogenannten Berichte der Rektoren zum vorhergegangenen Studienjahr. 47 Vgl. Bundesgesetzblatt für die Republik Österreich (BGBl.) 545/1933 vom 15. 12. 1933. In Folge gilt es zwischen dem Bundesgesetzblatt für die Republik Österreich (BGBl. bis Ende April 1934 sowie nach Kriegsende) und dem Bundesgesetzblatt für den Bundesstaat Österreich (BGBl. von Mai 1934 bis März 1938) zu unterscheiden. Im Jahr 1934 wird hier die Unterscheidung mit dem Zusatz -I (bis 30. April) und -II (ab 1. Mai) gekennzeichnet. 48 Ein besonderer Dank gilt Thomas Maisel, Leiter des Archivs der Universität Wien. Durch seine Unterstützung wurde es möglich, einen Gesamtüberblick über die an der Universität Wien eröffneten Disziplinarverfahren zu erstellen. Es muss davon ausgegangen werden, dass einige wenige Verfahren gegen Studierende der Jahre 1933 bis 1938 nicht mehr dokumentiert sind, wie der Fall Bruno Kreisky zeigt. Die Unterlagen zu seinem Disziplinarverfahren sind nicht mehr im Archiv der Universität Wien in der Reihe »S 187« vorhanden. Für die Datenerhebung bedeutete dieser Umstand, dass nur alle zum Zeitpunkt der Erhebung im Archiv der Universität Wien vorhandenen Disziplinarakten ausgewertet werden konnten. Ich möchte mich an dieser Stelle bei allen ArchivmitarbeiterInnen, insbesondere bei Katharina Brachmann, herzlich bedanken.

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differenzierte Auswertung der parteipolitischen Motive hinter den Aktivitäten herausgearbeitet werden. So wurde es möglich, erstmals auch konkrete Zahlen zu ermitteln, gegen wie viele linke und wie viele nationalsozialistische Studierende Disziplinarverfahren eröffnet wurden. Neben dem Archiv der Universität Wien war das Österreichische Staatsarchiv eine wichtige Anlaufstelle, um Recherchen zu vertiefen – etwa um die Neugründung der Disziplinarkommissionen im Bundeskanzleramt besser einordnen zu können. Anders als anfänglich erwartet, stellte die Arbeit im Staatsarchiv weniger Grundlagen- als vielmehr umfassende Ergänzungsrecherche dar, die auf die Vorarbeiten im Archiv der Universität Wien aufbauen konnte. Die Quellensichtung im Österreichischen Staatsarchiv umfasste das Archiv der Republik (AdR) mit den Akten des Bundesministeriums für Finanzen. Auf diese Weise wurde es möglich, Einblick in die budgetäre Situation der Universität Wien zu erhalten. Spätestens seit der Finanzkrise 1929 war der universitäre Betrieb und insbesondere der Personalstand der Universität Wien von Einsparungsvorgaben gekennzeichnet. Diese Einsparungen dienten freilich nach 1933 oft – aber nicht nur – als Vorwand, um bestimmte Lehrende aus politischen oder rassistischen Gründen zu pensionieren. Die Bundespensionsakten und die im Nationalsozialismus angelegten Gauakten der NS-Verwaltung halfen dabei, die betroffenen Professoren und Dozenten politisch einzuordnen. Die Akten aus dem Bestand des Bundeskanzleramts lieferten nicht nur Informationen zu den betroffenen Personen und den erhobenen Vorwürfen, sondern zudem wichtige Hinweise zu den Mitgliedern der Kommissionen. Im Allgemeinen Verwaltungsarchiv (AVA) erwies sich der Bestand »Unterricht allgemein« als Fundgrube für sehr unterschiedliche universitätspolitische Agenden des Ministeriums. Disziplinarverfahren gegen oppositionelle Studierende, (gescheiterte) Habilitationen und Berufungsverfahren sind hier ebenso dokumentiert wie der Alltag im internationalen Sportstudentenlager in Berlin 1936. Beispielsweise fanden sich in diesem Bestand Berichte über einzelne Teilnehmer, die sich im Zuge dieses internationalen Studierendentreffens geweigert hatten, die österreichische Bundeshymne zu singen und stattdessen das Deutschland- und das Horst-Wessel-Lied angestimmt hatten.49 Darüber hinaus boten die Akten zum Juliputsch 1934 im AVA wichtige Anhaltspunkte für die Teilnahme von mindestens sechs Studenten der Universität Wien am letztlich gescheiterten Putschversuch der SS-Standarte 89 im Kanzleramt. Ergänzend gab das Archiv der Bundes- und Landespolizeidirektion Wien Einblicke in die außeruniversitäre Vernetzung vieler Universitätsangehöriger und Akademiker in rechtskonservativen, deutschnationalen und später nationalsozialistischen Vereinen vor 1938. 49 Vgl. ÖStA, AVA, Unterricht Allgemein 1848–1940, Hochschule 1935–1936, Ktn. 372, GZ. 32559I/ 36, 1936.

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Konkret handelte es sich um die Bestände des Antisemitenbundes und des Deutschen Klubs.50 Diese Recherchen erforderten wiederum ergänzende Quellenarbeit im Wiener Stadt- und Landesarchiv, um weitere Gau- sowie NS-Registrierungsakten einzusehen. Biografische Recherchen waren zudem im Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW), im Archiv der Israelitischen Kultusgemeinde Wien, im Archiv der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, im Archiv der Gesellschaft für Zeitgeschichte und im Bundesarchiv Berlin-Lichterfelde notwendig. Neben den Verwaltungsakten und personenbezogenen Dokumenten lieferten Beiträge in Zeitungen und Zeitschriften wichtige Informationen zur Geschichte der größten Hochschule des Landes. Offensichtlich wurde dabei zum einen, wie politisiert die Medienlandschaft in der Zwischenkriegszeit war. Zum anderen zeigte sich, wie sehr bestimmte Medien schon vor 1933 die Universitätspolitik beeinflussten.51 Dementsprechend geben die über 2.000 Artikel zum Schlagwort »Hochschule« der ehemaligen Sowidok-Zeitungsausschnittsammlung (heute in der Wienbibliothek im Rathaus) wichtige Einblicke in den universitären Alltag von 1918 bis 1938. Ergänzendes Quellenmaterial bot ANNO, die virtuelle Zeitungsplattform samt Volltextsuche der Österreichischen Nationalbibliothek. Bis dato wenig ausgewertete Quellen waren nicht nur Zeitungsartikel über die Universität, sondern auch Texte aus dem Kreis der Studierenden, die in Studentenzeitungen erschienen waren. In diesen nach 1933 ausnahmslos regimeaffinen Periodika veröffentlichten Studentenfunktionäre ihre Vorstellung einer »neuen Erziehung im neuen Staat« und Lehrende konnten dort ausführlich auf die historischen Wurzeln und die Ideologie des »Ständestaates« eingehen. Die wichtigsten Zeitschriften dieser Art waren die »Akademischen Nachrichten«, »Der Heimatschutz-Student«, das »Jahrbuch der Hochschülerschaft Österreichs« und die »Österreichische Hochschulzeitung«. Auch über den Kreis der Universität hinaus hatten etliche Professoren und Dozenten regelmäßig für eine ständestaatstreue Leserschaft geschrieben. Zu erwähnen sind in diesem Zusammenhang die Zeitschriften »Der Christliche Ständestaat«, die »Schönere Zukunft« oder die »Academia«, das Organ des Cartellverbands. Da aufgrund der austrofaschistischen Pressezensur und des Verbots von linken wie auch nationalsozialistischen Zeitungen ab 1933 kaum mehr oppositionelle Stimmen in den Medien überliefert sind, stellten lebensgeschichtliche Erinnerungen einen wichtigen Zugang zum damaligen studentischen Alltag und Widerstand dar. Solche Zeugnisse, die vor allem im Verein »Dokumentation lebensgeschichtlicher Aufzeichnungen«, im Literaturhaus Wien sowie in der 50 Vgl. Huber/Erker/Taschwer, Der Deutsche Klub. 51 Vgl. Taschwer, Nachrichten von der antisemitischen Kampfzone.

Diktatur der vielen Namen

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Exilbibliothek Wien gefunden wurden, ermöglichten es, der in den Zeitungen vertretenen Perspektive der Regimeanhänger (nur sehr selten Frauen) eine alternative Sichtweise gegenüberzustellen. Einen Blick von außen ermöglichten schließlich diplomatische Korrespondenzen von US-amerikanischen Gesandten in Wien, die sich in den National Archives in College Park (Maryland, USA) befinden. Diese Sammlung umfasst mehrere Mikrofilme und neben Zeitungsartikeln vor allem Berichte und Einschätzungen zu den antisemitischen Ausschreitungen und dem angespannten Klima an der Universität Wien am Beginn der 1930er Jahre.

Diktatur der vielen Namen Einer der großen Streitpunkte in der Diskussion um die Jahre 1933 bis 1938 ist die historische, ideologische und politische Einordnung und Bezeichnung des Regimes, das sich selbst meist als »Ständestaat« verstand, während die zeitgenössischen GegnerInnen der Dollfuß/Schuschnigg-Diktatur die Herrschaftsform damals schon als Faschismus charakterisierten. Entsprechend hat sich als Gegenbegriff zum »Ständestaat« der Begriff »Austrofaschismus« etabliert. Es kamen als Alternativen in den vergangenen Jahren noch zahlreiche weitere Bezeichnungen hinzu wie »Dollfuß/Schuschnigg-Regime« oder »Dollfuß/ Schuschnigg-Diktatur«, die vor allem von jenen HistorikerInnen verwendet werden, die den Definitions- und politisch geprägten Begriffsstreit neutral umschiffen wollen und damit keine begriffliche Zuordnung vornehmen. Im Rahmen dieser Arbeit werden sie lediglich als sprachliche Synonymbezeichnungen zum leitenden Begriff »Austrofaschismus« gewählt. Laut einer Ausstellungsinstallation im Haus der Geschichte Österreich aus dem Jahr 2018 wiederum, die den Titel »Diktatur der vielen Namen« trägt, gelten heute »autoritärer Ständestaat« und »Kanzlerdiktatur« als »wissenschaftliche Konsensbegriffe«, während »Austrofaschismus« heute »in der Wissenschaft umstritten« sei. Warum in dieser Studie dennoch dem Begriff Austrofaschismus der Vorrang gegeben wird, hat unmittelbar mit den wissenschaftlichen Forschungserkenntnissen der Arbeit zu tun. Bei einem Blick auf die universitätspolitischen Eingriffe und Maßnahmen in den Jahren 1933 bis 1938 bestätigt sich, dass Österreich anderen faschistischen Regimen wie Italien, Spanien aber auch Deutschland streckenweise um wenig bis nichts nachstand und als eine Variante faschistischer Herrschaft einzuordnen ist.52 Aufgrund dieser Gemeinsamkeiten mit anderen faschistischen Regimen und einiger österreichischer Regime-Be52 Vgl. zur wissenschaftlichen Einbettung des Begriffs »Austrofaschismus« vor allem Tálos, Das austrofaschistische Herrschaftssystem, S. 569–586.

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sonderheiten ist die Bezeichnung »Austrofaschismus« durchaus gerechtfertigt. Zugleich sollen die Unterschiede zu anderen faschistischen Systemen nicht unter den Tisch gekehrt werden. Das gilt insbesondere im Vergleich mit dem Nationalsozialismus, der alle universitätspolitischen Eingriffe der austrofaschistischen Machthaber bei weitem in den Schatten stellte.

1.

Missbrauchte Autonomie: Die politisierte Universität von 1918 bis 1933

Tage des Terrors im Oktober 1932 Der Medizinstudent David Teichmann war einer von zahlreichen Studierenden, die am 26. Oktober 1932 im Hauptgebäude der Universität Wien von den »Hakenkreuzlern« tätlich attackiert wurden. Die Übergriffe der nationalsozialistischen Studierenden hatten mittlerweile bereits Tradition und wurden meist nach dem gleichen Muster durchgeführt: Stets in der Überzahl sprachen sie KommilitonInnen an und forderten diese auf, ihre Mitgliedschaft in der Deutschen Studentenschaft nachzuweisen. Konnten die Angesprochenen diesen Nachweis nicht liefern, da sie »jüdisch«53 oder AusländerInnen waren, begannen die NSStudenten auf sie einzuprügeln.54 Attackiert wurden auch jene, die durch politische Abzeichen als Linke erkennbar waren. Da das Tragen von Waffen auf universitärem Boden verboten war, halfen sich die Angreifer mit Türklinken, Peitschen, Ketten und anderen Gegenständen, die zum Zuschlagen geeignet waren. In manchen Fällen prügelten bis zu 20 Nationalsozialisten auf ein Opfer ein, so auch auf David Teichmann. Einige Tage später übergab Teichmann dem Rechtswissenschafter Josef Hupka, Ordinarius für Handelsrecht an der Universität Wien, folgenden Bericht über die Vorfälle: »Nach Schluss der Vorlesung verbreitete sich die Nachricht, dass die N.S. [Nationalsozialisten, Anm. L.E.] alle Ausgänge besetzt hätten. […]. Als ich in den Hof kam und durch das grosse Tor auf die Strasse wollte, sah ich, dass die N.S. im Hof Aufstellung genommen hatten und die Leute mit Hundepeitschen hinaustrieben. […] Auf dem ersten Halbstock rief plötzlich jemand: ›Hinein in die Klosette‹. Ich riss eine der Türen auf und sperrte sie von innen zu. In dieser Lokalität blieb ich ungefähr 10 Minuten und 53 In vielen Fällen war dies eine Fremdzuschreibung, deshalb steht der Begriff hier unter Anführungszeichen. Diese Diskrepanz zwischen Selbstwahrnehmung und der »rassischen Einteilung« ist eine besondere Perfidie des Antisemitismus in dieser Zeit. 54 Im Wintersemester 1932/33 waren 2.541 der 12.870 Studierenden der Universität Wien jüdischer Konfession (19,7 Prozent). Vgl. UAW, Akad. Senat, GZ. 70, 1932/33, Statistische Ausweise über die Inskriptionsergebnisse im laufenden Studienjahr.

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Missbrauchte Autonomie: Die politisierte Universität von 1918 bis 1933

hörte während dieser Zeit einen fürchterlichen Lärm, Schreien und Lachen, dann zeitweise Ruhe […]. Meine Hoffnung war jedoch falsch, denn kurz darauf wurde an die Tür geklopft und jemand rief ›Nazi?‹, worauf ich keine Antwort gab. Daraufhin begannen sie an der Tür zu rütteln und sie mit den Füssen einzutreten, während einer hinaufkletterte und von oben mit einem so bestialischen Gesicht auf mich herabblickte, dass ich mich entschloss, selbst zu öffnen. Sofort wurde ich von ungefähr 10 Leuten umringt und so fest gehalten, dass ich mich nicht rühren konnte. Ich bat sie, mich loszulassen, wurde aber von ihnen angeschrien: ›Bist a Jud?‹ Ich antworte ihnen: ›Lassen Sie mich doch los, ich habe Ihnen ja nichts getan‹, wurde aber nochmals angeschrieen: ›Bist a Jud? Ja oder Nein?‹ Kaum hatte ich ›Ja‹ gesagt, als sie schon anfingen, mit den Fäusten auf meinen Kopf loszuhauen. […] Was daraufhin mit mir geschah, kann ich nicht genau beschreiben. Es war ein Stossen, Treten, Reissen, Zerren und Schleppen, wobei meine Angreifer untereinander rauften, um in meine Nähe zu gelangen, denn jeder von den ca. 50 Leuten, welche sich inzwischen im Gange angesammelt hatten, wollte sich beteiligen. So gelangte ich schliesslich bis zur Stiege, wo sie mir solche Tritte versetzten, dass ich […] auf dem Gesicht und den Knien platt auffallend, regungslos liegen blieb. Als ich mich nach einigen Sekunden erholte und hinauslaufen wollte […] sah ich etwas Weisses, Glänzendes, das nichts anderes als ein Schlagring gewesen sein kann. Ich spürte gleich einen heftigen Schmerz am Hinterhaupt und kam erst wieder zur Besinnung, als ich um mich freien Raum fühlte. Scheinbar wurden mir damals die später konstatierten stark blutenden Wunden beigebracht und vielleicht war es das Blut, das die Leute bewog, mich endlich loszulassen.«55

Neben Teichmann übergaben noch über 20 weitere der zum Teil schwerverletzten Studierenden Josef Hupka ihre schriftlichen Augenzeugenberichte. Unter den Betroffenen war auch die Studentin Carola Koblitz, die sich an folgende Geschehnisse erinnerte: »Als wir dem Ausgange zugingen, bemerkten wir in der Aula eine Ansammlung von etwa 20 Burschen, die zum Grossteil das n.s. Abzeichen trugen. […] Wir kamen nur schrittweise in dem Gedränge vorwärts und waren plötzlich eingekeilt […] und ehe wir uns noch der gefährlichen Situation, in der wir uns befinden, bewusst werden, ertönen wüste Pfuirufe, ich sehe Aktentaschen, Gummiknüttel und Stöcke auf meinen Begleiter herabsausen und fühle selbst dumpfe Schläge auf Schultern und Armen. […] Endlich gelingt es uns, dem geheiligten Boden akademischer Würde zu entfliehen. Mein Begleiter hat zwei klaffende Kopfwunden, aus denen das Blut fliesst, mein Mantel ist von oben bis unten blutbespritzt, meine Handschuhe rot und klebrig. Jetzt weiss ich ganz, was das ›Dritte Reich‹ bedeutet – die Herrschaft schrankenloser, feiger Brutalität.«56

Einer der wenigen Universitätslehrer, der an diesem 26. Oktober 1932 in die Ausschreitungen eingriff, war Emil Goldmann. Der Professor für Deutsche Rechtsgeschichte gab seinem Kollegen Hupka Folgendes zu Protokoll: 55 UAW, Akad. Senat, S 185 513, Protokoll von David Teichmann. Vgl. zu den Ausschreitungen Erker, »Jetzt weiß ich ganz, was das ›Dritte Reich‹ bedeutet«. 56 UAW, Akad. Senat, S 185 513, Protokoll von Carola Koblitz.

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»Als ich am Mittwoch, d. 26. Oktober 1932, nach Beendigung der für den Vormittag anberaumten rechtshistorischen Staatsprüfung der Kommission Nr. 1 als erster der drei Prüfer auf den grossen, vom Dekanat zum Seminar führenden Gang hinaustrat, um mich zum Dekanat zu begeben, bemerkte ich (angesichts der Tatsache, dass ich bereits während der Prüfung, durch die Glastür des Prüfungssaales hinausgehend, beobachten konnte, wie Gruppen von Studenten einzelnen flüchtenden Studenten nachliefen, musste ich auf eine solche Szene gefasst sein), wie in einer Entfernung von etwa 15 Schritten rechts von der zum Präsidium, der rechtshistorischen Staatsprüfungskommission führenden Glastür eine aus etwa 50 Studenten bestehende Gruppe, eng zusammengedrängt, einem Vorgang mit gespannter Aufmerksamkeit zuzusehen schien, der sich in der Mitte des Haufens, für mich nicht erkennbar, abspielte. Aus der Situation wurde mir sofort klar, dass es sich hier um einen Ueberfall einer organisierten Bande auf eine oder einige wenige Personen handeln müsse. Im nächsten Augenblick eilte ich zum Tatort hin, teilte, mich durchzwängend, die Gruppe und musste zu meinem Entsetzen sehen, dass zwei auf dem Boden liegende, blutende Studenten gerade von Mitgliedern der Gruppe misshandelt wurden. Die auf diese Intervention nicht gefassten Täter liessen in diesem Augenblick überrascht von ihren Opfern ab, so dass diese sich mit meiner Hilfe erheben konnten.«57

Josef Hupka übermittelte diese über 20 Protokolle umfassende Dokumentation der Gewalt wenig später an die Universitätsleitung. Der Rechtswissenschafter, der sich in den Jahren zuvor bereits in vielfältiger Weise innerhalb und außerhalb der Universität gegen antisemitisch motiviertes Unrecht gewehrt hatte, wollte nicht weiter tatenlos zusehen, wie die Ausschreitungen der nationalsozialistischen Schlägertrupps im Studienjahr 1932/33 ein neues Ausmaß der Brutalität erreichten und die Übergriffe der früheren Jahre noch in den Schatten stellten. Einer der Auslöser für die neue Gewaltwelle lag zu diesem Zeitpunkt ziemlich genau zehn Tage zurück: Nationalsozialisten hatten am 16. Oktober 1932 ein sozialdemokratisches Arbeiterheim im Wiener Bezirk Simmering überfallen. Die Angegriffenen setzen sich zur Wehr. Die Folge waren vier Tote und etliche Verletzte, zwei der Toten waren attackierende Nationalsozialisten. Als Reaktion darauf randalierten NS-Studierende am nächsten Tag aus »Rache für Simmering« an den Wiener Hochschulen und insbesondere an der Universität Wien. Die Stimmung, die an diesem 17. Oktober in den Hörsälen herrschte, schilderte auch der Student Georg Bemberger. Er besuchte am Vormittag das Seminar für politische Ökonomie, als der Bibliothekar des Instituts laut Bemberger verkündete: »Die jüdischen Studenten mögen sich entfernen und zwar besser rasch.« Der Student war irritiert: »Da ich mir im Moment nicht ganz klar darüber war, ob diese seine Aufforderung gleichbedeutend mit ›Juden hinaus‹ sei, wogegen ich entschieden protestiert hätte, oder ein wohlgemeinter Rat, der zum Schutze der jüdischen Studenten erteilt wurde, wandte 57 Ebd., Protokoll von Emil Goldmann.

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ich mich an Herrn Berns [den Bibliothekar, Anm. L.E.] mit der Bitte um Aufklärung. Herr Berns teilte mir mit, dass es nach seiner Meinung opportun sei, das Seminar so bald wie möglich zu verlassen, da bereits kleine Unruhen in der Aula seien.«58

Die Studentin Elisabeth Schilder gab später zur gleichen Situation zu Protokoll, dass einer ihrer Kollegen das Institut nicht verlassen wollte, weil er Angst hatte, vor den Türen verprügelt zu werden. Dieser Kollege war ziemlich sicher Georg Bemberger, der vermutete, der einzige Jude unter den anwesenden Studierenden gewesen zu sein und daher ahnte, den »Salzergassen« – also den Spalieren der prügelnden Nationalsozialisten – nicht entkommen zu können. Schilder führte an, dass der Bibliothekar Berns zu zwei Kollegen gemeint habe: »Der Jude oben geht nicht freiwillig, also 2 Mann hinauf.«59 Das dürfte Bemberger nicht gehört haben. Tatsächlich wurde er, vermeintlich zu seinem Schutz, von zwei dazu abgestellten Studenten aus dem Institut begleitet und in der Aula von dort wartenden Nationalsozialisten verprügelt – so wie er befürchtet hatte.60 Bereits am ersten Tag der Ausschreitungen wurden an der Universität Wien laut Medienberichten acht, an der Technischen Hochschule sogar zwölf Studierende verletzt.61 Die Rektorenkonferenz unter Leitung von Othenio Abel, dem neuen Rektor der Universität Wien, verordnete eine dreitägige Sperre der Wiener Hochschulen – eine Maßnahme, die bereits in den Jahren zuvor immer wieder nach Ausschreitungen angewandt worden war. Die Begründung war freilich nicht, dass damit die Übergriffe der nationalsozialistischen Studierenden unterbunden werden sollten, sondern damit sich »derartige Vorfälle, wie sie sich gestern in Simmering ereignet haben, nicht wiederholen«.62 Noch eindeutiger hieß es in der rechtskatholischen Zeitung »Reichspost«, dass die Sperre »zum Protest gegen die marxistischen Bluttaten in Simmering«63 veranlasst worden sei. Die Aufhebung der Sperre nach drei Tagen stellte sich als etwas vorschnell heraus – ein Beweis mehr, dass man damit nicht ein Ende der Hochschulkrawalle erreichen wollte.64 Die Gewaltexzesse gingen nämlich bald weiter und erreichten am 26. Oktober 1932, von dem die ersten drei zitierten Protokolle handelten, einen weiteren Höhepunkt. Abermals gab es zahlreiche Verletzte, abermals verfügte Rektor Abel eine Schließung des Hauptgebäudes der Universität sowie ihrer Nebengebäude. Wiener Zeitungen hatten zuvor ausführlich über die pogromartigen Krawalle berichtet und dem Rektor, der als Antisemit und Sym58 59 60 61

Ebd., Protokoll von Georg Bemberger. Ebd., Protokoll von Elisabeth Schilder. Vgl. ebd., Protokoll von Georg Bemberger. Vgl. »Nationalsozialistische Krawalle an der Universität«, Neue Freie Presse, 17. 10. 1932, S. 4 sowie »Schwere Ausschreitungen an der Technik«, Neue Freie Presse, 17. 10. 1932, S. 4. 62 »Die Wiener Hochschulen auf drei Tage geschlossen«, Reichspost, 18. 10. 1932, S. 6. 63 Ebd. 64 Vgl. »Aufhebung der Hochschulsperre«, Neue Freie Presse, 20. 10. 1932, S. 5.

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pathisant der Nationalsozialisten bekannt war, Mitschuld an den Ausschreitungen gegeben.65 Nach den jüngsten Attacken erschienen zahlreiche Karikaturen, die sich auf zynische Weise über Abel lustig machten.66 Da sich unter den Opfern der vorausgegangenen Krawalle auch einige US-amerikanische Studierende befunden hatten, die ihrem Konsulat die Übergriffe meldeten, sah sich Abel zu einem »Canossagang« zum US-Botschafter gezwungen.67 Damit sich diese Schmach nicht wiederholte, legte man dem NS-Sympathisanten Abel die sarkastische Forderung in den Mund, fortan nur mehr Inländer zu verprügeln.68

Abb. 1: Rektor Abel mahnt Mitglieder schlagender Studentenverbindungen, nur gegen österreichische Juden vorzugehen und ausländische Studierende zu verschonen: »Meine Herren, ich muß Ihnen nach meinem Besuch beim amerikanischen Gesandten noch einmal meine schärfste Mißbilligung ausdrücken. Von nun an darf an der Universität kein – a u s l ä n d i s c h e r Jude mehr verprügelt werden. Sie verstehen, meine Herren!«69

65 66 67 68

Vgl. »Die Herren Rektoren streiten«, Arbeiter-Zeitung, 18. 10. 1932, S. 4. Vgl. »Halt, nur Ausländer dürfen überfallen werden!«, Arbeiter-Zeitung, 30. 10. 1932, S. 17. Vgl. »Der Canossagang des Rektors Abel«, Der Morgen, 31. 10. 1932, S. 9. Akten in den National Archives in Washington, D.C. belegen das Interesse der US-amerikanischen Diplomaten an den antisemitischen Ausschreitungen der 1920er und frühen 1930er Jahre an der Universität Wien. Vgl. NARA, RG 59, Mikrofilm 1209, Rolle 14. 69 »Karikatur der Woche«, Der Morgen, 31. 10. 1932, S. 9.

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Auch der Schriftsteller Jura Soyfer – ab 1931 Student an der Universität Wien – reihte sich in den Satirereigen ein: »Die Hochschulnazi mißbrauchten mich Drei Tag’ lang von neune bis achte, Für fesche Studenten schwärme ich, Drum schloß ich die Augen und lachte. Schön war’s, solang sie die Sozibrut Geprügelt und geschunden, Dann aber schlug der nordische Mut Auf reiche Dollerkunden. Gleich bat um Verzeihung der Rektor da Im Namen der – academia.«70

Für die rechtsextreme »Deutschösterreichische Tages-Zeitung« (DÖTZ),71 die sich ab 1933 zusätzlich »Hauptblatt der NSDAP – Hitlerbewegung« nannte, stellte dieser Canossagang Abels freilich eine Demütigung dar. Entsprechend antwortete das Blatt mit einer vagen Ankündigung: »Aber die Zeit, in der solche Dinge unmöglich sein werden, steht vor der Tür!«72 Außerdem kritisierte die Zeitung, dass es sich bei den ausländischen Prügelopfern der Oktoberausschreitungen gar nicht um US-Amerikaner, sondern in mindestens 87 der 120 Fälle um Juden handelte, wie an den Nachnamen leicht erkennbar sei. Als »Beweis« erfolgte eine alphabetische Aufzählung der 87 Studierenden von »Isidor Abram (mosaisch)« bis »Harry Joel Zisk (mosaisch)«.73 Die Zeitung dürfte die Namen unter Umgehung des Datenschutzes direkt aus dem Rektorat oder der Quästur erhalten haben, was nahelegt, dass auch die Universitätsverwaltung bereits 1932 teilweise nationalsozialistisch unterwandert war.74

70 Horst Jarka (Hg.), Jura Soyfer. Werkausgabe 1. Zwischenrufe links (Wien/Frankfurt am Main 2002), S. 69, zit. nach: Grabenweger, Literatur – Politik – Universität, S. 74–75. Elisabeth Grabenweger war es auch, die dieses Zitat für die Universitätsgeschichte wiederentdeckte. 71 Vgl. Beutl/Hefner/Monschein/Randl, Dokumentation der NS-Presse der Ersten Republik, S. 218–220 sowie Paupié, Handbuch der österreichischen Pressegeschichte, S. 110. 72 »›Der Amerikanismus‹ an der Universität«, DÖTZ, 29. 10. 1932 (TBA). TBA steht für »Tagblattarchiv« der Wienbibliothek im Rathaus und verweist auf die dortige Zeitungsausschnittsammlung. Oftmals fehlen in diesen Ausschnitten die Seitenangaben bzw. wurden das Datum und der Name der Zeitung handschriftlich über den Artikel notiert. Diese Angaben wurden – unter Verweis auf die TBA-Herkunft – übernommen. 73 Ebd. 74 Es besteht auch die Möglichkeit, dass die Daten von der Deutschen Studentenschaft weitergegeben wurden.

Rückblick: Die politischen Entwicklungen an der Universität ab 1918

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Rückblick: Die politischen Entwicklungen an der Universität ab 1918 Die Ausschreitungen im Oktober 1932 waren der vorläufige Höhepunkt brutaler Übergriffe an der Universität Wien, die bereits lange vor dem Ersten Weltkrieg begonnen hatten, ab 1918 aber eine neue Qualität annahmen. Der Anfang dieser offen ausgetragenen Anfeindungen lässt sich auf das Jahr 1875 datieren, als der renommierte Chirurg Theodor Billroth in seiner Vorlesung gegen jüdische Medizinstudenten aus den östlichen Kronländern der Monarchie, also vor allem aus Galizien und der Bukowina, polemisierte. Der aus Deutschland stammende Mediziner erhielt von den deutschnationalen Studierenden und Burschenschaftern Unterstützung.75 Deren gewalttätige Übergriffe wurden in den folgenden Jahren Teil des studentischen Alltags und des »akademischen Bummels« im Arkadenhof des Universitätsgebäudes, der dort meist samstags abgehalten wurde. Betroffen von diesen Ausschreitungen waren in den folgenden Jahrzehnten aber nicht nur jüdische Studierende, sondern auch Studierende anderer Nationalitäten wie etwa ItalienerInnen. Dennoch gehörte die Universität Wien in den Jahrzehnten vor dem Ersten Weltkrieg nicht nur zu den größten, sondern auch zu den besten Universitäten der Welt. Insbesondere die Medizinische Fakultät genoss Weltruhm und zog Studierende aus vielen Ländern an. Zu dieser Blüte hatten verschiedene Faktoren beigetragen: Die Universitätsgesetze, die in der Folge der bürgerlichen Revolution 1848 erlassen worden waren, sicherten der Universität relativen Schutz vor staatlichen Eingriffen. Das »Staatsgrundgesetz« 1867 drängte den Einfluss der katholischen Kirche bei Professorenernennungen zurück. Aufgrund der Gleichstellung aller Konfessionen war es nun möglich, dass auch jüdische Wissenschafter Dozenten und Professoren werden konnten. Zudem war die Universität Wien die renommierteste Universität auf dem Gebiet der Monarchie und zog sowohl die besten Studierenden wie auch die besten Forscher des gesamten Habsburgerreichs an. Der Erste Weltkrieg, der Zerfall der Monarchie sowie die desaströse soziale und wirtschaftliche Situation der jungen Republik Österreich hatten dann aber nachhaltige Folgen für die Universität Wien. All diese Faktoren trugen am Beginn der Zwischenkriegszeit zu einer enormen Politisierung des Hochschullebens bei, die zunächst vor allem bei den Studierenden zu bemerken war. So formierte sich Widerstand der deutschnationalen und katholischen Studierenden gegen eine weitere Zuwanderung jüdischer HochschülerInnen, die bereits während des Ersten Weltkriegs und unmittelbar danach aus den östlichen Kronländern nach Wien gekommen waren. Diese Politisierung der Universität Wien führte im Laufe der Zwischenkriegszeit zu einem relativen Machtzuwachs deutschnationaler und 75 Vgl. Seebacher, Fremde im »deutschen« Tempel der Wissenschaften, S. 97–124.

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katholischer Studierender und Professoren, auch wenn es unmittelbar nach dem Krieg – mit dem Rückenwind der linken Rätebewegung – zunächst auch in Wien Versuche gegeben hatte, eine Demokratisierung der traditionell sehr hierarchischen Hochschulstrukturen anzustoßen. So forderte der Romanist Leo Spitzer als Vertreter der sozialistischen Hochschullehrer im Februar 1919 die Abschaffung der bestehenden Universitätsverfassung. Die universitätsinterne Hierarchie sollte durch ein umfassendes Mitspracherecht aller Universitätsangehörigen abgeflacht werden. Diese Vorschläge stießen bei den Professoren, die in den Professorenkollegien der Fakultäten die wichtigsten Entscheidungen trafen, wie nicht weiter überraschend, auf Ablehnung. Vor allem der Germanist Rudolf Much sowie der Paläontologe und spätere Rektor Othenio Abel mobilisierten ihre Kollegen erfolgreich gegen alle linken Versuche, die »unumschränkte Herrschaft« (Leo Spitzer) der Professoren durch revolutionäre Konzepte wie etwa die Gründung von Arbeiterräten zu untergraben.76 Bemühungen linker Wiener Studierender, sich nach dem Vorbild der Arbeiter- und Soldatenrätebewegung als »geistige Arbeiter« zu organisieren, scheiterten ebenfalls früh.77 Diese angebliche Bedrohung durch linke bzw. jüdische Studierende wurde – ebenso wie der tatsächliche Platz- und Ressourcenmangel an der Universität – von rechten und antisemitischen Studierenden als Argument benutzt, um in den Nachkriegsjahren hochschulpolitische Neid- und Hetzkampagnen zu starten. Ihren organisatorischen Niederschlag fanden diese frühen Auseinandersetzungen in der Gründung der Deutschen Studentenschaft 1919. In dieser Dachorganisation waren alle »deutschen« Studierenden an den deutschsprachigen Universitäten Mitteleuropas erfasst; die österreichischen Universitäten waren als Kreis VIII eingegliedert.78 Als Mitglieder waren nur deutschnationale, deutschvölkische, katholische und später auch nationalsozialistische Studierende zugelassen. Jüdische KommilitonInnen hingegen waren ausgeschlossen, da sie nicht als Teil des »deutschen Volkes« galten. Völkische und rassistische Vorstellungen bildeten somit die Grundlage dieses Ausschlusses.79 Dennoch wurde die Deutsche Studentenschaft als Vertretung »aller« HörerInnen von fast allen österreichischen Rektoren anerkannt, nur an der Universität Wien und der Technischen Hochschule in Wien zunächst aus formellen Gründen nicht. In der

76 77 78 79

Vgl. Taschwer, Hochburg, S. 59–60. Vgl. Zoitl, »Student kommt von Studieren«, S. 212–220. Vgl. Lichtenberger-Fenz, »… deutscher Abstammung«, S. 34–35. Ungeachtet des expliziten Ausschlusses von gewissen Studierendengruppen, bezeichnete der spätere Bundeskanzler Josef Klaus die Deutsche Studentenschaft als die Institution, an der er »eine Art parlamentarische Demokratie und Selbstverwaltung auf der Universität« kennenlernte. Klaus, Macht und Ohnmacht in Österreich, S. 22.

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Praxis machte dies jedoch keinerlei Unterschied: Der Alleinvertretungsanspruch der Deutschen Studentenschaft wurde bereits 1923 durchgesetzt.80 Der Antisemitismus war in allen politischen Fraktionen der Deutschen Studentenschaft vertreten und kann nicht auf die deutschnationalen und später die nationalsozialistischen Studierenden reduziert werden, sondern umfasste auch das (national-)katholische Lager. Es gab aber noch eine weitere Gemeinsamkeit zwischen den deutschnationalen und den katholischen korporierten Studenten: Sie vertraten ähnliche antidemokratische Positionen.81 Nicht zufällig etablierte sich diese Studierendenvertretung ausgerechnet zu einer Zeit, in der auf staatlicher Ebene mit der Einführung des Allgemeinen Wahlrechtes der entscheidende Schritt zu einer modernen Demokratie auf Basis des Gleichheitsgrundsatzes durchgesetzt wurde und auch die Universität sich weitgehend gegenüber den Frauen öffnete. So durften sie – nach der Philosophischen Fakultät ab 1897, der Medizinischen ab 1900 – ab 1919 auch an der Rechts- und Staatswissenschaftlichen und ab 1928 an der Evangelisch-Theologischen Fakultät studieren.82 Einzig die Katholisch-Theologische Fakultät blieb ihnen bis 1945/46 verschlossen. Das Hauptgebäude der Universität Wien und das österreichische Parlament lagen zwar beide von 1919 bis 1934 am Ring des 12. November, der an den Tag der Ausrufung der Republik 1918 erinnerte. Einige Universitätsangehörige taten sich in dieser Zeit aber mit der Demokratie und der Idee eines eigenständigen Österreichs schwer. Anders formuliert: Die Autonomie der Universität wurde in den 1920er und 1930er Jahren immer wieder dazu missbraucht, um sowohl auf Ebene der Studierenden als auch jener der Lehrenden den in der neuen Verfassung festgeschriebenen Gleichheitsgrundsatz zu unterlaufen. Diese Politik wurde von den meisten Rektoren der Universität nach dem Ersten Weltkrieg toleriert, wenn nicht offen unterstützt. Sie taten dies in einer Zeit, in der Antisemitismus auch innerhalb der Christlichsozialen Partei state-of-the-art war und Leopold Kunschak im Juli 1919 – vergeblich – einen Gesetzesvorschlag ins Parlament gebracht hatte, der Namensänderungen verhinderte und somit Assimilation jüdischer MitbürgerInnen erschwerte.83 Die Anfeindungen fanden auf vielen Ebenen gleichzeitig statt, hatte aber nicht nur auf Juden und Jüdinnen abgezielt. Ernst Schwind etwa, der Rektor des Studienjahres 1919/20, sah den österreichischen Hochschulboden durch »fremdländische«, »lichtscheue« und »fah-

80 Vgl. Pauley, Geschichte des österreichischen Antisemitismus, S. 136–137 sowie Lichtenberger-Fenz, »… deutscher Abstammung«, S. 46. 81 Vgl. Gehler, Studenten, S. 107. 82 Vgl. Heindl, Frauenstudium, S. 17–18. 83 Vgl. Pauley, Geschichte des österreichischen Antisemitismus, S. 207.

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nenflüchtige Elemente«84 in Gefahr – also vor allem durch Jüdinnen und Juden aus dem Osten und Linke. Diese Einschätzung teilte er mit der Deutschen Studentenschaft, die bereits 1920 einen Numerus clausus für jüdische Studierende forderte.85 Einer ihrer Funktionäre war der damals 27-jährige Engelbert Dollfuß, ein führendes Mitglied im Cartellverband (konkret: der Verbindung FrancoBavaria). Dieser Korporationsverband von katholischen, nichtschlagenden, farbentragenden Studentenverbindungen war damals in allen deutschsprachigen Teilen Mitteleuropas aktiv und hatte in Österreich ein eindeutiges Naheverhältnis zu den regierenden Christlichsozialen, der parteimäßigen Vertretung des politischen Katholizismus. Diese Bande vertieften sich im Laufe der Zwischenkriegszeit weiter: Acht von zehn christlichsozialen Kanzlern der Zwischenkriegszeit waren aus dem CV.86 Dass sich deutschnationale und katholische Positionen in Sachen Antisemitismus damals wenig unterschieden, macht ein Zeitungsartikel des jungen angehenden Politikers Dollfuß in der rechtskatholischen Tageszeitung »Reichspost« im September 1920 deutlich, in dem er sich ganz offen für einen Numerus clausus für jüdische Studierende an der Universität Wien aussprach: »Hier hilft kein Herumdoktern, weg mit allen fremden Juden aus dem Osten, Beschränkung aller derer, die diesen den Weg vorbereitet haben, den sogenannten bodenständigen Juden, auf die ihnen […] nach ihren Köpfen gebührende Zahl! Nur so können wir unserer heimischen Jugend den akademischen Boden sichern.«87

Argumentiert wurde damit, dass durch den Zuzug vor allem aus dem Osten Europas rund um den Ersten Weltkrieg überproportional viele Juden und Jüdinnen an der Universität Wien studieren und auch lehren würden. Tatsächlich stellten jüdische Studierende 1920/21 rund 42 Prozent.88 Die für Dollfuß »gebührende Zahl« von Jüdinnen und Juden an den Universitäten sollte nicht mehr als zehn Prozent betragen – entsprechend ihrem Anteil an der Bevölkerung Wiens.89 Zudem forderte Dollfuß ebenfalls 1920 bei der 51. Internationalen Versammlung des Cartellverbands in Regensburg einen »Arierparagraphen« für den CV, was im Gremium aber abgelehnt wurde – und zeigt, wie antisemitisch damals der CV in Österreich im Vergleich zum CV im Deutschen Reich war.90 84 Rektor Ernst Schwind, zit. nach: Lichtenberger-Fenz, »Ein Hort deutschen Geistes«, S. 430. 85 Vgl. zu den ebenfalls frühen Forderungen nach einem Numerus clausus in Polen 1922/23 und Ungarn auch Krzywiec, The Crusade for a Numerus Clausus sowie Kovács, Numerus Clausus in Hungary. 86 Mit Ausnahme von Walter Breisky und Ernst Streeruwitz. Vgl. Neuhäuser, Dollfußstraße, S. 64. 87 »›Fremdländer‹-Frage in der Wiener Universität«, Reichspost, 24. 9. 1920, S. 5. 88 Vgl. Goldhammer, Die Juden Wiens, S. 39. 89 Vgl. Lichtblau, Österreichisch-jüdische Geschichte, S. 502. 90 Vgl. Taschwer, Hochburg, S. 66.

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Dollfuß’ antisemitische Forderung zur Begrenzung der Zahl jüdischer Studierender fand auch bei dem christlichsozialen Politiker Ignaz Seipel, der ein Cartellbruder (Norica) war, Unterstützung. Der Theologieprofessor an der Universität Wien machte sich vor den Nationalratswahlen im Herbst 1920 ebenfalls für einen Numerus clausus stark. Seipel, der 1922 Bundeskanzler wurde, rechtfertigte die Diskriminierung von Jüdinnen und Juden in Österreich als reinen »Notwehrantisemitismus«91 und ließ wenig Zweifel daran, dass die Judenfeindschaft integraler Bestandteil damaliger christlichsozialer Ideologie war. Wie diese »Notwehr« nicht nur unter den Christlichsozialen aussah, war bereits ein halbes Jahr zuvor demonstriert worden: Nachdem sich deutschnationale Studierende mit sozialdemokratischen und zionistischen Kommilitonen am Vormittag des 27. April 1920 vor dem Gebäude der Universität eine Straßenschlacht geliefert hatten und nur durch die Polizei zurückgedrängt werden konnten,92 wurde die Mensa der jüdischen Studierenden (»Mensa Academica Judaica«) in der Alser Straße überfallen und verwüstet.93 Danach zogen die Randalierer weiter ins Anatomische Institut in der Währinger Straße, das sich in der Zwischenkriegszeit zu einem Brennpunkt der Ausschreitungen entwickelte. Einer der beiden Vorstände des Instituts war nämlich der Anatom und bekannte Sozialdemokrat Julius Tandler, der vom Judentum zum Katholizismus konvertiert war.94 Und Tandler begann nach diesem Apriltag 1920 eine »Chronik des Terrors« anzulegen, um in den folgenden Jahren die immer brutaleren Übergriffe gegen ihn, seine Mitarbeiter und Studierende zu dokumentieren.95 Hatten die radikalisierten Studenten bei ihren Überfällen am Vormittag des 27. April »Die Wacht am Rhein« und »Deutschland, Deutschland über alles« gesungen, ging es abends in einer ähnlich völkischen und antisemitischen Tonart weiter. Im Zuge einer Versammlung des Antisemitenbundes im Wiener Rathaus gaben studentische Anhänger erneut nationale Lieder zum Besten. Das »Kampfziel« des Bundes, wie es in einem Flugblatt hieß, war unter anderem der Boykott von Geschäften jüdischer Kaufleute sowie die Einführung eines Numerus clausus für die freien akademischen Berufe und Lehranstalten.96 Darüber hinaus sprachen sich die Antisemitenbund-Mitglieder in der dicht gefüllten

91 »Die Kulturpolitik der Christlichsozialen«, Reichspost, 23. 9. 1920, S. 2. 92 Vgl. »Studentenschlägereien an der Universität«, Neue Freie Presse (Abendblatt), 27. 4. 1920, S. 2. 93 Vgl. Pauley, Geschichte des österreichischen Antisemitismus, S. 140. 94 Vgl. Nemec/Taschwer, Terror gegen Tandler, S. 157. 95 Vgl. Hanak-Lettner, Kampfzone, S. 125. 96 Vgl. ABPDW, Vereins- und Versammlungswesen, Antisemitenbund 1935–1946, Flugblatt, o.D. sowie Pape, Antisemitenbund, S. 33–34.

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Volkshalle auch für die Ausweisung der »Ostjuden« aus und begannen vor der Halle auf jüdische Passanten einzuschlagen.97 Doch nicht nur christlichsoziale Politiker außerhalb der Universitäten und die Deutsche Studentenschaft forderten universitäre Zugangsbeschränkungen für Jüdinnen und Juden. Unter den Befürwortern einer solchen Politik war etwa auch Karl Diener, der Rektor der Universität Wien des Jahres 1922/23. Diener unterstützte die Forderungen der Deutschen Studentenschaft und betonte im Dezember 1922 in der »Reichspost«, dass der »Abbau der Ostjuden« im Programm jedes Rektors einer deutschen Hochschule einen herausragenden Platz einnehmen müsse. Der fortschreitenden »Levantisierung«98 der Hauptstadt, so Diener, müsse wenigstens an den Hochschulen Einhalt geboten werden. Es ging dabei aber nicht nur um die Forderung nach einem Numerus clausus für jüdische Studierende und die Kennzeichnung »jüdischer« Bücher in den Universitätsbibliotheken mit dem »Zionstern«,99 sondern auch um die Reduzierung der Zahl jüdischer Lehrender an der Universität. Diener bekräftigte seine Ansprüche damit, dass er überzeugt sei, der »deutsche Student müsse die Möglichkeit haben, seine Vorlesungen bei einem Lehrer seines Volkes hören zu können.«100 Gleichzeitig wusste er von den legistischen Problemen, die ein solcher Ausschluss mit sich bringen würde: Er wäre schlicht verfassungswidrig gewesen. Anders als an der Technischen Hochschule oder der Hochschule für Bodenkultur wurde an der Universität Wien Anfang der 1920er Jahre kein Numerus clausus für jüdische Studierende eingeführt. Hier versuchte die Universitätsleitung die Zahl der jüdischen Studierenden »aus dem Osten« über erhöhte Studiengebühren zu reduzieren, oder man schloss sie vom Erhalt ausländischer Hilfszahlungen aus. Vor allem wurden Maturazeugnisse von angehenden Studierenden aus dem Osten besonders streng geprüft, um sie erst gar nicht zum Studium zuzulassen.101 Den deutschnationalen und katholischen Studierenden war das aber zu wenig. Sie verschärften die Aggression gegen Jüdinnen und Juden, um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen. Wiens größte Hochschule wurde damit schon in den 1920er Jahren zur Kampfzone – nicht nur im intellektuellen und ideologischen Sinne, sondern auch in der physischen Bedeutung des Begriffes.

97 Vgl. »Antisemitische Straßendemonstrationen«, Neue Freie Presse (Morgenblatt), 27. 4. 1920, S. 5. Aus der Berichterstattung wird nicht deutlich, ob auch Jüdinnen betroffen waren. 98 »Das Memorandum der Deutschen Studentenschaft«, Reichspost, 10. 12. 1922, S. 1 sowie »Der bodenständige Rektor«, Arbeiter-Zeitung, 12. 12. 1922, S. 3. 99 »Von der Wiener Universität«, Die Wage, 3. 11. 1923, S. 75. 100 Karl Diener, zit. nach: Lichtenberger-Fenz, »… deutscher Abstammung«, S. 50. 101 Vgl. Taschwer, Hochburg, S. 68–69.

Die Rolle der Universität Wien im »Schwarzen Wien«

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Die Rolle der Universität Wien im »Schwarzen Wien« Während Österreich seit Ende des Jahres 1920 von einer Bürgerblockregierung gelenkt wurde, die aus Koalitionen christlichsozialer und deutschnationaler Parteien bestand, entwickelte sich Wien in der Zwischenkriegszeit zum Bollwerk der Sozialdemokratie, zum »Roten Wien«. Ab 1922 war die Hauptstadt zudem ein eigenes Bundesland und somit vor allem in Fragen der Gemeindegesetzgebung vom christlichsozialen Niederösterreich getrennt.102 Insbesondere im Bildungsbereich zeigten sich bald erhebliche Spannungen zwischen dem Bund und der Stadt. Das Unterrichtsministerium war von 1922 bis 1938 fast durchgängig in der Hand der Christlichsozialen bzw. der Einheitspartei der Vaterländischen Front,103 die sowohl im Schulwesen wie auch an der Universität eine konservative Politik verfolgten. Die Wiener Kommunalpolitik hingegen setzte unter der Federführung des Sozialdemokraten Otto Glöckel jene Reformen im Schulbereich durch, die dieser in seiner kurzen Zeit als Unterstaatssekretär unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg auf Bundesebene nicht hatte verwirklichen können. Insbesondere im Bereich der Hochschulen, der Erwachsenenbildung und der Popularisierung von Wissenschaft verkehrten sich damit die Verhältnisse zwischen der Stadt Wien und dem übrigen Österreich: Während die städtischen Volksbildungsaktivitäten unter dem christlichsozialen Bürgermeister Karl Lueger in den Jahren 1897 bis 1910 schwer gelitten und deshalb vor allem von staatlicher, also universitärer Seite Förderung erfahren hatten, war es nach dem Ersten Weltkrieg genau umgekehrt: Nun war die Stadtregierung »rot«, das Unterrichtsministerium »schwarz«, und auch die vor dem Ersten Weltkrieg noch deutlich liberaleren Universitäten wurden zu einem Hort der Reaktion. Dieser Prozess lässt sich insbesondere an der Geschichte der sogenannten Volkstümlichen Universitätskurse festmachen, die 1895 an der Universität Wien eingeführt wurden – auch weil es auf kommunaler Ebene Schwierigkeiten bereitete, entsprechend große Räumlichkeiten für Volksbildungsaktivitäten zu finden. Das populärwissenschaftliche Vortragsangebot für ein nicht-akademisches Publikum zielte gleichzeitig darauf ab, die ökonomische Lage, aber auch die didaktischen Fähigkeiten der unbezahlten Universitätsdozenten zu verbessern, indem sie wissenschaftliche Erkenntnisse einer breiten, bildungsfernen Schicht vermitteln sollten.104 Zwar boten die Volkstümlichen Universitätskurse Profes102 Vgl. Berger, Geschichte Österreichs, S. 75. 103 Mit Rudolf Ramek stellte die Christlichsoziale Partei 1921 erstmals den Bundesminister für Inneres und Unterricht, er wurde aber nach nur zwei Monaten von Leopold Waber von der Großdeutschen Volkspartei abgelöst. Zwischen September 1929 und September 1930 waren Johann Schober (Beamter) und Heinrich Srbik (parteilos) ebenfalls kurz für das Ressort »Unterricht« zuständig. 104 Vgl. Taschwer, Wissenschaft für viele, S. 89–122.

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soren, DozentInnen und AssistentInnen auch nach 1918 die Möglichkeit, sich volksbildnerisch zu engagieren und gleichzeitig ihr Gehalt aufzustocken, doch die Einrichtung geriet immer mehr in die Krise, insbesondere als 1922 Othenio Abel die Leitung der Kurse übernahm.105 Das Angebot verlor an Vielfalt und vor allem Regelmäßigkeit; aus Semesterkursen wurden vereinzelte Vortragsreihen, die entgegen der ursprünglichen Dezentralisierungsidee nun doch im Universitätsgebäude am Ring veranstaltet wurden.106 Die Alma Mater Rudolphina, die sich um 1900 der breiteren Gesellschaft geöffnet hatte, wurde wieder zur »ausschließlich der gesellschaftlich privilegierten (männlichen) Elite«107 vorbehaltenen Wissensagentur. Genau gegenläufig war die Entwicklung der außeruniversitären Erwachsenenbildung in Wien, die sich nach 1918 als eine Art Gegengewicht zum elitären Hochschulstudium etablierte. Die allgemeine, berufliche und wissenschaftliche Weiterbildung sollte in Volkshochschulen, den »Hochschulen des Proletariats«, eine Alternative zu den reaktionären Universitäten bieten. Der Bereich der Volksbildung bot aber auch für WissenschafterInnen, die wegen ihrer jüdischen Herkunft, ihres Geschlechtes und/oder ihrer politischen Positionierung keine Chance auf eine Karriere an der Universität hatten, eine Möglichkeit, in ihrer Disziplin tätig zu sein.108 Das bekannteste Beispiel ist der Physiker, Philosoph und Soziologe Edgar Zilsel, der 1923 mit seinen Habilitationsversuchen an der Universität Wien scheiterte und deshalb hauptberuflicher Lehrer an den Volkshochschulen und am Pädagogischen Institut der Stadt Wien wurde.109 Die Wiener Volkshochschulen sowie die ArbeiterInnen profitierten gewissermaßen vom exkludierenden Charakter der Universität Wien und konnten deshalb auf exzellent qualifizierte Lehrende zählen. Wurde Wien mit seiner sozialdemokratischen Stadtregierung europaweit ein kommunalpolitisches Vorzeigeprojekt – etwa mit seinen Wohnbauförderungen, Bildungsinitiativen und hohen medizinischen Standards auch für ökonomisch schwache Schichten –, so wandten sich gleichzeitig die Universitätsangehörigen immer mehr von der Gesellschaft ab. Mitten im »Roten Wien« gab es somit auch 105 106 107 108

Vgl. Svojtka, Abel. Vgl. Ehs, Volkstümliche Universitätsvorträge, S. 725. Stifter, Emanzipation, S. 25. Neben den Volkshochschulen gab es für jüdische WissenschafterInnen auch an Institutionen wie der Biologischen Versuchsanstalt, dem Institut für Radiumforschung oder der Österreichischen Wirtschaftspsychologischen Forschungsstelle Möglichkeiten, eine akademische Arbeit außerhalb der Universitäten auszuüben. In der Forschungsstelle wirkten beispielsweise die SozialwissenschafterInnen Marie Jahoda, Paul Felix Lazarsfeld und Hans Zeisel. Vgl. Jahoda/Lazarsfeld/Zeisel, Die Arbeitslosen von Marienthal sowie die Seiten 208–209 in diesem Buch. Vgl. zur Biologischen Versuchsanstalt vor allem Taschwer/ Feichtinger/Sienell/Uhl, Zur Geschichte der Biologischen Versuchsanstalt. 109 Vgl. Amann, Soziologie in Wien, S. 224.

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ein »Schwarzes Wien« (Janek Wasserman),110 dessen Bastionen die Hochschulen waren, an denen die rechten, katholischen und deutschnationalen Lehrkräfte nach und nach die Macht übernahmen und diese ausbauten. Die Vertreter dieses »Schwarzen Wiens« vernetzten sich in Vereinen und Verbänden mit anderen katholischen, deutschnationalen und später auch nationalsozialistischen Akademikern und Politikern und etablierten im »Roten Wien« so etwas wie eine Parallelgesellschaft. Der Mikrokosmos der Universität bot einen geschützten Raum, in dem die Professoren ihre antisemitischen und antidemokratischen Machenschaften vorantreiben konnten. Innerhalb und außerhalb der Hochschulen und insbesondere an der Universität Wien konstituierten sich zu Beginn der 1920er Jahre mehr oder weniger geheime Netzwerke, deren Mission es war, Forschende jüdischer Herkunft sowie linke WissenschafterInnen an universitären Karrieren zu hindern. Diese Zirkel, zu denen die sogenannte Deutsche Gemeinschaft, der etwas ältere Deutsche Klub, der Spann-Kreis und die sogenannte Bärenhöhle gehörten, bestanden aus katholischen und deutschnationalen Mitgliedern – ausnahmslos Männer. Deren (klandestine) Postenabsprachen führten mittelfristig zu einer Provinzialisierung der eigenen Wirkungsstätte, da bei Berufungen oder Habilitationen nicht mehr die wissenschaftliche Qualität zählte, sondern die Zugehörigkeit zur »richtigen« Konfession sowie die »richtige« politische Haltung. Die Professorennetzwerke bildeten auf diese Weise eine indirekte Stütze der antisozialistischen Politik des »Bürgerblocks«, also der Regierungskoalition der christlichsozialen Partei mit dem Landbund und der Großdeutschen Volkspartei der 1920er Jahre. Die erwähnte Deutsche Gemeinschaft wurde 1919 von Vertretern katholischer und deutschnationaler Studentenverbindungen gegründet,111 ihre Aufnahmepraxis und die interne Struktur ähnelten auffällig jener der Freimaurerei. Jedoch stellte die Politik der Deutschen Gemeinschaft das Gegenprogramm zu jener des aufklärerischen Geheimbundes dar, der in Wien stark von jüdischen und sozialdemokratischen Mitgliedern geprägt war. Offiziell meldete sich die katholischdeutschnationale Männerverbindung als Verein an und verlautbarte in ihren Statuten die »Hebung der wirtschaftlichen Kraft des deutschen Volkes«112 als ihr Vereinsziel. Tatsächlich beabsichtigte die Deutsche Gemeinschaft von Beginn an, Akademiker – nicht zuletzt jene, die aus dem Krieg heimgekehrt waren – im Kampf gegen »den Bolschewismus«, »die Freimaurerei« und »die Juden« zu vereinen,113 deren VertreterInnen abwertend als »Ungerade« bezeichnet wurden. 110 Vgl. Wasserman, Black Vienna. 111 Vgl. neue Forschungsergebnisse zur Deutschen Gemeinschaft Huber/Erker/Taschwer, Der Deutsche Klub, S. 89–116. 112 Rosar, Deutsche Gemeinschaft, S. 33. 113 Ebd., S. 29.

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»Ungerade« sollten von akademischen wie auch staatlichen Schlüsselpositionen ausgeschlossen werden, an deren Stelle sollten möglichst viele Mitglieder oder Sympathisanten der Deutschen Gemeinschaft zum Zug kommen.114 Das gegenseitige Protegieren durch geheime Absprachen gehörte zu den Hauptaufgaben dieses Akademikernetzwerkes, das freilich nur bis 1930 existierte.115 Zu den wichtigsten Mitgliedern der Deutschen Gemeinschaft, die 1925 immerhin 441 Mitglieder verzeichnete,116 zählten neben dem späteren Bundeskanzler Engelbert Dollfuß auch Arthur Seyß-Inquart und Hermann Neubacher, die in den 1930er Jahren Karriere machten: Seyß-Inquart löste am 11. März 1938 Kurt Schuschnigg als Bundeskanzler ab,117 Neubacher amtierte von März 1938 bis Dezember 1940 als Wiens Bürgermeister. Auch zahlreiche Vertreter der Universität Wien waren »Burgbrüder«. Intern war die Deutsche Gemeinschaft nicht nur in acht Hierarchieebenen gegliedert; zusätzlich strukturierten verschiedene Fachgruppen, die dem von Othmar Spann propagierten ständestaatlichen Prinzip entsprachen, den Verein. Spann war seit 1919 Ordinarius für Nationalökonomie an der Universität Wien und eine zentrale Figur in der »Fachgruppe Hochschullehrer« der Deutschen Gemeinschaft, welcher vermutlich auch Emmerich Czermak angehörte, der Unterrichtsminister der Jahre 1929 bis 1932 (mit Unterbrechungen) und letzter Obmann der Christlichsozialen Partei.118 Zu ihren Fachgruppenkollegen zählten unter anderem Oswald Menghin, 1935/36 Rektor der Universität Wien und ab März 1938 kurzzeitig Unterrichtsminister im Kabinett Seyß-Inquart, sowie möglicherweise auch der spätere NS-Gaudozentenbundführer Kurt Knoll.119 Sie alle trieben die Diskriminierung und Diffamierung von »Ungeraden«, also im Wesentlichen von linken und/oder jüdischen Lehrenden, bereits in den 1920er Jahren voran. Im Umfeld dieser Fachgruppe – wie etwa im »Kulturamt der Deutschen Studentenschaft Deutsch-Österreichs« – wurden antisemitische Flugblätter und diffamierende »gelbe Listen« jüdischer Hochschullehrer erstellt. Dabei arbeitete man eng mit der politisch einschlägigen Presse zusammen. Bereits im April 1924 veröffentlichte die DÖTZ unter dem Titel »Rasse und Wissenschaft« eine Liste mit über 150 »nicht arischen« Lehrenden der Universität, wie Max Adler, Stephan Brassloff, Felix Ehrenhaft, den bereits erwähnten Josef Hupka, Ernst Peter Pick, Elise Richter oder Julius Tandler, und rief zum Boykott ihrer Lehrveranstaltun-

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Vgl. ebd. Vgl. Aicher, Deutsche Gemeinschaft, S. 150. Vgl. Siegert, Gelbe Liste, S. 23. Vgl. Koll, Arthur Seyß-Inquart sowie zur Rolle von Seyß-Inquart auch Huber/Erker/ Taschwer, Der Deutsche Klub. 118 Vgl. Siegert, Max Adler, S. 30. 119 Vgl. Rosar, Deutsche Gemeinschaft, S. 30.

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gen auf.120 Dass viele der genannten Personen längst konvertiert und in ihrem Selbstverständnis alles andere als jüdisch waren, tat für die Antisemiten nichts zur Sache, da für sie nicht mehr die Religionszugehörigkeit, sondern die »völkische Zugehörigkeit« und »Rasse« den Ausschlag gaben. Die Deutsche Gemeinschaft nahm auch Einfluss auf Lehrstuhlbesetzungen.121 In Absprachen mit dem Unterrichtsministerium verhinderten ihre Mitglieder Ende 1925, dass der linkssozialistische Soziologe Max Adler ein Ordinariat bekam.122 Er war freilich nicht der einzige Wissenschafter an der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät, den die Deutschen Gemeinschaft schädigte. Über den Umweg einer antisemitischen Hetzkampagne mit tatkräftiger Unterstützung der »Reichspost«, der DÖTZ und erneut Mitgliedern der Deutschen Gemeinschaft wurde gegen den jüdischen Rechtswissenschafter Stephan Brassloff zunächst ein politisch motiviertes Disziplinarverfahren eröffnet, um ihn danach für mindestens zwei Semester zu suspendieren. Brassloffs Ruf wurde damit nachhaltig beschädigt, weshalb er nicht mehr für die freiwerdende Professorenstelle für Römisches Recht in Frage kam, die letztlich an den späteren Nationalsozialisten Ernst Schönbauer ging.123 Interne Unstimmigkeiten im Hauptbetätigungsfeld der Postenvergabe waren letztendlich der Grund für die Auflösung der Deutschen Gemeinschaft im März 1930.124 Einige Mitglieder wechselten 1930 von der Deutschen Gemeinschaft in den Deutschen Klub. Der Deutsche Klub war 1908 gegründet worden, um den Konflikt zwischen den schlagenden und nicht-schlagenden deutschnationalen Verbindungen zu befrieden und sie in einem Verband zu vereinen.125 Bereits unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg waren einige seiner Mitglieder auch in der Deutschen Gemeinschaft engagiert, wie etwa Arthur Seyß-Inquart.126 Der offizielle Vereinszweck war die »Pflege des deutschen Volkstums und die Schaffung eines gesellschaftlichen und geistigen Mittelpunktes«.127 Aufgenommen wurden nur »deutsche« Männer mit »arischer Abstammung«,128 die Aufnahme musste von zwei Mitgliedern des Deutschen Klubs vorgeschlagen werden. Wer im deutschnationalen oder national-katholischen Hochbürgertum Wiens einen Namen hatte, war Mitglied des Vereins, der ab 1923 in repräsentativen Räum120 121 122 123 124 125 126 127

Vgl. »Rasse und Wissenschaft«, DÖTZ, 23. 4. 1924 (TBA). Vgl. Huber, Antisemitische Schaltzentrale. Vgl. Siegert, Max Adler, S. 30–31. Vgl. Meissel, Gedenken an Stephan Brassloff. Vgl. »Vereinsauflösung«, Wiener Zeitung, 24. 4. 1930, S. 8. Vgl. Huber/Erker/Taschwer, Der Deutsche Klub, S. 26–48. Vgl. Rosar, Deutsche Gemeinschaft, S. 37. ABPDW, Vereins- und Versammlungswesen, Deutscher Klub, Schriftverkehr aus dem Jahr 1934, Schreiben der Bundes-Polizei Wien an das Bundeskanzleramt, Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit vom 9. 11. 1934. 128 Ebd.

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lichkeiten im Leopoldinischen Trakt der Wiener Hofburg residierte. Dort fanden auch regelmäßige Vorträge politisch einschlägiger deutscher und österreichischer Intellektueller statt, von denen viele auch Mitglieder des Klubs waren. Die Akademikerquote unter den jeweils rund 1.000 Mitgliedern betrug stets zwischen 60 und 70 Prozent. Frauen waren als Zuhörerinnen bei den Vorträgen zugelassen, ebenso an eigenen Damenabenden – Mitglieder konnten sie aber wie auch in der Deutschen Gemeinschaft nicht werden.129 Gerade die katholische, völkische und deutschnationale Intelligenz, so auch (ehemalige) Rektoren der Universität Wien sowie Professoren, suchte die persönliche Vernetzung und Verschränkung von wissenschaftlicher und politischer Einflussnahme in den Klubräumlichkeiten im Leopoldinischen Trakt in der Hofburg. In den Jahren 1918 bis 1933 waren von den 15 Rektoren der Universität Wien mindestens neun Mitglieder des Deutschen Klubs,130 Wenzel Gleispach und Hans Uebersberger wirkten sogar im Vorstand.131 1932 gehörten sogar über ein Viertel der aktiven Ordinarien an der Universität Wien dem Deutschen Klub an.132 Nach 1933 geriet der Deutsche Klub, in dessen Vorstand auch Arthur Seyß-Inquart ab 1930 tätig war,133 immer häufiger ins Visier der Polizei. Vernetzungsarbeit für die NSDAP und die Involvierung einiger Klubmitglieder in den Juliputsch 1934 lieferten schließlich den Anlass für ein vorläufiges Verbot des Vereins Ende August 1934.134 Sowohl der Germanist Rudolf Much als auch der Historiker Oswald Menghin waren nicht nur Mitglieder der Deutschen Gemeinschaft und des Deutschen Klubs, sondern auch Teil eines geheimen Netzwerks von antisemitischen Professoren, das sich Bärenhöhle nannte und spätestens ab 1922 vor allem an der Philosophischen Fakultät der Universität Wien tätig war.135 An diesen Mehrfachaktivitäten wird offensichtlich, wie gut koordiniert die Aktivitäten des »Schwarzen Wien« waren, wie fließend die Grenzen zwischen dem universitären Raum und politischen Vereinen waren, woraus sowohl die Vertreter der Hoch-

129 Vgl. Deutscher Klub, Satzungen des Vereins »Deutscher Klub«. 130 Rektoren: Friedrich Johann Becke (1918/19), Ernst Schwind (1919/20), Alfons Dopsch (1920/ 21), Hans Sperl (1924/25), Karl Luick (1925/26), Hans Molisch (1926/27), Wenzel Gleispach (1929/30), Hans Uebersberger (1930/31), Othenio Abel (1932/33). Vgl. Staudigl-Ciechowicz, Akademischer Antisemitismus, S. 71. 131 Vgl. Behal, Kontinuitäten und Diskontinuitäten deutschnationaler katholischer Eliten, S. 104. 132 Vgl. Huber, Katholisch-deutschnationale Eliten, S. 206. 133 Seyß-Inquart trat dem Verein 1924 bei. Vgl. Rosar, Deutsche Gemeinschaft, S. 38 sowie die Mitgliedererhebung zum Deutschen Klub Huber, Mitgliederverzeichnis des Deutschen Klubs. 134 Vgl. ABPDW, Vereins- und Versammlungswesen, Deutscher Klub, Schriftverkehr aus dem Jahr 1934, Schreiben der Polizeidirektion Wien vom 8. 11. 1934. 135 Vgl. Taschwer, Geheimsache Bärenhöhle.

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schulen wie auch der Regierung Nutzen zogen.136 Im antisemitischen und antilinken Bärenhöhle-Netzwerk waren mindestens 19 Professoren der Philosophischen Fakultät der Universität Wien vertreten.137 Initiiert wurde der Zirkel von dem bereits erwähnten Paläontologen Othenio Abel, der diese Gruppe zu einer – wie er es formulierte – »antisemitischen Phalanx«138 schmiedete. Fast alle Teilnehmer der Bärenhöhle waren Geisteswissenschafter, die maßgebliche Funktionen in der Fakultät und darüber hinaus besetzten: Von 1922/23 bis 1934/35 hatten Teilnehmer der Bärenhöhle zumindest den Posten des Dekans oder des Vizedekans der Philosophischen Fakultät inne und prägten auf diese Weise nicht nur die Personalpolitik ihrer Fakultät, sondern als Mitglieder des Akademischen Senats auch die der Hochschule. Drei der Bärenhöhle-Professoren stiegen in der Zwischenkriegszeit sogar zu Rektoren der Universität Wien auf, nämlich Othenio Abel, Oswald Menghin und Hans Uebersberger. Absprachen mit dem Unterrichtsministerium oder der Akademie der Wissenschaften waren aufgrund personeller Überschneidungen leicht zu bewerkstelligen und ergänzten die universitätsinterne Vormachtstellung. Bis 1939 wurden 17 der 19 Bärenhöhle-Mitglieder auch als Mitglieder in die Akademie der Wissenschaften aufgenommen.139 Einer der ersten überlieferten Erfolge der Professoren der Bärenhöhle war die Durchsetzung des bereits erwähnten Karl Diener als Rektor im Studienjahr 1922/23. Mit dem Geologen konnte ein überzeugter Deutschnationaler und Antisemit installiert werden. Im Wesentlichen ging es dem Professoren-Netzwerk aber um Interventionen in Habilitations- und Berufungskommissionen gegen (vermeintlich) jüdische Wissenschafter bzw. Linke und meist zugunsten eigener Schüler (viel seltener eigener Schülerinnen). Diese Abmachungen fanden im Seminarraum des Instituts für Paläobiologie im Hauptgebäude der Universität Wien statt, der den Namen »Bärenhöhle« trug und dem Kreis auch seine Geheimbezeichnung lieferte. Gemeinsam verhinderten sie durch ihre Machenschaften und internen Pakte wissenschaftliche Karrieren, diffamierten manchmal auch Kandidaten in der ihnen nahestehenden Presse – konkret: der DÖTZ – wie den Physiker Karl Horovitz. Der aufstrebende Wissenschafter suchte 1923 um Habilitation an und wurde auch für fachlich geeignet gehalten. Unmittelbar vor der Abstimmung im Professorenkollegium wurde Horovitz in der DÖTZ aber als Kommunist »ent136 Vgl. Weinzierl, Universität und Politik in Österreich. 137 Die 19 Mitglieder der Bärenhöhle waren nach Taschwer: Othenio Abel, Wilhelm Bauer, Viktor Christian, Wilhelm Czermak, Rudolf Geyer, Hermann Junker, Friedrich Kraelitz, Dietrich Kralik, Robert Lach, Hans Leitmeier, Richard Meister, Oswald Menghin, Rudolf Much, Carl Patsch, Anton Pfalz, Robert Reininger, Heinrich Srbik, Gustav Turba und Hans Uebersberger. 138 Zit. nach: Taschwer, Hochburg, S. 111. 139 Vgl. Taschwer, Hochburg, S. 113.

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tarnt«, woraufhin sich die Mehrheit der Professoren gegen ihn entschied. Der nachträgliche Gegenbeweis des Sozialdemokraten war bedeutungslos, durch gekonnte Intrigen, die im konkreten Fall von den Bärenhöhle-Mitwirkenden Carl Patsch und Heinrich Srbik ausgegangen waren,140 war Horovitz letztlich gescheitert und wanderte in der Folge in die USA aus.141 Der offensichtliche Rückgang von Habilitationen und Berufungen jüdischer WissenschafterInnen jeweils »dank« Beteiligung des Bärenhöhle-Zirkels zeigt die Machtposition des Geheimbundes. Hans Hahn, Mathematikordinarius und Vorsitzender der Vereinigung sozialistischer Hochschullehrer, kritisierte die Praxis des informell vollstreckten Numerus clausus bereits 1924 treffend: »Wirklich strenge Anforderungen werden nur in einem Punkt gestellt: an die Abstammung. Wenn ein Habilitationswerber unter seinen Ahnen einen Juden aufzuweisen hat, dann hat er nichts zu lachen. Gewiss soll man aus unseren Hochschulen keine Judenschulen machen; aber man soll aus ihnen auch keine deutsch-nationalen Parteisekretariate machen.«142

Ab Mitte der 1920er Jahre waren Karrieren von jüdischen und linken ForscherInnen zumindest an der Philosophischen und der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät fast unmöglich, weshalb etliche von ihnen schon vorzeitig auf eine wissenschaftliche Karriere an der Hochschule verzichteten. Dieser Prozess ließ die Universität Wien noch weiter nach rechts abdriften. Setzten sich die gescheiterten Habilitationswerber – wie der Physiker Otto Halpern und kurzzeitig auch sein Kollege Karl Horovitz – gegen die vorgeschobenen Gründe der Ablehnung zur Wehr, zog die »Phalanx« (Othenio Abel) die Verfahren mit Hilfe der Universitätsleitung in die Länge, bis die Geschädigten letztlich aufgaben und oft Angebote aus dem Ausland annahmen. Im Fall von Halpern beriefen sich Bärenhöhle-Mitglieder auf die Habilitationsordnung, die es ermöglichte, KandidatInnen wegen mangelnder persönlicher Eignung zum Hochschullehreramt abzulehnen.143 Aus einer Lappalie – Halpern hatte als 21jähriger Student den Institutsschlüssel verloren, ihn nachmachen lassen und dies angeblich nicht ganz ordnungsgemäß gemeldet – leiteten seine Gegner eine Nicht-Eignung ab. Halpern versuchte über fünf Jahre lang – von 1927 bis Ende 1932 – die Ablehnung anzufechten, was einem Kampf gegen Windmühlen gleichkam. Letztlich gab sogar der Verwaltungsgerichtshof der Argumentation der Universität Recht. Bereits während des Verfahrens hatte Halpern aufgrund seiner wissenschaftlichen Leistungen ein Stipendium der Rockefeller-Foundation erhalten und Wien im Jahr 1928/29 verlassen. Zunächst arbeitete er bei 140 141 142 143

Vgl. Pesditschek, Heinrich (Ritter von) Srbik. Vgl. Taschwer, Hochburg, S. 106. Hahn, Lehr- und Lernfreiheit an den Hochschulen, S. 170–171. Vgl. StGBl. 415/1920 vom 2. und 8. 9. 1920, unter anderem § 6.

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Werner Heisenberg in Leipzig, von dort führte ihn 1930 sein Weg nach New York, wo er die akademische Anerkennung erhielt, die ihm an der Wiener Universität verwehrt worden war.144 Beispielhaft für die Lage an der Philosophischen Fakultät ist ein Brief des Historikers Hans Hirsch (ab dem Studienjahr 1938/39 Prorektor der Universität Wien), der Anfang 1932 schrieb: »So wie die Dinge heute in Wien liegen, kann es uns nicht genügen, wenn einer kein Jude ist, sondern es hat sich wiederholt als ein nicht geringes Hindernis für die Zusammenarbeit herausgestellt, wenn sich nachher zeigt, dass der Betreffende zwar Arier, aber durchaus links gerichtet ist.«145

Eine ganz ähnliche Personalpolitik wie jene der Bärenhöhle an der Philosophischen Fakultät vollstreckte der Kreis rund um den Ökonomen Othmar Spann an der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät. Spann gelang es, viele seiner Schüler in universitäre Positionen zu hieven.146 Auch an Spanns Fakultät wurden ab Mitte der 1920er Jahre keine WissenschafterInnen jüdischer Herkunft mehr auf eine ordentliche Professur berufen. Josef Hupka konnte trotz erheblichen Widerstands 1926 als Jude immerhin noch das Amt des Dekans übernehmen. Und auch an der Medizinischen Fakultät war es ein Karrierehindernis, links und/ oder jüdisch zu sein. Hier war es aber noch Anfang der 1930er Jahre möglich, dass mit Ernst Peter Pick für das Studienjahr 1932/33 ein Professor jüdischer Herkunft Dekan wurde. Der Protest der Deutschen Studentenschaft auf Picks Ernennung folgte postwendend.147 Picks Amtskollege an der Philosophischen Fakultät war in diesem Jahr Heinrich Srbik – seines Zeichens Mitglied der Bärenhöhle und im Deutschen Klub, zudem 1929/30 offiziell parteiloser Unterrichtsminister. Srbik ist ein Paradebeispiel für die enge Vernetzung der rechten und konservativen Professoren in den verschiedenen antisemitischen Macht- und Politikzirkeln in Wien, die an der Universität lange vor dem Austrofaschismus und dem Nationalsozialismus Bedeutung erlangten. Diese Netzwerke agierten am Staat vorbei und dennoch auch mit ihm, da sie durchaus im Einklang mit dem Unterrichtsministerium – neben Srbik auch Emmerich Czermak, Unterrichtsminister 1929 bis 1932 (mit einjähriger Unterbrechung durch Srbik) – gegen die wenigen linken und/oder jüdischen Intellektuellen agierten, die an der Universität Wien noch lehrten.

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Vgl. Taschwer, Hochburg, S. 116–120. Hans Hirsch in einem Brief vom 29. 2. 1932, zit. nach: Taschwer, Hochburg, S. 213–214. Vgl. Ehs, Der Spann-Kreis. Vgl. »Hakenkreuzlerdrohungen gegen einen Dekan der Universität«, Arbeiter-Zeitung, 26. 6. 1932, S. 7 sowie Broda, Das Jahr 1938 und die Naturwissenschaft in Österreich, S. 231.

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Antidemokratische Agenda und Autonomie Diese antisemitischen, antisozialistischen und in weiten Teilen frauenfeindlichen Netzwerke betrieben im Laufe der Zwischenkriegszeit einen immer stärkeren Missbrauch der Hochschulautonomie.148 Die Idee der Lehr- und Lernfreiheit war seit 1867 im Staatsgrundgesetz verankert und sollte die Hochschulen vor äußeren, vor allem kirchlichen Eingriffen schützen. Die Vorstellung der Handlungsfreiheit im Dienste der Wissenschaft setzte allerdings neben einem ausgeglichenen politischen Machtverhältnis unter den Funktionsträgern der Universitäten (zu dieser Zeit ausschließlich Männer) auch deren Orientierung an demokratischen Werten und an einem wissenschaftlichen Ethos voraus. Weder das eine noch das andere war an der Universität Wien in der Zwischenkriegszeit vorherrschend. Das an sich fortschrittliche Konstrukt der Autonomie garantierte zwar nach wie vor die universitäre Selbstverwaltung, stärkte allerdings nach 1918 in perfider Weise die Antidemokraten an der Hochschule. Sie schützte zum einen die antisemitischen Krawallmacher auf universitärem Boden vor schärferer Verfolgung von außen und sicherte damit zum anderen die intern mehrheitsfähigen politischen Interventionen der antisemitischen rechten Professoren, die dadurch ihre Mehrheit ungehindert weiter ausbauen konnten. Die auf diese Weise eigentlich missbrauchte Selbstverwaltung machte es möglich, noch mehr politisch und »rassisch« genehme Wissenschafter zu rekrutieren und längst nicht mehr die wissenschaftlich besten. Dies stärkte freilich aus der Universität heraus auch das »Schwarze Wien« nachhaltig, gleichsam assistiert von der Akademie der Wissenschaften, die ebenfalls zunehmend von rechten Professoren dominiert wurde.149 Linke Lehrende wie der Historiker Ludo Moritz Hartmann und der Mathematiker Hans Hahn versuchten den Missbrauch der Autonomie ab 1924 in einer Reihe von Artikeln öffentlich zu thematisieren. Ihre Versuche, eine kritische Gegenöffentlichkeit zu mobilisieren, blieben jedoch folgenlos.150 Einen der letzten Versuche, gegen die Intrigen der Professorenclique rund um Othenio Abel gerichtlich vorzugehen und diese auch öffentlich zu machen, bezahlte der Prä-

148 Vgl. Feichtinger, Verletzte Autonomie. 149 Vgl. Wasserman, Black Vienna, S. 19–25 sowie Neuhäuser, Dollfußstraße. Beispielhaft sind hier vier Mitglieder der Bärenhöhle zu nennen: der Historiker Wilhelm Bauer (Ernennung zum korrespondierenden Mitglied 1931 und zum wirklichen Mitglied 1938), der Altphilologe und Pädagoge Richard Meister (ab 1931 korrespondierendes und ab 1934 wirkliches Mitglied), der Professor für Ur- und Frühgeschichte Oswald Menghin (korrespondierendes Mitglied ab 1927 sowie Ernennung zum wirklichen Mitglied 1936) und der Historiker Heinrich Srbik (korrespondierendes Mitglied ab 1919 und wirkliches Mitglied ab 1923). 150 Vgl. Taschwer, Hochburg, S. 114–115.

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historiker Josef Bayer teuer.151 Sein Fall dürfte für linke Lehrende in den Folgejahren als abschreckendes Exempel gedient haben und die Proteste gegen die Zustände an der Universität Wien stark reduziert haben. Bayer, Mitentdecker der Venus von Willendorf, war Leiter sowohl der prähistorischen als auch der anthropologischen und der ethnografischen Abteilung im Naturhistorischen Museum und damit auch der jeweiligen Sammlungen. Die ethnografische Sammlung sollte nach einer Intervention von mehreren antisemitischen Lehrenden – unter ihnen Othenio Abel, Viktor Christian, Hermann Junker, Oswald Menghin und Rudolf Much – 1924 aus Bayers Wirkungsbereich ausgegliedert und von Gesinnungsgenossen der paktierenden Professoren übernommen werden. Bayer erkannte und benannte die politische, vom Ministerium mitgetragene Intrige und ging an die Presse. Die Zeitungen berichteten kritisch über die »Cliquenwirtschaft«152 der Universität Wien. Sie publizierten den von Bayer geäußerten Verdacht, dass er bei den antisemitischen Professoren in Missgunst gefallen war, weil er zum einen den Sozialdemokraten Julius Tandler zum beratenden Mitglied eines Instituts für Rassen- und Konstitutionsanthropologie im Museum berufen hatte, und zum anderen, weil sich die »Hakenkreuzprofessoren«153 – so die Bezeichnungen in der Presse – für Ihresgleichen einen zusätzlichen Posten sichern wollten. Bayers Schritt an die Öffentlichkeit hatte für ihn ein Disziplinarverfahren an der Universität zur Folge, in dem ihm unter anderem die Schädigung des Ansehens der Universität Wien und unsachliche Angriffe auf in der Presse namentlich genannte Lehrende wie Viktor Christian vorgeworfen wurden.154 Die Entscheidung des Akademischen Senats war für Bayer wohl niederschmetternd: 1925 wurde ihm die Venia legendi lebenslänglich entzogen. Infolge eines Berufungsverfahrens 1927 entschärfte das Unterrichtsministerium das Urteil lediglich und reduzierte den Entzug der Lehrbefugnis auf drei Jahre.155 Währenddessen hatte sich freilich auch die Deutsche Gemeinschaft gegen Bayer positioniert: Man befürchtete, dass dieser die Direktion der bereits ausgegliederten ethnografischen Sammlung in der Hofburg – also des zu gründenden Völkerkundemuseums (heute Weltmuseum Wien) – übernehmen würde. Entsprechend hieß es Ende 1925 in einem internen Protokoll der »Fachgruppe Hochschullehrer« der Deutschen Gemeinschaft schlagwortartig: »Charakter Bayers schlecht, 151 Vgl. zum Fall Bayer Staudigl-Ciechowicz, Das Dienst-, Habilitations- und Disziplinarrecht der Universität Wien, S. 763–770 sowie Taschwer, »Hexenjagd gegen den Mitentdecker der Venus von Willendorf«. 152 »Cliquenwirtschaft an der Wiener Universität«, Der Tag, 26. 7. 1924, S. 3. 153 »Das Treiben der Hakenkreuzler«, Salzburger Wacht, 28. 7. 1924, S. 3. 154 Vgl. UAW, Akad. Senat, S 185 321. 155 Vgl. Staudigl-Ciechowicz, Das Dienst-, Habilitations- und Disziplinarrecht der Universität Wien, S. 770.

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politischer Utilitarier, ungeradfreundlich [sic!], jetzt stark rot, sehr gefährlich, wenn er Direktor des neuen Museums in der Hofburg wird. Ministerium soll Senatsbeschluß bestätigen!«156 Die Autonomie des Hochschulbodens ermöglichte es aber nicht nur den Professoren, sondern auch den »deutschen« Studenten, ihre Macht gegenüber ihren politischen GegnerInnen zu demonstrieren. Eine erste Häufung von gewaltsamen Attacken gab es im Herbst 1923. Auslöser waren Proteste gegen die Berufung des Klassischen Philologen Alfred Kappelmacher – einer der ganz wenigen jüdischen Lehrenden, die noch in den 1920er Jahren auf eine Professur berufen wurden. Die Deutsche Studentenschaft boykottierte seine Lehrveranstaltungen und kritisierte gleichzeitig in einer Denkschrift an den Akademischen Senat die Ernennung des Lehrenden jüdischer Herkunft, Alfred Fischel, zum Dekan der Medizinischen Fakultät. Die Vertreter der deutschvölkischen und katholischen Studierenden fühlten sich somit nicht nur von ihren jüdischen KommilitonInnen, sondern abermals auch von einer Personalentscheidung provoziert,157 da sie den »deutschen Charakter« der Hochschule in Gefahr sahen.158 Als der Universitätssenat dann auch noch ihre erneuten Forderungen nach einem Numerus clausus zurückwies, eskalierte die Situation. Studenten überfielen im Wintersemester 1923 (abermals) die Vorlesungen von Julius Tandler und Arnold Durig und verprügelten jüdische Studierende. Mindestens neun Schwerverletzte waren die Folge.159 Nahezu zeitgleich mit den antisemitischen Übergriffen wurde am 9. November 1923 zum Gedenken an die gefallenen Soldaten des Ersten Weltkriegs ein Denkmal in der Aula der Universität Wien eingeweiht: der sogenannte Siegfriedskopf, dessen Errichtung während des Rektorats Karl Dieners beschlossen worden war. Das Denkmal spielte auf den mythischen Siegfried in der Nibelungensage, dessen »Nibelungentreue« und die »Dolchstoßlegende« an. Im Ersten Weltkrieg seien »die Juden« und Sozialisten den Soldaten quasi in den Rücken gefallen und damit letztlich für die Kriegsniederlage verantwortlich gewesen. Die Deutsche Studentenschaft hatte für die Finanzierung des Denkmals gesorgt und Rektor Johannes Döller, ein Theologe, hielt in Anwesenheit des Akademischen Senats und der Studentenvertreter eine huldigende Einweihungsrede. Zum Abschluss der Heldenehrung wurde in der vollen Aula das Deutschlandlied mit dem Refrain »Deutschland, Deutschland über alles« ge156 Protokoll der akademischen Fachgruppe der Deutschen Gemeinschaft vom 4. 12. 1925, zit. nach: Siegert, Gerade gegen Ungerade, S. 36. Mit »ungeradfreundlich« waren zweifellos die von der Deutschen Gemeinschaft angefeindeten linken und jüdischen Lehrenden der Universität Wien gemeint. 157 Vgl. Ash, Die Universität Wien in den politischen Umbrüchen, S. 81. 158 Vgl. »Die Vorfälle an der Universität«, Reichspost, 20. 11. 1923, S. 6. 159 Vgl. Taschwer, Hochburg, S. 82.

Antidemokratische Agenda und Autonomie

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sungen.160 In den folgenden Jahren und Jahrzehnten bildete der Siegfriedskopf regelmäßig die Kulisse für Feiern und Ehrungen deutschnationaler und katholischer Studentenverbände. Aufgrund der tagelangen Unruhen an Wiens Hochschulen rund um die Einweihung des Siegfriedskopfs wurde die Universität für einige Tage geschlossen – eine Maßnahme, die in den 1920er Jahren immer häufiger zur Anwendung kam. Die Ausschreitungen waren zeitweise so intensiv, dass im Satiremagazin »Der Götz von Berlichingen« 1925 vorgeschlagen wurde, die Adresse der Alma Mater von »Ring des 12. November« auf »Schlagring« umzubenennen.161 Aber es waren eben nicht nur die brutalen Studierenden mit ihrer Forderung »Juden raus!«, die den Boden der Universität Wien als Arena der Gewalt missbrauchten. Es war ein Zusammenspiel mit den Lehrenden und insbesondere mit den Rektoren, die das Ihre dazu beitrugen. Nachdem es beispielsweise 1926 zu antisemitischen Ausschreitungen und Protesten gegen die bereits erwähnte Wahl des Rechtswissenschafters Josef Hupka zum Dekan gekommen war, meldete sich Rektor Hans Molisch, der Mitglied im Deutschen Klub war, in der Presse zu Wort. Er kritisierte die rüden Sprüche der »hakenkreuzlerischen Studentengruppen«, die sie an den sogenannten Anschlagtafeln der Hochschule veröffentlicht hatten, doch stellte er trotz seiner Missbilligung unter Berufung auf die deutschnationale Ideologie und die Hochschulautonomie klar: »Ich brauche wohl nicht zu betonen, daß auch für die Mitglieder des akademischen Senats der deutsche Charakter der Universität ein unantastbares Heiligtum ist und daß nicht im entferntesten daran gedacht wird, die Tätigkeit der national gesinnten Studentenverbände irgendwie einzuschränken.«162

Parallel zu dem krisenhaften wirtschaftlichen Wandel, der bemerkenswert synchron mit den Gewaltwellen an den österreichischen Hochschulen einherging, verfestigten sich auch die politischen Positionen der Parteien. Die Sozialdemokratische Arbeiterpartei (SDAP) formulierte 1926 ihr Linzer Parteiprogramm. Nachdem im Jahr darauf jene Schützen, die im Zuge einer Schutzbund-Versammlung im burgenländischen Schattendorf zwei Menschen erschossen hatten, am 14. Juli 1927 freigesprochen wurden, reagierten unter anderem die ArbeiterInnen der Wiener Elektrizitätswerke mit heftigen Protesten. Am 15. Juli 1927 gaben sie durch das Abschalten der Stromversorgung das Streiksignal. Der erste Demonstrationszug der ArbeiterInnen aus den Außenbezirken marschierte zur Universität am Ring, wo die Polizei alle Mühe hatte, die DemonstrantInnen 160 Vgl. »Mit Gott für Ehre, Freiheit und Vaterland«, Reichspost, 10. 11. 1923, S. 5–6 sowie Davy/ Vasˇek, »Siegfried-Kopf«, S. 14. 161 Vgl. Der Götz von Berlichingen. Eine lustige Streitschrift gegen Alle, 5. 6. 1925, S. 2 sowie Weinzierl, Hochschulleben, S. 73. 162 »Nicht hetzen, sondern studieren!«, Wiener Sonn- und Montagszeitung, 27. 12. 1926, S. 5.

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zurückzudrängen. Weitere Demonstrationszüge trafen in unmittelbarer Nähe des Parlaments und schlussendlich beim Justizpalast ein, der infolge der Proteste in Brand gesteckt wurde. Trotz der Eskalation kam Bürgermeister Karl Seitz der Bitte des Polizeipräsidenten Johann Schober nicht nach, das Bundesheer gegen die Demonstrierenden einzusetzen. Schober forderte daraufhin Gewehre aus Heeresbeständen an und erteilte der Polizei den Schießbefehl – mit verheerenden Folgen: 84 Todesopfer unter den Protestierenden und fünf auf Seiten der Polizei; dazu hunderte Verletzte auf beiden Seiten. Die innenpolitische Situation radikalisierte sich durch die Ereignisse 1927 vollends, sodass Österreich am Rande eines Bürgerkriegs taumelte, für manche HistorikerInnen der Beginn der Phase des latenten Bürgerkriegs. Und die Universität bezog Stellung: Rektor Molisch forderte in einem offiziellen Rundschreiben Ende September dazu auf, »zugunsten der Opfer des 15. Juli aus dem Stande des Polizeikorps« zu spenden. Mathematikprofessor Hans Hahn konterte als Vorsitzender der Vereinigung sozialistischer Hochschullehrer diesem Rundschreiben mit einem Artikel in der »Arbeiter-Zeitung« und überwies dem Hilfskomitee der Sozialdemokratische Arbeiterpartei Deutschösterreichs und den Gewerkschaften für die Opfer des 15. Juli 1927 rund 100 Schilling.163 Mit seiner oppositionellen Haltung gegenüber dem Rektorat stand er – bis auf wenige Ausnahmen – alleine auf weiter Flur.

Der Aufstieg der NS-Rektoren Der Schwarze Freitag im Oktober 1929 und der Zusammenbruch der Wiener Credit-Anstalt 1930/31, der größten Bank Mitteleuropas, stürzten Österreich in eine schwere Finanzkrise. Staatliche Spar- und Abbaumaßnahmen waren die Folge, die auch die Hochschulen durch (angedrohte) Postenstreichungen und eine steigende Arbeitslosigkeit unter AkademikerInnen heftig trafen. Die ökonomische Krise wurde zur politischen Krise und setzte einen Radikalisierungsschub innerhalb der bürgerlichen Kreise frei.164 Das Parlament wurde als politische Institution offen angezweifelt. Die Heimwehren reagierten auf die immer dramatischere Lage mit ihrem faschistischen Korneuburger Eid am 12. Mai 1930, der vom Spann-Schüler Walter Heinrich formuliert worden war.165 Darin wurde die Aufhebung der Demokratie und eine ständische Neuordnung des Staates gefordert, durch die auch der Klassenkampf überwunden werden sollte.

163 Vgl. »Gegen den Bettelbrief des Rektors«, Arbeiter-Zeitung, 1. 10. 1927, S. 4. 164 Vgl. Tálos/Wenninger, Das austrofaschistische Österreich 1933–1938, S. 12–13. 165 Vgl. Huber, Rückkehr erwünscht, S. 214.

Der Aufstieg der NS-Rektoren

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Nicht nur das innenpolitische Klima verschärfte sich in diesen Monaten, auch an der Universität Wien vollzog sich im Studienjahr 1929/30 eine Radikalisierung. Der mit den Nationalsozialisten sympathisierende Strafrechtsprofessor Wenzel Gleispach löste den katholischen Theologen Theodor Innitzer als Rektor ab. Hatte sich der aus dem Amt scheidende Prälat und spätere Erzbischof von Wien noch für eine Befriedung des Universitätsalltags und vor allem für die Kontrolle der NS-Studierenden eingesetzt, trugen die Interventionen von Gleispach noch zur Eskalation der Entwicklungen bei. Zwischen Rektor Gleispach und »seinen« nationalsozialistischen Studenten entwickelte sich ab Herbst 1929 ein erfolgreiches Wechselspiel: Unmittelbar nach seinem Dienstantritt veröffentlichte die DÖTZ erneut einen antisemitischen Hetzartikel gegen (vermeintlich) jüdische Lehrende.166 Ähnlich wie schon 1924 wurden die Studierenden darin aufgefordert, nur Vorlesungen »deutscher« Lehrender zu hören. Dies sollte nicht das letzte Mal sein, dass unter Gleispach die rassistische Kategorisierung – ungeachtet der religiösen oder politischen Selbstbezeichnung – eine tragende Rolle spielte. In einem weiteren Versuch, Jüdinnen und Juden als »Fremde« zu stigmatisieren, erließ Gleispach im Frühjahr 1930 die »Gleispachsche Studentenordnung«. Er hatte dafür nicht nur die Unterstützung der Deutschen Studentenschaft, sondern auch jene seiner Kollegen der Wiener Rektorenkonferenz, des Akademischen Senates und des Ministeriums,das zu diesem Zeitpunkt von Heinrich Srbik geführt wurde. Srbik war, wie bereits erwähnt, nicht nur Teilnehmer der Bärenhöhle, sondern wurde nach 1938 auch Präsident der Akademie der Wissenschaften. Gleispachs Erlass entsprach nicht exakt den jahrelangen Forderungen nach einer Zugangsbeschränkung für jüdische Studierende, da er keine Quote festsetzte. Doch er schuf für alle Studierenden (vermeintlich) gleicher (völkischer) Abstammung und Muttersprache »Studentennationen« getrennt nach den Kategorien »deutsch«, »nichtdeutsch«, »gemischt« und »andere«.167 Statt nach Staatsbürgerschaft wurden die Studierenden nach ihrer »völkischen« Zuschreibung und damit letztlich nach rassistischen Kriterien eingeteilt.168 Die Forderungen nach einer solchen Einteilung waren aber auch damals nicht neu. Das Wiener Programm der Christlichsozialen Partei hatte beispielweise bereits im November 1919 gefordert, jüdische SchülerInnen in eigene Klassen zusammenzuführen. Darüber hinaus sollten Juden und Jüdinnen eine eigene Nation bil-

166 Vgl. »Rasse und Wissenschaft«, DÖTZ, 13. 10. 1929 (TBA). 167 Vgl. Pauley, Geschichte des österreichischen Antisemitismus, S. 171. 168 Vgl. Posch, Studierende, S. 63 sowie Lichtenberger-Fenz, »Ein Hort deutschen Geistes«, S. 69. Die Rubrik »Volkszugehörigkeit« wurde als solche in den Nationalien – den Inskriptionsscheinen jener Zeit – bereits im Wintersemester 1928/29 eingeführt. Vgl. Posch, Die Studierenden von 1938, S. 143.

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den.169 Leopold Kunschak träumte ebenfalls schon 1919 in dem bereits erwähnten antisemitischen Gesetzesvorschlag von einem eigenen Nationalkataster, in dem die Abstammung (letztlich die »Rasse«) die relevante Kategorie sein sollte.170 1930 sollte dann diese Art von Volksbürgergrundsatz kurzfristig umgesetzt werden, um die »deutschen Studierenden« als geschlossene Volksgruppe »zu schützen«.171 Wie auch in anderen hochschulpolitischen Bereichen wurden damit bereits Maßnahmen vorweggenommen, die im Deutschen Reich erst nach dem Aufstieg Adolf Hitlers zum Reichskanzler 1933 implementiert wurden und auf die man ab März 1938 an der Universität Wien strukturell und ideologisch aufbauen konnte.172 Die sozialistischen Studierenden sahen in Gleispachs Erlass die Vollstreckung eines »blinden Antisemitismus deutschnationaler Studentenkreise«173 und kündigten der volksbürgerlichen Studentenordnung den Kampf an.174 Da die Wahlen der Studierendenvertreter Anfang Februar 1931 unter der kurzfristig geltenden Studentenordnung Gleispachs ausgetragen wurden und ein Viertel der 11.911 Studierenden durch ihre Einstufung als »nicht arisch« kein Wahlrecht besaßen,175 riefen die sozialistischen HochschülerInnen zum Boykott der Abstimmung auf. 55 Prozent aller Studierenden an der Universität Wien gaben schlussendlich ihre Stimme ab (6.605).176 Mit 2.278 Stimmen (oder 34 Prozent der abgegebenen Stimmen) gewann der Nationalsozialistische Deutsche Studentenbund (NSDStB) 15 von 40 Mandaten und somit knapp vor den katholischen Hochschülern mit 2.163 Stimmen (32 Prozent) mit 14 Mandaten.177 Die nationalsozialistischen Studierenden stiegen bei diesen Wahlen an allen Wiener Hochschulen zur stärksten Fraktion auf. Von diesem Wahlsieg an prägten die Nationalsozialisten noch stärker den Universitätsalltag.178 Letztlich hob der Verfassungsgerichtshof die »Gleispachsche Studentenordnung« im Frühsommer 1931 auf, allerdings aus rein formaljuristischen Gründen und nicht aus prinzipieller Ablehnung ihrer diskriminierenden völkischen Einteilung.179 Zu dieser Zeit war Hans Uebersberger – Mitglied sowohl im Deutschen Klub als auch in der Bärenhöhle – Rektor und damit Nachfolger Gleispachs. Sein 169 Vgl. Pauley, Geschichte des österreichischen Antisemitismus, S. 207. 170 Vgl. Wenninger, »… für das ganze christliche Volk eine Frage auf Leben und Tod«, S. 214. 171 Tschadek, Unser Kampf, S. 6 sowie Brandstetter, Die vertriebenen Studierenden, S. 63, Gall, Alma Mater Rudolphina, S. 90, Veiter, Nationale Autonomie, S. 127. 172 Vgl. Lichtenberger-Fenz, Österreichs Universitäten 1930 bis 1945, S. 69. 173 Tschadek, Unser Kampf, S. 6. 174 Vgl. Pauley, Geschichte des österreichischen Antisemitismus, S. 171. 175 Vgl. Huber, Katholisch-deutschnationale Eliten, S. 204. 176 Vgl. »Das Fiasko der ›Studentenkammerwahlen‹«, Arbeiter-Zeitung, 11. 2. 1931, S. 6. 177 Vgl. Tschadek, Unser Kampf, S. 10 sowie Taschwer, Hochburg, S. 144. 178 Vgl. Ebner, Politik und Hochschule, S. 54. 179 Vgl. Bauer, Lueger und die Lausbuben.

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Rassismus und seine Volkstümelei waren längst salonfähig geworden. Auf die Aufhebung der Studentenordnung reagierten die nationalsozialistischen Studierenden mit Demonstrationen und brutalen Übergriffen. Sie besetzten am 23. Juni 1931 die Rampe der Universität und brachten Plakate mit der Aufschrift »Juden Eintritt verboten« an.180

Abb. 2: Am 23. Juni 1931, lange vor 1938 sollten jüdische HörerInnen am Betreten der Universität gehindert werden.181

Nach wüsten Schlägereien und Attacken gegen jüdische und linke HochschülerInnen mussten sowohl die Universität Wien als auch die Tierärztliche Hochschule und die Hochschule für Bodenkultur erneut geschlossen werden.182 Da180 Vgl. Taschwer, Hochburg, S. 144–146. 181 Privatarchiv Dr. Karl Sablik. 182 Vgl. Weinzierl, Hochschulleben, S. 81.

