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German Pages 450 [460] Year 1941
L.
GATTERMANN
DIE PRAXIS DES ORGANISCHEN CHEMIKERS ACHTUNDZWANZIGSTE
BEARBEITET
AUFLAGE
VON
HEINRICH WIELAND
MIT
58 A B B I L D U N G E N
BERLIN
IM
TEXT
1941
WALTER DE GRUYTER & CO. VORMALS G. J. GÖSCHEN'SCHE VERLAGSHANDLUNG — J. GUTTENTAG, VERLAGSBUCHHANDLUNG — GEQRG REIMER - K A R L X TRÜBNER — VEIT & COMP.
Alle Rechte, einschließlich des Übersetzungsrechts, vorbehalten. Copyright 1941 by W a l t e r de Gruyter & Co. vorm. G. J. Göschea'sche Verlagshandlung, J. Guttentag, VWlagsbuchhaadlung Georg Reimer, Karl J. Tiftbner, Veit & Comp. Berlin W 35 Archiv-Nr. 5 2 1 9 +1 Printed in Germany Druck von W a l t e r de G r u y t e r & Co., Berlin
Vorwort zur Neubearbeitung1 Vor etwas mehr als dreißig Jahren hat L U D W I G GATTERMANN die erste Auflage seiner Anleitung für das organ.-chemische Praktikum dem Druck übergeben. Das System, die präparativen Vorschriften mit theoretischen Erläuterungen zu versehen, hat sich zweifellos bewährt. Dafür spricht schon die große Verbreitung des Buches; es hat 18 Auflagen erlebt. — Die Erlernung der methodischen Technik ist gewiß das Hauptziel des organischen Praktikums; als bloße Kochkunst und Laborantenfertigkeit ausgeübt, leistet sie jedoch zu wenig. Die Methodik beherrschen heißt vor allem auch, den Sinn ihrer Anwendung verstehen, ihre vielfältigen Ausdrucksformen am richtigen Platz handhaben. Es ist auch hier der Geist, der sich den Körper baut. Wir verlangen, daß der Praktikant mit den Umwandlungen, die er präparativ betreibt, theoretisch vertraut sei. Der den einzelnen Präparaten angefügte• Kommentar soll den Überblick über das gerade bearbeitete Gebiet erleichtern und zum Gebrauch der Lehrbücher und der Originalliteratur, zum Nachschürfen anregen. Nachdem jetzt die Grundlagen der organischen Chemie beim präparativen Arbeiten an den deutschen Hochschullaboratorien vorausgesetzt werden können, lag die Gefahr, ihn zur „Eselsbrücke" zu gestalten, fern. Mit Vorbedacht sind die Anforderungen nach der praktischen und nach der theoretischen Seite in dieser Neubearbeitung gesteigert worden. Was in den vergangenen 30 Jahren an „Schulsack" genügte, das ist jetzt zu knapp für den, der sich an der Bearbeitung der für Wissenschaft und Technik gleichermaßen zugespitzten und schwieriger gewordenen Aufgaben beteiligen will. Der Gedanke, das präparative Praktikum gleichzeitig zu einem Erfassen und Erleben der organischen Chemie werden zu lassen, hat die Anordnung des Stoffs vom Gesichtspunkt des systematischen Zusammenhangs aus gefordert. Man wird sehen, daß dem dadurch bedingten Aufbau die präparative Anstiegslinie vom Leich1
Neunzehnte Auflage des Werkes.
VI
Vorwort
teren zum Schwierigeren kaum emstlich zuwider verläuft. Und der Gewinn an abgerundeter Ausbildung, der zu erwarten steht, ist erheblich. Der allgemeine Teil und ebenso der analytische sind vollkommen umgearbeitet worden unter starker Kürzung zugunsten der Präparate. Durch ihre Vermehrung soll einige Abwechslung geboten und dem schematischen Zug im organischen Praktikum entgegengewirkt werden. Meinen Assistenten, vor allem den Herren Dr. FRANZ BERGEL und F . GOTTWALT F I S C H E R bin ich für ihre unermüdliche Mithilfe bei der Ausführung zahlloser Versuche zu großem Dank verpflichtet. Herr F I S C H E R hat außerdem die in dieser Bearbeitung neuen Figuren gezeichnet und das Register angefertigt. F r e i b u r g i. B., Ostern 1925
Heinrich Wieland
Vorwort zur siebenundzwanzigsten Auflage Dem präparativen Abschnitt ist in dieser Auflage eine kurze Anleitung zur organischen Gruppen-Analyse angeschlossen worden. Mit ihrer Hilfe soll der Praktikant lernen, einfache organische Substanzen ihrer Natur nach zu erkennen und in die sie umfassende Stoffgruppe einzugliedern. E s wird sich hier zeigen, ob die präparative Tätigkeit dem Praktikanten den Grad von Vertrautheit mit den synthetisch bereiteten Stoffen verschafft hat, den er als Voraussetzung für die neue Aufgabe braucht, deren Rahmen mit Vorbedacht beschränkt wurde. An Stelle der im Laboratorium kaum mehr angewandten S A B A T i E R s c h e n Hydrierungsmethode, die man in dieser Auflage gestrichen hat, sind einige Präparate aufgenommen worden, die die Bekanntschaft mit modernen Methoden (Anwendung organischer Lithium Verbindungen, Oxydation mit Selendioxyd) vermitteln. Der Kenner des Buches wird außerdem an zahlreichen Stellen Ergänzungen und Verbesserungen antreffen. Man hat einen Mangel dieses Buches darin gesehen, daß in den Erläuterungen diese oder jene moderne Theorie nicht berücksichtigt sei. Dazu ist zu bemerken, daß das Werk, wie schon sein Titel sagt, kein Lehrbuch der organischen Chemie sein soll noch will.
VII
Vorwort
Ich würde es nicht für glücklich halten, seinen Zweck und seine Bestimmung durch die Besprechung noch schwebender theoretischer Fragen zu erweitern. Aus dem gleichen Grund ist auch die Elektronentheorie der chemischen Bindimg nicht behandelt. Herr Dr. R U D O L F H Ü T T E L hat mich bei der Erprobung der neu aufgenommenen Teile sehr nachhaltig unterstützt. Ich möchte ihm dafür auch hier vielmals danken. München, 21. März 1940 Heinrich Wieland
Vorwort zur achtundzwanzigsten Auflage Die Neuauflage bringt nur wenige sachliche Änderungen. Auf Wunsch des Verlags wurde versucht, die präparativen Vorschriften durch Anwendung verschiedener Drucktypen übersichtlicher zu gestalten. Herrn Dr. R U D O L F H Ü T T E L habe ich für seine unermüdliche Mithilfe vielmals zu danken. M ü n c h e n , im Juni 1941 Heinrich Wieland
Inhalt A. Einige allgemeine Arbeitsregeln Seite
Reaktionsgeschwindigkeit und Temperatur Reindarstellung organischer Substanzen Kristallisation Chromatographische Adsorption Destillation Sublimation Destillation mit Wasserdampf Abdestillieren von Lösungsmitteln Ausschütteln. Extrahieren Das Arbeiten mit komprimierten Gasen Erhitzen unter Druck Rühren und Schütteln Schmelzpunktbestimmung
1 3 4 15 15 27 28 30 32 36 37 39 40
B. Elementar-analytische Methoden Qualitativer Nachweis des Kohlenstoffs, Wasserstoffs, Schwefels und der Halogene Die quantitative organische Elementaranalyse I. Stickstoffbestimmung nach DUMAS II. Bestimmung von Kohlenstoff und Wasserstoff nach LIEBIG . . . . III. Bestimmung von Halogen, Schwefel und sonstigen Elementen . . 1. Halogenbestimmung nach CAKIUS S. 71. 2. Argentometrische Bestimmung von Chlor und Brom S. 74. 3. Jodbestimmung nach LEIPERTMÜNSTER S. 78. 4. Schwefelbestimmung nach CARIUS S. 79. 5. Schwefelbestimmung durch Verbrennung S. 80. 6. Gleichzeitige Bestimmung von Halogen und Schwefel S. 81. 7. Bestimmung der übrigen Elemente S. 81. IV. Bestimmung organischer Gruppen 1. Maßanalytische Bestimmung der Metnoxylgruppe S. 82. 2. Bestimmung der Acetyl- und Benzovlgruppe S. 84. 3. Bestimmung von aktivem Wasserstoff nach TSCHUGAEFF-ZEREWITINOFF S. 86. 4. Molekulargewichtsbestimmung S. 88.
43 47 47 55 70
82
C. Organisch-präparativer Teil Zur Verhütung von Unfällen Die erste Ausrüstung . . .
90 92
X
Inhalt 1. Die Substitution von Hydroxyl und Wasserstoff durch Halogen. Alkohole, Oleflne
1. Äthylbromid aus Äthylalkohol Methvlbromid S . 9 7 . 2. Äthyljodid aus Äthylalkohol Methyljodid S. 98. 3. Benzylchlorid aus Toluol 4. Brombenzol p-Dibrombenzol S. 107. 6. Ungesättigte Kohlenwasserstoffe a) Äthylen aus Äthylalkohol. Äthylenbromid S. 109. b) Cyclohexen aus Cyclohexanol und Cyclohexadien S. 112. 6. Glykol aus Äthylenbromid 7. Iso-amyläther 8. Chloressigsäure aus Essigsäure und Chlor
Seite
96
97 102 106 109
117 120 120
II. Carbonsäuren und ihre einfachen Abkömmlinge 1. Säurechloride a) Acetylchlorid S. 123; b) Benzoylchlorid S. 123, Acetanilid S. 126, Benzoylperoxyd S. 127. 2. Essigsäure-anhydrid 3. Acetamid Benzamid S. 132. 4. Harnstoff und Semicarbazid a) Kaliumcyanat durch Oxydationsschmelze S. 133; b) Harnstoff S. 134; c) Semicarbazid S. 136; d) Harnstoff und Harnsäure aus Harn S . 1 3 7 . 5. Nitrile a) Acetonitril S. 138; b) Benzylcyanid S. 138. 6. Verseifung eines Nitrils zur Säure. Phenylessigsäure 7. Säureester a) Essigsäureäthylester aus Eisessig und Alkohol S. 142, Benzoesäureäthylester S. 143; b) Isoamylnitrit S. 147, Äthylnitrit S. 148; c) Äthylnitrat S. 149; d) Verseifung von Fett oder pflanzlichem ö l S. 160, Darstfellung der freien Fettsäuren S. 161, Glycerin S. 161; Zur Fettanalyse S. 161. 8. Abbau der Carbonsäuren zu den nächst niederen Aminen a) HoFMANNsche Reaktion, Methylamin aus Acetamid S. 162; b) Die CURTiussche Reaktion S. 163, Benzazid S. 163, Phenylcyanat S. 164, Phenylurethan S. 154.
123
128 131 133
138 141 142
162
EU. Nitroverbindungen und ihre Reduktionsprodukte 1. Nitromethan 166 Methylamin S. 168, N-Methylhydroxylamin S. 168, Methylnitrolsäure S. 168, Knallsilber S. 169, Phenylnitroäthylen S. 160. 2. Nitrierung eines aromatischen Kohlenwasserstoffs 161 a) Nitrobenzol S. 161; b) Dinitrobenzol S. 162. 3. Reduktion einer Nitroverbindung zu einem Amin . 164 a) Anilin aus Nitrobenzol S. 164, Diphenylthioharnstoff, Phenvlsenföl S. 169; b) m-Nitranilin aus m-Dinitrobenzol S. 170.
Inhalt
XI Seite
4. Phenylhydroxylamin p-Aminophenol S. 175, Nitrosophenylhydroxylamin S. 176.
173
6. Nitrosobenzol . . . . 17.8 Nitrosobenzol aus Anilin und C A R o s c h e r Säure S. 178, Azobenzol aus Anilin und Nitrosobenzol S. 180, Azoxybenzol aus Phenylhydroxylamin und Nitrosobenzol S. 181. 6. Hydrazobenzol und Azobenzol 182 a) Hydrazobenzol S. 182; b) Azobenzol aus Hydrazobenzol S. 183; c) Benzidin aus Hydrazobenzol S. 184, Mechanismus der Nitrobenzol-Reduktion S.186. IV. Sulfonsäuren 1. Benzolmonosulfonsäure aus Benzol und Schwefelsäure 188 Diphenylsulfon S. 188, Benzolsulfochlorid S. 189, Benzolsulfamid S. 189, Benzsulfhydroxamsäure S. 189. 2. p-Toluolsulfonsäure 190 3. ß-Naphthalinsulfonsäure 191 4. Sulfanilsäure aus Anilin und Schwefelsäure 192 6. 2,4-Dinitro- HjC = CHa + HBr. Am zweckmäßigsten erfolgt die Abspaltung des Halogenwasserstoffs durch a l k o h o l i s c h e s K a l i 1 , in manchen Fällen werden auch t e r t i ä r e B a s e n , wie P y r i d i n , C h i n o l i n oder D i m e t h y l a n i l i n angewandt. Von s y n t h e t i s c h e n R e a k t i o n e n der Alkylhalogenide ist ihre Umsetzung mit K a l i u m c y a n i d , die nach H. K o l b e von der Methanreihe aus den Aufbau der E s s i g s ä u r e vermittelt, schon erwähnt (vgl. die Präparate S. 138 und S. 247). Von einfacheren Reaktionen dieser Art sei hier die W ü r t z s c h e S y n t h e s e angeführt. Metallisches N a t r i u m nimmt das Halogen von zwei Molekeln weg und die beiden Methylreste verbinden sich miteinander. So entsteht im einfachsten Falle aus Methylbromid Ä t h a n : H3C • B r B r • CHS Na Na
• H3C • CH3 + 2 NaBr.
Die präparative Anwendung dieser Reaktion findet sich beim T r i p h e n y l c h l o r m e t h a n , S. 341. Schließlich haben die Alkylhalogenide eine außerordentliche Bedeutung gewonnen als Ausgangssubstanzen für die G r i g n a r d sche R e a k t i o n , von der auf S. 326 die Rede ist. Die F i t t i g s c h e S y n t h e s e 2 unterscheidet sich von der Würtzschen Synthese dadurch, daß ein Aryl- und ein Alkylhalogenid gemeinsam der Enthalogenierung durch Natrium unterworfen werden, z. B . : C8H5 • B r + C,H 5 • B r + 2 Na ->- CSH5 • C,HS + 2 NaBr. Äthylbenzol Sie ist allgemeiner Anwendung fähig, indem auch die homologen B r o m benzole sowie D i b r o m b e n z o l und alle möglichen A l k y l b r o m i d e in sie einbezogen werden können. Auch zwischen 2 Mol. A r y l b r o m i d findet die Umsetzung, wenn auch schwieriger, statt: 2 C„H6Br + 2 Na
• C6H5 • C,HS + 2 NaBr.
Präparativ wird aber B i p h e n y l durch thermische Dehydrierung von Benzol (Durchleiten seiner Dämpfe durch ein glühendes Eisenrohr) dargestellt. So einfach, wie es die obigen Formelgleichungen darstellen, verläuft die F i t t i g s c h e Reaktion nicht. Es ist durch neuere Arbeiten (Acree 3 , S c h l u Dieses viel gebrauchte Reagenz stellt man sich am besten auf Vorrat her, indem man in 100 ccm Methylalkohol — äthylalkoholisches Kali verharzt bald — 25 g Stangenkali durch Erwärmen oder durch Stehenlassen über Nacht in der Kälte löst, von Carbonat abfiltriert und den KOH-Gehalt durch Titration bestimmt. » T o l l e n s und F i t t i g , A. 181, 303 (1864); vgl. 22. Aufl. dieses Werkes, S. 111. » Am. Chem. Journ. 2», 688 (1903). 1
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Oxgänisch-präparativer Teil
bach 1 ) nachgewiesen, daß in der ersten Phase die Natriumverbindungen der Kohlenwasserstoffe entstehen. Diese setzen sich dann erst unter Abspaltung von NaBr mit der zweiten Molekel organischen Bromids um: 1. R • Br + 2 Na >- RNa + NaBr, 2. RNa + BrR' • R — R' + NaBr. Da sowohl RBr als R'Br zuerst mit Natrium reagieren, die beiden Natriumverbindungen aber sich mit RBr und R'Br umsetzen können, so sind bei der Synthese von F i t t i g grundsätzlich 3 Reaktionen mit den Produkten R — R', R — R und R' — R' möglich. Brombenzol reagiert nun rascher mit Natrium als Äthylbromid, Phenylhatrium aber rascher mit Äthylbromid als mit Brombenzol: daher in unserem Beispiel die glatte Bildung von Äthylbenzol. 3. Benzylchlorid aus Toluol 2
Beim Arbeiten mit Chlor, Brom und Halogenwasserstoffsäuren sollten Verbindungen mit Kork oder Kautschuk vermieden werden. Man bedient sich für das vorliegende Präparat des in Fig. 46, S. 110 abgebildeten Kolbens3 (mit Einleitungsrohr), in dem 100 g reinen Toluols auf dem Luftbad zum Sieden erhitzt werden. Vor der Beschickung hat man in den (horizontal gehaltenen) Kolben ein kurzes Thermometer eingeführt, dessen unterer Teil in einem 3 bis 4 cm langen, in der Mitte durch Einschmelzen verjüngten Glasrohr als Fuß ruht. Die auf der Kolbenwand aufstehende Seite dieses Fußes ist — damit der Kolben nicht geritzt wird — rund geschmolzen. Durch das im Schliff sitzende Glasrohr leitet man nun aus der Bombe mit vorgeschalteter H2S04-Waschflasche einen kräftigen Chlorstrom ein, so lange, bis die Temperatur in der lebhaft siedenden Flüssigkeit auf 156° gestiegen ist. Das obere Kühlrohrende wird zur Beseitigung des abziehenden Chlors mit einer Vorlage mit Ätzlauge verbunden, in die das Uberleitungsrohr nicht eintauchen soll. Die Erfahrung hat gelehrt, daß die Dauer des Einleitens von der B e l i c h tung abhängt 4 ; die Reaktion ist bei hellem Sonnenlicht in einigen Stunden beendet, während sie an trüben Tagen einen halben Arbeitstag in Anspruch nimmt. Man richte sich daher, soweit dies möglich ist, nach der Beleuchtung. B. 65, 2889 (1922); siehe auch die Arbeit von Schlenk, B. 50, 262 (1917). Cannizzaro, A. ch. [3] 46, 468 (1855); Beilstein und Geitner, A. 189, 332 (1866); Schramm, B. 18, 608 (1885). * Er sollte vom Saalassistenten entleihbar sein. * G. Book und J. Eggert, Ztschr. f. El. 29, 521 (1923); B. 59, 1192 (1926); F. Bergel, B. 59, 153 (1926). 1
a
Beirzylchlorid aus Toluof :
103
Der Kolbeninhalt wird hierauf direkt der D e s t i l l a t i o n im Vakuum unterworfen. Nach einem Vorlauf von unverändertem Toluol fängt man die Hauptmenge innerhalb von 7 Graden (bei 12 mm etwa zwischen 63—70°) auf. Der Siedepunkt des reinen Benzylchlorids liegt bei 64°/12 mm. Ausbeute 65—70% der Theorie. Das durch Vakuumdestillation gereinigte Präparat ist reiner und haltbarer als das unter Atmosphärendruck destillierte, da hierbei stets HCl-Abspaltung eintritt. Weitere Verwendung für B e n z y l c y a n i d (S. 138), Benzylm a l o n e s t e r (S. 248), Grignardsche R e a k t i o n . Die theoretisch einfachste Methode, um Halogen am Kohlenstoff an Stelle von Wasserstoff einzuführen, besteht in der Einwirkung von freiem Halogen auf gesättigte Kohlenwasserstoffe. Sie wird, wie die Chlorknallgasreaktion, durch Licht katalytisch beschleunigt und führt, auf Methan und Chlor übertragen, diesen Kohlenwasserstoff in M o n o - , D i - , T r i - und T e t r a c h l o r m e t h a n über. Auch die höheren Paraffine werden auf diese Weise chloriert, aber das Verfahren ist präparativ unbequem und hat zudem den Übelstand, daß gleichzeitig verschiedene, schwer voneinander abtrennbare Reaktionsprodukte entstehen. E s besteht die Regel, daß im allgemeinen das Chlor zuerst an das w a s s e r s t o f f ä r m s t e Kohlenstoffatom tritt. I n der Fettreihe bilden die Alkohole, die leichter in reinem Zustand zugänglich sind als die Kohlenwasserstoffe, nach Beispiel 1 und 2 das ausschließliche Ausgangsmaterial für die Darstellung der Halogenverbindungen. Viel übersichtlicher gestaltet sich der Substitutionsprozeß durch Chlor beim Toluol und den homologen Methylbenzolen (Xylolen usw.). Wir haben hier zwei scharf getrennte Vorgänge. 1. Durch typische Halogenüberträger, wie E i s e n f e i l e , J o d , wird ausschließlich im Kern substituiert, und zwar entstehen aus Toluol nebeneinander o- und p-Derivat. 2. O h n e einen derartigen Überträger wird selbst in der Siedehitze der Benzolkern nicht im mindesten angegriffen. Die Geschwindigkeit der Substitution der Methylgruppe (Seitenkette), die in der Kälte unmeßbar klein ist, steigert sich aber gemäß dem allgemeinen Gesetz, nach dem eine Erhöhung der Temperatur um je 10° eine Erhöhung der Reaktionsgeschwindigkeit um das 2—3fache zur Folge hat, zu einer für den präparativen Zweck ausreichenden Höhe. Diese Reaktion ist l i c h t e m p f i n d l i c h , wie alle Reaktionen, bei denen Wasserstoff direkt durch Chlor ersetzt wird. Daß auch ein Zusatz von Phosphorpentachlorid beschleunigend wirke, ist irrtümlich. Die Reaktion zwischen Toluol und Chlor bildet ein sehr schönes Beispiel für die spezifische Beeinflussung eines Reaktionssystems durch verschiedenartige Katalysatoren. In präparativer Hinsicht ist es von großer Bedeutung, daß der Eintritt des z w e i t e n Chloratoms in die Seitenkette mit viel g e r i n g e r e r Geschwindigkeit vor sich geht, als die erste Phase der Reaktion. So wird fast alles Chlor vom
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Organisch-präparativer Teil
vorhandenen Toluol aufgebraucht, ehe die weitere Chlorierung des Benzyichlorids sich merkbar äußert. Die Nachbarschaft des Benzolkems verleiht dem Chlor an der Seitenkette geringere Haftfestigkeit, d. h. größere Beweglichkeit als im Falle der reinen Paraffine. Man erklärt dies daraus, daß der Benzolkern mehr Bindungsenergie vom Methankohlenstoff beanspruche, als Alkyl oder Wasserstoff und daß deshalb dem Chlor weniger davon zur Verfügung stehe (Theorie der Affinitätsverteilung von T h i e l e - W e r n e r ) . Wir lernen aus diesem Beispiel, daß die Bindungsstriche unserer Formeln die Vierwertigkeit des Kohlenstoffs zwar f o r m a l zum Ausdruck bringen, daß sie aber über die energetischen Verhältnisse der einzelnen Bindungen nichts aussagen. Erst mit der Beherrschung der systematischen Grundlagen gewinnt der Chemiker Blick und Verständnis, um aus den starren Formeln mehr herauszulesen, als was die monotone Verknüpfung von Einzelatomen an sich sagen kann. B e n z y l c h l o r i d ist allen Umsetzungen der Alkylhalogenide zugänglich. Durch Verseifung mit wäßrigen Alkalien in der Hitze entsteht der zugehörige Alkohol, der B e n z y l a l k o h o l C e H s • CH s OH, eine bei 206° siedende farblose Flüssigkeit (Präp. V, 4; S. 21B). Wenn man unter geeigneten Bedingungen Benzylchlorid mit Ammoniak umsetzt, erhält man B e n z y l a m i n C 8 H 5 • CH 2 • NH 2 , eine ziemlich starke, flüssige Base, die alle chemischen Merkmale der aliphatischen Aminbasen besitzt und sich ganz und gar von den am Benzolkern substituierten A m i n o t o l u o l e n (Toluidinen), die mit ihm isomer sind, unterscheidet. Wir können allgemein sagen, daß alle Veränderungen an der Methylgruppe des Toluols und analog gebauter Verbindungen mit denen rein aliphatischer Alkylgruppen wesensgleich verlaufen. Die Fortsetzung der Chlorierung des Toluols läßt ein zweites und schließlich ein drittes Chloratom in die Seitenkette eintreten. B e n z a l c h l o r i d C,H 6 • CHCl a , eine farblose, ebenso wie Benzylchlorid zu Tränen reizende Flüssigkeit, ist das technische Ausgangsmaterial für die Gewinnung des B e n z a l d e h y d s . Vgl. Präp. V, 3; S. 205. B e n z o t r i c h l o r i d (Phenylchloroform) C,H 5 • CC13. Der Einfluß des Benzolkerns auf die Bindungsverhältnisse des benachbarten Kohlenstoffs äußert sich hier besonders anschaulich. Während sich C h l o r o f o r m gegen Alkalien ziemlich resistent verhält, wird B e n z o t r i c h l o r i d dadurch außerordentlich leicht, und zwar unter Herausnahme aller 3 Chloratome zu B e n z o e s ä u r e verseift. E s wäre aber verkehrt, zu glauben, daß hierbei alles Chlor gleichzeitig herausgenommen werde, gemäß der Gleichung: C1 N a O H C,H :,HS • Cf-Cl C^-Cl N NaaO OH H \ : i NaOH
•
Alle chemischen Reaktionen verlaufen s t u f e n w e i s e , und zwar zumeist zwischen 2 Molekeln (Reaktionen zweiter Ordnung oder dimolekulare Reak-
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Benzylchlorid aus Toluol
tionen). So werden wir auch unsere Reaktion in Teilvorgänge aufzulösen und folgendermaßen zu formulieren haben: C1 OH C,H S • C^-Cl + NaOH —>- C„H5 • C^-Cl + NaCl 1 \C1 C1
+ Na0H>
,o
+ NaCl + H a O
+ Na°H.
C„H6 • C ^
O CeH6 • c f » XI
+ NaCl. OH
Die Zwischenprodukte I und II unterliegen der Verseifung durch Alkali viel rascher als Benzotrichlorid. Daher kommt es, daß sie nicht in Erscheinung treten. Zu dem Zwischenprodukt I ist noch zu bemerken, daß Verbindungen dieser Art, die Hydroxyl und Halogen am g l e i c h e n Kohlenstoffatom tragen, nicht existenzfähig sind, sondern sofort den Übergang \
/
O H
>C< / \C1
\
• >C = O + HCl /
erfahren.
