Die sozialen Grundlagen der Barockkultur in Süddeutschland 9783110507140, 9783828253155


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German Pages 354 [368] Year 1988

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Table of contents :
Inhalt
Vorwort der Herausgeber
Vorwort
Abkürzungen
Einleitung
1. Der Schwarzacher Klosterbau und die Rebellion der Untertanen - ein Beispiel zur Erschließung der sozialen Grundlagen der Barockkultur
2. Barockbaufinanzierung I : Fronen und Abgaben
3. Barockbaufinanzierung II: Kredite
4. Lastensteigerungen und Veränderungen der Agrarverfassung im Südwesten
5. Der kleinstaatliche Absolutismus
6. Rechtsdenken und Widerstandshandeln der Bauern
Resümee
Anhang: Quellen
Archivbestände und Literatur
Abbildungsnachweis
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Die sozialen Grundlagen der Barockkultur in Süddeutschland
 9783110507140, 9783828253155

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H. Zückert Die sozialen Grundlagen der Barockkultur in Süddeutschland

Quellen und Forschungen zur Agrargeschichte, Herausgegeben von G. Franz und P. Blickle Band 33

Die sozialen Grundlagen der Barockkultur in Süddeutschland von Hartmut Zückert 19 Abbildungen und 21 Tabellen

Gustav Fischer Verlag Stuttgart · New York · 1988

Adresse des Autors: Hartmut Zückert Beusselstr. 3 1000 Berlin 21

CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Zückert, Hartmut: Die sozialen Grundlagen der Barockkultur in Süddeutschland / von Hartmut Zückert. Stuttgart : Fischer, 1988. (Quellen und Forschungen zur Agrargeschichte ; Bd. 33) ISBN 3-437-50315-4 NE: G T

© Gustav Fischer Verlag · Stuttgart New York 1988 Wollgrasweg49 D-7000 Stuttgart 70 (Hohenheim) Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Satz: Filmsatz Jovanovic, Ruhstorf Druck: Karl Grammlich GmbH, Pliezhausen Verarbeitung: Biblia-Druck GmbH, Stuttgart Printed in Germany

ISBN 3-437-50315-4 ISSN 0481-3553

Inhalt Vorwort der Herausgeber Vorwort Abkürzungen Einleitung 1.

2. 2.1 2.2

3. 3.1 3.2 3.3 4. 4.1 4.2 4.3 4.4 5.

Der Schwarzacher Klosterbau und die Rebellion der Untertanen - ein Beispiel zur Erschließung der sozialen Grundlagen der Barockkultur . (Der Baufronenstreit 25 - Die Entscheidung 38 - Nach der Niederlage 59)

VII IX X 1 8

Barockbaufinanzierung I: Fronen und Abgaben 64 Baufronen 64 (Schussenried 66 - Mühlheim 74 - Laupheim 79 - Ergebnisse 87) Abgaben- und sonstige Lastenerhöhungen 89 2.2.1 Lastensteigerungen 89 (Mühlheim 90 - Laupheim 96 - Schussenried 102 - Ergebnisse 105) 2.2.2 Ausweitung des Herrschaftsetats 109 (Mühlheim 109 - Laupheim 115 - Schussenried 117 - Ergebnisse 122) Barockbaufinanzierung II: Kredite Beispiel Kloster-und Kirchenbau Schäftlarn Kreditfinanzierung (Schäftlarn 143 - Gangkofen 147 - Andechs 157 - Bäuerliche Verschuldung 163) Die Ausnahme: Kloster Seeon Lastensteigerungen und Veränderungen der Agrarverfassung im Südwesten Fronen und Leibeigenschaft (Ungemessenheit 188 - Beschränkungen 192 - Belastung 200 Entbehrlichkeit der Fron 206 - Leibeigenschaft 211) Allmende Gemeindeselbstverwaltung Steuern Der kleinstaatliche Absolutismus (Überwindung tradierter Rechtsbeziehungen 246 - Repräsentation 268 - Volksfrömmigkeit 274 - Mediate Herrschaften 280 - Landesstaaten 289

127 127 143 168 187 188 216 227 236 242

6. 6.1 6.2

Rechtsdenken und Widerstandshandeln der Bauern Bäuerliches Verfassungs- und Rechtsdenken (Verfassungsdenken 299 - Rechtsdenken 307) Bedingtheiten des Widerstandsverhaltens (Vorgeschichte 311 - Träger des Widerstandes 318 Der Ausstand 328)

Resümee Anhang: Quellen Archivbestände und Literatur Abbildungsnachweis

297 299 311

336 340 348 354

Vorwort der Herausgeber Die Reihe «Quellen und Forschungen zur Agrargeschichte» wurde 1943 von Günther Franz und Friedrich Lütge im Verlag Gustav Fischer, damals Jena, begründet. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs führten die beiden Herausgeber gemeinsam mit Wilhelm Abel die Reihe im gleichen Verlag in Stuttgart fort. Nach den zwei im Krieg verlegten Bänden konnten bis 1980 weitere 30 Bände erscheinen, die nach dem Tod Friedrich Lütges (1968) von Wilhelm Abel und Günther Franz als Herausgebern betreut wurden. Nach einer mehrjährigen Unterbrechung - Wilhelm Abel war mittlerweile verstorben - veranlaßte Günther Franz den Verlag, die Reihe unter der Mitherausgeberschaft von Peter Blickle weiterzuführen. Dies nicht zuletzt deswegen, weil die Agrargeschichte, wenn auch unter anderen thematischen Schwerpunkten, im europäischen und internationalen Rahmen neue Bedeutung gewann: «Peasant society», Alltag und bäuerlicher Widerstand sind dafür drei signifikante Beispiele, die stellvertretend für andere Forschungsschwerpunkte stehen können. Der deutschen Forschung würde, soweit sie sich an diesem Diskurs beteiligt - und sie tut es in nicht ganz unerheblichem Maße - , ein thematisch ausgerichtetes Publikationsforum fehlen, wenn es die «Quellen und Forschungen zur Agrargeschichte» nicht gäbe. Sie zu reaktivieren geschieht in der Absicht, einer gleichermaßen traditionsreichen wie neuen Forschungsrichtung in Mitteleuropa eine «Behausung» zu bieten und eine international anerkannte Plattform zu sichern. Herausgeber und Verlag

Vorwort Die Arbeit wurde 1985 von der Philosophisch-historischen Fakultät der Universität Bern als Dissertation angenommen. Sie wurde für den Druck überarbeitet. Freundlicherweise haben die Fakultät, die Karl-Jaberg-Stiftung in Bern, die Stiftung der Württembergischen Hypothekenbank für Kunst und Wissenschaft und die Stadt Kempten (Allgäu) Druckkostenzuschüsse zur Verfügung gestellt. Ich danke Prof. Dr. Günther Franz für die Aufnahme in die von ihm herausgegebene Reihe, Prof. Dr. Knut Schulz für seine Unterstützung, vor allem aber Prof. Dr. Peter Blickle, der mir das Thema seinerzeit vorgeschlagen und die Untersuchung kritisch begleitet hat, dessen Forschungen meine Vorstellung von der Feudalgesellschaft stark geprägt haben.

Nun gibt sich die frag..., ob wir unseres gnedigisten fürsten und herrn höchst schedlich und unnutzliches bauen zu entgelten haben und ob wir von rechtswegen zu solichen weiteren unerschwinglichen beytragen an baren gelt und zu denen schweren nicht schuldigen frohndiensten kinden genötigt werden? (Die Untertanen Fürststift Kemptens) Es hätten jah die hern geistliche so grose und kostbare closter zu bauen nicht nötig. (Untertanen Kloster Schwarzachs)

Abkürzungen Bü Büschel d Pfennig Dep. Depositum fl Gulden FüSti Ke, Müb Fürststift Kempten, Münchener Bestand GLAK Badisches Generallandesarchiv Karlsruhe h Heller HStAM Bayerisches Hauptstaatsarchiv München HStASt Hauptstaatsarchiv Stuttgart kr Kreuzer RKG Reichskammergericht SM Studien und Mitteilungen zur Geschichte des BenediktinerOrdens und seiner Zweige StAL Staatsarchiv Landshut StAS Staatsarchiv Sigmaringen WAL Weiden - Archiv Laupheim ZAA Zeitschrift für Agrargeschichte und Agrarsoziologie ZBLG Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte ZWLG Zeitschrift für württembergische Landesgeschichte

Einleitung In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts begann sich in Deutschland unter italienischen und französischen Einflüssen eine Barockkultur zu entfalten, die sich von ihren Hauptzentren Österreich, Süd- und Südwestdeutschland bis nach Sachsen und Preußen erstreckte. Die Landesfürsten bauten ihre Residenzstädte um oder ließen, angelehnt an neue Residenzschlösser, ganze Stadtanlagen nach barockem Muster ausführen. Aber auch jeder kleine Territorialherr, ob adlig oder geistlich, strebte nach barocker Repräsentation in einem Palais, einer Schloß- oder Klosteranlage. Damit war der Rahmen geschaffen für ein aufwendiges Hofleben, Jagden, Feste, Opern usw. Die Ergebnisse dieser Bautätigkeit sind heute noch überall zu betrachten. Angesichts der außerordentlichen Pracht und reichen Verschwendung drängt sich die Frage auf, wie das alles bezahlt worden ist. Die Landes- und Territorialherren mußten allem Anschein nach erhebliche Mittel aufwenden, um die Schlösser, Klöster und Kirchen errichten und ausstatten zu können. Hinzu kommt, daß die ökonomische Leistungsfähigkeit Deutschlands im ausgehenden 17. und beginnenden 18. Jahrhundert, verglichen mit seinen westeuropäischen Nachbarn, als nicht sehr hoch anzusetzen ist. Kaum von den Folgen des Dreißigjährigen Krieges erholt, setzt jedoch diese rege Bautätigkeit ein. Wo kam das Geld her? Doch wohl von niemand anderem als den Untertanen dieser Herrschaften. Es fragt sich, ob der Barockbau nicht Folgen für die wirtschaftliche Lage der Bevölkerung haben mußte. Wurden die Baukosten auf irgendeine Weise auf die Untertanen abgewälzt? War der Barockbau ohne eine erhebliche Zusatzbelastung der Bauern über die Erhöhung von Abgaben, Steuern und Diensten überhaupt möglich? Wenn nicht, konnte eine solche Extrabelastung verkraftet werden und wurde sie bereitwillig und widerspruchslos getragen? Diese Fragen drängen sich auf. Sie resultieren aus dem gedanklichen Widerspruch zwischen der großen Prachtentfaltung und den wirtschaftlich dürftigen Verhältnissen. Die Antworten liegen nahe. Sie gehen auf die Annahme einer Höherbelastung der Bauern. Und daher fragt man sich um so mehr, ob die Untertanen bereit waren, die Ansprüche ihrer Obrigkeiten ohne weiteres zu erfüllen, oder ob es Unmut, Protest und Widerstand gab. Kam es in Zusammenhang mit dem Barockbau zu Beschwerden, Prozessen, Verweigerungen, offenem Widerstand? Versucht man aber, die Themenstellung zu präzisieren, so erweisen sich Antworten doch als schwieriger: Auf welche Weise wurde der Bau abgewickelt; inwieweit wurde mit entlohnten Bauarbeitern gearbeitet und in welchem Maße wurden Bauern zur Fronarbeit herangezogen ? Welche Auswirkungen hatte die Fron, zog sie nur Arbeitskraft ab, die sonst in der eigenen Landwirtschaft hätte eingesetzt werden können, oder lieferte sie durch das übliche Fronbrot auch einen nicht unerwünschten Beitrag zur Subsistenzsicherung für die dörfliche Unterschicht? Inwieweit konnte die Kostenbelastung durch Kreditaufnahme 1

weit über die Bauzeit gestreckt und so eine stärkere Belastung der Untertanen vermieden werden? Gab es schließlich fromme Spenden aus der Bevölkerung, mit deren Hilfe die Kirchen und Klöster finanziert werden konnten? Diese und ähnliche Fragen sind es auch, mit denen sich die Forschung auseinandersetzt. Seit es überhaupt eine wissenschaftliche Beschäftigung mit dem Barock gibt, ist man sich dieser Probleme bewußt. Schon Georg Dehio machte auf die wirtschaftsgeschichtliche Seite des Barockbaus aufmerksam. 1 Die ersten Arbeiten wären "bauwirtschaftlicher Art, befaßten sich mit Bauorganisation und -finanzierung. M. Pest kam zu dem Schluß, daß es Fronarbeit zwar gab, sie jedoch keine größere Bedeutung hatte. Er berichtet immerhin, daß es bei den Klöstern St. Peter auf dem Schwarzwald, Ettenheim - Münster und Kempten wegen Baufronen zu Untertanenkonflikten kam, hält dies aber, wie überhaupt die Inanspruchnahme ungemessener Fronen beim Bau für Ausnahmen. Ebenso stellt er verschiedene Formen der Kreditfinanzierung in z.T. nicht geringem Ausmaß fest, meint jedoch zusammenfassend, die Eigenmittel der Klöster seien die wichtigste Geldquelle gewesen. 2 Die ähnlich ausgerichtete Arbeit von W. Baumgärtner über den Bau des Ludwigsburger Schlosses zeigt ein ganz anderes Ausmaß der Untertanenbelastung. Er beschreibt, wie aus ganz Württemberg Fröner zu Fuhr- und Handdiensten herangezogen, daneben Militär zu Schanzarbeiten und Strafgefangene eingesetzt wurden, und wie die schleppende und unvollständige Bezahlung viele Handwerker schädigte oder gar ruinierte. 3 Methodisch anders orientiert ist die Untersuchung von F.K.Weber über Kloster Ottobeuren, die nach den wirtschaftlichen Grundlagen des Baus dieser prächtigen Barockanlage fragt. Seine Arbeit ist eine Darstellung der Herkunft der herrschaftlichen Einkünfte und ihrer Verwaltung einerseits, sowie der gelungene Versuch, aus fragmentarischem Material eine Schätzung der Summe der Einkünfte zu ermitteln. So will er zeigen, wie die Gelder zum Bau zusammenkamen. 4 Immerhin sind allein die Kosten der Klosterkirche auf über eine Million Gulden geschätzt worden. 5 Die Realisierbarkeit des prachtvollen Baus führt Weber vor allem und nahezu ausschließlich auf die straffe Wirtschaftsführung des Abtes Rupert Neß zurück. Seine Verwaltung habe nur die gleichsam natürlich vorhandenen Ressourcen des recht großen Territoriums ausgeschöpft. 6 Nur am Rande wird angedeutet, daß die Reformmaßnahmen des Abtes nicht allein auf eine sparsamere Klosterökonomie zielten, sondern auch die Bevölke1 Nach Pest, Finanzierung, S. 7. 2 Matthäus Pest, Die Finanzierung des süddeutschen Kirchen- und Klosterbaues in der Barockzeit. Bauwirtschaftliche und finanzielle Probleme des kirchlichen Barocks im deutschen Süden von ca. 1650 bis ca. 1780, München 1937, bes. S.95ff. und 139. 3 Walter Baumgärtner, Die Erbauung des Ludwigsburger Schlosses. Ein Beispiel staatlicher Bauwirtschaft im 18. Jahrhundert, Würzburg 1939. 4 Franz Karl Weber, Wirtschaftsquellen und Wirtschaftsaufbau des Reichsstiftes Ottobeuren im beginnenden 18. Jahrhundert, in: SM 57 (1939), S. 171-208 und 58 (1940), S. 107-137. 5 Norbert Lieb, Ottobeuren und die Barockarchitektur Ostschwabens, Memmingen 1933, S. 12 f. 6 Vgl. seine Schilderung der guten Naturbedingungen zu Anfang: Weber, Wirtschaftsquellen, SM57, S.175f.

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rung stärker belasteten - die, wie an einer Stelle erwähnt wird, kaum einmal in der Woche Fleisch auf dem Tisch hatte. Jeder zweite Einwohner des Marktes Ottobeuren holte das Essen an der Klosterpforte; hier sollte gespart werden. Beiläufig heißt es, daß man während der Bauzeit die Fronen, die man wenig zuvor schon durch Geld abzulösen geplant hatte, als unentbehrlich zum Bau empfand und in beträchtlichem Umfang wieder in Anspruch nahm. 7 An neueren Arbeiten ist die von G. Kleemann zu nennen, die die Geschichte von Schloß Solitude beschreibt. Dieses Unternehmen wurde in der gleichen Art wie der ältere Bau von Schloß Ludwigsburg durchgeführt. Fröner aus der Umgebung mußten antreten, das ganze Land litt unter Steuerlasten, die Herzog Carl Eugen verfassungswidrig eingezogen hatte. Der Landtag nahm die diesbezüglichen Beschwerden in seine Klage vor dem Reichshofrat auf, die positiv beschieden wurde. Der Verfassungskampf endete 1770 in einem Erbvergleich, der das Ende des Absolutismus in Württemberg brachte. Als danach weiterhin Fröner zur Anlage von Jagdgehegen bei Solitude befohlen wurden, kam es zu Verweigerungen. 8 P. Scherer ließ sich bezüglich Weingarten, einem ähnlich kostspieligen klösterlichen Barockbau wie Ottobeuren, in gleicher Weise wie Weber von der Frage leiten, «in welchem Verhältnis Werk und Plan zu den Möglichkeiten einer Grundherrschaft in der Größenordnung Weingartens stand.» 9 Auch er verfaßte eine mehr landes- und wirtschaftsgeschichtliche Arbeit, die zu dem Ergebnis kommt, daß es das Stift aufgrund seiner guten Einnahmesituation nicht nötig hatte, «Fröner herbeizupressen»; ebensowenig hätte Spendentätigkeit der Untertanen aus frommer Gesinnung eine Rolle gespielt. 1 0 Soweit die bisherigen Untersuchungen. Insgesamt ist es bislang nicht möglich, eine exakte Antwort auf die Frage nach der Herkunft der Geldmittel zu geben, wie R . Bauerreiß in einem vorläufigen Resümee 1977 bemerkt. Er nennt einige Teilerklärungen, die er selbst als unzureichend empfindet. 1 1 Der gegenwärtige Forschungsstand ist als unklar zu bezeichnen. Folgt man Pest, Weber und Scherer, so ergibt sich für die süddeutschen Klosterherrschaften: 1. Durch den Barockbau wurden die Bauern nicht übermäßig mit Fronen belastet; die Bauwerke wurden zum größten Teil durch bezahlte Handwerker errichtet. 2. Der Barockbau war der Wirtschaftskraft der Herrschaften angemessen; die Untertanen wurden nicht über die Maßen mit Abgaben oder Steuern beschwert. Ganz anders dagegen sind die Ergebnisse für das viel größere Württemberg mit seiner extensiven Inanspruchnahme von Fronarbeit. Diese und die Hinweise bei

7 Ebd., SM 57, S . 2 0 1 , A n m . 4 3 und 44, S . 2 0 2 , und SM 58, S . 1 1 5 f . 8 Gotthilf Kleemann. Schloß Solitude bei Stuttgart. Aufbau - Glanzzeit - Niedergang, Stuttgart 1966, bes. S . 9 , 22 und 1 1 3 - 1 1 8 . 9 Peter Scherer, Reichsstift und Gotteshaus Weingarten im 18. Jahrhundert. Ein Beitrag zur Wirtschaftsgeschichte der südwestdeutschen Grundherrschaft, Stuttgart 1969, S. 1. 10 Ebd., S. 71. 11 Romuald Bauerreiß, Kirchengeschichte Bayerns, Bd. 7, St. Ottilien 1977, S . 2 9 9 f .

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Pest und Weber sollten doch Anlaß sein, dem noch einmal genauer nachzugehen. Zwei neuere Untersuchungen, die entweder thematisch oder zeitlich das Thema berühren, bestärken in solch einem Vorhaben. H. W. Eckardt handelt von einer anderen Art fürstlichen Repräsentationsbedürfnisses, der adligen Jagdlust. Die Jagd als Hauptvergnügen der Landesherren hatte ihren Höhepunkt im 18. Jahrhundert, viele Barockschlösser sind als Jagdschlösser entstanden. Sie belastete die bäuerlichen Untertanen außerordentlich, einmal wegen der Verwüstung der Felder infolge der hohen Wildquote in den Wäldern, zum anderen durch die in der Regel ungemessenen Jagdfronen. Dagegen gab es zahllose Beschwerden der Betroffenen, Formen der Verweigerung durch unzureichende Wahrnehmung der Jagdfronen bis hin zu offenen Revolten sowie Widerstand in Form von Wilderei. 12 E. Elbs hat den ersten Aufstand in der Grafschaft Zollern 1584 untersucht. Graf Eitelfriedrich, ein Renaissancefürst mit ausgeprägtem Sinn für Repräsentation und Prachtentfaltung, ließ in Hechingen ein großartiges Residenzschloß bauen. Dazu nötigte er die Untertanen zu schweren Fronen und provozierte den «Austritt» einer Gemeinde. Auch der Ausgangspunkt für die zweite Erhebung, die Generalrebellion aller Gemeinden der Grafschaft 1619, waren Baufronen, die für die Instandsetzung und Erweiterung der Festung Hohenzollern gefordert wurden. 13 Das alles legt es nahe, mit mehr Ergebnissen hinsichtlich Untertanenbelastung und Protest beim Barockbauwesen zu rechnen, als sie bisher vorliegen. Die Untersuchung sollte sich dabei nicht allein auf die Baufronen und an ihnen sich entzündenden Widerstand ausrichten, sondern das ganze Problem der Aufbringung der Baugelder angehen. Hierüber gibt es noch wenige Erkenntnisse. Wie ist dem beizukommen? Es müssen zunächst einmal Überlegungen zum methodischen Herangehen angestellt werden. Weber und Scherer haben den Weg, der zu beschreiten ist, im Grunde schon vorgegeben: die umfassende Bearbeitung von Einzelbeispielen. Wenn, wie es offensichtlich der Fall ist, die erzählenden Quellen keine Auskunft zur Fragestellung geben, kann nur von einer Aufdeckung der Bezüge, in denen der Barockbau steht, eine Antwort erhofft werden. Da die Frage, wie die Gelder und die Arbeitsleistungen aufgebracht wurden, weit in die Zusammenhänge von Wirtschaft und Herrschaft hineinreicht, ist es nötig, diesen Bereich möglichst umfassend in den Blick zu bekommen. Dadurch soll es auch ermöglicht werden, Beziehungen, in denen der Barockbau stehen mag, die aber nicht offenliegen und auf den ersten Blick nicht erkennbar sind, aufzudecken und so einer Erklärung näherzukommen. Die Methode ist also, so weit wie möglich die ganze historische Komplexität der Bauzeit (und evtl. der Vorbereitungszeit) zu rekonstruieren. Nur wenn 12 Hans Wilhelm Eckardt, Herrschaftliche Jagd, bäuerliche Not und bürgerliche Kritik. Zur Geschichte der fürstlichen und adligen Jagdprivilegien vornehmlich im südwestdeutschen Raum, Göttingen 1976; vgl. S. 124f. 13 Eberhard Elbs, Owingen 1584. Der erste Aufstand in der Grafschaft Zollern, in: Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte 17 (1981), S. 9 - 1 2 7 ; Erklärung des «Austritts» ebd.

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möglichst viele Aspekte der Barockbautätigkeit untersucht werden, ist eine Antwort auf die Fragestellung, positiv oder negativ, zu erwarten. Und es ist damit noch mehr zu erreichen: Doch einen umfassenden Zugriff" auf die Totalität der ökonomischen, sozialen und ideologischen Wirklichkeit der Barockzeit sind die einzelnen historischen Wirkungsstränge in ihrem Zusammenspiel zu erkennen und ist so, über die bloße Beschreibung der Faktizität hinaus, zu einer Erklärung vorzustoßen. Der Befund, ob es Höherbelastung und Widerstand gab, oder ob es dies nicht gab, ist einer Erklärung zuzuführen, die nur aus dem historischen Zusammenhang gewonnen werden kann. 14 Naheliegenderweise machen diese Anforderungen eine Begrenzung des Untersuchungsbereiches unabdingbar. Andererseits darf, um einmal zu verallgemeinerbaren Schlüssen zu kommen, nicht wieder beim Einzelfall stehen geblieben werden, sondern es sollten mehrere Beispiele vergleichend untersucht werden. Geeignete Objekte sind die Vielzahl Ber kleinen Territorien Südwestdeutschlands und der Klosterherrschaften Bayerns, die damals alle, soviel sie irgend konnten, gebaut haben. Bei diesen überschaubaren Herrschaften ist die Erfassung der ganzen Realität im nötigen Umfang in einem bestimmten Zeitabschnitt möglich. Es sollte schon eine gewisse Zahl solcher Beispiele bearbeitet werden, um eine ausreichende Verbindlichkeit der Ergebnisse zu bekommen. Bei der Auswahl der Beispiele wurde auf Repräsentativität hinsichtlich folgender Kriterien geachtet: gleichmäßige regionale Verteilung im Untersuchungsraum, zeitliche Streuung innerhalb des Barockzeitalters, Berücksichtigung von adligen Herrschaften neben den geistlichen, unterschiedliche Größe der Bauvorhaben, d. h. neben größeren auch mittlere, kleine bis sehr kleine Bauten resp. Herrschaftsgrößen. Es waren also nicht nur die großen, kunsthistorisch bedeutenden Bauwerke, sondern auch kleine Bauprojekte von Interesse, was durch die Breite der Barockbautätigkeit gerechtfertigt ist, da ja gerade das Vordringen des Barock in jeden Winkel für diese Kultur charakteristisch ist, so daß es bald in jedem D o r f einen Zwiebelturm gab. Nicht kunsthistorische, sondern sozial- und wirtschaftsgeschichtliche Kriterien waren bei der Auswahl maßgebend. Karte 1 und die folgende Übersicht zeigen die regionale und die zeitliche Verteilung: Seeon 1625-54 Kempten 1666/67 Andechs 1669-80 1669-1720 Gangkofen Laupheim 1677-99 Schäftlarn 1695-1760 Ottobeuren 1711

14 Vgl. die wissenschaftstheoretischen und methodischen Überlegungen von Norbert Elias in seiner Einleitung von 1968, Über den Prozeß der Zivilisation, Bd. 1, 3. Aufl., Frankfurt/M. 1977, S. X , wo er von einer «auf Entdeckung von Tatsachenzusammenhängen und deren Erklärung ausgerichteten Fragestellung» spricht, von «einer empirisch - theoretischen Fragestellung, die sich auf langfristige Strukturwandlungen spezifischer Art, auf (Entwicklungen) richtet».

