Die Praxis des organischen Chemikers [30., unveränd. Aufl. Reprint 2019] 9783111454931, 9783111087504

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Table of contents :
Vorwort zur Neubearbeitung
Vorwort zur siebenuridzwanzigsten Auflage
Vorwort zur achtundzwanzigsten Auflage
Inhalt
Abkürzungen
A. Einige allgemeine Arbeitsregeln
B. Elementar-analytische Methoden
C. Organisch-präparativer Teil
Zur Verhütung von Unfällen
Die erste Ausrüstung
1. Die Substitution von Hydroxyl und Wasserstoff durch Halogen. Alkohole. Olefine
II. Carbonsäuren und ihre einfachen Abkömmlinge
III. Nitroverbindungen und ihre Reduktionsprodukte
IV. Sulfonsäuren
V. Aldehyde
VI. Phenole und Enole, Keto-Enol-Tautomerie
VII. Die Diazoverbindungen
VIII. Chinoide Verbindungen
IX. Die Synthesen nach Grignard und Friedel-Crafts, Organische Radikale
X. Heterocyclische Verbindungen
XI. Hydrierung und Reduktion, Ozonisation
XII. Naturstoffe
D. Organische Gruppenanalyse
Kurze Anleitung zur Benützung der organisch-chemischen Literatur
Literaturpräparate
Tabelle zur Berechnung der Stickstoffbestimmungen
Sachregister
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Die Praxis des organischen Chemikers [30., unveränd. Aufl. Reprint 2019]
 9783111454931, 9783111087504

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L.

GATTERMANN

DIE PRAXIS DES ORGANISCHEN CHEMIKERS 30., U N V E R Ä N D E R T E A U F L A G E

BEARBEITET

VON

HEINRICH WIELAND

MIT

58 A B B I L D U N G E N

BERLIN

IM

TEXT

1943

WALTER DE GRUYTER & CO. VORMALS G. J. GÖSCHEN'SCHE VERLAGSHANDLUNG — I. GUTTENTAG, VERLAGSBUCHHANDLUNG - GEORG REIMER - KARL J. TRÜBNER — VEIT & COMP.

Alle R e c h t e , einschließlich des Ü b e r s e t z u n g s r e c h t s ,

vorbehalten.

Copyright 1 9 4 3 by W a l t e r de G r u y t e r & Co. • o n n . G. J . Göschen'sche Verlagshandlung, J . Guttentag, Verlagsbuchhandlung Georg Reimer, Karl J . T r ü b n e r , Veit & Comp. Berlin W 35 Archiv-Nr. 521943. Printed in Germany D r u c k v o n W a l t é r d e G r u y t e r & C o . , B e r l i n W 35

Vorwort zur Neubearbeitung1 Vor etwas mehr als dreißig Jahren hat L U D W I G GATTERMANN die erste Auflage seiner Anleitung für das organ.-chemische Praktikum dem Druck übergeben. Das System, die. präparativen Vorschriften mit theoretischen Erläuterungen zu versehen, hat sich zweifellos bewährt. Dafür spricht schon die große Verbreitung des Buches; es hat 18 Auflagen erlebt. — Die Erlernung der methodischen Technik ist gewiß das Hauptziel des organischen Praktikums; als bloße Kochkunst und Laborantenfertigkeit ausgeübt, leistet sie jedoch zu wenig. Die Methodik beherrschen heißt vor allem auch, den Sinn ihrer Anwendung verstehen, ihre vielfältigen Ausdrucksformen am richtigen Platz handhaben. Es ist auch hier der Geist, der sich den Körper baut. Wir verlangen, daß der Praktikant mit den Umwandlungen, die er präparativ betreibt, thecietisch vertraut sei. Der den einzelnen Präparaten angefügte Kommentar soll den Uberblick über das gerade bearbeitete Gebiet erleichtern und zum Gebrauch der Lehrbücher und der Originalliteratur, zum Nachschürfen anregen. Nachdem jetzt die Grundlagen der organischen Chemie beim präparativen Arbeiten an den deutschen Hochschullaboratorien vorausgesetzt werden können, lag die Gefahr, ihn zur „Eselsbrücke" zu gestalten, fem. Mit Vorbedacht sind die Anforderungen nach der praktischen und nach der theoretischen Seite in dieser Neubearbeitung gesteigert worden. Was in den vergangenen 30 Jahren an „Schulsack" genügte, das ist jetzt zu knapp für den, der sich an der Bearbeitung der für Wissenschaft und Technik gleichermaßen zugespitzten und schwieriger gewordenen Aufgaben beteiligen will. Der Gedarke, das präparative Praktikum gleichzeitig zu einem Erfassen und Erleben der organischen Chemie werden zu lassen, hat die Anordnung des Stoffs vom Gesichtspunkt des systematischen Zusammenhangs aus gefordert. Man wird sehen, daß dem dadurch bedingten Aufbau die präparative Anstiegslinie vom Leich1

Neunzehnte Auflage des Werkes.

VI

Vorwort

teren zum Schwierigeren kaum ernstlich zuwider verläuft. Und der Gewinn an abgerundeter Ausbildung, der zu erwarten steht, ist erheblich. Der allgemeine Teil und ebenso der analytische sind vollkommen umgearbeitet worden unter starker Kürzung zugunsten der Präparate. Durch ihre Vermehrung soll einige Abwechslung geboten und dem schematischen Zug im organischen Praktikum entgegengewirkt werden. Meinen Assistenten, vor allem den Herren Dr. FRANZ B E R G E L und F . GOTTWALT F I S C H E R bin ich für ihre unermüdliche Mithilfe bei der Ausführung zahlloser Versuche zu großem Dank verpflichtet. Herr FISCHER hat außerdem die in dieser Bearbeitung neuen Figuren gezeichnet und das Register angefertigt. F r e i b u r g i. B., Ostern 1925 Heinrich Wieland

Vorwort zur siebenuridzwanzigsten Auflage Dem präparativen Abschnitt ist in dieser Auflage eine kurze Anleitung zur organischen Gruppen-Analyse angeschlossen worden. Mit ihrer Hilfe soll der Praktikant lernen, einfache organische Substanzen ihrer Natur nach zu erkennen und in die sie umfassende Stoffgruppe einzugliedern. Es wird sich hier zeigen, ob die präparative Tätigkeit dem Praktikanten den Grad von Vertrautheit mit den synthetisch bereiteten Stoffen verschafft hat, den er als Voraussetzung für die neue Aufgabe braucht, deren Rahmen mit Vorbedacht beschränkt wurde. An Stelle der im Laboratorium kaum mehr angewandten S A B A T i E R S c h e n Hydrierungsmethode, die man in dieser Auflage gestrichen hat, sind einige Präparate aufgenommen worden, die die Bekanntschaft mit modernen Methoden (Anwendung organischer Lithiumverbindungen, Oxydation mit Selendioxyd) vermitteln. Der Kenner des Buches wird außerdem an zahlreichen Stellen Ergänzungen und Verbesserungen antreffen. Man hat einen Mangel dieses Buches darin gesehen, daß in den Erläuterungen diese oder jene moderne Theorie nicht berücksichtigt sei. Dazu ist zu bemerken, daß das Werk, wie schon sein Titel sagt, kein Lehrbuch der organischen Chemie sein soll noch will.

VII

Vorwort

Ich würde es nicht für glücklich halten, seinen Zweck und seine Bestimmung durch die Besprechung noch schwebender theoretischer Fragen zu erweitem. Aus dem gleichen Grund ist auch die Elektronentheorie der chemischen Bindung nicht behandelt. Herr Dr. R U D O L F H Ü T T E L hat mich bei der Erprobung der neu aufgenommenen Teile sehr nachhaltig unterstützt. Ich möchte ihm dafür auch hier vielmals danken. München, 21. März 1940 Heinrich Wieland

Vorwort zur achtundzwanzigsten Auflage Die Neuauflage bringt nur wenige sachliche Änderungen. Auf Wunsch des Verlags wurde versucht, die präparativen Vorschriften durch Anwendung verschiedener Drucktypen übersichtlicher zu gestalten. Herrn Dr. R U D O L F HÜTTEL habe ich für seine unermüdliche Mithilfe vielmals zu danken. M ü n c h e n , im Juni 1941 Heinrich Wieland

Inhalt A. Einige allgemeine Arbeitsregeln Reaktionsgeschwindigkeit und Temperatur Reindarstellung organischer Substanzen Kristallisation Chromatographische Adsorption Destillation Sublimation . . . Destillation mit Wasserdampf Abdestillieren von Lösungsmitteln Ausschütteln. Extrahieren Das Arbeiten mit komprimierten Gasen Erhitzen unter Druck Rühren und Schütteln Schmelzpunktbestimmung

Seile

1 3 4 16 16 27 28 30 32 36 37 39 40

B. Elementar-analytische Methoden Qualitativer Nachweis des Kohlenstoffs, Wasserstoffs, Schwefels und der Halogene Die quantitative organische Elementaranalyse X. Stickstoffbestimmung nach DUMAS II. Bestimmung von Kohlenstoff und Wasserstoff nach LIEBIG . . . . I I I . Bestimmung von Halogen, Schwefel und sonstigen Elementen . . 1. Halogenbestimmung nach CARIUS S. 71. 2. Argentometrische Bestimmung von Chlor und Brom S. 74. 3. Jodbestimmung nach LEIPERTMÜNSTER S. 78. 4. Schwefelbestimmung nach CARIUS S. 79. 6. Schwefelbestimmung durch Verbrennung S. 80. 6. Gleichzeitige Bestimmung von Halogen und Schwefel S.'81. 7. Bestimmung der übrigen Elemente S. 81. IV. Bestimmung organischer Gruppen 1. Maßanalytische Bestimmung der Methoxylgruppe S. 82. 2. Bestimmung der Acetyl- und Benzoylgruppe S. 84. 3. Bestimmung von aktivem Wasserstoff nach TSCHUGAEFF-ZEREWITIKOFF S. 86. 4. Molekulargewichtsbestimmung S. 88.

43 47 47 66 70

82

C. Organisch-präparativer Teil Zur Verhütung von Unfällen Die erste Ausrüstung . . .

90 92

X

Inhalt 1. Die Substitution von Hydroxyl und Wasserstoff durch Halogen. Alkohole. Olefine Seite

1. Äthylbromid aus Äthylalkohol Methylbromid S . 9 7 . 2. Äthyljodid aus Äthylalkohol Methyljodid S. 98. 3. Benzylchlorid aus Toluol 4. Brombenzol p-Dibrombenzol S. 107. 6. Ungesättigte Kohlenwasserstoffe a) Äthylen aus Äthylalkohol. Äthylenbromid S. 109. b) Cyclohexen aus Cyclohexanol und Cyclohexadien S. 112. 6. Glykol aus Äthylenbromid 7. Iso-amyläther 8. Chloressigsäure aus Essigsäure und Chlor

96 97 102 106 109 117 120 120

IT. Carbonsäuren und ihre einfachen Abkömmlinge 1. Säurechloride a) Acetylchlorid S. 123; b) Benzoylchlorid S. 123, Acetanilid S. 126, Benzoylperoxyd S. 127. 2. Essigsäure-anhydrid 3. Acetamid Benzamid S. 132. 4. Harnstoff und Semicarbazid a) Kaliumcyanat durch Oxydationsschmelze S. 133; b) Harnstoff S. 134; c) Semicarbazid S. 136; d) Harnstoff und Harnsäure aus Harn S. 137. 6. Nitrile a) Acetonitril S. 138; b) Benzylcyanid S. 138. 6. Verseifung eines Nitrils zur Säure. Phenylessigsäure 7. Säureester a) Essigsäureäthylester aus Eisessig und Alkohol S. 142, Benzoesäureäthylester S. 143; b) Isoamylnitrit S. 147, Äthylnitrit S. 148; c) Äthylnitrat S. 149; d) Verseifung von Fett oder pflanzlichem ö l S. 160, Darstellung der freien Fettsäuren S. 151, Glycerin S. 161; Zur Fettanalyse S. 151. 8. Abbau der Carbonsäuren zu den nächst niederen Aminen a) HoFMANNsche Reaktion, Methylamin aus Acetamid S. 162; b) Die CuRTiussche Reaktion S. 153, Benzazid S. 153, Phenylcyanat S. 154, Phenylurethan S. 164.

123 128 131 133 138 141 142

162

m . Nitroverbindungen und ihre Reduktionsprodukte 1. Nitromethan 166 Methylamin S. 168, N-Methylhydroxylamin S. 168, Methylnitrolsäure S. 158, Knallsilber S. 159, Phenvlnitroäthylen S. 160. 2. Nitrierung eines aromatischen Kohlenwasserstoffs 161 a) Nitrobenzol S. 161; b) Dinitrobenzol S. 162. 3. Reduktion einer Nitroverbindung zu einem Amin 164 a) Anilin aus Nitrobenzol S. 164, Diphenylthioharnstoff, Phenylsenfol S. 169; b) m-Nitranilin aus m-Dinitrobenzol S. 170.

Inhalt

XI Seite

4. Phenylhydroxylamin 173 p-Aminophenol S. 175, Nitrosophenylhydroxylamin S. 176. •5. Nitrosobenzol 178 Nitrosobenzol aus Anilin und CAROscher Säure S. 178, Azobenzol aus Anilin und Nitrosobenzol S. 180, Azoxybenzol aus Phenylhydroxylamin und Nitrosobenzol S. 181. 6. Hydrazobenzol und Azobenzol 182 a) Hydrazobenzol S. 182; b) Azobenzol aus Hydrazobenzol S. 183; c) Benzidin aus Hydrazobenzol S. 184, Mechanismus der Nitrobenzol-Reduktion S. 186. IV. Sulfonsäuren 1. Benzolmonosulfonsäure aus Benzol und Schwefelsäure 188 Diphenylsulfon S. 188, Benzolsulfochlorid S. 189, Benzolsulfamid S. 189, Benzsulfhydroxamsäure S. 189. 2. 3. 4. 5.

p-Toluolsulfonsäure ß-Naphthalinsulfonsäure Sulfanilsäure aus Anilin und Schwefelsäure 2,4-Dinitro-a-naphthol-7-sulfonsäure (Naphtholgelb S) Thiophenol S. 198.

190 191 192 192

V. Aldehyde 1. Formaldehyd Gehaltsbestimmung S. 201.

199

2. Acetaldehyd a) aus Äthylalkohol S. 201; b) aus Acetylen S. 204.

201

3. Benzaldehyd aus Benzalchlorid 205 Paraldehyd S. 212, Metaldehyd S. 213. 4. CANNizzAROsche Reaktion. Benzoesäure und Benzylalkohol aus Benzaldehyd 215 •6. Acyloin-kondensation. Benzoin aus Benzaldehyd Benzil aus Benzoin S. 217, Benzilsäure S. 219.

217

6. Anlagerung von Cyanwasserstoff an einen Aldehyd. Mandelsäure aus Benzaldehyd 7. Alanin

222 224

8. PERKiNSche Synthese. Zimtsäure aus Benzaldehyd und Essigsäure . . 226 Hydrierung der Zimtsäure S. 228, Natriumamalgam S. 229. 9. REiMER-TiEMANNSche Synthese. Salicyldehyd aus Phenol und Chloroform 230 p-Oxybenzaldehyd S. 231. VI. Phenole und Enole, Keto-Enol-Tautomerie 1. Überführung einer Sulfonsäure in ein Phenol. /?-Naphthol 233 Benzoesäurephenylester S. 235, Benzoesäurenaphthylester S. 235, Tribromphenol S. 236.

Inhalt

XII

Seite

2. Methylierung von Phenolen a) Anisol S. 237; b) Nerolin S. 238

237

3. o- und p-Nitrophenol

239

4. Die KoLBESche Salicylsäuresynthese

242

5. Synthese eines /?-Ketonsäureesters. Acetessigester

244

6. Acetylaceton Benzoylaceton S. 246.

245

7. Malonsäure-diäthylester Äthylnialonester S. 247, Äthylmalonsäure Athylmalonsäure S. 248. 8. Phenylnitromethan a) aci-Phenyl-nitro-acetonitril-natrium methannatrium S. 249.

S. 248,

Buttersaure

aus

247

249 S. 249;

b)

aci-Phenylnitro-

Über Keto-Enol-Tautomerie

250

Die Anwendung von Acetessigester und Malonester für Synthesen . . 256 VII. Die Diazoverbindungen Allgemeines

260 A. A l i p h a t i s c h e

Diazoverbindungen

1. Diazomethan Nilrosomcthylharnstoff S. 262. 2. Diazoessigester a) Glykokollester-chlorhydrat essigester S. 269. B. A r o m a t i s c h e

226

S. 266, Hippursaure S. 269; b) Diazo-

266

Diazoverbindungen

3. Diazotierung von Anilin. Phenol, Jodbenzol und Benzol aus Anilin. Isomerie der Diazoverbindungen 273 a) Darstellung einer Diazoniumsalzlösung S. 273; b) Umkochung der Diazoniumsalz-Lösung zu Phenol S. 274; c) Jodbenzol aus Anilin S. 276, Phenyljodidchlorid, Jodosobenzol, Jodobenzol; d) Benzol aus Anilin S. 277; e) Festes Phenyldiazoniumchlorid S. 278, Phenyldiazoniumnitrat S. 278; Phenyldiazoniumperbromid S. 280, Phenylazid S. 280; f) Natriump-nitrophenylantidiazotat S. 282. 4. p-Tolünitril aus p-Toluidin (SANDMEYERSChe Reaktion) Benzonitril S. 283, p-Toluylsäure S. 283.

282

5. Arsanilsäure aus p-Nitranilin

286

6. Phenylhydrazin Benzol aus Phenylhydrazin S. 290, Indolsynthese S. 290.

287

7. Darstellung von Azoiarbstoffen 291 a) Helianthin S. 291; b) Kongorot S . 2 9 3 ; c) /?-Naphtholorange S. 294; Diazoaminobenzol und p-Aminoazobenzol S. 294. Über die Kuppelungsreaktion der Diazoverbindungen

296

Inhalt

XIII Seite

VIII. Chinoide Verbindungen 1. Chinon aus Anilin

299

Hydrochinon S. 301, Anilinochinon S. 302, Dien-Synthese S. 302, Chinhydron S.304. 2. p-Nitrosodimethylanilin Dimethylamin und p-Nitrcsophenol 306.

306

3. p-Aminodimethylanilin W U R S T E R S Rot S. 311,

307

BINDSCHEDLERS

Grün S. 312, Methylenblau S. 312.

4. Basische Triphenylmethanfarbstoffe 314 Malachitgrün aus Benzaldehyd und Dimethylanilin S. 314, Bleidioxyd S. 316. 6. Fluorescein und Eosin

316

Theoretisches über Triphenylmethanfarbstoffe

ßl7

Phthalocyanin

323

6. Alizarin

324 IX. Die Synthesen nach Grignard und Friedel-Crafts, Organische Radikale Die GRiGNARDSche Reaktion

1. Darstellung von Alkoholen 326 a) Benzhydrol aus Benzaldehyd und Phenylmagnesiumbromid S. 326; b) Triphenylcarbinol aus Benzoesäureäthylester und Phenylmagnesiumbromid S. 327. 2. Synthese eines Ketons aus einem Nitril. Acetophenon Die

FRIEDEL-CRAFTS

328

sehe Synthese

3. Ketonsynthese 331 a) Benzophenon aus Benzoylchlorid und Benzol S. 333, BECKMANNsche Umlagerung S. 334; b) Acetophenon aus Benzol und Essigsäureanhydrid S. 336. 4. Triphenylchlormethan aus Benzol und Tetrachlorkohlenstoff 6. 2,4-Dioxyacetophenon aus Resorpin und Acetonitril 6. Chinizarin aus Phthalsäureanhydrid und Hydrochinon Organische

. . . .

336 337 337

Radikale

7. Hexaphenyläthan 8. Tetraphenyl-hydrazin Diphenylnitrosamin S. 346.

341 344

X. Heterocyclische Verbindungen 1. Pyridinderivate a) Synthese von Collidin nach S. 363. 2. Chinolin a) ? K R A U P s c h e Chinolinsynthese DOEBNER-MILLER

S. 366.

HANTZSCH

S. 364;

S. 349; b) A-Aminopyridin

b)

Chinaldinsynttiese nach

349 364

Inhalt

XIV

Seite

3. ot-Phenylchinolin aus Chinolin und Lithiumphenyl 4. Indigo

Phenylglycin S . 359, Indoxylschmelze S. 369, Indigoküpe S. 362, Dehydroindigo S. 364.

357 359

XI. Hydrierung und Reduktion, Ozonisation 1. Katalytische Hydrierung mit Palladium

365

2. Ersatz von Sauerstoff in Carbonylverbindungen durch Wasserstoff (Reduktion nach CLEMMENSEN)

371

Darstellung von Palladium-Tierkohle S. 368, Darstellung von Platinoxyd S. 368.

a) Athylbenzol aus Acetophenon S. 3 7 1 ; b) Dibenzyl aus Benzil S. 371.

3. Oxydation von Malonester zu Mesoxalsäureester mit Selendioxyd . . 372 4. Adipin-dialdehyd aus Cyclohexen durch Ozonisation

372

XII. Naturstoffe 1. 2. 3. 4. 5.

Furfurol d-Glucose aus Rohrzucker Spaltung von Rohrzucker durch Saccharase /3-Pentacetyl-glucose und a-Aceto-bromglucose Milchzucker und Casein aus Milch Säurehydrolyse des Caseins S . 3 8 0 .

6. d-Galaktose aus Milchzucker

Schleimsäure S. 381, PyTrol S. 381.

7. Octacetyl-cellobiose und Cellobiose Einige Erläuterungen über Kohlenhydrate 8. Verzuckerung von Stärke und alkoholische Gärung 9. d-Arginin-chlorhydrat aus Gelatine 10. Coffein aus Tee 11. Nicotin aus Tabakslauge 12. Hämin aus Rinderblut

Chromatographische Adsorption der Blattfarbstoffe S. 397.

13. Die Hauptbestandteile der Rindergalle

Glykocholsäure S. 398, Cholsäure S. 399, Desoxycholsäure, Fettsäuren und Cholesterin S. 400.

374 376 376 378 379 381 382 383 388 391 392 393 394 -398

D. Organische Gruppenanalyse I. Allgemeines II. Die Merkmale der einzelnen Gruppen III. Ausführung der Analyse

405 406 415

Kurze Anleitung zur Benützung der organisch-chemischen Literatur . . 419 Literaturpräparate 423 Tabelle zur Berechnung der Stickstoffbestimmun'gen 425 Register 427

Abkürzungen

Abkürzungen A. = A. ch. = J . Am. Soc. = B. = Bl. = C. = H. =

Helv. = J.pr. = M. = Ree. = Soc. = Z. Ang. =

Annalen. Annales de chimie et de physique. Journal of the American Chemical Society. Berichte der Deutsch, ehem. Gesellschaft. Bulletin de la société chimique de France. Chem. Zentralblatt. H O P P E - S E Y L E R S Zeitschr. für Physiolog. Chemie. Helvetica chimica acta. Journal für praktische Chemie. Monatshefte für Chemie. Recueil des trav. chim. des Pays-Bas. Journal of the Chemical Society of London. Zeitschrift für angewandte Chemie. LIEBIGS

XV

A. Einige allgemeine Arbeitsregeln Reaktionsgeschwindigkeit und Temperatur: Von den Reaktionen, die den Inhalt des anorganisch-analytischen Praktikums bilden, unterscheiden sich die der o r g a n i s c h e n Chemie vor allem in der G e s c h w i n d i g k e i t des Verlaufs. Dort haben wir fast ausschließlich mit unmeßbar rasch vor sich gehenden I o n e n r e a k t i o n e n zu tun; die Umsetzungen der organischen Substanzen dagegen erfolgen meist viel l a n g s a m e r und erfordern daher in diesen Fällen zur präparativen Durchführung die beschleunigende Wirkung erhöhter Temperatur. Mit d e r S t e i g e r u n g d e r T e m p e r a t u r u m 10° i s t e i n e S t e i g e r u n g d e r R e a k t i o n s g e s c h w i n d i g k e i t auf d a s 2—3fache v e r b u n d e n . Wenn wir die Geschwindigkeit bei 20° mit v bezeichnen, so wird sie sich bei 80° auf durchschnittlich v • 2,5® erhöhen. Die Reaktion wird also in siedendem Alkohol etwa 250mal rascher verlaufen als bei Raumtemperatur. Aus diesem Grund werden viele Umsetzungen organischer Stoffe mit erhitzten Lösungen, meist bei S i e d e t e m p e r a t u r , vorgenommen. Der Dampf des Lösungsmittels wird in einem, dem Reaktionsgefäß aufgesetzten, von Leitungwasser durchströmten K ü h l e r kondensiert, derart, daß das verdampfte Lösungsmittel andauernd wieder zurückfließt. Um eine Lösung zu konzentrieren, wird das Lösungsmittel „ a m a b s t e i g e n d e n K ü h l e r " abgedampft. Bequemer als der L i e b i g s c h e K ü h l e r sind für diesen Zweck S c h l a n g e n k ü h l e r verschiedener Konstruktion, die aber für das Arbeiten „ u n t e r R ü c k f l u ß " wegen der in der Schlange zwischen Dampf und Außenatmosphäre sich bildenden Flüssigkeitsschicht weniger geeignet sind. Für beide Verwendungsarten hat sich der von D i m r o t h angegebene Kühler gut bewährt, bei dem F l g " die Schlange vom Kühlwasser durchströmt wird (Fig. 1). Um die Kondensation von Wasserdampf auf der Kühlschlange zu vermeiden, Gattermann,

Praxis d. organ. Chemikers.

39. A u f l .

1

2

Einige allgemeine Arbeitsregeln

wird der obere Tubus zweckmäßig mit einem C a l c i u m c h l o r i d r o h r versehen. Benutzt man Lösungsmittel, die über 100° sieden, so kann der Wasserkühler durch ein l a n g e s , w e i t e s G l a s r o h r ( S t e i g r o h r ) ersetzt werden. Zur Verbindung des Kühlers mit dem Reaktionsgefäß dient ein dicht anschließender K o r k s t o p f e n , der vor dem Einbohren des Loches mit der Korkpresse weich gemacht wird. Das Lumen des zu wählenden Korkbohrers soll kleiner sein, als das des einzusetzenden Glasrohrs. Die Durchbohrung erfolgt mit dem in der Bunsenflamme erhitzten Bohrer von der kleineren Fläche des Korkes aus, streng vertikal zum Laboratoriumstisch als Unterlage. Das Abdichten von Stopfen mit Kollodium sollte tunlichst vermieden werden. G u m m i s t o p f e n sollen im allgemeinen nicht verwendet werden bei Operationen, bei denen sie den Dämpfen siedender organischer Lösungsmittel ausgesetzt sind, da sie stark aufquellen und zudem lösliche Bestandteile abgeben, die die Reaktionslösung verunreinigen. Am saubersten läßt sich mit N o r m a l s c h l i f f g e r ä t e n arbeiten (siehe z. B . Fig. 46); ihr einziger Nachteil ist ihr ziemlich hoher Preis. Außenkühlung: Viele Reaktionen, die unter starker Wärmeentwicklung verlaufen, müssen gemäßigt werden. Auch wenn zersetzliche Substanzen darzustellen sind, für die erhöhte Temperatur gefährlich ist, muß häufig für Kühlung des Reaktionsgemisches Sorge getragen werden. Der Grad der Kühlhaltung ist verschieden und wird je nach der zu beseitigenden Wärmemenge und in Abhängigkeit von der jeweils erforderlichen Reaktionstemperatur erzeugt durch f l i e ß e n d e s L e i t u n g s w a s s e r (8—12°), durch E i s , das, fein zerstoßen, mit wenig Wasser durchtränkt wird, durch E i s - K o c h s a l z g e m i s c h (0 bis —20°) und durch eine Mischung von f e s t e r K o h l e n s ä u r e mit Ä t h e r oder A c e t o n (bis—80°). F l ü s s i g e L u f t wird beim organisch-präparativen Arbeiten im allgemeinen nicht benötigt. Zur Darstellung einer K ä l t e m i s c h u n g , wie man sie sehr häufig braucht, wird in der Eismühle oder im Metallmörser gut zerkleinertes Eis mit etwa l / 3 der Menge Viehsalz mit Hilfe einer kleinen Holzschaufel gut durcheinander gemischt, am besten in einer niederen Glasschale mit flachem Boden oder in einem niederen Emailtopf. Um ein Kältegemisch stundenlang, unter Umständen über Nacht wirksam zu erhalten, bringt man es in eine „ T h e r m o s f l a s c h e " , in der der Inhalt eingestellter Reagenzgläser längere Zeit bei tiefer

3

Reaktionsgeschwindigkeit und Temperatur

Temperatur gehalten werden kann. Dem gleichen Zwecke für größere Dimensionen dient ein von P i c c a r d angegebenes I s o l i e r g e f ä ß , das man sich leicht aus zwei ineinander gestellten Filtrierstutzen herstellen kann. Der Boden des äußeren Stutzens wird mit Kieselgur angefüllt, bis der Rand des zentrisch hineingestellten kleineren die Höhe des äußeren Randes erreicht hat, dann stampft man in den Zwischenraum zwischen den beiden Stutzen ebenfalls Kieselgur ein und dichtet oben zwischen den Rändern mit Pech gut ab. Die K o n z e n t r a t i o n s v e r h ä l t n i s s e werden im allgemeinen beim organisch-präparativen Arbeiten allzu wenig berücksichtigt. Mit Ausnahme seltener Fälle (z. B. bei intramolekularen Umlagerungen) handelt es sich um Reaktionen höherer Ordnung, an denen mehrere Molekülarten — meist zwei — beteiligt sind. Da die Geschwindigkeit bimolekularer Reaktionen auf Grund der kinetischen Molekulartheorie der Anzahl der gegenseitigen Zusammenstöße der gelösten Moleküle proportional ist und sich demgemäß in dem Produkt der Konzentrationen ausdrückt: V = CA-CBK

(K = Geschwindigkeitskonstante),

so ist es in allen Fällen, wo nicht besondere Gründe dagegen sprechen, ratsam, die K o n z e n t r a t i o n e i n e r R e a k t i o n s l ö s u n g m ö g l i c h s t h o c h zu wählen. Man bedenke stets, daß die Herabsetzung der Konzentration auf die Hälfte, auf ein Viertel, auf ein Zehntel gleichbedeutend ist mit einer Verlangsamung der Reaktion auf das Vier-, Sechzehn- und Hundertfache. Reindarstellung organischer Substanzen Die Stoffe, die das Ziel des präparativen Arbeitens bilden, sind meist feste, kristallisierte Körper oder Flüssigkeiten, mitunter auch Gase. Bei der großen Vielseitigkeit der Reaktionen organischer Stoffe verläuft, im ausgesprochenen Gegensatz zu den meisten Reaktionen in der anorganischen Chemie, kaum jemals eine Reaktion scharf in e i n e r Richtung auf ein Endprodukt, sondern es treten fast stets N e b e n r e a k t i o n e n ein. Dadurch wird die Isolierung reiner, einheitlicher Substanzen aus einem Reaktionsgemisch, wie sie die vornehmste Aufgabe der präparativen Übungen darstellt, erheblich erschwert. Teils entstehen m e h r e r e definierte chemische Stoffe nebeneinander, deren Trennung erreicht werden muß, teils handelt es sich um die möglichst, verlustfreie Befreiung des angestrebten Stoffes von unerfreulichen, nicht kristallisierbaren Begleitstoffen, den sog. H a r z e n 1*

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Einige allgemeine Arbeitsregeln

oder S c h m i e r e n . Darunter versteht man Nebenprodukte — zuweilen leider ,auch Hauptprodukte —, deren Ursprung und Art meist unerforscht ist und die das Interesse der klassischen organischen Chemie bisher nur im Sinne ausgesprochener Mißbilligung erweckt haben. Von allen diesen unerwünschten Begleitern muß das zu gewinnende Präparat mit aller Sorgfalt befreit werden. Es sind für die hier in Frage kommenden Aufgaben grundsätzlich zwei Methoden, die zum Ziele führen, nämlich: 1. die Kristallisation, 2. die Destillation. i. Kristallisation G r u n d s ä t z l i c h e s : Feste kristallisierbare Körper werden bei einer Reaktion gewöhnlich als Rohprodukte erhalten, die entweder direkt oder nach dem Einengen der Lösung in mehr oder weniger reiner Form sich beim Erkalten abscheiden. Die K r i s t a l l i s a t i o n s g e s c h w i n d i g k e i t schwankt bei organischen Stoffen innerhalb sehr weiter Grenzen und die Neigung, ü b e r s ä t t i g t e L ö s u n g e n zu bilden, ist außerordentlich groß. Aber selbst, wenn durch Einbringen eines Kristalles in die Lösung — durch „ A n i m p f e n " — die Aufhebung der Übersättigung bewirkt wird, stellt sich das Gleichgewicht der kaltgesättigten Lösung manchmal äußerst langsam ein. Die Ursache liegt eben in der verschiedenen Kristallisationsgeschwindigkeit. Darum erhält man den vollen Ertrag an Rohprodukt häufig erst nach vielstündigem Stehen der Lösung. Der Prozeß der U m k r i s t a l l i s a t i o n erfolgt im einfachsten (und häufigsten) Fall in der Weise, daß eine h e i ß g e s ä t t i g t e L ö s u n g des R o h p r o d u k t s in einem geeigneten Lösungsmittel hergestellt wird, aus der beim E r k a l t e n die Substanz in reinerer Beschaffenheit wieder auskristallisiert. Voraussetzung für den Erfolg, des Verfahrens ist, daß die Begleitstoffe größere Löslichkeit haben als die Substanz selbst, also auch in der erkalteten Lösung (der M u t t e r l a u g e ) gelöst bleiben. Auch im umgekehrten Sinne findet das Prinzip der verschiedenen Löslichkeit Anwendung, dann nämlich, wenn das Nebenprodukt vermöge seiner geringeren Löslichkeit in einem passenden Lösungsmittel aus der eben gesättigten Lösung der Substanz abgetrennt werden kann. Da hierbei die Lösung für das Nebenprodukt stets gesättigt bleibt, so kann diese Methode, anders als die erste, niemals in e i n e r Operation zur reinen Substanz führen.

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Für die Umkristallisation aus heiß gesättigter Lösung ist weiter wichtig, daß die T e m p e r a t u r k u r v e der L ö s l i c h k e i t möglichst s t e i l verläuft, d. h. daß das Lösungsvermögen des Lösungsmittels mit steigender Temperatur stark zunimmt. Nur dann ist es erreichbar, die eingesetzte Substanzmenge in möglichst h o h e r A u s b e u t e aus der Lösung herauszuholen. Die Wahl des richtigen Lösungsmittels ist daher für die Prozedur des Umkristallisierens von großer Bedeutung. Die gebräuchlichsten Lösungsmittel sind die folgenden: Wasser, Äthylalkohol, Methylalkohol, Äther, Aceton, E i s e s s i g , E s s i g e s t e r , Benzol, P e t r o l ä t h e r , Chloroform, Schwefelkohlenstoff. Für besonders schwer lösliche S u b s t a n z e n werden außerdem A m e i s e n s ä u r e , P y r i d i n , B r o m b e n z o l , N i t r o b e n z o l , mitunter auch P h e n o l , B e n z o e s ä u r e e s t e r , Anilin, D i o x a n verwendet. Es besteht ein deutlicher Zusammenhang zwischen der Konstitution des zu lösenden Stoffs und der vom Solvens, gemäß dem alten Prinzip: similia s i m i l i b u s s o l v u n t u r . So sind bekanntlich hydroxylhaltige Stoffe (z. B. Zucker, Carbonsäuren) in Wasser löslich, Kohlenwasserstoffe leichter in Benzol lind Petroläther als z. B. in Alkoholen. Aber der obige Satz gilt im allgemeinen nur für einfache organische Verbindungen mit einiger Sicherheit, bei komplizierten ergeben sich verwickeitere Verhältnisse, und man ist, wenn man nicht über eine große Erfahrung verfügt, genötigt, die vorhandenen Solventien der Reihe nach durchzuprüfen. Das meist benutzte ist der Alkohol, mit dem man in der Regel beginnt; dann kämen etwa W a s s e r , B e n z o l , P e t r o l ä t h e r an die Reihe. Man kann sagen, daß im großen und ganzen von den gebräuchlichen Lösungsmitteln Benzol, Chlorof o r m und Ä t h e r ein sehr großes, P e t r o l ä t h e r und W a s s e r ein mäßiges Lösungsvermögen für organische Stoffe besitzen. Obwohl die Gültigkeit dieser Ordnung von vielen Substanzen durchbrochen wird, gibt sie doch für die Prüfung einen gewissen Anhalt. So wird man, wenn die Probe in A l k o h o l zu schwer löslich ist, nach der ersten Gruppe, wenn sie zu leicht löslich ist, nach der zweiten greifen. Bei schwer löslichen Stoffen wählt man häufig ein höher siedendes Homologes der gleichen Klasse, an Stelle des niederen Alkohols P r o p y l a l k o h o l oder A m y l a l k o h o l , an Stelle von Benzol T o l u o l oder X y l o l , weil durch die erhöhte Siedetemperatur auch die Löslichkeit gesteigert wird. Es kommt sehr häufig vor, daß die Darstellung einer Substanz zu einem a m o r p h e n Rohprodukt führt, teils von harzartiger, teils von

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Einige allgemeine Arbeitsregeln

flockiger Beschaffenheit, das durch D i g e r i e r e n mit einem geeigneten Lösungsmittel oder auch durch direktes U m k r i s t a l l i s i e r e n kristallinisch wird. Man beachte, daß die Löslichkeit eines und desselben Stoffes im amorphen und kristallisierten Zustand durchaus verschieden ist, und zwar i s t d a s a m o r p h e P r ä p a r a t s t e t s viel l e i c h t e r löslich. Für S a l z e gilt ganz allgemein, daß sie in Wasser leicht, wohl auch in den A l k o h o l e n , A c e t o n und C h l o r o f o r m löslich sind, dagegen von Ä t h e r , B e n z o l , P e t r o l ä t h e r nicht aufgenommen werden. Infolgedessen kann man o r g a n i s c h e S ä u r e n durch wäßrige Laugen, o r g a n i s c h e B a s e n durch wäßrige Säuren aus einem Gemisch mit n e u t r a l e n S t o f f e n , z . B . in Äther, herausholen. Die K o m b i n a t i o n v e r s c h i e d e n e r L ö s u n g s m i t t e l bildet ein wertvolles Hilfsmittel zur Reinigung, wenn ein Stoff in keinem Solvens die erforderliche mittlere Löslichkeit besitzt, sondern entweder allzu leicht oder allzu schwer löslich ist. Die Lösungsmittel, die gemeinsam verwendet werden, müssen miteinander mischbar sein. E s kommen meist in Anwendung: Alkohol, Eisessig, Aceton mit W a s s e r — Äther, Aceton, Benzol, Chloroform mit P e t r o l ä t h e r — Pyridin mit W a s s e r , Ä t h e r oder A l k o h o l , und zwar verfährt man so, daß man die konz. Lösung, kalt oder heiß, tropfenweise mit dem Verdünnungsmittel versetzt, b i s eben eine T r ü b u n g k o m m t , die durch Stehenlassen oder R e i b e n mit einem scharfkantigen Glasstab zur Kristallisation angefegt wird. Wenn die Kristallisation eingesetzt hat, wird v o r s i c h t i g weiter verdünnt. E s ist fehlerhaft, die gelöste Substanz auf einmal mit großen Mengen des wenig lösenden Mittels auszufällen. B e i a l l e n O p e r a t i o n e n , d i e m a n noch nicht in der H a n d h a t , f ü h r e m a n V o r v e r s u c h e im R e a g i e r g l a s aus. Daran soll sich der Praktikant von allem Anfang an gewöhnen. Als Aufnahmegefäß für das Filtrat dient bei wäßrigen Lösungen das B e c h e r g l a s , bei organischen Lösungsmitteln aber der E r l e n m e y e r k o l b e n , der keine Verdunstung zuläßt und so das Ansetzen von Krusten verhindert. Schon um die Einheitlichkeit des Kristallisats durch'den Anblick kontrollieren zu können, soll die Kristallisation nicht gestört werden, damit möglichst g u t a u s g e b i l d e t e K r i s t a l l e entstehen. E s ist ein Irrtum, anzunehmen, daß eine durch sofortige starke Abkühlung der Lösung erzeugte feine Kristallisation eine besonders reine Substanz darstelle: Durch die sehr große Oberfläche ist

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im Gegenteil der A d s o r p t i o n von N e b e n p r o d u k t e n weit mehr Gelegenheit geboten, als bei der Ausbildung größerer Individuen. Dazu kommt, daß dem für den Organiker unerläßlichen Gebot der Prüfung einer Substanz auf E i n h e i t l i c h k e i t bei gut ausgebildeten Kristallen viel leichter Genüge getan werden kann. Diese Prüfung der Präparate, sei es mit der L u p e , sei es unter dem M i k r o s k o p — 50bis lOOfache Vergrößerung ist ausreichend — ist nicht außer acht zu lassen. Ist in der Lösung Sättigung bei Raumtemperatur eingetreten, so kann man die Menge des Kristallisats durch Einstellen des Gefäßes in Eiswasser oder in eine Kältemischung noch weiter steigern. N i e d r i g s c h m e l z e n d e S u b s t a n z e n scheiden sich beim Abkühlen ihrer heiß gesättigten Lösung bisweilen i n ö l i g e r F o r m a b . Dann muß die Lösung noch etwas verdünnt werden. Weiter sorgt man in solchen Fällen für l a n g s a m e Abkühlung dadurch, daß man den Kolben mit der heißen Lösung mit einem Tuch umwickelt oder in einem großen, mit Wasser von der gleichen Temperatur gefüllten Becherglas erkalten läßt. Von Stoffen, die schwierig kristallisieren, halte man stets eine kleine Probe zur Verwendung als „ I m p f k r i s t a l l e " zurück. Mit ihrer Hilfe wird man der eben erwähnten Schwierigkeit bequem Herr, indem man sie in die noch nicht ganz kalt gewordene Lösung unter Reiben mit einem Glasstab einbringt. Zur A u s f ü h r u n g : Um eine heiß gesättigte Lösung zu bereiten, übergießt man die zu reinigende Substanz, am besten in einem kurzhalsigen Rundkolben, mit wenig Lösungsmittel, erhitzt zum Sieden und fügt nach und nach mehr davon zu, bis alles sich aufgelöst hat. Da in den rohen Substanzen vielfach unlösliche Beimengungen enthalten sind, beobachte man beim Auflösen genau, wann und ob die umzukristallisierende Verbindung vollständig in Lösung gegangen ist. Zu langes Kochen ist wegen der Zersetzlichkeit vieler Substanzen zu vermeiden. Bei Benutzung von Lösungsmitteln, die unter 80° sieden, erhitzt man am Rückflußkühler auf siedendem Wasserbad; das hinzuzufügende Lösungsmittel kann mit einem Trichter durch den Kühler eingegossen werden. Besser bringt man, namentlich bei größeren Operationen, auf dem Kolben einen D o p p e l r o h r - A u f s a t z (nach A n s c h ü t z ) an (Fig. 29, S.40), der ein bequemes Nachgießen, in andern Fällen auch Einbringen fester Substanzen gestattet. Das im Winkel angebrachte Rohr ist mit dem schräg gestellten Kühler verbunden, das gerade Rohrende, durch das nachgefüllt wird, durch einen Korkstopfen geschlossen. Wasser und andere, höher als 80° siedende Lösungsmittel werden am zweckmäßigsten auf Asbestunterlage im B a b o s c h e n T r i c h t e r

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Einige allgemeine Arbeitsregeln

oder auf dem A s b e s t d r a h t n e t z erhitzt. Liegt der Siedepunkt beträchtlich ( > 20°) über dem des Wassers, so muß der Kühler wegen Bruchgefahr mit e r w ä r m t e m Wasser gespeist oder durch ein w e i t e s ~ •> und l a n g e s G l a s r o h r ( L u f t k ü h l e r ) ersetzt wer; den, auf das man bei Bedarf feuchtes Filtrierpapier auflegt. Für Reagenzglasversuche unter Rückfluß \ ist der sog. „ K ü h l z a p f e n " äußerst bequem (Fig. 2). Er besteht aus einem etwa 15 cm langen Glasrohr Z i , von 6—8 mm lichter Weite, das an einem Ende zugeschmolzen ist. Ungefähr 3 cm vom anderen Ende entfernt ist ein 3 cm langes dünneres Rohr im rechten Winkel angeschmolzen und — zum Aufhängen des Kühlers an einem Eisenring — nach der längeren Seite zu abgebogen, das durch einen , dünnen Schlauch das Kühlwasser ableitet. Dessen Zuführung erfolgt durch ein dünnes, mit einem 2 Stückchen überzogenen Schlauches in das Kühlrohr eingesetztes, ebenfalls abgebogenes Glasrohr, das bis zum Boden reicht. Dieser handliche Kühler wird durch einen mit Kerbe versehenen Kork auf dem Reagenzglas befestigt. Zur Vermeidung des sehr lästigen S i e d e Verzugs gibt man v o r dem Aufkochen einige S i e d e s t e i n c h e n — etwa halberbsengroße Tonstückchen — in den Kolben, die man, wenn sie unwirksam geworden sind, durch neue ersetzt (nicht in die überhitzte Lösung einwerfen!). Bei starkem Stoßen sind für größere Ansätze Holzstäbe zu empfehlen. Um g e f ä r b t e V e r u n r e i n i g u n g e n , die oft einer farblosen Substanz zähe anhaften, zu beseitigen, kocht man die heiß gesättigte Lösung mit einigen Messerspitzen T i e r kohle oder eigens präparierter H o l z k o h l e kurze Zeit weiter. Da die aus der Kohle entweichende Luft ein heftiges Aufschäumen verursacht, muß das Eintragen v o r s i c h t i g und unter Umschütteln erfolgen. Aus wäßriger Lösung werden die gefärbten Begleitstoffe wegen ihres kolloidalen Charakters am leichtesten adsorbiert. Filtrieren: Die Kristallisationslösungen sind, auch wenn sie nicht mit Entfärbungskohle behandelt wurden, nicht völlig klar und müssen deshalb filtriert werden. Dem F a l t e n f i l t e r ist im allgemeinen ein gewöhnliches R u n d f i l t e r vorzuziehen, das man in den meist nicht im genauen Winkel angesetzten Glastrichter dadurch dicht einpaßt, daß man bei der letzten Faltung die Quadranten unter einem kleineren Winkel zusammenlegt und dann den größeren Kegelmantel zum Filtrieren benutzt.

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Als F i l t r i e r p a p i e r ist beim organisch-präparativen Arbeiten nur l e i c h t d u r c h l ä s s i g e s , „ g e n a r b t e s " , brauchbar. Häufig kristallisiert die gelöste Substanz, namentlich aus sehr konzentrierter Lösung, infolge der Abkühlung schon im Trichter aus und verhindert so die Ausführung der Filtration. Diesem Mißstand kann man durch Anwendung eines Trichters mit kurz cm) unterhalb des Konus abgeschnittenem Abflußrohr (Fig. 3) einigermaßen begegnen. Viel empfehlenswerter aber ist die Benutzung eines sog. H e i ß w a s s e r t r i c h t e r s (Fig. 4), in dem die Filtrierfläche des Trichters durch siedendes Wasser vom äußeren Blechmantel aus erhitzt wird. Bei Anwendung entzündlicher Lösungsmittel muß vor dem Filtrieren die Heizflamme abgedreht werden. Der D a m p f t r i c h t e r \ i

L_

Fig. 3.

Fig. 4.

)

Fig. 5.

(gemäß Fig. 5) ist ebenfalls gut brauchbar. Hat man nur kleine Flüssigkeitsmengen zu filtrieren, so kann man den leeren Trichter über freier Flamme vorwärmen oder man befeuchtet das eingelegte Filter mit etwas Alkohol, den man anzündet und bei horizontal gehaltenem Trichter unter Drehen bis zur beginnenden Ankohlung des Papiers abbrennen läßt. Manchmal, namentlich bei schwer filtrierbaren wäßrigen Lösungen, empfiehlt sich auch Durchsaugen auf einer P o r z e l l a n n u t s c h e mit vorher gut gedichtetem Filter; die Saugflasche muß vor der Benutzung vorsichtig angewärmt werden, am besten derart, daß man sie in einen Emailtopf mit warmem Wasser einstellt und dieses dann bis zum Sieden erhitzt. Wenn sich beim Filtrieren einer Lösung durch Auskristallisieren von Substanz das Filter verstopft, so helfe man sich nicht durch Durchstoßen des Filters. Man kocht vielmehr das aufrecht stehende Filter in einem kleinen Becherglas mit frischem Lösungsmittel aus und filtriert dann die verdünntere Lösung durch das gleiche Filter. Die Gesamtlösung muß in solchen Fällen meist durch Einengen konzentriert werden.

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Will man beim Umkristallisieren schöne K r i s t a l l e erzielen, so muß das Filtrat, in dem häufig schon während des Filtrierens eine Ausscheidung erfolgt, wieder bis zur klaren Lösung erhitzt und dann l a n g s a m , ohne äußere Störung, erkalten gelassen werden. Die Isolierung der Kristalle wird in keinem Falle durch gewöhnliches Filtrieren, sondern s t e t s durch A b s a u g e n über Filtrierpapier — bei starken Laugen und Säuren auch über Glaswolle oder Asbest, am besten über S c h o t t sehen Filtern aus gefrittetem Glas — bewerk-

schen T r i c h t e r s , der sog. N u t s c h e (Fig. 6), deren Dimension zu der abzusaugenden Masse in das richtige Verhältnis zu bringen ist. Es ist durchaus verkehrt, einige Gramm Substanz auf einer Nutsche von sechs oder mehr cm Durchmesser abzusaugen. Der Porzellannutsche ist in vielen Fällen, namentlich dann, wenn kleinere Mengen (5g oder weniger) abzusaugen sind, die W i t t sehe F i l t e r p l a t t e vorzuziehen (Fig. 7). Der Vorteil besteht darin, daß die Reinheit des Geräts viel besser kontrollierbar ist, als bei der nicht durchsichtigen Porzellannutsche, vor allem aber darin, daß wegen der viel kleineren Grundfläche das Auswaschen des Niederschlags weit weniger Lösungsmittel erfordert. Zur Herrichtung des Filters wird ein kleines Stückchen Filtrierpapier um die obere Kante der Filterplatte herum geknickt und dann eine Scheibe von 2—3 mm größerem Halbmesser mit der Schere herausgeschnitten. Man dichtet das mit dem Lösungsmittel befeuchtete Filter mit einem abgerundeten Glasstab, oder bei größeren Platten mit dem Fingernagel, indem man die kleinen Falten ausstreicht.

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Hat man ganz kleine S u b s t a n z m e n g e n von einigen cg oder weniger zu filtrieren, so benutzt man als Filtrierunterlage k l e i n e G l a s s c h e i b e n von 0,5—1 cm Durchmesser, die man aus dünnen Glasstäben in der Weise darstellt, daß man diese am äußeren Ende in der Gebläseflamme zum Erweichen bringt und jetzt auf einem Eisenblech oder Tonteller plattdrückt ( D i e p o l d e r ) . Der Glasstab muß so dünn und so lang sein, daß er in das Rohr eines ganz kleinen Trichters hineinpaßt und unten hinausragt. Als Filtrierauflage dient eine etwas größere, dicht aufsitzende Scheibe von Filtrierpapier (Fig. 8). Um die abgesaugte Substanz von der Filterplatte zu entfernen, stellt man den Trichter umgekehrt über eine Schale oder ein Uhrglas und befördert mit einem Fig. 8. dünnen Glasstab oder Kupferdraht alles auf diese Unterlage; der „Glasknopf" wird von seinem unteren Ende aus herausgeschoben. Die Platte wird mit der Pinzette entfernt, das Filter erst nach dem Trocknen. Die am Trichter haften bleibende Substanz streicht man ohne Verlust mit einem schräg durchschnittenen Stückchen Karton (Kartenblatt) heraus.

Zur Aufnahme des Filtrats beim Absaugen dient die S a u g l l a s c h e , deren Größe dem Volumen der Lösung anzupassen ist. Zum Filtrieren im kleinen Maßstab wird das auch sonst sehr nützliche S a u g r ö h r ch en (Fig. 8) von verschiedener Größe herangezogen. Es steht in einem Bleifuß oder in einem kleinen, mit Bohrungen für mehrere Durchmesser versehenen Holzblock. Bei der großen methodischen Bedeutung der Darstellung analysenreiner Substanzen muß schon der organische Praktikant der Technik des Filtrierens die größte Aufmerksamkeit zuwenden. Das Verfahren, eine Kristallisation samt der Mutterlauge auf Ton aufzugießen und die Kristalle nachzuwaschen, ist nachdrücklich zu verwerfen. Überhaupt sollte der Sinn des Anfängers darauf gerichtet werden, schon bei der Darstellung organischer Präparate m ö g l i c h s t q u a n t i t a t i v zu arbeiten. Nicht die Anzahl der Präparate gibt den Ausschlag für den Erfolg, sondern die Sorgfalt und Gründlichkeit, mit der jede einzelne Reaktion durchgeführt wird. Aus diesen Gründen darf die „ M u t t e r l a u g e " nicht als Abfall behandelt und vernachlässigt werden. Ihre Bedeutung wird zwar erst dem wissenschaftlich arbeitenden Organiker klar, aber auch der präparative Anfänger soll aus ihr herausholen, was für seine Zwecke aus ihr herauszuholen ist.

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Darum werden die Filtrate durch Wegdampfen von einem Teil des Lösungsmittels wieder in (kalt) übersättigte Lösungen übergeführt und so eine zweite K r i s t a l l i s a t i o n erzielt, der unter Umständen noch eine weitere nachfolgen kann. In der Regel müssen die so gewonnenen Kristallisate nochmals aus neuem Lösungsmittel umkristallisiert werden (Kontrolle durch Schmelzpunkt!). Über das Auswaschen der kristallisierten Niederschläge, das ihre Befreiung von der anhaftenden Mutterlauge zum Zweck hat, ist noch einiges zu sagen. Stets ist das angewandte Lösungsmittel zu benutzen und zwar, da sein Lösungsvermögen für die Substanz auch in der Kälte schon zu mehr oder weniger großen Verlusten führt, in mögl i c h s t geringer Menge. Während des Nachwaschens darf nicht gesaugt werden; man durchtränkt den Niederschlag mit dem Lösungsmittel und setzt dann erst die Pumpe an. Es ist zweckmäßig, die W o u l f s c h e Flasche oder Saugflasche, die jeder Wasserstrahlpumpe vorgeschaltet sein muß, mit einem Regulierhahn zu versehen, der nicht nur eine bequeme Ausschaltung der Saugwirkung, sondern auch eine in vielen Fällen notwendige Veränderung des Unterdrucks gestattet.

Bei Stoffen, die schon in der Kälte leicht löslich sind, muß das zum Waschen verwendete Lösungsmittel in einer Kältemischung vorgekühlt werden. Solange noch Mutterlauge an den Kristallen haftet, darf man durch den von tropfbarer Lauge befreiten Niederschlag keine L u f t saugen, wenn leicht flüchtige Lösungsmittel in Anwendung sind. Es kommt sonst auch der unreine Inhalt der Mutterlauge zur Ausscheidung, und es besteht, namentlich bei leicht löslichen Substanzen, keine Sicherheit, daß die Verunreinigungen beim Nachwaschen wieder vollständig entfernt werden. Geringe Substanzmengen werden durch Auftropfen des Lösungsmittels ausgewaschen. Dazu dient ein sog. T r o p f r o h r (Fig. 9), das ist ein zu einer nicht zu dünnen Capillare ausgezogenes Glasrohr, das auch bei Ausführung von vielen Reaktionen sehr nützlich ist und den Sinn für sauberes Arbeiten fördert.

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' Der häufig zu beobachtende Brauch, Substanzen dadurch zu „reinigen", daß man ihre Lösung in einer Kristallisierschale zur Trockne verdampft oder eindunsten laßt, führt naturgemäß n i c h t zum Ziel, da ja auf diesem Weg die Verunreinigungen nicht entfernt werden.

Kleine Mengen schwer filtrierbarer Niederschläge lassen sich mit Hilfe einer kleinen H a n d z e n t r i f u g e bequem und rasch abtrennen.

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Trocknen der Substanzen: Ein reines Präparat muß vom anhaftenden Lösungsmittel vollkommen befreit werden. Man trocknet unempfindliche Substanzen am bequemsten zwischen Filtrierpapier auf sauberer Unterlage bei Zimmertemperatur, indem man sie 1 oder 2 Tage an der Luft stehen läßt. Hochschmelzende Substanzen werden rascher im Trockenschrank oder auf dem Wasserbad vom Lösungsmittel befreit; jedoch muß dies stets mit einiger Vorsicht geschehen. Die sicherste — für Analysenpräparate allein anwendbare — Methode ist die Trocknung im V a k u u m e x s i c c a t o r , der mit konz. Schwefelsäure beschickt ist. Das alte S c h e i b l e r sehe Modell halten wir für das zweckmäßigste. Die Konsistenz des F e t t e s ist für die Dichtung des Deckelschliffes sehr wichtig; am besten eignet sich a d e p s l a n a e a n h y d r i c u s oder ein Gemisch aus gleichen Teilen R i n d e r f e t t und V a s e l i n e . Das (rundgeschmolzene) Rohr mit dem Abschlußhahn wird, mit etwas G l y c e r i n befeuchtet, in den vorher in den Tubus eingesetzten Gummistopfen hineingeschoben; die Führung m u ß streng sein. Den E i n s a t z bildet eine, auf drei niedere Füße aufgeschmolzene Porzellanplatte mit mehreren kreisrunden Öffnungen zur Aufnahme von kleinen Schalen, Uhrgläscrn u. dgl. Um das Hin- und Herrutschen des Einsatzes zu verhindern, ist der Zwischenraum zur Exsiccatorwand mit drei entsprechend zugeschnittenen Korkstücken ausgefüllt, die fest ansitzen. Damit beim Aufheben des Vakuums durch die hereinblasende Luft keine Substanz verstäubt wird, stellt man vor dem Tubus, durch den Einsatz festgehalten, ein Blatt steifen Kartons, ein Kartenblatt o. dgl. auf. Den Zug der einströmenden L u f t mildert man überdies dadurch, daß man ein Stückchen Filtrierpapier vor dem ö f f n e n des Hahns an die äußere Rohröffnung hält, das dann angesaugt wird und einen ausreichenden Widerstand bildet. Um die einströmende Luft zu trocknen, ist dem Hahnrohr außen ein gerades C a l c i u m c h l o r i d r o h r aufgesetzt, dessen Inhalt durch Glaswolle oder besser Watte nach beiden Seiten gut gesichert sein muß. In Exsiccatoren, die viel umhergetragen werden, füllt man den Schwefelsäurebehälter bis zur Standhöhe der Säure mit G l a s r e s t e n — zerbrochenen Rohrstücken, Stopfen u. dgl. — oder (vorher mit verdünnter Salzsäure ausgekochten und dann getrockneten) Bimssteinstücken, wodurch ein Spritzen hintangehalten wird. Die konz. Schwefelsäure ist von Zeit zu Zeit zu erneuern. F ü r a n a l y t i s c h e Z w e c k e muß ein besonderer Vakuumexsiccator bereit stehen.

Zur Verstärkung der Trockenwirkung, namentlich gegenüber Wasser, stellt man auf den Einsatz eine kleine, mit festem technischen Ä t z k a l i gefüllte Schale. Die meisten Lösungsmittel, außer Chloroform, Benzol, P e t r o l ä t h e r und S c h w e f e l k o h l e n s t o f f , werden von dieser Beschickung absorbiert. Um Substanzen von diesen 4 Sol-

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ventien zu befreien, bringt man dünne P a r a f f i n s c h n i t z e l in einer flachen Schale neben die Substanz in den Exsiccator, falls ihre Eigenschaften das Trocknen an der Luft verbieten. Man mache sich zur Regel, keinen Vakuumexsiccator zu benutzen, der nicht über Nacht das v o l l e Vakuum hält (Prüfung mit Manometer). Es genügt so, einmal zu evakuieren und über Nacht stehen zu lassen. Das stundenlange Saugen an der Pumpe ist unnütze Wasserverschwendung. Manche Substanzen enthalten Wasser oder andere Lösungsmittel so fest gebunden, daß sie im Vakuum bei Raumtemperatur nicht davon befreit werden können.Man trocknet dann im Vakuum bei e r h ö h t e r Temperatur, indem man

die Substanz in einem kleinen Kundkolben im Wasserbad oder Ölbad so lange erhitzt, bis keine Gewichtsabnahme mehr erfolgt. Besonders bequem ist die sog. T r o c k e n p i s t o l e (Fig. 10). Die Dämpfe der in A zum Sieden erhitzten Flüssigkeit heizen das innere, weite Rohr B mit der auf einem Porzellanschiffchen ausgebreiteten Substanz. In C befindet sich ein T r o c k e n m i t t e l und zwar für Wasser und Alkohole P 2 O s , für andere Dämpfe f e s t e s P a r a f f i n . Als H e i z f l ü s s i g k e i t verwendet man je nach der gewünschten Temperatur C h l o r o f o r m (66°), W a s s e r (100°), T o l u o l (111°), X y l o l (140°).

