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German Pages 317 [320] Year 1984
STUDIEN ZUR DEUTSCHEN LITERATUR
Herausgegeben von Wilfried Barner, Richard Brinkmann und Friedrich Sengle
Band 79
Günter Berghaus
Die Quellen zu Andreas Gryphius' Trauerspiel »Carolus Stuardus« Studien zur Entstehung eines historisch-politischen Märtyrerdramas der Barockzeit
Max Niemeyer Verlag Tübingen 1984
Gedruckt mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft.
Gewidmet dem Andenken an P r o f e s s o r BERND PESCHKEN (T)
CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Berghaus, G ü n t e r : Die Quellen zu Andreas Gryphius Trauerspiel Carolus Stuardus : Studien zur Entstehung e. histor.-polit. Märtyrerdramas d. Barockzeit l Günter Berghaus. - Tübingen : Niemeyer, 1984. (Studien zur deutschen Literatur ; Bd. 79) NE: GT ISBN 3-484-18079-X ©
ISSN 0081-7236
Max Niemeyer Verlag Tübingen 1984 Alle Rechte vorbehalten. Ohne Genehmigung des Verlages ist es nicht gestattet, dieses Buch oder Teile daraus photomechanisch zu vervielfältigen. Printed in Germany Satz und Druck: Maisch + Queck, Gerlingen Einband: Heinr. Koch, Tübingen
Inhaltsverzeichnis
EINLEITUNG
I . D I E Q U E L L E N ZUR F A S S U N G A
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1. D i e zitierten W e r k e zur älteren Geschichte Großbritanniens
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Polydorus Vergilius, Anglica historia George Buchanan, Rerum Scoticarum historia Jacques-Auguste Thou, Historia sui temporis Florimond de Raemond, Historia de ortu, progressu et ruina haeresion huius saeculi William Camden, Rerum Anglicarum et Hibernicarum annales . Abraham Bzovius, Annalium ecclesiasticorum post Baronium . Famiano Strada, De bello Belgico Hugo Grotius, Annales et historiae de rebus Belgicis
22 22 25 27 30 32 34 36
2. G r y p h i u s ' Informationen über den Verlauf der englischen R e v o l u t i o n bis 1649 Thomas Edwards, Gangraena Georg Horn, De statu ecclesiae Britannicae hodierno Engeländisch Memorial Außschreiben des Parlaments Eikon Basilike Claudius Salmasius, Defensio regia I I . D I E Q U E L L E N ZUR F A S S U N G Β
George Bate, Elenchus motuum nuperorum in Anglia Pierre du Moulin, Regii sanguinis clamor De hodierno statu ecclesiarum in Anglia Maiolino Bisaccioni, Historia delle guerre civili
37 46 55 74 110 117 145 173
180 191 203 210
V
- Historischer E x k u r s : G a b es wirklich einen Rettungsversuch von Fairfax und seiner Frau? -
232
Gualdo Priorato, Historia delle revolutioni di Francia
239
Peter H e y l y n , D e r entsehlte König Carli
247
Peinliche Anklage
259
Filip von Zesen, Die verschmähete Majestäht
270
I I I . UNBESTIMMTE QUELLEN ZUM »CAROLUS STUARDUS«
289
ANHANG Die Deklaration Karls I. auf der Isle of Wight
299
Karls I. letzte Rede auf dem Schafott
302
Bisaccionis Bericht über den Rettungsversuch des Fairfax
307
BILDNACHWEISE
VI
310
Einleitung
Die Literatur des 17. Jahrhunderts hat lange Zeit ein Schattendasein innerhalb der Germanistik geführt. Sie wurde geringgeschätzt und vernachlässigt zugunsten der Literatur der klassischen und romantischen Epoche, die weitgehend im Mittelpunkt des wissenschaftlichen Interesses stand. Sicherlich war es kein Zufall, daß die Rehabilitierung des »Barock« nicht von der Literatur-, sondern der Kunstgeschichtsschreibung eingeleitet wurde. Sie löste während der 20er Jahre eine wahre Barockbegeisterung innerhalb der Germanistik aus und führte dazu, daß die zuvor nur wenig beachtete und mißverstandene vorklassische Literatur Deutschlands interpretatorisch erschlossen und editorisch aufbereitet wurde. Nach dieser fruchtbaren Entdeckungsphase ließ das Interesse jedoch schnell wieder spürbar nach. Trotz wertvoller Einzelarbeiten wurde in den folgenden Jahrzehnten nur wenig Fortschritt in der Barockforschung erzielt. Erst in den letzten Jahren scheinen wir an einem neuen Wendepunkt angelangt zu sein. Während der ersten Welle der wissenschaftlichen Beschäftigung mit der deutschen Literatur des 17. Jahrhunderts stellte es keine große Schwierigkeit dar, die wichtigen Neuerscheinungen auf diesem Gebiet der Germanistik regelmäßig zu verfolgen; wer aber vermag heute noch die Hunderte von Aufsätzen und Studien zu verarbeiten, die jährlich in den Wolfenbütteler Barocknachrichten angezeigt werden? Es kann kein Zweifel darüber bestehen, daß das Interesse an der Literatur des 17. Jahrhunderts neu erwacht ist, und es ist, glaube ich, nicht zu gewagt, hier einen Forschungsschwerpunkt der Germanistik der 80er Jahre vorauszusagen. Doch wir haben es dabei nicht nur mit einem quantitativen Anschwellen der Forschungsliteratur zu tun, sondern auch inhaltlich haben sich entscheidende Wandlungen seit dem Erscheinen von Wölfflins »Renaissance und Barock« vollzogen. Die Barockforschung der 20er Jahre verstand sich im Prinzip als Stilforschung. Sie wurde ergänzt durch Untersuchungen zur Geistesgeschichte und in den 50er und 60er Jahren zur rhetorischen und emblematischen Grundstruktur der Literatur, doch immer noch blieb der Stil die vorherrschende Kategorie der Interpretationsmethode. 1
Erst in den 70er Jahren vermochte hier ein neuer Durchbruch erzielt zu werden. Die Veränderungen in den Forschungsgegenständen, den Erkenntnisinteressen und nicht zuletzt den Untersuchungsmethoden, die die Germanistik der 70er Jahre allgemein kennzeichneten, blieben auch auf die Barockforschung nicht ohne Wirkung. Sie geriet immer mehr unter den Einfluß der sozialgeschichtlich orientierten Literaturwissenschaft, und wie die letzten Wolfenbütteler Barocksymposien gezeigt haben, hat die Erforschung der gesellschaftlichen Produktionsbedingungen auch für die Literatur des 17. Jahrhunderts ein bedeutendes Gewicht erlangt. Zahlreiche Forscher haben sich in den letzten Jahren um eine Erfassung der gesellschaftspolitischen Determinanten der Barockliteratur, ihrer Abhängigkeit von den kulturellen Institutionen der Zeit, den staatsrechtlichen Ideologien usw. bemüht. 1 Muß es bei dieser Ausweitung des Untersuchungsfeldes nicht wie ein Rückfall in überholte Positionen erscheinen, wenn ich mich in dieser Arbeit nur mit den Quellen eines einzigen Trauerspiels beschäftige? Sicherlich wäre dies der Fall, wenn es mir nur daran gelegen wäre, auf positivistische Weise eine Zusammenstellung von literarischen Anregungen zu einem x-beliebigen Drama vorzulegen. Doch wie der Leser sehen wird, geht es mir bei dieser Untersuchung um mehr. Der »Carolus Stuardus« ist ein Trauerspiel, das nicht nur zu den bedeutendsten Werken des 17. Jahrhunderts zählt, sondern darüber hinaus einen wichtigen Rang in der politischen Dramatik Deutschlands einnimmt. Wie die Interpretationen von Powell, Szarota, Gilbert und - ex negativo - Schöne gezeigt haben, können die politischen Aussagen des Stückes nur dann verstanden werden, wenn man über eine ausreichende Kenntnis der Quellen verfügt und zu unterscheiden weiß, welche Gedanken von Gryphius selbst stammen und wo er die Urteile seiner Gewährsleute übernimmt. Die hier vorgelegte Untersuchung zielt also auf mehr als eine reine Quellenzusammenstellung. Intendiert ist vielmehr, vermittels einer Analyse der Quellen, die Gryphius' Sicht der englischen Revolution beeinflußt haben, zu einem besseren Verständnis der politischen Aussagen des Dramas und damit der staatsrechtlichen Anschauungen des Dichters vorzudringen. Mei1
2
Siehe Hans Gerd Rötzer, Schwerpunkte der neueren Barockforschung, in: Int. Archiv f. Sozialgesch. d. dt. Lit. Bd. 3 (1978), S. 167-179. Zur älteren Forschung siehe Hans-Harald Müller, Barockforschung. Ein Kapitel deutscher Wissenschaftsgeschichte 1870-1930, Darmstadt 1973 und Richard Alewyn (Hg.), Deutsche Barockforschung. Dokumentation einer Epoche, Köln 1965. Neuere Bestandsaufnahmen bei Wilfrid Barner, Der literarische Barockbegriff, Darmstadt 1975 und Herbert Jaumann, Die deutsche Barockliteratur. Wertung-Umwertung. Eine wertungsgeschichtliche Studie in systematischer Absicht, Bonn 1975.
ner Studie lagen somit folgende Fragen zugrunde: Warum hat sich Gryphius jahrelang mit den historischen Ereignissen in England beschäftigt? Welche Relevanz besaßen die englischen Verfassungskämpfe für ihn als Vertreter der glogauischen Landstände? Welche Möglichkeiten besaß er in Schlesien, um Informationen über die Entwicklungen in Großbritannien zu empfangen? Wie sah die Verbindung Schlesiens mit dem politischen Nachrichtenwesen Deutschlands und Europas aus? Aus welchen Quellen hat er seine Kenntnisse über die englische Revolution schöpfen können? Welchen Eindruck von dem Ereignis hat er ihnen entnehmen können? Inwieweit hat die Revolution und die Berichte darüber sein politisches Denken beeinflußt? Die Liste ließe sich noch lange fortsetzen. Doch es wird dem Leser bereits jetzt deutlich geworden sein, daß meine Untersuchung letztendlich den Zweck verfolgt, eine genauere Beurteilung des »Carolus Stuardus« als politischem Tendenzdrama zu ermöglichen und damit einen Beitrag zu liefern zum besseren Verständnis von Formen und Funktionen politischer Dramatik im 17. Jahrhundert. Ich bin mir selbstverständlich darüber im klaren, daß Gryphius bei der künstlerischen Gestaltung der historischen Ereignisse in London während der letzten Januartage des Jahres 1649 mehr als nur politische Absichten verfolgt hat. D o c h da der »Carolus Stuardus« bei weitem sein aktuellstes und politisch brisantestes Drama darstellt, halte ich es durchaus für berechtigt, diesem Aspekt besondere Priorität einzuräumen. Aber auch bei der Beurteilung der politischen Bezüge des Trauerspiels ist Wachsamkeit geboten, und die Komplexität des Themas muß immer im Auge behalten werden. Nichts wäre falscher, als in dem »Carolus Stuardus« lediglich eine Behandlung der innenpolitischen Auseinandersetzungen in England während der Revolution von 1640 bis 1660 zu sehen. Es werden hier vielmehr zentrale Probleme der frühneuzeitlichen Entwicklung Europas angesprochen, die in ähnlicher Form auch in Schlesien und in anderen Teilen Deutschlands virulent waren. 2 Sie verweisen auf eine strukturelle Krise des Feudalismus, die sich in allen Ländern Europas auswirkte, doch ihre radikalste Lösung in England fand. Die Krise wirkte sich zwar auf verschiedenen Ebenen (wirtschaftlich, verfassungsrechtlich, bevölkerungspolitisch usw.) und in vielen Ländern aus (siehe die Kämpfe der »Fronde«, die Aufstände Masaniellos, Chmielnickis, 2
»In der Geschichte des inneren deutschen Staatslebens in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts ist der Kampf der fürstlichen Gewalten gegen die alten landständischen Verfassungen und die Herausbildung absoluter monarchistischer Regimentsformen eine der wichtigsten und folgenreichsten Erscheinungen.« B. Erdmannsdörffer, Deutsche Geschichte vom Westfälischen Frieden bis zum Regierungsantritt Friedrich's des Großen, Bd. 1, Berlin 1892, S. 410.
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Napierskis, die Revolten in Palermo, Portugal, Katalonien usw.). Trotzdem ist es nicht erstaunlich, daß sich Gryphius' Interesse gerade den Verfassungskämpfen in Großbritannien zuwandte. 3 Als Syndikus der glogauischen Landstände war er aufs engste in die Auseinandersetzungen zwischen Zentralregierung und Partikulargewalten in Deutschland verwickelt. Sein persönliches Engagement in dieser Frage bewirkte, daß ihn die radikale Lösung, die 1649 in England gefunden wurde, mehr als zehn Jahre lang beschäftigte. Da er die prinzipielle Ähnlichkeit der Kämpfe in Schlesien und England erkannte, suchte er bei seiner Darstellung der politischen Ereignisse, die mit dem Tod Karls I. verbunden waren, einen Weg zu beschreiten, der die Übertragung der englischen Vorgänge auf die politische Realität in Deutschland erleichterte. Eine solche Bezugnahme auf den politischen Erfahrungshorizont des Theaterbesuchers darf jedoch nicht als spezifisches Charakteristikum der Gryphschen Dramatik oder gar des »Carolus Stuardus« mißverstanden werden. Das Theater besaß vielmehr nach Auffassung der Barockpoetiken dezidiert die Aufgabe, politische Belehrung zu liefern. Das Publikum sollte, sagt Rist z.B., »von den allerwichtigsten Reichs- und Welt-Händlen« lernen, »wie man Land und Leiite regieren / bey dem Regiment sich erhalten / allen schädlichen Rahtschlägen steuren / was man für Griffe müsse gebrauchen / wenn man sich ins Regiment dringen / andere verjagen / ja wol gahr aus dem Wege räumen wolle / Jn Summa / die Regier-Kunst«. 4
Dabei ist natürlich zu betonen, daß das barocke Publikum nicht die gesamte soziale Skala umfaßte, sondern sich auf eine mit Regierungsgeschäften betraute, geistige und politische Führungselite beschränkte. 5 Dieses begrenzte Publikum aber verlangte nach der Behandlung politischer Fragestellungen auf der Bühne und erwartete vom Dichter, daß die dargestellten Probleme Relevanz für die aktuelle politische Wirklichkeit besaßen. Das 3
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»Once the first crack appeared, the whole unstable structure [des Feudalismus, G.Β.] was bound to totter. It did totter, and in the subsequent period of economic crisis and social upheaval the decisive shift from capitalist enterprise adapted to a generally feudal framework to capitalist enterprise transforming the world in its own pattern took place. The Revolution in England was thus the most dramatic incident in the crisis, and its turning point.« E. J. Hobsbawm, The General Crisis of the European Economy in the 17th Century, in: Past and Present, Nr. 5 (Mai 1954), S. 49. Johann Rist, Die AllerEdelste Belustigung Kunst= und Tugendliebender Gemühter, Hamburg 1666, S. 2 7 4 - 2 7 5 . Ich beziehe mich hier natürlich nur auf das Publikum des Kunstdramas (Tragödie, Komödie, Oper, Festspiel usw.). In eine völlig andere Kategorie fällt das meist unliterarische Volkstheater, dessen andersgelagerte Funktionen hier nicht berücksichtigt zu werden brauchen.
Geschick des Dramatikers bestand also nicht zuletzt darin, das richtige Sujet zu finden, das sowohl dramatische Ergiebigkeit als auch politische Aktualität aufwies. U m zu zeigen, daß das Bühnengeschehen auf historisch verbürgten Ereignissen beruhte, fügten die Dichter zumeist der Buchausgabe ihrer Schauspiele einen Anmerkungsapparat bei, der die Faktizität des Stoffes, der auftretenden Figuren, einzelner Handlungsstränge, bestimmter Reden, Aussprüche usw. nachweisen sollte. Während vom Barockroman nur eine oberflächliche Anlehnung an die historischen Vorlagen gefordert wurden, 6 erwartete man von den Dramen, daß sie die historischen Vorgänge adäquat widergaben. Die Dichter suchten daher durch Angabe ihrer Quellen nachzuweisen, daß sie »ohne erhebliche Vrsache und genügsame Nachrichten eines und andere nicht gesetzet« 7 hätten. Die Genauigkeit, mit der die Quellen in den Anmerkungen verzeichnet wurden, variierte natürlich von Dichter zu Dichter. Nicht alle bemühten sich um solche ausufernden Beleglisten wie Daniel Caspar von Lohenstein. D o c h bei allen Dramatikern läßt sich eine gute Kenntnis der historischen Zeugnisse zu den dargestellten Ereignissen nachweisen, selbst wenn die Anmerkungen in der Buchausgabe fehlen. 8 Nicht selten vergingen Jahre und Jahrzehnte, bis ein aufgeführtes Drama auch dem Lesepublikum vorgelegt wurde, und nicht immer waren die Dichter nach so langer Zeit noch in der Lage, alle Quellen gewissenhaft zu verzeichnen. Die Folge war, daß in den Anmerkungen häufig nur eine Auswahl der wirklich verwendeten Quellen angegeben wurde und nur die wichtigsten Autoren, die der Dichter zur Abfassung seines Dramas herangezogen hatte, Erwähnung fanden.
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Siehe z . B . die Erklärung des Herausgebers von Lohensteins »Arminius« an die Leser, die »niemahls gnug sich wundern können über den unvergleichlichen Verstand des Durchlauchtigsten Verfassers der Römischen Octavia / indem er aus der ehrlosen Messalina die keuscheste Dame / aus der Zauberin und Gifftmischerin Locusta die unschuldigste Person / aus der liederlichen Acte eine gottfiirchtige Christin mit überaus=grosser Wahrscheinlichkeit macht«. Uber dieses Vorgehen befindet er: »Dergleichen Freyheit könte man nun zwar einem Historien=Schreiber übel sprechen / nicht aber dem Verfasser eines so genanten Romans / als welcher / eben so wohl als Mahler und Poeten / Macht hat / aus schwartz weiß / und aus weiß schwartz zu machen«. Daniel Caspers von Lohenstein Arminius, Anderer Theil, Leipzig 1690, Anmerkungen S. 6. Gryphius über den »Carolus Stuardus«. In: Gesamtausgabe der deutschsprachigen Werke, hg. v. M. Szyrocki und H . Powell, Bd. 4, Tübingen 1964, S. 140. Z. B. bei Christan Weises »Masaniello«, einem anderen Drama über eine zeitgenössische Revolution; siehe Adolf Hess, Christian Weises historische Dramen und ihre Quellen, Diss. Rostock 1893, S. 59.
5
Es ist außerdem zu bedenken, daß die Barockdramatiker einen sehr hohen Bildungsgrad besaßen und über ein so umfangreiches humanistisches Wissen verfügten, daß assoziative und unbewußte Anregungen häufig das genaue Quellenstudium ersetzen konnten. Wenn Gryphius ζ. B. im »Carolus Stuardus« vier Ausonius-Epigramme oder einen Brief des Heiligen Hieronymus zitiert, so lieferte er hiermit keine gesuchte Anspielung auf die »häßlichen Briten«, sondern gab einen für ihn naheliegenden Verweis bei dem Stichwort »Ach! Jnsel rauher denn dein Meer!« 9 Der Bereich, aus dem die Dichter ihre Anregungen schöpfen konnten, war groß, und die Quellentypen, die immer wieder in ihren Anmerkungen erwähnt werden, waren entsprechend vielseitig: griechisch-römische Klassiker, patristische Schriften, Standardwerke der alten und neuen Historiographie,
Reisebeschreibungen,
politisch-juristische
Abhandlungen,
Briefe,
Flugschriften, Zeitungen, Chroniken usw. Auch Gryphius hat in den Anmerkungen zu seinen Werken eine große Anzahl von Quellenschriften aus den unterschiedlichsten Bereichen angeführt. Es wäre sicherlich eine lohnende Aufgabe, einmal eine vollständige Zusammenstellung dieser Quellenverweise zu machen und zu untersuchen, aus welchen Traditionen sich Gryphius' Wissen speiste und welche zeitgenössischen Geistesströmungen sein Denken beeinflußt haben. Hans-Jürgen Schings hat eine solche Analyse zu dem Bereich der stoisch-patristischen Traditionen vorgelegt, 10 und es wäre wünschenswert, daß eine ähnliche Untersuchung zu Gryphius' Rechtsdenken, Staatsanschauung und politischen Ansichten durchgeführt würde. Ich kann mich hier nur auf die Ansätze bei Hildebrandt, 1 1 Schmelzeisen, 1 2 Nörr 1 3 und anderen stützen und im Einzelfall des »Carolus Stuardus« aufzeigen, von welchen Traditionen und zeitgenössischen Ideen Gryphius' Stellungnahme zur englischen Revolution beeinflußt wurde. Gryphius griff mit seinem »Carolus Stuardus« in eine aktuelle und historisch bedeutsame Auseinandersetzung über die Souveränitätsrechte des Volkes und der Monarchen ein. E r war aufgrund seines juristischen Studiums
9 10
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6
Carolus Stuardus 1,345. Hans-Jürgen Schings, Die patristische und stoische Tradition bei Andreas Gryphius. Untersuchungen zu den Dissertationes fúnebres und Trauerspielen, Köln 1966. Heinrich Hildebrandt, Die Staatsauffassung der schlesischen Barockdramatiker im Rahmen ihrer Zeit, Diss. Rostock 1935. Gustaf Klemens Schmelzeisen, Staatsrechtliches in den Trauerspielen des Andreas Gryphius, in: Archiv für Kulturgeschichte, Bd. 53 (1971), S. 9 3 - 1 2 6 . Dieter N ö r r , Papinian und Gryphius, in: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, Romanistische Abt., Bd. 83 (1966), S. 3 0 8 - 3 3 3 .
vertraut mit den Schriften eines Hotman, Duplessi-Mornay, Buchanan, Althusius usw. und den absolutistischen Gegenpositionen eines Machiavelli, Bodin, Barclay etc. Bedingt durch seine konservativ-lutheranische Erziehung lehnte er beide Staatsanschauungen ab und bekannte sich zu einem christlichpatriarchalischen Monarchismus, der stark von den Lehren Schönborns, Salmasius', Boeclers usw. beeinflußt war. Als Syndikus der Landstände von Glogau setzte er sich für ständische Libertät und Gewissensfreiheit ein und bekämpfte die absolutistisch-gegenreformatorischen Ubergriffe des Kaisers. 14 Es ist anzunehmen, daß er dem Regierungssystem der Stuarts positiv gegenüberstand, weil es im Gegensatz zum kontinentalen Absolutismus, der keine repräsentativen Institutionen des Volkes zuließ, niemals die Existenzberechtigung des Parlaments in Zweifel zog. Zwar suchte Karl I. die königliche Zentralgewalt im Gefüge der englischen Verfassung auszudehnen, doch durch die Bindung der königlichen Legislative an die Mitwirkung des Parlaments waren diesem Bestreben theoretische wie auch praktische Grenzen gesetzt. Nach wie vor galt die Maxime Bractons »debet rex esse sub lege«, d.h. die königliche Macht war weder grenzenlos, noch konnte sie willkürlich gehandhabt werden. Der Monarch war an ein überstaatliches Recht gebunden, und seine Macht war durch das Recht des Parlaments auf Steuerbewilligung und Mitwirkung bei der Gesetzgebung eingegrenzt. Diese Verfassung vermochte so lange die Beziehungen zwischen Krone und Partikulargewalten zu regeln, wie die politische Nation nur von ein paar Hundert Adelsfamilien gebildet wurde und die soziale Struktur des Feudalismus keine wesentlichen Veränderungen erfuhr. Doch mit dem Auftreten des Bürgertums und dessen verstärkter Einflußnahme auf die Wirtschaft und Politik des Landes wurde dieses empfindliche Kräfteverhältnis gestört. Der deutsche Bauernkrieg zeigte zum ersten Mal, daß ein Bündnis von Bürgern und Bauern den unbeschränkten Machtanspruch des Adels zu
14
Siehe Runges Nachricht über Gryphius' nachgelassene juristische Schriften (Christian! Rungii notitia historicorum et historiae gentis Silesiacae, Pars I, Breslau 1775, S. 37) und Worbs' Bericht über sein Auftreten zugunsten der vertriebenen und verfolgten Protestanten in Glogau (Johann Gottlob Worbs, Die Rechte der evangelischen Gemeinden in Schlesien an den ihnen im 17. Jahrhunderte gewaltthätig genommenen Kirchen und Kirchengütern, Sorau 1825, S. 144). Gryphius vertrat die glogauischen Stände auf den Fürstentagen (siehe Christian Stief, Andreae Gryphii Lebens=Lauff, in: Schlesisches Historisches Labyrinth, Breslau 1737, S. 814) und wurde nach seinem Ableben als das »Palladium dieses Fürstenthumbs« bezeichnet, »itzo zu der Zeit / da der allgemeine Feind der Christenheit am grausamsten wütet / und alles in voller Angst und Furcht / und Schrecken ist« (Caspar Knorr, Signaculum dei, Groß-Glogau 1665, S. 35).
7
durchbrechen vermochte. Die Welle von Aufständen in den 60er Jahren des 16. Jahrhunderts (in Schottland, Frankreich, Schweden, Granada, Savoyen, auf Korsika und in den Niederlanden) deutete darauf hin, daß die traditionelle Feudalgesellschaft in eine ernste Krise von gesamteuropäischem Ausmaß geraten war. Den niederländischen Ständen gelang es in den folgenden fünfzig Jahren, einen progressiven Ausweg aus dieser Krise zu finden und einen Staat aufzubauen, der den Theoretikern ständischer Libertät lange Zeit als Vorbild dienen konnte. 15 In England wurde die Krise durch die außenpolitischen Auseinandersetzungen mit Spanien überdeckt. In den Jahren zwischen 1600 und 1640 erlebte das Land eine Refeudalisierungsphase, die ähnliche Tendenzen wie die Gegenreformation und der Ausbau königlicher Souveränitätsrechte in Kontinentaleuropa aufwies. Der Arminianismus Lauds und die absolutistischen Ubergriffe Karls I. forderten den Widerstand des Parlaments heraus, doch der Konflikt konnte letztendlich nur zugunsten der Aufständischen entschieden werden, weil der fortschrittliche, niedere Adel, der im Unterhaus die Führung innehatte, die Unterstützung der Bourgeoisie des Landes erhielt. In weniger zugespitzter Form setzten sich auch die Stände in anderen europäischen Ländern gegen das entstehende System des Absolutismus zur Wehr. Diese politischen Spannungen wurden in den 40er Jahren noch durch ökonomische und soziale Krisen verstärkt, so daß es 1648/49 zu einer zweiten Kulmination von Aufständen kam, 16 deren Führer nicht selten einen freien Ständestaat nach venezianischem, holländischem oder Schweizer Muster anstrebten. Doch in keinem dieser Staaten vermochte das Ziel so vollständig verwirklicht werden wie in England. Mit der Errichtung der englischen Republik wurde der erste moderne Nationalstaat geschaffen, dessen »führende gesellschaftliche Kraft nicht wie in der niederländischen Revolution noch das Handelsbürgertum war, sondern bereits das gewerbliche Bürgertum, der Träger der neuen fortschrittlichen Produktionsweise und Repräsentant des >wirklich revolutionären Weges< des Übergangs vom Feudalismus zum Kapitalismus.« 17 Dieses radikale Gegenmodell zum sich entfaltenden Absolutis-
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Siehe Ε. H. Kossmann, In Praise of the Dutch Republic: Some SeventeenthCentury Attitudes, Inaugural Lecture, University College London, 1963 und Κ. W. Swart, The Miracle of the Dutch Republic as Seen in the Seventeenth Century, Inaugural Lecture, University College London, 1967. Sie wurden zum ersten Mal zusammenhängend untersucht von R. B. Merriman, Six Contemporaneous Revolutions, Oxford 1938. Gerhard Schilfert, Die Revolutionen beim Ubergang vom Feudalismus zum Kapitalismus, in: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft, Bd. 17 (1969), S. 181/182.
mus 18 verschreckte die gemäßigten Anhänger der ständestaatlichen Idee nach holländischem Vorbild (wie Andreas Gryphius), da es ihrer Vorstellung von einer beschränkten Monarchie zuwiderlief. Dennoch sollte man die Auswirkung der englischen Revolution auf die anderen europäischen Staaten nicht zu gering veranschlagen. 19 Sie gab auch der Ständebewegung in Deutschland Auftrieb, besonders in Nordwestdeutschland, wo der niederländische Einfluß stark war und wo die Refeudalisierung weniger Erfolg besessen hatte als in Ost- und Süddeutschland. 20 Als Gryphius in dieser Situation seinen »Carolus Stuardus« schrieb, lieferte er nicht nur eine Stellungnahme zu der Hinrichtung des Königs in England, sondern griff gleichzeitig in einen historischen Prozeß in Deutschland ein, der mit der englischen Revolution aufs engste verknüpft war. Der »Carolus Stuardus« war Gryphius' aktuellstes und politisch bedeutendstes Drama und offenbart seine Haltung zu den politischen, staatsrechtlichen und historischen Problemen seiner Zeit wie kein zweites seiner Werke. Es ist daher besonders wichtig, die einzelnen Faktoren zu untersuchen, die seine Stellungnahme beeinflußt haben. Wir haben bereits die Lehrer auf dem Gebiet der Staats- und Rechtstheorie und die konservativ-lutheranische Erziehung erwähnt, die Gryphius* politische Haltung maßgeblich geformt haben. Als dritter Einflußbereich ist die Berichterstattung über die englische Revolution zu nennen, d.h. die Publikationen, die Gryphius zugänglich waren und deren Bedeutung für seine Meinungsbildung in den Anmerkungen des Trauerspiels belegt ist. Während der 40er Jahre war in den deutschen Medien ausführlich über den Verlauf des Bürgerkrieges und die damit zusammenhängenden Probleme berichtet worden. 21 Die deutsche Öffentlichkeit war gut unterrichtet über die politische Entwicklung in England, und als sich im Februar 1649 die NachÜber den Absolutismus als andere Lösungsmöglichkeit der feudalen Krise siehe A . D. Lublinskaya, French Absolutism: The Crucial Phase, 1620-29, Cambridge 1968 und die Kritik daran bei D. Parker, The Social Foundations of French Absolutism, 1 6 1 0 - 1 6 3 0 , in: Past and Present, Nr. 53 (Nov. 1971), S. 67-89. " Selbst in Frankreich, w o die absolutistische Entwicklung am fortgeschrittensten war, droht dem König im Januar 1649 das gleiche Schicksal wie Karl I. Siehe P. J. Coveney, France in Crisis 1 6 2 0 - 1 6 7 5 , London 1977, S. 39. 20 Siehe G. Schilfert, Zur Geschichte der Auswirkungen der englischen bürgerlichen Revolution auf Nordwestdeutschland, in: F. Klein, J. Streisand (Hgg.), Beiträge zum neuen Geschichtsbild. Zum 60. Geburtstag von Alfred Meusel, Berlin 1956, S. 1 0 5 - 1 3 0 . Ders., Neue Beiträge zur Geschichte der Auswirkungen der englischen bürgerlichen Revolution auf Nordwestdeutschland, in: R. Groß, M. Kobuch (Hgg.), Beiträge zur Archivwissenschaft und Geschichtsforschung, Weimar 1977, S. 247-257. 21 Siehe meine Ausführungen unten S. 290ff. 18
9
rieht von der Enthauptung Karls I. wie ein Lauffeuer verbreitete, ging ein allgemeiner Empörungsschrei
durch die deutschen
Lande.
Publizisten,
Gelehrte und Dichter reagierten mit einer großen Anzahl von literarischen Produkten auf dieses Ereignis und lieferten damit ein interessantes Vergleichsmaterial zu dem »horror«, 2 2 den Gryphius mit seinem Trauerspiel ausdrücken wollte. Während andere Schriftsteller die Form des Gedichts, der Satire, des Flugblatts, des Pamphlets, der Dissertation o.ä. benutzten, wählte Gryphius das Medium des Dramas, um seinen Gedanken Ausdruck zu verleihen. Der »Carolus Stuardus« war Teil einer Welle von literarischen Produkten, die alle von der gleichen Entrüstung über die Vorfälle in London geprägt waren. D o c h da Gryphius' Beschäftigung mit dem Stoff der Enthauptung Karls I. jahrelang andauerte und das Trauerspiel mehrere Entwürfe und Fassungen durchlief, fiel seine Stellungnahme am Schluß des Schaffensprozesses komplexer, differenzierter und ausgereifter aus als die Werke anderer Dichter und Gelehrter zu demselben Ereignis. Eine prinzipielle Ähnlichkeit aber läßt sich gleichfalls nicht übersehen. Der Grund dafür ist zum Teil darin zu suchen, daß die Informationen über Verlauf, Ziele und Hintergründe der englischen Revolution, die die deutsche Öffentlichkeit erhielt, von einer deutlich antirevolutionären Grundhaltung geprägt waren. Lange vor den Entschließungen des Regensburger Reichstages von 1653 unterbanden die staatlichen Zensurbehörden die Publikation von Schriften, die positive Stellungnahmen zu der englischen Revolution enthielten oder die Ziele der Parlamentarier, bzw. Republikaner mit objektiven und nüchternen Worten beschrieben. Trotz intensiver Nachforschungen über die Aufnahme der englischen Revolution in der deutschen Publizistik der Jahre 1 6 4 0 - 1 6 6 1 habe ich nicht mehr als eine Handvoll Flugschriften mit einer prorevolutionären Tendenz finden können. Es ist offensichtlich, daß auch Gryphius von dieser tendenziösen Berichterstattung und dem allgemeinen Verdammungsurteil der deutschen Öffentlichkeit beeinflußt worden ist. Die Abhängigkeit des Dichters von einem politisch einseitigen Informationssystem machte es für ihn unmöglich, zu einem objektiven Urteil über die Vorgänge in England zu gelangen. Angesichts dieser Tatsache ist es bedeutungsvoll, daß sich in dem »Carolus Stuardus« Anzeichen dafür finden lassen, daß sich der Autor zumindestens bemüht hat, unparteiisch zu sein und authentische Informationen über die Ziele und Ideen der englischen Revolutionäre zu erhalten. Das in den Anmerkungen erwähnte »Außschreiben des Parlaments« gehörte zu den wenigen Selbstdarstellungen der Revolutionsregierung, die je in Deutschland 22
10
Siehe sein Widmungsschreiben an Gottfried Textor in G A IV,55.
veröffentlicht wurden, und niemand hat die kirchlichen Verhältnisse nach 1649 zutreffender beschrieben als der anonyme Autor von »De hodierno statu ecclesiarum in Anglia«. Diesen Schriften kommt daher eine besondere Bedeutung zu, denn hätte Gryphius sie nicht für den »Carolus Stuardus« verwendet, so wäre seine Darstellung von Cromwell, Fairfax, Peters usw. sicherlich anders ausgefallen. Die Veränderungen, die er bei diesen Figuren in der Fassung Β vornahm, deuten darauf hin, daß er sich auch nach 1649 mit den
Charakteren
der Revolutionsführer
und
deren politischen
Zielen
beschäftigt hat. Bei diesen Nachforschungen war er sichtlich bemüht, sich nicht von der politisch einseitigen Berichterstattung vereinnahmen zu lassen, sondern zu einer ausgewogenen Beurteilung beider Parteien zu gelangen. Vergleichen wir den »Carolus Stuardus« mit anderen Dramen über die Enthauptung Karls I. 2 3 oder den Werken anderer deutscher Dichter über dieses Ereignis, 2 4 so läßt sich nicht übersehen, daß sich Gryphius um eine möglichst objektive und nüchterne Beschreibung der Revolutionspartei bemüht hat und daß er versuchte, deren Ziele und Argumente wahrheitsgetreu wiederzugeben. Angesichts der Tatsache, daß ihm nur eine beschränkte Auswahl politisch überaus einseitiger Publikationen als Quellen zur Verfügung stand, ist seine Darstellung der englischen Revolution und deren Protagonisten überraschend sachlich und zurückhaltend, insbesondere in der zweiten Fassung des Trauerspiels, in der sich die bessere Informationslage und sein Bemühen um Objektivität und Distanziertheit noch verstärkt ausgewirkt hat. Gleichzeitig ist aber auch seine Abhängigkeit von den Quellen, die sich durch eine negative Beurteilung der revolutionären Ereignisse in England auszeichnen, nicht zu übersehen. Es ist daher nicht verwunderlich, daß das abschließende Urteil des Dichters zugunsten des Königs und des von ihm repräsentierten Staatsgedankens (eine christlich-patriarchalische, beschränkte Monarchie) ausfiel und daß er die radikale Position der Revolutionäre
(ein demokratischer
Ständestaat
auf bürgerlicher,
puritanischer
Grundlage) ablehnte. Diese einleitenden Ausführungen, die die historischen Rahmen
meiner
Untersuchung abstecken sollten, haben - so hoffe ich - deutlich gemacht, daß eine Interpretation des »Carolus Stuardus« nicht ohne genaue Kenntnis der 23
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Von den vielen indirekt belegten Dramen über dieses Ereignis haben sich nur drei erhalten: »The Famous Tragedy of Charles I.« (1649), »Gespräch / Zwischen dem Englischen Pickelhering vnd Französischen Jan Potagchen / über das Schändliche Hinrichten Königlicher Majestät in England / Schott= vnd Jrrland« (1649) und Jan Dullaarts »Karel Stuart, O f Rampzalige Majesteit« (geschrieben 1649, gedruckt 1652). Z . B . von Buchner, Greilinger, Logau, Schoch, Zesen usw.
