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German Pages 350 [353] Year 1828
Die
Themis der Dichtkunst. Ein Lehrgedicht in
a
ch
k
Gesängen.
Und
des Horatius Flaccus Brief
über die D i ch t k unst, d e u t s ch.
Mit Anmerkungen.
Berlin, 1828. Gedruckt und verlegt bei
G.
Reimer.
Vorwort.
Eine nicht gewöhnliche Reihe von Jahren hat das
Werk, welches hiemit in die Welt trit, in häuslicher Eingezogenheit, und durch keinen Ehrkibel beunruhigt, als den, was Jeder soll, vollkommener zu werden, ein stilles Leben gelebt. Es fiel noch in die Tage Klopstocks, Herders, Kants und der alten Germania.' Diese sanken, und manches Edle sank ihnen nach: manch Anderes aber kam auf, dem vorhergegangen zu sein das Werkchen nicht bereute. Es hatte mit Liebe Germania's Rahm gesungen, ohne sich auch dis gereuen lassen zu wollen. Um so mehr hüllte es den Schleier über das Haupt und zog sich in Einsamkeit zurück zu einer Zeit, wo es schmählich oder sträflich schien, deütsch zu sein. Aber es hoffte: Dank dem Himmel! es hoffte nicht umsonst. Rach heutigem Maßstabe nun nicht mehr jung von Jahren; (pflegen doch unsre Gedichte weit früher
IV
alt'zu werden als unsre Mädchen:)
ja, fast schämt
man sich, es zu sagen, schon im vorigen Jahrhundert geboren,
und von einer
jungen
und
anspruchvollen
Dichterwelt mächtig überwachsen, wünschte das Merk chen allerdings sich den Glücklichen gesellen zu dürfen,
die
altend
nicht
veralteten;
wol selbst das Ansehn
des Erprobten und Achtbarkeit ihrer Stimme gewan nen.
Bleibt doch
Virgils
Landbau noch im Alter
jung, und hat sogar viele seiner Lehren überlebt.
Ein
Schicksal, wovon sich die Lehren des vorliegenden Ge dichtes frei sprechen zu können nicht weniger wünsch
ten.
Ansichten und Kunftausdrücke Der Schule wech
seln: das Wahre bleibt.
bendgültiges zu lehren,
Das Verdienst aber, Blei lag eben so sehr, als jedes
andre, Dem Dichter am Herzen. Wo solte man
suchen,
wenn nicht
Weisheit?
auch
Wahrheit unD Gültigkeit
in den Gebieten der richtenden
Unmöglich
kan
der Verfasser die Kritik
für ein Geschöpf halten, das jährlich eine neue Haut,
oder, wie ein Chamäleon, nach der herschenden Farbe des
Augenblicks
Nichts ist
unter
eine
uns,
neue Farbe -annehmen müsste. wo jeder Halbkenner neuern
möchte, gemeiner, als irgend eine Übertriebenheit, das Wegwerfen von irgend etwas Tadellosem, wie Schule,
Liebhaberei, Rücksicht und Laune gebieten.
Aber selbst
der Dichter muff als Kunstlehrer nüchtern genug blei*
ben, um Trunkenheiten und halbwahre Behauptungen, wie
glanzreich sie schimmern möchten, nicht zu ver
schulden. Da das Gedicht seiner Natur nach mit der ho-
razischen Dichtkunst hie und da den Gegenstand teilt,
so hat der Dichter das bewährte Werk des Römers, anstatt teilweise in Anmerkungen,
lieber ganz in eig
ner, bei ihm nicht weniger altgewordener Verdeutschung beifügen, und dadurch unter andern die Vergleichung des Inhalts, wo er zusammentrift, erleichtern wollen.
Beiden Arbeiten überlasst er sich selbst zu vertre
ten.
Es ist nichts als Gebühr, dass ein Werk, wel
ches
die Kunst
lehrt,
seine
Lehre
nicht durch sich
selbst verleügne; sondern sie mit eigentümlichem Stre ben nach Reiz und Würde der Vollendung, die es rühmt, veranschaulichend empfehle: wie denn auch von denselben Eigenschaften Erhöhung jener untergeordne
ten Dichtart erwartet wird, worin die Begeisterung, obgleich
vorherschend und
Stimme begabt,
dennoch
mit einer
ausschließenden
den leitenden Begriff der
Lehrrücksicht so wenig verschlingen als von ihm ver schlungen werden soll, und worin die Lehre durch Bil
der weder zu viel, noch zu wenig versteckt zu werden
wünscht. Es war bloße
Gebühr,
dass die Bemühungen
dessfalls, obgleich nicht allzuhandgreiflich, doch erkenn-
VI
bar bis in einen klassischen Versbau erfunden würden.
Klassische Kunst in Knittelversen lehren und mit Bei fall zu
lehren hoffen; — müsste vor dem Gedanken
eines Zeitalters, dem man das bieten dürfte, nicht ein
Sokrates der Kunst vor Scham sein Angesicht ver hüllen ? Im Versbau hat der Dichter ein lückenloses, ihm
durch die Natur der Sprache kundgegebenes Gesetzbuch der deütschen Wortmeffung mit treuer Folge geehrt, und
sich zugleich im eignen, wie im verdeütschten Werke, ja in seinen
sämtlichen
Arbeiten der
unserm
Verse
sonst übelvergünstigten Einmischung trochäischer Takte
statt der spondeischen begeben: anerkennend, dass, da der Geist der deütschen Tonmessung allerdings öfters
für die gesenkte Länge Vertretung bedürfe, nicht die Kürze, sondern nur die Mittelzeit tadellose Vertrete rin sei.
Anmerkungen wurden beigefügt, nicht um das Ge
dicht auszulegen, sondern teils zu Erlaüterung der Bil
der und Anspielungen aus Geschichte, Fabel- und Ge lehrtenkunde: teils, um einiges, was im Gedichte der Ausführung entweder unfähig oder dazu nicht bestimmt
war, nach der Ansicht des Verfassers in ergänzender Prose beizubringen;
so dass dis Werk wenigstens die
Grund- und Hauptbegriffe der Dichtkunst,
also auch
der Kritik, in ihrem eigentlichsten Lichte, sofern es dem
VII
Verfasser klar geworden, erscheinen ließe: teils, was
aus Vielem sagenswürdiger schien, zu sagen. Wer jener Erläuterungen minder bedarf, findet
etwan an Stellen der Alten, die sich in übersetzungs-
proben verneüen, was auch ihn unterhalt und zu Ver
gleichungen reizt.
Unter den
übrigen Anmerkungen
haben sich einige, wiewol in gefliffener Kürze, beinahe zu kleinen Abhandlungen ausgedehnt, weil es ihr In
halt foderte. Unter andern erklärte sich darin der Verf. über
das nach so vielen auch neuesten Lösungen noch unge löste Rätsel des Lächerlichen, und gab seine Darstellung des Wesens der Dichtkunst, nebst seinem Versuche, die Dichtarten aus ihrer wahren Grundquelle herzuleiten und dadurch in ihrem Charakter wolabsondernd zu be
stimmen.
Richtiger Sachbegriff
und richtige Grenz
scheidung sind ja nicht allein für die Wissenschaft er
sprießlich;
sondern bereiten sich auf die Kritik einew
wesentlichen und nutzbaren Einfluss vor.
Schlüßlich
wünschte dieses Werkchen auch wol
Eingang in unsere höhern Schulen zu finden.
Unter
verständiger, Sinn, Geist und Vers umfassender Mit hülfe des Lehrers hofft es
für
unsre bildungsftohe
Jugend, wie überhaupt zu Schärfung des Sinns für daS Wahre und Schöne, so zu Förderung des Kunstund Lesegenuffes an den Klassikern der Alten und Steuern
einigen, und vieleicht um so minder zwecklosen und un willkommenen Beitrag abgeben zu können, da es die Lehren der Dichterwelt in ihrer eigenen Sprache gibt, auch hier und da in die Dichtungen der Alten, d. i. in die schönste Sfäre dieser Jugend, mir eingreift.
Genug zur Einführung des Werkes in die ge
fälligen Kreise der Dichterfreünde.
Du aber,
Büchlein, allzuverwöhnt an Besta's Stille, geboren, Dass du mit nützlichem Wort weitere Zirkel crfreüst: Auf nun! geh mit Vertrauen, wohin dich Foebos Apollon, Geh mit Vertrauen, wohin Hermes, der emsige, führt: Hülfreich beide dem Lied, durch holde Begeisterung Jener, Der durch kluges Geleits landebereisenden Schwung.
Die Themis der Dichtkunst.
E r st e r
Gesang
Stillhcrglänzcnd im Stral der Olympier, ragt wie ein Halbgott Ueber der Sterblichen Haupt, wen, Göttergesang zu ertönen, Weihe der Götter belieh mit schöpferisch athmendem Hochgeist,
Und mit des Wohllauts Füll' aus Zeüs gastfreündlichem Himmel.
Dreimal seliger Mann! noch summt in der Seele der Scharen Seiner Entzückungen Hall. Reicht, Himmlische, reicht dem Er, körnen Ncktarfchalen! und o! kan Laub ihn ehren und Siegruf?
Sterbliche, krönt sein Har mit Umlorberung, jauchzet Triumfton;
Und die Aeonen hinab durch Söhn' und Enkel erschalle,
10 Gleich den Heroen der Erd', als ewiger Name der Sieger! Doch schau hin! wo umwebt mit dem Lohn parnassischer Ehren
Smintheüs Sanger erglänzt; fürwahr, unnicdriges Ranges
Stand vor dem horchenden Volk' auch er, der Entscheider des
Lohns, da;
Selbst Teilnehmer des Ruhms, nicht Spender allein; zu ApollonHeiligen Sprüchen auch er, sein Freund und Genosse, berufen.
Mehr als würdiges Los, wenn es nie Unwürdige raubten.
Kom Du, meines Gesanges Erkorener! kom mit dem sichern Kundigen Schritt ein Gefährte dem Werk, mein Theüdo, zu werden! Theüdo! froher Gedank' und glückweissagender Name!
20 Als ich mit Jünglingsmut, die Getön' am Fuße verlassend,
Doll inwendiges Drangs aufklomm des gedoppelten Berge-
1*
4 Felsabhänge, vom Zug kastalischcr Labungen munter.
Und in der Myrte Gebüsch' und den Lorbeerschatten die heiße Stirne gekühlt: da war's, o du Trefflicher, dass der Kamoene
Bindende Macht Dich mir, mich Dir in die glücklichen Arme
Zauberte.
Süßeres Athmen der Gottheit schwellte die Busen:
Seelanziehender klangS von ragender Höhe; der Fuß klomm
Mutiger auf.
Schon winkte des Hains lustrcizcnder Wohnsitz.
Hier, wo der Anderen viel Bleibstätt' und Krone vergnügte,
30 Lockte die Ruh' hier nicht, die Belohnerin? lockte das Los nicht.
Das viellippig die Lieder umfing? doch siehe! der Gipfel
War's nicht: höher empor! Nun, nun, welch schauernde Wollust!
Himmlischen Kampf goss hier in die himmlischen Lüfte der Eine Gipfel: sie selbst, Zeüs Töchter, die licdergcwaltigen Musen, Stritten den tönenden Kampf: und siehe, der andere Gipfel
Richtete.
Sahen wir nicht, ganz Ang', um Urania-Schönheit,
Hörten wir nicht, ganz Ohr, die gcsetzwcissagcndc Themis
Und der apollischen Recht' ausdcütcnden Zirkel? und, treue Wahrheit, dich und den Geist mit dem funkelnden Blick', und
den Kunstsinn, 40 Und, Harmonia, dich, und die sittliche Charis? erschienen
Nicht ringsum der Eesäng' herschwcbende Genien, mutvoll
Nun hinnahend dem Aug' und dem Urteil; denen erbangend Mitanrauschende Mengen in Blass hinstarrten und Ohnmacht?
Ach, nicht dazu genaht: doch hier tönt göttlicher Ausspruch.
Freünd, in Urania's Huld mit Genuss stilllächelnd, und crnstvoll Ihrem Belchrungscrnst! o sic winkt, die oft in Entzückung
Sokrates sah: mit winkt die bcfreündcte Muse, der hehren Sprecherin.
Sichst du sie, Freünd, die Beistand unserm Be
ginnen
Nickt mit denkender Stirn? Kom, strafe mit ihr die Entweihet; 50 Kom, durchforsche mit ihr der Gcsangkunst heilige Tafeln! Und Ihr, Himmlische, bleibt — ohn' euch misseifcrt die Arbeit —
5 Bleibt ihr Segen und Schliß bis hin zu'der athmenden Ruhe! Fern, fern harret die Ruh' in den Kühlungen: heilige Glut drängt.
Auf! wen kümmerte wohl, seid Ihr im Geleite, des Weges
Trocknere Läng', und wen, seid Ihr nur günstig, auch Ungunst?
Arg ist des Richtamts Ruf, das Würd' und Tugend zu retten Uebel bemüht, boshaftem Geschrei und dem Büttel sie preisstellt.
Wie? Lob arntete der, so des Genius Tugend und Würde Kühn als Richter der Kunst antastete, führend in falscher
60 Wag' untrcües Gewicht? 0, nicht zu leise beschäm' ihn Warnend der Gcniusrächer Apoll, und des Frygierkönigs
Rauchaufstarrender Lohn, und das allzukundige Schilfrohr! Denn, wo die mächtige Zinne des Bergs aus Lydia's Gründen
Hoch aufragt', und umlaubct mit Eich' und Rebe TimoloS Seine beneidete Welle zu Sardes Türmen hinabgoff: Znm wetttönenden Kampfe versehn, stand dort mit der jungen
Flöt' Auffodcrer Pan, mit den goldenen Saiten Apollon, Halbbock jener und der vor allen Uraniern herrlich;
Und gleichwie die Gestalt, so Kunst und Weise der Kämpfer.
70 Ietz, nachdem in die Rohre geschäftiges Mundes der Huten
Schutzgott, jngendlichroh, eh türkische Reigen er übte, Lang' int lüsternen Tanze die Tön' hinjagend gewildert; Hing, ganz ncücs Entzücken, an Smintheüs Zauber dcrNymfcn
Reges Geschlecht, hing schweigend au ihm, ganz Seele, TimoloS:
Und kein gaukelnder West, kein Eichbaum regte die Glieder.
Wahrlich, die Palm' ist dein! so wandt' aus sinnigem Schweigen Nun sein laubiges Haupt, zu Apoll hinwinkcnd, der Berggott.
Wahrlich, die Palm' ist feilt: so jubelten Chöre der Nymfcn; Als: mit Nichten! der Fryg', im Purpur prangend, darein rief,
80 Midas, Gordios Sohn: Pan, Pan Hal die Krone gewonnen. Und manch Faünchen umher sann schon zu verstärken den König: Aber es rührt' ihm flugs, in Triumf hohulächelud, die klugen
Ohren Apoll: und schau, wie sic hoch auft'pitzen die Enden,
6 Grauumhart, und die ncüe Gestalt regspielend versuchen! Birg, Unglücklicher, birg sie behend in die hohe Tiare!
Fruchtlos. Schwiege der Ruf? ob Furcht auch binde die Lippen;
Bald wirds murmeln die Grub' im Gcfild, bald wird das Gehcimniss. Aus dem Gemurmel entsprossen, ein Rohrwald zischelnd erzalen:
Siehe, derselb', aus dem in der Nachzcit Tagen die Schalkheit
90 Rachegelüstendcr Muse das Rohr für ihren Lucil schnitt. Ha! dess zittere, wer, des Gesangs Misshörer, in fremdes Spruches Gebühr eingreist, und den Sieg vor himmlischer Ton/
macht An bockfüßigcs Spiels Aufhüpfungen frygisch hinwcggibt.
Richter des Göttlichen traun ist Gott, und des Genius Richter Genius. Schönes und Großes erfaßt nicht Glosse noch Schulwitz.
Anwalt heißest du uns, du Mann der gelehrten Erweise! Kein unedler Beruf.
Nur wissen wir, reich an der Fündlein
Zal, drückt Heilige selber der Höll' arglistiger Anwalt.
Aber des Worts Anmaßer im Lcrm weittöncnder Hallen 100 Sind, ehrwürdige Göttin, nicht Du, parnassische Themis. Schlechtes ist Besserem feind; und Edelstes fürchte die Scherben.
Hörst du, wie Korax stimmt, Mäv's nnnachgebender Erbe?
Pansa's kaüflicher Schwulst; Turpils leibeigne Parteisucht; Dappa's Rache; Pantil, den Anderer Höhe zum Zwerglein
Frefclte; Mysor's Milz; Stcrtin's taenarische Stunde; Thlips, der jegliche Perle zcräzt mit beissigem Essig;
Stomfar, tadelnd zugleich mit Amfilabos, jener den stolzem.
Und den gewisseren Weg voll List cinschlagend der Andre; Hormios, eisernes Sinns, erst übclbegriffenes Dichtwerks,
110 Dann, sich treü, des verdammten unbeügsam starrer Verdammer; Meilichos, alles zcrwitzelnd, und Mirio, alles bewundernd;
Oder der streichelnde Krcs? Dis Volk ists, welches dem Richtamt Schmählichen Lcümund schuf; samt jenem verbündeten Haufen,
Der durch Ränke sich hebt und namloS tückische Fehrn übt; Oft mit der Schergen Gefolg ausfüllend die herrischen Sitze. Ha, sie waren cs, sie, die des harmlos singenden Pindos Friedliche Reigen, o Schmach! und des Lorbeerbaumes Empor,
wuchs.
Während der Chör' Einmut ihn umjubelte, schmetternd zerrissen.
Sichel
Geniolus auch und Geniolcllns, die Großen,
120 Stürzen heran, Nachrichten der Kunst, nicht früher beseligt,
Ehe der pralenden Schneid' anklebt der Unsterblichen Ichor. Aber, o Vers, missachte mit Eintagsriesen zu kämpfen!
Denn so schnaubte vordem mit frefelnder Rotte vor Delfi's Heiligem Thor, so focht mit der Faust Aufbaümungen Forbas
Friedliche Wanderer an, die, Kunst darbringend und Feier,
Nahten dem Tempel Apolls; und lud den Geschändeten Hohn auf. Doch ihn schaute der Gott; und'bald, vom rächenden Kraftarm, Ha, vom eigenen Hiebe des Pylhiers lag er zerschellt da.
Nein, ob Alp' auftürmten auf Alp' anbrausende Stürmer; 130 Ob sie aus rüstiger Hand Felsstück' und Tannen hinaufwarts Schlcüdcrten: nein, es bedarf, Unsterbliche, Kampfes und Keils
nicht. Lächelt, auf sicherer Höh' unerreichbar, lächelt der Kühnen!
Selbst, o siche! die Würf', in erzischcnder Luft aneinander
Krachend, vereiteln sich laut, und schmettern sich, Trümmer, zu Boden.
Reiner von Schuld, des Berufs nicht würdiger, Haufen sich Andre. Weg von den Stülen der Kunst, wer in Focbos Haine das
Holz schätzt; In die lebendige Charis allein mit Blicken und Messern
Eines Desal cindringt; dem Olymp nach, über den Donnern, Nichts als friert; und der Sonn' allsegnende himmlische Macbt
schon.
8 140 Falscher als Irans Wahn, zur Lichtdunstfiocke zerspäht hat! Weg zum Tiegel mit dem, zu des Züchtlings Leiche, zum Markt, lerm!
