110 18 29MB
German Pages 280 Year 2003
PHILIPP A. ZYGOJANNIS
Die Staatengemeinschaft und das Kosovo
Veröffentlichungen des WaIther-Schücking-Instituts für Internationales Recht an der Universität Kiel Herausgegeben von J 0 s t Dei b r ü c k, R a i n e rHo f man n und A n d r e a s Z i m m e r man n Walther-Schücking-Institut für Internationales Recht 145
Völkerrechtlicher Beirat des Instituts: Rudolf Bernhardt Heidetberg
Eibe H. Riedel Universität Mannheim
Christine Chinkin London School of Economics
Allan Rosas Court of Justice of the European Communities, Luxemburg
James Crawford University of Cambridge Lori F. Damrosch Columbia University, New York Vera Gowlland-Debbas Graduate Institute of International Studies, Geneva Fred L. Morrison University of Minnesota, Minneapolis
Bruno Simma Universität München Daniel Thürer Universität Zürich Christian Tomuschat Humboldt-Universität, Berlin Rüdiger Wolfrum Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, Heidelberg
Die Staatengemeinschaft und das Kosovo Humanitäre Intervention und internationale Übergangsverwaltung unter Berücksichtigung einer Verpflichtung des Intervenienten zur Nachsorge
Von
Philipp A. Zygojannis
Duncker & Humblot . Berlin
Die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel hat diese Arbeit im Jahre 2002 als Dissertation angenommen.
Bibliografische Infonnation Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
Alle Rechte vorbehalten
© 2003 Duncker & Humblot GmbH, Berlin
Fotoprint: Color-Druck Dorfi GmbH, Berlin Printed in Gennany ISSN 1435-0491 ISBN 3-428-11113-3
Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706@
"The task before the international community is to help the people in Kosovo to rebuild their lives and heal the wounds of conflict."
KofiAnnan
Vorwort Die NATO-Luftangriffe von 1999 gegen Jugoslawien und die im Nachgang hierzu eingerichtete internationale Übergangsverwaltung im Kosovo, die Gegenstand kontroverser wissenschaftlicher und öffentlicher Debatte waren und sind, bilden die Themenkomplexe für die vorliegende Arbeit. Diese wurde im Frühjahr 2002 von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel als Dissertation angenommen. Das zugrundeliegende Manuskript fand im Oktober 2001 seinen Abschluß; zur Thematik erschienene Literatur sowie die Ereignisse in der Region wurden etwa bis Mitte 2001 berücksichtigt. Vor allem im Hinblick auf die Übergangsverwaltung UNMIK konnte manche interessante Entwicklung nicht mehr einbezogen werden, da zum Zeitpunkt des Abschlusses des Manuskriptes die Dinge noch nicht sehr weit fortgeschritten waren. Mein Dank gilt Herrn Professor Dr. Dr. Rainer Hofmann, Direktor des Walther-Schücking-Instituts für Internationales Recht der Universität Kiel, der die Arbeit betreut und als Erstgutachter bewertet hat. Er hat die Anfertigung der Arbeit nicht nur mit vielen wertvollen Anregungen begleitet, sondern fand auch stets ermutigende Worte und war immer ein hilfsbereiter, aber auch humorvoller und unkomplizierter Ansprechpartner, was eine große Erleichterung darstellte. Darüber hinaus war er von der Themenfindung an bereit, die Berücksichtigung auch politikwissenschaftlicher Aspekte in einer rechtswissenschaftlichen Arbeit zu unterstützen; im Hinblick auf den - notwendigen - Zusammenhang von internationalem Recht und Politik stellt dies einen wichtigen Ansatz in der Arbeit dar. Für seine offene Haltung in dieser Frage bin ich Herrn Professor Hofmann ausdrücklich besonders dankbar. Darüber hinaus danke ich auch Herrn Professor Dr. Andreas Zimmermann, LL. M., der das Zweitgutachten erstellt hat. Seine weiterführenden Anmerkungen waren außerordentlich förderlich und wurden im Rahmen der Überarbeitung berücksichtigt. Schließlich bin ich ihm und Herrn Professor Hofmann sehr dankbar dafür, daß sie die Dissertation zur Veröffentlichung in die Schriftenreihe des Walther-Schücking-Instituts aufgenommen haben. Meinen Dank möchte ich auch Frau Schmidt vom Springer-Verlag in Wien und den Mitarbeitern des OSCE Prague Office aussprechen, die mich mit verschiedenen Publikationen und weiterführenden Informationen versorgt haben. Für ihre Unterstützung bei Promotions verfahren beziehungsweise Veröffentlichung habe ich Frau Waller vom Dekanat der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Uni-
Vorwort
8
versität Kiel sowie Frau Brüchmann vom Walther-Schücking-Institut zu danken, schließlich Frau Rotraut Wolf, Kiel, welche die Druckfassung der Dissertation betreut hat. Besondere Dankbarkeit schulde ich meiner Mutter, Inge Zygojannis. Sie war . nicht nur bei der Anfertigung der Arbeit ein unverzichtbarer mentaler Beistand, sondern hat die Veröffentlichung durch eine großzügige finanzielle Unterstützung überhaupt erst ermöglicht. Ihr widme ich diese Arbeit. Köln, im Frühjahr 2003
Philipp A. Zygojannis
Inhaltsverzeichnis Einführung
17
Erstes Kapitel
Die Luftangriffe der NATO im Rahmen der Operation "Allied Force" gegen die Bundesrepublik Jugoslawien aus völkerrechtlicher Sicht
A. Einleitung und historischer Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
21
I.
Die historischen Grundlagen des Kosovo-Konfliktes . . . . . . . . . . . . . . . .
22
11.
Vertiefung der Spannungen nach 1980 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
23
III.
Die Ereignisse in der Region Kosovo zwischen 1988 und 1998 . . . . . . . .
24
IV. Die Entwicklung in der Provinz Kosovo von 1998 bis zum Beginn der Luftangriffe gegen die Bundesrepublik Jugoslawien ................
27
V.
Die Entwicklung der Ereignisse vom Beginn der Luftangriffe bis zu deren Ende im Juni 1999. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
B. Völkerrechtliche Bewertung der Luftangriffe
.........................
29 30
I.
Einleitende Bemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
30
11.
Völkerrechtliche Aspekte der NATO-Luftangriffe ............... ; . .
32
1. Die tatsächliche und rechtliche Ausgangssituation ...............
33
a) Die tatsächliche Ausgangssituation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
33
b) Die rechtliche Ausgangssituation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
38
Das Gewaltverbot nach Art. 2 Ziff. 4 UN-Charta . . . . . . . . .