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durch wurden die nationalsozialistischen Studierenden offensichtlich nur noch mehr aufgestachelt, und sie antworteten mit dem Aufruf zu einem gemeinsamen abendlichen Fackelzug. Rektor Hans Uebersberger verwies später in seinem NSDAP-Personalbogen auf die bereits damals enge Zusammenarbeit mit der NSDAP und dem Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbund.183 So ist es kaum verwunderlich, dass er sich an der Seite Gleispachs mit den Demonstrierenden solidarisierte, am Fackelzug teilnahm – der beworben wurde mit dem Aufruf zur »Deutscherhaltung unserer Hochschulen« – und auf den Stiegen vor der Universität posierte.184 Die jüdische Studentenschaft rief am 3. Juli 1931 zu einer Protestkundgebung auf und kündigte Widerstand gegen die Exzesse an der Universität an.185

Abb. 3: Auf den Stiegen der Universität Wien am 2. Juli 1931: Rektor Uebersberger (im hellen Anzug mit Fliege) und Wenzel Gleispach (mit Hut und Stock in der Hand) inmitten der fackeltragenden NS-Studenten.186

183 Vgl. Suppan/Wakounig, Uebersberger, S. 125. 184 Vgl. »Ein Fackelzug der Deutschen Studentenschaft«, Neue Freie Presse (Morgenblatt), 3. 7. 1931, S. 5 sowie »Kundgebung der Deutschen Studentenschaft Wiens«, Reichspost, 3. 7. 1931, S. 6. 185 Vgl. »Wir werden uns zur Wehr setzten!«, Die Stimme, 3. 7. 1931, zit. nach: Bauer, Kalkulierte Eskalation, S. 23. 186 ÖNB/Wien, H 780-B, 00491209, »Fackelzug der Wiener Studenten vor der Universität«, Hilscher. Uebersberger und Gleispach standen sich nicht nur politisch nahe: Gleispach

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Nach dem Fackelzug setzte sich der Machtgewinn des NSDStB weiter fort. Der »14. Deutsche Studententag« in Graz im Juli 1931, ein Dachverbandstreffen der Studierendenverbände aus Deutschland, Österreich und dem Sudetenland, wurde zum Triumph für die nationalsozialistischen Studierenden. Sie stellten von nun an den Vorsitz des gesamten Studentenbündnisses.187 Angeblich soll diese Meldung Adolf Hitler zu der Bemerkung veranlasst haben, dass gerade der Erfolg der NS-Studierenden ihn an den »Sieg der Bewegung«188 glauben ließe.

US-amerikanische Beobachtungen der Gewalt Das US-amerikanische Außenamt war spätestens ab Beginn der 1930er Jahre über die Entwicklungen an der Wiener Universität informiert, waren doch einige jüdische US-AmerikanerInnen selbst wegen Numerus-clausus-Regelungen an ihren heimischen Universitäten von einem Studium ausgeschlossen und als Studierende nun in Wien. Deren Umfeld in Wien wurde genau beobachtet, wovon regelmäßige Berichte von Gilchrist Baker Stockton zeugen, dem außerordentlichen US-Gesandten in Wien von 1930 bis 1933.189 Er war es auch, der über die Ausschreitungen rund um die »Gleispachsche Studentenordnung« im Juli 1931 berichtete und im Jänner 1932 über den Überfall auf die Vorlesung des Rabbiners Armand Kaminka an der Universität Wien schrieb: »As the Nationalist students saw a lecture hall full of chiefly orthodox Jews they started to insult them and it came to a regular riot.«190 Stockton ging in seinen Berichten hart mit der Universitätsleitung und mit dem christlichsozialen Unterrichtsminister Emmerich Czermak ins Gericht und schloss stets mit der Ankündigung »Watching situation closely«. Einem Bericht aus dem Februar 1932 legte er eine Karikatur bei (siehe Abb. 4, S. 58). Die US-Amerikaner beobachteten aber nicht nur. Nach diplomatischer Intervention bei Polizeipräsident Johann Schober sagte Minister Czermak schlussendlich zu, sich verstärkt um die Sicherheit der Studierenden zu kümmern und mit dem Rektorat der Universität Wien Rücksprache zu halten. Der politische Druck von außen bewegte im Unterrichtsministerium sichtlich mehr

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fungierte 1940 auch als Trauzeuge für Uebersberger bei dessen zweiter Eheschließung. Vgl. Suppan/Wakounig, Uebersberger, S. 119. Vgl. Höflechner, Die Baumeister des künftigen Glücks, S. 422. Sauder, Die Bücherverbrennung, S. 21. Vgl. NARA, RG 59, Mikrofilm 1209, Rolle 14. Ebd., topic »race problems«, Brief von Gilchrist Baker Stockton vom 4. 2. 1932. Kaminka wird in der Fachliteratur mit unterschiedlichen Vornamen geführt: Aaron, Aharon, Ahron oder auch Armand. Vgl. »Zusammenstöße an der Wiener Universität«, Tages-Post (Abendblatt), 28. 1. 1932, S. 2. In den Akten des NARA finden sich zwei unterschiedliche Namensangaben zu dem verletzten Studenten, er hieß Jakob oder Nathan Suesskind.

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als die kritischen inländischen Stimmen. Dessen ungeachtet resümierte Stocktons Kollege Ernest L. Harris, US-amerikanischer Generalkonsul, Anfang 1932 in einem seiner Berichte über die Situation an der Universität Wien: »I have warned the Jewish American students attending the University of Vienna […]. The problem is an internal affair of Austria, and beyond a friendly chat with the University authorities to protect Jewish American students as far as possible – there is nothing that can be done – except definitely closing the University.«191

Abb. 4: Von Stockton beigelegte Karrikatur. Adolf Hitler gratuliert Unterrichtsminister Emmerich Czermak zu den Ausschreitungen an der Universität: »Hitler: ›Bravo, Herr Minister Czermak, massakrieren ist besser als studieren…‹«.192

Die Wochenzeitung »Die Stimme«, die Zeitschrift des zionistischen Landesverbands für Österreich, schätzte die Lage ähnlich ein und prophezeite im Juni 1932 wegen der Intensität der Ausschreitungen: »Wir gehen schweren Gefahren entgegen.«193

191 NARA, RG 59, Mikrofilm 1209, Rolle 14, topic »race problems«, Brief von Harris vom 4. 2. 1932. 192 »Lausbub«, Wiener Sonn- und Montagszeitung, 1. 2. 1932, S. 5. 193 Die Stimme, 2. 6. 1932, S. 2, zit. nach: Bauer, Schlagring, S. 156.

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Abb. 5: Lange vor dem März 1938 waren jüdische Studierende an der Universität Wien in Gefahr. Polizeiaufnahme von NS-Studenten am 2. Mai 1932 – unter ihnen auch Couleur-Studenten – auf der Universitätsrampe im Zuge erneuter Ausschreitungen.194

Eine Antwort auf diese Bedrohung war die Formierung der Hagana, eines paramilitärischen Wehrverbands jüdischer Verbindungen, die im Jahr 1932 laut Polizeiangaben rund 500 Mitglieder hatte.195 Der Schutz von Veranstaltungen – wie der Vorlesung des Rabbiners Kaminka – sollte zu ihrer Hauptaufgabe werden. All dies hatten auch die Korrespondenten der »New York Times« beobachtet. Die Zeitung veröffentlichte gleich mehrere Berichte über die gewalttätigen Übergriffe an der Wiener Universität, so auch über jene im Herbst 1932, die eine Folge des »Simmeringer Blutsonntags« waren.196 Der verantwortliche Rektor Othenio Abel erntete aber nicht nur in der inländischen und ausländischen Berichterstattung Kritik, sondern auch universitätsintern, etwa in Form der bereits erwähnten umfangreichen Dokumentation von Josef Hupka. Der Ordinarius an der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät wollte nicht tatenlos hinnehmen, dass HörerInnen wie die bereits zi194 ALPDW, 367 (V-39–563) 939, »Studentenkrawalle bei der Wiener Universität am 2. 5. 1932 (Fotoalbum 1931/1932)«. 195 Vgl. Bauer, Schlagring, S. 156. 196 Vgl. »25 students hurt in Vienna rioting«, The New York Times, 18. 10. 1932, S. 8 sowie »3 Americans hurt in Vienna rioting«, The New York Times, 27. 10. 1932, S. 7.

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tierte Carola Koblitz von nationalsozialistischen Studenten attackiert wurden. »Aus privatem Engagement«, wie es mehrmals abwertend in den Akten über Hupka heißt, sammelte der Professor die Protokolle von misshandelten Studierenden, um die Ausschreitungen zu dokumentieren und dagegen aufzutreten. Jeder einzelne dieser Berichte war mit »Hupka« gegengezeichnet. Der Jurist vermutete, dass sein Name den studentischen Schilderungen gegenüber dem Rektorat mehr Gewicht verleihen würde. In dutzenden Protokollen lässt sich nachlesen, wie die Tage zwischen dem 17. und dem 26. Oktober 1932 zum vorläufigen Höhepunkt der Gewalt an der Universität wurden. Die Warnung der Zeitschrift »Die Stimme« hatte sich bewahrheitet: Nie war es bis dahin gefährlicher gewesen, Jüdin oder Jude an der Universität Wien zu sein als im Herbst des Jahres 1932. Die Protokolle machten einmal mehr deutlich, dass die Provokation und die Gewalt stets von Seiten der nationalsozialistischen Studenten ausgingen. Die »Hakenkreuzler« suchten nicht nur an der Universität Wien, sondern auch an anderen Hochschulen die gewalttätige Auseinandersetzung. Die nationalsozialistische DÖTZ wiederum, die über beste Kontakte zur Universitätsleitung verfügte, verdrehte die Fakten. In ihren Berichten hieß es, die jüdischen Studierenden hätten die Hochschulkrawalle heraufbeschworen – die Protokolle zeichnen aber durchgängig ein anderes Bild.197 Vielmehr dürfte das Ausmaß der Übergriffe noch größer gewesen sein, da wohl nur ein Teil der von der Gewalt Betroffenen den Weg zu Josef Hupka gefunden hatte. Der mutige Rechtswissenschafter beließ es nicht bei der Sammlung der Protokolle. Er wandte sich in einem Begleitbrief direkt an Rektor Abel und bat um ein entschiedeneres Vorgehen gegen die Ausschreitungen: »Ich bitte Eure Magnifizenz, das hier vorgelegte Material einer eingehenden persönlichen Durchsicht zu unterziehen und ihm im Akademischen Senat die ernste Betrachtung zu verschaffen, die es im Interesse der Ehre und des kulturellen Ansehens unserer Hochschule verdient. Die Legitimation zu dieser Bitte schöpfe ich aus dem Recht und der Pflicht jedes akademischen Lehrers, auch als einzelner das Wesen und die Würde der Universität gegen alle Angriffe zu verteidigen, von welcher Seite immer sie kommen mögen. […] Was sich in den Tagen vom 17. bis zum 26. Oktober 1932 zugetragen hat, zeigt eindringlich, dass es allerhöchste Zeit ist, den akademischen Boden vom politischen Terror zu befreien und die Sicherheit der Ehre, des Lebens und der Gesundheit, die hier für einen Teil der Studierenden verloren gegangen ist, mit allen gesetzlich gebotenen Mitteln wiederherzustellen.«198

197 Vgl. Artikel über die DÖTZ-Berichterstattung sowie »Jüdische Studenten provozieren Hochschulkrawalle«, Arbeiter-Zeitung, 19. 10. 1932, S. 4. 198 UAW, Akad. Senat, S 185 513, Schreiben von Josef Hupka an Othenio Abel vom 28. 11. 1932. Josef Hupka wurde nach dem »Anschluss« 1938 aus rassistischen Gründen zwangspensioniert, wenig später entzogen ihm die Nationalsozialisten die Pension. Er flüchtete mit

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Knapp drei Wochen nachdem Hupka diesen Brief an Abel gerichtet hatte, bezog dieser bei seiner offiziellen Amtseinführung klar Stellung – und trug weiter zur Radikalisierung bei, indem er bei seiner Inaugurationsrede gerade nicht gegen die Nationalsozialisten Stellung bezog, im Gegenteil. Die Rede des neuen Rektors endete mit einem unmissverständlichen völkischen Bekenntnis. Abel erklärte: »Als Deutsche haben stets wir uns bekannt: Wer will den deutschen Geist aus uns vertreiben Ja, Deutsche sind wir, wollen’s ewig bleiben Und halten fest am deutschen Vaterland!«199

Tatsächlich gingen unter seinem Rektorat die Pogrome gegen die jüdischen Studierenden ungehindert weiter. Und so gut wie keiner der Täter wurde später zur Rechenschaft gezogen.200 Anfang Dezember 1932 verschoben sich die Fronten: Die nationalsozialistischen Studierenden fühlten sich auch aufgrund der Entwicklungen in Deutschland so sehr bestärkt, dass sie nun auch ihre katholischen Bündnispartner der Deutschen Studentenschaft zu attackieren begannen. Am 2. Dezember 1932 kam es nach eröffnenden Worten von Othenio Abel und einer Rede des deutschnationalen Philosophieprofessors Hans Eibl,201 der die Lager wieder versöhnen wollte, in den Wiener Sofiensälen zu einer ersten physischen Konfrontation zwischen nationalsozialistischen Studierenden und katholischen Kommilitonen – eine Vorwegnahme der innenpolitischen Zerwürfnisse, die wenig später offenbar wurden.202 Nach weiteren gewaltsamen Ausschreitungen am Tag nach Eibls Rede verließen die katholischen Studierenden die Deutsche Studentenschaft und beendeten noch im Dezember 1932 die jahrelange Zusammenarbeit. Heinrich Drimmel, Mitglied der Wiener Heimwehr seit 1929, austrofaschistischer Studentenführer und in der Zweiten Republik ÖVP-Unterrichtsminister,203 fasste die Bedeutung dieses Bruches in seinen Erinnerungen folgendermaßen zusammen: »An diesem Tag zerriß etwas in Österreich, das niemals mehr geknüpft

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seiner Ehefrau in die Niederlande. Von dort wurde er 1943 ins KZ/Ghetto Theresienstadt/ Terezín deportiert, wo er am 23. 4. 1944 starb. Seine Ehefrau Hermine Hupka starb 1944 in Auschwitz. Seit 2015 trägt ein Sitzungszimmer im Juridicum der Universität Wien seinen Namen. Vgl. »Rückholung ins kollektive Uni-Gedächtnis«, online unter: https://www.der standard.at/story/2000014663646/rueckholung-ins-kollektive-uni-gedaechtnis (zuletzt abgerufen: 1. 4. 2020). Othenio Abel 1933, zit. nach: Taschwer, Hochburg, S. 159. Vgl. UAW, Akad. Senat, S 185 513. Vgl. Klaus, Macht und Ohnmacht in Österreich, S. 24–26 sowie Wasserman, Black Vienna, S. 111. Vgl. Höflechner, Die Baumeister des künftigen Glücks, S. 436. Vgl. Staudinger, Heinrich Drimmel, S. 124.

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werden sollte: die in der Ära des Bundeskanzlers Ignaz Seipel gelungene politische Allianz der Christlichen und der Deutschnationalen.«204

Jahresbeginn 1933: Höhepunkt des NS-Studententerrors Die anhaltende Gewalt der NS-Studierenden rief sogar die Liga für Menschenrechte auf den Plan, die am 1. Jänner 1933 Auszüge einer Denkschrift in der Tageszeitung »Neue Freie Presse« veröffentlichte. Ursprünglich war dieses Memorandum, das insbesondere die gewalttätigen Ausschreitungen an der Universität Wien des Jahres 1932 thematisierte, an Kanzler Dollfuß übermittelt worden.205 Die VertreterInnen der 1926 gegründeten Liga – unter ihnen die Frauenrechtlerin Rosa Mayreder, aber auch Universitätsprofessoren wie die Rechtswissenschafter Josef Hupka und Josef Redlich (seit 1926 Professor an der Harvard University), der Kunsthistoriker Hans Tietze und der Physiker Hans Thirring – sahen durch die anhaltenden Gewaltexzesse auf universitärem Boden »staatsgrundsätzlich gewährleistete Rechte« wie das des leiblichen Schutzes verletzt. Sie warnten vor einer weiteren Eskalation und kritisierten das zu Jahresbeginn 1933 noch geltende Gewaltmonopol des Rektors, allein für Ruhe und Ordnung an der Hochschule verantwortlich zu sein. Das habe zur Folge gehabt, dass es im Zuge der studentischen Ausschreitungen so gut wie nie zu einem Durchgreifen der Polizei gekommen war. Die Liga forderte dementsprechend eine öffentliche Weisung an die Exekutive. Sie mahnte das bisher verhinderte Intervenieren der Polizei ein und zeigte auf, dass die Exzesse keine universitätsinterne Angelegenheit mehr allein waren. So hieß es in der Denkschrift: »Es gibt keine Möglichkeit dafür, daß eine Polizeibehörde auf Grund eines Gewohnheitsrechtes verpflichtet wäre, Verbrechen, die unter ihren Augen begangen werden, zu dulden und daß sie nicht das Recht hätte, an dem Ort, an dem strafbare Handlungen vor sich gehen, einzuschreiten.«206

»Energische Verwaltungsmaßnahmen« sollten die »radikale Politisierung«207 der Hochschule verhindern, wie die Liga schrieb – damit waren vor allem die weitere Unterwanderung durch den Nationalsozialismus und die Übergriffe der natio204 Drimmel, Häuser meines Lebens, S. 169. Dieser Bruch zwischen den beiden Lagern fand an der Universität Innsbruck bereits deutlich früher, Mitte der 1920er Jahre, statt. Ina Friedmann und Dirk Rupnow führen die starke und frühe Konkurrenz der beiden Gruppen auf das Fehlen des gemeinsamen Feindbilds der Juden/Jüdinnen und Linken zurück. Vgl. Friedmann/Rupnow, Zwischen innerer Opposition und äußerer Anpassung, S. 130. 205 Vgl. zur Liga der Menschenrechte Schmale/Treiblmayer, Human Rights League. 206 »Die Liga der Menschenrechte über die Unruhe an den Hochschulen«, Neue Freie Presse, 1. 1. 1933, S. 7. 207 Ebd., S. 6–7.

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nalsozialistischen Studenten gemeint. Der Sonderbehandlung der Universität Wien müsse ein Ende gesetzt werden, und »der erste geeignete Schritt zu diesem Ziel wäre eine öffentlich bekanntzumachende Weisung an die Polizeibehörden, in Fällen von Unruhen und Schlägereien auf akademischen Boden ebenso einzuschreiten wie an jedem anderen öffentlichen Ort.«208 Die Bemühungen der VertreterInnen der Liga für Menschenrechte für einen Polizeieinsatz erhielten zusätzliche Dringlichkeit. Denn Rektor Othenio Abel kündigte Anfang 1933 seinerseits eine ganz andere Maßnahme gegen die studentischen Ausschreitungen an: nämlich die Gründung einer Akademischen Legion, die aus Studierenden der Hochschule bestehen und an der Universität für Ordnung sorgen sollte.209 In der Vergangenheit hatte es an der Universität bereits mehrere Akademische Legionen gegeben, etwa 1848 oder im Ersten Weltkrieg. Auch der linke Studentenverband, der dem Republikanischen Schutzbund unterstellt war, hieß so. Abels Pläne standen freilich im Verdacht, dass in seine Legion vor allem Nationalsozialisten aufgenommen werden würden. Es sollten also mithin jene Studierenden für Ruhe und Ordnung sorgen, die für die Ausschreitungen verantwortlich waren. Die linksgerichtete »Arbeiter-Zeitung« kommentierte Abels Vorschlag mit einer Karikatur (siehe Abb. 6, S. 64). Daneben war im dazugehörigen Text Folgendes zu lesen: »Man kann dieser ›Legion‹ von Studenten, die das besondere Vertrauen des Rektors besitzen, nur mit Mißtrauen entgegensehen, weil zu befürchten ist, daß da Böcke zu Gärtnern, Gewalttäter zu Ordnern gemacht werden.«210 Abels Vorschlag einer »Befriedung« der Universität mithilfe seiner Akademischen Legion bedeutete neben der Stärkung der nationalsozialistischen Studierenden auch den Versuch, staatliche Zugriffe weiterhin abzuwenden und traditionelle akademische Rechte und Privilegien – wie die akademische Disziplinarhoheit und die Abgeschlossenheit des Ordnungsraumes Universität gegenüber der Exekutive – aufrechtzuerhalten. Er trug damit auf seine Art zu den Diskussionen bei, in denen es darum ging, ob die Polizei Hochschulboden betreten durfte – eine Debatte, die eine lange Tradition hatte und in der Ersten Republik besondere Brisanz erhielt. Im Wesentlichen standen sich dabei zwei Positionen gegenüber: Auf der einen Seite wollten vor allem die konservativen und rechten Vertreter der Universität – wie eben auch Abel – die territoriale Unabhängigkeit gegenüber dem Staat gewahrt wissen, um sich so gegen Eingriffe von außen zu schützen. Genau das wurde von ihren GegnerInnen – linken Universitätsvertretern, sozialdemokratischen PolitikerInnen oder der Liga für Menschenrechte – kritisiert. Für sie war die Uni208 Ebd., S. 7. 209 Vgl. »Der Rektor schafft sich eine ›Akademische Legion‹ an«, Arbeiter-Zeitung, 4. 1. 1933, S. 2. 210 Ebd.

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versität ein öffentlicher Raum, und sie wollten nicht untätig zusehen, wie dieser sich immer mehr in einen geschützten Raum verwandelte, wo Schlägertrupps unbehelligt aufmarschieren und Andersdenkende systematisch hinausprügeln konnten und die Polizei vor den Toren dabei zusehen musste.

Abb. 6: Karikatur anlässlich der Pläne Othenio Abels, die Akademische Legion neu zu gründen: »Abel, der gute Hirt. Er will die Zuchtböcke des Dritten Reiches zu Gärtnern der akademischen Kultur machen.«211

Die an der Hochschule hegemonialen Kräfte, also im Wesentlichen die Deutschnationalen und die National-Katholischen, hatten die Autonomie gemeinsam bis Ende 1932 mit allen Mitteln verteidigt. Doch als nach dem Bruch, der SofiensaalSchlägerei, zwischen den nationalsozialistischen und den katholischen Studierenden im Dezember 1932 plötzlich die katholischen Studierenden auch zu den Prügelopfern zählten und Othenio Abel die eigene nationalsozialistisch unterwanderte Akademische Legion als Schutztruppe organisieren wollte, setzte auch bei den Christlichsozialen innerhalb und außerhalb der Universität ein Umdenken ein. Nun kritisierte auch die regierungstreue »Reichspost« das Vorhaben des Rektors. Unter ihm dürften die »uniformierten nationalsozialistischen Par211 Arbeiter-Zeitung, 8. 1. 1933, S. 7.

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teitrupps auf Universitätsboden exerzieren«,212 hieß es ungewohnt kritisch. Die meisten anderen Zeitungen reagierten jenseits aller ideologischen Differenzen ähnlich. Als »gesetzlos« und »zwecklos«213 wurde der geplante studentische Ordnungsdienst in der »Wiener Sonn- und Montagszeitung« bezeichnet, die bereits in den vergangenen Jahren rechte und antisemitische Umtriebe an der Universität heftig kritisiert hatte. Die »Arbeiter-Zeitung« berichtete mit Häme, diesmal sei damit zu rechnen, »daß sogar die Gesetze der Republik geachtet werden«, da »die Interessen der Klerikalen im Spiele sind«.214 Abel hatte mit seinem Vorschlag tatsächlich eine Grenze überschritten. Die Medienberichte machen aber auch deutlich, wie sehr sich die nationalsozialistische und die katholische Studentenschaft seit dem Bruch in der Deutschen Studentenschaft im Dezember 1932 voneinander entfremdet hatten. Die ehemals loyalen Bündnispartner, geeint durch ihren Antisemitismus, ihre antiliberale, antisozialistische und antidemokratische Gesinnung, standen sich fortan oftmals als politische Kontrahenten gegenüber. Dementsprechend begrüßten die Ostmärkischen Sturmscharen, eine paramilitärische Wehrformation unter der Führung Kurt Schuschniggs, in einer Kundmachung sowohl die ablehnende Haltung von Unterrichtsminister Anton Rintelen gegenüber Abels Akademischer Legion als auch seine »entschiedene Haltung« in der Frage eines Uniform- und Waffenverbots an der Universität. Als Zeichen ihrer Unterstützung kündigten die Ostmärkischen Sturmscharen an, Nationalsozialisten in Uniform beim Rektor zu melden – dies wäre Monate zuvor noch undenkbar gewesen.215 Und der Katholisch Deutsche Hochschul-Ausschuß (KDHA) unter der Leitung Heinrich Drimmels, der wenig später zum nicht-gewählten Vorsitzenden aller HochschülerInnen in Österreich aufsteigen sollte, zog nach und schlug die Einladung Rektor Abels aus, ebenfalls Teil seiner Legion zu werden.216 Die Diskussionen rund um die Einführung der Akademischen Legion, die letztlich scheiterte, zeigen beispielhaft, welche Auswirkungen das Ende der jahrelangen Kooperation der unterschiedlichen Fraktionen in der Deutschen Studentenschaft für die Universität Wien hatte. Der versuchte Alleingang des NSSympathisanten Abel wurde gestoppt, der letztlich ohne die konservative Unterstützung keine neue Ordnertruppe zusammenstellen konnte. Das Scheitern seiner Pläne bedeutete aber auch, dass der Status quo erhalten blieb: Der Terror 212 »Vor der Bildung einer akademischen Legion an der Universität«, Reichspost, 4. 1. 1933 (TBA). 213 »Die akademische Legion ist ungesetzlich und zwecklos«, Wiener Sonn- und Montagszeitung, 9. 1. 1933 (TBA). 214 »Der Unterrichtsminister gegen die akademische Legion«, Arbeiter-Zeitung, 11. 1. 1933 (TBA). 215 Vgl. »Die Vorgänge auf der Universität«, Reichspost, 12. 1. 1933 (TBA). 216 Vgl. »Die ›Akademische Legion‹ abgelehnt«, Reichspost, 20. 1. 1933 (TBA).

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der Nationalsozialisten ging ungehindert weiter, und die Konflikte mit den katholischen Studierenden spitzten sich zu. Nachdem »universitätsfremde« Nationalsozialisten (vermutlich Studierende anderer Hochschulen) im Jänner 1933 die Schießstätte im Keller des Hauptgebäudes unter dem heutigen Veranstaltungszentrum unerlaubterweise benutzt hatten, wurde beim Bundesministerium für Unterricht Anzeige erstattet.217 Wenig später marschierten am 21. Jänner 1933 rund 60 nationalsozialistische Studenten in Uniform über die Philosophenstiege in die Aula des Hauptgebäudes am Ring und provozierten damit die katholischen Studierenden, die im Begriff waren, ihren ersten Samstagsbummel im neuen Jahr abzuhalten. Beide Vorfälle waren Ausdruck des stark gewachsenen Selbstbewusstseins der Nationalsozialisten. Dementsprechend titelte die »Reichspost« vorwurfsvoll: »Wo bleibt die Autorität des Senates der Universität?«218 Nachdem sich Heinrich Drimmel umgehend bei Rektor Abel beschwert hatte, wurden die Nationalsozialisten zwar abgemahnt, das dürfte aber keinen nachhaltigen Eindruck hinterlassen haben. Diskutierten nämlich die katholischen Studierenden zu diesem Zeitpunkt noch müßig die Frage, ob bei der Störung ihres Samstagsbummels am 21. Jänner die Nationalsozialisten im braunen Hemd ohne Armschleife und Kappe gegen das Uniformverbot verstoßen hatten, fand am 2. Februar 1933 eine sogenannte Anschlusskundgebung im großen Festsaal der Universität statt. Dass diese Propagandaveranstaltung drei Tage nach der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler abgehalten wurde, verweist einmal mehr darauf, wie stark die Geschehnisse an der Universität Wien in dieser Zeit von den politischen Umbrüchen in Deutschland beeinflusst waren. Trotz des Uniformierungsverbotes und der kurz zuvor ausgesprochenen Verwarnung erschienen die NS-Studierenden wieder in braunen Hemden zur Kundgebung, der auch Rektor Abel beiwohnte. Um die Veranstaltung zu schützen, versammelten sich im Innenhof der Universität laut einem Zeitungsbericht »zwei Halbkompanien der nationalsozialistischen Sturmabteilungen in voller Adjustierung«.219 Tags darauf machte die »Reichspost« auf das abermals gebrochene Uniformverbot aufmerksam und ergänzte, dass die Menge der SA-Mitglieder die in Ausnahmefällen zugelassene Abordnung von zehn Mann weit überschritten hätten.220 All dies geschah, während der Akademische Senat noch immer über die Geschehnisse des tumultreichen Samstagsbummels vom 21. Jänner diskutierte und 217 Vgl. »Nazi schießen an der Universität«, Wiener Sonn- und Montagszeitung, 16. 1. 1933 (TBA). Nach ihrer Eröffnung 1927 unterstand die Schießstätte nicht der Universität Wien selbst, sondern dem Amt für Leibesübungen der Deutschen Studentenschaft. Vgl. Kniefacz/Erker, Die Schießstätte im Hauptgebäude der Universität Wien. 218 »Wo bleibt die Autorität des Senates der Universität«, Reichspost, 22. 1. 1933 (TBA). 219 »Verkappte Siegesfeier für Hitler an der Universität«, Der Wiener Tag, 3. 2. 1933 (TBA). 220 Vgl. »Eine nationalsozialistische Feier in der Universität«, Reichspost, 3. 2. 1933, S. 7.

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zum Schluss kam, dass die Braunhemden keine Uniform, sondern vielmehr eine »studentische Tracht« darstellten und deshalb auch ohne Kappe im Zuge des Bummels getragen werden durften.221 Die Universitätsfunktionäre entschieden sich also Mitte Februar 1933 nicht nur gegen eine Ahndung der Verstöße gegen das Uniformverbot, sondern sahen augenscheinlich auch keinen Grund, gegen die offene Provokation und Machtdemonstration der erneut aufmarschierenden NS-Studenten energischer als mit einer Abmahnung vorzugehen. Der Kommentar der »Arbeiter-Zeitung« fiel entsprechend resignierend aus: »[M]an weiß, daß die Universität eine Hochburg der Arbeiterfeinde ist, und es ist schon egal, unter welchen Hemden sich diese schäbige Gesinnung verbirgt.«222

221 Vgl. »Also doch in Braunhemden«, Reichspost, 18. 2. 1933 (TBA). 222 »Der Rektor erlaubt braune Hemden«, Arbeiter-Zeitung, 18. 2. 1933, S. 4.

2.

Pauken und Prügeln: NS-Studententerror und austrofaschistische Gegenmaßnahmen, März 1933 bis Juli 1934

Universitärer Mikrokosmos am Anatomischen Institut Kurz nach den Diskussionen um öffentliche Bekleidungsvorschriften an der Universität Wien endete – fünf Gehminuten davon entfernt – im März 1933 die parlamentarische Demokratie. Nicht nur an den Hochschulen, sondern auch innenpolitisch waren die Nationalsozialisten im Laufe des Jahres 1932 zu einem immer wichtigeren Machtfaktor geworden. Deshalb war absehbar, dass die aus Christlichsozialen, Landbund und Heimwehren bestehende Regierung bei den nächsten Nationalratswahlen ihre ohnehin denkbar knappe Mehrheit von nur einem Mandat verlieren würde. Dies verstärkte die Bestrebung der Christlichsozialen, eine Diktatur zu errichten – ein Vorhaben, das durch Benito Mussolini aus Italien außenpolitische Unterstützung erhielt. Ein erster autoritärer Schritt auf diesem Weg war die am 1. Oktober 1932 von Dollfuß angeordnete Reaktivierung des »Kriegswirtschaftlichen Ermächtigungsgesetzes« (KWEG) aus dem Jahr 1917. Die Ausschaltung des Parlaments erfolgte dann am 4. März 1933. In der außerordentlichen Sitzung des Nationalrates traten im Zuge einer Abstimmung zunächst Nationalratspräsident Karl Renner (Sozialdemokratische Arbeiterpartei) und kurz darauf seine beiden Vertreter Rudolf Ramek (Christlichsoziale Partei) und Sepp Straffner (Großdeutsche Volkspartei) zurück. Ohne Vorsitz konnte die Sitzung nicht offiziell beendet werden, was den Nationalrat formell handlungsunfähig machte – eine Lösung der verfahrenen Situation wäre zwar möglich gewesen, wurde aber bewusst verhindert. Kurz darauf wurde sowohl die Presse- als auch die Versammlungsfreiheit aufgehoben. Der Politikwissenschafter Emmerich Tálos beschreibt die Folgen dieser Tagesordnungskrise als einen »interessensgeleiteten Bruch mit dem rechtsstaatlich-parlamentarischen System«,223 dem sich auch der christlichsoziale Bundespräsident Wilhelm Miklas nicht entgegenstellte – und damit die Ausschaltung zuließ. 223 Tálos, Das austrofaschistische Herrschaftssystem, S. 31.

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Pauken und Prügeln: NS-Studententerror und austrofaschistische Gegenmaßnahmen

Faktisch hatte Engelbert Dollfuß als Bundeskanzler die Gewaltentrennung aufgehoben und regierte von nun an autoritär. Auf diese Weise konnte er einen neuen politischen Kurs einschlagen und die Einführung einer autoritären Verfassung in Angriff nehmen. Die Ausschaltung des Parlaments gab der Regierung auch die nötige Vollmacht, mit neuer Härte gegen die politische Opposition vorzugehen: Noch im März 1933 wurde der Republikanische Schutzbund aufgelöst, der als paramilitärische Organisation der SDAP gegründet worden war. Die faschistischen Heimwehren wurden hingegen aus staatlichen und auch italienischen Finanzmitteln aufgerüstet.224 Das Ende der Demokratie im März 1933 änderte am universitären Alltag der Studierenden zunächst wenig. Der Terror der Nationalsozialisten setzte sich auch im Sommersemester 1933 fort. An der »braunen Kaserne«225 am Ring, wie die »Arbeiter-Zeitung« die Universität Wien aus guten Gründen nannte, gingen in den Wochen nach der Parlamentsausschaltung die politischen Auseinandersetzungen ungebrochen weiter. Ein Brennpunkt der Konflikte war das – räumlich wie politisch – zweigeteilte Institut für Anatomie in der Währinger Straße unweit des Hauptgebäudes. Die Vorstände des Doppelinstituts waren der »rote« Anatom und Gesundheitsstadtrat Julius Tandler, der mehrheitlich von linken Studierenden gehört wurde, sowie sein deutschnationaler Kollege Ferdinand Hochstetter, dessen Lehrveranstaltungen eher von katholischen und nationalsozialistischen Studierenden besucht wurden. Diese politische Segregation war in vielen anderen Fächern des Medizinstudiums nicht möglich: Spätestens im Physiologischen Institut in der Schwarzspanierstraße, gleich um die Ecke der Anatomie, traf man sich in der Vorlesung von Arnold Durig wieder, wo es in den Monaten davor mehrfach zu brutalen Konfrontationen gekommen war. Aufgeheizt wurde die Stimmung auch in diesen Frühlingsmonaten durch die nationalsozialistische Presse, namentlich durch die DÖTZ. Das Blatt berichtete im März 1933, dass Mitglieder der »jüdisch-marxistischen Studentenschaft« im Anatomischen Institut gegen das »deutsche Volk« hetzen und eine »Versammlung gegen Faschismus« organisieren wollten. »Linke« Studierende hätten in den Anschlagkästen des Verbands sozialistischer Studenten Zeitungsausschnitte über das politische Geschehen in NS-Deutschland angebracht, die von der DÖTZ als »lügnerisch« verurteilt wurden (siehe Abb. 7, S. 72). Um erneute Ausschreitungen am Institut zu verhindern, seien die Plakate rasch vom Hausarbeiter des Instituts abgehängt worden.226 Der Akademische Senat wurde eingeschaltet, um die Sachlage zu klären. Laut dessen Untersuchungen hatten drei Studierende zur 224 Vgl. Tálos/Wenninger, Das austrofaschistische Österreich 1933–1938, S. 19 und S. 21. 225 »Die Universität – eine braune Kaserne!«, Arbeiter-Zeitung, 23. 2. 1933, S. 2. 226 Vgl. »Ein Studierzimmer der Wiener Universität als jüdisches Versammlungslokal«, DÖTZ, 16. 3. 1933, S. 6 aus UAW, Akad. Senat, S 185 527.

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Versammlung aufgerufen, darunter auch Karl Merkl, Obmann der Fachgruppe der Mediziner des Verbands sozialistischer Studenten Österreichs. Die Studierenden wiesen in ihren Zeugenaussagen den Vorwurf der illegalen Versammlung zurück. Vielmehr gaben sie zu Protokoll, sich nur laut unterhalten und kein politisches Treffen am Institut provoziert zu haben.227 Die vermutlich sozialistische Medizinstudentin Julie Dreser wurde daraufhin vernommen. Sie hatte einen Kollegen dabei beobachtet, wie er zumindest eines der Plakate im Kasten angebracht hatte, Dreser konnte aber nicht genauer sagen, wer es gewesen war. Der Senat ging schlussendlich davon aus, dass der Anschlagkasten mit einem nachgemachten Schlüssel geöffnet und so das Plakat »Jüdische Kommilitonen!« von politischen GegnerInnen ausgehängt worden war,228 um ihre sozialistischen KontrahentInnen bei den akademischen Behörden zu diskreditieren und das Verbot des Anschlagkastens herbeizuführen.229 Die DÖTZ beschuldigte jüdische Studierende zudem, unter dem »Protektorat des jüdischen Professors« Tandler aus dem Studienzimmer ein »Versammlungszimmer der jüdischen Internationalen« gemacht zu haben: »Wenn sich jüdische Buben außerhalb der Universität in irgendwelchen dunklen Vorstadtlokalen zu ihren Privatcercles zusammenfinden, so ist das ihre Sache, daß sie aber das Studierzimmer eines der Allgemeinheit dienenden Institutes einer deutschen Universität dazu mißbrauchen, um ihre bekannten Sudeleien anzubringen, ist ein starkes Stück.«230

Die Inbesitznahme von öffentlichem »deutschen« Raum wurde von den Nationalsozialisten zunächst nur schriftlich verurteilt. Wenig später kam es einmal mehr zu Handgreiflichkeiten am Institut für Anatomie. Nachdem die nationalsozialistischen Studenten gemeinsam mit den Studenten des Waffenrings, dem Dachverband der deutschnationalen Korporationen,231 im Rahmen einer Veranstaltung ihrer Gefallenen des Ersten Weltkriegs gedacht hatten,232 überfielen 40 von ihnen am 17. März das Institut in der Währinger Straße. Einer der Auslöser für die nationalsozialistischen Ausschreitungen war ein offener Brief der kommunistischen Studierenden an ihre sozialistischen KommilitonInnen, der unter anderem im Anatomischen Institut öffentlich verbreitet wurde. Darin riefen die 227 Merkl wurde im Juni 1933 in diesem Disziplinarverfahren schuldig gesprochen und mit einer Ermahnung und Verwarnung des Dekans bestraft. Vgl. UAW, Akad. Senat, S 185 527, Schreiben an Karl Merkl vom 20. 7. 1933. 228 Vgl. UAW, Akad. Senat, S 185 527, Schreiben vom 10. 7. 1933. 229 Vgl. UAW, Akad. Senat, S 185 528, Schreiben an das Bundesministerium für Unterricht vom 18. 3. 1933, S. 2. Das Plakat ist auf Seite 72 in diesem Buch abgedruckt. 230 »Ein Studierzimmer der Wiener Universität als jüdisches Versammlungslokal«, DÖTZ, 16. 3. 1933, S. 6 aus UAW, Akad. Senat, S 185 527. 231 Vgl. Cermak, Beiträge zur Geschichte des Lehrkörpers der Philosophischen Fakultät, S. 7. 232 Vgl. »Eine Totenfeier auf der Universität«, Reichspost, 12. 3. 1933 (TBA).

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KommunistInnen zum einen zur Solidarität mit der deutschen Arbeiterschaft auf: Die in Deutschland inhaftierten SozialistInnen und ihre Familien sollten mit Lebensmitteln und Geldspenden unterstützt werden. Zum anderen hieß es, die »beste Solidaritätsaktion aber ist der Kampf gegen den Faschismus im eigenen Land«, daher forderten sie eine »Massenabwehr gegen Terrorüberfälle«.233

Abb. 7: Fake News? Illegaler Aushang, der vermutlich von Nationalsozialisten erstellt und den linken Studierenden untergeschoben worden war.234

Die Antwort darauf war eindeutig: NS-Studenten prügelten mit Stahlruten, Sesselbeinen, Gummiknüppeln und Lederriemen auf dutzende Studierende der Medizin ein. Neben ihren KommilitonInnen attackierten sie auch zwei Mitarbeiter der Anatomischen Lehrkanzel von Julius Tandler, den außerordentlichen 233 UAW, Akad. Senat, S 185 528, Offener Brief an den Ausschuss der medizinischen Fachgruppe der S.St.!, o.D., Unterstreichung im Original. 234 UAW, Akad. Senat, S 185 527, o.D.

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Professor für Anatomie, Anton Hafferl, sowie den Assistenten Louis Bergmann, die beide versucht hatten, sich schützend vor die Studierenden zu stellen.235 Fanny Stang, geborene Knesbach, Medizinstudentin an der Universität Wien, erinnerte sich in ihren lebensgeschichtlichen Aufzeichnungen noch 55 Jahre später an die Ausschreitungen zu Beginn des Sommersemesters. Sie habe, so schrieb sie 1988 in ihrer englischsprachigen Autobiografie, in den oberen Reihen der Vorlesung von Tandler Burschenschafter mit Kappen gesehen. Die NS-Studenten sangen das Horst-Wessel-Lied und begannen die engen Gänge zwischen den Sitzreihen nach unten zu gehen und dabei »Juda verrecke« zu schreien. Sie schlugen auf »jüdisch« aussehende Studierende ein, als plötzlich Julius Tandler den Hörsaal betrat: »Summing up the situation at a glance he took off his white coat and threw it on the table in front of him. Even the Nazis had frozen into silence. ›Gentlemen, unless all my students resume normal academic behaviour I shall stop all anatomy lectures this semester. You have five minutes to clear the theatre and restore order.‹«236

In diesem Fall hatte Tandler mit seiner Intervention Erfolg: »The largely imported Nazi groups made themselves scarce, no doubt encouraged by their medical comrades. The closure of Tandler’s lectures would have meant the anatomy exams could not be held and thus the loss of half a year for Jew and Aryan alike.«237

Nur wenige Professoren hatten den Mut, sich gegen die Ausschreitungen zu stellen. Anders als Tandler hätten die meisten schweigend weggeschaut, ergänzte Fanny Stang, die nach dem »Anschluss« Österreichs vor den Nationalsozialisten nach England flüchtete. An diesem Tag, an dem sie die grölenden Nationalsozialisten im Hörsaal erlebte, waren die Proteste noch einmal glimpflich ausgegangen. Wenige Tage später spitzte sich die Lage abermals zu. Am 22. März 1933 veranlasste Rektor Othenio Abel präventiv die Schließung der Universität. Der Grund dafür waren diesmal aber nicht die universitären Ausschreitungen, sondern die Urteile im Prozess zum »Simmeringer Blutsonntag« vom 16. Oktober 1932, an dem es unter den angreifenden Nationalsozialisten Tote und Verletzte gegeben hatte. Als der Prozess gegen die Schutzbündler, die sich gegen den Angriff mit Waffengewalt verteidigt hatten, im März 1933 für alle Angeklagten mit Freisprüchen endete, befürchtete Abel ähnliche Exzesse wie bereits wenige Monate zuvor, deren bereits zitierten Opfer Carola Koblitz, Jesse Zizmor oder David 235 Vgl. »Prügeleien am Anatomischen Institut«, Neue Freie Presse, 17. 3. 1933 (TBA). Eine abweichende Darstellung der Ausschreitungen siehe UAW, Akad. Senat, S 185 528. 236 Stang, Fräulein Doktor, S. 100. 237 Ebd.

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Teichmann wurden. Tatsächlich versammelten sich als Reaktion rund 200 NSStudenten vor dem Hauptgebäude der Universität Wien. Sie skandierten »Juda verrecke!« und wie schon im Oktober 1932 »Rache für Simmering!«. Diesmal wurden sie allerdings von einem Kommando der Polizei rasch verjagt.238 Anschließend versuchten laut »Arbeiter-Zeitung« rund 500 nationalsozialistische Studenten in das Anatomische Institut sowie in das in unmittelbarer Nähe liegende Josephinum einzudringen. Doch auch hier griff die Polizei erfolgreich durch und löste die Demonstration auf. Aus diesem Grund verlagerten sich die brutalsten Ausschreitungen diesmal vor allem an die Technische Hochschule und an die Hochschule für Welthandel, die ebenfalls bereits regelmäßig Austragungsorte heftiger Ausschreitungen gewesen waren.239

Erster Wendepunkt an der Universität Wien Am 9. Mai 1933 fanden am Anatomie-Institut abermals brutale Ausschreitungen statt. An diesem Tag mussten Studierende von Tandler – unter ihnen auch wieder etliche HörerInnen aus den USA – aus den Gängen des I. Anatomischen Instituts flüchten und den Seminarraum durch die Fenster mithilfe von Leitern verlassen, da vor den Türen bereits nationalsozialistische Studierende auf sie warteten, um sie zu verprügeln.240 Auch von diesen gewaltsamen Krawallen gibt es Zeitzeugenberichte: Der Medizinstudent Benno Weiser (später Weiser Varon) entkam an diesem Tag zunächst nur knapp einer Prügelei mit Nationalsozialisten im Hauptgebäude. Kurz darauf machte er sich auf den Weg in das nur wenige Gehminuten entfernte Institut für Anatomie. Dort begannen sich die linken Studierenden zunächst mit Sesselbeinen und Oberschenkelknochen aus dem Seziersaal zu bewaffnen. Auch Benno Weiser hatte sich gründlich vorbereitet und statt Hefte und Bücher vorsorglich ein paar Riesenschlüssel aus Eisen dabei,241 wie er sich erinnerte. Plötzlich hörte er »hysterische Schreie aus den Fenstern des Instituts für Anatomie«242 und sah, wie Krankenwagen Verletzte wegbrachten. Nationalsozialistische Schlägertrupps waren in das Institut eingedrungen, die Lage drohte zu eskalieren, sodass Studierende sich durch die Flucht aus den Fenstern im letzten Moment retteten, während andere dies nicht rechtzeitig schafften und verprügelt wurden.

238 Vgl. Bauer, »… jüdisch aussehende Passanten«, S. 135. 239 Vgl. »Die Nazistudenten krawallieren«, Arbeiter-Zeitung, 23. 3. 1933 (TBA). 240 Vgl. für eine ausführlichere Schilderung Nemec/Taschwer, Terror gegen Tandler, S. 167– 169. 241 Vgl. Weiser Varon, Europäer, S. 30. 242 Ebd., S. 40.

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Abb. 8: Flucht der Studierenden aus den Fenstern des Anatomischen Instituts am 9. Mai 1933.243

Die Zahl der Verletzten ist nicht eindeutig feststellbar, da sich nicht alle von ihnen ärztlich behandeln ließen. 21 HochschülerInnen meldeten sich jedenfalls in der Unfallstation, fünf von ihnen waren schwer verletzt worden.244 Die Exekutive ging sehr selektiv vor: Sie nahm die jüdischen Hochschüler Hans Pollak und Chaskel Sternberg-Zuns im Zuge der Übergriffe auf die Wachstube mit, nachdem Pollak aus dem Fenster gesprungen war, um seinen KommilitonInnen zu helfen. Pollak widersetzte sich danach dem polizeilichen Räumungsversuch der Straße vor dem Institut und forderte stattdessen den Beamten auf, sich doch um die Ausschreitungen zu kümmern, anstatt Platzverweise auszusprechen. Er schlug danach – wie er zu Protokoll gab – aus einem Reflex heraus auf den Beamten ein, der ihn mit einem Gummiknüttel bedrängt hatte.245 Sternberg-Zuns wurde angezeigt, da er angeblich Pollak gegen den Polizisten verteidigt hatte. Beim folgenden Gerichtsverfahren wurde Sternberg-Zuns freigesprochen. Pollak erhielt für das »Verbrechen der öffentlichen Gewalttätigkeit« eine Arreststrafe von einem Monat sowie zwei Jahre auf Bewährung. Obendrein verur243 ÖNB/Wien, 435.956-B, 00131062, »Ausschreitungen nationalsozialistischer Studenten, 9. 5. 1933«. 244 Vgl. Bauer, »… jüdisch aussehende Passanten«, S. 136. 245 Vgl. UAW, Akad. Senat, S 185 612, Protokoll des Landesgerichts für Strafsachen Wien I vom 19. 10. 1933, S. 4.

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teilte ihn auch die Disziplinarkommission der Universität Wien wegen »schwerer Verletzung der akademischen Ordnung«. Er wurde für das Sommersemester 1934 und das Wintersemester 1934/35 von der Hochschule verwiesen und durfte erst vier Semester nach den Ausschreitungen am Anatomischen Institut sein Medizinstudium wiederaufnehmen.246 Der Richterspruch unter dem Vorsitz von Johann Powalatz, ab 1937 NSDAP-Mitglied,247 war für Pollak und seine Familie existenzbedrohend.248 Sein Gnadengesuch bzw. seine Anträge auf Strafminderung wurden sowohl von der Universität als auch vom Unterrichtsministerium abgelehnt. Der Student Richard Mosiewicz hatte hingegen mehr Glück. Wie bereits im Herbst 1932 wurde er auch wegen seiner Beteiligung an den MaiAusschreitungen gegen linke und jüdische KommilitonInnen angezeigt,249 jedoch im Herbst 1933 kurz nach Pollaks und Sternberg-Zuns’ Urteil aus Mangel an Beweisen freigesprochen.250 Auch wenn Krawalle längst zum universitären Alltag gehörten, so zählen jene vom 9. Mai 1933 zu den bekanntesten Ausschreitungen der Zwischenkriegszeit: Die Fotos der aus den Fenstern kletternden Studierenden wurden zu Ikonen der österreichischen Universitätsgeschichte. Besondere Bedeutung erhielten die Mai-Ereignisse auch deshalb, weil wieder mehrere US-amerikanische Studierende zu den Prügelopfern zählten. Wie schon im Oktober 1932 beschwerte sich der US-amerikanische Gesandte über die Zustände an den Hochschulen und provozierte damit eine intensive Diskussion im Ministerrat. Am 10. Mai 1933 wurde dort auch das polizeiliche Eingreifen in Ausschreitungen in und nicht mehr nur vor den Universitätsgebäuden besprochen. Erstmals kritisierten Vertreter der Regierung das Privileg der Hochschulen, die Polizei am Betreten der Universität zu hindern. Schlussendlich sprachen Dollfuß und seine Minister nur eine Verwarnung gegen Rektor Abel aus, kündigten aber an, bei erneuten Ausschreitungen auch mit polizeilichen Mitteln in der Universität für Ruhe und Ordnung sorgen zu lassen.251 Am 27. Mai 1933 war es dann soweit. Dieser Tag war für die österreichische Regierung, die seit rund drei Monaten diktatorisch herrschte, aber noch aus ganz anderen Gründen eine Herausforderung. An diesem Tag verhängte nämlich die deutsche Reichsregierung die Tausend-Mark-Sperre, eine der nachhaltigsten 246 247 248 249

Vgl. ebd. Vgl. Rothländer, Die Anfänge der Wiener SS, S. 250. Vgl. UAW, Akad. Senat, S 185 612, Protokoll der Disziplinarkommission vom 13. 12. 1933. Vgl. Rothländer, Die Anfänge der Wiener SS, S. 248–250 sowie UAW, Akad. Senat, S 185 513, Schreiben von Rektor Othenio Abel vom 23. 12. 1932. 250 Vgl. UAW, Akad. Senat, S 185 612, Protokoll des Landesgerichts für Strafsachen Wien I vom 19. 10. 1933, S. 3. 251 Vgl. Neck/Wandruszka, Protokolle des Ministerrates, Kabinett Engelbert Dollfuß (Bd. 3), S. 316–318.

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wirtschaftspolitischen Sanktionen Hitlers gegen Österreich. Deutsche StaatsbürgerInnen mussten 1.000 Mark – nach heutiger Kaufkraft rund 4.600 Euro252 – entrichten, wenn sie nach Österreich einreisen wollten. Damit sollte die ohnehin marode österreichische Wirtschaft, die schon zu dieser Zeit stark vom Tourismus abhängig war, weiter geschwächt werden. Diese und spätere Maßnahmen sollten schlussendlich auch zu einem Rückgang der Zahlen der deutschen Studierenden an der Universität Wien um 75 Prozent führen.253

Abb. 9: Das Café Hochschule mit Hakenkreuz-Fahnen in der Währinger Straße 19, zwei Tage nach den Ausschreitungen am Anatomischen Institut, weniger als 150 Meter davon entfernt.254

Innenpolitisch war dieser Tag von einem Vorfall überschattet, der sich an der Universität Wien zutrug und auf drastische Weise zeigte, wie präsent und mächtig die nationalsozialistischen Studierenden waren. Rund um den Siegfriedskopf, das Heldendenkmal in der Aula im Hauptgebäude der Universität Wien, hatten sich katholische Studenten versammelt, um den 50. Gründungstag der Norica zu feiern, der zweitältesten CV-Verbindung. Zu ihren bekanntesten 252 Historischer Währungsrechner, online unter: https://www.bundesbank.de/resource/blob/ 615162/d55a20f8a4ecedd6d1b53e01b89f11c4/mL/kaufkraftaequivalente-historischer-betra ege-in-deutschen-waehrungen-data.pdf (zuletzt abgerufen am 25. 8. 2021). 253 Vgl. UAW, Akad. Senat, GZ. 70, 1932/33, Statistische Ausweise über die Inskriptionsergebnisse im laufenden Studienjahr, Sommersemester 1933 sowie UAW, Akad. Senat, GZ. 70, 1933/34, Statistische Ausweise über die Inskriptionsergebnisse im laufenden Studienjahr, Wintersemester 1933/34. 254 ALPDW, Kleinbildnegative – Kleinbildserie 2a – Nummer 6-2a-KB-23, »Nationalsozialistische Demonstrationen-Café Hochschule-Währinger Straße am 11. 5. 1933«.

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Mitgliedern zählten die beiden Wiener Bürgermeister Karl Lueger (1897–1910) und Richard Schmitz (1934–1938). Gleichzeitig widmete die Norica ihre Feier dem Cartellbruder Albert Leo Schlageter, einem deutschen Soldaten, der 1923 als »Held des Ruhrkampfes« von Franzosen im Zuge der französisch-belgischen Ruhrbesetzung erschossen worden war.255 Zum 10. Todestag Schlageters, der ein frühes NSDAP-Mitglied war, sollte im Arkadenhof eine Eiche gepflanzt werden.256 Kanzler Engelbert Dollfuß und Unterrichtsminister Kurt Schuschnigg, die beiden prominentesten Mitglieder des Cartellverbands, wollten die Feier mit ihrer Anwesenheit beehren. Doch das wurde von nationalsozialistischen Studenten verhindert. Zwar hatte die Regierung unmittelbar nach der Ausschaltung des österreichischen Parlaments im März 1933 politische Demonstrationen in ganz Österreich verboten,257 das hielt die NS-Studierenden aber nicht davon ab, an diesem Samstag ihre Macht auf akademischem Boden abermals unter Beweis zu stellen. Als Dollfuß und Schuschnigg mit dem Auto vor die Universitätsrampe gefahren wurden, sahen sie bereits, wie Studierende mit blutenden Kopfwunden das Hauptgebäude verließen, und machten kehrt. Es war für die beiden zu gefährlich, die Hochschule zu betreten.258 Als Reaktion auf die wüsten Prügeleien, bei denen fünf katholische Studierende verletzt wurden, erhielt die Polizei die Anordnung, die Universität zu betreten und für Ordnung zu sorgen. Dieser Polizeieinsatz war der erste auf universitärem Boden seit den sogenannten Badeni-Unruhen,259 als sich 1897 deutschnationale Studenten im Universitätsgebäude verschanzt und gegen die von Ministerpräsident Graf Kasimir Felix von Badeni angekündigte Sprachgleichstellung von Deutsch und Tschechisch in Böhmen aufbegehrt hatten.260 Mit einer Mischung aus Entrüstung und Entsetzen berichtete die »Reichspost« über die Vorfälle am 27. Mai 1933, bei denen insgesamt sechs nationalsozialistische Studenten verhaftet wurden.261 Schließlich hatte man sich seitens der Universität sogar vorab von den nationalsozialistischen Studenten versichern lassen, dass sie die Feierlichkeiten nicht stören würden.262 Das allein zeigt, wie mächtig die NSStudentenschaft war: Die Universitätsleitung musste versuchen, sich mit ihr abzusprechen – auch wenn es dann erst recht nicht half. 255 Vgl. Groll, Albert Leo Schlageter, S. 11. 256 Dass Leo Schlageter auch frühes Parteimitglied in der NSDAP war, dürfte für diese feierliche Instrumentalisierung nicht hinderlich gewesen sein. Vgl. Bauer, Lueger und die Lausbuben. 257 Vgl. BGBl. 185/1933 vom 19. und 23. 5. 1933. 258 Vgl. »Empörende Vorfälle an der Universität«, Reichspost, 28. 5. 1933, S. 7–8. 259 Vgl. »Vor dem Ende der Hochschulautonomie?«, Reichspost, 28. 5. 1933, S. 7. 260 Vgl. Rathkolb, Badeni-Krise 1897. 261 Vgl. »Die polizeiliche Aktion in der Universität«, Neue Freie Presse, 28. 5. 1933, S. 7. 262 Vgl. »Empörende Vorfälle an der Universität«, Reichspost, 28. 5. 1933, S. 7–8.

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Die Universität Wien blieb nach dem 27. Mai bis zum 8. Juni 1933 wieder geschlossen.263 Im Falle von weiteren Unruhen wurde mit der Schließung für das gesamte Sommersemester gedroht. Also demonstrierten nationalsozialistische Studierende in den folgenden Tagen an anderen Wiener Hochschulen gegen die Schließung. Emanuel Hugo Vogel, Rektor der Wiener Hochschule für Bodenkultur (BOKU), solidarisierte sich spontan mit ihnen und verabschiedete sich bei einer Veranstaltung mit »Heil Hitler«.264 Unter dem Eindruck seines verhinderten Besuchs an der Universität betonte Dollfuß im Ministerrat, dass ein Exempel statuiert werden müsse. Die Rektoren sollten sanktioniert werden, um auf diese Weise an den Hochschulen endgültig »Ordnung« zu schaffen und den festen Willen der Regierung zu demonstrieren.265 Der Bundeskanzler schlug zudem vor, den Rektor der Hochschule für Bodenkultur zu suspendieren und ein Disziplinarverfahren einzuleiten. Auch der Rektor der Universität Wien, Othenio Abel, sollte seines Amtes enthoben werden. Dollfuß hatte noch einen weiteren Grund für diese Forderung, deren Umsetzung einen einzigartigen Eingriff in die jahrhundertelange Autonomie der Universität bedeutet hätte: Abel hatte sich im Zuge einer studentischen Verbindungsfeier – einem Kommers – Tage zuvor abfällig über die österreichische Regierung geäußert.266 Bei der Vorladung im Bundeskanzleramt am 29. Mai 1933 konnte Abel sich dann aber vor Dollfuß und Schuschnigg allem Anschein nach nochmals glimpflich aus der Affäre ziehen. Abel soll, so behauptete er zumindest Jahre später, bei diesem Treffen ein kaiserliches Edikt aus dem Jahr 1418 erfunden haben, wonach der Rektor für derartige Geschehnisse an der Universität nicht sanktioniert werden könne und immun sei. Kanzler Dollfuß und Unterrichtsminister Schuschnigg hätten Abel mangels besseren Wissens nicht der Lüge überführen können.267 Der Rektor kam jedenfalls mit einer Mahnung davon und blieb als überzeugter Nationalsozialist im Amt. Bereits am Tag nach den heftigen Ausschreitungen Ende Mai 1933 erklärte Sicherheitsminister und Heimwehrführer Emil Fey die »gelebte Autonomie« der Hochschulen, die nie gesetzlich festgeschrieben worden war, für beendet.268 Er begründete diesen Schritt mit der allgemein krisenhaften Situation an den Hochschulen und bezog sich auch auf die Ausschreitungen in den Monaten zuvor. In der Ministerratssitzung vom 31. Mai 1933 resümierte Innenminister Vinzenz Schumy die Haltung der Wiener Rektoren gegenüber den häufigen 263 Vgl. Höflechner, Die Baumeister des künftigen Glücks, S. 446. 264 Vgl. Neck/Wandruszka, Protokolle des Ministerrates, Kabinett Engelbert Dollfuß (Bd. 3), S. 421. 265 Vgl. ebd., S. 422. 266 Vgl. »Ein Leben im Kampf um Deutschland«, Völkischer Beobachter, 17. 1. 1941 (TBA). 267 Vgl. Taschwer, Hochburg, S. 174. 268 Vgl. »Minister Fey über die Hochschulautonomie«, Neue Freie Presse, 28. 5. 1933, S. 8.

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Ausschreitungen mit dem Satz: »Sie knicken vor den Studenten völlig zusammen.«269 Heeresminister Carl Vaugoin schlug vor, das System überhaupt neu aufzustellen und alle Rektoren der Hochschulen durch Regierungskommissäre zu ersetzen, die für Ruhe und Ordnung zu sorgen hätten.270 Damit sollte das Durchgreifen der Polizei an den Hochschulen erleichtert werden. Vaugoins Vorschlag wurde in einem Fall tatsächlich umgesetzt, wenn auch erst fast ein Jahr später: BOKU-Rektor Emanuel Hugo Vogel wurde »entfernt« und durch einen Ministerialbeamten ersetzt.271 Dollfuß’ Reaktion auf die universitären Ausschreitungen im Studienjahr 1932/33 waren lange zurückhaltend geblieben. Er hatte sich bis Mai 1933 auf Drohgebärden beschränkt – offensichtlich scheute er die direkte, politische Konfrontation mit den Nationalsozialisten. Aber nach jenem Samstag Ende Mai, an dem katholische Studierende und damit seine CV-Brüder an der Universität Wien von Nationalsozialisten verprügelt wurden, änderte sich seine Haltung sowie jene seiner Regierung hinsichtlich der nationalsozialistischen Studierenden an der Universität. Dollfuß machte seine Drohung wahr, Ordnung schaffen zu wollen.

Verschärfte Durchgriffe gegen die NS-Studierenden Nachdem bereits Ende März 1933 der Schutzbund verboten worden war, untersagte die Regierung Ende Mai auch jegliche Betätigung für die Kommunistische Partei in Österreich.272 In beiden linken Gruppen waren auch Studierende vertreten, die ihre politische Arbeit im Untergrund fortsetzten. Das Verbot der nationalsozialistischen Partei folgte erst später. Erst nach einer weiteren Serie von nationalsozialistischen Anschlägen wurde am 19. Juni 1933 schlussendlich auch die Betätigung für die NSDAP sowie für den Steirischen Heimatschutz untersagt. Neben den Ausschreitungen an der Universität Wien trugen unter anderem auch ein Attentat auf den Gründer der Tiroler Heimwehr und Abgeordneten im Tiroler Landtag, Richard Steidle, sowie ein Handgranatenanschlag auf Christlich-Deutsche Turner in Krems zu dem Sinneswandel bei.273 269 Neck/Wandruszka, Protokolle des Ministerrates, Kabinett Engelbert Dollfuß (Bd. 3), S. 423. 270 Vgl. ebd. 271 Vgl. Ebner, Politik und Hochschule, S. 82–83. 272 Vgl. Rothländer, Vermögensbeschlagnahme, S. 212 sowie BGBl. 200/1933 vom 26. und 30. 5. 1933. 273 Vgl. Personeneintrag zu Richard Steidle auf der Website des österreichischen Parlaments, online unter: http://www.parlament.gv.at/WWER/PAD_01879 (zuletzt abgerufen am 1. 4. 2020) sowie Ash, Die Universität Wien in den politischen Umbrüchen, S. 94, Jagschitz, Der Putsch, S. 53, BGBl. 240/1933 vom 19. und 20. 6. 1933.

Verschärfte Durchgriffe gegen die NS-Studierenden

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Das Verbot der NSDAP bedeutete zugleich das Verbot des Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbundes (NSDStB), der seit 1931 stimmenstärkste Fraktion in der immer noch bestehenden Deutschen Studentenschaft war.274 Wie ernst die Bedrohung durch die nationalsozialistischen Studenten eingeschätzt wurde, zeigt eine Ansprache von Heeresminister Vaugoin bei einer Versammlung im Prater-Bierlokal »Kadermann« nur wenige Tage vor dem Verbot. Vaugoin habe »hunderte von Drohbriefen« von Nationalsozialisten erhalten, die ihm »verschiedene Todesarten« in Aussicht stellten. Nachdem es unter anderem an der Universität Graz zu heftigen Ausschreitungen der Nationalsozialisten gekommen war, drohte Vaugoin seinerseits damit, in den Bundesländern Durchsuchungen zu veranlassen, wie die »Neue Freie Presse« berichtete: »Es wird auch draußen in den Ländern dazu kommen, daß radikal Ordnung gemacht werden muß. […] Aber nicht nur Hochschulprofessoren werden wir uns näher ansehen müssen.«275 Doch weder Vaugoins Drohungen noch die Parteiverbote zeigten rasche Wirkung. Ein Sprecher der Deutschen Studentenschaft – vermutlich der Nationalsozialist Robert Katschinka276 – forderte noch im Frühsommer vom Akademischen Senat, den Numerus clausus für »fremdrassische« Studierende einzuführen.277 Im Zuge dieser Petition suchte der Studentenvertreter zudem um eine rechtliche und finanzielle Gleichstellung der reichsdeutschen Studierenden an. Sein Schreiben wurde ignoriert. Vielmehr setzte die Regierung im Juli 1933 einen weiteren rigorosen Schnitt: Die Zahl der ausländischen Studierenden sollte umgehend um ein Viertel reduziert werden, um die Studienbedingungen für inländische HochschülerInnen zu verbessern.278 Dabei ging es aber vor allem um eine schnelle und wirksame Maßnahme gegen nationalsozialistische reichsdeutsche Studierende, die zwar bereits durch die Tausend-Mark-Sperre vom Mai 1933 erschwerte Studienbedingungen vorfanden, aber dennoch vergleichsweise zahlreich vertreten waren. Das Ergebnis der Maßnahme überstieg sogar das anvisierte Ziel. Waren im Sommersemester 1933 noch 2.455 ausländische Studierende immatrikuliert, sank diese Zahl auf 1.535 im Wintersemester 1933/34, was einen Rückgang um 38 Prozent bedeutete. Die Zahl der Deutschen hatte sich sogar von 1.039 auf 256 (um 75 Prozent) reduziert.279 Ende September 1933 wurde 274 Vgl. Taschwer, Hochburg, S. 144. 275 »Minister Vaugoin über die letzten Terrorakte«, Neue Freie Presse, 13. 6. 1933, S. 2. 276 Vgl. UAW, Phil. Fak., Sonderreihe S 68.4, Arbeitsausschuß für Gastvorträge von ausländischen Gelehrten, 1940–1941. Brief des Rektors an den Dekan der Philosophischen Fakultät vom 21. 10. 1940. Robert Katschinka wurde später Leiter des Außenamts und der Akademischen Auslandsstelle der Gaustudentenführung. 277 Vgl. »Wieder eine Aktion an der Wiener Universität«, Reichspost, 20. 7. 1933, S. 4. 278 Vgl. Höflechner, Die Baumeister des künftigen Glücks, S. 461. 279 Vgl. UAW, Akad. Senat, GZ. 70, 1932/33, Statistische Ausweise über die Inskriptionsergebnisse im laufenden Studienjahr, Sommersemester 1933 sowie UAW, Akad. Senat, GZ. 70,

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dann auch noch die Deutsche Studentenschaft aufgrund der nationalsozialistischen Vormachtstellung per Erlass aufgelöst – ein Schritt, den die katholischen Studierenden bereits nach deren Austritt aus dieser Dachorganisation im Dezember 1932 gefordert hatten. Damit waren die Aktivitäten der nationalsozialistischen Studierenden aber noch nicht vollständig unterbunden, wie sich zeigen sollte.280 Die Sommerferien brachten neben diesem harten Eingriff in die Selbstorganisation der Studierenden und neuen Zulassungsregelungen aber auch in anderen Bereichen unerwartete Veränderungen. Knapp zwei Monate früher als üblich übergab Rektor Abel – vermutlich aufgrund des wachsenden politischen Drucks, angeblich aber wegen Urlaubsplänen – bereits Mitte Juli 1933 seine Amtsgeschäfte interimistisch an den Pädagogikordinarius Richard Meister.281 Erst im Oktober 1933 folgte ihm der regulär gewählte katholische Theologe Ernst Tomek an der Spitze der Universität Wien nach. Bevor Abel offiziell seine Agenden als Rektor übergab, war er eigenen Angaben nach – illegal und geheim – am 25. Juni, also sechs Tage nach dem Parteiverbot, der NSDAP beigetreten.282 Stimmen Abels Angaben, dann wäre er der erste Rektor der Universität Wien gewesen, der – wenn auch nur für kurze Zeit – gleichzeitig auch illegales NSDAPMitglied war.283 Mit der NSDAP-Mitgliedsnummer 6.196.288 wurde Abel auf jeden Fall als »Illegaler« durch die NS-Instanz anerkannt.

280 281 282 283

1933/34, Statistische Ausweise über die Inskriptionsergebnisse im laufenden Studienjahr, Wintersemester 1933/34. Vgl. Höflechner, Die Baumeister des künftigen Glücks, S. 471. Vgl. ebd., S. 455. Vgl. Angabe »illegales Mg. der NSDAP seit 25. 6. 1933 in Wien (derzeit in Überführung)«, BA R/9361/V/12325, Lesefilmnummer RK 1, Antrag auf Aufnahme in die Reichsschrifttumskammer vom 3. 5. 1939. Die angesprochenen Unregelmäßigkeiten betreffen das NSDAP-Eintrittsdatum, das mit 1. 5. 1938 angegeben ist. Es besteht die Möglichkeit, dass Othenio Abel erst am 20. 12. 1939 – rückdatiert auf den 1. 5. 1938 – in die Partei aufgenommen wurde (Zuteilung: Gau Südhannover-Braunschweig). Mit der Nummer 6.196.288 fiel Abel in den Block der gefragten NSDAP-Mitgliedsnummern (zwischen 6.100.000 und 6.600.000). Nachdem in der Illegalität aus offensichtlichen Gründen keine Parteikartei in Österreich geführt wurde, waren viele »Illegale« erst nach dem »Anschluss« 1938 in die Karteien aufgenommen worden und erhielten als Zeichen dafür eine niedrige 6-Millionen-Nummer. Personen, die versuchten in diesen Nummernblock zu gelangen, wurden oft abschätzig als »Märzveilchen« bezeichnet. Im Fall von Abel kann auf Basis der gesichteten Quellen nicht eindeutig festgestellt werden, wann er tatsächlich der Partei beitrat. Vielleicht versuchte er mithilfe von konstruierten Zeugenaussagen das Eintrittsdatum 5. 6. 1933 zu etablieren, um dann eine niedrige Mitgliedsnummer zu erhalten, vielleicht trat er aber 1933 tatsächlich bereits bei. Sein Fall ähnelt dem von Fritz Knoll, dem ersten Rektor der Universität Wien nach dem »Anschluss«, der ebenfalls offiziell erst am 1. 5. 1938 in die Partei aufgenommen und dabei gleichzeitig als »Illegaler« anerkannt wurde. Dass Abel früher Nationalsozialist war, kann unabhängig von der Frage des Eintrittsdatums nicht bestritten werden. Da er offiziell als »Illegaler« geführt wurde, wird diese Einordnung auch für die folgenden Ausführungen übernommen. Zur

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Semesterauftakt im Herbst 1933 und autoritäre Neuordnung Nachdem es bedingt durch die Sommerpause an der Universität Wien etwas ruhiger geworden war, bemühte sich die Regierung aber auch noch mit anderen Maßnahmen, die NS-Studierenden mit Semesteranfang im Oktober 1933 nicht wieder dort anknüpfen zu lassen, wo sie im Juni aufgehört hatten. Das DollfußRegime griff im Herbst 1933 mit mehreren Maßnahmen autoritär in den Hochschulalltag ein. So richtete man Hochschulwachen ein, die den akademischen Boden sichern sollten.284 Zugleich wurde noch einmal das Uniformverbot in Erinnerung gerufen.

Abb. 10 und 11: Präsentation der Hochschulwache mit Abzeichen in der Zeitschrift der Bundespolizeidirektion »Öffentliche Sicherheit«.285

Dazu kam die Einsetzung einer neuen regimetreuen studentischen Einheitsvertretung. Konkret machte das Unterrichtsministerium die Hochschülerschaft Österreichs (HÖ) zur Nachfolgeorganisation der im Sommer 1933 verbotenen Deutschen Studentenschaft.286 Die HÖ wurde somit zur Vorgängerorganisation weiteren Quellenlage: In der NSDAP-Ortsgruppenkartei wird der 1. 5. 1938 angeführt, hingegen in Dokumenten und Karteikarten, wie dem Personal-Fragebogen zum Antragschein auf Ausstellung einer vorläufigen Mitgliedskarte und zur Feststellung der Mitgliedschaft im Lande Österreich, wird der 25. 6. 1933 und einmal auch der 25. 7. 1933 angegeben. Vgl. BA R/ 9361/II/255, Lesefilmnummer PK V002. In der NSDAP-Gaukartei (BA BArch R 9361-IX KARTEI/11581) ist wiederum 1. 5. 1938 vermerkt. 284 Vgl. »Die Aktivierung der Hochschulwache«, Neue Freie Presse, 19. 9. 1933, S. 4 sowie »Hochschulwachen ab 2. Oktober«, Wiener Zeitung, 23. 9. 1933, S. 8. 285 Beide: »Universitäts- und Parlamentswachen«, Öffentliche Sicherheit, April 1935, S. 24. 286 Vgl. Erlass vom 26. 7. 1933, durchgeführt am 21. 9. 1933, zit. nach: Ebner, Politik und Hochschule, S. 81.

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der 1945 gegründeten und bis heute bestehenden Österreichischen Hochschüler_innenschaft. Die Motivation für diesen autoritären Eingriff in die studentische Verwaltung bestand darin, die Provokationen der inzwischen verbotenen nationalsozialistischen Studenten endgültig zu stoppen.287 Beschönigend wurde zwar davon gesprochen, mit der HÖ eine Führung für alle Studierenden einzurichten, um »aufbauend einzugreifen«288 und um Ordnung in das studentische Leben zu bringen. Tatsächlich aber oktroyierte das Ministerium den Hochschulen und den StudentInnen im Herbst 1933 die HÖ auf. Dem Akademischen Senat wurde nur noch ein Mitsprache-, aber kein Mitbestimmungsrecht mehr zugestanden, wodurch man die universitäre Selbstverwaltung weiter beschnitt. Doch damit nicht genug: Das Ministerium ernannte auch die Leitung dieser studentischen Selbstverwaltung, den sogenannten Sachwalter. Dieser sollte als Bindeglied zwischen dem Staat, dem Universitätssenat und den Studierenden wirken. Das bedeutete, dass die Studierenden von 1933 bis 1938 keine Möglichkeit mehr hatten, ihre eigenen VertreterInnen zu wählen.289 Ihr Vorsitzender nominierte seinen Nachfolger stets selber und ernannte gemäß dem neu eingeführten Führerprinzip auch die ihm unterstehenden Studierendenvertreter.290 Die Position des Sachwalters war aufgrund seiner guten Beziehungen zum Ministerium verhältnismäßig stark. Der Studentenführer galt – anders als weite Teile der deutschnational ausgerichteten Professorenschaft – als loyaler Bündnispartner für das Ministerium am Wiener Minoritenplatz.291 Diesem Vertrauensverhältnis entsprach als Novum, dass der Sachwalter als »verlängerter Arm« des Ministeriums Flugschriften in eigener Sache nicht mehr vom Rektorat genehmigen lassen musste, wie das bis dahin üblich gewesen war. Die Nähe zum Ministerium zeigte sich auch räumlich: Der oberste österreichische Studierendenvertreter bezog zunächst im Unterrichtsministerium sein Büro, bevor er aus Platzmangel in unmittelbare Nähe des Hauptgebäudes der Universität Wien übersiedelte.292

287 Vgl. Wagner, Von der Hochschülerschaft Österreichs, S. 99 sowie »Der neu gewählte Rektor an die Studentenschaft«, Reichspost, 1. 10. 1933 (TBA). 288 »Aufruf des Universitätsrektors«, Wiener Neueste Nachrichten, 1. 10. 1933 (TBA). 289 Vgl. Wagner, Von der Hochschülerschaft Österreichs, S. 131. 290 Vgl. ebd., S. 103 und S. 110. 291 Vgl. ebd., S. 100. 292 Vgl. ebd., S. 112−113.

Semesterauftakt im Herbst 1933 und autoritäre Neuordnung

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Abb. 12: Aufbau der Sachwalterschaft der Hochschülerschaft Österreichs.293

293 Aufbau der Sachwalterschaft der Hochschülerschaft Österreichs. In: Jahrbuch der Hochschülerschaft Österreichs 1937/38 (1937), S. 63.

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Dass sich die HÖ und somit auch ihre Funktionäre nicht für alle Studierenden gleichermaßen zuständig fühlten, zeigt die Tatsache, dass ihre Informationen über Sozialleistungen und -einrichtungen der Abteilung »Wirtschaft und Fürsorge« zwar stets kostenfrei ausgeliefert wurden – davon ausgenommen waren jedoch die jüdischen HörerInnen.294 Diese antisemitische Grundausrichtung wurde von der Vorgängerorganisation der Deutschen Studentenschaft übernommen, dem »Deutsch-akademischen Fürsorgeinstitut« (DAFI).295 Die Vertretungen der Studierenden an den einzelnen Hochschulen wurden offiziell am 1. Oktober 1933 eingesetzt. Ihnen überstand der erste Sachwalter Österreichs, Karl Stein. Stein kam direkt aus der Vaterländischen Front, stand den Heimwehren nahe und blieb bis 1935 im neuen Amt. Der Sachwalter war direkt von Engelbert Dollfuß bestellt worden, den Stein in der ersten Ausgabe der »Akademischen Nachrichten«, dem Publikationsorgan der HÖ, als »wahrhaft deutschen Österreicher, Akademiker im edelsten Sinn des Wortes« würdigte.296 Stein verstand seine Aufgabe darin, »ein selbstsicherer, von soldatischem Verantwortungsgefühl getragener Führer«297 der austrofaschistischen Studentenschaft zu sein. Auch das Ziel seiner studentenpolitischen Tätigkeit war für ihn klar: Der »österreichische Hochschüler deutschen Charakters«298 sollte mit Herbst 1933 keinen Zweifel mehr daran haben, dass ihm neue Aufgaben bevorstanden und er die Zukunft des Landes mit aufzubauen hatte. Der Sachwalter hatte an jeder österreichischen Hochschule einen lokalen Vertreter. Im Fall der Universität Wien war es der 23-jährige Josef Klaus, der die Studentenschaft allerdings nur von November 1933 bis Jänner 1934 leitete. Der Jus-Student war Mitglied der CV-Verbindung Rudolfina und bis Ende 1932 Vertreter der Fraktion der Katholisch Deutschen Hochschülerschaft Österreichs (KDHÖ) in der Deutschen Studentenschaft gewesen.299 Als KDHÖ-Funktionär hatte er im Juni 1932 einen antisemitischen »offenen Brief« gegen den neu gewählten Dekan der Medizinischen Fakultät, Ernst Peter Pick, unterschrieben.300 Klaus und seine Gesinnungsgenossen der Deutschen Studentenschaft wollten »als ihre Führer nur deutsche Lehrer anerkennen«.301 Der Pharmakologe Pick, der trotz der studentischen Petition Dekan blieb, war als Jude für sie nicht tragbar. 294 Vgl. ebd., S. 204 sowie »Die studentische Wirtschaft und Fürsorge«, Österreichische Hochschulzeitung, 20. 12. 1937, S. 9. 295 Vgl. Fürsorge an den Hochschulen. In: Jahrbuch der Hochschülerschaft Österreichs 1934/35 (1935), S. 34. 296 Stein, Der Wille, S. 1. 297 Ebd. 298 Ebd., S. 2. 299 Vgl. Hartmann, Für Gott und Vaterland, S. 333. 300 Vgl. Taschwer, Hochburg, S. 152–153. 301 Hubenstorf, Medizinische Fakultät 1938–1945, S. 268–296, Fn. 15.

Staatliche Disziplinarsenate, um den Terror in den Griff zu bekommen

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Staatliche Disziplinarsenate, um den Terror in den Griff zu bekommen Schließlich erfolgte knapp zwei Wochen nach der Einführung der Sachwalterschaft Mitte Oktober 1933 auch noch die Einrichtung spezieller Disziplinarkommissionen, die durch eine verschärfte Disziplinierung der Studierenden für Recht und Ordnung im Sinne des Regimes sorgen sollten. Jede österreichische Universitätsstadt (neben Wien auch Graz und Innsbruck) erhielt zunächst für die Dauer des Studienjahres 1933/34 mindestens eine »besondere Disziplinarkommission«. Diese Gremien wurden mit dem Ziel der – laut Gesetzestext – »Abwehr« von Unruhen auf Hochschulboden eingerichtet. Offizielle Begründung für die neuen und härteren Maßnahmen gegen politisch oppositionelle HochschülerInnen war, dass damit ein möglicher wirtschaftlicher Schaden von den Hochschulen abgewendet werden würde.302 Der Akademische Senat der Universität Wien protestierte gegen die neue Einrichtung, da sie ein wichtiges Stück der Selbstverwaltung der Universität außer Kraft setzte.303 Der Einspruch verhallte jedoch ungehört. Die »Reichspost« wies darauf hin, dass die Verlagerung von Kompetenzen keinen Eingriff in das Hochschulwesen darstellte, da es stets dem Minister zugestanden hatte, Verweise von allen österreichischen Hochschulen auszusprechen.304 Grundsätzlich stellte das mediale Sprachrohr der Regierung die Sachlage zwar korrekt dar, sah aber offensichtlich keinen nennenswerten Unterschied darin, dass bis 1933 die akademischen Senate die Verfahren führten und danach einen Antrag auf Verweis eines bzw. einer Studierenden dem Ministerium zur Bestätigung vorlegten. Mit Oktober 1933 war nun im Falle von Hochschulkrawallen oder anderen politischen Ruhestörungen von Anfang an das Ministerium zuständig – die Hochschulen verloren hier de facto jede Sanktionierungsmacht. Das Bundesministerium für Unterricht war es auch, das die Mitglieder der Disziplinargremien nominierte, die aus jeweils drei Personen bestanden. Zwei von drei Mitgliedern mussten Beamte der allgemeinen Verwaltung sein, zwei von drei außerdem Juristen – im Originalton: »rechtskundig«. Nur eines der drei Mitglieder der neuen Disziplinarkommissionen sollte ordentlicher Professor an einer Hochschule sein, was logischerweise dazu führte, dass deren Vertreter stets in der Minderheit waren; diese Tatsache stieß bei den Universitäten auf weiteren Unmut.305 Die Rektorenkonferenz, das Arbeitsgremium aller österreichischen 302 Vgl. BGBl. 474/1933 vom 16. 10. 1933. 303 Vgl. ÖStA, AVA, Unterricht Allgemein 1848–1940, Disziplinarkommission 1920–1936, Ktn. 308, GZ. 36999-I/33, 1933, Schreiben vom 23. 12. 1933. 304 Vgl. »Disziplinarkommissionen für die Hochschulen«, Reichspost, 17. 10. 1933 (TBA). 305 Im Senat 1, der für die Studierenden der Wiener Hochschulen zuständig war, saß ab Oktober 1933 Rudolf Köstler (Fakultät für Rechts- und Staatswissenschaften) als Vertreter der Pro-

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Rektoren, wandte sich bereits Tage vor der Einführung dieser Disziplinarsenate im Oktober 1933 mit einer Kundmachung an die Studierenden und forderte diese auf, die Ruhe an den Hochschulen zu bewahren. Denn nur auf diese Weise sei die von der Regierung spürbar eingeschränkte Selbstverwaltung wiederherstellbar: »Die Autonomie der Hochschulen kann dann wieder neu gestärkt und erhalten werden, wenn an den Hochschulen vollste Ruhe herrscht. Die Studierenden müssen sich vor Augen halten, daß sie durch Unruhen die Sympathien aller Freunde der Hochschulen und der Studentenschaft aufs Spiel setzen und den Gegnern nur eine willkommene Handhabe zu Angriffen auf die Hochschulen und ihre Organisation bieten.«306

Diese Appelle verhallten aber ungehört, und auch die anderen Maßnahmen – also die Einrichtung der Hochschulwachen und die Einsetzung der Sachwalter – zeigten zunächst wenig Wirkung. Bald nach Beginn des Wintersemesters 1933/34 wiederholten sich die Attacken »mit Böller[n] und Gasbomben«,307 wie die »Arbeiter-Zeitung« am Tag nach Beschluss des Gesetzes zur Einrichtung der Disziplinarsenate titelte. Zuvor fanden am 16. Oktober zentral gesteuerte nationalsozialistische Aktionen an allen Hochschulen des Landes statt.308 Sowohl an der Technischen Hochschule Wien als auch in der Aula der Universität Wien versammelten sich Nationalsozialisten und stimmten das Deutschlandlied an. Die »Reichspost« ging davon aus, dass die »Hakenkreuzler« nach Plan vorgingen und die Schließung der Hochschulen beabsichtigt hatten. Die Mehrheit der österreichischen Studierenden wolle, so der Medienbericht, eine solche provozierte Schließung der Hochschule jedoch nicht akzeptieren. Ihr »Arbeitswille« sollte daher mit allen »Mitteln geschützt werden«. Die gewalttätigen »Hakenkreuzler« würden vor allem aus Deutschland stammen, so die »Reichspost«, weshalb für diese »staatsfremden Hörer«309 nur die Ausweisung die angemessene Strafe sein könne. Doch einen Tag später war man zu einer Richtigstellung genötigt: Alle 13 verhafteten Studierenden waren »durchwegs Österreicher« und nicht, wie zunächst unterstellt, »reichsdeutsche Studenten«.310 Sieben von ihnen wurden mit bis zu drei Monaten Arrest bestraft.311

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fessorenschaft. Er wurde von Egon Ranzi (Medizinische Fakultät) sowie den Chemikern Ernst Späth und Hermann Mark (Philosophische Fakultät) vertreten. Vorsitzender der Kommission war Leodegar Petrin, Präsident des Bundesdenkmalamtes. Vgl. ÖStA, AVA, Unterricht Allgemein 1848–1940, Disziplinarkommission 1920–1936, Ktn. 308, GZ. 29987–1/ 1, 1933. Beisitzender in diesem Dreiersenat war Otto Skrbensky aus dem Bundesministerium für Unterricht, der insbesondere ab 1934 eine entscheidende Rolle bei der Disziplinierung der Studierenden spielte. Vgl. UAW, Akad. Senat, S 185 608, Schreiben vom 11. 11. 1933. Zit. nach: Höflechner, Die Baumeister des künftigen Glücks, S. 473. »Hochschulbeginn mit Böller und Gasbombe«, Arbeiter-Zeitung, 17. 10. 1933, S. 7. Vgl. Bauer, Schlagring, S. 158. »Unruhen an den Hochschulen«, Reichspost, 17. 10. 1933, S. 5. »Ruhe auf den Hochschulen«, Reichspost, 18. 10. 1933, S. 6.

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Die Krawalle rissen trotz der neuen Möglichkeiten durchzugreifen auch im November 1933 nicht ab. Die Universität Wien wurde für zwei Tage geschlossen, nachdem nationalsozialistische Studierende in der Vorlesung des Anatomen Eduard Pernkopf, der NSDAP-Mitglied war und 1933 Ferdinand Hochstetter auf die Lehrkanzel folgte, erneut das Deutschlandlied angestimmt hatten.312 Zudem hatten sie mit Tränengaspistolen und Rauchbomben versucht, die Hochschulwache daran zu hindern, die aus dem Fenster hängende Hakenkreuzfahne zu entfernen.313 Die Politik reagierte aber relativ passiv. Die Disziplinarvorschriften wiederholend erinnerte sie bloß an das Verbot, das Horst-Wessel-Lied zu singen, und sprach mehr oder weniger hilflos »ernste Warnungen« aus. Knapp 700 Kilometer nordöstlich von Wien, in der polnischen Hauptstadt Warschau, reagierte man zur selben Zeit auf ähnliche Ausschreitungen weitaus radikaler: Nachdem sich mit Revolvern und Messern bewaffnete Nationalsozialisten einen Kampf mit den »regierungsfreundlichen Hochschülern« geliefert hatten, bei dem ein Student getötet und knapp 20 Personen schwer verletzt worden waren, löste die polnische Regierung die Universität komplett auf.314 In Wien wurde zwar darüber diskutiert, die Hochschulen im schlimmsten Fall für ein ganzes Semester zu schließen, aber es blieb auch im Ministerrat gegen Ende des Jahrs 1933 nur bei entsprechenden Erwägungen. Man wollte weitere Eskalationen mit anderen Mitteln verhindern: vor allem durch Inhaftierung der politischen Gegner in sogenannten Anhaltelagern, also in Internierungslagern, wo ab Herbst 1933 unter anderem linke und rechte Studierende der Universität Wien zur »Disziplinierung« eingesperrt wurden.315 Die »Arbeiter-Zeitung« berichtete bereits am 18. November 1933, dass sich unter den »Angehaltenen« auch der Sohn des ehemaligen Rektors Hans Uebersberger befinde. Der Historiker (Uebersberger sen.) war langjähriges Mitglied des Deutschen Klubs und seit 1932 auch der NSDAP.316 Der amtierende Rektor Ernst Tomek habe beim Polizeipräsidium um die Freilassung der »früheren Führer der Deutschen Studentenschaft« angesucht, zu denen Uebersbergers Sohn gehörte. Tomek machte weitere Interventionen für die Inhaftierten aber von der Ruhe an der Hochschule abhängig und betonte, nur im Falle weitgehender Ordnung auch 311 Vgl. »Scharfe Disziplinarstrafen für Ruhestörer an den Hochschulen«, Reichspost, 21. 10. 1933, S. 3. 312 Pernkopf war am 27. 4. 1933 der Partei beigetreten. Vgl. WStLA, M. Abt. 119, A42 – NSRegistrierung GZ. 8496, Eduard Pernkopf, Registrierungsblatt für die Verzeichnung der Nationalsozialisten gemäß § 4 des Verbotsgesetzes 1947. 313 Vgl. »Tränengas an den Hochschulen«, Arbeiter-Zeitung, 8. 11. 1933 (TBA) sowie »Die Hochschulen zwei Tage geschlossen«, Wiener Zeitung, 12. 11. 1933 (TBA). 314 Vgl. »Die Warschauer Universität aufgelöst«, Der Wiener Tag, 27. 10. 1933 (TBA). 315 Vgl. BGBl. 431/1933 vom 23. und 25. 9. 1933. 316 Vgl. zur NSDAP-Mitgliedschaft von Hans Uebersberger ausführlicher Suppan/Wakounig, Uebersberger, S. 92.

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weitere Enthaftungen von NS-Studenten zu unterstützen.317 Die Hochschule kam freilich auch im Dezember noch immer nicht zur Ruhe. Die Nationalsozialisten erhöhten durch landesweite Attentate den Druck auf die österreichische Regierung, so auch Anfang Dezember an der Universität Wien, als die Vorlesungen der Rechts- und Staatswissenschafter Hans Voltelini und Karl Gottfried Hugelmann mit Tränengas gestört wurden.318 Vermutlich randalierten die nationalsozialistischen Studierenden auch bei einem NS-Sympathisanten wie Hugelmann, weil sie zum einen mit einem milderen Vorgehen gegen ihre Störung rechnen konnten und zum anderen, weil auch bei Hugelmann jüdische HörerInnen anzutreffen waren. Der katholisch-nationale Rechtswissenschafter und frühere christlichsoziale Politiker, der 1932 aus der Partei ausgetreten war, hielt die Vorlesung »Nation und Staat, Grundlagen des Nationalitätenrechts«, die Studierenden aller Fakultäten offenstand.319 Im konkreten Fall dürfte aber seine Vorlesung »Allgemeines Staatsrecht« am Dienstag, den 12. Dezember 1933, zwischen 10 und 11 Uhr im Hörsaal 22 gestört worden sein.320 In Reaktion auf die Ausschreitungen in Hugelmanns Vorlesung drohte die Universitätsleitung abermals mit dem Anhaltelager. Rektor Tomek appellierte im Dezember 1933 in einer Kundmachung an die Studierenden: »Ich überlasse es dem Urteil der Demonstranten, ob es mit ihrem kameradschaftlichen Geist vereinbar ist, daß Unschuldige an ihrer Stelle büßen müssen. Ich weiß, daß die Gesamtheit aller wahrhaft deutsch denkenden Studierenden unserer Alma mater das feige und daher ganz und gar undeutsche Vorgehen einer kleinen Zahl von Leuten verurteilt, die das Reifezeugnis und den Namen eines akademischen Bürgers mit Unrecht tragen.«321

Weder diese Verlautbarung noch die Strafandrohung wegen illegaler parteipolitischer Betätigung dürften den Medizinstudenten Friedrich Ctveracek sonderlich beeindruckt haben. Er wurde im Dezember 1933 dabei erwischt, wie er für Nationalsozialisten, die in Wöllersdorf inhaftiert waren, unter den Studierenden Spenden sammelte. Manche der Anhaltehäftlinge empfanden ihre Inhaftierung sogar als Auszeichnung, wie der Historiker Markus Wurzer für steirische Hochschüler zeigte.322 Der akademische Senat sprach Ctveracek eine offizielle Rüge aus, eine verhältnismäßig harmlose Sanktionierung.323 Aber nicht nur an 317 Vgl. »Der Rektor bittet für die zum Zwangsaufenthalt verpflichteten Nazistudenten«, Arbeiter-Zeitung, 18. 11. 1933 (TBA). 318 Vgl. »Eine Kundmachung des Rektors der Wiener Universität«, Neue Freie Presse, 14. 12. 1933, S. 4. 319 Vgl. Vorlesungsverzeichnis der Universität Wien, Wintersemester 1933/34, S. 1. 320 Vgl. ebd., S. 12. 321 »Ernste Warnung an die Wiener Universitätsstudenten«, Reichspost, 14. 12. 1933, S. 3 (TBA). 322 Vgl. Wurzer, »Wie die Verbrecher wurden sie registriert«, S. 78. 323 Vgl. UAW, Akad. Senat, S 185 761.

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der Universität waren NS-Studenten noch im Dezember 1933 aktiv, sie zogen auch in der Stadt umher und nahmen am 7. Dezember 1933 in der Wiener Kärntner Straße an einem illegalen Aufmarsch der verbotenen NSDAP teil. Alfred Münster und Eugen Baroni, beide Studenten der Philosophischen Fakultät, wurden im Zuge dieser Demonstration von der Polizei festgenommen und zu sieben Tagen Arrest verurteilt. An der Universität hatte das für sie aber keine Disziplinarfolgen, da ihre verbotene politische Betätigung weder auf akademischem Boden noch in dessen Nähe stattgefunden hatte und daher nicht in das Aufgabengebiet der Universität fiel.324 Mit ihrem illegalen Engagement waren Münster und Baroni bei weitem keine Ausnahme: Rund 13,5 Prozent der 1.286 illegalen Nationalsozialisten in Wien waren Studierende, wie der Historiker Kurt Bauer erhoben hat, weitere 13,3 Prozent Akademiker.325 Die »Reichspost« beendete am 30. Dezember 1933 die Berichterstattung über das turbulente Jahr an der Universität Wien mit der Schlagzeile »Hochschulstudium – ein Monopol der Nationalsozialisten«.326 In den vergangenen zwölf Monaten hatten die nationalsozialistischen Studenten tatsächlich die gesamte Hochschule dominiert, sei es durch Ausschreitungen, Jubelfeiern oder provozierte Schließtage. Diese »Monopol-Meldung« war allerdings etwas Anderem gewidmet: der neuen »Durchführungsverordnung« in NS-Deutschland. So sollten in Deutschland nur mehr national »zuverlässige« und »charakterstarke«327 MittelschülerInnen die Hochschulberechtigung erhalten – ähnliche Maßnahmen sollten auch etwas später in Österreich eingeführt werden. Die »Reichspost« fürchtete vor allem um die deutschen KatholikInnen und verglich das Nachbarland dämonisierend mit Sowjetrussland. Ab Anfang 1934 nahmen entsprechend den österreichischen Gesamttrends die Aktivitäten der nationalsozialistischen Studierenden zumindest an der Universität Wien deutlich ab,328 vermutlich auch deshalb, weil die Arbeit in den Disziplinarkommissionen im Ministerium langsam Wirkung zeigte.329 Eine Rolle spielte aber gewiss auch, dass die Zahl der deutschen Studierenden zurückgegangen war und oppositionelle parteipolitische Aktivitäten verboten wurden. Womöglich hatte aber auch die Neugründung der Studierendenvertretung und ein neuer Sachwalter gewisse Auswirkungen: Auf Josef Klaus folgte Anfang 1934 324 Vgl. UAW, Akad. Senat, S 185 626. 325 Vgl. Bauer, Schlagring, 154. Ob Frauen unter diesen »Akademikern« waren, wird aus Bauers Ausführungen nicht deutlich. Er bezieht sich hier auf den Zeitraum 1933 bis 1938. 326 Vgl. »Hochschulstudium – ein Monopol der Nationalsozialisten«, Reichspost, 30. 12. 1933 (TBA). 327 Ebd. 328 Vgl. »NSDAP-Krawalle an Wiener Hochschulen«, Neues Wiener Journal, 31. 1. 1934 (TBA) sowie Tálos/Wenninger, Das austrofaschistische Österreich 1933–1938, S. 27. 329 Vgl. Auswertungen in diesem Kapitel weiter unten.

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der bereits erwähnte, knapp 22-jährige Heinrich Drimmel als Sachwalter der Universität Wien. 1935 nahm er auch die Nachfolge Steins an und war somit sowohl auf Bundesebene wie auch an der Universität Wien oberster Studierendenvertreter. Auch Drimmel war CV-Mitglied, gehörte der 1906 gegründeten Verbindung Nordgau Ost an.330 Er wurde zudem als Nachfolger von Josef Klaus Vorsitzender der KDHÖ und kurz darauf Mitglied der Heimwehren.331 Der Studentenvertreter und Schüler des Pädagogikordinarius Richard Meister kam zwar auch aus dem katholischen Lager,332 hatte aber gleichzeitig kaum Berührungsängste mit den sogenannten Hakenkreuzlern.333 So halfen ihm laut eigener Aussage Jugendfreundschaften mit Nationalsozialisten, um unter seiner Führung ab 1934 den offenen Kampf von der Hochschule fernzuhalten.334 Womöglich trugen aber auch die verschärften Strafen gegen die nationalsozialistischen Studierenden dazu bei. Wie wichtig Drimmel als eine Art »Integrationsfunktionär«335 für die Befriedung der Universität war, lässt sich im Rückblick freilich nur schwer sagen, vieles deutet aber auf seine erfolgreiche »Vermittlungstätigkeit«336 zu den NS-Studenten hin.

Disziplinierungen im Studienjahr 1933/34 Doch wie sah die praktische Umsetzung dieser Maßnahmen aus? Störten Studierende die »öffentliche Ruhe und Ordnung« an oder in der Umgebung einer Hochschule oder planten sie gar einen Anschlag auf die Universität, mussten sie sich ab Herbst 1933 in mündlichen Verhandlungen vor den »besonderen Disziplinarkommissionen« verantworten. Ihre strafrechtliche Verfolgung wurde nach wie vor der Justiz überlassen. Die Disziplinierung von Vergehen abseits des akademischen Bodens blieb bei den universitären Disziplinarsenaten und stellte eine Doppelbestrafung dar. Ein extremes Beispiel für ein solches Vergehen war eine Anzeige wegen tödlicher Gewalt, wie im Fall von Richard Deinhammer. Er wurde wegen »Meuchelmord mit Revolverschüssen im privaten Umfeld« von der Universität verwiesen.337 Da die autoritäre Regierung ihre volle Konzentration auf politisch motivierte Ausschreitungen von HörerInnen richtete und nicht auf 330 Vgl. Amte des OeCV für Statistik/Siegl, Die Ehrenmitglieder, Alten Herren und Studierenden des OeCV, S. 11. 331 Vgl. Wagner, Von der Hochschülerschaft Österreichs, S. 119. 332 Vgl. Drimmel, Häuser meines Lebens, S. 180. 333 Vgl. Wagner, Von der Hochschülerschaft Österreichs, S. 120 und S. 173. 334 Vgl. Drimmel, Häuser meines Lebens, S. 180. 335 Wagner, Von der Hochschülerschaft Österreichs, S. 173. 336 Staudinger, Heinrich Drimmel, S. 118. 337 Vgl. UAW, Akad. Senat, S 185 773.