Versuch: Man kocht einige Tropfen Benzylchlorid mit (halogenfreiem) alkoholischem Kali einige Minuten im Reagenzglas auf dem Wasserbad. Dann verdünnt man mit Wasser, macht salpetersauer, schüttelt Ungelöstes in Äther und läßt einige Tropfen Silbernitratlösung einfließen. Der analoge Versuch mit reinem Brombenzol (nächstes Präp.) wird kein Brom-Ion auftreten lassen. Unterschied zwischen a l i p h a t i s c h und a r o m a t i s c h gebundenem Halogen. A n a l y s e des B e n z y l c h l o r i d s . Die quantitative Halogenbestimmung in Substanzen, die aliphatisch gebundenes Halogen enthalten, führt man nicht nach Carius im Einschmelzrohr (vgl. S. 71) aus, sondern durch hydrolytische Abspaltung mit eingestellter a l k o h o l i s c h e r K a l i l a u g e . Da diese Methode sehr häufig angewandt wird, verbinde man die Kontrolle des dargestellten Präparates mit ihrer Erlernung. Man kocht in einem öfters benutzten, gut ausgedämpften kleinen Rundkölbchen eine genau gewogene Menge Benzylchlorid (etwa 1 g) mit dem l 1 / 2 fachen der berechneten Menge ungefähr n/i-alkoholischer Natronlauge 1 Stunde lang am Rückflußkühler, verdünnt dann mit dem doppelten Volumen Wasser und titriert mit n/2-Salzsäure nach Phenolphthaleinzusatz die überschüssige Lauge zurück. Die Methode ist natürlich nur anwendbar, wenn keine andern Säuren entstehen. In diesem Falle wird das Halogen mit R h o d a n i d nach V o l h a r d titriert.
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Organisch-präparativer Teil
4. Brombenzol
Ein V2"Liter-Rundkolben trägt in einem seitlich angeschmolzenen Ansatzrohr, durch Glasschliff eingesetzt, einen Kühler, im oberen Hals einen ebenfalls eingeschliffenen Tropftrichter (Fig. 46) (Korkoder Gummiverbindungen werden durch Brom so stark angegriffen, daß ein sauberes Arbeiten ohne Schliffkolben sehr erschwert ist).
mit einem großen P&igotrohr (Fig. 47) oder Erlenmeyerkolben (Einleitungsrohr über dem Wasser) verbunden, in dem der entstehende Bromwasserstoff durch Wasser absorbiert wird. In den Kolben bringt man 90ccm (1 Mol) Benzol und 2 g grobe Eisenfeilspäne und läßt dann unter Schütteln aus dem Tropftrichter nach und nach 53 ccm Brom (160 g) eintropfen. Man wartet das unter HBr-Entwicklung erfolgende Eintreten der Reaktion ab und reguliert die Zufuhr des Broms so, daß die Umsetzung flott im Gang bleibt, ohne stürmisch zu werden. Sollte sie gegen Ende zu träge werden, so erwärmt man noch kurze Zeit im Wasserbad, bis alles Brom verbraucht ist. Nun wird das Reaktionsgemisch aus einem größeren Rundkolben mit Wasserdampf destilliert. Sobald sich im Kühler Kristalle von p-Dibrombenzol abscheiden, wechselt man die Vorlage und treibt dann das Nebenprodukt vollends über. Das zuerst abgeblasene Brombenzol wird nach dem Absitzen im Scheidetrichter abgetrennt, mit Calciumchlorii 1 Stunde lang ge-
Brombenzol
107
trocknet und dann' destilliert. Die zwischen 140—170° übergehende Fraktion liefert bei wiederholter Destillation der Hauptmenge nach ein Destillat, das zwischen 152—158° übergeht und ziemlich reines Brombenzol darstellt; Ausbeute 70—80g. Für die spätere Verwendung bei der Grignardschen R e a k t i o n (S. 326) muß dag Präparat in engeren Grenzen nochmals fraktioniert werden. Die reine Verbindung siedet bei 155°. p-Dibrombenzol. Der Rückstand, der bei der ersten Destillation im Kolben geblieben ist, wird noch heiß in eine kleine Porzellanschale gegossen und nach dem Erstarren gemeinsam mit dem Produkt aus der Wasserdampfdestillation auf einem Tonteller von Schmieren befreit bzw. getrocknet. Dabei soll die Substanz nicht mit dem Spatel in den Ton hineingedrückt werden, sondern man legt sie — das gilt für alle Operationen gleicher Art — mit l e i c h t e m Druck auf, damit die Saugwirkung des Tons voll zur Geltung kommt. Bei stark verschmierten Substanzen hebt man nach mehrstündigem Stehen das aufgelegte Gut mit dem Spatel ab und bringt es an eine unbenutzte Stelle des Tellers.
Nach dem Trocknen wird das -p-Dibrombenzol aus wenig Alkohol umkristallisiert, aus dem es in prächtigen farblosen Prismen herauskommt. Schmelzpunkt 89°. Bromwasserstoff säure als Nebenprodukt. Es sind bei der Reaktion 80 g HBr entstanden, die etwa 200 ccm Wasser zur Absorption erforderten. Man muß daher, wenn keine genügend große Vorlage vorgeschaltet war, die Beschickung der Vorlage erneuern, sobald Nebel sich zu zeigen beginnen. Zur Reinigung wird die Bromwasserstoffsäure aus einem Fraktionierkolben mit übergezogenem Wasserkühler (Fig. 19) destilliert. Der Siedepunkt steigt nach einem Vorlauf von Wasser auf 126°, und bei dieser Temperatur geht 48°/0ige Säure über, die im Laboratorium allerorts gute Verwendung findet. So kann man z. B. auch das für die Darstellung der Alkylbromide notwendige Kaliumbromid aus ihr darstellen, indem man in einem geräumigen Gefäß die berechnete Menge Pottasche bis zum Neutralpunkt einträgt. Eine nützliche Regel für derartige Operationen: Man behält einen kleinen Teil des schwerer zugänglichen Stoffes — hier der B r o m w a s s e r s t o f f s ä u r e — auf der Seite, damit man beim Überspringen des Neutralpunktes nicht in Verlegenheit kommt.
Versuch: Reines Brombenzol spaltet beim Kochen mit Kali kein Bromion ab.
108
Organisch-präparativer Teil
Das Halogen ist am Benzolkern sehr fest gebunden; die a r o m a t i s c h e n H a l o g e n i d e sind den charakteristischen Reaktionen der Alkylhalogenide nicht zugänglich. Kur durch katalytisch erregten oder kräftig wirkenden nascierenden Wasserstoff (Natrium in Alkohol) ist das Halogen ersetzbar, auch mit Magnesium kann man Arylhalogenide zur Umsetzung bringen (Präparat I X , 1; S. 326); ferner erfolgt bei der Fittigschen Synthese (S. 101) eine Ablösung des Halogens. Wollen wir Brombenzol mit einem Halogenid der Fettreihe vergleichen, so kann dies naturgemäß nicht das gesättigte Äthylbromid sein, sondern wir müssen Substanzen von der Art des V i n y l b r o m i d s heranziehen: H H / H C = CH2, \ ,/H Br Br H Substanzen also, die das Halogen an einem doppelt gebundenen C-Atom tragen. Und da ergibt sich, daß H a l o g e n o l e f i n e dieser Art das Halogen auch sehr fest gebunden enthalten, so daß ein grundsätzlicher Unterschied zwischen ihnen und den Halogenbenzolen n i c h t besteht. Die Reaktionsfähigkeit des aromatisch gebundenen Halogens wird gesteigert durch o r t h o - und p a r a s t ä n d i g e N i t r o g r u p p e n ; auch o - C h l o r b e n z o e säure enthält ziemlich locker gebundenes Chlor. Wie ist der V e r l a u f der H a l o g e n s u b s t i t u t i o n am B e n z o l k e r n zu erklären ? Die Annahme eines direkten Ersatzes von Wasserstoff, wie wir ihn bei der Bildung des B e n z y l c h l o r i d s und bei der Reaktion zwischen Methan und Chlor annehmen müssen, ist wenig wahrscheinlich, da wir bei den Äthylenen keine besondere Reaktionsfähigkeit des am doppelt gebundenen C-Atom haftenden Wasserstoffs antreffen. Es sprechen aber verschiedene Tatsachen, die später (S. 164) behandelt werden, dafür, daß das Benzol mit Halogen in grundsätzlich gleicher Weise reagiert, wie das Ä t h y l e n , dessen Verhalten gegen Brom den Gegenstand des nachfolgenden Präparats bildet. In beiden Fällen lagert sich wohl zuerst Brom an die D o p p e l b i n d u n g an. Während die aktive Doppelbindung der Olefine diese Umsetzung leicht ausführt, bedarf es für die träge Doppelbindung des Benzolkerns der Mithilfe von Überträgern, wie E i s e n , E i s e n h a l o g e n i d , A l u m i n i u m b r o m i d : H H
H H,C = CH, J ^ l * BrCHj — CH,Br;
H CHS • CHj • O — SO3H » CHj = CH2 + H 2 S0 4 . Wir erinnern uns, daß die zuerst gebildete Äthylschwefelsäure in der Hitze (130°) durch ü b e r s c h ü s s i g e n Alkohol gespalten, und daß auf diesem Weg der Ä t h e r dargestellt wird. CH3 • CH2 • O—SO3H + HO • CH2 • CH3
-»- CH3 • CH2 . O • CH2 • CHs + H 2 SO t .
Auch bei der Äthylendarstellung entsteht Ä t h y l ä t h e r als Nebenprodukt. Ä t h y l e n , das ,,ölbildende G a s " , ist schon im Jahre 1795 von den fünf holländischen Chemikern D e i m a n , T r o o s t w y k , B o n d t , L o u w e r e n b u r g h und Crells aus Weingeist und Vitriolöl dargestellt worden. Technisch gewinnt man das Äthylen aus Alkohol durch katalytische Wasserabspaltung mit T o n e r d e (Senderens), die auf 200 bis 300° erhitzt wird und über die man Alkoholdampf leitet 1 . Gleich der Tonerde eignet sich auch A l u m i n i u m p h o s p h a t zur präparativen Ausführung solcher Reaktionen. Statt, wie in unserem Beispiel, den sauren Schwefelsäureester des Alkohols thermisch zu zersetzen, zieht man häufig die Ester anderer Säuren, z. B. der B e n z o e s ä u r e , heran, und vermeidet so die verkohlende Wirkung der Schwefelsäure. Auch p r i m . K a l i u m s u l f a t und wasserfreie B o r s ä u r e oder O x a l s ä u r e werden benützt (Acrolein aus Glycerin, B r e n z t r a u b e n s ä u r e aus Weinsäure). Hierher gehört auch die X a n t h o g e n a t m e t h o d e von T s c h u g a e f f . Die chemische Eigenart der Olefine gründet sich auf ihre, allen möglichen A d d i t i o n s r e a k t i o n e n zugängliche Doppelbindung. Es werden addiert: 1. H a l o g e n e , besonders leicht Chlor und Brom zu A l k y l e n d i h a l o geniden. 2. H a l o g e n w a s s e r s t o f f s ä u r e n zu A l k y l h a l o g e n i d e n . Präparativ wird meist Bromwasserstoff, in Eisessig gelöst, angelagert, und zwar, da dieser Vorgang langsam verläuft, unter Erhitzen der Komponenten im Einschlußrohr. 3. S c h w e f e l s ä u r e (vgl. oben) und andere Säuren, z. B. E s s i g s ä u r e (technische Anwendung in der Gruppe der Terpene). 4. S a l p e t e r s ä u r e . Äthylen liefert bei Gegenwart von konz. Schwefelsäure den S a l p e t e r s ä u r e e s t e r des N i t r o ä t h y l a l k o h o l s CH2 = CH2 • CH2 • CH2 • CH2 • CHa I I I I NOj OH N 0 2 O • NO, 6. U n t e r c h l o r i g e S ä u r e , gemäß der Gleichung: r T I P X J v^11.. / ' I T HOC1 wl ' T I — Lila I I C1 OH. 1 Eine für das Laboratorium geeignete Vorschrift findet män bei W. K e s t i n g Z. Ang. 38. 362 (1926).
G a t t e r m a n n , Praxis d. organ. Chemikers. 28. Aufl.
8
Organisch-präparativer Teil
114
So erhält man Ä t h y l e n - c h l o r h y d r i n durch gleichzeitiges Einleiten von Äthylen und COt in ChlorkaUdösung. 6. S t i c k s t o f f d i o x y d zu D i n i t r o ä t h a n e n : R — CH = CH — R • R•CH•CH — R I I NOj NO a . Mit S t i c k s t o f f t r i o x y d entstehen unter Aufnahme von N 2 O s die dimolekularen P s e u d o n i t r o s i t e . 7. Ozon ( H a r r i e s ,
Staudinger).
CHj ; CH2 -f- Og
• H2C CH2 • 1 1 o — o
Da die O z o n i d e beim Erhitzen mit Wasser nach der Gleichung: R • CH HC • R I I O O
H,
° „ R • CHO + R • CHO + HO • OH
gespalten werden, so vermitteln sie eine Synthese für A l d e h y d e (oder Ketone). Die Hydrolyse setzt an der Ätherbindung ein und läßt als Zwischenprodukte D i - o x y a l k y l p e r o x y d e RH(OH)C • O — O • C(OH)HR entstehen (siehe auch S. 201), die weiter in Aldehyd (oder Keton) und Hydroperoxyd zerfallen (Rieche). Benzol addiert 3 Mol O s ; sein Triozonid (Ozobenzol) C„H6Ot zerfällt mit Wasser in 3 Mol G l y o x a l . Glatter und ohne Nebenreaktionen verläuft die h y d r i e r e n d e der Ozonide, die über einen unbeständigen Oxyalkyläther
Spaltung
R • C— O— C• R / \ H
OH HO
H
zu A l d e h y d bzw. K e t o n führt. Vgl. dazu die Darstellung von A d i p i n d i a l d e h y d aus Cyclohexen auf S. 372. 8. W a s s e r s t o f f . Die Olefine lassen sich durch keines der üblichen Reduktionsmittel mit nascierendem Wasserstoff hydrieren. Dies gelingt nur auf k a t a l y t i s c h e m W e g e mit Wasserstoffgas bei Gegenwart fein verteilter Metalle, wie N i c k e l ( S a b a t i e r ) , Palladium ( P a a l , S k i t a ) , P l a t i n ( F o k i n , W i l l s t ä t t e r ) . Vgl. dazu die Präparate S. 365 u. f. 9. B e n z o p e r s ä u r e Alkylenoxyde.
(Reaktion
O-OH I R • CH : CH • R + C„H5 • C : O
von
Prileschajew).
Dabei
entstehen
• R • CH • CH • R + C e H s • COOH.
\0/
1, 5
Cyclohexen aus Cyclohexanol. Cyclohexadien
10. H y d r o x y l . Durch P e r m a n g a n a t Temperatur in ihre G l y k o l e übergeführt: R • CH : CH • R
115
werden die Olefine bei tiefer
• R • CHOH • CHOH • R.
Die Einwirkung dieses Oxydationsmittels führt aber leicht zu einer Sprengung der Doppelbindung, indem die an ihr beteiligten Kohlenstoffatome weiter oxydiert werden. Sind sie noch gleichzeitig mit Wasserstoff in Bindung, so entstehen Carbons ä u r e n , andernfalls K e t o n e . /CHj R • CH :C C = O zu suchen. Hier finden A d d i t i o n e n s t a t t , z. B. von Wasser und Ammoniak u. a . : H.C — C = O C= O
.OH -C^-OH
>
/NHa HaC — C ^ - O H
>
Die Zwischenprodukte, die in Klammern stehen, sind äußerst labil, da sie OH und die negative Acetoxylgruppe am gleichen C-Atom tragen (vgl. S. 106); sie zerfallen daher in 2 Mol Säure oder im Fall des Ammoniaks in Essigsäure und Acetamid. I n gleicher Weise ist die Reaktion mit Alkoholen zu formulieren. 1
J . pr. Ch. 180, 177 (1931). — Vgl. auch B e r l und K u l i m a n n , B. 65, 1114 (1932).
131
Acetamid
Man sieht, daß bei der Einiührung einer Acylgruppe mit einem Säureanhydrid (in einen Alkohol, ein Amin usw.) stets einer der beiden Säurereste des Moleküls zur Säure umgewandelt, für die Acylierung also nicht ausgenützt wird. Die große Reaktionsfähigkeit der Säurechloride hat die gleiche Ursache, wie sie für die Anhydride erörtert wurde.
3. Acetamid 1 80 g Ammoniumacetat — darstellbar aus Ammoniumcarbonat und Eisessig2 — und 60 ccm Eisessig werden auf dem Drahtnetz in einem kleinen Rundkolben mit aufgesetzter Widmer-Kolonne 5—6 Stunden lang im gelinden Sieden erhalten. Man achtet darauf, daß an dem im oberen Tubus der Kolonne eingeführten Thermometer die Temperatur von 103° nicht oder nur wenig überschritten wird ; der Eisessig und das bei der Reaktion gebildete Wasser destillieren langsam oben ab und können durch einen kleinen, über das Abzugsrohr gestülpten Kühler kondensiert und — zur Kontrolle — in einem vorgelegten Meßzylinder aufgefangen werden. Wenn etwa 80 ccm übergegangen sind, wird stärker erhitzt, bis das Thermometer 140° zeigt. Man läßt etwas erkalten, gießt die noch warme Schmelze in einen gewöhnlichen Fraktionierkolben über und fängt nach einem kleinen Vorlauf die Hauptmenge bei 195—220° auf. Wenn das Produkt beim Abkühlen und Reiben nicht vollständig erstarrt, saugt man den flüssigen Anteil auf einer Nutsche scharf ab und trocknet den Rückstand auf Ton im nicht evakuierten Exsiccator. Aus dem Filtrat läßt sich ein weiterer Anteil Acetamid herausdestillieren. Die reine Verbindung siedet bei 223°. Eine kleine Probe kann aus Benzol umkristallisiert werden. Schmelzp. 80°. Ausbeute 55—60 g. Verwendung des Präparates für A c e t o n i t r i l (II, 5; S. 138) und M e t h y l a m i n (II, 8; S. 152). Aus einer Säure kann man ganz allgemein das Amid darstellen, indem man ihr A m m o n i u m s a l z der trocknen Destillation unterwirft oder zweckmäßiger noch, indem man es längere Zeit auf höhere Temperatur erhitzt. Man hat Acetamid meist durch Erhitzen von A m m o n i u m a c e t a t
im
Einschlußrohr auf 200° dargestellt. Dabei kann jedoch die Umsetzung nicht 1 I m Prinzip nach F r a n ç o i s , C. 1906, I, 1089. H i t s c h und G i l b e r t , J . Am. Soc. 85, 1780 (1913); W. A. N o y e s und G o e b e l , ebenda 44. 2294 (1922). * In 60 ccm Eisessig trägt man bei 40—60° so lange fein gepulvertes Ammoniumcarbonat ein, bis eine Probe, mit Wasser verdünnt, alkalisch reagiert. Man beachte, daß hierbei pro Mol Ammon-acetat 1 J t Mol H s O entsteht.
9*
132
Organisch-präparativer Teil
vollständig zum Ziel führen, weil das bei der Reaktion entstehende W a s s e r wieder z. T. spaltend auf das Säureamid einwirkt : CH. • C — ONH. II
o
* CH, • C — NH. + H.O. II
o
Indem wir bei dem hier angegebenen Verfahren das gebildete Wasser aus dem Keaktionsgemisch herausdestillieren, drängen wir die Gegenreaktion zurück und erhöhen die Ausbeute. Gleichzeitig wirkt der Überschuß an Eisessig der Dissoziation des Salzes nach: CH, • C — ONH4
• CH3 • COOH + NH,
o entgegen. Vgl. dazu die Ausführungen über das M a s s e n w i r k u n g s g e s e t z auf S. 143 u. f. Eine gute Methode zur Darstellung von Acetamid besteht auch darin, daß man in eine ätherische Lösung von E s s i g s ä u r e a n h y d r i d Ammoniakgas einleitet, den Äther abdampft und das zurückbleibende Gemisch von Ammoniumacetat und Acetamid im Extraktor (Fig. 24) mit Benzol auszieht; das Salz bleibt ungelöst zurück. Durch Umsetzung von S ä u r e c h l o r i d e n und E s t e r n mit Ammoniak lassen sich ebenfalls Säureamide bereiten. Ferner entstehen sie aus den N i t r i l e n bei der Einwirkung starker Mineralsäuren unter Wasseraufnahme. Ein Beispiel für diese Reaktion ist auf S. 141. gegeben.
Versuch : In einer Porzellanschale versetzt man 10 g fein pulverisiertes kohlensaures Ammonium mit 5 g Benzoylchlorid, rührt beide mit einem Pistill gut durcheinander und erwärmt so lange auf dem Wasserbade, bis der Geruch des Säurechlorides verschwunden ist. Man verdünnt dann mit Wasser, saugt ab, wäscht auf dem Filter mit Wasser nach und kristallisiert aus Wasser um. Schmelzpunkt des Benzamids 128°. Die Säureamide sind mit Ausnahme des niedrigsten Gliedes, des F o r m a m i d s HCONH,, welches flüssig ist, farblose, kristallisierte Substanzen, welche in den niederen Reihen in Wasser leicht löslich sind ; auch die höheren Glieder werden meist aus heißem Wasser umkristallisiert. Die Siedepunkte liegen bei weitem höher als die der Säuren: Essigsäure, Siedepunkt 118° Acetamid, „ 223°
Propionsäure, Siedepunkt Propionamid, ,,
141°, 213°.
Der basische Charakter der Aminogruppe ist durch den mit ihr verbundenen Acylrest beinahe ganz zum Verschwinden gebracht. Zwar kennt man Salze der Amide.mit starken Säuren, die aber durch Wasser sofort vollständig in die Bestandteile zerlegt werden. Nur der H a r n s t o f f , das Diamid der Kohlensäure, bildet beständigere Salze, deren Existenz durch die zweite NH,-Gruppe gewährleistet wird.
II, 4
Harnstoff und Semicarbazid
133
Charakteristisch für die Säureamide sind ihre Verbindungen mit zweiwertigem Q u e c k s i l b e r , in denen das Metall — nicht salzartig, ionogen — am Stickstoff haftet. Sie entstehen bei der Umsetzung der Amide mit Quecksilberoxyd, z. B.: 2 CHg • CO • N H j + HgO
• (CHS • CO • NH) a Hg + H s O.
Versuch: Man löst etwas Acetamid in Wasser auf, versetzt mit wenig gelbem Quecksilberoxyd und erwärmt. Das letztere geht hierbei in Lösung, indem sich die oben formulierte Verbindung bildet. Die Reaktion der Wasserentziehung, die zu N i t r i l e n führt, und die der Einwirkung von Hypohalogeniten auf Säureamide, werden in den nachfolgenden Präparaten behandelt. Durch hydrolysierende Agenzien wird die Aminogruppe — anders als bei den Aminen — mehr oder weniger leicht wieder abgespalten unter Rückbildung der Säuren. Über die Ursache dieses verschiedenen Verhaltens vgl. das auf S. 130 Gesagte.
Versuch: In einem Reagenzrohr erwärmt man etwas Acetamid mit 2 n-Natronlauge. Es tritt ein intensiver Ammoniakgeruch auf, während die Lösung essigsaures Natrium enthält. Die Essigsäure weist man nach, indem man mit konz. Salzsäure gerade kongosauer macht, das Reagenzglas mit daraufgehaltenem Daumen durchschüttelt und dann zum Sieden erhitzt (Siedestein!). Ein über die Mündung gehaltenes Lackmuspapier wird rot. (Allgemeiner Nachweis von flüchtigen Säuren.) Die Reaktion der Amide mit PC1S, die über die A m i d c h l o r i d e zu den I m i d c h l o r i d e n führt, sei hier nur kurz erwähnt.
4. Harnstoff und Semicarbazid a) K a l i u m c y a n a t 1 d u r c h O x y d a t i o n s s c h m e l z e 2 200 g gelbes Blutlaugensalz werden in einer Porzellanschale oder auf einem Eisenblech durch vorsichtiges Erhitzen vollkommen entwässert; eine Probe darf, im Reagenzglas erhitzt, keinen Beschlag mehr geben, die Kristalle müssen vollkommen zerfallen sein. In gleicher Weise werden 150 g Kaliumpyrochromat durch Schmelzen von anhaftendem Wasser befreit. Die beiden ganz trocknen, vorher, jedes für sich, gepulverten Salze werden jetzt in einer Reibschale innig gemischt und dann in Portionen von je 4—5 g in eine eiserne Schale 1
Da es nur e i n e Cyansäure gibt, halten wir es nicht für richtig, ihr diese Bezeichnung vorzuenthalten und sie, wie dies häufig geschieht, als tso-Cyansäure zu bezeichnen. 2 C. A. B e l l , Chem. News 82, 99 (1876); G a t t e r m a n n , B. 23, 1223 (1890); H. E r d m a n n , B. 26, 2442 (1893).