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Schwarzach Mühlheim Schussenried

1721-29 1728-33 1750-65

Die Zeitangaben entsprechen nicht immer den in den einschlägigen kunsthistorischen Werken angegebenen Baudaten. Zunächst einmal wird nur die eigentliche Errichtung des Bauwerks behandelt; die Innenausstattung, sofern sie erst später erfolgte, wird nicht mehr beobachtet, da hier einerseits Fronarbeit wohl ausscheidet, ansonsten die Art der Finanzierung keine andere gewesen sein wird. Sodann war die Vorzeit der Bauerrichtung unter dem Aspekt von Interesse, wie ein Bauvorhaben auf den Weg gebracht wurde, inwieweit materielle Veränderungen vorangingen. Zwei Fallbeispiele, die zwei Typen der Baufinanzierung repräsentieren, werden zu Ausgangspunkten der Untersuchung gewählt und zunächst, in den Kapiteln 1 und 3.1, weitgehend unkommentiert vorgestellt. In den Kapiteln 2 und 3 werden die übrigen, dem jeweiligen Typ zuzuordnenden Beispiele dargestellt und die Eingangsfragestellungen dieser Arbeit einer ersten verallgemeinernden Antwort zugeführt. In welchem Maß die Bauern bei Typ I belastet wurden, und welche Rechtsgründe für Leistungssteigerungen oder -Verweigerungen beigebracht wurden, behandelt eingehend Kapitel 4. Um zu einer Erklärung aus dem historischen Entwicklungszusammenhang, wie oben erläutert, fortzuschreiten, thematisiert Kapitel 5 den Barockbau im Gesamtgefüge der Herrschaftsordnung, ideologisch, rechtlich und ökonomisch, so wie es im vorliegenden Aktenmaterial in Erscheinung tritt. Schließlich wird in Kapitel 6 untersucht, wie sich die Veränderungen der Barockzeit in der Sicht der Bauern und in ihrem Verständnis der Gesellschaftsordnung ausnahmen. Die hier vorgelegte Arbeit kann nicht mehr leisten, als ein erster Beitrag zu einer möglicherweise neuen Sicht des Themas zu sein. Die quellenmäßige Erforschung im Bereich der Landesstaaten steht größtenteils noch aus, auch wird die Bearbeitung weiterer Kleinterritorien Modifikationen und evtl. neue Erkenntnisse bringen.

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1. Der Schwarzacher Klosterbau und die Rebellion der Untertanen - ein Beispiel zur Erschließung der sozialen Grundlagen der Barockkultur Am 3. Oktober 1721 erschien eine markgräflich-badische Kommission unter Leitung des Geheimen Rats Beaurieux mit einer Truppe Dragoner in dem Dorf Schwarzach, dem Hauptort der gleichnamigen Klosterherrschaft, die knapp auf halbem Wege zwischen Rastatt und Straßburg lag. Sie bezogen im Gasthaus Engel Quartier und verlasen Vertretern des Klosters ein markgräfliches Reskript, das sie beauftragte. Die Mönche protestierten umsonst. Dann wurde dem Schultheißen Peter Rheinfried befohlen, die Untertanen zusammenzurufen. 1 Rheinfried weigerte sich, er erklärte, ein entgegenstehendes Verbot des Abtes verpflichte ihn. Er wurde mit 100 Reichstalern Strafe und Einlegung von fünf Dragonern in sein Haus bedacht. Als er nach ein paar Tagen bat, ihm die Strafe zu erlassen, wurde dem nach Unterzeichnung einer Loyalitätserklärung stattgegeben. 2 Die Versammlung der Untertanen fand schließlich am 11. Oktober auf dem Rathaus statt. Noch einmal intervenierte der Abt, diesmal, indem er den Prokurator des Gerichts, Lorenz Keller, beauftragte, vor der Versammlung eine Erklärung zu verlesen: Das Gericht Schwarzach sei bereit, die hochfürstliche Kommission zu respektieren, weil man sehe, daß man mit Gewalt dazu gezwungen würde; er spielte darauf an, daß die Untertanen bei Strafandrohung von 100 fl geboten worden waren, außerdem 100 Fußsoldaten auf dem Weg von Rastatt her und schon 60 im Nachbarort Stollhofen eingetroffen waren; sie hofften aber, sagte er weiter, die Kommission werde nicht gegen die Gerechtigkeit handeln. Dafür ließ Beaurieux dem Prokurator von einem Korporal 50 Prügel vor dem Rathaus unter den Augen der Menge verpassen. Der Mann, der vorher vier Tage kränkelnd im Bett gelegen hatte, starb wenig später und hinterließ Frau und Kind. 3 Beaurieux forderte die Untertanen auf, etwaige Klagen gegen ihre Herrschaft, Abt und Kloster Schwarzach, vorzutragen. Es kam ein Katalog von 32 Beschwerden zusammen. 4 Sie sind weitgehend unsystematisch, scheinen demnach so, wie 1 GLAK 71 S Nr. 66, «Extrakt aus dem Protokoll des Notars J. Kugler», o. D. - Die Archivsignaturen in diesem Kapitel beziehen sich durchgängig auf das Generallandesarchiv Karlsruhe (GLAK). 2 Ebd. 3 Ebd., 21.8.1722 und 22.11.1724. - Prokurator = Fürsprecher vor Gericht; vgl. Karl Reinfried, Zur Geschichte des Gebietes der ehemaligen Abtei Schwarzach, in : Freiburger Diözesan Archiv 20 (1889). S. 154. 4 Nach der Rechtfertigungsschrift des Abts an die badische Markgräfin vom 22.2.1722, folgend dem Protokoll des badischen Notars Jeremias Kugler vom 11.10.1721: 71 S Nr. 69; ergänzend 105/125. - Die Transskription folgt Schultze, Richtlinien; vgl. Anhang.

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sie mündlich vorgetragen wurden, niedergeschrieben worden zu sein. Den einzigen zusammenhängenden Block bilden die ersten fünf, Steuerangelegenheiten betreffenden Punkte, die offenbar von der Kommission an die Spitze des Protokolls gestellt wurden: - Der Abt habe die Krämer, Metzger und Wirte sowie die drei Juden von Bühl und Lichtenau mit Steuerabgaben «zu praejudiz der landtsfürstlichen collectation» belegt (1-5). - Mit den Fronen werde seit einiger Zeit ein derartiger «Exzeß» getrieben, also daß, wenn damit fortgefahren werden solte, sie nit in stand, ihren eigenen äckeren, hauswesen und nahrung furzustehen (13).

Es handelt sich dabei besonders um Weinfuhren aus dem Elsaß (14) sowie um verschiedenerlei Arbeiten, die unter dem Titel der «steckenwacht» im Kloster verrichtet werden müßten (23). Früher seien nicht üblich gewesen das Holzschlagen in der Fron (25), Lehmfuhren zur Ziegelhütte und das Hinein- und Heraustragen der Ziegelsteine (26). - Ohne Bewilligung der Herrschaft dürfe niemand heiraten (15); der Todfall werde «gar zu streng, hoch undt beschwerlich» eingezogen, und: «denen kranken wurde auch vorgestellt, dem gotteshauß manchmal mehr zu vermachen, alß in ihrem vermögen seye» (16). - Hinsichtlich der Allmenden wird von mehreren Bürgern vorgebracht, daß ihnen 1. die Trautmannslach, 2. den Baumgarthen, 3. das genannte Weydich, 4. den Marthacker, 5. das köpflein bey dem bach des Martackers, 6. die 3 köpflein bey der Velltorplaul und den reitsaum entzogen

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worden sei (9). In den Gemeindewäldern sei das Holzschlagen eingeschränkt (32), «auf der bitz» «laimen odter letten zu graben» (10) 5 oder Schotter für die Wege zu holen nicht mehr gestattet (11). Das Fischen in den Bächen und Lachen sei neuerdings verboten (12), für die Fischerei in den Rheinarmen müsse ein Zins entrichtet werden (6). Steuern würden auf die Gemeinden abgewälzt, ohne daß ihr Rechnung gelegt würde (18); der Schultheiß sei dem Kloster verpflichtet (19). Pfarren würden unzureichend versorgt (29-30), Reparaturen an der Kirche in Ulm der Gemeinde in Rechnung gestellt werden (7). «Vor alten Zeiten» habe es einen Zehnt von Rüben, Kürbis etc. sowie den Blutzehnt nicht gegeben (21); der Getreidezehnt müsse, wenn er nicht versteigert oder verlehnt wird, entgegen dem Herkommen in der Fron eingefahren werden (22). Das Kloster beanspruche ein Vorkaufsrecht auf Vieh, Kühe und Kälber (27).

5 Leim = Lehm; Letten ist ein Tonboden, der vom Leimen durch geringeren Wert, schwerere Bearbeitung usw. unterschieden ist: Hermann Fischer, Schwäbisches Wörterbuch, Bd. 4, Sp 1149f. und 1191 f.

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Außerdem finden sich Einzelklagen, etwa daß Anna Maria Jörgerin von Steinbach sich wegen ihres Abzugs beschwert (8), oder daß den Fuhrleuten wieder erlaubt werden soll, den Ort Schwarzach zu passieren, was der «zehrung» den Untertanen von Vorteil sei (24). Unstimmigkeiten zwischen Bauern und Herrschaft hatte es seit der Wahl von Bernhard Steinmetz zum Abt im Jahre 1711 schon einige gegeben. 6 Abt Bernhard war ein typischer Barockprälat. Er trat seine Regierung zu einer Zeit an, als sich das Land weitgehend vom Dreißigjährigen Krieg erholt hatte, und nach mehreren militärischen Auseinandersetzungen mit dem Frankreich Ludwigs XIV. eine längere Friedenszeit anbrach. Er hatte nun große Ambitionen, strebte nach Reichsunmittelbarkeit für sein Kloster und stellte sich eine entsprechende prachtvolle Repräsentation vor. Ab 1724 ging er an die Realisierung eines großartigen Klosterneubaus. Aber zuvor stand die Frage der Reichsunmittelbarkeit an. Die Rechtsstellung des Klosters war unklar; wie die der meisten süddeutschen Benediktinerabteien bewegte sie sich seit dem 16. Jahrhundert zwischen Reichsunmittelbarkeit und Landsässigkeit. 7 Im Spätmittelalter war Schwarzach unter Druck seiner Vögte, der Herren von Windeck, und seiner Nachbarn, der Herren von Lichtenberg, geraten und hatte bei den badischen Markgrafen Rückhalt gesucht. 1422 übertrug Kaiser Sigismund die Schirmherrschaft über die Abtei an Baden. Aus diesem Schutz hat die Markgrafschaft später landesherrliches Recht über das Kloster abgeleitet. 8 Die Rechtsstellung des Klosters blieb lange Zeit unentschieden. Baden-Baden (die südliche Hälfte der in die zwei Linien Baden-Durlach und Baden-Baden geteilten Markgrafschaft) hatte im 16./17. Jahrhundert dem Kloster eine Landtagspflicht auferlegt, gegen die es sich wehrte, ohne daß es darüber zu einer Entscheidung gekommen wäre; zeitweise, so 1588, war nicht die Klosterherrschaft, sondern waren Gerichte und Gemeinden zum Landtag geladen worden. 9 Im Klostergebiet, das, im Süden an die Grafschaft Hanau-Lichtenberg und die kaiserliche Landvogtei Ortenau grenzend, im übrigen mitten im badischen Territorium lag, zog Baden-Baden einige Steuern ein. Abt Bernhard aber bestritt Baden dieses Recht und beanspruchte Zoll und Steuer für sich. Bei Ulm ließ er ζ. B. einen Schlagbaum errichten und bewachen. Die Gegensätze nahmen zu, und

6 Alfons Harbrecht, Die Reichsabtei Schwarzach, in: Die Ortenau 32 (1952), S. 50. 7 Klaus Schreiner, Benediktinisches Mönchstum in der Geschichte Südwestdeutschlands, in: Quarthal/Decker-Hauff/Schreiner, Die Benediktinerklöster in Baden-Württemberg (Germania Benedictina, Bd. 25), S. 99. 8 Hansmartin Schwarzmaier, Schwarzach, in: Ebd., S. 576 und 582; Bestätigung der Vogtei Badens über Schwarzach 1473 durch Kaiser Friedrich: 71 S Nr. 59. 9 Peter Blickle, Landschaften im Alten Reich. Die staatliche Funktion des gemeinen Mannes in Oberdeutschland, München 1973, S. 114f. und 452; Claudia Ulbrich, Die Huldigung der Petersleute. Zu den Folgen des Bauernkrieges im Kloster Schwarzach, in: Peter Blickle (Hg.), Bauer, Reich und Reformation, Stuttgart 1982, S. 81-84.

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1715 schickte die badische Rentkammer dem Klosteramtmann einen Korporal mit Fußknechten ins Haus, um einen Schatzungseinzug zu erzwingen. 1 0 A m 13. August 1721 erreichte Markgräfin Sybille Augusta von Baden-Baden ein Reichskammergerichtsmandat gegen Kloster Schwarzach. Der A b t wurde ermahnt, «deinen landesherrn in seinem von saeculis besitzlich hergebrachten jure territoriali» ungestört zu lassen und gegen die der Landeshoheit anhängenden und vom Reich zu Lehen gehenden Regalien nicht zu opponieren. 1 1 Dieses Urteil zu vollziehen, erschien im Oktober 1721 der Geheime Rat Beaurieux mit Truppen in Schwarzach. Neben dem Streit mit Baden hatte der Abt, wie erwähnt, auch Differenzen mit seinen Untertanen gehabt. Offenbar hatten sie Kontakt mit der badischen Regierung aufgenommen, was erklärt, d a ß Beaurieux bald nach seiner A n k u n f t das Verhör der Untertanen anordnete. Von ihrem Beschwerdekatalog regelte Beaurieux die ersten fünf Punkte sofort, die die landesherrlichen Rechte auf Steuereinzug betrafen. 1 2 Er verbot den Kaufleuten, Krämern und Juden, dem Kloster einen Abzug zu zahlen bei Strafe «so vieler guldten alß xr. einer dem gotteshauß geben werde», sowie Einquartierung von Soldaten. D e m Kloster wurde auferlegt, das eingenommene Geld wieder zurückzuerstatten. Desgleichen wurden den Metzgern verboten, dem Abt von verkauftem Vieh und Häuten einen Abzug («welches er den pfundtzoll nennet») zu zahlen. Die Juden wurden angewiesen, die sechs Gulden für das Hausieren an den badischen A m t m a n n zu entrichten. 1 3 D a ß es mit den Strafandrohungen ernst gemeint war, bewies der Fall des Friedrich Heinig von Vimbuch, der zwei Jahre zuvor nach Anzeige badischer Beamter verbotenerweise zehn Viertel Salz verkauft haben sollte. Er gab nur den Verkauf von 21/2 Vierteln zu und wurde zu 29 fl Strafe verurteilt. Eine Bittschrift Heinigs um Straferlaß wurde von Baden abgewiesen, weil er «als schütz- und schirms angehöhriger» unterschrieben hatte. Erst eine zweite Schrift, mit «einen unterthan» unterzeichnet, wurde angenommen und zehn Gulden nachgelassen. Eine wichtige Aufgabe Beaurieux' war die Erhebung einer neuen Schätzung. Als die Schultheißen und Gerichtsleute geladen wurden, weigerte sich Peter Rheinfried zunächst, für diese Schätzung zu unterschreiben. «Er habe allzeit gehört, d a ß es nur eine türkenstewer und keine Schätzung gewesen seye». Er ließ sich dann aber doch zur Unterschrift nötigen. Zur künftigen Sicherung der Landeshoheit und zur Regelung der übrigen Beschwerden wurden zwei M a ß n a h m e n ergriffen. Weil zu vermuten sei, d a ß dem einen oder anderen sein G e h o r s a m gegen Baden vom Prälaten übelgenommen werde, er auch solchen G e h o r s a m künftig zu verhindern suchen könnte, übertrug Beaurieux dem badischen A m t m a n n in Stollhofen, Ludwig Fabert, die Kommis-

10 Suso Gartner, Kloster Schwarzach (Rheinmünster), in: Wolfgang Müller (Hg.), Die Klöster der Ortenau, Offenburg 1978, S. 331. 11 37/217. 12 Im folgenden, wenn nichts anderes angegeben, 71 S Nr. 66, 21.8.1722 sowie «Extrakt aus dem Protokoll...». 13 Ebd., 27.10.1721.

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sion mit dem Auftrag, den Gravierten evtl. Hilfe zu leisten. Er sollte regelmäßig alle 14 Tage Anhörungen der Untertanen durchführen. Als zweites wurde der Bauer Hans Jakob Zeller als Stabhalter des Gerichts eingesetzt. Die Stabhalter waren höchste Organe der Gerichtsorganisation im Klostergebiet. Das Gebiet war in zwei Gerichtsbezirke gegliedert, den Schwarzacher oder inneren Stab und den Vimbucher oder äußeren Stab. Jedem stand ein Stabhalter vor, der vom Abt mit «Stab und Insiegel» belehnt wurde. 14 Indem nun Baden anstelle des Klosters den Stabhalter einsetzte, wurde diesem, wie der Abt klagte, das Besetzungsrecht entzogen. Das Kloster wurde angewiesen, den beiden Gerichten ihre Gerichtssiegel wieder zurückzugeben, damit sie selbständig ihre Schriftstücke besiegeln konnten. Gegen die Weigerung des Abts ging Baden mit einem Pönalmandat vor, durch das er zu lOOfl Strafe und 4272 Α Kosten verurteilt wurde. 15 Dem Schultheißen wurde die Bürgerlade, in der alle Schriftschaften der Gemeinde aufbewahrt wurden, abgenommen. Es wurde der Vorwurf erhoben, daß, als die Lade in Kriegszeiten ins Kloster geschafft worden war, viele Blätter ausgeschnitten und verstümmelt wurden. Vom Kloster wies man dies zurück, zumal der Schultheiß jederzeit die Schlüssel in Verwahrung gehabt hätte. Die Bürgerlade wurde dem Stabhalter zur Sicherheit übergeben, die Schlüssel aber dem Schultheiß gelassen.16 Im März 1722 ließ der badische Amtmann Fabert «ein großes blech, worauf das baaden baadische wappen, unter selben aber eine handt, über welcher ein beyl mit abfließung des bluts, gemahlet», in Schwarzach am Rathaus, in Ulm und Vimbuch an einem Pfahl anbringen, also bei den drei alten Gerichtsorten 17 , mit der Erklärung, wer das entfernen wolle, dem solle die Hand abgehauen werden. Als Klostergeistliche protestierten und fragten, ob diese Strafe auch für sie gelte, antwortete er: «Ja, es seye, wer es wolle.» Nachdem Beaurieux mit seiner Truppe wieder abgezogen war 18 , befahl der Abt am 16. Dezember 1721 alle diejenigen zum Verhör, von denen er wußte oder annahm, daß sie Klagen vorgebracht hatten, «welches doch von denen meisten, wie im folgenden zu ersehen, negirt wirdt». 19 So war es denn auch. Hans Bartholomäus Hentzmann sagte aus, er habe keine Klagen vorgebracht; als er

14 15 16 17

Reinfried, Geschichte des Gebietes, S. 146f. und 153. 71 S Nr.66, 2.8. und 5.8.1722. Vgl. ebd. 1.9.1723 und 22.11.1724. Das alte Stabsgericht in Ulm wurde nach 1525 mit dem Schwarzacher Stab vereinigt: Reinfried, Geschichte des Gebietes, S. 146. 18 Beaurieux, der als badischer Kommissar den Sch warzacher Untertanen zum Sieg über den Abt verholfen hat, tritt wieder auf im April 1728 als kaiserlicher Regimentsrat und Leiter einer Kommission, die den Streit zwischen den Hauensteinern und dem Kloster St. Blasien zu regeln hatte; hier agierte er anders, verlangte von den Untertanen vor der Untersuchung ihrer Beschwerden, dem Abt eine provisorische Hand - Huldigung abzulegen, und ließ nach Weigerung der Salpeterer mit 1000 Mann Militär die Dörfer besetzen, verurteilte nach zwei Jahren Untersuchung die Grafschaft zu 10000fl Militär- und Prozeßkosten: Thomas Lehner, Die Salpeterer, Berlin/West 1977, S. 52. 19 71 S Nr. 69.

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gerade den Pfarrer von Stollhofen barbieren wollte, war er von Hans A d a m Vogel, der im D o r f auf- und ablief, ins Rathaus gerufen worden. «Er habe nicht gewust, was er droben solle machen». Karl Voßer erzählte, er sei im D o r f seinen Geschäften nachgegangen, als Hans Jakob Zeller ihn rief, er solle sein Geschirr unterstellen und auf das Rathaus kommen; er hätte nichts geklagt. Hans Jakob Jörger sagte, «er wüste nichts geklagt zu haben, er wäre nur darbey geweßen». Und Jost Regnoldt: Er habe nichts an- und vorgebracht, es habe bey der commission gessessen H a n ß A d a m Vogel, H a n ß Jacob Zeller, die wurdten können sagen, wer es vorgebracht hat, er hette v o n nichts gewust.

Von 21 Verhörten stritten 14 ab, irgendetwas vorgebracht zu haben, versuchten ihrem Dabeisein den Anschein der Harmlosigkeit oder Unwissenheit zu geben. Die anderen sieben gaben ihre Beteiligung teilweise zu, versuchten aber gleichzeitig, sie abzuschwächen. Franz Joseph Vogel war schon recht freimütig, wenn er bekannte: «Er hette änderst nichts geklagt, als wegen der allmendt und wegen des frohnen.» Ebenso gab Bernhard Vogel zu, etwas wegen der Allmende und der Weinabholung aus dem Elsaß vorgebracht zu haben. Hans Jakob Zeller, als letzter verhört, erklärte schließlich, «die gantze burgerschaft hette geklagt, worzu er geholfen und sich unterschrieben». Weiter heißt es im äbtischen Protokoll : « I m übrigen thäte er sich in allem frech stellen und antworth geben.» Über den Verlauf der Versammlung geht aus dem Verhör so viel hervor, daß im Rathaus Hans Jakob Zeller, Bernhard Vogel, Michael Burckhardt sowie Hans A d a m Vogel («dieser ware der secretarius und bott der 3 aufruhrer» - vermerkt das Kommissionsprotokoll) vorne bei der Kommission gesessen hatten. Den Anfang machte Hans Jakob Zeller, der die Versammelten mahnte, «sie solten jetzt einhellig seyn, sie solten braff darauf trucken, jetzt gelte es, es seye jetzt hülf da». Bernhard Vogel redete ähnlich und sagte, «mann müße die sachen aufsezen und eingeben». Hans A d a m Vogel schrieb die Klagen auf, die Zeller im Namen der Bürgerschaft unterzeichnete. 20 - Hans Michel Fridtmann bemerkte im Verhör, Zeller habe in dieser A r t in seinem eigenen Haus, auf der Bürgerstube und im Rathaus geredet; es hatte also vorbereitende Treffen gegeben. In den folgenden Jahren werden diese drei, der Bauer Hans Jakob Zeller («dictum Fuhr Hannß Jackl» - heißt es einmal), zu der Zeit 60 Jahre alt, der Schwanenwirt Bernhard Vogel, 57 Jahre, und der Bäcker Michael Burckhardt, 72, als die Hauptaufwiegler und Oberrebellen in den Schriften des Klosters bezeichnet, und ihnen wird die Hauptschuld an den kommenden Ereignissen zugeschrieben.

20 Um die Wende vom Mittelalter zur Neuzeit hatte sich besonders in Südwestdeutschland in zahlreichen Dorf- und Gerichtsordnungen die Bezeichnung «Bürger» durchgesetzt: Karl Siegfried Bader, Studien zur Rechtsgeschichte des mittelalterlichen Dorfes, Bd. 2, Weimar - Köln 1962, S. 278.

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Zu der Versammlung im Oktober 1721 waren größtenteils Bürger aus Schwarzach gekommen, sodann einige aus den Gemeinden Ulm, GrefFern und Moos. 2 1 Schwarzach, Ulm und Greifern bildeten den inneren Gerichtsstab; von dem äußeren Stab mit den Gemeinden Vimbuch, Moos, Oberbruch, Balzhofen, Oberweier und Zell war also nur eine Gemeinde, Moos, vertreten. Da im äußeren Stab über 40 % der Gesamteinwohnerschaft lebten, mußte die Widerstandsbewegung ein Interesse haben, sie für sich zu gewinnen. 22 Die Bauernführer begannen daher im Frühjahr 1722 eine Agitation, die sich an die Gemeindevertreter aus dem äußeren Stab wandte. Als in diesem Frühjahr der badische Amtmann von Stollhofen zum ersten Mal auftragsgemäß die S.tabhalter, Schultheißen und Gerichtsleute zur Anhörung zitierte, 23 beschuldigten Zeller und Vogel die Schultheißen von Moos und Oberweier, sie hätten weiterhin Pfundzoll für das Kloster erhoben. Anschließend beim Wein im Wirtshaus Engel traten die drei «haupt-rebellen» Zeller, Vogel und Burckhardt an den Tisch derer vom Vimbucher Gericht, wobei Zeller sich auf die brüst geschlagen und gesagt, haltet ihr äußern stäber zu unß drey, wir wollen euch in allen stücken manuteniren, es solle euch nichts kosten.

Dies hätten die anderen beiden wiederholt, worauf der Schultheiß von Schwarzach, Peter Rheinfried, entgegnete: Ey gevatter Hanß Jacob! Was redet ihr da? Darauf er Hanß Jacob Zeller gesagt: Gevattermann! Ihr seyet falsch gegen uns, hierüber er Schultheiß gemeldet: Wie kann ich falsch gegen euch seyn? Er staabhalter habe hierüber gesagt: Mann müße die leuth nicht so hart hinein hauen.

Die Vertreter des äußeren Stabes gaben aber vor, sie hätten keine Klage. Ein andermal traf Bernhard Vogel den Schultheißen von Vimbuch auf der Straße. «Was seyt ihr vor ein liederlicher mann», sprach er ihn an, «haltet ihr mit üns, wir wollen die sachen schon ausführen»; worauf der wiederum antwortete, sie hätten keine Klage. Auch Zeller sei ihm noch begegnet und sprach zu ihm: «haltet ihr mit uns, wir haben brief, wir wollen euch manutenieren». Ebenfalls wurde David Fritz, dem Stabhalter von Vimbuch, von Zeller und Vogel auf der Straße zugerufen: «Ihr brüder haltet zu uns, wir wollen euch manuteniren,» worüber der lachte und keine Antwort gab. Jedoch hatte diese Agitation offenbar Erfolg. Der Vimbucher Schultheiß klagte, durch diese üblen zureden, und anreitzen wären seine in gericht unter habendte burger viel darunter dermaßen aufgewickelt und rebellisch gemacht worden, daß sie ihme

21 105/125, «Species facti» o. D. 22 Einwohnerzahlen nach einer Statistik von 1787, in: Gartner, Kloster Schwarzach, S. 265. - M o o s gehörte zwar nicht zum Stab, aber zum Kirchspiel Schwarzach, eine zweite Pfarrkirche befand sich in Vimbuch: Reinfried, Geschichte des Gebietes, S. 147. 23 105/125, auch im folgenden; hier 9.12.1722.

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Schultheißen mit harten und ungebührlichen worthen ins angesicht gesagt: er nehme sich der sachen nicht an, und dadurch neydt und Unwillen gegen ihne erweckt haben.

Zur gleichen Zeit, im Frühjahr 1722, begannen Verweigerungen und aktive Widerstandsaktionen der Bauern. Am Anfang stand die Verweigerung der Weinfuhren. Zu ihrer Leistung waren alle äbtischen Leibeigenen und diejenigen markgräfischen Leibeigenen, die Lehen vom Kloster hatten, verpflichtet, natürlich soweit sie spannfähig waren. Im Schwarzacher Klostergebiet lebten nämlich äbtische und badische Leibeigene. Der Wein war von den Gütern des Klosters im Elsaß entweder in der Fron mit eigenen Fuhrwerken oder durch Fuhrleute auf Kosten der Bauern in die Wantzenau zu führen; Wantzenau liegt am linken Rheinufer, etwa zehn Kilometer nördlich von Straßburg. Dort wurde er verschifft und von Grefferer Schiffsleuten nach Greifern gebracht, dann weiter nach Schwarzach. In den Beschwerden vom Oktober hatten die Bauern die Kürzung der Naturalversorgung bei den Fronfuhren beklagt. Nachdem sie bereits 1721 auf die Aufforderung, den Wein abzuholen, erklärt hatten, das habe noch Zeit, sie könnten ihn immer noch holen, 2 4 erhielten am 25. Februar 1722 26 Bürger aus allen neun Herrschaftsorten eine neuerliche Aufforderung. 2 5 Waruber dann die Schwartzacher staabsangehörige sich verlauten lassen, sie verlangen keinen process, sie hätten die sach bey der commission angebracht, betten, der gnädige herr wolle die sach bis dahin beruhen lassen, bis sie in der güthe beygelegt und ausgemacht werde.