Für das Trocknen kleinerer Substanzmengen ist der auf S. 51 abgebildete K u p f e r - T r o c k e n b l o c k sehr zu empfehlen. Hat man aus schwer flüchtigen Lösungsmitteln, wie Eisessig, Xylol, hochsiedendem Petroläther, Nitrobenzol u. dgl. umkristallisiert, so wasche man vor dem Trocknen mit einem leichter entfernbaren, wie Äther, Benzol, Gasolin, das erstere weg. Im allgemeinen

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wird eine in Eisessig oder Nitrobenzol schwer lösliche Substanz auch von Äther nicht leicht gelöst. Sehr fein verteilte Niederschläge und auch solche, die die Filterporen verstopfen, werden mit Hilfe einer Z e n t r i f u g e von der flüssigen Phase abgetrennt. Chromatographische Adsorption: 1 So bezeichnet man eine in den letzten Jahren mit großem Erfolg angewandte Methode zur Aufteilung von Gemischen f a r b i g e r S t o f f e , die durch Kristallisation nicht mehr aufteilbar sind. Man macht dabei von der verschiedenen Affinität der im Gemisch vorhandenen Bestandteile zu einer a d s o r b i e r e n d e n O b e r f l ä c h e (von Tonerde, Talkum, Silicagel, Zucker, Calciumcarbonat, Calciumoxyd) Gebrauch, indem man die Lösung des zu trennenden Gemisches, gewöhnlich in einem organischen Lösungsmittel, durch ein mit dem A d s o r b e n s beschicktes Filtrierrohr hindurch saugt. Die Fixierung der Zonen, in denen die einzelnen Bestandteile festgehalten werden, geschieht dadurch, daß man mit einem anderen als dem anfangs verwendeten Lösungsmittel unter Saugen die nicht festhaftenden Anteile weiter verschiebt oder ganz herauswäscht. Durch diese „ E n t w i c k l u n g " erhält man ein „ C h r o m a t o g r a m m " (s. Fig. 58). Die einzelnen Zonen werden nach dem Trocknen der Säule mechanisch voneinander getrennt und mit einem geeigneten Lösungsmittel „ e l u i e r t " . Auch f a r b l o s e Substanzen lassen sich nach diesem wichtigen Verfahren, durch das z. B. das Carotin in 3 Komponenten geschieden werden konnte (R. K u h n , P. K a r r e r ) , häufig trennen und rein darstellen, wenn man das Chromatogramm in Saugröhrchen aus U v i o l g l a s oder Q u a r z unter der Quecksilberlampe auf grund der Fluoreszenzerscheinungen aufteilen kann. Wir bringen ein charakteristisches Beispiel für diese sehr moderne Methode beim Chlorophyll (S. 397). 2. Destillation Bei der Reinigung durch D e s t i l l a t i o n wird die Substanz im Dampfzustand weggeführt und durch Abkühlung an andrer Stelle wieder in den flüssigen oder festen Aggregatzustand gebracht. Voraussetzung f ü r die Anwendung dieser Reinigungsmethode ist die Beständigkeit des Stoffes bei seiner Siedetemperatur. Diese kann 1 M. T s w e t t , Ber. d. dtsch. bot. Ges. 24. 234, 361, 384 (1906). Näheres über die Ausarbeitung der Methode findet man bei A. W i n t e r s t e i n und G. S t e i n , H. 220, 247 (1933).

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erniedrigt werden durch V e r d a m p f u n g im V a k u u m und zwar sinkt der Siedepunkt im üblichen Vakuum der Wasserstrahlpumpe (12 mm) gegenüber dem bei Atmosphärendruck im Durchschnitt um 100—120°. Bei Stoffen, die unter gewöhnlichem Druck oberhalb 250° sieden, erhöht sich dieser Unterschied. Daher können sehr häufig Substanzen, die sich schon unterhalb ihres normalen Siedepunktes zersetzen, durch Destillation im Vakuum gereinigt werden, da sie so einer weit niedrigeren Temperatur ausgesetzt sind. Einfach zusammengesetzte, vor allem auch leicht flüchtige Substanzen, wie Kohlenwasserstoffe, Alkohole, Ester, die niederen Säuren, Amine u. dgl. destilliert man unter Atmosphärendruck. Bei allen zersetzlichen Stoffen, auch bei besonders hoch siedenden, nimmt man die Destillation unter Unterdruck vor. Bei festen kristallisierten Körpern wird man im allgemeinen den Weg der Destillation nur dann beschreiten, wenn die Reinigung durch Kristallisation wegen allzu großer Löslichkeit oder aus anderen Gründen nicht zum Ziel führt. Die Möglichkeit der Destillation (ohne Zersetzung) muß natürlich ? in jedem Fall vorher feststehen. Die Destillation, sei es unter Atmosphärendruck oder im Vakuum, dient .IL nicht nur zur Abtrennung des rein darzustellenden Produkts von nicht flüssi— gen Beimengungen, sondern auch zur Scheidung von Gemischen flüchtiger Stoffe auf Grund ihres verschiedenen Dampfdrucks und damit Siedepunkts 1 ( f r a k t i o n i e r t e Destillation). / f 1

Destillation bei Atmosphärendruck: Als Destillationsgefäß dient der einfache F r a k t i o n i e r k o l b e n mit abwärts geneigtem Kondensationsrohr (Fig. 11), Fig i i das im allgemeinen bei leicht siedenden Flüssigkeiten hoch, bei höher siedenden tief, d. h. näher bei der Kugel, angesetzt sein soll. Das T h e r m o m e t e r ist durch einen reinen durchbohrten Kork mit dem Kolben verbunden; die Quecksilberkugel muß vollständig von den Dämpfen der Substanz umspült werden, also u n t e r h a l b des A n s a t z r o h r e s stehen. \ ] J

Da die gewöhnlichen Laboratoriumsthermometer häufig ungenau sind, müssen sie vor dem Gebrauch mit einem N o r m a l t h e r m o m e t e r verglichen

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werden. Am genauesten wird die Eichung, wenn man die beiden Thermometer nebeneinander in konz. Schwefelsäure oder Paraffin auf 250° bringt und dann die Abkühlungstemperaturen von 10 zu 10° beobachtet und aufschreibt. Thermometer für Destillationen sollen eine k l e i n e Kugel haben, damit die Temperatureinstellung rasch erfolgt.

Die Größe des Destillierkolbens ist so zu wählen, daß die Kugel von der Flüssigkeit zur Hälfte bis zu zwei Drittel erfüllt ist. Um Siedeverzug und damit Überhitzung zu vermeiden, bringt man einige kleine, halberbsengroße Tonstückchen ( S i e d e s t e i n e ) vor jeder Destillation in den Siedekolben. Sie müssen bei dennoch eintretendem Siedeverzug erneut eingetragen werden, jedoch nicht in die überhitzte Flüssigkeit, sondern erst nach kurzer Abkühlung. Der Kolben wird oberhalb des Ansatzrohrs in eine mit Kork ausgekleidete Klammer eingespannt. Heizquellen: Flüssigkeiten, die nicht höher als 80° sieden, werden im W a s s e r b a d erwärmt (Emailtopf oder Becherglas); die T e m p e r a t u r des H e i z b a d e s soll u n g e f ä h r 20° ü b e r dem S i e d e p u n k t der S u b s t a n z liegen. Die Einhaltung der richtigen Heiztemperatur ist von großer Bedeutung, da bei zu großer Steigerung derselben infolge von Überhitzung zu hohe Siedepunkte des Destillats gefunden werden. Bei höher siedenden Stoffen kann man für präparative Zwecke, wo ein Spielraum von einigen Graden für den Siedepunkt in Kauf genommen werden kann, meist die f r e i e , r u ß e n d e G a s f l a m m e benutzen, mit der der Kolben anfangs vorsichtig umfächelt wird; auch Erhitzen auf dem B a b o t r i c h t e r oder auf dem D r a h t n e t z ist anwendbar. Bei wertvollen Substanzen und wenn Anspruch auf analytische Reinheit erhoben wird, auch dann, wenn aus Gründen der Beständigkeit der Substanz Überhitzung vermieden werden soll, wird man ein ö l - oder P a r a f f i n b a d vorziehen, für Temperaturen > 220° ein M e t a l l b a d aus Woodscher oder Rosescher Legierung oder die Schmelze von gleichen Teilen K a l i - und N a t r o n s a l p e t e r , beide in einem eisernen Tiegel. Niedrigsiedende Substanzen werden in einem L i e b i g s c h e n K ü h l e r kondensiert, der mit Kork an das Ansatzrohr angeschlossen ist. Will man jeglichen Verlust durch Verflüchtigung vermeiden, so verbinde man das Kühlrohr durch einen sog. V o r s t o ß mit der als Vorlage dienenden Saugflasche, die durch Eis oder auch Kältegemisch gekühlt wird. Bei Flüssigkeiten, die um 100° sieden, genügt ein k u r z e r Kühler, und bei der Destillation geringer Mengen ist die Verwendung eines G a t t e r m a u n , Praxis d. organ. Chemikers,

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kleinen, dicht über das Ansatzrohr stülpbaren K ü h l m a n t e l s zur Einschränkung von Materialverlusten besonders ratsam. Ein solcher ist in Fig. 19 und 22 abgebildet. Bei Siedetemperaturen oberhalb 120° kühlt man im allgemeinen nicht mehr mit fließendem Wasser, weil das Kühlrohr bei der Berührung mit dem heißen Dampf leicht springen kann; hier dient das im Mantel stehende Wasser, das sich allmählich erwärmt, als Kühlflüssigkeit. Wenn der Siedepunkt 150° überschreitet, genügt bloße L u f t k ü h l u n g (weites Kühlrohr ohne Mantel). Substanzen, die nach der Kondensation rasch erstarren, dürfen niemals aus einem Fraktionierkolben mit engem Ansatzrohr destilliert werden; man kann zwar das Destillat im frei liegenden Rohr durch Anwärmen mit der Flamme wieder verflüssigen, aber die an den durch Korke oder andere Verbindungen gedeckten Stellen auftretenden Versperrungen sind oft kaum mehr zu öffnen und verursachen viel Zeitverlust und Ärger. Deshalb greift man sofort zu dem mit weitem Ansatz versehenen S c h w e r t - oder S ä b e l k o l b e n (Fig. 12), aus dem nach beendigter Destillation das Produkt mühelos, am besten durch Her a u s schmelzen, entnommen werden kann. Die A u s f ü h r u n g einer D e s t i l l a t i o n gestaltet sich normalerweise folgendermaßen. Nach allmählichem Erhitzen des Kolbeninhalts steigt unter den äußeren Erscheinungen des Siedens der Quecksilberfaden des Thermometers mit einemmal rasch in die Höhe, um bei einer bestimmten Temperatur, dem S i e d e p u n k t , haltzumachen. Hat sich diese Temperatur innerhalb eines Grades fest eingestellt, so vertauscht man die Vorlage — ein kleines weites Röhrchen oder dgl. — mit dem „ V o r l a u f " gegen ein der zu erwartenden Substanzmenge angepaßtes Auffanggefäß (Erlenmeyer oder enghalsige Stöpselflasche mit aufgesetztem Trichterchen) und erhitzt weiter in dem Maße, daß alle 1—2 Sekunden ein Tropfen übergeht. Das Thermometer muß dauernd im Auge behalten werden. Die S u b s t a n z soll im a l l g e m e i n e n in der T e m p e r a t u r s p a n n e von n i c h t m e h r als 1—2 G r a d e n ü b e r g e h e n ; bei analytisch reinen Präparaten ist die Grenze enger zu ziehen. Destilliert man mit freier Flamme, so steigt gegen das Ende hin der Siedepunkt wegen Uberhitzung regelmäßig um ein paar Grade, obwohl noch reine Substanz übergeht. Erhöht sich der Siedepunkt schon früher über den ange-

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gebenen Bereich, so wird die Vorlage wiederum gewechselt und unter Fortsetzung der Destillation ein drittes Kondensat, der „ N a c h l a u f " aufgefangen. Es ist zu beachten, daß im Vorlauf wie im Nachlauf noch Anteile des Hauptprodukts enthalten sind. Der Dampfdruck einer destillierbaren Substanz ist schon unterhalb des Siedepunktes so beträchtlich, daß mit den leichter flüchtigen Bestandteilen (gewöhnlich Reste von Lösungsmitteln) des ursprünglichen Destillationseinsatzes auch Dampf der Substanz übergeht. Andrerseits steigt der Siedepunkt einer Substanz, wenn sie sich im Gemisch mit höher siedenden Stoffen befindet. So läßt sich Äther, der überaus häufig zur Aufnahme organischer Präparate verwendet wird, selbst auf dem siedenden Wasserbad nicht vollständig von einer viel weniger flüchtigen Substanz abtrennen, obwohl sein Siedepunkt schon bei 35° liegt. Ein anderes bekanntes Beispiel bildet die Benzolwäsche der Kokereien, auf das aber hier nicht näher eingegangen werden kann.

Daraus erklärt sich, daß auch der Nachlauf nicht frei ist von dem Hauptprodukt, und wenn Vorlauf und Nachlauf ansehnliche Mengen darstellen, so lohnt sich eine nach den angegebenen Regeln zu wiederholende getrennte Destillation dieser beiden Anteile. Die fraktionierte Destillation: Nicht so einfach wie im vorstehenden geschildert, liegen die Verhältnisse, wenn es sich darum handelt, m e h r e r e flüchtige Produkte einer Reaktion durch Destillation voneinander zu trennen. Die Aufgabe wird erschwert in dem Maße, als die Siedepunkte der einzelnen Bestandteile sich einander nähern, und es gelingt mit den üblichen Laboratoriumsmitteln schon nicht leicht, Substanzen mit einiger Schärfe voneinander zu scheiden, deren Siedepunkte sich um 10° unterscheiden. Der Weg, der hier in der größten Annäherung das Ziel erreichen läßt, ist der der mehrfachen Wiederholung des Destillationsprozesses. Sie kann bei niedrig siedenden Stoffen in e i n e r Operation vorgenommen werden durch Anwendung von sog. F r a k t i o n i e r a u f s ä t z e n , das sind Kondensationssysteme, die vor der endgültigen Kondensation in die Dampfphase eingeschaltet sind. Durch Luftkühlung wird in den einzelnen Abteilungen dieser Destillationsaufsätze, die verschiedenartig konstruiert sein können (z. B. Fig. 13), Dampf verflüssigt und der Fig. 13. 2*

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nachdrängende Dampf muß diese Kondensate, die in seiner Bahn liegen, durchströmen. Dabei werden seine weniger flüchtigen Bestandteile kondensiert, während die leichter flüchtigen am nächsten Glied des Aufsatzes das gleiche Spiel wiederholen. So kommt eine der Anzahl der Kugeln des Aufsatzes entsprechende Menge von Einzeldestillationen zustande, die bei v o r s i c h t i g e r u n d l a n g s a m e r Ausführung der Operation eine weitgehende Trennung ermöglicht. ^ ¡5 ^ Es eignen sich für diesen Zweck auch zylindrische Aufsätze, die regellos mit R a s c h i g - R i n g e n aus Glas angefüllt sind. Besonders bewährt hat sich die in Fig. 14 abgebildete „ W i d m e r - S p i r a l e " 1 , die, in kleinerer Ausführung in das Lumen des Destillationskolbens eingesetzt, auch bei der fraktionierten Destillation kleinerer Substanzmengen vorzügliche Dienste leistet. b p-g

Die technische Anwendung des Prinzips der fraktionierten Destillation finden wir in der Spiritusfabrikation und in der auf dem gleichen Weg erfolgenden Isolierung der aromatischen Kohlenwasserstoffe aus dem Leichtol des Steinkohlenteers.

Flüssigkeitsgemische von höherem Siedepunkt ( > 120°) trennt man in ihre Bestandteile, indem man sie zuerst durch Destillation in mehrere Fraktionen von ungefähr gleichem Siedepunktsintervall zerlegt ; die einzelnen Destillate werden (in kleineren Siedekolben) durch Destillation erneut aufgeteilt, die in ihren Siedepunkten einander naheliegenden Fraktionen werden dann noch mehrere Male unter immer schärferer Einengung der Siedepunktsgrenzen fraktioniert überdestilliert. Will man, was sehr empfehlenswert, auch hier die obenerwähnte Widmer-Spirale benutzen, so muß der Aufsatz, in dem sie sitzt, mit Asbest gut isoliert werden. Nicht alle Gemische sind durch Destillation trennbar; bisweilen bilden Stoffe, die bei verschiedenen Temperaturen sieden, konstant übergehende Destillate. Über die Theorie der fraktionierten Destillation unterrichte man sich genauer in J . E g g e r t , Lehrbuch der physikalischen Chemie, 4. Aufl. 1937. 1

W i d m e r , Helv. chim. act. VII, 59 (1924).

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Die Vakuumdestillation: Der organische Chemiker muß sich immer bewußt sein, daß fast alle Stoffe, mit denen er umgeht, vom Standpunkt der Thermodynamik aus m e t a s t a b i l sind. Die Einwirkung erhöhter Temperatur ist aber in allen Fällen der Einstellung der wahren Gleichgewichte — hier dem Zerfall — günstig und deshalb wird man es sich zweckmäßig zur Regel machen, seine Substanzen nicht unnötigerweise zu gefährden. Aus diesem Grunde gebührt der Destillation unter vermindertem Druck, wobei die Siedetemperatur um 100 und mehr Grade herabgesetzt werden kann, eine große Bedeutung beim organischen Arbeiten. Ihre Methodik muß der präparative Organiker bald beherrschen lernen und er' soll sich frühzeitig daran gewöhnen, die Vakuumdestillation nicht als „Haupt- und Staatsaktion" aufzufassen, sondern als eine der elementarsten Operationen der Laboratoriumspraxis. Das gegebene Destillationsgefäß ist der C i a i s e n k o l b e n (Fig. 15). Seine sehr zweckmäßige Rohrteilung verhindert das hier besonders gefährliche Uberspritzen der siedenden Flüssigkeit. Damit der bei der Vakuumdestillation sehr leicht eintretende Siedeverzug vermieden werde, saugt man vermittelst einer feinen C a p i l l a r e dauernd feine Luftbläschen — bei luftempfindlichen Substanzen Wasserstoff oder C0 2 — durch die siedende Flüssigkeit.

Fig. 15.

Die C a p i l l a r e zieht man an einem genügend langen, 4—8 mm weiten Glasrohr, am besten Capillarrohr, in der Gebläseflamme aus und gibt ihr dann durch abermaliges Ausziehen über der Sparflamme die genügende Feinheit. Vor dem Gebrauch prüft man ihre Durchlässigkeit, indem man die Spitze in einem kleinen Reagenzglas unter Äther bringt und dann mit dem Mund hineinbläst. Die Blasen sollen e i n z e l n u n d l a n g s a m herausperlen. Capillaren für die H o c h v a k u u m d e s t i l l a t i o n sollen erst bei kräftigem Einblasen einzelne Luftblasen, aber schwierig, durchlassen. Bisweilen besteht das Bedürfnis, vor allem bei schäumenden Flüssigkeiten, den Luftdurchtritt durch die Capillare zu regulieren. Dies erreicht man bei nicht allzu fein ausgezogener Capillare durch eine Q u e t s c h s c h r a u b e , die man an einem Stückchen ungebrauchten, dickwandigen Gummischlauchs auf das Capillarrohr aufsetzt, derart, daß die Backen der Schraube den Schlauch unmittelbar über dem Ende des Capillarrohrs fassen. Man beachte aber, daß bei einer Unterbrechung der Destillation die in der Kugel vorhandene Flüssigkeit durch den äußeren Luftdruck in das noch evakuierte Capillarrohr hinein-

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Einige allgemeine Arbeitsregeln

gedrückt wird — unter Umständen bis in den Gummischlauch — und vermeide dies dadurch, daß man vor der Unterbrechung den Schraubhahn vorsichtig öffnet. Bei hartnäckigem S c h ä u m e n führt man unter Verzicht auf das Thermometer auch in das vordere Rohr des Claisenkolbens (6 in Fig. 15) eine Capillare ein. Der durch sie eingesaugte feine Luftstrom bringt die Blasen, ehe sie übersteigen können, zum Platzen 1 .

Das Capillarrohr wird von der Spitze aus in einen eng anschließenden unversehrten Gummi stopfen eingeführt (mit etwas Glycerin), der dicht in das Rohr a des Claisenkolbens hineinpaßt. Bei richtigem Sitz des Capillarrohrs soll sich das Capillarende in unmittelbarster Nähe des tiefsten Punktes der Kugel befinden. Im Rohr b steckt, ebenfalls durch einen Gummistopfen eingefügt, das Thermometer. Will man vermeiden, daß die Substanz mit Kautschuk in Berührung kommt, so benutzt man Ciaisenkolben mit verjüngten Rohrenden, in die Capillarrohr und Thermometer mit Hilfe kleiner überzogener Schlauchstücke eingesetzt werden. Die Verwendung von Korkstopfen bei Vakuumdestillationen erfordert große Übung. Die Kühlung erfolgt nach den gemachten Angaben; der kleine übergezogene Wasserkühler ist hier besonders empfehlenswert. Vorlagen: Wenn nur eine oder zwei Fraktionen zu erwarten sind, benutzt man als Vorlagen S a u g r ö h r c h e n , wie auf Fig. 8 abgebildet, von entsprechender Größe — für den Vorlauf die kleinsten — oder, bei größeren Substanzmengen kleine S a u g f l a s c h e n . Dem Verbindungsstopfen aus Gummi sind sie vorher anzupassen. Beim Wechseln der Vorlage muß die Destillation naturgemäß unterbrochen werden. Will man dies vermeiden und hat man mehrere Fraktionen zu erwarten, so bedient man sich mit Vorteil einer Anordnung, die gestattet, verschiedene Auffanggefäße der Reihe nach unter die Mündung des Abflußrohrs zu bringen, Fig. 16. z. B. in der in Fig. 16 wiedergegebenen Form, in der Laboratoriumssprache je nach der Gestalt als „ S p i n n e " , „ F r o s c h " , „ S c h w e i n c h e n " oder „ K u h e u t e r " bezeichnet. Schließlich sei noch der, namentlich für die Destillation größerer Substanzmengen trefflich bewährte H a h n v o r s t o ß nach A n s c h ü t z 1

E . D o r r e r , Dissert. München 1926.

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T h i e l e (Fig. 17) erwähnt, bei dem man nach Schließung der Hähne a und b mit Hilfe der Klemmschraube c das Vakuum in der Vorlage aufheben und so diese wechseln kann. Nachdem man dann bei c wieder geschlossen und durch öffnen von b wieder überall Vakuum hergestellt hat, kann man bei geöffnetem Hahn a weiter destillieren. Der dritte Hahn kann entbehrt werden. Noch einfacher ist der mit Dreiweghahn versehene W e c h s e l v o r s t o ß (Fig. 18) gebaut, an dem die Vorlage durch eine Hahnbohrung mit der Außenatmosphäre in Verbindung gebracht werden kann, während das Vakuum im Apparat

/ Fig. 17.

Fig. 18.

erhalten bleibt. Nach dem Wechsel des Auffanggefäßes muß der Hahn allerdings sehr vorsichtig gegen dieses geöffnet werden, damit das inzwischen über dem Hahn angesammelte Kondensat durch die von unten eingesaugte Luft nicht verspritzt wird. Die beiden zuletzt aufgeführten Apparate haben den großen Vorteil, daß die einzelnen Fraktionen alsbald völlig voneinander getrennt werden, daß sie auch nicht mit den Dämpfen in gegenseitiger Berührung sind; für zähe, viscose Flüssigkeiten, die nicht durch die Hahnbohrung gehen, sind sie dagegen nicht verwendbar. Man wird sie daher bei der Destillation von verhältnismäßig niedrig siedenden Substanzen, deren Dampfdruck nicht zu vernachlässigen ist, bevorzugen. Werden rasch erstarrende Substanzen im Vakuum destilliert, so trägt der Ciaisenkolben ein erweitertes Ansatzrohr, gerade so wie dies für die gewöhnliche Destillation beschrieben ist.

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Einige allgemeine Arbeitsregein

Handelt es sich nur um das Eindampfen einer wäßrigen Lösung unter vermindertem Druck, so ist es bequem, als Vorlage einen Destillierkolben zu benutzen, in dessen Hals das Ansatzrohr so weit hineingesteckt wird, daß seine Mündung bis zur Mitte der Kugel reicht. Diese ruht auf einem Trichter mit Abflußschlauch für das Kühlwasser, das die Oberfläche der Kugel bespült.

Das Heizen: Nur bei großer Übung kann eine Vakuumdestillation mit freier Flamme ausgeführt werden. Weit zuverlässiger ist die indirekte Heizung durch ein W ä r m e b a d . Auch hier ist die Temperatur des Heizbades mit größter Sorgfalt der Siedetemperatur der Substanz anzupassen (etwa 20° höher; bei hoch angesetztem Kondensationsrohr muß die Differenz vergrößert werden); wenn der Siedepunkt einer Fraktion erreicht ist, soll die Temperatur des Bades konstant gehalten werden. Der Kolben wird so tief in das Heizgefäß eingesenkt, daß der Spiegel des Destillationsguts u n t e r h a l b von dem der Heizflüssigkeit liegt. Die Kugel soll nicht weiter als bis zur Hälfte mit Substanz gefüllt sein. Bei der Destillation hoch siedender Stoffe taucht man möglichst tief ein und umkleidet den Destillationskolben oberhalb des Heizbads bis zum Winkel des Ansatzrohrs mit A s b e s t p a p i e r , das durch einen dünnen Draht oder durch eine Schnur befestigt wird. Bei empfindlichen Substanzen, die an sich der Vakuumdestillation zugänglich sind, tritt bisweilen Zersetzung ein, wenn sie in der Hitze jäh einer starken Druckänderung unterworfen werden. In solchen Fällen soll das Vakuum erst nach Abkühlung des Kolbeninhalts aufgehoben werden. So zu verfahren, ist ganz allgemein zweckmäßig, weil dadurch auch die recht häufige Oxydationswirkung heißer Luft vermieden wird.

Unerläßlich für alle Destillationen unter vermindertem Druck ist die Zwischenschaltung eines abgekürzten M a n o m e t e r s (Fig. 19) zwischen Pumpe und Apparat, da der Druck, bei der Abhängigkeit des Siedepunktes von ihm, dauernd kontrolliert werden muß. Inkonstante Siedepunkte sind recht oft die Folge wechselnden Drucks. Um die Verunreinigung des Manometers durch Dämpfe, die sich darin kondensieren, hintarizuhalten, destilliert man bei geschlossenem Hahn, den man nur von Zeit zu Zeit zur Druckprüfung öffnet. Vor dem Beginn j e d e r V a k u u m d e s t i l l a t i o n muß die g a n z e A p p a r a tur am Manometer auf D i c h t i g k e i t , d. h. auf a u s r e i c h e n d e s V a k u u m g e p r ü f t werden. Mit dem Anheizen des Bades beginne man erst, nachdem das Vakuum hergestellt ist. Bringt man die b e r e i t s e r w ä r m t e Flüssigkeit unter verminderten Druck, so kommt sie häufig infolge Überhitzung zum Ü b e r s c h ä u m e n . Dabei braucht der Siedepunkt der

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Substanz nicht erreicht zu werden: es genügt, daß im Destillationsgut noch etwas Lösungsmittel, z. B. Äther, enthalten ist, dessen Entfernung auf dem Wasserbad aus Gründen des stark herabgesetzten Dampfdruckes nie vollständig möglich ist. In manchen Fällen, wenn leicht flüchtige, niedrig siedende Stoffe im Vakuum destilliert werden, ist es nötig, durch Erhöhung des Drucks die Flüchtigkeit zu vermindern. Man arbeitet dann nicht beim vollen Vakuum der Wasserstrahlpumpe, das je nach Druck und Temperatur des Leitungswassers 10—20 mm Quecksilber beträgt, sondern

bei Drucken von 20—100 mm. Da die Leistung der Pumpe nicht reguliert werden kann, so hilft man sich mit einem ia die Vorlageflasche eingesetzten Hahn («, Fig. 19), mit dem man unter Beihilfe des Manometers jeden gewünschten Druck einstellen kann. Bei Substanzen, die unter Atmosphärendruck über 150° sieden, bedient man sich der maximalen Leistung der Wasserstrahlpumpe. In welchem Maße die Erniedrigung des Druckes bei einer Vakuumdestillation den Siedepunkt erniedrigt, sieht man an den auf Fig. 20 wiedergegebenen Beispielen von N i t r o b e n z o l , Siedepunkt 208°/760 mm (Kurve I) und B e n z a l d e h y d (II), Siedepunkt 179°/760 mm. Die Bedeutung eines „guten Vakuums" beim präparativen Arbeiten prägt sich in dem steilen Anstieg der Kurven im Bereich der niederen Drucke aus. E s macht ungeiähr 16° Unterschied im Siedepunkt aus, ob man unter 20 mm oder unter 10 mm Quecksilber destilliert. Mit steigendem Druck verringert sich dessen Einfluß, wie die im oberen Teil der Figur — in anderem Maßstab — gezeichnete Kurve I I I des Nitrobenzols mit dem Druckgebiet von 760 mm abwärts deutlich macht. Wasser siedet in München bei 720 mm Hg erst bei 98,6°.

Die quantitativen Beziehungen zwischen Druck und Siedetemperatur sind von Stoff zu Stoff verschieden, jedoch bei organischen Ver-

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Einige allgemeine Arbeitsregeln

bindungen innerhalb mäßiger Grenzen, so daß die hier wiedergegebenen Kurven für den praktischen Gebrauch wohl als Unterlagen benutzt werden können.

Siedet z. B. ein Stoif A nach Angabe der Literatur bei 96°/12 mm, so wird er unter 18 mm Hg bei 104—105° sieden. Stoffe, deren Siedepunkt auch bei dem Unterdruck, den die Wasserstrahlpumpe schafft, noch zu hoch liegt, lassen häufig sich im H o c h v a k u u m unzersetzt destilllieren, d. h. bei Drucken, die bei 1 mm oder darunter liegen. Druckverminderung bis zu dieser Grenze setzt die Siedetemperatur um durchschnittlich 160° gegenüber der bei Atmosphärendruck, um etwa 40° gegenüber dem Vakuum der Wasserstrahlpumpe herab. Die punktierte Fortsetzung der Nitrobenzol-Kurve I (der keine gemessenen Zahlen zugrunde liegen) bringt dies zum Ausdruck. Seit der Einführung der sog. Q u e c k s i l b e r d a m p f s t r a h l - H o c h v a k u u m pumpen, die wohl heutzutage in keinem Hochschullaboratorium fehlen, ist die Destillation im Hochvakuum eine unschwer auszuführende Prozedur, und wer die gewöhnliche Vakuumdestillation gewandt und sicher auszuführen gelernt hat, wird auch im Hochvakuum destillieren können, wenn diese Aufgabe etwa bei einem Literaturpräparat an ihn herantritt. Wegen der Empfindlichkeit der Apparatur — wenigstens gegenüber dem allgemeinen Gebrauch

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— ist dieses Verfahren in die Ubungspräparate nicht einbezogen und wird darum auch nicht ausführlicher beschrieben. Die ausgezeichnete Quecksilberdampfstrahl-Pumpe von V o l m e r sollte heutzutage in jedem organischen Unterrichtslaboratorium vorhanden sein.

Man v e r s ä u m e nie, bei V a k u u m d e s t i l l a t i o n e n die A u g e n zu s c h ü t z e n ! Die Sublimation Flüchtige Stoffe, deren Dampf bei der Abkühlung unter Umgehung der flüssigen Phase sich direkt zu Kristallen verdichtet, werden unter Umständen mit Vorteil durch Sublimation gereinigt, vor allem dann, wenn das Umkristallisieren infolge besonderer Löslichkeitsverhältnisse erschwert ist. Ein bekanntes Beispiel bildet die Reinigung des Jods. In der organischen Chemie sind es namentlich C h i n o n e , bei denen man das Verfahren anwendet. Eine Sublimation kleinerer Substanzmengen läßt sich zweckmäßig zwischen zwei gleich großen Uhrgläsern ausführen. Auf das untere bringt man die zu sublimierende Substanz, bedeckt es dann mit einem runden Filter, welches etwas über den Rand des Glases hervorragt und in seinem mittleren Teile einige Male durchlöchert ist, legt das zweite Uhrglas mit der Wölbung noch oben darauf und verbindet beide mit einer Uhrglasklammer. Erhitzt man nun das untere Glas möglichst langsam durch eine % kleine Flamme auf einem Sandbade, so verdichtet sich die vergaste Substanz an dem kalten, oberen Glase zu Kristallen; das Filter verhindert, daß die Kriställchen wieder auf das untere heiße Glas zurückfallen. Zur Abkühlung des oberen Glases kann man dieses mit einer mehrfachen Lage feuchten Filtrierpapieres oder mit einem Stückchen feuchten Tuches bedecken. Will man größere Substanzmengen sublimieren, so ersetzt man in dem soeben beschriebenen Apparate das obere Uhrglas durch einen Trichter, welcher etwas kleiner als das Glas ist. Auch in Tiegeln, Kolben, Bechergläsern, Retorten, Röhren u. a. kann man Sublimationen vornehmen. Sublimiert die zu reinigende Substanz erst bei hoher Temperatur, wie etwa I n d i g o oder A l i z a r i n , so bedient man sich auch hier des Vakuums (Rundkölbchen oder Retorte). — Bei Sublimationen beachte man stets, daß der Apparat erst nach dem vollkommenen Erkalten auseinandergenommen wird.

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Destillation mit Wasserdampf Von diesem wichtigen Reinigungsverfahren macht man nicht nur im Laboratorium, sondern auch in der chemischen Großindustrie außerordentlich häufig Gebrauch. Es beruht darauf, daß viele Stoffe, deren Siedepunkte beträchtlich höher liegen können als der des Wassers, von eingeblasenem Wasserdampf in dem Ausmaß ihres Dampfdrucks bei dessen Temperatur verflüchtigt und dann zusammen mit dem sie begleitenden Wasserdampf in einem angeschlossenen Kühlsystem wieder kondensiert werden. Der geeignetste und theoretisch einfachste Fall (vgl. unten) liegt vor, wenn der Stoff in Wasser schwer löslich oder praktisch unlöslich ist. Zur Prüfung auf W a s s e r d a m p f f l ü c h t i g k e i t bringt man eine kleine Probe der Substanz mit etwa 2 ccm Wasser in ein Reagenzglas, erhitzt zum Sieden (Siedesteine!) und hält den Boden eines mit etwas Eis beschickten zweiten Reagenzglases in die entweichenden Dämpfe, bis sich ein Wassertropfen daran kondensiert hat. Eine T r ü b u n g d e s T r o p f e n s zeigt an, daß die Substanz mit Wasserdämpfen flüchtig ist.

Zur Ausführung im großen bringt man die Substanz, die abgeblasen werden soll, mit wenig Wasser in einen g e r ä u m i g e n langhalsigen Rundkolben, der nicht weiter als bis zu einem Drittel angefüllt sein darf, erwärmt mit einem untergestellten Brenner bis nahe zur Siedetemperatur (um allzu große Volumvermehrung durch Kondenswasser zu vermeiden) und leitet erst jetzt, nachdem der angeschlossene lange Kühler in Gang gesetzt und die Vorlage aufgestellt ist, einen ziemlich kräftigen Dampfstrom ein. Das weite Einleitungsrohr soll bis nahe an den Boden des Kolbens reichen und vorne etwas umgebogen sein (Fig. 21). Besitzt das Laboratorium keine DampfleiFig- 21. tung, so wird der Dampf in einem gut zur Hälfte gefüllten, mit Steigrohr versehenen Blech topf entwickelt. Man destilliert in der Regel so lange, bis das Destillat k l a r abläuft. Wenn sich die Substanz kristallisiert im Kühlrohr abscheidet, so läßt man für kurze Zeit das Kühlwasser teilweise auslaufen; der Dampf bringt dann die Kristalle

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zum Schmelzen und Abfließen. Jedoch ist bei dieser Maßnahme darauf zu achten, daß nicht unkondensierter Dampf durch Mitführen von Substanz .Verluste verursacht. Der Wiedereintritt von Kühlwasser in das heiße Rohr hat mit Vorsicht zu erfolgen. Nach Beendigung der Destillation wird vor Abstellung des Dampfes die Verbindung zwischen Dampfrohr und Kolben gelöst, weil andernfalls der Rückstand des Kolbens durch das Einleitungsrohr zurücksteigen könnte. Darauf ist namentlich bei Entnahme des Dampfes aus einer Leitung zu achten. Kleinere Substanzmengen kann man auch aus einem genügend großen Fraktionierkolben mit hoch angesetztem Rohr abblasen, besonders leichtflüchtige Stoffe auch ohne Dampfzufuhr durch einfaches Erhitzen mit Wasser. Sehr schwerflüchtige Substanzen treibt man mit ü b e r h i t z t e m Wasserdampf über. Die Überhitzung erfolgt zweckmäßig in einem konisch spiralig gewundenen Kupferrohr, das zwischen Dampfleitung und Kolben eingeschaltet und durch einen darunter gestellten Brenner erhitzt wird.- Der Kolben mit der Substanz befindet sich in einem auf höhere Temperatur (etwa 150°) erhitzten Ölbad. Unter Umständen kommt man auch ohne Überhitzer zum Ziel, indem man möglichst trockenen Dampf nicht zu rasch in den die trockene Substanz enthaltenden, im Heizbad erwärmten Destillationskolben einleitet. Zersetzliche Substanzen, die flüchtig sind, werden bisweilen unter vermindertem Druck, also bei erniedrigter Temperatur mit Wasserdampf destilliert. Zur Theorie der Wasserdampfdestillation: Die reine Form des Vorgangs liegt vor, wenn der zu destillierende Stoff in Wasser unlöslich, oder genauer, wenig löslich ist (Beispiele: Toluol, Brombenzol, Nitrobenzol), wenn sich also die Dampfdrucke von Wasser und Substanz gegenseitig nicht oder wenig beeinflussen. Ganz andere Verhältnisse ergeben sich bei Stoffen, die mit Wasser m i s c h b a r sind (Alkohol, Essigsäure); hier tritt das theoretisch kompliziertere Bild der fraktionierten Destillation auf. Wir betrachten nur den ersten Fall und wählen als Beispiel das bei 155° siedende Brombenzol. Erwärmen wir diese Flüssigkeit mit Wasser, so wird ihr Dampfdruck im Sinne der ihr eigenen Kurve ansteigen und zwar u n a b h ä n g i g von dem des Wassers. Die Erscheinung des Siedens wird eintreten, wenn die Summe der Dampfdrucke der. beiden Stoffe dem herrschenden Atmosphärendruck gleich geworden ist. Dies ist, wie sich aus den Dampfdruckkurven entnehmen läßt, für Normalverhältnisse (760 mm) der Fall bei 95,25°.

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Einige allgemeine Arbeitsregeln

Bei dieser Temperatur beträgt die Tension des Brombenzols 121 mm, die des Wassers 639 mm, ihre Summe also 760 mm. Die Dampfphase wird daher nach der Avogadroschen Regel die beiden Komponenten im molekularen Verhältnis von 121: 639 enthalten, d. h. es werden 5,28 mal mehr Wassermoleküle im Dampfgemisch sein, als solche von Brombenzol. Das absolute Verhältnis, in dem Brombenzol mit Wasserdampf übergeht, ergibt sich einfach unter Heranziehung der Molekulargewichte. Auf 1 Mol Brombenzol vom Mol.-Gew. 157 kommen 5,28 Mole Wasser vom Mol.-Gew. 18, oder mit 157 Gewichtsteilen des ersten gehen 5,28 • 18 = 95 Gewichtsteile Wasser über, was ungefähr einem Verhältnis Brombenzol: Wasser von 5 : 3 entspricht. Man kann demnach bei Kenntnis der Tensionskurve eines mit Wasser nicht mischbaren Stoffes den Grad seiner Wasserdampfflüchtigkeit leicht angenähert berechnen, nur angenähert deshalb, weil die Voraussetzung der gegenseitigen Unlöslichkeit praktisch niemals erfüllt ist. Über die Wasserdampfdestillation unter vermindertem Druck vgl. man S. 270. Abdestillieren von Lösungsmitteln Da man beim organisch-präparativen Arbeiten sehr häufig Substanzen aus verdünnter Lösimg zu isolieren hat, so gehört diese Operation zu den alltäglichen Verrichtungen. Ä t h e r wird am a b s t e i g e n d e n K ü h l e r (am besten Schlangenkühler), vom D a m p f b a d oder W a s s e r b a d aus abdestilliert und nach eventueller Reinigung erneut verwendet. Enthält er flüchtige Säuren, so wird er mit S o d a l ö s u n g , dagegen flüchtige Basen, mit verdünnter S c h w e f e l s ä u r e durchgeschüttelt. Um Verluste und Entzündung infolge der F l ü c h t i g k e i t des Äthers zu vermeiden, benutzt man als Auffanggefäß eine Saugflasche, die durch einen Kork mit dem Kühlrohr verbunden ist, und deren Saugrohr zur Sicherheit einen über den Arbeitstisch herunterhängenden Schlauch trägt. B e i m A r b e i t e n mit Ä t h e r und a l l e n l e i c h t e n t z ü n d l i c h e n L ö s u n g s m i t t e l n l ä ß t man keine o f f e n e n F l a m m e n auf dem A r b e i t s t i s c h b r e n n e n . Sind g r o ß e Mengen L ö s u n g s m i t t e l zu verdampfen und will man den Inhalt der Lösung nach dessen Entfernung ebenfalls destillieren, so läßt man, um ein allzu großes Gefäß zu vermeiden, die Lösung nach und nach aus einem T r o p f t r i c h t e r in den geeigneten

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Fraktionierkolben fließen, in dem Maße, als das Lösungsmittel verdampft (Siedesteine). Wenn man nicht über ein Dampfbad verfügt, sondern vom Wasserbad aus destillieren muß, ist dessen Flamme bei jedem Nachfüllen (Trichter!) auszudrehen. Man kommt in diesem Fall meist rascher zum Ziel, wenn man die ganze Lösung aus einem größeren Rundkolben oder Erlenmeyer abdampft und dann den Rückstand mit wenig Lösungsmittel (aber vollständig) in das kleinere Gefäß überspült. Kleine Mengen leicht verdampfbarer Flüssigkeiten kann man aus dem Reagenzglas oder einem kleinen Kölbchen direkt auf dem Wasserbad verjagen. Das Reagenzglas fülle man jeweils nur 2—3 cm hoch und gieße immer wieder nach; während des Siedens im Wasserbad muß dauernd g e s c h ü t t e l t oder mit einem dünnen Glassiab g e r ü h r t werden. Nach dieser einfachen Methode führt man alle V o r p r o b e n mit Lösungen aus und sehe sich den Rückstand auf seine Eigenschaften an. Die Lösungen zersetzlicher Substanzen läßt 'man für diesen Zweck auf einem Uhrglas oder einer kleinen Kristallisierschale offen an der Luft verdunsten. Wenn es darauf ankommt, Lösungsmittel, wie Alkohol oder Benzol, v o l l s t ä n d i g zu entfernen, so gelingt dies auf dem Dampfoder Wasserbad nicht, weil der Siedepunkt mit zunehmender Konzentration höher und höher steigt; auch mit Ä t h e r macht es Schwierigkeiten. Man greift hier zum Ölbad oder häufiger zum Vakuum, das man ansetzt, wenn kein Kondensat mehr abtropft. Es genügt, eine Capillare aufzusetzen und den Kolben in einer Porzellankasserolle oder, einem Emailtopf auf mittlerer Temperatur zu erhalten, unter direktem Anschluß an die Pumpe, um die meisten Lösungsmittel, auch W a s s e r , rasch und völlig zu entfernen. D ü n n w a n d i g e Glasg e r ä t e , wie E r l e n m e y e r , S t e h k o l b e n und Reagenzgläser, d ü r f e n n i e m a l s e v a k u i e r t werden, stets aber Rundkolben, unter Umständen Saugflaschen, die aber vorsichtig zu erwärmen sind. Wenn man, wie es bei empfindlichen Stoffen häufig verlangt wird, größere Mengen Lösungsmittel im Vakuum abzudampfen hat, kondensiert man, zur Beschleunigung, mit einem nicht zu kleinen Kühler und kühlt bei Bedarf noch die Vorlage mit Eis. Der Kühler ist entbehrlich, wenn man als Vorlage einen einfachen Fraktionierkolben nimmt, der auf einen großen, mit Abflußschlauch versehenen Trichter aufgelegt und von oben mit Leitungswasser berieselt wird. Das Ende des Kondensationsrohrs vom Destillierkolben muß bis über die Mitte der Kugel der Vorlage reichen. Diese Anordnung ist für das Eindampfen wäßriger Lösungen besonders geeignet.

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Einige allgemeine Arbeitsregeln

Die in Fig. 22 abgebildete Anordnung gestattet, ohne U n t e r b r e c h u n g große Mengen Flüssigkeit, insbesondere Wasser, im Vakuum abzudampfen. Durch den Hahn wird von Zeit zu Zeit das Übergangene aus dem Vorratsgefäß durch Einsaugen ersetzt. Das Lumen des Abzugsrohres soll möglichst weit sein. Anhaltendes S c h ä u m e n wäßriger Lösungen bei der Destillation verursacht häufig Ärger und Zeitverlust. Man kann ihm begegnen dadurch, daß man der Lösung etwa 3 % ihres Volumens an I s o - a m y l a l k o h o l zufügt. Noch sicherer kommt man zum Ziel, wenn man in den l e e r e n , destillationsbereiten Kolben die Lösung in dem Maße einsaugt, als das Wasser verdampft. Das Zuführungsrohr ist in diesem Fall zweckmäßig gegen die Mündung hin zu engerem Lumen ausgezogen, das Tempo des Einspritzens läßt sich mit einer Klemmschraube (Fig. 22) genau einstellen. Ausschütteln, Extrahieren Um ein Reaktionsprodukt, das nicht fest kristallin und filtrierbar ist, aus wäßriger Suspension oder auch aus einer Lösung herauszuholen, oder auch von unlöslichen Begleitstoffen zu trennen, nimmt man es in einem geeigneten Lösungsmittel auf; als solches dient meist Äther. So sammelt man z. B. das bei einer Wasserdampfdestillation Übergegangene, sofern nicht durch besonders günstige Grenzflächenverhältnisse eine direkte Abtrennung möglich ist. Zur Trennung zweier Schichten benutzt man den S c h e i d e t r i c h t e r , bei kleinen Volummengen den gleichartig konstruierten T r o p f t r i c h t e r (Fig. 23) (bis zum Inhalt von 25 ccm herab), dessen Ansatzrohr höchstens 5 cm lang und (wegen des Abfließens) schräg abgeschliffen sein soll. Zum Eingießen von Flüssigkeiten in den Trennungstrichter bedient man sich stets eines gewöhnlichen Trichters. Nach der Trennung wird die untere Schicht durch den Hahn, die obere aus dem oberen Tubus ausgegossen (Trichter). Fig. 23.

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Reindarstellung organischer Substanzen

Man warte immer, bis die schwerere Flüssigkeit sich am Boden angesammelt hat und vermeide beim Ausäthern ja, mit dem Äther auch Teile der wäßrigen Lösung abzugießen. Kleine Vorproben scheidet man nach dem Einsaugen im-Tropfrohr (Fig. 9). Beim Ausschütteln einer wäßrigen Lösung, noch mehr einer Suspension, mit einem organischen Lösungsmittel treten bisweilen sehr unerfreuliche E m u l s i o n e n auf, die eine saubere Abtrennung unmöglich machen. Das sicherste Mittel dagegen besteht darin, sie zu vermeiden, indem man die Durchmischung mit Vorsicht vornimmt. Gegenmittel sind ferner: Erzeugung eines Vakuums im Scheidetrichter, Zugabe einiger Tropfen Alkohol, Sättigung der wäßrigen Phase mit Kochsalz, Stehenlassen über Nacht. Ist eine Substanz nicht nur im organischen Lösungsmittel, sondern auch in Wasser löslich, so ist der. Erfolg des Ausschütteins vom Verhältnis der Löslichkeiten abhängig; je größer dieses Verhältnis z. B. von Wasser zu Äther, der „ T e i l u n g s q u o t i e n t " ist, um so mehr Äther muß benutzt oder um so öfter muß ausgeschüttelt werden. Denn dieser Quotient gibt an, wie sich ein in zwei nicht miteinander mischbaren Flüssigkeiten löslicher Stoff zwischen diese verteilt. Ob wir gegebenenfalls eine gewisse Menge Äther auf e i n m a l zum Ausschütteln einer wäßrigen Lösung benutzen, oder ob wir besser die Operation mit kleinen Anteilen m e h r f a c h wiederholen, die prinzipielle Entscheidung darüber gibt folgende einfache Betrachtung. Nehmen wir an, der Teilungsquotient sei gleich 1 und wir hätten auf 1 Volum Wasser 2 Volumina Äther zur Verfügung, die wir in einem Fall auf einmal einsetzen, im andern Fall zu gleichen Hälften für zwei Ausschüttelungen verwenden. Die Menge der gelösten Substanz 2

sei ag. Im ersten Fall gehen dann — a in den Äther, im zweiten ü a

nimmt das erste halbe Volum der Gesamtäthermenge —-, das zweite z a

a

von den zurückbleibenden—g noch einmal die Hälfte, also —, das 3 sind— ag. Um diese Menge in einer Operation aus dem Wasser herauszuholen, wäre das dreifache Volum Äther nötig, oder: 2 Liter einzeln eingesetzt leisten das gleiche wie 3 Liter auf einmal. Die praktische Folgerung ist klar. Der Teilungsquotient organischer Substanzen zwischen Wasser und Lipoiden (das sind fettartige Bestandteile der Zellwand) ist für biologische Prozesse von großer Bedeutung (Narkosetheorie von H. H. M e y e r und O v e r t o n ) . G a t t e r m a n n , Praxis d. Organ. Chemikers.

SQ. Aufl.

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Einige allgemeine Arbeitsregeln

Außer Äther benutzt man zum Ausschütteln eines gelösten Stoffes aus Wasser bisweilen auch E s s i g e s t e r , C h l o r o f o r m , Benzol, Amylalkohol. Da Wasser rund 10% seines Volumens an Äther auflöst, vermeide man schon aus Sparsamkeitsgründen unnötige Verdünnung. Trocknen der Lösungen: Nachdem man eine Substanz aus wäßriger Lösung oder Suspension mit einem organischen Lösungsmittel aufgenommen hat, ist die Lösung mit Wasser gesättigt und muß daher getrocknet werden; unterließe man dies, so würde das gelöste Wasser nach dem Abdampfen des Lösungsmittels zum größten Teil mit der zu isolierenden Substanz zurückbleiben. Bei der Wahl des T r o c k e n m i t t e l s ist zu beachten, daß es weder mit dem Solvens noch mit dem gelösten Stoff reagieren darf und in jenem vollkommen unlöslich sein muß. Man wird die ätherische Lösung einer organischen Säure nicht mit festem Ätzkali trocknen, wohl aber die einer Base. Das wirksamste und meist benutzte Trockenmittel ist Calciumchlorid, das man entweder in gekörntem oder (vorher) geschmolzenem Zustand anwendet; Ätherlösungen werden fast ausschließlich mit ihm getrocknet, es sei denn, daß sie Stoffe enthalten, die mit CaCl2 Additionsverbindungen geben, wie Alkohole, Amine u. a. Alkoholhaltige Ätherlösungen dürfen daher nicht mit Calciumchlorid getrocknet werden; man muß vorher den Alkohol durch mehrfaches Ausschütteln mit Wasser entfernen. In der Regel wird viel zu viel Trockenmittel verwendet. Es genügt für gewöhnlich soviel Calciumchlorid, daß nach einigem Stehen neben gesättigter CaCl2-Lösung noch etwa die gleiche Menge festen Salzes vorhanden ist. Weit weniger wirksam als CaCl2 ist w a s s e r f r e i e s N a t r i u m s u l f a t , selbst wenn es vor dem Gebrauch f r i s c h g e g l ü h t ist. Es wird benutzt, wenn aus den angeführten Gründen ein Ersatz für Calciumchlorid gefordert wird. Für die Lösungen basischer Stoffe sind geglühte P o t t a s c h e , festes Ä t z k a l i , B a r i u m o x y d viel gebrauchte Trockenmittel. Um die gebräuchlichsten Lösungsmittel völlig wasserfrei zu gewinnen, werden die folgenden Trockenmittel angewandt. Für Äther, Benzol und Homologe, Petroläther: N a t r i u m . Für Aceton, Chloroform, Essigester, Schwefelkohlenstoff: Calciumchlorid. Die Alkohole werden durch mehrstündiges Kochen mit frisch gebranntem Ä t z k a l k am Rückflußkühler und anschließendes Abdestillieren entwässert.

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Reindarstellung organischer Substanzen

C h l o r h a l t i g e L ö s u n g s m i t t e l , wie CC13H, CC14 d ü r f e n wegen E x p l o s i o n s g e f a h r k e i n e s f a l l s mit N a t r i u m g e t r o c k n e t werden. Extraktionsapparate: Sehr häufig ist eine organische Substanz in Wasser viel löslicher als in Äther und anderen Solventien. Dann führt auch oft wiederholtes Ausschütteln nicht zum Ziel. Man arbeitet in solchen Fällen mit dem sog. P e r f o r a t o r , das ist ein kontinuier-

Fig. 24.

Fig. 25.

Fig. 26.

icher Extraktionsapparat für Lösungen, der in keinem organischen Laboratorium fehlen darf. Das Prinzip ergibt sich aus der mit einfachen Laboratoriumsmitteln zusammenstellbaren Anordnung nach S c h a c h e r l (Fig. 24). Noch zweckmäßiger ist die in allen Dimensionen ebenfalls leicht zu beschaffende Apparatur gemäß Fig. 25. Damit kommen wir auch zu den E x t r a k t i o n s a p p a r a t e n f ü r f e s t e S u b s t a n z e n . Der bekannteste ist der „ S o x h l e t " , der namentlich für analytische Zwecke viel benutzt wird. Für präparative Zwecke ziehen wir den vereinfachten Extraktor (Fig. 26) vor, der billiger ist und rascher arbeitet. Damit sich durch das auftropfende Lösungsmittel im Extraktionsgut keine Gasse bildet, legt man eine dünne Siebplatte aus Porzellan (Filterplatte) darüber. 3*

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Einige allgemeine Arbeitsregeln

Der Extraktionsapparat dient vornehmlich zum Herauslösen schwer löslicher Bestandteile aus Gemischen, zum Isolieren von Naturstoffen aus (trockenem) pflanzlichem oder tierischem Material. Mitunter ist es sehr zweckmäßig; schwer lösliche Substanzen mit dem geeigneten Lösungsmittel (bes. Äther) aus der Extraktionshülse ,,umzukristallisieren". Aus der bald heiß übersättigten Lösung im Siedekolben kommt meist schon während der Extraktion das Gelöste in Kristallen heraus. Bei hoch siedenden Lösungsmitteln hängt man die Extraktionshülse an einem dünnen Draht direkt in den Rundkolben ein; sie soll nicht in die Flüssigkeit eintauchen. Das Arbeiten mit komprimierten Gasen Jedes Hochschullaboratorium ist wohl zurzeit mit Stahlflaschen versehen, in denen die wichtigsten Gebrauchsgase in k o m p r i m i e r t e r F o r m enthalten sind. Diese sind 1. Sauerstoff, Wasserstoff, Stickstoff. 2. Kohlendioxyd, Chlor, Ammoniak, Schwefeldioxyd. Die Elemente unter 1., deren kritische Temperatur sehr tief liegt, sind in Gasform, die Stoffe unter 2. in verf l ü s s i g t e m Z u s t a n d in den Bomben enthalten. 'Sauerstoff, Wasserstoff und Stickstoff befinden sich zumeist, auf 150 Atm. komprimiert, in Stahlbomben von 10Liter Inhalt; in ihnen sind demnach nach der Füllung 1,5 cbm Gas von Atmosphärendruck enthalten. Die Ansatzgewinde der Wasserstofflaschen haben verkehrten Schraubengang, damit nicht irrtümlich Sauerstoff in sie eingepreßt wird. A l l e G a s f l a s c h e n i m L a b o r a t o r i u m sollen mit R e d u z i e r v e n t i l e n a u s g e s t a t t e t sein, für deren Instandhaltung ein Assistent zu sorgen hat. Die Benutzung des Kopfventils allein erschwert die Regulierung des Gasstroms und führt unfehlbar zu übergroßem Verbrauch. Für alle Gase (auch Chlor) sind sog. Kegelv e n t i l e aus Aluminiumbronze verwendbar, die für billiges Geld von jedem geschickten Mechaniker angefertigt werden können (Fig. 27).

Das Arbeiten mit komprimierten Gasen. Erhitzen unter Druck

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Bei a l l e n A r b e i t e n m i t Gasen — sei es aus Stahlflaschen, sei es aus dem Kippapparat — m u ß eine K o n t r o l l e f ü r die S t r ö m u n g s g e s c h w i n d i g k e i t a n g e w a n d t werden. Dafür genügt ein kleiner — außer bei NH S —, mit konz. Schwefelsäure beschickter T r o p f e n z ä h l e r , der an der Flasche selbst befestigt sein kann. Meist wird man, um gleichzeitig zu trocknen, eine W a s c h f l a s c h e vorschalten, am besten n i c h t eine zweiteilige mit Glasschliff, die oft durch den geringsten Überdruck geöffnet wird 1 . Müssen Gase besonders scharf getrocknet werden, so genügt eine Waschflasche mit konz. Schwefelsäure nicht. Man schaltet dann noch 1—2 U-Röhren vor, in die man, auf Glaswolle verteilt, P h o s p h o r p e n t o x y d eingefüllt hat. Ammoniak leitet man durch K a l i l a u g e 1 : 1 und zum Trocknen dann noch durch einen T u r m , der mit KOH und CaO beschickt ist. Man beachte, daß man mit den üblichen Laboratoriumsgeräten mit Flaschengas nicht abgeschlossen unter Ü b e r d r u c k arbeiten kann. Will man z. B. eine Reaktionslösung unter H 2 - oder C0 2 -Druck stehen lassen, so darf das Gefäß nicht ohne weiteres an die Gasflasche angeschlossen werden. Zur Entlastung der Apparatur von dem'Überdruck setzt man in die Leitung ein T - R o h r ein, dessen sich abzweigender Teil mit einem in einen Zylinder mit Quecksilber oder Wasser eintauchenden Glasrohr verbunden ist. Bequemer ist es, in solchen Fällen sich des K i p p s zu bedienen oder, bei Stickstoff, eines damit aus der Bombe gefüllten G a s o m e t e r s .

Erfahrungsgemäß wird viel Gas verschwendet, weil sich der Anfänger meist keine Gedanken darüber macht, welche Mengen ungefähr er für seine Reaktion benötigt; das soll er aber tun. Alle Gebrauchsgase außer Stickstoff können im Bedarfsfall ersatzweise nach einfachen bekannten Methoden dargestellt werden. Erhitzen unter Druck Wenn man Lösungen oder freie Substanzen zur S t e i g e r u n g der R e a k t i o n s g e s c h w i n d i g k e i t bei einer Temperatur zur Umsetzung bringen will, die oberhalb ihres Siedepunktes liegt, so muß man sie von der äußeren Atmosphäre abschließen und zwar entweder durch E i n s c h m e l z e n in ein Glasrohr, in dem sie dann erhitzt werden, oder im geschlossenen Metallgefäß (Autoklav). Dies ist, wie leicht ersichtlich, schon erforderlich, wenn wir eine alkoholische Lösung bei 1 Die Verbindung zwischen Stahlbombe und Waschflasche soll nach der Benutzung stets gelöst werden, damit ein Zurücksteigen der Schwefelsäure verhindert wird.

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Einige allgemeine Arbeitsregeln

100° oder eine wäßrige etwa bei 120° reagieren lassen wollen. Der Zweck ist also ausschließlich die Erhöhung der Reaktionstemperat u r , die damit Hand in Hand gehende Steigerung des Drucks ist für die Geschwindigkeit der Umsetzung ohne Belang, da sie ja im allgemeinen von keiner wesentlichen Konzentrationsänderung begleitet ist. Da man am häufigsten Lösungen im Einschlußrohr erhitzt, in denen der Dampfdruck des Lösungsmittels den Innendruck bestimmt, so hat man bei Temperaturen, die erheblich höher als 100° liegen, mit ganz ansehnlichen Drucken zu rechnen. Zu ihnen addieren sich die der eventuell bei der Reaktion entstehenden Gase. Über die Druckverhältnisse, die bei einer Einschlußreaktion zu erwarten sind, mache man sich an Hand der T e n s i o n s k u r v e des angewandten Lösungsmittels überschlagweise eine Vorstellung. Wir haben im erhitzten Rohr bei präparativen Reaktionen stets den Druck des gesättigten Dampfes, d. h. Lösung neben dem Dampf des Lösungsmittels. Der Druck ist daher von der absoluten Menge der eingefüllten Lösung nicht abhängig. Da aber vor allem flüssiges Wasser und daher auch wasserhaltige Lösungsmittel bei hoher Temperatur das Glas stark angreifen, füllt man in der Regel nicht höher als bis zur Hälfte des Rohrvolumens ein. Wenn bei der Reaktior Gas gebildet wird, spielt der Betrag an freiem Gasraum für die Druckverhältnissc natürlich eine Rolle. Die gebräuchlichenDruckrohre aus J e n a e r Glas können, wenn eine chemische Einwirkung auf das Glas außer Betracht bleibt, mit einiger Sicherheit einem Druck von 20 bis 25 A t m o s p h ä r e n ausgesetzt werden. Einschmelzröhren sind stets durch einen Trichter zu füllen, die innere Wand in der Nähe der Zuschmelzstelle muß rein bleiben. Über das Umgehen mit Einschlußröhren vgl. auf S. 71/73. Will man mit der Temperatur nur auf 100° gehen, so erhitzt man das Rohr, mit einem Tuch umwickelt und an einem Bindfaden oder einem Draht aufgehängt, in Fig. 28. der sog. W a s s e r b a d k a n o n e .