134
Organisch-präparativer Teil
oder auf ein großes Eisenblech gebracht, die durch einen kräftigen Brenner (Teclu- oder Dreibrenner) stark, jedoch n i c h t bis zum Glühen erhitzt sind. Die Temperatur soll so hoch sein, daß jedesmal ein lebhaftes Aufglimmen eintritt; die schwarze lockere Masse, die dabei entsteht, darf keinesfalls zum Schmelzen kommen. Jeder Anteil wird nach sehr rasch beendeter Oxydation mit einem breiten Metallspatel zur Seite geschoben oder vom Blech entfernt. Die ganze Menge kann in 1 —IV2 Stunden auf diese Weise verarbeitet werden. Die vereinigten Anteile werden hierauf in einem Rundkolben mit 800 ccm heißem 80%igen Alkohol Übergossen und in einem lebhaft siedenden Wasserbad damit 3 Minuten lang im Kochen erhalten. Dann gießt man die klare Lösung von dem schwarzen Bodenkörper in einen Erlenmeyer ab, der sofort in Eis eingestellt und dessen Inhalt durch Umschütteln möglichst schnell abgekühlt wird. Nach kurzem Stehen wird die Mutterlauge von den abgeschiedenen Cyanatkristallen in den Auskochkolben zurückgegossen und das Auslaugen so oft (5—6mal) wiederholt, bis alles Salz extrahiert ist (eine Reagenzglasprobe darf beim Abkühlen nichts mehr abscheiden). Das Salz wird nun auf einer Filterplatte scharf abgesaugt, zweimal mit Weingeist und dann noch dreimal mit Äther gewaschen und schließlich im Exsiccator scharf getrocknet. Ausbeute im Durchnitt 80 g. Zur präparativen Darstellung von Kaliumcyanat eignet sich auch die Cyanid-Oxydation mit Permanganat in wäßriger Lösung1. b) H a r n s t o f f 40 g Kaliumcyanat und 40 g Ammoniumsulfat werden, in 500 ccm Wasser gelöst, in einer Porzellanschale auf dem Wasserbad zur Trockne verdampft. Den Rückstand kocht man in einem Rundkolben erschöpfend mit absol. Alkohol aus und engt die alkoholische Lösimg ein, bis beim Abkühlen und Impfen Kristallisation eintritt. Schmelzpunkt des Harnstoffs 132°. Aus den Mutterlaugen isoliert man nach dem Abdampfen des Alkohols den Rest als Nitrat. Zur Darstellung des N i t r a t s löst man einige Gramm Harnstoff in einigen ccm Wasser und fügt tropfenweise konz. Salpetersäure zu, wobei das Salz sich in schönen Kristallen abscheidet. H a r n s t o f f n i t r a t ist in Wasser nicht allzu schwer löslich, worauf man beim Auswaschen zu achten hat. 1 J . V o l h a r d , A. 25», 378 (1890); F. Ulimann und Uzbachian, B. 86. 1806 (1903); Marckwald, B. 5«, 1326 (1923). Die beste Vorschrift stammt von Gall und Lehmann, B. 61, 675 (1928).
II. 4
Harnstoff und Semicarbazid
135
Die Wöhlersche H a r n s t o f f s y n t h e s e , durch die zum erstenmal ein Produkt der Zelltätigkeit künstlich erhalten wurde, bildet das Vorbild für die vielen Anlagerungsreaktionen, die sich an dem reaktionsfähigen Molekül der Cyansäure und ihrer Ester und ebenso in der Reihe der analogen Thioverbindungen vollziehen. Es handelt sich hier um eine Addition von NH, an die C = N-Doppelbindung: NH,
/NH» O = C< XNH, Ob sich die Anlagerung vom Salz aus vollzieht oder ob man eine vorhergehende Dissoziation annimmt, ist für die Erklärung belanglos. Die Reaktion mit Aminen ergibt s u b s t i t u i e r t e H a r n s t o f f e (vgl. Methylharnstoff auf S. 262), die mit Hydrazin S e m i c a r b a z i d : O = C = NH
O = C = NH + H,N — NHä
/NH, ->• O = C< XNH—NH,
Die gleichartigen Reaktionen der oben aufgeführten, mit der Cyansäure verwandten Verbindungen, ergeben sich von selbst.
Versuch: Einige Kubikzentimeter der Cyanatlösung säure man mit verdünnter Salzsäure an. C02-Entwicklung und der scharfe, dem von S 0 2 überaus ähnliche Geruch der freien Cyansäure. Die Zersetzung der freien Cyansäure in wäßriger Lösung geht auf eine analoge Reaktionsweise zurück. Es wird Wasser addiert und die so entstehende C a r b a m i n s ä u r e zerfällt in NH3 und CO,: O = C = NH
N I HO //NH, " ' " > O = C• HC — CH,. I II OH O In beiden Fällen ist das Übergangsprodukt, die „Enolform", nicht beständig, jedoch kennt man ihre Alkylderivate, die sog. I m i n o ä t h e r . Energische Verseifung, Erhitzen mit schwach verdünnter Schwefelsäure oder mit starken Laugen, spaltet naturgemäß das Amid in C a r b o n s ä u r e und NHS, so daß man mit solchen Mitteln vom Nitril aus praktisch direkt zur Säure gelangt. Ausführung dieser Reaktion auf S. 141. Läßt man nascierenden Wasserstoff (z. B. aus Zink und Schwefelsäure oder aus Natrium in Alkohol) auf Nitrile einwirken, so bilden sich unter Addition von 4 H-Atomen p r i m ä r e Amine (Reaktion von Mendius): CHS • CN + 4 H • CH3 • CH2 • NH 2 . Äthylamin Weitere, weniger wichtige, jedoch allgemeine Reaktionen seieil nur durch die folgenden Gleichungen angedeutet: CH3 • CN + HjS
• CH3 • CS • NH 2 , Thioacetamid ^N • OH CH3 • CN + NH 2 • OH • CH3 • C f nh2 Acetamidoxim /NH CH3 • CN + HCl • CH3 • C f XI Imidchlorid /OC2H6 CH3 • CN + C2HsOH + HCl • CH3 • C•
![ + NaOH. N — NH • C 6 H 5
5. Eine sehr interessante Umsetzung des Nitromethans durch starkes Alkali sei hier noch angeführt. 2 Moleküle kondensieren sich unter Wasserabspaltung zur sog. M e t h a z o n s ä u r e , die die Konstitution des N i t r o a c e t a l d o x i m s (I) besitzt ( M e i s t e r ) 1 . 2H,C = N = 0 I ONa
_
H O
HC C= N = 0 || H | ; NONa ONa
I
HC —• CH-NO, || NOH
Aus ihr hat S t e i n k o p f mit Thionylchlorid das lange gesuchte N i t r o ; e t o n i t r i l 2 CH2^ s ä u r e 3 dargestellt.
2. Nitrierung eines aromatischen Kohlenwasserstoffs Nitrobenzol und Dinitrobenzol
a) N i t r o b e n z o l Zu 125 ccm = 230 g konzentrierter Schwefelsäure, die sich in einem Kolben von etwa Ys Liter Inhalt befinden, gießt man allmählich unter Umschütteln 100 ccm = 140 g konzentrierter Salpetersäure (spez. Gew. 1,4). Nachdem man die warme Mischung durch Eintauchen in kaltes Wasser auf Zimmertemperatur abgekühlt hat, fügt man unter häufigem Umschütteln zu ihr allmählich 90 ccm = 78 g (1 Mol) Benzol. Wenn hierbei die Temperatur über 50—60° steigt, so taucht man vor dem weiteren Eintragen des Benzols das Gefäß auf kurze Zeit in Eiswasser ein. Beim jedesmaligen Zugeben von Benzol ist eine vorübergehende intensive Braunfärbung zu beobachten. Nachdem man den Kolben mit aufgesetztem Steigrohr noch Yg 1 2 3
Uber den Mechanismus dieser Reaktion siehe A. 444, 15 (1925). B. 41, 1048 (1908). B. 42, 3925 (1909).
G a t t e r m a n n , Praxis d. organ. Chemikers.
28. Aufl.
11
162
Organisch-präparativer Teil
Stunde lang in einem Wasserbad von 60° weiter erwärmt hat, trennt man die untere Schicht, welche aus Schwefelsäure und Salpetersäure besteht, im Scheidetrichter von der oberen, die das Nitrobenzol enthält 1 . Letztere schüttelt man im Scheidetrichter mit Wasser, dann mit verdünnter Natronlauge, zuletzt nochmals mit Wasser durch, wobei man beachte, daß das Nitrobenzol jetzt die untere Schicht bildet. Nach dem Waschen und Absitzen läßt man das Nitrobenzol in einen trocknen Kolben ab und erwärmt es auf dem Wasserbade (Steigrohr) so lange mit Calciumchlorid, bis die anfangs milchige Flüssigkeit klar geworden ist. Man reinigt es schließlich durch Destillation aus einem Fraktionierkolben mit vorgelegtem Verlängerungsrohr, wobei man nicht ganz bis zur Trockne destilliere. Siedep. 2 0 6 - 2 0 7 ° . Ausbeute 1 0 0 - 1 0 5 g. b) D i n i t r o b e n z o l Eine Mischimg von 14 ccm = 25 g konzentrierter Schwefelsäure und 10 ccm = 15 g rauchender Salpetersäure wird allmählich mit 10 g Nitrobenzol versetzt (Abzug) und unter häufigem Umschütteln in einem offenen Kolben eine halbe Stunde auf dem Wasserbade erhitzt. Das etwas erkaltete Reaktionsgemisch wird dann unter Umrühren in kaltes Wasser gegossen, worauf man das erstarrte Dinitrobenzol abfiltriert, mit Wasser auswäscht, auf einem Tonteller abpreßt und aus Alkohol umkristallisiert. Schmelzpunkt 90°. Ausbeute 10—12 g. Die Eigenschaft, bei Einwirkung von Salpetersäure Nitroderivate zu liefern, ist ein Charakteristikum der a r o m a t i s c h e n Substanzen. J e nach den Bedingungen, unter denen die Nitrierung ausgeführt wird, kann man eine Nitrogruppe oder deren mehrere einführen. Formulierung der Reaktion. Sind in einem aromatischen Stoffe gesättigte aliphatische Seitenketten vorhanden, so erfolgt die Nitrierung unter den obigen Bedingungen stets am B e n z o l k e r n und nicht in der Seitenkette. Da die Benzolkohlenstoffatome nur mit e i n e m Wasserstoffatom verbunden sind, so sind die erhaltenen Nitroderivate tertiäre; sie sind demnach nicht imstande, wie die primären und sekundären Nitroverbindungen Salze, Nitrolsäuren oder Pseudonitrole zu bilden. Nitrogruppen lassen sich auch in S e i t e n k e t t e n einführen2. Erhitzt man z. B. Toluol oder Äthylbenzol mit schwacher Salpetersäure (spez. Gew. 1,076) in einer Bombe auf etwas über 100°, so erhält man P h e n y l n i t r o m e t h a n C,HS • CH, • NO, oder P h e n y l n i t r o ä t h a n C,H 6 . CH(NOa) • CHS. Nicht nur die aromatischen Stammsubstanzen, die Kohlenwasserstoffe, lassen sich nitrieren; auch alle Derivate derselben, wie Phenole, Amine, Alde1 Nach dem gleichen Prinzip wird im Großbetrieb der Rest der Nitriersäure zurückgewonnen. Der Ansatz hier enthält l 1 ^ Mol HNOa. 2 K o n o w a l o w , B . 27. Ref. 194 und 468 (1894).
III, 2
Nitrierung eines aromatischen Kohlenwasserstoffs
163
hyde, Säuren usw. sind der gleichen Reaktion zugänglich. Die Nitrierung erfolgt jedoch nicht überall mit der gleichen Leichtigkeit. Man muß daher für jeden Fall die günstigsten Versuchsbedingungen ermitteln. Wird ein Stoff sehr leicht nitriert, so kann man entweder die Nitrierung mit je nach Bedürfnis durch Wasser verdünnter Salpetersäure ausführen, oder man löst die zu nitrierende Substanz in einem Lösungsmittel auf, welches durch Salpetersäure nicht angegriffen wird, wobei man sich häufig des Eisessigs bedient, und versetzt dann mit Salpetersäure. Wird ein Stoff mittelschwer nitriert, so trägt man ihn in konzentrierte oder rauchende Salpetersäure ein. Tritt die Nitrierung schwer ein, so erleichtert man die Wasserabspaltung durch Zusatz von konzentrierter Schwefelsäure zu der gewöhnlichen oder rauchenden Salpetersäure. Beim Arbeiten in schwefelsaurer Lösung wendet man bisweilen statt der Salpetersäure Kalium- oder Natriumnitrat an. Die beschriebenen Arten der Nitrierung lassen sich nun noch in zweierlei Weise modifizieren, indem man 1. die Temperatur und 2. die Menge der Salpetersäure variiert. So kann man die Nitrierung unter Abkühlung in einer Kältemischung, oder in Eis, oder in Wasser, unter gelindem Erwärmen, bis schließlich bei Siedehitze ausführen. Ferner kann man einen Überschuß von Salpetersäure oder die theoretisch berechnete Menge anwenden. Welche von diesen zahlreichen Modifikationen die besten Resultate liefert, muß durch Vorversuche im kleinen zuvor ermittelt werden. Da die Nitroverbindungen meistens in Wasser unlöslich oder schwer löslich sind, so kann man sie aus dem Nitrierungsgemisch durch Verdünnen mit Wasser abscheiden. Durch den Eintritt einer Nitrogruppe wird der chemische Charakter einer Substanz nicht grundsätzlich geändert. So sind die Kern-Nitroderivate der Kohlenwasserstoffe neutrale Verbindungen, wie die Kohlenwasserstoffe selbst. Tritt eine Nitrogruppe aber z. B . in einen Stoff von saurer Natur ein, so wird diese dadurch verstärkt; die N i t r o p h e n o l e z . B . sind stärker sauer als das Phenol. Das Entsprechende tritt bei der Nitrierung basischer Substanzen ein; die N i t r a n i l i n e sind weniger basisch als Anilin. Die große Bedeutung der Nitroverbindungen beruht auf ihrem Verhalten bei der Reduktion, wovon bei den nächsten Präparaten die Rede sein wird. Beim zweifachen Nitrieren von Benzol bildet sich fast ausschließlich m - D i n i t r o b e n z o l , was mit den folgenden allgemeinen Substitutionsgesetzen zusammenhängt. Für die aromatischen Verbindungen sind in erster Linie drei Reaktionen typisch: 1. die des Halogenierens, 2. die des Nitrierens und 3. die des Sulfurierens. Geht man vom Benzol selbst aus, so ist naturgemäß nur ein einziges Mono-Halogen-, Nitro- oder Sulfoderivat möglich. Geht man jedoch von einem monosubstituierten Benzol aus, so kann der Eintritt von Halogen, Nitro- oder Sulfogruppe in der o-, m- oder p-Stellung erfolgen. Die Tatsachen haben nun ergeben, daß hierbei zwei Typen von Reaktionen sich vollziehen, indem in gewissen Fällen überwiegend das o- und p-Biderivat neben nur wenig des m-Derivates gebildet wird, während im anderen Fall vorwiegend das mDerivat neben nur wenig des o- und p-Derivates entsteht. 11*
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Organisch-präparativer Teil
Substituenten, welche Halogen, Nitro- und Sulfogruppe — oder auch andere Substituenten — vorwiegend in die o- und p - S t e l l u n g lenken, nennt man Substituenten e r s t e r Ordnung. Substituenten, welche die Substitution vorwiegend in die m - S t e l l u n g lenken, heißen Substituenten zweiter Ordnung. Zu den Substituenten erster Ordnung gehören: die Halogene, Alkylgruppen, die Hydroxylgruppe nebst O-Alkyl und O-Acyl, die Aminogruppe u. a. Substituenten zweiter Ordnung sind: Nitrogruppe, Sulfogruppe, Aldehydgruppe, Carboxylgruppe nebst COO-Alkyl, CO • NH, und CO-Alkyl (in Ketonen), C = N u. a. Aus dieser Aufzählung ergibt sich als charakteristisch, daß die Substituenten I . Ordnung durchweg f o r m a l g e s ä t t i g t sind, keine Lückenbindungen enthalten, während für die I I . Ordnung das Gegenteil gilt. Es ist ferner bemerkenswert, daß die o- und p-Substitutionen sich fast durchweg leichter, d. h. mit viel größerer Geschwindigkeit vollziehen, als der Eintritt in m-Stellung. Hier steigert sich die Schwierigkeit von Stufe zu Stufe. Die Einführung der zweiten Nitrogruppe in das Nitrobenzol hat schon weit stärkerer Mittel bedurft, als die Nitrierung des Benzols. Das symmetrische T r i n i t r o b e n z o l entsteht erst beim tagelangen Kochen der Dinitroverbindung mit rauchender Salpetersäure und auch so nur in schlechter Ausbeute. Man vergleiche damit die Substitutionserleichterung durch OH und NH 2 und schon durch die Methylgruppe im Toluol. T r i n i t r o t o l u o l als Sprengstoff. Die Nitroverbindungen sind zum Teil Flüssigkeiten, zum Teil durch große Kristallisationsfähigkeit ausgezeichnete feste Stoffe, welche, falls sie ohne Zersetzung destillieren, einen viel höheren Siedepunkt als die Muttersubstanz besitzen. Unterwirft man Ä t h y l e n der Einwirkung von Nitriersäure, so entsteht, wie schon erörtert, N i t r o ä t h y l n i t r a t CH^NOj • CH2 • 0 N 0 2 . Der durch Anlagerung von Salpetersäure zuerst gebildete N i t r o ä t h y l a l k o h o l wird durch Veresterung festgehalten, während das mutmaßliche primäre Additionsprodukt von HNOj an eine Doppelbindung des Benzols aus den mehrfach erörterten Gründen H 2 0 abspalten wird. Die Verhältnisse liegen also analog wie bei der Reaktion von Äthylen und Benzol mit Brom (S. 108).
3. Reduktion einer Nitroverbindung zu einem Amin a) A n i l i n aus N i t r o b e n z o l 1 1. In einem Rundkolben (2 Liter Inhalt) versetzt man 120 g fein granuliertes Zinn 2 mit 61,5 g (V2 Mol) Nitrobenzol und fügt hierzu A. 44, 283 (1842). Ist man nicht im Besitze von granuliertem Zinn, so stellt man sich dies dadurch her, daß man vor der Gebläseflamme in einem mit Ausguß versehenen, gestielten eisernen Löffel derbes Zinn schmilzt und dann t r o p f e n w e i s e aus einer Höhe von 1/2—1 m in einen mit Wasser gefüllten Eimer gießt. 1
2
III, 3
Reduktion einer Nitroverbindung zu einem Amin
165
allmählich 270 ccm = 320 g konzentrierter Salzsäure in der folgenden Weise: Man setzt zunächst nur etwa den zehnten Teil der Salzsäure hinzu, verbindet dann den Kolben sofort mit einem nicht zu engen Steigrohr und schüttelt um. Nach kurzer Zeit erwärmt sich die Mischung und gerät schließlich in lebhaftes Aufsieden. Man kühlt in kaltem Wasser, ohne die Umsetzung völlig zu unterdrücken, und fügt dann nach und nach unter stetem Schütteln weitere Salzsäure zu, wobei man die Reaktion stets in gutem Gang hält. Zum Schluß erhitzt man noch eine Stunde lang auf dem Wasserbad, versetzt die warme Lösung mit 100 ccm Wasser und fügt allmählich eine Lösung von 150 g technischem Natron in 200 ccm Wasser bis zur stark alkalischen Reaktion hinzu 1 . Man leitet dann bei vorgelegtem, langem Kühler alsbald Wasserdampf in die heiße Flüssigkeit ein. Sobald das Destillat nicht mehr milchig, sondern wasserhell ist, läßt man noch etwa 300 ccm Flüssigkeit überdestillieren, setzt je 25 g fein pulverisiertes Kochsalz auf je 100 ccm Flüssigkeit bis zur Auflösung zu und schüttelt das Anilin mit Äther aus 2 . Nachdem man die ätherische Lösung mit einigen Stückchen festen Kalis getrocknet hat, verdampft man den Äther und unterwirft das Anilin der Destillation. Siedep. 184°. Ausbeute 90—100% der Theorie. 2. Dem t e c h n i s c h e n V e r f a h r e n ist die nachstehende Vorschrift angepaßt 3 : Ein Dreihalskolben von 2 Liter Inhalt trägt in der Mitte einen Rührer mit Dichtung, seitlich einen Rückflußkühler und einen Tropftrichter von 200 ccm Fassungsvermögen. Er kann in einem Ölbad erhitzt werden. Die Füllung von 200 g Gußeisenmehl*, 300 ccm Wasser und 30 ccm konzentrierter Salzsäure wird unter kräftigem Rühren etwa 10 Minuten gekocht. Dann läßt man innerhalb % Stunden 123 g Nitrobenzol zutropfen, wobei die Heizung gemäßigt werden kann. Anschließend wird noch so lange gekocht, bis der Rücklauf farblos ist (etwa 1 Stunde), dann nach Zusatz von 16 g Natriumcarbonat das Anilin mit Wasserdampf übergetrieben. Ausbeute 90% d. Th. Die Eigenschaft, bei einer energischen Reduktion in p r i m ä r e A m i n e überzugehen, kommt sowohl den Nitroverbindungen der aliphatischen wie der 1
Über die elektrolytische Abscheidung des Zinns siehe S. 308 Anm. ' Im großen trennt man, ohne auszusalzen, das Anilin ab und benutzt das „Anilinwasser" jeweils wieder zur Dampferzeugung. 3 Vgl. H. E. F i e r z - D a v i d , Operationen der Farbenchemie, IV. Aufl., 1938, S. 35. 1 Die üblichen Eisenpräparate des Laboratoriums sind weniger geeignet und geben gewöhnlich ein stark gefärbtes Präparat. Eisenpulver F der IG, Ludwigshaien, bewährt sich besonders gut.
166
Organisch-präparativer Teil
aromatischen Reihe zu. Zur Reduktion jeder Nitrogruppe sind 6 Atome Wasserstoff erforderlich. In der Technik bedient man sich zur Reduktion des Nitrobenzols nicht des teuren Zinns, sondern man arbeitet noch heute nach dem alten Verfahren von B é c h a m p mit E i s e n f e i l e oder E i s e n p u l v e r . Die der Gleichung: C„H5 • NO, + 3 Fe + 6 HCl = C,HS • NH, + 3 FeCl, + 2 H , 0
(A)
entsprechende Menge Salzsäure wird im großen bei weitem nicht verbraucht, man kommt mit bedeutend weniger, mit etwa 3 Proz. aus. Dies hängt damit zusammen, daß das Eisen teilweise bis zur oxydischen Ferristufe ausgenutzt wird. Es gilt neben A etwa die Gleichung B, d. h. FeCla wird ständig wieder gebildet. C„H5 • NO, + 2FeCl, + 2Fe + 4H,0 — C„H5 • NH, + 2FeCl, + 2Fe(OH)s. (B) Durch Hydrolyse des Ferrichlorids wird Ferrihydroxyd ausgeschieden und immer wieder Salzsäure für neues Eisen verfügbar. Die Eisenoxyde, die am Schluß des Prozesses gebildet sind, werden jeweils wieder durch Wasserstoff bei Rotglut in Eisenpulver zurückverwandelt. Neuerdings hat auch das k a t a l y t i s c h e H y d r i e r u n g s v e r f a h r e n und zwar mit Kupfer als Kontaktmetall für die Bereitung von Anilin aus Nitrobenzol in der Industrie Eingang gefunden. Für Reduktionsversuche von Nitrokörpern im kleinen nimmt man am zweckmäßigsten Zinn oder Zinnchlorür und konz. Salzsäure. Feste Substanzen werden ohne Lösungsmittel oft schwer angegriffen und verlangen einen Zusatz von Alkohol oder Eisessig. Das Ende der Reduktion erkennt man daran, daß das Reaktionsgemisch auf Zugabe von Wasser klar bleibt. Die Base liegt ja als salzsaures Salz (Chlorhydrat) vor und die salzsauren Salze sind fast ohne Ausnahme in Wasser löslich. Dabei ist zu beachten, daß häufig schwerer lösliche Doppelsalze mit Zinnchlorür auftreten, die aber von kochendem Wasser meist gelöst werden. Wenn ein Doppelsalz in reichlicher Menge auskristallisiert, wird es durch Absaugen isoliert. Durch Zersetzen mit Lauge oder zuvor mit Schwefelwasserstoff liefert es die Base leicht in reinem Zustand. Die p r i m ä r e n Monamine sind zum Teil farblose Flüssigkeiten, wie z. B. das Anilin, o-Toluidin, Xylidin, oder farblose, feste Stoffe, wie das p-Toluidin, Pseudocumidin, die Naphthylamine u. a. Sie sind ohne Zersetzung destillierbar und mit Wasserdämpfen flüchtig. In Wasser sind sie ziemlich schwer löslich, Anilin zu 3 Proz. Die Di- pnd P o l y a m i n e sind meistens fest, mit Wasserdämpfen nicht flüchtig und in Wasser viel leichter löslich als die Monamine. Die Amine besitzen basischen Charakter; die Basizität ist jedoch infolge der negativen Natur der Phenylgruppen bedeutend schwächer als die der aliphatischen Amine. Daher reagieren die wäßrigen Lösungen der (stöchiometrisch) neutralen Anilinsalze infolge von Hydrolyse auf Lackmuspapier sauer. Aus dem gleichen Grund kann man aus einer wäßrigen Lösung von Anilinsalz mit Äther eine kleine Menge der freien Base herausschütteln. (Nachweis mit äthe-
III, 3
Reduktion einer Nitroverbindung zu einem Amin
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rischer Salzsäure oder nach Verdampfen des Äthers durch die Chlorkalkreaktion.)
Versuche: 1. Man verdünnt 10 ccm Anilinwasser (durch Schütteln von 3 Tropfen Anilin mit 10 ccm Wasser im Reagenzglas erhalten) mit 100 ccm Wasser und fügt ein wenig einer filtrierten wäßrigen Chlorkalklösung hinzu. Es tritt hierbei eine v i o l e t t e F ä r b u n g auf (Rungesche Reaktion). Diese sehr empfindliche Probe gibt nur die wäßrige Lösung des freien Anilins, nicht die der Salze; man muß daher aus diesen die B a s e erst isolieren. Man kann diese Reaktion auch benutzen, um kleine Quantitäten von Benzol oder Nitrobenzol zu erkennen, indem man die eben bekannt gewordenen Reaktionen im kleinen durchführt (Reagenzglas). Die C h l o r k a l k r e a k t i o n ist dem Anilin eigentümlich; der Farbstoff ist ein kompliziertes Chinonderivat, dessen Konstitution noch nicht ganz sicher steht. Die übrigen hier angegebenen Versuche stellen Klassenreaktionen der primären aromatischen Amine dar. 2. Durch Säurechloride und -anhydride werden primäre und sekundäre Amine acyliert, im besonderen auch durch Benzolsulfochlorid (S. 189). A c e t a n i l i d ist schon früher (S. 126, 130) dargestellt worden. Die Acetyl- und Benzoylderivate aller einfacheren primären Amine der Benzol- und Naphthalinreihe sind bekannt, so daß diese Methode in allen Fällen zum Ziel des Nachweises führt.