38
bb) Anwendungsfall von Art. 2 Ziff. 4 UN-Charta? .......... cc) Ergebnis zu Punkt b) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
41 43
2. Mandatierung durch den UN-Sicherheitsrat ....................
43
a) Die zum Kosovo-Konflikt ergangenen Resolutionen des Sicherheitsrates ............................................
44
b) Theoretische Möglichkeit einer Mandatierung durch den UNSicherheitsrat. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
47
c) Ergebnis zu Punkt 2. ...................................
50
3. Rechtfertigung durch Selbstverteidigungsrecht, Art. 51 UN-Charta ..
51
4. Legitimation durch Berufung auf Grundsätze der humanitären Intervention? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
52
a) Einführung...........................................
52
aa)
Inhaltsverzeichnis
10
III.
b) Rechtliche Einordnung der humanitären Intervention, Definitionsansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die Voraussetzungen der humanitären Intervention ........... d) Der Kosovo-~onflikt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Ergebnis zu Punkt 11. ...................................... 6. Die humanitäre Intervention und das Völkerrecht: ein Fazit. . . . . . . . Die möglichen Auswirkungen der Kosovo-Krise auf das internationale Recht. ...... . ..... .... ........... ......... ...... . . . . . .. . . . 1. Die Entwicklung von Gewohnheitsrecht als Auswirkung des Eingreifens der NATO im Kosovo-Konflikt .... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Allgemeine Voraussetzungen für die Entstehung von Gewohnheitsrecht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Das Element der Rechtsüberzeugung .................. bb) Internationale Übung .............................. b) Ergebnis............................................. 2. "Kriterien" für die humanitäre Intervention: Die Voraussetzungen de lege ferenda ............................................. a) Verletzung des menschenrechtlichen Mindeststandards ........ aa) Begriff der Menschenrechtsverletzung ................. bb) Die Lage im Kosovo-Konflikt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Ausschließlich auf die Abwehr oder Beseitigung der Menschenrechtsverletzungen gerichtetes Intervenieren ohne sonstiges Eigeninteresse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Bedeutung und Definition der Voraussetzung. . . . . . . . . . . . bb) Die Lage im Kosovo-Konflikt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Eingreifen als "ultima ratio" der Handlungsoptionen . . . . . . . . . . . aa) Bedeutung und Begriff des Kriteriums .. . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die Lage im Kosovo-Konflikt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (I) Die Bemühungen am Beginn der Ausweitung der Krise (2) Die Verhandlungen von Rambouillet und Paris. . . . . . . (3) Die Zeit zwischen Paris und dem Beginn der Luftangriffe ....................................... cc) Zusammenfassung zu Punkt c) ....................... d) Subsidiarität des Eingreifens gegenüber den Vereinten Nationen. aa) Anforderungen des Kriteriums ....................... bb) Die Lage im Kosovo-Konflikt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Verhältnismäßigkeit der Gewaltanwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Bedeutung und Definition des Kriteriums. . . . . . . . . . . . . . . bb) Die Lage im Kosovo-Konflikt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Ergebnis zu e) ... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . t) Beachtung des humanitären Völkerrechts ................... aa) Anforderungen des Kriteriums; Anwendbarkeit . . . . . . . . . .
53 58 59 59 60 63 63 63 64 68 69 69 71 71 75
76 76 78 79 79 80 80 81 85 86 87 87 88 90 90 93 96 96 97
Inhaltsverzeichnis bb) Die Lage im Kosovo-Konflikt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Allgemeine Erwägungen ........................ (2) Die Verwendung von besonderer Munition. . . . . . . . .. cc) Ergebnis zu Punkt f) ............................... g) Einstellung der Gewaltanwendung bei Zweckerreichung ....... aa) Anforderungen des Kriteriums ....................... bb) Die Lage im Kosovo-Konflikt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. h) Feststellung einer Friedensbedrohung durch den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen .................................... i) Eigene Legitimität des Handelnden ("gewisse Rechtsstaatlichkeit") aa) Anforderungen des Kriteriums ....................... bb) Die Lage im Kosovo-Konflikt ....................... j) Die Verpflichtung des Intervenienten zur Nachsorge .......... k) Zusammenfassende Anmerkungen zu den Voraussetzungen des Kriterien-Kataloges .................................... 3. Die möglichen Auswirkungen des Kosovo-Konfliktes auf die Position der Vereinten Nationen und insbesondere des Sicherheitsrates. . . . .. a) Die Stellung des UN-Sicherheitsrates in der Zukunft, die Effektivierung des bestehenden Systems und die möglichen Reforrnansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. b) Die mögliche zukünftige Rolle von Regionalorganisationen . . . .. c) Das neue Strategische Konzept der NATO von 1999 .......... d) Zusammenfassung zu Punkt 3. ...........................
11 98 98 100 102 103 103 103 104 105 105 105 106 107 108 109 116 119 123
Zweites Kapitel Die Verpflichtung des Intervenienten zur Nachsorge als Rechtsfolge durchgeführter humanitärer Intervention de lege ferenda
Einleitende Bemerkungen ......................................... B. Die Notwendigkeit einer Nachsorge nach einer humanitär bedingten militärischen Intervention: These ......................................... C. Geltungsgrund für eine obligatorische Nachsorge? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. I. Verpflichtung aus dem Gesichtspunkt der Staatenverantwortlichkeit .. " A.
11. III.
Verpflichtung qua Gewohnheitsrecht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. Geltungsgrund de lege ferenda - Verpflichtung zur obligatorischen Nachsorge als Teil des Kriterien-Kataloges ........................... 1. Obligatorische Nachsorge als Kriterium ....................... 2. Anerkennung als Kriterium und Kodifizierung des Kriterien-Kataloges D. Durchführung, "Schuldner" und Voraussetzungen der Nachsorge. . . . . . . . .. I. "Schuldner" der Nachsorge nach humanitärer Intervention ........... 11. Voraussetzungen, Durchführung und Ausgestaltung der Nachsorge ....
125 126 128 129 130 130 130 132 132 133 134
12
E.
Inhaltsverzeichnis 1. Voraussetzungen einer Nachsorge. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
134
2. Durchführung und Ausgestaltung ............................ Rechtsfolgen im Zusammenhang mit der Nachsorge ....................
135 136
F.
Zusammenfassung
.............................................. .
138
G.
Die Nachsorgeverpflichtung und UNMIK ............................
138
Drittes Kapitel
Die UN-Übergangsverwaltung im Kosovo und die Darstellung ihrer wichtigsten rechtlichen und tatsächlichen Aspekte A.
Einleitende Bemerkungen .........................................
140
B.
Die Rechtsgrundlagen der UN-Übergangsverwaltung ...................
142
I.
Der Weg zu UNMIK: Entschließungen und Verlautbarungen. . . . . . . ..