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die Gesamtheit aller Vergehen der Studierenden, wurde der Fall Deinhammer bloß vor dem akademischen Disziplinarsenat und der Polizei verhandelt. Alle Behörden, insbesondere die akademischen und die Sicherheitsbehörden, waren verpflichtet, studentische Vergehen, die in die Zuständigkeit der »besonderen Disziplinarkommissionen« fielen, umgehend zu melden. Der Kommissionsvorsitzende hatte wiederum das Bundesministerium für Unterricht über eine solche Meldung zu informieren. Die zuvor beschriebene staatliche Dominanz in diesen Dreiersenaten bedeutete nicht nur einen Eingriff in die akademische Tradition, sondern auch in die Verfassung der Hochschulgremien. Für betroffene Studierende konnten die Verurteilungen durch den Dreiersenat – wie zuvor auch durch die Disziplinarsenate der Universität – zum Verweis von allen österreichischen Hochschulen für mindestens das laufende und die zwei folgenden Semester führen.338 Für die Dauer der Strafe erlosch die Immatrikulation der Betroffenen; die Höchststrafe war die endgültige Relegation, also der lebenslange Ausschluss. Vor allem konnten verurteilte Studierende keine Rechtsmittel gegen die Entscheidung einlegen. Zur Wiederaufnahme ihres Verfahrens kam es nur, wenn sie neue Beweismittel vorlegen konnten. Zudem waren Gesuche, ein Disziplinarverfahren erneut aufzurollen, erst nach dem zweiten suspendierten Semester möglich.339 Ein typisches Beispiel für eine Ruhestörung mit einem anschließenden Verfahren vor der Disziplinarkommission war jenes gegen Johann (Hans) Lang, geboren 1911 in Wien.340 Lang hatte am Ende einer Vorlesung im Anatomischen Institut mit anderen Studierenden das Horst-Wessel-Lied gesungen und wurde daraufhin festgenommen. Das Polizeikommissariat Alsergrund, in dessen Zuständigkeitsbereich das Institut für Anatomie fiel, meldete am 19. Jänner 1934 dem Rektorat der Universität Wien, dass man Hans Lang tags zuvor wegen »Fortsetzung der nationalsozialistischen Parteibetätigung« zu drei Wochen Arrest und 200 Schilling (heute knapp 700 Euro) bestraft hatte.341 Dazu kam eine Androhung von weiteren 48 Tagen Arrest. Rektor Tomek beauftragte daraufhin die Quästur, die rechtmäßige Immatrikulation des Studenten zu prüfen, da es zunächst zu klären galt, ob Lang überhaupt Hörer an der Universität Wien war. Lang war tatsächlich Medizinstudent im dritten Semester. Gleichzeitig mit der Bekanntgabe an die Universität übermittelte das Polizeikommissariat eine Meldung an die »besondere Disziplinarkommission« im Unterrichtsministerium. 338 Die Möglichkeit der Verweisung wurde bereits in der damals gültigen und lediglich durch Gesetze und Erlässe stetig ergänzten Disziplinarordnung aus dem Jahr 1849 angeführt. Vgl. RBGl. 416/1849 vom 13. 10. 1849, § 13, Punkt 4 der Beilage. 339 Vgl. BGBl. 474/1933 vom 16. 10. 1933. 340 Vgl. »Relegierung eines Wiener Universitätshörers«, Reichspost, 1. 2. 1934, S. 3. 341 Vgl. Inflationscockpit OeNB, Währungsrechner, online unter: https://www.oenb.at/docroo t/inflationscockpit/waehrungsrechner.html (zuletzt abgerufen am 1. 4. 2020).

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Die Kommissionsmitglieder verwiesen Lang im Jänner 1934 für das damals noch laufende und zwei weitere Semester von allen österreichischen Hochschulen.342 Im Zuge seiner Haft im Anhaltelager Wöllersdorf wurde Lang vom Sicherheitsdirektor des Bundes im April 1934 bescheinigt, dass er sich offensichtlich gebessert habe und »die öffentliche Ruhe und Ordnung nicht mehr gefährden dürfte«.343 Er wurde aus dem Lager entlassen. Gleich danach floh Lang ins »Altreich«. Er war seit Jahresbeginn 1934 Mitglied der illegalen NSDAP344 und schloss sich unmittelbar nach seiner Ausreise in München auch der »Österreichischen Legion« an,345 einer nationalsozialistischen paramilitärischen Einheit, die sich aus geflüchteten Österreichern rekrutierte. Als Reaktion auf seine »Reichsflucht« – so die damalige Terminologie – wurde ihm die österreichische Staatsbürgerschaft entzogen. Lang setzte sein Studium in Deutschland fort, engagierte sich in der Medizinischen Fachschaftsgruppe des Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbunds in der Gruppe »Kampfgasse« und schloss sein Medizinstudium in Kiel ab.346 Die beiden bereits erwähnten Studenten, Alfred Münster und Eugen Baroni, erfuhren eine andere Behandlung. Sie wurden wegen ihrer Teilnahme an einer nationalsozialistischen Demonstration auf der Kärntner Straße im Dezember 1933 nicht von der »besonderen Disziplinarkommission« des Unterrichtsministeriums verurteilt, denn ihre verbotene politische Aktivität fand nicht unmittelbar an ihrer Alma Mater statt, und das machte den bereits erwähnten Unterschied aus: Sie wurden lediglich vor die universitäre Disziplinarinstanz geladen und verwarnt.347 Da aber beide eine Polizeistrafe von sieben Tagen Arrest erhielten, wurde ihnen das Wintersemester 1933/34 nicht als Studienzeit angerechnet. Das Argument dafür war offiziell nicht ihre verbotene parteipolitische Aktivität, sondern die dafür verhängte Arreststrafe: Studierende waren zum regelmäßigen Besuch der von ihnen angemeldeten Vorlesungen verpflichtet, um sich das jeweilige Semester anrechnen zu lassen. Studierenden, die länger als eine Woche polizeilich festgehalten wurden – und das waren mehrheitlich Natio-

342 Vgl. UAW, Akad. Senat, S 185 632. 343 Schölnberger, Eine »Klausur umdrahteten Bereichs«, S. 370. 344 Im Gauakt im Österreichischen Staatsarchiv wird das Eintrittsdatum mit 1. 1. 1934 und im NS-Registrierungsakt im Wiener Stadt- und Landesarchiv mit 1. 2. 1934 angegeben. Vgl. ÖStA, AdR, Inneres 1945–2002, Gauakt 109986 (Johann Lang) sowie WStLA, Gauakten, K1Karteien zu den Gauakten, K1/162 (Johann Lang), und WStLA, M. Abt. 119, A42 – NSRegistrierung GZ. 8383, Johann Lang. 345 Vgl. ÖStA, AdR, Inneres 1945–2002, Gauakt 109986 (Johann Lang), Schreiben des Bundesministerium für Inneres – Abtg. 2 vom 29. 1. 1953. 346 Vgl. ÖStA, AdR, Inneres 1945–2002, Gauakt 109986 (Johann Lang), Schreiben vom 3. 6. 1936. 347 Vgl. UAW, Akad. Senat, S 185 626, Schreiben vom 9. 2. 1934.

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nalsozialisten – wurde das Semester automatisch nicht angerechnet.348 Baroni und Münster waren genau sieben Tage in Arrest und wurden deshalb in der Liste der zu sanktionierenden Studierenden geführt. Auch die Diskussionen rund um die Strafmaßnahmen gegen Studierende bezogen sich im Ministerrat stets auf die nationalsozialistische Gefahr.349 Tatsächlich machten Nationalsozialisten auch den Hauptteil der Häftlinge in Wöllersdorf aus: Von 1933 bis 1938 befanden sich unter den 11.494 vom Historiker Kurt Bauer erfassten Inhaftierten insgesamt 8.367 Nationalsozialisten (72,9 Prozent) und 3.127 Sozialdemokraten bzw. Kommunisten (gemeinsam 27,1 Prozent).350 Illegale Parteizugehörigkeiten reichten als Grund für die »Anhaltung« aus.351 Nur eine einzige Frau – eine Nationalsozialistin – wurde in Wöllersdorf kurzfristig festgehalten.352 Wie viele Studenten im Anhaltelager Wöllersdorf oder seinen Nebenlagern interniert waren und wie viele von diesen der NSDAP und wie viele linken Parteien angehörten, konnte von der Forschung noch nicht geklärt werden. Eine Auswertung der Disziplinarverfahren gegen Studierende der Universität Wien für das erste austrofaschistische Regierungsjahr 1933 ähnelt jedenfalls dem von Kurt Bauer ermittelten Verhältnis von knapp drei Viertel Nationalsozialisten zu einem Viertel Sozialdemokraten und Kommunisten. Durch die neuen Möglichkeiten, HochschülerInnen zu sanktionieren, stieg die Anzahl der eröffneten Disziplinarverfahren gegen Einzelpersonen Ende 1933 deutlich an.353 Die 100 in diesem Jahr eröffneten Disziplinarverfahren der Senate der Universität Wien betrafen acht Mitarbeiter und 92 StudentInnen.354 Gegen Frauen wurden 1933 nur vier Verfahren eröffnet, keine Frau wurde explizit wegen (illegaler) politischer Betätigung angezeigt. Gegen Elfriede Zelinger ging der Senat wegen »zu lautem Reden« vor,355 gegen Trude Landler wegen des Verdachts der Zeugnisfälschung und gegen Rosa Meiler wegen angeblicher Verleumdung.356 Lediglich gegen Livia Török wurde das Verfahren wegen »Störung der Ordnung«

348 Vgl. UAW, Akad. Senat, S 185 663, Schreiben des Bundesministeriums für Unterricht vom 16. 3. 1934. 349 Vgl. Schölnberger, Das Anhaltelager Wöllersdorf, S. 281. 350 Vgl. Bauer, Die Anhaltehäftlinge des Sta¨ ndestaates (1933–1938), S. 3. 351 Vgl. Schölnberger, Das Anhaltelager Wöllersdorf, S. 82. 352 Vgl. Bauer, Die Anhaltehäftlinge des Sta¨ ndestaates (1933–1938), S. 3 sowie Schölnberger, Das Anhaltelager Wöllersdorf, S. 269. 353 Im Vergleich zu 1932, als es 45 eingeleitete Disziplinarverfahren gab, wurden 1933 damit um 122 Prozent mehr Verfahren eröffnet. 354 Einige Personen wurden durch erneute Nennung in einem Sammelakt oder weil gegen sie im Jahr 1933 zwei separate Disziplinarverfahren eröffnet wurden, doppelt gezählt. 355 Vgl. UAW, Akad. Senat, S 185 519. 356 Vgl. zu Trude Landler auch UAW, Akad. Senat, S 185 538 sowie zu Rosa Meiler ausführlicher UAW, Akad. Senat, S 185 615.

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eröffnet, das jedoch mit einem Freispruch endete.357 Gegen knapp ein Viertel aller Studierenden – konkret: 23 von 92 – wurde im Jahr 1933 ein Verfahren aus »unpolitischen« Gründen angestrengt, wie etwa gegen Leon Tillinger wegen »unbefugter Ausübung der Arztpraxis«.358 Doch in der Mehrheit der studentischen Fälle (57 von 92) wurden 1933 Verfahren wegen eindeutiger oppositioneller Delikte von Hochschülern eingeleitet: bei 49 wegen NS-Betätigung, bei acht aufgrund des Engagements für eine linke Gruppierung.359 Damit waren 1933 86 Prozent der politisch zuordenbaren Verfahren gegen NS-Studenten eröffnet worden und nur 14 Prozent gegen linke Studenten, was die Präsenz der Nationalsozialisten im ersten Jahr des Austrofaschismus an der Hochschule auch in Zahlen unterstreicht. Diese Werte entsprechen auch den Machtverhältnissen bei den Ausschreitungen an der Universität Wien 1933. Auch diese wurden vor allem von Nationalsozialisten angezettelt.

Der Februar 1934 und die linken Studierenden Wie aber war es in der Zwischenkriegszeit um die linken Studierenden und ihre Organisationen bestellt? Die »Wehrhaftmachung« linker Studenten hatte spätestens 1923 begonnen, als sich die Revolution von 1848 zum 75. Mal jährte. Damals war die – bereits erwähnte – Akademische Legion als Sektion des Republikanischen Schutzbundes gegründet worden.360 Sie bestand damals aus knapp 200 Männern. Die meisten Mitglieder traten nach Ende ihres Studiums wieder aus der Akademischen Legion aus und schlossen sich anderen Sektionen an. Neben der übergeordneten Absicht, eine schlagkräftige Organisation für Akademiker und Studierende zu schaffen, war es auch das Ziel der Truppe, einen Abwehrkampf gegen Hakenkreuz- und Heimwehrstudenten zu führen, deren Gewalt man notfalls mit Gewalt begegnen wollte. Zu den »alltäglichen« Aufgaben gehörte es, für Saalschutz zu sorgen, wenn ein sozialdemokratischer Redner an den Hochschulen einen Vortrag hielt, was freilich nicht allzu oft vorkam.361 Mit der Auflösung des Republikanischen Schutzbundes Ende März 1933 wurde auch die Betätigung in der Akademischen Legion illegal.362 Leopold Spira, Mitglied der 357 Vgl. UAW, Akad. Senat, S 185 620, Schreiben vom 18. 12. 1933. 358 UAW, Akad. Senat, S 185 522. 359 Bei 12 von den 92 Studierenden konnte auf Basis der Akten im Archiv der Universität Wien nicht eindeutig festgelegt werden, aus welchen Gründen ein Verfahren gegen sie eröffnet wurde. 360 Vgl. Speiser, Die sozialistischen Studenten, S. 77. Speiser spricht hier irrtümlicherweise von einer Ortsgruppe und nicht von einer Sektion. Ich danke Heimo Halbrainer für diesen Hinweis. 361 Vgl. ebd., S. 78. 362 Vgl. »Der Republikanische Schutzbund aufgelöst«, Reichspost, 1. 4. 1933, S. 1.

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Legion, erinnert sich in seinem autobiografischen Werk »Jahrhundert der Widersprüche«, dass man freilich illegal weitermachte, wenn auch noch etwas unkoordiniert: »Als der Schutzbund 1933 von Dollfuß verboten wurde, bestand unsere Einheit weiter, dem Schutzbund der Inneren Stadt zugeteilt, der ein verdecktes Schattendasein führte. Was wir im konkreten Fall zu tun gehabt hätten, wußten wir nicht.«363 Alle anderen Neben- und Unterorganisationen der Sozialdemokratie wurden spätestens im Zuge der Februarkämpfe verboten, so der Verband sozialistischer Studenten Österreichs, der bis dahin landesweit knapp 2.500 Mitglieder hatte, die an der Technischen Hochschule Wien und der Universität Wien besonders stark vertreten waren.364 Im Jänner 1934 setzte dann eine Welle von Durchsuchungen und Verhaftungen ein. Sicherheitsminister Emil Fey kündigte am 11. Februar 1934 weitere Verschärfungen im Kampf gegen die Sozialdemokratie an: »Wir werden morgen an die Arbeit gehen, und wir werden ganze Arbeit leisten.«365 Als die Polizei am frühen Morgen des 12. Februar 1934 damit beginnen wollte, das sozialdemokratische Parteiheim Hotel Schiff in Linz nach Waffen zu durchsuchen, setzten sich Mitglieder des illegalen Republikanischen Schutzbunds bewaffnet zur Wehr. Zugleich rief die Sozialdemokratische Partei erfolglos zu einem Generalstreik auf. Dies war der Auftakt zu den Februarkämpfen, die zwischen 340 und 380 Tote forderten.366 Nach Linz begannen Kämpfe auch in Industrieorten wie Steyr oder Bruck an der Mur. In Wien gingen Exekutive und Bundesheer unterstützt von den Heimwehren mit Artillerieeinsatz gegen die Aufständischen vor. In den Kämpfen standen sich auch linke und regimetreue Studierende gegenüber. Am Abend des 12. Februar 1934 marschierten vier Kompanien des Studentenfreikorps, also der akademischen Wehrformation der Heimwehren,367 gegen die SozialdemokratInnen auf, wie die regierungstreuen »Akademischen Nachrichten« berichteten.368 Im »Jahrbuch der Hochschülerschaft Österreichs« wurde unter dem Titel »In den Februartagen« stolz vermerkt, dass die »Heimattreuen« aufgerufen waren, am Abwehrkampf teilzunehmen und Kompanien des Studentenfreikorps »erstmals im Feuer« standen. In Wien waren sie vor allem in den Bezirken Ottakring, Meidling, Hernals und Kagran aktiv.369 Das Studen363 Spira, Jahrhundert der Widersprüche, S. 61. 364 Vgl. Göhring, Der Geeinte Rote Studentenverband 1934–1938, S. 298. Gernot Stimmer weist für das Jahr 1925 2.600 und für das Jahr 1931 3.342 Mitglieder aus. Vgl. Stimmer, Eliten in Österreich, S. 481. 365 Emil Fey, zit. nach: Tálos, Das austrofaschistische Herrschaftssystem, S. 51. 366 Vgl. Garscha, Der Streit um die Opfer des Februar 1934, S. 2. 367 Auch im Fall der Bezeichnung »Österreichischer Heimatschutz« wird in dieser Arbeit im Sinne der Einheitlichkeit von der paramilitärischen Einheit der Heimwehren gesprochen. 368 Vgl. Februar 1934. In: Akademische Nachrichten 1 (März–April 1934) 2, S. 5. 369 Vgl. In den Februartagen. In: Jahrbuch der Hochschülerschaft Österreichs 1934/35 (1935), S. 22.

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tenfreikorps wurde sowohl in der »Reichspost« als auch in der zweiten Nummer der studentischen Zeitschrift »Akademische Nachrichten« dafür gewürdigt, im Februar 1934 die »Waffe des Geistes mit dem Schwert«370 vereinigt zu haben. Man rühmte sich des Sieges über die Sozialdemokratie und der Bewährung im Kräftemessen.

Abb. 13: Die Rückseite des Hauptgebäudes der Universität Wien im Februar 1934: Straßensperren mit Stacheldraht, dazu Geschützaufbau des Bundesheeres.371

Während der Kämpfe wurden einige Schutzbündler umgehend inhaftiert, unter ihnen Koloman Wallisch und Karl Münichreiter. Auch Georg Weissel, Absolvent der Technischen Hochschule und langjähriger Kommandant der Akademischen Legion, wurde festgenommen.372 Die Empfehlung des Standesgerichts, Weissel wie auch Münichreiter zu begnadigen, lehnte der damalige Unterrichts- und Justizminister Kurt Schuschnigg ab.373 Bereits am 14. Februar wurde das Urteil gegen Karl Münichreiter vollstreckt, einen Tag später richteten die Austrofaschisten Georg Weissel im Wiener Landesgericht hin.374 370 »Heldenehrung des studentischen Freikorps Wiens«, Reichspost, 27. 2. 1934 (TBA). 371 ÖNB/Wien, 461.707-B, 00188023, »Februar 1934, 12. 2. 1934«. 372 Vgl. Wolensky, »Februarballade«, S. 230 sowie Mikoletzky/Ebner, Finanzielle Auszehrung und politische Repression, S. 140. 373 Vgl. Tálos, Das austrofaschistische Herrschaftssystem, S. 280. 374 Vgl. Speiser, Die sozialistischen Studenten, S. 118.

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Abb. 14: Streuzettel in Erinnerung an Georg Weissel.375

Neben den neun Hinrichtungen in direktem Zusammenhang mit den Februarkämpfen wurden zahlreiche Verurteilungen – unter anderem zu lebenslangem Kerker – ausgesprochen.376 Zusätzlich wurden etwa 10.000 sozialdemokratische FunktionärInnen festgenommen. Mindestens 81 von ihnen wurden in Wöllersdorf inhaftiert.377 Unter ihnen befanden sich Studenten wie Karl Mark, der an der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät studiert hatte und kurzfristig Kommandant der Akademischen Legion gewesen war. Diese linken Studenten wurden wegen ihrer Parteizugehörigkeit nicht nur in Wöllersdorf festgehalten, sondern in Disziplinarverfahren zusätzlich »für immer« von den Hochschulen verwiesen.378 Während der gemeinsamen Haft im Anhaltelager entwickelten Nationalsozialisten und Linke mitunter sogar in seltenen Fällen einen gewissen Respekt für einander, wie sich Karl Mark später erinnerte: »In der Haft hatten wir immer wieder mit Nationalsozialisten zu tun, da viele, dem System nicht genehm, genau wie wir Sozialisten, eingesperrt wurden. So saßen wir gemeinsam in den Zellen. Sie schätzten Tapferkeit und Mut als wertfreie Qualität. Diese Eigenschaften hatten eine bestimmte Bedeutung, die jenseits aller politischen Unter375 AT TUWA, Flugschriftensammlung, 13–1934/35. Vgl. zu Weissel auch Mikoletzky/Ebner, Finanzielle Auszehrung und politische Repression, S. 141. 376 Hingerichtet wurden Josef Ahrer, Anton Bulgari, Johann Hoys, Karl Münichreiter, Viktor Rauchenberger, Josef Stanek, Emil Swoboda, Koloman Wallisch und Georg Weissel. Vgl. Garscha, Der Streit um die Opfer des Februar 1934. 377 Vgl. Schölnberger, Das Anhaltelager Wöllersdorf, S. 206 und S. 283. 378 Vgl. Bauer, Kurzbiografien bekannter linker Anhaltehäftlinge, S. 61. Bauer spricht von einer Festnahme Marks am 8. 2. 1934. Schölnberger schreibt von einer Festnahme nach dem 12. 2. 1934. Vgl. Schölnberger, Eine »Klausur umdrahteten Bereichs«, S. 213.

100 Pauken und Prügeln: NS-Studententerror und austrofaschistische Gegenmaßnahmen schiede lag. Im Widerstand gegen Heimwehr und Polizei hatten die Arbeiter Mut bewiesen. Davor hatten die Nationalsozialisten Achtung.«379

Der Kommunist Jenö Kostmann wurde am 20. Februar 1934 festgenommen, nachdem er bereits 1932 als Medizinstudent wegen der Übertretung des Pressegesetzes verurteilt worden war und seine illegale parteipolitische Tätigkeit danach fortgesetzt hatte.380 In Wöllersdorf wurde er auf »unbestimmte Zeit« interniert.381 Am 26. Februar 1934, dem deutschen Volkstrauertag und knapp zwei Wochen nach den Februarkämpfen, fand an der Universität Wien eine Heldenehrung in Erinnerung an die Gefallenen des Ersten Weltkriegs statt. Neben dieser traditionellen Huldigung feierten sich die Teilnehmer als Sieger über den »Bolschewismus«, der in den Tagen der Februarkämpfe versucht hätte, die Herrschaft zu erlangen. Rektor Ernst Tomek ermahnte aus diesem Anlass die Studierenden, weiter aufmerksam zu sein und sich nicht auf dem zwei Wochen zurückliegenden Sieg auszuruhen, denn der »Feind lauert vor den Toren und wartet auf eine Gelegenheit, uns doch noch zu überrumpeln«.382 Obwohl die Nationalsozialisten mit ihrem gewaltbereiten Auftreten nicht nur an der Hochschule und auch über die Grenzen der Hauptstadt hinweg bei weitem aggressiver aufgetreten waren als die SozialdemokratInnen, galt die Aufmerksamkeit der Universitätsleitung nach wie vor den linken Studierenden. Als Reaktion auf die gescheiterten Februarkämpfe und als Folge einer tiefen Enttäuschung wandten sich viele vormals sozialistisch organisierte Studierende dem Kommunismus zu, konkret den Roten Studenten (RS).383 Das hatte auch damit zu tun, dass die prominentesten SDAP-FunktionärInnen nach dem 12. Februar 1934 mehrheitlich ins Ausland geflohen oder verhaftet worden waren. Die sozialdemokratische Bewegung – mit ihr auch die sozialistischen Studierenden – wurde dadurch stark dezimiert und war für einige Zeit politisch »ausgeschaltet«. Einer jener früheren SozialdemokratInnen, der auf die kommunistische Seite überwechselte, war der bereits erwähnte Geografiestudent Leopold Spira, früheres Mitglied der Akademischen Legion und einer von mindestens sechs relegierten Studenten, die nach ihren Disziplinarverfahren an der Universität Wien im Spanischen Bürgerkrieg kämpften.384 In seiner Autobiografie schreibt er: 379 Zit. nach: Schölnberger, Eine »Klausur umdrahteten Bereichs«, S. 206–207. 380 Vgl. UAW, Akad. Senat, S 185 497. 381 Vgl. Schölnberger, Das Anhaltelager Wöllersdorf, S. 190. Jenö Kostmann war in seinem späteren Londoner Exil Teil des Chefredaktionsteams der Zeitung »Zeitspiegel« im Austrian Centre. Vgl. Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes, Österreich im Exil, S. 358. 382 »Heldenehrung des studentischen Freikorps Wiens«, Reichspost, 27. 2. 1934 (TBA). 383 Vgl. Speiser, Die sozialistischen Studenten, S. 119. 384 Vgl. Erker, Relegierte Interbrigadistas.

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»Mit dem 12. Februar 1934 war für einen aktiven, jungen Sozialisten nicht nur der organisatorische Rahmen, in dem er sich bewegte, sondern auch eine Lebensform zerschlagen worden oder, was noch drückender empfunden wurde, zusammengebrochen. Wollte man nicht innerlich kapitulieren, mußte man einen neuen organisatorischen Rahmen suchen, in den man sich eingliedern konnte, vielfach mit denselben Freunden wie früher, denselben Idealen, denselben Sympathien und Antipathien.«385

Jene sozialistischen HochschülerInnen, die nicht zu den KommunistInnen wechselten, bildeten nach dem Februar 1934 rasch kleine Aktivistengruppen. Wolfgang Speiser, erster Vorsitzender der Sozialistischen Studentenschaft der Wiener Universität,386 erinnerte sich 1986, dass sich die Untergrundgruppe des Schutzbundes 1934 mehrheitlich aus HochschülerInnen aus dem Bezirk Währing rekrutierte und rund 60 Mitglieder zählte.387 Zu den ersten Widerstandstätigkeiten nach den Februarkämpfen gehörte die Verbreitung von Flugzetteln mit den drei Pfeilen, dem Zeichen für den Kampf der Arbeiterschaft, sowie eine Demonstration am symbolträchtigen 1. Mai im Wienerwald.388 Gleichzeitig versuchten die SozialistInnen und KommunistInnen eine Einheitsfront zu bilden und sich so parteiübergreifend zu formieren und Ressourcen zu bündeln. Doch auch auf studentischer Ebene tat man sich schwer, sich auf gemeinsame politische Eckpfeiler einer Einheitsfront zu einigen. Es dauerte schlussendlich bis zum Jahreswechsel 1934/35, bis der Geeinte Rote Studenten-Verband (GRSV) gegründet wurde. Ehe das gelang, setzten Studierende gerade auch auf Hochschulboden etliche Widerstandshandlungen. Dazu zählten das Abspielen von verbotenen Liedern, Schmier- und Ätzaktionen, das Sammeln von Geld und Unterschriften oder auch das Hissen von Fahnen.389 Mit der Gründung des GRSV konnten die internen Diskussionen und Grabenkämpfe zwischen sozialistischen und kommunistischen Studierenden kurzzeitig zugunsten einer gemeinsamen Linie beendet werden.390 Siegfried Köhl, einer der ehemaligen GRSV-Obmänner, beschrieb diesen Zusammenschluss als eine überparteiliche Organisation, die ihrer Ideologie und ihrer Tätigkeit nach antifaschistisch gewesen sei.391 Aufschlussreich sind auch die Regeln der konspirativen Arbeit des GRSV, die ein Bild von der Arbeit in der Illegalität geben: »Wenn Du irgendetwas beförderst, so muß es gut verschlossen sein. Du kannst immer sagen, daß Du vom Inhalt nichts gewußt hast. Bei Konfrontierung kennst Du den 385 386 387 388 389 390

Spira, Kommunismus adieu, S. 14. Vgl. Speiser, Student und Hakenkreuz, S. 5. Vgl. Speiser, Die sozialistischen Studenten, S. 127. Vgl. ebd. Vgl. Tidl, Die Roten Studenten, S. 12. Vgl. zur unterschiedlichen Datierung der Gründung des GRSV ebd., S. 6–8 sowie Göhring, Der Geeinte Rote Studentenverband 1934–1938, S. 299, Spira, Kommunismus adieu, S. 16. 391 Vgl. Tidl, Die Roten Studenten, S. 12.

102 Pauken und Prügeln: NS-Studententerror und austrofaschistische Gegenmaßnahmen anderen nicht, außer Du hast einen wirklichen Grund für Eure Bekanntschaft. Leugne auch, wenn der andere ›zugegeben‹ hat. Sei Dir klar: Wenn Du erst ein Wort gesprochen hast, so läßt man Dir solange keine Ruhe, bis man alles weiß. Sei bei der Polizei nie anmaßend. Von Deinem Benehmen hängt viel ab. Sitzungen dürfen nur in Wohnungen abgehalten werden, in denen kein Material ist. Treffs in Hochschullokalitäten sind auf ein Minimum einzuschränken. Das Telefon nur ausnahmsweise benützen!«392

Auch Frauen wie die US-amerikanische Medizinstudentin Muriel Gardiner (geborene Morris, verheiratete Buttinger) engagierten sich für die linke Opposition, konkret für die Revolutionären Sozialisten, deren Leiter ihr späterer Ehemann Joseph Buttinger war. In Gardiners Autobiografie heißt es: »Der faschistische Angriff auf die Sozialdemokraten änderte alle meine Pläne. Ich wußte zweifelsohne, daß ich in Wien bleiben und nichts unversucht lassen würde, um den Funken der Demokratie trotz der faschistischen Diktatur in Österreich am Leben zu halten.«393 In Reaktion auf die Februarkämpfe stellte Gardiner den Revolutionären Sozialisten ihr abgelegenes und daher für Geheimaktivitäten geeignetes Haus im Wienerwald als Treffpunkt zur Verfügung.394 Der Physikochemiker Engelbert Broda erinnerte sich an einen Kreis von linken Oppositionellen, die am I. Chemischen Laboratorium illegale Flugblätter produzierten und einen illegalen Radiosender »bastelten«. Zu ihnen zählte Broda unter anderem die PhysikerInnen Käthe (Katharina) Schiff, Anny Wischin (verheiratete Coslett), Robert Adler, Hans Motz (ein späterer Professor der Elektrotechnik), die ChemikerInnen Hans Friedmann, Franz Csapó, Hilde Kothny (verheiratete Angelini) sowie Robert Tauber, Otto Hoffmann-Ostenhof und Max Wald.395 Im Vergleich zu den ebenfalls aus der Illegalität heraus operierenden nationalsozialistischen Studierenden waren die linken KommilitonInnen – insbesondere nach der Niederlage der Sozialdemokratie im Februar 1934 – die politisch harmlosere außerparlamentarische Opposition. Wie viel gefährlicher die Nationalsozialisten waren, sollte sich wenige Monate später auf dramatische Weise zeigen.

392 Zit. nach: Speiser, Die sozialistischen Studenten, S. 143. 393 Gardiner, Deckname »Mary«, S. 49. 394 Vgl. Posch, Muriel Gardiner. Nach dem »Anschluss« im März 1938 organisierte sie für Verfolgte unter anderem Pässe und Geld, damit diese Österreich noch verlassen konnten. 395 Vgl. Broda, Das Jahr 1938 und die Naturwissenschaft in Österreich, S. 233.

3.

Zwischen Eifer, Eid und Entlassung: Veränderungen im Lehrkörper, März 1933 bis Juli 1934

Ein halbes Jahr nach der Ausschaltung des Parlaments zog Engelbert Dollfuß am Rande des »Allgemeinen Deutschen Katholikentages« am Wiener Trabrennplatz eine erste Bilanz. In der programmatischen Rede vom 11. September 1933, dem ersten Generalappell der Vaterländischen Front, sprach Dollfuß von der »Selbstausschaltung« des Parlaments, die es endlich ermöglicht hätte, Österreichs Gesellschaftsordnung auf ständische Grundlagen zu stellen. Gleichzeitig wetterte er gegen die politische Opposition und betonte die Härte, mit der er gegen NS-Sympathisanten vorgehen wolle. Die NSDAP war bereits seit Juni in Österreich verboten, nun sollte auch auf den unteren Ebenen die Zurückdrängung dieser oppositionellen Kraft beginnen. Der Diktator machte deutlich, dass ihn und Österreich »unter der Fahne des Nationalsozialismus eine Bewegung« bedrohte. Aus diesem Grund wollte er in einem »Zweifrontenkrieg« gegen die Sozialdemokratie und die Nationalsozialisten den Staat »fest in die Hand nehmen und aus eigenem Gewissen und eigener Verantwortung die nötigen Vorsorgen treffen«.396 Ausführlich ging er auf die Unterschiede zwischen Österreich und Deutschland ein und definierte Österreich als sozialen, christlichen und deutschen Staat. Sein Wunsch, in Freundschaft mit Deutschland zu leben, sei während seiner bisherigen Regierungsperiode als Kanzler seit Mai 1932 enttäuscht worden: »Aber was hier zwischen Brüdern sich abspielt, geht weit über das Maß dessen hinaus, was unter Fremden kaum möglich wäre«,397 so Dollfuß, der damit auch auf die anhaltenden nationalsozialistischen Attentate anspielte, die im Frühjahr 1933 unter anderem an der Universität Wien verübt worden waren. Was Dollfuß in seiner Rede unerwähnt ließ, waren die politischen Verhandlungen, die er bereits seit März 1933 mit den Nationalsozialisten hinter den Kulissen führte und führen ließ.398 Denn anders als mit der Sozialdemokratie, der man nicht nur 396 Dollfuß, Wir wollen das neue Oesterreich, S. 26. 397 Ebd., S. 39. 398 Vgl. Tálos, Das austrofaschistische Herrschaftssystem, S. 54.

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Zwischen Eifer, Eid und Entlassung: Veränderungen im Lehrkörper

rhetorisch kompromisslos und feindlich gegenüberstand, hatten manche Vertreter des neuen austrofaschistischen Regimes durchaus Interesse an einer Verständigung mit der NSDAP. Eine mögliche Zusammenarbeit – wie sie unter den Lehrenden der Universität Wien durch gemeinsame Netzwerke tagtäglich stattfand – sollte sogar bis zu einer gemeinsamen Regierung gehen.399 Diese Politik der Annäherung passte allerdings nicht ins Narrativ der Trabrennplatzrede, in der Dollfuß die Gegnerschaft zu Deutschland betonte.

Zuckerbrot und Peitsche: Beginn der Lehrenden-Überwachung Wenige Tage vor Dollfuß’ Rede erfüllten sich Heeresminister Carl Vaugoins Befürchtungen, dass Lehrende die Verfassungsmäßigkeit des Regimes ablehnen würden. Die ersten Querschüsse wurden am 1. September 1933 von der regierungstreuen »Wiener Zeitung« öffentlich gemacht.400 »In Österreich glauben sie, trotz Amtspflicht und Diensteid, ungestraft die eigene Regierung beschimpfen zu können«,401 hieß es da in einem Rundumschlag auch gegen Lehrende der Universität Wien, die für einen Eklat gesorgt hatten: Acht Rechtswissenschafter der Universität Wien – darunter einige prominente Professoren – hatten in einer deutschen Fachzeitschrift die Verfassungsmäßigkeit der neuen österreichischen Regierung in Frage gestellt. Fielen diese Aussagen noch unter die vom »Staatsgrundgesetz« garantierte Freiheit der Wissenschaft? Oder mussten sich Österreichs Machthaber entsprechend zur Wehr setzen? Wie sich an dem Präzedenzfall zeigen lässt, wurden der Wissenschaftsfreiheit im Austrofaschismus schon früh Grenzen gesetzt, die immer enger gezogen wurden. Doch zu diesem Eklat ein wenig später. Als erste und unmittelbarste Maßnahme nach dem Ende der Demokratie in Österreich hatten UniversitätsmitarbeiterInnen ab Mai 1933 einen neuen Diensteid abzulegen und die neuen Pflichten der öffentlich-rechtlichen Angestellten zu akzeptieren.402 Die Lehrenden hatten treu und gehorsam dem Regime zu dienen. Dabei bekamen sie die Möglichkeit, je nach Konfession in eigenen Eidzeremonien ihre Loyalität zum neuen Österreich zu schwören, ähnlich einem religiösen Bekenntnis und mit der Formel »so Gott will«.403 Mit ihrem Gelübde war den Bundesangestellten jegliche Kritik am Regime sowohl im Dienst wie auch in ihrer

399 Vgl. Tálos/Wenninger, Das austrofaschistische Österreich 1933–1938, S. 24 und S. 147. 400 Vgl. Neck/Wandruszka, Protokolle des Ministerrates, Kabinett Engelbert Dollfuß (Bd. 3), S. 310. 401 »Quousque tandem …«, Wiener Zeitung, 1. 9. 1933, S. 2. 402 Vgl. BGBl. 173/1933 vom 10. und 15. 5. 1933. 403 Vgl. Sedlak, Politische Sanktionen im öffentlichen Dienst, S. 7.

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Freizeit und im Ruhestand untersagt.404 Jede oppositionelle parteipolitische Betätigung sowie das Tragen politischer Abzeichen abseits von Insignien der Vaterländischen Front wurden den Lehrenden als öffentlich Bedienstete verboten. Gleichzeitig waren sie ab sofort verpflichtet, Eidverletzungen ihrer Kollegenschaft wie auch eigener Familienmitglieder umgehend zu melden.405 Die Ablehnung oder Missachtung dieser Pflichten kam dem freiwilligen Austritt aus dem Dienstverhältnis gleich und hatte den Verlust aller Rechte und Ansprüche (wie beispielsweise der Pensionszahlungen) für die Betroffenen und ihre Angehörigen zur Folge. Lehrende mussten sich also zwischen dem Beruf und einer oppositionellen parteipolitischen Betätigung entscheiden. Der Staat griff tief ins Privatleben seiner BürgerInnen ein. Die durchwegs regimetreuen Tages- und Wochenzeitungen beobachteten aufmerksam, wer an der Universität Wien den Diensteid ab Mai 1933 ablehnte, sich also nicht zur neuen austrofaschistischen Politik bekannte. So hatte man insbesondere den Rektor der Universität Wien, Othenio Abel, im Verdacht, den Diensteid verweigern zu wollen. Abel hatte in der Zeit seines Rektorates ab Herbst 1932 keinen Hehl aus seinen NS-Sympathien gemacht; entsprechend wurde dann beinahe überrascht von seinem Gelöbnis berichtet. Kurzzeitig schien es so, als ob sich seine Kollegen Wenzel Gleispach und Othmar Spann aus Überzeugungsgründen weigern würden, im Frühjahr 1933 den Schwur abzulegen.406 Sowohl Gleispach, Rektor der Universität Wien 1929/30, als auch Spann waren wie Abel dem betont nationalen Lager (also dem »dritten Lager« neben der Sozialdemokratie und den Christlichsozialen) zuzurechnen, gleichzeitig war Spann auch Theoretiker des ständischen Staatsprinzips und dabei mit dem rechten Flügel der Christlichsozialen Partei eng verbunden. Der Soziologe und Ökonom war national wie international in antidemokratischen und faschistischen Kreisen gut etabliert,407 und die Presse wartete auf seine Eidverweigerung und somit auf einen hochschulpolitischen Eklat im noch jungen Regime. Aber auch die NS-Studierenden standen bereit, um im Falle einer Eidverweigerung für ihre Lehrenden in einen Proteststreik zu treten. Mit dem Wissen um die Erfahrungen der Studierendenausschreitungen vor allem im März und Mai 1933 kommentierte die Zeitung »Wiener Tag« diese erwartete studentische Loyalitätsbekundung: »Auch darauf ist man vorbereitet. Man wird den Herren dann doch zeigen, daß die Wiener Hochschulen kein Tummelplatz für hochverräterische Aspirationen sind.«408 Tatsächlich kam es aber unspektakulärer als 404 Vgl. Kuen, Tierärztliche Hochschule Wiens während der Zeit des »Austrofaschismus«, S. 33. 405 Vgl. Neck/Wandruszka, Protokolle des Ministerrates, Kabinett Engelbert Dollfuß (Bd. 3), S. 80 sowie BGBl. 173/1933 vom 10. und 15. 5. 1933. 406 Vgl. »Rektor Abel hat den Diensteid geleistet«, Wiener Tag, 9. 6. 1933 (TBA). 407 Vgl. Ehs, Der Spann-Kreis. 408 »Rektor Abel hat den Diensteid geleistet«, Wiener Tag, 9. 6. 1933 (TBA).

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gedacht. Spann wie Gleispach legten ihren Eid ab, und das Säbelrasseln verstummte vor dem Sommer 1933 vorerst wieder. Gleispachs Ansichten über den Diensteid – für ihn war dieser »sachlich bedeutungslos« und brachte »keine rechtlichen Verpflichtungen«409 mit sich – wurden kurze Zeit später aber erneut relevant. Parallel zu dieser ersten austrofaschistischen Treueverpflichtung wurden weitere Gesetze zur Kontrolle der Beamtenschaft verlautbart. Die Regierung richtete ebenfalls noch im Mai 1933 im Bundeskanzleramt eine »besondere Disziplinarkommission« für alle öffentlich Bediensteten ein, ähnlich wie jene für Studierende im Ministerium.410 Vergehen wie die Diensteidverweigerung, die Verletzung der Dienstpflichten sowie staats- und regierungsfeindliche Taten sollten vor diesen Gremien verhandelt werden. Es war ein erster Schritt, um die innerberufliche Rechtsprechung durch ministeriellen Einfluss zu ersetzen und unter autoritäre staatliche Kontrolle zu stellen. Die Akademischen Senate der Universitäten – die Gremien, die innerhalb der universitären Selbstverwaltung Disziplinarvergehen ahndeten – wären damit entmachtet worden. Das war nicht unumstritten. Um die Frage, ob Universitätslehrende als öffentlich Bedienstete eine Sonderregelung in dieser Disziplinardebatte erhalten sollten, begann nun innerhalb der Regierung ein Kräftemessen. Vor dem Hintergrund der traditionell starken Universitätsautonomie forderte Anton Rintelen,411 der damals amtierende Bundesminister für Unterricht, bei den Diskussionen innerhalb der Regierung im Hinblick auf die neuen Kontroll- und Repressionsmaßnahmen eine Ausnahme für Universitätsangehörige. Der Eingriff in die Selbstverwaltung der Universitäten, so Rintelen Mitte Mai 1933, würde nur »überflüssige Reizungen«412 provozieren, die in Anbetracht der Situation an den Hochschulen und speziell an der Universität Wien zu vermeiden seien. Was Rintelen mit dieser Aussage bewirken wollte, ist nicht ganz klar: Er könnte sich davon einerseits eine Deeskalation erhofft haben. Andererseits war Rintelen aber auch ein ehrgeiziger Machtpolitiker, der bereits in den Pfrimer-Putsch 1931 involviert gewesen war und versucht hatte, mithilfe der Heimwehren an die Macht zu gelangen. Insofern kann seine tolerante Politik gegenüber den NS-Sympathisanten auch als bewusste Stärkung dieses Lagers ausgelegt werden. Egon Loebenstein, Sektionschef im Unterrichtsministerium, lehnte hingegen eine Sonderstellung der Hochschullehrenden innerhalb der öffentlich Bediensteten dezidiert ab. Er beharrte darauf, dass das Bundeskanzleramt zentral alle Disziplinierungen von öffentlich Bediensteten, so auch der Hochschullehrenden, 409 410 411 412

Zit. nach: Höflechner, Die Baumeister des künftigen Glücks, S. 458. Vgl. BGBl. 173/1933 vom 10. und 15. 5. 1933. Anton Rintelen fungierte von 20. 5. 1932 bis 24. 5. 1933 als Bundesminister für Unterricht. Neck/Wandruszka, Protokolle des Ministerrates, Kabinett Engelbert Dollfuß (Bd. 3), S. 309.

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übernehmen sollte. Ihm schloss sich Carl Vaugoin an: »Die Freiheit der Wissenschaft«, so der Heeresminister, »laufe keine Gefahr, denn wegen wissenschaftlicher Untersuchungen über die Verfassungsmäßigkeit der von der Regierung getroffenen Verfügungen oder über andere Zeitprobleme werde niemand verfolgt werden.«413 Vaugoin beschwichtigte und stellte dennoch den Regierungskritikern konsequent die Rute ins Fenster. Er ging von Beginn an davon aus, dass die universitären Behörden in ihren Senaten zu langsam und zu milde »disziplinierten« und deshalb der Staat in die Entscheidung der Kommissionen eingreifen müsse. Andere Regierungsmitglieder waren in ihrem Urteil zaghafter, und so konnte sich Rintelen zunächst in der Debatte durchsetzen. Die Ausnahmeregelung wurde im Mai 1933 beschlossen, sodass vorerst keine Kommission im Bundeskanzleramt für die Universitäten zuständig war. Die Hochschulen hatten nach wie vor die Hoheit über die Disziplinarsenate für Lehrende. Knapp zwei Wochen nach der Diskussion im Ministerrat war am 24. Mai 1933 Rintelens Karriere als Bundesminister für Unterricht jedoch beendet, und er musste sein Büro am Minoritenplatz räumen. Seine Sympathien für die NSStudierenden und die Nationalsozialisten insgesamt dürften dafür ausschlaggebend gewesen sein. Rintelens Ressort ging an Kurt Schuschnigg,414 der bereits seit 1932 Justizminister war und von nun an zusätzlich die Unterrichtsagenden verantwortete. Prompt wurden in den nächsten Monaten Maßnahmen ausgearbeitet, die aus einem komplizierten Konstrukt von Gesetzen und Verordnungen bestanden. Sie machten es möglich, einen öffentlich Bediensteten in den »zeitlichen Ruhestand« zu versetzen und ihn – »wenn Umstände eintreten, die seine weitere Dienstleistung aus wichtigen dienstlichen Rücksichten nicht zulässig erscheinen lassen«415 – auf unbestimmte Zeit außer Dienst zu stellen. Darüber hinaus sollte diese breit gefasste Formel auch die Entlassung jener Lehrenden ermöglichen, die eine so exponierte politische Haltung einnahmen, »daß sie der Bevölkerung gegenüber nicht mehr als unpolitische Exponenten der Staatsverwaltung gelten können und […] aus zwingender Rücksichtnahme auf dienstliche Interessen nicht weiter auf ihren Posten belassen werden können«.416 Diese vage Formulierung kam einem Freibrief für politische »Säuberungen« gleich. Der Staat bereitete unter dem Deckmantel der Legalität die politische Beeinflussung der Wissenschaft vor. Diese Erlässe waren Anfang August 1933 zunächst in den Zeitungen veröffentlicht worden und gingen zum Teil erst da-

413 Ebd., S. 310. 414 Rintelen erhielt den Posten des österreichischen Gesandten in Rom, im Juli 1934 spielte er eine wichtige Rolle beim gescheiterten Juliputsch. 415 Höflechner, Die Baumeister des künftigen Glücks, S. 462. 416 Ebd.

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nach an die Hochschulen. Eile war nicht geboten, denn an der Universität Wien fand aufgrund der Sommerferien noch kein Lehrbetrieb statt.

Erste Enthebungen von Lehrenden als »versteckte« Disziplinierungen Am Beginn des Studienjahres 1933/34 wurden unter Berufung auf die neuen Erlässe an der Universität Wien erste Präzedenzfälle geschaffen. Der bereits mehrfach erwähnte Wenzel Gleispach hatte in der deutschen Fachzeitschrift »Verwaltungsarchiv« im August 1933 mit einigen seiner Kollegen kritische Positionen zu den gesetzlichen Grundlagen der politischen Umbrüche in Österreich veröffentlicht.417 Gleispach selbst steuerte den Aufsatz über »Die Neuerungen im Dienstrechte der Bundesangestellten« bei, in dem er sich abfällig über das Regime und den von diesem verlangten Diensteid äußerte.418 Sein Wiener Kollege Max Layer schrieb in seinem Beitrag gar vom »Makel der Illegalität und der Verfassungswidrigkeit«.419 Ihre Aufsätze, die für die Regierung ein Affront waren, wurden in der staatseigenen »Wiener Zeitung« am 1. September 1933 heftig kritisiert: »In einer Zeit, in der Österreich von Deutschland wirtschaftlich und politisch aufs heftigste bekämpft wird, in einer Zeit der Bombenattentate, der Grenzübergriffe, in einer Zeit, da gegen das eigene Vaterland eine ›österreichische Legion‹ aufgestellt wird, halten es acht Universitätslehrer mit ihrer Stellung und ihrem Diensteid für vereinbar, der eigenen Regierung in den Rücken zu fallen«.420

Der Zeitungsbericht war ein Rundumschlag gegen die acht Rechtswissenschafter der Universität Wien. Von staatlicher Seite wurde ab diesem Zeitpunkt tatsächlich hart durchgegriffen und das neue, von Gleispach kritisierte Dienstrecht und die gerade erst erlassene Disziplinarordnung wurden sogleich gegen sie ausgelegt: Man warf Max Layer und Wenzel Gleispach aufgrund ihrer Stellungnahmen eine staatsfeindliche Haltung vor, die ihnen durch den abgelegten Eid untersagt war. Gleispach wurde schriftlich mitgeteilt, sein Artikel habe »die Grenzen der Freiheit der Wissenschaft überschritten«, daher würden »zwingende Dienstrücksichten« die weitere Tätigkeit des ehemaligen Rektors und Disziplinaranwaltes der Universität Wien »als aktiver Bundeslehrer an einer Hochschule 417 418 419 420

Vgl. Verwaltungsarchiv 38 (August 1933) 2. Vgl. »Quousque tandem …«, Wiener Zeitung, 1. 9. 1933, S. 1. Zit. nach: Taschwer, Hochburg, S. 176. »Quousque tandem …«, Wiener Zeitung, 1. 9. 1933, S. 1. Beteiligt waren Karl Braunias, Wenzel Gleispach, Karl Gottfried Hugelmann, Herbert Kier, Max Layer, Adolf Merkl, Ernst Schönbauer und Leopold Zimmerl.

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in Österreich nicht mehr angängig erscheinen« lassen.421 Gleispach wurde noch im Herbst 1933 im Alter von 57 Jahren in den Ruhestand versetzt, wogegen er umgehend – aber letztlich erfolglos – Einspruch erhob. Es war der erste politische Ausschluss im Austrofaschismus. Im Hinblick auf dieses Verfahren vermutet die Rechtshistorikerin Kamila Staudigl-Ciechowicz mit guten Gründen, dass gegen Gleispach deshalb kein Disziplinarverfahren an der Universität Wien eröffnet wurde, da allen bewusst war, dass er freigesprochen worden wäre.422 Mit »Rücksicht auf sein Alter« pensionierte man auch Max Layer: Er hatte zwar das 65. Lebensjahr und somit das Pensionsalter bereits erreicht. Doch es war damals üblich, über diese Altersgrenze hinaus bis zum 70. Lebensjahr und dann noch ein zusätzliches Ehrenjahr lang zu lehren.423 Weder für Gleispach noch für Layer war die Zwangspensionierung existenzbedrohend. Der 57-jährige Gleispach fand schnell Ersatz für seine Wiener Professur. Er ging bereits im Oktober 1933 als Gastprofessor nach Berlin und erhielt dort als Nachfolger eines entlassenen jüdischen Strafrechtsprofessors 1934 ein Ordinariat.424 Layer wiederum lehnte 1934 aus Krankheitsgründen das Angebot ab, an der Universität Köln zu lehren. Immerhin machte ihn die in Wien ansässige Akademie der Wissenschaften Ende 1934 zum korrespondierenden Mitglied, womit er sich in prominenter gleichgesinnter Gesellschaft befand.425 Das illegale NSDAP-Mitglied Leopold Zimmerl wiederum, der ebenfalls im »Verwaltungsarchiv« kritisch publiziert hatte, war lediglich Privatdozent und außerordentlicher Assistent am Institut für Strafrecht der Universität Wien und konnte von dieser Position aus nicht pensioniert werden. Er verließ Wien und folgte einem Ruf an die Universität Marburg an der Lahn, wo er wenig später zum Professor und im Studienjahr 1937/38 sograr zum Rektor aufstieg.426 Doch nicht alle österreichischen Autoren der regimekritischen Ausgabe des »Verwaltungsarchivs« wurden sanktioniert. So konnte der Rechtswissenschafter Adolf Julius Merkl trotz seiner Veröffentlichung an der Universität Wien bleiben. Sein Standpunkt wurde als hinreichend gemäßigt eingeschätzt. Merkl amtierte 1934/35 sogar als Dekan der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät, 421 Erlaß des Bundesministeriums für Unterricht 27070/I-1 vom 30. 9. 1933, zit. nach: Höflechner, Die Baumeister des künftigen Glücks, S. 477. 422 Vgl. Staudigl-Ciechowicz, Das Dienst-, Habilitations- und Disziplinarrecht der Universität Wien, S. 209. 423 Vgl. ebd., S. 207. 424 Vgl. Hold-Ferneck, Bericht 1934/35, S. 4. Schlussendlich wurde Gleispach pensioniert, nachdem er zunächst gegen seine Pensionierung berufen hatte und sie dann doch akzeptierte. Vgl. »Die Beschwerde Professor Gleispachs vor dem Bundesgerichtshof«, Neue Freie Presse (Abendblatt), 16. 10. 1935, S. 8. 425 Vgl. Fengler, Biogramme, S. 230 sowie Höflechner, Die Baumeister des künftigen Glücks, S. 477, Tomek, Bericht 1933/34, S. 11. 426 Vgl. Taschwer, Hochburg, S. 177 sowie Tomek, Bericht 1933/34, S. 6.

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bevor er 1938 von den Nationalsozialisten aus politischen Gründen von der Universität ausgeschlossen wurde.427 Der erzwungene Abgang der Rechtswissenschafter Layer, Gleispach und Zimmerl im Herbst 1933 bildete den Auftakt zur Entfernung regimekritischer Lehrender. In der Öffentlichkeit wurde aber zumindest der Fall Layer noch mit der Notwendigkeit von Einsparungs- und Personalabbaumaßnahmen legitimiert.428 Diese ersten Sanktionierungen von Lehrenden im Herbst 1933 setzten eine Diskussion innerhalb der Universität in Gang. Thematisiert wurde die Gratwanderung zwischen der Wahrung der Freiheit der Wissenschaft auf der einen Seite und der Maßregelung staatsfeindlicher Haltungen auf der anderen.429 In direktem Zusammenhang mit den Debatten um Gleispach und Layer – aber ohne diese explizit namentlich zu erwähnen – richtete der Akademische Senat der Universität Wien an die Regierung den »warmen Appell, an dem Grundsatze der Freiheit der Wissenschaft […] festzuhalten, dessen Wahrung ein besonderes Ruhmesblatt Österreichs seit nahezu einem Jahrhundert bis heute«430 sei. Es ging hierbei nicht um die Ehrenrettung der beiden Ausgeschlossenen. Der Aufruf war ein demonstrativer Versuch, ein halbes Jahr nach der Ausschaltung des Parlaments zumindest auf eigenem Terrain die Autonomie der Hochschulen zu verteidigen, während Studierende durch die Einheitsvertretung schon »gleichgeschaltet« worden waren. Ergänzend entschlossen sich die Wiener Universitätsvertreter in Reaktion auf den Fall Gleispach/Layer, selbst eine Expertenkommission einzurichten, deren Aufgabe es war, ein Gutachten zur Freiheit von Forschung und Lehre und deren Grenzen zu erarbeiten. Zudem wollte man im Rahmen dieser Untersuchung klären, ob Professoren bereits vor der Erlangung des 65. Lebensjahres in den dauernden Ruhestand versetzt werden konnten, ob es möglich war, sie aufgrund anderer – nicht die Dienstpragmatik betreffender – Gründe zu entlassen und 427 Vgl. Pfefferle/Pfefferle, Glimpflich entnazifiziert, S. 208. 428 In den Personalstandverzeichnissen der Universität Wien findet man Max Layer durchgehend bis 1938 (Stichtag: 1. 11. 1937) und Wenzel Gleispach noch bis ins Studienjahr 1933/34 (Stichtag: 1. 11. 1933) als »in den dauernden Ruhestand« versetzt. Vgl. Personalstandverzeichnisse der Universität Wien aus den Studienjahren 1934/35 bis 1937/38. In den Rektoratsberichten hingegen, in denen man das vergangene Studienjahr noch einmal Revue passieren ließ, ist von ihren Pensionierungen keine Rede. Hier wurden ausschließlich Max Layers Nominierung in die Akademie der Wissenschaften sowie Gleispachs Berufung nach Berlin vermerkt. Vgl. Tomek, Bericht 1933/34, S. 11 sowie Hold-Ferneck, Bericht 1934/35, S. 5. Von den vorangegangenen Unstimmigkeiten und der Tatsache, dass beide in »versteckter« Weise entlassen wurden, findet sich nichts in den offiziellen Quellen. Die Vermutung liegt nahe, dass in diesen Rektoratsberichten über das vergangene Studienjahr nur positive Erwähnungen Platz fanden, wie beispielsweise eine Berufung ins Ausland, nicht aber die vorherige Kündigung oder Zwangspensionierung. 429 Vgl. Höflechner, Die Baumeister des künftigen Glücks, S. 478. 430 Ebd.

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welche Chancen für die Betroffenen bestanden, gegen den staatlichen Eingriff vorzugehen. Klare Regelungen sollten die Handlungsspielräume der Hochschulen abstecken und so ungewollte staatliche Übergriffe abwenden. In der im Oktober 1933 veröffentlichten Stellungnahme, die auch von der Rektorenkonferenz übernommen wurde, trat man letztlich für eine Wahrung der Selbstverwaltung ein, enthielt sich jedoch weiterhin eines Kommentars zum Fall Gleispach/Layer und wollte in dieser Sache das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs abwarten. Aber nicht nur in Wien war die Universitätsleitung alarmiert, auch der Akademische Senat der Universität Graz forderte das Unterrichtsministerium auf, die verfassungsrechtlich gewährleistete Freiheit der Lehre und Forschung nicht zu untergraben.431 Auch aufgrund der Rechtsunsicherheit waren bereits zeitgleich im Herbst 1933 die Lehrverpflichtungen der Hochschullehrenden neu festgesetzt worden.432 Der erste Paragraf der Verordnung war besonders relevant, demzufolge Minister Schuschnigg Lehrende beurlauben, sie versetzen lassen oder sie aus der Lehre ausschließen konnte, wenn er es für nötig hielt. Diese Verordnung ergänzte nun die Gründe bzw. Formen eines Ausschlusses. Neben einer Pensionierung und einem (angeblichen) Disziplinarvergehen war die inhaltliche Infragestellung eines Lehrenden ein legitimes Instrument für dessen Entfernung geworden. In den Folgejahren sollte das Gesetz mehrfach bemüht werden, um unliebsame Wissenschafter zu entlassen. Aber damit endete die politische Repression nicht. Um österreichweit Gesetzesübertretungen oder auch nur die Intention »staatsfeindlichen« Verhaltens mit mehr als nur beruflichen Ausschlüssen ahnden zu können, wurde – wie bereits erwähnt – die Möglichkeit geschaffen, KritikerInnen in Lagern zu inhaftieren.433 Im Ministerrat wurde in diesem Zusammenhang im September 1933 auch von »Sammellagern« und »Präventivverwahrung« gesprochen. Staatssekretär Odo Neustädter-Stürmer verteidigte dabei sogar die Bezeichnung »Konzentrationslager«. Dieser Begriff fände zwar auch in Deutschland neuerdings Verwendung, sei aber, wie betont wurde, kein deutscher Einfall: »Die Konzentrationslager seien eine Erfindung der Engländer, sodaß man von einer Nachahmung reichsdeutscher Verhältnisse nicht sprechen könne. Redner [Neustädter-Stürmer, Anm. L.E.] glaube, daß die Einführung von Sammellagern begrüßt werden müsse; mit Methoden der Weichheit werde man nicht durchkommen.«434

431 Vgl. ebd., S. 477–479. 432 Vgl. BGBl. 444/1933 vom 28. und 30. 9. 1933. 433 Vgl. BGBl. 431/1933 vom 23. und 25. 9. 1933 sowie Neck/Wandruszka, Protokolle des Ministerrates, Kabinett Engelbert Dollfuß (Bd. 4), S. 337. 434 Neck/Wandruszka, Protokolle des Ministerrates, Kabinett Engelbert Dollfuß (Bd. 4), S. 337.

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Bereits am 17. Oktober 1933 wurden die ersten Häftlinge nach Wöllersdorf überstellt, wo sich das wichtigste austrofaschistische Lager befand, das man in offizieller Diktion letztlich als Anhaltelager bezeichnete. Es dauerte nicht lange, und die ersten Studenten wurden nach Wöllersdorf verlegt. Zumindest von einem sozialdemokratischen Lehrenden der Universität Wien ist die spätere »Anhaltung« in Wöllersdorf im Zuge der Februarkämpfe 1934 bekannt: Betroffen war der Mediziner Josef Karl Friedjung, der nach dem Verlust seiner Ämter kurzzeitig inhaftiert wurde.435 Als weitere Maßnahme führte die Regierung im November 1933 das standrechtliche Verfahren wieder ein.436 Schuschnigg zitierte in seinem Plädoyer ausführlich Vorbilder und Gründe für diese »Präventivmaßnahme«, wie er die Todesstrafe nannte. Das kurz zuvor gescheiterte Revolverattentat auf Dollfuß, das Nationalsozialisten am 3. Oktober 1933 verübt hatten, war für ihn nur ein Beispiel für die anhaltende Bedrohung, die es zu stoppen galt. Und da Italien »unter der Herrschaft des Fascismus«437 ebenfalls die Todesstrafe wiedereingeführt hatte, sah er Österreich in bester Gesellschaft.

Zentralisierung der Personalangelegenheiten Der restriktive Kurs in universitären Personalangelegenheiten hatte aber neben der politischen »Säuberung« durch Entlassungen und Pensionierungen auch noch ein zweites Motiv: Die Regierung Dollfuß musste überfällige Einsparungsmaßnahmen im öffentlichen Dienst durchsetzen, zu denen sie vom Völkerbund verpflichtet worden war. Vor dem Hintergrund der internationalen Weltwirtschaftskrise hatte die Regierung auf Grundlage eines rigiden Budgetsanierungsgesetzes bereits im Oktober 1931 Sparmaßnahmen im Bereich der Hochschulen formuliert.438 Unmittelbar danach konnte sich insbesondere der Pädagogikordinarius Richard Meister an der Universität Wien als Mittler zwischen der alarmierten Professorenschaft und dem abbauwilligen Unterrichtsministerium profilieren, und es gelang ihm vorerst, nachhaltige Eingriffe in den Personalstand zu verhindern.439 Sektionschef Loebenstein folgte Ende 1931 noch Meisters Argumentationslinie, dass Streichungen bei den AssistentInnen bzw. den wissenschaftlichen Hilfskräften von fünf bis zehn Prozent kaum finanzielle Erleichterung, sehr wohl aber eine rapide Verschlechterung der wissenschaftlichen Arbeiten an den einzelnen Instituten mit sich bringen würde.

435 436 437 438 439

Vgl. zu Friedjung die Seiten 118–120 in diesem Buch. Vgl. BGBl. 501/1933 vom 10. 11. 1933. Neck/Wandruszka, Protokolle des Ministerrates, Kabinett Engelbert Dollfuß (Bd. 5), S. 46. Vgl. BGBl. 294/1931 vom 3. und 4. 10. 1931. Vgl. UAW, Akad. Senat, GZ. 248, 1931/32, Sitzung vom 20. 11. 1931.

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Ein Jahr später, im Oktober 1932, konkretisierten sich die Einsparungspläne dennoch: Die noch demokratisch legitimierte Regierung beabsichtigte an den österreichischen Hochschulen nicht weniger als 163 Lehrkanzeln aufzulassen, was eine Streichung von rund einem Drittel aller 432 Ordinariate bedeutete.440 In Rücksprache mit den Fakultäten bot sich Richard Meister abermals als Verbindungsmann zwischen dem Ministerium und den Hochschulen an, um einen Vorschlag vorzulegen, auf welche Stellen tatsächlich verzichtet werden konnte.441 Der Akademische Senat der Universität Wien beauftragte Meister noch im Oktober 1932 postwendend, gemeinsam mit Rektor Othenio Abel und Heinrich Srbik, dem Dekan der Philosophischen Fakultät, im Unterrichtsministerium hinter verschlossener Tür ein klärendes Gespräch im Sinne der Hochschulen zu suchen.442 Zwar bot das »Beurlaubungsgesetz« aus dem Jahr 1932 die Möglichkeit, mit dem Argument von Sparmaßnahmen Bundesangestellte gegen Wartegeld zu beurlauben. Das Gesetz war zu diesem Zeitpunkt aber nicht auf Hochschullehrer anwendbar, sodass die Einsparungen an den Universitäten auch Ende 1932 ein weiteres Mal abgewendet werden konnten. Im Anschluss daran hielt Richard Meister Ende Februar 1933 vor der Vereinigung deutscher Hochschullehrer in Wien den später publizierten Vortrag »Die staatlichen Ersparungsmaßnahmen und die Lage der Wissenschaft«, in dem er dafür argumentierte, dass die Hochschulen bei den einzusparenden Stellen zumindest ein Mitspracherecht erhielten.443 Zehn Monate nach Meisters Vortrag, im Dezember 1933, wurde es mittels einer Regierungsverordnung dann tatsächlich möglich, Hochschullehrer zu beurlauben. Für diese Aufgabe hatte Dollfuß im November 1933 seinen CV-Bundesbruder (Norica) Arbogast Fleisch zum Bundeskommissär für Personalangelegenheiten ernannt, um die Enthebungen bzw. Pensionierungen von öffentlich Angestellten von zentraler Stelle aus zu regeln.444 Der Kanzler begründete in einer Ministerratssitzung Fleischs Einsetzung mit der Notwendigkeit, die Führung der Personalangelegenheiten zu bündeln. Fleisch, der sein Büro in unmittelbarer Nähe zu jenem von Dollfuß hatte, wurde damit gleichsam zum höchsten »Personalchef« des Austrofaschismus. Ihm waren dank der neuen Regierungsverordnung vom Dezember 1933 auch die Universitäten unterstellt.445 440 441 442 443 444

Vgl. Höflechner, Die Baumeister des künftigen Glücks, S. 402 und S. 404. Vgl. ebd., S. 402, Fn. 77. Vgl. UAW, Akad. Senat, GZ. 726, 1932/33, Sitzung vom 20. 10. 1932. Vgl. Meister, Ersparungsmaßnahmen. Ebenfalls der CV-Verbindung Norica gehörte Hans Pernter an, der ab Mitte 1934 die Geschicke im Unterrichtsministerium, zunächst als Sektionschef und ab 1936 als Unterrichtsminister (bis März 1938) leitete. 445 Vgl. Hartmann, Arbogast Josef Fleisch.

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Als Kommissär nahm Fleisch regelmäßig an den Sitzungen des Ministerrats teil und stieg damit auch zum Hauptverantwortlichen für die politischen »Säuberungsaktionen« im Bereich der öffentlich Bediensteten auf.446 Falls in einem Ressort eine »zu geringe Energie bei Behandlung der Personalagenden entfaltet werde«447 – also nicht konsequent genug durchgegriffen wurde –, hatte Fleisch ab Ende 1933 die Kompetenz, autoritär einen »Personalaustausch« durchzuführen. Hinsichtlich der Entlassung von Beamten orientierte sich der Ministerrat ebenfalls am faschistischen Ausland: Auch Italien und Deutschland hatten zuvor Maßnahmen zur »Säuberung« der Beamtenschaft gesetzt, die in diesen beiden Ländern freilich um einiges rigoroser ausfielen.448

Politischer »Abbau« unter dem Deckmantel von Einsparungsnöten Die im Dezember 1933 beschlossene Abbaubestimmung war eine Novelle der »Wartegeldregelung« aus dem Jahr 1932. Die Bezeichnung »Wartegeld« stand für eine Dienstenthebung, bei der man gewissermaßen »beurlaubt« war und der Lohn sich an den künftigen Pensionsbezügen orientierte (also geringer war als das aktive Gehalt). Um auf diese Regelung zurückgreifen zu können, mussten die zu entlassenden Lehrenden bereits mindestens 20 Dienstjahre aufweisen. Man konnte maximal fünf Jahre auf diese Weise beurlaubt sein, danach wurde man in den dauernden Ruhestand versetzt oder bereits früher wieder in den Dienst berufen. In der Zeit, in der ein Beamter »auf Wartegeld beurlaubt« war, durften keine Personen mit derselben Qualifikation wie der Beurlaubte in den Bundesdienst aufgenommen werden, um Gehaltseinsparungen zu erzielen.449 Diese Maßnahme, die Einsparungen bringen sollte, blieb nach den Erhebungen des Historikers Walter Höflechner finanziell allerdings relativ wirkungslos.450 An der Universität Wien wurden der Historiker Viktor Bibl, der Jurist Georg Petschek sowie die beiden Mediziner Erich Knaffl-Lenz und Alfred Fröhlich auf Basis dieser Regelung im Laufe des Studienjahres 1933/34 mit Wartegeld beur446 Vgl. Sedlak, Politische Sanktionen im öffentlichen Dienst, S. 14 sowie Rauscher, Österreich im Banne des Faschismus, S. 99. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde Fleisch am 1. 5. 1945, wie andere ehemalige austrofaschistische Funktionäre, rehabilitiert und in Anbetracht seines Alters pensioniert. 447 Neck/Wandruszka, Protokolle des Ministerrates, Kabinett Engelbert Dollfuß (Bd. 5), S. 25. 448 Vgl. ebd., S. 455. 449 Vgl. Staudigl-Ciechowicz, Das Dienst-, Habilitations- und Disziplinarrecht der Universität Wien, S. 218–220. Darüber hinaus wurden die damals eingerichteten »Abbaukommissionen« nun in »außerordentliche Personalkommissionen« umbenannt und – wie auch die »besondere Disziplinarkommission« – im Bundeskanzleramt angesiedelt. Vgl. BGBl. 247/1932 vom 18. und 26. 8. 1932 sowie BGBl. 556/1933 vom 15. und 21. 12. 1933. 450 Vgl. Höflechner, Die Baumeister des künftigen Glücks, S. 400.

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laubt.451 Mögliche Gründe für ihre vorgezogene Pensionierung waren im Fall Bibls vermutlich neben NS-Sympathien auch abschätzige Äußerungen über Österreich und Dollfuß, den Bibl angeblich als »Millimetternich«452 bezeichnet hatte. Bei Petschek und Fröhlich könnte ihre jüdische Herkunft ein Motiv gewesen sein.453 Bei Knaffl-Lenz, einem Pharmakologen und Experten für Narkotika, ist nicht gesichert, was ausschlaggebend war. Im Vergleich etwa zum Bundesheer, wo die »Wartegeldregelung« dafür eingesetzt wurde, politisch unzuverlässige Offiziere vom Dienst zu entfernen,454 nutzte man an der Universität Wien vor allem die Möglichkeit der Frühpensionierung, um sich Lehrender zu entledigen – ohne aber schlussendlich bei den Ausgaben zu sparen. Eine zentrale Rolle bei diesen Pensionierungen spielte abermals der Altphilologe und Pädagoge Richard Meister, der auch bei den vier Betroffenen der »Wartegeldregelung« im Hintergrund die Fäden gezogen hatte. Er stellte gemeinsam mit dem Zivilrechtsprofessor Gustav Walker von der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät Anfang 1934 eine Liste mit zu pensionierenden Lehrenden zusammen, auf der neben den »beurlaubten« Bibl, Fröhlich und Knaffl-Lenz (Petschek stand nicht auf dieser Liste) noch 34 andere Professoren angeführt waren, deren Verbleib an der Hochschule empfohlen bzw. nicht empfohlen wurde.455 Dieses Dokument mit dem Titel »für die Pensionierung bzw. für die Beurlaubung mit Wartegeld in Betracht kommende Universitätsprofes-

451 Vgl. Tomek, Bericht 1933/34, S. 5. Wobei Petschek auch in den folgenden Personalstandverzeichnissen in der Kategorie »Privatdozenten« und nicht gesondert unter »mit Wartegeld beurlaubt« geführt wurde. 452 Zit. nach: Taschwer, Hochburg, S. 188. 453 Georg Petschek wurde im Zuge des »Anschlusses« 1938 aus rassistischen Gründen von der Universität Wien vertrieben. Vgl. Mühlberger, Vertriebene Intelligenz, S. 14. Zu Alfred Fröhlich liegen Matriken im Archiv der Israelitischen Kultusgemeinde Wien auf. 454 Vgl. Enderle-Burcel/Neubauer-Czettl, Staat im Umbruch, S. 419. 455 Auf der Liste standen (nach Fakultäten geordnet) von der Katholisch-Theologischen Fakultät: Konstantin Hohenlohe-Schillingsfürst und Josef Lehner; von der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät: Stephan Brassloff, Emil Goldmann, Alexander HoldFerneck, Karl Gottfried Hugelmann und Gustav Walker; von der Medizinischen Fakultät: Michael Eisler-Terramare, Alfred Fischel, Alfred Fröhlich, Otto Fürth, Roland Grassberger, Erich Knaffl-Lenz, Rudolf Maresch, Max Neuburger, Wolfgang Pauli (sen.), Emil Raimann und Julius Tandler sowie von der Philosophischen Fakultät: Robert Arnold, Viktor Bibl, Alfons Dopsch, Adolf Franke, Heinrich Gomperz, Gustav Jäger, Max Hermann Jellinek, Heinrich Joseph, Paul Kretschmer, Karl Luick, Rudolf Much, Carl Patsch, Jakob Pollak, Hans Przibram, Ludwig Radermacher, Julius Schlosser, Franz Eduard Suess, Wilhelm Wirtinger (sen.) und Alfred Wolfgang Wurzbach von Tannenberg. Vgl. ÖStA, AVA, Unterricht Allgemein 1848–1940, Professoren und Lehrkräfte 1932–1934, Ktn. 797, GZ. 3680-I/34, 1934, Verzeichnis o.D. Kamila Staudigl-Ciechowicz hat diese Liste in den Beständen des Unterrichtsministeriums entdeckt. Vgl. Staudigl-Ciechowicz, Das Dienst-, Habilitations- und Disziplinarrecht der Universität Wien, S. 205–206 sowie Erker/Taschwer, »Eine wirklich befriedigende Lösung der Judenfrage!«.

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soren« nannte 37 Lehrende im Alter von 53 bis 72 Jahren,456 die auf vier der fünf Fakultäten verteilt waren.457 15 der 37 Professoren wurden als »zu halten« eingestuft, 13 als »auf Wartegeld zu beurlauben« und neun wurden für die Pensionierung empfohlen. Der bereits 65-jährige Gustav Walker, ehemaliger Präsident und Mitglied des im Laufe des Jahres 1934 abgeschafften Verfassungsgerichtshofs, stand ebenfalls auf der Liste. Die Empfehlung lautete in seinem Fall »zu halten«. An der Liste stechen einige Aspekte hervor: Von den 22 Personen, die zur Entfernung (Pension oder Wartegeld) empfohlen wurden, waren immerhin 13 jüdischer Herkunft und somit überproportional viele, nämlich 59 Prozent.458 Umgekehrt waren von den 15 »zu haltenden« Lehrenden nur drei jüdischer Herkunft.459 Das Ministerium folgte nicht in sämtlichen Empfehlungen Meister und Walker, es setzte aber insgesamt sogar mehr Lehrende (insgesamt 26) der Liste auf Wartegeld bzw. pensionierte sie, ein Lehrender verstarb. Von diesen 26 waren allerdings nur zehn Lehrende jüdischer Herkunft, was immer noch einen Anteil von 38 Prozent bedeutet. Diese Differenz zwischen der ursprünglichen Meister/Walker-Liste und der Umsetzung durch das Ministerium zeigt, dass die eigenen Empfehlungen der Universität tendenziell judenfeindlicher waren als die Umsetzung durch das Ministerium. Gleichzeitig ist bemerkenswert, dass die zehn pensionierten bzw. auf Wartegeld gesetzten Professoren jüdischer Herkunft im Vergleich zu den anderen entfernten Professoren auffällig jung waren: Keiner von ihnen war älter als 65.460 In den Geisteswissenschaften, die für jüdische WissenschafterInnen aufgrund der Aktivitäten der antisemitischen Professorenclique Bärenhöhle kaum mehr Karrieremöglichkeiten boten, waren damit ab 1934/35 fast keine Lehrenden jüdischer Herkunft mehr unter den aktiven Professoren vertreten, und das bereits drei Jahre vor dem »Anschluss«.461 456 Stichtag für die Alterserhebung ist der 1. 1. 1934. 457 Es wird kein Lehrender der Evangelisch-Theologischen Fakultät genannt, hier sind im Studienjahr 1933/34 nur fünf Professoren im Personalstandverzeichnis der Universität Wien vermerkt (Stichtag: 1. 11. 1933). 458 Arnold, Brassloff, Eisler-Terramare, Fröhlich, Goldmann, Gomperz, Jellinek, Joseph, Neuburger, Pollak, Przibram, Tandler und Wurzbach von Tannenberg. 459 Fischel, Fürth und Pauli gehörten allesamt der Medizinischen Fakultät an. Pauli wurde letztlich frühpensioniert, siehe oben. 460 Die zehn Lehrenden waren: Arnold, Fischel, Fröhlich, Gomperz, Jellinek, Joseph, Neuburger, Pauli, Pollak und Tandler. 461 Vgl. Taschwer, Hochburg, S. 186. An der Philosophischen Fakultät lehrte noch Bernhard Geiger, außerordentlicher Professor für Iranische und Indische Philologie. Er bekannte sich zur mosaischen Religion und wurde im Frühjahr 1938 von der Universität entlassen. Vgl. Huber, Bernhard Geiger. Auch Alfred Wolfgang Wurzbach von Tannenberg, der 1938 aus rassistischen Gründen von der Universität vertrieben wurde, war zu dieser Zeit noch außerordentlicher Professor für Romanische Philologie. Vgl. Huber, Alfred Wolfgang Wurzbach von Tannenberg.

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Nachträglich wurde der Zoologe Hans Przibram aus der Gruppe der eventuellen Beurlaubungen gestrichen, der vermutlich auch deshalb bleiben konnte, weil er noch nicht genügend Dienstjahre vorweisen konnte. Der Chemiker Wolfgang Pauli senior (64 Jahre alt), der Vater des gleichnamigen Physik-Nobelpreisträgers, findet sich hingegen unter den Frühpensionierten, obwohl er auf der Liste der zu haltenden Professoren gestanden war. Welchen Handlungsspielraum Richard Meister bei diesen Zwangspensionierungen tatsächlich hatte, ist auf Basis der Quellenlage nicht eindeutig zu beurteilen. Seine Mitgliedschaft im antisemitischen Netzwerk Bärenhöhle und die hohe Zahl der beurlaubten oder pensionierten jüdischen Professoren sprechen aber für seine zentrale Position als Scharnier zwischen der Universität Wien und dem Ministerium. Dazu passt auch, dass Meister ab 1934 Mitglied im neu begründeten Bundeskulturrat war, einem von vier beratenden Organen zur Gesetzgebung nach der neuen Verfassung, und dort den Bereich Wissenschaft vertrat.462 Was ebenfalls auffällt: Die meisten der frühpensionierten Professoren wurden nach ihrer Pensionierung mit einem Orden »abgespeist«, wobei die »nicht-jüdischen« Professoren meist einen etwas höheren Orden erhielten. Robert Arnold, Max Hermann Jellinek, Heinrich Joseph, Wolfgang Pauli (sen.) und Jakob Pollak erhielten hingegen nur das Offizierskreuz, nachdem sie die Universität hatten verlassen müssen.463 Für einige der Professoren wie Robert Arnold stellte die zwangsweise Pensionierung aus nachvollziehbaren Gründen eine schwere persönliche Kränkung dar.464

Entlassungen an zwei Fronten Im Jänner 1934 diskutierte der Ministerrat abermals über die Beamtenschaft, im Speziellen über die »Maßnahmen betreffend die öffentlichen Angestellten«,465 wie der Tagesordnungspunkt hieß. Unterrichtsminister Schuschnigg deutete in der Sitzung vom 26. Jänner 1934 erneut die Vorbildwirkung Italiens und Deutschlands an, strich zugleich aber auch das »Österreichertum« hervor, wie aus dem Protokoll der Sitzung hervorgeht:

462 Vgl. Feichtinger/Fillafer, Leo Thun und die Nachwelt, S. 353. 463 Vgl. Taschwer, Ehre, wem Ehre nicht unbedingt gebührt, S. 315–316. 464 Zu Arnolds unfreiwilliger Fru¨ hpensionierung heißt es in einer posthumen Wu¨ rdigung: »[D]ie unwu¨ rdige Art der Quieszierung war fu¨ r ihn eine schwere Kränkung, die sich auch auf seine Gesundheit auswirkte.« Gladt, Robert Franz Arnold zu seinem 100. Geburtstag, S. 482. 465 Vgl. Neck/Wandruszka, Protokolle des Ministerrates, Kabinett Engelbert Dollfuß (Bd. 5), S. 445.

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»In Deutschland seien einfach auf Grund eines Gesetzes ›zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums‹ alle höheren Beamten, die z. B. mit einem dem Zentrum angehörenden Minister zusammengearbeitet hätten, über Nacht mit stark verringerten Pensionsbezügen ausgeschieden worden. Ähnlich sei die Lage in Italien. Man soll sich aber dadurch nicht beeinflussen lassen und auf gut österreichische Art das machen, was man für richtig halte. Redner [Schuschnigg, Anm. L.E.] sei überzeugt, daß der größte Teil der Beamtenschaft loyal sei. Man verlange vom Beamten keine Gleichschaltung der Gesinnung, wohl aber, daß er im Dienst und auch außerhalb desselben des Treueverhältnisses eingedenk sei, das den öffentlichen Angestellten mit dem Staat verbinde. Redner [Schuschnigg, Anm. L.E.] glaube, daß der Weg, den die Regierung gehe, notwendig sei. Dieser Weg lasse sich nicht nach parteipolitischen Erwägungen abgrenzen, sondern nur nach dem Gedanken, ob man ein Österreich wolle oder nicht. Gerade aus nationalen Rücksichten müsse man dieses Österreich erhalten, und wenn man zu dieser Überzeugung gekommen sei, müsse man auch alles daran setzen und dürfe auch vor einem harten Zugriff nicht zurückscheuen.«466

Aus diesem Ausschnitt der Diskussion wird deutlich, dass Schuschnigg Österreich in Abgrenzung zu den beiden europäischen Konkurrenzfaschismen positionierte und – wie schon Dollfuß im Zuge der eingangs zitierten Trabrennplatzrede – das »Eigene« und »Österreichische« betonte. Gleichzeitig hielt es die Regierung Anfang Februar 1934 für nötig, die eben noch von Schuschnigg als »loyal« bezeichneten Bundesangestellten wieder einmal an ihre Dienstpflichten zu erinnern, damit sie sich »restlos hinter den Staat und seine verantwortliche Führung« stellten.467 Nach nicht einmal einem Regimejahr wollte man sie erneut vereidigen – und sprach zugleich eine Drohung aus: »Der Bundesangestellte müsse sich klar werden, dass es nur zwei Wege gebe, entweder dem Appell der Regierung, wie bisher zu folgen oder sein Amt niederzulegen.«468 Kurz darauf sollten die Februarkämpfe die erste Bewährungsprobe für das Regime im durchaus turbulenten Jahr 1934 darstellen.

Folgen des Februar 1934 Josef Karl Friedjung, Kinderarzt und Privatdozent an der Universität Wien, wurde – wie bereits erwähnt – in Folge der Februarkämpfe 1934 nicht nur seines Amtes enthoben, sondern am 13. Februar auch verhaftet und im Anhaltelager 466 Ebd., S. 455. 467 ÖStA, AdR, BKA 1918–2003, BKA Inneres 1918–1938, Präsidium 1926–1938, GZ. 5997, 1934, Schreiben von Arbogast Fleisch vom 2. 2. 1934. 468 Ebd. Im Rahmen dieser Sitzung wurde auch in anderen Zusammenhängen die Befürchtung des »Nadertums«, also das heimliche Anschwärzen der UniversitätskollegInnen, besprochen. Diese meist anonymen Anzeigen an die Kommissionen waren die Kehrseite der Denunziationen, zu denen BeamtInnen in gewisser Weise per Eid verpflichtet waren.

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Wöllersdorf interniert. Fälschlicherweise warf man Friedjung vor, als Chefarzt des Republikanischen Schutzbundes in die Kampfhandlungen involviert gewesen zu sein, womit man seine Haft von April bis Juni 1934 rechtfertigte.469 Friedjung gehörte gemeinsam mit dem Juristen, Philosophen und Soziologen Max Adler, dem Mathematiker Hans Hahn und dem Mediziner Julius Tandler zu den wenigen an der Hochschule verbliebenen sozialdemokratischen Professoren. Als Mitglied der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei, als Wiener Gemeinderat im Bereich Wohlfahrtseinrichtungen, Jugendfürsorge und Gesundheitswesen sowie als Gründer der Vereinigung Sozialdemokratischer Ärzte Wien hatte Friedjung im Jänner 1934, also kurz vor den Februarkämpfen und dem Parteiverbot, einen kritischen Artikel mit dem Titel »Das Urteil der Ärzte über den Gasschutz« verfasst.470 In diesem Aufsatz und anderen Texten habe sich Friedjung, so lautete der Vorwurf in seinem Disziplinarverfahren, unberechtigter Weise abfällig über die Wiener Ärzteschaft geäußert.471 Gustav Walker war, wie schon bei der Erstellung der Liste mit Richard Meister, auch hier involviert, da er Friedjung im Namen der Universität Wien von der Anzeige und der Eröffnung des Verfahrens gegen ihn schriftlich informierte.472 Im Anhaltelager Wöllersdorf schien Friedjung beliebt gewesen zu sein. Er referierte im Lager zu Fragen der Kindererziehung und Gesundheitspflege und war inoffiziell auch weiterhin als Arzt tätig, wofür ihm einer seiner Mithäftlinge mit folgendem Gedicht dankte:473 »Die Praxis die ist jetzt verwaist, weil Du nach Wöllersdorf gereist; doch hast weil alles Dich hier kennt, viel Arbeit da als Herr Dozent. Die Praxis die ist hier sehr groß, doch gratis ist sie, was famos! denn weil Dein Name viel gehört, drum wirst Du immerzu gestört.«474

Erst Interventionen aus dem Ausland führten zur Enthaftung Friedjungs im Juni 1934. Sein Disziplinarverfahren dauerte jedoch noch bis 1937, es sollte das längste

469 Vgl. Neugebauer/Schwarz, Der Wille zum aufrechten Gang, S. 214, Fn. 447. 470 Vgl. »Das Urteil der Aerzte über den Gasschutz«, Arbeiter-Zeitung, 25. 1. 1934, S. 7. 471 Vgl. Gröger, Josef Karl Friedjung, S. 823 sowie Staudigl-Ciechowicz, Das Dienst-, Habilitations- und Disziplinarrecht der Universität Wien, S. 963–698. 472 Vgl. UAW, Med. PA 912, Josef Karl Friedjung, Schreiben vom 29. 1. 1935. 473 Vgl. Schölnberger, Das Anhaltelager Wöllersdorf, S. 230. 474 Auszug aus dem »Festgedicht anlässlich des 63jähr. Geburtstages des Doz. Prof. Dr. Friedjung. ›Dem Ethiker‹«, zit. nach: Schölnberger, Das Anhaltelager Wöllersdorf, S. 257.

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Disziplinarverfahren in den Jahren des Austrofaschismus sein,475 da er den politisch motivierten Entzug der Lehrbefugnis nicht akzeptieren wollte und in Berufung ging. Erst in der NS-Zeit wurde seine Disziplinarakte entgültig geschlossen.476 Zu dieser Zeit befand er sich aber bereits in der erzwungenen Emigration im damaligen Palästina. Die Februarkämpfe hatten aber nicht nur für Friedjung, sondern auch für Julius Tandler und Max Adler Konsequenzen. Keiner von ihnen war in die Gefechte involviert gewesen, dennoch informierte Unterrichtsminister Schuschnigg das Rektorat am 9. März 1934 darüber, dass der exponierte Sozialdemokrat und Privatdozent Max Adler inhaftiert und gegen ihn ein Disziplinarverfahren eingeleitet worden sei.477 Das politisch motivierte Verfahren gegen Adler zog sich, wie im Fall Friedjung, über längere Zeit hin und wurde inhaltlich durch weitere politische Vorwürfe ergänzt.478 In derselben Sitzung, in der Adler vom Vorwurf der Februar-Beteiligung schlussendlich entlastet worden war, wurden umgehend wieder neue Anschuldigungen gegen ihn vorgebracht, die alle bis Mai 1935 – nicht zuletzt dank der Intervention des bereits genannten Rechtswissenschafters Josef Hupka – ohne Schuldspruch blieben.479 Julius Tandler, der wohl prominenteste Sozialdemokrat an der Universität Wien in der Zwischenkriegszeit, erfuhr kurz nach den Februarkämpfen 1934 im Ausland von seiner Versetzung in den Ruhestand, die ganz offensichtlich vor allem politische Hintergründe hatte, auch wenn sie als Einsparung bzw. altersbedingte Pensionierung argumentiert wurde.480 NS-Studierende hatten Tandler bereits in den Jahren zuvor intensiv angefeindet und störten regelmäßig seine Lehrveranstaltungen. Sein Name befand sich auch auf der von Richard Meister und Gustav Walker angefertigten Liste der 37 Professoren, die pensioniert oder 475 Vgl. Staudigl-Ciechowicz, Das Dienst-, Habilitations- und Disziplinarrecht der Universität Wien, S. 404. 476 Mit 1. 11. 1937 wurde Friedjung erstmals nicht mehr im Personalstand der Universität Wien geführt. 1938 musste er Österreich verlassen und emigrierte nach Palästina, wo er 1946 vor seiner geplanten Rückkehr nach Österreich starb. Vgl. Eichberger, Politisch motivierte Disziplinarverfahren, S. 313–316 sowie Staudigl-Ciechowicz, Das Dienst-, Habilitationsund Disziplinarrecht der Universität Wien, S. 440–441. 477 Vgl. UAW, Akad. Senat, S 185 645, Schreiben von Kurt Schuschnigg an das Rektorat der Universität Wien vom 9. 3. 1934. 478 Es war nicht die erste Intervention gegen Adler. Bereits 1925/26 hatte die Deutsche Gemeinschaft seine Berufung zum ordentlichen Professor verhindert. Vgl. Siegert, Max Adler, S. 30. 479 Vgl. Staudigl-Ciechowicz, Disziplinaruntersuchungen gegen Max Adler, S. 97–98. Mit dem Stichtag 1. 11. 1937 scheint Max Adler nicht mehr im Personalstand der Universität Wien auf. Er starb im Juni 1937 in Wien. 480 Vgl. Eichberger, Politisch motivierte Disziplinarverfahren, S. 323–324. Kamila StaudiglCiechowicz weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Nachbesetzung bereits im April 1934 im Unterrichtsministerium fixiert worden war. Vgl. Staudigl-Ciechowicz, Das Dienst-, Habilitations- und Disziplinarrecht der Universität Wien, S. 208.

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»beurlaubt« werden sollten. Das Ministerium war aber zu diesem Zeitpunkt der Empfehlung nicht gefolgt.481 Nach den Februarkämpfen war es dann aber soweit: Tandler erfuhr in China vom Bürgerkrieg, unterbrach sein Auslandssemester und kehrte aus Solidarität umgehend nach Österreich zurück. Am 17. März 1934 kam er nach einer Reise unter anderem mit der Transsibirischen Eisenbahn in Wien an und meldete sich, wie nach längeren Auslandsaufenthalten üblich, bei der Polizei. Dabei wurde er nach einer Einvernahme sogar kurzzeitig in der Rossauer Kaserne inhaftiert.

Abb. 15: Karikatur von Julius Tandler aus dem »Stürmer« vom 18. November 1933 in Anspielung auf seinen China-Aufenthalt.482

481 Vgl. ÖStA, AVA, Unterricht Allgemein 1848–1940, Professoren und Lehrkräfte 1932–1934, Ktn. 797, GZ. 3680-I/34, 1934, Verzeichnis o.D. 482 Der Stürmer, 18. 11. 1933, Nr. 14 (TBA).

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Der renommierte Anatom und international geschätzte Sozialpolitiker Julius Tandler – seit 1910 ordentlicher Professor sowie 1916/17 Dekan der Medizinischen Fakultät – brachte noch im März 1934 eine elfseitige Einwendung gegen die aus seiner Sicht eindeutig politisch motivierte Zwangspensionierung ein.483 Ein Pensionierungsbescheid war datiert vom 15., ein anderer vom 21. Februar 1934, ein Tag vor oder eben fünf Tage nach seinem 65. Geburtstag.484 Die Nähe zu seinem Geburtstag schien ihm verdächtig, darüber hinaus zweifelte er die Rechtsgültigkeit der Entscheidung an und legte beim Verwaltungsgerichtshof eine Beschwerde ein, allerdings vergeblich. So ließ Tandler als unfreiwilliger Emeritus die Stadt seines jahrzehntelangen politischen und akademischen Wirkens zurück und reiste über New York in die Sowjetunion, wo er 1936 in Moskau starb.485 Als Professor und Sozialpolitiker wurde er insbesondere auch in den autobiografischen Erzählungen von Studierenden der 1930er Jahre als eine der bedeutendsten Persönlichkeiten ihrer Studienzeit gerühmt. Dabei wurde er zu so etwas wie eine Erinnerungsikone, stand er doch für einen der letzten »Aufrechten«, der NS-Studierende in den Vorlesungen – wie viele Anekdoten berichteten – nicht nur mit launischen Kommentaren bedachte, sondern ihnen vor allem konsequent Paroli bot.486 Hans Hahn, Mathematiker und Mitbegründer des Wiener Kreises, der bereits 1924 den Antisemitismus an der Universität Wien kritisiert hatte und lange Zeit Vorsitzender der Vereinigung sozialistischer Hochschullehrer gewesen war, starb am 24. Juli 1934 nach kurzer schwerer Krankheit mit nur 54 Jahren. Nicht ganz klar ist, warum der bekennende Sozialdemokrat bis dahin unbehelligt geblieben war. Denn die Februarkämpfe 1934 und das anschließende Verbot der Sozialdemokratie hatten dazu geführt, dass die meisten dezidiert linken Universitätslehrer, die Anfang der 1930er Jahre noch an der Universität Wien verblieben waren, vom Dollfuß-Regime entlassen wurden. Summa summarum waren es aber deutlich mehr Nationalsozialisten bzw. mit ihnen sympathisierende Lehrende, die das Regime »entfernte«, was vor allem daran lag, dass die rechten Professoren nicht zuletzt aufgrund ihrer geheimen Absprachen bei Berufungen und Habilitationen den linken zahlenmäßig deutlich überlegen waren.

483 484 485 486

Vgl. UAW, Akad. Senat, GZ. 9, 1933/34, Schreiben von Julius Tandler vom 26. 3. 1934. Vgl. ebd. sowie Sablilk, Julius Tandler, S. 314. Vgl. Sablilk, Julius Tandler, S. 315–316. Vgl. Berczeller, Verweht, S. 11 sowie Fiala, Ernst sind die Zeiten, S. 46, Schneeweiß, Keine Führer, S. 30, Stang, Fräulein Doktor, S. 96–97, Weiser Varon, Professions of a Lucky Jew, S. 53, Weiser Varon, Ich war Europäer, S. 35 und S. 63.

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Am »Österreichischen Weg« Mit 1. Mai 1934 erhielt die neue österreichische Verfassung Gültigkeit – im »Namen Gottes, des Allmächtigen, von dem alles Recht« ausgehe, wie es im ersten Absatz hieß. Diese Verfassung war politisches Langzeitziel Dollfuß’ gewesen, bedeutete sie doch die endgültige Abkehr von der parlamentarischen Demokratie. Sie lieferte dem neuen Regime als Bundesstaat auf christlich-berufsständischer Grundlage die gesetzliche Basis und gab die innere politische Ordnung Österreichs vor. Zudem diente sie als rechtliche Basis für die Bundesregierung, um die gesetzgebenden Kompetenzen des einstigen National- und Bundesrates zu übernehmen. Vor allem aber setzte sie nach Monaten des behelfsmäßigen Regierens mit dem »Kriegswirtschaftlichen Ermächtigungsgesetz« das »Bundes-Verfassungsgesetz« von 1920 endgültig außer Kraft. Grundsätzlich waren in der Verfassung sieben Stände geplant: 1. Land- und Forstwirtschaft, 2. Industrie und Bergbau, 3. Gewerbe, 4. Handel, 5. Verkehr, 6. Kredit- und Versicherungswesen, 7. Freie Berufe und der öffentliche Dienst.487 ArbeitnehmerInnen und ArbeitgeberInnen sollten jeweils in einem Berufstand zusammengefasst werden. Wer von diesem Stand wiederum die Vertretung stellte und im Bundesrat dessen Anliegen vertrat, wurde durch die autoritäre Regierung bestimmt. Diese neue Gesellschaftsordnung fand in der Selbstbezeichnung »Ständestaat« ihren Ausdruck. Symbolträchtig wurde der 1. Mai zum Gedenktag an die Proklamation der Verfassung, aber auch anstelle des »Tags der Arbeit« zum »Tag der Mutter« erklärt.488 Der religiöse Charakter der Verfassung sowie die Angelobungsformel des Präsidenten (»So wahr mir Gott helfe«) machten die Durchdringung des austrofaschistischen Alltags durch die katholische Kirche deutlich. So folgte der Mai-Verfassung als zweites verabschiedetes Gesetz ebenfalls am 1. Mai 1934 ein Konkordat zwischen dem Heiligen Stuhl und Österreich.489 Es war bereits 1933 ausgehandelt und beschlossen worden, wurde aber erst im Zuge der neuen Konstitution und in ihrer unmittelbaren ideologischen Nähe veröffentlicht. Das Verhältnis zwischen dem Vatikan und der austrofaschistischen Regierung sollte hier festgeschrieben werden und räumte der katholischen Kirche – nachdem der Grundsatz des laizistischen Staates bereits durch eine religiöse Grundhaltung ersetzt worden war – etliche Privilegien ein. Ihre Beziehung hatten die katholische Kirche und Österreich bereits 1931 in der Enzyklika »Quadragesimo Anno« verfestigt. Dieses vatikanische Rundschreiben berief sich auf eine von Papst 487 Vgl. BGBl. 1/1934-II, Artikel 48, Absatz 4 vom 1. 5. 1934. 488 Vgl. Tálos, Das austrofaschistische Herrschaftssystem, S. 82–83 sowie Bei, Austrofaschistische Geschlechterpolitik durch Recht, S. 206. 489 Vgl. BGBl. 2/1934-II vom 1. 5. 1934.

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Leo XIII. veröffentlichte Enzyklika vom 15. Mai 1891 mit dem Namen »Rerum novarum«. In der völkerrechtlichen Vereinbarung zwischen der katholischen Kirche und Österreich erhielt die Kirche somit ab Mai 1934 vor allem einen gesetzlich verbrieften Einfluss auf die Schulerziehung sowie das Ehe- bzw. Scheidungsrecht eingeräumt. Ab Juni 1934 musste beispielsweise in jedem österreichischen Klassenzimmer ein Kreuz angebracht werden.490 Auf universitärer Ebene verpflichtete das Konkordat Österreich, jede Berufung eines Professors an den katholisch-theologischen Fakultäten durch den Heiligen Stuhl bewilligen zu lassen.491 Für alle Lehrenden galt es, in ihrer Eidesformel »zu Gott dem Allmächtigen« und »bei Ihrer Ehre und Ihrem Gewissen«492 zu schwören. Darüber hinaus erhielt die katholische Kirche sieben Mandate im Bundeskulturrat sowie einen fixen Platz im Staatsrat.493 Neben all diesen Maßnahmen waren es aber vor allem auch die ökonomischen Zugeständnisse im Konkordat, die der katholischen Kirche weitere Vorteile sicherten. So hatte sich der Staat verpflichtet, die Besoldung des Klerus zu übernehmen, Zuschüsse für die Priesterseminare zu leisten sowie bestehende Kirchenvermögen unangetastet zu lassen und sie als solche anzuerkennen.494 Die jahrelange Lobbyarbeit der katholischen Kirche hatte sich bezahlt gemacht.

Die Monopolstellung der Vaterländischen Front In zwei Artikeln der Mai-Verfassung wurde festgehalten, dass sich der Staat zur Pflege und Förderung der Wissenschaften verpflichtete und alle Hochschulangelegenheiten in den Wirkungsbereich des Bundes fielen; zudem seien Wissenschaft und ihre Lehre weiterhin frei.495 Diese Regelung galt seit dem »Staatsgrundgesetz« 1867, im Austrofaschismus konnte sie – wie bereits gezeigt – durch andere gesetzliche Maßnahmen de facto aber leicht außer Kraft gesetzt werden. Für das Hochschulwesen gab es im Mai 1934 einen noch wichtigeren Einschnitt als die Mai-Verfassung – nämlich die neue Monopolstellung der Vaterländischen Front (VF). Sie war bereits am 20. Mai 1933 von Dollfuß nach deutschem und italienischem Vorbild gegründet worden und wurde am 3. Mai 1934 als Träger 490 Vgl. MVBl., Erlaß 16503 vom 4. 7. 1934, Nr. 57, Anbringung von Kreuzen in den Klassenzimmern und Amtsräumen der öffentlichen und privaten Schulen und Lehranstalten. 491 Vgl. BGBl. 2/1934-II, Artikel 5, § 3 vom 1. 5. 1934. 492 Zit. nach: Kuen, Tierärztliche Hochschule Wiens während der Zeit des »Austrofaschismus«, S. 33. 493 Vgl. Tálos, Das austrofaschistische Herrschaftssystem, S. 249. 494 Vgl. ebd., S. 251. 495 Vgl. BGBl. 1/1934-II, Artikel 31 und 32 vom 1. 5. 1934.

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des österreichischen Staatsgedankens gesetzlich verankert. Die Vaterländische Front war faktisch die Nachfolgeorganisation der Christlichsozialen Partei,496 wurde im Gegensatz zu den politischen Einheitsorganisationen der faschistischen Länder Italien und Deutschland von der Regierungsspitze initiiert und ersetzte trotz ihres Monopolanspruchs nicht alle politischen Verbände. Die Vaterländische Front verstand sich aber nicht als ein Dachverband diverser Vereine: Vielmehr sollten deren Mitglieder in die Vaterländische Front übergehen und so Teil dieser neuen Bewegung werden. Entsprechend verfügte die Vaterländische Front Ende 1934 bereits über 500.000 Mitglieder.497 Bis zum »Anschluss« 1938 war die Mitgliederzahl auf drei Millionen (50 Prozent der Bevölkerung) gestiegen, wobei interne Erhebungen lediglich 40 bis 50 Prozent aller Mitglieder auch tatsächlich als politisch loyal einschätzten.498 De jure wurde keine Pflichtmitgliedschaft in der Vaterländischen Front festgelegt. Ohne Beitritt machte man sich allerdings durchaus politisch verdächtig. Eine Ausnahme im Rahmen dieser Regelung war allerdings die Beitrittsverpflichtung für öffentlich Angestellte.499 Die Lehrenden der österreichischen Hochschulen waren zu fast 100 Prozent in der Dienststellenorganisation der Vaterländischen Front erfasst, wie am 10. Juli 1934 in der »Neuen Freien Presse« bekannt gegeben wurde.500 Dieser Feststellung folgte eine Aufzählung der Dienststellenleiter der Universität Wien, namentlich Franz Zehentbauer (Vertreter der Katholisch-Theologischen Fakultät), Ferdinand DegenfeldSchonburg (Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät), Wilhelm Kerl (Medizinische Fakultät), Adolf Franke (Philosophische Fakultät) und Karl Beth (Evangelisch-Theologische Fakultät). Gleichzeitig wurden Gerüchte publik, dass der Rechtswissenschafter Alexander Hold-Ferneck als neu gewählter Rektor und Ernst Schönbauer, der von den Professoren gewählte Dekan der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät, aufgrund ihrer fehlenden Mitgliedschaft in der Vaterländischen Front nicht in ihren Ämtern bestätigt werden würden. Beide Fälle wurden intensiv in der damaligen Presse besprochen, denn es war unklar, wie Unterrichtsminister Schuschnigg entscheiden würde, da er noch kurz zuvor betont hatte, nur Mitglieder der Vaterländischen Front als akademische Würdenträger akzeptieren zu können.501 Die Wahl von Alexander Hold-Ferneck zum Rektor wurde letztlich 496 497 498 499 500

Vgl. BGBl. 4/1934-II vom 3. 5. 1934. Vgl. Tálos, Das austrofaschistische Herrschaftssystem, S. 147–148. Vgl. Tálos/Wenninger, Das austrofaschistische Österreich 1933–1938, S. 31 und S. 130. Vgl. Tálos, Das austrofaschistische Herrschaftssystem, S. 169–170. Vgl. »Die Dienststellenorganisation der Vaterländischen Front an den Hochschulen«, Neue Freie Presse, 10. 7. 1934, S. 5. 501 Vgl. »Wird der neue Rektor bestätigt?«, Die Stunde, 8. 7. 1934 (TBA) sowie »Die Bestätigung der Akademischen Würden«, Neue Freie Presse, 8. 7. 1934, S. 8.