Man stelle die Identität eines primären Amins auf dem angegebenen Weg fest. 3. B e n z y l i d e n - a n i l i n . 1 ccm Anilin wird mit ebensoviel Benzaldehyd im Reagenzglas auf dem Wasserbad erhitzt. Es scheidet sich unter Trübung Wasser aus und nach dem Erkalten erstarrt das Gemisch zur sog. S c h i f f s c h e n B a s e (Azomethin). Schmelzp. 72°. Beim Erwärmen mit Säure wird das schwach basische Kondensationsprodukt in die Komponenten zerlegt. Allgemeine Reaktion primärer Amine. 4. I s o n i t r i l r e a k t i o n . Ebenso wie die primären aliphatischen Amine von der Art des Methylamins geben auch das Anilin und seine Verwandten die charakteristische Geruchsreaktion mit Chloroform und Alkali.
Man vermischt in einem Reagenzrohr 2 Tropfen Anilin mit 2 ccm Alkohol, fügt Vi ccm starke Kalilauge und etwa 5 Tropfen Chloroform zu und erwärmt gelinde (Abzug). C1
C,H5 • NH2 + ci2c/ +
3 KOH = C„HS • N = C + 3 KCl + 3 H t O . H Ganz analog liefert Ammoniak B l a u s ä u r e . C1 + 3 KOH • HN=C + 3 KCl + 3 H 2 0 . H • NH, + CL2: O H
C : N O H feststeht, wird im gleichen Sinne in A m e i s e n s ä u r e und H y d r o x y l a m i n zerlegt (siehe Versuch auf S. 159). 6. Die A l k y l i e r u n g des Anilins verläuft nach dem Schema der H o f m a n n schen Alkylaminsynthese. Von besonderer Wichtigkeit sind die methylierten Aniline, namentlich die tertiäre Base D i m e t h y l - a n i l i n , die im Laufe des Praktikums mehrfach als Ausgangsmaterial herangezogen und die technisch sehr viel gebraucht wird. Man methyliert das Anilin im großen als salzsaures Salz mit Methylalkohol im Autoklaven. Das dabei auftretende M e t h y l c h l o r i d besorgt die Methylierung. — Bei sehr hoher Temperatur wandert Methyl vom Stickstoff in die p-Stellung, ein neues Beispiel für die mehrfach zu erwähnende Umlagerungsreaktion von Benzolderivaten (vgl. S. 185).
+
a/NH
-
2
T c ' Hs ^
+
C1
A/NH]
"
CHa
C1 .
A
/NH S
\ chsA/
ch3/\^\CH3
Erfolgt die Umlagerung bei Gegenwart eines Überschusses von Methylalkohol, so wird infolge weitergehender Methylierung und Wanderung schließlich Mesidin (Formel rechts) gebildet (A. W. H o f m a n n ) . Die Reaktion geht wenig glatt vor sich und hat keine präparative Bedeutung. 6. R e a k t i o n m i t S c h w e f e l k o h l e n s t o f f . Während Ammoniak und die primären Amine der Fettreihe sich an CS2 unter Bildung von d i t h i o c a r b a m i n s a u r e n A m m o n i u m s a l z e n addieren, z.B.: /SH /SH.HjN-CH,, S = C = S + HjN-CHJ » S=C< H.N.CH^ s = c / \NH • CHj NNH • CH 3 geht die Reaktion in der aromatischen Reihe gleich weiter, und zwar so, daß das als erstes Produkt entstehende Dithiocarbaminat unter Abspaltung von
III, 3
Reduktion einer Nitroverbindung zu einem Amin
169
Schwefelwasserstoff P h e n y l s e n f ö l bildet, das seinerseits ein zweites Mol. Amin zum D i a r y l t h i o h a r n s t o f f anlagert. yS • NH S C,H S S=C< \ N H • C8Hj Dithiocarbaminat
C.H.NH,
• S = C = N • C,H S + H 2 S + H. 2 NC,H 5 Phenylsenföl ' C'Hs " \NH.C,H Diphenyl-thioharnstoff.
t
S = C
/
N H
In der Fettreihe muß man das Dithiocarbaminat mit einem Schwermetallsalz (HgClj, FeClj) destillieren, um zum S e n f ö l zu gelangen (A. W. H o f m a n n ) , hier den Thioharnstoff mit konz. Salzsäure.
D i p h e n y l - t h i o h a r n s t o f f (Thiocarbanilid). Man erhitzt in einem mit langem Rückflußkühler versehenen Rundkolben 20 g Anilin, 25 g CS2, 25 g Alkohol und 5 g fein gepulvertes Ätzkali 3 Stunden lang auf dem Wasserbad zum gelinden Sieden, destilliert am absteigenden Kühler Schwefelkohlenstoff und Alkohol ab, versetzt den Rückstand mit Wasser, saugt die gebildeten Kristalle ab und wäscht sie mit Wasser, verdünnter Salzsäure und nochmals mit Wasser. Nach dem Trocknen 15—18 g. Eine kleine Menge kristallisiert man aus Alkohol um (Schmelzp. 154°), den Rest benutzt man ohne weitere Reinigung zur Darstellung von P h e n y l s e n f ö l . 15 g des Rohprodukts werden aus einem 250-ccm-Kolben mit 60ccm konz. Salzsäure (D. 1,18) auf dem Sandbad am absteigenden Kühler destilliert, bis der Rückstand nur noch 10—15ccm einnimmt. Das Destillat wird nach Zugabe des gleichen Volumens Wasser ausgeäthert, der Äther mit wenig Sodalösung ausgeschüttelt, mit Calciumchlorid getrocknet, dann abgedampft und der Rückstand destilliert. Siedep. des Phenylsenföls 222°. Ausbeute beinahe quantitativ. Neben dem Senföl entsteht bei der Einwirkimg von Salzsäure auf Thiocarbanilid noch Triphenylguanidin, das sich aus dem Kolbenrückstand nach Zugabe von 50ccm Wasser und mehrstündigem Stehen als Chlorhydrat abscheidet. Durch Zersetzung mit verdünnter Natronlauge in der Wärme erhält man die freie Base. Aus Alkohol farblose Nadeln vom Schmelzp. 143°. Die Wirkung der konz. Salzsäure besteht hier hauptsächlich in der Abspaltung von Anilin: S = C = N • C,H 5 + H 2 N • C 6 H 6 . Phenylsenföl
170
Organisch-präparativer Teil
Nebenbei wird in geringem Betrag auch Schwefelwasserstoff abgespalten. Das aus dieser Reaktion primär hervorgehende, äußerst reaktionsfähige Carbod i p h e n y l i m i d (Diphenylcyanamid) lagert in der Lösung vorhandenes Anilin zu T r i p h e n y l g u a n i d i n an, ebenso wie sich aus Cyanamid selbst und Ammoniak das einfache G u a n i d i n bildet.
H6C» • N = C = N • C,H6 + H s S
H,NC,H,
Triphenylguanidin Die S e n f öle zeigen grundsätzlich die gleichen Additionsreaktionen wie die ihnen isologen Cyansäureester (siehe S. 154), z. B. O = C = N • C6H5. Jedoch reagieren sie viel langsamer, was schon aus der Darstellungsmethode für Phenylsenföl hervorgeht (Phenylcyanat wird durch Wasser sofort zersetzt). Die Anlagerung von Anilin an Phenylsenföl, die wieder zum D i p h e n y l t h i o h a r n s t o f f zurückführt, werde in folgendem Versuch dargetan. V e r s u c h : 5 Tropfen Phenylsenföl werden in einem kleinen Reagenzglas mit der gleichen Menge Anilin vermischt und über einer kleinen F l a m m e gelinde e r w ä r m t . B e i m Reiben mit dem Glasstab erstarrt die Schmelze zu Kristallen von Thiocarbanilid, das aus Alkohol zur Schmelzpunktsprobe umgereinigt wird. Beim Erhitzen mit gelbem Quecksilberoxyd wird der Schwefel durch Sauerstoff ersetzt und man erhält C y a n s ä u r e e s t e r , welche an ihrem äußerst stechenden Gerüche erkannt werden können: C6H6 • NCS + HgO = C,Hj • NCO + HgS. Phenylcyanat V e r s u c h : Man erhitzt in einem Reagenzrohr V 2 c c m Phenylsenföl mit dem gleichen Volumen gelben Quecksilberoxydes einige Zeit bis zum Sieden des Senföles. Das gelbe O x y d geht hierbei in schwarzes Schwefelquecksilber ü b e r ; gleichzeitig t r i t t der äußerst stechende Geruch des Phenylcyanats auf, dessen Dämpfe die Augen zu Tränen reizen. b) m - N i t r a n i l i n a u s
m-Dinitrobenzol
Das umkristallisierte Dinitrobenzol wird in einem Kolben unter E r wärmen in Alkohol gelöst (auf 1 g Dinitrobenzol 5 c c m Alkohol), die Lösung schnell abgekühlt, wobei sich die DinitroVerbindung zum
III. 3
Reduktion einer Kitroverbindung zu einem Amin
171
Teil wieder ausscheidet, und dann mit konzentriertem Ammoniak (D. = 0,913) versetzt (auf 1 g Dinitrobenzol 0,8 g Ammoniak). Nachdem man den Kolben samt Inhalt tariert hat, sättigt man bei gewöhnlicher Temperatur mit Schwefelwasserstoff und erhitzt dann, während man nicht weiter H 2 S durchleitet, etwa 1 / t Stunde auf dem Wasserbad am Rückflußkühler. Das Einleiten von H 2 S in der Kälte und darauffolgende Erhitzen wiederholt man so oft, bis auf je 1 g angewandtes Dinitrobenzol eine Gewichtszunahme von 0,6 g eingetreten ist. Sollte infolge von ungenügender Kühlung nicht die erforderliche Gewichtszunahme eintreten, so sehe man von dieser ab und leite im ganzen dreimal H 2 S ein. Man verdünnt dann mit Wasser, filtriert ab, wäscht den Niederschlag mit Wasser und zieht ihn mehrmals unter Erwärmen mit verdünnter Salzsäure aus. Aus den sauren Filtraten wird das Nitranilin durch Neutralisieren mit Ammoniak in Freiheit gesetzt, worauf man es aus Wasser umkristallisiert. Schmelzp. 114°. Ausbeute 7 0 - 8 0 % der Theorie. Will man das Arbeiten mit Schwefelwasserstoff vermeiden, so kann man als Reduktionsmittel auch technisches Natriumsulfid verwenden 1 . Die vollständige Reduktion von Nitroverbindungen, welche mehrere Nitrogruppen enthalten, wird in der gleichen Weise ausgeführt, wie die von Mononitroderivaten. Will man jedoch n u r einen T e i l der Nitrogruppen reduzieren, so bedient man sich zu diesem Zwecke mit Vorteil des S c h w e f e l a m m o n i u m s . /NOa /NOa C,H/ -f 3 N H 4 S H = C,H 4 < + 2 H,0 + 3 S + 3 NH,. X NO a NH2 Besondere Methoden erfordert die Reduktion solcher Nitroverbindungen, welche Gruppen enthalten, die durch nascierenden Wasserstoff verändert werden können, wie z. B. eine Aldehydgruppe, eine ungesättigte Seitenkette u. a. In diesen Fällen wendet man häufig E i s e n (II) - h y d r o x y d oder auch E i s e n p u l v e r (vgl. Präp. VII, 6, Arsanilsäure) als Reduktionsmittel an. Die Reduktion wird in der Weise ausgeführt, daß man bei Gegenwart von Alkali (Kali, Natron, Baryt) auf den zu reduzierenden Stoff eine abgewogene Menge von Eisenvitriol einwirken läßt. Auf diese Weise gelingt es z. B., o-Nitrobenzaldehyd zu A m i n o b e n z a l d e h y d , o-Nitrozimtsäure zu A m i n o z i m t s ä u r e zu reduzieren. Der Umstand, daß in unserm Versuch zu etwa der theoretisch möglichen Menge m - N i t r a n i l i n erhalten wird, beweist mit aller Deutlichkeit, d a ß die Zwischenstufen der Reduktion viel rascher weiter reduziert werden, als eine intakte Nitrogruppe. 1
Nähere Vorschrift: C o b e n z l , Chem.-Ztg. 87, 299 (1913); siehe auch U l l m a n n , Enzyklopädie 2. Aufl., Band I, S. 470.
Organisch-präparativer Teil
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Die Reduktion von m-Dinitrobenzol in saurem Medium führt zu m - P h e nylendiamin:
NHj einer technisch wichtigen zweisäurigen Base, die beim Diazotieren den braunen Farbstoff V e s u v i n , B i s m a r c k b r a u n , liefert. Nachweis von Spuren von Nitriten in Brunnenwasser mit m-Phenylendiamin. o- und p - N i t r a n i l i n werden durch Nitrierung von Anilin dargestellt. Da das Anilin gegen Oxydation empfindlich ist, muß die Aminogruppe gesichert werden, am einfachsten durch Acetylierung. Man n i t r i e r t A c e t a n i l i d und kann je nach den Bedingungen eine größere Ausbeute an der o- oder an der p-Verbindung erzielen. Die Acetylgruppe wird nachträglich durch verseifende Mittel abgespalten. p-Nitranilin wird auch auf einfacherem Wege durch Umsetzung von p-Nitrochlorbenzol (durch Nitrieren von Chlorbenzol darstellbar) mit Ammoniak bei höherer Temperatur unter Druck erhalten. Über die Halogen auflockernde Wirkung von NOa-Gruppen vgl. S. 108. Die an sich geringe Basizität der Aminogruppe im Anilin wird schon durch den Eintritt einer Nitrogruppe stark herabgesetzt. Die drei Nitraniline sind recht s c h w a c h e Basen, die sich nur in einem Überschuß von Säure zu Salzen lösen. Während die Nitraniline intensiv orangegelb gefärbt sind, sind ihre Salze in reinem Zustand f a r b l o s . Der stark farbvertiefende (bathochrome) Einfluß, den die freie Aminogruppe an dem in ganz reiner Form kaum farbigen Nitrobenzol hervorbringt, wird also durch die Salzbildung, durch den Übergang des u n g e s ä t t i g t e n dreiwertigen Stickstoffs in das A m m o n i u m s y s t e m , vollkommen aufgehoben. Von den drei Nitranilinen ist die o-Verbindung am schwächsten basisch, dann folgt die p- und zuletzt kommt die m-Verbindung. In dieser Tatsache äußern sich Beziehungen, die für die ganze aromatische Chemie bedeutungsvoll und die schon oben bei der Auflockerung von Halogen durch die o- oder p-ständige Nitrogruppe zum Ausdruck gekommen sind: daß nämlich das Verhältnis der o- und p-Stellung von viel stärkerem gegenseitigen Einfluß ist als das der m-Stellung. Eine ausreichende Erklärung für diese Dinge ist noch nicht vorhanden. Doch werden sie durch die nahen Beziehungen der 1,2- und der 1,4-Stellung (Thiele) unserem Verständnis nahe gebracht: A
A
A /i\ 2
B
III. 4
Phenylhydroxylamin
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Die ungleiche Basizität der drei Nitraniline läßt sich durch folgenden Versuch anschaulich machen. Es ist eine allgemeine Eigenschaft der Salze schwacher Basen — ebenso wie der von schwachen Säuren —, daß sie nur bei einem Überschuß an Säure — bzw. an Alkali — in wäßriger Lösung beständig sind. Beim Verdünnen einer solchen Lösung mit Wasser tritt auf Grund des Massenwirkungsgesetzes H y d r o l y s e ein. Im vorliegenden Fall äußert sich diese Erscheinung an dem Auftreten der für die Base charakteristischen gelben Farbe und schließlich, da die Nitraniline in Wasser schwer löslich sind, an ihrem Ausfallen in kristallinischer Form. Je schwächer die Base, um so geringer ist der Wasserzusatz, durch den die Hydrolyse wahrnehmbar gemacht wird.
Versuch: J e 0,5 g der 3 Nitraniline — die man sich in jedem Laboratorium verschaffen kann — werden in Reagenzgläsern in je 3 ccm konz. Schwefelsäure unter Umrühren mit Glasstäben in Lösung gebracht. Die farblosen Lösungen werden in je 200 ccm Wasser, die sich in Bechergläsern befinden, eingegossen. o-Nitranilin scheidet sich zum Teil aus der gelb gefärbten Lösimg aus, die etwas stärker basische p-Verbindung bleibt, aber mit gelber Farbe, gelöst, während die Lösung des m - N i t r a n i l i n s a l z e s farblos bleibt. 4. Phenylhydroxylamin1 In einem dickwandigen Filtrierstutzen von ungefähr 2 Liter Inhalt versetzt man eine Lösung von 20 g Salmiak in 400 ccm Wasser mit 40 g frisch destilliertem Nitrobenzol und trägt im Verlauf von etwa 40 Minuten unter andauerndem k r ä f t i g e m Rühren (am besten mit einer unten verbreiterten Holzleiste) 60 g Zinkstaub (mindestens 75-proz.) ein. Der Stutzeninhalt wird hierbei durch Einwerfen von Eisstückchen auf einer Temperatur von höchstens 10° gehalten. Nachdem alles Zink eingetragen ist, rührt man noch 10 Minuten — dann soll der Geruch des Nitrobenzols vergangen sein — und filtriert an der Saugpumpe sofort das Zinkhydroxyd auf einer Nutsche ab. Hierauf gießt man das Filtrat (Lösung I) in ein Becherglas um. Den Zinkoxydschlamm wäscht man im Trichter mit 400 ccm Wasser von 45° derart aus, daß man, ohne zu saugen, die Nutsche mit Wasser füllt, vorsichtig aufrührt und dann erst so schwach saugt, daß das Wasser langsam durchläuft. Erst zum Schluß wird scharf gesaugt und der Filterrückstand mit einem Glasstopfen zusammengepreßt (Lösung II). In den beiden wäßrigen Lösungen werden, in jeder für sich, 120g fein pulverisiertes Kochsalz völlig gelöst, wodurch das Phenylhydroxylamin in feinen kristallinischen Flocken zur Abscheidung 1
E. B a m b e r g e r , B. 27, 1347 (1890); A. Wohl, B. 27, 1432 (1890).
174
Organisch-präparativer Teil
gebracht wird. Nach 1 / 2 stündigem Stehen der Suspension in Eis wird scharf abgesaugt und dann auf einem Tonteller abgepreßt. Aus wenig Benzol unter Zugabe von Paroläther umkristallisiert, erhält man Phenylhydroxylamin vollkommen rein und eine Zeitlang haltbar, in glänzenden, verfilzten weichen Nadeln. Schmelzp. 81°. Für die Weiterverarbeitung wird das Präparat ohne besondere Reinigung verwendet. Ausbeute an trockenem Produkt 75—80 Proz. der Theorie. Das Präparat aus Filtrat I ist gewöhnlich reiner, im übrigen steht der gemeinsamen Verarbeitung der beiden Lösungen nichts im Wege. Nicht umkristallisiert ist die Substanz im besten Fall einige Tage lang unzersetzt zu halten. Man hüte sich, Phenylhydroxylamin, besonders in Lösung, auf die H a u t zu bringen. Bei manchen Leuten erzeugt es schwere Ekzeme, während andere wieder ganz unempfindlich dagegen sind. Als sehr geeignetes Mittel zur Reduktion von Nitroverbindungen zu Arylhydroxylaminen h a t sich auch A m m o n i u m s u l f h y d r a t in a l k o h o l i s c h e r L ö s u n g , und zwar in der Kälte, erwiesen. [ W i l l s t ä t t e r , B. 41, 1936 (1908).] Ähnlich wie Zinkstaub wirkt auch mit Quecksilberchlorid angeätztes Aluminium. Dieses a m a l g a m i e r t e A l u m i n i u m (nach H . W i s l i c e n u s ) — am besten in Grießform •— eignet sich auch für Reduktionen in ätherischer oder alkoholischer Lösung; das erforderliche Wasser wird langsam, tropfenweise, zugegeben. Die Reduktionswirkung ist bei verschiedenen Nitrokörpern verschieden, entspricht etwa der des Zinkstaubs in neutralem Medium, macht also meist bei der Hydroxylaminostufe halt. P h e n y l h y d r o x y l a m i n ist, namentlich in unreinem Zustand, eine sehr veränderliche Verbindung, die sich schon bei kurzem Aufbewahren im verschlossenen Gefäß unter Dunkelfärbung zersetzt. Reine Präparate sind im Exsiccator längere Zeit haltbar. I m Gegensatz zum Grundkörper ist p - T o l y l h y d r o x y l a m i n , das durch Reduktion von p-Nitrotoluol mit Zinkstaub in siedendem Alkohol dargestellt wird, eine recht beständige Verbindung. Die A r y l h y d r o x y l a m i n e sind schwache Basen, die sich in verd. Säuren zu Salzen lösen. Die Veränderlichkeit des Phenylhydroxylamins entspringt drei Einflüssen, nämlich dem des Luftsauerstoffs, dem von Alkalien und von Säuren. An der L u f t oxydieren sich besonders unreine Präparate zu N i t r o s o b e n z o l , das durch seinen stechenden Geruch an in Zersetzung befindlichem Phenylhydroxylamin erkannt wird. Durch Alkalien wird, wie in vielen Fällen, die Geschwindigkeit dieses Vorgangs, den man als A u t o x y d a t i o n bezeichnet und der unter gleichzeitiger Bildung von H y d r o p e r o x y d nach der Gleichung: C,H e • N H O H + 0 2
C,H 5 • NO + H 2 O t
III, 4
Phenylhydroxylamin
175
verläuft (Bamberger), gesteigert. Da sich Nitrosobenzol mit Phenylhydroxylamin zu A z o x y b e n z o l kondensiert, so findet man diesen Stoff unter den Zersetzungsprodukten des Phenylhydroxylamins. Nebenher bewirkt die Einwirkung von Alkalien Abspaltung von Wasser unter Bildung von A z o b e n z o l . Die Reaktion mit Säuren wird nachstehend behandelt. Alle Hydroxylaminderivate der Form Hydroxylamin selbst r e d u z i e r e n d .
.OH R • N C = O in den Aldehyden vermittelt werden, sind zum großen Teil auf die Doppelbindung — N = O übertragbar. Ein Beispiel wird in der Kondensation von Nitrosobenzol mit Phenylhydroxylamin weiter unten gegeben. Auch mit Hydroxylamin und Phenylhydrazin setzt sich Nitrosobenzol um, jedoch kann darauf nicht näher eingegangen werden. Aldehyde treten mit primären Aminen zu den sog. A z o m e t h i n e n ( S c h i f f sche Basen) unter Wasseraustritt zusammen (S. 167), z . B . : c„h5.c = o + h2n-c8h5 H
»c8h6.c = n . c 6 h 5 + h2o. H Benzylidenanilin
Nitrosobenzol und Anilin geben in gleicher Weise A z o b e n z o l . C 6 H s • N = O + H 2 N • C8H6 2
> C 8 H t • N = N • C8H5 + H a O .
Eine Ausnahme macht z. B. das auch in fester Form prachtvoll smaragd-
grüne p - N i t r o s o - d i m e t h y l a n i l i n
—N(CH 3 ) 2 und
wandte Basen. Vgl. S. 305. Auch die meisten P s e u d o n i t r o l e . 12*
ihm
ver-
180
Organisch-präparativer Teil
Versuch 1 : Zu 1 ccm Anilin in 3ccm Eisessig wird l g Nitrosobenzol in 10 ccm Alkohol hinzugefügt. Beim gelinden Erwärmen schlägt die Farbe nach Dunkelorange um. Man läßt noch 10 Minuten auf dem siedenden Wasserbad, setzt einige Kubikzentimeter Wasser zu, worauf beim Erkalten das Azobenzol in orangeroten Blättchen auskristallisiert. Auf dem Filter mit 50-proz. Alkohol gewaschen und auf Ton getrocknet, zeigt es den Schmelzp. 68°. Azobenzol kann sehr gut aus wenig Alkohol umkristallisiert werden. Auf diesem Wege lassen sich bequem und in guter Ausbeute gemischte (unsymmetrische) Azokörper darstellen. Man stelle nach der gegebenen Vorschrift z . B . aus Nitrosobenzol und p-Toluidin p - M e t h y l a z o b e n z o l dar. Der Kondensation von Aldehyden mit reaktionsfähiger Methyl- oder Methylengruppe, bei der ungesättigte Ketone entstehen, z. B . : C6H6 . C = O + HSC • CO • CH3 H
• C9H6 • C = CH • CO • CHS H Benzalaceton
entspricht die analoge Reaktion der aromatischen Nitrosoverbindungen. Sie verlangt besonders stark aufgelockerte Wasserstoffatome und ist daher mit einfachen Ketonen, wie Aceton, nicht durchführbar. Die Produkte sind, wie ohne weiteres verständlich, A z o m e t h i n e . Mit Hilfe dieser Kondensation ist die Synthese von 1, 2, 3 - T r i k e t o n e n möglich gewesen (F. Sachs), z. B . : CH3 • CO • CH2 • CO • CHj + ON •
• N(CH3)2
Acetylaceton. CH3 • CO •
C = N-
• N(CH3)2 + H s O
CH3 • CO — —*
CH3" • CO • CO • CO • CII 3 + IIjN
• N • (CHj),
Triketopentan. Die letzte Phase der Reaktion beruht darauf, daß Azomethine durch Säuren leicht in Carbonylverbindung und primäre Base zerlegt werden. Der praktische Zweck der Kondensation läuft also darauf hinaus, Methylen in > C = O überzuführen. Der gleiche Effekt wird in ganz ähnlicher Reaktion durch die Einwirkung von salpetriger Säure auf Ketone erreicht (vgl. die Synthese von D i a c e t y l aus Äthyl-methylketon). Schließlich läßt sich Nitrosobenzol auch der G r i g n a r d s c h e n R e a k t i o n unterwerfen. Mit Phenylmagnesiumbromid entsteht in der üblichen Weise D i p h e n y l h y d r o x y l a m i n , eine höchst reaktionsfähige Substanz: 1
A . B a e y e r , B. 7, 1638 (1874).
III, 6
Nitrosobenzol
181
C,Ht-N=0 + Br.Mg.C,Ht
> C6HS• N< ^ X)MgBr CgHs • N • C,H S + MgBr(OH).
+H,
° >
OH Diphenylhydroxylamin wird, wie Phenylhydroxylamin, und zwar am besten mit Silberoxyd, dehydriert. Hier kann nur das eine H-Atom der OH-Gruppe abgespalten werden, die so darstellbare rote, kristallisierte Substanz enthält v i e r w e r t i g e n Stickstoff und zeigt wie Stickstoffdioxyd die Reaktionsweise eines freien Radikals. Wie die Formel zeigt, leitet es sich vom Stickstoffdioxyd dadurch ab, daß in diesem ein O durch zwei CgHs ersetzt ist:
y
}N=0
Diphenylstickstoffoxyd.
