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German Pages 409 [416] Year 1928
L. G A T T E R M A N N DIE PRAXIS DES
ORGANISCHEN CHEMIKERS EINUNDZWANZIGSTE
AUFLAGE
BEARBEITET VON
HEINRICH WIELAND
MIT D R E I U N D F Ü N F Z I G A B B I L D U N G E N IM T E X T
BERLIN U N D L E I P Z I G 1928
WALTER
DE G R U Y T E R
& CO.
YOBM&LS G. J. GÖS3HEN'SCHE VERLAGSHANDLUNG - J. GUTTENTAG, VERLAGSBUCHHANDLUNG - GEORG REIMER - KARL J. TRÜBNER - VEIT & COMP.
Alle Rechte, einschließlich des Übersetzungsrechts, vorbehalten. Copyright by Walter de Gruyter & Co. Berlin und Leipzig 1928.
Vorwort zur ersten Auflage. Das vorliegende Buch ist in erster Linie einem privaten Bedürfnis des Verfassers entsprungen. Wenn man gleichzeitig eine größere Anzahl von Studierenden in das organische Arbeiten einzuführen hat, dann ist es oft beim besten Willen nicht möglich, jeden einzelnen auf die kleinen Kunstgriffe, deren es beim organischen Arbeiten so viele gibt, aufmerksam zu machen. Damit nun der Studierende sich auch in Abwesenheit des Lehrera bei der Ausführung allgemeiner Operationen Rat erholen kann, ist den speziellen Vorschriften für Präparate ein allgemeiner Teil vorausgeschickt, welcher die Kristallisation, Destillation, das Trocknen, die analytischen Operationen u. a. behandelt. Bei der Abfassung dieses Teiles wurde weniger Wert darauf gelegt, die zahlreichen Modifikationen der einzelnen Operationen möglichst vollständig aufzuzählen als vielmehr darauf, die wichtigsten Operationen derart zu beschreiben, daß der Anfänger auch in Abwesenheit des Assistenten dieselben danach selbständig ausführen kann. Im zweiten speziellen Teile wurden jedem einzelnen Präparate allgemeine Betrachtungen angefügt, welche sich auf das Wesen und die allgemeine Bedeutung der ausgeführten Reaktionen beziehen und den Zweck verfolgen, daß der Studierende sich schon beim praktischen Arbeiten auch möglichst vielseitige theoretische Kenntnisse aneignet, welche, unter diesen Umständen erworben, bekanntlich fester haften, als wenn sie ausschließlich an Hand eines rein theoretischen Buches gewonnen sind. Und so hofft denn der Verfasser, daß sein Buch neben den trefflichen Anleitungen von E . F I S C H E S und L E V Y sich hier und da einige Freunde erwerben möge. Für den Hinweis auf die Mängel desselben würde der Verfasser den Herren Fachgenossen stets dankbar sein. H e i d e l b e r g , im August 1894.
Gattermann.
IV
Vorwort
Vorwort zur Neubearbeitung. Vor etwas mehr als dreißig Jahren hat LUD'WIG GATTEBdie erste Auflage seiner Anleitung für das organ.-chemische Praktikum dem Druck übergeben. Das System, die präparativen Vorschriften mit theoretischen Erläuterungen zu versehen, hat sich zweifellos bewährt. Dafür spricht schon die große Verbreitung des Buches; es hat 18 Auflagen erlebt. — Die Erlernung der methodischen Technik ist gewiß das Hauptziel des organischen Praktikums; als bloße Kochkunst und Laborantenfertigkeit ausgeübt, leistet sie jedoch zu wenig. Die Methodik beherrschen heißt vor allem auch, den Sinn ihrer Anwendung verstehen, ihre vielfältigen Ausdrucksformen am richtigen Platz handhaben. Es ist auch hier der Geist, der sich den Körper baut. Wir verlangen, daß der Praktikant mit den Umwandlungen, die er präparativ betreibt, theoretisch vertraut sei. Der den einzelnen Präparaten angefügte Kommentar soll den Überblick über das gerade bearbeitete Gebiet erleichtern und zum Gebrauch der Lehrbücher und der Originalliteratur, zum Nachschürfen anregen. Nachdem jetzt die Grundlagen der organischen Chemie beim präparativen Arbeiten an den deutschen Hochschullaboratorien vorausgesetzt werden können, lag die Gefahr, ihn zur „Eselsbrücke" zu gestalten, fern. MANN
Mit Vorbedacht sind die Anforderungen nach der praktischen und nach der theoretischen Seite in dieser Neubearbeitung gesteigert worden. Was in den vergangenen 30 Jahren an „Schulsack" genügte, das ist jetzt zu knapp für den, der sich an der Bearbeitung der für Wissenschaft und Technik gleichermaßen zugespitzten und schwieriger gewordenen Aufgaben beteiligen will. Der Gedanke, das präparative Praktikum gleichzeitig zu einem Erfassen und Erleben der organischen Chemie werden zu lassen, hat die Anordnung des Stoffs vom Gesichtspunkt des systematischen Zusammenhangs aus gefordert. Man wird sehen, daß dem dadurch bedingten Aufbau die präparative Anstiegslinie vom Leichteren zum Schwierigeren kaum ernstlich zuwider ver-
Vorwort
v
läuft. Und der Gewinn an abgerundeter Ausbildung, der zu erwarten steht, ist erheblich. Der allgemeine Teil und ebenso der analytische sind vollkommen umgearbeitet worden unter starker Kürzung zugunsten der Präparate. Durch ihre Vermehrung soll einige Abwechslung geboten und dem schematischen Zug im organischen Praktikum entgegen gewirkt werden. Meinen Assistenten, vor allem den Herren Dr. FBANZ BEBGEL und F . GOTTWAM FISCHEB bin ich für ihre unermüdliche Mithilfe bei der Ausführung zahlloser Versuche zu großem Dank verpflichtet. Herr FISCHEB hat außerdem die in dieser Bearbeitung neuen Figuren gezeichnet und das Begister angefertigt. F r e i b u r g i. B., Ostern 1925. Heinrich Wieland.
Vorwort zur zwanzigsten Auflage. In der neuen Auflage sind nur wenige Änderungen vorgenommen worden, die durch die Erfahrungen im Praktikum angeregt waren. Die Fortschritte des vergangenen Jahres sind in den Erläuterungen berücksichtigt. A c e t o - b r o m g l u c o s e ist bei ihrer Bedeutung für Synthesen in der Zuckergruppe neu aufgenommen. Ich möchte auch hier dem Wunsche Ausdruck geben, daß, der Entwicklung der organischen Chemie gemäß, der Abschnitt „Naturstoffe" im Unterricht recht nachdrücklich beachtet werde. Der weitere Ausbau dieser wichtigen Gruppe in späteren Auflagen des Buches könnte ins Auge gefaßt werden, wenn sich in den einzelnen Laboratorien eine gewisse Tradition für die schwierigere Technik, die von diesen Präparaten verlangt wird, herausbilden würde. Dr. F . GOTTWAIT FISCHEB hat mich wieder in dankenswerter Weise beim Lesen der Korrekturen unterstützt. München, im September 1926. Heinrich Wieland.
VI
Vorwort
Vorwort zur einundzwanzigsten Auflage. In der neuen Auflage ist das GATTEHMANN sehe Buch nach mehreren Seiten hin weiter ausgebaut worden. Die Bedeutung der quantitativen Methoden in der organischen Chemie hat Veranlassung gegeben, die Acetylbestimmung nach FBEUDENBEBG und die Zerewitinoff-Methode zur Ermittlung von aktivem Wasserstoff aufzunehmen. Der Abschnitt „Naturstoffe" wurde wieder um zwei Präparate, darunter Arginin aus Gelatine, bereichert, die Anzahl der als Literaturpräparate vorgeschlagenen Stoffe wurde vermehrt. Einige Vorschriften, die nicht ganz befriedigten, wurden weggelassen oder durch neue ersetzt. Einer Anregung von Prof. ZEizscHE-Bern folgend habe ich eine kurze Anleitung zur Benutzung der Bibliothek und zum Nachschlagen der organisch-chemischen Literatur in das Buch aufgenommen, die vielleicht nützliche Dienste leisten wird. Den Assistenten Privatdoz. Dr. C. SCHÖPF und Dr. F . GOTTWALT FISCHEB bin ich großen Dank schuldig für ihre hingebende Unterstützung bei der Bearbeitung der neu eingeführten Arbeitsmethoden. München, im Juni 1928. Heinrich Wieland.
Inhalt. A. Einige allgemeine Arbeitsregeln. Reaktionsgeschwindigkeit und Temperatur Reindarstellung organischer Substanzen Kristallisation Destillation Sublimation Destillation mit Wasserdampf Abdestillieren von Lösungsmitteln Ausschütteln. Extrahieren Das Arbeiten mit komprimierten Gasen Erhitzen unter Druck Bühren und Schütteln Schmelzpunktbestimmung
Seite X 3 4 14 25 26 29 31 34 36 37 . 39
B. Organisch-analytische Methoden. Qualitativer Nachweis des Kohlenstoffs, Wasserstoffs, Stickstoffs, Schwefels und der Halogene Die organische Elementaranalyse I . Stickstoffbestimmung nach DUMAS II. Bestimmung von Kohlenstoff und Wasserstoff nach LIEBIQ . 1. Bei Ausschluß anderer Elemente als C, H und O S. 53. 2. Bei Gegenwart von Stickstoff S. 59. 3. Bei Gegenwart von Halogen oder Schwefel 8.59. 4. Verbrennung im Schiffchen S. 60. 5. Bei Gegenwart von Alkalien oder Erdalkalien S. 61. 6. Verbrennung von Flüssigkeiten S. 61. III. Bestimmung von Halogen, Schwefel und sonstigen Elementen 1. Kalkmethode S. 64. 2. Balogenbestimmung mit Natriumsuperoxyd nach PRINGSHEIM S. 65. 3. Halogenbestimmung nach CARITJS S. 66.
4. Schwefelbestimmung
nach
42 46 46
53
63
CARIUS S. 68.
5. Gleichzeitige Bestimmung von Halogen und Schwefel 8. 69. 6. Bestimmung der übrigen Elemente S. 70. 7. Quantitative Bestimmung der Methoxylgruppe nach ZEISEL S. 70. 8. Quantitative Bestimmung der Acetylgruppe nach FREUDENBERG S. 72. 9. Bestimmung von aktivem Wassel Stoff nach TSCHUGAEFF-ZEREWITINOFF S. 74.
10. Molekulargewichtsbestimmung S. 76.
C. Organisch-präparativer Teil. Zur Verhütung von Unfällen Die erste Ausrüstung
.
77 79
vin
Inhalt I. Die Substitution von Hydroxyl and Wasserstoff durch Halogen. Alkohole, Oleflne.
1. Äthylbromid aus Äthylalkohol Methylbromid S. 83. 2. Äthyljodid aus Äthylalkohol Methyljodid S. 84. 3. Benzylchlorid aus Toluol 4. Brombenzol p-Dibrombenzol S. 93. 5. Äthylen aus Äthylalkohol. Äthylenbromid 6. Glykol aus Äthylenbromid 7. Iso-amyläther 8. Chloressigsäure aus Essigsäure und Chlor 9. Äthylbenzol aus Brombenzol nnd Äthylbromid (FiiTiasche Synthese)
Seite 81 84 88 92 95 101 103 104 107
II. Carbonsäuren und ihre einfachen Abkömmlinge. 1. Säurechloride a) Acetylchlorid S. 109; b) Benzoylchlorid 8. 110. Acetanilid S. 113, Benzoylperoxyd S. 113. 2. Essigsäure-anhydrid 3. Acetamid Benzamid S. 118. 4. Harnstoff und Semicarbazid a) Kaliumeyanat durch Oxydationsschmelze S. 120; b) Harnstoff S. 121; c) Semicarbazid S. 121; d) Cyanid-Oxydation in Lösung S. 122; e) Harnstoff und Harnsäure aus Harn S. 124. 5. Nitrile a) Acetonitril S. 125; b) Benzylcyanid S. 126. 6. Verseifung eines Nitrils zur Säure. Phenylessigsäure 7. Säure-ester a) Essigsäure-äthylester aus Eisessig und Alkohol S. 129, Benzoesäureäthylester S. 130; b) Isoamylnitrit S. 135; Äthylnitrit S. 136; c) Athylnitrat S. 136; d) Verseifung von Fett oder pflanzlichem Ol S. 138, Darstellung der freien Fettsäuren S. 139, Glycerin S. 139; e) Linolensäure aus Leinöl S. 140, Bestimmung der Jodzahl S. 141. 8. Abbau der Carbonsäuren zu den nächst niederen Aminen . . . a) H O F M A N N sehe Reaktion, Methylamin aus Acetamid S. 142; b) Die CURTITJS sehe Reaktion 8. 143; Benzazid 8. 143, Phenyleyanat S. 143, Phenylurethan 8. 144.
109
114 117 120
125 128 129
142
III. Nitroverbindungen and ihre Redaktionsprodukte. 1. Nitromethan Methylamin 8. 147, n-Methylhydroxylamin S. 147, Methylnitrolsäure S. 148, Knallsilber 8. 149, Phenylnitroäthylen 8. 150. 2. Nitrierung eines aromatischen Kohlenwasserstoffs a) Nitrobenzol S. 151; b) Dinitrobenzol 8. 152.
146
151
Inhalt
IX Seite
3. Reduktion einer Nitroverbindung zu einem Amin
a) Anilin aus Nitrobenzol S. 1 5 4 , Diphenylthioharnstoff, Phenylsenföl S. 1 5 9 ; b) m-Nitranilin aus m-Dinitrobenzol S. 160.
154
4. Phenylhydroxylamin p-Aminophenol S. 165, Nitrosophenylhydroxylamin S. 166.
163
5. Nitrosobenzol
168
6. Hydrazobenzol und Azobenzol
172
IT. Sulfonsäuren. 1. Benzolmonosulfonsäure aus Benzol und Schwefelsäure
179
2. 3. 4. 5.
181 182 183 183
Nitrosobenzol aus Anilin und CABOscher Säure S. 1 6 9 , Azobenzol aus Anilin und Nitrosobenzol S. 1 7 0 , Azoxybenzol aUB Phenylhydroxylamin und Kitrosobenzol S. 171.
a) Hydrazobenzol S. 172; b) Azobenzol aus Hydrazobenzol S. 174; c) Benzidin aus Hydrazobenzol S. 175. Mechanismus der Nitrobenzol-Reduktion S. 177.
Diphenylsulfon S. 1 7 9 , Benzolsulfochlorid S. 179, Benzolsulfamid S. 180, Benzsulfhydroxamsäure S. 180.
p-Toluolsulfonsäure (9-Naphtalinsulfonsäure Sulfanilsfiure aus Anilin und Schwefelsäure 2,4-Dinitro-a-naphtol-7-sulfonaäure-(Naphtolgelb S.) Thiophenol S. 189.
Y. Aldehyde.
1. Formaldehyd
191
Gehaltsbestimmung S. 192.
2. Acetaldehyd
a) aus Äthylalkohol S. 1 9 3 ; b) aus Acetylen S. 196. S. 2 0 4 ; Metaldehyd S. 205.
Paraldehyd
3. Benzaldehyd aus Benzalchlorid Reaktion. Benzoesäure und Benzylalkohol aus Benzaldehyd 5. Acyloinkondensation. Benzoin aus Benzaldehyd
4 . CAXNIZZASO sehe
Benzil aus Benzoin S. 209, Benzilsäure S. 211.
193 197 207 209
6. Anlagerung von Cyanwasserstoff an einen Aldehyd. Mandelsäure aus Benzaldehyd 214 7. Alanin 216 8. PERKIN sehe Synthese. Zimtsäure aus Benzaldehyd und Essigsäure 218 Hydrierung der Zimtsäure S. 219, Natriumamalgam S. 220.
9 . REIMER - TIEMANN sehe
Chloroform
Synthese.
Salicylaldehyd aus Phenol und
p-Oxybenzaldehyd S. 222.
221
Tl. Phenole und Enole. Keto-Enol-Tautomerie. 1. Überführung einer Sulfonsäure in ein Phenol. (?-Naphtol . . . .
224
2. Methylierung von Phenolen
228
Benzoesäurephenylester S. 2 2 6 , Tribromphenol S. 227.
Benzoesäurenaphtylester S. 227,
a) Anisol S. 2 2 8 ; b) Nerolin 8. 229.
Inhalt
X
3. 4. 5. 6.
o- und p-Nitrophenol Die KOLBE sehe Salicylsäuresynthese Synthese eines (S-Ketonsäureesters. Acetessigester Acetylaceton Benzoylaceton S. 238. 7. Malonsäure-diäthylester Äthylmaloneeter S. 239, Äthylmalonsäure S. 239, Bnttersäure ans Äthylmalonsäure S. 240. 8. Phenylnitromethan a) aci-Phenyl-nitro-acetonitril-natrium S. 240; b) aci-Phenylnitromethannatrium S. 241. Über Keto-Enol-Tautomerie . . • Die Anwendung von Acetessigester und Malonester für Synthesen.
Seite
230 233 235 237 238
240 241 249
YII. Die Diazoverbindungen. Allgemeines
251
A. A l i p h a t i s c h e D i a z o v e r b i n d u n g e n . 1. Diazomethan 2. DiazoesBigester a) Glykokollester-ehlorhydrat S. 257, Hippureäure S. 259; b) Diazoessigester S. 259, Bisdiazoessigsänre S. 261. B. A r o m a t i s c h e
254 257
Diazoverbindungen.
3. Diazotierung von Anilin. Phenol aus Anilin. Isomerie der Diazoverbindungen a) Darstellung einer Diazoniumsalzlösung 8. 263; b) UmkochuEg der Diazoniumlösung zu Phenol S. 264; c) Festes Phenyldiazoniumchlorid S. 265, Phenyldiazoniumnitrat S. 266, Phenyldiazoniumperbromid 8. 267, Phenylazid 8. 268; d) Natrium-p-nitrophenylantidiazotat S. 269. 4. Jodbenzol. Benzol aus Anilin . a) Jodbenzol S. 270; b) Benzol S. 270. Phenyljodidchlorid S. 271, Jodosobenzol 8. 271, Jodobenzol 8. 272. 5. p-Tolunitril aus p-Toluidin (SANDSIEYEBsehe Reaktion) 'C' Benzonitril S. 274, p-Toluylsäure 8. 274. 6. Arsanilsäure aus p-Nitranilin 7. Phenylhydrazin Benzol aus Phenylhydrazin S. 280, Indolsynthese S. 281. 8. Darstellung von Azofarbstoffen a) Helianthin S. 282; b) Kongorot S. 284; c) (9-Naphtolorange S. 284; Diazoaminobenzol und p-Aminoazobenzol S. 285. Über die Kuppelungsreaktion der Diazoverbindungen
263
269
273 275 277 282
286
T i l l . Chinoide Verbindungen. 1. Chinon aus Anilin Hydroehinon S. 293, Änilmochinon S. 293, Cbinhydron S. 296. 2. p-Nitrosodimethylanilin Dimethylamin und p-Nitrosophenol 298.
291 296
Inhalt
XI Seite
3. p-Aminodimethylanilin
299
WÜBSTERS Eot S. 302, BINDSCHEDLERS G r ü n S. 303, Methylen-
blau S. 304. 4. Basische Triphenylmethanfarbstoffe 306 a) Malachitgrün aas Benzaldehyd und Dimethylanilin S. 306; Bleidioxyd S. 307; b) Kristallviolett aus MICHLERS Keton und Dimethylanilin S. 308. 5. Fluorescein und Eosin 308 Theoretisches über Triphenylmethanfarbstoffe 310 6. Alizarin 316 I X . Die Synthesen nach Grignard und Friedel-Crafts. Organische Radikale. D i e GRIGNARD sehe R e a k t i o n . 1. Darstellung von Alkoholen a) Benzhydrol aus Benzaldehyd und Phenylmagnesiumbromid S. 318; b) Triphenylcarbinol aus Benzoesäureäthylester und Phenylmagnesiumbromid S. 319. 2. Synthese eines Ketons aus einem Nitril. Acetophenon . . . . Die
FRIEDEL-CRAFTS
318
320
sehe S y n t h e s e .
3. Ketonsynthese 324 a) Benzophenon aus Benzoylchlorid und Benzol S. 324; BECKMANN sehe Umlagerung S. 325; b) Acetophenon aus Benzol und Essigsäureanhydrid S. 327. 4. Triphenylchlormethan aus Benzol und Tetrachlorkohlenstoff . . . 328 5 . Aldehydsynthese nach GATTERMANN-KOCH : p-Tolylaldehyd. Synthese v o n HOESCH
2,4-Dioxyacetophenon S. 330. 6. Ghinizarin aus Phthalsäureanhydrid und Hydrochinon Organische Radikale. 7. Hexaphenyläthan 8. Tetraphenyl-hydrazin Diphenylnilrosamin S. 340.
329
331 335 338
X. Heterocyclische Verbindungen. 1. Pyridinderivate . . . 343 a) Synthese von Collidin nach HANTZSCH S. 343; b) A-Aminopyridin S. 347. 2. Chinolin und Derivate 348 a) SKRATJP sehe Chinolinsynthese S. 348; b) Chinaldinsynthese nach DOEBNER-MILLER S . 3 4 8 .
3. Indigo
350 Phenylglycin S. 350; Indoxylschmelze S. 351; Indigoküpe S. 354; Dehydroindigo S. 356.
X I . Hydrierung 1 nnd Redaktion. 1. Katalytische Hydrierung mit Palladium a) Mit kolloidem Katalysator nach SKITA S. 357; b) Mit Träger' Katalysator S. 360.
357
Inhalt und Abkürzungen
XU
2. Katalytische Hydrierung mit Nickel.
Cyclohexanol
Seite
361
Cyclohexan 8. 362.
8. Ersatz von Sauerstoff in Carbonylverbindungen durch Wasserstoff (Reduktion nach Clehmensen) a) Äthylbenzol aus Acetophenon S. 3 6 5 ; S. 365.
365
b) Dibenzyl aus Benzil
XII. Naturstoffe. 1. 2. 3. 4.
Furiurol d-Glucose aus Rohrzucker ^-Pentacetyl-glucose und ¡S-Aceto-bromglucose Milchzucker und Casein aus Milch
366 368 368 369
Säurehydrolyse des Caseins S. 370.
371
5. d-Galaktose aus Milchzucker Sehleimsäure S. 371, Pyrrol 8. 372.
6. Octacetyl-cellobiose Einige Erläuterungen über Kohlehydrate 7. d-Arginin-chlorhydrat aus Gelatine 8. Coffein aus Tee 9. Hämin aus Rinderblut 10. Die Hauptbestandteile der Rindergalle Glykocholsäure S. 3 8 1 , Cholsäure 8 . 3 8 2 , säuren und Cholesterin 8. 383.
372 372 377 378 378 381 Desoxycholsäure, Fett-
Kurze Anleitung zur Benützung der organisch-chemischen Literatur . Literaturpräparate Tabelle zur Berechnung der Stickstoffbestimmungen Register
Abkürzungen. A. A. ch. Am. Soc.
}!. Bl. C.
H. Helv. J. pr. M. Ree. Soc.
= LiebiGb Annalen. = Annales de chimie et de physique. Journal of the American Chemical Society. = Berichte der Deutsch, ehem. Gesellschaft. = Bulletin de la société chimique de France. = Chem. Centraiblatt. = H o p p e - S e y l e k s Zeitschr. für Physiolog. Chemie. = Helvetica chimica acta. = Journal für praktische Chemie. = Monatshefte für Chemie. = Recueil des trav. chim. des Pays-Bas. = Journal of the Chemical Society of London. Zeitschrift für angewandte Chemie.
387 390 392 394
A. Einige allgemeine Arbeitsregeln. Reaktionsgeschwindigkeit und Temperatur. Von den Reaktionen, die den Inhalt des anorganisch-analytischen Praktikums bilden, unterscheiden sich die der organischen Chemie vor allem in der Geschwindigkeit des Verlaufs. Dort haben wir fast ausschließlich mit unmeßbar rasch yor sich gehenden Ionenr e a k t i o n e n zu tun; die Umsetzungen der organischen Substanzen dagegen erfolgen meist viel langsamer und erfordern daher in diesen Fällen zur präparativen Durchführung die beschleunigende Wirkung erhöhter Temperatur. Mit der Steigerung der Temperatur um 10° ist eine Steigerung der Reaktionsgeschwindigkeit um das 2—3 fache verbunden. Wenn wir die Geschwindigkeit bei 20° mit v bezeichnen, so wird sie sich bei 80° auf durchschnittlich v • 2,5 6 erhöhen. Die Reaktion wird also in siedendem Alkohol etwa 250 mal rascher verlaufen, als bei Raumtemperatur. Aus diesem Grund werden viele Umsetzungen organischer Stoffe mit erhitzten Lösungen, meist bei Siedetemperatur, vorgenommen. Der Dampf des Lösungsmittels wird in einem, dem Reaktionsgefäß aufgesetzten, von Leitungswasser durchströmten Kühler kondensiert, derart, daß das verdampfte Lösungsmittel andauernd wieder zurückfließt. Um eine Lösung zu konzentrieren, wird das Lösungsmittel „am absteigenden Kühler" abgedampft. Bequemer als der L I E B I G sche Kühler sind für diesen Zweck Schlangenkühler verschiedener Konstruktion, die aber für das Arbeiten „unter Rückfluß" wegen der in der Schlange zwischen Dampf und Außenatmosphäre sich bildenden Flüssigkeitsschicht weniger geeignet sind. Für beide Verwendungsarten hat sich der von D I M R O T H angegebene Kühler gut bewährt, bei dem die Schlange vom Kühlwasser durchströmt GATTERHANN, Praxis.
21. Auflage.
1
2
Einige allgemeine Arbeitsregeln
wird (Fig. 1). Um die Kondensation von Wasserdampf auf der Kühlschlange zu vermeiden, wird der obere Tubus zweckmäßig mit einem Calciumchloridrohr versehen. Benutzt man Lösungsmittel, die über 100° sieden, so kann der Wasserkühler durch ein langes, weites Glasrohr (Steigrohr) ersetzt werden. Zur Verbindung des Kühlers mit dem Reaktionsgefäß dient ein dicht anschließender Korkstopfen, der vor dem Einbohren des Loches mit der Korkpresse weich gemacht wird. Das Lumen des zu wählenden Korkbohrers soll kleiner sein, als das des einzusetzenden Qiasrohrs. Die Durchbohrung erfolgt mit dem in der Bunsenflamme erhitzten Bohrer von der kleineren Fläche des Korkes aus, streng vertikal zum Laboratoriumstisch als Unterlage. Das Abdichten von Stopfen mit Kollodium sollte tunlichst vermieden werden. Gummistopfen sollen im allgemeinen nicht verwendet werden bei Operationen, bei denen sie den Dämpfen siedender organischer Lösungsmittel ausgesetzt sind, da sie stark aufquellen und zudem lösliche Bestandteile abgeben, die die Reaktionslösung verunreinigen. Außenkühlung: Viele Reaktionen, die unter starker Wärmeentwicklung verlaufen, müssen gemäßigt werden. Auch wenn zersetzliche Substanzen darzustellen sind, für die erhöhte Temperatur gefährlich ist, muß häufig für Kühlung des Reaktionsgemisches Sorge getragen werden. Der Grad der Kühlhaltung ist verschieden und wird je nach der zu beseitigenden Wärmemenge und in Abhängigkeit von der jeweils erforderlichen Reaktionstemperatur erzeugt durch fließendes Leitungswasser (8—12°), durch Eis, das fein zerstoßen mit wenig Wasser durchtränkt wird, durch Eis-Kochsalzgemisch (Obis —20°) und durch eine Mischung von fester Kohlensäure mit Äther oder Aceton (bis —80°). Flüssige Luft wird beim organisch-präparativen Arbeiten im allgemeinen nicht benötigt. Zur Darstellung einer Kältemischung, wie man sie sehr häufig braucht, wird in der Eismühle oder im Metallmörser gut zerkleinertes Eis mit etwa 1 j t der Menge Viehsalz mit Hilfe einer kleinen Holzschaufel gut durcheinander gemischt, am besten in einer niederen Glasschale mit flachem Boden oder in einem niederen Emailtopf.
3 Um ein Kältegemisch stundenlang, unter Umständen über Nacht wirksam zu erhalten, bringt man es in eine „Thermosflasche", in der der Inhalt eingestellter Reagenzgläser längere Zeit bei tiefer Temperatur gehalten -werden kann. Dem gleichen Zwecke für größere Dimensionen dient ein von PICCABD angegebenes Isoliergefäß, das man sich leicht aus zwei ineinander gestellten Filtrierstutzen herstellen kann. Der Boden des äußeren Stutzens wird mit Kieselgur angefüllt, bis der Band des zentrisch hineingestellten kleineren die Höhe des äußeren Randes erreicht hat, dann stampft man in den Zwischenraum' zwischen den beiden Stutzen ebenfalls Kieselgur ein und dichtet oben zwischen den Rändern mit Pech gut ab. Die K o n z e n t r a t i o n s v e r h ä l t n i s s e werden im allgemeinen beim organisch-präparativen Arbeiten allzuwenig berücksichtigt. Mit Ausnahme seltener Fälle (z. B. bei intramolekularen Umlagerungen) handelt es sich um Reaktionen höherer Ordnung, an denen mehrere Molekülarten — meist zwei — beteiligt sind. Da die Geschwindigkeit bimolekularer Reaktionen auf Grund der kinetischen Molekulartheorie der Anzahl der gegenseitigen Zusammenstöße der gelösten Moleküle proportional ist und sich demgemäß in dem Produkt der Konzentrationen ausdrückt: v=
CJ,.CB.K
(K
= Geschwindigkeitskonstante),
so ist es in allen Fällen, wo nicht besondere Gründe dagegen sprechen, ratsam, die Konzentration einer Reaktionslösung möglichst hoch zu wählen. Man bedenke stets, daß die Herabsetzung der Konzentration auf die Hälfte, auf ein Viertel, auf ein Zehntel gleichbedeutend ist mit einer Verlangsamung der Reaktion um das vier-, sechzehnund hundertfache. Reindarstellung organischer Substanzen.
Die Stoffe, die das Ziel des präparatiyen Arbeitens bilden, sind meist feste, kristallisierte Körper oder Flüssigkeiten, mitunter auch Gase. Bei der großen Vielseitigkeit der Reaktionen organischer Stoffe verläuft, im ausgesprochenen Gegensatz zu den meisten Reaktionen in der anorganischen Chemie, kaum jemals eine Reaktion scharf in e i n e r Richtung auf ein Endprodukt, sondern es treten fast stets Nebenreaktionen ein. Dadurch wird die Isolierung reiner, einheitlicher Substanzen aus einem l*
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Einige allgemeine Arbeitsregeln
Reaktionsgemisch, wie sie die vornehmste Aufgabe der präparativen Übungen darstellt, erheblich erschwert. Teils entstehen mehrere definierte chemische Stoffe nebeneinander, deren Trennung erreicht werden muß, teils handelt es sich um die möglichst verlustfreie Beseitigung des angestrebten Stoffes von unerfreulichen, nicht kristallisierbaren Begleitstoffen, den sog. Harzen oder Schmieren. Darunter versteht man Nebenprodukte — zuweilen leider auch Hauptprodukte — , deren Ursprung und Art meist unerforscht ist und die das Interesse der klassischen organischen Chemie bisher n u r ' im Sinne ausgesprochener Mißbilligung erweckt haben. Von allen diesen unerwünschten Begleitern muß das zu gewinnende Präparat mit aller Sorgfalt befreit werden. E s sind für die hier in Frage kommenden Aufgaben grundsätzlich zwei Methoden, die zum Ziele führen, nämlich: 1. die Kristallisation, 2. die Destillation. I. Kristallisation. Grundsätzliches: Feste kristallisierbare Körper werden bei einer Reaktion gewöhnlich als Rohprodukte erhalten, die entweder direkt oder nach dem Einengen der Lösung in mehr oder weniger reiner Form sich beim Erkalten abscheiden. Die Kristallisationsgeschwindigkeit schwankt bei organischen Stoffen innerhalb sehr weiter Grenzen und die Neigung, übersättigte Lösungen zu bilden, ist außerordentlich groß. Aber selbst, wenn durch Einbringen eines Kristalles in die Lösung — durch „Animpfen" — die Aufhebung der Übersättigung bewirkt wird, stellt sich das Gleichgewicht der kaltgesättigten Lösung manchmal äußerst langsam ein. Die Ursache liegt eben in der verschiedenen Kristallisationsgeschwindigkeit. Darum erhält man den vollen Ertrag an Rohprodukt häufig erst nach vielstündigem Stehen der Lösung. Der Prozeß der Umkristallisation erfolgt im einfachsten (und häufigsten) F a l l in der Weise, daß eine heiß gesättigte Lösung des Rohprodukts in einem geeigneten Lösungsmittel hergestellt wird, aus der beim Erkalten die Substanz in reinerer Beschaffenheit wieder auskristallisiert. Voraussetzung für den Erfolg des Verfahrens ist, daß die Begleitstoffe größere Löslichkeit haben als die Substanz selbst, also auch in der erkalteten Lösung (der M u t t e r l a u g e ) gelöst bleiben.
Kristallisation
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Auch im umgekehrten SiDne findet das Prinzip der verschiedenen Löslichkeit Anwendung, dann nämlich, wenn das Nebenprodukt vermöge seiner geringeren Löslichkeit in einem passenden Lösungsmittel aus der eben gesättigten Lösung der Substanz abgetrennt werden kann. Da hierbei die Lösung für das Nebenprodukt stets gesättigt bleibt, so kann diese Methode, anders als die erste, niemals in einer Operation zur reinen Substanz führen. Für die Umkristallisation aus heiß gesättigter Lösung ist weiter wichtig, daß die Temperaturkurve der Löslichkeit möglichst steil verläuft, d. h. daß das Lösungsvermögen des Lösungsmittel mit steigender Temperatur stark zunimmt. Nur dann ist es erreichbar, die eingesetzte Substanzmenge in möglichst hoher Ausbeute aus der Lösung herauszuholen. Die Wahl des richtigen Lösungsmittels ist daher für die Prozedur des Umkristallisierens von großer Bedeutung. Die gebräuchlichsten Lösungsmittel sind die folgenden: Wasser,Äthylalkohol,Methylalkohol, Äther, Aceton, Eisessig, Essigester, Benzol, P e t r o l ä t h e r , Chloroform, Schwefelkohlenstoff. Für besonders schwer lösliche Substanzen werden außerdem Ameisensäure, Pyridin, Brombenzol, Nitrobenzol, mitunter auch Phenol, Benzoesäureester, Anilin verwendet. Es besteht ein deutlicher Zusammenhang zwischen der Konstitution des zu lösenden Stoffs und der vom Solvens, gemäß dem alten Prinzip: similia similibus solvuntur. So sind bekanntlich hydroxylhaltige Stoffe (z. B. Zucker, Carbonsäuren) in Wasser löslich, Kohlenwasserstoffe leichter in Benzol und Petroläther als z. B. in Alkoholen. Aber der obige Satz gilt im allgemeinen nur für einfache organische Verbindungen mit einiger Sicherheit, bei komplizierten ergeben sich verwickeitere Verhältnisse, und man ist, wenn man nicht über eine große Erfahrung verfügt,"genötigt, die vorhandenen Solventien der Reihe nach durchzuprüfen. Das meist benutzte ist der Alkohol, mit dem man in der Regel beginnt; dann kämen etwa Wasser, Benzol, Petroläther an die Reihe. Man kann sagen, daß im großen und ganzen von den gebräuchlichen Lösungsmitteln Benzol, Chloroform und Äther ein sehr großes, Petroläther und Wasser ein mäßiges Lösungsvermögen für organische Stoffe besitzen. Obwohl die Gültigkeit dieser Ordnung von vielen Substanzen durchbrochen wird, gibt sie doch für die Prüfung einen
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Einige allgemeine
Arbeitsregeln
gewissen Anhalt. So wird man, wenn die Probe in Alkohol zu schwer löslich ist, nach der ersten Grnppe, wenn sie zu leicht löslich ist, nach der zweiten greifen. Bei schwer löslichen Stoffen wählt man häufig ein höher siedendes Homologes der gleichen Klasse, an Stelle des niederen Alkohols Amylalkohol, an Stelle von Benzol Toluol oder Xylol, weil durch die erhöhte Siedetemperatur auch die Löslichkeit gesteigert wird. Es kommt sehr häufig vor, daß die Darstellung einer Substanz zu einem amorphen Rohprodukt führt, teils von harzartiger, teils von flockiger Beschaffenheit, das durch Digerieren mit einem geeigneten Lösungsmittel oder auch durch direktes Umkristallisieren kristallinisch wird. Man beachte, daß die Löslichkeit eines und desselben Stoffes im amorphen und kristallisierten Zustand durchaus verschieden ist, und zwar ist das amorphe Präparat stets viel leichter löslich. Für Salze gilt ganz allgemein, daß sie in Wasser leicht, wohl auch noch in den Alkoholen, Aceton und Chloroform löslich sind, dagegen von Äther, Benzol, Petroläther nicht aufgenommen werden. Infolgedessen kann man organische Säuren durch wäßrige Laugen, organische Basen durch wäßrige Säuren aus einem Gemisch mit neutralen Stoffen, z. B. in Äther, herausholen. Die Kombination verschiedener Lösungsmittel bildet ein wertvolles Hilfsmittel zur Reinigung, wenn ein Stoff in keinem Solvens die erforderliche mittlere Löslichkeit besitzt, sondern entweder allzu leicht oder allzu schwer löslich ist. Die Lösungsmittel, die gemeinsam verwendet werden, müssen miteinander mischbar sein. Es kommen meist in Anwendung: Alkohol, Eisessig, Aceton mit Wasser — Äther, Aceton, Benzol, Chloroform mit Petroläther — Pyridin mit Wasser, Äther oder Alkohol, und zwar verfährt man so, daß man die konz. Lösung, kalt oder heiß, tropfenweise mit dem Verdünnungsmittel versetzt, bis eben eine Trübung kommt, die durch Stehenlassen oder Reiben mit einem scharfkantigen Glasstab zur Kristallisation angeregt wird. Wenn die Kristallisation eingesetzt hat, wird vorsichtig weiter verdünnt. Es ist fehlerhaft, die gelöste Substanz auf einmal mit großen Mengen des wenig lösenden Mittels auszufällen. Bei allen Operationen, die man noch nicht in der Hand hat, f ü h r e man Vorversuche im R e a g i e r g l a s aus. Daran soll sich der Praktikant von allem Anfang an gewöhnen.
Kristallisation
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Als Aufnahmegefäß für das Filtrat dient bei wäßrigen Lösungen das Becherglas, bei organischen Lösungsmitteln aber der Erlenmeyerkolben, der keine Verdunstung zuläßt und so das Ansetzen von Krusten verhindert. Schon um die Einheitlichkeit des Eristallisats durch den Anblick kontrollieren zu können, soll die Kristallisation nicht gestört werden, damit möglichst gut ausgebildete Kristalle entstehen. Es ist ein Irrtum, anzunehmen, daß eine durch sofortige starke Abkühlung der Lösung erzeugte feine Kristallisation eine besonders reine Substanz darstelle: Durch die sehr große Oberfläche ist im Gegenteil der Adsorption von Nebenprodukten weit mehr Gelegenheit geboten, als bei der Ausbildung größerer Individuen. Dazu kommt, daß dem für den Organiker unerläßlichen Gebot der Prüfung einer Substanz auf Einheitlichkeit bei gut ausgebildeten Kristallen viel leichter Genüge getan werden kann. Diese Prüfung der Präparate, sei es mit der Lupe, sei es unter dem Mikroskop — 50 bis 100 fache Vergrößerung ist ausreichend — ist nicht außer acht zu lassen. Ist in der Lösung Sättigung bei Raumtemperatur eingetreten, so kann man die Menge des Kristallisats durch Einstellen des Gefäßes in Eiswasser oder in eine Kältemischung noch weiter steigern. Niedrig schmelzende Substanzen scheiden sich beim Abkühlen ihrer heiß gesättigten Lösung bisweilen in öliger Form ab. Dann muß die Lösung noch etwas verdünnt werden. Weiter sorgt man in solchen Fällen für langsame Abkühlung dadurch, daß man den Kolben mit der heißen Lösung in einem großen, mit Wasser von der gleichen Temperatur gefüllten Becherglas erkalten läßt. Von Stoffen, die schwierig kristallisieren, halte man stets eine kleine Probe zur Verwendung als „Impfkristalle" zurück. Mit ihrer Hilfe wird man der eben erwähnten Schwierigkeit bequem Herr, indem man sie in die noch nicht ganz kalt gewordene Lösung unter Reiben mit einem Glasstab einbringt. Zur Ausführung: Um eine heiß gesättigte Lösung zu bereiten, übergießt man die zu reinigende Substanz, am besten in einem kurzhalsigen Rundkolben, mit wenig Lösungsmittel, erhitzt zum Sieden und fügt nach und nach mehr davon zu, bis alles sich aufgelöst hat. Da in den rohen Substanzen vielfach unlösliche Beimengungen enthalten sind, beobachte man beim Auflösen genau, wann und ob die umzukristallisierende Verbindung vollständig in Lösung gegangen ist. Zu langes Kochen ist wegen
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der Zersetzlichkeit vieler Substanzen zu vermeiden. Bei Benutzung von Lösungsmitteln, die unter 80° sieden, erhitzt man am Rückflußkühler aufsiedendem Wasserbad; das hinzuzufügende Lösungsmittel kann mit einem Trichter durch den Kühler eingegossen werden. Besser bringt man, namentlich bei größeren Operationen, auf dem Kolben einen Doppelrohr-Aufsatz (nach Anschütz) an (Fig. 81, S. 38), der ein bequemes Nachgießen, in andern Fällen auch Einbringen fester Substanzen gestattet. Das im Winkel angebrachte Rohr ist mit dem schräg gestellten Kühler verbunden, das gerade Rohrende, durch das nachgefüllt wird, durch einen Korkstopfen geschlossen. Wasser und andere, höher als 80° siedende Lösungsmittel werden am zweckmäßigsten auf Asbestunterlage im Babo sehen Trichter oder auf Asbestdrahtnetz erhitzt. Liegt der Siedepunkt beträchtlich ( > 20°) über dem des Wassers, so muß der Kühler wegen Bruchgefahr mit erwärmtem Wasser gespeist oder durch ein weites und langes Glasrohr (Luftkühler) ersetzt werden, auf das man bei Bedarf feuchtes Filtrierpapier auflegt. Zur Vermeidung des sehr lästigen Siedeverzugs gibt man vor dem Aufkochen einige Siedesteinchen — etwa halberbsengroße Tonstückchen — in den Kolben, die man, wenn sie unwirksam geworden sind, durch neue ersetzt (nicht in die überhitzte Lösung einwerfen!). Bei starkem Stoßen sind für größere Ansätze Holzstäbe zu empfehlen. Um gefärbte Verunreinigungen, die oft einer farblosen Substanz zähe anhaften, zu beseitigen, kocht man die heiß gesättigte Lösung mit einigen Messerspitzen Tierkohle oder eigens präparierter Holzkohle kurze Zeit weiter. Da die aus der Kohle entweichende Luft ein heftiges Aufschäumen verursacht, muß das Eintragen vorsichtig und unter Umschütteln erfolgen. Aus wäßriger Lösung werden die gefärbten Begleitstoffe wegen ihres kolloidalen Charakters am leichtesten adsorbiert. Filtrieren: Die Kristallisationslösungen sind, auch wenn sie nicht mit Entfärbungskohle behandelt wurden, nicht völlig klar und müssen deshalb filtriert werden. Dem Faltenfilter ist im allgemeinen ein gewöhnliches Rundfilter vorzuziehen, das man in den meist nicht im genauen Winkel angesetzten Glastrichter dadurch dicht einpaßt, daß man bei der letzten Faltung die Quadranten unter einem kleinen Winkel zusammenlegt und dann den größeren Kegelmantel zum .Filtrieren benutzt.
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Als Filtrierpapier ist beim organisch-präparativen Arbeiten nur leicht durchlässiges, „genarbtes", brauchbar. Häufig kristallisiert die gelöste Substanz, namentlich aus sehr konzentrierter Lösung, infolge der Abkühlung schon im Trichter aus und verhindert so die Ausführung der Filtration. Diesem Mißstand kann man durch Anwendung eines Trichters mit kurz ( 1 / 3 —1 cm) unterhalb des Konus abgeschnittenem Abflußrohr (Fig. 2) einigermaßen begegnen. Viel empfehlenswerter aber ist die Benutzung eines sog. Heißwassertrichters (Fig. 3), in dem die Filtrierfläche des Trichters durch siedendes Wasser vom äußeren Blecbmantel aus erhitzt wird. Bei Anwendung entzündlicher Lösungsmittel muß vor dem Filtrieren die Heizflamme abgedreht werden. Der Dampftrichter (gemäß Fig. 4) ist ebenfalls
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Fig. 3.
Fig. 4.
Fig. 5.
gut brauchbar. Hat man nur kleine Flüssigkeitsmengen zu filtrieren, so kann man den leeren Trichter über freier Flamme vorwärmen oder man befeuchtet das eingelegte Filter mit etwas Alkohol, den man anzündet und bei horizontal gehaltenem Trichter unter Drehen bis zur beginnenden Ankohlung des Papiers abbrennen läßt. Manchmal, namentlich bei schwer filtrierbaren wäßrigen Lösungen, empfiehlt sich auch Durchsaugen auf einer Porzellannutsche mit vorher gut gedichtetem Filter; die Saugflasche muß vor der Benutzung vorsichtig angewärmt werden, am besten derart, daß man sie in einen Emailtopf mit warmem Wasser einstellt und dieses dann bis zum Sieden erhitzt. Wenn sich beim Filtrieren einer Lösung durch Auskristallisieren von Substanz das Filter verstopft, so helfe man sich nicht durch Durchstoßen des Filters. Man kocht vielmehr das aufrecht stehende
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Einige allgemeine
Arbeitsregeln
Filter in einem kleinen Becherglas mit frischem Lösungsmittel ans und filtriert dann die verdünntere Lösung durch das gleiche Filter. Die Gesamtlösung muß in solchen Fällen meist durch Einengen konzentriert werden.
Will man beim Umkristallisieren schöne Kristalle erzielen, so muß das Filtrat, in dem häufig schon während des Filtrierens eine Ausscheidung erfolgt, wieder bis zur klaren Lösung erhitzt und dann langsam, ohne äußere Störung, erkalten gelassen werden. Die Isolierung der Kristalle wird in keinem Falle durch gewöhnliches Filtrieren, sondern stets durch Absaugen über Filtrierpapier — bei starken Laugen und Säuren auch über Glaswolle oder Asbest, am besten über SCHOTT sehen Filtern aus gefrittetem Glas — bewerkstelligt. Bei größeren Substanzmengen bedient man sich des BtrcHNEEschen T r i c h t e r s , der sog. N u t s c h e (Fig. 5), deren Dimension zu der abzusaugenden Masse in das richtige Verhältnis zu bringen ist. Es ist durchaus verkehrt, einige Gramm Substanz auf einer Nutsche von sechs oder mehr cm Durchmesser abzusaugen. Für sehr große Ansätze benützt man den in Fig. 6 abgebildeten Saugstutzen. Der Porzellannutsche ist in vielen Fällen, namentlich dann, wenn
Fig. 6.
Fig. 7.
kleinere Mengen (5 g oder weniger) abzusaugen sind, die W I T T sche F i l t e r p l a t t e vorzuziehen (Fig. 7). Der Vorteil besteht darin, daß die Beinheit des Geräts viel besser kontrollierbar ist, als bei der nicht durchsichtigen Porzellannutsche, vor allem aber
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darin, daß wegen der viel kleineren Grundfläche das Auswaschen des Niederschlags weit weniger Lösungsmittel erfordert. Zur Herrichtung des Filters wird ein kleines Stückchen .Filtrierpapier um die obere Kante der Filterplatte herumgeknickt und dann eine Scheibe von 2 — 3 mm größerem Halbmesser mit der Schere herausgeschnitten. Man dichtet das mit dem Lösungsmittel befeuchtete Filter mit einem abgerundeten Glasstab, oder bei größeren Platten mit dem Fingernagel, indem man die kleinen Falten ausstreicht.
Hat man ganz kleine Substanzmengen von einigen cg oder weniger zu filtrieren, so benutzt man als Filtrierunterlage kleine Glasscheiben von 0,5—1 cm Durchmesser, die man aus dünnen Glasstäben in der Weise darstellt, daß man diese am äußeren Ende in der Gebläseflamme zum Erweichen bringt und jetzt auf einem Eisenblech plattdrückt (DIKPOLDEE). Der Glasstab muß so dünn und so lang sein, daß er in das Rohr eines ganz kleinen Trichters hineinpaßt und unten hinausragt. Als Filtrierauflage dient eine etwas größere, dicht aufsitzende Scheibe von Filtrierpapier (Fig. 8). Um die abgesaugte Substanz von der Filterplatte zu entfernen, stellt man den Trichter umgekehrt über eine Schale oder ein Uhrglas und befördert mit einem dünnen Glasstab oder Kupferdraht alles auf diese Unterlage, der „Glasknopf" wird von seinem unteren Ende aus herausgeschoben. Die Platte wird mit der Pinzette entfernt, das Filter erst nach dem Trocknen. Die am Trichter haften bleibende Substanz streicht man ohne Verlust mit einem schräg durchschnittenen Stückchen Karton (Kartenblatt) heraus.
Zur Aufnahme des Filtrates beim Absaugen dient die Saugflasche, deren Größe dem Volumen der Lösung anzupassen ist. Zum Filtrieren im kleinen Maßstab wird das auch sonst sehr nützliche S a u g r ö h r c h e n (Fig. 8) von verschiedener Größe herangezogen. Es steht in einem Bleifuß oder in einem kleinen, mit Bohrungen für mehrere Durchmesser versehenen Holzblock. Bei der großen methodischen Bedeutung der Darstellung analysenreiner Substanzen muß schon der organische Praktikant der Technik des Filtrierens die größte Aufmerksamkeit zuwenden. Das Verfahren, eine Kristallisation samt der Mutterlauge auf Ton aufzugießen und die Kristalle nachzuwaschen, ist nach-
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drücklich zu verwerfen. Überhaupt sollte der Sinn des Anfängers darauf gerichtet werden, schon bei der Darstellung organischer Präparate möglichst quantitativ zu arbeiten. Nicht die Anzahl der Präparate gibt den Ausschlag für den Erfolg, sondern die Sorgfalt und Gründlichkeit, mit der jede einzelne Reaktion durchgeführt wird. Aus diesen Gründen darf die „Mutterlauge" nicht als Abfall behandelt und vernachlässigt werden. Ihre Bedeutung wird zwar erst dem wissenschaftlich arbeitenden Organiker klar, aber auch der präparative Anfänger soll aus ihr herausholen, was für seine Zwecke aus ihr herauszuholen ist. Darum werden die Filtrate durch Wegdampfen von einem Teil des Lösungsmittels wieder in (kalt) übersättigte Lösungen übergeführt und so eine zweite Kristallisation erzielt, der unter Umständen noch eine weitere nachfolgen kann. In der Eegel müssen die so gewonnenen Kristallisate nochmals aus neuem Lösungsmittel umkristallisiert werden (Kontrolle durch Schmelzpunkt I). Über das A u s w a s c h e n der kristallisierten Niederschläge, das ihre Befreiung von der anhaftenden Mutterlauge zum Zweck hat, ist noch einiges zu sagen. Stets ist das angewandte Lösungsmittel zu benutzen und zwar, da sein Lösungsvermögen für die Substanz auch in der Kälte schon zu mehr oder weniger großen Verlusten führt, in möglichst geringer Menge. Während des Nachwaschens darf nicht gesaugt werden; man durchtränkt den Niederschlag mit dem Lösungsmittel und setzt dann erst die Pumpe an. Es ist zweckmäßig, die WoULFSche Flasche oder Saugflasche, die jeder Wasserstrahlpumpe vorgeschaltet sein muß, mit einen Regulierhahn zu versehen, der nicht nur eine bequeme Ausschaltung der Saugwirkung, sondern auch eine in vielen Fällen notwendige Veränderung des Unterdrucks gestattet. Bei Stoffen, die schon in der Kälte leicht löslich sind, muß das zum Waschen verwendete Lösungsmittel in einer Kältemischung vorgekühlt werden. Solange noch Mutterlauge an den Kristallen haftet, darf man durch den von tropfbarer Lauge befreiten Niederschlag keine Luft saugen, wenn leicht flüchtige Lösungsmittel in Anwendung sind. Es kommt sonst auch der unreine Inhalt der Mutterlauge zur Ausscheidung, und es besteht, namentlich bei leicht löslichen
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Substanzen, keine Sicherheit, daß die Verunreinigungen beim Nachwaschen wieder vollständig entfernt werden. Geringe Substanzmengen werden durch Auftropfen des Lösungsmittels ausgewaschen. Dazu dient ein sog. T r o p f r o h r (Fig. 9), das ist ein zu einer nicht zu dünnen Capillare ausgezogenes Glasrohr, das auch bei Ausführung von vielen Reaktionen sehr nützlich ist und den Sinn für sauberes Arbeiten fördert. Der häufig zu beobachtende Brauch, Substanzen dadurch zu „reinigen", daß man ihre Lösung in einer Kristallisierschale zur Trockne verdampft oder eindunsten läßt, führt naturgemäß nicht zum Ziel, da ja auf diesem Weg die Verunreinigungen nicht entfernt werden. Trocknen der Substanzen: Ein reines Präparat muß vom anhaftenden Lösungsmittel vollkommen befreit werden. Man trocknet unempfindliche Substanzen am bequemsten zwischen Filtrierpapier auf sauberer Unterlage bei Zimmertemperatur, indem man sie 1 oder 2 Tage an der Luft stehen läßt. Hochschmelzende Substanzen werden rascher im Trockenschrank oder auf dem Wasserbad vom LösungsII mittel befreit; jedoch muß dies stets mit einiger Vorsicht 9 geschehen. Die sicherste — für Analysenpräparate allein anwendbare — Methode ist die Trocknung im V a k u u m e x s i c c a t o r , der mit konz. Schwefelsäure beschickt ist. Das alte SCHEIBLEB sehe Modell halten wir für das zweckmäßigste. Die Konsistenz des Fettes ist für die Dichtung des Deckelschiffes sehr wichtig; am besten eignet sich adeps lanae anhydricus oder ein Gemisch aus gleichen Teilen Rinderfett und Vaseline. Das (rundgeschmolzene) Rohr mit dem Abschlußhahn wird, mit etwas Glycerin befeuchtet, in den vorher in den Tubus eingesetzten Gummistopfen hineingeschoben; die Führung muß streng sein. Den Einsatz bildet eine, auf drei niedere Füße aufgeschmolzene Porzellanplatte mit mehreren kreisrunden Öffnungen zur Aufnahme von kleinen Schalen, Uhrgläsorn u. dgl. Um das Hin- und Herrutschen des Einsatzes zu verhindern, ist der Zwischenraum zur Exsiccatorwand mit drei entsprechend zugeschnittenen Korkstücken ausgefüllt, die fest ansitzen. Damit beim Aufheben des Vakuums durch die hereinblasende Luft keine Substanz verstäubt wird, stellt man vor dem Tubus, durch den Einsatz festgehalten, ein Blatt steifen Kartons, ein Kartenblatt oder dgl. auf. Den Zug der einströmenden Luft mildert man überdies dadurch, daß man ein Stückchen Filtrierpapier vor dem Öffnen des
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Hahns an die äußere Eohröffnung halt, das dann angesaugt wird und einen ausreichenden Widerstand bildet. Um die einströmende Luft zu trocknen, ist dem Hahnrohr außen ein gerades Calciumchloridrohr aufgesetzt, dessen Inhalt durch Glaswolle oder besser Watte nach beiden Seiten gut gesichert sein muß. In Exsiccatoren, die viel umhergetragen werden, füllt man den Schwefelsäurebehälter bis zur Standhöhe der Säure mit Glasresten — zerbrochenen Rohrstücken, Stopfen u. dgL, — wodurch ein Spritzen hintangehalten wird. Die konz. Schwefelsäure ist von Zeit zu Zeit zu erneuern. Für analytische Zwecke muß ein besonderer Vakuumexsiccator bereit stehen.
Zur Verstärkung der Trockenwirkung, namentlich gegenüber Wasser, stellt man auf den Einsatz eine kleine, mit festem technischem Ätzkali gefüllte Schale. Die meisten Lösungsmittel außer Chloroform, Benzol, Petroläther und Schwefelkohlenstoff werden von dieser Beschickung absorbiert. Um Substanzen von diesen 4 Solventien zu befreien, bringt man dünne Paraffinschnitzel in einer flachen Schale neben die Substanz in den Exsiccator, falls ihre Eigenschaften das Trocknen an der Luft verbieten. Man mache sich zur Regel, keinen Vakuumexsiccator zu benutzen, der nicht über Nacht das volle Vakuum hält (Prüfung mit Manometer). Es genügt so, einmal zu evakuieren und über Nacht stehen zu lassen. Das stundenlange Saugen an der Pumpe ist unnütze Wasserverschwendung. Hat man aus schwer flüchtigen Lösungsmitteln, wie Eisessig, Xylol, hochsiedendem Petroläther, Nitrobenzol u. dgl. umkristallisiert, so wasche man vor dem Trocknen mit einem leichter entfernbaren, wie Äther, Benzol, Gasolin das erstere weg. Im allgemeinen wird eine in Eisessig oder Nitrobenzol schwer lösliche Substanz auch von Äther nicht leicht gelöst. 2. Destillation. Bei der Reinigung durch Destillation wird die Substanz im Dampfzustand weggeführt und durch Abkühlung an andrer Stelle wieder in den flüssigen oder festen Aggregatzustand gebracht. Voraussetzung für die Anwendung dieser Reinigungsmethode ist die Beständigkeit des Stoffes bei seiner Siedetemperatur. Diese kann erniedrigt werden durch Verdampfung im Vakuum und zwar sinkt der Siedepunkt im üblichen Vakuum der Wasserstrahlpumpe (12 mm) gegenüber dem bei Atmosphärendruck im Durchschnitt um 100—120°. Bei Stoffen, die unter gewöhnlichem Drack oberhalb 250° sieden, erhöht sich dieser Unterschied. Daher können
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sehr häufig Substanzen die sich schon unterhalb ihres normalen Siedepunktes zersetzen, durch Destillation im Vakuum gereinigt werden, da sie so einer weit niedrigeren Temperatur ausgesetzt sind. Einfach zusammengesetzte, vor allem auch leicht flüchtige Substanzen, wie Kohlenwasserstoffe, Alkohole, Ester, die niederen Säuren, Amine u. dgl. destilliert man unter Atmosphärendruck. Bei allen zersetzlichen Stoffen, auch bei besonders hoch siedenden, nimmt man die Destillation unter Unterdruck vor. Bei festen kristallisierten Körpern wird man im allgemeinen den Weg der Destillation nur dann beschreiten, wenn die Reinigung durch Kristallisation wegen allzu großer Löslichkeit oder aus anderen Gründen nicht zum Ziel führt. Die Möglichkeit der Destillation (ohne Zersetzung) muß natürlich in jedem Fall vorher feststehen. Die Destillation, sei es unter Atmosphärendruck oder im Vakuum, dient nicht nur zur Abtrennung des rein darzustellenden Produkts von nicht flüchtigen Beimengungen, sondern auch zur Scheidung von Gemischen flüchtiger Stoffe auf Grund ihres verschiedenen Dampfdrucks und damit Siedepunkts (fraktionierte Destillation). Destillation bei Atmosphärendruck: Als Destillationsgefäß dient ausschließlich der einfache Fraktionierkolben mit abwärts geneigtem Kondensationsrohr (Fig. 10), das im allgemeinen bei leicht siedenden Flüssigkeiten hoch, bei höher siedenden tief, d. h. näher bei der LI Kugel, angesetzt sein soll. T Das Thermometer ist durch einen reinen durchbohrten Kork mit dem Kolben verbunden; die Quecksilberkugel muß vollständig von den Dämpfen der Substanz umspült werden, also unterhalb des Ansatzrohres stehen. Da die gewöhnlichen Laboratoriumsthermometer häufig ungenau sind, müssen sie vor dem Gebrauch mit einem Normalthermometer verglichen werden. Am genauesten wird die Eichung, wenn man die beiden Thermometer neben-
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einander in konz. Schwefelsäure oder Paraffin auf 2 5 0 ° bringt und dann die Abkühlungstemperaturen von 10 zu 1 0 ° beobachtet und aufschreibt. Thermometer für Destillationen sollen eine kleine Kugel haben, damit die Temperatureinstellung rasch erfolgt.