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bestätigt, jene des bekennenden Nationalsozialisten Ernst Schönbauer wurde hingegen verweigert.502 Neuwahlen wurden nötig, aus denen ausgerechnet Adolf Julius Merkl als neuer Dekan hervorging,503 der 1933 die Affäre rund um die Zwangspensionierung von Gleispach und Layer nur knapp überstanden hatte. Offensichtlich traute man Ernst Schönbauer 1934 kein »vertrauensvolles, enges und reibungsloses Zusammenarbeiten der akademischen Behörden mit der politischen Staatsführung«504 zu – wohl zu Recht: Nach dem »Anschluss« im März 1938 erhielt er nämlich auch offen das Vertrauen der neuen Machthaber ausgesprochen und wurde im Frühjahr 1938 zum Dekan der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät ernannt.

Entzug der Lehrbefugnis der politischen Kontrahenten Eines der weiteren hochschulpolitisch relevanten Gesetze im Mai 1934 war schließlich die Abänderung der Habilitationsnorm.505 Die Lehrbefähigung berechtigt WissenschafterInnen dazu, Vorlesungen abzuhalten und sich für eine außerordentliche bzw. ordentliche Professur bewerben zu können. Erteilt wurde diese Befähigung 1934 vom Professorenkollegium der zuständigen Fakultät einer Hochschule und durch Bestätigung des Bundesministers. Bereits 1888 wurde die persönliche Qualifikation einer Bewerberin oder eines Bewerbers neben der wissenschaftlichen Qualifikation als Voraussetzung für die Venia im Gesetz betont.506 Diese bereits skizzierte und umstrittene Regelung, die von Beginn an für politisch und antisemitisch motivierte Diskriminierungen genutzt worden war, blieb auch nach der Novelle 1920 und jener von 1934 weiter aufrecht.507 Ab Ende Mai 1934 sollten aber zudem nur mehr solche Personen die Lehrbefugnis erhalten, die österreichische BundesbürgerInnen waren. Die Intention wird durch den Erlass des Bundesministeriums für Unterricht deutlich: Hier heißt es, dass die geistige und sittliche »Gesamteinstellung als Angehörige des österrei-

502 Zur Datierung der Parteimitgliedschaft und zur Frage, ob Ernst Schönbauer »Illegaler« war vgl. Kalwoda, Ernst Schönbauer (1885–1966), S. 293–294. 503 Vgl. »Neuwahl von Dekanen notwendig«, Neue Freie Presse, 16. 9. 1934, S. 6 sowie »Der Terror gegen Hochschullehrer«, Arbeiter-Zeitung (Brünn), 22. 9. 1934 (TBA). 504 Ferz, Ewige Universitätsreform, S. 304. 505 Vgl. MVBl., Verordnung vom 23. 5. 1934, Nr. 43, Abänderung der Vollzugsanweisung, betreffend die Zulassung und die Lehrtätigkeit der Privatdozenten an den Hochschulen (Habilitationsnorm) sowie BGBl. 34/1934-II vom 23. und 28. 5. 1934. 506 Vgl. Staudigl-Ciechowicz, Das Dienst-, Habilitations- und Disziplinarrecht der Universität Wien, S. 249–252. 507 Vgl. StGBl. 415/1920 vom 2. und 8. 9. 1920 sowie BGBl. 34/1934-II, Artikel 1 vom 23. und 28. 5. 1934.

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chischen Kulturkreises«508 gewahrt bleiben müsse. Auf diese Weise konnte man etwa die sogenannten »Ostjuden«, die vielfach noch in Galizien und der Bukowina promoviert hatten, von einer Habilitation ebenso ausschließen wie deutsche StaatsbürgerInnen. Den Kollateralschaden einer wissenschaftlichen Provinzialisierung nahm man gerne in Kauf. Zudem wurde dem Ministerium das Recht eingeräumt, BewerberInnen ohne Nennung von Gründen oder aus »Altersgründen« abzulehnen. Gleichzeitig konnte Schuschnigg mit dieser Regelung Lehrenden ohne weitere Begründung die Venia entziehen. Zusätzlich wurde es möglich, Professoren nach Belieben (frühzeitig) zu pensionieren oder auf »Wartegeld« gesetzte Lehrende wiederum zum Unterricht zuzulassen.509 Der Minister hatte sich damit rechtlich weitreichende Möglichkeiten geschaffen, in den universitären Lehrkörper einzugreifen und ihn umzubauen. In den Jahren 1934 bis (Februar) 1938 wurde an der Universität Wien freilich nur drei Wissenschaftern die Lehrberechtigung entzogen. Alle drei waren Nationalsozialisten:510 Betroffen waren der Historiker Ernst Klebel (37 Jahre),511 der Mediziner Robert Stigler (55 Jahre) und der Geologe Arthur Winkler-Hermaden (43 Jahre).512 In allen drei Fällen erfolgte die Aberkennung der Lehrbefugnis noch im Studienjahr 1933/34. Klebel und Winkler-Hermaden gingen nach Deutschland, um ihre Karrieren fortzusetzen. Stigler, der bereits seit April 1932 Mitglied der NSDAP war, wurde 1934 aufgrund seiner politischen Überzeugung zudem an der Hochschule für Bodenkultur (BOKU) seines Dienstes enthoben. Nach dem »Anschluss« wurde Stigler – bekannt als rabiater Antisemit – zum ordentlichen Professor für Anatomie und Physiologie der Haustiere an der BOKU ernannt und mit dem universitätseigenen Ehrenring ausgezeichnet, den ihm die Hochschule 2014 posthum wieder aberkannte.513 Sehr viel größere personalpolitische Bedeutung erhielt die neue Habilitationsordnung nach dem »Anschluss« im März 1938. Auf ihrer Grundlage war es den Nationalsozialisten möglich, mehr als 200 WissenschafterInnen aus politi-

508 BMfU Erl. 34591–1/1 vom 9. 5. 1934, zit. nach: Höflechner, Die Baumeister des künftigen Glücks, S. 501. 509 Vgl. BGBl. 34/1934-II, Artikel 3 und 4 vom 23. und 28. 5. 1934. 510 Max Adler wurde kurzfristig von der Lehrtätigkeit suspendiert. Vgl. Staudigl-Ciechowicz, Das Dienst-, Habilitations- und Disziplinarrecht der Universität Wien, S. 319. 511 Alter festgelegt mit Stichtag 1. 1. 1934. Klebel musste bereits 1933 den CV (Pflug, Tochterverbindung der Franko-Bavaria Wien) verlassen und wurde bei seinem – schlussendlich gescheiterten – Einspruch gegen den Entzug der Venia vor dem Bundesgerichtshof von Arthur Seyß-Inquart als Anwalt vertreten. Er war NSDAP-Mitglied seit 1. 6. 1933, wobei er an anderer Stelle den 20. 5. 1938 als Eintrittsdatum angab. 1934/35 war Klebel bereits als Lehrstuhlvertretung an die Universität in Frankfurt am Main gegangen. Vgl. Ziegler, Ernst Klebel, S. 505, S. 508 und S. 511. 512 Vgl. Hold-Ferneck, Bericht 1934/35, S. 5. Alter der beiden festgelegt mit Stichtag 1. 1. 1934. 513 Vgl. Balas, Verdrängte Geschichte?, S. 30 sowie Pinwinkler/Koll, Einleitung, S. 18.

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schen und/oder rassistischen Gründen die Lehrbefugnis zu entziehen.514 Besonders betroffen waren Ärzte mit Privatdozentur. Diese Gruppe machte insgesamt 55 Prozent jener Lehrenden der Universität Wien aus, die Ende April 1938 entlassen wurden.515

Doppelverdienerverordnung, eine »Männer- und Familien-Förderungsmaßnahme« Neben der neuen Habilitationsordnung und den erweiterten Befugnissen des Ministers ergriff das Regime noch eine weitere ideologisch und ökonomisch argumentierte Maßnahme, die auch darauf abzielte, Frauen an den Hochschulen zurückzudrängen: die Doppelverdienerverordnung.516 Sie war eines der wichtigsten Instrumente der austrofaschistischen Geschlechterpolitik,517 die – so der Wortlaut des Erlasses – »über den Abbau verheirateter weiblicher Personen im Bundesdienste« ab dem 15. Dezember 1933 entschied. Konkret bedeutete die Maßnahme für Ehefrauen von angestellten Männern im öffentlichen Dienst einen generellen Aufnahmestopp bzw. die Entlassung aus dem Bundesdienst bis Ende Februar 1934, wenn der Ehemann mehr als 340 Schilling (nach heutigem Wert rund 1.250 Euro) bzw. entsprechend des Bildungsgrades und der Haushaltsgröße einen etwas höheren Monatsverdienst vorweisen konnte.518 Es handelte sich damit um eine Intervention, die offiziell mit den hohen Arbeitslosenzahlen (knapp über 25 Prozent im Jahr 1934)519 begründet und nach außen als Arbeitsplatzbeschaffungsmaßnahme für Männer präsentiert wurde. Zugleich aber machte die Maßnahme auch die Haltung des Regimes gegenüber der Ehe als ein zu schützendes Gut klar, in der die Frau dem traditionellen katholischen Frauenbild entsprechen sollte. Dabei wurde etwa argumentiert, dass Doppelverdienste von kinderlosen Ehepaaren ein »ungesunder« Zustand seien, den man nicht auf Kosten anderer Arbeitssuchender – gemeint waren Männer – fördern sollte.520 Nach der Historikerin Irene Bandhauer-Schöffmann war es aber viel mehr ein »ideologisches Statement gegen selbstständige Frauen, die sich die

514 Vgl. Staudigl-Ciechowicz, Das Dienst-, Habilitations- und Disziplinarrecht der Universität Wien, S. 320. 515 Vgl. Taschwer, Hochburg, S. 180 und S. 211. 516 Vgl. BGBl. 545/1933 vom 15. 12. 1933. 517 Vgl. Bei, Austrofaschistische Geschlechterpolitik durch Recht, S. 207. 518 Vgl. BGBl. 545/1933 vom 15. 12. 1933, § 1b sowie Inflationscockpit OeNB, Währungsrechner, online unter: https://www.oenb.at/docroot/inflationscockpit/waehrungsrechner.html (zuletzt abgerufen am 1. 4. 2020). 519 Vgl. Hanisch, Der lange Schatten des Staates, S. 63. 520 Vgl. Mesner, Geburten/Kontrolle, S. 136.

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Freiheit herausnahmen, wie Männer Beruf und Ehe zu verbinden«.521 Dem Erlass folgten Protestschreiben der verschiedensten Frauenvereine an das Bundeskanzleramt.522 Betroffen vom Erlass waren vor allem Lehrerinnen in den Schulen523 – der einzige »Intelligenzberuf« laut Peter Melichar, in dem Frauen knapp die Mehrheit stellten: 20.022 Lehrern standen damals 21.168 Lehrerinnen gegenüber.524 Welche existentiellen Auswirkungen diese Entlassungen für einzelne Frauen hatten, zeigen deren Bittbriefe um Ausnahmeregelungen, wobei kaum Bittbriefe von Mitarbeiterinnen der Universität Wien dokumentiert sind. Der Frauenanteil am gesamten Universitätspersonal betrug im Studienjahr 1933/34 (Stichtag 1. November 1933) 10,5 Prozent; die Verteilung auf die Posten der Privatdozentinnen, Lektorinnen, Assistentinnen, Laborantinnen und administrativen Mitarbeiterinnen gestaltete sich allerdings sehr ungleich, wie die folgende Grafik zeigt: 748

Männer Frauen

249

keine Frauen

217

o., a.o., em. Prof.

110 32 restl. wiss. Personal (Verhältnis 23 : 1)

administratives Personal (Verhältnis 2,3 : 1)

Abb. 16: Geschlechterverteilung der 1.356 MitarbeiterInnen im Studienjahr 1933/34.525 521 Bandhauer-Schöffmann, Gottgewollte Geschlechterdifferenzen, S. 48. 522 Vgl. ÖStA, AdR, BKA 1918–2003, BKA Inneres 1918–1938, Präsidium 1926–1938, Abteilung 4, GZ. 100762-1934/3, 1934. 523 Vgl. Schaunig, Frauen im Austrofaschismus, S. 14–16. 524 Vgl. Melichar, Kriegsfolgen, S. 287. 525 Erhebung des Personalstandverzeichnisses der Universität Wien aus dem Studienjahr 1933/34 (Stichtag: 1. 11. 1933).

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Noch im Studienjahr 1933/34 hatten alle Frauen an der Universität Wien, deren Ehemänner für den Bund, das Land oder die Gemeinde arbeiteten und »zu viel« verdienten, ihren Arbeitsplatz zu räumen. Sie erhielten je nach absolvierter Dienstzeit eine Abfertigung oder gingen in den Ruhestand.526 Im Personalstand der Hochschule, also in der Auflistung der besetzten Posten, hinterließ die »Doppelverdienerverordnung« zunächst keine erwähnenswerten Spuren. Die Anzahl der administrativen Mitarbeiterinnen an der Universität Wien stieg in den Jahren 1933/34 bis 1934/35 sogar von 110 auf 112 an: Drei Frauen traten aus dem Dienst aus, und fünf wurden neu aufgenommen. Ein Fall im Rahmen der »Doppelverdienerverordnung«, der durch Akten dokumentiert ist, ist jener von Brunhilde Rumpler. Sie war Kanzleibeamtin am Pädagogischen Seminar der Universität Wien.527 Aus den Dokumenten des Bundeskanzleramtes für das Jahr 1934 geht hervor, dass sie Wilfried Poszpisily, Angestellter beim Bundesamt für Statistik, heiraten wollte und sich trotz dieser Eheschließung um »Beibehaltung im Dienste« bemühte. Hätten Rumpler und Poszpisily weiter in »wilder Ehe« gelebt, so wäre dies ein Dienstvergehen Rumplers gewesen und hätte ebenfalls zu ihrer Entlassung geführt. Dies war somit auch keine Lösung.528 Daher ersuchte sie nach Veröffentlichung der »Doppelverdienerverordnung« schriftlich um Nachsicht. Richard Meister, Vorstand ihres Instituts und einflussreicher Netzwerker an der Universität Wien und im Ministerium, sprach sich ebenfalls für ihren Verbleib aus. Um im Fall Rumpler einen Entscheid fällen zu können, wurden in der Pfarre St. Rochus in Wien weitere Informationen über sie und ihre Hochzeitsplanungen eingeholt. Kurz und bündig hieß es in dem Antwortschreiben an Rumpler, dass sie die Genehmigung für ihre Hochzeit vor allem dank der Fürsprache von Richard Meister erhielt – und unter der Bedingung, dass die Ehe spätestens mit 15. August 1934 geschlossen sein müsse.529 Im Personalstand der Universität Wien wurde Rumpler ab dem Studienjahr 1934/35 mit dem Doppelnamen Rumpler-Poszpisily geführt, sie hatte also geheiratet und konnte tatsächlich weiter an der Universität arbeiten.530 Gerade in ihrem Fall wird deutlich, dass die Ausnahmeregelung über Umwege und mithilfe des Empfehlungsschreibens von Richard Meister doch zu erwirken war. Darüber hinaus ist zu vermuten, dass Rumpler kein Einzelfall war, 526 Vgl. BGBl. 545/1933 vom 15. 12. 1933, § 4. 527 Vgl. Personalstandverzeichnis der Universität Wien aus dem Studienjahr 1933/34 (Stichtag: 1. 11. 1933). 528 Vgl. BGBl. 545/1933 vom 15. 12. 1933, § 12 sowie Tálos, Das austrofaschistische Herrschaftssystem, S. 325. 529 Vgl. ÖStA, AdR, BKA 1918–2003, BKA Inneres 1918–1938, Präsidium 1926–1938, Abteilung 4, GZ. 100762-1934/4, GZ. 21053 5, 1934. 530 Ab dem Studienjahr 1936/37 war sie jedoch nicht mehr an der Universität tätig. Vgl. Personalstandverzeichnis der Universität Wien 1936/37 (Stichtag: 1. 11. 1936) sowie Personalstandverzeichnis der Universität Wien 1937/38 (Stichtag: 1. 11. 1937).

Am »Österreichischen Weg«

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sondern noch weitere Mitarbeiterinnen, vermutlich über andere Wege, auf ihren Posten verbleiben konnten – unter anderem auch deshalb, weil der Verdienst des Ehemannes sehr gering war. Auch im wissenschaftlichen Bereich blieb die Zahl von 32 Frauen im Personalstand vom Studienjahr 1933/34 zum Studienjahr 1934/35 gleich,531 die Ab- und Zugänge hielten sich die Waage. Dabei ist wichtig hervorzustreichen, dass es in den Studienjahren 1932/33 bis 1933/34 keine einzige ordentliche, außerordentliche oder gar emeritierte Professorin im Personalstand der Universität Wien im Bundesdienst gab und somit auch keine Professorin von der Regelung betroffen sein konnte – auch nicht die außerordentliche Professorin Charlotte Bühler, die nicht wirklich einen Ausnahmefall darstellte, obwohl sie mit ihrem Ehemann Karl Bühler am Institut für Psychologie im Palais Epstein lehrte und forschte. Die berühmte Entwicklungspsychologin war nach ihrer Übertragung der Habilitation von Dresden nach Wien Universitätsdozentin mit dem Titel einer außerordentlichen Professorin. Sie erhielt ihr Gehalt im Gegensatz zu ihrem Gatten aber von der Stadt Wien, war somit keine Bundesbedienstete und damit auch nicht von der »Doppelverdienerverordnung« betroffen.532 Alles in allem scheint die »Doppelverdienerverordnung« weder im Bereich der administrativen noch der wissenschaftlichen Ebene größere Auswirkungen an der damals nach wie vor stark männerdominierten Universität gehabt zu haben.533 Insgesamt blieb der Effekt der »Doppelverdienerverordnung« weit hinter den Erwartungen zurück: Die Massenarbeitslosigkeit ging durch diese Maßnahme nicht zurück, und so wurden kurzfristig Stimmen laut, die – letztlich erfolglos – eine Ausweitung auf private Betriebe forderten.534 Welchen nachhaltigen Einfluss wiederum die im Austrofaschismus (erneut) geführte Diskussion um einen Numerus clausus für Frauen in der Höhe von zehn Prozent an den Hochschulen oder die diskriminierende »Doppelverdienerverordnung« auf junge Frauen, die kurz vor ihrer Berufswahl standen und den Weg an die Universität wegen der propagierten und tatsächlichen Unvereinbarkeit nicht wählten, auf lange Sicht hatten, kann im Rahmen dieser Untersuchung nicht nachvollzogen werden.535 531 Nicht miteingerechnet sind hier auch vier Bibliothekarinnen und eine Universitätsoptikerin laut Personalstand der Universität Wien (Stichtag: 1. 11. 1933 und 1. 12. 1934). 532 Vgl. Benetka, Psychologie in Wien, S. 29. 533 Vgl. Personalstandverzeichnisse der Universität Wien von 1. 11. 1932 bis 1. 11. 1937. An der Technischen Hochschule in Wien hatte die Doppelverdienerverordnung ebenfalls nur einen sehr geringen Effekt, nur eine Kanzleibeamtin war davon betroffen. Vgl. Mikoletzky/ Ebner, Finanzielle Auszehrung und politische Repression, S. 134. 534 Vgl. Tálos, Das austrofaschistische Herrschaftssystem, S. 325. 535 Vgl. Hollensteiner, Frauen an Universitäten, S. 11. Diese Diskussion wurde beispielsweise 1935 intensiver in der Zeitung »Neue Freie Presse« geführt. In dieser publizierten etwa Getrud Herzog-Hauser, Maria Maresch und Erna Patzelt.

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Zwischen Eifer, Eid und Entlassung: Veränderungen im Lehrkörper

Abb. 17: Aloisia Kornisch (sitzend, Zweite von links) feiert 1935 am Pflanzenphysiologischen Institut der Universität Wien ihren 70. Geburtstag und ihr 40-jähriges Dienstjubiläum mit Blumen. Als »Aufräumefrau« trat sie 1885 ihren Dienst an – zwölf Jahre, bevor die erste Frau zum Studium an der Universität Wien zugelassen wurde.536

Was deutlich wird: Kurzfristig änderten sich die Hörerinnenzahlen nicht. Die Anzahl der ordentlichen Studentinnen an der Universität Wien ging vom Wintersemester 1933/34 bis zu jenem 1936/37 lediglich von 2.972 auf 2.967 zurück.537 Im Bereich der Mittelschulen kam es im selben Zeitraum allerdings zu einem merklicheren Rückgang von 21.453 auf 19.525 Mädchen (knapp neun Prozent weniger).538 Diesen Rückgang hätte zeitversetzt wohl auch die Universität Wien zu spüren bekommen. Ob in der Mädchenschulbildung oder im Frauenstudium: Außer Zweifel steht, dass die austrofaschistische Vorstellung einer quasi naturgegebenen und gottgewollten Geschlechterordnung sich auf den gesamten Alltag von Frauen im beruflichen wie im privaten Bereich auswirkte. Ihre Situation verschlechterte sich, da frauenpolitische Errungenschaften der Ersten Republik sukzessive wieder zurückgenommen wurden und mit der Rekatholisierung der Gesellschaft 536 UAW, 106.I.3891-002, »Die Universität ehrt eine Aufräumefrau«, Hilscher, 1935. 537 Vgl. Vorlesungsverzeichnis der Universität Wien, Sommersemester 1934, S. 80 sowie Vorlesungsverzeichnis der Universität Wien, Sommersemester 1937, S. 83. 538 Vgl. Schöffmann, Der »Christliche Ständestaat« als Männerstaat?, S. 276–277.

Am »Österreichischen Weg«

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auch eine Remaskulinisierung einsetzte.539 Dies zeigt sich im Artikel 16 der am 1. Mai 1934 veröffentlichten Verfassung, in der es hieß: »Frauen haben die gleichen Rechte und Pflichten wie die Männer, soweit nicht durch Gesetz anderes bestimmt ist.«540 Frauen zählten schlussendlich zu den großen Verliererinnen des Austrofaschismus und wurden zu Staatsbürgerinnen zweiter Klasse.541

539 Frauen waren an der Evangelisch-Theologischen Fakultät ab 1928, an der Katholisch-Theologischen erst ab 1945/46 zum Studium zugelassen. 540 BGBl. 1/1934-II, Artikel 16, Absatz 2 vom 1. 5. 1934. 541 Vgl. Schöffmann, Der »Christliche Ständestaat« als Männerstaat?, S. 254.

4.

Gestaltungsansprüche: Studierende zwischen Juliputsch 1934 und Juliabkommen 1936

Der gescheiterte NS-Putsch Von den 154 Aufständischen, die am 25. Juli 1934 das Bundeskanzleramt in Wien stürmten,542 waren immerhin sechs Studenten der Alma Mater Rudolphina.543 Reinhold Krallert, der an der Philosophischen Fakultät inskribiert war, sowie die Jus-Studenten Franz Felber, Josef Kerndl, Friedrich Knoll, Franz Mücksch und Florian Musil hatten der erst im Frühjahr gegründeten SS-Standarte 89 angehört.544 Sie drangen am Mittag des 25. Juli mit anderen Mitgliedern dieser Formation – als Bundesheersoldaten getarnt – in das Gebäude am Ballhausplatz ein. Bei der Besetzung wurde Engelbert Dollfuß durch zwei Schüsse so schwer verletzt, dass er wenig später seinen Verletzungen erlag. Die sechs Hochschüler hatten sich gemeinsam mit den anderen Putschisten in der Turnhalle des Deutschen Turnerbundes im 7. Wiener Gemeindebezirk getroffen, nur wenige Fahrminuten vom Ballhausplatz entfernt. Ihr geplanter Staatsstreich sollte bereits am 24. Juli stattfinden,545 musste allerdings um einen Tag verschoben werden, da die Ministerratssitzung, die sie zur Festnahme der Regierungsmitglieder nutzen wollten, auf den 25. Juli 1934 vertagt wurde. So

542 Emmerich Tálos bezieht sich auf Zahlen aus der Ministerratssitzung vom 26. 7. 1934 und spricht von 148 Männern, die »aktiv an der Aktion gegen das Bundeskanzleramt am 25. Juli 1934« beteiligt waren. Die große Mehrheit waren Angehörige des Heeres. Vgl. Tálos, Das austrofaschistische Herrschaftssystem, S. 238. Gerhard Jagschitz gibt ähnliche Zahlen an und schreibt von 144 bis 154 Männern, die am Putschversuch im BKA teilgenommen hatten. Vgl. Jagschitz, Der Putsch, S. 102. 543 Vgl. UAW, Akad. Senat, S 185 779, Schreiben vom 11. 8. 1934. Juliane Mikoletzky und Paulus Ebner konnten für die Technische Hochschule in Wien drei Studenten namentlich recherchieren, die ebenfalls am Sturm auf das Bundeskanzleramt beteiligt waren (Franz Vogt, Karl Franke und Karl Egner). Vgl. Mikoletzky/Ebner, Finanzielle Auszehrung und politische Repression, S. 142. 544 Vgl. Rothländer, Die Anfänge der Wiener SS, S. 18. 545 Vgl. Bauer, Hitlers zweiter Putsch, S. 27.

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Gestaltungsansprüche

formierten sie sich am 25. Juli vormittags erneut, legten Uniformen an, fassten Waffen aus und bestiegen die Lastwägen, die sie zum Kanzleramt bringen sollten. Eine Verkettung von Missverständnissen und Unachtsamkeiten ermöglichte es den Putschisten, ungehindert bis ins berühmt gewordene Eckzimmer des Bundeskanzleramts vorzudringen. Zunächst hatten die zuständigen Sicherheitsbeamten die vorab eingetroffenen Warnungen vor einem Attentat nicht ernst genug genommen, und danach erkannten sie die verkleideten SS-Männer nicht und wiesen ihnen noch ordnungsgemäß Parkplätze im Hof des Bundeskanzleramts zu.546 Der Jus-Student Franz Felber erinnerte sich: »Ich befand mich auch unter jenen Personen, die am 25. 7. 1934 gewaltsam in das Bundeskanzleramt eingedrungen sind. Ich befand mich glaublich [sic!] im 3. Lastwagen, der mich und meine Kameraden zum Bundeskanzleramt brachte. Nachdem wir in das Bundeskanzleramt eingefahren waren, wandte ich mich der Portierloge zu, entwaffnete den dort befindl[ichen] Krim[inal] Beamten und den Portier und brachte die [b]eiden in die Hauseinfahrt in eine Ecke, in der Nähe der Stiege. […] Einige Zeit später empfand ich Interesse für das Ministerratszimmer, begab mich in das Stockwerk und gelangte in jenes Zimmer, in dem der Bundeskanzler Dr. Dollfuß auf einer Ottomane lag.«547

Nachdem Dollfuß lebensgefährlich verletzt worden war, wollte dieser zunächst Kurt Schuschnigg oder Staatssekretär Carl Karwinsky sprechen.548 Die Putschisten ließen schlussendlich Vizekanzler und Heimwehrführer Emil Fey zu ihm. Augenzeuge Franz Felber berichtete weiter: »Hierbei war Bund. Min. Fey zugegen, der […] auf einem Sessel neben der Ottomane, auf der Bundeskanzler Dr. Dollfuß lag, sass. Das Gespräch das die [b]eiden führten, hörte ich nur teilweise, den Beginn des Gespräches habe ich jedenfalls nicht gehört. Nach meiner Erinnerung hat sich der von mir angehörte Gesprächsteil zwischen den [b]eiden folgendermassen abgespielt: Bundesminister Fey: ›Lieber oder hochverehrter Herr Bundeskanzler, bist Du einverstanden, dass Rintelen Kanzler wird?‹ Bundeskanzler Dr. Dollfuß: ›Gut, Rintelen soll Kanzler werden – was aber dann.‹ Bund. Min Fey: ›Das werden die Verhandlungen ergeben. – es muss Blutvergiessen vermieden werden.‹ Bundeskanzler Dr. Dollfuß: ›Ich will ja auch Blutvergiessen vermeiden‹. Nach einer Weile: ›Ich will aber nicht Oesterreich denen geben, die Oesterreich nicht wollen.‹ Es kann auch gelautet haben ›Ich will nicht, dass in Oesterreich die zur Regierung kommen.‹ Dann erhob sich glaublich Min. Fey von seinem Sessel und sagte ›Lieber oder hochverehrter Herr Bundeskanzler, Du bist also einverstanden.‹ Ob Bundeskanzler 546 Vgl. ebd., S. 61–65. 547 ÖStA, AdR, BKA 1918–2003, BKA Inneres 1918–1938, Präsidium 1926–1938, Materienlegung, Juli-Putsch 1934, fol. 43, Franz Felber in einer Niederschrift vom 7. 8. 1934. 548 Vgl. Jagschitz, Der Putsch, S. 121.

Der gescheiterte NS-Putsch

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Dr. Dollfuß diese abschließende Äußerung des Min. Fey beantwortet hat oder nicht kann ich nicht angeben. Jedenfalls entfernte sich daraufhin Bund. Min. Fey.«549

Andere Anwesende hatten den Namen Rintelen, damals steirischer Landeshauptmann, in der Unterhaltung der beiden Politiker nicht gehört.550 Kurz darauf – gegen 15:45 Uhr – erlag Dollfuß seinen Schussverletzungen, und Emil Fey begann im Namen der Putschisten vom Balkon des Kanzleramts mit Minister Odo Neustädter-Stürmer zu verhandeln.551 Schlussendlich ergaben sich die SSMänner, gegen 19:00 Uhr war der Aufstand in Wien gescheitert. Zur gleichen Zeit, als Nationalsozialisten ins Bundeskanzleramt eindrangen, stürmten zwei Gruppen der SS-Standarte 89 die Senderäumlichkeiten der Radio Verkehrs AG (RAVAG), um das österreichweite Startsignal zum Aufstand für die rund 20.000 Putschisten zu geben.552 Sie zwangen den Radiosprecher Theodor Ehrenberg folgende Verlautbarung zu verlesen, die eine Falschmeldung war: »Die Regierung Dollfuß ist zurückgetreten. Dr. Rintelen hat die Regierungsgeschäfte übernommen.«553 Aber auch die Besetzung der RAVAG scheiterte. In der Steiermark und in Kärnten sowie in Teilen Oberösterreichs und Salzburgs kam es in den folgenden Tagen zwar zu teils heftigen Gefechten zwischen Nationalsozialisten und Streitkräften der Bundesregierung,554 in den übrigen Bundesländern blieb es hingegen weitgehend ruhig. Der Putsch konnte schließlich bis zum 30. Juli niedergeschlagen werden. Im Zuge der Kampfhandlungen wurden mehr als 200 Menschen getötet. Nach der Niederschlagung des Juliputsches verhafteten die Sicherheitsbehörden kurzfristig zwischen 13.000 und 15.000 Personen,555 eigens eingerichtete Militärgerichte verurteilten rund 4.000 Nationalsozialisten oder wiesen sie sofort in Anhaltelager ein. Acht der Putschisten der hauptverantwortlichen 89. SS-Standarte wurden zum Tode verurteilt,556 die Zusage des freien Geleits für die Kanzleramt-Putschisten wurde nicht gewährt. Man hielt sie zunächst in der Wiener Marokkanerkaserne fest, um in Verhören den oder die Todesschützen zu ermitteln. Die Inhaftierten einigten sich vorab darauf, die Hintermänner der 549 ÖStA, AdR, BKA 1918–2003, BKA Inneres 1918–1938, Präsidium 1926–1938, Materienlegung, Juli-Putsch 1934, fol. 43, Franz Felber in einer Niederschrift vom 7. 8. 1934, Unterstreichung im Original. Vgl. eine andere Aussage zu den Geschehnissen bei Schafranek, Sommerfest, S. 256–257. 550 Vgl. Jagschitz, Der Putsch, S. 122. 551 An seiner Rolle als erzwungener Vermittler lässt sich zweifeln. Gerhard Jagschitz schreibt dazu: »Feys Unterstützung der Putschisten ging nun weit über das Maß einer erzwungenen Hilfeleistung, als welche er sie später darstellen wollte, hinaus.« Vgl. ebd., S. 125. 552 Vgl. Bauer, Elementar-Ereignis, S. 116–117. 553 Jagschitz, Der Putsch, S. 113–114. 554 Vgl. Klösch, Des Führers heimliche Vasallen, S. 89–131. 555 Vgl. Bauer, Elementar-Ereignis, S. 116. 556 Vgl. Klösch, Des Führers heimliche Vasallen, S. 82.

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Gestaltungsansprüche

Revolte nicht preiszugeben und zu behaupten, sie wären nur durch einen Zettel über ihre Aktion informiert worden.557 Wenig später gestanden Otto Planetta und Franz Holzweber, die tödlichen Schüsse abgegeben zu haben. Der Verteidiger Erich Führer, selbst seit 1929 Mitglied im Deutschen Klub, seit 1932 bei der NSDAP und seit 1934 bei der SS,558 konnte ihnen nicht mehr helfen. Der Prozess wurde am 30. Juli 1934 eröffnet, das Todesurteil gegen Planetta und Holzweber bereits am selben Tag verkündet und schon am 31. Juli 1934 vollzogen – nicht einmal eine Woche nach dem Putschversuch.559 Im August 1934 begannen die Prozesse gegen weitere Mitstreiter. Bereits einen Tag nach dem Attentat, am 26. Juli 1934, ging Unterrichts- und Justizminister Kurt Schuschnigg in einem Brief an die österreichischen Rektoren mit den akademischen Behörden hart ins Gericht. Er schrieb, sie seien im Vorfeld des Juliputsches in den universitätsinternen Disziplinarsenaten im Vergleich zu den »besonderen Disziplinarkommissionen« im Ministerium viel zu tolerant gegenüber den »Rechtsbrechern« an ihren Hochschulen gewesen.560 Dabei bezog sich Schuschnigg darauf, dass nationalsozialistische Studierende, die beispielsweise mit Papierböllern von der Polizei festgehalten worden waren, in den beiden Semestern zuvor nur mit einer Rüge der Dekane verwarnt wurden und keine weiteren Sanktionen durch die akademischen Senate zu befürchten hatten. Das Ministerium sei von dieser allzu kulanten Handhabe informiert worden und er, Schuschnigg, sah sich nach dem missglückten Putsch »im Kampf gegen eine vom Auslande hereingetragene, […] vor keinem Verbrechen zurückschreckende Bewegung«.561 Er schloss sein Schreiben mit der Ankündigung einer »Remedur«, also einer Beseitigung von Missständen auf gesetzlicher Basis – eben auch an der Universität Wien. Die Analyse der eröffneten Disziplinarverfahren gegen Studierende an der Universität Wien gibt Schuschnigg Recht: Zwar war die Zahl der Disziplinarverfahren gegen Studierende weiter stark angestiegen.562 Zugleich hatte die Polizei aber auch vom 1. Jänner bis zum 12. Februar 1934 mehr als 400 national557 558 559 560

Vgl. Jagschitz, Der Putsch, S. 172. Vgl. zu Erich Führer Huber/Erker/Taschwer, Der Deutsche Klub, S. 221–248. Vgl. Jagschitz, Der Putsch, S. 172. Vgl. UAW, Akad. Senat, S 185 776, Schreiben vom 26. 7. 1934 sowie Neck/Peball, Protokolle des Ministerrates, Kabinett Kurt Schuschnigg (Bd. 1), S. 251. 561 UAW, Akad. Senat, S 185 776, Schreiben vom 26. 7. 1934. 562 Vgl. eigene Erhebungen zu den Disziplinarverfahren gegen Studierende im Archiv der Universität Wien, Akad. Senat S 185. Für die Technische Hochschule Graz konnte Markus Wurzer erheben, dass gegen 43 der 667 Studierenden im Studienjahr 1933/34 Disziplinarverfahren eröffnet wurden, gegen 31 wegen eindeutig nationalsozialistischer Betätigung, bei den übrigen 12 Fällen konnte er keine politische Zuordnung vornehmen. Untersuchungen zu weiteren Studienjahren konnte Wurzer aufgrund der unzureichenden Aktenlage im bearbeiteten Bestand des Allgemeinen Verwaltungsarchivs (im Österreichischen Staatsarchiv) nicht vorlegen. Vgl. Wurzer, »Wie die Verbrecher wurden sie registriert«, S. 85.

Konsequenzen für die nationalsozialistischen Studierenden

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sozialistische Anschläge registriert, an denen zum Teil Wiener NS-Studenten beteiligt waren.563 Weder repressive Instrumente wie Parteiverbote und verschärfte Disziplinarmaßnahmen noch die Beseitigung des National- und Bundesrates Ende April 1934 oder die neue Verfassung vom 1. Mai 1934 konnten auch im Frühjahr 1934 die Politik der Eskalation durch die Nationalsozialisten in Österreich stoppen. Im Gegenteil, sie gipfelte sogar in einer erneuten Terrorwelle mit 155 nationalsozialistischen Anschlägen (in Wien und Umgebung) vom 15. Mai bis 15. Juli 1934. Dennoch waren linke Studierende, die an der Universität Wien eine Minderheit bildeten, härter sanktioniert worden als ihre nationalsozialistischen KommilitonInnen.564 So entstand berechtigterweise der Eindruck, dass die akademischen Entscheidungsträger weiterhin gewisse Sympathien mit den Nationalsozialisten hegten. So gesehen benannte Schuschnigg mit der inkonsequenten Verfolgung der NS-Studierenden in seinem Mahnschreiben vom 26. Juli 1934 nur die Tatsachen.

Konsequenzen für die nationalsozialistischen Studierenden Als Reaktion auf Dollfuß’ Tod verschärfte sich die staatliche Verfolgung der NSStudierenden ab Ende Juli 1934. Kurt Schuschnigg, der nach wie vor das Bundesministerium für Unterricht leitete, übernahm wenige Tage nach dem Attentat auch noch das Ministerium für Heereswesen, aus dessen Einflussbereich die Mehrheit der 154 Kanzleramt-Putschisten kam: Knapp 65 Prozent von ihnen waren ehemalige Bundesheerangehörige.565 Für ihre Beteiligung am Sturm auf das Kanzleramt waren aber auch die sechs bereits erwähnten Studenten Franz Felber, Josef Kerndl, Friedrich Knoll, Reinhold Krallert, Franz Mücksch und Florian Musil vor Ort festgenommen und entwaffnet worden. Für die Zeit ihres Disziplinarverfahrens wurden sie zunächst von allen österreichischen Hochschulen verwiesen,566 im Jänner 1935 folgte ihre Relegation auf Lebenszeit.567 In allen sechs Fällen lautete die Begründung ähnlich wie jene im Schreiben an Franz Felber: »Sie haben am 25. Juli 1934 an dem Terroristenanschlag auf das Bundeskanzleramt in militärischer Uniform teilgenommen und wurden […] unbeschadet Ihrer weiteren strafrechtlichen Verfolgung zum Aufenthalte an einem bestimmten Orte und zu schwerer Zwangsarbeit verhalten.«568 563 564 565 566 567 568

Vgl. Bauer, Die kalkulierte Eskalation, S. 44. Vgl. Mittendorfer, Disziplinarakten, S. 122–126. Vgl. Jagschitz, Der Putsch, S. 102. Vgl. UAW, Akad. Senat, S 185 779, Schreiben vom 21. 9. 1934. Vgl. ebd., Schreiben vom 14. 1. 1935. UAW, Akad. Senat, S 185 779, Schreiben vom 14. 1. 1935.

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Gestaltungsansprüche

Mit 15. März 1935 übermittelte das Rektorat der Universität die endgültigen Verweisungsbescheide an die Verwaltung des Anhaltelagers Wöllersdorf, wo alle sechs Putschisten unterdessen interniert worden waren.569 Robert Ehrlich, Hörer an der Juridischen Fakultät, war einer von mindestens 20 weiteren Studierenden der Universität Wien, gegen die wegen Beteiligung am Juliputsch ein Verfahren eröffnet wurde. Ehrlich war den Behörden und der Universitätsverwaltung bereits in den Monaten zuvor aufgefallen: 1932 hatte er gemeinsam mit dem späteren Sachwalter der Universität Wien, Josef Klaus, den offen antisemitischen Protestbrief gegen die Ernennung des jüdischen Pharmakologen Ernst Peter Pick zum Dekan unterschrieben.570 Im Sommer 1933 hatte Ehrlich ein Rundschreiben an alle »arischen« Professoren verfasst und versucht, gegen die Auflösung der Deutschen Studentenschaft Stimmung zu machen. Im April 1934 war er für sein nationalsozialistisches Engagement mit 14 Tagen Arrest bestraft worden. Im Zuge des Juliputsches wiederum wurde er in Kärnten wegen des Verdachts der Mitbeteiligung an der »Erhebung« vorübergehend festgenommen und bis Sommer 1935 vom Studium ausgeschlossen.571 Er galt – wie viele andere NSStudierende – als Wiederholungstäter, was Ehrlich sich nach dem »Anschluss« 1938 schriftlich bestätigen ließ, weil er sich davon Vorteile erhoffte.572 Eine nachträgliche Würdigung des illegalen Kampfes für die NSDAP in der »Verbotszeit« erreichte auch Florian Musil, einer der in Wöllersdorf angehaltenen »Julikämpfer«. Vor seinem Jus-Studium war er – zumindest nach eigenen Angaben – aufgrund seiner NS-Einstellung an einer Karriere im österreichischen Bundesheer gehindert worden. Nach seinem NSDAP-Eintritt 1933 war er 1934 der für den Putsch im Kanzleramt verantwortlichen 89. SS-Standarte beigetreten und wurde für seine Beteiligung am Aufstand für knapp zweieinhalb Jahre inhaftiert. Nach dem »Anschluss« machte er aufgrund dieser illegalen Verdienste Karriere: 1939 wurde er Leiter des Gaugerichtes Niederdonau, und 1940 erhielt er für seine Putsch-Beteiligung im Juli 1934 den Blutorden der NSDAP.573 Diese

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Vgl. UAW, Akad. Senat, S 185 779, Schreiben vom 15. 3. 1935. Vgl. Hubenstorf, Medizinische Fakultät 1938–1945, S. 268–269. Vgl. UAW, Akad. Senat, S 185 691, Schreiben vom 23. 6. 1935. Vgl. UAW, Akad. Senat, S 185 691, Schreiben vom 18. 6. 1938. Die Bundespolizeidirektion informierte das Bundeskanzleramt über Ehrlichs weitere Tätigkeiten, demnach war er Führer des Wiener Waffenrings und Mitglied der Internationalen Studentenliga. Beide Organisationen wurden von der Polizei als dezidiert nationalsozialistisch eingestuft. Vgl. ÖStA, AVA, Unterricht Allgemein 1848–1940, Hochschule 1935–1936, Ktn. 372, GZ. 672/36, 1936, Schreiben vom 9. 1. 1936. 573 Vgl. ÖStA, AdR, Inneres 1945–2002, Gauakt 38749 (Florian Musil). Nach 1945 wurde er wiederum im Staatspolizeilichen Fahndungsblatt 1947 als »Parteirichter« aufgelistet und sein Eintrag mit dem Vermerk »Juliputschist, Blutordensträger« versehen. ÖStA, AdR, Inneres 1945–2002, Staatspolizeiliches Fahndungsblatt Nr. 5/1947, S. 19. Darüber hinaus war er im größten österreichischen »Entnazifizierungslager«, im Camp Marcus W. Orr (Glasen-

Konsequenzen für die nationalsozialistischen Studierenden

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hohe Anerkennung der Reichsleitung in München wurde auch seinem SS-Kameraden, Kommilitonen und Mithäftling Franz Felber am 15. Juni 1940 zugesprochen.574 Felber war allerdings bereits neun Tage zuvor, am 6. Juni 1940, für »Führer und Volk« gefallen. Das Ehrenzeichen wurde seiner Familie überbracht – nicht ohne den Hinweis, dass »das Tragen des Blutordens durch die Hinterbliebenen nicht statthaft« sei.575 Weit weniger spektakulär, aber durchaus ähnlich rigoros in der Ahndung war der Fall Karl Geyer. Der Wiener Jus-Student wurde für drei Semester von allen österreichischen Hochschulen verwiesen, da er im Zuge des Juliputsches angeblich »Bravo Heil« skandiert hatte, was den zuständigen Behörden gemeldet worden war.576 Ähnlich wie Geyer wurde auch Christian Stoxreiter – nachdem er bereits zu Jahresbeginn wegen NS-Betätigung eine Ermahnung und Verwarnung durch den Dekan erhalten hatte – wegen des Verdachts auf Beteiligung am Juliputsch für drei Semester von der Universität verwiesen.577 Um weitere am Putschversuch beteilige Studierende ausfindig zu machen, korrespondierte die Universitätsleitung nun ausführlich mit den Polizeibehörden bzw. Sicherheitsdirektionen in den Bundesländern.578 Im Rahmen dieser Überprüfungen wurden Studierende auch von Verdachtsmomenten entlastet, so etwa der Medizinstudent Josef Schindler, der den Disziplinarsenaten ebenfalls wegen NS-Betätigung einschlägig bekannt war.579 Neben diesen rasch eröffneten Disziplinarverfahren gegen Putschisten beschloss die Regierung unter Kurt Schuschnigg mit 1. September 1934 die »Nichtaufnahme politisch vorbestrafter Mittelschüler« an allen österreichischen Hochschulen, aber dazu später mehr.580 Als vorläufiger Höhepunkt der Maßnahmen gegen die Opposition wurde noch im September 1934 ein Regierungskommissär für die »Aufrechterhaltung der Disziplin unter den Studierenden an den Hochschulen« eingesetzt und ein gleichlautendes Bundesgesetz veröffentlicht, um das Disziplinargesetz aus dem Vorjahr zu verschärfen.581 Die Rektoren aller Hochschulen erhielten am

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bach), interniert, wo Musil auch gemeinsam mit anderen ehemaligen »Alten Kämpfern« und Studenten der Universität Wien von den US-Amerikanern festgehalten wurde. Vgl. ÖStA, AdR, Inneres 1945–2002, Gauakt 62237 (Franz Felber), Schreiben vom 15. 10.1940. ÖStA, AdR, Inneres, Gauakt 62237 (Franz Felber), Schreiben vom 12. 11. 1940. Vgl. UAW, Akad. Senat, S 185 786, Schreiben von Rektor Alexander Hold-Ferneck an Kommissär Otto Skrbensky vom 21. 11. 1934 sowie UAW, Akad. Senat, S 185 1/9. Vgl. UAW, Akad. Senat, S 185 723, Schreiben von Rektor Oswald Menghin an den Dekan der Medizinischen Fakultät Wilhelm Kerl vom 4. 10. 1935 sowie Schreiben des Unterrichtsministeriums an Christian Stoxreiter vom 7. 10. 1935. Vgl. UAW, Akad. Senat, S 185 779, Listen der bereits zur Überprüfung gemeldeten Studierenden an die jeweiligen Rektorate der Universitäten. Vgl. ebd. Vgl. MVBl., Erlaß 23416 vom 1. 9. 1934, Nr. 59, Nichtaufnahme politisch vorbestrafter Mittelschüler an den Hochschulen. Vgl. BGBl. 232/1934-II vom 6. und 17. 9. 1934.

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20. September 1934 erneut einen Brief von Schuschnigg, der längst Bundeskanzler war, der die Rektoren von der Ernennung Otto Skrbenskys zum Kommissär informierte und sie aufforderte, diesen bei der »Versehung seiner Amtspflichten auf das Nachdrücklichste zu unterstützen«.582 Skrbensky war ein aus dem katholischen Adel stammender Ministerialbeamter, der bereits über reichlich Erfahrung im Hochschulbereich verfügte: Er war 1921 und erneut 1923 bis 1932 im Unterrichtsministerium für die Medizinischen und Philosophischen Fakultäten zuständig gewesen, war seit Jänner 1934 Mitglied der Vaterländischen Front und leitete seit dem Frühjahr 1934 als »Ersatzrektor« die Hochschule für Bodenkultur in Wien.583 Im September 1934 wurde er dann zum Regierungskommissär bestellt, was das Ende der ein Jahr zuvor eingerichteten »besonderen Disziplinarkommissionen« bedeutete – sowie eine endgültige Kompetenzübertragung der Disziplinaragenden in Richtung Ministerium darstellte. Die strafrechtliche Verfolgung der Studierenden blieb parallel dazu aufrecht. Die akademischen Behörden waren mit dem neuen Disziplinargesetz (Nr. 232) vom Herbst 1934 verpflichtet, Kommissär Skrbensky über Vergehen der Studierenden umgehend zu informieren. Dem Kommissär wurden auch jene Studierenden gemeldet, die aufgrund ihrer Flucht ins Ausland (meist nach Deutschland) ausgebürgert worden waren,584 oder die Gerichts- oder auch nur Verwaltungsstrafen wegen einer parteipolitischen Betätigung erhalten hatten, um sie sanktionieren zu können.585 Darüber hinaus konnte Skrbensky Studierende schon bei bloßem politischen Verdacht für das Hochschulstudium sperren. Wie sich im Fall des späteren sozialdemokratischen Bundeskanzlers Bruno Kreisky zeigen lässt, fällte Skrbensky durchwegs harte Urteile. Skrbensky sperrte den damaligen Jus-Studenten Kreisky wegen dessen illegaler Aktivitäten für die Sozialdemokratie von der Zulassung zu allen »mit dem Hochschulstudium im Zusammenhang stehenden Prüfungen und der Verleihung akademischer Grade sowie von jeder Benützung der Hochschuleinrichtungen«586 österreichweit. Ein

582 UAW, Akad. Senat, S 185 782, Schreiben vom 20. 9. 1934. 583 Vgl. Grandner, Otto Skrbensky, S. 522–523 sowie Pfefferle/Pfefferle, Glimpflich entnazifiziert, S. 46–47. 584 Von 1933 bis 1938 wurden in Wien 849 Ausbürgerungsverfahren eröffnet. 766 von ihnen betrafen AnhängerInnen der NSDAP, 536 der 849 Verfahren endeten mit einer Ausbürgerung, in 27 Fällen waren Frauen betroffen. Vgl. Reiter-Zatloukal/Rothländer, Staatsbürgerschaft und Geschlechterdifferenz, S. 143–144. Emmerich Tálos rechnet österreichweit mit rund 10.000 Ausbürgerungen. Vgl. Tálos, Das austrofaschistische Herrschaftssystem, S. 563. 585 Vgl. BGBl. 381/1935 vom 27. 9. 1935 sowie BGBl. 388/1937 vom 24. 11. 1937. 586 Pfefferle/Pfefferle, Glimpflich entnazifiziert, S. 47.

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Jahr später versagte er Kreisky auch die Erlassung der Strafe im Zuge eines Gnadengesuches.587 In der Diskussion dieses neuen Disziplinargesetzes und im Rückblick auf den Putschversuch merkte Justizminister Egon Berger-Waldenegg im Ministerrat vom 6. September 1934 an, dass gerade Studierende »besonders gefährliche Übeltäter« seien, »denen auch die Einsicht in die Unerlaubtheit ihrer Handlungsweisen in vollem Maße zugemutet werden müsse«.588 Das bis dahin gültige Gesetz (Nr. 474 aus 1933) wurde zwar in Kombination mit der Einführung der Hochschulwache vom Herbst 1933 als wirksam angesehen, aber die Maßnahmen konnten nicht schnell genug gesetzt werden, wie man im Ministerrat einhellig beklagte.589 Schuschnigg selbst stellte Anfang September 1934 klar, wie wichtig es sei, postwendend auf NS-Übergriffe reagieren zu können. Zwar war die Bedrohung im Sommer 1934 nicht neu, doch nie zuvor hatte sie derart dramatische Folgen gezeigt. Als neuer Kanzler wollte er alle nötigen Mittel einsetzen, um zu verhindern, dass »innerhalb des Staatsgebietes auf einem geschützten Raum die Revolution großgezüchtet werde«,590 wie er betonte. Für Schuschnigg war offensichtlich, dass die österreichischen Hochschulen in den Plänen der (deutschen) Nationalsozialisten eine Rolle gespielt hatten und Studierende von ihren Lehrenden zu staats- und regierungsfeindlicher Einstellung ermuntert worden waren. Und er wiederholte bei der Ministerratssitzung Anfang September jenen Vorwurf, den er bereits unmittelbar nach dem Attentat auf Dollfuß den Rektoren gemacht hatte: Die bisherigen Disziplinarkommissionen an den Hochschulen hätten den gewalttätigen Ausschreitungen und Störaktionen nicht genügend Einhalt geboten – trotz verschärfter Repressionsmaßnahmen seit Herbst 1933 und der neu organisierten Hochschülerschaft.591 In der Regierung hatte man offenkundig weiterhin große Angst, den Hochschulboden an die illegalen Nationalsozialisten zu verlieren. Im Oktober 1934 wurden die Hochschulen daher per Mitteilungsblatt vom Bundesministerium für Unterricht davon in Kenntnis gesetzt, dass am Putsch beteiligte Studierende von allen Hochschulen ausgeschlossen waren – dies auch nur im Falle eines Verdachtes.592 Kommentiert wurde die Verschärfung von Unterrichtsstaatssekretär Hans Pernter in einem Schreiben an die Rektoren wie folgt: »Die getroffene gesetzliche Regelung trägt dem Gesichtspunkt Rechnung, dass ausserordentliche 587 Vgl. ÖStA, AVA, Unterricht Allgemein 1848–1940, Universität Wien in genere 1936–1937, Ktn. 824, GZ. 34066 I/36, 1936, Schreiben von Otto Skrbensky vom 10. 10. 1936. 588 Neck/Peball, Protokolle des Ministerrates, Kabinett Kurt Schuschnigg (Bd. 1), S. 251. 589 Vgl. ebd. 590 Ebd., S. 252. 591 Vgl. ebd. 592 Vgl. MVBl., Erlaß 28231 vom 21. 9. 1934, Nr. 68, Terroranschlag auf das Bundeskanzleramt, Beteiligung von Hochschülern.

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Zeiten und Verhältnisse ausserordentliche Massnahmen erfordern, um die Sicherung des Staates zu gewährleisten.«593 Aufgrund der harten Sanktionen kam es zu einem drastischen Anstieg der eröffneten Disziplinarverfahren. Im Vergleich zum Vorjahr wurde 1934 die dreifache Anzahl an Einzelverfahren gegen Studierende eröffnet; konkret stieg die Zahl von 92 eingeleiteten Verfahren im Jahr 1933 auf 277 ein Jahr später. In 247 dieser 277 Fälle waren parteipolitisch motivierte Handlungen von HochschülerInnen Anlass für die Aufnahme der Verfahren.594 In mindestens 166 Fällen (66 Prozent) wurde wegen NS-Betätigung und nur in 39 Fällen wegen des Engagements für eine linke Gruppierung ermittelt.595 Lediglich in 17 der 247 eröffneten Verfahren gegen Einzelpersonen 1934 waren Studentinnen angeklagt; in 13 Fällen waren ihre klar parteipolitisch motivierten Aktionen der Verfahrensgrund, wobei ihre politische Verteilung im Gegensatz zur Gesamtzahl auffällig ist: Nur drei Frauen wurden wegen NS-Betätigung, neun aufgrund ihres Engagements für eine linke Gruppe verfolgt.596 Waren 1934 die meisten Disziplinarverfahren an der Universität Wien gegen Studierende in der Zeit des Dollfuß/Schuschnigg-Regimes eröffnet worden, so ging diese Zahl 1935 um 43 Prozent (auf 160) zurück – wohl bedingt durch die gesetzlichen Verschärfungen, die strengeren Disziplinarverfahren und die ministeriellen Kampfansagen gegen die illegalen NS-Studierenden. Entsprechend resümierte Unterrichtsminister Hans Pernter im »Jahrbuch der Hochschülerschaft Österreichs« in seinem Rückblick auf das Studienjahr 1934/35: »Mit Genugtuung kann ich feststellen, daß im abgelaufenen Studienjahr keine Störung der Ruhe und Ordnung auf akademischem Boden erfolgt ist, und ich gebe der Erwartung Ausdruck, daß auch im kommenden Jahre die Studentenschaft im Bewußtsein ihrer akademischen Pflichten nicht nur volle Disziplin bewahren, sondern sich auch mit ganzer Hingabe den wissenschaftlichen wie den neuen Erziehungsaufgaben der Hochschule widmen wird.«597

Trotz des Rückgangs der eröffneten Disziplinarverfahren war man aber weit von einer endgültigen »Befriedung« der Hochschulen entfernt. Der Putschversuch 593 UAW, Akad. Senat, S 185 779, Schreiben vom 10. 10. 1934. 594 Bei einer Zahl von 11.439 Studierenden im Wintersemester 1934/35. Vgl. UAW, Akad. Senat, GZ. 70, 1934/35. 595 Vgl. eigene Erhebungen. In einem Fall wurde ein Disziplinarverfahren wegen Betätigung für die Heimwehren eröffnet, in den restlichen Disziplinarverfahren gegen einzelne Studierende des Jahres 1934, die hier nicht angeführt werden, ist die politische Kategorisierung durch die Disziplinarakten im Archiv der Universität Wien nicht möglich. 596 Vgl. eigene Erhebungen. Die politische Haltung der Studentin Malwine Erhart ist auf Basis der Akten-Sonderreihe zu Disziplinarangelegenheiten nicht eindeutig feststellbar. Der Verdacht liegt nahe, dass die Beteiligung von gebildeten linken Frauen am oppositionellen Kampf höher war. 597 Pernter, Erneuerung der Hochschülererziehung, S. 6.

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wirkte jedenfalls auf verschiedenen Ebenen lange nach. Der Großteil der 1934 eröffneten Verfahren – nämlich 173 (das sind 62,5 Prozent) – wurde erst 1935 abgeschlossen und beschäftigte somit die Disziplinarsenate intensiv über mehrere Monate lang. Damit wurde eine zwar überschaubare, aber offensichtlich durchaus aktive Gruppe von der Hochschule ferngehalten, da die betroffenen Studierenden während ihres Verfahrens von der Universität ausgeschlossen waren. Von diesen noch 1935 laufenden »1934er-Verfahren« waren in 157 Fällen eindeutig oppositionelle Studierende betroffen, davon wiederum 100 NationalsozialistInnen – so auch die sechs Kanzleramtputschisten, deren Verfahren ebenfalls erst 1935 mit einem Urteil endeten.598 Zum Vergleich mit einer anderen Wiener Hochschule: Für die Tierärztliche Hochschule sind 60 Studierende namentlich erfasst, gegen die von Anfang 1933 bis Ende 1937 Disziplinarangelegenheiten im Rektorat anhängig waren. Die meisten Verfahren fielen – wie an der Universität Wien – in die Jahre 1934 und 1935, als 44 der insgesamt 60 Disziplinaragenden verhandelt wurden.599 An der Technischen Hochschule waren von 1933 bis 1937 gegen knapp 100 Studierende wegen »illegaler« politischer Aktivitäten Disziplinarverfahren eröffnet worden; auch dort hat es sich »in den allermeisten Fällen um nationalsozialistische Aktivitäten« gehandelt.600 Die Handhabung der Disziplinarmaßnahmen wurde im September 1935, knapp ein Jahr nach dem Inkrafttreten des Gesetzes über die »Aufrechterhaltung der Disziplin unter den Studierenden«, erneut erweitert und verschärft.601 Die Verjährungsfrist von Vergehen wurde nun mit drei Jahren festgelegt.602 Neben der Möglichkeit, Studierende auch ohne Vergehen als rein präventive Maßnahme von der Hochschule zu verweisen, war es Kommissär Skrbensky ab Herbst 1935 unter anderem möglich, Neuaufnahmen an die Universitäten zu blockieren. 598 Vgl. eigene Erhebungen. Im Fall von 29 der 157 Einzelakten ist die politische Zuordnung auf Basis der Disziplinarakten im Archiv der Universität Wien nicht möglich. 599 In 27 der 44 Fälle ging es um Studierende, die sich für den Nationalsozialismus eingesetzt hatten, bei zehn weiteren Verfahren dürfte dies ebenfalls der Fall gewesen sein, wenngleich abschließende Beweise dafür fehlen. Drei Fälle waren eindeutig »unpolitischer« Natur, etwa die unbefugte Ausübung der tierärztlichen Praxis oder der Diebstahl von Knochen. In vier weiteren Fällen liegen nicht ausreichend Informationen vor, um Aussagen zu den Hintergründen treffen zu können. Die überwältigende Mehrheit der Disziplinarangelegenheiten 1934 und 1935 betraf somit nationalsozialistische Studierende. Auch dies spiegelt die Dominanz der NS-Bewegung an der Tierärztlichen Hochschule wider, an der im Wintersemester 1934/35 insgesamt 376 Studierende inskribiert waren und etwa zehn Prozent aller Studierenden sich wegen illegaler Betätigung für den Nationalsozialismus in Disziplinarverfahren zu verantworten hatten. Vgl. Erker, Die Tierärztliche Hochschule im Austrofaschismus, S. 152. 600 Mikoletzky/Ebner, Finanzielle Auszehrung und politische Repression, S. 142. 601 Vgl. BGBl. 232/1934-II vom 6. und 17. 9. 1934 sowie BGBl. 381/1935 vom 27. 9. 1935. 602 Vgl. BGBl. 381/1935 vom 27. 9. 1935.

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Seine Kompetenz ging somit über die Grenzen der tatsächlichen Disziplinarahndung auf Ebene der Hochschule hinaus. 277

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Abb. 18: Eröffnete Disziplinarverfahren gegen Studierende von 1933 bis 1935.603

Ein besonderer Fall unter den 1935 eröffneten Disziplinarverfahren trägt in der Sonderreihe 185 des Akademischen Senats der Universität Wien die Nummer 1019. Dahinter versteckt sich der Fall von Elisabeth Stipetic´, die eine der wenigen Frauen war, gegen die ein Disziplinarverfahren angestrengt wurde. Stipetic´ soll hier ein längeres Biogramm gewidmet werden, um zu zeigen, dass auch Frauen innerhalb der patriarchalen Strukturen einen maßgeblichen Teil zur nationalsozialistischen Agitation gegen das Dollfuß/Schuschnigg-Regime leisteten – frei nach dem Befund der »Arbeiter-Zeitung« aus dem Jahr 1931: »Die Hakenkreuzlerinnen können es auch.«604

603 Eigene Erhebungen auf Basis der Sonderreihe 185 im Bestand UAW, Akad. Senat. 604 »Eine Spitzelzentrale der Hakenkreuzler«, Arbeiter-Zeitung, 11. 2. 1931, S. 3.

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Elisabeth Stipetic´ – Vergehen wegen Geheimbündelei Elisabeth (Margarete) Stipetic´ inskribierte im Wintersemester 1931/32 an der Philosophischen Fakultät der Universität Wien und belegte die Fächer Naturwissenschaften, Philosophie und Leibesübungen (Lehrfach).605 In ihrem 1931 ausgefüllten Inskriptionsschein gab sie als Religionszugehörigkeit »röm. kath.« (ab Sommersemester 1934 »evangelisch, A.B.«) an, als Staatsbürgerschaft »Österreich«, Muttersprache »deutsch«, heimatberechtigt »Österreich, Wien« und als Volkszugehörigkeit »deutsch«. An der Universität Wien besuchte sie unter anderem Lehrveranstaltungen des Ökonomen und Soziologen Othmar Spann (»Ideenlehre, Dialektik, Ganzheitslehre«), des Zoologen Paul Krüger (»Ökologie der Tiere«, »Vererbungslehre«), des Philosophen Robert Reininger (»Philosophie nach Hegel«), des Mineralogen Alfred Himmelbauer (»Praktikum IV: Gesteinsbestimmung«), sowie von Margarete Streicher (»Schwimmen«) und Leopold Kober (»Geologie von Österreich«). Seit Oktober 1935 arbeitete sie beim Zoologen Jan Versluys an ihrer Dissertation mit dem Titel »Musculus opercularis bei Amphibien«. Etliche der Professoren galten als mehr oder weniger offene Unterstützer des Nationalsozialismus, so Paul Krüger, Othmar Spann oder Jan Versluys. Bereits am 1. April 1932, also mit knapp 20 Jahren und im zweiten Semester ihres Studiums, war Elisabeth Stipetic´ der NSDAP beigetreten. Sie war Mitglied der Ortsgruppe Hietzing und hatte in der Reichskartei die Mitgliedsnummer 902.961.606 Stipetic´ war zudem »Kreisleiterin«607 im Kreis 8 Österreich.608 In ihrer dem Gauakt beigelegten eidesstattlichen Erklärung, die sie Ende Jänner 1936 abgab, führte sie an, seit dem 20. November 1931 im NS-Studentenbund aktiv gewesen zu sein (Mitgliedsnummer 7.256). Im Winter- und Sommersemester 1934/35 leitete Stipetic´ die Hochschulgruppe »Universität Wien« des seit 1933 verbotenen NS-Studentenbunds und war ab Juli 1935 Führerin der (ebenfalls verbotenen) »Arbeitsgemeinschaft nationalsozialistischer Studentinnen« (ANSt.) Österreichs. Unterführerinnen der ANSt. waren Martha Polasek, Anneliese Apel, Waltraute Oberwalder und Ilona Unger; Felizitas Dolezal war Kassierin. Bei einer Hausdurchsuchung im November 1935 fand die Polizei nach eigenen Angaben 605 Elisabeth Stipetic´ wurde am 9. 4. 1912 in Wien geboren und besuchte von 1919 bis 1923 ebenda die Volksschule und von 1924 bis 1931 das Realgymnasium Wien IV (Wiedner Hauptstraße 39), an dem sie im Juli 1931 ihre Reifeprüfung ablegte. Vgl. ÖStA, AdR, Inneres 1945–2002, Gauakt 74630 (Elisabeth Stipetic´), Eidesstattliche Erklärung vom 31. 1. 1936 gegenüber der deutschen Studentenfürsorgestelle. 606 Vgl. ebd. 607 ÖStA, AdR, BKA-Inneres/SR, Sig. 22, GZ. 339737/G.D. St.B. 1937, Schreiben vom 17. 6. 1936. 608 Vgl. ÖStA, AdR, Inneres 1945–2002, Gauakt 74630 (Elisabeth Stipetic´), Eidesstattliche Erklärung vom 31. 1. 1936 gegenüber der deutschen Studentenfürsorgestelle.

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Gestaltungsansprüche

»9 Schulungsbriefe à 12 Seiten, eine Menge von politischen und Kampfliedern, zahlreiche Spendenblocks, Korrespondenzen mit Deutschland und die Rundstampiglie der Arbeitsgemeinschaft«.609 Bei der Vernehmung 1935 wurde Elisabeth Stipetic´ eine Liste mit 15 NS-Studentinnenführerinnen vorgelegt; Stipetic´ vermutete eine Denunziation durch ein ANSt.-Mitglied, da die Funktionen der Beschuldigten eigentlich nur Eingeweihten bekannt waren. Nach eigenen Angaben nannte sie der Polizei die Namen von drei weiteren Funktionärinnen, um die anderen zu schützen.610 Im Anschluss an ihre Verhaftung und das Verhör bestrafte das Polizeikommissariat Hietzing Elisabeth Stipetic´ am 25. November 1935 wegen illegaler NS-Betätigung sowie illegaler Ausreise nach Deutschland mit 30 Tagen Arrest.611 Die Polizeistrafen gegen sie und ihre Kommilitoninnen fielen relativ mild aus, da es sich nach Einschätzung der Polizei um eine – Stereotypen entsprechende – karitative Vereinigung handelte und einige der Mitglieder – wie eben auch Stipetic´ – Geständnisse ablegten.612 Neben der strafrechtlichen Verfolgung wurde die NS-Aktivistin am 30. November 1935 für fünf Semester von allen österreichischen Hochschulen ausgeschlossen, also bis zum Ende des Wintersemesters 1937/38. In der Begründung hieß es: »Bei der Bemessung der Disziplinarstrafe war massgebend, dass die Genannte sich als Führerin einer verbotenen Gemeinschaft von Hochschülerinnen betätigt hat.«613 Am 27. Dezember 1935 verließ Elisabeth Stipetic´ ohne die eigentlich dafür nötige offizielle Bewilligung Österreich und reiste, wie bereits bei einem vierwöchigen Kurzaufenthalt im Spätsommer 1935, über die Tschechoslowakei (Grenzübertritt bei Bodenbach) nach Deutschland ein.614 Im Jänner 1936 meldete sie sich aus München. Hier gab sie als Verwandten Professor 609 ÖStA, AVA, Unterricht Allgemein 1848–1940, Universität Wien in genere 1936–1937, Ktn. 824, GZ. 9278 I/36, 1936, Schreiben vom 15. 3. 1936. 610 Vgl. ÖStA, AdR, Inneres 1945–2002, Gauakt 74630 (Elisabeth Stipetic´), Protokoll der bayrischen politischen Polizei vom 15. 5. 1936. 611 Vgl. UAW, Akad. Senat, S 185 1019, Schreiben vom 2. 4. 1936. Zehn Tage erhielt sie dabei wegen »nationalsozialistischer Betätigung« und 20 Tage wegen »unbefugter Ausreise nach Deutschland«. 612 Vgl. ÖStA, AVA, Unterricht Allgemein 1848–1940, Universität Wien in genere 1936–1937, Ktn. 824, GZ. 9278 I/36, 1936, Schreiben vom 15. 3. 1936. Elisabeth Stipetic´ erhielt 90 Tage Arrest und verführte – so die Darstellung – die anderen Kolleginnen zur Mitarbeit in der ANSt. Zur Zahl 90 statt 30 Tagen vgl. ÖStA, AVA, Unterricht Allgemein 1848–1940, Universität Wien in genere 1936–1937, Ktn. 824, GZ. 22916 I/36, 1936. Gegen Elisabeth Stipetic´ wurde eine Voruntersuchung aufgrund von »Vergehen wegen Geheimbündelei« begonnen, jedoch wurde das Strafverfahren gegen sie spätestens im März 1936 abgebrochen. Vgl. UAW, Akad. Senat, S 185 1019. 613 UAW, Akad. Senat, S 185 1019. 614 Vgl. ÖStA, AdR, Inneres 1945–2002, Gauakt 74630 (Elisabeth Stipetic´), Eidesstattliche Erklärung vom 31. 1. 1936 gegenüber der deutschen Studentenfürsorgestelle. Stipetic´ gab in ihrer Erklärung an, dass sie bereits vom 19.8. bis zum 18. 9. 1935 in Deutschland gewesen war.

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Wolfgang Schultz an – vermutlich der Bruder ihres Großvaters und Prokuristen Oskar Schultz. Als ZeugInnen für ihre illegale nationalsozialistische Betätigung und Flucht aus Österreich nannte sie Leopold Kölbl (NS-Rektor der Universität München und zuvor wegen NS-Aktivitäten zwangspensionierter Professor der Hochschule für Bodenkultur in Wien), Gertrud Heller (ehemalige Beschuldigte und Stellvertreterin von Elisabeth Stipetic´ in der ANSt.), SS-Hauptscharführer Albert Hagenmüller (München, Adalbertstraße 44) sowie Hauptreferentin der ANSt. Fränze Teller (Darmstadt).

Abb. 19: Foto aus dem NS-Gauakt von Elisabeth Stipetic´.615

Während Elisabeth Stipetic´ bereits in Deutschland war, versuchte ihre Mutter im April 1936 in Wien eine Bestätigung vom Dekan der Philosophischen Fakultät zu erhalten – vermutlich um ihrer Tochter das Weiterstudium zu ermöglichen. Kurz darauf informierte die Polizeidirektion Wien am 23. Juni 1936 den Dekan der Philosophischen Fakultät der Universität Wien, dass Elisabeth Stipetic´ ausgebürgert wurde, da sie sich »unbefugt ins Deutsche Reich« begeben hatte.616 In der Folge verlor Stipetic´ die österreichische Bundesbürgerschaft sowie die Landesbürgerschaft für die »bundesunmittelbare Stadt Wien«. In Deutschland erhielt

615 ÖStA, AdR, Inneres 1945–2002, Gauakt 74630 (Elisabeth Stipetic´), Eidesstattliche Erklärung vom 31. 1. 1936 gegenüber der deutschen Studentenfürsorgestelle. 616 Vgl. UAW, Akad. Senat, S 185 1019.

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Gestaltungsansprüche

sie am 17. Februar 1936 die Flüchtlingsnummer 7807.617 Als Fluchtgrund führte sie Folgendes in ihrer dem Gauakt beiliegenden eidesstattlichen Erklärung an: »Die A.N.St. Österreich wurde der Wiener Polizei durch Denunziation bekannt und ich als Führerin am 16. 11. 1935 [bis 16. 12. 1935, Anm. L.E.] in Haft genommen. Ich verbüßte eine 1 monatige Gefängnisstrafe und wurde beim Landesgericht wegen § 281 (Geheimbündelei) angezeigt. Eine Vorladung zum Landesgericht sowie eine Erkenntnis über 5 Semester Relegation von allen Hochschulen liegen vor.«618

In München setzte Stipetic´ ihr Studium fort und belegte im Hauptfach Zoologie, als Nebenfächer Botanik und Philosophie. Nachdem sie 1937 ihr Dissertationsthema geändert hatte, reichte sie am 2. Februar 1938 beim Zoologen und Bienenforscher Karl von Frisch ihre Promotionsarbeit »Anatomische und histologische Untersuchungen über das Gehör der Mormyriden« (also der Nilhechte, einer im Süßwasser lebenden Knochenfischart) ein. Im Dezember 1938 legte sie als Studiennachweis drei Studienbücher, 13 Kolloquien-Zeugnisse und einen Ahnennachweis vor. Stipetic´ erhielt bis Ende 1938 die deutsche Staatsbürgerschaft. Nach einem mündlichen Examen wurde ihr am 8. August 1939 an der Universität München der Doktorgrad verliehen.619 Gnadengesuche und Anträge auf Strafminderung von Elisabeth Stipetic´s ehemaligen Kolleginnen aus der ANSt. wurden im Zuge des deutsch-österreichischen Juliabkommens 1936 und der österreichischen Amnestiepolitik teilweise bewilligt, Stipetic´ stellte offensichtlich kein Gnadengesuch.620 Nach dem »Anschluss« Österreichs im März 1938 wurde das Strafverfahren wegen § 285ff Strafgesetzbuch gegen Stipetic´ eingestellt.621 Die Dissertation von Elisabeth Stipetic´ wurde unter dem Titel »Über das Gehörorgan der Mormyriden« im Jänner 1939 in der »Zeitschrift für vergleichende Physiologie«, die Karl von Frisch 1924 gemeinsam mit Alfred Kühn gegründet hatte, veröffentlicht und seither immerhin fast 100 Mal zitiert.622 Über die weitere wissenschaftliche Karriere von Elisabeth Stipetic´ und ihr politisches Engagement in München ist nichts be617 Vgl. ÖStA, AdR, Inneres 1945–2002, Gauakt 74630 (Elisabeth Stipetic´), Eidesstattliche Erklärung vom 31. 1. 1936 gegenüber der deutschen Studentenfürsorgestelle. Das Flüchtlingshilfswerk finanzierte Stipetic´ das Studium in München. Ab Oktober 1937 erhielt sie ein Darlehen des Reichsstudentenwerkes. Vgl. UAM, OC-Np-WS1938–39, Vermögensangabe Elisabeth Stipetic´ vom 15. 11. 1938. 618 ÖStA, AdR, Inneres 1945–2002, Gauakt 74630 (Elisabeth Stipetic´), Eidesstattliche Erklärung vom 31. 1. 1936 gegenüber der deutschen Studentenfürsorgestelle. 619 Vgl. UAM, OC-Np-WS1938-39, Promotionsurkunde für Elisabeth Stipetic´ vom 8. 8. 1939 (Beisitzende Karl von Frisch, [vermutlich Friedrich Karl] v. Faber, Alfred Grunsky). 620 Vgl. ÖStA, AVA, Unterricht Allgemein 1848–1940, Universität Wien in genere 1936–1937, Ktn. 824, GZ. 32501 I/36, 1936, Schreiben vom 30. 3. 1936. 621 Vgl. UAW, Akad. Senat, S 185 1019, Schreiben des kommissarischen Rektors Fritz Knoll an das Dekanat der Philosophischen Fakultät vom 7. 4. 1938. 622 Vgl. Stipetic´, Über das Gehörorgan der Mormyriden, S. 740–752.

Die »lange« Perspektive der Linken

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kannt.623 Eines ihrer Kinder ist der 1942 geborene Werner Herzog, der vor allem als Filmregisseur (»Fitzcarraldo«) internationale Karriere machte.

Die »lange« Perspektive der Linken Neben der disziplinarrechtlichen Verfolgung – wie im Falle von Elisabeth Stipetic´ und anderen Studierenden – waren Zugangsbeschränkungen ein weiteres Instrument, um die Studierendenschaft zu kontrollieren. Freilich unter dem Deckmantel der zu wahrenden Ruhe und Ordnung an den Hochschulen, folgte der Erlass zur »Regelung der Zulassung von Abiturienten mit politischen Vergehen zu den Hochschulen«.624 Die Universitätsrektorate wurden dazu angehalten, die Leumundszeugnisse der »Aufnahmewerber« einzuholen. Wurden SchülerInnen im Zusammenhang einer verbotenen politischen Parteibetätigung mit der Sittennote »nicht entsprechend« im Reifeprüfungszeugnis beurteilt, mussten diese umgehend an das Ministerium, namentlich an Skrbensky, gemeldet werden. Im Vergleich zu den ein Jahr zuvor eingeführten Maßnahmen gegen SchülerInnen war hier nicht mehr relevant, ob eine Verurteilung vorlag. Die Betragensnote der LehrerInnen genügte bereits, um Skrbensky auf die SchülerInnen aufmerksam zu machen. Skrbensky hatte die Kompetenzen, diese MaturantInnen für ein Studium österreichweit zu sperren und somit Oppositionelle noch vor der Inskription von den Hochschulen fernzuhalten. Von Skrbenskys präventiven Maßnahmen war 1936 etwa auch Christian Broda betroffen, der spätere Justizminister der SPÖ (1970–1983).625 Broda war in jungen Jahren Kommunist, engagierte sich im Kreis der Zeitung »Proletarier-Jugend« und war noch vor dem Verbot der Kommunistischen Partei 1933 beim Plakatieren von der Polizei angehalten worden. Bestraft wurde er als Schüler schlussendlich mit sechs Wochen Arrest. Da er am 24. Februar 1934 in einer Wohnung eine illegale kommunistische Zusammenkunft organisiert hatte und dabei ertappt worden war, wurde er zwei Jahre später – noch bevor er immatrikulieren konnte – Ende 1935 bzw. Anfang 1936 von Skrbensky vorerst für alle österreichischen Hochschulen gesperrt.626 623 Sie heiratete ihren Münchner Kommilitonen Dietrich Herzog (geb. Tübingen, 1910) und hatte mit ihrem Ehemann zwei Söhne (Tilbert, geb. 1941 und Werner, geb. 1942). Im Zuge des Zweiten Weltkriegs wurde Dietrich Herzog in die deutsche Wehrmacht eingezogen und diente als Offizier. Elisabeth Stipetic´ bekam mit einem anderen Mann 1947 einen dritten Sohn (Lucki) und ließ sich 1948 von ihrem Ehemann Dietrich Herzog scheiden. Elisabeth Stipetic´ starb 1984. Vgl. Holfeder, Werner Herzog – Die Biografie, S. 20–21. 624 Vgl. MVBl., Erlaß 38677 vom 16. 1. 1936, Nr. 9, Regelung der Zulassung von Abiturienten mit politischen Vergehen zu den Hochschulen. 625 Vgl. UAW, Akad. Senat, S 185 997, Schreiben vom 2. 4. 1936 sowie Wirth, Broda, S. 68–69. 626 Vgl. UAW, Akad. Senat, S 185 997, Schreiben vom 2. 4. 1936.

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Gestaltungsansprüche

Im Jahr 1935 schlossen sich die illegal organisierten linken Studierenden nach langen und intensiven Diskussionen zu einer Einheitsfront zusammen, dem Geeinten Roten Studenten-Verband (GRSV).627 Ihre Aktivitäten hatten – im Gegensatz zu jenen der NS-Studierenden – in den Jahren 1933 und 1934 vor allem im Geheimen und außerhalb der breiten gesellschaftlichen Wahrnehmung stattgefunden. Das lag daran, dass sie an der Universität Wien zahlenmäßig in der Minderheit waren und intern von der »kurzen« auf die »lange Perspektive« wechselten. Die Linke bereitete sich dabei mithin auf einen längeren Untergrundkampf sowohl gegen die Austrofaschisten wie auch gegen die Nationalsozialisten vor, statt wie die NS-Studierenden auf nach außen wirksamen öffentlichen Aktionismus, auf Kundgebungen oder sogar offenen Terror zu setzen. In geheimen Funktionärsschulungen wie zu Ostern 1935 ging es um die politische Arbeit nach innen und den Aufbau von Strukturen.628 Eine der Strategien bestand in der Unterwanderung legaler, bereits bestehender Vereine, um sich so klandestin zu organisieren.629 Ein weiterer Grund für die geringere Bekanntheit linker Studierendenaktivitäten im Vergleich zu jenen der NS-Studierenden ist in der anderen Art von »gelungenem« Widerstand zu suchen, der vor allem dann als erfolgreich galt, wenn er eben nicht aufgedeckt wurde. Das aber bedeutet für die historische Überlieferung eine geringere Sichtbarkeit dieser politischen Arbeit etwa in Polizei- oder Disziplinarberichten. Aus diesem Grund sind lebensgeschichtliche Erinnerungen von ehemaligen linken Studierenden wie jene des bereits genannten Leopold Spira und anderer KommilitonInnen eine wichtige Quelle für die Geschichte linker Widerstandsaktivitäten. Oppositionelle Studierende mussten mit dem Verbot der politischen Parteien im Frühjahr 1933 bzw. 1934 und den vorgelagerten politischen Studierendenvereinigungen auch ihre Publikationsorgane offiziell einstellen. Eine der wenigen illegal verbreiteten Druckschriften der Linken war die »Rote Vorhut«, die im Mai 1934 von Funktionären der durch die Februarereignisse zerstörten sozialistischen Studentenorganisation gemeinsam mit einer Reihe neuer aktivierter Studierender gegründet wurde, »um die Hochschularbeit der revolutionären Stu627 Walter Göhring nennt für Anfang 1936 eine Mitgliederzahl des GRSV von 180 zuzüglich 120 »Nahestehender«, aber keine Verteilung auf die Hochschulen Österreichs. Vgl. Göhring, Der Geeinte Rote Studentenverband 1934–1938, S. 303. Dem können bis dato kaum Vergleichszahlen aus anderen Studien gegenübergestellt werden. Marie Tidl zitiert Siegfried Köhl, von 1935 bis 1937 Obmann des GRSV, er geht von einem Höchststand von rund 300 Mitgliedern aus. Vgl. Tidl, Die Roten Studenten, S. 8 und S. 11. Andrea Griesebner geht nicht näher auf Zahlen ein, verweist aber auch auf Lichtenberger-Fenz, die von einer Verteilung im GRSV von 2:1:1 im Sinne von KommunistInnen, revolutionäre SozialistInnen und SozialdemokratInnen ausgeht. Vgl. Griesebner, Politisches Feld Universität, S. 45. 628 Vgl. Speiser, Die sozialistischen Studenten, S. 129. 629 Vgl. Göhring, Der Geeinte Rote Studentenverband 1934–1938, S. 304.

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dierenden neu zu organisieren«.630 Gedruckt wurde das Blatt illegal im Wiener Bezirk Meidling,631 zur Tarnung war ihr Umschlag im Stil eines Kreuzworträtsels oder auch eines Taschenfahrplanes gestaltet. Die Wahl des Namens »Rote Vorhut« sollte unterstreichen, dass sich die Aktivisten als Speerspitze der Sozialisten an der Hochschule betrachteten und, wie sie schrieben, auch »der Arbeiterschaft als Vorhut unter den Akademikern im Falle eines Umsturzes zur Verfügung stehen würden«.632

Abb. 20 und 21: Getarntes Deckblatt und die erste Seite der Zeitung des Geeinten Roten Studenten-Verbands.633

Der GRSV hatte ebenfalls eine eigene illegale Zeitung, den »Roten Hochschulkampf«, der im Herbst 1935 auch Forderungen nach einer selbstgewählten Vertretung der Studierenden, Studienfreiheit und der Reduktion der Studienkosten stellte.634 Die Überlieferung dieser schriftlichen Zeugnisse ist ähnlich wie der anderer Widerstandsaktivitäten nur bruchstückhaft. Schließlich war auch die zensurierte Presse nicht daran interessiert, ausführlich über die linke Opposition an der Hochschule zu berichten. Dabei diente gerade bis zum Juliabkommen 630 631 632 633

Rote Vorhut 1 (1934) 2, zit. nach: Speiser, Die sozialistischen Studenten, S. 122. Vgl. Speiser, Die sozialistischen Studenten, S. 122. Ebd. Beide: ÖStA, AVA, Unterricht Allgemein 1848–1940, Universität Wien in genere 1936–1937, Ktn. 824, GZ. 23583/36, 1936. 634 Vgl. ebd., S. 148.

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1936 die ständig betonte Distanzierung von den (illegalen) Nationalsozialisten in der Presse auch als Bestätigung des eigenen österreichischen Weges – eine Überzeugungsarbeit, die auch die Berichterstattung über die Exzesse der »Hakenkreuzler« an der Universität einbezog. Ein großer Teil der wissenschaftlichen Auseinandersetzungen mit diesem publizistischen Wirken der »illegalen Linken« wurde erst von ehemaligen AkteurInnen dieser studentischen Kreise nach 1945 dokumentiert. Zu ihnen zählen vor allem Marie Tidl und Wolfgang Speiser,635 die ausführliche Erinnerungen publiziert haben.

Die beiden Hochschulgesetze im Juli 1935 Erstmals nach der Etablierung der studentischen Sachwalterschaft im Herbst 1933 setzte die austrofaschistische Regierung im Sommer 1935 erneut eigene ideologische Impulse und beschränkte sich nicht mehr »nur« auf Repressionsmaßnahmen gegen Studierende, die sich illegal betätigt hatten. Die generelle Stoßrichtung gab Staatssekretär Pernter bereits im März 1935 vor, als er verkündete, dass von den Universitäten mit ihrem Bekenntnis zu Österreich ein »neuer Geist« ausgehen solle. Am 1. Juli 1935 wurden das »Hochschulermächtigungs-« und das »Hochschulerziehungsgesetz« veröffentlicht, mit denen der Staat direkt, umfassend und nachhaltig in den Universitätsbetrieb eingriff und vorzeichnete, wie sich Österreichs Hochschulen entwickeln sollten. Gemeinsam mit der Einführung des Disziplinarkommissärs Arbogast Fleisch, den verschärften Disziplinargesetzen gegen Studierende und dem Abbau von Hochschullehrenden sollten die beiden neuen Gesetze weitere »Abwehrmaßnahmen« sein, wie Pernter es nannte.636 Die beiden Gesetze lieferten eine Art neues austrofaschistisches Leitbild für die Hochschulen und sollten als ideologische Blaupause für deren patriotische Neuausrichtung dienen. Streng genommen kann man erst mit ihrem Inkrafttreten von einer echten Durchsetzung des Dollfuß/SchuschniggRegimes an der Universität Wien sprechen, da die Regierung damit gesetzliche Grundlagen lieferte, um den Hochschulbereich von Grund auf neu auszurichten und sich kulturpolitisch gegenüber NS-Deutschland neu zu positionieren. Das erste der beiden Gesetze gab unter dem Stichwort »Ermächtigung« vor, dass die Wissenschaft bzw. die Universitäten sich in den »Dienst des Staates« zu stellen hätten. Ihre Freiheit, so Staatssekretär Pernter, sollten sie niemals mehr

635 Vgl. Tidl, Marie Hofmann-Tidl sowie Speiser, Zeitzeuge. 636 Vgl. Hans Pernter, Protokoll der 12. Sitzung des Bundeskulturrates am 4. Juni 1935, zit. nach: Fischer, Universität zwischen Tradition und Fortschritt, S. 221.

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gegen den Staat missbrauchen.637 Pernter sprach auch von dem »Prinzip der sittlichen Autorität«,638 das die akademische Freiheit ablösen sollte, um alle Lehrinhalte entlang des neuen Weltbildes auszurichten. Gleichzeitig erhielt der Unterrichtsminister umfangreiche Kompetenzen, um in so gut wie alle Hochschulbereiche direkt eingreifen zu können. Das Gesetz entmachtete die Akademischen Senate damit in vielen weiteren Bereichen. Als Regierungsmitglied entschied der Minister über die Bestellung der studentischen Vertretungsorgane (Sachwalter), die Zulassung bzw. das Verbot von Vereinen auf Hochschulboden, die Neueinteilung des Studienjahres oder auch die Anerkennung ausländischer Reifeprüfungszeugnisse von österreichischen BundesbürgerInnen. Der Minister – bis Mai 1936 hatte die Funktion noch Schuschnigg inne, danach folgte Pernter – war aber auch ermächtigt, das studentische Fürsorgewesen neu zu gestalten, Leibesübungen einzuführen und die Höhe der Prüfungstaxen, der Studiengebühren etc. zu regulieren. Der Minister erhielt die Kompetenz, die Studienordnungen im Sinne der neuen vaterländischen Linie zu restrukturieren. Ihm oblag auch die Entscheidung über das Tragen bzw. die Aberkennung von akademischen Titeln im Ausland, die Erteilung des Farbenrechts, die Weiterführung weltlicher Studentenheime oder auch die Fortsetzung des internationalen Studierendenaustauschs. Nie zuvor hatte der Unterrichtsminister derartig weitreichende Gestaltungsmöglichkeiten gehabt. Darüber hinaus steuerte er zentral die Disziplinarordnung und somit eines der bedeutendsten Repressionsinstrumente gegen HochschülerInnen. Das »Hochschulermächtigungsgesetz« stellte daher einen umfassenden politischen Eingriff in die Hochschulen dar und setzte ihrer Autonomie ein Ende.639 Durch das am gleichen Tag in Kraft gesetzte »Hochschulerziehungsgesetz« griff die Regierung auch inhaltlich in den Universitätsalltag der Studierenden ein.640 Die Aufgaben der Universität wurden erweitert: Die Erziehung der Studierenden sollte nun zusätzlich zu Lehre und Forschung die dritte Säule der austrofaschistischen Hochschule bilden. Ziel war es dabei, die »sittliche Persönlichkeit«641 der HochschülerInnen ideologisch zu formen. Der akademischen Jugend sprach Pernter eine besondere Rolle im neuen »Ständestaat« zu. Sie sollte sowohl durch körperliche als auch sittliche Schulung den »Neuaufbau« im »Geiste der österreichischen Wiedergeburt«642 maßgeblich mittragen. In seiner Darstellung überhöhte und heroisierte Pernter die Rolle der Studenten auf fast poetische Weise, als er die HochschülerInnen im Zusammenhang mit dem neuen 637 638 639 640 641 642

Vgl. »Reform des Hochschulstudiums«, Neue Freie Presse, 12. 3. 1935 (Morgenblatt), S. 4. Pernter, Erneuerung der Hochschülererziehung, S. 6. Vgl. BGBl. 266/1935 vom 1. 7. 1935. Vgl. BGBl. 267/1935 vom 1. 7. 1935, § 1. Ebd. Pernter, Erneuerung der Hochschülererziehung, S. 7–8.

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Gesetz zu entsprechenden patriotischen Aktivitäten aufforderte: »Das Fundament ist gelegt, nun frisch ans Werk, ihr Jungmannschaft, mit Herz und Hand fürs Vaterland, für unser schönes, geliebtes, unvergängliches Österreich!«643 Die inhaltlichen Maßnahmen sollten unter anderem in zwei unterschiedlichen Vorlesungen umgesetzt werden, die durch das »Hochschulerziehungsgesetz« eingeführt wurden: Die eine trug den Titel »Zur weltanschaulichen und staatsbürgerlichen Erziehung«, die andere »Über die ideellen und geschichtlichen Grundlagen Österreichs«. Alle männlichen Studenten an weltlichen Fakultäten mussten zudem an vormilitärischen Übungen und Hochschullagern teilnehmen, um auf diese Weise den vaterländischen Gedanken und das sogenannte kameradschaftliche Gemeinschaftsleben zu stärken.644 Die Lager sollten einen Beitrag zur Formung des neuen österreichischen Menschen leisten und die geistige Führerschaft des Landes ausbilden.645 Studentinnen durften an diesen Fahrten bzw. den vormilitärischen Übungen nicht teilnehmen. Für sie wurden »in besonderer Anpassung an die weibliche Eigenart«646 andere Veranstaltungen geplant. Mit der konkreten Umsetzung sollte es aber noch dauern. Die regimetreuen »Akademischen Nachrichten« feierten die geplanten Hochschulgesetze bereits Wochen vor ihrer Verkündung als »die neue Zukunft« und betonten ebenfalls den »Neustart« des Systems 1935: »Wenn sich hier Hochschule und Staat nach langer Unklarheit wieder auf einer Linie treffen, so ist damit gesagt, daß auch die Hochschulen und vor allem die Hochschülerschaft das Ihre dazu beitragen wollen, an Österreichs Neuaufbau mitzuarbeiten.«647 Heinrich Drimmel sprach als höchster Studierendenvertreter von der Hochschülerschaft als »Pflanzstätte«648 des Aufbaus. Nach dem Inkrafttreten der beiden Gesetze wurde allerdings auch einige Kritik laut, besonders von linker Seite. So hatte Hans Pernter bereits im Mai 1935 bei der Präsentation eines Gesetzesentwurfs von einer zusätzlichen »ethische[n], charakterbildende[n] Mission«649 der Hochschulen gesprochen, deren Mehrkosten vor allem durch die Erhöhung der Kollegiengelder gedeckt werden sollten, also der von den Studierenden zu entrichtenden Gebühren.650 Die in Österreich verbotene und deshalb in Brünn erscheinende »Arbeiter-Zeitung« titelte daraufhin »Proleten dürfen nicht studieren« und kritisierte, dass der Bezug der 643 644 645 646 647 648 649

Ebd., S. 8. Vgl. Ehs, Der »neue österreichische Mensch«, S. 388–389. Vgl. Ehs, Das Hochschulerziehungsgesetz 1935, S. 126. BGBl. 267/1935 vom 1. 7. 1935, § 5, Absatz 3. Akademische Nachrichten 2 (Mai–Juni 1935) 4, S. 1. Ebd. Österreichische Gesellschaft für historische Quellenstudien, Protokolle des Ministerrates, Kabinett Kurt Schuschnigg (Bd. 2), S. 605, Fn. 62. 650 Vgl. ebd., S. 605–606.

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Notstandshilfe nach einer neuen Bestimmung mit dem Hochschulstudium unvereinbar sei: »Zu studieren haben im ständischen Staat nur diejenigen das Recht, deren Papa für ihren Unterhalt sorgen kann!«651 Die Neuausrichtung der Hochschule hatte für die »Arbeiter-Zeitung« eine Klassenagenda, da ökonomisch schlechter gestellte Studierende systematisch benachteiligt wurden und ein sozialer Numerus clausus weiter festgeschrieben wurde.652 Die »Arbeiter-Zeitung« warf der Regierung zudem vor, dass es sich dabei bloß um eine »Nachahmung«653 der deutschen NS-Hochschulgesetzgebung handeln würde, womit sie in Teilen durchaus Recht hatte. Mit einem sehr ähnlichen faschistischen Erziehungs- und Ideologisierungsziel gab es in Deutschland zwar keine Studentenlager, sehr wohl aber solche des Nationalsozialistischen Deutschen Dozentenbunds, ab 1935 eine Teilorganisation der NSDAP.654 Die »Arbeiter-Zeitung« traf mit ihrer Kritik einen wunden Punkt der austrofaschistischen Regierung, denn der Vorwurf der Imitation stand immer wieder im Raum und wurde auch im Ministerrat diskutiert. Es war sowohl für Dollfuß wie später auch für Schuschnigg stets wichtig, die Eigenständigkeit des Regimes gegenüber NS-Deutschland (zumindest bis 1936) zu betonen und den Vorwurf der »Nachmache« vehement von sich zu weisen. Zu nennen sind hier nur exemplarisch die Diskussionen im Ministerrat zu den Anhaltelagern (September 1933), zu der Wiedereinführung der Todesstrafe (November 1933) oder zu den neuen gesetzlichen Möglichkeiten, öffentlich Angestellte zu entlassen (Jänner 1934).655 Schuschniggs Motto war, wie unter anderem auch in der Zeitung der Hochschülerschaft Österreichs zitiert: »Wir aber sagen, weder nachahmen, noch nachmachen, auf das Gerademachen kommt es an!«656 Die »Rote Rundschau«, das Mitteilungsblatt der kommunistischen Fraktion des Geeinten Roten Studenten-Verbands, titelte mit »Kampf der Hochschulreform« noch entschiedener als die »Arbeiter-Zeitung«, und ihr Urteil über das »Hochschulerziehungsgesetz« fiel entsprechend noch härter aus: Die »Rote Rundschau« wertete die beiden neuen Gesetze als schlichte Kopien der hochschulpolitischen Interventionen in Deutschland und stellte klar: »Es dient der faschistischen Beeinflussung der Studentenschaft und einer Militarisierung im 651 652 653 654 655

»Proleten dürfen nicht studieren«, Arbeiter-Zeitung (Brünn), 7. 7. 1935, S. 7. Vgl. Speiser, Zeitzeuge, S. 908. »Militarisierung der Hochschulen«, Arbeiter-Zeitung (Brünn), 7. 7. 1935, S. 7. Vgl. Ehs, Der »neue österreichische Mensch«, S. 391. Vgl. die Diskussionen zu den Lagern Neck/Wandruszka, Protokolle des Ministerrates, Kabinett Engelbert Dollfuß (Bd. 4), S. 337. Diskussionen zur Todesstrafe Neck/Wandruszka, Protokolle des Ministerrates, Kabinett Engelbert Dollfuß (Bd. 5), S. 46 sowie zu den Möglichkeiten, Beamte zu entlassen Neck/Wandruszka, Protokolle des Ministerrates, Kabinett Engelbert Dollfuß (Bd. 5), S. 451–461. 656 Kurt Schuschnigg am 24. 3. 1934, zit. nach: Akademische Nachrichten 1 (März–April 1934) 2, S. 2.

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Sinne des vaterländischen Faschismus.«657 Mit dieser Einschätzung brachte die »Rote Rundschau« die Absichten des Regimes tatsächlich auf den Punkt, denn all die neu eingeführten Maßnahmen verfolgten das Ziel, unter der Leitidee einer neuen Österreich-Ideologie eine elitäre, vaterländische Gemeinschaft von Studierenden zu bilden. Sie sollten den »neuen österreichischen Menschen« verkörpern und damit einen alternativen faschistischen Entwurf zur deutschen Volksgemeinschaft an den Universitäten darstellen.658 Entsprechend beschwor Pernter in seinen Ausführungen zur Hochschulerziehung und -reform einen neuen »Kulturwillen im Sinne des christlich-deutschen-ständischen Staates«659 sowie eine neue vaterländische »Kulturauffassung« und präsentierte damit die österreichische und faschistische Grundidee einer »gleichgeschalteten« Hochschule mit katholischer Grundausrichtung. Dabei wollte er eine neue Ära an den Hochschulen einläuten und ein Erziehungsmodell etablieren, in dessen Zentrum die Katholisierung stand und das von der Ideologisierung, Militarisierung und Remaskulinisierung der Studierenden begleitet wurde.

Pflichtvorlesungen im Doppelpack Mit der relativ späten Verkündung der neuen Hochschulgesetze am 1. Juli 1935 war es zeitlich nicht mehr möglich, die beiden neuen Pflichtlehrveranstaltungen »Zur weltanschaulichen und staatsbürgerlichen Erziehung« und »Über die ideellen und geschichtlichen Grundlagen Österreichs« noch in das Vorlesungsverzeichnis der Universität Wien für das Wintersemester 1935/36 aufzunehmen. Abgehalten wurden sie dennoch, und die »Arbeiter-Zeitung« vermutete schon wenige Tage nach der Veröffentlichung der Gesetze, was den HochschülerInnen in den Vorlesungen bevorstand: Sie müssten ein »schmackhaftes Gebräu aus klerikaler Traktätleinliteratur und schwarzgelber Geschichtsklitterung schlucken«.660 Für die »weltanschauliche und staatsbürgerliche Erziehung« waren die regimetreuen Lehrenden und CV-Mitglieder August Maria Knoll (Nibelungia)661 und Johannes Hollnsteiner (Norica)662 verantwortlich. Der Spann-Schüler Knoll war seit 1934 Privatdozent für Sozialphilosophie an der Rechts- und Staatwis-

657 658 659 660 661 662

Die Rote Rundschau, Juni 1935, zit. nach: Speiser, Die sozialistischen Studenten, S. 147. Vgl. Ehs, Der »neue österreichische Mensch«. Pernter, Erneuerung der Hochschülererziehung, S. 7. »Militarisierung der Hochschulen«, Arbeiter-Zeitung (Brünn), 7. 7. 1935, S. 7. Vgl. Hartmann, August Maria Knoll. Vgl. Hartmann, Hollnsteiner sowie Buchmayr, Der Priester in Almas Salon.