Versuch: Azoxybenzol aus Phenylhydroxylamin und Nitrosobenzol. Zur Lösung von 1 g Nitrosobenzol in 10 ccm Alkohol setzt man 1 g Phenylhydroxylamin, dann fügt man einige Tropfen starker Kalilauge (1: 1) unter Umschütteln hinzu und erwärmt einige Minuten auf dem Wasserbad. Die gelbrote Lösung wird nun abgekühlt, wobei beim Reiben mit dem Glasstab das Reaktionsprodukt als gelbe Kristallisation herauskommt. Da Azoxybenzol schon bei 36° schmilzt, scheidet es sich aus übersättigter Lösung gern ölig ab. Durch Umkristallisieren aus wenig Alkohol oder aus Petroläther (Impfkristalle zurückbehalten!) wird die Verbindung hellgelb, fast farblos erhalten. Die schwache Färbung des Azoxybenzols gegenüber dem r o t e n Azobenzol wird durch die alte Formel I verständlicher, als durch die von Angeli an ihre Stelle gesetzte (II). I. H6C„ • N — N • C e H 5 , I L H 5 C, • N = N • C 6 H 5 . \ / II
o
o
Doch spricht die Tatsache, daß unsymmetrische Azoxybenzole in zwei i s o m e r e n F o r m e n auftreten (Angeli), nämlich: R • N = N • R ' und R • N = N • R ' , II II O O überzeugend für Formel I I . Der Mechanismus der ausgeführten Kondensation ist klar, er entspricht durchaus der Nitronbildung aus Phenylhydroxylamin und Aldehyden (S. 177): C8HS • N — N • C,HS _ H j 0 C„H5 • N = N • C6H„ C6H5 • NH + ON • C„HS OH OH OH O Die Beziehungen von Azoxybenzol zu Azo- und Hydrazobenzol kommen bei den Erläuterungen zum nächsten Präparat zur Sprache.
182
Organisch-präparativer Teil
Hier sei noch die interessante Umlagerung erwähnt, die Azoxybenzol durch konzentrierte Schwefelsäure erfährt; dabei entsteht p - O x y a z o b e n z o l , die Muttersubstanz der sauren Azofarbstoffe ( W a l l a c h ) .
o 6. Hydrazobenzol und Azobenzol a) Hydrazobenzol Ein Rundkolben von 1 Liter Inhalt wird mit einem gut sitzenden, dünnrohrigen Anschützaufsatz (Fig. 29) versehen. Das seitliche Rohr wird durch ein kurzes Stück weiten Gummischlauchs mit dem Kühlrohr eines schräg eingespannten Liebigkühlers verbunden, derart, daß der Rundkolben ohne Mühe kräftig geschüttelt werden kann. Das vertikale Rohr des Aufsatzes wird durch einen Kork verschlossen und dient zum Einbringen des für die Reduktion erforderlichen Zinkstaubes. Es werden nun 50 g Ätznatron in 150 ccm Wasser gelöst und die noch warme Lauge zusammen mit 50 ccm Alkohol und 41 g (V3 Mol) Nitrobenzol in den Kolben gegeben. Unter kräftigem Schütteln setzt man zuerst 6—8 g Zinkstaub zu, läßt die erste heftige Reaktion, stets weiter schüttelnd, zu Ende gehen und erhält dann durch dauernde Zugabe von Zinkstaub das Reaktionsgemisch im Sieden. Man achte darauf, daß die Umsetzung nicht allzu stürmisch wird, vermeide es aber, ihren Verlauf durch Kühlen zu unterbrechen. Der Kolbeninhalt färbt sich zuerst rot (Azobenzol), wird aber schließlich lichtgelb, wenn die nötige Menge des Reduktionsmittels zur Einwirkimg gekommen ist. Man braucht etwa 120—150 g (75proz.) Zinkstaub. Sollte die Reaktion vorzeitig zum Stillstand kommen, so erhitzt man auf einem lebhaft siedenden Wasserbad. Es ist unerläßlich, den Kolbeninhalt fortwährend durch starkes Schütteln in Bewegung zu halten, damit der schwere Zinkstaub mit der organischen Substanz in stete Berührung kommt. Zu der zu Ende reduzierten und auf dem Wasserbad erhitzten Mischung gibt man schließlich 500 ccm Alkohol, der in der Siedehitze das ausgeschiedene Hydrazobenzol löst. Der ganze Kolbeninhalt wird siedend heiß auf einer Nutsche abgesaugt (vorher Flammen in der Nähe auslöschen!), der Kolben sofort mit 50ccm heißem Alkohol nachgespült, der zum Auswaschen des auf dem Filter bleibenden übrigen Zinkstaubes dient. Das Filtrat läßt man in der verschlossenen
III, 6
Hydrazobenzol und Azobenzol
183
Saugflasche erkalten, steigert die Kristallisation durch Kühlung in einer Kältemischung, saugt nach einer Stunde scharf ab und wäscht das beinahe farblose Reaktionsprodukt einige Male mit 50-proz. Alkohol, dem man eine kleine Menge wäßriger schwefliger Säure zugefügt hat, bis das Filtrat nicht mehr alkalisch reagiert. Durch Umkristallisieren aus nicht zu viel heißem Alkohol erhält man das Hydrazobenzol bei raschem Arbeiten völlig f a r b l o s und rein. Schmelzp. 124° unter Gelbfärbung. Bei der großen Neigung zur Autoxydation, die auch ein u n u n t e r b r o c h e n e s Arbeiten bei der Darstellung verlangt, ist Hydrazobenzol — im Vakuum gut getrocknet — nur in gut schließenden, mit C0 2 oder N 2 gefüllten Gläsern, besser noch in zugeschmolzenen Röhren, längere Zeit ohne Verfärbung haltbar. Die Ausbeute an Rohprodukt, das zu den weiteren Präparaten direkt benutzt werden kann, beträgt 20—25 g. b) Azobenzol a u s H y d r a z o b e n z o l 1. D u r c h D e h y d r i e r u n g . Man läßt 10g Brom (=3,2ccm) in eine Lösung von 6,0 g NaOH in 75ccmH 2 0 (75ccm einer 2 n-NaOHLösung) unter Eiskühlung tropfen und schüttelt mit dieser Bromlauge 9,2 g Hydrazobenzol (V20 Mol) in 60 ccm Äther in einem kleinen Scheidetrichter 10 Minuten lang durch, trennt die ätherische Lösung von der wäßrigen, verdampft den Äther und erhält die orangeroten Blättchen von Azobenzol, das, aus wenig Alkohol umkristallisiert, bei 68° schmilzt. Ausbeute quantitativ. Auch beim mehrstündigen Durchsaugen von Luft durch eine mit Alkali versetzte alkoholische Lösung von Hydrazobenzol entsteht in guter Ausbeute Azobenzol. 2. D u r c h D i s p r o p o r t i o n i e r u n g . 1 — 2 g Hydrazobenzol werden im Reagenzglas über kleiner Flamme zum Schmelzen erhitzt. Die orangerote Schmelze erhitzt man vorsichtig weiter bis zum beginnenden Sieden des gebildeten Anilins. Beim Erkalten erstarrt das Gemisch zu rotem Azobenzol, das in Anilin eingebettet ist. Man kann die Base mit Wasser herausschütteln und durch die Chlorkalkreaktion nachweisen, das Azobenzol wie oben aus Alkohol Umkristallisieren. Will man bei Umsetzung von mehr Hydrazobenzol auch das Anilin in natura isolieren, so trennt man es durch verdünnte Essigsäure vom Azobenzol und setzt es aus der Lösung seines Acetats durch konzentrierte Lauge wieder in Freiheit. Ausäthern usw. A z o b e n z o l , mit dem Chromophor — N = N — die Grundsubstanz der Azofarbstoffe, ist ein sehr beständiger, unzersetzt destillierbarer Körper.
184
Organisch-präpa ativer Teil
Anders als bei den meisten anderen Azoverbindungen ist die N = N-Gruppe zwischen den beiden aromatischen Kernen sehr fest verankert. So erklärt sich die bedeutende Echtheit der Azofarbstoffe. Nach der Theorie ist mit der Existenz zweier s t e r e o i s o m e r e r Azobenzole zu rechnen: CSHS I N = N und N = N I I I C,H S C 6 H s C6H5 cis-Azobenzol trans-Azobenzol Diese Isomerie ist erst vor kurzem experimentell bestätigt worden, indem es gelang, durch Belichten einer Azobenzollösung die stabile (trans-) Form teilweise in die e i s - F o r m umzulagern und diese dann durch Adsorption (vgl. S. 15) abzutrennen (Hartley). Mit konzentrierter Mineralsäure gibt Azobenzol r o t g e f ä r b t e S a l z e , was man durch Übergießen der Substanz mit Salzsäure feststellt. Aufnahme von Wasserstoff f ü h r t wieder zur H y d r a z o v e r b i n d u n g . Durch Einwirkung von Hydroperoxyd oder Salpetersäure läßt sich O anlagern; es entsteht die A z o x y v e r b i n d u n g . Von der Synthese unsymmetrischer aromatischer Azokörper aus Nitrosoverbindung und primärem Amin war oben die Rede. Bei Schmelztemperatur zersetzt sich H y d r a z o b e n z o l nach der Gleichung: HsC8 -
N j H H N - CgHs | H,C 0 — N ; H H N — C 6 H 5
>
H 6 C, • N H,N • C.H, Ii + h HjCe ' N j n " c«Hs
zu A z o b e n z o l und A n i l i n . Eine ganz analoge Reaktion wird später (S. 290) beim P h e n y l h y d r a z i n besprochen; ein einfaches Vorbild ist die S e l b s t z e r s e t z u n g des H y d r o p e r o x y d s in Sauerstoff und Wasser: OiH | 0\H
OH OH
o > n O
HÖH + HÖH
Wie dieser Prozeß, so wird auch die Selbstzersetzung des Hydrazobenzols durch P l a t i n m e t a l l e katalytisch beschleunigt.
c) Benzidin aus Hydrazobenzol 9,2 g Hydrazobenzol werden in möglichst wenig Äther gelöst und zu 100 ccm mit Eis gekühlter etwa J n-Salzsäure (konz. Säure mit dem gleichen Volumen Wasser verdünnt) unter Umschütteln getropft. Das salzsaure Benzidin scheidet sich kristallinisch aus und wird nach Zusatz von 50 ccm konz. Salzsäure und V2 stündigem Stehen der Reaktionsmischung abgesaugt und mit Salzsäure wie oben und wenig Äther gewaschen. Ausbeute 9—10 g. Das Chlorhydrat kann aus
185
Hydrazobenzol und Azobenzol
III. 6
heißem Wasser unter Zusatz von konz. Salzsäure zur schwach abgekühlten Lösung umkristallisiert werden. Zur Gewinnung der freien Benzidinbase versetzt man eine in der Wärme unter Zugabe von etwas verdünnter Salzsäure hergestellte, nicht zu konz. Lösung des Salzes, die man rasch auf 15—20° abkühlt, mit einem kleinen Überschuß von konz. Natronlauge; die kristallinisch abgeschiedene Base wird nach dem Absaugen gründlich mit Wasser ausgewaschen. Vor Zugabe der Lauge muß die Lösimg des Salzes klar sein; von allenfalls auskristallisiertem Chlorhydrat muß sie abfiltriert werden. Das freie Benzidin kann aus heißem Wasser oder auch aus wenig Alkohol umkristallisiert werden. Schmelzp. 122». Die Umlagerung des Hydrazobenzols zu dem isomeren B e n z i d i n — im Jahre 1846 von dem russischen Chemiker Z i n i n entdeckt —, die durch Mineralsäuren katalytisch in Gang gesetzt wird, erfolgt aus dem Bestreben des Moleküls, einen e n e r g i e ä r m e r e n , d . h . gesättigteren Zustand zu finden. Wir reihen den Vorgang zweckmäßig andern analogen an, bei denen es sich grundsätzlich darum handelt, daß ein Substituent am Stickstoff seine Haftstelle mit einem H-Atom am Kern, und zwar meist in p-Stellung vertauscht. Hierher gehört die Umlagerung von Phenylsulfaminsäure in S u l f a n i l s ä u r e (S. 195), vonPhenylhydroxylamin in p - A m i n o p h e n o l (S. 176), femer von Acetanilid in p - A m i n o - a c e t o p h e n o n und von N-Chloracetanilid in p - C h l o r a c e t a n i l i d : CO • CH3 CO • CH a
H
H
H
H
> H 3 C. CO • •
NH,
C1 •
• N H • CO • CHS
Außerdem die später zu besprechende Umlagerung der aromatischen N i t r o s a m i n e , z. B.: / \
/
N • CH, NO
>
ON/
\
X
X
• N • CH, . H
In gleicher Weise trennt sich bei der B e n z i d i n r e a k t i o n die Gruppe HN • C 9 H 5 vom Stickstoff ab und lagert sich als HjN • C,H 4 — an die vom Wasserstoffatom verlassene p-Lücke.
> = C
\—NH I — )-NH
H-NH > = < I ^>-NH2
/
v
/
s. >-NH,.
Es sei besonders darauf hingewiesen, daß die wandernden Reste nicht als „freie Radikale" abgetrennt werden, sondern daß sich diese Gruppenverschiebungen im Bereich der m o l e k u l a r e n B i n d u n g s k r ä f t e vollziehen.
186
Organisch-präparativer Teil
Die Ähnlichkeit der Umlagerung aromatischer Hydrazoverbindungen mit den oben in Parallele gestellten Austauschreaktionen wird noch deutlicher, wenn die p-Stellen der beiden Benzolkerne besetzt sind. Dann kommt es in der Regel nicht zur Bildung einer Biphenylbase, sondern der abgetrennte Rest greift mit dem Stickstoff in die o-Stellung zum andern Stickstoff ein; es entstehen Derivate des o - A m i n o d i p h e n y l a m i n s , z. B.: \ - N H ,
—NH
>NH
NH H3C'
Diese Form der Isomerisation bezeichnet man als S e m i d i n - U m l a g e r u n g (P. J a c o b s o n ) . Benzidin und die entsprechend seiner Bildung von o-Nitrotoluol und o-Nitroanisol abgeleiteten Biplienylbasen T o l i d i n und D i a n i s i d i n
CH 3 (OCH 3 )
CH 3 (OCH 3 )
werden in der Farbstoffindustrie als wichtige Zwischenprodukte f ü r die Bereitung von Baumwolle direkt färbenden Azofarbstoffen in großem Maßstab dargestellt. (Vgl. dazu S. 239, 293, 295.)
Zum M e c h a n i s m u s der N i t r o b e n z o l r e d u k t i o n Die Reduktion der aromatischen Nitrokörper h a t nicht nur wissenschaftlich, sondern auch technisch ein außerordentlich großes Interesse. Die Nutzbarmachung der im Steinkohlenteer enthaltenen Kohlenwasserstoffe begann mit der Entdeckung der Nitrierungsreaktion; die Umformung der Nitrogruppe zur Aminogruppe am Derivat des Benzols lieferte in technischem Ausmaß das A n i l i n , das Ausgangsmaterial f ü r zahllose Farbstoffe und pharmazeutische P r ä p a r a t e ; ihm schließen sich die homologen T o l u i d i n e , X y l i d i n e , N a p h t h y l a m i n e usw. an. Die B i l d u n g d e s A n i l i n s aus Nitrobenzol kommt dadurch zustande, daß reaktionsfähiger Wasserstoff an die Nitrogruppe angelagert, der Sauerstoff als Wasser abgespalten und schließlich Wasserstoff endgültig angelagert wird. Sie ist kein einfacher Vorgang, sondern verläuft über eine Reihe von Zwischenphasen. C6H5 • N i f | X)H H + 2 H •,
c CH S — CH S • O — SO a H,
also unter andersartiger Zerlegung des H 2 S0 4 -Moleküls. Diese Reaktion kann aus einleuchtenden Gründen beim Benzol nicht zustande kommen, da sie ausgesprochen rückläufig sein muß. Unterwirft man jedoch Äthylen der Einwirkung von r a u c h e n d e r Schwefelsäure, so entsteht ebenfalls, wie beim Benzol ein Sulfurierungsprodukt, nämlich das sog. C a r b y l s u l f a t , das sich von der G a t t e r m a n n , Praxis d. organ. Chemikers. 28. Aufl.
13
194
Organisch-präparativer Teil
zuerst entstehenden Alkoholsulfonsäure durch Veresterung mit H 2 S 0 4 und nachfolgender Wasserabspaltung ableitet.
O I >• O
\
I SO„
so 2 —o
/
(Carbylsulfat).
Im Wesen ganz analog reagiert Äthylen mit Salpeter-Scliwefelsäure, wobei N i t r o - ä t h y l n i t r a t entsteht (vgl. S. 164). Wie werden die Alkylsulfonsäuren dargestellt ? Die Leichtigkeit des Eintritts der Sulfogruppe in aromatische Verbindungen ist genau so wie bei der Nitrierung von der Natur der vorhandenen Substituenten abhängig. Benzol wird ziemlich schwierig sulfoniert, Toluol und Naphthalin etwas leichter, besonders leicht Phenole und Amine. Schwieriger verläuft die Sulfurierung beim Nitrobenzol oder die weitere Sulfurierung der Benzolsulfonsäure. Hier muß die Reaktion durch Steigerung des S0 3 -Gehaltes der Schwefelsäure unterstützt werden. Da N 0 2 und SO a H Substituenten 2. Ordnung sind, so geht ein neu eintretender Substituent in m-Stellung. Hochprozentiges Oleum führt das Benzol schließlich in die symmetrische B e n z o l t r i s u l f o n s ä u r e über. Chlorsulfonsäure kondensiert sich mit aromatischen Kohlenwasserstoffen zu A r y l - s u l f o chloriden. Vom Naphthalin leiten sich zwei Sulfonsäuren ab, und zwar die a - und die /?-Naphthalinsulfonsäure: S03H I / V \ - S O , H .
i
a-Säure
Säure
Die Substitutionsreaktionen am Naphthalinkern setzen ohne Ausnahme an der durch erhöhte Reaktionsfähigkeit ausgezeichneten a - S t e l l u n g ein. Die Einführung von Halogen und von der Nitrogruppe führt ausschließlich zum «-Derivat. Dies ist an sich auch bei der Sulfurierung der Fall. Wenn wir Naphthalin bei tieferer Temperatur, als sie oben angewandt wurde, sulfurieren, so entsteht die auf diesem Wege auch technisch darstellbare «-Sulfonsäure. Die ( 3 - S u l f o n s ä u r e bildet sich dagegen erst bei höherer Temperatur, unter Bedingungen, wo die «-Säure wieder weitgehend hydrolytisch gespalten wird in Naphthalin und Schwefelsäure. Das Gleichgewicht zwischen Sulfurierung und Hydrolyse Naphthalin + H 2 S 0 4 ,
" Sulfonsäure + H 2 0
IV, 5
2,4-Dinitro-a-näphthol-7-sulfonsäure (Naphtholgelb S)
195
liegt bei unserer Reaktionstemperatur (170—180°) für die a-Säure mehr auf der linken, für die /?-Säure stark auf der rechten Seite. Da aber im Reaktionsgemisch stets auch a-Säure sich vorfindet, so muß auch die Säure einem hydrolytischen Gleichgewicht unterworfen sein. In der Tat erhält man beim Verschmelzen von /3-Naphthalinsulfonsäure mit (wasserhaltiger) Schwefelsäure geringe Mengen der isomeren a-Säure. Wir kennen ähnliche Verhältnisse bei den P h e n o l s u l f o n s ä u r e n und vor allem beim A n t h r a c h i n o n , das in seinen Substitutionsreaktionen eine außerordentliche Ähnlichkeit mit dem Naphthalin aufweist. Es wird schwieriger sulfuriert als dieses und damit hängt zusammen, daß die Bedingungen erhöhter Temperatur, die hier angewandt werden müssen, alsbald zu der als Ausgangsmaterial für die Synthese des Alizarins wichtigen ß - S ä u r e führen. Die Industrie hat jedoch Mittel und Wege gefunden, um auch der früher nicht zugänglichen A n t h r a c h i n o n - a - s u l f o n s ä u r e habhaft zu werden. Durch Zugabe von Q u e c k s i l b e r wird nämlich die Sulfurierungsreaktion katalytisch in die Richtung der «-Substitution geleitet 1 (R. E. S c h m i d t ) . A n i l i n wird besonders leicht sulfuriert, schon durch Erhitzen seines Sulfats (Backverfahren). Dadurch werden wir an die Umwandlung von Anilinacetat in Acetanilid erinnert. In der Tat ist es sehr wahrscheinlich, daß ein analoges, an der Aminogruppe sulfuriertes Produkt, die S u l f a m i n s ä u r e zuerst entsteht, aus der nach bekannten Beispielen: Übergang von Phenylhydroxylamin in p - A m i n o p h e n o l , von Phenylnitramin in p - N i t r a n i l i n NH 8 VNH • I
^
' I
die Sulfogruppe in die p-Stellung hinüberwandert. -NH, • H2S04
prim. Anilinsulfat
_H]0
'
NH • S 0 3 H
Phenylsulfaminsäure
Sulfanilsäure
Einen Beweis für diesen Reaktionsverlauf liefert das a - N a p h t h y l a m i n , dissen Sulfaminsäure, unter gelinden Arbeitsbedingungen isolierbar, bei höherer Temperatur zu l - N a p h t h y l a m i n - 4 - s u l f o n s ä u r e ( N a p h t h i o n s ä u r e ) umgelagert wird. Neben der Sulfanilsäure entsteht bei der Sulfurierung in geringer Menge die o-Verbindung, die kein weiteres Interesse beansprucht. Dagegen wird die M e t a n i l s ä u r e auch als Zwischenprodukt in der Azofarbstoffindustrie hergestellt, und zwar aus m-Nitrobenzolsulfonsäure durch Reduktion. Eine große technische Bedeutung kommt vor allem den A m i n o - (und O x y - ) s u l f o n Im Falle des Anthrachinons scheint die ß-Sulfonsäure nicht durch Umlagerung aus der a-Säure zu entstehen. 1
13*
196
Organisch-präparativer Teil
s ä u r e n d e r N a p h t h a l i n r e i h e zu, und zwar dienen sie vor allem als Objekte der Diazotierung oder auch der Kupplung mit Diazoverbindungen. Hier finden sich die wichtigsten Azofarbstoffe. Ebenso leicht wie die aromatischen Amine lassen sich die P h e n o l e sulfonieren. Wenn es gilt, Phenole mehrfach zu nitrieren, so f ü h r t man häufig zuerst Sulfogruppen ein, die dann bei der Einwirkung von Salpetersäure unter Ersatz durch NO a leicht abgespalten werden. Davon macht m a n z. B. bei der Darstellung der P i k r i n s ä u r e Gebrauch. Bei der Sulfonierung des a-Naphthols werden die S0 3 H-Gruppen in den Phenolkern, in 2- und 4-Stellung leicht eingeführt. Sie sind es auch, die durch N O j substituiert werden können. Die in der Vorschrift zu 5. angegebene Probe soll den Eintritt der dritten Sulfogruppe erkennen lassen, durch die die Wasserlöslichkeit des Dinitro-naphthols stark erhöht wird. 2 , 4 - D i n i t r o - a - n a p h t h o l (Martiusgelb) und seine 7-Sulfonsäure gehörten früher zu den wichtigsten gelben Wollfarbstoffen. Die Sulfonsäuren der aromatischen Kohlenwasserstoffe sind wegen ihrer meist großen W a s s e r l ö s l i c h k e i t und geringen Kristallisationstendenz, wenigstens in den einfachen Gliedern der Benzolreihe, nicht leicht zu isolieren. Sie gehören zu den s t ä r k s t e n S ä u r e n der organischen Chemie nnd unterscheiden sich in ihrer Affinitätskonstante nur ganz wenig von den starken Mineralsäuren. Ihre Erdalkalisalze sind im allgemeinen in Wasser löslich, und auf dieser Eigenschaft beruht ihre Befreiung von der bei der üblichen Darstellung stets im Überschuß vorhandenen Schwefelsäure, wovon oben bei der Bereitung der ß-Naphthalinsulfonsäure Gebrauch gemacht worden ist. Aus den Erdalkalisalzen lassen sich dann in allen Fällen durch Umkochung mit Alkalicarbonaten leicht d i ; Alkalisalze gewinnen. Sie gehen, wie später präparativ ausgeführt wird, in der Alkalischmelze in P h e n o l e über. Durch heiße verdünnte Mineralsäuren, ja schon durch überhitzten Wasserdampf, werden die aromatischen Sulfonsäuren zu K o h l e n w a s s e r s t o f f und Schwefelsäure zurückgespalten. Ein Verfahren, u m die freien Sulfonsäuren direkt zu gewinnen, ist im Beispiel 2 angeführt worden. In den A m i n o s u l f o n s ä u r e n ist der elektrochemische Charakter der beiden Substituenten merklich abgeschwächt, ähnlich wie bei den Aminocarbonsäuren von der Art des Glykokolls oder der Anthranilsäure. Jedoch h a t die Sulfongruppe an dem f ü r sich schon schwach basischen Anilin das Übergewicht über die Aminogruppe. S u l f a n i l s ä u r e bildet mit wäßrigen Mineralsäuren keine Salze mehr, leicht dagegen mit Alkalien. Sie läßt sich auch mit wäßrigen Alkalien glatt titrieren, was bei den Aminofettsäuren nur in alkoholischer Lösung möglich ist ( W i l l s t ä t t e r ) . Als Nebenprodukt ist bei der Darstellung der Benzolsulfonsäure das S u l f o n , das sog. S u l f o b e n z i d entstanden. Hier sehen wir eine Weiterleitung der Sulfurierungsreaktion, bei der fertig gebildete Benzolsulfonsäure nach Art der Schwefelsäure selbst auf Benzol unter Wasserabspaltung einwirkt:
IV, 5
2,4-Dinitro-a-naphthol-7-sulfonsäure (Naphtholgelb S)
-SO,H X /
197
—H.O
+
\ /
Die S u l f o n e sind neutrale, kristallisierte, wenig reaktionsfähige Stoffe, die auch durch energische Oxydation der Sulfide entstehen. Ein zweifaches Sulfon ist das Schlafmittel S u l f o n a l (Formel!). Ü b e r S u l f o c h l o r i d e u n d S u l f a m i d e . Die Überführung der Benzolsulfonsäure in ihr Chlorid und in ihr Amid zeigt, daß hier analoge Derivate wie bei den Carbonsäuren gewinnbar sind. Die Sulfochloride sind viel weniger reaktionsfähig als die Carbonsäurechloride; B e n z o l s u l f o c h l o r i d k a n n beispielsweise zum größten Teil unzersetzt mit Wasserdampf destilliert werden. Häufig charakterisiert m a n ein Amin durch sein S u l f a m i d ; die Vertreter dieser Körperklasse sind durch große Kristallisationsfähigkeit ausgezeichnet. Auch zur präparativen Trennung der verschiedenen Amine h a t m a n ihre Reakt i o n mit Benzolsulfochlorid herangezogen. N u r die p r i m ä r e n und s e k u n d ä r e n Amine setzen sich mit ihm um. Die Sulfamide der primären Amine sind in A l k a l i e n l ö s l i c h und können so abgetrennt und nachher durch energische Hydrolyse in Sulfonsäure und Amin gespalten werden ( H i n s b e r g ) . Die Sulfamide primärer Basen sind also Säuren; die Salze enthalten nach der heutigen Vorstellung das Kation a n Stickstoff gebunden (F. A r n d t ) . C8H5 • S 0 2 • N H • C6H5, Benzol-sulfanilid (in Alkalien löslich)
C 6 H 5 • S 0 2 • N(CH 3 ) • C„H 5 . Benzol-sulfo-N-methylanilid (in Alkalien unlöslich)
Von einem Sulfamid leitet sich auch der Süßstoff S a c c h a r i n a b ; er entsteht aus o-Toluolsulfamid, indem die CH 3 -Gruppe mit P e r m a n g a n a t zu Carboxyl oxydiert und dann durch starke Salzsäure der Ring geschlossen wird: / X — SSOO. 2. . N n hH2.