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Quellen und der Entstehungsgeschichte des Trauerspiels auskommen kann. Will man untersuchen, wie sich Gryphius' Urteil über die englische Revolution herausgebildet hat und von welchen Faktoren es abhängig war, so werden w i r immer wieder auf die deutsche Berichterstattung über die englischen Ereignisse von 1 6 4 0 - 1 6 6 1 verwiesen, über die wir jedoch bei dem unzureichenden Stand der Forschung nur wenig aussagen können. 2 5 Es empfahl sich daher, meine Quellenuntersuchung zum »Carolus Stuardus« mit einer allgemeinen Analyse der Rezeption der englischen Revolution zu verbinden. 2 6 N u r so war es mir möglich, Gryphius' Stellungnahme mit der anderer Dichter, Gelehrter, Publizisten und Politiker zu vergleichen, die Spezifik seiner politischen Aussagen zu erfassen und seine künstlerische Leistung adäquat zu beurteilen. Durch diese Einbettung des Trauerspiels in den allgemeinen Zusammenhang der A u f n a h m e der englischen Revolution in Deutschland war es möglich, den Stellenwert der von Gryphius verwendeten Quellenschriften innerhalb der Berichterstattung über die englischen Vorgänge besser zu bestimmen. Es wäre ja durchaus vorstellbar, daß die englische Revolution in Deutschland ein überwiegend positives Echo gefunden hätte und daß G r y phius unter den Schriften über dieses Ereignis eine untypische Auswahl getroffen hätte. W i e wir jedoch sehen werden, war dies nicht der Fall.
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Erwähnenswert sind vor allem zwei ältere Arbeiten: Hermann Wätjen, Die erste englische Revolution und die öffentliche Meinung in Deutschland, Heidelberg 1901 und Robert Priebsch, German Pamphlets in Prose and Verse on the Trial and Death of Charles I., in: A Miscellany. Presented to John Macdonald Mackay, Liverpool/London 1914, S. 181-198. Weniger ergiebig ist Joachim Astel, Oliver Cromwell im Urteil der Deutschen, Phil. Diss, (masch.), Wien 1924. Von den neueren Forschungen wurden bereits die Arbeiten von Gerhard Schilfert erwähnt. Eine Analyse mehrerer Flugschriften unter kommunikationstheoretischem Gesichtspunkt liefert Karl Klaus Walther, Cromwells deutsche Freunde. Zum Weiterleben der englischen Revolution in zeitgenössischen deutschsprachigen Flugschriften, in: Zeitschrift für Anglistik und Amerikanistik, Bd. 28 (1980), S. 329-340. Für den Bereich des Pressewesens habe ich wichtige Informationen einer Bremer Staatsexamensarbeit von Ingrid Neumann und Angelika Opitz, Die englische Revolution von 1640-1660 im Spiegel der deutschen Presse des 17. Jahrhunderts, Bremen 1976 entnehmen können. Ich danke Elger Blühm, der sie mir zugänglich gemacht hat und mich in privaten Gesprächen über das Problem von Gryphius als Zeitungsleser beraten hat. Uber die Mängel und Unzulänglichkeiten der Arbeiten über die Quellen des »Carolus Stuardus« setze ich mich im folgenden auseinander. Die Ergebnisse werden demnächst in einer gesonderten Publikation im Peter-LangVerlag, Bern/Frankfurt vorgestellt werden: Günter Berghaus, Die Aufnahme der englischen Revolution in Deutschland 1640-1661. Studien zu Literatur und Politik in der 2. Krise des Feudalismus.
Die englische Revolution war in ihrem Endstadium das Werk einer Gruppe entschiedener Revolutionäre, die mit ihrer politischen Radikalität die Vorstellungswelt der meisten ihrer Zeitgenossen hinter sich ließen und in ihren Zielen (siehe z.B. das politische Programm der Levellers in den »Agreements of the People«) die Grenzen ihres eigenen Zeitalters überschritten. Es ist daher nicht verwunderlich, daß die europäische Öffentlichkeit die Nachricht von der Hinrichtung Karls I. nur mit großem Entsetzen zu registrieren vermochte. Selbst die Befürworter ständischer Libertät, die den Kämpfen des englischen Parlaments zunächst positiv gegenübergestanden hatten, lehnten die förmliche Beseitigung der Monarchie voller Empörung ab. Die Berichte, die zwischen 1649 und 1660 über die englische Republik in Europa verbreitet wurden, vermochten daher für die englischen Revolutionäre und ihre politischen Ziele nur wenig Sympathie zu erwecken. Nach der Lektüre von über 500 deutschen Schriften über die englische Revolution und Tausenden von Berichten in der periodischen Publizistik dieser Zeit kann ich mit Bestimmtheit sagen, daß die Quellen, die Gryphius für seinen »Carolus Stuardus« verwendet hat, als repräsentativ für eine allgemein in Europa verbreitete Haltung gegenüber der englischen Revolution angesehen werden können. Die Gründe, warum er in seinen Anmerkungen nur die hier behandelten 22 Schriften zitiert und keine anderen, die ihm ebenfalls zugänglich waren und die er z.T. sicherlich gekannt hat, lassen sich heute nicht mehr zuverlässig rekonstruieren. Wir können jedoch festhalten, daß diese 22 Schriften zu den bekanntesten und meistgelesensten Werken über England und die Revolution von 1640-1660 zählten, daß sie allgemein als »autoritative« Quellen angesehen wurden und daß sie auch von anderen Schriftstellern immer wieder zu diesen Problemen zitiert wurden. Die mangelnde Berücksichtigung der zeitgenössischen Berichterstattung über die englische Revolution ist meines Erachtens für die Unvollständigkeit und Fehlerhaftigkeit der bisherigen Studien zu den Quellen des »Carolus Stuardus« verantwortlich zu machen. Da Gryphius in seinem Anmerkungsapparat hinreichend Belege dafür liefert, daß er sein Trauerspiel weitgehend auf zeitgenössischem Quellenmaterial aufgebaut hat, hat sich die Germanistik bereits frühzeitig um eine genaue Indentifizierung dieser Vorlagen bemüht. Doch die meisten Forscher verließen sich zu sehr auf die ungenauen Titelangaben des Dichters und grenzten das Feld ihrer Untersuchung so stark ein, daß ihnen zahlreiche Quellen entgehen mußten. Dadurch kamen sie in ihren Interpretationen des Trauerspiels immer wieder zu einem verzerrten Urteil über Gryphius' Verhältnis zu seinen Vorlagen und konnten sie die politischen Aussagen des Stückes und die eigenständigen künstlerischen Leistungen seines Autors nur unzutreffend bestimmen. Die erste umfangreiche Studie, die sich diesen Problemen widmete, war 13
Gustav Schönles 1933 veröffentlichte Dissertation »Das Trauerspiel Carolus Stuardus des Andreas Gryphius. Quellen und Gestaltung des Stoffes«. Der Autor vermochte zwar einige der wichtigeren Vorlagen des Stückes zu identifizieren, doch da er den anderen Quellen keine Beachtung schenkte, schrieb er dem Werk eine sehr viel originellere Qualität zu als wir es heute zu tun geneigt sind. Die lückenhaften Angaben Schönles suchte Hugh Powell in seiner »Carolus Stuardus«-Edition von 1955 zu ergänzen. 27 Er weitete das Quellenverzeichnis auf 18 Schriften aus, doch da er diese Werke nicht im einzelnen untersuchte, finden sich viele Fehler und Ungenauigkeiten unter seinen Angaben. Auch ihm gelang es nicht, alle von Gryphius zitierten Quellen ausfindig zu machen. Anhand einer in den Anmerkungen besonders häufig erwähnten Schrift, die jedoch von Gryphius mit laufend wechselndem Titel zitiert wird (Heylyns »Der Entsehlte König Carli«), entspann sich in den folgenden Jahren eine Kontroverse über die Glaubwürdigkeit der Gryphschen Quellenangaben und die historische Genauigkeit seines Dramas. Diese Diskussion verdeutlichte die Notwendigkeit einer exakten Quellenstudie für die Interpretation des Trauerspiels, doch eine solche Arbeit wurde bisher noch nicht in Angriff •jo
genommen. Albrecht Schöne widmete in seiner Habilitationsschrift »Säkularisation als sprachbildende Kraft. Studien zur Dichtung deutscher Pfarrersöhne« ('1955, 2
1968) ein Kapitel dem »Carolus Stuardus« 29 und baute seine Interpretation
des Dramas auf der Annahme einer Quellenfiktion auf, die den Widerspruch
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Hugh Powell (Hg.), Andreas Gryphius. Carolus Stuardus. Edited with Introduction and Commentary, Leicester 1955, S. c x x x v i - c x x x v i i i . Als Korrektur sei hier angemerkt, daß eine solche Untersuchung in Bezug auf Gryphius' Rechtskonzeption inzwischen durchgeführt wurde: Janifer Gerì Stackhouse, Gryphius' Proclamation of Recht in Ermordete Majestät. A Source and Text Analysis, Phil. Diss, (masch.) Harvard University, Cambridge, Massachusetts, 1973. T r o t z jahrelanger Bemühungen war es mir nicht möglich, eine Kopie dieser Dissertation von der Harvard-University zu erhalten. Ich danke Professor Wentzlaff-Eggebert, der mir schließlich die Privatadresse der Autorin mitteilte. Diese war so freundlich, mir eine Kopie ihres eigenen Exemplars anzufertigen und zur Verfügung zu stellen. Diese Arbeit scheint mir ein guter Beweis dafür zu sein, zu welch wichtigen Ergebnissen man vermittels einer genauen Quellenanalyse gelangen kann. Doch da die Autorin ihre Untersuchung auf den Bereich der Gryphschen Rechtsanschauungen beschränkt und die für die Analyse herangezogenen Quellen auf den ungenauen Angaben Powells basiert, ist ihre Arbeit nur innerhalb dieser Grenzen für die weitere Forschung von Bedeutung. Eine revidierte Neufassung erschien in G. Kaiser (Hg.), Die Dramen des Andreas Gryphius, Stuttgart 1968, S. 117-169.
H . W. Nieschmidts 3 0 hervorrief. Dieser bezeichnete Schönes Theorie als »precipitous to say the least«, 31 und zwei Jahre später wurde dieses Urteil von zwei Forschern bekräftigt, die unabhängig voneinander eine englische Schrift entdeckten (Heylyns »A Short View of the Life and Reign of King Charles«), die sie als die Originalausgabe der inzwischen berühmt gewordenen »missing source« bestimmen konnten. 32 Die von Gryphius verwendete deutsche Edition konnte jedoch auch von ihnen nicht ausfindig gemacht werden. Beide Autoren wiesen in ihren Ausführungen darauf hin, daß Gryphius' »historical accuracy« nicht ohne Grund in Frage gestellt werden sollte. Sie zeigten, daß die Quellen wichtigen Aufschluß über die historisch-politischen Aussagen des Trauerspiels geben können und daher nicht einfach zugunsten formeller kompositorischer Elemente vernachlässigt werden sollten. Ich stimme diesem Urteil zu und habe in meiner separat publizierten Interpretation des »Carolus Stuardus« 3 3 gezeigt, daß die postfigurative Struktur des Trauerspiels, die Schöne als die zentrale künstlerische Leistung des Dichters angesehen hat, in der Tat ein geläufiges Interpretationsschema von Gryphius' Quellenschriften und vieler anderer Publikationen des Jahres 1649 war. Wie aus meiner hier vorgelegten Quellenstudie hervorgehen wird, können wir bei einer chronologischen Erfassung der Schriften, die Gryphius Anregungen zu seinem »Carolus Stuardus« geliefert haben, gleichzeitig Aufschluß erhalten über die Entwicklung, die seine Einstellung zur englischen Revolution durchlaufen hat. D a wir von allen Quellen das genaue Erscheinungsdatum kennen, lassen sich die Schriften zeitlich zu Gryphius' Biographie in Beziehung setzen. Wir erhalten dadurch Aufschluß über einzelne Informationskanäle, die dem Dichter offenstanden, über seine langjährige Beschäftigung mit den Ereignissen in Großbritannien und wie er nach einem intensiven Studium sein abschließendes Urteil über die englische Revolution gebildet hat. Ich habe mich in dieser Untersuchung auf die Beschreibung von 22 einwandfrei nachweisbaren Quellen beschränkt und bei deren Darstellung zwei Ziele verfolgt: erstens über den Inhalt der Schrift zu informieren und
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H . W. Nieschmidt, Truth or Fiction? A Problem of the Source Material For Gryphius's Carolus Stuardus, in: German Life and Letters, Bd. 24 (1970), S. 30-32. Ebenda S. 31. K . - H . Habersetzer, Tragicum Theatrum Londini, Zum Quellenproblem in Andreas Gryphius' Carolus Stuardus, in: Euphorion, Bd. 66 (1972), S. 299-307 und J . G . Stackhouse, In Defense of Gryphius' Historical Accuracy: The Missing Source for Carolus Stuardus, in: JEGP, Bd. 71 (1972), S. 466-472. In der Zeitschrift DAPHNIS, Bd. 13 (1984).
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dabei besonders die Punkte zu akzentuieren, die im Zusammenhang mit dem »Carolus Stuardus« von Bedeutung sind; zweitens die Passagen ausführlich zu beschreiben, auf die Gryphius in seinen Anmerkungen ausdrücklich Bezug nimmt. Bei der Durchsicht dieser Schriften fällt auf, daß Gryphius in seinen Anmerkungen zu vielen im Trauerspiel erwähnten Ereignissen nur eine Quelle zitiert, obwohl ihm andere, häufig genauere oder detailliertere Berichte zur Verfügung standen. Dieses Vorgehen ist im Prinzip noch verständlich, wenn man bedenkt, daß die begrenzte Bogenzahl keine allzulangen Zitate zuließ und eine doppelte Nennung von Quellen als unnotwendig erachtet werden mochte (obwohl beides in den Anmerkungen vorkommt, siehe z . B . Anm. 11,112 oder 11,209). An anderen Stellen zeigt sich jedoch, daß Gryphius auf Quellen verweist, die über den Sachbestand, auf den er sich bezieht, keinerlei Mitteilung machen (siehe z . B . Anm. 11,208 über die Todesart Eduards VI oder Anm. 11,527 über die Einbalsamierung Karls I.). Zu wiederum anderen Texterläuterungen fehlen jegliche Quellenangaben (z.B. zu 111,201 oder 111,707). Wie aber läßt sich diese, z . T . überaus erratische Zitierweise erklären? Zuerst muß betont werden, daß die Quellenangaben in den Anmerkungen zu Barockschauspielen nicht mit den Ansprüchen gemessen werden dürfen, die wir heute an eine Bibliographie stellen würden. Auch die Ungenauigkeit von Titelangaben entsprach ganz den Gepflogenheiten des 17. Jahrhunderts und bedarf keiner weiteren Erörterung. Doch die Regellosigkeit von Gryphius' Quellenangaben im »Carolus Stuardus« deutet auf tieferliegende Gründe, die ich nur so zu erklären weiß, daß der Autor 1663 einfach nicht mehr in der Lage war, seinem Wunsch nach Verbürgung der Authentizität des Bühnengeschehens überall gerecht zu werden. Die Vielzahl der Werke, die er seit 1640 über den Verlauf der englischen Revolution gelesen hatte, setzte ihn bei Abschluß der Arbeit an dem »Carolus Stuardus« außerstande, über alle Schriften, die seine Meinungsbildung zu diesem Ereignis beeinflußt hatten, Rechenschaft abzulegen. An manche Berichte vermochte er sich gut zu erinnern, bei anderen waren ihm die Titel entfallen, und um sicherzugehen, daß seine Angaben einigermaßen korrekt waren, zog er es im allgemeinen vor, nur solche Werke zu zitieren, die er zur Hand hatte oder von denen er sich früher Aufzeichnungen, Exzerpte o.ä. angefertigt hatte. Bei meiner Bestimmung der Quellen habe ich mich überall - sofern möglich - darum bemüht, die Ausgabe festzustellen, die Gryphius für seinen »Carolus Stuardus« verwendet hat. Nicht immer war die Edition mit Exaktheit zu bestimmen, da die Angaben in den Anmerkungen oft zu unpräzise sind. Doch wo dies geschehen konnte, waren zum Teil interessante Rückschlüsse darüber möglich, wie Gryphius seine Informationen über die engli16
sehe Revolution erhalten haben mag. Im Fall des »Englischen Memorials« konnte ich sogar die Verwendung von drei Editionen (aus Leipzig, Hamburg und Amsterdam) nachweisen und dadurch aufzeigen, wie minutiös Gryphius seine Quellentexte in Dramensprache umgesetzt hat. Bei allen Quellen habe ich mich um genaue bibliographische Erfassung ihrer Editionsgeschichte bis zum Jahr 1663 bemüht. Bei fast allen Schriften handelte es sich um weitverbreitete und vielgelesene Werke, 34 die in vielen Editionen erschienen sind. In manchen Fällen kann man geradezu von »Bestsellern« sprechen. Das heißt, daß Gryphius seine Informationen über die englische Revolution nicht irgendwelchen unbedeutenden Flugblättern oder Newen Zeitungen, sondern angesehenen Standardwerken entnommen hat, deren Urteile als autoritativ und deren Darstellung als authentisch und historisch verbürgt galten. Daß Gryphius und seine Zeitgenossen die Objektivität vieler Schriften und ihrer Autoren überschätzt haben, wird jedem heutigen Leser deutlich, der sich in der neueren historischen Forschung auf diesem Gebiet umsieht. Es schien mir daher sinnvoll, jeder Quellenbeschreibung eine kurze Biographie des Autors - sofern er zu ermitteln war - voranzustellen und in Umrissen zu beschreiben, welche politischen und konfessionellen Verbindungen er besaß und welche Intentionen er mit der Schrift verfolgte. Man kann leicht zu Fehlurteilen gelangen, wenn man Gryphius' Darstellung der englischen Revolution vom modernen historischen Standpunkt aus betrachtet und die damalige Geschichtsschreibung über dieses Ereignis außer acht läßt. Für die Interpretation des Dramas ist es unerläßlich, folgende drei Ebenen streng zu unterscheiden: die realhistorischen Vorgänge bei der Revolution in England, die zeitgenössische Berichterstattung darüber und deren fiktionale Verarbeitung in dem »Carolus Stuardus«. Erst dies ermöglicht eine objektive Beurteilung der künstlerischen Leistungen und politischen Aussagen des Dramatikers. Wie die Ergebnisse meiner Studie zeigen, lagen diese erheblich über dem Niveau anderer Dichter dieser Zeit. Die meisten der unten von mir beschriebenen Quellen wurden, sofern vorhanden, nach dem Exemplar der British Library zitiert. Diese Bibliothek besitzt die umfangreichste Sammlung von Schriften über Karl I. und die
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Die von Gryphius zitierten Quellen wurden auch von anderen Schriftstellern immer wieder als Informationsquellen für die englische Revolution genannt. Sie weisen in Bezug auf ihre Darstellung des Endes Karls I. nur wenig Unterschiede auf und bestätigen somit, daß die von Gryphius in dem Trauerspiel behandelten Vorgänge kein historisches Randgeschehen darstellten, sondern von allen Zeitgenossen als bedeutungsvoll und aufzeichnenswert angesehen wurden.
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englische Revolution, 35 und es empfiehlt sich daher für jeden Forscher auf diesem Gebiet, diese Bibliothek zu seinem Hauptstützpunkt zu machen. Die Zitate aus dem »Carolus Stuardus« habe ich im allgemeinen nach der Fassung Β wiedergegeben, um die Arbeit mit der vielbenutzten ReclamAusgabe zu erleichtern. War ein Zitat nur in der Fassung A zu finden oder sollte speziell darauf hingewiesen werden, daß ich mich auf die erste Ausgabe des Trauerspiels beziehe, so habe ich der Versangabe den Buchstaben vorangestellt. Ein indiziert entsprechend, daß dieses Zitat nur in der zweiten Edition zu finden ist. Ich habe lange überlegt, ob ich am Schluß des Buches eine Bibliographie anschließen sollte und mich schließlich dagegen entschlossen, weil es den Umfang des Buches unnötig ausgeweitet hätte. Die Literatur zum »Carolus Stuardus« und zur englischen Revolution ist in jedem aktuellen Handbuch nachzuschlagen.36 Für diese Quellenstudie waren mir vor allem bibliographische Nachschlagewerke37 und wissenschaftsgeschichtliche Handbücher38 eine Hilfe, deren Auflistung nur eine Bibliographie der Bibliographien ergeben hätte, die wenig darüber aussagt, welche Informationen ich ihnen entnehmen konnte. Wenn immer ich mich im Text auf ein solches Werk bezogen habe, habe ich es in den Anmerkungen vermerkt. Die anderen waren meist wenig ergiebig und bedürfen daher in unserem Zusammenhang keiner gesonderten Erwähnung. Zum Schluß sei all denen mein Dank ausgesprochen, die dieses Arbeitsvorhaben unterstützt haben. An erster Stelle sind Bernd Peschken und Marian Szyrocki zu nennen, die mein Interesse auf den »Carolus Stuardus« gelenkt haben. Finanzielle Förderung wurde mir zuteil von der Studienstiftung des Deutschen Volkes, die mir ein Postdoctoral Research Grant
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Siehe die Einträge im British Library Catalogue unter: Charles I., King of Great Britain and Ireland; England, Parliament - Parliamentary Proceedings. II. Chronological Series; England, Parliament - House of Commons - Proceedings - II. Chronological Series; England, Appendix - History and Politics - II. Chronological Series. Z . B . bei Gerhard Dünnhaupt, Bibliographisches Handbuch der Barockliteratur, Bd. 1, Stuttgart 1980; Hans und Ilse Pyritz, Bibliographie zur deutschen Literaturgeschichte des Barockzeitalters, Bd. 2 Bern/München 1980 oder G. Davies und M. F. Keeler, Bibliography of British History. Stuard Period, 1 6 0 3 - 1 7 1 4 , Oxford 2 1970. Nationalbibliographien, Bibliothekskataloge, Schriftenverzeichnisse einzelner Drucker und Verleger, Auktionskataloge usw. E. Fueter, Geschichte der neueren Historiographie, W . Nigg, Die Kirchengeschichtsschreibung, F. X . von Wegele, Geschichte der deutschen Historiographie, R. Stintzing, Geschichte der deutschen Rechtswissenschaft u.dgl.m.
gewährte, um in der British Library diese Quellenstudie in Angriff nehmen zu können. Der Deutsche Akademische Austauschdienst gab mir durch Vermittlung einer Lektorenstelle in London die Gelegenheit, die Untersuchungen fortzuführen, und die Deutsche Forschungsgemeinschaft hat mir zwei längere Forschungsreisen durch die D D R und nach Polen ermöglicht. Ohne die bereitwilligen Auskünfte zahlreicher Bibliothekare über die Bestände ihrer Bibliotheken wäre meine Forschungsarbeit nicht durchführbar gewesen. Mein besonderer Dank gilt dem Personal der British Library und vor allem David Paisey, dessen bibliographische Kenntnisse auf dem Gebiet der Mittleren Deutschen Literatur mir eine wichtige Hilfe waren. Wertvolle Ratschläge erteilten mir Historiker, Bibliothekswissenschaftler und Germanisten, die ich erst durch meine Arbeit kennengelernt habe. Ohne ihre Sachkenntnis und Bereitschaft, mir ihre Zeit zur Verfügung zu stellen, wären manche Quellenprobleme ungelöst geblieben. Ihnen allen sei hiermit mein verbindlichster Dank ausgesprochen!
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I. Die Quellen zur Fassung A
1. D i e zitierten W e r k e zur älteren Geschichte Großbritanniens Wenn Gryphius in den Anmerkungen des »Carolus Stuardus« lediglich acht meist ältere Bücher zur Geschichte Großbritanniens vor dem Ausbruch des Bürgerkrieges anführt, so läßt sich daraus keineswegs schließen, daß er hiermit eine vollständige Zusammenstellung der ihm bekannten Standardwerke auf diesem Gebiet gegeben hat. Werfen wir einen Blick in die Bibliographien und Bibliothekskataloge berühmter Gelehrter des 17. Jahrhunderts, 1 so finden wir Hunderte von Werken aufgeführt, die die britische Geschichte, die Kirchengeschichte der einzelnen Kronländer, ihre Rechts- und Verfassungsgeschichte, ihre staatlichen Institutionen, Verwaltung, Landesgesetze usw. beschreiben. Daß diese Werke an den Universitäten weite Verbreitung besaßen, belegen die Anmerkungen und Literaturangaben in den deutschen Disputationsschriften über die englische Revolution, die in den Jahren nach 1649 erschienen. Es sind etwa 30 bis 40 solcher Standardwerke, die immer wieder zitiert werden, und man kann annehmen, daß sie zum Grundstock der historisch-juristischen Literatur gehörten, die an jeder Universität Verwendung fanden. Sicherlich war auch Gryphius als hochgebildeter Jurist, dessen Erudition von den Zeitgenossen gerühmt wurde, mit vielen dieser Standardwerke vertraut. Doch da sie von ihm nur zu Referenzzwecken herangezogen wurden und in den Anmerkungen des »Carolus Stuardus« weiterhin keine Erwähnung finden, will ich sie hier nicht einzeln aufführen, sondern mich auf die acht Werke beschränken, die er selbst mit Titelangabe als Quellen zur älteren Geschichte Großbritanniens angegeben hat.
1
Besonders hilfreich fand ich B. G . Struve, Bibliotheca philosophica in suas classes distributa, Jena 1704; ders., Bibliotheca ivris selecta, Jena 7 1743; Chr. Gryphius, Apparatvs sive dissertatio isagogica de scriptoribvs historiam secvli xvil illvstrantibvs, Leipzig 1710; M. von Kempen, Charismatum sacrorum trias, sive bibliotheca Anglorum theologica, o . O . 1677.
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POLYDORI VERGILO | VRBINATIS AN G LI CAE HISTO | RIAE LIBRI XXVI. | ( . . . ) I [ V i g n e t t e ] | ( . . . ) BASILEAE, APVD IO. BEBELIVM | ANNO M.D.XXXIIII.
[ B L : G.4762] Die »Englische Geschichte« des italienischen Humanisten Polydorus Vergilius ( 1 4 7 0 - 1 5 5 5 ) 2 erschien zum ersten Mal 1534 bei Johann Bebel in Basel in einer Folio-Ausgabe, zu der Holbein die Vignette entwarf. Vergilius revidierte die erste Fassung für die zweite Ausgabe (Basel 1546) und stattete die dritte Edition (Basel 1555) mit einem angehängten 27. Buch aus, das die Regierungszeit Heinrichs V I I I . behandelt. Da die »Englische Geschichte« stark aus der Sicht eines italienischen Katholiken geschrieben war, fand sie in England wenig Anklang. Doch bei den anderen europäischen Gelehrten besaß das Werk, und besonders die Bücher 26 und 27, als Zeitgeschichte der frühen Tudorzeit einen guten Ruf. Dies führte dazu, daß die »Angliae historiae libri XXVII« bis in 17. Jahrhundert mehrfach neu aufgelegt wurden. Nach den von Vergilius selbst veranstalteten Ausgaben erschienen folgende Editionen, die Gryphius benutzt haben könnte: Basel 1556, Gent, 1 5 5 6 - 1 5 5 7 , Basel 1570, Duai 1603, Leiden 1649 und 1651. Welche Ausgabe Gryphius für die Anmerkungen seines »Carolus Stuardus« verwendet hat, läßt sich nicht bestimmen. Er erwähnt in den Anmerkungen 11,196, 11,197, 11,198, 11,199, 11,201, 11,203, 11,204 und 11,206 jeweils nur das behandelte Buch der »Englischen Geschichte« ohne Zitate oder Seitenangaben. Doch aus der Art der Verweise läßt sich schließen, daß Gryphius die »Anglicae historiae« des Vergilius als eine der wichtigsten Quellen für die ältere Geschichte Englands angesehen hat.
RERVM SCOTICA -
| RVM HISTORIA | AVCTORE | G e o r g i o B u c h a n o I S c o t o . I
[Vignette] | EDIMBVRGI | Apud Alexandrum Arbuthnetum Typographum R e g i u m I A n n o M.D.LXXXII. | CVM PRIVILEGIO REGALI.
[ B L : 186.C.16] George Buchanan ( 1 5 0 6 - 1 5 8 2 ) 3 war einer der größten schottischen Gelehrten und Dichter des 17. Jahrhunderts. Er besaß ein hohes Ansehen innerhalb der
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Über Vergilius siehe die Biographie Universelle, Nouv.Ed., Bd. 33, Paris/Leipzig O.J., Sp. 6 8 1 - 6 8 3 . Speziell zu seiner »Anglica Historia« siehe die Einleitung zu Denys H a y (Hg.), The Anglica Historia of Polydore Vergil A. D. 1 4 8 5 - 1 5 3 7 , London 1950 ( = Camden Society, 3rd. Series, Bd. 74). Von den vielen Biographien Buchanans ist folgende besonders zu empfehlen: P. H u m e Brown, George Buchanan. Humanist and Reformer, Edinburg 1890.
humanistischen Gelehrtenwelt und wurde von seinen Zeitgenossen als »hujus saeculi poetarum facile princeps« gefeiert. Nach langen Studienaufenthalten in Frankreich, Deutschland, Italien und der Schweiz wurde er Professor an der Universität von St. Andrews. Er unterhielt regen Kontakt mit den berühmtesten Forschern und Gelehrten seiner Zeit (Tycho Brahe, Theodor Beza, Johannes Sturm, Hubert Languet etc.) und verfaßte eine lange Reihe einflußreicher Schriften, aus denen als bedeutendstes Werk die Abhandlung »De jure regni apud Scotos« (1579) herausragt, da sie noch heute als wichtiges Dokument in der Geschichte der modernen politischen Theorien angesehen wird.4 Buchanan war nicht nur ein Dichter und Gelehrter, sondern spielte ebenfalls eine wichtige Rolle in der schottischen Politik. Er hatte sich nach der Ermordung Darnleys der Opposition gegen Maria Stuart angeschlossen5 und die kalvinistischen Lairds in ihrem Begehren nach ständischer Libertät publizistisch unterstützt. Seine »Detectio« (1571), 6 in der er Maria Stuarts Person und ihre Verstöße gegen die schottischen Gesetze und Freiheiten anklagte,7 war im Prozeß gegen die Königin von großer Bedeutung. Die schottischen Stände bedankten sich für Buchanans Unterstützung damit, daß sie ihn nach der Abdankung Maria Stuarts und ihrer Flucht nach England zum Tutor Jakobs VI. ernannten, um sicherzugehen, daß der junge König nicht in die Fußstapfen seiner gehaßten Mutter trat. Buchanan verbrachte seine letzten Lebensjahre damit, eine großangelegte »Geschichte Schottlands« zu schreiben, deren 20 Bücher 1582 kurz nach seinem Tod erschienen. Das letzte Drittel davon (Buch 13-20) behandelt die Ereignisse von Jakob V. bis Lennox' Tod (1571), ist also im eigentlichen Sinne eine Zeitgeschichte. Es verwundert nicht, daß das Werk bei seinem Erscheinen als eine tentendiöse Darstellung vor allem der neueren schottischen Geschichte eingestuft wurde. Der publizistische Erfolg des Werkes war zunächst nicht sehr groß. Nach der ersten Ausgabe in Edinburg erschienen lediglich drei weitere in Genf 4
Sie hatte zentrale Bedeutung für die Entwicklung der monarchomachischen T h e o rien und spielte eine wichtige Rolle bei der Formulierung demokratischer Ideen in der englischen Revolution von 1 6 4 0 - 1 6 6 0 (ihr Einfluß läßt sich deutlich feststellen in Miltons » P r o populo Anglicano defensio«; siehe B r o w n S. 284).
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Siehe J o h n H o s a c k , M a r y Queen of Scots and H e r Accusers, Edinburg 1869. Sie wurde mehrfach in lateinischer, schottischer und englischer Sprache aufgelegt. Z u r »Detectio« siehe B r o w n S. 2 1 0 - 2 1 6 .
7
Siehe den Titel der ersten schottischen Ubersetzung: »ANE DETECTIOVN of the duinges of Marie Quene of Scottes, touchand the murder of hir husband, and hir conspiracie, adultarie, and pretensed mariage with the Erie Bothwell. And ane defense of the trew Lordis, mainteineries of the Kingis graces [, Ajctioun and aurhaoritie [sic].« o . O . , o . J . [Edinburg 1571].
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(1583) und Frankfurt/Main (1584 und 1594). Doch mangels besserer Darstellungen vor allem zur älteren Geschichte Schottlands setzte sich das Buch im 17. Jahrhundert nach und nach als Standwerk durch. Dies bezeugen die fünf lateinischen Editionen, die in den nächsten 50 Jahren erschienen (Amsterdam: 1614 + 1643, Frankfurt/Main: 1624 + 1638, Edinburg: 1643), und die sieben englischen Ubersetzungen bis 1800. Thous L o b 8 wird einiges dazu beigetragen haben, daß sich die Kritiker von Buchanans politischen Anschauungen
dennoch immer wieder
der
»Rerum Scoticarum historia« als Quelle bedient haben. So auch Gryphius, der sich in seiner Anmerkung 11,161 kritisch mit Buchanans Darstellung der letzten Lebensjahre Maria Stuarts auseinandersetzt und denen Unkenntnis der Materie vorwirft, »welchen Maria nirgends anders her als aus den Ges c h i c h t b ü c h e r n des Hochgelehrten / aber damals ihren Feinden und Verfolgern zugethanem Buchanans, dem auch Thuanus nachgegangen / bekant; Andere welche etwas fleissiger sich der Beschaffenheit ihres Lebens erkündiget / wissen besser von ihrem Gefängnüß und Tode zu urtheilen.« Er zitiert dann eine Passage aus Thous »Historia sui temporis« 9 und macht anschließend deutlich, daß »der auffrichtige Cambdenus« dem allzu parteiischen Buchanan vorzuziehen sei. Powell 1 0 schloß aus der knappen Angabe in Anmerkung 11,161, daß es sich bei den »Geschichtsbüchern« um »De Maria Scotorum regina, totáque eius contra regem coniuratione . . . historia« handle. Doch dieses Werk ist die lateinische Erstausgabe der »Detectio«, die keine Geschichte Maria Stuarts darstellt, sondern eine Dokumentensammlung, die ihre Mittäterschaft an der Verschwörung gegen die schottischen Reichsinteressen, der Ermordung Darnleys, des Ehebruchs mit Bothwell usw. beweisen soll. Wenn Gryphius von den »Geschichtsbüchern« im Plural spricht, so wird er damit die »Rerum Scoticarum historia« gemeint haben, die in den Büchern 17-18 das Leben Maria Stuarts behandeln.
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24
J . - A . Thou, Historia sui temporis, Buch 76. In der Edition von 1620 in Bd. 3, S. 581/582. Dieses Zitat ist nicht als solches gekennzeichnet. Es stammt aus Buch 43 von Thous Zeitgeschichte. H . Powell, »Carolus Stuardus«-Edition, Leicester 1955, S. c x x x v i i .