Meistere Prosc das Lied: dann, Rafael, fürchte die Blinden! Wie? dich, Tochter des Zcüs, des Erhabenen mildeste Gabe, Göttin Muse, die jetz mit hehrer Magie des Gesanges Seelen ergriff und hinauf zu der Heimat Gcistergefilden Hinriss, oder ins Leben der Erd' Ambrosia traüfte;
Dich stellt Weisenvernunst, vom Nachhall Deiner Bcgcistrung
Leer ihr nüchternes Ohr, mit Handwerksfaüsten in Eine
Wage mit der, die der Mörser beschäftigt oder das Webschiff;
150 Prüfend, wie viel Eichpfunde des Marktvortciles du aufwicgst? Nicht bannwürdiger pfuscht ins Gericht unwissende Thorheit, Leichtlich verachtet, indess durch Theidungen Jene dich blendet, Freüe sich seines Geschmacks, wann klimpernde Sänger umher, zieh»,
Richter und Schöff: wer setzt sie alsbald zu Gerichten Apolls ein?
Priester vermengen und Knecht vor Delfi's Opferaltärev Hunderte: Tcmpelgewand, dis sehen sie, schmückt ja den Knecht auch.
Hunderten dient statt träges Gehirns die gewendige Zunge,
Thrar im kurulischen Sessel? wodurch? Ein gültiges Wort war
Etwa geglückt? Halt! warnet Apoll: nicht über die Sohl' auf! 160 Gnügt zum Beruf dein Ohr Tintinnulus? Wiege nur flaumweich Lydische Weis' einlullcnd den Seligen! Klingenden Unwitz
Hebt zum Gestirn sein Lob: kaum hoff' einst Haller auf Gnade.
Kunden aus Sprach' und Zeit trägt schwer, wie ein Skaliger, Pampas. Gnügct es? Eines gebricht: aus Zeit und Sprache die Seele.
Dennoch seht, wie er Wort' anschnicbt und gestückelte Glieder,
Und mit dem Rctorstab' im Reiche des Genius zcptert!
9 Auch allwissenden Dünkel, gesteift auf graueste Weisheit Oder die jüngste, veracht', und das Fachwerk neücr Prokrusten,
Und, wo des Jrrbau's Hast ein Geflügelter höhnte, den Aufschrei!
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Der an des Versals Thüre der Kunst Buchstaben und Fräsen
Kaum wie im Fluge gehascht und schallende Formeln des Urteils;
Horch, wicPsofios herscht; bei Zeüs, ein gewaltiges Knäblcin! Dort liebkosend allein und schwärmend um Schwärmendes, oder Larv' und Manier aybctend des Genius, brüsten 'sich Schulen» Und wem widerten nicht mit dem Künstlingstaumel die glatten
Zicrlinge; wem nicht Jene, der Erd' auf Stelzen enthoben. Ihn zu erreichen, den Riesen, den Halbgott? während der junge Schwarm nachjauchzt, im Gehüpf ehrwürdige Gräber zerwühlend. Prachtvoll steigt in die Lüfte der Wortpomp: schaut und 6e
scht Priapejen und Stcnons Runzel Moralen; Mel Zefyretteiigetändcl und Trux Sturmhcüleu und Nachtgrans. Der schleußt törichter noch von Apollons Reichen ein VE ssus, Zeiten der andere Tor, viel Dampf den crkovvNei» «aüchernd:
lind der vcrsunkcnste stolzt in des Hcimatsvolkcs Verachtung.
Schalt nicht deutsche Gebirge, die swlausweWndnh kecklich Meister Scgest, ein Posauner des glatt dalicgendcn Blachselds?
Jedem erlauertcn Wort und jedem1 berührcssden Lüftleiü Schleünig ergeben ist Duns und das Wimpclchcn. Siehe, dasselbe 290 Stündlein drehet sie rund durch sämtliche Winde. .Vermeidend
Solcherlei Schmach, wem schwöre mit Ruhm dein knechtisches Urteil?,
Kunstsinn! seltnes Geschenk der Olympier! Sag', e gewogne
Muse! der Blick, der sehe, das Ohr, das höre, wo sind sie? Dass er die Brut ausprobe, die taugliche, heißt sic der Adler,
Also die Sag', hinschaun mit stetigem Aug' in die Sonne.
Die aushalten den Blick, Pflegwürdige sind sie und Söhn' ihm. Fähig, dereinst Nachfolger zu sein in der Lüste Gebieten. Andere schleudert er felscnhinab, glunpflos sie vcrleügnend. Wem ihr eigenstes Auge gebricht, wird solchen die ernste
300 Themis der Kunst annehmcn Äs Sohn und würdigen Zögling? Gottheit athmet das Bild.
Schon nahn die Beschauer und schauen
Nichts von Athene: sie stehn vor Gorgo's Hare verstcint da. Dort um Apoll — hör' an, wie der Marmornacke sie fcsthält!
Wo, ganz wonniger Rausch, an des Lieblings Lilieuhals sich
Lcsbia traümr, da heißt ein Galen murrsinniger Schivtndsucht Boten sie schaun, und den Hals fürs Schwert wi« geboren ein
Nero.
15 Leiteten, schuf er das Eine Gebild: preis gab er den andern Thon schaugieriger Gäste Bemerkungen.
Aber, o Guter!
Lehrte, den Finger gestreckt, der lang' an der Nase gezögert,
Sofias itzt; dann schmunzelt' Akost, dann schnarrt' Agafonos,
Andere dann: so müßte die Stirn, so Nacken und Arni sein;
Hier mehr Welle der Form, mehr Kraft, mehr Ader und Flechse: 340 Schwellender dis, dis schlanker; natürlicher, künstlicher jenes: Stärker des Tritts Aufhub. — Und es änderte, jedem Belchrer
Folgsam, was man empfal, der Bclehrliche.
Iezo vollendet,
Stand zur offenen Schau der Gebild' unähnliches Par da;
Dis fcstaügigcr Scharen Bewunderung, dis ihr Gelächter.
Aber hervor trat jctz in der Kunst ansprechender Würde Sikyons Sohn, rief dann den Erstnmmcnden: Was ihr vcrhöhnet,
Törichte, das schuft Ihr: mein Werk ist, welches ihr anstaunt. Horche, wo Gärung erbraust und Geschrei, nicht Tönen der
Wahrheit. Fern noch harret sie, oder sie floh, die besonnene Göttin.
350 Und wann schwebend im Flug lobrauschcnder Federn und aller Zungen (sie sind Legion) preisschwirrendcm Lerme voranfleügt
Fama; das Haupt, wie sic pfleget, in Wölk' aufrcckend und Nebel; Harr' und denke, dass leiser Verdacht nie reüte den Weisen.
Flcüch mitrufend zu stehn auf lockerem Grunde der Mode!
Sina morde die Kunst, die nicht an die steinerne Regel Schwing'ankettct und Fuß: sein Rafael werde durch Schmarren,
Nicht durch Stanzen die Sage der Welt.
Wol! unsere Freiheit
Spotte des Jochs, das sic, das jede Veredelung lähmte. Schlüpfe sie proteüshaft durch alle Gestaltungen, unfeig, 360 Stets Leitregcl der Kunst, stets zaubernd wie Roscius Jffland,
Wann erst leise das Hans hinlauscht, dann Iubcltnmult wird.
Mitleid lächle dem Kenner, dem Holzbild, welcher nicht nach schlüpft.
16 Nicht mit des Blicks Scharfsinn die enteilende Flucht der Gc, stalten
Festhält.
Die mit des Knaben Ahi beim jüngsten der Wechsel,
Den oft neücrndcr Tag, oft Laun' und Tücke der Willkür Jetzo beglaubiget, jctz voll bitteres Hohnes hinwegzischt,
Flugs aufjauchzcn, und immer des Taglieds Tönen erhallen. Die wirbt' Oberons Horn mit dem tummelnden Trosse zu Boden! Weich in der Ruh' Armstul hegt Acltcre Langcgewohntes. Flog neübahnend der Schwung? o vernim, wie rings von den
Polstern Ficht der Erweis: viel, viel lobwürdigcr sei die Gemeinschaft.
Doch ancilcnde Jahre, getrost! die werden bewundern. Kühnes erkämpft sein Los; Raum dehnt in der Enge der Zeiten
Wahrhaft großes sich selbst: so wolt' es der Irdischen Schicksal. Schwoll doch wider den Gott mit schaurigem Drachcngewinde Wild aufzischcnd der Rach' Ausbrut und der Faülnisse, Python;
Seit du, Lcto, vor ihm mit dem Zwillingspare geflohn warst,
Pythischer Haine Tyrann, anstrebcndcr Waller Verdorben; Ekel und gross aufstrotzend in Unform.
Schau, ein Entsetzen,
Dicht mit eherner Schuppe verwahrt sein geiziges Leben, Lag er, umschanzt durch sich.
Da cntstürmet' er, hoch den ge
er#
schlossen, Ruht, was einst Diademe der Göttinnen schimmernd erhöhn
wird. 530 Aber die Perle zu sahn in dem unscheinbaren Gehaüse, Sinkt ohn' Übungen nicht in der Golfflut Tiefe der Taucher. Was du denn seist, ob Richter der Kunst, ob Künstler Apollons,
Lern' und prüfe du recht.
Mißtraue nur, fallend das Urteil,
AllzufrischeS Genusses entglühetcr, allzugewohntes Aschegewordener Brunst! Mißtraue des schwärmenden IünglingS
Weichlichem hier, dort derbem Gefühl; unsicherem Moste, Ddr, wenn Pfleg' ihn bewacht, nach weniger Sonnen Umherlauf Reifer an Geist, anstaunt, wie so viel Grundhefe sich ausschied.
Und stets edleres Geistes und milderes, liebet zu altern.
540 Fürcht' auch greifende Jahr' und des Hauchs kahmbringenden Einfluss. Fürchte zu jeglicher Zeit (durch jegliche schreitet das Unrecht
Bald hinschleichendes Trittes und bald rohpoltcrndes;) fürchte
Stets der Gerechtigkeit Tod, einseitigen Spruch des Entscheiders!
Sei, wie in hundert Gestalten Natur und Kunst zu erbieten. Du zu empfangen gewandt; nie schroff hinstarrend in Eine,
So wie der Kluft Bergspat.
Die Lebendigen zieret gelenk sein.
Nicht Hcrkynia's Stolz, der Dryadengebicterin Liebling, Lehrt fürs stattliche Ross den Verhalt.
An cfnrischer Halle
Spielet empor mit dem Grazicnschwung nur andere Schönheit,
550 Als, der dorisches Bau's kraftschwcr auftrotzcndcr Stamm dient. Durch engherzige Fehde, du Satzungsklüglcr, entzweist du
Mit Trinakria's Halmen die friedliche Flöte des Sihlwalds? Wie? du. Niedlicher, schiltst, wann Zcüs Blitzträger daherbraust?
Und du, Riese, zertrilst die Viole mir, weil sie Dodona'S
23 Eiche nicht ist? weil Theben erklang, durchschnanbest du Teos? Wert, an der Grazie Statt der Erinnys Opfer zu bringen.
Oder verdammts Syrakus und Bilbilis, dass sie den sieben Hcllasstädten nicht auch die homerische Wiege bestritten?
Ob mit den Rädern in Flug, ob weithinschwingend die Wurflast, 560 Ob mit des Faustaufhubs Hinschmetterung, ob mit des Taübleins
Tod' am befiederten Stal, ob rasch mit des eifernden SchiffkielS
Furche der Kampf obsiegt: ha, Thörichter! sind sie nicht Alle Kämpfer, die Pelcüs Sohn und der Sohn Anchisens in lautem Preis'ausrufend erhöhn am jauchzenden Saume der Meerflut?
Selbst, wie der hehre Senat Roms mächtige Scharengebieter, Fändest du hinter dem Pflug' in Landmannstracht die Kamoene, Fändest in Lapplands Eise die Brust, die ihr Feücr erwärmte.
Schön ist südliches Blau, schön Irisbogen und Nordschein.
Zehnfach wechselnde Gab' in unzäligen Tinten bezeügt dich, 570 Geriinsstralcnder Gott: und des Urteilschleüdcrers lachst du.
Der dich waltenden nur im Mittagsglanze gewahret. Also besieh huldfroh Zeüs Hüftegeborener tausend
Berge mit andern Pokalen, und freüt feinnippcnd sich Aller: Ob die umkränzten der Dank Hcsperia's, ob sie der Reingott,
Araris Nymf' und des Mains, ob Tallya's Hügel und Chios, Oder der heiße Vesuv, ob Persien, ob Teneriffa,
Ob vom Rande der Welt Konstantia huldigend eingoss. Denn in dem Weine den Wein kennt Evans fertiger Sinn aus. Sitt' und Glaube verfällt: und cs schwankt im Lobe der Zeiten 580 Sterblicher Dichten und Thun. Auch Gottheitsgröße der Vorwelt
Sank schon Menschen zur Schmach, der Olymp zur Hölle. Was
unfest Ländern und Zeiten gehorcht, dem gönn' uneifernde Schonung.
Kraft, die den brechlichen Thon mit schaffendem Geniusfinger Sinnvoll bildet' und kühn anblies mit der Flammcnbcseelung;
Sie, die, nimmer berührt vom Hauch schwanklauniger Stunden,
—
24
—
Fest in der ewigen Norm, die unserem Dusen ein Gott gab. Auch Urenkel gewinnt; die wäl' und erfasse der Kunstsinn. Lass nicht falschen Geschmack die verfliegenden Reize nur Haschen, Noch die verflogenen dir ausdauernde Reize verekeln. 590 Sprödeste Kunstauswäler, wie wallos schwelgende Prasser Und umtappende Zweifler der Auswal hat die Geschmackwelt. Glücklich die kleinere Zal, die geübt am Geiste des Schönen Sicher geneüßt, und was sie gencüßt, mit forschendem Blick kennt. Solche verlangt in Apolls ehrwürdiger Halle der Richtstul, Lieb durch MctiuS Sprüche den Trefflichen, Baven gefürchtet. Solche zu werden, ermann' cüch Jünglinge, stark wie der Ehrgeiz Ross' und Rossebezähmer eutflammt, Ehrgeiz und Kamoene!
25
Zweiter
yJVftts durchraset die Welt.
Gesang.
Kom weg von des schrecklichen Feldrufs
Schmetterung, weg vom Tumulte, der nachfolgt! Also die Muse. Und schon klomm ich mit ihr höhauf, ein begieriger Folger, Bis an der heiligen Schwell' und im altehrwürdigen Felsfltz
Dein mildernstcr Empfang, parnassische Themis, uns aufnahm.
Wo in der Deinigen Mitte du ruhmvoll wohnest und waltest, Freündin Apolls, des Gebirgs Obhüterin und der Gerichte Pflegerin ihm, Schutzfreündin Urania's und der Kaminen!
Würdige du, dass keiner der Berganklimmer in rascher
10 Hast nur lerne von Dir, was in Ton' und Miene du aussprichst. Dort saß Stunden an Stunden mit Lust zu den Füßen ^der
Göttin Must und Sänger, und schöpfte vom Born des aonischen Rechtes;
Nicht, so mahnet die Muse, nur uns zum geizigen Trünke. Durstet der Jüngling nicht mit dem Ohr' und Geiste, zu lernen.
Was vom Kenner erheischt Sie, deren gebietender Ruf nicht Schmach nur und Tadel geflohn, nein, Tugenden weise geübt will?
Wirre Gestrüpp' ausrottend das Satfeld lichten, es hieß uns
Erstes Verdienst: wol bauen die Flur, ist zweites und zehntes. Viel sangwürdiger Gaben beschicd, der allen Natnren
20 Dasein gab und Gestalten und Ziel' und regende Kräfte, Mensch, vor Tausenden dir, zulächelnd ein stolzeres ErbloS. Denn aus himmlischem Hauch durchglomm dein Inneres, was kein
26 Name benennt, kein Maß ansmißt, kein Ende dahinrafft;
Funk' und Flamme, vom Staub' Hochhin zu dem heimischen Sternpol
Zuckend; ein Leben, mit Erde verwebt, doch Sippe der Götter; Kraft, ans kleiner und enger zu weltobsiegender wuchernd: Psychc's göttliches Erbe.
Mil ihm ward hoher Beruf dir;
Dass du, das Haupt aufrecht, in die Seel'einsangest der Wahrheit
Heiligen Stral; dass erklopfe die Brust von himmlischer Güte; 30 Dass, mit dem Geist' eintönend der wcltdurchschaltenden Ordnung,
Still in Genuss lustathme der deinige, Fantasosflügel Schwinge mit Geniuskraft, und, Spiel anschließend dem Ernste, Schaff' und ordne das Recht und die herzanlachende Schönheit.
Aber es fügte dazu des Olymp Herr, ehrend den freien. Und wegspornend den Geist von des Leims anklebender Zäheit,
Sinniges Forschens Gesetz und der vieldurchprobenden Übung, Ehe der Brust Richtmaße Genüg' arbeitend erfunden
Und, stets heller dem Auge verherrlichet, wachsend und weichend
Stets und entschlüpfend dem Griffe, das Urbild freüdig erreicht sei. 40 Dort, wo du lächelst am Ziel, dort lächelt mit dir der Olympus. Selbst willfahret' er dir, die Natur siegreich zu bezwingen;
Ja, kühnstrebend empor in ätherische Welten zu steigen. Macht des Gedankens, des stet hinschreitenden, weiter und
tiefer Spähenden!
Du, mit dem Fleiße, dem rüstigen, formtest die
Welt um. Siehe der Erd' Umkreis der Gewalt arbeitender Künste Folgsam! siehe, wie schwelgt' Urwüst' in erfreüdigtes Lebens
Segnungen! Fels ward mürb', Unschlachtiges fromm, des Ge-
wildes Kraft zum Frohne getreü, Graun erdeinhüllender Waldnacht
Wirtlich der kräftigen Sonn' und des Dorflerms muntern Ge, wühlen
— 27
—
50 Um fernhallende Türm"; und die wcitausschweifende Stromfli it Lernte, gczaümt und verachtend die Lust frcibeütender Jugend,
Bald auf mächtigem Rücken die Fracht abnehmen dem Menscheia,
Bald aufsteigend die Sat statt Jupiters Wolke befruchten, Bald, gleich Mulcibers Knechten der Erz' unbändigen Starrsi nn
Bändigen: denn tiefherx/wo ans Ohrschon grauset die Styxfiut,
Mußte bcherscht Hülfkräft' und Tribut darbringen der Abgrunds Durch selbeigene Gaben bezähmt, zu erhöhen des Erdplans
Weitrundum lustwallt durch reizende Fruchtau'n Deo; der Berg trieft Wein; Ölbäch' und Bäche des goldmm
Glorie.
60 Honiges füllen die Öde; Gefümpf weicht lockenden Herden;
Und flott wimmelt von Mut und Betrieb pestathmige WildnU. So baut menschlicher Eifer die Erd' und die irdischen Künste; So baut menschlicher Eifer die Seel'und die Künste der Seelen.
Und wo die Trägheit schlief, die Begier aufrasite, der Rohsinn Wilderte; da sicgpranget der Weisheit, wuchert der Sitten Holdes Gcdcihn: da fügt sich im Tanzrcihn Schönes zum Guten, Rüstet ein janisches Reich, nicht wieder zu fiichn, die Zurückkehr.
Mensch, lass Vögclgcschlechte, des Stamms Urerstlinge gleichend, Bauen und trillern wie er, sein Ziel in den Lüften erschwingen! 70 Anderes Ziel hält Dir, ein olympisches Dir der Olymp vor.
Werde! gebot sein Ruf: und des Zcitstroms Ufer hinab tönt Werde! der Nachhall fort: und der Weisheit Höhn und der
Kunst Höhn Hallen cs: auf dem Parnass rückhallt's Ein Gipfel dem andern.