Die Haltung der Vimbucher Stabsangehörigen war nicht so entschieden. Auf Befragen erklärten sich einmal sechs Leute, darunter der Vimbucher Stabhalter, bereit, den Wein abzuholen; ein andermal waren von 15 Befragten fünf bereit, sechs lehnten ab, und vier gaben an, sie wollten fronen, wenn andere auch fronen. Die Einstellungen waren hier also geteilt. 26 Zu Pfingsten erging eine nochmalige Aufforderung zur Weinabholung, die wieder auf negative Resonanz stieß, wobei vom Abt herausgestellt wird, daß Bernhard Vogel vor allen öffentlich gerufen hat: «das thuen wir nicht.» So habe man den Wein auf eigene Kosten herbeischaffen müssen. 27 Ein weiterer Vorfall in dieser Angelegenheit erhellt die Stimmung zu der Zeit. Hans Wilhelm Kösel, der Ochsenwirt, erhielt vom Kloster als Botendienst den Auftrag, in die Wantzenau zu gehen und die ihm dort bekannten Fuhrleute zu fragen, was sie für die Fuhren aus dem Elsaß nehmen würden. Kösel erschien vor dem Großkeller des Klosters und teilte ihm mit, daß er sich weigere zu gehen, mit der Begründung, er sei Markgräfischer und habe kein Lehen und keine Güter vom Kloster, die Herren zu Rastatt (der badische Regierungssitz) könnten ihn bei

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Species facti. Ebd. Undatiert. Species facti.

Befolgung des klösterlichen Gebots mit 100 Reichstalern strafen. Als der Großkeller ihm Geld anbot und sagte, er wolle ihm gut dafür sein, brachte Kösel heraus: Er gehe absolute nit fort, so wenig als das stuck holtz im hof, man möge mit ihme machen, was man wolle, man m ö g e ihme in den thurn setzen oder nit, er achte es nit, er gehe nit fort.

Auf diese Äußerung hin wurde Kösel noch einmal vorgeladen und verhört. Er räumte jetzt ein, es sei ihm von niemandem verboten worden zu gehen, weil aber die Bürger vor dem Bürgerhaus gestanden hatten und redeten, sie würden keinen Wein aus dem Elsaß holen, hätte er deswegen Feindschaft auf sich gezogen. Er habe sich davon abschrecken lassen, man möge es ihm auch nicht übel nehmen, er würde dem Kloster von Herzen gern dienen, die Bürger hätten aber gesagt, «wan über 6 oder mehr jähr sie derentwegen etwas geben müsten», so werde er die Schuld daran haben. 2 8 Von der Verweigerung wurde übergegangen zur Aktion. Darüber im folgenden ausführlich die anschaulichen Berichte des Abtes: 2 9 Der muthwillen aber solcher meinaydiger bürgeren, leibaigenen, und unterthanen, insonderheit der drey rebellen, ware mit allem solchen noch nicht vergnügt, sonderen Hanß Jacob Zeller, als dieses jähr burgermeister befahle und gebiethete allen bürgeren in Schwartzach, bey ein halben gulden straf, zur frohn, nahm dann dieselbe mit sich und befahle, die wohlvermachte häg des gotteshaußes eigentumbliche und von vielen jähren hero, in quieta possessione et nullo contradicente, eingehabte gärthen und matten nicht allein niederzuhauen und einzureißen, sonderen auch noch darzu den grundt und die erdte, so an den häg gelegen, aufgraben und in die Straß führen und werfen lassen, worauf sie die ochsen und ross darin getrieben und alles schön erwachsene graß abätzen und abfütteren, und zu einem gemeinen und offenen weydt, wohin alles viehe, pferdt, ochsen, s. v. schwein, gänße etc. seinen freyen eingang haten gemacht.

Die Klosterherrschaft ließ die Zäune wieder zumachen, aber die Gemeinde hat sie durch ihre Roßbuben wiederum niederreißen lassen. Weiterhin hatten die Bauern auf Felder, die öd gelegen waren und vom Kloster einem Bürger aus Hildmannsfeld (Ortsteil von Schwarzach) gegen Zins verliehen worden waren, ihr Vieh getrieben und die frische Saat abweiden lassen. 30 Im Laufe des Jahres wurde weiteren Beschwerden durch Selbsthilfe oder Verweigerung abgeholfen. Das Verbot des freien Fischens wurde mißachtet. Der Abt berichtet über einen Vorfall vom 12. Juni: U n d als einstmahls der closter-jäger bey seiner zuruckkunft von der jagt in vorbeygehen des bachs vernommen, daß warloffen darin gestellt, hat er selbige aus

28 18.5.1722. 29 Species facti. 30 28.12.1722.

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den bach genommen und mit sich öffentlich tragend in das closter lieferen wollen, als er aber in Schwartzach k o m m e n und bey Frantz Vogels des Bernhardts rädlenführers söhn :/ haus vorbey ginge, wurde er gantz unversehen von gedachten Vogel auf öffentlicher Straß gewalthätig und mit großer ungestümbe angefallen, worzu gleich geloffen Matheß Rheinfried, und entlich mehr und mehr bauren zugeloffen, hin- und wieder gestoßen und gerissen, bis er endtlich gantz ermattet die warloffen ihnen hat überlaßen müßen.

Nach einem anderen Bericht des Abts hat die Rempelei Vogels und Rheinfrieds, denen die «warloffen» gehörten, mit dem Jäger eine halbe Stunde gedauert, und mittlerweile hatten sich etwa 20 Leute eingefunden. Schließlich sagte Vogel zum Jäger, wenn er ihnen die Reusen nicht gebe, würden noch genug Leute um sie herum sein, «welche alle des willens sein, daß er ihme den wartloff geben solle», und wenn sie beide nicht genug seien, würden die anderen helfen. Der Jäger fragte nach, ob sie alle der Meinung seien, er solle die Reuse wieder herausgeben, und als alle mit Ja antworteten, ließ er sie los. 31 Möglicherweise um dem Abt jede militärische Gewalt zu entziehen, wurden sieben Bürger, die seit Jahren Schützendienst getan hatten, weil sie nicht zu den Rebellen halten wollten, von ihnen «als schützen cassieri». Der Abt beschreibt ihre Aufgabe als unbedeutend, sie hätten nur beim Fest Corporis Christi und bei anderen Gelegenheiten mit Ober- und Untergewehr aufwarten müssen. Jedenfalls setzten die Rebellen andere junge Burschen, «welche sie wohlgewollt», an ihre Stelle. 32 Eine Aktion reihte sich an die andere. Im Juli verweigerten die Balzhofener den Heuzehnt, wie schon im Jahr zuvor. Alle anderen Dorfschaften entrichteten ihn wie bisher, indem sie das zehnte «haufel» auf der Matte stehen ließen; die Balzhofener fuhren alles nach Hause. Zell und Oberweier hatten sich zuerst der Verweigerung angeschlossen, machten dann aber einen Rückzieher. 33 Die Schwarzacher verweigerten den Rübenzehnt. Der Amtmann des Klosters, Wich, ging deshalb am 8. Dezember in das Bürgerhaus, wo gerade eine Bürgerversammlung stattfand, und verlangte, sie sollten mit Ja oder Nein antworten, ob sie den Rübenzehnt wie die anderen Dorfschaften entrichten wollten. D a dann etliche gesagt, daß sie solchen entrichten wollen, etliche aber geantwortet, sie wollen solchen nit geben, und in specie Hanß Jacob Zeller und Hannß Bernhardt Vogel sich vernehmen lassen, wann die burger alle ihrer meinung seyn, so wollen sie solchen nit geben.

Es wurde ihnen vorgehalten, daß der verstorbene Abt Joachim ihnen bei der Hanf- und Schmalzehntverleihung jedesmal vorgelesen hatte, daß sie den Zehnt von den Rüben schuldig seien; weil es aber so elende Zeiten und das Kloster 31 105/125, Species facti und 9.12.1722; 71 S Nr. 69, 12.6. 1722. - Wartlof = Fischreuse: Fischer, Schwäbisches Wörterbuch, Bd. 6, Sp. 504. 32 71 S Nr. 69, 26.6.1722; 105/125, Species facti. 33 71 S Nr. 69, 24.7.1722; 105/125, 11.12.1722 und Species facti.

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schon ausreichend mit Rüben versehen war, hätte man ihnen den Rübenzehnt jeweils erlassen. Warüber auch Hannß Bernhardt Vogel gesagt, ja man habe es bey der zehend verleyhung also vorgeleßen, es habe aber besagter herr abt Joachim seelig auch darbey gemeldet, daß gotteshaus wolle ihnen angeregten ruebenzehenden für dißmahl wieder schenken.

Der Amtmann verließ die Versammlung mit der Aufforderung, wer seinen Rübenzehnt zu entrichten gewillt sei, solle ihn in der kommenden Woche ins Kloster bringen, dann werde man schon sehen, daß sie nicht einer Meinung seien. 34 Ein ständig wiederkehrendes Thema waren die Weinfuhren. Am 9. Dezember gab es eine zweite Bürgerversammlung auf dem Rathaus und Wich forderte sie auf, kurz und knapp mit Ja oder Nein ihre Bereitwilligkeit zu erklären. Warauf dan keiner, wie zuvor, nichts gesagt, als Hans Bernhardt Vogel, der schwanenwürth allhier, welcher mit dießen reden, gleich wie das erste mahl auch gesagt, sie thun es nicht, ausgebrochen nein, sie wollen es nit thun, warüber die übrige ihme auch beygefallen, und ein tumult under ihnen entstanden.

Nachdem Schwarzach mit den Verweigerungen angefangen hatte, hatten sich inzwischen alle anderen Dörfer angeschlossen. 35 Am gleichen Tag verweigerten Bernhard Vogel und vier Anhänger, nämlich sein Sohn Franz Vogel, Hans Georg Meyer, Philipp Weber und Hans Georg Zeller die Brennholzfron. Am nächsten Tag wies der Schwarzacher Gerichtsbote Johannes Seith den Bernhard Vogel zum zweiten Mal an, im Bannwald nicht weit von Stollhofen das dort liegende Brennholz abzufahren; «er widerspänstig geantwortet, er thue es nicht», genauso die anderen. 3 6 Auch weigerten sich nun die Tagelöhner, also diejenigen, die Handfronen leisteten, dem Kloster in der Fron zwei Klafter Brennholz zu machen, was sie seit zehn Jahren ohne Widerspruch getan hatten (also seit Antritt des jetzigen Abts). Sie erwirkten über den badischen Amtmann in Stollhofen ein Dekret der Hofratskanzlei, das sie unterstützte. Die Verweigerungsfront erfaßte alle Ortschaften beider Gerichtsstäbe. 37 Der Abt schließt seinen Bericht über die Ereignisse des Jahres: Ja es werden diese, insbesonderheit zwey auffwickler Hanß Jacob Zeller und Bernhardt Vogel, vielmehr geforchten, als ihr praelat und obrigkeit, dann wann etwas obrigkeithlich befohlen wirdt, sie zuvor zu ihnen gehen, sich befragen, ob sie es thun oder nicht.

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71 S Nr. 69; 105/125. 105/125; 71 S Nr. 69. 105/125, 9.12.1722; 71 S Nr. 69, 10.12.1722. 105/125, 11.12. und 28.12.1722.

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Er traue sich schon gar nicht mehr auf die Straße, weil er Angst um Leib und Leben habe. 3 8 Die Schwarzacher Klosteruntertanen haben in diesem Jahr nach und nach durch Widerstandsaktionen und Verweigerungen ihre Beschwerden selbst geregelt. Als erstes hatte die Frage der Abholung des vorjährigen Weins angestanden, iiîi Frühjahr wurden die entzogenen Allmenden besetzt und wieder frei gefischt, im Juli zur Heuernte wurde der Heuzehnt verweigert, im späten Herbst der Rübenzehnt und neuerlich die Weinfuhr, schließlich zu Jahresende die Brennholzfronen. Ganz wie die Jahreszeit die landwirtschaftliche Arbeit regelte, entsprechend reihten sich die Konflikte aneinander. Der Abt ließ inzwischen, vor allem im Dezember, von seiner Kanzlei Schriftstücke über diese Vorgänge anfertigen als Beweismittel gegen die Untertanen. Am 28. Dezember schickte er den oben in langen Auszügen zitierten Bericht an die badische Markgräfin als seine «Schutz- und Schirmfrau», wohl um der Form zu genügen. Denn gleichzeitig bemühte er sich beim Reichskammergericht in Wetzlar um ein Urteil nicht nur gegen die Untertanen, sondern vor allem gegen ihre Unterstützung durch Baden. 3 9 Das neue Frühjahr brachte neue Auseinandersetzungen, wieder um die Allmenden. Als das Kloster am 19. April 1723 den Baumgarten umzäunen ließ, wurden am folgenden Morgen die Bürger zur Bürgerfron geboten, bei der ein Graben in der Gasse ausgehoben und der Weg neu gemacht wurde; um ca. neun Uhr unterbrachen sie diese Arbeit, gingen zum Baumgarten hinüber, rissen den Zaun ein und fuhren das Zaunholz mit Wagen ab. 4 0 Der Abt lud 24 Beteiligte zum Verhör und legte ihnen einzeln drei Fragen zum Baumgarten und zum Weitig (oder Widich) vor, durch die er seinen Besitzanspruch bestätigt haben wollte. Keiner der Verhörten gab negative Antworten, jedoch waren ihre Äußerungen sehr knapp gehalten. Gleichzeitig geschah aber nach dem Bericht des Abts - folgendes: 41 A l ß ich nun auf solches vermessenes factum und attentatum inquiriren wollen, einund andere privatim zu examinieren, haben gedachte rebellen die burgergleck gelüten und turmatim in das closter sich begeben mit frechen vermelden, es solte nicht einer nach dem anderen mehr compariren und vor mihr, ihrer obrigkeit, erscheinen, sondern ich sollte sie alle sambtlich vor mir lassen, dann wolten sie antwort geben, und weilen dießes aufrührische volck anfanglich sich nicht wolte abweißen lassen, getrauete ich mich nicht wohl sicher zu sein, bis ich endlich dieselbe dahin gebracht, daß sie sich wider aus dem closter begeben.

Kurz darauf erging ein Reichskammergerichtsmandat, ausgefertigt am 28. April 1723, das Baden verbot, die Untertanen weiter aufzuhetzen, und Zeller und seine Anhänger zu Gehorsam ermahnte, alle Schuldigkeiten zu leisten. Der Kam-

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105/125, Species facti. 105/125, 28.12.1722; 71 S Nr. 69, 19.12.1722. 105/125, 14.5. und 10.6. 1723. Ebd.

mergerichtsbote überstellte am 20. Mai der auf dem Rathaus versammelten Gemeinde Schwarzach das Mandat. Hans Jakob Zeller aber sagt zu ihm: Er nehme es nicht ahn, dan sie hätten keinen brocess mit dem herrn braelaten und gotteshaus, sie geben was sie schultig zu thun wehrn, übrigens verlangen sie ferner nichts, als ihre vorige gerechtigkeit, undt ihre genädigste herrschaft möchte es ausmachen, worauf er ahn zu ruffen ahnfing, o b sie nicht alle so zufrieden wehren mit der antworth, worauf einhellig und sambtlich geruffen wurde, ja.

Der Gerichtsbote setzt seinen Bericht fort: er hätte Zeller zum zweiten Mal aufgefordert, das Mandat anzunehmen, wenn sie im Recht wären, könnten sie ihre Beweisschrift einreichen, dann würde ihnen auch Recht widerfahren. Zeller gab zum zweiten Mal zur Antwort, «neyn, er nehme es nicht ahn», worauf der Bote sagte, er müsse sein Amt verrichten, das Mandat auf den Tisch legte und ging. Zeller ließ es auf dem Tisch liegen : «Gab er nochmahls zu verstehen, es lege ihm guth» - und verließ mit den anderen den Raum. 4 2 Mit diesem Urteil in Händen versuchte nun der Abt, seine Herrschaft wiederherzustellen. Er untersagte dem badischen Amtmann Fabert schriftlich, die Untertanen weiter zu Sessionen zu rufen. Am 25. Mai beorderte er die Bürger des Stabs Vimbuch in das Bürgerhaus in Moos und am 26. Mai die des Schwarzacher Stabs auf das Rathaus in Schwarzach, ließ ihnen jeweils das Kammergerichtsurteil verlesen und sie fragen, ob sie etwas einzuwenden hätten. Die Vimbucher, heißt es, hätten nichts vorgebracht, nur einer, daß sie den Heuzehnt gerne in Geld bezahlen würden. Bei den Schwarzachern «hat keiner nichts gesagt, sondern cum silentio abgetretten undt von einander gegangen». Die Klosterherrschaft verkündete auf diesen Versammlungen folgende Verbote, bei Androhung einer Strafe von «12 mark löthigen goldes, so gegen 3000 fl»: 1. Die Markgräfin oder ihre Beamten hätten dem Prälaten oder den Untertanen nichts mehr zu gebieten, so auch «der anmaaßliche, ohne seinen consens gesetzte staabhalter Zeller» niemandem mehr etwas befehlen dürfe; 2. dürfte die Gemeinde nicht mehr ungefragt die Gemeindeglocken läuten; 3. dürfte keiner mehr in Rastatt klagen, sondern solle sich an den Abt wenden; 4. dürfte niemand mehr einen Befehl vom badischen Amtmann Fabert annehmen. 4 3 Nach dieser Versammlung trafen sich die Anführer der Bauern abends bei Zellers Schwager und berieten bis spät in die Nacht: «dahero sie dann allerhandt conventícula und Zusammenkünften bey gedachten rödlesfüehrer gesucht und gehabt.» Zeller und Vogel gingen nach Rastatt und überbrachten der Regierung eine Supplikation betreffend der Verbote, die sie als nicht angemessene Auslegung des Reichskammergerichtsmandats ansahen. 4 4 Wirklich erließ Baden ein Strafmandat gegen den Abt, die badische landesfürstliche Obrigkeit zu respektieren und die Untertanen nicht mehr zu bedrohen. Dieses Mandat wurde von

42 71 S Nr.69 und 71 S Nr. 66, 28.4.1723; 105/125, 10.6.1723. 43 105/125, 25. und 26.5.1723; 71 S Nr. 65, 5.6.1723. 44 105/125, 30.5. und 10.6.1723.

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Fabert am 8. Juni auf dem Rathaus von Schwarzach der Gemeinde verlesen, nachdem Zeller sie durch dreimaliges Glockenziehen zusammengerufen hatte. Die Patres Geyger und Stehling protestierten umsonst. Dadurch, klagte der Abt, seien die Untertanen in ihrem vorigen Ungehorsam und Aufruhr wieder bestärkt worden. 45 Tatsächlich schritten die Bauern noch einmal zur Aktion, knüpften an die Allmendbesetzung vom April, vor Erlaß des Kammergerichtsmandats, an. Als die Schwarzacher, Grefferer und Mooser am 15. Juni im Gemeindewald fronten, zündeten sie den Hag des «Keiffen Werth» an, rissen dann den Hag um die «Warmersbrucher Hof Matten» nieder und trieben ihre Viehherden darauf. Zwei Tage später schütteten sie den Graben um die Warmersbrucher-Hof-Matten, den das Kloster schon einmal hatte ausheben lassen, wieder zu. 46 Die Bauern hatten in diesem Jahr genau wie im vorigen durch die eigene Tat für die Durchsetzung ihrer Ansprüche gesorgt. Sie öffneten die Allmenden, die die Klosterherrschaft immer wieder für sich zumachte. Da alle anderen Streitpunkte durch Verweigerung erledigt wurden, waren die Allmendstücke die konkreten Streitobjekte. Solange der Abt keine Machtmittel hatte, gegen die Verweigerungen vorzugehen, blieben allein die Allmenden, an denen sich die Auseinandersetzungen immer wieder entzünden konnten. Die Widerstandsbewegung steigerte sich gegenüber dem Bisherigen, als die Bauern die Einzelverhöre nicht mehr zulassen wollten und in das Kloster eindrangen. Das Reichskammergerichtsurteil wirkte jedoch ernüchternd. Auch wenn ihr Sprecher Hans Jakob Zeller Standfestigkeit bewies, und sie so mitriß, scheint auf den vom Abt einberufenen Versammlungen doch eine gedrückte Stimmung geherrscht zu haben. Die langen Beratungen der Bauernführer an jenem Abend sind ein weiteres Anzeichen, daß man die Niederlage spürte. Die von Zeller schon gegenüber dem Gerichtsboten zum Ausdruck gebrachte Anlehnung an Baden führte aber zum Erfolg. Das badische Pönalmandat brachte wieder genügend Auftrieb, und die Allmendbesetzungen vom Frühjahr wurden fortgeführt. Die Angelegenheit kam jetzt wieder vor das Reichskammergericht. Der Abt wandte sich wegen des badischen Strafmandats an Wetzlar, vor allem aber bemühten sich Baden und die Bauern um die Revision des Urteils. Baden protestierte am 10. Juni in Wetzlar, am 11. Juni unterzeichneten 55 Bürger der Gemeinde Schwarzach eine Generalvollmacht für Rechtsanwalt Johann Heinrich Flender (resp. im Falle seines Todes Johann Adam Brandt) zur Vertretung am Reichskammergericht. Zu oberst unterschrieben die drei Anführer, und jeder setzte sein Siegel daneben: auf dem Siegel Burckhardts ist eine Brezel zu sehen (er war Bäcker), auf dem Vogels ein Schwan (er war der Schwanenwirt). 47 1714 gab es in Schwarzach 73 Bürger, d. h. drei Viertel der Gemeinde standen im Juni 1723

45 105/125, 7.6. und 10.6.1723; 71 S Nr. 65, 5.6. und 8.6.1723. 46 71 S Nr. 65, 22.6.1723. 47 71 S Nr. 69; das Siegel Zellers ist nicht zu erkennen. Badischer Protest: 105/125.

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zur Rebellion. 48 Rechtsanwalt Flender wandte sich anschließend an den Kammerrichter und bat um Kassierung des Urteils. 49 Das zweite Reichskammergerichtsmandat wurde am 21. Juni 1723 erlassen. Es wies Baden an, das Pönalmandat vom 5. Juni aufzuheben und die Entscheidung im anhängigen Immediatprozeß ruhig abzuwarten; die Untertanen Kloster Schwarzachs aber seien von Ungebührlichkeiten ab- und zu Gehorsam anzuhalten. 5 0 Nun beruhigte sich der Konflikt insofern, als die Streitigkeiten vornehmlich in weiteren Schriften an das Reichskammergericht ausgetragen wurden. Die Bauern baten Baden-Baden, für sie noch einmal in Wetzlar zu intervenieren. Sie selbst reichten dort durch Rechtsanwalt Flender eine Prozeßschrift ein, mit der sie Widerspruch gegen das ergangene Urteil einlegten. In der Schrift vom 1. September wird dem Abt vorgeworfen, sich der badischen Botmäßigkeit entziehen zu wollen, entgegen den landesherrlichen Regalien Steuern eingezogen, aus der Bürgerlade Blätter ausgeschnitten, die Untertanen mit starken Fronen belegt, Weide und Wasser abgenommen zu haben. Schließlich wird ihm angelastet: Allermaßen dann derselbe diejenige, welche bey dem hochfürstlichen haus Baaden, als ihrem landesfürsten, wieder sothane praelatische ungerechte proceduren hülf und justiz gesuchet, nicht allein mit schweren gelt- und thurnstraffen beladen, sondern auch einige mit selbst eigener handtanlegung niedergeworfen und mit seinen füßen zu boden getretten, wie solches notorium ist.

Der Kammerrichter wird gebeten, das durch den Abt frivol erschlichene Mandat wieder zu kassieren. 51 Der Vorwurf gegen den Abt, persönlich handgreiflich geworden zu sein, wog natürlich schwer. Er ließ zwei Schriften aufsetzen, um die Anklagen zu widerlegen. In der einen werden die Untertanen aufgefordert, zu folgenden zwei Fragen Stellung zu nehmen: 1 ,mo

2.do

Ob hochgedachter unser gnädiger Herr, einige burger und underthanen mit selbst aigener handtanlegung nidergeworfen und mit seinen füeßen zu boden getretten habe. Ob er denen underthanen jemahlen bey verlust haab undt guts, bey köpfen undt hencken und andere hohen straff verbotten, daß keiner aus ihnen sich künftig gelüsten lassen solle, bey dem fürstlichen haus Baaden klag zue führen.

Er bekommt dafür aus allen neun Dörfern jeweils zwischen drei und sechs in seinem Sinne positive Unterschriften, insgesamt 41; die Hälfte stammt von

48 49 50 51

Vgl. 105/121. 71 S Nr. 69, 23.6.1723. 71 S Nr. 65. 71 S Nr. 66.

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Amtsträgern wie Schultheißen, Stabhaltern, Bürgermeistern und Gerichtsleuten. In der zweiten Schrift wird versichert, daß alle äbtischen Leibeigenen und die markgräfischen, die Lehen vom Kloster haben, wie schon ihre Vorfahren, gewöhnliche ungemessene Fronen immer geleistet hätten. Dies unterzeichnen fünf Personen, ein Stabhalter, zwei Schultheißen und zwei Gerichtsboten. - Als Stabhalter zu Schwarzach unterschreibt ein Hans Jörg Getz, den der Abt offenbar als Alternative zu Zeller gesetzt hat; er tritt aber ansonsten nie in Erscheinung. 52 Es existiert eine Denkschrift des Abtes, «Reflexionen» zu dem von den Untertanen in Wetzlar eingereichten Protokoll. Darin mutmaßt er, daß die Untertanen, wenn sie erreichen wollten, der Hoheit der Markgräfin als Landesherrin unterstellt zu werden, bald auch da Beschwerden haben werden. Denn die Markgräfin würde ihre Untertanen mit allerhand Geldauflagen beladen: vor zwei oder drei Jahren habe sie Reisegelder von den markgräfischen Untertanen begehrt; als voriges Jahr die «Orleanzin» nach Paris gereist sei, habe sie auf Exekutionsdrohung 500 fl verlangt und an Salzgeld 495 fl; dann habe sie für alle Kamine und Rauchfange von den Schwarzachischen Untertanen eine Summe Geld haben wollen ; er, der Abt, habe die Untertanen durch sein Eingreifen vor der Exekution bewahrt - und jetzt der Dank. 5 3 Die Ruhe seit dem zweiten Reichskammergerichtsmandat wird in der Aktenlage deutlich. Selbst die Bauernführer waren, wie es scheint, stark verunsichert. Jedenfalls berichtet der Kuchelmeister am 22. September von einem ihm selbst merkwürdig erscheinenden Vorfall. Er hat, weil der Abt bettlägerig war, Zeller, Vogel und Wilhelm Kessel empfangen, die fragten, ob sie die Schriften / : so das ahn sie ergangene mandatum ware :/ nicht dörften zu Rastatt wider abhohlen, als die nichts suchten, als sich mit dem gnädigen Herren zu reaccomodiren.