Die Größe des Destillierkolbens ist so zu wählen, daß die Kugel von der Flüssigkeit zur Hälfte bis zu zwei Dritteln erfüllt ist. Um Siedeverzug und damit Überhitzung zu vermeiden, briDgt man einige kleine, halberbsengroße Tonstückchen (Siedesteine) vor jeder Destillation in den Siedekolben. Sie müssen bei dennoch eintretendem Siedeverzug erneut eingetragen werden, jedoch nicht in die überhitzte Flüssigkeit, sondern erst nach kurzer Abkühlung. Der Kolben wird oberhalb des Ansatzrohrs in eine mit Kork ausgekleidete Klammer eingespannt. Heizquellen: Flüssigkeiten, die nicht höher als 8 0 ° sieden, werden im Wasserbad erwärmt (Emailtopf oder Becherglas); die Temperatur des Heizbades soll ungefähr 2 0 ° über dem Siedepunkt der Substanz liegen. Die Einhaltung der richtigen Heiztemperatur ist von großer Bedeutung, da bei zu großer Steigerung derselben infolge von Überhitzung zu hohe Siedepunkte des Destillats gefunden werden. Bei höher siedenden Stoffen kann man für präparative Zwecke, wo ein Spielraum von einigen Graden für den Siedepunkt in Kauf genommen werden kann, meist die freie, rußende Gasflamme benutzen, mit der der Kolben anfangs vorsichtig umfächelt wird; auch Erhitzen auf dem Babotrichter oder auf dem Drahtnetz ist anwendbar. B e i wertvollen Substanzen und wenn Anspruch auf analytische Reinheit erhoben wird, auch dann, wenn aus Gründen der Beständigkeit der Substanz Überhitzung vermieden werden soll, wird man ein O l - oder P a r a f f i n b a d vorziehen, für Temperaturen > 2 2 0 ° ein M e t a l l b a d aus WooDscher oder ROSE scher Legierung oder die Schmelze von gleichen Teilen Kali- und Natronsalpeter, beide in einem eisernen Tiegel. Niedrig siedende Substanzen werden in einem LIEBIG sehen Kühler kondensiert, der mit Kork an das Ansatzrohr angeschlossen ist. Will man jeglichen Verlust durch Verflüchtigung vermeiden, so verbindet man das Kühlrohr durch einen sog. Vorstoß mit der als Vorlage dienenden Saugflasche, die durch Eis oder auch Kältegemisch gekühlt wird. Bei Flüssigkeiten, die um 1 0 0 ° sieden, genügt ein kurzer Kühler, und bei der Destillation geringer Mengen ist die Ver-
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wendung eines kleinen, dicht über das Ansatzrohr stülpbaren Kühlmantels zur Einschränkung von Materialverlusten besonders ratsam. Ein solcher ist in Fig. 18 und 23 abgebildet. Bei Siedetemperaturen oberhalb 120° kühlt man im allgemeinen nicht mehr mit fließendem Wasser, weil das Kühlrohr bei der Berührung mit dem heißen Dampf leicht springen kann; hier dient das im Mantel stehende Wasser, das sich allmählich erwärmt, als Kühlflüssigkeit. Wenn der Siedepunkt 150° überschreitet, genügt bloße Luftkühlung (weites Kühlrohr ohne Mantel). Substanzen, die nach der Kondensation rasch erstarren, dürfen niemals aus einem Fraktionierkolben mit engem Ansatzrohr destilliert werden; man kann zwar das Destillat im frei liegenden Rohr durch Anwärmen mit der Flamme wieder verflüssigen, aber die an den durch Korke oder andere Verbindungen gedeckten Stellen auftretenden Versperrungen sind oft kaum mehr zu öffnen und verursachen viel Zeitverlust und Arger. Deshalb greift man sofort zu dem mit weitem Ansatz versehenen S c h w e r t oder S ä b e l k o l b e n (Fig. 11), aus dem nach beendigter Destillation das Produkt mühelos, am besten durch Herausschmelzen, entnommen werden kann. Die Ausführung einer Destillation gestaltet sich normalerweise folgendermaßen. Nach allmählichem Erhitzen des Kolbeninhalts steigt unter den äußeren Erscheinungen des Siedens der Quecksilberfaden des Thermometers mit einem Mal rasch in die Höhe, um bei einer bestimmten Temperatur, dem Siedepunkt, haltzumachen. Hat sich diese Temperatur innerhalb eines Grades fest eingestellt, so vertauscht man die Vorlage — ein kleines weites Röhrchen oder dgl. — mit dem „Vorlauf" gegen ein der zu erwartenden Substanzmenge angepaßtes Auffanggefäß (Erlenmeyer oder enghalsige Stöpselflasche mit aufgesetztem Trichterchen) und erhitzt weiter in dem Maße, daß alle 1—2 Sekunden ein Tropfen übergeht. Das Thermometer muß dauernd im Auge behalten werden. Die Substanz soll im allgemeinen in der Temperaturspanne von nicht mehr als 1—2 Graden übergehen; bei analytisch reinen Präparaten ist die Grenze enger zu ziehen. Destilliert man mit freier Flamme, so steigt gegen das Ende hin der Siedepunkt wegen Überhitzung regelmäßig um ein GATTBKMiira, Praxis. 21. Auflage.
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paar Grade, obwohl noch reine Substanz übergeht. Erhöht sich der Siedepunkt schon früher über den angegebenen Bereich, so wird die Vorlage wiederum gewechselt und unter Fortsetzung der Destillation ein drittes Kondensat, der „Nachlauf" aufgefangen. Es ist zu beachten, daß im Vorlauf wie im Nachlauf noch Anteile des Hauptprodukts enthalten sind. Der Dampfdruck einer destillierbaren Substanz ist schon unterhalb des Siedepunktes so beträchtlich, daß mit den leichter flüchtigen Bestandteilen (gewöhnlich Reste von Lösungsmittel) des ursprünglichen Destillationseinsatzes auch Dampf der Substanz übergeht. Andrerseits steigt der Siedepunkt einer Substanz, wenn sie sich im Gemisch mit höher siedenden Stoffen befindet. So läßt sich Äther, der überaus häufig zur Aufnahme organischer Präparate verwendet wird, selbst auf dem siedenden Wasserbad nicht vollständig von einer viel weniger flüchtigen Substanz abtrennen, obwohl sein Siedepunkt schon bei 3 5 ° liegt. Ein anderes bekanntes Beispiel bildet die Benzolwäsche der Kokereien, auf das aber hier nicht näher eingegangen werden kann.
Daraus erklärt sich, daß auch der Nachlauf nicht frei ist von dem Hauptprodukt, und wenn Vorlauf und Nachlauf ansehnliche Mengen darstellen, so lohnt sich eine nach den angegebenen Regeln zu wiederholende getrennte Destillation dieser beiden Anteile. Die fraktionierte Destillation: Nicht so einfach, wie im vorstehenden geschildert, liegen die Verhältnisse, wenn es sich darum handelt, mehrere flüchtige Produkte einer Reaktion durch Destillation voneinander zu trennen. Die Aufgabe wird erschwert in dem Maße, als die Siedepunkte der einzelnen Bestandteile sich einander nähern, und es gelingt mit den üblichen Laboratoriumsmitteln schon nicht leicht, Substanzen mit einiger Schärfe voneinander zu scheiden, deren Siedepunkte sich um 10° unterscheiden. Der Weg, der hier in der größten Annäherung das Ziel erreichen läßt, ist der der mehrfachen Wiederholung des Destillationsprozesses. Sie kann bei niedrig siedenden Stoffen in e i n e r Operation vorgenommen werden durch Anwendung von sog. F r a k t i o n i e r a u f s ä t z e n , das sind Kondensationssysteme, die vor der endgültigen Kondensation in die Dampfphase eingeschaltet sind. Durch Luftkühlung wird in den einzelnen Abteilungen dieser Destillationsaufsätze, die verschiedenartig konstruiert sein können (Fig. 12 u. 13), Dampf verflüssigt und der nachdrängende Dampf muß diese Kondensate, die in seiner Bahn liegen, durchströmen.
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Destillation
Dabei werden seine weniger flüchtigen Bestandteile kondensiert, während die leichter flüchtigen am nächsten Glied des Aufsatzes das gleiche Spiel wiederholen. So kommt eine der Anzahl der Kugeln des Aufsatzes entsprechende Menge von Einzeldestillationen zustande, die bei vorsichtiger und langsamer Ausführung der Operation eine weitgehende Trennung ermöglicht. Hat man nur kleine Substanzmengen zur Verfügung, so leistet eine in das Lumen des Destillationskolbens eingesetzte Glasspirale 1 ganz vorzügliche Dienste. Die technische Anwendung des Prinzips der fraktionierten Destillation finden wir in der Spiritusfabrikation und in der auf dem gleichen Weg erfolgenden Isolierung der aromatischen Kohlenwasserstoffe aus dem Leichtöl des Steinkohlenteers.
Flüssigkeitsgemische von höherem Siedepunkt (>120°) trennt man in ihre Bestandteile, indem man sie zuerst durch Destillation in mehrere Fraktionen von ungefähr gleichem Siedepunktsintervall zerlegt; die einzelnen Destillate werden (in kleineren Siedekolben) durch Destillation erneut aufgeteilt, die in ihren Siedepunkten einander naheliegenden Fraktionen werden dann noch mehrere Male unter immer schärferer Einengung der Siedepunktsgrenzen fraktioniert überdestilliert. Nicht alle Gemische sind durch Destillation trennbar; bisweilen bilden Stoffe, die bei verschiedenen Temperaturen sieden, konstant übergehende Destillate. Über die Theorie der fraktionierten Destillation unterrichte man sich genauer in NEBNST, Theoretische Chemie 1921, S. 117. Die Vakuumdestillation: Der organische Chemiker muß sich immer bewußt sein, daß fast alle Stoffe, mit denen er umgeht, vom Standpunkt der Thermodynamik aus metastabil sind. Die Einwirkung erhöhter Temperatur ist aber in allen Fällen der Einstellung der wahren Gleichgewichte — hier dem Zerfall — günstig, und deshalb wird man es sich zweckmäßig zur Regel machen, seine Substanzen nicht unnötigerweise zu gefährden. 1
WIDMER,
Hclv. chim. act. 2*
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Einige allgemeine Arbeitsregeln
Aus diesem Grunde gebührt der Destillation im Vakuum, die, wie oben erwähnt, den Einfluß der Wärme erheblich vermindert, eine große Bedeutung beim organischen Arbeiten. Ihre Methodik muß der präparative Organiker bald beherrschen lernen und er soll sich frühzeitig darangewöhnen, die Vakuumdestillation nicht als „Hauptund Staatsaktion" aufzufassen, sondern als eine der elementarsten Operationen der Laboratoriumspraxis. Das gegebene Destillationsgefäß ist der C l a i s e n k o l b e n (Fig. 14). Seine sehr zweckmäßige KohrteiluDg verhindert das hier besonders gefahrliche Uberspritzen der siedenden Flüssigkeit. Damit der bei der Vakuumdestillation sehr leicht eintretende Siedeverzug vermieden werde, saugt man vermittelst einer feinen Capillare dauernd feine Luftbläschen — bei luftempfindlichen Substanzen Wasserstoff oder Fig. 13. COa — durch die siedende Flüssigkeit. Die Capillare zieht man an einem genügend langen, 4—8 mm weiten Glasrohr in der Gebläseflamme aus und gibt ihr dann durch abermaliges Ausziehen über der Sparflamine die genügende Feinheit. Vor dem Gebrauch prüft man ihre Durchlässigkeit, indem man die Spitze in einem kleinen Reagenzglas unter Äther bringt und dann mit dem Mund hineinbläst. Die Blasen sollen einzeln und langsam heraus perlen. Capillaren für die Hoch vakuumdestillation sollen erst bei kräftigem Einblasen einzelne Luftblasen, aber schwierig, durchlassen. Bisweilen besteht das Bedürfnis, vor allem bei schäumenden Flüssigkeiten, den Luftdurchtritt durch die Capillare zu regulieren. Dies erreicht man bei nicht allzu fein ausgezogener Capillare durch eine Quetschschraube, die man an einem Stückchen ungebrauchten, dickwandigen Gummischlauchs auf das Capillarrohr aufsetzt, derart, daß die Backen der Schraube den Schlauch unmittelbar über dem Ende des Capillarrohrs fassen. Man beachte aber, daß bei einer Unterbrechung der Destillation die in der Kugel vorhandene Flüssigkeit durch den äußeren Luftdruck in das noch evakuierte Capillarrohr hineingedrückt wird — unter Umständen bis in den Gummischlauch — und vermeide dies dadurch, daß man vor der Unterbrechung den Schraubhahn vorsichtig öffnet. Bei hartnäckigem Schäumen führt man unter Verzicht auf das Thermometer auch in das vordere Eohr des Ciaisenkolbens (b in Fig. 13)
Destillation
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eine Capillare ein. Der durch sie eingesaugte feine Luftstrom bringt die Blasen, ehe sie übersteigen können, zum Platzen. 1
Das Capillarrohr wird von der Spitze aus in einen eng anschließenden unversehrten Gummistopfen eingeführt (mit etwas Glycerin), der dicht in das Rohr a des Ciaisenkolbens hineinpaßt. Bei richtigem Sitz des Capillarrohrs soll sich das Capillarende in unmittelbarster Nähe des tiefsten Punktes der Kugel befinden. Im Rohr b steckt, ebenfalls durch einen Gummistopfen eingefügt, das Thermometer. Will man vermeiden, daß die Substanz mit Kautschuk in Berührung kommt, so benutzt man Claisenkolben mit verjüngten Rohrenden, in die Capillarrohr und Thermometer mit Hilfe kleiner übergezogener Schlauchstücke eingesetzt werden. Die Verwendung von Korkstopfen bei Vakuumdestillationen erfordert große Übung. Die Kühlung erfolgt nach den gemachten Angaben; der kleine übergezogene Wasserkühler ist hier besonders empfehlenswert. Vorlagen: Wenn nur eine oder zwei Fraktionen zu erwarten sind, benutzt man als Vorlagen Saugröhrchen, wie auf Fig. 8 abgebildet, von entsprechender Größe — für den Vorlauf die kleinsten — oder, bei größeren Substanzmengen kleine Saugflaschen. Dem Verbindungsstopfen aus Gummi sind sie vorher anzupassen. Beim Wechseln der Vorlage muß die Destillation naturgemäß unterbrochen werden. Will man dies vermeiden und hat man mehrere Fraktionen zu erwarten, so bedient man sich mit Vorteil des sog. Kuheuters, eines Apparats, der in Fig. 14 abgebildet ist. Indem man das mit Glycerin eingedichtete Glasrohr c mit einer Hand festhält, kann man mit der andern den Glasteil b drehen und so die verschiedenen Auffanggefäße der Reihe nach unter die Mündung des Abflußrohrs bringen. Vor dem Wechseln mäßigt man durch Entfernung der Heizflamme das Tempo der Destillation, um ein Vertropfen von Substanz auf die Trennungsfläche zwischen den beiden Vorlagen zu vermeiden. Auf einem ähnlichen Prinzip beruht der von B B Ü H L angegebene Apparat, dessen Anwendungsweise aus der Fig. 15 ersichtlich ist Schließlich sei noch der, namentlich für die Destillation größerer Substanzmengen trefflich bewährte Hahnvorstoß nach A N S C H Ü T Z - T H I E L E (Fig. 16) erwähnt, bei dem man nach Schließung 1
E. DORRER, Dissert. München 1926.
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Einige allgemeine Arbeitsregeln
der Hähne a und b mit Hilfe der Klemmschraube c das Vakuum in der Vorlage aufheben und so diese wechseln kann. Nachdem man dann bei c -wieder geschlossen und durch Offnen von b wieder überall Vakuum hergestellt hat, kann man bei geöffnetem Hahn a weiter destillieren. Der dritte Hahn (siehe Fig. 16) kann entbehrt werden. Noch einfacher ist der mit Dreiweghahn versehene Wechselvorstoß (Fig. 17) gebaut, an dem die Vorlage durch eine Hahnbohrung mit der Außenatmosphäre in Verbindung gebracht werden kann, während das Vakuum im Apparat erhalten bleibt. Nach dem Wechseln des Auffanggefäßes muß der H a h n allerdings sehr vorsichtig gegen dieses geöffnet werden, damit das
Fig. 14.
Fig. 15.
inzwischen über dem Hahn angesammelte Kondensat durch die von unten eingesaugte Luft nicht verspritzt wird. Die beiden zuletzt aufgeführten Apparate haben den großen Vorteil, daß die einzelnen Fraktionen alsbald völlig voneinander getrennt werden, daß sie auch nicht mit den Dämpfen in gegenseitiger Berührung sind; für zähe, viscöse Flüssigkeiten, die nicht durch die Hahnbohrung gehen, sind sie dagegen nicht verwendbar. Man wird sie daher bei der Destillation von verhältnismäßig niedrig siedenden Substanzen, deren Dampfdruck nicht zu vernachlässigen ist, bevorzugen. Das Heizen: Nur bei großer Übung kann eine Vakuumdestillation mit freier F l a m m e ausgeführt werden. W e i t zuverlässiger ist die indirekte Heizung durch ein W ä r m e b a d . Auch hier ist die Temperatur des Heizbades mit größter Sorgfalt der
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Destillation
Siedetemperatur der Substanz anzupassen (etwa 20° höher; bei hoch angesetztem Kondensationsrohr muß die Differenz vergrößert werden); wenn der Siedepunkt einer Fraktion erreicht ist, soll die Temperatur des Bades konstant gehalten werden. Der Kolben wird so tief in das Heizgefäß eingesenkt, daß der Spiegel des Destillationsguts unterhalb von dem der Heizflüssigkeit liegt. Die Kugel soll nicht weiter als bis zur Hälfte mit Substanz gefüllt sein. Bei der Destillation hoch siedender Stoffe taucht man möglichst tief ein und umkleidet den Destillationskolben oberhalb des Heizbads bis zum Winkel des Ansatzrohrs mit Asbestpapier, das durch einen dünnen Draht oder durch eine Schnur befestigt wird.
ö Fig. 16.
Fig. 17.
Bei empfindlichen Substanzen, die an sich der Vakuumdestillation zugänglich sind, tritt bisweilen Zersetzung ein, wenn sie in der Hitze jäh einer starken Druckänderung unterworfen werden. In solchen Fällen soll das Vakuum erst nach Abkühlung des Kolbeninhalts aufgehoben werden. So zu verfahren, ist ganz allgemein zweckmäßig, weil dadurch auch die recht häufige Oxydationswirkung heißer Luft vermieden wird.
Unerläßlich für alle Destillationen unter vermindertem Druck ist die Zwischenschaltung eines abgekürzten Manometers (Fig. 18) zwischen Pumpe und Apparat, da der Druck, bei der Abhängigkeit des Siedepunktes von ihm, dauernd kontrolliert werden muß. Inkonstante Siedepunkte sind recht oft die Folge wechselnden Drucks. Um die Verunreinigung des Manometers durch Dämpfe,
24
Einige allgemeine Arbeitsregeln
die sich darin kondensieren, hintanzuhalten, destilliert man bei geschlossenem Hahn, den man nur von Zeit zu Zeit zur Druckprüfung öffnet. Vor dem B e g i n n j e d e r V a k u u m d e s t i l l a t i o n m u ß d i e g a n z e A p p a r a t u r am M a n o m e t e r a u f D i c h t i g k e i t , d . h . auf a u s r e i c h e n d e s V a k u u m g e p r ü f t w e r d e n . Mit dem Anheizen des Bades beginne man erst, nachdem das Vakuum hergestellt ist. Bringt man die b e r e i t s e r w ä r m t e Flüssigkeit unter vermindertem Druck, so kommt sie häufig infolge Überhitzung zum Uberschäumen. Dabei braucht der Siedepunkt der Substanz nicht erreicht zu werden: es genügt, daß im Destillationsgut noch etwas Lösungsmittel, z. B. Äther, enthalten
Fig. 18.
ist, dessen Entfernung auf dem Wasserbad aus Gründen des stark herabgesetzten Dampfdruckes nie vollständig möglich ist. In manchen Fällen, wenn leicht flüchtige, niedrig siedende Stoffe im Vakuum destilliert werden, ist es nötig, durch Erhöhung des Drucks die Flüchtigkeit zu vermindern. Man arbeitet dann nicht beim vollen Vakuum der Wasserstrahlpumpe, das je nach der Temperatur des Leitungswassers 10—14 mm Quecksilber beträgt, sondern bei Drucken von 20—100 mm. D a die Leistung der Pumpe nicht reguliert werden kann, so hilft man sich mit einem in die Vorlageflasche eingesetzten Hahn (a, Fig. 18), mit dem man unter Beihilfe des Manometers jeden gewünschten Druck einstellen kann. Bei Substanzen, die unter Atmosphäredruck über 150° sieden, bedient man sich der maximalen Leistung der Wasserstrahlpumpe, die abhängig vom Druck und der Temperatur des Leitungswassers
Sublimation
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ein Vakuum zwischen 10 und 20 mm erzeugt. Die Siedetemperatur erhöht sich zwischen 10 und 15 mm um etwa 2°, zwischen 15 und 20 mm um etwa 1,5° pro mm. Mit diesen Durchschnittswerten kann man den Siedepunkt einer Substanz, die unter einem andern Druck, als dem angegebenen destilliert wird, angenähert berechnen. Z. B. der Stoff A siedet nach den Angaben der Literatur bei 156°/ j2 mm. Sein Siedepunkt unter 18 mm Druck wird dann bei ungefähr 167° liegen. W e r d e n rasch erstarrende Substanzen im Vakuum destilliert, so trägt der Ciaisenkolben ein erweitertes Ansatzrohr, gerade so wie dies für die gewöhnliche Destillation beschrieben ist. Stoffe, deren Siedepunkt auch bei dem Unterdruck, den die Wasserstrahlpumpe schafft, noch zu hoch liegt, lassen sich häufig im Hochv a k u u m unzersetzt destillieren, d. h. bei Drucken, die bei 2 mm oder darunter liegen. Druckverminderung bis zu dieser Grenze setzt die Siedetemperatur um durchschnittlich 150° gegenüber der bei Atmosphärendrnck, um etwa 50° gegenüber dem Vakuum der Wasserstrahlpumpe herab. Seit der Einführung der sog. Quecksilberdampfstrahl-Hochvakuumpumpen, die wohl heutzutage in keinem Hochschullaboratorium fehlen, ist die Destillation im Hochvakuum eine unschwer auszuführende Prozedur, und wer die gewöhnliche Vakuumdestillation gewandt und sicher auszuführen gelernt hat, wird auch im Hochvakuum destillieren können, wenn diese Aufgabe etwa bei einem Literaturpräparat an ihn herantritt. Wegen der Empfindlichkeit der Apparatur — wenigstens gegenüber dem allgemeinen Gebrauch — ist dieses Verfahren in die Übungspräparate nicht einbezogen und wird darum auch nicht ausführlicher beschrieben. M a n versäume nie, A u g e n zu s c h ü t z e n ! Die
bei
Vakuumdestillationen
die
Sublimation.
Flüchtige Stoffe, deren Dampf bei der Abkühlung unter Umgehung der flüssigen Phase sich direkt zu Kristallen verdichtet, werden unter Umständen mit Vorteil durch Sublimation gereinigt, vor allem dann, wenn das Umkristallisieren infolge besonderer Löslichkeitsverhältnisse erschwert ist. Ein bekanntes Beispiel bildet die Reinigung des Jods. In der organischen Chemie sind es namentlich Chinone, bei denen man das Verfahren anwendet Eine Sublimation kleinerer Substanzmengen läßt sich zweckmäßig zwischen zwei gleich großen Uhrgläsern ausführen. Auf das untere bringt man die zu sublimierende Substanz, bedeckt
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Einige allgemeine
Arbeitsregeln
es dann mit einem runden Filter, welches etwas über den Rand des Glases hervorragt und in seinem mittleren Teile einige Male durchlöchert ist, legt das zweite Uhrglas mit der Wölbung nach oben darauf und verbindet beide mit einer Uhrglasklammer. Erhitzt man nun das untere Glas möglichst langsam durch eine kleine Flamme auf einem Sandbade, so verdichtet sich die vergaste Substanz an dem kalten, oberen Glase zu Kristallen; das Filter verhindert, daß die Kriställchen wieder auf das untere, heiße Glas zurückfallen. Zur Abkühlung des oberen Glases kann man dieses mit einer mehrfachen Lage feuchten Filtrierpapieres oder mit einem Stückchen eines feuchten Tuches bedecken. Will man größere Substanzmengen sublimieren, so ersetzt man in dem soeben beschriebenen Apparate das obere Uhrglas durch einen Trichter, welcher etwas kleiner als das Glas ist (Fig. 19). Auch in Tiegeln, Kolben, Bechergläsern, Retorten, Röhren u. a. kann man Sublimation vornehmen. — Bei Sublimationen beachte man stets, daß der Apparat erst nach dem vollkommenen Erkalten auseinander genommen wird. Destillation mit Wasserdampf. Von diesem wichtigen Reinigungsverfahren macht man nicht nur im Laboratorium, sondern auch in der chemischen Großindustrie außerordentlich häufig Gebrauch. Es beruht darauf, daß viele Stoffe, deren Siedepunkte beträchtlich höher liegen können als der des Wassers, von eingeblasenem Wasserdampf in dem Ausmaß ihres Dampfdrucks bei dessen Temperatur verflüchtigt und dann zusammen mit dem sie begleitenden Wasserdampf in einem angeschlossenen Kühlsystem wieder kondensiert werden. Der geeignetste und theoretisch einfachste Fall (vgl. unten) liegt vor, wenn der Stoff in Wasser schwer löslich oder praktisch unlöslich ist. Zur Prüfung auf Wasserdampfflüchtigkeit bringt man eine kleine Probe der Substanz mit etwa 2 ccm Wasser in ein Reagenzglas, erhitzt zum Sieden (Siedesteine!) und hält den Boden eines mit etwas Eis beschickten zweiten Reagenzglases in die entweichenden Dämpfe, bis sich ein Wassertropfen daran kondensiert hat. Eine Trübung des Tropfens zeigt an, daß die Substanz mit Wasserdämpfen flüchtig ist
Zur Ausführung im großen bringt man die Substanz, die abgeblasen werden soll, mit wenig Wasser in einen geräumigen
Destillation
mit
Wasserdampf
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langhalsigen Rundkolben, der nicht weiter als bis zu einem Drittel angefüllt sein darf, erwärmt mit einem untergestellten Brenner bis nahe zur Siedetemperatur (um allzu große Volumvermehrung durch Kondenswasser zu vermeiden) und leitet erst jetzt, nachdem der angeschlossene l a n g e Kühler in Gang gesetzt und die Vorlage aufgestellt ist, einen ziemlich kräftigen Dampfstrom ein. Das weite Einleitungsrohr soll bis nahe an den Boden des Kolbens reichen und vorne etwas umgebogen sein (Fig. 20). Besitzt das Laboratorium keine Dampfleitung, so wird der Dampf in einem gut zur Hälfte gefüllten, mit Steigrohr versehenen Blechtopf entwickelt. Man destilliert in der Regel so lange, bis das Destillat klar abläuft. Wenn sich die Substanz kristallisiert im Kühlrohr abscheidet, so läßt man für kurze Zeit das Kühlwasser teilweise auslaufen; der Dampf bringt dann die Kristalle zum Schmelzen und \ y \ \ " Abfließen. Jedoch ist bei : dieser Maßnahme darauf zu
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sierter Dampf durch MitFig. 20. führen von Substanz Verluste verursacht. Der Wiedereintritt von Kühlwasser in das heiße Bohr hat mit Vorsicht zu erfolgen. Nach Beendigung der Destillation wird vor Abstellung des Dampfes die Verbindung zwischen Dampfrohr und Kolben gelöst, weil andernfalls der Rückstand des Kolbens durch das Einleitungsrohr zurücksteigen könnte. Darauf ist namentlich bei Entnahme des Dampfes aus einer Leitung zu achten. Kleinere Substanzmengen kann man auch aus einem genügend großen Fraktionskolben mit hoch angesetztem Rohr abblasen, besonders leicht flüchtige Stoffe auch ohne Dampfzufuhr durch einfaches Erhitzen mit Wasser. Sehr schwer flüchtige Substanzen treibt man mit ü b e r h i t z t e m Wasserdampf über. Die Überhitzung erfolgt zweckmäßig in einem konisch gewundenen Kupferrohr (Fig. 21), das
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Einige allgemeine Arbeitsregeln
zwischen Dampfleitung und Kolben eingeschaltet und durch einen darunter gestellten Brenner erhitzt wird. Der Kolben mit der Substanz befindet sich in einem auf höhere Temperatur (etwa 150°) erhitzten Ölbad. Unter Umständen kommt man auch ohne Überhitzer zum Ziel, indem man möglichst trockenen Dampf nicht Fig. 21. zu rasch in den die trockene Substanz enthaltenden, im Heizbad erwärmten Destillationskolben einleitet. Zersetzliche Substanzen, die flüchtig sind, werden bisweilen unter vermindertem Druck, also bei erniedrigter Temperatur, mit Wasserdampf destilliert. Zur Theorie der Wasserdampfdestillation: Die reine Form des Vorgangs liegt vor, wenn der zu destillierende Stoff in Wasser unlöslich, oder genauer wenig löslich ist (Beispiele: Toluol, Brombenzol, Nitrobenzol), wenn sich also die Dampfdrucke von Wasser und Substanz gegenseitig nicht oder wenig beeinflussen. Ganz andere Verhältnisse ergeben sich bei Stoffen, die mit Wasser mischbar sind (Alkohol, Essigsäure); hier tritt das theoretisch komplizierte Bild der fraktionierten Destillation auf. Wir betrachten nur den ersten Fall und wählen als Beispiel das bei 155° siedende Brombenzol. Erwärmen wir diese Flüssigkeit mit Wasser, so wird ihr Dampfdruck im Sinne der ihr eigenen Kurve ansteigen und zwar unabhängig von dem des Wassers. Die Erscheinung des Siedens wird eintreten, wenn die Summe der Dampfdrucke der beiden Stoffe dem herrschenden Atmosphärendruck gleich geworden ist. Dies ist, wie sich aus den Dampfdruckkurven entnehmen läßt, für Normalverhältnisse (760 mm) der Fall bei 95-25°. Bei dieser Temperatur beträgt die Tension des Brombenzols 121 mm, die des Wassers 639 mm, ihre Summe also 760 mm. Die Dampfphase wird daher nach der AYOGADEO sehen Regel die beiden Komponenten im molekularen Verhältnis von 121: 639 enthalten, d. h. es werden 5,28 mal mehr Wassermoleküle im Dampfgemisch sein, als solche von Brombenzol. Das absolute
Abdestillieren von
Lösungsmitteln
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Verhältnis, in dem Brombenzol mit Wasserdampf übergeht, ergibt sich einfach unter Heranziehung der Molekulargewichte. Auf 1 Mol Brombenzol vom Mol.-Gew. 157 kommen 5-28 Mole Wasser vom Mol.-Gew. 18, oder mit 157 Gewichtsteilen des ersten gehen 5*28.18 = 97 Gewichtsteile Wasser über, was ungefähr einem Verhältnis Brombenzol: Wasser von 5: 3 entspricht. Man kann demnach bei Kenntnis der Tensionskurve eines mit Wasser nicht mischbaren Stoffes den Grad seiner Wasserdampfflüchtigkeit leicht angenähert berechnen, nur angenähert deshalb, weil die Voraussetzung der gegenseitigen Unlöslichkeit praktisch niemals erfüllt ist. Abdestillieren von Lösungsmitteln.
Da man beim organisch-präparativen Arbeiten sehr häufig Substanzen aus verdünnter Lösung zu isolieren hat, so gehört diese Operation zu den alltäglichen Verrichtungen. Äther wird am absteigenden Kühler {Schlangenkühler, Fig. 22) vom Dampfbad oder Wasserbad aus abdestilliert und nach eventueller Reinigung erneut verwendet. Enthält er flüchtige Säuren, so wird er mit Sodalösung, dagegen flüchtige Basen, mit verdünnter Schwefelsäure durchgeschüttelt. Um Verluste und Entzündung infolge der Flüchtigkeit des Äthers zu vermeiden, benutzt man als Auffanggefäß eine Saugflasche, die durch einen Kork mit dem Küblrohr verbunden ist, und deren Saugrohr zur Sicherheit einen über den Arbeitstisch herunterhängenden Schlauch trägt. Beim Arbeiten mit Ä t h e r und allen l e i c h t e n t z ü n d l i c h e n Lösungsm i t t e l n läßt man keine offenen Flammen Fig. 22. auf dem A r b e i t s t i s c h brennen. Sind große Mengen Lösungsmittel zu verdampfen und will man den Inhalt der Lösung nach dessen Entfernung ebenfalls destillieren, so läßt man, um ein allzu großes Gefäß zu vermeiden, die Lösung nach und nach aus einem Tropftrichter in den geeigneten Fraktionierkolben fließen, in dem Maße, als das Lösungsmittel verdampft (Siedesteine). Wenn man nicht über ein Dampfbad verfügt, sondern vom Wasserbad aus destil-
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Einige allgemeine Arbeitsregeln
lieren muß, ist dessen Flamme bei jedem Nachfüllen (Trichter!) auszudrehen. Man kommt in diesem Fall meist rascher zum Ziel, wenn man die ganze Lösung aus einem größeren Eundkolben oder Erlenmeyer abdampft und dann den Rückstand mit wenig Lösungsmittel (aber vollständig!) in das kleinere Gefäß überspült. Kleine Mengen leicht verdampf barer Flüssigkeiten kann man aus dem Reagenzglas oder einem kleinen Kölbchen direkt auf dem Wasserbad verjagen. Das Reagenzglas fülle man jeweils nur 2—3 cm hoch und gieße immer wieder nach; während des Siedens im Wasserbad muß dauernd geschüttelt werden. Nach dieser einfachen Methode führt man alle Vorproben mit Lösungen aus und sehe sich den Rückstand auf seine Eigenschaften an. Die Lösungen zersetzlicher Substanzen läßt man für diesen Zweck auf einem Uhrglas oder einer kleinen Kristallisierschale offen an der Luft verdunsten. Wenn es darauf ankommt, Lösungsmittel wie Alkohol oder Benzol vollständig zu entfernen, so gelingt dies auf dem Dampfoder Wasserbad nicht, weil der Siedepunkt mit zunehmender Konzentration höher und höher steigt; auch mit Äther macht es Schwierigkeiten. Man greift hier zum Ölbad oder häufiger zum Vakuum, das man ansetzt, wenn kein Kondensat mehr abtropft. Es genügt, eine Capillare aufzusetzen und den Kolben in einer Porzellankasserolle oder einem Emailtopf auf mittlerer Temperatur zu erhalten, unter direktem Anschluß an die Pumpe, um die meisten Lösungsmittel, auch Wasser, rasch und völlig zu entfernen. Dünnwandige G l a s g e r ä t e , wie E r l e n m e y e r , S t e h k o l b e n und R e a g e n z g l ä s e r dürfen n i e m a l s e v a k u i e r t werden, stets aber Rundkolben, unter Umständen Saugflaschen, die aber vorsichtig zu erwärmen sind. Wenn man, wie es bei empfindlichen Stoffen häufig verlangt wird, größere Mengen Lösungsmittel im Vakuum abzudampfen hat, kondensiert man, zur Beschleunigung, mit einem Kühler und kühlt bei Bedarf noch die Vorlage mit Eis. Der Kühler ist entbehrlich, wenn man als Vorlage
Ausschütteln.
Extrahieren
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einen einfachen Fraktionierkolben nimmt, der auf einen großen mit Abflußschlauch versehenen Trichter aufgelegt und von oben mit Leitungswasser berieselt wird. Das Ende des Kondensationsrohrs vom Destillierkolben muß bis über die Mitte der Kugel der Vorlage reichen. Diese Anordnung ist für das Eindampfen wäßriger Lösungen besonders geeignet. Die in Fig. 23 abgebildete Anordnung gestattet, ohne Unterbrechung große Mengen Flüssigkeit, insbesondere Wasser, im Vakuum abzudampfen. Durch den Hahn a wird von Zeit zu Zeit das Übergegangene aus dem Vorratsgefäß b durch Einsaugen ersetzt. Ausschütteln.
Extrahieren.
Um ein Reaktionsprodukt, das nicht fest kristallin und filtrierbar ist, aus wäßriger Suspension oder auch Lösung herauszuholen, oder auch von unlöslichen Begleitstoffen zu trennen, nimmt man es in einem geeigneten Lösungsmittel auf; als solches dient meist Ä t h e r . So sammelt man z. B. das bei einer Wasserdampfdestillation Übergegangene, sofern nicht durch besonders günstige Grenzflächenverhältnisse eine direkte Abtrennung möglich ist. Zur Trennung zweier Schichten benutzt man den Scheidetrichter (Fig. 24) bei kleinen Volummengen den gleichartig konstruierten Tropftrichter (Fig. 25) (bis zum Inhalt von 25 ccm herab), dessen Ansatzrohr höchstens 5 cm lang und (wegen des Abfließens) schräg abgeschliffen sein soll. Zum Eingießen von Flüssigkeiten in den Trennungstrichter bedient man sich stets eines gewöhnlichen Trichters. Nach der Trennung wird die untere Schicht durch den Hahn, die obere aus dem oberen Tubus ausgegossen (Trichter). Man warte immer, bis die schwerere Fig. 24. Fig. 25. Flüssigkeit sich am Boden angesammelt hat und vermeide beim Ausäthern ja, mit dem Äther auch Teile der wäßrigen Lösung abzugießen. Kleine Vorproben scheidet man nach dem Einsaugen im Tropfrohr (Fig. 9).
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Einige allgemeine Arbeitsregeln
Beim Ausschütteln einer wäßrigen Lösung, noch mehr einer Suspension, mit einem organischen Lösungsmittel treten bisweilen sehr unerfreuliche Emulsionen auf, die eine saubere Abtrennung unmöglich machen. Das sicherste Mittel dagegen besteht darin, sie zu vermeiden, indem man die Durchmischung mit Vorsicht vornimmt. Gegenmittel sind ferner: Erzeugung eines Vakuums im Scheidetrichter, Zugabe einiger Tropfen Alkohol, Sättigung der wäßrigen Phase mit Kochsalz, Stehenlassen über Nacht. Ist eine Substanz nicht nur im organischen Lösungsmittel, sondern auch in Wasser löslich, so ist der Erfolg des Ausschüttelns vom Verhältnis der Löslichkeiten abhängig; je größer dieses Verhältnis z. B. von Wasser zu Äther, der „Teilungsquotient" ist, um so mehr Äther muß benutzt oder um so öfter muß ausgeschüttelt werden. Denn dieser Quotient gibt an, wie sich ein in zwei nicht miteinander mischbaren Flüssigkeiten löslicher Stoff zwischen diese verteilt Ob wir gegebenenfalls eine gewisse Menge Äther auf einmal zum Ausschütteln einer wäßrigen Lösung benutzen, oder ob wir besser die Operation mit kleinen Anteilen mehrfach wiederholen, die prinzipielle Entscheidung darüber gibt folgende einfache Betrachtung. Nehmen wir an, der Teilungsquotient sei gleich 1 und wir hätten auf 1 Volum Wasser 2 Volumina Äther zur Verfügung, die wir in einem Fall auf einmal einsetzen, im andern Fall zu gleichen Hälften für zwei Ausschüttelungen verwenden. Die Menge der gelösten Substanz sei ag.
Im ersten Fall gehen dann — o in O
den Äther, im zweiten nimmt das erste halbe Volum der Gesamtäthermenge
das zweite von den zurückbleibenden %-g noch
einmal die Hälfte, also -j-, das sind j s . Um diese Menge in e i n e r Operation aus dem Wasser herauszuholen, wäre das dreifache Volum Äther nötig, oder: 2 Liter einzeln eingesetzt leisten das gleiche wie 3 Liter auf einmal. Die praktische Folgerung ist klar. Der Teilungsquotient organischer Substanzen zwischen Wasser und Lipoiden (das sind fettartige Bestandteile der Zellwand) ist für biologische Prozesse von großer Bedeutung (Narkosetheorie von H . H . MEYEB u . OVEBTON).
Außer Äther benutzt man zum Ausschütteln eines gelösten Stoffes aus Wasser bisweilen auch Essigester, Chloroform, Benzol, Amylalkohol. Da Wasser rund 10% seines Volums an Äther
Ausschütteln.
Extrahieren
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auflöst, vermeide man schon aus Sparsamkeitsgründen unnötige Verdünnung. Trocknen der Lösungen: Nachdem man eine Substanz aus wäßriger Lösung oder Suspension mit einem organischen Lösungsmittel aufgenommen hat, ist die Lösung mit Wasser gesättigt und muß daher getrocknet werden; unterließe man dies, so würde das gelöste Wasser nach dem Abdampfen des Lösungsmittels zum größten Teil mit der zu isolierenden Substanz zurückbleiben. Bei der Wahl des Trockenmittels ist zu beachten, daß es weder mit dem Solvens noch mit dem gelösten Stoff reagieren darf und in jenem vollkommen unlöslich sein muß. Man wird die ätherische Lösung einer organischen Säure nicht mit festem Ätzkali trocknen, wohl aber die einer Base. Das wirksamste und meist benutzte Trockenmittel ist C a l c i u m c h l o r i d , das man entweder in gekörntem oder (vorher) geschmolzenem Zustand anwendet; Ätherlösungen werden fast ausschließlich mit ihm getrocknet, es sei denn, daß sie Stoffe enthalten, die mit CaClj Additionsverbindungen geben, wie Alkohole, Amine u. a. Alkoholhaltige Ätherlösungen dürfen daher nicht mit Calciumchlorid getrocknet werden; man muß vorher den Alkohol durch mehrfaches Ausschütteln mit Wasser entfernen. In der Regel wird viel zu viel Trockenmittel verwendet. Es genügt für gewöhnlich so viel Calciumchlorid, daß nach einigem Stehen neben gesättigter CaCl2-Lösung noch etwa die gleiche Menge festen Salzes vorhanden ist Weit weniger wirksam als CaCl2 ist wasserfreies Natriumsulfat, selbst wenn es vor dem Gebrauch frisch geglüht ist. Es wird benutzt, wenn aus den angeführten Gründen ein Ersatz für Calciumchlorid gefordert wird. Für die Lösungen basischer Stoffe sind geglühte Pottasche, festes Ätzkali, Bariumoxyd viel gebrauchte Trockenmittel. Um die gebräuchlichen Lösungsmittel völlig wasserfrei zu gewinnen, werden die folgenden Trockenmittel angewandt. Für Äther, Benzol und Homologe, Petroläther: Natrium. Für Aceton, Chloroform, Essigester, Schwefelkohlenstoff: Calciumchlorid. Die Alkohole werden durch mehrstündiges Kochen mit frisch gebranntem Ätzkalk am Rückflußkühler und anschließendes Abdestillieren entwässert. Extraktionsapparate. Sehr häufig ist eine organische Substanz in Wasser viel löslicher als in Äther und anderen Solventien. Dann führt auch oft wiederholtes Ausschütteln nicht zum Ziel. GATTERMAN», Praxis. 21. Auflage.
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Einige allgemeine Arbeitsregeln
Man arbeitet in solchen Fällen mit dem sog. Perforator, das ist ein kontinuierlicher Extraktionsapparat für Lösungen, der in keinem organischen Laboratorium fehlen sollte. Das Prinzip ergibt sich aus der mit einfachen Laboratoriumsmitteln zusammenstellbaren Anordnung nach SCHACHEBL (Fig. 26). Damit kommen wir auch zu den Extraktionsapparaten für feste Substanzen. Der bekannteste ist der „Soxhlet", der namentlich für analytische Zwecke viel benutzt wird. Für präparative Zwecke ziehen wir den vereinfachten Extraktor (Fig. 27) vor, der billiger ist und rascher arbeitet. Damit sich durch das auf-
hülse „umzukristallisieren". Aus der bald heiß übersättigten Lösung im SiedeFig. 26. Fig. 27. kolben kommt meist schon während der Extraktion das Gelöste in Kristallen heraus. Bei hoch siedenden Lösungsmitteln hängt man die Extraktionshülse an einem dünnen Draht direkt in den Rundkolben ein; sie darf nicht in die Flüssigkeit eintauchen. Das Arbeiten mit komprimierten Gasen.
Jedes Hochschullaboratorium ist wohl zurzeit mit Stahlflaschen versehen, in denen die wichtigsten Gebrauchsgase in komprimierter Form enthalten sind. Diese sind 1. Sauerstoff, Wasserstoff, Stickstoff. 2. Kohlendioxyd, Chlor,Ammoniak, Schwefeldioxyd.
Das Arbeiten mit komprimierten
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Oasen
Die Elemente unter 1., deren kritische Temperatur sehr tief liegt, sind in Gasform, die Stoffe unter 2. in verflüssigtem Zustand in den Bomben enthalten. Sauerstoff, Wasserstoff und Stickstoff befinden sich zumeist, auf 150 Atm. komprimiert, in Stahlbomben von 10 Liter Inhalt; in ihnen sind demnach nach der Füllung 1,5 cbm Gas von Atmosphärendruck enthalten. Die Ansatzgewinde der Wasserstoffflaschen haben verkehrten Schraubengang, damit nicht irrtümlich Sauerstoff in sie eingepreßt wird. Alle G a s f l a s c h e n im L a b o r a t o r i u m sollen mit Reduzierventilen a u s g e s t a t t e t sein, für deren Instandhaltung ein Assistent zu sorgen hat. Die Benutzung des Kopfventils allein erschwert die Regulierung des Gasstroms und führt unfehlbar zu übergroßem Verbrauch. Für alle Gase (auch Chlor) sind sog. Kegelventile aus Aluminiumbronze verwendbar, die für billiges Geld von jedem geschickten Mechaniker angefertigt werden können (Fig. 28). Bei allen A r b e i t e n mit Gasen — sei es aus Stahlflaschen, sei es aus dem Kippapparat — muß eine Kontrolle f ü r die Strömungsgeschwindigkeit angewandt werden. Dafür genügt ein kleiner — außer bei NH3 —, mit konz. Schwefelsäure beschickter Tropfenzähler, der an der Flasche selbst befestigt sein kann. Meist wird man, um gleichzeitig zu trocknen, eine Waschflasche vorschalten, am besten nicht eine zweiteilige mit Glasschliff, die oft durch den geringsten Überdruck geöffnet wird. 1 Müssen Gase besonders scharf getrocknet werden, so genügt eine Waschflasche mit konz. Schwefelsäure nicht. Man schaltet dann Fig. 28. noch 1—2 U-Röhren vor, in die man, auf Glaswolle verteilt Phosphorpentoxyd eingefüllt hat. Ammoniak leitet man durch Kalilauge 1 : 1 und zum Trocknen dann noch durch einen Turm, der mit KOH und CaO beschickt ist. 1 Die Verbindung zwischen Stahlbombe und Waschflasche solTnach der Benutzung stets gelöst werden, damit ein Zurücksteigen der Schwefelsäure verhindert wird.
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Einige
allgemeine
Arbeitsregeln
Man beachte, daß man mit den üblichen Laboratoriumsgeräten mit Flaschengas nicht abgeschlossen unter Überdruck arbeiten kann. Will man z. B. eine Eeaktionslösung unter C0 2 -Druck stehen lassen, so darf das Gefäß nicht an die Gasflasche angeschlossen werden; hierzu dient der Kipp. Das gleiche gilt für Wasserstoff. Stickstoff wird für diesen Zweck einem aus der Bombe gefüllten Gasometer entnommen. Erfahrungsgemäß wird viel Gas verschwendet, weil sich der Anfänger meist keine Gedanken darüber macht, welche Mengen ungefähr er für seine Reaktion benötigt; das soll er aber tun. Alle Gebrauchsgase außer Stickstoff können im Bedarfsfall ersatzweise nach einfacher bekannter Methode dargestellt werden. Erhitzen unter Druck. Wenn man Lösungen oder freie Substanzen zur Steigerung der Reaktionsgeschwindigkeit bei einer Temperatur zur Umsetzung bringen will, die oberhalb ihres Siedepunktes liegt, so muß man sie von der äußeren Atmosphäre abschließen und zwar entweder durch Einschmelzen in ein Glasrohr, in dem sie dann erhitzt werden oder im geschlossenen Metallgefäß (Autoklav). Dies ist, wie leicht ersichtlich, schon erforderlich, wenn wir eine alkoholische Lösung bei 100° oder eine wäßrige etwa bei 120° reagieren lassen wollen. Der Zweck ist also ausschließlich die Erhöhung der Reaktionstemperatur, die damit Hand in Hand gehende Steigerung des Drucks ist für die Geschwindigkeit der Umsetzung ohne Belang, da sie ja im allgemeinen von keiner wesentlichen Konzentrationsänderung begleitet ist. Da man am häufigsten L ö s u n g e n im Einschlußrohr erhitzt, in denen der Dampfdruck des Lösungsmittels den Innendruck bestimmt, so hat man bei Temperaturen, die erheblich höher als 100° liegen, mit ganz ansehnlichen Drucken zu rechnen. Zu ihnen addieren sich die der eventuell bei der Reaktion entstehenden Gase. Uber die Druckverhältnisse, die bei einer Einschlußreaktion zu erwarten sind, mache man sich an Hand der Tensionskurve des angewandten Lösungsmittels eine überschlagsweise Vorstellung. Wir haben im erhitzten Rohr bei präparativen Reaktionen stets den Druck des gesättigten Dampfes, d. h. Lösung neben dem Dampf des Lösungsmittels. Der Druck ist daher von der absoluten Menge der eingefüllten Lösung nicht abhängig. Da aher vor allem flüssiges Wasser und daher auch wasserhaltige Lösumgs-
Rühren und
Schütteln
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mittel bei hoher Temperatur das Glas stark angreifen, füllt man in der Eegel nicht höher als bis zur Hälfte des Rohrvolumens ein. Wenn bei der Reaktion Gas gebildet wird, spielt der Betrag an freiem Gasraum für die Druckverhältnisse natürlich eine Rolle. Einschmelzröhren sind stets durch einen Trichter zu füllen, die innere Wand in der Nähe der Zuschmelz stelle muß rein bleiben. Über das Umgehen mit Einschlußröhren vgl. auf S. 67/68. Will man mit der Temperatur nur "auf 100° gehen, so erhitzt man das Rohr, mit einem Tuch umwickelt und an einem Bindfaden oder einem Draht aufgehängt, in der sog. Wasserbadkanone Wenn kein oder nur geringer Druck entwickelt wird, so benutzt man statt des Einschmelzrohrs eine gewöhnliche Sodawasserflasche mit Patentverschluß, die man mit dem Wasserbad anheizt (Fig. 29). Das Arbeiten in Einschmelzröhren ist präparativ umständlich wegen ihres relativ geringen Fassungsraumes. Man benutzt daher für größere Ansätze Autoklaven, das sind metallene Einschlußgefäße, die gleichzeitig auch höhere Drucke aushalten. Der Deckel (a. Fig. 30) wird durch einenBleiring gedichtet, mit 6 bis 8 Verschlußschrauben befestigt, deren Muttern man der Reihe nach allmählich anzieht. Es sind verschiedene Konstruktionen von Autoklaven im Gebrauch, von denen die sog. P F U N G S T s c h e n R ö h r e n als besonders erprobt herFig. 29. Fig. 30. vorgehoben seien. Autoklaven sollen stets im Ölbad geheizt werden. Bei allen A r b e i t e n u n t e r Druck schütze man die Augen und verschaffe sich vorher aus den physikalischen Unterlagen ein ungefähres Bild über die dem Apparat zugemutete Leistung. Rühren und Schuttein.
Solange man in homogener Lösung arbeitet, ist mechanische Bewegung nicht nötig, es sei denn, daß man in einem Reaktions-
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Einige allgemeine Arbeitsregeln
gemisch einen nach und nach zuzusetzenden oder zuzutropfenden Stoff alsbald in feine Verteilung — Lösung oder auch Suspension — bringen will. Dies gilt besonders auch dann, wenn lokal auftretende Reaktionswärme, z. B. bei Zugabe von konz. Schwefelsäure, ein empfindliches Präparat gefährdet. Hierbei ist es unerläßlich, die Lösung durch Umschütteln mit der Hand oder besser durch mechanisches Kühren dauernd zu bewegen. Als Rührer dient zweckmäßig ein Glasstab, an den nur am unteren Ende oder aber auch mehrfach übereinander propellerartige Flügel aus Glas angeschmolzen sind. Zur Führung nimmt man ein Stück etwas weiteren Glasrohrs oder eine passende Hülse des Korkbohrers, die, in einem Kork gefaßt, in eine Klammer in vertikaler Richtung fest eingespannt werden und auf deren oberem Rand eine kleine Riemenscheibe oder auch Kork- bzw. Gummistopfen mit Rille, in denen der Rührstab befestigt ist, sich mit möglichst wenig Reibung bewegt (mit Glycerin geschmierter, schmaler Gummiring). Der Antrieb erfolgt mit einer R A B E schen Wasserturbine, bei geeigneter Übersetzung auch mit einem kleinen Elektromotor (Yjg PS genügt). Da, wo es an Wasser fehlt, bewähren sich kleine Heißluftmotoren, wie sie die Firma HEINBICI in Zwickau baut, als Treibmaschinen, auch für andere Zwecke, ganz ausgezeichnet. Hat man im abgeschlossenen Gefäß zu rühren oder bei gleichzeitigem E r hitzen am Rückflußkühler, so wird der Rührer durch einen Quecksilberverschluß, wie ihn die Fig. 31 zeigt, abgedichtet. Einem Überdruck von innen ist diese Anordnung jedoch nicht gewachsen. Wenn man übereinander geschichtete, nicht mischbare Flüssigkeiten durcheinander rühren will, muß der Rührer zwischen den beiden Schichten eingesetzt werden. Spezifisch schwere Bodenkörper, z. B. Zinkstaub, Natriumamalgam werden im allgemeinen von den kleinen Glasrührern nicht ordentlich erfaßt. In solchen Fällen ist das mechanische Rühren häufig illusorisch, und man erreicht eine stärkere Wirkung durch Umrühren mit einem
Schmelzpunktbestimmuiig
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Glastsab, einer Holzleiste oder öfteres Umschütteln mit der Hand. Hier setzt auch die Benutzung der S c h ü t t e l m a s c h i n e ein, die eine möglichst feine mechanische Aufteilung im heterogenen System zum Zweck hat. Als Gefäß benutzt man fast ausschließlich enghalsige Glasstöpselflaschen mit gutem, dichtem Schliff. Der Stopfen wird durch ein Stück darüber gezogenen und am Hals mit dünnem Draht fest gemachten Gummischiaach gehalten. Umsetzungen, bei denen sich ein Gas oder viel Wärme entwickelt, dürfen nicht ohne weiteres auf der Schüttelmaschine vorgenommen werden. Schmelzpunktbestimmung.