Weg lahmschleichende Puls', o ihr Jünglinge! Dünkel und
Hohn weg! Weg, was schmeichelnd das Ohr abkehrt und blendend das Ange!
Auf zu den Gipfeln der Kunst und der urtcilkundigen Themis!
Frühere Zeit — wer hemmte den Genius? — sah wie der Urwelt
Adler die Geniusflüg' aufrauschcnde Schwingen entfalten;
28 And frühregcs Gefühles das Volk, sich dunkel und unkund, 80 Ihrem begeisternden Gott' Andacht zustauncn und Lobpreis.
Später Geburt, wuchs spat zur säumigen Reife die Kunst auf. Mühsallos wird nichts, was einporstralt über Naturdrang.
Stark und sicher der Sinn'Eindruck, wie am Ende der Zeiten, So im Beginn: schwer lichtet ein Spvtlingsweiser der Dinge Grund und Verhalt, oft irr in der Forschung Krümmen und
Tiefen;
Oft von des Strals Abglanz' und blendendem Wahne befangen.
And nicht einzeler Kraft wird Ehr' und Krone bcschicden.
Wettstreit doppelt die Kräft' und fittigct eifernde Füße, Wettstreit nähert die Palme des Ziels und wandelt in Gold sie, 90 Zauberisch: dass in die Achsel des Vorderen hauchet der Folger,
Folger nicht mehr, und die Arme zur Palm' und die Sehnen hinanstreckt. Also stritten die Neün in Gesang zur delischen Leier: Also die Denker Apolls, in Athene's Schule gebildet.
Also ziemet auch uns, o ihr Jünglinge! Wonne den Siegern!
Leicht darbt' einst der Gesetze Saturns Uralter, die goldne Zeit der Natur: noch lebt' unschuldige Sitte des ernsten
Richtstuls frei.
Nicht lang', und die Zeit, die Silber und Erz ward.
Heischte der Tafeln Gebot und der Schuld verladendes Rügamt,
Samt der entscheidenden Wag'.
Auch dort, wo den Zepter
Apollon
100 Führt im aonischen Reich, dort rief, zu enthüllen des Reiches Lange verdecktes Gesetz, stillsorschcnde Weise die Zeit auf. Als sie erwachsender nun vom Löblichen trennte die Fehle. Schon flog längst Meletäcrgesang, längst tönte der Wettflug
Gräciens, eh' an ihnen Stagira's Denker und manches Auge, von Scharfblick voll, die erfundenen Flüge belauschte.
Doch viel ruhte des Schwungs annoch; und der hallenden Selma
29 Lyrischer Maconid' Ariosto's zügclentbundnc
Halbrosswundergcstalt, und der übergewaltige Dritte, Oder was Asia flog; was Er, der unter der Flügel 110 Heiligerhabenstem Schwung, tief erdwärts schauend, die Völker
Sah wie ein Tröpfchen am Eimer des Borns; was hinter des
Indus Strome der Flug, der Dich, o Sakontala, reinste der Seelen,
Wiegt' auf weichcstem West des Gesangs; was mancher untx wölktern Dorwelt Schwinge versucht' und der Nachwelt Schwinge sich aufspart,
Lehrt viel anderen Bahnen ihr Maß.
In geregelter Ordnung
Irret den Aether hindurch manch Wandclgestirn des Olympos,
Kreiset der Harstern selbst, der bcscholtcne; zaünet ihn gleich nicht Titans zirkelnder Weg. Kühn hcrscht in des Genius Schranken Er, zuschließcnd und öffnend, allein, mit seiner Verlobten, 120 Schönheit, dir.
O, dass er das Band nie schwelgend zerrisse.
Welches nm Beider Verein mit Apollons Weihe die Kunst flicht!
Dis zu beschirmen ist Dein, o Kritik«, seines Beginnens
Nemesis, die du am besten mit ihm Herd teilest und Laren, Zucht handhabend und Recht, Willkür abwehrend und Unmaß. Schaut das erwachsende Ross, vom Wurf des gebogneren
Halses Dis zu der Huf' Erzklang altedcles Blutes Bekenner. Kühnheit blickt es und Stolz, und in Kraft und in wildernder
Anmut Gaukelt es; stürzet sich hier in die lantaufspritzende Strömung,
Kühlend die brausende Lust und die mutwillathmende Jugend,
130 Wälzet sich, streckt zwanglos hinlassige Glieder im Grasplan. Doch, auf hüpfet es, steht, spitzt fernhin horchend die Ohven, Weidet umsonst, lauscht wieder und zuckt, unruhiges Drangs voll. Durch Querblicke gereizt von der Au'n Mitbuler, und schnaubet
30 K impf und Sieg: und cs funkelt das Aug' und es sprudeln die Nüstern ftp pigcs Leben, indcss von wieherndem Trotze die Waldung
Lachend erhallt.
Dort hui, aufdrönende Gründe durcheilend
G eüßt es die Mähn' in die Lüfte dahin und die schwebenden Schenkel, I, ich, mit entschnellendem Pfeil und dem Fittige wellend des
Eüros.
Ob er cs braust felsan mit dem siegenden Sprung des entbrannten 140 J4 nglings Wut; und cs öffnen der wahrlosstürmenden Wut sich
Sl chwirrend zerrissne Gebüsch', und hinab rollt brockigcr Felsschutt Hi. nter ihm.
Bald — und gewandt staunt auf von den Grün,
den der Landmann;
Si eg ruft hell in des Pols aufschütternde Lüfte der stolze Wi> eherer. Lockend zu schaun. Doch soll in elerscher Palm' einst
Rei H herprangen das Ross, vom Gruß' und Lobe bewillkomme
Rus ender Scharen umher: viel Zucht und Pflege gebührt dann. Um
zu bezähmen den Mut, der sprudelndes Grimms sich em, porbaümt,
Nis ht mit lässigem Kampfe der Freiheit Opfer verzögernd.
Zs »gel erduld' es und Sporn und Last und Gesetze des Meisters; 150 N )tn vorn schaümenden Mund bis hinab zum Hufe gelehrig,
Jf im ablauschend des Sinns feindeütigste Wechsel, in ihm ganz, Un d liebkosende bald, bald strafende Worte verehrend.
F oebisches Wort gilt beide, den Bildner des Werks und den
Prüfer. Oft
hat sicherer Sinn, trugleer, wie reines Gewissen,
Söh ne des Liedes gelenkt: Lehreinsicht schmücke den Kenner.
Und
mit des Beispiels Wärm' anathmend die starrende Regel,
Bild ' er erfahrnen Geschmack, wie dort der Vcnusier Sitten;
Stet s aufmerkend der innern Gewähr, und der ewigen Themis
Sick -erm Entscheid', abtrünnig der spruchanmaßendcn Satzung.
31 160
Oft schlug Satzung i» Bande den Geist, zwang Völker und
Zeiten, Pochend auf edle Geburt und des Ursprungs Schimmer und Ansehn;
Fuglos.
Würdig und wahr denkt nur hellstirniger Freisinn.
Ob auf sichenden Ruf Kalliope, ob sie von selbst kam;
Kümmert es den, dess Ohr der Gesang der unsterblichen ausfüllt?
Singt wie mit fremdem Gemüt fremdaltrige Thaten der Sänger Ilions; darfst du entmenscht Malvina's Barden versagen, Dass sein tränendes Herz ins Lied hinwcinc die Wehmut?
Nicht nur dichtender Kunst Nachtreterin; Dundcsgcnossin Wird freiwandelnd die kritische Kunst den erfahrneren Denkern.
170 Lang' erst wölket' in Ernst und ehrende Zweifel die Forschung,
Lange der Einfalt Kampf mit der Meinungen Stolze die Stirn ihr. Nun, wann völlig dem Aug' ihr ewiges Recht sich enthüllte.
Prüfet sie sinnig an ihm, was Schönhcitsseele, was Satzung,
Löbliche, tadlige sei; wehrt, löblichen Brauch zu verletzen; Mahnt, unlöblichen bald zu umgehn, bald schlau zu veredeln.
Spiegel und Zeüg' ist klassisches Werk, nicht Quelle dem
Schönen Oder Gesetz.
Tief hallt das Gesetz in der innersten Seele.
Siehe, dem Genius wards zum ordnenden Maße gegeben.
Leis im Reiche der Geister entspringt die lebendige Quelle, 180 Spiegelt olympisches Licht. Die schöpft mit dem frühen HomersAuch der stagirischc Weise.
Des Bachs Urhöhe verbarg sich.
So wie des Nils nachtdunkle Geburt, der Erkundigcr Vielen:
Offener rinnt sein Lauf, aus dem, o unsterbliche Schönheit,
Nymfe der heiligen Flut, dein Haupt, wie die wellengeborne
Kypria, stralend enttaucht. Nur dein schwächeres Bild.
O sie selbst war, lauterste Göttin, Dich darf ich Urania grüßen.
Die, nicht irdischer Kunst in heiligen Tiefen Erzeügte,
Und in der Seel' und der Glieder Verein harmonisches Leben
32 Ganz, ganz Edelgestalt in bedeütungschimmernden Zügen,
190 Schmückende Perlen im Har, und der Eos Rosen im Antlitz,
Uns hinrückend die Seel' in ewiger Liebe vergöttert.
Herrliche! welche das All durch Tön' und Formen und Farben,
Und zujauchzender ehrt in der Freiheit regen Bezirken: Schönheit! du, der Genüsse Veredelung, Wonne der Geister,
Die sanflathmend in Ruh', uncntstellt durch Gierde, dich anschaun. Wem Du weihend erschienst, der trinkt die kristallene Welle
Rein mit reinem Geschmack, und Lipp' und Seele bewahrt ihn. Trüb wallt Andern die Flut; und es schwatzt unseliger Taumel Selbstanstauncnd Geversel daher und crdünkelte Satzung.
200
Scheüch', o Freundin Apolls und Urania's, ihrer Geweihten
Nemesis, oder wie grüßt der Gesang dich? kritische Göttin; Dich, mit Wage versehen und Schwert, foebeische Dike!
Und auch ihr, in Gelachter und Ernst rachkundige Musen, Scheüchet den Trüber des Quells, obs Kenncrling oder Poet fei)
Niemals müsse den trüben in Hast aufschöpfen der rasche
Genius, wann er erhitzt durch Traum' und Bilder daherkomt. Hast du ihn kommen gesehn, Didymaeos feürigerzeügten. Dem Zeüs Liebe verlieh, mit dem Fluge des Blicks zu erhaschen.
Was fruchtlos sonst sinnend und langarbeitend erschwitzt wird:
210 Den parteilich er selbst zum Gruß der atherischen Auen Zuließ, und zu den Nippen am Kelch' unsterbliches Lebens? Hast du ihn walten gesehn, voll Kraft, voll inneres Reichtums,
Doll der geschäftigen Macht, die der Seel' Einbildungen zu,
haucht, Drängend den geistigen Stoff, dass er Art annehm' und Ge, staltung? Dort mehr Schöpfer des Stoffs, dort mehr ein beseelender Ordner,
Stets voll frölicher Rege des nervdurchzuckendcn Lebens, Stets mit der Fittige Schwung der Gemeinheit Fläche verhöhnend. Trinket er Freiheit-luft, sonst todt, nicht Genius ferner;
Dürstet
33 Dürstet zugleich, was Seelen gewinnt mit erfrischendem Anreiz.
220 Wol ihm! siche, der Liebe Gesetz, dis bindet den Freien. Als ihr zuerst eüch saht, da fesselte süßes Erstaunen
Beide zugleich: ihr entbranntet zugleich voll freudiger Liebe, Er, und, Urania, du: und es drang aus Kehlen und Saiten
Neüc Bezauberung: Lenz durchathmete rings die Naturen. Purpurn brannten die Wölkchen am Pol, Gold stralten die Wipfel: Hell frolocktc der Bach Melodie'n, Melodiken die Felswand,
Und harmonischer Jubel ergriff den Olymp und das Erdrund. Sei, du Herrliche, stets, sei stets des Gewaltigen Liebel
Sähest du wol die Gestalt, die folgend dem Genius, emsig 230 Und nicht ohne Gelüst mitbulerisch werbendes Hinblicks, Lüft' und Flügel versuchte, zerschmelzende Flügel des Künstlings?
O, bald fiel sie hinunter und hinkt: Nachahmung ihr Name. Hinke siel du schau auf, wo kühn mit des Pegasos Schwingen Über des Aars Lichtbahnen emporsteigt, oder in hohem
Flammengespann hinrollend, den Gott in sterbliche Busen
Leitet, und feürigen Stral durch Brust und Gedanken und Rede Foebischer Männer hindurch in der rings aufglühenden Scharen
Schwellende Brust einströmt die erschütternde Macht der Be, geistrung: Dass wie in Nichts hinstieben die Erd' und die kleinen Gedanken. 240 Schau, wie sie wieder alsdann stillsanfthingleitendes Schwebens,
Wie ein erquickender Mai, aufregt und erwärmet die Herzen: Hebend wie er die Natur rundum, und im Busen der kleinen
Nachtigall Trauer und Lust mit des Vollklangs Helle begabendl Denn mit dem tiefern Gefühl durchdrang sie die innere Seele Dess, was forschend ihr Aug' und ihr Herz liebathmend erfaßte, Sog sein Wesen in sich, und entschwebt, an Seele verdoppelt,
Geistigen Flug, durchblitzend den ringsherliegenden Sehkreis.
Ihr als ältere Schwester, obwol niewclkender Jugend,
Ihr als nährende Freündin crzcügt wardst Du, o d» rastlos 3
34 250 Schaffende, Du, Myriadengcstalt! die ewig verwandelnd. Was vielfasscnd die Sinn' cinsammeltcn, ncüe Geburten Über die eigene Welt auSsät und den eignen Olympos;
Bauet im Nu und den Bau in die Lüft' hinstaübt, und mit Eines Stäbleins Macht zallos andringcnde Rollen herbeifei't;
Ernst urplötzlich zu Lache, den Gott umschäkernd zum Stiere, Und urnweihend zum Götteraltar Feldrasen und Erdleim.
Du, durch Bilder und Töne gewaltige, selbst in der Formen Gaukelnder Rege beredt: du, kühn von der kindlichen Dock' an
Bis wo der Greis hinstarrt in die Gruft, durchs Leben dämonisch
260 Schaltende; kühn noch den Seelen im Schlaf' obherrschend, dem blinden;
Bald lahmfüßiger Furcht, bald lockender, funkelnder Hoffnung
Spenderin; hier Blendwerke dem Geist' und entmenschenden Wahnsinn,
Hier weissagende Traüm' cinbuscmend; dort mit des Sinnbilds Geistergenuss, hier, Wonne! mit Urbildsglanze beseelend:
Wer durchgründete dich, Fantasia, welche den Menschen
Himmel und Höll' austeilt, den in Angst und in Wonne berückten;
Und zehnfältigen Kelch zutrinkt den begierigen, Hebe's Und kirkelschen Trank, Mohn, Gift, Gall', Acheron, Lethe,
Fiebrigen Rausch, parnassische Flut, Schanmhefe des Schwindels; 270 Herrliche Macht, graunvolle, bewunderte, schmälich bescholtne!
Die du, Apolls Marksteinen genaht, Ausschweifungen zügelst. Schön in Urania's Huld, dein allanmutcndes Trugspiel Kiesest in Wahrheitsrciz stets neü, stets sinnig zu kleiden,
Sei, o du Zauberin, uns, wie den Nektartischen gesegnet!
Anderes fodert den Blick. Schau, Freünd, auf pindischer Höhe Dort die unsterblichen Neün.
Welch ähnliche Schwestern! und dennoch.
35 Welch
unähnliche!
Stimme, Gewand, Blick, Haltung und
Tonspiel Sondern sie, jede von jeder im Chor.
Wissgier des Erforschers
Natur, Kraft,
Welt und gemeinsame
Lernt der Kamönen
Stammart; 280 Lernt der gesonderten Trieb' und eigenste Seel': er ergründet
Aller Gestaltungen Mustergestalt und dauerndes Urmaß; Dich, Mensch! dich, o Natur! Abdrücke der schaffenden Weisheit.
Endlos weiden in cüch die Kamön' und der Genius; endlos Formen sie, was sie ersehn, wettschöpferisch: denn es erzeügte
Sie samt eüch der unendliche Geist. Und die Welt des Gesanges Regt vielathmiges Leben und kräftiges, ähnlich den cüren. Rings frolocken und schauern in ihr Hymenäen und Grüfte,
Wonn' und Weh, und die Lust des Vereins und straubige Kämpfe.
Aber sie lebet und webt in des Urbilds Höhen, des Zufalls 290 Mängel und üppige Fehl' und Misseinklänge verlassend:
Und weitbusig in ihr schaut rings der apollische Denker. Heller erkundet er schon, was Ehr' und Gipfel der Kunst sei; Welches die Pfad' aufwärts; was Ziel, was Mittel des Werkes Und was Leben ihm werd': er erspäht, o gebildete Charis,
Die du gewinnende Reize wie Thau leichtwallend umhcrsprengst, Seele den Formen und Huld cinhauchst der empörtesten Seele, Deine Magien, und dich, tiefbeügcnde Macht des Erhabnen,
Bürgin in uns gleichwol dem olympischen Hauch, der emporringt. Kühn wie die Palme vom Druck! Auch dich, des Erhabenen Sippe,
ZOO Der du, o rächender Ernst, sein Thun umkehrend, den Gott
malmst.
Dich, kernhaltige Kraft, du ergreifende, wägt er mit schwerer Last kaum auf; da empor in die zischenden Lüfte der Hohlprunk
Schnellt: und indeff sein Auge, die Würd' anstralend, sich aus« dehnt,
Trit er in Staub, was matt, was niederig oder geleckt ist.
3*
36 Dir auch stiehlt er den Blick in die schüttelnden Seiten, o
Komos,
Der in der Brust Vorhöfen ein Gaukeler, Tiefen der Seele
Meidend, das lockere Volk mutwilliger Genien antippt, Und den umgaukelten Sinn lustrcizt mit dem Fuge des Unfugs!
Nimt weichlächelnd das Kind der Natur auf, wann es, ein holder
310 Fremdling, hüpft in der Welt Scheinfug mit dem Scheine des Unfugs,
Aus freihcrzigcm Busen verirrt.
Festhaltcndes Blickes
Hascht er den fliegenden Witz, der, husch, mit dem lustigen Pfeil schuss Nimmervereintes vereint;
und des Satyros Spott, und des
Schalkwahns
Spielendes Leben, vcrlarvt mit heiligem Ernst', und den Launsinn
Mit fantastischer Milz, so die Welt aus Angeln und Fugen Wettert, in Leüchtungen zuckt, hingcüßt der Empfindungen warmen
Regen, im farbigen Bogen zerstralt und in Heitere lächelt. So wie die Hör' ihm wandelt den Dunstkreis. —
Auch der
Gefühle Ästigen Zwillingsbaum, in der Brust Urboden gewurzelt,
320 Einen an Stamm machtvoll, voll weiblicher Zärte den andern, Kennet er, athmet an ihm mit crquickungsaugendem Durste; Lauschet an ihm, ob es säuselt, ob wild aufrauscht in den Wipfeln. Hier liebt Delios selbst und die seclausweitcnde Muse
Athmend zu ruhn, hier Kraft, hier weicheste Milde zu tönen.