143
1. Rückblick: Ereignisse zwischen Oktober 1998 und Juni 1999. . . . . ..
144
2. Verlautbarungen und Entschließungen der Balkan-Kontaktgruppe und der Regierungen der G8-Staaten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
145
3. Berichte des Generalsekretärs der Vereinten Nationen Das Militärisch-Technische Abkommen vom 09.06.1999 ............
147 150
1. Bedeutung und Rechtsnatur des Abkommens ...................
151
a) Das Abkommen im Hinblick auf die gesamte Situation. . . . . . . .. b) Die Rechtsnatur des Abkommens .........................
151 151
2. Die Regelungen des Militärisch-Technischen Abkommens. . . . . . . ..
153
a) Militärische Bestimmungen des MTA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
153
b) Weitere Regelungen des MTA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
154
3. Zusammenfassung zu Punkt 1I.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
156
Die Resolution 1244 (1999) des UN-Sicherheitsrates vom 10.06.1999 ..
156
11.
III.
1. Das Ziel der Resolution 1244 (1999) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
156
2. Rechtsgrundlage der Resolution 1244 (1999) ...................
157
3. Überblick über die wichtigsten Bestimmungen der Resolution 1244 (1999) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
159
a) Die zentralen Bestimmungen der Resolution 1244 ............
160
Allgemeine Erwägungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
160
aa)
bb) Aspekte der Sicherheits präsenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
160
Tätigkeitsfelder der zivilen Präsenz. . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
160
cc)
dd) Weitere Aussagen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
161
b) Der Bericht des Generalsekretärs gemäß Ziff. 10 der Res. 1244 ..
162
IV. Die Rechtsgrundlagen im Vergleich zum Abkommen von Rambouillet ..
164
1. Gemeinsamkeiten und Unterschiede. . .........................
165
a) Statusfrage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
165
b) Militärische Implementation .............................
166
Inhaltsverzeichnis
C.
13
c) Selbstverwaltungsangelegenheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
168
2. Die politische Dimension . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 3. Ergebnis des Vergleiches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
170 172
UNMIK: Mandat, Struktur, Tätigkeitsfelder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. Mandat; Strukturen; teilnehmende Organisationen. . . . . . . . . . . . . . . . ..
172 172
1. Das Mandat der United Nations Interim Administration Mission in Kosovo . . . . . . . .... . . . . ..... . . . ......... . . . . . . .. ..... . . .. a) Grundidee und Ziel von UNMIK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
173 173
b) Der geplante zeitliche Ablauf. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 2. Die Struktur von UNMIK; teilnehmende Internationale Organisationen
174 175
a) Die "äußere" oder Gesamtstruktur von UNMIK: vier Säulen ....
175
I.
II.
ID.
b) Die "innere" Struktur von UNMIK: JIAS ...................
176
3. UNMIK im Vergleich zu anderen Friedensoperationen der UN ..... a) Die Entwicklung der Friedensmissionen unter UN-Mandat .....
179 180
b) Mit UNMIK vergleichbare Missionen: Namibia, Kambodscha, OstTimor ............................................... c) UNMIK als Zukunftsmodell? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
180 183
Die wichtigsten Tätigkeitsfelder der UN-Übergangsverwaltung im Kosovo
185
1. Einleitende Bemerkungen ..................................
186
2. Zivilverwaltung und Regierungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. a) Die Frage des anwendbaren Rechts und die Rechtsetzung durch UNMIK .............................................
186
b) Allgemeine Angelegenheiten der Zivilverwaltung . . . . . . . . . . . ..
190
187
c) Hervorzuhebende Tätigkeitsbereiche der Zivilverwaltung . . . . . ..
191
3. Demokratisierung und Aufbau rechtsstaatlicher Strukturen. . . . . . . ..
193
a) Demokratisierung, Medienwesen und "good governance". . . . . .. b) Durchführung von Wahlen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. c) Errichtung und Ausbildung der künftigen Polizei. . . . . . . . . . . ..
194 195 196
d) "Rule of Law" und die Durchsetzung von Menschenrechten. . . .. e) Zusammenfassung.....................................
198 199
4. Wirtschaftlicher Wiederaufbau. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
199
a) Aktivitäten der Wiederaufbau-Komponente von UNMIK . . . . . ..
200
b) Entwicklung und Erfolge des bisherigen Wiederaufbaus im Kosovo 5. Zusammenfassung: Schaffung der strukturellen Voraussetzungen für die künftige Selbstverwaltung und substantielle Autonomie . . . . . . ..
201 204
a) Die Vorschriften des Verfassungsrahmens in bezug auf die Wahl und die Kompetenzen der künftigen Körperschaften der vorläufigen Selbstverwaltung .................................. b) Fazit................................................
204 207
Auswirkungen des Machtwechsels von Oktober 2000 ............. ..
208
14
Inhaltsverzeichnis 1. Auswirkungen auf die Übergangs verwaltung im Kosovo ..........
209
2. Das Schicksal des ehemaligen Präsidenten Milosevic . . . . . . . . . . . ..
211
3. Der Status der BR Jugoslawien in Internationalen Organisationen ...
214
D. Tatsächliche und rechtliche Probleme der UN-Übergangsverwaltung .......
216
I.
Die Rechtsnatur der Übergangsverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
217
11.
Die Position des UN-Sonderbeauftragten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
219
1. Die Konzentration der maßgeblichen Befugnisse in einem Amt. . . ..
219
2. Anforderungen an die Ausübung des Amtes des Sonderbeauftragten.
221
Kontrolle von UNMIK durch die Staatengemeinschaft ..............
222
1. Berichte des Generalsekretärs an den UN-Sicherheitsrat . . . . . . . . . ..
222
2. Überprüfungsmissionen des Sicherheitsrates . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
224
III.
3. Weitere Möglichkeiten der Kontrolle und Überwachung. . . . . . . . . ..
224
IV. Die Herstellung und Wahrung von Sicherheit und Ordnung ..........
226
1. Die besondere Bedeutung der Problematik. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
227
2. Das Problem der "umgekehrten ethnischen Säuberung"; Minderheitenschutz und Aufrechterhaltung von Sicherheit und Ordnung in der PostKonflikt-Situation im Kosovo ...............................
229
3. Konflikte in grenznahen Gebieten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
231
a) Die Lage in Südserbien .................................
231
b) Die Situation im Norden Mazedoniens .....................
233
Wahrnehmung von Polizeiaufgaben durch Militärpersonal ...........
236
1. Ausgangssituation ........................................
237
2. Tatsächliche und rechtliche Probleme der Situation ..............
238
VI. Die rechtliche Verantwortlichkeit von UNMIK und KFOR und deren generelle Bindung an die Normen des internationalen Rechts .........
239
I. Die Situation im Hinblick auf das UNMIK-Personal . . . . . . . . . . . . ..
240
V.