I AC. AVGVSTI I THVANI | HI STORIARVM | SVI TEMPORI S | PARS PRIMA. | [ V i g n e t t e ] | PARISIIS, | A p u d v i d u a m MAMERTI PÂTISSON» t y p o g r a p h i R e g i j . |
In officina Roberti Stephani. | | M.DC.IIII. [ B L : C.20.Í.11] Jacques-Auguste Thou (1553—1617) 11 brachte den größten Teil seines Lebens im Staatsdienst zu und bereiste in diplomatischen Aufträgen fast alle europäischen Länder, wobei er sich hervorragende politische Kenntnisse aneignete, die er bereits früh in Form einer Zeitgeschichte zu verarbeiten beabsichtigte. E r sammelte unermüdlich Dokumente, die ihm für dieses geplante Werk zweckdienlich erschienen und unterhielt eine ausgiebige Korrespondenz mit den besten und berühmtesten Historikern seiner Zeit, um Material auszutauschen und die neuesten politischen Ereignisse zu erörtern. E r begann mit der Niederschrift des ersten Teils seiner »Historia sui temporis« 1591. Nachdem er von Heinrich IV. zum Königlichen Oberbibliothekarius ernannt worden war (1593), konnte er seine Arbeit daran zügig vorantreiben. Der erste Band erschien 1604 bei Pâtisson in Paris und umfaßte 26 Bücher, die die Ereignisse von 1 5 4 3 - 1 5 6 0 behandelten. Die drei folgenden Teile erschienen kurz nacheinander bei Jerome Drovart: Teil I I : 1606 (enthält Buch 2 7 - 5 1 mit den Ereignissen von 1560-1572), Teil I I I : 1607 (Buch 5 2 - 5 7 mit den Ereignissen von 1572-1574) und Teil I V : 1608 (Buch 5 8 - 8 0 mit den Ereignissen von 1 5 7 4 - 1 5 8 4 ) . Eine verbesserte Neuausgabe aller 80 Bücher gab Drovart 1 6 0 9 - 1 6 1 4 heraus. In den Folgejahren arbeitete Thou unermüdlich an einer Fortsetzung seiner Zeitgeschichte, die in weiteren 58 Büchern die Ereignisse von 1584 bis 1607 bescheiben sollte, doch sie konnte erst nach seinem Tode 1620 in Genf bei Pièrre de la Rovière erscheinen. Eine zweite Edition folgte 1 6 2 6 - 1 6 3 0 . Die »Historia sui temporis« erregte bei ihrem ersten Erscheinen in Paris großes Aufsehen und wurde aus recht undurchsichtigen Gründen auf den Index gesetzt. Dies tat jedoch der Verbreitung der nächsten Bände keinen Abbruch, und in den Folgejahren wurde das Monumentalwerk in mehrere europäische Sprachen übersetzt. 1 2
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Ü b e r Thou siehe Samuel Kinser, The Works of Jacques-Auguste de Thou, Den Haag 1966; H . Düntzer, Jacques Auguste de Thou's Leben, Schriften und historische Kunst, Darmstadt, 1837; Biographie Universelle, N o u v . Ed., Bd. 41, Paris/ Leipzig O.J., S. 441—442; Nouvelle Biographie Générale, Bd. 45, Paris 1866, Sp.259-261. Die erste französische Ubersetzung von Teil I erschien 1604 in Paris; eine N e u übersetzung folgte 1610. Eine Ubersetzung von Teil I—III erschien 1659 in Paris. Eine deutsche Übersetzung der Bücher 1 - 1 3 2 erschien 1 6 2 1 - 1 6 2 2 in zwei Foliobänden bei Petrus Kopff in Frankfurt/Main.
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Die internationale Verbreitung des Werkes erfolgte über die Frankfurter Messe, wo die Firma Ostern und Kopff in den zwanzig Jahren zwischen 1608-1628 folgende Editionen anbot (Nachdrucke nicht mitgerechnet):13 1608 (Buch 1-57), 1610 (Buch 58-69), 1610 (Buch 70-80), 1621 (Buch 81 bis 138), 1628 (Buch 1-138 plus eine anonyme Fortsetzung der Ereignisse von 1608-1618). Da die vielen tausend Folioseiten für die meisten Leser zu umfangreich (und zu teuer) waren, gingen Verleger bereits früh daran, das Gesamtwerk zu kürzen und in einer Auswahl zu veröffentlichen. Diese »Schulausgaben« und Editionen für den täglichen Hausgebrauch 14 taten ein weiteres dazu, um den »Thuanus«, wie das Werk nun kurz genannt wurde, noch populärer zu machen. Bis zum Jahr 1660 lassen sich folgende Editionen verzeichnen: 1610 (Offenbach), 1625 (Jena), 1627, 1629, 1630, 1635 (alle Leiden), 1635 (Lübeck), 1640 (London), 1642 (Leiden), 1652 (Rouen), 1656 (Helmstedt). Diese enorme Verbreitung des Werkes macht es verständlich, warum der »Thuanus« im 17. Jahrhundert den Rang einer Zeitgeschichte p e r se einnahm. Bis ins 18. Jahrhundert wurde sie immer wieder neu aufgelegt, und selbst Lessing 15 und Herder 16 benutzten sie noch als autoritative Quelle. Gryphius bezeugt seine Wertschätzung der Zeitgeschichte Thous, wenn er sie im Vorwort zum vierten Buch der Oden als »niemals von freyen vnd aufrichtigen Gemüttern / genung geprisenen Jahrbücher« 17 bezeichnet. Im »Carolus Stuardus« erwähnt er die »Historia sui temporis« an zwei Stellen. In Anmerkung 11,161 kritisiert er, daß Thou in seiner Darstellung der schottischen Geschichte zu stark Buchanan gefolgt sei.18 Er berichtet dann über Maria Stuarts Flucht nach England (Thou, Buch 43) und fügt eine Ergänzung nach Camdens Annalen hinzu. Thous Zeitgeschichte wird ein weiteres Mal in Anmerkung 11,209 als Quelle angegeben, in Zusammenhang
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A n N a c h d r u c k e n verlegten sie folgende A u s g a b e n : 1609 (Buch 1-57), 1614 ( B u c h 1 - 8 0 ) , 1617 (Buch 5 8 - 6 9 ) , 1618 (Buch 70-80), 1621 (Buch 81-138), 1625 ( B u c h 1 - 8 0 ) , 1628 ( B u c h 81-138). Kinser S. 300 führt einen 1617 in Speyer erschienenen Kalender an, in dem für jeden T a g der W o c h e A u s z ü g e aus dem » T h u a n u s « abgedruckt wurden, die die wichtigsten Vorfälle behandelten, die sich in dem vergangenen Jahrhundert jeweils an diesem D a t u m ereignet hatten. Sämtliche Schriften, hg. v. K . L a c h m a n n / F . Muncker, B d . 8, Stuttgart 1892, S. 146-147. Sämtliche Werke, hg. v. B . Suphan, B d . 17, Berlin 1892, S. 234. G A 11,97. D i e s ist nicht ganz richtig. T h o u benutzte ebenfalls C a m d e n s » A n n a l e s « und »Britannia« wie auch J o h n Leslies » D e origine, moribus et rebus gestis S c o t o r u m « (1578) und » D e titulo et jure Mariae S c o t o r u m reginae« (1580).
mit dem Schicksal von Lady Jane Grey (Thou, Buch 13), doch auch hier ohne nähere Angabe des Titels oder der Edition. Es bleibt daher offen, welche der vielen Ausgaben des »Thuanus« Gryphius selbst besessen hat.
HISTORIA I DE ORTV, PRO- | GRESSV, ET RVINA HAE- | RESEON HVIVS SAECVLI. |
Auetore | FLORIMVNDO RAEMVNDO | Galliarum Regis in Curia Burdigalen- | si Consiliario. | E Gallica Lingua in Latinam conuersa. | [Vignette] | COLONIAE, I Apud Gerhardum Greuenbruch, | | Anno M DC XIIII. | Cum Gratia & Priuilegio S. Caes. Maiest. [ B L : 4571.b.10] Florimond de Raemond ( 1 5 4 0 - 1 6 0 2 ) 1 9 war ein Parlamentsberater in Bordeaux, der nach seiner Bekehrung zum katholischen Glauben als Pamphletist und Verfasser mehrerer antiprotestantischer
Kampfschriften
hervortrat.
Erwähnenswert sind ein Buch über die Päpstin Johanna, das einen großen literarischen Streit in Theologenzirkeln hervorrief, der »Antichrist« von 1697, in dem er das Papsttum vor protestantischen Angriffen in Schutz zu nehmen suchte, und schließlich sein Hauptwerk, die acht Bücher »Über den Ursprung, Fortschritt und Untergang der Irrlehren dieses Jahrhunderts«. Diese Geschichte des Protestantismus - denn damit sind die im Titel angeführten Haeresien gemeint - erschien zuerst in französischer Sprache (»L'histoire de la naissance, progrez et decadence de l'heresie de ce siecle. Divisée en hvit livres. Dédié à nôtre saint pere Pape Pavl cinquième«) 1605 in Paris. Weitere Ausgaben in der »Gallica Lingua« folgten 1610 (Paris), 1611 (Arras), 1611 (Cambrai), 1623 (Rouen), 1624 (Paris), 1629 (Rouen), 1647 (Rouen) und 1648 (Rouen). An lateinischen Editionen sind mir nur drei im 17. Jahrhundert bekannt. Sie wurden alle in Köln verlegt (1614, 1653 und 1655). Zwei deutsche Ubersetzungen erschienen 1614 in München und 1676 in G r o ß Glogau und eine holländische Ubersetzung 1646 in Antwerpen. In allen seinen Schriften verfolgte Raemond die Absicht, die mit der Reformation ins Wanken geratene Autorität der katholischen Kirche wiederaufzurichten und jeglicher Abweichung vom offiziellen Dogma des Vatikans entgegenzutreten. Das Papsttum ist für ihn eine geheiligte Institution und der alleinige Garant einer reinen christlichen Lehre. Die »sogenannten Reformi-
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Zur Biographie Raemonds siehe J . Ph. Tamizey de Larroque, Essai sur la vie et les ouvrages de Florimond de Raymond, Paris 1867; Pierre Bayle, Dictionnaire historique et critique, N o u v . Ed., Bd. 12, Paris 1820, S. 5 0 1 - 5 0 9 ; Biographie universelle, N o u v . Ed., Bd. 35, Paris/Leipzig o . J . , S. 7 4 - 7 5 .
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sten« (dazu zählt er Wycliffe, Hus, Luther, Calvin, Beza, Zwingli etc.) haben aufgrund ihrer Irrlehren das Recht verwirkt, der christlichen Gemeinschaft zugerechnet zu werden. Dementsprechend werden sie in der »Ketzergeschichte« nur in den schwärzesten Farben geschildert. Uberhaupt ist der Ton von Raemonds Polemik von einem solchen Protestantenhaß geprägt, daß es einen sehr verwundert, daß Gryphius diese Schrift in seinem »Carolus Stuardus« als Quelle zitiert. Das erste Buch der »Ketzergeschichte« ist der »haeresis monstrosa« (Bd. 1, S. 127) Luthers gewidmet. Nach einer ausführlichen Lebensbeschreibung des Reformators kommt er auf dessen »spurcities & scurrilitas« (Bd. 1, S. 87) zu sprechen, und er sieht »in hoc homine nihil nisi superbia, furor, crudelitas, incontinentia, maledicentia & impietas« (Bd. 1, S. 87). Er beschreibt ausführlich all die »Irrlehren«, die Luther in der Welt verbreitet hat und kommt schließlich zu dem Urteil, daß dieser »non homo, sed Diabolus ipse, sub hominis specie« sei und nur von der Absicht vorangetrieben werde, »Diaboli iugum & seruitutem« (Bd. 1, S. 106) über die Menschheit zu bringen. Nach seiner Beschreibung der Anfänge der Reformation, der Lehren der Wiedertäufer, der antiobrigkeitlichen Bestrebungen in den Bauernkriegen und der Ausbreitung des Protestantismus in den verschiedenen europäischen Ländern kommt er schließlich in Buch sechs, auf das sich Gryphius zweimal in seinen Anmerkungen bezieht, auf die Reformation in Großbritannien zu sprechen. Er berichtet ausführlich über Heinrichs VIII. Abfall von der katholischen Kirche und schildert mit großer Freude, wie die »Haeretici a Maria Angliae regno eijcinuntur« (Bd. 2, S. 239). Dann aber unter Elisabeth I. wurde die katholische Religion wieder verboten. Während sich in Schottland und England die Puritanersekten überall verbreiteten, starben die aufrechten katholischen Gläubigen zu Tausenden den Märtyrertod. Raemond schildert in mehreren Kapiteln, wie die protestantischen »Bestien« die Katholiken des Landes grausam verfolgten und wie die »Noui isti Nerones & Christiani nominis persequutores in Anglia Catholicorum sanguinem ita sitiebant, vt eo tinctus Tamesis saepe colorem mutarit.« (Bd. 2, S. 261) Raemond bemüht sich an keiner Stelle auch nur dem Anschein nach um eine ausgewogene Darstellung der reformatorischen Entwicklung in Großbritannien. Wenn er auf die Lehren der Puritaner eingeht, so beschränkt er sich bewußt auf eine unrepräsentative Auswahl von skandalösen Einzelheiten, die selbst Lutheraner und Kalvinisten zu Abscheu und Entsetzen bewegt hätten. Besonders bei den Beschreibungen des Gemeindelebens der Nonkonformisten läßt Raemond seiner Fantasie freien Lauf und malt mit kräftigen Farben das Bild eines Sündenpfuhls, das den Anschein erweckt, als hätten die 28
Puritaner nur das biblische »crescite et multiplicamini« ernstgenommen; denn in der »Historia de ortu etc.« sind sie ständig damit beschäftigt, armen und unschuldigen Mädchen die Jungfernschaft zu rauben, Weibertausch zu betreiben, täglich mit Huren zu verkehren und sämtliche Regeln des Anstandes und der Keuschheit über den Haufen zu werfen. 20 Obwohl Gryphius die »Ketzergeschichte« Raemonds zweimal in seinen Anmerkungen zum »Carolus Stuardus« erwähnt, hat Powell das Werk in seiner Quellenzusammenstellung nicht aufgeführt. Die Angabe in Anmerkung 11,208 (»Florimundus Remundus de Origine Haeres. parte 6.§.4«) ist unvollständig. Der Bericht vom Tode Eduards VI. befindet sich in Liber 6, cap. 7, § 4 . In der von mir benutzten lateinischen Ausgabe von 1614 wird jedoch an keiner Stelle erwähnt, daß der König vergiftet worden ist und daß ihm das Gift vermittels eines Klistiers verabreicht wurde. Auch in den späteren Editionen von 1653 und 1655, die ich nur kurz in der U B WrocKaw habe untersuchen können, läßt sich kein Hinweis auf die genaue Todesart Eduards VI. finden (Buch 1-8 dieser Neuausgaben sind identisch mit der ersten Kölner Edition. Lediglich ein Buch 9 wurde neu hinzugefügt.) Die Anmerkung 11,209 über die Enthauptung der Lady Jane Grey ist korrekt (»Florimond. Remon. part, VI. c. 8. §. 5.«). D a Gryphius die »Ketzergeschichte« beide Male in Zusammenhang mit konkreten historischen Ereignissen zitiert, ist anzunehmen, daß er das sechste Buch von Raemonds »Historia« ähnlich wie Thous Zeitgeschichte nur als Ergänzung zu seinen Hauptquellen zur älteren englischen Geschichte — Camdens »Annales« und Vergilius' »Anglica historia« - herangezogen hat. In Bezug auf die englische Reformationsgeschichte wird Gryphius sicherlich andere Ansichten vertreten haben als Raemond, doch es ist nicht auszuschließen, daß er sich von dessen Beschreibungen der Puritaner, die sich im Prinzip nicht von den späteren Schilderungen bei Edwards oder Horn unterscheiden 21 , hat beeinflussen lassen. Wegen der extrem antiprotestantischen Grundhaltung von Raemonds »Ketzergeschichte« ist es verwunderlich, gerade dieses Werk als Quelle im »Carolus Stuardus« zitiert zu finden. Solche Widersprüchlichkeit scheint Gryphius jedoch kaum empfunden zu haben, und wir werden im Verlauf
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Siehe besonders das Liber 6, cap. 12, § 1. M a n findet dort sehr ähnlicheJBeispiele wie in den pikanten Schilderungen Salmasius' in der » D e f e n s i o R e g i a « (s.u. S. 157). E s ist hier auch in gewisser Weise bereits vorgeprägt, was E d w a r d s und H o r n später in ihren Schriften über die britischen N o n k o n f o r m i s t e n zu berichten haben. Wenngleich H o r n die frühen Puritaner durchaus noch als rechtgläubig (im Sinne Calvins) gelten läßt.
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dieser Untersuchung noch häufiger finden, daß sich der Dichter mit Meinungen, Ideen oder Theorien auseinandergesetzt hat, die den seinen diametral entgegenstanden (sonst hätte er ζ. B. mit den Theorien der englischen Monarchomachen nicht so gut vertraut sein können). E r hat der Darstellung Raemonds diejenigen Fakten entnommen, die für sein Trauerspiel
von
Bedeutung waren, - vor allem historische Vorfälle und Beschreibungen der frühen Puritaner, die von Autoren wie H o r n , Edwards oder Salmasius bestätigt wurden. Wie Gryphius aber über den Rest des Buches geurteilt hat, können wir nur vermuten. Auf jeden Fall zeigt uns dieses Beispiel, daß große Vorsicht geboten ist, wenn man aus der Zitierung eines bestimmten Werks auf eventuelle Sympathien des Dichters mit dessen Verfasser schließen will.
RERUM I ANGLI CAR VM | ET | HIBERNICARVM | ANNALES, | REGNANTE j ELISABE-
THA. I Auctore | GVILIELMO CAMDENO. | Vltima Editio. | [Vignette] | LVGD. BATAVORVM, | Excudebantur typis Elseviriorum. | c|3 |o c x x x i x . [ B L : 808.C.22] William Camden ( 1 5 5 1 - 1 6 2 3 ) 2 2 errang internationale Berühmtheit durch seine »Britannia«, die 1586 zum ersten Mal erschien und ihm die Ehrenbezeichnung eines Strabo und Pausanias der Briten einbrachte. Das W e r k wurde bis ins 17. Jahrhundert immer wieder neu aufgelegt, 23 und ihm folgten eine Reihe weiterer Schriften überwiegend antiquarischen Inhalts. Als C a m dens zweites Hauptwerk haben seine »Annalen der englischen und irischen Geschichte zur Regierungszeit Elisabeths I.« zu gelten, deren 1. Ausgabe 1615 erschien. 1625 wurde ein zweiter Teil veröffentlicht, und Nachdrucke beider Teile gab es 1625 und 1639 in Leiden und 1627 in London. Das W e r k wurde auch ins Französische übersetzt (Teil 1: London 1624; Teil
1 + 2 :
Paris 1627), und englische Fassungen erschienen 1625 (Teil 1), 1629 (Teil 2), 1630 (Teil 1 + 2) und 1635 (Teil 1 + 2) in London. Als Zeitgeschichte der Tudorzeit besaßen Camdens Annalen ein hohes Ansehen. Sie wurden oft gleichberechtigt neben Thous »Historia sui temporis« gestellt. D a die beiden Autoren einander gut kannten, versorgten sie sich gegenseitig mit Material für ihre Annalen und korrespondierten miteinander
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Über Camden siehe das Dictionary of National Biography, Bd. 8, London 1886, S. 2 7 7 - 2 8 5 . Bis 1650 erschienen folgende lateinische Editionen: London 1586, 1587, 1590, 1594, 1600, 1607; Frankfurt/Main 1590, 1616; Amsterdam 1617 und 1639. Englische Ubersetzungen wurden 1610 und 1637 in London veröffentlicht.
über zahlreiche Probleme, die aus ihrer Arbeit erwuchsen. 24 Ihre Werke weisen daher eine gewisse äußerliche Ähnlichkeit auf, doch da die Autoren recht unterschiedliche politisch-religiöse Grundanschauungen besaßen, weichen ihre Darstellungen der historischen Fakten oft erheblich voneinander ab. Wie der Anmerkung 11,16 zu entnehmen ist, hat Gryphius die Autorität Camdens höher eingeschätzt als die Thous. Camdens Annalen werden insgesamt achtmal im »Carolus Stuardus« erwähnt (11,161; 11,196; 11,208; 11,209; 11,210; 11,213; 111,237; 111,490), davon fünfmal mit Zitaten (11,161 ; 11,196; 11,208; 11,213; 111,365). Gryphius begnügt sich meistens mit der Angabe des Buches und der Jahreszahl, doch in Anmerkung 111,265 führt er ebenfalls eine Seitenzahl an, die uns die Identifizierung der verwendeten Ausgabe ermöglicht. Die von Powell angeführten 25 englischen Ausgaben von 1625-1629 scheiden aus, da Gryphius in seinen Anmerkungen durchgehend aus dem lateinischen Original zitiert. Ein Vergleich der einzelnen Editionen ergibt, daß nur in der Leidener Ausgabe von 1639 das in der Anmerkung 111,365 angeführte Zitat auf der Seite 584 zu finden ist. In versteckter Form hat Gryphius die Annalen ein weiteres Mal zitiert. In Anmerkung 11,161 gibt er einen längeren Auszug aus »Dauison in seiner Schutz=Schrifft« wieder. Es handelt sich dabei um William Davidsons Verteidigungsrede »Necessity of the Sentence of Death Against Mary«, 2 6 die er bei seinem Prozeß am 28. 3. 1587 hielt. Camden berichtet im dritten Buch der Annalen davon, und Gryphius' Zitat ist in der Leidener Ausgabe auf Seite 502 zu finden.
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Siehe Camdens Epistolae, London 1691, S. 68-69, 73-75, 97-98, 153-154. H . Powell, »Carolus Stuardus«-Edition, Leicester 1955, S. c x x x v i i . W. Davison war der schottische Sekretär Elisabeths I. und einer der Kommissionsmitglieder im Prozeß gegen Maria Stuart. Er ließ ihr Todesurteil am 1. Februar 1587 von der englischen Königin unterzeichnen, die sich jedoch nach dem Tode Marias (8. Februar 1587) gegen Davison stellte und ihn beschuldigte, ohne ihr Wissen die Enthauptung der schottischen Königin vorangetrieben zu haben. Davison wurde am 14. Februar 1587 in den Tower geworfen und am 28. März 1587 vor Gericht gestellt und schuldig gesprochen. Der vollständige Text seiner Verteidigungsrede ist abgedruckt in W. K. Boyd (Hg.), Calendar of the State Papers Relating to Scotland and Mary, Q u e e n of Scots. 1547-1603, Bd. 9 (1586-1588), Glasgow 1915, S. 356-388.
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ANNALIVM | ECCLESIASTICORVM | POST | ILLVSTRISS. ET REVERENDISS. | D. D. CAESAREM BARONIVM. S. R. | E CARDINALEM BIBLIOTHECAR. | TOMVS XIII
[— XVIII] Rerum in orbe christiano ab Anno | D o m . 1198. usq' ad annum D . [1503.] I Gestarum narrationem complectens, | AVCTORE, | R. P. Fr. Abrahamo Bzovio | Polono, S. Theol. doctore, | ordinis praedicator. | Cum licentia, et facúltate Superiorum. | COLONIAE AGRIPPINAE, Apud Antonium boëtzerum [sic]. | Anno M.DC.XVI. [— M.DC.XXII.] Cum gratia et priuil. Sum. Pontif. Sacrae Caes. Maiestatis et Christianissimi Regis Francorum, et c. [ B L : 481.Í.7-9] 2 7 Die Annalen des Cesare Baronius (1538—1607) 28 stellen einen monumentalen Gegenentwurf dar zu der protestantischen Darstellung der Kirchengeschichte in den Magdeburger »Zenturien« ( 1 5 5 9 - 1 5 7 4 in Basel erschienen). Flacius Illyricus und seine Mitarbeiter hatten in dieser ersten modernen Kirchengeschichte nach Eusebius zu beweisen versucht, daß die katholische Kirche im Verlauf der historischen Entwicklung immer mehr von dem Auftrag des Evangeliums abgewichen sei und sich zu einer Institution gewandelt habe, die die Reformation zu einer Notwendigkeit gemacht habe. Diese parteiische und gegen den Herrschaftsanspruch der katholischen Kirche gerichtete Darstellung der Kirchengeschichte stellte für den Vatikan eine Herausforderung dar, der er im Verlauf der Gegenreformation zu begegnen suchte. Es gab mehrere Versuche, durch eine Gegendarstellung die Autorität der katholischen Kirche wiederherzustellen, doch das einzige erfolgreiche Unternehmen waren die »Annales ecclesiastici a Christo nato ad annum 1198« des Cesare Baronius, zu denen der Kardinal Antonio Caraffa den Auftrag gegeben hatte und an der Baronius unter Heranziehung von Originaldokumenten und unbekannten Handschriften aus den Archiven des Vatikans über 30 Jahre lang gearbeitet hat. Der erste Band erschien 1588 in R o m und der letzte, zwölfte, in seinem Todesjahr 1607. Obwohl sich Baronius weitgehend einer Polemik gegen die Zenturianer enthielt und der Aussagekraft seiner Dokumente vertraute, waren die »Annales« weit davon entfernt, eine »objektive« Darstellung der
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Die British Library besitzt nur diese ersten sechs Bände ( = Bd. x n i - x v n i der Gesamtreihe) von Bzovius' Annalen. Exemplare der Bände 7 - 9 ( = Bd. xix—xxi der Gesamtreihe) befinden sich in der Bibliothèque Nationale in Paris (Signatur: H . 137-139).
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U b e r Baronius siehe A . Baudrillart, Dictionnaire d'histoire et de géographie ecclesiastique, Bd. 7, Paris 1932, Sp. 8 7 1 - 8 8 5 und das Dizionario biografico degli Italiani, Bd. 6, R o m 1964, S. 470—478. Eine historische Beurteilung der Annalen bei Walter Nigg, Die Kirchengeschichtsschreibung, München 1934, S. 6 5 - 7 4 .
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Kirchengeschichte zu sein. Das Material war oft nach parteiischen Gesichtspunkten ausgewählt worden, und die historische Wahrheit wurde aus einsichtigen Gründen nicht selten bewußt verfälscht. Daher verwundert es nicht, daß die Annalen sowohl auf begeisterte Aufnahme, wie auch auf kritische Ablehnung stießen. Das Erscheinen eines jeden Bandes war von zahlreichen Polemiken aus dem protestantischen Lager begleitet, und es ist Baronius zugute zu halten, daß er die Einwände, Korrekturen und Ergänzungen der katholischen und protestantischen Gelehrten zur Kenntnis nahm und in den veränderten Neuauflagen berücksichtigte und verarbeitete. Auf diese Weise erschienen mehrere Editionen der Annalen, die zum Teil erheblich voneinander abwichen. Die wichtigsten davon waren: 2 9 la) lb) 2) 3) 4) 5)
R o m , E x T y p o g r a p h i a Vaticana, 1 5 8 8 - 1 6 0 7 R o m , E x T y p o g r a p h i a C o n g r e g a t i o n i s Oratorii, 1 5 9 3 - 1 6 0 7 A n t w e r p e n , E x officina Plantiniana, 1 5 8 9 - 1 6 0 9 ( = E d i t i o N o v i s s i m a ) M a i n z , S u m p t i b u s I. G y m n i c i et A . Hierati Coloniens., 1601-1607 ( = Editio p o s t r e m a ab i p s o m e t aucta et recognita) Venedig, A p u d haeredem H i e r o n y m i Scoti, 1601-1607 ( = Editio p o s t r e m a permissu auctoris et ab ipso aucta et recognita) K ö l n , S u m p t i b u s Ioannis G y m n i c i & Antonii Hierati, 1 6 0 9 - 1 6 1 6 ( = E d i t i o novissima ab i p s o m e t ante o b i t u m aucta et recognita)
D a der Tod von Baronius das letzte Drittel der Annalen unvollendet gelassen hatte, begannen sogleich mehrere Gelehrte damit, das monumentale Werk bis zur Gegenwart fortzusetzen. Einer von ihnen war der polnische Dominikaner Stanislaw Bzowski (1567-1637), 30 der zu dieser ehrenvollen Aufgabe vom Papst selbst ernannt worden war. Bis zu seinem Tod 1637 gelang es ihm, neun Bände zu schreiben, die den Zeitraum von 1198-1572 behandelten. Sie erschienen als »Annalium ecclesiasticorum post Baronium Tomus xm—xxi«, doch nur die Publikation der ersten sieben Bände, die 1616-1630 bei Boetzer in Köln erschienen, konnte er selbst überwachen. Der achte Band ( = Bd. X X der Gesamtreihe) erschien 1641 bei J. Munich in Köln und der neunte Band ( = Bd. X X I der Gesamtreihe) 1672 bei M. Herculis in Rom.
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D a jede der Bearbeitungen vielfach nachgedruckt wurde, ist es schwierig, die genaue Editionsgeschichte der Annalen festzustellen. Ich habe in keiner Bibliothek einen vollständigen Satz e i n e r Edition finden können, sondern immer nur Z u s a m m e n s t e l l u n g e n mehrerer A u s g a b e n . D i e s ist wahrscheinlich dafür verantwortlich d a f ü r zu machen, daß die A n g a b e n über die Editionsgeschichte der A n n a l e n auch in den einschlägigen Kirchenlexika nicht sehr verläßlich sind. Sein kirchlicher N a m e war A b r a h a m B z o v i u s . U b e r ihn siehe Baudrillard, Dictionnaire, B d . 10, Paris 1938, Sp. 1 5 1 8 - 1 5 8 0 .
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Im Verlauf der späteren Jahrhunderte hat sich die Bzovius-Fortsetzung nicht gegen die des Odorico Raynaldi durchsetzen können. Doch das Gesamtunternehmen der »Annales Ecclesiastici« gilt bis heute als das bedeutendste Dokument der Kirchengeschichtsschreibung. Trotz ihrer antiprotestantischen Zielrichtung wurden die Annalen zu einem unentbehrlichen Handbuch, dessen sich jeder Gelehrte gleich welcher Konfession bedienen mußte, wenn er sich mit Fragen der Kirchengeschichte beschäftigte. Es verwundert daher nicht, die Annalen im »Carolus Stuardus« zitiert zu finden. Gryphius' Angabe in Anmerkung 11,201: »Bzovius in dem II. Theil 3 1 der Fortsetzung der Kirchen=Geschichte Baronii oder dem X I V . Theil der Jahr Bücher . . . §.10. des 1326. Jahres« ist sehr genau, wie auch das Zitat, von ein paar Kürzungen und Druckfehlern abgesehen, eine genaue Wiedergabe der Bzovius-Textes ist (es befindet sich in Bd. 2 [ X I V ] auf Seite 483).
FAMIANI STRADAE | ROMANI | E SOCIETATE IESV | DE BELLO BELGICO | DECAS
PRIMA I A b Excessu | CAROLI V IMP. | AN. M D LV | Vsque ad initia Praefecturae I ALEXANDRI FARNESII I P a r m a e , ac P l a c e n t i a e D u c i s | AN. M D LXXVIII |
[Kolophon:] ROMAE, Typis Francisci Corbelletti. M D CXXXII. | | SVPERIORVM PERMISSV. FAMIANI STRADAE | ROMANI | E SOCIETATE IESV | DE BELLO BELGICO | DECAS s EC VN DA I A b i n i t i o P r a e f e c t u r a e | ALEXANDRI FARNESII | PARMAE PLACENTIAEQVE I DVCIS NI | AN. M D LXXVIII | V s q u e ad A n . Μ D XC. I CVM
PRIVILEGIIS I [Kolophon:] ROMAE, | Ex Typographia Haeredum Francisci C o r b e l l e t t i . M D CXLVII. 11 SVPERIORVM PERMISSV.
[ B L : 591.1.11-12] Famiano Strada (1572-1649) 3 2 war ein prominentes Mitglied der Societas Jesu und Professor für Beredsamkeit am Collegio Romano. Seine Geschichte des holländischen Befreiungskampfes ist sein bedeutendstes Werk, das bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts folgende Editionen durchlief: 33
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Die Angabe »I. Theil« in G A IV,148 ist ein Fehler des Herausgebers. Beide »Carolus Stuardus«-Drucke 1$! (1663) und B 2 (1698) enthalten die Angabe »II. Theil«. Zu Stradas Biographie siehe die Biographie Universelle, Nouv. Ed., Bd. 40, Paris/ Leipzig o. J., S. 2 9 9 - 3 0 0 . Ich stütze mich bei diesen Angaben auf die Bibliographie von F. F. E. Vanderhaeghen, Fam. Strada De Bello Belgico decas prima et decas secunda. Description des divers éditions de cet ouvrage, Gand 1881.
Lateinisch:
Decas
Prima: Secunda:
Italienisch:
Decas
Französisch:
Decas
Holländisch:
Decas
Englisch:
Decas
1 und 2: Prima: Secunda: Prima: Secunda: Prima: Secunda: 1 und 2: Prima:
20 Editionen in Rom, Antwerpen und Leiden 10 Editionen in Rom, Antwerpen, Amsterdam und Paris 2 Editionen in Mainz und Frankfurt/M. 3 Editionen 1 Edition 7 Editionen 5 Editionen 8 Editionen 5 Editionen 1 Edition 2 Editionen
Das Werk wurde im Auftrag des Herzogs Alessandro Farnese di Parma geschrieben und behandelt in 20 Büchern die Ereignisse von der Abdankung Karls V. (1555) bis zur Ubergabe von Rheinsberg (1590). D a Strada aus den Archivbeständen der Farnese schöpfen konnte, war seine Darstellung sehr viel genauer und faktenreicher als vergleichbare Werke anderer Historiker (etwa die zur gleichen Zeit [1632-1639 in Köln] erschienene »Deila guerra di Fiandra« von Guida Bentivoglio). Stradas » D e Bello Belgico« wurde zu einem wissenschaftlichen »Bestseller« und blieb bis zum Erscheinen von Grotius' »Annales et historiae de rebus Belgicis« (1657) das meistgelesenste Standardwerk auf diesem Gebiet, dessen Ansehen bis ins 18. Jahrhundert andauerte. 34 Damit ist jedoch wenig über die wissenschaftliche Qualität des Werkes ausgesagt. Die Beziehung des Autors zum Farnesehof wirkte sich stark auf Inhalt und Komposition des Buches aus, und seine politisch-konfessionelle Herkunft läßt sich deutlich ablesen in seiner Parteinahme für die Position Philipps II. Es ist Eduard Fueter zuzustimmen, der Stradas »De Bello Belgico« ein »Muster der klugen Tendenzschriftstellerei« 35 nennt, das die politische Historiographie der Jesuiten in reinstem Maße verkörperte. Es fehlte daher nicht an kritischen Kommentaren, als Stradas »De Bello Belgico« auf dem Buchmarkt erschien. Besonders die Historiker an den holländischen Universitäten 36 warfen dem Autor tendenziöse Verfälschung der Fakten vor. Es ist anzunehmen, daß Gryphius mit diesen Kritiken vertraut war, und es verwundert daher einigermaßen, den italienischen
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N o c h Schiller benutzte es für seine »Geschichte des Abfalls der Vereinigten Niederlande von der spanischen Regierung«. Eduard Fueter, Geschichte der neueren Historiographie, München/Berlin 1911, S. 287. Die gründlichste Auseinandersetzung mit Stradas »De Bello Belgico« war Gaspar Schoppius' »Infamia Famiani«, Sorae 1658.
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Jesuiten in Anmerkung 111,237 gleichberechtigt neben dem holländischen Rechtsgelehrten Grotius zitiert zu finden. Es mag sein, daß die große Popularität des »Bello Belgico« dafür verantwortlich zu machen ist. Doch es zeigt sich auch hier, daß sich Gryphius darum bemüht hat, unterschiedliche Ansichten zur Kenntnis zu nehmen und den Vertretern kontroverser Positionen das Recht zur Selbstdarstellung einzuräumen, selbst wenn sie seinen eigenen Meinungen zuwiderliefen. Das in der Anmerkung 111,237 angeführte bellum Anglicum wird im 9. Buch der decas secundas von »De Bello Belgico« in der oben aufgeführten Erstausgabe auf den Seiten 396-424 abgehandelt. Welche Edition Gryphius besessen hat, läßt sich aus der spärlichen Quellenangabe »Besihe . . . Stradam« nicht entnehmen.