Die Reinheit einer kristallisierten organischen Substanz wird durch den Schmelzpunkt kontrolliert. Diese leicht zu ermittelnde Konstante dient auch zur Identifizierung von Stoffen und bei neuen Verbindungen zur Charakterisierung. Der Apparat ist ein langhalsiger Kugelkolben, in den ein geprüftes Thermometer mit Hilfe eines Korks eingesetzt ist; um die Skala ganz zu übersehen, ist ein Streifen Kork mit einem scharfen Messer herausgeschnitten (Fig. 32). Die Heizflüssigkeit ist reine konz. Schwefelsäure, mit der die Kugel zu s / 4 ihres Inhalts angefüllt wird. Die Substanz wird gepulvert in kleine dünnwandige Glasröhrchen eingebracht, die man sich aus Reagenzgläsern (zweckmäßig beschädigte, aber trockene und reine!) wie folgt herstellt. Man bringt das Rohr in der Gebläseflamme unter Drehen zum Schmelzen und zieht dann rasch aus; schon nach kurzer Übung trifft man den richtigen Durchmesser, der 1—1 • 5 mm im Lichten sein soll. Aus dem ausgezogenen Material schneidet man mit der Schere die geeigneten Teile aus, wo es angeht, zweckmäßig in doppelter Röhrchenlänge (etwa 12 cm), so daß man durch Abschmelzen j edes Stücks in der Mitte(Sparflamme) alsbald zwei fertige Schmelzpunktsröhrchen erhält. Von der scharf getrockneten Substanz zerdrückt man eine kleine Probe mit Pistill oder Spatel auf einem Uhrglas oder einem kleinen Stückchen Ton und bringt von dem Pulver eine ungefähr 2 mm hohe Schicht auf den Grund des Röhrchens. Dabei taucht man das offene Ende des Röhrchens in das Pulver
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Einige allgemeine
Arbeitsregeln
und bewirkt durch vorsichtiges Aufklopfen, daß die von der Mündung gefaßte Substanz hinuntergleitet. Bei großer Adhäsion läßt man das Röhrchen einige Male durch ein langes Glasrohr auf eine Glasplatte oder ein Uhrglas auffallen. Das Röhrchen wird dann am zweckmäßigsten mit einem Tropfen konz. Schwefelsäure, den man mit der Thermometerspitz e am oberen Ende aufträgt, am Thermometer angeklebt, so daß sich die Substanz auf der Höhe der Mitte der Quecksilberkugel befindet. Diese selbst muß bei der Bestimmung ganz ins Bad eintauchen. Man erhitzt nun die Kugel mit mäßig großer, schräg gehaltener Flamme, die man langsam gleichförmig um den Kolben bewegt. Der Apparat muß von auffallendem Licht beleuchtet sein. Bei hoch schmelzenden Körpern kann man anfangs rasch erhitzen, in der Nähe des Schmelzpunkts soll die Temperatur langsam steigen. Gewöhnlich werden in diesem Stadium im oberen Teil des Röhrchens haften gebliebene Teilchen der Substanz durch die aufsteigende heißere Schwefelsäure zum Erweichen gebracht. Jetzt erhitzt man vorsichtig weiter; die Schmelztemperatur ist erreicht, wenn die zuerst zusammengefallene Probe sich klar verflüssigt hat. Bei Stoffen, deren Schmelzpunkt man nicht kennt, dient eine Vorprüfung zur Orientierung. Viele organische Verbindungen schmelzen nicht unzersetzt. Dies äußert sich oft in einer Veränderung der Farbe und meist in einer Gasentwicklung, die man im ßöhrchen sehr scharf beobachten kann. Solche Substanzen besitzen keinen scharfen Schmelzpunkt, sondern einen Zersetzungspunkt, der fast immer von der Geschwindigkeit des Erhitzens abhängig ist, derart, daß er bei rascher Temperatursteigerung höher gefunden wird, als bei langsamer. Auch erkennt man bei ihnen den verändernden Einfluß der Hitze schon unterhalb des Zersetzungspunktes an einem Zusammenschrumpfen und Klebrigwerden der Substanzprobe, eine Formänderung, die man als „Sintern" bezeichnet. Die Erscheinung vorzeitigen Sinterns ist bei unzersetztschmelzenden Substanzen ein Kennzeichen unvollkommener Reinheit und verlangt nach der präparativen Seite erneute Umkristallisation oder Destillation. Es gibt allerdings auch Stoffe, die selbst in reinster Form nicht ohne vorheriges Sintern, also nicht ganz scharf, schmelzen. In diesem Zusammenhang sei auch auf die sog. „flüssigen Kristalle" hingewiesen (LEHMANN, VORLÄNDER). Als Regel gelte, daß eine Substanz erst als rein angesehen
Schmelxpunkibestimmung
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werden kann, wenn sich ihr Schmelzpunkt bei Wiederholung der Reinigungsprozedur nicht mehr ändert. Die Ursache dafür, daß der Schmelzpunkt unreiner Stoffe tiefer liegt als der des einheitlichen Materials, liegt darin, daß die Begleitstoffe gewissermaßen als gelöste Stoffe wirken; der Erstarrungspunkt einer Lösung liegt aber bekanntlich immer tiefer als der des Lösungsmittels (Kryoskopie). Diese Beziehung begründet einen wichtigen Identitätsnachweis. Wenn wir auf neuem Weg eine Verbindung erhalten, die wir nach ihrem Schmelzpunkt mit einer schon bekannten für identisch halten, so können wir darüber einwandfrei entscheiden dadurch, daß wir den Schmelzpunkt eines innigen Gemisches der beiden Verbindungen feststellen. Ist Ä von B verschieden, so werden die beiden Stoffe als gegenseitige Verunreinigungen sich geltend machen, der Schmelzpunkt des Gemisches wird sinken; sind sie dagegen identisch, so bleibt der Schmelzpunkt unverändert. Bei der „Mischschmelzprobe" prüft man zweckmäßig die 3 Proben (A, B und A + B) am gleichen Thermometer, an dem bei einiger Übung zu beiden Seiten und vorne je ein Röhrchen (in gleicher Höhe!) angebracht werden kann. In einem Fall versagt die Mischprobe, nämlich bei isomorphen Stoffen. Für die Bestimmung des S i e d e p u n k t e s mit kleinen Substanzmengen im Schmelzpunktapparat gibt es auch mehrere brauchbare Verfahren. Das Schwefelsäurebad kann nicht ohne Gefahr für Schmelzpunktbestimmungen oberhalb 250° verwendet werden; sobald sich Siedeerscheinungen zeigen, stelle man das weitere Erhitzen ein, rechne auch schon vorher mit der Möglichkeit, daß der Kolben springen könne. Höhere Temperaturen (bis 350°) erreicht man mit einem Schwefelsäurebad, in dem man in der Hitze Kaliumsulfat aufgelöst hat. Dieses Heizbad erstarrt in der Kälte, da prim. Kaliumsulfat auskristallisiert; es muß daher vor Einbringen des Thermometers eben geschmolzen werden. Hier ist nur ein allgemeiner Überblick über die gebräuchlichen Methoden und Handgriffe gegeben, wie sie bei den präparativen Übungen gebraucht werden. Über spezielle Bedürfnisse unterrichte man sich in den umfangreichen und gründlichen Werken von LASSAR-COHN, HANS M E Y E R und HOUBEN-WEYL.
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Organisch-analytische Methoden
B. Organisch-analytische Methoden. Qualitativer Nachweis des Kohlenstoffs, Wasserstoffs, Stickstoffs, Schwefels und der Halogene. Prüfung auf Kohlenstoff und Wasserstoff: Verbrennt eine Substanz beim Erhitzen auf dem Platinblech mit Flamme (Auanahmen: z.B. S), oder zersetzt sie sich unter Abscheidung von schwarzer Kohle, so ist sie als organisch anzusprechen. Gleichzeitig auf Kohlenstoff und Wasserstoff kann man prüfen, indem man eine Probe der trockenen Substanz in einem kleinen Reagenzrohr mit ihrem mehrfachen Volumen ausgeglühten, feinen Kupferoxydes mischt, über die Mischung noch etwas Kupferoxyd schichtet, das Rohr durch einen Kork mit einem rechtwinklig gebogenen Entbindungsrohre verbindet und nun stark erhitzt. Trüben die entweichenden Gase klares Barytwasser (COa), so enthält die Substanz Kohlenstoff, während der Wasserstoffgehalt sich dadurch zu erkennen gibt, daß sich in dem oberen, kalten Teile des Reagenzrohres Wassertröpfchen ansetzen. Prüfung auf Stickstoff: Man erhitzt eine kleine Probe in einem Reagiergläschen von etwa 5 mm Weite und 6 cm Länge so lange in einer Bunsenflamme mit einem halblinsengroßen Stückchen blanken Kaliums oder Natriums, welches man zwischen Filtrierpapier abgepreßt hat, bis meistens unter schwacher Verpuffung und Dunkelfärbung Zersetzung eintritt. Das schließlich bis zur Rotglut erhitzte Röhrchen taucht man noch heiß in ein kleines Becherglas ein, welches 5 ccm Wasser enthält, wobei das Röhrchen unter eventueller Entzündung des unverbrauchten Kaliums zerspringt (Abzug!). Man filtriert dann die wäßrige Lösung, welche bei Anwesenheit von Stickstoff Kaliumcyanid enthält, von Kohle und Glassplittern ab, versetzt das Filtrat mit je 2 Tropfen Eisenvitriol- und Eisenchloridlösung, prüft, ob die Flüssigkeit alkalisch reagiert, und erhitzt, wenn dies der Fall ist, 1—2 Minuten, wobei sich bei Anwesenheit von KCN Ferrocyankalium bildet. Säuert man nun die alkalische Lösung nach dem Erkalten mit Salzsäure an, so lösen sich das abgeschiedene Eisenoxyd- und Eisenoxydulhydrat auf, und das Ferrocyankalium reagiert mit dem Eisenchlorid in bekannter Weise unter Bildung von Berlinerblau. Bei Anwesenheit von Stickstoff erhält man demnach einen blanen
Qualitativer Nachweis des Kohlenstoffs, Wasserstoffs usw.
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Niederschlag. Ist nur wenig Stickstoff in der Substanz vorhanden, so erhält man bisweilen im Anfang keinen Niederschlag, sondern nur eine blaugrüne Lösung. Läßt man diese längere Zeit, unter Umständen über Nacht, stehen, so scheidet sich ein Niederschlag ab. Bei der Prüfung leicht flüchtiger Substanzen auf Stickstoff wende man ein längeres Rohr an und lasse die sich in dem kalten Teile kondensierende Substanz mehrfach auf das heiße Kalium zurückfließen. Bei Substanzen, welche ihren Stickstoff schon bei mäßiger Temperatur abgeben, wie z. B. Diazoyerbindungen, kann dieser nicht in der beschriebenen Weise erkannt werden. Man muß in derartigen Fällen prüfen, ob bei der Verbrennung der Substanz mit Kupferoxyd in einer mit Kohlensäure gefüllten Röhre sich Gase bilden, welche von Kali nicht absorbiert werden (vgl. quantitative Bestimmung des Stickstoffs). Prüfung auf Schwefel: Die qualitative Prüfung auf Schwefel wird in der gleichen Weise wie die auf Stickstoff ausgeführt. Man glüht die Substanz in einem Böhrchen mit Natrium und versetzt die eine H ä l f t e der mit Wasser aufgenommenen und erkalteten Schmelze mit einigen Tropfen einer Nitroprussidnatriumlösung, welche man sich durch Schütteln einiger Körnchen des festen Salzes mit Wasser in der Kälte kurz zuvor darstellt. Eine violette Färbung zeigt die Anwesenheit von Schwefel an. Da die Nitroprussidreaktion äußerst empfindlich ist und keinen Schluß auf die Menge des Schwefels zu ziehen gestattet, so versetzt man die zweite Hälfte der Flüssigkeit nach dem Filtrieren mit Bleiacetatlösung und säuert darauf mit Essigsäure an. J e nachdem hierbei nur eine dunkle Trübung oder ein mehr oder minder starker Niederschlag von Schwefelblei sich bildet, ist die Menge des Schwefels nur eine geringere oder größere. Leichtflüchtige Substanzen kann man meistens in dieser Weise nicht prüfen. Diese erhitzt man, wie unten bei der quantitativen Bestimmung des Schwefels angegeben, mit rauchender Salpetersäure in einem Bombenrohr auf etwa 200—300° und prüft die Lösung nach dem Verdünnen mit Wasser mit Bariumchlorid auf Schwefelsäure. Prüfung auf die Halogene: Chlor, Brom und Jod kann man in organischen Verbindungen nur in seltenen Fällen direkt durch Fällen mit Silbernitrat nachweisen, da das Halogen meist nicht ionogen gebunden ist.
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Organisch-analytische Methoden
Um in derartigen Fällen die Halogene zu erkennen, glüht man die zu prüfende Substanz in einem nicht zu engen Reagenzrohre über einer Bunsenflamme mit einem Überschusse von chemisch reinem Kalk, taucht das noch heiße Rohr in wenig Wasser ein, wobei es zerspringt, säuert mit chemisch reiner Salpetersäure an, filtriert ab und versetzt mit Silbernitrat. In Verbindungen, welche keinen Stickstoff enthalten, kann man, wie dies bei der Prüfung auf Stickstoff beschrieben ist, die Halogene durch Glühen mit Natrium nachweisen. In diesem Falle säuert man die von Glasscherben und Zersetzungsprodukten abfiltrierte Lösung mit reiner Salpetersäure an und fügt Silbernitrat hinzu. Sehr schnell und bequem lassen sich die Halogene durch die BEILSTETN sehe Probe erkennen. Ein Stückchen Kupferoxyd von der Größe einer Linse oder ein Stäbchen des Oxydes von 1/ cm Länge wird mit einem dünnen Platindraht, der an ein 2 Glasrohr angeschmolzen ist, umwickelt und in der Bunsenflamme so lange ausgeglüht, bis die Flamme farblos erscheint. Bringt man nach dem Erkalten des Kupferoxydes eine winzige Menge einer halogenhaltigen Substanz darauf und erhitzt in dem äußeren Teile einer Bunsenflamme, so verbrennt zunächst der Kohlenstoff, und man beobachtet eine leuchtende Flamme. Diese verschwindet bald und macht einer grünen oder blaugrünen Platz, welche durch verdampfendes Halogenkupfer hervorgerufen wird. Aus der Dauer der Färbung läßt sich darauf schließen, ob die Substanz nur Spuren oder mehr Halogen enthält. Auch ein in einem Kork befestigtes Stück Kupferdraht kann zur Ausführung der BEILSTEIN sehen Probe Verwendung finden. Andere Elemente, die in organischen Verbindungen vorkommen, wie Phosphor, Arsen, weitere Metalloide und organisch gebundene Metalle weist man nach, indem man die organische Substanz durch Oxydation (mit Salpetersäure im Einschlußrohr oder durch Schmelzen mit Salpeter oder Natriumperoxyd) zerstört und dann nach den üblichen analytischen Methoden die Prüfung vornimmt. Dem Bedürfiiis nach der qualitativen Aufklärung einer organischen Verbindung ist durch Ermittlung ihrer Elementarbestandteile nur zu einem geringen Teil Genüge getan. Die weitere
Qualitativer
Nachweis
des Kohlenstoffs,
Wasserstoffs
usw.
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und schwierigere Aufgabe ist, sie zu klassifizieren, auf Grund ihrer chemischen und physikalischen Eigenschaften und Reaktionen festzustellen, welcher Gruppe von Verbindungen sie angehört. So einfach es ist, polare Verbindungen als Säuren oder Basen zu erkennen, so groß sind vielfach die Schwierigkeiten, eine neutrale Substanz von unbekannter Zusammensetzung in die richtige Körperklasse einzuordnen. Die Merkmale der wichtigsten organischen Gruppen (Alkohol-, Aldehyd-, Keton-, Ester-, Amid-, Nitril-, Nitro-, um nur einige zu nennen) zu erkennen, gesättigte, ungesättigte und aromatische Stoffe durch ihre Reaktionen voneinander zu unterscheiden, solche und noch viele andere Fragen experimentell zu beantworten, soll die Beschäftigung mit der präparativen organischen Chemie als unentbehrlichen Nebenzweck lehren. Der Praktikant soll nicht nur Übung erlangen in der synthetischen Darstellung von Stoffen aus den wichtigsten Verbindungsreihen, er soll auch mit seinen Präparaten vertraut werden, er Boll sich in ihre charakteristischen Reaktionsmerkmale vertiefen, ihre stoffliche Eigenart durch gründliche experimentelle Betrachtung und Beobachtung in sich aufnehmen. Darum sollen die in der folgenden präparativen Anleitung gebrachten Versuchsbeispiele, die diesem Unterrichtszweck dienen, nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Ihre Ausführung ist der rein präparativen Tätigkeit an Bedeutung gleich zu achten. Im Bereich der wissenschaftlichen Arbeit, die sich dem präparativen Praktikum anschließt, ja überall, wo der Chemiker selbständig dem Stoff gegenüber gestellt wird, erstehen allerorts Probleme, die qualitativ-analytische Schulung fordern. Es ist ein wegen der zeitlichen Beschränkung des Studiums bisher leider nicht erfüllbares Ideal, der synthetisch-präparativen Tätigkeit einen umfassenden Lehrgang zur qualitativen Erkennung organischer Substanzen anzuschließen. Aber immerhin ist dieser Seite der Ausbildung die ernsteste Aufmerksamkeit zuzuwenden. Richtlinien für die hier skizzierten Aufgaben sind schon während des Praktikums dem gründlichen Werk von HANS MEYEK, „Analyse und Konstitutionsermittlung organischer Verbindungen" zu entnehmen. Es sind auch förmliche Analysengänge für die Eingruppierung und Klassifizierung organischer Stoffe ausgearbeitet, von denen die „Anleitung zur organischen qualitativen Analyse" von H. STAUDINGEB, Berlin 1923, hier erwähnt sei.
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Organisch-analytische
Methoden
Die organische Elementaranalyse.1 Die quantitative Bestimmung der Elemente einer organischen Substanz geschieht mit Hilfe der Elementaranalys.e. Hierbei werden Kohlenstoff und Wasserstoff nebeneinander bestimmt, während zur Bestimmung aller übrigen Elemente je eine besondere Analyse auszuführen ist.
I. Stickstoffbestimmung nach Dumas. Die abgewogene Substanz wird in einer mit Kohlensäure gefüllten Röhre durch glühendes Kupferoxyd verbrannt, wobei der Kohlenstoff zu Kohlendioxyd, der Wasserstoff zu Wasser oxydiert wird, während Stickstoff als solcher entweicht und, über Kalilauge aufgefangen, volumetrisch bestimmt wird. Auftretende Stickoxyde werden durch eine glühende Kupferspirale zu Stickstoff reduziert. Zur Stickstoffbestimmung sind erforderlich: ein Verbrennungsrohr aus schwer schmelzbarem Glase, dessen Länge so bemessen sein soll, daß es auf jeder Seite des Ofens etwa 8 cm herausragt; ein luftfreier Kohlensäure-Kipp; ein Vakuumexsiccator; ein Glashahn; ein Mischrohr mit eingeschliffenem Stopfen (die Öffnung muß sich in das Verbrennungsrohr einführen lassen); mehrere Wägeröhrchen (die Öffnungen müssen sich in das Mischrohr einführen lassen); ein Schiffchen von Porzellan; mehrere Gläschen mit eingeschliffenem Deckel für die Analysensubstanzen ; eine kleine Reibschale mit glasiertem Boden; eine Kupferoxydbirne mit Gummistopfen; einfach durchbohrte Gummistopfen, die in die Öffnungen des Verbrennungsrohres passen; Verbindungsschläuche; 500 g drahtförmiges Kupferoxyd; 1 Es werden hier im wesentlichen die Methoden der Verbrennungsanalyse beschrieben, die sich im Münchener Staatslaboratorium im Laufe der Jahre herausgebildet haben und die in der für den Gebrauch in diesem Institut bestimmten Anleitung von F . HENLE, beschrieben sind. Vgl. auch die Angaben über Elementaranalyse in F . HENLE, Organ.-chem. Praktikum, Leipzig 1921.
Sticlcstoffbestimmung nach Dumas
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eine Kupferspirale von 10 cm Länge 1 ; drei Kupferspiralen von je 2 cm Länge 1 ; reines Ätzkali in Stangen; etwa s / 4 m langer, steifer Eisendraht mit Haken (zum Verschieben der Spiralen); Methylalkohol; zwei Asbestplatten, Glaswolle. Azotometer, Gasometer und Ofen werden vom Laboratorium gestellt. Vorbereitungen. Luftfreier Kohlensäure-Kipp: Kleine Marmorstückchen werden in einer Kasserole mit verdünnter Salzsäure Übergossen, nach wenigen Sekunden abgespült und etwa 2 Stunden mit destilliertem Wasser, das von Zeit zu Zeit zu ersetzen ist, ausgekocht. Nach dem Einfüllen des Marmors werden die beiden unteren Kugeln mit dem ausgekochten Wasser, die leere Kugel mit reiner konzentrierter Salzsäure gefüllt. Etwa vorhandene Luftblasen entfernt man durch kurzes Öffnen des Hahnes oder durch Heben und Senken des Trichterrohres. Alsdann läßt man durch Öffnen des Hahnes so viel Wasser ausfließen, bis die Salzsäure den Marmor erreicht hat. Durch öffnen und Schließen des Hahnes sorgt man für gute Mischung von Salzsäure und Wasser, bis man einen kräftigen Kohlensäurestrom erhält. Nach Aufsetzen eines Steigrohres und Anschließen einer Waschflasche, die mit Bleiacetatlösung zur Entfernung von Schwefelwasserstoff gefüllt ist, lasse man 1 bis 2 Stunden lang einen mäßig starken Gasstrom sich entwickeln. Alsdann verschließt man die Waschflasche durch einen Gummischlauch mit Klemmschraube, da der Hahn des Krppsehen Apparates stets offen zu bleiben hat. Füllung des Sauerstoffgasometers: Durch Fig. 33. Öffnen der Hähne a und b (Fig. 33) füllt man den unteren Behälter vollständig mit Wasser. Nach Schließung der beiden Hähne schraubt man die Verschlußkappe e ab, führt einen Schlauch, der mit einer Sauerstoffbombe in Verbindung steht, in den Tubus bei e ein und füllt den Gasometer mit Sauerstoff. Nach Aufschrauben der Verschlußkappe, Füllen des oberen Behälters mit Wasser, Öffnen der Hähne a und b tritt bei b ein Sauerstoffstrom aus. 1 10, bzw. 2 cm breite Kupferdrahtnetzstreifen werden um 14, bzw. 6 cm lange Stücke geraden, dicken Kupferdrahts festgerollt. Die lange Spirale soll im Bohr leicht verschiebbar sein, die kurzen sollen festsitzen. Die Enden des Drahtes werden mit einer Flachzange zu Haken gebogen.
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Organisch-analytische Methoden Reinigung und Füllung des Verbrennungsrohres.
Zur Reinigung des Verbrennungsrohres schiebt man mehrmals einen Watte- oder Filtrierpapierpfropfen hindurch. Man bringt nun eine 2 cm lange Kupferspirale in das Rohr, so daß die dadurch abgeteilten Strecken 2/3 und 1 j 3 der gesamten Rohrlänge ausmachen. Die Dicke der Spirale soll so bemessen sein, daß sie sich nur unter leichtem Kraftaufwand verschieben läßt. Die größere Abteilung füllt man dann mit drahtförmigem Kupferoxyd, das man mit Hilfe eines Siebes vom Staub befreit hat. Durch Klopfen mit der flachen Hand läßt man das Kupferoxyd fest aufsitzen und verschließt es durch eine zweite kurze Kupferspirale, für deren Dicke dasselbe wie für die erste gilt. Der dann auf dieser Seite des Rohres noch freibleibende Teil soll eine Länge von etwa 20 cm besitzen. E r dient zur Aufnahme der reduzierten Spirale. Die kleinere Seite des Rohres füllt man mit feinerem Kupferoxyd das man sich durch Zerkleinern
Fig. 34.
von drahtförmigem herstellt. Den Abschluß bildet wieder eine kurze Kupferspirale, die mäßig leicht verschiebbar sein soll. Der dann noch freibleibende Raum soll etwa 8 cm lang sein (vgl. die Fig. 34). Zur Reinigung werden die Kupferspiralen im Gebläse ausgeglüht, bis die Flamme sich nicht mehr grünlich färbt. Ausglühen des gefüllten Eohres: Das Verbrennungsrohr versieht man auf der Seite des feinen Kupferoxydes mit einem Glashahn und legt es auf die mit Asbestpapier ausgelegte eiserne Schiene des Verbrennungsofens, so daß der Glashahn nach dem Gasometer zeigt. Man zündet dann die Flammen auf einmal an, reguliert die einzelnen Brenner so, daß die Flammen gleich hoch brennen, stellt den Haupthahn so ein, daß die Flammenspitzen gerade die eiserne Schiene berühren, und schließt die Kacheln. Nach Ablauf einiger Minuten dreht man jeweils den Haupthahn weiter auf, bis die Flammen an der Schiene sich teilen und seitwärts heraufschlagen, ohne sich jedoch über dem Rohre wieder 1
Etwa 2 mm lange DrahtstQcke.
Reinigung
und Füllung des
Verbrennungsrohres
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zu vereinigen. Im Verlaufe einer halben Stunde bringt man so das Kohr auf mäßige Rotglut. Ein schnelles Anheizen ist zu vermeiden, da hierdurch leicht Springen des Eohres eintritt. Um das Kohr an den beiden Enden des Ofens vor zu großer Abkühlung zu schützen, setzt man auf das Rohr Asbestreiter (Fig. 35) auf, wodurch gleichzeitig ein Anbrennen des Gummistopfens vermieden wird. Sobald das Rohr auf Rotglut erhitzt ist, schließt man den Sauerstoffgasometer an und leitet einen langsamen Sauerstoffstrom hindurch, den man durch eine Waschflasche mit Wasser als Fig. 35. Blasenzähler schickt. 1 Ist der Sauerstoff am vorderen Ende nachweisbar, so leitet man noch 1 / i Stunde lang Sauerstoff hindurch. Dann stellt man den Gasstrom und die Flammen ab und läßt erkalten.
o
Herstellung der reduzierten Kupferspirale: In ein Reagierrohr, auf dessen Boden sich ein Glaswollepfropfen befindet, gibt man 1 ccm Methylalkohol. Dann läßt man eine am Gebläse zu heller Rotglut gebrachte, 10 cm lange Kupferspirale in das Rohr hinabgleiten und die sich entzündenden Gase abbrennen. Instandsetzung des Azotometers: Das zum Auffangen und Messen des Stickstoffs dienende Azotometer wird durch Ausspülen mit verdünnter Salzsäure und destilliertem Wasser gereinigt. Das als Sperrflüssigkeit dienende Quecksilber muß das Zuleitungsrohr vom Meßrohr absperren. Dann füllt man bei geschlossener Klemmschraube und offenem Hahn die möglichst tief hängende Birne mit 50°/ 0 iger Kalilauge und schließt bis zum Gebrauch des Azometers die Luft ab. Trocknen d e r Analysensubstanz: Feste Substanzen werden vor der Analyse fein zerrieben und im evakuierten, mit Schwefelsäure gefüllten Exsiccator von der anhaftenden Feuchtigkeit befreit, bis Gewichtskonstanz erreicht ist. Flüssigkeiten werden im nicht evakuierten Exsiccator aufbewahrt. Säureempfindliche Substanzen trocknet man im Vakuum über Kailumhydroxyd, wärmebeständige, hochschmelzende Substanzen im Luftbad bei etwa 110°. Substanzen, die Kristallwasser oder -alkohol enthalten, werden entweder lufttrocken, oder, nachdem man sie im Exsiccator zur Gewichtskonstanz gebracht hat, analysiert. Halten sie das Kristallösungsmittel sehr fest zurück, so trocknet man im Hochvakuum bei erhöhter Temperatur. 1 Für die Stickstoffbestimmung braucht das Kohr nicht wasaerfrei gehalten zu werden. GATTBRMXKK
, Praxis.
21.
Auflage.
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Organisch-analytische Methoden
Ausführung der Verbrennung. Wägung: Alle zur Wägung kommenden Gegenstände müssen des Temperaturausgleiches wegen mindestens 1 Stunde vor Beginn der Wägung in das Wägezimmer gebracht werden. Die Gegenstände faßt man, wenn möglich, mit einer Pinzette oder an der schmälsten Stelle an. Vor der Wägung bestimmt man den Nullpunkt der Wage. Man wägt auf 0-1 mg genau. Zunächst stellt man das ungefähre Gewicht des Wägeröhrchens fest. Dann füllt man Substanz ein, reibt das Röhrchen mit einem Lappen ab und wägt. Die abgewogene Substanz entleert man nun in das Mischrohr, das bereits ein wenig Kupferoxyd enthalten soll. Durch Zurückwägen des Wägeröhrchens mit den hängen gebliebenen Substanzresten läßt sich das genaue Gewicht der zu analysierenden Substanz feststellen. Für Stickstoffbestimmungen nimmt man 0-1—0-16 g Substanz. Füllen des Verbrennungsrohres: Man entfernt auf der Seite des feinen Kupferoxydes (hinteres Ende des Verbrennungsrohres) die Kupferspirale und leert das feine Kupferoxyd in die Kupferoxydbirne. Die Substanz im Mischrohr überschichtet man dann mit einer etwa 5 cm hohen Schicht feinen Kupferoxydes aus der Kupferoxydbirne, verschließt das Mischrohr mit dem Glasstopfen und schüttelt gut durch. Den Inhalt schüttet man in das Verbrennungsrohr. Das Mischrohr wird nun mehrere Male mit feinem Kupferoxyd nachgespült und die einzelnen Portionen in das Verbrennungsrohr geschüttet, bis alles feine Kupferoxyd sich im Verbrennungsrohr befindet. Nachdem die Kupferspirale wieder eingeführt ist, wird das hintere Ende durch einen einfach durchbohrten Gummistopfen mit einem Glashahn versehen. In das vordere Ende des Rohres wird nach Einführung der reduzierten Spirale durch einen Gummistopfen ein im stumpfen Winkel abwärts gebogenes Glasrohr eingeführt. Die Stopfen müssen zur Hälfte im Rohr stecken und sollen an ihrem dünneren Ende noch an der Rohrwand anliegen. Die Glasröhrchen dürfen nicht mehr als 1 mm aus dem Stopfen herausragen. Zusammenstellen der Apparate: Nachdem man das Rohr bei zurückgeschlagenen Kacheln auf den kalten Ofen gelegt hat, verbindet man den Glashahn durch einen mit Klemmschraube versehenen Schlauch mit der Waschflasche des luftfreien Kohlensäure-Kipps. An das andere Ende des Rohres schließt man das
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Ausführung der Verbrennung
Azotometer an. Zur Prüfung auf Dichtigkeit der Apparatur, die vor j e d e r V e r b r e n n u n g a u s z u f ü h r e n ist, schließt man die Klemmschraube des Azotometers und öffnet die Verschlüsse nach dem K I P P sehen Apparat. Nachdem sich der Druck ausgeglichen hat, darf während mehrerer Minuten keine Gasblase die Waschflasche passieren. Eigentliche Verbrennung: Zunächst öffnet man den Hahn des Azotometers und hängt die Birne so tief, daß alle Kalilauge sich in der Birne befindet. Dann öffnet man die Klemmschraube und leitet etwa 5 Minuten lang einen lebhaften C02-Strom durch das Verbrennungsrohr, der mit Hilfe der Klemmschraube an der Waschflasche zu regulieren ist. Um festzustellen, ob noch Luft im Rohre ist, schließt man die Klemmschraube des Azotometers, hebt die Birne, so daß die Kalilauge etwas bis über die Durchbohrung des Glashahnes steigt, schließt diesen und bringt die Birne wieder in ihre tiefe Lage. Nach Offnen der Klemmschraube müssen die aufsteigenden Blasen so gut wie vollständig absorbiert werden. Während drei Minuten darf sich kein meßbares Volumen (weniger als 0-1 ccm) unabsorbierten Gases ansammeln. Ist dies noch nicht erreicht, so öffnet man den Glashahn, wodurch die Kalilauge in die tief gestellte Birne fließt, und leitet noch einige Zeit Kohlensäure durch das Eohr, um dann abermals in der angegebenen Weise zu prüfen. Ist alle Luft verdrängt, so stellt man den C02-Strom durch Zudrehen der Klemmschraube an der Waschflasche ab und schließt auch den am hinteren Ende des Rohres befindlichen Glashahn. Man zündet nun unter der reduzierten Spirale und einem Teil des fixen Kupferoxydes die Brenner an, gleichzeitig auch einen bis zwei Brenner am hinteren Ende des Rohres, deckt die zugehörigen Kacheln zu, setzt an den Enden des Rohres die Asbestreiter auf und schützt auch die kalt zu haltenden Stellen des Rohres durch kleine Asbestreiter vor Erwärmung. Das Anheizen hat mit derselben Vorsicht wie beim Ausglühen des Rohres angegeben zu geschehen. Sobald das Kupferoxyd auf dunkle Rotglut und die reduzierte Kupferspirale auf mittlere Rotglut gebracht ist (unter Ausschluß von direktem Sonnenlicht zu beurteilen), rückt man mit dem Erhitzen von beiden Seiten gegen die Substanz vor. Hierzu erwärmt man zunächst eine kleine Strecke durch Zudecken der Kacheln vor, zündet dann die darunter befindlichen Brenner an, deren Flammen man allmählich 4*
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Organisch-analytische
Methoden
vergrößert und schützt die Doch kalten Stellen wieder durch Asbestreiter. Dieses Verfahren wiederholt man, bis das ganze Rohr auf dunkle Rotglut gebracht ist. Die Stelle, an der sich die Substanz befindet, ist so lange kühl zu halten, bis eine genügend lange Schicht glühendes Kupferoxyd zur Verbrennung vorhanden ist. Man hat zu berücksichtigen, daß die Wirkung aufgelegter Kacheln und frisch angezündeter Brenner erst allmählich sich äußert. Durch das Erwärmen tritt Kohlensäure aus dem Rohr in das Azotometer über. Sobald die Verbrennung einsetzt, treten immer zahlreicher und größer werdende Stickstoff blasen auf. Die Verbrennung soll so vor sich geheD, daß nicht mehr wie eine bis zwei Blasen in der Sekunde auftreten. Ist die Blasenfolge zu rasch, so kann man sie durch vorübergehendes Zurückschlagen der Kacheln und Ausdrehen der Flammen in der Nähe der Substanz mäßigen. Ist die Verbrennung zu Ende, so kommen nur noch wenig Blasen, die alle von der Kalilauge absorbiert werden. Den im Rohr noch stehenden Stickstoff treibt man durch einen mäßigen C02-Strom in das Azotometer über, bis die Blasen so klein wie zu Beginn der Analyse geworden sind und keine Vergrößerung des Volumens mehr eintritt (5—10 Minuten). Man schließt dann die Klemmschraube am Azotometer, unterbricht sofort die Verbindung mit dem Verbrennungsrohr durch Herausziehen des Stopfens mit dem Glasrohr, dreht die Flammen unter der reduzierten Spirale aus, entfernt den KIPP sehen Apparat, schließt den Sauerstoffgasometer an und leitet Sauerstoff durch das Rohr, bis er am vorderen Ende nachzuweisen ist, und dreht dann die Flammen aus. Nach dem Erkalten ist das Rohr für eine weitere Stickstoffbestimmung gebrauchsfertig, nachdem die Kupferspirale von neuem reduziert ist. Ablesung: Man bringt das Azotometer ins Barometerzimmer, hängt an dasselbe ein Thermometer (Kugel in der Mitte des Gasvolums!) und läßt mindestens 1 Stunde stehen. Damit die Dichtigkeit des Hahnes gewährleistet ist, soll stets eine Schicht von einigen Millimetern Lauge im oberen Ansatzrohr stehen. Blasen über der Kalilauge entfernt man dadurch, daß man die Flüssigkeit durch Heben und Senken der Birne in Bewegung setzt. Dann bringt man die Birne in eine solche Lage, daß das Flüssigkeitsniveau der Birne und der Meßröhre sich in derselben Höhe befinden. Man liest den Teilstrich ab, der sich mit dem unteren Rand des Meniskus in derselben horizontalen Ebene befindet. Ferner liest man die Temperatur und den Barometerstand ab.
Bestimmung von Kohlenstoff und Wasserstoff nach Liehig
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Berechnung der Analyse: Der Prozentgehalt an Stickstoff
Hierbei bedeuten: v das abgelesene Volumen Stickstoff, s die angewandte Substanzmenge, t die Temperatur, « = ^
= 0-003663,
b der Barometerstand, S die Korrektur des Barometerstandes auf 0°, e die Tension der Kalilauge bei t0.1 Fehlergrenze der Bestimmung: 0• 3°/ 0 nach oben, 0-1 °/0 nach unten. Die gebrauchte Apparatur ist alsbald wieder zu einer neuen Bestimmung verwendbar. Die Azotometerlauge muß nach 4—5maligem Gebrauch erneuert werden.
II. Bestimmung von Kohlenstoff und Wasserstoff nach Liebig. 1. Bei Ausschluß anderer Elemente als Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff. Das Wesen der Methode besteht darin, daß eine abgewogene Menge Substanz im Verbrennungsrohr durch glühendes Kupferoxyd oxydiert und die Oxydationsprodukte, Kohlendioxyd durch Kalilauge und Wasser durch Calciumchlorid, absorbiert und gewogen werden. Die Verbrennung führt man im Sauerstoffstrom aus, man kann aber auch bei geschlossenem Rohr verbrennen. F ü r die Verbrennung sind außer den bei der Stickstoffbestimmung angeführten Gegenständen noch erforderlich: ein Luftgasometer; ein Trockenapparat für Luft und Sauerstoff; 3 m reiner, starkwandiger, enger Gummischlauch für Trockenapparat und Gasometer; ein gewöhnliches gerades Calciumchloridrohr; fein gekörntes Calciumchlorid; ein Kaliapparat; ein Calciumchloridrohr zur Wasserbestimmung. 1
Die Werte des eingeklammerten Ausdruckes der Formel für die verschiedenen Größen von b — 8 — e und t findet man in der Tabelle auf S. 392. Von dem abgelesenen Barometerstand b kann man mit hinreichender Genauigkeit
für d,
für e abziehen. Z. B.: abgelesen b = 738 mm,
t = 20; auf der Tabelle nachzuschlagen p = 738 - 2-5 — 4 = 731.5. Zur logarithmischen Berechnung benutzt man die K Ü S T E B sehen Bechentafeln.
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Organisch-analytische Methoden Vorbereitungen.
Verbrennungsrohr: Die Zurechtmachung des Kupferoxyds1 und die Füllung des Rohres ist dieselbe wie bei der Stickstoffbestimmung, nur führt man an Stelle der reduzierten Kupferspirale eine oxydierte Spirale ein. Besonderer Wert ist auf das Trocknen des gefüllten Rohres zu legen. Man erhitzt das Rohr vor jeder Verbrennung 10—15 Minuten lang, auf etwa 150°, in einem langsamen Luftstrom. Hierbei an den kalten Enden des Rohres sich niederschlagendes Wasser ist mit einer heißen Kachel sorgfältig zu vertreiben, ohne daß das Rohr mit der Kachel berührt wird. Nach dem Ausdrehen der Brenner verschließt man das Rohr mit einem Gummistopfen und läßt es unter dem Druck des Gasometers erkalten. Füllung des Luftgasometers (vgl. Fig. 33): Man schraubt die Verschlußkappe bei o ab, öffnet den Habn b und läßt das im unteren Behälter vorhandene Wasser abfließen. Nach Aufsetzen der Verschlußkappe und Füllen des oberen Behälters mit Wasser ist das Luftgasometer gebrauchsfertig.
Der Trockenapparat: Um die Luft und den Sauerstoff von Kohlensäure und Feuchtigkeit zu befreien, leitet man die beiden Gase durch den Trockenapparat. Dieser besteht für jedes der beiden Gase aus einer Waschflasche mit Kalilauge (1:1) und aus einem Röhrensystem, gefüllt mit Natronkalk und Calciumchlorid. Daran sich anschließende Glashähne und ein Dreiwegrohr ermöglichen die beliebige Entnahme von Luft und Sauerstoff durch einen einzigen Schlauch, der mit einer Klemmschraube versehen und an seinem freien Ende mit einem Calciumchloridrohr verbunden ist. Die Regulierung des Gasstromes erfolgt nur durch die Klemmschraube. Die hierzu verwendeten Gummischläuche dürfen vorher zu keinem anderen Zweck verwendet worden sein. Die Absorptionsapparate.
a) Der Kaliapparat: Empfehlenswert ist der „Schraubenkaliapparat" von GREINEB und FBIEDEICHS, in welchem das Gas die Lauge durch eine Spirale passiert, und der Dreikugelapparat der Firma Dr. BENDEB und Dr. HOBEIN, München (Fig. 36). Der Kaliapparat wird mit 50-proc. Kalilauge gefüllt, die man vorrätig 1
Man bereitet für die C-, H-Bestimmung neues eigenes Kupferoxyd, das von dem des Stickstofirohrs getrennt zu halten ist.
Die
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Absorptionsapparate
hält. Das hierzu verwendete Kaliumhydroxyd soll nicht alkoholisch gereinigt sein. Eine Füllung reicht für zwei Verbrennungen (etwa 1 g COa) aus. Der Kaliapparat wird äußerlich mit einem trockenen Tuch gereinigt. Das angeschmolzene Röhrchen soll auch innen von Kalilauge befreit sein, was man durch ein Röllchen aus Filtrierpapier erreicht. Das aufgeschliffene Röhrchen wird mit fein gekörntem Calciumchlorid gefüllt, das durch Glaswolle am Herausfallen verhindert wird; das Calciumchlorid ist nach etwa acht Verbrennungen zu erneuern. Der Schliff wird leicht eingefettet. Der Apparat ist, solange er nicht gebraucht wird, stets
M
Fig. 36.
Fig. 37.
durch Verschlußkappen verschlossen zu halten, die man sich aus einem kurzen Stück Gummischlauch, an dessen einem Ende ein kurzer Glasstab dicht eingeführt ist, herstellt. b) Las Calciumchloridrohr: Empfehlenswert ist die Konstruktion von Dr. BENDER und Dr. HOBEIN mit eingeschliffener Bodenkappe. Die untere Hälfte wird mit feinem CaCl2 gefüllt, das durch Glaswolle an der Bewegung gehindert wird. Vor Aufsetzen der Bodenkappe ist der Schliff sorgfältig von Glaswolle zu befreien und leicht einzufetten. Die Bodenkappe wird durch starken Gummi gehalten. Das gleich gebaute CaCl2-Rohr in einem Stück ist ebensogut brauchbar (Fig. 37). Da das Calciumchlorid basische Bestandteile enthält, ist vor dem erstmaligen Gebrauch etwa 1/2 Stunde lang ein lebhafter C02-Strom hindurchzuleiten
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Organisch-analytische
Methoden
und darauf das CaCl 2 -Rohr, einseitig mit einer Verschlußkappe versehen, über Nacht unter dem Druck des KIPP sehen Apparates stehenzulassen. Die Kohlensäure ist alsdann durch Luft zu verdrängen. Die äußerliche Reinigung ist dieselbe wie beim Kaliapparat. Zum Aufhängen an der Wage wird das Rohr noch mit einem Aluminiumdraht versehen. Es ist stets mit Verschlußkappen aufzubewahren. Die übrigen für die C-, H-Bestimmung noch benötigten Apparate sind in derselben Weise, wie bei der Stickstoffbestimmung beschrieben, vorzubereiten. Was an jener Stelle über das Trocknen der Analysensubstanz gesagt ist, gilt auch hier. Ausführung der Verbrennung.
Wägung: Die Absorptionsapparate bringt man mindestens 1 Stunde vor der Wägung in das Wägezimmer und reinigt sie nochmals mit einem Lappen von anhaftendem Staub. Unmittelbar vor der Wägung unterlasse man die Reinigung. Die Apparate werden ohne Verschlußkappen und Fußgestelle gewogen. Die Substanzeinwage geschieht in derselben Weise wie bei der Stickstoffbestimmung. Man nimmt etwa 0-12—0-16 g Substanz. Unmittelbar nach der Wägung der Substanz erfolgt die Füllung des Verbrennungsrohres, die, wie bei der Stickstoffbestimmung näher beschrieben, geschieht. Zusammenstellen der Apparate: In das hintere, der Analysensubstanz nähere Ende wird mittels eines Gummistopfens ein Glashahn eingeführt, an den sich ein gerades CaCl 2 -Rohr anschließt. Es steht durch einen Gummischlauch mit dem Dreiwegrohr des Trockenapparates in Verbindung, dieses ist an den Luftund Sauerstoffgasometer angeschlossen. An das vordere Ende des Verbrennungsrohres wird ebenfalls mit einem Gummistopfen unmittelbar das Calciumchloridrohr angeschlossen, und zwar mit dem Glasröhrchen, das in den Wassersack führt. Dabei wird der Stopfen erst in das Verbrennungsrohr eingesetzt und dann erst das Röhrchen unter Hin- undjJHerdrehen dicht in die Bohrung hineingeschoben. Der Kaliapparat steht auf einem Stativ oder auf Klötzchen und wird durch ein 3—4 cm langes, nahtloses Gummistück derart mit dem CaCl a -Rohr verbunden, daß Glas an Glas stößt. Die Reibung zwischen Gummi und Glas vermindert man durch mehrfaches Durchblasen durch die Bohrungen der Stopfen und Schläuche. Auch bei der C-, H-Bestimmung ist vor
Ausführung der Verbrennung
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Beginn der eigentlichen Verbrennung die Apparatur auf Dichtigkeit zu prüfen. Hierzu verschließt man das Aufsatzröhrchen des Kaliapparates mit einer Verschlußkappe, öffnet den Hahn nach dem Trockenapparat und den Weg nach einem der Gasometer. Nachdem sich der Druck ausgeglichen hat, darf -während mehrerer Minuten keine Blase in der Waschflasche des Trockenapparates aufsteigen. Zur Gegenkontrolle schließt man einen der Hähne. Bei der geringsten Undichtigkeit tritt dann eine Niveauänderung im Kaliapparat ein. Der Fehler liegt meist am Verbindungsschlauch oder an der Verschlußkappe. Nach beendeter Prüfung schließt man den am Eohr zunächst stehenden Glashahn und nimmt vorsichtig die Verschlußkappe ab. Die eigentliche Verbrennung erfolgt bei geschlossenem Rohr oder im Sauerstoffstrom. In letzterem Falle ist der Gasstrom so zu regulieren, daß etwa alle 2 Sekunden eine Gasblase den Kaliapparat verläßt. Man entzündet dann die Brenner unter dem vorderen Teil des unbeweglichen Kupferoxyds, später die beiden äußersten Brenner am hinteren Röhrende, deckt die entsprechenden Kacheln zu, setzt die Asbestplatten an beiden Rohrenden auf und Bchützt den noch kalt zu haltenden Teil des Rohres durch kleine Asbestreiter. Nachdem man in der bei der Stickstoffbestimmung beschriebenen Weise die erhitzten Teile des Rohres im Verlaufe von 1 j i bis 1/2 Stunde auf mäßige Rotglut (bei schwer verbrennbaren Substanzen erhitzt man stärker) gebracht hat, rückt man allmählich mit dem Erhitzen gegen die Substanz vor, indem man zunächst durch Zudecken der Kacheln das Rohr vorwärmt und dann die darunter befindlichen Brenner anzündet. In welchen Zeitabständen dies zu geschehen hat, ersieht man aus der Blasenfolge im Kaliapparat. Ihn sollen nicht mehr wie eine bis zwei Blasen in der Sekunde verlassen. Setzt die Verbrennung der Substanz ein, so wird die Blasenfolge im Kaliapparat lebhafter und am vorderen, aus dem Ofen herausragenden Rohrende erscheint ein Hauch von Wasser, das sich nach und nach zu Tröpfchen verdichtet. Bald sieht man auch, daß die Blasen im Kaliapparat teilweise und später vollständig absorbiert werden. Die Geschwindigkeit der Verbrennung darf nicht größer werden, als daß man die im Kaliapparat auftretenden Blasen noch bequem zählen kann. Mit Hilfe der Kacheln und durch die Größe der Flammen läßt sich dies gut erreichen.
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Organisch-analytische Methoden
Hat man das ganze Rohr zur Rotglut gebracht und läßt die Kohlensäureentwicklung nach, so verstärkt man den Sauerstoffstrom. Hat man bei geschlossenem Rohr verbrannt, so treibt man das am hinteren kalten Rohrende kondensierte Wasser mit einer heißen Kachel nach vorn. Da der Sauerstoff durch das bei der Verbrennung entstandene metallische Kupfer kräftig absorbiert wird, muß der Sauerstoffstrom eine Zeitlang ziemlich lebhaft sein. In dem Maße, wie die Gasblasen im Kaliapparat wieder zunehmen, verlangsamt man ihn. Reicht die Geschwindigkeit des Sauerstoffstroms nicht aus, um der zuriicksteigenden Kalilauge entgegenzuwirken, so leitet man Luft statt Sauerstoff durch das Rohr. Sobald der Sauerstoff am vorderen Ende der Apparatur nachgewiesen werden kann, verdrängt man ihn, indem man etwa 10 Minuten lang Luft durchleitet. Die Geschwindigkeit des Luftstromes ist ebenfalls so zu regulieren, daß höchstens zwei Blasen in der Sekunde aus dem Kaliapparat austreten. Während des Luftdurchleitens verkleinert man die Flammen und verdrängt mit einer heißen Kachel das am vorderen kalten Rohrende kondensierte Wasser. Nach Beendigung der Verbrennung nimmt man die Absorptionsapparate ab, versieht sie mit den Verschlußkappen und bringt sie in das Wägezimmer. Nach Ablauf einer Stunde werden sie noch am gleichen Tage gewogen. Berechnung: Der Prozentgehalt an Kohlenstoff und Wasserstoff läßt sich nach folgenden Formeln berechnen: 0/
'o 0
p
g e f u n d e n e s CO, 300 Substanz ' 11 '
1 TT _ g e f u n d e n e s H8Q 201,6 ~ Substanz ' 18,016'
Die Berechnung erfolgt mit Hilfe von K Ü S T E E S Logarithmentafel. Die Fehlergrenze beträgt für Kohlenstoff ± 0 - 3 °/ 0 , für Wasserstoff + 0-3 und —0-1 °/0. Gute Analysen ergeben etwa 0 - 1 % C zu wenig und 0-1 °/ 0 H zu viel. Nachträgliche Operationen: Nachdem die Absorptionsapparate abgenommen sind, dreht man die Flammen aus und läßt das Rohr verschlossen unter dem Druck des Gasometers erkalten. Bezüglich der weiteren Verwendbarkeit des Rohres gilt das bei der Stickstoffbestimmung hierüber Gesagte. Ist eine Rohrfüllung im Gang, so ist das lange Ausglühen des Rohrs vor jeder Verbrennung, wie es vielfach geübt wird, sinnlos. Es genügt, vor der nächsten
Verfahren hei Gegenwart von Halogen oder Schwefel
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Verbrennung 10—15 Minuten lang Luft durch da8 mäßig erwärmte Rohr zu leiten, um die Beschickung vollkommen zu trocknen. Hat sich nach einigen Verbrennungen im Wassersack des Calciumchloridrohres eine größere Menge Wasser angesammelt, so wird es durch Schleudern entfernt und das Glasröhrchen mit Filtrierpapier getrocknet. Nach zwei Verbrennungen erneuert man die Kalilauge im Kaliapparat. 2. Verfahren bei Gegenwart von Stickstoff.
Ist die zu' analysierende Substanz stickstoffhaltig, so verwendet man ein wie zur Stickstoffbestimmung gefülltes Kohr. In diesem Falle müssen aber das gefüllte Eohr und die reduzierte Spirale sorgfältig von Wasser und Kohlensäure befreit sein. Das gefüllte Rohr wird hierzu, wie unter 1. beschrieben, getrocknet. Die Behandlung der reduzierten Kupferspirale ist folgende: Nachdem man die in einer Gebläseflamme zum Glühen erhitzte Kupferspirale in ein Einschmelzrohr hat gleiten lassen, auf dessen Boden ein Pfropfen aus Glaswolle und etwa 1 ccm Methylalkohol sich befindet und nachdem die Flamme ausgebrannt hat, versieht man das Einschmelzrohr mittels eines durchbohrten Gummistopfens mit einem Glashahn und evakuiert mit der Wasserstrahlpumpe. Man erhitzt dann noch 10 Minuten mit einem kräftigen Brenner, bis auch Hahn und Gummistopfen, dessen Anbrennen sorgfältig zu vermeiden ist, vollkommen frei von Feuchtigkeit sind, schließt den Hahn und läßt die Spirale bis zum Gebrauch im evakuierten Rohr. Es genügt auch, die in einem Reagenzglas reduzierte Spirale im Trockenschrank bei 100—105° 1 Stunde lang zu trocknen. Schwaches Anlaufen ist ohne Schaden. Die Verbrennung erfolgt im geschlossenen Rohr. Die reduzierte Spirale wird zu heller Rotglut erhitzt. Vor dem Durchleiten des Sauerstoffs dreht man die unter der reduzierten Spirale befindlichen Brenner aus. Für stickstoffreiche Nitroverbindungen legt man zwei reduzierte Spiralen vor. 3. Verfahren bei Gegenwart von Halogen oder Schwefel.
Enthält die Analysensubstanz Halogen oder Schwefel, so bildet sich Kupferhalogenid beziehungsweise Schwefeldioxyd. Ersteres ist bei Rotglut ziemlich flüchtig und würde sich im vorderen Teil des Rohres oder im Calciumchloridrohr niederschlagen. Das Schwefeldioxyd dagegen würde von der Kalilauge absorbiert
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Organisch-analytische
Methoden
werden. Man bringt deshalb in den vordersten Teil des Rohres eine etwa 15—20 cm lange Schicht von Bleichromat, die Halogen als Bleihalogenid, Schwefel als Bleisulfat zurückhält. Da aber auch diese Körper bei starkem Erhitzen immer noch etwas flüchtig sind, so darf der den Absorptionsapparaten zunächst liegende Teil des Bleichromats nur so stark erhitzt werden, daß eben kein Wasser festgehalten wird. Man läßt daher am zweckmäßigsten einen Teil des Bleichromats aus dem Ofen herausragen, erhitzt aber auch den in der Heizzone liegenden Teil nicht so stark wie das Kupferoxyd. Enthält die zu verbrennende Substanz außerdem noch Stickstoff, so ist zwischen Kupferoxyd- und Bleichromatschicht noch eine reduzierte Kupferspirale einzuführen. Die Länge der Kupferoxydschicht wird dann entsprechend verkürzt. Kupferoxyd, mit dem halogen- oder schwefelhaltige Substanzen verbrannt wurden, verwendet man im allgemeinen nicht auch zu Kohlenstoff-Wasserstoff-Bestimmungen halogen- oder schwefelfreier Substanzen. 4. Verbrennung im Schiffchen. Anstatt die Substanz mit feinem Kupferoxyd gemischt zu verbrennen, ist es oft von Vorteil, die Verbrennung im Porzellanoder Platinschiffchen (Kontaktwirkung) auszuführen. Vorzüge dieses Verfahrens sind: 1. Zeitersparnis; während des Abwägens der Substanz und der Absorptionsapparate kann das drahtförmige Kupferoxyd schon erhitzt werden. 2. Eine etwa unvollständige Verbrennung erkennt man an zurückbleibender Kohle. 3. Rückstände anorganischer Art können erkannt und gewogen werden. Die Beschickung des Rohres ist dieselbe wie bei der Kohlenstoff-Wasserstoff-Bestimmung. An Stelle des feinen Kupferoxyds kommt das Schiffchen und eine etwa 10 cm lange, leicht verschiebbare oxydierte Spirale zu liegen. Das Rohr soll an der Stelle, an der sich das Schiffchen befindet, durchsichtig sein, so daß der Gang der Verbrennung beobachtet werden kann. Der Rohrinhalt wird vor der Verbrennung, wie immer, durch kurzes Erwärmen im Luftstrom getrocknet. Den hinteren Teil läßt man dann erkalten, während man den vorderen zur Rotglut erhitzt In der Zwischenzeit wägt man die Absorptionsapparate und das am
Verbrennung von
Flüssigkeiten
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Gebläse ausgeglühte und im Exsiccator erkaltete Schiffchen, zuerst leer, dann mit Substanz gefüllt. Man stellt dann den Luftstrom ab, schließt am vorderen Ende Calciumchloridrohr und Kaliapparat an, zieht die bewegliche Kupferoxydspirale mit einem Drahthaken heraus, verwahrt sie in einem Exsiccator, führt das Schiffchen und die Kupferoxydspirale wieder ein und verbindet das Rohr mit dem Trockenapparat. Die Verbrennung erfolgt dann im langsamen Sauerstoffstrom in der oben beschriebenen Weise. Substanzen, die sich beim Erwärmen stürmisch zersetzen, können nicht im Schiffchen verbrannt werden. 5. Verfahren bei Gegenwart von Alkalien oder Erdalkalien. Enthält die Substanz Alkali- oder Erdalkalimetall, so erfolgt die Verbrennung im Schiffchen, wobei man die Snbstanz mit Kaliumbichromat überschichtet, um die bei der Verbrennung sich bildenden, beständigen Carbonate zu zersetzen. Das vorher geschmolzene Kaliumbichromat pulverisiert man und trocknet es vor dem Gebrauch einen Tag lang im Exsiccator. Man verbrennt, bis die sich aufblähende Masse wieder vollständig zusammengeschmolzen ist. 6. Verbrennung von Flüssigkeiten. Flüssigkeiten werden zur Verbrennung in Glaskügelchen gefüllt, die mit Capillare versehen sind. Die H e r s t e l l u n g d e r G l a s k ü g e l c h e n geschieht in der Weise, daß man am Gebläse ein reines dünnes Glasrohr an zwei nahe beieinander liegenden Stellen zu nicht sehr engen Capillaren auszieht und eine abschmilzt, dann den birnförmigen Teil unter stetem Drehen zum Glühen erhitzt und ihn, das Glasrohr als Mundstück benutzend, zu einer Kugel aufbläst, deren Durchmesser etwa 5—7 mm beträgt, so daß das Kügelchen, auf dem Porzellanschiffchen liegend, sich in das Verbrennungsrohr einführen läßt. Man stellt sich eine Anzahl derartiger Kügelchen her und verwahrt sie im Exsiccator. Einfüllen der Substanz: Um ein(vorher gewogenes) Glaskügelchen mit Flüssigkeit zu füllen, stellt man es mit der Capillare nach unten in das Gefäß, in dem sich die Flüssigkeit befindet. Durch Evakuieren des Exsiccators wird die Luft aus dem Kügelchen verdrängt. Läßt man alsdann wieder Luft in den Exsiccator einströmen, so füllt sich das Glaskügelchen mit Flüssigkeit. Durch nur teilweises Evakuieren kann man die Menge Flüssig-
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Organisch-analytische Methoden
keit, die man in dem Glaskügelchen haben will, regulieren. Nach äußerlicher Reinigung des Kügelchens vertreibt man mit einem kleinen Flämmchen die Flüssigkeit aus der Capillare und wägt nach dem Abkühlen das gefüllte Kügelchen. Hierbei fasse man es nie an der Kugel, sondern an der Capillare an. Beschickung des Verbrennungsrohres: Man benutzt ein zur Schiffchenverbrennung gefülltes Rohr, das am hinteren Ende durchsichtig ist und das, wenn die Substanz Stickstoff, Schwefel oder Halogen enthält, in der oben angeführten Weise hierfür zurecht gemacht ist. Man legt das Glaskügelchen auf das Schiffchen, führt dieses in das Verbrennungsrohr ein, so daß die Capillare nach den Absorptionsapparaten zeigt. Hinter das Schiffchen legt man noch eine leicht bewegliche, etwa 10 cm lange, oxydierte Kupferspirale. Bei nicht unzersetzt flüchtigen und sehr schwer verbrennbaren Substanzen, die einen kohligen Rückstand hinterlassen, ist es notwendig, das Kügelchen zu zertrümmern. Hierzu füllt man zunächst eine 2—3 cm lange Schicht feines Kupferoxyd in das Rohr, läßt das Kügelchen, die Capillare voraus, bei schräg gehaltenem Rohr auf diese Schicht fallen und zerdrückt das Kügelchen mit der leicht beweglichen, 10 cm langen Kupferspirale. Sehr schwer flüchtige Flüssigkeiten lassen sich auch direkt im Schiffchen verbrennen. Verbrennung: Die Verbrennung von Flüssigkeiten hat noch vorsichtiger zu geschehen wie die fester Substanzen. Man verbrenne im langsamen Sauerstoffstrom. H a t man die vordere Hälfte des drahtförmigen Kupferoxyds zu mäßiger Rotglut erhitzt, und ist das äußerste hintere Rohrende heiß geworden, wobei man dafür sorgt, daß das Rohr an der Stelle, wo das Kügelchen liegt, durch seitlichen Abschluß mit Asbestreitern und eventuell durch aufgelegten feuchten Asbest kühl gehalten wird, so treibt man die Flüssigkeit durch zeitweises Hinhalten einer heißen Kachel aus dem Kügelchen. Dann rückt man mit dem Erwärmen von beiden Seiten vorsichtig gegen die Substanz vor, wobei man stets durch zeitweises Auflegen heißer Kacheln vorwärmt. Erst zum Schluß werden die Brenner unter dem Glaskügelchen angezündet. Die völlige Vertrautheit mit den Methoden der organischen Elementaranalyse bildet die erste Voraussetzung für ein erfolgreiches wissenschaftliches Arbeiten. Der Doktorand, der nicht verbrennen kann, wirkt für seine eigene Arbeit als schwerer Hemmschuh, da er
Bestimmung von Halogen, Schwefel und sonstigen Elementen
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die neu dargestellten Stoffe in ihrer Zusammensetzung nicht scharf und eindeutig festlegen kann. Im Münchner Staatslaboratorium wird verlangt, daß der Praktikant von jeder Gruppe (Stickstoff, — C- und H-Bestimmung ohne andere Elemente, — dsgl. mit Stickstoff, — dsgl. mit Halogen oder Schwefel, — Flüssigkeit) 2 ihm unbekannte Substanzen nacheinander auf Anhieb richtig verbrannt hat, ehe er zur nächsten Gruppe übergeht. Den Abschluß des elementar-analytischen Kurses bildet eine Prüfungsanalyse.