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senschaftlichen Fakultät und Autor einer unpublizierten Dollfuß-Hagiografie.663 Hollnsteiner war seit 1934 ordentlicher Professor für Kirchenrecht und Beichtvater von Kurt Schuschnigg.664 Für die Vorlesung »Über österreichische Geschichte« an der Universität Wien zeichneten abwechselnd die Historiker Heinrich Kretschmayr und Alfons Dopsch verantwortlich.665 Kretschmayr war »Illegaler« und betonte im Juni 1938 im Rückblick,666 die austrofaschistische Pflichtvorlesung bereits »mit feinem Takt im Sinne großdeutscher Einstellung« abgehalten zu haben.667 Es gab auch punktuellen Widerstand gegen ihn: Am 28. November 1935 entfalteten Studierende in seiner Vorlesung demonstrativ eine rote Flagge mit dem Abzeichen der »geeinigten sozialistischen Front«668 – einer der wenigen offenen linken Proteste an der Universität Wien, die dokumentiert sind. Der großdeutsche Historiker Alfons Dopsch wiederum war unter anderem Mitglied im Deutschen Klub.669 Die Studierenden aller Fächer wurden den beiden Lehrenden in zwei Gruppen alphabetisch nach Namen (A bis M bzw. N bis Z) zugeteilt. Nur Studierende der Evangelisch-Theologischen Fakultät erhielten gesonderten Unterricht. Nach Protesten einiger evangelischer Theologen wurde ab dem Sommersemester 1936 mit Karl Völker auch einer ihrer Professoren ins Pflichtvorlesungsteam aufgenommen.670 Studierende der katholischen Theologie waren bis 1937 nicht verpflichtet, an den Veranstaltungen teilzunehmen.671 Über die Prüfungserfolge wurde in der »Österreichischen Hochschulzeitung« im April 1936 berichtet. So waren bei Kretschmayr 650 der 800 Studierenden zur 663 Das unveröffentlichte Manuskript liegt im Nachlass von August Maria Knoll. Vgl. Jagschitz, Jugend des Bundeskanzlers Dollfuss, S. 143, Fn. 50 sowie Dreidemy, DollfußMythos, S. 116. 664 Vgl. Hartmann, Für Gott und Vaterland, S. 413. Er beruft sich hier auf eine Aussage von Edmund Glaise-Horstenau über Hollnsteiner. 665 Ab dem Wintersemester 1937/38 wurde er als Lehrveranstaltungsleiter der Vorlesung »Über die ideellen und gesellschaftlichen Grundlagen des österreichischen Staates« geführt. Da in den Semestern davor die Leiter der Vorlesungen nicht genannt sind, ist das Wintersemester 1937/38 das erste, im dem er in dieser Quelle angeführt wird. In der »Reichspost« vom 3. 9. 1935 wird Kretschmayr ebenfalls erwähnt. Vgl. »Die neuen Pflichtvorlesungen an den Hochschulen«, Reichspost, 3. 9. 1935, S. 3. 666 Vgl. Klamper, Akademie der bildenden Künste, S. 25. 667 Vgl. Heiß, Von Österreichs deutscher Vergangenheit, S. 42 sowie Vorlesungsverzeichnis der Universität Wien, Wintersemester 1937/38 und Vorlesungsverzeichnis der Universität Wien, Sommersemester 1936. 668 »Demonstrationen an den Hochschulen«, Arbeiter-Zeitung (Brünn), 1. 12. 1935, S. 6. 669 Dopsch war auch Mitglied in der 1930 geschlossenen Deutschen Gemeinschaft und wurde 1936 im Alter von 65 Jahren zwangspensioniert. Vgl. Huber/Erker/Taschwer, Der Deutsche Klub, S. 40 sowie Staudigl-Ciechowicz, Akademischer Antisemitismus, S. 70. 670 Vgl. »Die Pflichtvorlesung der weltanschaulichen Erziehung«, Neue Freie Presse, 14. 10. 1935, S. 8. 671 Vgl. MVBl., Erlaß 41230/1936 vom 30. 7. 1937, Nr. 49, Vorlesungen auf Grund des Hochschulerziehungsgesetzes. Teilnahmspflicht der Hörer der katholischen Theologie.

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Prüfung angetreten, »die zur größten Zufriedenheit des Examinators« ausfiel.672 Bei Hollnsteiner mussten nur zwölf KandidatInnen erneut zur Prüfung antreten, und er konnte wiederum knapp »einem halben Hundert« für ihre Leistungen Auszeichnungen erteilen.673 Der »Rote Hochschulkampf« kannte jedoch ganz andere Zahlen. Bereits im Oktober 1935 berichtete das Blatt: »Professor Hollnsteiner hatte die Liebenswürdigkeit, eine Statistik der Besucher seiner vaterländischen Pflichtvorlesung zu verlieren.«674 Die Redaktion führte die BesucherInnen seiner Vorlesung laut ihren Quellen wie folgt an: »Studierende mit Hochschulabzeichen (12), Burschenschafter (3), Heimwehr (0), Soldaten (0), mit V.F. Band (2), C.V. (4), Georgspfadfinder (0), Katholische Kongregation (0), Katholische Turner (0). Wir wünschen der Regierung auch weiterhin solche Erfolge.«675

Im Sommersemester 1936 wurden die Pflichtvorlesungen erstmals im Vorlesungsverzeichnis angekündigt. Hollnsteiner und Knoll unterrichteten jeweils montags bzw. mittwochs von 18 bis 20 Uhr im kleinen Festsaal im Hauptgebäude am Ring.676 Es gibt kaum Hinweise, wie gut die Pflichtvorlesungen tatsächlich besucht waren, Mitschriften geben aber Einblicke in die Inhalte der Lehrveranstaltungen: Hollnsteiner beschäftigte sich über das Semester hinweg unter anderem mit Fragen des Verhältnisses von »Schöpfer und Schöpfung«, dem »Problem Christentum und Germanentum« sowie dem »Problem des Verhältnisses Gesellschaft und Staat«. Aber er widmete sich auch dem Begriff der »Weltanschauung« und dem Versuch eines Nachweises, »dass Weltanschauung mit Wissenschaft durchaus vereinbar ist«.677 Nachdem die Idee verworfen worden war, ungenutzte Räume des ausgeschalteten Parlaments (das in »Haus der Bundesgesetzgebung« umbenannt worden war) für Lehrveranstaltungen heranzuziehen,678 sah die Universitätsleitung nicht 672 »Der Erfolg der neuen Pflichtvorlesungen«, Österreichische Hochschulzeitung, 1. 4. 1936, S. 6. 673 Vgl. ebd. 674 Der Rote Hochschulkampf, Oktober 1935, zit. nach: Speiser, Die sozialistischen Studenten, S. 149. Mathias Schuster bezeichnet den »Roten Hochschulkampf« als ein Organ der Revolutionären Sozialistischen Studenten. Vgl. Schuster, Der Informationsdienst, S. 46. Wolfgang Speiser und Leopold Spira führen ihn hingegen als gemeinsames Organ mit dem GRSV an. Vgl. Speiser, Die sozialistischen Studenten, S. 148 sowie Spira, Kommunismus adieu, S. 17. 675 Der Rote Hochschulkampf, Oktober 1935, zit. nach: Speiser, Die sozialistischen Studenten, S. 149. 676 Vgl. Vorlesungsverzeichnis der Universität Wien, Sommersemester 1936, S. 5. 677 Wachlowski, Vorträge Hollnsteiner. Ich danke Herbert Posch für den Hinweis auf diese Mitschriften. 678 Vereinzelt wurden Prüfungen und Kommissionssitzungen der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät aber durchaus im Parlamentsgebäude abgehalten. Vgl. Pawlowsky, Totes Parlament, S. 95 sowie Kniefacz/Posch, Selbstdarstellung mit Geschichte, S. 394.

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nur ideell, sondern auch baulich die Notwendigkeit zu etwas Größerem im eigenen Haus. Im Dezember 1936 eröffnete die Universität Wien das Auditorium Maximum – kurz Audimax – mit einem Fassungsvermögen von bis zu 1.000 Studierenden.679 Von hier aus lasen vor den zentralen Symbolen des Regimes – dem Doppeladler mit Heiligenschein sowie einem großen Kruzifix – ab dem Sommersemester 1937 Knoll und Hollnsteiner. Bis heute ist das Audimax der größte Hörsaal der Universität Wien und wird sowohl für Lehrveranstaltungen als auch für Großevents wie Podiumsdiskussionen oder Kabarettabende genutzt.

Abb. 22: Das neue Auditorium Maximum vor der Eröffnung 1936.680

679 Vgl. »Die Eröffnung des Auditorium Maximum«, Neue Freie Presse, 15. 12. 1936, S. 7. 680 UAW, 106.I.3565, »Universität Wien (Hauptgebäude) – Auditorium Maximum«, Bruno Reiffenstein.

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Gestaltungsansprüche

Abb. 23: Rektor Leopold Arzt bei seiner Eröffnungsrede, sitzend Theodor Innitzer.681

Hochschullager als faschistische Pflichtübung Der Beschluss der beiden Gesetze am 1. Juli 1935 kam auch zu spät, um noch im Sommer 1935 die ersten studentischen Sommerlager abzuhalten, die unter dem Namen »Hochschullager« bekannt wurden. Die erstmalige Durchführung ein Jahr später, im Sommer 1936, war dann allerdings von Misstönen überschattet: Noch im Juni 1936 hatte sich Heinrich Drimmel als oberster Studierendenvertreter ans Unterrichtsministerium gewandt und die »Mentalität« kritisiert, mit der die Aufbaumaßnahmen an den Universitäten in Angriff genommen wurden. Trotz intensiver Propaganda an den Hochschulen (es sollte später sogar ein Hochschullagerfilm gedreht werden) und forcierter medialer Berichterstattung waren weder die »verlässlichen Stützen der vaterländischen Sache«682 (gemeint waren Professoren) noch die akademischen Behörden ausreichend über die

681 ÖNB/Wien, Pz 1936 XII 14 Wien/1/1, »Einweihung des neuen Auditorium Maximum an der Universität Wien, 14. 12. 1936«. 682 ÖStA, AVA, Unterricht Allgemein 1848–1940, Hochschullager 1936, Ktn. 375, GZ. 38534/36, 1936, Schreiben vom 6. 6. 1936.

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Hochschullager informiert. In vielen Fällen, so Drimmel, empfahl man Studierenden erst einmal abzuwarten und die Teilnahme zu einem späteren Zeitpunkt zu erwägen, was dem nach außen stets betonten gemeinsamen Aufbauwillen aller durchaus entgegenstand.683 Erst im Juli 1936 war es dann so weit: Nach der Bezahlung von einem Schilling Lagergebühr pro Tag (nach heutigem Wert 3,70 Euro) und dem Erwerb der Einheitskleidung (graue Windjacke, graue Lagerkappe, naturfarbener Lederleibriemen und Turnhose im heutigen Wert von 53 Euro) fuhren die ersten Studenten ins mehrwöchige Hochschullager, wo sie ihren »Gemeinsinn und wahre, hilfsbereite Kameradschaft«684 pflegen sollten.685 In diesem Sommer wurden in Rotholz bei Jenbach (Tirol) und in Ossiach (Kärnten) insgesamt knapp 400 Teilnehmer von jeweils einem Lagerführer und seinem Assistenten in praktischer und theoretischer vormilitärischer Ausbildung trainiert.686 Ihnen zur Seite stand zusätzlich jeweils ein Bildungsführer, der auch als geistig-pädagogischer Führer bezeichnet wurde. Er hatte »auf die Erziehung zur vaterländischen Gemeinschaft durch Vorträge und Aussprachen über Gegenstände des weltanschaulichen und vaterländischen Gedankengutes bestimmenden Einfluss zu nehmen«.687 An sechs Tagen pro Woche stand Folgendes am Programm: »06.00: Tagwache und Aufziehen der Lagerflagge samt Flaggensalut 06.15–06.45: Frühübungen 07.00: Frühstück 07.10–07.40: Herrichten der Zimmerordnung

683 Vgl. ebd. 684 ÖStA, AVA, Unterricht Allgemein 1848–1940, Hochschullager 1936, Ktn. 375, GZ. 20380/36, 1936, Allgemeine Weisung für den Betrieb der Hochschullager sowie ÖStA, AVA, Unterricht Allgemein 1848–1940, Hochschullager 1936, Ktn. 375, GZ. 38854/36, 1936, Lagerordnung vom 22. 7. 1936. 685 Vgl. zu den Hochschullagern den Beitrag von Ehs, Der »neue österreichische Mensch«. Ganz neu waren die Lager allerdings auch für Österreich nicht. Das Studentenfreikorps des Österreichischen Heimatschutzes hatte diese bereits Jahre zuvor eingeführt. Vgl. Akademische Nachrichten 2 (Mai–Juni 1935) 4, S. 1. Zur Angabe der Kleiderkosten vgl. Friedmann/Rupnow, Zwischen innerer Opposition und äußerer Anpassung, S. 173. 686 Vgl. zur Gesamtzahl ÖStA, AVA, Unterricht Allgemein 1848–1940, Hochschullager 1936, Ktn. 375, GZ. 24769/36, 1936, Vorab Gesamtüberblick über die Aufteilung der Lagerteilnehmer vom 14. 7. 1936. Der Lagerführer musste ein Bundesheeroffizier sein und wurde im Entwurf der Lagerordnung zunächst noch Lagerleiter genannt, bis man sich auf »Führer« einigte. 1937 nahmen bereits über 900 Studenten an den Lagern teil, die nun auch in Kreuzberg am Weißensee stattfanden. Vgl. Schlosser, Institut für Turnlehrerausbildung, S. 107. Neben diesen drei Standorten wurde noch eine weitere Einrichtung für die Sommerlager gesucht. Vgl. ÖStA, AVA, Unterricht Allgemein 1848–1940, Hochschullager 1936, Ktn. 375, GZ. 41698/36, 1936. 687 ÖStA, AVA, Unterricht Allgemein 1848–1940, Hochschullager 1936, Ktn. 375, GZ. 20380/36, 1936, Allgemeine Weisungen zu den Hochschullagern.

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07.45–08.00: Flaggenhissung, Verlautbarung der Tageseinteilung, Vorführung der Kranken, Lagerrapport, Exerzieren 08.15–10.00: Vormittagsbeschäftigung; Übungen wie Gefechtsausbildung, Unterricht, allenfalls zweites Frühstück um 10.00 Uhr 10.30–12.30: Schießübungen, Leibesübungen und Geländekunde 13.00–13.30: Mittagessen 13.30–14.30: Mittagsruhe 14.30–18.30: Nachmittagsbeschäftigung; allenfalls Jause, Vortrag des Bildungsführers 15.00–16.00: Leibesübungen am Seeufer; allenfalls Jause um 16.00 Uhr 16.30–18.30: Übungen oder Vortrag des Bildungsführers, Befehlsausgabe, Anwesenheitsappell 19.00–19.20: Nachtmahl 20.00–21.15: Freizeitgestaltung 22.00: Zapfenstreich ab 22.30: Sprechverbot, vollste Ruhe im Gebäude«688

Im Rahmen dieses durchorganisierten Tages musste auch Zeit für das Lagertagebuch bleiben. Jeder Student hatte täglich »mit Tintenschrift schlagwortartig und gut leserlich« einen Eintrag über die Geschehnisse des Tages zu verfassen und dem geistig-pädagogischen Führer vorzulegen. Sonntags galt es, den Gottesdienst zu besuchen und sich ausreichend Zeit für die Reinigung der Kleider, Schuhe und Effekten sowie für kleinere Näharbeiten zu nehmen.689 Den österreichischen Hochschullagern lag ein klares ideologisch-patriotisches Leitmotiv nach faschistischem Vorbild zugrunde, dessen Vermittlung regimetreuen »Führern« anvertraut wurde. Der Unterschied zu den deutschen NS-Dozentenbundlagern lag im Inhalt der weltanschaulichen Schulungen, in denen im Austrofaschismus das katholische Element und die Erziehung zum vaterländischen Österreicher im Mittelpunkt standen (unter anderem bei gemeinsamen Liederabenden und Vorträgen). Einer der Bildungsführer im Lager Rotholz war Simon Moser, der an der Universität Innsbruck ab 1936 als Privatdozent für Philosophie die ideologisch wichtigen Weltanschauungsvorlesungen abhielt. Im Sommer leitete er die Teilnehmer der Hochschullager geistig wie pädagogisch darin an, in vier Wochen die austrofaschistischen Ideale zu verinnerlichen. Das CV-Mitglied Moser war bereits 1934 der Vaterländischen Front beigetreten und zum Hauptstellenleiter sowie zum Sekretär Guido Zernattos (Generalsekretär der Vaterländischen 688 ÖStA, AVA, Unterricht Allgemein 1848–1940, Hochschullager 1936, Ktn. 375, GZ. 20380/36, 1936, Allgemeine Weisung für den Betrieb der Hochschullager sowie ÖStA, AVA, Unterricht Allgemein 1848–1940, Hochschullager 1936, Ktn. 375, GZ. 38854, 1936, Lagerordnung vom 22. 7. 1936. 689 Vgl. ÖStA, AVA, Unterricht Allgemein 1848–1940, Hochschullager 1936, Ktn. 375, GZ. 20380/ 36, 1936, Allgemeine Weisung für den Betrieb der Hochschullager, BGBl. 267/1935 vom 1. 7. 1935, § 6.

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Front) aufgestiegen.690 Funktionäre wie er vermittelten durch Vorträge »vaterländisches Gedankengut«, aber eben auch die Bedeutung des Wehrwesens für die jungen körperlich tauglichen Männer unter 30 Jahren. Für männliche Studierende galt: Nur wer dieses Hochschullager absolviert hatte, konnte sein ordentliches Studium an einer österreichischen Hochschule abschließen. Einzig Studierende der Katholisch-Theologischen Fakultäten waren gemäß des Konkordats mit dem Vatikan aus dem Jahr 1934 von diesem »Erziehungsgesetz« ausgenommen: Sie mussten sich weder an den Pflichtvorlesungen und den vormilitärischen Übungen noch an den Hochschullagern beteiligen.691 Und es gab noch eine weitere Ausnahme: Teilnehmer der Hochschullager des Studentenfreikorps der Heimwehren konnten sich die Aufenthalte in ihren eigenen Camps in Waxenberg im Mühlviertel als Hochschullagerzeit anrechnen lassen.692

Abb. 24 und 25: Bilder aus den Fotoalben der Hochschullager in Rotholz und Ossiach 1936.693

690 Vgl. Wirth, Ein Fenster zur Welt, S. 19. 1938 musste Mosers Lehrbefugnis »bis auf weiteres ruhen«, 1940 erhielt er sie zurück. Vgl. Mühlberger, Vertriebene Intelligenz, S. 44. 1947 erhielt Moser nach seiner Entregistrierung als ehemaliges NSDAP-Mitglied im April 1947 den Titel eines außerordentlichen Professors in Innsbruck. Bekannt wurde er gemeinsam mit Otto Molden durch die Gründung der Internationalen Hochschulwochen 1945 in Alpbach (heute »Europäisches Forum Alpbach«). 691 Vgl. BGBl. 267/1935 vom 1. 7. 1935, § 10, Absatz 3. 692 Vgl. Der Heimatschutz-Student 2 (25. 6. 1936) 10, S. 1 sowie zu Waxenberg auch Renkin, Studentenfreikorps, S. 310–312. 693 Beide: ÖStA, AVA, Unterricht Allgemein 1848–1940, Hochschullager 1936, Ktn. 372, GZ. 29032/36, 1936.

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Im Abschlussbericht über den ersten Sommer in Rotholz vermerkten »Lagerund Bildungsführer« in der Rubrik »Verhalten der Lagerteilnehmer«: Klaglos »harmonisches Zusammenleben (auch mit den Juden!), gute Kameradschaft, die über Gemeinschaftsbeschluß auch weiterhin gepflogen werden soll«.694 Tatsächlich fuhren in diesem ersten Sommer 23 Studenten mosaischen Glaubens mit nach Kärnten und Tirol, 15 von ihnen kamen von der Universität Wien, sechs von der Technischen Universität und zwei von der Hochschule für Welthandel.695 Vaterlandstreue und jüdische Konfession waren im Kontext der Ausbildung der zukünftigen Eliten offiziell kein Widerspruch, zumal im ersten Jahrgang die Teilnahme an den Lagern noch freiwillig war.696 Wie die religiöse Bildung für jüdische Studenten aussah (beispielsweise anstelle des Besuchs der katholischen Messe), geht aus den Akten des Unterrichtsministeriums nicht hervor. Die Hochschullager sollten theoretisch den »elitären Gipfelpunkt« des austrofaschistischen Erziehungsanspruchs an den Universitäten darstellen und die Gemeinschaft der Studenten als den »neuen österreichischen Menschen« begründen.697 Doch in die Praxis ließ sich das nicht ganz so eindrucksvoll umsetzen: Zum einen waren die jungen Männer im Studentenalter und hatten ihre politische Prägung vielfach bereits in den Jahren vor 1933 erhalten. Zum anderen fanden die Camps nur zwei Sommer lang statt, nämlich 1936 und 1937. Zwar waren die Hochschullager auf längere Zeit geplant, denn es war klar, dass man eine »Formung« nur nach jahrelanger, umfassender austrofaschistischer Erziehungsarbeit – beginnend in den Schulen – und Beeinflussung einer ganzen Generation erreichen konnte. Dazu kam es aber nicht, da ab März 1938 bereits die neuen Erziehungsvorstellungen der Nationalsozialisten zum Tragen kamen. Aber zumindest in den beiden Jahrgängen, die sich in den Lagern zu einer Gemeinschaft zusammenfanden, gab es durchaus motivierte junge Männer. So komponierten zwei Teilnehmer in Rotholz im Sommer 1936 ein offizielles Lagerlied und widmeten es Unterrichtsminister Hans Pernter. Im Vergleich zum musikalischen überwog allerdings das patriotische Potential, denn bei allem guten Willen, ein »leicht zu singendes und flottes Marschlied« zur offiziellen Hymne der Hochschulwochen zu erfinden, wurde das Hochschullagerlied in zwei Expertengutachten (beauftragt vom Ministerium) am Ende gänzlich verrissen. In der ersten Stellungnahme hieß es schlicht, dass es »rein technisch (harmonisch) auch den bescheidensten Ansprüchen nicht genügt und von einer weitgehenden Unkenntnis des Verfassers auf dem Gebiete der Har694 ÖStA, AVA, Unterricht Allgemein 1848–1940, Hochschullager 1936, Ktn. 375, GZ. 30764/36, 1936, Bericht o.D. 695 Vgl. ÖStA, AVA, Unterricht Allgemein 1848–1940, Hochschullager 1936, Ktn. 375, GZ. 24769/ 36, 1936, Vorab Gesamtüberblick über die Aufteilung der Lagerteilnehmer vom 14. 7. 1936. 696 Vgl. Ehs, Der »neue österreichische Mensch«, S. 394. 697 Ebd., S. 378.

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monielehre zeugt.«698 Die zweite Beurteilung fiel ähnlich kritisch aus. Es wurde moniert, »daß das Werk in der vorliegenden Form und Fassung die Forderung, leicht singbare Marschmusik darzustellen, nicht erfüllt, da auch eine für derartige Zwecke gedachte Musik gewissen elementar-musikalischen, primitiven Gesetzen entsprechen muß, wie dies z. B. bei den einfachsten Volksliedern der Fall ist. Das vorliegende Werk deutet aber darauf hin, daß der Verfasser nicht nur ein vollkommener Dilettant, sondern auch im Grunde unmusikalisch ist.«699

Abb. 26 und 27: Auszüge aus dem Lagerlied.700

Für den musikalischen Part dieses Lagerliedes zeichnete der Chemie-Student Karl Wlaschek verantwortlich. Er sollte später zwar doch auch als Barpianist gewisse Erfolge feiern, in einem ganz anderen Bereich wurde er aber wirklich berühmt und reich: Wlaschek gründete in den 1960er Jahren in Wien die Handelskette Billa. 1936 stießen aber weder Wlaschek noch sein Kommilitone Alfons Krenn mit folgenden Zeilen samt begleitender Melodie auf Begeisterung: »Die Lagerfahne flattert kühn und reißt uns alle mit 698 Ebd., Schreiben vom 17. 11. 1936. 699 Ebd. 700 Beide: ÖStA, AVA, Unterricht Allgemein 1848–1940, Hochschullager 1936, Ktn. 375, GZ. 34047 I/1, 1936.

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und unser Herz und unser Sinn hält jubelnd mit ihr Schritt. Ihr leuchtend Farben Rot-Weiß-Rot ihr seid der Heimat Macht wir folgen euch bis in den Tod und halten kämpfend Wacht es folget euch und wanket nie die Hochschullagerkompanie.«701

Ob dilettantisch oder nicht: Das Hochschullagerlied stellte einen – wenn auch unbeholfenen – austrofaschistischen Versuch dar, die studentische männliche Jugend zu einer Gemeinschaft zu formen, an sie zu appellieren, stolze Österreicher und Hochschüler zu sein und ihr Vaterland zu lieben – und gegebenenfalls mit Waffengewalt und unter Einsatz des Lebens zu verteidigen.

Patriotisches Selbstverständnis in austrofaschistischen Studentenzeitschriften Mit größerer Reichweite, aber ganz ähnlichen Botschaften versuchten auch etliche studentische Zeitschriften diese Ideologisierung zu fördern. Wie regimetreue Studierende ihren Platz in der austrofaschistischen Gesellschaft definierten, lässt sich an einigen studentischen Zeitschriften ablesen wie den bereits erwähnten »Akademischen Nachrichten«, der »Österreichischen Hochschulzeitung«, dem »Heimatschutz-Student« oder dem »Jahrbuch der Hochschülerschaft Österreichs«.702 Die »Akademischen Nachrichten« waren das offizielle Organ der Studentenschaft, wurden erstmals im Jänner 1934 vom Kultur- und Bildungsinstitut der österreichischen Hochschulen herausgegeben und erschienen in Wien, Graz, Innsbruck, Salzburg und Leoben. »Von Studenten für Studenten« sollte die Zeitschrift sein; viele der Beiträge sprachen von einem »wir«. Hier publizierten regelmäßig die Sachwalter der österreichischen Hochschulen: zunächst Karl Stein, dann Heinrich Drimmel. Neben regelmäßigen Beiträgen der patriotischen Redaktion und Informationen von den einzelnen Universitätsstandorten gab es auch Gastbeiträge von Studierenden und Lehrenden – wie etwa von Wolfgang Jungwirth, ehemaliger Student und Verfasser des Textes »Der wehrhafte Deutsche in Österreich«. 701 ÖStA, AVA, Unterricht Allgemein 1848–1940, Hochschullager 1936, Ktn. 375, GZ. 34047 I/1, 1936. 702 Die »Akademischen Nachrichten« erschienen allerdings nur von Februar 1934 bis Dezember 1935 und wurden von der »Österreichischen Hochschulzeitung« abgelöst. Diese erschien von Jänner 1936 bis März 1938. »Der Heimatschutz-Student« wurde nur in den Jahren 1932/33 und 1935/36 publiziert. Vgl. Prieschl, Die kleinen Wehrverbände in der Ersten Republik.

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In seinem Beitrag beschrieb Jungwirth gleich in der Titelstory im Juni 1934 Österreich als eines der drei faschistischen Länder Europas und erhielt knapp drei Seiten, um seine Gedanken über den Faschismus als die Zukunft Europas zu entwickeln, die von der Redaktion sichtlich geteilt wurden. Jungwirth verstand sich und wohl auch seine Leserschaft als Teil einer Elite, die als »Diener des Volkes« zwar den deutschen Stamm »hüten«, aber dabei auch die christlichen Werte wahren und das Abendland schützen musste. »Deutsch« stand hier nicht im Widerspruch zu »österreichisch«. Mit der ausdrücklichen Abgrenzung zu Deutschland machte er seine Position dabei auch sehr deutlich: Für Neuwirth herrschte in Deutschland »eine Elite des Fanatismus und des stolzen Herrentums«,703 wohingegen für ihn in Österreich »eine Elite der Treue und der besonnenen Tatkraft« wirke.704 Dieser Duktus zog sich auch durch andere Beiträge der »Akademischen Nachrichten«. Die inhaltliche Ausrichtung der Zeitschrift »Der Heimatschutz-Student« war weit radikaler als die der »Akademischen Nachrichten«. Ursprünglich wurde die studentische Formation der Heimwehr bereits 1922 als Wiener Studentenfreikorps gegründet und stand als solche stark unter dem Einfluss der deutschnationalen Korporationen. 1936 reorganisierten sich seine Anhänger unter dem Namen Heimatschutz-Studentenschaft.705 Sachwalter Heinrich Drimmel war ab 1936 Vorsitzender dieser Dachorganisation, die in das militärische Studentenfreikorps, den zivilen Heimatschutz-Studentenbund und die Altherrenschaft untergliedert war.706 Die »arische« Abstammung »bis in das dritte Glied«707 war auch im Austrofaschismus als Aufnahmevoraussetzung festgeschrieben. Das studentische Blatt publizierte unter dem lateinischen Motto Pro Deo et patria – verbo ferroque (»Für Gott und Vaterland – mit Wort und Waffe«). Das Leben, »wie der Fascismus es auffasst«, musste in dieser Deutung ernst, streng und religiös gelebt werden. Die Verschmelzung von Faschismus und katholischem Glauben war nach dem Diktum des »Heimatschutz-Studenten« ihr Programm, ihr Ziel war die totale Kontrolle über das gesamte Leben eines Studierenden: »Der Fascismus will nicht die äussere Gestalt, er will den Inhalt des menschlichen Lebens umformen, den Menschen und Charakter. Zu diesem Zwecke will er Disziplin und Autorität, die tief in den Geistern wurzeln und dort unbestritten herrscht.«708 Die erste Aufgabe des »Heimatschutz-Studenten« war es, nach den Grundsätzen des faschistischen »Korneuburger Eids« die Neuordnung der österrei703 704 705 706 707 708

Akademische Nachrichten 1 (Juni 1934) 4, S. 1. Ebd. Vgl. Stimmer, Eliten in Österreich, S. 862. Vgl. Wagner, Von der Hochschülerschaft Österreichs, S. 121. Wiltschegg, Die Heimwehr, S. 335. Führertum – Pflichterfüllung. In: Der Heimatschutz-Student 2 (21. 4. 1936) 1, S. 2.

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chischen Hochschulen zu bewirken. Die Demokratie hatte für sie ausgedient und mit regelmäßigem Blick auf das für sie vorbildlich geführte Italien und dessen Universitäten hieß es hier: »Fascismus ist keine Redeübung, er muss ein Lebensbekenntnis sein. […]. Es gibt keine Staatsauffassung, die nicht grundsätzlich Lebensauffassung ist.«709 Frei nach diesem Motto hieß es hier auch: »Ein fascistisches Prinzip: Für den äusseren Feind – das Heer, für den Verbrecher – die Polizei, für den inneren politischen Gegner – die aktive Elite, die FASCISTEN!«710 Ein Teil der österreichischen Studentenschaft bezeichnete sich somit stolz als »Fascisten«. Weder in den »Akademischen Nachrichten« noch in »Der HeimatschutzStudent« wurden explizite und offensiv antisemitische oder frauenfeindliche Haltungen veröffentlicht. Die Beiträge waren dennoch immer wieder von strukturellem Antisemitismus und einem reaktionären Frauenbild getragen. In einem Artikel über das Frauenstudium an der Medizinischen Fakultät der Universität Wien etwa berichteten die »Akademischen Nachrichten« über die Verfügung des Professorenkollegiums an der Medizinischen Fakultät, ihre Studentinnen in den ersten beiden Semestern nicht mehr von den nötigen Zahlungen zu befreien. »Mit Rücksicht auf die Aussichtslosigkeit des Frauenstudiums«711 sollte so die Anzahl der Medizinstudentinnen gedrosselt werden. Doch da vor allem jüdische Studentinnen aufgrund ihrer angeblich überdurchschnittlich guten finanziellen Lage von diesen Streichungen profitieren würden, so die Zeitschrift, und umgekehrt lediglich die mittellosen »Arierinnen« tatsächlich benachteiligt werden würden, sprach man sich in den »Akademischen Nachrichten« für eine erneute Diskussion dieser Maßnahme durch das Professorenkollegium aus: »Es wird also unbedingt notwendig sein, eine gerechtere Form der Auslese zu finden.«712 Im Juni 1936 machte sich der Autor mit den Initialen A. M. in »Der Heimatschutz-Student« über den »Roten Studentenbund« (Rostubu) und seine Flugzettel lustig. Ein Student des »Rostubu« wurde als »galizianischer Mitarbeiter« mit »gequälter galizischer Brust« bezeichnet.713 Vielleicht stammte der hier angesprochene Studierende tatsächlich aus dem ehemaligen österreichischen Kronland Galizien, doch der Eindruck überwiegt, dass hier die Verknüpfung von »links« und »jüdisch« in das klassische Stereotyp des schwächelnden galizischen »Ostjuden« gegossen wurde. Wesentlich weniger polemisch war im Vergleich dazu die Tonlage in den »Jahrbüchern der Hochschülerschaft Österreichs«. Hier

709 710 711 712 713

Ebd. Der Heimatschutz-Student 2 (18. 6. 1936) 9, S. 2. Akademische Nachrichten 1 (Juni 1934) 4, S. 15. Ebd. Der Heimatschutz-Student 2 (18. 6. 1936) 9, S. 1.

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stand mehrheitlich die kulturelle Sendung im Mittelpunkt – mit der Universität als der »oberste[n] Bildungsstätte des Vaterlandes«.714

714 Aufgaben der Sachwalterschaft. In: Jahrbuch der Hochschülerschaft Österreichs 1934/35 (1935), S. 2.

5.

Neuordung und Einsparung: Berufungen und Pensionierungen von Lehrenden, Juli 1934 bis Juli 1936

Der gewaltsame Tod von Engelbert Dollfuß am 25. Juli 1934 hatte an der Universität Wien nicht nur für Studierende nachhaltige Folgen. Auch Lehrende der Hochschule, die man verdächtigte, den Putschversuch oder die Nationalsozialisten unterstützt zu haben, wurden nun umgehend verfolgt. Einer der Betroffenen war Karl Gottfried Hugelmann, von 1921 bis 1932 Mitglied des Bundesrates der Christlichsozialen Partei und Professor für Verfassungsgeschichte an der Universität Wien, der allerdings 1933 sowohl aus der Partei als auch aus dem CV ausgeschlossen wurde.715 Hugelmann wurde in der Nacht vom 25. auf den 26. Juli 1934 von Heimatschutzangehörigen verhaftet. Er stand unter Verdacht, in den Putschversuch involviert gewesen zu sein.716 Ein Bezirksleiter der Vaterländischen Front gab über den ehemaligen Dekan der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät (1926/27) zu Protokoll: »Die Gründe, die zu seiner Verhaftung führten, sind darin zu suchen, dass Dr. Hugelmann seit dem Jahre 1932 unablässig gegen den ›Dollfusskurs‹ in Oesterreich hetzte. Es ist stadtbekannt, dass Dr. Hugelmann überall, wo er verkehrt politisiert, so zwar, dass er die österreichischen Einrichtungen herabsetzt und die Errungenschaften des 3. Reiches in den Himmel hebt. Auf der Strasse, in der Eisenbahn, im Autobus, im Kaffeehaus, kurz überall war er bemüht, sich in nationalsozialistischem Sinne zu betätigen.«717

Hugelmanns kritische Haltung gegenüber dem neuen Regime sowie seine Sympathien für den Nationalsozialismus waren offensichtlich weithin bekannt. Er hatte im Sommer 1933 – wie seine Kollegen Wenzel Gleispach und Max Layer – einen kritischen Aufsatz in der deutschen Zeitschrift »Verwaltungsarchiv« über den Umbau des Staates nach der Ausschaltung des Parlaments publiziert. Darüber hinaus referierte Hugelmann im Deutschen Klub (er war Mitglied) und 715 Vgl. Hartmann, Karl-Gottfried Hugelmann. 716 Vgl. ÖStA, AdR, BKA 1918–2003, BKA Inneres 1918–1938, Signatur 20 g, 221.033/1934, Ktn. 4459, GZ. 250136/34, 1934, Bericht des Bezirksleiters der Vaterländischen Front, o.D. Ich danke Pia Schölnberger für diesen Hinweis. 717 Ebd.

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feierte gemeinsam mit seiner Familie sowohl Geburtstags- als auch Namenstagsmessen für Adolf Hitler.718 Hugelmanns Personalakt lag deswegen bereits am Tisch von Arbogast Fleisch, der seit Winter 1933 als Personalchef der öffentlich Bediensteten fungierte, »um eine Handhabe zu schaffen«,719 wie man gegen Hugelmann vorgehen könne. Hugelmann, der angeblich im Falle eines geglückten Putsches für den Posten des Außenministers vorgesehen gewesen wäre,720 erhielt nach seiner Verhaftung einen Rechtsbeistand, der in der weiteren Geschichte Österreichs eine unrühmliche Rolle spielen sollte: Sein Anwalt war Arthur Seyß-Inquart, zu dieser Zeit unter anderem Obmannstellvertreter des Deutschen Klubs.721 Nach dem »Anschluss« im März 1938 wurde Seyß-Inquart österreichischer Reichsstatthalter, ab Mai 1940 Reichskommissar für die Niederlande, ehe er 1946 als Kriegsverbrecher in Nürnberg verurteilt und hingerichtet wurde.722 Im September 1934 sorgte Seyß-Inquart dafür, dass Hugelmann nach einem kurzen Hungerstreik und einer mehrwöchigen Inhaftierung in einem Krankenhaus freigelassen wurde. Zu diesem Zeitpunkt war Hugelmann bereits wegen »staats- und regierungsfeindlichen Verhaltens durch Aufrechterhaltung von Beziehungen mit nationalsozialistischen Kreisen« seines Dienstes enthoben worden. Zugleich hatte der Rechtswissenschafter an seiner Hochschule ein Disziplinarverfahren gegen sich selbst eingeleitet.723 Als ehemaliger Disziplinaranwaltstellvertreter an der Universität Wien war er bestens mit dem Ablauf und vor allem auch mit den Kollegen im Gremium vertraut.724 Er wollte durch das Verfahren den im Raum stehenden Vorwurf entkräften und ging offenbar davon aus, dass er dabei auf seine Kollegen bauen konnte.725 Am 9. September informierte darüber hinaus das Unterrichtsministerium das Dekanat der Rechts- und Staatswissenschaftlichen

718 Vgl. Reiter-Zatloukal, Antisemitismus und Juristenstand, S. 196 sowie ÖStA, AdR, BKA 1918–2003, BKA Inneres 1918–1938, Signatur 20 g, 221.033/1934, Ktn. 4459, GZ. 250136/34, 1934, Bericht des Bezirksleiters der Vaterländischen Front, o.D. 719 ÖStA, AdR, BKA 1918–2003, BKA Inneres 1918–1938, Signatur 20 g, 221.033/1934, Ktn. 4459, GZ. 250136/34, 1934, Protokoll o.D. 720 Vgl. Olechowski/Staudigl-Ciechowicz, Deutsches Recht und Österreichische Reichsgeschichte, S. 308. 721 Vgl. Mitteilungen des Deutschen Klubs (März 1934), S. 1–3. 722 Vgl. zu Seyß-Inquart auführlicher Koll, Arthur Seyß-Inquart. 723 Vgl. UAW, Akad. Senat, S 185 777, Schreiben des Bundeskommissärs für Personalangelegenheiten (in Vertretung) an Karl Gottfried Hugelmann vom 23. 8. 1934 und Schreiben des Rektorats an das Bundeskanzleramt/Generaldirektion für Sicherheitswesen vom 10. 8. 1934. 724 Vgl. ÖStA, AVA, Unterricht Allgemein 1848–1940, Disziplinarkommission 1928–1940, Ktn. 309, GZ. 32100/1933, 1933. 725 Vgl. UAW, Akad. Senat, S 185 777, Verhandlungsschrift über den Disziplinarfall »Hugelmann« vom 22. 1. 1935.

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Fakultät über die Versetzung Hugelmanns in den zeitlichen Ruhestand.726 Allerdings erübrigten sich bald alle weiteren Erhebungen in seinem Verfahren an der Universität Wien: Hugelmann war ein außerordentlich gut vernetzter Wissenschafter und folgte einem Ruf an die Universität Münster, an der er noch im Jahr 1935 zum Rektor aufstieg.727 Der Fall Hugelmann steht beispielhaft für die nationalsozialistische Unterwanderung der Universität Wien durch Lehrende und für die von den NS-Sympathisanten ausgehende Gefahr, die Neo-Kanzler und Unterrichtsminister Kurt Schuschnigg nach dem Juliputsch nicht nur erkannte, sondern gegen die nun schlussendlich auch angekämpft wurde. Dementsprechend schlug Schuschnigg nach dem Juli 1934 auch einen repressiven Kurs gegen diese Lehrenden ein, die sein Sektionschef Hans Pernter später die »Unbelehrbaren« nannte.728 Mit dem Putschversuch der Nationalsozialisten war die Regierung gezwungen, härter als bisher auf die politische Destabilisierung von außen,729 aber vor allem auch von innen zu reagieren. Der Hochschulbereich und nicht zuletzt der Lehrkörper der Universität Wien waren zweifelsohne besonders stark mit NSSympathisanten und illegalen Nationalsozialisten besetzt. Die Maßnahmen gegen Lehrende – offiziell ein Kampf an zwei politischen Fronten – hatten aber bis zum Sommer 1934 vor dem Hintergrund der Februarkämpfe mehrheitlich auf linke Professoren und Dozenten abgezielt, die an den Hochschulen freilich eine verschwindend geringe Minderheit darstellten. Für die bis zum Juli 1934 vergleichsweise zurückhaltende Maßregelung von NS-affinen Lehrenden wie Karl Gottfried Hugelmann spielten sicherlich auch die Männernetzwerke innerhalb wie außerhalb der Hochschule eine bedeutende Rolle, in denen zwischen katholisch-nationalen, NS-affinen und nationalsozialistischen Kreisen weiter gutes Einvernehmen herrschte. Mit Juli 1934 sollte zumindest die Zurückhaltung des Staates enden, wenn auch viele der Netzwerke fortbestanden.730 Seitens der Regierung war das Gesetz unter dem selbsterklärenden Titel »Besondere Maßnahmen gegen die an der Aufstandsbewegung vom 25. Juli 1934 beteiligten öffentlichen Angestellten«731 726 Vgl. UAW, Akad. Senat, GZ. 9, 1933/34, Schreiben Kurt Schuschniggs vom 9. 9. 1934. Am 29. 9. 1934 erging dann auch der offizielle Brief an Hugelmann, der aber keine politischen Gründe für seine Pensionierung anführte. 727 Vgl. Groh, Karl Gottfried Hugelmann, S. 306. Zum Disziplinarverfahren von Karl Gottfried Hugelmann an der Universität Wien auch Staudigl-Ciechowicz, Das Dienst-, Habilitations- und Disziplinarrecht der Universität Wien, S. 565–567. 728 Vgl. Pernter, Grundfragen der Hochschulpolitik, S. 47–48. 729 Vgl. Bauer, Hitlers zweiter Putsch. 730 So etwa wurde der Deutsche Klub nach dem Attentat zwar geschlossen, da auch einige der Mitglieder involviert gewesen waren. Nach zehn Wochen konnte er aufgrund von Interventionen aber wieder den Betrieb aufnehmen. 731 BGBl. 181/1934-II vom 3. und 8. 8. 1934.

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eine direkte und schnelle Reaktion auf den Juliputsch, der in NS-Kreisen den Codenamen »Sommerfest« trug.732 Durch dieses Gesetz konnten die Gehälter all jener zurückgehalten werden, die im Verdacht standen, den Putsch unterstützt zu haben. Zudem schuf die Regierung neue Möglichkeiten, Lehrende in den »frühzeitigen Ruhestand« zu versetzen.733 Die beiden Verfügungen sind zugleich gute Beispiele für das Verschwimmen von strikten Disziplinierungs- und schlichten Einsparungsmaßnahmen bzw. für deren politische Instrumentalisierung. Im Ministerrat am 3. August 1934, also nur wenige Tage nach dem Putschversuch, sprachen Schuschnigg und seine Regierungsmitglieder offen von einer »Säuberungsaktion«, in deren Zuge »Hochschullehrer und Assistenten wegen Ersparungsmaßnahmen und aus politischen Gründen ohne besondere Verfahren in den zeitlichen Ruhestand«734 zu versetzen bzw. ihres Dienstes zu entheben seien. Die Führungsspitze des Regimes hatte ganz offensichtlich das politische Gefahrenpotential erkannt und beschlossen, besonders einflussreiche NS-Sympathisanten von den Hochschulen zu entfernen. Ab Herbst 1934 wurde darüber hinaus auch die Praxis der inneruniversitären Disziplinierung stärker kontrolliert: Das Ministerium musste alle Mitglieder der Disziplinarkammern an den Universitäten bestätigen, erst dann konnten sie ihre Arbeit unter der Führung der Disziplinaranwälte beginnen. Die Hochschulgremien verloren somit ein weiteres Stück ihrer Autonomie.735 Zusätzlich zu den seit Herbst 1932 geplanten und mehrheitlich ab 1934 vollzogenen Einsparungen, die vor allem Pensionierungen von ordentlichen und außerordentlichen Professoren betrafen, kam es nun auch zu Zwangspensionierungen, die – wie im Ministerrat angekündigt – auch aus politischen Gründen erfolgten. In den meisten Fällen wurden sie aber dennoch als Einsparungsmaßnahmen deklariert.736 Die ersten Pensionierungen von Lehrenden wurden in der »Neuen Freien Presse« vom 16. September 1934 jedenfalls ganz im Sinne der Message-Control der Regierung gleichlautend wie der Gesetzestext als »Herabsetzung des Personalaufwandes der Hochschulen« kommentiert.737 Betroffen waren der Paläobiologe Othenio Abel, der Orientalist Viktor Christian, der bereits erwähnte Rechtswissenschafter Karl Gottfried Hugelmann und der Geograf Friedrich (Fritz) Machatschek, die vier der prononciertesten NS-Sympathisanten der Universität Wien waren. Dazu kam noch der Philosoph Heinrich Gomperz, 732 Vgl. Schafranek, Sommerfest. 733 Vgl. BGBl. 208/1934-II vom 7. und 31. 8. 1934 sowie Sedlak, Politische Sanktionen, S. 88. 734 Neck/Peball, Protokolle des Ministerrates, Kabinett Kurt Schuschnigg (Bd. 1), S. 35, insbesondere Fn. 19. 735 Vgl. BGBl. 334/1934-II vom 26.10. und 5. 11. 1934. 736 Vgl. BGBl. 208/1934-II vom 7. und 31. 8. 1934, »Die Reorganisationsmaßnahmen an den österreichischen Hochschulen«, Neue Freie Presse, 12. 8. 1934, S. 7. 737 »Neuwahl von Dekanen notwendig«, Neue Freie Presse, 16. 9. 1934, S. 6.

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der politisch liberale Positionen vertrat, jüdischer Herkunft war und dem Wiener Kreis nahestand.738 Sie alle wurden offiziell in den »zeitlichen Ruhestand« versetzt.739 Diese »Abbaumaßnahmen« hatten trotz aller Einsparungsrhetorik – wie schon in den Fällen von Max Adler, Josef Karl Friedjung und Julius Tandler – ideologische Gründe, wie die genauere Betrachtung der betroffenen Personen zeigt. Othenio Abel war, wie bereits geschildert, von Herbst 1932 bis Sommer 1933 Rektor der Universität Wien gewesen und hatte sich während seiner Amtszeit als NS-Sympathisant hervorgetan. Gleich in seinen einführenden Worten im »Wiener Universitäts-Führer« für das Wintersemester 1932/33 hatte er klargestellt, was seiner Meinung nach der »heranwachsenden Generation vor allem nottut«, nämlich die »Hoffnung auf eine bessere Zukunft nicht zu verlieren und den Tag vorbereiten zu helfen, an dem unser aller Wunsch einmal in Erfüllung gehen muß und wird: die Heimkehr der seit den Babenberger Zeiten deutsch gebliebenen Ostmark ins Deutsche Reich«.740 Eindeutiger hätte Abel sich nicht positionieren können, und seine Unterstützung der NS-Studierenden war auch dem Ministerium längst bekannt gewesen. Dennoch musste Abel die Hochschule erst nach dem Putschversuch 1934 verlassen. Zwar war das Bündnis der nationalsozialistischen Studierenden mit ihren katholischen Kollegen im Dezember 1932 zerbrochen und hatte die Auflösung der Deutschen Studentenschaft im Sommer 1933 nach sich gezogen. In den Lehrkörper der Universitäten griff die Regierung aber erst nach dem Juliputsch 1934 ein. Man pensionierte den damals 59-jährigen Abel, der bald darauf eine Professur an der Universität Göttingen erhielt. Auch der Orientalist Viktor Christian, wie Abel einer von 19 Mitgliedern der Gruppe Bärenhöhle und seit Mai 1933 bei der NSDAP,741 wurde seines Dienstes enthoben. Ein Grund war, dass Christian angeblich am 25. Juli 1934 in Kärnten anlässlich des Putsches ein Freudenfest gefeiert hatte, was er im September 1934 allerdings vehement leugnete: »Ich muss […] mit allem Nachdruck betonen, dass die […] versammelten sieben Personen in der Zeit von etwa drei Stunden insgesamt nach meiner Erinnerung zwei Flaschen Bier und eine Flasche Wein tranken, gewiss keine derartige Alkoholmenge,

738 739 740 741

Vgl. Huber, Rückkehr erwünscht, S. 74. Vgl. UAW, Rektoratsindex R57 Nr. 72 Index 1932/33–1936/37, Mikrofilm 108, S. 451–453. Deutsche Studentenschaft der Universität Wien, Universitäts-Führer 1932/33, S. 4. Vgl. Leitner, »Bis an die Grenzen des Möglichen«, S. 53. Irene Maria Leitner zitiert aus Viktor Christians selbstverfasstem Lebenslauf vom 13. 12. 1938, demzufolge er sich 1933 zwar zur NSDAP anmeldete, doch keine Mitgliedsnummer erhielt. Roman und Hans Pfefferle führen an, dass Viktor Christian ab 19. 5. 1938 NSDAP-Mitglied war (Nr. 6.122.801) und nach Kriegsende als »belastet« eingestuft wurde. Vgl. Pfefferle/Pfefferle, Glimpflich entnazifiziert, S. 112 und S. 285.

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dass von einem Gelage gesprochen werden könnte. Entsprechend der gedrückten Stimmung, in der wir uns befanden, hatte auch niemand Lust zu lärmen und ich erachte es als eine überaus schmerzende Kränkung, dass man mir zumutete, ich könnte über den Tod eines Menschen überhaupt Freude empfinden.«742

Das Unterrichtsministerium schloss ihn dennoch aus und versetzte den 49Jährigen in den zeitlichen Ruhestand.743 Christian begab sich daraufhin auf Forschungsreisen in den Nahen Osten. Anders als Viktor Christian, der Berufungen an die Universitäten in Gießen und Karlsruhe erhielt, aber letztlich in Wien blieb,744 folgte Friedrich Machatschek nach seiner Versetzung in den frühzeitigen Ruhestand bereits 1935 einem Ruf nach München, wo er zum Leiter des Südost-Instituts aufstieg. Ein Jahr später widmete die Akademie der Wissenschaften seine Mitgliedschaft von einer »wirklichen« zu einer »korrespondierenden im Ausland« um.745 Friedrich Machatschek gilt neben Othenio Abel, Viktor Christian, Wenzel Gleispach, Karl Gottfried Hugelmann und Max Layer als eines der prominentesten NS-affinen »Opfer« des Austrofaschismus. Auch der Historiker Hans Uebersberger, ehemaliger Rektor der Universität Wien und Mitglied sowohl im Deutschen Klub als auch in der Bärenhöhle, folgte einem Ruf aus dem Deutschen Reich: Er ging an die Universität Breslau, später nach Berlin. Er war ab 1933 Führer der Hochschullehrer im NS-Lehrerbund in Österreich gewesen und kam seiner Frühpensionierung durch Schuschnigg aus politischen Gründen im Frühjahr 1934 zuvor, der ihn allerdings noch offiziell seines Lehramts enthob.746 In Berlin betonte er, in Wien als Märtyrer für die NS-Bewegung entlassen worden zu sein.747 Im Studienjahr 1940/41 wurden alle fünf Genannten mit Ausnahme Viktor Christians von den Nationalsozialisten ex post »belohnt« und erhielten die neu eingeführte Ehrensenatorenwürde der Universität Wien – ein nachträglicher Beweis für die politischen Motive ihrer Entlassung und ihre Integration in die NS742 ÖStA, AdR, Bundesministerium für Unterricht, Personalakt, Viktor Christian, fol. 70–71, Schreiben von Viktor Christian an einen unbekannten Adressaten vom 15. 9. 1934, zit. nach: Leitner, »Bis an die Grenzen des Möglichen«, S. 54. 743 Viktor Christian trat eigenen Angaben nach nicht der Vaterländischen Front bei und sah darin einen Mitgrund für die Versetzung in den zeitlichen Ruhestand. Vgl. Leitner, »Bis an die Grenzen des Möglichen«, S. 53. 744 Vgl. ebd., S. 54. 745 Vgl. Fengler, Biogramme, S. 231. 746 Vgl. UAW, Akad. Senat, GZ. 9, 1933/34, Schreiben Kurt Schuschniggs vom 25. 4. 1934. 747 Vgl. Suppan/Wakounig, Uebersberger, S. 125 sowie Taschwer, Hochburg, S. 184 und Weinzierl, Universität und Politik in Österreich, S. 13. Tatsächlich stellte Uebersberger einen Antrag auf Enthebung, welcher von Schuschnigg angenommen wurde. Vgl. Suppan/ Wakounig, Uebersberger, S. 131. Dass Lehrende wie Abel, Gleispach, Hugelmann, Machatschek und Uebersberger einem Ruf nach Deutschland folgten, bedeutete im Normalfall einen Karrieresprung, wie die Historikerin Irene Ranzmaier am Beispiel der Germanisten der Universität Wien herausarbeitete. Vgl. Ranzmaier, Germanistik, S. 17.

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Bewegung in Wien vor 1938.748 Viktor Christian wurde nicht ausgezeichnet: Er durfte bereits ab dem Frühjahr 1936 seine Professur in Wien wieder ausüben und erhielt nach dem »Anschluss« 1938 umgehend den Posten des Dekans der Philosophischen Fakultät; später stieg er gar zum Prorektor und kurzzeitig zum Rektor der Universität Wien auf. Die umgehende Entlassung der prominenten nationalsozialistischen Lehrenden nach dem Juli 1934 hatte in Österreich eine gewisse Signalwirkung: Schuschnigg schlug damit auch bei den Lehrenden der Universität Wien – vorerst – einen antinationalsozialistischen Kurs ein. Neben dezidierten Entlassungen wurden aber auch weitere Karriereschritte behindert, so im Fall des bereits erwähnten Jan Versluys und jenem von Othmar Spann, denen man das Dekanat bzw. das Rektorat an der Universität Wien verweigerte. Der aus den Niederlanden stammende Zoologe Versluys war 1925 als ordentlicher Professor nach Wien berufen worden, woran Othenio Abel maßgeblich beteiligt gewesen war. Die beiden standen sich nicht nur politisch, sondern auch über die Ehe zwischen Abels Sohn und Versluys’ Tochter familiär nahe.749 Als Versluys – Mitglied der Nationaal-Socialistische Beweging der Niederlande – 1935 von der Philosophischen Fakultät zum Dekan gewählt wurde, bestätigte das Ministerium ihn in dieser Funktion aus politischen Gründen nicht. Versluys musste dem Physiker Egon Schweidler den Vortritt lassen.750 Neben politischen Gründen spielte womöglich auch eine Rolle, dass Versluys Zoologe war und die Austrofaschisten dem Fach der Biologie kritisch gegenüberstanden,751 was nicht nur durch die Zwangspensionierung von Heinrich Joseph im Alter von 59 Jahren und dem versuchten Ausschluss von Hans Przibram im Zuge der Meister/Walker-Liste Anfang 1934 belegbar ist, sondern auch durch die Zurückdrängung von biologischen Lehrinhalten im Medizinstudium und in den Gymnasien.752 Der Ökonom und Soziologe Othmar Spann polarisierte weit über die Universität Wien hinaus. Rund um Spann hatte es bereits im Zusammenhang mit dem neuen Diensteid im Frühjahr 1933 Diskussionen gegeben, da es lange so ausgesehen hatte, als ob er sich weigern würde, das Beamtengelöbnis abzulegen.753 Nachdem Spann im Frühsommer 1934 vom Professorenkollegium als Rektor und Nachfolger Ernst Tomeks nominiert worden war, intervenierte das Ministerium. Und das war letztlich auch der Grund, warum Spann, der ein Na748 Vgl. Liste aller Ehrensenatoren der Universität Wien. In: 650 plus – Geschichte der Universität Wien, online unter: http://geschichte.univie.ac.at/de/personen/ehrungen?title=&ho nors=1087&page=1&order=field_date&sort=desc (zuletzt abgerufen am 1. 4. 2020). 749 Vgl. Taschwer, Hochburg, S. 121. 750 Vgl. Hofer, Jan Versluys, S. 403–404. 751 Vgl. Taschwer, Hochburg, S. 191. 752 Vgl. Köhler, Das Medizinstudium im Nationalsozialismus, S. 134. 753 Vgl. »Rektor Abel hat den Diensteid geleistet«, Wiener Tag, 9. 6. 1933 (TBA).

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heverhältnis zum Nationalsozialismus pflegte, dieses Amt im Herbst 1934 nicht antrat.754 Spann war freilich so sichtbar und gut vernetzt, dass man von seiner Entlassung als Professor absah. Und die bis Herbst 1934 entlassenen bzw. pensionierten Universitätsmitarbeiter stellten dann auch nur einen Teil der nationalsozialistisch eingestellten Lehrenden an der Universität Wien dar. Nationalsozialisten wie der Anatom Eduard Pernkopf oder der Botaniker Fritz Knoll blieben trotz Schuschniggs angekündigtem »Durchgriff« weiterhin an der Hochschule. Das CV-Mitglied Oswald Menghin wurde im Studienjahr 1935/36 sogar zum Rektor der Universität Wien ernannt, gleichzeitig erhielt er das Ehrendoktorat der Universität Göttingen im nationalsozialistischen Deutschland verliehen. Der deutsche Botschafter in Wien, Franz von Papen, nominierte Menghin dafür in Anerkennung seiner Vernetzungsbemühungen zwischen der austrofaschistischen Regierung und den illegalen Nationalsozialisten in Österreich.755 Eduard Pernkopf, seit 1933 Mitglied in der NSDAP, war wiederum gleichzeitig mit Knoll 1935 dem Deutschen Klub beigetreten.756 An der Akademie der Wissenschaften hatten die Eingriffe der Regierung nach dem gescheiterten Putschversuch 1934 für bereits an der Universität Wien etablierte nationalsozialistische Lehrende keine Nachteile gebracht, eher im Gegenteil:757 Knoll und Menghin wurden 1934 bzw. 1936 als korrespondierende Mitglieder in die Akademie der Wissenschaften aufgenommen, während der dem Nationalsozialismus nahestehende Germanist Josef Nadler 1934 gar zum wirklichen Akademiemitglied ernannt wurde. Wie auch im Fall Max Layer, der nach seiner »Entfernung« von der Universität ebenfalls 1934 in die Akademie der Wissenschaften gewählt wurde, stellte sich die Akademie »in eine bemerkenswerte Opposition« zum Ministerium und »steuerte«, wie es Thomas Olechowski und Kamila Staudigl-Ciechowicz ausdrückten, »einen Kurs, den sie nach der NSMachtergreifung unverändert fortsetzen konnte«.758 Hans Pernter zog knapp ein Jahr nach dem Putsch im Hinblick auf die Hochschulen dennoch eine relativ positive personalpolitische Zwischenbilanz, ging aber von einem länger andauernden »Umschichtungsprozeß« aus. Im Rahmen eines

754 Vgl. Taschwer, Hochburg, S. 191. 755 Vgl. Schumann/Freitag, Ehrungen der Universität Göttingen, S. 4. 756 Pernkopfs Mitgliedsnummer in der NSDAP lautete 1.616.421, er war am 27. 4. 1933 der Partei beigetreten. Vgl. WStLA, M. Abt. 119, A42 – NS-Registrierung GZ. 8496, Eduard Pernkopf, Registrierungsblatt für die Verzeichnung der Nationalsozialisten gemäß § 4 des Verbotsgesetzes 1947 sowie Mitteilungen des Deutschen Klubs (Juli 1935), S. 2. 757 Vgl. Akademie der Wissenschaften, Almanach für das Jahr 1934, S. 184 sowie Akademie der Wissenschaften, Almanach für das Jahr 1936, S. 199. 758 Olechowski/Staudigl-Ciechowicz, Allgemeines und österreichisches Staatsrecht, S. 508.

Heinrich Gomperz: Platz machen für den Wunschkandidaten

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Vortrags beim Österreichischen Cartellverband gab er die zukünftige Stoßrichtung vor: »Jede freiwerdende Lehrkanzel muß, wenn der entsprechende Mann vorhanden ist, mit einem Hochschullehrer von vaterlandstreuer und womöglich auch noch besonders christlicher Gesinnung besetzt werden. Es gibt bereits Professorenkollegien, in denen die vaterlandstreuen Männer eine sehr starke Stellung haben und vieles durchzusetzen vermögen. […] Ich glaube, daß, abgesehen von einer gewissen Anzahl Unbelehrbarer, die einfach ausgeschaltet werden müssen, in absehbarer Zeit doch die größere Zahl der Hochschullehrer sich zum neuen Staate bekennen und in der Erziehungsarbeit mitgehen wird.«759

Entlassungen, aber auch die darauffolgenden Neuberufungen unter Berücksichtigung der politischen Gesinnung, sollten nach dem Sommer 1934 – unter der Mitwirkung von regimetreuen Universitätsangehörigen – das Instrument sein, um die Hochschulen auf der Ebene der Lehrenden inhaltlich wie politisch umzubauen bzw. gleichzuschalten und so keine weiteren Nationalsozialisten an die Hochschule zu holen. Wie die bisherige Zwischenbilanz zeigt, blieben die Versuche halbherzig. Denn von gröberen Sanktionen gegen Menghin, Spann oder seine Schüler, die mehr mit dem Nationalsozialismus gemein hatten als der Regierung recht sein konnte, sah man ab.

Heinrich Gomperz: Platz machen für den Wunschkandidaten Der Fall Heinrich Gomperz ist sowohl im Zusammenhang mit der Einsparungsrhetorik als auch mit politisch motivierten Ruhestandsversetzungen und Neuberufungen einer besonderen Erwähnung wert. Gomperz war 1873 in eine berühmte Wiener Gelehrtenfamilie geboren worden und durch seine Taufe 1910 aus der jüdischen Gemeinde in die evangelische Kirche eingetreten.760 Er war seit 1924 ordentlicher Professor für Philosophie und galt als politisch liberal.761 Im Herbst 1934 wurde er dennoch unter Bezugnahme auf das kurz zuvor veröffentlichte Bundesgesetz im Alter von 61 Jahren in den vorzeitigen Ruhestand versetzt – ähnlich wie Abel und Hugelmann.762 Wie üblich begründete das Ministerium seine »Außerdienststellung« mit Einsparungsmaßnahmen. Doch wie Gomperz selbst schnell durchschaute, konnte das nicht der Grund sein: »Nunmehr kann mit voller Bestimmtheit behauptet werden, daß die philosophische Fakultät kaum 14 Tage nach meiner Versetzung in den Ruhestand beauftragt wurde, 759 760 761 762

Pernter, Grundfragen der Hochschulpolitik, S. 47–48. Vgl. Gaugusch, Wer einmal war, S. 976. Vgl. Feichtinger, Wissenschaft zwischen den Kulturen, S. 146. Vgl. BGBl. 208/1934-II vom 7. und 31. 8. 1934.

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ungesäumt einen Dreiervorschlag wegen Besetzung der dadurch erledigten Stelle mit einem außerordentlichen Professor zu erstatten, wobei besonders auf die Vertretung der ›Weltanschauungslehre‹ Bedacht zu nehmen wäre. […] Dazu ist vor allem anzumerken, daß der Anfangsgehalt eines außerordentlichen Professors und meine Pension meinem früheren Gehalt so ziemlich gleichkommen, ihn sogar eher übersteigen als unter ihm zurückbleiben.«763

Für Gomperz bedeutete die Pensionierung auch finanzielle Einbußen: Statt vormals knapp 1.000 Schilling bezog er als Pensionist und unbezahlter Privatdozent nur mehr 477 Schilling.764 Seinen eigenen Angaben nach reichte dieses Einkommen nicht für seinen Lebensunterhalt aus, und er musste diesen über Vorträge im Ausland finanzieren. Er bekam von Seiten seiner ehemaligen Kollegen bemerkenswerte Unterstützung. Dekan Dietrich Kralik befürwortete in einem Schreiben an das Ministerium im September 1934 den Wunsch, Gomperz weiterhin unterrichten zu lassen.765 Richard Meister hatte sich wiederum für einen finanziellen Zuschuss zur Pension von Gomperz ausgesprochen – wobei vermutlich Meister persönlich Gomperz Anfang 1934 auf die Liste der 37 Lehrenden gesetzt und ihn mit 21 anderen als »zu entlassen« bzw. auf »Wartegeld« eingestuft hatte.766 Ein Jahr später wandte sich auch Dekan Egon Schweidler an das Ministerium und bat um eine Erhöhung der Bezüge.767 Dennoch nahm Heinrich Gomperz bereits 1935 eine Gastprofessur in Los Angeles an und wurde in dem in London herausgegebenen Werk »List of displaced German scholars« aus dem Jahr 1936 angeführt.768 Gomperz kehrte aber seinen eigenen Angaben nach immer wieder nach Österreich zurück,769 was ein Blick auf seine im Vorlesungsverzeichnis angekündigten Lehrveranstaltungen bestätigt.770

763 Heinrich Gomperz, zit. nach: Feichtinger, Wissenschaft zwischen den Kulturen, S. 147. 764 Vgl. UAW, PH PA 1769, Heinrich Gomperz, Schreiben vom 19. 10. 1935. 1.000 Schilling entsprechen nach heutigem Wert in etwa 3.500 Euro und 477 Schilling rund 1.700 Euro. Vgl. Inflationscockpit OeNB, Währungsrechner, online unter: https://www.oenb.at/docroot/in flationscockpit/waehrungsrechner.html (zuletzt abgerufen am 1. 4. 2020). 765 Vgl. UAW, PH PA 1769, Heinrich Gomperz, Schreiben vom 25. 9. 1934. 766 Vgl. UAW, PH PA 1769, Heinrich Gomperz, Blatt 55 sowie ÖStA, AVA, Unterricht Allgemein 1848–1940, Professoren und Lehrkräfte, 1932–1934, Ktn. 797, GZ. 3680 I/34, 1934, Verzeichnis o.D. 767 Vgl. UAW, PH PA 1769, Heinrich Gomperz, Schreiben vom 19. 10. 1935. 768 Vgl. Notgemeinschaft Deutscher Wissenschaftler im Ausland, List of displaced German scholars, S. 94. 769 Überprüfen lässt sich dies allerdings nicht oder nur sehr schwer, es finden sich dazu unterschiedliche Angaben in der Fachliteratur. Vgl. Topitsch, Österreichs Philosophie, S. 36. Einige seiner Reisen sind auch in den Akten der Online-Plattform Ancestry.com belegt. Beispielsweise reiste Heinrich Gomperz ab 6. 2. 1936 von Le Havre (Frankreich) nach San Pedro, Wilmington und Los Angeles (USA). Am 16. 9. 1937 reiste er von Neapel (Italien) nach New York (USA). Vgl. California, Passenger and Crew Lists, 1882–1959, online unter: Ancestry.com (zuletzt abgerufen am 1. 4. 2020).

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Warum aber wurde er wirklich pensioniert? Lag der Grund darin, dass er nicht der Vaterländischen Front beigetreten war – eine Tatsache, die in der späteren Universitätshistoriografie immer wieder als Beweis für seine politische »Entfernung« angeführt wurde? Der wahre Grund für Gomperz’ Frühpensionierung dürfte allem Anschein nach sein Nachfolger gewesen sein, wie auch Gomperz bald vermutete. Er sollte für einen besonders regimetreuen Lehrenden Platz machen: »Mündlich (und sicher nicht unter die Pflicht zur Amtsverschwiegenheit fallend) wurde diese Aufforderung seitens des Herrn Staatssekretärs dem Dekan der philosophischen Fakultät gegenüber dahin erläutert, er wünsche, daß in ihren Dreiervorschlag der ehemalige Münchner Honorarprofessor Dietrich von Hildebrandt [sic!] aufgenommen werde – ein Schüler Husserls, der als Vertreter der katholischen Weltanschauung bekannt ist und nachdem er Deutschland verlassen hat, nunmehr seit etwa einem Jahr eine Zeitschrift ›Der christliche Ständestaat‹ herausgibt, von der es heißt, daß sie von der Regierung mit sehr bedeutenden Mitteln subventioniert wird. Die Ersparungstheorie kann also nunmehr endgültig aufgegeben werden.«771

Dietrich Hildebrand fand im Herbst 1933 als katholischer NS-Gegner in Österreich schnell seine ideelle Wahlheimat. Ganz im Sinne von Dollfuß vertrat er die Idee einer besonderen Sendung »Österreichs als kultureller, zivilisatorischer, politischer und wirtschaftlicher Vorposten Mitteleuropas«772 und trieb als Chefredakteur seiner Zeitschrift den Gegenentwurf zum Anschlussgedanken an Deutschland stark voran. Anfang 1934 war er an der Theologischen Fakultät in Salzburg zum Honorarprofessor ernannt worden und engagierte sich im Aufbau der geplanten Katholischen Universität Salzburg.773 Hildebrand war der Wunschkandidat des Ministeriums und wurde deshalb anstelle von Gomperz und gegen den Willen etlicher Mitglieder des Professorenkollegiums, die eine »Politisierung des Faches« befürchteten, als Professor berufen.774 770 Ab dem Sommersemester 1935 wurde Gomperz als emeritierter Professor im Vorlesungsverzeichnis geführt. Mit Ausnahme des Sommersemesters 1936 bot Gomperz bis einschließlich Wintersemester 1936/37 Lehrveranstaltungen als emeritierter ordentlicher Professor an. 771 Heinrich Gomperz, zit. nach: Feichtinger, Wissenschaft zwischen den Kulturen, S. 147. Der Empfänger des Briefes ist nicht bekannt. Im Zitat wird Hildebrand fälschlicherweise mit »dt« geschrieben. 772 Dreidemy, Dollfuß-Mythos, S. 117. 773 Vgl. Röder/Strauss, Biographisches Handbuch, S. 295 sowie Huber, Eliten/dis/kontinuitäten, S. 52–53. Im Zuge des »Anschlusses« 1938 wurde er wiederum von den Nationalsozialisten entlassen. Vgl. Stadler, Antisemitismus an der Philosophischen Fakultät, S. 230. 774 Konkret hieß es hier sogar, »dass die Leistungen Hildebrands, vom streng wissenschaftlichen Standpunkt aus betrachtet, nicht jene Höhe aufweisen, welche die Fakultät sonst ganz allgemein für den Antrag auf eine Professur zu fordern gewohnt ist«, UAW, PH PA 1981, Dietrich Hildebrand, Philosophisches Dekanat an Bundesministerium für Unterricht, 18. 12.

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Die besondere Bedeutung solcher »öffentlichen Gelehrten«, die in ihren Lehrveranstaltungen, medialen Äußerungen und wissenschaftlichen Beiträgen das Regime stützten, hat bereits die Historikerin Erika Weinzierl hervorgestrichen.775 Hildebrand war für diese Rolle in besonderem Maße prädestiniert: Er war in Deutschland verfolgt worden, war Hagiograf des ermordeten Kanzlers,776 vertrat in Österreich über die Grenzen der eigenen Hochschule hinaus die neuen Gesellschaftsziele und gestaltete das Spannungsfeld von Universität und Politik als Redakteur von »Der Christliche Ständestaat« aktiv mit. Hildebrand hatte allerdings nicht nur unter den NS-Studierenden GegnerInnen, die seine Antrittsvorlesung im Jänner 1935 massiv störten.777 Auch unter den Vordenkern des Austrofaschismus gab es etliche betont Nationale – etwa rund um die antisemitische und pro-faschistische Zeitschrift »Die Schönere Zukunft« –, die sich an dem deutschen Professor stießen, der aus voller Überzeugung über die »österreichische Sendung« publizierte.778

Ludwig Adamovich: Die typische Ständestaatsbesetzung? Dietrich Hildebrand war freilich nicht der einzige Lehrende, der nach 1934 trotz der Einsparungsmaßnahmen mit Unterstützung des Regimes an der Universität Wien eingesetzt wurde. Eine andere Neubesetzung betraf den Verfassungsjuristen Ludwig Adamovich, der seinem Kollegen Max Layer bereits 1930 als Mitglied des Verfassungsgerichtshofs nachgefolgt war.779 Auch an der Universität Wien trat er nach Layers Zwangspensionierung ab 1. Oktober 1934 an der Rechtsund Staatswissenschaftlichen Fakultät als Professor in dessen Fußstapfen.780 Adamovich hatte bis dahin als Beamter im Staatsdienst gearbeitet, an der Deutschen Universität in Prag sowie in Graz gelehrt und im Rahmen des Verfassungsgerichtshofes Anfang der 1930er Jahre das folgenreiche Urteil über die »Gleispachsche Studentenordnung« gefällt. Er hatte darin seinem Kollegen Wenzel Gleispach als Rektor der Universität die Kompetenz abgesprochen, derlei Verordnungen erlassen zu können, hatte aber gleichzeitig eine »prinzipielle

775 776 777 778 779 780

1934, zit. nach: Huber, Rückkehr erwünscht, S. 75. Vgl. auch Huber, Eliten/dis/kontinuitäten, S. 52–53. Vgl. Weinzierl, Universität und Politik in Österreich. Vgl. Hildebrand, Engelbert Dollfuß sowie Dreidemy, Dollfuß-Mythos, S. 61. Vgl. Huber, Eliten/dis/kontinuitäten, S. 52–53. Vgl. ebd. sowie Wasserman, Black Vienna, S. 214. Vgl. Heller, Verfassungsgerichtshof, S. 256. Adamovich ersetzte Hans Kelsen am Verfassungsgerichtshof. Vgl. Olechowski/StaudiglCiechowicz, Deutsches Recht und Österreichische Reichsgeschichte, S. 308–309 sowie Olechowski/Staudigl-Ciechowicz, Allgemeines und österreichisches Staatsrecht, S. 513 und S. 515.

Prioritätenverschiebung: Expertise vs. Weltanschauung

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Bejahung des Volksbürgerprinzips« – also der Einteilung nach der Volkszugehörigkeit statt nach Staatsbürgerschaft – zum Ausdruck gebracht.781 Adamovich hatte also schon längst über die Hörsäle hinaus politische Wirkungsmacht entfaltet.782 Er war aktiv in die Formulierung des »Hochschulerziehungsgesetzes« 1935 eingebunden, das die ideologische Erziehung der Studierenden im Sinne des Regimes zementierte und gemeinsam mit dem »Hochschulermächtigungsgesetz« die neuen Eckpfeiler des austrofaschistischen Hochschulsystems bilden sollte.783 Und er sollte es im Austrofaschismus sogar noch zum Justizminister bringen.

Prioritätenverschiebung: Expertise vs. Weltanschauung Wie bereits der Fall Hildebrand zeigte, scheute das Unterrichtsministerium nicht davor zurück, Lehrende aufgrund von besonderen persönlichen Beziehungen zu den Spitzenrepräsentanten des Regimes mit einer Professur auszustatten. Dabei konnte es vorkommen, dass ihnen auch regimetreue Lehrende Platz machen mussten – wie etwa Konstantin Hohenlohe-Schillingsfürst, ordentlicher Professor für katholisches Kirchenrecht an der Universität Wien und Dekan der Katholisch-Theologischen Fakultät im Studienjahr 1933/34. Kanzler Schuschnigg entschied sich dafür, ihn mit 69 Jahren in den dauerhaften Ruhestand zu versetzen, denn dieser Abgang machte es möglich, Schuschniggs Beichtvater Johannes Hollnsteiner, einen »Chefideologen des Ständestaates«,784 vom Privatdozenten mit dem Titel eines außerordentlichen Professors zum ordentlichen Professor des Kirchenrechts zu befördern, der bereits ein Jahr später zum Dekan aufsteigen sollte.785 Hollnsteiner hielt auch die Pflichtvorlesung über »weltanschauliche und staatsbürgerliche Erziehung«. Hohenlohe-Schillingsfürst wurde mit der Verleihung des Großen Ehrenzeichens »vertröstet«, einer jener staatlichen Auszeichnungen, die auch etliche andere der pensionierten Professoren erhielten.786 Ein anderer Profiteur war Johannes Messner.787 Messner wurde im Laufe des Studienjahres 1935/36 vom Privatdozenten zum außerordentlichen Professor für 781 Vgl. Olechowski/Staudigl-Ciechowicz, Deutsches Recht und Österreichische Reichsgeschichte, S. 309. 782 Vgl. ebd., S. 307. 783 Vgl. ebd., S. 310. 784 Hartmann, Schuschnigg. 785 Vgl. Tomek, Bericht 1933/34, S. 5 sowie Hartmann, Konstantin Philipp HohenloheSchillingsfürst. 786 Vgl. Tomek, Bericht 1933/34, S. 7. 787 Vgl. Klieber, Kirche und Universität, S. 416.

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Neuordung und Einsparung: Berufungen und Pensionierungen von Lehrenden

Ethik und Sozialwissenschaften an der Katholisch-Theologischen Fakultät bestellt. Messner bestärkte in seinen Arbeiten die Idee, Österreich könne auf demokratischem Weg die nationale Souveränität nicht aufrechterhalten und sich nur über den autoritären »Ständestaat« im Kräftemessen mit dem mächtigen deutschen Nachbarn behaupten.788 Er verfasste die »offiziellste Kanzlerbiografie«789 über Dollfuß – eine Publikation, die gemeinsam mit seiner politischen Positionierung für das Regime wiederum für seine Entlassung nach dem »Anschluss« ausschlaggebend war.790 Ein Beispiel dafür, dass politisch motivierte Frühpensionierungen und ebenso politisch motivierte Nachbesetzungen zu einem eindeutigen Niveauverlust führten, ist jener Lehrstuhl für Anatomie, den Julius Tandler bis 1934 innehatte. Tandler selbst charakterisierte jedenfalls die Berufung seines Nachfolgers als »theomedizinisch«791 und schätzte die Kompetenzen des überzeugten Katholiken Gustav Sauser als nicht ausschlaggebend für seine Berufung 1936 ein. Auch die mittlerweile in Paris publizierende »Arbeiter-Zeitung« kanzelte Sauser hart ab: Er sei »gut vaterländisch und katholisch, aber von Anatomie versteht er weniger, als jeder verstehen müsste, um bei Tandler das Rigorosum zu bestehen […]. So bringt der Klerikofaschismus die Wiener medizinische Schule herunter«.792 Der 1899 geborene Sauser gehörte derselben »Urverbindung« des CV wie Kurt Schuschnigg an, hatte 1930 promoviert, sich aber erst knapp zwei Jahre vor seinem Ruf nach Wien habilitieren können und stand damit am Beginn seiner Universitätskarriere, als er auf die renommierte Lehrkanzel berufen wurde.793 Sauser erhielt in Franz Werfels Novelle »Eine blaßblaue Frauenschrift« sogar ein literarisches Pendant namens Lichtl.794 In der in Wien 1936 angesiedelten Geschichte waren sich die Vertreter der Hochschule und des Ministeriums in ihren Absprachen am Minoritenplatz weitgehend einig, dass eine Berufung des (fiktiven) Herzspezialisten, Medizin-Nobelpreisträgers und achtfachen Ehrendoktors Alexander Bloch trotz dessen überragender Qualifikationen verhindert werden musste, da er jüdischer Herkunft war. An seiner Stelle erhielt Lichtl die Professur für Innere Medizin, was sogar den Minister im Roman fragen lässt: »Habt ihr kein größeres Kirchenlichtl auf Lager als diesen Lichtl?«795

788 789 790 791 792 793

Vgl. Weinzierl, Hochschulleben, S. 75. Dreidemy, Dollfuß-Mythos, S. 94. Vgl. Mühlberger, Vertriebene Intelligenz, S. 10. Zit. nach: Taschwer, Hochburg, S. 196. »Tandlers Nachfolger«, Arbeiter-Zeitung (Paris), 23. 6. 1937 (TBA). Vgl. Hartmann, Gustav Sauser sowie Huber, Hochschullehrerschaft, S. 666, Faller, Gustav Sauser, und »Promotion«, Linzer Tages-Post, 31. 5. 1930, S. 6. 794 Die Erstveröffentlichung war 1941 in Buenos Aires. 795 Werfel, Eine blaßblaue Frauenschrift, S. 79. Vgl. für eine universitätshistorische Einbettung Erker/Taschwer, »Eine wirklich befriedigende Lösung der Judenfrage!«.

Prioritätenverschiebung: Expertise vs. Weltanschauung

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Aber nicht nur in der Philosophie (Gomperz), der katholischen Theologie (Hohenlohe-Schillingsfürst) oder in der Anatomie (Tandler), sondern auch in anderen Fächern bedeutete die wissenschaftsfeindliche Hochschul- und Personalpolitik im Austrofaschismus eine mehr oder weniger tiefe Zäsur, drosselte sie in gewissem Maße doch für kurze Zeit den Aufstieg weiterer Nationalsozialisten bzw. deutschnationaler Professoren. Wirklich nachhaltig wirksam war diese Personalpolitik aber weder inhaltlich noch politisch und sie blieb in ihren Anfängen stecken. Das »Hochschulerziehungsgesetz« brachte im Juli 1935 die Einführung der Pflichtfächer Weltanschauungslehre und Staatsbürgerkunde für Studierende. Im Zuge der neuen Studienordnung 1935 wurden auch die Lehrpläne an der Rechtsund Staatswissenschaftlichen Fakultät umstrukturiert.796 Die Kriminologie, das wissenschaftliche Pendant zur staatlichen Verbrechensbekämpfung, avancierte zum Pflichtfach, und die Positionen der christlichen Rechtsphilosophie wurden ebenfalls bedeutend gestärkt.797 Gleichzeitig standen die BiologInnen und insbesondere die VertreterInnen der Evolutionstheorie in einem gewissen Spannungsverhältnis zum katholischen »Ständestaat« und bekamen dessen neue inhaltliche Prioritätensetzung zu spüren. Folgen der biologiefeindlichen Grundhaltung waren die Abschaffung des Pflichtfaches Biologie im Medizinstudium sowie die ausgebliebene Bestätigung des bereits erwähnten Zoologen Jan Versluys 1935 als Dekan. Die Zahl der vom Staat bezahlten Lehrkräfte im Bereich Zoologie bis 1936 wurde minimiert, worunter etwa auch der spätere Nobelpreisträger Konrad Lorenz zu leiden hatte.798 Ein anderes »Opfer« im Fach Zoologie war der in Deutschland geborene Professor für Zoologie und vergleichende Anatomie Paul Krüger, der seit 1929 das I. Zoologische Institut in Wien leitete.799 In seinem Disziplinarverfahren an der Universität 1934/35 sagten auch Mitglieder seines Instituts aus und bestätigten mehrheitlich,800 dass Krüger Nationalsozialist war, was er selbst auch nicht 796 Vgl. »Die Neuordnung des juridischen Studiums«, Neue Freie Presse, 9. 9. 1935, S. 8. 797 Vgl. Staudigl-Ciechowicz, Zur Entstehung der Wiener Kriminologie, S. 34, StaudiglCiechowicz, Das Studium der Rechtswissenschaften, S. 149, Olechowski/Ehs/StaudiglCiechowicz, Die Wiener Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät, S. 761. 798 Vgl. Hofer, Jan Versluys, S. 403–404 sowie Taschwer, Hochburg, S. 190. 799 Vgl. Salvini-Plawen/Mizarro, 150 Jahre Zoologie, S. 31. Vermutlich hatte Krüger eine deutsch-österreichische Doppelstaatsbürgerschaft. Er hatte 1932 seinen deutschen Reisepass abgegeben, in einem Schreiben (vermutlich aus dem Februar 1935) wurde allerdings angemerkt, dass er sich erneut einen Pass bei der Deutschen Gesandtschaft verschaffen konnte. Vgl. ÖStA, AVA, Unterricht Allgemein 1848–1940, Professoren und Lehrkräfte 1935–1936, Ktn. 798, GZ. 6539-35/1, 1935, Schreiben o.D. (vermutlich Februar 1935). Vgl. zum Fall Krüger ausführlicher Eichberger, Politisch motivierte Disziplinarverfahren, S. 319–323 sowie Staudigl-Ciechowicz, Das Dienst-, Habilitations- und Disziplinarrecht der Universität Wien, S. 824–831. 800 Vgl. UAW, Akad. Senat, S 185 904.

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Neuordung und Einsparung: Berufungen und Pensionierungen von Lehrenden

leugnete.801 Ab Dezember 1934 leitete er als Vorsitzender den Bund der Reichsdeutschen in Österreich.802 Darüber hinaus war er rückwirkend schon mit April 1933 in die NSDAP aufgenommen worden und hatte im Herbst 1933 am Nürnberger Parteitag teilgenommen. ZeugInnen im Verfahren gaben zudem an, Krüger habe ihnen indirekt den Juliputsch vorhergesagt.803 Auch alle weiteren Vorwürfe belegten seine politische Gesinnung. Nicht zuletzt dokumentieren die Unterlagen aber auch, dass die längste Zeit weder seine MitarbeiterInnen noch seine Studierenden seinen eindeutig pro-nationalsozialistischen Äußerungen – etwa bei einer Exkursion in die Schweiz und in seinen Wiener Lehrveranstaltungen – widersprochen oder durch eine Anzeige ein Ende gesetzt hatten. Erst nach dem Putschversuch setzte die Universitätsverwaltung den letzten Schritt und eröffnete ein Verfahren, auch weil die Polizei tatsächlich wegen Krügers angeblicher Beteiligung am »Sommerfest« ermittelte. In einem internen Bericht über Krüger wurden außerdem Treffen mit dem Gauleiter von Wien, Alfred Eduard Frauenfeld, angeführt. Zudem bestand der Verdacht, dass Krüger nach der »Machtergreifung« der Nationalsozialisten (vermutlich nach dem Juli 1934) zum Unterrichtminister ernannt werden sollte.804 Gustav Walker erarbeitete als Vorsitzender des Disziplinarsenates eine besonders ausführliche Begründung für seine Entscheidung aus, in der er betonte: »Professor Krüger hat mit seinen Bemerkungen jedes Mass der Kritik überschritten und seine Aeusserungen waren geeignet, das Gefühl für österreichische vaterländische Gesinnung in den Seelen der akademischen Jugend zu zerstören.«805 Auch wenn manche seiner Studierenden ihn verteidigten und Äußerungen eher als »politische Anspielungen im Scherzton«806 verstanden hatten, musste Krüger im Mai 1935 die Hochschule »wegen staatsfeindlichen Benehmens«807 verlassen. Schlussendlich war Krüger der einzige Lehrende der Universität Wien, der im Austrofaschismus aufgrund eines Disziplinarverfahrens offiziell entlassen wur-

801 Vgl. Eichberger, Politisch motivierte Disziplinarverfahren, S. 319–323. 802 Vgl. ÖStA, AVA, Unterricht Allgemein 1848–1940, Professoren und Lehrkräfte 1935–1936, Ktn. 798, GZ. 6539-35/1, 1935, Protokoll des Bundesministerium für Unterricht, o.D. (vermutlich Februar 1935). 803 Vgl. ÖStA, AVA, Unterricht Allgemein 1848–1940, Professoren und Lehrkräfte 1937–1938, Ktn. 799, GZ. 20478/38, 1938, Schreiben vom 15. 2. 1935. 804 Vgl. ÖStA, AVA, Unterricht Allgemein 1848–1940, Professoren und Lehrkräfte 1935–1936, Ktn. 798, GZ. 6539-35/1, 1935, Protokoll vom Bundesministerium für Unterricht, o.D. (vermutlich Februar 1935). Frauenfeld war kurze Zeit auch Mitglied im Deutschen Klub. 805 ÖStA, AVA, Unterricht Allgemein 1848–1940, Professoren und Lehrkräfte 1937–1938, Ktn. 799, GZ. 20478/38, 1938, Schreiben vom 7. 6. 1935. 806 Zit. nach: Eichberger, Politisch motivierte Disziplinarverfahren, S. 320. 807 Österreichische Gesellschaft für historische Quellenstudien, Protokolle des Ministerrates, Kabinett Kurt Schuschnigg (Bd. 4), S. 330.

Prioritätenverschiebung: Expertise vs. Weltanschauung

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de.808 Alle anderen 33 Verfahren endeten entweder mit einem Freispruch, einem milderen Schuldspruch (Tadel, Verwarnung oder Ordnungsstrafe) oder aber mit der Einstellung oder Zurücklegung des Verfahrens. Lehrende wie Karl Gottfried Hugelmann (Verfahrenseinstellung) verließen die Hochschule ohne Schuldspruch oder wie Othenio Abel ganz ohne Verfahren. Auch für Krüger stellte die Entlassung keinen Karriereknick dar: Im Juli 1935 folgte er einem Ruf an die Universität Heidelberg809 – ein Karriereschritt, um den er sich angeblich bereits vor seiner Wiener Entlassung auf mehreren Deutschlandreisen bemüht hatte.810 Auf Krügers Fall berief sich im Mai 1936 auch nochmals die Generaldirektion für die öffentliche Sicherheit, die von einer anonymen Gruppe – vermeintliche Väter von Studenten der Universität Wien – auf die Missstände und die NSUnterwanderung Krügers ehemaliger Wirkungsstätte aufmerksam machen wollte. In dem Schreiben wurden Lehrende des Zoologischen Instituts und des botanischen Gartens denunziert, unter anderem hieß es: »Freilich wird die nationalsozialistische Wühlarbeit gewisser Hochschulprofessoren nicht offenkundig betrieben, sie operieren natürlich nicht mit Böllern […], das überlassen sie klugerweise jungen Desperados und ziehen sich im Ernstfalle feige zurück! Doch dünkt uns, dass die [p]olitische Beeinflussung junger Leute, die ihnen an der Hochschule anvertraut und vielfach auch ihnen ausgeliefert sind, eine weit gefährlichere Waffe bedeutet, denn sie richtet sich durch die Korrumpierung und durch Verleitung junger Menschen zur Verantwortungslosigkeit gegen den Staat«.811

Namentlich wurden neben dem bereits erwähnten Fritz Knoll auch noch Hermann Cammerloher, Lothar Geitler, Alfred Himmelbauer, Karl Höfler, Viktor Schiffner und Karl Schnarf der staatsfeindlichen Tätigkeiten beschuldigt. Darüber hinaus sollen Kurt Ehrenberg und Jan Versluys immer noch unter dem Einfluss des bereits in Deutschland wirkenden Othenio Abel gestanden und seine NS-Propaganda weiter an der Wiener Universität verbreitet haben.812 Gegen 808 Vgl. Staudigl-Ciechowicz, Das Dienst-, Habilitations- und Disziplinarrecht der Universität Wien, S. 847–848. 809 Vgl. ÖStA, AVA, Unterricht Allgemein 1848–1940, Professoren und Lehrkräfte 1937–1938, Ktn. 799, GZ. 20478/38, 1938, Schreiben vom 11. 6. 1938, Antrag auf Wiedergutmachung von Dienststrafen. 810 Vgl. ÖStA, AVA, Unterricht Allgemein 1848–1940, Professoren und Lehrkräfte 1935–1936, Ktn. 798, GZ. 6539-35/1, 1935, Schreiben, o.D. (vermutlich Februar 1935). Hier ist noch von einer Berufung an die Universität Berlin die Rede. Besonders markant ist in seinem Fall die Tatsache, dass Krüger von den eigenen Angestellten beschuldigt wurde. Es kann als späte Rache interpretiert werden, dass noch im April 1938 einer der ZeugInnen, der damalige Laborant Emanuel Baschus, in seinem Disziplinarverfahren nach Intervention Krügers von der Universität Wien entlassen wurde. Vgl. Eichberger, Politisch motivierte Disziplinarverfahren, S. 319–323. 811 ÖStA, AVA, Unterricht Allgemein 1848–1940, Professoren und Lehrkräfte 1935–1936, Ktn. 798, GZ. 18761/36, 1936, anonyme Petition (o.D.). 812 Vgl. ebd.

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keinen der Genannten wurde in den Jahren von 1933 bis 1938 ein Disziplinarverfahren eröffnet und allzu viel Aufmerksamkeit erhielt die Petition intern auch nicht. Zwei Aspekte an diesem Vorfall sind aber auffällig, weisen sie doch auf eine interessante Kooperation hin: Offensichtlich – so der anonyme Hinweis – hatten Studierende schon einmal Anzeige gegen Fritz Knoll erstattet, doch wurden ihre Namen umgehend vom Unterrichtsministerium an Knoll weitergeleitet. Diese Indiskretion, wie es in dem Schreiben hieß, war sicherlich mit ein Grund, warum der Brief diesmal auch an die Staatspolizei und das Bundeskommissariat für Heimatdienst geschickt wurde. Um nicht erneut Gefahr zu laufen verraten zu werden, unterzeichneten die Verfasser anonym und lediglich mit »Österreich!«. Sie trauten niemanden mehr. Vermutlich zurecht, denn das Unterrichtsministerium beobachtete angeblich die Entwicklungen am Rennweg, wo das Institut beheimatet war, schon länger, hatte aber schlussendlich nur Paul Krüger aus politischen Gründen entlassen. Man wusste am Minoritenplatz durchaus, dass ein Teil der Genannten der Regierung »innerlich ablehnend« gegenüberstand, ohne aber einzugreifen. Man beließ es bei entsprechendem »Augenmerk«.813 Nachdem Paul Krüger 1935 aber als Einziger aus diesem Kreis die Universität Wien verlassen hatte, dauerte es, bis der Zoologe Andreas Penners 1937 von der Universität Würzburg auf die weniger gut bezahlte Stelle eines Extraordinarius nachfolgte.814 Über Penners ist nicht viel bekannt. Konrad Lorenz, damals unbezahlter Privatdozent für Zoologie an der Universität Wien, erwähnte in einer Korrespondenz mit seinem Kollegen Max Hartmann 1937, dass Penners mit einem hohen kirchlichen Würdenträger verwandt sei und vermutete, dass diese streng katholische Haltung auch Penners’ personalpolitische Entscheidungen stets geprägt habe.815 Auch wenn Penners’ Berufung erst 1937 erfolgte, so war die Entscheidung, den deutschen Biologen nach Wien zu holen, noch in den letzten Wochen des betont österreichischen Kurses vor dem Juliabkommen 1936 gefallen.

Hochschulpolitik durch Postenstreichungen Die Diskussionen um Einsparungen im Hochschulbereich liefen seit 1931 und hielten bis 1936 an. Entsprechend konnte die Regierung Frühpensionierungen, die eigentlich aus politischen Gründen erfolgten, immer wieder als Einsparungsmaßnahmen tarnen. Dazu kam allem Anschein nach das antisemitische 813 ÖStA, AVA, Unterricht Allgemein 1848–1940, Professoren und Lehrkräfte 1935–1936, Ktn. 798, GZ. 18761/36, 1936, Schreiben vom 3. 6. 1936. 814 Vgl. Huber, Hochschullehrerschaft, S. 664 sowie Taschwer, Hochburg, S. 190. 815 Vgl. Brief von Konrad Lorenz an Max Hartmann, zit. nach: Taschwer, Hochburg, S. 190.

Hochschulpolitik durch Postenstreichungen

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Eigeninteresse der Universität, auf diese Weise jüdische Lehrende loszuwerden. All das zusammengenommen führte zu einem schwerwiegenden Eingriff in den Lehrkörper der Universität Wien, der lange unbemerkt und unaufgearbeitet blieb, da man sich nach 1945 – spät aber doch – stärker auf die Geschehnisse rund um den »Anschluss« 1938 konzentrierte. Tatsächlich reduzierte das Unterrichtsministerium ab dem Studienjahr 1932/33 (Stichtag 1. November 1932) binnen vier Jahren (Stichtag 1. November 1936) die Anzahl der ordentlichen und außerordentlichen Professorenstellen alleine an der Universität Wien von 181 auf 135 Posten. Der Rückgang um 46 Stellen bedeutete de facto eine Streichung von einem Viertel aller Professorenstellen – ein bis dahin einzigartiger Einschnitt im Bereich der Lehrenden an der Universität Wien.816 Bei der Zahl der 46 Streichungen bis zum Studienjahr 1936/37 ist freilich noch zu bedenken, dass weit mehr als 46 Lehrende die Universität in diesem Zeitraum verlassen mussten. Wurden ihre Professuren trotz Spardiktum nachbesetzt, wie im Fall des Rechtswissenschafters Max Layer oder des Anatomen Julius Tandler, wird ihr Weggang in der Statistik der Postenanzahl nicht abgebildet, da sie »nur« ausgetauscht wurden. Nach Fakultäten verteilt und gemessen an ihren jeweiligen Professorenposten im Studienjahr 1932/33 waren die Medizinische Fakultät mit einem Rückgang um 35 Prozent (21 Posten) und die Philosophische Fakultät mit 28 Prozent (24 Posten) am nachhaltigsten betroffen. Die Katholisch-Theologische Fakultät erhielt hingegen in den Studienjahren 1932/33 bis 1936/37 eine außerordentliche Professur dazu, an der Evangelisch-Theologischen Fakultät blieb die Postenanzahl gleich, und an der Rechts- und Staatswissenschaften Fakultät wurden zwei ordentliche Professorenstellen gestrichen. Die gravierendste Einsparung fand von November 1933 (Stichtag: 1. November 1933) bis Dezember 1934 (Stichtag: 1. Dezember 1934) an der Philosophischen Fakultät statt – auf Basis der von Richard Meister und Gustav Walker erstellten Liste, die zur Exklusion von auffällig vielen jüdischen und verhältnismäßig jungen Lehrenden vor allem aus den Geisteswissenschaften führte.817 In nur zwölf Monaten wurden von den 80 Professorenposten (ordentliche und außerordentliche) an der Philosophischen Fakultät bis Dezember 1934 immerhin 816 Vgl. Personalstände der Universität Wien von 1. 11. 1932 bis 1. 1. 1936. 817 Folgende Fächer zählten in den 1930er Jahren unter anderem zur Philosophischen Fakultät: Allgemeine und indogermanische Sprachwissenschaft, Anthropologie und Völkerkunde, Archäologie und Altertumskunde, Astronomie und Geodäsie, Botanik, Chemie, Englische Philologie, Geografie, Geologie, Geophysik und Meteorologie, Geschichte, Klassische Philologie, Kunstgeschichte, Mathematik, Mineralogie und Petrografie, Musikwissenschaft, Orientalische Philologie, Paläontologie und Paläobiologie, Philosophie und Pädagogik, Physik, Romanische Philologie, Slawische Philologie, Turnlehrerausbildung, Ungarische Philologie, Urgeschichte und Zoologie.

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Neuordung und Einsparung: Berufungen und Pensionierungen von Lehrenden

16 abgebaut (20 Prozent). Die durchgesetzten Einsparungen ohne Nachbesetzungen hatten zur Folge, dass 1935 – wie bereits ausgeführt – fast keine jüdischen Lehrenden mehr unter den Professoren zu finden waren.818 Dementsprechend hatte die Gebäudekommission des Akademischen Senates unter dem Stichwort »Einsparungen« auch etliche Umzüge, vor allem von Instituten der Philosophischen Fakultät, zu administrieren.819 86

1932/33 1936/37 62

60

39

21

6

6

Evang.-Theol. Fak.

8

19

9

Kath.-Theol. Fak.

Med. Fak.

Phil. Fak.

Rechts- und Staatsw. Fak.

Abb. 28: Vergleich der a.o. und o. Professorenstellen 1932/33 und 1936/37.820

818 Vgl. dazu Kapitel 4. 819 Vgl. UAW, Akad. Senat, Indices der Senatssitzungsprotokolle sowie Taschwer, Hochburg, S. 189. Im Gremium der Gebäude-Kommission – in dem die Umzüge Ende 1934 sicherlich konzipiert wurden – saßen in den Studienjahren 1933/34 Othenio Abel, Ferdinand Hochstetter, Alexander Hold-Ferneck, Josef Lehner, Franz Eduard Suess, Hans Uebersberger und Fritz Wilke. 820 Erhebungen auf Basis der gedruckten Personalstände, Stichtag 1. 11. 1932 und 1. 11. 1936.

6.

Abstieg des Austrofaschismus: Die Universität Wien zwischen Juliabkommen 1936 und »Anschluss« 1938

Das Juliabkommen und seine Folgen Am 7. November 1936 hielt Heinrich Drimmel in der Aula der Universität Wien vor dem steinernen Siegfriedskopf eine Gedenkrede in Erinnerung an die im Weltkrieg gefallenen Universitätsangehörigen. Umringt von Studenten in Verbindungsmontur sprach der oberste Sachwalter der Studentenschaft und hochschulpolitische Führer der Heimwehren von Vaterlandstreue, den Opfern auf den Schlachtfeldern und der Gemeinschaft in den Schützengräben. Drimmel würdigte an diesem Tag aber nicht nur den einstigen Kampfgeist der heldenhaften »geistigen Arbeiter«.821 Er signalisierte auch Übereinstimmung mit dem Waffenring, einem Sammelverband der schlagenden, nationalen Verbindungen, die im Mai 1933 mit dem Nationalsozialistischen Studentenbund in einen Zentralkampfausschuss gingen.822 Die Teilnahme des Waffenrings an der Heldenehrung – dessen Mitglieder ab dem Sommer 1936 automatisch in den NSDStB eingegliedert waren – belegt,823 dass Drimmel und die rechtsextremen Hochschüler spätestens seit dem Juliabkommen, das im Sommer 1936 zwischen Österreich und Deutschland geschlossen worden war, keine Berührungsängste mehr hatten. Vertreten wurden die nationalsozialistischen Studenten von Fritz Butschek, der ebenfalls als Redner an der Gedenkfeier teilnahm.824 Die gemeinsame Heldenehrung war ein Schritt zur Erneuerung des Schulterschlusses zwischen katholisch-konservativen und NS-Studierenden, die seit ihrem Bündnisbruch 821 »Heldengedenkfeier der Wiener Hochschulen«, Reichspost, 8. 11. 1936, S. 7. Im Zeitungsbericht ist fälschlicherweise von »heute Mittag« die Rede. Die Veranstaltung fand aber am Tag zuvor, am Samstag den 7. 11. 1936 statt, wie auch andere Zeitungen berichteten. Vgl. »Die verpönte Bundeshymne«, Salzburger Chronik, 12. 11. 1936, S. 11. 822 Vgl. Höflechner, Die Baumeister des künftigen Glücks, S. 449. 823 Vgl. Witzmann, Der Anteil der Wiener waffenstudentischen Verbindungen, S. 164. 824 Vgl. Erker, Studierende der Universität Wien und ihr Antisemitismus in der Zwischenkriegszeit. Fritz Butschek war Anton Reinthallers Hauptstabsleiter im Reichsnährstand und gehörte zu den ersten Mitgliedern der 1955 gegründeten Freiheitlichen Partei Österreichs. Vgl. Piringer, Die Geschichte der Freiheitlichen, S. 28–29.