HVGONIS
GROTII
| ANNALES
|
ET
| HISTORIAE
| DE
REBVS
BELGICIS.
|
I A M S T E L A E D A M I , | Ex Typographejo J O A N N I S B L A E V . I M D C LVII. I Cum Privilegiis S. C. Majestatis; & Ordd. Belgicae Foederatae, nec non | Holl. West-Frisiaeque per annos quindecim. [VIGNETTE]
[BL: 674.1.10] Hugo Grotius (15 8 3—1645)37 zählte zu den bedeutendsten Gelehrten des Späthumanismus und hat sich als Dichter, Theologe, Historiker und Rechtsgelehrter größtes Ansehen bei seinen Zeitgenossen errungen. Er begann bereits mit 12 Jahren das Studium der Theologie an der Universität Leiden und promovierte mit 15 Jahren zum Doctor juris an der Universität von Orléans. Das »miracle de la Hollande« diente nach seinem Universitätsstudium der Stadt Rotterdam als Syndicus, wurde als Jurist und Historiker von den Generalstaaten zu Rate gezogen und spielte als Theologe eine wichtige Rolle in den religiösen Auseinandersetzungen in den Vereinigten Niederlanden. Er lebte seit 1621 überwiegend in Paris, wo er sein Hauptwerk, »De jure belli ac pacis« schrieb, das bis heute zu den grundlegenden Werken der modernen Rechtsgeschichte gehört. Gryphius lernte den berühmten Gelehrten bei seinem Frankreichaufenthalt 1644 persönlich kennen, 38 und wie er später (1652) im Vorwort zu seinem vierten Buch der Oden belegt, besaß er eine überaus hohe Meinung von ihm: 37
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Die Literatur über Grotius ist überaus umfangreich. Besonders hilfreich W . S. M. Knight, The Life and Works of H u g o Grotius, London 1925; Große Rechtsdenker der deutschen Rechtsgeschichte, Tübingen 2 1944, S. W . J. M. van Eysinga, H u g o Grotius. Eine biographische Skizze, Basel Siehe W . Flemming, Andreas Gryphius, Stuttgart 1965, S. 51.
fand ich: E. Wolf, 231-281 ; 1952.
» W e r sihet H u g o n i s Grotii grosse vnd sinnreiche Schrifften ohne Bestiirtzung an? Wer bedencket was ihme vor eine hohe vnd m ü h s a m e Ehrenstelle anvertrauet / vnd erinnert sich nicht zugleich / daß er mit seinen z w e y Traurspielen schier aller R u h m verdunckelt?« 3 9
Gryphius erwähnt in der Anmerkung 111,327 zu seinem »Carolus Stuardus« »Grotium in den Niderländischen Geschichten in dem I. Buch« in Zusammenhang mit dem Sieg der Engländer über die spanische Armada. Powell ist der Ansicht, daß mit den »Niderländischen Geschichten« das »Liber de antiquitate reipublicae Bataviae« von 1610 gemeint sei. 40 Bei diesem Buch handelt es sich jedoch nicht um eine Geschichte der Niederlande, sondern um eine Beschreibung der freiheitlichen Ständeverfassung in den niederländischen Provinzen, wie sie sich seit dem frühen Mittelalter bis zu den Eingriffen Philipps II. entwickelt hat. Außerdem wird in dem ersten Buch oder Kapitel nichts über die Kämpfe zwischen den Engländern und Spaniern erwähnt. Die »Niederländische Geschichte«, zu der die Generalstaaten 1601 den Auftrag erteilt hatten, stellte das ehrgeizigste Projekt dar, das Grotius je in Angriff genommen hat. Er besaß die Absicht, ein modernes Gegenstück zu Tacitus' Annalen und Historien zu schaffen, und diese hohen Ansprüche bewirkten, daß der berühmte Gelehrte bis zu seinem Lebensende an diesem seinem Lieblingsopus arbeitete. Die »Annales libri V« und »Historiae libri XVII« erschienen posthum in Amsterdam (1657) in einem großen Folioband und wurden 1658 erneut in Octavo und Duodezimo herausgegeben. Welche dieser Ausgaben Gryphius benutzt hat, läßt sich nicht feststellen. Der von ihm erwähnte Sieg der Engländer über die Armada wird in Buch I der Historien ausführlich beschrieben und befindet sich in der oben aufgeführten Folio-Erstausgabe auf den Seiten 120 bis 126.
2. G r y p h i u s ' I n f o r m a t i o n e n über den Verlauf der englischen R e v o l u t i o n bis 1649 Gryphius' Interesse an der englischen Revolution und der ihr vorangegangenen Ereignisse in Schottland läßt sich vermutlich seit seiner Hauslehrertätigkeit 1634-1636 bei dem schottischen Admiral Alexander von Seton in Danzig datieren. Uber den schottischen Aristokraten lernte er den englischen Bot39
G A 11,97. Bei den von G r y p h i u s so hochgelobten Trauerspielen handelt es sich u m den » C h r i s t u s patiens« (1608; von Klaj 1645 ins Deutsche übersetzt) und den » S o p h o m p a n e a s « (1635; von Vondel im gleichen J a h r ins Holländische übersetzt).
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H . Powell, » C a r o l u s S t u a r d u s « - E d i t i o n , Leicester 1955, S. CXXXVIII.
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schafter Francis G o r d o n kennen, 41 und da Danzig enge Handelsbeziehungen zu England unterhielt, 4 2 werden sich dem jungen Dichter in der Stadt zahlreiche Informationsmöglichkeiten über den Verlauf der schottischen Religionsstreitigkeiten eröffnet haben. U b e r die internationalen Verbindungen der Stadtrepublik und ihr regsames geistiges Leben werden w i r aufs beste informiert durch das Tagebuch eines französischen Legationssekretärs, der sich 1635 in diplomatischer Mission in Danzig aufhielt und seine Beobachtungen über das Leben und die Leute in der Stadt in seinem »Journal« festhielt. 43 Er stattete regelmäßige Besuche beim englischen Gesandten Douglas und Botschafter G o r d o n ab, verkehrte mit einigen Lehrers Gryphius' 4 4 und besuchte auch den »Schotten Cetton, der sich Admiral nennen läßt, obgleich das Meer, auf welchem er zu kommandieren hat, noch entdeckt werden soll; so daß ich in Wahrheit nicht weiß, wie er zu diesem Titel gekommen sei.« 45 W i r erfahren aus dem Tagebuch, daß die Danziger Bevölkerung durch lokale und auswärtige Zeitungen über alle wichtigen politischen Ereignisse in Europa informiert wurden und daß solche Zeitungsnachrichten in der Stadt erhebliches Aufsehen erregen konnten. 4 6 Die Diplomaten besaßen ihre eigenen Nachrichtendienste, und Ogier berichtet über einen Abend bei dem englischen Botschaf-
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Willi Flemming, Andreas Gryphius, Stuttgart 1965, S. 27. Leider führt Flemming keine Quelle für seine Mitteilungen an. Uber den schottischen Admiral habe ich keine näheren Informationen finden können, weder in den britischen biographischen und heraldischen Lexika, noch in der Setonschen Familienchronik (R. Maitland, A. Kingston, The History of the House of Seton, Glasgow 1829). Vielleicht waren Ogiers Zweifel berechtigt und seine Abstammung war ebenso dubios wie sein Titel. Siehe Hans Fiedler, Danzig und England. Die Handelsbeziehungen der Engländer vom Ende des 14. bis zum Anfang des 17. Jahrhunderts, in: Zeitschrift des Westpreußischen Geschichtsvereins, Bd. 68 (1928), S. 61-125. Das Danziger Manuskript wird abgedruckt von Kurt Schottmüller, Reiseeindrücke aus Danzig, Lübeck, Hamburg und Holland. Nach dem neuentdeckten II. Teil von Charles Ogiers Gesandtschaftstagebuch, in: Zeitschrift des Westpreußischen Geschichtsvereins, Heft 52, Danzig 1910, S. 299-273. Ein Neudruck der 1. lateinischen Ausgabe von 1656 in F. Pulaski, L. Tomkiewicz (Hgg.), La Mission de Claude de Mesmes Conte d'Avaux, Ambassadeur Extraordinaire en Pologne 1634 bis 1636, Paris 1937, S. 301-465. Ζ. Β. Johann Mochinger, Peter Krüger und Georg Pauli. Zitiert nach der Edition von Gotthilf Löschin, in: Beiträge zur Geschichte Danzigs und seiner Umgebungen, 2. Heft, Danzig 1837, S. 55. So ζ. Β. bei einem Stettiner Zeitungsblatt, das über eine Rebellion gegen Richelieu berichtete und den Unwillen der französischen Diplomaten in der Stadt erregte. Sie ließen den Buchdrucker zur Verantwortung ziehen, und er wurde verwarnt, zukünftig nicht erneut solche wichtigen Nachrichten auf so unvorsichtige Weise unter dem Volk zu verbreiten. Bei dem Drucker handelte es sich vermutlich um
ter Gordon, w o über die Unterstützung Karls I. für die Kurpfalz diskutiert wurde und man die neuesten Informationen über Karls I. diesbezügliche Interventionen beim Kaiser austauschte. 47 Inwieweit Gryphius in diesen Kreisen verkehrte, wissen wir nicht. Zumindestens ist belegt, daß er Kontakte zu den Briten in Danzig besaß, und da sein Gönner ein Schotte war, wird er von diesem sicherlich über die Rebellion Baimerinos (s.u. S. 257f.), die konfessionellen und politischen Gründe des schottisch-englischen Gegensatzes und den Verlauf der Laudschen Reformen informiert worden sein. Man kann also davon ausgehen, daß Gryphius seit seiner Danziger Studienzeit die Genese der englischen Revolution verfolgt hat, und als er im Mai 1638 nach Holland aufbrach, war er bestens vertraut mit den politischen Auseinandersetzungen in Großbritannien. Uber den weiteren Verlauf der Ereignisse und den Ausbruch des Bürgerkriegs aber konnte er aus den holländischen Flugschriften und Zeitungen mehr Nachrichten empfangen, als ihm jemals zuvor zugänglich waren. Während der ersten Jahre in Leiden beschäftigte sich Gryphius mit historischen und staatsrechtlichen Studien. Den Ausbruch und die Entwicklung des Bürgerkrieges in England wird er mit dem gleichen Interesse verfolgt haben wie seine holländischen Zeitgenossen, die durch eine plötzliche Schwemme von Streitschriften und Berichten über die englischen Ereignisse aufs beste informiert wurden. 4 8 Bei Gryphius' Bekanntschaft mit Salmasius und Boxhornius wird er frühzeitig deren unterschiedliche Beurteilung der politischen Entwicklung in Großbritannien kennengelernt haben. Als Schönborn-Schüler 49 stand er sicherlich der Staatslehre und den politischen Ansichten seines Lehrers Salmasius näher 50 , doch für seine spätere Beschäftigung mit diesen Problemen ist es wichtig festzuhalten, daß er bereits in Holland kontroverse Ansichten über die Ereignisse in Großbritannien vernommen hat und daß dies als
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Georg Rethe, dessen Familie auch eine Zeitung in Stettin herausgab. Siehe E. Bogel, E. Bliihm, Die deutschen Zeitungen des 17. Jahrhunderts, Bd. 1, Bremen 1971, S. 143. Über die Danziger Zeitungen siehe auch unten S. 292. S. S. 50 in Löschins Edition des Tagebuches. Allein während der ersten zwei Jahre des Bürgerkrieges erschienen fast 400 solcher Schriften, die sich bis heute erhalten haben. Siehe die Statistik unten S. 298. Schönborns »Politicorum libri VII« waren ein bedeutendes staatsrechtliches Werk, das von 1 6 0 9 - 1 6 3 7 insgesamt sieben Auflagen durchlief. Die konservative lutherische Staatsauffassung, die hier ausgedrückt wurde, hat auf Gryphius, der 1636 bis 1637 eine enge Beziehung zu Schönborner unterhielt, einen starken Einfluß ausgeübt. Siehe M. Szyrocki, Der junge Gryphius, Berlin 1959, S. 1 1 0 - 1 2 3 und H. Hildebrandt, Die Staatsauffassung der schlesischen Barockdramatiker, Rostock 1939, S. 1 0 - 1 1 . Uber Gryphius' Beziehung zu Salmasius und dessen Lehren s.u. S. 161.
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A n r e g u n g dienen k o n n t e , sich auch später mit den A n s i c h t e n v o n B o x h o r nius auseinanderzusetzen.51 D u r c h seine K o n t a k t e z u der Prinzessin Elisabeth v o n der Pfalz52 eröffn e t e s i c h i h m in H o l l a n d a u c h eine p e r s ö n l i c h e B e z i e h u n g z u d e r S t u a r t f a m i lie u n d d e r e n A u s l ä u f e r n in D e n H a a g . H i e r r e s i d i e r t e n i c h t n u r K a r l s I. Schwester
Elisabeth -
die exilierte
Frau
Friedrichs
V.
von
der
Pfalz-,
s o n d e r n a u c h d e s s e n T o c h t e r M a r i a , die seit 1 6 4 1 m i t W i l h e l m v o n O r a n i e n verheiratet w a r . D i e drei ältesten Söhne der » W i n t e r k ö n i g i n « k ä m p f t e n i m e n g l i s c h e n B ü r g e r k r i e g ( s . u . S. 9 5 ) , u n d m a n k a n n a n n e h m e n , d a ß m a n a m H a a g e r H o f m e h r ü b e r die » I n s a n d O u t s « d e r e n g l i s c h e n P o l i t i k w u ß t e als an anderen O r t e n Hollands. A l s G r y p h i u s 1 6 4 4 die N i e d e r l a n d e v e r l i e ß , w a r er b e s s e r d e n n je i n f o r m i e r t ü b e r die p o l i t i s c h e n u n d m i l i t ä r i s c h e n A u s e i n a n d e r s e t z u n g e n in G r o ß britannien
u n d die d a m i t v e r b u n d e n e n
staatsrechtlichen
Probleme.
Nach
e i n e m k ü r z e r e n P a r i s a u f e n t h a l t z o g e r s i c h f ü r eine u n b e s t i m m t e D a u e r an die L o i r e z u r ü c k , v e r m u t l i c h , u m w i e a n d e r e R e i s e n d e j e n e r Z e i t 5 3 sein F r a n z ö s i s c h z u v e r b e s s e r n . E s ist m ö g l i c h , d a ß e r s i c h m i t s e i n e n v i e r B e g l e i t e r n in O r l é a n s n i e d e r l i e ß , d a s i c h a n d i e s e r U n i v e r s i t ä t eine g r o ß e d e u t s c h e N a t i o n
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In G r y p h i u s ' Brief an B o e d e r v o m 12. 7. 1647 geht er auch auf Boxhornius und dessen neueste Veröffentlichungen ein. Wahrscheinlich hat er auch die folgenden Schriften zur Kenntnis genommen: 1649 schrieb Boxhornius »'Τ SECREET Van de ENGELSCHE MIS, J n het veroordeelen Van CHARLES, Dies naems de eerste K ö n i n c k van G r o o t B r i t a n n i e n . . .«, worauf ihm geantwortet wurde mit »Mis-verstant / Vanden heer Professor BOXHORN D i e meenden gevonden te hebben het SECREET Vande ENGELSCHE MIS«. B o x h o r n entgegnete dem ausführlich mit » D e svccessione, et ivre primogentorumfsic] in adevndo principatv, dissertatio«, die er Karl I I . widmete. Ein Utrechter Student » I . B . « antwortete mit »Ad dissertationem clarißimi viri D . M . Z . B . D e jure primogenitorum, responsio«, und Boxhornius schrieb darauf: »De majestate regum principumque ac praerogativa, et jure p r i m o genitorum in adeundo principatu, liber singularis. Q u o varia traduntur, & A n o n o n y m o respondetur«. Seinen Ausführungen über die englischen Verhältnisse antwortete ein A n o n y m u s mit »Ad ea quae D . Boxhornius in suo de majestate singulari libro temere & contra veritatem posuit, notae«. D a ß diese Debatte keine innerholländische Auseinandersetzung blieb, zeigen zwei Schriften eines » J . P . « ( = J o a c h i m Pastorius?), die 1649 in Danzig verlegt wurden: »J.P. Responsio ad epistolam anonymi J . B . in U l t r a j e c t i n i academia LL. studiosi« und »Ad ci. viri Marci Zverii B o x h o r n i i svper successione primogenitorum in regnis legitimis dissertationem, eiqve oppositam ab a n o n y m o J . B. responsionem, cogitationes svbitaneae J . P . « . Ausführlich dazu siehe unten S. 93ff. U b e r diese Praxis berichtet J o h n Evelyn am 20. 4. 1644 in seinem Reisetagebuch, hg. v. E . S. de Beer, B d . 2 O x f o r d 1955, S. 138 und Francis M o r t o f t , His B o o k . Being His Travels T h r o u g h France and Italy 1 5 6 8 - 1 6 5 9 , hg. v. M . Letts ( = H a k luyt Society, 2nd. Series, N r . 57) L o n d o n 1925, S. 7.
m i t e i n e r h e r v o r r a g e n d e n L e i h b i b l i o t h e k b e f a n d . 5 4 B e z e u g t ist lediglich ein A u f e n t h a l t in A n g e r s , eine S t a d t , die e n g e H a n d e l b e z i e h u n g e n m i t D a n z i g u n t e r h i e l t 5 5 u n d in d e r sich ebenfalls z a h l r e i c h e d e u t s c h e S t u d e n t e n aufhielten.56
Die
Universität
besaß
darüber
hinaus
eine a n g e s e h e n e
juristische
F a k u l t ä t , 5 7 u n d es ist m ö g l i c h , d a ß G r y p h i u s h i e r längere Z e i t v e r w e i l t e , u m die d o r t i g e n U n i v e r s i t ä t s p e r s ö n l i c h k e i t e n b e s s e r k e n n e n z u l e r n e n . B e i e i n e m s o l c h e n A u f e n t h a l t in A n g e r s m u ß er die N a c h r i c h t e r h a l t e n h a b e n , d a ß sich die a u f d e r F l u c h t befindliche K ö n i g i n v o n E n g l a n d , die aus B r e s t k o m m e n d a u f d e m W e g z u d e n B ä d e r n v o n B o u r b o n w a r , f ü r ein p a a r T a g e in A n g e r s a u s r u h e n w o l l t e . D e r S t a d t r a t b e r e i t e t e ihr einen p r a c h t v o l l e n E m p f a n g v o r , u n d i h r e A n k u n f t in d e r S t a d t a m 1 4 . A u g u s t 1 6 4 4 w u r d e z u e i n e m g r o ß e n E r e i g n i s , das in den A n n a l e n d e r S t a d t ausführlich b e s c h r i e b e n w u r d e . 5 8 G r y p h i u s hielt die B e g e b e n h e i t in s e i n e m G e d i c h t » A u f f d e n E i n z u g d e r D u r c h l e u c h t i g s t e n K ö n i g i n MARIAE HENRIETTAE J n A n g i e r s « ( G A 1 , 7 3 / 7 4 ) fest. O b er j e d o c h w i e a u c h a n d e r e R e i s e n d e 5 9 die K ö n i g i n p e r s ö n l i c h g e s p r o c h e n h a t , läßt sich in E r m a n g e l u n g seines T a g e b u c h e s leider n i c h t sagen. F ü r die f o l g e n d e n drei J a h r e fehlen uns g e n a u e H i n w e i s e a u f G r y p h i u s ' weitere Beschäftigung
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mit der englischen Zeitgeschichte.60
Es
ist
jedoch
Siehe Evelyn, 11,138; Abraham Goelnitz, Vlysses Belgico-Gallicvs, Leiden 1631, S. 2 2 5 - 2 5 2 ; [Claude de Varennes], Le Voyage de France, dressé pour l'instruction & commodité tant des François, que des Estrangers, Paris 1639, S. 2 4 - 2 5 . Siehe Célestin Port (Hg.), Inventaire analytique des archives anciennes de la Mairie d'Angers suivi de tables et des documents inédits, Paris/Angers 1861, S. 100, F o l . 110. Siehe Varennes S. 6 7 - 6 8 . Jean de Raingeard, Histoire de l'Université d'Angers (Bibliothèque Municipale d'Angers, Manuscrit 1 2 4 7 - 1 2 4 8 ) enthält S. 137 folgende Mitteilung: »Au commencement du 17e siècle les allemans qui etoient en grand nombre a Angers presenterent 3 Requestes a Luniversité pour faire eriger une 7 e Nation. Les 2 premieres sont latines, la 3 e est en francois Mein Herr, Euer Glück ist so blühend gewesen, daß die Federn der Schriftsteller ewig damit beschäftigt sein werden, in den Annalen der Zeit aufzuzeichnen, mit welcher Tugend, Tapferkeit und hohen Klugheit Ihr Euch den vollständigen Gehorsam beider Königreiche verschafft habt. Ich kann mich daher glücklich schätzen, Ehefrau des größten lebenden Feldherrn zu sein, der meine Zuneigung mit einer solchen Gegenliebe erwidert, daß ich sicher bin, daß er mir jeden gerechten Wunsch erfüllen wird, so wie er der Besitzer meiner Seele ist und die Zügel meines Willens in seinen Händen hält.« Er antwortete ihr: >Ihr könnt versichert sein, Mylady, daß ich aus der Kenntnis Eures Verdienstes, der hohen Begabung Eures Verstandes und der mir entgegengebrachten Liebe heraus Euch keinen Wunsch abschlagen kann.< >Das freut michdoch mich verlangt, Euch einen meiner Gedanken darzulegen, der Euch noch glorreicher machen würde, als Ihr schon seid, obwohl ich nicht glaube, daß Ihr noch mehr Ruhm erlangen könnt, als Ihr bereits besitzt.« >Sprechtdenn Eure Gemütsbewegungen werden von derselben Liebe geleitet, die auch mich beherrscht. Daher hat sie Euch vielleicht Gedanken eingegeben, auf die ich, durch viele Beweggründe verhindert, nicht habe verfallen können.« Die Lady fühlte sich durch die Worte des Gatten ermuntert. »Einen Teil«, fuhr sie fort, >noch größer als die Tugend eines Helden, wünsche ich in Euch zum Glänzen zu bringen, und zwar das bewunderungswürdige Ubermaß der Großzügigkeit.« >Was meint Ihr?« fragte er. >Die Vergebung«, antwortete die Gattin, >eine gemäßigte Vergebung des Königs.« Bei diesen Worten veränderte sich Fairfax' Miene. Er hielt ihr entgegen, daß sie ihr Ansinnen zu hoch gesteckt habe, denn er befürchtete, daß sie begehren würde, daß man den König wieder in sein Amt einsetzen solle. Er entgegnete ihr sogleich: >Ihr liebt Euren Gatten nicht mehr, oder wenn Ihr ihn liebet, so gibt Euch das Ubermaß der Liebe Gedanken ein, die mich das Leben kosten können. Sie sind nicht immer wahr, diese Regeln. Erinnert Euch, oh meine Geliebte, daß man den Potentaten nicht vergibt, die die Vergebung als ihr Verdienst ansehen und nicht als Großzügigkeit derer, die sie aus der höchsten Not befreien. Sobald der König frei wäre, würde ich in das Gefängnis geworfen, aus dem ich ihn befreit habe. Vergeßt diese Gedanken, wenn Ihr mich liebt; nicht weil ich es nicht hochschätzen würde, von Euch so in Ehren gehalten zu werden, sondern weil es mein Ende bedeuten würde. Selbst wenn ich es wollte, so läge es nicht in meinem Ermessen, denn 218
sie würden sich mir entgegenstellen.* (Hier nannte er die beiden Feldherren, mit denen sie sich bereits verständigt hatte und deren Namen ich aus Gründen, die ich nicht nennen darf, verschweige.) >Mein Geliebterentweder weiß ich mich nicht recht auszudrücken oder die Größe meines unerwarteten Vorschlags hat Euch meine Worte mißverstehen lassen. Ich sprach von einer milden Vergebung und meinte damit lediglich das Leben Karls, das Euch nicht länger im Weg sein kann bei Euren wunderbaren Taten, die Euch zum Herren dieses Reiches, wenn nicht sogar beider Reiche gemacht haben.< >Wollt Ihr ihn im Gefängnis fortleben lassen ?< fragte Fairfax. >Ihr müßtet doch wissen, daß für eine große Seele ein solches Leben verdrießlicher ist als der Tod. Ihr würdet ihn somit in die Zwangslage versetzen, sich selbst die harten Bedingungen aufzuerlegen, von denen Ihr mich jetzt bittet, ihn zu befreien. < >Das ist keineswegs meine Absicht*, versetzte diese, >sondern vielmehr, daß Ihr ihn nach Frankreich, Holland oder was Euch besser zusagt, schickt, und schon hättet Ihr das Reich in Euren Händen. Seid sicher, daß nichts außer ihm Euch in den Weg treten kann. Ihr sichert die Herrschaft dieses Reiches, so wie Euch aufgetragen wurde. Wenn dies erst geschehen ist, so kann niemand, weder König Karl noch sonst jemand, Euch den Besitz erschüttern. Mein Gebieter! Dem Feind zu vergeben, ist die größte Tat, zu der ein Mensch fähig ist, und sie zeigt Gott die Größe jener Vergebung, die er Euch zukommen lassen wird (so lehrt uns die Heilige Schrift, denn sonst wäre es Verwegenheit, Euch dies vorzuschlagen). Erinnert Euch an die Sonntagspredigt, die uns das Bibelwort erläutert hat: Vergib uns unsere Schuld, wie wir vergeben unseren Schuldigern. Der Mensch sollte also Gott anzeigen, wie dieser dem Menschen selbst vergeben soll. Um dies von Euch zu erbitten, würde ich mich sogar Euch zu Füßen werfen. Nicht so sehr, um dem Wohl des Königs zu dienen, sondern für das Ansehen, daß Ihr in der gesamten Menschheit erlangen würdet. Doch ich vermute, daß ich mit einer solchen Tat Euch nur zeigen würde, daß ich nicht glaube, daß Ihr den Mut hättet, solch ein großes Werk zu unternehmen.* Diese Worte überwältigten den Gatten und um nicht geziehen zu werden, zu diesem Gnadenakt unfähig zu sein, versprach er der Ehefrau zu versuchen, die Unterstützung der andern beiden zu gewinnen. Sollte er sie geneigt finden, so würde er zu ihrer Genugtuung handeln. Fairfax' Frau glaubte ihr Ziel erreicht zu haben und vermied daher, ihrem Mann zu erzählen, daß sie die beiden anderen bereits für ihre Sache gewonnen hatte. Sie wollte nicht zeigen, daß sie genau soviel Einfluß oder Einsprachevermögen auf diese ausüben konnte, wie auf ihren eigenen Mann. Sie wußte nämlich, wie leicht es war, bei ihrem Ehemann Eifersucht zu erwek219
ken. Ein liebender Gatte würde bezweifeln, daß sich eine solche Sache erlangen ließe ohne eine Beherrschung der Seele derer, von denen man sie erbittet, und daß sie die Grenze des Betragens, das sich zwischen Dame und Kavalier abspielen darf, überschritten habe. Fairfax beschloß, dem Wunsch seiner Frau nachzukommen. Des Abends zur Zeit der Nachtwache bekräftigte er seinen Entschluß und schwor, sein Versprechen einzuhalten. A m nächsten Morgen stand er früh auf, und nachdem er sich angekleidet hatte, sprach er zu seiner Frau: >Ich gehe nun, um die Freunde auf unsere Seite zu bringen. Bittet Euren Guten Engel, daß er sie überreden möge. Bald werdet Ihr vernehmen, daß ich Eurem Wunsch nachgekommen bin.< Er machte sich auf den Weg und unterwegs traf er jene, von denen er wußte, daß er ihnen auf dem Weg ins Parlament begegnen würde. Er sagte zu ihnen: >Nun, was denkt Ihr über die Tragödie, die hier vorbereitet wird?< Jene aber wollten erst herausfinden, ob es der Gattin gelungen sei, ihren Mann auf ihre Seite zu ziehen. Sie sagten nichts anderes, als daß alles auf Abruf bereit stünde und daß nichts fehle, als daß er die Maschine, die von ihm abhinge, in Bewegung setze. Fairfax wollte nicht wankelmütig erscheinen in dieser Sache, die so lange von ihm vorbereitet worden war. Aber gleichzeitig wollte er sehen, ob sie ihm ein Zeichen der Milde geben würden. Er antwortete: >Ich habe noch nie eine Handlung ohne Euren Ratschlag in Angriff genommen. Der Rest hängt also nicht weniger von Euch als von mir ab.< Einer von ihnen, um die Höflichkeitsfloskeln beiseitezuschieben und das Ergebnis der Einsprache der Gattin zu erfahren, entgegnete: >Urteile werden gefällt, um ausgeführt zu werden .< Hier ließ er eine Pause, um auszudrücken, daß nicht jedes Urteil in die Tat umgesetzt werde. Aber Fairfax zweifelte, daß die beiden zu bewegen sein würden und verharrte auf seinem Entschluß. Er antwortete: >Dann also muß er sterben.* Er ging ins Parlament und die beiden anderen, die draußen stehen blieben, sagten zueinander: >Die Frau konnte von ihm nicht erlangen, was sie von uns erhielt. Wir waren gut beraten, unser Anliegen nicht offen zur Sprache zu bringen. Gott will also, daß er stirbt.* So betrog sich die Lady selbst, indem sie zuviel Vorsicht walten ließ und Fairfax nicht anvertraute, daß sie bereits die Zustimmung der anderen erhalten hatte. Vergeblich wünschte sie das Wohlergehen des Königs. Entsprechend schickte sie mehrmals einen Pagen los, um zu erfahren, ob die Wachregimenter des Königs ausgewechselt würden. Als die hörte, daß dies nicht der Fall sei, wurde sie so betrübt, daß sie in ihrem Schmerz nicht lange zögerte, dem großen Leiden ein Ende zu bereiten. Sie wurde krank und gab ihren Geist auf. 220
Auch Fairfax wagte es nicht nach Hause zu kommen, denn er wollte nicht vorgeworfen bekommen, daß er unfähig sei, den Wunsch seiner Gattin zu erfüllen. So ergab es sich, daß sich ein jeder dem Willen Gottes fügte.« Soweit Bisaccionis Bericht über den Rettungsversuch der Lady Fairfax. Auf den folgenden Seiten schildert er die Ereignisse, die sich nach der Enthauptung Karls I. begeben haben. Auch nach dem Tod des Königs gaben die Revolutionäre nicht auf, sein Ansehen zu beschmutzen. Sie wollten, daß der Chirurg, der mit der Obduktion und Einbalsamierung der Leiche beauftragt worden war, bekannt gebe, daß der König geschlechtskrank gewesen sei. Doch der Mediziner bezeugte, daß sich der Körper in bester Gesundheit befunden habe und daß der König ein langes Leben hätte erwarten können. Sein Tod wurde von allen Leuten beweint. Nicht nur von der Familie und den anderen Prinzen Europas, sondern sogar von seinen Feinden. Das Volk weinte bittere Tränen und die Prediger beklagten sein grausames Ende. »Et il lodarono sopra tutto d'infinita costanza nelle auuersità, che prouò nella riuolutione di sua fortuna.« (S. 169) Dann wurden seine Papiere, die er dem Bischof Juxton überlassen hatte, beschlagnahmt. Doch man fand nichts als Zeichen seiner Aufrichtigkeit darin, z.B. eine Antwort, die er dem Nuntius Rossetti gegeben hatte, als dieser den König zum Katholizismus bekehren wollte. Karl I. bestand darauf, nicht über religiöse, sondern nur über politische Fragen zu verhandeln und die religiösen Probleme so lange aufzuschieben, bis nach der Befriedung des Reiches ein Konzil dazu einberufen werden könne. Da diese Briefe nur Beweise von Karls I. Integrität lieferten und die perfiden Anschuldigungen der Revolutionäre Lügen straften, wurden sie sogleich verbrannt. Nach dem Tod des Königs ging es im Reich mehr denn je drunter und drüber (»Tutte le cose andarono più che mai sossopra.« - S. 169). Bisaccioni gibt eine Beschreibung der ersten Dekrete der neuen Regierung, die die Monarchie beseitigten, das House of Lords abschafften, usw. Die Stadträte, die sich der neuen Regierung nicht beugen wollten, wurden alle vertrieben. Der Bürgermeister von London, der auf den König vereidigt war und daher die Verkündigung der neuen Dekrete ablehnte, wurde ins Gefängnis geworfen (S. 170). Den Sekten und Häretikern wurde völlige Religionsfreiheit eingeräumt, doch die katholischen Kirchen wurden geschlossen und ihre Priester vertrieben (S. 171). Die Besitztümer des Königs, der Kirche und der vertriebenen Adligen wurden von der Regierung beschlagnahmt (S. 172). Die einzige offene Opposition gegen die Regierung kam von den Levellers, doch auch die konnte nach kurzer Zeit gebrochen werden (S. 173-176). Nachdem auf diese Weise die Herrschaft der Rebellen gefestigt worden war, übernahm Cromwell die Leitung in der Regierung. Fairfax zog sich aus 221
seinen Ämtern zurück, da er neidisch auf Cromwells Popularität war und es nicht vertragen konnte, nicht länger der Heroe der Revolution zu gelten (S. 177 + 182).72 Der Rest des Buches ist der Zerschlagung des schottischen und irischen Aufstandes, dem Krieg mit Holland und dem Aufstieg Cromwells zum Lord Protector gewidmet. Besondere Aufmerksamkeit schenkt Bisaccioni den Auseinandersetzungen Cromwells mit dem Parlament (S. 222ff.), die mit seiner Ernennung zum Protektor enden und ihn somit zum »Signor aßoluto di que' tre Regni« (S. 236) machten.