III. Bestimmung; yon Halogen, Schwefel und sonstigen Elementen. Enthält die organische Substanz außer Kohlenstoff, Wasserstoff, Sauerstoff und Stickstoff noch andere Elemente, so wird zu deren Bestimmung die Substanz meist durch Erhitzen mit roter, rauchender Salpetersäure im Einschlußrohr oxydiert. Halogen wird als Halogensilber, Schwefel als ßariumsulfat, Phosphor als Magnesium—Ammoniumphosphat beziehungsweise Magnesiumpyrophosphat bestimmt (Verfahren nach CARIUS). Die Halogene kann man auch durch Glühen mit halogenfreiem Kalk bestimmen, wobei sich Calciumhalogenid bildet. Die Kalkmethode ist stets anwendbar, während bei dem Verfahren nach CABIUS gewisse aromatische Halogenverbindungen nur äußerst schwer zersetzt werden. Schwer flüchtige Halogenverbindungen kann man auch durch Mischen und Abglühen mit Natriumsuperoxyd in Halogenid überführen. Alkali- und Erdalkalimetalle in Salzen werden nach dem Abrauchen mit konzentrierter Schwefelsäure als Sulfate bestimmt. Zu diesen Bestimmungen sind erforderlich: einseitig zugeschmolzene ß ö h r e n aus schwer schmelzbarem Glas Ton mindestens 50 cm Länge und Bleistiftdicke; Einschmelzröhren; weite, starkwandige Präparatengläschen; ein Trichterrohr; Glastiegel mit Filterplatte aus gesintertem Glas oder Goochtiegel, Saugflasche mit Vorstoß und Gummiring; festes Silbernitrat; reiner Kalk (frei von Halogen, Gips und Schwefelmetallen); Filter von bekanntem Aschengehalt; Stahltiegel nach PKTNGSHEIM, halogenfreies Natriumsuperoxyd.
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Organisch-analytische Methoden
Gereinigter Asbest: Man befreit den Asbest mechanisch von groben Verunreinigungen, kocht ihn etwa 1 Stunde lang mit viel verdünnter, reiner Salpetersäure (1 Teil Salpetersäure auf 5—10 Teile Wasser) unter öfterer Erneuerung der Flüssigkeit aus, wobei jedesmal die feinsten Teilchen mit der Flüssigkeit abgegossen werden und bewahrt die langen Fasern verschlossen unter verdünnter Salpetersäure auf. 1. Halogenbestimmung nach der Kalkmethode. Füllen des Rohres: In ein 50 cm langes, einseitig zugeschmolzenes Verbrennungsrohr füllt man eine 3 bis 5 cm hohe Schicht reinen Kalk, befreit mit Filtrierpapier das oberste Rohrende von anhaftendem Kalk, schüttet aus dem Wägeröhrchen die getrocknete und abgewogene Substanz hinein und gibt wiederum eine 3 cm hohe Schicht Kalk darauf, wobei man die an der Rohrwandung haften gebliebenen Substanzteilchen hinunterspült. Die Mischung der Substanz mit dem Kalk bewirkt man durch Rütteln und Aufklopfen des Rohres in abwechselnd wagrechter und senkrechter Lage. Dann füllt man das Rohr bis auf 10 cm mit Kalk auf und schafft durch Klopfen des wagrecht liegenden Rohres einen Luftkanal. Erhitzen des Rohres: Man legt das gefüllte Rohr so auf den Ofen, daß das Rohrende aus demselben herausragt, erhitzt die äußere Hälfte zur Rotglut und schreitet dann langsam gegen die Substanz hin vor. Da eine Verbrennung nicht stattfindet, so entweichen aus dem Rohr mehr oder weniger gefärbte, brenzlig riechende Dämpfe. Das Halogen wird dabei quantitativ zurückgehalten. Hat man das ganze Rohr zur Rotglut erhitzt, so erhält man es noch 1 / t — 1 / 2 Stunde darin, läßt dann erkalten und verschließt das Rohr mit einem Stopfen. Lösen und Fällen: Den erkalteten Rohrinhalt schüttet man vorsichtig in ein Becherglas von 1 Liter Inhalt, in dem sich etwas destilliertes Wasser befindet. Das Rohr wird zuerst mit destilliertem Wasser, dann mit verdünnter, reiner Salpetersäure (1:3) nachgespült. Läßt sich der Rohrinhalt nicht vollständig entleeren, so erhitzt man das noch trockene Rohr und zertrümmert es durch Eintauchen in das Becherglas (andernfalls kann dasselbe Rohr zu mehreren Bestimmungen verwendet werden). Durch allmählichen Zusatz von verdünnter reiner Salpetersäure wird der Kalk vollständig gelöst, dann von Kohle und Glassplittern filtriert, mit ganz verdünnter Salpetersäure nachgewaschen und im Filtrat das Halogen mit Silbernitrat gefällt.
Halogenbestimmung mit Natriumsuperoxyd nach Pringsheim
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Filtration mittels Goochtiegels: Die Instandsetzung des Goochtiegels geschieht vor und zwischen den oben geschilderten Operationen. Man schüttelt einige ccm des Asbestbreies in einem Reagenzglas mit destilliertem Wasser, läßt einige Sekunden absitzen und gießt die Flüssigkeit mit den feinen Fasern in ein zweites Reagenzglas. Nach Wiederholung dieser Operation gibt man in den Tiegel zuerst die langen und dann die feinen Fasern, legt die durchlochte Platte auf und spült mehrere Male unter starkem Saugen mit der Wasserstrahlpumpe destilliertes Wasser durch, um die feinen Fasern durchzureißen. Der Tiegel wird dann in einem Trockenschrank bei 130° bis zur Gewichtskonstanz getrocknet. Zur Filtration des Halogensilbers benutzt man mit besonderem Vorteil einen Glastiegel von ScHOTT-Jena mit Boden aus gesintertem Glas. Nachdem man den Inhalt des Becherglases bis zum klaren Absitzen des Halogensilbers erwärmt hat, gießt man unter schwachem Saugen die darüber befindliche Flüssigkeit durch den Tiegel, digeriert den Niederschlag 4—5 mal mit salpetersäurehaltigem Wasser von 60—80°, bis das Filtrat silberfrei ist. Dann bringt man das Halogensilber mit Hilfe eines Glasstabes mit Gummikappe quantitativ in den Tiegel. Ein Nachwaschen im Tiegel ist zu unterlassen. Bei Beachtung dieser Maßnahmen und bei Verwendung einer immer sauren Waschflüssigkeit von annähernd derselben Temperatur soll ein trübes Durchlaufen nicht vorkommen. Tritt es doch ein, so erwärmt man nochmals und filtriert wieder nach dem Absitzen. Der Tiegel wird nach dem Trocknen bei 130° bis zur Gewichtskonstanz gewogen. Während aller Operationen schütze man das Halogensilber vor Licht. Die Fehlergrenze bei Halogenbestimmungen beträgt ±0-3°/ 0 « 2. Halogenbestimmung mit Natriumsuperoxyd nach Pringsheim. Die abgewogene Substanz, etwa 0-2 g, wird in einem Stahltiegel mit Hilfe eines Platindrahtes mit Natriumsuperoxyd gemischt. Die Menge des anzuwendenden Natriumsuperoxyds berechnet sich auf folgende Weise, wenn man den ungefähren Gehalt an C + H kennt: Substanzen mit 75 und mehr °/0 C + H mischt man mit der 18 fachen, solche mit 50—75°/ 0 C + H mit der 16 fachen Menge Natriumsuperoxyd. Substanzen, die nur 25 bis 50°/ 0 C + H enthalten, werden mit dem halben, die mit weniger C + H mit dem gleichen Gewicht einer kohlenstoffreichen SubGATTBBHAHX,
Praxis. 21. Auflage.
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Organisch-analytische Methoden
stanz, z. B. Zucker oder Naphthalin, gemischt. Man fügt dann noch die 16—18 fache Menge Natriumsuperoxyd hinzu. Ein Überschuß an Natriumsuperoxyd ist nicht schädlich. Ausführung der Bestimmung: Der gefüllte Stahltiegel wird in eine nicht zu große, hohe Porzellanschale gestellt, in die man so viel Wasser gibt, daß es bis zur Marke reicht. Den Tiegelinhalt entzündet man dann mit Hilfe eines glühenden Eisendrahts durch das im Deckel befindliche Loch, wirft nach dem Erkalten den Tiegel mit Deckel um und bedeckt die Schale sofort mit einem Uhrglas. Ist durch Erwärmen auf dem Wasserbad alles bis auf einige Kohleteilchen in Lösung gegangen, so entfernt man den Tiegel, nachdem er sorgfältig ausgespült ist, filtriert von den Kohleteilchen und etwas Ferrihydroxyd und wäscht das Filter mehrmals nach. Die entstandenen Halogen- und Persäuren reduziert man durch Zugabe von 1—2 g Natriumsulfit, säuert mit verdünnter Schwefelsäure an, erwärmt und versetzt mit 6 ccm konzentrierter Salpetersäure. Alsdann wird das Halogen in bekannter Weise als Halogensilber gefällt und weiter behandelt. Das mit ausfallende schwer lösliche Silbersulfat wird durch mehrmaliges Auswaschen mit verdünnter heißer Salpetersäure entfernt. 3. Halogenbestimmung nach Carius. Beschickung des Einschmelzrohres: In ein starkwandige3 Präparatengläschen wägt man 0-1—0-2 g trockene Substanz ein. Hierauf wägt man die unter Annahme des höchst möglichen Halogengehaltes zum Umsatz erforderliche Menge fein gepulvertes Silbernitrat ab und bringt dasselbe mit Hilfe eines Trichterrohres auf den Boden einer Einschmelzröhre. Nach Zugabe von 20 bis 30 Tropfen (etwa 1 ccm) roter rauchender Salpetersäure, wobei man eine Benetzung des oberen Teiles des Einschmelzrohres vermeidet, läßt man das die Substanz enthaltende Röhrchen hinabgleiten. Man vermeide sorgfältig das Zusammenkommen der Salpetersäure mit der Substanz, ehe das Rohr zugeschmolzen ist und sich im eisernen Mantel befindet. Substanzen, die bereits durch salpetrige Dämpfe zersetzt werden, bedeckt man mit etwas Silbernitrat Unmittelbar nach der Beschickung des Rohres soll das Zuschmelzen vorgenommen werden. Das Zuschmelzen des Rohres erfolgt am Gebläse. Man faßt das Einschmelzrohr etwas oberhalb der Mitte mit der linken Hand, hält es möglichst schief geneigt, wobei man darauf achtet, daß
Halogenbestimmung
nach
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Carius
die Salpetersäure nicht in das Substanzröhrchen gelangt. Während der ganzen Dauer des Zuschmelzens muß das Rohr dauernd gleichmäßig gedreht werden. Zunächst hält man die Mündung in eine leuchtende Flamme, die man nach und nach entleuchtet. Ist das Glas weich geworden, so schmilzt man an der inneren Seite des Rohres einen dünnen, vorn glühenden Glasstab an, zieht ihn auf die andere Seite und bringt, nachdem auch diese angeschmolzen ist, den Glasstab in eine solche Lage, daß er in der Achse des Rohres liegt. Jetzt erhitzt man das Rohr ein wenig weiter unten, wo es noch zylindrisch ist, zuerst mit einer leuchtenden, dann mit der Spitze einer entleuchteten Flamme, bis das Rohr weich geworden ist. Hierbei dreht man das Rohr, ohne es auszuziehen. Ist das Glas an der erhitzten Stelle zusammengefallen und stark verdickt, so entfernt man das Rohr aus der Flamme und zieht langsam gerade aus. Ist das Glas starr geworden, so schmilzt man die Capillare mit einer Stichflamme zu. Die Capillare soll gerade, starkwandig und von geringem Lumen sein. Das Rohr läßt man zunächst in einer leuchtenden Flamme sich abkühlen, dann vollständig erkalten und bringt es in einen eisernen Schutzmantel derart, daß die Capillare einige Zentimeter herausragt. Ist das Rohr zu kurz, so füllt man den eisernen Mantel mit Sand oder Eisenfeile entsprechend auf. S o l a n g e d a s R o h r z u g e s c h m o l z e n ist, d a r f es nicht a u s dem M a n t e l h e r a u s genommen und a u s dem B o m b e n r a u m e n t f e r n t werden. Erhitzen des Bohres: Den eisernen Mantel mit Rohr legt man nun in einen Bomben- oder Schießofen derart, daß die Capillare etwas erhöht gegen die mit Splitterfänger versehene Wand zeigt und schließt den Ofen. E s können zu gleicher Zeit mehrere Röhren erhitzt werden. Man zündet alle Brenner an und erhitzt durch Regulierung des Haupthahnes a l l m ä h l i c h auf die gewünschte Temperatur. Diese beträgt für aliphatische Halogenverbindungen (und viele schwefelhaltige Substanzen) etwa 250°, für aromatische (und die Sulfosäuren) etwa 300°. Für noch höhere Temperaturen sind die gewöhnlichen Röhren ungeeignet, man gebraucht dann besser Hartglasröhren (Verbrennungsröhren). Die meisten Substanzen sind nach 3—4 stündigem Erhitzen vollständig oxydiert, bei aromatischen Verbindungen setzt man das Erhitzen noch einige Stunden darüber hinaus fort. Man dreht dann das Gas ab und läßt erkalten. Sollte längeres Erhitzen notwendig sein, so öffnet man die Capillare in der weiter 5*
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Organisch-analytische Methoden
unten zu besprechenden Weise, schmilzt nach dem Entweichen der Gase das Rohr wieder zu und erhitzt von neuem. Öffnen des Rohres: Nach völligem Erkalten nimmt man den eisernen Mantel heraus, vertreibt mit einer kleinen leuchtenden Flamme die etwa in der Capillare vorhandene Flüssigkeit und hält die Capillare in eine spitze Gebläseflamme. Nachdem die unter Druck befindlichen Gase die weich gewordene Capillare durchbohrt haben, nimmt man das Bohr aus dem Mantel und sprengt den obersten Teil ab, nachdem man sich davon überzeugt hat, daß die Capillare nicht verstopft ist. Hierzu führt man mit einem Glasmesser oder einer Dreikantfeile einen Strich um das Rohr herum und berührt diesen mit einem weißglühenden, dünnen Glasstäbchen. Glassplitter entferne man vom Rande und reinige das Rohr äußerlich. Ausspülen des Rohres: Den Röhreninhalt verdünnt man vorsichtig mit etwas destilliertem Wasser und bringt ihn durch Ausgießen und wiederholtes Nachspülen quantitativ in ein Becherglas. Etwa haften gebliebenes Halogensilber entfernt man mit einem langen Glasstab. Da das Substanzröhrchen beim Heruntergleiten den Boden des Becherglases durchschlagen könnte, hält man es mit einem Glasstab auf, nimmt es mit den Fingern oder einer Beinpinzette heraus und spült es ab. Weitere Behandlung: Das Halogensilber wird mit einem Glasstab zerdrückt, um das Auswaschen von eingeschlossenem Silbernitrat zu erleichtern. Bei Jod- (auch Brom-) Silber erwärme man 2 Stunden auf dem Wasserbad, da Silberjodid mit Silbernitrat eine feste Verbindung eingeht, die durch Wasser nur allmählich zersetzt wird. Außerdem hat man bei Jodbestimmungen gebildetes Silbeijodat durch Zugabe von reiner Schwefligsäurelösung vorher zu reduzieren. Die weitere Behandlung ist dieselbe, wie weiter oben bereits ausgeführt. Die Einschmelzröhren kann man benützen, bis sie zu kurz geworden sind. 4. Schwefelbestimmung nach Garius. Die Schwefelbestimmung nach CAEIUS wird in derselben Weise ausgeführt wie die Halogenbestimmung, nur natürlich ohne Silbernitrat. Ist die Flüssigkeit nach dem Erhitzen und Offnen der Capillare noch nicht klar, so muß das Erhitzen wiederholt werden. Fällung: Den Röhreninhalt verdünnt man wieder mit Wasser, bringt ihn in eine Porzellanschale und dampft zur Vertreibung
Schwefelbestimmung
nach
Carius
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der Salpetersäure auf dem Wasserbad völlig ein, damit bei der Fällung mit Bariumchlorid kein salpetersaurer Baryt mit schwefelsaurem Baryt niedergerissen wird. Der Rückstand wird mit Wasser und Salzsäure aufgenommen, von etwaigen Glassplittern abfiltriert und in einem Becherglas zum Sieden erhitzt; zu der kochenden Flüssigkeit läßt man die Bariumchloridlösung aus einem Capillartrichter 1 unter Rühren sehr langsam zutropfen. Tritt nach dem Absitzen (Wasserbad!) auf weiteren Zusatz von BaCla keine Trübung mehr auf, so wird der Niederschlag abfiltriert und mit heißem Wasser so lange ausgewaschen, bis das Waschwasser kein B a + + mehr enthält. Trocknen und Veraschen: Das den Niederschlag enthaltende Filter legt man zusammen, drückt es fest auf den Boden eines ausgeglühten und gewogenen Porzellan-, besser Platintiegels, der möglichst wagrecht auf einem Tondreieck liegt, und verascht durch vorsichtiges Erhitzen. Nach einiger Zeit wird der Tiegel von unten mit voller Flamme erhitzt, bis der Inhalt weiß geworden ist. Nach dem Erkalten im Exsiccator wird der Tiegel gewogen. Beobachtet man bei der Fällung obige Vorschrift nicht, so findet man leicht den Schwefelgehalt etwas zu hoch, was von mitgerissenem Bariumchlorid herrührt. Man entfernt dieses durch mehrmalige Extraktion mit schwach salzsaurem Wasser auf dem Wasserbad und wiederholt dann die oben beschriebene Behandlung. Führt diese nicht zum Ziel, so schließt man das Bariumsulfat mit Natriumcarbonat und Kaliumcarbonat auf und bestimmt in der Schmelze die Schwefelsäure in bekannter Weise. Die Fehlergrenze für Schwefelbestimmungen beträgt ± 0-3°/ 0 . 5. Gleichzeitige Bestimmung von Halogen und Schwefel. Hat man in einer Substanz Halogen und Schwefel zu bestimmen, so kann man die beiden Elemente in folgender Weise nebeneinander bestimmen: Das Einschmelzrohr wird wie zur Halogenbestimmung beschickt. Nach dem Erhitzen und Herausspülen des Rohrinhalts in ein Becherglas filtriert man von dem Halogensilber, wie oben beschrieben, ab. Das Filtrat, das neben dem überschüssigen Silbernitrat die bei der Oxydation gebildete Schwefelsäure enthält, versetzt man mit einer wäßrigen Barium1
Man zieht ein Reagenzglas in der Mitte capillar aus und verwendet die obere Hälfte.
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Organisch-analytische
Methoden
nitratlösung, die man zuvor darauf geprüft hat, daß sie mit Silbernitrat keinen Niederschlag gibt. Die Fällung erfolgt in der Hitze, wobei man eine möglichst verdünnte Lösung, deren Volumen mindestens 300 ccm beträgt, anwendet. Verfügt man nicht über halogenfreies Bariumnitrat, so versetzt man die Lösung dieses Salzes so lange mit Silbernitrat, als noch ein Niederschlag entsteht, filtriert vom Halogensilber ab und benutzt das jetzt halogenfreie Filtrat zum Fällen. 6. Bestimmung der übrigen Elemente. Die meisten übrigen Elemente werden, nachdem die organische Substanz nach CABIUS oxydiert ist, in der salpetersauren Lösung nach den Methoden der anorganischen Analyse bestimmt. Alkali- und Erdalkalimetalle werden als Sulfate bestimmt. Hierzu wägt man die Substanz in einen Quarz- oder Platintiegel 1 ein, gibt einige Tropfen konzentrierter 2 Schwefelsäure hinzu und raucht vorsichtig ab, wobei durch das Abrauchen von oben bei schrägstehendem Tiegel und aufgesetztem Deckel ein Verspritzen der Flüssigkeit ausgeschlossen wird. Man glüht dann (bei Alkalimetallen darf man nur dunkle Kotglut anwenden), bis der Tiegelinhalt weiß geworden ist. Unter Umständen ist das Abrauchen mit konzentrierter Schwefelsäure zu wiederholen, bis der Tiegel Gewichtskonstanz zeigt. 7. Quantitative Bestimmung der Methoxylgruppe nach Zeisel. Diese Methode beruht auf der Überführbarkeit des Methyls der CHjO-Gruppe in Methyljodid durch siedende Jodwasserstoffsäure und auf der Bestimmung des in einer Vorlage zuerst als Doppelsalz mit Silbernitrat ausgefällten Jodsilbers. Das Silbernitrat wird in wäßrig-alkoholischer Lösung vorgelegt. Der erforderliche Apparat (Fig. 38) kann von jedem Glasbläser hergestellt werden. Eeagenzien: J o d w a s s e r s t o f f s ä u r e vom spez. Gew. 1-7, Siedep. 127°; sie muß frei von Schwefel- und Phosphorverbindungen, darf daher nicht aus Jod und Schwefelwasserstoff bereitet sein. 1 am besten „Fingertiegel". ' Bei zersetzlichen oder explosiven Substanzen die entsprechende Menge verdünnter (1:1 oder 1: 2).
Quantitative Bestimmung der Methoxylgruppe, nach Zeisel
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E o t e r P h o s p h o r . Er dient, in dem Waschgefäß b in Wasser suspendiert, zur Bindung übergegangenen Jods; verflüchtigter Jodwasserstoff wird durch das Wasser festgehalten. Der Phosphor muß gründlich mit Wasser, Alkohol und Äther und schließlich wieder mit viel Wasser gewaschen sein. A l k o h o l i s c h e S i l b e r n i t r a t l ö s u n g ; sie wird durch Auflösen von 12 g Silbernitrat in 10 ccm Wasser unter Zusatz von 90ccm reinem, über Ätzkali destillierten Alkohol bereitet, und im Dunkeln aufbewahrt. Zur Ausführung der Bestimmung gibt man in das Waschgefäß b des umgekehrten Apparates etwa 50 mg roten Phosphor und etwas Wasser und verschließt dann den Tubus mit einem Korkstopfen. Die Vorlage c wird mit 30 ccm, die Vorlage d mit 10 ccm der Silbernitratlösung beschickt, das Kochkölbchen a mit 10 ccm Jodwasserstoff und 0-15—0-2 g Substanz. Die Vorlage o wird durch eine Stativklammer gehalten. Nach dem Einsetzen des Aufsatzes in den Schliff wird das KölbFig. 38. chen a bis zum Sieden des Inhalts durch einen Mikrobrenner erhitzt, während in verdünnter Bleiacetatlösung und konz. Schwefelsäure gewaschenes Kohlendioxyd mit einer Geschwindigkeit von etwa 3 Blasen in 2 Sekunden durch den Apparat streicht. 15—20 Minuten nach dem Beginn des Siedens der Jodwasserstoffsäure trübt sich die Silbernitratlösung und wird bald durch Ausscheidung der weißen Doppelverbindung undurchsichtig. Wenn die Flüssigkeit über dem sich absetzenden kristallinen Niederschlag sich vollkommen geklärt hat, ist die Operation beendet. Dauer der Bestimmung: 1—2 Stunden. Der Inhalt des Ansatzröhrchens d bleibt in der Regel klar, auch wenn er, mit der 5 fachen Menge Wasser verdünnt, 10 Minuten lang stehen gelassen wird. Die Lösung aus c wird mit dem Niederschlag quantitativ in ein Becherglas gebracht, mit Wasser auf 500 ccm verdünnt und zur Zerlegung der Doppelverbindung auf dem Wasserbad auf etwa s / 4 eingedampft. Dann
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Organisch-analytische
Methoden
erhitzt man nach Zugahe von wenig reiner verd. Salpetersäure bis zum Absitzen des Silberjodids weiter und bestimmt dieses wie üblich. — Auch die Äthoxylgruppe läßt sich nach dieser Methode bestimmen und zwar gibt ein —OC2H6 ebensoviel Silberjodid wie ein —OCH 3 . Berechnung: Man rechnet auf OCH3 oder OC2H6 um und zwar entsprechen 100Teile AgJ 13-20Teilen CH 3 0 oder 19-21 Teilen C 2 H 6 0. Fehlergrenze: ± 0 - 5 ° / 0 des Gesamtalkoxylgehalts. Bei schwefelhaltigen Substanzen ist die Methode nicht ohne weiteres anwendbar, auch für flüchtige Substanzen muß sie abgeändert werden. 8. Quantitative Bestimmung der Acetylgruppe nach Freudenberg. 1 Das Verfahren beruht auf der Umesterung der Acetylverbindung in alkoholischer Lösung durch p-Toluolsulfosäure und Titration des abdestillierten Essigesters nach voraufgegan gener Verseifung. Die zur Acetylbestimmung erforderliche Apparatur (Fig. 39) läßt sich leicht aus Laboratoriumsmitteln herstellen. Der Kolben o soll 100 ccm, der Kolben b 150 ccm Inhalt haben; auf- und absteigendes Ansatzrohr der Kolben müssen eine lichte Weite von mindestens 5 mm aufweisen. Beagenzien: n/5-Schwefelsäure, n/5-Natronlauge; zur Einstellung wird eine Probe der etwa n/5-Lauge mit einem Volumteil Wasser und zwei Volumteilen Alkohol verdünnt und mit n/5-Schwefelsäure gegen Phenolphthalein titriert (zur Kontrolle des Titerwertes der Lauge kann auch der zur Reinheitsprüfung der Reagenzien notwendige Blindversuch dienen); p-Toluolsulfosäure.a Zur Ausführung der Bestimmung gibt man in den Kolben b 10 ccm absoluten Alkohol, stellt die Verbindung mit dem Kolben a her, beschickt diesen mit 0-3—0-4 g der Substanz, 30ccm absolutem Alkohol, 5 g p-Toluolsulfosäure und einigen Siedesteinchen, verschließt den Kolbenhals mit einem Gummistopfen, durch dessen Bohrung ein Tropftrichter führt und setzt den im Destillationshals angebrachten kleinen Kühler in Betrieb. Der Kolben a wird jetzt in heißes Wasser getaucht, der Kolben b mit Wasser gekühlt; darauf wird bei entleertem Kühler der Kolbeninhalt abdestilliert, nach erfolgter Destillation aus dem Tropftrichter 1
A. 433, 230 (1923). * Darstellung siehe Seite 181.
Quantitative Bestimmung der Aoetylgruppe nach Freudenberg 73 Alkohol zugegeben und erneut ab destilliert; Zugabe von Alkohol und Abdestillation dea Kolbeninhaltes werden noch einmal wiederholt. Bei der Ausführung sind folgende Zeiten einzuhalten: Tropftrichter 10 Minuten (bei N-Acetyl = 45 Minuten) am Rückflüßkühler kochen; Badtemperatur: 100° C. Bei den folgenden Operationen halte man die Badtemperatur für O-Acetyl auf 95° C, für N-Acetyl auf 100° C. 15 Minuten bei entleertem Kühler abdestillieren; nach der Destillation 20 ccm absoluten Alkohol zu. fließen lassen und 10 Minuten (bei N-Acetyl: 30 Minuten) am Rückflußkühler kochen; 10 Minuten bei entleertem Kühler abdestillieren; 15 Minuten lang 20 ccm absoluten Alkohol zutropfen lassen unter gleichzeitiger Abdestillation bei Fig. 39. entleertem Kühler und weitere 10 Minuten abdestillieren bei leerem Kühler. Die Einhaltung der gegebenen Zeiten und Temperaturen ist für die Acetylbestimmung an Zuckerderivaten streng geboten; jedoch sollen auch bei den O-acetylierten Stoffen, die nicht der Zuckerreihe angehören, die angegebenen Zeiten und Temperaturen nicht unterschritten werdeD. Nach Beendigung der Destillation werden durch das Ansatzrohr des unteren Kolbens 30 ccm n/5-Lauge zugegeben, das kalte Bad des unteren Kolbens durch ein heißes ersetzt und dieses 10 Minuten lang im Sieden erhalten; während des Erhitzens hält man die Temperatur des oberen Kolbens auf 80° C. Nach Entfernung des Heizbades und Erkalten des unteren Kolbens wird der Kolbeninhalt mit 30 ccm Wasser versetzt, die Verbindung mit dem Kolben a gelöst und im Kolben mit n/5Schwefelsäure gegen Phenolphthalein titriert. Berechnung: Bei einer Lauge von der Normalität N entspricht: 1 ccm Lauge = N X 43-024 mg Acetyl;
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Organisch-analytische
Methoden
also bei Verbrauch von v ccm Lauge: Menge Acetyl = v x N X 4 3 - 0 2 4 m g . Fehlergrenze: — 0 • 1 °/0 bis + 0 • 4 °/0 um den berechneten Wert. Dauer der Bestimmung: bei O-Acetyl 2 Stunden, bei N-Acetyl 3 Stunden. Die Methode kann auch auf halogenhaltige Substanzen angewandt werden, die Zersetzung wird in diesem Falle in Gegenwart von toluolsulfosaurem Silber vorgenommen; das Halogensilber kann für sich zur Wägung gebracht werden. 9. Bestimmung von aktivem Wasserstoff nach Tschugaeff-Zerewitinoff.1 Aus 20 ccm über Natrium destillierten Amyläthers 2 , 7 g Methyljodid und 2 g Magnesium bereitet man sich in einem schräggestellten Fraktionierkolben, dessen Ansatzrohr mit einem kleinen Kühler (der hier als Rückflußkühler wirkt) versehen ist unter Zusatz von einigen Körnchen Jod eine Grignardlösung. Tritt die Reaktion nicht von selbst ein, so leitet man sie durch kurzes Erwärmen auf 50° ein und beendet sie schließlich durch 1 stündiges Erhitzen auf dem Wasserbad. Dann dreht man den Fraktionierkolben in die Normallage und erhitzt nochmals Stunde am Wasserbad, wobei die letzten Reste Jodmethyl abdestillieren. Die so erhaltene Grignardlösung wird vom unverbrauchten Magnesium abgegossen; sie läßt sich in gut verschlossener Flasche aufbewahren. F ü r jede Bestimmung verwendet man etwa 5 ccm davon. Die Apparatur zur Bestimmung des aktiven H ist in Fig. 40 wiedergegeben. Das LUNGE sehe Nitrometer a, dessen Niveaugefäß auf der Fig .40 fehlt, wird mit gesättigter Kochsalzlösung gefüllt. Der Übertritt von Wasserdampf in das Reaktionsgefäß wird durch ein dazwischengeschaltetes kurzes Calciumchlorid-Rohr b verhindert. Zur Bestimmung wägt man mit Hilfe eines Wägeröhrchens in den längeren Schenkel c des gut getrockneten Reaktionsgefäßes je nach Molekulargewicht und Hydroxylgehalt der Substanz etwa 0 . 1 — 0 - 2 g genau ein 3 , übergießt mit Amyläther und bringt durch vorsichtiges Schütteln zur Lösung. Dann füllt man in den anderen Schenkel d mit Hilfe eines Trichters 5 ccm 1
Ber. 40, 2027 (1907). Darstellung siehe S. 103. 8 Von den im Praktikum dargestellten Verbindungen sind Triphenylcarbinol, (9-Naphthol, Hydrochinon, Benzoesäure verwendbar. 1
Bestimmung
von aktivem Wasserstoff nach Tschugaeff-Zerewitinoff
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Grignardlösung. Man verbindet das Reaktionsgefäß mit Hilfe eines sauberen, dicht schließenden Gummistopfens und -schlauches mit dem Calciumchlorid-Rohr des Nitrometers, dessen Hahn man
Fig. 40.
herausgenommen hat, taucht das Reaktionsgefäß in ein Becherglas mit Wasser von Zimmertemperatur, wartet 5 Minuten bis die Temperatur sich ausgeglichen hat, setzt den Hahn ein und füllt das Nitrometer durch Heben des Niveaugefäßes mit der Kochsalzlösung. Dann dreht man den Hahn um 90°, stellt das Niveaugefäß tief und verbindet durch weiteres Drehen um 90° das Reaktionsgefäß mit der Bürette. Jetzt nimmt man das Reaktionsgefäß aus dem Wasserbad, läßt die Lösung der Substanz zur Grignardlösung fließen, spült ein paarmal hin und her und schüttelt so lange, bis der Meniskus in der Bürette nicht weiter sinkt, die Entwicklung von Methan also beendet ist. Das Reaktionsgefäß wird in das Wasserbad zurückgebracht; man wartet 10 Minuten bis es wieder die Temperatur wie vor Beginn des Versuches angenommen hat (Kontrolle mit Thermometer) und liest in der üblichen Weise die Menge des gebildeten Methans ab. Gleichzeitig bestimmt man mit Hilfe eines an der Bürette hängenden Thermometers die Temperatur des Gases sowie den Barometerstand. Das Volum wird auf 0° und 760 mm reduziert. Berechnung. Nach der Gleichung R H n + n C H s • Mg J->R • (Mg • J)n + n C H 4 entbindet ein Gramm-Mol der Substanz n x 22 »4 Liter Methan, wobei n die Anzahl der aktiven H-Atome angibt, a g Substanz = ^ M o l e entbinden— 2 2 * 0 Q ' f f l ccm CH.. Dem für ein aktives HM
M
*
Atom(n= 1) berechneten Volumen ( F b e r . ) n i u ß das abgelesene undreduzierte Volumen (Fgef.) gleich sein, oder wenn mehrere aktive H-
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Organisch-analytische
Methoden
Atome vorhanden sind, so muß Fgef. ein einfaches Vielfaches von Fber. sein. Man drückt das Ergebnis zweckmäßig durch die Anzahl aktiver H-Atome gemäß dem Verhältnis Fgef./ Fber. aus. Die Fehlerbreite beträgt 5—10%. 10. Molekulargewichtsbestimmung. Wir führen die einzelnen Methoden hier nicht an, da sie in der Regel im physikalischen und physikal.-chem. Praktikum erlernt werden. Das kryoskopische Verfahren ist dem ebullioskopischen bei weitem vorzuziehen. Die gebräuchlichsten Lösungsmittel sind Benzol und Eisessig, der beste Apparat ist der geschlossene von BECKMANN mit elektromagnetischer Rührung. Ein sehr elegantes und einfaches Verfahren, nach dem man im Schmelzpunktkölbchen das Molekulargewicht organischer Substanzen bestimmen kann, ist in den letzten Jahren von K. RAST 1 angegeben worden. Es wird hier beschrieben und zur Übung im Praktikum empfohlen. Campher hat eine sehr hohe Gefrierpunktskonstante, sein Schmelzpunkt wird durch in ihm gelöste Stoffe sehr stark heruntergedrückt, rund 8 mal stärker als in Benzol. =5-1, iüeampher = 40. Das heißt, eine g-molare Lösung in Campher schmilzt um 40 Grade tiefer, als das Lösungsmittel, nämlich der Campher selbst. Man erhält demgemäß schon für Campherschmelzen von verhältnismäßig geringer Konzentration so große Depressionen, daß die Empfindlichkeit eiDes gewöhnlichen Thermometers, das auf Grad abgelesen wird, für die Bestimmung vollständig ausreicht. In ein kleines, sorgfältig gereinigtes Reagenzglas — in einem Korkfuß stehend — wiegt man 6—10 mg Substanz und etwa die 10 fache Menge Campher auf der gewöhnlichen Analysenwage ein und bringt die beiden Stoffe durch vorsichtiges Erhitzen über einer Sparflamme rasch zur klaren Schmelze. Nach dem Erkalten sticht man das starre Gemisch mit einem vorn platt gehämmerten Messingdraht als Spatel aus dem Gläschen vollständig heraus, mischt es in einer kleinen Reibschale mit einem Metallspatel nochmals innig durcheinander, füllt dann ein dünnwandiges Schmelzpünktsröhrchen, das unten halbrund, gegen oben konisch erweitert ist 2 , unter Einstampfen mit einem 1 1
B. 55, 1051, 3727 (1922). Siehe Abbildung in der angeführten Abhandlang von Bast.
Zur Verhütung von
Unfällen
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dünneren Röhrchen auf 1 mm Höhe ein und bestimmt den Schmelzpunkt. Als solcher gilt der Temperaturpunkt, bei dem die anfangs trübe Schmelze durch ganz langsame Temperatursteigerung völlig klar wird. Die Differenz gegenüber der (vorher bestimmten) Schmelztemperatur des Camphers (174°) ist A und das Molekulargewicht M =
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' £ ' J 0 0 0 ( a _ Substanzmenge,
b = Gewicht des Camphers). Die Fehlergrenze gegenüber dem wahren Molekulargewichtswert beträgt ± 5 °/0Verbindungen, die bei der Schmelztemperatur sich zersetzen oder die mit Campher reagieren, sind natürlich nach dieser Methode nicht bestimmbar. Eine weitere Verfeinerung des Verfahrens bietet die Verwendung minimaler Substanzmengen (0 • 3—0 • 5 mg) unter Benutzung der Mikrowage.
C. Organisch-präparativer Teil. Zur Verhütung von Unfällen.
W e r unvorsichtig und gedankenlos zu Werke geht, kann beim präparativen Arbeiten l e i c h t Schaden nehmen. Aber auch der B e d ä c h t i g e i s t nicht gegen jede Gefahr gesichert. D i e schweren Unfälle, die sich in chemischen L a b o r a t o r i e n leider immer und immer wieder ereignen, verlangen, daß sich ein j e d e r aus der Laboratoriumsg e m e i n s c h a f t seiner P f l i c h t gegen seine Kommilitonen voll und ernst bewußt ist. Der w i c h t i g s t e Schutz gilt den Augen. Eine solide Schutzbrille mit starken Gläsern muß getragen werden bei allen Arbeiten unter Vakuum und Druck, also bei Ausführung einer Vakuumdestillation, beim erstmaligen Evakuieren eines neuen Exsiccators, beim Umgehen mit Einschmelzröhren, Druckflaschen, Autoklaven. Ferner bei Ausführung von A l k a l i s c h m e l z e n und von allen Operationen, bei denen ätzende oder feuergefährl i c h e Stoffe verspritzt werden können. So vor allem bei allen Arbeiten mit metallischem Natrium und Kalium (vgl. dazu die besonderen Ausführungen auf S. 108). Endlich arbeite man
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Organisch-präparativer
Teil
nie ohne S c h u t z b r i l l e mit explosiven Substanzen und prüfe unbekannte Stoffe stets zuerst mit kleinen Mengen auf dem Metallspatel auf ihr Verhalten in der Flamme. Das Präparat selbst muß dabei vorher zur Seite gestellt werden. Um das Auge auch gegen die Wirkung unvorherzusehender Explosionen, die sich nio mit aller Bestimmtheit ausschließen lassen, zu schützen, sollte jeder im Laboratorium Beschäftigte stets eine einfache Brille tragen, unbeschadet des Gebrauchs der Schutzbrille in den angegebenen Fällen. Beim Arbeiten mit Ä t h e r und andern flüchtigen, leicht entzündlichen F l ü s s i g k e i t e n ist stets darauf zu achten, daß keine F l a m m e in der Nähe brennt. Kommt es zu einem B r a n d , so ist zu allererst alles E n t z ü n d b a r e sofort zu entfernen. Man lösche dann mit feuchten Tüchern, durch Aufgießen von T e t r a c h l o r k o h l e n s t o f f , n i c h t aber mit Wasser. Das beste Löschmittel ist eine kleine handliche CO ? -Bombe, die in jedem Arbeitssaal vorhanden sein sollte; die sog. „Selbstretter", wie sie beim Feldheer eingeführt waren, sind dazu vorzüglich geeignet. Bei größerer Ausdehnung des Brandes ersticke man das Feuer durch Aufschütten von Sand; eine große Kohlensäureflasche ist auch hier meist vorzuziehen. Bei Verletzungen mit Säuren oder kaustischen Alkalien wasche man zuerst gründlich mit Wasser, dann mit B i c a r b o n a t l ö s u n g bzw. v e r d ü n n t e r Essigsäure. Bei leichten V e r b r e n n u n g e n bespüle man die verbrannte Stelle mit Alkohol und bedecke sie dann mit Leinöl oder sog. Brandsalbe. Verbandwatte, Binden, P f l a s t e r müssen stets bereit sein. Bei schwereren Unfällen ist sofort der nächstwohnende Arzt in Anspruch zu nehmen. Wenn man eine ä t z e n d e oder in andrer Weise reizende organische Substanz auf die Haut gebracht hat, so ist das Waschen mit Wasser meist wirkungslos. Man entferne sie mit einem geeigneten Lösungsmittel, wie Alkohol oder Benzol, von dem man sofort eine reichliche Menge zum Abspülen verwendet. Man muß berücksichtigen, daß das organische Lösungsmittel an sich das Eindringen des schädlichen Stoffes in die Haut fördert, und muß deshalb die Bildung konzentrierter Lösungen auf ihr vermeiden. Besondere Vorsicht ist beim Arbeiten mit nachstehenden viel benutzten Stoffen geboten: B l a u s ä u r e , P h o s g e n , Dim e t h y l s u l f a t , einfachen Säurechloriden, Chlor, Brom,
Die erste
Ausrüstung
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Stickoxyd und Stickstoffdioxyd, Kohlenoxyd, N a t r i u m und Kalium. Braucht man sie in größerem Maßstab, so sollten die Operationen damit in einem besonderen Raum ausgeführt werden; im übrigen stets unter einem guten Abzug. Unverdünnte Halogen Verbindungen der Fettreihe, wie Äthylbromid, Chloroform, Bromoform und ähnliche, dürfen n i c h t mit m e t a l l i s c h e m N a t r i u m oder Kalium in Berührung gebracht, z. B. getrocknet werden, da bei Stoß sehr heftige Explosionen erfolgen können (STAUDENGEB). Die erste Ausrüstung.
I. Geräte. B e c h e r g l ä s e r je 1 zu 100, 500, 1000 ccm. Bürette. 1 C a l c i u m c h l o r i d r ö h r e n , gerade, 3 Stück. Destillierkolben, gewöhnliche und nach CLAISEN, je 1 zu 25, 50, 100 ccm. E r l e n m e y e r k o l b e n je 2 zu 50, 100, 250, 500 ccm. Etiketten. Feilen, je eine runde und dreikantige. F i l t r i e r s t u t z e n je 1 zu 500 und 1000 ccm. F i l t r i e r p l a t t e n aus Porzellan zu 1, 3, 5 cm. F i l t r i e r p a p i e r , einige Bogen. G l a s r ö h r e n , gerade und gebogene. (Hasröhren, ausgezogen als Pipetten (Tropfrohr, S. 13). Glasknöpfe zum Absaugen, 2 Stück. Glasstäbe, 20 von versch. Dicke und Länge, an beiden Enden rund geschmolzen, aber nicht an den Enden verdickt. Gummischläuche und Gummistopfen. Handtuch. Handwage (Tragkraft 50—100 g. Schneiden mit Vaseline gegen Rost schützen!). Gewichtssatz dazu 0-02—50 g). , Korkbohrer. Korke verschiedener Größen. K r i s t a l l i s i e r s c h a l e n aus Glas je 1 zu 3, 5, 7 cm. K u p f e r d r a h t f ü r Halogenprobe. 1 Der Praktikant muß in der Lage sein, die gebräuchlichsten maßanalytischen Bestimmungen jederzeit sofort ausführen zu können. Die Bereitschaft zur Titration steht im organischem Laboratorium gewöhnlich nicht auf der dringend zu wünschenden Höhe.
80
Organiseh-präparativer Teil
Kartons zum Wägen (Kartenblätter). Kühler nach LIEBIG etwa 60 cm lang; desgl. ein kurzer von 10—12 cm Länge. DIMBOTH- oder Schlangen-Kühler. Meßzylinder 10, 100 ccm. Metallspatel. Nuts che, zylindrisch etwa 8 cm. Objektträger 3 Stück. Pipetten zu 5, 10, 20 ccm. Präparatenröhren verschiedener Größen. Porzellanschalen 15, 20, 25 cm Durchmesser. Porzellanspatel 3 Stück, ßeibschale. Rundkolben je 2 zu 50, 100, 250, 500 ccm. Reagenzgläser, mindestens 50 Stück normaler Größe, 20 kleine. Davon die Hälfte stets sauber und trocken. Reagenzglasklammer. Reagenzpapier und zwar Lackmus, blau und rot, Curcuma und Congo. Kaliumjodid-Stärke-Papier. Saugflaschen 100, 500, 1000 ccm. Siedesteinchen. Tonstückchen von etwa 3 mm Durchmesser. Saugröhren je 3 lange und kurze. Scheidetrichter 500, 1000 ccm. Schere. Schmelzpunktsröhrchen, dünne (selbst zu machen). Schnur. T r i c h t e r , 2 Stück kleinste, dann je 1 mittlerer Größe bis zu 12 cm. Tropfrohre, mindestens 6 Stück; dazu ein weiteres auf com / 10 geeichtes von 2 ccm Inhalt. Tropftrichter zu 25 ccm mit kurzem Rohr, zu 100 ccm mit langem Rohr. Thermometer, geprüft, für Schmelzpunktbestimmung, zwei weitere, davon ein kurzes, für den Gebrauch. Uhrgläser, hauptsächlich kleine. Vakuumexsiccatoren, 2 große (16 und 18 cm Dehrn.). Waschflaschen 2 Stück. Zange. II. Lösungsmittel. Aceton 100 ccm. Äther, absolut über Natrium, l J t Liter. Äther gewöhnlich, 1 Liter.
Äthylbromid,
aus
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Äthylalkohol
Alkohol 96°/ 0 1 Liter. Alkohol absolut 1/a Liter. B e n z o l 1 / 2 Liter (über Natriumdraht). Chloroform 100 ccm. E i s e s s i g 1/2 Liter. E s s i g e s t e r 1 / i Liter. Methylalkohol 1 ( t Liter. Petroläther, tiefsiedend 1 / 4 Liter (über Natriumdraht). P e t r o l ä t h e r hochsiedend */4 Liter (über Natriumdraht). X y l o l (über Natriumdraht). III. Reagenzien, Trockenmittel. Atzkali, techn. und rein. Calciumchlorid. Entfärbungskohle. Glycerin (Flasche mit Korkstopfen und Glasstab). Natriummetall. Natronlauge etwa 14 n. ( = 40°/0). Natriumsulfat wasserfrei. Normallösungen: HCl, NaOH, - i - Jodlösung, sulfat. Salpetersäure konz. (1-4) und rauchende (1«5). Salzsäure konz. Schwefelsäure konz. rein. Silbernitratlösung 5°/ 0 ig. Tagebuch. 1 Literaturheft.
Thio-
IV. Journale.
I. Die Substitution von Hydroxyl und Wasserstoff durch Halogen. Alkohole. Ölefine. 1. Äthylbromid aus Äthylalkohol. Zu 200 g (110 ccm) konzentrierter Schwefelsäure, die sich in einem Rundkolben von etwa 1 Liter Inhalt befindet, läßt man unter 1
Der Praktikant »oll sich von Anfang an daran gewöhnen, ein Tagebuch zu führen, in das alle Ansätze von Versuchen nnd alle Beobachtungen eingetragen werded. Man v e r l a s s e s i c h b e i m w i s s e n s c h a f t l i c h e n A r b e i t e n n i e auf s e i n G e d ä c h t n i s . GATTHRMANN, Praxis. 21. Auflage.
6
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Organisch-präparativer
Teil
fortwährendem Umschütteln, ohne zu kühlen, schnell 110 ccm (90 g) Alkohol (95-proz.) hinzufließen, kühlt dann die warme Mischung auf Zimmertemperatur ab, fügt unter dauernder Kühlung 75 g Eiswasser vorsichtig hinzu und versetzt schließlich mit 100 g fein pulverisiertem Kaliumbromid. Man unterwirft dann das Reaktionsgemisch unter Anwendung eines kleinen Sandbades, welches man durch eine möglichst große Flamme erhitzt, einer nicht zu langsamen Destillation (Fig. 41). Da das Athylbromid einen niedFig. 41. rigen Siedepunkt besitzt, so wende man hierbei einen möglichst langen Kühler mit Vorstoß oder auch einen Schlangenkühler (Fig. 22) an und lasse einen recht lebhaften Wasserstrom durch ihn laufen. Die Vorlage füllt man vor Beginn der Destillation mit so viel Wasser, in welches man einige Eisstücke wirft, daß das Ende des Vorstoßes in dieses eintaucht. Die Reaktion ist beendet, sobald keine in Wasser untersinkenden öltropfen mehr übergehen. Sollte bei der Destillation ein Zurücksteigen des Destillates in den Kühler eintreten, so hilft man diesem Übelstande dadurch ab, daß man die Vorlage so tief stellt, daß das Ende des Vorstoßes nur ein wenig in die Flüssigkeit eintaucht, was auch durch seitliches Drehen des Vorstoßes erreicht werden kann. Zum Schluß bringt man den Inhalt der Vorlage in einen geeigneten Scheidetrichter, läßt das Athylbromid, die untere Schicht, in einen Erlenmeyer (250 ccm) ab, und löst dann den bei der Reaktion mitentstandenen Äthyläther mit konz. Schwefelsäure aus dem Athylbromid heraus. Da hierbei Wärme frei wird, die ein Verdampfen der Substanz zur Folge hätte, so kühlt man in einem Kältegemisch UDd gibt die Schwefelsäure aus einem Tropfrohr (S. 13, Fig. 9) unter Umschütteln tropfenweise zu, so lange, bis sie sich als untere Schicht abscheidet. Jetzt trennt man wieder in einem kleineren Scheidetrichter und destilliert schließlich das durch die Schwefelsäure getrocknete Athylbromid in eine mit Kälte-
1,1
Äthylbromid
aus
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Äthylalkohol
mischung gekühlte Vorlage ab. Der Fraktionierkolben taucht in eine mit Wasser gefüllte Porzellankasserolle oder -schale, die mit einem kleinen Brenner geheizt wird. Zwischen 35—40° geht das Äthylbromid über, und zwar der Hauptanteil bei 38—39°. "Wegen des niedrigen Siedepunktes muß man bei der Darstellung Sorge tragen, daß das Präparat sich niemals längere Zeit in einem offenen Gefäß befindet. Ferner soll das fertige Präparat, vor allem bei Sommertemperatur, bis zur weiteren Verarbeitung (vgl. Äthylbenzol) nicht in einem dünnwandigen Kolben, sondern in einer dickwandigen Präparatenflasche aufbewahrt werden. Ausbeute: 70—80 g. Nach Beendigung des Versuches berechne man hier wie bei allen noch folgenden Präparaten, wieviel Prozent der theoretischen Ausbeute man erhalten hat, wobei folgendes zu beachten ist. Nach der chemischen Gleichung sollte man auf ein Molekulargewicht Kaliumbromid (119) ein Molekulargewicht Alkohol (46) anwenden. In Wirklichkeit wendet man jedoch meistens bei organischen Reaktionen, die nicht quantitativ verlaufen, auf Grund des Massenwirkungsgesetzes (S. 130 f.) die eine der Komponenten im Uberschuß an, wobei häufig ökonomische Erwägungen maßgebend sind. So kostet z. B. 1 kg Kaliumbromid etwa 4 Mark, 1 kg Alkohol unversteuert 1-50 Mark. Der Preis eines Moleküls KBr (119 X 4) verhält sich demnach zu dem eines Alkoholmoleküls (46 x 1*50) annähernd wie 7:1. Vom ökonomischen Standpunkte aus ist es also geraten, den billigeren Alkohol im Uberschuß anzuwenden, damit möglichst viel der teureren Bromverbindung in Äthylbromid verwandelt wird. Dieser Erwägung sind auch die oben angewandten Mengenverhältnisse angepaßt. Auf 100 g KBr berechnen sich theoretisch 39 g Alkohol, während in Wirklichkeit 86 g (90 g von 95 °/0) verwendet sind, d. h. mehr als das Doppelte der Theorie. Bei der Berechnung der theoretisch möglichen Ausbeute muß demnach hier die Menge des angewandten Kaliumbromids zugrunde gelegt werden. Wollte man einen Alkohol, der wertvoller als KBr ist, in sein Bromid verwandeln, so wäre natürlich dieses im Überschuß zu verwenden. Das Präparat wird verwendet für Äthylbenzol (S. 107), und Äthylmalonester (S. 239). Methylbromid: Die präparative Darstellung dieses einfachsten Alkylbromids erfolgt nach einem grundsätzlich gleichartigen Verfahren (Bygiu&n, J. pr. 83, 421 [1911J. Da sein Siedepunkt schon 6*
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Organisck-präparativer
Teil
bei 4-5° liegt, läßt sich Methybromid schwer auf Vorrat darstellen, doch ist es zur direkten Verwendung für Gbignabd sehe Reaktionen an Stelle der teuren Jodverbindung sehr zu empfehlen. Verwendung analog Äthylbromid. 2. Äthyljodid aus Äthylalkohol.1 In einem Kölbchen von etwa 200 ccm Inhalt übergießt man 5 g roten Phosphor mit 50 ccm absolutem Alkohol und fugt dann unter öfterem Umscbütteln im Laufe einer Viertelstunde 50 g fein pulverisiertes Jod allmählich hinzu, wobei man von Zeit zu Zeit den Kolben durch Eintauchen in kaltes Wasser abkühlt. Man setzt dann einen wirksamen Wasserkühler auf den Kolben, läßt das Reaktionsgemisch unter öfterem Schütteln 2 Stunden lang stehen, erhitzt noch 2 Stunden auf dem Wasserbad am Rückflußkühler und destilliert darauf das Äthyljodid am absteigenden Kühler ab, wobei man zweckmäßig den Kolben in das lebhaft siedende Wasser eintaucht. Sollten die letzten Anteile nur schwierig übergehen, so entfernt man das Wasserbad, trocknet den Kolben ab und erhitzt ihn noch kurze Zeit mit leuchtender Flamme, die man fortwährend bewegt. Das durch Jod braun gefärbte Destillat wird zur Entfernung des Alkohols mehrfach im Scheidetrichter mit Wasser, dem man schließlich zur Entfernung des Jods wenige Tropfen Bisulfitlösung und zum Schluß ebensoviel Natronlauge hinzufugt, gewaschen; das so farblos erhaltene Ol wird im Scheidetrichter abgelassen, mit wenig gekörntem Calciumchlorid getrocknet und dann direkt über einer kleinen Flamme rektifiziert. Sollte das Calciumchlorid auf dem Äthyljodid schwimmen, so gießt man dieses durch einen Trichter, in dessen Spitze sich etwas Asbest oder Glaswolle befindet, in den Fraktionierkolben hinein. Der Siedepunkt des Äthyljodids liegt bei 72°. Ausbeute rund 50 g. Wieviel Prozent der theoretischen Ausbeute? Verwendung für Athylmalonester und für G s i G N A B D s c h e Reaktionen. Methyljodid wird in vollkommen analoger Weise hergestellt. Siedep. 44°. Verwendung wie Äthyljodid. Zu 1. und 2. Die beiden Reaktionen sind Spezialfälle einer allgemein gültigen Eeaktion, nämlich des Ersatzes einer alkoholischen Hydroxylgruppe durch ein Halogenatom. Ein solcher läßt sich in 1
F. BEILSTEIN, A. 126, 250 (1863).
Äthyljodid aus
Äthylalkohol
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zweierlei "Weise ausführen, indem man, wie bei der Darstellung des Äthyl bromids, 1. auf Alkohole Halogenwasserstoffsäuren einwirken läßt; z. B. C,H 6 .QH + H|Br = H,0 + C,H 5 .Br, (HCl, HJ) oder indem man, wie bei der Gewinnung des Äthyljodids, 2. Alkohole mit den Halogenverbindungen des Phosphors umsetzt, z. B.: 3 CjHs • OH + PJ S = 3G a H 6 -J + POaH„ (PC1„ PBr s ). Die erste Reaktion gelingt am leichtesten mit Jodwasserstoff, indem in vielen Fällen bloßes Sättigen mit der gasförmigen Säure zu ihrer Herbeiführung genügt. BromWasserstoff reagiert schwieriger, und es ist hier vielfach ein Erhitzen des mit dieser Säure gesättigten Alkohols im zugeschmolzenen Rohr erforderlich. Die oben ausgeführte Darstellung des Äthylbromids, bei der HBr durch die konz. Schwefelsäure aus dem Kaliumbromid in Freiheit gesetzt wird, stellt einen sehr leicht verlaufenden Fall dieser Reaktion dar. Chlorwasserstoff reagiert am schwierigsten, und es ist hier erforderlich, wie z. B. bei der Gewinnung des Methyl- und Äthylchlorids, ein wasserentziehendes Mittel, am besten Chlorzink, anzuwenden, oder wie bei den höher molekularen Alkoholen im geschlossenen Gefäß unter Druck zu erhitzen. Noch leichter als aliphatische lassen sich aromatische Alkohole, z. B. Benzylalkohol, durch konz. Halogenwasserstoffsäuren in dieser Weise verestern. Es gelingt jedoch nicht, die Reaktion auf Phenole zu übertragen. Auch mit zwei- und mehrwertigen Alkoholen läßt sich die Reaktion ausführen, dabei hängt es von den Versuchsbedingungen, wie Quantität des Halogenwasserstoffes, Temperatur usw. ab, wie viele Hydroxylgruppen durch Halogen ersetzt werden; z. B.: CHj-OH | + HBr = CHj.OH Athylenglykol
CH,-Br | + H,0, . CHj-OH Äthylenbromhydrin
CH, • OH I CH-OH + 2HC1 =
CH, • OH I CH-Cl + 2 H , 0 .
¿Hj-OH Glycerin
CH, • C1 Dichlorhydrin
Jodwasserstoff wirkt auf mehrwertige Alkohole nicht nur veresternd, sondern auch reduzierend. So geht Glycerin über 1,2,8-Trijodpropan in Isopropyljodid über. CHjOH • CHOH • CHaOH + 3HJ = CH,J-CHJ.CH,-J + 3 H , 0 , CH 2 J.CHJ• CH4• J + 2HJ = CHa• CHJ• CH„ + 2 J , .