2. Verantwortlichkeit der KFOR-Streitkräfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
242
VII. Der künftige Status der Provinz Kosovo . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
246
1. Die aktuelle Lage. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
247
a) Die UN-Resolution 1244 und das Abkommen von Rambouillet ..
247
b) Perspektiven und Optionen für den künftigen Status. . . . . . . . . ..
249
2. Die Zielsetzung der kosovo-albanischen Bevölkerung. . . . . . . . . . . ..
252
3. Die Haltung der BR Jugoslawien und Serbiens unter Berücksichtigung der Auswirkungen des Machtwechsels vom Herbst 2000. . . . . . . . . ..
255
4. Die Situation im Hinblick auf das internationale Recht und die Staatenpraxis ...... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
257
a) Internationales Recht und Staatenpraxis ....................
257
b) Die besondere Situation in der Bundesrepublik Jugoslawien ....
258
VIII. Fazit: Zusammenfassender Versuch einer Bewertung. . . . . . . . . . . . . . ..
261
Inhaltsverzeichnis 1. Fortschritte und Ergebnisse der Übergangsverwaltung . . . . . . . . . . . .. 2. Resümee................................................
15 261 263
Ausblick: Humanitäre Intervention und ziviles Engagement bei staatlich zu verantwortenden Menschenrechtsverletzungen
265
Literaturverzeichnis
269
Sachwortverzeichnis
276
Einführung Gegenstand der vorliegenden Untersuchung sind die im Frühjahr 1999 erfolgten und gegen die Bundesrepublik Jugoslawien und Serbien gerichteten Luftangriffe der Nordatlantikorganisation (NATO), die zur Beendigung der dortigen Menschenrechtsverletzungen vorgenommen wurden. Darüber hinaus befaßt sich die Darstellung in einem zweiten großen Abschnitt mit der im Nachgang zu der bewaffneten Auseinandersetzung in der Provinz Kosovo von den Vereinten Nationen eingerichteten Übergangsverwaltung UNMIK. In einem ersten Kapitel wird sich im Rahmen dieser Bearbeitung mit der Würdigung der NATO-Luftangriffe unter Gesichtspunkten des internationalen Rechts befaßt. Es soll der Frage nachgegangen werden, ob sich für die militärische Vorgehensweise eine Rechtfertigung finden läßt, nachdem weder eine entsprechende Resolution des UN-Sicherheitsrates vorlag noch eine Situation gegeben war, die das Recht zur Selbstverteidigung auslöste. Als Motivation für das Eingreifen der NATO nannten diese die von der jugoslawischen und serbischen Staats führung angeordneten oder begangenen massiven Menschenrechtsverletzungen, denen die in der serbischen Provinz Kosovo lebende Bevölkerungsgruppe der ethnischen Albaner zum Opfer fiel. Sämtliche Vermittlungs versuche und Unternehmungen, die Krise mit zivilen Mitteln beizulegen, zuvörderst die im Februar und März 1999 zustande gekommenen Friedensverhandlungen in Rambouillet und Paris, waren gescheitert, während im Kosovo selbst die Massenvertreibungen, aber auch gezielte Tötungshandlungen fortgesetzt wurden. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Staatengemeinschaft und hierbei insbesondere die Gruppe der G8-Staaten einen Friedensplan vorgelegt, der weitreichende politische Reformen zugunsten der Kosovo-Albaner bei einem gleichzeitigen Rückzug der jugoslawischen und serbischen Polizei- und Militäreinheiten vorsah. Zugleich sollte die Umsetzung des Planes durch die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) überwacht und durch eine starke Militärpräsenz abgesichert werden. Insbesondere der letzte Punkt wird heute überwiegend als Grund für das letztliche Scheitern der Friedensbemühungen angesehen. Nachdem auch weitere Bemühungen, die jugoslawische und serbische Staatsführung, allen voran Präsident Milosevic, zum Einlenken zu bewegen, erfolglos waren, entschloß sich die NATO schließlich im März 1999 zu massiven Luftangriffen, die Anfang Juni 1999 in der Akzeptierung eines Friedensplanes und dem Rückzug der Militär- und Polizeieinheiten aus dem Kosovo mündeten.
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Einführung
Aufgrund der unsicheren rechtlichen Grundlage für das Eingreifen der NATO in einen innerstaatlichen Konflikt setzte noch während der Luftangriffe in Politik und Wissenschaft eine heftige Diskussion über die Rechtmäßigkeit des HandeIns ein. Gegner des Vorgehens sprachen von einem klaren Bruch des Völkerrechts, Befürworter dessen und die NATO selbst sowie die dahinter stehenden Staaten führten das - weithin umstrittene - Instrument der "humanitären Intervention" ins Feld, welche in einer dem Notstand vergleichbaren Situation eine ausnahmsweise Rechtfertigung militärischen Eingreifens in einen derartigen Konflikt darzustellen in der Lage sei. Auch die Gegner einer humanitären Intervention mußten jedoch einräumen, daß das geltende Völkerrecht für die Lösung einer schwerwiegenden innerstaatlichen Krise, welche mit planmäßigen Menschenrechtsverletzungen einhergeht, keine tragfähigen Instrumente bereitstellt, jedenfalls dann nicht, wenn die einzige Körperschaft, die militärische Maßnahmen anzuordnen berechtigt ist, nämlich der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen l , nicht willens oder in der Lage ist, einen entsprechenden Beschluß zu fassen. Die Konstellation innerhalb des Sicherheitsrates erscheint in diesem Zusammenhang mehr wie ein Hemmnis als daß es den Anschein einer tatkräftigen Organisation hätte 2• Im Rahmen dieser Darstellung soll daher auch darauf eingegangen werden, welche Auswirkungen der KosovoKonflikt und das Vorgehen der NATO auf die Stellung des UN-Sicherheitsrates und das System der Vereinten Nationen haben kann, zudem auf die mögliche Weiterentwicklung regionaler Organisationen. Schwerpunkt des 1. Kapitels ist jedoch insbesondere die Weiterentwicklung des internationalen Rechts. Neben der Frage, ob sich bezüglich der Rechtsfigur einer humanitären Intervention bereits Gewohnheitsrecht entwickelt hat oder solches im Entstehen begriffen ist, soll auch auf das Problem der möglichen Kodifizierung eines solchen Instrumentes eingegangen werden. Da im Rahmen der Darstellung die Auffassung vertreten wird, daß sich unter dem Gesichtspunkt des völkerrechtlichen Notstandes eine Rechtfertigung für eine humanitäre Intervention ergibt, zugleich aber die diesbezügliche unsichere Rechtslage beklagt wird, liegt ein großes Gewicht des 1. Kapitels auf der Erstellung eines sogenannten Kriterien-Kataloges, der zur Bejahung der Rechtmäßigkeit einer humanitären Intervention zu erfüllen ist. Während im Zusammenhang damit auch unmittelbar die Erfüllung der Kriterien im Kosovo-Konflikt überprüft wird, findet sich sogleich ein Plädoyer dafür, unter Zuhilfenahme vorhandener völkerrechtlicher Instrumenta1 Vgl. die nach dem Wortlaut eindeutigen Vorschriften der Art. 39 i. V. m. Art. 2 Ziff. 4 der UN -Charta. 2 Hiennit sind die Ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates gemeint, zu denen die Vereinigten Staaten von Amerika, Rußland, das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland, China und Frankreich gehören, siehe Art. 23 Abs. 1 UN-Charta. Allzu unterschiedliche Auffassungen verhindern immer wieder das zeitnahe und situationsangemessene Tätigwerden des Sicherheitsrates.