Rühren und Schütteln

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Wenn kein oder nur geringer Druck entwickelt wird, so benutzt man statt des Einschmelzrohrs eine gewöhnliche S o d a w a s s e r flasche mit Patentverschluß, die man mit dem Wasserbad anheizt. Das Arbeiten in Einschmelzröhren ist präparativ umständlich wegen ihres relativ geringen Fassungsraumes. Man benutzt daher für größere Ansätze A u t o k l a v e n , das sind metallene Einschlußgefäße, die gleichzeitig auch höhere Drucke aushalten. Der Deckel (Fig. 28) wird durch einen Bleiring gedichtet, mit 6—8 Verschlußschrauben befestigt, deren Muttern man der Reihe nach allmählich anzieht. Es sind verschiedene Konstruktionen von Autoklaven in Gebrauch, von denen die sog. Pfungstschen R ö h r e n als besonders erprobt hervorgehoben seien. Autoklaven sollen stets im Ölbad geheizt werden. Bei allen A r b e i t e n u n t e r D r u c k s c h ü t z e m a n die Augen und verschaffe sich vorher aus den physikalischen Unterlagen ein ungefähres Bild über die dem Apparat zugemutete Leistung. Rühren und Schütteln Solange man in homogener Lösung arbeitet, ist mechanische Bewegung nicht nötig, es sei denn, daß man in einem Reaktionsgemisch einen nach und nach zuzusetzenden oder zuzutropfenden Stoff alsbald in feine Verteilung — Lösung oder auch Suspension — bringen will. Dies gilt besonders auch 'dann, wenn lokal auftretende Reaktionswärme, z. B. bei Zugabe von konz. Schwefelsäure, ein empfindliches Präparat gefährdet. Hierbei ist es unerläßlich, die Lösung durch Umschütteln mit der Hand oder besser durch mechanisches Rühren dauernd zu bewegen. Als R ü h r e r dient zweckmäßig ein Glasstab, an den nur am unteren Ende oder aber auch mehrfach übereinander propellerartige Flügel aus Glas angeschmolzen sind. Zur Führung nimmt man ein Stück etwas weiteren Glasrohrs oder eine passende Hülse des Korkbohrers, die, in einem Kork gefaßt, in eine Klammer in vertikaler Richtung fest eingespannt werden und auf deren oberem Rand eine kleine Riemenscheibe oder auch Kork- bzw. Gummistopfen mit Rille, in denen der Rührstab befestigt ist, sich mit möglichst wenig Reibung bewegt' (mit Glycerin geschmierter, schmaler Gummiring). Der Antrieb erfolgt mit einer Rabeschen W a s s e r t u r b i n e , bei geeigneter Übersetzung auch mit einem kleinen E l e k t r o m o t o r (Vjg PS genügt). Da, wo es an Wasser fehlt, bewähren sich kleine H e i ß l u f t m o t o r e n , wie sie die Firma H e i n r i c h in Zwickau baut, als Treibmaschinen, auch für andere Zwecke, ganz ausgezeichnet.

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Einige allgemeine Arbeitsregeln

Hat man im a b g e s c h l o s s e n e n Gefäß zu rühren oder bei gleichzeitigem E r h i t z e n am R ü c k f l u ß k ü h l e r , so wird der Rührer durch einen Q u e c k s i l b e r v e r s c h l u ß , wie ihn die Fig. 29 zeigt, abgedichtet. Einem Überdruck von innen ist diese Anordnung jedoch nicht gewachsen. Wenn man übereinandergeschichtete, nicht mischbare Flüssigkeiten durcheinander rühren will, muß der Rührer zwischen den beiden Schichten eingesetzt werden. Spezifisch schwere Bodenkörper, z. B. Zinkstaub, Natriumamalgam werden im allgemeinen von den kleinen Glasrührcrn nicht ordentlich erfaßt. In solchen Fällen ist das mechanische Rühren häufig illusorisch, und man erreicht eine stärkere Wirkung durch Umrühren mit einem Glasstab, einer Holzleiste oder öfteres Umschütteln mit der Hand. Hier setzt auch die Benutzung der S c h ü t t e l m a s c h i n e ein, die eine möglichst feine mechanische Aufteilung im heterogenen SyFig. 29. stem zum Zweck hat. Als Gefäß benutzt man fast ausschließlich enghalsige Glasstöpselflaschen mit gutem, dichtem Schliff. Der Stopfen wird durch ein Stück darüber gezogenen und am Hals mit dünnem Draht festgemachten Gummischlauch gehalten. Umsetzungen, bei denen sich ein Gas oder viel W ä r m e entwickelt, dürfen nicht ohne weiteres auf der Schüttelmaschine vorgenommen werden. Schmelzpunktbestimmung Die R e i n h e i t einer kristallisierten organischen Substanz wird durch den S c h m e l z p u n k t kontrolliert. Diese leicht zu ermittelnde Konstante dient auch zur I d e n t i f i z i e r u n g von Stoffen und bei neuen Verbindungen zur C h a r a k t e r i s i e r u n g . Der Apparat ist ein langhalsiger Kugelkolben, in den ein geprüftes Thermometer mit Hilfe eines Korks eingesetzt ist; um die Skala ganz zu übersehen, ist ein Streifen Kork mit einem scharfen Messer herausgeschnitten (Fig. 30). Die Heizflüssigkeit ist reine konz. Schwefelsäure, mit der die Kugel zu 3/« ihres Inhalts angefüllt wird. Die Substanz wird gepulvert in kleine dünnwandige Glasröhrchen eingebracht, die man sich aus ^Reagenzgläsern (zweckmäßig beschädigte, aber trockene

Schmelzpunktbestimmung

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und reine!) wie folgt herstellt. Man bringt das Rohr in der Gebläseflamme unter Drehen zum Schmelzen und zieht dann rasch aus; schon nach kurzer Übung trifft man den richtigen Durchmesser, der 1 bis 1,5 mm im Lichten sein soll. Aus dem ausgezogenen 9 Material schneidet man mit der Schere die geeigneten Teile aus, wo es angeht, zweckmäßig in doppelter Röhrchenlänge (etwa 12 cm), so daß man durch Abschmelzen jedes Stückes in der Mitte (Sparflamme) alsHP bald zwei fertige Schmelzpunktsröhrchen erhält. Von der. scharf getrockneten Substanz zerdrückt man eine kleine Probe mit Pistill oder Spatel auf einem Uhrglas oder einem kleinen Stückchen Ton und bringt von dem Pulver eine ungefähr 2 mm hohe Schicht auf den Grund des Röhrchens. Dabei taucht man das offene Ende des Röhrchens in das Pulver und bewirkt durch vorsichtiges Aufklopfen, daß die von der Mündung gefaßte Substanz hinuntergleitet. Bei großer Adhäsion läßt man das Röhrchen einige Male durch ein langes Glasrohr auf eine Glasplatte oder ein Uhrglas Fig. 30. auffallen. Auch durch leichtes Anstreichen des Röhrchens mit einer Feile können festhaftende Substanzen zum Hinabgleiten gebracht werden. Das Röhrchen wird dann am zweckmäßigsten mit einem Tropfen konz. Schwefelsäure, den man mit der Thermometerspitze am oberen Ende aufträgt, am Thermometer angeklebt, so daß sich die Substanz auf der Höhe der M i t t e der Quecksilberkugel befindet. Diese selbst muß bei der Bestimmung g a n z ins Bad ein-tauchen. Man erhitzt nun die Kugel mit mäßig großer, schräg gehaltener Flamme, die man langsam gleichförmig um den Kolben bewegt. Der Apparat muß von auffallendem Licht beleuchtet sein. Bei hoch schmelzenden Körpern kann man anfangs rasch erhitzen, in der Nähe des Schmelzpunktes soll die Temperatur l a n g s a m steigen. Gewöhnlich werden in diesem Stadium im oberen Teil des Röhrchens haften gebliebene Teilchen der Substanz durch die aufsteigende heißere Schwefelsäure zum Erweichen gebracht. Jetzt erhitzt man vorsichtig weiter; die Schmelztemperatur ist erreicht, wenn die zuerst zusammengefallene Probe sich k l a r verflüssigt hat. Bei Stoffen, deren Schmelzpunkt man nicht kennt, dient eine Vorprüfung zur Orientierung. Viele organische Verbindungen schmelzen nicht unzersetzt. Dies äußert sich oft in einer V e r ä n d e r u n g der F a r b e und meist in einer G a s e n t w i c k l u n g , die man im Röhrchen sehr scharf beobachten

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Einige allgemeine Arbeitsregeln

kann. Solche Substanzen besitzen keinen scharfen Schmelzpunkt, sondern einen Z e r s e t z u n g s p u n k t , der fast immer von der Geschwindigkeit des Erhitzens abhängig ist, derart, daß er bei rascher Temperatursteigerung höher gefunden wird, als bei langsamer. Auch erkennt man bei ihnen den verändernden Einfluß der Hitze schon unterhalb des Zersetzungspunktes an einem Zusammenschrumpfen und Klebrigwerden der Substanzprobe, eine Formänderung, die man als „ S i n t e r n " bezeichnet. Bei der Bestimmung des Schmelzpunktes zersetzlicher Stoffe heizt man das Bad ziemlich rasch bis auf 10—20 Grade unterhalb der Zersetzungstemperatur, um von da an das Thermometer nur etwa um 5 Grade in der Minute höher zu treiben. Die Erscheinung vorzeitigen Sinterns ist bei unzersetzt schmelzenden Substanzen ein Kennzeichen unvollkommener Reinheit und verlangt nach der präparativen Seite erneute Umkristallisation oder Destillation. Es gibt allerdings auch Stoffe, die selbst in reinster Form nicht ohne vorheriges Sintern, also nicht ganz scharf, schmelzen. In diesem Zusammenhang sei auch auf die sog. „ f l ü s s i g e n K r i s t a l l e " hingewiesen (Lehmann, Vorländer). Als Regel gelte, daß eine Substanz erst als rein angesehen werden kann, wenn sich ihr Schmelzpunkt bei Wiederholung der Reinigungsprozedur nicht mehr ändert. Die Ursache dafür, daß der Schmelzpunkt unreiner Stoffe tiefer liegt als der des einheitlichen Materials, liegt darin, daß die Begleitstoffe gewissermaßen als gelöste Stoffe wirken; der Erstarrungspunkt einer Lösung liegt aber bekanntlich immer tiefer als der des Lösungsmittels (Kryoskopie). Diese Beziehung begründet einen wichtigen I d e n t i t ä t s n a c h w e i s . Wenn wir auf neuem Weg eine Verbindung erhalten, die wir nach ihrem Schmelzpunkt mit einer schon bekannten für identisch halten, so können wir darüber einwandfrei entscheiden dadurch, daß wir den Schmelzpunkt eines innigen Gemisches der beiden Verbindungen feststellen. Ist A von B verschieden, so werden die beiden Stoffe als gegenseitige Verunreinigungen sich geltend machen, der Schmelzpunkt des Gemisches wird sinken, sind sie dagegen identisch, so bleibt der Schmelzpunkt unverändert. Bei der „ M i s c h s c h m e l z p r o b e " prüft man zweckmäßig die 3 Proben ( A , B und A + B) am gleichen Thermometer, an dem bei einiger Übung zu beiden Seiten und vorne je ein Röhrchen oder wenn die Thermometerröhre genügend dick ist, alle drei vorne nebeneinander (in gleicher Höhe!) angebracht werden können.

Qualitativer Nachweis des Kohlenstoffs, Wasserstoffs, Stickstoffs usw

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In e i n e m Fall versagt die Mischprobe, nämlich bei i s o m o r p h e n Stoffen. Für die Bestimmung des S i e d e p u n k t e s mit kleinen Substanzmengen im Schmelzpunktapparat gibt es auch mehrere brauchbare Verfahren, z. B . das von S i w o l o b o f f 1 . Das S c h w e f e l s ä u r e b a d kann nicht ohne Gefahr für Schmelzpunktbestimmungen oberhalb 250° verwendet werden; sobald sich Siedeerscheinungen zeigen, stelle man das weitere Erhitzen ein, rechne auch schon vorher mit der Möglichkeit, daß der Kolben springen könne. Höhere Temperaturen (bis 350°) erreicht man mit einem Schwefelsäurebad, in dem man in der Hitze K a l i u m s u l f a t aufgelöst hat. Dieses Heizbad erstarrt in der Kälte, da prim. Kaliumsulfat auskristallisiert; es muß daher vor Einbringen des Thermometers eben geschmolzen werden. Hier ist nur ein allgemeiner Überblick über die gebräuchlichen Methoden und Handgriffe gegeben, wie sie bei den präparativen Übungen gebraucht werden. Uber spezielle Bedürfnisse unterrichte man sich in dem umfangreichen und gründlichen Werk von C. W e y g a n d , Organisch-chemische Experimentierkunst, Leipzig 1938.

B. Elementar-analytische Methoden Qualitativer Nachweis des Kohlenstoffs, Wasserstoffs, Stickstoffs, Schwefels und der Halogene Prüfung auf Kohlenstoff und Wasserstoff: Verbrennt eine Substanz beim Erhitzen auf dem Platinblech mit Flamme (Ausnahmen: z. B . S), oder zersetzt sie sich unter Abscheidung von schwarzer Kohle, so ist sie als organisch anzusprechen. Gleichzeitig auf K o h l e n s t o f f und W a s s e r s t o f f kann man prüfen, indem man eine Probe der trockenen Substanz in einem kleinen Reagenzrohr mit ihrem mehrfachen Volumen ausgeglühten, feinen Kupferoxydes mischt, über die Mischung noch etwas Kupferoxyd schichtet, das Rohr durch einen Kork mit einem rechtwinklig gebogenen Entbindungsrohre verbindet und nun stark erhitzt. Trüben die entweichenden Gase klares Barytwasser (C0 2 ), so enthält die Substanz K o h l e n s t o f f , während der W a s s e r s t o f f g e h a l t sich dadurch zu erkennen gibt, daß sich in dem oberen, kalten Teile des Reagenzrohres Wassertröpfchen ansetzen. 1

B . 1 9 , 175 [1885],

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Elementar-analytische Methoden

Prüfung auf Stickstoff: Man erhitzt eine kleine Probe in einem Reagiergläschen von etwa 5 mm Weite und 6 cm Länge so lange in einer Bunsenflamme mit einem halblinsengroßen Stückchen blanken Kaliums oder Natriums, welches man zwischen Filtrierpapier abgepreßt hat, bis meistens unter schwacher Verpuffung und Dunkelfärbung Zersetzung eintritt. Das schließlich bis zur R o t g l u t erhitzte Röhrchen taucht man noch heiß in ein kleines Becherglas ein, welches 5 ccm Wasser enthält, wobei das Röhrchen unter eventueller Entzündung'des unverbrauchten Kaliums zerspringt (Abzug!). Man filtriert dann die wäßrige Lösung, welche bei Anwesenheit von Stickstoff Kaliumcyanid enthält, von Kohle und Glassplittern ab, versetzt das Filtrat mit je 2 Tropfen Eisenvitriol- und Eisenchloridlösung, prüft, ob die Flüssigkeit alkalisch reagiert, und erhitzt, wenn dies der Fall ist, 1 — 2 Minuten, wobei sich bei Anwesenheit von KCN Ferrocyankalium bildet. Säuert man nun die alkalische Lösung nach dem Erkalten mit Salzsäure an, so lösen sich das abgeschiedene Eisenoxyd und Eisenoxydulhydrat auf, und das Ferrocyankalium reagiert mit dem Eisenchlorid in bekannter Weise unter Bildung von Berlinerblau. Bei Anwesenheit von S t i c k s t o f f erhält man demnach einen blauen Niederschlag. Ist nur wenig Stickstoff in der Substanz vorhanden, so erhält man bisweilen im Anfang keinen Niederschlag, sondern nur eine blaugrüne Lösung. Läßt man diese längere Zeit, unter Umständen über Nacht, stehen, so scheidet sich ein Niederschlag ab. Bei der Prüfung l e i c h t f l ü c h t i g e r S u b s t a n z e n auf Stickstoff wende man ein längeres Rohr an und lasse die sich in dem kalten Teile kondensierende Substanz mehrfach auf das heiße Kalium zurückfließen. Bei Substanzen, welche ihren Stickstoff schon bei mäßiger Temperatur abgeben, wie z . B . D i a z o v e r b i n d u n g e n , kann dieser nicht in der beschriebenen Weise erkannt werden. Man muß in derartigen Fällen prüfen, ob bei der Verbrennung der Substanz mit Kupferoxyd in einer mit Kohlensäure gefüllten Röhre sich Gas bildet, welches von Kali nicht absorbiert wird (vgl. quantitative Bestimmung des Stickstoffs). Prüfung auf Schwefel: Die qualitative Prüfung auf Schwefel wird in der gleichen Weise wie die auf Stickstoff ausgeführt. Man glüht die Substanz in einem Röhrchen mit Natrium und versetzt die eine H ä l f t e der mit Wasser aufgenommenen und erkalteten Schmelze mit einigen Tropfen einer Nitroprussidnatriumlösung, welche man sich durch Schütteln einiger Körnchen des festen Salzes mit Wasser in der Kälte kurz zuvor darstellt. Eine v i o l e t t e F ä r b u n g zeigt die Anwesenheit von Schwefel an. Da die Nitroprussidreaktion

Qualitativer Nachweis des Kohlenstoffs, Wasserstoffs, Stickstoffs usw.

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äußerst empfindlich ist und keinen Schluß auf die Menge des Schwefels zu ziehen gestattet, so versetzt man die zweite Hälfte der Flüssigkeit nach dem Filtrieren mit Bleiacetatlösung und säuert darauf mit Essigsäure an. J e nachdem hierbei nur eine dunkle Trübung oder ein mehr oder minder starker Niederschlag von Schwefelblei sich bildet, ist die Menge des Schwefels nur eine geringere oder eine größere. Leichtflüssige Substanzen kann man meistens in dieser Weise nicht prüfen. Diese erhitzt man, wie unten bei der quantitativen Bestimmung des Schwefels angegeben, mit rauchender Salpetersäure in einem Bombenrohr auf etwa 200—300° und prüft die Lösung nach dem Verdünnen mit Wasser mit Bariumchlorid, auf Schwefelsäure. Prüfung auf Halogene: Chlor, Brom und J o d kann man in organischen Verbindungen nur in seltenen Fällen direkt durch Fällen mit Silbernitrat nachweisen, da das Halogen meist nicht ionogen gebunden ist. Um homöopolar gebundenes Halogen zu erkennen, glüht man die zu prüfende Substanz in einem nicht zu engen Reagenzrohr über einer Bunsenflamme mit einem Uberschuß von chemisch reinem Ätzkalk, taucht das noch heiße Rohr in wenig Wasser ein, wobei es zerspringt, säuert mit chemisch reiner Salpetersäure an, filtriert ab und versetzt mit Silbernitrat, In Verbindungen, welche keinen S t i c k s t o f f enthalten,kann man, wie dies bei der Prüfung auf Stickstoff beschrieben ist, die Halogene durch Glühen mit Natrium nachweisen. In diesem Falle säuert man die von Glasscherben und Zersetzungsprodukten abfiltrierte Lösung mit reiner Salpetersäure an und fügt Silbernitrat hinzu. Sehr schnell und bequem lassen sich die Halogene durch die Beilsteinsche Probe erkennen. Ein Stückchen Kupferoxyd von der Größe einer Linse oder ein Stäbchen des Oxydes von 1 / 2 cm Länge wird mit einem dünnen Platindraht, der an ein Glasrohr angeschmolzen ist, umwickelt und in der Bunsenflamme so lange ausgeglüht, bis die Flamme farblos erscheint. Bringt man nach dem Erkalten des Kupferoxydes eine winzige Menge einer halogenhaltigen Substanz darauf und erhitzt in dem äußeren Teile einer Bunsenflamme, so verbrennt zunächst der Kohlenstoff, und man beobachtet eine leuchtende Flamme. Diese verschwindet bald und macht einer grünen oder blaugrünen Platz, welche durch verdampfendes Halogenkupfer hervorgerufen wird. Aus der Dauer der Färbung läßt sich darauf schließen, ob die Substanz nur Spuren oder mehr Halogen enthält.

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Elementar-analytische Methoden

Auch ein in einem Kork befestigtes Stück Kupferdraht kann zur Ausführung der B e i i s t einschen Probe Verwendung finden. In n i c h t f l ü c h t i g e n S u b s t a n z e n lassen sich H a l o g e n und S c h w e f e l mit großer Sicherheit durch die S a l p e t e r s c h m e l z e ermitteln. Man verreibt 5 — 1 0 m g des Stoffs (nicht mehr!) mit 100 bis 200 mg Kaliumnitrat in einer kleinen Achatreibschale und erhitzt das Gemisch in einem kleinen Reagenzglas vorsichtig über kleiner Flamme. Die Oxydation erfolgt unter schwacher Feuererscheinung und ist beendet, wenn die Schmelze farblos geworden ist. Nach dem Erkalten löst man in Wasser und bestimmt die gesuchten Elemente in bekannter Weise. (Reagentien zuvor auf Halogen und Schwefelsäureionen prüfen!) Andere Elemente, die in organischen Verbindungen vorkommen, wie P h o s p h o r , A r s e n , weitere M e t a l l o i d e und organisch gebundene M e t a l l e , weist man nach, indem man die organische Substanz durch Oxydation (mit Salpetersäure im Einschlußrohr oder durch Schmelzen mit Salpeter oder Natriumperoxyd) zerstört und dann nach den üblichen analytischen Methoden die Prüfung vornimmt. Dem Bedürfnis nach einer qualitativen Aufklärung einer organischen Verbindung ist durch Ermittlung ihrer Elementarbestandteile nur zu einem geringen Teil Genüge getan. Die weitere und schwierigere Aufgabe ist, sie zu k l a s s i f i z i e r e n , auf Grund ihrer chemischen und physikalischen Eigenschaften und Reaktionen festzustellen, welcher G r u p p e v o n V e r b i n d u n g e n sie angehört. Die Merkmale der wichtigsten organischen Gruppen (Alkohol-, Aldehyd-, Keton-, Ester-, Amid-, Nitril-, Nitro-, um nur einige zu nennen) zu erkennen, gesättigte, ungesättigte und aromatische Stoffe durch ihre Reaktionen voneinander zu unterscheiden, solche und noch viele andere Fragen experimentell zu beantworten, soll die Beschäftigung mit der präparativen organischen Chemie als unentbehrlichen Nebenzweck lehren. Der Praktikant soll nicht nur Übung erlangen in der synthetischen Darstellung von Stoffen aus den wichtigsten Verbindungsreihen, er soll auch mit seinen Präparaten vertraut werden, er soll sich in ihre c h a r a k t e r i s t i s c h e n R e a k t i o n s m e r k m a l e vertiefen, ihre stoffliche Eigenart durch gründliche experimentelle Betrachtung und Beobachtung in sich aufnehmen. D a r u m s o l l e n die in der f o l g e n d e n p r ä p a r a t i v e n A n l e i t u n g g e b r a c h t e n V e r s u c h s b e i s p i e l e , die diesem U n t e r r i c h t s z w e c k dienen, n i c h t auf die l e i c h t e S c h u l t e r g e n o m m e n werden. I h r e Ausführung ist der rein p r ä p a r a t i v e n T ä t i g k e i t an B e d e u -

I. Stickstoffbestimmung nach Dumas

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t u n g gleich zu achten. Die ernste Beachtung dieser Mahnung wird ihre Früchte tragen bei der Lösung der Aufgaben, die von der im Anschluß an den präparativen Teil auszuführenden G r u p p e n Analyse (S. 405) gestellt werden. Die quantitative organische Elementaranalyse Die quantitative Bestimmung der Elemente einer organischen Substanz geschieht mit Hilfe der E l e m e n t a r a n a l y s e . Hierbei werden Kohlenstoff und Wasserstoff nebeneinander bestimmt, während zur Bestimmung aller übrigen Elemente je eine besondere Analyse auszuführen ist. Die hier beschriebenen m e s o - a n a l y t i s c h e n Methoden mit Einwaagen von 20—30 mg sind auf der Grundlage des P reg Ischen MikroVerfahrens1 von Dr. F. H ö l s c h e r ausgearbeitet worden. Die Waage: Bei einer Einwaage von 20—30 mg Substanz ist aus leicht ersichtlichen Gründen eine gewöhnliche Analysenwaage, deren Genauigkeit nur bis zu 0,1 mg geht, nicht verwendbar. Man benützt daher eine moderne Analysenwaage nach der Schwingungsmethode oder die Kuhlmannsche Schnellwaage oder eine ähnliche „ H a l b m i k r o w a a g e " mit einer Genauigkeitsgrenze von 0,01 mg.

I. Stickstoffbestimmung nach Dumas Die abgewogene Substanz wird in einer mit Kohlensäure gefüllten Röhre durch glühendes Kupferoxyd verbrannt, wobei der K o h l e n stoff zu K o h l e n d i o x y d , der W a s s e r s t o f f zu Wasser oxydiert wird, während S t i c k s t o f f als solcher entweicht und, über K a l i l a u g e aufgefangen, volumetrisch bestimmt wird. Auftretende S t i c k o x y d e werden durch eine glühende Kupferspirale zu S t i c k s t o f f reduziert. Zur Stickstoffbestimmung sind erforderlich: ein Schnabel-Verbrennungsrohr aus Supremaxglas (Länge ohne Schnabel 65 cm, äußere Weite 12 mm. Länge des Schnabels 3 cm, äußere Weite 3—3,5 mm, innere Weite 2 mm). 1

F. P r e g l , Die quantitative organ. Mikroanalyse, Springer-Berlin; vgl. H. B e r g e r , J. pr. Chem. 133, 1 (1932); K. K ü s p e r t , Chem. Fabrik, 6, 63 (1933); E. S u c h a r d a und B. B o b r a n s k i , Halbmikromethoden zur automat. Verbrennung org. Substanzen. Vieweg 1929.

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Elementar-analytische Methoden ein einfach durchbohrter, möglichst zylindrischer Gummistopfen, der in die weite Öffnung des Rohres paßt und der Kohrwand eng anliegen muß, drahtförmiges Kupferoxyd („zur Analyse"), langfaseriger Asbest, etwas Silberwolle, 2 Asbestplatten und eine 5 cm lange Eisendrahtnetzrolle. Kippscher Apparat, elektr. Verbrennungsofen 1 , Azotometer, Nickelschale, Drahtnetzsieb, Wägegefäß und Mischrohr werden vom Laboratorium gestellt.

Vorbereitungen L u f t f r e i e r K o h l e n d i o x y d - K i p p : Kleine Marmorstückchen werden in einer Porzellanschale mit verdünnter Salzsäure (1 Vol. HCl, D. 1,18 + 1 Vol. Wasser) Übergossen. Nachdem man die erste lebhafte Einwirkung abgewartet hat, gießt man den oben angesammelten Schmutz weg und spült die angeätzten Marmorstückchen mit Wasser ab. Nun füllt man die mittlere Kugel des Kippschen Apparates bis über die Hälfte mit dem Marmor; der Abschluß der unteren Kugel wird durch Glasscherben oder durch zwei halbkreisförmig gebogene Glasstäbchen bewirkt. An das innere Rohrende des Glashahnes, den man mittels eines schwach mit Vaseline gefetteten Gummistopfens im Tubus der 1 Der Ofen wird von der Firma M. G o e r g e n in München zum Preis von 6 0 , — RM. geliefert. Anders als auf der Abbildung ruht das Heizrohr auf zwei Füßen. Der Regulierwiderstand ist auf die Platte aufmontiert.

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I. Stickstoffbestimmung nach Dumas

mittleren Kugel befestigt, bringt man durch ein kurzes Schlauchstück ein hakenförmig nach oben gebogenes Glasrohr an, so daß das Gas beim Ausströmen vom höchsten Punkt der mittleren Kugel zuerst entfernt wird. Darauf füllt man den Apparat mit verdünnter Salzsäure (wie oben), bis außer der unteren Kugel noch die Hälfte der oberen Kugel gefüllt ist, und wirft zwei kleine Marmorstückchen in das Trichterrohr, so daß sie hier steckenbleiben und durch lebhafte Kohlendioxyd-Entwicklung die in der Salzsäure gelöste Luft entfernen; durch wiederholtes öffnen und Schließen des Hahnes beschleunigt man die Entlüftung. Ein neu hergerichteter Kipp gibt in der Regel erst nach 2—3-tägigem Stehen — wenn die an der Glasobeffläche und dem Kautschuk adsorbierte Luft an die Kohlendioxyd-Atmosphäre abgegeben ist — ein ausreichend reines Kohlendioxyd. Dieses ist für die Bestimmung als einwandfrei zu betrachten, wenn die im Azotometer aufsteigenden , , M i k r o b l a s e n " zu mehreren vereinigt, oft einander überholend, mit gleichförmiger Geschwindigkeit aufsteigen. Ihr Durchmesser soll, mit der Lupe betrachtet, des Teilstrichabstandes (etwa 1js mm) nicht übersteigen. Die Verbindung des Kohlendioxyd-ICipps mit dem Verbrennungsrohr geschieht durch ein Z - f ö r m i g g e b o g e n e s G l a s r o h r , dessen eines Ende zu einer dickwandigen, schwach konisch zulaufenden Capillare ausgezogen ist, die in die Bohrung des im Verbrennungsrohr steckenden Kautschukstopfens hineingeschoben wird. An das andere Ende ist ein auf der einen Seite etwas erweitertes, kurzes Glasrohr angesetzt, das mit Asbestwolle gefüllt wird, um Säurenebel zurückzuhalten. Das horizontal verlaufende Hahnrohr des Kippschen Apparates verbindet man durch ein mit wenig Glycerin befeuchtetes Schlauchstück mit dem Z-förmigen Rohr, so daß die Rohrenden möglichst dicht aneinanderstoßen (siehe Figur 31).

Füllung des Verbrennungsrohres: Das Schnabelrohr wird zunächst mit Bichromat-Schwefelsäure gereinigt, mit destilliertem Wasser nachgespült und an der Wasserstrahlpumpe unter schwachem Erwärmen getrocknet. Zur Füllung des Rohres hält man sich einen Vorrat an grobem drahtförmigem Kupferoxyd („zur Analyse") und von feinerem Kupferoxyd, das man sich aus ersterem durch Zerdrücken (nicht Reiben!) in einer Reibschale herstellt, so daß man nach dem Absieben des Staubes 1—2 mm lange Drahtstückchen erhält. Vor Gebrauch wird das Kupferoxyd in einer Nickelschale ausgeglüht. Das gebrauchte Kupferoxyd ist nach dem Sieben und Glühen an der Luft sofort wieder gebrauchsfähig. Man hüte sich, das Kupferoxyd durch Lauge zu verunreinigen, da hierdurch stets zu niedrige Stickstoffwerte erhalten werden; hier hilft nur Auskochen mit Essigsäure und erneutes Glühen. G a t t e r m a n n , Praxis d. organ. Chemikers.

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In das trockene Rohr bringt man zunächst zur Ausfüllung des konischen Rohrteils etwas Silberwolle; darauf schiebt man mit einem passenden Glasstab, dessen Kanten eben rund geschmolzen sind, etwas gereinigte und ausgeglühte Asbestwolle bis zum Schnabel vor und drückt sie dort mäßig zusammen, so daß ein 2—3 mm starker Asbestpfropf entsteht. Auf den Asbest füllt man eine 12 cm lange Schicht von grobem Kupferoxyd; durch seitliches Klopfen mit der flachen Hand bei senkrecht gehaltenem Rohr läßt man das Kupferoxyd mäßig fest aufsitzen; in gleicher Weise füllt man nun 6 cm feines und darauf 10 cm grobes Kupferoxyd ein. Diese „bleibende R o h r f ü l l u n g " wird durch einen zweiten, wenige Millimeter starken und schwach gestopften Asbestpfropf festgelegt. In das so gefüllte Rohr leitet man nun vom weiten Rohrende aus einen mit saurer Permanganatlösung gewaschenen Wasserstoffstrom ein, reduziert nach gründlicher Verdrängung der Luft die 6 cm lange Schicht von feinem Kupferoxyd unter mäßigem Erhitzen mit einem Bunsenbrenner und läßt im langsamen Wasserstoffstrom erkalten. Das frisch hergerichtete Rohr mit der „bleibenden Füllung" wird dann im elektrischen Verbrennungsofen in seiner ganzen Ausdehnung im Kohlendioxyd-Strom kräftig durchgeglüht und unter dem Druck des Kohlendioxyd-Kipps erkalten gelassen. Auch bei Nichtgebrauch bleibt das Rohr stets in Verbindung mit dem Kipp unter Kohlendioxyddruck stehen. Das Halbmikro-Azotometer: Das zum Auffangen des Stickstoffs dienende Halbmikro-Azotometer hat im Meßrohr entsprechend der Substanzeinwaage von 20—30 mg ein Fassungsvermögen von 8—lOccm; durch die Unterteilung in 0,02 ccm wird eine völlig ausreichende Genauigkeit gesichert. Das Gaseinleitungsrohr des Azotometers trägt einen angeschmolzenen Glashahn, dessen Griff zu einem längeren Hebelarm ausgezogen ist. Um die Feinregulierung noch zu steigern, wird das Hahnküken an seiner Bohrung mit zwei feinen, spitz zulaufenden seitlichen Einkerbungen versehen (Fig. 32), die man mit einer scharfen Dreikantfeile so anbringt, daß der Hebel nach oben bewegt werden muß, um dem Gas Durchlaß zu gewähren. Das Gaseinleitungsrohr des Azotometers wird mit dem Verbrennungsrohr durch ein im stumpfen Winkel gebogenes Capillarrohr verbunden, das an der Berührungsstelle im äußeren Durchmesser mit dem Hahnrohr übereinstimmt und mit diesem durch einen dickwandigen Gummischlauch verbunden wird, so daß die Rohrenden möglichst dicht aufeinandersitzen. Der horizontale Schenkel des Capillarrohres ist zu einer schwach konisch zulaufenden Spitze ausgezogen, die im äußeren Durch-

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messer genau mit dem Schnabel des Verbrennungsrohres übereinstimmt. Zur Verbindung dient ein 2,5—3 cm langes, mit wenig Glycerin befeuchtetes Stück englumigen Vakuumschlauches; man achte darauf, daß die Rohrenden möglichst dicht aneinanderstoßen. Beim Auseinandernehmen der Apparatur bleibt das Capillarrohr stets am Azotometer. Vor der Füllung reinigt man das Azotometer mit Bichromat-Schwefelsäure. Der Verbindungsschlauch zwischen Niveaubirne und Azotometer wird mit Drahtligaturen gesichert. Von der Birne aus füllt man reines Quecksilber ein, bis dessen Niveau 1—2 mm über dem höchsten Punkt der Einmündungsstelle des Einleitungsrohres steht. Die Hähne fettet man schwach mit Vaseline, von der die Einkerbungen frei zu halten sind. Zur Füllung des Azotometers dient 5o-proz. Kalilauge (aus reinem „Ätzkali in Stangen"), die man durch Schütteln mit feingepulvertem Ätzbaryt (2 g auf 200 g Lauge) und Filtrieren durch ein t r o c k e n e s Filter völlig schaumfrei gemacht hat. Die Niveaubirne verschließt man durch einen Gummistopfen mit kurzem, zur Capillare ausgezogenem Glasrohr. Vorbereitung der Substanz: Feste Substanzen werden entweder l u f t t r o c k e n verbrannt oder vor der Analyse im evakuierten, mit Schwefelsäure gefüllten E x s i c c a t o r bis zur Gcwichtskonstanz getrocknet. Es ist nicht zweckmäßig, die Substanz vorher bis zur Staubfeinheit zu pulverisieren; dadurch wird die Oberfläche nur unnötig vergrößert, was die Wägung hygroskopischer Substanzen sehr erschwert. Wird das Lösungsmittel festgehalten, so trocknet man bti erhöhter Temperatur im Vakuum in der sog. T r o c k e n p i s t o l e oder bequemer im K u p f e r b l o c k - E x s i c c a t o r (Pregl), der sich durch Feineinstellung der den Kupferblock heizenden Mikroflamme leicht auf jede gewünschte Temperatur einstellen läßt (Fig. 33). Hygroskopische Substanzen werden im W ä g e s c h w e i n c h e n zur Wägung gebracht.

Fig. 33.

Ausführung der Verbrennung Wägung: F e s t e S u b s t a n z e n werden in einem mit Schliffstopfen versehenen birnenförmigen Röhrchen, das gleichzeitig als M i s c h r o h r dient, abgewogen. Seine Weite ist derart, daß es bequem auf einige cm Länge in den zylindrischen E i n f ü l l t r i c h t e r , der auf das V e r b r e n n u n g s r o h r aufgesetzt wird, eingeführt werden kann. 4*

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Elementar-analytische Methoden

In das Wägerohr, das man mit einem um einen dünnen Draht gewickelten Wattebäuschchen gereinigt hat und das stets nur mit der Pinzette angefaßt werden darf, bringt man eine kleine Menge feines Kupferoxyd und bestimmt auf der Waage das Leergewicht auf 0,01 mg. Das Röhrchen wird dabei auf ein passend zurecht gemachtes Drahtgestell gelegt. Dann füllt man mit einem dünnen Nickelspatel 20—30 mg Substanz ein und wägt erneut. F l ü s s i g k e i t e n bringt man in einer G l a s c a p i l l a r e zur Wagung. Aus einem Reagenzglas zieht man sich eine 2 mm weite Capillare und schneidet mit einem scharfen Glasmesser 7 bis 8 cm lange Stückchen ab. Zunächst schmilzt man, (vgl. Fig. 34) die Glasmasse in der Mitte des Röhrchens über einer ganz kleinen, eben entleuchteten Bunsenflamme unter langsamem Drehen und ganz gelindem Zusammendrücken zu einem Glastropfen zusammen und zieht dann außerhalb der Flamme zu einem etwa 2,5 cm langen massiven Stäbchen aus. Durch Abzwicken in der Mitte mit dem Fingernagel erhält man 2 Capillaren mit massivem Handgriff. Auf den Boden der Capillare bringt man nun ein Kryställchen Kaliumchlorat, schmilzt vorsichtig über demFlämmchen und läßt erstarren. Nachdem man zwei winzige Körnchen von gereinigtem Bimsstein eingebracht hat, läßt man das RöhrFig. 34. chen etwa 1 cm oberhalb des Bodens unter ganz gleichmäßigem und langsamem Drehen erweichen, zieht außerhalb der Flamme zu einer etwa 2 cm langen, feinen Capillare aus und bricht am Ende' ab. Die Capillare wird nun mit einem feuchten F l a n e l l t u c h , danach mit einem sauberen trockenen L e i n e n t u c h abgerieben und nach dem Auskühlen auf 0,01 mg genau gewogen. Die gewogene Capillare wird nun in ihrem zweiten Teil vorsichtig, ohne das Kaliumchlorat zu schmelzen, über dem Flämmchen erwärmt und in die Flüssigkeit getaucht. Nach dem Einsaugen der geeigneten Menge Flüssigkeit ergreift man die Capillare am Stiel und bringt bei nach oben gerichteter Capillare durch leichtes Aufklopfen mit der Hand oder durch geeignete Schleuderbewegung den Rest der Flüssigkeit aus der Capillare auf den Boden des Gefäßes. Um die Flüssigkeit aus der feinen Capillare völlig auszutreiben, zieht man sie einige Male rasch durch den äußeren Saum der Flamme, wischt außen ab und überzeugt sich, daß in der Capillare k e i n e V e r k o h l u n g eingetreten ist, dann schmilzt man die Spitze der Capillare zu, reibt mit einem feuchten Flanelltuch, dann mit einem reinen Leinentuch nach und bestimmt nach einigen Minuten des Abkühlens die Gewichtszunahme auf 0,01 mg genau. Die Füllung des Verbrennungsrohrs erfolgt genau wie sonst bei der Stickstoffbestimmung, nur füllt man statt mit 0,6 cm mit 2—3 cm feinem Kupferoxyd auf, steckt die gewogene Capillare, nachdem man die Spitze und den Griff durch Abbrechen verkürzt hat, in ein 4 cm langes.

I. Stickstoffbestimmung nach Dumas

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irisch ausgeglühtes, oxydiertes .Kupferdrahtnetzröllchen und läßt beides, die Capillare mit der Spitze voraus, in das schräg gehaltene Kohr gleiten. Danach füllt man wie gewöhnlich mit Kupferoxyd auf.

Füllung des Verbrennungsrohres und Zusammenstellen der Apparatur: Man setzt auf das Verbrennungsrohr den Einfülltrichter, den man sich aus einem weiten Reagenzglas herstellt, füllt zunächst 7 cm grobes, dann 0,5 cm feines Kupferoxyd ein und läßt durch seitliches Klopfen mit der Hand das Kupferoxyd im senkrecht gehaltenen Rohr mäßig aufsitzen. Nun überschichtet man die Substanz im Wägerohr mit einer 2 cm hohen Schicht von feinem Kupferoxyd, verschließt es mit dem Stopfen, schüttelt gut durch und entleert den Inhalt in das Verbrennungsrohr. In gleicher Weise spült man das Rohr 3—4mal mit je 1 — 1,5 cm feinem Kupferoxyd nach, läßt durch Klopfen auch die feinen Staubteilchen in das Verbrennungsrohr gleiten und füllt schließlich noch 4—5 cm grobes Kupferoxyd ein. Darauf legt man das Rohr in den elektrischen Ofen, so daß auf der Schnabelseite 2 cm der Kupferoxydfüllung aus dem Ofen herausragen; zum Wärmeschutz schiebt man über das Schnabelende einen kleinen Asbestschirm, der der Ofenwand anliegt. Uber das andere Rohrende schiebt man eine 5 cm lange Rolle aus E i s e n d r a h t n e t z und einen kleinen Asbestschirm zum Wärmeschutz für den Gummistopfen. Nun schaltet man den elektrischen Ofen ein, verschließt das weite Rohrende mit einem einfach durchbohrten Gummistopfen, schiebt die Capillare des Verbindungsrohres zum Kipp in die mit wenig Glycerin befeuchtete Bohrung, so daß sie eben aus dem Stopfen herausragt, und öffnet den Kippschen Apparat. Nachdem man einige Minuten Kohlendioxyd durch das Rohr geleitet hat, schließt man am Schnabelende bei geöffnetem Einleitungshahn das Azotometer an, dessen Kalilauge man durch Tiefstellen der Niveaubime so weit als möglich in diese übergeführt hat. Nach weiteren 2 Minuten sind auch Verbindungsrohr und Hahnspindel ausgespült; nun füllt man bei geschlossenem Verbindungshahn das Azotometer, bringt die Niveaubirne wieder in ihre tiefe Lage, öffnet den Verbindungshahn vorsichtig, so daß alle Sekunden etwa 1—2 Blasen durchstreichen, und prüft auf Mikroblasen. Sind die Blasen noch nicht klein genug, so muß das Ausspülen wiederholt werden. Sobald man Mikroblasen erhält, schließt man den Kipp und öffnet den Verbindungshahn voll. Gleichzeitig schiebt man das Drahtnetzröllchen über die letzten Anteile des eingefüllten Kupferoxyds und stellt den beweglichen Bunsenbrenner so darunter, daß der von dem Röllchen geschützte Rohrteil in den Bereich der entleuchteten vollen Flamme hineinragt.

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Elementar-analytische Methoden

Die eigentliche Verbrennung: Sobald der elektrische Ofen zum Glühen gekommen ist — 15—20 Minuten nach dem Einschalten — und die von der Erhitzung des Rohrs durch den Bunsenbrenner bewirkte G a s e n t w i c k l u n g aufgehört hat, läßt man bei geschlossenem Verbindungshahn und eben über die obere Hahnspindel gehaltenem Niveaugefäß unter raschem Hin- und Herdrehen des Hahnkükens das angesammelte Gasvolumen samt mitgerissenen Unreinigkeiten in den oberen Becher, den man mit wenig Lauge füllt. Nun rückt man bei wieder gesenkter Niveaubirne und voll geöffnetem Verbindungshahn einige Millimeter mit der Drahtnetzrolle vor, wobei der Bunsenbrenner an das rückwärtige Ende zu stehen kommt. In der gleichen Weise rückt man mit Rolle und Brenner bzw. elektrischer Vergasungsspule vor, so lange man noch unter dem erlaubten Maß der Blasengeschwindigkeit ist; man achte peinlich darauf, daß nie mehr als 2 Blasen in 3 S e k u n d e n in das Azotoineter eintreten. Bei lebhafter Gasentwicklung, zumal wenn man an die Substanz herangekommen ist, wartet man daher etwas länger zu und rückt erst vor, wenn die Blasengeschwindigkeit wesentlich nachgelassen hat. Sobald man mit dem Bunsenbrenner am elektrischen Ofen angekommen ist, was 15 bis 25 Minuten erfordert, schließt man den Verbindungshahn, öffnet den Hahn des Kippschen Apparates voll und stellt nun den Verbindungshahn durch vorsichtige Bewegung des Feinstellhebels so ein, daß 2 Blasen in 3 Sekunden in das Azotometer eintreten; eine auch nur kurze Überschreitung dieser Geschwindigkeit ist sorgfältig zu vermeiden. Nun glüht man während der nächsten 5—10 Minuten die bewegliche Kupferoxydschicht nochmals mit Drahtnetzrolle und Brenner kräftig durch, stellt dann den Brenner und nach weiteren 5 Minuten auch den elektrischen Ofen ab. Man hüte sich, das Verbrennungsrohr längere Zeit mit dem Brenner allein zu erhitzen, da es dann beim Erweichen des Glases unfehlbar aufgeblasen wird. Nach dem Abstellen der Heizung steigert man die Blasengeschwindigkeit auf 2 Blasen in der Sekunde. Sobald man im Azotometer Mikrobläschen erhält, schließt man den Verbindungshahn, zieht die Kautschukverbindung vom Verbrennungsrohr, setzt auf dieses die Schlauchkappe und läßt unter Kohlendioxyd-Druck erkalten. Das Azotometer stellt man zum Auskühlen in einen etwas kühleren Raum (Barometer-Zimmer), wobei man zweckmäßig durch Heben der Bime auf gleiches Niveau im Meßrohr und Niveaugefäß einstellt. Nach 10 Minuten liest man ab, indem man den Meniskus in der hinter dem Meßrohr stehenden Niveaubirne mit dem im Meßrohr

II. Bestimmung von Kohlenstoff und Wasserstoff nach Liebig

55

genau in eine Ebene bringt. Man liest den Teilstrich ab, der sich mit dem unteren Rand des Meniskus in derselben horizontalen Ebene befindet. Ferner liest man die T e m p e r a t u r (Thermometer im Azotometerbecher) und den B a r o m e t e r s t a n d ab. Berechnung der Analyse: Der Prozentgehalt an Stickstoff beträgt:

Hierbei bedeuten: v das abgelesene Volumen Stickstoff in ccm, s die angewandte Substanzmenge in mg, t die Temperatur, • H CH 3 • CHj • O — S 0 3 H

* CH a = CH a + H , S 0 4 .

Wir erinnern uns, daß die zuerst gebildete Äthylschwefelsäure in der Hitze CH 3 • CH¡ • O • CH 2 • C H 3 + H 2 S 0 4 .

Auch bei der Äthylendarstellung entsteht Ä t h y l ä t h e r als Nebenprodukt. Ä t h y l e n , das „ ö l b i l d e n d e G a s " , ist schon im Jahre 1795 von den fünf holländischen Chemikern D e i m a n , T r o o s t w y k , B o n d t , L o u w e r e n b u r g h und C r e l l s aus Weingeist und Vitriolöl dargestellt worden. Technisch gewinnt man das Äthylen aus Alkohol durch katalytische Wasserabspaltung mit T o n e r d e ( S e n d e r e n s ) , die auf 200 bis 300° erhitzt wird und über die man Alkoholdampf leitet 1 . Gleich der Tonerde eignet sich auch A l u m i n i u m p h o s p h a t zur präparativen Ausführung solcher Reaktionen. Statt, wie in unserem Beispiel, den sauren Schwefelsäureester des Alkohols thermisch zu zersetzen, zieht man häufig die Ester anderer Säuren, z. B . der B e n z o e s ä u r e , heran, und vermeidet so die verkohlende Wirkung der Schwefelsäure. Auch p r i m . K a l i u m s u l f a t und w a s s e r f r e i e B o r s ä u r e oder O x a l s ä u r e werden benützt ( A c r o l e i n aus Glycerin, B r e n z t r a u b e n s ä u r e aus Weinsäure). Hierher gehört auch die X a n t h o g e n a t m e t h o d e von T s c h u g a e f f . Die chemische Eigenart der Olefine gründet sich auf ihre, allen möglichen A d d i t i o n s r e a k t i o n e n zugängliche Doppelbindung. Es werden addiert: 1. H a l o g e n e , besonders leicht Chlor und Brom zu A l k y l e n d i h a l o geniden. 2. H a l o g e n w a s s e r s t o f f s ä u r e n zu A J k y l h a l o g e n i d e n . Präparativ wird meist Bromwasserstoff, in Eisessig gelöst, angelagert, und zwar, da dieser Vorgang langsam verläuft, unter Erhitzen der Komponenten im Einschlußrühr. 3. S c h w e f e l s ä u r e (vgl. oben) und andere Säuren, z. B . E s s i g s ä u r e (technische Anwendung in der Gruppe der T e r p e n e ) . 4. S a l p e t e r s ä u r e . Äthylen liefert bei Gegenwart von konz. Schwefelsäure den S a l p e t e r s ä u r e e s t e r d e s N i t r o ä t h y l a l k o h o l s CH, = CH.

* CH, • CH 2 I I NO, OH

• CH, • CH, I I NO, O - N O ,

6. U n t e r c h l o r i g e S ä u r e , gemäß der Gleichung: C H j : CHj J 1 S S U CHj — CH, C1 1

OH.

Eine für das Laboratorium geeignete Vorschrift findet man b e i W . K e s t i n g

Z. Ang. 38. 362 (1925). G a t t e r m a n n , Praxis d. organ. Chemikers. 30. Aufl.

8

Organisch-präparativer Teil

114

So erhält man Ä t h y l e n - c h l o r h y d r i n durch gleichzeitiges Einleiten von.. Äthylen und C0 2 in Chlorkalklösung. 6. S t i c k s t o f f d i o x y d zu D i n i t r o ä t h a n e n : R — CH = CH — R • R • CH • CH — R Mit S t i c k s t o f f t r i o x y d entstehen unter Aufnahme von N 2 O a die dimolekularen P s e u d o n i t r o s i t e . 7. O z o n ( H a r r i e s ,

Staudinger).

CH 2 : CH 2 + 0 3

• H2C CH 2 . I I o — o

Da die O z o n i d e beim Erhitzen mit Wasser nach der Gleichung: R • CH HC • R I I O O

R • CHO + R • CHO + HO • OH

gespalten werden, so vermitteln sie eine Synthese für A l d e h y d e (oder Ketone). Die Hydrolyse setzt an der Ätherbindung ein und läßt als Zwischenprodukte D i - o x y a l k y l p e r o x y d e RH(OH)C • O — O • C(OH)HR entstehen (siehe auch S. 201), die weiter in Aldehyd (oder Keton) und Hydroperoxyd zerfallen (Rieche). Benzol addiert 3 Mol 0 3 ; sein Triozonid (Ozobenzol) C e H a O e zerfällt mit Wasser in 3 Mol G l y o x a l . Glatter und ohne Nebenreaktionen verläuft die h y d r i e r e n d e der Ozonide, die über einen unbeständigen Oxyalkyläther

Spaltung

R-C —O —C- R H

OH H O

H

zu A l d e h y d bzw. K e t o n führt. Vgl. dazu die Darstellung von A d i p i n d i a l d e h y d aus Cyclohexen auf S. 372. 8. W a s s e r s t o f f . Die Olefine lassen sich durch keines der üblichen Reduktionsmittel mit nascierendem Wasserstoff hydrieren. Dies gelingt nur auf k a t a l y t i s c h e m W e g e mit Wasserstoffgas bei Gegenwart fein verteilter Metalle, wie N i c k e l ( S a b a t i e r ) , Palladium ( P a a l , S k i t a ) , P l a t i n ( F o k i n , W i l l s t ä t t e r ) . Vgl. dazu die Präparate S. 365 u. f. 9. B e n z o p e r s ä u r e Alkylenoxyde.

(Reaktion

O-OH I R • CH : CH • R + C 6 H 6 - C : O

von

Prileschajew).

Dabei

entstehen

R • CH . CH • R + C e H 6 - COOH. \ o /

Cyclohexen aus Cyclohexanol. Cyclohexadien 10. H y d r o x y l . Durch P e r m a n g a n a t Temperatur in ihre G l y k o l e übergeführt: R • CH : CH • R

115

werden die Olefine bei tiefer

• R • CHOH • CHOH • R .

Die Einwirkung dieses Oxydationsmittels führt aber leicht zu einer Sprengung der Doppelbindung, indem die an ihr beteiligten Kohlenstoffatome weiter oxydiert werden. Sind sie noch gleichzeitig mit Wasserstoff in Bindung, so entstehen C a r b o n s ä u r e n , andernfalls K e t o n e . yCH3 R • CH :C < XCH a

/CH„ • R • COOH + OC< XCH 3

Die Reaktion mit Permanganat bildet ein wertvolles und viel benutztes Erkennungsmittel für die u n g e s ä t t i g t e N a t u r einer organischen Verbindung. Man löst die Substanz in kaltem Alkohol, gibt einige Tropfen Sodalösung und dann einen Tropfen verdünnter Permanganatlösung zu. Das rasche Verschwinden der roten Farbe zeigt die Gegenwart einer D o p p e l b i n d u n g an. Auch in reinem, gegen Permanganat beständigen Eisessig läßt sich die „ B a e y e r s c h e P r o b e " ausführen. Die Entfärbung von B r o m bietet eine weitere Erkennungsmöglichkeit von Doppelbindungen. Als Lösungsmittel dient gewöhnlich Chloroform.

Die Olefine verhalten sich nun, in Abhängigkeit von der Natur der Molekel, vielfach verschieden hinsichtlich der Geschwindigkeit, mit der sie die aufgeführten Additionsreaktionen eingehen. Wenn wir in einer Formel eine Doppelbindung sehen, so ist damit nicht ohne weiteres gesagt, daß wir alle möglichen Umsetzungen auch mit ihr ausführen können. So gelingt es z. B . nicht, an T e t r a p h e n y l ä t h y l e n (C,H 5 ) a C: C(C,H 5 ) 2 überhaupt Brom anzulagern. Die A f f i n i t ä t der Doppelbindung ist demnach von Fall zu Fall verschieden. Stehen zwei Doppelbindungen einander benachbart, so können sie bei Anlagerungsreaktionen als g e s c h l o s s e n e s S y s t e m reagieren. So lagert B u t a d i e n Brom teilweise im Sinne folgender Gleichung an: 1

2

3

4

CHa = CH•CH = CH,

Br

' > BrCH 2 . CH = CH • CH a Br.

Seine Dicarbonsäure, die M u c o n s ä u r e , wird zur ß, ^-ungesättigten D i h y d r o m u c o n s ä u r e hydriert: HOOC • CH = CH • CH = CH • COOH

HOOC • CHS • CH = CH • CH2 • COOH.

In beiden Fällen verschwinden die beiden ursprünglichen Doppelbindungen und zwischen sie tritt eine neue; die Addition hat in 1 , 4 - S t e l l u n g stattgefunden. Eine besonders interessante und präparativ wichtige Anwendung hat das Prinzip der 1,4-Addition in der schönen, von D i e l s und A l d e r 1 entdeckten 1

A. 460, 98 (1928); siehe auch Z. Ang. Ch. 42, 911 (1929). 8*

Organisch-präparativer Teil

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„ D i e n - S y n t h e s e " gefunden. Nach ihr lagern sich B u t a d i e n und zahlreiche B u t a d i e n - D e r i v a t e (Isopren, Cyclopentadien) an die einfache Kohlenstoffdoppelbindung unter Bildung von Abkömmlingen des T e t r a h y d r o b e n z o l s . So entsteht z. B. aus Butadien und Maleinsäureanhydrid T e t r a h y d r o p h t a l säure: CHS CO CHa / \ / \ CH CH \ i + Ii o • :i CH CH / \ \ / \/ CH2 CO CH2 Durch Anlagerung von Butadien an Chinon gelangt man in die N a p h t a l i n reihe: CH, HC I HC

CO +

CH,

HC || HC

CH» „

CH II CH



CO

CO

V

HC ¡1 HC

CH || CH

I CH2

CO

n

Die Anwendung von C y c l o p e n t a d i e n als „Dien" führt zur Synthese e n d o - c y c l i s c h e r R i n g s y s t e m e , wie sie die Pflanzenzelle im Campher und anderen Terpenen erzeugt, z. B.: CH

CHO

CH

CH \ CH CH | CH—CHO I CH2 + Ii • II CHj I CH / CH, CH | CH, \ / \ / CH CH Die Ausführung der Diels-Alderschen Dien-Synthese (Cyclohexadien und Chinon) ist auf S. 302 beschrieben. Nach Thiele erklärt man die Erscheinung der 1,4-Addition so, daß die Kraftfelder, die die an ungesättigten Bindungen beteiligten Kohlenstoffatome umgeben, sich zwischen C2 und C s wegen deren räumlichen Nähe zum Teil gegenseitig aufheben, so daß an Cj und C4 ein höheres chemisches Potential besteht als an Ca und C s ; dort sind demgemäß die bevorzugten Stellen der Addition. Auf das Benzol übertragen, sieht diese Vorstellung in ihm ein durch inneren Valenzausgleich viel stärker abgesättigtes Gebilde, als dies bei mehrwertigen Olefinen möglich ist. Im Benzol fehlen die Angriffspunkte, die der offenen Kette stets noch verbleiben: H

H

o f

\

Glykol aus Äthylenbromid

117

Wenn wir mit T h i e l e die Inaktivierung benachbarter C-Atome durch eine Klammer wie oben zum Ausdruck bringen, so sehen wir, daß im Benzol alle „ P a r t i a l v a l e n z e n " ausgeglichen sind. Das Strukturbild des Benzols, das so aus den Vorstellungen T h i e l e s hervorgeht, erscheint noch heute als das angemessenste, um den „ a r o m a t i s c h e n " Charakter des Benzols aus dem Wesen der Olefine abzuleiten und zu verstehen. Nur glauben wir, daß man den Begriff der „Inaktivierung" von Partialvalenzen durch den ihrer S c h w ä c h u ng ersetzen sollte. Denn einmal gehen keineswegs alle Addenden bei Systemen benachbarter („konjugierter") Doppelbindungen in die 1,4-Stellung, und dann zeigt doch das Benzol die typischen Reaktionen eines Stoffes mit 3 Doppelbindungen, indem es, wenn auch langsamer als ein Olefin, z . B . H a l o g e n , katalytisch erregten W a s s e r s t o f f (zu Cyclohexan), Ozon, D i a z o e s s i g e s t e r (S. 273) direkt anlagert. Daß diese Anlagerungsreaktionen mit geringerer Geschwindigkeit vor sich gehen als dort, das scheint eben durch die graduell gemilderte Interpretation der T h i e l e schen Hypothese verständlich zu werden. — Unerwarteterweise hat sich das höhere Ringhomologe des Benzols, der Kohlenwasserstoff C y c l o o c t a t e t r a e n W i l l s t ä t e r und W a s e r ) durchaus nicht als ein chemisches Ebenbild des Benzols erwiesen. E r ist gelb und zeigt die große Reaktionsfähigkeit eines vierwertigen Olefins: H HC

CH

/

i

HC

CH

^

/

HC

CH H

Von höher konjugierten ungesättigten Systemen wird später bei den P o l y enen und den C a r o t i n o i d e n (S. 227) die Rede sein.

6. Glykol (Äthylenglykol) aus Äthylenbromid1 G l y k o l d i a c e t a t . In einem mit Rückflußkühler verbundenen kurzhalsigen Rundkolben von 1 / 2 Liter Inhalt wird eine Mischung von 63 g (Ys Mol) Äthylenbromid, 20 g Eisessig und 60 g frisch geschmolzenem, fein pulverisiertem Kaliumacetat (vgl. S. 129) auf einem Sandbade oder Drahtnetz über einer großen Flamme zwei Stunden lang zum l e b h a f t e n Sieden erhitzt. Man verbindet dann den Kolben durch ein kurzes Knierohr mit einem absteigenden Kühler lind destilliert das Reaktionsprodukt direkt mit einer großen leuchtenden 1

H e n r y , Bl. [3] 17, 207 (1897); C. 1907 I, 1314.

118

Organisch-präparativer Teil

Flamme, welche man fortdauernd bewegt und gegen Ende der Destillation immer mehr entleuchtet, über. Das Destillat wird dann mit weiteren 60 g Äthylenbromid und 80 g Kaliumacetat versetzt, die Mischung wie oben auf einem Sandbade zwei bis drei Stunden zum lebhaften Sieden erhitzt und erneut abdestilliert. Das Destillat unterwirft man unter Anwendung einer Wi dm er-Spirale (S. 20) einer fraktionierten Destillation, wobei man die folgenden Fraktionen gesondert aufsammelt: 1. von Anfang der Destillation bis 140°, 2. von 140—175°, 3. von 175° bis zum Ende. Die Fraktionen 2 und 3 werden dann nochmals gesondert destilliert, wobei reines Glykoldiacetat zwischen 180—190° (der Hauptanteil bei 186°) übergeht. Ausbeute rund 70 g. Will man die Ausbeute noch verbessern, so erhitzt man die unter 180° übergehenden Anteile mit dem gleichen Gewicht Kaliumacetat nochmals 3 Stunden und verfährt sonst wie oben beschrieben. Die Ausbeute steigert sich dann noch um weitere 16 g.