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Organisch-präparativer Teil
Ähnlich gehen der vierwertige Alkohol E r y t h r i t in 2-Jodbutan, der sechswertige Alkohol M a n n i t in 2-Hexyljodid über. Formulieren! Natürlich sind auch Oxysäuren der Eeaktion zugänglich. Die zweite Reaktion verläuft bei weitem energischer als die erste, besonders wenn man fertigen Halogenphosphor anwendet. Dies ist jedoch, wenigstens beim Ersatz durch Brom und Jod, nicht immer erforderlich; vielmehr verfährt man in vielen Fällen so, daß man jenen erst in der Reaktion erzeugt, indem man zu der Mischung von Alkohol und rotem Phosphor entweder aus einem Scheidetrichter Brom tropfen läßt oder wie oben fein pulverisiertes Jod hinzufügt. Auch diese Reaktion läßt sich wie die erste auf mehrwertige, sowie substituierte Alkohole anwenden, und zwar können so sämtliche OH-Gruppen durch Halogen, auch Chlor, ersetzt werden. An Stelle von Phosphortrichlorid wird in vielen Fällen das feste, viel höher verdampfende und energischer wirkende P e n t a c h l o r i d benutzt. Hier braucht man auf 1 Mol Alkohol ein volles Mol PC15, da die Reaktion zu dem viel trägeren P h o s p h o r o x y c h l o r i d führt. z.B.: CH, • CHjOH + PC15 = CH, • CHjCl + POC1, + HCl. In neuerer Zeit hat man auch das T h i o n y l c h l o r i d für die gleiche Reaktion herangezogen; es hat den Vorteil, daß seine Umsetzungsprodukte gasförmig sind und darum die Verarbeitung des Reaktionsgemisches nicht stören. CA-CH.OH + SOC1, = C«H9.CH,C1 + SO, + HCl. Amylalkohol Amylchlorid Die energischere Wirkung des Halogenphosphors gibt sich ferner darin zu erkennen, daß auch die Hydroxylgruppen der Phenole nach dieser Reaktion durch Halogen ersetzt werden können: C.H..OH + PC16 = CeH6«Cl + POCl3 + HCl, Phenol (Br) (Br) (Br) (Br) Die Ausbeuten sind hierbei vielfach wenig befriedigend, da das Phosphoroxychlorid auf das noch nicht umgesetzte Phenol unter Bildung von Phosphorsäureestern einwirkt, z. B.: POCls + 3C6H,.OH = PO-(OCeHe)„ + 8 HCl. Die Monoalkylhalogenide C n H( 2n+l) Cl(Br,J) sind farblos und in den meisten Fällen Flüssigkeiten; Ausnahmen bilden das Methylchlorid und -bromid sowie das Äthylchlorid, welche bei gewöhnlicher Temperatur gasförmig sind, ferner die hochmolekularen Glieder, wie z. B. das Cetyljodid C 18 H 33 J, welche halbfeste, salbenähnliche Massen darstellen. Sie werden häufig inkorrekterweise als Halogenalkyle bezeichnet, z. B. Jodmethyl, Bromäthyl. Außer Methyljodid ist der Name J o d m e t h a n am Platze. Sie gehören der Klassenbeziehung nach zu
Äthyljodid
aus
Äthylalkohol
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den Estern. Das Halogen ist nicht ionogen gebunden und in der Reihenfolge Chlorid-Bromid-Jodid zunehmend beweglich. Als Ester werden die Alkylhalogenide durch Alkalien zu Alkoholen und halogenwasserstoffsauren Salzen verseift. Nascierender Wasserstoff verwandelt in Kohlenwasserstoffe, Ammoniak in Amine, Alkoholat in Äther, Sulfbydrat in Mercaptane, Cyankalium in Nitrile, Natriumacetafc in Essigester. (Diese Reaktionen formulieren!) In Wasser sind die Alkylhalogenide praktisch unlöslich, mit organischen Lösungsmitteln dagegen mischbar. Die große Verwandtschaft des Jods zum Silber hat zur Folge, daß die Alkyljodide durch wäßrig-alkoholische AgN0 3 -Lösung fast augenblicklich zersetzt werden unter Bildung von Silberjodid und Alkohol. Darauf beruht die wichtige ZEiSELSche Methode zur quantitativen Bestimmung ätherartig gebundener Alkylgruppen (vgl. S. 70). Mit Alkalijodid kann man Chlor und Brom durch Jod ersetzen. Diese Reaktion ist von Bedeutung in Fällen, wo die direkte Umsetzung von Alkoholen mit Jodwasserstoffsäure nicht glatt verläuft, oder überhaupt nicht zum Ziel führt, z. B. bei der Darstellung von Athylenjodhydrin: CHjOH-CHjCl + NaJ = CH a OH-CH s J + NaCl. Da die Umsetzung in der Wärme vor sich geht, so kann man wegen der Gefahr der Hydrolyse nicht in wäßrigem Medium arbeiten, was sich in den meisten Fällen auch wegen der Unlöslichkeit des Chlorids in Wasser verbietet. Nach F I N K E L S T E I N benutzt man mit CaCl 2 gut getrocknetes Aceton und wasserfreies Natriumjodid, das in Aceton ziemlich gut löslich ist. Um die Jodverbindungen, die sich beim Aufbewahren, namentlich im Licht, bald braun färben (Jod), wieder farblos zu erhalten, schüttelt man sie mit etwas fein verteiltem Silber durch. Dadurch, daß sich aus den Alkylhalogeniden Halogenwasserstoff abspalten läßt, ist diese Körperklasse auch direkt mit den Olefinen verbunden. H s C-CH a Br ~ H B > - H , C = C H S + H B r . Am zweckmäßigsten erfolgt die Abspaltung des Halogen Wasserstoffs durch alkoholisches Kali 1 , in manchen Fällen werden auch tertiäre Basen, wie Pyridin, Chinolin oder Dimethylanilin angewandt. Von s y n t h e t i s c h e n R e a k t i o n e n der Alkylhalogenide ist ihre Umsetzung mit Kaliumcyanid, die nach H. K O L B E von der Methanreihe aus den Aufbau der Essigsäure vermittelt, schon erwähnt (vgl. die Präparate S. 126 und S. 238). Von einfacheren Reaktionen dieser A r t sei hier die WuETzsche Synthese angeführt. Metallisches Natrium 1 Dieses viel gebrauchte Reagens stellt man sich am besten auf Vorrat her, indem man in 100 ccm Methylalkohol — äthylalkoholisches Kali verharzt bald — 25 g Stangenkali durch Erwärmen oder durch Stehenlassen über Nacht in der Kälte löst, von Carbonat abfiltriert und den KOH-Gehalt durch Titration bestimmt.
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nimmt das Halogen von zwei Molekülen weg und die beiden Methylreste verbinden sich miteinander. So entsteht im einfachsten Falle aus Hethylbromid Äthan: H 3 C-Br Br.CH 3 Na Na
>- H„C-CH. + 2NaBr.
Der Mechanismus dieser Reaktion wird auf S. 108 besprochen. Ihre präparative Anwendung findet sich beim Triphenylchlormethan, S. 335. Ferner haben die Alkylhalogenide eine außerordentliche 'Bedeutung gewonnen als Ausgangssubstanzen für die G R I G N A R D sehe Reaktion, von der auf S. 318 die Rede ist.
3. Benzylchlorid aus Toluol.1 Beim Arbeiten mit Chlor, Brom und Halogenwasserstoffsäuren sollten Verbindungen mit Kork oder Kautschuk vermieden werden. Man bedient sich für das vorliegende Präparat des in Fig. 42 abgebildeten Kolbens2 (mit Einleitungsrohr), in dem 100 g reines Toluol auf dem Luftbad zum Sieden erhitzt werden. Vor der Beschickung hat man in den (horizontal gehaltenen) Kolben ein kurzes Thermometer eingeführt, dessen unterer Teil in einem 3—4 cm langen, in der Mitte durch Einschmelzen verjüngten Grlasrohr als Fuß ruht. Die auf der Kolbenwand aufstehende Seite dieses Fußes ist — damit der Kolben nicht geritzt wird — rund geschmolzen. Durch das im Schliff sitzende Glasrohr leitet man nun aus der Bombe mit vorgeschalteter H2S04-Waschflasche einen kräftigen Chlorstrom ein, so lange, bis die Temperatur in der lebh a f t siedenden Flüssigkeit auf 156° gestiegen ist. Das obere Kühlrohrende wird zur Beseitigung des abziehenden Chlors mit einer Vorlage mit Atzlauge verbunden, in die das Uberleitungsrohr nicht eintauchen soll. Die Erfahrung hat gelehrt, daß die Dauer des Einleitens von der Belichtung abhängt 3 ; die Eeaktion ist bei hellem Sonnenlicht in einigen Stunden beendet, während sie an trüben Tagen einen halben Arbeitstag in Anspruch nimmt. Man richte sich daher, soweit dies möglich ist, nach der Beleuchtung. Der Kolbeninhalt wird hierauf direkt der Destillation im Vakuum unterworfen. Nach einem Vorlauf von unverändertem 1 CANNIZZABO, A . ch. [3] 4 5 , 468 (1855); BEILBTEIN U. GEITHES, A . 1 3 0 , 332 (1866); SCHRAMM, B. 18, 608 (1885). 1 Er sollte vom Saalassistenten entleihbar sein. 8 G. BOOK U. J . EGGERT, Ztschr. f. El. 2 9 , 521 (1923); B . 5 9 , 1192. F. BERDEL, B . 5 9 , 153 (1926).
Benzylehlorid aus Toluol
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Toluol fängt man die Hauptmenge innerhalb von 7 Graden (bei 12 mm etwa zwischen 63—70°) auf. Der Siedepunkt des reinen Benzylchlorids liegt bei 64°/l 2 mm. Ausbeute 65—70 °/0 der Theorie. Das durch Vakuumdestillation gereinigte Präparat ist reiner und haltbarer als das unter Atmosphärendruck destillierte, da hierbei stets HCl-Abspaltung eintritt. Weitere Verwendung für B e n z y l c y a n i d (S. 128), Benzylmalonester (S. 240), GßiGNABDsche Reaktion. Die theoretisch einfachste Methode, um Halogen am Kohlenstoff an Stelle von Wasserstoff einzuführen, besteht in der Einwirkung von freiem Halogen auf gesättigte Kohlenwasserstoffe. Sie wird, wie die Chlorknallgasreaktion, durch Licht katalytisch beschleunigt und führt, auf Methan und Chlor übertragen, diesen Kohlenwasserstoff in Mono-, Di-, Tri- und Tetrachlormethan über. Auch die höheren Paraffine werden auf diese Weise chloriert, aber das Verfahren ist präparativ unbequem und hat zudem den Übelstand, daß gleichzeitig verschiedene, schwer voneinander abtrennbare Reaktionsprodukte entstehen. Es besteht die Regel, daß im allgemeinen das Chlor zuerst an das wasserstoffärmste Kohlenstoffatom tritt. In der Fettreihe bilden die Alkohole, die leichter in reinem Zustand zugänglich sind als die Kohlenwasserstoffe, nach Beispiel 1 und 2 das ausschließliche Ausgangsmaterial für die Darstellung der Halogenverbindungen. Viel übersichtlicher gestaltet sich der Substitutionsprozeß durch Chlor beim Toluol und den homologen Methylbenzolen (Xylolen usw.). Wir haben hier zwei scharf getrennte Vorgänge. 1. Durch typische Halogenüberträger wie Eisenfeile, Jod, wird ausschließlich substituiert, und zwar entstehen aus Toluol nebeneinander o- und p-Derivat. 2. Ohne einen derartigen Überträger wird selbst in der Siedehitze der Benzolkern nicht im mindesten angegriffen. Die Geschwindigkeit der Substitution der Methylgruppe (Seitenkette), die in der Kälte unmeßbar klein ist, steigert sich aber gemäß dem allgemeinen Gesetz, nach dem eine Erhöhung der Temperatur um je 10° eine Erhöhung der Reaktionsgeschwindigkeit um das 2—3 fache zur Folge hat, zu einer für den präparativen Zweck ausreichenden Höhe. Diese Reaktion ist lichtempfindlich, wie alle Reaktionen, bei denen Wasserstoff direkt durch Chlor ersetzt wird. Daß auch ein Zusatz von Phosphorpentachlorid beschleunigend wirke, ist irrtümlich. Die Reaktion zwischen Toluol und Chlor bildet ein sehr schönes Beispiel für die spezifische Beeinflussung eines Reaktionssystems durch verschiedenartige Katalysatoren. In präparativer Hinsicht ist es von großer Bedeutung, daß der Eintritt des zweiten Chloratoms in die Seitenkette mit viel geringerer Geschwindigkeit vor sich geht, als die erste Phase der Reaktion. So wird fast alles Chlor vom vorhandenen Toluol aufgebraucht, ehe die weitere Chlorierung des Benzylchlorids 6ich merkbar äußert.
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Organisch-präparativer Teil
Die Nachbarschaft des Benzolkerns verleiht dem Chlor an der Seitenkette geringere Haftfestigkeit, d. h. größere Beweglichkeit als im Falle der reinen Paraffine. Man erklärt dies daraus, daß der Benzolkern mehr Bindungsenergie vom Methankohlenstoff beanspruche, als Alkyl oder Wasserstoff und daß deshalb dem Chlor weniger davon zur Verfügung stehe. (Theorie der Affinitätsverteilung von ThxeleWeenee). Wir lernen aus diesem Beispiel, daß die Bindungsstriche unserer Formeln die Vierwertigkeit des Kohlenstoffs zwar formal zum Ausdruck bringen, daß sie aber über die energetischen Verhältnisse der einzelnen Bindungen nichts aussagen. Erst mit der Beherrschung der systematischen Grundlagen gewinnt der Chemiker Blick und Verständnis, um aus den starren Formeln mehr herauszulesen, als was die monotone Verknüpfung von Einzelatomen an sich sagen kann. Benzylchlorid ist allen Umsetzungen der Alkylhalogenide zugänglich. Durch Verseifung mit wäßrigen Alkalien in der Hitze entsteht der zugehörige Alkohol, der B e n z y l a l k o h o l C6H5*CH2OH, eine bei 206° siedende farblose Flüssigkeit (Präp. V, 4 S. 207). Wenn man unter geeigneten Bedingungen Benzylchlorid mit Ammoniak umsetzt, erhält man B e n z y l a m i n C 6 H S -CH 2 -NH 2 , eine ziemlich starke, flüssige Base, die alle chemischen Merkmale der aliphatischen Aminbasen besitzt und sich ganz und gar von den am Benzolkern substituierten Aminotoluolen (Toluidinen), die mit ihm isomer sind, unterscheidet. Wir können allgemein sagen, daß alle Veränderungen an der Methylgruppe des Toluols und analog gebauter Verbindungen mit denen rein aliphatischer Alkylgruppen wesensgleich verlaufen. Die Fortsetzung der Chlorierung des Toluols läßt ein zweites und schließlich ein drittes Chloratom in die Seitenkette eintreten. B e n z a l c h l o r i d C6H6-CHCla, eine farblose, ebenso wie Benzylchlorid zu Tränen reizende Flüssigkeit, ist das technische Ausgangsmaterial für die Gewinnung des Benzaldehyds. Vgl. Präp. V, 3 S. 197. B e n z o t r i c h l o r i d (Phenylchloroform) C6H6-CC13. Der Einfluß des Benzolkerns auf die Bindungsverhältnisse des benachbarten Kohlenstoffs äußert sich hier besonders anschaulich. Während sich Chloroform gegen Alkalien ziemlich resistent verhält, wird Benzotrichlorid dadurch außerordentlich leicht, und zwar unter Herausnahme aller 3 Chloratome zu Benzoesäure, verseift. Es wäre aber verkehrt, zu glauben, daß hierbei alles Chlor gleichzeitig herausgenommen werde, gemäß der Gleichung:
Alle chemischen Reaktionen verlaufen stufenweise und zwar zumeist zwischen 2 Molekülen (Reaktionen zweiter Ordnung oder dimole-
91
Benzylchlorid, aus Toluol
kulare Reaktionen). So werden wir auch unsere Reaktion in Teilvorgänge aufzulösen und folgendermaßen zu formulieren haben:
C6H6-Cr-Cl + NaOH —> C„H6.C(-C1 + NaCl X C1 i XC1 + NaCl + H,0
+Na0H
+Na0H
>- C9H6-C C 9 H s .C^° +NaCl. \0H
Die Zwischenprodukte I und II unterliegen der Verseifung durch Alkali viel rascher als Benzotrichlorid. Daher kommt es, daß sie nicht in Erscheinung treten. Zu dem Zwischenprodukt I ist noch zu bemerken, daß Verbindungen dieser Art, die Hydroxyl und Halogen am gleichen Kohlenstoffatom tragen, nicht existenzfähig sind, sondern sofort den Übergang
erfahren.
\>C- >C=0 + HCl /
Versuch. Man kocht einige Tropfen Benzylchlorid mit (halogenfreiem) alkoholischem Kali einige Minuten im Reagenzglas auf dem Wasserbad. Dann verdünnt man mit Waaser, macht salpetersauer, schüttelt Ungelöstes in Äther und läßt einige Tropfen Silbernitratlösung einfließen. Der analoge Versuch mit reinem Brombenzol (nächstes Präp.) wird kein Brom-Ion auftreten lassen. Unterschied zwischen aliphatisch und aromatisch gebundenem Halogen. Analyse des Benzylchlorids. Die quantitative Halogenbestimmung in Substanzen, die aliphatisch gebundenes Halogen enthalten, führt man nicht nach C A B I Ü S im Einschmelzrohr (vgl. S. 66) aus, sondern durch hydrolytische Abspaltung mit eingestellter alkoholischer Kalilauge. Da diese Methode sehr häufig angewandt wird, verbinde man die Kontrolle des dargestellten Präparates mit ihrer Erlernung. Man kocht in einem öfters benutzten, gut ausgedämpften kleinen Rundkölbchen eine genau gewogene Menge Benzylchlorid (etwa 1 g) mit dem l 1 /, fachen der berechneten Menge ungefähr n/1-alkoholischer Natronlauge 1 Stunde lang am Rückflußkühler, verdünnt dann mit dem doppelten Volumen Wasser und titriert mit n/2-Salzsäure nach Phenolphthaleinzusatz die überschüssige Lauge zurück. Die Methode ist natürlich nur anwendbar, wenn keine andern Säuren entstehen. In diesem Fall wird das Halogen mit Rhodanid nach YOLHABD titriert.
92
Organisch-präparativer
Teil
4. Brombenzol. Ein Yü-IÄter-Rundkolben trägt in einem seitlich angeschmolzenen Ansatzrohr, durch Glasschliff eingesetzt, einen Kühler, im oberen Hals einen ebenfalls eingeschliffenen Tropftrichter (Fig. 42) (Kork- oder Gummiverbindungen werden durch Brom so stark angegriffen, daß ein sauberes Arbeiten ohne Schliffkolben sehr erschwert ist). Das obere Ende des Kühlrohrs ist durch einen paraffinierten Kork mit einem großen Pöligotrohr (Fig. 43) oder Eblenmeyeb — Einleitungsrohr
über dem Wasser — verbunden, in dem der entstehende Bromwasserstoff durch Wasser absorbiert wird. In den Kolben bringt man 90 ccm (1 Mol) Benzol und 2 g grobe Eisenfeilspäne und läßt dann Fig. 42. unter Schütteln aus dem Tropftrichter nach und nach 53 ccm Brom (160 g) eintropfen. Man wartet das unter HBr-Entwicklung erfolgende Eintreten der Reaktion ab und reguliert die Zufuhr des Broms so, daß die Umsetzung flott im Gang bleibt, ohne stürmisch zu werden. Sollte sie gegen Ende zu träge werden, so erwärmt man noch kurze Zeit im Wasserbad, bis alles Brom verbraucht ist. Nun wird das Reaktionsgemisch aus einem größeren Rundkolben mit Wasserdampf destilliert. Sobald sich im Kühler Kristalle von p-Dibrombenzol abscheiden, wechselt man die Vorlage und treibt dann das Nebenprodukt vollends über. Das zuerst abgeblasene Brombenzol wird nach dem Absitzen im Scheidetrichter abgetrennt, mit Calciumchlorid 1 Stunde Fig. 43. lang getrocknet und dann destilliert. Die zwischen 140—170° übergehende Fraktion liefert bei wiederholter Destillation der Hauptmenge nach ein Destillat, das zwischen 152—158° übergeht und ziemlich reines Brombenzol darstellt; Aus-
14
Brombenzol
93
beute 7 0 — 8 0 g. Für die spätere Verwendung bei der GBIGHABDschen Reaktion muß das Präparat in engeren Grenzen nochmals fraktioniert werden. Die reine Verbindung siedet bei 155°. Verwendung für Äthylbenzol (S. 1 0 7 ) und GBIGNABD sehe Reaktion (S. 318). p-Dibrombenzol. Der Rückstand, der bei der ersten Destillation im Kolben geblieben ist, wird noch heiß in eine kleine Porzellanschale gegossen und nach dem Erstarren gemeinsam mit dem Produkt aus der Wasserdampfdestillation auf einem Tonteller von Schmieren befreit, bzw. getrocknet. Dabei soll die Substanz nicht mit dem Spatel in den Ton hineingedrückt werden, sondern man legt sie — das gilt für alle Operationen gleicher Art — mit leichtem Druck auf, damit die Saugwirkung des Tons voll zur Geltung kommt. Bei stark verschmierten Substanzen hebt man nach mehrstündigem Stehen das aufgelegte Gut mit dem Spatel ab und bringt es an eine unbenutzte Stelle des Tellers.
Nach dem Trocknen wird das p-Dibrombenzol aus wenig Alkohol umkristallisiert, aus dem es in prächtigen farblosen Prismen herauskommt. Schmelzp. 89°. B r o m w a s s e r s t o f f s ä u r e als N e b e n p r o d u k t . Es sind bei der Reaktion 80 g HBr entstanden, die etwa 200 ccm Wasser zur Absorption erforderten. Man muß daher, wenn keine genügend große Vorlage vorgeschaltet war, die Beschickung der Vorlage erneuern, sobald Nebel sich zu zeigen beginnen. Zur Reinigung wird die Bromwasserstoffsäure aus einem Fraktionierkolben mit übergezogenem Wasserkühler (Fig. 18) destilliert. Der Siedepunkt steigt nach einem Vorlauf von Wasser auf 126°, und bei dieser Temperatur geht 48 °/0 ige Säure über, die im Laboratorium allerorts gute Verwendung findet So kann man z. B. auch das für die Darstellung der Alkylbromide notwendige Kaliumbromid aus ihr darstellen, indem man in einem geräumigen Gefäß die berechnete Menge Pottasche bis zum Neutralpunkt einträgt. Eine nützliche Regel für derartige Operationen: Man behält einen kleinen Teil des schwerer zugänglichen Stoffes — hier der Bromwasserstoifsäure — auf der Seite, damit man beim Überspringen des Neutralpunktes nicht in Verlegenheit kommt.
Reines Brombenzol spaltet beim Kochen mit Kali kein Bromion ab. Versuch. Das Halogen ist am Benzolkern sehr fest gebunden; die aromatischen Halogenide sind den charakteristischen ßeaktionen der Alkylhalogenide nicht zugänglich. Nur durch kräftig wirkenden nascierenden
94
Organiseh-präparativer Teil
Wasserstoff (Natrium in Alkohol) ist das Halogen ersetzbar, auch mit Magnesium kann man Arylhalogenide zur Umsetzung bringen (Präparat IX, 1 S. 318); ferner erfolgt bei der. in einem der nächsten Präparate behandelten FITTIG sehen Synthese eine Ablösung des Halogens. Wollen wir Brombenzol mit einem Halogenid der Fettreihe vergleichen, so kann dies naturgemäß nicht das gesättigte Äthylbromid sein, sondern wir müssen Substanzen von der Art des V i n y l b r o m i d s heranziehen: H H H / ~ \ H
HC = 011,,
B7~k Substanzen also, die das Halogen an einem d o p p e l t gebundenen C-Atom tragen. Und da ergibt sich, daß Halogenolefine dieser Art das Halogen auch sehr fest gebunden enthalten, so daß ein grundsätzlicher Unterschied zwischen ihnen und den Halogenbenzolen n i c h t besteht. Die Reaktionsfähigkeit des aromatisch gebundenen Halogens wird gesteigert durch ortho- und paraständige Nitrogruppen; auch o-Chlorbenzoesäure enthält ziemlich locker gebundenes Chlor. Wie ist der V e r l a u f der H a l o g e n s u b s t i t u t i o n am B e n z o l k e r n zu erklären? Die Annahme eines direkten Ersatzes von Wasserstoff, wie wir ihn bei der Bildung des Benzylchlorids und bei der Reaktion zwischen Methan und Chlor annehmen müssen, ist wenig wahrscheinlich, da wir bei den Äthylenen keine besondere Reaktionsfähigkeit des am doppelt gebundenen C-Atom haftenden Wasserstoffs antreffen. Es sprechen aber verschiedene Tatsachen, die später (S. 154) behandelt werden, dafür, daß das Benzol mit Halogen in grundsätzlich gleicher Weise reagiert, wie das Äthylen, dessen Verhalten gegen Brom den Gegenstand des nachfolgenden Präparats bildet. In beiden Fällen lagert sich wohl zuerst Brom an die Doppelbindung an. Während die aktive Doppelbindung der Olefine diese Umsetzung leicht ausführt, bedarf es für die träge Doppelbindung des Benzolkerns der Mithilfe von Überträgern, wie Eisen, Eisenhalogenid, Aluminiumbromid: H HjC = CH,
BrCH, - CH,Br;
H
h/ \h H H
H
H
h / \ h . HBrHBr
Das Additionsprodukt des Äthylens ist gesättigt, das des Benzols dagegen stärker ungesättigt als das Benzol selbst, da der symmetrische Ausgleich der Restvalenzen ( T H I E L E ) gestört, die „aromatische" Natur aufgehoben ist. Um sie wieder herzustellen, bedarf es nur der unter Freiwerden von Energie vor sich gehenden Abspaltung von Bromwasserstoff, die mit außerordentlicher Geschwindigkeit, noch ehe die anderen aktiv gewordenen Doppelbindungen Zeit zur Aufnahme von Brom finden, erfolgt.
1, 5
Äthylen aus Äthylalkohol. Äthylenbromid H H^
H
H
yH
H
>- H^
HBFHBr
95
^H +
HBr.
bTIi
Im direkten Sonnenlicht lagern sich Chlor und Brom zu je 3 Molen an die 3 Doppelbindungen des Benzols an zu Hexa-chlorund b r o m - c y c l o h e x a n (Benzolhexachlorid): H H
/
H
\
HCl HCl H
8ci,^
cih^
if^H
\hC1 .
HÜTHC1
Während im Benzol und in seinen Derivaten die 6 Substituenten in einer Ebene und zwar in der des Ringes liegen, verteilen sie sich im Cy clohexan auf zwei, zur Ringebene parallele Ebenen. Daraus ergibt sich beim Ersatz zweier H-Atome an verschiedenen C-Atomen eine besondere Art von räumlicher Isomerie, die bedingt wird durch die Lage dieser beidon Substituenten. Sie können nämlich in der gleichen Ebene liegen (cis-Form), oder auf beide verteilt sein (trans-Form). Die Erscheinung ist der cis-trans-Isomerie der Äthylene, wie sie am Beispiel Maleinsäure—Fumarsäure am besten bekannt ist, nahe verwandt. So kennt man zwei stereo-isomere Formen des 1,4-Dioxy-cyclohexans (Chinit): HO.
OH
H-.
.OH
11 H0 fl—Ff ' ilj u2 cis-Chinit trans-Chinit Auch die Isomerie der zwei bekannten Benzol-hexachloride ist auf einen derartigen räumlichen Stellungsunterschied zurückzuführen.
5. Äthylen aus Äthylalkohol. 1
Äthylenbromid.
Eine frisch bereitete und am besten noch warme Mischung von 25 g (30 ccm) gew. Alkohol und 150 g (90 ccm) konzentrierter Schwefelsäure wird unter Zusatz von 60 g feinkörnigem Seesand 2 oder ebensoviel entwässertem Aluminiumsulfat in einem großen Rundkolben von etwa 3 Liter Inhalt über einem Asbestdrahtnetz oder auf einem Sandbade nicht zu stark erhitzt (auf 160°). Der Kolben trägt im sehr d i c h t sitzenden Kork ein Thermometer, das in die Flüssigkeit eintaucht, außerdem ein an zwei 1 Erlenmeyeb U. BÜNTE, A. 168, 64 (1873); 192, 244 (1878). * Quarz wirkt beschleunigend auf die Reaktion der Wagserabspaltung
(SENDEBENS).
96
Organisch-präparativer
Teil
Enden veijüngtes T-Rohr von 0-6—0-8 cm lichter "Weite, in das oben mit einem Stückchen Gummischlauch ein Tropftrichter mit langem Rohr eingesetzt ist (Fig. 44), während der seitliche Ansatz mit den Vorlagen in Verbindung steht. Vor dem Aufsetzen des Korks füllt man das am Ende durch Ausziehen verjüngte Abflußohr des Tropftrichters durch Aufsaugen aus einer Mischung von 190 ccm (150 g) Alkohol und 170 ccm (300 g) konz. Schwefelsäure.
Fig. 44.
Fig. 45.
Sobald eine lebhafte Entwicklung von Äthylen eingetreten ist, läßt man aus dem Tropftrichter das Alkohol—Schwefelsäuregemisch zutropfen, unter steter Kontrolle der Temperatur (kleine Flamme!) und in dem Tempo, daß sich ohne starkes Aufschäumen ein regelmäßiger Strom von Äthylen entwickelt. Das Gas wird zur Entfernung von Alkohol und Äther durch eine mit konzentrierter Schwefelsäure1 beschickte Waschflasche und zur Entfernung von schwefliger Säure durch eine mit 4nNatronläuge gefüllte, dreifach tubulierte Sicherheitswaschflasche2 (Fig. 45) geleitet. Das Gas tritt dann in zwei nicht zu enge Waschflaschen mit je 25 ccm Brom ein; das Brom ist, zur Verkleinerung des Verdampfungsverlustes, mit einer 1 cm hohen Wasserschicht bedeckt, die beiden Flaschen werden zur Kühlung in ein Gefäß mit kaltem Wasser eingestellt. Den Abschluß der Vorlagen bildet, wenn es die Druckverhältnisse gestatten, ein mit 1
Da sich Äthylen mit heißer Schwefelsäure wieder zu Äthylschwefelsäure vereinigt, muß hier unter Umständen gekühlt werden. ' Man beachte, daß während der Entwicklung die Natronlauge in dem mittleren Steigrohr etwa 20—80 cm über das innere Niveau steigen muß Warum?
I, 5
Äthylen aus Äthylalkohol.
Äihylenbromid
97
2 n-Natronlauge beschicktes Pöligotrohr (Fig. 42, S. 92), wenn nicht, nimmt man die entweichenden Bromdämpfe in einem verstopften Erlenmeyer (seitlicher Einschnitt im Kork!) auf, wobei man das Rohrende ü b e r der Natronlauge münden läßt (von Zeit zu Zeit umschütteln!). Zum Verschluß der beiden ersten Waschflaschen nimmt man zweckmäßig Gummistopfen. Sobald das Brom entfärbt ist oder zum mindesten über dem braunroten Reaktionsprodukt keine Bromdämpfe mehr sichtbar sind, was bei normalem Verlauf nach 2—3 Stunden erfolgt sein soll, löst man die Verbindung zwischen Kolben und Vorlagen. Das rohe Äthylenbromid wird dann in einem Scheidetrichter mit Wasser und Natronlauge durchgeschüttelt, bis es farblos geworden ist, und mehrfach mit Wasser gewaschen. Nach dem Trocknen mit Calciumchlorid wird es durch Rektifikation vollkommen rein erhalten. Siedepunkt 130°. Ausbeute 125—150 g. Verwendung für Glykol (S. 101), auch als Lösungsmittel. Das zuweilen recht lästige Schäumen, das auf Oxydationswirkung der Schwefelsäure zurückzuführen ist und das sich nur durch vorsichtiges Heizen unterdrücken läßt, vermeidet man bei Anwendung von h o c h k o n z e n t r i e r t e r P h o s p h o r s ä u r e . Man entwässert 150 g der käuflichen sirupösen Phosphorsäure, indem man sie in einer Porzellanschale unter dauerndem Rühren langsam bis auf 220° erhitzt. Das Äthylen erzeugt man in einem nach der gegebenen Vorschrift montierten kleineren Kolben, indem man auf die kalt eingefüllte und dann auf 210—220° erhitzte Säure durch den aufgesetzten (und vorher mit Alkohol gefüllten) Tropftrichter den Alkohol Tropfen auf Tropfen treten läßt. Der Alkoholbedarf ist hierbei erheblich geringer. Man berechne, wieviel Alkohol für die zur Entfärbung des vorgelegtenBroms notwendige Menge Äthylen theoretisch gebrauchtwird. Wieviel Litern entspricht diese Menge Äthylen? Wenn man das mit Schwefelsäure erzeugte Äthylen analysiert (Methode?), findet man, daß es sehr viel Kohlenoxyd enthält. Zur Darstellung des reinen Gases ist die Phosphorsäuremethode geeigneter, am besten aber spaltet man aus dem gebildeten Äthylenbromid das Brom mit Zinkstaub und Eisessig wieder ab, indem man es in die Suspension von (nicht zu viel) überschüssigem Zinkstaub in Alkohol und Eisessig (21/2 Mol) eintropfen läßt und in einem Gasometer über Wasser auffangt. Die intramolekulare Wasserabspaltung aus Alkoholen, die geGATTBRMAUN, Praxis.
21. Auflage.
?
Organisch-präparativer Teil
98
bräuchlichste Methode zur Darstellung der Olefine, verläuft unter Verwendung von konz. Säuren nicht so einfach, wie es die Gleichung CH,—CH,OH
>-
CH,=CH, +
H,0
ausdrückt. Alkohol wird durch konz. Schwefelsäure schon bei gelinder Erwärmung zu Äthylschwefelsäure verestert und es ist deren Zerfall, aus dem das Äthylen hervorgeht. CHS>CH,OH
H
^0.
CHS.CH,.0-S0„H
>
CBI=CHJ+
H,SOT.
Wir erinnern uns, daß die zuerst gebildete Äthylschwefelsäure in der Hitze (130°) durch ü b e r s c h ü s s i g e n Alkohol gespalten und daß auf diesem Weg der Äther dargestellt wird. CH,»CH,-0—SO„H + HO-CHJ-CH,
CH.-CHJ.O-CHJ.CH,
+ H.SO,. Auch bei der Äthylendarstellung entsteht Äthyläther als Nebenprodukt. Äthylen, das „ ö l b i l d e n d e Gas", ist schon im Jahre 1795 von den fünf holländischen Chemikern DEIMAN, TKOOSTWYK, BONDT, LOUWKEENBUEGH u. CEELLS aus Weingeist und Vitriolöl dargestellt worden. Technisch gewinnt man das Äthylen aus Alkohol durch katalytische Wasserabspaltung mit T o n e r d e (SENDEBENS), die auf 2 0 0 bis 1 3 0 0 ° erhitzt wird und über die man Alkoholdampf leitet. Gleich der Tonerde eignet sich auch Aluminiumphosphat zur präparativen Ausführung solcher Eeaktionen. Statt wie in unserem Beispiel, den sauren Schwefelsäureester des Alkohols thermisch zu zersetzen, zieht man häufig die Ester anderer Säuren, z. B. der Benzoesäure, heran, und vermeidet so die verkohlende Wirkung der Schwefelsäure. Auch sek. Kaliumsulfat und wasserfreie Borsäure oder Oxalsäure werden benutzt (Acrolein aus Glycerin, Brenztraubensäure aus Weinsäure). Die chemische Eigenart der Olefine gründet sich auf ihre, allen möglichen Additionsreaktionen zugängliche Doppelbindung. Es werden addiert: 1. Halogene, besonders leicht Chlor und Brom zu Alkylendihalogeniden. 2. H a l o g e n w a s s e r s t o f f s ä u r e n zu Alkylhalogeniden. Präparativ wird meist Bromwasserstoff, in Eisessig gelöst, angelagert, und zwar, da dieser Vorgang langsam verläuft, unter Erhitzen der Komponenten im Einschlußrohr. 3. S c h w e f e l s ä u r e (vgl. oben) und andere Säuren, z. B. E s s i g säure (technische Anwendung in der Gruppe der Terpene). 4. S a l p e t e r s ä u r e . Äthylen liefert bei Gegenwart von konz. Schwefelsäure den Salpetersäureester des Nitroäthylalkohols 1
Eine für das Laboratorium geeignete Vorschrift findet man bei
W . KESTWQ, Z. A n g . 3 8 , 3 6 2 (1925).
Äthylen aus Äthylalkohol. CH,=CH,
Äthylenbromid
>• CH,.CH, I I NO, OH
99
>- CH,»CH, I I NO, O-NO,
5. U n t e r c h l o r i g e S ä u r e , gemäß der Gleichung: Ifü] .I riTT UU, fITT
IT HTT —> PUllg Oil)
H O C 1
¿1
o h '
So erhält man Athylen-chlorhydrin durch gleichzeitiges Einleiten von Äthylen und C0 2 in Chlorkalklösung. 6. S t i c k s t o f f d i o x y d zu Dinitroäthanen: R—CH=CH—R >- R.CH.CH—R I I NO, NO, Mit Stickstofftrioxyd entstehen unter Aufnahme von N a 0 3 die dimolekularen Pseudonitrosite. 7. Ozon ( H a b b t e s , S t a u d i n g b e ) . OH,: CH, + I I o—o Da die Ozonide beim Erhitzen mit Wasser nach der Gleichung:
A—A
R ÖH HO-R
H
'°>
R-CHO + R-CHO + HO OH
gespalten werden, so vermitteln sie eine Synthese für A l d e h y d e . Benzol addiert 3 Mol 0 3 ; sein Triozonid (Ozobenzol) C„H e 0 9 zerfällt mit "Wasser in 3 Mol Glyoxal. 8. W a s s e r s t o f f . Die Olefine lassen sich durch keines der üblichen Reduktionsmittel mit nascierendem Wasserstoff hydrieren. Dies gelingt nur auf katalytischem Weg mit Wasserstoffgas bei Gegenwart fein verteilter Metalle, wie Nickel ( S a b a t i e b ) , Palladium ( P a a l , S k i t a ) , Platin (Fokin, W i l l s t ä t t e r ) . Vgl. dazu die Präparate S. 357 u. f. 9. B e n z o p e r s ä u r e (Reaktion von Pbilkschajbw). Dabei entstehen Alkylenoxyde. O-OH RCH:CH.R + C,H,.C:0
>• R-CH-CH-R + CjHj.COOH. \ q /
10. H y d r o x y l . Durch Permanganat werden die Olefine bei tiefer Temperatur in ihre Glykole übergeführt: RCH:CH.R
>- R-CHOH-CHOH-R.
Die Einwirkung dieses Oxydationsmittels führt aber gewöhnlich zu einer Sprengung der Doppelbindung, indem die an ihr beteiligten Kohlenstoffatome weiter oxydiert werden. 1*
100
Organisch-präparativer Teil
Sind sie noch gleichzeitig mit Wasserstoff in Bindung, so entstehen Carbonsäuren, andernfalls Ketone. •CH, CH. sKjL1J R-CH:C• R-COOH + O C / ' . CH, CH a Die Reaktion mit Permanganat bildet ein wertvolles und viel benutztes Erkennungsmittel für die ungesättigte Natur einer organischen Verbindung. Man löst die Substanz in kaltem Alkohol, gibt einige Tropfen Sodalösung und dann einen Tropfen verdünnter Permanganatlösung zu. Das rasche Verschwinden der roten Farbe zeigt die Gegenwart einer Doppelbindung an. Auch in reinem, gegen Permanganat beständigen Eisessig läßt sich die „BAEYEBsche Probe" ausführen. Die Entfärbung von Brom bietet eine weitere Erkennungsmöglichkeit von Doppelbindungen. Als Lösungsmittel dient gewöhnlich Chloroform. Die Olefine verhalten sich nun, in Abhängigkeit von der Natur des Moleküls, vielfach verschieden hinsichtlich der Geschwindigkeit, mit der sie die aufgeführten Additionsreaktionen eingehen. Wenn wir in einer Formel eine Doppelbindung sehen, so ist damit nicht ohne weiteres gesagt, daß wir alle möglichen Umsetzungen auch mit ihr ausführen können. So gelingt es z. B. nicht, an T e t r a p h e n y l ä t h y l e n (C6H6)2C: C(C6H6)2 überhaupt Brom anzulagern. Die Affinität der Doppelbindung ist demnach von Fall zu Fall verschieden. Stehen zwei Doppelbindungen einander benachbart, so können sie bei Anlagerungsreaktionen als geschlossenes System reagieren. So lagert B u t a d i e n Brom teilweise im Sinne folgender Gleichung an: CH,=CH • CH=CH,
Br
» > BrCH, • CH=CH • CH,Br.
Seine Dicarbonsäure, die M u c o n s ä u r e , wird zur ß,/-ungesättigten Dihydromuconsäure hydriert: HOOC• CH=CH• CH=CH• COOH — H O O C CH,.CH=CH-CHJ.COOHIn beiden Fällen verschwinden die beiden ursprünglichen Doppelbindungen und zwischen sie tritt eine neue; die Addition hat in 1,4-Stellung stattgefunden. Nach T H I E L E erklärt man diese Verhältnisse so, daß die Kraftfelder, die die an ungesättigten Bindungen beteiligten Kohlenstoffatome umgeben, sich zwischen C2 und C3 wegen deren räumlicher Nähe zum Teil gegenseitig aufheben, so daß an Cx und C4 ein höheres chemisches Potential besteht, als an C2 und C 3 ; dort sind demgemäß die bevorzugten Stellen der Addition. Auf das Benzol übertragen, sieht diese Vorstellung in ihm ein durch inneren Valenzausgleich viel stärker abgesättigtes Gebilde, als dies bei mehrwertigen Olefinen möglich ist. Im Benzol fehlen die Angriffspunkte, die der offenen Kette stets noch verbleiben:
Qlykol (Äthylenglykol) aus Äthylenbromid
1,6
101
H H HJC=C—C=CH,
Wenn wir mit THIELE die Inaktivierung benachbarter C-Atome durch eine Klammer wie oben zum Ausdruck bringen, so sehen wir, daß im Benzol alle „Partialvalenzen" ausgeglichen sind. Das Strukturbild des Benzols, das so aus den Vorstellungen T H I E L E s hervorgeht, erscheint noch heute als das angemessenste, um den „aromatischen" Charakter des Benzols aus dem Wesen der Olefine abzuleiten und zu verstehen. Nur glauben wir, daß man den Begriff der „Inaktivierung" von Partialvalenzen durch den ihrer Schwächung ersetzen sollte. Denn einmal gehen keineswegs alle Addenden bei Systemen benachbarter („konjugierter") Doppelbindungen in die 1,4-Stellung, und dann zeigt doch das Benzol die typischen Reaktionen eines Stoffes mit 8 Doppelbindungen, indem es, wenn auch langsamer als ein Olefin, z. B. Halogen, katalytisch erregten Wasserstoff (zu Cyclohexan) und Ozon direkt anlagert. Daß diese Anlagerungsreaktionen mit geringerer Geschwindigkeit vor sich gehen, als dort, das scheint eben durch die graduell gemilderte Interpretation der THIELE sehen Hypothese verständlich zu werden. — Unerwarteterweise hat sich das höhere Ringhomologe des Benzols, der Kohlenwasserstoff Cyclooctatetraen (WILLSTÄTTEB und WASEB) durchaus nicht als ein chemisches Ebenbild des Benzols erwiesen. Er ist gelb und zeigt die große Reaktionsfähigkeit eines vierwertigen Olefins: H
/
HC
HC HC
CH \ CH • CH
6. Olykol (Äthylenglykol) aus Äthylenbromid.1 G l y k o l d i a c e t a t . In einem mit Rückflußkühler verbundenen kurzhalsigen Rundkolben von x/a Liter Inhalt wird eine Mischung von 63 g (7 3 Mol) Äthylenbromid, 20 g Eisessig und 60 g frisch geschmolzenem, fein pulverisiertem Kaliumacetat (vgl. S. 115) auf einem Sandbade oder Drahtnetz über einer großen Flamme zwei Stunden lang zum lebhaften Sieden erhitzt. Man verbindet dann den Kolben durch ein kurzes Knierohr mit einem 1
HENET, BL. [3] 1 7 , 207 (1897); C. 1 9 0 7 I, 1314.
102
Organiseh-präparativer Teil
absteigenden Kühler und destilliert das Reaktionsprodukt direkt mit einer großen leuchtenden Flamme, welche man fortdauernd bewegt und gegen Ende der Destillation immer mehr entleuchtet, über. Das Destillat wird dann mit weiteren 60 g Äthylenbromid und 80 g Kaliumacetat versetzt, die Mischung wie oben auf einem Sandbade zwei bis drei Stunden zum lebhaften Sieden erhitzt und erneut abdestilliert. Das Destillat unterwirft man unter Anwendung eines HEMPEL sehen Aufsatzes von etwa 10 cm Länge einer fraktionierten Destillation, wobei man die folgenden Fraktionen gesondert aufsammelt: 1. von Anfang der Destillation bis 140°, 2. von 140—175°, 3. von 175° bis zum Ende. Die Fraktionen 2 und 3 werden dann nochmals gesondert destilliert, wobei reines Glykoldiacetat zwischen 180—190° (der Hauptanteil bei 186°) übergeht. Ausbeute rund 70 g. Will man die Ausbeute noch verbessern, so erhitzt man die unter 180° übergebenden Anteile mit dem gleichen Gewicht Kaliumacetat nochmals 8 Stunden und verfährt sonst wie oben beschrieben. Die Ausbeute steigert sich dann noch um weitere 15 g.
Glykol. Um aus dem Ester das freie Glykol zu gewinnen, wird er durch Kochen mit einer absoluten methylalkoholischen Lösung von Salzsäuregas „umgeestert". Man stellt sich durch Einleiten von HCl in absoluten Methylalkohol unter Kühlung und Feuchtigkeitsausschluß eine etwa 3 °/0 ige Lösung her, indem man die Gewichtszunahme auf einer für 0-1 g empfindlichen Wage feststellt und ein etwaiges Zuviel an HCl durch Verdünnen mit Methylalkohol ausgleicht. 49 g Glykoldiacetat (*/, Mol) werden in einem kleinen Rundkolben (200 ccm) mit 60 ccm der methylalkoholischen Salzsäure x /2 Stunde lang am Rückflußkühler gekocht, dann destilliert man, zuerst langsam, am absteigenden Kühler Methylacetat und einen Teil des Methylalkohols ab, den Rest aber bei etwa 50° direkt im Vakuum. Um geringe Mengen unveränderten Esters von dem zurückbleibenden Glykol zu trennen, schüttelt man den Rückstand im Kolben, dem man einen Gummistopfen aufgesetzt hat, mit je 50 ccm absoluten Äthers aus, in dem Glykol unlöslich ist. Der anhaftende Äther wird hierauf am siedenden Wasserbad entfernt und das heiß umgegossene Glykol aus einem kleinen Fraktionierkolben mit Luftkühler der Destillation unterworfen. Der Hauptteil geht bei 195° über. Ausbeute 17—18 g (80—90% der Theorie). Man kann Äthylenbromid auch durch direkte Yerseifung mit ver-
103
Iso-amyläther
1,7
diinnter Alkalicarbonatlösung in Glykol überführen; der Umstand jedoch, daß die Reaktion (im heterogenen System) sehr langsam verläuft und daß außerdem große Wassermengen einzudampfen sind, verleiht dem hier eingeschlagenen Umweg, der zudem zwei neue Reaktionen kennen lehrt, den Vorzug. Wir stellen dabei — eine vielfach angewandte Methode der Überführung eines Alkylhalogenids in seinen Alkohol — zuerst durch Umsetzung mit Kaliumacetat (häufig auch Silberacetat) den E s s i g e s t e r her, den man im allgemeinen in normaler Weise, mit wäßrigen Alkalien oder Mineralsäuren verseifen würde. Hier, beim wasserlöslichen Glykol als Endprodukt, soll aber das Arbeiten im organischen Lösungsmittel nicht preisgegeben werden, und deshalb entzieht man dem Ester unter den Bedingungen einer Veresterung die Säuregruppe, die sich im Rahmen eines Gleichgewichts zwischen die beiden Alkohole, Glykol und Methylalkohol verteilt und zwar bei dem großen Überschuß an Methylalkohol vornehmlich zugunsten von diesem. Man bezeichnet diese Art der Verseifung als U m e s t e r u n g . Näheres über Esterbildung und -verseifiing findet man auf S. 130 u. f. Von den Reaktionen der einfachsten zweiwertigen Alkohole, der 1,2-Glykole seien am Beispiel des Grundkörpers die folgenden angeführt: Beim Erhitzen mit Schwefelsäure entsteht unter Wasserabspaltung Acetaldehyd. Konz. Salzsäure erzeugt Ä t h y l e n c h l o r h y d r i n ; die zweite OHGruppe wird weit schwieriger durch Chlor ersetzt. CH,OH—CHJOH
TT OL >-
CH,OH—CHJCL +
H,0.
Im Großen stellt man diese Verbindung durch Anlagerung von unterchloriger Säure an Äthylen her, indem man in eine Chlorkalklösung gleichzeitig C0 2 und Äthylen einleitet. Starke Kalilauge setzt den Chloräthylalkohol unter HCl-Abspaltung zu Ä t h y l e n o x y d u m : CH,OH-CHJCL
>-
C H , — C H -j S
Vor allem ist auch der glatte Übergang des Chlorhydrins mit T r i m e t h y l a m i n in das physiologisch wichtige C h o l i n hier zu erwähnen, dessen salzsaures Salz sehr leicht erhalten wird, wenn man die beiden Komponenten in äquimolaren Mengen (die Base in konz. absoluter alkoholischer Lösung) einige Zeit in der Wärme aufeinander einwirken läßt.
7. Iso-amyläther. I 500 g käuflicher Amylalkohol (Siedep. 128—132°) werden, mit 50 g konz. Schwefelsäure gemischt, in einem Fraktionierkolben mit hohem Ansatzrohr zum gelinden Sieden erhitzt. Es destilliert 1
G. SCHBOETEB u. W . SONDAO B . 4 1 , 1924 (1908).
104
Organisoh-präparativer
Teil
langsam ein Gemisch von Wasser und Amylalkohol ab, die Temperatur der siedenden Mischung, die durch ein in die Flüssigkeit eintauchendes Thermometer angezeigt wird, steigt im Verlauf von etwa 8—9 Stunden auf 140°. Man kühlt dann den Kolbeninhalt auf etwa 100° ab, destilliert mit Wasserdampf, trennt im Destillat die Olschicht ab und fraktioniert sie mit Hilfe eines Aufsatzes, noch besser einer Widmerspirale (siehe S. 19). Der rohe Amyläther geht in einer Ausbeute von 200—230 g 1 bei 168—172° über. Zur völligen Reinigung wird er 2 Stunden lang mit fein gepulvertem Natriumamid (1-5 g auf 100 g Äther) am Rückflußkühler im Ölbad gekocht, dann vom Natriumamid abdestilliert. Das Destillat schüttelt man mit verd. Salzsäure durch, trocknet über Calciumchlorid und destilliert schließlich sorgfältig über Natrium. 8. Chloressigsäure aus Essigsäure und Chlor.2 In eine Mischung von 150 g Eisessig und 12 g rotem Phosphor welche sich in einem mit Einleitungsrohr und Rückflußkühler verbundenen Kolben befindet (Fig. 41) und auf einem lebhaft siedenden Wasserbade erhitzt wird, leitet man an einem möglichst hellen Orte, am besten im direkten Sonnenlicht, trockenes Chlor ein. Der Verlauf der Chlorierung hängt wesentlich von der Belichtung ab. Die Reaktion ist beendet, sobald eine kleine Probe beim Abkühlen durch Eiswasser und Reiben mit einem Glasstabe erstarrt. Im Sommer genügt hierfür eintägiges Einleiten von Chlor, während an trüben Wintertagen dieses noch einen zweiten Tag fortgesetzt werden muß. Zur Abscheidung der Monochloressigsäure wird das Reaktionsprodukt aus einem Fraktionierkolben, welcher mit einem Verlängerungsrohr verbunden ist, der fraktionierten Destillation unterworfen und die von 150—200° übergehende Fraktion in einem Becherglase gesondert aufgefangen. Diese kühlt man dann unter Reiben mit einem Glasstabe in Eiswasser und filtriert den erstarrten Anteil, welcher aus reiner Monochloressigsäure besteht, schnell an der Saugpumpe ab, wobei man die lockeren Kristalle mit einem Spatel oder Mörserpistill fest zusammenpreßt. Das Absaugen darf nicht zu lange fortgesetzt werden, da sonst die Chloressigsäure durch die warme Luft allmählich verflüssigt wird. Das Filtrat unterwirft man noch1 Sollte die Ausbeute geringer sein, so unterwirft man den während der Eeaktion übergegangenen Amylalkohol nochmals der Behandlung mit Schwefelsäure. 2 E . Hoffmann, A . 102, 1 ( 1 8 5 7 ) ; Ecssakow, B . 25, Eef. 3 3 4 (1892).
I, 7
Chloressigsäure aus Essigsäure und Chlor
105
mals der Destillation, wobei man den zwischen 170 und 200° übergehenden Teil gesondert auffangt. Verfährt man mit diesem wieder wie soeben (Abkühlen und Filtrieren), so erhält man noch eine zweite Menge von Monochloressigsäure, welche mit der Hauptmenge vereinigt und durch nochmalige Destillation vollkommen rein erhalten wird. Siedep. 186°, Schmelzp. 63°. Ausbeutewechselnd; 80—125g. Verwendung für N i t r o m e t h a n ( S . 146), M a l o n e s t e r (S. 238), G l y k o k o l l (S. 257), P h e n y l g l y z i n (S. 350). Da die Monochloressigsäure, vor allem in warmem Zustande, die Haut stark angreift, so hüte man sich, mit ihr in Berührung zu kommen. Wesentlich rascher verläuft die Chlorierung, auch ohne Licht, wenn man dem obigen Ansatz von 150 g Eisessig, 1 • 5 g Jod, 7 g PC16 und 3 g roten Phosphor zusetzt.1 Nach beendigter Reaktion decantiert man noch heiß vom Phosphor ab, verdünnt mit 40 ccm Eissessig, saugt nach dem Erkalten die auskristallisierte Monochloressigsäure scharf ab und wäscht mit wenig Eisessig nach. Man kommt so zu einem schwach rötlichen Präparat, das im Exsiccator über Ätzkali von dem noch anhaftenden Jod befreit wird. Die Substitution einer gesättigten Kette durch Chlor oder Brom wird erleichtert durch die Gegenwart einer 0=0-Gruppe. So werden Aldehyde und Ketone mit großer Leichtigkeit halogeniert und zwar tritt das Halogen ausschließlich in die «-Stellung. — Es ist nachgewiesen worden, daß hierbei die in verschwindender Menge vorhandene E n o l f o r m das Brom additiv aufnimmt.2 CH,• COH=CH, Enolform des Acetons
CH,.COH.CH,Br Br Zwischenprodukt
>- CH a .CO-CHjBr
Das (nicht isolierbare) Zwischenprodukt geht dann unter sofortiger HBr-Abspaltung in Bromaceton über ( L A P W O B T H ) . Viel geringer ist der „auflockernde" Einfluß, den die Carboxylgruppe auf benachbarten Wasserstoff ausübt. Daher erfolgt in den Carbonsäuren die Substitution durch Halogen weit schwieriger, kann aber durch Belichtung und durch Katalysatoren (Überträger) be1
H. BBÜCKNEB, Ztschr. f. Angew. Chem. 4 0 , 973 (1927). Der Nachweis gründet sich darauf, daß die Reaktion zwischen Aceton und Brom als m o n o m o l e k u l a r e Beaktion erkannt wurde, nicht wie man erwarten sollte, als bimolekulare. Daher wird bei der Bestimmung der Reaktionsgeschwindigkeit die (langsam verlaufende) Umlagerung des Ketons in das Enol gemessen, während die Addition des Broms unmeßbar rasch vor sich geht. 2
Organisch-präparativer Teil
106
schletmigt werden. Die Eintrittsstelle des Halogens ist auch hier stets das dem Carboxyl benachbarte, «-ständige Kohlenstoffatom. Als Überträger bei der Chlorierung eignet sich J o d , das sich mit Chlor zu dem reaktionsfähigen Chlorjod verbindet, z. B.: CHj-COOH + C1J
>• CHjCl-COOH + H J .
Da der so entstehende Jodwasserstoff durch Chlor sofort wieder in Jod verwandelt wird, das dann von neuem Chlorjod bildet, so hat man hier einen anschaulichen Fall einer chemisch durchsichtigen Über- * tragungskatalyse. Wesentlich anders und viel komplizierter wirkt Phosphor. Der zuerst entstehende Halogenphosphor setzt sich mit der Säure zum Säurechlorid um, das mit einem zweiten Molekül Säure das Anhydrid bildet: a) CH8.COCl + HOOC-CH,
CH^CO-O-CO-CH, + HCl.
Das Anhydrid wird nun viel leichter substitutiv chloriert, als die Säure, und das Zwischenprodukt, das so entsteht, wird schließlich durch den bei der Reaktion auftretenden Chlorwasserstoff wie folgt gespalten: b)
CHjCl-C(\ )0 + HCl H,C • CCK
y-
CH,Cl-COOH CH8.COCl
Das zurückgebildete Acetylchlorid kann dann nach a) erneut in Reaktion treten. Während in unserm Fall die Menge des Phosphors eine beschränkte ist, benutzt man, namentlich zur Einführung von Brom, häufig äquivalente Mengen, stellt also das Säurebromid her, das dann erst in «-Stellung substituiert wird. Als Reaktionsprodukt tritt hierbei das Bromid der «-bromierten Säure auf, das man durch Behandlung mit Wasser in diese umwandeln muß, aus dem man häufig auch durch Einwirkung von Alkohol deren Ester darstellt (Hell-VolhabdZelinsky sches "Verfahren). Die a-Halogencarbonsäuren, deren einfachste die Chloressigsäure ist, finden für Synthesen mannigfache Verwendung. Erwähnt sei hier ihr Übergang in Oxysäuren (durch hydrolytische Abspaltung des Halogens) und in Aminosäuren (Präp. VII, 2): ClCH,'COOH + HÖH CICH.-COOH + 2NH,
HOCH, • COOH + HCl >- H.N-CH^COOH + NH«C1.
Die Einführung von Jod erfolgt nach der auf S. 83 erwähnten Methode. /S-HalogencaTbonsäuren werden durch Addition von Halogenwasserstoff an «-^-ungesättigte Säuren erhalten: CH,=CH• COOH _ E i V Acrylsäure
CH,Br-CH,.COOH. /?-Brompropionaäure
Äthylbenxol
1,8
aus Brombenzol
und
Äthylbromid
107
8. Äthylbenzol ans Brombenzol und Äthylbromid1 (Fittigsche Synthese). In einem trockenen Rundkolben von 1 / a Liter Inhalt, welcher mit einem langen Rückflußkühler verbunden ist und sich auf einem Strohkranz in einem leeren Wasserbade befindet, übergießt man 27 g Natrium, mit dem Natriummesser in möglichst dünne Scheiben zerschnitten, mit 100 ccm alkoholfreiem, trockenem Äther.2 Nach einigem Stehen, wenn keine Wasserstoffentwicklung mehr zu sehen ist, fügt man eine Mischung von 60 g Brombenzol und 60 g Äthylbromid zu. Bei eintretendem Sieden, das man u. U. durch schwaches Erwärmen herbeiführt, kühlt man mit Wasser und überläßt das Ganze bis zum anderen Tage sich selbst. Das Eintreten der Reaktion muß jedenfalls abgewartet werden. Über Nacht lasse man kein Wasser durch den Kühler laufen. Am nächsten Tage dampft man den Äther auf dem Wasserbade ab und destilliert dann das freie Äthylbenzol aus dem möglichst hoch in schräger Lage eingespannten Kolben mit einer großen leuchtenden Flamme, Welche man fortdauernd bewegt, vom Natriumbromid und überschüssigen Natrium3 ab; zur Kühlung dient ein Luftkühlrohr, das mit einigen feuchten Filtrierpapierstreifen umwickelt werden kann. Unter Anwendung eines L I N N E M A N N sehen Aufsatzes (S. 19) unterwirft man schließlich das Rohprodukt einer zweimaligen Destillation. Der Siedepunkt des reinen Äthylbenzols liegt bei 135 Ausbeute rund 25 g. Mit dem im Kolben zurückbleibenden Gemisch von Natriumbromid Und Natrium sei man ä u ß e r s t v o r s i c h t i g . Man zerstört entweder 1
TOLLENS
U.
FITTIG, A . 1 3 1 , 3 0 3 (1864).