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rien alsbald eine Kodifizierung desselben vorzunehmen, damit nicht nur die fragwürdige rechtliche Situation beseitigt wird, sondern zugleich die Effektivität der Durchsetzung elementarer Menschenrechte gesteigert werden kann. Schließlich ist ein solches Vorhaben auch dazu geeignet, die Position der Vereinten Nationen nachhaltig zu verbessern und die diesen und dem Sicherheitsrat gemäß Art. 1 Ziff. 1 sowie der Präambel der UN-Charta obliegende Verantwortung für Frieden und Sicherheit zu manifestieren. Das zweite Kapitel dieser Bearbeitung befaßt sich ausschließlich mit einer Frage, die sich gleichfalls auf die Problematik der zu erfüllenden Kriterien bezieht. Denn es erscheint höchst zweifelhaft, ob mit einem militärischen Eingreifen allein massiven staatlichen Menschenrechtsverletzungen dauerhaft Einhalt geboten werden kann. Zu den Kriterien, die sich auf Voraussetzungen und Durchführung einer humanitären Intervention und auf die Identität des Intervenienten beziehen, muß vielmehr noch ein weiterer Aspekt kommen, der sich mit der Zeit nach der Intervention befaßt. Es soll der Frage nachgegangen werden, ob für den Intervenienten eine völkerrechtliche Verpflichtung besteht, sich nach der militärischen Aktion aktiv mit dessen Folgen zu befassen, also eine "Nachsorge" zu unternehmen, um so das Ziel der ursprünglichen Intervention zu erreichen und zu unterstützen. Die Erörterung dieser Frage bezieht sich allerdings nicht ausschließlich auf den Kosovo-Konflikt, sondern versucht, diese Problematik abstrakt anzugehen, was sich schon mit der Notwendigkeit einer umfassenden Kodifizierung begründen läßt, die sodann Anwendung auf vergleichbare Situationen finden kann. Das dritte Kapitel, mit welchem die Bearbeitung schließt, stellt deren zweiten Schwerpunkt dar und baut thematisch auf dem zweiten Kapitel auf. Gegenstand dieses Abschnittes ist die im Anschluß an die Luftangriffe von den Vereinten Nationen im Kosovo eingerichtete Übergangsverwaltung UNMIK, die seitdem unter Ausschluß des Territorialherren, der Bundesrepublik Jugoslawien, sämtliche Hoheitsrechte in der serbischen Provinz wahrnimmt, wozu ihr mit Erlaß der Resolution 1244 (1999) des UN-Sicherheitsrates alle exekutiven und legislativen Kompetenzen und die Aufsicht über die Judikative übertragen wurden. Einzelne Komponenten der umfassenden Interimsverwaltung werden von verschiedenen Internationalen Organisationen wahrgenommen, vor allem der OSZE und der Europäischen Union; die militärische Präsenz, die mit der Herstellung und Aufrechterhaltung von Sicherheit und Ordnung betraut ist, wird von einer multinationalen Streitmacht wahrgenommen, welche unter der Führung der NATO steht. Inhaltlich befaßt sich das 3. Kapitel zunächst mit einer Darstellung der politischen Ausgangssituation und erörtert sodann die für die Übergangs verwaltung maßgeblichen Rechtsgrundlagen. Weiterhin werden die wichtigsten Tätigkeitsfelder der Zivilverwaltung aufgezeigt, womit auch ein kurzer Vergleich mit ähnlichen Operationen der Vereinten Nationen verbunden ist. Schließlich wird der Blick gerichtet auf eine Reihe ausgewählter tatsächlicher und rechtlicher Proble-
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me, die in diesem Zusammenhang erörterungs würdig erscheinen. Aufgrund des Umfangs der Mission im Kosovo und der zahlreichen Problemstellungen ist es nicht möglich, auf sämtliche Fragen einzugehen. Daher reduziert sich die Darstellung auf die wichtigsten Aspekte und erhebt nicht den Anspruch auf eine Vollständigkeit. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß hinsichtlich der NATO-Luftangriffe zahlreiche Aufsätze und Abhandlungen erschienen sind, in bezug auf die zivile Übergangsverwaltung deren Zahl jedoch noch immer signifikant geringer ist. Soweit es rechtliche Fragen betrifft, muß daher gesagt werden, daß die Diskussion im wissenschaftlichen Schrifttum noch am Anfang steht. Bezüglich aller Kapitel ist zu berücksichtigen, daß im Rahmen dieser Darstellung nur auf Gesichtspunkte des internationalen Rechts eingegangen wird, welche durch völkerrechtspolitische Aspekte eine Ergänzung finden. Andere Rechtsinstitute - insbesondere verfassungsrechtliche Probleme hinsichtlich der Luftangriffe oder nationalrechtliche Fragestellungen in Bezug auf die Übergangsverwaltung bleiben hier außer Betracht. Verschiedene Abhandlungen befassen sich mit dieser Thematik3• Weiterhin sei darauf hingewiesen, daß es die Aktualität der Thematik erforderlich gemacht hat, auf zahlreiche Publikationen einerseits aus Tageszeitungen und andererseits aus dem Internet zurückzugreifen. Verweise auf Internetseiten sind stets mit der Benennung von deren Adressen (URL) verbunden sowie mit einem Vennerk auf den Zeitpunkt, zu welchem die Quelle abgerufen wurde; auf letzteres wurde dann verzichtet, wenn es sich um dauerhaft bestehende Dokumentensammlungen und Archive handelt. Aufgrund der hinlänglich bekannten Schnellebigkeit des Internet mag es geschehen, daß zitierte Quellen gar nicht mehr oder von einem anderen Ort abzurufen sind. Für letzteren Fall ist es empfehlenswert, zunächst auf die Ausgangsseite der entsprechenden Internetpräsenz zuzugreifen und dann die gewünschte Information zu ermitteln. Hinsichtlich der Bezeichnung von Ortsnamen ist innerhalb der gesamten Darstellung stets die serbokroatische Schreibweise verwendet werden, also zum Beispiel "Kosovo" statt "Kosova". Hiermit geht keinesfalls eine wie auch immer geartete Wertung oder eine Stellungnahme zum künftigen Status der Provinz einher. Die Wahl fiel auf die genannte Schreibweise, weil diese auch im deutschsprachigen Schrifttum am häufigsten verwendet wird.