Der Kuchelmeister antwortete ihnen, wenn sie sich darauf verstehen wollten, was ihre Pflicht wäre, könnten sie das tun. Sie seien aber deswegen nie mehr zu ihm gekommen. 5 4 Dennoch war die Haltung der Bauern, wenn auch nicht ungebrochen zuversichtlich, so doch fest. Am 2. November 1723 teilte Klosteramtmann Wich mit, daß er die Schultheißen und Stabhalter wiederum aufgefordert hatte, den Wein aus dem Elsaß zu holen. Sie wären erst nach Hause gegangen, um sich mit ihren Gemeinden zu beraten, dann in großer Vertretung wiedergekommen und hätten erklärt: sie wollten den Wein nicht holen, wollten den Ausgang des Prozesses abwarten und, wenn sie verlieren, den Fuhrlohn nachträglich zahlen. Ansonsten wären sie durchaus zur Ableistung der schuldigen Fronen bereit. -

52 Ebd., 20.9.1723. 53 105/125, Reflexionen. 54 Ebd.

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Von Vimbuch hätten übrigens nicht alle kommen können, «weilen die andere in kalckführen begriffen geweßen». 55 Der Baufronenstreit Am 12. April 1724 schloß Kloster Schwarzach mit Baumeister Peter Thumb aus dem Bregenzer Wald einen Vertrag über die Errichtung eines neuen Klostergebäudes. Einleitend wird die Formel gebraucht, Abt und Konvent hätten sich entschlossen, «sowohl wegen ohnumbgänglicher nothdurft, als forderist zue mehrerer fortpflantzung der ehre und dienst gottes» ein neues Kloster und andere nötige Gebäude errichten zu lassen. 56 Vertragsgemäß in zwölf Jahren entstand bis 1736 eine großangelegte, schloßartige Klosteranlage. Sie umfaßte drei Gebäudegruppen. Die erste bildete ein monumentaler, dreistöckiger Klausurkomplex an der Südseite der alten Abteikirche. Die zweite bestand aus Schulen, Mühlen, Brauerei und Verwaltungsgebäuden, um einen weiten Hof gelagert, in den ein prächtiges Tor hineinführte. Die dritte Gruppe war der Vorbezirk mit Apotheke, Spital, Amtshaus, Forstverwaltung und alten Zehntscheuern, Gärten und Anlagen, Friedhöfen, Kirchen und Kapellen. 57 Mit den beiden für die Bauern negativen Urteilen von 1723 war der Konflikt in ein ruhigeres Fahrwasser gekommen. Nun brach er prompt wieder auf. Es liegt eine Anweisung der badischen Regierung an ihren Stollhofener Amtmann vom 18. Mai 1724 vor, in der es heißt: D e m ambtmann zu Stollhofen N . Faber ist vorhin bewust, welchermassen die abtische leibaigene des closters Schwarzach craft des Orttenauischen Vertrags de anno 1525 mehr nicht, dan vier tag im jähr zu frohnen schuldig seyen, gleich dan auch eben diese leibaigene besag bey von alten unterthanen eingezogenen zeugnüssen vor diesem zu abstattung mehrer frohnden nicht angehalten worden.

Nachdem sich der Prälat in seinen Fronforderungen einige Zeit moderat gezeigt habe, «kurtzlich aber die unterthanen zu ungewöhnlichen frohnden anzuhalten sich unterstehen solle», erhielt Fabert den Auftrag, die Sache am nächsten Amtstag zu untersuchen und den Stabhalter Zeller und andere Untertanen zu vernehmen. Sollte der Amtmann die Beschwerden für erheblich halten, so solle er den Prälaten anweisen, diese gemäß dem Vertrag und dem alten Herkommen abzustellen. 58

55 Ebd. 56 67/1335, fol. 20. Ediert in: Hans-Martin Gubler, Der Vorarlberger Barockbaumeister Peter Thumb 1681-1766, Sigmaringen 1972, S. 188-190. 57 Harbrecht, Die Reichsabtei Schwarzach, S. 52. 58 105/127, auch im folgenden.

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Mit dem Beginn des Klosterbaues war es demzufolge zu einer spürbaren Steigerung der Fron gekommen. Der Anweisung an Fabert geht offenbar ein entsprechendes Vorstelligwerden der Schwarzacher Untertanen in Rastatt voraus. Die Rede von Zeugnissen alter Leute deutet darauf hin, aber auch der Verweis auf den Ortenauer Vertrag von 1525, wie das folgende bestätigt. Denn die Rastatter Regierung ließ anscheinend erst nach dem Text dieses Vertrages fahnden. Es gibt ein Schreiben vom 12. Juli 1724 aus Waldsteg, in dem der Schreiber berichtet, ihm sei befohlen worden, einen 1525 von Markgraf Philipp contra den Prälaten zu Schwarzach «pto. operarum außgewirkten freyheitsbrief», den er im hochfürstlichen Archiv unter den Schwarzacher Akten finden würde, zu übersenden. Der findet sich nicht. Er konnte sich aber erinnern, von dem Vertrag zwischen dem Markgrafen und empörter Bauernschaft «deßen copiam zu Schwartzach gesehen, jetzo auch beym schulheißen allhier gefunden» zu haben, und er hat davon eine Abschrift anfertigen lassen. Die Bauern hatten den Vertrag von 1525 also sorgfältig in ihrer Bürgerlade aufbewahrt und nun hervorgeholt. Die Vernehmung der Untertanen durch Fabert fand am 7. Juni auf dem Rathaus Schwarzach statt. Erschienen waren 77 Untertanen, davon 36 aus Schwarzach, 15 aus Greffern, 13 aus Ulm und weitere 13 aus vier Orten des äußeren Stabs; Moos und Vimbuch waren nicht vertreten. Alle diese Bürger, wird erklärt, beschweren sich wegen der «sehr harten ihnen aufbürdenden frohndiensten». Die letzten drei Prälaten hätten ihnen selbst mehrmals gesagt, daß sie nur vier Tage im Jahr Hand- oder Fuhrfronen schuldig seien, und zwar nicht außerhalb der beiden Stäbe. Das Kloster habe für weitere Arbeiten immer vier, fünf, sechs, bis zu acht Tagelöhner beschäftigt. Vier alte Bürger werden aufgeführt, die dies bestätigten, und es wird betont, noch 20 und mehr Leute könnten zusätzlich benannt werden. Wortreich wird geschildert, was man heutzutage alles fronen müsse, und werden Beispiele von besonders betroffenen Mitbürgern erzählt. Die Bürger bitten um nachdrückliche Hilfe, «umb hierinfals in ruhe zu kommen, auch daß der Orttenawische vertrag und die alte Observanz möchte manutenirt und gehalten» werden. 5 9 Schließlich sind sie empört, daß man von seithen des closters sich herausgelassen haben solle, wolle niemand von disseithigen bürgeren einen creutzer verdienen lassen, wolten lieber frembde darzu brauchen, mit der expression, wollen lieber leuth aus der Türkey kommen lassen.

Es handelt sich hier allem Anschein nach um ein Gerücht. Der Steinbrenner des Klosters hat es in die Welt gesetzt. Die Tatsache aber, daß solche Gerüchte über vermeintliche Äußerungen der Klosterherrschaft aufkamen, zeigt an, welche Stimmung unter den Schwarzacher Bauern herrschte. Man war verbittert, daß Arbeit, die früher in Taglohn bezahlt wurde, nun umsonst geleistet werden

59 Siehe Anhang Nr. 3.

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mußte. Das wurde als Gehässigkeit des Klosters aufgefaßt, das den Untertanen nichts gönne. - Das Protokoll ist von 14 Bürgern unterschrieben, darunter die drei bekannten Anführer, zwei Leute aus Zell, einer aus Oberweier. Fabert berichtete von dieser Versammlung, er habe die Beschwerden für ziemlich erheblich gehalten, sei also zum Prälaten gegangen und habe ihm den Befehl der badischen Regierung vorgelesen, diese abzustellen. Der Abt antwortete, zum einen sei ihm vom Ortenauischen Vertrag nichts bekannt, er verlangte ihn zu sehen, meinte zum anderen, 6 0 die leibeigene seyen ihrem herren ohngemessene dienste schuldig, deren bey wiircklich angefangenem baw man gar nicht entbehren könte.

Es konnte nicht lange dauern, bis ein Bauer, der bereits vier Tage Fron geleistet hatte, sich weigerte, weiter zu fronen. Er wurde am 11. Juli vor den Klosteramtmann Ignatius Wich zitiert, und als er sich rechtfertigte, Wich ihme beditten, wer ihme gesagt, daß nur 4 tag frohnen solle, ihme weiter nicht anhörend, sondern zugleich zugesetzt, er habe 4 tage gefrohndet, solle auch jetz 4 tag eingethurmt werden.

Auf diesen Vorfall hin sandte die badische Regierung an Wich ein Dekret, die Untertanen gemäß dem Vertrag von 1525 und dem Herkommen mit nicht mehr als vier Fronen zu belegen, «weniger sich zu erkühnen, dieselbe hierzu auf eine oder andere gewalthättige weiß zu forcieren». 61 Die Auseinandersetzungen standen, wie schon in der zweiten Hälfte von 1723, sehr unter dem Eindruck des laufenden Reichskammergerichtsprozesses. Alle Amtsschreiben, wie dieses Dekret, so auch die folgenden, gingen in Kopie nach Wetzlar. Alle Seiten suchten, juristische Argumente für ihre Position zu formulieren, und tauschten umfangreiche Schriftsätze aus. Diese Argumente, je nachdem wie kräftig oder schwach sie waren, bestimmten nicht unwesentlich den weiteren Gang der Dinge. Der Abt brachte am 30. Juli eine umfangreiche Rechtfertigungsschrift ein. Er erhob gegen die Bauern den Vorwurf, sie wollten gegen das uralte Recht des Klosters die ungemessene in eine gemessene Fron umwandeln. Und ob sie schon anjetzo, da das gotteshaus gezwungener weis ein newes closter zu bawen den anfang hat müssen machen, etwas mehrers müssen frohnen, so können sie sich doch der billigkeith nach nicht beschwehren.

Billig sei die Fronforderung des Klosters insofern, als - es versuche, die Bauern von weiten Fuhren befreit zu halten, und daher zu großen Unkosten vier bis fünf Fuhren selbst mache;

60 Ohne Datum. 61 105/125, auch im folgenden; hier 20.7.1724.

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- den Bauern für weite Fuhren, etwa Kalkfuhren, je zwei Maß Wein und ein halber Laib Brot gegeben werde, für nähere Fuhren ein Trunk Wein und ein viertel Laib Brot, wovon einer genug zu essen habe; - die Bauern in Kriegszeiten das Kloster mit Früchten und all ihren Mobilien dermaßen beschwert hätten, daß der Ruin der Gebäude dadurch beschleunigt worden sei; das sei ihnen gewährt und würde ihnen auch in Zukunft gewährt werden, deshalb sollten sie sich nicht so schwer tun, zum Aufbau des Klosters Beihilfe zu leisten; - bekannt sei, daß bei Erbauung der Schlösser, Klöster etc. die leibeigenen Untertanen ihre ungemessene Fron verrichten müßten; - ihnen als Untertanen «(: deren mehriste theil vom closter ihr leben müssen erhalten :)» diese Behilfe in vielem wieder vergolten werden könne; außerdem würden solche Fronen nach Fertigstellung des Baus für 100 Jahre nicht mehr verlangt werden. Was den Vergleich von 1525 aus dem damaligen Bauernkrieg angehe, habe er noch nie etwas davon gehört und auch unter den Dokumenten des Klosters nichts gefunden. Der Abt stellt darauf ab, daß ein solcher Vertrag vermutlich nicht das Kloster allein betroffen hat, sondern auch alle anderen Fürsten, Herren, Obrigkeiten und Klöster. Sollte das der Fall sein, könne man vom Kloster nicht mehr verlangen, als überall üblich sei. Schließlich wird auf den Vertrag zwischen Baden-Baden und dem Kloster von 1647 verwiesen, auf den sich die badische Regierung sonst immer beziehe. Man solle dort einmal unter Punkt sechs nachlesen, dem zu entnehmen sei, daß die Untertanen nicht gemessene oder gar nur vier, sondern «auf zutragente nothwendige fall» Fronen zu leisten schuldig seien. Die badische Regierung zeigte sich von den Argumenten des Abts gegen den «in anno 1525 zwischen einigen fursten, graffen, herrn und gaistlichen, dann denen damahls zusammenstehenden unterthanen» geschlossenen Vertrag sowie bezüglich des Vergleichs von 1647 beeindruckt. 62 Es ist mithin gedachten herrn praelatens beschehene einwendung/: zumahlen bey dem jezo angefangenen neuen closter bau :/ erheblich zu seyn erachtet worden.

Man war in Rastatt anscheinend vorsichtiger geworden. In einem veranlaßte man den Amtmann, 6 3

Dekret

mehrbesagten gotteshauses leibaigene unterthanen zwarn nicht öffentlich, sondern nur unter der hand, doch so bald möglich dahin anzuweisen, sich wegen der von dem gotteshaus praetendirenden frohndpraestationen, forderiss bey dermahligen bauweesen keinesweegs schwürig zu bezeugen, weniger solche zu verweigern.

62 105/127, 3.8.1724; «zusammen stehenden unterthanen» korrigiert für «rebellische bauren». 63 Ebd. ; «zwarn nicht öffentlich, sondern nur unter der hand» von zweiter Hand eingefügt, «doch so bald möglich» von dritter Hand.

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Im Kloster erfährt man aber doch etwas von dem Dekret, mutmaßt freilich, «der ambtmann Fabert aber hat solches lange zeith aus hass gegen dem closter nicht verkündet». Der Abt bittet um eine öffentliche Verlesung des Dekrets und schildert die Lage: 6 4 Weilen aber solches mandatum von mehrerem theil Schwartzacheren nicht geachtet, noch bis dato keinen glauben beylegen wollen, auch auf obrigkeitliches gebott nichts mehr geben, mit vermelten, mann mage ihnen 12 oder mehr mahlen gebiethen, so frohnen sie doch nicht, bis von hochfürstlicher regierung ein schriftlicher befehl erfolge, und also sambtliche burger durch ihren ungehorsam dahin gebracht, daß keiner kein frohn mehr will verrichten, kein hew mehr machen, das gemachte noch weniger heimbführen wollen, und also alles auf der matten mit gröstem schaden des closters mus liegen bleiben und verderben. Ferner kein brennholtz mehr führen, noch viel weniger einige fuhr mehr zu vorstehenden höchst nothwendigen gebäu, noch einige andere frohn auser vieren, die sie schon verrichtet haben, sich wollen weisen lassen, bis sie, wie gemeldet, den ernst von einer hochfürstlichen regierung sehen.

Mit Eingang dieses Schreibens am folgenden Tag in Rastatt erschienen zugleich «einige burger von Schwarzach», um noch einmal ihren Standpunkt vorzutragen. Jedoch hielt die Regierung dafür, wie aus einem internen Gutachten hervorgeht, daß nach dem Vertrag von 1647 das Beharren auf vier Fronen nicht aufrechterhalten werden könne; allerdings stünde darin, die Untertanen dürfen nicht über die Gebühr belastet werden. Gleichsam als mittleren Weg nahm man sich daher vor, gegenüber dem Abt auf Abstellung der übermäßigen Fronen zu drängen. 6 5 Demgemäß sollte Fabert die Untertanen nachdrücklich anweisen, daß sie dem Kloster beim Bau «mit denen schuldigen, auch gewöhnlichen frohndiensten» nach Maßgabe des 1647er Vertrages «billich an handt gehen». 66 Die Untertanen interventierten noch einmal und erreichten mit dem Argument, daß «der Vertrag de anno 1647 sie als tertios nicht verbindtlich machen könte», eine Wiederaufnahme der Untersuchung. 6 7 Sie fand am 16. August auf dem Rathaus Schwarzach statt. Es heißt in dem Protokoll, die Untertanen hätten die letzten beiden badischen Regierungsgutachten «mit allen respect» angehört, die ungemessenen Fronen zu leisten aber abgeschlagen. Noch einmal stellen sie ihr Anliegen dar. Im Anschluß an die erste Untersuchung vom 7. Juni werden jetzt zehn alte Leute als Zeugen zitiert, die angeben, früher nie mehr als vier Tage gefront und darüber hinaus als Tagelöhner bezahlt worden zu sein. Beispielsweise sagt Christoph Kiefer, ungefähr 76 Jahre alt, aus, daß er und schon sein Vater nie mehr als vier Tage gefront oder statt dessen zu Weihnachten für jeden nicht geleisteten Tag Fuhrfronen einen Gulden dem Kloster bezahlt habe; daher sei das Frongeld gekommen; sein Vater sei über 80 Jahre alt geworden und vor beinahe 50 Jahren 64 65 66 67

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105/125, 8. 8.1724 sowie 30.7.1724. 105/127,9.8.1724. 105/126, 11.8.1724. 105/127, 12.8.1724.

gestorben, was zusammen 130 Jahre macht, es sei also schon vor und nach dem Schwedischen Krieg so gewesen. Ähnlich lauten die anderen Aussagen. Die Untertanen setzen hinzu, daß sie seit 15 oder 20 Jahren durch Androhung von Geld- und Gefängnisstrafen davon abgehalten wurden, sich bei der Landesherrschaft wegen der Fronen zu beklagen. Abschließend unterbreiten die Bauern ein Angebot, zum Klosterbau freiwillige, ihren Möglichkeiten entsprechende Fronen zu leisten, die der Abt aber nicht mehr anordnen, sondern von der Gemeindeversammlung genehmigen lassen müsse. 68 Die Lage hatte sich geändert, das ist deutlich. Die Bauern konnten nicht mehr mit der uneingeschränkten Unterstützung Badens rechnen. Die badische Regierung wich vor den juristischen Geschützen des Abtes zurück. (Man könnte auch vermuten, daß die Berufung auf die Revolution von 1525 Baden doch zu heikel war; auch scheint aus den badischen Stellungnahmen hervor, daß man den Bau des Klosters zu behindern, eine Scheu hatte). Gleichzeitig hatte sich aber die Widerstandsbewegung entwickelt. Wenn nicht alles täuscht, ist die Argumentation hinsichtlich gemessener vier Fronen, des Vertrages von 1525 und altem Herkommen von den Bauern selbst aufgebracht und an Baden herangetragen worden. Außerdem fallt auf, daß nicht mehr in erster Linie von der Führungsgruppe Zeller / Vogel / Burckhardt die Rede ist. Das Protokoll vom 7. Juni ist von 14 Bürgern unterschrieben, bei der Regierung in Rastatt treten am 11./12. August «einige burger» auf und am 16. August bringen «die marggräfische und abtische mittels eines ausschusses» das Anliegen vor. Es scheint, daß die Bewegung zu größerer politischer Reife gelangt ist, selbst eine Rechtsargumentation für ihr Anliegen entwickelt, nicht mehr von Führerpersönlichkeiten abhängig ist, sondern sich ein Vertretungsorgan schafft und nun auch weniger abhängig von der badischen Rückendeckung auf ihrem Standpunkt beharrt. Respektvoll werden die badischen Dekrete zurückgewiesen. Die Erhebung hatte längst ihre Eigendynamik bekommen. Weitere Verweigerungen von mehr als vier Fronen folgten, jetzt auch schon von Amtsträgern. Am 25. August wurden die beiden Gerichtsmänner aus Oberweier Hans Michel Ehinger und David Fritz vor den Keller Pater Joachim und den Amtmann Wich gefordert und ihnen zwei Fragen vorgelegt: 1. Ob sie nicht geschworen hätten, dem Gotteshaus gehorsam zu sein und den Nutzen zu befördern? Antwort: «Ja hätten alsogeschwohren.» 2. Warum sie dann «halssteriger weise» das Gebot verachtet und nicht gefront hätten? «Weilen die andere nit gefrohnet undt nit gefahren, seyen sie auch nit gefahren» 69 In gleicher Weise antworteten drei Schwarzacher, die am 30. August auf dem Amt verhört wurden. So Leonhard Groß: «Er habe dis jähr schon 4 mahl gefrohnet, undt weilen andere nit gefrohnet, seye er auch nit erschienen.» Bei Nachfragen reagierten sie schon ausweichender. Hans Jörg Ott antwortete auf die Frage, ob ihnen das kaiserliche Mandat, dem zufolge sie dem Kloster fronen

68 Siehe Text im Anhang Nr. 4. 69 71 S Nr. 69.

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sollen, nicht auf dem Rathaus vorgelesen worden sei : «Ja es seye ihnen etwas von frohnen vorgelesen worden, er wisse aber nit mehr was es gewesen seye.» Jakob Krautigel, 74, der sich eben noch auf die anderen berufen hat, bestätigt auf einmal die Frageintention der Klosterseite, ob man früher im Jahr nur vier Fronen verrichtet habe: 7 0 Das gedenke ihme nit, könne es auch nit sagen, es werde auch keiner sein, der es sagen könne, daß man das jähr nur 4 mahl im closter gefrohnet habe.

Die Richtschnur, daß nur vier Fronen zu leisten seien, hat sich wohl allgemein durchgesetzt, und die Berufung auf die Allgemeinheit ist auch die übliche Begründung für dieses Handeln. Wird nachgefragt, fällt es den Betreifenden schwer, sich weiter zu verteidigen, oder es schwenkt einer um. Inzwischen drängte der Abt in Wetzlar auf ein neues Mandat. Da den Untertanen trotz ihrer Mißachtung der Urteile nichts geschehen ist, «so tragen sie kein forchi, sondern es werfen immer mehr von leibeigenen gotteshausischen unterthanen zur rebellion auf». Der Abt hält es für «nöthig und ersprieslich», daß ihnen vom Gericht «einiger ernst» gezeigt wird. 7 1 Der Streit der Argumente ging weiter, und nun reichte der Abt am 2. September eine umfangreiche Stellungnahme ein. Er gründet seine Position jetzt fast ausschließlich auf Schriftdokumente wie Verträge und Klosterrechnungen, um daraus die Ungemessenheit der Fron zu allen Zeiten zu beweisen. Dann greift er die Argumente der Bauern an. Zum Vertrag von 1525 argwöhnt er: Ich versichere auch meine hochgeehrte herren, daß under solchen anbringen und allegirung gedachten Vergleichs de anno 1525 noch ein heimbliches feuer verborgen liege, welches anzublasen meines gotteshauses malcontenten, und sonst zue widerspendigkeit geneigte leibeigene von anderen umbliegenden orthen, die des frohnen sich gern mögten befüegen, darzue angemuthet worden, dahero von anderen umbliegenden orthen der ausgang mit schmertzen erwarthet wird.

Die Zeugenaussagen der alten Leute wischt er mit dem Einwand vom Tisch, nicht drei von ihnen seien so alt, daß sie schon unter Abt Placidus (1649-1660) gelebt hätten, und nur wenige seien unter dessen Nachfolger Abt Gallus in einem Alter gewesen, daß sie zum Fronen fähig gewesen wären. Der Vorwurf, wie das ich lieber einen von Turckey, als meinen unterthanen etwas wolle verdienen lassen, seind injuriae, calumniae wider ihre obrigkeit, deren satisfaction sambt deren noch anderen ich und mein convent ad aliud tempus uns wollen vorbehalten haben.

Der Abt sieht es als erwiesen an, daß die Behauptung der vier Fronen nicht stimmt. Die Untertanen aber seien in eine solche Halsstarrigkeit geraten, daß sie

70 Ebd. 71 105/125, 19.8.1724.

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auf alles Gebot auch unter Strafandrohung nichts mehr geben, keine Fronen mehr leisten, und das bei jetziger Zeit, wo das ohmet auf den matten zu machen, das nothwendige brennholtz solte herbeygeführt, die acker wider solten gebauet und eingesäet werden, ohne daß sie zu den bau etwas solten contribuiren.

Dem Kloster müsse daraus auf den Wiesen und im Feldbau ein unersetzlicher Schaden erwachsen, und es sei «der angefangene höchst nothwendige bau in stecken gerathen». 72 Wieder taten die Ausführungen des Abtes in Rastatt die nötige Wirkung. Die badische Regierung wies Fabert zweimal an, die Untertanen zur Leistung der Fronen, «bevorab bey dermahligen neuen closterbau», ungesäumt zu erinnern und von Amts wegen nachdrücklich und «executive» anzuhalten. Fabert gab das Dekret an den Stabhalter Zeller und die Schultheißen von Schwarzach und Vimbuch sowie an den Klosteramtmann weiter. 73 Wieder fruchtete das wenig. Inzwischen verdächtigte man im Klosteramt schon den Vimbucher Schultheißen David Fritz, er beachte die Befehle nicht, die man ihm wegen des Fronens zuschickte, und verrichte seine Schuldigkeit als Schultheiß nicht; man erteilte ihm deswegen einen Verweis. David Fritz antwortete, er habe seine Schuldigkeit allezeit getan, «die burger aber seyen halsstärrig und ohne gehorsam». Die Schuld wies er Hans Jakob Zeller zu. Als die Bauern vor ungefähr drei Wochen wegen Fronverweigerung nach Schwarzach zitiert worden waren, sei Zeller unterwegs Hans Michel Fritz, Abraham Bruder und Friedrich Heinig begegnet und hätte zu ihnen gesprochen: Sie sollen nuhr hinein gehen, man werde sie derentwegen nit strafen, noch in turn setzen, die Schwartzacher frohnen auch nit, zu Rastatt habe mann es schriftlich und getruckt, daß sie das jähr hindurch nur 4 tag frohnen sollen, die Schwartzacher frohnen nit mehr.

In einem späteren Verhör bestätigen diese drei die Reden Zellers. 74 Hans Michel Fritz hat auch gehört, daß unter den Schwarzachern geredet wird: «was sie Schwarzacher gueth machten, verderben sie Vimbucher widerumb, sie seyen nur mehr schuldig als 4 täg zu frohnen.» Immer noch war es schwierig, den äußeren Stab voll in die Widerstandsfront zu integrieren. Zeller suchte durch unwahre Darstellung der badischen Position die Rebellion aufrechtzuerhalten. Aber auch auf der argumentativen Ebene konterten die Verweigerer noch einmal den Abt. In einer ebenso umfangreichen Schrift vom 12. Oktober suchten sie Punkt für Punkt seine Beweise zu entkräften. Die ungemessenen Fronen seien schlicht erzwungen, und wie das gemacht werde, das habe man erst neulich erlebt: 72 105/127, Ausfertigung; 105/125, Abschrift. - «Ohmet» ist der zweite Schnitt des Grases; der erste ist das Heu, der zweite das O. oder Nachheu: Fischer, Schwäbisches Wörterbuch, Bd. 2, Sp. 700. 73 105/125, 7.9.1724; 105/127, 19.9.1724. 74 71 S Nr. 69, 2.10. und 21.11.1724; 105/125, 21.11.1724.

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Es hat Hanß Vogel, der junge, vor 9 tagen den secretarius Wich in der frohn nach Rastatt geführt. Des andern tages hat der herr praelat ihme gleich wiederum bey 5 reichsthaler straff auf die frohnd gebieten laßen. Worüber dieser sich bescheidentlich excusirt, er könne nicht alle tage frohnen. Hierauf hat ihn der herr praelat mittwochs mittag um 1 uhr in einen aparte mit 2 schlößern verriegelten fürchterlichen thurn einsperren laßen bis donnerstag abends um 8 uhr. Währende zeit hat der herr praelat verbotten, ihm weder zu eßen noch zu trinken zu geben, sondern den botten 3 mahl an ihn geschickt und bedeuten laßen, er solle nicht aus dem gefangnus kommen, biß er schriftlich von sich gebe oder wenigstens unterschreibe, er wolle ohngemeßen frohnen, welches er dann auch thun, und ohne daß herr praelat einigen bürgen annehmen wollen, ehe er aus dem thurn gangen, 5 fl straff erlegen müssen.