Und misskennt' er den Geist, den ätherischen, der mit der feinern Seele das Werk durchwürzet und Faül' abwendet und Hinfall: Und Wetteifers sich freüt mit dem Genius? reg und gewendig,
Fröliches Sinns, dir, Charis Eüfrosyne, immer ein Liebling. Fliehe der Frost fernhin, wo der Bär starrt, binde mit Eise
330 Dort, was wallet und webet; und forme sich Blumen von Eisei
37 Mit ihm fliehe die Brunst und der Rausch, unwahrer Gefühlglut! Doch zum trockensten Sande der Libyer fliehe die Dürre,
Die kein labendes Quellchen dem Geist, dem' erschmachtenden,
sprudelt l Solchem erforscht Art, Wesen und Grund der apollischc Denker.
So kennt Dafnis der Hirt, was Unheil Triften und Heil bringt.
Wach fürs frohe Gedeihen der hülflosblökenden Unschuld, Wie für Fließe besorgt, die Streit mit dem kolchischen wagen,
Kennt er der Horen Gebot' und der Landschaft; achtet cs wenig, Wölf' und Hunger zu scheün: auch üppige Fluren und Schatten Meidet er, flieht, wie diebischen Dorn, auch gärende Lachen, Dämpfe der Frühe, die Brunst marksengcnder Stunden, des
kältern
Erdreichs Schauer im Lager der Nacht; hat jegliches Siechtum —
Ach! zu der Herd' Unschuld dringt unbarmherziges Siechtum! — Sorglich erspäht, samt Quellen und Heilungen: und in der Hirten
Nachwuchs präget er dis und die Fülle politischer Weisheit: Durch Tanzreigen und Flötcngefecht' aufheiternd die Pflichten, Wo den Bescheid zuhalle, gemischt Oreaden, der Waldgott.
So vielfältig ermißt sein Reich, wem irgend ein Fleiß rief; So vielfältig Apolls ehrwürdige Schule das ihre, Und urkundet die streng obliegende Rolle dem Spruchstul.
Dränge noch tiefer des Blicks Scharfsinn, und enthüllte der
Geister Innre Naturen? enthüllt' aus all den apollischcn Kräften Dis vielartige Wundergemisch in den Söhnen der Lieder, Mit all-einendem Stabe vom Selbst aneignend bezwungen; Dass zalloser Gestalten nicht Ein' abbildet die andre?
So von gemeinsamer Erde genährt, von gemeinsamer Lüfte
Bächen getränkt, und der Sonn' und des Thaus und des Re gens Genossen, Wuchert in eignen Gesetzen empor vielfältigste Sprossung.
38 Schau, wo die Tann' Hochauf die bewunderte Säule mit zähem
360 Harz balsamend erhebt, wölbt Zeüs Eichriese den Machtwuchs, Festerer Zellen Geflecht mit Kraft durchbeizend und Strenge.
Doch dem aonischen Stamm unfern, welch labendes Honigs Freüden entlockt des Geranks haltsuchendem Schosse der Weingott!
Nardischem Strauch welch andre die blütenumsumsende Biene!
Was sich in Lieb' anschmiegt aus all den umströmenden Kräften, DiS zieht liebend herbei, ab stößt das Entfremdete jedes
Wesens Natur, selbständig in eigenstem Leben zu gelten; Aber in eigene Schranken zugleich einbauend das Leben.
So wie des Keims Urnorm, so noch in unzäligen Staffeln 370 Seiner Entfaltungen Ziel, sein Selbst und der Seele Gestaltung.
Menschennatur, hochüppig begabt von olympischer Vorgunst! Horch! denn Avdon entzückt: doch hörst du in ihr Filomela'S
Ganzes Geschlecht. Nie, ob du Apolls Wahrsager dich wähntest.
Träumst du die Tausendgestalt zukünftiger Geniusmächte, Fähig, int Menschengewand gastfreündliche Götter zu scheinen.
Wer, wer lüftet die Schleier, womit der Naturen Geheimniff Isis, die heilige Macht, einwölkt?
Du forsche mit Tiefsinn,
Was sie gefügt, und entdecke, wie Freimacht walt' in der Richt,
form. Traun, weit greift sie, die Rolle des pindoswürdigen Spruch, amts.
380 Stets, ob Großes sie nun, nun Kleines beschäftige, ruft ihr Delfische Tafel, sie sprech' in Apollons heiliger Halle.
Lege die Roll' uns aus: denn es horcht, Lehrmuse, der Jüngling. Erster Beding war stets und unnachläßliche Sorge, Dass helltagend das Wort aufheitere Sachen und Zeiten;
Fremdes wie heimisches Wort.
Denn es tappt, wer wandelt in
Zwielicht.
Aber o du, sieh hell mit dem Fleiß scharfaügiges Anblicks, Der eindringt in ein Pünktchen unö frei Welträume bestralet.
39 Steig' an des Werks Ursprünge mit ihm: oft deckte Gewölk sie.
Scheide, was ältere Zeit, was jüngere—; scheide, was Urkraft
390 Bildete, was nachfälschte, belauscht in den Spuren, das Trugspiel. Höhne den Tag uns nicht mit des Windlichts Stolze: wo Nacht
ist, Leüchte die Fackel, und dort, wo lebendbegrabene Vorzeit Aschige Gruft durchstöhnet und Hüls' anschmachtet und frischer
Balsamhauche Genuss; dass sie neüausathmend wie ehmals
Leb' in aonischer Lust und den Nachhall singend ergehe. Selbst, mit eigenster Seel', uncntweiht durch Stimme des Fremd, lings.
Denn oft zischelt' um sie, oft polterte rohes Gedeütel,
Hülfanmaßerisch, nahend mit stickendem Rauche des Windlichts.
Jüngling, zittre zurück! kein Scherz sind Leben und Lieder. 400 Nur wem ähnliches Leben in Brust und Nerven umhcrglüht, Flöß' es dem Schlafenden ein und cntfrag' ihm selber die Heil, tunst!
Spott dem, der hochmicnig einherstolzt, emsig crklaubte Fäslein tragend des alten Gewands, Lesarten und Fräsen!
Nicht Lehrjüngcr allein, Mitkundigcr sei des Gesungnen; Mit den Hellenen Hellen', im Markt, in den Zelten und Tempeln, In den Gefilden der Kunst, in des Spiels weithallender Kampf,
bahn
Und in der heimlichen Welt an des Hausherds Flamme.
Dem
Weisen
Sei Mitweiser, und Geist mit leisestem Geiste geworden,
Wer lobwürdig sich deinem Altar', o Kritik«, weihn darf. 410
So, als Herkules einst, vom inneren Gotte befeüert. Kühn auszog in die Bahnen des Ruhms; so folgte, wohin auch Riefen des Streits Arbeiten und Wandlungen, stets ein gelenker,
Stets ein erprobter Gefärt' und Kenner des Streits, Jolaok Und mit dem Hochzcitsgott zieh» so mitkundige Fackeln.
40 Also ziemet zuerst, o Kritik«, deinem erkornern
Freünd' und künftigen Sprecher. Alsdann ruft doppeltes Amt ihn,
Doppelter Ruhm: dass er prüfe den Genius, fassend mit zartem Blick des gestaltungsreichen Natur, und Mittel und Kräfte
Würdigend: dass er dem Schönen zugleich Handhaber des Rechts sei;
420 Wolausforschend, wie lauter der Dienst ihm Huldigung zollte. Andere Wagschal richte das Werk, und andre den Künstler. Oft war edler das Werk denn der Genius: höhere Kraft schuf Oft das geringere: sieh', es umschränkt auch Götter das Schicksal.
Zeitfrei stchct das Werk und der Menschheit eigen: den Dichter
Fodert die Zeit und das Volk. Kein Missgriff taüsche das Zünglein. Werk nur wäge mit Werk, und miss mit dem Künstler den
Künstler: Und der Entscheidungen harret der Helikon, harret die Schönheit.
Nichts unlauteres ziemt so lauterer Sache Betrautem, Und so tiefer genügt nicht schwindelndes Auge noch seichtes.
430 Weg von heiliger Muse Verhör' unhciliges Volkes Störungen, Marktesgewühl' und herzumsummende Sorgen! Weg der verschlissenen Welt vornehm cinzirkelnde Schranken,
Samt unwürdigem Spott, der Edleres zu sich herabneckt;
Momos hämischer Brut, des olympanklettcrndcn Nachtsohns! Weg, was in Hass und Begier Wagschal' und Gewichte berücket. Und in der Vorurteil' und der Deütsucht bunter Umneblung
Fälschet den sichern Sinn, der, hellauskiesend den Standort, Nichts mißhebct und menget, im Knaul wolkundig des Fadens,
Und in Begeisterung kühl; der fest mit dem Blick' und dem Worte
440 Bindet die Seele des Werks, und Kraft und Regel ihm abfragt.
Auf! schon ruft der Gesang: schon sei mit des Geistes und Ohres Zartester Rege begabt, sein antcilreicher Gespiele!
Welcherlei Bahn ihn führt die begleitende Muse, bemerkst du
41 Kundiger:
und es entrinnt nicht Hauch, nicht Miene
noch
Wendung. Alles befragt dein Blick, bis klar ihr Seelengeheimniss
Werk und Künstler gestehn; bis enthüllt ist, wie sich im Meister Brachen die Bilder der Welt und der Schönheit jhimmlische
Stralen: Welch Abzeichen in ihn die Natur prägt' und die Degeistrung;
Welch Jnsiegel die Kunst und der Kräfte Gebrauch und der Mittel. Fleügt er den Zeiten voran? fleüg nach mit ermuntertes FittigSchwung', unängstlich und frei! mit Sanfteren folgst du den
Zeiten. Und schon prüfet dein Geist, in die Werkstatt dringend der Dichte
kunst. Schaffet, entwirft, arbeitet mit ihr, vom Fleiß' an den Gliedern
Oft zum Ganzen des Werks mitdenkendes Blicks sich erhebend. Bald vor dem geistigen Blick wird frei dastehen des Werkes
Geistiges Bild, wie es lebt, wie das Aug' ihm blickt, wie es
handelnd Mienen und Glieder bewegt, wie die Färb' ihm spielet, der Ton
tönt,
Wie das Gewand anliegt, eng, weit, noch in Falten bedcütsam. Voll steht da die Gestalt mit den Tugenden, da mit den Fehlern. Denn ein Gefärte dem Lied' auf jeglichem Pfade des Lobes,
Kennst du den Jrrpfad auch. Und schlau, wie den Helden AchilleüS Unter dem Mädchengewand' aufspürte der Ithaker, siehst du
Scharf, wo verleitete Kunst unrühmlichem Fehle sich hingab. Nur ehrfürchte den Stein, wo Apollons gültigem Richtamt Grenze gebot Zeüs hehres Gericht, des olympischen Königs! Kund bis ins Innerste sei dir Kunstwardeine der Künstler, Fremd die Person.
Nie wisse von Schuld als Schuld des Ge,
sanges.'
Wahrheit ehre dein Geist: vom Unrecht zittre dein Herz weg.
42 Schwer, und der Umsicht viel, viel Reichtum heischend des Du, sensl
470 Sieh', unwillig sogar, wo entzückungtrunkne Gefühle
Warm aufglühen in Lob, würd' oft die Zergliederung Tadel, Wenn für störrigen Kopf ihr Herz Polyhymnia sänge.
Die willfährige Folge gebeüt, auf Zauderer hohnblickt.
So, wann Stromboli's Glut machtvoll zum Olymp sich emporsaült. Siehet der neidische Tag nachtschwarz aufdampfcndeS Rauchs Wust,
Wo mildaügigem Abend die Loh' hochherrlich hinaufstralt.
Zauberisch, helldurchglühend des Meers aufwallende Fluten, Hellanglühcnd das Aug' und die Seel' hinstaunenden Schiffern.
Wo hochzeitlichen Bund der Verstand schloss mit der Empfindung,
480 Wisse du jeglichem Teil sein ehliches Recht zu bescheiden.
Foebe's Helles Gestirn freüt Tausende. Siehe, vor allen
Lausenden fährt tiefein in des Monds Abgründ', und
ent,
schwingt sich Zu der Gigantengebirg' aufstarrenden Zinnen ein Schröter; Oder erbebt dem Entsetzen der glutausspeienden Rachen.
And kein Glanz, kein Flecken entgeht dem erspähenden Auge, Dem der Geheimnisse Flor wegstiebt in weihenden Nächten.
Dennoch fühlet auch er in den Mondlichtschimmern den Hain nun
Mit der romantischen Schau'r Aufbebungen, jetzo die sanfte
Herzige Lust, durchströmt von blühender Linde Gedüsten, 490 Und durchhaucht von der Harfe, der herzdurchzitternden, wann sie Todtenerinnerung athmet und Wchmutswonnen der Freündschaft Über den Grüften, und dich, stillsüßes Endymionsstündlein.
Weh' ihm, dem das Gefühl einfror im Froste des Klügelns!
Ihn straft engerer Blick, je schärferen rühmt der Dethörte. Milde verkleidet uns gern des Gerichtsals Strenge die Charis.
Ist dein Name nicht Mensch, o Gebrechlichkeit? deiner Entbundne
43 Drücke das traurige Recht, dort Timons Brüder zu werden,
Brüder des Zoilos hier.
Aufs mildeste richtet der Beste.
Unsanft wider sich selbst und den eigenen Blätterchen lieblos.
Die er dem andern erlaßt, vollziehet er derbere Streiche
Wider des Elends Dünkel allein und rauschenden Unsinn. Achtsam wagt er die Last und Hinderniss, heischet die Ernte Nicht vom Mai, vom Veilchen die Lilie, schöpfet in Thule Nicht den russischen Born, sucht nicht an der Marne den Avon,
Hascht nicht Brocken und Tadel, und flieht der Vergleichungen
Unrecht; Fachet der Jünglinge Mut, faßt an mit der helfenden Rechten, Zeigt mit der Linken das Ziel: dein Recht nie kürzend, o Schön,
heit. Und voll Trauer um dich, wann sprudelnde Geister es kürzten. Denn Vollendetem nur, ach Wenigem! gibt er mit voller
Seele sich hin, nie blind in bedachtlosschwärmender Liebe; Nie durch Flötenmagien die Argosblicke geschläfert,
Oder verführt durch Schall und Gewand und Tünche der Schön, heit; Doch von der Schönheit selbst unerkauft. Zuchtloses zu schirmen. Und nicht einzeles Werk hält Aug' und Seele gefangen.
Wie Bergwarten und Höhn, nun die, nun jene, des Landes Forscher erklimmt, spähselig, gelockt von der Kund' und der
Schönheit
Reizungen, und, was er einzeln gesehn, — Hochwälder und Säten, Wallend in streifiger Flur, Felswindungen, Silbergewässer, Pan's buntfarbige Triften und Fruchthainschimmer und Evans
Berganwuchernde Gärten und Kybelc's türmende Mauern, Ringsum mit der Natur kunstüppige Scenen im Wettstreit, — Ietz in gesammelter Massen Verhalt und wildernder Ordnung,
Froh durch Gunst der Gelüst' und freündlicher Sonnen, er, schauend
44 Jedes Gebiet durchmisst bis fern zur umkreisenden Blaüe: Also beschleüßt sein Thun der aonische Späher, ins Helle
Auge mit kundiger Schärf', ungetaüscht durch Nebel und Schatten,
Ringsher sammelnd der Geister Betrieb' aus Völkern und Zeiten. Und wie unter dem Auge des Fernhinschauers entlegnen
Auen der Fluss zubeügt durch wechselnde Scenen des Stromzugs 530 Schwellende Macht, hier hehlend und da in den Hügeln die
Laufbahn, Nicht unerraten auch dort: so lernt der Betraute der Musen,
Mit dem begleitenden Blicke von Folg' hinwandcrnd zn Folge;
So schauführet uns treü sein Geist die Geschichte der Geister. Sei solch einer! und hell wird Ruhm den Verdienten um# leüchtend
An die unsterblichen Namen der Pindossöhne dich schließen: Sei solch einer! und Ruhm wird Ruhm fortzeügcn im Jünger.
AlsoIfreüte sich einst auf seinen ummaldeten Derghöhn Filyra's Sohn, und entfaltet', in Wonn' anblickcnd den Zögling, Peleüs kräftigen Knaben, die früh in der Knospe gehegten
540 Hoffnungen, fruchtlcer nicht von den Winden entblätterte. Kunst# reich Hatte der biedre Kentaur nicht bloß die mavortischen Ross' ihn
Tummeln gelehrt, nicht bloß siegsichere Flüge der Lanzen, Und vielartiges Krauts wehtilgende Segen entwickelt. Auch an der Saitengesang' Anschwall und den Thaten der Hel#
den, Die seit Altern geblüht, nun blüheten, eilten zu blühen. Und vom heroischen Bunde der todauslachenden Freündschaft Klangen des Pelions ©rott’ und
des Eichwalds schweigende
Schatten,
Klang auf höherem Gipfel die Nacht dumpfschauriger Fichten.
Denn fürs wilde Gezücht griinmschnanbender Wäldertyranncn, — 550 Ob ihn Löwen und Lüchs' anfunkeltcn, Kcülcr und Bergwolf
45 Oder des Bärs Unform und des Uhrs herrauschten im Busch, werk, —
Lag in den Jünglingshänden das Tonspiel oder daneben Treffender Stal.
So wuchs Haemonia's Ehre, des Alten
Freüdiger Stolz.
Bald aber erscholl durch Lander und Meere
Peleüs Sohn, und erschallt durch Meer' und Länder, und wird sie
Laut durchschallen solang' als Sonn' und Ilias leüchten. Und nicht kürzeres Ruhms lebt sternreich unter des Himmels
Nächtlichen Flammen auch er, der Meister ihm war und Er,
zicher, Bis in den Tod als Vater geliebt, der Saturnier Cheiron.
560
Aber o du, wem solch ein Gestirn im Versuche der Wellen Helfend erschien; wol darfst du die Fahrt, glückseliger Jüngling,
Fest hinsteüern ans Ziel, wo der Port dich frölichen aufnimt. Und mit den Beüten Apolls dein Frülingsalter vergoldet.
Doch glückselig auch sie, die dahin durch Wogen und Klippen Lenkt den gehorchenden Kiel, die gesetzausströmende Leier:
Sie, die am tönenden Bord' aufstaunender Mlnyerjugend Thrakia's Bard' einst zähmt' und Bosporos huldigend ehrte. Folgt, wie die lehrende führt! ihr entwälzt dann leichter dem
zähen Strande den gleitenden Kiel, wettschlagt in die Woge gewisser; 570 Und fern tuest in dem Sunde der Riff, fern lauert die Sandbank Wie? schon locken die Murmel des flutanschwellenden Nereüs,
Stürzt in die Ruder der Mut? horcht auf! die gebietende redet»
Folgt ihr, Jünglinge! folgt in ihr der apollischen Themis! Aber hinweg, wem Ohr und Gemüt, wem Pythios Ruf fehlt!
Nicht im Haufen entehrt sich Eleüsis Weihe: noch spröder
Wälet Epopten die Kunst; ob im schwellumlagernden Volk gleich Biel wortseliger Schwatz an der göttlichen rätselt und betitelt. Freünd, o zeige mir ihn, der nicht fehlhoffend und unwert Darf zu des Eingangs Thor hinnahn mit heiligem Anschritt!
46 580 Wol ziemt dem von dem Laufe das Wort, der selbst in der Rennbahn Athmete, selbst am Ziel' um tröpfelnde Schläfe das Laub wand.
Früh, vom segnenden Gruß der Natur mit äußeres Sinnes
Frölicher Spende begabt, mit des inneren Spende begabter.
Und mit pindischem Nasse getränkt von der weihenden Muse, Blüht dein werdender Jünger, o Kunst.