Gryphius und Bisaccioni Gryphius erwähnt Bisaccionis »Historia delle guerre civili« zweimal in seinen Anmerkungen zum »Carolus Stuardus«. In der ersten Anmerkung zum I. Akt sagt er, daß der Rettungsplot von Fairfax und dessen Gemahlin »von Herren Conte Bisaccioni, in seiner Geschichtsbeschreibung des Bürgerlichen Krieges von Engelland ... so gedruckt zu Venedig durch Francisco Storti« mitgeteilt werde. In Anmerkung IV,245 zitiert er das Ende von Bisaccionis Erzählung und nennt die Edition der »Historia delle guerre civili«, die er benutzt hat. Vergleicht man Bisaccionis Erzählung des Rettungsvorhabens von Fairfax und dessen Frau mit Gryphius' Dramatisierung dieses habfiktionalen Berichts 73 , so fällt einem sogleich auf, wie ähnlich beide Darstellungen dieses historisch nirgendwo belegten Vorgangs sind. Für uns sind jedoch die Abweichungen (in den Dialogen und der Gestaltung der Hauptfiguren von größerem Interesse als die Ubereinstimmungen, da wir aus ihnen erneut (vgl. o. S. 103ff.) verkappte Kommentare des Dichters zu den dargestellten Ereignissen ablesen können. Im »Carolus Stuardus« beginnt die Fairfax-Nebenhandlung mit einer Rede der Lady Fairfax, in der diese berichtet, daß sich das ganze Volk über
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»Ma fù questa [ = der Feldzug gegen Schottland] vn'occasione di maturare il suo antico rammarico d'animo di vedere l'aura populare in fauore del Cromuel; andato adunque in Parlamento rinontiò sotto questo colore, & con parole di molta accordezza la sua carica«. (S. 182) Das Kapitel mit der Schilderung von Fairfax' Rettungsversuch hebt sich im Sprachduktus stark von dem Rest des Buches ab. Bisaccioni verwendet in dieser Passage direkte Rede, beschreibt die emotionalen Regungen der handelnden Personen und gibt vor, deren unausgesprochene Überlegungen zu kennen. Man m u ß annehmen, daß der A u t o r sich hier nicht auf eine gedruckte Quelle beruft, sondern zu rekonstruieren sucht, was ihm in einer mündlichen Nachricht über den angeblichen Versuch Fairfax', den König in letzter Minute zu retten, mitgeteilt worden ist.
die Freveltat, die an Karl I. begangen werden soll, empört. Da niemand den Mut zu haben scheint, diese Untat zu verhindern, »Wil ich / Jch schwächstes Weib mich dessen unterfangen« (1,22) und den anderen zeigen, »Was Zeit / Mitleiden / Treu / Recht / Tugend / Vnschuld / heißt.« (1,23). Ihre Klage, daß nicht nur »Des frömsten Hals mit dem verfluchten Schlag« (1,4) getroffen werde, sondern ebenfalls »Krone / Zepter / Reich und Throne« (1,5), und daß die Enthauptung an einem O r t stattfinden soll, wo dem König zuvor »alles auff ein Wincken Zu Dinst und willen stund« (1,14/15), sind Gryphius' eigene Erfindung. Sie deuten gleich zu Beginn des Trauerspiels an, wie der Dichter über das Ereignis der Enthauptung Karls I. gedacht hat und welche Reaktion er beim Zuschauer hervorzurufen wünschte. Am Ende des Monologs (1,33-38) deutet Gryphius auf die tieferliegenden Motive für Lady Fairfax' Handeln. Im Gegensatz zu Bisaccioni leitet er ihr Vorgehen nicht aus politischen Überlegungen ab, sondern deutet es als Folge ihrer Ruhm- und Ehrsucht. Das Gespräch, das die Lady Fairfax mit den beiden Offizieren am Beginn von Bisaccionis Erzählung führt, wird von Gryphius in drei Zeilen (1,29-31) als bereits stattgefunden erwähnt und dadurch aus der Bühnenhandlung ausgeklammert. Erst mit dem Auftritt Fairfax' (I,39ff.) beginnt Gryphius den Bisaccioni-Text dramatisch umzusetzen. Die zweite Szene des Trauerspiels zeigt Lady Fairfax' Schmeicheleien, die starke Gegenliebe ihres Mannes, ihre drei Ansätze, um den Feldherrn für ihren Plan zu gewinnen (1,79-97, 133-144, 157-164) und schließlich ihren Verweis auf die Heilige Schrift, die Fairfax die »gemäßigte Vergebung« vorschreibe (1,182-204). Der Verlauf dieses Gesprächs folgt genau dem Schema, das Bisaccioni vorgegeben hat, doch der Charakter Fairfax', der dabei entworfen wird, weicht erheblich von der Vorlage ab. Als die Lady seine Taten im Bürgerkrieg preist (1,44—57), erweist sich Fairfax als sehr bescheiden und sagt, daß er die großen Siege nicht nur sich selbst, sondern zum Teil auch dem Zufall und anderen Faktoren zu verdanken habe (1,56-58). Bei Bisaccioni fehlt der Hinweis auf den Schwur, den Fairfax den Schotten leistete, und der im Trauerspiel zu einer wichtigen Verpflichtung für den Feldherrn wird (1,98/ 99).74 Fairfax' Argumente gegen den Rettungsplan seiner Frau (1,117-124) sind ausführlicher und rationaler als bei Bisaccioni. Auch die Reaktion der Lady, als die erkannt hat, daß sie mißverstanden worden ist, weicht von der
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H i e r wird der Einfluß Zesens deutlich (s. A n m . 1,98), dessen positive Würdigung des Charakters Fairfax' Gryphius wahrscheinlich dazu veranlaßt hat, aus dem Repräsentanten der Revolution in der Fassung A einen Gegner der Hinrichtung in Fassung Β zu machen. S.u. S. 286.
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im Text Bisaccionis ab. Sie tut bei Gryphius so, als stände sie auf Seiten der Revolutionäre und wiederholt deren Argumente (1,135-137), während sie sich in der Vorlage direkt für das Leben Karls I. einsetzt. Fairfax' Gegenargumente auf ihren zweiten Plan, der lebenslange Kerkerhaft für Karl I. vorsieht (1,141-144), entspricht denen bei Bisaccioni, doch auf ihren dritten Plan der Verbannung (1,157-164) reagiert er mit Einwänden, die für Gryphius' Denkweise typisch sind. Fairfax sagt im Trauerspiel, daß der König dann im Ausland ein Heer zusammenstellen und einen Rachefeldzug gegen England führen könne, wodurch »des Reichs gemeine Ruh« (1,175) zerstört werden würde. Hier und in den nächsten Zeilen wird Fairfax als ein Vertreter des Ordnungsprinzips und Gegner des Bürgerkriegs dargestellt, was - wie wir wissen - in Gryphius' Werteskala eine enorme Aufwertung bedeutet. Die Quelle aber hat für diese Argumentationsweise keine Anregung geben können. Bisaccioni hatte bis zu diesem Punkt Fairfax als einen überzeugten Revolutionäre gekennzeichnet, der gegen die Begnadigung Karls I. war, weil dieser die Nachsicht nicht verdiente (»Non si perdona . . . à quei grandi, che possono stimar proprio merito il perdono« - S. 168) und weil es ihm selbst den Kopf kosten würde. Gryphius dagegen verwandelt den Feldherrn in einen heimlichen Oppositionellen in der Revolutionspartei, der den König zwar gerne retten würde, doch aus objektiven Gründen das Risiko für zu groß hielt. Diese Tendenz wird noch dadurch verstärkt, daß Gryphius in Vers 1,183 darauf hinweist, daß Fairfax dem Prozeß gegen den König bewußt ferngeblieben sei. Damit habe er seinen Mut unter Beweis gestellt. Wäre er noch einen Schritt weitergegangen, so hätte er nur den Verdacht bestätigt, der bereits gegen ihn erhoben worden ist, nämlich ein verkappter Royalist zu sein (1,179, vgl. a. 111,30-34). Lady Fairfax' letzter Versuch, ihren Mann zu überreden, läßt sie ein Argument benutzen, das bei Bisaccioni nicht vorkommt. Sie sagt, daß Fairfax' Vergebung ein Zeichen seiner unerschütterlichen Macht wäre, denn er würde damit unter Beweis stellen, daß er nach Belieben Könige absetzen, einkerkern und auch wieder freisetzen könne. Er besäße also eine souveräne Gewalt, die in der Geschichte der Menschheit ohne Beispiel sei (1,198-204). Sie wirft sich ihm dann zu Füßen und hofft, mit diesem Akt seine Zustimmung zu gewinnen. Bei Bisaccioni ist es genau umgekehrt: sie nimmt Abstand von dieser dramatischen Geste, weil sie ihren Argumenten vertraut und keine Notwendigkeit für ein solches pathetisches Verhalten sieht. Im folgenden Monolog (1,234—252) berichtet die Lady, warum sie ihrem Mann nicht mitgeteilt hat, daß die beiden Obristen bereits auf ihrer Seite stünden. Gryphius fügt Bisaccionis Bericht einige Zeilen hinzu, die offen224
sichtlich die Absicht verfolgen, die Frau des Fairfax, die sich in den beiden vorangegangenen Szenen als der eigentliche Motor des Rettungsvorhabens erwiesen hat, genauer als in der Vorlage zu charakterisieren. Sie weist auf Luisa de Guzmàn als ihr Vorbild weiblichen Heldenmuts (1,234—238)75 und zeigt, daß sie als letztes Ziel die Wiedereinsetzung Karls I. im Auge hat (1,241). Die Fortsetzung der Handlung am nächsten Morgen (111,1-14) verläuft genau wie bei Bisaccioni. Durch Einfügen des Gesprächs zwischen Peters und Hacker, das die Zweifel der Revolutionäre an Fairfax' Loyalität bekundet (siehe 111,30-38), gelingt es Gryphius, in der übernächsten Szene Fairfax' Vorsicht gegenüber den beiden Offizieren der Revolutionsarmee (siehe 111,139-156) besser zu motivieren. Vor diesem Gespräch, das Gryphius von dem Eingang zum Parlament in den Beratungsraum der Revolutionäre (die Painted Chamber) verlegt, gibt er den beiden Offizieren Gelegenheit, uns einen Einblick in die Situation innerhalb der Revolutionsarmee zu vermitteln. Es wird uns mitgeteilt, daß Fairfax in einem Konkurrenzverhältnis mit Cromwell steht und letzterer versucht, dem General den Rang abzulaufen, seine eigene Gefolgschaft zu vergrößern und durch Ränkespiel sein Ansehen zu erhöhen (111,110-111). Dies ist Fairfax natürlich nicht entgangen (111,112), und die Folge ist nun, daß sich im Heer zwei Fraktionen gegenüberstehen, die mit ihren Streitereien die Gefahr eines neuen Bürgerkrieges hervorrufen, es sei denn, daß Fairfax abdankt und Cromwell das Feld überläßt (111,113-114). Um diese Spaltung zu überwinden und wieder Einigkeit im Lande herzustellen, wäre ein neuer gemeinsamer Feind vonnöten. Daher wäre es durchaus »vor das gemeine best« (111,103), Karl I. zu befreien und ins Ausland zu senden, da er dort eine Armee zusammenstellen und »widerumb zu Strande« (111,102) kommen würde. Damit wäre »der Länder Heil befest« (111,104), und »Unruh« (111,106) und »Zweytracht« (111,108) würden beseitigt. Der Dialog enthüllt ebenfalls, daß die Revolutionäre nur wenig Anklang in der Bevölkerung finden (»Jch glaub es sey kein Hauß Von Ansehn / in dem nicht zum minsten einer klage: Daß man sich mit dem Beil an Carols Nacken wage« - 111,132-134). Selbst diejenigen, die zu Beginn des Bürgerkrieges gegen den König eingestellt waren, »hat der betrübte Fall in tiff' Erbarmung bracht.« (111,136) Es ist reine Furcht, die das Volk davor zurückhält, Karls I.
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Luisa de Guzmàn war die Gattin Johann von Braganzas, der von seiner Frau dazu angespornt wurde, Portugal von der spanischen Herrschaft zu befreien und sich am 15. Dezember 1940 als Johann I V zum portugiesischen König krönen zu lassen. Beider Tochter Katharina von Braganza heiratete 1662 Karl II. von England.
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Enthauptung zu verhindern. Doch in Voraussicht auf das Jahr 1660 und die Prozesse gegen die Königsmörder kann der erste Offizier sagen: »Wird nicht das Volck diß Stück gantz anderwerts betrachten; Vnd die es itzund fürcht vor Königs Mörder achten?« (111,117-118) Dieser von Gryphius erfundene Dialog zeigt uns ebenso deutlich wie der Eingangsmonolog der Lady Fairfax, welche Haltung der Dichter gegenüber der Revolution besaß. Das sich anschließende Gespräch zwischen Fairfax und den Feldherrn verläuft genau wie bei Bisaccioni, dessen Bericht über den Rettungsversuch damit endet. Doch Gryphius hatte nicht die Absicht, die Gegenhandlung zu der Vorbereitung der Hinrichtung durch die Revolutionäre bereits in der Mitte des Trauerspiels abbrechen zu lassen. Er nahm daher den Rettungsplot aus dem »Englischen Memorial« wieder auf, den er in der Fassung A nicht ausführlich behandelt hatte, da er in Widerspruch zu Fairfax' Charakter stand. Die beiden holländischen Botschafter hatten in ihrer Depesche beschrieben, wie sie Fairfax im Army Council und später auf Anraten der schottischen Gesandten ein weiteres Mal in seinem Büro in Whitehall aufgesucht hatten und wie es ihnen gelungen war, den General dazu zu bewegen, im Parlament um Aufschub der Hinrichtung zu plädieren (s.o. S. 86). Dieser Hinweis wird nun mit dem Rettungsvorhaben Bisaccionis verknüpft. In 111,157-381 sehen wir Fairfax im Army Council, wo er Cromwell von dem Vorhaben abzubringen versucht und Hugh Peters zaghaft auf die Ungesetzlichkeit der Hinrichtung Karls I. hinweist. Doch seine Einwände können die anderen Revolutionäre nicht von ihrem Entschluß abbringen. Dem Feldherrn bleibt daher nichts anderes übrig, als nach Schluß der Sitzung seinen Unmut mit der Entwicklung der Ereignisse in einem Monolog zum Ausdruck zu bringen. Er ist sich der gefährlichen Situation bewußt, in die er geraten ist, weil sein Auftreten gegen die Hinrichtung Karls I. (111,419—421) den Argwohn der anderen erweckt hat. Er hat es nur der Unterstützung der Armee zu verdanken, daß er auf diesem »Gläteiß« (111,414) noch nicht ausgerutscht ist. Er findet sich »bestritten« (111,417) und weiß, wie »mancher sich erhöht durch meinen Fall wil sehn« (111,415) ( = Cromwell). Am meisten stört ihn, daß er in der Öffentlichkeit als der Urheber der Tragödie angesehen wird, die er in Wirklichkeit mit allen Mitteln bekämpft hat (111,425^19). Er will daher von seinen Ämtern zurücktreten (111,443^144) und Gott das Urteil darüber überlassen, wer als die wahren Schuldigen des Unglücks anzusehen sind (111,431—434). In den folgenden Szenen wird uns mitgeteilt, daß Fairfax mit den beiden holländischen Gesandten konferiert hat (111,498 -I- 787). Doch wie wir im nächsten Akt dem Botenbericht von Lady Fairfax' Pagen entnehmen können, deuten alle Anzeichen darauf hin, daß die Rettungsaktion gescheitert ist 226
(IV,245-252). Diese Vermutung bestätigt uns die von Gryphius neuerfundene Szene IV,253-300, in der einer der Obristen der Lady mitteilt, warum ihre Besprechung mit dem Feldherrn nicht zu dem gewünschten Resultat geführt hat. Die Lady, die schon zu Beginn der Szene angekündigt hatte: »Jch fühle daß mir Krafft und Seele wil zerrinnen« (IV,266), schöpft ein letztes Mal Mut, als sie hört, daß ihr Gemahl auf Anraten der Holländer zum Parlament geritten sei, um dort einen Aufschub der Hinrichtung zu erwirken (IV,293 bis 294). Sollte auch dieser letzte Rettungsversuch fehlschlagen, so kann sie nur noch bitten: »reiß mich bald / weg vor des Königs Qual.« (IV,300) Daß sie daraufhin tatsächlich »Bettlägerig wurd und ihr Leben liß«, bestätigt Gryphius in dem Zitat in Anmerkung IV,245. Daß Gryphius den Hinweis auf Fairfax' Ritt zum Parlament, der ja bereits im »Englischen Memorial« erwähnt wurde (s.o. S. 86), nicht in die erste Fassung des Trauerspiels übernommen hat, lag wahrscheinlich daran, daß er 1649 in Fairfax' angeblicher Unterstützung der Rettungsaktion der holländschen Gesandten eine Finte erblickte, die ebensowenig Bedeutung besaß wie der Empfang der Gesandten »zum Schein« (111,505) im Parlament. Erst nachdem er die Mitteilungen bei Bisaccioni gelesen hatte, konnte er die Figur des Fairfax umschreiben und die Angaben von Pauw und Joachimi in den Text aufnehmen. Die Einführung der Fairfax-Nebenhandlung in die Fassung Β war verbunden mit einer vollständigen Revision der Rolle des Feldherrn und seiner Stellung innerhalb der Partei der Gegenspieler Karls I. Es findet hier nicht etwa nur ein Rollentausch von Fairfax und Cromwell statt, wie in der älteren Forschungsliteratur immer wieder angeführt wird 76 , sondern eine umfassende Umgestaltung der Fairfax-Figur, die auf den Angaben bei Bisaccioni und Zesen beruht. Gryphius hatte in der ersten Fassung des »Carolus Stuardus« Fairfax als den Anführer der Rebellen dargestellt, weil dies mit allen zeitgenössischen
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Z . B . H u g h Powell sagt über den Rollenwechsel von C r o m w e l l und Fairfax: » T h e new situation seems to have presented no serious problem for G r y p h i u s : he simply interchanges the two roles so that n o w Fairfax has the lines which in (A) had been C r o m w e l l s . T h i s very remarkable procedure is significant inasmuch as it reveals u n m i s t a k a b l y the poet's attitudes to characterization in his tragedies.« E r gesteht z w a r dem Rettungsvorhaben » i m m e n s e dramatic potential« zu, doch beurteilt G r y p h i u s ' A u s f ü h r u n g als » s o inept that he succeeds in arousing nothing m o r e than a lukewarm interest in the conspiracy.« H u g h Powell, T h e T w o Versions of A n d r e a s G r y p h i u s ' s C a r o l u s Stuardus, in: G e r m a n Life and Letters, N e w Series, B d . 5 (1951/52), S. 115.
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Berichten über die englische Revolution übereinstimmte. 77 Nach der Ernennung Cromwells zum Protektor wandelte sich dieses Bild erheblich. Fairfax wurde aus der Liste der Rebellenführer gestrichen und Cromwell zum eigentlichen Urheber der Revolution ernannt, »der unter dem Deckmantel einer falschen Frömmigkeit seine Wolfsnatur verbarg. Er war der Mörder Karls I. und das Urbild eines Tyrannen.« 78 Dieser Wandel spiegelt sich auch im »Carolus Stuardus« wider. Cromwell übernahm die Führungsrolle und Fairfax wurde zum Prototyp des reuigen Revolutionärs, der zunächst den Aufstand gegen Karl I. unterstützt hatte, doch die Entwicklung nach der Gefangennahme des Königs nicht mehr befürwortete und sich daher für die Rettung Karls I. einsetzte. Ermöglicht wurde diese Umgestaltung aufgrund von Bisaccionis Schilderung von Fairfax' Rettungsversuch und Zesens Charakterisierung des Feldherrn als eines integren Soldaten, der nach 1648 auf die Seite des Königs übertrat und später Karl II. für seine Vergehen im Bürgerkrieg um Verzeihung bat. Bisaccioni hatte Fairfax als einen überzeugten Revolutionär gekennzeichnet, der sich von den anderen Rebellen nur dissoziierte, weil er Cromwells steigende Popularität beneidete. Gryphius führte eine substantielle Veränderung in der Fairfax-Rolle durch und verwandelte die in der Fassung A nur umrißartig definierte Figur in einen dramatisch ausgereiften und effektvollen Charakter. In der Ausgestaltung des Rettungsplots folgte er im wesentlichen den Angaben Bisaccionis, doch in der Figurengestaltung war er stärker Zesen verpflichtet. Fairfax erscheint in der zweiten Fassung als der siegreiche Feldherr des Bürgerkrieges (siehe 1,44-55), der früher zwar ein politischer Gegner Karls I war, doch der niemals die Absicht hatte, der Person des Königs Schaden zuzufügen. Er beherzigte seinen »Schottschen Eyd« (III,33) 79 und sagte sich von seinen Kampfgefährten los, als diese die Hinrichtung des Königs in Angriff nahmen. Er widersetzte sich dem Todesurteil (1,189, 111,419-421) und suchte im Army Council die Enthauptung Karls I. aufzuhalten (III,157ff.). Durch dieses Verhalten bringt er sich nun in den Verdacht, ein Renegat zu sein (siehe 111,30-35). Da seine Position durch die persönliche Feindschaft mit Cromwell ohnehin gefährdet ist (siehe 111,110-115,111,415), hat er Anlaß genug, vorsichtig zu sein. Er hält daher den hochfliegenden Plänen seiner
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Fairfax w u r d e hier überall als Führer der Rebellion und Cromwell als sein Spießgeselle dargestellt. Siehe H . Wätjen, Die erste englische Revolution und die öffentliche Meinung in Deutschland, Heidelberg 1901, S. 33. Wätjen S. 52. Siehe auch 1,98/99 und G r y p h i u s ' A n m e r k u n g dazu.
Frau objektive Gegengründe entgegen (siehe 1,119-122; 1,165-175) und weist sie darauf hin, daß die Rettung des Königs ihnen beiden den Kopf kosten kann (1,103-116). Diese Vorsicht ist keineswegs als ein Zeichen von Feigheit zu werten, sondern als das nüchterne Urteil eines Realpolitikers, der nicht so handeln kann, wie er gerne möchte. Er hütet sich daher davor, im Army Council allzu offen gegen die anderen Revolutionäre aufzutreten und gibt vor, weiterhin auf deren Seite zu stehen. Er tut so, als bewege ihn nur sein nüchterner Weitblick dazu, die Opposition im Volk und den Widerstand der ausländischen Mächte im Auge zu behalten. Erst als er den Fanatismus der anderen erkannt hat und feststellen muß, daß seine Argumente keinen Widerhall finden, zieht er sich in den Hintergrund zurück und versucht, nicht noch mehr Verdacht auf sich zu lenken. Diese berechtigte Vorsicht ist der Grund, warum er mit den beiden Offizieren nicht offen über seine Absichten sprechen kann und warum der Rettungsplan schließlich fehlschlägt. Doch die Hinweise auf seine beiden Treffen mit den holländischen Gesandten (111,498 + 781) und sein Auftreten vor dem Parlament (IV,293-294) machen deutlich, daß er weiterhin alles mögliche unternimmt, um den König zu retten. Ich würde Ε. M. Szarotas Ansicht widersprechen, daß Fairfax nur im Auftrag seiner Frau handelt und selbst zu ängstlich ist, die Sache in die eigene Hand zu nehmen. 80 Er ist vorsichtig, nicht aber feige. Das Motiv seines Handelns ist sein Wille, seine Vergehen im Bürgerkrieg wiedergutzumachen. Er ist der Typ des reuigen Revolutionärs, der hofft, durch die Rettung des Königs die Vergebung Gottes für seine Missetaten zu erlangen (siehe 1,190-194). Es wäre daher falsch, ihn als Schwächling zu interpretieren, dem der Mut fehlt, um den Plänen seiner Frau zum Erfolg zu verhelfen. Besaß Fairfax in der ersten Fassung nur wenig szenische Präsenz, so wird er nun zu einer zentralen Bühnenfigur, die die dramatische Struktur des Trauerspiels und sein Rollengefüge erheblich verändert. Wir haben es nicht länger mit einem bipolaren Konflikt König vs. Revolutionäre zu tun, sondern die Gegenpartei wird aufgespalten und dem König ein heterogenes Figurengefüge gegenübergestellt, dessen eine Hälfte (H. Peters, Cromwell, Axtel, Hacker, Hulet) die Hinrichtung des Königs vorantreibt und dessen anderer Teil (Fairfax und seine Frau, die zwei Obristen) sie zu verhindern sucht. Diese beiden Handlungsstränge kreisen um den ruhenden Pol des Trauerspiels, der von dem König selbst gebildet wird, und erzeugen die äußere Spannung des Stückes, die bis zur letzten Szene aufrechterhalten wird. 80
Siehe das »Carolus Stuardus«-Kapitel in Ε. M. Szarota, Künstler, Grüber und Rebellen. Studien zum europäischen Märtyrerdrama des 17. Jahrhunderts, Bern/ M ü n c h e n 1967. 229
Diese dramatischen Veränderungen wirken sich auch auf die politische Aussage des Stückes aus, da die Revolutionäre nun nicht mehr eine homogene Gruppe darstellen und geschlossen abgelehnt werden können. Die Schwarzweißzeichnung der ersten Fassung wird aufgegeben, und auf Seiten der Revolutionäre sehen wir nun ein Spektrum von Haltungen und Motiven, das ein erstaunlich differenziertes Bild der englischen Revolution vermittelt. Eine zweite wichtige Veränderung in der Fassung Β des »Carolus Stuardus«, zu der Bisaccioni die Anregung gegeben haben könnte, ist die PolehSzene im V. Akt. Gryphius hat zu ihr angemerkt: »Wer diser sey / ist vielen unverborgen. Jch schone noch des eigenen Namens. Er hat bereits sich selbst abgestrafft / und seinen Richter erlitten.« (Anm. V,157) Uber ein solches Mitglied des »tollen Hals=gerichts« (V,167), der sich später »selbst abgestrafft« hat, berichtet Bisaccioni S. 179: »Vn Parlamentario Deputato per la Città di Iorch, che fù sempre inimico alla persona del R è , & fù vno delli Giudici, che il condennarono, nel giorno stesso di quest'anno, e nella medesima hora, che il Rè fù l'anno antecedente decapitato, si appiccò da se stesso nella propria casa, & stanza, con mormorio delli medesimi partiali dell'vccisione del Rè.«
R. J. Alexander 81 hat wahrscheinlich gemacht, daß es sich dabei um Thomas Hoyle handelt, über dessen Selbstmord am 30. 1. 1650, d.h. tatsächlich, wie Bisaccioni betont, genau ein Jahr nach der Hinrichtung Karls I., das Theatrum Europaeum
berichtet hatte:
»Den 10. Februar. [ = 30. Januar st.v.] hat sich zu Londen in West=Münster einer / genannt Herr Hople / so ein Glied des Parlaments / und Deputirter von J o r c k schiere / welcher vorm J a h r dem gefällten Königl. Tods=Sententz auch beygewohnt / selbst erhenckt / worüber verschiedene seltzame Discursen gegangen.« 82
Durch einen Druckfehler wurde der Name in verwandelt, und Gryphius hat die Version des Theatrum
Europaeum
benutzt, um das
Anagramm daraus zu bilden. 83
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82
83
R . J . Alexander, A Possible Historical Source for the Figure of Poleh in Andreas Gryphius' Carolus Stuardus, in: Daphnis, Bd. 3 (1974), S. 2 0 3 - 2 0 7 . Theatrum Europaeum, Bd. 6, Frankfurt/Main 1652, S. 1124. Die Leipziger Meßrelation zur Ostermesse 1650 hatte S. 27 über diesen Vorfall berichtet: »Ein Parlaments=Herr in Engelland erhenckt sich. Zu Londen hat sich der Bürgermeister oder Olderman / ein Parlaments=Herr / der den König verurtheilen helffen / eben an dem Tage / da der König vorm Jahr hingerichtet worden / selbsten erhenckt.« Weniger überzeugend sind demgegenüber die Erklärungsversuche von Hugh Powell (er nimmt J o h n Venn an; siehe seine »Carolus Stuardus«-Edition S. 122) und Janifer Gerì Stackhouse (sie vermutet J o h n C o o k als Vorbild für Poleh; siehe T h e Mysterious Regicide in Gryphius' Stuart Drama. W h o Is Poleh?, in: Modern Language Notes, Bd. 89 [1974], S. 797-811).
230
Nach Dorislaus (über dessen Tod das Theatrum Europaeum ebenfalls berichtete) war Hoyle also der zweite Königsmörder, den Gottes gerechte Strafe ereilte. Dieses Konzept der dei justitia wird durch die theatralische Wirksamkeit der Poleh-Szene besonders augenfällig gemacht, und Bisaccioni ist dafür als eine wichtige Anregung anzusehen. D a der Trauerspieltext und die Anmerkungen keinen weiteren direkten Hinweis auf die »Historia delle guerre civili« enthalten, ist es schwierig zu entscheiden, ob Bisaccionis Darstellung des Bürgerkriegs oder seine ausführliche Schilderung der letzten Tage Karls I. einen Einfluß auf die zweite Fassung des »Carolus Stuardus« gehabt haben, zumal die einzelnen Ereignisse, die im Trauerspiel Erwähnung finden, auch in den anderen Quellen aufgezeichnet worden sind: Karls I. Haltung im Prozeß gegen Laud; die Hull-Episode; Karls I. Verhandlungen mit dem Parlament; die Zusammensetzung des Obersten Gerichtshofes; die Durchführung des Prozesses; die Verhöhnung der Soldaten; die Beratungen der Revolutionäre in der Painted Chamber; der Kompromißvorschlag des Army Council; der Besuch der Kinder; die schnöde Behandlung seines Leichnams 8 4 usw. Die Beschreibung von Karls I. großer Liebe zu seiner Frau und seiner Standhaftigkeit im Tod sind allgemeine Charakterzüge, die auch in anderen Quellen beschrieben wurden. Vielleicht hat Bisaccionis Darstellung von Cromwells Aufstieg zum »Tyrannen« und »absoluten Herrscher« über Großbritannien Gryphius Revision der Cromwell-Rolle beeinflußt, doch die Hauptbedeutung von Bisaccionis Schrift lag sicherlich auf der Einführung des Fairfax-Rettungsplots, der die dramatische Struktur der zweiten Fassung des »Carolus Stuardus« erheblich veränderte und starken Einfluß auf die Figurengestaltung des Trauerspiels ausgeübt hat.
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E s ist hier a n z u m e r k e n , daß Bisaccioni als einziger die Einbalsamierung Karls I. wenigstens am R a n d e erwähnt: » L i scelerati, che restarono, tentarono anche di macchiarlo nella fama, poi che voleuano, che li Chirurghi, che hebbero cura di aprirlo, & imbalsamare, diceßero, che era infetto di lui Venerea ( . . . ) « (S. 169). S . o . S. 200.
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HISTORISCHER EXKURS:
Gab es wirklich einen Rettungsversuch von Fairfax und seiner Frau? Sir Thomas Fairfax 85 war der Oberkommandant der parlamentarischen Streitkräfte und gehörte nach der Gefangennahme Karls I. und dessen Auslieferung in die Hände des englischen Parlaments zu jener Fraktion der revolutionären Partei, die gewillt war, mit dem König einen Ausgleich zu suchen, um wieder Ruhe im Land einkehren zu lassen. Er unterstützte daher die Verhandlungen auf der Isle of Wight bis zu dem Moment, wo offenbar wurde, daß der König gleichzeitig Geheimverhandlungen mit ausländischen Mächten führte und daß er nicht gewillt war, die Abkommen mit seinen parlamentarischen Gegnern als bindend anzuerkennen. Es wurde offensichtlich, daß ein Frieden mit Karl I. keine lange Dauer haben würde und daß dem König nicht zu trauen war. Um eine dauerhafte Lösung des Verfassungskonfliktes zu finden, mußte Karl I. seines königlichen Amtes enthoben und ein Nachfolger gefunden werden, der bereit war, eine friedliche Regelung mit dem Parlament einzugehen. Potentielle Kandidaten für die Nachfolge auf dem englischen Thron waren Karls I. jüngster Sohn, Heinrich Stuart, und Karl Ludwig von der Pfalz. Es dauerte eine geraume Zeit, bis Fairfax erkannte, daß die anderen Offiziere eine andere Lösung ins Auge gefaßt hatten, nämlich die Beseitigung des monarchischen Regierungssystems. Er sah, daß sie, um dieses Ziel zu erreichen, zu Gewaltakten schritten, zu denen er nie die Zustimmung gegeben hatte. Spätestens im Dezember 1648 mußte er erkennen, daß ihm die Zügel aus der Hand geglitten waren und daß er, der Führer und Repräsentant der Revolutionsarmee, politisch ins Abseits gedrängt worden war. Cromwell hatte die Leitung der Revolution übernommen und Fairfax besaß keine Macht mehr, um den Exzessen seiner fanatischen Mitoffiziere Einhalt zu gebieten. Wie bei Pride's Purge (6. 12. 1648) wurde er einfach vor vollendete Tatsachen gestellt, und er besaß keine Möglichkeit, die getroffenen Maßnahmen rückgängig zu machen. 86 Er zog es daher mehrfach in Erwägung, abzudanken. Doch gemäßigte Politiker baten ihn, seine Position nicht leichtfertig aufzugeben, sondern seine Autorität zu benutzen, um wenigstens einen mildernden Einfluß auf die Fanatiker auszuüben und damit das Schlimmste zu verhindern. Wäre es nach 85
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Z u r Biographie Fairfax' siehe C l e m e n t s R. M a r k h a m , A Life of the G r e a t L o r d Fairfax. C o m m a n d e r - i n - C h i e f of the A r m y of the Parliament of England, L o n d o n 1870 u n d M i l d r e d A. G i b b , T h e L o r d General. A Life of T h o m a s Fairfax, L o n d o n 1938. Siehe Short M e m o r i a l s of T h o m a s L o r d Fairfax. Written b y Himself, L o n d o n 1699, S. 119.
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ihm persönlich gegangen, so hätte er seine Ämter aufgegeben und sich vom öffentlichen Leben zurückgezogen. Doch sein Pflichtgefühl befahl ihm, die Landessicherheit und das Volkswohl über seine persönlichen Interessen zu stellen und auf seinem Posten zu verharren.87 Da Fairfax grundsätzlich mit einem Gerichtsverfahren gegen Karl I. einverstanden war und er seinen Posten als Lord General nicht aufgegeben hatte, fand er sich im Januar 1649 zum Vorsitzenden des Ausschusses ernannt, der die Hinrichtung des Königs vorbereiten und die Ausführung überwachen sollte. Das erste Treffen der Kommission fand am 8. 1. 1649 statt. Fairfax erschien zu dieser Sitzung und stellte fest, daß die Mehrheit der Kommissionsmitglieder nicht die Absetzung des Königs, sondern seine Hinrichtung ins Auge gefaßt hatte. Von diesem Moment an sagte er sich von seinen ehemaligen Kampfgefährten los. Er blieb zwar offizielles Mitglied der Kommission, doch er nahm weder an ihren weiteren Beratungen noch an den späteren Gerichtsverhandlungen gegen Karl I. teil. Fairfax' Opposition wurde publik88, und die royalistische Öffentlichkeit hoffte, in ihm einen Retter des Lebens des Königs gefunden zu haben. Am 18. Januar empfing er einen Apell von 48 Prädikanten, die ihn aufforderten, das Unheil, das über Karl I. hereingebrochen war, abzuwenden.89 Ein anderer Prediger, John Geree, adressierte einen Aufruf an Lady Fairfax und
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»We do not insist upon the things declared or propounded as for our own will or judgment, but for the reason or righteousness that is in them, and as they are for the public interest and the safety of the nation.« Eine Erklärung Fairfax' an den Parlamentssprecher am 3. 12. 1648. Tanner-Sammlung von Fairfax-Manuskripten in der Bodleian Library in Oxford, Bd. 57, S. 452. Zitiert nach Markham S. 340, Anm. 1. Davon zeugen zwei Briefe an Karls II. Berater, Edward Nicholas. Der erste ist datiert mit London, 12. 1. 1649 und berichtet, wie »The General refused to subscribe the act of the High Court of Justice, with the rest of his FellowCommissioners on Wednesday last: but the reason thereof I know not.« (Clarendon State Papers, Bd. 2, Oxford 1773, Appendix S. Li) Nicholas befand sich zu dieser Zeit in Caen und empfing weitere »Letters of Intelligence« aus London, Den Haag und Rouen, die er auch an Ormonde weiterreichte. Ein solcher Brief vom 25. 1. 1649 aus London berichtet, »how Divines, Lawyers, City, Country, and Strangers manifest an abhorring of so great and unpresidented an action, as taking the King's life away« und fügt dem hinzu: »We have much discourse in Town of the General, Major General Skippon's, and other Officers disaffection in that point also.« (Thomas Carte [Hg.], A Collection of Original Letters and Papers Concerning the Affairs of England From the Year 1641 to 1660. Found Among the Duke of Ormonde's Papers, Bd. 1, London 1739, S. 210). A Serious Representation of the Judgements of Ministers Within the Province of London, London 1649 (vgl. o. S. 78f.).