3 Beispielhaft sei hier hingewiesen auf Fink, Verfassungsrechtliche und verfassungsprozeßrechtliche Fragen im Zusammenhang mit dem Kosovo-Einsatz der Bundeswehr, JZ 1999, S. 1016 ff., und auf Oeter, Einsatzarten der Streitkräfte außer zur Verteidigung, NZWehrR 2000, S. 89 ff.
Erstes Kapitel
Die Luftangriffe der NATO im Rahmen der Operation "Allied Force" gegen die Bundesrepublik Jugoslawien aus völkerrechtlicher Sicht A. Einleitung und historischer Überblick In diesem ersten Kapitel soll zu den Luftangriffen der NATO gegen die BR Jugoslawien im Rahmen der Operation "Allied Force" aus völkerrechtlicher Sicht Stellung genommen werden. Die politische und auch die wissenschaftliche Diskussion zu diesem Thema haben gezeigt, daß das Völkerrecht in seinem herkömmlichen Bestand eine Lösung der Krise nicht herbeizuführen vermochte und die Staatengemeinschaft mit anderen Mitteln reagieren mußte. Aufgrunddessen beschränkt sich diese Darstellung auch nicht nur auf die rein rechtliche Bewertung der Militäroperation. Vielmehr soll ebenfalls eingegangen werden auf mögliche Entwicklungstendenzen im internationalen Recht, welche möglicherweise durch das Handeln der NATO oder auch schon früher eingeleitet worden sind. Um jedoch ein Verständnis für die besondere Situation auf dem Balkan zu erreichen, erscheint es geboten, den rechtlichen Aspekten eine Übersicht über die maßgeblichen historischen Ereignisse voranzustellen. Denn die Konstellationen des Vielvölkerstaates Jugoslawien in seinen unterschiedlichen Erscheinungsformen sind ursächlich für eine Vielzahl von Konflikten l , die den Balkan seit langer Zeit immer wieder heimsuchten. Wenngleich das Problem der ethnischen Konflikte in dieser Region wohl ausreichend Stoff für eine nur diese behandelnde Arbeit darstellt, so soll dennoch ein Blick geworfen werden auf die Umstände jüngerer und älterer Geschichte, welche die Spannungen in der serbischen Provinz Kosovo erzeugt und beflügelt haben. Insbesondere im Hinblick auf die Tatsache, daß der Begriff der Menschenrechtsverletzung für die Beurteilung der Luftangriffe einerseits, aber auch für die Entwicklung des Völkerrechts andererseits maßgeblich zu berücksichtigen sein wird, 1 In diesem Zusammenhang sei nur an die kriegerischen Auseinandersetzungen mit den im Nachgang dazu entstandenen Staatsgebilden Bosnien-Hercegowina und Kroatien erinnert, welche die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit Anfang der 90er Jahre auf den Balkan lenkten und Militäroperationen sowie friedensschaffende Maßnahmen bisher nicht gekannten Ausmaßes auslösten.
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1. Kap.: Die Luftangriffe der NATO gegen die Bundesrepublik Jugoslawien
ist es erforderlich, die Entstehungsgeschichte der Spannungen in der Region genauer zu betrachten. Ausgehend von den historischen Wurzeln der Konflikte sollen dabei auch die entscheidenden Ereignisse im 20. Jahrhundert dargestellt werden. I. Die historischen Grundlagen des Kosovo-Konfliktes Die Ursachen für die ethnischen Spannungen in der heutigen serbischen Provinz Kosovo sind nicht etwa erst in den Auseinandersetzungen der achtziger und neunziger Jahre des 20. Jahrhunderts zu sehen. Vielmehr muß man, will man den Nährboden des Konfliktes finden, bis in das Mittelalter zurückgehen. Die Schlacht des serbischen Heeres gegen die Türken auf dem Arnselfeld (Kosovo Polje) endete 1389 mit der Niederlage der Serben. Aus ihrer Sicht ging damit das "Herzstück" Serbiens, die Wiege ihrer Kultur und Kirche und ihr politisches Zentrum, an die Türken verloren. Die Bedeutung der Region als zentrales Stammland des Königreiches Serbien ist Grund für das Trauma, das durch den Verlust ausgelöst wurde und bis in das 20. Jahrhundert andauerte2 • Es sei jedoch der Blick auch dafür nicht verstellt, daß die historischen Fakten der Schlacht heute größtenteils nicht bekannt sind; lediglich eine insbesondere durch die Kirche vorangetriebene Mystifizierung der Schlacht und ihr Streben nach Vereinigung aller Serben haben zu einer umfangreichen Bildung von Liedern und Legenden geführt, in welchen der Verlust des Kosovo als zu rächende Schmach dargestellt wird. Auch bedarf der Erwähnung, daß die Bindung der Serben an ihr "Stammland" vornehmlich emotional-abstrakter Natur ist und war; die meisten von ihnen leben oder lebten anderswo und kennen das Kosovo nur aus Erzählungen und Beschreibungen. Trotz großer Opferbereitschaft für die "Wiege des Serbenturns" suchen die meisten Serben keine reale Verbindung dorthin, so daß schon formuliert worden ist, daß "viele Serben bereit sind, für Kosovo zu sterben, aber niemand den Wunsch hat, dort zu leben"3. Nach dem Verlust des Kosovo stand die Region jahrhundertelang unter dem Einfluß des Osmanischen Reiches. Im Zuge der türkischen Herrschaft wurde das Kosovo zur Heimat zahlreicher Albaner, welche in der Folgezeit mehrheitlich zum Islam übertraten, was ebenfalls einen Grund für den Haß der Serben darstellt, war dies doch die Religion des obsiegenden Erzfeindes. Als Folge des Berliner Kongresses des Jahres 1878 erlangte Serbien seine Unabhängigkeit zurück. Die Region Kosovo verblieb jedoch unter der Herrschaft des 2 Siehe die umfangreichen historischen Erläuterungen bei Reuter, Serbien und Kosovo - Das Ende eines Mythos, Südosteuropa 48 (1999), S. 628 ff. 3 V gl. Reuter, Die Entstehung des Kosovo-Problems, Aus Politik und Zeitgeschichte B 34/99, S. 3 (7).