/ \ _ S 0
2
• NH,
i
—CH,
—COOH
—so2
>NH . —CO
Saccharin ist, wie aus der Formel hervorgeht, vermöge seines Iminwasserstoffatoms eine Säure; der lösliche Süßstoff ist das Natriumsalz. Unterwirft m a n ein Alkalisalz einer Sulfonsäure gemeinsam mit Cyankalium oder Ferrocyankalium der trockenen Destillation, so erhält man, indem eine Kohlenstoffsynthese sich vollzieht, ein S ä u r e n i t r i l , z . B . : C„H 5 . S 0 3 K + KCN = C„H5 • CN + SOjK 2 . Benzonitril Während die Sulfonsäuren praktisch nicht reduziert werden können, lassen sich die Sulfochloride mit Metallen, am besten mit Zink, in die niedrigere Oxydationsstufe der S u l f i n s ä u r e n überführen; es entsteht direkt deren Zinksalz. 2 C 6 H 5 • S0 2 C1 + 2 Zn ->• (C 6 H 6 • S0 2 ) 2 Zn + ZnCl 2 .
198
Organisch-präparativer Teil
Die alkalische Spaltung der B e n z s u l f h y d r o x a m s ä u r e — aus Benzolsulfochlorid und Hydroxylamin — führt, wie schon erwähnt, ebenfalls zur S u l f i n s ä u r e (Piloty). Energische Reduktion mit nascierendem Wasserstoff erzeugt aus Sulfochloriden die zugehörigen M e r c a p t a n e . C 6 H 5 • SOjCl + 6 H
• C 6 H 5 SH + 2 H 2 0 + HCl.
Auch die Sulfinsäuren lassen sich in dieser Weise reduzieren.
Thiophenol. In einem mit Rückflußkühler durch einen Anschützaufsatz verbundenen Rundkolben übergießt man auf dem siedenden Wasserbad 20 g fein granulierten Zinns mit 50 ccm konzentrierter Salzsäure und läßt dazu nach und nach aus einem Tropftrichter 8 g Benzolsulfochlorid fließen. Wenn die Hauptmenge des Zinns gelöst ist, treibt man das gebildete Mercaptan mit Wasserdampf über, nimmt es mit Äther auf, den man über Natriumsulfat trocknet und dann abdampft. Das zurückbleibende Thiophenol wird destilliert und geht fast vollständig bei 173° über. E s ist nötig, mit dem stark stinkenden Stoff nur unter einem gut ziehenden A b z u g oder im S t i n k r a u m umzugehen. Vor allem bringe man nichts davon an die Hände und an die Kleider, da der Geruch tagelang haften bleibt. Die g e s c h w e f e l t e n A l k o h o l e sind ausgesprochene Säuren. Die Alkalisalze der aliphatischen Mercaptane werden zwar durch Wasser sehr weitgehend hydrolytisch gespalten, die aromatischen dagegen können mit Alkali und Phenolphthalein scharf titriert werden. Charakteristisch sind die gelben B l e i und die farblosen Q u e c k s i l b e r s a l z e . Zum Nachweis der -SH-Gruppe ist die intensive Farbreaktion mit alkalischer N i t r o p r u s s i d n a t r i u m - L ö s u n g besonders geeignet.
Versuch: Man versetzt die alkoholischen Lösungen von Bleiacetat und Quecksilber-2-chlorid jeweils mit einigen Tropfen Thiophenol. Bemerkenswert ist die Leichtigkeit, mit der das Wasserstoffatom vom Schwefel abgelöst wird (Analogie mit H , S ) ; schon durch den Sauerstoff der Luft, sofort aber durch gelinde Oxydationsmittel werden die Mercaptane in die A r y l - bzw. A l k y l - d i s u l f i d e übergeführt: 2 R • SH
• R • S — S • R.
Versuch: Einige Tropfen Thiophenol werden mit einigen ccm stark verdünnter Ammoniaklösung auf einem Uhrglas am Wasserbad langsam zur Trockne verdampft (Abzug!). Es hinterbleibt ein öl, das beim Erkalten kristallinisch erstarrt: Phenyldisulfid vom Schmelzpunkt 61°. Durch Reduktion gehen die Disulfide unter Aufnahme von Wasserstoff wieder in die M e r c a p t a n e über.
Formaldehyd
199
Ein biologisches Beispiel für diese Beziehungen liegt im C y s t e i n - C y s t i n vor:
NH 2 SH Cystein
—2H , ' +2H
NH, S | NH„ S
Cystin,
ferner im „ G l u t a t h i o n " ( H o p k i n s ) , einem Tripeptid, in dem die NH 2 Gruppe des Cystins (bzw. Cysteins) noch amidartig mit einem Carboxyl 1 der Glutaminsäure, seine Carboxylgruppe mit dem NH, von Glykokoll verknüpft ist. Cystin gehört zu den Bausteinen des Eiweißes; präparativ wird es durch Säurehydrolyse von Keratin (aus Haaren oder Horn) dargestellt. Mit Chlor setzen sich die aromatischen Mercaptane zu A r y l s c h w e f e l c h l o r i d e n um ( Z i n c k e ) ; Phenylschwefelchlorid ist eine tiefrote Flüssigkeit von großer Reaktionsfähigkeit ( L e c h e r ) : C 6 H 6 SH + Cl2
»• C e H 6 SCl + HCl.
Durch energische Oxydation werden aus den Mercaptanen die S u l f o n s ä u r e n zurückgebildet.
V. Aldehyde i. Formaldehyd2 Das etwa 10 cm lange, etwas nach oben umgebogene Ansatzrohr eines Fraktionierkolbens von 250 ccm ist an der Spitze zu einer Capillare von 1 — 1,5 mm lichter Weite ausgezogen und steckt, durch einen Kork verbunden, in einem etwa 30 cm langen Stück Verbrennungsrohr (Fig. 52). Eine 4 cm lange Kupferspirale, die in das Rohr eingeschoben wird, befindet sich 6 cm von der Capillare entfernt. Das Rohr ist unter kleinem Winkel aufwärts gerichtet und am oberen Ende mit einem mittelgroßen, nach abwärts gerichteten Kühler (zweckmäßig Schlangenkühler) verbunden. An diesen sind zwei aneinander geschaltete Vorlagen angeschlossen, die während des Versuchs tief in einer Kältemischung stehen. Das kurze Ansatzrohr der zweiten Vorlage wird mit der Pumpe verbunden. In den Fraktionierkolben, der möglichst tief in ein Wasserbad von genau 46—47° eingesenkt ist, füllt man 100 ccm Methylalkohol und setzt dann mit E s ist das von der NH a -Gruppe entfernte. T o l l e n s , B . 19. 2133 (1886). Die Erläuterungen zu 1., 2. und 3. sind mit den Versuchen zusammengefaßt auf S. 206 ff. 1
2
200
Organisch-präparativer Teil
einem Gummistopfen ein bis nahe zum Boden reichendes Glasrohr ein, durch das die Luft eingesaugt wird. Nachdem man damit begonnen hat, erwärmt man die Kupferspirale, anfangs vorsichtig, mit der Flamme, bis bei Rotglut die Reaktion in Gang kommt. Nun muß der Luftstrom so reguliert werden, daß die Spirale ohne weitere Wärmezufuhr in ganz schwachem Glühen bleibt. Bei dieser Anordnung bleiben Explosionen vollständig aus. Bei zu niederer Temperatur
des Heizbades (42—44°) wird zwar die Explosionsgrenze des Gemisches Methylälkohol-Luft erreicht, aber die Flamme gelangt nur bis zur Capillare, weil die große Strömungsgeschwindigkeit in ihr das weitere Zurückschlagen verhindert. (Vergleich mit dem Bunsenbrenner, in dem das Zurückschlagen auch nur bei zu langsamer Strömimg eintritt.) Die beiden Vorlagen enthalten, nachdem aller Holzgeist verdampft ist, 110—115 ccm einer 30—32-proz. Formaldehydlösung; eine kleine Menge Formaldehyd kann noch in einer dritten, mit wenig Wasser beschickten Vorlage aufgefangen werden. Das Nachstehende enthält einige, bei der Ausführung von Gasreaktionen zu beachtende Punkte. Zur Dehydrierung von einem Mol Methylalkohol braucht man 1/, Mol Sauerstoff, also auf 1 Vol. Alkohol V2 Vol. Sauerstoff oder 2*/2 Vol. Luft. Das stöchiometrische Gemisch muß also auf 1 Vol. Methylalkohol 2 1 /, Vol. Luft enthalten oder 28,5 Proz. Methylalkohol. Da sich die Volumina wie die Partialdrucke verhalten, muß die Verdampfungstemperatur so eingestellt werden, daß der Dampfdruck des Holzgeistes 28,6 Proz. des Atmosphärendrucks, also ungefähr 210 mm Quecksilber ausmacht. Die Dampfdrucke der bekannteren Stoffe bei verschiedenen Temperaturen findet man in: L a n d o l t - B ö r n s t e i n , Physikal.chem.Tabellen, 5. Aufl. 1923 und Ergänzungsbände I, 1927; II, 1931; III, 1935.
201
Acetaldehyd
Mit der hier gewählten einfachen Vorrichtung wird volle Sättigung mit CH s OH-Dampf nicht erreicht, daher die etwas höhere Temperatur.
G e h a l t s b e s t i m m u n g der e r h a l t e n e n F o r m a l d e h y d l ö s u n g . 5 ccm der Lösung werden, mit der Pipette entnommen, in einem Meßkolben mit Wasser auf 50 ccm aufgefüllt. Davon bringt man 20 ccm in einen Erlenmeyer von 250 ccm, setzt 30 ccm etwa 3-proz. Hydroperoxyd, das vorher gegen Phenolphthalein scharf neutralisiert ist, und dann 30 ccm n-Natronlauge zu und schüttelt um. Nach kurzer Zeit beginnt unter Selbsterwärmimg WasserstoffEntwicklung, die sehr heftig wird und die man schließlich durch kurzes Erwärmen zu Ende führt. Die erkaltete Lösung wird dann nach erneuter Zugabe von Phenolphthalein gegen n-Salzsäure titriert. Das verbrauchte Alkali gibt gemäß der Gleichung: 2 CH 2 0 + H 2 0 2 + 2 NaOH
• 2 HCOONa + H 2 + 2 H 2 0
den Gehalt an Formaldehyd an. Wenn also z. B. 22,5 ccm NaOH bei der Reaktion verbraucht wurden, so enthielten die 20 ccm ( = 2 ccm der ursprünglichen Lösung) 22,5 • 30 mg = 0,675 g Formaldehyd, d. h. die Lösung war 33,8-prozentig. Bei dieser sehr bemerkenswerten Reaktion wird durch Addition von 2 Mol H2CO an Hydroperoxyd ein Zwischenprodukt der Konstitution HOH 2 C • O • O • CH2OH das D i o x y m e t h y l - p e r o x y d gebildet, das man auch in kristallisierter Form isolieren kann, das aber mit Alkali außerordentlich leicht in F o r m i a t und W a s s e r s t o f f zerfällt: HOH2C • O • O • CHjOH + 2 NaOH
• 2 HCOONa + H a + 2 H z O.
[Näheres darüber siehe A. 431, 301 (1923).] Über die Bestimmung des Formaldehyds mit A m m o n i a k vgl. S. 211. Die einfachen Aldehyde setzen sich mit neutralem Sulfit zu a l d e h y d s c h w e f l i g s a u r e m Salz um; dabei entsteht freie Lauge, deren Titration auch eine Gehaltsbestimmung ermöglicht.
2. Acetaldehyd 1 Aus Ä t h y l a l k o h o l . Am zweckmäßigsten benutzt man einen l 1 / 3 -Liter-Kolben mit weitem seitlichen Ansatzstutzen; auch ein auf einem nicht zu kurzhalsigen Rundkolben d i c h t aufgesetzter Anschützaufsatz tut den Dienst. Das Ansatzrohr wird mit einem schräg 1 Zum Teil nach W e r t h e i m , J . Am. Soc. 44, 2658 (1922) und F r i c k e und H a v e s t a d t . Z. ang. Chemie 36, 546 (1923).
202
Organisch-präparativer Teil
stehenden großen Liebigkühler verbunden; von oben her gehen in den Kolben vermittelst eines doppelt durchbohrten Gummistopfens ein bis zum Boden reichendes Glasrohr von 0,4 cm lichter Weite, durch das aus einer Stahlflasche (mit Reduzierventil) Kohlendioxyd eingeleitet wird, und ein Tropftrichter mit langem, ausgezogenem Rohr. Jenseits ist der Kühler mit einem mittelgroßen U-förmigen CaCl2Rohr verbunden, das mit einem Schlangenkühler in Verbindimg steht (Fig. 53). An ihn schließen sich zwei hintereinander geschaltete Vorlagen, deren jede 100 ccm absoluten Äther enthält und die in eine
Fig. 53.
frisch bereitete Eis-Kochsalzmischung eingestellt werden; deren Temperatur soll während des Versuchs nicht über —10° steigen. Im Rohr des ersten Kühlers, den man sehr langsam mit Wasser von etwa 26° durchströmt, liegt, durch einen im oberen Stopfen dicht eingeklemmten Bindfaden gehalten, ein Thermometer, dessen Kugel sich in der M i t t e der Kühlröhre befindet. Alle V e r b i n d u n g e n am A p p a r a t m ü s s e n v o l l k o m m e n d i c h t sein. Der Schlangenkühler wird während der Operation mit Wasser von 5—10° gespeist, im Winter direkt aus der Leitung, an heißen Tagen läßt man das Leitungswasser vorher durch eine von außen mit Eis gekühlte Schlange fließen. Im Kolben werden nun 125 ccm Weingeist (2 Mol C2H5OH) mit etwa dem dritten Teil einer Mischung von 150 ccm ( = 270 g) Schwefelsäure und 250 ccm Wasser versetzt und zum Sieden erhitzt. In der Hauptmenge der verdünnten Schwefelsäure hat man unter Zugabe von 100 ccm Wasser 200g Natriumpyrochromat gelöst; diese Lösung
V, 2
Acetaldehyd
203
wird noch warm in den Tropftrichter gebracht, dessen Rohr man vollständig anfüllt. Nachdem der Tropftrichter aufgesetzt ist, läßt man seinen Inhalt mit mäßiger Geschwindigkeit in den eben siedenden Alkohol ausfließen; die auftretende Reaktionswärme macht die weitere Wärmezufuhr entbehrlich. Durch einen mäßigen Kohlendioxydstrom wird der gebildete Aldehyd aus der siedenden Lösung weggeführt und so der weiteren Oxydation entzogen. (Sein Dampfdruck ist bei der Temperatur im Kühler noch genügend groß, um die Kondensation bei rascher Strömung zu verhindern; diese erfolgt erst in den stark gekühlten Vorlagen.) Der Zufluß der Bichromatlösung wird so reguliert, daß das Gemisch ständig im Sieden bleibt, wobei das Thermometer im Kühlrohr die Temperatur von 25—30° zeigen soll. Sollte der Überdruck im Apparat von der Bichromatlösung nicht überwunden werden, so verzweigt man die COa-Zuleitung durch ein T-Rohr und verbindet die Abzweigung durch ein Stückchen Schlauch (mit Klemmschraube zum Abschließen beim Nachfüllen des Tropftrichters) mit dem Tubus des Tropftrichters. Statt der Bombe kann man auch einen frisch beschickten Kippapparat verwenden, dem aber zur Uberwindung des Überdrucks ein mit verdünnter Salzsäure gefülltes Steigrohr aufgesetzt sein muß.
Nach 30 Minuten ist das Einfließenlassen zu Ende, zehn weitere Minuten genügen, um den Aldehyd vollends zu entfernen. Dann löst man die Vorlagen ab und dreht nun erst das Ventil der C0 2 -Bombe zu. Da sich der im Äther aufgefangene Acetaldehyd nicht durch fraktionierte Destillation vom Lösungsmittel trennen läßt, führt man ihn in das kristallisierte A l d e h y d a m m o n i a k über. Man bringt den Inhalt der beiden Waschflaschen in einen kleinen Filtrierstutzen, der durch ein Kältegemisch gekühlt wird und leitet aus der Stahlflasche Ammoniakgas ein; als Einleitungsrohr verwendet man, den weiten Rohrteil tief in der Flüssigkeit, ein gerades CaCl2-Rohr, das man zur Verteilung der sich bildenden Kristalle öfters hin und her bewegt. Das Gefäß bedeckt man mit einem durchlochten Uhrglas, Karton oder Kupferdrahtnetz. Wegen des verdampfenden Äthers alle Flammen in der Nähe ausdrehen! Steht keine NH 3 -Bombe zur Verfügung, so entwickelt man das Gas aus konz. Ammoniak durch Erhitzen in einem Rundkolben (Brenner abschirmen); zum Trocknen muß ein mit Ätzkali und gutem Ätzkalk beschickter Trockenturm vorgeschaltet werden. Den Bedarf an NH 3 berechne man gemäß dem Nachstehenden (kleiner Überschuß).
204
Organisch-präparativer Teil
Um nicht allzu viel Ammoniak zu verschwenden, überlege man sich, wieviel Liter Ammoniak zu der Bindung des als Höchstausbeute (60 g) zu erwartenden Aldehyds gebraucht werden. 60 g Aldehyd sind 60/44 = 1,36 Grammol und entsprechen 30 Litern (warum?). Unter Berücksichtigung des Einflusses von Druck und Temperatur, der durchschnittlich 10 Proz. ausmacht, wird man also ungefähr 33 L i t e r A m m o n i a k nötig haben. Man eicht nun den NH S Strom der Bombe ein für allemal angenähert so, daß man mit der Uhr genau ermittelt, in welcher Zeit ein NH 3 -Strom von bestimmter, gleichzeitig abgelesener Blasengeschwindigkeit (kleiner Blasenzähler mit konz. KOH oder Quecksilber) 42 ccm mit Methylorange gefärbter n-Salzsäure (im Meßzylinder abgemessen) neutralisiert. In dieser Zeit ist bei der abgelesenen Blasenfolge etwa 1 Liter NH S der Stahlflasche entströmt.
Man leitet etwa 30 mal so lang NH 3 in die ätherische Aldehydlösung ein, läßt dann noch 1 Stunde zur Vollendung der Kristallisation stehen, prüft eine abgegossene Probe im Reagenzglas, ob beim weiteren Einleiten von NH 3 noch eine Fällung entsteht, und saugt, wenn dies nicht der Fall ist, das Aldehydammoniak auf der Nutsche ab. Der Niederschlag wird zum Schluß noch einige Male mit absolutem Äther gewaschen und dann zuerst auf Filtrierpapier, schließlich im nichtevakuierten Schwefelsäureexsiccator getrocknet. Das t r o c k e n e Präparat ist, gut verschlossen aufbewahrt, längere Zeit haltbar; unreine Präparate zersetzen sich nach wenigen Tagen unter Braunfärbung. Ausbeute 50—60 g. Um r e i n e n A l d e h y d zu gewinnen, werden 25 g Aldehydammoniak in 25 ccm Wasser gelöst, mit einer erkalteten Mischung von 30 ccm konzentrierter Schwefelsäure und 40 ccm Wasser versetzt und auf dem Wasserbade durch ein U-förmiges CaCl 2 -Rohr, das bei tiefer Außentemperatur schwach erwärmt wird, und durch einen gut wirkenden Schlangenkühler abdestilliert. Um die Autoxydation des Acetaldehyds hintanzuhalten, füllt man die Apparatur vor der Destillation, mit C02, leitet aber, wegen seines hohen Dampfdrucks, erst am Ende der Operation wieder ganz kurz einen langsamen C0 2 -Strom hindurch. Da der Aldehyd bei 21° siedet, so muß die Vorlage, welche mit dem Kühlrohr durch einen Kork verbunden ist, durch Eis und Kochsalz gut abgekühlt werden. Die auszuführenden Versuche siehe S. 207 ff. b) A u s A c e t y l e n Obwohl die unter a) beschriebene Hauptmethode präparativ allein in Betracht kommt, führen wir auch das technisch weit wichtigere Verfahren der
Benzaldehyd aus Benzalchlorid
205
H y d r a t a t i o n des A c e t y l e n s an; es sollte von Zeit zu Zeit auch ausgeführt werden1.
5 g Quecksilberoxyd werden in der noch heißen Mischung von 110 ccm Wasser und 50ccm konz. Schwefelsäure zum größten Teil aufgelöst, das Ganze in eine große Schüttelbirne (Fig. 57, S. 366) gebracht und einige Zeit mit Acetylen geschüttelt, das man aus Calciumcarbid bereitet, mit saurer Bichromat- und Kupfernitratlösung gereinigt und in einem Glasgasometer von 10—15 Liter Inhalt über gesättigter Kochsalzlösung aufgefangen hat. Vor dem Schütteln muß die Luft durch den Kohlenwasserstoff verdrängt sein. Unter Umständen kann man die Absorption auch auf der Schüttelmaschine in einer aufrecht eingespannten, dickwandigen Flasche vor sich gehen lassen; nach Verdrängung der Luft durch C 2 H 2 wird der Gummistopfen, der das Zuleitungsrohr führt, mit Draht festgebunden. In 8—10 Stunden werden bis zu 10 Liter Acetylen aufgenommen, die farblose quecksilberhaltige Zwischen^ erbindung beginnt sehr bald sich abzuscheiden. Sie wird nach Beendigung des Einleitens in einem Rundkolben, in den man das ganze Reaktionsgemisch übergeführt hat, und der auf einem Babo-Trichter geheizt wird, durch eingeleiteten Wasserdampf zerlegt; gleichzeitig destilliert der gebildete Aldehyd über, und zwar führt man diese Operation in einer ähnlich zusammengestellten Apparatur aus, wie sie unter a) beschrieben ist. Es genügt, e i n e in Kältemischung gekühlte Auf fangflasche mit Äther vorzulegen. Fällung des Aldehyds aus der Ätherlösung als Aldehydammoniak wie oben beschrieben. Ausbeute daran 5—6 g. 3. Benzaldehyd aus Benzalchlorid
In 50 g siedendes Toluol leitet man in gleicher Weise, wie dies für die Darstellung von Benzylchlorid (S. 102) angegeben ist, so lange trockenes Chlor ein, bis eine Gewichtszunahme von 40 g eingetreten und die Temperatur auf 187° gestiegen ist. Es handelt sich lediglich um die Fortsetzung jener Reaktion. Das erhaltene rohe Benzalchlorid kocht man in einem mit gut wirkendem Rückflußkühler verbundenen Rundkolben unter Einleiten eines schwachen C02- Stromes mit 500 ccm Wasser und 150 g gefälltem Calciumcarbonat (oder Schlämmkreide, oder feinpulverisiertem Marmor) 4 Stunden lang im ölbade auf 130° (Thermometer im 1
Die hier gegebene Vorschrift ist im Göttinger chemischen Laboratorium ausgearbeitet worden.
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Organisch-präparativer Teil
öl). Dann nimmt man den Kolben aus dem Ölbad heraus und treibt aus dem noch heißen Gemisch den Benzaldehyd mit Wasserdampf über. Zuerst saugt man nun den Kolbenrückstand auf der Nutsche heiß ab und säuert das Filtrat mit konzentrierter Salzsäure stark an. Beim Abkühlen scheidet sich dann Benzoesäure als Nebenprodukt der Reaktion in glänzenden Blättern ab. Sie wird abgesaugt und aus siedendem Wasser umkristallisiert. Schmelzp. 121°. Benzoesäure ist mit Wasserdampf etwas flüchtig. Das Wasserdampfdestillat wird zweimal mit nicht zu viel Äther ausgeschüttelt, die unter Umständen eingeengte Ätherlösung unterschichtet man in einer Pulverflasche unter Umrühren mit dem Glasstab nach und nach mit technischer Natriumbisuljitlösung, die zu einem steifen Brei der Aldehyd-Additionsverbindung erstarren muß. Man schüttelt hierauf mit aufgesetztem Stopfen, den man von Zeit zu Zeit lüftet, energisch durch, bis aller Benzaldehyd gebunden ist (Geruch!), saugt dann ab, wäscht mit Äther nach und zersetzt alsbald das feste Salz durch Eintragen in überschüssige Sodalösung, aus der man dann ohne Pause den freigemachten Aldehyd mit Wasserdampf abbläst. Das Destillat wird ausgeäthert, nach dem Trocknen der Ätherlösung mit wenig CaCl2 wird der Äther abgedampft und dann der Benzaldehyd überdestilliert. Siedep. 179°. Ausbeute 35—40 g (70% d. Th.). Wegen der großen S a u e r s t o f f e m p f i n d l i c h k e i t des Präparates müssen alle Operationen schnell hintereinander ausgeführt werden. E r l ä u t e r u n g e n und V e r s u c h e zu V, 1, 2 u. 3 Die niederen Glieder der A l d e h y d e sind farblose, stechend riechende Flüssigkeiten, die sich mit Wasser mischen; die mittleren ebenfalls flüssig, in Wasser jedoch nicht mehr leicht löslich; die hochmolekularen feste, kristallisierte Stoffe. Die Siedepunkte der Aldehyde liegen bedeutend niedriger als die der entsprechenden Alkohole: f CH 3 • CHO \ CH 3 • CH 2 - O H j CH 3 • CH a • CHO { CH S • CH 2 • CH 2 - O H
Siedepunkt 21° 78° „
50° 97°.