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Abstieg des Austrofaschismus

1932 offiziell nicht mehr miteinander kooperierten. Nach dem Tod von Engelbert Dollfuß im Juli 1934 und einem deutlicheren antinationalsozialistischen Kurs der Regierung gegenüber NS-Lehrenden, war die studentische Veranstaltung ein Zeichen der Versöhnung, die mit dem bilateralen Abkommen im Juli 1936 begonnen hatte.

Abb. 29: Heinrich Drimmel im November 1936 bei der Heldengedenkfeier am Siegfriedskopf.825

Drimmels Ziel nach dem Juliabkommen war es, die Waffenring-Studenten wieder in die Hochschülerschaft Österreichs (HÖ) miteinzubeziehen und dabei als aktiver Vermittler zu den waffentragenden studentischen Verbänden aufzutreten, die nach 1933 als »Prätorianergarde der Nationalsozialisten«826 galten. Diese Vereinigung innerhalb der HÖ kam jedoch nie zustande, unter anderem da die »Nationalen« zu viel von Drimmel forderten. Es war ein gleichwohl paradig-

825 IMAGNO/Austrian Archives (S), 00624630, »Heldenehrung der Wiener Hochschülerschaft in der Aula der Universität Wien. Am Pult Heinrich Drimmel. 7. 11. 1936 oder 1937«. Entgegen dem offiziellen Bildtitel lässt sich das Bild mit Sicherheit auf das Jahr 1936 datieren, da die Veranstaltung 1936 und nicht 1937 stattfand. Vgl. »Heldengedenkfeier der Wiener Hochschulen«, Reichspost, 8. 11. 1936, S. 7. 826 Gehler, Studenten, S. 396.

Das Juliabkommen und seine Folgen

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matisches Vorhaben für die Zeit von Juli 1936 bis zum »Anschluss« an das Deutsche Reich 1938.827

Versöhnung zweier »Brüder« Das Juliabkommen wurde am 10. Juli 1936 zwischen dem austrofaschistischen Österreich und dem nationalsozialistischen Deutschland geschlossen. NSDeutschland war 1936 bei den Verhandlungen für dieses Abkommen in der deutlich stärkeren Position und sah es als eine Etappe auf dem Weg zum »Anschluss«. Demgegenüber hoffte man in Österreich mit dem Vertrag das Gegenteil erreicht zu haben: Der Regierung ging es vor allem darum, dem Druck des dominanten Nachbarn nur soweit nachzugeben wie gerade nötig. In der durch das Abkommen gewonnenen Zeit wollte man von Wien aus – letztlich vergeblich – versuchen, andere europäische Nationen zur Unterstützung im ungleichen Machtkampf mit NS-Deutschland zu gewinnen. Aus dieser Perspektive lässt sich auch erklären, dass sich ein souveräner Staat seine Eigenständigkeit öffentlich von einem anderen zusichern ließ und dies als Konzession verstand. Das geheime Zusatzprotokoll der Verhandlungen allerdings zielte auf das genaue Gegenteil ab, nämlich auf die Destabilisierung der österreichischen Souveränität.828 Der Öffentlichkeit wurde das Abkommen als ein Normalisierungs- bzw. Freundschaftsvertrag präsentiert. Das war jedoch nicht einmal die halbe Wahrheit. Mit dem Übereinkommen änderte sich die außenpolitische Positionierung des austrofaschistischen Regimes gegenüber Deutschland, vor allem durch den unveröffentlichten zweiten Teil, ein geheimes Gentlemen’s Agreement. Die Souveränität Österreichs wurde im ersten, publik gemachten Teil des Vertrages von Deutschland anerkannt und sah eine »Nichteinmischung« Deutschlands in innenpolitische Belange vor. Als Zugeständnis gegenüber Österreich wurde unter anderem die Rücknahme der Tausend-Mark-Sperre vom Mai 1933 beschlossen, die zu einem erheblichen Rückgang der deutschen Studierenden an der Universität Wien beigetragen hatte: Vom Sommersemester 1933 bis zum Wintersemester 1933/34 war ihre Zahl von 1.039 auf nur mehr 256 gesunken.829 Nach dem Juliabkommen stieg die Zahl der deutschen Studierenden innerhalb eines Jahres dennoch nur leicht von 112 auf 118 an.830

827 Vgl. ebd., S. 322. 828 Vgl. Tálos, Das austrofaschistische Herrschaftssystem, S. 66. 829 Das war ein Rückgang von 8,9 Prozent der gesamten Studentenschaft auf nur mehr 2,1 Prozent bzw. von 42,3 Prozent aller ausländischen Studierenden auf 16,7 Prozent. Vgl. UAW, Akad. Senat, GZ. 70, Sommersemester und Wintersemester 1933/34. 830 Vgl. UAW, Akad. Senat, GZ. 70, 1935/36 und 1936/37.

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Abstieg des Austrofaschismus

In anderen Bereichen sollte der Vertrag wesentlich folgenreicher sein. So lockerte Deutschland 1936 den wirtschaftlichen Boykott, und im Gegenzug verpflichtete sich die österreichische Regierung unter anderem, die im Gefolge des Juliputschs 1934 inhaftierten Angehörigen der illegalen NSDAP zu begnadigen. 18.684 NationalsozialistInnen wurden durch das Abkommen begnadigt und 226 aus dem Anhaltelager Wöllersdorf entlassen. Das schwächte natürlich alle Bemühungen, die weitere illegale NS-Unterwanderung zu bremsen. Zudem wurden jeweils fünf Zeitungen und zahlreiche Bücher, die auf der Verbotsliste gestanden waren, im jeweils anderen Land wieder zugelassen. In Deutschland waren das die »Grazer Tagespost«, die »Linzer Tagespost«, das »Neue Wiener Journal«, die »Volkszeitung« und die »Wiener Zeitung«.831 Deutsche Zeitungen hatten in Österreich eine höhere Verbreitung und mehr politischen und somit propagandistischen Einfluss als umgekehrt. Das NS-Parteiorgan »Völkischer Beobachter« war zwar nicht unter den ab 1936 in Österreich wieder erlaubten Medien, wohl aber die ebenfalls propagandistisch wichtige »Essener Nationalzeitung«, sowie die »Berliner Börsenzeitung«, das »Berliner Tagblatt«, die »Deutsche Allgemeine Zeitung« und die »Leipziger Neuesten Nachrichten«. Hitlers Buch »Mein Kampf« konnte ebenfalls wieder legal in Österreich verbreitet werden.832 Darüber hinaus mussten zwei Vertrauenspersonen der Nationalsozialisten in die österreichische Regierung aufgenommen werden, was eine der deutschen Hauptforderungen gewesen war: Konkret handelte es sich um den Historiker Edmund Glaise-Horstenau sowie den Diplomaten und Schuschnigg-Vertrauten Guido Schmidt. Ergänzend wurde genau ein Jahr später – im Juli 1937 – das Volkspolitische Referat innerhalb der Vaterländischen Front etabliert, dessen Ziel es war, die nationalsozialistischen Kreise kontrolliert einzubinden. Arthur Seyß-Inquart und Oswald Menghin (Rektor im Studienjahr 1935/36, CV-Urverbindung Rudolfina) waren als Konzessionen an die nationalsozialistische Opposition in leitende Positionen dieses Referats geholt worden. Statt der gewünschten Stabilisierung und der geordneten Mitarbeit der nationalsozialistisch Gesinnten an den Zielen der Vaterländischen Front, öffnete sich damit eine weitere Flanke zur Unterwanderung austrofaschistischer Kreise durch Nationalsozialisten. Die Idee des Referates als »Integrations- und Befriedungsinstrument«833 ging nicht auf, was nach einem Blick in dessen Reihen nicht wundert. Unter anderem waren prominente deutschnationale bzw. nationalsozialistische Lehrende der Universität Wien wie Hans Eibl, Heinrich Srbik und Alfred Verdroß ebenso Mitarbeiter des Volkspolitischen Referats wie der Spitzenjurist Egbert Mannlicher, ein Mitglied im Deutschen Klub. In Graz war bei831 Vgl. Tálos, Das austrofaschistische Herrschaftssystem, S. 433. 832 Vgl. ebd., S. 509–515. 833 Ebd., S. 528.

Das Juliabkommen und seine Folgen

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spielsweise mit dem »Illegalen« Armin Dadieu ein außerordentlicher Professor der Technischen Universität Graz und späterer Gauhauptmann der Steiermark, Leiter des regionalen Referats.834 Auf universitärer Ebene hatte das Juliabkommen vor allem Auswirkungen auf die nationalsozialistischen Studierenden, die nun zu einem großen Teil begnadigt wurden.835 Einer der Studierenden, der dadurch einer längeren Haftstrafe entkam, war Hans Dietl, Student an der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät. Er war im März 1936 von allen österreichischen Hochschulen »für immer« ausgeschlossen und in Wöllersdorf interniert worden – die Anklage lautete auf »Hochverrat«.836 Dietl war überzeugter Nationalsozialist, hatte bis zum Parteiverbot im Frühjahr 1933 als Schriftleiter bei der nationalsozialistischen »Deutschösterreichischen Tages-Zeitung« gearbeitet, die bereits in den 1920er Jahren mit antisemitischen Hetzartikeln gegen Lehrende jüdischer Herkunft oder linker Gesinnung Stimmung gemacht hatte. Dietl dürfte auch einer der Verbindungsmänner der DÖTZ zu universitären Gremien gewesen sein, die Insider-Informationen aus der Universität direkt an die Zeitung geliefert hatten. Darüber hinaus schrieb er für den »Völkischen Beobachter« und den »Stürmer«.837 Im Zuge der kollektiven politischen Amnestierung nach dem Juli 1936 wurde Dietl enthaftet, lebenslänglich aus Österreich ausgewiesen und ging wie viele Kanzleramt-Putschisten »heim ins Reich«. Dietl reiste nach München, erhielt im NSDAP-Flüchtlingswerk den Status eines politisch Vertriebenen und arbeitete als Schreiber in der NSKK-Motorobergruppe, ehe er 1938 erneut nach Wien kommen sollte, um sein Studium fortzusetzen.838 Parallel zur Amnestie gingen auch die übrigen Sanktionen gegen nationalsozialistische Studierende zurück.839 An der Universität Wien stellte sich durch diesen neuen Kurs ein deutlicher Rückgang bei der Zahl der Disziplinaruntersuchungen ein, die bis dahin mehrheitlich wegen illegaler NS-Betätigung eröffnet worden waren. Waren es 1934, dem Höhepunkt der Disziplinierung, noch 277

834 Vgl. Brunner, Armin Dadieu. S. 271 und S. 283. 835 Vgl. Tálos, Das austrofaschistische Herrschaftssystem, S. 517. 836 Vgl. UAW, Akad. Senat, S 185 973, Schreiben von Otto Skrbensky an Hans Dietl vom 3. 3. 1936 sowie Schreiben von Hans Dietl an das Ministerium für Unterricht vom 21. 3. 1938. 837 Vgl. UAW, Akad. Senat, S 185 973, Schreiben von Hans Dietl an das Ministerium für Unterricht vom 21. 3. 1938. 838 Vgl. ÖStA, AdR, Inneres 1945–2002, Gauakt 44133 (Hans Dietl), Schreiben vom 2. 11. 1936 sowie vom 1. 2. 1937. Im Frühjahr 1938 meldete sich der bereits 38-jährige Hans Dietl im Unterrichtsministerium, da er sein Studium nun beenden wollte, und bat um die Unterstützung »des Landes, für das ich nach dem Urteil vieler eingetreten bin, wie man es von mir gefordert hatte«. UAW, Akad. Senat, S 185 973, Schreiben von Hans Dietl an das Ministerium für Unterricht vom 21. 3. 1938. 839 Vgl. Tálos, Das austrofaschistische Herrschaftssystem, S. 64, hier Fn. 354, S. 198.

198

Abstieg des Austrofaschismus

Verfahren gegen einzelne Studierende gewesen, so sank die Zahl 1936 auf 90, um 1937 mit 84 sogar unter den Wert des Jahres 1933 zu fallen. 277

Studierende Personal

160

92

90

8

1933

8

1934

6

1935

84

5

2

1936

1937

Abb. 30: Eröffnete Disziplinarverfahren gegen Universitätsangehörige von 1932 bis 1937.840

Doch nicht nur die nationalsozialistischen Studierenden profitierten vom Juliabkommen, sondern auch Lehrende. Bestimmte NS-Sympathisanten waren, wie bereits ausgeführt, freilich schon zuvor »pardoniert« worden, wie der Orientalist Viktor Christian, der bereits ab März 1936 wieder an der Universität Wien lehren durfte. Christian war gemeinsam mit Othenio Abel und Karl Gottfried Hugelmann wegen nationalsozialistischer Betätigung im Herbst 1934 von der Universität ausgeschlossen worden. Dem sowohl bei den Christlichsozialen als auch bei den Nationalsozialisten gut vernetzten Urgeschichtler Oswald Menghin (wie Christian Mitglied im Deutschen Klub) war es mit Unterstützung Benjamin Murmelsteins, Rabbiner der Israelitischen Kultusgemeinde in Wien und Dissertant bei Christian, sowie mit Hilfe von Kardinal Theodor Innitzer gelungen, Viktor Christian aus seinem zeitlichen Ruhestand wieder in die aktive Lehre zurückzuholen.841 Christian führte im Dezember 1938 als Grund für die Reakti840 Eigene Erhebungen auf Basis der Senats-Sonderreihe 185 im Bestand UAW. Ohne BibliothekarInnen. 841 Vgl. Leitner, »Bis an die Grenzen des Möglichen«, S. 54–55. Oswald Menghin war sowohl Mitglied in der Akademie der Wissenschaften als auch Teil der Deutschen Gemeinschaft

Austrofaschistischer Universitätsalltag: Inklusion und Exklusion durch Berufungen

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vierung seinen erneut eingeforderten und vollzogenen Beitritt in die Vaterländische Front im Februar 1936 an, ohne aber genauere Angaben zu machen, wer hier hinter den Kulissen die Fäden gezogen hatte.842 Die gute kollegiale Freundschaft zu Oswald Menghin (damaliger Rektor) war hierfür sicherlich dienlich, eine Bande, die Viktor Christian nach dem »Anschluss« 1938 zum Dekan aufsteigen ließ und etwas später in NS-Kreisen auf Kritik stieß.843 Neben dem Rückkehrer Christian stieg der NS-Anhänger Viktor Patzelt, ein Mediziner, zum ordentlichen Professor auf. Hans Sedlmayr, von 1930 bis zum Verbot 1933 Mitglied der NSDAP, wurde 1936 am Institut für Kunstgeschichte ebenfalls zum ordentlichen Professor ernannt.844 Unterrichtsminister Pernter schwärmte regelrecht von Sedlmayr, der sich 1933 an der Technischen Hochschule in Wien und 1934 an der Universität Wien habilitiert hatte. Pernter sah in ihm die »größte Hoffnung der jüngeren Forschergeneration«,845 und auch die Philosophische Fakultät stimmte mehrheitlich für den damals 40-Jährigen. Mit diesem Rückenwind aus dem Ministerium setzte er sich schlussendlich gegen Wilhelm Köhler von der Harvard University und Karl Maria Swoboda von der Deutschen Universität in Prag durch, die als ordentliche Professoren wesentlich mehr akademische Erfahrung mitgebracht hätten.846 Sedlmayr wurde 1938 wieder Mitglied der NSDAP und nach 1945 von der Universität entlassen. Ein »Ehemaliger« blieb er aber zeitlebens.

Austrofaschistischer Universitätsalltag: Inklusion und Exklusion durch Berufungen Die austrofaschistische Kursänderung nach dem Juli 1936 lässt sich aber auch an einer weiteren Entwicklung an der Universität Wien nachzeichnen. Nach der Einsparungswelle 1934/35 besetzte man wieder Stellen nach. Von November 1935 bis November 1937 wurden 19 Posten neu vergeben, davon zwei ordentliche Professuren und eine außerordentliche Professur sowie 16 weitere wissen-

842 843 844 845 846

(bis zu ihrer Auflösung 1930), Mitglied im Deutschen Klub und in der Bärenhöhle und war 1935/36, als das Juliabkommen geschlossen wurde, Rektor der Universität Wien. Vgl. Handschriftlicher Lebenslauf von Viktor Christian vom 13. 12. 1938, zit. nach: Leitner, »Bis an die Grenzen des Möglichen«, S. 53. Vgl. BA R 58/7268, Lesefilmnummer 90732, Schreiben an das Reichssicherheitshauptamt III C1 ohne Datum, III C PA 12 253/38 Ma/Rk. Sedlmayr trat am 1. 1. 1938 erneut der NSDAP bei. Vgl. Pfefferle/Pfefferle, Glimpflich entnazifiziert, S. 303. ÖStA, AdR, Inneres 1945–2002, Präsidium 1945–1980, Ktn. 633, GZ. 1255, 1936, Bericht von Hans Pernter vom 30. 9. 1936. Vgl. ebd.

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Abstieg des Austrofaschismus

schaftliche Stellen.847 Insgesamt wurden von 1933 bis 1938 die Professorenstellen vor allem an der Philosophischen Fakultät (und hier insbesondere in den Geisteswissenschaften) sowie an der Medizinischen Fakultät stark reduziert, den beiden mit Abstand größten Fakultäten der Universität Wien. Der Rückgang an der Medizinischen Fakultät von 1932/33 bis 1937/38 war besonders dramatisch und betrug nicht weniger als 37 Prozent. o. und a.o. Professoren Philosophische Fakultät Medizinische Fakultät

’32/33 86 60

’33/34 80 52

’34/35 64 43

’35/36 64 39

’36/37 62 39

’37/38 66 38

Rechts- und Staatsw. Fakultät Katholisch-Theologische Fakultät

21 8

16 8

17 7

19 7

19 9

19 10

Evangelisch-Theologische Fakultät GESAMT

6 181

6 162

6 137

6 135

6 135

5 138

Abb. 31: Entwicklung der besetzten Professorenstellen von 1932/33 bis 1937/38.848

Dennoch fanden auch in dieser Zeit noch neue Professorenernennungen statt. Dabei griff man – wie ab 1933 üblich – vor allem auf Hausberufungen oder Berufungen aus Österreich zurück.849 Das lag zum einen an den anhaltenden Spannungen mit Deutschland, aber auch an der allgemeinen wissenschaftlichen Abschottung Österreichs im Austrofaschismus. Universitätsinterne Netzwerke taten das Übrige, um die Hegemonie des österreichischen Provinzialismus nicht zu stören. Von den nach dem »Anschluss« 1938 aus rassistischen Gründen von der Universität Wien vertriebenen Lehrenden wurden von 1934 bis 1937 nur jeweils einer zum außerordentlichen Professor (Heinrich Kahr) bzw. zum ordentlichen Professor (Johann Sölch) ernannt.850 Warum es nur zwei Ernennungen waren – zumal von Lehrenden, die bis zum »Anschluss« 1938 nicht als »jüdisch« angesehen wurden – muss letztendlich auch ein wenig Spekulation

847 Stichtage dieser Erhebung sind 1. 11. 1935 und 1. 11. 1937. 848 Erhebungen der Personalstandverzeichnisse von 1932/33 bis 1937/38 (Stichtage: 1. 11. 1932, 1. 11. 1933, 1. 12. 1934, 1. 11. 1935, 1. 11. 1936, 1. 11. 1937). 849 Von den rund 40 Berufungen zwischen 1. 11. 1932 und 31. 10. 1937 waren 24 Hausberufungen, wobei Karl Jellouschek hier doppelt gezählt wird, da er 1933/34 zum a.o. und 1935/36 zum o. Professor berufen wurde. Zum Verlauf der Berufungen gerade auch vor 1933 vgl. in einzelnen Fällen auch Huber, Hochschullehrerschaft, S. 665. Huber konnte auf Basis der o. Professoren 1937/38 erheben, dass von den in den Jahren von 1908 bis 1922 Berufenen 58 Prozent direkt von der Universität Wien rekrutiert wurden und der Anteil auf 46 Prozent (1923–1929) bzw. 38 Prozent (1929–1933) sank. Unter den neu Berufenen waren aber auch nichtjüdische Wissenschafter, die aus NS-Deutschland vertrieben wurden. 850 Vgl. Huber, Rückkehr erwünscht, S. 74 und S. 82.

Austrofaschistischer Universitätsalltag: Inklusion und Exklusion durch Berufungen

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bleiben.851 Mit Sicherheit wird es einer fatalen Mischung aus antisemitischem Klima unter den Verantwortlichen während der austrofaschistischen Jahre und der generell geringen Zahl von linken und/oder jüdischen Lehrenden an der Hochschule bereits seit den 1920er Jahren geschuldet sein. Wie Andreas Huber zeigen konnte, hatten jüdische Ordinarien weniger Jahre als ihre nicht-jüdischen KollegInnen benötigt, um sich zu habilitieren. Wenn es aber um die Karriereschritte hin zur außerordentlichen oder ordentlichen Professur ging – für die Netzwerke noch wichtiger waren als bei der Habilitation – dauerte es wiederum für jüdische Wissenschafter länger.852 Umgekehrt kam es zu zahlreichen Abgängen von Forschenden der Universität Wien. Unter der Rubrik »Folgende Lehrende wurden an andere Hochschulen berufen« führten die Rektoren der Universität Wien in ihren Berichten von Ende 1932 bis Ende 1937 insgesamt 39 abgeworbene Universitätsangehörige an, wobei hier in seltenen Fällen auch Wissenschafter angeführt wurden, die an der Universität Wien blieben und vermutlich den Abwerbungsversuch für Verhandlungen zur Besserstellung an ihrer Alma Mater nutzten. 17 von diesen 39 Abgeworbenen sollten freilich nur innerhalb Österreichs ihren Arbeitsplatz wechseln, meist sogar innerhalb Wiens.853 Bei ihnen kann im Allgemeinen davon ausgegangen werden, dass sie in keinen Konflikt mit dem Regime geraten waren – anders als jene 15 »wegberufenen« Lehrenden, die nach Deutschland gingen.854 851 Kahr galt nach den NS-Gesetzen als »Mischling 2. Grades« und Sölch war mit einer Frau verheiratet, die als »Mischling 1. Grades« von den Nationalsozialisten kategorisiert wurde. Ich danke Andreas Huber für diesen Hinweis. 852 Vgl. Huber, Rückkehr erwünscht, S. 77–78. 853 Die Erhebung zu den 39 Lehrenden basiert auf den Rektoratsberichten der Studienjahre 1932/33 bis 1936/37 (in der Reihenfolge ihrer Rektorate von: Othenio Abel, Ernst Tomek, Alexander Hold-Fernek, Oswald Menghin, Leopold Arzt) und unterscheidet nicht zwischen Ruf und Gastprofessur. Die Erhebung umfasst nicht die Monate November 1937 bis März 1938 (Rektorat von Ernst Späth), da es hierfür keinen, ihnen entsprechenden Rektoratsbericht gibt. Es ist nicht auszuschließen, dass die Berichte der Rektoren vereinzelt WissenschafterInnen nicht anführten. Dass nicht alle Abgänge von Lehrenden in den Berichten des Rektorats aufgeführt wurden, lassen auch die Fälle von Hans Spanner und Gottfried Haberler vermuten. Spanner taucht nur einmal, mit Stichtag 1. 11. 1936 im Personalstand der Universität Wien auf. Seine Berufung als Nachfolger von Ludwig Adamovich wurde mit 1. 2. 1937 gültig. Vgl. UAW, Akad. Senat, GZ. 9, 1936/37, Schreiben von Sektionschef Egon Loebenstein vom 27. 1. 1937. Der außerordentliche Professor für politische Ökonomie und Statistik Gottfried Haberler war bereits 1936 in die USA emigriert, und war nur mehr für wenige Lehraufträge an der Universität Wien tätig, bis ihn die Nationalsozialisten nach dem »Anschluss« aus rassistischen Gründen seines Amtes enthoben. Bis dahin wurde er aber durchgehend in den Personalstandverzeichnissen geführt. Vgl. Huber, Gottfried Haberler. 854 Nach Deutschland wurden laut den Rektoratsberichten der Studienjahre 1932/33 bis 1936/37 berufen: Othenio Abel, Friedrich Karl Faber, Wenzel Gleispach, Herwig Hamperl, Otto Höfler, Karl Gottfried Hugelmann, Franz Koch, Hans Koch, Leopold Kölbl, Wolfgang Leithe, Friedrich Machatschek, Friedrich Nötscher, Hans Uebersberger, Emil Winkler, Leopold Zimmerl (Reihung alphabetisch).

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Abstieg des Austrofaschismus

Wie bereits gezeigt, war die Annahme einer Berufung nach Deutschland in den meisten Fällen eng mit aktiver Parteinahme oder zumindest Sympathie für den Nationalsozialismus verknüpft. Sieben der 39 Lehrenden erhielten aber einen Ruf ins nicht-deutsche Ausland bzw. vorerst eine Gastprofessur im Ausland: die Mediziner Julius Bauer und Otto Porges, die Kunsthistoriker Hans Hahnloser und Karl Maria Swoboda, der Reformer der Turnlehrerausbildung Karl Gaulhofer,855 der Physiker Arthur Erich Haas856 sowie die Germanistin Marianne Thalmann.857 Der in der Schweiz geborene Hans Hahnloser hatte sich im Studienjahr 1933/34 habilitiert und ging kurz darauf nach Bern. Sein Kollege Karl Maria Swoboda erhielt eine Berufung an die Deutsche Universität Prag, wo er bis 1945 lehrte. Sein Weggang war ebenso wenig rassistisch motiviert wie jener Karl Gaulhofers, der ein »völkisch orientierter Eugeniker«858 war und den man im Studienjahr 1932 zunächst beurlaubte, ehe er als Leiter der Akademie für körperliche Leibeserziehung nach Amsterdam berufen wurde. Er trat 1938 der NSDAP bei und kann als rechter Gegner des Dollfuß/Schuschnigg-Regimes bezeichnet werden. Während seiner Mitarbeit als Ministerialrat im Unterrichtsministerium war er darüber hinaus Mitglied in der Deutschen Gemeinschaft.859 In den anderen Fällen ist davon auszugehen, dass jene, die Österreich früh verließen, das diskriminierende Klima an der Universität Wien hinter sich lassen wollten. So etwa auch Otto Porges, Privatdozent mit dem Titel eines außerordentlichen Professors im Bereich der Inneren Medizin. Er erhielt einen Ruf an die Universität Konstantinopel,860 nachdem er mit einer Reihe anderer KollegInnen bereits 1929 von der DÖTZ in einem Artikel unter dem Titel »Rasse und Wissenschaft« wegen seiner jüdischen Herkunft angegriffen worden war.861 Auch der Mediziner Julius Bauer, der im Studienjahr 1932/33 von der Howard University in

855 Vgl. Rechberger, Karl Gaulhofer. 856 Vgl. Wiescher, Arthur E. Haas. 857 Erhebungen auf Basis der Rektoratsberichte 1932/33 bis 1936/37 (es existiert kein Rektoratsbericht für das Studienjahr 1937/38). 858 Wenninger, Karl Gaulhofer, S. 130. Gaulhofer scheint im Personalstand mit dem Stichtag 1. 11. 1933 nicht mehr auf. 859 Vgl. Rechberger, Karl Gaulhofer, S. 82. 860 Vgl. Tomek, Bericht 1933/34, S. 6. 861 Vgl. »Rasse und Wissenschaft«, DÖTZ, 13. 10. 1929 (TBA). Das Rektorat der Universität Wien führte Porges noch bis 1938 durchgehend als unbezahlten Privatdozenten im Personalstand weiter. Porges lehrte auch noch im Wintersemester 1937/38 an der Universität, schlussendlich schlossen ihn die Nationalsozialisten nach dem »Anschluss« aus rassistischen Gründen von der Universität Wien aus. Vgl. Mühlberger, Vertriebene Intelligenz, S. 30.

Austrofaschistischer Universitätsalltag: Inklusion und Exklusion durch Berufungen

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Washington einen Ruf erhielt, befand sich 1929 auf dieser Liste.862 Sowohl Porges als auch Bauer behielten ihre Lehrberechtigung an der Universität Wien und verloren diese erst 1938 aus rassistischen Gründen, weshalb sie als vom Nationalsozialismus Vertriebene an der Universität Wien gelten.863 Der Physiker Arthur Erich Haas, der ebenfalls jüdischer Herkunft war und mit antisemitischen Diskriminierungen konfrontiert wurde, wanderte 1935 in die USA aus und erhielt ein Jahr später einen Ruf an die University of Notre Dame (Indiana, USA). Haas gilt als einer der acht Begründer der Quantentheorie. An die US-amerikanische Universität Notre Dame ging auch Karl Menger, der wie Bauer und Porges in der DÖTZ als jüdischer Professor angefeindet worden war.864 Der Mathematiker war noch im Personalstandverzeichnis 1937/38 geführt worden, hatte aber in diesem Studienjahr bereits eine Gastprofessur in Indiana angetreten. Kurz zuvor hatte er zwei bittere berufliche Niederlagen erfahren müssen, die sein Karriereende an der Universität Wien als ein weiteres Beispiel der Selbstprovinzialisierung der Hochschule und Bevorzugung von NS-Sympathisanten in den Jahren des Austrofaschismus ausweisen. Menger war seit 1929 außerordentlicher Professor mit internationaler Forschererfahrung und Mitglied des 1924 gegründeten Wiener Kreises. Ursprünglich hatte er sehr gute Aussichten gehabt als Nachfolger seines Lehrers Hans Hahn ordentlicher Professor zu werden, jedoch wurde der Posten an der Philosophischen Fakultät nach Hahns Tod 1934 ersatzlos gestrichen. Und auch Mengers zweite Möglichkeit auf eine ordentliche Professur verstrich: Als Wilhelm Wirtinger, Mitglied des Deutschen Klubs, 1936 altersbedingt in Pension ging, rechnete sich Menger entsprechend seiner herausragenden Qualifikationen erneut große Chancen auf die Nachfolge aus. Schlussendlich aber erhielt Karl Mayrhofer 1936 die Professur. Er hatte in der Zeit der Illegalität bereits die NSDAP mit Geldspenden unterstützt, war im Jänner 1937 dem Nationalsozialistischen Lehrerbund beigetreten und wurde noch im selben Jahr als korrespondierendes Mitglied in die Akademie der Wissenschaften aufgenommen.865 Da Menger entsprechend der neuen NS-Gesetze ab März 1938 in Österreich als Jude verfolgt worden wäre, legte er nach dem »Anschluss« 1938 per Telegramm aus der Ferne seine Stelle an der Universität Wien zurück.866 862 Vgl. »Rasse und Wissenschaft«, DÖTZ, 13. 10. 1929 (TBA). Wie Otto Porges lehrte Julius Bauer noch bis inklusive Wintersemester 1937/38 und wurde durchgehend im Personalstand der Universität geführt. 863 Vgl. Mühlberger, Vertriebene Intelligenz, S. 18 und S. 30. 864 Vgl. »Rasse und Wissenschaft«, DÖTZ, 13. 10. 1929 (TBA). 865 Vgl. Pfefferle/Pfefferle, Glimpflich entnazifiziert, S. 298 sowie Fengler, Biogramme, S. 232. 866 Deshalb wird er auch in der Liste der vertriebenen Lehrenden des Jahres 1938 geführt, obwohl er Österreich schon früher (auf Zeit) verlassen hatte. Vgl. Mühlberger, Vertriebene Intelligenz, S. 44 sowie Maisel, Tore der Erinnerung – Karl Menger, S. 176.

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Auch Max Ferdinand Perutz, Chemiker und späterer Nobelpreisträger jüdischer Herkunft, verließ mit knapp 22 Jahren und einem Abschluss in der Tasche 1936 die Universität Wien Richtung Großbritannien, um nach Cambridge zu gehen. Hier zeigt sich ein quellentechnisches Problem, das an der Karriere von Perutz deutlich wird: Es ist nicht möglich zu beziffern, wie viele junge ForscherInnen in den Jahren des austrofaschistischen Regimes ins Ausland wechselten, um ihren nächsten Karriereschritt zu setzen und somit »verloren« gingen. Sie entschieden sich in einem Schlüsselmoment zwischen Studium und Beruf Österreich zu verlassen: So wurde Perutz Forschungsassistent am CavendishLaboratory der University of Cambridge. Erst wenn sie später zu bekannten ForscherInnen wurden – es musste nicht gleich ein Nobelpreis sein –, lässt sich retrospektiv ihr Abgang als karrieretechnische Weichenstellung erkennen, denn in den Personalständen der Universität Wien schienen sie zwischen 1933 und 1938 erst gar nicht auf.867 Bei all den hier angeführten Beispielen wird deutlich, dass der Antisemitismus bereits lange vor dem März 1938 in der Ausschlusspolitik an der Universität Wien sowohl direkt als auch indirekt eine große Rolle spielte. Das zeigt sich auch am Beispiel der diesmal quellentechnisch leichter nachweisbaren und verhältnismäßig hohen Zahl der Frühpensionierungen jüdischer Lehrender ab 1935 oder im Bereich der Geisteswissenschaften, in denen es ab 1935 fast keine jüdischen Wissenschafter mehr gab. Es darf vermutet werden, dass der Antisemitismus bei den Entscheidungsträgern an der Universität sehr viel stärker ausgeprägt war als bei jenen im Ministerium, wie bereits Richard Meisters und Gustav Walkers Engagement bei der Nominierung der zu entlassenden bzw. zu pensionierenden Lehrenden 1934 vermuten ließ.868

Wissenschafterinnen an der Universität Wien von 1933 bis 1938 Die einzige Frau unter den in den Rektoratsberichten angeführten Lehrenden, die einem Ruf ins nicht-deutschsprachige Ausland folgten, ist Marianne Thalmann. Sie hatte sich 1924 an der Universität Wien habilitiert und als Privatdozentin für Neuere Deutsche Literaturgeschichte 1933 den Titel eines außerordentlichen Professors erhalten – eine finanzielle Besserstellung bedeutete dies 867 Darüber hinaus werden emigrierte WissenschafterInnen in manchen Quellen auch als 1938 Ausgewanderte geführt, wie Max Ferdinand Perutz. Er scheint in einer Liste von knapp 400 WissenschafterInnen und KünstlerInnen auf, die heute im Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes liegt (Datum der Erstellung ist nicht bekannt). Bei Perutz ist notiert »ab 1938 Rückkehr unmöglich«. DÖW 3051, Liste aller im Jahre 1938 emigrierten Wissenschaftler, Künstler etc., 400 Namen, S. 19. 868 Vgl. hierzu die Seiten 115–117 in diesem Buch.

Wissenschafterinnen an der Universität Wien von 1933 bis 1938

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jedoch nicht. 1933/34 ließ sich Thalmann zunächst beurlauben, um ans Wellesley College in die USA zu wechseln. Die Historikerin Edith Prost deutet an, dass Thalmann gerade auch wegen der geringen Chancen an dem von einer »Männerphalanx« geprägten Institut keine berufliche Zukunft sah und deswegen Österreich verließ.869 Gleichzeitig war das Institut für Germanistik noch der Ort, an dem sich – zumindest bis 1933 – verhältnismäßig viele Frauen habilitieren konnten. An ihrem Beispiel wird offensichtlich, dass die androzentrische Gesellschaft in den 1920er und 1930er Jahren Frauen an den Hochschulen noch keine ernstzunehmende Rolle zugestand, sonst wäre an der Universität Wien der Frauenanteil markant höher gewesen. Das änderte sich auch in den Jahren des Austrofaschismus nicht. Immerhin schafften es drei Frauen in dieser Zeit, den Titel einer Privatdozentin zu erhalten (und vorerst an der Universität zu bleiben).870 An der Medizinischen Fakultät erwarb Carla Zawisch(-Ossenitz) 1934 die Lehrberechtigung für Histologie, an der Philosophischen Fakultät konnten sich Elise Hofmann 1935 im Fach Paläobotanik und Berta Karlik 1937 in Physik habilitieren. In den Studienjahren 1932/33 bis 1937/38 waren neben Hofmann, Karlik und Zawisch(-Ossenitz) nur zehn weitere Frauen als habilitierte Wissenschafterinnen Teil der Hochschule. Namentlich waren das an der Philosophischen Fakultät die Psychologin Charlotte Bühler (1923 Anerkennung der Habilitation an der TH Dresden), die Altphilologin Gertrud Herzog-Hauser (Habilitation 1932), die Historikerin Erna Patzelt (1925), die Romanistin Elise Richter (1905/1907),871 die Physikerin und erste habilitierte Naturwissenschafterin an der Universität Wien Franziska Seidl (1932),872 die Literaturhistorikerin Marianne Thalmann (1924) und die Volkskundlerin Elisabeth Weiser-Aall (1927), die freilich aus privaten Gründen nach Norwegen übersiedelt war.873 An der Medizinischen Fakultät – an der es noch schwieriger war – waren Carmen Coronini-Cronberg (1930), Anna Simona Spiegel-Adolf (1931) und 869 Vgl. Prost, Emigration und Exil österreichischer Wissenschaftlerinnen, S. 453 sowie zu Thalmann Grabenweger, Germanistik in Wien, S. 139–182 und Ranzmaier, Germanistik, S. 17. 870 Diese Erhebung basiert auf den gedruckten Personalständen der Jahre 1932/33 und 1937/38 (Stichtage: 1. 11. 1932 und 1. 11. 1937). 871 Elise Richter konnte sich als erste Frau an der Universität Wien 1905 habilitieren, sie erhielt ihre Lehrbefugnis allerdings erst zwei Jahre später. Vgl. zu Elise Richter, ihrem Habilitationsverfahren und der Stellung von Privatdozentinnen auch Staudigl-Ciechowicz, Das Dienst-, Habilitations- und Disziplinarrecht der Universität Wien, S. 331–349. 872 Vgl. Huber, Von mangelnder »persönlicher Eignung«?, S. 173. 873 Die Jahreszahlen der Habilitationen basieren auf den Angaben in den Personalstandverzeichnissen der Universität Wien und geben den Zeitpunkt der Ernennung zur Privatdozentin wieder.

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Helene Wastl (1930) habilitiert.874 Von diesen Frauen gehörte keine einzige einer Professorenkurie an; Bühler, Richter, Patzelt und Thalmann waren Privatdozentinnen mit dem Titel »außerordentlicher Professor«. Richter leitete zudem ab 1928 das Phonetische Institut der Universität Wien, aber auch diese Position war mit keiner Professur verbunden. Richter vertrat so wie etliche andere der genannten Wissenschafterinnen – etwa Carla Zawisch(-Ossenitz) – eine ausgeprägt katholische und regimeloyale Haltung.875 Letztere dürfte von den Professoren bei ihrer – schlussendlich erfolgreichen – Habilitation 1934 etliche Steine in den Weg gelegt bekommen haben.876 Erna Patzelt, die erste habilitierte Historikerin Österreichs877 wiederum hielt im Frühjahr 1934 unter dem Titel »Das Judentum im frühesten Mittelalter« als eine von wenigen Frauen einen Vortrag im Deutschen Klub.878 Trotz ihrer großdeutschen bis nationalsozialistischen und offensichtlich auch antisemitischen Einstellung – sie sprach im Klub-Vortrag unter anderem von »Wuchergeschäften« der Juden – war auch sie im Rahmen ihres Habilitationsverfahrens 1924 nicht vor professoralem Gegenwind gefeit.879 Schon fast stereotypisch wurde ihr unterstellt, die Arbeit sei von ihrem Lehrer und Lebensgefährten Alfons Dopsch und nicht von ihr selber verfasst worden.880 In einschlägigen austrofaschistischen Schriften zur Hochschulpolitik und zum Frauenstudium wurde die Situation von Wissenschafterinnen an der Universität höchstens abschätzig kommentiert. So etwa hieß es in einer programmatischen Schrift zur Rolle der Frauen an den Hochschulen von Anton Julius Walter, seines Zeichens Historiker, Redaktionsmitglied der »Reichspost«, CVer (Nibelungia) und später auch förderndes Mitglied der SS,881 im Jahr 1936 wie folgt: »In richtiger Einschätzung des Mannes als des berufenen Familienerhalters haben zum Unterschied von anderen Staaten in Österreich die weiblichen Absolventinnen der Hochschulen in jene Berufszweige, in denen sie nicht eine besondere Aufgabe als Frau erfüllen können und deshalb lediglich eine Konkurrenz für männliche Kollegen bedeuten, keinen Eingang gefunden. Gesetzliche Maßnahmen in dieser Richtung sind deshalb überflüssig.«882

874 Vgl. Rektoratsberichte der Universität Wien sowie Horn/Dorffner, Die ersten an der medizinischen Fakultät der Universität Wien habilitierten Frauen. 875 Vgl. zu Richters Position zum austrofaschistischen Herrschaftssystem Hurch, Apropos Elise Richter. 876 Nach dem »Anschluss« musste sie die Universität aus »politischen Gründen« verlassen. Vgl. Huber, Von mangelnder »persönlicher Eignung«?, S. 181. 877 Vgl. Griesebner, Feministische Geschichtswissenschaft, S. 60. 878 Vgl. Mitteilungen des Deutschen Klubs (Juni 1934) 4–6, S. 5–6. 879 Vgl. Griesebner, Feministische Geschichtswissenschaft, S. 65. 880 Vgl. ebd., S. 62 sowie Huber, Von mangelnder »persönlicher Eignung«?, S. 176. 881 Vgl. Huber, Eliten/dis/kontinuitäten, S. 65 und S. 106. 882 Walter, Die Hochschulen im neuen Staate, S. 42–43.

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Wissenschafterinnen an der Universität Wien von 1933 bis 1938

Jüdischer Herkunft, Sozialdemokrat oder Ausländer an der Universität Wien zu sein brachte in der Zwischenkriegszeit erhebliche Nachteile mit sich und beendete Karrieren. Dennoch gelang es Wissenschaftern, die entsprechend dieser (vermeintlichen) Zugehörigkeit diskriminiert wurden, in einigen wenigen Ausnahmefällen zu ordentlichen Professoren oder sogar zu Dekanen aufzusteigen, wenn auch meist gegen heftigen Widerstand der Studentenschaft – wie in den geschilderten Fällen von Josef Hupka (Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät 1926) und Ernst Peter Pick (Medizinische Fakultät 1932). Wie auch an anderen europäischen Universitäten stand für Frauen hingegen in den 1930er Jahren an der Universität Wien eigentlich nur die Sphäre der Administration offen bzw. ausgewählte wissenschaftliche Hilfspositionen, etwa als Bibliothekarinnen oder Laborantinnen. Während rund ein Drittel des administrativen Personals von 1932/33 bis 1937/38 Frauen waren, betrug ihr Anteil unter den WissenschafterInnen nur vier Prozent. Insgesamt gab es in diesen fünf Jahren 1.688 MitarbeiterInnen an der Universität Wien, betrachtet man ihre Geschlechterverteilung, wird ein extremes Ungleichgewicht deutlich. 1186

307

Wissenschafter Admin. Mitarbeiter Admin. Mitarbeiterinnen

143

Wissenschafterinnen N = 1688

52

Abb. 32: Verteilung aller MitarbeiterInnen im Personalstand von 1932/33 bis 1937/38.883

883 Erhebungen zu den in den Personalständen von 1932/33 bis 1937/38 verzeichneten MitarbeiterInnen (Stichtage: 1. 11. 1932, 1. 11. 1933, 1. 12. 1934, 1. 11. 1935, 1. 11. 1936, 1. 11. 1937). Zusätzlich zu den 1688 hier gezählten MitarbeiterInnen wurden 15 Personen nicht in die Berechnung aufgenommen, da sie nicht eindeutig einem Geschlecht zugeordnet werden konnten (weil der Vorname abgekürzt wurde oder aber der Vorname für beide Geschlechter gültig ist). Darüber hinaus wurden 96 Personen aus dem Personalstandverzeichnis nicht in die Berechnung aufgenommen, die in folgende Kategorien fallen: Bibliothekare, Mitarbeit in einer Kommission/einem Ausschuss, Chirurgischer Instrumentenmacher, Universitätsbuchbinder, Universitätsbuchdrucker, Universitätsbuchhändler und Universitätsoptiker (darunter 87 Männer und 9 Frauen). Es muss davon ausgegangen werden, dass drei bis fünf

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Abstieg des Austrofaschismus

Das reaktionäre Frauenbild der hegemonialen rechten und katholischen Universitätsangehörigen in der Zwischenkriegszeit und die antifeministische Politik des Austrofaschismus setzten den wissenschaftlichen Karrieren von Frauen bald nach der Dissertation enge Grenzen und waren ein wichtiger Grund für ihre – auf breitem Konsens aufbauende – intersektionale Diskriminierung. Jene Frauen, denen es doch für kurze Zeit gelang, als Wissenschafterin erfolgreich zu arbeiten, stellten eine Ausnahme dar und machen gleichzeitig deutlich, wie fremdbestimmt ihre Wirkungsbereiche waren. Wissenschaftliche Karrieren waren allenfalls im außeruniversitären Bereich und unter meist prekären Bedingungen möglich, wofür die Sozialpsychologin Marie Jahoda ein gutes Beispiel ist. Sie entwickelte sich trotz der geschilderten Bedingungen zu einer Pionierin der Sozialforschung. Die 1907 geborene Jahoda, die aus einer jüdischen Familie stammte, schloss sich früh dem Bund sozialistischer Mittelschüler an, dessen Obfrau sie 1925 wurde. Sie studierte am Pädagogischen Institut der Stadt Wien und parallel dazu an der Universität Wien Psychologie und Germanistik. Hier dissertierte Jahoda im Alter von knapp 25 Jahren bei dem Psychologen Karl Bühler.884 Im selben Jahr führte Jahoda mit ihrem damaligen Ehemann Paul Felix Lazarsfeld und weiteren KollegInnen des Vereins Wirtschaftspsychologische Forschungsstelle, der am Institut für Psychologie angedockt war, 1932 eine herausragende Studie über die Auswirkungen von Arbeitslosigkeit durch. Die Forschungsergebnisse waren gerade auch durch die von den WissenschafterInnen eigens entwickelten Methoden der teilnehmenden Beobachtung bahnbrechend. Auf diese Weise konnten sie unter anderem zeigen, dass Langzeitarbeitslosigkeit nicht zur Revolte, sondern viel eher zu politischer Apathie und Resignation führt. Die in weiten Teilen von Marie Jahoda verfasste Studie »Die Arbeitslosen von Marienthal« wurde zum Klassiker der modernen Sozialwissenschaften.885 Jahodas Leben war aber nicht nur durch ihre Forschung, sondern auch von einer ausgeprägten Politisierung gekennzeichnet. Sie war in der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei (SDAP) aktiv, arbeitete als Referentin in der Sozialistischen Bildungszentrale und als Bibliothekarin der Arbeiterbücherei im Karl-Marx-Hof.886 Als Konsequenz der Februarkämpfe 1934 und des Parteiverbots engagierte sie sich bei den Revolutionären Sozialisten Österreichs und blieb auch nach dem Sommer 1936 Teil der aktiven linken Opposition.

Personen in einem Jahr als der »Wissenschaft« und zu einem anderen Zeitpunkt als der »Administration« zugehörig geführt wurden. Dennoch wurden diesen Personen in dieser Auswertung nur in einer Kategorie gezählt. 884 Vgl. Jahoda, Lebensgeschichtliche Protokolle der arbeitenden Klassen 1850–1930. 885 Vgl. Jahoda/Lazarsfeld/Zeisel, Die Arbeitslosen von Marienthal. 886 Vgl. Jahoda, »Ich habe die Welt nicht verändert«, S. 54–62.

Antisemitischer Grundkonsens

209

Aufgrund ihrer illegalen politischen Arbeit verhafteten die Austrofaschisten Jahoda Ende 1936. Die 30-Jährige wurde zu drei Monaten Kerker und einem Jahr Schutzhaft verurteilt. Dank internationaler Proteste kam sie 1937 frei. Die Amnestie war aber an die Bedingung geknüpft, das Land umgehend und ohne ihre Tochter zu verlassen. Jahoda flüchtete 1937 nach England; als Symbol des endgültigen politischen Ausschlusses wurde ihr darüber hinaus die österreichische Staatsbürgerschaft aberkannt. Ihre Entscheidung, der erzwungenen Exilierung zuzustimmen, bedeutete für sie aber die Lebensrettung: Jahoda stand auf nationalsozialistischen Listen mit anderen NS-GegnerInnen und wäre nach dem »Anschluss« in unmittelbarer Lebensgefahr gewesen. Ihre Tochter sah sie erst sieben Jahre nach ihrer Flucht aus Österreich wieder.887

Antisemitischer Grundkonsens Die brutalen antisemitischen Ausschreitungen gegen Studierende an der Universität Wien waren mit dem Beginn der austrofaschistischen Repressionsmaßnahmen 1933 langsam, aber stetig zurückgegangen. Dieser Wandel war in erster Linie eine indirekte Folge der Maßnahmen gegen die NS-Studierenden gewesen, die freilich nicht nur wegen ihres Antisemitismus, sondern nach dem Bruch in der Deutschen Studentenschaft vor allem auch als Gegner der Regierung und der katholischen Studierenden bekämpft wurden. Es gab in den Jahren nach der Parlamentsausschaltung 1933 jedenfalls keine direkten staatlichen Anordnungen, um den Antisemitismus an den Hochschulen einzudämmen. Dieser blieb vielmehr auch ein Teil der Grundhaltung vieler »Regierungsstudenten«,888 nahm aber nur mehr in Ausnahmefällen die Form physischer Gewalt an. Die akademischen Vorbilder bzw. Anführer der Christlichsozialen hatten sich vor allem seit den 1920er Jahren klar antisemitisch geäußert und keinen Grund, dies offiziell oder inoffiziell in den Jahren 1933 bis 1938 zu ändern.889 Bereits an Richard Schmitz’ 1932 veröffentlichtem Kommentar zum Parteiprogramm wird deutlich, dass der Antisemitismus zur Grundeinstellung gehörte. Er war für Schmitz »seit den Anfängen der Bewegung ein Stück des christlichsozialen Wesens. Kein bloßes Agitationsmittel, sondern ein Teil des Programms.«890 Ähnliches kann auch für die austrofaschistischen Studierenden behauptet und durch einen Blick in das Blatt »Academia«, der Verbandszeitschrift des CV, bestätigt werden. Im »Cartellverband der Katholischen Deutschen Studentenverbindun887 888 889 890

Vgl. Fleck, Marie Jahoda – ein Portrait. S. 301–304. Gehler, Studenten, S. 322. Vgl. Tálos, Das austrofaschistische Herrschaftssystem, S. 473–477. Bundesparteileitung, Das christlichsoziale Parteiprogramm, S. 67.

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Abstieg des Austrofaschismus

gen«, wie der Verband offiziell hieß, waren bis Sommer 1933 auch die österreichischen CV-Verbindungen vertreten gewesen. Er war der wichtigste katholische, farbentragende Dachverband nichtschlagender Studentenverbindungen in Österreich. Im Herbst 1933, also nur ganz knapp nach dem Austritt der Österreicher im Juli 1933, wurde in dem Blatt eine aufschlussreiche Abhandlung zur »Judenfrage« abgedruckt. Der Autor und Studienrat aus Breslau, Johannes Zeuschner, ließ klare Sympathien für den »völkischen« Antisemitismus erkennen, um dann allerdings festzuhalten: »Viel bedeutsamer ist die Stellung zur Judenfrage von der religiösen, kirchlichen Seite her.«891 Für den Verfasser war es offensichtlich, dass der Kampf zwischen dem Christentum und dem Judentum auch noch 1933 aktuell war, so »wie zwischen Christus und den jüdischen Gegnern seiner Zeit«. An diesem Text zeigt sich zum einen, dass der katholische Antisemitismus – im Gegensatz zum biologisch-rassistischen Antisemitismus der Nationalsozialisten – religiös und völkisch begründet wurde, wobei die Grenzen hier nicht immer klar zu ziehen sind. Andererseits zeigt sich an diesem und anderen Texten in der Zeitschrift »Academia«, dass trotz des Rückgangs antisemitischer Schlägereien die Diskriminierung von jüdischen Studierenden fortbestand und Platz in den öffentlichen Publikationen der Studierenden hatte.892 Aber nicht nur an studentischen Veröffentlichungen, auch an Äußerungen etlicher Funktionäre und Lehrender im Hochschulbereich – nicht zuletzt aus dem (Ö)CV – lassen sich antisemitische Haltungen festmachen. Das gilt auch für die ersten beiden Studentenführer bzw. Sachwalter der Universität Wien: Der JusStudent Josef Klaus war, noch bevor er austrofaschistischer Sachwalter an der Universität Wien wurde, als Mitglied der CV-Verbindung Rudolfina und Vertreter der Fraktion der Katholisch-Deutschen Hochschülerschaft Österreichs (KDHÖ) in der Deutschen Studentenschaft mit offen antisemitischen Positionen aufgetreten. Als KDHÖ-Funktionär hatte er 1932 einen – bereits erwähnten – »offenen Brief« gegen den Dekan der Medizinischen Fakultät, Ernst Peter Pick, unterschrieben.893 Der Grund des Schreibens wurde bereits weiter oben ausgeführt: Klaus und seine Gesinnungsgenossen wollten nur »deutsche« Lehrende anerkennen.894 Der international renommierte Pharmakologe Pick war als »Jude« im Amt des Dekans für sie nicht tragbar. 1936 ließ wiederum Emmerich Czermak, von 1929 bis 1932 (mit einer Unterbrechung) Unterrichtsminister und in den 1920er Jahren Mitglied der anti891 Grundsätzliches zur Judenfrage. In: Academia 46 (15. 9. 1933) 5, S. 166. 892 Die relevantesten studentischen Publikationen waren: »Academia«, »Akademische Nachrichten«, »Der Heimatschutz-Student«, das »Jahrbuch der Hochschülerschaft Österreichs« und die »Österreichische Hochschulzeitung«. 893 Vgl. Taschwer, Hochburg, S. 152–153. 894 Vgl. Hubenstorf, Medizinische Fakultät 1938–1945, S. 269.

Antisemitischer Grundkonsens

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semitischen Deutschen Gemeinschaft, bei einer Schulungstagung vor jungen CVMitgliedern verlauten: »Die Judenfrage existiert daher sicherlich auch für uns CVer, aber wir haben sie im CV gelöst […]: wir sind judenrein. Bei uns ist der Arierparagraph erfüllt […]. Für uns war es immer selbstverständlich, daß Halbjuden und jüdisch Belastete nicht in unsere Reihen gehören. Der sogenannte Rassenstandpunkt ist also durch uns praktisch richtig gehandhabt worden.«895

Dabei ist wichtig zu ergänzen, dass Czermak bereits 1933 ein Buch mit Vorschlägen zur »Ordnung in der Judenfrage« veröffentlichte und kurz darauf zum (letzten) Parteiobmann der Christlichsozialen Partei ernannt wurde.896 Auch in der »Österreichischen Hochschulzeitung« wurde nach dem Juliabkommen 1936 die »Judenfrage« in zwei aufeinanderfolgenden Kommentaren behandelt – im Unterschied zu den Jahren zuvor, in denen so gut wie nie offen über das Thema geschrieben worden war.897 Ein namentlich nicht erwähnter Autor erhielt im November 1937 gleich am Titelblatt die Möglichkeit, wirtschaftlich, religiös und »rassisch« begründete Bedenken gegenüber Jüdinnen und Juden zu äußern. Als Lösung »der Spannungen« verwies er auf das Gleichnis vom wartenden Bettler vor den Toren Roms und zitierte den Philosophen Martin Buber, der den Jüdinnen und Juden den Weg in den Zionismus und nach Palästina empfahl. In der Zeitschrift hieß es: »Das sind Möglichkeiten, bestehende Spannungen zu mildern oder ganz zu beseitigen. Eine Lösung der Judenfrage ist nur in einem Sinn denkbar. Diesen Weg zeigt vielleicht eine alte chassidische Legende: ›Vor den Toren Roms sitzt ein aussätziger Bettler und wartet. Es ist der Messias, der dort auf dich wartet… ‹«898

In der Folgenummer knüpfte ein weiterer anonymer Autor daran an und machte sich erneut »Gedanken zur Judenfrage«, diesmal vor allem aus wirtschaftlicher Perspektive. Neben den gängigen antisemitischen Stereotypen – die Rede ist von jüdischen Banken, die den Finanzsektor dominierten – sah auch er »die Juden« als Teil eines »Fremdvolkes«, das dem »Wirtsvolk« (zu dem sich der Autor zählte) die Arbeitsplätze wegnehme und dessen »Schutzpatron« die jüdisch dominierte Presse sei. Obwohl der Text in einer Hochschulzeitung erschien, ging er auf »die Juden« an den österreichischen Universitäten eigentlich gar nicht ein.899 Vor dem Hintergrund der schrittweisen Annäherung an NS-Deutschland nach dem Sommer 1936 bis hin zum Berchtesgadener Abkommen im Februar 1938 er-

895 896 897 898 899

Czermak, Der CV und die Judenfrage, S. 61. Vgl. Czermak/Karbach, Ordnung in der Judenfrage. Vgl. Pauley, Geschichte des österreichischen Antisemitismus, S. 328. »Gedanken zur Judenfrage«, Österreichische Hochschulzeitung, 20. 11. 1937, S. 1–2. Vgl. »Gedanken zur Judenfrage«, Österreichische Hochschulzeitung, 6. 12. 1937, S. 6.

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Abstieg des Austrofaschismus

scheinen diese beiden Kommentare vor allem auch als eine publizistische Anbiederung an NS-Deutschland.900 Der akademische Antisemitismus an der Universität Wien hatte lange vor 1938 – aber eben auch schon vor 1933 – viele Vorbilder, sowohl im Studierenden- und Lehrendenmilieu als auch in Politikerkreisen. Diskriminiert wurden jüdische Studierende in den 1920er und frühen 1930er Jahren an den Hochschulen auf vielfältige Weise: Man verwehrte ihnen den Zugang zur studentischen Vertretung, forderte ihre zahlenmäßige Beschränkung bzw. bewirkte einen Numerus clausus (so unter anderem an der Technischen Hochschule Wien). Sie wurden von ihren KommilitonInnen verbal gedemütigt, waren regelmäßig Mittelpunkt unzähliger Schmäh- und Hetzschriften sowie Sündenböcke und Feindbild für deutschnationale, nationalsozialistische und katholische Studenten innerhalb der Deutschen Studentenschaft. Nach deren Auflösung 1933 gingen die beinahe alltäglichen antisemitischen Krawalle, die im Studienjahr 1932/33 ihren Höhepunkt erreicht hatten, zurück. Der Antisemitismus trat in den Jahren von 1934 bis 1938 in den Hintergrund.901 Die Repräsentanten des Austrofaschismus vermieden in der Öffentlichkeit direkte Angriffe auf Juden und Jüdinnen. Antisemitismus wurde allerdings toleriert, die Judenfeindlichkeit gefördert, er bestand inoffiziell, in alltäglichen Phänomenen und war nie verpönt.902 Emmerich Tálos nennt ihn den »gelebten Antisemitismus« im Austrofaschismus, der beispielsweise junge jüdische Ärzte und Ärztinnen nach dem Studium bitter traf, als sie sukzessive von der Fachausbildung ausgeschlossen wurden.903 An der Universität Wien ging die Zahl der jüdischen Studierenden sicher auch aufgrund der jahrelangen gewalttätigen Krawalle stetig zurück. Vermehrte Konversionen, die viele Gründe haben konnten, trugen vermutlich aber auch zur sinkenden Zahl bei. Betrug der Anteil jüdischer Studierender 1921/22 noch 33 Prozent, waren es 1932/33 nur mehr 19 Prozent (siehe Abb. 33, S. 213). Im Studienjahr 1936/37, als Walter Sokel sein Studium aufnahm, war er nur mehr einer von 1.592 offiziell als jüdisch geführten Studierenden an der Universität Wien. Bei einer Studierendenzahl von 10.153 bedeutete das einen Anteil von 16 Prozent.904 Zwölf Jahre zuvor waren es elf Prozentpunkte mehr gewesen.

900 Vgl. Erker, Studierende der Universität Wien und ihr Antisemitismus in der Zwischenkriegszeit. 901 Vgl. Fleck/Müller, Zum nachnazistischen Antisemitismus in Österreich. 902 Vgl. Tálos, Das austrofaschistische Herrschaftssystem, S. 474. 903 Vgl. Tálos/Wenninger, Das austrofaschistische Österreich 1933–1938, S. 134 und S. 136. 904 Vgl. UAW, Akad. Senat, GZ. 70, Wintersemester 1936/37.

213

Antisemitischer Grundkonsens

1903/04

24%

1911/12

26%

1913/14

28%

1914/15

41%

WS 1915/16

54%

WS 1916/17

47%

1920/21

42%

1921/22

33%

1923/24

30%

1924/25

27%

1925/26

25%

WS 1932/33

19%

WS 1933/34

19%

WS 1934/35 WS 1935/36 WS 1936/37 WS 1937/38

18% 17% 16% 15%

Abb. 33: Anteil von Studierenden jüdischer Konfession bzw. von sich als jüdisch deklarierten Studierenden an der Universität Wien von 1903/04 bis 1937/38 in Prozent.905

2008 war Sokel Ehrengast der Universität Wien, um hier am 70. Jahrestag des »Anschlusses« eine vielbeachtete Rede zu seiner Studienzeit im Austrofaschismus sowie seinen Erfahrungen als vertriebener Student der Universität Wien zu halten. Er erinnerte sich an die letzten beiden Jahre vor dem »Anschluss« an 905 Eigene Erhebungen, soweit vorhanden in UAW, Akad. Senat, GZ. 70, Statistische Ausweise über die Inskriptionsergebnisse im laufenden Studienjahre von 1903/04 bis 1937/38 sowie Goldhammer, Die Juden Wiens, S. 39, Reichspost, 3. 3. 1918, S. 7, Taschwer, Hochburg, S. 68. Für die Jahre 1917 bis 1921 und 1926 bis 1932 sind keine Zahlen der jüdischen Studierenden überliefert.

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Abstieg des Austrofaschismus

»seiner« Universität wie folgt: »Wir jüdischen, das heißt als nicht-arisch geltenden Studenten, fanden uns isoliert, völlig auf uns allein angewiesen, ohne kameradschaftliche, ohne gesellschaftliche Beziehungen zu unseren sogenannten arischen Kommilitonen. […] Wir waren ghettoisiert.«906 Und Sokel lieferte noch eine andere eindrückliche Beschreibung des stillschweigenden Antisemitismus im Austrofaschismus – eine Art gespenstische Ruhe vor dem Sturm: »Was ich an der Universität vorfand, waren keine Schlägereien, keine Krawalle, keine physischen Angriffe mehr auf jüdische Studenten, sondern die Vorzeichen dessen, was später als Shoa so grauenhaft bekannt werden sollte. Ich meine damit eine stillschweigende, nicht offizielle, totale Ausgrenzung der Juden aus der Gemeinschaft.«907

Vergiftetes politisches Klima, ein Mord und sein Nachleben Neben »stillschweigenden« Ausgrenzungen durch KommilitonInnen hatte Sokel im Sommer 1936 sicherlich auch den Mord an dem Philosophieordinarius Moritz Schlick und die darauffolgende antisemitische Berichterstattung wahrgenommen. Die Tat geschah am 22. Juni 1936 im Hauptgebäude der Universität Wien auf der sogenannten Philosophenstiege, wo seit 1993 eine Gedenkplatte daran erinnert. »Ein durch Rassismus und Intoleranz vergiftetes geistiges Klima« habe dazu beigetragen, heißt es da. Diese Aussage ist umstritten, denn Schlicks Mörder Hans Nelböck stand in psychiatrischer Behandlung und hatte vor seiner Tat bereits mehrfach aus persönlichen Gründen seinen ehemaligen Doktorvater mit dem Tod bedroht. Das »vergiftete geistige Klima« zeigte sich vor allem nach dem Attentat, das kurz vor dem Juliabkommen 1936 verübt wurde. Nelböck selbst inszenierte sich bereits unmittelbar nach der Tat, als er ruhig vor Ort auf seine Festnahme wartete (siehe Abb. 34, S. 215). Vor Gericht gestand er den Mord und berichtete medienwirksam über Schlicks antimetaphysische Lehre, die auf ihn und seine moralische Überzeugung angeblich verunsichernd gewirkt hätte.908 Das Gericht stufte den Täter als unzurechnungsfähig ein, dennoch griff ein Teil der Presse Nelböcks Argumentation auf. In der Berichterstattung über den Fall wird offensichtlich, wie groß zu dieser Zeit die ideologische Kluft zwischen strikt regimetreuen Austrofaschisten und jenen Intellektuellen war, die längst mit nationalsozialistischer Ideologie sympathisierten. Eine loyale Haltung zu Schlick und zum Regime nahm der Philosoph Dietrich Hildebrand in seiner

906 Sokel, Das provisorische Dasein: 1936–1938, Minuten 5:56–7:39. 907 Ebd. 908 Vgl. Kniefacz, Der Mord an Prof. Moritz Schlick.

Vergiftetes politisches Klima, ein Mord und sein Nachleben

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Zeitschrift »Der Christliche Ständestaat« ein, indem er darauf hinwies, dass Schlick ein Unterstützer von Dollfuß gewesen war: »Alle Mitglieder der philosophischen Fakultät werden ihm als besonders loyalen, menschenfreundlichen, sachlichen Kollegen innig nachtrauern. Seine philosophische Richtung war zwar nicht unsere. Er vertrat die logistische Richtung wie Scholz und Karnap [Rudolf Carnap, Anm. L.E.], die ganz auf positivistischer-relativistischer Grundlage ruht. Aber diese sachlichen Meinungsverschiedenheiten können unseren tiefen Schmerz über den Verlust des verehrten, gerechten, gütigen Kollegen nicht vermindern. Rühmlich sei hervorgehoben, daß er sich durchaus zum neuen Oesterreich bekannte und die Unverträglichkeit des Nationalsozialismus mit wahrer Kultur und Sittlichkeit von Anfang an klar erkannte.«909

Abb. 34: Das Attentat auf Schlick und die Einvernahme Nelböcks.910

909 »Professor Schlick«, zit. nach: Stadler, Die andere Kulturgeschichte, S. 548–549. 910 Neue Illustrierte Kronen-Zeitung, 23. 6. 1936, S. 1.

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Abstieg des Austrofaschismus

Andere Medien nahmen in der Berichterstattung über den Fall aber auch eine Opfer-Täter-Umkehr vor, die Nelböcks Entscheidung, vier Mal auf Schlick zu schießen, beinahe rechtfertigte.911 Die infamste Kritik an Schlick stand in der Zeitschrift »Sturm über Österreich« und stammt wohl von Johannes Sauter, der sich aller Wahrscheinlichkeit nach hinter dem Pseudonym »Prof. Dr. Austriacus« verbarg.912 Der Privatdozent für Rechtsphilosophie und Soziologie warf dem ermordeten Philosophen posthum vor, durch seine positivistischen Lehren christlich-deutsche Werte verraten und unchristliche Inhalte verbreitet zu haben. Zudem denunzierte Sauter den Protestanten Schlick als einen Gelehrten, durch den »der unheilvolle geistige Einfluß des Judentums an den Tag«913 gekommen sei, und führte auch Schlicks ( jüdische) MitarbeiterInnen zum Teil namentlich an. In dieser antisemitischen Tonart endete dann der Text: »Wir möchten aber doch daran erinnern, daß wir Christen in einem christlich-deutschen Staate leben, und daß wir zu bestimmen haben, welche Philosophie gut und passend ist. Die Juden sollen in ihrem Kulturinstitut ihren jüdischen Philosophen haben! Aber auf die philosophischen Lehrstühle der Wiener Universität im christlichdeutschen Österreich gehören christliche Philosophen! Man hat in letzter Zeit wiederholt erklärt, daß die friedliche Regelung der Judenfrage in Österreich im Interesse der Juden selbst gelegen sei, da sonst eine gewaltsame Lösung derselben unvermeidlich sei. Hoffentlich beschleunigt der schreckliche Mordfall an der Wiener Universität eine wirklich befriedigende Lösung der Judenfrage!«914

Auf Sauters infame Kritik an Schlick post mortem erschien eine Erwiderung im »Christlichen Ständestaat«, die ihrerseits mit dem Text abrechnete.915 Die Auseinandersetzung zeigt, wie weit insbesondere in Intellektuellenkreisen die austrofaschistischen Positionen auch auseinanderliegen konnten: Während die katholische-nationale Zeitschrift »Schönere Zukunft« unter ihrem Herausgeber Joseph Eberle für eine konsequent antisemitische Blattlinie mit Nähe zum Nationalsozialismus stand, grenzte sich »Der Christliche Ständestaat« davon ab. Bei der Nachbesetzung von Schlicks Professur setzte sich ein regimetreuer Lehrender durch: Berufen wurde der katholische deutsche Philosoph Alois Dempf, der auch kurz Vorstand des Instituts war, ehe er nach dem »Anschluss« als Gegner des Nationalsozialismus entlassen wurde.916 Einer seiner Konkur911 Vgl. Stadler, Die andere Kulturgeschichte, S. 542–543 und S. 547. 912 Vgl. zu Sauter Ehs, Die Vertreibung der ersten Staatswissenschafter. 913 Schönere Zukunft, zugleich Ausgabe von: Das Neue Reich, 12.7./9. 8. 1936, zit. nach: Stadler, Die andere Kulturgeschichte, S. 547. 914 Schönere Zukunft, zugleich Ausgabe von: Das Neue Reich, 12.7./9. 8. 1936, zit. nach: Ebd., S. 548. 915 Vgl. ebd., Die andere Kulturgeschichte, S. 550–551. 916 Alois Dempf lehrte, bis ihm nach dem »Anschluss« an das Deutsche Reich 1938 die Venia legendi entzogen wurde. Vgl. Stadler, Philosophie – Zwischen »Anschluss« und Ausschluss, S. 124.

Am Vorabend vom »Anschluss«

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renten um die Stelle war Hans Eibl, der sehr viel mehr Sympathien für die Nationalsozialisten gezeigt hatte und für dessen Berufung als Schlick-Nachfolger Bischof Alois Hudal (erfolglos) lobbyiert hatte.917

Am Vorabend vom »Anschluss« Neben den Berufungen von Alois Dempf und Andreas Penners als regimetreue Lehrende war – über das Juliabkommen hinaus – die Förderung loyaler Studierender ein Ziel des Unterrichtsministeriums. Als Mitglied der Vaterländischen Front erhielten sie als Belohnung für ihr systemkonformes Verhalten finanzielle Studienbegünstigungen.918 Darüber hinaus nahm der Staat die Studierendenheime politisch an die Kandare: Die »Studentenheimverordnung« unterstrich die bereits formulierten Ziele des »Hochschulermächtigungsgesetzes« aus dem Jahr 1935 nun auch für den privaten Lebensbereich der Studierenden. Ein neues Heim zu eröffnen oder ein bereits bestehendes weiterzuführen, musste von Unterrichtsminister Hans Pernter genehmigt werden. Dieser wiederum musste für seine Zustimmung die Erziehung zur »sittlichen Persönlichkeit im Geiste vaterländischer Gemeinschaft« als gewährleistet erachten.919 Zur »Aufrechterhaltung der Disziplin« unter den Studierenden wurden zusätzlich weitere Kontrollmaßnahmen eingeführt: So durfte privater Schriftverkehr – beispielsweise Briefe und Telegramme – »zum Schutze der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit«920 geöffnet und eingesehen werden. In eine ähnliche Kerbe wie die genannten Verordnungen schlug schließlich im Oktober 1937 die »Hochschulvereinsordnung«, die konsequent versuchte, politische Betätigung von Studierenden an der Universität einzudämmen, indem sie die bereits strikten Richtlinien für studentische Vereine nochmals verschärfte.921 Der Grund lag in der Praxis der politischen Infiltrierung von bestehenden Vereinen durch linke oder nationalsozialistische Studierende. Mit 1937 sollten zumindest studentische Vereine an der Universität erst nach der Anhörung des Sachwalters zugelassen werden. Gleichzeitig hatte sich auch die Vaterländische Front für einen Aufnahmestopp entschieden. Ziel war es, das »Einströmen«922 der 917 Vgl. Stadler, Studien zum Wiener Kreis, S. 576–577 sowie Limbeck-Lilienau/Stadler, Der Wiener Kreis, S. 431. 918 Vgl. MVBl., Erlaß 41 vom 5. 1. 1937, Nr. 6, Studiengebührenbegünstigungen an den Hochschulen, vaterlandstreues Verhalten als Voraussetzung. 919 BGBl. 146/1937 vom 11. 5. 1937, § 1, Absatz 3. Über die katholischen Heime und die weltlichen Studentenhäuser im Bundesbesitz wurde in dieser Verordnung nichts festgelegt. 920 BGBl. 280/1937 vom 17. 8. 1937, unter anderem § 2. 921 Vgl. BGBl. 348/1937 vom 16. 10. 1937. 922 Tálos/Wenninger, Das austrofaschistische Österreich 1933–1938, S. 63.

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Abstieg des Austrofaschismus

»Illegalen« zu verhindern. Während also in Folge des Juliabkommens die Repression gegen NationalsozialistInnen abnahm, gab es ansatzweise auch Bemühungen, geltende Bestimmungen noch zu verschärfen. Ein Beispiel dafür wäre das Vereinsgesetz.923 Während dieser politischen Gratwanderung trat Richard Lechner im Oktober 1937 als neuer österreichweiter Sachwalter die Position des Studentenführers an. Er hatte bereits Erfahrung in der Verbandsarbeit, da er unter dem Sachwalter Karl Stein Leiter der juristischen Fachgruppe gewesen war.924 Lechner war zudem – so wie Josef Klaus, der erste Sachwalter der Universität Wien – Mitglied in der CV-Verbindung Rudolfina und wurde von Heinrich Drimmel als sein Nachfolger nominiert. Mit Lechner änderte sich der Führungsstil an der Spitze der Hochschülerschaft. Er galt als »modernerer« Sachwalter, und seine Sprache wirkte weit weniger ideologisch als jene seiner Vorgänger. Statt von »Kameraden« sprach er in der »Österreichischen Hochschulzeitung« von »Mitarbeitern und Kollegen«. Er kommunizierte weniger militärisch – zumindest im Gegensatz zu Karl Stein, der sich 1933 noch klar als soldatischer Führer der Studierenden gesehen hatte.925 Lechner hingegen wollte 1937 nur mehr »Mitarbeiter an der gemeinsamen Sache«926 sein. Zudem stellte er erstmals Wahlen der Sachwalterschaft in Aussicht.927 Die (außen-)politischen Veränderungen schränkten Lechners Handlungsspielraum aber bald auch auf Universitätsebene ein. Eine der markantesten Neuheiten der Phase von Juli 1936 bis März 1938 waren die im Jahr 1937 eingeführten »Gas- und Luftschutzübungen«. Sie wurden erstmals im Sommersemester 1937 mit finanzieller Unterstützung des Bundesministeriums für Landesverteidigung für alle Studierenden – somit universitätsübergreifend – wöchentlich und kostenlos angeboten.928 Diese zwölf Termine, die ganz im Sinne der schrittweisen Militarisierung standen, wurden von Professoren verschiedener Disziplinen und verschiedener Wiener Hochschulen im Auditorium Maximum der Universität Wien abgehalten und dürften gut besucht gewesen sein. Das lässt zumindest David Wirths Bericht an das Rektorat der Tierärztlichen Hochschule im Frühsommer 1937 vermuten.929 Die Übungen wurden über den »Anschluss« 1938 hinaus weiter an Wiens Hochschulen durchgeführt, wenn auch zum Teil von anderen Vortragenden. Zu beobachten ist 923 924 925 926 927 928

Vgl. ebd., S. 305. Vgl. Wagner, Von der Hochschülerschaft Österreichs, S. 134. Vgl. Stein, Der Wille, S. 1. Zit. nach: Wagner, Von der Hochschülerschaft Österreichs, S. 133. Vgl. ebd., S. 135. Vgl. VUW, Rektoratsakt 111/1937, Kundmachung des Bundesministeriums für Unterricht, 8. 2. 1937. 929 Vgl. VUW, Rektoratsakt 480/1937, Schreiben von David Wirth an das Rektorat der Tierärztlichen Hochschule, 23. 6. 1937.

Am Vorabend vom »Anschluss«

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hier also für die Hochschulen eine Übernahme von austrofaschistischen Maßnahmen durch das NS-Regime und nicht etwa eine Neueinführung.930

Hörerstreik November 1937 Kurz nach der Neubesetzung der Stelle des Sachwalters im Winter 1937 fanden erneut fakultätsübergreifende Kundgebungen statt, die mehrere Tage andauerten. Am 18. November 1937 demonstrierten am Anatomischen Institut rund 200 Studierende und protestierten gegen die Einführung eines Praxisjahres, mit dem ihr Medizinstudium von fünf Jahren auf sechs Jahre verlängert wurde, was erhebliche Mehrkosten bedeutete.931 Neben der Tatsache, dass sich trotz der anhaltenden Repressionspolitik an der Universität eine protestierende Gruppe formierte, ist vor allem ihre Zusammensetzung bemerkenswert: nationalsozialistische wie linke HörerInnen der Universität sowie auch Studierende jüdischer Herkunft zogen gemeinsam mit Studierenden der Technischen Hochschule zur Universität Wien, um in Sprechchören gegen die neue medizinische Studienordnung und ganz offensichtlich auch gegen das Regime zu demonstrieren.932 Rektor Ernst Späth meldete dem Ministerium, die Studierenden-Proteste seien »keineswegs politisch«.933 Die Reaktion des Ministeriums zeugt allerdings von Zweifeln an Späths Einschätzung der Lage. Um Ausschreitungen wie in den Jahren 1933 und 1934 zu verhindern, wurden an der Universität Wien wieder Ausweiskontrollen eingeführt. Außerdem stockte man das Hochschulwachpersonal auf und sperrte am 24. November 1937 das Hauptgebäude am Ring. An der Technischen Hochschule wurde die Universitätswache sogar von Polizeireitern unterstützt, die Studierende kurzfristig »anhielten«.934 In US-amerikanischen Berichten deutete man die Demonstrationen anders als der Rektor und betonte ihren politischen Charakter: »The strike […] took on a definite political character revealing the pronounced antigovernment and pro-Nazi sympathies of the majority of Austrian university students. […] An interesting feature of this strike was that Jewish and Nazi students found themselves cooperating in mutual antagonism to the University authorities, the former

930 Vgl. Höflechner, Die Baumeister des künftigen Glücks, S. 520. 931 Vgl. »Studentendemonstration vor dem Anatomischen Institut«, Neue Freie Presse, 19. 11. 1937, S. 5. 932 Vgl. »Aufruf der Rektoren an die Studentenschaft«, Wiener Zeitung, 24. 11. 1937, S. 7. 933 Ernst Späth, zit. nach: Ash, Die Universität Wien in den politischen Umbrüchen, S. 107. 934 Vgl. »Die Studentenkundgebungen an der Universität«, Neue Freie Presse (Abendblatt), 24. 11. 1937, S. 8.

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Abstieg des Austrofaschismus

because they are particularly affected by the regulations in the medical faculty and the latter in great part on political grounds.«935

Auch die österreichische Berichterstattung folgte Späths »unpolitischer« Deutung nicht. »Das Kleine Blatt« berichtete über »Sieg Heil-Rufe« und »universitätsfremde Elemente«, die sich unter die Demonstrierenden gemischt hatten. Die Kundgebungen der Studierenden wurden als von politischen »Drahtziehern«936 gelenktes Werk verurteilt. Die »Reichspost« äußerte sich zum politischen Zusammenschluss der Demonstrierenden eher herablassend: »In rührender Eintracht zogen deutschvölkische Studenten und kommunistische Ostjuden von Hörsaal zu Hörsaal. Ein parteipolitischer Hintergrund mangelt also der Szene.«937 Der damalige Student Hermann B. erinnert sich an diese irritierende »Verbrüderung« im November 1937 mit den folgenden Worten: »Der Hörerstreik war eine gefährliche Sache. Hitler war in Deutschland schon an der Macht, und sich in Wien mit Nazikreisen zu verbinden, war nicht einfach. Wir waren zum Teil blind. Aber diese Blindheit hat uns auch geholfen. Wir haben Kontakt mit demokratischen Kräften bekommen. Ich selbst habe damals mit Leuten zusammengearbeitet, von denen ich gewußt habe, daß sie Nazi waren. Einer hat mir einmal gesagt: ich weiß von dir alles, und du weißt es von mir. Aber wir tun einander nichts.«938

Aus anderen Berichten liest man ebenfalls den Vorbehalt heraus, mit »NaziStudenten« zu kollaborieren.939 Zwar brachte die mediale Berichterstattung den Studierenden ein gewisses Verständnis entgegen, da die Ausweitung ihres Studiums durchaus eine finanzielle Herausforderung war.940 Schlussendlich lenkte das Unterrichtministerium ein und verlängerte nach dieser geeinten studentischen Kritik das Medizinstudium doch nicht. Stattdessen verpflichtete man promovierte Ärztinnen und Ärzte, im Anschluss an ihr Studium ein Praxisjahr zu absolvieren: Statt einer neuen »Studienordnung« verabschiedete man eine neue »Ärzteordnung«. Die im Pariser Exil erscheinende »Arbeiter-Zeitung« interpretierte die Abänderungen im Zuge der Streiks als eine »Kapitulation vor den Studenten« und beendete ihren kurzen Bericht kämpferisch: »Man kann schon etwas durchsetzen, wenn man nur Mut hat, in Betrieben und auf der Strasse zu

935 NARA, RG 59, Mikrofilm 1209, Rolle 15, topic »university student strike«, Bericht vom 30. 11. 1937. 936 »Das Stichwort«, Das Kleine Blatt, 25. 11. 1937, S. 2 sowie »Straßenkrawalle der Studenten«, Das Kleine Blatt, 25. 11. 1937, S. 4. 937 »Schließung der Wiener Universität«, Reichspost, 23. 11. 1937, S. 3. 938 Zit. nach: Tidl, Die Roten Studenten, S. 15–16. 939 Vgl. ebd., S. 13–18 sowie Speiser, Die sozialistischen Studenten, S. 156–159. 940 Vgl. »Die Verlängerung des Medizinstudiums«, Neue Freie Presse, 21. 11. 1937, S. 9 sowie »Die Vorgänge an den Hochschulen«, Neue Freie Presse (Abendblatt), 23. 11. 1937, S. 8 und »Das Stichwort«, Das Kleine Blatt, 25. 11. 1937, S. 2.

Am Vorabend vom »Anschluss«

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demonstrieren!«941 Ob es ein tatsächlicher Sieg war, wie die beiden Streikparteien verlauten ließen, sei dahingestellt.

Das Ende des Dollfuß/Schuschnigg-Regimes Im Schatten dieses letzten Aufbegehrens vor dem »Anschluss« änderte das Regime dann noch einmal die Zugangsbedingungen zu den Hochschulen. Ab Dezember 1937 erkannte das Unterrichtsministerium deutsche Reifeprüfungszeugnisse und deutsche akademische Grade in Österreich wieder an. Deutsche AbiturientInnen hatten somit lediglich eine Ergänzungsprüfung an einer Mittelschule abzulegen und in einer Prüfung ihr Wissen über »österreichische Vaterlandskunde« unter Beweis zu stellen.942 Die Anerkennung deutscher Bildungsnachweise wurde im Vorfeld des sogenannten Berchtesgadener Abkommens vom 12. Februar 1938 beschlossen, bei dem Schuschnigg mit dem Vorwurf konfrontiert wurde, das Juliabkommen nicht hinreichend umgesetzt zu haben. Der österreichische Bundeskanzler wurde auf Hitlers Residenz Berghof zu schwerwiegenden Konzessionen gedrängt, die noch weit über das Abkommen vom Juli 1936 hinausgingen. Auf diesem Wege sollte Hitlers Vertrauter Arthur Seyß-Inquart zum Innen- und Polizeiminister bestellt werden. Kurz nach dem Besuch Schuschniggs bei Hitler in Berchtesgaden veröffentlichte das Unterrichtsministerium die Verhandlungsergebnisse, die unter anderem vorsahen, dass alle noch offenen Verfahren gegen Studierende wegen illegaler parteipolitischer Betätigung umgehend eingestellt und politische Disziplinarstrafen erlassen werden sollten. Die Amnestie kam sowohl den nationalsozialistischen als auch den linken Studierenden zu Gute.943 Unter den begnadigten linken Studierenden befanden sich der spätere sozialdemokratische Bundeskanzler Bruno Kreisky sowie Leopold Spira. Letzterer war 1937 unter seinem Decknamen »Toni Kren« wegen illegaler kommunistischer Betätigung zu einem Jahr schweren Kerkers verurteilt worden und nach seiner Enthaftung nach Spanien gegangen, um auf der Seite der Republik gegen den Faschismus zu kämpfen.944 Von der Amnestie profitierte auch der spätere Psychoanalytiker Ernst Federn, ein enger Jugendfreund Christian Brodas. Federn war zunächst Sozialist gewesen; erst nach dem »kollektiven lebensgeschichtlichen Fixpunkt«,945 941 »Kapitulation vor den Studenten«, Arbeiter-Zeitung (Paris), 4. 12. 1937 (TBA). 942 Vgl. »Anerkennung deutscher Reifeprüfungszeugnisse«, Neue Freie Presse, 9. 12. 1937, S. 5. 943 Vgl. MVBl., Erlaß 5567 vom 17. 2. 1938, Nr. 9, Politische Disziplinarvergehen von Hochschülern, Amnestierung. 944 Vgl. UAW, Akad. Senat, S 185 1072 sowie Erker, Relegierte Interbrigadistas, S. 35–37 und Reiter-Zatloukal, Militärdienst eines fremden Staates, S. 97. 945 Safrian, Spanienkämpfer, S. 93.

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Abstieg des Austrofaschismus

den Februarkämpfen, wurde er zum »Jungkommunisten« und wegen illegaler kommunistischer Betätigung 1936 auch von allen österreichischen Hochschulen ausgeschlossen. Federn nahm nach der Amnestie sein Studium an der Rechtsund Staatswissenschaftlichen Fakultät nicht wieder auf und begann sich stattdessen der Medizin und der Pädagogik zu widmen.946 Einige linke Studierende wie Federn waren es auch, die sich noch im März 1938 mit den regimetreuen Studierenden auf eine Zusammenarbeit einigten. Mittlerweile hatte sich die innenpolitische Lage weiter zugespitzt: Am 9. März 1938 kündigte Schuschnigg für den 13. März die Abhaltung einer Volksbefragung über die Selbstständigkeit Österreichs an. Der neue Innen- und Sicherheitsminister Arthur Seyß-Inquart lehnte diese aber kategorisch ab und unterrichtete Hitler von Schuschniggs Plänen. Das gemeinsame Ziel der politisch aktiven Studierenden war es, gegen die Nationalsozialisten in Wien Stimmung zu machen und für die geplante Volksbefragung über das Weiterbestehen Österreichs zu mobilisieren. Karl Bamberger, ehemaliges Mitglied der sozialistischen Studenten, war einer von ihnen und erinnerte sich: »Überall wurden rot-weiß-rote VF-Abzeichen auch von den Kommunisten und Sozialisten getragen und in den Straßen gemeinsame Sprechchöre gerufen […] Im Februar und März 1938 nahmen wir Studenten mit der Vaterländischen Front Verbindung auf. Wir wollten uns gemäß den Vereinbarungen der illegalen Gewerkschaften mit der Vaterländischen Front als Wahlhelfer an der Volksabstimmung am 13. März 1938 beteiligen.«947

Marie Tidl, die ebenfalls am neuen Zweckbündnis beteiligt war, beschrieb die Situation wie folgt: »Kaum vier Monate liegen zwischen den beiden Demonstrationen, dem Hörerstreik im November und der Kundgebung im März, und doch sind aus den Verbündeten Gegner, aus Gegnern Verbündete geworden.«948 Mit anderen Worten: Die linken Studierenden kämpften nun mit den regimetreuen gegen die drohende Gefahr durch die Nationalsozialisten. Eine Zusammenfassung der letzten Tage und Stunden vor der Annexion Österreichs durch Hitlers Truppen geben die Erinnerungen Wolfgang Speisers, dem ehemaligen Leiter des Geeinten Roten Studenten-Verbands: »Knapp vor dem Anschluß stiegen die Hoffnungen auf die Wiedereinführung demokratischer Betätigungsmöglichkeiten. Von der Linken organisierte Demonstrationen 946 Vgl. UAW, Akad. Senat, S 185 1139 und S 185 987. Im Mai 1938 deportierten die Nationalsozialisten Ernst Federn in das KZ Dachau und später in das KZ Buchenwald, wo er die Befreiung durch die US-Armee miterleben konnte. Vgl. Kuschey, Federn, S. 11–29. Christian Broda lud als österreichischer Justizminister Anfang der 1970er Jahre den in den USA lebenden Psychoanalytiker Ernst Federn nach Österreich ein, um diesen zur Mitarbeit an Brodas Strafvollzugsreform zu bewegen. Vgl. Wirth, Broda, S. 54. 947 Speiser, Die sozialistischen Studenten, S. 161. 948 Tidl, Die Roten Studenten, S. 18.

Am Vorabend vom »Anschluss«

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wurden von der Polizei toleriert. Am Vorabend des Anschlusses traf ich vor der Stadtbahnstation Hietzing Christian Broda und Karl Stavarits, welche offen antifaschistische Flugblätter verteilten. Am Spätnachmittag des 11. März befand ich mich gerade auf dem Weg zum Apollo-Kino, wo ich mit einigen Freunden zur Teilnahme an einer Demonstration verabredet war. Ich war in einer exaltierten Stimmung, denn ich war auf der unteren Mariahilferstraße Fredl Landau begegnet, welcher mir freudestrahlend von dem erfolgreichen Abschluß der Verhandlungen der Sozialisten mit Schuschnigg berichtete: Bereits in der folgenden Woche sollte die AZ wieder legal erscheinen. Zwanzig Minuten später wartete ich allein vor dem Apollo-Kino. Nur Ludwig Otruba erschien, niedergeschlagen. ›Alles ist aus, Schuschnigg ist zurückgetreten‹. Er hatte Schuschniggs Abschiedsrede im Radio gehört. Wir eilten nach Hause, um etwa noch vorhandenes belastendes Material zu vernichten.«949

Diese erste und auch letzte gemeinsame Aktivität der »Regierungsstudenten« und der linken Studierenden konnte das Blatt nicht mehr wenden – oder gar den »Anschluss« verhindern.

949 Speiser, Die sozialistischen Studenten, S. 162.

7.

Der lange Schatten des Austrofaschismus: NS-Regime und Nachkriegszeit an der Universität Wien

Die (Selbst-)Gleichschaltung 1938 Anfang März 1938 kam es zu Allianzen, die in den beiden Jahrzehnten zuvor unmöglich schienen: Regimetreue Studierende und linke HochschülerInnen demonstrierten gemeinsam gegen den drohenden »Anschluss«. Diese Proteste blieben aber völlig wirkungslos. Spätestens ab dem 11. März überschlugen sich dann die Ereignisse, der »Anschluss« an das Deutsche Reich war durch den Grenzübertritt der deutschen Truppen besiegelt. Bereits wenige Tage danach setzte an der Universität Wien die diskriminierende NS-Politik gegen Juden und Jüdinnen ein. Betroffen von den Maßnahmen waren aber auch Personen, die »nur« gemäß der »Nürnberger Gesetze« als jüdisch galten. Um einen Eindruck davon zu geben, was das für die Leidtragenden bedeutete, seien im Folgenden zwei Betroffene zitiert, die den März 1938 als Studierende erlebten. Der damals 20-jährige Student Walter Sokel hatte zwar die Vorzeichen zu deuten gewusst, war dann aber auch von der Geschwindigkeit des Umbruchs überrascht, wie er sich Jahre später in einem Rückblick erinnerte: »Diese Plötzlichkeit des ›Anschlusses‹ war für mich ein sehr tiefes Erlebnis […] Die Nazis waren offiziell ja noch verboten in Österreich, und plötzlich, über Nacht, war alles nationalsozialistisch geworden. Eine völlige Umkehrung aller Dinge. Die vaterländischen Fahnen wurden in der Nacht vom 11. zum 12. März von allen öffentlichen Gebäuden heruntergenommen, und Hakenkreuzfahnen, also das Symbol der Illegalität, prangten plötzlich überall – z. B. auch auf dem Kaufhaus Herzmansky. Das hat mich kolossal beeindruckt, daß man sich so plötzlich, über Nacht, um 180 Grad drehen kann – die ganze Bevölkerung! Was noch gestern verboten war, verbietet jetzt das, was gestern verboten hat.«950

Wenig später musste Walter Sokel, der später in den USA Universitätsprofessor für Literaturwissenschaften wurde, »seine« Hochschule verlassen, weil er als Jude verfolgt wurde. Wie für über 2.200 andere Studierende der Universität Wien 950 Walter Sokel, zit. nach: Müller-Kampel, Lebenswege, S. 43–44.

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Der lange Schatten des Austrofaschismus: NS-Regime und Nachkriegszeit

bedeutete der »Anschluss« auch für Ilse Maria Römer (später verheiratete Aschner) eine existenzielle Veränderung.951 Die 1918 geborene Studentin der Germanistik und Psychologie war protestantisch getauft worden und erfuhr erst im Zuge des politischen Systemwechsels von ihrer jüdischen Herkunft. An den 12. März 1938 erinnerte sie sich in einem Interview mit der USC Shoa Foundation wie folgt: »Und das ging so die ganze Nacht. Man hörte also die Geräusche der einfahrenden Panzer, und das jubelnde Heil-Hitler Geschrei. Und in dieser Nacht sagten unsere Eltern uns: ›Wir sind Juden, allesamt. Ihr seid Juden und ihr müsst jetzt damit rechnen, dass ihr vogelfrei seid. Unser Leben wird sich sehr verändern.‹ Meine […] Mutter weinte, also wirklich schrecklich, und aus lauter Rührung weinte ich mit, obwohl ich wirklich wahrscheinlich mit meinen 18 Jahren das volle Ausmaß noch nicht erkannte.«952

Aschner war aber bald selbst mit der harten Realität des NS-Regimes und den Folgen der radikalen Diskriminierung konfrontiert. Wie Sie in einem weiteren Interview ausführte, musste sie sich überlegen, wie ihr Leben nach dem März 1938 weitergehen sollte, »weil im März 38 mir das Studium unmöglich gemacht wurde, weil ich keinen Arierparagrafen nachweisen konnte und das Studium gezwungenermaßen abgebrochen hab […] sehr schnell hat sich herausgestellt, dass eine Entscheidung gar nicht mehr möglich war, wir wurden als Abstämmlinge von Juden, wie das so schön geheißen hat, aus der Gesellschaft ausgeschlossen.«953

Ganz anders sah es direkt nach dem »Anschluss« bei den nun nicht mehr illegalen österreichischen Nationalsozialisten aus. Die Aufbruchsstimmung erfasste auch viele Akademiker und Universitätsprofessoren. Besonders erfreut zeigte man sich im Deutschen Klub, wie sich am Glückwunschschreiben der Vereinsleitung an Arthur Seyß-Inquart zeigt, der am 12. März 1938 zum Bundeskanzler bestellt worden war: »Die Ereignisse des gestrigen Tages wurden im Deutschen Klub mit tiefer Ergriffenheit verfolgt und lösten unter den in großer Zahl anwesenden Mitgliedern unbeschreiblichen Jubel aus, denn – das ist das Ergebnis des Tages – die deutsche Wiedergeburt Österreichs ist eingeleitet. […] Das erfüllt uns mit großer Genugtuung, denn wir sehen darin den Beweis, daß in unseren Reihen stets der Geist herrschte und gepflegt wurde, der zu der beglückenden Wendung des gestrigen Tages geführt hat.«954 951 Vgl. zu Ilse Maria Römer ausführlicher Kamleitner, Verfolgung zwischen »Anschluss« und Holocaust, S. 50. 952 Ilse Aschner in einem Interview mit der USC Shoah Foundation Institute for Visual History and Education, online unter: http://www.erinnern.at/bundeslaender/oesterreich/gedenkta ge/12.-maerz/12-marz-1938-nationalsozialistische-machtergreifung-anschluss (zuletzt abgerufen am 1. 4. 2020). 953 Lausecker, Interview mit Ilse Aschner, Minuten 6:30 und 12:40. 954 Mitteilungen des Deutschen Klubs (März 1938), S. 2.

Die (Selbst-)Gleichschaltung 1938

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Der Deutsche Klub und sein rechtes Netzwerk hatte in den 1930er Jahren insbesondere im Wiener Bildungsbürgertum erfolgreich für den Nationalsozialismus geworben. Entsprechend wurden nach dem »Anschluss« zahlreiche Spitzenpositionen in Politik, Wirtschaft, Kultur und Wissenschaft mit Klubmitgliedern besetzt. Auch an der Universität Wien stiegen Vereinsangehörige zu Rektoren und Dekanen auf: So wurde Fritz Knoll, der im Deutschen Klub für wissenschaftliche Vorträge zuständig gewesen war, am 15. März 1938 von der NSDAP als kommissarischer Rektor der Universität Wien eingesetzt. Diese politische Ernennung von außen war ein einzigartiger Vorgang in der langen Geschichte der Universität, deren Professoren in den Jahrhunderten zuvor die Rektoren stets selbst gewählt hatten. Obwohl der Botaniker Fritz Knoll nicht der Vaterländischen Front beigetreten war – dafür aber 1937 der NSDAP – war er im Gegensatz zu anderen nationalsozialistischen Professoren und NS-Sympathisanten wie Othenio Abel, Karl Gottfried Hugelmann oder Max Layer vor dem »Anschluss« nie politisch gemaßregelt worden. Dass er bereits während des Austrofaschismus Vorlesungen in SS-Hosen und Reiterstiefeln gehalten hatte, blieb ohne Konsequenzen.955 Unmittelbar nach seiner Einsetzung als Rektor und als interimistischer Leiter der Akademie der Wissenschaften (sein Nachfolger dort war der Historiker Heinrich Srbik, ebenfalls Mitglied des Deutschen Klubs) begann er mit dem Vollzug der Gleichschaltung der Universität Wien. Das passierte zum Teil in vorauseilendem Gehorsam gegenüber der NS-Doktrin, da die gesetzlichen Grundlagen zunächst noch fehlten. So setzten bereits einen Tag nach Knolls Ernennung die ersten Verhaftungen und Hausdurchsuchungen bei jüdischen Professoren und Anhängern des Dollfuß/Schuschnigg-Regimes ein.956 Und bereits eine Woche später konnte Knoll verkünden, dass der »Rohbau der inneren Organisation der Universität« abgeschlossen sei und »alles in geordneten Bahnen« verlief.957

955 Vgl. WStlA, M. Abt. 119, A42 – NS-Registrierung GZ. 2840, Fritz Knoll, Registrierungsblatt für die Verzeichnung der Nationalsozialisten. Knoll wurde – wie auch Othenio Abel – als »Illegaler« eingestuft, seine Mitgliedsnummer in der Partei lautete 6.235.774. Im Gauakt von Fritz Knoll im Österreichischen Staatsarchiv ist Knolls Aufnahme in die Partei mit 1. 5. 1938 mit derselben Mitgliedsnummer vermerkt. Vgl. ÖStA, AdR, Inneres 1945–2002, Gauakt 78749 (Fritz Knoll), Schreiben des Gaupersonalamtsleiters an die Gauleitung Sudetenland vom 25. 7. 1941 sowie ÖStA, AdR, Inneres 1945–2002, Gauakt 78749 (Fritz Knoll), Schreiben des Gaupersonalamtsleiters an die Gauleitung Sudetenland vom 25. 7. 1941, in dem der Gaupersonalleiter Knoll politisch beurteilte. 956 Vgl. Posch, März 1938, S. 101 sowie Taschwer, Fritz Knoll, S. 48. 957 Zit. nach Mühlberger, Vertriebene Intelligenz, S. 8.

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Der lange Schatten des Austrofaschismus: NS-Regime und Nachkriegszeit

Abb. 35: Porträt von Fritz Knoll als Rektor der Universität Wien.958

Die Nationalsozialisten mussten im März 1938 bei der Umgestaltung der Hochschulen und insbesondere bei den antisemitischen Vertreibungen nicht bei Null beginnen, sondern konnten auf Vorarbeiten zurückgreifen, die bereits in den Jahren zuvor geleistet worden waren. Dazu zählten etwa die antisemitischen Intrigen von Netzwerken wie der Bärenhöhle an der Philosophischen Fakultät, dem Spann-Kreis an der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät oder den Machenschaften der Deutschen Gemeinschaft. So hatten lange vor 1938 jüdische und/oder linke WissenschafterInnen kaum mehr eine Möglichkeit gehabt, sich 958 UAW, 105.P 143, »Porträt von Fritz Knoll als Rektor der Universität Wien 1938–1943 vor einem Vorhang mit Hakenkreuzornamenten«.

Die (Selbst-)Gleichschaltung 1938

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an der Universität Wien zu habilitieren oder gar zu Professoren aufzusteigen. Vor allem aber gab es spätestens seit 1924 einschlägige »gelbe Listen«, auf denen alle Lehrenden verzeichnet waren, die laut der Definition der Nationalsozialisten als jüdisch galten. Die Nationalsozialisten konnten aber auch auf gesetzliche Bestimmungen aus der Zeit des Dollfuß/Schuschnigg-Regimes zurückgreifen. Ein Beispiel dafür waren die neuen gesetzlichen Regelungen der Habilitationen, die bereits nach dem Ersten Weltkrieg für ideologisch und antisemitisch motivierte Einflussnahmen genutzt worden waren. Bis zum Austrofaschismus konnte das Professorenkollegium auf Basis der Habilitationsnorm des Jahres 1888 aus einem »in der Person liegenden Grund« die Habilitation verwehren, was in einigen Fällen (etwa bei der jüdischen Biologin Leonore Brecher) genützt wurde.959 Ab 1934 wurde die Habilitationsnorm abermals verschärft. Zunächst wurde »in der Regel«, wie es im Gesetzestext hieß, ein österreichisches Reifeprüfungszeugnis sowie die österreichische Staatsbürgerschaft Voraussetzung für die Erlangung der Venia.960 1935 kam es zu einer weiteren Verschärfung. Ab diesem Zeitpunkt mussten sich abgelehnte Habilitationswerber bei einer Beschwerde direkt an das Unterrichtsministerium wenden.961 Das verringerte natürlich die Chancen auf Erfolg eines Einspruchs.962 Vor allem aber konnte das Ministerium ab 1935 Habilitationen von sich aus rückgängig machen, wie das bei einigen nationalsozialistischen Lehrenden auch tatsächlich geschah. Und genau auf diese Möglichkeit beriefen sich auch die neuen nationalsozialistischen Verwalter bei der »Säuberung« des Lehrkörpers der Universität Wien ab 1938.963 Unter anderem wurde aufgrund dieser »Vorleistungen« der »Umbau« der Universität Wien viel schneller als an den »gleichgeschalteten« Universitäten im »Altreich« vollstreckt. Dazu kam aber auch noch, dass die neue Universitätsleitung gemeinsam mit dem neuen Unterrichtsminister quasi schon ein eingespieltes Team waren und sich gut kannten: Unterrichtsminister Oswald Menghin war ebenso ein Mitglied des Deutschen Klubs wie Hans Hirsch, der als Prorektor Knoll zur Seite stand. Auf der Ebene der neuen Dekane gehörten der Mediziner Eduard Pernkopf, der evangelische Theologe Gustav Entz und der Orientalist Viktor Christian dem Deutschen Klub an. Der Jurist Ernst Schönbauer wiederum konnte nach dem »Anschluss« die Stelle des Dekans für die Rechts- und 959 Vgl. StGBl. 415/1920 vom 2.9. und 8. 9. 1920, § 6, Absatz 1. Vgl. zur Habilitationsnorm aus dem Jahr 1888 Staudigl-Ciechowicz, Dienst-, Habilitations- und Disziplinarrecht, S. 249– 250. 960 Vgl. BGBl. 34/1934-II vom 23. und 28. 5. 1934, Artikel 1. 961 Vgl. BGBl. 446/1935 vom 3. 12. 1935, Artikel 1. 962 Vgl. StGBl. 415/1920 vom 2.9. und 8. 9. 1920 sowie BGBl. 446/1935 vom 3. 12. 1935. 963 Vgl. Staudigl-Ciechowicz, Das Dienst-, Habilitations- und Disziplinarrecht der Universität Wien, S. 320.