Ihn bildet Aglaja
Lächelnd zu reinem Genuss, mit heiterem Ernste Tritonis.
Nicht in des Knechtsinns Enge geschreckt, noch entzügelt in Wildheit,
Nicht durch Zalen ersteift, noch erdorrt zur Formel, doch innig
Fühlend für Maß und Verhalt und des Urbilds Seele, ge,
deiht er
590 Frank und froh in der Pflege des Trefflichen; gnügendes Reich, tums
Arbeithöhnenden Wahn und den Schaum von oben verachtend. Nie ohn' eifernden Geiz, nie kampflos wirst du gewonnen; Und nur Schüler der Zeiten erkiesest du, Tochter der Zeiten. Siehe, noch Einmal lebt in dem werdenden Einen die ganze
Menschheit; wie im Kristalle des Sees sich verdoppelt die Lenzwelt:
Und ihm stralen ihr Licht Jahrtausende, dass er cS um sich Stralend die Seelen erleücht' und geistige Flammen entzünde.
Viel, viel lernt er im Himmel Aonia's: Jsthmos und Tibris
Kennt sein weilender Schritt, und manches Gefild, von der
Musen 600 Weltdurchwanderndem Fuß mit klassischem Tritte verherrlicht.
Geister erspäht sein Geist, der Gesänge, der Sprachen und Sitten, Menschenbetrieb' und Menschenverhängnisse waltende Geister.
Abe« indess füllt Bach mit des Ohrs, ihn füllt mit des Auges
Harmonien ein Mengs: ihm haucht der Rapsode die Seel' an. Dass kein Dust des Gedichtes dem Geist' und dem Herzen ent, schwinde.
47 Noch ein Etesientritt.
Und er kehrt voll rühmlicher Brüte
Oft zu der eigenen Schwell' und dem Weihaltare der Musen.
Mehr durch Fremdes er selbst und kräftiger, schöpft er vor Allem
Aus der Natur und des innern Gemüts reichlebendem Buche, 610 Schon als sinniger Knabe der Hieroglyfen nicht achtlos;
Oft von der liegenden Sfinr an der Kunst Thor peinlich ge zügelt;
Und mit dem Ahndungsfluge, mit sternantrachtender Sehnsucht Oft zur himmlischen Schön' und der Gottheit Nähen erhoben.
Fruchtlos nahn zu den Tempeln der Kunst unheilige Seelen. Sei's dann, dass sich, gestört aus goldenem Traume der )u,
gend Schmerzhaft einst in die Stöße der Welt und die Kälte des
Lebens Fügte sein Herz; nie brach er den Bund mit den höheren Welten. Nicht in die Strudel der Dinge gehetzt von durstiger Ehrsucht
Blendungen, lernt fein Sinn des Gewühls unruhiges Treiben
620 Ruhig auf sicherem Strand' im lebenden Bilde sich eignen. Nicht untraut mit der Denker Belehrungen, fleügt zu dem Wahren, So wie das eiserne Korn anfleügt dem Magnete, der Geist ihm;
Wird, voll männliches Muts, sich selbst zum strengen Gesetze,
Wahrt jungfraülich zugleich vor fälschendem Triebe des Dusen-
Zartes Gefühl; und erübt ihm jede geschmeidige Wendung, Wo sich in Wellen die Grazie schlingt, hier dicht an den Grenzen
Üppiget, dort hinstaunt, so Großem gerecht wie dem Kleinen.
Der ists, welcher dereinst zu der Kunst Vorhalle mit Hoffnung
Einzieht; falls er zuvor, wie die Schule des Samiers, hastlos,
630 Durch Harpokrates Finger gewarnt, still sinnen gelernet Und dem verschwiegenen Schloff langharrende Proben vertraut hat.
Übung formt das Talent; ohn' Übung starrts wie der Eich baum,
48 Eh sein Laub ihn belebt.
Vielfältiges Schöne, gewälten
Mustern entsagen mit Bienenbetrieb, füll' ohne Verwirrung
Geist und Genuss, und fülle das Rooß wolordnender Weisheit. Diel Anstrebungen schließen den Bund, Ein Werk zu vollenden. Viele denn kenne der Richter, die einzelen und die verbundnen. Nicht ja der bildernde Witz, es genügt auch Rythmengetön nicht.
Noch der Gefühl' Andrang, noch Kraft der Gedanken.
Nicht
Eine 640 Quelle nur bildet den Strom.
In cntzaümt hinwilderndcr
Kindheit Schweifete, saügt' ihn gleich am himmlischen Busen die Aethra,
Schrickt dem titanischen Kind' auch rings das erstarrte Gebirg auf.
Brausend der Rein, früharm, wenn er andere Fluten nicht
tränke; Weitet', ein Jüngling nun, nicht Meinau's Spiegel; zerschellte Nicht die gestrudelten Wüten, ein Donnerer; zöge nicht zwischen
Türmender Städt' Heerschau und Thyoneüs jauchzenden Hügeln,
Wo er die Felsbollwerk' antrvtzender Berge mit rascher
Siegesgewalt durchbrach; nicht zwischen umstaunenden Burghöhn, Mährreichschauriger Schlünd'Anfröstelung, Hangender Dörflein
650 Liebreiznickendem Gruße daher.
Fern, siehe, vom Aufgang
Rauscht Wettströmung ihm zu, fernher von dem Abende rauscht sie. Mächtig und reich durch sie, wie triumfet er! unter dem Zuruf Heller Begeisterung führend in Pomp auftosender Wellen
Siegendes Heer, und, führend in Pomp, Mitbule dem Weltmeer, Brüt' aus Gau'n und Gebirgen und Waldungen, Wimpel und
Fahnen,
Samt dem Gebilde der Land': und stolz auf nimmer entzognen Ruhm frolockt er, ein Gott und der Ström' Heerführer zu heißen.
Drit
49
Dritter
Gesang.
JVom denn, ncücs Gesangs Antöncrin, sinnige Muse!
Hast du Zlonia's Chör' und die wcihungsprndclndcn Quellen Wieder gegrüßt? und die Haine, durchsaust von geistigen Schauern ?
Hast du die Grotten besucht voll schaffender Träum', und Vie schroffe
Felswand, kühnerer Athmcr Triumf, engbrüstiger Schande? Hast du sie wieder umfaßt von herschendcr Höhe, die schönen
Ringsherwinkcnden Lander Apolls: was in rühmlichem Anbaii Schon sich erhob, was in hoffendem Grün noch harret des Anbaus:
Mit hinstrcifendem Blicke des Sumpfthals Trinker bedauernd? 10 Kom lehrreich! und es werde durch dich dein eignes Gesetz kund: Dass hclltönig und rein, mess langst du der heiligen Dichtkunst
Söhn' einwohncnd belehrt, des Gerichts Lchrjünger vernehme.
Und willkommener weil' in Apollons Reiche der Gastfreünd! Erstlingssorgc der Kunst ist des Werks seelathmender Körper: Wolanschlicßcndcs Musengcwand ist die andere Sorge. Waltend in spielendem Ernst, was bildend der Genius auSsann,
Dis darbictcn dem Sinn'in der Schönheit kleidendem Huldreiz:
Dcss wcttfrcün sie sich alle, die edleren Künste der Menschheit: Eignem Gebiet' obherschcnd der Bundesgcnossinnen Jede.
20
Fühl' es, apollische Kunst, dass dir's huldwinkend der Gott gab, Frei vor Dacdalos Töchtern in geistiger Rege zu schalten.
Und mit Gefühl und Gedanken und Klang dein Bild zu beseelen!
4
50 Was du wie Keine vermagst, das bleibt dei« fürstlicher Kamps preis.
Nein, nicht fühlst du vergebens die Fittige, stetigst, und die Erde Lischt tief unter dem Fuß der entflogenen: oder du schwebest
Über der schimmernden, leicht, noch voll des sokratischcn Segens,
Noch voll göttlicher Schöne den Geist. So ruht in des Weltpols Ewiger Dlaüe, gewiegt auf kräftigen Schwingen, der Adler,
Jetzo im Auge die Sonn' und die weitnmlicgcnde Welt jctz; 30 Feürigcs Blicks für beide, den Lichtstrom fähig zu trinken;
Fähig, aus oberer Höhe das Ziel wie ein Blitz zu erhaschen. Weihe verklärt dein Aug': ab wirft der Geheimnisse Wolken
Ihm die daemonische Welt. Was dumpf herschnet die Ahnung, Webt dir in Daseinslnst.
Und hinabwärts schauend, crsiehet
Oft dein adelnder Blick in der Hülle der Sterblichen Götter, Sicht Thaufluren der Erd' aufglühn in den Farben des Himmels,
Sieht Nachtschwärze des Lebens sogar aufflimmern im milden
Vollmondschein, dem Erguss aus Kyuthios geistiger Sonne.
Und was grause Gewölke des Unheils tief in den Staub hin 40 Schmetterten, siegend erwachts mit Orionsflammen im Sternsal. Nichts, was göttlich ist, deüchtet dir fremd, nichts irdisches
gottlcer:
Und die Veredlungen segnet der Mensch, der kräftiger nachringt, Und, wo Lieder gebahnt, aufstrebt mit erlösetom Streben. Ihn auch trug mit den Flügeln die Sängerin: und der Getragne War in Arkadien auch, war selbst Beisasse der Götter.
Könte die Schaffende wol in des Tods Anstarrungcn wohnen, Könt'ankleben dem Raum? Ungehemmt durchficügt sic der Zeit
Bahn, Hascht die Äonen im Flug; rafft seellosstarrende Ruhe
Mit in der wechselnden Höre Gctrieb', heißt Na!s und Dryas
50 Leben und lieben, die Ros' und den Felsberg leben und lieben.
Fern vom Froste der Zal und des Maßstabs, löset ihr Zauber,
51 Leise wie Frülingshauch, die Natur: und cs waltet in neüer
Schöpfung ein Genicnhccr ringsum, gleich Bienen im Maiflor;
Uns an Gefühl' nnfremd, und unserem Herzen verständlich. Rege von Seel' horcht auf das Gewäld' und der wandelnde Hacmos,
Mauert sich Thcbae's Burg, spricht Well'und Flamme der Fabel ;
Und, wo Skopas beginnt, da läßt die Versteinerten Naso.
Dildlos schmiegt sich in Bild das Unendliche.
Luft zu um«
armen Hassen wir, lieben den Gott in menschhcitadclnde» Zügen. M Hoch von Kronions Wink, dem Olympaufschütterer,'abwärts
Bis zum Faünchen des Walds und demZcrrbildhohne dcs Momos:
Oder vom furchtbarhchren Gcwalthcrrn stygischcr Nächte
Dis zu Aöllo's Graus und der scheüßlichcn Plag' Eresichkhons, Fällt urbildlich hinab kühnwagcndcr Dichtungen Kette.
Gern auch beüt zu dem Dichtergewcb' uns Kleio die Faden,
Lächelnd dem Wahrheitspiel der ergänzungsfrohen Kamönc. Ringsher schweben herbei zu dem Genius Zaubergestalten,
Wahrheit jeglicher Zug, anmutiger Traum das Gesamte. Früh lustirren von dir, Fantasia, seiner behenden
70 Amme, gelehrt, wo die Lenz' ihm blühn, und die Töne des Waldes Gaukeln, und Flut und Ecbirg cinwohnende Nymfen beseelen;
Wo wie aus anderen Welten der Echo Flöte dem Hirten Antwort hallt, und ins Leben hinein sich die Jünglinge spielen: Dann fcsthalten gelehrt, was er sah, mit sicherem Umriss;
Athmet' er jeglichen Reiz der Natur, sog tief in des Auges
Nüchternen Blick, sog tief in des Herzens Entzückungen Schönes Jeglicher Art; und haucht' cs vergeistiget oft in Gesang aus.
Wie in umwaldetem Baum' Anchiscs Sohn und der Göttin,
So pflückt dichtender Geist, auch er der Unsterblichen Sippe, 80 Aus alltägliches Laubes Umhüllungen jene geheime
Rute von Gold, so die Welt voll geistiger Bildungen aufschlcüßt,
4*
52 Folgsam, wie er sie brechend erfaßt, obschon der Gewalt nie,
Nie nachgiebig dem Erz. Und nichts mehr hemmet den Kühnen. Brüt' ist Wirkliches ihm nnd des Möglichen weitester llmkceis.
Menschheit hüllt sich ihm auf in der wühlenden Menschenumge
bung, Und in gemeineren Zeiten die goldene.
Tartaros öffnet
Graunabgründc der Schmach; in Elysion spült er den Graus ab. Auf den Verkettungen eilt von Äon sein Gang zu Äon fort,
Vorwärts oder zurück bis hin zum kreißenden Chaos.
90 Auch Heimarmenc lüftet ihm gern, ihm lüftet die Zukunft
Günstig den mystischen Flor: und selbst Hochheiliges gönnt ihm Hinter des Vorhangs Hülle den Blick des geweihetcn Auges.
Hoch zu den Himmlischen auf, hochauf in die Sonncngcwirbel Lernt er die Bahn, und hinab, wo der Gnom sein flimmerndes Reich zähmt.
Nie ausschweifen im schweifenden Flug, dis hebet unb krönt ihn, So wie den Rcnnspiclsiegcr der hartnmflohcne Malstein. Wal lehrt sicheren Pfad, Wal adelt des Genius Bcüten. Wol ihm, wenn er nicht träg' hindarbt, der Erbietungen achtlos;
Noch zu stürmisch errafft und den Raub hinschwelgcnd nmhcrstreüt.
100 Preiswert grüßt er mit Maße das Füllhorn seiner Erfindung
Über das Ganze des Werks und die Meng' ausbildcnder Züge. Würdigen Stoff durchwebt er geschickt mit nervigem Leben:
Dass durchGeist und Gefühl und Kraft der Gedanken des Inhalts
Reiz ausdaurc. Was Männer ergreift und die willigen festhält.
Wohnt im Gehalte zuerst: dann reiz'und gewinne die Form auch. Dichtkunst wäre dem Dichter ein Spiel, wie die Locke dem leichten
Zefyros, herschte mit zartes Gefühls unbeügsamer Strenge
Kunstsinn nicht, mit dem spröden Gesetz nicht Rythmus und
Wollaut.
53 Spiel zu geberdcn in Fesseln der Kunst, als ketteten Blumen,
110 Solcher Triumf wird erst den geübteren Genius schmücken.
Nicht engherzig erlaub' und verbeüt! 06 wider die Charis Unfcindselig, der Barde gefönt; dis ziemt zu erwägen.
Lass wcltkündiges Ufer den Troff der Piloten umschwärmen; Loblied tönt den Kolumben die Angst und Rüge vom Strand' her. Zürne, wofern ein Tigell in Apolls Welt, pochend auf Kunstruf,
Kunst und Sitte zugleich hohnneckt mit cntgürteter Unart: Gönn' unschuldige Launen der Pierin, welche die eignen
Zeiten und Kraft' auskcnncnd, der Freiheit Rechte wie wir liebt; Und, mit Athene bloß und den Chariten scheü zu zerfallen,
120 Um ein gespitzteres Ohr gern sorglos, eigene Tonart
Wält, und die Myrte mit Ruhm, wie die Lorbeerkroue mit Ruhm trägt.
Zwiefach waltet die Kunst; durch freiere Welten ihr Einer
Höherer Stab: wie Saturns, durch irdische Kreise der andre: Dem gleich, welcher den Gott ans Ianns goldenen Fluren
Selbst des olympischen ließ in heiterer Seele vergessen.
Zwiefach liebet sie Ziel und Genuss; an schöner Gestaltung Hier stillwcidcnd den Blick; mit Gehalt und Mark des Charakters,
Treffender Wirkung froh, dort harrende Sinne bezaubernd. Fnglos schnöder Betrieb frühwitzigcr Jüngcrchcn, Länder
130 Einer behcrschcnden Hand zu Dcrtilgnngsfchdc zu spornen. Sie, die Helden den Himmel erschloss; mit Zungen der Götter
Jetzo den Höchsten erhöht; keilschwingcnd den Donnerer ablöst; Weisheit tönend das Ohr Tritonia's fesselnd erobert;
Sinket, wie Lcto's Sohn, zu den blökenden Anen entgöttcrt
Nieder, ein frölicher Hirt; fühlt cüch, o ihr Frülinge; klaget Mitleidvollen Cypressen des Schicksals Wunden und Zlmors; Gibt ansglcichend Gelächter dem Volk'und Tränen dem Hcrscher;
Taumelt »ns hier Lupcrkalicntanz, im züchtigern Mimns; Trit dort Landmannstritt' in drc Flur ein, doch wie die beffre
s4 140 Maske den Landmann gibt, die mit Samt rauchzottigen Fries
tauscht:
Oder den Freündinnen wirft sie den Ball des Gesanges im Schwung zu. Wiederum kamt sie einmal fußgZngerisch, wie sie der Römer
Briefe bestellen gelehrt, nicht übelgelaunt zu der Botschaft: Keinem Geschäft zu klein, disseit dcS Erlcsneren Grenze; Keinem zu stolz: durch Großes ersehn und Kleines der Menschen Geist zu erfreun: doch wider Gebühr nie mengend die Rollen;
Nie aufgebend ihr Selbst, des Gemüts freispielendes Leben; Nie missachtend der Stunde, die schlug, und des edleren Hörers. Eigner Natur und Stärk' Abwägcrin, wälet die Muse, 150 Was sie beginne mit Lob' und wert der Umlorberung ende. Auch ward eigener Grenz' Obhütcrin jede der Musen.
Die geüßt innre Gefühl' in die Lyratöne: die Andre Spannt zu Geschichten das Ohr: die streüt in die Seele G e,
danken.
Nun mit bündigem Ernst' und nun in entbundnerem Streifzug. Aber indcff'mit dem Pinsel die Malerin Scenen der Menschen
Hier, dort tempischc Lust festhält und die Spende der Horen, Oder die innersten Trieb' hinflammt mit Farben der Seele; Herscht mit strengem Gebisse der Sitten Bezüglerin, oder Schüttelt vom lachenden Busen dir weg die entschleierte Torheit.
160 Dort lockt Handlungsspiel um die Thespische Scharen an
Scharen. Scharfsinn übet, und Witz, und Erfindungsfreüde die
Lezten;
Trachtend, in Dichtungen uns manch Rätsel der Welt und des Lebens Fein zu enthüllen, in Fabel und Bild jctz Seelen zu spiegeln. Durch Weidsprüche der Mus' und des Genius jctz zu erweitern,
Jctz mit fliegendem Pfeile des Spotts und der Ehre zu ritzen.
55 Jede bewahrt ihr Ziel. Es cntrafft, vom Scheine geblendet, Nicht Melpomene's Geiz, ihr tragisches Brett zu bereichern,
Jeglichen Schatz, Kalliope, dir. Denn andere Weisen,
Andere Jünger erfreün Kastalia's Göttinnen alle, 170 Die zu verbündeter Kraft nur seltene Stunde vereinigt.
Dirke's Schwan, wie getrost mit lyrischem Kiel' er emporrauscht, Irrt nicht dreist in die Bahn, die Jonia's Adler dahinflog.
Reichte Verwandlungstrank dein Schatten ihm, graste Medeia, Dass Roms leichtem Ovid, dem gesprächigen Sohne des WitzeS,
Kraft einrann, du selbst auf zitternder Bühne zu werden?