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forderte sie auf, ihren Einfluß auf ihren Gatten geltend zu machen und ihn dazu zu bewegen, sich für das Leben Karls I. einzusetzen. 90 O b diese Aufrufe einen Erfolg hatten, läßt sich nicht feststellen. Tatsache ist, daß Fairfax dem Prozeß gegen Karl I. fernblieb 91 und seine Frau 92 zwei Störungen bei den Verhandlungen verursachte, die von den Zeitgenossen registriert wurden. Rushworth berichtet über den ersten Tumult, den sie am 20. 1. 1649 auf der Oberen Gallerie der Westminster Hall verursachte: »It is to be remembred, that at this time, the Lady Fairfax (Wife to the General) being above in a W i n d o w , interrupted the reading of the following N a m e s of the Commissioners, & c. by speaking aloud to the Court then sitting, that her H u s b a n d the Lord Fairfax was not there in Person, nor ever would sit among them, and therefore they did him w r o n g to name him as a sitting Commissioner.« 9 3
Am Tag der Urteilsverkündigung kam sie erneut in den Gerichtssaal. Sie war in Begleitung einer Freundin, deren Bruder, ein gewisser Sir Purback Temple, am 15. 10. 1660 im Prozeß gegen Daniel Axtel über die zweite Störaktion der Lady Fairfax aussagte: »I was present at all the Tryals of the King, & very neer him. I heard the King demand f r o m Bradshaw by what Authority and Commission they proceeded thus strangely to T r y him. T h e n I heard the Lady Fairfax and one Mrs. Nelson (my sister) after the exhibiting of the charge in the N a m e of the C o m m o n s Assembled in Parliament, and the good people of this Kingdome against Charles Stuart, King of England, I say I heard the said Lady cry out f r o m a Gallery over the Court, N o t half the people; It is false! where are they or their Consents? O l Cromwell is a Traytor!« 9 4
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Κ α τ α δ υ ν ά σ τ η ς ; Might Overcoming Right, London 1649. Die Zeitung »Perfect Occurrences of Every Daies Iournall in Parliament«, N r . 108 (18. 1.-25. 1. 1649) berichtet hierüber: »The Lord Gen. is so full of great affaires, that he could not yet come to sit when the King was there, but he sate in the Painted C h a m b e r ; And he being Gen. & by Malignante falsly accused to seek to be King himself, doth the rather refrain, leaving it to the rest to judge.« Dieselbe Nachricht befindet sich in der Zeitung »A Perfect Summary of Exact Passages of Parliament«, N r . 1 (22. 1.-29. 1. 1649). Uber die Biographie der Lady Fairfax ist wenig bekannt. Clarendon berichtet im 9. Buch seiner History of the Rebellion: »She was of a very noble Extraction, one of the Daughters and Heirs of Horace Lord Vere of Tilbury; w h o , having been bred in Holland, had not that reference for the Church of England, as she ought to have had, and so had unhappily concurr'd in her Husband's entring into Rebellion, never imagining what misery it would bring upon the Kingdom; and now abhorr'd the work in hand as much as any Body could do, and did all she could to hinder her H u s b a n d f r o m acting any part in it.« (In der Ausgabe O x f o r d 1703, S. 196). J o h n R u s h w o r t h , Historical Collections, Teil 4, Bd. 2, L o n d o n 1701, S. 1395. An Exact and Most Impartial Accompt of the Indictment, Arraignment, Trial, and J u d g m e n t (...) of 29 Regicides, L o n d o n 1660, S. 189/190. Diese Aussage scheint
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Fairfax, dessen Name die Liste der Richter anführte 95 , war bei keinem der vier Verhandlungen gegen Karl I. anwesend, doch er unternahm auch nichts, um sich öffentlich von dem Prozeß zu distanzieren. Später sagte er zwar in seinen Memoiren über das Todesurteil: »My afflicted and troubled Mind for it, and my earnest Endeavours to prevent it, will, I hope, sufficiently testify my dislike and abhorrence of the Fact« 9 6 , doch zur Zeit der Gerichtsverhandlungen scheint er nichts unternommen zu haben, um die Verurteilung des Königs zu verhindern. Sein Fernbleiben von dem Prozeß hatte sich jedoch in royalistischen Kreisen herumgesprochen. Als daher letzte Versuche unternommen wurden, um das Leben des Königs zu retten, hoffte man auf seine Unterstützung. Am Tag nach der Urteilsverkündigung wurde er von den holländischen Gesandten aufgesucht. Pauw und Joachimi berichten, daß sie den General von Offizieren umgeben fanden. 97 Doch es gelang ihnen, einen Privataudienz von ihm zu erhalten. Sie verlief positiv und »we enforced our solicitations with the most powerful motives, to obtain a reprieve of the king's execution.« 9 8 D o c h plötzlich wurden sie von Cromwell - »without asking permission or performing any act of civility« 99 - unterbrochen. Fairfax war bei der Führungsgruppe um Cromwell in den Verdacht geraten, der Revolution den Rücken gekehrt zu haben. Eine solche Defektion hätte für die bevorstehende Ausführung der Hinrichtung Karls I. schwerwiegende Folgen haben können, da der General im Volk wie in der Armee immer noch als der Repräsentant der Revolution galt. U m ihn nicht zu einer Gefahr für die erfolgreiche Abwicklung des Unternehmens werden zu lassen, stellte man ihn quasi unter Hausarrest. 1 0 0 Wie der »Kingdom's Faithful Scout« am 29. Januar berichtete, erschien Fairfax am Montagnachmittag im Revolutionsrat, um einen Antrag auf
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richtig zu sein, denn in Mabbots zweiter, verbesserter Auflage von »King Charls His Tryal: O r A Perfect Narrative of the Whole Proceedings of the High Court of Justice«, London 1649 fügt er S. 43 eine Randglosse ein, die diesen Vorfall registriert: »Here a Malignant Lady interrupted the Court, (saying not hälfe the people) but she was soon silenced.« Sie wurde veröffentlicht als »List of the Names of the Judges of the High Court of Justice, F o r Tryall of the King« (London 1649). Thomas Fairfax, Short Memorials, S. 121. F. P. G . Guizot, History of the English Revolution, Bd. 2, Oxford 1838, S. 395. Guizot S. 395. »Summary of a relation made by the ambassador Pau in the States General, on the 11th March, 1649«. Beilage zum Brief Alvise Contarinis an den Rat von Venedig vom 19. 3. 1649. Venetian State Papers, Bd. 28, S. 90. »Sunday was se'nnight Cromwell put a guard upon Fairfax, accusing him of an intention to deliver the King.« Carte, Ormonde State Papers, Bd. 1, S. 212.
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Schonung des königlichen Lebens zu stellen. 101 Als dies, wie zu erwarten, abgeschlagen wurde, kehrte er heim und empfing abends mehrere Freunde aus der Armee, die ihm 2 0 0 0 0 Soldaten bereitstellen wollten, um am nächsten Tag den König auf dem Weg zum Schafott zu befreien. Doch der General lehnte ab, um ein Blutbad zu vermeiden. 102 Am Dienstag morgen trafen sich die holländischen Botschafter mit den schottischen Gesandten, um über die letzten Möglichkeiten einer Rettung des Königs zu beraten. Auf Empfehlung der Schotten suchten Pauw und Joachimi ein weiteres Mal den General auf, der sich im Büro seines Sekretärs in Whitehall befand. Sie konnten ihn bewegen, beim Parlament einen Aufschub der Hinrichtung zu ersuchen 103 , doch da das Unterhaus damit beschäftigt war, die juristischen Grundlagen für die Proklamation der Republik zu verabschieden, traf Fairfax' Anliegen hier auf kein Gehör. So konnte die Hinrichtung Karls I. ohne Zwischenfall über die Bühne gehen. »There was no disturbance in London on the day of the execution« 104 , berichteten Pauw und Joachimi später in den Generalstaaten. Fairfax hielt sich während der Mittagsstunden im Palast von Whitehall auf und traf nach der Enthauptung in der Langen Gallerie mit Juxon und Herbert zusammen, als diese den Leichnam des Königs zum Einbalsamieren forttrugen. Herbert erinnert sich später an diesen Vorfall: »Mean time they went into the Long-Gallery, where chancing to meet the General, he asked Mr. Herbert, how the King did? Which he thought strange (it seems thereby that the General knew not what had passed, being all that Morning (as indeed at other times) using his Power and Interest to have the Execution deferr'd for some days, forbearing his coming among the Officers, and fully resolv'd, with his own Regiment, to prevent the Execution, or have it deferr'd till he could make a Party in the A r m y to second his Design; but being with the Officers of the Army then at Prayer, or Discourse in Colonel Harrison's Appartment (being a R o o m at the hither end of that Gallery looking towards the Privy-Garden)«. 1 0 5
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In der Ausgabe vom 26. 1.-2. 2. 1649, S. 3 heißt es: »This day the Lord General Fairfax (at a Councel of War with his Officers) propounded (as is said) to put off the execution of the King.« »But the most fatal influence of this opinion in my lord Fairfax was the night before the thirthieth of January, when some of his friends proposed to him to attempt the next day to rescue the king, telling him that twenty thousand men were ready to join with him; he said, he was ready to venture his own life, but not the lives of others against the army now united against them.« Brian Fairfax, Memoirs of the Life of George Villiers, Duke of Buckingham, in: George Villiers, A Catalogue of the Curious Collection of Pictures of George Villiers, London 1758, S. 32. Guizot, S. 397. Venetian State Papers, Bd. 28, S. 91. Herbert, Memoirs, S. 135.
Abb. 4
Dieser etwas unklaren Passage106 können wir entnehmen, daß sich Fairfax während der Exekution Karls I. in einem der königlichen Gemächer an der Ost (Fluß-)seite des Palasts aufgehalten hat, entweder in der Wohnung von Colonel Harrison (einem der führenden Köpfe in der Revolutionspartei), oder in einem anderen Trakt mit verschiedenen Officieren des Army Council,
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Das Originalmanuskript weist gegenüber der Druckfassung keine Veränderungen auf. Siehe Harleian MS 4705, S. 75 in der British Library.
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die sich dort zum Gebet versammelt hatten. Da er am Morgen des 30. Januar im Parlament gewesen war, wußte er, daß der Zeitpunkt der Enthauptung noch nicht festgelegt worden war, da man erst ein Gesetz verabschieden mußte, das die automatische Thronnachfolge Karls II. ausschaltete. Hatte er sich daraufhin bemüht, die Offiziere in einem persönlichen Gespräch von der bevorstehenden Enthauptung abzubringen? War er von diesen bewußt in lange Konversationen verwickelt worden, damit auf der anderen Seite des Palasts die Exekution ungehindert ablaufen konnte? Den Ausführungen Herberts nach zu urteilen, war es allgemein bekannt, daß Fairfax »an diesem Morgen, wie in der Tat zu anderen Zeiten, seine Macht und seinen Einfluß dazu benutzt hatte, die Exekution um einige Tage aufschieben zu lassen. Er vermied es, mit den Offizieren zusammenzutreffen und war entschlossen, mit seinem eigenen Regiment die Enthauptung zu verhindern, oder sie Zumindestens solange zu verzögern, bis er genügend Leute in der Armee auf seine Seite gezogen hatte, die sein Vorhaben unterstützen würden.« Welche Vorkehrungen Fairfax im einzelnen getroffen hatte, um seine Pläne zur Rettung des Königs in die Tat umzusetzen, läßt sich nicht sagen. Doch offensichtlich hatten die Offiziere im Army Council seine Absichten erkannt und dafür gesorgt, daß er sie nicht ausführen konnte. Ich glaube jedoch nicht, daß sich Fairfax deren Sicherheitsvorkehrungen unterworfen hätte, wenn er wirklich entschlossen gewesen wäre, die Exekution des Königs mit allen Mitteln zu verhindern. Er hatte seinen ganzen Einfluß dazu benutzt, den König zu retten und sogar in Erwägung gezogen, dies mit Waffengewalt zu erreichen. Doch die Gefahr eines Blutvergießens und des Ausbruchs eines neuen Bürgerkrieges haben ihn dazu veranlaßt, von diesem Plan Abstand zu nehmen. Wie aus einem Gedicht hervorgeht, das er über die Hinrichtung Karls I. schrieb (»On that Fatal Day, January 30, 1648«), hat er schließlich den Tod des Königs und das Mißlingen der Rettungsversuche als Gottes Fügung hingenommen, der er sich als zu unterwerfen habe: »But if the P o w e r Divine permitted this, H i s will's the law, and ours must acquiesce.« 107
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Zitert nach dem Originalmanuskript in der Bodleian Library in O x f o r d , angeführt bei M a r k h a m S. 352.
HISTORIA I D e l l e R e u o l u t i o n i | DI FRANCIA | SOTTO IL REGNO DI LVIGI XIV. | e
Regenza d'ANNA d'AVSTRIA Regina di Francia | Con la continuatione della G u e r r a t r à le d u e C o r o n e ; | D E L C O N T E | GVALDO PRIORATO | LIBRI D I E C I , |
N e ' quali si contengono i successi occorsi dall'anno 1648. | sino al 1655. | [Vignette] | IN VENETIA | M. DC. LV. | Con Licenza de Superiori. [Bibliothèque Nationale Paris: Fol. Lb 3 7 .35] Der Conte Galeazzo Gualdo Priorato (1608—1678)108 begann seine militärische Laufbahn als Fünfzehnjähriger im Dienst Moritz von Oraniens. Später Schloß er sich Ernst von Mansfeld an, als dieser nach der Niederlage im Pfälzer Krieg nach England floh, um sich von Karl I. mit einem neuen Söldnerheer ausrüsten zu lassen. 1626 wurde er in den Schutz des venezianischen Botschafters in Frankreich genommen, bereiste Nordafrika mit Moriz von Oranien und kehrte nach einem längeren Aufenthalt in Holland auf seine väterlichen Güter in Vicenza zurück. Eine reiche Pension der Stadt Venedig erlaubte es ihm, sich in den nächsten 20 Jahren hauptsächlich der Historiographie und politischen Schriftstellerei zu widmen. Doch er hielt es nie lange auf seinem Landsitz aus. Abenteuerlust und Erkenntnisdrang bewegten ihn dazu, die Konflikte des Dreißigjährigen Krieges »vor Ort« zu studieren. Er ließ sich als Offizier in Sold stellen und nahm u.a. 1631 an den Feldzügen Wallensteins gegen die Schweden teil und diente 1643—45 im Heer des Herzogs von Bayern. Das Ergebnis dieser Erfahrungen waren die ersten Teile seiner Geschichte des Dreißigjährigen Krieges (Venedig 1640ff.) und seine Biographie Wallensteins (Lyon 1643), die dem Conte internationales Ansehen und 1652 den Ruf nach Frankreich einbrachten, um dort eine Biographie Mazarins zu schreiben (erschienen: Köln 1662). 1653 wurde er französischer Ehrenbürger und bekam den St.-Michaelsorden verliehen. Eine Biographie Christines von Schweden (Venedig 1656) machte ihn zu deren Kammerherrn und Sonderbotschafter, und 1660-1664 übernahm er die diplomatische Vertretung Venedigs in Schweden und Dänemark. 1664 wurde er von Leopold III. zum Kaiserlichen Rat und Hofhistoriographen ernannt. Er lebte die folgenden Jahre in Wien, wo er eine Biographie Leopolds III. (Wien 1670) und Ferdinands III. (Wien 1672) verfaßte. Nach seinem Abschied aus dem
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Z u r B i o g r a p h i e G u a l d o P r i o r a t o s siehe Michelangiolo Z o r z i , Vita del Signor C o n t e G a l e a z z o G u a l d o Priorato, in: A . C a l o g i e r à ( H g . ) , R a c c o l t o d ' o p u s c o l i scientifici, e filologici, B d . 1, V e n e d i g 1728, S. 3 2 9 - 3 7 6 ; G i u l i a n a T o s o R o d i n i s , G . G u a l d o Priorato. U n moralista V e n e t o alla corte di Luigi X I V , F l o r e n z 1968; N o u v e l l e B i o g r a p h i e G é n é r a l , B d . 22, Paris 1858, S. 3 0 5 - 3 0 8 ; C . G . J ö c h e r , Allgemeines G e l e h r t e n = L e x i c o n , B d . 2, L e i p z i g 1750, S. 1 2 3 0 - 1 2 3 1 .
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diplomatischen Dienst wurde ihm 1676 der Ritterorden von S. Marco verliehen, die höchste Ehrenauszeichnung der Stadt Venedig. Gualdo Prioratos Karriere im militärischen und diplomatischen Dienst vermittelte ihm ausgezeichnete Kenntnis der politischen Ereignisse in Europa im 2. Drittel des 17. Jahrhunderts, die er vor allem in seinem großen Hauptwerk, einer Zeitgeschichte der kriegerischen Auseinandersetzungen in Europa zwischen 1630 und 1676, verarbeitete. Die wichtigsten Ausgaben dieses in vielen Bänden mit unterschiedlichen Titeln erschienenen Werkes waren: 1) Historia delle guerre di Ferdinando II e Ferdinando III imperatori, e del Re Filippo IV di Spagna contro Gustavo Adolfo Rè di Svezia, e Luigi XIII, Rè di Francia, successe dall'anno 1630 fino all'anno 1640. 1. Edition: Venedig 1640. Diese Edition erschien auch 1642 in Genua unter dem Titel: Historia universale delle guerre successe nell'Europa dall'anno 1630 sino all'anno 1640. 2) Die weiteren Auflagen von 1641, 1642, 1643, 1646, 1648, 1651, 1654 sind »dall'autore revista, e di molti particolari importantissimi arricchiata«. Sie enthalten die Bücher III (1640-1646) und IV (1645-1649). 3) Historia delle reuolutioni di Francia . . . ne' quali se contengono i successi occorsi dall'anno 1648 sino al 1655. 1. Edition: Venedig 1655. 4) Historia di Leopoldo Cesare, continente le cose più memorabile successe in E u r o p a dal 1656 sino al 1670. 1. Edition: Wien 1670. 5) Continuatione dell'historia di Leopoldo Cesare . . . dal principio della congiura sino all'anno 1676. Wien 1676.
Die von Gryphius angeführte »Historia delle reuolutioni di Francia« erschien 1655 in drei venezianischen Editionen, die offensichtlich vom selben Drucker hergestellt wurden, der nur das Titelblatt für die einzelnen Verleger leicht veränderte. 109 Die Harvard University Libary besitzt eine Edition von 1655 ohne Druckortangabe, und weitere Ausgaben erschienen 1656 in Paris und 1670 in Köln. 1676 wurde eine englische Übersetzung verlegt 110 , die jedoch den Bericht über die englische Revolution eleminiert, da der Ubersetzer es dem Leser nicht zumuten wollte, an dieses Ereignis erinnert zu werden.
109
110
Zwei Titelblätter sind identisch bis auf die Verlegerangaben »Francesco Baba« bzw. »Paolo Baglioni« (Exemplare in der Cambridge University Library). Das Pariser Exemplar ohne Verlegerangabe hat ein abweichendes Titelblatt, doch der Rest des Werkes ist identisch mit den bei Baba und Baglioni verlegten Editionen, die offensichtlich vom selben Druckstock hergestellt wurden. D e r Titel »History of France« bezieht sich auf das Frontispiz der venetianischen Ausgaben, PRIORATO«
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die ein T i t e l k u p f e r : tragen.
» H I S T O R I A DI FRANCIA | DEL CONTE | GVALDO
Gualdo Prioratos »Historia delle reuolutioni di Francia« beschreibt in zehn Büchern die kriegerischen Auseinandersetzungen in Europa zwischen 1648 und 1655. Besonderes Schwergewicht liegt dabei auf den Kämpfen der Fronde in Frankreich, doch mit ziemlicher Ausführlichkeit werden auch die Aufstände in anderen europäischen Ländern (z.B. England und Katalonien), die Kriege zwischen England und Holland, Polen und Schweden usw., aber auch friedliche Ereignisse wie z.B. der Regensburger Reichstag von 1653/54 behandelt. Eines der wichtigsten Ereignisse des Jahres 1649 war natürlich die Hinrichtung Karls I. von England. Um die Vorgeschichte dieser ungewöhnlichen Tat dem Leser zu erläutern, gibt Gualdo Priorato im zweiten Buch eine kurze Darstellung des englischen Bürgerkrieges und schildert anschließend, was sich nach dem Tod Karls I. bis 1655 in Großbritannien ereignet hat. Gualdo Prioratos eigentliche Beschreibung der Ereignisse setzt mit dem Jahr 1648 ein, als England wieder langsam zur Ruhe gekommen war und die Hoffnung bestand, daß die Friedensverhandlungen zwischen dem König und dem Parlament zu einer Beilegung des langjährigen Konflikts führen würden. Als das Parlament jedoch das Heer auflösen wollte, setzten sich die Feldherren zur Wehr und »deliberarono di non venire alla depositione dell'armi, con le quali essendosi sin'all'hora acquistata tanta auttorità all'esercito«. (S. 129) Die Armee besetzte London und säuberte das Parlament von allen Abgeordneten, die zu einem Kompromiß mit dem König bereit waren (S. 132-133). Der König wurde von der Isle of Wight nach Windsor gebracht, und in Whitehall beratschlagten die Hauptleute im Army Council, wie sie ihre Herrschaft (S. 135 »Anarchia militare« genannt) absichern und alle Hindernisse aus dem Weg räumen könnten. Sie wollten die bestehende Regierungsform, die Landesgesetze und die Kirchenverfassung verändern und sahen es daher als Notwendigkeit an, zuerst einmal den König unschädlich zu machen. So klagten sie Karls I. einer Reihe von Vergehen an, die einer laesa majestatis gleichkamen und zwangsläufig die Todesstrafe nach sich ziehen mußten. Gualdo beschreibt die einzelnen Verhandlungen vor dem Obersten Gerichtshof in einem recht nüchternen Stil und geht dann auf die Rettungsversuche der holländischen Gesandten ein. Auch das schottische Parlament und eine Deputation von Prädikanten aus mehreren Städten Englands suchten die Ausführung des Todesurteils zu verhindern, doch vergeblich. Dann beschreibt er die letzten Tage des Königs im St. James's Palace, wie er »con faccia intrepida« (S. 137) seine beiden jüngsten Kinder empfing und den Besuch von Richmond und dem Kurfürsten von der Pfalz ablehnte, weil er sich nicht in seinen Meditationen stören lassen wollte. S. 139-140 folgt eine Schilderung der Hinrichtung und eine gekürzte Wiedergabe von Karls I. 241
Rede auf dem Schafott. Dem Bericht folgt eine abschließende Charakterisierung des Königs, die sowohl positive als auch negative Aspekte einschließt: » M o r ì in tal m o d o C a r l o Stuard Rè della Gran Bertagna [sic], per mano di carnefice à publica vista del suo P o p u l o ; Prencipe, che per l'eccesso della sua bontà, per la facilità del suo animo, per il soaue de suoi pensieri, per il rispettoso della sua conscienza, perdette p r i m a la stima, indebolì il rispetto, lasciossi vsurpare l'auttorità, e finalmente restò priuo di quella vita, che ne' Prencipi sempre languète, e misera apparisce, senza l ' a u u i u a m e n t o d'vn cuore rissoluto alle più ammirate deliberation!, senza l'intrepidezza d ' v n ' a n i m o pronto ad ogni più [140] azzardoso cimento, senza il pensiero inuaghito delle più alte glorie, e delle più apprezzate generosità, e finalmente senza quelle consideration! politiche, che non mai d o u r e b bero esser abbandonate da D o m i n a n t i . « (S. 139-140)
Gualdo Priorato interpretiert Karls I. Ruin als das Resultat einer angeborenen Schwäche und Kränklichkeit. Die mangelnden politischen Fähigkeiten des Königs und sein mildes Wesen trugen dazu bei, daß er seinen Gegnern nicht mit der erforderlichen Entschlossenheit entgegentrat. In seiner Todesstunde wahrte er jedoch eine vorbildliche Haltung, so daß er trotz seines »protestantischen Irrglaubens« den Fürsten Europas als bewundernswertes Beispiel und gültiges Muster vor Augen gestellt werden kann. » L a sua vita fù vn'epilogo di virtù morali, & vna vera Idea, alla quale (trattone i praui sentimenti in materia di religione) ogni Prencipe si preggerebbe di conformarsi.« (S. 140)
Auf den folgenden Seiten stellt Gualdo Priorato die Zustände Englands während der Regierungszeit Karls I. (S. 141-150) denen des Commonwealth (S. 150ff.) gegenüber. Er beschreibt zunächst die Regierungs- und VerwaL·tungsinstitutionen des Landes, die Kirchenorganisationen und das Militärwesen. Bei der Behandlung des Parlaments geht er ein auf die beiden Fraktionen der Presbyterianer und Independenten, auf ihre politischen und religiösen Differenzen und die Hauptvertreter, die sie im Parlament sitzen haben. Zum Schluß folgt eine Charakterisierung des englischen Adels und der Regierungsformen in Irland und Schottland. Diesen wenig originellen Ausführungen folgt eine zusammenfassende Darstellung der wichtigsten politischen Ereignisse nach der Verkündigung der Republik. Priorato beginnt mit einer Schilderung der Hinrichtung Hamiltons und der Vertreibung aller königstreuen Adligen aus London. Ausführlich wird der Konflikt zwischen dem englischen und schottischen Parlament behandelt und Karls II. Exil in Den Haag und Paris beschrieben. Dann folgt ein Bericht darüber, wie Rupprecht von der Pfalz und Montrose in Schweden, Dänemark und Norddeutschland 6000 Soldaten zusammenstellten und nach Schottland einschifften. Inzwischen war Karl II. zum irischen König ausgerufen worden, und Gualdo Priorato geht daher ausführlich auf den irischen Aufstand und Cromwells erfolgreiche Unterjochung der 242
Insel ein. Dann schildert er, wie die schottische Revolte unter Montrose fehlschlug und wie Karl II. dennoch nach Edinburg reiste und sich dort am 1. Januar 1651 zum schottischen König krönen ließ. Er sammelte ein neues Heer und wurde vernichtend bei Worcester geschlagen (3. Sept. 1651). Gualdo Priorato beschreibt Karls II. abenteuerliche Flucht nach Frankreich und geht dann auf den holländisch-englischen Krieg ein. Zum Schluß schildert er Cromwells Auflösung des Langen Parlaments (20. April 1653) und seine Ausrufung zum Lord. Protector (16. Dez. 1653). Um den Anschluß wieder an die französische Politik zu finden, geht er am Ende des 2. Buches auf den französisch-spanischen Konflikt ein und erklärt, warum Mazarin es nicht zum Bruch mit England kommen lassen wollte und warum er die Republik anerkennen mußte (S. 179-180). Die Passage, auf die sich Gryphius in seiner Anmerkung V,209 bezieht, steht in Zusammenhang mit den Verhandlungen, die das schottische Parlament mit Karl II. führte. Gualdo Priorato hatte beschrieben, wie sich Cromwell um ein gutes Verhältnis zu den Generalstaaten bemüht hatte und zu verhindern suchte, daß sie dem Prinzen von Wales und dessen Schwager, dem Prinzen von Oranien, Unterstützung zukommen ließen. 111 Die englische Regierung schickte Dr. Dorislaus zu Verhandlungen nach Den Haag, wo er im Gasthaus »Zum Schwan« abstieg. Am Abend des 13. Mai, als er mit dem Grafen von Walchemstein und anderen Gästen speiste, drangen plötzlich sechs bewaffnete Personen in den Saal. Sie tanzten und taten so, als ob sie sich auf einem Maskenball befänden. Sie näherten sich Dorislaus und töteten ihn auf der Stelle mit mehreren Dolchstößen. Die Mörder verließen das Gasthaus auf die gleiche Weise, wie sie gekommen waren, und flohen mit zirka dreißig anderen bewaffneten Helfern, die ihnen im Gasthaus Rückendeckung gegeben hatten. Die Nachricht von der Ermordung Dorislaus' wurde in den Generalstaaten mit Empörung aufgenommen, und man bemühte sich - wenngleich vergeblich - die Verantwortlichen des Mordanschlages ausfindig zu machen. Nicht weniger entrüstet war das englische Parlament, als es von dem Vorfall erfuhr. Es bezeichnete die Ermordung Dorislaus' als eine Verletzung der Menschen- und Völkerrechte und ereiferte sich aufs gewaltigste über das von aller Welt verabscheute Verbrechen. Doch im geheimen war man sich darüber im klaren, daß es eine Tollkühnkeit war, gerade Dorislaus - einen der Hauptverantwortlichen am Tode Karls I.! - nach Den Haag zu schicken.
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Wilhelm von O r a n i e n hatte die F l o t t e Karls II., die R u p p r e c h t von der Pfalz befehligte und die v o r der englischen Küste lag, mit ausrüsten geholfen. Die Generalstaaten hatten bislang nicht offen zu erkennen gegeben, o b sie auf Seiten der Stuarts und O r a n i e r oder des englischen Parlaments standen.
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Dorislaus hatte nicht nur unter den Richtern des Königs gesessen, sondern darüber hinaus, wenngleich maskiert, auch an dessen Enthauptung teilgenommen. Deshalb hätte man ihn nicht in die Stadt schicken sollen, wo sich der englische Thronfolger, seine Schwester (die Prinzessin von Oranien) und viele englische und schottische Adlige aufhielten, die alle bereit waren, den Mord an dem englischen König, der die ganze Welt erschüttert hatte, zu rächen.
Gryphius und Gualdo Priorato Gryphius zitiert Gualdo Prioratos »Historia delle Reuolutioni die Francia« nur einmal in den Anmerkungen zum »Carolus Stuardus«, und zwar in Anmerkung V,209 in Zusammenhang mit der Ermordung Dorislaus' in Den Haag. Gualdo Priorato und Bisaccioni sind die einzigen italienischen Autoren, die Gryphius als Quellen für den »Carolus Stuardus« erwähnt. Da die beiden Historiker keinerlei Bücher verfaßt haben, die sich dezidiert mit der englischen Revolution beschäftigten, stellt sich die Frage, warum Gryphius gerade deren Beschreibungen der europäischen Bürgerkriege in seinen Anmerkungen zum »Carolus Stuardus« zitierte. Gualdo Priorato war keineswegs der Einzige, der über die Ermordung Dorislaus' berichtet hat. Der Vorfall fand seinerzeit ein großes Echo in den Zeitungen Hollands, Englands und Deutschlands und wurde in mehreren Flugblättern und Pamphleten ausführlich beschrieben. 1 1 2 Er fand sogleich Einlaß in die royalistische englische Geschichtsschreibung (siehe z . B . Clement Walkers vielgelesene Anarchia Anglicana, [London] 1649, S. 173-174) und wurde auch als wichtiges Ereignis in den deutschen Kompendien und Chroniken behandelt (siehe Theatrum Europaeum, Bd. 6, Frankfurt/Main 1652, S. 873-874). Bei dieser Fülle an Materialien über Dorislaus' T o d erstaunt es, daß Gryphius gerade die etwas abseits gelegene »Historia delle reuolutioni di Francia« zu diesem Ereignis zitiert. Meine Vermutung ist, daß Gryphius bei seinem etwa dreimonatigen Aufenthalt in Venedig 1646, wo er vom Senat empfangen wurde 1 1 3 und also Zugang zu den höchsten gesellschaftlichen Kreisen der Stadtrepublik besaß, auch den Conte Gualdo Priorato kennengelernt hat. Da Gryphius bereits seit
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113
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Siehe die Nummern 6 4 3 8 - 6 4 4 4 in W . P. C . Knüttel, Catalogus van de PamflettenVerzameling berustende in de Koninklijke Bibliotheek, Bd. 11,1 ( 1 6 4 9 - 1 6 6 7 ) , Den Haag 1892. Siehe J . T h . Leubscher, D e claris Gryphiis schediasma, Brieg 1702, S. 61.
acht Jahren außerhalb seiner Heimat lebte und nicht immer Gelegenheit besaß, mit einem intimen Kenner der politischen Verhältnisse in Deutschland zusammenzutreffen, mag er die Gelegenheit ergriffen und mit dem C o n t e Gualdo Priorato ein persönliches Gespräch über die Entwicklungen auf dem deutschen Kriegsschauplatz geführt haben. D o c h selbst wenn die beiden sich nicht persönlich kennengelernt haben sollten, so kann man doch als sicher annehmen, daß Gryphius eine der neuesten Ausgaben von Gualdo Prioratos Geschichte des Dreißigjährigen Krieges in Venedig erstanden hat und von der Qualität des Werkes so beeindruckt war, daß er sich nach 1655 um die Beschaffung der Fortsetzung bemühte. 1 1 4 Gualdo Prioratos Geschichte der europäischen Kriege nach 1630 war typisch für die venezianische Geschichtsschreibung des 17. Jahrhunderts. D e r politische Scharfsinn ihrer Hauptvertreter und die Klarsicht, mit der sie die historischen Prozesse analysierten, unterschied sich deutlich von der peniblen und schwerfälligen A r t der nordeuropäischen Historiographen dieser Zeit. Gualdo Priorato arbeitete wenig mit »autoritativer« Sekundärliteratur, sondern stützte sich direkt auf Originaldokumente und Erfahrungen, die er während seiner politischen und militärischen Karriere selbst hatte sammeln können. D a r ü b e r hinaus besaß er Kontakte zu dem venezianischen Diplomatenkorps, für das die fähigsten und bestinformiertesten Botschafter Europas arbeiteten. N o c h heute stellen die Depeschen und Gesandtschaftsberichte der venezianischen Diplomaten wahre Fundgruben dar, sowohl was ihre Einzelmitteilungen als auch ihre politischen Urteile anbelangt. Was z . B . Sagredo zum Abschluß seiner Gesandtschaft nach England an den Rat Venedigs berichtet 1 1 5 ,
könnte
noch
heute
in
jedem
Handbuch
zur
englischen
Geschichte abgedruckt werden, so treffend sind seine Einsichten in die tieferliegenden Ursachen der englischen Revolution. Gualdo Priorato besaß also die besten Voraussetzungen, um eine stimmige und ausgereifte Darstellung der zeitgenössischen politischen Ereignisse in Europa zu schreiben. Bei der geradezu sprichwörtlichen Verläßlichkeit der venezianischen Historiographen verwundert es nicht, daß sich Gryphius um 114
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Da Gualdo Prioratos Darstellung stark auf eigenen Erfahrungen beruhte, lag der Schwerpunkt des zweiten Teils seiner »Kriegsgeschichte Europas« auf Frankreich, wo er seit 1652 die Kämpfe der Fronde selbst miterlebt hatte. Der Kupfertitel »Historia di Francia« darf jedoch nicht zu wörtlich verstanden werden, da es sich bei allen vier Teilen seiner Kriegsgeschichte um eine »Historia universale delle guerre successe in Europa« handelt. Eine englische Ubersetzung ist abgedruckt in Horatio Brown, Studies in Venetian History, Bd. 2, London 1907, S. 306-320. 245
Prioratos »Zeitgeschichte« bemüht hat. Daß er nur die »Historia delle reuolutioni die Francia«, und hieraus nur den Bericht über Dorislaus' Ermordung zitiert, kann uns keineswegs zu der Annahme verleiten, daß er dessen andere Berichte nicht zur Kenntnis genommen hat. Doch wir haben keinen Nachweis dafür, daß auch andere Teile der »Zeitgeschichte« in den »Carolus Stuardus« eingeflossen sind. Wir müssen uns daher darauf beschränken, Gryphius' Verarbeitung der Dorislaus-Episode zu untersuchen. Isaac Dorislaus116 war ein berühmter holländischer Rechtsgelehrter, der in Leiden den juristischen Doktortitel erhalten hatte und nach seiner Ubersiedlung nach England als Professor für Geschichte in Cambridge lehrte. Er nahm später mehrere hohe Advokatenstellen ein und war der juristische Hauptberater im Prozeß gegen Karl I. Es ist anzunehmen, daß Gryphius mit der Biographie Dorislaus' vertraut war. Er muß es daher als ein besonders schwerwiegendes Vergehen angesehen haben, daß dieser hochgebildete Jurist, der Recht von Unrecht unterscheiden können mußte, sich auf Seiten der Königsmörder gestellt hatte und zum Verteidiger ihrer Freveltat geworden war. Es wird Gryphius mit besonderer Befriedigung erfüllt haben, daß Dorislaus' Verstoß gegen die juristische Standesehre bereits wenige Monate nach der Hinrichtung des englischen Königs von Gott bestraft wurde. Er empfand es sicherlich wie seine Zeitgenossen als ein Wink des Schicksals, daß Dorislaus' Mörder ebenso maskiert waren wie die Henker Karls I. 117 Wir müssen daher annehmen, daß der Hinweis auf das Ende Dorislaus' in der Poleh-Szene, Vers V,209/210, in Zusammenhang mit den anderen Darstellungen der Bestrafung der Königsmörder zu sehen ist, die ebenfalls als Zeichen der dei justitia interpretiert werden. Ein anderes Problem, das mit der Ermordung Dorislaus' zu tun hat, ist die Frage, ob der Vorfall in Den Haag wie die anderen »dumb-shows« in Szene V,157ff. (Hinrichtung von Peters und Hewlet, Exhumierung von Cromwell, Ireton und Bradshaw, Krönung Karls II.) bildhaft dargestellt werden sollte. Die Anführung von »Dorißlar vermummet« als stumme Person im Personenverzeichnis der Fassung B, und die Angabe »Steigt Dorislaer vermumt mit auff das Traur=Gerüste« in Vers V,209 ist sicherlich auf die Szene von Karls I. Enthauptung zu beziehen. Die Zeile V,371 deutet an, daß auch Hacker vermummt auf dem Schafott stehen sollte. Da wir oben S. lOlf. gesehen haben, daß sich Gryphius bei der szenischen Gestaltung des
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Ü b e r ihn siehe das Dictionary of National Biography, Bd. 25, London 1888, S. 2 4 2 - 2 4 4 . S. 154 betont Gualdo Priorato, daß die Attentäter das Gasthaus betraten, »come se fosse vna Mascherata«.
letzten Auftrittes stark an dem Kupferstich des »Englischen Memorials« orientiert hat, ist anzunehmen, daß die dort gezeigten vermummten »twee Beuls« im Stück von Hacker und Dorislaus dargestellt werden sollten. O b Gryphius weitere Anregungen f ü r seinen »Carolus Stuardus« aus der »Historia delle reuolutioni di Francia« empfangen hat, läßt sich nicht feststellen. Keine der Einzelinformationen, die von der Darstellung des Bürgerkrieges bei Bate, Moulin, Heylyn oder Zesen abweichen, sind in dem Trauerspiel wiederzufinden. Ein Einfluß Gualdo Prioratos auf Gryphius' Interpretation der englischen Revolution ist daher nicht nachweisbar.