Was den Argwohn des Abtes hinsichtlich des Vertrags von 1525 angeht, wird erwidert: Das darunter heimlich verborgen seyn sollende fewer verlangen wir nicht anzublaßen. Gott erhalte uns bey dem lieben frieden und unsern alten gerechtsamen gegen alle listige und gewaltsame abkürtzungen, als welche eben zu damahligen blutigen tumult, teste historia, die ursach gegeben.

Das bäuerliche Anliegen wird in dem Vorwurf zusammengefaßt, sie hätten «bey dem vorhabenden newen clostergebäu bishero aus freyem willen mehr, als wir schuldig geweßen, gefrohnt», der Prälat aber wolle eine unbeschränkte Leistung daraus machen. 7 5 Dem Untertanenschreiben ist ein Bericht Faberts an Rastatt beigefügt. Bei ihm ist der äbtische Leibeigene Hans Winter erschienen, der sich «unter vielen lamentationen» beklagte, soeben, zwischen acht und neun Uhr abends, habe Herr Pater Großkeller Joachim Komber seine drei Pferde samt einem Fohlen, die der Dienstbub auf dem sog. Wyttig (Weitig) geweidet hat, ins Kloster führen lassen. Obschon der kleine Roßbub alle Leute, die in der Nähe waren, zu Hilfe gerufen und denen, die die Pferde entführten, ohne sie «bey finsterer nacht zu erkennen», zugeschrien hat, «ihr roßdieb, last mir mein vieh auf der weyd laufen», so habe sich doch der Pater Großkeller, der von verschiedenen erkannt worden sei, in seinem Vorhaben nicht stören lassen. Durch diese beiden Vorfälle, die Gefangennahme Hans Vogels und die Konfiszierung der Pferde Hans Winters, ließ sich Baden zu einem Pönalmandat gegen den Abt bewegen. Markgräfin Augusta führte in einem Dekret an ihren Hofrat aus, es sei Pflicht, jemandem, der mit Tätlichkeiten zu etwas gezwungen werden soll, beizuspringen. Daher ergeht an den Hofrat der Befehl, auf ein Pönalmandat gegen ihren «landsassen» zu erkennen und dieses gleichzeitig beim Reichskammergericht einzureichen. Ebenfalls sei unverzüglich der Prozeß betreffend der Fronen einzuleiten. Also wurde dem Abt verboten, die sich beschwerenden Bauern «mit derben verwais anzufallen» oder ins Gefängnis zu

75 105/127.

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werfen. Bei Androhung einer Strafe von 100 Dukaten in Gold wurde befohlen, Hans Vogel, der immer noch bei Wasser und Brot saß, zu entlassen. Auch wurde dem Prälaten vorgeworfen, den Todfall nicht nach christlicher Milde und Billigkeit anzusetzen, sondern in jedem Fall das beste Stück Vieh oder dessen Wert einzuziehen. 76 Dieses Pönalmandat stärkte natürlich die Verweigerungsfront, wie auch der Abt gegenüber der Markgräfin betreffend der Fronen klagte: 77 Welchen üblen exempel nach andere umbliegende dorfschaften, die sich sonst noch niemahl in etwas widersetzt und ihre Schuldigkeit sowohl erkenndt, als auch beständig praestiret haben, zue wancken anfangen, und solchen aufrühreren nachzufolgen suchen werden.

Wie angeklungen, hatte es jetzt auch mit dem Todfall Schwierigkeiten gegeben. Vor wenigen Wochen hätten, so der Abt, drei äbtische Leibeigene dem Kloster den Todfall abgesprochen und verweigert, und dadurch andere Leibeigene angestachelt, ihrem Beispiel zu folgen. 78 Das Pönalmandat bedeutete zweifellos eine Wende in den Auseinandersetzungen des Jahres 1724. Die badische Regierung war angesichts der Rechtsargumente des Abtes immer vorsichtig gewesen und hatte die Untertanen zur Folgeleistung ermahnt. Es war der Prälat, der durch seine tätlichen Eingriffe wieder die Verschärfung der Situation provozierte. Die Arrestierung zwang Baden zur Parteinahme für die Schwarzacher Untertanen. Der Abt war offensichtlich nicht daran interessiert, durch Einwirkung der badischen Regierung auf die Bauern eine Beruhigung der Situation herbeiführen zu lassen. Er erkannte sehr genau den übergeordneten Charakter der Frage der Landeshoheit. Die Zähmung der Bauern war zweitrangig, Baden mußte in die Rolle des Aufwieglers der Untertanen gegen die klösterliche Obrigkeit gedrängt werden. Entsprechend war die Klageschrift gehalten, die der Abt am 24. November an seinen Rechtsanwalt in Wetzlar sandte. 7 9 Er stellte vollkommen darauf ab, daß es immer irgendwelche Aufwiegler seien, die unter falschen Angaben von der badischen Regierung ein Mandat erlangten, und erst durch dieses Mandat die allgemeine Rebellion erzeugt würde. So heißt es bezüglich des Todfalls, es «wäre auch von denen subditis niehmahlen darwider gehandlet worden, wann nicht Hannß Adam Vogel einer unter denen vornehmbsten rebellen» damit angefangen hätte. Dem folgten die Brüder Hans und Georg Zimmermann, «sonst auch widerspenstige unterthanen». Diese drei seien zur Regierung nach Rastatt gelaufen, «allwo sie gleich durch ihr unwahrhaftes anbringen gehör gefunden». Die Regierung hat dann, um die Bauern «bey ihren üblen und widerrechtlichen Vorhaben zu manuteniren», ein Mandat gegen den Abt ergehen lassen, wodurch

76 77 78 79

105/127, 18.10.1724; 71 S Nr. 69, 14.10.1724. 105/125, 1724 (ohne Monat und Tag). Ebd. 105/125.

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sie ihm sein, seit unerdenklichen Zeiten in Besitz gehabtes Recht bezüglich des Todfalls abgesprochen hat. Das offen rebellische Verhalten seiner Untertanen ärgert ihn sehr. Als er Hans Vogel hat in den Turm setzen lassen, ist Hans Jörg Zeller, «des hauptrebellen» Hans Jakob Zeller «getrewer adhaerent», vom montag an die gantze woche zu Rastatt geblieben, bis er gedachtes m a n d a t u m den freytag hernach erst von der regierung empfangen, anderen tags darauf morgens um 8 uhr in beysein zweyer bürgeren von Stollhofen als zeugen meinem patri cellerario eingehändiget. Worüber dann ein grosser jubel bey denen widerspenstigen unterthanen entstanden, weilen sie persuadirt seyn, daß mir dardurch aller gewalt sie zu straffen benommen seye; zu dieser ihrer freud und Stärkung ihrer hallstarrigkeith hat geholfen /: und auch etwann von fürstlicher regierung intendiret worden, daß gedachtes m a n d a t u m gantz offen dem H a n ß Jacob Zeller eingehändiget worden, welcher solches nicht nur allein denen widerspenstigen unterthanen zu lesen communicirt, sondern auch noch dasselbige abgeschrieben, und vor seine und seiner adhaerenten freud aufbehalten.

Es seien indessen verschiedene Untertanen gestorben, keiner aber wolle seinen schuldigen Todfall entrichten, weder Vieh noch Geld. Nach dem gleichen Muster wird der Konflikt dieses Jahres um die Baufronen interpretiert. Die Untertanen hätten immer die Fronen geleistet, bis jetzt das Kloster «aus noth gedrungen» einen Neubau angefangen hat. Da wären Hans Jakob Zeller, «der hauptrebell», wie es noch einmal heißt, Hans Adam Vogel und Hans Jörg Zeller nach Rastatt gegangen und hätten dort bei der Markgräfin «wider ihr eigenes wissen und gewissen» vorgegeben, nicht mehr, als viermal zu fronen, schuldig zu sein, «mit anziehung eines anno 1525 in baurenkrieg unter denen ständen, fürsten und anderen herren mit denen bauren damahl gemachten Vergleichs». Die fürstliche Regierung hätte «auf solch pures, ungegründetes und auch unwahrhaftes anbringen» ohne weitere Rückfrage beim Prälaten dem Klosteramtmann verboten, mehr als vier Fronen zu fordern. Nach diesem Mandat habe kein Schwarzacher mehr Fuhr- oder Handfronen geleistet. Dadurch seien dem Kloster große Unkosten und großer Schaden entstanden, da zur Heu- und Erntezeit nichts richtig erledigt wurde. Auch hier verdrießt den Abt die ungeschminkte Widersetzlichkeit und die Verhöhnung der Obrigkeit. So seind die unterthanen durch dieses fürstliche mandatum und von ihnen auch mündlich dermassen in ihren ungehorsamb und hallstärrigkeit aufgehetzt worden, daß sie wider ihre pflicht und ayd, ja alle göttliche und weltliche gesätz, alle herrschaftliche gebott verachtet, auch als ihnen bey 1, 2, 3fl auch endtlich 3 reichsthaler straff durch den gerichtsbotten zur gewöhnlichen frohn gebotten worden, sie solches nicht allein verachtet, sondern auch verlachet, undt spottweiß dem botten zur antworth gegeben: Noch 5 thaler darzu und noch 5 thaler darauf, so gibt es 15 thaler. Andere haben zu grösten schimpf der obrigkeith und ärgernus anderer unterthanen dem botten zur antworth geben: U n d wann du mir 10,12 und mehrmahl gebietest, so thue ichs doch nicht.

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So weit sei die «niemahlen erhörte» Boshaftigkeit und der Ungehorsam seiner leibeigenen Untertanen durch Anstiftung und ungerechte Beihilfe der badischen Regierung gekommen, wobei die Hauptrebellen in allem ständig unterstützt würden. Zu dieser unverantwortlichen Widerspenstigkeit habe Hans Jakob Zeller «gleichsamb als einer von fürstlicher regierung deputirter comissarius» die Untertanen angetrieben. Auf diese angebliche Rolle Badens zielt die Anklage vor allem. Weiter wird beklagt, daß die Untertanen Exekution erwirkt haben, weil das Kloster die Bürgermeisterrechnungen dem Amtmann Fabert nicht, wie gefordert, einreichte. Dabei ist es vorgefallen, daß die Dragoner acht Tage im Wirtshaus lagen und nicht eher weichen wollten, bis das Kloster die Rechnung bezahlt hätte, was ihm 17 l'j2 fl gekostet hat. Durch dieses Verfahren Badens würden die Untertanen zu allerlei Widerspenstigkeiten angeregt werden, was das Verderben des Klosters zur Folge haben müsse. Der Abt fürchtet, daß die Bauern Hand an Klosterangehörige legen könnten und es zu Mord und Totschlag käme. Damit ging das Jahr 1724, in dessen Mittelpunkt der Fronstreit aus Anlaß der neuen Baufronen gestanden hatte, zu Ende. Über 1725 sagen die Akten nicht viel. Am 23. April 1725 reichte die Gemeinde Schwarzach durch Rechtsanwalt Müller neue Beschwerden bei der Markgräfin ein. Der Prälat hatte am Sonntag zuvor auf dem Rathaus publizieren lassen, er wolle die Allmenden Baumgarten und Weitig, «so wir nun ein paar jähr wieder genossen», zumachen lassen. Darüber hinaus wurde geklagt, daß der Abt a) ihnen die übrigen abgenommenen Allmendgüter vorenthalte, b) sie mit Fronen über ihre Schuldigkeit hinaus zu belasten und dies mit Strafe zu erzwingen fortfahre, c) sie mit enormen Todfallforderungen beschwere, d) für sich ein Vorkaufsrecht auf Viktualien, ζ. B. Kalbfleisch, reklamiere, und sie diese bei Strafe dem Kloster «wohlfeiler» überlassen müßten. Am folgenden Tag ermahnte Baden das Kloster, den, seiner «mittleren obrigkeith anvertraute unterthanen» keinen Anlaß zu weiteren Klagen zu geben, sonst werde man selbst die Gemeinde gegen solche Bedrückungen kräftigst schützen und schirmen. 80 Am 15. Juni 1725 machte der Abt beim Kammerrichter eine Eingabe, daß Baden ihm neuerdings den Abzug von verkauften Gütern entziehe und den Amtmann «nicht ohne grösten schimpf und ärgernus» der Untertanen mit Exekution belege. Wie überhaupt die Untertanen machten, was ihnen gefalle, «jä öffentlich ohne schew zu sagen sich vermessen : sie achten keine obrigkeith zu Schwartzach mehr.» 81

80 105/127, 23.4.1725; 105/125, 24.4.1725. 81 71 S Nr. 65.

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Die Entscheidung Seit Oktober 1724 stagnierten die Auseinandersetzungen. Die Argumente waren ausgetauscht, die Positionen bezogen, alle Seiten warteten auf das Urteil Wetzlars. Am 20. September 1726 war das dritte Reichskammergerichtsmandat im anhängigen Rechtsstreit da. Es bestätigte die Urteile von 1723. Baden wurde verpflichtet, seine Strafbefehle und Tätlichkeiten gegen den Prälaten von Schwarzach zu unterlassen, die klösterlichen Untertanen nicht von ihrem schuldigen Gehorsam gegen diesen abzuhalten sowie den rechtlichen Entscheid der Sache abzuwarten. Zeller und Konsorten wurden angewiesen, dem Mandat binnen vier Wochen Folge zu leisten, sonst ergehe Realexekution. Hans Jakob Zeller wurde außerdem befohlen, wegen des ungebührlichen Verhaltens bei der Übergabe des Mandats im Mai 1723 seine Verantwortung einzureichen. 82 Am 5. Oktober vormittags, zwischen neun und zehn Uhr, verlas der kaiserliche Notar Franz Joseph Weber den Untertanen auf dem Rathaus Schwarzach unter Hinzuziehung zweier Zeugen, des Zimmermeisters Heinrich Kohler und des Maurerpoliers Jost Thumb, das Urteil. Einer Bitte des Abts folgend, nahm der Notar gleich anschließend ein Verhör der versammelten Untertanen vor und unterbreitete ihnen acht Fragen. Ohne zu werten, hielt er ihnen die begangenen Widersetzlichkeiten vor und erfragte die Bestätigung der Sachverhalte : daß sie an den Allmendstücken die Zäune eingerissen und die Gräben zugeschüttet hätten, und als vom Kloster zweimal je zwölf Wagen Reisig zur Wiedereinzäunung zum Baumgarten gebracht wurden, sie das eine Mal den Reisig auf dem Platz verbrannt, ihn das zweite Mal zerhauen und unbrauchbar gemacht oder in ihren Häusern verbrannt hätten; daß sie sich 1725 in Rastatt wegen Allmenden, Fronen, Todfallen und Kalbfleischvorkauf beschwert hätten; daß sie das Frongebot verachtet, gegen das Fischverbot verstoßen, den Todfall, die Weinfuhren und die Brennholzfronen verweigert und sich wegen des kaiserlichen Mandats in Rastatt beschwert hätten. Die Bauern bestätigten das alles uneingeschränkt. Ebenfalls an diesem Vormittag wurden zum zweiten Streitkomplex, der Frage der vier Fronen, vom kaiserlichen Notar aus jedem Ort der Herrschaft zwei Leute verhört. Alle sagten aus, es sei immer gefront worden, wie von oben befohlen wurde. Von den Verhörten sind 13 Amtsinhaber wie Schultheißen, Stabhalter, Bürgermeister und Gerichtsleute, nur fünf haben keine derartige Funktion. 8 3 Möglicherweise ließ der Abt diese Verhöre vornehmen, um seine Prozeßstellung noch zu stärken und Vorfalle, wie nach der letzten Urteilsübergabe 1723, zu verhindern. Nur enthalten die Fragen an die Untertanenversammlung, wie gesagt, keine Wertung, sondern sind bloße Feststellungen der Widersetzlichkeiten. Verwunderlich ist, daß die wertende Frage nach den vier Fronen nur ausgewählten Untertanen vorgelegt wurde. (Im übrigen ist auch ihre Antwort nicht sehr aussagekräftig.)

82 37/217; 37/225; 71 S Nr. 69. 83 71 S Nr. 69.

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Über die Reaktion der Bauern berichtete der Abt zwei Wochen später, die Sentenz «scheinet bey denen rebellen noch wenig forcht causiret zu haben», weil immer noch viele ihre Fron nicht verrichteten. Am Tag nach der Verlesung des Mandats sei Hans Jakob Zeller nach Rastatt gelaufen und habe bei seiner Rückkunft zu seinen Anhängern gesagt: Es ist etwas von Wetzlar kommen, aber es ist nicht viel, machet ihr nur braf fort etc. die regirung habe ihme gesaget: Sie Schwarzacher sollen sich nicht bekümmern, sie/: die regirung nemblich :/ wolle schon vor sie antworten.

Wodurch sie noch mehr aufgewiegelt, statt zum Gehorsam gebracht wurden. 8 4 Baden begann jetzt, wenig versteckten Druck auf das Kloster auszuüben. Am 14. Oktober kam der badische Hofrat Evers mit «vieler gewehrter mannschaft» nach Schwarzach. Er brachte alles im badischen Territorium aufgetriebene herrenlose Gesindel mit sich, um es im Wirtshaus Schwanen zu verhören. Der Prior des Klosters, Coelestin Stehling, verwahrte sich gegenüber Evers dagegen, daß in Schwarzach evtl. irgendwelche Exekutionen vorgenommen würden. Er verwies darauf, daß das Hochgericht in Stollhofen sei. Beim letzten Mal habe dieses Gesindel das Kloster mit Brand bedroht. Evers solle versichern, daß in Schwarzach keiner gehenkt werde. Man fürchtete, daß Evers nach Schwarzach statt in einen anderen badischen Ort gekommen war, um das Kloster durch einen möglichen Brandanschlag zu ruinieren. 85 Am 17. Oktober zitierte Evers die Untertanen in den Schwanen. Dort saß Zeller vorne neben dem Hofrat. Gegen den Protest des Priors Stehling, diese Versammlung widerspreche dem Reichskammergerichtsurteil, gab Evers vor, es ginge nur darum, daß die Untertanen für den verstorbenen Rechtsanwalt Flender einen neuen Anwalt beauftragen müßten. Die Generalvollmacht an Dr. Brandt zur Vertretung vor dem Reichskammergericht trägt 74 Unterschriften (davon 25 nur mit einem Kreuz gezeichnet) - also 19 mehr als die letzte Vollmacht im Juni 1723. 86 Bei dieser Gelegenheit kam auch zur Sprache, ob Baden für die Untertanen die Prozeßkosten tragen würde. Evers antwortete, der Prozeß werde weder den Untertanen noch dem Haus Baden etwas kosten. Die anwesenden Mönche, an diesem wunden Punkt interessiert, hakten nach und riefen Bernhard Vogel als Zeugen an, der erklärte: Jah, Beaurieux als damahls in baadischen diensten stehender geheimber rath und commissarius habe ihnen solches versprochen, und dieses wolle er und andere burger mehr bezeugen, es möge hinkommen, w o es hin wolle.

84 105/126, 18.10.1726. 85 Ebd., 14.10. und 18.10.1726. 86 105/126; 71 S Nr. 69.

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Die Frage der Verfahrenskosten erzeugte wohl gewisse Sorgen bei den Schwarzachens Zeller beruhigte sie später noch einmal, das Haus Baden werde die Prozeßkosten tragen. 8 7 Bei den üblichen Verhören des kommenden Tages gaben sich die Betreffenden, wie gewohnt, wenig auskunftsfreudig. Georg Ott, amtierender Bürgermeister von Schwarzach, und die Gerichtsleute Christoph Dober und Jakob Gerger sollten sagen, was Evers von ihnen gewollt habe. Als es hieß, die Unterschriften zum Prozeß und weiter nichts, kam die heikle Frage, ob und warum sie unterschrieben hätten. Die Antworten lauteten ausweichend und unschuldig: «hätte sich zwar unterschrieben, wüste aber nicht warumb»; der Bürgermeister berief sich auf die anderen Bürger, die auch unterschrieben hätten. Auf die forschende Frage, wieviele unterschrieben hätten und wer diese seien, gab es keine bessere Antwort. Sie könnten es nicht sagen, außer daß fast alle unterschrieben hätten. 8 8 Vom 17. Oktober datiert auch die Verantwortungsschrift Hans Jakob Zellers an Wetzlar, die von Bernhard Vogel mitunterzeichnet ist. Sie ist wohl in Abstimmung mit dem badischen Hofrat formuliert worden. Zeller bringt allerhand Ausflüchte zu seinem damaligen Verhalten an, schützt Naivität und Unwissenheit vor. Sodann greift er den Abt wegen des Vorwurfs, ein Aufwiegler zu sein, an. Er habe keine Eigeninteressen an der Sache, sondern stehe der Gemeinde uneigennützig bei: Er Hannß Jacob Zeller seye kein closter oder abtisch, sondern baadischer leibaigener, habe also dem closter keine frohnen zu praestiren. [ . . . ] D a ß nun er und andere deswegen, weil er der gemeindte in kriegs- und friedenszeiten undt vorab bey jetzigen Verfolgungen beygestandten, für rebellen angesehen und ausgeruffen wordten, seye hoc ipso gar unbillich, weil er ja quoad operas kein interesse bey der sache habe, und so viel die der gemeindte abgenohmene allmendt belangt, das gemeinschaftliche interesse ihn nicht mehr als andere burger zur contradiction bewogen.

Ja, er und Bernhard Vogel hätten jeder einen Sohn als Profeß und Priester im Kloster. 8 9 Evers nahm umfangreiche Verhöre der Bauern zu allen Streitpunkten vor, um das Fundament für die badische Prozeßposition auszubauen. Rechtsanwalt Brandt legte in Wetzlar Einspruch gegen das Mandat ein mit der Begründung, daß vielmehr im gegentheil offenbahr ist, wie erbärmlich undt hart die arme leute bishero bey dem neuen prächtigen closterbau und anderen, so wohl zu dem erkauften Schelzberger hoff, als sonsten einführenden neuen frohnen

87 105/126, 25.10.1726. 88 Ebd. 89 71S Nr. 69.

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gepreßt und gequält würden. Später wird mitgeteilt, daß Bernhard Vogel nach Wetzlar gegangen ist und bei Rechtsanwalt Brandt wohnte, um die Sache der Bauern zu vertreten. 9 0 Baden setzte den Druck fort. Per Regierungsdekret wurde dem Klosteramtmann verboten, irgendwelche amtlichen oder jurisdiktionellen Handlungen vorzunehmen, zugleich den Stabhaltern und Schultheißen untersagt, Verordnungen des Klosteramtmanns zu folgen. Von Klosterseite hielt man mit Protesten dagegen und suchte, mit der Zeit, die Handlungsfreiheit zurückzugewinnen. Schon nach ein paar Tagen, am 29. Oktober, wurde Evers vorgehalten, der jetzt zuständige badische Amtmann kümmere sich nicht um die Inventarisationen und Teilungen in Erbfällen, woraus den Untertanen viele Unannehmlichkeiten entstünden; werde er am nächsten Termin nicht teilnehmen, so müsse Kloster selbst entscheiden. Am 6. Dezember beschwerte sich der Abt, daß die badische Regierung über seinen K o p f hinweg Grenzfragen zwischen dem schwarzachischen und dem hanau-lichtenbergischen Territorium mit dem Nachbarn regele. 9 1 Und in dieser Art ging es im neuen Jahr weiter. Am 28. Januar 1727 kündigte Fabert mit der Begründung, daß das Kloster noch keinen neuen Schaffner eingesetzt habe, der die herrschaftlichen Regalien zu besorgen hat, die Einziehung der Schatzungsgelder für 1726 in eigener Regie an. Die Kreisgelder sollen über den Stabhalter Zeller zu einem Termin, der noch mitgeteilt werde, eingeliefert werden. Im Gegenzug befahl der Abt zwei Tage später den Bürgermeistern, die ausstehenden Kreisgelder einzusammeln und in seine Kanzlei zu liefern. Das Ende der Reibereien war, daß der neue Klosterschaffner Durbach am 28. Februar, weil er sich trotz zweimaliger Aufforderung nicht hatte von Baden bestätigen lassen und entgegen dem Verbot, Amtshandlungen zu tätigen, Inventarisationen und Teilungen vorgenommen hatte, mit 100 Reichstalern Strafe belegt wurde. Am gleichen Tag wandte sich der Abt «in höchster not» an den Kammerrichter. Am 5. März 1727 heißt es, daß das Kloster alte und strittige Schuldposten «executive», d. h. mit Soldaten, eintrieb. Baden verbot dies, und Fabert beauftragte Hans J a k o b Zeller, die Soldaten heimzuschicken und die Parteien auf die nächste Session zu laden. Offenbar folgten die Soldaten der Anordnung Zellers, und Fabert legte nun seinerseits am 7. März j e fünf Soldaten in jeden Stab. Der badische Amtmann war aber nicht empfindlicher im Umgang mit den Bauern. Am 26. Juli verfügte er, die ausstehenden Kreisgelder binen zehn Tagen bei der Kasse abzuliefern, gegen saumselige Gemeinden würde die Exekution mit den Soldaten durchgeführt werden. Doch Baden konnte weder erreichen, daß der Abt wegen solchen Drucks nachgegeben hätte - und konnte das auch nicht ernsthaft erwarten - , noch daß Wetzlar aufgrund des umfangreichen Materials aus den Verhören seine Haltung in der Sache änderte. Am 17. Juli 1727 erging das vierte Reichskammergerichts-

9 0 71 S Nr. 69, 27. und 2 9 . 1 1 . 1 7 2 6 ; 105/126, 29.11. und 6 . 1 2 . 1 7 2 6 . 91 105/126, auch im folgenden.

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mandat in Sachen Kloster Schwarzach contra Zeller und Konsorten, das den Einspruch Badens und der Untertanen zurückwies, letztere zur Leistung ihrer ungemessenen Dienste, Zehnten, Holz- und Weinfuhren sowie zur Rückgabe der abgenommenen Grundstücke und Fischwasser verpflichtete. Im Weigerungsfalle bliebe es bei der im letzten Urteil angedrohten Strafe und der Exekution. Jedoch sei den Klosteruntertanen unbenommen, ihr vermeintliches Recht gemessener Dienste und anderer Befreiungen beim Reichskammergericht einzuklagen. 92 Das Urteil wurde den Schwarzacher Stabsangehörigen am 24. Juli vormittags im Rathaus vom kaiserlichen Notar Schmauz vorgelesen, und der Inhalt erklärt. Zeugen waren der Polier Jost Thumb und der Maurergeselle Johann Feyerstein. Worauf unter allen bürgeren er beklagte Zeller hervorgetretten, mich den notarium gebetten umb eine abschrift, sagendt, wir wollen solches nacher Rastatt unserer hochfürstlichen Regierung vorlegen, und insonderheith dem herrn hofrath Evers, was von da, darauf zu thun, uns befohlen wirdt, demselben wollen wir nachkommen, mann hat uns dorther die defensión, dabey auch, daß es uns unterthanen keinen heller kosten solle, austrücklichen, wie allen bekandt, versprochen, und w e m es vergebens, daß zu Rastatt unser obrigkeith uns, wie bis dato befohlen hette, wann sie uns weithers nit defendiren solten, könnten sich also bis dahin, und insolang zue nichts erklären, wolten gleich expressen nacher Rastatt schicken, ja er selbsten hören, was zu thun.