Glykol. Um aus dem Ester das freie Glykol zu gewinnen, wird er durch Kochen mit einer absoluten methylalkoholischen Lösung von Salzsäuregas „umgeestert". Man stellt sich durch Einleiten von HCl in absoluten Methylalkohol unter Kühlung und F e u c h t i g k e i t s ausschluß eine etwa 3%ige Lösung her, indem man die Gewichtszunahme auf einer für 0,1 g empfindlichen Waage feststellt und ein etwaiges Zuviel an HCl durch Verdünnen mit Methylalkohol ausgleicht. 49 g Glykoldiacetat (^s Mol) werden in einem kleinen Rundkolben (200 ccm) mit 60 ccm der methylalkoholischen Salzsäure 1/2 Stunde lang am Rückflußkühler gekocht, dann destilliert man, zuerst langsam, am absteigenden Kühler Methylacetat und einen Teil des Methylalkohols ab, den Rest aber bei etwa 50° direkt im Vakuum. Um geringe Mengen unveränderten Esters von dem zurückbleibenden Glykol zu trennen, schüttelt man den Rückstand im Kolben, dem man einen Gummistopfen aufgesetzt hat, mit je 50 ccm absoluten Äthers aus, in dem Glykol unlöslich ist. Der anhaftende Äther wird hierauf am siedenden Wasserbad entfernt und das heiß umgegossene Glykol aus einem kleinen Fraktionierkolben mit Luftkühler der Destillation unterworfen. Der Hauptteil geht bei 195° über. Ausbeute 17—18 g ( 8 0 - 9 0 % der Theorie^. Man kann Äthylenbromid auch durch d i r e k t e Verseifung mit verdünnter Alkalicarbonatlösung in Glykol überführen; der Umstand jedoch, daß die Reaktion (im heterogenen System) sehr langsam verläuft und daß außerdem große Wassermengen einzudampfen sind, verleiht dem hier eingeschlagenen

Glykol aus Äthylenbromid

119

Umweg, der zudem zwei neue Reaktionen kennen lehrt, den Vorzug. Wir stellen dabei — eine vielfach angewandte Methode der Überführung eines Alkylhalogenids in seinen Alkohol — zuerst durch Umsetzung mit Kaliumacetat (häufig auch Silberacetat) den E s s i g e s t e r her, den man im allgemeinen in normaler Weise, mit wäßrigen Alkalien oder Mineralsäuren verseifen würde. Hier, beim w a s s e r l ö s l i c h e n Glykol als Endprodukt soll aber das Arbeiten im organischen Lösungsmittel nicht preisgegeben werden, und deshalb entzieht man dem Ester unter den Bedingungen einer V e r e s t e r u n g die Säuregruppe, die sich im Rahmen eines Gleichgewichts zwischen die beiden Alkohole, Glykol und Methylalkohol verteilt, und zwar bei dem großen Uberschuß an Methylalkohol vornehmlich zugunsten von diesem. Man bezeichnet diese Art der Verseifung als U m e s t e r u n g . Näheres über Esterbildung und -verseifung findet m a n auf S. 143 u. f. Von den Reaktionen der einfachsten zweiwertigen Alkohole, der 1 , 2 - G l y k o l e seien am Beispiel des Grundkörpers die folgenden angeführt: Beim Erhitzen mit Schwefelsäure entsteht unter Wasserabspaltung A c e t al dehyd. Konz. Salzsäure erzeugt Ä t h y l e n c h l o r h y d r i n ; die zweite OH-Gruppe wird weit schwieriger durch Chlor ersetzt. CH 2 OH — CH 2 OH J ^ L » CHjOH — CH,C1 + H a O. Im Großen stellt man diese Verbindung durch Anlagerung von unterchloriger Säure an Äthylen her, indem man in eine Chlorkalklösung gleichzeitig COa und Äthylen einleitet. Starke Kalilauge setzt den Chloräthylalkohol unter HCl-Abspaltung zu Ä t h y l e n o x y d u m : CH.OH • CH.Cl

• CH»—CH. O

Vor allem ist auch der glatte Übergang des Chlorhydrins mit T r i m e t h y l a m i n in das physiologisch wichtige C h o l i n hier zu erwähnen, dessen salzsaures Salz sehr leicht erhalten wird, wenn man die beiden Komponenten in äquimolaren Mengen (die Base in konz. absoluter alkoholischer Lösung) einige Zeit in der Wärme aufeinander einwirken läßt. Durch B l e i t e t r a c e t a t , Pb(OCOCH 3 ) 4 , werden Glykole unter Lösung der C — C-Bindung dehydriert. Aus Äthylenglykol entstehen 2 Mole F o r m a l d e h y d . P i n a k o n wird, im entgegengesetzten Sinne seiner Entstehung, in 2 Mole A c e t o n zerlegt 1 : (H3C)jC I OH

C(CH3)2 I OH.

2(H3C)2CO

Uber die Anwendung dieser Methode zur S y n t h e s e v o n A l d e h y d e n siehe C h r . G r u n d m a n n , A. 524, 31 (1936). 1

R. C r i e g e e , B. 64, 260 (1931), A. 481, 263 (1930), 507, 159 (1933).

120

Organisch-präparativer Teil

Versuch. Zur Lösung von 1 g Blei-telracelat1 in 40 ccm Eisessig fügt man 3 Tropfen Glyhol\ nach einer halben Stunde wird überschüssiges Oxydationsmittel mit wenig schwefliger Säure zerstört, alles Blei mit verdünnter Schwefelsäure ausgefällt und im Filtrat vom Bleisulfat der entstandene Formaldehyd mit fuchsinschwefliger Säure nachgewiesen (s. S. 209). Die rote Lösung wird auf Zugabe von konz. Salzsäure blau (vgl. dazu S. 210).

7. Iso-amyläther 2

500 g käuflicher Amylalkohol werden innerhalb der Siedegrenzen 128—132° fraktioniert, dann, mit 50 g konz. Schwefelsäure gemischt, in einem Fraktionierkolben mit hohem Ansatzrohr zum gelinden Sieden erhitzt. Es destilliert langsam ein Gemisch von Wasser und Amylalkohol ab, die Temperatur der siedenden Mischung, die durch ein in die Flüssigkeit eintauchendes Thermometer angezeigt wird, steigt im Verlauf von etwa 8—9 Stunden auf 140°. Einige Zeit, bevor diese Temperatur erreicht ist, bringt man den in einem Scheidetrichter vom Wasser abgetrennten übergegangenen Amylalkohol, den man kurze Zeit mit Kaliumcarbonat getrocknet hat, in den Kolben zurück. Man kühlt dann den Kolbeninhalt auf etwa 100° ab, destilliert mit Wasserdampf, trennt im Destillat die ölschicht ab und fraktioniert sie mit Hilfe eines Aufsatzes, noch besser einer Widmerspirale (siehe S. 20). Der rohe Amyläther geht in einer Ausbeute von 200—230 g bei 168—172° über. Zur völligen Reinigung wird er 2 Stunden lang mit fein gepulvertem Nairiumamid (1,5 g auf 100 g Äther) am Rückflußkühler im Ölbad gekocht, dann vom Natriumamid abdestilliert. Das Destillat schüttelt man mit verd. Salzsäure durch, trocknet über Calciumchlorid und destilliert schließlich sorgfältig über Natrium. 8. Chloressigsäure aus Essigsäure und Chlor 3

In eine Mischung von 150 g Eisessig und 12 g rotem Phosphor, welche sich in einem mit Einleitungsrohr und Rückflußkühler verbundenen Kolben befindet (Fig. 46, S. 106) und auf einem lebhaft siedenden 1 In 760 ccm reinen Eisessig + 20 ccm Essigsäure-anhydrid trägt man unter mechanischer Rührung bei 66° 200 g Mennige ein und wartet jedesmal, bis die rote Farbe verschwunden ist. Beim Erkalten kristallisiert das Tetracetat aus; es kann aus Eisessig umkristallisiert werden und ist bei Ausschluß von Feuchtigkeit haltbar. (O. D i m r o t h und R. S c h w e i z e r , B. 66, 1375 [1923].> Zur Gehaltsbestimmung von Blei-tetracetat-Lösungen vgl. man R. C r i e g e e , B. 64. 260 (1931). 2 G. S c h r o e t e r und W. S o n d a g , B. 41, 1924 (1908). 3 R. Hoff mann, A. 102, 1 (1857); R u s s a n o w , B. 25, Ref. 334 (1892).

Chloressigsäure aus Essigsäure und Chlor

121

Wasserbade erhitzt wird, leitet man an einem möglichst hellen Orte, am besten im d i r e k t e n S o n n e n l i c h t , trockenes Chlor ein. Der Verlauf der Chlorierung hängt wesentlich von der Belichtung ab. Die Reaktion ist beendet, sobald eine kleine Probe beim Abkühlen durch Eiswasser und Reiben mit einem Glasstabe erstarrt. Im Sommer genügt hierfür eintägiges Einleiten von Chlor, während an trüben Wintertagen dieses noch einen zweiten Tag fortgesetzt werden muß. Zur Abscheidung der Monochloressigsäure wird das Reaktionsprodukt aus einem Fraktionierkolben, welcher mit einem Verlängerungsrohr verbunden ist, der-fraktionierten Destillation unterworfen und die von 150—200° übergehende Fraktion in einem Becherglase gesondert aufgefangen. Diese kühlt man dann unter Reiben mit einem Glasstabe in Eiswasser und filtriert den erstarrten Anteil, welcher aus reiner Monochloressigsäure besteht, schnell an der Saugpumpe ab, wobei man die lockeren Kristalle mit einem Spatel oder Mörserpistill fest zusammenpreßt. Das Absaugen darf nicht zu lange fortgesetzt werden, da sonst die Chloressigsäure durch die warme Luft allmählich verflüssigt wird. Das Filtrat unterwirft man nochmals der Destillation, wobei man den zwischen 170 und 200° übergehenden Teil gesondert auffängt. Verfährt man mit diesem wieder wie soeben (Abkühlen und Filtrieren), so erhält man noch eine zweite Menge von Monochloressigsäure, welche mit der Hauptmenge vereinigt und durch nochmalige Destillation vollkommen rein erhalten wird. Siedep. 186°, Schmelzp. 63°. Ausbeute wechselnd; 80—125 g. Verwendung für N i t r o m e t h a n (S. 156), M a l o n e s t e r (S. 247), G l y k o k o l l (S. 266), P h e n y l g l y c i n (S. 359). Da die Monochloressigsäure, vor allem in warmem Zustande, die Haut stark angreift, so hüte man sich, mit ihr in Berührung zu kommen. Wesentlich rascher verläuft die Chlorierung, auch ohne Licht, wenn tnan dem obigen Ansatz von 160 g Eisessig, 1,5 g Jod, 7 g PCls und 3 g roten Phosphor zusetzt 1 . Nach beendigter Reaktion dekantiert man noch heiß vom Phosphor ab, verdünnt mit 40ccm Eisessig, saugt nach dem Erkalten die auskristallisierte Monochloressigsäure scharf ab und wäscht mit wenig Eisessig nach. Man kommt so zu einem schwach rötlichen Präparat, das im Exsiccator über Ätzkali von dem noch anhaftenden Jod befreit wird. Die Substitution einer gesättigten Kette durch Chlor oder Brom wird erleichtert durch die Gegenwart einer O = C-Gruppe. So werden A l d e h y d e und K e t o n e mit großer Leichtigkeit halogeniert, und zwar tritt das Halogen ausschließlich in die a-Stellung. 1

H . B r ü c k n e r , Ztsrhr. f. Angew. Chem. 40, 973 (1927)} 41, 226 (1928)

122

Organisch-präparativer Teil

Viel geringer ist der „auflockernde" Einfluß, den die C a r b o x y l g r u p p e auf benachbarten Wasserstoff ausübt. Daher erfolgt in den C a r b o n s ä u r e n die Substitution durch Halogen weit schwieriger, kann aber durch Belichtung und durch Katalysatoren (Überträger) beschleunigt werden. Die Eintrittsstelle des Halogens ist auch hier stets das dem Carboxyl benachbarte, a-ständige Kohlenstoffatom. Als Überträger bei der Chlorierung eignet sich J o d , das sich mit Chlor zu dem reaktionsfähigen C h l o r j o d verbindet; 2. B.: CH 3 • COOH + C1J

• CH2C1 • COOH + H J .

Da der so entstehende Jodwasserstoff durch Chlor sofort wieder in Jod verwandelt wird, das dann von neuem Chlorjod bildet, so h a t man hier einen anschaulichen Fall einer chemisch durchsichtigen Ü b e r t r a g u n g s k a t a l y s e . Wesentlich anders und viel komplizierter wirkt P h o s p h o r . Der zuerst entstehende H a l o g e n p h o s p h o r setzt sich mit der Säure zum S ä u r e c h l o r i d um, das mit einem zweiten Molekül Säure das A n h y d r i d bildet: a) CH 3 • COC1 + HOOC • CH 3

>• CH 3 • CO • O • CO • CH 3 + HCl.

Das Anhydrid wird nun viel leichter substitutiv chloriert als die Säure, und das Zwischenprodukt, das so entsteht, wird schließlich durch den bei der Reaktion auftretenden Chlorwasserstoff wie folgt gespalten: b)

CH.C1 • C O v X ) + HCl H3C • C O '



CH.Cl • COOH CH 3 • COC1.

Das zurückgebildete A c e t y l c h l o r i d kann dann nach a) emeut in Reaktion treten. Während in unserm Fall die Menge des Phosphors eine beschränkte ist, benutzt man, namentlich zur Einführung von Brom, häufig äquivalente Mengen, stellt also das S ä u r e b r o m i d her, das dann erst in a-Stellung substituiert wird. Als Reaktionsprodukt t r i t t hierbei d a s B r o m i d d e r a - b r o m i e r t e n S ä u r e auf, das man durch Behandlung mit Wasser in diese umwandeln m u ß ; häufig stellt man auch durch Einwirkung von Alkohol den E s t e r dar ( H e l l V o l h a r d - Z e l i n s k y s c h e s Verfahren). Die a - H a l o g e n c a r b o n s ä u r e n , deren einfachste die Chloressigsäure ist, finden für Synthesen mannigfache Verwendung. Erwähnt sei hier ihr Übergang in O x y s ä u r e n (durch hydrolytische Abspaltung des Halogens) und in A m i n o s ä u r e n (Präp. VII, 2): C1CH2 • COOH + H Ö H C1CH2 • COOH + 2 N H 3

• HOCH 2 • COOH + HCl >• H 2 N • C H , • COOH + NH4C1.

Die Einführung von J o d erfolgt nach der auf S. 98 erwähnten Methode. / 3 - H a l o g e n c a r b o n s ä u r e n werden durch Addition von Halogenwasserstoff an cx-/?-ungesättigte Säuren erhalten: CH t = CH • COOH Acrylsäure

HBr

, CHjBr • CH 2 • COOH. /?-Brompropionsäure

II. 1

Säurechloride

123

II. Carbonsäuren und ihre einfachen Abkömmlinge i. Säurechloride a) A c e t y l c h l o r i d 1 Zu 90 g (1,5 Mol) wasserfreiem Eisessig, welcher sich in einem mit absteigendem Kühler verbundenen Fraktionierkolben befindet, läßt man unter Kühlung mit kaltem Wasser aus einem Tropftrichter 72 g Phosphortrichlorid fließen. Man taucht dann die Kugel des Kolbens in eine nicht zu kleine, mit Wasser von 40—50° gefüllte Porzellanschale ein und setzt die Erwärmung so lange fort, bis die im Anfang lebhafte Salzsäureentwicklung nachgelassen und die vor dem Erwärmen homogene Flüssigkeit sich in zwei Schichten getrennt hat. Das Acetylchlorid wird hierauf auf lebhaft siedendem Wasserbad von der phosphorigen Säure (untere Schicht) abdestilliert. Eine kleine Saugflasche, die durch einen Kork an das untere Ende des Kühlrohrs angeschlossen und durch ein mit Gummischlauch angefügtes CaCl2Rohr gegen die Luftfeuchtigkeit geschützt ist, dient als Vorlage. Durch w i e d e r h o l t e Destillation (mit Thermometer) wird das Präparat gereinigt. Man fängt die Fraktion zwischen 48—53° gesondert auf (Siedepunkt des reinen Acetylchlorids 51°). Ausbeute 70—80 g. Verwendung für E s s i g s ä u r e a n h y d r i d (S. 128) und A c e t o p h e n o n (S. 335). Man prüfe das Präparat auf P h o s p h o r g e h a l t (PC13), indem man einige Tropfen in wenig warmem Wasser zersetzt, die Lösung in einer kleinen Porzellanschale abdampft, dann z w e i m a l mit starker Salpetersäure oder Bromwasser abraucht und schließlich die üblichen Reaktionen auf Phosphorsäure anstellt. Wird Phosphor nachgewiesen, so ist das Präparat n o c h m a l s mit ein p a a r Tropfen Eisessig zu destillieren.

b) B e n z o y l c h l o r i d 40 g (Ys Mol) trockene Benzoesäure werden in einem Rundkolben von 250 ccm Inhalt, der einen eingeschliffenen Kühler trägt (zur Not auch Korkverbindung), mit 100 ccm Thionylchlorid übergössen und hierauf im Wasserbad unter Rückfluß auf 80° erwärmt (Abzug). Nach einer halben Stunde ist die kräftige G a s e n t w i c k l u n g (HCl und S 0 2 ) beendigt; man gießt das abgekühlte Gemisch in einen Fraktionierkolben über und destilliert am absteigenden Wasserkühler das überschüssige Thionylchlorid auf lebhaft siedendem Wasserbad soi B e c h a m p , C. r. 40, 946 (1855); 4 2 , 226 (1856).

Organisch-präparativer Teil

124

w e i t a l s m ö g l i c h a b ; es ist für d i e gleiche Operation n o c h m a l s v e r wendbar. D a s Benzoylchlorid wird hierauf a m D r a h t n e t z oder m i t s c h w a c h l e u c h t e n d e r F l a m m e der D e s t i l l a t i o n u n t e r w o r f e n . L a n g e s Kühlrohr m i t Vorlage, w i e b e i m A c e t y l c h l o r i d beschrieben, aber o h n e W a s s e r m a n t e l . N a c h e i n e m b e t r ä c h t l i c h e n Vorlauf, der i m wesentlichen a u s (ebenfalls w i e d e r v e r w e n d b a r e m ) T h i o n y l c h l o r i d besteht, g e h t d i e H a u p t m e n g e bei 1 9 4 — 1 9 9 ° über. R e i n e s B e n z o y l c h l o r i d siedet b e i 194°. A u s b e u t e 4 0 - 4 2 g. A u c h hier e m p f i e h l t sich d i e D e s t i l l a t i o n i m V a k u u m , die e i n reineres P r o d u k t liefert. Viel v e r w e n d e t e s Laboratoriumspräparat. Um das Hydroxyl einer COOH-Gruppe durch C h l o r zu ersetzen, kann man z. T. die gleichen Reaktionen benutzen, welche oben für den Ersatz von alkoholischen Hydroxylgruppen durch Halogen beschrieben wurden. Praktisch stellt man S ä u r e c h l o r i d e fast immer durch Einwirkung von PC13, PClj oder SOCl2, in selteneren Fallen von POCl 3 , auf die S ä u r e n selbst, in manchen Fällen auch wohl auf deren A l k a l i s a l z e , dar. Die Auswahl des Chlorides hängt ab 1. von der Leichtigkeit, mit welcher die betreffende Säure reagiert, und 2. von dem Siedepunkt des Säurechlorides. Wirkt z. B. wie bei der Essigsäure und ihren Homologen breits PC13 unter Bildung des Chlorides leicht ein, so zieht man dieses Chlorid dem noch energischer wirkenden PCIS vor. Bei der Reaktion, deren Mechanismus nachstehend erörtert wird, entsteht p h o s p h o r i g e S ä u r e nach der Gleichung: 3CH3.Of x

OH

+ PC13 = 3CH S • C f +H3P03. ^Cl

Indem die phoshorige Säure mit Acetylchlorid oder auch mit Phosphortrichlorid reagiert, kommt die bei dem Versuch beobachtete Entwickelung von Salzsäure zustande. B e n z o e s ä u r e reagiert mit PC13 weniger glatt, energisch aber mit PC15. Da die Abtrennung des überschüssigen Chlorphosphors (auch des Oxychlorids) viel weniger einfach ist als bei Anwendung von Thionylchlorid, zieht man dieses leicht zu beschaffende und wohlfeile Chlorid vor (H. M e y e r ) . Die R e a k t i o n s w e i s e h a t man sich so vorzustellen, daß zuerst unter HCl-Abspaltung das g e m i s c h t e A n h y d r i d entsteht, das dann in Säurechlorid und S0 2 zerfällt: R • C : O + SOC1,1 — — R -HCl OH

• C: O . O • SOC1

• R • C: O C1

so,. *

Ähnlich ist der Gang der Reaktion, wenn man die Chloride des Phosphors (oder Phosgen) verwendet. In Fällen, wo die Reaktion sehr stürmisch verläuft, benützt man Chloroform oder Benzol als Verdünnungsmittel; dies gilt auch für die Umsetzung der Alkohole. Des P h o s p h o r o x y c h l o r i d s bedient m a n sich meistens nur

125

Säurechloride

II. 1

dann, wenn man die S a l z e v o n C a r b o n s ä u r e n anwendet, mit welchen es in folgender Weise reagiert: 2 CH 3 • CO • ONa + POCl 3 = 2 CH 3 • CO • C1 + NaPO, + NaCl. Diese Reaktion kann man mit Vorteil verwerten, um das Chlor des PC15 vollkommener auszunützen, als es bei seiner Einwirkung auf die freien Säuren geschieht. Die S ä u r e c h l o r i d e sind in den niederen Reihen farblose Flüssigkeiten, in den höheren farblose kristallinische Substanzen. Sie sieden meistens unter gewöhnlichem Druck ohne Zersetzung; nur die hochmolekularen werden zweckmäßig im Vakuum destilliert. Der Siedepunkt der Säurechloride liegt niedriger als der der Säuren, wie denn überhaupt der Ersatz von Hydroxyl durch Chlor eine Siedepunktserniedrigung zur Folge h a t : CH S • CO • C1 CH3-CO-OH

Siedepunkt 51° „ 118°

C 8 H S • CO • C1 C.HfCO-OH

Siedepunkt 198°. „ 250°.

Die Säurechloride besitzen einen heftig stechenden Geruch und rauchen an der Luft. Sie werden durch Wasser unter Bildung von S ä u r e und C h l o r w a s s e r s t o f f zersetzt. Diese Umsetzung erfolgt vielfach außerordentlich leicht, da das Chloratom an einem Säurerest viel lockerer als an einem Alkylrest haftet. Während es zur Umwandlung eines Halogenalkyls in einen Alkohol meistens erforderlich ist, jenes lange Zeit mit Wasser, oftmals unter Zusatz von Natron, Kali, einem Carbonat oder Acetat, zu kochen, erfolgt die analoge Umsetzung eines Säurechlorids bei weitem leichter. Bei den niederen Gliedern, wie z . B . dem A c e t y l c h l o r i d , t r i t t die Reaktion bereits in der K ä l t e in äußerst stürmischer Weise fast augenblicklich ein, während es bei den höheren Gliedern, wie z . B . beim B e n z o y l c h l o r i d , des E r h i t z e n s bedarf, u m die Umsetzung herbeizuführen. S u l f o s ä u r e c h l o r i d e sind selbst gegen siedendes Wasser eine Zeitlang beständig (siehe Benzolsulfochlorid S. 189). Alkalien wirken naturgemäß weit lebhafter als Wasser auf Säurechloride ein. Mit Alkoholen und Phenolen reagieren die Säurechloride unter Bildung von S ä u r e estern.

Versuch a : Man gieße etwa y a ccm Acetylchlorid allmählich zu 2 ccm Wasser, das sich in einem Reagenzrohr befindet. Ist das Wasser sehr kalt, so kann man kurze Zeit die im Wasser untersinkenden und mit diesem sich nicht mischenden Tropfen des Chlorids beobachten. Schüttelt man das Rohr, so tritt eine lebhafte Reaktion unter Erwärmung ein. Versuch b: Man führe den gleichen Prozeß mit Benzoylchlorid aus. Auch bei längerem Schütteln keine wahrnehmbare Veränderung; man muß einige Zeit kochen, um die völlige Zersetzung zu erreichen. Nach dem Erkalten kristallisiert Benzoesäure aus. In gleicher Weise bringe man Benzoylchlorid mit 2 n-Lauge zusammen.

126

Organisch-präparativer Teil

V e r s u c h c : Z u 1 c c m Alkohol, welcher sich i n e i n e m durch W a s s e r a b g e k ü h l t e n R e a g e n z r o h r b e f i n d e t , f ü g t m a n t r o p f e n w e i s e d a s gleiche: V o l u m e n Acetylchlorid, v e r s e t z t d a n n , ebenfalls unter K ü h l u n g , m i t d e m gleichen V o l u m e n W a s s e r u n d m a c h t v o r s i c h t i g m i t Natrpn s c h w a c h alkalisch. H a t sich n i c h t s c h o n hierbei über der w ä ß r i g e n Flüssigkeit eine leicht b e w e g l i c h e Schicht d e s a n g e n e h m r i e c h e n d e n Essigesters a b g e s c h i e d e n , so f ü g t m a n n o c h so lange fein p u l v e r i s i e r t e s Kochsalz hinzu, b i s sich dies n i c h t m e h r löst, w o b e i die A b s c h e i d u n g d e s Essigesters eintreten wird. Man bringe i n gleicher W e i s e Benzoylclilorid mit etwas übers c h ü s s i g e m Alkohol z u s a m m e n u n d prüfe a m Geruch die G e s c h w i n d i g keit der E i n w i r k u n g . Säurechloride benutzt man auch, um zu entscheiden, ob eine vorliegende noch unbekannte Verbindung eine a l k o h o l i s c h e oder p h e n o l a r t i g e H y d r o x y l g r u p p e enthält oder nicht. Reagiert ein Stoff mit einem Säurechlorid, so ist dies der Fall, da alle Verbindungen, die den Sauerstoff in anderer Bindungsform, z. B. ätherartig gebunden enthalten, indifferent sind. Durch Zusatz von Alkali oder Alkalicarbonat kann die Reaktion wesentlich erleichtert -werden. Schließlich wendet man die Einwirkung eines Säurechlorids auf A l k o h o l e und P h e n o l e noch an, um sie aus Lösungen abzuscheiden oder um sie zu charakterisieren. Man bedient sich zu diesem Zwecke jedoch meistens des Benzoylchlorids. Methylalkohol gibt z. B. mit p - N i t r o b e n z o y l c h l o r i d den schön kristallisierten Methylester, der geringe Mengen aus wäßriger Lösung herauszuholen erlaubt. Auf die Salze von Carbonsäuren wirken Säurechloride unter Bildung von S ä u r e a n h y d r i d e n ein (siehe nächstes Präparat). E s muß noch erwähnt werden, daß die Acylierung von Alkoholen, Phenolen und Aminen mit Säurechloriden (und auch Anhydriden) statt nach dem alten Verfahren von S c h o t t e n - B a u m a n n — Einwirkung von Säurechlorid in alkalisch-wäßriger Suspension — heute vielfach in P y r i d i n l ö s u n g vorgenommen wird. Der Chlorwasserstoff wird vom Pyridin gebunden. Auch auf A m m o n i a k , sowie auf p r i m ä r e und s e k u n d ä r e o r g a n i s c h e B a s e n wirken Säurechloride mit großer Leichtigkeit ein: C H j . CO • C1 + 2 N H , = CH 3 • CO • N H 2 + NH4C1, Acetamid CH 3 • CO • C1 + 2 C e H s • NH 2 = C e H 5 • N H • CO • CH 3 + C„H, • NH 2 • HCl. Anilin Acetanilid V e r s u c h : a) Zu 1 c c m Anilin f ü g t m a n t r o p f e n w e i s e Acetylchlorid, w o b e i unter l e b h a f t e m Zischen eine h e f t i g e R e a k t i o n eintritt, w e l c h e j e d o c h aufhört, sobald e t w a d a s gleiche V o l u m e n d e s Chlorides hinzug e f ü g t ist. U n t e r K ü h l u n g m i t W a s s e r v e r s e t z t m a n d a n n m i t d e m f ü n f f a c h e n V o l u m e n Wasser, w o b e i sich ein reichlicher Niederschlag

II. 1

Säurechloride

127

von Acetanilid abscheidet, dessen Menge noch vermehrt werden kann, wenn man die Gefäßwände mit einem Glasstabe reibt. Der Niederschlag wird abfiltriert und aus wenig heißem Wasser umkristallisiert. Schmelzp. 115°. b) In gleicher Weise verfahre man mit Benzoylchlorid. Auch diese Reaktion wird benützt, um die o r g a n i s c h e n B a s e n durch Überführung in ihre meist kristallisierten Säurederivate zu charakterisieren und um kleine Mengen, vor allem von f l ü s s i g e n B a s e n , durch eine Schmelzpunktbestimmung zu erkennen. Um die Base voll umzusetzen — ein Mol wird ja durch die freiwerdende Salzsäure gebunden —, setzt man beim Arbeiten in wäßriger Lösung oder Suspension A l k a l i oder C a r b o n a t , in wasserfreiem Lösungsmittel t r o c k n e s ICaliumcarbonat oder P y r i d i n zu. Da tertiäre Basen mit Säurechloriden nicht reagieren, da sie kein ersetzbares Wasserstoffatom mehr enthalten, so kann man mit Hilfe der Einwirkung eines Säurechlorids auch entscheiden, ob eine Base einerseits primär oder s e k u n d ä r oder anderseits t e r t i ä r ist. Ferner sei hier auf die wichtige Verwendung der Säurechloride bei der F r i e d e l - C r a f t s s c h e n R e a k t i o n verwiesen (S. 331). Nach Art der S c h o t t e n - B a u m a n n s c h e n Reaktion läßt sich auch H y d r o p e r o x y d acylieren. Man kommt so zu S ä u r e - p e r o x y d e n .

D a r s t e l l u n g von B e n z o y l p e r o x y d 1 . ZuöOccmetwa 10%igen wäßrigen Hydroperoxyds läßt man unter guter Eiskühlung und stetem Schütteln (am besten in einer Glasstöpselflasche) abwechselnd 4 nNatronlange und Benzoylchlorid tropfen, darart, daß die Lösung immer schwach alkalisch bleibt. Nachdem etwa 30ccm Lauge und 15 g Benzoylchlorid verbraucht sind, ist das Hydroperoxyd umgesetzt, das Peroxyd der Benzoesäure hat sich in kristallinischen Flocken abgeschieden und der Geruch des Chlorids ist nahezu ganz verschwunden. Man saugt ab, wäscht mit Wasser aus und trocknet. Ausbeute 10—12 g. Aus wenig Alkohol, in dem nur k u r z zum Sieden erwärmt wird, kristallisiert die Substanz in schönen farblosen Prismen. Schmelzpunkt 106—108° unter Zersetzung. Eine kleine Probe erhitze man im trocknen Reagenzglas rasch über der Flamme. Besonders rein wird das Peroxyd erhalten, wenn man seine konz. Lösung in Chloroform in das doppelte Volumen Methylalkohol einfließen läßt. B e n z o y l p e r o x y d muß wie alle organischen Peroxyde mit einiger Vorsicht gehandhabt werden. Das Peroxyd der Benzoesäure vermittelt die einfachste Synthese von A l k y l e n o x y d e n nach P r i l e s c h a j e w . In abs. ätherischer oder noch besser 1

v. P e c h m a n n und V a n i n o , B. 27, 1510 (1894).

128

Organisch-präparativer Teil

benzolisch'er Lösung wird es nämlich durch Natriumäthylat gespalten in das N a t r i u m s a l z d e r B e n z o p e r s ä u r e und in B e n z o e s ä u r e e s t e r 1 .

C6Hs . C — O— O — C.C„H5 i' i; o o

. C — O — ONa + H5CtO—C —C,Ht. ü ii o o

•CDHJ

Die wenig beständige P e r s ä u r e , die wie alle Persäuren viel schwächer ist als die zugehörige Carbonsäure, wird nach dem Ansäuern des Natriumsalzes in Chloroform aufgenommen. Ihre Chloroformlösung dient als Reagenz für die oben erwähnte Reaktion, die auf S. 114 bereits formuliert ist. Äthylen selbst tritt nicht in Reaktion.

2. Essigsäure-anhydrid 2 Zur Darstellung des Essigsäure-anhydrids benützt man den gleichen Apparat wie beim Acetylchlorid. Zu 80 g fein pulverisiertem, wasserfreiem Natriumacetat (dessen Darstellung siehe unten) läßt man aus einem Tropftrichter tropfenweise 54 g (3/4 Mol) Acetylchlorid fließen. Sobald etwa die Hälfte des Chlorids hinzugefügt ist, unterbricht man die Reaktion auf kurze Zeit, um mit Hilfe eines am untern Ende der Länge nach breit gedrückten und etwas umgebogenen Glasstabs die breiige Masse durcheinander zu rühren, und läßt erst dann den Rest nachfließen, so langsam, daß kein unverändertes Acetylchlorid übergeht. Hierauf destilliert man mit l e u c h t e n d e r Flamme unter fortwährendem Bewegen des Brenners das Anhydrid von dem Salzrückstande ab. Das Destillat wird schließlich unter Zusatz von 3 g fein pulverisiertem wasserfreien Natriumacetat, welches die letzten Anteile unveränderten Acetylchlorids vollends zu Essigsäure-anhydrid umsetzt, einer fraktionierten Destillation unterworfen. Siedepunkt des Essigsäureanhydrids 138°. Ausbeute 55—60 g. Verwendung für A c e t y l i e r u n g e n , Perkinsche R e a k t i o n (V, 8; S. 226), A c e t o p h e n o n (IX, 3b; S. 335). Das Präparat ist auf Chlor zu prüfen, indem man eine Probe mit Wasser kocht und nach Zugabe von verdünnter HNOa einige Tropfen Silbernitratlösung zufügt. In analoger Weise kann das schön kristallisierte B e n z o e s ä u r e a n h y d r i d (Schmelzp. 42°) präparativ gewonnen werden. Es wird auch erhalten, wenn man Benzoesäure mit einem Überschuß von Essigsäureanhydrid kocht („Umanhydrisieren"). 1 1

B a e y e r und V i l l i g e r , B. 33, 1675 (1900). C. G e r h a r d t , A. ch. [3] 37, 313 (1853).

II. 2

129

Essigsäure-anhydrid

D a r s t e l l u n g des wasserfreien N a t r i u m a c e t a t s : Das kristallwasserhaltige Salz (3 H 2 0 ) erhitzt man in einer flachen Schale aus Eisen oder Nickel direkt über dem Brenner. Nachdem das Kristallwasser verdampft ist, erstarrt die Schmelze. Es wird hierauf durch vorsichtiges Erhitzen das wasserfreie Salz auch ium Schmelzen gebracht. Nach dem Wiedererstarren wird das Salz noch warm gepulvert und sofort unter Verschluß gesetzt. Auch das käufliche wasserfreie Acetat muß noch einmal geschmolzen werden. Die Einwirkung des Acetylchlorids auf das Natriumacetat vollzieht sich nach folgender Gleichung: CH 3 • C = 0 CHj • CO • C1 + CH, • CO • ONa = > 0 CH3-C=O

+ NaCl.

Auch gemischte Anhydride, welche zwei verschiedene Säureradikale enthalten, kann man nach dieser Reaktion bereiten, wenn man Chlorid und Salz zweier verschiedener Säuren anwendet. Da, wie oben beim Acetylchlorid ausgeführt, aus dem Alkalisalz einer Säure und POCl 3 ein Säurechlorid erhalten werden kann, so ist es für die Darstellung eines Anhydrids nicht erforderlich, das Chlorid zuerst zu isolieren; man kann es vielmehr sofort auf einen Überschuß des Salzes weiter einwirken lassen, so daß aus POCI 3 und dem Salz direkt ein Anhydrid erhalten werden kann (technisches Verfahren). Man formuliere diese Reaktion. Die S ä u r e - a n h y d r i d e sind in den niederen Reihen farblose Flüssigkeiten, in den höheren kristallisierte feste Stoffe. Sie besitzen einen scharfen Geruch, sind in Wasser unlöslich, lösen sich jedoch in indifferenten organischen Lösungsmitteln auf. I h r spez. Gewicht ist größer als das des Wassers. Der Siedepunkt liegt höher als der der entsprechenden Säure: Essigsäure 118°, Essigsäureanhydrid 138°. Der Schmelzpunkt liegt im allgemeinen tiefer. Die niedrigeren Glieder können unter gewöhnlichem Druck ohne Zersetzung destilliert werden; in den höheren Reihen muß die Destillation im Vakuum vorgenommen werden. Das chemische Verhalten der Anhydride gegen Wasser, Alkohole, Phenole, sowie Basen gleicht vollkommen dem der C h l o r i d e ; nur reagieren die Anhydride l a n g s a m e r als die Chloride.

Versuch: Man versetze 3ccm Wasser mit 1/2ccm Essigsäureanhydrid. Dieses sinkt zu Boden und löst sich selbst nach längerem Schütteln nicht. Erwärmt man jedoch die Mischung des Anhydrids mit Wasser einige Zeit, so tritt unter Aufnahme von Wasser Lösung ein. Nimmt man statt Wasser verdünnte Lauge, so tritt die Lösung rascher ein. Essigsäureanhydrid wird überaus häufig benützt, um die A c e t y l g r u p p e in alkoholisches oder phenolisches Hydroxyl oder in ein Ammoniakderivat Gattermann,

Praxis d. orean. Chemikers,

ag. Aufl.

9

Organisch-präparativer Teil

130

HN
» 0 — HjO HjC • CO Präparative Darstellung Aceton (Schmidlin):

von

Keten

CH 3 • CO • CH 3

• 2 HjC = C = O . durch thermische

Zersetzung

von

• C H 2 : CO + CH«.

Bequem und mit guter Ausbeute läßt sich Keten mit der von E . O t t 1 angegebenen „ K e t e n l a m p e " gewinnen. Keten dient bei Ausschluß von Wasser auch als Acetylierungsmittel. Die Analogie der Säureanhydride mit den Säurechloriden wird verständlich, wenn man sich die nahe Verwandtschaft der beiden Körperklassen näher ansieht. Hier wie dort ist das H y d r o x y l der Carboxylgruppe durch den a n ionischen Bestandteil einer Säure, beim Chlorid durch Cl, beim Anhydrid durch Acetoxyl O, • CO • CH S ersetzt. Man kann die Anhydride der organischen Säuren auch als D i a c y l o x y d e bezeichnen (Acyl = Säureradikal, z. B . CH S • CO = Acetyl) und den Äthern, den D i a l k y l o x y d e n formal an die Seite stellen. Die Äther gehören zu den reaktionsträgsten Verbindungen der ganzen organischen Chemie. Woher kommt dann die große Reaktionsfähigkeit der gleichartig gebauten Anhydride ? Die schwache Stelle in ihrem Molekül haben wir nicht an der Sauerstoffbrücke, sondern an der Doppelbindung ^ > C = 0 zu suchen. Hier finden A d d i t i o n e n statt, z. B . von Wasser und Ammoniak u. a . :

>

H,C _ C = O

/OH1 H , C — C^-OH > =o

/NH3 HJC—C^-OH

>

Die Zwischenprodukte, die in Klammern stehen, sind äußerst labil, da sie OH und die negative Acetoxylgruppe am gleichen C-Atom tragen (vgl. S. 105); sie zerfallen daher in 2 Mol Säure oder im Fall des Ammoniaks in Essigsäure und Acetamid. In gleicher Weise ist die Reaktion mit Alkoholen zu formulieren. 1 J . pr. Ch. 130, 177 (1931). — Vgl. auch B e r l und K u l i m a n n , B . 6 5 , 1114 (1932).

II, 3

131

Acetamid

Man sieht, daß bei der Einführung einer Acylgruppe mit einem Säureanhydrid (in einen Alkohol, ein Amin usw.) stets einer der beiden Säurereste des Moleküls zur Säure umgewandelt, für die Acylierung also nicht ausgenützt wird. Die große Reaktionsfähigkeit der Säurechloride hat die gleiche Ursache, wie sie für die Anhydride erörtert wurde.

3. Acetamid 1 80 g Ammoniumacetat — darstellbar aus Ammoniumcarbonat und Eisessig2 — und 60 ccm Eisessig werden auf dem Drahtnetz in einem kleinen Rundkolben mit aufgesetzter Widmer-Kolonne 5—6 Stunden lang im gelinden Sieden erhalten. Man achtet darauf, daß an dem im oberen Tubus der Kolonne eingeführten Thermometer die Temperatur von 103° nicht oder nur wenig überschritten wird ; der Eisessig und das bei der Reaktion gebildete Wasser destillieren langsam oben ab und können durch einen kleinen, über das Abzugsrohr gestülpten Kühler kondensiert und — zur Kontrolle — in einem vorgelegten Meßzylinder aufgefangen werden. Wenn etwa 80 ccm übergegangen sind, wird stärker erhitzt, bis das Thermometer 140° zeigt. Man läßt etwas erkalten, gießt die noch warme Schmelze in einen gewöhnlichen Fraktionierkolben über und fängt nach einem kleinen Vorlauf die Hauptmenge bei 195—220° auf. Wenn das Produkt beim Abkühlen und Reiben nicht vollständig erstarrt, saugt man den flüssigen Anteil auf einer Nutsche scharf ab und trocknet den Rückstand auf Ton im nicht evakuierten Exsiccator. Aus dem Filtrat läßt sich ein weiterer Anteil Acetamid herausdestillieren. Die reine Verbindung siedet bei 223°. Eine kleine Probe kann aus Benzol umkristallisiert werden. Schmelzp. 80°. Ausbeute 55 —60 g. Verwendung des Präparates für A c e t o n i t r i l (II, 5; S. 138) und M e t h y l a m i n (II, 8; S. 152). Aus einer Säure kann man ganz allgemein das Amid darstellen, indem man ihr A m m o n i u m s a l z der trocknen Destillation unterwirft oder zweckmäßiger noch, indem man es längere Zeit auf höhere Temperatur erhitzt. Man h a t Acetamid meist durch Erhitzen von A m m o n i u m a c e t a t im Einschlußrohr auf 200° dargestellt. Dabei kann jedoch die Umsetzung nicht 1 Im Prinzip nach F r a n ç o i s , C. 1906, I, 1089. H i t s c h und G i l b e r t , J. Am. Soc. 36, 1780 (1913); W. A . N o y e s und G o è b e l , ebenda 44. 2294 (1922). * In 60 ccm Eisessig trägt man bei 40—60° so lange fein gepulvertes Ammoniumcarbonat ein, bis eine Probe, mit Wasser verdünnt, alkalisch reagiert. Man beachte, daß hierbei pro Mol Ammon-acetat '/, Mol H s O entsteht.

9*

132

Organisch-präparativer Teil

vollständig zum Ziel führen, weil das bei der Reaktion entstehende W a s s e r wieder z. T . spaltend auf das Säureamid einwirkt: CHj • C — ONH 4 ; O

* CHj • C — NH 2 + H 2 0 . O

Indem wir bei dem hier angegebenen Verfahren das gebildete Wasser aus dem Reaktionsgemisch herausdestillieren, drängen wir die Gegenreaktion zurück und erhöhen die Ausbeute. Gleichzeitig wirkt der Überschuß an Eisessig der Dissoziation des Salzes nach: CH, • C — ONH 4

• CHS • COOH + NH S

O entgegen. Vgl. dazu die Ausführungen über das M a s s e n w i r k u n g s g e s e t z auf S. 143 u. f. Eine gute Methode zur Darstellung von Acetamid besteht auch darin, daß man in eine ätherische Lösung von E s s i g s ä u r e a n h y d r i d Ammoniakgas einleitet, den Äther abdampft und das zurückbleibende Gemisch von Ammoniumacetat und Acetamid im Extraktor (Fig. 24) mit Benzol auszieht; das Salz bleibt ungelöst zurück. Durch Umsetzung von S ä u r e c h l o r i d e n und E s t e r n mit Ammoniak lassen sich ebenfalls Säureamide bereiten. Femer entstehen sie aus den N i t r i l e n bei der Einwirkung starker Mineralsäuren unter Wasseraufnahme. Ein Beispiel für diese Reaktion ist auf S. 141. gegeben.

Versuch: In einer Porzellanschale versetzt man 10g fein pulverisiertes kohlensaures Ammonium mit 5 g Benzoylchlorid, rührt beide mit einem Pistill gut durcheinander und erwärmt so lange auf dem Wasserbade, bis der Geruch des Säurechlorides verschwunden ist. Man verdünnt dann mit Wasser, saugt ab, wäscht auf dem Filter mit Wasser nach und kristallisiert aus Wasser um. Schmelzpunkt des Benzamids .128°. Die Säureamide sind mit Ausnahme des niedrigsten Gliedes, des F o r m a m i d s HCO-NH 2 , welches flüssig ist, farblose, kristallisierte Substanzen, welche in den niederen Reihen in Wasser leicht löslich sind; auch die höheren Glieder werden meist aus heißem Wasser umkristallisiert. Die Siedepunkte liegen bei weitem höher als die der Säuren: Essigsäure, Siedepunkt 118° Acetamid, „ 223°

Propionsäure, Siedepunkt Propionamid, ,,

141°, 213°.

Der basische Charakter der Aminogruppe ist durch den mit ihr verbundenen Acylrest beinahe ganz zum Verschwinden gebracht. Zwar kennt man Salze der Amide mit starken Säuren, die aber durch Wasser sofort vollständig in die Bestandteile zerlegt werden. Nur der H a r n s t o f f , das Diamid der Kohlensäure, bildet beständigere Salze, deren Existenz durch die zweite NH S -Gruppe gewährleistet wird.

II, 4

Harnstoff und Semicarbazid

133

Charakteristisch für die Säureamide sind ihre Verbindungen mit zweiwertigem Q u e c k s i l b e r , in denen das Metall — nicht salzartig, ionogen — am Stickstoff haftet. Sie entstehen bei der Umsetzung der Amide mit Quecksilberoxyd, z. B . : 2 CH, • CO • NH a + HgO

• (CH3 • CO • NH) 2 Hg + H 2 0 .

Versuch: Man löst etwas Acetamid in Wasser auf, versetzt mit wenig gelbem Quecksilberoxyd und erwärmt. Das letztere geht hierbei in Lösung, indem sich die oben formulierte Verbindung bildet. Die Reaktion der Wasserentziehung, die zu N i t r i l e n führt, und die der Einwirkung von Hypohalogeniten auf Säureamide, werden in den nachfolgenden Präparaten behandelt. Durch hydrolysierende Agenzien wird die Aminogruppe — anders als bei den Aminen — mehr oder weniger leicht wieder abgespalten unter Rückbildung der S ä u r e n . Über die Ursache dieses verschiedenen Verhaltens vgl. das auf S. 130 Gesagte.

Versuch: In einem Reagenzrohr erwärmt man etwas Acetamid mit 2 n-Natronlauge. Es tritt ein intensiver Ammoniakgeruch auf, während die Lösimg essigsaures Natrium enthält. Die Essigsäure weist man nach, indem man mit konz. Salzsäure gerade kongosauer macht, das Reagenzglas mit daraufgehaltenem Daumen durchschüttelt und dann zum Sieden erhitzt (Siedestein!). Ein über die Mündung gehaltenes Lackmuspapier wird rot. (Allgemeiner Nachweis von flüchtigen Säuren.) Die Reaktion der Amide mit PC15, die über die A m i d c h l o r i d e zu den I m i d c h l o r i d e n führt, sei hier nur kurz erwähnt.

4. Harnstoff und Semicarbazid a) K a l i u m c y a n a t 1 d u r c h O x y d a t i o n s s c h m e l z e 2 200 g gelbes Blutlaugensalz werden in einer Porzellanschale oder auf einem Eisenblech durch vorsichtiges Erhitzen vollkommen entwässert; eine Probe darf, im Reagenzglas erhitzt, keinen Beschlag mehr geben, die Kristalle müssen vollkommen zerfallen sein. In gleicher Weise werden 150 g Kaliumpyrochromat durch Schmelzen von anhaftendem Wasser befreit. Die beiden ganz trocknen, vorher, jedes für sich, gepulverten Salze werden jetzt in einer Reibschale innig gemischt und dann in Portionen von je 4—5 g in eine eiserne Schale 1 Da es nur eine Cyansäure gibt, halten wir es nicht für richtig, ihr diese Bezeichnung vorzuenthalten und sie, wie dies häufig geschieht, als »so-Cyansäure zu bezeichnen. a C. A. B e l l , Chem. News 32, 99 (1876); G a t t e r m a n n , B. 23, 1223 (1890); H. E r d m a n n , B. 26, 2442 (1893).

134

Organisch-präparativer Teil

oder auf ein großes Eisenblech gebracht, die durch einen kräftigen Brenner (Teclu- oder Dreibrenner) stark, jedoch n i c h t bis zum Glühen erhitzt sind. Die Temperatur soll so hoch sein, daß jedesmal ein lebhaftes Aufglimmen eintritt; die schwarze lockere Masse, die dabei entsteht, darf keinesfalls zum Schmelzen kommen. Jeder Anteil wird nach sehr rasch beendeter Oxydation mit einem breiten Metallspatel zur Seite geschoben oder vom Blech entfernt. Die ganze Menge kann in 1—IV2 Stunden auf diese Weise verarbeitet werden. Die vereinigten Anteile werden hierauf in einem Rundkolben mit 800 com heißem 80%igen Alkohol Übergossen und in einem lebhaft siedenden Wasserbad damit 3 Minuten lang im Kochen erhalten. Dann gießt man die klare Lösung von dem schwarzen Bodenkörper in einen Erlenmeyer ab, der sofort in Eis eingestellt und dessen Inhalt durch Umschütteln möglichst schnell abgekühlt wird. Nach kurzem Stehen wird die Mutterlauge von den abgeschiedenen Cyanatkristallen in den Auskochkolben zurückgegossen und das Auslaugen so oft (5—6mal) wiederholt, bis alles Salz extrahiert ist (eine Reagenzglasprobe darf beim Abkühlen nichts mehr abscheiden). Das Salz wird nun auf einer Filterplatte scharf abgesaugt, zweimal mit Weingeist und dann noch dreimal mit Äther gewaschen und schließlich im Exsiccator scharf getrocknet. Ausbeute im Durchnitt 80 g. Zur präparativen Darstellung von Kaliumcyanat eignet sich auch die Cyanid-Oxydation mit P e r m a n g a n a t in wäßriger Lösung1. b) H a r n s t o f f 40 g Kaliumcyanat und 40 g Ammoniumsulfat werden, in 500 ccm Wasser gelöst, in einer Porzellanschale auf dem Wasserbad zur Trockne verdampft. Den Rückstand kocht man in einem Rundkolben erschöpfend mit absol. Alkohol aus und engt die alkoholische Lösung ein, bis beim Abkühlen und Impfen Kristallisation eintritt. Schmelzpunkt des Harnstoffs 132°. Aus den Mutterlaugen isoliert man nach dem Abdampfen des Alkohols den Rest als Nitrat. Zur Darstellung des N i t r a t s löst man einige Gramm Harnstoff in einigen ccm Wasser und fügt tropfenweise konz. Salpetersäure zu, wobei das Salz sich in schönen Kristallen abscheidet. H a r n s t o f f n i t r a t ist in Wasser nicht allzu schwer löslich, worauf man beim Auswaschen zu achten hat. 1 J. Volhard, A. 259, 378 (1890); F. Ulimann und Uzbachian, B. 86, 1806 (1903); Marckwald, B. 66, 1325 (1923) Die beste Vorschrift stammt von Gall und Lebmann, B. 61, 675 (1928).

II, 4

Harnstoff und Semicarbazid

135

Die W ö h l e r s c h e H a r n s t o f f s y n t h e s e , durch die zum erstenmal ein Produkt der Zelltätigkeit künstlich erhalten wurde, bildet das Vorbild für die vielen Anlagemngsreaktionen, die sich an dem reaktionsfähigen Molekül der Cyansäure und ihrer Ester und ebenso in der Reihe der analogen Thioverbindungen vollziehen. E s handelt sich hier um eine Addition von NH 3 an die C = N-Doppelbindung: O = C = NH

NH,

/NH» O = C< ^NH,

Ob sich die Anlagerung vom Salz aus vollzieht oder ob man eine vorhergehende Dissoziation annimmt, ist für die Erklärung belanglos. Die Reaktion mit Aminen ergibt s u b s t i t u i e r t e H a r n s t o f f e (vgl. Methylharnstoff auf S. 262), die mit Hydrazin S e m i c a r b a z i d : O = C = NH + H 2 N — NH.

/NH, O = C< XNH—NH,

Die gleichartigen Reaktionen der oben aufgeführten, mit der Cyansäure verwandten Verbindungen, ergeben sich von selbst.

Versuch: Einige Kubikzentimeter der Cyanatlösung säure man mit verdünnter Salzsäure an. C02-Entwicklung und der scharfe, dem von S 0 2 überaus ähnliche Geruch der freien Cyansäure. Die Zersetzung der freien Cyansäure in wäßriger Lösung geht auf eine analoge Reaktionsweise zurück. Es wird Wasser addiert und die so entstehende C a r b a m i n s ä u r e zerfällt in NH S und CO,: O = C = NH

HO

/NH* O = C< OH

• CO, + NH 3 .

Die beiden Umsetzungsarten finden sich bei der Zersetzung des P h e n y l c y a n a t s (Präp. S. 153) vereint vor, bei der CO, und D i p h e n y l h a r n s t o f f entstehen. O = C = N • C6H5 + H , 0 • CO, + N H , • C 6 H 5 ; /NHC.H, O = C = N • C„H, + NH, • C„H, • O = C< X NHC H 6 5 Die Ester der Carbamihsäuren, die U r e t h a n e , die bei der Anlagerung von Alkoholen an die Verbindungen der Cyansäurereihe entstehen, sind beständig und die Reaktion ist ebenfalls vielfacher Variationen fähig. Wir erinnern daran, daß ein zweites Verfahren zu ihrer Synthese in der Umsetzung von Chlorameisensäureestern mit Ammoniak und Aminen besteht.

c) Semicarbazid 1 52 g Hydrazinsulfat werden in 200 ccm siedenden Wassers unter Zugabe von 21 g wasserfreier Soda gelöst. Dann kühlt man auf 50° ab( 1

T h i e l e und S t a n g e , B . 27, 31 (1894); H. B i l t z , A. 339, 250 (1905).

136

Organisch-präparativer Teil

setzt die Lösung von ZögKaliumcyanat in lOOccm Wasser zu und läßt über Nacht stehen. Nachdem man von geringen Mengen Hydrazodicarbonamid (entstanden nach: H 2 N• CO• NH• NH 2 + O = C = N H • H 2 N • CO • NH • NH • CO • NH 2 ) abfiltriert hat, fügt man zu der Lösung 60 ccm Aceton und läßt unter häufigem Umschütteln wiederum 24 Stunden lang stehen. Das auskristallisierte Aceionsemicarbazon wird scharf abgesaugt, mit wenig Wasser gewaschen und auf Ton oder im Vakuum getrocknet. Die Mutterlauge wird auf dem Wasserbad zur Trockne eingedampft, gepulvert und im Extraktionsapparat mit Alkohol ausgezogen, wobei Semicarbazon im Siedekolben auskristallisiert. Sollte eine Probe des Hauptprodukts beim Verbrennen auf dem Platinblech erhebliche Mengen von Asche hinterlassen, so empfiehlt sich die gleiche Maßnahme auch für diesen Anteil. Zur Zerlegung des Semicarbazons werden je 10 g mit 8 ccm konz. Salzsäure übergössen und gelinde erwärmt, bis eben Lösung eingetreten ist. Beim Erkalten kristallisiert das salzsaure Semicarbazid zu einem dicken Brei, der scharf abgesaugt, mit wenig kalter Salzsäure (1: 1) und dann noch zweimal mit je 3—5 ccm eiskaltem Alkohol gewaschen wird. Das Salz wird im Exsiccator scharf getrocknet. Ausbeute 22—25 g. U m eine Lösung v o n f r e i e m S e m i c a r b a z i d zu bereiten, wie sie für die Darstellung von Semicarbazonen häufig gebraucht wird, zerreibt man 5,5 g des Chlorhydrais mit 4,6 g entwässerten Natriumacetals (S. 129) in einer kleinen Reibschale, bringt den Brei, der infolge der Bildung freier Essigsäure entsteht, mit dem Spatel in einen Erlenmeyer von lOOccm, spült mit abs. Alkohol nach und kocht auf dem Wasserbad unter Umschütteln mit (im ganzen) 50 ccm abs. Alkohol auf. Hierauf saugt man ohne Verzug v o m ausgeschiedenen Kochsalz auf gut gedichteter Filterplatte ab.

Versuche: Semicarbazid reduziert als primäres Hydrazid (der Carbaminsäure) ammoniakalische Silberlösung und F e h l i n g s c h e Lösung. Mit Aldehyden und Ketonen tritt es leicht unter Wasserabspaltung zu S e m i c a r b a z o n e n zusammen, die wegen ihrer leichten Spaltbarkeit vor den Phenylhydrazonen und Oximen bei der Abscheidung und Reinigung jener Verbindungen den Vorzug verdienen. Man schüttle eine wäßrige Lösimg des dargestellten Salzes mit einigen Tropfen Benzaldehyd, isoliere und reinige das Semicarbazon durch Umkristallisieren aus Alkohol. Schmelzp. 214° (Zers.). Durch gelindes Erwärmen des Benzaldehyd-semicarbazons mit konz. Salzsäure wird es in seine Komponenten zerlegt. Die später darzustellenden Ketone und Aldehyde sollen in gleicher Weise durch ihre Semicarbazone charakterisiert werden.

II. 4

Harnstoff und Semicarbazid

137

d) H a r n s t o f f (und H a r n s ä u r e ) aus H a r n 1 2 Liter Harn werden in einer Porzellanschale auf dem Wasserbad zum Sirup eingedampft, der noch heiß (Flamme auslöschen) mit 500 ccm Alkohol durchgearbeitet wird. Nach einigem Stehen wird der klare Auszug abgegossen. Der Rückstand wird wieder erwärmt und dann in gleicher Weise erneut mit 500 ccm Alkohol digeriert. Von den vereinigten Auszügen, die, wenn nötig, vorher filtriert werden, dampft man den Alkohol weg, bringt den wäßrig-alkoholischen Rückstand in einer kleinen Porzellanschale auf dem Wasserbad zur Trockne und versetzt ihn nach starkem Abkühlen unter starker Außenkühlung allmählich unter gutem Durchrühren mit dem doppelten Volumen farbloser konz. Salpetersäure. Nach 12 stündigem Stehen wird der Brei von Harnstoffnitrat scharf abgesaugt, mit wenig eiskalter Salpetersäure (1: 1) gewaschen, wiederum bis zum letzten Abtropfen trocken gesaugt und nun unter Erwärmen, in 100 bis 150 ccm Wasser suspendiert, mit nach und nach eingetragenem Bariumcarbonat neutralisiert; man vermeide einen Uberschuß davon. Wenn die Flüssigkeit neutral reagiert, kocht man mit einigen Messerspitzen Tierkohle auf, saugt heiß ab, wäscht einmal mit heißem Wasser nach und dampft das Filtrat zur Trockne ein. Aus dem Rückstand wird der Harnstoff mit heißem Alkohol, in dem er leicht löslich ist, erschöpfend ausgezogen und nach dem Einengen der alkoholischen Lösung kristallisiert erhalten. Ausbeute etwa 20—25 g. Die tägliche Ausscheidung eines Erwachsenen an Harnstoff beträgt 2 5 - 3 0 g (in durchschnittlich 1V2 Liter Harn). Weitere Versuche: Eine Lösung von Harnstoff wird mit Natronlauge und dann unter Schütteln mit einigen Tropfen Brom versetzt. Stickstoffentwicklung. Vgl. dazu die Hof mann sehe Reaktion auf S. 152. Zu einer angesäuerten Lösung von Harnstoff fügt man Nitritlösung. Verwendung des Harnstoffs zur Beseitigung von s a l p e t r i g e r S ä u r e , z. B. bei der Darstellung von Äthylnitrat (S. 149). Harnstoff wird nur langsam verseift. Man koche eine Lösung mit Barytwasser. Woran erkennt man das Eintreten der Spaltung ? H a r n s ä u r e . Der Rückstand, aus dem anfangs der Harnstoff mit Alkohol extrahiert wurde, wird durch Erhitzen auf dem Wasserbad vom Alkohol befreit und mit 50 ccm konz. Salzsäure versetzt. Nach ein- bis mehrtägigem Stehen haben sich 0,3—0,5 g Harnsäure aus1

S a l k o w s k i , Prakt. d. physiol. u. path. Chemie, S. 161, Berlin 1900.

138

Organisch-präparativer Teil

geschieden, die man dadurch reinigt, daß man sie in 150 ccm heißer i n-Sodalösung löst, nach Zusatz von 0,4 g Tierkohle filtriert und in die kochende Lösung aus einem Tropftrichter unter Umschütteln 150 ccm 2 n-Salzsäure eintropfen läßt. Schon in der Hitze scheidet sich die Harnsäure als schönes Kristallpulver aus. M u r e x i d r e a k t i o n . Einige cg Harnsäure werden mit einigen Tropfen nicht ganz konz. Salpetersäure in einer kleinen Porzellanschale auf dem Wasserbad trocken eingedampft. Zusatz von wenig Ammoniak erzeugt intensive P u r p u r f ä r b u n g . Harnsäure ist ein normales Stoffwechselprodukt. Chemie der Purinel Man unterrichte sich über die Harnsäuresynthesen von Baeyer-Fischer, Behrend-Roosen, W.Traube. Adenin, Guanin, Coffein und ihre Beziehungen zur Harnsäure.

5. Nitrile

a) A c e t o n i t r i l 1 In einen kleinen, trocknen Kolben füllt man 20 g Phosphorsäuteanhydrid ein, fügt darauf 12 g (Ys Mol) trocknes Acetamid hinzu, schüttelt beide gut durcheinander, verbindet den Kolben mit einem kurzen absteigenden Kühler und erhitzt dann die Mischung v o r s i c h t i g mit einer nicht zu großen l e u c h t e n d e n Flamme, wobei unter Schäumen und Aufblähen Reaktion eintritt. Nach einigen Minuten destilliert man unter stärkerem Erhitzen das Acetonitril in die Vorlage (Reagenzrohr) über. Das Destillat wird mit seinem halben Volumen Wasser versetzt, worauf man dann so viel feste Pottasche hinzufügt, bis diese in der unteren wäßrigen Schicht sich nicht mehr auflöst. Man trennt dann im Tropftrichter (mit kurzem Ansatzrohr) und rektifiziert das Acetonitril, wobei man zur vollkommenen Entwässerung in das Fraktionierkölbchen ein wenig Phosphorsäureanhydrid einfüllt. Siedep. 82°. Ausbeute etwa 6 g. b) B e n z y l c y a n i d In einem Rundkolben ( l / 2 Liter) mit Anschützaufsatz, auf dem Rückflußkühler und Tropftrichter aufgesetzt sind, werden 30 g Natriumcyanid in 35 ccm Wasser heiß gelöst; die Lösung wird mit 50 ccm Alkohol vermischt und sodann läßt man aus dem Tropftrichter 63 g (V2 Mol) reines Benzylchlorid im Zeitraum von 10 Minuten einfließen. Nach weiterem 3 stündigem Kochen wird das vorher er1

Dumas, A. 64, 332 (1847); Buckton und W.Hof mann, A. 100, 131 (1856).