Der Entsehlte | König Carli | von G r o ß Britannien / | Das ist: | Kurtzer wahrhafftiger Bericht | von | A b k u n f f t / Gebührt / Leben / Re= | gierunge / Entsehl= und Beerdigunge | Caroli Stuarts, zweyten Monarchen | von Engelland/Schottland I und Jrrlandt / κ . | Erstlich in Englischer Sprache zu Londen gedruckt / anjetzo | ins teutsch übersetzet | durch | Albertum Sommern. | Gedruckt zu H a m b u r g bey Michael Peiffern / | Jn Verlegung Christian Guets / | | J m Jahr 1660. [Niedersächsische Landesbibliothek H a n n o v e r : Gg-A 481] 118 Der A u t o r dieser von Albert Sommer 1 1 9 übersetzten Biographie Karls I. war Peter Heylyn (1600-1662). 1 2 0 Sein »A Short View of the Life and Reign of 118
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Weitere Exemplare befinden sich in der Bayrischen Staatsbibliothek, München, der Herzog-August-Bibliothek, Wolfenbüttel, der Universitätsbibliothek Erlangen u n d der Sächsischen Landesbibliothek, Dresden. Ü b e r Sommer ist wenig Biographisches überliefert. Er war Holsteiner von Geburt und w u r d e 1649 in H a m b u r g als Kanzlist angestellt. Aus der Vorrede zu seinen 100 Conversations=Gesprächen in Freud= und Trauerfällen, H a m b u r g 1662 ( + 9 weitere Auflagen) geht hervor, daß er sich einige Zeit in England aufgehalten hat. Auf dem Titelblatt wird er als Kaiserlicher N o t a r bezeichnet und in einem beigefügten Lobgedicht als ein hochgeehrter Lokaldichter beschrieben. N e b e n H e y l y n s Karl-Biographie hat er einen Auszug aus de la Serres »Französischem Sekretär« (»Kurze Anweisung zum Briefstellen«, H a m b u r g 1660) veröffentlicht. Siehe Johannes Moller, Cimbria Literata, Bd. 1, Havniae 1744, S. 645 und H . Schröder, Lexicon der hamburgischen Schrifsteller, Bd. 7, H a m b u r g 1876, S. 231— 232. U b e r H e y l y n siehe die zeitgenössischen Biographien von George Vernon, The Life of . . . D r . P. H e y l y n , in: Κ ε ι μ ή λ ι α ' ε κ κ λ η σ ι α σ τ ι κ ό . The Historical and Miscellaneous Tracts of . . . P. H e y l y n , L o n d o n 1681. Seperatdruck der Biographie: L o n d o n 1682; J o h n Barnard, Theologo-Historicus, or the True Life of the Most Reverend Divine . . . Peter H e y l y n , L o n d o n 1683. A n t h o n y à W o o d gibt eine längere Beschreibung Heylyns in seiner Athenae Oxonienses, Bd. 2, L o n d o n 1692, S. 181-190. Darauf beruht auch das Dictionary of National Biography, Bd. 26, L o n d o n 1891, S. 319-323.
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Abb. 5
King Charles, (The Second Monarch of Great Britain) From His Birth to His Burial« erschien zuerst bei Richard Royston in London 1658 (96 S. in 8°) und wurden im selben Jahr von ihm ein zweites Mal aufgelegt (163 S. in 12°). Die erste Royston-Edition wurde 1658 von Samuel Brown in Den Haag zweimal nachgedruckt und den »Reliquae Sacrae Carolinae« als Einleitung beigebunden. Zwei französische Ausgaben (»Abregé de la vie et du regne de Charles I.«) erschienen 1664 und 1666 in Paris. Die erste deutsche Ubersetzung des Werks erschien 1658 in Hamburg unter dem Titel: Kurtze Vorstellunge | D e ß Lebens und Regierunge | König Carlls / | Zweyten Monarchen von groß Britannien. | von seiner G e b u r t biß zur Beerdigung. | | Tacit. Hist. Lib. 1. I Alii diutius Imperium tenuerunt, N e m o | tarn fortiter reliquit. | | Erstlich in Englischer Sprache gedruckt | zu Londen / anietzo aber ins Teutsch | übersetzet | D u r c h | BERTRAM NOMÇELUM. | 1658. 121
Es handelt sich hierbei um eine Ausgabe, die bis auf das Titelblatt identisch ist mit der oben aufgeführten Edition von 1660. Ich vermute, daß der Verleger Christian Guht von seiner ersten Ausgabe nur wenig Exemplare absetzen konnte und deswegen nach der Restauration Karls II. das neuerwachte Interesse an den englischen Vorgängen der vergangenen zwei Jahrzehnte dazu benutzte, eine Titelauflage der liegengebliebenen Exemplare von Sommers Heylyn-Ubersetzung auf den Markt zu bringen. Peter Heylyns akademische Laufbahn begann in Oxford, wo er zunächst Geographie studierte und nach 1627 in den Bereich der Theologie überwechselte. Auf Vermittlung von Erzbischof Laud wurde er 1630 Königlicher Kaplan von Karl I., und während des Kirchenkampfes erwies er sich als geschickter Publizist und Verfechter der Laudschen Reformen. Während des Bürgerkrieges verteidigte er die politischen Aktionen Karls I. in mehreren Streitschriften 122 und arbeitete gleichzeitig als Korrespondent der royalistischen Wochenzeitung »Mercurius Aulicus«. Er galt bald als einer der gefährlichsten und einflußreichsten politischen Schriftsteller im royalistischen Lager und wurde daher sogleich nach dem Machtwechsel 1649 vom Parlament seiner Güter und Pfründe enteignet.
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Das einzige mir bekannte Exemplar befindet sich in der Kongelike Biblioteket in Kopenhagen (Sign.: Danske Afdeling 40 11,532. 8°). Es wird sich hier um das gleiche Werk handeln, das im »Catalogus librorum . . . q u o r u m auctio publicé habebitut, A n n o 1683, d. 30. April, in aedibus And. Botticher«, H a m b u r g o.J. S. 49 N r . 369 unter dem Titel »König Carlls Leben und Regierunge / 1658« angeführt wird. Siehe vor allem »A Letter to a Gentleman of Leicestershire« (1643), »The Rebells Catechism« (1643) und »Parliaments Power in Lawes for Religion« (1645).
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Er zog sich daraufhin für einige Jahr aus der Öffentlichkeit zurück und verbrachte seine Zeit damit, seinen geographischen und historischen Forschungen nachzugehen. Er schrieb an einer »Geschichte der englischen Kirche seit der Reformation« weiter, die er 1642 mit seiner »History of Episcopacie« begonnen hatte, und bereitete eine Biographie Karls I. und Lauds vor. Er trat zum ersten Mal wieder 1656 mit einer hitzigen Gegenschrift zu H a m o n L'Estranges annalistischer Beschreibung von »The Reign of King Charles« (London 1655) an die Öffentlichkeit. Diese Replik, die er 1658 durch eine Gegenschrift zu William Sandersons »Compleat History of the Life and Reign of King Charles« ergänzte, löste eine literarische Fehde aus, in die sich auch andere Autoren einschalteten und die großes Aufsehen erregte. N e b e n seinen historischen Streitschriften veröffentlichte er 1657 einen zweiten Teil seiner Kirchengeschichte (»Ecclesia Vindicata, or The Church of England Justified«), der 1661 seine »Ecclesia Restaurata; or The History of the Reformation of the C h u r c h of England« folgte. 123 Diese theologischen Arbeiten sowie seine Verdienste im Kirchenkampf vor 1646 machten H e y l y n nach der Restauration zu einem der höchstgeachteten Persönlichkeiten in der Church of England. Viele seiner älteren Schriften wurden neuaufgelegt, und 1681 erschienen seine Gesammelten Werke als »Κειμήλια 'εκκλησιαστικά. T h e Historical and Miscellaneous Tracts of the Reverend and Learned Peter Heylyn, D . D.«. Heylyns Biographie Karls I. ist streng chronologisch in der F o r m von Annalen aufgebaut und beschreibt, welche Ereignisse sich zwischen der Geburt (1600) und dem Tode (1649) des Königs zugetragen haben. Die ersten Seiten enthalten Angaben zur Abstammung des Königs und allgemeine Ausführungen zu seiner Jugend und Erziehung. Als erstes politisches Ereignis seines Lebens wird sein Engagement in der Sache der Kurpfalz dargestellt. Bereits bei der Beschreibung der Vermählung von Karls I. Schwester Elisabeth mit Friedrich von der Pfalz war angemerkt worden, daß diese Heirat »ihme nachgehends grosse Sorge und Kosten verursachet« (S. 10) habe. Es wird dann geschildert, wie er 1620 nach Spanien reiste, um eine Ehe mit der Infantin in die Wege zu leiten. Dies geschah, um nach der Besetzung der Pfalz durch spanische Truppen eine Erleichterung des Schicksals der vertriebenen Kurfürstenfamilie zu erwirken (S. 16). Doch da die Verhandlungen über die Wiederherstellung der Pfälzer Kurwürde nicht zum erwünschten Erfolg führten, wurden die Bemühungen um ein Heiratsabkommen
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Ein vierter Teil: »Aerius redivivus: or The History of the Presbyterians« erschien posthum 1670.
abgebrochen (S. 22). Karl I. rief ein Parlament ein, um nun mit Hilfe militärischer Mittel die Restitution der Pfalz durchzusetzen. Dies erforderte hohe finanzielle Aufwendungen, die den König in eine Abhängigkeit vom Parlament brachten, über die Heylyn urteilt: »Es ist nichts gefährlichers für einen König in Engeland / als wenn er ihme selbst die Nohtwendigkeit verursachet / ein Parlement zu beruffen / und von dem Beutel seiner Unterthanen zu dependiren. Zumahln er sich dadurch einem jeden praevalirenden Gliede in dem Hause der Gemeine gleichsam unterwiirffig machet / und seine reputation so wohl in= als ausserhalb Landes verringert.« (S. 2 4 / 2 5 )
Die Kontroverse spitzte sich 1625 auf dem Oxforder Parlament zu, als Karls I. Ratgeber Buckingham ins Kreuzfeuer der Kritik geriet. Heylyn interpretiert dies als den ersten Angriff des Parlaments auf den König, »wiewohl nicht directè auff seine Persohn / sondern durch Angreiffung seines fürnembsten Bedienten« (S. 30). So war Karl I. gezwungen, den Krieg gegen Spanien und das Rheinunternehmen124 ohne die Unterstützung des Parlaments durchzuführen. Auf den Seiten 38-64 schildert Heylyn die weitere Entwicklung des Gegensatzes zwischen König und Parlament und zeigt, wie Karl I. das Schiffsgeld und das Recht auf Tonnen- und Pfundgelder verweigert wurde, wie man von ihm das Impeachment gegen Strafford erzwang und wie man ihm schließlich allen Gehorsam aufkündigte (als charakteristisches Beispiel dafür wird die Verweigerung des Zutritts zu der Stadt Hull durch John Hotham S. 67/68 angeführt). Auf diese Weise versuchte das Parlament mit Unterstützung der Schotten den König »nach und nach fast aller zu seiner Crohn gehörigen Praerogativen« (S. 62) zu berauben. Das Entstehen des schottischen Konflikts wird in einem ausführlichen historischen Exkurs S. 43-51 beschrieben.125 Es folgt eine Darstellung der Glasgower Synode, der beiden Bishop-Wars und des Bündnisses zwischen dem englischen und schottischen Parlament. Die Seiten 68-94 enthalten lange Beschreibungen der entscheidenen Schlachten des Bürgerkriegs. Heylyn unterläßt es nicht, auf die militärische Unterstützung hinzuweisen, die Karl I. von seinen Neffen Rupprecht und
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Nach Abbruch der Verhandlungen um eine Ehe zwischen Karl I. und der Infantin wurde Spanien der Krieg erklärt und Ernst von Mansfeld mit Truppen nach Holland geschickt, um von dort aus die Pfalz militärisch zurückzuerobern. Wegen der schlechten Versorgungslage waren die Kontingente schnell von 1 2 0 0 0 auf 3000 Soldaten reduziert und kamen nie in der Pfalz an. Auch im Friedensschluß mit Spanien 1630 konnte Karl I. die Pfalz nicht für seinen Schwager Friedrich V. zurückgewinnen. Gryphius zitiert den größten Teil daraus in Anmerkung 11,112.
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Moritz von der Pfalz und seiner Gattin Henrietta Maria126 zuteil wurde. Dem Parlament dagegen wurde Beistand von den Schotten geleistet, die 20000 Soldaten nach England sandten und dafür das Haupt Lauds als Belohnung erhielten. Die Übermacht der parlamentarischen Armee zwang Karl I. zur Ubergabe vieler Städte und schließlich auch seiner Residenz Oxford. Er unterbreitete dem Parlament mehrere Friedensangebote, die jedoch alle abgelehnt wurden. Die Aufständischen waren nur bereit, sich mit dem König auszusöhnen, wenn dieser seine Truppen auflösen und die Oberherrschaft des Parlaments anerkennen würde. S. 95-109 behandeln Karls I. Gefangenschaft, nachdem die Schotten ihn für 200000 Pfund Sterling an das englische Parlament verkauft hatten. Das Parlament regierte nun das Land wie zur Zeit eines Interregnums im alten Rom. Zwar gab es noch treue Untertanen des Königs, die die Freiheit und Krone Karls I. wiederherzustellen suchten, doch nach und nach zerschlug Cromwell alle royalistischen Truppen und schaltete die Opposition im Lande aus. 1645 hatte sich auf Seiten des Parlaments eine Spaltung in Presbyterianer und Independenten vollzogen, und von nun an waren Fairfax und Cromwell die Führer der Rebellion gegen Karl I. Als die Presbyterianer versuchten, mit dem König einen Ausgleich zu finden (Vertrag von Newport - S. 108), besetzte die Armee London und säuberte das Parlament von allen gemäßigten und verhandlungsbereiten Abgeordneten. Die Independenten beriefen einen Obersten Gerichtshof, um »den König auff eine vorhin unerhörte Ahrt für seine Unterthanen zur Verantwortunge zu stellen.« (S. 109) Während des Prozesses weigerte sich der König, die Autorität des Gerichts anzuerkennen und war bereit, als Märtyrer für die Gesetze und Freiheiten des Landes zu sterben (S. 110). Er wurde am 27. Januar 1649 zum Tode verurteilt. Als der »fatalische Morgen« (S. 111) seiner Hinrichtung herangekommen war, las ihm sein Seelsorger, der Bischof Juxton, die Epistel für diesen Tag vor. Sie bestand aus dem »27. Capitul deß Evangelisten Matthaei / referierende die Historie von unsers Seligmachers Leiden unter Pondo Pilato« (S. 111). Dann wurde er nach Whitehall gebracht, »woselbst er den letzen Theil seines Traurspiels Angesichts deß Volcks agiren solte.« (S. 111) Er hielt den Umste-
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Heylyn widmet Henrietta Maria mehr Aufmerksamkeit als andere Biographen Karls I. E r berichtet, wie sie in Holland Truppen ausheben ließ (S. 69) und mit ihnen in Yorkshire landete (S. 72). Ausführlich wird ihre Niederkunft in Exeter behandelt (S. 77) und wie sie dann nach Frankreich reiste (wo Gryphius sie 1645 getroffen hat), um Geld, Waffen und Munition zu sammeln und sich bei ihrem Bruder in Paris niederzulassen (S. 78).
henden eine kurze Rede und überließ »sein Königl. Haubt / welches vorhin mit eusserlichem Pompe und Schein gekröhnet gewesen / dem Scharffrichter zur Execution.« (S. I l l ) Damit verwandelte er »seine vergäng= und beschwerliche Dornen=Krohn / (so sie zuerst für ihme bereitet) in eine unverweßliche Ehren=Krohn« (112). Uber die Haltung Karls I. in seiner Todesstunde urteilt Heylyn: » U n d ist also C a r o l u s / der sanfftmütigste unter den Menschen / und beliebtester unter den Printzen / dahingefallen / hinter sich lassend ein E x e m p e l der Christlichen G r o ß m ü t i g k e i t « . (S. 118)
Als Hauptschuldige an dem Königsmord sieht er die Independenten an. Doch wenn die Presbyterianer nun den Tod Karls I. beweinen, so verhalten sie sich nicht besser wie ein Wolf, der, »wann er sich einmahl gesättigt hat / anfängt zu heulen« (S. 116). Denn die Schotten, die die Tragödie vom ersten Akt bis zu Karls I. Gefangenschaft in Holmby alleine gespielt hatten, waren wütend, daß die Independenten ihnen die Vollendung des Stücks aus den Händen gerissen und sie der Früchte ihrer Arbeit beraubt hatten. Auch wenn die Independenten als die Ausführenden der Enthauptung Karls I. zu gelten haben, so läßt sich doch nicht übersehen, daß »die Preßbyterianer aber denselben lengst vorhin bereits ermordet hatten / indeme sie ihme seiner Crohn / Schwerdts und Scepters« (S. 117) beraubten, so »daß also denen Independenten nichts mehr übrig geblieben / als de erbärmliche jammer / darin dieser elender Mañ / dieser Vir dolorum, (wie er mit gutem fuege mag genennet werden) von den Preßbyterianern auff so verfluchte weise gestürtzet worden / ein Ende zumachen.« Zum Schluß des Buches (S. 118-119) beschreibt Heylyn Karls I. Begräbnis und merkt an, daß sein Tod nur von wenigen beklagt wurde. Die Bevölkerung hatte Angst, ihre Gefühle zu zeigen, denn Eñgland glich den Zuständen in Rom zur Zeit des Tyrannen Domitian, wo »der Menschen blosse Seufftzer angemercket / und zu künfftigen deren Verderb auff Rechnung behalten wurden.« (S. 119)
Gryphius und Heylyn Heylyns Biographie Karls I. wird von Gryphius in den Anmerkungen insgesamt achtmal mit leicht abweichender Titelangabe angeführt und ist damit neben Zesens »Verschmähete / doch wieder erhöhete Majestäht« die meistzitierte Quelle des »Carolus Stuardus«. Doch wenn wir die einzelnen Zitate aus Heylyns Biographie genau betrachten, so müssen wir feststellen, daß die Informationen, die sie enthalten, Gryphius zum größten Teil bereits aus den älteren Quellenschriften bekannt waren. Es wäre daher falsch, aus 253
der Häufigkeit der Zitierung dieser Quelle automatisch auf ihre Bedeutung für den »Carolus Stuardus« schließen zu wollen. Daß Gryphius den »Entsehlten König Carli« 1663 so häufig in den Anmerkungen anführte, lag wahrscheinlich daran, daß er Heylyns Schrift erst vor kurzem gelesen hatte und er sich besser an deren Einzelmitteilungen erinnern konnte als an die anderer Quellenschriften, deren Lektüre für ihn zum Teil bereits über zehn Jahre zurücklag. Die Ungenauigkeiten bestimmter Anmerkungen legen es nahe, daß Gryphius nicht immer die Textvorlagen seiner Quellen zur Hand hatte und sie bisweilen aus dem Gedächtnis zitieren mußte. Uber die Nachteile dieser Verfahrensweise wird sich der Dichter im klaren gewesen sein. Daher bemühte er sich im allgemeinen darum, nur solche Quellen zu zitieren, die er wirklich vor sich liegen hatte und von denen er wußte, daß sie auch seinen Lesern leicht zugänglich waren. Dabei handelte es sich meistens um Schriften neueren Erscheinungsdatums oder um Standardwerke, die weit verbreitet waren (wie z. B. des Ε ί κ ώ ν Βασιλική oder das »Englische Memorial«). Aus diesen praktischen Gründen finden sich wahrscheinlich die Werke von Heylyn und Zesen häufiger zitiert als die anderen Quellen, und dies erklärt, warum sich Gryphius auch dann auf diese beiden Schriften bezog, wenn ihm die dort mitgeteilten Fakten bereits aus älteren Quellen bekannt sein mußten. Wir sehen dies deutlich in Anmerkung 11,112, die sich auf den schottischen Konflikt bezieht, über dessen Entwicklung Gryphius in fast allen anderen Quellen aufs ausführlichste informiert worden war. Ebenfalls in Anmerkung 11,101 zu Lauds Hinrichtung oder 11,263 zu Karls Auslieferung an die Engländer hatte Heylyn gegenüber den älteren Quellen nichts Neues zu berichten, so daß es keinen zwingenden Grund gab, an dieser Stelle gerade den »Entsehlten König Carli« zu zitieren. Karls I. Aussperrung vor Hull und der Verrat der Hothams, auf die das Heylyn-Zitat in Anmerkung 111,481 hinweist, wird zwar erst in der Fassung Β des Trauerspiels erwähnt. Doch über den Vorgang selbst hatte Gryphius bereits im Ε ί κ ώ ν Βασιλική ein ganzes Kapitel lesen können. Der Grund dafür, daß auf dieses Ereignis erst in der zweiten Fassung hingewiesen wird, ist darin zu sehen, daß Gryphius erst in der Ausgabe von 1663 das Motiv der göttlichen Rache betonen wollte und daß ihm die Bestrafung der Hothams durch das Parlament erst später in ihrer vollen Bedeutung bewußt wurde. 127 Die Anmerkung 11,503 steht in Zusammenhang mit dem Gespräch, das Karl I. im St. James's Palace mit seinen beiden Kindern führte. Heylyn hatte über diese Begegnung keine nähere Ausführungen gemacht. Doch aus den 127
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Es ist jedoch darauf hinzuweisen, daß Gryphius die Hinrichtung der Hothams im Stück selbst nicht erwähnt.
anderen Quellen wußte Gryphius, daß Karl I. seine Kinder nur dieses eine Mal vor seinem Tode wiedergesehen hatte und daß sich Heylyns kleine Anmerkung auf S. 28 zu Anlaß der Hochzeitsfeierlichkeiten von Karl I. und Henrietta Maria nur auf dieses letzte Zusammentreffen beziehen konnte. Heylyn unterstrich mit dieser Bemerkung die affektive Beziehung, die das Königspaar vom Tage ihrer Vermählung bis zu Karls Tod verbunden hat und die, wie wir oben S. 141f. gesehen haben, in der Dramaturgie des Trauerspiels eine wichtige Rolle spielt.128 Auch die Anmerkung V,489 hat nicht die überragende Bedeutung, die ihr Albrecht Schöne fälschlicherweise zugeschrieben hat. 129 Wie in seiner Postfigurationsthese 130 und Theorie einer Quellenfiktion 131 ignoriert Schöne auch in seiner Interpretation der Kronensymbolik das historische Quellenmaterial, das Gryphius zur Hand hatte, und gelangt dadurch zu einer Uberbewertung des Titelkupfers des Είκών Βασιλική. Gryphius verwendet das Bild der Kronentrias an keiner Stelle des Trauerspiels 132 , und es ist daher zu weit hergeholt, wenn Schöne »das Kronensymbol in seiner dreifachen Stufung und Umschlägigkeit« (S. 138) zum »umgreifenden Symbol des Trauerspiels« (S. 139) erhebt. Ich habe oben darauf hingewiesen, daß Karl I. selbst die Kronenmetapher im Είκών Βασιλική und in seiner letzten Rede auf dem Schafott verwendet hat. Das Bild wurde daraufhin von Salmasius aufgegriffen (s.o. S. 160) und von Moulin (»Clamor« S. 67), Bate (»Elenchus« S. 308), Bisaccioni (»Historia« S. 162) und schließlich auch von Heylyn wiederverwendet. Gryphius hält sich also mit diesem Zitat aus dem »Entsehlten König Carli« ganz im Rahmen einer bereits etablierten Sichtweise des Märtyriums Karls I., die ihm aus zahlreichen anderen Schriften bekannt war. Das
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Die in Fassung Β eingefügten Verse 11,503-506, die auf Heylyns Mitteilung beruhen, verstärken die emotionale Tendenz dieser Szene, doch stellen im Prinzip nichts Neues dar. Diese Ergänzung ist jedoch bezeichnend für die Bedeutung, die Gryphius diesen »romantischen« Gefühlen Karls I. für seine Frau beimaß. A. Schöne, Ermordete Majestät. Oder Carolus Stuardus König von Groß Britannien, in: G. Kaiser (Hg.), Die Dramen des Andreas Gryphius, Stuttgart S. 1968, S. 155. Zur Kritik hieran siehe meinen Aufsatz: Andreas Gryphius' »Carolus Stuardus«. Formkunstwerk oder politisches Lehrstück?, in: Daphnis, Bd. 13 (1984). Siehe hierzu Κ. H . Habersetzer, Tragicum Theatrum Londini, in: Euphorion, Bd. 66 (1972), S. 299-307 und J. G. Stackhouse, In Defense of Gryphius' Historical Accuracy, in: JEGP, Bd. 71 (1972), S. 466-472. Beiden Autoren ist es jedoch nicht gelungen, die von Gryphius verwendete deutsche Ausgabe von Heylyns »A Short View« ausfindig zu machen. Die Verse V,418^120 beziehen sich auf Karls I. Mütze, unter die er sich die Haare steckte, damit sie dem Scharfrichter nicht einen glatten Schlag erschwerten, und nicht, wie Schöne S. 135 annimmt, auf Karls »dornengeflochtene >Marter=Cronrpcr ber j, UfurnatoC rbcenn(e,6ali tfen geÇo6en/unb an ben ©olgen ge(>tncfet (ïtoro· nemWicf/ Cromuxl«/ «rabfejaug unb 3reEinkommenden Zeitungen< von 1650. Ein Beitrag zur Geschichte der T a g e s z e i t u n g , in: Gazette, B d . 9 (1963), S. 227-235.
291
Als zweite Zeitungsstadt, zu der Gryphius ebenfalls enge Beziehungen besaß, sei hier D a n z i g angeführt. 9 Seit 1568 gab es hier ein Nachrichtenbüro, und seit 1619 erschien die erste Wochenzeitung, die einen Umfang von 8 Seiten besaß und von Andreas Hünefeld herausgegeben wurde. Neben Nachrichten aus Schlesien und Deutschland enthielt sie Informationen aus Osterreich, Frankreich und Holland und unterrichtete die Danziger Bevölkerung aufs beste über die politischen Ereignisse in Europa. 1 0 Ein weiteres Zeitungsunternehmen besaß die Buchdruckerfamilie Rethe, deren Nouvellen häufig den Namen wechselten und etwa ein- bis zweimal wöchentlich erschienen. Für Gryphius sind die seit der Mitte der 50er Jahre erschienenen »Newe Wöchentliche Zeitung Auß Breslaw« und die »Particular-Zeitung«
von
Bedeutung, wobei letztere Zeitung seit 1653 durch einen »MittewochsParticular« und einen »Sonnabends Particular« ergänzt wurde. Von 1657 bis 1660 erschien der »Particular« jeden Dienstag, Freitag und Sonnabend. Als dritte Zeitungsstadt sei hier B r e s l a u 1 1 genannt, wo seit 1639 die »Zeitungskrämerei«
des Georg Baumann jn. belegt ist. Dessen
Avisen
erschienen wahrscheinlich bereits seit 1629, da aus diesem Jahr ein Gutachten des Kammerfiskals erhalten ist, das die Erteilung eines Zeitungsprivilegs für Baumann empfiehlt, weil dies »denen vom Adel, vom Lande und den anderen in ganz Schlesien gelegenen Städten sehr bequem und zuträglich wäre.« 1 2 Es haben sich jedoch von diesen Zeitungen bis heute keine Exemplare finden lassen, so daß für die Zeit bis 1650 nur indirekte Hinweise auf die Breslauer Zeitungen existieren. 1650 stellte ein Christoph Jonisch einen Antrag, die »wöchentlich einlauffenden Avisen in der Buchdruckerei allhier drucken« 1 3 lassen zu dürfen. D e m Gesuch wurde stattgegeben, jedoch unter dem Vorbehalt, daß in der Zeitung »nichts wider das Hochlöbliche Haus von Osterreich, das Vaterland, oder die heilige katholische Religion gedruckt würde«. 14 Die von Jonisch heraus-
9
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Zum frühen Danziger Pressewesen siehe Karl Heinz Kranold, Frühgeschichte der Danziger Presse, Münster 1967; Hermann Haßbargen, Eine Danziger Zeitung vom Jahre 1619, in: Mitteilungen des westpreußischen Geschichtsvereins, Bd. 30 (1931), S. 8 5 - 9 2 ; Hans-Karl Gspann, Die Anfänge der periodischen Presse in Danzig, in: Zeitschrift des westpreußischen Geschichtsvereins, Bd. 64 (1923), S. 4 3 - 7 2 . Die Bedeutung solcher Zeitungen für die Danziger Bevölkerung geht aus Ogiers Tagebuch (s.o. S. 38) hervor. Siehe Carolii Ogerii Ephemerides, sive iter Danicvm, Svecicvm, Polonicvm, Paris 1656, S. 445. Siehe Bruno Schierse, a.a.O. Zitiert nach Schierse S. 13. Zitiert nach Schierse S. 16. Zitiert nach Schierse S. 16.
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gegebene Zeitung hieß »Br. Einkommende Dinstags Postzeitung« und »Br. Einkommende Frey tags Postzeitung« 15 und ist während der ganzen 50er Jahre belegt. Wie aus Jonischs Korrespondenz mit dem schlesischen Adligen Gellhorn zu entnehmen ist, vertrieb er ebenfalls Zeitungen aus Leipzig, Königsberg und Hamburg. Außerdem besaß er ein Büro für handgeschriebene Zeitungen, die von bedürftigen Studenten in einer Auflage von 30 bis 40 Exemplaren hergestellt und an verschiedene Abonnenten in Schlesien verschickt wurden. Untersuchungen zur Zeitungslektüre im 17. Jahrhundert haben erbracht, daß die meisten Berufsgruppen, die im Bereich der Öffentlichkeit tätig waren, als regelmäßige Zeitungsleser angenommen werden können, also Hofbeamte, Stadtvögte, Bürgermeister, Ratsherren, Advokaten, Gerichtssekretäre, Dekane, Rektoren, Diakone usw. 16 In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts ging man sogar dazu über, Zeitungen im Geschichtsunterricht der Schulen einzusetzen. 17 Es kann also kein Zweifel darüber bestehen, daß ein Landessyndikus, wie Gryphius es war, die eine oder andere der Leipziger, Danziger oder Breslauer Zeitungen abonniert hatte und somit die aktuellsten Nachrichten über die englische Revolution regelmäßig erhalten konnte. N u r so wird verständlich, wie Gryphius bereits wenige Wochen nach der Enthauptung Karls I. genügend Informationen hatte sammeln können, um mit der Ausarbeitung des ersten »Carolus Stuardus«-Entwurfs zu beginnen. Um zu zeigen, welche Informationen Gryphius diesen Zeitungen entnehmen konnte und wie umfangreich deren Berichterstattung über die englische Revolution war, möchte ich eine Zeitung, die für den Jahrgang 1649 relativ gut erhalten ist (die Leipziger »Wöchentliche Zeitung«) herausgreifen und den Inhalt einiger Ausgaben kurz beschreiben. Die ersten zehn Nummern des Jahres 1649 berichteten über die Gefangenschaft Karls I. und deuten an, daß Fairfax der Anstifter hinter den Umtrieben gegen den König sei. Die Nr. 12 enthält die Nachricht, daß die Armee die Regierung des Landes übernommen habe. Die Soldateska dränge dem König crimen laesae majestatis auf und unterfange sich, ihn vor Gericht zu stellen. »Jederman so die Hand nicht in diesem Werck hat / ist sehr erschrocken«, heißt es. Nr. 13 gibt den Inhalt der Anklageschrift gegen
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Georg Rennert, Die ersten Postzeitungen, Berlin 1940, S. 33 beschreibt vier N u m m e r n des Jahrgangs 1659, die heute verschollen sind. Siehe Johannes Kleinpaul, Ein Journallesezirkel vor 300 Jahren, in: Zeitschr. d. dt. Vereins f. Buchwesen u. Schrifttum 1920, S. 23-24; Elger Blühm, Adlige Bezieher des Wolfenbütteler >Avisooch«!ÜróigeAben{inw^L
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Bibliotheken und Archiven erfolgreicher, als ich es mir ursprünglich versprochen hatte. Auf die einzelnen Erscheinungsjahre verteilt ergibt sich folgende Statistik: 1640
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43 2 2
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58
Wenn wir bedenken, daß ein großer Teil der h o l l ä n d i s c h e n L i t e r a t u r über die englische Revolution auch auf der Leipziger und Frankfurter Messe vertrieben wurde, so müssen wir auch diese als potentielle Informationsquelle für Gryphius in Erwägung ziehen, denn aus den Anmerkungen des »Carolus Stuardus« geht hervor, daß er viele seiner Quellenschriften aus Holland erhalten hat. Ob Gryphius diese Werke direkt aus den Niederlanden oder aber aus Leipzig bezog, läßt sich nicht feststellen. Der holländische Büchermarkt stand ihm aber auf jeden Fall potentiell offen. Aus den Katalogen der Bibliotheken von Den Haag, Amsterdam, Utrecht, Leiden, Groningen und Gent habe ich folgende Statistik zusammenstellen können: 1640
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45
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13
9
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365 2 3
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Die englischen, französischen und italienischen Schriften über die Revolution will ich hier außer acht lassen, da Gryphius sie nur wenig für den »Carolus Stuardus« verwendet zu haben scheint. Doch allein die Anzahl von deutschen und holländischen Schriften, die sich bis heute erhalten haben, gibt uns einen guten Anhalt dafür, wieviele Publikationen Gryphius prinzipiell zur Verfügung standen, um aus ihnen Informationen über die englische Revolution zu schöpfen. Welche Werke er im einzelnen gekannt und für sein Trauerspiel verwendet hat, ist heute nicht mehr feststellbar. Aus seinen Anmerkungen zu der Buchausgabe von 1663 und den Literaturangaben zu anderen Dichtungen lassen sich nur 22 Schriften mit Sicherheit als Quellen für den »Carolus Stuardus« bestimmen. Über den Rest können wir nur Vermutungen anstellen. 22
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U n t e r die Schriften der Jahre 1 6 5 8 - 1 6 6 0 habe ich auch Berichte über die englische A u ß e n p o l i t i k aufgenommen. Hieraus erklären sich die höheren Ziffern als in der Statistik der holländischen Schriften, die ich auf innenpolitische Berichte eingeschränkt habe. Diese Schriften, die ich hier in zweiter Reihe aufgeführt habe, behandeln überwiegend o d e r ausschließlich den Verlauf des englisch-holländischen Krieges.
Anhang
DECLARATION Von seiner Mayestät von Groß=Brittanien Gehändiget / an einen seiner Dienere / bey seiner Abholung aus der Insul Wigth / mit Befehl (zu Satisfaction seiner Vnterthanen) an das Liecht zu geben.