Der Notar gab Zeller die Abschrift. Am Nachmittag las er das Urteil in der gemeinen Stube in Moos den Angehörigen des äußeren Stabs ebenfalls vor, 93 welche sich dahin erklährt, daß sie dieses urthel in weithers nicht außer denen ungemeßnen frohndiensten beryhre, sie frohnden ja, wie bekandt, nach verlangen, könnten sich allein in das Elsaß zu fahren und des closters wein soweith frohnweiß abzuholen nicht resolviren, doch wolten sich miteinander unterreden, so dann thuen, was rechtens.

Der Abt schritt wiederum zum Selbstvollzug des Urteils und pfändete am 12. August nochmals Hans Winters Pferde von der besetzten Allmende, wie schon im Oktober 1724. Am nächsten Tag wandte sich Winter an den eben nach Schwarzach gekommenen badischen Kommissar Krüninger (oder Kienninger), der ihn mit einem Schreiben zur Regierung nach Rastatt schickte. Noch am selben Abend um acht Uhr stellte Hans Jakob Zeller dem Abt ein badisches Dekret zu. Ungeachtet dessen setzte der Prälat, wie er schreibt, die Arrestierung der Pferde fort und nötigte Winter zu einem Bittgang. Der kam anderntags und bat unter Hinweis auf die bevorstehende Arbeit und mit der Entschuldigung, er habe das Urteil nicht verstanden, um die Rückgabe. Sie wurde ihm gewährt mit Ausnahme eines Pferdes als Kaution für vier Gulden auferlegter Strafe. Es wurde ihm aber einen Tag später auf nochmaliges Bitten auch wiedergegeben.94 92 105/125. 93 71 S Nr. 69. 94 105/126, 18.8.1727; 71 S Nr. 69, 13.8.1727.

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W i e nun ebenfalls schon üblich, traf nach V e r k ü n d i g u n g des neuen Reichsk a m m e r g e r i c h t s u r t e i l s ein b a d i s c h e r K o m m i s s a r in S c h w a r z a c h ein. A m 13. A u g u s t k a m H o f r a t K r ü n i n g e r in B e r n h a r d V o g e l s W i r t s h a u s z u m S c h w a n e n u n d u n t e r s u c h t e , w i e d a s M a n d a t e r s c h l i c h e n w o r d e n sei. M o r g e n s z w i s c h e n s i e b e n u n d a c h t U h r v e r h ö r t e e r o b e n in d e r v o r d e r e n S t u b e 15 P e r s o n e n ü b e r d i e F r o n e n u n d l i e ß d i e A u s s a g e n , « w i e sie aus d e m m u n d t g e f l o s s e n » , n i e d e r s c h r e i ben.95 D i e e r s t e F r a g e w a r , w i e v i e l e u n d w e l c h e A r t v o n F r o n e n sie leisten m ü ß t e n . A l l e s a g t e n aus, es seien so v i e l e u n d s o v e r s c h i e d e n a r t i g e , d a ß m a n k e i n e g e n a u e Z a h l a n g e b e n k ö n n t e . H a n s G e o r g Z e l l e r , 71 J a h r e alt, s a g t : Ey, daß gott erbarm, wie w o l t er indessen alle frohndten können anzeigen, die underthanen halt jedesmahl frohnen müssen, wann, was und wie der herr praelat es praetendirt habe. U n d G e o r g H a r s c h , 60 J a h r e : Wann es ihme das leben koste, könte er nicht sagen, was für frohnden er die zeither verrichtet, die zahl seye zu groß, daß er sich erinnern könne, man habe frohnen müssen, bies der herr praelat genug gehabt. S i m o n S i c k h i n g e r , 62, z ä h l t a u f : D i e frohnden bestehen in brennholtz, bawholtz, stein, kalch, sandt, leth und anderen fuhren, als zackeren, hew und Strohe führen, nichts ausgenohmen, was man immer im closter vonnöthen habe, deßentwegen niemandten zu gemuthet werden könne, eine gewisse zahl anzugeben. D i e z w e i t e F r a g e , o b sie, w i e g e k l a g t w i r d , m i t G e l d - u n d T u r m s t r a f e n z u d e n F r o n e n a n g e h a l t e n w ü r d e n , w i r d e i n m ü t i g b e j a h t . S e c h s d e r V e r h ö r t e n h a b e n es a m e i g e n e n L e i b e e r f a h r e n . H a n s J a k o b L o r e n t z v o n O b e r w e i e r , 46, ist d r e i m a l 24 Stunden eingesperrt w o r d e n . Er erzählt weiter: A d j i c i t , Jacob H a a g seelig v o n M o ß , seye umb die nembliche zeith dem frohnen halben in den thum gesteckt wordten, da er doch allbereiths mit dem fieber beschaffet ware, und sich dießer kranckheith halber, angesehen er kein knecht noch andere dienstbothen hatte, umb v o n der frohndt befreyet zu werden, excusirt, man habe aber nach allem dießem nichts gefragt, undt weillen er gegen 3 täge zu schon zimblicher kalter herbst zeith im thum verbleiben müssen, mithin an den s. v. füssen zu geschwellen angefangen, seye er daraufhin innerhalb 6 wochen, da sich v o n selber zeith an, die kranckheith vermehrt, todts verblichen, dahero jedermann ausgegeben, daß sothane einthürnung dießes manns todt verursachet und gantz gewiß nach sich gezogen habe, welches ein in beyden abtstäben bekante sache seye.

95 71 S Nr. 60; vgl. Anhang Nr. 5.

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Fünf sagten aus, sie hätten immer alles geleistet, weil sie gesehen hätten, wie es denen erging, die es verweigert haben. Franz Jörger, ungefähr 30 Jahre alt, bekennt, er selbst sei wegen der Fronen nie gestraft worden, weil er aus forcht, es mögte ihme gehen, wie den anderen, auf alle geboth sich willig bezeigt, welche er gern nicht gethan hätte, wann er sich vor dergleichen harthen straffen nicht geforchten hätte.

Und Barthel Harsch, 51, antwortet mit weinenden äugen, wie er obgedachter massen ins Hertzthal fahren müssen, seye ihme vom pflüg aufm acker bey straff zehn reichsthaler gebothen wordten, er seye ein armer mann und habe sich von denen anbetrohten gelthstraffen abschrecken laßen, deswegen die frohndten aus zwang undt forcht gegen alle billichkeith verrichtet.

Alle bejahen, daß sie nur aus Furcht und Schrecken so viele Fronen verrichtet haben, ohne Zwang hätten sie das nie getan. Martin Haag, 80, meint dazu: «Es heißt halt, wann man nicht will, so muß man doch.» Am Schluß bemerkt Hans Jakob Lorentz, er habe sicher gehört, daß sechs Leibeigenen von Oberweier zwar wegen Fronverweigerung 30 fl Strafe angesetzt, diese aber bis heute nicht eingefordert wurden; diese Strafen würden aber beim Tod des Betreffenden eingezogen, wie es schon bei vielen Erbteilungen geschehen sei, bei denen man den Erben den entsprechenden Betrag vorenthalte, ohne ihnen zu sagen, wohin diese Gelder kämen. Nach diesen Aussagen zu urteilen, ging der Abt inzwischen mit harter Hand gegen die Widersetzlichen vor. Baden blieb angesichts der Urteile, die von Wetzlar kamen, nichts anderes übrig, als diese Gegebenheiten zu protokollieren in der Hoffnung, damit einen Sinneswandel beim Reichskammerrichter herbeizuführen. Bei den gewohnten Verhören am nächsten Tag in der Kanzlei des Klosters zogen sich die Bauern darauf zurück, 9 6 daß sie das kayserliche urthel nicht verstünden, auch sich keiner in particulari zur positiven parition derselben verstehen wollte, indeme jeder deponirte: was andere thuen, wolle er auch thuen.

Deswegen zitierte der Abt die Schwarzacher alle noch einmal am 16. August auf das Rathaus und ließ ihnen das Urteil vorlesen und erläutern, «aus besonderer gnad und liebe gegen sie unterthanen», damit sie nicht unbedachterweise «und aus etwann vorschützender unwissenheith» der drohenden Strafe von zehn Mark Goldes bei Nichtbefolgung bis zum angesetzten Termin verfielen. Es wurde ein Amtsprotokoll angefertigt, wonach es bei der Versammlung folgendermaßen zuging:

96 105/126, 18.8.1727.

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Worauf Hannß Jacob Zeller hervorgetretten und öffentlich vermeldet hat, es würdte kein termin verstrichen werden, die herrschaft zu Rastatt würdte sich ihrer schon annehmen, und zu seiner zeith ihrenthalber noch einkommen, die gemeindt thäte bey ihrem recht verbleiben, wie selbige es anfangs zue Rastatt angebracht hätten, und der herr marggraf würdte ihnen schon helfen, sie hetten nichts zu Wetzlar zu thun, und da es wider sie ausfallen würdte, der herr marggraf ihnen schon befehlen würdte, was sie zu thun hetten, sie weicheten nit von ihrer herrschaft, dem margrafen, er würde sie zu pferdt und zu fueß defendiren; welchem aussagen des Hannß Jacob Zeller die gantze gemeindt mit öffentlichem schreyen ja ja beygefallen.

Als Zeller entgegengehalten wurde, das Kloster habe nicht mit Baden, sondern mit der Gemeinde zu tun, und daß die Intervention der Frau Markgräfin vom Reichskammergericht verworfen wurde, «gäbe selbiger zur antworth, wie er soches nicht glauben thäte». Als man die Versammlung fragte, ob sie dem Urteil nachkommen wollten, «haben selbige einhellig nein gemeldet, mit dem zusatz, sie gebeten nichts zuruck, der herr marggraff würde sie schon defendiren». Die Klostervertreter hielten ihnen vor, sie sollten sich doch das Urteil von einem unparteiischen gelehrten Mann aus Straßburg, dem Hanauischen oder sonst woher erklären lassen, so würden sie schon zu hören bekommen, was sie zu tun hätten; da hat er Hannß Jacob Zeller sich abermahlen vernehmen laßen, die herren zu Rastatt verstündten es genug: und seindt darauf alle in gröster ungestümme und murmurirn forthgegangen mit vermeldten, sie thäten den Baumgarthen und Wittich nicht zurückgehen, es gehörte ihnen, und sie wolten nichts mehr fronen, kein roß mehr anspannen, und könnte das gotteshaus künftig seine frohnen selbsten verrichten.

Diese Äußerungen wurden notiert und am Schluß dem Gericht zur Bestätigung vorgelesen, die Gemeinde war j a schon fortgegangen. 9 7 Dieses Protokoll war natürlich äußerst brisant, und zwar hinsichtlich der Bemerkung Zellers, Baden werde sie zu Fuß und zu Pferd verteidigen, und der tumultuarischen Äußerungen aus der Gemeinde beim Verlassen des Saales. Wenn diese Äußerungen tatsächlich so gemacht worden waren, stellte das eine Mißachtung des Reichskammergerichts dar. Denn war die Exekution unausweichlich. Der Abt reichte das Protokoll natürlich in Wetzlar ein. Noch am gleichen Tag gingen daher Hans Jakob Zeller, Hans Georg Ott und Hans Joseph Rieboldt nach Rastatt und berichteten - nachmittags zwischen drei und vier Uhr - in der Wohnung Hofrat Krüningers über die Versammlung. Von dieser Unterredung wurde ebenfalls ein Protokoll angefertigt, als Gegenbeweismittel zum äbtischen Protokoll. Das liest sich so: Der Herr Prälat habe die Bürger am Vorabend bei Strafandrohung von einem halben Gulden geboten. Sie seien heute morgen um sieben Uhr erschienen, gegen acht hätten sich der Pater Großkeller Joachim Rumpier, der Prior Pater Coelestin Stehling und der

97 71 S Nr. 69, auch im folgenden.

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Amtmann Durbach eingefunden. Zuerst seien die Namen aller Bürger abgelesen und dann diejenigen, nicht erschienen sind, mit 30 Kreuzern Strafe belegt worden. Durbach habe das Urteil und dann, von einem Zettel vorformuliert, die Erläuterung vorgelesen, nach der sie alles zurückzugeben und zu leisten hätten, was immer der Prälat verlange. Worauf die gesamte Bürgerschaft geantwortet hätte, sie hätten das Urteil verstanden, seien auch bereit, ihm nachzukommen, weil ihnen darin aber vorbehalten würde, ihre fernere befügnußen über die von undencklichen zeithen wohl hergebrachte recht und gerechtigkeith an- undt ausführen, so müsten sie hierinfahls, was zu gehorsambster befolgung mehr berührter urthel übrig seye, ihrer angebohrnen kundtbaren landtsherrschaft dem hochfürstlichen haus Baaden,

überlassen. (Die kaum noch zu überbietende Steifheit dieser Formulierungen zeigt die Verlegenheit, aus der heraus das Protokoll entstand.) In der weiteren Debatte warfen die Untertanen dem Pater Großkeller u. a. die Einkassierung von Winters Pferden vor, bis schließlich die Bürgerschaft auseinanderging. Bevor sie aber auseinandergekommen, habe sich Carl Doßer, ein 80-jähriger burger zu Schwartzach, unter allen anderen hervor und zu dem tisch gestellt, wo die beede herren patres und herr Durbach gesessen, undt dießen ohne schew aus billichem eyfer und erbitterung under das angesicht gesagt: er mögte nur denjenigen, so der burgerschaft ihre über menschen gedenken aigenthumblich zugestandene allmendten zuerst weeggenohmen habe, sietzen sehen, dießer werde den verdienten lohn in alle ewigkeith darvontragen, ob sie dann demselben mit leib und seel auch nachfahren wollen.

Hofrat Krüninger kam am 4. Oktober eigens nach Schwarzach und verhörte im Bürgersaal des Rathauses elf Untertanen, um das äbtische Amtsprotokoll zu widerlegen. Die elf Zeugen waren die bekannten Anführer und ihr Umkreis. Die Äußerung, sie hätten nichts zu Wetzlar zu tun, wird bestritten, statt dessen sei gesagt worden: Was umb gottes willen das gotteshaus mit ihnen armen leuthen zu Wetzlar thuen und solche große kosten machen wolte, die sie zu tragen nicht vermöchten? Sie unverständige leuth könten sich allda weder rathen, weder helfen.

Als der Amtmann erklärt hatte, sie dürften sich laut Urteil nicht an Baden wenden, hätte Zeller gemeldet, daß gott erbarmen ! Das könte er nicht glauben, daß sich nicht mehr an badische herrschaft, welcher sie gemainde schon dreymahlen gehuldiget, wenden solten? Wan dieses wäre, so solte ihnen gott gnaden, weilen sie von dem gotteshaus unterdruket wurden, wan sie bey baadischer landsherrschaft kein hilf suchen dürften.

Zum kritischen Punkt eines militärischen Eingreifens Badens heißt es, Zeller habe nur gesagt, daß Baden sie beschützen werde,

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worauf Herr Durbach ihne Zeller gefragt, geltet zu pferd, und zu fuß? Antwortete er Zeller, villeicht, es könte wohl sein.

Die verfänglichen Aussprüche aus der Gemeinde am Schluß werden nicht bestritten, aber mit Bedauern zurückgenommen. Sie wären erst davongegangen, als man ihnen sagte, sie dürften sich nicht mehr an Baden wenden: D a n auf solche weiß wären sie in grose ungedult und consternation gerathen, hätten sich auch einige von der gemaind in diser Verwirrung vernemmen lassen, wan sie keinen herren mehr haben solten und das gotteshaus ihnen alles das ihrige nemmen wolte, so könten sie den leeren luft überal geniessen, wolten dan auch nicht mehr frohnen. Diese letste, aus einer übereylung geschehene rede hätte sich in der that gleich wider geändert.

Noch am gleichen Tag und allezeit danach seien die Fronen, die das Kloster ihnen abforderte, geleistet worden. Wie gewohnt ließ der Abt ein Gegenverhör durchführen, am 23. Oktober mit dem Schwarzacher Schultheißen Peter Rheinfried (67), dem Gerichtsmann Jakob Jörger (69) und dem Gerichtsmann und Bürgermeister von Schwarzach Christoph Dober (60). Die letzten beiden waren auch Zeugen in Krüningers Verhör. Während Rheinfried alles fleißig bestätigte, waren die anderen beiden in ihren Antworten zurückhaltend, wenn sie auch nichts verneinten. Es kommt eigentlich nur heraus, daß bei der Versammlung beständig geredet wurde, sie hielten sich an den Herrn Markgrafen. Dober sagte, er «habe kaum für tumult und geschrey der unterthanen sein eigenes worth hören können», doch sei es schon so gewesen, wie ihnen das Amtsprotokoll hernach vorgelesen wurde. Als Probe des tatsächlichen Verhaltens und weiteres Beweismittel wurden am 13. Oktober die Handfröner des Schwarzacher Gerichts zusammengerufen und gefragt, ob sie bereit seien, das Brennholz zu machen, damit dies dem Reichsgericht in Wetzlar angezeigt werden könne. Worauf Michel Eckstein von Schwartzach als in ordine erster befragter in seiner responsion beständig haesitiret und weder affirmativam noch negativam geben wollen, daß also seine hochfürstliche gnaden vor guth befunden haben, allen vor die cantzley hinaus ein abtritt zu nehmen zu gebieten, umb einen nach dem andern vernehmen zu können.

Auf diese Weise befragt, «ist die antworth von allen, außer etwelchen wenigen, mit nein gegeben worden». Einen Tag später wurde allen Handfrönern des Vimbucher Gerichts dieselbe Frage vorgelegt, «worauf von allen auch das nein in antworth erfolgt». Der Abt hatte das Amtsprotokoll vom 16. August also nach Wetzlar geschickt. Nach Erhalt kommentierte sein dortiger Rechtsanwalt Deuren die Reden Zellers: «der kerl mus zum exempel gezüchtiget werden, daß er in vier wochen keine fleischliche gedancken mehr bekombt». Er wolle jetzt die. Exekution durchsetzen, mit der entweder die den Schwäbischen Kreis ausschreibenden Fürsten (das waren der Herzog von Württemberg und der Bischof von Konstanz) 47

oder ein benachbarter Reichsstand zu beauftragen wären. Im Kloster begrüßt man das und berichtet: Die unterthanen stellen sich mit dem frohnen zwar in etwas ein, aber zur abtretung deren eigenmächtig abgenommenen güether und anderen in sententia enthaltenen praestandis wollen sie sich absolute nicht verstehen, wobey der famose Jacob Zeller allzeit den reyhen führet; unser convent ersucht ewer hochedlen gantz inständig, dieses erstgemelten ertzrebellen exemplarische bezüchtigung eyfrigst zu betreiben.

Mit der Exekution solle am besten der Herzog von Württemberg beauftragt werden, beim Bischof von Konstanz hat man («wegen dessen coadjutoris h. cardinals zu Speyer») Bedenken. 98 Man erreichte ein Reichskammergerichtsmandat, publiziert am 31. Oktober 1727 - das fünfte inzwischen mit dem Titel «mandatum de exequendo»: Die beklagten Untertanen verfallen wegen beharrlichen Ungehorsams und Widersetzlichkeit der angedrohten Strafe und haben die angefallenen Gerichtskosten zu tragen. Das Mandat sei den, den Schwäbischen Kreis ausschreibenden Fürsten zur Exekution sowohl in der Hauptsache, als auch betreffend der Strafe zuzuleiten, ungeachtet aller weiterer Interventionen des Hauses Baden - Baden und von dieser Seite angemaßter Beschützung der Klosteruntertanen gegen den Prälaten. Am 8. November wurde dieses Mandat Johann Franz, Bischof von Konstanz, und Eberhard Ludwig, Herzog zu Württemberg, zugestellt, und sie über die vorausgegangenen Urteile informiert. Bei Androhung einer Geldstrafe waren sie angewiesen, in sechs Wochen und drei Tagen mit der Exekution zu beginnen, sofern nicht die Anwälte der Untertanen bis dahin glaubhaft erklärten, daß diese dem Urteil nachgekommen seien." Mit der Inkenntnissetzung der beiden Fürsten begann das Verfahren der Exekution. Den Bauern war eine letzte Frist gesetzt. Am 1. Dezember richtete der badische Markgraf Ludwig Georg ein Schreiben an die Untertanen beider Abtstäbe, in dem er die vom Kloster erwirkten Mandate als erschlichen abtat, die Bauern gleichwohl aufforderte, die Mandate vorbehaltlich eines angestrebten anderen Urteils angesichts der drohenden Exekution durch den Schwäbischen Bund in allen Punkten zu befolgen. Der Markgraf bestärkte die Bauern zwar noch einmal prinzipiell in ihrem Standpunkt, riet jedoch zur Einsicht in die Situation. 1 0 0 Wenige Tage vor Ablauf der sechs Wochen und drei Tage, am 10. Dezember 1727, bestellte der Klosteramtmann Durbach den Schultheiß von Schwarzach, Peter Rheinfried, den Bürgermeister Christoph Dober und den Gerichtsmann Jakob Jörger zu sich und beauftragte sie, die Glocken zu läuten, die Gemeinde Schwarzach zusammenzurufen und diese aufzufordern, die Elsäßer Weinfuhren und die Brennholzfron gemäß Reichskammergerichtsurteil zu leisten. Die drei 98 105/126, 22.8. und 25.8.1727. 99 105/125 und 71 S Nr. 69, 8.11.1727. 100 105/126.

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erhielten von der Gemeinde die Antwort, sie wollten die Weinfuhren nicht erledigen und auch nicht in Auftrag geben, die mittel auch zu deren bezahlung nicht vorhanden seyen, undt wolten auch das holtz nicht machen, indeme sie dergleichen vor alters nicht /: ausser der kriegszeithen, als sie in dem closter geflehet gewesen, gemacht hetten;

sie wollten den Prozeß im Frühjahr abwarten. Am nächsten Tag erfolgte die gleiche Prozedur betreffend die drei besetzten Grundstücke mit der gleichen Antwort der Bauern. Am 12. Dezember wurden die drei Grundstücke von Durbach und drei Zeugen inspiziert und über ihren Zustand ein Protokoll angefertigt. 1 0 1 An diesem Tag vormittags war Hofrat Krüninger ins Rathaus gekommen und hielt den zitierten Untertanen einen Vortrag. Über den Inhalt seiner Rede befragte Durbach die Schultheißen von Vimbuch und Moos, David Fritz und Wendel Winther. Nach ihren Aussagen hat Krüninger gesagt, zwar hätte Wetzlar die Strafe angesetzt, aber Baden würde sich vor sie stellen, «so sollte es den mann keinen heller kosten», sie sollten sich an Baden halten und Baden würde schon ein Mittel finden, die Exekution zu verhindern. D a es ihnen verboten sei, nach Rastatt zu laufen, sollten sie in Zukunft zum Amtsschreiber nach Stollhofen gehen, den er als Advokaten für sie bestelle. Schließlich sollten sie eine Vollmacht für Rechtsanwalt Dr. Brandt in Wetzlar unterschreiben. Dabei kam es zu einem Wortwechsel, als Hans Jakob Zeller den Schultheißen von Vimbuch auf die Unterschrift ansprach, der sie verweigerte. D a «hette er Hannß J a c o b Zeller zu ihm gesprochen, was er vor ein staabsvorstehere seye, daß er dieses nit thun wollte». Und der Schultheiß von Moos antwortete, als Bernhard Vogel ihm ebenso die Unterschrift «zugemuthet hette», es ginge solches ihme nichts ahn, habe dem herrn praelaten ein aydt geschwohren, wollte solchen auch halten, worauf er Hannß Bernardi Vogel auch gesagt habe, was er vor ein gemeindsvorsteher were, daß er solches nicht thuen wollte.

Die beiden Schultheißen berichten weiter: Und wäre von lauther jungen bürgeren geklagt worden, und hetten sich auch verschiedene bey dem herrn hofrath Künninger unterschrieben, welche aber dieselbe geweßen wären, und wieviel, und was ein jedweder besonders oder alle ins gesambte und über was vor sachen und puncten unterschrieben, solches seye ihnen aigentlich nicht bewust, noch bekannt.

Die Vollmacht für Dr. Brandt, im Namen der Unterzeichner in Wetzlar einen Schwur abzulegen, ist von 24 Leuten unterschrieben - davon 14 Schwarzacher (darunter erstaunlicherweise auch der Schultheiß Peter Rheinfried). 1 0 2

101 105/126 und 71 S Nr. 69, 12.12.1727. 102 71 S Nr. 69.

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Auf die in Wetzlar eingereichten Protokolle des Klosteramtmanns Durbach erging am 15. Dezember 1727 der Befehl an die beiden Fürsten, die Exekution vorzunehmen. 1 0 3 Nun verlagerte sich das Zentrum des Geschehens für eine Weile an den württembergischen Hof. Das Kloster schickte den Prior nach Stuttgart, der dort eifrig antichambrierte und die beschleunigte Abwicklung des Verfahrens betrieb. Auch Baden versuchte noch zu intervenieren, doch gemäß Urteilstext ohne Erfolg. Der Termin der Exekution ließ aber noch auf sich warten. Die Abstimmung zwischen Württemberg und Konstanz gestaltete sich recht langwierig; ein anderes Hindernis war, daß Kloster Schwarzach erst 300 fl für die Bestreitung der Exekutionskosten hinterlegen sollte. Dann verständigten sich die beiden Fürsten am 16. Februar 1728, der Gemeinde Schwarzach noch einmal eine Frist von sechs Wochen und drei Tagen einzuräumen, das Urteil zu erfüllen, d.h. inklusive Strafe und Gerichtskosten. Der Abt bat dagegen, mit der Exekution nicht länger zu warten. 1 0 4 Baden setzte jetzt die 1726 eingeschlagene Strategie fort, verstärkten Druck auf das Kloster auszuüben und gleichzeitig rechtliche Einwände gegen die klösterlichen Amtsprotokolle zu sammeln, um damit dem Exekutionsmandat entgegenzutreten. Am 2. Januar 1728 wurden die drei Schultheißen von Schwarzach, Vimbuch und Moos, Peter Rheinfried, David Fritz und Wendel Winther, sowie die Schwarzacher Gerichtsleute Hans Jakob Jörger und Christoph Dober, die in Durbachs Schriften vom 12. Dezember als Zeugen fungierten, für den nächsten Tag zu früher Tageszeit auf die fürstliche Hofkanzlei nach Rastatt beordert. Der Abt verbot diesen fünf, dem badischen Befehl nachzukommen, worauf Rastatt mit einem Strafbefehl über 200 Reichstaler reagierte und diese Untertanen noch einmal zum 5. Januar zitierte. Schließlich rückte am 19. Januar ein badischer Hofrat mit bewaffneter Mannschaft in Schwarzach ein, befahl Abt, Prior und Amtmann unter Strafandrohung auf das Rathaus und verurteilte den Amtmann vor den versammelten Untertanen zu 200 Reichstalern Strafe, verbot zugleich der Gemeinde, ihm weiter Gehorsam zu leisten. 105 Zugleich wurde eine Erklärung der Untertanen gegen die von Durbach verfaßten Protokolle aufgesetzt. Am 12. Dezember hatte Rheinfried sie gefragt, ob sie den Wein aus dem Elsaß holen und die Tagelöhner und Handfröner das Brennholz machen würden, worauf dann die versamblete gemeinde geandtwortet, wir müssen es leyder wohl thun und wolten es auch thun, weilen aber die täg so kurtz und die weeg so b ö ß fahren wären, also er Schultheiß bey dem gnädigen herrn für sie bitten, daß sie, bis die weeg besser, sich gedulten mögten; ingleichen hetten sie sich auch erklährt, das

103 105/126. 104 Ebd. - Zum Gang des kammergerichtlichen Exekutionsverfahrens siehe Raimund J. Weber, Die kaiserlichen Kommissionen des Hauses Württemberg in der Neuzeit, in: ZWLG43 (1984), S. 205-236. Die Frage der Vorfinanzierung des Exekutionskommandos durch den Kläger wird nicht berührt: vgl. ebd., S. 218. 105 71 S Nr. 69, 2.1. und 3.1.1728; 105/125, 19.1. und 20.1.1728.