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Staatswissenschaften antreten, nachdem er im Austrofaschismus als NS-Sympathisant noch daran gehindert worden war. Mit Franz Zehentbauer als Dekan der Katholisch-Theologischen Fakultät hatte Knoll einen weiteren verlässlichen Mitstreiter im Führungsgremium der Universität.964 Knoll und sein Team sorgten bis Ende April 1938 für die Vertreibung von 252 Lehrenden aus rassistischen und/oder politischen Gründen.965 Bei der Mehrheit handelte es sich um rassistisch motivierte Entlassungen, bei 84 dürften aber ausschließlich politische Gründe ausschlaggebend gewesen sein. Die meisten Betroffenen der »politischen Säuberungen« waren Anhänger und Funktionäre der Dollfuß/Schuschnigg-Diktatur, 18 waren Mitglieder des ÖCV, was aber per se noch kein Entlassungsgrund war.966 Schließlich war auch der neue Unterrichtsminister Menghin noch CVer gewesen. Unter den 252 Entlassenen waren aber auch Lehrende wie der Philosoph Heinrich Gomperz, die im Dollfuß/Schuschnigg-Regime zwangspensioniert worden waren, aber weiter die Lehrberechtigung hatten und deshalb im gedruckten Personalstand der Universität aufschienen. Gomperz war 1938 längst im Ausland, dennoch entzogen ihm erst die Nationalsozialisten die Venia legendi. Etwas länger dauerte es mit den »Säuberungen« bei den Studierenden. Nach mehreren Verschärfungen der Zugangsbedingungen wurden letztlich über 2.230 Studierende von der Universität ausgeschlossen, weil sie als jüdisch galten.967 Die beiden zitierten Studierenden Ilse Maria Römer (Aschner) und Walter Sokel waren zwei von ihnen.

Belohnung der »illegalen« Loyalitäten Einige universitätspolitische Entscheidungen aus den Jahren von 1933 bis 1938 wurden durch die NS-Führung nach ihrer Machtübernahme »korrigiert«. Das betraf etwa Othenio Abel, Wenzel Gleispach, Karl Gottfried Hugelmann, Max Layer, Friedrich Machatschek und Hans Uebersberger. Sie waren als prominente 964 Vgl. »Neuwahlen von Dekanen notwendig«, Neue Freie Presse, 16. 9. 1934, S. 6 sowie Taschwer, Hochburg, S. 206. Vgl. zu Gustav Entz Pfefferle/Pfefferle, Glimpflich entnazifiziert, S. 15 und S. 250 sowie zu Franz Zehentbauer Vetter, Katholisch-theologische Fakultät, S. 185. 965 Andreas Huber beziffert die Zahl der vertriebenen Lehrenden der Universität Wien für die gesamte NS-Zeit auf 303 Personen (ohne Emeritierte mitzuzählen). Vgl. Huber, Rückkehr erwünscht, S. 18. 966 Vgl. zu den politisch Entlassenen Huber, Rückkehr erwünscht, S. 28. Eine ganz eindeutige Trennung zwischen »rassistisch« und politisch motiviertem Ausschluss kann auch Huber nicht in allen Fällen vornehmen. Bei einigen Betroffenen handelte es sich um politische und rassistische Gründe. 967 Vgl. zu den Studierendenzahlen Posch, Die Namen der vertriebenen Studierenden, S. 352.

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NS-affine Professoren 1933 und 1934 von der Universität Wien zwangs- bzw. frühpensioniert worden. Im Studienjahr 1940/41 wurden sie für ihre politische Linientreue und die dafür (vermeintlich) erlittenen Nachteile unter den Austrofaschisten von den Nationalsozialisten gewissermaßen entschädigt und erhielten die neu eingeführte Ehrensenatorenwürde.968 Karl Gottfried Hugelmann bemühte sich zudem bereits 1938 um eine Entschädigung für seine Einbußen, die er durch seinen erzwungenen Weggang nach Münster 1934 hatte hinnehmen müssen. Er stellte dafür einen Antrag bei der Wiedergutmachungsstelle für Niederdonau sowie beim Reichsminister für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung. Die Argumente für den finanziellen Schaden, den er abgeglichen haben wollte, waren die doppelte Haushaltsführung zwischen Österreich und Deutschland sowie die kurzfristige Abgeltung seines Einkommensverlusts. Immerhin machte Hugelmann in Münster rasch Karriere und wurde noch 1935 zum Rektor gewählt.969 Die von Seyß-Inquart am 16. September 1938 erlassenen Richtlinien, die unter anderem auch Beförderungen als Ausgleich für die (illegale) Treue zur nationalsozialistischen Bewegung von 1933 bis 1938 beinhalteten, führten dazu, dass sich neben Hugelmann noch viele andere als Geschädigte des Dollfuß/Schuschnigg-Regimes präsentierten und deshalb um finanzielle oder berufliche Kompensation ansuchten.970 Für jene Nationalsozialisten, die von 1933 bis 1938 an der Universität Wien bleiben konnten, folgte nach dem »Anschluss« meist eine steile Karriere. Einer davon war der mehrfach erwähnte Eduard Pernkopf (bereits seit 1933 Mitglied der NSDAP und seit 1935 im Deutschen Klub bestens vernetzt). Unter der Führung von Fritz Knoll stieg Pernkopf zum Dekan der Medizinischen Fakultät und zugleich zum Leiter des Doppelinstituts für Anatomie auf. Der 1936 als Nachfolger von Julius Tandler im Zuge einer »Ständestaat«-Berufung eingesetzte 968 Vgl. Liste der Ehrensenatoren der Universität Wien. In: 650 plus – Geschichte der Universität Wien, online unter: http://geschichte.univie.ac.at/de/personen/ehrungen?title=&honor s=1087&page=1&order=field_date&sort=desc (zuletzt abgerufen am 1. 4. 2020). Rasch nach Kriegsende begründete Adamovich, letzter Justizminister im Austrofaschismus, 1945 die Aufhebung der sieben Auszeichnungen mit formalistischen Argumenten: Die Ernennung von Ehrensenatoren gab es laut den österreichischen Bestimmungen nicht, und so wurde schlicht das Staatsamt für Unterricht von der Aufhebung darüber informiert, die nun »Ent-Ehrten« sollten darüber gar nicht verständigt werden. Bis heute sind sie die einzigen Ehrungen der Universität Wien, die aufgehoben wurden. Vgl. UAW, Senat, Sitzungsprotokolle, Studienjahr 1944/45, Sitzung vom 19. 5. 1945, S. 3, S. 5 und S. 6 und zusätzlich auch Sitzung vom 9. 6. 1945, S. 6. Erst in den 1950er Jahren erfolgte die Wiedereinführung dieser Ehrung, die 1956 erstmals wieder – an Richard Meister – verliehen wurde. Vgl. Kniefacz/ Erker, »Es ist halt alles eine Blickwinkelfrage!«, S. 277–278. 969 Vgl. ÖStA, AVA, Unterricht Allgemein 1848–1940, Professoren und Lehrkräfte 1937–38, Ktn. 799, GZ. IV-49.712/38, 1938, Schreiben vom 6. 2. 1939. 970 Vgl. ÖStA, AVA, Unterricht Allgemein 1848–1940, Kollegien, Lehrerkonferenzen in genere 1938–1940, Ktn. 300, GZ. IV-1-34.130/b, 1938, Schreiben vom 16. 9. 1938.

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Der lange Schatten des Austrofaschismus: NS-Regime und Nachkriegszeit

Anatom Gustav Sauser musste die Universität nach nicht einmal zwei Jahren schon wieder verlassen und wurde Apotheker in Wels.971 Die Bilder von Pernkopfs Semester-Eröffnungsvortrag, den er im April 1938 in SA-Uniform hielt, sind zu fotografischen Ikonen und Symbolen für die NS-Zeit an der Universität Wien geworden. Darauf zu sehen ist Pernkopf mit Hakenkreuzbinde vor einem vollen Hörsaal mit Studierenden und Lehrenden, die alle die rechte Hand zum Hitler-Gruß erhoben haben. Flankiert wurde Pernkopf von NSDAP-Mitgliedern, ebenfalls in Uniform, hinter ihm prangte ein Bild Adolf Hitlers und daneben Hakenkreuzflaggen.

Abb. 36: Eröffnungsvortrag des neuen Dekans der Medizinischen Fakultät Eduard Pernkopf.972

Als Anatom machte sich Pernkopf mit seinem mehrbändigen anatomischen Atlas – dessen vollständiger Titel »Topographische Anatomie des Menschen. Lehrbuch und Atlas der regionär-stratigraphischen Präparation« lautet – einen Namen. War dieses Werk zunächst wegen besonders detailgetreuer Zeichnungen des menschlichen Körpers berühmt, so wurde der »Pernkopf-Atlas« ab Mitte der 971 Gustav Sauser konnte nach 1945 nahtlos an seine Karriere im Austrofaschismus anknüpfen. Im Oktober 1945 wurde er an der Universität Innsbruck zum ordentlichen Professor für Histologie und Embryologie berufen und leitete ab 1946 noch zusätzlich das Innsbrucker Anatomische Institut. Vgl. Gustav Sauser und »die Ötztaler« 1938ff., online unter: https://www.uibk.ac.at/universitaetsarchiv/gustav-sauser (zuletzt abgerufen am 1. 4. 2020). 972 ÖNB/Wien, S 283/30, 00045861, »Semesterbeginn an der Wiener Universität, 26. 4. 1938«.

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1980er Jahre dafür berüchtigt. Damals wurde bekannt, dass nach 1938 mehr als 1300 Leichen von hingerichteten Opfern der NS-Justiz aus dem Landesgericht Wien an das Anatomische Institut geliefert worden waren und vermutlich etliche davon als Studienvorlagen verwendet wurden.973 1943 folgte Pernkopf Fritz Knoll als Rektor nach, dessen Amtszeit erst nach fünf Jahren endete – bis dahin hatten Rektoren traditionell das Amt stets nur ein Studienjahr lang innegehabt. Im Laufe des Rektorenwechsels gab es zunächst große Spannungen, bevorzugte Knoll doch eindeutig den Orientalisten Viktor Christian. Die Dozentenführung stand wiederum hinter Pernkopf und kritisierte die »Cliquen-Politik«974 rund um Fritz Knoll, Ernst Schönbauer sowie Viktor Christian und warf ihnen vor eine zu »liberale Gruppe«975 zu sein. Auch sollten auf Knoll – als Vertreter der Naturwissenschaften – nun die Geisteswissenschaften zum Zug kommen und so wurde Christian schlussendlich Prorektor. Kurz vor Kriegsende 1945 legte dann Pernkopf das Rektorenamt nieder und übergab es Christian. Pernkopf setzte sich wie viele andere hochrangige NS-Funktionäre aus Angst vor der Verfolgung durch die heranrückenden Sowjettruppen in den Westen, nach Salzburg ab, wo ihn USamerikanische Truppen später festnahmen.

Restauration statt »Stunde Null« ab 1945 Bereits knapp zwei Wochen nach dem Ende des Häuserkampfes im April 1945 begann der Wiederaufbau der Universität Wien, deren Hauptgebäude von über 20 Bomben getroffen worden war. Das dabei an den Tag gelegte Tempo nährt den Verdacht, die Protagonisten hätten in der zunächst nur unter sowjetischer Besatzung stehenden Stadt rasch Tatsachen schaffen wollen. Und während in Deutschland die Alliierten alles daransetzten, an den Universitäten zuerst die Professorenschaft zu »entnazifizieren«, um danach erst die Gremien neu zu besetzen, lief es in Wien genau umgekehrt.976 Am 25. April 1945 trat das allgemeine Professorengremium der Universität zusammen. Geladen waren nicht nur jene Lehrenden, die bereits vor dem »Anschluss« Professoren an der Hochschule gewesen waren sowie jene Professoren, die von 1938 bis 1945 keine Funktionen in der NSDAP bekleidet hatten.977 Zugelassen waren auch »normale« NSDAP-Parteimitglieder und -Anwärter: Das traf 1944 auf immerhin drei Viertel der 124

973 Vgl. Spann, Untersuchungen zur anatomischen Wissenschaft in Wien 1938–1945. 974 BA R 58/7268, Lesefilmnummer 90732, Schreiben an das Reichssicherheitshauptamt III C1 vom 29. 1. 1943, S. 1. 975 Ebd., Schreiben an das Reichssicherheitshauptamt III C1 vom 20. 1. 1943, S. 2. 976 Vgl. Ash, Die Universität Wien in den politischen Umbru¨ chen, S. 138. 977 Vgl. Heiß, Wendepunkt, S. 27.

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ordentlichen und außerordentlichen Professoren zu.978 Einzig die ehemaligen SSund SA-Mitglieder durften an der Professorenversammlung nicht teilnehmen. Dieses von ehemaligen Nationalsozialisten geprägte Gremium wählte den Verfassungsjuristen Ludwig Adamovich am 25. April 1945 zum ersten Rektor der »befreiten« Hochschule. Wie schon Fritz Knoll im März 1938, so war auch Adamovich im April 1945 auf ein politisch verlässliches Team von Dekanen angewiesen, um seine Pläne umzusetzen. Laut eigener Aussage wollte er Männer, die »unbelastet von den Irrungen der vergangenen Jahre, der Universität den Weg in eine bessere Zukunft weisen«.979 Ein Blick auf die neuen Funktionsträger macht freilich schnell klar, dass die gewählten Personen an den »Irrungen der vergangenen Jahre« beteiligt gewesen waren und bereits in der Zeit des Dollfuß/ Schuschnigg-Regimes wichtige Funktionsträger gewesen waren – wie auch Adamovich selbst.980 Zum Prorektor wurde Richard Meister gewählt. Der Pädagogikprofessor, der in der NS-Zeit Ordinarius für Altphilologie gewesen war, verfügte seit den 1920er Jahren über beste Beziehungen ins Ministerium und war über beide Diktaturen hinweg sowohl führender Bürokrat an der Universität wie auch Netzwerker zwischen den Katholisch-Konservativen, den »betont Nationalen« und den Nationalsozialisten, die nach 1945 wieder an ihre alten Netzwerke anknüpften. Die ersten Dekane der Universität Wien nach 1945 waren Leopold Arzt (Medizinische Fakultät), Ferdinand Degenfeld-Schonburg (Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät), Wilhelm Czermak (Philosophische Fakultät), Karl Jellouschek (Katholisch-Theologische Fakultät) sowie Gustav Entz (Evangelisch-Theologische Fakultät). Insbesondere bei Gustav Entz, der bereits ab 1938 Dekan war, ist offensichtlich, dass seine Ernennung nur durch diesen frühen Wahltermin im April 1945 möglich war.981 Unter schon stärkerem alliierten Einfluss wäre der deklarierte NS-Anhänger, der Mitglied des Deutschen Klubs, förderndes SSMitglied, aber »nur« NSDAP-Anwärter gewesen war, vermutlich 1945 als Dekan abgelehnt worden. Leopold Arzt und Wilhelm Czermak wiederum waren bis 1930 Mitglieder des rechtskonservativen antisemitischen Geheimbunds Deutsche Gemeinschaft gewesen. Und gemeinsam mit Prorektor Meister hatte Czermak zudem vor 1938 in der geheimen Professorenclique Bärenhöhle anti978 979 980 981

Vgl. ebd. sowie Pfefferle/Pfefferle, Glimpflich entnazifiziert, S. 264–265. Adamovich, Bericht über den Studienbetrieb, S. 5. Vgl. Feichtinger, Richard Meister. Vgl. Pfefferle/Pfefferle, Glimpflich entnazifiziert, S. 250. Entz tat sich nach 1945 immer wieder mit antisemitischen Äußerungen, als Kritiker der Entnazifizierung und als Unterstützer von »Ehemaligen« hervor. So richtete er noch 1952 gemeinsam mit Erzbischof Andreas Rohracher im Namen des Sozialen Friedenswerkes ein Schreiben an Bundespräsident Körner, worin er sich für die Begnadigung von Kriegsverbrechern einsetzte. Vgl. Svoboda, Diesem Werk des Friedens zu dienen, S. 359.

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semitische Personalpolitik betrieben. Die beiden blieben nach 1945 ihren NSbelasteten Kollegen treu – wohl auch deshalb, um ihre eingespielten Netzwerke vor dem Zerfall zu bewahren. So berichtete die von den französischen »Besatzern« herausgegebene Wochenzeitung »Wiener Montag« Ende 1945 und Anfang 1946 gleich in mehreren Artikeln über Interventionen von Meister und Czermak, die als »Protektoren der Naziprofessoren«982 bezeichnet wurden. Die beiden würden versuchen, »eine Reihe schwer belasteter Parteigenossen als Mitglieder der Fakultät zu halten, um in der Fakultät wieder eine national gesinnte Mehrheit zu schaffen, wie sie schon vor der Machtergreifung durch Hitler dort rücksichtslos geherrscht hat«.983 Eine Gegendarstellung des Akademischen Senats folgte zwar,984 doch die Kritik der Zeitung war berechtigt. Da Adamovich und sein Team schon Ende April 1945 den Hochschulbetrieb bzw. die Gremienarbeit wieder aufgenommen hatten,985 griffen die Alliierten nicht regulierend ein, obwohl es dem politischen Ziel der personellen »Säuberung« der Universität von NS-Eliten eindeutig widersprach. Die US-Amerikaner hätten für einen radikalen Elitenaustausch und eine tiefgreifende Demokratisierung ursprünglich sogar auf Funktionsträger des Dollfuß/Schuschnigg-Regimes verzichten wollen. Das erwies sich freilich als illusorisch.986 Der »Neubeginn« an der Universität Wien fand ab 1945 stattdessen vor allem mit jenen Professoren statt, die 1938 aus politischen Gründen die Universität verlassen hatten müssen, weil sie Austrofaschisten gewesen waren. Laut den Erhebungen von Andreas Huber waren dies (bis zu) 86 Lehrende.987 60 von diesen Ausgeschlossenen hatten bis Ende des Jahres 1945 wieder an ihrer Universität einen Posten erhalten – darunter auch Professuren, die im Zuge der Entnazifizierungsmaßnahmen vakant geworden waren.988 Diese Vorgehensweise wurde auch durch das Beamten-Überleitungsgesetz abgesichert, das nach 1945 nur jenen vormals Beamteten eine neuerliche Anstellung garantierte, die bereits vor dem 13. März 1938 angestellt gewesen waren.989 Zwar hielt das Gesetz fest, dass 982 »Protektoren der Naziprofessoren«, Wiener Montag, 3. 12. 1945, S. 4. 983 »Unhaltbare Zustände an der philosophischen Fakultät der Universität Wien«, Wiener Montag, 10. 12. 1945, S. 3. 984 Vgl. UAW, Akad. Senat, Sitzungsprotokoll vom 23. 11. 1945, I/1. 985 Vgl. UAW, Akad. Senat, Sitzungsprotokoll vom 9. 7. 1945, XIII/4. 986 Vgl. Heiss, Wendepunkt, S. 28 sowie Stifter, Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration, S. 281–296. 987 Von den 86 Lehrenden waren 43 Geistes- und Naturwissenschafter, 19 Mediziner, 18 Juristen, fünf katholische Theologen und eine Medizinerin (die Histologin Carla ZawischOssenitz). Vgl. Huber, Rückkehr erwünscht, S. 28. 988 Vgl. ebd., S. 201 Der Soziologe Christian Fleck rechnete für Österreich mit rund 200 vakanten Ordinariaten. Vgl. Fleck, Autochthone Provinzialisierung, S. 75. 989 Vgl. Rehabilitierung im Sinn des § 4 des Beamten-Überleitungsgesetzes, StGBl. 134/1945 vom 22. und 30. 8. 1945, die im Fall von Heinrich Gomperz nach 1945 zu keiner Rehabilitierung oder Kompensation für seine Witwe Ada Gomperz führte.

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Personen, die aus politischen Gründen in den Jahren des austrofaschistischen Regimes ausgeschlossen worden waren, ebenfalls auf ihre einstigen Posten zurückkehren konnten. Doch wie bereits gezeigt wurde, fanden die Ausschlüsse von vor allem linken und jüdischen Lehrenden in dieser Zeit explizit nicht über offizielle politische »Säuberungen« statt, sondern insbesondere unter dem Deckmantel der Einsparungen.990 Das wiederum bedeutete, dass eben jene – vor allem linke und jüdische – WissenschafterInnen, die bereits von 1933 bis 1938 oder in den Jahren zuvor aus politischen und/oder rassistischen Motiven diskriminiert worden waren und keine Dozentur oder Professur mehr erhalten hatten, auch nach 1945 kaum eine Chance auf universitäre Karrieren hatten. Verschärft wurde das auch noch durch das praktische Argument der Verfügbarkeit. Denn anders als die sehr viel größere Gruppe der aus rassistischen Gründen Vertriebenen und Exilierten hielten sich viele der vormaligen Austrofaschisten im April 1945 in Wien oder zumindest in Österreich auf und konnten daher relativ einfach an die Hochschule zurückkehren. Parallel dazu übernahmen die ehemaligen Funktionsträger des Dollfuß/Schuschnigg-Regimes viele der universitäts- und wissenschaftspolitisch relevanten Schaltstellen an der Universität Wien, an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) und im Bundesministerium für Unterricht. Um die 1938 ausgeschlossenen Linken, Juden und Jüdinnen bemühte man sich in diesen drei Institutionen nur in Ausnahmefällen, um die bereits in den 1920er Jahren Vertriebenen so gut wie gar nicht. Das lag nicht zuletzt an akademischen Funktionsträgern wie Richard Meister und Wilhelm Czermak, die vor 1938 an diesen frühen Vertreibungen maßgeblich mitgewirkt hatten. Auch im Unterrichtsministerium übernahmen ab 1945 ehemalige Entscheidungsträger der Jahre 1933 bis 1938 wieder wichtige Aufgaben. Die zentrale Figur war der katholisch-konservative Ministerialbeamte Otto Skrbensky, der 1934 als kommissarischer Rektor an der von Nationalsozialisten dominierten Hochschule für Bodenkultur in Wien eingesetzt worden war und bis März 1938 als Bundeskommissär den Verweis von Hunderten Studierenden aus politischen Gründen mitverantwortet hatte. Die NS-Zeit überstand er als in den Ruhestand versetzter Beamter. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde er dann als Sektionschef (Sektion III, Hochschulen) zur Schlüsselfigur der Entnazifizierung, 990 Hier hieß es: »Öffentlich-rechtliche Bedienstete österreichischer Staatsbürgerschaft, die in der Zeit vom 4. März 1933 bis 13. März 1938 aus politischen Gründen – außer wegen nationalsozialistischer Betätigung – oder seither bis 27. April 1945 aus politischen Gründen oder aus Gründen der Abstammung aus dem Dienstverhältnis entlassen oder sonst wie aus dem Dienststand ausgeschieden worden sind, können auf Ansuchen von ihrer obersten Personaldienststelle im Einvernehmen mit der Staatskanzlei wieder in den Dienststand aufgenommen werden.« Beamten-Überleitungsgesetz, StGBl. 134/1945 vom 22. und 30. 8. 1945, § 4, Absatz 1.

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die nach anfänglicher Strenge spätestens ab 1947 recht kulant gehandhabt wurde. Zugleich verhinderte Skrbensky, dass es zu einer nennenswerten Rückholung bzw. Wiedereinstellung vertriebener und emigrierter WissenschafterInnen kam, die Wien spätestens 1939 verlassen hatten. Viele von ihnen konnten im Ausland – insbesondere in den USA und in Großbritannien – ihre Karriere fortsetzen und hätten in Wien nach 1945 zweifellos zu einer Aufbruchsstimmung und Neuorientierung beigetragen. Aber genau dies wussten Skrbensky und sein Umfeld trotz der ihnen beispielsweise von den Alliierten und der Austrian University League of America 1946 vorgelegten Liste von 262 rückkehrwilligen ÖsterreicherInnen erfolgreich zu verhindern. Unter ihnen war auch Oskar Morgenstern, Mitbegründer der Spieltheorie, der ab 1935 Privatdozent mit dem Titel eines außerordentlichen Professors an der Universität Wien war, 1938 aus politischen Gründen seine Venia legendi verlor und im Exil 1944 zum ordentlichen Professor an der Princeton University aufstieg.991 Morgenstern sollte erst viel später wieder nach Wien zurückkehren können und 1962/63 das Institut für Höhere Studien mitbegründen. Die von antisemitischen und antisozialistischen Ressentiments geprägte Personalpolitik Skrbenskys bildete somit das Fundament der »autochthonen Provinzialisierung« (Christian Fleck) der österreichischen Universitätslandschaft nach 1945. Und so kursierten auch noch 1958 Listen mit weiteren knapp 335 WissenschafterInnen aus den USA, die für eine Rückkehr nach Österreich in Frage gekommen wären.992 Doch auch 13 Jahre nach Kriegsende war man nicht bereit, durch eine solche Rückholaktion der katholisch-reaktionären Misere an den Universitäten entgegenzuwirken.

Zwischen Entnazifizierung und Rückkehr der »Ehemaligen« Insgesamt gab es rund 700.000 ehemalige NSDAP-Mitglieder in Österreich, die sich 1945 im Zuge der Entnazifizierung registrieren mussten: Von ihnen meldeten sich etwa 536.000 auch tatsächlich bei den zuständigen Stellen. An der Universität Wien musste die Mehrheit der Professoren überprüft werden. Dabei wurde die Tragbarkeit der einzelnen Lehrenden für die Weiterverwendung im Dienst beurteilt.993 Die im Austrofaschismus illegalen NSDAP-Mitglieder wurden am härtesten bestraft. Sie wurden – wie Fritz Knoll und Eduard Pernkopf – an der Universität ihres Dienstes enthoben, entlassen oder mussten oftmals die Strei991 Vgl. Fleck, Autochthone Provinzialisierung, S. 85 und S. 87. 992 Vgl. DÖW 6217, Liste von Gelehrten österreichischen Ursprungs in den Vereinigten Staaten, 1958. 993 Vgl. Pfefferle/Pfefferle, Glimpflich entnazifiziert, S. 33.

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chung ihrer Pensionsansprüche hinnehmen.994 Sogenannte »Mitläufer«, die erst nach 1938 Parteimitglieder geworden waren, schloss man »auf Zeit« aus und legte ihnen Sühnemaßnahmen wie Strafzahlungen oder Beförderungsverbote auf.995 Am härtesten ging man gegen die 21 »reichsdeutschen« Professoren vor – also Lehrende aus Deutschland, die nach dem »Anschluss« 1938 an die Universität Wien gekommen waren. Sie wurden im Zuge dieser ersten, noch relativ strikten Entnazifizierungsmaßnahmen an der Universität umgehend entlassen.996 Etwas anders stellte sich die Lage an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften dar, die über mehr Autonomie verfügte als die Universitäten. Insbesondere an der philosophisch-historischen Klasse der Gelehrtengesellschaft hatten bereits seit Anfang der 1920er Jahre antisemitische Professoren dominiert und konsequent die Aufnahme jüdischer oder linker Wissenschafter verhindert, wie bereits an der auffallend hohen Anzahl von Mitgliedern der Bärenhöhle an der Akademie gezeigt wurde. Während ab 1933/34 nationalsozialistische Professoren an den Universitäten frühpensioniert wurden, blieben dieselben Mitglieder an der Akademie oder wurden sogar von korrespondierenden zu wirklichen Mitgliedern befördert.997 Entsprechend gering war die Anzahl der Mitglieder, die nach 1938 ausgeschlossen wurden.998 Unmittelbar nach Kriegsende übernahm Richard Meister in der konstituierenden Sitzung der ÖAW am 22. Juni 1945 – wie schon zwei Monate zuvor an der Universität Wien – eine Schlüsselrolle und wurde zum Vizepräsidenten gewählt. Erster Präsident nach 1945 wurde Ernst Späth. Er war wiederum der letzte austrofaschistische Rektor der Universität Wien gewesen und in den Jahren 1938 bis 1945 sowohl an der Universität wie auch an der Akademie völlig unbehelligt geblieben.999 Obwohl Meister an der Universität Wien und der ÖAW »nur« in der zweiten Reihe stand, zog der ordentliche Professor an beiden Institutionen wichtige Fäden. An der Akademie war er der Garant für eine milde Entnazifizierungspraxis, da er sich dezidiert gegen den automatischen Ausschluss aller 994 Vgl. StGBl. 13/1945 vom 8.5. und 6. 6. 1945. Vgl. zu Knoll ausführlicher Taschwer, Fritz Knoll, S. 52 sowie zu Pernkopf ausführlicher Arias, Entnazifizierung, S. 347. 995 So wurden »Minderbelastete« beispielsweise bis zum 30. 4. 1950 »vorübergehend« von ihren Führungspositionen ausgeschlossen. Vgl. Pfefferle/Pfefferle, Glimpflich entnazifiziert, S. 42. Auf niedrigeren Posten war es »Minderbelasteten« durchaus möglich, auch weiter im öffentlichen Dienst zu arbeiten. 996 Vgl. ebd., S. 264–265. Mit einer Ausnahme: Hans Planitz. Ich danke Andreas Huber für den Hinweis. 997 Ein Beispiel dafür ist der 1933 aus politischen Gründen »entfernte« Rechtswissenschafter Max Layer, der 1934 korrespondierendes Mitglied und 1940 wirkliches Mitglied in der Akademie der Wissenschaften wurde. 998 Die Akademie der Wissenschaften schloss nach dem März 1938 sechs wirkliche und 15 korrespondierende Mitglieder aus. Vgl. Sienell, Nachbesetzung der durch das Ausscheiden vakant gewordenen Stellen, S. 63. 999 Ernst Späth war von 1938 bis 1945 Generalsekretär der Akademie der Wissenschaften.

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NSDAP-Mitglieder stellte. Stattdessen wurden ihre Mitgliedschaften mehrheitlich nur »ruhend gestellt«.1000 Zudem konnte Meister mögliche Einmischungsversuche aus dem Unterrichtsministerium, die er als Angriffe auf die ausgeprägte Autonomie der Akademie interpretierte, meist erfolgreich abwehren. Im Vergleich zu Richard Meister und Heinrich Ficker (Späths Nachfolger) vertrat Sektionschef Otto Skrbensky, der ein Duzfreund Meisters war, nach 1945 eine etwas kritischere Haltung in der Frage, wie schnell die »Ehemaligen« an der ÖAW wieder integriert werden sollten. Das Argument der Außenwirksamkeit (vor den Alliierten) dürfte hier für den Ministeriumsvertreter eine wichtige Rolle gespielt haben.1001 Skrbenskys Position gegenüber der Akademie der Wissenschaften war aber nicht sehr nachhaltig – im Gegenteil, zumal er weiterhin auch einen »Anti-Rot-Komplex«1002 pflegte und von seiner austrofaschistischen Grundeinstellung offensichtlich auch nach 1945 nicht abwich. Einer dieser »Roten« war Bruno Kreisky.

Ein Wiedersehen mit Otto Skrbensky Nicht selten war Otto Skrbensky nach 1945 mit Personen und Verfahren konfrontiert, deren Akten er bereits im Austrofaschismus als Verantwortlicher für den Ausschluss von Studierenden bearbeitet hatte. In Ausnahmefällen kam es in den Jahren nach 1945 sogar zu persönlichen Wiederbegegnungen mit den einst vor 1938 »disziplinierten« Studierenden. Einer dieser Ausnahmefälle war Bruno Kreisky, der wegen illegaler politischer Betätigung im Sozialistenprozess 1936 angeklagt und verurteilt worden war.1003 Sein Gnadengesuch beantwortete Skrbensky 1936 negativ und hinderte Kreisky damit am Abschluss seines Studiums der Rechtswissenschaften.1004 Kreisky erinnerte sich später an ein Treffen mit Skrbensky in den 1950er Jahren, als er selbst bereits ein aufstrebender Politiker in der Sozialistischen Partei war: »Eine Ironie unserer Geschichte ist, daß ich seinerzeit als Mitarbeiter Bundespräsident Körners jenen Herrn Sektionschef Dr. Skrbensky wiedergesehen habe. Natürlich – beinahe glaubwürdig – versicherte er, mich nicht zu kennen, obwohl ich selbst bei ihm vorgesprochen habe. Er konnte sich auch nicht an meinen Fall erinnern.«1005

1000 1001 1002 1003 1004

Vgl. Feichtinger/Hecht, Entnazifizierung, S. 175–176. Vgl. Feichtinger/Hecht, 1945 und danach, S. 194–195. Pfefferle/Pfefferle, Glimpflich entnazifiziert, S. 55. Vgl. Etzersdorfer, Der Sozialistenprozess 1936, S. 37. Vgl. ÖStA, AVA, Unterricht Allgemein 1848–1940, Universität Wien in genere 1936–1937, Ktn. 824, GZ. 34066 I/36, 1936, Schreiben von Otto Skrbensky vom 10. 10. 1936. 1005 Pfefferle/Pfefferle, Glimpflich entnazifiziert, S. 49.

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Kreisky stand bei dieser Begegnung in keinem erneuten Abhängigkeitsverhältnis zu Skrbensky. Anders war die Lage für die Witwe des ehemaligen Professors der Universität Wien, Heinrich Gomperz. Der Sektionschef bewies im Fall des bereits mehrfach erwähnten Philosophen seine Loyalität zu Entscheidungen der austrofaschistischen Bürokratie. Heinrich Gomperz war 1934 zwangspensioniert worden, aber die »Akte Gomperz« wurde in diesem Jahr noch lange nicht geschlossen. Sie endete auch nicht 1938, als die Nationalsozialisten Gomperz als pensionierten Lehrenden wegen seiner jüdischen Herkunft endgültig von der Hochschule ausschlossen und er an der University of Southern California eine Gastprofessur hatte, 1939/40 an der University of Oregon und 1941/42 an der University of Illinois las.1006 Auch das Ableben von Gomperz am 27. Dezember 1942 in Los Angeles stellte nicht das Ende der Aktenaufzeichnungen dar. Die Akte dokumentiert ein posthumes, bürokratisches Nachspiel: Rund um den »Anschluss« befand sich der pensionierte Universitätsprofessor im Ausland. Er arbeitete in den USA bzw. in England und wartete die politischen Geschehnisse in Österreich ab, bis er sich im April 1939 entschloss, seinen Wiener Wohnsitz endgültig aufzugeben und im Exil zu bleiben. Davor hatte er bereits im August 1938 sein Vermögen in Österreich zum Zweck der effektiven Plünderung durch die Nationalsozialisten anmelden müssen.1007 Ende 1939 wurde Gomperz über seinen Anwalt in Wien darüber informiert, dass er aufgrund seines dauernden Aufenthalts im Ausland auch keine Pensionsbezüge mehr bekomme.1008 Gomperz’ Anwalt versuchte dennoch 1939 dessen Pensionsansprüche einzufordern: »Mein Klient wurde im Jahre 1934 strafweise wegen offenkundiger Ablehnung des Schuschnigg-Regimes pensioniert. Diese strafweise Pensionierung hatte eine Verkürzung seiner Pension zur Folge, sodass mein Klient seinen Unterhalt durch Abhaltung von Vorträgen an ausländischen Hochschulen sichern musste.«1009 Ada Gomperz, die Witwe des Philosophen, stellte 1947 einen Antrag auf Begleichung der seit 1938 vorenthaltenen Pensionsbezüge und die seit dem Tod ihres Mannes ihr zustehende Witwenpension. Zum einen wurde ihr daraufhin mitgeteilt, dass ihr Ehemann 1934 nicht – wie von ihrem Anwalt angegeben – aus politischen Gründen entlassen worden war, was für eine Entschädigung aber 1006 Vgl. Österreichische Nationalbibliothek, Eintrag zu Heinrich Gomperz, S. 3424. 1007 Vgl. UAW, PH PA 1769, Heinrich Gomperz, Schreiben an den Oberfinanzpräsidenten vom 15. 9. 1939 sowie ÖStA, AdR, EuRANG, Vermögensverkehrsstelle, Vermögensanmeldung, Heinrich Gomperz. 1008 Vgl. ÖStA, AdR, Bundespensionsakt 13737 (Heinrich Gomperz), Schreiben des Oberfinanzpräsidenten Wien, Sachgebiet für Pensionen, Berichterstatter Ob. Reg. Rat. Dr. Müller vom 18. 12. 1939. 1009 UAW, PH PA 1769, Heinrich Gomperz, Schreiben an den Oberfinanzpräsidenten vom 15. 9. 1939.

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vorausgesetzt wurde.1010 Da sie zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits USamerikanische Staatsbürgerin war, hatte sie zum anderen nach dem damaligen österreichischen Recht keinen Anspruch mehr auf eine rückwirkende Auszahlung der Pension.1011 Die Absage von Seiten des Bundesministeriums für Unterricht war von Otto Skrbensky gezeichnet worden, und es überrascht nicht, dass er als ehemaliger austrofaschistischer Vertreter auch noch knapp zehn Jahre danach darauf beharrte, dass 1934 nur aufgrund von Gesetzen bzw. Einsparungsnöten und nicht aus politischen Motiven gehandelt worden war.1012 Einen kleinen Erfolg konnten Ada Gomperz und die University of Southern California, an der Heinrich Gomperz bis zu seinem Tod 1942 Gastprofessuren innegehabt hatte, aber dennoch erzielen: Nach intensiver Suche konnte die 10.000 Bände umfassende Bibliothek, die der Philosoph 1938/39 in Wien zurückgelassen hatte, 1947/48 wieder ausfindig gemacht werden. Daraufhin scheute die US-amerikanische Universität keine Mühen und veranlasste in Anerkennung von Gomperz’ intellektuellem Erbe die Überstellung der Bibliothek in über 40 Kartons auf eigene Kosten. Die Universität Wien oder VertreterInnen des Unterrichtsministeriums zeigten keinerlei Interesse, die Gomperzschen Bücher in Wien zu halten oder aber die Übersiedlung finanziell zu unterstützen.1013

»Quarantäne« nach der Entnazifizierung Das am 6. Februar 1947 beschlossene »Nationalsozialistengesetz« leitete die zweite Phase der Entnazifizierung ein. Von nun an wurden die bis dahin registrierungspflichtigen NationalsozialistInnen entweder als »Belastete« und »Minderbelastete« eingestuft, wobei bis auf wenige Ausnahmen alle »sühnepflichtig« waren – die »Minderbelasteten« allerdings nur zeitlich beschränkt.1014 In der Praxis kam es zu zahlreichen Ausnahmeregelungen, wofür paradigmatisch der Fall des Chirurgen Leopold Schönbauer steht. Der Mediziner war in der Zeit des Nationalsozialismus zum ordentlichen Professor aufgestiegen. Schönbauer machte sich als »Retter des Allgemeinen Krankenhauses« einen Namen, da er – so die Erzählung – erfolgreich mit SS-Truppen und sowjetischen Soldaten 1010 Vgl. Rehabilitierung im Sinn des § 4 des Beamten-Überleitungsgesetzes, StGBl. 134/1945 vom 22. und 30. 8. 1945. 1011 Vgl. ÖStA, AdR, Bundespensionsakt 13737 (Heinrich Gomperz), GA. X GZ. 13737/4, 1946, Schreiben vom 17. 4. 1947. 1012 Vgl. ÖStA, AdR, Bundespensionsakt 13737 (Heinrich Gomperz), Schreiben Otto Skrbenskys vom 27. 2. 1947. 1013 Vgl. NARA, RG 84, POLAD & USCOA/Austria, Box 100, 1948, 350 S-Z, Folder 350 sowie NARA, RG 84, POLAD & USCOA/Austria, Box 78, 1947, 350 S-V, Folder 350. 1014 Vgl. BGBl. 25/1947 vom 6. und 17. 2. 1947.

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verhandelte, um das Krankenhaus im April 1945 aus den letzten Gefechten um Wien herauszuhalten.1015 Bereits im Juni 1945 unterstützte Rektor Adamovich eine erste Initiative zur Rehabilitierung von Schönbauer. Der Rektor legte eine selbstverfasste Erklärung vor, in der er Schönbauers besonderes Engagement für die PatientInnen und MitarbeiterInnen betonte, die als »Mischlinge« im Nationalsozialismus verfolgt worden waren.1016 Dieses Vorgehen war freilich nicht weiter ungewöhnlich. Es war keine Seltenheit, dass ehemalige KollegInnen ihren belasteten Bekannten derartige »Persilscheine« ausstellten.1017 Auch Adolf Schärf, bis 1957 Vizekanzler der Sozialistischen Partei (SPÖ) und späterer Bundespräsident, äußerte sich als Schönbauers einstiger Patient positiv über den Chirurgen.1018 Auf die Initiative von Schärf geht auch jene Bestimmung im Paragraf 27 des NS-Verbotsgesetzes zurück, die inoffiziell »Schönbauer-Paragraph« genannt wurde: Dieser Passus ermöglichte es – in Ausnahmefällen – NationalsozialistInnen aus den Registrierungsakten der Entnazifizierung zu streichen, um sie so von den Sühnemaßnahmen, wie zum Beispiel einem Berufsverbot, auszunehmen: Gerade bei ÄrztInnen war der Bedarf an medizinischem Personal ein oft strapaziertes Argument.1019 Auch Schönbauer profitierte davon, er konnte als registrierter Nationalsozialist durchgehend an der Universität und der Klinik bleiben, 1948 erhielt er den Titel des ordentlichen Professors wieder zurück. Zusätzlich blieb er bis 1960 Direktor des Allgemeinen Krankenhauses. Ähnlich wie Schönbauer reklamierten danach viele ehemalige NationalsozialistInnen dank ihrer politischen wie persönlichen Verbindungen erfolgreich, Sonderfälle bzw. unentbehrlich zu sein, wie beispielsweise der Gynäkologe und spätere Rektor der Universität Wien (1959/60) Tassilo Antoine.1020 Die vielen Ausnahmen und auch der Beginn des Kalten Kriegs trugen ab 1947 dazu bei, die gesetzlichen Rahmenbedingungen der Entnazifizierung abzuschwächen.1021 Zwischen 85 und 90 Prozent der rund 536.000 registrierten NationalsozialistInnen machten von der Möglichkeit Gebrauch, ein Ausnahmeansuchen gemäß Paragraf 27 zu stellen.1022 Das neu ausgearbeitete »Nationalsozialistengesetz« vom Februar 1947 unterschied – wie bereits ausgeführt – 1015 Vgl. Erker, Ein Herr Karl im Ärztekittel. 1016 Vgl. WStLA, M. Abt. 119, A42 – NS-Registrierung, GZ. 4325, Leopold Schönbauer, Meldeblatt zur Verzeichnung von Nationalsozialisten, Schreiben Ludwig Adamovichs vom 2. 7. 1945. 1017 Vgl. Stiefel, Entnazifizierung in Österreich, S. 97–98. 1018 Vgl. WStLA, M. Abt. 119, A42 – NS-Registrierung, GZ. 4325, Leopold Schönbauer, Meldeblatt zur Verzeichnung von Nationalsozialisten, Schreiben Adolf Schärfs vom 5. 7. 1945. 1019 Vgl. Arias, Entnazifizierung, S. 343. 1020 Vgl. Pfefferle/Pfefferle, Glimpflich entnazifiziert, S. 183. 1021 Vgl. Rathkolb, U.S.-Entnazifizierung, S. 317. 1022 Vgl. Pfefferle/Pfefferle, Glimpflich entnazifiziert, S. 33.

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zwischen »Belasteten« und »Minderbelasteten«, wobei ihre Funktion in der NSDAP bzw. ihr Rang innerhalb einer NS-Vorfeldorganisation und nicht mehr ihr Beitrittsdatum berücksichtigt wurde. Nachdem die »Belasteten«-Gruppe ihre Sühne abbezahlt, abgearbeitet oder in Form einer Zwangspause abgesessen hatte, sollten auch sie nach dieser »Quarantänephase«1023 wieder in die Gesellschaft integriert werden. Im Zuge dessen wurde auch 1947 der ehemalige Rektor und »Illegale« Fritz Knoll als »minderbelastet« eingestuft und seine Entlassung aus dem Jahr 1945 nachträglich in eine Pensionierung umgewandelt.1024 Mit dem rasch auf das »Nationalsozialistengesetz« folgende »Amnestiegesetz« im Frühjahr 1948 befreite die Regierung »Minderbelastete« endgültig von den auferlegten Sühnemaßnahmen. So wurden etwa Pensionskürzungen aufgehoben und die einbehaltenen Beträge teilweise sogar rückwirkend ausbezahlt.1025 Diese kollektive Begnadigung markiert das faktische Ende der Entnazifizierungsbemühungen in Österreich, da sich durch die Amnestierung rund 90 Prozent der knapp 540.000 registrierten NationalsozialistInnen rehabilitieren konnten und auch ihr aktives Wahlrecht zurückerhielten, das ihnen 1945 entzogen worden war. So setzte spätestens zu diesem Zeitpunkt in allen politischen Lagern – auch wegen der anstehenden Nationalratswahlen am 9. Oktober 1949 – das Buhlen um die Stimmen der »Ehemaligen« ein. Das neue Bündnis, der Verband der Unabhängigen (VdU) unter Herbert A. Kraus, die Vorgängerpartei der heutigen Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ), aber auch die Österreichische Volkspartei (ÖVP) und die Sozialistische Partei Österreichs (SPÖ) konkurrierten um diese Gruppe potentieller WählerInnen.

Die Karrieren von Fritz Knoll und Eduard Pernkopf Auch Fritz Knoll profitierte vom Ende der Entnazifizierung, obwohl es auf den ersten Blick nicht danach aussah: Knoll hatte nach seiner politischen Entlastung 1947 damit gerechnet, wieder an seinen alten Arbeitsplatz an der Universität zurückkehren zu können,1026 doch Lothar Geitler, der neue Institutsvorstand und ehemalige Mitarbeiter Knolls, bestand weiterhin auf dessen Betretungsverbot. 1023 Ebd., S. 9. 1024 Vgl. Taschwer, Fritz Knoll, S. 52 sowie zum Hintergrund seiner »Minderbelastung« ausführlicher Seliger, Scheinparlamentarismus im Führerstaat, S. 564–567, UAW, PH PA 2228, Fritz Knoll, Schreiben vom 11. 11. 1947. 1025 Vgl. Ash, Die Universität Wien in den politischen Umbrüchen, S. 150. 1026 Vgl. AÖAW, Nachlass Fritz Knoll, Notizen des Sohnes von Fritz Knoll mit dem Betreff »Hausverbot« vom 25. 11. 1948 sowie UAW, Akad. Senat, Sitzungsprotokoll vom 16. 3. 1945, I/1–2.

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Dabei ist nicht eindeutig, ob Knolls NS-Vergangenheit und/oder interne Konkurrenz Geitler zu seiner Haltung bewogen haben.1027 Obwohl seine Entlassung in eine Pensionierung überging, blieb Knoll der Weg zurück an die Universität versperrt, nicht aber an die ÖAW. Anders als Knoll war Eduard Pernkopf vor seiner Rückkehr in sein akademisches Umfeld in Wien bis 1947 im Lager Marcus W. Orr (Entnazifizierungslager Glasenbach) in Salzburg interniert gewesen.1028 Gemeinsam mit Pernkopf war dort unter anderem Anton Reinthaller inhaftiert, der Mitglied im bereits erwähnten »Anschlusskabinett« unter Seyß-Inquart gewesen war und späterer erster Obmann der Freiheitlichen Partei Österreichs wurde. Ihm wiederum folgte ein weiterer »Glasenbacher«, der ehemalige SS-Offizier Friedrich Peter, an die FPÖ-Spitze.1029 Im Internierungslager der US-Amerikaner gab es rege Vortragsund Weiterbildungsaktivitäten. So hielt Pernkopf unter dem Titel »Rector mag. Universität Wien« im Zuge der lagerinternen »Salzburger Hochschulwochen« 1946 Vorträge zu allgemeinen medizinischen Fragestellungen.1030 Gerade durch diese Aktivitäten und die neuen Kontakte hatte Glasenbach mehr den Charakter einer »Schulungsburg«1031 als den eines Entnazifizierungslagers, wie es Alfred Maleta, der spätere Präsident des Nationalrates (ÖVP), einmal formulierte. Auch Franz Langoth, der über 1945 hinaus gut vernetzte NS-Bürgermeister von Linz und spätere »Glasenbacher«, betonte in seinen Erinnerungen an Marcus W. Orr (für ihn im Übrigen ein »Konzentrationslager«), dass hier alle »österreichischen Universitäten und Hochschulen mit all ihren Fakultäten vertreten«1032 gewesen seien. Dies wird auch an einer von Margit Reiter erstmals zitierten Einschätzung Langoths deutlich, als er meinte: »Wir Häftlinge mussten nämlich anfänglich jeden uniformierten Amerikaner grüßen, ohne dass dieser gehalten war, dafür zu danken. Manche Soldaten niederen Grades nützten diese Situation aus, es gefiel ihnen, wenn der Rektor einer Universität sie, die zu Hause in den USA vielleicht Geschirrwäscher waren, grüßen musste, ohne dass sie zu danken brauchten. Sie gingen daher häufig vorüber und nahmen hoheitsvoll den Gruß entgegen.«1033

1027 Vgl. AÖAW, Nachlass Fritz Knoll, Korrespondenz zwischen Lother Geitler und Fritz Knoll im Zeitraum von Dezember 1947 bis Jänner 1949. 1028 Vgl. WStLA, Volksgericht, A1 – Vg Vr-Strafakten, Vg 11 Vr 735/47 Eduard Pernkopf, Schreiben vom 3. 2. 1947. 1029 Vgl. Dohle/Eigelsberger, Camp Marcus W. Orr, S. 98. 1030 Vgl. Meyer, In deinem Lager ist Österreich!, S. 87. 1031 Maleta, Bewältigte Vergangenheit, S. 143. 1032 Langoth, Kampf um Österreich, S. 295. 1033 Ebd.

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Abb. 37: Zeichnung aus dem sogenannten Glasenbachkalender eines ehemaligen Insassen in Marcus W. Orr. Als erster Redner ist Eduard Pernkopf angeführt.1034

1034 Meyer, In deinem Lager ist Österreich!, S. 87.

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Neben Viktor Christian und Eduard Pernkopf – zwei von drei ehemaligen Rektoren der Universität Wien – waren in Glasenbach noch weitere Professoren ihrer Hochschule interniert, so etwa der Theologe Johannes Hollnsteiner und der Mediziner Erwin Risak,1035 aber auch der letzte NS-Rektor der Technischen Universität in Graz, Armin Schoklitsch oder der BKA-Juliputschist Felix Rinner, der sogar Lagersprecher wurde.1036 Sie vernetzten sich wiederum mit anderen Akademikern wie Egbert Mannlicher, einem bekannten Rechtsanwalt im Kreis der »Ehemaligen«, der ab 1939 Senatspräsident des Verwaltungsgerichtshofs gewesen und nach seiner Zeit in Glasenbach als angesehener Anwalt in Salzburg tätig war. Mannlicher war vor 1938, so wie Seyß-Inquart, einige Jahre lang stellvertretender Obmann des Deutschen Klubs gewesen, dem neben Knoll und Pernkopf auch der Unterrichtsminister im »Anschlusskabinett« Seyß-Inquart, Oswald Menghin, angehört hatte. Wo immer Mannlicher nach 1945 einen »Ehemaligen« traf, führte er stolz aus, »ist er mein Kamerad, er mag ein Hochschulprofessor oder ein Teichgräber sein«.1037 Dabei wird deutlich, dass neben den existierenden sozialen Beziehungen auch das Wissen um die gemeinsame NS-Vergangenheit und Lagerhaft bespielsweise in Glasenbach Netzwerke begründete, die später für politische und berufliche Zwecke nutzbar gemacht wurden.1038 Zumindest für Pernkopf lässt sich dies mit Sicherheit sagen. Er hatte weniger Probleme mit dem Institutszugang als sein Amtsvorgänger Knoll. Nach seiner Rückkehr aus dem »Entnazifizierungslager« und intensiven Bemühungen – unter anderem des oberösterreichischen Landesamtsdirektors Otto Richter sowie einem einstimmigen Beschluss des Professorenkollegiums – konnte Pernkopf seine Arbeit am Wiener Anatomischen Institut und an seinem Atlas 1949 fortsetzen.1039 Einer seiner Fürsprecher war der Psychiater Hans Hoff, der als einer von nur drei Professoren jüdischer Herkunft vor 1938 auch nach 1945 wieder eine Professur antrat. Es gab sogar Pläne, Pernkopf wieder als Professor zu berufen. Vor dem Hintergrund erheblicher Nachbesetzungsprobleme wandte sich der Dekan der 1035 Hollnsteiner kam nach Glasenbach, da er nach Kriegsende seine Dienstwohnung nicht übergeben wollte und ein US-amerikanischer Divisionspfarrer ihn dafür festnehmen ließ. Vgl. Huber, Rückkehr erwünscht, S. 196. 1036 Felix Rinner, Student der Universität Wien im Studienjahr 1934/35 wurde im Staatspolizeilichen Fahndungsblatt 1946 als »SS-Führer« geführt. Vgl. UAW, Akad. Senat, S 185 1007, Schreiben des Dekans der Medizinischen Fakultät an das Rektorat der Universität Wien vom 2. 1. 1936 sowie ÖStA, AdR, Inneres 1945–2002, Staatspolizeiliches Fahndungsblatt Nr. 23/1946, S. 91 und ÖStA, AdR, Inneres 1945–2002, Gauakt 270664 (Felix Rinner), Schreiben an den Chef der Kanzlei des Führers vom 11. 1. 1939. 1037 AÖGZ, DO 886, NL Nachlass von Mannlicher, Mappe 8, fol. 14. 1038 Vgl. Reiter, Die »Ehemaligen« nach 1945 sowie zu Glasenbach auch Svoboda, »… vorbehaltlos meine Pflicht erfüllt« und Dohle/Eigelsberger, Camp Marcus W. Orr. 1039 Vgl. Arias, Entnazifizierung, S. 352.

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Medizinischen Fakultät, Ernst Lauda, im Mai 1950 an Sektionschef Otto Skrbensky und empfahl Pernkopf unter Hinweis auf seine allgemeine Wertschätzung in der Kollegenschaft als neuen Leiter des Instituts.1040 Lauda gab zugleich aber auch zu bedenken, dass die Berufung Pernkopfs »auch auf einen derartigen Posten als kommissarischer Leiter vielleicht immer noch ein Politikum« sei: »Gerade in der heutigen Zeit mag eine derartige Berufung eines ehemaligen Nazis sich sogar unangenehm aussenpolitisch auswirken.«1041 Obwohl Lauda also um die »Problematik« wusste, bat er Skrbensky, eine Berufung Pernkopfs in Erwägung zu ziehen, da dieser »die größte Kapazität seines Faches«1042 sei. Skrbenskys Antwort fiel kurz und ablehnend aus, wobei er die NS-Vergangenheit des vorgeschlagenen Kandidaten nicht explizit ansprach. Wegen »der politischen Lage«1043 riet er 1950 dringend von einer Berufung Pernkopfs ab. Die Kommission an der Medizinischen Fakultät blieb aber hartnäckig und setzte sich weiter für Pernkopf ein. Um ihrem Anliegen Nachdruck zu verleihen, formulierte die Berufungskommission auch einen offiziellen Vorschlag und sandte ihn an das Ministerium: »Primo loco: Reaktivierung Professor Dr. Eduard Pernkopf«.1044 Der ehemalige Nationalsozialist stand damit fünf Jahre nach dem Ende seines NS-Rektorats wieder auf dem ersten Platz eines Berufungsvorschlags. Auch die Studierenden der Fachgruppe Medizin der Österreichischen Hochschülerschaft unterstützten diesen Vorschlag tatkräftig und starteten eine Kampagne für Pernkopf. Sie richteten eine Petition an den Rektor der Universität, die nach eigenen Angaben 250 Studierende unterschrieben hatten und nominierten darin Pernkopf sowie den ehemaligen Nationalsozialisten und NS-Dozentenfu¨ hrer der Medizinischen Fakultät Alexander Pichler für die vakante Lehrkanzel.1045 Auch vor Aktionismus scheuten die HochschülerInnen nicht zurück. In den Tagen zwischen dem 8. und 16. April 1951 schmierten sie den Namen ihres Wunschkandidaten in Großbuchstaben sowohl vor den Haupteingang der Universität Wien als auch auf den Boden vor dem Gebäude des Anatomischen Instituts.1046

1040 Vgl. UAW, Med. Fak., GZ. 133, 1947/48, Schreiben von Ernst Lauda an Otto Skrbensky vom 25. 5. 1950. 1041 Ebd. 1042 Ebd. 1043 UAW, Med. Fak., GZ. 133, 1947/48, Amtsvermerk vom 22. 11. 1950 sowie Arias, Entnazifizierung, S. 353. 1044 UAW, Med. Fak., GZ. 133, 1947/48, Referat zur Besetzung der anatomischen Lehrkanzel der Universität Wien vom 22. 1. 1951, Hervorhebung im Original. 1045 Vgl. UAW, Med. Fak., GZ. 133, 1947/48, Schreiben an Anton Hafferl vom 11. 4. 1951 sowie Arias, Entnazifizierung, S. 351. 1046 Vgl. UAW, Med. Fak., GZ. 133, 1947/48, Meldung des Rektorats der Universität Wien an die Polizeistelle Wien I vom 20. 4. 1951.

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Abb. 38: Studentische Schmieraktion für Eduard Pernkopf im April 1951.1047

All dieses Engagement war aber vergebens, schlussendlich wurde Heinrich Hayek zum ordentlichen Professor und Vorstand des Anatomischen Instituts bestellt. An dessen NS-Vergangenheit samt SA-Mitgliedschaft hatte sich auch Otto Skrbensky im Ministerium nicht gestoßen.1048 Diskutierte man 1951 an der Universität Wien noch, ob Pernkopf an die Lehrkanzel für Anatomie wiederberufen werden konnte, wurde er in der Österreichischen Akademie der Wissenschaften als eines der letzten beiden »ausgeschlossenen« Mitglieder schon 1950 reaktiviert und wieder aufgenommen.1049 Während somit dem knapp 62-jährigen Pernkopf – wie auch Fritz Knoll – eine erneute universitäre Karriere verwehrt blieb, standen ihm, wie vielen anderen prononcierten ehemaligen Nationalsozialisten, die Türen der Akademie weit offen.1050 Hervorzustreichen ist die Tatsache, dass von den 92 NS-belasteten Professoren der Universität Wien 56 ihre Universitätskarriere schlussendlich fortsetzen konnten, 30 von ihnen sogar wieder an »ihrer« Universität Wien, die

1047 UAW, 106.I.250, »Universität Wien – Hauptgebäude – Schmieraktion auf der Rampe (»Pernkopf«)«. Vgl. dazu auch UAW, Med. Fak., GZ. 133, 1947/48. 1048 Vgl. Arias, Entnazifizierung, S. 348. 1049 Vgl. Feichtinger/Hecht, Entnazifizierung, S. 176, Fn. 16. 1050 Vgl. ebd., S. 176.

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mit ein wenig Zeitverzögerung in der Rückholpraxis denselben Weg wie die Akademie der Wissenschaften einschlug.1051

Die Akademie als Auffangbecken Während also die Entnazifizierung nach 1945 an den Hochschulen zumindest zwei Jahre lang streng praktiziert wurde und etliche NS-belastete Professoren ihre Universitätskarriere nicht oder zumindest nicht bruchlos fortsetzen konnten, entwickelte sich die Österreichische Akademie der Wissenschaften nach 1945 zum Refugium für jene Lehrenden, die Mitglieder der NSDAP gewesen waren. Diese besondere Rolle der ÖAW bei der Wiedereingliederung der »Ehemaligen« lag erstens daran, dass die Akademie sich bereits lange vor 1938 politisch radikalisiert hatte. Zweitens war sie nach 1945 weitaus autonomer als die Universitäten. Und drittens sei die Entfernung von Nationalsozialisten aus der Gelehrtengesellschaft deshalb nicht notwendig gewesen, da man im Vergleich zu den Hochschulen keine Jugend erziehen würde, wie Heinrich Ficker, Akademiepräsident von 1946 bis 1951, im ersten Jahr seiner Amtszeit erklärte.1052 Dabei waren vielfach Netzwerke und persönliche Beziehungen hilfreich, die bereits vor 1938 geknüpft worden waren und nach 1945 bis weit in den Österreichischen Cartellverband (ÖCV) und in die ÖVP reichten. Unter den Protagonisten dieser Wiedereingliederung war es nicht zuletzt der omnipräsente Richard Meister, der rasch nach 1945 einen Schlussstrich einforderte und den Standpunkt vertrat: »Einmal muß auch mit diesen Dingen Rest gemacht werden«.1053 Bis August 1946 hatten die politischen Überprüfungsverfahren an der Akademie ergeben, dass von den 119 wirklichen und korrespondierenden Mitgliedern im Inland 64 Mitglieder der NSDAP oder Partei-Anwärter gewesen waren und somit als »belastet« galten. Ihre Mitgliedschaften wurden zunächst »ruhend gestellt«. Lediglich vier Mitglieder, die ehemalige illegale Nationalsozialisten waren, wurden härter sanktioniert: die drei ehemaligen Rektoren der Universität Wien in den Jahren des Nationalsozialismus Fritz Knoll, Eduard Pernkopf und Viktor Christian sowie der Mathematiker Karl Mayrhofer. Ihre Mitgliedschaften wurden 1945 für »erloschen« erklärt. Dies zeigt, dass sie in dieser ersten Phase der Entnazifizierung sogar für die Akademie als zu stark »belastet« galten.1054

1051 1052 1053 1054

Vgl. Pfefferle/Pfefferle, Glimpflich entnazifiziert, S. 281. Vgl. Feichtinger/Hecht, Entnazifizierung, S. 194. Zit. nach: Ebd. Vgl. ebd., S. 175–176.

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Das änderte sich mit der zweiten, deutlich glimpflicheren Entnazifizierungsphase 1947/48 schnell: So wurde etwa die Reintegration des nun als »minderbelastet« eingestuften ehemaligen Rektors Fritz Knoll in die Akademie mit dem »Amnestiegesetz« im Frühjahr besiegelt.1055 Im Akademie-Almanach für das Jahr 1948 schienen prompt nahezu alle ehemaligen Nationalsozialisten wieder auf, unter ihnen auch Knoll, Mayrhofer und Pernkopf. Nur Oswald Menghin wurde nicht mehr geführt; er war allerdings auch nicht mehr in Österreich ansässig.1056 Fritz Knoll wurde trotz des Hausverbots an seinem ehemaligen Universitätsinstitut nicht nur wieder wirkliches Akademie-Mitglied. Der Botaniker brachte es 1957 sogar zum Sekretär der mathematisch-naturwissenschaftlichen Klasse und 1959 zum Generalsekretär der Akademie. Zuvor hatte er 1951 und 1957 im Auftrag der ÖAW zwei Personenlexika über große österreichische Naturforscher, Ärzte und Techniker herausgegeben.1057 Bei Durchsicht dieser großformatigen Bände fällt auf, dass sie zumindest »symbolisch« für eine Reintegration der »Ehemaligen« sorgten, welche entweder als Autoren oder aber mit Porträts (wie Othenio Abel) vertreten waren, während namhafte, als Juden und Jüdinnen vertriebene WissenschafterInnen bei den biografischen Darstellungen gänzlich ausgespart blieben.1058 Knoll konnte viele alte Bekannte und Gesinnungsgenossen als Autoren gewinnen.1059 So steuerte Leopold Schönbauer im ersten Band einen Beitrag über große Anatomen bei,1060 im zweiten Band verfasste der Mediziner Alexander Pichler ein Porträt zu einem ehemaligen Kollegen aus dem Entnazfizierungslager Glasenbach – Eduard Pernkopf.1061 Der ehemalige NS-Rektor konnte in das Buch aufgenommen werden, da er bereits 1955 verstorben war. Zahlreiche weitere Beiträge stammten von Fritz Knoll selbst und vom NS-belasteten Physiker Gustav Ortner. Persönliche Beziehungen, die bereits vor 1938 geknüpft worden waren, erwiesen sich nach 1945 als hilfreich und wurden zum Teil offen gepflegt. Die offensive Reintegrationspolitik der Akademie, die etwa mit der selektiven Auswahl großer österreichischer Wissenschafter die Ehrungs- und Erinnerungspolitik beeinflusste und in weiterer Folge auch die österreichische Wissenschaftsgeschichte prägte, blieb immerhin nicht unkommentiert. Die sozialistische

1055 Vgl. Taschwer, Fritz Knoll, S. 52. 1056 Vgl. Österreichische Akademie der Wissenschaften, Almanach für das Jahr 1948 sowie zu Menghin in Argentinien auch Fontán, Oswald Menghin: ciencia y nazismo. 1057 Vgl. Österreichische Akademie der Wissenschaften, Naturforscher sowie Knoll, Naturforscher. 1058 Vgl. Taschwer, Fritz Knoll, S. 54. 1059 Vgl. Taschwer, Hochburg, S. 233. 1060 Vgl. Schönbauer, Josef Hyrtl. 1061 Vgl. Pichler, Eduard Pernkopf.

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Wochenzeitung »Der neue Vorwärts« brachte die Kritik in einem Artikel über die Akademie im Juli 1951 wie folgt auf den Punkt: »Da sitzt noch ein Nadler drinnen, ein Knoll, ein Christian, ein Pernkopf und wie sie alle heißen, die, während ihre jüdischen Kollegen vergast wurden, sich als fanatische Nazi gebärdeten. Daß sie 1945 und danach nicht hinausgesäubert wurden, war vor allem das zweifelhafte Verdienst jenes Mannes, den wir schon einmal im ›Neuen Vorwärts‹ als Österreichs schwarz-braune Eminenz hinter den Kulissen vorgestellt haben: Richard Meister, der seit mehr als zwanzig Jahren auf den Hochschulen und wo sich sonst Gelegenheit bietet, gegen alles intrigiert, was nach Demokratie riecht, und alles zu halten versucht, was ihn selbst im Notfall hält.«1062

Als der Nationalratsabgeordnete der Kommunistischen Partei Österreichs (KPÖ) Ernst Fischer 1947 die erfolgreichen Opportunisten beider Diktaturen als »die grauen Meister aller Konjukturen, die Diener aller Herren, die willigen Jasager jeder Obrigkeit«1063 charakterisierte, dachte er gewiss an Richard Meister. Zumindest passt Fischers Beschreibung außerordentlich gut auf den anpassungsfähigen Mann mit den vielen offiziellen und inoffiziellen Funktionen und Mitgliedschaften. Meister war seit 1918 über alle politischen Systembrüche hinweg Universitätsprofessor, über fast ebenso viele Jahre hinweg Berater des Unterrichtsministeriums, Teilnehmer des antisemitischen Professorennetzwerkes Bärenhöhle, Dekan der Philosophischen Fakultät (1930/31), Prorektor (1945–1947) sowie Rektor der Universität Wien (1949/50), Vizepräsident (1945–1951) und schlussendlich Präsident der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (1951–1963). Zudem war Meister über Jahrzehnte hinweg der zentrale Verbindungsmann zwischen Universität, Akademie und Unterrichtsministerium sowie der wichtigste universitäre Akteur in der Schul- und Hochschulpolitik, wofür er mit einer stattlichen Anzahl an Ehrungen bedacht wurde. Meisters Einfluss erreichte seinen späten Höhepunkt, als sein Schüler Heinrich Drimmel (ÖVP) 1954 an die Spitze des Bundesministeriums für Unterricht berufen wurde und sich als Minister in so gut wie allen wichtigen Entscheidungen von Meister beraten ließ,1064 nicht zuletzt bei dem »Hochschulorganisationsgesetz« 1955 und dem »Schulorganisationsgesetz« 1962.

1062 »Was wird Hurdes tun?«, Der neue Vorwärts, 15. 6. 1951, S. 6. 1063 Ernst Fischer, Stenographische Parlamentsprotokolle, 3. 7. 1947, 1557, zit. nach: Weinert, Die Entnazifizierung an den österreichischen Hochschulen, S. 265. »Konjunkturen« wird hier fälschlicherweise als »Konjukturen« geschrieben. 1064 Vgl. Drimmel, Häuser meines Lebens, S. 175.

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Mit starker Lobby: Reintegration und Rehabilitierung ab 1955 Im Mai 1955 endete in Österreich die knapp zehnjährige »Besatzungszeit«. Ein halbes Jahr zuvor war Heinrich Drimmel, der im Dollfuß/Schuschnigg-Regime führender austrofaschistischer Studentenpolitiker mit guten Verbindungen zum nationalsozialistischen Lager gewesen war, zum Unterrichtsminister ernannt worden. Die veränderten Rahmenbedingungen eröffneten den ehemaligen Nationalsozialisten zehn Jahre nach Kriegsende an den Universitäten neue Chancen. Es ist deshalb deutlich zu kurz gegriffen, die Frage nach den »Altlasten« der Universität und nach den Auswirkungen der Entnazifizierung auf die Jahre 1945 bis 1955 zu beschränken. Denn nach dem Abzug der Alliierten kam es an den Hochschulen zu einem weiteren Backlash, der sich nicht zuletzt an der universitären Personal- und Ehrungspolitik festmachen lässt. Musste man nach 1945 noch auf die »Besatzer« als das politische »Über-Ich« Rücksicht nehmen, war es damit 1955 vorbei. So kam es unter tatkräftiger Mitwirkung von Richard Meister auch zur Rehabilitierung des Professors für Urgeschichte Oswald Menghin, der Unterrichtsminister nach dem »Anschluss« 1938 gewesen war. Nach dem Krieg hatten ihn die US-Amerikaner als Kriegsverbrecher unter anderem in Ludwigsburg interniert, ehe ihm die Flucht nach Argentinien gelang.1065 Meister bat Drimmel im Jahr 1955 ihm bei der Beschaffung eines österreichischen Reisepasses für Menghin zu helfen, was Drimmel unverzüglich tat und auch Menghins Gnadengsuch mit dem Argument des Weltruhms des Wissenschafters unterstützte.1066 Daran anschließend wurde Menghin im Mai 1957 – und damit zwei Monate nachdem die NSAmnestie so gut wie alle noch registrierten und sanktionierten NationalsozialistInnen freigesprochen hatte – an der Universität Wien offiziell in den Ruhestand versetzt.1067 Das bedeutete, dass er eine staatliche Pension erhalten konnte.1068 Im Gegensatz zu Pernkopf und Knoll war die Mitgliedschaft Menghins an der Akademie nach 1945 lediglich als »ruhend«, nicht aber als »erloschen« geführt worden.1069 Im Jahr 1959 reaktivierte die Akademie Menghins Status und ernannte den Professor an der Universität von Buenos Aires und der Nationalen 1065 Vgl. ÖStA, AdR, BMI, GZ. 78191 2/56, ZEST-Vermerk (handschriftlich) ohne Datum sowie Fengler, Biogramme, S. 233–234 und Obermair, Oswald Menghin. 1066 Vgl. ÖStA, AdR, BMI GZ. 117111-2/57, Zl. 237.077–6RR/54, Vermerk vom 30. 10. 1954 sowie Taschwer, Hochburg, S. 267 und Feichtinger/Hecht, 1945 und danach, S. 191. In Hinblick auf das Gnadengesuch und das anschließende Verfahren vgl. ÖStA, AdR, BM Justiz, Sektion VI, GZ 39.560/56 in Grundzahl GZ. 99636/1973, Schreiben Heinrich Drimmels vom 29. 2. 1956. 1067 Vgl. BGBl. 82/1957 vom 29. 3. 1957. 1068 Vgl. ÖStA, AdR, BKA/AA, II. Pol, 1957, Argentinien 49, GZ. 225415-Pol/57, Zl. 95.563-2/57. 1069 Vgl. Fengler, Biogramme, S. 233–234. Offensichtlich erschien es nicht notwendig, seine Mitgliedschaft gänzlich aufzukündigen, da er sich bereits im Ausland befand.

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Universität La Plata, der dort seinen ideologischen Überzeugungen weitgehend treu geblieben war, zum korrespondierenden Mitglied im Ausland. Gleichzeitig führte ihn die Universität Wien ab dem Studienjahr 1959/60 wieder als ehemaligen Rektor im Personalstand mit Aufenthaltsort Buenos Aires an. Vor allem aber kehrten ab 1955 etliche »belastete« ehemalige Nationalsozialisten als Lehrende an die Hochschulen zurück – auf Drimmels universitätspolitische Rolle geht auch der damals geläufige Spruch der sozialistischen Jugendorganisationen »Unterm Drimmel kommen alle Nazis in den Himmel« zurück.1070 Der Theaterwissenschafter Heinz Kindermann, ehemaliger exponierter Nationalsozialist, der nach 1945 zunächst mit Lehrverbot sanktioniert worden war, wurde zwar bereits im März 1954 wieder zum außerordentlichen Professor der Theaterwissenschaft an der Universität Wien ernannt.1071 Unter Drimmel stieg er 1959 aber zum ordentlichen Professor auf und wurde 1960 zum korrespondierenden sowie 1962 zum wirklichen Mitglied der Akademie der Wissenschaften.1072 Auch die Rückholung des Historikers Taras Borodajkewycz, ÖVP-VdUNetzwerker der ersten Stunde,1073 ging auf Drimmels Engagement zurück. Borodajkewycz war auch Mitglied im Neuen Klub,1074 der 1957 vom prominenten Juristen und »Ehemaligen« Erich Führer offiziell als Nachfolgevereinigung des Deutschen Klubs in Wien mitgegründet wurde und ideologisch durchaus in dessen Tradition stand.1075 Borodajkewycz, ein ehemaliger Nationalsozialist, der vor dem »Anschluss« auch viele Jahre CV-Mitglied gewesen war, erhielt 1955 – sein Duzfreund Drimmel war der zuständige Minister – eine Professur für Wirtschaftsgeschichte an der Hochschule für Welthandel in Wien.1076 Aufgrund seines selbstbewussten Auftretens und seines manifesten Antisemitismus wurde er zum Sinnbild des reaktionären und unbelehrbaren Universitätsprofessors, gegen den sich 1965 erstmals eine neue Generation von antifaschistischen HochschülerInnen auflehnte – auch wenn die Zahl jener Studierenden, die ihn

1070 Ich danke Heimo Gruber für diesen Hinweis. 1071 Vgl. zur Rolle von Kindermann im Nationalsozialismus und nach 1945, insbesondere mit Blick auf die Auswirkungen auf das Fach der Theaterwissenschaft Peter/Payr, »Wissenschaft nach der Mode«? 1072 Vgl. zur Angabe März 1954 Pfefferle/Pfefferle, Glimpflich entnazifiziert, S. 124 sowie Illmayer, Reetablierung des Faches Theaterwissenschaft. 1073 Vgl. Falter, Zwischen Kooperation und Konkurrenz. 1074 Vgl. zum Neuen Klub Huber/Erker/Taschwer, Der Deutsche Klub, S. 221–248. 1075 Vgl. o. A., Zusammenarbeit. Die Geschichte des Neuen Klub. In: Freiheitlicher Akademikerverband Salzburg, online unter: http://www.akademikerverband.at/die-geschichte-de s-neuen-klub (zuletzt abgerufen am 1. 4. 2020). 1076 Vgl. Höflechner, Die Baumeister des künftigen Glücks, S. 276.

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damals öffentlich unterstützten, zahlenmäßig mindestens genauso so hoch war.1077

Ehre, wem Ehre gebührt? Eine typisch österreichische Lösung Es blieb nach 1955 aber nicht allein bei der beruflichen Reintegration etlicher NSbelasteter Lehrender. Diese wurden darüber hinaus durch akademische Ehrungen gewürdigt und somit auch symbolisch rehabilitiert. Im Frühjahr 1959 forderte die Zeitschrift »Eckartbote«, die von der rechtsextremen Österreichischen Landsmannschaft herausgegeben wurde,1078 eine angebliche Erinnerungslücke in Sachen Nationalsozialismus zu schließen.1079 Robert Hampel, ehemaliges NSDAPMitglied und Mitbegründer des Blattes, war der Initiator dieser gedenkpolitischen Intervention.1080 Sein Anliegen betraf die sogenannten Rektorenfasten: In den über drei Meter hohen roten Marmortafeln in der Aula des Hauptgebäudes der Universität Wien sind bis heute (fast) alle Magnifizenzen seit der Gründung der Hochschule im Jahr 1365 in latinisierter Form und vergoldeten Buchstaben aufgelistet. Im ersten Nachkriegsjahrzehnt klaffte in dieser beeindruckenden steinernen Liste allerdings eine Lücke. Rektor Ludwig Adamovich veranlasste nach dem Krieg umgehend (im Juni 1945) die Verewigung der bis dahin noch nicht eingemeißelten Namen der Magnifizenzen Leopold Arzt (Rektor im Studienjahr 1936/37) und Ernst Späth (1937/38).1081 Die Namen von Fritz Knoll und Eduard Pernkopf, die in den Jahren des Nationalsozialismus Rektoren der Universität Wien gewesen waren, ließ er vorerst nicht nachtragen.1082 Als Adamovich 1947 seine Arbeit an der Spitze der Universität Wien beendete, fertigte man in guter Tradition ein Öl-Porträt von ihm an und meißelte auch seinen Namen standesgemäß in das Denkmal der Rektoren ein.

1077 Vgl. zur sogenannten Borodajkewycz-Affäre Fischer, Einer im Vordergrund sowie Kropiunigg, Eine österreichische Affäre. 1078 Vgl. Bailer/Neugebauer, Österreichische Landsmannschaft, S. 193. 1079 Vgl. Hampel, Erinnerungslücke in der Aula, S. 17. 1080 Vgl. zu Hampel Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes, Handbuch des österreichischen Rechtsextremismus, S. 327. 1081 Vgl. UAW, Akad. Senat, GZ. 6, 1944/45, Schreiben vom 7. 6. 1945. Zu den symbolischen »Säuberungen« an der Universität Wien nach 1945 vgl. Kniefacz/Posch, Selbstdarstellung mit Geschichte, S. 397–399. 1082 Vgl. UAW, Akad. Senat, GZ. 6, 1944/45, Schreiben vom 22. 6. 1946. Der Orientalist Viktor Christian übernahm im April 1945 nur für wenige Tage das Rektorat der Universität Wien und spielt(e) daher keine weitere Rolle in der Diskussion rund um die Rektoren der NSZeit.

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Sein Nachfolger, der Geograf Johann Sölch, hatte nun die schwierige Entscheidung zu treffen, wo auf der Marmortafel »LVDOVICVS ADAMOVICH« stehen sollte. Damit wurde nämlich auch die Frage akut, was mit den Namen der beiden von 1938 bis 1945 amtierenden Rektoren geschehen sollte.1083 Sölch bestimmte 1947, die umstrittenen ehemaligen Würdenträger weder aufzunehmen noch endgültig auszuschließen, sondern in der vergoldeten Rektorenchronologie zwischen den latinisierten Namen von Späth und Adamovich eine zweizeilige Lücke freizulassen, da »derzeit eine Anbringung der Namen nicht oportun [sic!] sei«.1084 Sölch suggerierte damit, dass womöglich die »Besatzer« dagegen sein könnten und nutzte diese somit als Vorwand für die Auslassung. Anfang 1959 fehlten in diesen Rektorenfasten immer noch die Namen der NS-Rektoren Knoll und Pernkopf. Hampel forderte nun in seinem Artikel im »Eckartboten« diese Lücke zu schließen: »Nach mehr als 20 Jahren wäre es endlich hoch an der Zeit, in der Aula der Wiener Universität die Namen der Rektoren für die Jahre 1938 bis 1945 einzusetzen. Es mag wohl stimmen, dass während des ›Dritten Reiches‹ die höchste Würde der Wiener Universität nach anderen Gesichtspunkten vergeben wurden als es an der Alma Mater Rudolfina seit altersher üblich war. Wir wollen es auch menschlich nehmen, wenn man es nach 1945 nicht sehr eilig hatte, das bißchen Goldstaub aufzuwenden, an dem es während des Krieges offensichtlich gefehlt hat. Immerhin war etwa der Anatom Pernkopf ein sehr namhafter Wissenschaftler, und mehr als 20 Jahre nach dem Rektoratsantritt Friedrich Knolls sollte es endlich billig sein, Haß, Groll und Neid zu begraben und ein leeres Feld mit Buchstaben des Erinnerns zu füllen.«1085

Diese Intervention fand prompt Resonanz. Rektor Erwin Schneider antwortete Anfang April 1959 und korrigierte Hampel: Nicht »Haß, Groll und Neid« seien der Grund für die Auslassung der Namen gewesen, vielmehr sei es der »Schmerz«1086 über die Entwicklungen von 1938 bis 1945 gewesen, der die Lücke erforderte – ein »Schmerz«, von dem sein Vorgänger Sölch knapp zehn Jahre zuvor noch nichts geschrieben hatte. Rektor Schneider empfahl Hampel im gleichen Brief, dass er auch »anerkannten Kulturträgern« seines Kreises nahelegen sollte, sich mit einem Schreiben an den Akademischen Senat der Universität zu wenden, um ihrer Forderung Nachdruck zu verleihen, »denn schließlich hätten sie [Knoll und Pernkopf, Anm. L.E.] auch ihr Bestes getan, an dieser Stätte hochschulmäßigen Forschungs- und Studienbetriebes in schwerer Zeit verantwortlich zu wirken«. Abschließend betonte Schneider: »Möge der Akademische Senat, der nun nicht mehr unter der

1083 1084 1085 1086

Vgl. zu Sölch ausführlicher Huber, Rückkehr erwünscht, S. 80. UAW, Akad. Senat, Sitzungsprotokoll vom 11. 10. 1947, S. 4–5. Hampel, Erinnerungslücke in der Aula, S. 17. UAW, Akad. Senat, GZ. 6, 1958/59, Schreiben Rektor Schneiders vom 8. 4. 1959.

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Kontrolle fremder Besatzungsmächte steht, diese Angelegenheit einer wohlwollenden Erwägung unterziehen!«1087 Somit nannte er erneut die ehemaligen Alliierten als Grund für die bisherige Nicht-Ehrung von Knoll und Pernkopf – und nicht etwa demokratiepolitische Unvereinbarkeit bzw. Vorbehalte wegen ihrer NS-Vergangenheit. Hampel dankte Rektor Schneider am 20. April 1959 für seinen Hinweis und lobbyierte in der Österreichischen Landsmannschaft sowie in der Arbeitsgemeinschaft der Freiheitlichen Akademikerverbände, die Schneiders Empfehlung folgten und ihrerseits die Schließung der Lücke forderten. Die Petition wurde von mehreren NS-belasteten Professoren unterschrieben, unter anderem von AKHDirektor, Altrektor und Chirurg Leopold Schönbauer, dem VdU- bzw. FPÖAbgeordneten Helfried Pfeifer sowie von Heinrich Sequenz, Rektor der Technischen Universität in der NS-Zeit und ehemaliger »Glasenbacher«. Ihnen folgten sieben weitere »anerkannte Kulturträger«.1088 Die Intervention hatte Erfolg. In den Sommerferien 1959 wurden still und heimlich die Zahlen und Buchstaben »1938 FRIDERICVS KNOLL« und »1943 EDVARDVS PERNKOPF« in die Tafel eingetragen. Öffentliche Proteste blieben allem Anschein nach aus. Im Oktober 1959 unterrichtete Tassilo Antoine, der Schneider als Rektor nachfolgte und NS-»belastet« war, dem neu zusammengesetzten Akademischen Senat von der sommerlichen Nachmeißel-Aktion, die vorab von den Mitgliedern der vorhergehenden Amtsperiode einstimmig beschlossen worden war.1089 Gleichzeitig trat er am 17. Oktober 1959 gemeinsam mit Heinrich Drimmel als Redner am »Tag der Freiheitlichen Akademiker« auf und zog gemeinsam mit den Anwesenden zur »Schiller-Feier« weiter, an der auch viele Hochschüler und Burschenschafter in »voller Wichs« teilnahmen.1090 Den Aufmarsch zum 200. Geburtstag Friedrich Schillers kommentierten die ISKULT, die Presse-Mitteilungen der Israelitischen Kultusgemeinden Österreichs, wie folgt: »Die neonazistischen Verbände, und vor allem die NS-Jugendverbände, fühlen sich bereits so stark, daß sie offen aufmarschieren können. Wer den Anmarsch zum Heldenplatz und die Versammlung am Heldenplatz beobachten konnte, mußte sich fragen: Schreiben wir Frühjahr 1938 oder Herbst 1959?«1091 Der abendliche Fackelzug am Wiener Ring erhielt tatsächlich regen Zulauf aus rechten Kreisen samt offen getragener nationalsozialistischer Symbole. Es formierte sich aber auch eine größere Gruppe GegendemonstrantInnen, unter ihnen der 2018 verstorbene Antifaschist und Holocaustüberlebende Rudolf Gelbard. 1087 1088 1089 1090 1091

Ebd. Vgl. ebd.. Zum Akademie-Mitglied Sequenz ausführlicher Fengler, Biogramme, S. 246. Vgl. UAW, Akad. Senat, Sitzungsprotokoll vom 24. 10. 1959, X/4. Vgl. Reiter, Die Ehemaligen. Der Nationalsozialismus und die Anfänge der FPÖ, S. 277. ISKULT, Presse-Mitteilungen der Israelitischen Kultusgemeinden Österreichs, Nr. 143/144 vom 22. 10. 1959, S. 1.

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Aber zurück zur Ehrung der ehemaligen NS-Rektoren in der Aula der Universität Wien und zu dem Zusammenhalt vieler ehemaliger Stützen der beiden vorherigen Diktaturen. Die nachträgliche Eintragung in die Rektorentafel war nämlich nicht nur eine »Ergänzung«, wie es Antoine beschönigend im Herbst 1959 formulierte.1092 Diese 31 vergoldeten Buchstaben und acht Zahlen waren eine Manifestation des fehlenden Unrechtsbewusstseins – auch im akademischen Milieu – in Bezug auf die NS-Vergangenheit aller Beteiligten. 21 Jahre nach der Machtübernahme an der Universität durch österreichische Nationalsozialisten war die persönliche Mitverantwortung von Knoll und Pernkopf für die politische und rassistische Vertreibung von Universitätsangehörigen offensichtlich vergessen und wurde nun auch symbolisch getilgt.

Abb. 39: Rektorenfasten in der Aula des Hauptgebäudes der Universität Wien ab 1959.1093

Für Knoll sollte es nicht die letzte Auszeichnung gewesen sein. Seine weiteren Ehrungen durch die Universität, die ÖAW und die Republik Österreich vollzogen sich dann aber etwas weniger verschämt, sondern höchst öffentlich. 1961, zwei Jahre nach der Ergänzung der Marmortafeln, galt es, die 50. Jubiläumssitzung der österreichischen Rektorenkonferenz zu feiern – ein Großereignis, zu dem alle ehemaligen und amtierenden Magnifizenzen Österreichs eingeladen wurden. Bei 1092 Antoine war ab 1942 Parteianwärter der NSDAP und ab 1943 ordentlicher Professor an der Universität Wien gewesen. Vgl. Pfefferle/Pfefferle, Glimpflich entnazifiziert, S. 266. 1093 Foto der Rektorentafel: Herbert Posch. Die Abkürzung »SS« bei der erstmaligen Nennung von Ludwig Adamovich steht für »Sommersemester«.

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den Vorbereitungen stellte sich heraus, dass nur einer von den geladenen Gästen kein Rektorserinnerungszeichen erhalten hatte: Fritz Knoll. Othmar Kühn, zu diesem Zeitpunkt Rektor der Universität Wien, kündigte deshalb an, im Akademischen Senat eine Verleihung an Knoll zu beantragen, wobei alle Senatsmitglieder sowie Träger des Erinnerungszeichens stimmberechtigt sein sollten. Die Einstimmigkeit war jedoch durch einen Einwand des Universitätsarchivars Franz Gall in Gefahr, der Kühn »auf einen gewissen politischen Aspekt der Angelegenheit« aufmerksam machte. Er warnte ihn vor einer »Opposition«1094 unter den Stimmberechtigten; dabei fürchtete er jedoch keinesfalls den Aufstand der Professoren wegen der NS-Vergangenheit des Kandidaten, sondern die Gefahr eines schlichten Formfehlers. Die Auszeichnung war nämlich statutarisch auf Magnifizenzen der Nachkriegszeit beschränkt, und deswegen konnte Knoll rein rechtlich eigentlich keine solche Ehrung erhalten. Nachdem aber bereits der Akademische Senat und alle Träger (ausschließlich Männer) des Erinnerungszeichens einstimmig für die Auszeichnung Knolls votiert hatten – bei nur einer einzigen Gegenstimme wäre Knoll die Ehre verwehrt worden –, gab sich Othmar Kühn lösungsorientiert und regte kurzerhand die Möglichkeit an, die Kriterien für die Verleihung von Auszeichnungen zu erweitern: Für ihre »ehrenvolle Amtsführung gegen Widerstände in schwerer Zeit«1095 sollten im Einzelfall auch Rektoren der Jahre vor 1945 geehrt werden können. Mit dieser Formulierung hatte er gleich mehrere Probleme gelöst, denn neben Knoll waren auch die ehemaligen Rektoren und Nationalsozialisten Hans Uebersberger (1930/31) und Oswald Menghin (1935/36) im Jahr 1961 noch am Leben und potenzielle Erinnerungszeichenträger. Durch die Formulierung »kann im Einzelfall« in den überarbeiteten Statuten hatte die Universität ihnen gegenüber keine Verpflichtung. Der Archivar Franz Gall war offensichtlich zufrieden – dank der Umformulierung hatte er im Fall Oswald Menghins keine weiteren Bedenken. Galls »bescheidener Meinung« nach war Menghin »durch seine Ministerzeit im Jahre 1938 auch heute noch in den Augen der Öffentlichkeit irgendwie belastet«1096 – ganz anders als offenbar Fritz Knoll. Nachdem der Senat der Ehrung seinen Segen gegeben hatte, erhielt Fritz Knoll folgende Nachricht: »Der Akademische Senat hat in seiner Sitzung am 21. April 1961 einstimmig und mit einhelliger Zustimmung aller Träger dieses Ehrenzeichens beschlossen, Ihnen, verehrter Herr Kollege, das Rektorserinnerungszeichen der Wiener Universität ›in Aner-

1094 UAW, Akad. Senat, GZ. 255, 1957/58, Schreiben vom 5. 4. 1961. 1095 UAW, Akad. Senat, GZ. 255, 1957/58, Schreiben vom 19. 4. 1961. 1096 UAW, Akad. Senat, GZ. 255, 1957/58, Schreiben vom 5. 4. 1961.

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kennung Ihrer ehrenvollen und mutigen Amtsführung in schwerer Zeit‹ zuzuerkennen.«1097

Am 25. April 1961, auf den Tag genau 23 Jahre nach der nationalsozialistischen »Wiedereröffnung« der Universität Wien, verliehen deren höchste Repräsentanten dem ehemaligen NS-Rektor dieser Hochschule das Rektorserinnerungszeichen samt einer großformatigen Urkunde. Fritz Knoll erhielt diese Auszeichnung noch dazu an seinem ehemaligen Arbeitsplatz, dem Rektorat, wo ihm die Universität ihren Dank für »die trotz politischem Zwang und Krieg humane Amtsführung«1098 aussprach. Besonders schwer wiegt aus heutiger Sicht, dass diese Ehrung Knolls vom gesamten Akademischen Senat der Universität Wien getragen wurde und dass es unter all den Würdenträgern im Jahr 1961 keine einzige Person gab, die sich gegen diese Auszeichnung ausgesprochen und sie damit verhindert hätte. Wenige Jahre später ließ es sich die Akademie der Wissenschaften nicht nehmen, Fritz Knoll 1967 für seine besonderen Verdienste um die ÖAW mit der Bene-Merito-Medaille in Silber auszuzeichnen, der zweithöchsten Ehrung der Gelehrtengesellschaft nach der Medaille in Gold.1099 Bereits 1965 war Knoll von der Republik Österreich mit dem Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst I. Klasse gewürdigt worden.1100 Es dauerte bis zum Jahr 2017, ehe zumindest die Verewigung von Knoll und Pernkopf in der Rektorentafel in der Aula relativiert wurde.1101 Für die Installation »Rektorenfasten – ins Licht gerückt«, die am 19. April 2017 im Hauptgebäude der Universität Wien eröffnet wurde, hat das Künstlerpaar Bele Marx und Gilles Mussard die goldene Farbe aus den eingemeißelten Namen von Knoll und 1097 UAW, Akad. Senat, GZ. 255, 1957/58, Schreiben vom 24. 4. 1961. Anmerkung zur Formulierung »einhellige Zustimmung«: In einem Schreiben an Franz Gall führte Rektor Kühn darüber hinaus dezidiert aus, dass sowohl der Akademische Senat als auch alle Ehrenzeichenträger für die Verleihung gestimmt hatten. Vgl. UAW, Akad. Senat, GZ. 255, 1957/58, Schreiben vom 12. 4. 1961. 1098 Gall, Alma Mater Rudolphina, S. 30. 1099 Vgl. AÖAW, NL Fritz Knoll, Ktn. 1, Mappe 1, Mitteilung an Fritz Knoll über die Verleihung des Österreichischen Ehrenzeichens für Wissenschaft und Kunst 1. Klasse 1965 vom 15. 11. 1965 sowie zur Medaille »Bene Merito«: Ausgezeichnete, Österreichische Akademie der Wissenschaften, online unter: http://stipendien.oeaw.ac.at/de/medaille-bene-merito-ausg ezeichnete (zuletzt abgerufen am 7. 11. 2016). Am 1. 4. 2020 war diese Seite nicht mehr abrufbar. 1100 Vgl. Taschwer, Ehre, wem Ehre nicht unbedingt gebührt, S. 339. 1101 Bereits im April 2014 verfassten Andreas Huber, Katharina Kniefacz, Herbert Posch und Friedrich Stadler im Namen des Forums Zeitgeschichte der Universität Wien eine Stellungnahme und einen Vorschlag zur Formulierung einer erläuternden Tafel der Rektorenfasten. Der Wissenschaftsjournalist Klaus Taschwer kritisierte wiederum in seiner Eröffnungsrede zur Ausstellung »Bedrohte Intelligenz« im März 2015 öffentlich die fehlende historische Kontextualisierung der Rektorennamen und gab der Diskussion damit neue Impulse.

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Pernkopf herausgekratzt und die beiden Magnifizenzen damit ein Stück weit entehrt.1102 Auf den ersten Blick entstand damit wieder eine Lücke, da nur leere, schwer lesbare Buchstaben zurückblieben. Ergänzend dazu ließ die Universität Wien 58 Jahre nach dem Beschluss des Akademischen Senates folgende Stellungnahme in die Glasinstallation vor der Rektorentafel einschreiben: »Im Studienjahr 1958/59 beschloss der Akademische Senat unter Vorsitz des Rektors die nachträgliche Eintragung der Rektoren Knoll und Pernkopf aus der Zeit des Nationalsozialismus. Die Universität Wien distanziert sich nachdrücklich von Rektoren, die durch Antisemitismus, Rassismus, antidemokratische Einstellungen sowie Diskriminierungen jeder Art gegen den Geist einer humanen Gesellschaft verstoßen haben und bekennt sich zur Mitverantwortung am Unrecht, das durch Vertreibung, Entlassungen und Aberkennung akademischer Grade zugefügt wurde.«

Neben Fritz Knoll und Eduard Pernkopf gab es aber, wie in den letzten Kapiteln gezeigt, insbesondere in der Zwischenkriegszeit noch etliche weitere Rektoren der Universität Wien, deren Antisemitismus, Rassismus, antidemokratische Einstellungen sowie Diskriminierungen Anlass genug gegeben hätten, um auch aus ihren latinisierten Namen die goldene Farbe zu entfernen. Diese Geisteshaltung an der Spitze der Alma Mater Rudolphina blieb mitnichten auf deren Hauptexponenten im NS-Regime beschränkt. Mit Blick auf die Jahre 1933 bis 1938 wären primi inter pares die beiden rechten Netzwerker Othenio Abel (1932/33) und Oswald Menghin (1935/36), der Kurzzeit-Unterrichtsminister nach dem »Anschluss«, zu nennen. Kritisch betrachten muss man aber auch die Rektoren nach 1945 und auffällige Kontinuitäten: Neben der Vergangenheit ehemaliger austrofaschistischer Funktionäre, wie Ludwig Adamovich als letzter Justizminister im Austrofaschismus und erster Rektor nach Kriegsende, ist auch das Engagement im NSRegime so mancher Magnifizenzen der Zweiten Republik noch nicht ausreichend herausgearbeitet worden. Der bereits erwähnte Leopold Schönbauer ist dafür ein Paradebeispiel. Er wurde 1933 außerordentlicher Professor, 1939 Ordinarius und Leiter der I. Chirurgischen Abteilung am Allgemeinen Krankenhaus – und 1953 an die Spitze der Universität Wien gewählt. Er erreichte damit nicht nur den Höhepunkt seiner langen akademischen Karriere, sondern war zu diesem Zeitpunkt auch die erste Magnifizenz der Universität Wien nach 1945 mit ehemaliger NSDAP- und fördernder SS-Mitgliedschaft. Er sollte freilich nicht der einzige Rektor nach Kriegsende mit brauner Vorgeschichte bleiben. Der letzte war der Neurologe Franz Seitelberger, ehemaliges SS-Mitglied und Rektor von 1975 bis 1977. Sein Name wird bis heute unkommentiert in der Ehrentafel aus Marmor im Hauptgebäude geführt, da er nicht einmal mehr in jener Spalte zu finden ist, die 1102 Vgl. zur aktuellen Debatte bzgl. (akademischer) Ehrungen Pinwinkler/Koll, Zuviel der Ehre?

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mit der Glasinstallation kollektiv kommentiert wird. Sein Name steht schon in der aktuellen und letzten Spalte und wirkt damit noch mehr als einer von vielen.

Schlussbetrachtungen

Fast 50 Jahre vor der erinnerungspolitischen Re-Kontextualisierung der Rektorentafeln im Hauptgebäude der Universität Wien hielt die Historikerin Erika Weinzierl ihre Antrittsvorlesung als ordentliche Professorin für Zeitgeschichte an der Universität Salzburg. Ihr Vortrag im Juni 1968 fand in politisch bewegten Zeiten statt. Auch Österreich wurde in einer »heißen Viertelstunde« (Fritz Keller) ein wenig von der internationalen Studentenbewegung erfasst. Zugleich war aber noch einiges beim Alten geblieben und einige Hochschullehrer, die in beiden österreichischen Diktaturen – oder zumindest in einer davon – Karriere gemacht hatten, waren immer noch als Professoren tätig.1103 Die Inauguralvorlesung der damals 43-jähigen Historikerin stand unter dem Titel »Universität und Politik in Österreich« und befasste sich mit der politischen Rolle österreichischer Universitätslehrer vom Ende des 19. Jahrhunderts bis zum »Anschluss«. Im Zentrum stand dabei die Zwischenkriegszeit, konkret: die Rolle der Professoren in der Ersten Republik. Wissenschafter entfalteten in dieser Zeit laut Weinzierl durchaus politische Wirkungsmacht, allerdings nur in Ausnahmefällen als aktive Politiker im Parlament. Die Historikerin sah die »politische Potenz«1104 der Hochschullehrer in ihren Publikationen, in ihren öffentlichen Äußerungen, in ihren wissenschaftlichen Beiträgen und vor allem in ihrer Lehre an den Universitäten. Also rekonstruierte sie auf Basis der Vorlesungs- und Dissertationsverzeichnisse, wie die Professoren »die« Politik in den universitären Raum trugen und welche politischen Positionen sie dabei einnahmen. In Weinzierls Analysen zeigte sich, dass es in den Lehrveranstaltungen der Staatswissenschafter und Historiker häufig um Sozialismus oder die Kriegsschuldfrage ging, aber in nur einem Fall um die Demokratie. Die Historikerin verwies auf den Antidemokraten Othmar Spann und kontrastierte seine Haltung mit der von Hans Kelsen, dem »Vater der österreichischen Verfassung«.1105 Beide lehrten an 1103 Vgl. Weinzierl, Universität und Politik in Österreich. 1104 Ebd., S. 7. 1105 Ebd.

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Schlussbetrachtungen

der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien. Auch für Weinzierl war offensichtlich, dass die linken und liberalen Lehrenden schon in den 1920er Jahren an der Hochschule immer mehr an Einfluss verloren. Gleichzeitig wurde an den Hochschulen die akademische Kritik an der Demokratie stärker. Im Hauptteil ihrer Vorlesung – und das war die eigentliche Provokation – widmete Weinzierl sich dem intellektuellen Beitrag der konservativen, nationalkatholischen und deutschnationalen Hochschullehrer zum antisemitischen und antidemokratischen Klima der Zwischenkriegszeit und letztlich zum Aufstieg des Nationalsozialismus innerhalb und außerhalb der österreichischen Universitäten. Inhaltliche Schwerpunkte dieser Professoren waren lange vor dem März 1938 völkischen Ideologien, dem »Anschluss« an das Deutsche Reich und auch dem »Auslandsdeutschtum« gewidmet gewesen. Die schnell wachsende Stärke der NS-Bewegung, ihre selbstbewussten Forderungen (gemeinsam mit den Deutschnationalen und Christlichsozialen) nach einem Numerus clausus für Studierende und Lehrende jüdischer Herkunft und ihre brutalen Ausschreitungen gegen linke und jüdische HochschülerInnen waren für Weinzierl die praktischen Begleiterscheinungen dieser Ideologie. Die Historikerin erwähnte en passant aber auch, dass etwa der ehemalige Rektor der Universität Wien der Jahre 1929/30, Wenzel Gleispach, 1933 als Nationalsozialist pensioniert wurde oder Hans Uebersberger, ebenfalls ehemaliger Nationalsozialist und Rektor der Universität Wien (1930/31), nach seiner Entlassung 1934 nach Deutschland ging, um sich dort selbst zugute zu halten, »als erster in Wien entlassener nationalsozialistischer Rektor ein Märtyrer für den Nationalsozialismus zu sein«.1106 Weinzierl zeigte, dass der Nationalsozialismus nicht erst im März 1938 über Österreich »hereinbrach«, sondern die austrofaschistische Vorgängerdiktatur einer seiner Wegbereiter gewesen war. Wurde in den Vorlesungen der 1920er und 1930er Jahre das Wort »Rasse« zwar noch nicht oft verwendet,1107 bedeutete dies für Weinzierl nicht, dass die menschenverachtenden Konzepte dahinter nicht schon längst in wissenschaftlichen Beiträgen der Lehrenden, in den Hörsälen und schlussendlich in den Köpfen der Studierenden angekommen waren. Indirekt sprach sie damit natürlich auch all jene Personen an, die in der Zwischenkriegszeit bei eben jenen Lehrern studiert und damals ihre politische Sozialisation erfahren hatten. Einer der damaligen Studenten war der spätere Bundeskanzler Josef Klaus, der in den 1930er Jahren als Studentenpolitiker aktiv gewesen war. Klaus wurde 1929 Mitglied im CV (Rudolfina) und betätigte sich zunächst als studentischer Aktivist und dann als Funktionär. Klaus, von 1964 bis 1970 österreichischer 1106 Ebd., S. 13. 1107 Vgl. ebd., S. 12–13.