• Um absoluten Äther darzustellen, trocknet man 1—2 Liter käuflichen Äther über etwa 20°/O seines Gewichts an Calciumchlorid 1—2 Wochen lang vor, filtriert dann rasch durch ein Faltenfilter in eine trockene Flasche, in àie man Natriumdraht hineinpreßt. Solange sich Wasserstoff entwickelt, setzt man einen Kork mit CaClj-Rohr auf, das — um die Verdunstung einzuschränken — ein kurzes capillar ausgezogenes Glasrohr trägt. Der absolute Äther ist für die meisten Zwecke direkt zu verwenden. Beim Äbdampfen größerer Mengen ungereinigten Äthers, der längere Zeit mit Luft in Berührung war, hat man mit der Möglichkeit zu rechnen, daß zum Schluß heftige Explosionen erfolgen, die auf einen Gehalt dieses Äthers an P e r o x y d e n zurückzuführen sind. Solcher Äther riecht stechend und macht aus angesäuerter KJ-Lösung Jod frei. Zur Zerstörung der Peroxyde schüttelt man mit angesäuerter Ferrosulfatlösung aus. • Die blaue Farbe dieses Gemischs ist nach SCHLUBACH und GOES auf eine kolloidale feste Lösung von Natrium in NaBr zurückzuführen. Analogie mit blauem Steinsalz.
108
Organisch-präparativer Teil
das übrige Metall nach dem Erkalten durch Übergießen mit Alkohol (etwa 100 ccm auf einmal im Abzug eingießen!) oder schüttet den Rückstand im Freien aus und spritzt aus g r ö ß e r e r E n t f e r n u n g oder aus einer Deckung Wasser darauf. Was im Kolben haften bleibt, wird schließlich mit weniger Alkohol als oben entfernt. Das Arbeiten mit Natriummetall hat schon manchen schweren Unfall im Laboratorium verursacht. Man verfahre deshalb bei jeder Handhabung mit ihm mit aller Sorgfalt, werfe keine Abfälle in die Ausgüsse oder Abfalleimer, lasse sie auch nicht offen liegen, sondern bringe sie sofort wieder in die Vorratsflasche oder vernichte sie wie oben angegeben. Natrium braucht zur Auflösung die 15—20 fache Menge Alkohol. Man vermeide, mit größeren Mengen Natrium eine Reaktion auf dem siedenden Wasserbad auszuführen. Wenn es sich in einzelnen Fällen nicht umgehen läßt, so sei man mit doppelter Peinlichkeit um die Vollkommenheit der Apparatur besorgt und halte sich die Folgen vor Augen, die ein undichter Kühlermantel oder der Bruch des Kolbens unter Umständen haben können. Stets Schutzbrille aufsetzen! Die FiTTiosche Synthese ist das Analogon der W U B T Z sehen Synthese der aliphatischen Kohlenwasserstoffe, z. B.: .2C2H5.J + 2Na C2H8-C,H8 + 2NaJ, Äthyljodid Butan CeH6'Br + CSH„-Br + 2 Na -> C,H5-C,H, + 2NaBr. Äthylbenzol Sie ist allgemeiner Anwendung fähig, indem auch die homologen Brombenzole sowie Dibrombenzol einerseits, alle möglichen Alkylbromide andrerseits in sie einbezogen werden können. Auch zwischen 2 Mol. Arylbromid findet die Umsetzung, wenn auch schwieriger, statt: 2 C»H,Br + 2 Na >- C„H6 • C6H„ + 2 NaBr . Präparativ wird aber Biphenyl durch thermische Dehydrierung von Benzol (Durchleiten seiner Dämpfe durch ein glühendes Eisenrohr) dargestellt. So einfach, wie es die obigen Formelgleichungen darstellen, verläuft die FiTTiosche Reaktion nicht. Es ist durch neuere Arbeiten ( A C B E E 1 , SCHI/UBACH 2 ) nachgewiesen, daß in der ersten Phase die N a t r i u m v e r b i n d u n g e n der Kohlenwasserstoffe entstehen. Diese setzen sich dann erst unter Abspaltung von NaBr mit dem zweiten Molekül organischen Bromids um: 1. R.Br + 2Na RNa + NaBr, 2. RNa + BrR' >- R—R' + NaBr. Da sowohl RBr als R'Br zuerst mit Natrium reagieren, die beiden 1 1
Am. Chem. Journ. 29, 588 (1903). 2889 (1922); siehe auch die Arbeit von SCHLENK, B . 5 0 , 262(1917).
B. 5 6 ,
Säurechloride
11,1
109
Natriumverbindungen aber sich mit RBr und R'Br umsetzen können, so sind bei der Synthese von FITTIG grundsätzlich 3 Reaktionen mit den Produkten R—R', R—R und R'—R' möglich. Brombenzol reagiert nun rascher mit Natrium, als Äthylbromid, Phenylnatrium aber rascher mit Äthylbromid als mit Brombenzol: daher in unserem Beispiel die glatte Bildung von Äthylbenzol. Von dem chemischen Verhalten der homologen Benzole ist hier nur zu erwähnen, daß sie durch Oxydation mit Permanganat oder Chromsäure zu den entsprechenden Carbonsäuren des Benzols abgebaut werden. Toluol und Äthylbenzol gehen in Benzoesäure, p-Xylol geht in Terephthalsäure (S. 274) über.
II. Carbons'äuren und ihre einfachen Abkömmlinge. 1. Säurechloride.
a) A c e t y l c h l o r i d . 1 Zu 90 g (1*5 Mol) wasserfreiem Eisessig, welcher sich in einem mit absteigendem Kühler verbundenen Fraktionierkolben befindet, läßt man unter Kühlung mit kaltem Wasser aus einem Tropftrichter 72 g Phosphortrichlorid fließen. Man taucht dann die Kugel des Kolbens in eine nicht zu kleine, mit Wasser von 40—50° gefüllte Porzellanschale ein und setzt die Erwärmung so lange fort, bis die im Anfang lebhafte Salzsäureentwickelung nachgelassen und die vor dem Erwärmen homogene Flüssigkeit sich in zwei Schichten getrennt hat. Das Acetylchlorid wird hierauf auf lebhaft siedendem Wasserbad von der phosphorigen Säure (untere Schicht) abdestilliert. Eine kleine Saugflasche, die durch einen Kork an das untere Ende des Kühlrohrs angeschlossen und durch ein mit Gummischlauch angefügtes CaCl 2 -ßohr gegen die Luftfeuchtigkeit geschützt ist, dient als Vorlage. Durch wiederholte Destillation (mit Thermometer) wird das Präparat gereinigt. Man fängt die Fraktion zwischen 48—53° gesondert auf. (Siedepunkt des reinen Acetylchlorids 51°.) Ausbeute 70—80 g. Verwendung für Essigsäureanhydrid (S. 114) und Acetophenon (S. 327). Man prüfe das Präparat auf Phosphorgehalt (PC13) indem man einige Tropfen in wenig warmem Wasser zersetzt, die Lösung in einer kleinen Porzellanschale abdampft, dann zweimal mit starker Salpetersäure oder Bromwasser abraucht und schließlich die üblichen Reaktionen auf Phosphorsäure anstellt. Wird Phosphor nachgewiesen, so ist das Präparat nochmals mit ein paar Tropfen Eisessig zu destillieren. 1
BicHAMP, C. r. 40, 946 (1855); 42, 226 (1856).
110
Organisch-präparativer Teil
b) B e n z o y l c h l o r i d . 40 g ( 1 / s Mol) trockene Benzoesäure werden in einem Rundkolben von 250 ccm Inhalt, der einen eingeschliffenen Kühler trägt (zur Not auch Korkverbindung), mit 100 ccm Thionylchlorid übergössen und hierauf im Wasserbad unter Rückfluß auf 80° erwärmt (Abzug). Nach einer halben Stunde ist die kräftige Gasentwicklung (HCl und S 0 2 ) beendigt; man gießt das abgekühlte Gemisch in einen Fraktionierkolben über und destilliert am absteigenden Wasserkühler das überschüssige Thionylchlorid auf lebhaft siedendem Wasserbad soweit als möglich ab; es ist für die gleiche Operation nochmals verwendbar. Das Benzoylchlorid wird hierauf am Drahtnetz oder mit schwach leuchtender Flamme der Destillation unterworfen. Langes Kühlrohr mit Vorlage, wie beim Acetylchlorid beschrieben, aber ohne Wassermantel. Nach einem beträchtlichen Vorlauf, der im wesentlichen aus (ebenfalls wieder verwendbarem) Thionylchlorid besteht, geht die Hauptmenge bei 194—199° über. Reines Benzoylchlorid siedet bei 194°. Ausbeute 40—42 g. Auch hier empfiehlt sich die Destillation im Vakuum, die ein reineres Produkt liefert. Viel verwendetes Laboratoriumspräparat. Um das Hydroxyl einer COOH-Gruppe durch Chlor zu ersetzen, kann man z. T. die gleichen Reaktionen benutzen, welche oben für den Ersatz von alkoholischen Hydroxylgruppen durch Halogen beschrieben wurden. Praktisch stellt man Säurechloride fast immer durch Einwirkung von PC13, PC16 oder S0C12, in selteneren Fällen von P0C1 3 , auf die Säuren selbst, in manchen Fällen auch wohl auf deren Alkalisalze, dar. Die Auswahl des Chlorides hängt ab 1. von der Leichtigkeit, mit welcher die betreffende Säure reagiert, und 2. von dem Siedepunkt des Säurechlorides. Wirkt z. B. wie bei der Essigsäure und ihren Homologen bereits PC13 unter Bildung des Chlorides leicht ein, so zieht man dieses Chlorid dem noch energischer wirkenden PClg vor. Die Reaktion, deren Mechanismus noch nicht ganz sicher aufgeklärt ist, verläuft in der ersten Phase nach folgender Gleichung:
Indem dann noch vorhandenes Phosphortrichlorid z. T. auf die phosphorige Säure nach folgender Gleichung einwirkt:
PCI, + PO.tt, = P.O, + 3 HCl,
Säurechloride
111
kommt die bei dem Versuch beobachtete Entwickelung von Salzsäure zustande. Benzoesäure reagiert mit PC13 weniger glatt, energisch aber mit PC15. Da die Abtrennung des überschüssigen Chlorphosphors (auch des Oxychlorids) viel weniger einfach ist, als bei Anwendung von Thionylchlorid, zieht man dieses jetzt leicht zu beschaffende und wohlfeile Chlorid vor (H. MEYEB).
In Fällen, wo die ßeaktion sehr stürmisch verläuft, benutzt man Chloroform oder Benzol als Verdünnungsmittel; dies gilt auch für die Umsetzung der Alkohole. Des Phosphoroxychlorids bedient man sich meistens nur dann, wenn man die Salze von Carbonsäuren anwendet, mit welchen es in folgender Weise reagiert: 2CH,-CO-ONa + POC1, = 2CH3.C0-C1 + NaPO, + NaCl. Diese Keaktion kann man mit Vorteil verwerten, um das Chlor des PC16 vollkommener auszunutzen, als es bei seiner Einwirkung auf die freien Säuren geschieht. Die Säurechloride sind in den niederen Reihen farblose Flüssigkeiten, in den höheren farblose kristallinische Substanzen. Sie sieden meistens unter gewöhnlichem Druck ohne Zersetzung; nur die hochmolekularen werden zweckmäßig im Vakuum destilliert. Der Siedepunkt der Säurechloride liegt niedriger als der der Säuren, wie denn überhaupt der Ersatz von Hydroxyl durch Chlor eine Siedepunktserniedrigung zur Folge hat: CH,»CO*Cl Siedepunkt 51° I C 8 H 5 CO-Cl Siedepunkt 198° CHg-CO-OH „ 118° | C,H 5 .COOH „ 250°. Die Säurechloride besitzen einen heftig stechenden Geruch und rauchen an der Luft. Sie werden durch Wasser unter Bildung von Säure und Chlorwasserstoff zersetzt. Diese Umsetzung erfolgt vielfach außerordentlich leicht, da das Chloratom an einem Säurerest viel lockerer als an einem Alkylrest haftet. Während es zur Umwandlung eines Halogenalkyls in einen Alkohol meistens erforderlich ist, jenes lange Zeit mit Wasser, oftmals unter Zusatz von Natron, Kali, einem Carbonat oder Acetat, zu kochen, erfolgt die analoge Umsetzung eines Säurechlorides bei weitem leichter. Bei den niederen Gliedern, wie z. B. dem Acetylchlorid, tritt die ßeaktion bereits in der Kälte in äußerst stürmischer Weise fast augenblicklich ein, während es bei den höheren Gliedern, wie z. B. beim Benzoylchlorid, des Erhitzens bedarf, um die Umsetzung herbeizuführen. Sulfosäurechloride sind selbst gegen siedendes Wasser eine Zeitlang beständig (siehe Benzolsulfochlorid S. 179). Alkalien wirken naturgemäß weit lebhafter als Wasser auf Säurechloride ein. Mit Alkoholen und Phenolen reagieren die Säurechloride unter Bildung von Säureestern.
Versuch a: Man gieße etwa 1/2 ccm Acetylchlorid allmählich zu 2 ccm Wasser, das sich in einem Reagenzrohr befindet.
112
Organiseh-präparativer Teil
Ist das Wasser sehr kalt, so kann man kurze Zeit die im Wasser untersinkenden und mit diesem sich nicht mischenden Tropfen des Chlorids beobachten. Schüttelt man das Rohr, so tritt eine lebhafte Reaktion unter Erwärmung ein. Versuch b: Man führe den gleichen Prozeß mit B e n z o y l chlorid aus. Auch bei längerem Schütteln keine wahrnehmbare Veränderung; man muß einige Zeit kochen, um die völlige Zersetzung zu erreichen. Nach dem Erkalten kristallisiert Benzoesäure aus. In gleicher Weise bringe man Benzoylchlorid mit 2n-Lauge zusammen. Versuch: Zu 1 ccm Alkohol, welcher sich in einem durch Wasser abgekühlten Reagenzrohr befindet, fügt man tropfenweise das gleiche Volumen Acetylchlorid, versetzt dann, ebenfalls unter Kühlung, mit dem gleichen Volumen Wasser und macht vorsichtig mit Natron schwach alkalisch. Hat sich nicht schon hierbei über der wäßrigen Flüssigkeit eine leicht bewegliche Schicht des angenehm riechenden Essigesters abgeschieden, so fügt man noch so lange fein pulverisiertes Kochsalz hinzu, bis sich dies nicht mehr löst, wobei die Abscheidung des Essigesters eintreten wird. Man bringe in gleicher Weise Benzoylchlorid mit etwas überschüssigem Alkohol zusammen und prüfe am Geruch die Geschwindigkeit der Einwirkung. Säurechloride benutzt man auch, um zu entscheiden, ob eine vorliegende noch unbekannte Verbindung eine alkoholische oder phenolartige Hydroxylgruppe enthält oder nicht. Reagiert ein Stoff mit einem Säurechlorid, so ist dies der Fall, da alle Verbindungen, die den Sauerstoff in anderer Bindungsform, z. B. ätherartig gebunden enthalten, indifferent sind. Durch Zusatz von wasserfreiem Natriumacetat kann die Reaktion oft wesentlich erleichtert werden. Schließlich wendet man die Einwirkung eines Säurechlorides auf Alkohole und Phenole noch an, um sie aus Lösungen abzuscheiden oder um sie zu charakterisieren. Man bedient sich zu diesem Zwecke jedoch meistens des Benzoylchlorids. Methylalkohol gibt z. B. mit p-Nitrobenzoylchlorid den schön kristallisierten Methylester, der geringe Mengen aus wäßriger Lösung herauszuholen erlaubt. Auf die Salze von Carbonsäuren wirken Säurechloride unter Bildung von Säure-anhydriden ein (siehe nächstes Präparat). Es darf nicht unerwähnt bleiben, daß die Acylierung von Alkoholen, Phenolen und Aminen mit Säurechloriden (und auch Anhydriden) statt nach dem alten Verfahren von SCHOTTEN-BAUMANN — Einwirkung von Säurechlorid in alkalisch-wäßriger Suspension — heute vielfach
113
Säurechloride
11,1
in Pyridinlösung vorgenommen wird. Der Chlorwasserstoff wird vom Pyridin gebunden. Auch auf Ammoniak, sowie auf primäre und sekundäre organische Basen wirken Säurechloride mit großer Leichtigkeit ein: CHJ-CO-CL + 2 N H S = C H A - C O - N H , +
Acetamid
NH4C1,
CHG-CO-CL + 2 C . H 5 . N H , = C E H S • N H • C O • C H S + C 8 H 5 . N H » C 1 .
Anilin Acetanilid V e r s u c h : a) Zu 1 ccm Anilin fügt man tropfenweise Acetylchlorid, wobei unter lebhaftem Zischen eine heftige Reaktion eintritt, welche jedoch aufhört, sobald etwa das gleiche Volumen des Chlorides hinzugefügt ist. Unter Kühlung mit Wasser versetzt man dann mit dem fünffachen Volumen Wasser, wobei sich ein reichlicher Niederschlag von A c e t a n i l i d abscheidet, dessen Menge noch vermehrt werden kann, wenn man die Gefäßwände mit einem Glasstabe reibt. Der Niederschlag wird abfiltriert und aus wenig heißem Wasser umkristallisiert. Schmelzp. 115°. b) In gleicher Weise verfahre man mit Benzoylchlorid. Auch diese Reaktion wird benutzt, um die organischen Basen durch Überführung in ihre meist kristallisierten Säurederivate zu charakterisieren und um kleine Mengen, vor allem von flüssigen Basen, durch eine Schmelzpunktsbestimmung zu erkennen. Um die Base voll umzusetzen — ein Mol wird ja durch die freiwerdende Salzsäure gebunden — setzt man beim Arbeiten in wäßriger Lösung oder Suspension Alkali oder Carbonat, in wasserfreiem Lösungsmittel trocknes Kaliumcarbonat oder Pyridin zu. Da tertiäre Basen mit Säurechloriden nicht reagieren, da sie kein ersetzbares Wasserstoffatom mehr enthalten, so kann man mit Hilfe der Einwirkung eines Säurechlorids auch entscheiden, ob eine Base einerseits primär oder sekundär oder anderseits tertiär ist.Ferner sei hier auf die wichtige Verwendung der Säurechloride bei der FRIEDEL-CBAFTS sehen Reaktion verwiesen (S. 323). Nach Art der ScHOTTEN-BAUMANNSchen Reaktion läßt sich auch Hydroperoxyd aeylieren. Man kommt so zu S ä u r e p e r o x y d e n . D a r s t e l l u n g von B e n z o y l p e r o x y d . 1 Zu 50 ccm etwa 10 °/0 igen wäßrigen Hydroperoxyds läßt man unter guter Eiskühlung und stetem Schütteln (am besten in einer Glasstöpselflasche) abwechselnd 4 n-Natronlauge und Benzoylchlorid tropfen, derart, daß die Lösung immer schwach alkalisch bleibt. Nachdem etwa 30 ccm Lauge und 15 g Benzoylchlorid verbraucht sind, ist das Hydroperoxyd umgesetzt, das Peroxyd der Benzoesäure hat sich in kristallinischen Flocken abgeschieden und der 1
v . PECHMANN U. VANINO, B . 2 7 , 1 5 1 0 (1894).
GATTHRMAMH, Praxis. 21. Auflage.
8
114
Oryanisch-präparativer
Teil
Geruch des Chlorids ist nahezu ganz verschwunden. Man saugt ab, wäscht mit Wasser aus und trocknet. Ausbeute 10—12 g. Aus wenig Alkohol, in dem nur kurz zum Sieden erwärmt wird, kristallisiert die Substanz in schönen farblosen Prismen. Schmelzpunkt 106—108° unter Zersetzung. Eine kleine Probe erhitze man im trocknen Reagenzglas rasch über der Flamme. Besonders rein wird das Peroxyd erhalten, wenn man seine konz. Lösung in Chloroform in das doppelte Volumen Methylalkohol einfließen läßt. Das Peroxyd der Benzoesäure vermittelt die einfachste Synthese von Alkylenoxyden nach PBILESCHAJEW. In abs. ätherischer oder noch besser benzolischer Lösung wird es nämlich durch Natriumäthylat gespalten in das Natriumsalz der Benzopersäure und in Benzosäureester.1 C.H. • C - O — O - C • C8H6 —>- C,Ht • C-O—ONa + H 6 C , 0 - C - C s H 6 .
1 * 0
4
A
Die wenig beständige Persäure, die wie alle Persäuren viel schwächer ist als die zugehörige Carbonsäure, wird nach dem Ansäuern des Natriumsalzes in Chloroform aufgenommen. Ihre Chloroformlösung dient als Reagens für die oben erwähnte Reaktion, die auf S. 9 9 bereits formuliert ist. Äthylen selbst tritt nicht in Reaktion.
2. Essigsäure-anhydrid.2 Zur Darstellung des Essigsäureanhydrids benutzt man den gleichen Apparat wie beim Acetylchlorid. Zu 80 g fein pulverisiertem, wasserfreiem Natriumacetat (dessen Darstellung siehe unten) läßt man aus einem Tropftrichter tropfenweise 54 g (s/4 Mol) Acetylchlorid fließen. Sobald etwa die erste Hälfte des Chlorids hinzugefugt ist, unterbricht man die Reaktion auf kurze Zeit, um mit Hilfe eines am untern Ende der Länge nach breit gedrückten und etwas umgebogenen Glasstabs die breiige Masse durcheinander zu rühren, und läßt erst dann den Rest nachfließen, so langsam, daß kein unveränderte» Acetylchlorid übergeht Hierauf destilliert man mit l e u c h t e n d e r Flamme unter fortwährendem Bewegen des Brenners das Anhydrid von dem Salzrückstande ab. Das Destillat wird schließlich unter Zusatz von 3 g fein pulverisiertem wasserfreien Natriumacetat, 1
BAETKB U. VILLIGEB, B . 3 3 , 1575 (1900). » C. GERHABDT, A . CH. [3] 3 7 , 3 1 3 (1853).
115
Essigsäureanhydrid
welches die letzten Anteile unveränderten Acetylchlorids vollends zu Essigsäureanhydrid umsetzt, einer fraktionierten Destillation unterworfen. Siedepunkt des Essigsäureanhydrids 138°. Ausbeute 55—60 g. Verwendung für A c e t y l i e r u n g e n , Pebkcnsehe Reaktion (V, 8 S. 218), A c e t o p h e n o n (IX, 3b S. 327). Das Präparat ist auf Chlor zu prüfen, indem man eine Probe mit Wasser kocht und nach Zugabe von verdünnter HNO s einige Tropfen Silbernitratlösung zufügt. In analoger Weise kann das schön kristallisierte B e n z o e s ä u r e a n h y d r i d (Schmelzp. 42°) präparativ gewonnen werden. Es wird auch erhalten, wenn man Benzoesäure mit einem Überschuß von Essigsäureanhydrid kocht („Umanhydrisieren"). D a r s t e l l u n g des w a s s e r f r e i e n N a t r i u m a c e t a t s : Das kristallhaltige Salz (3H a O) erhitzt man in einer flachen Schale aus Eisen oder Nickel direkt über dem Brenner. Nachdem das Kristallwasser verdampft ist, erstarrt die Schmelze. Es wird hierauf durch vorsichtiges Erhitzen das wasserfreie Salz auch zum Schmelzen gebracht. Nach dem Wiedererstarren wird das Salz noch warm gepulvert und sofort unter Verschluß gesetzt. Auch das käufliche wasserfreie Acetat muß noch einmal geschmolzen werden. Die Einwirkung des Acetylchlorides auf das Natriumacetat vollzieht sich nach folgender Gleichung: CH,C=0 CH.CO-Cl + CHa.CO-ONa = > 0 + NaCl. CH,C=0 Auch gemischte Anhydride, welche zwei verschiedene Säureradikale enthalten, kann man nach dieser Reaktion bereiten, wenn man Chlorid und Salz zweier verschiedener Säuren anwendet. Da wie oben beim Acetylchlorid ausgeführt, aus dem Alkalisalz einer Säure und POClj ein Säurechlorid erhalten werden kann, so ist es für die Darstellung eines Anhydrids nicht erforderlich, das Chlorid zuerst zu isolieren; man kann es vielmehr sofort auf einen Uberschuß des Salzes weiter einwirken lassen, so daß aus FOClg und dem Salz direkt ein Anhydrid erhalten werden kann (technisches Verfahren. Man formuliere diese ßeaktion. Die Säureanhydride sind in den niederen Reihen farblose Flüssigkeiten in den höheren kristallisierte feste Stoffe. Sie besitzen einen scharfen Geruch, sind in Wasser unlöslich, lösen sich jedoch in indifferenten organischen Lösungsmitteln auf. Ihr spez. Gewicht ist größer als das des Wassers. Der Siedepunkt liegt höher als der der entsprechenden Säure: Essigsäure 118°, Essigsäureanhydrid 138°. 8*
116
Organiseh-präparativer Teil
Der Schmelzpunkt liegt im allgemeinen tiefer. Die niedrigeren Glieder können unter gewöhnlichem Druck ohne Zersetzung destilliert werden; in den höheren Reihen muß die Destillation im Vakuum vorgenommen werden. Das chemische Verhalten der Anhydride gegen Wasser, Alkohole Phenole, sowie Basen gleicht vollkommen dem der Chloride; nur reagieren die Anhydride langsamer als die Chloride. Versuch: Man versetze 5 ccm Wasser mit l / 2 ccm Essigsäureanhydrid. Dieses sinkt zu Boden und löst sich selbst nach längerem Schütteln nicht. Erwärmt man jedoch die Mischung des Anhydrida mit Wasser einige Zeit, so tritt unter Aufnahme von Wasser Lösung ein. Nimmt man statt Wasser verdünnte Lauge, so tritt die Lösung rascher ein. Essigsäureanhydrid wird überaus häufig benutzt, um die Acetylgruppe in alkoholisches oder phenolisches Hydroxyl oder in ein AmmoniakR derivat HN 0 — H,0 —>- 2 H,C=CO . H,CCO Präparative Darstellung von Keten durch thermische Zersetzung von Aceton (Schmxdlin): CH. CO.CH, >- CH, : CO + CH4. Die Analogie der Säureanhydride mit den Säurechloriden wird verständlich, wenn man sich die nahe Verwandtschaft der beiden Körperklassen näher ansieht. Hier wie dort ist das Hydroxyl der Carboxylgruppe durch den anionischen Bestandteil einer Säure, beim Chlorid durch Cl, beim Anhydrid durch Acetoxyl 0—CO • CH3 ersetzt. Man kann die Anhydride der organischen Säuren auch als Diacyloxyde bezeichnen (Acyl = Säureradikal, z. B. CH3-CO = Acetyl) und den Athern, den Dialkyloxyden formal an die Seite stellen. Die Äther gehören zu den reaktionsträgsten Verbindungen der ganzen organischen Chemie. Woher kommt dann die große Reaktionsfähigkeit der gleichartig gebauten Anhydride? Die schwache Stelle in ihrem Molekül haben wir nicht an der Sauerstoffbrücke, sondern an der Doppel-
117
Acetamid bindung
> C = 0 zu suchen.
Hier finden Additionen statt, z. B. von
Wasser und Ammoniak u. a.: H3C—C=0 H, , 0 - 0 = 0
/OH
H,C—C^-OH > H„C—0=0
; mit NHS
/NHA H,C—CC-OH
>
H.C—C=0
Die Zwischenprodukte, die in Klammern stehen, sind äußerst labil, da sie OH und die negative Acetoxylgruppe am gleichen C-Atom tragen (vgl. S. 91); sie zerfallen daher in 2 Mol Säure oder im Fall des Ammoniaks in Essigsäure und Acetamid. In gleicher Weise ist die Reaktion mit Alkoholen zu formulieren. Man sieht, daß bei der Einführung einer Acylgruppe mit einem Säureanhydrid (in einen Alkohol, ein Amin usw.) stets einer der beiden Säurereste des Moleküls zur Säure umgewandelt, für die Acylierung also nicht ausgenutzt wird. Die große Keaktionsfähigkeit der Säurechloride hat die gleiche Ursache, wie sie für die Anhydride erörtert wurde.
3. Acetamid.1 80 g Ammoniumacetat — darstellbar aus Ammoniumcarbonat und Eisessig2 — und 60 ccm Eisessig werden auf dem Drahtnetz in einem kleinen Rundkolben mit aufgesetzter 2—3 kugeliger Kolonne 1 Stunde lang bis nahe zum Siedepunkt erhitzt, dann noch 5 bis 6 Stunden lang im gelinden Sieden erhalten. Man achtet darauf, daß in dieser 2. Phase an dem im oberen Tubus der Kolonne eingeführten Thermometer die Temperatur von 103° nicht oder nur wenig überschritten wird; der Eisessig und das bei der Reaktion gebildete Wasser destillieren langsam oben ab und können durch einen kleinen, über das Abzugsrohr gestülpten Kühler kondensiert und — zur Kontrolle — in einem vorgelegten Meßzylinder aufgefangen werden. Wenn etwa 80 ccm übergegangen sind, ist die Reaktion zu Ende. Man läßt etwas erkalten, gießt die noch warme Schmelze in einen gewöhnlichen Fraktionierkolben über und fängt nach einem kleinen Vorlauf die Hauptmenge bei 195—220° auf. Wenn das Produkt beim Abkühlen und Reiben nicht vollständig er1 Im Prinzip nach FRANÇOIS, C . 1906, I, 1089. HITCH U. GILBERT, Am. Soc. 35, 1 7 8 0 ( 1 9 1 3 ) ; W. A. NOTES U. GOEBEL, ebenda 44, 2 2 9 4 (1922). ' In 60 ccm Eisessig trägt man bei 40—50° so lange fein gepulvertes Ammoniumcarbonat ein, bis eine Probe, mit Wasser verdünnt, alkalisch reagiert. Man beachte, daß hierbei pro Mol Ammon-acetat VjMol H,0 entsteht.
Organisch-präparativer Teil
118
starrt, saugt man den flüssigen Anteil auf einer Nutsche scharf ab und trocknet den Rückstand auf Ton im nicht evakuierten Exsiccator. Aus dem Filtrat läßt sich ein weiterer Anteil Acetamid herausdestillieren. Die reine Verbindung siedet bei 223°. Eine kleine Probe kann aus Benzol umkristallisiert werden. Schmelzp. 80°. Ausbeute 40—45g. Verwendung des Präparates für A c e t o n i t r i l (II, 5 S. 125) und M e t h y l a m i n (II, 8 S. 142). Aus einer Säure kann man ganz allgemein das Amid darstellen, indem man ihr Ammoniumsalz der trocknen Destillation unterwirft oder zweckmäßiger noch, indem man es längere Zeit auf höhere Temperatur erhitzt. Man hat Acetamid meist durch Erhitzen von Ammoniumacetat im Einschlußrohr auf 200° dargestellt. Dabei kann jedoch die Umsetzung nicht vollständig zum Ziel führen, weil das hei der Reaktion entstehende Wasser wieder z. T. spaltend auf das Säureamid einwirkt: CH,• C—ONH4 —Jx CHj.C—NH, + H , 0 . A & Indem wir bei dem hier angegebenen Verfahren das gebildete Wasser ans dem ßeaktionsgemisch herausdestillieren, drängen wir die Gegenreaktion zurück und erhöhen die Ausbeute. Gleichzeitig wirkt der Überschuß an Eisessig der Dissoziation des Salzes nach: CH,-C—ONH« —>- CHj-COOH + NH,
A
entgegen. VgL dazu die Ausführungen über das Massenwirkungsgesetz auf S. 130 u. f. Eine gute Methode zur Darstellung von Acetamid besteht auch darin, daß man in eine ätherische Lösung von Essigsäureanhydrid Ammoniakgas einleitet, den Äther abdampft und das zurückbleibende Gemisch von Ammoniumacetat und Acetamid im Extraktor (Fig. 27) mit Benzol auszieht; das Salz bleibt ungelöst zurück. Durch Umsetzung von Säurechloriden und Estern mit Ammoniak lassen sich ebenfalls Säureamide bereiten. Ferner entstehen sie aus den Nitrilen bei der Einwirkung starker Mineralsäuren unter Wasseraufnahme. Ein Beispiel für diese Reaktion ist auf S. 128 gegeben. Versuch: In einer Porzellanschale versetzt man 10 g fein pulverisiertes kohlensaures Ammonium mit 5 g Benzoylchlorid, rührt beide mit einem Pistill gut durcheinander und erwärmt so lange auf dem Wasserbade, bis der Geruch des Säurechlorides verschwunden ist. Man verdünnt dann mit Wasser, saugt ab, wäscht auf dem Filter mit Wasser nach und kristallisiert aus Wasser um. Schmelzpunkt des B e n z a m i d s 128°.
Acetamid
119
Die Säureamide sind mit Ausnahme des niedrigsten Gliedes, des Formamids HCO*NHa, welches flüssig ist, farblose, kristallisierte Substanzen, welche in den niederen Reihen in Wasser leicht löslich sind; auch die höheren Glieder werden meist aus heißem Wasser umkristallisiert. Die Siedepunkte liegen bei weitem höher als die der Säuren: Essigsäure, Siedepunkt 118° Propionsäure, Siedepunkt 141°, Acetamid, „ 223° Propionamid, „ 213°. Der basische Charakter der Aminogruppe ist durch den mit ihr verbundenen Acylrest beinahe ganz zum Verschwinden gebracht. Zwar kennt man Salze der Amide mit starken Säuren, die aber durch Wasser soforc vollständig in die Bestandteile zerlegt werden. Nur der Harnstoff, das Diamid der Kohlensäure, bildet beständige Salze, deren Existenz durch die zweite NH2-Gruppe gewährleistet wird. Charakteristisch für die Säureamide sind ihre Verbindungen mit zweiwertigem Quecksilber, in denen das Metall — nicht salzartig, ionogen — am Stickstoff haftet. Sie entstehen bei der Umsetzung der Amide mit Quecksilberoxyd, z. B.: 2CHj.CO.NH, + HgO — ( C H , . C O . N H ) , H g + H,0. V e r s u c h : Man löst etwas Acetamid in Wasser auf, versetzt mit wenig gelbem Quecksilberoxyd und erwärmt. Das letztere geht hierbei in Lösung, indem sich die oben formulierte Verbindung bildet. Die Reaktion der Wasserentziehung, die zu Nitrilen führt und die der Einwirkung von Hypohalogeniten auf Säureamide, werden in den nachfolgenden Präparaten behandelt. Durch hydrolysierende Agenzien wird die Aminogruppe — anders als bei den Aminen — mehr oder weniger leicht wieder abgespalten unter Rückbildung der Säuren. Über die Ursache dieses verschiedenen Verhaltens vgl. das auf S. 116/17 Gesagte. V e r s u c h : In einem Reagenzrohr erwärmt man etwas Acetamid mit 2 n-Natronlauge. Es tritt ein intensiver Ammoniakgeruch auf, während die Lösung essigsaures Natrium enthält. Die Essigsäure weist man nach, indem man mit konz. Salzsäure gerade kongosauer macht, das Reagenzglas mit daraufgehaltenem Daumen durchschüttelt und dann zum Sieden erhitzt (Siedestein!). Ein über die Mündung gehaltenes Lackmuspapier wird rot. (Allgemeiner Nachweis von flüchtigen Säuren). Die Reaktion der Amide mit PC15, die über die Amidchloride zu den I m i d c h l o r i d e n führt, sei hier nur kurz erwähnt.
120
Organiseh-präparativer
Teil
4. Harnstoff und Semicarbazid. a) K a l i u m c y a n a t 1 d u r c h Oxydationsschmelze. 2 200 g gelbes Blutlaugensalz werden in einer Porzellanschale oder auf einem Eisenblech durch vorsichtiges Erhitzen vollkommen entwässert; eine Probe darf, im Eeagenzglas erhitzt, keinen Beschlag mehr geben, die Kristalle müssen vollkommen zerfallen sein. In gleicher Weise werden 150 g Kaliumpyrochromat durch Schmelzen von anhaftendem Wasser befreit. Die beiden ganz trocknen, vorher, jedes für sich, gepulverten Salze werden jetzt in einer Reibschale innig gemischt und dann in Portionen von je 4—5 g in eine eiserne Schale oder auf ein großes Eisenblech gebracht, die durch einen kräftigen Brenner (Teclu- oder Dreibrenner) stark, jedoch nicht bis zum Glühen erhitzt sind. Die Temperatur soll so hoch sein, daß jedesmal ein lebhaftes Aufglimmen eintritt; die schwarze lockere Masse, die dabei entsteht, darf keinesfalls zum Schmelzen kommen. Jeder Anteil wird nach sehr rasch beendeter Oxydation mit einem breiten Metallspatel zur Seite geschoben oder vom Blech entfernt. Die ganze Menge kann in 1—iy a Stunden auf diese Weise verarbeitet werden. Die vereinigten Schmelzen werden hierauf in einem Rundkolben mit 800 ccm heißem 80°/ 0 igen Alkohol übergössen und in einem lebhaft siedenden Wasserbad damit 3 Minuten lang im Kochen erhalten. Dann gießt man die klare Lösung, von dem schwarzen Bodenkörper in einen Erlenmeyer ab, der sofort in Eis eingestellt und dessen Inhalt durch Umschütteln möglichst schnell herabgekühlt wird. Nach kurzem Stehen wird die Mutterlauge von den abgeschiedenen Cyanatkristallen in den Auskochkolben zurückgegossen und das Auslaugen so oft (5—6 mal) wiederholt, bis alles Salz extrahiert ist (eine Reagenzglasprobe darf beim Abkühlen nichts mehr abscheiden). Das Salz wird nun auf einer Filterplatte scharf abgesaugt, zweimal mit Weingeist und dann noch dreimal mit Äther gewaschen und schließlich im Exsiccator scharf getrocknet. Ausbeute im Durchschnitt 80 g. 1
Da es nur e i n e Cyansäure gibt, halten wir es nicht für richtig, ihr diese Bezeichnung vorzuenthalten und sie, wie dies häufig geschieht, als iso-Cyansäure zu bezeichnen. 1 C. A. Bell, Chem. News 32, 99 (1875); Gattermann, B. 23, 1223 (1890); H. Ebdmann, B. 26, 2442 (1893).
Harnstoff und Semicarbaxid
11,4
121
b) H a r n s t o f f . 40 g Kaliumcyanat und 40 g Ammoniumsulfat werden, in 500 ccm Wasser gelöst, in einer Porzellanschale auf dem Wasserbad zur Trockne verdampft. Den Rückstand kocht man in einem Rundkolben erschöpfend mit absol. Alkohol aus und engt die alkoholische Lösung ein, bis beim Abkühlen und Impfen Kristallisation eintritt. Schmelzp. 132°. Aus den Mutterlaugen isoliert man nach dem Abdampfen des Alkohols den Rest als Nitrat. Zur Darstellung des N i t r a t s löst man einige Gramm Harnstoff in einigen ccm Wasser und fügt tropfenweise konz. Salpetersäure zu, wobei das Salz sich in schönen Kristallen abscheidet. Harnstoffnitrat ist in Wasser nicht allzu schwer löslich, worauf man heim Auswaschen zu achten hat. c) S e m i c a r b a z i d . 1 52 g Hydrazinsulfat werden in 200 ccm siedendem Wasser unter Zugabe von 21 g wasserfreier Soda gelöst. Dann kühlt man auf 50° ab, setzt die Lösung von 35 g Kaliumcyanat in 100 ccm Wasser zu und läßt über Nacht stehen. Nachdem man von geringen Mengen Hydrazodicarbonamid (entstanden nach H a N• CO • NH • NH 2 + 0 = C = N H ->- H 2 N-CO-NH-NH.CO-NH 2 ) abfiltriert hat, fügt man zu der Lösung 60 ccm Aceton und läßt unter häufigem Umschütteln wiederum 24 Stunden lang stehen. Das auskristallisierte A c e t o n s e m i c a r b a z o n wird scharf abgesaugt, mit wenig Wasser gewaschen und auf Ton oder im Vakuum getrocknet. Die Mutterlauge wird auf dem Wasserbad zur Trockne eingedampft, gepulvert und im Extraktionsapparat mit Alkohol ausgezogen, wobei Semicarbazon im Siedekolben auskristallisiert. Sollte eine Probe des Hauptprodukts beim Verbrennen auf dem Platinblech erhebliche Mengen von Asche hinterlassen, so empfiehlt sich die gleiche Maßnahme auch für diesen Anteil. Zur Zerlegung des Semicarbazons werden je 10 g mit 8 ccm konz. Salzsäure übergössen und gelinde erwärmt, bis eben Lösung eingetreten ist. Beim Erkalten kristallisiert das salzsaure Semicarbazid zu einem dicken Brei, der scharf abgesaugt, mit wenig kalter Salzsäure (1:1) und dann noch zweimal mit je 3—5 ccm eiskaltem Alkohol gewaschen wird. Das Salz wird im Exsiccator scharf getrocknet. Ausbeute 2 2 — 2 5 g. 1
THIELE U. STANGE,
B. 27, 31 (1894); H.
BILTZ,
A. 339, 250 (1905).
122
Organisck-präparativer
Teil
Um das freie Semicarbazid zu bereiten, zerreibt man 5,5 g des Chlorhydrats mit 4,5 g entwässerten Natriumacetats (S. 114) in einer kleinen Eeibschale, bringt den Brei, der durch Bildung freier Essigsäure entsteht, mit dem Spatel in einen Erlenmeyer von 100 ccm, spült mit Alkohol nach und kocht auf dem Wasserbad unter Umschütteln mit (im ganzen) 50 ccm Alkohol auf. Hierauf saugt man ohne Verzug vom ausgeschiedenen Kochsalz auf gut gedichteter Filterplatte ab. Aus dem klaren Filtrat kristallisiert beim Erkalten das freie Semicarbazid langsam in großen Säulen vom Aussehen des Harnstoffs aus. Schwer löslich in Alkohol, leicht in Wasser. Versuche: Semicarbazid reduziert als primäres Hydrazid (der Carbaminsäure) ammoniakalische Silberlösung und F E H L I N G sche Lösung. Mit Aldehyden und Ketonen tritt es leicht unter Wasserabspaltung zu Semicarbazonen zusammen, die wegen ihrer leichten Spaltbarkeit vor den Phenylhydrazonen und Oximen bei der Abscheidung und Reinigung jener Verbindungen den Vorzug verdienen. Man schüttle eine wäßrige Lösung des dargestellten Salzes mit einigen Tropfen Benzaldehyd, isoliere und reinige das Semicarbazon durch Umkristallisieren aus Alkohol. Schmelzp. 214° (Zers.). Durch gelindes Erwärmen des Benzaldehyd-semicarbazons mit konz. Salzsäure wird es in seine Komponenten zerlegt. Die später darzustellenden Ketone und Aldehyde sollen in gleicher Weise durch ihre Semicarbazone charakterisiert werden. d) Cyanid-Oxydation in Lösung. 1 Zu der wäßrigen Lösung von 20 g Kaliumcyanid und 20 g Kaliumhydroxyd in 40 ccm Wasser fügt man die Menge Kupferhydroxyd, die aus 40 g kristallisiertem Kupfersulfat mit KOH erhalten wird. Das Kupferhydroxyd muß gründlich, bis zum Verschwinden der S0 4 "-Reaktion ausgewaschen sein. Zu dem Gemisch bringt man die in der Hitze bereitete und rasch auf 50° unterkühlte Lösung von 32 g Kaliumpermanganat in 300 ccm Wasser und erhitzt das Ganze 2 Stunden lang unter öfterem Umschütteln 1 J . VOLHABD, A . 2 5 9 , 3 7 8 (1890); F . UIXHAMN n. UZBACHIAN, B . 3 6 , 1 8 0 6 (1903); MARCKWALD, B . 6 0 , 1 3 2 5 (1923). Die hier gegebene Vorschrift stammt von GAIL und LEHMANN B . 61, 6 7 5 (1928).
11,4
Harnstoff und
Semicarbazid
123
auf 60°. Das nicht umgesetzte Permanganat wird in der erkalteten Lösung durch langsamen Zusatz von Hydroperoxyd zersetzt dann saugt man die wasserklare, cyanidfreie (PrüfungI) Lösung auf der Nutsche vom Braunstein ab, den man mit wenig Wasser nachwäscht. Das Filtrat wird im Vakuum auf ein Volumen von 40—50 ccm eingedampft. Beim Abkühlen der konz. Lösung in Eis-Kochsalzmischung kristallisiert nach kurzer Zeit das entstandene Kalium cy an at aus, das man nach einigem Stehen scharf absaugt und aus 80 proz. Alkohol wie unter 4 a umkristallisiert. Die Ausbeute beträgt 15—18 g. Bemerkenswert ist bei dieser Oxydationsmethode der starke katalytische Einfluß des Kupfers, durch den eine erhebliche Beschleunigung der Permanganatwirkung hervorgerufen wird. Will man, ohne das Kaliumcyanat zu isolieren, Harnstoff darstellen, so fügt man zu dem Filtrat von Braunstein 55 g Ammoniumchlorid, dampft die Lösung auf dem Wasserbad ein und isoliert den Harnstoff nach b). Die WÖHLES sehe Harnstoffsynthese, durch die vor 100 Jahren zum ersten Mal ein Produkt der Zelltätigkeit künstlich erhalten wurde, bildet das Vorbild für die vielen Anlagerungsreaktionen, die sich an dem reaktionsfähigen Molekül der Cyansäure und ihrer Ester und ebenso in der Reihe der analogen Thioverbindungen vollziehen. Es handelt sich hier um eine Addition von NHS an die C=N-Doppelbindung: NH,
Ob sich die Anlagerung vom Salz aus vollzieht oder ob man eine vorhergehende Dissoziation annimmt, ist für die Erklärung belanglos. Die Reaktion mit Aminen ergibt substituierte Harnstoffe, die mit Hydrazin Semicarbazid:
Die gleichartigen Reaktionen der oben aufgeführten, mit der Cyansäure verwandten Verbindungen, ergeben sich von selbst.
Versuch: Einige Kubikzentimeter der Cyanatlösung säure man mit verdünnter Salzsäure an. C02-Entwicklung und der scharfe, dem von S0 2 überaus ähnliche Geruch der freien Cyansäure. Die Zersetzung der freien Cyansäure in wäßriger Lösung geht auf eine analoge Reaktionsweise zurück. Es wird Wasser addiert und die so entstehende Carbaminsäure zerfällt in NH„ und CO.: 0=C=NH
HO
0=C
- C„H6 • C=CH • CO • CH, H Benzalaceton,
entspricht die analoge Reaktion der aromatischen Nitrosoverbindungen. Sie verlangt besonders stark aufgelockerte Wasserstoffatome umd ist daher mit einfachen Ketonen, wie Aceton, nicht durchführbar. Die Produkte sind, wie ohne weiteres verständlich, Azomethine. Mit; Hilfe 1
A . BAETEB, B . 7 , 1638 (1874).
III, 5
Nitrosobenzol
171
dieser Kondensation ist die Synthese von 1,2,3-Triketonen möglich gewesen (F. SACHS), Z. B.: CHA-CO-CHJ-CO-CH, + ON-/^
VN(CH8),
Acetylaceton, CHJ-CO »
C=N-C=0 überzuführen. Der gleiche Effekt wird in ganz ähnlicher Reaktion durch die Einwirkung von salpetriger Säure auf Ketone erreicht (vgl. die Synthese von Diacetyl aus Äthyl-methylketon). Schließlich läßt sich Nitrosobenzol auch der GBIGNABD sehen Reaktion unterwerfen. Mit Phenylmagnesiumbromid entsteht in der üblichen Weise D i p h e n y l h y d r o x y l a m i n , eine höchst reaktionsfähige Substanz: CH >- C , H 5 . NX/ ' ' +H.0 OMgBr C S H 5 NC,H 5 + MgBr(OH). ÖH
C,H,.N=0 + Br-Mg.C.H,
Diphenylhydroxylamin wird, wie Phenylhydroxylamin, und zwar am besten mit Silberoxyd, dehydriert. Hier kann nur das eine H-Atom der OH-Gruppe abgespalten werden, die so darstellbare rote, kristallisierte Substanz enthält v i e r w e r t i g e n Stickstoff und zeigt wie Stickstoffdioxyd die Reaktionsweise eines freien Radikals. Wie die Formel zeigt, leitet es sich vom Stickstoffdioxyd dadurch ab, daß in diesem ein 0 durch zwei C6H5 ersetzt ist: ) N = 0 Diphenylstickstoffoxyd.
H5C/
Versuch. A z o x y b e n z o l aus P h e n y l h y d r o x y l a m i n und N i t r o s o b e n z o l . Zur Lösung von 1 g Nitrosobenzol in 10 ccm Alkohol setzt man 1 g Phenylhydroxylamin, dann fugt man einige Tropfen starker Kalilauge (1:1) unter Umschütteln hinzu und erwärmt einige Minuten auf dem Wasserbad. Die gelbrote Lösung
172
Organisoh-präparativer Teil
wird nun abgekühlt, wobei beim Reiben mit dem Glasstab das Reaktionsprodukt als gelbe Kristallisation herauskommt. Da Azoxybenzol schon bei 36° schmilzt, scheidet es sich aus übersättigter Lösung gern ölig ab. Durch Umkristallisieren aus wenig Alkohol oder aus Petroläther (Impfkristalle zurückbehalten!) wird die Verbindung hellgelb, fast farblos erhalten. Die schwache Färbung des Azoiybenzols gegenüber dem roten Azobenzol wird durch die alte Formel I verständlicher, als durch die von ANGELI an ihre Stelle gesetzte II. I. H6Ce • N—N • C e Hj, II. H 6 C,-N=N-C,H 6 . O Doch spricht die Tatsache, daß unsymmetrische Azoxybenzole in zwei isomeren Formen auftreten (ANGELI), nämlich: ß-N=N-R' und E-N=N-R' h
Ä
überzeugend für Formel II. Der Mechanismus der ausgeführten Kondensation ist klar, er entspricht durchaus der Nitronbildung aus Phenylhydroxylamin und Aldehyden (S. 167): C.H.-NH + ON.C4H6 C,H6.N-N.C)>H6 _ H ,o C a H 5 .N=N.C.H 6 . I —>• I I —»1 OH OH OH 0 Die Beziehungen von Azoxybenzol zu Azo- und Hydrazobenzol kommen bei den Erläuterungen zum nächsten Präparat zur Sprache. Hier sei noch die interessante Umlagerung erwähnt, die Azoxybenzol durch konzentrierte Schwefelsäure erfährt; dabei entsteht p-Oxyazobenzol, die Muttersubstanz der sauren Azofarbstoffe (WALLACH). C,H 6 .N=N.C 8 H i
v
C e H,-N=N-^
^OH.
6. Hydrazobenzol und Azobenzol. a) Hydrazobenzol. Ein Rundkolben von 1 Liter Inhalt wird mit einem gut sitzenden, dünnrohrigen Anschützaufsatz (Fig. 31) versehen. Das seitliche Rohr wird durch ein kurzes Stück weiten Gummischlauchs mit dem Kühlrohr eines schräg eingespannten Liebigkühlers verbunden, derart, daß der Rundkolben ohne Mühe kräftig geschüttelt werden kann. Das vertikale Rohr des Aufsatzes wird
in, 6
Bydraxobenxol
und
Azobenzol
173
durch einen Kork verschlossen und dient zum Einbringen des für die Reduktion erforderlichen Zinkstaubs. Es werden nun 50 g A t z n a t r o n in 150 ccm Wasser gelöst und die noch warme Lauge zusammen mit 50 ccm Alkohol und 41 g (YJ Mol) Nitrobenzol in den Kolben gegeben. Unter kräftigem Schütteln setzt man zuerst 6—8 g Zinkstaub zu, läßt die erste heftige Reaktion, stets weiter schüttelnd, zu Ende gehen und erhält dann durch dauernde Zinkstaubzugabe das Reaktionsgemisch im Sieden. Man achte darauf, daß die Umsetzung nicht allzu stürmisch wird, vermeide es aber, ihren Verlauf durch Kühlen zu unterbrechen. Der Kolbeninhalt färbt sich zuerst rot (Azobenzol), wird aber schließlich lichtgelb, wenn die nötige Menge des Reduktionsmittels zur Einwirkung gekommen ist Man braucht etwa 100 bis 120 g (75-proc.) Zinkstaub. Sollte die Reaktion vorzeitig zum Stillstand kommen, so erhitzt man auf einem lebhaft siedendenWasserbad. Es ist unerläßlich, den Kolbeninhalt fortwährend durch starkes Schütteln in Bewegung zu halten, damit der schwere Zinkstaub mit der organischen Substanz in stete Berührung kommt. Zu der zu Ende reduzierten und auf dem Wasserbad erhitzten Mischung gibt man schließlich 500 ccm Alkohol, der in der Siedehitze das ausgeschiedene Hydrazobenzol löst. Der ganze Kolbeninhalt wird siedend heiß auf einer Nutsche abgesaugt (vorher Flammen in der Nähe auslöschen!), der Kolben sofort mit 50 ccm heißem Alkohol nachgespült, der zum Auswaschen des auf dem Filter bleibenden übrigen Zinkstaubs dient. Das Filtrat läßt man in der verschlossenen Saugflasche erkalten, steigert die Kristallisation durch Kühlung in einer Kältemischung, saugt nach einer Stunde scharf ab und wäscht das beinahe farblose Reaktionsprodukt einige Male mit 50-proc. Alkohol, bis das Filtrat nicht mehr alkalisch reagiert. Durch Umkristallisieren aus nicht zu viel heißem Alkohol erhält man das Hydrazobenzol bei raschem Arbeiten völlig farblos und rein. Schmelzp. 124° unter Gelbfärbung. Bei der großen Neigung zur Autoxydation, die auch ein ununterbrochenes Arbeiten bei der Darstellung verlangt, ist Hydrazobenzol — im Vakuum gut getrocknet — nur in gut schließenden, mit C0 2 oder N2 gefüllten Gläsern, besser noch in zugeschmolzenen Röhren, längere Zeit ohne Verfärbung haltbar. Die Ausbeute an Rohprodukt, das zu den weiteren Präparaten direkt benutzt werden kann, beträgt 20—25 g.
174
Organisch-präparativer Teil
b) A z o b e n z o l a a s H y d r a z o b e n z o l . 1. D u r c h D e h y d r i e r u n g . Man läßt 10g Brom ( = 3«2ccm) in eine Lösung von 6-0 g NaOH in 75 ccm H 2 0 (75 ccm einer 2n-NaOH-Lösung) unter Eiskühlung tropfen und schüttelt mit dieser Bromlauge 9-2 g Hydrazobenzol Mol) in 60 ccm Äther in einem kleinen Scheidetrichter 10 Minuten lang durch, trennt die ätherische Lösung von der wäßrigen, verdampft den Äther und erhält die orangeroten Blättchen von Azobenzol, das, aus wenig Alkohol umkristallisiert, bei 68° schmilzt. Ausbeute quantitativ. Auch beim mehrstündigen Durchsaugen von Luft durch eine mit Alkali versetzte alkoholische Lösung von Hydrazobenzol entsteht in guter Ausbeute Azobenzol. 2. D u r c h D i s p r o p o r t i o n i e r u n g . 1—2 g Hydrazobenzol werden im Reagenzglas über kleiner Flamme zum Schmelzen erhitzt. Die orangerote Schmelze erhitzt man vorsichtig weiter bis zum beginnenden Sieden des gebildeten Anilins. Beim Erkalten erstarrt das Gemisch zu rotem Azobenzol, das in Anilin eingebettet ist. Man kann die Base mit Wasser herausschütteln und durch die Chlorkalkreaktion nachweisen das Azobenzol wie oben aus Alkohol Umkristallisieren. Will man bei Umsetzung von mehr Hydrazobenzol auch das Anilin in natura isolieren, so trennt man es durch verdünnte Essigsäure vom Azobenzol und setzt es aus der Lösung seines Acetats durch konzentrierte Lauge wieder in Freiheit. Ausäthern usw. Azobenzol, mit dem Chromophor — N = N — die Grundsubstanz der Azofarbstoffe, ist ein sehr beständiger, unzersetzt destillierbarer Körper. Anders als bei den meisten andern Azoverbindungen ist die N=N-Gruppe zwischen den beiden aromatischen Kernen sehr fest verankert. So erklart sich die bedeutende Echtheit der Azofarbstoffe. Mit konzentrierter Mineralsäure gibt Azobenzol rot gefärbte Salze, was man durch Übergießen der Substanz mit Salzsäure feststellt. Aufnahme von Wasserstoff führt wieder zur Hydrazoverbindung. Durch Einwirkung von Hydroperoxyd oder Salpetersäure läßt sich 0 anlagern; es entsteht die Azoxy Verbindung. Von der Synthese unsymmetrischer aromatischer Azokörper aus Nitrosoverbindung und primärem Amin war oben die Rede. Bei Schmelztemperatur zersetzt sich Hydrazobenzol nach der Gleichung:
H 5 C 6 -N;H HN—C6H5 H 6 C S -N:H HN-C 6 H S
H6C,.N ^
HsN.C6H5 +
H.N-C.H,
III, 6
Hydraxobenzol und
Azobenzol
175
zu A z o b e n z o l und A n i l i n . Eine ganz analoge Reaktion -wird später (S. 281) beim P h e n y l h y d r a z i n besprochen; ein einfaches Vorbild ist die S e l b s t z e r s e t z u n g des H y d r o p e r o x y d s in Sauerstoff und Wasser: 0;H
OH
0
0|H'^IH
I
HÖH +
HÖH
'
Wie dieser Prozeß, so wird auch die Selbstzersetzung des Hydrazobenzols durch Platinmetalle katalytisch beschleunigt.
c) Benzidin aus Hydrazobenzol. 9.2 g Hydrazobenzol werden in möglichst wenig Äther gelöst und zu 100 ccm mit Eis gekühlter etwa 7 n-Salzsäure (konz. Säure mit dem gleichen Volumen Wasser verdünnt) unter Umschütteln getropft. Das salzsaure Benzidin scheidet sich kristallinisch aus und wird nach Zusatz von 50 ccm konz. Salzsäure und 1/2 stündigem Stehen der Reaktionsmischung abgesaugt und mit Salzsäure wie oben und wenig Äther gewaschen. Ausbeute 9—10 g. Das Chlorhydrat kann aus heißem Wasser unter Zusatz von konz. Salzsäure zur schwach abgekühlten Lösung umkristallisiert werden. Zur Gewinnung der f r e i e n B e n z i d i n b a s e versetzt man eine in der Wärme unter Zugabe von etwas verdünnter Salzsäure hergestellte, nicht zu konz. Lösung des Salzes, die man rasch auf 15—20° abkühlt, mit einem kleinen Überschuß von konz. Natronlauge; die kristallinisch abgeschiedene Base wird nach dem Absaugen gründlich mit Wasser ausgewaschen. Vor Zugabe der Lauge muß die Lösung des Salzes klar sein; von allenfalls auskristallisiertem Chlorhydrat muß sie abfiltriert werden. Das freie Benzidin kann aus heißem Wasser oder auch aus wenig Alkohol umkristallisiert werden. Schmelzp. 122°. Die Umlagerung des Hydrazobenzols zu dem isomeren Benzidin — im Jahre 1 8 4 6 von dem russischen Chemiker ZININ entdeckt —, die durch Mineralsäuren katalytisch in Gang gesetzt wird, erfolgt aus dem Bestreben des Moleküls, einen energieärmeren, d. h. gesättigteren Zustand zu finden. Wir reihen den Vorgang zweckmäßig andern analogen an, bei denen es sich grundsätzlich darum handelt, daß ein Substituent am Stickstoff seine Haftstelle mit einem H-Atom am Kern und zwar meist in p-Stellung vertauscht. Hierher gehört die Umlagerung von Phenylsulfaminsäure in Sulfanilsäure (S. 186), von Phenylhydroxylamin in p-Aminophenol (S. 165), ferner von Acetanilid in p-Amino-acetophenon und von N-Chloracetanilid in p-Chloracetanilid:
Organiseh-präparativer Teil
176 H
H
H( H
H ii >—N N-• CO • CH, H
->-
Q-g.CO.CH,
Ü. H
H8COC^^>—NH,
Cl./
^-NH-CO-NH,, .