Die aromatischen Aldehyde riechen angenehm (Bittermandelöl, Piperonal).
Vanillin,
Die allgemeinste D a r s t e l l u n g s m e t h o d e der Aldehyde besteht in der Wegnahme zweier Wasserstoffatome aus einem primären Alkohol (o/cohol ¿eAyirogenatus); ebenso entstehen aus sekundären Alkoholen Ketone. Da der
Benzaldehyd aus Benzalchlorid
207
Wasserstoff präparativ allgemein durch ein Oxydationsmittel weggenommen wird, so erscheint der Prozeß als O x y d a t i o n . Jedoch können Alkohole auch k a t a l y t i s c h in Aldehyde und Wasserstoff zerlegt werden, durch Palladiumschwarz schon in der Kälte, durch Kupfer erst bei höherer Temperatur. Die Beteiligung des Kupfers bei der Formaldehydbereitung (nach O. Loew) beruht auf der Wasserstoffabspaltung ( D e h y d r i e r u n g ) , und die beigemengte Luft hat die Aufgabe, den Wasserstoff zu verbrennen und so aus dem Gleichgewicht : CH3OH H2C = 0 + 2 H zu entfernen. Substanzen mit d r e i f a c h e r Bindung nehmen in schwefelsaurer Lösung, namentlich bei Gegenwart von Quecksilber (II) -Salzen, die Elemente des Wassers auf. So bildet sich im einfachsten Fall aus A c e t y l e n selbst A c e t a l d e h y d , eine Reaktion, die oben durchgeführt wurde. HC HC^CH
CH
> ! O — > | | Hg0-S02
H 2 C—CH ! O _>HiC-CH+HgS04. HgO • SO3H Ji
Große technische Bedeutung dieses Prozesses für die Synthese der E s s i g säure. Die Aldehyde sind leicht weiter oxydierbar und wirken daher als R e d u k t i o n s m i t t e l gegen ammoniakalische Silberlösung und gegen F e h l i n g s c h e Lösung. V e r s u c h 1: Man v e r d ü n n e einige Tropfen Formaldehyd oder Acetaldehyd mit einigen c c m Wasser, g e b e eine kleine Menge ammoniakalischer Silberlösung zu u n d verteile auf 2 Reagenzgläser. In das eine läßt m a n einen Tropfen Natronlauge einfallen; sofortige A b scheidung v o n metallischem Silber. D i e andere L ö s u n g scheidet erst nach einigem Stehen in der K ä l t e , rascher b e i m E r w ä r m e n Silber aus. D i e Oxydationswirkung v o n ammoniakalischer Silberlösung wird also durch Natronlauge sehr erheblich gesteigert ( T o l l e n s ) . Man prüfe gleichzeitig die R e d u k t i o n s w i r k u n g g e g e n Fehlingsche Lösung. Durch Oxydation gehen die Aldehyde in C a r b o n s ä u r e n über, und zwar bildet diese Reaktion die direkte Fortsetzung der Dehydrierung der Alkohole. Es reagiert nämlich mit dem Oxydationsmittel das durch Addition von Wasser entstandene A l d e h y d h y d r a t , nicht der Aldehyd selbst, z. B.: OH / O H O i C/ • C H 3 - C = O + H 2 O. 3 | \OH H Der Übergang von Äthylalkohol über Acetaldehyd zu Essigsäure bildet den chemischen Ausdruck der E s s i g s ä u r e g ä r u n g ; hier benützen die EssigsäureH.O CH 3 — C = 0 — C H H
208
Organisch-präparativer Teil
bakterien den Sauerstoff der Atmosphäre zur Bindung des Wasserstoffs. Daß hierbei nicht der Sauerstoff, wie man früher annahm, aktiviert wird, sondern d e r abzuspaltende Wasserstoff, lehrt ein Versuch, nach dem die Essigsäurebakterien auch bei A u s s c h l u ß v o n S a u e r s t o f f , der durch C h i n o n ersetzt wird, aus Alkohol Essigsäure erzeugen. Das Chinon wird dabei zu Hydrochinon hydriert. •>—/
\— O n -u n -— ^ rC. w nnw-+ L 92 m + w H j. O H ., .• rCOOH H O/ ^
V ^OH.
Die wichtige Rolle, die der Acetaldehyd bei der alkoholischen Gärung zu leisten h a t (C. N e u b e r g ) , drückt sich darin aus, daß er aus dem Zwischenprodukt B r e n z t r a u b e n s ä u r e durch Decarboxylierung entsteht: CH 3 • CO • COOH
»• CH S • CHO + CO a ,
d a ß ferner im Sinne der Grundgleichung: CH s OH • CHOH • CH (OH), + CH, • CHO ->- CH„ • CO • COOH + CH 3 CH 2 OH + H a O Glycerinaldehyd (Hydrat) durch gegenseitige Hydrierung und Dehydrierung Ä t h y l a l k o h o l und neue Brenztraubensäure gebildet werden. Vgl. dazu S. 390. Die Aldehyde sind in hervorragendem Maße der A u t o x y d a t i o n , d. h. der Vereinigung mit dem molekularen Sauerstoff, zugänglich. I n diesem Fall H ist es die echte Aldehydform •—• C = O, die an die reaktionsfähige Doppelbindung zuerst die ungesättigte Sauerstoffmolekel anlagert, und zwar unter Bildung einer P e r s ä u r e : H H CH, - C — O CH, • C = O • C = O + I I O —OH O = O o—o Acetopersäure Die Persäuren sind starke Oxydationsmittel und reagieren mit einer weiteren Molekel Aldehyd unter Bildung von 2 Molekeln Säure: CH, • C = O cQ = o. + 0 = C -- C v -Hn s, >H Ö—OH H So f ü h r t die Autoxydation der Aldehyde schließlich zur Säure. Das primäre Auftreten der Persäure läßt sich beim Acetaldehyd sehr leicht nachweisen durch die sofortige Jodausscheidung, die durch dieses starke Oxydationsmittel in Jodkaliumlösung verursacht wird. Beim Benzaldehyd, der sich besonders rasch mit Sauerstoff verbindet, h a t man die Persäure mit Essigsäureanhydrid als B e n z o y l - a c e t y l p e r o x y d abfangen können (Nef): C,H S • C : O | + (CH 3 C0) 2 0 O —OH
>•
CeH5 • C = O I +CH3-COOH. O —O —CO-CH3
Versuch 2: Einen ccm des frisch dargestellten Acetaldehyds schüttelt man einige Minuten lang in einem mit dicht schließendem
209
Benzaldehyd aus Benzalchlorid
Gummistopfen versehenen Zylinder. Die Hälfte gießt man in wenig verdünnte Kaliumjodidlösung, zur andern Hälfte fügt man die 2 bis 3 fache Menge Wasser und prüft dann mit Lackmuspapier auf die entstandene Essigsäure. Man wird finden, daß der mit Wasser versetzte Aldehyd nach einigem Stehen kaum mehr Jod aus Kaliumjodidlösung freimacht. Versuch 3 : 2 Tropfen Benzaldehyd lasse man eine Stunde lang auf einem Uhrglas an der Luft stehen. Präparativ ist der Weg von den p r i m ä r e n A l k o h o l e n zu den Aldehyden weitaus der bevorzugte, wenigstens in der Fettreihe. Die einfachen aromatischen Aldehyde werden durch alkalische Verseifung der aus den Kohlenwasserstoffen durch Chlorsubstitution zugänglichen A r y l i d e n c h l o r i d e R • CHCl a gewonnen (technische Darstellung von Benzaldehyd). Außerdem ist die im Sinne der F r i e d e l - C r a f t s s c h e n Reaktion verlaufende elegante Synthese von G a t t e r m a n n - K o c h hier zu erwähnen, bei der der a r o m a t i s c h e K o h l e n w a s s e r s t o f f mit K o h l e n o x y d und H C l bei Gegenwart von Aluminiumchlorid und Cuprochlorid umgesetzt wird: H
3
C < 3
+ CO + HCl
H 3 CCH • C 6 H 6 C6H5C = I T H Die Reaktionsprodukte der drei Aldehyde sind demnach grundverschieden, aber der Verlauf ihrer Bildung beginnt jeweils mit einer Addition: H - C = 0 + NH a
H > — C
OH \ nh2
die beim Acetaldehyd stehen bleibt, in den anderen Fällen aber unter Wasserabspaltung zu weiteren Umsetzungen führt.
Versuch 7: Einige Tropfen Benzaldehyd werden im Reagenzrohr mit der dreifachen Menge technischer Bisulfitlauge kräftig durchgeschüttelt. Die ausgeschiedenen Kristalle sind die Natriumbisulfitverbindung des Benzaldehyds. Die B i s u l f i t v e r b i n d u n g e n entstehen nach folgender Gleichung: R — C = O + HSO s Na H
OH • R — CCOH - COOK c6H/
C 6 H 6 • CO • CO • C,H 5 + KOH
vor sich geht, tritt ein Additionsprodukt von Benzil mit einem Mol Alkalihydroxyd auf ( S c h e u i n g ) , von dem aus nun der Platzwechsel, der offenbar durch das N e u t r a l i s a t i o n s b e s t r e b e n d e s K a l i u m s ausgelöst wird, erfolgt:
C0HS C 6 H 6 .C.CO.C 0 H 6 / \ \
ho"
„ „ H
V I
Phenanthrenchinon liefert g l y k o l s ä u r e (Formulieren). bei vielen anderen Reaktionen Ihr nahe verwandt ist die
, O
O
K
in gleichlaufender Reaktion B i p h e n y l e n Die Benzil säureumlagerung spielt außerdem eine Rolle ( K r o k o n s ä u r e , P u r p u r o g a l l i n ) . sog. P i n a k o l i n u m l a g e r u n g :
CHgV
>c-c
C
ch/ |
C
/ \
CH, OH
CH 3 OH
CH 3
\ Cch/ | ch3
ü o
Pinakolin
Auch hier wird formal OH gegen einen Kohlenstoffrest, CH3, vertauscht, wiewohl in Wirklichkeit — es wird konz. Schwefelsäure verwendet — die Wasserabspaltung zwischen den beiden OH-Gruppen die Abwanderung einer Methylgruppe herausfordert. Wir schließen kurz die Erwähnung einer in das gleiche Gebiet gehörenden, in neuerer Zeit viel studierten Umlagerung an, die man — nicht ganz richtig — als R e t r o p i n a k o l i n u m l a g e r u n g bezeichnet. Sie hat zum Inhalt den unter Wasserabspaltung verlaufenden Übergang von P i n a k o l i n a l k o h o l in T e t r a m e t h y l ä t h y l e n :
CHg\ >c c CH,_ho CH/ | / \ CH, H OH
CHg^ XH, >C = C< . CH/ CH3
Acyloin-kondensation. Benzoin aus Benzaldehyd
221
Ihr nahe verwandt ist die Umformung des B o r n e o l s und seiner Derivate in den C a m p h e n t y p : CH
CH
/
/ \
\
CH, CH 2 C(CH,), I CHOH CH. \
\/
/
/
CH
\
CH, CH, -»•O, | C(CH,), | -CH
/
CHj CHj \
c CH,
Borneol
\
CH,
\CH /
/
Cb
CH,
/\
C(CH3)2 C = CH,
/b
Camphen
Der einzige Unterschied zwischen den beiden Reaktionen besteht, wie man sieht, darin, daß die Doppelbindung sich gegen die Methylgruppe von a, b nach b, c verschoben hat. Zwischen a und b kann nämlich aus räumlichen Gründen keine Doppelbindung existieren, da gemäß der B r e d t s c h e n R e g e l in einem bicyclischen Ringsystem von der Art des Camphans keines der beiden Ringen gemeinsamen C-Atome an einer ungesättigten Bindung teilnehmen kann. Die zweite angegebene Camphenformel stellt, wie der nähere Einblick lehrt, nur eine andere, übersichtlichere Schreibweise für den Kohlenwasserstoff dar. Über diese wichtigen Arbeiten, die hier nur kurz berührt werden können, unterrichte man sich aus den Arbeiten von H. M e e r w e i n . Eine klare und umfassende Darstellung der molekularenUmlagerungen findet sich in W. H ü c k e l , Theoretische Grundlagen der organischen Chemie, 3. Auflage, Leipzig 1940, Band I, S. 276. Nur eine, präparativ sehr schöne Umlagerungsreaktion, die auch vom Benzil ausgeht, soll hier noch erwähnt werden, nämlich seine Überführung in D i p h e n y l k e t e n nach G. S c h r ö t e r (B. 42, 2346 (1909)). Das H y d r a z o n des Benzils wird durch Quecksilberoxyd (das man sich am besten selbst bereitet) zur Diazoverbindung, dem sog. , , A z i b e n z i l " , dehydriert ( C u r t i u s , Staudinger): CBHB • CO • C • N-NH,
C 6 H 5 • CO • C • C„Hk N = N
Erhitzt man dieses unter Ausschluß von Luft und Feuchtigkeit in Benzol, so spaltet es seinen Stickstoff ab und der Rest lagert sich in D i p h e n y l k e t e n um: X.H. CO • C • C 6 H 5 O = c = c \C A Zu diesem interessanten Ketenderivat gelangt man auch nach dem alten Verfahren von S t a u d i n g e r von der B e n z i l s ä u r e aus, indem man diese mit PC15 in D i p h e n y l - c h l o r a c e t y l c h l o r i d verwandelt und aus ihm mit Zink die beiden Chloratome herausnimmt (formulieren!). Was ist K o h l e n suboxyd?
222
Organisch-präparativer Teil
Durch B l e i - t e t r a c e t a t nach C r i e g e e wird Benzilsäure nach Art eines Glykols zu C 0 2 und B e n z o p h e n o n dehydriert. Man führe den Versuch in der auf S. 120 beschriebenen Weise aus und isoliere das Benzophenon, indem man den nach dem Wegdampfen des Eisessigs i. V. hinterbleibenden öligen Rückstand mit wenig Petroläther digeriert.
6. Anlagerung von Cyanwasserstoff an einen Aldehyd. Mandelsäure aus Benzaldehyd M a n d e l s ä u r e n i t r i l . 15 g frisch destillierten Benzaldehyds werden in einem Zylinder mit Gummistopfen mit etwa 50 ccm einer konzentrierten Lösung von Natriumbisulfit versetzt. Die Mischung wird so lange mit einem Glasstabe umgerührt, bis sie zu einem Brei der Doppel-
/
H
Verbindung C„H5 • C^OH erstarrt ist, und dann noch kräftig S0 3 Na durchgeschüttelt. Man filtriert diese an der Saugpumpe ab, preßt sie fest zusammen und wäscht einige Male mit wenig eiskaltem Wasser nach. Die Doppel Verbindung wird dann mit etwas Wasser zu einem dicken Brei angerührt und mit einer erkalteten Lösung von 12 g reinem Katiumcyanid in 25 ccm Wasser versetzt. Nach kurzer Zeit gehen, besonders leicht beim Umrühren, die Kristalle in Lösung, und das Mandelsäurenitril scheidet sich als öl ab, welches man im Scheidetrichter von der wäßrigen Lösung trennt und sofort weiter verarbeitet. Verseifung des Nitrils. Das Nitril wird in einer Porzellanschale mit dem vierfachen Volumen konzentrierter Salzsäure auf dem Wasserbad so weit eingedampft, bis sich an der Oberfläche der Flüssigkeit Kristalle reichlich abzuscheiden beginnen. Man läßt das Reaktionsgemisch dann über Nacht an einem kühlen Ort stehen, filtriert die abgeschiedenen Kristalle nach dem Verreiben mit wenig Wasser an der Saugpumpe ab und wäscht sie mit nicht zu viel Wasser nach. Aus dem Filtrat gewinnt man durch Ausäthern noch eine weitere Menge der Säure. Die rohe Mandelsäure wird auf einem Tonteller abgepreßt, getrocknet und durch Kristallisation aus Benzol rein erhalten. Schmelzpunkt 118°. Ausbeute etwa 10—15 g. S p a l t u n g der i n a k t i v e n Mandelsäure in ihre a k t i v e n K o m p o n e n t e n 1 . Eine Mischung von 10g kristallisierter Mandelsäure und 20 g kristallisierten Cinchonins wird mit 500 ccm Wasser unter recht häufigem Umschütteln eine Stunde lang in einem offenen Kolben auf einem lebhaft siedenden Wasserbade erhitzt. Nach dem Erkalten filtriert man vom Ungelösten ab, ohne mit Wasser nachzu1
Vgl. B . 16, 1773 (1883) und 82, 2385 (1899).
V, 6
Anlagerung von Cyanwasserstoff an einen Aldehyd
223
waschen. In die klare Lösung (a) trägt man dann einige Kristalle von d-mandelsaurem Cinchonin ein (siehe unten) und läßt je nach Bedürfnis einen Tag bis mehrere Tage an einem kühlen Ort stehen (6—8°; im Sommer im Eisschrank, im Winter evtl. im Keller). Das hierbei abgeschiedene rohe d-mandelsaure Cinchonin saugt man ab (Filtrat A aufbewahren) und kristallisiert es aus der 20 fachen Menge heißen Wassers um. Impft man der Lösung einige Kristalle d-mandelsauren Cinchonins ein, so kristallisiert beim längeren Steden unter den gleichen Bedingungen wie oben ein reineres Salz aus. Um die freie d-Mandelsäure zu erhalten, löst man das gereinigte Salz in nicht zu viel Wasser auf und versetzt mit Ammoniak im geringen Überschuß, wodurch Cinchonin ausgefällt wird, welches man abfiltriert und nach der Umkristallisation aus verdünntem Alkohol für einen neuen Versuch wieder benutzen kann. Das Filtrat, welches d-mandelsaures Ammonium enthält, wird mit Salzsäure angesäuert und mit Äther ausgeschüttelt. Erhitzt man den nach dem Verdampfen des Äthers hinterbleibenden Rückstand einige Zeit auf einem Uhrglas auf dem Wasserbade, so erstarrt er beim Abkühlen zu Kristallen von d-Mandelsäure, welche nach dem Abpressen auf einem Tonteller aus Benzol oder besser aus Chloroform umkristallisiert werden. Schmelzpunkt 133-134°. Reine 1-Mandelsäure läßt sich bei Anwendung kleiner Mengen von d,l-Mandelsäure nicht leicht erhalten. Ein wenn auch nur schwach rechtsdrehendes Präparat gewinnt man jedoch auf die folgende Weise: Das oben erhaltene Filtrat A verarbeitet man, wie soeben beim reinen d-mandelsauren Cinchonin beschrieben, auf die freie Säure, welche, da ja ein Teil der d-Modifikation entfernt worden ist, einen Überschuß der 1-Form enthalten muß. Von den so erhaltenen drei Präparaten, nämlich 1. inaktiver racemischer, 2. reiner d-Säure und 3. unreiner 1-Säure stelle man sich wäßrige Lösungen von geeigneter Konzentration her und untersuche diese im Polarisationsapparat auf ihr Drehungsvermögen. Ist man nicht im Besitze von d-mandelsaurem Cinchonin, so stellt man sich für den ersten Versuch ein geeignetes Impfmaterial auf die folgende Weise dar: Einige Kubikzentimeter der oben erhaltenen Lösung (a) werden tropfenweise so lange mit einer gesättigten wäßrigen Kochsalzlösung versetzt, bis eine geringe Fällung eingetreten ist. Man erhitzt dann bis zur Lösung und läßt stehen, bis sich Kristalle abgeschieden haben, wozu u. U. eintägiges Stehen erforderlich ist. Die so erhaltenen Kristalle sind salzsaures Cinchonin, auf denen geringe Mengen von d-mandelsaurem Cinchonin niedergeschlagen sind, welche jedoch genügen, um die weitere Abscheidung des d-Salzes zu veranlassen.
224
Organisch-präparativer Teil
Die a k t i v e n M a n d e l s ä u r e n gehören zu den stereoisomeren Substanzen, bei denen der Drehungssinn der Zugehörigkeit zur konfigurativen Reihe n i c h t entspricht. Das bekannteste Beispiel für diese Erscheinung bildet die d(—)F r u k t o s e . Demgemäß gelten hier die Bezeichnungen: d(—)-Mandelsäure und 1(+) -Mandelsäure.
7. Alanin 1 13,2 g (9,3 Mol) frisch destillierter Acetaldehyd werden, in lOOccin Äther gelöst, in einer Druckflasche über eine kalt gesättigte wäßrige Lösung von 18 g Ammoniumchlorid geschichtet. Dazu läßt man unter Umschütteln und Eiskühlung aus einem Tropftrichter eine Lösung von 20 g Natriumcyanid in 30 ccm Wasser langsam zutropfen. Hierauf schüttelt man die verschlossene Flasche bei Raumtemperatur 3 Stunden lang auf der Maschine, versetzt dann in einem Y 2 -LiterRundkolben unter Eiskühlung nach und nach mit 100 ccm konzentrierter Salzsäure (Abzug! freie Blausäure!), dampft den Äther am absteigenden Kühler ab, läßt noch 1 Stunde auf dem siedenden Wasserbad und dampft schließlich die braun gewordene Lösung in einer Schale zur Trockne. Der völlig trockene, von HCl freie (Geruch !) Rückstand wird in einem kleinen Rundkolben zweimal mit 100 ccm Alkohol ausgekocht, die filtrierten alkoholischen Auszüge dampft man erneut ein und trocknet den Rückstand zum Schluß im Vakuum auf dem Wasserbad. Jetzt befreit man das salzsaure Alanin, indem man es in 100 ccm heißem, absolutem Alkohol, dem 5 ccm Äther zugesetzt sind, aufnimmt, von mitgegangenem Natriumchlorid und dampft die alkoholische Lösung des Alaninsalzes wiederum ein. Dieses Salz, das schwer kristallisiert zu erhalten ist, wird auf folgendem Weg in die freie Aminosäure umgewandelt. Man spült das Chlorhydrat mit 100 ccm Wasser in ein Becherglas und kocht so lange, etwa 10—15 Minuten, mit 40—50 g nach und nach zugesetzter Bleiglätte, bis sich kein Ammoniak (aus etwas mitgelöstem NH4C1) mehr entwickelt. Dann wird heiß abgesaugt, mit 20—30 ccm heißem Wasser nachgewaschen und das braungefärbte, aber klare Filtrat durch Einleiten von Schwefelwasserstoff heiß entbleit. Das Bleisulfid saugt man auf der Nutsche ab und schüttelt das Filtrat, noch lauwarm, in einer Glasstöpselflasche, deren Stopfen man von Zeit zu Zeit lüftet, mit etwa 3 g frisch gefälltem und sorgfältig ausgewaschenem Silbercarbonat, um alle Chlorionen — die von der Löslichkeit des Bleichlorids stammen — zu entfernen (Prüfung mit einer Probe). Die filtrierte Lösung, in die man nochmals kurz Schwe1 A. S t r e c k e r , A. 75, 30 (1850); Zelinsky und Stadnikow, B. 41, 2061 (1908).
225
Alanin
felwasserstoff eingeleitet hat, hinterläßt nach dem Eindampfen das Alanin als dunklen Sirup, der beim Anreiben mit absolutem Alkohol kristallisiert. Man saugt nach einigem Stehen scharf ab, wäscht mit wenig absolutem Alkohol, dann mit absolutem Äther und trocknet im Vakuumexsiccator. Ausbeute 15—20 g. Das Alanin kann aus der gleichen Menge Wasser, aber mit starken Verlusten, umkristallisiert werden. Besser löst man in der eben nötigen Menge siedenden Wassers und fügt in der Siedehitze so lange Alkohol zu, bis die Kristallisation einsetzt. Schmelzp. 264° (unter Zersetzung). Zu 6 u. 7. Die hier durchgeführte Methode der C y a n h y d r i n - S y n t h e s e •— Umsetzung der Bisulfitverbindung des Aldehyds mit Kaliumcyanid — läßt sich nicht in allen Fällen anwenden. Häufig benutzt man konzentrierte Lösungen von Blausäure oder auch wasserfreie Blausäure. Der allgemeinen Synthese von a-Oxysäuren steht die d e r a - A m i n o s ä u r e n gegenüber, deren Nitrile bei der Anlagerung von Cyanammonium an Aldehyde oder Ketone entstehen ( S t r e c k e r ) . Über weitere Aminosäure-Synthesen siehe Präp. V I I , 2, S. 266. Das A m y g d a l i n der bitteren Mandeln und andrer Steinfrüchte ist die glucosidische Verbindung von 1 - M a n d e l s ä u r e n i t r i l m i t G e n t i o b i o s e (siehe S.385), und zwar gehört es zu der Klasse der ß-Glucoside, da es durch das Enzym Emulsin in 2 Mol Glucose, Benzaldehyd und Blausäure gespalten wird. Die natürliche 1-Mandelsäure wurde zuerst durch Säurespaltung des Amygdalins von L i e b ig erhalten. In der Z u c k e r g r u p p e ist die Cyanhydrinsynthese von H. K i l i a n i für den Aufbau höherer Zucker herangezogen worden. Die Carbonsäuren, die aus der Verseifung der Nitrile hervorgehen, können in Form ihrer Lactone zu den entsprechenden Aldehyden reduziert werden. CN HC = O HCOH I HOCH I HCOH I HCOH
CO //
HCOH 1 HCOH HOCH
O \
\
\
HC = O
I
HCOH
HCOH
HCOH
HCOH HOCH
\ CH
I HCOH
HCOH
HCOH
HCOH
I HCOH
HCOH
CH 2 OH d-Glucose
d-Glucoheptose CN
1
Gleichzeitig entsteht die antipodische Konfiguration
J J Q Q J J
.
aber
nicht
I wie bei der Bildung eines einfachen Racemkörpers in der gleichen Menge. Die Gattermann,
Praxis d. organ. Chemikers.