Löschtest du ihm vielmehr aus reichlicher Tafel der eignen Missform Schmach und die seine mit Lethe'S rächendem Schwamm aus? Oder verbrante das Werk mit höhnender Fackel der kleine Mutwillathmende Gott, wolwarnender Lache Verachtung 180 Strafend am Flüchtlingswcrke des ihm leibeigenen Sängers? Straflos bauest du nicht nneigene Fluren, o Dichter:
Nicht auch wechselst du Sock' und Kothnrn, wie die Solen am
Fuße. Prüf' achtvoll die
Gewalt der
Begeisterung:
kenne
der
Schwungkraft Höh' und Dauer, des Hangs Polkraft, der erscheinenden Bilder
Füll' und drängendes Leben und Färb' und sondernden Umriff.
Lern', ob malerischreich an Gestaltungen, oder ob sinnreich Schaff' und erfinde dein Geist und die Bildkraft, welche dir
cinwohnt:
Oder ob That, Geist, Welt zn Gefühl dir Glühenden schmelze:
Lern', ob frölichc Mien', ob Hieb und Stachel dich rüste: 190 Dass der Kamön' auskiesend du huldigest, welche den rechten
Pfad zu den Schwellen Apolls dich glücklichen Jünger geleite.
Wie viclartig der Lande Natur, der Gebirge, der Flächen: — Mächtig empor saust dort, Weihrauch anfdüstend zum Himmel,
56 Libanons Stolz; Hochhin schnellt leichteren Wuchs in des Äthers
Höhez» die Palm'; hier brennt aus dunkelem Laube die Gold, frucht; Dort rühmt Pallqs das Fett der Oliv', hier Triften Luperkus;
Hier krönt Deo das Har, dort Evius: — also die Geister. Nie wird Schweiß dir und Öl der Natur Mitgabe verändern,
Und kein Opfer dem Gott, ob selbst Hekatomben des Flehers 200 Teüres Gelübd durchbrüllten« den Witz, den versagten, ent,
schmeicheln. Besser, der Erst' im kleinern Gebiet, denn in großem ein Lezter. Weit in die Runde gefreut Ehrfurcht Berghöhn und Gefilden Pompvollragend der Dom und erhebt zur hehren Vereinung
Bis zu der Gottheit Throne die Erd' und der Irdischen Seelen. Aber den Wanderer weilt auf blumiger Insel auch Flora's Tempelchen, luftig gesaült, und die wildernde Grotte des Wald, gotts.
Heischt siegfeiernden Kranz die Derklarungsglorie; dennoch Lacht die Natur süßstaunend auch Huisums wälenden Pinsel,
Lachen Natur und Muse des Frülmgs Sänger mit Huld an. 210
Nur, so rufet der Kunst und der Schönheit nimmer erlassne Fodernng; nur stimm' Alles in Ein vollendetes Ganzes. Füg' herkulischem Rumpfe das Haupt vom lyrischen Gott an
Samt Amathusiens Lende: verhässlicht hast du das Schöne. Voll von Ambrosiaduft wird Broteas nie ein Adon sein,
Noch durch rosige Haut Therfit mein Auge versöhnen.
Edel vor Allem erscheint harmonischgegliedertes Lebens Innerer Zweck; doch auch in Gereihetem gaukle nicht Zufall.
Niemals ruhe der Fleiß, eh jedes vereinzelte Schöne
Amfionisch gefügt sich in ordnender Masse besreünde, 220 Froh der erworbenen Statt'.
Ein Ort ist jedem der Beste.
Auch dnrchflechte die Gruppen der Kunst tiefsinniges Bündniss.
Und wo in steigende Lust, nicht ohn' anfrischende Pansen
57 Und herdeütcnde Ferne, des Pfads Macander uns lüde; Höhn' uns kein Labyrinth mit unanswirrlichem Jrrsal.
Ordnung küssest als Braut du Geist des Unendlichen: Ordnung
Stimmet der Welt Chorfug', und stimme des Genius Lieder.
Doch die erlesnere Kunst die verhülltere. Geistig, erscheint sie Geiste; dem gröberen Aug' hohnlachet sie. Wunder der weisen
Gliederung, Flechsen und Röhren und Äderchen birgt die Na tur so
230 Unter der Edelgestalt Einhüllungen.
Laut am Gerippe,
Das mit logischem Mord' er entblößt, unfühlend zu klügeln,
Biete dem Krittler Genuss! Kom, Glaübiger; aus dem Gerippe Rate den Nircüs mir! kom, rat' Akidalia's Glieder!
Nichts
ohn' ordnendes Recht!
nah grenzt aneinander der
Wahrheit
Mark und des Schönen Gebiet: sie beide der helfenden Freünd-
schäft. Beide der Ordnung trcü, ungleich an Gesetzen und Sitten. Auch strengaügige Weise der Kunst durchznckct des Ganzen
Mächtige Seele: vor ihr stieg' Aeakos fühlend vom Richtstul.
Oft fand schöner Instinkt, einwohnender Regel und innerm
240 Wolmaß trcü, wie die tiefe Natur, viel weiseren Werken Ordnung und Plan, als Denker erkünstelten, Klügler begriffen. Lcto's Freüde, der Gott, auf Kynthos Höhe geboren.
Seht, durch emsige Pflege geengt und umwunden mit Golde,
Lag er verziert: da tratst du herbei, Wolordncrin Themis,
Reichtest Ambrosiakost und des Nektars mutigen Geist ihm. Schnell sank Windel und Band dem cntstrcbendcn; kräftig in
freier Schönheit prangte der Gott.
So Er; so seine Geweihten.
Wisse, der Schule Gerüst' und Bindungen hasset di« Muse, Samt der Verwahrungen Angst: Unpcinlichcs liebt sie.
Handwerk
Dem
58 250 Ziemt, zur Kette gestreng einförmige Ringe zu fügen: Doch, wo die liebliche Tochter Eürynome's Blumen an Blumen
Kettete; wehe dem Stal, der glatt die geordneten schöre! Zünftlinge schalten: du hast in der Inbrunst Drange dem
Zeitmaß Übel, o Sänger, gehorcht. Lernt, Klüglinge, dass ich ihm Herr bin:
Rief Ausonia's Künstler.
Es sei! nur wähne das rasche
Jüngerchen, weil es die Regel verhöhnt, nicht, Meister zu heißen:
Noch misstraüme der kühle Verstoß von schuldiger Nachsicht. Lustvoll staunst du dem Rausch dithyrambischer Wirbel. Erkornen Lauf hielt jetzo das Lied, sorglos, wie Tyrrenia's Raubschiff.
260 Plötzlich umwand es der Gott mit klimmendem Rebengeschlängcl Zauberisch, schwelgte mit Taumeln, und trotzt' aus kühner Ver«
Wandlung Glutausblickend den Lauf in die andersbeschlossene Bahn um.
Gut lief Olbions Fahrt, bis er jetz in der eigenen Laune
Wend' abschwcifend entglitt: und den Sicheren gaffte der Strich« wind
Wegumfälschend dahin.
Nun schraubt mühseliger Zickzack
Hin zu verlassener Welle den unlobwürdigcn Segler.
Freiheit blüht im Gesetz: der Entzügelung drohet ihr Fallstrick.
Einheit ründe das Werk: Ein Geist durchwalte mit Anmut Ein rcichlebendes Ganzes, und werd' ihm fügende Moera.
270 Großes am Werk' und Kleines erstreb' ihm seiner Bestimmung Fülle, des Misshalls frei und der achtlosquälendcn Lücken. Auch, dass hier sich als Strom ausbreit', als schmächtiger Sandbach
Hier hingcize die Flut, wehrt haltungsoderndcs Gleichmaß. Also der Einheit ehrnes Gesetz: nenn' anderes Satzung.
Doch kunstsinnig behorcht, was Eigennatur der erkiesten Sfare dem Werk' auflcgt, der aonischen Muse Vertrauter.
Ruhmwert achte das Werk, das crlesnere, das die Gedanken, Das die Empfindungen all' hinstralt in den einzigen Brcnnherd.
59 Feürige Macht übt dis; dis zündet in Glut di« Gemüter.
280 Freieres Spiel eint Andres.
Verwebt tanzt also der holde
Grazicnreihn, bald loser und bald ineinander gcschlungner.
Also im Sonnengebicte der Chor wcttstralcnder Sfaren. Streng obwaltender Plan müht lang' itzt, gleich des Alkides Arbeit, lohnet am Ziel mit Vergötterung. Jctz, wie der Hora
Oder des Genins Ruf es ereiferte, flieget das Lied hin Schnell wie ins Weiße der Pfeil; fährt ziellos nun wieAkestes Siegesgeschoss in den Äther und raubt die olympische Flamme.
Kom jetz, der du mich gern lchrdurstigcr Seele begleitest! Höre, was Mus' um Muse gebot, mit der lächelnden Anmut,
280 Welche die Seel' anzieht: und was die bcfreündeten huldreich, Beügend zu Lehre den Ton, durch Sinn und Saite mir hauchten;
Manchmal Eine des Chors, oft cinmutsvoll die gesamten. Fühl'und singe Gefühl! drommcte nicht, dass du entzückt bist:
Sei es! ergreife das Herz kraftvoll, mitFreüde, mit Wehmut:
Und der Empfindungen Baum lass bald mit zefyrischem Blattspiel, Bald von der Mus' Ansturm in den untersten Wurzeln erschauern. Flügl' auf Fantasosschwingen den Geist,
zu
entfliehen des
Weltlaufs Ekel und Graül, und der Prost eiskalt anstarrender Weisheit.
Ein' in lebendigem Bunde, was alldurchspaltcnd ihr Buchstab 300 Tödtcte.
Werde dem Gott vor ihm und dem Menschen ein
Schutzort. Eib der cntflohnen Natur im Gesang süßtraümende Rückkehr:
Und uns eigne das Höchste sich an, wie dem Höchsten, o Dichter, Dein Ideal. — Schweb' auf, (Polyhymnia stimmte vor Allen Jetzo den Ton:) schweb' aus zum Olymp mit lyrischem Lobpomp:
Lass vom Olymp hcrschwcbcn die Lieb' und die munteren Götter, Frei und froh. Gcüß Sturm, geüß Ruh' in die Saiten und Herzen. Innig empfinde das Nun. In die Wonn', in die Schauer ver tief' uns
60 Dcss, was geschah.
Brüt ahnend der Zukunft Schauer und Wonn' auf.
Schmettere, weine, zerflcüß.
Nie lechz' in elegischem Jammer
310 Matt und entmannend und Mohn aufs Haupt hcrgicßcnd dem Hörer.
Auch dein Blümchen erfreüt, wenn ewigen Lenz du ihm eilt#
hauchst, Oder es sanft anlegtest ans Herz mit der Perle von Nektar.
Sang schmückt jeden Betrieb, Sang Ruh' und F-reüde des Lebens.
Decher und Sichel und Tenn' und des Ruderers Schiff und
das Webschiff, Forst und Weide, die Wieg' und der Thalamus, — sage, was
ist wol. Dem nicht Adel und Wonn' und Ermutigung tröffe des Liedes
Thauender Schwung?
Ihm sinken des Grabmals Schmerzen
und Amors: Ihm flammt höhcrgcfacht vom Altar das entglühte Gebet auf.
Singe dem Herzen das Herz, was cs liebt: doch Würdiges lieb' es! 320 Da, wo Gefühl aufhorcht, da fleüch mit dem Witze zu funkeln! Edelster Lohn sei dir's, der apollischcn Lyra Geweihter, Dass in des Hörenden Seele noch lang' hinsummc der Nachhall.
So die Aonicrin, auf die voll Liebe die andern
Ohr hinhesten und Herz. Schon nahm, auf die sie mit Ehrfurcht Als die erhabenste schann ans Helikons Chore, das Wort ans. Wahrhaft rede zu uns das Geinüt und die Miene der Thaten.
Dor uns sprosse mit Lust aus eigenes Bodens und Keimes
Kraft, und entfalteter stets und wuchernder wachse die Handlung
Unter dem pflegenden Hauch des Geschicks; oft unter dem schwülen 330 Oder dein stürmischen nahe der Angst, hinlcchzcnd zu sterben; Bis die bcklicbcne nun mit würziger Blüte gekrönt steht. Hoch, und des Auges Welt gleich blühenden Aloen würdig.
Dor uns walte, beseelt durch athmende Tinten, des Menschen
61 Reges Gemüt, vielseitig versucht in seines Bestandes
Einheit durch der Geschick' Umschwung, der Umgebenden Reibung. Oder cs dränge sich, reich an Gestaltungen, jede der andern
Folie, rund um den Helden die Welt unruhiges Treibens;
Heiter und tanmclcnlblößt, dass Umriß bleib' und Besinnung. Noch dnrchwildcrt der Kranz voll dauernder Frische Ferrara'S 340 Rossgrcifzähmcr das Har, dem romantischen Schwelger in Helden.
Niedres und flaches Gemüt inissbult um Kronen und Anteil.
Ungleich strebt der Naturen Gemisch, nie Güsse derselben
Form, in der Welt ringshcr; ungleich in des Genins Werk' auch:
Und missparigcs stralt zum schöneren Bunde zusammen.
Doch wer zältc die Lose, die scclansprüfcnden, allx. Die Kampf fodern und Sieg? Nicht Ares oder Poseidons
Drangsalwechscl allein, der Achill' und Ulysse Versucher; Anderes Streits Müh' auch mit des Hades Zaubern und Frcfeln
Füllt Kalliopc's Herz und wcltdurchtöncnde Tuba. 350
Djchtc mit Rafaels Sinn die Gestalt, und gib sie der geistvoll Zeichnenden Hand: dann. Dichter, erwirb durch Farben und
Lichter
Dir wcttringcnd die Krone Vccclls und den Pinsel Allcgri's: Ründung tauschend ins Bild und Begier in die strebenden Glieder.
Niemals lüge Person ein gcstalthinnebelndcr Schemen, Noch ohn' inneres Lebens Organ' und Röhren ein Wachsbild.
Nie missprange für That die Begebenheit, Wort für Charakter, Oder für eigenen Spross fremdwüchsigc Zierde; wie Kinder,
Die Hausvatcrgcblüt und des Erbstamms Ehre verleügnen.
Niemals stocke der Gang, noch schleich' hinzögernd in Wortpomp: 360 Und tief greif' ineinander der Handlungen Rädergetriebe.
Hebe vom Ei nicht an: in die Mitte der Handlungen meng' uns
Schlau, und mälich cntzeüch dem verwunderten Auge den Nebel. Nie miss unserem Blicke der Bahn wcitoffenen Lauf vor.
62 Lach' itzt grazicnhaft der Erwartungen: blitz' in das Aug' itzt
Plötzliche Lust ! Nur Jammer und Schrecknisse mildre die Ahnung. Haüsi auf Großes Gewicht. Den Erfolg, der Zeiten dahinrafft.
Wag' im Olymp Zcüs selbst. In den Sternpol raget Erhabnes
Allchrwürdig und trit stillkühn ins unendliche Weltall. Spiele der Freiheit Kampf in Anankc's herrisches Weltreich:
370 Und dir kehr' in Triumf aus heiligen Sternen Astraea. Gern, mit der Seherin-Muse vertraut, zeig' irdischer Thaten Kett' aufragcnd zum Pol, und entwölk' obwaltende Gottheit;
Ost für sterblichen Blick des unendlichen Urallkönigs Unzugängliches Licht in den Abstral heiliger Mächte
Lösend, die magischen Tag ausstreün ins Leben der Menschen: Kentlich an eigener Färb' und Wärm' und Tugend sie alle.
Kalten Begriff misschrt die Vergötterung. Bilde Naturen, Herzige, welche der Mensch mit Geist und Glauben umfasse: Kräftige, die er erstaunt mit neigendem Haupte verehre. 380
Solcherlei Lehre gebot Kalliope, welche dem großen
Ruhmhcrolde der Männer im Kampf' um die bebende Troja Strömte die Erstlingskraft ins Spiel der heroischen Töne.
Manchmal parte mit ihr Mclpomene Lehren und Stimmen, Manchmal Jene mit Dieser alsdann, zuneigend die Stirne;
Als, Wortlenkcrin itzo, der Bühn' obhcrschcnde Muse,
Kündend ihr alles Gesetz, fortfuhr, nicht ohne Thalia. Wie? mit den Augen und Ohren der Volkschar nimt es der
Taüschung
Thcspisches Wagspiel auf, und bewegt thathandelnd die Glieder?
Drängt in lebendigem Kampfe die Welt aufs enge Gerüst hin?
390 Bult, durch Stimm' und Geberd' in der Wandelung schmeidig, sten Zaubern,
Bult, durch blutigen Dolch und schelmischen Hieb zu ergehen;
Bald durch grausende Schrecken ein Liebling lüstcnder Herzen, Bald durch Tränen des Wehs und des athemlceren Gelächters?
63 Wir? vor prüfender Sinne Gericht soll jede der Zeiten,
Sollen der Vorwclt Schatten und Herosgrößc sich stellen; Soll selbst Feicnnatur sich in luftigem Wunder erschaffen?
Wie? dich locket zugleich, mit der Leidenschaft Norde die Segel Schwellend, zum sicheren Ziele des Dichtwerks Steuer zu lenken? Wol! ein gefährliches Werk, doch im Port viel Ruhmes erbrütend.
400
Kühn oft, schmeichelnder oft mit des Anteils zartesten Fibern
Fest in den Knoten geschürzt, den manch hinhaltende Scene, Den, durchwindend mit Hoffen die Furcht, manch spannender Umschwung,
Den neunfacher Betrieb wcttstrcbendcr Listen und Kräfte
Gordischer flicht, bang' unser Gemüt voll wonniger Qualen Nach wahr lösender Hand des Geschicks: abhold dem Gcwalthieb,
Schwänz' ihn, fremde dcr'Fabcl, auch Zeüs allwaltcnde Rechte. Graunhaftwahr ein Geschick, das ein Pünktlein schwärzt in
des heitern Glückes Azur, und daraus Sturmwolk' und ängstiger Wetter
Mittagsnacht weither aufschwcllt, und den Himmel erobernd 410 Schlag auf Schlag die Orkan' und die Güss' und die Keile dar
herstürzt,
Fürchterlich: bis mit Entsetzen ein Halbgottsleben zerschellt sinkt.
Blitz, der aus sonniger Luft jäh schmetterte, weckte nur Zweifler. Sühnreich rufe des Zwangs großherziges Opfer dem reinen
Mitleid zu: nicht mich, mein Irdisches fällte das Schicksal. Und hier sinke der Held, wie die Sonn', hinsinkcnd am größten. Stürz' als ein Bcrgstrom dort, am gewaltigsten, wann er hinr
abstürzt.
Nur, dass nicht, wo ein Engel ersank, Hohnzische die Hölle! Kein Nichtswürdiger oder Verächtlicher bettle des Mitleids
Träne sich ein: ihm gönnen das Leid fühllose Theater: 420 Und der aeschylischen Muse zu Trotz nahm solchen die Bühn'
auf.
64 Tragischen Rang lieh oft ein Gewölkchcn von Schwäche der Hochkrast.
Blind oft wankte sie, fiel, uns Sehenden, ach, unerrcttbar: Und süßbittcr beweinte das Herz manch herrlichen Büßer
Menschliches Stammantcils nnd des nnansringlichen Erdleims.
Kalt vor Kälteren kämpft ein Alkid' ohn' inneren Kraftkampf; Der, ob wilder Begier Machtdrang, ob siegender Hochsinn, Ob Ramnusia's Macht, die nichts abbeügct, den Stab führt.
Durch manch kreüzcndcn Stoß der Geschick' nnd der Triebe ge# rciztcr,
Jede verborgnere Flechse der Seel' anschwellcnd hervorstraübt,
430 Jeglichen Puls des Gefühls; Mitkampf aufwiegelnd den Zcügcn,
Mitauftönend die Saiten im Innersten.