Außerdem die später zu besprechende Umlagerung der aromatischen Nitrosamine, z. B. -N-CH 3 NO
0N( X
VN-CH, — /
H
In gleicher Weise trennt sich bei der Benzidinreaktion die Gruppe HN'CgH6 vom Stickstoff ab und lagert sich als H 2 N-C a H 4 — an die vom Wasserstoffatom verlassene p-Lücke.
O
-NH ¿/ | —• \
(
)-NH
S-NH / / I — ^ H,N—^
_/™\_
N H
v
^
,
v
NH,.
,
Es sei besonders darauf hingewiesen, daß die wandernden Beste nicht als „freie Badikale" abgetrennt werden, sondern daß sich diese Gruppenverschiebungen im Bereich der molekularen Bindungskräfte vollziehen. Die Ähnlichkeit der Umlagerung aromatischer Hydrazoverbindungen mit den oben in Parallele gestellten Austauschreaktionen wird noch deutlicher in dem Fall, daß die p-Stellen der beiden Benzolkerne besetzt sind. Dann kommt es in der Begel nicht zur Bildung einer Biphenylbase, sondern der abgetrennte Best greift mit dem Stickstoff in die o-Stellung zum andern Stickstoff ein; es entstehen Derivate des o-Aminodiphenylamins, z. B.: HaC- benzol H — ^ C«H'-N
In analoger Weise wird aus dem käuflichen und wohlfeilen p-Toluolsulfochlorid (techn. Nebenprodukt der Saccharinfabrikation) die homologe Tolylverbindung dargestellt. Die wichtigste Reaktion dieses Präparats ist seine Spaltung durch Alkalien. Diese erfolgt nicht im Sinne ihrer Bildung (in Benzolsulfonsäure und Hydroxylamin), sondern unter Yertauschung der Oxydationsstufen entstehen B e n z o l s u l f i n s ä u r e und N i t r o x y l :
1
PUOTY, B. 2 9 , 1559 (1896).
IV,
2
p-
Toluolsulfonsäure
181
Von dieser Umsetzung wird bei der Anstellung der ANGELI-KIMMIschen Reaktion auf Aldehyde Gebrauch gemacht (S. 202).
2. p-Toluolsulfonsäure.1 Während man nach dem unter 1. und 3. angegebenen Verfahren das Sulfonierungsmittel, die konz. Schwefelsäure, im Uberschuß anwendet und daher die Reaktionsprodukte in Form der Natriumsalze isoliert, erlaubt die nachstehende Methode die direkte Isolierung der f r e i e n S u l f o n s ä u r e . Dieses Ergebnis wird dadurch ermöglicht, daß das bei der Reaktion gebildete Wasser, das bei Anwendung der stöchiometrischen Menge an Schwefelsäure deren sulfonierende Wirkung bald aufhebt (daher der Überschuß bei der anderen Methode), in einer sinnreichen Apparatur (Fig. 47) abdestilliert wird. Durch einen Überschuß an Toluol wird hierbei die gesamte Schwefelsäure aufgebraucht. In dem in der Figur abgebildeten Kolben von 500 ccm Inhalt werden 40 ccm konz. Schwefelsäure (D1 • 8) und 200 ccm Toluol auf dem Sandbad zum Sieden erhitzt. Der verdampfende Kohlenwasserstoff wird im Kühler K kondensiert, tropft durch Fig. 47. einen kleinen Trichter in den zwischengeschalteten, mit einem Ablaßhahn versehenen Wasserfänger H, dessen Inhalt unterhalb des seitlichen Ablaufrohrs 1
H. METER, A n n a l e n 4 3 3 , 331 (1923).
182
Organisch-präparativer Teil
10—15 ccm beträgt, und fließt, nachdem dieser Teil des Röhrchens gefüllt ist, wieder in den Siedekolben zurück. Das bei der Reaktion entstehende Wasser geht mit den Toluoldämpfen flüchtig und sammelt sich nach der Kondensation unter dem Toluol in H. Zur Kühlung wird der Wasserfänger unterhalb des Uberlaufs mit einer mit Wasser durchströmten Bleischlange umgeben. Von Zeit zu Zeit wird das abgeschiedene Wasser in einen kleinen Meßzylinder abgelassen. Nach 5 stündigem Kochen haben sich etwa 18 ccm Wasser gebildet, die zum Teil aus der Schwefelsäure, zum Teil aus der Reaktion (12-5 ccm) stammen. Der Kolbeninhalt wird mit 12-5 ccm Wasser versetzt, wobei er erstarrt. Man preßt zur Entfernung von Toluol und Toluol-osulfonsäure gut auf Ton ab, löst das zurückbleibende Hydrat der p-Sulfonsäure in wenig heißem Wasser und versetzt mit dem dreifachen Volum konz. Salzsäure. Die ausgeschiedenen Kristalle werden auf einem säurefesten Filter abgesaugt, mit eiskalter konz. Salzsäure nachgewaschen und noch zweimal in der gleichen Weise umkristallisiert. Man trocknet schließlich im Exsiccator über Ätzkali, bis die durch geringe Mengen von Kohleteilchen noch schwach grau gefärbten Kristalle völlig frei von Salzsäure sind (Probe!). Schmelzp. 104—105°. Ausbeute nach dreimaligem Umkristallilisieren etwa 50 g. Das Präparat wird zur Acetylbestimmung (S. 72) gebraucht. 3. /S-liaphtalinsulfonsänre. Eine Mischung von 64 g Naphtalin und 45 ccm = 80 g reiner konzentrierter Schwefelsäure wird in einem offenen Kolben 4 Stunden im Olbade auf 170—180° erhitzt. Die etwas erkaltete Lösung gießt man dann unter Umrühren vorsichtig in 1 Liter Wasser und neutralisiert bei Siedehitze in einer geräumigen Schale mit nicht zu dünnem Kalkbrei (aus etwa 70 g trockenem gelöschten Kalk). Man saugt dann möglichst heiß auf einer großen Nutsche in eine vorher angewärmte Saugflasche, wäscht den Niederschlag dreimal mit heißem Wasser aus und dampft die, wenn nötig, noch durch ein Faltenfilter filtrierte Lösung in einer Schale über freier Flamme so weit ein, bis eine herausgenommene Probe beim Reiben mit einem Glasstabe zu einem Kristallbrei erstarrt. Nachdem man die Lösung über Nacht hat stehen lassen, filtriert man an der Saugpumpe das abgeschiedene /S-naphtalinsulfonsaure Calcium ab und wäscht es nach dem Festpressen mit
IV, 4, 5 Sulfanilsäure aus Anilin usw. 2,4-Dinitro-a-naphlholusw.
183
wenig Wasser nach. Zur Gewinnung des Natriumsalzes versetzt man die Lösung in heißem Wasser bis zur ehen bleibenden alkalischen Reaktion mit konzentrierter Sodalösung. Man saugt noch warm vom abgeschiedenen Calciumcarbonat ab, wäscht mit Wasser nach und dampft das Filtrat in einer Schale über freier Flamme ein, bis sich aus der heißen Flüssigkeit Kristalle abzuscheiden beginnen. Nach mehrstündigem Stehen in der Kälte filtriert man diese ab, engt die Mutterlauge noch weiter ein, filtriert nach längerem Stehen auch die zweite Kristallisation ab und trocknet die Mischung beider auf dem Wasserbade. Ausbeute 75—85 g. Ein sehr elegantes Verfahren zur direkten Darstellung der freien /j-Naphtalinsulfonsäure aus den Komponenten findet man bei 0 . N. WITT, B. 4 8 , 751 (1915) angegeben. Es sei zur Abwechslung mit der gegebenen Vorschrift besonders empfohlen. 4. Sulfanilsäure aus Anilin und Schwefelsäure. In einem trockenen Kolben versetzt man 100 g reine konzentrierte Schwefelsäure unter Umschütteln allmählich mit 31 g (7 3 Mol) frisch destilliertem Anilin und erhitzt die Mischung in einem Ölbade so lange auf 180—190°, bis eine mit Wasser verdünnte Probe auf Zusatz von Natronlauge kein Anilin mehr abscheidet (4—5 Stunden). Das etwas erkaltete Reaktionsgemisch gießt man dann unter Umrühren in kaltes Wasser, wobei die Sulfanilsäure auskristallisiert. Man filtriert diese ab, wäscht sie mit Wasser nach und kristallisiert sie aus Wasser, eventuell unter Zusatz von Tierkohle, um. Ausbeute 30—35 g. In der Technik wird Anilin nur mit einem Mol H^SO^, also als saures Sulfat, bei etwa der gleichen Temperatur wie oben verschmolzen („Backverfahren"). Man vergleiche diese auch im Laboratorium anwendbare Methode mit der hier gegebenen. 5. a^-Dinitro-ß-naphthol-T-sulfonsäure1 (Naphtholgelb S). 50 g feingepulvertes a-Naphtol werden unter fortgesetztem Umschütteln allmählich in 200 g 25-proc. Oleum eingetragen und gelöst. Hierauf wird die Schmelze 1 Stunde lang im Ölbad auf 125° erwärmt. Um festzustellen, ob das «-Naphtol vollständig 1
D.R. P. 10785, Frdl. I, 327.
184
Organisch-präparativer
Teil
in die 2,4,7-Trisulfonsäure umgewandelt ist, wird eine Probe im Reagenzglas mit etwa 10 ccm H2Ö vermischt, die Lösung mit etwa 10 ccm konzentrierter Salpetersäure versetzt und bis nahe zum Sieden erwärmt. Wenn sich die gelbe Lösung beim Abkühlen weder trübt noch Flocken abscheidet, kann die Schmelze auf Naphtholgelb S verarbeitet werden; anderenfalls ist die weitere Umwandlung des a-Naphthols in Trisulfonsäure durch Hinzufügen von stärkerem Oleum und erneutes Erhitzen herbeizuführen. Die erkaltete Schmelze wird allmählich in 500 g zerstoßenes Eis eingerührt. Nach dem Filtrieren wird die braune Lösung mit 120 g Salpetersäure (D 1,4) vermischt und 1 j 2 Stunde lang auf 50° erwärmt. Nach 12 stündigem Stehen bei gewöhnlicher Temperatur hat sich die größte Menge der entstandenen Dinitronaphtholsulfonsäure abgeschieden, welche abfiltriert und aus heißer, verdünnter Salzsäure umkristallisiert wird. Gelbe Nädelchen, welche zuerst auf Ton, dann im Exsiccator über H 2 S0 4 und KOH getrocknet werden. Schmelzp. 151°. Ausbeute etwa 85°/0 der Theorie. Naphtholgelb S, von A. KOSSEL als „Flaviansäure" bezeichnet, wird später (S. 377) für die Isolierung des Arginins verwendet. Erläuterungen. Der technische Vorgang der Sulfurierung oder Sulfonierung aromatischer Verbindungen bildet ein vollkommenes Gegenstück zum Nitrierungsprozeß. In beiden Fällen spaltet sich die OH-Gruppe der Säure mit einem Wasserstoffatom vom Benzolkern ab und an dessen Stelle treten die Gruppen — N 0 2 und —SO s H. Aus verschiedenen Gründen — es sei dabei auf das S. 94 Gesagte verwiesen — ist es wahrscheinlich, daß eine Doppelbindung des Benzolkerns durch eine zuerst eintretende Anlagerung die Reaktion zustande kommen läßt, etwa nach dem Schema: H
Hf^^HSO.H H^ J h o h
H ^Nso.H H
Der eingeklammerte Zwischenkörper wird aus dem Bestreben heraus, das stabile aromatische Ringsystem zurückzubilden, Wasser abspalten und in Benzolsulfonsäure übergehen. In der Fettreihe verhalten sich die Olefine, die wir stets zum Vergleich mit den Benzolderivaten heranziehen müssen, im Prinzip
Sulfonsäuren
IV,
185
gleichartig. Äthylen addiert zwar hei niedriger Temperatur (etwa 50°) konzentrierte Schwefelsäure zu Äthylschwefelsäure: CH,=CH, >- CHS—CH, • 0—SO»H, also unter andersartiger Zerlegung des H 2 S0 4 -Moleküls. Diese Reaktion kann aus einleuchtenden Gründen heim Benzol nicht zustande kommen, da sie ausgesprochen rückläufig sein muß. Unterwirft man jedoch Äthylen der Einwirkung von r a u c h e n d e r Schwefelsäure, so entsteht ebenfalls, wie beim Benzol, ein Sulfurierungsprodukt, nämlich das sog. C a r b y l s u l f a t , das sich von der zuerst entstehenden Älkoholsulfonsäure durch Veresterung mit H 2 S 0 4 und nachfolgende Wasserabspaltung ableitet. CH 2 =CH, v CH,OH—CHjSOJH >- CK,—CHä-SOaH I 0—SO s H C S2 CH) 0
JsOj
(Carbylsulfat).
0,-0
Im Wesen ganz analog reagiert Äthylen mit Salpeter—Schwefelsäure, wobei Nitro-äthy Initrat entsteht (vgl. S. 154). Wie werden die Alkylsulfonsäuren dargestellt? Die Leichtigkeit des Eintritts der Sulfogruppe in aromatische Verbindungen ist genau so wie bei der Nitrierung von der Natur der vorhandenen Substituenten abhängig. Benzol wird ziemlich schwierig sulfoniert, Toluol und Naphthalin etwas leichter, besonders leicht Phenole und Amine. Schwieriger verläuft die Sulfurierung beim Nitrobenzol oder die weitere Sulfurierung der Benzolsulfonsäure. Hier muß die Reaktion durch Steigerung des SOs-Gehaltes der Schwefelsäure unterstützt werden. Da N0 2 und S0 3 H Substituenten 2. Ordnung sind, so geht ein neu eintretender Substituent in m-Stellung. Hochprocentiges Oleum führt das Benzol schließlich in die symmetrische Benzoltrisulfonsäure übor. Chlorsulfonsäure kondensiert sich mit aromatischen Kohlenwasserstoffen zu Aryl-sulfochloriden. Vom Naphthalin leiten sich zwei Sulfonsäuren ab und zwar die a- und die /9-Naphthalinsulfonsäure: SO,H
aSäure
(S-Säure
Die Substitutionsreaktionen am Naphthalinkern setzen ohne Ausnahme an der durch erhöhte Reaktionsfähigkeit ausgezeichneten «-Stellung ein. Die Einführung von Halogen und von der Nitrogruppe
186
Organisch-präparativer Teil
führt ausschließlich zum «-Derivat. Dies ist an sich auch bei der Sulfurierung der Fall. Wenn wir Naphthalin bei tieferer Temperatur, als sie oben angewandt wurde, sulfurieren, so entsteht die auf diesem Weg auch technisch darstellbare «-Sulfonsäure. Die /S-Sulfonsäure bildet sich dagegen erst bei höherer Temperatur, unter Bedingungen, wo die «-Säure wieder weitgehend hydrolytisch gespalten wird in Naphthalin und Schwefelsäure. Das Gleichgewicht zwischen Sulfurierung und Hydrolyse Naphthalin + H2S04 — S u l f o n s ä u r e + H20 liegt bei unserer Reaktionstemperatur (170—180°) für die «-Säure mehr auf der linken, für die /?-Säure stark auf der rechten Seite. Da aber im Reaktionsgemisch stets auch «-Säure sich vorfindet, so muß auch die /?-Säure einem hydrolytischen Gleichgewicht unterworfen sein. In der Tat erhält man beim Verschmelzen von /9-Naphthalinsulfonsäure mit (wasserhaltiger) Schwefelsäure geringe Mengen der isomeren «-Säure. Wir kennen ähnliche Verhältnisse bei den P b e n o l s u l f o n s ä u r e n und vor allem beim A n t h r a c h i n o n , das in seinen Substitutionsreaktionen eine außerordentliche Ähnlichkeit mit dem Naphthalin aufweist. Es wird schwieriger sulfuriert als dieses und damit hängt zusammen, daß die Bedingungen erhöhter Temperatur, die hier angewandt werden müssen, alsbald zur Hydrolyse und damit Umlagerung der zuerst auftretenden «-Säure in die als Ausgangsmaterial für die Synthese des Alizarins wichtige /S-Säure führen. Die Industrie hat jedoch Mittel und Wege gefunden, um auch der früher nicht zugänglichen Anthrachinon-«-sulfonsäure habhaft zu werden. Durch Zugabe von Quecksilber wird nämlich die Geschwindigkeit der Sulfurierungsreaktion dermaßen katalytisch beschleunigt, daß sie bei einer Temperatur zustande kommt, bei der die «-Verbindung noch beständig ist (R. E. S C H M I D T ) . Anilin wird besonders leicht sulfuriert, schon durch Erhitzen seines Sulfats (Backverfahren). Dadurch werden wir an die Umwandlung von Anilinacetat in Acetanilid erinnert. In der Tat ist es sehr wahrscheinlich, daß ein analoges, an der Aminogruppe acyliertes Produkt, die S u l f a m i n s ä u r e zuerst entsteht, aus der nach bekannten Beispielen: Übergang von Phenylhydroxylamin in p-Aminophenol, von Phenylnitramin in p-Nitranilin NH, 'i NO, die Sulfogruppe in die p-Stellung hinüber wandert. r^N—NHj-HJSO« _ H j 0 prim. Anilinsulfat
-NH.SO a H Phenylsulfaminsäure
>HO.S— Sulfanilsäure
IV,
Sulfonsäuren
187
Einen Beweis für diesen Reaktionsverlauf liefert das a - N a p h t h y l a m i n , dessen Sulfaminsäure, unter gelinden Arbeitsbedingungen isolierbar, bei höherer Temperatur zu l-Naphthylamin-4-sulfonsäure ( N a p h t h i o n s ä u r e ) umgelagert wird. Neben der Sulfanilsäure entsteht bei der Sulfurierung in geringer Menge die o-Verbindung, die kein weiteres Interesse beansprucht. Dagegen wird die Metanilsäure auch als Zwischenprodukt in der Azofarbstoffindustrie hergestellt und zwar aus m-Nitrobenzolsulfonsäure durch Reduktion. Eine große technische Bedeutung kommt vor allem den A m i n o - (und O x y - ) s u l f o n s ä u r e n der N a p h t h a l i n r e i h e zu, und zwar dienen sie vor allem als Objekte der Diazotierung oder auch der Kupplung mit Diazoverbindungen. Hier finden sich die wichtigsten Azofarbstoffe. Ebenso leicht wie die aromatischen Amine lassen sich die Phenole sulfonieren. Wenn es gilt, Phenole mehrfach zu nitrieren, so führt man häufig zuerst Sulfogruppen ein, die dann bei der Einwirkung von Salpetersäure unter Ersatz durch N0 2 leicht abgespalten werden. Davon macht man z. B. bei der Darstellung der Pikrinsäure Gebrauch. Bei der Sulfonierung des «-Naphthols werden die S0 3 H-Gruppen in den Phenolkern, in 2- und 4-Stellung leicht eingeführt. Sie sind es auch, die durch N0 2 substituiert werden können. Die in der Vorschrift zu 5. angegebene Probe soll den Eintritt der dritten Sulfograppe erkennen lassen, durch die die Wasserlöslichkeit des Dinitro-naphthols stark erhöht wird. 2,4-Dinitro-a-naphthol (Martiusgelb) und seine 7-Sulfonsäure gehörten früher zu den wichtigsten gelben Wollfarbstoffen. Die Sulfonsäuren der aromatischen Kohlenwasserstoffe sind wegen ihrer meist großen Wasserlöslichkeit und geringen Kristallisationstendenz, wenigstens in den einfachen Gliedern der Benzolreihe, nicht leicht zu isolieren. Sie gehören zu den stärksten Säuren der organischen Chemie und unterscheiden sich in ihrer Affinitätskonstante nur ganz wenig von den starken Mineralsäuren. Ihre Erdalkalisalze sind im allgemeinen in Wasser löslich und auf dieser Eigenschaft beruht ihre Befreiung von der bei der üblichen Darstellung stets im Überschuß vorhandenen Schwefelsäure, wovon oben bei der Bereitung der /3-Naphthalinsulfonsäure Gebrauch gemacht worden ist. Aus den Erdalkalisalzen lassen sich dann in allen Fällen durch Umkochung mit Alkalicarbonaten leicht die Alkalisalze gewinnen. Sie gehen, wie später präparativ ausgeführt wird, in der Alkalischmelze in P h e n o l e über. Durch heiße verdünnte Mineralsäuren, ja schon durch überhitzten Wasserdampf, werden die aromatischen Sulfonsäuren zu Kohlenwasserstoff und Schwefelsäure zurückgespalten. Ein Verfahren, um die freien Sulfonsäuren direkt zu gewinnen, ist im Beispiel 2 ausgeführt worden. In den Aminosulfonsäuren ist der elektrochemische Charakter der beiden Substituenten merklich abgeschwächt, ähnlich wie bei den Aminocarbonsäuren von der Art des Glykokolls oder der Anthranilsäure.
188
Organiseh-präparaliver Teil
Jedoch hat die Sulfongruppe an dem für sich schon schwach basischen Anilin das Übergewicht über die Aminogruppe. Sulfanilsäure bildet mit wäßrigen Mineralsäuren keine Salze mehr, leicht dagegen mit Alkalien. Sie läßt sich auch mit wäßrigen Alkalien glatt titrieren, was bei den Aminofettsäuren nur in alkoholischer Lösung möglich ist (Willstätteb). Als Nebenprodukt ist bei der Darstellung der Benzolsulfonsäure das Sulfon, das sog. Sulfobenzid entstanden. Hier sehen wir eine Weiterleitung der Sulfurierungsreaktion, bei der fertig gebildete Benzolsulfonsäure nach Art der Schwefelsäure selbst auf Benzol unter Wasserabspaltung einwirkt: O
Die Sulfone sind neutrale, kristallisierte, wenig reaktionsfähige Stoffe, die auch durch energische Oxydation der Sulfide entstehen. Ein zweifaches Sulfon ist das Schlafmittel Sulfonal (Formel!). Über S u l f o c h l o r i d e und Sulfamide. Die Überführung der Benzolsulfonsäure in ihr Chlorid und in ihr Amid zeigt, daß hier analoge Derivate wie bei den Carbonsäuren gewinnbar sind. Die Sulfochloride sind viel weniger reaktionsfähig als die Carbonsäurecbloride; Benzolsulfochlorid kann beispielsweise zum größten Teil unzersetzt mit Wasserdampf destilliert werden. Häufig charakterisiert man ein Amin durch sein Sulfamid; die Vertreter dieser Körperklasse sind durch große Kristallisationsfähigkeit ausgezeichnet. Auch zur präparativen Trennung der verschiedenen Amine hat man ihre Reaktion mit Benzolsulfochlorid herangezogen. Nur die primären und sekundären Amine setzen' sich mit ihm um. Die Sulfamide der primären Amine sind in Alkalien löslich und können so abgetrennt und nachher durch energische Hydrolyse in Sulfonsäure und Amin gespalten werden (Hinsbebg). Die Sulfamide primärer Basen sind also Säuren und zwar leiten sich die Salze wahrscheinlich von einer „Enolform" ab, deren Bildung durch die stark negative Gruppe —S0 2 — begünstigt wird. CeH6• SOa• NH• C8H6, Benzol-sulfanilid
C,H 8 .S/ , I N-C8H8 ONa Natriumsalz
CaH6.SO,.N(CH,).C,H5. Benzol-sulfo-N-methylanilid (in Alkalien unlöslich)
Von einem Sulfamid leitet sich auch der Süßstoff Saccharin ab; er entsteht aus o-Toluolsulfamid, indem die CHS-Gruppe mit Permanganat zu Carboxyl oxydiert und dann durch starke Salzsäure der Ring geschlossen wird:
IV,
Sulfonsäwen
189 >-80, >NH. ^-CO
Saccharin ist, wie aus der Formel hervorgeht, vermöge seines Iminwasserstoffatoms eine Säure; der lösliche Süßstoff ist das Natriumsalz. Unterwirft man ein Alkalisalz einer Sulfonsäure gemeinsam mit Cyankalium oder Ferrocyankalium der trockenen Destillation, so erhält man, indem eine Kohlenstoffsynthese sich vollzieht, ein Säurenitril, z. B.: C8H6-S03K + KCN = C6H6.CN + SO,K,. Benzonitril Während die Sulfonsäuren praktisch nicht reduziert werden können, lassen sich die Sulfochloride mit Metallen, am besten mit Zink in die niedrigere Oxydationsstufe der S u l f i n s ä u r e n überfuhren; es entsteht direkt deren Zinksalz. 2 C„H5 • SOjCl + 2 Zn —>- (C8H„ • S02),Zn + ZnCl,. Die alkalische Spaltung der Benz-sulf-hydroxamsäure — aus Benzolsulfochlorid und Hydroxylamin — führt, wie schon erwähnt, ebenfalls zur Sulfinsäure (PILOTY). Energische Reduktion mit nascierendem Wasserstoff erzeugt aus Sulfochloriden die zugehörigen Mercaptane. C6H5 • SOsCl + 6 H — C 6 H , S H + 2 H,0 + HCl. Auch die Sulfinsäuren lassen sich in dieser Weise reduzieren. T h i o p h e n o l . In einem mit Rückflußkühler durch einen Anschützaufsatz verbundenen Rundkolben übergießt man auf dem siedenden Wasserbad 20 g fein granuliertes Zinn mit 50 ccm konzentrierter Salzsäure und läßt dazu nach und nach aus einem Tropftrichter 8 g Benzolsulfochlorid fließen. Wenn die Hauptmenge des Zinns gelöst ist, treibt man das gebildete Mercaptan mit Wasserdampf über, nimmt es mit Äther auf, den man über Natriumsulfat trocknet und dann abdampft. Das zurückbleibende Thiophenol wird destilliert und geht fast vollständig bei 173° über. Es ist nötig, mit dem stark stinkenden Stoff nur unter einem gut ziehenden Abzug oder im Stinkraum umzugehen. Vor allem bringe man nichts davon an die Hände und an die Kleider, da der Geruch tagelang haften bleibt. Die geschwefelten Alkohole sind ausgesprochene Säuren. Die Alkalisalze der aliphatischen Mercaptane werden zwar durch Wasser
190
Organisch-präparativer Teil
sehr weitgehend hydrolytisch gespalten, die aromatischen dagegen können mit Alkali und Phenolphthalein scharf titriert werden. Charakteristisch sind die gelben Blei- und die farblosen Quecksilbersalze. "Versuch. Man versetzt die alkoholischen Lösungen von Bleiacetat und Quecksilber-2-chlorid jeweils mit einigen Tropfen Thiophenol. Bemerkenswert ist die Leichtigkeit, mit der das Wasserstoffatom vom Schwefel abgelöst wird (Analogie mit H2S); schon durch den Sauerstoff der Luft, sofort aber durch gelinde Oxydationsmittel werden die Mercaptane in die Aryl- bzw. Alkyl-disulfide übergeführt: 2R-SH
>- R.S—S-R.
V e r s u c h . Einige Tropfen Thiophenol werden mit einigen ccm stark verdünnter Ammoniaklösung auf einem Uhrglas am Wasserbad zur Trockne verdampft (Abzug!). ' Es hinterbleibt ein Öl, das beim Erkalten kristallinisch erstarrt: Phenyldisulfid vom Schmelzp. 61°. Durch Reduktion gehen die Disulfide unter Aufnahme von Wasserstoff wieder in die Mercaptane über. Ein biologisches Beispiel für diese Beziehungen liegt im C y s t e i n Cystin vor: 2 HOOC—CH-CHJ
I I
NH 2 SH
Cystein
HOOC-CHCHJ _2H
I I
NH 2 S
^
I
Cystin,
HOOC-ILL-CHJ
ferner im „ G l u t a t h i o n " ( H O P K I N S ) , einem Cystinderivat, in dem die NHa-Gruppe des Cystins (bzw. Cysteins) noch amidartig mit einem Carboxyl der Glutaminsäure verknüpft ist. Cystin gehört zu den Bausteinen des Eiweißes; präparativ wird es durch Säurehydrolyse von Keratin (aus Haaren oder Horn) dargestellt. Mit Chlor setzen sich die aromatischen Mercaptane zu ArylSchwefelchloriden um ( Z I N C K E ) ; Phenylschwefelchlorid ist eine tiefrote Flüssigkeit von großer Reaktionsfähigkeit ( L E C H E R ) : C8H6SH + Cl2
>• C,H6SC1 + HCl.
Durch energische Oxydation werden aus den Mercaptanen die Sulfonsäuren zurückgebildet.
Formaldehyd
191
V. Aldehyde. 1. Formaldehyd.1 Das etwa 10 cm lange, etwas nach oben umgebogene Ansatzrohr eines Fraktionierkolbens von 250 ccm ist an der Spitze zu einer Capillare von 1—1*5 mm lichter Weite ausgezogen und steckt, durch einen Kork verbunden, in einem etwa 30 cm langen Stück Verbrennungsrohr (Fig. 48). Eine 4 cm lange
Fig. 48.
Kupferspirale, die in das Rohr eingeschoben wird, befindet sich 6 cm von der Capillare entfernt. Das Rohr ist unter kleinem Winkel aufwärts gerichtet und am oberen Ende mit einem mittelgroßen, nach abwärts gerichteten Kühler (zweckmäßig Schlangenkühler) verbunden. An diesen sind zwei aneinander geschaltete Vorlagen angeschlossen, die während des Versuchs tief in einer Kältemischung stehen. Das kurze Ansatzrohr der zweiten Vorlage wird mit der Pumpe verbunden. In den Fraktionierkolben, der möglichst tief in ein Wasserbad von genau 46—47° eingesenkt ist, füllt man 100 ccm Methylalkohol und setzt dann mit einem Gummistopfen ein bis nahe zum Boden reichendes Glasrohr ein, durch das die Luft eingesaugt wird. Nachdem man damit begonnen hat, erwärmt man die Kupferspirale, anfangs vorsichtig, mit der Flamme, 1 TOLLENS, B. 19, 2133 (1886). Die Erläuterungen zu 1., 2. und 3. sind mit den Versuchen zusammengefaßt auf S. 198 ff.
192
Organisch-präparativer Teil
bis bei Rotglut die Reaktion in Gang kommt. Nun muß der Luftstrom so reguliert werden, daß die Spirale ohne weitere Wärmezufuhr in ganz schwachem Glühen bleibt. Bei dieser Anordnung bleiben Explosionen vollständig aus. Bei zu niederer Temperatur des Heizbades (42—44°) wird zwar die Explosionsgrenze des Gemisches Methylalkohol-Luft erreicht, aber die Flamme gelangt nur bis zur Capillare, weil die große Strömungsgeschwindigkeit in ihr das weitere Zurückschlagen verhindert. (Vergleich mit dem Bunsenbrenner, in dem das Zurückschlagen auch nur bei zu langsamer Strömung eintritt.) Die beiden Vorlagen enthalten, nachdem aller Holzgeist verdampft ist, 110—115 ccm einer 30—32-proc. Formaldehydlösung; eine kleine Menge Formaldehyd kann noch in einer dritten, mit wenig Wasser beschickten Vorlage aufgefangen werden. Das Nachstehende enthält einige, bei der Ausführung von Gasreaktionen zu beachtende Punkte. Zur Dehydrierung von einem Mol Methylalkohol braucht man j 2 Mol Sauerstoff, also auf 1 VoL Alkohol 1 j 2 Vol. Sauerstoff oder 21/2 Vol. Luft. Das stöchiometrische Gemisch muß also auf 1 Vol. Methylalkohol 2 l / 2 VoL Luft enthalten oder 28-5 Proc. Methylalkohol. Da sich die Volumina wie die Partialdrucke verhalten, muß die Verdampfungstemperatur so eingestellt werden, daß der Dampfdruck des Holzgeistes 28-5 Proc. des Atmosphärend'rucks, also ungefähr 21 mm Quecksilber ausmacht. Die Dampfdrucke der bekannteren Stoffe bei verschiedenen Temperaturen findet man in: L a n d o l t Böknstein, Physikal.-jchem. Tabellen, 5. Aufl. 1923. Mit der hier gewählten einfachen Vorrichtung wird volle Sättigung mit CH30H-Dampf nicht erreicht, daher die etwas höhere Temperatur. 1
Gehaltsbestimmung der e r h a l t e n e n F o r m a l d e h y d lösung. 5 ccm der Lösung werden, mit der Pipette entnommen, in einem Meßkolben mit Wasser auf 50 ccm aufgefüllt. Davon bringt man 20 ccm in einen Erlenmeyer von 250 ccm, setzt 30 ccm etwa 3-proc. Hydroperoxyd, das vorher gegen Phenolphthalein scharf neutralisiert ist und dann 30 ccm n-Natronlauge zu und schüttelt um. Nach kurzer Zeit beginnt unter Selbsterwärmung Wasserstoffentwicklung, die sehr heftig wird und die man schließlich durch kurzes Erwärmen za Ende führt. Die erkaltete Lösung wird dann nach erneuter Zugabe von Phenolphthalein gegen
Acetaldehyd n-Salzsäure Gleichung:
titriert.
193
Das verbrauchte Alkali
2CHS0 + H s 0 2 + 2 NaOH
gibt gemäß der
>- 2HCOONa + H, + 2HJO
den Gehalt an Formaldehyd an, wenn also z. B. 22 >5 ccm NaOH bei der Reaktion verbraucht wurden, so enthielten die 20 ccm ( = 2ccm der ursprünglichen Lösung) 22,5*30mg = 0 - 6 7 5 g Formaldehyd, d. h. die Lösung war 33-8-procentig. Bei dieser sehr bemerkenswerten Reaktion wird durch Addition von 2 Mol H2CO an Hydroperoxyd ein Zwischenprodukt der Konstitution H0H 2 C-0'0-CH 2 0H, das Dioxymethyl-peroxyd gebildet, das man auch in kristallisierter Form isolieren kann, das aber mit Alkali außerordentlich leicht in Formiat und Wasserstoff zerfällt: HOHjC• 0• 0• CHjOH + 2NaOH —>-
2HCOONa + H, + 2H,0 .
[Näheres darüber siehe Annalen 431, 301 (1923).] Über die Bestimmung des Formaldehyds mit Ammoniak vgl. S. 203. Die einfachen Aldehyde setzen sich mit neutralem Sulfit zu aidehydschwefligsaurem Salz um; dabei entsteht freie Lauge, deren Titration auch eine Gehaltsbestimmung ermöglicht. 2. Acetaldehyd.1 Aus A t h y l a k o h o l . Am zweckmäßigsten benutzt man einen 1 Yj-Liter-Kolben mit weitem seitlichen Ansatzstutzen; auch ein auf einem nicht zu kurzhalsigen Rundkolben d i c h t aufgesetzter Anschützaufsatz tut den Dienst. Das Ansatzrohr wird mit einem schräg stehenden großen Liebigkühler verbunden; von oben her gehen in den Kolben vermittelst eines doppelt durchbohrten Gummistopfens ein bis zum Boden reichendes Glasrohr von 0 - 4 cm lichter Weite, durch das aus einer Stahlflasche (mit Reduzierventil) Kohlendioxyd eingeleitet wird, und ein Tropftrichter mit langem, ausgezogenem Rohr. Jenseits ist der Kühler mit einem mittelgroßen U-förmigen CaCl 2 -Rohr verbunden, das mit einem Schlangenkühler in Verbindung steht. (Fig. 49.) An ihn schließen sich zwei hintereinander geschaltete Vorlagen, deren jede 100 ccm absoluten Äther enthält und die in eine frisch bereitete Zum Teil nach W E B T H E I M , Journ. Am. Soc. Z. ang. Chem. 3 6 , 546 (1923). GATTKRMANN, Praxis. 2 1 . Auflage, 1
F B I C K E U. HAVESTADT,
44,
2658 (1922) und 13
194
Organisch-präparativer
Teil
Eis-Kochsalzmischung eingestellt werden; die Temperatur soll während des Versuchs nicht über — 10° steigen. Im Rohr des ersten Kühlers liegt, durch einen im oberen Stopfen dicht eingeklemmten Bindfaden gehalten, ein Thermometer, dessen Kugel sich in der Mitte der Kühlröhre befindet. A l l e Verbindungen am Apparat müssen vollkommen dicht sein. Der Kühler wird während der Operation mit Wasser von 5—10° gespeist, im Winter direkt aus der Leitung, an heißen Tagen läßt man das Leitungswasser vorher durch eine von außen mit Eis gekühlte Schlange fließen. Im Kolben werden nun 125 ccm Weingeist (2 Mol CaH5OH) mit etwa dem dritten Teil einer Mischung von 150 ccm ( = 2 7 0 g )
Fig. 49.
Schwefelsäure und 250 ccm Wasser versetzt und zum Sieden erhitzt. In der Hauptmenge der verdünnten Schwefelsäure hat man unter Zugabe von 100 ccm Wasser 200 g Natriumpyrochromat gelöst; diese Lösung wird noch warm in den Tropftrichter gebracht, dessen Rohr man vollständig anfüllt. Nachdem der Tropftrichter aufgesetzt ist, läßt man seinen Inhalt mit mäßiger Geschwindigkeit in den eben siedenden Alkohol ausfließen; die auftretende Reaktionswärme macht die weitere Wärmezufuhr entbehrlich. Durch einen mittelstarken Kohlendioxydstrom wird der gebildete Aldehyd aus der siedenden Lösung weggeführt und so der weiteren Oxydation entzogen. (Sein Dampfdruck ist bei der Temperatur im Kühler noch genügend groß, um die Konden-
Acetaldehyd
195
sation bei rascher Strömung zu verhindern; diese erfolgt erst in den stark gekühlten Vorlagen.) Der Zufluß der Bichromatlösung wird so reguliert, daß das Gemisch ständig im Sieden bleibt, wobei das Thermometer im Kühlrohr die Temperatur von 2 5 — 3 0 ° zeigen soll. Sollte der Überdruck im Apparat von der Bichromatlösung nicht überwunden werden, so verzweigt man die C02-Zuleitung durch ein T-Rohr und verbindet die Abzweigung durch ein Stückchen Schlauch (mit Klemmschraube zum Abschließen beim Nachfüllen des Tropftrichters) mit dem Tubus des Tropftrichters. Statt der Bombe kann man auch einen frisch beschickten Kippapparat verwenden, dem aber zur Überwindung des Überdrucks ein mit verd. Salzsäure gefülltes Steigrohr aufgesetzt sein muß. Nach 30 Minuten ist das Einfließenlassen zu Ende, zehn weitere Minuten genügen, um den Aldehyd vollends zu entfernen. Dann löst man die Vorlagen ab und dreht nun erst das Ventil der C0 2 -Bombe zu. Da sich der im Äther aufgefangene Acetaldehyd nicht durch fraktionierte Destillation vom Lösungsmittel trennen läßt, führt man ihn in das kristallisierte A l d e h y d a m m o n i a k über. Man bringt den Inhalt der beiden Waschflaschen in einen kleinen Filtrierstutzen, der durch ein Kältegemisch gekühlt wird und leitet aus der Stahlflasche Ammoniakgas ein; als Einleitungsrohr verwendet man, den weiten Rohrteil tief in der Flüssigkeit, ein gerades CaClj-Rohr, das man zur Verteilung der sich bildenden Kristalle öfters hin und her bewegt. Das Gefäß bedeckt man mit einem durchlochten Uhrglas, Karton oder Kupferdrahtnetz. Wegen des verdampfenden Äthers alle Flammen in der Nähe ausdrehen! Steht keine NH3-Bombe zur Verfügung, so entwickelt man das Gas aus konz. Ammoniak durch Erhitzen in einem Rundkolben (Brenner abschirmen); zum Trocknen muß ein mit Atzbali und gutem Atzkalk beschickter Trockenturm vorgeschaltet werden. Den Bedarf an NH3 berechne man gemäß dem Nachstehenden (kleiner Überschuß). Um nicht allzuviel Ammoniak zu verschwenden, überlege man sich, wieviel Liter Ammoniak zu der Bindung des als Höchstausbeute (60 g) zu erwartenden Aldehyds gebraucht werden. 60 g Aldehyd sind 60/44 = 1 - 3 6 Grammol und entsprechen 30 Litern (warum?). Unter Berücksichtigung des Einflusses von Druck und Temperatur, der durchschnittlich 10 Proc. ausmacht, wird man also ungefähr 33 Liter Ammoniak nötig haben. Man eicht nun den NH3-Strom der Bombe ein 13*
196
Organisch-präparativer Teil
für allemal angenähert so, daß man mit der Uhr genau ermittelt, in welcher Zeit ein NH 3 -Strom von bestimmter, gleichzeitig abgelesener Blasengeschwindigkeit (kleiner Blasenzähler mit konz. KOH oder Quecksilber) 4 2 com mit Methylorange gefärbter n-Salzsäure (im Meßzylinder abgemessen) neutralisiert. In dieser Zeit ist bei der abgelesenen. Blasenfolge etwa 1 Liter NH g der Stahlflasche entströmt.
Man leitet etwa 30 mal so lang NH3 in die ätherische Aldehydlösung ein, läßt dann noch 1 Stunde zur Vollendung der Kristallisation stehen, prüft eine abgegossene Probe im Reagenzglas, ob beim weiteren Einleiten von NHS noch eine Fällung entstellt, und saugt, wenn dies nicht der Fall ist, das Aldehydammoniak auf der Nutsche ab. Der Niederschlag wird zum Schluß noch einige Male mit absolutem Äther gewaschen und dann zuerst auf Filtrierpapier, schließlich im nichtevakuierten Schwefelsäureexsiccator getrocknet. Das trockene Präparat ist, gut verschlossen aufbewahrt, längere Zeit haltbar; unreine Präparate zersetzen sich nach wenigen Tagen unter Braunfärbung. Ausbeute 50—60 g. Um r e i n e n A l d e h y d zu gewinnen, werden 25 g Aldehydammoniak in 25 ccm Wasser gelöst, mit einer erkalteten Mischung von 30 ccm konzentrierter Schwefelsäure und 40 ccm Wasser versetzt und auf dem Wasserbade im langsamen C0 2 -Strom durch ein U-förmiges CaCl 2 -Rohr, das bei tiefer Außentemperatur schwach erwärmt wird, durch einen gut wirkenden Schlangenkühler abdestilliert. Da der Aldehyd bei 21° siedet, so muß die Vorlage, welche mit dem Kühlrohr durch einen Kork verbunden ist, durch Eis und Kochsalz gut abgekühlt werden. Die auszuführenden Versuche siehe S. 198 ff. b) Aus A c e t y l e n . Obwohl die unter a) beschriebene Hauptmethode präparativ allein in Betracht kommt, führen wir auch das technisch weit wichtigere Verfahren der Hydratation des Acetylens an; es sollte von Zeit zu Zeit auch ausgeführt werden. 1
5 g Quecksilberoxyd werden in der noch heißen Mischung von 110 ccm Wasser und 50 ccm konz. Schwefelsäure zum größten Teil aufgelöst, das Ganze in eine große Schüttelbirne (Fig. 53, S. 359) gebracht und einige Zeit mit Acetylen geschüttelt, das man aus 1 Die hier gegebene Vorschrift ist im Göttinger chemischen Laboratorium ausgearbeitet worden.
V, 3
Benxaldehyd aus Benxalchloriä
197
Calciumcarbid bereitet, mit saurer Bichromat- und Kupfernitratlösung gereinigt und in einem Glasgasometer von 10—15 Liter Inhalt über gesättigter Kochsalzlösung aufgefangen hat. Vor dem Schütteln muß die Luft durch den Kohlenwasserstoff verdrängt sein. Unter Umständen kann man die Absorption auch auf der Schüttelmaschine in einer aufrecht eingespannten, dickwandigen Flasche vor sich gehen lassen; nach Verdrängung der Luft durch C 2 H 2 wird der Gummistopfen, der das Zuleitungsrohr führt, mit Draht festgebunden. In 2—4 Stunden werden bis zu 10 Liter Acetylen aufgenommen, die farblose quecksilberhaltige Zwischenverbindung beginnt sehr bald sich abzuscheiden. Sie wird nach Beendigung des Einleitens, in einem Rundkolben, in den man das ganze Reaktionsgemisch übergeführt hat, und der auf einem BaboTrichter geheizt wird, durch eingeleiteten Wasserdampf zerlegt; gleichzeitig destilliert der gebildete Aldehyd über, und zwar führt man diese Operation in einer ähnlich zusammengestellten Apparatur aus, wie sie unter a) beschrieben ist. Zum Schluß wird der Wasserdampf durch C0 2 ersetzt. Es genügt, eine in Kältemischung gekühlte Auffangflasche mit Äther vorzulegen. Fällung des Aldehyds aus der Atherlösung als Aldehydammoniak wie oben beschrieben. Ausbeute daran 5—6 g. 3. Benzaldehyd, aus Benzalchlorid. In 50 g siedendes Toluol leitet man in gleicher Weise, wie dies für die Darstellung von Benzylchlorid (S. 84) angegeben ist, so lange trockenes Chlor ein, bis eine Gewichtszunahme von 40 g eingetreten und die Temperatur auf 187" gestiegen ist. Es handelt sich lediglich um die Fortsetzung jener Reaktion. Das erhaltene rohe Benzalchlorid kocht man in einem mit gut wirkendem Rückflußkühler verbundenen Rundkolben unter Einleiten eines schwachen C0 2 -Stromes mit 500 ccm Wasser und 150 g gefälltem Calciumcarbonat (oder Schlämmkreide, oder f e i n pulverisiertem Marmor) 4 Stunden lang im Ölbade auf 130° (Thermometer im Öl). Dann nimmt man den Kolben aus dem Ölbad heraus und treibt aus dem noch heißen Gemisch den Benzaldehyd mit Wasserdampf über. Zuerst saugt man nun den K o l b e n r ü c k s t a n d auf der Nutsche heiß ab und säuert das Filtrat mit konzentrierter Salzsäure stark an. Beim Abkühlen scheidet sich dann B e n z o e s ä u r e
198
Organisch-präparativer
Teil
als Nebenprodukt der Reaktion in glänzenden Blättern ab. Sie wird abgesaugt und aus siedendem Wasser umkristallisiert. Schmelzp. 121°. Benzoesäure ist mit Wasserdampf etwas tüchtig. Das Wasserdampfdestillat wird zweimal mit nicht zu viel Äther ausgeschüttelt, die unter Umständen eingeengte Ätherlösung unterschichtet man in einer Pulverflasche unter Umrühren mit dem Grlasstab nach und nach mit technischer Natriumbisulfitlösung, die zu einem steifen Brei der Aldehyd-Additions verbindrag erstarren muß. Man schüttelt hierauf mit aufgesetztem Stopfen, den man von Zeit zu Zeit lüftet, energisch durch, bis alle: Benzaldehyd gebunden ist (Geruch!), saugt dann ab, wäscht mit Äther nach und zersetzt alsbald das feste Salz durch Eintragen in überschüssige Sodalösung, aus der man dann ohne Pause den freigemachten Aldehyd mit Wasserdampf abbläst. Das Destillat wird ausgeäthert, nach dem Trocknen der Ätherlösung mit wenig CaClj wird der Äther abgedampft und dann der Benzaldehyd überdestilliert. Siedep. 179°. Ausbeute 35—40 g (70% d. Ta.). Wegen der großen Sauerstoffempfindlichkeit müssen alle Operationen schnell hintereinander ausgeführt werden. E r l ä u t e r u n g e n und Versuche zu V, 1, 2 u. 3. Die niederen Glieder der Aldehyde sind farblose, stechend riechende Flüssigkeiten, die sich mit Wasser mischen; die mittleren ebenfalls flüssig, in Wasser jedoch nicht mehr leicht löslich; die hochmolekularen feste, kristallisierte Stoffe. Die Siedepunkte der Aldehyde liegen bedeutend niedriger als die der entsprechenden Alkohole: CHS • CHO Siedepunkt 210 CHS • CH, • OH 78» I CH,.CHi.CHO „ 50» 1 CHJ-CHj-CHJ-OH . . . . „ 97°. Die aromatischen Aldehyde riechen angenehm (Bittermandelöl, Vanillin, Piperonal). Die allgemeinste Darstellungsmethode der Aldehyde besteht in der Wegnahme zweier Wasserstoffatome aus einem primären Alkohol (aicohol dehydrogenatus); ebenso entstehen aus sekundären Alkoholen Ketone. Da der Wasserstoff präparativ allgemein durch ein Oxydationsmittel weggenommen wird, so erscheint der Prozeß als Oxydation. Jedoch können Alkohole auch katalytisch in Aldehyde und Wasserstoff zerlegt werden, durch Palladiumschwarz schon in der Kälte, durch Kupfer erst bei höherer Temperatur. Die Beteiiigang des Kupfers bei der Formaldehydbereitung (nach 0. LOEW) beruht auf der Wasserstoffabspaltung (Dehydrierung), und die beigemengte Luft hat
V
Aldehyde
199
die Aufgabe, den Wasserstoff zu verbrennen und so aus dem Gleichgewicht: CHsOH i — H , C = 0 + 2H zu entfernen. Substanzen mit dreifacher Bindung nehmen in schwefelsaurer Lösung, namentlich bei Gegenwart von Quecksilber-2-Salzen, die Elemente des Wassers auf. So bildet sich im einfachsten Fall aus Acet y l e n selbst Acetaldehyd, eine Reaktion, die oben durchgeführt wurde. HC^=CH H,C—CH HC=CH —>- i o —> | Ö — > H 3 C-CH + HgS0 4 . I HgO • SOsH Ö HgO—SOa Große technische Bedeutung dieses Prozesses für die Synthese der Essigsäure. Die Aldehyde sind leicht weiter oxydierbar und wirken daher als Reduktionsmittel gegen ammoniakalische Silberlösung und gegen FEHLING sehe L ö s u n g .
V e r s u c h 1. Man verdünne einige Tropfen Formaldehyd oder Acetaldehyd mit einigen ccm Wasser, gebe eine kleine Menge ammoniakalischer Silberlösung zu und verteile auf 2 Reagenzgläser. In das eine läßt man einen Tropfen Natronlauge einfallen; sofortige Abscheidung von metallischem Silber. Die andere Lösung scheidet erst nach einigem Stehen in der Kälte, rascher beim Erwärmen Silber aus. Die OxydationswirkuDg von ammoniakalischer Silberlösung wird also durch Natronlauge sehr erheblich gesteigert (TOLLENS). Man prüfe gleichzeitig die Reduktionswirkung gegen FEHLiNGsche Lösung. Durch Oxydation gehen die Aldehyde in Carbon s ä u r e n über, und zwar bildet diose Reaktion die direkte Fortsetzung der Dehydrierung der Alkohole. Es reagiert nämlich mit dem Oxydationsmittel das durch Addition von Wasser entstandene A l d e h y d h y d r a t , nicht das Aldehydmolekül selbst, z. B.: OH ho /0H o I CH,—C=0
H
CH S C
- CH,.COOH + 2HOf
\0H.
Die wichtige Bolle, die der Acetaldehyd bei der alkoholischen Gärung zu leisten hat (C. NEUBEHG), drückt sich darin aus, daß er aus dem Zwischenprodukt B r e n z t r a u b e n s ä u r e durch Decarboxylierung entsteht: CHs.CO.COOH >- CH3-CHO + C02 , daß ferner im Sinne der Grundgleichung: CH3.CO-CH(OH)s + CHj-CHO >- CH8-CO.COOH + CH3CHaOH Methyl-glyoxal(Hydrat) durch gegenseitige Hydrierung und Dehydrierung Ä t h y l a l k o h o l und neue Brenztraubensäure gebildet werden. Die Aldehyde sind in hervorragendem Maße der A u t o x y d a t i o n , d. h. der Vereinigung mit dem molekularen Sauerstoff, zugänglich. In H diesem Fall ist es die echte Aldehydform — C = 0 , die an die reaktionsfähige Doppelbindung zuerst das ungesättigte Sauerstoffmolekül anlagert und zwar unter Bildung einer Persäure: H CH, • C+= 0
H CH,'C—0 I I 0-0
ch8.c=o I 0=0 O-OH Acetoperaäure Die Persäuren sind starke Oxydationsmittel und reagieren mit einem zweiten Molekül Aldehyd unter Bildung von 2 Molekülen Säure: CHS.C 0 2CH,-C=0. n=r_nTJs —^ + 0=C—CH„ Ö-OH H So führt die Autoxydation der Aldehyde schließlich zur Säure. Das primäre Auftreten der Persäure läßt sich beim Acetaldehyd sehr leicht nachweisen durch die sofortige Jodausscheidung, die durch dieses starke Oxydationsmittel in Jodkaliumlösung verursacht wird. Beim Benzaldehyd, der sich besonders rasch mit Sauerstoff verbindet, hat man die Persäure mit Essigsäureanhydrid als Benzoyl-acetylperoxyd abfangen können (NEF): C,H 6 .C:0 C 6 H 5 -C=0 | +(CH„C0)10 — | + CHs-COOH. O-OH 0—0-C0CH8 V e r s u c h 2. Einen ccm des frisch dargestellten Acetaldehyds schüttelt man einige Minuten lang in einem mit dicht schließendem G-ummistopfen versehenen Reagenzrohr. Die Hälfte gießt
201
Aldehyde
V
man in wenig verdünnte Kaliumjodidlösung, zur andern Hälfte fügt man die 2 — 3 fache Menge Wasser und prüft dann mit Lackmuspapier auf die entstandene Essigsäure. Man wird finden, daß der mit Wasser versetzte Aldehyd nach einigem Stehen kaum mehr Jod aus Kaliumjodidlösung freimacht. V e r s u c h 3. 2 Tropfen Benzaldehyd lasse man eine Stunde lang auf einem Uhrglas an der Luft stehen. Präparativ ist der Weg von den primären Alkoholen zu den Aldehyden weitaus der bevorzugte, wenigstens in der Fettreihe. Die einfachen aromatischen Aldehyde werden durch alkalische Verseifung der aus den Kohlenwasserstoffen durch Chlorsubstitution zugänglichen Arylidenchloride R- CHC12 gewonnen (technische Darstellung von Benzaldehyd). Außerdem ist die im Sinne der FBiEDEL-CBAFTsschen Eeaktion verlaufende elegante Synthese von GATTEBMANN-KOCH hier zu erwähnen, bei der der aromatische Kohlenwasserstoff mit Kohlenoxyd und HCl bei Gegenwart von Aluminiumchlorid und Cuprochlorid umgesetzt wird (vgl. Präparat IX, 6 auf S. 318): H„C^
\ + CO + HCl — V
H8C- —C( , NNH, die beim Acetaldehyd stehen bleibt, in den anderen Fällen aber unter Wasserabspaltung zu weiteren Umsetzungen führt. Versuch 7. Einige Tropfen Benzaldehyd werden im Eeagenzrohr mit der dreifachen Menge technischer Bisulfitlauge kräftig durchgeschüttelt. Die ausgeschiedenen Kristalle sind die Natriumbisulfitverbindung des Benzaldehyds. Die Bisulfitverbindungen entstehen nach folgender Gleichung: /SOsNa R—C=0 + HSO.Na —>• R - C < H H M)H Es ist jetzt sicher entschieden, daß sie von C a r b i n o l s u l f o n OSO H säuren, nicht von Schwefligsäureestern R — ^ ^ O H 2 abzuleiten sind H (RASCHIG). Da sie beim Erwärmen mit Sodalösung oder verdünnten Säuren in ihre Bestandteile zerlegt werden, so bieten sie ein ausgezeichnetes Mittel, um Aldehyde (und Ketone) aus einem Gemisch mit anderen Stoffen herauszuholen.
204
Organisch-präparativer Teil
P o l y m e r i s a t i o n . Die einfachen Aldehyde polymerisieren sich sehr leicht» Der wasserfreie Formaldehyd ist überhaupt nicht längere Zeit beständig, sondern wandelt sich sehr rasch in einen festen amorphen Stoff von hohem Molekulargewicht (CH20)n, in P o l y o x y m e t h y l e n um, das sich bei Zimmertemperatur langsam, beim Erhitzen schneller in das einfache Molekül zurückspaltet. Aus der wäßrigen Formaldehydlösung (Formalin), wie sie dargestellt wurde, kann man den wasserfreien Aldehyd nicht gewinnen, da er erst beim Kochen mit Wasserdämpfen übergeht, und zwar sehr langsam. Das rührt davon her, OH daß er vorwiegend als Hydrat H2C- R-C(-OH + R-C^-OH \SO a Na \SO,Na Das bei Anwendung von Formaldehyd entstehende Sulfoxylat wird unter dem Namen „ R o n g a l i t " in der Färberei als Reduktionsmittel beim Atzdruck viel gebraucht. Acetaldehyd (aus Acetylen) wird in kleinem technischen Ausmaß durch katalytische Hydrierung in Alkohol, in großen Mengen aber durch Autoxydation in E s s i g s ä u r e übergeführt. Benzaldehyd ist ein wichtiges Zwischenprodukt für Farbstoffe (siehe Malachitgrün); viele andere Aldehyde (Phenylacetaldehyd, Vanillin, Piperonal, Citral u. a.) finden als R i e c h s t o f f e Verwendung. 4. Cannizzarosehe Reaktion. Benzoesäure und Benzylalkohol ans Benzaldehyd.1 20 g frisch destillierter Benzaldehyd werden in einem Stöpselzylinder oder dickwandigen Glase mit einer erkalteten Lösung von 18 g festem Kali in 12 g Wasser versetzt und bis zur bleibenden Emulsion geschüttelt, worauf man die Mischung, durch einen Kork verschlossen, über Nacht sich selbst überläßt. Zu dem abgeschiedenen Kristallbrei (benzoesaures Kalium) fügt man dann gerade so viel Wasser 2 , daß man durch mehrmaliges Ausschütteln 1
B. 14, 2394 (1881). Wenn man zu stark verdünnt, ist es schwer, den (in Wasser löslichen) Benzylalkohol vollständig herauszuholen. 2
Organisch-präparativer Teil
208
mit Äther den Benzylalkohol herausholen kann. Die vereinigten Ätherauszüge werden auf ein Volumen von 30—40 ccm eingeengt, dann schüttelt man in einem Tropftrichter zweimal anh a l t e n d mit je 5 ccm technischer (40-proc.) Bisulfitlauge durch, läßt ab und entfernt die im Äther gelöste schweflige Säure durch Schütteln mit einigen Kubikzentimetern Sodalösung. Nach dem Trocknen mit geglühtem Natriumsulfat und Verdampfen des Äthers unterwirft man den Benzylalkohol der Destillation, wobei er bei 206° übergeht. Ausbeute etwa 8 g Benzylalkohol. Die wäßrige alkalische Flüssigkeit säuert man mit Salzsäure an, wodurch die Benzoesäure ausgefällt wird. Sie wird nach dem Erkalten der Lösung abgesaugt und ohne weiteres Waschen aus siedendem Wasser umkristallisiert. Schmelzp. 121°. Ausbeute 9 - 1 0 g. Die CANNIZZARO sehe Reaktion kommt wahrscheinlich dadurch zustande, daß sich zwei Moleküle Aldehyd zum Ester kondensieren, der dann zu Alkohol und Säure verseift wird: H R—C=0 + K 0=C—R
R C=0 I H O—C—R
K0H
>-
JJ Q Q I + HOH,C—R. OK
Dafür spricht, daß Aldehyde unter der Einwirkung von Aluminiumalkoholat in der Tat zu Estern kondensiert werden (TISTSCHENKO). Die Disproportionierung von Aldehyd zu Säure und Alkohol spielt auch im Zellstoffwechsel, namentlich im Verlauf der alkoholischen Gärung (S. 200) (Mechanismus?) eine bedeutsame Rolle, obwohl der chemische Vorgang dort jedenfalls ein andrer ist. Die CANNIZZABO sehe Reaktion ist durchaus kein Monopol der aromatischen Aldehyde; auch F o r m a l d e h y d wird in ihrem Sinne durch starkes Alkali zu Ameisensäure und Methylalkohol umgesetzt. Wenn die höheren aliphatischen Aldehyde, vom Acetaldehyd ab der CANNIZZABO sehen Reaktion nicht zugänglich sind, so liegt dies daran, daß die oben besprochene Aldolkondensation ihr vermöge ihrer weit größeren Geschwindigkeit den Rang abläuft. Bei tertiär gebundenen Aldehyden, die der Aldolkondensation nicht fähig sind, tritt die CANNIZZABO sehe Reaktion als Ersatz ein, auch in der Fettreihe. So wird Glyoxylsäure zu Glykolsäure und Oxalsäure disproportioniert. Der Reaktion von CANNIZZABO verwandt ist die von M E E R W E I N 1 1
A. 4 4 4 , 221 (1925).
V, 5
Acyloinkondensation.