II, 6

Nitrüe

139

k ä l t e t e R e a k t i o n s g e m i s c h auf kleiner N u t s c h e scharf a b g e s a u g t , a u s der Saugflasche, die m a n m i t Siedecapillare versieht, w i r d der A l k o h o l i m V a k u u m abdestilliert ( B a d t e m p . 40—50°), d a n n t r e n n t m a n d a s Benzylcyanid v o n d e r K o c h s a l z l ö s i m g i m kleinen Scheidetrichter a b u n d destilliert n a c h k u r z e m T r o c k n e n m i t einer kleinen S t a n g e Calciumchlorid aus d e m Claisenlcolben i m V a k u u m . Siedep. 105 b i s 1 0 9 ° / 1 2 m m . D e r S i e d e p u n k t der v ö l l i g reinen S u b s t a n z l i e g t bei 232°/760 m m . A u s b e u t e e t w a 45 g . D u r c h R e d e s t i l l a t i o n v o n Voru n d Nachlauf k a n n d i e A u s b e u t e n o c h erhöht werden. V e r w e n d u n g für P h e n y l e s s i g s ä u r e (S. 141) u n d m e t h a n (VI, 8; S. 249).

Phenylnitro-

Erhitzt man ein Säureamid mit einem wasserentziehenden Mittel (P 2 O s , P 2 S 5 , PCI5>. so verliert es Wasser und geht in ein N i t r i l über, z. B.: CH 3 • CO • N H j

• CH 3 • C = N + H a O .

Da, wie oben praktisch ausgeführt, ein Säureamid durch Entziehung von Wasser aus dem Ammoniumsalz einer Säure gewonnen werden kann, so kann man auch in einer e i n z i g e n Operation aus dem Ammoniumsalz direkt ein Nitril erhalten, indem man jenes mit kräftig wasserentziehenden Agenzien z. B. essigsaures Ammonium mit P|O s , erhitzt: CH S • COONHj = C H j • CN + 2 H 2 0 . Säurenitrile können ferner noch nach K o l b e gewonnen werden, indem man A l k y l j o d i d e (oder Bromide und Chloride) mit A l k a l i c y a n i d erhitzt (Beispiel Benzylcyanid) oder indem man ä t h y l s c h w e f e l s a u r e S a l z e mit K a l i u m c y a n i d trocken destilliert: K 0 3 S • OC 2 H 6 + CNK

>• K 2 S 0 4 + CH 3 • CH, • CN.

Die Synthese der aromatischen Nitrile aus D i a z o v e r b i n d u n g e n wird später (S. 282) behandelt. Die N i t r i l e sind in den niederen Reihen farblose Flüssigkeiten, in den höheren kristallisierte Stoffe, deren Wasserlöslichkeit mit steigendem Molekulargewicht immer mehr abnimmt. Acetonitril besitzt ein hohes Dissoziationsvermögen für Elektrolyte, d. h. die Lösungen von Salzen, Säuren und Basen in ihm leiten den elektrischen Strom und zwar weit besser als z. B. in Alkohol, Äther, Chloroform usw. ( W a i d e n ) . Die Reaktionsfähigkeit der Nitrile gründet sich auf die dreifache Bindung zwischen Kohlenstoff und Stickstoff, die eine Reihe von Additionsreaktionen gestattet. So wird beim Erhitzen mit Wasser auf 180° (im Einschlußrohr), bei tieferer Temperatur in Gegenwart von Säuren oder Alkalien, ein Mol Wasser angelagert und das S ä u r e a m i d zurückgebildet: R • C = N + HäO

• R • C = NH I OH

• R • C • NH,. '!! O

Organisch-präparativer Teil

140

Die Reaktion ist analog dem Übergang von Acetylen in A c e t a l d e h y d : HC = CH + HjO

• HC = CH 2 • HC — CH a . I II OH O In beiden Fällen ist das Übergangsprodukt, die „Enolform", nicht beständig, jedoch kennt man ihre Alkylderivate, die sog. I m i n o ä t h e r . Energische Verseifung, Erhitzen mit schwach verdünnter Schwefelsäure oder mit starken Laugen, spaltet naturgemäß das Amid in C a r b o n s ä u r e und NH 3 , so daß man mit solchen Mitteln vom Nitril aus praktisch direkt zur Säure gelangt. Ausführung dieser Reaktion auf S. 141. Läßt man nascierenden Wasserstoff (z. B . aus Zink und Schwefelsäure oder aus Natrium in Alkohol) auf Nitrile einwirken, so bilden sich unter Addition von 4H-Atomen p r i m ä r e A m i n e (Reaktion von M e n d i u s ) : CH 3 • CN + 4 H • CH 3 • CHj • N H j . Athylamin Weitere, weniger wichtige, jedoch allgemeine Reaktionen seien nur durch die folgenden Gleichungen angedeutet: - C H 3 . CS • NH 2 , Thioacetamid xN-OH • OH • CH 3 • C / XNH 2 Acetamidoxim \ H CH 3 • C N ' + HCl • CH 3 • C C1 Imidchlorid OC 2 H s CH 3 • CN + C 2 H s OH + HCl • CH3 • NH • HCl salzsaurer Iminoäther Die B l a u s ä u r e verhält sich in vielen ihrer Reaktionen wie das Nitril der Ameisensäure H • CN. Manche Tatsachen, vor allem ihre große chemische und pharmakologische Ähnlichkeit mit den I s o n i t r i l e n > C = N R sprechen für eine andere Konstitution, nämlich für die des C a r b i m i n s > C = NH mit z w e i w e r t i g e m Kohlenstoff. Die für die Nitrile erwähnten Additionsreaktionen, die auch der Blausäure eigen sind, lassen sich ebensogut aus dieser zweiten Strukturformel ableiten. Bei der Nitrilform ist es die dreifache Bindung zwischen Kohlenstoff und Stickstoff, an der die Anlagerung stattfindet, bei der „Methylenform'* sind es die zwei freien Valenzen am zweiwertigen Kohlenstoffatom, z. B . : ^/NHOH HC=N

l

>C=NH }

/ +

H

°NOH

H

S

n

h

HOHN. \c=NH H/

\ /

/

^NOH T-r et \vrrr NH»

II, 6

Verseifung eines Nitrils zur Säure. Phenylessigsäure

Von präparativer OC H J J J J _ HCl'

CH < .

Bedeutung

ist

der

salzsaure

141

Formiminoäther

Einleiten von trocknem Chlorwasserstoff in eine

Lösung von äquimolekularen Mengen von wasserfreier Blausäure und Äthylalkohol in absolutem Äther in schöner farbloser Kristallisation entsteht. Durch Alkohol wird das Salz beim Stehen in der Kälte langsam gespalten in O r t h o a m e i s e n s ä u r e e s t e r und Ammoniumchlorid: HC
C = NOH + C02 > C = NOH + HNOz. h/



Die salpetrige Säure wirkt hierbei auf den Alkohol in ähnlicher Weise wie die Halogene bei der Bildung von Chloroform, Jodoform.

d) V e r s e i f u n g von F e t t oder p f l a n z l i c h e m ö l 300 g beliebiges Fett oder öl (etwa % Mol) werden mit 300 ccm etwa 5 n-Natronlauge verseift: 50 ccm Lauge und 50 ccm H 2 0 werden erwärmt, das Fett darauf gegossen und nach 1 Stunde noch 75 ccm Lauge hinzugegeben. Nach einer weiteren Stunde werden je 100 ccm Lauge und Wasser hinzugefügt. Es muß häufig umgerührt werden und darf nur zum schwachen Sieden erwärmt werden. Nach weiteren 4 Stunden wird der Rest der Lauge hinzugegeben; wenn nötig, erneuert man vorher das verdampfte Wasser. Nach einer weiteren Stunde fügt man Vi Liter Wasser hinzu und kocht weiter, bis eine dicke homogene Masse entsteht (etwa 2—3 Stunden). Dann werden unter tüchtigem Umrühren 2—2x/2 Liter heißes Wasser zugegeben, wobei ein dicker, durchsichtiger Leim entsteht. Man salzt schließlich in der Siedehitze mit etwa 100 g Kochsalz aus und läßt über Nacht stehen. Es ist zweckmäßig, wegen des starken Schäumens, die Operation in einem g r o ß e n Emailhafen auszuführen. Nach dem Erkalten hebt man am andern Morgen den erstarrten Seifenkuchen ab und spült die unten haftende Lauge weg. Man kann ihn mit einem dünnen Draht in kleine Stücke zerschneiden und diese durch wochenlanges Liegenlassen trocknen. Die Natriumsalze der höheren Fettsäuren sind in kaltem Wasser schwer, in heißem leichter löslich. Man bringt ein kleines Stückchen Seife in der nötigen Menge kochenden Wassers in einem kleinen Becherglas in Lösung und läßt erkalten: Steife Gallerte. Zur Reinigung kann man 20—30 g in siedendem Wasser lösen, heiß aussalzen und wieder erstarren lassen; dadurch wird die im Rohprodukt eingeschlossene kleine Menge Alkali entfernt. Die Reaktion bleibt gegen Lackmus- und Curcumapapier alkalisch. Die

Säureester

151

Hydrolyse der ganz reinen Seifen ist aber nicht so stark, daß die OH-Ionenkonzentration ausreicht, um Phenolphthalein zu färben. D a r s t e l l u n g der f r e i e n F e t t s ä u r e n : Etwa 150g der rohen, feuchten Seife werden in einem Liter Wasser bis nahe zum Siedepunkt erhitzt; dann setzt man unter gutem Umrühren 2 n-Schwefelsäure zu, bis die Lösung auf Congopapier deutlich sauer reagiert und das Fettsäuregemisch sich als ölige Masse oben abgeschieden hat. Nach einigem Stehen in der Kälte erstarrt diese, wenn man von festem Fett ausgegangen ist. Man hebt den Kuchen ab, schmilzt ihn nochmals auf dem Wasserbad in einem kleinen Becherglas über wenig Wasser und destilliert dann die wieder erstarrten Säuren im Vakuum. Siedep. 12mm 2 2 0 - 2 2 5 ° . Hat man öl verseift, so wird die Seife weniger fest und die Säuren kristallisieren nur teilweise (warum?). In diesem Fall nimmt man sie in Äther auf und verfährt dann weiter in der üblichen Weise. G l y c e r i n : Das Glycerin befindet sich in der braunen Verseifungslauge, die man zuerst mit Salzsäure genau neutralisiert (gegen Congopapier!), zur Entfernung ausgeschiedener Fettsäuren mit Tierkohle schüttelt, durch ein Faltenfilter filtriert 1 und dann in dem auf S. 32 abgebildeten Apparat im Vakuum eindampft. Wenn sich nach einiger Zeit Kochsalz ausscheidet, versagt bisweilen die Capillare und man setzt dann das Eindampfen auf dem Wasserbad fort. Die stark konzentrierte Lösung wird vom Kochsalz abgesaugt, dieses mit wenig Alkohol gewaschen und das Filtrat (wieder im Vakuumkolben) fast ganz vom Wasser befreit. Der Rückstand wird mit 150 ccm Alkohol digeriert und auf kleiner Nutsche abgesaugt, dann spült man mit 50 ccm Alkohol nach. Die abgesaugte alkoholische Lösimg wird auf dem Wasserbad so weit als möglich eingeengt, den Rückstand bringt man unter Nachspülen mit wenig Alkohol in einen Ciaisenkolben und destilliert aus diesem erst Alkohol und Wasser und schließlich das Glycerin im Vakuum ab. Man fängt die Hauptfraktion zwischen 180° und 195°i 3mm auf. Ausbeute etwa 35 g. Um das Glycerin völlig wasserfrei und rein zu erhalten, muß die Destillation wiederholt werden. Z u r F e t t a n a l y s e . Den quantitativen Ausdruck für die Anzahl der in einem Fett oder ö l vorhandenen Kohlenstoff-Doppelbindungen gibt die „ J o d z a h l " ; darunter versteht man die Menge Jod in Gramm, die von 100 g eines Fettes chemisch gebunden wird. Neuerdings bestimmt man die Anzahl der Doppelbindungen in organischen Verbindungen gewöhnlich mit B e n z o p e r s ä u r e (vgl: S. 114). 1

Die Klärung mit Tierkohle ist häufig entbehrlich.

152

Organisch-präparativer Teil

B e s t i m m u n g d e r J o d z a h l . Man löst 2,6 g reines Jod u n d 3 g Quecksilberchlorid in je 60 ccm reinem Weingeist u n d vermischt die klaren Lösungen. Nach 12 stündigem Stehen wird in einer Probe von 10 ccm der J o d t i t e r m i t nllO-Thiosulfatlösung bestimmt, n a c h Zugabe von 10 ccm lQ-proz. KJ-Lösung. 0,5—0,7 g des zu prüfenden Fettes werden in einem trockenen Erlenmeyerkolben von 500 ccm I n h a l t in 16 ccm Chloroform gelöst: dazu l ä ß t m a n 25 ccm der titrierten Jodlösung fließen. Geht nach kurzer Zeit die F a r b e der Lösung auf Hellbraun zurück, so sind weitere 10 ccm Jodlösung erforderlich. N a c h 4 Stunden soll die Farbe noch dunkelbraun sein. E s werden jetzt 20 ccm 10-proz. KJ-Lösung hinzugefügt u n d das noch vorhandene Jod wie oben titriert. Ausrechnung erfolgt gemäß Definition der ,, J o d z a h l " . Man untersuche S c h w e i n e f e t t oder O l i v e n ö l oder L e i n ö l . Zur Bestimmung der V e r s e i f u n g s z a h l 1 eines Fettes kocht m a n 0,5—1 g Substanz mit 10 ccm «/2-alkoholischer KOH ' / , Stunde lang a m R ü c k f l u ß kühler und titriert hierauf mit n/2-HCl u n t e r Anwendung von Phenolphthalein das nicht gebundene Alkali zurück. Die Methode h a t allgemeine Bedeutung, d a sie in Estern das Ä q u i v a l e n t g e w i c h t der darin gebundenen Säure zu ermitteln erlaubt. a • 1000 Ester-Aquivalentgewicht = wobei a = Einwaage in g, b = ccm b verbrauchtes n/l-Alkali. Das L e i n ö l ist das wichtigste u n t e r den sog. „ t r o c k n e n d e n " Ölen. D a r u n t e r versteht m a n ö l e , die s t a r k ungesättigte Säuren, namentlich L i n o l e n s ä u r e C l ; H 2 ( • C 0 2 H und L i n Ö l s ä u r e C I 7 H 3 1 • CO a H enthalten und die daher imstande sind, den Sauerstoff der L u f t direkt u n t e r Bildung von festen P e r o x y d e n und deren Umwandlungsprodukten anzulagern. Die Ölsäure-Komponente ist dazu nicht befähigt. O l i v e n ö l u n d S e s a m ö l z. B. „ t r o c k n e n " nicht. Verwendung des Leinöls als Bindemittel in der Ölmalerei u n d zur Herstellung von Firnissen.

8. Abbau der Carbonsäuren zu den nächst niederen Aminen a) H o f m a n n s c h e Reaktion.

M e t h y l a m i n aus A c e t a m i d 2

In einem Kolben von 1 / 2 Liter Inhalt versetzt man 30 g (0,5 Mol) Acetamid mit 80 g = 26 ccm Brom und fügt hierzu unter guter Kühlung mit Wasser so lange von einer Lösung von 50 g Kali in 350 ccm Wasser, bis die anfangs braunrote Farbe in hellgelb umgeschlagen ist, wozu der größte Teil der Kalilauge erforderlich ist. Die Lösung läßt man dann im Laufe weniger Minuten aus einem Tropftrichter in ununterbrochenem Strahl in eine Lösung von 80 g Kali in 150 ccm Wasser, die in einem Literkolben auf 70—75° er1

Man versteht d a r u n t e r die m g K O H , die 1 g F e t t verbraucht. * B . 15, 762 (1882); B. 17, 1406 u n d 1920 (1884).

II, 8

Abbau der Carbonsäuren zu den nächst niederen Aminen

153

wärmt und gehalten wird, fließen. Man erhält auf dieser Temperatur, bis das Reaktionsgemisch farblos geworden ist (V« - V2 Stunde) und destilliert dann das Methylamin mit Wasserdampf über; das Kühlerende ist mit einem abwärts gerichteten Vorstoß verbunden, der etwa l c m tief in die Beschickung der Vorlage (100 ccm etwa 5 n-Salzsäure1) eintaucht. Sobald das Kondensat im Kühler nicht mehr alkalisch reagiert, dampft man den Inhalt der Vorlage in einer Porzellanschale auf dem Wasserbad zur Trockne, läßt zur Entfernung der letzten Wasserreste eine Nacht über im Vakuumexsiccator stehen und kocht das ganz trockne Salz mit absolutem Alkohol aus; dabei bleibt Salmiak ungelöst. Das klare Filtrat engt man auf ein kleines Volumen ein und läßt dann in der Kälte das Methylammoniumchlorid auskristallisieren. Das Salz wird nach dem Absaugen mit wenig Alkohol gewaschen und im Exsiccator getrocknet. Ausbeute 15—20 g. Man führt mit dem Präparat die I s o n i t r i l r e a k t i o n (S. 167) aus und prüft sein Verhalten beim Erwärmen mit wenig Nitrit in eben saurer wäßriger Lösung. b) D i e C u r t i u s s c h e R e a k t i o n .

Phenylcyanat

B e n z h y d r a z i d : 2 4 g Benzoesäureäthylester = 3 / 20 Mol (S. 143) werden mit 9 g Hydrazinhydrat8 6 Stunden lang auf dem Wasserbad an einem kleinen Rückflußkühler erhitzt. Der feste Kristallkuchen, der sich beim Erkalten bildet, wird nach einiger Zeit möglichst scharf abgesaugt und mit wenig eiskaltem Methylalkohol gewaschen. Wenn die Ausbeute zu gering ist, wird das Filtrat eingeengt und nochmals erhitzt. Das Rohprodukt (16—18 g) ist zur Weiterverarbeitung genügend rein. Eine Probe kann aus heißem Wasser oder wenig Alkohol umkristallisiert werden. Schmelzp. 112°. 2

B e n z a z i d 4 : 14 g ( ' / „ Mol) des t r o c k n e n Hydrazids werden in einem Filtrierstutzen (V2 Liter) mit 200 ccm etwa n-Salzsäure zur klaren Lösung gebracht. Dazu läßt man unter Eiskühlung aus einem Tropftrichter unter Umrühren die Lösung von 8 g Natriumnitrit in 50 ccm Wasser fließen. Die Umsetzung erfolgt sofort, indem das Azid sich kristallinisch abscheidet. Wenn eine abfiltrierte Probe der Lösung 60 ccm konz. Salzsäure und 60 ccm Wasser. Th. C u r t i u s , J . pr. Ch. 60. 295 (1894). 3 Von der Firma Dr. F . R a s c h i g , Ludwigshafen a. Rh. Preis zu beziehen. * Th. C u r t i u s , B . 23, 3029 (1890). 1 4

zu wohlfeilem

154

Organisch-präparativer Teil

durch einen Tropfen Nitritlösung nicht mehr getrübt wird, saugt man den Niederschlag scharf ab, wäscht ihn gut mit Wasser aus und trocknet ihn erst auf Ton, dann im Vakuumexsiccator über konz. Schwefelsäure und Ätzkali. Ausbeute 14 g. P h e n y l c y a n a t 1 : Das Azid muß für die Verarbeitung auf Cyansäureester absolut trocken sein. Prüfung auf Gewichtskonstanz auf einer guten Handwaage. Da Benzazid bei raschem E r h i t z e n , auch bei B e r ü h r u n g mit konz. H 2 S 0 4 explodiert, ist das P r ä p a r a t v o r s i c h t i g zu handhaben. B i s zur beendeten D e s t i l l a t i o n des P h e n y l c y a n a t s Schutzbrille tragen 1 Die Destillation des Endprodukts wird in demselben Kolben ausgeführt, der zur Spaltung dient, zweckmäßig in einem Claisenkolben von 75—100 ccm, dessen Capillare und Thermometer man schon vor Ausführung der Spaltung herrichtet. Alles muß gut getrocknet sein. In dem schräg gestellten Kolben, über dessen Kondensationsrohr ein kleiner Kühler gezogen ist — oben ist er durch ein CaCl2-Rohr gegen Eintritt von Luftfeuchtigkeit gesichert — erhitzt man 12 g Benzazid mit 40 ccm Benzol (über Natrium getrocknet) in einer mit Wasser gefüllten Kasserolle, auf deren Boden der Kolben nicht aufstehen darf, langsam auf 60—70°, wobei eine lebhafte Stickstoffentwicklung beginnt. Wenn sie nachgelassen hat, steigert man die Temperatur bis gegen 80°, läßt dann erkalten, stellt das Gerät zur Vakuumdestillation um und destilliert zuerst das Benzol bei gewöhnlichem Druck aus dem siedenden Wasserbad und daran anschließend aus dem vorher abgekühlten Bad bei 20—25 mm Druck das Phenylcyanat ab. Siedep. 20mm 60°. Ausbeute 7—8 g. Das Destillat muß wasserklar sein und ist sofort unter guten Verschluß zu bringen (am besten einschmelzen). Vorher gießt man einige Tropfen in wenig Wasser. Der kristallinische Körper, der gebildet wird, ist Diphenylharnstoff. Wie entsteht er? Phenylurethan. Eine andere Probe gießt man in Alkohol und verdampft das Lösungsmittel. Das nicht umgesetzte Azid (etwa 2 g) kocht man in 5 ccm absolutem Alkohol eine halbe Stunde lang am Rückflußkühler2. Nach dem Eindampfen kristallisiert ebenfalls Phenylurethan aus. Schmelzpunkt 52°. Die Spaltung der U r e t h a n e in Amin, C0 2 und Alkohol wird meistens im Einschlußrohr mit Salzsäure ausgeführt. Bequemer, G. S c h r o e t e r , B. 42, 2339 (1909). » Th. Curtius, B. 27, 779 (1894).

1

II, 8

Abbau der Carbonsäüren zu den nächst niederen Aminen

155

w e n n auch w e n i g e r ertragreich, ist d i e Zerlegung durch D e s t i l l a t i o n mit Calciumhydroxyd. Man mischt d a s e r h a l t e n e Phenylurethan m i t der dreifachen Gew i c h t s m e n g e gelöschten Kalks u n d destilliert v o r s i c h t i g a u s einer kleinen R e t o r t e . D a s ü b e r g e h e n d e Anilin k a n n bei einiger Geschicklichkeit a u s e i n e m k l e i n e n K ö l b c h e n rektifiziert werden, i n j e d e m F a l l aber ist es a l s Acetanilid u n d durch d i e C h l o r k a l k r e a k t i o n nachzuweisen. Bei der Lösung von Strukturfragen entsteht häufig die Notwendigkeit, Carboxylgruppen, wie sie z. B. durch Oxydationswirkung gebildet werden, zu entfernen und so das Molekül ,,abzubauen". Der einfachste Prozeß dieser Art, die A b s p a l t u n g v o n K o h l e n d i o x y d , die man durch Destillation eines Salzes über N a t r o n k a l k erreicht: R • COONa + NaOH

• R H + Na2CO.'3

verläuft zumeist wenig glatt und führt außerdem zu einem Kohlenwasserstoff, a n dem weitere- Reaktionen schwer einsetzen können. Darum sind die beiden verwandten Reaktionen des Abbaus der Säuren, die von H o f m a n n , die von dem S ä u r e a m i d ausgeht und die von C u r t i u s , vom H y d r a z i d aus, von großer präparativer Bedeutung. Beide lassen das primäre Amin der nächst niederen Stufe erreichen und beide führen zu diesem Ziel über das gleiche Zwischenprodukt, den C y a n säureester. Die Einwirkung von Hypobromit auf die — CONH a -Gruppe vermittelt den Ersatz von Wasserstoff än der NH S -Gruppe gegen Brom. Das erste Produkt der H o f m a n n s c h e n Reaktion, das N - B r o m a m i d , ist in verschiedenen Fällen zu fassen. Durch Alkali verliert es H B r und das dadurch vorübergehend gebildete Radikal lagert sich zum Cyansäureester um, der unter den Bedingungen der Reaktion in p r i m ä r e s A m i n und COa zerlegt wird.

A c e t a m i d liefert so M e t h y l a m i n , B e n z a m i d wenn auch in geringer Menge, H y d r a z i n .

Anilin,

Harnstoff,

I n ähnlicher Weise werden H y d r o x a m s ä u r e n unter H 2 0-Abspaltung in Cyansäureester umgelagert und damit zu Aminen abgebaut. Die Reaktion von C u r t i u s , die besonders in den höheren Reihen wegen der günstigeren Löslichkeitsverhältnisse der Zwischenprodukte vorzuziehen ist, stellt als erste Phase das H y d r a z i d aus dem S ä u r e e s t e r (oder -Chlorid) her, das dann durch salpetrige Säure in meist sehr glatter Reaktion in das A z i d übergeführt wird. I n vielen Fällen wird das Azid bequemer durch Um-

156

Organisch-präparativer Teil

Setzung von Säurechlorid mit Natriumazid dargestellt, das man vorher mit Hydrazinhydrat reaktionsfähig gemacht hat 1 . Die Azide erleiden leicht thermische Zersetzung, bei der sie die beiden ,,Azo"-stickstoffatome als elementaren Stickstoff abspalten. Damit entsteht aber das gleiche Radikal, das den Verlauf der Hofmannschen Reaktion erklärt hat: R N = C = O. N = N C u r t i u s hat die Zersetzung der Azide gewöhnlich in Alkohol vorgenommen und hat daher in durchsichtiger Weise die U r e t h a n e erhalten, die durch kräftige Hydrolyse in p r i m ä r e s A m i n , C 0 2 und A l k o h o l zerfallen. Eine wichtige Anwendung hat die H o f m a n n s c h e Reaktion bei der ersten technischen I n d i g o s y n t h e s e im Abbau des P h t h a l i m i d s zur A n t h r a n i l s ä u r e erfahren. Siehe S. 361.

III. Nitroverbindungen und ihre Reduktionsprodukte i . Nitromethan 2 94 g Chloressigsäure, in 200 ccm Wasser gelöst, werden mit wasserfreier Soda (53g) in einem weiten Becherglas genau neutralisiert; dazu fügt man die Lösung von 75 g Natriumnitrit in 120 ccm Wasser. Etwa 100 ccm dieser Mischung bringt man in einen 750ccm-Rundkolben, der einen Tropftrichter trägt und außerdem mit einem absteigenden Kühler verbunden ist. Beim kräftigen Erwärmen im Babotrichter oder auf dem Drahtnetz (langsam anheizen) beginnt schon vor dem Sieden der Lösung unter CO2-Entwicklung die stürmische Reaktion, die man in der siedenden Lösung durch allmähliches Zufließenlassen der Vorratslösung in Gang hält, aber nicht zu heftig werden läßt. Das Nitromeihan geht mit Wasserdampf über und sondert sich in der Vorlage als schwerere Schicht ab. Sobald im Destillat keine öltropfen mehr übergehen, wechselt man die Vorlage und treibt noch 100 ccm Wasser über, die noch Nitromethan gelöst enthalten. Von dem ersten Destillat trennt man das Nitromethan ab und vereinigt den wäßrigen Teil mit dem zuletzt übergegangenen. Diese Lösungen werden mit Kochsalz gesättigt (auf je 100 ccm 35 g) und nochmals destilliert. Etwa */« der gesamten Wassermenge wird aufgefangen, später kommt wieder ein klares Destillat. J . N e l l e s , B. 65, 1345 (1932). » H . K o l b e , J . pr. Ch. 5, 429 (1872); S t e i n k o p f , B . 42, 3438 (1909).

1

157

Nitromethan

III. 1

Das abgetrennte Nitromethan wird mit dem zuerst erhaltenen vereinigt, mit Calciumchlorid scharf getrocknet und dann destilliert. Siedep. 101°. Ausbeute 2 0 - 2 4 g (33-39°/, d Th.). N i t r o m e t h a n ist der am leichtesten zugängliche aliphatische Nitrokörper; in den höheren Reihen verläuft die K o l b e s c h e Darstellungsmethode viel weniger glatt. Der Verlauf der Reaktion ist klar: die zuerst gebildete N i t r o e s s i g s ä u r e zerfällt in CH 3 N0 2 und CO a , aus ähnlichen Gründen, wie sie auch den Zerfall der Malonsäure erklären. Die übrigen N i t r o p a r a ff i n e werden meist nach dem von V. M e y e r entdeckten Verfahren — Umsetzung der Alkyljodide mit Silbernitrit — gewonnen. Auch die Methode von K o n o w a l o w — Erhitzen mit stark verdünnter Salpetersäure im Einschlußrohr auf 120—130° — führt häufig bei gesättigten Kohlenwasserstoffen, namentlich der hydroaromatischen Reihe, zum Ziel. P h e n y l - n i t r o m e t h a n wird im Abschnitt VI, 8 ; S. 249 behandelt. Man erinnere sich der Isomerie mit den Alkylnitriten. Welche Unterschiede bestehen in den Reaktionen ? Die primären und sekundären Nitroparaffine sind neutrale Substanzen, werden aber durch Alkalien in die Salze einer isomeren a c i - F o r m umgelagert (Hantsch): R

\

R

«

\

>C = N = O. V / | OH Näheres darüber steht im Kapitel über T a u t o m e r i e auf S. 255.

r/

>CHNO„

Versuch: Man löse 1 ccm Nitromethan in Wasser und prüfe die Reaktion der Lösung gegen Lackmuspapier. Dann füge man etwas Phenolphthalein und tropfenweise aus einer Bürette n]^-Natronlauge hinzu. Bis zur bleibenden Rosafärbung werden etwa 2 ccm davon verbraucht, ein Zeichen, daß aus dem neutralen Nitromethan eine Säure, das aci-Nitromethan H2C:NOOH, entstanden ist. Eine kleine Probe dieser Lösung gibt mit Eisenchlorid eine b l u t r o t e F ä r b u n g , die für a«'-Nitroverbindungen charakteristisch ist. Die Salze der aci-Verbindung sind stark hydrolytisch gespalten. Dies erkennt man daran, daß der weitere Zusatz von njw-Lauge die Lösung tief rot färbt. Hat man 10 ccm der Lauge hinzugefügt und setzt nun 5 ccm n/10-Salzsäure hinzu, so wird die Lösung entfärbt, da die freigewordene ad-Verbindung die Hydrolyse ihres Salzes zurückdrängt. Die Umlagerung von H 2 C:N0 2 H zu H3C • NOz erfolgt aber so rasch, daß in wenigen Augenblicken die Rotfärbung wiederkehrt. B e i der Reduktion von Nitroparaffinen entstehen unter kräftigen Bedingungen die entsprechenden A m i n e , so wie dies im nächsten Kapitel für Nitrobenzol gezeigt wird. Aber ebenso wie dort kann man bei der Einwirkung von Zinkstaub in n e u t r a l e m Medium den Prozeß auf der Stufe des H y d r o x y l a m i n s festhalten.

Organisch-präparativer Teil

158

Versuch: Zu einigen Tropfen Nitromethan, in wenig Wasser gelöst, werden einige Zinngranalien und dann konz. Salzsäure gegeben. Heftige Reaktion. Wenn sie vorüber ist, erwärmt man noch kurz auf dem Wasserbad, übersättigt die abgegossene Lösung mit starker Lauge und erkennt am Geruch und an der Bräunung von Curcumapapier, daß ein flüchtiges Amin gebildet worden ist. Will man die Reaktion zur Darstellung von Methylamin benutzen, so muß das Nitromethan nach und nach zur Reduktionsflüssigkeit gegeben werden. Im übrigen vgl. Präp. II, 8; S. 152. N - M e t h y l h y d r o x y l a m i n . Eine wäßrige Lösung von Nitromethan versetzt man mit etwa der gleichen Menge Ammoniumchlorid und gibt dann unter Kühlung (Temperatur um 10°) und stetem Schütteln die dreifache Menge Zinkstaub in kleinen Anteilen zu. Die vom Zinkstaub abfiltrierte Lösung reduziert ammoniakalische Silberlösung und Fehlingsche Lösung. Die präparative Darstellung dieses leicht zugänglichen Alkylhydroxylamins als salzsaures Salz ist von B e c k m a n n , A. 365, 204 (1909), beschrieben. Die zahlreichen Umsetzungen der primären und sekundären Nitroparaffine leiten sich fast ausnahmslos von der act-Form ab, d. h. sie erfolgen unter Bedingungen, unter denen sich das Salz bildet. Es besteht hier große Ähnlichkeit mit der Reaktionsweise-der-Ketone, jedoch der graduelle Unterschied der viel größeren Reaktionsgeschwindigkeit bei den Nitroverbindungen. 1. Bei der Einwirkung von Brom entstehen B r o m n i t r o k ö r p e r ,

Br. ONa

HjC—N = O I l\

Br Br ONa

z.B.:

H,C — NO, + NaBr. Br

2. Salpetrige Säure bildet mit p r i m ä r e n Nitroparaffinen N i t r o l s ä u r e n , m i t s e k u n d ä r e n die sog. P s e u d o n i t r o l e , die als Nitrosoverbindungen grün oder blau gefärbt sind. a) H,C = N = O + HONO I OH b) CH3 • C • CH3

II

Q = N —OH

H-C—N = O I l \ NO OH OH rCHa

C • CH3

\ o 0 = N\ O H .

HC — N 0 2 + HjO NOH CH« • C • CHj NOJNO

Versuch: M e t h y l n i t r o l s ä u r e 1 . 3,2 g Nitromethan werden unter Eiskühlung in 30ccm 2n-Natronlauge gelöst und mit einer konz. Lösung von 3,5 g Natriumnitrit versetzt. Ohne weitere Kühlung läßt 1

B. 42, 808 (1909).

III, 1

Nitromethan

159

man aus einem Tropftrichter 411-Schwefelsäure hinzulaufen, bis die erst tiefrot gewordene Lösung eben orangegelb geworden ist und Kaliumjodid-Stärkepapier noch nicht bläut. Dann schüttelt man zweimal mit Äther aus, kühlt die wäßrige Lösung wieder ab, tropft so lange wieder Schwefelsäure zu, bis deutlich salpetrige Säure auftritt, und macht nun wieder mit 5n-Natronlauge bis zu kräftiger Orangefärbung alkalisch. Dann wird wieder so weit angesäuert, daß noch keine salpetrige Säure nachzuweisen ist, und noch zweimal ausgeäthert. Die vereinigten Ätherauszüge werden mit Calciumchlorid 2 Stunden lang getrocknet, unter Außenkühlung mit Eis. Dann saugt man in einem kleinen Rundkolben den Äther mit Capillare im Vakuum aus einem Wasserbad von 15—20° an der Pumpe ab und erhält als Rückstand etwa 1 g gut kristallisierte, schwach gelb gefärbte MethylnitrÖlsäure. Das Präparat hält sich nur einige Stunden unzersetzt. Man prüfe mit ihm das Verhalten gegen Alkalien. K n a l l s i l b e r 1 . 0,5 g frisch dargestellte Methylnitrolsäure, in •4 ccm Wasser gelöst, wird mit 1 ccm 5n-Salpetersäure (konz. Säure vom spez. Gew. 1,4 mit dem gleichen Volumen Wasser verdünnt) und 4 ccm 10 proz. Silbernitratlösung über freier Flamme in einem weiten Reagenzglas zum Sieden erhitzt. Nach kurzer Zeit setzt die Reaktion unter kräftiger Gasentwicklung (NO) ein und gleichzeitig scheidet sich Knallsitber kristallinisch aus. Man kocht noch einige Minuten unter stetem Umschütteln weiter, läßt erkalten und saugt das Produkt ab, das mit Wasser gewaschen wird. Eine kleine Probe von etwa 10 mg trocknet man, o h n e zu r e i b e n , auf einem Stückchen Ton und prüft damit in der Flamme und durch Schlag mit dem Hammer die Brisanz. S c h u t z b r i l l e I Die Hauptmenge bringt man noch feucht — auch in diesem Zustand ist ein festes Drücken mit einem Metallspatel oder anderen harten Gegenständen zu vermeiden — in ein Reagenzglas und übergießt sie mit 2 ccm konz. Salzsäure. Dabei kann man den der Blausäure zum Verwechseln ähnlichen Geruch der freien Knallsäure wahrnehmen. Nach einer halben Stunde erwärmt man den Inhalt des Reagenzglases noch kurz im siedenden Wasserbad, setzt 4 ccm Wasser zu, filtriert vom Silberchlorid ab und dampft das Filtrat in einer kleinen Glasschale auf dem Wasserbad zur Trockne. Das zurückbleibende Hydroxylammoniumchlorid wird an der Reduktionswirkung gegen ammoniakalische Silberlösung und gegen Fehlingsche Lösung erkannt. 1

B. 40, 419 (1907).

160

Organisch-präparativer Teil

K n a l l s i l b e r muß in jedem F a l l sofort n a c h der D a r s t e l lung v e r n i c h t e t werden, am e i n f a c h s t e n m i t konz. S a l z säure. Die N i t r o l s ä u r e n sind farblos, lösen sich aber in Alkalien mit tiefroter Farbe, indem neben der farbgebenden Nitroso- die act-Nitrogruppe gebildet' wird. Man gibt den roten Salzen folgende Formel, z. B . : HC = N = O I I NO ONa Beim Erhitzen in salpetersaurer Lösung zerfällt Methylnitrolsäure in salpetrige Säure und K n a l l s ä u r e ; diese kann bei Gegenwart von Silbernitrat als Knallsilber festgehalten werden. H\

>C=NOH o2N/

• N0 2 H + C=NOH.

Auf dem Weg über die Methylnitrolsäure kommt die Bildung der F u l m i n a t e (Knallsilber, Knallquecksilber) aus Äthylalkohol und Salpetersäure zustande.. Davon war auf S. 149/150 die Rede. Das Quecksilber(II)-Salz des Nitromethans zerfällt direkt i n K n a l l q u e c k s i l b e r und Wasser (Nef). (H2C = N0 2 ) 2 Hg

• (C = NO)2Hg + 2H s O.

3. Gleich den Ketonen kondensieren sich primäre Nitroverbindungen mit Aldehyden unter Wasserabspaltung. Auf diesem Weg ist P h e n y l n i t r o ä t h y l e n bequem darstellbar. C,H 6 — CHO + H3C • NO,

• C,H 6 — CH = CH • NO a .

P h e n y l n i t r o ä t h y l e n 1 . 3,2 g Niiromethan und 5,3g Benzaldehyd werden in 20ccm Alkohol gelöst und bei guter Kühlung im. Kältegemisch unter kräftigem Umschütteln nach und nach mit k a l t e r alkoholischer, Kalilauge versetzt, die man sich aus der Lösung von 3,5 g Ätzbali in 5 ccm Wasser und 10 ccm Methylalkohol bereitet hat. Man schüttelt so lange, bis eine Probe des entstandenen Kristallbreis — bisweilen bleibt die Kristallisation auch aus — in Wasser klar löslich ist; es hat sich das Kaliumsalz des Phenylnitroäthylalkohols C6H6 • CH(OH) • CH: NOOK gebildet, dessen freie Säure sich unter Wasserabspaltung in Phenylnitroäthylen umwandelt. Dies geschieht, wenn man das Reaktionsprodukt in Eiswasser auflöst und unter Umrühren in 60 ccm eiskalter n-Schwefelsäure einfließen läßt. Das bald erstarrende ö l wird nach dem Absaugen und kurzem Trocknen 1 T h i e l e und H a e c k e l , A. 825, 7 (1902); B o u v e a u l t und W a h l , Compt. rend. 135, 41 (1902).

161

Nitrierung eines aromatischen Kohlenwasserstoffs

III, 2

auf Ton aus wenig Alkohol umkristallisiert. Man erhält etwa 5 g Phenylnitroäthylen in prächtigen gelben Kristallnadeln. Schmelzpunkt 58°. 4. Alle primären Nitroverbindungen kuppeln mit Diazobenzol; statt der erwarteten Azokörper entstehen durch Umlagerung die P h e n y l h y d r a z o n e •von an der Aldehydgruppe nitrierten Aldehyden HO ONa R

' H" y ~ ° + ONa

H O

-

N

=

N

* C«H*

R-C—N = O H

R . C — NO,

N — NH • C,HS

+ NaOH.

5. Eine sehr interessante Umsetzung des Nitromethans durch starkes Alkali sei hier noch angeführt. 2 Moleküle kondensieren sich unter Wasserabspaltung zur sog. M e t h a z o n s ä u r e , die die Konstitution des N i t r o a c e t a l d o x i m s (I) besitzt (Meister) 1 . 2H,C = N = 0 „ n I — ' -

ONa

HC II

NONa

C= N = 0 H | ;

ONa

I

||

NOH

Aus ihr hat S t e i n k o p f mit Thionylchlorid das lange gesuchte N i t r o a c e t o n i t r i l * CH 2 • NOj • CN und durch dessen Verseifung N i t r o e s s i g s ä u r e 3 dargestellt.

2. Nitrierung eines aromatischen Kohlenwasserstoffs Nitrobenzol und Dinitrobenzol

a) N i t r o b e n z o l Zu 125 ccm = 230 g konzentrierter Schwefelsäure, die sich in einem Kolben von etwa V2 Liter Inhalt befinden, gießt man allmählich unter Umschütteln 100 ccm = 140 g konzentrierter Salpetersäure (spez. Gew. 1,4). Nachdem man die warme Mischung durch Eintauchen in kaltes Wasser auf Zimmertemperatur abgekühlt hat, fügt man unter häufigem Umschütteln zu ihr allmählich 90 ccm = 78 g (1 Mol) Benzol. Wenn hierbei die Temperatur über 50—60° steigt, so taucht man vor dem weiteren Eintragen des Benzols das Gefäß auf kurze Zeit in Eiswasser ein. Beim jedesmaligen Zugeben von Benzol ist eine vorübergehende intensive Braunfärbung zu beobachten. Nachdem man den Kolben mit aufgesetztem Steigrohr noch V2 1 2 3

Uber den Mechanismus dieser Reaktion siehe A. 444, 15 (1925). B. 41, 1048 (1908). B. 42, 3925 (1909).

G a t t e r m a n n , Praxis d. organ. Chemikers.

30. Aufl.

11

162

Organisch-präparativer Teil

Stunde lang in einem Wasserbad von 60° weiter erwärmt hat, trennt man die untere Schicht, welche aus Schwefelsäure und Salpetersäure besteht, im Scheidetrichter von der oberen, die das Nilrobenzol enthält 1 . Letztere schüttelt man im Scheidetrichter mit Wasser, dann mit verdünnter Natronlauge, zuletzt nochmals mit Wasser durch, wobei man beachte, daß das Nitrobenzol jetzt die untere Schicht bildet. Nach dem Waschen und Absitzen läßt man das Nitrobenzol in einen trocknen Kolben ab und erwärmt es auf dem Wasserbade (Steigrohr) so lange mit Calciumchlorid, bis die anfangs milchige Flüssigkeit klar geworden ist. Man reinigt es schließlich durch Destillation aus einem Fraktionierkolben mit vorgelegtem Verlängerungsrohr, wobei man nicht ganz bis zur Trockne destilliere. Siedep. 2 0 6 - 2 0 7 ° . Ausbeute 1 0 0 - 1 0 5 g. b) D i n i t r o b e n z o l Eine Mischung von 14 ccm = 25 g konzentrierter Schwefelsäure und 10 ccm = 15 g rauchender Salpetersäure wird allmählich mit 10 g Nitrobenzol versetzt (Abzug) und unter häufigem Umschütteln in einem offenen Kolben eine halbe Stunde auf dem Wasserbade erhitzt. Das etwas erkaltete Reaktionsgemisch wird dann unter Umrühren in kaltes Wasser gegossen, worauf man das erstarrte Dinitrobenzol abfiltriert, mit Wasser auswäscht, auf einem Tonteller abpreßt und aus Alkohol umkristallisiert. Schmelzpunkt 90°. Ausbeute 10—12 g; Die Eigenschaft, bei Einwirkung von Salpetersäure Nitroderivate zu liefern, ist ein Charakteristikum der a r o m a t i s c h e n Substanzen. Je nach den Bedingungen, unter denen die Nitrierung ausgeführt wird, kann man e i n e Nitrogruppe oder deren mehrere einführen. Formulierung der Reaktion. Sind in einem aromatischen Stoffe gesättigte aliphatische Seitenketten vorhanden, so erfolgt die Nitrierung unter den obigen Bedingungen stets am B e n z o l k e r n und nicht in der Seitenkette. Da die Benzolkohlenstoffatome nur mit e i n e m Wasserstoffatom verbunden sind, so sind die erhaltenen Nitroderivate tertiäre; sie sind demnach nicht imstande, wie die primären und sekundären Nitroverbindungen Salze, Nitrolsäuren oder Pseudonitrole zu bilden. Nitrogruppen lassen sich auch in S e i t e n k e t t e n einführen*. Erhitzt man z. B. Toluol oder Äthylbenzol mit schwacher Salpetersäure (spez. Gew. 1,076) in einer Bombe auf etwas über 100°, so erhält man P h e n y l n i t r o m e t h a n C,H 6 • CH 2 • NOj oder P h e n y l n i t r o ä t h a n C,H S • CH(N0 2 ) • CH 3 . Nicht nur die aromatischen Stammsubstanzen, die Kohlenwasserstoffe, lassen sich nitrieren; auch alle Derivate derselben, wie Phenole, Amine, Alde1 Nach dem gleichen Prinzip wird im Großbetrieb der Rest der Nitriersäure zurückgewonnen. Der Ansatz hier enthält l ^ M o l HNO s . s K o n o w a l o w , B. 27. Ref. 194 und 468 (1894).

III, 2

Nitrierung eines aromatischen Kohlenwasserstoffs

163

hyde, Säuren usw. sind der gleichen Reaktion zugänglich. Die Nitrierung erfolgt jedoch nicht überall mit der gleichen Leichtigkeit. Man muß daher für jeden Fall die günstigsten Versuchsbedingungen ermitteln. Wird ein Stoff sehr leicht nitriert, so kann man entweder die Nitrierung mit je nach Bedürfnis durch Wasser verdünnter Salpetersäure ausführen, oder man löst die zu nitrierende Substanz in einem Lösungsmittel auf, welches durch Salpetersäure nicht angegriffen wird, wobei man sich häufig des Eisessigs bedient, und versetzt dann mit Salpetersäure. Wird ein Stoff mittelschwer nitriert, so trägt man ihn in konzentrierte oder rauchende Salpetersäure ein. Tritt die Nitrierung schwer ein, so erleichtert man die Wasserabspaltung durch Zusatz von konzentrierter Schwefelsäure zu der gewöhnlichen oder rauchenden Salpetersäure. Beim Arbeiten in schwefelsaurer Lösung wendet man bisweilen statt der Salpetersäure Kalium- oder Natriumnitrat an. Die beschriebenen Arten der Nitrierung lassen sich nun noch in zweierlei Weise modifizieren, indem man 1. die Temperatur und 2. die Menge der Salpetersäure variiert. So kann man die Nitrierung unter Abkühlung in einer Kältemischung, oder in Eis, oder in Wasser, unter gelindem Erwärmen, bis schließlich bei Siedehitze ausführen. Ferner kann man einen Überschuß von Salpetersäure oder die theoretisch berechnete Menge anwenden. Welche von diesen zahlreichen Modifikationen die besten Resultate liefert, muß durch Vorversuche im kleinen zuvor ermittelt werden. Da die Nitroverbindungen meistens in Wasser unlöslich oder schwer löslich sind, so kann man sie aus dem Nitrierungsgemisch durch Verdünnen mit Wasser abscheiden. Durch den Eintritt einer Nitrogruppe wird der chemische Charakter einer Substanz nicht grundsätzlich geändert. So sind die Kern-Nitroderivate der Kohlenwasserstoffe neutrale Verbindungen, wie die Kohlenwasserstoffe selbst. Tritt eine Nitrogruppe aber z. B . in einen Stoff von saurer Natur ein, so wird diese dadurch verstärkt; die N i t r o p h e n o l e z . B . sind stärker sauer als das Phenol. Das Entsprechende tritt bei der Nitrierung basischer Substanzen ein; die N i t r a n i l i n e sind weniger basisch als Anilin. Die große Bedeutung der Nitroverbindungen beruht auf ihrem Verhalten bei der Reduktion, wovon bei den nächsten Präparaten die Rede sein wird. Beim zweifachen Nitrieren von Benzol bildet sich fast ausschließlich t n - D i n i t r o b e n z o l , was mit den folgenden allgemeinen Substitutionsgesetzen zusammenhängt. Für die aromatischen Verbindungen sind in erster Linie drei Reaktionen typisch: 1. die des Halogenierens, 2. die des Nitrierens und 3. die des Sulfurierens. Geht man vom Benzol selbst aus, so ist naturgemäß nur ein einziges Mono-Halogen-, Nitro- oder Sulfoderivat möglich. Geht man jedoch von einem monosubstituierten Benzol aus, so kann der Eintritt von Halogen, Nitro- oder Sulfogruppe in der o-, m- oder p-Stellung erfolgen. Die Tatsachen haben nun ergeben, daß hierbei zwei Typen von Reaktionen sich vollziehen, indem in gewissen Fällen überwiegend das o- und p-Biderivat neben nur wenig des m-Derivates gebildet wird, während im anderen Fall vorwiegend das mDerivat neben nur wenig des o- und p-Derivates entsteht. 11*

164

Organisch-präparativer Teil

Substituenten, welche Halogen, Nitro- und Sulfogruppe — oder auch andere Substituenten — vorwiegend in die o- u n d p - S t e l l u n g lenken, nennt man Substituenten e r s t e r O r d n u n g . Substituenten, welche die Substitution vorwiegend in die m - S t e l l u n g lenken, heißen Substituenten z w e i t e r O r d n u n g . Zu den Substituenten erster Ordnung gehören: die Halogene, Alkylgruppen, die Hydroxylgruppe nebst O-Alkyl und O-Acyl, die Aminogruppe u. a. Substituenten zweiter Ordnung sind: Nitrogruppe, Sulfogruppe, Aldehydgruppe, Carboxylgruppe nebst COO-Alkyl, CO • N H 2 und CO-Alkyl (in Ketonen), C = N u. a. Aus dieser Aufzählung ergibt sich als charakteristisch, daß die Substituenten I.Ordnung durchweg f o r m a l g e s ä t t i g t sind, keine Lückenbindungen enthalten, während für die II. Ordnung das Gegenteil gilt. Es ist ferner bemerkenswert, daß die o- und p-Substitutionen sich fast durchweg leichter, d. h. mit viel größerer Geschwindigkeit vollziehen, als der Eintritt in m-Stellung. Hier steigert sich die Schwierigkeit von Stufe zu Stufe. Die Einführung der zweiten Nitrogruppe in das Nitrobenzol h a t schon weit stärkerer Mittel bedurft, als die Nitrierung des Benzols. Das symmetrische T r i n i t r o b e n z o l entsteht erst beim tagelangen Kochen der Dinitroverbindung mit rauchender Salpetersäure und auch so nur in schlechter Ausbeute. Man vergleiche damit die Substitutionserleichterung durch OH und NH 2 und schon durch die Methylgruppe im Toluol. T r i n i t r o t o l u o l als Sprengstoff. Die Nitroverbindungen sind zum Teil Flüssigkeiten, zum Teil durch große Kristallisationsfähigkeit ausgezeichnete feste Stoffe, welche, falls sie ohne Zersetzung destillieren, einen viel höheren Siedepunkt als die Muttersubstanz besitzen. Unterwirft man Ä t h y l e n der Einwirkung von Nitriersäure, so entsteht, wie schon erörtert, N i t r o ä t h y l n i t r a t CH 2 NO a • CH 2 • 0 N 0 2 . Der durch Anlagerung von Salpetersäure zuerst gebildete N i t r o ä t h y l a l k o h o l wird durch Veresterung festgehalten, während das mutmaßliche primäre Additionsprodukt von H N 0 3 an eine Doppelbindung des Benzols aus den mehrfach erörterten Gründen H a O abspalten wird. Die Verhältnisse liegen also analog wie bei der Reaktion von Äthylen und Benzol mit Brom (S. 108). 3 . Reduktion einer Nitroverbindung zu einem A m i n

a) A n i l i n aus N i t r o b e n z o l 1 1. In einem Rundkolben (2 Liter Inhalt) versetzt man 120 g fein granuliertes Zinn 2 mit 61,5 g (1/2 Mol) Nitrobenzol und fügt hierzu 1

A. 44, 283 (1842). Ist man nicht im Besitze von granuliertem Zinn, so stellt man sich dies dadurch her, daß man vor der Gebläseflamme in einem mit Ausguß versehenen, gestielten eisernen Löffel derbes Zinn schmilzt und dann t r o p f e n w e i s e aus einer Höhe von 1 / 2 —1 m in einen mit Wasser gefüllten Eimer gießt. 2

III, 3

Reduktion einer Nitroverbindung zu einem Amin

165

allmählich 270 ccm = 320 g konzentrierter Salzsäure in der folgenden Weise: Man setzt zunächst nur etwa den zehnten Teil der Salzsäure hinzu, verbindet dann den Kolben sofort mit einem nicht zu engen Steigrohr und schüttelt um. Nach kurzer Zeit erwärmt sich die Mischung und gerät schließlich in lebhaftes Aufsieden. Man kühlt in kaltem Wasser, ohne die Umsetzung völlig zu unterdrücken, und fügt dann nach und nach unter stetem Schütteln weitere Salzsäure zu, wobei man die Reaktion stets in gutem Gang hält. Zum Schluß erhitzt man noch eine Stunde lang auf dem Wasserbad, versetzt die warme Lösung mit 100 ccm Wasser und fügt allmählich eine Lösung von 150 g technischem Natron in 200 ccm Wasser bis zur stark alkalischen Reaktion hinzu 1 . Man leitet dann bei vorgelegtem, langem Kühler alsbald Wasserdampf in die heiße Flüssigkeit ein. Sobald das Destillat nicht mehr milchig, sondern wasserhell ist, läßt man noch etwa 300 ccm Flüssigkeit überdestillieren, setzt je 25 g fein pulverisiertes Kochsalz auf je 100 ccm Flüssigkeit bis zur Auflösung zu und schüttelt das Anilin mit Äther aus 2 . Nachdem man die ätherische Lösung mit einigen Stückchen festen Kalis getrocknet hat, verdampft man den Äther und unterwirft das Anilin, der Destillation. Siedep. 184°. Ausbeute 90—100% der Theorie. 2. Dem t e c h n i s c h e n V e r f a h r e n ist die nachstehende Vorschrift angepaßt 3 : Ein Dreihalskolben von 2 Liter Inhalt trägt in der Mitte einen Rührer mit Dichtung, seitlich einen Rückflußkühler und einen Tropftrichtcr von 200 ccm Fassungsvermögen. Er kann in einem Ölbad erhitzt werden. Die Füllung von 2 0 0 g Gußeisenmehl*,

300 c c m W a s s e r u n d

30 ccm

konzentrierter

Salzsäure

wird unter kräftigem Rühren etwa 10 Minuten gekocht. Dann läßt man innerhalb 3lt Stunden 123 g Nitrobenzol zutropfen, wobei die Heizung gemäßigt werden kann. Anschließend wird noch so lange gekocht, bis der Rücklauf farblos ist (etwa 1 Stunde), dann nach Zusatz von 15 g Natriumcarbonat das Anilin mit Wasserdampf übergetrieben. Ausbeute 90°/0 d. Th. Die Eigenschaft, bei einer energischen Reduktion in p r i m ä r e A m i n e überzugehen, kommt sowohl den Nitroverbindungen der aliphatischen wie der 1

Über die elektrolytische Abscheidung des Zinns siehe S. 308 Anm. Im großen trennt man, ohne auszusalzen, das Anilin ab und benutzt das „Anilinwasser" jeweils wieder zur Dampferzeugung. 3 Vgl. H. E. F i e r z - D a v i d , Operationen der Farbenchemie, IV. Aufl., 1938, S. 35. 4 Die üblichen Eisenpräparate des Laboratoriums sind weniger geeignet •und geben gewöhnlich ein stark gefärbtes Präparat. Eisenpulver F der IG, Ludwigshafen, bewährt sich besonders gut. 1

166

Organisch-präparativer Teil

aromatischen Reihe zu. Zur Reduktion jeder Nitrogruppe sind 6 Atome Wasserstoff erforderlich. In der Technik bedient man sich zur Reduktion des Nitrobenzols nicht des teuren Zinns, sondern man arbeitet noch heute nach dem alten Verfahren von B é c h a m p mit E i s e n f e i l e oder E i s e n p u l v e r . Die der Gleichung: CjH s • N 0 2 + 3 Fe + 6 HCl = C„HS • N H , + 3 FeCl 2 + 2 H 2 0 (A) entsprechende Menge Salzsäure wird im großen bei weitem nicht verbraucht man kommt mit bedeutend weniger, mit etwa 3 Proz. aus. Dies hängt damit zusammen, daß das Eisen teilweise bis zur oxydischen F e r r i stufe ausgenutzt wird. Es gilt neben A etwa die Gleichung B, d. h. FeCl 2 wird ständig wieder gebildet. C 6 H 5 • NOj + 2FeCIj + 2Fe + 4 H 2 0 — C 6 H 5 • N H , + 2FeCl s + 2Fe(OH) 3 . (B) Durch Hydrolyse des Ferrichlorids wird Ferrihydroxyd ausgeschieden und immer wieder Salzsäure f ü r neues Eisen verfügbar. Die Eisenoxyde, die am Schluß des Prozesses gebildet sind, werden jeweils wieder durch Wasserstoff bei Rotglut in Eisenpulver zurückverwandelt. Neuerdings h a t auch das k a t a l y t i s c h e H y d r i e r u n g s v e r f a h r e n und zwar mit Kupfer als KontaJctmetall für die Bereitung von Anilin aus Nitrobenzol in der Industrie Eingang gefunden. Für Reduktionsversuche von Nitrokörpern im kleinen nimmt man am zweckmäßigsten Zinn oder Zinnchlorür und konz. Salzsäure. Feste Substanzen werden ohne Lösungsmittel oft schwer angegriffen und verlangen einen Zusatz von Alkohol oder Eisessig. Das Ende der Reduktion erkennt man daran, daß das Reaktionsgemisch auf Zugabe von Wasser klar bleibt. Die Base liegt ja als salzsaures Salz (Chlorhydrat) vor und die salzsauren Salze sind fast ohne Ausnahme in Wasser löslich. Dabei ist zu beachten, daß häufig schwerer lösliche Doppelsalze mit Zinnchlorür auftreten, die aber von kochendem Wasser meist gelöst werden. Wenn ein Doppelsalz in reichlicher Menge auskristallisiert, wird es durch Absaugen isoliert. Durch Zersetzen mit Lauge oder zuvor mit Schwefelwasserstoff liefert es die Base leicht in reinem Zustand. Die p r i m ä r e n M o n a m i n e sind zum Teil farblose Flüssigkeiten, wie z. B . das Anilin, o-Toluidin, Xylidin, oder farblose, feste Stoffe, wie das p-Toluidin, Pseudocumidin, die Naphthylamine u. a. Sie sind ohne Zersetzung destillierbar und mit Wasserdämpfen flüchtig. In Wasser sind sie ziemlich schwer löslich, Anilin zu 3 Proz. Die D i - pnd P o l y a m i n e sind meistens fest, mit Wasserdämpfen nicht flüchtig und in Wasser viel leichter löslich als die Monamine. Die Amine besitzen basischen Charakter; die Basizität ist jedoch infolge der negativen N a t u r der Phenylgruppen bedeutend schwächer als die der aliphatischen Amine. Daher reagieren die wäßrigen Lösungen der (stöchiometrisch) neutralen Anilinsalze infolge von Hydrolyse auf Lackmuspapier sauer. Aus dem gleichen Grund kann man aus einer wäßrigen Lösung von Anilinsalz mit Äther eine kleine Menge der freien Base herausschütteln. (Nachweis mit äthe-

III, 3

Reduktion einer Nitroverbindung zu einem Amin

167

rischer Salzsäure oder nach Verdampfen des Äthers durch die Chlorkalkreaktion.)

Versuche: 1. Man verdünnt 10 ccm Anilinwasser (durch Schütteln von 3 Tropfen Anilin mit 10 ccm Wasser im Reagenzglas erhalten) mit 100 ccm Wasser und fügt ein wenig einer filtrierten wäßrigen Chlorkalklösung hinzu. Es tritt hierbei eine v i o l e t t e F ä r b u n g auf ( R u n g e s c h e Reaktion). Diese sehr empfindliche Probe gibt nur die wäßrige Lösung des freien Anilins, nicht die der Salze; man muß daher aus diesen die B a s e erst isolieren. Man kann diese Reaktion auch benutzen, um kleine Quantitäten von Benzol oder Nitrobenzol zu erkennen, indem man die eben bekannt gewordenen Reaktionen im kleinen durchführt (Reagenzglas). Die C h l o r k a l k r c a k t i o n ist dem Anilin eigentümlich; der Farbstoff ist ein kompliziertes Chinonderivat, dessen Konstitution noch nicht ganz sicher steht. Die übrigen hier angegebenen Versuche stellen Klassenreaktionen der primären aromatischen Amine dar. 2. Durch Säurechloride und -anhydride werden primäre und sekundäre Amine aeyliert, im besonderen auch durch Benzolsulfochlorid (S. 189). A c e t a n i l i d ist schon früher (S. 126, 130) dargestellt worden. Die Acetyl- und Benzoylderlvate aller einfacheren primä en Amine der Benzol- und Naphthalinreihe sind bekannt, so daß diese Methode in allen Fällen zum Ziel des Nachweises führt.