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brennholtz zue machen, und dabey begehrt, daß man ihnen nur anweißen mögte, an welchen orthen und wieviel sie machen solten; eine gleiche bewandnus hette es auch mit der umbzäunung, worzue sie sich bereit erzeigt hetten, wegen des frostes aber nicht in den boden kommen können, dem herrn praelaten gleichwohl zur bezeugung ihrer bereitwilligkeit durch den staabhalter Jacob Zeller anerbiethen und ersuchen lassen, ihnen die quaestionierte stücker umb einen jährlichen billichen zins ad interim bis zur ausgang der sach zue überlassen. Die Erklärung trägt 74 Unterschriften, davon 42 von Schwarzachern. Demgemäß reichte Rechtsanwalt Dr. Brandt am 21. Januar 1728 beim Reichskammergericht einen Protest gegen das Exekutionsmandat ein, da die Wahrheit der Protokolle Durbachs anzuzweifeln sei. 1 0 6 Baden hielt noch zwei Winkelzüge bereit. Der Abt erregte sich besonders, als auf einmal ein badischer Beamter mit Sack und Pack in das Haus der Witwe des ehemaligen Klosteramtmanns Wich einzog. Sie hatte es ohne Wissen des Klosters für lOOOfl verkauft. Damit hatte Baden-Baden einen Mann in Schwarzach selbst. 1 0 7 Als zweites schlug Rechtsanwalt Brandt dem Reichkammerrichter in einem Schreiben vor, vor Vollzug der Exekution den ganzen Fall durch eine Kommission untersuchen zu lassen, die den Reichsstädten Offenburg oder Zell am Harmersbach zu erteilen sei. 1 0 8 Offensichtlich unter Eindruck der Exekutionsdrohung wandten sich jetzt die Schwarzacher mit einem Anwaltsschreiben an ihren Abt. Es lautet: Hochwürdig in gott andächtiger herr praelat! Wie nothwendig undt ohnentbehrlich hiesiger gemeindt ihre aigenthumbliche allmendtstuck, nemblichen der Baumgarthen, Wittig undt Marthacker seyen, werden ewer hochwürdten gnaden umb so leichter beliebig erkennen, als bekant ist, daß wir einen geringen waydtstrich, undt hingegen bey geniessenden fridtlichen zeithen und starck angewachßener burgerschaft eine große viehezucht haben, underdessen aber, da löbliches gotteshaus sich in vermeinte possession erstgedachter stücklen gesetzt; und wir zu folg eines hochpreyslichen kayserlichen cammergerichtsurthel dermahlen salvo processu ordinario davon abstehen solten, bey oberwehnter dießer großen nothwendigkeith, aber ohne höchsten unseren schaden, besagte unser aigenthumliche allmendtstuckh nicht entbähren können; als haben zu bezeigung unseres schuldtigen gehorsambs gegen das kayserliche mandatum ewer hochwürdten gnaden wir hierdurch gehorsambst belangen wollen, uns obgemelte stuck bis zu weitherem austrag der sach umb einen jährlichen billichen zins zu gemeinsamben nutzen zu überlassen undt zu verlehnen; wobey wir doch zu erklären bemüssiget, daß durch diese ansuchendte ablehnung uns in unseren gerechtsamben keineswegs praejudicirt, sondern solches allein zu abwendtung unsers schadens, undt umb die schuldtige parition gegen das emanirte kayserliche mandatum zu praestiren, gethan haben wollten, in anhoffender

106 71 S Nr. 69. 107 Nach Angaben von Untertanen ist Wich vom Kloster verstoßen worden; 1726 wird er als verstorben angegeben; 71 S Nr. 69, 17.-18.10.1726. 108 105/126, 20.1.1728; 71 S Nr. 69, 2. 3.1728.

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gnädiger willfahr beharren ewer hochwürden gnaden ! Unterthänig gehorsambste sambtliche gemeindt zu Schwartzach

Das Schreiben hat 16 Unterschriften, möglicherweise derjenigen, die den Ausschuß der Gemeinde bildeten. Nach Inhalt und Ton rückten die Bauern kein Stück von ihrer Position ab, gaben nur der Form halber nach. Das war nicht gerade geeignet, den Prälaten zur Konzession zu bewegen. So merkt der Abt, der sich gerade auf dem Schelzberg aufhielt, denn auch auf der Rückseite des Blattes an, Zeller und seine Konsorten wollten wohl nicht einsehen, daß das Kammergerichtsurteil ihnen befehle, die dem Kloster eigentümlichen Grundstücke in vorigen Stand zu setzen und zurückzugeben, und nicht, daß sie diese dem Kloster ablehnen sollen. «Das erstem sollen sie thun, bevor sie das zweyte suchen.» Das sei ihnen als Antwort zu geben. 1 0 9 Das Mahnschreiben des Herzogs von Württemberg und des Bischofs von Konstanz mit der Fristsetzung von sechs Wochen und drei Tagen wurde Hans Jakob Zeller im Beisein von Gericht und Bürgermeister am 27. April in der Klosterkanzlei von Amtmann Durbach und in Anwesenheit zweier Zeugen, hanau-lichtenbergischer Untertanen, verlesen. Zeller sagte dazu, er kenne das Schreiben schon seit etlichen Tagen, es sei ihm von einem guten Freund vorgelesen worden, «es hetten die unterthanen ja alles gethan, was von dem gotteshaus verlangt worden were». Der Pater Großkeller entgegnete, Strafe und Unkosten seien noch nicht erlegt, auch sonst nicht alles, was im Urteil enthalten ist, befolgt, worauf Zeller sagte: «wie er auch nicht hoffen wolte, daß es geschehen werde, undt ist demnechst fortgegangen.» Vier Wochen später, am 25. Mai, wandten sich die Untertanen mit einem umfänglichen Schreiben an den Reichskammerrichter. Sie behaupten darin, sie hätten nach dem Reichskammergerichtsurteil dem Kloster, was die Frondienste und die Allmendstücke betrifft, Gehorsam geleistet, das Kloster aber unter falschen Angaben ein Pönal- und Exekutionsmandat gegen sie erschlichen. Wegen der drohenden Exekution und des «dadurch bevorstehenden Untergangs» sehen sie sich genötigt, durch das vorliegende Schreiben wiederum ihren Gehorsam zu erklären. Als Beweis ihres Gehorsam führen sie das Ansuchen an den Prälaten an, ihnen die zurückzugebenden Allmendstücke, die sie sehr nötig hätten, gegen Zins zu verleihen, und daß sie, obwohl der Prälat dieser Bitte nicht nachkomme, diese Güter zur Zeit umzäunen und in den zur Rückgabe nötigen Stand setzten. Ja, es hätte der Herr Prälat andere ähnliche Allmendstücke, die er den Bauern schon zuvor überlassen habe, nun wieder unberechtigterweise einzäunen lassen. Und doch habe die Gemeinde, um nur keine Gelegenheit zur Andichtung von Widerspenstigkeit zu geben, diesen neuen Angriffen auf ihr Eigentum ruhig zugesehen. Sie hatten vor dem kaiserlichen Mandat die Fronen aufgrund der Anmahnungen des badischen Markgrafen verweigert. «Gleichwie 109 105/126, auch im folgenden; das Untertanenschreiben ist undatiert, der Kommentar des Abts ist vom 31.3.1728.

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nun die betrangte unterthanen in dießer ihrer betrübten situation» nichts tun könnten, so erklärten sie für die Zukunft, die Fronen zu leisten, so schwer es auch fallen wirdt, zue leben, allermaßen durch die execution selbsten mehrerer gehorsamb und bereitwilligkeit nicht zue erzwingen.

Bei diesem allem aber wollten sie sich in ihrem Recht und Gerechtigkeit nicht präjudizieren und die Vergütung nach Billigkeit und Herkommen suchen. Aufgrund dieser Bereitwilligkeit werde der Herr Richter und die ganze ehrbare Welt hoffentlich ihres Prälaten hartes Verfahren, «ihnen also ohne ursach über den hals ziehen wollende schädliche execution», mißbilligen. Das Schreiben hat 61 Unterschriften. Am 12. Juni ließ die Klosterherrschaft dem Hans Jakob Zeller und den mit ihm haltenden Untertanen durch den Schultheißen Peter Rheinfried und die beiden Gerichtsleute Joseph Haafer und Andreas Schwab mitteilen, daß die vom Kreisamt gesetzte Frist von sechs Wochen und drei Tagen bereits gestern abgelaufen sei, ohne daß in der Hauptsache wie hinsichtlich der Strafe und den Gerichtskosten Folge geleistet wurde. Die zurückzugebenden Güter seien noch nicht zugemacht, die Gräben noch zugeschüttet, geschweige die lebendigen Häge wiederhergestellt, oder auch nur der Anfang dazu gemacht. Niemand sei zum Holzmachen oder zu den Weinfuhren angemeldet, auch habe sich keiner wegen der Zehnten erklärt. Daher werde nun die Einrückung der Exekution betrieben. Die drei Beauftragten brachten folgende Antwort der Rebellen: Hetten die allmendt undgüther zugemacht, daß es aber aufgerissen worden, könten sie nichts davor: man solte acht haben und diejenige, so es thäten, abstraffen. Wegen des holtzführen, wan es ihnen gebotten wurde, so wolten sie alle thun, daß sie aber selbst darumb anfragen solten, das thäten sie nicht. Wegen des zehenden hätten sie ja den rübenzehenden herbeigebracht, und wissen sonst keinen, den sie nit abgestattet. Wegen der execution, wan eine kommen thäte, so werde auch jemand geben, der sie würde heissen fortgehen; welch letzteres der Zeller selbst gesagt hätte mit dem zusatz, sie könten es nit ändern, müssten es geschehen lassen, in gottes namen.

Die Bauern lenkten ein und waren störrisch zugleich. Um die Exekution zu vermeiden, gaben sie in den meisten Punkten nach, mit Ausnahme, wie es scheint, der Allmenden; daß sie sie zugemacht, irgendein Unbekannter sie aber wieder aufgerissen hätte, ist eine Ausrede, um ihre Unnachgiebigkeit in der Sache zu verdecken. Ansonsten stellten sie in deutlichen Worten klar, daß sie nur unter der Gewaltdrohung zu diesem Einlenken bewogen wurden und ihren Anspruch aufrechterhielten. Gegenüber dem Abt waren sie im Ton mehr offensiv als zurückweichend, krochen nicht zu Kreuze, was ihnen nicht zu verdenken ist. Mit dem Schreiben an den Reichskammerrichter hofften sie, die Exekution abwenden zu können. Sicher konnten sie da nicht sein, und so klingt in ihrer letzten Antwort einerseits der Gedanke, Baden könnte sie verteidigen, andererseits ein Hineinfügen in das Schicksal an, das der Selbstaufgabe vorgezogen wird. Der Abt aber tat alles, daß die Exekution nicht im letzten Augenblick ausblieb. Seine 53

Forderung, die Untertanen sollten sich von sich aus zum Holzmachen und den Weinfuhren anmelden, ist abwegig, entspricht auch in keiner Weise seiner eigenen Praxis in den letzten Jahren, die Bauern zur Probe ihrer Bereitwilligkeit jeweils aufzubieten. Er muß die Untertanen bis zum Schluß als widerspenstig hinstellen, denn er will die vollkommene Niederlage der Rebellen, um seine Herrschaft ebenso vollkommen wieder herstellen zu können. Der Abt schrieb nun am 14. und 16. Juni nach Stuttgart und Konstanz mit der Bitte, das schleunigste Ausrücken der Exekution eifrigst zu betreiben. Der mit dem Kommando der Exekutionstruppen beauftragte «herr obrist lieutenant baudirector Frisoni» ließ vom württembergischen Regierungssitz Ludwigsburg dem Abt mitteilen, er warte nur noch, bis ihm von Konstanz ein Termin zum Ausrücken gesetzt werde. 1 1 0 Bewundert sich auch über den underthanen halsstarrige große vermeßenheit, die ihnen nach verdienst wohl wird vergolten werden, es müßen eben solche leuthe seyn, die niemahlen dergleichen erfahren oder gewust, wie es bey solchen von hohen persohnen dependirenden executionen dahergehet, was übrigens mein herr principal weiter vielleucht zu notificiren gehabt hätte.

Von seiten des Klosters versuchte man dieses Vorantreiben möglichst diskret zu behandeln, um eine neuerliche Intervention Badens zu vermeiden, wie der Beauftragte Stern aus Ludwigsburg schrieb: 1 1 1 Es hat bis anhero Baaden Baaden nichts an die beeden commissionshöffe eingeschickt und umb aufschub gebeten, dahero laßen sie sich nichts merken, daß die sache so betriben wird, sondern thun vielmehr, als wan sie das gantze werk in statu quo laßen wolten, indeßen will ich hier schon alles aufs beste besorgen.

Das Verfahren zog sich noch etwas hin, da die Verständigung auf einen Termin zwischen Stuttgart und Konstanz Zeit brauchte, auch die nötigen Gelder des Abtes in Meersburg (dem Sitz des Konstanzer Bischofs) noch nicht eintrafen. Inzwischen drängte der Abt weiter. Schließlich kündigte man ihm am 23. September aus Meersburg an, daß die Expedition am 22. November in Schwarzach einrücken und die Exekution vollstrecken werde. Ein entsprechendes Schreiben ging am 3. Oktober von Ludwigsburg an Zeller und Konsorten, versehen mit den Siegeln des Herzogs von Württemberg und des Bischofs von Konstanz. Darin wird auf die Anzeige der Untertanen eingegangen, daß sie allen Gehorsam leisten würden ; vom Abt habe man aber Gegenteiliges gehört und kündigt daher die Exekution für den 22. November an. 110 Ebd., 18.6.1728. - Donato Giuseppe Frisoni aus Laino in Oberitalien, von Beruf Stukkateur, war, wie der Titel sagt, Baudirektor des Herzogs von Württemberg, übernahm 1715 die Leitung des Ludwigsburger Schloßbaus, war auch für eine Vielzahl anderer Bauten verantwortlich; er wurde zunächst Major, 1726 Oberstleutnant; nach dem Tode seines Bauherrn 1733 wurde er wegen Veruntreuung von Baugeldern verklagt und erhielt Festungshaft, aus der er 1735 freigelassen und vom neuen Herzog wieder in Dienst gestellt wurde: Baumgärtner, Ludwigsburger Schloß, S. 30-32. 111 Ebd., 1.7.1728.

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Jetzt wurde Baden-Baden offenbar erst gewahr, welche Anstrengungen der Abt in Ludwigsburg und Meersburg unternommen hatte und wie weit die Angelegenheit schon gediehen war. Zeller war sofort nach Erhalt der Exekutionsankündigung nach Rastatt gegangen. Ludwig Georg, Markgraf zu Baden, wandte sich jetzt persönlich mit einem Schreiben an den Prälaten. 1 1 2 Er warf ihm darin noch einmal falsche Schriften vor und, daß er die Untertanen, obschon sie durch die unchristliche frohnden executionen bis aufs bluth solchergestalten ausgemergelt worden, daß sie zu praestation der crays- und landtsteuern inutil gemacht Seyen, er praelat dannoch darmit sich nicht ersättigen lassen könne. Sonderen durch herbeyführung einer schweren execution dieselbe vollenkommen zu boden legen, und sie endlich von haus und hoff zum bettelstaab vermutlich in der absieht vertringen wolle, damit er das hinterlassene in acker und wiesen bestehendes güttlein sich und seinem closter zuaignen möge, welche absichten umb so wahrscheinlicher zu sein scheinen, als er bieshero sich nicht geschewt, denen armen gemeinden ihre steuerbahre weid, wasser und almendstücker de facto zu entreissen und dem closter ungerechter weis zu appropriiren.

Der Markgraf sieht sich als Landesfürst schuldig, seine Untertanen vor der unbilligen Gewalt des Prälaten, als seines Landsassen, zu schützen, «und dieselbe zu abtragung der reichs-, crays- und landts-praestationen in aufrechten stand zu erhalten». Wenn also der Prälat sich erkühnen sollte, die durch falsche Aussagen erschlichene Exekution vornehmen zu lassen, werde der Markgraf den den Untertanen entstandenen Schaden aus den klösterlichen Gütern «mittelst öffentlicher deren verganthung» ersetzen lassen. Er hätte in seinem Archiv gesehen, daß Kloster Schwarzach 1554 von den von Windeck 150 Leibeigene für 850 fl sich erhandelt habe. Da nun die Windecks Lehensleute des Reiches und des Hauses Baden gewesen seien, diese Familie aber kürzlich ausgestorben sei, und ein Teil ihrer Güter dem Haus Baden vom Reich zur neuen Verleihung wieder übergeben wurde, will er prüfen, ob diese Leibeigenen gegen Erstattung des Kaufschillings wieder zurückzuholen wären. Er bietet dem Abt an, ihm das Geld binnen eines Monats direkt oder durch Hinterlegung an einem dritten Ort zurückzuzahlen gegen Rückgabe der Leibeigenen. 113 Das waren freilich Drohungen, die einmal zu spät kamen, und die zum anderen den Abt eher noch bewogen haben werden, auf jeden Fall die Exekution zu erreichen. Denn durch die Exekution würde der von ihm reklamierte Besitzstand hergestellt und bewahrt werden, der ihm von Seiten Badens ohnehin verloren zu gehen drohte. So beantragte er denn in einer Eingabe an den Kammerrichter, dieses Schreiben von der Exekutionskommission mitverhandeln zu lassen. 1 1 4 112 71 S Nr. 69, 1.11.1728; 105/126, 3.11.1728. - 1727 übernahm Markgraf Ludwig Georg die Regentschaft, Sibylle Augusta zog sich nach Favorit zurück, vgl. Harbrecht, Die Reichsabtei Schwarzach, S. 54. 113 Vor 1554 lebten im Schwarzacher Klostergebiet neben äbtischen und markgräfischen auch Leibeigene der ehemaligen Klostervögte von Windeck, die durch den Verkauf ihrer Leute endgültig als Herrschaftsträger ausschieden: Reinfried, Geschichte des Gebietes, S. 152. 114 71 S Nr. 69, 3.12.1728.

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Am 8. November meldete Meersburg dem Abt, man habe das Geld erhalten und die Subdelegierten ernannt. Man könne nun ausrücken. 1 1 5 Über militärische Umstände der Exekution liegt kein Bericht vor. Es gibt ein umfangreiches Protokoll über die Verhandlungen der Exekutionskommission vom 1. bis 10. Dezember 1728. 116 Danach trafen die Württemberger planmäßig am 22. November in Schwarzach ein, erst am 28., wegen schlechten Wetters und fehlender Postpferde, weshalb sie Fronpferde hatten nehmen müssen, die Konstanzer. Am 29. wurde die Eröffnung der Kommissionssitzungen für den 1. Dezember beschlossen und zu diesem Termin die Parteien zusammengerufen. Vor Beginn der Kommissionsverhandlungen wurde der Anwalt der Untertanen Brandt noch einmal beim Kammerrichter vorstellig, die Exekution sei aufgrund falscher vom Klosteramtmann Durbach verfaßter Dokumente erlassen worden, und bat, ihren Vollzug zu stoppen. Der Abt hatte andere Sorgen, er erhob gegenüber der Kommission Bedenken gegen Stollhofen und Lichtenau als ins Auge gefaßten Exekutionsorten. 1 1 7 Laut Kommissionsprotokoll begannen die Sitzungen am 1. Dezember unter Vorsitz des konstanzischen Hofrats Christa und des württembergischen Regierungsrats Faber mit einer Einführungsrede des württembergischen Gesandten und der Verlesung des Reichskammergerichtsurteils vom 28. April 1723 sowie des Mandats an die ausschreibenden Fürsten vom 31. Oktober 1727. Danach legitimierten sich die Parteienvertreter, für das Kloster Pater Großkeller Joachim Rumpier und für die andere Seite Rechtsanwalt Hoffmann. Der Klostervertreter brachte sofort den Antrag ein, daß Hoffmann nur als Vertreter der Bürger, nicht aber Badens zugelassen würde. Hoffmann erklärte, er verstehe sich nur als Vertreter der Bürger und habe keine Weisung Badens. Aber auch die Bürger waren «viele und in großer menge erschienen». Jeder einzelne wurde befragt, wie er heiße, wohin er verbürgert sei und ob «sie es mit dem Hannß Jacob Zeller halten». 69 Schwarzacher bejahten diese Frage. Dem Anwalt wurde bedeutet, daß das nächste Mal nicht so viele erscheinen sollten, statt dessen nur eine Deputation. Der Nachmittag begann mit einem Antrag des Großkellers, auch Durbach zu den Verhandlungen zuzulassen. Es wurde festgestellt, daß dieser als Amtmann sowieso anwesend sein dürfe. An Rechtsanwalt Hoffmann gewandt hieß es, es sei der Kommission angezeigt worden, daß noch nicht alle Beklagten erschienen seien. Er solle mitteilen, welche diese seien, damit sie auch noch zitiert und befragt werden könnten. Hoffmann entgegnete, es sei unmöglich, alle anzugeben, weil in allen Dörfern etliche zu Zeller hielten. Man könne sie aber durch die Bürgermeister der Orte erfahren. Der erste Verhandlungstag endete mit einem Appell an die Beklagten, «je bälder je besser» dem kaiserlichen Mandat Folge zu leisten, wodurch viele Unkosten erspart würden und sie «von weiterer und schärferer andung sich befreyen könnten».

115 105/126. 116 71 S Nr. 69. 117 71 S Nr. 69, 30.11.1728; 105/126, 29.11.1728.

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Am 2. Dezember waren die Bürger vertreten durch Hans Jakob Zeller, Bernhard Vogel, Franz Joseph Vogel, Hans Adam Vogel, Hans Georg Ott und Hans Joseph Rieboldt. Das Kloster brachte eine Liste der unerfüllten Klagepunkte ein, und zwar daß 1. der Pönfall (also die Strafe) noch nicht hinterlegt sei; 2. Baumgarten, Weitig, Martacker, «Premscholl, die Trautmanns Lach und das Plauel Mättel» noch nicht wiederhergestellt und zurückgegeben seien; 3. beim Brennholz, wovon jeder vier Fuder machen solle, 1728 17 gar keins, 19 zwei Fuder und nur fünf das gebotene Quantum gemacht hätten; 4. obwohl dem Kloster der Groß- und Kleinzehnt zustehe, der Obstzehnt nicht abgestattet werde, so auch dieses Jahr nicht; bei den Fronen «öfters viele ausgeblieben seindt»; 5. die Schwarzacher Bürgermeisterrechnungen entgegen dem Befehl nicht auf die Kanzlei gebracht worden seien, während andere Dorfschaften diese eingereicht hätten. 1 1 8 Im folgenden werden dann diese fünf Punkte in der Weise verhandelt, daß die Klostervertreter und der Vertreter der Bürger wechselseitig ihre Stellungnahmen zu dem betreffenden Punkt abgeben, bis der Debatte durch die Kommission ein Ende gesetzt wird. Die erste Frage der Kommission geht an die Beklagten, warum keine Holzfronen geleistet wurden. Die Antwort ist, man sei dazu bereit gewesen, als sie aber gefordert wurden, sei Saatzeit gewesen. Die Klosterseite weist das zurück, es sei 14 Tage vor und 14 Tage nach Michaelis (29. September) gefordert worden. Man ist aber mit der Zusage zufrieden, daß in Zukunft diese Fronen geleistet und die ausstehenden nachgeholt würden. Hinsichtlich des Zehnts und der Weinfuhren, die dieses Jahr geleistet wurden, ist man von seiten des Klosters ebenfalls zufrieden. Um die abgenommenen Allmendstücke gibt es einen Streit der beiden Parteien, ob die im Urteil nicht erwähnten einbezogen werden könnten. Ohne dazu Stellung zu nehmen, beendet die Kommission die Vormittagssitzung. Angesichts der Tatsache, daß sich am Vormittag bereits gezeigt hat, daß die Klagepunkte des Klosters großenteils gegenstandslos sind, stellt Rechtsanwalt Hoffmann am Nachmittag die ganze Prozedur noch einmal grundsätzlich in Frage. Da alle Leistungen getan, und daher die Exekution durch falsche Behauptungen zustande gekommen sei, wäre das Verfahren hinfällig. Die Kommission verwirft diese Einwendungen mit der Begründung, sie habe nicht die Voraussetzungen ihres Auftrags zu prüfen, sondern nur die Sache selbst. Am dritten und den weiteren Verhandlungstagen sind die Bürger allein noch durch Hans Jakob Zeller vertreten. Es wird die Frage der Bürgermeisterrechnungen diskutiert. Hoffmann argumentiert, sie seien im Urteil nicht erwähnt, was die Klosterseite nicht gelten lassen will. Die Kommission bricht die Debatte ab und stellt die Frage nach dem Pönfall. Hoffmann greift wieder seine Argumentation auf, die ganze Exekution sei vom Abt erschlichen, daher sei man nicht schuldig,

118 Vgl. 105/126.

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die Strafe zu entrichten. Der Erfolg ist, daß diese Argumentation wiederum von der Kommission zurückgewiesen wird, und man es ablehnt, am Pönfall irgendwelche Einschränkungen zu machen. Betreffend der Unkosten, die in den Jahren der Rebellion angelaufen sind, kündigt das Kloster an, eine Aufstellung beim Reichskammergericht einzureichen. Am 4. Dezember vormittags um zehn Uhr kamen «in einer carosse mit 6 pferden bespannet» zwei badische Hofräte nebst Bediensteten in Schwarzach an. Sie gingen ins Rathaus, um mit einem Dekret in der Hand vor der Kommission gegen das Exekutionsverfahren zu protestieren, wurden aber vom württembergischen Regierungsrat abgewiesen. Nach vielem hin und her stiegen sie wieder in ihre Karosse, um dem Markgrafen Bericht zu erstatten. An diesem Samstag wurde nochmals der Pönfall diskutiert und endlich die Verhandlungen auf Montag vertagt. Rechtsanwalt Hoffmann hatte bisher auf der Linie argumentiert, die von Baden seit dem Erlaß des Exekutionsmandats am 31. Oktober 1727 verfolgt wurde: Befolgung des Urteils in der Sache, um so die Exekution als ungerechtfertigt hinzustellen. Außerdem hatte er alle im Urteil nicht ausdrücklich genannten Forderungen des Klosters zurückgewiesen. Die Kommission vermied zu letzterem eine Stellungnahme, akzeptierte aber die Behauptung der Hinfälligkeit der Exekution nicht. So war Hoffmann in der Frage des Pönfalls, in der dieses sein Argument ausschlaggebend wurde, in die Sackgasse geraten. Am Montag, dem 6. Dezember, verkündet Hoffmann dann, er habe sich mit seinen Klienten dahin beraten, den Pönfall zu hinterlegen, aber als Depositum, bis die Streitsache entschieden sei. Daraufläßt sich die Kommission nicht ein, im Falle eines positiven Entscheids würden die Bürger das Geld sowieso vom Kloster zurückbekommen. So gibt Hoffmann auf, erbittet nur eine Frist bis Donnerstag, das Geld beizubringen. Am kommenden Tag, dem 7. Dezember, nimmt die Kommission auf Antrag des Klosters Augenschein von Baumgarten, Widich und Martacker. Es zeigt sich, daß die Zäune nicht wiederhergestellt sind und der Graben nicht ausgehoben ist. Rechtsanwalt Hoffmann wendet ein, der Bürgermeister könne bezeugen, daß der Zaun durchaus gestanden habe, aber von Unbekannten wieder eingerissen wurde, wofür die Beklagten nichts könnten. Schließlich erklären sich die Bürger bereit, im Frühjahr einen Reisigzaun zu errichten und den Graben auszuheben, der ja auch dem Abfluß des Wassers von der Straße dienlich sei. Danach wird die Liste des Klosters über geleistete Holzfronen diskutiert. Hoffmann bezeichnet sie in mehreren Punkten als fehlerhaft, besonders weil noch nicht alles hätte geleistet werden können, da die Zeit für die Holzarbeiten erst angefangen habe. Durbach gibt zu, daß alle sich bereit erklärt haben zu fronen, nur habe jeder jeweils gerade soviel gemacht, wie er wollte, mehr oder weniger. Schließlich erlegte Hans Jakob Zeller an diesem Nachmittag den Pönfall in Höhe von 1440 fl.119 Die Hälfte davon erhielt das Kloster, die andere Hälfte der