Schlussbetrachtungen

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Regierungschef, war laut eigenen Angaben stark beeinflusst von eben jenen Lehrenden, die Weinzierl als Stimmungsmacher und Wegbereiter des Nationalsozialismus identifizierte. So heißt es in den Erinnerungen von Klaus an sein Studium: »Merkl, Hugelmann, Verdroß, Spann haben mir viel mitgegeben«,1108 und er dankte in seinen Erinnerungen auch dem katholisch-nationalen Historiker Hans Eibl sowie Heinrich Srbik und Otto Brunner, zwei der prominentesten Vertreter einer gesamtdeutschen Geschichtsauffassung. Klaus machte in den Jahren des Austrofaschismus studentenpolitisch Karriere.1109 Neben dem bereits erwähnten Heinrich Drimmel half auch Josef Klaus nach 1945 mit, seinem Duzfreund Taras Borodajkewycz an der Hochschule für Welthandel eine Professur zu beschaffen.1110 Angesprochen wurden durch Weinzierls Vortrag aber auch Personen in ihrem unmittelbaren Umfeld an der Universität Salzburg, wo sie es mit »Ehemaligen« wie Hans Sedlmayr zu tun hatte, einem engen Freund von Taras Borodajkewycz.1111 Sedlmayr war von 1930 bis 1933 NSDAP-Mitglied gewesen; 1936 erhielt er eine Professur für Kunstgeschichte an der Universität Wien, ehe er der Partei am 1. Mai 1938 erneut beitrat.1112 Der Kunsthistoriker war sowohl in der Zwischenkriegszeit als auch nach 1938 an der Universität stetig aufgestiegen. Ab 1945 konnte er nach einer längeren »Quarantänephase«1113 ebenfalls wieder an Universitäten unterrichten: Er erhielt 1951 einen Ruf nach München und 1964 an die Universität Salzburg. Eine Berufung an die Universität Wien, die der damalige Unterrichtsminister Drimmel unterstützt hatte, war zuvor gescheitert.1114 In dieser politischen Nachbarschaft hatte Weinzierl Ende der 1960er Jahre den Mut, klar zu belegen, wie früh und wie sehr die Universitäten von den Professoren bereits vor 1938 zur Propaganda genützt worden waren. Die Historikerin griff damit vor mehr als 50 Jahren Forschungsthemen und -fragen auf, die eigentlich schon damals intensive Auseinandersetzungen zum Verhältnis von »Universität und Politik« in der Zwischenkriegszeit hätten initiieren können. Doch tatsächlich passierte in unmittelbarer Folge von Weinzierls Vortrag nur wenig. Ihre An1108 UAW, Autographensammlung (1540–1987), 151.261. Gedanken von Josef Klaus über sein Studium an der Universität Wien, o.D. 1109 Vgl. Hartmann, Josef Klaus. 1110 Vgl. Höflechner, Die Baumeister des künftigen Glücks, S. 276. 1111 Vgl. Falter, Zwischen Kooperation und Konkurrenz, S. 167. Mit manchen von ihnen arbeitete sie auch zusammen, beispielsweise mit dem Publizisten René Marcic, der in den Jahren des Zweiten Weltkriegs Presse- und Kulturreferent des faschistischen UstaschaRegimes am Generalkonsulat in Wien war, nach 1945 zum Chefredakteur der »Salzburger Nachrichten« und 1963 zum Professor für Rechts- und Staatsphilosophie an der Universität Salzburg aufstieg, deren Rektor er 1966/67 war. Vgl. Marcic/Mock/Schmölz/Weinzierl, Zur Reform der österreichischen Innenpolitik 1955–1965. 1112 Vgl. Pfefferle/Pfefferle, Glimpflich entnazifiziert, S. 303. 1113 Ebd., S. 33. 1114 Vgl. ebd.

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trittsvorlesung wurde kaum rezipiert, nur in den »Salzburger Nachrichten« fanden sich vier Tage danach ein paar Zeilen.1115 Der Historiker Alexander Pinwinkler weist darauf hin, dass Weinzierls Vorlesung aber zumindest im Kleinen für Irritationen sorgte. Sie hatte in ihrem Vortrag auch die ehemaligen Hochschullehrer des damaligen Landeshauptmanns Hans Lechner – nämlich Othmar Spann und Hugo Hassinger – kritisiert. »Auch wenn Lechner ihr das zunächst übelnahm«, so Pinkwinkler, »soll sein Ärger – jedenfalls nach Weinzierls späterer Aussage – nicht lange angehalten haben.«1116 Diese Anekdote passt zum Gesamtbild: Blickt man auf all das, was Weinzierl bereits 1968 benannte oder andeutete, wird deutlich, dass sie mit dem Motto »Grabe, wo du stehst« auch an der Universität Ernst machte – und damit auch ihre akademische Lehrergeneration zur Verantwortung zog. Ihr universitäres wie politisches Umfeld ignorierte ihre Analysen mit wenigen Ausnahmen kommentarlos und strafte sie mit Schweigen. Vermutlich hätte jede öffentliche Reaktion, unter anderem des Österreichischen CV, den Verband nur selbst entlarvt und Weinzierls Thesen noch weiter bestätigt. Denn seinen ersten großen Aufschwung hatte der CV im Austrofaschismus genommen, seine zweite Hochphase erlebte er genau in den Jahren der ÖVP-Alleinregierung unter Josef Klaus, in der so gut wie alle Minister Verbandsbrüder waren.1117 Das wiederum war eine direkte Folge der Restauration in Universität und Politik nach 1945, deren Ursprünge die Zeithistorikerin 1968 offenlegte. Erika Weinzierl hatte ihre Inauguralvorlesung mit einem Zitat von Robert Musil eröffnet, der auch schrieb: »Man kann ein Volk auf die Beine stellen, aber gehen muß es dann selbst.«1118 Weinzierl ebnete den Weg für eine kritische Universitätsgeschichtsschreibung, doch es sollte noch fast genau ein halbes Jahrhundert dauern, ehe die Geschichte der Universität Wien im Austrofaschismus erstmals Gegenstand einer eigenen Studie wurde – über 80 Jahre nach dessen Ende.

1115 Vgl. »Hochschule – Politik«, Salzburger Nachrichten, 15. 6. 1968, S. 4. 1116 Pinwinkler, Die »Gründergeneration« der Universität Salzburg, S. 145. 1117 In der Regierung unter Josef Klaus (CV-Verbindung Rudolfina) waren dies: Kurt Waldheim (Welfia Ehrenmitgliedschaft), Minister für Auswärtige Angelegenheiten; Vinzenz Kotzina (Amelungia), Bundesminister für Bauten und Technik; Georg Prader (Norica), Bundesminister für Landesverteidigung; Ludwig Weiß (Rudolfina), Verkehr und staatliche Unternehmungen; Hermann Withalm (Norica) Vizekanzler; Karl Gruber (Austria-Wien), Staatssekretär und Roland Minkowitsch (Panonia Ehrenmitgliedschaft) Staatssekretär. Vgl. die jeweiligen biografischen Porträts im Personenlexikon des Österreichischen Cartellverbands, verfasst von Gerhard Hartmann, online unter: https://www.oecv.at/Biolex (zuletzt abgerufen am 1. 4. 2020). Damals gab es vor allem einige jüngere Mitglieder im ÖCV, die durchaus als liberal zu bezeichnen sind. Hier wäre Claus Raidl zu nennen, der 1968 mit Heinrich Drimmel öffentlich eine Debatte über die Ausrichtung des ÖCV führte. Vgl. Hartmann, Heinrich Drimmel. 1118 Musil, Der Mann ohne Eigenschaften, S. 348.

Die Universität Wien und die erste österreichische Diktatur

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Die Universität Wien und die erste österreichische Diktatur Was sind nun die wesentlichsten Ergebnisse dieser Untersuchung? Um zu verstehen, was ab 1933 in Österreich und an der Universität Wien geschah, war es zunächst nötig, einen Blick auf die Jahre davor zu werfen. Sozioökonomisch hatte die Wirtschaftskrise ab Ende der 1920er Jahre jene politischen Entwicklungen beschleunigt, die in den Austrofaschismus führten. Wichtige Meilensteine dieses Weges in die Diktatur waren der faschistische Korneuburger Eid 1930 und der Bruch der Bürgerblockregierung. Diesem Bruch war auf universitärem Boden ein anderer Bruch vorausgegangen: jener zwischen den katholischen und nationalsozialistischen Studierenden Anfang Dezember 1932. Engelbert Dollfuß’ Entscheidung, im Herbst 1932 auf Basis des »Kriegswirtschaftlichen Ermächtigungsgesetzes« weiter zu regieren, stellte dann auf gesetzlicher Ebene eine der letzten Weichen zur Parlamentsausschaltung 1933. Dabei nützte Dollfuß die Chance der Geschäftsordnungskrise im Parlament, um die rechtsstaatliche Demokratie in Österreich zu beenden. Der Nationalrat war damit ausgeschaltet, der Kanzler regierte ab März autoritär weiter. Bundespräsident Wilhelm Miklas blieb weiter im Amt. Um die Bedeutung der darauffolgenden fünf Jahre an der Universität Wien zeithistorisch besser einordnen zu können, lohnt es sich, die vorgelegten Ergebnisse mit bisherigen Erkenntnissen zu den Auswirkungen von Diktaturen auf den Hochschulbereich zu vergleichen. Fallstudien im Referenzwerk »Zwischen Autonomie und Anpassung: Universitäten in den Diktaturen des 20. Jahrhunderts« (2003) zu Russland, Polen, Italien, Deutschland und Spanien zeigen, dass deren jeweilige Diktaturen sowohl die traditionell wichtige gesellschaftliche Bedeutung als auch die systemtragende Rolle der Universitäten rasch erkannten und zu nutzen vermochten.1119 Zugleich wurden die Hochschulen nicht nur durch top down vereinnahmt. Vielmehr profitierten bestimmte Lehrende und Studierende von den politischen Machtwechseln bzw. lernten sie durch Anpassung rasch Profit daraus zu schlagen. Der Prozess der diktatorischen Übernahme von Universitäten besteht laut einer generalisierenden Analyse dieser Fallstudien in fünf verschiedenen Maßnahmen der Vereinnahmung, durch die Hochschulen der neuen staatlichen Kontrolle unterworfen werden: Erstens werden durch den Eingriff in die Lehre und Forschung, aber auch durch die Gründung neuer Institute und der Einführung neuer Vorlesungen neue ideologische Schwerpunkte und Ziele für die Hochschulen gesetzt.1120 Der Lehrkörper und die Gruppe der Studierenden werden zweitens nach ideologischen Zielvorgaben »gesäubert«. Drittens garan1119 Vgl. Connelly/Grüttner, Zwischen Autonomie und Anpassung. 1120 Vgl. Grüttner, Schlussüberlegungen, S. 265.

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tieren Zugangsbeschränkungen an den Hochschulen die Auslese, mit dem Ziel, eine zukünftige studentische Elite hervorzubringen. Die Selbstverwaltung der Hochschulen wird viertens stark eingeschränkt bzw. ganz beseitigt. Mit der Konzentration auf die nationale Forschung geht fünftens eine Abwertung der internationalen Wissenschaft einher.1121 Diese fünf idealtypischen Eingriffe lassen sich cum grano salis auch in der Entwicklung der Universität Wien von 1933 bis 1938 erkennen, wobei die kurze Dauer des Dollfuß/Schuschnigg-Regimes die tatsächliche Wirkungsmacht der einzelnen Maßnahmen zum Teil beschränkte und manche der Schritte bereits vor dem März 1933 gesetzt wurden. Insbesondere die rassistische und politische »Säuberung« unter dem Deckmantel der Autonomie sowie eine damit einhergehende Nationalisierung der Wissenschaft waren maßgebliche Prozesse an der Universität, die bereits in den 1920er Jahren den Hochschulalltag mitbestimmten. Deutlich wird auch, dass die fünf Ansätze in Österreich nach 1933 in verschränkter Form auftraten und aufeinander aufbauten. Im Vergleich zu Spanien unter Franco – um ein weniger strapaziertes Beispiel zu nennen – zeigt sich etwa, dass die politischen »Säuberungen« dort sehr viel umfangreicher als in Österreich waren, was nicht zuletzt auch daran lag, dass in Österreich in den 1930er Jahren kaum mehr linke Lehrende an Hochschulen unterrichteten.

Lehrende zwischen politischer »Säuberung« und Ständestaatsbesetzung An der Universität Wien brachte das Studienjahr 1932/33 bereits zu Beginn besonders heftige Ausschreitungen, was auch dem Rektorat von Othenio Abel geschuldet war. Der bekennende NS-Sympathisant trat – eigenen Angaben zufolge – gegen Ende seiner Amtszeit im Juni 1933 der bereits verbotenen NSDAP bei und war damit vermutlich der erste Rektor der Universität Wien mit einer illegalen Parteimitgliedschaft. Mit dem schrittweisen Verbot parteipolitischer Betätigung ab dem Frühjahr 1933 versuchte sich die Diktatur gegen die nunmehr außerparlamentarische Opposition sowohl von rechts als auch von links zu schützen. An der Universität Wien kam der Widerstand vor allem von rechter Seite, denn Linke waren kaum mehr im Lehrkörper vertreten. Die prominentesten sozialdemokratischen Sympathisanten unter den Professoren hatten entweder bereits vor 1933 die Hochschule verlassen (wie etwa Carl Grünberg oder Hans Kelsen) oder sie wurden im Frühjahr 1934 pensioniert bzw. durch Schikanen, Internierung und Disziplinarverfahren an ihrer weiteren universitären Arbeit gehindert – wie der Anatom Julius Tandler oder sein Kollege Josef Karl

1121 Vgl. ebd.

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Friedjung. Hans Hahn, Mathematiker und Vorsitzender der Vereinigung sozialistischer Hochschullehrer, war 1934 mit knapp 55 Jahren verstorben. Vergleichsweise inkonsequent ging man im Austrofaschismus gegen exponierte Nationalsozialisten vor, die eine weitaus größere Gefahr darstellten: Zwar mussten einige der prononciertesten Nationalsozialisten ab Herbst 1933 auf Druck des Ministeriums die Universität verlassen, unter ihnen etwa auch der Paläobiologe Abel. Etliche »Illegale« und NS-Sympathisanten durften freilich an der Universität bleiben, was verschiedene Gründe hatte. Offensichtlich ist, dass einige auch innenpolitisch einflussreiche Professoren wie Othmar Spann oder Oswald Menghin vor allem in der ersten Phase des Regimes eine Mittlerrolle zwischen Austrofaschismus und Nationalsozialismus einnahmen. Zu berücksichtigen ist zudem, dass die Zeit für entsprechende personalpolitische Maßnahmen relativ knapp war, denn spätestens mit dem Juliabkommen 1936 veränderte sich die Lage erneut. Innen- wie außenpolitisch ermöglichte Kanzler Kurt Schuschnigg eine schrittweise Annäherung an NS-Deutschland, was auch Auswirkungen auf die Universität Wien hatte. Im Vergleich zu den »Säuberungen«, den Entlassungen und Zwangspensionierungen von Lehrenden an der Universität Wien nach dem März 1938 mögen die Jahre des Austrofaschismus zwar zurecht als »kleiner Einschnitt« gelten.1122 Ein wichtiges Ergebnis dieser Studie ist freilich, dass mit dem Argument der tatsächlichen Finanznot die Einsparungsmaßnahmen im Personalstand ab 1933 sehr viel einschneidender waren als lange angenommen. Insgesamt ging die Zahl der Professuren an der Universität Wien in der Zeit des Austrofaschismus um fast ein Viertel zurück. Das war eine der drastischsten Stellenreduktionen in der langen Geschichte der Universität. War der Umfang der Kürzungen von staatlicher Seite vorgegeben, so wurden die von den Frühpensionierungen betroffenen Professoren von Funktionären der Universität Wien selbst vorgeschlagen. Eine zentrale Rolle kam dabei dem Pädagogikprofessor Richard Meister zu, der sich auch in der geheimen antisemitischen Professorenclique Bärenhöhle engagierte. Entsprechend ist es nicht weiter verwunderlich, dass besonders viele jüdische Lehrende auf Meisters und Gustav Walkers Vorschlagsliste der zu Pensionierenden standen. In Bereichen wie den Geisteswissenschaften waren damit auf Professorenebene bereits ab 1935 fast keine Lehrenden jüdischer Herkunft mehr zu finden. Die Pensionierten behielten allerdings oft ihre Lehrberechtigung, weshalb sie erst im April 1938 und nach dem erneuten Systemwechsel ihre Venia legendi und in Folge dann meist auch ihre Pensionsansprüche verloren, wie beispielhaft am Philosophen Heinrich Gomperz gezeigt wurde. Insgesamt wurden im Dollfuß/Schuschnigg-Regime von den 181 Professorenposten im Studienjahr 1932/33 bis zum Studienjahr 1937/38 43 Stellen (ein 1122 Vgl. Ash, Jüdische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, S. 109.

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Anteil von rund 23 Prozent) ersatzlos gestrichen. Am stärksten war die Gruppe der außerordentlichen Professoren betroffen, deren Zahl von 74 Posten auf 46 schrumpfte.1123 Parallel dazu stieg die Zahl der im Personalstand verzeichneten Emeritierten von 36 auf 69.1124 Lediglich die Katholisch-Theologische Fakultät wurde personell durch zwei zusätzliche Planstellen aufgestockt, was angesichts des katholisch-autoritären Charakters des Regimes nicht weiter verwundert. In der Phase bis zum Juliabkommen 1936 waren die Medizinische Fakultät mit einer Reduktion von 21 Professoren (von insgesamt 60) und die Philosophische Fakultät mit 24 (von 86) am stärksten betroffen. Und auch im Budget wurden die drastischen finanziellen Kürzungen sichtbar, wie Engelbert Broda, an der Universität Wien 1934 promovierter Chemiker, in einem Artikel andeutete. Er bezifferte den Rückgang des absoluten Anteils der Hochschulagenden im Staatsbudget von 1,27 Prozent vor der Weltwirtschaftskrise 1930 auf nur mehr ein Prozent zum Zeitpunkt des »Anschlusses« 1938 und belegt auf diese Weise, wie die Hochschulen durch die Einsparungen im Vergleich zu anderen Bereichen wie etwa der Landwirtschaft abgewertet wurden.1125 Zumindest einige der Entlassungen, Zwangspensionierungen, Postenstreichungen und Neuberufungen verfolgten das Ziel, den Lehrkörper der Universität Wien zu kontrollieren und ideologisch neu zu formen. Im Unterschied etwa zur Madrider Universidad Central am Beginn des Franco-Regimes, kam es in Österreich dabei zu keinen offiziellen politischen »Säuberungskommissionen« ( juntas depuradoras) und Massenentlassungen, um politisch missliebige Lehrende loszuwerden.1126 Die Sache wurde in Wien auf verdeckte Art gelöst und mit

1123 Vgl. Personalstandverzeichnisse (Stichtage: 1. 11. 1932 und 1. 11. 1936). Ähnlich verhielt es sich an der Technischen Universität Wien. Hier gab es zwischen dem Sommersemester 1932 und dem Sommersemester 1937 einen Rückgang von 53 auf 45 ordentliche Professorenposten (ebenfalls ein Rückgang um knapp 20 Prozent). Die Zahl der außerordentlichen Professorenposten nahm hier zwischen 1932 und 1937 sogar zu, von sechs auf acht. Somit sank die Zahl der ordentlichen und außerordentlichen Professoren an der Technischen Universität Wien in diesem Zeitraum von 59 (1932) auf 53 (1937), was einem Rückgang von 10 Prozent entsprach. 1124 Zu diesen 69 Emeritierten zählt auch Alfred Fröhlich, der zunächst auf Wartegeld beurlaubt war, seit dem Personalstandverzeichnis 1936/37 aber in der Kategorie »Professoren im dauernden Ruhestande« geführt wurde. Viktor Bibl und Erich Knaffl-Lenz wurden auch weiterhin in der Kategorie des Wartegeldes gelistet. Georg Petschek wurde, wie bereits weiter oben ausgeführt, in den Personalstandverzeichnissen stets in der Kategorie »Privatdozenten« und nicht gesondert unter »mit Wartegeld beurlaubt« ausgewiesen, obwohl Rektor Tomek ihn in seinem Jahresbericht als auf Wartegeld gesetzten Lehrenden führte. Vgl. Tomek, Bericht 1933/34, S. 5. 1125 Vgl. Broda, »Es schmilzt das Hochschulbudget, in dem es sich vermehrt«, S. 6. 1126 Vgl. Ruiz Carnicer, Die spanischen Universitäten während der Franco-Diktatur, S. 110, Claret Miranda, La destrucción de la Universidad, S. 62 sowie Lobo, Depuración de la Educación, S. 206.

Die Universität Wien und die erste österreichische Diktatur

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Einsparungsmaßnahmen begründet, auch wenn ihr politischer Hintergrund offensichtlich war. Die Nationalsozialisten, die im Austrofaschismus von der Universität Wien ausgeschlossen wurden, gingen mehrheitlich ins Deutsche Reich. Von den 39 Lehrenden, die laut veröffentlichten Rektoratsberichten von 1932/33 bis 1937/38 ins Ausland berufen wurden, wählten 15 den Weg an eine deutsche Hochschule. Existenzbedrohend waren ihre Enthebungen bzw. Pensionierungen somit nie, zum Teil profitierten die Lehrenden in ihren weiteren Karrieren – zumindest bis 1945 – vom Ausschluss in Österreich. Im NS-Staat konnten sie sich als Märtyrer inszenieren, und nicht wenige stiegen beruflich auf. Karl Gottfried Hugelmann und Leopold Zimmerl erreichten sogar die Spitze ihrer jeweiligen deutschen Universität und wurden kurz nach der Übersiedlung Rektoren.1127 Die an den Hochschulen verbliebenen Lehrenden im austrofaschistischen Österreich mussten ihre Regimetreue demonstrieren. Sie waren als einzige Berufsgruppe zum Eintritt in die Vaterländische Front verpflichtet und wurden als öffentlich Bedienstete bereits ab dem Frühjahr 1933 auf den neuen Bundesstaat vereidigt.1128 An der Universität Wien trat ein großer Teil der Lehrenden der Vaterländischen Front bei; die wenigsten davon engagierten sich freilich in der politischen Monopolorganisation. Manche Professoren wie der Jurist und NSSympathisant Ernst Schönbauer verweigerten sogar den Beitritt in die Einheitspartei. Als Konsequenz blockierte das Unterrichtsministerium seine Ernennung zum Dekan der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät 1934 aus politischen Gründen, nachdem die Funktionäre der Universität Wien ihn gewählt und dem Ministerium bereits zur Bestätigung vorgelegt hatten.1129 Der Fall Ernst Schönbauer belegt damit, dass Lehrende, die eine Mitgliedschaft in der Vaterländischen Front ablehnten, durchaus Karrierenachteile hinnehmen mussten – meist aber in einem unbedeutenden Ausmaß. Wenig später wurde Ernst Schönbauers politische Treue belohnt, als er unter den neuen politischen Rahmenbedingungen des NS-Regimes nach dem »Anschluss« schließlich doch Dekan der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät wurde und dieses Amt gleich mehrere Jahre innehatte. Eine weitere Maßnahme, um den Lehrkörper der Universität Wien zumindest mittelfristig auf Linie zu bringen, war eine neue Habilitationsordnung. Hatte man schon vor 1933 mittels geheimer Absprachen die Habilitationen vieler WissenschafterInnen aus rassistischen oder politischen Gründen verhindert 1127 Dasselbe Phänomen beobachten auch Ina Friedmann und Dirk Rupnow in ihrer Untersuchung zur Universität Innsbruck zwischen 1933 und 1938. Vgl. Friedmann/Rupnow, Zwischen innerer Opposition und äußerer Anpassung, S. 143. 1128 Vgl. BGBl. Nr. 173/1933 vom 10. und 15. 5. 1933 sowie Tálos, Das austrofaschistische Herrschaftssystem, S. 169–170. 1129 Vgl. »Neuwahlen von Dekanen notwendig«, Neue Freie Presse, 16. 9. 1934, S. 6.

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Schlussbetrachtungen

(und dabei wissenschaftliche Gründe nur vorgeschoben), wurde die Habilitationsnorm ab Mai 1934 zunächst »provinzialisiert«: Fortan sollten nur mehr solche WissenschafterInnen die Lehrbefugnis erhalten, die österreichische BundesbürgerInnen waren.1130 Im November 1935 wurde diese Regelung erneut novelliert, der Handlungsspielraum des Ministeriums damit im Verhältnis zur Universität erweitert und gleichzeitig die Hochschulautonomie weiter limitiert. Das Unterrichtsministerium konnte nun von sich aus Lehrberechtigungen ohne Angabe von Gründen aberkennen, was bis 1938 allerdings nur in einigen wenigen Fällen an der Universität Wien passierte. Nach dem »Anschluss« nutzten die Nationalsozialisten freilich dieses Gesetz, um in wenigen Wochen weit mehr als 200 Universitätsangehörigen die Lehrberechtigung zu entziehen. Durch die Verkleinerung des zur Habilitation zugelassenen Personenkreises, durch (Früh-)Pensionierungen sowie über das Instrument der Berufungen konnten im Austrofaschismus vor allem auch neue inhaltliche Akzente gesetzt werden. Diese waren nicht so folgenschwer wie beispielweise in NS-Deutschland im Bereich der »Deutschen Physik«. Doch konnte in der vorgelegten Studie gezeigt werden, dass durch die Zurückdrängung der Zoologie und damit der Evolutionstheorie an der Philosophischen Fakultät und von biologischen Lehrinhalten etwa an der Medizinischen Fakultät oder durch die Stärkung der Positionen der christlichen Rechtsphilosophie an der Universität Wien kreationistische und katholische Leitideen gefördert wurden. In dieselbe Kerbe schlug auch Hans Pernter in der Eröffnungsrede des Audimax 1936, als er das Ziel formulierte: »Die Wissenschaft kann nicht mehr einen Gegensatz von Glauben und Wissen vertreten, für den noch kein ernster Forscher einen Beweis zu erbringen vermochte, sondern im Gegenteil nur bekennen konnte, daß es einen solchen nie gebe.«1131 Nicht ohne Grund schrieb Susanne Preglau-Hämmerle mit Blick auf die Universität Wien im Austrofaschismus von einer »Renaissance der Kirche«.1132

1130 Vgl. MVBl., Verordnung vom 23. 5. 1934, Nr. 43, Abänderung der Vollzugsanweisung, betreffend die Zulassung und die Lehrtätigkeit der Privatdozenten an den Hochschulen (Habilitationsnorm) sowie BGBl. 34/1934-II vom 23. und 28. 5. 1934. 1131 »Das ›Auditorium maximum‹ eröffnet«, Der Wiener Tag, 15. 12. 1936, S. 5. 1132 Preglau-Hämmerle, Politische und soziale Funktion der österreichischen Universität, S. 179. Pernter gehörte 1945 übrigens zu den Mitbegründern der Österreichischen Volkspartei, war kurzfristig geschäftsführender Parteiobmann und Sektionschef im Bundesministerium für Unterricht, ehe er im Dezember 1945 für seine Partei in den Nationalrat wechselte. Vgl. Enderle-Burcel, Protokolle des Ministerrates, Kabinett Kurt Schuschnigg (Bd. 8), S. 575.

Die Universität Wien und die erste österreichische Diktatur

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Kampf um die Kontrolle über die Studierenden Das Dollfuß/Schuschnigg-Regime stand von Beginn an vor der Herausforderung, den universitären Boden auch von den nationalsozialistischen Studierenden zurückerobern zu müssen, um eine eigene akademische und politisch klar ausgerichtete Führungsschicht hervorzubringen. Studentische AnhängerInnen des Nationalsozialismus dominierten Anfang der 1930er Jahre den Alltag an der Universität Wien immer stärker, was sich auch an den Ergebnissen der Studierendenwahlen 1931 zeigte, bei denen der NSDStB an allen Wiener Hochschulen als stärkste Kraft hervorging. Hatten die nationalsozialistischen Studierenden bereits seit Anfang der 1920er Jahre für Terror gegen linke und jüdische Studierende gesorgt, lieferten sie sich ab Dezember 1932 auch heftige Auseinandersetzungen mit den katholischen und regierungstreuen Kommilitonen. Dennoch verschärfte sich das staatliche und universitäre Vorgehen gegen die ( jungen) Nationalsozialisten erst 1934, konkret: nach dem gescheiterten Juliputsch. Das geht aus der Auswertung der Disziplinarverfahren gegen Studierende in den ersten beiden Jahren des Austrofaschismus hervor. Vor allem der Anstieg von 92 Verfahren im Jahr 1933 auf 277 Verfahren 1934 verweist auf eine Intensivierung der Sanktionen.1133 247 der 277 Verfahren wurden aus politischen Gründen eingeleitet, 166 davon eindeutig wegen nationalsozialistischer Aktivitäten, 39 wegen »linker Betätigung«.1134 Fast drei Viertel der HochschülerInnen, die Disziplinarstrafen erhielten, waren also NationalsozialistInnen. Hinsichtlich der Geschlechterverteilung fällt auf, dass sich nur drei der 166 Verfahren gegen Sympathisantinnen des Nationalsozialismus richteten; während von den 39 Verfahren gegen linke Studierende neun Frauen betroffen waren. Unabhängig vom Geschlecht: Die Sanktionierung bedeutete meist einen Ausschluss von der Universität. Doch schon 1935 folgte bereits wieder ein Rückgang der neu eröffneten Verfahren, deren Zahl bis 1938 stetig weiter sank. Eine politisch motivierte Zugangsbeschränkung wurde auch für angehende Studierende geschaffen: Hatten sich SchülerInnen, also noch bevor sie an die Universität kamen, nachweislich parteipolitisch betätigt, wurden sie vom Unterrichtsministerium österreichweit für ein Studium gesperrt. Über diesen künstlichen Flaschenhals versuchte man junge Oppositionelle von den Hochschulen fernzuhalten. Unter den von dieser Maßnahme Betroffenen war auch der spätere Justizminister Christian Broda (SPÖ, 1970–1983), Bruder des bereits 1133 Vgl. UAW, Akad. Senat, GZ. 70, Sommersemester 1934. 1134 Vgl. eigene Erhebungen. In den restlichen 42 Disziplinarverfahren gegen einzelne Studierende des Jahres 1934, die hier nicht angeführt werden, ist die politische Zuordnung durch die Disziplinarakten im Archiv der Universität Wien nicht möglich.

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Schlussbetrachtungen

genannten Engelbert Broda. Diese Formen der staatlichen Repressionen stellten aber nur die letzte Instanz dar, mit der das Regime die Gruppe der Studierenden auf Regimekurs zu trimmen versuchte. Nachdem bereits im Herbst 1933 die Hochschülerschaft Österreichs als staatlich gelenkte Einheitsvertretung gegründet wurde, um die neue Vision einer Studierendenschaft zu verwirklichen, setzte die Regierung im Sommer 1935 einen weiteren wichtigen hochschulpolitischen und ideologisch motivierten Schritt. Mit dem Hochschulermächtigungs- und dem Hochschulerziehungsgesetz 1935 sollte neben Forschung und Lehre vor allem die Erziehung der Jugend zur Aufgabe der Alma Mater werden. Dabei wurden die Hochschulen und die neu eingeführten Vorlesungen zu den »ideellen und geschichtlichen Grundlagen des österreichischen Staates« sowie zur »weltanschaulichen und staatsbürgerlichen Erziehung« als weitere Instrumente der politischen Indoktrination gesehen. Das Ziel war nichts Geringeres als »der neue österreichische Mensch« bzw. »der neue österreichische Student«.1135 Dieser autoritäre und totale Erziehungsanspruch war nicht genuin »ständestaatlich«, sondern sehr viel deutlicher ein faschistisch inspiriertes Ziel: Auch Mussolinis Italien, Hitlers Deutschland und Francos Spanien setzten ähnliche Maßnahmen zur Formung der akademischen Jugend. Sowohl in Wien als auch in Berlin, Madrid und Rom ging es darum, die studentische Gemeinschaft neu zu gestalten. Die Studierenden in Österreich sollten auf politische Linientreue sowie Patriotismus eingeschworen werden und katholische Wertevorstellungen verinnerlichen. Vor allem männlicher Körperkult, der in der Berichterstattung über studentische Sportveranstaltungen als positives Leitmotiv hochgehalten wurde, erfüllte eine propagandistische Funktion. Neben den ideologischen und weltanschaulichen Pflichtvorlesungen kamen entsprechend auch der körperlichen Ertüchtigung, den gemeinschaftlichen Hochschulwochen, den paramilitärischen Hochschullagern sowie Gas- und Luftschutzübungen besondere Bedeutung zu. Umgestaltung, Durchdringung und Mobilisierung waren auch die Werkzeuge, um die Studierendenschaft zu formen.

Universitätsgeschichte: Ein Beitrag zur Faschismusforschung Offensichtlich ist, dass alle diktatorischen europäischen Regime in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ihre nationalen Eigenheiten hatten. Als Alternative zur Demokratie griffen die meisten von ihnen auf ähnliche Elemente zur eigenen Herrschaftssicherung zurück, die als faschistisch bezeichnet werden können.1136 1135 Vgl. Ehs, Der »neue österreichische Mensch«. 1136 Vgl. Costa Pinto/Kallis, Rethinking Fascism and Dictatorship in Europe.

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Faschismusforscher wie António Costa Pinto und Aristotle Kallis sind bei der vergleichenden Analyse der Diktaturen in Griechenland, Österreich, Portugal, Spanien und Ungarn davon abgekommen, Phänomene des Faschismus trennscharf zu definieren oder eine »Faschismus-Checkliste« im Sinne eines »faschistischen Minimums« (Ernst Nolte) zu erstellen. Vielmehr betrachten sie den Faschismus als ein hybrides und national unterschiedlich ausgeprägtes Phänomen. Tatsächlich verfolgte auch das österreichische Regime eigene Ziele, die freilich mit jenen anderer Länder vergleichbar waren. Das faschistische Italien und NS-Deutschland hatten nicht zuletzt wegen ihrer gesellschaftlichen Veränderungsansprüche Vorbildwirkung für das Dollfuß/Schuschnigg-Regime.1137 Mit Blick auf die Universitäten lässt sich ergänzen, dass die Dollfuß/ Schuschnigg-Diktatur auch in diesem Bereich eigene, austrofaschistische Ziele verfolgte. Das lässt sich an der Personalpolitik ebenso ablesen wie an der politischen Organisation der regimeloyalen Studierenden, der Abänderung der Lehrpläne ab Juli 1935 oder der Repression gegen Oppositionelle. Die Bezeichnung »Imitationsfaschismus« greift für die Charakterisierung insbesondere der Geschehnisse an den Hochschulen von 1933 bis 1938 zu kurz, da keinesfalls einfach alles eins zu eins von Italien oder Deutschland übernommen wurde. Vielmehr wurden faschistische Elemente und Maßnahmen adaptiert, wie sich etwa bei den Hochschullagern zeigen lässt. Eine andere Besonderheit war, dass bestimmte Maßnahmen an der Universität wie die antisemitische Personalpolitik vor allem auch von der Institution selbst ausging und von staatlicher Seite »nur« vollstreckt wurde. In diesem Bereich war also durchaus noch eine gewisse Autonomie der Universität geduldet, zumal einige Universitätsfunktionäre wie Richard Meister beste Beziehungen ins Ministerium und zur Regierung hatten. Ein Merkmal faschistischer Systeme ist auch die besondere Form der Gewaltausübung, die an der Universität Wien eine ganz eigene Geschichte hat. Bereits vor 1933 war das akademische Alltagsleben stark von physischer Gewalt geprägt. Von Dezember 1932 bis Mai 1933 kam es zu den bis dahin brutalsten Ausschreitungen mit unzähligen Verletzten. Mit dem Auftakt der Diktatur im März 1933 versuchte man, diese Gewaltexzesse durch schärfere Sanktionen einzuschränken. Das Spektrum reichte von Disziplinierungsmaßnahmen gegen gewaltbereite Studierende bis hin zur Einschüchterung oppositioneller Lehrender, durch angedrohte oder tatsächlich vollstreckte Entlassungen bzw. Pensionierungen. Lehrende, die bis dahin aktiv ins politische Geschehen eingegriffen hatten, sollten durch diese Maßnahmen aus dem öffentlichen in den privaten Raum zurückgedrängt werden. Politische Repressionen wurden in Österreich – wie auch in anderen faschistischen Regimen – zur staatlichen Herrschaftssicherung eingesetzt. An der Diskussion im österreichischen Ministerrat über die 1137 Vgl. Tálos, Das austrofaschistische Herrschaftssystem, S. 574.

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Schlussbetrachtungen

Einrichtung von Anhaltelagern und über die Wiedereinführung der Todesstrafe 1933 ist abzulesen, dass sich die handelnden Politiker zu Beginn des Austrofaschismus bemühten, besondere Härte zu zeigen. Das geschah auch durchaus in Abgrenzung zum Deutschen Reich: Hitler zu »überhitlern«1138 war das Ziel. Gefängnisse und vor allem Anhaltelager waren jene Orte, an dem vom austrofaschistischen Regime physische, psychische und institutionelle Gewalt am unmittelbarsten ausgeübt wurde.1139 Festgehalten wurden hier sowohl SozialistInnen und KommunistInnen als auch NationalsozialistInnen. Das bekannteste Anhaltelager war Wöllersdorf, knapp 60 Kilometer von Wien entfernt. In diesem und anderen kleineren Lagern waren auch etliche Studierende und kurzfristig sogar einige wenige Lehrende interniert. Auch wenn diese Lager bis 1938 in Österreich im Vergleich zu den nationalsozialistischen Konzentrations- und Vernichtungslagern nicht genozidal und weniger folgenschwer waren, trugen sie dennoch zum faschistischen Charakter des Dollfuß/Schuschnigg-Regimes bei. Die Inszenierung von öffentlichen Auftritten nach italienischem bzw. deutschem Vorbild wurde in Österreich wiederum um einen katholischen Charakter – etwa durch Weihen oder Feldmessen – ergänzt. Offensichtlich wurde das im Herbst 1933 im Zuge des »Allgemeinen Deutschen Katholikentags«, der Trabrennplatzrede von Dollfuß, während der sogenannten Türkenbefreiungsfeier, aber auch im Rahmen der Trauerkundgebung der Vaterländischen Front für Dollfuß am Wiener Heldenplatz im August 1934. Diese politischen »Massenfestspiele«1140 erreichten freilich nur ganz selten jene Öffentlichkeitswirksamkeit wie ähnliche Inszenierungen etwa in Italien. Auf akademischem Boden spielten solche öffentlichen Auftritte eine weniger prominente Rolle. Die Eröffnung des Auditorium Maximum in Wien 1936 war eines der wenigen staatstragenden Großereignisse an der Universität Wien. Das Regime nützte die Hochschule also nicht als öffentliche Plattform – erneut anders als etwa Italien, wo die von 1932 bis 1935 erbaute Universitätsstadt (Città Universitaria) in Rom sehr wohl für Inszenierungen genützt wurde. Ähnliches gilt für die Universidad Central in Madrid unter Diktator Franco: Dort wurde etwa im November 1939 der exhumierte Leichnam des Falange-Gru¨ nders José Primo de Rivera in einem medienwirksamen Prozessionszug über den Campus der Universität in die monumentale Schloss- und Klosteranlage El Escorial nahe Madrid überführt.1141 Wenige Jahre 1138 1139 1140 1141

Zit. nach: Ehs, Der »neue österreichische Mensch«, S. 381. Vgl. Imbusch, Handbuch, S. 39. Tálos, Das austrofaschistische Herrschaftssystem, S. 436. Vgl. »El enterramiento de José Antonia Primo de Rivera«, Corporación de Radio y Televisión Espan˜ola (RTVE), online unter: http://www.rtve.es/alacarta/videos/documentale s-b-n/presente/2847619 (zuletzt abgerufen am 1. 4. 2020) sowie Ayala Sörenssen, »El traslado de los restos de José Antonio« und Box Varela, La fundación de un régimen, S. 172.

Universitätsgeschichte: Ein Beitrag zur Faschismusforschung

277

später nutzte Franco den Besuch der argentinischen Präsidentengattin Eva Perón im Rahmen ihrer »Regenbogentour« durch Europa. Er setzte »Evita« im Juni 1947 am Madrider Universitätscampus in Szene, und die Weltöffentlichkeit bekam erneut Spaniens Zentraluniversität als ein Prestigeprojekt der Diktatur präsentiert.1142 Solche Bühnen suchte die österreichische Regierung an der Universität Wien nicht, was zum einen damit zu tun hatte, dass die Hochschule zunächst einmal von der nationalsozialistischen Dominanz befreit werden musste. Zum anderen wird im internationalen Vergleich aber auch deutlich, dass es in Madrid, Rom und Wien gänzlich unterschiedliche örtliche und zeitliche Voraussetzungen für solche faschistischen Inszenierungen gab: In Rom wurde mit der Città Universitaria ab 1932 ein neuer Campus aus dem Boden gestampft. Franco wiederum demonstrierte nach den drei Jahre lang andauernden Kampfhandlungen symbolträchtig auf den Ruinen der vormals republikanischen Universität seine Macht und legte den Grundstein für eine neue Universität unter faschistischen Vorzeichen. In Wien hingegen wurde kein neuer Campus errichtet. Das Hauptgebäude der Universität Wien steht seit 1884 am Ring, die größte bauliche Veränderung blieb in den fünf austrofaschistischen Regimejahren das neue Audimax. Den prononciertesten faschistischen Gestaltungsanspruch hatte die erste österreichische Diktatur bei Studierenden. Gleichzeitig setzten regimetreue Hochschüler, die sich selbst oft als faschistisch begriffen, speziell in den ersten beiden Phasen des Regimes bis Juli 1936 auch eigenständige Initiativen. Von Seiten der Heimatschutzstudenten beispielsweise hieß es unzweideutig: »Fascismus ist keine Redeübung, er muss ein Lebensbekenntnis sein. […]. Es gibt keine Staatsauffassung, die nicht grundsätzlich Lebensauffassung ist.«1143 Entsprechend war ihr Credo: »Ein fascistisches Prinzip: Für den äusseren Feind – das Heer, für den Verbrecher – die Polizei, für den inneren politischen Gegner – die aktive Elite, die FASCISTEN!«1144 Ein Teil der österreichischen Studentenschaft bezeichnete sich also stolz als »Fascisten«, was in der Begriffsdebatte um den Regimecharakter und vor allem auch in Bezug auf die Selbstidentifikation im wissenschaftlichen Diskurs bisher wenig thematisiert wurde. Auch viele höhere Vertreter bzw. Organisationen des Regimes sahen sich als faschistisch bzw. faschisiert.1145 So deutete die Vaterländische Front die österreichische Diktatur als eine »Spiel-

1142 Vgl. Rodríguez-López, Paisajes de una guerra, S. 115 sowie Erker, Fortschritt, Front und Franco-Regime, S. 76. 1143 Führertum – Pflichterfüllung. In: Der Heimatschutz-Student 2 (21. 4. 1936) 1, S. 2. Bemerkenswert ist an diesem 1936 veröffentlichen Statement die Schreibweise des Wortes »Fascismus«, auch hier ganz in Anlehnung an seinen italienischen Ursprung. 1144 Der Heimatschutz-Student 2 (18. 6. 1936) 9, S. 2. 1145 Vgl. Wenninger, Scheu vor dem F-Wort, S. 52.

278

Schlussbetrachtungen

art«1146 einer faschistischen Staatsform und bestätigte damit das Bild eines Faschismus nationaler Prägung. Diese Sichtweise wurde aber, folgt man dem Historiker Florian Wenninger, von der Österreichischen Volkspartei nach 1945 verdrängt, um von den Alliierten nicht als »postfaschistische Gruppierung«1147 eingestuft zu werden. Solche Selbstdefinitionen sind natürlich keine Beweise, dass dieses Regime faschistisch war, denn sonst müsste man ja auch der Selbstdeutung als »Ständestaat« folgen. Die Hinweise auf das »faschistische Selbstverständnis« zeigen aber gerade bei der Befassung mit dem Mikrokosmos der Universität Wien, dass bei bestimmten Akteuren – wie eben den regimetreuen Studierenden – von 1933 bis 1938 faschistische Leitideen eine wichtige Rolle spielten. Dabei wird auch deutlich, dass es nicht ein »von oben« vorgegebenes faschistisches Hochschulmodell und keinen am Reißbrett entworfenen Prototypen einer faschistischen Hochschule gab. Das hängt nicht zuletzt auch damit zusammen, dass der Faschismus in seiner italienischen Urversion ein selbst im Vergleich zum Nationalsozialismus sehr viel heterogeneres ideologisches Konzept war, das im Laufe der Jahre zudem etliche Veränderungen erfuhr.1148

Antisemitisch, androzentrisch und allzu lange rückwärtsgewandt Diese Studie möchte aber nicht nur die Debatte um den Begriff und Charakter des »Austrofaschismus« um eine wichtige Facette – die der Universitätspolitik – ergänzen. Sie leistet auch einen Beitrag zur Diskussion um den Antisemitismus in der Zeit von 1933 bis 1938, der kürzlich erst in einem umfangreichen Sammelband thematisiert wurde.1149 Tatsächlich ließ sich in dieser Arbeit zeigen, dass von der (Früh-)Pensionierungswelle ab 1934 Professoren jüdischer Herkunft überproportional stark betroffen waren, was freilich in erster Linie auf den »hauseigenen Antisemitismus« an der Universität Wien zurückzuführen war. Der Rückgang der Zahl der jüdischen Studierenden über den gesamten Verlauf der Zwischenrkriegszeit steht ebenfalls in direktem Zusammenhang mit dem Antisemitismus an der Alma Mater Rudolphina. Schließlich rückte die Untersuchung auch noch das Thema des Androzentrismus im Austrofaschismus in ein neues Licht. Frauen zählten ganz allgemein zu 1146 Bundeswerbeleitung der Vaterländischen Front, Richtlinien zur Führerausbildung, Wien o. J., S. 54, zit. nach: Wenninger, Scheu vor dem F-Wort, S. 52. 1147 Wenninger, Scheu vor dem F-Wort, S. 54. 1148 Zu einem ähnlichen Schluss mit Blick auf die Universitäten kommt auch Michael Grüttner nach einer Analyse der Hochschulentwicklungen in NS-Deutschland, im faschistischen Italien und in Francos Spanien. Vgl. Grüttner, Schlussüberlegungen, S. 272. 1149 Vgl. Enderle-Burcel/Reiter-Zatloukal, Antisemitismus in Österreich.

Antisemitisch, androzentrisch und allzu lange rückwärtsgewandt

279

den VerliererInnen der Jahre 1933 bis 1938 im Vergleich zur Ersten Republik, da das Regime die Bedeutung der Frau vor allem als Mutter und Hausfrau betonte. Auch wenn in der Zeit vor 1933 und nach 1945 gerade in den höheren Hierarchieebenen Frauen ebenfalls nicht repräsentiert waren, so brachte der Austrofaschismus in Sachen Aufstieg der Frauen tendenziell einen Rückschritt. 1933/34 gab es – so wie in den Jahrzehnten zuvor – keine einzige Frau unter den 217 ordentlichen und außerordentlichen Professoren im Personalstand,1150 von den 780 wissenschaftlichen MitarbeiterInnen waren lediglich 32 Frauen. Nur im Bereich der administrativen Posten war das Verhältnis damals etwas ausgewogener: Hier standen den 249 Männern 110 Frauen gegenüber. Die Handlungsspielräume von Frauen an den Universitäten – egal ob als Studierende oder als Lehrende – waren letztlich meist von Männern vorgegeben.1151 In der austrofaschistischen Vorstellung der neuen studentischen Elite spielten Studentinnen kaum eine Rolle, was sich beispielsweise daran zeigt, dass die Hochschullager bloß für männliche Studierende eingerichtet wurden. Alternative gemeinschafts- und identitätsstiftende Veranstaltungen wurden für Frauen nicht implementiert. In der Hochschülerschaft Österreichs, der landesweiten Einheitsvertretung, erhielten Frauen auch keine nennenswerten Funktionen, weibliche Studierendenvertreterinnen gab es eher auf linker oder auf nationalsozialistischer Seite. Beispiele dafür waren zum einen die damals überzeugte Nationalsozialistin Elisabeth Stipetic´, die ab 1934/35 die Hochschulgruppe »Universität Wien« des verbotenen NS-Studentenbunds leitete und ab Juli 1935 Führerin der Arbeitsgemeinschaft nationalsozialistischer Studentinnen Österreichs war. Zum anderen sei Marie Tidl genannt, die Leiterin des Geeinten Roten Studenten-Verbands im Austrofaschismus war und nach dem »Anschluss« 1938 auch gegen den Nationalsozialismus kämpfte. Was in der Studie ebenfalls deutlich wurde: Nach dem »Anschluss« im März 1938 verloren viele Universitätsangehörige, die im Austrofaschismus Leitungsfunktionen innegehabt hatten, aus politischen Gründen ihre Anstellung. Nach dem Ende der NS-Herrschaft gelangten diese ehemaligen Anhänger des Dollfuß/ Schuschnigg-Regimes – im Gegensatz zu den aus rassistischen Gründen vertriebenen Lehrenden – an der Universität Wien, an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und nicht zuletzt im Unterrichtsministerium rasch wieder in Führungspositionen. Ehemalige Nationalsozialisten folgten ihnen ein paar Jahre später, wenn auch in geringerer Zahl. Dabei waren Frauen in der

1150 Lediglich Privatdozentinnen mit dem Titel einer außerordentlichen Professorin. 1151 Alternativ traten Frauen selbst als Vorreiterinnen in regimetreuen Frauenorganisationen auf, die von einer Ungleichheit zwischen Mann und Frau ausgingen und diese damit nur weiter perpetuierten. Vgl. Bandhauer-Schöffmann, Hausfrauen und Mütter.

280

Schlussbetrachtungen

Gruppe der ordentlichen und außerordentlichen Professoren in den ersten Nachkriegsjahren genauso wenig vertreten wie als Mitglieder der ÖAW. Eine wichtige Mittlerfunktion kam nach 1945 Personen zu, die sich sowohl mit dem Austrofaschismus als auch dem Nationalsozialismus zu arrangieren verstanden, ohne der NSDAP beigetreten zu sein. Solche Professoren – wie etwa Richard Meister oder Wilhelm Czermak – trugen wesentlich zur Re-Integration ehemaliger Nationalsozialisten und zum weitgehenden Scheitern der Remigration linker und jüdischer WissenschafterInnen nach Kriegsende 1945 bei. Die Rückkehr etlicher »Ehemaliger« machte dabei offensichtlich, dass bestimmte »braun-schwarze« Netzwerke weiterbestanden, in denen Deutschnationale, vormalige Nationalsozialisten und ehemalige Dollfuß/Schuschnigg-Anhänger auch noch lange nach 1945 in Kontakt miteinander standen. Diese Beziehungsgeflechte wirkten weit über die Grenzen der Alma Mater Rudolphina hinaus und schlossen damit sowohl die ÖAW als auch das Unterrichtsministerium als Orte der »Restauration« ein. Dass der ÖCV nach dem Zweiten Weltkrieg ehemalige NSDAP-Mitglieder ausschloss – wie etwa Taras Borodajkewycz – kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass viele enge Beziehungen und Freundschaften weiterbestanden. Eine wichtige Rolle bei der zeitverzögerten Integration der ehemaligen Nationalsozialisten kam dabei Unterrichtsminister Heinrich Drimmel zu, der schon als Studentenpolitiker im Austrofaschismus Kontakt zu den Nationalsozialisten hielt und vor allem nach 1955 einige ehemalige NSDAPMitglieder wieder an Österreichs Hochschulen berief oder ihnen zu Pensionen verhalf. Während viele Einzelstudien zur akademischen Nachkriegsgeschichte mit dem Jahr 1955 enden, wird hier aufgezeigt, dass die Re-Integration der »Ehemaligen« in der zweiten Hälfte der 1950er Jahre auch an den Universitäten noch einmal merklich zunahm – unter ausdrücklicher Duldung des bis 1970 von der ÖVP geführten Unterrichtsministeriums. Das austrofaschistische Regime warf damit durch seine ehemaligen Vertreter, die nach 1945 in hohen Ämtern zu finden waren, über 1945 und 1955 hinweg einen langen Schatten über die junge Republik und verhinderte damit einen bildungspolitischen Neustart, der erst ab 1970 erfolgte und im Universitätsorganisationsgesetz 1975 seinen gesetzlichen Ausdruck fand.

Anhang

Dokumentation und Verzeichnis der Grafiken Liste der Rektoren 1932/33 1933/34 1934/35 1935/36 1936/37 1937/38

Othenio Abel (1875–1946) Ernst Tomek (1879–1954) Alexander Hold-Ferneck (1875–1955) Oswald Menghin (1888–1973) Leopold Arzt (1883–1955) Ernst Späth (1886–1946)

Liste der Dekane 1932/33 Heinrich Srbik (1878–1951) Ernst Peter Pick (1872–1960) Friedrich von Woess (1880–1933) Ernst Tomek (1879–1954) Fritz Wilke (1879–1957)

Philosophische Fakultät Medizinische Fakultät Rechts- und Staatsw. Fakultät Kath.-Theol. Fakultät Evang.-Theol. Fakultät

1933/34 Adolf Franke (1874–1964) Wilhelm Kerl (1880–1945) F. Degenfeld-Schonburg (1882–1952) K. Hohenlohe-Schillingsfürst (1864–1942) Karl Beth (1872–1959)

Philosophische Fakultät Medizinische Fakultät Rechts- und Staatsw. Fakultät Kath.-Theol. Fakultät Evang.-Theol. Fakultät

282

Anhang

1934/35 Dietrich Kralik (1884–1959) Wilhelm Kerl (1880–1945) Adolf Julius Merkl (1890–1970) Franz Zehentbauer (1873–1958) Josef Bohatec (1876–1954)

Philosophische Fakultät Medizinische Fakultät Rechts- und Staatsw. Fakultät Kath.-Theol. Fakultät Evang.-Theol. Fakultät

1935/36 Egon Schweidler (1873–1948) Wilhelm Kerl (1880–1945) Ludwig Adamovich (1890–1955) Wenzel Pohl (1870–1949) Karl Völker (1886–1937)

Philosophische Fakultät Medizinische Fakultät Rechts- und Staatsw. Fakultät Kath.-Theol. Fakultät Evang.-Theol. Fakultät

1936/37 Hans Hirsch (1878–1940) Wilhelm Kerl (1880–1945) Ferdinand Kadecka (1874–1964) Leopold Krebs (1874–1962) Fritz Wilke (1879–1957)

Philosophische Fakultät Medizinische Fakultät Rechts- und Staatsw. Fakultät Kath.-Theol. Fakultät Evang.-Theol. Fakultät

1937/38 Alfred Himmelbauer (1884–1943) Egon Ranzi (1875–1939) Heinrich Mitteis (1889–1952) Johannes Hollnsteiner (1895–1971) Karl Beth (1872–1959)

Philosophische Fakultät Medizinische Fakultät Rechts- und Staatsw. Fakultät Kath.-Theol. Fakultät Evang.-Theol. Fakultät

283

Dokumentation und Verzeichnis der Grafiken

Überblick über die Entwicklungen der Studierendenzahlen von 1918 bis 1938 an der Universität Wien

1918/19 1919/20 1920/21 1921/22

1924/25 1925/26 1926/27

11.484

1749

11.229

1733

11.940

1869

1922/23 1923/24

10.554

1556

11.527

2064 9905

1864

9511

1674

9324

1676

9907

1865

1927/28

10.560

2091

1928/29 1929/30

11.337

2589

1930/31

12.006

2951

1931/32

12.365

3154

1932/33

12.870

3368

1933/34

11.945

3144

1934/35

11.439

3043

1935/36

10.832

2843

1936/37

10.153

2531

1937/38 1938/39

11.144

2459

9180

2249 1270

5351 Gesamt

Frauen

Abb. 40.1152

1152 Völlmecke, Österreichische Hochschulstatistik 1829 bis 1979, S. 94.

284

Anhang

Entwicklung der Studierendenzahlen von 1932/33 bis 1937/38 an der Universität Wien im Detail1153 Studierendenzahlen im WS 1932/33 Gesamt Frauen

ausländ. Stud.

Philosophische Fak. Medizinische Fak.

5327 3809

2210 795

717 1173

Rechts- und Staatsw. Fak. Kath.-Theol. Fak.

3235 330

347 2

281 115

169 12.870

14 3368

122 2408

Evang.-Theol. Fak. GESAMT

Studierendenzahlen im WS 1933/34 Philosophische Fak. Medizinische Fak. Rechts- und Staatsw. Fak. Kath.-Theol. Fak. Evang.-Theol. Fak. GESAMT

Gesamt 4717

Frauen 1985

davon ausländ. Stud. 395

3824 2937

847 296

779 180

345 122

3 13

115 66

11.945

3144

1535

Studierendenzahlen im WS 1934/35 Gesamt Frauen

ausländ. Stud.

Philosophische Fak. Medizinische Fak.

4367 3862

1863 893

289 685

Rechts- und Staatsw. Fak. Kath.-Theol. Fak.

2742 347

269 2

145 95

121 11.439

16 3043

51 1265

Evang.-Theol. Fak. GESAMT

1153 Vgl. jährliche Einträge in UAW, Akad. Senat, GZ. 70, 1932/33 bis 1937/38, Statistische Ausweise über die Inskriptionsergebnisse im laufenden Studienjahr. An der KatholischTheologischen Fakultät studierten vor der Zulassung 1945/46 bereits sehr vereinzelt Frauen, sie wurden unter anderem als Gasthörerinnen/Frequentantinnen geführt.

285

Dokumentation und Verzeichnis der Grafiken

Studierendenzahlen im WS 1935/36 Gesamt Frauen

ausländ. Stud.

Philosophische Fak. Medizinische Fak.

4123 3827

1769 836

249 597

Rechts- und Staatsw. Fak. Kath.-Theol. Fak.

2432 334

219 2

95 77

116 10.832

17 2843

46 1064

Evang.-Theol. Fak. GESAMT

Studierendenzahlen im WS 1936/37 Gesamt 3694

Frauen 1515

ausländ. Stud. 238

3759 2245

797 209

522 89

346 109

0 10

79 42

10.153

2531

970

Studierendenzahlen im WS 1937/38 Gesamt Frauen

ausländ. Stud.

Philosophische Fak. Medizinische Fak. Rechts- und Staatsw. Fak. Kath.-Theol. Fak. Evang.-Theol. Fak. GESAMT

Philosophische Fak. Medizinische Fak.

3168 3479

1343 719

213 403

Rechts- und Staatsw. Fak. Kath.-Theol. Fak.

2137 311

176 0

69 75

Evang.-Theol. Fak. GESAMT

85 9180

11 2249

17 777

Verzeichnis der Grafiken Geschlechterverteilung der 1.356 MitarbeiterInnen im Studienjahr 1933/34, siehe S. 129 Eröffnete Disziplinarverfahren gegen Studierende von 1933 bis 1935, siehe S. 146 Vergleich der a.o. und o. Professorenstellen 1932/33 und 1936/37, siehe S. 192 Eröffnete Disziplinarverfahren gegen Universitätsangehörige von 1932 bis 1937, siehe S. 198 Entwicklung der besetzten Professorenstellen von 1932/33 bis 1937/38, siehe S. 200 Verteilung aller MitarbeiterInnen im Personalstand von 1932/33 bis 1937/38, siehe S. 207 Anteil von Studierenden ju¨ discher Konfession bzw. von sich als ju¨ disch deklarierten Studierenden an der Universität Wien von 1903/04 bis 1937/38 in Prozent, siehe S. 213

286

Anhang

Literaturverzeichnis Ludwig Adamovich, Bericht über den Studienbetrieb an der Wiener Universität vom Sommer-Semester 1945 bis zum Sommer-Semester 1947 (Wien 1947). Martina Aicher, Deutsche Gemeinschaft. In: Wolfgang Benz (Hg.), Handbuch des Antisemitismus. Judenfeindschaft in Geschichte und Gegenwart (Band 5, Berlin/Boston 2012), S. 150–151. Akademie der Wissenschaften (Hg.), Almanach für das Jahr 1934. 84. Jahrgang (Wien 1935). Akademie der Wissenschaften (Hg.), Almanach für das Jahr 1936. 86. Jahrgang (Wien 1936). Anton Amann, Soziologie in Wien. Entstehung und Emigration bis 1938. In: Friedrich Stadler (Hg.), Vertriebene Vernunft I. Emigration und Exil österreichischer Wissenschaft 1930–1940 (Münster 2004), S. 214–237. Amt des OeCV für Statistik/E. Siegl (Hg.), Die Ehrenmitglieder, Alten Herren und Studierenden des OeCV, des österreichischen Cartell-Verbandes der katholischen deutschen Studentenverbindungen (Wien 1935). Ingrid Arias, Entnazifizierung an der Wiener Medizinischen Fakultät: Bruch oder Kontinuität? Am Beispiel des Anatomischen Instituts. In: zeitgeschichte 31 (2004) 6, S. 339– 369. Ingrid Arias, Die Medizinische Fakultät von 1945 bis 1955: Provinzialisierung oder Anschluss an die westliche Wissenschaft? In: Margarete Grandner/Gernot Heiß/Oliver Rathkolb (Hg.), Zukunft mit Altlasten. Die Universität Wien 1945 bis 1955 (Wien 2005), S. 68–88. Ingrid Arias, Die Medizinische Fakultät von 1945 bis 1955. Entnazifizierung, Personalpolitik und Wissenschaftsentwicklung (ungedr. Diss., Wien 2013). Leopold Arzt, Bericht über das Studienjahr 1936/37 (Wien 1938). Mitchell Ash, Jüdische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an der Universität Wien von der Monarchie bis nach 1945. Stand der Forschung und offene Fragen. In: Oliver Rathkolb (Hg.), Der lange Schatten des Antisemitismus. Kritische Auseinandersetzungen mit der Geschichte der Universität Wien im 19. und 20. Jahrhundert (Göttingen 2013), S. 87–116. Mitchell Ash, Die Universität Wien in den politischen Umbrüchen des 19. und 20. Jahrhunderts. In: Mitchell Ash/Josef Ehmer (Hg.), Universität – Politik – Gesellschaft (Göttingen 2015), S. 29–172. Karl Ausch, Als die Banken fielen. Zur Soziologie der politischen Korruption (Wien 2013). Federico Ayala Sörenssen, »El traslado de los restos de José Antonio. Desde Alicante al El Escorial en 1939«, ABC, 23. 11. 2014, online unter: https://www.abc.es/archivo/foto s/traslado-de-los-restos-de-jose-antonio-primo-de-rivera-al-50502834.html (zuletzt abgerufen am 1. 4. 2020). Hannes Balas, Verdrängte Geschichte? Die Hochschule für Bodenkultur im Austrofaschismus und Nationalsozialismus (Wien 1985). Brigitte Bailer/Wolfgang Neugebauer, (Schutzverein) »Österreichische Landsmannschaft« (ÖLM). In: Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (Hg.), Handbuch des österreichischen Rechtsextremismus (Wien 1994), S. 189–197.

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Erika Weinzierl, Hochschulleben und Hochschulpolitik zwischen den Kriegen. In: Norbert Leser (Hg.), Das geistige Leben Wiens in der Zwischenkriegszeit (Wien 1981), S. 72–85. Benno Weiser Varon, Professions of a Lucky Jew (New York/London/Toronto 1993). Benno Weiser Varon, Ich war Europäer. Roman einer Generation (Wien 2008). Florian Wenninger, Karl Gaulhofer. In: Peter Autengruber/Birgit Nemec/Oliver Rathkolb/Florian Wenninger, Umstrittene Wiener Straßennamen. Ein kritisches Lesebuch (Wien/Graz/Klagenfurt 2014), S. 129–130. Florian Wenninger, Die Scheu vor dem F-Wort. Anmerkungen zur Verortung des Dollfuß/Schuschnigg-Regimes, HISTORICUM N. F. (2017) 3–4, S. 52–61. Florian Wenninger, »… für das ganze christliche Volk eine Frage auf Leben und Tod«. Anmerkungen zu Wesen und Bedeutung des christlichen Antisemitismus bis 1934. In: Gertrude Enderle-Burcel/Ilse Reiter-Zatloukal (Hg.), Antisemitismus in Österreich 1933–1938 (Wien/Köln/Weimar 2018), S. 195–235. Florian Wenninger/Lucile Dreidemy (Hg.), Das Dollfuß/Schuschnigg-Regime 1933– 1938. Vermessung eines Forschungsfeldes (Wien 2013). Franz Werfel, Eine blassblaue Frauenschrift (Frankfurt am Main 2011, orig. 1941). Michael Wiescher, Arthur E. Haas. His Life and Cosmologies. In: Physics in Perspectives (2017) 19, S. 3–59. Walter Wiltschegg, Die Heimwehr. Eine unwiderstehliche Volksbewegung? (Wien 1985). Maria Wirth, Christian Broda. Eine politische Biographie (Wien 2010). Maria Wirth, Ein Fenster zur Welt. Das Europäische Forum Alpbach 1945–2015 (Innsbruck 2015). Erich Witzmann, Der Anteil der Wiener waffenstudentischen Verbindungen an der völkischen und politischen Entwicklung 1918–1938 (Wien 1940). Helmut Wohnout, Anatomie einer Kanzlerdiktatur. In: Hedwig Kopetz/Joseph Marko/ Klaus Poier (Hg.), Soziokultureller Wandel im Verfassungsstaat. Phänomene politischer Transformation (Wien/Köln/Graz 2004), S. 961–974. Madelein Wolensky, »Februarballade«. Fritz Brügel, der Bürgerkrieg 1934 und die Bibliothek in der Arbeiterkammer Wien. In: Stephan Neuhäuser (Hg.), Wir werden ganze Arbeit leisten. Der austrofaschistische Staatsstreich (Norderstedt 2004), S. 227– 232. Markus Wurzer, »Wie die Verbrecher wurden sie registriert«. Verzeichnisse über illegale studentische politische Aktivitäten im Austrofaschismus als historische Quellen. In: Johannes Koll (Hg.), »Säuberungen« an österreichischen Hochschulen 1934–1945. Voraussetzungen, Prozesse, Folgen (Wien/Köln/Weimar 2017), S. 73–89. Wolfram Ziegler, Ernst Klebel (1896–1961). Facetten einer österreichischen Historikerkarriere. In: Karel Hruza (Hg.), Österreichische Historiker. Lebensläufe und Karrieren 1900–1945 (Band 2, Wien/Köln/Weimar 2012), S. 489–522. Helge Zoitl, »Student kommt von Studieren!« Zur Geschichte der sozialdemokratischen Studentenbewegung in Wien (Wien/Zürich 1992).

312

Anhang

Archivbestände und Quellen Archiv der Bundespolizeidirektion Wien (ABPDW) Vereins- und Versammlungswesen, Antisemitenbund Vereins- und Versammlungswesen, Deutscher Klub

Archiv der Landespolizeidirektion Wien (ALPDW) Fotobestand, Fotoalbum 1931/1932 Kleinbildnegative – Kleinbildserie 2a

Archiv der Israelitischen Kultusgemeinde Wien Matriken (Geburts-, Trauungs- und Sterbebücher) ISKULT, Presse-Mitteilungen der Israelitischen Kultusgemeinden Österreichs

Archiv der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien (AÖAW) Nachlass Fritz Knoll

Archiv der Österreichischen Gesellschaft für Zeitgeschichte am Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien (AÖGZ) DO-89 (Or/FPÖ-2, Übersicht der Vorträge 1968/69 im Neuen Klub) DO-886 (Nachlass von Egbert Mannlicher)

Archiv der Technischen Universität Wien (AT TUWA) Flugschriftensammlung, 13-1934/35

Archiv der Universität München (UAM) Naturwissenschaftliche Fakultät (OC), neue Promotionsakten (nP)

Archiv der Universität Wien (UAW) Akademischer Senat Akademischer Senat, Indices der Senatssitzungsprotokolle Akademischer Senat, Sonderreihe 185 Autographensammlung Berichte der Studienjahre 1918/19 bis 1945/47, verfasst von den jeweiligen Rektoren der Universität Wien (= Rektoratsberichte)

Archivbestände und Quellen

313

Bildarchiv Gemäldesammlung Medizinische Fakultät, Personalakten Philosophische Fakultät, Personalakten Philosophische Fakultät, Sonderreihe S 68.4 Personalstandverzeichnisse der 1920er und 1930er Jahre Rektoratsakten Vorlesungsverzeichnisse der Universität Wien für den Zeitraum Wintersemester 1932/33 bis Wintersemester 1938/39

Archiv der Veterinärmedizinischen Universität Wien (VUW) Rektoratsakten

Bundesarchiv Berlin-Lichterfelde (BA) NSDAP-Gaukartei Reichssicherheitshauptamt Sammlung Berlin Document Center (BDC): Personenbezogene Unterlagen der Reichskulturkammer (RKK) Sammlung Berlin Document Center (BDC): Personenbezogene Unterlagen der NSDAP/ Parteikorrespondenz

Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes, Wien (DÖW) Datenbank der Shoah-Opfer Spanienarchiv, Personendossiers 6217, Liste von Gelehrten österreichischen Ursprungs in den Vereinigten Staaten, 1958

Gesetzesblätter Allgemeines Reichs-Gesetz- und Regierungsblatt für das Kaiserthum Österreich RBGl. 416/1849

Bundesgesetzblatt für den Bundesstaat Österreich (1934–1938)

BGBl. 1/1934, BGBl. 2/1934, BGBl. 4/1934, BGBl. 34/1934, BGBl. 181/1934, BGBl. 208/1934, BGBl. 232/1934, BGBl. 334/1934, BGBl. 266/1935, BGBl. 267/1935, BGBl. 381/1935, BGBl. 446/1935, BGBl. 146/1937, BGBl. 280/1937, BGBl. 348/1937, BGBl. 388/1937

Bundesgesetzblatt für die Republik Österreich

BGBl. 294/1931, BGBl. 247/1932, BGBl. 173/1933, BGBl. 185/1933, BGBl. 200/1933, BGBl. 240/1933, BGBl. 444/1933, BGBl. 474/1933, BGBl. 501/1933, BGBl. 545/1933, BGBl. 556/ 1933, BGBl. 25/1947, BGBl. 82/1957

314

Anhang

Staatsgesetzblatt für die Republik Österreich

StGBl. 415/1920, StGBl. 13/1945, StGBl. 134/1945

KZ-Gedenkstätte Dachau Häftlingsdatenbank

KZ-Gedenkstätte Mauthausen Häftlingsdatenbank Zugangsbuch der politischen Abteilung

National Archives and Records Administration, Washington, D.C. (NARA) Department of State Central Files (RG 59), Mikrofilm 1209. Records of Foreign Service Posts of the Department of State (RG 84), POLAD & USCOA, General Records, 1945–52.

Privatarchiv Dr. Karl Sablik Fotobestand

Österreichische Nationalbibliothek, Wien (ÖNB/Wien) ALEX. Historische Rechts- und Gesetzestexte Online ANNO. Austrian Newspapers Online Bildarchiv und Grafiksammlung

Österreichisches Staatsarchiv, Wien (ÖStA) Allgemeines Verwaltungsarchiv (AVA), Unterricht Allgemein 1848–1940

Disziplinarkommission 1920–1936, Ktn. 308 Disziplinarkommission 1928–1940, Ktn. 309 Hochschule 1935–1936, Ktn. 372 Hochschullager 1936, Ktn. 375 Professoren und Lehrkräfte 1932–1934, Ktn. 797 Professoren und Lehrkräfte 1935–1936, Ktn. 798 Professoren und Lehrkräfte 1937–1938, Ktn. 799 Universität Wien in genere 1936–1937, Ktn. 824 Kollegien, Lehrerkonferenzen in genere 1938–1940

Archivbestände und Quellen

315

Archiv der Republik (AdR)

BKA 1918–2003 Präsidium 1926–1938 Präsidium 1926–1938, Abteilung 4 Präsidium 1926–1938, Materienlegung, Juli-Putsch 1934 Präsidium 1926–1938, 20/g, Ktn. 4459 Auswärtige Angelegenheiten, II-Pol Bundespensionsakten EuRANG, Vermögensverkehrsstelle, Vermögensanmeldung, Heinrich Gomperz Inneres 1945–2002, Präsidium 1945–1980, Ktn. 633 Inneres 1945–2002, Gauakten Inneres 1945–2002, Staatspolizeiliche Fahndungsblätter Justiz, Sektion IV

Unveröffentlichte Manuskripte Oliver Rathkolb, Stellungnahme zum Antrag auf Aberkennung des 1972 von der Universität für Bodenkultur Wien an Dr. med. Robert Stigler verliehenen Ehrenringes, 12. 5. 2014 (im Besitz von L.E.).

Verordnungsblatt für den Dienstbereich des Bundesministerium für Unterricht (MVBl.) MVBl., Verordnung vom 23. 5. 1934, Nr. 43, Abänderung der Vollzugsanweisung, betreffend die Zulassung und die Lehrtätigkeit der Privatdozenten an den Hochschulen (Habilitationsnorm) MVBl., Erlaß 16503 vom 4. 7. 1934, Nr. 57, Anbringung von Kreuzen in den Klassenzimmern und Amtsräumen der öffentlichen und privaten Schulen und Lehranstalten MVBl., Erlaß 23416 vom 1. 9. 1934, Nr. 59, Nichtaufnahme politisch vorbestrafter Mittelschüler an den Hochschulen MVBl., Erlaß 28231 vom 21. 9. 1934, Nr. 68, Terroranschlag auf das Bundeskanzleramt, Beteiligung von Hochschülern MVBl., Erlaß 38677 vom 16. 1. 1936, Nr. 9, Regelung der Zulassung von Abiturienten mit politischen Vergehen zu den Hochschulen MVBl., Erlaß 41230/1936 [sic!] vom 30. 7. 1937, Nr. 49, Vorlesungen auf Grund des Hochschulerziehungsgesetzes. Teilnahmspflicht der Hörer der katholischen Theologie MVBl., Erlaß 41 vom 5. 1. 1937, Nr. 6., Studiengebührenbegünstigungen an den Hochschulen, vaterlandstreues Verhalten als Voraussetzung MVBl., Erlaß 5567 vom 17. 2. 1938, Nr. 9, Politische Disziplinarvergehen von Hochschülern, Amnestierung

316

Anhang

Wienbibliothek im Rathaus Tagblattarchiv (TBA)

Mappen zu Richard Meister, Leopold Schönbauer, Othenio Abel sowie zum Stichwort »Hochschulen«

Wiener Stadt- und Landesarchiv (WStLA) Gauakten, K1-Karteien zu den Gauakten M. Abt. 119, A42 – NS-Registrierung Volksgericht, A1 – Vg Vr-Strafakten

Abkürzungsverzeichnis AA Abb. ABPDW AdR Akad. ALPDW Anm. ANSt. AÖAW AÖGZ AT TUWA Audimax AVA BA BGBl. BKA BOKU bzw. ca. CV DÖTZ DÖW Ebd. EM FP(Ö) GRSV Hg. HÖ KP(Ö)

Auswärtige Angelegenheiten Abbildung Archiv der Bundespolizeidirektion Wien Archiv der Republik Akademisch(er) Archiv der Landespolizeidirektion Wien Anmerkung Arbeitsgemeinschaft nationalsozialistischer Studentinnen Archiv der Österreichischen Akademie der Wissenschaften Archiv der Österreichischen Gesellschaft für Zeitgeschichte Archiv der Technischen Universität Wien Auditorium Maximum Allgemeines Verwaltungsarchiv Bundesarchiv Berlin Bundesgesetzblatt Bundeskanzleramt Universität für Bodenkultur in Wien beziehungsweise circa Cartellverband Deutschösterreichische Tages-Zeitung Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes Ebenda Ehrenmitglied bzw. Ehrenmitgliedschaft Freiheitliche Partei (Österreichs) Geeinter Roter Studenten-Verband Herausgeber, Herausgeberin, HerausgeberInnen Hochschülerschaft Österreichs Kommunistische Partei (Österreichs)

Abkürzungsverzeichnis

Ktn. KZ Med. Fak. MVBl. NARA Nr. NS NSDAP NSDStB o.A. o.D. o.O. o.S. ÖCV ÖH OeNB ÖNB ÖStA (Ö)VP PA Phil. Fak. RAVAG RGBl. RG RS SA SDAP(Ö) SP(Ö) SS StGBl. TBA TH TU UAW UB VdU VUW VF Vgl. VHS WS WStLA z. B. Zit.

317

Karton Konzentrationslager Medizinische Fakultät Verordnungsblatt für den Dienstbereich des Bundesministeriums für Unterricht National Archives and Records Administration Nummer Nationalsozialismus, nationalsozialistisch Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei Nationalsozialistischer Deutscher Studentenbund ohne AutorIn ohne Datum ohne Ort ohne Seitenangabe Österreichischer Cartellverband Österreichische Hochschülerschaft Oesterreichische Nationalbank Österreichische Nationalbibliothek Österreichisches Staatsarchiv (Österreichische) Volkspartei Personalakt Philosophische Fakultät Radio-Verkehrs-AG Allgemeines Reichs-Gesetz- und Regierungsblatt für das Kaiserthum Österreich Record Group Revolutionäre Sozialisten Sturmabteilung der NSDAP Sozialdemokratische Arbeiterpartei (Österreichs) Sozialistische/Sozialdemokratische Partei (Österreichs) Schutzstaffel Staatsgesetzblatt für die Republik Österreich Tagblattarchiv in der Wienbibliothek im Rathaus Technische Hochschule Technische Universität Archiv der Universität Wien Universitätsbibliothek Verband der Unabhängigen Veterinärmedizinische Universität Wien Vaterländische Front Vergleiche Volkshochschule Wintersemester Wiener Stadt- und Landesarchiv zum Beispiel Zitiert

318

Anhang

Personenverzeichnis Abel, Othenio 30–32, 34, 40, 44–46, 48f., 59–61, 63–66, 73, 76, 79, 82, 105, 113, 176–179, 181, 189, 192, 198, 201, 227, 230, 250, 260, 268f., 281 Adamovich, Ludwig 184f., 201, 231, 234f., 242, 254f., 257, 260, 282 Adler, Max 42f., 119f., 127, 177 Adler, Robert 102 Ahrer, Josef 99 Angelini, Hilde (siehe Kothny, Hilde) 102 Antoine, Tassilo 242, 256f. Apel, Anneliese 147 Arnold, Robert 115–117 Arzt, Leopold 9, 11, 119, 162, 201, 234, 254, 281 Aschner, Ilse Maria (siehe Römer, Ilse Maria) 226, 230 Badeni, Graf Kasimir Felix (von) 78 Bamberger, Karl 222 Baroni, Eugen 91, 94f. Baschus, Emanuel 189 Bauer, Julius 202f. Bauer, Wilhelm 45, 48 Bayer, Josef 49 Becke, Friedrich Johann 44 Bemberger, Georg 29f. Berger-Waldenegg, Egon 143 Bergmann, Louis 73 Berns 30 Beth, Karl 125, 281f. Bibl, Viktor 114f., 270 Billroth, Theodor 33 Borodajkewycz, Taras 253f., 265, 280 Brassloff, Stephan 42f., 115f. Braunias, Karl 108 Brecher, Leonore 229 Breisky, Walter 36 Broda, Christian 151, 221–223, 273 Broda, Engelbert 15, 102, 270, 274 Brunner, Otto 265 Bühler, Charlotte 131, 205f. Bühler, Karl 131, 208 Bulgari, Anton 99

Butschek, Fritz 193 Buttinger, Joseph 102 Buttinger, Muriel (siehe Gardiner, Muriel) 102 Cammerloher, Hermann 189 Christian, Viktor 45, 49, 176–179, 198f., 229, 233, 246, 249, 251, 254 Coronini-Cronberg, Carmen 205 Coslett, Anny (siehe Wischin, Anny) 102 Csapó, Franz 102 Ctveracek, Friedrich 90 Czermak, Emmerich 42, 47, 57f., 210f. Czermak, Wilhelm 45, 234–236, 280 Dadieu, Armin 197 Degenfeld-Schonburg, Ferdinand 125, 234, 281 Deinhammer, Richard 92f. Dempf, Alois 216f. Diener, Karl 38, 45 Dietl, Hans 197 Dolezal, Felizitas 147 Döller, Johannes 50 Dollfuß, Engelbert 11, 36f., 42, 62, 69f., 76, 78–80, 86, 97, 103f., 112f., 115, 118, 123f., 135–137, 139, 143, 157, 159, 173, 183, 186, 194, 215, 267, 276 Dopsch, Alfons 44, 115, 159, 206 Dreser, Julie 71 Drimmel, Heinrich 61, 66, 92, 156, 162f., 168f., 193f., 218, 251–253, 256, 265f., 280 Durig, Arnold 50, 70 Eberle, Joseph 216 Egner, Karl 135 Ehrenberg, Kurt 189 Ehrenberg, Theodor 137 Ehrenhaft, Felix 42 Ehrlich, Robert 140 Eibl, Hans 61, 196, 217, 265 Eisler-Terramare, Michael 115f. Entz, Gustav 229, 234

Personenverzeichnis

Erhart, Malwine

144

Faber, Friedrich Karl 150, 201 Federn, Ernst 221f. Felber, Franz 135f., 139, 141 Fey, Emil 79, 97, 136f. Ficker, Heinrich 239, 249 Fischel, Alfred 50, 115f. Fischer, Ernst 251 Fleisch, Arbogast 113f., 118, 154, 174 Franco, Francisco 268, 276–278 Franke, Adolf 115, 125, 281 Franke, Karl 135 Frauenfeld, Alfred Eduard 188 Friedjung, Josef Karl 112, 118–120, 177, 269 Friedmann, Hans 62, 102 Frisch, Karl von 150 Fröhlich, Alfred 114–116, 270 Führer, Erich 138, 253 Fürth, Otto 115f. Gall, Franz 258f. Gardiner, Muriel 102 Gaulhofer, Karl 202 Geiger, Bernhard 116 Geitler, Lothar 189, 243f. Gelbard, Rudolf 256 Geyer, Karl 141 Geyer, Rudolf 45 Glaise-Horstenau, Edmund 159, 196 Gleispach, Wenzel 44, 53f., 56, 105f., 108– 111, 126, 173, 178, 184, 201, 230, 264 Glöckel, Otto 39 Goldmann, Emil 28f., 115f. Gomperz, Ada 235, 240f. Gomperz, Heinrich 115f., 176, 181–183, 230, 235, 240f., 269 Grassberger, Roland 115 Gruber, Karl 266 Grünberg, Carl 268 Haas, Arthur Erich 202f. Haberler, Gottfried 201 Hafferl, Anton 73 Hagenmüller, Albert 149

319 Hahn, Hans 46, 48, 52, 119, 122, 203, 269 Hahnloser, Hans 202 Halpern, Otto 46 Hampel, Robert 254–256 Hamperl, Herwig 201 Harris, Ernest L. 58 Hartmann, Ludo Moritz 48 Hartmann, Max 190 Hassinger, Hugo 266 Hayek, Heinrich 248 Heinrich, Walter 52 Heisenberg, Werner 47 Heller, Gertrud 149 Herzog, Dietrich 151 Herzog, Werner 151 Herzog-Hauser, Gertrud 131, 205 Hildebrand, Dietrich 183–185, 214 Himmelbauer, Alfred 147, 189, 282 Hirsch, Hans 47, 229, 282 Hitler, Adolf 54, 57f., 66, 77, 174, 196, 220– 222, 232, 235, 274, 276 Hochstetter, Ferdinand 70, 89, 192 Hoff, Hans 246 Hoffmann-Ostenhof, Otto 102 Höfler, Karl 189 Höfler, Otto 201 Hofmann, Elise 205 Hohenlohe-Schillingsfürst, Konstantin 115, 185, 187, 281 Hold-Ferneck, Alexander 109, 115, 125, 192, 281 Hollnsteiner, Johannes 158–161, 185, 246, 282 Holzweber, Franz 138 Horovitz, Karl 45f. Hoys, Johann 99 Hudal, Alois 217 Hugelmann, Karl Gottfried 90, 108, 115, 173–176, 178, 181, 189, 198, 201, 227, 230f., 265, 271 Hupka, Hermine 61 Hupka, Josef 27–29, 42, 47, 51, 59–62, 120, 207

320 Innitzer, Kardinal Theodor 9–11, 53, 162, 198 Jäger, Gustav 115 Jahoda, Marie 40, 208f. Jellinek, Max Hermann 115–117 Jellouschek, Karl 200, 234 Joseph, Heinrich 115–117, 179 Jungwirth, Wolfgang 168f. Junker, Hermann 45, 49 Kahr, Heinrich 200f. Kaminka, Armand 57, 59 Kappelmacher, Alfred 50 Karlik, Berta 205 Karwinsky, Carl 136 Katschinka, Robert 81 Kerl, Wilhelm 125, 141, 281f. Kerndl, Josef 135, 139 Kier, Herbert 108 Kindermann, Heinz 253 Klaus, Josef 34, 86, 91f., 140, 210, 218, 264– 266 Klebel, Ernst 127 Knaffl-Lenz, Erich 114f., 270 Knoll, August Maria 158–161 Knoll, Friedrich 135, 139, 255 Knoll, Fritz 82, 150, 180, 189f., 227–231, 233f., 237f., 243f., 246, 248–252, 254– 260 Knoll, Kurt 42 Kober, Leopold 147 Koblitz, Carola 28, 60, 73 Koch, Franz 201 Koch, Hans 201 Köhl, Siegfried 101, 152 Köhler, Wilhelm 179, 199 Kölbl, Leopold 149, 201 Körner, Theodor 234, 239 Kornisch, Aloisia 132 Köstler, Rudolf 87 Kostmann, Jenö 100 Kothny, Hilde 102 Kotzina, Vinenz 266 Kraelitz, Friedrich 45 Kralik, Dietrich 45, 182, 282

Anhang

Krallert, Reinhold 135, 139 Kraus, Herbert A. 243 Kreisky, Bruno 22, 142f., 221, 239f. Krenn, Alfons 167 Kretschmayr, Heinrich 159 Kretschmer, Paul 115 Krüger, Paul 147, 187–190 Kühn, Alfred 150 Kühn, Othmar 258f. Kunschak, Leopold 35, 54 Lach, Robert 45 Landau, Fredl 223 Landler, Trude 95 Lang, Johann (Hans) 93f. Langoth, Franz 244 Lauda, Ernst 247 Layer, Max 108–111, 126, 173, 178, 180, 184, 191, 227, 230, 238 Lazarsfeld, Paul Felix 40, 208 Lechner, Hans 266 Lechner, Richard 218 Lehner, Josef 115, 192 Leithe, Wolfgang 201 Leitmeier, Hans 45 Loebenstein, Egon 106, 112, 201 Lorenz, Konrad 187, 190 Lueger, Karl 39, 54, 78 Luick, Karl 44, 115 Machatschek, Friedrich (Fritz) 176, 178, 201, 230 Maleta, Alfred 244 Mannlicher, Egbert 196, 246 Marcic, René 265 Maresch, Maria 131 Maresch, Rudolf 115 Mark, Hermann 88 Mark, Karl 99 Mayreder, Rosa 62 Mayrhofer, Karl 203, 249f. Meiler, Rosa 95 Meister, Richard 9, 45, 48, 82, 92, 112f., 115–117, 119f., 130, 179, 182, 191, 204, 231, 234–236, 238f., 249, 251f., 269, 275, 280

321

Personenverzeichnis

Menger, Karl 203 Menghin, Oswald 42, 44f., 48f., 141, 180f., 196, 198f., 201, 229f., 246, 250, 252, 258, 260, 269, 281 Merkl, Adolf Julius 109, 126, 282 Merkl, Karl 71 Messner, Johannes 185f. Miklas, Wilhelm 69, 267 Minkowitsch, Roland 266 Molden, Otto 165 Molisch, Hans 44, 51f. Morris, Muriel (siehe Gardiner, Muriel) 102 Moser, Simon 164f. Mosiewicz, Richard 76 Motz, Hans 102 Much, Rudolf 34, 44f., 49, 115 Mücksch, Franz 135, 139 Münichreiter, Karl 98f. Münster, Alfred 91, 94f., 175, 231 Murmelstein, Benjamin 198 Musil, Florian 135, 139–141, 266 Mussolini, Benito 69, 274 Nadler, Josef 180, 251 Nelböck, Hans 214–216 Neubacher, Hermann 42 Neuburger, Max 115f. Neustädter-Stürmer, Odo 21, 111, 137 Nötscher, Friedrich 201 Oberwalder, Waltraute Ortner, Gustav 250 Otruba, Ludwig 223

147

Papen, Franz von 180 Patsch, Carl 45f., 115 Patzelt, Erna 131, 205f. Patzelt, Viktor 199 Pauli, Wolfgang (sen.) 115–117 Penners, Andreas 190, 217 Pernkopf, Eduard 89, 180, 229, 231–233, 237, 243–252, 254–257, 259f. Pernter, Hans 10f., 113, 143f., 154–156, 158, 166, 175, 180f., 199, 217, 272 Perón, Eva 277

Perutz, Max Ferdinand 204 Peter, Friedrich 244 Petrin, Leodegar 88 Petschek, Georg 114f., 270 Pfalz, Anton 45 Pfeifer, Helfried 256 Pichler, Alexander 247, 250 Pick, Ernst Peter 42, 47, 86, 140, 207, 210, 281 Planetta, Otto 138 Planitz, Hans 238 Polasek, Martha 147 Pollak, Hans 75f. Pollak, Jakob 115–117 Porges, Otto 202f. Poszpisily, Wilfried 130 Powalatz, Johann 76 Prader, Georg 266 Przibram, Hans 115–117, 179 Radermacher, Ludwig 115 Raidl, Claus 266 Raimann, Emil 115 Ramek, Rudolf 39, 69 Ranzi, Egon 88, 282 Rauchenberger, Viktor 99 Redlich, Josef 62 Reininger, Robert 45, 147 Reinthaller, Anton 193, 244 Renner, Karl 69 Richter, Elise 42, 205f. Richter, Otto 246 Rinner, Felix 246 Rintelen, Anton 65, 106f., 136f. Risak, Erwin 246 Rivera, José Primo de 276 Römer, Ilse Maria (verh. Aschner) 230 Rumpler, Brunhilde 130 Sauser, Gustav 186, 232 Sauter, Johannes 216 Schärf, Adolf 242 Schiff, Käthe (Kahtarina) 102 Schiffner, Viktor 189 Schilder, Elisabeth 30

226,

322 Schiller, Friedrich 256 Schindler, Josef 141 Schlageter, Albert Leo 78 Schlick, Moritz 16, 214–217 Schlosser, Julius 115, 163 Schmidt, Guido 196 Schmitz, Richard 78, 209 Schnarf, Karl 189 Schneider, Erwin 255f. Schober, Johann 39, 52, 57 Schoklitsch, Armin 246 Schönbauer, Ernst 43, 108, 125f., 229, 233, 271 Schönbauer, Leopold 241f., 250, 256, 260 Schultz, Oskar 149 Schultz, Wolfgang 149 Schumy, Vinzenz 79 Schuschnigg, Kurt 10, 42, 65, 78f., 98, 107, 111f., 117f., 120, 125, 127, 136, 138f., 141–143, 155, 157, 159, 175f., 178–180, 185f., 188, 196, 221–223, 269 Schweidler, Egon 179, 182, 282 Schwind, Ernst 35f., 44 Sedlmayr, Hans 199, 265 Seidl, Franziska 205 Seipel, Ignaz 37, 62 Seitelberger, Franz 260 Seitz, Karl 52 Sequenz, Heinrich 256 Seyß-Inquart, Arthur 42–44, 127, 174, 196, 221f., 226, 231, 244, 246 Skrbensky, Otto 88, 141–143, 145, 151, 197, 236f., 239–241, 247f. Sokel, Walter 212–214, 225, 230 Sölch, Johann 200f., 255 Soyfer, Jura 32 Spann, Othmar 41f., 47, 52, 105f., 147, 158, 179–181, 228, 263, 265f., 269 Spanner, Hans 201 Späth, Ernst 88, 201, 219f., 238f., 254f., 281 Speiser, Wolfgang 15, 96, 98, 100f., 154, 160, 222f. Sperl, Hans 44 Spiegel-Adolf, Anna Simona 205 Spira, Leopold 96, 100, 152, 160, 221

Anhang

Spitzer, Leo 34 Srbik, Heinrich 39, 45–48, 53, 113, 196, 227, 265, 281 Stanek, Josef 99 Stang, Fanny 73 Stavarits, Karl 223 Steidle, Richard 80 Stein, Karl 86, 92, 168, 218 Sternberg-Zuns, Chaskel 75f. Stigler, Robert 127 Stipetic´, Elisabeth (Margarete) 146–151, 279 Stipetic´, Lucki 151 Stockton, Gilchrist Baker 57f. Stoxreiter, Christian 141 Straffner, Sepp 69 Streeruwitz, Ernst 36 Streicher, Margarete 147 Suess, Franz Eduard 115, 192 Suesskind, Jakob/Nathan 57 Swoboda, Emil 99 Swoboda, Karl Maria 199, 202 Tandler, Julius 37, 42, 49f., 70–74, 115f., 119–122, 177, 186f., 191, 231, 268 Tauber, Robert 102 Teichmann, David 27f., 74 Teller, Fränze 149 Thalmann, Marianne 202, 204–206 Thirring, Hans 62 Tidl, Marie 15, 101, 152, 154, 220, 222, 279 Tietze, Hans 62 Tillinger, Leon 96 Tomek, Ernst 82, 89f., 93, 100, 179, 201, 270, 281 Török, Livia 95 Turba, Gustav 45 Uebersberger, Hans 44f., 54, 56f., 89, 178, 192, 201, 230, 258, 264 Unger, Ilona 147 Vaugoin, Carl 80f., 104, 107 Verdroß, Alfred 196, 265 Versluys, Jan 147, 179, 187, 189 Vogel, Emanuel Hugo 79f.

323

Hinweise

Vogt, Franz 135 Völker, Karl 159, 282 Voltelini, Hans 90 Waber, Leopold 39 Wald, Max 102 Waldheim, Kurt 266 Walker, Gustav 115f., 119f., 179, 188, 191, 204, 269 Wallisch, Koloman 98f. Walter, Anton Julius 206 Wastl, Helene 206 Weinzierl, Erika 15f., 45, 51, 55, 178, 184, 186, 263–266 Weiß, Ludwig 266 Weiser-Aall, Elisabeth 205 Weiser (Varon), Benno 74 Weissel, Georg 98f. Wilke, Fritz 192, 281f.

Winkler, Emil 201 Winkler-Hermaden, Arthur 127 Wirth, David 218 Wirtinger, Wilhelm (sen.) 115, 203 Wischin, Anny 102 Withalm, Hermann 266 Wlaschek, Karl 167 Wurzbach von Tannenberg, Alfred Wolfgang 115f. Zawisch(-Ossenitz), Carla 205f., 235 Zehentbauer, Franz 125, 230, 282 Zeisel, Hans 40 Zelinger, Elfriede 95 Zernatto, Guido 164 Zeuschner, Johannes 210 Zilsel, Edgar 40 Zimmerl, Leopold 108–110, 201, 271 Zizmor, Jesse 73

Hinweise In den Fußnoten werden Kurzzitate der verwendeten Literatur angeführt. Die Quellenangaben der Abbildungen werden direkt in den dazugehörigen Fußnoten angeführt. Zitate wurden aus den Quellen möglichst unverändert übernommen, die alte Rechtschreibung nicht angepasst. Auf eine Kennzeichnung mit »sic!« wird weitgehend verzichtet, um den Lesefluss nicht zu behindern. Eckige Klammern »[…]« zeigen Auslassungen im Zitat an bzw. beinhalten Ergänzungen der Verfasserin. Bei Komposita wurde auf die gegenderte Schreibweise zugunsten der besseren Lesbarkeit meist verzichtet. In dieser Arbeit wird die Bezeichnung »Nationalsozialisten« nur in Ausnahmefällen mit Binnen-I gegendert. An der Universität Wien waren nationalsozialistisch eingestellte Frauen die Ausnahme und gehörten in den seltensten Fällen jenen Kollektiven an, die hier als »Nationalsozialisten« bezeichnet werden. Die durchgängige Schreibweise »NationalsozialistInnen« würde daher ein verfälschtes historisches Bild erzeugen.

Danksagung

In all den Jahren, in denen ich mit meiner Dissertation und dem daraus entstandenen Buch beschäftigt war, habe ich von vielen Menschen großartige wissenschaftliche und zwischenmenschliche Unterstützung erhalten. Es ist Zeit, Danke zu sagen. An erster Stelle möchte ich meiner Dissertationsbetreuerin Sybille Steinbacher für ihre kritischen und gerade deshalb sehr hilfreichen Kommentare sowie für ihr Vertrauen danken. Beides war für das Zustandekommen und den Abschluss der Dissertation sowie des vorliegenden Buches unerlässlich. Georg Pichler und Ilse Reiter-Zatloukal danke ich für ihre Promotionsgutachten, die für mich esentielle Anmerkungen und Ratschläge beinhalteten. Ich danke außerdem der Universität Wien für das »wissenschaftliche Auslandsstipendium« (KWA), für zahlreiche Förderungen von Tagungs- und Recherchereisen, dem Theodor Körner Fonds, der mir für das Dissertationsprojekt den Sonderpreis der Stadt Wien zusprach, sowie der Kulturabteilung der Stadt Wien für die Zuerkennung eines Wissenschafts- und Forschungsförderungsstipendiums. Diese Förderungen haben die Fertigstellung der Studie sehr erleichtert. Darüber hinaus danke ich dem Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes für die Auszeichnung meiner Dissertation mit dem »HerbertSteiner-Preis 2018«. Dem Institut für Historische Sozialforschung (IHSF) danke ich ebenfalls für die Unterstützung. Ein großer Dank geht auch an all die ArchivarInnen und MitarbeiterInnen in den zahlreichen von mir heimgesuchten (inter-)nationalen Archiven, Sammlungen und Bibliotheken. Ich danke allen KollegInnen, mit denen ich publiziert und vorgetragen habe, wichtige Impusle für meine Studie sind erst in diesen Kooperationen entstanden. Danke an alle KollegInnen am Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien, an dem ich seit 2008 als administrative und seit 2011 als wissenschaftliche Mitarbeiterin in den unterschiedlichsten Anstellungsverhältnissen aktiv war und so viele kleine und große Diskussionen führen konnte. Ich freue mich auf weitere!

326

Danksagung

Schließlich möchte ich etliche Personen nennen, von denen ich viel und gerne gelernt habe, die mich immer wieder motivierten und die mich manchmal einfach auch rechtzeitig »retteten«, wenn wieder einmal alles ein bisschen zu viel war. Mein Dank für all die anregenden Gespräche, für die guten Tipps, die wichtigen Verbesserungsvorschläge, kollegialen Korrekturen und Freundschaften geht an: Gerhard Baader (1928–2020), Barbara Bieringer, Michael Bigus, Roman Birke, Katharina Brachmann, Sabine Breitwieser, Herwig Czech, Ulrike Denk, Anna Deréky, Melinda Deréky, Pál Deréky, Lucile Dreidemy, Veronika Duma, Paul Dvorak, Paulus Ebner, Josef Erker, Helga Erker, Marianne Ertl, Matthias Falter, Johannes Feichtinger, Irene Filip, Ina Friedmann, Regina Fritz, Jutta Fuchshuber, Markus Glaser, Lena Göpfrich, Elisabeth Grabenweger, Andrea Griesebner, Heimo Gruber, Gabriella Hauch, Werner Hanak-Lettner, Veronika Helfert, Brigitte Hofer, Eva Holpfer, Mona Hörmann, Andreas Huber, Martina Huber, Larissa Irlweg, Erika Jakubovits, Werner Kaligofsky, Matthias Kamleitner, Florentine Kastner, Amelie Klein, Elisabeth Klein (1922–2018), Benjamin Klein, Selma Klein, Ingrid Klejna, Katharina Kniefacz, Nina Knieling, Sarah Knoll, Johannes Koll, Claudia Kraft, Hanna Lichtenberger, Thomas Maisel, Ana Maly, Ina Markova, Petra Mayrhofer, Agnes Meisinger, Franz-Stefan Meissel, Lukas Meissel, Maria Mesner, Tanja Miedler, Stefanie Mittendorfer, Toni Morant y Ariño, Manfred Mugrauer, Günter Müller, Stephan Neuhäuser, Magdalena Neumüller, Joaquín de Otaola Zamora, Günther Peitbuchner, Markus Pichler, Alexander von Plato, Herbert Posch, Oliver Rathkolb, Margit Reiter, Carolina Rodríguez López, Philipp Rohrbach, Hans Safrian, Brigitte Schiller, Lawrence Schiller (1959–2014), Birgit Schmidhuber, Oskar Schmidhuber, Martina Schmied, Hans Schubart, Ursula Seeber, Adina Seeger, Katharina Seibert, Tanja Steiner, Wolfgang Swoboda, Emmerich Tálos, Klaus Taschwer, Susanne UsluPauer, Kerstin von Lingen, Robert Vorberg, Sara Vorwalder, Stefan Wedrac, Bernhard Weidinger, Florian Wenninger, Steffi Winterfeld und Irma Wulz. Bei Manuela Bauer, Barbara Bieringer und Andreas Huber bedanke ich mich zudem für das professionelle Lektorat. Mein Dank gilt darüber hinaus Oliver Kätsch und Madlen Engelke für die umsichtige Betreuung von Seiten des Verlags und selbstverständlich auch den Reihen-HerausgeberInnen der »Schriften des Archivs der Universität Wien« Ulrike Denk, Nina Knieling und Thomas Maisel. Der Universitätsbibliothek und dem Rektorat der Universität Wien danke ich für die Druckkostenzuschüsse. Wien, Oktober 2021