Man stelle die Identität eines primären Amins auf dem angegebenen Weg fest. 3. B e n z y l i d e n - a n i l i n . 1 ccm Anilin wird mit ebensoviel Benzaldehyd im Reagenzglas auf dem Wasserbad erhitzt. Es scheidet sich unter Trübung Wasser aus und nach dem Erkalten erstarrt das Gemisch zur sog. S c h i f f s c h e n B a s e (Azomethin). Schmelzp. 72°. Beim Erwärmen mit Säure wird das schwach basische Kondensationsprodukt in die Komponenten zerlegt. Allgemeine Reaktion primärer Amine. 4. I s o n i t r i l r e a k t i o n . Ebenso wie die primären aliphatischen Amine von der Art des Methylamins geben auch das Anilin und seine Verwandten die charakteristische Geruchsreaktion mit Chloroform und Alkali.

Man vermischt in einem Reagenzrohr 2 Tropfen Anilin mit 2 ccm Alkohol, fügt Va ccm starke Kalilauge und etwa 5 Tropfen Chloroform zu und erwärmt gelinde (Abzug). C,H 5 • N H , + C 1 2 C /

C1

+ 3 K C H = C,H 5 • N = C + 3 KCl + 3 H t O . H Ganz analog liefert Ammoniak B l a u s ä u r e . H • N H 4 + Cl 2 : C
C : N O H feststeht, wird im gleichen Sinne in A m e i s e n s ä u r e und H y d r o x y l a m i n zerlegt (siehe Versuch auf S. 1B9). 5. Die A l k y l i e r u n g des Anilins verläuft nach dem Schema der H o f m a n n schen Alkylaminsynthese. Von besonderer Wichtigkeit sind die methylierten Aniline, namentlich die tertiäre Base D i m e t h y l - a n i l i n , die im Laufe des P r a k t i k u m s mehrfach als Ausgangsmaterial herangezogen und die technisch sehr viel gebraucht wird. Man methyliert das Anilin im großen als salzsaures Salz mit Methylalkohol im Autoklaven. Das dabei auftretende M e t h y l c h l o r i d besorgt die Methylierung.. — Bei sehr hoher Temperatur wandert Methyl vom Stickstoff in die p-Stellung, ein neues Beispiel für die mehrfach zu erwähnende Umlagerungsreaktion von Benzolderivaten (vgl. S. 185).

C1

CH/

V

CH/

^

\CH3

Erfolgt die Umlagerung bei Gegenwart eines Überschusses von Methylalkohol, so wird infolge weitergehender Methylierung und Wanderung schließlich M e s i d i n (Formel rechts) gebildet (A. W. H o f m a n n ) . Die Reaktion geht wenig glatt vor sich und h a t keine präparative Bedeutung. 6. R e a k t i o n m i t S c h w e f e l k o h l e n s t o f f . Während Ammoniak und die primären Amine der Fettreihe sich an CS 2 unter Bildung von d i t h i o c a r b a m i n s a u r e n A m m o n i u m s a l z e n addieren, z . B . : S=C = S+H2N-CH3

• S=C
x OH H I [ OH OH —HsO C„H5.N = CH. !l o Produkte dieser Art bezeichnet man als „ N i t r o n e " . Ihre Bildung geht durchaus parallel der der Oxime aus Aldehyden und Hydroxylamin. Diese Nitrene sind identisch mit den N - Ä t h e r n d e r A l d o x i m e und entstehen — wenn an Stelle von C,H S eine Alkylgruppe sich befindet — auch durch Umsetzung der stereoisomeren ß-Aldoxime mit Alkylhalogeniden: R • CH R • CH | + CH 3 Br • || + HBr. HON ON — CH 3

Das Nitron aus Phenylhydroxylamin und Benzaldehyd ist in schön kristallisierter Form leicht aus den Komponenten in alkoholischer Lösung darzustellen. Von Interesse ist schließlich die Reduktion einer dem Nitrobenzol analog gebauten olefinischen Nitroverbindung, des N i t r o ä t h y l e n s . Dabei entsteht Acetaldoxim: H 2 C = C H • NO, + 4 H = H 3 C • C = N O H + H 2 0 . H Das viel leichter zugängliche P h e n y l n i t r o ä t h y l e n (siehe S. 160) reagiert analog unter Bildung von P h e n y l a c e t a l d o x i m C a H,• CH a • C = N O H H ( B o u v e a u l t ) . Jedenfalls entsteht auch aus den beiden Nitroäthylenen zuerst das dem Phenylhydroxylamin entsprechende Derivat, das sich aber sofort in die stabile Oximform umlagert: R • C H = C • NHOH H

• R • CH, • C = N O H . H

Der Benzolkern, der in seinen drei benachbarten Doppelbindungen den vollkommensten Ausdruck der Sättigung findet, gibt einer gleichartigen Umlagerang nicht statt. Hier bleibt die NHOH-Gruppe aus dem Ring hinausgedrückt, die „aromatische" Verfassung des Kerns bleibt gewahrt. Aus ähnlichen Beziehungen heraus ist es verständlich, daß bisher noch kein einfaches „ a l i p h a t i s c h e s A n i l i n " vom Typus

erhalten .werden konnte.

R • CH = C — I NH 2

G a t t c r m a n n , Praxis d. organ. Chemiker«

30. Aufl.

12

178

Organisch-präparativer Teil

5. Nitrosobenzol 12 g frisch bereitetes Phenylhydroxylamin werden in einer eiskalten Mischung von 50 ccm Schwefelsäure und 250 ccm Wasser unter allmählichem Eintragen möglichst rasch gelöst. Dann läßt man die auf 0° abgekühlte Lösung unter weiterer Kühlung und Schütteln des Reaktionskolbens in die ebenfalls eiskalte Lösung von 12 g Natriumpyrochromat in 200 ccm Wasser aus einem Tropftrichter ziemlich rafech einlaufen. Das Nitrosobenzol scheidet sich alsbald in gelben kristallinischen Flocken aus. Man saugt auf kleiner Nutsche ab, wäscht zweimal mit Wasser, bringt den Niederschlag samt Filter in einen Rundkolben und bläst das leicht flüchtige Nitrosobenzol mit Wasserdampf ab. Die grünen Dämpfe setzen sich schon im Kühlrohr in fast farblosen Kristallkrusten nieder, die zum Schluß nach Abstellung des Kühlwassers durch vorsichtige Dampfzufuhr in die Vorlage hinunter geschmolzen werden können. Das abfiltrierte Nitrosobenzol wird auf Ton abgepreßt und im Vakuumexsiccator über Calciumchlorid (nicht über konz. Schwefelsäure 1) getrocknet. Ausbeute 8 g. Eine Probe der trockenen Substanz wird im Reagenzglas mit wenig Äther gewaschen (grüne Lösungsfarbe!) und zur Schmelzpunktsbestimmung nochmals getrocknet. Nitrosobenzol verflüssigt sich bei 68° zu einer grünen Schmelze. Aus der doppelten Menge Alkohol umkristallisiert, läßt es sich in absolut reiner, haltbarer Form gewinnen. A r o m a t i s c h e N i t r o s o k ö r p e r sind auch durch Oxydation primärer Amine darstellbar, aber es ist nur ein Oxydationsmittel bekannt, das diese Umformung glatt leistet, nämlich die Sulfomonopersäure (Carosche Säure): C c H, • NH2 + 2 0 > C6Hc • NO + HjO.

Versuch 1 : 18 g fein pulverisiertes Kaliumpersulfat werden in einer Reibschale unter guter Eiskühlung mit 15 ccm konz. Schwefelsäure innig verrieben. Nach einstündigem Stehen gießt man die Mischung auf 100 g Eis und neutralisiert unter Kühlung mit Kristallsoda. In diese Lösung läßt man 100 ccm Anilinwasser (2,8 g in 100 ccm Wasser) einfließen, wobei sich nach kurzer Zeit das Nitrosobenzol in gelben Flocken abscheidet. Nachdem die gerührte Lösung klar geworden ist, saugt man den Niederschlag ab und treibt das Nitrosobenzol mit Wasserdampf über. Man erhält davon etwas mehr als die Hälfte des angewandten Anilins. 1 Caro, Z. f. ang. Ch. 11, 845 (1898); B a e y e r , B. 33, 124 (1900); 34, 855 (1901).

III, 5

179

Nitrosobenzol

Es gibt, abgesehen von ganz wenigen Ausnahmen, nur Nitrosoverbindungen in denen die NO-Gruppe am t e r t i ä r e n Kohlenstoffatom haftet, wie im Nitrosobenzol. Ein aliphatischer Vertreter ist z. B. das N i t r o s o - i s o b u t a n (H3C)3 • C • NO. In f e s t e m Zustand sind fast alle Nitrosokörper f a r b l o s 2 , in L ö s u n g und g e s c h m o l z e n b l a u oder g r ü n . Die farblose Form ist, wie Molekulargewichtsbestimmungen am Nitrosobenzol in flüssiger Blausäure ( P i l o t y ) ergeben haben, d i m o l e k u l a r l Die NO-Gruppen zweier Moleküle befinden sich in loser gegenseitiger Bindung, vielleicht nach Art eines der nachstehenden Formelbilder: C6H5 • N = O | C6H5 • N = O

oder

C9H5 • N — O | | O — N . C,H 5

Mit der Zerstörung des Kristallgefüges, in der Schiheize oder in Lösung, setzt eine Dissoziation in die farbigen Einzelmoleküle ein, die mit steigender Temperatur zunimmt. Die Verhältnisse sind überaus ähnlich den bekannten beim S t i c k s t o f f d i o x y d : (C,H s NO) a ^

> 2 C e H 5 • NO;

(N0 2 ) 2 i Z Z ^ i 2 N 0 2 .

Die Gruppe NO stellt den wirksamsten Farbträger ( C h r o m o p h o r ) dar, den wir kennen. Mit einem f ü r die Lichtabsorption belanglosen Rest, wie Isobutyl, erzeugt sie den blauen Nitrosokohlenwasserstoff. Trotz ihrer intensiven Färbung sind die Nitrosoverbindungen keine Farbstoffe, da ihnen die f ü r die Vereinigung mit der Faser notwendige „auxochrome" Gruppe (z. B. N H j , OH) fehlt. Die N i t r o s o g r u p p e ähnelt in vielfacher Hinsicht der Aldehydgruppe, d. h. die Umsetzungen, die durch die Reaktionsfähigkeit der Doppelbindung > C = O in den Aldehyden vermittelt werden, sind zum großen Teil auf die Doppelbindung — N = O übertragbar. Ein Beispiel wird in der Kondensation von Nitrosobenzol mit Phenylhydroxylamin weiter unten gegeben. Auch mit Hydroxylamin und Phenylhydrazin setzt sich Nitrosobenzol um, jedoch kann darauf nicht näher eingegangen werden. Aldehyde treten mit primären Aminen zu den sog. A z o m e t h i n e n ( S c h i f f sche Basen) unter Wasseraustritt zusammen (S. 167), z . B . : C 9 H 6 • C = O + H 2 N • C,H S H

> C 6 H 5 • C = N • C,H, + H 2 O . H Benzylidenanilin

Nitrosobenzol und Anilin geben in gleicher Weise A z o b e n z o l . C,H 6 • N = O + H 2 N . C„H5 2

• C,H S • N = N . C„H6 + H 2 O .

Eine Ausnahme macht z. B. das auch in fester Form prachtvoll smaragd-

grüne p - N i t r o s o - d i m e t h y l a n i l i n

ON C,H S • C = CH • CO • CH 3 H Benzalaceton

entspricht die analoge Reaktion der aromatischen Nitrosoverbindungen. Sie verlangt besonders stark aufgelockerte Wasserstoffatome und ist daher mit einfachen Ketonen, wie Aceton, nicht durchführbar. Die Produkte sind, wie ohne weiteres verständlich, A z o m e t h i n e . Mit Hilfe dieser Kondensation ist die Synthese von 1, 2, 3 - T r i k e t o n e n möglich gewesen (F. S a c h s ) , z. B . : CH 3 • CO • CH 2 • CO • CH 3 + ON •

• N(CH 3 )j

Acetylaceton. CH 3 •CO •

— - *

C = N-/ X I CH 3 • CO

\

• N(CH3)2 + H 2 0

X

CH 3 • CO • CO • CO • CH 3 + H 2 N

• N • (CH3)2

Trikitopantm. Die letzte Phase der Reaktion beruht darauf, daß Azomethine durch Säuren leicht in Carbonylverbindung und primäre Base zerlegt werden. Der praktische Zweck der Kondensation läuft also darauf hinaus, Methylen in > C = O überzuführen. Der gleiche Effekt wird in ganz ähnlicher Reaktion durch die Einwirkung von salpetriger Säure auf Ketone erreicht (vgl. die Synthese von D i a c e t y l aus Äthyl-methylketon). Schließlich l ä ß t sich Nitrosobenzol auch der G r i g n a r d s c h e n R e a k t i o n unterwerfen. Mit Phenylmagnesiumbromid entsteht in der üblichen Weise D i p h e n y l h y ' d r o x y l a m i n , eine höchst reaktionsfähige Substanz: * A . B a e y e r , B . 7. 1638 (1874).

181

Nitrosobenzol

III, 5

-C«H»

C,H t • N = 0 + B r • Mg . C 6 H S

+

h,0

•OMgBr

C,H S • N • C,H S + MgBr(OH). ÖH Diphenylhydroxylamin wird, wie Phenylhydroxylamin, und zwar am besten mit Silberoxyd, dehydriert. Hier kann nur das e i n e H-Atom der OH-Gruppe abgespalten werden, die so darstellbare rote, kristallisierte Substanz enthält v i e r w e r t i g e n Stickstoff und zeigt wie Stickstoffdioxyd die Reaktionsweise eines freien Radikals. Wie die Formel zeigt, leitet es sich vom Stickstoffdioxyd dadurch ab, daß in diesem ein O durch zwei C 8 H S ersetzt ist: >N=0

Diphenylstickstoffoxyd.

Versuch: Azoxybenzol aus P h e n y l h y d r o x y l a m i n und Nitrosobenzol. Zur Lösung von 1 g Nitrosobenzol in lOccm Alkohol setzt man 1 g Phenylhydroxylamin, dann fügt man einige Tropfen starker Kalilauge (1: 1) unter Umschütteln hinzu und erwärmt einige Minuten auf dem Wasserbad. Die gelbrote Lösung wird nun abgekühlt, wobei beim Reiben mit dem Glasstab das Reaktionsprodukt als gelbe Kristallisation herauskommt. Da Azoxybenzol schon bei 36° schmilzt, scheidet es sich aus übersättigter Lösung gern ölig ab. Durch Umkristallisieren aus wenig Alkohol oder aus Petroläther (Impfkristalle zurückbehalten!) wird die Verbindung hellgelb, fast farblos erhalten. Die schwache Färbung des Azoxybenzols gegenüber dem r o t e n Azobenzol wird durch die alte Formel I verständlicher, als durch die von A n g e l i an ihre Stelle gesetzte (II). I. HjC, • N — N • C,Hj,

o

I I . H 6 C 6 • N = N • C,Hj. II

o

Doch spricht die Tatsache, daß unsymmetrische Azoxybenzole in z w e i i s o m e r e n F o r m e n auftreten (Angeli), nämlich: R • N = N • R' und R • N = N • R', II II O O überzeugend für F ormel I I . Der Mechanism us der ausgeführten Kondensation ist klar, er entspricht durchaus der Nitro nbildung aus Phenylhydroxylamin und Aldehyden (S. 177): C„H5 •NH + ON• C6HJ C c H s • N — N • CJH5 _ H i 0 C„Hs • N = N • C,H S I — * I I — V !l OH OH OH O Die Beziehungen von Azoxybenzol zu Azo- und Hydrazobenzol kommen bei den Erläuterungen zum nächsten Präparat zur Sprache.

182

Organisch-präparativer Teil

Hier sei noch die interessante Umlagerung erwähnt, die Azoxybenzol durch konzentrierte Schwefelsäure erfährt; dabei entsteht p-Oxyazobenzol, die Muttersubstanz der sauren Azofarbstoffe (Wallach). C.H. • N = N • C.H,

o 6. Hydrazobenzol und Azobenzol a) H y d r a z o b e n z o l Ein Rundkolben von 1 Liter Inhalt wird mit einem gut sitzenden, dünnrohrigen Anschützaufsatz (Fig. 29) versehen. Das seitliche Rohr wird durch ein kurzes Stück weiten Gummischlauchs mit dem Kühlrohr eines schräg eingespannten Liebigkühlers verbunden, derart, daß der Rundkolben ohne Mühe kräftig geschüttelt werden kann. Das vertikale Rohr des Aufsatzes wird durch einen Kork verschlossen und dient zum Einbringen des für die Reduktion erforderlichen Zinkstaubes. Es werden nun 50 g Ätznatron in 150 ccm Wasser gelöst und die noch warme Lauge zusammen mit 50 ccm Alkohol und 41 g (V3 Mol) Nitrobenzol in den Kolben gegeben. Unter kräftigem Schütteln setzt man zuerst 6—8 g Zinkstaub zu, läßt die erste heftige Reaktion, stets weiter schüttelnd, zu Ende gehen und erhält dann durch dauernde Zugabe von Zinkstaub das Reaktionsgemisch im Sieden. Man achte darauf, daß die Umsetzimg nicht allzu stürmisch wird, vermeide es aber, ihren Verlauf durch Kühlen zu unterbrechen. Der Kolbeninhalt färbt sich zuerst rot (Azobenzol), wird aber schließlich lichtgelb, wenn die nötige Menge des Reduktionsmittels zur Einwirkung gekommen ist. Man braucht etwa 120—150 g (75proz.) Zinkstaub. Sollte die Reaktion vorzeitig zum Stillstand kommen, so erhitzt man auf einem lebhaft siedenden Wasserbad. Es ist unerläßlich, den Kolbeninhalt fortwährend durch starkes Schütteln in Bewegung zu halten, damit der schwere Zinkstaub mit der organischen Substanz in stete Berührung kommt. Zu der zu Ende reduzierten und auf dem Wasserbad erhitzten Mischimg gibt man schließlich 500 ccm Alkohol, der in der Siedehitze das ausgeschiedene Hydrazobenzol löst. Der ganze Kolbeninhalt wird siedend heiß auf einer Nutsche abgesaugt (vorher Flammen in der Nähe auslöschen!), der Kolben sofort mit 50ccrti heißem Alkohol nachgespült, der zum Auswaschen des auf dem Filter bleibenden übrigen Zinkstaubes dient. Das Filtrat läßt man in der verschlossenen

III, 6

Hydrazobenzol und Azobenzol

183

Saugflasche erkalten, steigert die Kristallisation durch Kühlung in einer Kältemischung, saugt nach einer Stunde scharf ab und wäscht das beinahe farblose Reaktionsprodukt einige Male mit 50-proz. Alkohol, dem man eine kleine Menge wäßriger schwefliger Säure zugefügt hat, bis das Filtrat nicht mehr alkalisch reagiert. Durch Umkristallisieren aus nicht zu viel heißem Alkohol erhält man das Hydrazobenzol bei raschem Arbeiten völlig farblos und rein. Schmelzp. 124° unter Gelbfärbung. Bei der großen Neigung zur Autoxydation, die auch ein ununterbrochenes Arbeiten bei der Darstellung verlangt, ist Hydrazobenzol — im Vakuum gut getrocknet — nur in gut schließenden, mit C0 2 oder N 2 gefüllten Gläsern, besser noch in zugeschmolzenen Röhren, längere Zeit ohne Verfärbung haltbar. Die Ausbeute an Rohprodukt, das zu den weiteren Präparaten direkt benutzt werden kann, beträgt 20—25 g. b) Azobenzol aus Hydrazobenzol 1. Durch Dehydrierung. Man läßt 10g Brom ( = 3 , 2 c c m ) in eine Lösung von 6,0 g NaOH in 75ccmH 2 0 (75ccm einer 2 n-NaOHLösung) unter Eiskühlung tropfen und schüttelt mit dieser Bromlauge 9,2 g Hydrazobenzol (VOQ Mol) in 60 ccm Äther in einem kleinen Scheidetrichter 10 Minuten lang durch, trennt die ätherische Lösung von der wäßrigen, verdampft den Äther und erhält die orangeroten Blättchen von Azobenzol, das, aus wenig Alkohol umkristallisiert, bei •68° schmilzt. Ausbeute quantitativ. Auch beim mehrstündigen Durchsaugen von Luft durch eine mit Alkali versetzte alkoholische Lösung von Hydrazobenzol entsteht in guter Ausbeute Azobenzol. 2. Durch Disproportionierung. 1 — 2 g Hydrazobenzol werden im Reagenzglas über kleiner Flamme zum Schmelzen erhitzt. Die orangerote Schmelze erhitzt man vorsichtig weiter bis zum beginnenden Sieden des gebildeten Anilins. Beim Erkalten erstarrt das Gemisch zu rotem Azobenzol, das in Anilin eingebettet ist. Man kann die Base mit Wasser herausschütteln und durch die Chlorkalkreaktion nachweisen, das Azobenzol wie oben aus Alkohol Umkristallisieren. "Will man bei Umsetzung von mehr Hydrazobenzol auch das Anilin in natura isolieren, so trennt man es durch verdünnte Essigsäure vom Azobenzol und setzt es aus der Lösung seines Acetais durch konzentrierte Lauge wieder in Freiheit. Ausäthern usw. A z o b e n z o l , mit dem Chromophor — N = N — die Grundsubstanz der Azofarbstoife, ist ein sehr beständiger, unzersetzt destillierbarer Köiper.

184

Organisch-präparativer Teil

Anders als bei den meisten anderen Azoverbindungen ist die N = N-Gnippe zwischen den beiden aromatischen Kernen sehr fest verankert. So erklärt sich die bedeutende Echtheit der Azofarbstoffe. Nach der Theorie ist mit der Existenz zweier s t e r e o i s o m e r e r Azobenzole zu rechnen: c6h5 t N = N und N = N I I I C,H S CjH s C,H 6 c i s-Azobenzol trans-Azobenzol Diese Isomerie ist erst vor kurzem experimentell bestätigt worden, indem es gelang, durch Belichten einer Azobenzollösung die stabile (trans-) Form teilweise in die c i s - F o r m umzulagern und diese dann durch Adsorption (vgl. S. 15) abzutrennen (Hartley). Mit konzentrierter Mineralsäure gibt Azobenzol r o t g e f ä r b t e S a l z e , was man durch Übergießen der Substanz mit Salzsäure feststellt. Aufnahme von Wasserstoff führt wieder zur H y d r a z o v e r b i n d u n g . Durch Einwirkung von Hydroperoxyd oder Salpetersäure läßt sich O anlagern; es entsteht die A z o x y v e r b i n d u n g . Von der Synthese unsymmetrischer aromatischer Azokörper aus Nitrosoverbindung und primärem Amin war oben die Rede. Bei Schmelztemperatur zersetzt sich H y d r a z o b e n z o l nach der Gleichung: HSC.-N;H HN-C.H, • ::::! H 5 C c — N:H H N — C„HS

HjC,

>

.N H j N • C,H 5 ü + H5C6 • N H 2 N • CGHS

zu A z o b e n z o l und A n i l i n . Eine ganz analoge Reaktion wird später (S. 290) beim P h e n y l h y d r a z i n besprochen; ein einfaches Vorbild ist die S e l b s t z e r s e t z u n g des H y d r o p e r o x y d s in Sauerstoff und Wasser: 0:H

OH

|::::::OH| ¿ H

o

HÖH

>O •! H+Ö H

Wie dieser Prozeß, so wird auch die Selbstzersetzung des Hydrazobenzols durch P l a t i n m e t a l l e katalytisch beschleunigt.

c) B e n z i d i n a u s H y d r a z o b e n z o l 9,2 g Hydrazobenzol werden in möglichst wenig Äther gelöst und zu 100 ccm mit Eis gekühlter etwa y n-Salzsäure (konz. Säure mit dem gleichen Volumen Wasser verdünnt) unter Umschütteln getropft. Das salzsaure Benzidin scheidet sich kristallinisch aus und wird nach Zusatz von 50 ccm konz. Salzsäure und % stündigem Stehen der Reaktionsmischung abgesaugt und mit Salzsäure wie oben und wenig Äther gewaschen. Ausbeute 9—10 g. Das Chlorhydrat kann aus

185

Hydrazobenzol und Azobenzol

III, 6

h e i ß e m W a s s e r u n t e r Z u s a t z v o n k o n z . S a l z s ä u r e zur s c h w a c h a b g e kühlten Lösung umkristallisiert werden. Zur G e w i n n u n g d e r f r e i e n B e n z i d i n b a s e v e r s e t z t m a n e i n e i n der W ä r m e u n t e r Z u g a b e v o n e t w a s v e r d ü n n t e r S a l z s ä u r e h e r g e s t e l l t e , n i c h t z u k o n z . L ö s u n g d e s S a l z e s , d i e m a n r a s c h auf 1 5 — 2 0 ° a b k ü h l t , m i t e i n e m k l e i n e n Ü b e r s c h u ß v o n konz. Natronlauge; d i e kristallinisch a b g e s c h i e d e n e Base w i r d n a c h d e m A b s a u g e n g r ü n d l i c h m i t W a s s e r a u s g e w a s c h e n . V o r Z u g a b e der L a u g e m u ß d i e L ö s u n g d e s Salzes klar s e i n ; v o n a l l e n f a l l s a u s k r i s t a l l i s i e r t e m C h l o r h y d r a t m u ß sie a b filtriert w e r d e n . D a s freie Benzidin kann a u s heißem Wasser oder auch aus wenig Alkohol u m k r i s t a l l i s i e r t w e r d e n . S c h m e l z p . 122°. Die Umlagerung des Hydrazobenzols zu dem isomeren B e n z i d i n — im Jahre 1846 von dem russischen Chemiker Z i n i n entdeckt —, die durch Mineralsäuren katalytisch in Gang gesetzt wird, erfolgt aus dem Bestreben des Moleküls, einen e n e r g i e ä r m e r e n , d. h. gesättigteren Zustand zu finden. W i r reihen den Vorgang zweckmäßig andern analogen an, bei denen es sich grund sätzlich darum handelt, daß ein Substituent am Stickstoff seine Haftstelle mit einem H-Atom am Kern, und zwar meist in p-Stellung vertauscht. Hierher gehört die Umlagerung von Phenylsulfaminsäure in S u l f a n i l s ä u r e (S. 195), vonPhenylhydroxylamin in p - A m i n o p h c n o l (S. 175), ferner von Acetanilid in p - A m i n o - a c e t o p h e n o n und von N-Chloracetanilid in p - C h l o r a c e t a n i l i d : H H H H \ — N • CO • CH, H CO • CH,

>• H j C . C O - /

C1

•NH,

N H • CO • CH,.

Außerdem die später zu besprechende Umlagerung der aromatischen N i t r o s a m i n e , z. B . : ON

• N • CH 3 H

In gleicher Weise t r e n n t sich bei der B e n z i d i n r e a k t i o n die Gruppe H N • C 6 HJ vom Stickstoff a b und lagert sich als H j N » C e H 4 — an die vom Wasserstoffatom verlassene p-Lücke. NH

—NH,

•NH E s sei besonders darauf hingewiesen, d a ß die wandernden Reste nicht als „freie Kadikaie" abgetrennt werden, sondern d a ß sich diese Gruppenverschiebungen im Bereich der m o l e k u l a r e n B i n d u n g s k r ä f t e vollziehen.

186

Organisch-präparativer Teil

Die Ähnlichkeit der Umlagerung aromatischer Hydrazoverbindungen mit den oben in Parallele gestellten Austauschreaktionen wird noch deutlicher, wenn die p-Stellen der beiden Benzolkerne besetzt sind. Dann kommt es in der Regel nicht zur Bildung einer Biphenylbase, sondern der abgetrennte Rest greift mit dem Stickstoff in die o-Stellung zum andern Stickstoff ein; es entstehen Derivate des o - A m i n o d i p h e n y l a m i n s , z . B . :

Diese Form der Isomerisation bezeichnet man als Semidin-Umlagerung (P. J a c o b s o n ) . Benzidin und die entsprechend seiner Bildung von o-Nitrotoluol und o-Nitroanisol abgeleiteten Biphenylbasen T o l i d i n und Dianisidin

CHj(OCH3)

CH3(OCH3)

werden in der Farbstoffindustrie als wichtige Zwischenprodukte für die Bereitung von Baumwolle direkt färbenden Azofarbstoffen in großem Maßstab dargestellt. (Vgl. dazu S. 239, 293, 295.)

Zum Mechanismus der N i t r o b e n z o l r e d u k t i o n Die Reduktio» der aromatischen Nitrokörper hat nicht nur wissenschaftlich, sondern auch technisch ein außerordentlich großes Interesse. Die Nutzbarmachung der im Steinkohlenteer enthaltenen Kohlenwasserstoffe begann mit der Entdeckung der Nitrierungsreaktion; die Umformung der Nitrogruppe zur Aminogruppe am Derivat des Benzols lieferte in technischem Ausmaß das Anilin, das Ausgangsmaterial für zahllose Farbstoffe und pharmazeutische Präparate; ihm schließen sich die homologen T o l u i d i n e , X y l i d i n e , N a p h t h y l a m i n e usw. an. Die B i l d u n g des Anilins aus Njtrobenzol kommt dadurch zustande, daß reaktionsfähiger Wasserstoff an die Nitrogruppe angelagert, der Sauerstoff als Wasser abgespalten und schließlich Wasserstoff endgültig angelagert wird. Sie ist kein einfacher Vorgang, sondern verläuft über eine Reihe von Zwischenphasen. y ° C,HS • N f

+2H — » H

+2H

C6H5 • NO Nitrosobenzol C6H6 • NHj.

/?-Phenylhydroxylamin

III, 6

Hydrazobenzol und Azobenzol

187

Wenn unter den Bedingungen der Anilindarstellung weder Nitrosobenzol noch Phenylhydroxylamin angetroffen werden, so hat dies seine Ursache darin, daß die Reduktionsgeschwindigkeit dieser Zwischenprodukte weit größer ist als die des Nitrobenzols selbst (F. H a b e r). In neutraler oder alkalischer Lösung verschieben sich die Verhaltnisse zugunsten des vorletzten Produkts der Hydrierung, des P h e n y l h y d r o x y l a m i n s . Man erhält es aus Nitrobenzol, das, in Chlorammoniumlösung suspendiert, durch Zinkstaub reduziert wird. Zinkstaub vermag Wasser unter Bildung von Zn(OH)2 zu zersetzen, wenn ein Stoff zugegen ist, der den freiwerdenden Wasserstoff aufnimmt. Dazu ist molekularer, d . h . gewöhnlicher Sauerstoff geeignet, der dabei in H y d r o p e r o x y d übergeht ( M . T r a u b e ) : Zn + 2 HjO + O s • Zn(OH), + H 2 O a . In unserm Fall tritt an die Stelle des Sauerstoffs das N i t r o b e n z o l (formulieren!). Hierbei wird die Reduktion bei richtigem Arbeiten auf der Stufe des Phenylhydroxylamins angehalten. Ist das Reduktionsmedium alkalisch, so entstehen Produkte, die aus 2 Molekülen Nitrobenzol entstanden sind, die sich am Stickstoff miteinander verbunden haben. E s sind dies C„Hj • N = N • C 6 H 5 Azoxybenzol, II O C6H5 • N = N • C6H5 Azobenzol, C„H5 • NH • NH • C e H s Hydrazobenzol. Beim mildesten Verfahren, beim Kochen von Nitrobenzol mit methylalkoholischer Natriummethylatlösung erhält man in vortrefflicher Ausbeute A z o x y b e n z o l (Zinin); das Methylat verwandelt sich dabei in Formiat. Formulieren. Da Azoxybenzol gegen energischere Reduktionsmittel nicht widerstandsfähig ist, so führt die Anwendung solcher, z. B . von Zinkstaub und Natronlauge oder Ammoniak, auf Nitrobenzol gleich darüber hinweg zum A z o b e n z o l und H y d r a z o b e n z o l . Die drei Reduktionsprodukte mit „gepaartem Stickstoff" stehen also zueinander in sehr naher genetischer Beziehung. Versuch: R e d u k t i o n von A z o x y b e n z o l zu H y d r a z o b e n z o l . 1 g Azoxybenzol wird in 5 c c m Alkohol gelöst, dazu s e t z t m a n in der S i e d e h i t z e 3 c.cm 5 o - p r o z . Natronlauge und unter Schütteln 2 — 3 g Zinkstaub. E s t r i t t zuerst die r o t e F a r b e des A z o b e n z o l s auf, b e i l ä n g e r e m K o c h e n e n t f ä r b t sich die L ö s u n g ebenso wie b e i der R e d u k t i o n v o n N i t r o b e n z o l . W e n n dieses S t a d i u m e r r e i c h t ist, saugt m a n die L ö s u n g a u f k l e i n e r N u t s c h e a b u n d isoliert schließlich d a s Hydrazobenzol in gleicher W e i s e , wie a u f S . 182/183 b e s c h r i e b e n . Die Verknüpfung der beiden Moleküle am Stickstoff erfolgt demgemäß bei der Bildung des A z o x y b e n z o l s , und zwar läßt sich durch den Versuch auf S. 181 mit aller Schärfe zeigen, daß sich dieser Stoff aus Phenylhydroxylamin und Nitrosobenzol bei Gegenwart von A l k a l i , also unter den Ent-

188

Organisch-präparativer Teil

stehungsbedingungen der ganzen Reihe, außerordentlich leicht bildet. Nitrosobenzol, die erste nicht isolierbare Stufe der Reduktion, wird im Verlaufe des Prozesses, sobald es aufgetreten ist, vom Phenylhydroxylamin abgefangen. Damit ist eine Erklärung gegeben für das sonst rätselhafte Auftreten der wichtigen Produkte mit gepaartem Stickstoff bei der Reduktion aromatischer Nitroverbindungen. Die technische Bedeutung des Vorgangs liegt in der Synthese des B e n z i d i n s und der ihm analogen Basen. Die e l e k t r o l y t i s c h e R e d u k t i o n des Nitrobenzols ist nach den in K. E l b s , „Übungsspiele für die elektrolytische Darstellung chemischer Präparate", Halle a. S. 1911 beschriebenen Methoden bequem durchzuführen.

IV. Sulfonsäuren i . Benzolmonosulfonsäure aus Benzol und Schwefelsäure In einem Kolben von 200 ccm Inhalt werden unter Kühlung mit Wasser 150 g flüssige rauchende Schwefelsäure von 5—8% Anhydridgehalt unter gutem Umschütteln allmählich mit 45 ccm ( l j 2 Mol) Benzol versetzt, wobei man mit dem Zusatz einer neuen Menge immer so lange wartet, bis der letzte Anteil, welcher anfangs auf der Schwefelsäure schwimmt, sich beim Umschütteln gelöst hat. Die Sulfurierung erfordert etwa 10—15 Minuten Zeit. Das Reaktionsgemisch läßt man dann aus einem Tropftrichter langsam unter Umrühren und Eiskühlung in das drei- bis vierfache Volumen kalt gesättigter Kochsalzlösung, die sich in einem Becherglase befindet, fließen. Nach einiger Zeit, besonders leicht, wenn man die Wandungen des Glases mit einem scharfkantigen Glasstabe reibt, scheidet sich das benzolsulfonsaure Natrium in Form fettglänzender Blättchen aus; nach längerem Stehen hat sich ein dichter Kristallbrei gebildet. Man saugt ab, preßt den Niederschlag mit einem Kork- oder Glasstopfen fest und wäscht zweimal mit wenig gesättigter Kochsalzlösung nach. Das auf Filtrierpapier oder Ton lufttrocken gemachte Salz wird nach dem Pulverisieren im Trockenschrarike auf 110° erhitzt, bis es staubtrocken geworden ist. Ausbeute rund 100 g (NaCl-haltig!). Zur Reinigung kristallisiert man 5 g des Rohprodukts aus absolutem Alkohol um (das beigemengte Kochsalz ist in Alkohol unlöslich!). Um das als Nebenprodukt entstandene D i p h e n y l s u l f o n (Sulfobenzid) zu gewinnen, erwärmt man 30 g des pulverisierten Salzes mit 50 ccm Äther, saugt heiß an der Saugpumpe ab und wäscht mit Äther nach. Nach dem Verdampfen des Äthers erhält man eine kleine Menge eines kristallinischen Rückstandes, welchen man in einem Reagenzrohr aus Ligroin umkristallisiert. Schmelzp. 129°.

IV, 1

B;nzolmonosulfo¡}sáure aus Benzol und Schwefelsäure

189

Zur Darstellung von Benzolsulfochlorid mischt man 60g des Natriumsalzes (V3 Mol) mit 80 g fein pulverisiertem Phosphorpentachlorid und erhitzt V « - V i Stunde auf einem lebhaft siedenden Wasserbade unter dem Abzüge. Das erkaltete Reaktionsprodukt gießt man dann allmählich in einen Scheidetrichter, der 600 ccm Eiswasser enthält, schüttelt zur Zersetzung des Phosphoroxychlorids mehrfach um, nimmt nach einstündigem Stehen das Benzolsulfochlorid mit Äther auf, trocknet mit wenig Calciumchlorid und destilliert nach dem Abdampfen des Äthers im Vakuum. Die Hauptmenge geht bei 120 bis 124°/12mm über. Reines Benzolsulfochlorid erstarrt in Eiswasser. Benzolsulfamid. In einer Porzellanschale versetzt man 10 g fein pulverisiertes Ammoniumcarbonat mit etwa 1 ccm Benzolsulfochlorid, verreibt beide miteinander und erwärmt unter gutem Umrühren die Mischung so lange über einer kleinen Flamme, bis der Geruch des Sulfochlorids verschwunden ist. Nach dem Erkalten versetzt man mit Wasser, filtriert an der Saugpumpe ab, wäscht mehrfach mit Wasser nach und kristallisiert aus Alkohol, dem man bis zur Trübung heißes Wasser hinzufügt, um. Schmelzp. 156°. Benzsulfhydroxamsäure 1 . 10 g salzsaures Hydroxylamin werden am Rückflußkühler in der eben nötigen Menge siedenden Methylalkohols gelöst und in der Hitze mit der Lösung von 3 g Natrium in 60 ccm Äthylalkohol nicht zu rasch umgesetzt. Nach dem Erkalten saugt man vom ausgeschiedenen Kochsalz ab und bringt nun in die Lösung des freien Hydroxylamins nach und nach 8,5 g Benzolsulfochlorid ein. Man dampft hierauf den größten Teil des Alkohols auf dem Wasserbad ab, entfernt das ausgeschiedene Hydroxylaminchlorhydrat durch Absaugen und bringt die Lösung bei mittlerer Temperatur im Vakuum zur Trockne. Der Rückstand wird dreimal mit je 15 ccm absolutem Äther ausgekocht, die vereinigten Ätherauszüge hinterlassen nach dem Verdunsten des Lösungsmittels in offener Schale die Benzsulfhydroxamsäure als blättrig-kristallinische Masse, die mit etwas kaltem Chloroform digeriert und abgesaugt wird. Ausbeute 5—6 g. Schmelzp. 126°. In analoger Weise wird aus dem käuflichen und wohlfeilen p - T o l u o l s u l f o c h l o r i d (techn. Nebenprodukt der Saccharinfabrikation) die homologe Tolylverbindung dargestellt. Die wichtigste Reaktion dieses Präparats ist seine Spaltung durch Alkalien. Diese erfolgt nicht im Sinne ihrer Bildung (in Benzolsulfonsäure und Hy» P i l o t y , B . 29, 1559 (1896).

190

Organisch-präparativer Teil

droxylamin), sondern unter Vertauschung der Oxydationsstufen entstehen B e n z o l s u l f i n s ä u r e und N i t r o x y l : oder OH Von dieser Umsetzung wird bei der Anstellung der An gel i - R i minischen Reaktion auf Aldehyde Gebrauch gemacht (S. 210).

2. p-Toluolsulfonsäure 1 Während man nach dem unter 1. und 3. angegebenen Verfahren das Sulfonierungsmittel, die konz. Schwefelsäure, im Uberschuß anwendet und daher die Reaktionsprodukte in Form der Natriumsalze | \ / isoliert, erlaubt die nachstehende Methode die di__ ^N u rekte Isolierung der f r e i e n S u l f o n s ä u r e . Dieses I Ergebnis wird dadurch ermöglicht, daß das bei der I\ / Reaktion gebildete Wasser, das bei Anwendung der NJ 1 / stöchiometrischen Menge an Schwefelsäure deren sulfonierende Wirkung bald aufhebt (daher der Überschuß bei der anderen Methode), in einer sinnreichen Apparatur (Fig. 51) abdestilliert wird. Durch einen Überschuß an Toluol wird hierbei die gesamte Schwefelsäure aufgebraucht. In dem in der Figur abgebildeten Kolben von 500 ccm Inhalt werden 40 ccm konz. Schwefelsäure (D 1,8) und 200 ccm Toluol auf dem Sandbad zum Sieden erhitzt. Der verdampfende Kohlenwasserstoff wird im Kühler K kondensiert, tropft durch einen kleinen Trichter in den zwischengeschalteten, mit einem Ablaßhahn versehenen Wasserfänger H, dessen InFlg" 51' ^ ' halt unterhalb des seitlichen Ablaufrohrs 10—15 ccm beträgt, und fließt, nachdem dieser Teil des Röhrchens gefüllt ist, wieder in den Siedekolben zurück. Das bei

m

1

H . M e y e r , A. 433, 331 (1923).

IV. 3

ß-Naphthalinsulfonsäure

191

der Reaktion entstehende Wasser geht mit denToluoldämpfen flüchtig und sammelt sich nach der Kondensation unter dem Toluol in H. Zur Kühlung wird der Wasserfänger unterhalb des Uberlaufs mit einer mit Wasser durchströmten Bleischlange umgeben. Von Zeit zu Zeit wird das abgeschiedene Wasser in einen kleinen Meßzylinder abgelassen. Nach östündigem Kochen haben sich etwa 18 ccm Wasser gebildet, die zum Teil aus der Schwefelsäure, zum Teil aus der Reaktion (12,5 ccm) stammen. Der Kolbeninhalt wird mit 12,5 ccm Wasser versetzt, wobei er erstarrt. Man preßt zur Entfernung von Toluol und Toluol-o-sulfonsäitre gut auf Ton ab, löst das zurückbleibende Hydrat der p-Sulfonsäure in wenig heißem Wasser, kocht mit wenig Tierkohle, filtriert und leitet in die erkaltete Lösung unter Kühlung Salzsäuregas ein. Die ausgeschiedenen Kristalle werden auf einem säurefesten Filter abgesaugt, mit eiskalter konz. Salzsäure nachgewaschen und noch zweimal in der gleichen Weise umkristallisiert. Man trocknet schließlich im Exsiccator über Ätzkali und f r i s c h e r Schwefelsäure, bis die durch geringe Mengen von Kohleteilchen noch schwach grau gefärbten Kristalle völlig frei von Salzsäure sind (Probe!). Schmelzp. 104—105°. Ausbeute nach dreimaligem Umkristallisieren etwa 50 g. 3. /?-Naphthalinsulfonsäure Eine Mischung von 64 g Naphthalin und 45 ccm = 80 g reiner konzentrierter Schwefelsäure wird in einem offenen Kolben 4 Stunden im ölbade auf 170—180° erhitzt. Die etwas erkaltete Lösung gießt man dann unter Umrühren vorsichtig in 1 Liter Wasser und neutralisiert bei Siedehitze in einer geräumigen Schale mit nicht zu dünnem Kalkbrei (aus etwa 70 g trockenem gelöschtem Kalk). Man saugt dann möglichst heiß auf einer großen Nutsche in eine vorher angewärmte Saugflasche, wäscht den Niederschlag dreimal mit heißem Wasser aus und dampft die, wenn nötig, noch durch ein Faltenfilter filtrierte Lösung in einer Schale über freier Flamme so weit ein, bis eine herausgenommene Probe beim Reiben mit einem Glasstabe zu einem Kristallbrei erstarrt. Nachdem man die Lösung über Nacht hat stehen lassen, filtriert man an der Saugpumpe das abgeschiedene ß-naphthalinsulfonsaure Calcium ab und wäscht es nach dem Festpressen mit wenig Wasser nach. Zur Gewinnung des Natriumsalzes versetzt man die Lösung in heißem Wasser bis zur eben bleibenden alkalischen Reaktion mit konzentrierter Sodalösung. Man saugt noch warm vom abgeschiedenen Calciumcarbonat ab, wäscht mit Wasser nach und

192

Organisch-präparativer Teil

dampft das Filtrat in einer Schale über freier Flamme ein, bis sich aus der heißen Flüssigkeit Kristalle abzuscheiden beginnen. Nach mehrstündigem Stehen in der Kälte filtriert man diese ab, engt die Mutterlauge noch weiter ein, filtriert nach längerem Stehen auch die zweite Kristallisation ab und trocknet die Mischung beider auf dem Wasserbade. Ausbeute 75—85 g. Ein sehr elegantes Verfahren zur direkten Darstellung der f r e i e n ß - N a p h t h a l i n s u l f o n s ä u r e aus den Komponenten findet man bei O. N. W i t t , B. 48, 751 (1915) angegeben. Es sei zur Abwechslung mit der gegebenen Vorschrift besonders empfohlen. 4. Sulfanilsäure aus Anilin und Schwefelsäure

In einem trockenen Kolben versetzt man 100 g reiner konzentrierter Schwefelsäure, unter Umschütteln allmählich mit 31 g (V3 Mol) frisch destilliertem Anilin und erhitzt die Mischung in einem ölbade so lange auf 180—190°, bis eine mit Wasser verdünnte Probe auf Zusatz von Natronlauge kein Anilin mehr abscheidet 4—5 Stunden). Das etwas erkaltete Reaktionsgemisch gießt man dann unter Umrühren in kaltes Wasser, wobei die Sulfanilsäure auskristallisiert. Man filtriert sie ab, wäscht mit Wasser nach und kristallisiert sie aus Wasser, eventuell unter Zusatz von Tierkohle, um. Ausbeute 30—35 g. In der Technik wird Anilin nur mit e i n e m Mol H 2 S0 4 , also als saures Sulfat, bei etwa der gleichen Temperatur wie oben verschmolzen („Backverfahren"). Man vergleiche diese auch im Laboratorium anwendbare Methode mit der hier gegebenen. 5. 2,4-Dinitro-«-naphthol-7-sulfonsäure 1 (Naphtholgelb S)

50 g feingepulvertes tx-Naphthol werden unter fortgesetztem Umschütteln allmählich in 200 g 25-proz. Oleum eingetragen und gelöst. Hierauf wird die Schmelze 1 Stunde lang im Ölbad auf 125° erwärmt. Um festzustellen, ob das a-Naphthol vollständig in die 2, 4, 7 - T r i s u l f o n s ä u r e umgewandelt ist, wird eine Probe im Reagenzglas mit etwa lOccm H 2 0 vermischt, die Lösung mit etwa lOccm konzentrierter Salpetersäure versetzt und bis nahe zum Sieden erwärmt. Wenn sich die gelbe Lösung beim Abkühlen weder trübt noch Flocken abscheidet, kann die Schmelze auf N a p h t h o l g e l b S verarbeitet werden; anderenfalls ist die weitere Umwandlung des a-Naphthols 1

D. R. P. 10785, Frdl. I, 327.

IV, 6

2,4-Dinitro-a-naphthol-7-sulfonsäure (Naphtholgelb S)

193

i n Trisulfonsäure durch H i n z u f ü g e n v o n s t ä r k e r e m O l e u m u n d ern e u t e s E r h i t z e n herbeizuführen. D i e erkaltete S c h m e l z e w i r d allmählich i n 5 0 0 g zerstoßenes E i s eingerührt. N a c h d e m Filtrieren w i r d die b r a u n e L ö s u n g m i t 120 g Salpetersäure ( D 1,4) v e r m i s c h t u n d V2 S t u n d e l a n g auf 50° e r w ä r m t . N a c h 12 s t ü n d i g e m S t e h e n bei gewöhnlicher T e m p e r a t u r hat sich die g r ö ß t e Menge der e n t s t a n d e n e n Dinitronaphtholsalfonsänre abgeschieden, w e l c h e abfiltriert u n d a u s heißer, v e r d ü n n t e r Salzsäure umkristallisiert wird. Gelbe N ä d e l c h e n , w e l c h e zuerst auf Ton, d a n n i m E x s i c c a t o r über H 2 S 0 4 u n d K O H g e t r o c k n e t werden. Schmelzp. 151°. A u s b e u t e e t w a 8 5 % der Theorie. N a p h t o l g e i b S, v o n A . K o s s e i als „ F l a v i a n s ä u r e " bezeichnet, wird später (S. 391) für die Isolierung des A r g i n i n s v e r w e n d e t . Erläuterungen Der technische Vorgang der Sulfurierung oder Sulfonierung aromatischer Verbindungen bildet ein vollkommenes Gegenstück zum Nitrierungsprozeß. In beiden Fällen spaltet sich die OH-Gruppe der Säure mit einem Wasserstoffatom vom Benzolkern ab und an dessen Stelle treten die Gruppen — N 0 2 und — SO3H. Aus verschiedenen Gründen — es sei dabei auf das S. 108/109 Gesagte verwiesen — ist es wahrscheinlich, daß eine Doppelbindung des Benzolk e m s durch eine zuerst eintretende Anlagerung die Reaktion zustande kommen läßt, etwa nach dem Schema: H y \ H j + HO • SOjH H H

H

H

h / \ HSO3H H

1

-H

l 0 )

Y > 0

3

H

HÖH H

H

Der eingeklammerte Zwischenkörper wird aus dem Bestreben heraus, das stabile aromatische Ringsystem zurückzubilden, Wasser abspalten und in B e n z o l s u l f o n s ä u r e übergehen. In der Fettreihe verhalten sich die Olefine, die wir stets zum Vergleich mit den Benzolderivaten heranziehen müssen, im Prinzip gleichartig. Äthylen addiert zwar bei niedriger Temperatur (etwa 50%) konzentrierte Schwefelsäure zu Ä t h y l s c h w e f e l s ä u r e : CH 2 = C H j

• CH 3 — CH, • O — SO3H,

also unter andersartiger Zerlegung des H s S0 4 -Moleküls. Diese Reaktion kann aus einleuchtenden Gründen beim Benzol nicht zustande kommen, da sie ausgesprochen rückläufig sein muß. Unterwirft man jedoch Äthylen der Einwirkung von r a u c h e n d e r Schwefelsäure, so entsteht ebenfalls, wie beim Benzol ein Sulfurierungsprodukt, nämlich das sog. C a r b y l s u l f a t , das sich von der G a t t c r m a o n , Praxis d. Organ. Chemikers. 30. Aufl.

13

194

Organisch-präparativer Teil

zuerst entstehenden Alkoholsulfonsäure durch. Veresterung mit H a S 0 4 und nachfolgender Wasserabspaltung ableitet. I CH, •

O

\

SO„

so2—o

/

(Carbylsulfat).

I m Wesen ganz analog reagiert Äthylen mit Salpeter-Schwefelsäure, wobei N i t r o - ä t h y l n i t r a t entsteht (vgl. S. 164). Wie werden die Alkylsulfonsäuren dargestellt ? Die Leichtigkeit des Eintritts der Sulfogruppe in aromatische Verbindungen ist genau so wie bei der Nitrierung von der N a t u r der vorhandenen Substituenten abhängig. Benzol wird ziemlich schwierig sulfoniert, Toluol und Naphthalin etwas leichter, besonders leicht Phenole und Amine. Schwieriger verläuft d i e Sulfurierung beim Nitrobenzol oder die weitere Sulfurierung der Benzolsulfonsäure. Hier muß die Reaktion durch Steigerung des SO s -Gehaltes der Schwefelsäure unterstützt werden. Da NO a und S 0 3 H Substituenten 2. Ordnung sind, so geht ein neu eintretender Substituent in m-Stellung. Hochprozentiges Oleum führt das Benzol schließlich in die symmetrische B e n z o l t r i s u l f o n s ä u r e über. Chlorsulfonsäure kondensiert sich mit aromatischen Kohlenwasserstoffen zu A r y l - s u l f o chloriden. Vom Naphthalin leiten sich zwei Sulfonsäuren ab, und zwar die a - und die ß-Naphthalinsulfonsäure:

/

/•k

a-Säure

—SO.H .

/?-Säure

Die Substitutionsreaktionen am Naphthalinkern setzen ohne Ausnahme an der durch erhöhte Reaktionsfähigkeit ausgezeichneten a - S t e l l u n g ein. Die Einführung von Halogen und von der Nitrogruppe führt ausschließlich zum a-Derivat. Dies ist an sich auch bei der Sulfurierung der Fall. Wenn wir Naphthalin bei tieferer Temperatur, als sie oben angewandt wurde, sulfurieren, so entsteht die auf diesem Wege auch technisch darstellbare oe-Sulfonsäure. Die / 9 - S u l f o n s ä u r e bildet sich dagegen erst bei höherer Temperatur, unter Bedingungen, wo die a-Säure wieder weitgehend hydrolytisch gespalten wird in Naphthalin und Schwefelsäure. Das Gleichgewicht zwischen Sulfurierung und Hydrolyse Naphthalin + H 2 S 0 4 JITZi Sulfonsäure + H z O

IV, 6

2,4-Dinitro-a-naphthol-7-sulfons&ure (Naphtholgelb S)

195

liegt bei unserer Reaktionstemperatur (170—180°) für die «-Säure mehr auf der linken, für die /?-Säure stark auf der rechten Seite. Da aber im Reaktionsgemisch stets auch «-Säure sich vorfindet, so muß auch die ß-S&ure einem hydrolytischen Gleichgewicht unterworfen sein. In der Tat erhält man beim Verschmelzen von /?-NaphthaIinsulfonsäure mit (wasserhaltiger) Schwefelsäure geringe Mengen der isomeren «-Säure. Wir kennen ähnliche Verhältnisse bei den P h e n o l s u l f o n s ä u r e n und vor allem beim A n t h r a c h i n o n , das in seinen Substitutionsrcaktionen eine außerordentliche Ähnlichkeit mit dem Naphthalin aufweist. Es wird schwieriger sulfuriert als dieses und damit hängt zusammen, daß die Bedingungen erhöhter Temperatur, die hier angewandt werden müssen, alsbald zu der als Ausgangsmaterial für die Synthese des Alizarins wichtigen /3-Säure führen. Die Industrie hat jedoch Mittel und Wege gefunden, um auch der früher nicht zugänglichen A n t h r a c h i n o n - a - s u l f o n s ä u r e habhaft zu werden. Durch Zugabe von Q u e c k s i l b e r wird nämlich die Sulfurierungsreaktion katalytisch in die Richtung der «-Substitution geleitet 1 (R. E . S c h m i d t ) . A n i l i n wird besonders leicht sulfuriert, schon durch Erhitzen seines Sulfats (Backverfahren). Dadurch werden wir an die Umwandlung von Anilinacetat in Acetanilid erinnert. In der Tat ist es sehr wahrscheinlich, daß ein analoges, an der Aminogruppe sulfuriertes Produkt, die S u l f a m i n s ä u r e , zuerst entsteht, aus der nach bekannten Beispielen: Übergang von Phenylhydroxylamin in p - A m i n o p h e n o l , von Phenylnitramin in p - N i t r a n i l i n NH 2 A - N H

• NO 2

/ V A / NO2

die Sulfogruppe in die p-Stellung hinüberwandert. /\-NH2.H2S0

4

_Hi0

f^—NH.SOJH

\ / prim. Anilinsulfat

A - N H , . HO 3 S

Phenylsulfaminsäure

Sulfanilsäure

Einen Beweis für diesen Reaktionsverlauf liefert das o c - N a p h t h y l a m i n , dessen Sulfaminsäure, unter gelinden Arbeitsbedingungen isolierbar, bei höherer Temperatur zu l - N a p h t h y l a m i n - 4 - s u l f o n s ä u r e (Naphthions ä u r e ) umgelagert wird. Neben der Sulfanilsäure entsteht bei der Sulfurierung in geringer Menge die o-Verbindung,1 die kein weiteres Interesse beansprucht. Dagegen wird die M e t a n i l s ä u r e auch als Zwischenprodukt in der Azofarbstoffindustrie hergestellt, und zwar aus m-Nitrobenzolsulfonsäure durch Reduktion. Eine große technische Bedeutung kommt vor allem den A m i n o - (und Oxy-)sulfon1 Im Falle des Anthrachinons scheint die /J-Sulfonsäure nicht durch Umlagemng aus der a-Säure zu entstehen.

13»

196

Organisch-präparativer Teil

s ä u r e n d e r N a p h t h a l i n r e i h e zu, und zwar dienen sie vor allem als Objekte der Diazotierung oder auch der Kupplung mit Diazoverbindungen. Hier finden sich die wichtigsten Azofarbstoffe. Ebenso leicht wie die aromatischen Amins lassen sich die P h e n o l e sulfonhren. Wenn es gilt, Phenole mehrfach zu nitrieren, so führt man häufig zuerst Sulfogruppen ein, die dann bei der Einwirkung von Salpetersäure unter Ersatz durch NO, leicht abgespalten werden. Davon macht man z. B. bei der Darstellung der P i k r i n s ä u r e Gebrauch. Bei der Sulfonierung des oc-Naphthols werden die SO s H-Gruppen in den Phenolkern, in 2- und 4-Stellung leicht eingeführt. Sie sind es auch, die durch NO a substituiert werden können. Die in der Vorschrift zu 5. angegebene Probe soll den Eintritt der dritten Sulfogruppe erkennen lassen, durch die die Wasserlöslichkeit des Dinitro-naphthols stark erhöht wird. 2 , 4 - D i n i t r o - i x - n a p h t h o l (Martiusgelb) und seine 7-Sulfonsäure gehörten früher zu den wichtigsten gelben Wollfarbstoffen. Die Sulfonsäuren der aromatischen Kohlenwasserstoffe sind wegen ihrer meist großen W a s s e r l ö s l i c h k e i t und geringen Kristallisationstendenz, wenigstens in den einfachen Gliedern der Benzolreihe, nicht leicht zu isolieren. Sie gehören zu den s t ä r k s t e n S ä u r e n der organischen Chemie und unterscheiden sich in ihrer Affinitätskonstante nur ganz wenig von den starken Mineralsäuren. Ihre Erdalkalisalze sind im allgemeinen in Wasser löslich, und auf dieser Eigenschaft beruht ihre Befreiung von der bei der üblichen Darstellung stets im Uberschuß vorhandenen Schwefelsäure, wovon oben bei der Bereitung der /?-Naphthalinsulfonsäurc Gebrauch gemacht worden ist. Aus den Erdalkalisalzen lassen sich dann in allen Fällen durch Umkochung mit Alkalicarbonaten leicht die Alkalisalze gewinnen. Sie gehen, wie später präparativ ausgeführt wird, in der Alkalischmelze in P h e n o l e über. Durch heiße verdünnte Mineralsäuren, ja schon durch überhitzten Wasserdampf, werden die aromatischen Sulfonsäuren zu K o h l e n w a s s e r s t o f f und Schwefelsäure zurückgespalten. Ein Verfahren, um die freien Sulfonsäuren direkt zu gewinnen, ist im Beispiel 2 angeführt worden. In den A m i n o s u l f o n s ä u r e n ist der elektrochemische Charakter der beiden Substituenten merklich abgeschwächt, ähnlich wie bei den Aminocarbonsäuren von der Art des Glykokolls oder der Anthranilsäure. Jedoch h a t die Sulfongruppe an dem f ü r sich schon schwach basischen Anilin das Übergewicht über die Aminogruppe. S u l f a n i l s ä u r e bildet mit wäßrigen Mineralsäuren keine Salze mehr, leicht dagegen mit Alkalien. Sie läßt sich auch mit wäßrigen Alkalien glatt titrieren, was bei den Aminofettsäuren nur in alkoholischer Lösung möglich ist ( W i l l s t ä t t e r ) . Als Nebenprodukt ist bei der Darstellung der Benzolsulfonsäure das S u l f o n , das sog. S u l f o b e n z i d entstanden. Hier sehen wir eine Weiterleitung der Sulfurierungsreaktion, bei der fertig gebildete Benzolsulfonsäure nach Art der Schwefelsäure selbst auf Benzol unter Wasserabspaltung einwirkt:

IV, B

2,4-Dinitro-a-naphthol-7-sulfonsäure (Naphtholgelb S)

197

O SO,H

(

\

_Hi0

i^V-S-ZN

V Die S u l f o n e sind neutrale, kristallisierte, wenig reaktionsfähige Stoffe, die auch durch energische Oxydation der Sulfide entstehen. Ein zweifaches Sulfon ist das Schlafmittel S u l f o n a l (Formell). U b e r S u l f o c h l o r i d e u n d S u l f a m i d e . Die Überführung der Benzolsulfonsäure in ihr Chlorid und in ihr Amid zeigt, daß hier analoge Derivate wie bei den Carbonsäuren gewinnbar sind. Die Sulfochloride sind viel weniger reaktionsfähig als die Carbonsäurechloride; B e n z o l s u l f o c h l o r i d kann beispielsweise zum größten Teil unzersetzt mit Wasserdampf destilliert werden. Häufig charakterisiert man ein Amin durch sein S u l f a m i d ; die Vertreter dieser Körperklasse sind durch große Kristallisationsfähigkeit ausgezeichnet. Auch zur präparativen Trennung der verschiedenen Amine h a t man ihre Reaktion mit Benzolsulfochlorid herangezogen. Nur die p r i m ä r e n und s e k u n d ä r e n Amine setzen sich mit ihm um. Die Sulfamide der primären Amine sind in A l k a l i e n l ö s l i c h und können so abgetrennt und nachher durch energische Hydrolyse in Sulfonsäure und Amin gespalten werden ( H i n s b e r g ) . Die Sulfamide primärer Basen sind also Säuren; die Salze enthalten nach der heutigen Vorstellung das Kation an Stickstoff gebunden (F. A r n d t ) . C,H, • S0 2 • N H • C e H s , Benzol-sulfanilid (in Alkalien löslich)

C 6 H 5 • SOj • N(CH 3 ) • C,H 5 . Benzol-sulfo-N-methylanilid (in Alkalien unlöslich)

Von einem Sulfamid leitet sich auch der Süßstoff S a c c h a r i n a b ; er entsteht aus o-Toluolsulfamid, indem die CH 3 -Gruppe mit Permanganat zu Carboxyl oxydiert und dann durch starke Salzsäure der Ring geschlossen wird: /\_S02.NH

2

— s o . . NH.