Benxoin aus Benzaldehyd
209
gefundene Verschiebung der Oxydationsstufe zwischen Alkohol und Aldehyd, wie sie durch Aluminium-alkoholat bewirkt wird. Ein Aldehyd R-CHO reagiert mit Al(OC2H6)s in der Weise, daß Anlagerung zu R-CK-Oal stattfindet.1) Dieses Produkt zerfällt in X H
/
H
zweiter Phase zu R—C^-0 al + OHC-CHj. Es gelingt, durch dieses X H Reduktionsverfahren, Alkohole, die durch andere Methoden nicht oder schwer zugänglich sind, wie Trichlor-äthylalkohol oder Zimtalkohol, aus den entsprechenden Aldehyden zu gewinnen.
5. AcyloLn-Kondensation. Benzoin ans Benzaldehyd. 10 g Benzaldehyd (frisch destilliert) werden, mit 25 ccm Alkohol vermischt, mit einer Lösung von 2 g Kaliumcyanid in 5 ccm Wasser versetzt und am Rückflußkühler auf einem Wasserbade 1 Stunde lang gekocht. Man läßt dann langsam erkalten, filtriert die abgeschiedenen Kristalle ab, wäscht sie mit etwas Alkohol nach und trocknet sie auf dem Wasserbade. Um ganz reines Benzoin zu erhalten, kristallisiert man eine kleine Probe des Rohprodukts aus wenig Alkohol um. Schmelzp. 134°. Ausbeute etwa 90 °/0 der Theorie. Benzil aus Benzoin. Das bei der vorigen Reaktion erhaltene rohe Benzoin wird nach dem Trocknen fein pulverisiert und in einem offenen Kolben unter häufigem Umschütteln mit seinem doppelten Gewicht reiner konzentrierter Salpetersäure 1 1 / 2 bis 2 Stunden auf einem lebhaft siedenden Wasserbad erhitzt. Nach beendeter Oxydation versetzt man das Reaktionsgemisch mit kaltem Wasser, gießt nach dem Erstarren die verdünnte Salpetersäure ab, wäscht mehrmals mit Wasser nach, preßt auf einem Tonteller ab und kristallisiert aus Alkohol um. Die abgeschiedenen Kristalle trocknet man nach dem Abfiltrieren an der Luft auf Filtrierpapier. Schmelzp. 95°. Ausbeute etwa 90 °/0 der Theorie. In der sog. Acyloin- oder Benzoinkondensation liegt eine weitere interessante Aldehydreaktion vor, die in der aromatischen Reihe unter der Einwirkung von Kaliumcyanid erfolgt. Es ist sehr wahrscheinlich, daß sich dabei als Zwischenprodukt die Kaliumverbindung des Cyanbydrins bildet. Hier haben wir, analog wie beim Benzylcyanid
') al = Al/3. Qattrbmann, Praxis.
21. Auflage.
14
Organisch-präparativer Teil
210
(S. 244) ein bewegliches H-Atom, das in alkalischem Medium zu einer aldolartigen Kondensation gegen ein zweites Mol Aldehyd geeignet ist: C„H 5 -C:0
+kcn
OK H
C 6 H 5 .C—C-C.H,
/OK
C 6 H 5 .C< -kcn>
H
+0:00,11,
C6H6• CO• CHOH• C„H5.
C-NOH Das Kondensationsprodukt geht dann unter Abspaltung von Kaliumcyanid in Benzoin über. Die katalytische Beteiligung des Kaliumcyanids ist augenfällig. Man mache sich den Unterschied zwischen dieser Reaktion und der Cyanhydrin-Synthese klar. Wie Benzaldehyd reagieren seine Substitutionsprodukte (Anisaldehyd gibt Anisoin) und auch Furfurol (Puroin; formulieren!). Die Acyloin-Synthese ist deshalb für die aromatischen Aldehyde besonders charakteristisch, weil hier das tertiäre C-Atom am Kern die an sich viel begünstigtere Aldolkondensation nicht zuläßt. Ihren einfachsten Ausdruck treffen wir übrigens schon beim Formaldehyd (S. 205/6); Glykolaldehyd ist das einfachste Acyloin. Dann entstehen diese Verbindungen in der Fettreihe bei der Einwirkung von Natrium oder Kalium auf Säureester, daher auch als Nebenprodukte bei der Acetessigester-Synthese (Bouveault, Scheibleb). Endlich hat man auch in der lebenden Zelle Hilfsmittel zur Acyloin-Synthese aufgefunden, Enzyme(sog.Carboligasen), durch welche die Vereinigung zweier Aldehydmoleküle im Sinne der Acyloinbildung gerichtet wird. So wird Benzaldehyd in gärender Hefe durch das Zwischenprodukt des Gärprozesses, den Acetaldebyd zu dem (optisch aktiven) B e n z a c e t o i n CeH6-CHOH>CO»CH3 kombiniert. Setzt man Acetaldebyd selbst zu, so entsteht Acetoin (Neubebg). Die Acyloine stehen als «-Oxyketone in gewisser Beziehung zu den Ketosen. Wie diese reduzieren sie Fehling sehe Lösung und gleich ihnen werden sie durch Phenylhydrazin in Osazone übergeführt. V e r s u c h . Man kocht 1 g Benzoin in konz. alkoholischer Lösung mit 1 - 5 ccm Phenylhydrazin einige Zeit auf dem Wasserbad. Nach dem Erkalten kristallisiert das Osazon des Benzils aus. Schmelzp. 225°. Man weise das bei der Reaktion entstandene Ammoniak nach. Formulierung des Vorgangs. Die gleiche Verbindung entsteht aus Benzil mit Phenylhydrazin und auch durch Autoxydation von Benzaldehydphenylhydrazon (Busch). Über Bildung der Osazone aus a-Oxyketonen (und -aldehyden) wird noch auf S. 280 gehandelt werden.
V, 5
Acyloinkondensation.
Benxoin aus Benxaldehyd,
211
Die präparative Bedeutung der Acyloine beruht auf ihrer Eigenschaft als Zwischenglieder für die Darstellung -vieler 1-2-Diketone. Der einfachste aromatische Vertreter dieser Gruppe ist das Benzil (analog Anisil, Furil usw.), gleichwie der aliphatische Grundkörper, das D i a c e t y l CH3 • CO• CO• CH3 (und auch das wasserfreie Glyoxal) gelb gefärbt. Zum Diacetyl gelangt man vom Äthylmethylketon aus über sein Monoxim (v. P E C H M A N N ) ; bemerkenswert ist dessen Kondensation zu p-Xylochinon (formulieren!) Die Nachbarstellung der beiden C=0-Gruppen ergibt sich aus der Kondensierbarkeit der Diketone mit o-Phenylendiamin (Chinoxaline, HINSBEBG).
V e r s u c h . Man löst je etwa 0«1 g Benzil und Benzoin im Reagenzglas in 10 ccm Alkohol und fügt in der Kälte einige Tropfen Lauge zu. Sofort entsteht eine prächtig rote Färbung, die beim Schütteln mit Luft verschwindet, nach kurzer Zeit aber wiederkehrt und durch Schütteln erneut zum Verschwinden gebracht werden kann. Der Wechsel der Farbe läßt sich öfters wiederholen. Wenn nach Zugabe einiger weiterer Tropfen Lauge die Färbung ausbleibt, ist kein Benzoin mehr in der Lösung. Ganz reines Benzil zeigt die Farberscheinung nicht. Diese merkwürdige Reaktion kommt dadurch zustande, daß Benzoin durch Alkalien teilweise zu seinem Dienolat, zu Stilbendiolk a l i u m C 8 H 6 .COK: COK.C0HB umgelagert wird.1 Dieses, bei Ausschluß von Wasser in orangegelben Kristallen darstellbare Salz gibt mit Benzil die rote luftempfindlicbe Lösung, in der wahrscheinlich das R a d i k a l B e n z i l k a l i u m enthalten ist, das auch durch Anlagerung von metallischem Kalium an Benzil entsteht ( B E C K MANN u n d
PAUL2,
SÖHLENS.3)
C,H6 • c = c • C6H6 + C6H6 • CO • CO. C6HS
I
I
—
2
C,H6 • c o - c • C8H6
I
OK OK
OK
Bei der Autoxydation wird das Radikal teils zu Benzil, teils zu Benzoesäure oxydiert. Die wichtigste Reaktion des Benzils und seiner Verwandten ist die schon von J . VON L I E B I G entdeckte B e n z i l s ä u r e u m l a g e r u n g . Versuch. 4 5 g Benzil werden mit 15 ccm Alkohol und der Lösung von 5 g Ätzkali in 10 ccm Wasser 10 Minuten lang auf dem Wasserbad im Sieden gehalten. Nach dem Erkalten wird der Kristallbrei von benzilsaurem Kalium scharf abgesaugt, mit 1
2
SCHEÜING, A. 4 4 0 , 72 (1924).
A. 266, 23 (1891). » B. 46, 2840 (1913). 4 Nach H. v. LIEBIG, Ber. 41, 1644 (1908). 14*
212
Organiseh-präparativer Teil
wenig Alkohol nachgewaschen und in 20—30 ccm kalten Wassers gelöst. Nach dem Filtrieren wird die klare Lösung in der Siedehitze mit verdünnter Schwefelsäure gefällt und die teilweise in Kristallen abgeschiedene freie Säure heiß abgesaugt und mit heißem Wasser gewaschen. Sie kann direkt aus viel heißem Wasser oder, nach dem Trocknen, aus Benzol umkristallisiert werden. Ausbeute etwa 4 g. Als erstes Stadium der Umlagerung, die gemäß der Gleichung: CeH6 CO.CO.C„H5 + KOH —>-
^^COH-COOK C.H/
vor sich geht, tritt ein Additionsprodukt von Benzil mit einem Mol Alkalihydroxyd auf (Scheuing), von dem aus nun der Platzwechsel, der offenbar durch das Neutralisationsbestreben des Kaliums ausgelöst wird, erfolgt: C«H. CeHj'C-CO-CjH, —v —& — w " ^ i d ^OK |
C„H5.C-CO. II HO OK
Phenanthrenchinon liefert in gleichlaufender Reaktion Biphenylenglykolsäure (Formulieren). Die Benzilsäureumlagerung spielt außerdem bei vielen anderen Reaktionen eine Rolle (Krokonsäure, Purpurogallin). ihr nahe verwandt ist die sog. P i n a k o l i n u m l a g e r u n g : CH,. CHav > 0 - c C C CH, CH, I 1 ' CH/^ / \ OH OH OH OH Pinakon
->-
CHS
yc
C-CH,
CH, 4 Pinakolin
Auch hier wird formal OH gegen einen Kohlenstoffrest, CH3 vertauscht, wiewohl in Wirklichkeit — es wird konz. Schwefelsäure verwendet — die Wasserabspaltung zwischen den beiden OH-Gruppen die Abwanderung einer Methylgruppe herausfordert. Wir schließen kurz die Erwähnung einer in das gleiche Gebiet gehörenden, in neuerer Zeit viel studierten Umlagerung an, die man — nicht ganz richtig — als R e t r o p i n a k o l i n u m l a g e r u n g bezeichnet. Sie hat zum Inhalt den unter Wasserabspaltung verlaufenden Übergang von P i n a k o l i n a l k o h o l in T e t r a m e t h y l ä t h y l e n :
Aeyloinkondensation. CH3X
>C—C
CH8/
/
\
Benxoin aus Benzaldehyd.
CH„ _ H 0
CH1X
>C=C
C0'CH3)2
-OH —HgOCOCH,
+ CH.-COOH .
2. Methylierung von Phenolen.1 a) A n i s o l . 19 g Phenol ( 1 / s Mol) werden in einer enghalsigen Grlasstöpselflasche in 100 ccm 2 n-Natronlauge gelöst. Dazu fügt man (im Abzug!) von 26 g Dimethylsulfat zuerst etwa den dritten Teil auf einmal zu und schüttelt kräftig um, wobei unter Erwärmung die Methylierung einsetzt. Nach etwa 5 Minuten wird das zweite Drittel mit nachfolgendem Schütteln zugesetzt und in kurzem Abstand der Rest. Während des Durchschütteins ist der 1
Ullmann, A. 327, 114 (1903); 340, 208 (1905).
Methylierung von Phenolen
VI, 2
229
Stopfen von Zeit zu Zeit zu lüften. Wenn die wäßrige Lösung, auf der das gebildete Anisol als Öl schwimmt, nicht mehr alkalisch reagiert, gießt man den Inhalt in einen kleinen, mit Rückflußkühler verbundenen Rundkolben und spült mit 20 ccm Lauge nach. Zur Vollendung der Reaktion und zur Zerstörung von etwa noch vorhandenem Dimethylsulfat wird eine halbe Stunde lang auf dem Wasserbad erhitzt. Nach dem Erkalten läßt man die wäßrige Schicht ab, trocknet das Anisol — das man nur bei erschwerter Abtrennung in Äther aufgenommen hat — mit CaCl2 und destilliert schließlich. Siedep. 155°. Ausbeute 90 °/0 der Theorie. Auf analoge Weise wird durch Einwirkung von Diäthylsulfat auf Phenol das P h e n e t o l dargestellt. b) N e r o l i n (/3-Naphthyl-methyläther). Der Vorgang ist der gleiche wie beim Anisol, unter Änderung der stöchiometrischen Verhältnisse. Die Substanz ist kristallisiert. Schmelzpunkt 72°. Zur vollständigen Reinigung siehe WITT, B . 3 4 , 3 1 7 2 (1901). B e i der g r o ß e n G i f t i g k e i t der n e u t r a l e n S c h w e f e l s ä u r e e s t e r , vor a l l e m d e s D i m e t h y l s u l f a t s , m ü s s e n a l l e O p e r a t i o n e n m i t i h n e n s e h r v o r s i c h t i g und u n t e r dem A b z u g d u r c h g e f ü h r t werden! Methylierungen mit Dimethylsulfat werden stets in alkalischer Lösung vorgenommen. Sie gelingen besonders leicht mit Carbonsäuren (Methode zur Darstellung von Estern) und mit Phenolen, während die aliphatischen Alkohole, z. B. die Zucker, nur schwierig und am besten in alkoholischer Lösung durch dieses Mittel veräthert werden. Es ist zu berücksichtigen, daß nur eine der beiden Methylgruppen gemäß der Gleichung: C„H6ONa +
HSC—0. HSC-CK
>S02
—C0H6O-CH3 +
NaOx >S02
HSCO/
auf das Phenol übertragen wird. Erst bei längerer Einwirkung in der Siedehitze gibt auch das zuerst gebildete methylschwefelsaure Salz sein Methyl für die gleiche Reaktion her, wovon man aber präparativ meist keinen Gebrauch macht. Auch A r y l - (z. B. Toluol-)sulfons ä u r e e s t e r dienen zur Alkylierung von Phenolen. Wie wird Dimethylsulfat dargestellt? Ein elegantes Methylierungsmittel für Phenole ist das Diazom e t h a n , das in einem späteren Abschnitt für diesen Zweck benutzt wird. Die Phenoläther sind sehr beständige Substanzen, in denen die Reaktionsfähigkeit des Benzolkerns gegenüber der der Phenole sichtlich herabgemindert ist. Die Alkylgruppe sitzt sehr fest. Durch Alkalien wird sie nicht abgespalten, durch Mineralsäuren auch erst bei hoher
230
Organisch-präparativer Teil
Temperatur (im Einschlußrohr). Das gebräuchlichste Mittel zur Spaltung ist das Aluminiumchlorid, das nach folgender Gleichung reagiert: C , H 6 • 0 • C H , + A1C1,
—>-
C , H 6 0 A1C12 + C1 • C H , | 3H,0
CeH6OH + Al(OH)j + 2 HCl Nur die A l l y l ä t h e r lagern sich in der Hitze in Allylphenole um
(CLAISEN) : •0 • CH, • C H = C H A
- O H —CHG • C H = C H 2
während alle Äther der Enole > C = C — dieser Reaktion zugänglich sind. ÓR Besonders interessant ist die neuerdings entdeckte Spaltbarkeit der Phenoläther (und auch aliphatischer Äther) durch metallisches Natrium (ZIEGLEE, SCHOBIGIN), Z. B . :
C6H6OCHa + 2 Na —>- C,H6ONa + NaCH3. Von substituierten Phenoläthern sind anzuführen die Aminoderivate des Anisols (Anisidin) und Phenetols (Phenetidin). Sie werden durch Alkylierung der Nitrophenole und nachherige Reduktion der Nitrogruppe bereitet. Die alkalische Reduktion des o-Nitro-anisols führt (wie beim Nitrobenzol) zur Hydrazoverbindung, die durch Benzidinumlagerung in die Biphenylbase „Dianisidin", ein wichtiges Zwischenprodukt für blaue Azofarbstoffe übergeführt wird (S. 177). Vom p-Phenetidin leitet sich das bekannte Antipyretikum „Phena c e t i n " (I) und der Süßstoff „ D u l c i n " (II) ab: H,C a O-^ I
NH • CO • CHa,
H t C a O - ^ II ^-NH-CO-NH,.
Methylierte Phenole bilden vielfach den Bestandteil von Naturstoffen, vor allem von Alkaloiden. Bei deren Konstitutionsermittlung hat die quantitative Bestimmung der in einem Molekül vorhandenen Methoxylgruppen eine große Bedeutung. Ihr dient die treffliche ZEISELsche Methode, bei der die Methylgruppe durch konzentrierte Jodwasserstoffsäure als Methyljodid abgespalten wird. Es sei empfohlen, an dem hier dargestellten Präparat diese Methode kennen zu lernen (Anleitung S. 70). 3. o- und p-Nitrophenol. 80 g Natron- oder 95 g Kalisalpeter werden im Rundkolben unter Erwärmen in 200 g Wasser gelöst, die LösuDg wird vor dem völligen Erkalten unter Umrühren mit 100 g konzentrierter Schwefelsäure versetzt. Zu der auf 20° abgekühlten Mischung läßt man dann
o- und p-Nitrophenol
231
aus einem Tropftrichter unter häufigem Umschütteln eine durch Erwärmen verflüssigte Mischung von 50 g kristallisiertem Phenol und 5 ccm Wasser tropfenweise hinzufließen, wobei man die Temperatur stets zwischen 20—25 0 hält. Nachdem man das Reaktionsgemisch unter öfterem Schütteln 2 Stunden hat stehen lassen, versetzt man mit dem doppelten Volumen Wasser, läßt absitzen, gießt die wäßrige Schicht so gut als möglich von dem Ol ab, wiederholt das Auswaschen mit Wasser noch zweimal und destilliert dann mit Wasserdampf das o-Nitrophenol ab. Wie man dem Erstarren der Substanz im Kühlrohr begegnet, siehe S. 27. Das abgesaugte und zwischen Filtrierpapier getrocknete Präparat ist direkt rein, wo nicht, wiederholt man die Dampfdestillation. Schmelzp. 45°. Ausbeute 30 g. Die isomere, nicht flüchtige p-Verbindung wird, gleich anschließend, aus dem Rückstand über ihr Natriumsalz isoliert: Man fügt erst so lange 2 n-Natronlauge zu, bis die Reaktion auf Kongopapier eben verschwunden ist, dann noch weitere 100 ccm, kocht nach Zugabe von etwas Tierkohle nochmals durch Einleiten von Wasserdampf auf, filtriert durch ein Faltenfilter und dampft auf dem Grasherd bis auf ein Volumen von etwa 100 ccm ein. Beim Erkalten soll das Natriumsalz jetzt auskristallisieren. Sollte die3 bei einer Probe nicht der Fall sein, so setzt man der noch heißen Lösung 30 ccm Natronlauge 1 : 1 zu und läßt dann langsam erkalten. Aus dem abgesaugten und mit 2 n-Natronlauge gewaschenen Salz scheidet man mit verdünnter Salzsäure in der Wärme das beim Erkalten kristallisierende (erst ölige) p-Nitrophenol ab, das bei ungenügender Reinheit, d. h. wenn sich eine Probe nicht aus sehr verdünnter heißer Salzsäure Umkristallisieren läßt, nochmals über das Natriumsalz gereinigt wird. Schmelzp. 114°. Ausbeute 5 - 1 0 g. Von der Leichtigkeit, mit der Phenole nitriert werden, war schon die Rede. Der Prozeß verläuft indes auch bei Anwendung von verdünnter Salpetersäure nicht glatt, da infolge von Oxydation und von Kondensation harzige Nebenprodukte entstehen. Bessere Ergebnisse liefert die Nitrierung mit Stickstoffdioxyd in nicht wäßrigen Lösungsmitteln, wie Benzol, Petroläther (Ber. 54, 1776 [1921]). o- und p-Nitrophenol gehen bei weiterer Nitrierung mit stärkerer Säure in das gleiche 2,4-Dinitrophenol und schließlich in P i k r i n s ä u r e über. Hochnitrierte Benzolderivate, wie Pikrinsäure, Trinitrotoluol lassen sich durch eine brisante Vorexplosion (InitiaJzündung) mit Knallquecksilber oder Bleiazid (Formeln!) zur Explosion bringen. Sie sind
232
Organiseh-präparativer Teil
endothermisch, d. h. der im Molekül enthaltene Sauerstoff der Nitrogruppen kann intramolekular Kohlenstoff und Wasserstoff unter positiver Wärmetönung verbrennen. Diese innere Verbrennung ist bei der Pikrinsäure gemäß der Gleichung: 2 C6Hs07N8
>•
12CO + 2 H , 0 + 3N S + H,
eine ziemlich weitgehende. m - N i t r o p h e n o l läßt sich nicht direkt durch Nitrierung von Phenol bereiten, da die OH-Gruppe ein Substituent 1. Ordnung ist und daher vorwiegend o- und p-Derivat liefert. Man ist auf den Umweg der Diazotierung von m-Nitranilin und die Umkochung des Diazoniumsalzes zum Phenol angewiesen (S. 264). m- und p-Nitrophenol sind in reinem Zustand f a r b l o s , die o-Verbindung dagegen ist gelb. Die Salze aller drei Nitrophenole aber sind intensiv f a r b i g und zwar in der o- und p-Reihe rotorange und gelborange, in der p-Reihe tiefgelb. Man hat die starke Färbung der Nitrophenolsalze durch eine Umlagerung in eine das Licht kräftiger absorbierende chinoide Säureform oci-Typus nach H A N T Z S C H ) ZU erklären versucht. 0 OH
NO, p-Nitrophenol
N
Y
0=N—ONa p-Nitrophenolnatrium
Dagegen sprechen jedoch verschiedene Erwägungen. Vor allem verhält sich m-Nitrophenol wie die beiden Isomeren, die Alkalisalze müßten also auch chinoid sein. m-Chinone sind aber in der ganzen aromatischen Chemie unbekannt. Ferner gibt es noch mehrfach Beispiele von Substanzen, die bei der Salzbildung eine Farbvertiefung erfahren, wo aber die Umlagerung in ein tautomeres Chinon ausgeschlossen ist. So sind die zweibasischen Salze des gelbbraunen Anthrahydrochinons tief blutrot (S. 317). OH
OH gelbbraun
ONa blutrot
Schließlich sind auch die Alkalisalze des einfachen Phenols tiefer farbig als das Phenol selbst. Diese Tatsache ist zwar subjektiv
Die Kolbesehe
Salieylsäuresynthese
233
nicht erkennbar, jedoch durch Untersuchung der Absorption im ultravioletten Licht. Dabei hat sich ergeben, daß die Absorption von Phenolnatrium weit näher als die des freien Phenols an den subjektiv sichtbaren Teil des Spektrums heranrückt. Die Differenz ist so bedeutend, daß sie auch für eine subjektiv wahrnehmbare Färb Vertiefung von farblos zu gelb eine befriedigende Erklärung enthält. Wir führen also die Färbung der Nitrophenolsalze auf die „bathochrome" ( = farbvertiefende) Wirkung der Salzbildung zurück. Da o- und p-ständige Nitrogruppen die Beweglichkeit von Halogen im aromatischen Kern erhöhen (S. 94), so sind die Nitrophenole auch aus Nitro-chlorbenzolen zugänglich. So läßt sich p-Nitro-chlorbenzol im Autoklaven durch Laugen spalten, das als Zwischenprodukt für Schwefelfarbstoffe wichtige 2,4-Dinitro-phenol geht schon bei milderen Bedingungen aus dem entsprechenden Chlorbenzol hervor. < * H < >
2Na0H
>-
0SN^
\ - O N a + NaCl + H a 0 .
(Durch Umsetzung mit Ammoniak entsteht p-Nitranilin.) Im Trinitro-chlorbenzol (Pikrylchlorid) ist das Chlor von der gleichen Beweglichkeit wie in einem Säurechlorid. 4. Die Kolbe sehe Salieylsäuresynthese. 1 13-5 g reines Ätznatron werden in einer Porzellan- oder zweckmäßiger in einer Nickelschale in 20 ccm Wasser gelöst und unter Umrühren allmählich mit 31 g (V 3 Mol) kristallisiertem Phenol versetzt. Man dampft dann auf dem Drahtnetz unter fortdauerndem Umrühren das Wasser ab, gegen Ende mit direkter leuchtender Flamme, die man dauernd unter der Schale hin und her bewegt. Sobald die einzelnen Teile nicht mehr zusammenbacken, pulverisiert man die Masse schnell in einer trocknen Reibschale und erhitzt das feine Pulver nochmals so lange unter gutem Umrühren in der Nickelschale, bis es staubtrocken 2 geworden ist. E s wird dann in eine tubulierte Retorte von etwa 2 0 0 ccm Inhalt eingefüllt und diese so tief wie möglich in ein Ölbad eingetaucht. Man erhitzt dieses nun auf 1
J. pr. [2] 1 0 , 89 (1874); 2 7 , 39 (1883); 31, 397 (1885).
* Völlige Trockenheit des Phenolats ist Voraussetzung für das Gelingen des Versuchs. Die Zeiteinteilung erlaubt bequem, das in der Schale getrocknete Salz vor Ausführung der Synthese über Nacht im Vakuumexsiccator über Schwefelsäure und festem Ätzkali stehenzulassen.
234
Organisch-präparativer
Teil
110° und leitet bei dieser Temperatur 1 Stunde lang trockne Kohlensäure über das Phenolnatrium (das Ende des Einleitungsrohres 1 cm über der Oberfläche des Phenolnatriums). Im Laufe von 4 Stunden steigert man unter fortwährendem Durchleiten eines nicht zu lebhaften Kohlensäurestromes die Temperatur allmählich auf 190°, so daß in jeder Stunde eine Temperaturerhöhung um etwa 20° eintritt, und erhitzt schließlich noch 1 bis 2 Stunden auf 200°. Während dieser Operation rührt man den Retorteninhalt mehrere Male mit einem Glasstab um. Nach dem Erkalten gießt man den Retorteninhalt aus dem Tubus in ein großes Becherglas, spült mehrfach mit Wasser nach und fällt die Salicylsäure durch viel konzentrierte Salzsäure aus. Nachdem sie unter Eiskühlung kristallinisch geworden ist, saugt man ab, wäscht mit wenig Wasser und trocknet auf Ton. Wenn eine Probe der feuchten Säure sich aus heißem Wasser (unter Zugabe von Entfärbungskohle) direkt rein Umkristallisieren läßt, kann man das ganze Präparat auf diese Weise reinigen. Es ist aber auch dann anzuraten, das Rohprodukt mit überhitztem Wasserdampf zu destillieren, schon um die Methode kennenzulernen. Man erhitzt es zu diesem Zweck in t r o c k nem Zustande in einem k u r z h a l s i g e n Kölbchen, welches in einem Olbade auf 170° erwärmt wird, und leitet einen nicht zu lebhaften Wasserdampfstrom von 170—180° darüber (vgl. S. 27). Die Verbindung des Kolbens mit dem Dampfüberhitzer darf erst dann hergestellt werden, wenn Ölbad und Wasserdampf die angegebene Temperatur besitzen. Verbindungsrohr und Kühlrohr müssen besonders weit sein. Erhitzt man die aus dem Kühlrohr entfernte Säure mit dem in der Vorlage befindlichen wäßrigen Destillate bis zur Lösung, so kristallisiert beim Erkalten eine vollkommen farblose Säure in langen Nadeln aus. Schmelzpunkt 156°. Ausbeute 10—12 g. Die erste Phase der K O L B E sehen Reaktion verläuft analog der aus der Fettreihe bekannten Synthese von Alkylcarbonaten aus Alkoholat und Kohlendioxyd:
VI, 5
Synthese eines ß-Ketonsäureesters.
Acetessigester
235
Das so gebildete Natrium-phenylcarbonat lagert sich dann in der Hitze um unter Einwanderung der Carboxy-natriumgruppe in den Kern: V° "N-o-cf
T
i^vOH
l^J-COONa Daneben bildet sich in untergeordneter Menge die p-Verbindung, bei Anwendung von Kaliumphenolat ist diese merkwürdigerweise das Hauptprodukt. Da bei der K O L B E sehen Synthese, wie sie hier ausgeführt wurde, das primäre Salicylat teilweise mit unverändertem Phenolnatrium unter Bildung des sek. Salzes reagiert, wird ein Teil des Phenols frei und aus der Reaktion ausgeschaltet. Die vollständige Umsetzung gelingt, wenn man Phenolnatrium nach der Methode von SCHMITT unter C02-Druck im Autoklaven längere Zeit auf etwa 150° erhitzt (technisches Verfahren). Bei mehrwertigen Phenolen gelingt die Carbonsäuresynthese schon in wäßriger Lösung. o- und p-Oxycarbonsäuren spalten beim Erhitzen auf höhere Temperatur C02 ab, und zwar steigert sich die Leichtigkeit mit der Anzahl der OH-Gruppen (Darstellung von Pyrogallol aus Gallussäure). Wie wird m-Oxybenzoesäure dargestellt? Reduktion der Salicylsäure zu P i m e l i n s ä u r e (EINHOBN).
Versuch. Eine wäßrige Lösung von Salicylsäure versetzt man mit einigen Tropfen Eisen-3-chloridlösung. Man erhält die für Phenole charakteristische Farbreaktion. Salicylsäure wird in großen Mengen technisch gewonnen. Sie dient in der Earbstoffindustrie zur Darstellung wertvoller Azofarbstoffe, die, teilweise auf gebeizter Faser aufgefärbt, durch große Echtheit ausgezeichnet sind. Außerdem finden die Säure und ihre Derivate eine ausgedehnte pharmazeutische Verwendung. Als Phenolcarbonsäure wirkt sie stark desinfizierend (Konservierungsmittel). Daneben hat sie sich als wichtiges antirheumatisches Mittel und als Analgetikum bewährt. Besonders populär ist die am Phenolhydroxyl acetylierte Verbindung (Aspirin) geworden. Das erste Medikament der Reihe war der als Nebenprodukt beim technischen Verfahren entstehende Phenylester der Salicylsäure, das Salol. Salicylaldehyd wurde oben präparativ dargestellt (S. 221).
CH OH f 1)
Der Alkohol S a l i g e n i n *-'e^4 C
»N-OC,H 6
ONONa N»OC,H, ,
+ 2 C,H,OH.
Die oben ausgeführte Synthese des aci-Nitrobenzylcyanidnatriums bildet ein präparatives Beispiel für diese Reaktion. Die CH2-Gruppe des Benzylcyanids igt durch die Nachbarschaft von C6H5 und CN „reaktiv" geworden. Man nimmt an, daß auch hier eine aei-Form CSH, • CH=C=NH die Ursache dieses Verhaltens sei.
VI
Keto-Enol-Tautomerie
245
D i e K o n s t i t u t i o n der (S-Ketocarbonsäureester und der /3-Diketone. Wir wählen als Beispiel den Acetessigester. Er reagiert mit Phenylhydrazin, Bisulfit und andern Ketonreagenzien wie ein Keton; auf der andern Seite zeigt er sauere Reaktion, löst sich in Alkalien, und gibt mit Ferrichlorid die auch für die Phenole charakteristische Farbreaktion der Enole. Aus diesem zwiespältigen Verhalten zog man früher den Schluß, daß er entweder reines Keton oder reines Enol sei und daß die andersartige Reaktionsweise auf eiBe Umlagerung durch das Reagens zurückzuführen sei. Erst die quantitative Erforschung der Strukturverhältnisse hat den wahren Sachverhalt klargelegt (K. H. Meyeb, L. Knobr 1911). Acetessigester nimmt in der Kälte eine begrenzte Menge Brom auf, eine Reaktion, die, wie oben beim Aceton erörtert, nur der Enolform zukommt. Man kann daher unter geeigneten Bedingungen mit einer eingestellten Bromlösung die im Acetessigester enthaltene Enolmenge quantitativ erfassen. Eine dermaßen austitrierte Lösung verbraucht nach kurzer Zeit erneut Brom, d. h. es hat sich dann in ihr frisches Enol nachgebildet. Daraus geht hervor, daß sich in einer Lösung von Acetessigester, Ketound E n o l f o r m im gegenseitigen Gleichgewicht befinden. Die Einstellung dieses Gleichgewichts erfolgt unter den Arbeitsbedingungen der Bromtitration so langsam, daß die Genauigkeit der Methode nicht merkbar gestört wird. Versuch. Man löse etwa 1/2 ccm Acetessigester unter Schütteln in der nötigen Menge Wasser, füge einige Tropfen Eisenchloridlösung hinzu und lasse nun in der Kälte aus einem Tropfrohr so lange verdünntes Bromwasser (1:10) ziemlich rasch zutropfen, bis die rote Färbung des Ferri-enolats verschwunden ist. Das Enol ist jetzt vom Brom vollständig aufgebraucht, da es sich aber zur Herstellung des Gleichgewichts wieder von neuem bildet, so tritt nach kurzer Zeit die Färbung erneut auf und kann alsbald durch einige Tropfen Brom wieder zum Verschwinden gebracht werden. Das Spiel läßt sich so lange wiederholen, bis aller Acetessigester in Bromacetessigester umgewandelt ist Dieser Versuch erlaubt die subjektive Wahrnehmung der Keto-Enolumlagerung. Das Verhältnis, in dem Keto- und Enolform sich im Gleichgewicht befinden, ist in hohem Maße von der Natur des Lösungsmittels abhängig. Die nachstehende Tabelle gibt für den Acetessigester darüber Auskunft: Lösungsmittel Wasser. . Äthylalkohol Eisessig Benzol . Petroläther
Proc. Enol 0-4 12-0 5-7 16-2
46-4
Organisch-präparativer Teil
246
Zwischen der Beteiligung tautomerer Stoffe am Gleichgewicht und ihrer. Löslichkeit im betreffenden Lösungsmittel bestehen wichtige Beziehungen, die sich allgemein durch die einfache Formel:
ausdrüoken lassen (VAN 'T H O F F , DIMROTH). G sind die Konzentrationen, L die Löslichkeiten der beiden Isomeren a und b, Q ist eine vom Lösungsmittel unabhängige Konstante. Auf den Fall des Acetessigesters übertragen, wird also im Hinblick auf die Tabelle der Ketoester in Wasser, der Enolester in Petroläther leichter löslich sein, was mit den Tatsachen übereinstimmt. Der flüssige Acetessigester besteht zu 92-5 Proc. aus Keton und zu 7»5 Proc. aus EnoL Das frisch destillierte Präparat ist erheblich enolreicher, da der Enolester wegen seines tieferen Siedepunktes vorher absiedet und in der Flüssigkeit wieder nachgebildet wird. Versuch. Man löst 2*5 g Acetessigester in 20 ccm n-Lauge, kühlt in Eis auf 0° ab und fügt unter Umschütteln 20 ccm gekühlte n-Salzsäure auf einmal hinzu. Es bildet sich eine milchig getrübte Lösung, die jedoch schon nach wenigen Sekunden klar wird. Das in Wasser schwerer lösliche Enol ist anfangs zur Ausscheidung gekommen, hat sich aber, wie es die Gleichgewichtslage in Wasser verlangt, sehr rasch und fast vollständig in das leichter lösliche Keton umgelagert. Die „Brommethode" von K. H. MEYEB 1 erlaubt in fast allen Fallen den Enolgehalt in Lösungen tautomerer Substanzen zu bestimmen. Auf verschiedenen Wegen, auf die hier nicht näher eingegangen werden kann, ist es gelungen, Keto- und Enolacetessigester, beide in reinem Zustand, darzustellen (KNOBB, K. H. MEYEB). Ihre physikalischen Konstanten sind durchaus verschieden, so beispielsweise der Brechungsexponent, der für den Ketoester für Dioo 1*4225, für den Enolester 1*4480 beträgt. Durch Bestimmung der Brechungsexponenten von Gleichgewichtsgemischen läßt sich durch Interpolation der Gehalt an beiden Formen berechnen (KNOBB 1911). Auch auf spektroskopischem Wege sind damit übereinstimmende Ergebnisse erhalten worden (HANTZSCH 1910). Ob die beiden Formen einer tautomeren Substanz, jede für sich, in freiem Zustand isolierbar sind, hängt in erster Linie von der Umlagerungsgeschwindigkeit der labileren ab. Beim unsymmetrischen Dibenzoylaceton hat man zuerst Keto-, sowie Enol Verbindung in haltbarer, kristallisierter Form zu isolieren vermocht (CLAJBEN 1896): (C6H6CO)J : CH • CO • CH8 1
A. 3 8 0 , 212 (1911).
und
(C„HsCO)s: C=C—CH S OH
aci-Pkenylnitromethan
VI
247
Der Begriff der Tautomerie hat sich für derartige, lediglich durch den Erfolg der Experimentierkunst herausgehobene Fälle, zu dem der „Desmotropie" umgestaltet. Zahlreiche Beispiele von desmotropen Substanzen, die demnach nur in prägnanterer Gestalt ihre Tautomerieverhältnisse zum Ausdruck bringen, sind mittlerweile bekannt geworden; zu ihnen gehört jetzt auch der Acetessigester. Ganz ähnliche Verhältnisse liegen beim A c e t y l a c e t o n vor, nur ist hier die Enolform viel mehr begünstigt. Das flüssige Präparat besteht zu 80 Proc. aus EnoL Im B e n z o y l - a c e t y l a c e t o n tritt das Enolisationsbestreben so stark hervor, daß dieser Stoff überhaupt nur als Enol existiert. Die Ketoform ist unbekannt. C„HJ • C O • 0 = C — C H 3
I HJC-CO
I OH
Ebensowenig wie hier kann beim P h e n o l von einor eigentlichen Tautomerie die Rede sein. Das Phenol schließt sich in seinem chemischen Verhalten in jeder Hinsicht den aliphatischen Enolen an. Wir erinnern nur an die Übereinstimmuug im Säurecharakter, in der Farbreaktion mit Eisenchlorid, ferner an die gleichlaufenden, durch die „Aktivität" der Doppelbindung verursachten Reaktionen mit Halogen, mit salpetriger Säure, mit aromatischen Diazoverbindungen (Kuppelung). Die ,.Enolnatur" des Phenols bildet einen schönen Beleg für unsere Auffassung von der Konstitution des Benzols im Sinne der K E K U I I £ THIELEsehen Formel, indem sie das Bestreben des Ringes zum Ausdruck bringt, den energieärmsten „aromatischen" Zustand aufrechtzuerhalten. Die Kenntnis des noch nicht dargestellten, der hypothetischen Ketoform des Phenols (-4) zu vergleichenden aliphatischen Ketons (B) wäre in diesem Zusammenhang von Interesse.
A
II
I
B
CH
CEL
Jl CH,
1
C H = CH.
Mit der Tautomerie der Ketone und Aldehyde ist die der a l i p h a t i s c h e n N i t r o v e r b i n d u n g e n aufs engste verwandt. Auch hier steht einer neutralen Form eine solche mit Säurenatur, die sog. aoiForm, gegenüber (HANTZSCH): —C=0 I — C - H I
Keton
0 = N = 0 I — C - H ' I
echter Nitrokörper
248
Organisch-präparativer
—C—OH Enol
Teil
0=N—OH aci-Nitrokörper
In bezug auf die Eigenschaften, die Umlagerungserscheinungen und die Reaktionsverhältnisse kann einfach auf das bei den Keto-enolen Gesagte verwiesen werden. Die Brommethode hat auch hier die Gleichgewichte quantitativ zu erfassen erlaubt. Das zuerst bekannt gewordene, wichtigste Beispiel der Desmotropie liegt beim P h e n y l n i t r o m e t h a n vor, das als stabiler neutraler Nitrokörper (öl) und als labile kristallisierte aci-Nitroverbindung existiert. (HANTZSCH).
COHJ-CHJ-NO, und C6H6 • CH=NOOH. Versuch. Man schüttelt etwa 2—3 g Phenylnitromethan mit 15 ccm 2 n-Natronlauge in einem weiten Reagenzglas. Der neutrale Nitrokörper wird in der Kälte infolge seiner geringen Löslichkeit in Wasser nur ganz langsam umgelagert, d. h. gelöst. (In alkoholischer Lösung verläuft die Salzbildung sehr rasch.) Durch Erhitzen bringt man das Ol in kurzer Zeit zur Lösung. Ist dies geschehen, so kühlt man ab, fügt zu der alkalischen Lösung in einem kleinen Becherglas einige Stückchen Eis und versetzt auf einmal mit 20 ccm 2 n-Schwefelsäure. Das freie aei-Phenylnitromethan scheidet sich in farblosen kristallinischen Flocken aus, die man sofort absaugt, mit Wasser wäscht und auf Ton abpreßt. Bei raschem Arbeiten kann man einen Teil des Präparates aus Leichtbenzin (unter Zugabe von einigen Körnchen Calciumchlorid) Umkristallisieren. Eine kleine Probe löst man in wenig Alkohol und fügt einen Tropfen FeCl3-Lösung hinzu. Eine zweite, größere versetzt man unter Kühlung mit einigen Tropfen kalter alkoholischer Bromlösung; das Brom wird entfärbt. Die gleichen Reaktionen verlaufen bei dem als Präparat dargestellten Phenyl-nitromethan negativ. Den Rest der aci-Nitroverbindung läßt man, in Alkohol gelöst, über Nacht stehen. Die Lösung nimmt jetzt weder Brom auf, noch zeigt sie die Farbreaktion mit Eisenchlorid. Wenn man einige Körnchen auf einem Uhrglas gelassen hat, findet man sie am andern Tag in ein Ol umgewandelt. Wie man sieht, ist die aci-Form des Phenylnitromethans nur wegen ihrer kleinen Umlagerungsgeschwindigkeit vorübergehend faßbar; im Gleichgewicht hat sie keinen Bestand.
VI
Synthesen mit Acetessigester und Malonester
249
D i e A n w e n d u n g von A c e t e s s i g e s t e r und M a l o n e s t e r f ü r Synthesen. Der freie Malonester besitzt
die Konstitution, die der üblichen OR Formel entspricht; für die Existenz einer Enolform R O O C — C H = C < _ OH sind keine Anzeichen vorhanden. Jedoch bildet sich bei Einwirkung von Natrium auf die ätherische Lösung unter Wasserstoffentwicklung der sog. N a t r i u m m a l o n e s t e r , das Enolat obiger tautomerer Form, das auch schon aus dem Ester und Alkoholat entsteht. In den Reaktionen, die hier zur Besprechung kommen, gleicht der Natriummalonester durchaus dem Natracetessigester, der für das folgende als Beispiel gewählt sei. Bringt man Alkylhalogenid mit Natracetessigester zusammen, so entsteht C-Alkylacetessigester, nicht wie man erwarten sollte, das am Sauerstoff substituierte Produkt. Es findet also nicht einfach doppelter Austausch statt, sondern man muß annehmen, daß das Alkylhalogenid zuerst von der reaktionsfähigen Doppelbindung aufgenommen wird und daß sich erst dann Natriumhalogenid abspaltet. C H , C = C H — C O O R — v CHj»C CH—COOR 1 / \ t ONa NaO Br CH, —CH.-CO-CHCOOR | + NaBr. CH,
Den gleichen Verlauf nimmt die Reaktion mit Säurechloriden. Dagegen führt die Umsetzung des Acetessigesters mit Säurechloriden in P y r i d i n zu den O-Acylderivaten, während die O-Alkylderivate nur auf dem Umweg über die Acetale unter Abspaltung von Alkohol gewonnen werden können (CLAISEN). H,C-C'CH,-COOR — > - H a C . C = C H . C O O R + HOCH, H.cd^CH,
OCH,
O-Alkyl- und -Acylverbindungen werden unter den Bedingungen, unter denen die C-Isomeren, wie oben beschrieben, dargestellt werden, nicht zu diesen umgelagert. Dagegen erfolgt dieser Übergang unter der katalytischen Wirkung von festem Kaliumcarbonat in indifferenten Lösungsmitteln (CLAISEN), Z. B.: H,C • C = C H • COOR — > - H,C • CO • CH • COOR
i. CO-CH,
COCH,
Die am Kohlenstoff einfach alkylierten oder acylierten Acetessigester und Malonester lassen nun, da sie nochmals der Enolatbildung fähig sind, eine zweite Alkylierung oder Acylierung am gleichen Kohlenstoffatom zu. In der "Verwendung der einzuführenden Gruppen
250
Organisoh-präparativer Teil
besteht für beide Stufen die größte Mannigfaltigkeit; mit allem Material, das reaktionsfähiges Halogen enthält, also nicht nur mit halogenierten Kohlenwasserstoffen und Säurechloriden, kann die Synthese erfolgen. Die Heranziehung von Dihalogenparaffinen hat die ßeaktion auch zur Synthese von einfachen Kohlenstoffringen nutzbar gemacht (W. H. Pehkin), z. B.: .OK ROOC-CH=C- H»C • CO • CH • COOR I I ONa CH, • COOR —>- CHj'CO-CHj'CHj-COOH + CO, + 2ROH. Lävulinsäure
VII
Die Diazoverbindungen
251
Durch starkes Alkali wird das Molekül der durch Yerseifung aus dem Ester entstehenden Acetessigsäure nicht an der Carboxylgruppe durchbrochen, sondern der Best —CO-CHs wird hydrolytisch abgesprengt und es entstehen 2 Moleküle Essigsäure. Diese „Säurespaltung" bringt eine neue Variation in das Gesamtbild der Synthesen, deren praktische Bedeutung am gleichen Beispiel, am Kondensationsprodukt von Acetessigester mit Chloressigester zur Anschauung gebracht werde. H,C • CO • CH • COOR —>- HsC-COOH + H2C-COOH + 2ROH. ¿ H , . COOR
HJC-COOH
Bernsteinsäure Eine andere Art des Aufbaus vom Acetessigester aus stellt die Verknüpfung zweier Moleküle zum D i a c e t b e r n s t e i n s ä u r e e s t e r dar, die bei der Einwirkung von Jod auf Natracetessigester eintritt: COOR I 2 CH || +Ji O-ONa I CHa
—>-
COOR 1 HC | CO I CH„
COOR I CH | + 2 NaJ . CO I CH3
Auch hier finden wir, ähnlich wie bei der Alkylierung, daß sich Kohlenstoff am Kohlenstoff bindet. Über die interessanten Isomerieverhältnisse der Diacetbernsteinsäureester (L. KNOBB) unterrichte man sich aus der Literatur.
VII. Die DiazoYerbindungen. Allgemeines. Wohl die wichtigste Reaktion der Stickstoff-Wasserstoffverbindungen, d. h. des Ammoniaks und aller seiner Derivate, die noch Wasserstoff am Stickstoff gebunden enthalten, ist die Umsetzung mit s a l p e t r i g e r Säure. Die vielfältigen Erscheinungen, die dabei auftreten, sind von einem allgemeinen Gesichtspunkt aus zu betrachten. Nächst der Salzbildung, die ja beim Ammoniak selbst und bei den aliphatischen Aminen in normaler Weise erfolgt, spielt die reaktionsfähige Doppelbindung N = 0 in der salpetrigen Säure eine ausschlaggebende Rolle. Am einfachsten liegt der Fall bei den sekundären Aminen. Dimethylamin bildet zuerst Dimethylammoniumnitrit, bei erhöhter Temperatur lagert sich Dimethylamin intramolekular an die Doppelbindung der salpetrigen Säure und unter Wasserabspaltung erfolgt Acylierung, d. h. Bildung von Nitrosamin.
252
Organisch-präparativer Teil
/
H
(CHj^NH + HONO —>- (CH,)jN—0—N=0 \ h —>- (CH,)jN—N—OH — ( C H ^ N - N O + HaO I OH Dieser Vorgang entspricht vollkommen dem einer andern Acylierung, z. B. dem der Bildung des Acetylderivats aus dem Ammoniumacetat. Nur braucht die Beaktion wegen der geringeren Reaktionsfähigkeit der C=0-Doppelbindung in der Essigsäure höhere Temperatur. OH
OH
(CHskNH + 0=i—CH a —>
—>-
(CH9),N—¿—CH, I OH (CHs)2N—C—CHS + H,0
A
Dimethylacetamid Die große Veresterungsgeschwindigkeit der salpetrigen Säure, hinter der die aller andern Säuren zurückbleibt, ist wohl auf die gleiche Ursache zurückzuführen (S. 135). CH3 • CH 0 CHj-CHjOH + 0=N—OH >' NN-OH ho/ H ~ '° >• CH, • C H , — 0 - N = 0 . Äthylnitrit Übertragen wir diese Vorstellungen auf die Beaktion des Ammoniaks, so ist einleuchtend, daß das in der Hitze entstehende Acylprodukt in Stickstoff und Wasser zerfallen muß. HOv >N-OH HaN + 0=N—OH N=N + 2H,0. LH,!*/ Grundsätzlich das gleiche gilt für primäres aliphatisches Amin. OH HSCNH, + 0=N—OH — [ H . C . N H - N — O H ] —>- [HaCN=NOH] —>- N = N + H 3 C - O H . Vom zweiten eingeklammerten Zwischenprodukt, dessen Salze bekannt sind, wissen wir, daß es unter den Bedingungen seiner Entstehung in Stickstoff und Alkohol zerfallen muß. Bei den einfachen primären Aminen der Fettreihe kommt es also nicht zur Bildung eines Diazokörpers, weil die Beaktion, die ihn entstehen läßt, erst bei einer Temperatur zustande kommt, die ihn zerstört. — Die Reaktionsfähigkeit der NH2-Gruppe kann aber durch eine nachbarständige Carbonylgruppe gesteigert werden. Wir kommen
Die
VII
Diaxoverbindungen
253
zum Fall der c r - A m i n o c a r b o n s ä u r e e s t e r und a-Aminoket.one. Glykokollester läßt sich schon in der Kälte diazotieren; der unter diesen Umständen nicht zerfallende Diazokörper stabilisiert sich unter H 2 0-Abspaltung zum Diazoessigester: ROC-CH.NH. +
RO.C.CH,.NH
0=N—OH
A
-H,O
"
L
i
H ?
-
O E
RO-C.CH—N
RKO-C-CHJ-N
II
>
0
N
HON
O
• N
Diazo-essigester Das Unerwartete bei der Beaktion der primären a r o m a t i s c h e n Amine mit salpetriger Säure besteht nun darin, daß der bei tiefer Temperatur zweifellos nach dem bisher gebrauchten Schema entstehende Diazokörper unter der Wirkung der in der Beaktionslösung vorhandenen Säure zu einer Base umgelagert wird, deren Salz, das D i a z o n i u m salz, wir als Diazotierungsprodukt erhalten. C,H6NH, + 0 = N - 0 H CAHS-N=NOH H£LV C , H 6 . N = N + H I O
C1
Hier treffen wir auf eine Sondereigenschaft der aromatischen Verbindungen. Diazoniumsalze sind in der Fettreihe nicht bekannt, weil der Typus des Anilins — C = C — nicht existenzfähig ist. NH2 Es ist nicht ausgeschlossen, daß Glykokollester auf Grund einer tautomeren Umlagerung ROC—CH,
" i
I
NHA
— >-
ROC=CH
I I
OHNH,
so leicht diazotiert wird. Aber auch dann bleibt in dem Fehlen basischer Eigenschaften bei den aliphatischen Diazokörpern der grundlegende Unterschied zwischen beiden Beihen bestehen. Es muß vorerst als unerklärbare Tatsache hingenommen werden, daß der aromatische Kern — nicht aber Alkyl — den an ihn gebundenen Stickstoff einer Diazogruppe zum Träger stark basischer Eigenschaften umbilden kann. Einen ähnlichen Einfluß üben, wie wir später (S. 338) erfahren werden, mehrere aromatische Kerne auf ein mit ihnen verbundenes Kohlenstoffatom aus (Carboniumsalze). Es sei daran erinnert, daß bei den Aminen selbst der aromatische Bing die Basicität stark herabsetzt, während sie durch Alkylgruppen gesteigert wird. Für das Studium der Chemie der Diazoverbindungen sei das treffliche, von BESDILIEK neu bearbeitete Werk von A. HAMTZSCH, Die D i a z o v e r b i n d u n g e n , Leipzig 1921 empfohlen.
Organisch-präparativer Teil
254
A. Aliphatische Diazoverbindungen. 1. Diazomethan.1 Der Entwicklungsapparat entspricht im wesentlichen dem für die Darstellung von Acetaldehyd angegebenen (S. 194); nur muß der Kolben kleiner als dort gewählt werden. Um die Zuflußgeschwindigkeit des Chloroforms beobachten und regulieren zu können, wählt man einen Tropftrichter, der unterhalb des Hahns eine kugelförmige Erweiterung trägt, in den die Flüssigkeit aus einem kleinen Ansatzröhrchen sichtbar hineintropft oder -fließt 2 Nicht nur das Gaszuleitungrohr, das der Zufuhr von Stickstoff dient, sondern auch das durch ein angeschmolzenes gerades CaCl 2 -ßohr unten erweiterte Ansatzrohr des Tropftrichters tauchen unter die Oberfläche der Beschickung des Kolbens. Der Druckwiderstand wird nach der beim Acetaldehyd gegebenen Anweisung aufgehoben. Der Kolben (500 ccm) ist beschickt mit einer heißen Lösung von 75 g Ätzkali in 180 ccm absolutem Alkohol, der die Lösung von 15 g Hydrazinhydrat in 50 ccm absolutem Alkohol zugegeben wird. Aus dem Tropftrichter läßt man das Gemisch von 40 g Chloroform mit 50 ccm absolutem Alkohol so langsam zufließen, daß die stürmisch einsetzende Reaktion nicht zu heftig verläuft. Drei jenseits des Kühlers hintereinander geschaltete Waschflaschen, mit 50, 40 und 30 ccm absolutem Äther beschickt, werden im Kältegemisch stark gekühlt. Während des Versuchs wird ein schwacher Stickstoffstrom durch die Flüssigkeit geleitet. Sollte der Äther in der dritten Vorlage noch lebhaft gelb gefärbt werden, so schaltet man noch eine vierte Waschflasche an. Wenn alles Chloroform zugegeben ist, drängt man das im Apparat vorhandene Diazomethan innerhalb 10—15 Minuten durch Stickstoff in die Vorlagen. Die Inhalte der vorgelegten Waschflaschen werden nach Beendigung des Versuchs in einer kleinen enghalsigen Glasflasche vereinigt, die wie bei Äther über Natrium angegeben (S. 107, Anm.), verschlossen ist und an einem kühlen Platz aufbewahrt wird, falls das Präparat nicht sofort Verwendung findet Die Diazomethanlösung hält sich mehrere Tage, erleidet aber doch eine stetige, 1
STAUDINSEB U. K U F F E B , B . 4 5 ,
5 0 5 (1912).
* Solche Tropftrichter sind zum Ausätherri ungeeignet
Diaxomethan
255
wenn auch langsame Zersetzung unter Stickstoffentwicklung. Darum darf das Aufbewahrungsgefäß nicht fest verschlossen werden. Diazomethan ist ein gelbes Gas vom Siedep. —24°, das für präparative Zwecke nur in Lösung gewonnen wird. In freiem Zustand ist es explosiv. Als indifferente Lösungsmittel können außer Äther auch die Alkohole, Benzol und Petroläther verwendet werden, für kurze Zeit auch Aceton.
G e h a l t s b e s t i m m u n g der Diazomethanlösung (nach B. 43, 2 3 2 4 [ 1 9 1 0 ] ) . Einen aliquoten Teil der Lösung (etwa 1/20) läßt man, mit absolutem Äther verdünnt, in eine mit Eis gekühlte n/5-ätherische Benzoesäurelösung unter Schütteln einfließen. Diese wird dargestellt durch Auflösen von 1 • 22 g reinster Benzoesäure im 50-ccm-Maßkolben in absolutem Äther; sie muß gegen das Diazomethan im Überschuß sein, was man daran erkennt, daß bis zum Schluß der Zugabe ^-Entwicklung eintritt und die Lösung farblos bleibt. Die übrige Benzoesäure wird mit n / 10 -NaOH zurückgemessen. Die Ausbeute an Diazomethan beträgt 2—3 g. MABSHALL U. ACBEE,
Das Präparat ist in den meisten Instituten für wissenschaftliche Arbeiten hoch willkommen, da es bei wertvollen Säuren und Phenolen eine elegante und glatt verlaufende Methylierung erlaubt. Alkoholische OH-Gruppen werden praktisch nicht methyliert, auch nicht Amine.
Versuche. Man löst 2—3 g eines Phenols (Phenol, Kresol, /9-Naphthol, Salicylaldehyd, Hydrochinon) in wenig Äther, Aceton oder Methylalkohol und fügt unter Eiskühlung in kleinen Anteilen von der dargestellten Diazomethanlösung zu, bis die Gasentwicklung nicht mehr einsetzt und die Lösung schwach gelb gefärbt ist. Um bei g e f ä r b t e n Lösungen einen Uberschuß an Diazomethan zu erkennen, gießt man einige Tropfen in ein kleines Reagenzglas ab und bringt einen in Eisessig getauchten Glasstab hinein: sofortige Gasentwicklung. Die Reaktionsprodukte werden nach dem Abdampfen des Lösungsmittels entweder durch Destillation oder, wenn sie fest sind, durch Kristallisation gereinigt. Man bearbeite hier eines der im Laboratorium zugänglichen Phenole selbständig und mache Angaben über die Natur des gewonnenen Methyläthers. In gleicher Weise verfährt man mit Carbonsäuren (p-Toluylsäure, Phenylessigsäure, Zimtsäure, Oxalsäure, Terephthalsäure, Salicylsäure usw.).
Organisch-präparativer
256
Teil
Es gibt Phenole, die mit Diazomethan langsam reagieren. In solchen Fällen bringt man sie mit einem Überschuß über den errechneten Bedarf an Diazomethan zusammen und läßt mehrere Tage mit aufgesetztem Capillarrohr stehen. Diazomethan, die einfachste aliphatische Diazoverbindung ist von PECHMAUN1 auf folgendem lehrreichen Weg zuerst dargestellt worden: /OCA 0=C< N a
+HIN-CH, — 0 = C