119 Vgl. 105/126, 10.12.1728.

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württembergische Regierungsrat zur Überweisung an die Kasse des Reichskammergerichts. Am 8. Dezember war Ruhetag. Am 9. Dezember wurde bei den Untertanen die Versicherung eingeholt, daß sie das Urteil befolgen würden, und damit die Untersuchung abgeschlossen. Am 10. Dezember traf sich die Kommission allein im Zimmer des Hofrats Christa, um sich über das Protokoll zu verständigen. Die württembergische Kommission meldete am 15. Dezember, wieder zu Hause eingetroffen zu sein, wo sie am 20. November ausgerückt war. Am 2. Juni 1729 erstatteten Johann Franz, Bischof von Konstanz, und Eberhard Ludwig, Herzog von Württemberg, dem Kammerrichter ihren Bericht, in dem sie einschränkten, daß die Bürgermeisterrechnungen nicht erstellt werden konnten, weil die Unterlagen bei Baden-Baden waren. 1 2 0 Nach der Niederlage Der Aufstand war niedergeschlagen und beendet. Die Bauern machten nach der Exekution keinen Versuch, die Rebellion fortzuführen. Allerdings ließen sie in ihrem Protest nicht nach. Am 10. Dezember 1728 war eine Kammergerichtssentenz ergangen, nach der die Schwarzacher Untertanen eine verläßliche Erklärung abzugeben hatten, daß sie dem Urteil vom 27. Juli 1727 in allen Punkten gehorsam nachleben wollten. Der Anwalt der Untertanen in Wetzlar, Dr. Brandt, erneuerte bei diesem Termin ihre Supplikation vom 12. April des Jahres, zur unparteiischen Untersuchung der Sache eine Kommission einzusetzen, mit der die Reichsstädte Offenburg oder Zell am Harmersbach beauftragt werden sollten. 121 Rechtsanwalt Hoffmann bat den Rastätter Notar Johann Mayer, die verlangte Erklärung am 10. Januar 1729 in Schwarzach in rechtlicher Form aufzunehmen. Es erschienen vor dem Notar jeweils der vor- und der diesjährige Bürgermeister der acht Gemeinden, der Gerichtsmann Hans Jakob Burckhardt von Hildmannsfeld, dann der achtköpfige Ausschuß der Gemeinde Schwarzach, der sie vor der kaiserlichen Kommission vertreten hatte, sowie Karl Oser, der Alte, ebenfalls von Schwarzach. Der Schwarzachische Ausschuß nahm diese Gelegenheit wahr, noch einmal seinen Protest zu Protokoll zu geben, nämlich daß der Vollzug des Urteils schon bei der Exekutionskommission deutlich geworden war, als das Kloster eingestehen mußte, daß es hinsichtlich Fronen, Fischwasser oder Zehnten nichts zu klagen hatte, die Allmendstücke schon im Frühjahr eingezäunt worden waren. Die Leibeigenen hätten 1728 in fünf Monaten überschlagsweise 5000 Fuhr- und Handfronen, inklusive der Elsäßer Fuhren, verrichten müssen. Vom Kloster

120 71 S Nr. 69. 121 71 S Nr. 69; auch im folgenden.

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seien «diejenige, so das auferlegte nicht also gleich gethan», mit harten Geld- und Turmstrafen belegt worden, und obendrein wurde auf unbegründete Angaben des Klosters hin diese harte Exekution über sie verhängt. Wodurch es allerdings das angesehen gewonnen, daß sie von haus und hoff vertrieben worden wären und keine kuhe im stall behalten hätten, gleichen herr pater Celestin, jetziger prior, nach aussag obbenanten Hanß Carl Osers ihme öffentlich auf dem Rathaus ins gesicht gesagt habe.

Die Untertanen hofften auf den hohen Herrn Richter, daß er ihre Unschuld erkennen möge. Noch einmal ergab sich ein Streit, da man von Seiten des Klosters diese Vorwürfe nicht auf sich sitzen lassen wollte. Es wurde wieder ein Gegenverhör veranstaltet, zu dem am 19. Februar dieselben Leute bestellt wurden, die obige Erklärung abgegeben hatten - mit Ausnahme aller Schwarzacher. An ihrer Stelle wurden die drei Schultheißen von Schwarzach, Vimbuch und Moos, drei Gerichtsleute von Greifern und Ulm sowie je ein Bürger von Schwarzach und Ulm geladen. Es wird besonders die hohe Zahl von 5000 Fronen zu widerlegen gesucht. Mit Geld- oder Turmstrafen sei angeblich niemand belegt worden, außer Hans Adam Vogel zu Anfang des Prozesses. Die inkriminierte Aussage des Priors sei nur eine väterliche Ermahnung gewesen, daß, wenn sie das kaiserliche Mandat nicht befolgten, «sich sie noch die händ auf dem köpf zusammenschlagen würden, und viele umb das ihrige kommen». Die im Dezember hinterlegte Strafe von 1440 fl sollte noch der geringste Betrag sein, den die Aufständischen zu zahlen verurteilt wurden. Vom 6. April 1729 ist in Wetzlar der Eingang einer Prozeßkostenrechnung und einer Schadensrechnung des Klosters für die Jahre 1722-1729 datiert. An Prozeßkosten wurden 1831 fl 48 kr berechnet und an Schaden 3227 fl 55 kr. Die Schadensrechnung ist folgendermaßen spezifiziert: - für die abgenommenen Grundstücke 747 fl - Kosten für Weinfuhren 1516A 1/2 kr - für Handfronen Taglohn bezahlt 428 fl 3 sch 2 d, die Hälfte nur gefordert 214fl 9 1/2 kr - für Brennholz 1023fl 45 kr 3227

fl

55 kr

Rechtsanwalt Hoffmann erbat zunächst einen Aufschub für seine Antwort, reichte dann im September seinen Widerspruch gegen die Kostenaufstellungen ein. Er erregt sich, daß man «sich nicht entblöde», 30 fl Notariatskosten für Durbach anzusetzen, der doch gleichzeitig der Amtmann des Klosters sei, ebenso 8 fl Zeugengeld für Leute, die zur Zeit ihrer Aussage im Kloster in der Fron gearbeitet hatten oder als Bauarbeiter tätig waren. Den Hauptposten von 1700fl Exekutionskosten weist er mit der bekannten Argumentation zurück, die 60

Entsendung von Konventualen und ihr Betreiben der Exekution sei ein Täuschungsmanöver gewesen, da die Untertanen bereits alles geleistet und rückerstattet gehabt hätten. 1 2 2 Es scheint nicht, daß diese Einwände irgendeinen Erfolg hatten. Im Anhang an das an Württemberg und Konstanz gerichtete Exekutionsmandat vom 31. Oktober 1727 findet sich undatiert eine Aufstellung der einzelnen Vergehen, deren die Untertanen schuldig geworden waren. Schließlich heißt es: 1 2 3 die u n t e r t h a n e n s o l l e n pönfall 1440A expensas 1831 fl8ß damna 3227fl9ß2d = 6 4 9 9 fl 7 ß 2 d

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7 2 0 fl bezahlt 720 fl 5 0 5 9 f l 7 ß 2 d Rest s.5779fl7ß2d

Die Rebellen mußten ihre Aktionen also teuer bezahlen. Das letzte Schreiben ist vom 7. November 1729 von Rechtsanwalt Dr. Brandt an den Kammerrichter. Die Untertanen seien das Exekutionsmandat «auf sich sizen zu laßen nicht willens, sondern den dadurch verursachten schaden ersetzt, und sonstige satisfaction haben wollen». Ein drittes Mal bat er, eine Untersuchungskommission einzusetzen und damit die benachbarten unparteiischen Städte Offenburg oder Zell am Harmersbach zu beauftragen. 1 2 4 Damit schließen die Akten zur Schwarzacher Rebellion. Die Proteste und Eingaben des letzten Jahres haben offenbar keine Resonanz gehabt. Der Aufstand war mit Truppengewalt niedergeschlagen worden, die Bauern hatten eine schwere Niederlage hinnehmen müssen. Abt Bernhard Steinmetz starb am 24. Juni 1729. 125 Der Klosterbau wurde bis 1736 fortgeführt und vollendet. Abt Bernhard hatte ebenfalls einen großartigen Neubau der Abteikirche geplant. Dazu reichte das Geld nicht. Statt dessen wurde 1730 eine Barockisierung des Innenraums projektiert, realisiert jedoch nur eine neue Chororgel 1731.1751-52 entstand ein prunkvoller Barockhochaltar, 175860 eine neue Orgel im Westen der Kirche. 1765 kam es doch noch zu einem Umbau der Kirche, bei dem das Langhaus um ein Viertel verbreitert wurde. 1 2 6 Seit den 1750er Jahren gab es auch wieder Konflikte zwischen Untertanen und Abt und Prozesse vor dem Reichskammergericht. Die Baumaßnahmen von 1765 brachten ebenfalls wieder Streitigkeiten hervor. Die Gemeinde Schwarzach hatte dem Kloster in diesem Jahr ihr Rathaus für die Erweiterungsbauten verkauft. 1771 beschwerte sie sich bei der Regierung in Rastatt, daß sie das Geld dafür immer noch nicht erhalten hatte und daß die Bauten widerrechtlich auf 122 123 124 125 126

Ebd., 20.7. und 12.9.1729. 105/125. 71 S Nr. 69. Gartner, Kloster Schwarzach, S. 331. Schwarzmaier, Schwarzach, S. 584; Peter Marzolff, Die Baugeschichte der Abtei Schwarzach, in: Arnold Tschira u.a., Die ehemalige Benediktinerabtei Schwarzach, Karlsruhe 1977, S. 2 8 30.

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Gemeindeboden vorgerückt wurden. 1 2 7 Beschwerden der Gemeinden gab es noch 1789 und in den folgenden Jahren. 1 2 8 Der Prozeß um die Landeshoheit zwischen Baden und dem Kloster dauerte bis zum Ende des Jahrhunderts. Die vom Kloster erlangten positiven Mandate änderten auch weiterhin nichts an den tatsächlichen Machtverhältnissen, so als sich 1781 der Herzog von Württemberg und danach auch der Kaiser weigerten, gegen Baden einzuschreiten. Als 1771 die Markgrafschaft Baden-Baden an Baden-Durlach fiel, wurde das rechtsrheinische Territorium Schwarzachs mit Unterstützung eines Teils des Konvents in badische Hand genommen. Abt Anselm Gaugier führte den Prozeß von den elsäßischen Gütern aus weiter. Sein Nachfolger H. Krieg schloß sofort nach seinem Amtsantritt 1791 einen Vergleich mit Baden, in dem er die Landeshoheit anerkannte, sich selbst mit der niederen und mittleren Gerichtsbarkeit begnügte. Die bisherigen Streitpunkte wurden durch umfangreiche Kompetenzabgrenzungen beseitigt. Beim Reichsdeputationshauptschluß 1803 fiel das Kloster endgültig an Baden. 1 2 9 Die Klostergebäude wurden 1815 an einen Straßburger Fabrikanten für 25 000 fl verkauft, der darin eine Zuckerfabrik anlegte. 1824 kam eine Tabakfabrik hinein, die Nebengebäude gingen an verschiedene Ortseinwohner über. Das Hauptgebäude wurde 1829-42 und 1846-48 abgebrochen, Steine und Holz verkauft. 1 3 0 Rückblickend muß man sagen, daß das Reichskammergericht die Bauern nicht sehr rücksichtsvoll behandelt hat. Alle fünf RKG-Mandate befaßten sich nicht mit der Sache selbst, sondern forderten allein die Untertanen auf, dem Abt bis zu einem endgültigen Entscheid Gehorsam zu leisten. Im vierten, entscheidenden Urteil vom 17. Juli 1727 wurde ausdrücklich der Vorbehalt vermerkt, daß die Untertanen ihr vermeintliches Recht beim Gericht einklagen könnten. Die Bauern hatten keine schlechten Argumente, bestimmt keine schlechteren als der Prälat. Aber alle Einwendungen, umfangreichen Prozeßschriften und Protokolle hatten keinen Einfluß auf die Gerichtsentscheide. Nicht die Sache selbst, sondern allein die Tatsache der Widersetzlichkeit wurde Maßstab der Urteile. Die Bauern wurden verdammt, dem Abt absolut gehorsam zu sein. Die Exekutionskommission ließ verlauten, den Untertanen würde das Geld, wenn sie recht bekämen, zurückerstattet werden. D a ß in der Länge des Gerichtsverfahrens vom Abt Fakten geschaffen werden konnte, so daß die evtl. im Recht befindlichen Bauern gar nicht mehr in den Genuß der Entschädigung kommen konnten, etwa weil sie inzwischen ruiniert und vom Hof vertrieben oder längst gestorben waren, wurde nicht berücksichtigt. Genausogut hätte das Gericht dem Abt alle Neuerungen bis zu einem Entscheid untersagen können. Doch das

127 Harbrecht, Die Reichsabtei Schwarzach, S. 59; Joachim Hotz, Die Barockgebäude der Abtei Schwarzach, in: Tschira, Die ehemalige Benediktinerabtei Schwarzach, S.61. 128 Vgl. 105/907-910. 129 Gartner, Kloster Schwarzach, S. 331-340. 130 Wilhelm Lübke, Die Abteikirche Schwarzach, in: Festgabe zum Jubiläum der vierzigjährigen Regierung Großherzogs Friedrich von Baden, dargebracht von der Technischen Hochschule in Karlsruhe, Karlsruhe 1892, S. 133.

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geschah nicht. Das Reichskammergericht setzte einseitig das Obrigkeitsprinzip durch, während es selbst in sechs Verhandlungsjahren 1723-1728 nicht zu einer Wertung der Sache in der Lage war. Die Langwierigkeit der Reichskammergerichtsprozesse ist bekannt, und Goethes Erfahrungen, die er 1772 als Praktikant in Wetzlar sammelte, sind berühmt. Sein treffendes Urteil sollte man schon zweimal lesen, um zu ermessen, was das für die Schwarzacher Bauern und den bäuerlichen Widerstand im allgemeinen bedeutete. Für dieses Thema sei es hier noch einmal zitiert. Über die Arbeit der Assessoren schreibt er in «Dichtung und Wahrheit»: 131 «Frisch arbeiten sie alles weg, was kurz abgetan werden kann und muß, was über den Augenblick entscheidet, oder was sonst leicht beurteilt werden kann, und so erscheinen sie im ganzen Reiche wirksam und würdig. Die Sachen von schwererem Gehalt hingegen, die eigentlichen Rechtshändel, blieben im Rückstand, und es war kein Unglück. Dem Staate liegt nur daran, daß der Besitz gewiß und sicher sei; ob man mit Recht besitze, kann ihn weniger kümmern. Deswegen erwuchs aus der nach und nach aufschwellenden ungeheuren Anzahl von verspäteten Prozessen dem Reich kein Schade. Gegen Leute, die Gewalt brauchten, war ja vorgesehen, und mit diesen konnte man fertigwerden ; die übrigen, die rechtlich um den Besitz stritten, sie lebten, genossen oder darbten, wie sie konnten; sie starben, verdarben, verglichen sich; das alles war aber nur Heil und Unheil einzelner Familien, das Reich ward nach und nach beruhigt.»

131 Nach: Karl Kroeschell, Deutsche Rechtsgeschichte 2 (1250-1650), Reinbek 1973, S.257f.

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2. Barockbaufinanzierung I : Fronen und Abgaben Die Fragestellungen, die dieser Arbeit zugrundeliegen, lauten: Wie wurde der Barockbau finanziert? Wurden Baukosten in irgendeiner Form auf die bäuerlichen Untertanen abgewälzt, und rief das den Widerstand der Bauern hervor? Bei der Schwarzacher Rebellion spielt unübersehbar der Barockbau eine Rolle, eindeutig im Fronstreit ab 1724. Nur welches Gewicht die Baufronen in diesem Konflikt haben, und ob der enge zeitliche Zusammenhang mit den 1721 einsetzenden Auseinandersetzungen auf einen Bezug zum Klosterbau schließen läßt, dies ist genauer zu untersuchen. Aber zunächst ist über dieses Einzelbeispiel hinaus zu prüfen, wie die Dinge bei anderen Barockbauten liegen. Beim Schwarzacher Beispiel zeigt sich eine chronologische Teilung in zwei Abschnitte, die auch sachliche Einheiten darstellen: 1. Auseinandersetzungen um verschiedenartigste Gegenstände aus dem Komplex bäuerlicher Abgaben und Leistungen. 2. Auseinandersetzungen um Fronsteigerungen aus Anlaß des barocken Klosterbaus. Dieser sachlichen Scheidung folgt die Gliederung des folgenden Kapitels, in dem beobachtet wird, ob solche Belastungen bei anderen Barockbauprojekten feststellbar sind. Begonnen wird mit dem Komplex der Baufronen, bei denen der direkteste Bezug zur Themenstellung gegeben ist.

2.1 Baufronen Die erste Frage, die sich stellt, ist: Wurde beim Barockbau, um Kosten für Arbeitslohn zu sparen, Fronarbeit eingesetzt? Zunächst wurden alle Arbeiten, die handwerkliches Fachwissen und -können verlangten, vertragsmäßig an Handwerkerkolonnen vergeben. Die erste war der Maurertrupp, an ihrer Spitze der Baumeister (ungefähr vergleichbar mit dem heutigen Architekten). Dieser hatte die Oberaufsicht und Verantwortung für alle Bauarbeiten und haftete dem Bauherrn dafür. In dem am 12. April 1724 mit Kloster Schwarzach geschlossenen Vertrag verpflichtete sich Baumeister Peter Thumb, die Maurerarbeiten innerhalb von zwölf Jahren auszuführen; im weiteren heißt es u.a.: 1 Hat er baumeister auch alle nothwendige maurer, merteltrager, rauwercker und taglöhner etc. herbeyzueschaffen, selbige in seinen kosten und lohn zuerhalten, auch wan kalck ankombt und seine leuth in der arbeith begriffen seyndt, denselben

1 GLAK 67/1335, fol. 22f. ; siehe Gubler, Peter Thumb, S. 189. - Über die Arbeitsorganisation beim Barockbau: Pest, Finanzierung.

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o h n e fernere b e l o h n u n g a b z u l ö s c h e n , w o r z u e i h m e a b e r d a s g o t t e s h a u s d a s w a s s e r v e r s c h a f f e n u n d t r a g e n l a s s e n wirdt.

Dagegen verpflichtete sich das Kloster: Erstlich alle m a t e r i a l i e n a u f d e n b a u p l a t z , s o n a h e es s e y n kan, m i t d e s g o t t e s h a u s e s o d e r a n d e r e n f u h r e n , h e r b e y z u e s c h a f f e n etc. u n d z u m d e c k e n der tâcher die ziegellänger zu bestellen und zue verordtnen.

Thumb erhält terminweise 13000A, wovon er alle seine Leute, an die 30 Personen, zu entlohnen hat. Er haftet für die Arbeiten mit all seinem Hab und Gut, «wo immer es befindlich». Der Vertrag entspricht der Arbeitsweise der Bautrupps aus dem Bregenzerwald, wo Thumb und seine Maurer herkamen. Es wird deutlich, daß eine Menge Arbeiten anfielen, für die nicht die Maurertruppe, sondern das Kloster zuständig war. Genannt sind in den beiden zitierten Stellen das Heranschaffen sämtlicher Materialien zum Bauplatz «mit des gotteshauses oder anderen fuhren», Stellung von Handlangern beim Dachdecken und von Wasserträgern zum Kalkablöschen. Damit ist in diesem Vertrag bereits eine Leerstelle für den möglichen Einsatz von Fronarbeit gegeben. Diese wurde in Schwarzach, wie gesehen, tatsächlich auf diese Weise gefüllt, es kam zu einem beträchtlichen Einsatz von Fronarbeit. Das widerlegt bereits die in der Literatur verbreitete Vorstellung, daß die Arbeit der Leute aus dem Bregenzerwald in geschlossenen Bautrupps Fronarbeit ausschloß. 2 Ein anderes Beispiel für einen solchen Vertrag ist der «accord» Kloster Schussenrieds 1749 mit den Zieglern. Vertragspartner waren die Zieglermeister Christoph und Johannes Reiner «von Ziemetshausen». Sie versprachen, «bei einem guten truckhenen Sommer 5-600000 Luftstein zu verfertigen», wofür ihnen das Kloster pro Tausend 3 fl 30 kr zahlen würde. Das Kloster verpflichtete sich, «all nöthiges Holz und Sand auf den Platz führen zu lassen» und das Handwerkszeug zu stellen. Außerdem wollte das Kloster den Platz räumen, die Ziegelöfen, Hütten und Wohnungen errichten lassen, die beiden Meister mit Mahlzeiten versorgen, auf jeden Ziegelbrand einen Eimer Bier und ein Maß Branntwein gratis geben und ihnen das benötigte Getreide und Bier zu einem billigen Preis zukommen lassen. 3 Auch hier ist zumindest in der Heranschaffung von Holz für die Ziegelöfen und von Sand zum Brennen der Steine eine mögliche Verwendung von Fronarbeit denkbar. Bei 5-600000 Steinen pro Sommer wäre das nicht gerade wenig, was an Arbeit nötig gewesen war.

2 So u.a. Pest, Finanzierung, S. 43. - Pest ist geneigt, solche Vertragsstellen optimistischer zu interpretieren; wenn es im Vertrag des Fürstabts von Einsiedeln mit Baumeister Mosbrugger heißt, zu Hilfsarbeiten seien «hiesige Leute» heranzuziehen, so hält er das für eine Arbeitsbeschaffungsklausel für Klosteruntertanen (also bezahlte Arbeit) und erblickt darin die «sozialpolitische Motivierung» des Barockbaus: Ebd., S. 74f. 3 HStASt Β 505 Bü 221, «Specificatio aller bau-kösten deß neuen closters...»; hier nach Alfons Kasper, Das Prämonstratenser-Stift Schussenried, Teil 2, o. O., o.J., S. 210. *

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Die beiden Zieglermeister wurden übrigens nur ein Jahr unter Vertrag gehalten, und 1751 ein neuer Kontrakt mit Zieglern von Waldsee geschlossen, der weit günstiger war, da für das Tausend nur 2 fl 40 kr gezahlt und weniger Verpflegung gegeben werden mußte, bei gleichbleibenden sonstigen Konditionen. 4 Ähnliche Verträge wurden mit anderen Handwerkerkolonnen abgeschlossen, den Zimmerleuten, Stukkateuren usw. Der Konvent des Klosters Schussenried beschloß im April 1749 den großartigen Neubau von Kloster und Kirche auf der Grundlage von Plänen Dominikus Zimmermanns. Zimmermann hatte bereits 1717-1733 die Wallfahrtskirche Steinhausen gebaut, die zu Schussenried gehörte. Jedoch wurden die vom Konvent genehmigten Baukosten mit rund 50000 fl um das Fünffache überschritten, so daß sich Abt Didakus Ströbele nach einer Revision zur Abdankung gezwungen sah. Daher wurde jetzt nicht Zimmermann, sondern Jakob Emele die Bauausführung übertragen. 5 Die Pläne sahen folgendermaßen aus: 6 «Als Mittelpunkt war eine neue, größere und namentlich breitere Kirche mit zwei Barocktürmen beabsichtigt. Die Front gegen Norden, ein gewaltiger Mittelbau mit zwei Seitenflügeln und zwei Eckbauten... Ostfront und Südfront sollten dieselbe Ansicht bieten. Die Mitte der Westfront hätte das Portal und die Westfassade der Kirche aufgenommen, und deren zwei Seitenflügel sollten die Verbindung mit der Nordfront und Südfront herstellen. Ein grandioser Bau, symmetrisch im Viereck, wäre erstanden.» Im August 1750 wurde mit dem Ausheben der Baugrube begonnen, gebaut wurde bis 1765. Dann war das Geld ausgegangen. Tatsächlich stand nur der Nordtrakt des Klosters und die jeweilige Hälfte der anschließenden West- und Ostflügel. Schussenried hatte kein Glück mit seinen Bauprojekten. Es existiert ein Band mit einem Verzeichnis der Kosten des Klosterbaus sowie anderer in diesen Jahren erstellter Gebäude. Die darin aufgeführten Beträge sind in Tabelle 1 eingetragen. 7 Die Baukosten beliefen sich in 16 Jahren auf 173000 fl, wovon fast 30000 fl Beiträge zu den Bauten am Rathaus und in Stafflangen waren. Für weitere 26000A (Spalte 4 abzüglich 5) zu diesen und anderen Bauten im Herrschaftsgebiet Schussenried hatte die Klosterkasse nicht aufzukommen. Man erkennt in Spalte 2 den im Jahre 1762 eintretenden Geldmangel, der zur Einstellung der Bauten 1765 zwang. Auch der Rückgang der Fronfuhren 1758 und endlich ihre Einstellung zeigt diese Geldschwierigkeiten an ; man wollte das schon Gebaute nur noch fertigstellen und verarbeitete die bereits herangeschafften Materialien. Vor allem aber weist Spalte 3 daraufhin, daß Fronfuhren in nicht geringem Maße beansprucht wurden. 4 Ebd., S. 21 Of. 5 Hermann Tüchle, Die Gemeinschaft der Weißen Mönche in Schussenried, in : Hubert Kohler (Hg.), Bad Schussenried. Geschichte einer oberschwäbischen Klosterstadt, Sigmaringen 1983, S. 50f. 6 Blasius Erler, Das Heimatbuch von Schussenried, Bad Schussenried o. J., S. 73. 7 HStASt Β 505 Bü 221; die Baukosten sind schon bei Kasper, Prämonstratenser-Stift, S. 68f., aufgeführt, allerdings nur die hier in Spalte 2 erscheinenden Werte, die Kosten für Fronfuhren und extra Holzlieferungen werden nicht genannt.

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