/

N

SOj >NH. O

Saccharin ist, wie aus der Formel hervorgeht, vermöge seines Iminwasserstoffatoms eine Säure; der lösliche Süßstoff ist das Natriumsalz. Unterwirft man ein Alkalisalz einer Sulfonsäure gemeinsam mit Cyankalium oder Ferrocyankalium der trockenen Destillation, so erhält man, indem eine Kohlenstoffsynthese sich vollzieht, ein S ä u r e n i t r i l , z . B . : C e H s • SO a K + KCN = C e H j • CN + S 0 3 K , . Benzonitril Während die Sulfonsäuren praktisch nicht reduziert werden können, lassen sich die Sulfochloride mit Metallen, am besten mit Zink, in die niedrigere Oxydationsstufe der S u l f i n s ä u r e n überführen; es entsteht direkt deren Zinksalz. 2 C,H 6 • SOjCl + 2 Zn • (C„H, • S0 2 ) 2 Zn + ZnCl,.

198

Organisch-präparativer Teil

Die alkalische Spaltung der B e n z s u l f h y d r o x a m s ä u r e — aus Benzolsulfochlorid und Hydroxylamin — führt, wie schon erwähnt, ebenfalls zur S u l f i n s ä u r e (Piloty). Energische Reduktion mit nascierendem Wasserstoff erzeugt aus Sulfochloriden die zugehörigen M e r c a p t a n e . C,HS • SO,Cl + 6 H

• C,HjSH + 2 HäO + HCl.

Auch die Sulfinsäuren lassen sich in dieser Weise reduzieren. T h i o p h e n o l . I n einem m i t Rückflußkühler durch einen Anschützaufsatz verbundenen Rundkolben übergießt man auf dem siedenden W a s s e r b a d 20 g fein granulierten Zinns mit 5 0 c c m konzentrierter Salzsäure und l ä ß t dazu nach und nach aus einem Tropftrichter 8 g Benzolsulfocklorid fließen. W e n n die Hauptmenge des Zinns gelöst ist, t r e i b t m a n das gebildete Mercaptan m i t Wasserdampf über, n i m m t es mit Äther auf, den m a n über Natriumsulfat t r o c k n e t und dann a b dampft. D a s zurückbleibende Thiophenol wird destilliert und geht fast vollständig bei 173° über. Es ist nötig, mit dem stark stinkenden Stoff nur unter einem gut ziehenden Abzug oder im S t i n k r a u m umzugehen. Vor allem bringe man nichts davon an die Hände und an die Kleider, da der Geruch tagelang haften bleibt. Die g e s c h w e f e l t e n Alkohole sind ausgesprochene Säuren. Die Alkalisalze der aliphatischen Mercaptane werden zwar durch Wasser sehr weitgehend hydrolytisch gespalten, die aromatischen dagegen können mit Alkali und Phenolphthalein scharf titriert werden. Charakteristisch sind die gelben B l e i und die farblosen Q u e c k s i l b e r s a l z e . Zum Nachweis der -SH-Gruppe ist die intensive Farbreaktion mit alkalischer Nitroprussidnatrium-Lösung besonders geeignet. V e r s u c h : Man versetzt die alkoholischen Lösungen von Bleiacetat und Quecksilber-2-chlorid jeweils mit einigen Tropfen Thiophenol. Bemerkenswert ist die Leichtigkeit, mit der das Wasserstoffatom • vom Schwefel abgelöst wird (Analogie mit H 2 S); schon durch den Sauerstoff der Luft, sofort aber durch gelinde Oxydationsmittel werden die Mercaptane in die A r y l - bzw. A l k y l - d i s u l f i d e übergeführt: 2R-SH

• R • S — S • R.

V e r s u c h : E i n i g e Tropfen Thiophenol werden m i t einigen ccm s t a r k verdünnter Ammoniaklösung auf einem U h r g l a s a m Wasserbad langsam zur Trockne verdampft (Abzug!). E s hinterbleibt ein ö l , das beim E r k a l t e n kristallinisch e r s t a r r t : Phenyldisulfid vom Schmelzpunkt 61°. Durch Reduktion gehen die Disulfide unter Aufnahme von Wasserstoff wieder in die M e r c a p t a n e über.

Formaldehyd

199

Ein biologisches Beispiel für diese Beziehungen liegt im C y s t e i n - C y s t i n vor: HOOC—CH—CH, I NH 2 SH —2H NHJ S Cystein , ' | Cystin, +2H NH. S

ferner im „ G l u t a t h i o n " (Hopkins), einem Tripeptid, in dem die NH 2 Gruppe des Cystins (bzw. Cysteins) noch amidartig mit einem Carboxyl 1 der Glutaminsäure, seine Carboxylgruppe mit dem NH a von Glykokoll verknüpft ist. Cystin gehört zu den Bausteinen des Eiweißes; präparativ wird es durch Säurehydrolyse von Keratin (aus Haaren oder Horn) dargestellt. Mit Chlor setzen sich die aromatischen Mercaptane zu A r y l s c h w e f e l c h l o r i d c n um ( Z i n c k e ) ; Phenylschwefelchlorid ist eine tiefrote Flüssigkeit von großer Reaktionsfähigkeit ( L e c h e r ) : C 6 HjSH + Clj

• C,H5SC1 + HCl.

Durch energische Oxydation werden aus den Mercaptanen die S u l f o n s ä u r e n zurückgebildet.

V. Aldehyde i. Formaldehyd2 Das etwa 10 cm lange, etwas nach oben umgebogene Ansatzrohr eines Fraktionierkolbens von 250 ccm ist an der Spitze zu einer Capillare von 1—1,5 mm lichter Weite ausgezogen und steckt, durch einen Kork verbunden, in einem etwa 30 cm langen Stück Verbrennungsrohr (Fig. 52). Eine 4 cm lange Kupferspirale, die in das Rohr eingeschoben wird, befindet sich 6 cm von der Capillare 'entfernt. Das Rohr ist unter kleinem Winkel aufwärts gerichtet und am oberen Ende mit einem mittelgroßen, nach abwärts gerichteten Kühler (zweckmäßig Schlangenkühler) verbunden. An diesen sind zwei aneinander geschaltete Vorlagen angeschlossen, die während des Versuchs tief in einer Kältemischung stehen. Das kurze Ansatzrohr der zweiten Vorlage wird mit der Pumpe verbunden. In den Fraktiolierkolben, der möglichst tief in ein Wasserbad von genau 46—47° eingesenkt ist, füllt man 100 ccm Methylalkohol und setzt dann mit E s ist das von der NHj-Gruppe entfernte. » T o l l e n s , B. 19, 2133 (1886). Die Erläuterungen zu 1., 2. und 3. sind mit den Versuchen zusammengefaßt auf S. 206 ff. 1

200

Organisch-präparativer Teil

einem Gummistopfen ein bis nahe zum Boden reichendes Glasrohr ein, durch das die Luft eingesaugt wird. Nachdem man damit begonnen hat, erwärmt man die Kupferspirale, anfangs vorsichtig, mit der Flamme, bis bei Rotglut die Reaktion in Gang kommt. Nun muß der Luftstrom so reguliert werden, daß die Spirale ohne weitere Wärmezufuhr in ganz schwachem Glühen bleibt. Bei dieser Anordnung bleiben Explosionen vollständig aus. Bei zu niederer Temperatur

des Heizbades (42—44°) wird zwar die Explosionsgrenze des Gemisches Methylalkohol-Luft erreicht, aber die Flamme gelangt nur bis zur Capillare, weil die große Strömungsgeschwindigkeit in ihr das weitere Zurückschlagen verhindert. (Vergleich mit dem Bunsenbrenner, in dem das Zurückschlagen auch nur bei zu langsamer Strömung eintritt.) Die beiden Vorlagen enthalten, nachdem aller Holzgeist verdampft ist, 110—115 ccm einer 30—32-proz. Formaldehydlösung; eine kleine Menge Formaldehyd kann noch in einer dritten, mit wenig Wasser beschickten Vorlage aufgefangen werden. Das Nachstehende enthält einige, bei der Ausführung von Gasreaktionen zu beachtende Punkte. Zur Dehydrierung von einem Hol Methylalkohol braucht man 1 / 2 Mol Sauerstoff, also auf 1 Vol. Alkohol */» Vol. Sauerstoff oder 2V» Vol. Luft. Das stöchiometrische Gemisch muß also auf 1 Vol. Methylalkohol 2ljz Vol. Luft enthalten oder 28,6 Proz. Methylalkohol. D a sich die Volumina wie die Partialdrucke verhalten, muß die Verdampfungstemperatur so eingestellt werden, daß d e r Dampfdruck des Holzgeistes 28,5 Proz. des Atmosphärendrucks, also ungefähr 2 1 0 mm Quecksilber ausmacht. Die Dampfdrucke der bekannteren Stoffe bei verschiedenen Temperaturen findet man i n : L a n d o l t - B ö r n s t e i n , Physikal.chem. Tabellen, 6. Aufl. 1923 und Ergänzungsbände I , 1927; I I , 1931; I I I , 1935-.

201

Acetaldehyd

Mit der hier gewählten einfachen Vorrichtung -wird volle Sättigung mit CH 3 OH-Dampf nicht erreicht, daher die etwas höhere Temperatur.

G e h a l t s b e s t i m m u n g der e r h a l t e n e n F o r m a l d e h y d l ö s u n g . 5 ccm der Lösung werden, mit der Pipette entnommen, in einem Meßkolben mit Wasser auf 50 ccm aufgefüllt. Davon bringt man 20 ccm in einen Erlenmeyer von 250 ccm, setzt 30 ccm etwa 3-proz. Hydroperoxyd, das vorher gegen Phenolphthalein scharf neutralisiert ist, und dann 30 ccm n-Natronlauge zu und schüttelt um. Nach kurzer Zeit beginnt unter Selbsterwärmung Wasserstoffentwicklung, die sehr heftig wird und die man schließlich durch kurzes Erwärmen zu Ende führt. Die erkaltete Lösung wird dann nach erneuter Zugabe von Phenolphthalein gegen n-Salzsäure titriert. Das verbrauchte Alkali gibt gemäß der Gleichung: 2 CHSO +

HJOJ

+

2 NaOH

2 HCOONa +

H2 +

2 H20

den Gehalt an Formaldehyd an. Wenn also z. B. 22,5 ccm NaOH bei der Reaktion verbraucht wurden, so enthielten die 20 ccm ( = 2 ccm der ursprünglichen Lösung) 22,5 • 30 mg = 0,675 g Formaldehyd, d. h. die Lösung war 33,8-prozentig. Bei dieser sehr bemerkenswerten Reaktion wird durch Addition von 2 Mol HjCO an Hydroperoxyd ein Zwischenprodukt der Konstitution HOH2C • O • O • CHJOH

das D i o x y m e t h y l - p e r o x y d gebildet, das man auch in kristallisierter Form isolieren kann, das aber mit Alkali außerordentlich leicht in F o r m i a t und W a s s e r s t o f f zerfällt: HOH 2 C • O • O • CH2OH + 2 NaOH

• 2 HCOONa + H 2 + 2 H 2 0 .

[Näheres darüber siehe A. 431, 301 (1923).] Über die Bestimmung des Formaldchyds mit A m m o n i a k vgl. S. 211. Die einfachen Aldehyde setzen sich mit neutralem Sulfit zu a l d e h y d s c h w e f l i g s a u r e m Salz um; dabei entsteht freie Lauge, deren Titration auch eine Gehaltsbestimmung ermöglicht.

2. Acetaldehyd 1 Aus Ä t h y l a l k o h o l . Am zweckmäßigsten benutzt man einen l'/j-Liter-Kolben mit weitem seitlichen Ansatzstutzen; auch ein auf einem nicht zu kurzhalsigen Rundkolben dicht aufgesetzter Anschützaufsatz tut den Dienst. Das Ansatzrohr wird mit einem schräg 1 Zum Teil nach W e r t h e i m , J . Am. Soc. 44, 2658 (1922) und F r i c k e und H a v e s t a d t . Z. ang. Chemie 36, 646 (1923).

202

Organisch-präparativer Teil

stehenden großen Liebigkühler verbunden; von oben her gehen in den Kolben vermittelst eines doppelt durchbohrten Gummistopfens ein bis zum Boden reichendes Glasrohr von 0,4 cm lichter Weite, durch das aus einer Stahlflasche (mit Reduzierventil) Kohleiidioxyd eingeleitet wird, und ein Tropftrichter mit langem, ausgezogenem Rohr. Jenseits ist der Kühler mit einem mittelgroßen U-förmigen CaCl2Rohr verbunden, das mit einem Schlangenkühler in Verbindung steht (Fig. 53). An ihn schließen sich zwei hintereinander geschaltete Vorlagen, deren jede 100 ccm absoluten Äther enthält und die in eine

Fig. 63.

frisch bereitete Eis-Kochsalzmischung eingestellt werden; deren Temperatur soll während des Versuchs nicht über —10° steigen. Im Rohr des ersten Kühlers, den man sehr langsam mit Wasser von etwa 26° durchströmt, liegt, durch einen im oberen Stopfen dicht eingeklemmten Bindfaden gehalten, ein Thermometer, dessen Kugel sich in der Mitte der Kühlröhre befindet. Alle Verbindungen am Apparat müssen vollkommen dicht sein. Der Schlangenkühler wird während der Operation mit Wasser von 5—10° gespeist, im Winter direkt aus der Leitung, an heißen Tagen läßt man das Leitungswasser vorher durch eine von außen mit Eis gekühlte Schlange fließen. Im Kolben werden nun 125 ccm Weingeist (2 Mol C2H5OH) mit etwa dem dritten Teil einer Mischung von 150 ccm ( = 270 g) Schwefelsäure und 250 ccm Wasser versetzt und zum Sieden erhitzt. In der Hauptmenge der verdünnten Schwefelsäure hat man unter Zugabe von 100 ccm Wasser 200 g Natriumpyrochromat gelöst; diese Lösung

Acetaldehyd

203

wird noch warm in den Tropftrichter gebracht, dessen Rohr man vollständig anfüllt. Nachdem der Tropftrichter aufgesetzt ist, läßt man seinen Inhalt mit mäßiger Geschwindigkeit in den eben siedenden Alkohol ausfließen; die auftretende Reaktionswärme macht die weitere Wärmezufuhr entbehrlich. Durch einen mäßigen Kohlendioxydstrom wird der gtbti.de.tt Aldehyd aus der siedenden Lösung weggeführt und so der weiteren Oxydation entzogen. (Sein Dampfdruck ist bei der Temperatur im Kühler noch genügend groß, um die Kondensation bei rascher Strömung zu verhindern; diese erfolgt erst in den stark gekühlten Vorlagen.) Der Zufluß der Bichromatlösung wird so reguliert, daß das Gemisch ständig im Sieden bleibt, wobei das Thermometer im Kühlrohr die Temperatur von 25—30° zeigen soll. Sollte der Überdruck im Apparat von der Bichromatlösung nicht überwunden werden, so verzweigt man die COj-Zuleitung durch ein T-Rohr und verbindet die Abzweigung durch ein Stückchen Schlauch (mit Klemmschraube zum Abschließen beim Nachfüllen des Tropftrichter s) mit dem Tubus des Tropftrichters. Statt der Bombe kann man auch einen frisch beschickten Kippapparat verwenden, dem aber zur Überwindung des Überdrucks ein mit verdünnter Salzsäure gefülltes Steigrohr aufgesetzt sein muß.

Nach 30 Minuten ist das Einfließenlassen zu Ende, zehn weitere Minuten genügen, um den Aldehyd vollends zu entfernen. Dann löst man die Vorlagen ab und dreht nun erst das Ventil der C02-Bombe zu. Da sich der im Äther aufgefangene Acetaldehyd nicht durch fraktionierte Destillation vom Lösungsmittel trennen läßt, führt man ihn in das kristallisierte A l d e h y d a m m o n i a k über. Man bringt den Inhalt der beiden Waschflaschen in einen kleinen Filtrierstutzen, der durch ein Kältegemisch gekühlt wird und leitet aus der Stahlflasche Ammoniakgas ein; als Einleitungsrohr verwendet man, den weiten Rohrteil tief in der Flüssigkeit, ein gerades CaCl2-Rohr, das man zur Verteilung der sich bildenden Kristalle öfters hin und her bewegt. Das Gefäß bedeckt man mit einem durchlochten Uhrglas, Karton oder Kupferdrahtnetz. Wegen des verdampfenden Äthers alle Flammen in der Nähe ausdrehen! Steht keine NH s -Bombe zur Verfügung, so entwickelt man das Gas aus konz. Ammoniak durch Erhitzen in einem Rundkolben (Brenner abschirmen); zum Trocknen muß ein mit Ätzkali und gutem Ätzkalk beschickter Trockenturm vorgeschaltet werden. Den Bedarf an NH 3 berechne man gemäß dem Nachstehenden (kleiner Überschuß).

204

Organisch-präparativer Teil

Um nicht allzu viel Ammoniak zu verschwenden, überlege man sich, wieviel Liter Ammoniak zu der Bindung des als Höchstausbeute (60 g) zu erwartenden Aldehyds gebraucht werden. 60 g Aldehyd sind 60/44 = 1,36 Grammol und entsprechen 30 Litern (warum?). Unter Berücksichtigung des Einflusses von Druck und Temperatur, der durchschnittlich 10 Proz. ausmacht, wird man also ungefähr 33 L i t e r A m m o n i a k nötig haben. Man eicht nun den NH 3 Strom der Bombe ein für allemal angenähert so, daß man mit der Uhr genau ermittelt, in welcher Zeit ein NH 3 -Strom von bestimmter, gleichzeitig abgelesener Blasengeschwindigkeit (kleiner Blasenzähler mit konz. KOH oder Quecksilber) 42 ccm mit Methylorange gefärbter n-Salzsäure (im Meßzylinder abgemessen) neutralisiert. In dieser Zeit ist bei der abgelesenen Blasenfolge etwa 1 Liter NH 3 der Stahlflasche entströmt.

Man leitet etwa 30 mal so lang NH 3 in die ätherische Aldehydlösung ein, läßt dann noch 1 Stunde zur Vollendung der Kristallisation stehen, prüft eine abgegossene Probe im Reagenzglas, ob beim weiteren Einleiten von NH 3 noch eine Fällung entsteht, und saugt, wenn dies nicht der Fall ist, das Aldehydammoniak auf der Nutsche ab. Der Niederschlag wird zum Schluß noch einige Male mit absolutem Äther gewaschen und dann zuerst auf Filtrierpapier, schließlich im nichtevakuierten Schwefelsäureexsiccator getrocknet. Das t r o c k e n e Präparat ist, gut verschlossen aufbewahrt, längere Zeit haltbar; unreine Präparate zersetzen sich nach wenigen Tagen unter Braunfärbung. Ausbeute 50—60 g. Um r e i n e n A l d e h y d zu gewinnen, werden 25 g Aldehydammoniak in 25 ccm Wasser gelöst, mit einer erkalteten Mischung von 30 ccm konzentrierter Schwefelsäure und 40 ccm Wasser versetzt und auf dem Wasäerbade durch ein U-förmiges CaCl 2 -Rohr, das bei tiefer Außentemperatur schwach erwärmt wird, und durch einen gut wirkenden Schlangenkühler abdestilliert. Um die Autoxydation des Acetaldehyds hintanzuhalten, füllt man die Apparatur vor der Destillation mit C02, leitet aber, wegen seines hohen Dampfdrucks, erst am Ende der Operation wieder ganz kurz einen langsamen C0 2 -Strom hindurch. Da der Aldehyd bei 21° siedet, so muß die Vorlage, welche mit dem Kühlrohr durch einen Kork verbunden ist, durch Eis und Kochsalz gut abgekühlt werden. Die auszuführenden Versuche siehe S. 207 ff. b) A u s A c e t y l e n Obwohl die unter a) beschriebene Hauptmethode präparativ allein in Betracht kommt, führen wir auch das technisch weit wichtigere Verfahren der

Banzaldehyd aus Benzalchlorid

205

H y d r a t a t i o n d e s A c e t y l e n s an; es sollte von Zeit zu Zeit auch ausgeführt werden 1 .

5 g Quecksilberoxyd werden in der noch heißen Mischung von 110 ccm Wasser und 50 ccm konz. Schwefelsäure zum größten Teil aufgelöst, das Ganze in eine große Schüttelbirne (Fig. 57, S. 366) gebracht und einige Zeit mit Acetylen geschüttelt, das man aus Calciumcarbid bereitet, mit saurer Bichromat- und Kupfernitratlösung gereinigt und in einem Glasgasometer von 10—15 Liter Inhalt über gesättigter Kochsalzlösung aufgefangen hat. Vor dem Schütteln muß die Luft durch den Kohlenwasserstoff verdrängt sein. Unter Umständen kann man die Absorption auch auf der Schüttelmaschine in einer aufrecht eingespannten, dickwandigen Flasche vor. sich gehen lassen; nach Verdrängung der Luft durch C 2 H 2 wird der Gummistopfen, der das Zuleitungsrohr führt, mit Draht festgebunden, In 8—10 Stunden werden bis zu 10 Liter Acetylen aufgenommen die farblose quecksilberhaltige Zwischenverbindung beginnt sehr bald sich abzuscheiden. Sie wird nach Beendigung des Einleitens in einem Rundkolben, in den man das ganze Reaktionsgemisch übergeführt hat, und der auf einem Babo-Trichter geheizt wird, durch eingeleiteten Wasserdampf zerlegt; gleichzeitig destilliert der gebildete Aldehyd über, und zwar führt man diese Operation in einer ähnlich zusammengestellten Apparatur aus, wie sie unter a) beschrieben ist. Es genügt, e i n e in Kältemischung gekühlte Auffangflasche mit Äther vorzulegen. Fällung des Aldehyds aus der Ätherlösung als Aldehydammoniak wie oben beschrieben. Ausbeute daran 5—6 g. 3. Benzaldehyd aus Benzalchlorid In 50 g siedendes Toluol leitet man in gleicher Weise, wie dies für die Darstellung von Benzylchlorid (S. 102) angegeben ist, so lange trockenes Chlor ein, bis eine Gewichtszunahme von 40 g eingetreten und die Temperatur auf 187° gestiegen ist. Es handelt sich lediglich um die Fortsetzung jener Reaktion. Das erhaltene rohe Benzalchlorid kocht man in einem mit gut wirkendem Rückflußkühler verbundenen Rundkolben unter Einleiten eines schwachen CO2-Stromes mit 500 ccm Wasser und 150 g gefälltem Calciumcarbonat (oder Schlämmkreide, oder fein pulverisiertem Marmor) 4 Stunden lang im ölbade auf 130° (Thermometer im 1 Die hier gegebene Vorschrift ist im Göttinger chemischen Laboratorium ausgearbeitet worden.

206

Organisch-präparativer Teil

öl). Dann nimmt man den Kolben aus dem Ölbad heraus und treibt aus dem noch heißen Gemisch den Benzaldehyd mit Wasserdampf über. Zuerst saugt man nun den Kolbenrückstand auf der Nutsche heiß ab und säuert das Filtrat mit konzentrierter Salzsäure stark an. Beim Abkühlen scheidet sich dann Benzoesäure als Nebenprodukt der Reaktion in glänzenden Blättern ab. Sie wird abgesaugt und aus siedendem Wasser umkristallisiert. Schmelzp. 121°. Benzoesäure ist mit Wasserdampf etwas flüchtig. Das Wasserdampfdestillat wird zweimal mit nicht zu viel Äther ausgeschüttelt, die unter Umständen eingeengte Ätherlösung unterschichtet man in einer Pulverflasche unter Umrühren mit dem Glasstab nach und nach mit technischer Natriunibisulfitlösung, die zu einem steifen Brei der Aldehyd-Additionsverbindung erstarren muß. Man schüttelt hierauf mit aufgesetztem Stopfen, den man von Zeit zu Zeit lüftet, energisch durch, bis aller Benzaldehyd gebunden ist (Geruch!), saugt dann ab, wäscht mit Äther nach und zersetzt alsbald das feste Salz durch Eintragen in überschüssige Sodalösung, aus der man dann ohne Pause den freigemachten Aldehyd mit Wasserdampf abbläst. Das Destillat wird ausgeäthert, nach dem Trocknen der Ätherlösung mit wenig CaClt wird der Äther abgedampft und dann der Benzaldehyd überdestilliert. Siedep. 179°. Ausbeute 35—40 g (70% d. Th.). Wegen der großen S a u e r s t o f f e m p f i n d l i c h k e i t des Präparates müssen alle Operationen schnell hintereinander ausgeführt werden. E r l ä u t e r u n g e n und Versuche zu V, 1, 2 u. 3 Die niederen Glieder der A l d e h y d e sind farblose, stechend riechende Flüssigkeiten, die sich mit Wasser mischen; die mittleren ebenfalls flüssig, in Wasser jedoch nicht mehr leicht löslich; die hochmolekularen feste, kristallisierte Stoffe. Die Siedepunkte der Aldehyde liegen bedeutend niedriger als die der entsprechenden Alkohole: Siedepunkt 21° 78° 50» 97°. Die aromatischen Aldehyde riechen angenehm (Bittermandelöl, Vanillin, Piperonal). Die allgemeinste D a r s t e l l u n g s m e t h o d e der Aldehyde besteht in der Wegnahme zweier Wasserstoffatome aus einem primären Alkohol (a/cohol ¿eÄyirogenatus); ebenso entstehen aus sekundären Alkoholen Ketone. Da der

Banzaldehyd aus Benzalchlorid

207

Wasserstoff präparativ allgemein durch ein Oxydationsmittel weggenommen wird, so erscheint der Prozeß als Oxydation. Jedoch können Alkohole auch k a t a l y t i s c h in Aldehyde und Wasserstoff zerlegt werden, durch Palladiumschwarz schon in der Kälte, durch Kupfer erst bei höherer Temperatur. Die Beteiligung des Kupfers bei der Formaldehydbereitung (nach O. Loew) beruht auf der Wasserstoffabspaltung (Dehydrierung), und die beigemengte Luft hat die Aufgabe, den Wasserstoff zu verbrennen und so aus dem Gleichgewicht : CH,OH < * H2C=0 + 2 H zu entfernen. Substanzen mit d r e i f a c h e r Bindung nehmen in schwefelsaurer Lösung, namentlich bei Gegenwart von Quecksilber (II) -Salzen, die Elemente des Wassers auf. So bildet sich im einfachsten Fall aus A c e t y l e n selbst A c e t a l d e h y d , eine Reaktion, die oben durchgeführt wurde. HC H C - C H - ^

CII

o — * | HgO—SO,

H 2 C— CH ! 6 —AP-CH+HgSO.. HgO • S0 3 H

Große technische Bedeutung dieses Prozesses für die Synthese der E s s i g säure. Die Aldehyde sind leicht weiter oxydierbar und wirken daher als R e d u k t i o n s m i t t e l gegen ammoniakalische Silberlösung und gegen Fehlingsche I ^sung. V e r s u c h x : Man verdünne einige Tropfen Formaldehyd- oder Acetaldehyd mit einigen ccm Wasser, gebe eine kleine Menge ammottiakalischer Silberlösung zu und verteile auf 2 Reagenzgläser. In das eine läßt man einen Tropfen Natronlauge einfallen; sofortige Abscheidung von metallischem Silber. Die andere Lösung scheidet erst nach einigem Stehen in der Kälte, rascher beim Erwärmen Silber aus. Die Oxydationswirkung von ammoniakalischer Silberlösung wird also durch Natronlauge sehr erheblich gesteigert ( T o l l e n s ) . Man prüfe gleichzeitig die Reduktionswirkung gegen Fehlingsche Lösung. Durch Oxydation gehen die Aldehyde in Carbonsäuren Tiber, und zwar bildet diese Reaktion die direkte Fortsetzung der Dehydrierung der Alkohole. Es reagiert nämlich mit dem Oxydationsmittel das durch Addition von Wasser entstandene A l d e h y d h y d r a t , nicht der Aldehyd selbst, z . B . : OH H o /OH O | CH,-C = Ä CH,.CC = C -

-c = o 3

4

2H

\ H | | / C — C = C — OH

s H H >C—C-

/

I

I

= o.

Auch die Doppelbindungen des Benzolkeras treten in dieser Weise mit benachbarten Carboxylgruppen in die Beziehung der Konjugation. Hyd r i e r u n g d e r B e n z o e s ä u r e und der P h t h a l s ä u r e n durch Natrium in Alkohol ( B a e y e r ) . Aber auch K o h l e n w a s s e r s t o f f e vom T y p u s des S t y r o l s können durch das gleiche Reduktionsmittel hydriert werden (Klages), z. B . : 2H



9. Reimer-Tiemannsche Synthese Salicylaldehyd aus Phenol und Chloroform 1

In einem Rundkolben von 1 Liter Inhalt löst man 80 g Natron in 80 ccm Wasser unter Erwärmen auf, versetzt warm mit 25 g reinem Phenol und kühlt die Lösung, ohne sie hierbei umzuschüttein — damit ein Auskristallisieren von Phenolnatrium vermieden wird — durch Eintauchen in kaltes Wasser auf 60—65° ab. Man verbindet dann den Kolben durch einen zweifach durchbohrten Kork einerseits mit einem gut wirkenden Rückflußkühler und anderseits mit einem Thermometer, dessen Kugel in die Flüssigkeit eintaucht, und gießt von 60 g Chloroform zunächst ein Drittel durch das Kühlrohr, worauf beim gelinden Umschütteln die Flüssigkeit vorübergehend eine fuchsinrote Farbe annimmt. Unter Regulierung der Temperatur auf das Gebiet zwischen 65° und 70° durch Eintauchen des Kolbens in kaltes oder heißes Wasser fügt man nach etwa 10 Minuten das zweite Drittel und nach weiteren 15 Minuten den Rest des Chloroforms zu; in diesem Stadium soll öfters geschüttelt werden. Zum Schluß wird noch eine Stunde lang auf dem Wasserbad erwärmt, dann leitet man durch das Reaktionsprodukt Wasserdampf, bis kein Chloroform mehr übergeht. Man läßt nun etwas abkühlen und säuert die orangé gefärbte akalische Flüssigkeit vorsichtig mit verdünnter Schwefelsäure an, wobei sie fast farblos wird, und leitet schließlich so lange Wasserdampf ein, bis mit dem Wasser keine öltropfen mehr übergehen. Das Destillat wird sodann mit Äther aufgenommen und die ätherische Schicht vom Wasser getrennt, worauf man die Hauptmenge des Äthers auf dem Wasserbade verdampft. Der Rückstand, der neben Salicylaldehyd unverändertes Phenol enthält, wird nun in einer kleinen 1

B. 9. 423. 824 (1876); 10, 1562 (1877); 15, 2685 (1882) usw.

V, 9

Reimer-Tiemannsche Synthese. Salicylaldehyd ans Phenol usw.

231

Glasstöpselflasche mit dem doppelten Volumen konzentrierter käuflicher Natriumbisulfitlösung kräftig durchgeschüttelt, wobei sich ein fester Brei der Bisulfitverbindung des Aldehyds abscheiden muß. Nach 7 2 —l stündigem Stehen filtriert man die abgeschiedenen Kristalle an der Saugpumpe (Filterplatte) ab, preßt sie fest zusammen und wäscht zur vollständigen Entfernung noch anhaftenden Phenols mehrere Male mit Alkohol und schließlich mit Äther nach. Die perlmutterglänzenden Blättchen werden dann in einem kleinen Rundkolben mit Steigrohr durch gelindes Erwärmen mit verdünnter Schwefelsäure auf dem Wasserbad zersetzt. Nach dem Erkalten nimmt man den abgeschiedenen Aldehyd mit Äther auf, trocknet die ätherische Lösung mit entwässertem Glaubersalz und unterwirft den nach dem Verdampfen des Äthers hinterbleibenden reinen Aldehyd der Destillation, wobei er bei 196° übergeht. Die Ausbeute beträgt 10—12 g. Der mit Wasserdämpfen nicht flüchtige p-Oxybenzaldehyd kristallisiert aus dem heiß filtrierten und mit Kochsalz gesättigten Rückstand der Wasserdampfdestillation öfters erst nach längerem Stehen aus. Äthert man nach dem Abfiltrieren das Filtrat aus, so erhält man noch eine weitere Menge, welche gemeinsam mit der ersten durch Umkristallisieren aus Wasser unter Zusatz von etwas wäßrigre schwefliger Säure gereinigt werden kann. Schmelzp. 116°. Ausbeute 2 - 3 g. Das Präparat mißlingt, wenn das Phenolnatrium gleich zu Beginn auskristallisiert. Diese auch bei substituierten Phenolen allgemein anwendbare, aber wegen des Eintretens von Nebenreaktionen meist wenig ertragreiche Synthese erinnert in ihrem Ergebnis sehr stark an die K o l b e s c h e Salicylsäuresynthese {VI, 4 ; S. 242) und. man könnte versucht sein, ihren Verlauf gleichartig aufzufassen, wie er dort als wahrscheinlich erwiesen ist: daß nämlich auf dem Weg des doppelten Austausches unter Abspaltung von einem Mol NaCl das Chloroform am Sauerstoff fixiert werde, dann die beiden übrigen Chloratome sich gegen Sauerstoff vertauschten und schließlich der so entstandene Phenylameisensäureester eine dem Phenylcarbonat entsprechende Umlagerung unter Wanderung der Formylgruppe (nach o- oder p-) erfahre:

/ \

ONa + CUCC1.'2

H

H

— O.CC1.2 H

Organisch-präparativer Teil

232

Wahrscheinlicher drückt sich jedoch der Vorgang darin aus, d a ß z u e r s t C h l o r o f o r m an eine D o p p e l b i n d u n g a n g e l a g e r t wird und daß der Prozeß dann in nachstehender, leicht ersichtlicher Form weiterschreitet: ¡A-ONa

. / V f *

I I V

/\-OH

f \ - 0

I l/H %/Ncho,

I |/H VNCHO

—'

I

ILcHO V

Für diesen Verlauf spricht entschieden die Tatsache, daß Additionsprodukte, die nur auf einem analogen Weg entstanden sein können, isoliert wurden, und zwar aus o- und p - K r e s o l (Auwers, B. 85, 4207 [1902]). Das primäre Produkt aus o - K r e s o l kann, wie man sieht, wegen der CH3Gruppe den aromatischen Kern nicht zurückbilden: -ONa i-CH

1

l/CHa

> /\chci2

I

|A=0 yCH

%/\CHa2

'

Es wird lediglich NaCl abgespalten und ohne daß die beiden andern ClAtome hydrolytisch herausgenommen würden, entsteht ein c h i n o l a r t i g e r K ö r p e r , wie ihn die Formel darstellt. Beim p - K r e s o l erfolgt die Anlagerung des Chloroforms in 1, 4-Stellung: NaO CI O ONa \ /

Ii!

1

;;

I

i

\ / \ / CH, / \ / \ ch3 chci2 Wir haben in dieser Reaktion einen wichtigen Beweis dafür, daß am Benzolkem Additionen in 1, 4-Stellung stattfinden, und zum mindesten einen wertvollen Anhaltspunkt, daß die neben der o-Substitution so häufige p-Substitution ebenfalls auf dem Wege einer vorangehenden 1, 4-Addition zustande kommt (vgl. dazu S. 115).

Versuche: Einige Tropfen Salicylaldehyd werden in Natronlauge gelöst; intensiv gelbes Natriumsalz. Ein Tropfen Eisenchlorid färbt eine wäßrige oder alkoholische Lösung des Aldehyds intensiv violett. Im Geruch herrscht der phenolische Bestandteil vor. Salicylaldehyd ist der A u t o x y d a t i o n weit weniger zugänglich als Benzaldehyd.

Man vergleiche die beiden Aldehyde, von denen man je einige Tropfen auf einem Uhrglas an der Luft stehen läßt. Guajacol liefert mit Chloroform und Alkali in schlechter Ausbeute V a n i l l i n , neben dem o-Aldehyd. Nach der Perkinschen Reaktion entsteht aus Salicylaldehyd und Natriumacetat Cumarin. (Formulieren!)

VI, i

Überführung einer Sulfonsäure in ein Phenol. ß-Naphthol

VI. Phenole und Enole.

233

Keto-Enol-Tautomerie

i. Überführung einer Sulfonsäure in ein Phenol.

ß-Naphthol 1

Gebraucht werden: 70g (0,3 Mol) /9-naphthalinsulfonsaures Natrium 2 , 210 g Ätznatron, 20ccm Wasser. Das zerkleinerte Natron wird in einem Kupfer- oder Nickeltiegel mit dem Wasser versetzt und unter Umrühren auf 280° erhitzt. Das Thermometer, das auch zum Umrühren benützt wird, steckt in einer etwa 16 cm langen und 0,8 cm weiten Kupfer- oder Nickelhülse; eine 1 cm hohe ölschicht bedeckt die Kugel. Zum Festhalten dient ein übergezogener Kork. (Siehe Fig. 54.) Schutzbrille und Handschuhe t Sobald die Temperatur von 280° erreicht ist, trägt man unter fortdauerndem Erwärmen mit einer etwas kleineren Flamme das naphthalinsulfonsaure Natrium unter Umrühren ziemlich rasch ein, wobei man die Temperatur zwischen 260 und 280° hält. j Nachdem alles Salz eingetragen ist, vergrößert man die Flamme etwas, wodurch die Schmelze unter Entwicklung von Wasserdämpfen und Aufblähen schleimiger wird, bis schließlich bei 310° die eigentliche Reaktion eintritt. Nach-. I rf dem man die Temperatur etwa 5 Minuten bei 310—320° gehalten, ist die Schmelze dünnflüssig geworden und die Reaktion beendet. Man gießt die Schmelze dann sofort auf ein starkes Kupferblech, dessen Ränder etwas aufwärts L J gebogen sind, in dünner Schicht aus; die obere dunkle F i g 5 4 Schicht besteht aus Naphtholnatrinm. Nach dem Erkalten löst man die zerkleinerte Schmelze in Wasser auf, fällt das Naphthol mit konzentrierter Salzsäure aus und nimmt nach dem Erkalten mit Äther auf. Nach dem Trocknen der ätherischen Lösung durch entwässertes Glaubersalz verdampft man den Äther und destilliert schließlich das zurückbleibende Naphthol im Säbelkolben über. Siedep. 286°. Schmelzp. 123°. Ausbeute 30—35 g. Die soeben beschriebene Reaktion wird in großem Maßstabe in eisernen Kesseln, welche mit Rührwerk versehen sind, technisch ausgeführt, da das ß - N a p h t h o l sowie die aus ihm durch Einwirkung von Schwefelsäure erhältlichen zahlreichen Sulfonsäuren zur Darstellung von Azofarbstoffen ausge1 E. F i s c h e r , Anleitung zur Darstellung organischer Präparate. 11. Aufl. Braunschweig 1930. 8 Oder die gleiche Gewichtsmenge ß-Naphthalinsulfonsäure, dargestellt nach O. N. W i t t . Siehe S. 191.

Organisch-präparativer Teil

234

dehnte Anwendung finden. Aus dem ß-Naphthol stellt man femer durch Einwirkung von Ammoniak unter Druck das ß - N a p h t h y l a m i n dar: C 10 H, • OH + NHj = C 10 H 7 -NH 2 + H 2 0 . welches sowohl selbst, als auch in Form seiner Sulfonsäuren zur Darstellung von Azofarbstoffen technisch verwendet wird. Auch a - N a p h t h o l stellt man in der gleichen Weise durch die Natronschmelze des o-naphthalinsulfonsauren Natriums her, wenngleich nicht in so großen Mengen wie das ß-Naphthol. a - N a p h t h y l a m i n dagegen wird, analog wie Anilin, durch Reduktion von a-Nitronaphthalin gewonnen. Die Alkalischmelze der arylsulfonsauren Alkalisalze dient auch der technischen Bereitung von r e i n e m Phenol und vieler Phenolderivate. Bei der großen Haftfestigkeit des Halogens am Benzolkern ist die Hydrolyse des billigen C h l o r b e n z o l s gemäß \ c i + 2 NaOH

• /

^>ONa + NaCl + HaO

nur bei sehr hohen Temperaturen, und zwar mit verdünntem Alkali ausführbar (K. H. M e y e r und F. B e r g i u s ) . Leichter gelingt sie, wenn o- oder p-ständige Nitrogruppen die Bindung des Halogens lockern; davon war schon auf S. 108 die Rede. Ein allgemein gangbarer Weg führt von den p r i m ä r e n a r o m a t i s c h e n A m i n e n über die Diazoniumsalze zu den Phenolen (S. 274). Die P h e n o l e unterscheiden sich in ihren Eigenschaften und Reaktionen sehr deutlich von den gewöhnlichen Alkoholen der Fettreihe. Sie sind ja auch grundsätzlich von diesen unterschieden dadurch, daß ihre OH-Gruppe an einem doppelt gebundenen C-Atom steht. Dadurch rücken sie in Parallele zu den gleichartig gebauten E n o l e n , denen sie auch nachher gegenübergestellt werden. H

H

yH

H OH Phenol

H

\c = ex

H OH Enol

H

A H 2 •• °



Einfache Ketone, wie Aceton und ähnliche, sind in der ,,tautomeren" Form H2C = C — CH3 nicht existenzfähig. Woran liegt es, daß im Phenol nicht eine OH gleichartige Ketisierung, nämlich zu A, eintritt ? Die Gründe sind wohl die gleichen, die allgemein die Existenz umlagerungsfähiger Derivate des teilweise — hier zweifach — hydrierten Benzols unmöglich machen und auf die schon mehrfach hingedeutet worden ist (z. B. S. 177). Das Bestreben, das am meisten gesättigte System des aromatischen Kernes mit seinen drei Doppelbindungen aufrecht zu erhalten, veranlaßt die stabile Herausstellung der Hydroxylgruppe und damit den eigenartigen Charakter der Phenole. Die Phenole sind S ä u r e n , weil die OH-Gruppe, wie in den Carbonsäuren, an einem doppelt gebundenen Atom haftet.

VI, i

Überführung einer Sulfonsäure in ein Phenol. ß-Naphthol — C — OH II und O

235

— C — OH || C

/ \

Zwar ist der saure Charakter des einfachen Phenols nicht stark ausgeprägt und wächst erst mit der Substitution des Kerns durch negative Substituenten, wie N 0 2 und Halogen. Die Alkalisalze des Phenols sind in wäßriger Lösung weitgehend hydrolytisch gespalten und sie werden schon durch Kohlensäure vollständig zerlegt. Auf diese W e i s e k a n n man P h e n o l e von C a r b o n säuren abtrennen.

Versuch: Man leitet in eine nicht zu verdünnte Lösung von ß-Naphthol in Natronlauge Kohlendioxyd ein, bis sich das freie Naphthol abscheidet. Auch bei anderen Reaktionen erweist sich die OH-Gruppe der Phenole reaktionsfähiger als die der aliphatischen Alkohole. Sie reagieren, im Gegensatz zu diesen, leicht mit D i a z o m e t h a n . Auch mit anderen Alkylierungs mittein, wie A l k y l h a l o g e n i d , D i a l k y l s u l f a t , setzen sie sich, anders als jene, schon in wäßrig alkalischer Lösung um. Die meist gut kristallisierenden B e n z o y l d e r i v a t e sind trefflich zu ihrer Charakterisierung geeignet ( S c h o t t e n B a u mann sehe Reaktion).

Versuch: In einem Reagenzrohr löst man eine kleine Menge kristallisiertes Phenol (1/2 g) in 5 ccm Wasser auf, fügt V 2 c c m Benzoylchlorid hinzu, macht mit starker Natronlauge deutlich alkalisch und erwärmt unter Schütteln kurze Zeit gelinde über einer Flamme. Kühlt man dann das Reaktionsgemisch unter Schütteln und Reiben mit einem Glasstabe unter der Wasserleitung ab, so erstarrt das abgeschiedene öl zu farblosen Kristallen, welche man an der Saugpumpe ab filtriert, reichlich mit Wasser nach wäscht, auf einem Tonscherben abpreßt und in einem kleinen Reagenzrohr aus wenig Alkohol umkristallisiert. Schmelzpunkt des Benzoesäurephenylesters 68—69°. Der Versuch kann in der gleichen Weise mit ß-Naphthol ausgeführt werden. Schmelzpunkt der Benzoylverbindung 107°. Über die Bedeutung dieser viel benützten Reaktion, in die auch die A m i n e einbegriffen sind, ist schon auf S. 126/127 das Nötige gesagt. Die N a p h t h o l e sind in mancher Hinsicht noch reaktionsfähiger als das einfache Phenol. Dies äußert sich vor allem darin, daß ihre Ä t h e r nach der gleichen Methode wie die Ester der Carbonsäuren, nämlich direkt durch Alkohol und HCl erhalten werden können. Auch setzen sie sich mit ChlorzinkAmmoniak und nach einer von H. B u c h e r e r allgemein studierten Reaktion mit Ammoniumsulfit und Ammoniak glatt zu N a p h t h y l a m i n e n um. Aus alledem ersieht man, daß die Phenole den Carbonsäuren weit näher stehen, als den Alkoholen der Fettreihe.

236

Organisch-präparativer Teil

Von großer Bedeutung ist der Einfluß, den die OH-Gruppe auf die Reaktionsfähigkeit des Benzolkerns ausübt. Alle Substitutionsvorgänge, die wir auf primäre Addition zurückführen, erfolgen w e i t l e i c h t e r , und zwar wird dabei die o- und die p-Stellung von eintretenden Substituenten aufgesucht Eine Anzahl hierauf zu begründender Umsetzungen wird in folgenden und späteren Präparaten noch behandelt. Hier sei erwähnt, daß aus einer wäßrigen Phenollösung durch Bromwasser augenblicklich o, o, p - T r i b r o m p h e n o l ausgefällt wird (Methode zur quantitativen Phenol-Bestimmung).

Versuch: Man setzt zu einer etwa 2-proz. Phenollösung so lange Bromwasser, als das Brom verbraucht wird, saugt dann den flockigen farblosen Niederschlag ab und kristallisiert ihn nach dem Trocknen aus Ligroin oder verd. Alkohol um. Schmelzp. des o,o,p-Tribromphenols 95°. Man erklärt sich diese überraschende Reaktionsfähigkeit — die wir bei den E n o l e n ebenfalls antreffen werden — nach K. H. M e y e r daraus, daß die OH-Gruppe die an sie angrenzende Doppelbindung „ a k t i v i e r t " , daß in diese Aktivierung im Sinne der T h i e l e s c h e n Vorstellungen auch das konjugierte System zweier benachbarter Doppelbindungen eingeschlossen ist. Phenol kann demnach mit Brom unter primärer Addition nach 1,2 und nach 1,4 reagieren. HOBr ^

OH

,/\HBr

-HUr

/Vßr

OH -HBr

HBr

Br

In derselben Weise geht die Aufnahme des zweiten und des dritten Brommoleküls weiter, bis die drei begünstigten Stellen (o-, o- und p-) mit Brom besetzt sind. Bringt man nun ein viertes Br 2 zur Einwirkung, so wird dieses in grundsätzlich gleichartiger Weise, wie hier angenommen, in 1,4-Stellung addiert: HO

OH Br^^Br

ä

I Br

„r



Br \ /

O

Br/\ßr

'!

\/

\

/ \ Br Br

Br^^Br

— >

!

;

\/

/ \ Br Br

Hier kann aber die Abspaltung von H B r nicht mehr zu einem echten Benzolderivat zurückführen. In der Tat ist auch das Endprodukt, das sog. „ T r i -

Methylierung von Phenolen

VI, 2

237

b r o m p h e n o l b r o m " , das Ketobromid eines Chinons, also eines Dihydrobenzolderivates. Die technische Verwendung des Phenols ist bedeutend; seine wichtigsten Umsetzungen sind die in S a l i c y l s ä u r e (Präp. VI, 4; S. 242) und seine Kondensation mit Formaldehyd zu einem wertvollen Kunstharz, dem B a k e l i t . Versuch. 3 c c m mit wenig Wasser verflüssigten Phenols („Phenolum liquefactum") werden mit 6 ccm Formaldehydlösung (S. 205) in einem 60 ccmErlenmeyerkolben zum Sieden erhitzt. Dann entfernt man den Brenner und gibt soviel konz. Salzsäure zu der heißen Lösung, bis sich unter heftiger Reaktion ein fast farbloses ö l ausscheidet, das beim Abkühlen zu einer spröden Masse erstarrt ( K u n s t h a r z ) . Unter milden Bsdingungen läßt sich Phenol analog der Aldolkondensation mit Formaldehyd zu p - O x y b e n z y l a l k o h o l vereinigen: OH

OH

Ai

I + OCH 2

i



I CH 2 OH der in der Wärme Wasser abspaltet und sich polymerisiert. Auch der direkten Einführung von Quecksilbsr in den Benzolkern der Phenole muß hier Erwähnung getan werden, die schon beim Erhitzen von Phenolen mit Quecksilber-2-acetat eintritt ( B a l b i a n o , P e s c i , D i m r o t h ) : / \ - O H I !!

+ Hg ( O . C O . CHj),

A - °

>• !

X /

H

+CH3.COOH. — HgOCO • CH 3

2. Methylierung von Phenolen 1

a) Anisol. 19 g Phenol (Vs Mol) werden in einer enghalsigen Glasstöpselflasche in 100 ccm 2 n-Natronlauge gelöst. Dazu fügt man (im Abzug 1) von 26 g Dimethylsulfat zuerst etwa den dritten Teil auf einmal zu und schüttelt kräftig um, wobei unter Erwärmung die Methylierung einsetzt. Nach etwa 5 Minuten wird das zweite Drittel mit nachfolgendem Schütteln zugesetzt und in kurzem Abstand der Rest. Während des Durchschütteins ist der Stopfen von Zeit zu Zeit zu lüften. Wenn die wäßrige Lösung, auf der das gebildete Anisol als ö l schwimmt, nicht mehr alkalisch reagiert, gießt man den Inhalt in einen kleinen, mit Rückflußkühler verbundenen Rundkolben und spült mit 20 ccm Lauge nach. Zur Vollendung der Reaktion und zur 1

U l i m a n n , A. 327, 114 (1903); 340, 208 (1905).

238

Organisch-präparativer Teil

Zerstörung von etwa noch vorhandenem Dimethylsulfat wird eine halbe Stunde lang auf dem Wasserbad erhitzt. Nach dem Erkalten läßt man die wäßrige Schicht ab, trocknet das Anisol — das man nur bei erschwerter Abtrennung in Äther aufgenommen hat — mit CaCl2 und destilliert schließlich. Siedep. 155°. Ausbeute 90% der Theorie. Auf analoge Weise wird durch Einwirkung von Diäthylsulfat auf Phenol das P h e n e t o l dargestellt. b) N e r o l i n (/3-Naphthyl-methyläther). Der Vorgang ist der gleiche wie beim Anisol, unter Änderung der stöchiometrischen Verhältnisse. Die Substanz ist kristallisiert. Schmelzpunkt 72°. Zur vollständigen Reinigung siehe W i t t , B. 34, 3172 (1901). Bei der großen G i f t i g k e i t der n e u t r a l e n S c h w e f e l s ä u r e ester, vor allem des D i m e t h y l s u l f a t s , müssen alle Operat i o n e n mit ihnen sehr v o r s i c h t i g und unter dem A b z u g durchgeführt werden! Methylierungen mit D i m e t h y l s u l f a t werden stets in alkalischer Lösung orgenommen. Sie gelingen besonders leicht mit Carbonsäuren (Methode zur Darstellung von Estern) und mit Phenolen, während die aliphatischen Alkohole, z. B. die Zucker, nur schwierig und am besten in alkoholischer Lösung durch dieses Mittel veräthert werden. Es ist zu berücksichtigen, daß nur eine der beiden Methylgruppen gemäß der Gleichung: C,H 5 ONa -f

H3C — ( \

>SO„ H 3 C — CK '

- • —

CJHJO . CH 3 +

NaO. H3CCK

)S02

auf das Phenol übertragen wird. Erst bei längerer Einwirkung in der Siedehitze gibt auch- das zuerst gebildete methylschwifelsaure Salz sein Methyl für die gleiche Reaktion her, wovon man aber präparativ meist keinen Gebrauch macht. Auch A r y l - (z.B. T o l u o l - ) S u l f o n s ä u r e e s t e r dienen zur Alkylierung von Phenolen. Wie wird Dimethylsulfat dargestellt ? Ein elegantes Methylierungsmittel für Phenole ist das D i a z o m e t h a n , das in einem späteren Abschnitt für diesen Zweck benützt wird. Die P h e n o l ä t h e r sind sehr beständige Substanzen, in denen die Reaktionsfähigkeit des Benzolkerns gegenüber der der Phenole sichtlich herabgemindert ist. Die Alkylgruppe sitzt sehr fest. Durch Alkalien wird sie nicht abgespalten, durch Mineralsäuren auch erst bei hoher Temperatur (im EinschluBrohr). Das gebräuchlichste Mittel zur Spaltung ist das Aluminiumchlorid, das nach folgender Gleichung reagiert: CeHs • O • C f V +

AICIJ

• C6H5OAlCl2 +

C1

• CH a

J 3H.O C6HSOH + Al(OH)3 +

2 HCl

vi. 3

o- und -pNitrophenol

239

Nur die A l l y l ä t h e r lagern sich in der Hitze i n A l l y l p h e n o l e um ( C i a i s e n ) : • O • CH 2 • CH = CH 2

OH «CHj • CH = CH 2

während die Äther der Enole > C = C — dieser Reaktion nicht zugänglich sind OR Besonders interessant ist die neuerdings entdeckte Spaltbarkeit der Phenoläther (und auch aliphatischer Äther) durch metallisches Natrium ( Z i e g l e r , S c h o r i g i n ) , z. B . : C 6 H s OCH 3 + 2 Na

• C,H s ONa + NaCH 3 .

Von substituierten Phenoläthern sind anzuführen die Aminoderivate des Anisols (Anisidin) und Phenetols ( P h e n e t i d i n ) . Sie werden durch Alkylierung der Nitrophenole und nachherige Reduktion der Nitrogruppe bereitet. Die alkalische Reduktion des o - N i t r o - a n i s o l s führt (wie beim Nitrobenzol) zur Hydrazoverbindung, die durch Benzidinumlagerung in die B i phenylbase „ D i a n i s i d i n " , ein wichtiges Zwischenprodukt für blaue Azofarbstoffe, übergeführt wird (S. 186). Vom p-Phenetidin leiten sich das bekannte Antipyretikum „ P h e n a c e t i n " (I) und der Süßstoff „ D u l c i n " (II) a b : H5C20—\

1

y — N H • CO • CH 3 ,

H5C20—II

NH-CO-NH,.

Methylierte Phenole bilden vielfach den Bestandteil von Naturstoffen, vor allem von A l k a l o i d e n . Bei deren Konstitutionsermittlung hat die quantitative Bestimmung der in einem Molekül vorhandenen Mathoxylgruppen eine große Bedeutung. Ihr dient die treffliche Z e i s e l s c h e M e t h o d e , bei der die Methylgruppe durch konzentrierte Jodwasserstoffsäure als M e t h y l j o d i d abgespalten wird. E s sei empfohlen, an dem hier dargestellten Präparat diese Methode kennenzulernen (Anleitung S. 82).

3. o- und p-Nitrophenol 80 g Natron- oder 95 g Kalisalpeter werden im Rundkolben unter Erwärmen in 200 g Wasser gelöst, die Lösung wird vor dem völligen Erkalten unter Umrühren mit 100 g konzentrierter Schwefelsäure versetzt. Zu der auf 20° abgekühlten Mischung läßt man dann aus einem Tropftrichter unter häufigem Umschütteln eine durch Erwärmen verflüssigte Mischung von 50 g kristallisiertem Phenol und 5 ccm Wasser tropfenweise hinzufließen, wobei man die Temperatur stets zwischen 20—25° hält. Nachdem man das Reaktionsgemisch unter öfterem Schütteln 2 Stunden hat stehen lassen, versetzt man mit dem doppelten Volumen Wasser, läßt absitzen, gießt die wäßrige

240

Organisch-präparativer Teil

Schicht so gut als möglich von dem ö l ab, wiederholt das Auswaschen mit Wasser noch zweimal und destilliert dann mit Wasserdampf das o-Nitrophenol ab. Wie man dem Erstarren der Substanz im Kühlrohr begegnet, siehe S. 28/29. Das abgesaugte und zwischen Filtrierpapier getrocknete Präparat ist direkt rein, wo nicht, wiederholt man die Dampfdestillation. Schmelzp. 45°. Ausbeute 30 g. Die isomere, nicht flüchtige p-Verbindung wird, gleich anschließend, aus dem Rückstand über ihr Natriumsalz isoliert: Man fügt erst so lange 2 n-Natronlauge zu, bis die Reaktion auf Congopapier eben verschwunden ist, dann noch weitere 100 ccm, kocht nach Zugabe von etwas Tierkohle nochmals durch Einleiten von Wasserdampf auf, filtriert durch ein Faltenfilter und dampft auf dem Gasherd bis auf ein Volumen von etwa 100 ccm ein. Beim Erkalten soll das Natriumsalz jetzt auskristallisieren. Sollte dies bei einer Probe nicht der Fall sein, so setzt man der noch heißen Lösung 30 ccm Natronlauge 1: 1 zu und läßt dann langsam erkalten. Aus dem abgesaugten und mit 2 n-Natronlauge gewaschenen Salz scheidet man mit verdünnter Salzsäure in der Wärme das beim Erkalten kristallisierende (erst ölige) p-Nitrophenol ab, das bei ungenügender Reinheit, d. h. wenn sich eine Probe nicht aus sehr verdünnter heißer Salzsäure Umkristallisieren läßt, nochmals über das Natriumsalz gereinigt wird. Schmelzp. 114°. Ausbeute 5 —10 g. Von der Leichtigkeit, mit der Phenole nitriert werden, war schon die Rede. Der Prozeß verläuft indes auch bei Anwendung von verdünnter Salpetersäure nicht glatt, da infolge von Oxydation und von Kondensation harzige Nebenprodukte entstehen. Bessere Ergebnisse liefert die Nitrierung mit Stickstoffdioxyd in nicht wäßrigen Lösungsmitteln, wie Benzol, Petroläther (B. 54, 1776 [1921]). o- und p-Nitrophenol gehen bei weiterer Nitrierung mit stärkerer Säure in das gleiche 2 , 4 - D i n i t r o p h e n o l und schließlich in P i k r i n s ä u r e über. Hochnitrierte Benzolderivate, wie Pikrinsäure, T r i n i t r o t o l u o l lassen sich durch eine brisante Vorexplosion (Initialzündung) mit Knallquecksilber oder Bleiazid (FormelnI) zur Explosion bringen. Sie sind endothermisch, d.h. der im Molekül enthaltene Sauerstoff der Nitrogruppen kann intramolekular Kohlenstoff und Wasserstoff unter positiver Wärmetönung verbrennen. Diese innere Verbrennung ist bei der Pijtrinsäure gemäß der Gleichung: 2 C,H,0 7 N s

• 12 CO + 2 HjO + S

+ H,

eine ziemlich weitgehende. m - N i t r o p h e n o l läßt sich nicht direkt dmch Nitrierung von Phenol bereiten, da die OH-Gruppe ein Substituent 1. Ordnung ist und daher vorwiegend o- und p-Derivat liefert. Man ist auf den Umweg der Diazotierung von m-

o- und p-Nitrophenol

vi. 3

241

Nitranilin und die Umkochung des Diazoniumsalzes zum Phenol angewiesen (S. 274). m- und p-Nitrophenol sind in reinem Zustand f a r b l o s , die o-Verbindung dagegen ist g e l b . Die Salze aller drei Nitrophenole aber sind i n t e n s i v f a r b i g , und zwar in der o- und m-Reihe rotorange und gelborange, in der pReihe tiefgelb. (Anwendung von p-Nitrophenol als Indikator). Man h a t die starke Färbung der Nitrophenolsalze durch eine Umlagerung in eine das Licht kräftiger absorbierende chinoide Säureform (aci-Typus nach H a n t z s c h ) zu erklären versucht. O OH :

k / I N02 p-Nitrophenol

\ / ; 0=N—ONa p-Nitrophenolnatrium.

Dagegen sprechen jedoch verschiedene Erwägungen. Vor allem verhält sich m-Nitrophenol wie die beiden Isomeren, die Alkalisalze müßten also auch chinoid sein. m-Chinone sind aber in der ganzen aromatischen Chemie unbekannt. Ferner gibt es noch mehrfach Beispiele von Substanzen, die bei der Salzbildung eine Farbvertiefung erfahren, wo aber die Umlagerung in ein tautomeres Chinon ausgeschlossen ist. So sind die zweibasischen Salze des gelbbraunen A n t h r a h y d r o c h i n o n s tief blutrot (S. 325). OH I II Ii

> j

I i

ONa -I I

'

i OH gelbbraun

I '

I

I

i

I i

i ONa blutrot

Schließlich sind auch die Alkalisalze des einfachen Phenols tiefer farbig als das Phenol selbst. Diese Tatsache ist zwar subjektiv nicht erkennbar, jedoch durch Untersuchung der Absorption im utravioletten Licht. Dabei hat sich ergeben, daß (Jie Absorption von Phenolnatrium weit näher als die des freien Phenols an den subjektiv sichtbaren Teil des Spektrums heranrückt. Die Differenz ist so bedeutend, d a ß sie auch f ü r eine subjektiv wahrnehmbare Farbvertiefung von farblos zu gelb eine befriedigende Erklärung enthält. Wir führen also die Färbung der Nitrophenolsalze auf die „ b a t h o c h r o m e " ( = farbvertiefende) W i r k u n g d e r S a l z b i l d u n g zurück. Da o- und p-ständige Nitrogruppen die Beweglichkeit von Halogen im aromatischen Kern erhöhen (S. 108), so sind die Nitrophenole auch aus N i t r o c h l o r b e n z o l e n zugänglich. So läßt sich p-Nitro-chlorbenzol im Autoklaven G a t t e r n a n n , Praxis d. Organ. Chemikers.