Seiner Mayest. DECLARATIO. WAnn grosse Prätensionen mit gnugsamer Macht nicht mögen ausgeführet werden / so sein sie nur ein Schrecken=Bild / vnd alsdann folget desto schwerere Müh / aber kleiner Effect in Verrichtungen. Jst dann ein Ziel gesteckt wegen einer wichtigen Sach / so scheinet es / als wann aller Leute Ohren verhungert sein zu vernehmen / wie das Ende wolle ablauffen: Hat diese gesambte Nation nicht lang genug gesucht vnter dem Joch einer Tyranney eine Vnterdruckung? vnd ist nun das in 7. Jahren her vergossene Blut nicht auff meinen Kopff geworffen? Jch / der von den vntergedruckten der grosseste vnd am minsten daran schuldig bin / war es dann nicht nöhtig alle möglichkeit anzuwenden die Wasserfluten zu stawen / welche nun angestawet sonder Zweiffei eine absolute Destruction über dieses Volck bringen sol / vnd was näher vnd sicherer Weg war / diese vnglückliche Zwistigkeiten zu Ende zu bringen als durch einen PersonaUTractat? So auch an beyde meine Häuser deß Parlaments fortzusetzen / durch mich verstattet worden ist. Jch mag das verklären / daß nach meiner Meinung dieses die beste Artzney solte gewesen seyn / so die Würckung davon nicht verhindert worden wäre / durch Opposition dieser imperieusen Armee / die so vermessen gewesen (ein vnerhörtes Ding) in jhrer Remonstranze mich jhren Capitalen Feind zu nennen. Aber lasset die Welt vrtheilen / ob nicht meine Schuldigkeit vorgestellet gewesen sey mit aller der realisten Syncerität bey den letzten Tractaten / vnd ob ich nicht so bereit gewesen sey / alles das zu vergönnen / was diese Leute begehrten / allein diß ist keine Vollthuung an die jenen / die jhren Ehrgeitz mehr als die Wolfarth dieses elenden Lands suchen. Waren nicht die dahin sterbenden Hertzen meiner armen verdruckten Vnter299
25 thanen sehr erquicket durch Hoffnung eines glückseligen Außgangs dieser Tractaten? Aber wie heßlich sind sie in jhrem Harren betrogen? Bin ich nicht vor diesem verurtheilt gewesen / als ob ich den beyden Häusern deß Parlaments zu wenig sol nachgeben? Sol ich dann nun / daß ich zu viel zugebe verurtheilet werden? Bin ich vor diesem gefangen gesetzt gewesen darumb 30 daß ich kriegte? Sol man mich nun verurtheilen daß ich Frieden suche? Hab ich geregiert als ein König / vnd muß nun geregiert werden als ein Sclav? Hab ich nicht genossen die [37] Gesellschaft meiner wehrten Frawen vnd Kinder in Fried vnnd Stilligkeit / vnd muß nun sie vnd den Frieden darzu missen? Haben nicht meine Vnterthanen mir gehorsamet / vnd muß ich nun vnterthä35 nig seyn? Bin ich verurtheilt gewesen / weil ich böse Räthe vmb mich hatte / vnd muß nun verurtheilet werden / weil ich keinen RahtsMann vmb mich habe als nur Gott allein? Diß sind vnaußsprechliche Trübsalen / daß je mehr ich vmb den Frieden geeiffert habe / je minders mein Eiffer geachtet ist. Vnd wie sol ich hiernechst wissen was zu vergünstigen / wann jhr nicht wisset / 40 was jhr begehret? Jch beruffe mich auff ewer Conscientz / ob ich ewrem Begehren nicht in allem habe voll gethan / bey den letzten Tractaten / so ichs nicht gethan / so wil ich die Schuld davon tragen / aber so ichs gethan habe / gleich je ich versichert bin daß ich habe / so seyd jhr doch schuldig mich von der Wüterey der jenen zu befreyen / derer Gedancken in jhrem Hertzen nach 45 meinem Blut dürstet. O b sie wol ausserlich gut scheinen / so sind sie doch Wölffe in Schaffs=Kleidern. Jch muß nun ferner verklären / daß ich mercke / nichtes sey so hinderlich am langverhofften Frieden bey dieser Nation / als die vngerechten Proceduren der jenen die sich einbilden aus Knechten Meister zu werden / vnd an statt der Monarchiae eine Democratiam einzu50 führen. Nothwendig muß diese universal=Veränderung der Fundamenten nicht allein eine Destruction über andere / sondern auch endlich über sie selbst bringen / dann die durch das Schwerdt regieren wollen / sollen auch darein fallen / vnd Rottirung ist die Mutter alles Vntergangs / die von Natur Wetter=Hanen sind / suchen nichts als Veränderungen / vnd solche gefällt 55 jhnen nur auff ein wenig Zeit / vnnd viel Veränderungen thun nichts als nur die Sinnen verwirren / daß sie nur von einer Trolligkeit aus Haß derselben in die andere fallen. Die Zeit ist die beste Artzney gegen Factien vnd Rottirung / vnter dessen sol sie den gantzen Leichnam deß Königreichs als ein Aussatz durch kriechen vnd infectiren, vnd denselben so abschewlich machen / daß zu 60 letzt sie sich selbst hassen sollen / eben als der Stanck vom Aaß an dem Orte bleibt da es liegt. Jch verkläre doch eins an alle meine liebe Vnterthanen / vnd Gott weiß / ob diß mein letztes sol sein oder nicht / daß ich ernstlich gearbeitet hab nach dem Frieden / vnd daß meine Gedancken vnd Vornehmen säubern ohne Arg 65 vnnd List gewesen seyn / vnd da ist von mir nichts vnterlassen / so viel meine 300
Conscientia konte zulassen / das ich nicht gethan habe / vnd ruffen Gott zum Zeugen an daß ich festiglich befühle / daß die Jnterposition von dem Läger / eine Wolcke von Boßheit / die Glori vom Frieden vertunckelt habe / welcher schon wiederumb in diesen Landen zu scheinen begunte. Vnd lasset alle Welt vrtheilen / ob einem Läger vergönnet sey / der Zustimmung eines gantzen Königreichs zu widerstehn vnnd zu prätendiren / Freyheit sampt dem Recht beyde zugleich zu vnterdrucken. Solche Actiones müssen frembde Consequentien verursachen / vnd die Schluysen zum Vntergang deß gantzen Königreichs eröffnen / solches in einem Augenblick zu überschwemmen. Wären diese Tractaten durch mein eigen Ansuchen geschehen / so [38] hätten sie scheinlichere Prätensionen nehmen mögen / den Fortgang desselben zu hindern. So ich nun bey beyden Häusern meines Parlaments importuniret bin / vnd sie selbst bey dem meisten Theil deß Königreichs / so konte ich nicht nachlassen mit grosser Frewd mit jhnen zu concurriren / sothanig heylsames Werck zu vollenziehen. Jch hoffe daß die Hertzen vnd Augen meines Volcks sothanig geöffnet seyn / daß sie bescheidentlich sollen entdecken können / welche die Vntergräbers dieser Tractaten seyn. Meinetwegen protestire ich vor deß Himmels Angesicht / daß meine eigene Schwürigkeiten (die keiner Schwere bedörffen) mich so viel nicht betrüben / als das Leyden meines Volcks / dann ich weiß mich darin zu trösten / sie aber nicht / Gott wolle beyde sie vnd mich stärcken / nach dem Maaß vnserer Trübsalen / vnd vnsere Gedult vergrösseren nach vnseren Schmertzen. N u n / als die Rachgier meiner Feinde biß auff den letzten Faden abgesponnen sein'sol / so mögen sie wissen / daß ich durch die Gnad Gottes so wol zu frieden sein sol in meiner Verdruckung / als sie behende sind solche zu befordern. Vnd meine eigene Seele bezeuget mir daß die Zeit kommen sol / daß die Wolcken vom Himmel selbsten Räch sollen von oben herab tröpfflen / auff derjenen Köpffe / welche sich dem Fortgang deß Friedens entgegen gesetzet haben. Dann wie es Gott beliebt Segen zu sprechen über die Friedmacher / also müssen die Friedhässigen nohtwendig vnd vnvermeidlich den Fluch auff jhren Halß nehmen. Jch dancke meinem Gott / daß ich gegen jhre Blutdürstigkeit mich gewapnet finde / lasset nur jhre neydisch geschärffte Pfeile frey auff mich zufliegen / ich hab ein wolgerüstetes Gemüth / vnd ein Hertz voller Gedult / solche zu ertragen. Gott ist mein Felß vnd Schild / darumb fürchte ich der Menschen Thun nicht / Jch wil das ärgeste erwarten / vnd so etwas über mein Vermuhten geschieht / so wil ich doch Gott allein die Ehre zuschreiben / dann der Menschen Hülff ist eitel. War vnterzeichnet C. R. (aus: Vollständiges Englisches Memorial, Edition H ^ [Pieter Arentz, Hamburg] 1649, S. 36-38. Exemplar der British Library: 597.d.27 [1])
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Kurtze Erzehlung von dem Tod Charles Stuarts / Königs von Engelland: vnd der letzten Rede / die er auff dem Schavot gethan. Welcher gerichtet ist Diengstags den 30. Jan. Alten Stil. 1649. Nota: Des Königs Leichnam ist nach Windsor gebracht / vnd in St. Joris Capelle gesetzet: alldar begraben zu werden: der Bischoff von Londen / D. Juxton / der mit seiner Majestät / auff dem Schavot / gewest / hat den Leichnam / mit vielen Grandes begleitet. Engelland ist Enthauptet. Man sagt: der König ist des Kopffs vnd Cron beraubt; Nein / nein! das Königreich / das ist in jhm enthaupt.
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D E s Morgens vngefehr vmb 10. Vhr / wurde S. May est. von S.Jacobs gebracht / ging zu Fuß durch das Parck mit einem Reg Fußvolck / fliegenden Fahnen vnnd geschlagenen Trommeln / über diß noch eine Leibguarde von Hellebardirern mit vielen Edelleuten die vor vnd nach giengen / blosses Haupts. Stracks hinter jhm folgten Doctor Juxton vnnd Col. Thomlisson / Commandant der Leib=guardi / welche beyde den gantzen Weg über mit jhm geredet / biß sie jhn oben in die Galerey vom Hofe vnd von dannen in die Cabinet Kammer / da er vormahls zu schlaffen pflag / gebracht haben / daselbst verrichtet er seine Andacht vnd enthielt sich des Essens / weil er diesen Morgen das H. Abendmahl genossen hatte / genoß auch ferner nichts als ein Glaß Wein vnnd ein wenig Brodt welchs er zu Mittag that. Nach diesem brachten sie jhn von dar auff das Schavot welchs gantz trawrig behangen war. Hier lagen Block vnnd Beil / vnd wurde solches mit starcken Guardien zu Fuß vnd Pferd rund vmb besetzet / worbey ein vnaußsprechliche Meng von Zusehern gewesen. Da der König auff das Schavot gekommen war / erhob er alsbald seine Augen gen Himmel vnd da er den Block sähe / fragt er den Col. Hacker / ob kein höher Block zu bekommen wäre. Nach diesem redete er gegen den Col. Thomlinssen also: ich sol hier wenig Gehör haben / darumb rede ich diese meine Wort an euch. Jch solte wol stillschweigen / aber es solten alsdann viel gedencken / daß ich hieran schuldig wäre. Jch erachte es aber für meine schuldige Pflicht / erstlich vor GOtt vnnd meinem Vaterland vmb mich selbst vor der gantzen Welt klärlich zu offenbahren als ein ehrlich Mann / ein guter König vnd guter Christ. Das erste sey von meiner Vnschuldigkeit / wiewol es nicht groß vonnöthen ist / dann es aller Welt gnugsam bekant / worauff ich Gott zum Zeugen ruffe / welchem ich Rechenschafft geben muß / daß ich diesen Krieg gegen mein Parlament nie angefangen / noch die Zeit meines Lebens einige Privilegia abzu= [84] zunehmen gedacht habe. Sie haben erst gegen mir angefangen von wegen der 302
Militia / nicht desto minder wie sie selbst bekennen daß die Militia mir zugehörte / jedennoch haben sie gesucht dieselbe in jhre Hände zu kriegen / 30 so nun jemand meine vnd ihre Commissien examiniren wil / sol man an dem dato sehen können / wer dieses Kriegs erster Anfänger ist. Jch hoffe Gott sol es offenbaren / ich vergeh es jhnen gern. Es solte mir leyd sein jhnen solches auffzulegen / ich hoffe daß sie daran vnschuldig seyn / dann ich glaube gäntzlich / daß böser Räch an beyden Theilen an dieser Blutstürtzung Vrsach 35 ist. Jch befinde mein Gewissen frey davon / hoffe vnd wünsche / daß sie davon auch vnbefleckt sein möchten. Nichts desto weniger behüte mich Gott davor / daß ich so ein schwacher Christ sein solte / vmb nicht zu bekennen das Gottes Vrtheil über mich rechtfertig sey: nam justus est Deus, & justa sunt judica ejus, dann Gott läst offtmahls ein gerechtes Vrtheil durch einen 40 vngerechten Sententz / ergehen ich wil hierbey sagen / daß der vngerechte Sententz / welchen ich einmahl wieder den Vice Roy von Jrrland habe fortgehen lassen / durch einen vngerechten Sententz meine eigene Straff worden sey / so weit hab ich wegen Vnschuld geprocediret. Förder vmb euch zu bezeugen daß ich ein guter Christ sey / ich hoffe da steht ein guter Mann (den Prediger hiemit meinend) der hiervon Gezeugniß geben sol / daß ich es allen Menschen vergeben habe / vnd insonderheit den jenen / welche die principalste Vrsach von meinem Tode sind / wer sie sind weiß Gott / ich begehr es nicht zu wissen / Gott wol es jhnen vergeben. Diß ist noch nicht alles. Meine Liebe gehet noch weiter. Jch wünsche daß sie zum Erkäntniß kommen mögen. Dann sie in der Warheit / aus privat Affectien eine grosse Sünde begangen haben. Jch bitte Gott als S. Stephanus thut daß jhnen dieses nicht möge zugerechnet werden / vnnd daß sie einen rechten Weg nehmen mögen / welcher sie zu einem guten Fried vor mein armes Reich vnd Vnterthanen leite / dann ich bin verpflichtet vnd schuldig für meines Reichs Fried vnd Ruhe zu bitten. Meine Herren / diß wünsche ich mit Hertz vnd Seele / vnd ich verhoffe daß hier etliche seyn / welche diese meine Worte offenbaren / auff daß des Reichs Friede möge befördert werden. Nun jhr Herren / muß ich euch sehen lassen / worinnen jhr aus dem Wege geirrt habt / vnd wil euch einen guten Weg zeigen / dann die Mannier von ewrem procediren / wie ich jemahls habe mercken können / ist der Natur gewesen vmb eine Conquest zu machen / ja in Warheit dieser Weg ist böß, dann eine Conquest jhr Herren / meiner Meinung nach / ist nicht rechtfertig / sie muß dann aus einer rechtfertigen Vrsach entspriessen / dann ein Conquest ohne Vrsach ist eine Rauberey / als jener Seeräuber gegen den grossen Alexander gesaget hat: Jhr seyd ein grosser Rauber ich aber ein kleiner. Jhr Herren / ich weiß / der Weg darinnen jhr wandelt / ist ein verkehrter Weg. Nun / vmb den rechten Weg zu weisen / glaubt mir frey / jhr solt niemahls wohlthun / Gott wird euch auch nicht segnen / biß daß jhr G O t t das seine gebt / vnd dem 303
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70 König das seine. Das ist zu wissen meinen Nachkömlingen vnd meinen Vnterthanen das jhrige. Jch bin so wol zu jhnen geneigt als einer vnter euch allen. Jhr müst Gott das seine geben / nemblich seine Kirch nach seinem Wort zu reguliren / [85] welche jtzund in Dißordre ist / vmb euch den Weg itzund particulirlich zu weisen / ist die Gelegenheit nicht. Sondern diß allein 75 recommandire ich euch / daß jhr einen publicq Synodum zusammen rufft / in welchem ein jeder die Sache mit Freyheit debattiren mag. Hernach kehrte er sich vmb / vnd sprach zu einem welcher das Beil anrührte / beschädigt es nicht / daß es mich nicht beschädige als den König. Des Lands Ordnungen sollen euch genugsam hiervon vnterrichten / vmb daß es mein particulier 80 betrifft / achte ich dieses für genug gesaget. Anlangend meine Vntersassen / fürwar ich begehre jhre Freyheit so wol als jemand / vnd habe die Zeit meines Lebens nach nichts anders getrachtet. Jch sage euch / daß jhre Freyheit in einer guten Regierung vnd Ordnung / mit welcher sie Leben vnnd Guth versichern können / bestehe. 85 Es ist nicht ein Theil an der Regierung zu haben / diß kömpt hier nicht bey. Ein Vnterthan vnd ein König sind gar vnterschiedliche Dinge / biß das jhr das offenbar machet / daß jhr das Volck in solche Freyheit bringet als ich sage / eher werden sie sich selber nicht können frey erkennen. Das ist die Vrsach daß ich hier gekommen bin / hätte ich die Veränderun90 gen der Ordnung vnd des Lägers freye Macht vnd Willen zu lassen wollen / ich wäre niemahls an diesen Ort gekommen / darumb sage ich euch (ich bitte Gott daß es euch nicht möge zugeleget werden) daß ich als ein Märtyrer für das Volck sterbe. Jch wil euch nicht viel länger auffhalten. Nur dieses muß ich euch noch sagen: Daß ich gern länger Zeit begehret hätte / vmb daß ich 95 das jenige was ich geredet habe / in was bessere Ordnung als es nun ist / möchte gestellet haben / aber jhr werdet mich entschuldigt halten. Jch habe mein Gewissen klärlich geoffenbaret / vnd bitte Gott / daß jhr den rechten Weg gehen möget / welcher sich zu des Reichs Wolfahrt erstrecke / vnd zu ewrer Seligkeit förderlich sey. loo
Doctor Juxton / Prediger. Geliebt ewrer Mayestät / wiewol daß ewer Majestäts Affection vnd Jnclination von wegen der Religion / der Welt gnugsam bekand ist / nichts desto weniger wird erwartet / daß Ewre Mayest. hierinnen was geliebe zu sagen zu mehrer Bezeugung.
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König. Jch bedancke euch sehr mein Herr / daß jhr mir dessen eingedenck machet / als von wegen meines Gewissens in der Religion. Jch glaube daß es der 304
gantzen Welt gnugsam bekand sey / vnd darumb erklär ich vor euch allen / daß ich ein Christ sterbe der Reformirten Kirchen von Engelland zugethan / als dieser ehrliche Mann (den Prediger meinend) bezeugen kan. Darauff sich 110 vmbwendend / sagte er zu den Officirern / Excusiret mich / daß ich euch so lange auffhalte. Jch habe eine gerechte Sach vnnd einen barmhertzigen Gott. Hernach sprach er zu dem Colonel Hacker: Sehet doch zu / daß sie mir nicht viel Pein machen. Auff dieses sagte er zu dem Scharffrichter. Jch wil ein kurtzes Gebet spre- [86] chen / vnd wann ich meine Hände außstrecke / dann 115 magstu den Schlag thun. Gegen dem Prediger sprach er: Gebt mir meine Schlaffmütz / vnd als er dieselbe hat auffgesetzet / fragte er den Scharffrichter: Hangt dir auch mein Haar im Weg? Worauff der Scharfrichter Antwortete: Ja. Da stack der König alle seine Haar vnter die Mütz / vnd sagte zu dem Prediger: Jch habe eine gerechte Sache vor / vnd einen barmhertzigen Gott an 120 meiner Seiten.
Doctor Juxton / Prediger sprach: Da ist nur ein Schawplatz mehr / vnd dieser Schawplatz ist voll Trübsal vnd Mühe. Er ist kurtz: aber gedencket / daß er E. May est. ein groß stück Wegs in kurtzer Zeit bringen sol / dann von der Erden solt jhr zu dem Himmel 125 versetzet werden / allda E. Mayest. eine grosse Frewd vnd Ruhe finden wird. König. Jch gehe von einer vergänglich: zu einer vnvergänglichen Krön / wo keine Trübsahl sein kan. Hierauff fragte der König den Scharffrichter zum andern mahl: Jst mein Haar wol aus dem Wege gethan? Damit nam er seinen Mantel 130 ab / vnd das Ritter=Zeichen von S. Joris / welches er am Halse trug / gab es dem Doctor Juxton / vnd sagte: Behaltet was ich euch gesagt habe. Dann zog der König sein Wammes aus / vnd da er nun in seim Futterhembd stund / nam er seinen Mantel wieder vmb / besähe den Block / vnd fragete den Scharffrichter: Ob er fast stünde / der Scharffrichter antwortete; Es ist fast 135 genug Gnädigster König. Der König. Es möcht noch wol was höher gewesen seyn. Scharffrichter. Es kan gegenwertig nicht höher seyn.
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Der König. Wann ich meine Hände außstrecke so verrichte den Schlag. Nach diesem hat er zwey oder drey Wort stehend vnd gar leise gesprochen / Händ vnd Augen gen Himmel gehalten / sich darauff nieder gebückt / das Haupt auff den Block geleget / vnd seine Haare selbst vnter die Mütze gestecket / vnnd diß zu dem Scharffrichter gesprochen: Warte / biß ich dier das Zeichen gebe. Der Scharffrichter. Jch wil es thun. Kurtz hernach streckte der König seine Hände aus / da schlug der Scharffrichter mit einem Schlage des Königs Haupt von dem Leichnam / hub es empor / vnd zeigt es dem Volck. (aus: Vollständiges Englisches Memorial, Edition H , : [Pieter Arentz, Hamburg] 1649, S. 8 3 - 8 6 . Exemplar der British Library: 597.d.27 [1])
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Vna Dama procura la salute del Rè, e di poco manca, che non lo salui. (...) La moglie del Farfaix era parente del Rè, & Dama di grandissimi talenti, questa hauendo saputo, che il Rè douea morire, con occasione, che fù visitata da due principali dell'essercito, & compagni vniti co'l marito, prese campo dalla visita di entrare nel ragionamento della morte imminente del Rè, dimostrando che questa era vna delle più ardite attioni del mondo, & che sarabbe stato bene di diuertirla; quelli due doppo hauer vn pezzo mostrate molte ragioni, per le quali era stato determinato, che quei morisse, dißero ch'ella hauerebbe forsi co'l marito potuto impetrare qualche dilatione, se non altro, perche il solo Milord Farfaix era padrone della vita, & della morte del Rè. Si accorse ella, che questi non affatto la sentiuano bene, onde si pose à pregarli con tanto affetto, che superò gli animi di quei due, e gli promisero, se il Farfaix gliene haueße aperta la strada, volentieri hauerebbono secondato. Et discorsosi poi del modo, quelli Capi dissero, che si poteuano ponere non li quattro Reggimenti destinati ad accompagnare il Rè alla morte, ma altri, ch'erano del Farfaix, & di loro due; dißegnarono anche il quarto di persona confidente, con ordine, che cauato fuori della carcere, l'hauessero condotto all'imbarco sopra vascello, & mandatolo in Francia; fù dunque concluso, che la D a m a la sera, ò la notte si pigliasse cura di guadagnare il marito, che per loro erano guadagnati, & hauerebbono aßentito. Giunto il Farfaix alla casa, incominciò la Dama, che era teneramente amata dal marito à trattarlo con più che ordinarie carezze, cenato c'hebbero, & assai allegramente, ella incominciò; Signore è stata cosi prospera la vostra fortuna, che haueranno eternamente le penne de' scrittori da registrare ne gli annali del tempo la vostra, come la virtù, il valore, & l'alta intelligenza di hauere condotto vno, e due Regni alla compita obbedienza, onde hò io gran materia di gloriarmi d'esser moglie del maggior Caualiere, che viua, & marito, che mi ama con tanta corrispondenza d'affetto, che sò bene di potermi prometter di lui ogni giusta mia volontà, come egli è possessore della mia anima, e tiene le redini del mio arbitrio. Ben vi potete, ò Madama, quei rispose, render certa, ch'io dalla conoscenza del vostro merito, e de i talenti grandissimi del vostro ingegno, e dell'amore, che mi portate, abnegarci ogni mio più viuo senso per adherire al vostro volere. Cosi istimo, disse ella, & però mi prenderò l'ardire di additarui vn mio pensiero, che vi potrebbe anche render più glorioso, che non sete, Se pure non è chi stimi, che maggiore aumento di gloria vi possa auuenire di quella, che vi sete guadagnata. Dite pure, soggiunse il Farfaix, perche i moti della vostra anima guidati dall'amore, che mi portate, vi haueranno forsi suggerito materia, che io da tanta macchina di cose impedito, non haurò immaginato. Assicuratasi la D a m a dalle parole del marito. Vna portione, 307
soggiunse, maggiore della virtù heroica, desidero che risplenda in voi, & è vn' eccesso adorabile di generosità; (e quale disse egli?) il perdono, soggiunse la moglie, ma perdono temperato verso la persona del Rè; cambiossi il Farfaix à queste parole in volto parendogli, che la moglie troppo alto hauesse drizzafi 68] ta la mira, e temendo che addimandasse il ritornarlo al Regno, ben presto le soggiunse. Voi non amate più, ò Madama, il vostro marito, ò se l'amate, l'eccesso dell'amore vi fà traboccare à pensieri, che mi toglierebbono la vita: non sono sempre vere queste regole, ricordateui che non si perdona, ò mia cara à quei grandi, che possono stimar proprio merito il perdono, & non Magnanimità di chi gli togliesse dalle estreme miserie. Non sarabbe cosi tosto il Rè libero, che io entrarei nel luogo di doue il trahessi; Domenticateui, se mi amate, di questo pensiero, non perche io non lo gradisca venendomi da voi, ma perche sarebbe la mia rouina, & poi quando ancora volessi, non sarebbe in mio arbitrio, perche mi si opponerebbono particolarmente (e qui nominò li due, ch'ella haueua di già accordati; &c che io taccio per ragioni, che non deuo manifestare) mio Signore, disse ella, ò non seppi parlare, ò la grandezza della proposta improuisa, non vi lasciò oßeruare vna mia parola; dissi vn temperato perdono, e volli intendere la sola vita, ma vna vita, che non hauesse più à sperare di molestarne le belle vostre attioni d'esserui fatto padrone di questo Regno, se non di ambidue. Vorresti, disse Farfaix, lasciarlo viuer prigione, ma sappiate, che ad vn'anima grande è più noiosa vna tal vita, che la morte, onde lo ponereste in necessità di esser egli stesso ministro à se medesimo di quella durezza di conditione, che hora mi persuadete à leuargli. Ne meno questo è il mio pensiero, quella replicò, ma inuiatelo in Francia, in Olanda, ò doue più vi aggrada, e voi c'hauete di già nelle mani il Regno, sarete sicuro, che non vi potrà offendere fuori ch'ei sia, voi stabilirete quel gouerno di questo Regno, chi vi sete proposto, che vna volta aggiustato, ne il Rè Carlo, ne altri potrà più turbarne il poßesso. Signore, il perdonare all'inimico è la maggiore di tutte le attioni humane, & è tanto grande, che ella (secondo che le sacre parole ne insegnano, che altrimente sarebbe temerità il dirlo) dimostra à Dio la misura di quel perdono, ch'egli hà da vsar con noi. Ricordateui dell'Oratione Dominicale dettatane dalla parola della verità. Signore perdonane, come perdoniamo noi. L'huomo adunque dimostra à Dio, come egli habbia all'huomo stesso à condonare. Io mi prostrarci à vostri piedi per supplicami di questo, non tanto per beneficio del Rè, ma più molto per la grandezza d'animo, che vi acquistareste nell'opinione delle genti dell'vniuerso, ma dubbito, che con vn'atto simile io mostrarei di non credere, che voi haueste cuore da intraprendere vna tanta attione. Vinto da queste parole il marito, & per non essere stimato incapace di atto generoso, promise alla moglie, c'hauerebbe tentato gli animi de gli altri due, 308
& che se gli haueße, trouati procliui, hauerebbe sodisfattala. La moglie, che si stimò d'essere in porto, hebbe per buon conseglio di non dire al marito d'hauere di già guadagnati quei due per non mostrare di hauer tanta autorità, ò intercessione con essi quanta hauea co'l marito. Sapeua ella bene quanto sia facile la nascita d'vn sospetto in vn marito, non poteua ad vn marito amante parere, questa materia da impetrarsi senza vn precedente Dominio dell'anima, à cui di chiede, ella transcendeua troppo quei termini di compiacimento, che p u ò passare trà Dama, e Caualiero. Deliberato il Farfaix di seruire alla volontà della moglie, anche la notte nell'hore delle vigili ratificò, e giurò la promessa. N o n apparue cosi presto il giorno, chei fù in piedi, e vestito disse alla moglie; vado à tentar gli amici, pregate il vostro buon genio, che persuada i loro, & vdirete presto, c'haurò preso il vostro consiglio; andossene, & per via trouò quelli, che sapeua, c'hauerebbe veduti prima di entrare in Parlamento, e ben, disse loro, che vi pare della Tragedia preparata? quelli che voleuano tentare se la moglie haueua piegato l'animo del marito, null'altro dissero, se non che le cose erano à segno, ne mancaua altro, se non ch'egli disse alla macchina quel moto, che da lui dipendeua. Il Farfaix, che non voleua dar inditio di volubile in materia da lui cosi lungamente ordita, ma volea pur vedere [169] s'eglino dauano qualche m o t o di pietà, rispose, io non hò mai fatto cosa senza il vostro consiglio, & però non meno da voi, che da me dipende ancora il rimanente; vno di essi per vscire de' termini delle cerimonie, e conoscer pure gli effetti della interpositione della moglie, soggiunse; le sentenze si danno, acciò che siano esseguite, e qui si tacque per lasciar il luogo al dire, che non ogni vna si pone in effetto. Ma il Farfaix dubitando, che questi non fossero per piegare, costante nelle sue opinioni replicò, muora egli adunque. Et entrò in Parlamento; gli altri due restati fuori, dißero l'vn l'altro; la moglie non impetrò da lui quello, che ottenne da noi, disse l'altro, fù buon conseglio il non vscire à materia di pietà, vuole Iddio, ch'egli muora. La Dama cosi per troppa accortezza di non confidare di hauer la promessa de i suoi, restò ingannata di se mededesima [sic], & in vano tentò la salute del Rè; in tanto ella mandò più volte vn paggio ad informarsi, se si mutauano li Reggimenti della guardia del Rè, vdendo che nò, tanto se ne auffliße, che addolorata non tardò molto à terminare cosi gran trauaglio, perche se ne infermò, &C vi lasciò la vita. Il Farfaix anch'egli, non ardiua di ritornare à casa per non esser improuerato, che non hauesse saputo seruire alla moglie, onde conuenne che ciascheduno si accomodaße alla determinatione di Dio. (aus: Maiolino Bisaccioni, Historia delle gverre civili di qvesti vltimi tempi, qvarta editione, Venetia, per Francesco Storti 1655, S. 167-169. Exemplar der British Library: 582.Í.14.)
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Bildnachweise
Abbildung 1 (S. 82): Ausschnitt aus: William Faithorne, An Exact Delineation of the Cities of L o n d o n and Westminster, L o n d o n 1658 (repr. L o n d o n Topographical Society, 1905) BL L o n d o n : Maps 183. p. 1 (4) Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung der London Topographical Society und der British Library Dieser Kartenausschnitt zeigt die alten Parlamentsgebäude in Westminster, den Palastkomplex von Whitehall und auf der gegenüberliegenden Seite des Parks den Palast von St. James's. Abbildung 2 (S. 102): Kupferstich aus: Vermehrtes und Vollständiges Englisches Memorial, o. O . 1649. SB M ü n c h e n : Res. 4° Brit. 79 Dieser Stich von der E n t h a u p t u n g Karls I. ist mit wenigen Variationen in allen holländischen und deutschen Editionen des »Englischen Memorials« enthalten. Er w u r d e ebenfalls auf zahlreichen illustrierten Flugblättern des Jahres 1649 abgebildet und einzelnen Flugschriften über den T o d Karls I. als Beilage beigefügt. Abbildung 3 (S. 122): Frontispiz zu: Ε Ι Κ Ω Ν Β Α Σ Ι Λ Ι Κ Η oder Abbildung des Königs Carl in seinen Drangsahlen / und Gefänglicher Verwahrung, o. O . 1649 LB O l d e n b u r g : G e III 2 c y 251 Das dreiteilige Frontispiz, das im unteren Teil den König im Gefängnis bei der Abfassung der Ε ί κ ώ ν Β α σ ι λ ι κ ή zeigt, ist nur in dieser deutschen Ausgabe zu finden. D e r Stecher Frans Allen basierte seinen Stich auf dem in vielen Varianten verbreiteten Originalfrontispiz von William Marshall. Abbildung 4 (S. 237): J o h n Fisher, Survey and G r o u n d Plot of the Royal Palace of White Hall. aus: J. Charlton, The Banqueting House, L o n d o n 1964 Dieser G r u n d r i ß des Palastkomplexes von Whitehall wurde um 1680 von J o h n Fisher angefertigt und 1747 von George Vertue veröffentlicht. Bei dieser undatierten Zeichnung, deren H e r k u n f t ich nicht in Erfahrung bringen konnte, handelt es sich um eine genauere Darstellung der örtlichen Gegebenheiten als in dem D r u c k von 1747. Man erkennt deutlich die Stiege, über die Karl I. am 30. Januar 1649 vom St. James's Park in den Palast von Whitehall geführt wurde, die Gemächer, in denen er auf seine E n t h a u p t u n g wartete und das Banqueting House, vor dem er hingerichtet wurde. Z u sehen ist ebenfalls die Lange Gallerie, in der Fairfax nach der Exekution mit Juxon und H e r b e r t zusammentraf.
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Abbildung 5 (S. 248): Frontispiz zu: Peter Heylyn, Der Entsehlte König Carli von Groß Britannien, Hamburg 1660 L B Hannover: Gg-A 481 Dieser Kupferstich von Bartholomäus Iselburg ist eine Kopie des von William Marshall entworfenen Originalfrontispizes in der englischen Ausgabe des Buches. Einzig die von Putten getragene Banderole mit der Aufschrift »FIDEI DEFENSOR« wurde fortgelassen. Die Inscriptio ist ein Zitat aus 1. Samuel 8,7. Abbildung 6 (S. 260): Holzschnitt zu: Afbeeldinge van de Executie, gedaen aen verscheyde Persoonen, die geseten hebben over de Doodt van Carel Stuart de I., O.O. o . J . Rijksprentenkabinet, Amsterdam: FM 2166 Diese Hinrichtungsszene soll die Bestrafung der Königsmörder am 21. Oktober 1660 in London darstellen. Doch die Initialien auf dem Rücken des mittleren Soldaten im Vordergrund zeigen, daß es sich um eine Exekution zur Zeit Jakobs I. handelt. Es ist in der Tat eine Kopie eines Holzschnittes, der die Hinrichtung von Guy Fawkes 1606 illustriert. Weitere Kopien dieser Tyburn-Szenen lassen sich auf anderen deutschen Flugblättern der Jahre 1660/1661 finden. Abbildung 7 (S. 280): Kupferstich aus: Filip von Zesen, Die verschmähete / doch wieder erhöhete Majestäht, Amsterdam 1662 L B Hannover: Gg-A 940 (1) Die Abbildung zeigt, wie die exhumierten Körper von Cromwell, Bradshaw und Ireton an einem Galgen ausgestellt, dann gevierteilt und ihre Innereien verbrannt wurden (am Tyburn, der traditionellen Gerichtsstätte im Westen Londons). Ihre Köpfe wurden anschließend auf der Westminster Hall (nicht auf der Banqueting Hall wie in Zesens Abbildung) zur Schau gestellt. Abbildung 8 (S. 282): Warhafftige Relation ausz Londen / Von 1 Februarii / 1661., o. O . o . J . H A B Wolfenbüttel: Gr. 4° Mischbd. 3 (4) Es handelt sich hierbei um eines von mehreren deutschen Flugblättern über die Exhumierung der Leichen von Cromwell, Bradshaw und Ireton. Auch hier sehen wir eine der schematischen Tyburn-Szenen, die mit wenigen Variationen für alle Hinrichtungsdarstellungen verwendet wurden. Abbildung 9 (S.297): Kupferstich aus: Theatrum Europaeum, Bd. 6, hg. v. Johann Georg Schieder, Frankfurt/M. 2 1663 SB Berlin (West): Qe 1008-6 Vier dieser Szenen aus dem Leben Karls I. sind Kopien eines illustrierten Flugblatts mit dem Titel »OMNIA VANITAS«, das Sebastian Furck 1649 in Frankfurt/M. herausgegeben hatte. Die mittlere Szene, die Karl I. im Gefängnis darstellt, kopiert das Frontispiz der deutschen Ausgabe des Είκών Βασιλική.
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