A. Einleitung und historischer Überblick
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Osmanischen Reiches. Dies änderte sich erst im Verlaufe des ersten Balkankrieges 1912, als die Serben das heutige Albanien und auch das Kosovo zurückeroberten. Ziel war schon zu dieser Zeit, die gesamte Region im Sinne einer zentralistischen großserbischen Politik zu beherrschen. 1924 entstand das Königreich Jugoslawien. Am 29.11.1945 rief Tito als Ministerpräsident die kommunistische Volksrepublik Jugoslawien aus, welche im übrigen auch Gründungsmitglied der Vereinten Nationen wurde. Die Republik war jedoch nichts anderes als eine Konzentration von zahlreichen ethnischen Minderheiten mit einigen wenigen staatstragenden Völkern, welche sich hinsichtlich ihrer Geschichte, ihrer Kultur und Religion und ihrer Traditionen stark unterschieden. Diese letztlich zwangsweise Zusarnmenführung von grundverschiedenen Völkern ("ethnischer Flickenteppich") barg stets einen Zündstoff für Auseinandersetzungen; Tito reagierte auf die daraus entstehenden Konflikte mit zum Teil exzessiver Gewaltanwendung, um ein Auseinanderbrechen des Vielvölkerstaates zu verhindern. Dennoch war, wie auch die jüngere Geschichte gezeigt hat, der Zerfall von Jugoslawien nicht aufzuhalten und mündete schließlich in den kriegerischen Auseinandersetzungen der neunziger Jahre des 20. Jahrhunderts. Die Serben dehnten sich zeitweilig bis nach Griechenland aus, ihr Zentrum war das Kosovo. Unter diesem Aspekt wird erkennbar, daß der Verlust dieser Region für die Serben bis heute ein einschneidendes Ereignis war, das ihre Geschichte maßgeblich beeinflußt hat.
11. Vertiefung der Spannungen nach 1980 Für Ministerpräsident Tito hatte das Kosovo nicht dieselbe Bedeutung wie für die Nationalisten. Er führte 1974 eine Verfassung ein, die dem Kosovo den Status einer autonomen Region verlieh, den einer Republik jedoch vorenthielt. Obwohl hiermit eine echte Unabhängigkeit nicht erreicht wurde, leistete dieser Umstand einem albanischen Nationalismus Vorschub, während die Serben die teilweise Loslösung des Kosovo als "Amputation" empfanden. Nach Titos Tod im Jahre 1981 forderten die Kosovo-Albaner die Loslösung der Region von Jugoslawien und ihre Anerkennung als albanische Teilrepublik. Die Reaktion der Zentralregierung bestand darin, diesen Aufstand blutig niederzuschlagen. Auch wenn das Schicksal der Kosovo-Albaner von Unterdrückung und Repressalien geprägt war, so darf nicht der Blick dafür verloren gehen, daß ihre Volksgruppe sich in ethnischen, kulturellen, sprachlichen, religiösen und historischen Aspekten im Hinblick auf die slawischen Völker stark unterschied und der Willen zu einer weitgehenden Integration, was als Voraussetzung für ein friedliches Miteinander bezeichnet werden muß, bei ihnen nicht sehr stark ausgeprägt war.
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1. Kap.: Die Luftangriffe der NATO gegen die Bundesrepublik Jugoslawien
III. Die Ereignisse in der Region Kosovo zwischen 1988 und 1998 Die Tatsache, daß sich die im Kosovo lebenden Serben von der Mehrheit4 der Albaner unterdrückt fühlten, führte dazu, daß sie sich verstärkt gegen die der Region eingeräumten Autonomie zur Wehr setzten. In Belgrad forderten im November 1988 Hunderttausende Demonstranten ein Ende der Unterdrückung der slawischen Minderheit; Slobodan Milosevic kündigte die "Vereinigung Serbiens" an, die, wenn notwendig, auch mit bewaffneten Kämpfen erreicht werden müßtes. Die Unruhe im Kosovo zwischen den verschiedenen Ethnien einerseits, aber auch zwischen Jugoslawien und Albanien andererseits, hatten durch die aggressive Expansionspolitik von Milosevic neuen Auftrieb erhalten, welche diesen letztendlich seinen politischen Zielen, nämlich Präsident Jugoslawiens zu werden, näher brachte. Eine ausschlaggebende Rolle für die weitere Entwicklung im Kosovo nimmt das Jahr 1989 ein. Genau 600 Jahre nach der Schlacht auf dem Amselfeld und dem Verlust des Kosovo an die Türken bilden diese Ereignisse für Milosevic den nationalistisch-serbischen Ausgangspunkt und ein Motiv für sein Streben nach der Einnahme der Region. Bereits im Februar 1989 begann die Belgrader Zentralführung damit, ihren Einfluß im Kosovo zu verstärken, indem mißliebige Politiker aus ihren Ämtern herausgelöst wurden und Organisatoren von Demonstrationen und Streiks der albanischen Bevölkerung verhaftet wurden 6• Am 23.03.1989 schließlich stimmte das von Serbien kontrollierte Parlament des Kosovo den Änderungen der serbischen Verfassung zu, die für die Provinz massive Einschränkungen der regionalen Selbstverwaltung, namentlich den weitreichenden Verlust der Autonomie, bedeutete; neben der Einführung des Serbischen als einzig offizieller Amtssprache? übernahm Serbien die Gewalt und Oberhoheit über Polizei, Justiz und Zivilverteidigung; ebenfalls wurde durch die neue Verfassung die Besetzung von Spitzenposten in Politik und Verwaltung ausschließliche Angelegenheit der serbischen Zentralführung8 • Das Kosovo wurde so von einer autonomen Region zu einer serbischen Provinz herab gestuft.
4 Zu diesem Zeitpunkt bestand die Bevölkerung zu etwa 90 % aus albanisch-stämmigen Menschen, während die Serben nur etwa 10 % der Population ausmachten. 5 Vgl. AdG 1989, S. 32954 A (1). 6 Milosevic besetzte alle bedeutenden Positionen mit seinen Parteifreunden und sicherte sich auf diese Weise die Kontrolle über das jugoslawische Staatspräsidium, was Grundstein seiner autokratischen Herrschaft wurde, vgl. Rüb, Vom multiethnischen Staat zum Genozid, Kritische Justiz 1999, S. 163 (169). 7 V gl. Rüb, Ibrahim Rugova und die horizontale Teilung des Kosovo, in: ders., Kosovo. Ursachen und Folgen eines Krieges in Europa, München 1999, S. 51 f. 8 Vgl. AdG 1989, S. 33184 A (2).