Matt hinsinken
Lass auch Schuldige nicht. Tief treff' uns, aber von Gift leer, Fremder Verwundungen Pfeil in die Brust.
Nie schade der
Taüschung Zu viel Kunst; nie schade der Kunst zu mächtige Taüschung.
Leichter erduldet das Ohr, wem zart sich entziehet das Auge:
Und es crzälct die Bühn' uns Lauschenden, was sie zu zeigen Schcücte; nicht ja Busiren noch Allglaubfcrtigcn offen.
Nicht dem Promethcüs, uns, uns hackt dein Geier im Busen. Namen bestechen uns nicht. Durch dich erst körnet auch Caesar
440 Blick' und haftende Mienen und Wünsch' und Herzen des Volkes. Früh schon spiel' in die Seele den Helden uns, selbst den ent-
fcrntcn. Weither, wann dem Gcbirg' annaht der begierige Wandrer,
Weither schimmert der Alpcngigant in dämmernde Vorhöhn,
Ragend in Purpurglut, und die Seel'anzauöcrnd dem Wandrer. Wechselnde Rede zugleich, vollSinns, nacheifernd der Handlung,
Rasch und gewandt und der Seelen Bekennerin, festet die Hörer;
Oder ein Wort voll Macht, ein ergreifendes, das den versunknen Mitschmerz adelnd erhöh', und die Menschheit rette; das tief sei. Flam-
65 Flammig und inhaltschwer, wie ein Kern, dem Wälder entsprossen.
450 Herschender Red', und spräch' ein Demosthenes, straübt sich die Bühne.
Locken allein Schiffbrüche das Aug', und Opfer des Weltmeers? Fallen wir nicht ans Herz mit klopfender Lust dem Erhaltnen;
Oder bejauchzen im Port den Triumf vollsegligeS Einlaufs?
Wehe dir, Oeta's Graus, dem nicht, wie aus Flammen derFoenix, Festlich dem wartenden Himmel, der Gott sieglächclnd entschwebet! Wagende Kraft ziemt dir; uns, Genius, Seelcnerhöhung.
Kühn auch reg' im Gesänge der Handlung lyrischen Hinschwung
Du, tonüppige Tochter Ausonia's, die du die Künste
Sammelst zum magischen Mal', und Rausch der Entzückungen spenvest:
460 Urbild flammend, und Gleise der Erd' ausschlagend und Kunstwitz; Sangreichwechselnden Kern der Gefühl' ausfaltend dem Hörer.
Traurige Schmach, die dich mit des Singsangs Jammer entadeltl
Manches Verdienst, unerreicht und des Efeüs würdig, ent, beüt noch
Geniussöhnen die Bühn', und harrt des erringenden Siegers.
Füllt dir Komus die Brust? nicht wird ein Gedräng dir er, mangeln.
Drängender stets, wie mit reicherm Erguss sein Sprudel ihn
kundthut,
Und wie ergriffener zuckt die Gestalt voll stechende- Lebens; Oder wie mutwilltrunkncr den Ernst nachäffct die Kurzweil. Nur sei bang', ob im Kreise, der lacht, millache die Charis. 470
Mancher Kamöne Gebiet durchzog, ein gelittener Gastfrcünd, Komus, und gaukelte dort, schritt ernstvoll dort, in entwandtHüllen der Muse gemummt, die den Raub willfährig belachte.
Und der gefällige Schalk, der frei mit dem Kusse Thalia'Schauprangt, erbte sogar Kalliope's spröderen Huldblick.
Aber er ehrt die Gesetze der Piörin, der er sich anschleüßt. 5
66 Als Melpomen« schwieg, bot. Lehr' und ermunternde Miene
Gattend, dem malenden Lied' Arcthusa's Muse den Pinsel. Füll' ihn, rüst sie, mit Wärm' und freüdigerweitertem Leben.
Denn nicht teil' ich allein mit Pan der arkadischen Auen
480 Krummstab. Siehe, mein Reich ist weit. Kein Orden der Götter, Keiner der Irdischen fehlt und entzeucht sich unseren Scenen; Unalltäglichen Scenen, umwebt von den Blüten des Daseins,
lind vom Mark der Naturen erfrischt: ob adelnde Tafeln, Ob ostadische Treüe du malst, und rasch mit des Alters Lahme vor uns aufhüpst vom wackelnden Tisch das erstaunte
Biedere Par, gutwillig, des HüttleinS einzigen Wachter,
Einzigen Lebensgefährten, die Gans, zum schuldigen Opfer Für solch heilige Gäste zu fahn: ob Wcchselgcsang hier, Dort Spottwechsel, Geschäker und Ernst vielsittigeS Volk treibt.
490
Und nicht ärmer an Lob, ruft eine verschwisterte Stimme, Wann mit cmpfundncrem Jetz das Gemüt dich Schildercr anreizt.
Wirst durch warmes Gefühl und crcssische Farben der Wahrheit Fest du in Lust anzichn, weff eigenste Seele du darstellst. Klüglich erhascht in den Winkeln der Brust und dem innersten Schlupfort.
Deck' izt eigenen, izt der Herois Busen Ovid auf.
Malet er dich nicht dir, fehl malet er, klagend und scherzend.
Reißen Gebirg und Trist und die heiligen Mächte der Waldfiur Jetzo des Pinsels Entschluss zum hartobsiegenden Wettkampf Mit der erschaffenden Göttin Natur? dann eifre der kühne,
500 Schlau in entwendetes Leben getaucht, und drängend in goldner
Schonender Wal aus weitumliegendem Schönen das Schönste, Und mit dem üppigen Licht' abstimmige Tinten befreündend: Dis sie ihr edleres Bild anstaun' in süßer Dewundrung.
Dennoch darbet der Ruhm schönathmendcr Bilder, erhebt sich Klopfend darin kein Herz, zur köstliche Pause dem Herzen; Lehret Damoet nicht Liebe den Maenalos; lerntet ins Thal nicht
67 Knabengewühl; durchhallt, von den Stöbern umkreüzt, das Ge-
birg nicht Artemis, oder belauscht Endymions selige Traüme. 3«' aus Waffen und Blut in des Felsthals friedliche Schirr
mung 510 Einer Erminia Flucht, und das Stalkleid weiche der Hirtin
Ländlicher Hülle.
Die Hand, die des Speerwurfs Schrecken
und Wunden Schleüdertc, lock' hier Milch aus sprudelndem Eüter, und grabe Zarte Gefühl' hier ein in des Buchbaums kundige Rinden:
Eh' unruhiger Trieb, als Dann missduldend den Frieden,
Fort ins wilde Gewühl zu siegerisch stößt die Betörte. Tempe starrt, von Menschen verwaist und Menschengefühlen.
Singe den Menschen, o Mensch! so lehrt einhellig der PindoS. Oft wettspiel' im Gebilde vor ihm sein Irdisches: öfter
Lass den Unsterblichen ihm im sterblichen Busen erwachen. 820 Wahrheit trete, die Sonn' an der Brust, ihm himmlisch entgegen,
Oder mit frommendem Wort' in muntern Umkleidungen Peitho,
Die schlafhassend in Leben und Spiel leblosestes hinreißt,
Und, was nimmer geschähe, bescelungsfroh, zu geschehn zwingt. Dort, welch magisches Wesen! ein Kind, mit gaukelnden
Wundern
Tändelnd, des Orients Kind, der gern mit dem Traume des Glücksterns Lüftet und kühlt die Beschwerde des Heißauflastenden Schicksals.
Doch viclsippig entspross bis fern zu des rollenden Erdrunds Enden des Kindes Geschlecht, anfhorchender Gauen Ergetzung. Mährlein wird cs genant: nie altet es. Schau wie so üppig
530 Mitten in unsere Welt sein Spiel, die getraümtc, sich einmengt, Doll geisthaftes Betriebs, der in Huld und Tücke die Menschlein Liebet und äfft, wie die Lust cingab und die neckende Laune.
Nicht reizleere Gestalt, und oft wie ein Zeüge des nahen 5*
68 Unsichtbaren Gebiets, der ätherischen Blüte der Schöpfung, Uns zuwehend aus ihm würzathmige Düfte; wie oftmals
Meerdurchseglcr mit Durst aus India's Nahe sie einzichn. Warum wehren dem Spiel, dem gefühlausweitcnden? aber,
Jüngling, wahre das Herz vor schwelgendes Tandes Erschlaffung.
Hast du cs hüpfen gesehn? was wars? Als holdeste Charis,
540 Oder als niedlichster Schelm aus all den geflügelten Amorn,
Tändelt ein tejisches Bildchen daher Gott Fantasos: fähig Jeder Gestalt, und im Hui mit dem Zwerg umtauschcnd den
Riesen, Und Kyklopen und Faune vor Amors Wagen cntathmcnd.
Wechselnd ergriffen das Wort nun die, nun jene der Musen. Oft, sprach Eine, vertraut mit den Sinnspielkünsten des Gottes: Oft, anaugend ein Ziel des beschlossenen Wirkens, erzcügte
Fantasos: und er beschränkte zugleich und bewahrte des Dichters
Freies Gemüt, sinnbildend und Deütungsspiele belebend: Dass hier treffender Rat eüch warnete, dort an das Herz cüch
550 Spräche des waltenden Treibens und Thuns einwohnende Seele.
Hältst du den Spiegel uns dar in Dichtungen; sorge, dass
athmend Jeglichen Zug nachtaüsch' im lauteren Erze das Dildniss,
Nicht durch blendenden Glanz noch duftige Nebel crinatlcnd. Freündlicher lehrest du uns, vom Lehrenden fliehend den Anschein;
Und obsiegender ruft mit Aesops Waldeber und Eichbaum Uns die Natur ins Herz, als selbst, was ein Tullius riefe.
Aber auch ernsterem Mund' und donnerndem merkt der erfreüte
Helikon auf; glutvoll spricht dis die aquinischc Muse; Wann du, mit Nattern bewehrt, dastehst, das verlorne Gewissen. 560 Und er entbrennt mit dir voll edleres Zornes, und tönt dir.
Wann du den Python trafst mit beißiger Wunde, Triumf zu.
Wille, du Königsmacht, die Thun und Würde des Menschen
Lenkt mit Entscheidungswort, und der Welt Unsegcn und Segen
69 Halt in der Hand t zu leicht, wie die Mächtigen, Lehren gednldlos.
Und schulwitzigen Rat mit Gehöhn wcgschleüdcrnd und Sprödsinn: Wehe, wenn einst mit der Wag' und dem Zaum Ramnusia
furchtbar Naht und handelt! sie naht, wol dir! mit aonischem Wort noch, Naht mit den Genien oft, die das Herz dir lachend umspielen. Da Zeüs Töchtern, den neün, in des Helikon tönenden Schatten 570 Einst Tritonia, sie, Zeüs hehreste Tochter, Besuch gab.
Vom holdlächelnden Chore des Speers und der Schrecken des Schildes Auf friedseligen Höhn friedselig entlediget, griff sie,
Don Drommet' und Springe gewandt und den weicheren Klängen,
Spielend mit müßiger Hand Melpomenen freündlich ins Tonzeüg. Und neü tönte die Laut', und empor horcht' Alles im Umkreis,
Stillnachdenkend. Da pflegte des Anklangs Zauber und Urkraft
Sinnig im Ohr'und Geiste die Musi, und im Griffe der Saiten, Denen ein Teilchen von Sich Athenaea's Wesen zurückließ. Aber in glücklicher Stunde den Berg anschlendernd, enttäuschte
580 Solches Getöns, nicht ohne den Gott, der askrarsche Barde. Und nachgrcifcnd den Klang in seine Besaitungen, fand er Neüen Gesang. Da sieh! dem Erstaunenden nahte zur schönsten
Stund' holdmienig der Zug der aonischcn Musen und reicht' ihm, Mutigcnd Spiel und Gesang, von Apollons Baume bcn frischen
Leitstab, fügte zugleich in das Har niewelkendc Blätter: Dass er entzückt dastand, zum ewigen Ruhme gezeichnet.
Ward denn Lehre verhaßt auf Focbos Bergen? den Bannblitz, Auf askraische Weisen gestralt, wie? sandle der Gott den? Er, der schwebend so oft auf lyrischen Fittigen, lehrte?
590 Glaub' cs, Aonier, nicht.
Froh singt, vom Gotte gcspornct,
Mantua; froh, was nützend ergeht, die besonnene Muse,
Die, dass keine die andre verschling', obsorgcud in wacher Pflege, die Lehr' aussönt mit dem milderen Stelz der Begeiflrung.
70 Selbst sang also zu mir die Begleiterin, als sie dem Sänger
Beistand freündlich gelobt' und Spiel und Siolle mir brachte.
Wisse, wie scheü sie dem Bart' auswcicht und dem Mantel der Weisen;
Doch in der Weisheit Kranze gewinnt dieKamön' und die Charis. Aber den Schauaufwand Mündiger Werke verachte. Die ohn' Ende das:
Seht, auch dis noch wußt' ich! uns zu, schrein.
600 Auch Schlussketten verwirf.
Unsterbliche reden Orakel:
Und in den Parthenon zeücht Tritonia nicht wie der Haufe. Schalt' in mancherlei Weisen Aonia's; kette Gespräche;
Gib Beispielen und Bildern und Handlungen, gib dem Gefühl'
auch Pallas geistige Waffen, in Kraft zu erobern die Lernlust, Und aufmerkende Triebe gezaümt in die Seile zu schirren.
Retorsvade sei fern; frei walt' ein aonisches Leben.
Sonst, ob Pflüge die Lehr' im Gesang, ob Zepter sie lenket, Wein baut oder den Geist, und den älwald oder das Herz zieht;
Ob sie den Heilquell kocht für Siechlfngskörpcr, ob anders 610 Krankenden andere Kur mit Lachen und azendem Spott bringt: Was dich reizete, reizet auch uns. Nur sprich cs mit Geist aus:
Und fcinwürzcndcs Salz, von der Freündin Muse mit eigner Hand gastrechtlich gemischt, wiss' unseren Durst zu entzünden:
Dass, wann jezo der Schluss die Pokal' umkehrend zur Lippe Neiget, am rinnenden Tropfen die Lust noch schlürfend sich labe.
71
Vierter
Gesang.
xV.is anfcffelt das Hörergemüt piöridischer Sänger
Dichtungen, dass es, zugleich aus lösenden Schranken enteilend. Bis ans lezte der Ziele zugleich, nie müde der Rennbahn,
Halt' unsaümigen Schritt, als gält' es die eigene Krone:
Traun, nicht kleiner Magien Geheimnisse, lehrende Freündin, Nennt's der Gesang.
Kom, deüte daraus mit kundigem Finger,
Du nicht einzeler nur, nein, sämtlicher Musen Betraute,
Was dir heller erstralt und die Blick' auffodert mit Vorrecht. Nur unsterblicher Mund sang' aller Mysterien Tief' aus.
#o
Dis die Magien Apolls, lichtlautere, finsterer Schuld leer.
Aber dem Volke verhüllt.
Durch sie fingt, immer des Gottes
Würdig, der Gott; wann jetzo des weltumkreisenden Wagens
Feüergcspann, nun Flug und Triumf fehlloser Geschosse Fort zu Gesängen ihn reißt vor lauschender Tafel; des Heilkraut»
Todaustrcibcnde Tugend alsdann und der murrende HadeS; Oder der Sehnsucht Trauer um Dafne's werdende Schatten,
Die sein goldenes Har noch jctz treümahnend umdunkeln:
Wann er darauf neüathmend die horchenden Thessaleraucn Und die bukolischen Feste besingt, und lernender Saiten 20 Bedungen, und sie selbst, die gewaltige Kunst der Gesänge,
Die auch Löwen bezähmt, und die Schwing' einfallend dem
Adler,
Jupiter- Keile zugleich ihm sanft aus den Klauen hinwegnimt. Ohr wird Alles umher: Ambrosia ruhet und Nekwr,
— Keinem berührt.
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Es gedenkt vormaliges Grolls dem geliebten
Herznmgaukelnden Sohn' und dem magischen Liede mit Abhuld Krönion nicht. Nie gähnt dem beseelenden Sanger auch Mor-
feüs,
Lehrte sogar sein Vers pergamische Festen ummauern. Denn ha! sieh' und erstaun'! ihm tummeln sich rings wie le,
bcndig, Und rings steigen und lagern sich schon mitkundige Steine.
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Heil dir, welchen der Gott anathmete! denn das Erlesne
Kündet verheißungsvoll ein Gedicht.
Wortbrüchig in Ungeist,
Haüst es auf Sterblichkeit Schuld.
Was lebt und Leben 6e
0
Wol straft hier Radamanth. Oft aber versucht zu des Zweifels Wankendem Spruche mit halber Kamön' unfrostig gesnngnes; Oder Gehalt, der Seel' anschmachtet und Grazie; Dichtwerk, Dem nicht Lethe gebührt, noch Flegethon.
Lehre der Gott dann.
Was ihm ziemet und dir, aus lauterer Seele dich reden. Schön und edel das Recht, zu verzeihn: wie Apollo verziehe.
Grundlos nie, noch entfremdet des Spruchstuls heiligem Rate. Nie mit solchem Verstoß, wie er sonst auch Schüler entehret.
Nie mit blindem und nie mit willigem, dürf' es am Pindos Freistehn, Adler zu nennen die Kräh' und Krähe den Adler. 220 Aber es grüß' auch nicht Filomela'S Name das Kehlchen,
Das in der Meisterin Weis' einsang die erdreistete Leerheit. Trete dir Allmisskantes hervor in des Glanzes Enthüllung;
174 — Aber in nacketem Schmilz, was dreist sich in prangender Larve
Schaubot, oder im Trug' uncigenes Pfauengeficders. Sprich: wol ziemt, dass ein Ross vom himmlischen Stamme der
goldnen.
Welche der Lichtgott lenkt,
hcrleücht' in
erlesenem Pracht,
schmuck. Während dem Huf aufdrönt das Gefild:
doch blitzend im
Schimmer
Persisches Pompes erblitzt nicht edlere Würde der Fcldgaul. Fruchtlos schielt, wie geglättet cs blinkt, zum Silber empor
Blei. 230
Auch, wem baptische Sitte das Lied schminkt, darbe der Gnade, Und der Gesang, scheülos mit höfischem Rücken erniedrigt, Oder in Orgien frech, die die Wut aus Schedeln erzechten:
Sterbliches Sinns Machwerk,
von der Mus' Einhauche vcr, leügnet.
Nimmer versöhnt des Gedichts Untugenden Tugend des In, Halts:
Darfst du verzeih«, dass Ehre der Kunst an Schmach sich ent,
göttre? So,, wann beütheimtragend den Flug zu dem Korbe die
Bienen Steüerten, nahen alsbald aus dunkeler Pforte die Wächter,
Dass zartwitternd sie prüfen der Kommenden Lasten und Düfte.
Frei steht Reinen der Zell' Eingang und der Schenkel Entla, düng.
240 Weh' unsaubern! cs droht straffälligem Schmnze der Stachel
Glimpflos, dass von den Rügern ereilt und dem strengen Ge, setze
Nicht Thürhüter und Schuldner der Fehm Vollziehungen teilen.
Aufwärts weise das Lied, das im Blachfeld' eitles Ergehens Weidend, den höher« Genuss misskennt und die reineren Lüfte:
175 — Dass cs mit geistigem Zuge der Menschheit Freüden erhebe.