30. AuB,

Organisch-präparativer Teil

242

durch Laugen spalten, das als Zwischenprodukt für Schwefelfarbstoffe wichtige 2 , 4 - D i n i t r o - p h e n o l geht schon bei milderen Bedingungen aus dem «ntsprechenden Chlorbenzol hervor.

(Durch Umsetzung mit Ammoniak entsteht p - N i t r a n i l i n . ) Im T r i n i t r o - c h l o r b e n z o l ( P i k r y l c h l o r i d ) ist das Chlor von der gleichen Beweglichkeit wie in einem Säurechlorid.

4. Die Kolbesche Salicylsäuresynthese1 13,5 g reinen Ätznatrons werden in einer Porzellan- oder zweckmäßiger in einer Nickelschale in 20 ccm Wasser gelöst und unter Umrühren allmählich mit 31 g (V3 Mol) kristallisiertem Fhenol versetzt. Man dampft dann auf dem Drahtnetz unter fortdauerndem Umrühren das Wasser ab, gegen Ende mit direkter leuchtender Flamme, die man dauernd unter der Schale hin und her bewegt. Sobald die einzelnen Teile nicht mehr zusammenbacken, pulverisiert man die Masse schnell in einer trockenen Reibschale und erhitzt das feine Pulver nochmals so lange unter gutem Umrühren in der Nickelschale, bis es staubtrocken 2 geworden ist. Es wird dann in eine tubulierte Retorte von etwa 200 ccm Inhalt eingefüllt und diese so tief wie möglich in ein Ölbad eingetaucht. Man erhitzt dieses nun auf 110° und leitet bei dieser Temperatur 1 Stunde lang trockne Kohlensäure über das Phenolnatrium (das Ende des Einleitungsrohres 1 cm über der Oberfläche des Phenolnatriums). Im Laufe von 4 Stunden steigert man unter fortwährendem Durchleiten eines nicht zu lebhaften Kohlensäurestromes die Temperatur allmählich auf 190°, so daß in jeder Stunde eine Temperaturerhöhung um etwa 20° eintritt, und erhitzt schließlich noch 1 bis 2 Stunden auf 200°. Während dieser Operation rührt man den Retorteninhalt mehrere Male mit einem Glasstab um. Nach dem Erkalten gießt mein den Retorteninhalt aus dem Tubus in ein großes Becherglas, spült mehrfach mit Wasser nach und fällt die Salicylsäure durch viel konzentrierte Salzsäure aus. Nachdem sie unter Eiskühlung kristallinisch geworden ist, saugt man ab, wäscht mit wenig Wasser und trocknet auf Ton. Wenn eine Probe J . pr. (2) 10, 89 (1874); 27, 39 (1883); 31, 397 (1885). V ö l l i g e T r o c k e n h e i t des Phenolats ist Voraussetzung für das Gelingen des Versuchs. Die Zeiteinteilung erlaubt bequem, das in der Schale getrocknete Salz vor Ausführung der Synthese über Nacht im Vakuumexsiccator über Schwefelsäure und festem Ätzkali stehenzulassen. 1

2

VI.

4

243

Die Kolbesche Salicylsäuresynthese

der feuchten Säure sich aus heißem Wasser (unter Zugabe von Entfärbungskohle) direkt rein Umkristallisieren läßt, kann man das ganze Präparat auf diese Weise reinigen. E s ist aber auch dann anzuraten, das Rohprodukt mit überhitztem Wasserdampf zu destillieren, schon um die Methode kennenzulernen. Man erhitzt es zu diesem Zweck in t r o c k n e m Z u s t a n d e in einem k u r z h a l s i g e n Kölbchen, welchcs in einem ölbade auf 170° erwärmt wird, und leitet einen nicht zu lebhaften Wasserdampfstrom von 170—180° darüber (vgl. S. 29). Die Verbindung des Kolbens mit dem Dampfüberhitzer darf erst dann hergestellt werden, wenn Ölbad und Wasserdampf die angegebene Temperatur besitzen. Verbindungsrohr und Kühlrohr müssen b e s o n d e r s weit sein. Erhitzt man die aus dem Kühlrohr entfernte Säure mit dem in der Vorlage befindlichen wäßrigen Destillate bis zur Lösung, so kristallisiert beim Erkalten eine vollkommen farblose Säure in langen Nadeln aus. Schmelzpunkt 156°. Ausbeute 10—12 g. Die erste Phase der K o l b c s c h c n R e a k t i o n verläuft analog der aus der Fettreihe bekannten Synthese von A l k y l c a r b o n a t e n aus Alkoholat und Kohlendioxyd: HSC2 • O N a +

C02

+ COz



H„C„ — O —

-*

j

|

C'/ x

ONa

\ON'a.

\ / \ / Das so gebildete Jiatrium-phenylcarbonat lagert sich dann in der Hitze um unter Einwanderung der Carboxy-natriumgruppe in den Kern O- C H

/ V x

ONa

^ ^

OH . COONa

Daneben bildet sich in untergeordneter Menge die p-Verbindung, bei Anwendung von Kaliumphenolat ist diese merkwürdigerweise das Hauptprodukt. Da bei der K o l b e s c h e n Synthese, wie sie hier ausgeführt wurde, das primäre Salicylat teilweise mit unverändertem Phenolnatrium unter Bildung des sek. Salzes reagiert, wird ein Teil des Phenols frei und aus der Reaktion ausgeschaltet. Die v o l l s t ä n d i g e Umsetzung gelingt, wenn man, Phenolnatrium nach der Methode von S c h m i t t unter C0 2 -Druck im Autoklaven längere Zeit auf etwa 150° erhitzt (technisches Verfahren). Bei m e h r w e r t i g e n Phenolen gelingt die Carbonsäuresynthese schon in w ä ß r i g e r Lösung. o - und p - O x y c a r b o n s ä u r e n spalten beim Erhitzen auf höhere Temperatur C 0 2 ab, und zwar steigert sich die Leichtigkeit mit der Anzahl der OHGruppen (Darstellung von Pyrogallol aus G a l l u s s ä u r e ) . 16*

Organisch-präparativer Teil

244

Wie wird m - O x y b e n z o e s ä u r e dargestellt? Reduktion der zu P i m e l i n s ä u r e (Einhorn).

Salicylsäure

Versuch: Eine wäßrige Lösung von Salicylsäure versetzt man mit einigen Tropfen Eisen (III) -chloridlösung. Man erhält die für Phenole charakteristische Farbreaktion. S a l i c y l s ä u r e wird in großen Mengen technisch gewonnen. Sie dient in der Farbstoifindustrie zur Darstellung wertvoller Azofarbstoffe, die, teilweise auf gebeizter Faser aufgefärbt, durch große Echtheit ausgezeichnet sind. Außerdem finden die Säure und ihre Derivate eine ausgedehnte pharmazeutische Verwendung. Als Phenolcarbonsäure wirkt sie stark desinfizierend (Konservierungsmittel). Daneben hat sie sich als wichtiges antirheumatisches Mittel und als Analgetikum bewährt. Besonders populär ist die am Phenolhydroxyl acetylierte Verbindung (Aspirin) geworden. Das erste Medikament der Reihe war der als Nebenprodukt beim technischen Verfahren entstehende Phenylester der Salicylsäure, das S a l o l . Salicylaldehyd wurde oben präparativ dargestellt (S. 230)./OH OH (1) Der Alkohol S a l i g e n i n

^2)

' m Glucosid S a l i c i n in der

Weide (salix) enthalten.

5. Synthese eines ß-Ketonsäureesters.

Acetessigester 1

Für das sicherc Gelingen dieses Präparates ist die Beschaffenheit des angewandten Essigesters von großer Bedeutung, da vollkommen alkoholfreier Essigester selbst beim Erwärmen nur langsam von Natrium angegriffen wird, während anderseits stark alkoholhaltiger zwar leicht mit dem Natrium reagiert, jedoch wechselnde und zum Teil geringe Ausbeuten an Acetessigester liefert. Der präparativ gewonnene Essigester (S. 142) enthält noch zu viel Alkohol und wird von diesem befreit durch 2 stündiges Stehenlassen über gekörntem Calciumchlorid. Die abgegossene oder abfiltriertc Flüssigkeit destilliert man kurz vor dem Gebrauch nochmals über wenig Calciumchlorid auf dem Wasserbad ab. Der vorher gut getrocknete Kühler ist durch einen Kork mit der Vorlage (Saugflaschc) verbunden. Man preßt 26 g von Krusten befreites Natrium durch die Natriumpresse in absoluten Äther und bringt den Draht ohne weiteres in 250 g des vorbereiteten Essigesters, die sich in einem Literkolben befinden; auf ihn wird alsbald ein schräg gerichteter Rückflußkühler aufgesetzt. War der Essigester richtig behandelt, so darf er hierbei 1

Die theoretischen Erläuterungen zu den Präparaten 5—8 finden sich zusammengefaßt auf S. 250 u. f.

VI, 6

Acetylaceton

245

nicht sofort stürmisch aufsieden, vielmehr tritt erst allmählich Wasserstoffentwicklung und dann gelindes Sieden ein. Nach 10 Minuten bringt man den Kolben in ein schwach angeheiztes Ölbad, dessen Temperatur man so reguliert, daß der Essigester nur mäßig siedet, und erhitzt das Reaktionsgemisch so lange, bis alles Natrium gelöst ist, was etwa 3 Stunden Zeit erfordert. Allzulanges Kochen schädigt die Ausbeute. Man beendigt den Prozeß unbeschadet k l e i n e r Natriumreste möglichst frühzeitig. Die warme Flüssigkeit versetzt man unter stetem Umschütteln so lange mit einer Mischung von 70ccm Eisessig und 80 ccm Wasser, bis sie eben s a u e r reagiert. Man fügt dann zu der Flüssigkeit das gleiche Volumen kalt gesättigter Kochsalzlösung und trennt die untere wäßrige Schicht von der oberen, aus Essigester und Acetcssigester bestehenden, durch Ablassen im Scheidetrichter. Man schüttelt nochmals mit wenig kalt gesättigter Bicarbonatlösung durch, läßt diese ab, und destilliert jetzt den überschüssigen Essigester aus einem mit Thermometer und absteigendem Kühler verbundenen Kolben mit rußender Flamme ohne Anwendung eines Drahtnetzes ab. Sobald das Thermometer 95° anzeigt, hört man mit dem Erhitzen auf und unterwirft den Rückstand der Destillation im Vakuum unter Benutzung eines kleinen Wasserkühlers und (zweckmäßig) der in Fig. 16 oder 17 abgebildeten Vorlage. Das Erhitzen geschieht bei einem Druck unterhalb 16 mm im Wasser-, sonst im öl- oder Paraffinbad. Nachdem geringe Mengen von Essigester und Wasser übergegangen sind, wird die Temperatur bald konstant, und die Hauptmenge des Acetessigesters geht innerhalb eines Grades über. Siedepunkte für verschiedene Drucke: 71°/12,5mm, 74°/14mni, 79°/18 mm, 88°/29 mm, 94°/45 mm, 97°/69mm, 100°/80mm.

Die Ausbeute beträgt 55 bis 60 g Acetessigester. Im Kolben bleibt ein beim Erkalten kristallisierender Körper: Dehydracetsäure. Formel ? Die einzelnen Operationen sollen ohne längere Unterbrechung nacheinander ausgeführt werden, weil sonst die Ausbeute leidet. 6. Acetylaceton 1 In die Mischung von 120 ccm Essigester (wie zur Darstellung von Acetessigester gereinigt) und 32 ccm trocknen Acetons trägt man unter Kühlung im Kältegemisch 34 g fein gepulvertes Natriumamid2 — 1

L. C i a i s e n , B. 38, 695 (1905). Das Pulvern muß möglichst rasch, am besten in einem Metallmörser, ausgeführt werden (Schutzbrille I). Die Qualität des Natriumamids ist entscheidend für die Ausbeute. 2

246

Organisch-präparativcr Teil

das unter Verschluß steht — nach und nach ein. Der Kolben trägt einen mit CaCl2-Rohr versehenen Kork- oder Gummistopfen. Es entwickelt sich alsbald kräftig Ammoniak. Nachdem alles Natriumamid eingetragen ist, läßt man unter häufigem Umschütteln noch 2 Stunden in Eiswasser und weitere 12 Stunden bei Raumtemperatur stehen, setzt dann etwa 100 g Eis und hernach ebensoviel kaltes Wasser zu, trennt die wäßrige Schicht von dem übrig gebliebenen Essigester und säuert bis eben zum Verschwinden der alkalischen Reaktion mit verd. Essigsäure an. Aus dieser Lösung wird das Acetylaceton mit gesättigter wäßriger Kupferacetatlösung als Kupfersalz gefällt. 40 g Kupjeracetat werden, fein gepulvert, in der nötigen Menge siedenden Wassers gelöst. Wenn das Präparat basisches Salz enthält, fügt man kleine Mengen Essigsäure zu. Die Lösung verwendet man noch lauwarm, che das Salz wieder auskristallisiert. Das blaugraue Acetylaceton-Kupfer wird nach einigen Stunden scharf abgesaugt, zweimal mit Wasser gewaschcn, von der Nutsche direkt in einen Scheidetrichter gebracht und in ihm unter Äther durch anhaltendes Schütteln mit 50 ccm 4 n-Schwefelsänre zerlegt. Nach dem Abtrennen der Ätherlösung äthert man die saure Schicht nach, trocknet die vereinigten Auszüge mit Calciumchlorid und bringt das Diketon nach Wegdampfen des Äthers zur Destillation. Die Hauptmenge geht zuerst bei 125—140°, bei der Wiederholung der Destillation bei 135—140° über. Der Siedepunkt des ganz reinen Diketons liegt bei 139°. Ausbeute 15—20 g. Ein reines und auch haltbares Präparat gewinnt man durch Destillation der Substanz bei einem Unterdruck von etwa 50 mm. Versuch: Die wäßrige Lösung von einigen Tropfen Acetylaceton versetzt man mit e i n e m Tropfen Eisen (III) -chloridlösitng. Charakteristische E n o l r e a k t i o n . Läßt man nun zu der mit Eis gekühlten Lösung ziemlich rasch verdünntes Bromwasser fließen, so verschwindet die rote Farbe des Eisenenolats für kurze Zeit, um dann rasch wiederzukehren. B e n z o y l a c e t o n C 6 H S • CO • CH 2 • CO • CH3 wird auf analoge Weise nach der Vorschrift von C i a i s e n , B . 38, 695 (1905) aus Acetophenon und Essigester dargestellt. Ausbeute bis zu 75 Proz. der Theorie. Auch der umgekehrte, billigere Weg der Umsetzung von Benzoesäureester mit Aceton, für den die Kondensation mit Natrium und Natriumäthylat versagt, führt bei Anwendung von Natriumamid zum Ziel. Allgemein ist Natriumamid bei der Synthese von 1,3Diketonen vorzuziehen.

VI, 7

Malonsäure-diäthylester

247

7. Malonsäure-diäthylester In einer geräumigen Porzellanschale werden 95 g (1 Mol) Monochloressigsaure in 200 ccm Wasser gelöst und unter gelindem Erwärmen (auf 50°) mit festem, trocknem kohlensaurem Kali neutralisiert, wozu 75 g dieses Salzes erforderlich sind. Man fügt dann 55 g fein pulverisiertes, reines Natriumcyanid (oder 70 g KCN) hinzu und steigert unter gutem Umrühren die Temperatur sehr a l l m ä h l i c h durch Erwärmen auf einem Sandbade oder einem Asbestteller (alles unter dem Abzüge ausführen). Nachdem unter lebhaftem Aufsieden die Bildung der Cyanessigsäure vor sich gegangen ist, dampft man das Reaktionsgemisch unter Umrühren mit dem Thermometer auf einem Gasherd so weit ein, bis ein in die zähflüssige bräunliche Salzmasse eintauchendes Thermometer 135° zeigt. Man läßt dann erkalten, rührt jedoch auch während des Abkühlens noch mit einem Spatel um, da das Produkt sonst zu einer harten, kaum pulverisierbaren Masse zusammenbackt. Es wird dann schnell in einer großen Reibschale gut zerkleinert und in einem mit Rückflußkühler verbundenen Kolben von etwa 1 Liter Inhalt unter gutem Umschütteln zuerst mit 50 ccm absoluten Alkohols und dann mit der erkalteten Mischung von 200 ccm absoluten Alkohols und 150 ccm konz. Schwefelsäure allmählich versetzt. Man erwärmt nun die breiige Masse unter öfterem Umschütteln zwei Stunden auf einem Wasserbad (Abzug), kühlt dann gut ab und versetzt, wieder unter Umschütteln, mit 400 ccm Wasser. Nachdem man das ungelöste Salz an der Saugpumpe abgesaugt und auf dem Filter mehrmals mit Äther gewaschen hat, schüttelt man das wäßrige Filtrat mit diesem und hernach noch zweimal mit neuem Äther tüchtig aus. Der gesamte Ätherauszug wird darauf mit einer konzentrierten wäßrigen Sodalösung so lange durchgeschüttelt ( S c h e i d e t r i c h t e r h i e r b e i a n f a n g s der s t a r k e n G a s e n t w i c k l u n g wegen n i c h t verschlossen), bis er nicht mehr sauer reagiert, und dann mit geglühtem Natriumsulfat getrocknet, worauf man nach dem Verdampfen des Äthers den zurückgebliebenen Malonester rektifiziert. Siedep. 195°. Ausbeute 90—100 g. Ä t h y l m a l o n e s t e r . In einem mit gut wirkendem Rückflußkühler verbundenen kleinen Kolben löst man 4,6 g Natrium in 75 ccm absoluten Alkohols auf, versetzt die erkaltete Lösung allmählich mit 33 g Malonsäureester (Abscheidung von Natriummalonester) und fügt unter Umschütteln in kleinen Anteilen 25 g Äthylbromid oder 35 g Äthyljodid hinzu. Man erwärmt dann auf dem Wasserbad, bis die Flüssigkeit nicht mehr alkalisch reagiert, was nach ein- bis zweistündigem Er-

248

Organisch-präparativer Teil

hitzen erreicht ist, destilliert den Alkohol im Vakuum aus einem Wasserbad von 40—50° ab und nimmt aus dem Rückstand den Ester mit Äther auf (2- bis 3mal extrahieren). Nach dem Verdampfen des Äthers destilliert man das Rohprodukt. Siedep. 206—208°. Ausbeute rund 30 g. Ä t h y l m a l o n s ä u r e . Die erkaltete Lösung von 15g Ätzkali in 12 ccm Wasser wird .in einem kleinen, mit Rückflußkühler versehenen Rundkolben unter Umschütteln nach und nach mit 19 g Äthylmalonesler versetzt. Die anfangs entstehende Emulsion erstarrt bald zu einer festen Masse von Kalium-äthylmalonester, und wenn man jetzt auf dem schwach siedenden Wasserbad mäßig erwärmt, setzt die Verseifungsreaktion unter starker Selbsterwärmung ein. Man setzt das Erhitzen noch so lange fort, bis die ölschicht verschwunden ist, läßt erkalten, schüttelt das — häufig kristallisierende — Reaktionsgemisch im Kolben zur Entfernung von etwa nicht verseiften Esterresten zweimal mit Äther durch (Gummistopfen aufsetzen!), den man einfach abgießt. Dann säuert man unter Eiskühlung mit Salzsäure (26 ccm konz. 1,18 + 25 ccm Wasser) an'(Kongopapier!) und schüttelt die Lösung im Scheidetrichter fünfmal mit je 25 ccm Äther aus, den man mit Natriumsulfat trocknet. Nach dem Verdampfen des Äthers bringt man den Rückstand durch Abkühlen und Reiben zur Kristallisation. Man kann die Äthylmalonsäure aus Benzol Umkristallisieren (Probe), zur Überführung in Buttersäure ist dies nicht erforderlich, Schmelzp. 111°. Ausbeute 12 g. B u t t e r s ä u r e a u s Ä t h y l m a l o n s ä u r e . Die Äthylmalonsäure wird in einem kleinen Fraktionierkolben, dessen möglichst langes Kondensationsrohr schräg nach oben gestellt ist, während das Thermometerrohr verkorkt ist, in einem ölbade so lange auf 180° erhitzt, bis sich keine Kohlensäure mehr entwickelt, was nach 1/2 Stunde erreicht ist. Den Rückstand unterwirft man dann aus dem gleichen Kolben in üblicher Weise der Destillation, wobei die Buttersäure zwischen 162—163° übergeht. Ausbeute 80 bis 90 Proz. der Theorie. Durch Umsetzung von Natriummalonester mit der äquivalenten Menge (genau 1 Mol) B e n z y l c h l o r i d gelangt man in analoger Weise zum B e n z y l m a l o n e s t e r und schließlich zur H y d r o z i m t s ä u r e .

VI, 8

Phenylnitromethan

249

8. Phenylnitromethan 1 a) flCi-Phenyl-nitroacetonitril-natrium C„H5 • C. CN II NOONa 8 g Natrium werden in 120 ccm absolut. Alkohols in einem Rundkolben von 500 ccm Inhalt gelöst. In diese Lösung läßt man, unbeschadet einer Abscheidung von Äthylat, unter Wasserkühlung das Gemisch von 36 g Benzylcyanid (S. 138) und 32 g Äthylnitrat (S. 149) nach und nach einlaufen. Das in der Überschrift formulierte Salz scheidet sich allmählich in kaum gefärbten Kristallen ab; man läßt zur Beendigung der Reaktion noch eine Stunde ohne Kühlung, aber unter Ausschluß von Wasser stehen, saugt dann ab und wäscht den Salzniederschlag zuerst mit Alkohol-Äther (1: 1), dann mit Äther allein. Ausbeute 40—45 g. Eine Probe des Salzes gibt in alkoholischer Lösung mit Eisen (III) chlorid eine intensive olivgrüne Farbreaktion. b) V e r s e i f u n g z u a c j - P h e n y l n i t r o m e t h a n - n a t r i u m Das erhaltene Natriumsalz (etwa 40 g) wird im offenen Rundkolben auf dem Babotrichter mit 600 ccm 2 n-Natronlauge zu gelindem Sieden gebracht. Die Lösung konzentriert sich allmählich und es entwickeln sich große Mengen von Ammoniak. Wenn die NH 3 -Entwicklung aufgehört hat, ist die Spaltung beendet. Häufig beginnt das in überschüssiger Lauge schwer lösliche Natriumsalz des aci-Phenylnitromethans schon in der Hitze auszukristallisieren. Wenn dies vor Beendigung des Prozesses eintritt, setzt man bis zur Lösung heißes Wasser zu und kocht weiter, bis sich kein Ammoniak mehr verflüchtigt. Dann läßt man erkalten und säuert u n t e r g u t e r E i s k ü h l u n g und stetem Umschütteln mit etwa 220 ccm starker Salzsäure (110 ccm konz. + 110 ccm Wasser) an, bis zur deutlichen Kongoreaktion und vollständigen Ausfällung des in Flocken herauskommenden aci-Nitrokörpers. Es entweicht massenhaft Kohlendioxyd. Das Reaktionsgemisch bleibt nun über Nacht stehen, damit die empfindliche aci-Verbindung Zeit hat, sich in das stabile Phenylnitromethan umzulagern. Am andern Morgen äthert man erschöpfend aus, schüttelt die Ätherlösung mit Sodalösung durch, dampft den Äther, ohne ihn zu trocknen, ab und treibt den Rückstand mit Wasserdampf über. Das Destillat wird wiederum in Äther aufgenommen, dieser mit Calciumchlorid getrocknet und der Inhalt der Lösung nach dem Abdampfen 1

W. Wislicenus u. A. Endres, B. 35, 1767 (1902).

250

Organisch-präparativer Teil

des Äthers auf dem Wasserbad im Vakuum destilliert. Das Phenylnitromethan geht unter 16 mm Druck bei 118—119° als hellgelbes ö l über. Ausbeute 14—18 g, durchschnittlich 50 Proz. der Theorie. Über K e t o - E n o l - T a u t o m e r i e Die einfachen Aldehyde und Ketone sind uns als freie Verbindungen und in ihren Reaktionen im allgemeinen nur in der Aldo- und Ketoform bekannt. E r l e n m e y e r h a t die Regel aufgestellt, daß die isomere Struktur des Enols, wie sie z. B. bei der Bildung von Acetaldehyd aus Glykol zuerst auftreten sollte: CHq CH« _ CH, = CH I I I . OH OH OH in keinem Fall existenzfähig sei. Diese Regel hat sich, namentlich unter der Wirkung der Arbeiten von C i a i s e n , als irrtümlich erwiesen. Wir wissen heute, d a ß schon einfache Aldehyde und Ketone eine nachweisbare Neigung zeigen, unter Wanderung eines H-Atoms und gleichzeitiger Verschiebung der Doppelbindung sich zu „ e n o l i s i e r e n " . So h a t man feststellen können, daß bei der B r o m i e r u n g des A c e t o n s , die sich als monomolekulare Reaktion erwiesen hat, nicht die normale Ketoform in Reaktion tritt, sondern die tautomere E n o l f o r m , die in unmeßbar geringer Konzentration im Gleichgewicht vorhanden ist und sich nach der Umsetzung alsbald wieder nachbildet. Der monomolekulare Charakter der Reaktion ergibt sich daraus, daß der zeitliche Verlauf dieser Umlagerung (I) gemessen wird, während die Reaktion des Enols mit Brom (II) mit unmeßbar großer Geschwindigkeit vor sich geht ( L a p w o r t h ) . Wir haben also die Gleichungen: CH, . CO • CH, • CH, • C = CH 2 CH, • CBr — CH 2 Br —HRr^ CH, • CO • CH 2 Br . Es sei hier erwähnt, daß Aceton und auch Acetaldehyd bei Ausschluß von Wasser durch metallisches Natrium (unter Wasserstoffentwicklung), oder hesser durch Natriumamid in die sehr reaktionsfähigen „ E n o l a t e " , z. B.: CH2 — C CHg ÖNa umgewandelt werden. Die Beweglichkeit eines an dem der C = O-Gruppe benachbarten C-Atom haftenden Wasserstoffatoms, die die Voraussetzung für den Übergang in die Enolform bildet, wächst nun, wenn an diesem selben C-Atom noch weitere a k t i v i e r e n d e , das sind im allgemeinen u n g e s ä t t i g t e Gruppen haften. Dieser Fall liegt vor im A c e t e s s i g e s t e r , in dem die Gruppe — COOR diesen Einfluß ausübt. D e r M e c h a n i s m u s d e r A c e t e s s i g e s t e r - S y n t h e s e . Ehe die Tautomerieverhältnisse beim Acetessigester besprochen werden, ist der Mecha-

VI, 5-8

251

Acetessigester-Synthese

nismus seiner Bildungsreaktion kurz zu erörtern, der jahrzehntelang eifrig diskutiert wurde. Das der Reaktion zugrundeliegende Prinzip ist wohl das der A l d o l - K o n d e n s a t i o n . Wie sich dabei eine reaktive Methylgruppe an Carbonyl anlagert, so wird auch im Falle des Essigesters grundsätzlich eine Anlagerung im Sinne der Gleichung OR OR [ I R0 2 C — C H j + C — CH 3 • R0 2 C — CH 2 — C — CH 3 II I Q OH zu diskutieren sein. Allerdings verlangt hier die gegenüber Aldehyden und Ketonen stark verminderte Reaktionsfähigkeit von Carbonyl wie Methyl die Beteiligung von Alkalimetall, das den Ester unter Wasserstoffentwicklung in ein E n o l a t , z.B. RO — C = CH a überführen kann. I ONa Man nimmt nun an, daß dieses Enolat nicht nur nach I TRO — C = C H j l - - j - N a + , sondern auch nach II [RO —C — C H 2 ] ~ + Na I

+

I i

O O dissoziieren kann und daß von der „ m e s o m e r e n " Form II aus die Anlagerung erfolgt. In der Sprache der klassischen Valenztheorie bedeutet das: Das Estercnolat ist tautomer mit der mctallorganischen Verbindung RO — C — CH 2 RO — C — CHjNa I II ONa O und diese ist zur Anlagerung an die CO-Gruppe der zweiten Estermolekel befähigt. Unter Abspaltung von Alkohol bildet sich dann A c e t e s s i g e s t e r natrium: OR I ROjC — CH 2 — C — CH 3 - R0 2 C — CH = C — CH 3 . ONa ONa Diese Betrachtung des Reaktionsverlaufs h a t gegenüber anderen Theorien den Vorteil, daß sie auch Esterkondensationen mit einem nicht enolisierbaren Reaktionspartner zu erklären vermag, so z. B. die Kondensation von F l u o r e n mit O x a l e s t e r : CO • COjR I /CH2 ^yy^yCH

0

I

l + R O C>— C¿O R

=



| |

| |

Eine ausführliche Diskussion dieser Verhältnisse auf elektronen-theoretischer Grundlage findet sich bei B. E i s t e r t , T a u t o m e r i e und M e s o m e r i e . Sammlung ehem. u. chem.-techn. Vorträge, Verlag F. Enke, 1938.

252

Organisch-präparativer Teil

Die Kondensation zwischen Säureestern und Ketonen verläuft in derselben Weise. Aus 2 Mol Ester entstehen allgemein ß - K e t o s ä u r e e s t e r , aus Ester und Keton ß - D i k e t o n e . Die Anwendung von Ameisensäureester führt, sei es mit einem anderen Ester, sei es mit Keton, zu O x y m e t h y l e n v e r b i n d u n g e n : H + Na H C 6 H s • CO — C H 3 + C • OR > C,H 5 • CO • CH 2 • C • OR + H Ö ÖNa — HÖR H > C e H s • CO • CH = C — ONa. Oxymethylenacetophenon-natrium Die Neigung zur Enolisation ist bei der ß-ständigen Formylgruppe besonders stark ausgeprägt. Die i n t r a m o l e k u l a r e K o n d e n s a t i o n von Dicarbonsäureestern ergibt in der Reihe der Adipin- und Pimelinsäure c y c l i s c h e ß - K e t o c a r b o n s ä u r e ester (Dieckmann): CH 2 CH 2 / \ / \ / \ / \ CH2 C H j CH2 CHg I | , | | 4-ROH. CH 2 COOR CH — C O \ COOR Adipinsäureester

COOR Cyclopentanoncarbonsäureester

Bernsteinsäureester kondensiert sich zu S u c c i n y l o b e r n s t e i n s ä u r e e s t e r (l,4-Diketohexamethylcn-2,6-dicarbonester). Man unterrichte sich über die auf dieser Synthese aufgebauten Arbeiten B a e y e r s über die h y d r i e r t e n Benzole. Es sind nicht nur die Ester organischer Säuren, die sich mit den Enolaten von Ketonen und Säureestern nach Art der „Acetessigestersynthese" vereinigen, auch die Ester der s a l p e t r i g e n S ä u r e und der S a l p e t e r s ä u r e schließen sich an. Der Vorgang, der zu I s o n i t r o s o - und a c i - N i t r o v e r b i n d u n g e n führt, liefert grundsätzlich gleichartige Produkte: R • CO • CH 3 + N • OC 2 H 5 N a 0 5 . R • CO • CH 2 • N • OC 2 H 5 Ö ÖNa > R • CO • CH = N + HOC s H 5 ÖNa Die Kondensation der Alkylnitrite und -nitrate ist allerdings nicht so allgemein durchführbar, wie die eigentliche Acetessigestarrjaktion. Die oben aufgeführte Synthese des a c i - N i t r o b e n z y l c y a n i d n a t r i u m s bildet ein präparatives Beispiel f ü r diese Reaktion. Die CH 2 -Gruppe des Benzylcyanids ist durch die Nachbarschaft von C,H t und CN „reaktiv" geworden. Die K o n s t i t u t i o n der ß - K e t o c a r b o n s ä u r e e s t e r u n d der ß-Dik e t o n e . Wir wählen als Beispiel den A c e t e s s i g e s t e r . E r reagiert mit Phenylhydrazin, Bisulfit und anderen Ketonreagenzien, wie ein Keton; auf

VI, 5-8

253

Keto-Enol-Tautomerie

der andern Seite zeigt er saure Reaktion, löst sich in Alkalien, und gibt mit Ferrichlorid die auch für die Phenole charakteristische Farbreaktion der Enole. Aus diesem zwiespältigen Verhalten zog man früher den Schluß, daß er entweder reines Keton oder reines Enol sei und daß die andersartige Reaktionsweise auf eine Umlagerung durch das Reagenz zurückzuführen sei. Erst die quantitative Erforschung der Strukturverhältnisse hat den - wahren Sachverhalt klargelegt (K. H. M e y e r , L. K n o r r 1911). Acetessigester nimmt in der Kälte eine b e g r e n z t e Menge Brom auf, eine Reaktion, die, wie oben beim Aceton erörtert, nur der Enolform zukommt. Man kann daher unter geeigneten Bedingungen mit einer eingestellten Bromlösung die im Acetessigester enthaltene Enolmenge quantitativ erfassen. Eine dermaßen austitrierte Lösung verbraucht nach kurzer Zeit erneut Brom, d. h. es h a t sich dann in ihr frisches Enol nachgebildet. Daraus geht hervor, daß sich in einer Lösung von Acetessigester K e t o - und E n o l f o r m im g e g e n s e i t i g e n Gleichg e w i c h t befinden. Die Einstellung dieses Gleichgewichts erfolgt unter den Arbeitsbedingungen der Bromtitration so langsam, daß die Genauigkeit der Methode nicht merkbar gestört wird.

Versuch: Man löse'etwa V 2 c c m Acetessigester unter Schütteln in der nötigen Menge Wasser, füge einige Tropfen Eisenchloridlösung hinzu und lasse nun in der Kälte aus einem Tropfrohr so lange verdünntes Bromwasser (1: 10) ziemlich rasch zutropfen, bis die rote Färbung des Ferri-enolats verschwunden ist. Das Enol ist jetzt vom Brom vollständig aufgebraucht; da es sich aber zur Herstellung des Gleichgewichts wieder von neuem bildet, so tritt nach kurzer Zeit die Färbung erneut auf und kann alsbald durch einige Tropfen Brom wieder zum Verschwinden gebracht werden. Das Spiel läßt sich so lange wiederholen, bis aller Acetessigester in Bromacetessigester umgewandelt ist. Dieser Versuch erlaubt die subjektive Wahrnehmung der Keto-Enolumlagerung. Das Verhältnis, in dem Keto- und Enolform sich im Gleichgewicht befinden, ist in hohem Maße von der N a t u r d e s L ö s u n g s m i t t e l s abhängig. Die nachstehende Tabelle gibt für den Acetessigester darüber Auskunft: Lösungsmittel Wasser . . . Äthylalkohol. Eisessig Benzol Petroläther

Proz. Enol 0,4 12,0 5,7 16,2

46,4

Zwischen der Beteiligung tautomerer Stoffe am Gleichgewicht und ihrer Löslichkeit im betreffenden Lösungsmittel bestehen wichtige Beziehungen, die sich allgemein durch die einfache Formel:

Organisch-präparativer Teil

254

ausdrücken lassen (v'an't H o f f , D i m r o t h ) . C sind die Konzentrationen, L die Löslichkeiten der beiden Isomeren a und b, G ist eine vom Lösungsmitte) unabhängige Konstante. Auf den Fall des Acetessigesters übertragen, wird also im Hinblick auf die Tabelle der Ketoester in Wasser, der Enolester in Petroläther leichter löslich sein, was mit den Tatsachen übereinstimmt. Der flüssige Acetessigester besteht zu 92,6% aus Keton und zu 7,6% aus Enol. Das frisch destillierte Präparat ist erheblich enolreicher, da der Enolester wegen seines tieferen Siedepunktes vorher absiedet und in der Flüssigkeit wieder nachgebildet wird.

Versuch: Man löst 2,5 g Acetessigester in 20 ccm n-Lauge, kühlt in Eis auf 0° ab und fügt unter Umschütteln 20 ccm gekühlte n-Salzsäure auf einmal hinzu. Es bildet sich eine milchig getrübte Lösung, die jedoch schon nach wenigen Sekunden klar wird. Das in Wasser schwerer lösliche Enol ist anfangs zur Ausscheidung gekommen, hat sich aber, wie es die Gleichgewichtslage im Wasser verlangt, sehr rasch und fast vollständig in das lcichter lösliche K e t o n umgelagert. Die „ B r o m m e t h o d e " von K . H. M e y e r 1 erlaubt in fast allen Fällen den Enolgehalt in Lösungen tautomerer Substanzen zu bestimmen. Auf verschiedenen Wegen, auf die hier nicht näher eingegangen werden kann, ist es gelungen, K e t o - und E n o l a c e t e s s i g e s t e r , beide in reinem Zustand, darzustellen ( K n o r r , K . H. M e y e r ) . Ihre physikalischen Konstanten sind durchaus verschieden, so beispielsweise der Brechungsexponent, der für den Ketoester für D 1 0 ' 1,4226, für den Enolester 1,4480 beträgt. Durch Bestimmung der Brechungsexponenten von Gleichgewichtsgemischen läßt sich durch Interpolation der Gehalt an beiden Formen berechnen ( K n o r r 1911). Auch auf spektroskopischem Wege sind damit übereinstimmende Ergebnisse erhalten worden ( H a n t z s c h 1910). Ob die beiden Formen einer tautomeren Substanz, jede für sich, in freiem Zustand isolierbar sind, hängt in erster Linie von der Umlagerungsgeschwindigkeit der labileren ab. Beim unsymmetrischen D i b e n z o y l a c e t o n hat man zuerst Keto-, sowie Enolverbindung in haltbarer, kristallisierter Form zu isolieren vermocht ( C i a i s e n 1896): (C e H 5 CO) 2 : CH • CO • CH S und (C e H 5 CO) 2 : C = C — CH a . OH Der Begriff der Tautomerie hat sich für derartige, lediglich durch den Erfolg der Experimentierkunst herausgehobene Fälle, zu d e m d e r , , D e s m o t r o p i e " umgestaltet. Zahlreiche Beispiele von desmotropen Substanzen, die demnach nur in prägnanterer Gestalt ihre Tautomerieverhältnisse zum Ausdruck bringen, sind mittlerweile bekannt geworden; zu ihnen gehört auch der Acetessigester. Ganz ähnliche Verhältnisse liegen beim A c e t y l a c e t o n vor, nur ist hier die Enolform viel mehr begünstigt. Das flüssige Präparat besteht zu 80 Proz. aus Enol. 1

A. 380, 212 (1911).

VI, 5-8

Keto-Enol-Tautomerie

255

I m B e n z o y l - a c e t y l a c e t o n t r i t t das Enolisationsbestreben so stark bervor, daß dieser Stoff überhaupt n u r als Enol existiert. Die Ketoform ist unbekannt. C 6 H 5 • CO • C = C — CH 3 ! I HjC — CO OH. Ebensowenig wie hier k a n n beim P h e n o l von einer eigentlichen Tautomerie die Rede sein. Das Phenol schließt sich in seinem chemischen Verhalten in jeder Hinsicht den aliphatischen Enolen an. W i r erinnern n u r a n die Übereinstimmung im Säurecharakter, in der Farbreaktion mit Eisenchlorid, ferner an die gleichlaufenden, durch die „ A k t i v i t ä t " der Doppelbindung verursachten Reaktionen m i t Halogen, mit salpetriger Säure, mit aromatischen Diazoverbindungen (Kuppelung). Die „ E n o l n a t u r " des Phenols bildet einen schönen Beleg für unsere Auffassung von der Konstitution des Benzols im Sinne der K c k u l ö - T h i e l e s c h e n Formel, indem sie das Bestreben des Ringes zum Ausdruck bringt, den energieärmsten „ a r o m a t i s c h e n " Zustand aufrechtzuerhalten. Die Kenntnis des noch nicht dargestellten, der hypothetischen Ketoform des Phenols (A) zu vergleichenden aliphatischen Ketons (£) wäre in diesem Zusammenhang von Interesse. CO CO / \ / \ / \ / \ CH CH2 CH CH a A I| | Ii || | CH CH CH, CH = CH, CH Mit der Tautomerie der Ketone u n d Aldehyde ist die der a l i p h a t i s c h e n N i t r o v e r b i n d u n g e n aufs engste verwandt. Auch hier steht einer neutralen Form eine solche mit Säurenatur, die sog. a c j - F o r m , gegenüber ( H a n t z s c h ) : — C = 0 0 = N = 0 I I —C—H —C—H I I Keton echter Nitrokörper — C — OH 0 = N —OH II II — C —c I I Enol aci-Nitrokörper In bezug auf die Eigenschaften, die Umlagerungserscheinungen u n d die Reaktionsverhältnisse k a n n einfach auf das bei den Keto-enolen Gesagte verwiesen werden. Die Brommethode h a t auch hier die Gleichgewichte quantitativ zu erfassen erlaubt. D a s zuerst b e k a n n t gewordene, wichtigste Beispiel der Desmotropie liegt beim P h e n y l n i t r o m e t h a n vor, d a s als stabiler neutraler Nitroköiper (öl) und als labile kristallisierte aci-Nitroverbindung existiert (Hantzsch). C . H j • C H , • N 0 2 u n d C,H 6 • CH = N O O H .

256

Organisch-präparativer Teil

Versuch: Man schüttelt etwa 2—3g Phenylnitromethan mit 15 ccm 2 n-Natronlauge in einem weiten Reagenzglas. Der neutrale Nitrokörper wird in der Kälte infolge seiner geringen Löslichkeit in Wasser nur ganz langsam umgelagert, d. h. gelöst. (In alkoholischer Lösung verläuft die Salzbildung sehr rasch.) Durch Erhitzen bringt man das öl in kurzer Zeit zur Lösung. Ist dies geschehen, so kühlt man ab, fügt zu der alkalischen Lösung in einem kleinen Becherglas einige Stückchen Eis und versetzt auf einmal mit 20 ccm 2 n-Schwefelsäure. Das freie aci-Phenylnüromethan scheidet sich in farblosen kristallinischen Flocken aus, die man sofort absaugt, mit Wasser wäscht und auf Ton abpreßt. Bei raschem Arbeiten kann man einen Teil des Präparates aus Leichtbenzin (unter Zugabe von einigen Kömchen Calciumchlorid) Umkristallisieren. Eine kleine Probe löst man in wenig Alkohol und fügt einen Tropfen FeCl3-Lösung hinzu. Eine zweite, größere versetzt man unter Kühlung mit einigen Tropfen kalter alkoholischer Bromlösung; das Brom wird entfärbt. Die gleichen Reaktionen verlaufen bei dem als Präparat dargestellten Phenylnitromethan negativ. Den Rest der ««'-Nitroverbindung läßt man, in Alkohol gelöst, über Nacht stehen. Die Lösung nimmt jetzt weder Brom auf, noch zeigt sie die Farbreaktion mit Eisenchlorid. Wenn man einige Körnchen auf einem Uhrglas gelassen hat, findet man sie am andern Tag in ein öl umgewandelt. Wie man siebt, ist die aci-Form des Phenylnitromethans nur wegen ihrer kleinen Umlagerungsgesch windigkeit vorübergehend faßbar; im Gleichgewicht hat sie keinen Bestand.

Die Anwendung von A c e t e s s i g e s t e r und M a l o n e s t e r für S y n t h e s e n Der freie Malonester besitzt die Konstitution, die der üblichen Formel OR entspricht; für die Existenz einer Enolform ROOC — CH = sind keine Anzeichen vorhanden. Jedoch bildet sich bei Einwirkung von Natrium auf die ätherische Lösung unter Wasserstoffentwicklung der sog. N a t r i u m m a l o n e s t e r , das Enolat obiger tautomerer Form, das auch schon aus dem Ester und Alknholat entsteht. In den Reaktionen, die hier zur Besprechung kommen, gleicht der Natriummalonester durchaus dem Natracetessigester, der für das folgende als Beispiel gewählt sei. Bringt man Alkylhalogenid mit Natracetessigester zusammen, so entsteht C - A l k y l a c e t e s s i g e s t e r , nicht wie man erwarten sollte, das am Sauerstoff substituierte Produkt. Es findet also nicht einfach doppelter Austausch statt. Man kann annehmen, daß in einer zuerst entstehenden Molekularverbindung

VI, 5-8

257

Synthesen mit Acetessigester und Malonester

d a s Halogen ionisiert und mit dem Natrium vereinigt wird, wahrend dieAlkylgruppe sich an der Doppelbindung anlagert. Der Vorgang ist in gewissem Sinne mit einer 1,4-Addition vergleichbar: H,C • C = CH • COOK H,C • C — CH • COOR I- Na Hai O R Na Hai

>

O

Den gleichen Verlauf nimmt die Reaktion mit Säurechloriden. Dagegen führt die Umsetzung des Acetessigesters mit Säurechloriden in P y r i d i n zu den O - A c y l d e r i v a t e n , während die O - A l k y l d e r i v a t e nur auf dem Umweg über die Acetale (S. 141) unter Abspaltung von Alkohol gewonnen werden können (Ciaisen). H,C • C • CH» • COOR • H,C • C = CH • COOR + HOCH,.

V \ h3co och3

I och3

O-Alkyl- und -Acylverbindungen werden unter den Bedingungen, unter denen die C-Isomeren, wie oben beschrieben, dargestellt werden, nicht zu diesen umgelagert (vgl. dazu S. 238). Dagegen erfolgt dieser Übergang, wenigstens bei den O-Acylderivaten, unter der katalytischen Wirkung von festem Kaliumcarbonat in indifferenten Lösungsmitteln (Ciaisen), z . B . :

HjC • C = CH • COOR

• H3C • CO • CH • COOR

I

I

O•CO•CH3

CO •CHj

Die am Kohlenstoff einfach alkylierten oder acylierten Acetessigester und Malonester lassen nun, da sie nochmals der Enolatbildung fähig sind, eine z w e i t e Alkylierung oder Acylierung am gleichen Kohlenstoffatom zu. In der Verwendung der einzuführenden Gruppen besteht für beide Stufen die größte Mannigfaltigkeit; mit allem Material, das reaktionsfähiges Halogen enthält, also nicht nur mit halogenierten Kohlenwasserstoffen und Säurechloriden, kann die Synthese erfolgen. Die Heranziehung von Dihalogenparaffinen h a t die Reaktion auch zur Synthese von einfachen Kohlenstoffringen nutzbar gemacht (W. H . P e r k i n ) , z . B . : .OR ROOC — CH = CCH + H2O. / C CH

H

Benzopyryliumchlorid 17*

260

Organisch-präparativer Teil

Die Anthocyane sind G l u c o s i d e von mehrwertigen Phenolen und Phenoläthern, die am Pyranring durch O H und Phenyl substituiert sind. Sie lassen sich auf drei Typen der zuckerfreien A n t h o c v a n i d i n e zurückführen. g OH

_ \c

/

0

H

^OH.

JCOH OH

CH

Cyanidinchlorid D e l p h i n i d i n c h l o r i d enthält in der bezeichneten Stellung eine weitere OH-Gruppe. Man unterrichte sich über die pflanzenphysiologisch wichtigen Beziehungen zwischen C y a n i d i n , Q u e r c e t i n , C a t e c h i n und L u t e o l i n .

VII. Die Diazoverbindungen Allgemeines Wohl die wichtigste Reaktion der Stickstoff-Wasserstoffverbindungen, d. h. des Ammoniaks und aller seiner Derivate, die noch Wasserstoff am Stickstoff gebunden enthalten, ist die Umsetzung mit s a l p e t r i g e r Säure. Die vielfältigen Erscheinungen, die dabei auftreten, sind von einem allgemeinen Gesichtspunkt aus zu betrachten. Nächst der Salzbildung, die ja beim Ammoniak selbst und bei den aliphatischen Aminen in normaler Weise erfolgt, spielt die reaktionsfähige Doppelbindung N = O in der salpetrigen Säure eine ausschlaggebende Rolle. Am einfachsten liegt der Fall bei den s e k u n d ä r e n Aminen. Dimethylamin bildet zuerst Dimethylammoniumnitrit, bei erhöhter Temperatur lagert sich Dimethylamin intramolekular an die Doppelbindung der salpetrigen Säure und unter Wasserabspaltung erfolgt A c y l i e r u n p ; , d.h. Bildung von N i t r o s a m i n .

+ (CHjJgNH + H N O , • (CHj)jN — N — O H I OH





(CH 3 ) s NH s • N O , — (CH,),N • N O +

H,0

Dieser Vorgang entspricht vollkommen dem einer andern Acylierung, z. B. dem der Bildung des Acetylderivats aus dem Ammoniumacetat. Nur braucht die Reaktion wegen der geringeren Reaktionsfähigkeit der C = O-Doppelbindung in der Essigsäure höhere Temperatur. OH I ( C H J j N H + O = C — CH 3

OH 1 • (CHj) 2 N — C — CH 3 OH

261

Diazoverbindungen, Allgemeines

VII

• (CH 3 ) 2 N — C — CH 3 + H a O o Dimethylacetamid Die große Veresterungsgeschwindigkeit der salpetrigen Säure, hinter der die aller andern Säuren zurückbleibt, ist wohl auf die gleiche Ursache zurückzuführen (S. 148). C H , . CH.OH

O = N — OH —H.O

H O/

N —OH

CH 3 • CH 2 — O - - N =-- O. Äthylnitrit

Übertragen wir diese Vorstellungen auf die Reaktion des A m m o n i a k s , so ist einleuchtend, daß das in der Hitze entstehende Acylprodukt in Stickstoff und Wasser zerfallen muß HO\

H 3 N + O = N — OH

X — OH

N

B

N + 2 HjO.

Grundsätzlich das gleiche gilt für p r i m ä r e s aliphatisches Amin. • NH S + O = N — OH -

OH - (H3C • N H — N — OH) • • N e N + H 3 C- O H .

• (HjC • N = NOH)

Vom zweiten eingeklammerten Zwischenprodukt, dessen. Salze bekannt sind, wissen wir, daß es unter den Bedingungen seiner Entstehung in Stickstoff und Alkohol zerfallen muß. Bei den einfachen primären Aminen der Fettreihe kommt es also nicht zur Bildung eines Diazokörpers, weil die Reaktion, die ihn entstehen läßt, erst bei einer Temperatur zustandekommt, die ihn zerstört. — Die Reaktionsfähigkeit der NHj-Gruppe kann aber durch eine nachbarständige Carbonylgruppe gesteigert werden. Wir kommen zum Fall der a - A m i n o c a r b o n s ä u r e e s t e r und a - A m i n o k e t o n e . Glykokollester läßt sich schon in der Kälte diazotieren; der unter diesen Umständen nicht zerfallende Diazokörper stabilisiert sich unter H s O-Abspaltung zum D i a z o e s s i g e s t e r : RO • C • CH 2 • NH 2 + O = N — OH II O RO • C • CH, • N —H.O o Das Unerwartete mit salpetriger Säure los nach dem bisher Wirkung der in der

HON

RO. C • II O —H,0 RO •

" > N — OH HO CH — N

I! O N Diazo-essi^ester

bei der Reaktion der primären a r o m a t i s c h e n Amine besteht nun darin, daß der bei tiefer Temperatur zweifelgebrauchten Schema entstehende Diazokörper unter der Reaktionslösung vorhandenen Säure zu einer Base um-

262

Organisch-präparativer Teil

gelagert wird, deren Salz, das Diazoniumsalz, wir als Diazotierungsprodukt erhalten. +

C6HeNHa + O = N • OH

•C6Hs.N = NOH

HCl C6H5 • N = N -f- HaO.

" C1 Hier treffen wir auf eine Sondereigenschaft der aromatischen Verbindungen. Diazoniumsalze sind in der Fettreihe nicht bekannt, weil der Typus des Anilins — C = C — nicht existenzfähig ist.

NH2 Es ist nicht ausgeschlossen, daß Glykokollester auf Grund einer tautomeren Uralagerung

ROC — CH, II

I

O

NH2

ROC = CH



I

I

OH NHj

so leicht diazotiert wird. Aber auch dann bleibt in dem Fehlen basischer Eigenschaften bei den aliphatischen Diazokörpern der grundlegende Unterschied zwischen beiden Reihen bestehen. Es muß vorerst als unerklarbare Tatsache hingenommen werden, daß der aromatische Kern — nicht aber Alkyl — den an ihn gebundenen Stickstoff einer Diazogruppe zum Träger stark basischer Eigenschaften umbilden kann. Einen ähnlichen Einfluß üben, wie wir später (S. 343) erfahren werden, mehrere aromatische Kerne auf ein mit ihnen verbundenes Kohlenstoffatom aus (Carboniumsalze). Es sei daran erinnert, daß bei den Aminen selbst der aromatische Ring die Basizität stark herabsetzt, während sie durch Alkylgruppen gesteigert wird. Für das Studium der Chemie der Diazoverbindungen sei das treffliche, von R e d d e l i e n neu bearbeitete Werk von A. H a n t z s c h , Die Diazoverb i n d u n g e n , Leipzig 1921 empfohlen.

A. Aliphatische Diazoverbindungen i.

Diazomethan1

N i t r o s o m e t h y l h a r n s t o f f . Die Lösung von 20g Methylammoniumchlorid2 (S. 152) und 30 g Kaliumcyanat (S. 133) in 120 ccm Wasser wird 1 / t Stunde lang auf 60—80° erhitzt, dann kocht man 1 ¿E. A. W e r n e r , Chem. Socr. 115, 1098 (1919); F. Arndt und J . Amende, Z. Ang. 43, 444 (1930). ' Zur Darstellung größerer Mengen von M e t h y l a m m o n i u m c h l o r i d dient das nachstehend beschriebene billige Verfahren ( B r o c h e t und Camb i e r , Bl. [3] 13, 633 [1896]). 250 g Ammoniumchlorid werden mit 670 g 36-proz. Formaldehydlösung in einem Destillierkolben mit absteigendem Küher allmählich erhitzt. Man steigert langsam bis auf 104° — Thermometer in der Flüssigkeit — und hält so lange auf dieser Temperatur, bis nichts mehr über-

263

Diazomethan

"VII, I

"kurz auf, filtriert und kühlt die Lösung auf 0°. Eine vorher bereitete, ebenfalls gekühlte Lösung von 20 g Natriumnitrit in 40 ccm Wasser •wird nun zu der Lösung des Methylharnstoffs hinzugefügt; zu der Mischung läßt man unter Eiskühlung, und mechanischer Rührung 100 ccm kalter 25-proz. Schwefelsäure zutropfen. Die in kristallinen Flocken sich ausscheidende Nitrosoverbindung wird nach beendeter Operation abgesaugt, mit Eiswasser gewaschen und nach dem Trocknen im Vakuumexsiccator aus etwa der doppelten Menge Methylalkohol umkristallisiert. Zur Erhöhung der Ausbeute kühlt man die Lösung in Eis-Kochsalz auf —15°, saugt nach einigem Stehen ab und wäscht mit Äther. Hellgelbe Kristalle vom Schmelzp. 124°. Ausbeute 20 g. Wetm man sich die Darstellung des Methylamins ersparen will, verfährt man wie folgt: Zu 135 ccm conc. Ammoniaks läßt man bei Kühlung mit EisKochsalz unter kräftigem Turbinieren 100 g Dimethylsulfat zutropfen; die Temperatur soll dabei nicht über 20° hinaufgehen. Dann erwärmt man zwei Stunden auf dem Wasserbad, kocht weitere 16 Minuten lang, fügt die Lösung von 60 g Kaliumcyanat in 80 ccm Wasser hinzu und kocht nochmals 20 Minuten. Dann wird die Lösung von 40 g Nalriumnitrit in 70 ccm Wasser zugesetzt und abgekühlt. Die kalte Lösung bringt man in kleinen Anteilen zu einem Gemisch von 40 g conc. Schwefelsäure und 170 g Eis und verfährt im übrigen wie oben angegeben. Die Ausbeute, 20—22 g, ist bedeutend niedriger als bei Verwendung von Methylammoniumchlorid (F. A r n d t ) . destilliert, etwa 4 1 /, Stunden von Anfang an. Es haben sich dann 100—120 g Wasser und Methylalkohol in der Vorlage kondensiert. Nachdem der Kolbeninhalt erkaltet ist, saugt man vom ausgeschiedenen Ammoniumchlorid scharf a b und dampft das Filtrat auf dem Dampfbad auf das halbe Volumen ein, saugt nochmals vom Ammoniumcblorid ab und engt das Filtrat so weit ein, daß sich auf der Oberfläche eine Kristallhaut bildet. Nach dem Erkalten wird das auskristallisierte Methylammoniumchlorid scharf abgesaugt. Das Filtrat engt man so weit als möglich ein und entfernt schließlich den Rest des Wassers im Vakuumexsiccator über festem Ätznatron und konzentrierter Schwefelsäure. Der Rückstand wird durch Digerieren mit Chloroform von Di- und Trimethylammoniumchlorid befreit und schließlich scharf abgesaugt. Ausbeute 110—126 g. Diese Reaktion kommt dadurch zustande, daß die zuerst entstehende N-Methylolverbindung durch überschüssigen Formaldehyd reduziert wird: OH H,C: O + HNH,

• HSC — N H j

• H,C — NH,.

Der Formaldehyd wird dabei (als Hydrat) zu Ameisensäure und CO, dehydriert. Steigert man die Aldehydmenge, so gelangt man auf analoge Weise zum T r i m e t h y l a m m o n i u m c h l o r i d .

264

Organisch-präparativer Teil

Zur Ü b e r f ü h r u n g in D i a z o m e t h a n trägt man 10 g Nitrosomethylharnstoff in kleinen Anteilen in 100 ccm reinen Äther, der mit 30ccm stark gekühlter 40-proz. Kalilauge unterschichtet ist. Die Spaltung wird in einem weithalsigen Erlenmeyer unter dem Abzug vorgenommen. Man muß dauernd schütteln und die Temperatur auf + 5° halten. Nach 5—10 Minuten ist die Reaktion beendet; man gießt die tiefgelbe Ätherlösimg ab, spült mit etwas Äther nach und trocknet die ätherische Diazomethanlösung etwa 3 Stunden lang mit einigen kleinen Stückchen Ätzkali. Die Lösung wird in einer kleinen enghalsigen Glasflasche, die, wie bei Äther über Natrium angegeben (S. 93/94, Anm.), verschlossen ist, an einem kühlen Platz aufbewahrt, falls das Präparat nicht sofort Verwendung findet. Die Diazomethanlösung hält sich mehrere Tage, erleidet aber doch eine stetige, wenn auch langsame Zersetzung unter Stickstoffentwicklung. Darum darf das Aufbewahrungsgefäß nicht fest verschlossen werden. Da Nitrosomethylharnstoff, in der Kälte aufbewahrt, längere Zeit haltbar ist, stellt man sich jeweils nur die für den augenblicklichen Bedarf notwendige Menge Diazomethan her. D i a z o m e t h a n ist ein gelbes, sehr giftiges Gas vom Siedep.—24°, das für präparative Zwecke nur in Lösung gewonnen wird. In freiem Zustand ist es explosiv. Schon beim Destillieren von Diazomethan kommt es bisweilen zur Explosion; daher VorsichtI Als indifferente Lösungsmittel können außer Ä t h e r auch die A l k o h o l e , B e n z o l und P e t r o l ä t h e r verwendet werden, für kurze Zeit auch A c e t o n .

G e h a l t s b e s t i m m u n g d e r D i a z o m e t h a n l ö s u n g (nach M a r s h a l l und A c r e e , B. 48, 2324 [1910]). Einen aliquoten Teil der Diazomethanlösung (etwa V20) läßt man, mit absolutem Äther verdünnt, in eine mit Eis gekühlte nj¿-ätherische Benzoesäurelösung unter Schütteln einfließen. Diese wird dargestellt durch Auflösen von 1,22 g reinster Benzoesäure im 50 ccm-Meßkolben in absolutem Äther; sie muß gegen das Diazomethan im Überschuß sein, was man daran erkennt, daß bis zum Schluß der Zugabe N 2 -Entwicklung eintritt und die Lösung farblos bleibt. Die übrige Benzoesäure wird mit *l10-NaOH zurückgemessen. Das Präparat wird bei der hier beschriebenen bequemen Bereitungsweise für wissenschaftliche Arbeiten viel benützt, da es bei wertvollen Säuren und Phenolen eine elegante und glatt verlaufende Methylierung erlaubt. A l k o h o l i s c h e O H - G r u p p e n werden praktisch nicht methyliert, auch nicht Amine. Über Methoden zur Methylierung von A l k o h o l e n mit Diazomethan siehe H . M e e r w e i n und G . H i n z , A. 484, 1 (1930).

VII, I

265

Diazomethan

Versuche: Man löst 2—3 g eines Phenols (Phenol, Kresol, /?-Naphthol, Salicylaldehyd, Hydrochinon) in wenig Äther, Aceton oder Methylalkohol und fügt unter Eiskühlung in kleinen Anteilen von der dargestellten Diazomethanlösung zu, bis die Gasentwicklung nicht mehr einsetzt und die Lösung schwach gelb gefärbt ist. Um bei g e f ä r b t e n Lösungen einen Überschuß an Diazomethan zu erkennen, gießt man einige Tropfen in ein kleines Reagenzglas ab und bringt einen in Eisessig getauchten Glasstab hinein: sofortige Gasentwicklung. Die Reaktionsprodukte werden nach dem Abdampfen des Lösungsmittels entweder durch Destillation oder, wenn sie fest sind, durch Kristallisation gereinigt. Man bearbeite hier eines der im Laboratorium zugänglichen P h e n o l e selbständig und mache Angaben über die Natur des gewonnenen Methyläthers. In gleicher Weise verfährt man mit C a r b o n s ä u r e n (p-Toluylsäure, Phenylessigsäure, Zimtsäure, Oxalsäure, Terephthalsäure, Salicylsäure usw.). Es gibt Phenole, die mit Diazomethan langsam reagieren. In solchen Fällen bringt man sie mit einem Überschuß über den errechneten Bedarf an Diazomethan zusammen und läßt mehrere Tage mit aufgesetztem Capillarrohr stehen. D i a z o m e t h a n , die einfachste aliphatische Diazoverbindüng P e c h m a n n 1 auf folgendem Weg zuerst dargestellt worden: O =


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