A. Einleitung und historischer Überblick
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Während die Verfechter der Verfassungsänderung erklären, die Änderungen hätten die Aufhebung der Autonomie des Kosovo nicht im Sinn, sondern nur eine weitgehende Gleichstellung aller im Kosovo lebenden Ethnien, fühlte sich die albanischstämmige Bevölkerung massiv unterdrückt und entrechtet, was in weiteren Demonstrationen mündete, die jedoch von der serbischen Führung als "schwere Verletzung der öffentlichen Ordnung"9 dargestellt wurden und durch Einheiten von Polizei und Militär mit extremer Gewalt beantwortet wurden, wodurch zahlreiche Menschen ihr Leben verloren. Im Verlaufe des Jahres 1990 begann hinsichtlich der öffentlichen Verwaltung die sogenannte "ethnische Säuberung"; die Kosovaren wurden systematisch aus Ämtern der Verwaltung vertrieben. Der serbische Bevölkerungsanteil begann damit, sich zu bewaffnen. Die Polizeikräfte der Region, die seit der Verfassungsänderung wieder unter serbischer Führung standen, begingen Repressionen an den Kosovo-Albanern, es fanden willkürliche Verhaftungen, Folterungen und Hausdurchsuchungen statt. Neben den Polizeikräften kamen Sondereinheiten und solche der Jugoslawischen Volksarmee zum Einsatz. Am 02.07.1990 erklärten die albanischstärnrnigen Abgeordneten des Parlaments des Kosovo die Unabhängigkeit der Republik lO und annullierten ihre Zustimmung zu den Verfassungsänderungen. Als Erklärung führten sie an, daß die Kosovaren seit dem politischen "Wechsel" in ständiger Unterdrückung lebten und sich elementarer Menschenrechte beraubt sahen. Die Reaktion der serbischen Zentralregierung bestand bereits am 05.07.1990 in einer durch ein Eilverfahren beschlossenen Auflösung von Parlament und Regierung der Provinz Kosovo, wodurch die ohnehin schon stark eingeschränkte Autonomie nunmehr faktisch endgültig aufgehoben wurdelI. Wie die Unabhängigkeitserklärung gezeigt hat, verfolgten die Kosovaren auch weiterhin ihr Ziel, entweder die Autonomie wiederherzustellen oder aber eine eigene Republik zu errichten. In diesem Zusammenhang entstand so etwas wie ein "Schattenstaat" Kosovo, in welchem ein eigenes Parlament und ein eigener Präsident gewählt wurden, ein Bildungs- und Gesundheitswesen sowie auch eine von serbischem Einfluß unabhängige Wirtschaft errichtet wurden. Unter der Führung der Demokratischen Liga des Kosovo (LDK) wurden im Mai 1992 auch Staatsorgane und eine Regierung gewählt. Völkerrechtliche Anerkennung widerfuhr ihnen freilich nicht; im Rückblick ist jedoch festzustellen, daß durch diese Bestrebungen den Kosovo-Albanern ein Sprachrohr nach außen erhalten blieb, so daß zumindest ihr Wunsch nach Unabhängigkeit nicht gänzlich im Keim erstickt wurde. AdG 1989, S. 33184 A (3). Der einzige Staat, der dies völkerrechtlich anerkannte, war Albanien. 11 Vgl. AdG 1990, S. 34786 A (1).
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1. Kap.: Die Luftangriffe der NATO gegen die Bundesrepublik Jugoslawien
Im September 1991 bestätigte die "Führung" der Kosovo-Albaner per Referendum den Wunsch nach Sezession. Dies lehnten die westlichen Staaten jedoch einhellig ab; aufgrund des von ihnen im Zuge einer Abspaltung befürchteten enormen Konfliktpotentials hielten sie eine weitreichende Autonomie für die einzig adäquate Lösung. Im Dezember 1994 forderte der "Präsident" der Kosovo-Albaner, Ibrahim Rugova, unter Hinweis auf die ethnische Säuberung, die Errichtung eines Protektorates im Rahmen einer Lösung für die gesamte Bundesrepublik Jugoslawien l2 • Die "Exilregierung" der Kosovo-Albaner forderte 1995 die Vereinten Nationen dazu auf, angesichts der Repressionen gegen die albanisch stämmige Bevölkerung die "Republik Kosovo" zur UN-Schutzzone zu erklären. Verrnittlungsversuche aus dem Ausland bezüglich dieser Problematik lehnte Milosevic zu diesem Zeitpunkt bereits kategorisch als Einmischung in innere Angelegenheiten ab. In der Folgezeit konzentrierte sich die Aufmerksamkeit der Staatengemeinschaft und deren Anstrengungen auf die Sicherung und Implementierung des Friedens in Bosnien-Hercegowina. Ausgelöst durch die Tatsache, daß der Friedensvertrag von Dayton das Kosovo-Problemjedoch überhaupt nicht behandelt l3 , erhielt die Bildung der kosovarischen Untergrundarmee U~KI4 Vorschub, was noch dadurch gestützt wurde, daß der "Präsident" der Kosovo-Albaner, Ibrahim Rugova, wie auch der albanische Präsident Berisha den Schwerpunkt ihrer Verhaltensweise auf einen gewaltlosen Widerstand und Boykott beschränkten, von einem bewaffneten Aufstand aber Abstand hielten. Nach Meinung der U~K Aktivisten führte diese Gewaltlosigkeit jedoch nur dazu, daß die Belange der Kosovaren ignoriert würden l5 • Obgleich nach den inneren Unruhen des Jahres 1997 die Untergrundarmee durch massenhafte Plünderungen von Waffenlagern von Polizei und Militär an einen großen Bestand von Ausrüstung kam und zunächst auch einige Erfolge zu verbuchen hatte, indem sie beispielsweise einige Ortschaften und Zufahrts wege kontrollierte, war sie letztendlich der Übermacht von jugoslawischen Einheiten 12 Diese wurde am 27.04.1992 von Serbien und Montenegro unter serbischer Vorherrschaft gegründet, nachdem die früheren Teilrepubliken Slowenien, Kroatien, Bosnien-Hercegovina und Mazedonien im Zuge der Auseinandersetzungen aus der ehemaligen Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien (SFRJ) ausgeschieden waren; bei letzterem handelte es sich nach einer Ansicht um einen Fall der fortgesetzten Sezession der Teilrepubliken; die UN betrachten die frühere SFRJ als durch Dismembration untergegangen; vgl. hierzu Epping, in: Ipsen, Völkerrecht, 4. Aufl., München 1999, § 31, Rz. 25. Aspekte etwa der Staatennachfolge werden uneinheitlich betrachtet, vgl. hierzu Epping, Rz. 25. 13 Die prekäre Situation wurde vielmehr zu diesem Zeitpunkt "unter den Teppich gekehrt", so Reuter, Die internationale Gemeinschaft und der Krieg in Kosovo, Südosteuropa 47 (1998), S. 281. 14 Die Abkürzung steht für "Ushtria Clirimatore e Kosovo", was in der direkten Übersetzung "Befreiungsarmee Kosovo" bedeutet. 15 Vgl. Reuter, Die Entstehung des Kosovo-Problerns, S. 9.
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hilflos ausgeliefert. 1998 ging die serbische Spezialpolizei dazu über, die U