Aufwärts stimme den Ton, der hell mittöne des Welthalls Ewigen Klang: denn es rafft, die der Zeit nur dienen, die Zeit
fort. Segen dem Edelgcsang, der empor auf heiligen Flügeln Schwebend, das Grab nicht kennt, ein unsterblicher; welchem
des Himmels 250 Freüde noch aufglühn darf und der Sterne Bewunderung!
Heil ihm. Den der clysischen Welt Ankömmlinge bringend den Inseln, Bis in die Tiefe der Seel' unirdische Scharen entzücken!
Denn was Schönstes der Geist und Herrlichstes zeügte, verrollt das
Nur mit der rollenden Jahr' Hinschwung ein vergängliches Da, sein?
Glaube der kundigen Muse, für die nicht Höhen noch Gräber
Rufen ihr schmetterndes Halt! die Charons Nachen vorbeifliegt Und grauntosender Wogen Umzingelung; kühner als Orfeüs Oder Ulyff, wie sie will, die Bezirk' heimsuchend der Schatten;
Aber am liebsten das Land,
das
Lethe's schirmende Strom,
mark 260 Sonderte.
Dort herbergt in entnebelter Seele der Wahrheit
Kreier Genuss; mit ihm und der Wonn' einheimisches Recht,
thun-
Lauterer Schönheitssinn und des Genius lautere Schatzung. Dort haüst Vater Homer, dort Lesbos Saite der Hörer
Tausende wcitrundum zu veredeltem Sang': es entfaltet Dort anführend der Chöre Begeisterung DelioS Liebling
Sofokles.
0, dort saugt unverlorene Töne der frohe
Neüling, den zu den Inseln Elysions sandte der Dreistul. Oft weint' ihren Verlust hier unter den sterblichen Menschen
Bitteres Leid; gleichwie viel fliehende Jahre Demeter,
176 — 270 Pcinvollsnchend die Spur der Entrissenen, bange gewehklagt. Grotten und Thäler und Höhn durchlauschte sie:
aber die
Grotten Nicht, noch Thäler und Hohn antworteten Laute der Lieben. Dennoch wird sie nicht müde; sie wallt, fragt, spähet die Welt durch
Nun mit ätnäischer Flamme, mit Titans listigem Stral nun: Fruchtlos! denn zu dem Throne der Welt dort unten erhöhet.
Und dort unten erquickt mit der Süß' unirdischer Früchte,
Kehrt Proserpina nimmer zurück in die Lüfte des Erdplans. Also leben, gekrönt mit prangender Ehre, die Lieder,
Die strengarmig von hinnen der Zeitgolt raffend entrückte.
280
Ganz lebt thebische Kraft:
ihr entrauscht Dithyramb' und Pacan noch
Taumelnd und gotthcitsvoll.
Noch singst du, rührende Keos;
Noch tönt Himera's Ernst urälteste Weisen und junge. Aber in frölichem Tausch des Gesangs wcttflügcln der Oden Schwünge darein, die jüngst von der Retzat Ufer und deiner Tonreich hallenden Nymfe beweint hinschiedcn, o Sprea:
Rühmliche Schwän' auch dort, wo gerechturteilcndes Ohr lauscht. Dort sind Grüfte nicht mehr, nicht sterbender Barden noch
Lieder: Poch in der Flut Weihbade gereiniget heben sie beide Dort glorreicher ihr Haupt in den ewigen Frülingsmorgcn:
290 Und freiwillig umflicht mitlauschender Hamadryaden Hand mit krönender Myrte die stralenden oder mit Lorber, Die lenzüppiges Laubes verklärt wie die Lieder auch sie sind.
Du, von reinerer Kunst zu der Themis Dienste berufen, Sprich dein irdisches Wort, als sprächen es künftige Lippen. Gern schutzrede dein Amt dem gereifter» Äon und dem eignen
Genius, der zu den Höhen der Kunst Teütonien einlud. Denn
177 Denn nicht jeglichen Schatz in der Brust reichadrigen Minen Grub schon jeder Äon an der Menschheit bildenden Tag aus.
Und wie über die Gärten Alkinoos deiner, o Wörlitz, 300 Hochaufstrcbt: denn es hob der clysischen Inseln ein Probstück
Dir ans irdische Licht dein Fürst, der Assanier Krone:
Oder wie Vasco's Fahrt, rcichscgelig, zoncncrfindend. Auf hochbordigein Schiffe vor Jasons Rudern voranfleügt, Wert im Heldcngesang, wert unter den Sternen zn segeln:
Also ringt hoch über der Vorwclt Trachten das unsre. Aber mit anderem Rnhm ging jegliches Alter von Gold' auf.
Früh nach niedcrgeschütteltem Wahn, der dumpf um der Ur#
zeit Seele geruht und in Scheü rohgierende Masse gebändigt,
Hüpfte zuerst der Gesang frei auf an des heitern Acgeions
310 Strömungen.
Frölich ergriff mit lauterem Sinne das Schöne
Und feinbildcnd zurück gabs lauterem Sinne die Muse Graecicns, klare Natur in den Kunstsinn leise verschmelzend. Ihr nachbulcnd mit Ernst, zu gern Nachahmerin, folgte,
Stälend in Roma's Kraft kunstvollere Rede, Quirina.
Ach, hin lechzte die Kraft, von der Freiheit Würde verlassen. Tief in chaotische Nacht sank Roma's Ehre.
Der Aufgang
Gor mit dem Westen, mit Volk gor Volk, mit der Erde der Himmel,
Geistig vermischt.
Kampf schien's auf Leben und Tod: da ent, rang sich
Neü aus kreißenden Zeiten die Welt, aufstrebend in freiem
320 Doppelgcschlccht, huldherzig gepflegt vom neüen Olympos.
Und ncükräftig heran mit der wachsenden wuchs des Gemütes Sinniger Ernst, weit trachtend und hoch, in die Übernatur
selbst: Kampfreich froh, zu besiegen die Zeit, Ungleiches zu gleichen. Doch neüfühlend zugleich mit der wachsenden wuchsen, des andern
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178 Himmlischen Amors Macht und jene des irdischen Bruders; Neü an Gefieder und Flamme sie bcid'
und an Köcher und
Bogen.
Und voll neues Getöns klang schon die verwandelte Muse.
Horch! ans anderer Kehle zu andern Besaitungen sang sie,
Andrer Erfindungen voll, zukünftige Kräfte versuchend.
330 Sprösslingsjahre dahin an den o titanischen Ufern Spielte sie, sann Wettkünste der Lieb' imb des reisigen Kampf ruhms, Fabelndes
Muts,
vortanzend
dem Reihn
der romantischen
Wunder. Bald kor eigene Weisen Ausonia, da sie ins zweite
Weichere Leben erwacht, klangreich, des Sirenengesanges
Erbin, Zaubergebiet' ausfand als süße Betörung Ihres entglüheten Sinns, und
Empfindungsspiele dem Geist
bot.
Stolz wetteifert mit ihr, prachtüppiger, kühner, vertiefter, Noch von Arabia's Glut und Gedüst durchathmet, Iberis, Wahrend darein pompvoll hochtöniger Worte Metall hallt.
340 Trotz einkettender Regel den Geist mit witziger Svada Leicht zu zerstreun: dis Lob umschillcrte Galliens offne
Hc-zenumstattcrnde Muse, der Hofwelt artigen Zögling
Mit den zefyrischen Tritten: indeff dort über der engen Woge des Tiefsinns Ernst, Britanna's Stirne bewölkend, Stets fundüppig an Wort Wort drangt' in den schweren Mu/ sivvers.
Ring' um die Palm' ehrgeizig, o Teütonis! ringe; du darfst esl —
Also flöß' ihr ins Mark Anflammungen, Wal in die Lieder. Sprich: wer durfte wie du? denn dis ankampfende Trachten Fort zu dem aüßersten Kranz', und o! dis herzige Leben
350 Tieferes Menschengemüts hob dir der Unsterblichen Huld auf;
179 Gab, für deutsche Natur Kernkraft mit dem Maße verbündend, Liebende Pflege des Rechten und Her; für ordnende Schönheit: Zur kühlspähenden Schärfe des Blicks ausbündige Mitgift. Du, nicht Tochter der Gunst, mit Königsglanze gesaüget;
D», voll höheres Durstes hinan durch nachtcr.de Stürme Kühn aufringen gelehrt, des Olymp Urquelle zu schöpfen: Nicht landhcimisch allein, Weltbürgerin, Himmelsgenossm!
Selbst, voll heiliger Lohe die Brust, mit dem sonncnumstralten
Fluge des Amossohncs der Thron' Urthron zu erschwingen
360 Nicht unwürdig, und Dole dem Drcimalhchrcn zu heißen, Doppelter Ruhm sei dein. Dring' ins Herz:
Mit treffendem Pfeil des Gesanges
und umflicht mit der Glorie geistiger Schönheit
Dich und die höhere Kraft, die den Gott urkundet im Dusen!
Nicht unlöblich ein Garte, worin Waldschatten und Dcctflor,
Hütt' und Tempelgesaül uns freüdigerstauncnde gastfrei Zaubern in mehr als Einen der crdumgürtcndcn Himmel: Dass heimatliche Höhe dem Libanos gattet der Anden Frölichcn Pomp,
und die Inseln
ihr
missgunstreiches Ge,
heimniss
Ausziehn, denen zuerst aus flutendem Meere das Licht taucht. 370 Reize denn immer auch dir, heimatliche Muse, vergönnter
Dielanstrebender Kampf mit der Frcmdlingsmuse die kecken Fittige, Nerves gewiss und Gelenks: nicht traun mit der rohem
Sängerin; Kampf vielmehr, dem stets die gereiftcstc trotzig Höhe den Sieg! Auf, tapfer ans Werk! Ein clelscher Öl kranz
Lockt auch über Gebirg' und der Meer' Aufstürmungen ferne
Kampfmitbuler und reißt heimkehrendcn Siegern das stolze Liedern erhallende Thor weit auf.
Nie aber ermatte
Jenem erkorneren Amte, dem dcinigstcn.
Werde die Griechin
Deines Gebiets! Was gute Natur einst ahnend getroffen,
12 *
— iso — 380 Bilde mit sicherm Bewusst.
Sei, stets anaugcnd das Höchste,
Bleibendem Werte geweiht, unerkauft durch völkerbeliebten: Wahrhaft dennoch nnd treü; sonst unwert, Deutsche zu heißen.
Nicht durch Schimmer geweilt, fleug du Atalanten vorüber. Bulcndcr Schmink' hohnlächclnd nnd zierliches Redegcschnirkels
Sterblichem Prunk, frolock' in der Hnldinnen edelstem Schmuck nur,
Welchen die Wahrheit schuf, mit der Güt' und Schöne ver, schwistert: Dass, wann anderes starb, dein Lied nachringendcn Völkern Richtmaß werde der Kunst und Leitstern weiserem Kunstsinn! Ost komm' also geschmückt, voll Flamm' ihr Auge, die Brust
hoch, 390 Würde den Gang, und an Art und herzlicher Sitte mit Ehr
geiz
Dcütsch, so wandele gern mit den neüaufwachscnden Kindern
Eigenes Geistes einher Tcütonia's höhere Muse, Adelnd das Heimatsland,
mit dem Hcimatslande die Mensch heit!
Dann, kunstwägender Mann, dann stehst, dann athmest du
tief auf: Dann lustlacht dem Beruf' und heiligen Rechte daS Herz dir.
Auf die verdienstliche Stirn parnassische Blätter zu fügen,
Puter des besseren Volks Zusegnungen.
Herrliche Stunde,
Die viel Leides und Harms in gelüfteten Schalen emporwiegt;
Die dein silbernes Haupt noch in goldenen Wonnen umglühn wird.
400
Aber o du, mein Wegesgenoss, astraeischer Liebling,
Du, dess krönenden Spruch in der Singlust friedlichen Fehden
Nicht des Odcions Sal, nicht Roms palatinischer Richtstul, Nicht Kalliope selbst ausschlüg' und die eifernden Schwestern! Sprich; wer weilte nicht oft voll stummhinsinnender Ehrfurcht
181 Und reichahnend, o Freund, wann vor ihm Göttliches anftrat. Schön durch
Sich?
wer
dächte des Stabs und dächte des Stules,
Nicht ganz Seelengenuss, ganz Huldigung? nicht, wie ein Gott
schon,
Wann er die reine Gestalt darf rein an die Seele sich schließen; 2 n der Gestalt, was weise den Geist, kerngut
und gesund
macht,
410 Was statt niederer Dünst' ihm Luft zustrtmct der Geister?
Doch wem flösse nicht auch von fcüriqer Lippe das Wort oft Und die Gewär, dass nicht Unwürdigen nahte das Schöne?
Kält' ist Lästerung hier,
und des Scichtlings Preise Derleüm-
düng. Weh' ihm, wehe dem Volke, dem frostigen, dcm's in den Adern
Hier nicht stolzer entglüht; dem hier noch schläfriges Leben Träge wie Schlamm hinsumpst! Ihm wird der entehrten Altäre
Heilige Flamm', ihm, Laren, die einige sträflich erlöschen;
Oder ein Feind hohnvoll die geschändeten Feüer vertilgend Schmeichelnde Red' anhören zum Dank und kriechenden Lob
pomp. 420 Musische Kraft ist Salz und sichernde Würze den Völkern; Und durch musische Kraft siegt über die Siegenden Hellas.
Höre, was heileres Sinns, von dem altruhmwürdigen Lande
Kommend, als sinnige Mähr Mnemosyne's Tochter erzälte.
Nah' am hohen Parnass und Apollons festlichen Thoren Saß, die begierigen Blick' an des Wettspiels Scenen gebunden,
Hellas.
Siehe, da trat, aufflimmernd in üppigem Stolze
Seines Gewands und in hardurchsunkelndcs Laubes Geschmeiden, Dreist von Gange daher dein Sohn, lustweichc Tarentus,
Rings
von Augen umgrüßl und Erwartungen.
Blitzend im
Arme 430 Prunkt' aus Gold und Gestein an tcüerbesaueler Lyra
182 Jede Kamön' und der Gott harmonischer Zauber, Apollon: Dass vom Sternenolymp nicht flammender stralet die Leier, Der einst Rodope bebt' und Jsmaros.
Horcht!
er beginnt
nun:
Lispelte, schwieg rundum.
Da begann er, der Lächelnde, zierte
Stimm' und Spiel, zu erhöhen den lockigen Letogeborncn,
Dess sich Pytho erfreüt mit der Hain' und der Opferaltäre Hunderten; und samt ihm die bestrickende Gabe des Gottes,
Die das gestirnte Gewölb' aufrcgt und den schaurigen Hades; Die den charontischcn Arm und das Fahrzeüg nichtiger Schatten
440 Für des lebendigen Manns Lastschwer' und Träne bestochen. Und zum Kalme geebnet der Styx aufrührische Graunflut; Die am entsetzl'chm Thor mit der Sait'Anklange dem schwarzen
Untier zähmend gespannt auf jeglichem Kopfe die Ohren,
Und der umzüngclntcn Natlc.n Gezisch forltöncnd gcsänftigt:
Stillstand jetzo den Seufzern gebracht und schwirrenden Gei, ßeln; Luft — welch anderer Schälle gewohnt! welch anderes Klopfens
Dieser Alekto Herz, wie es straüb', in Entzückungen schütternd:
Dann vom ersten Vergessen der Qual die Verdammten zu Wollust
Steigernd, des Elends Paus' am walzenden Rade dem Zücht,
ling 450 Endlich und endlich gegönnt am höhnenden Fasse den argen Jungfrau«, die, weitoffen die Lipp', hinstauntcn dem Fremd,
ling; Zwiefach, durch den Gesang und die strafende Liebe betroffen.
Nicht in gemeiner Magie der Gcsangkunst weilte des Sängers Schwelgendes Wort, witzreich in des Lieds Vorhalle beschäftigt.
Doch nun zog er und presste, den stygischen Zcüs zu erweichen,
Dass Eürydike's Raub Proscrpina's Raüber gewährte; Presst', auch eüch zu erweichen, ihr schicksalspinnenden Schwestern,
Dass neükreisend
der Drat,
der zerschnittene,
lief' um d«e
Spindel,
Ans femfisteluder Kehl' aufglnchzender Töne Gekraüsel: 460 Orfcüs selber im Sieb', im Beifall nicht der Hellenen.
Schon stieg dumpfes Gemurr; schon spottete leises Gelächter.
Ietz, da er eifernd ums Ohr abtrünniger Menge die Saiten, Matt vom taübenden Schmuck, aufspornt zu taenarisches Hall«
Graun, Sprengt er sie.
Siegender Hohn zischt laut durch strafende
Reihen, Einend des Volks Rachlust und der Edleren, schwer zu be,
zähmen: AIs Eürndike tönt, Eurydike jeglichen Athem
Zuckend erschöpft, durch Mark und Gebein Eürydike wehklagt: Und die geschmolzene Träne des tränlosrauhen Monarchen»
Aug' um Auge bezeugt in der leis' aufstönende» Menge.
470 Doch schon schwimmt cs in Dank und stillvorquellender Wollust,
Als Eurydike schallt, Eürydike jeglichem Herzen Wiedergeschcnkt, in den Augen erglänzt, in den Adern empor-
klopft: Bis nach fühlender Paus Ein jauchzendes Feiergetöse Laut vom Berge zurück, von Apollons Saülcn zurückhaüt. Und wem jauchzte der Berg, und der Gott?
Ein elcrscher
Mann wars. Wenig bemerkt vorher; das Gewand schlicht, schlicht der Ein-
Hertritt,
Schlicht sein Barbilon; aber darin die harmonischen Machte; Schlicht sein
herzliches Spiel,
des Bescheidenen, Götterge liebten.
Eümelos! riefen die Richter des Kampfs: dich krönt mit dem
Lorber 480 Hellas selbst: dich krönet der Gott, nicht unser Gerichtspruch.
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LS4
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Eümclos Sieger! erscholls aus rundanfstcigendem Schauplatz. Weg von der Bühne den Pralcr, hinweg! rief spottendes Volk
nach.
Aber indcss ruhmvoll in der Mitte der Sieger den Sieger Kron' und Jubel empfing, ein unendlicher; riss von des Am
dern
Har Mutwille den Prunk und vcrfolgetc; dass er mit Mühe
Gold und Gestein anflas.
So richteten G'raecia's Söhne.
Auf, Tcütonia's Volk! du, seit in der nervigen Jugend Dich das Geschick anfricf, durch wclkhinstcrbcndcr Menschheit
Adern
die Pulse
der Kraft und des Herzbluts Wärme zu strömen;
490 Vor Jahrhunderten früh für jegliche Tugend crkorncs!
Volk, in Mitte der Völker geweiht vom segnenden Himmel, Keüsch auf frommem Altar sein heiliges Fcücr zu wahren! Volk, gastfrei, wie ain Herd, so selbst in des Geistes Gebieten! Volk, das redliches Herz, das Kraft, das goldene Treüe,
Das tiefgründigen Fleiß darf deütsch in die Ohren des Welt, runds
Nennen und nennend erhöhn! welch anderes durfte, was du darfst?
Darum gaukle nach Fremdem des Glcißlings Ehrcvcrgeüdung: Dir, dir glühet die Liebe der Biedersten unter den Biedern: Dir ruft Segen der Psalm, dir Glückwunsch jeglicher Ruhm zu.
500 Nicht dein größerer ists, durch Königsstammc der Völker
Weitnmwohnende Zal mit gütigem Stabe zu weiden; Oder, den Blitz und die Flucht an Fers' und Rücken des Trotzers Heftend, zu krönen den Sieg mit wicdcrcrobcrtem Ölzweig. Du, Kraftsöhnc des Mars in der Schlachtbahn lange ge