28. Aufl.
15
226
Organisch-präparativer Teil
Bei unserer Synthese des Mandelsäurenitrils wird ein asymmetrisches Kohlenstoffatom gebildet, aber von den beiden Antipoden entstehen genau gleichviel Moleküle, da die Wahrscheinlichkeit f ü r die beiden räumlichen Vorgänge gleich groß ist: Phx
/OH
H /
\DH
d - u n d 1 - F o r m unterscheiden sich nur durch K r i s t a l l f o r m und D r e h u n g s r i c h t u n g ; in allen andern physikalischen und in allen chemischen Eigenschaften verhalten sie sich vollkommen gleich. Die Salze der beiden Konfigurationen mit einer optisch aktiven Base stehen aber nicht mehr im Verhältnis von Bild und Spiegelbild zueinander und dadurch ergeben sich Unterschiede der physikalischen Konstanten, z. B. der Löslichkeit. Wie trennt man racemische Basen ? Enzyme sind spezifisch auf eine bestimmte Konfiguration eingestellt. Darauf beruht die P a s t e u r s e h e Spaltung der Traubensäure auf biologischem Weg, durch Schimmelpilze, die auch bei der racemischen Mandelsäure anwendbar ist, ferner die partielle Verdauung racemischer Polypeptide nach E. F i s c h e r und zahlreiche andere Vorgänge.
8. Perkinsche Synthese Zimtsäure aus Benzaldehyd und Essigsäure 2 1 g (0,2 Mol) Benzaldehyd, 3 0 g Essigsäureanhydrid, b e i d e frisch destilliert, u n d 10 g pulverisiertes, wasserfreies Natriumacetat (vgl. S. 129) w e r d e n in e i n e m K o l b e n , welcher m i t e i n e m w e i t e n , e t w a 8 0 c m l a n g e n Steigrohr v e r b u n d e n ist, m o r g e n s a n g e s e t z t u n d 8 S t u n d e n l a n g i n e i n e m ö l b a d e auf 180° erhitzt. N a c h b e e n d i g t e r R e a k t i o n g i e ß t m a n d a s heiße R e a k t i o n s g e m i s c h in e i n e n g e r ä u m i g e n K o l b e n , spült m i t W a s s e r n a c h u n d leitet so lange W a s s e r d a m p f hindurch, b i s k e i n B e n z a l d e h y d m e h r ü b e r g e h t . Man w e n d e t hierbei so v i e l W a s s e r an, d a ß die Zimtsäure b i s auf e i n e n k l e i n e n R e s t einer ö l i g e n V e r u n r e i n i g u n g sich i n L ö s u n g befindet. M a n k o c h t d a n n d i e L ö s u n g n o c h kurze Zeit m i t e t w a s Tierkohle u n d filtriert a b , worauf sich b e i m A b k ü h l e n die Z i m t s ä u r e in g l ä n z e n d e n B l ä t t e r n a b s c h e i d e t . schon vorher asymmetrische Molekel übt einen richtenden Einfluß aus, durch den in solchen Fällen eine der beiden Konfigurationen begünstigt wird.
V, 8
Perkinsche Synthese. Zimtsäure aus Benzaldehyd und Essigsäure
227
Sollte sie nicht sofort den richtigen Schmelzpunkt besitzen, so kristallisiert man sie nochmals aus heißem Wasser um. Schmelzp. 133°. Ausbeute etwa 15 g. Die P e r k i n s c h e R e a k t i o n erfolgt nach dem allgemeinen Prinzip der Aldehydkondensationen, nämlich unter Abspaltung des Sauerstoffs mit zwei Wasserstoffatomen einer Methylen- oder Methylgruppe. Von der Reaktionsfähigkeit der letzteren hängen die Bedingungen ab. Aldehyd gegen Aldehyd oder Keton: schon in der Kälte mit Säuren oder Alkalien als Katalysatoren. Aldehyd gegen Säure-anhydrid: hohe Temperatur, Alkalisalz als Kondensationsmittel 1 . Der Unterschied der Bedingungen ist auf die geringe Reaktionsfähigkeit der Methylgruppe (bzw. a-Methylengruppe) im Säureanhydrid zurückzuführen. Die B e r n s t e i n s ä u r e ist der Kondensation an ihren beiden CH a -Gruppen zugänglich. Mit ungesättigten Aldehyden, wie Zimtaldehyd, gelangt man, unter Anwendung von Bleioxyd als Katalysator, zu mehrfach ungesättigten Dicarbonsäuren, die durch Abspaltung von 2 COa in die farbigen „ P o l y e n e " übergehen (R. K u h n 2 ) . 2 C 6 H 6 • CH = CH • CHO +
HjC-COJH | H a C • COjH
C6H5-CH = CH-CH = C-|C02|H >• | C 9 H 6 • CH = CH • CH = C • |CO,|H
Mit dem 3 fach ungesättigten Aldehyd C 6 H 5 • CH = CH • CH = CH • CH = CH • CHO führt diese Synthese zu dem k u p f e r r o t e n Kohlenwasserstoff CjgHj,, der acht konjugierte Doppelbindungen enthält. Rein aliphatische Polyene setzen die interessante Gruppe der C a r o t i n o i d e zusammen. Das C a r o t i n selbst, C 40 H 6a , der Farbstoff der Möhre, enthält 11 konjugierte Doppelbindungen, das mit ihm isomere L y c o p i n der Tomate und Hagebutte deren 13. HjC H
CH,
H,C
CH,
' i | ' CH: CH • C: CH • CH: CH • C: CH • CH:CH • CH:C*CH: CH -CH: C-CH:CH • /
H.'x^y— CH « H,
CH
»
¿H,
¿H,
¿H| H,C—I
ß-Carotin
Diesen Kohlenwasserstoffen steht nahe der Begleiter des Chlorophylls, das X a n t h o p h y l l , C 40 H 66 O 2 ( W i l l s t ä t t e r ) und der mit ihm isomere gelbe Farbstoff des Maises, das Z e a x a n t h i n ( K a r r e r ) . Hierher gehören auch als Polyen1 2
Siehe K a l n i n , Helv. XI, 977 (1928). Helv. XI, 87 (1928). 15*
Organisch-präparativer Teil
228
carbonsäuren die C r o c e t i n e des Safrans ( K a r r e r ) und das rote B i x i n aus Orlean ( K u h n ) . Der rote Farbstoff der Judenkirsche, das P h y s a l i e n , ist ein zweiwertiger, mit Palmitinsäure veresterter Polyen-alkohol ( K u h n , Z e c h m e i s t e r ) , ein wahres , , L i p o c h r o m " . Das Carotin steht nach den wichtigen Untersuchungen von E u l e r und K a r r e r dem wachstumfördemden V i t a m i n A sehr nahe 1 . Die Beziehung ergibt sich aus nachstehender Formel für Vitamin A: CH3 CH3 C H X / \ c — CH = CH — C = CH — CH = CH — C = CH — CH..OH. I I H i C k ^ C — CH„ CH 3 CH s CH 2 Wir haben in der präparativ behandelten Reaktion ein wichtiges Hilfsmittel, um ß - A r y l a c r y l s ä u r e n und durch deren Hydrierung ß - A r y l p r o p i o n s ä u r e n zu erzeugen. Anwendung in der Alkaloidchemie, Synthese des Cum a r i n s aus Salicylaldehyd. In der H i p p u r s ä u r e sowie in der M a l o n s ä u r e sind die Methylengruppen viel reaktionsfähiger als in der Essigsäure. Beide lassen sich daher unter viel milderen Bedingungen, z. B . schon durch Pyridin, mit Aldehyden kondensieren. Die Anwendung der Malonsäure bedeutet eine Ergänzung der P e r k i n schen Reaktion für die Fettreihe (Doebner), z . B . : /COOH • CH 3 • CH = C C H , • CO • CH 2 Br . Es sei hier erwähnt, daß Aceton und auch Acetaldehyd bei Ausschluß von Wasser durch metallisches Natrium (unter Wasserstoffentwicklung), oder besser durch Natriumamid in die sehr reaktionsfähigen „ E n o l a t e " , z. B.: CH, =• C — CH, ÖNa umgewandelt werden. Die Beweglichkeit eines an dem der C = O-Gruppe benachbarten C-Atom haftenden Wasserstoffatoms, die die Voraussetzung für den Übergang in die Enolform bildet, wächst nun, wenn an diesem selben C-Atom noch weitere a k t i v i e r e n d e , das sind im allgemeinen u n g e s ä t t i g t e Gruppen haften. Dieser Fall liegt vor im A c e t e s s i g e s t e r , in dem die Gruppe — C O O R diesen Einfluß ausübt. D e r M e c h a n i s m u s d e r A c e t e s s i g e s t e r - S y n t h e s e . E h e die Tautomerieverhältnisse beim Acetessigester besprochen werden, ist der Mecha-
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Acetessigester- Synthese
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nismus seiner Bildungsreaktion kurz zu erörtern, der jahrzehntelang eifrig diskutiert wurde. Das der Reaktion zugrundeliegende Prinzip ist wohl das der A l d o l - K o n d e n s a t i o n . Wie sich dabei eine reaktive Methylgruppe an Carbonyl anlagert, so wird auch im Falle des Essigesters grundsätzlich eine Anlagerung im Sinne der Gleichung OR
OR
O
OH
zu diskutieren sein. Allerdings verlangt hier die gegenüber Aldehyden und Ketonen stark verminderte Reaktionsfähigkeit von Carbonyl wie Methyl die Beteiligung von Alkalimetall, das den Ester unter Wasserstoffentwicklung in ein E n o l a t , z.B. R O — C = CH 2 überführen kann. I ONa Man nimmt nun an, daß dieses Enolat nicht nur nach I [RO — C = C H j ] _ + N a + , sondern auch nach I I [RO — C — C H 2 ] - + N a + I II O O dissoziieren kann und daß von der „ m e s o m e r e n " Form I I aus die Anlagerung erfolgt. In der Sprache der klassischen Valenztheorie bedeutet das: Das Esterenolat ist tautomer mit der metallorganischen Verbindung ONa O und diese ist zur Anlagerung an die CO-Gruppe der zweiten Estermolekel befähigt. Unter Abspaltung von Alkohol bildet sich dann A c e t e s s i g e s t e r natrium: OR
ONa ONa Diese Betrachtung des Reaktionsverlaufs hat gegenüber anderen Theorien den Vorteil, daß sie auch Esterkondensationen mit einem nicht enolisierbaren Reaktionspartner zu erklären vermag, so z. B. die Kondensation von F l u o r e n mit O x a l e s t e r : CO • CO-R I | ( + ROC — COR — W II 0 v o o Eine ausführliche Diskussion dieser Verhältnisse auf elektronen-theoretischer Grundlage findet sich bei B. E i s t e r t , T a u t o m e r i e und M e s o m e r i e . Sammlung ehem. u. chem.-techn. Vorträge, Verlag F. Enke, 1938.
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Organisch-präparativer Teil
Die Kondensation zwischen Säureestern und Ketonen verläuft in derselben Weise. Aus 2 Mol Ester entstehen allgemein ß - K e t o s ä u r e e s t e r , aus Ester und Keton ß - D i k e t o n e . Die Anwendung von Ameisensäureester führt, sei es mit einem anderen Ester, sei es mit Keton, zu O x y m e t h y l e n v e r b i n d u n g e n : H +Na H CjH 5 • CO — CH 3 + C • OR • C 6 H 5 • CO • CH 2 • C • O R + H Ö ONa — HÖR H C . H j • CO • CH = C — ONa. Oxymethylenacetophenoii-natrium Die Neigung zur Enolisation ist bei der ß-ständigen Formylgruppe besonders stark ausgeprägt. Die i n t r a m o l e k u l a r e K o n d e n s a t i o n von Dicarbonsäureestern ergibt in der Reihe der Adipin- und Pimelinsäure c y c l i s c h e ß - K e t o c a r b o n s ä u r e ester (Dieckmann): CH 2 / \ / \ CH2 CH 2 I 1 CH, COOR \ COOR Adipinsäureester
CH2 / \ \ CHJ CHJ • I I +ROH. CH — C O COOR Cyclopentanoncarbonsäureester
Bernsteinsäureester kondensiert sich zu S u c c i n y l o b e r n s t e i n s ä u r e e s t e r (l,4-Diketohexamethylen-2,5-dicarbonester). Man unterrichte sich über die auf dieser Synthese aufgebauten Arbeiten B a e y e r s über die h y d r i e r t e n Benzole. E s sind nicht nur die Ester organischer Säuren, die sich mit den Enolaten von Ketonen und Säureestern nach Art der ,, Acetessigestersynthese" vereinigen, auch die Ester der s a l p e t r i g e n S ä u r e und der S a l p e t e r s ä u r e schließen sich an. Der Vorgang, der zu I s o n i t r o s o - und a c i - N i t r o V e r b i n d u n g e n führt, liefert grundsätzlich gleichartige Produkte: R • CO • C H j + N • OC a H 6 N a 0 JL R • CO • CH 2 • N • OC s H 6 Ö ONa > R • CO • CH = N + HOC 2 H 5 ONa Die Kondensation der Alkylnitrite und -nitrate ist allerdings nicht so allgemein durchführbar, wie die eigentliche Acetessigesterreaktion. Die oben aufgeführte Synthese des a i i - N i t r o b e n z y l c y a n i d n a t r i u m s bildet ein präparatives Beispiel f ü r diese Reaktion. Die CH 2 - Gruppe des Benzylcyanids ist durch die Nachbarschaft von C g H 5 und CN ,,reaktiv" geworden. Die K o n s t i t u t i o n der ß - K e t o c a r b o n s ä u r e e s t e r u n d der ß-Dik e t o n e . Wir wählen als Beispiel den A c e t e s s i g e s t e r . E r reagiert mit Phenylhydrazin, Bisulfit und anderen Ketonreagenzien, wie ein Keton; auf
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Keto-Enol-Tautomerie
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d e r andern Seite zeigt er saure Reaktion, löst sieb in Alkalien, und gibt mit Ferrichlorid die auch f ü r die Phenole charakteristische Farbreaktion der Enole. Aus diesem zwiespältigen Verhalten zog man früher den Schluß, d a ß er entweder reines Keton oder reines Enol sei und d a ß die andersartige Reaktionsweise auf eine Umlagerung durch das Reagenz zurückzuführen sei. Erst die q u a n t i t a t i v e Erforschung der Strukturverhältnisse h a t den wahren Sachverhalt klargelegt (K. H. M e y e r , L. K n o r r 1911). Acetessigester nimmt in der Kälte eine b e g r e n z t e Menge Brom auf, eine Reaktion, die, wie oben beim Aceton erörtert, nur der Enolform zukommt. Man kann daher unter geeigneten Bedingungen mit einer eingestellten Bromlösung die im Acetessigester enthaltene Enolmenge quantitativ erfassen. Eine dermaßen austitrierte Lösung verbraucht nach kurzer Zeit erneut Brom, d . h . es h a t sich dann in ihr frisches Enol nachgebildet. Daraus geht hervor, daß sich in einer Lösung von Acetessigester K e t o - und E n o l f o r m i m g e g e n s e i t i g e n G l e i c h g e w i c h t befinden. Die Einstellung dieses Gleichgewichts erfolgt unter den Arbeitsbedingungen der Bromtitration so langsam, daß die Genauigkeit der Methode nicht merkbar gestört wird.
Versuch: Man löse etwa V2 c c m Acetessigester unter Schütteln in der nötigen Menge Wasser, füge einige Tropfen Eisenchloridlösung hinzu und lasse nun in der Kälte aus einem Tropfrohr so lange verdünntes Bromwasser (1: 10) ziemlich rasch zutropfen, bis die rote Färbung des Ferri-enolats verschwunden ist. Das Enol ist jetzt vom Brom vollständig aufgebraucht; da es sich aber zur Herstellung des Gleichgewichts wieder von neuem bildet, so tritt nach kurzer Zeit die Färbung erneut auf und kann alsbald durch einige Tropfen Brom wieder zum Verschwinden gebracht werden. Das Spiel läßt sich so lange wiederholen, bis aller Acetessigester in Bromacetessigester umgewandelt ist. Dieser Versuch erlaubt die subjektive Wahrnehmung der Keto-Enolumlagerung. Das Verhältnis, in dem Keto- und Enolform sich im Gleichgewicht befinden, ist in hohem Maße von der N a t u r d e s L ö s u n g s m i t t e l s abhängig. Die nachstehende Tabelle gibt für den Acetessigester darüber Auskunft: Lösungsmittel Proz. Enol Wasser 0,4 Äthylalkohol 12,0 Eisessig 5,7 Benzol 16,2 Petroläther 46,4 Zwischen der Beteiligung tautomerer Stoffe am Gleichgewicht und ihrer Löslichkeit im betreffenden Lösungsmittel bestehen wichtige Beziehungen, die sich allgemein durch die einfache Formel:
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Organisch-präparativer Teil
ausdrücken lassen (van't H o f f , D i m r o t h ) . C sind die Konzentrationen, L die Löslichkeiten der beiden Isomeren a und b. G ist eine vom Lösungsmittel unabhängige Konstante. Auf den Fall des Acetessigesters übertragen, wird also im Hinblick auf die Tabelle der Ketoester in Wasser, der Enolester in Petroläther leichter löslich sein, was mit den Tatsachen übereinstimmt. Der flüssige Acetessigester besteht zu 92,6% aus Keton und zu 7,6% aus Enol. Das frisch destillierte Präparat ist erheblich enolreicher, da der Enolester wegen seines tieferen Siedepunktes vorher absiedet und in der Flüssigkeit wieder nachgebildet wird.
Versuch: Mau löst 2,5 g Acetessigcster in 20 ccm n-Lauge, kühlt in Eis auf 0° ab und fügt unter Umschütteln 20 ccm gekühlte n-Salzsäure auf einmal hinzu. Es bildet sich eine milchig getrübte Lösung, die jedoch schon nach wenigen Sekunden klar wird. Das in Wasser schwerer lösliche Enol ist anfangs zur Ausscheidung gekommen, hat sich aber, wie es die Gleichgewichtslage im Wasser verlangt, sehr rasch und fast vollständig in das leichter lösliche K e t o n umgelagert. Die „ B r o m m e t h o d e " von K. H. M e y e r 1 erlaubt in fast allen Fällen den Enolgehalt in Lösungen tautomerer Substanzen zu bestimmen. Auf verschiedenen Wegen, auf die hier nicht näher eingegangen werden kann, ist es gelungen, K e t o - und E n o l a c e t e s s i g e s t e r , beide in reinem Zustand, darzustellen ( K n o r r , K. H. Meyer). Ihre physikalischen Konstanten sind durchaus verschieden, so beispielsweise der Brechungsexponent, der für den Ketoester für D 10 ° 1,4225, für den Enolester 1,4480 beträgt. Durch Bestimmung der Brechungsexponenten von Gleichgewichtsgemischen läßt sich durch Interpolation der Gehalt an beiden Formen berechnen ( K n o r r 1911). Auch auf spektroskopischem Wege sind damit übereinstimmende Ergebnisse erhalten worden ( H a n t z s c h 1910). Ob die beiden Formen einer tautomeren Substanz, jede für sich, in freiem Zustand isolierbar sind, hängt in erster Linie von der Umlagerungsgeschwindigkeit der labileren ab. Beim unsymmetrischen D i b e n z o y l a c e t o n hat man zuerst Keto-, sowie Enolverbindung in haltbarer, kristallisierter Form zu isolieren vermocht (Ciaisen 1896): (C6H6CO)2: CH • CO • CHS und (C„H6CO)2: C = C — CH S . OH Der Begriff der Tautomerie hat sich für derartige, lediglich durch den Erfolg der Experimentierkunst herausgehobene Fälle, zu demder,,Desmotropie" umgestaltet. Zahlreiche Beispiele von desmotropen Substanzen, die demnach nur in prägnanterer Gestalt ihre Tautomerieverhältnisse zum Ausdruck bringen, sind mittlerweile bekannt geworden; zu ihnen gehört auch der Acetessigester. Ganz ähnliche Verhältnisse liegen beim A c e t y l a c e t o n vor, nur ist hier die Enolform viel mehr begünstigt. Das flüssige Präparat besteht zu 80 Proz. aus Enol. 1
A. 380, 212 (1911).
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Keto-Enol-Tautomerie
I m B e n z o y l - a c e t y l a c e t o n t r i t t das Enolisationsbestreben so stark hervor, daß dieser Stoff überhaupt nur als Enol existiert. Die Ketoform ist unbekannt. C 6 H 5 • CO • C = C — CH 3 I I H3C — C O O H . Ebensowenig wie hier kann beim P h e n o l von einer eigentlichen Tautomerie die Rede sein. D a s Phenol schließt sich in seinem chemischen Verhalten in jeder Hinsicht den aliphatischen Enolen an. Wir erinnern nur an die Übereinstimmung im Säurecharakter, in der Farbreaktion mit Eisenchlorid, femer an die gleichlaufenden, durch die „ A k t i v i t ä t " der Doppelbindung verursachten Reaktionen mit Halogen, mit salpetriger Säure, mit aromatischen Diazoverbindungen (Kuppelung). Die „ E n o l n a t u r " des Phenols bildet einen schönen Beleg f ü r unsere Auffassung von der Konstitution des Benzols im Sinne der K e k u l i - T h i e l e s c h e n Formel, indem sie das Bestreben des Ringes zum Ausdruck bringt, den energiearmsten „aromatischen" Zustand aufrechtzuerhalten. Die Kenntnis des noch nicht dargestellten, der hypothetischen Ketoform des Phenols ( A ) zu vergleichenden aliphatischen Ketons {B) wäre in diesem Zusammenhang von Interesse. CO CO
A
CH II CH
CH 2 I CH
B
CH || CH,
CH 2 | CH = CH»
sS CH Mit der Tautomerie der Ketone und Aldehyde ist die der a l i p h a t i s c h e n N i t r o v e r b i n d u n g e n aufs engste verwandt. Auch hier steht einer neutralen Form eine solche mit Säurenatur, die sog. a e i - F o r m , gegenüber ( H a n t z s c h ) :
—C= 0 I
— C —H I Keton
— C — OH II
—C
o = N= 0 I
—C— H I echter Nitrokörper O = N — OH II
—C
I I Enol aci-Nitrokörper In bezug auf die Eigenschaften, die Umlagerungserscheinungen und die Reaktionsverhältnisse kann einfach auf das bei den Keto-enolen Gesagte verwiesen werden. Die Brommethode h a t auch hier die Gleichgewichte quantitativ zu erfassen erlaubt. Das zuerst bekannt gewordene, wichtigste Beispiel der Desmotropie liegt beim P h e n y l n i t r o m e t h a n vor, das als stabiler neutraler Nitrokörper (öl) und als labile kristallisierte aci-Nitroverbindung existiert (Hantzsch). C6H5
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Organisch-präparativer Teil
Versuch: Man schüttelt etwa 2—3 g Pkenylnitrometkan mit 15 ccm 2 n-Natronlauge in einem weiten Reagenzglas. Der neutrale Nitrokörper wird in der Kälte infolge seiner geringen Löslichkeit in Wasser nur ganz langsam umgelagert, d. h. gelöst. (In alkoholischer Lösung verläuft die Salzbildung sehr rasch.) Durch Erhitzen bringt man das öl in kurzer Zeit zur Lösung. Ist dies geschehen, so kühlt man ab, fügt zu der alkalischen Lösung in einem kleinen Becherglas einige Stückchen Eis und versetzt auf einmal mit 20 ccm 2 n-Schwefelsäure. Das freie aci-Phenylnitromethan scheidet sich in farblosen kristallinischen Flocken aus, die man sofort absaugt, mit Wasser wäscht und auf Ton abpreßt. Bei raschem Arbeiten kann man einen Teil des Präparates aus Leichtbenzin (unter Zugabe von einigen Körnchen Calciumchlorid) Umkristallisieren. Eine kleine Probe löst man in wenig Alkohol und fügt einen Tropfen FeCl3-Lösung hinzu. Eine zweite, größere versetzt man unter Kühlung mit einigen Tropfen kalter alkoholischer Bromlösung', das Brom wird entfärbt. Die gleichen Reaktionen verlaufen bei dem als Präparat dargestellten Phenylnitromethan negativ. Den Rest der aci-Nitroverbindung läßt man, in Alkohol gelöst, über Nacht stehen. Die Lösung nimmt jetzt weder Brom auf, noch zeigt sie die Farbreaktion mit Eisenchlorid. Wenn man einige Körnchen auf einem Uhrglas gelassen hat, findet man sie am andern Tag in ein öl umgewandelt. Wie man sieht, ist die act'-Form des Phenylnitromethans nur wegen ihrer kleinen Umlagerungsgeschwindigkeit vorübergehend faßbar; im Gleichgewicht hat sie keinen Bestand.
Die Anwendung von Acetessigester und Malonester für Synthesen Der freie Malonester besitzt die Konstitution, die der üblichen Formel OR entspricht; für die Existenz einer Enolform ROOC — CH = sind keine Anzeichen vorhanden. Jedoch bildet sich bei Einwirkung von Natrium auf die ätherische Lösung unter Wasserstoffentwicklung der sog. N a t r i u m m a l o n e s t e r , das Enolat obiger tautomerer Form, das auch schon aus dem Ester und Alkoholat entsteht. In den Reaktionen, die hier zur Besprechung kommen, gleicht' der Natriummalonester durchaus dem Natracetessigester, der für das folgende als Beispiel gewählt sei. Bringt man Alkylhalogenid mit Natracetessigester zusammen, so entsteht C - A l k y l a c e t e s s i g e s t e r , nicht wie man erwarten sollte, das am Sauerstoff substituierte Produkt. Es findet also nicht einfach doppelter Austausch statt. Man kann annehmen, daß in einer zuerst entstehenden Molekularverbindung
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Synthesen mit Acetessigester und Malonester
VI, 5-8
das Halogen ionisiert und mit dem Natrium vereinigt wird, während dieAlkylgruppe sich an der Doppelbindung anlagert. Der Vorgang ist in gewissem Sinne mit einer 1,4-Addition vergleichbar: H X • C = CH • COOR H,C • C — CH • COOR Na Hai O R Na H a i
->
O
Den gleichen Verlauf nimmt die Reaktion mit Säurechloriden. Dagegen führt die Umsetzung des Acetessigesters mit Säurechloriden in P y r i d i n zu den O - A c y l d e r i v a t e n , während die O - A l k y l d e r i v a t e nur auf dem Umweg über die Acetale (S. 141) unter Abspaltung von Alkohol gewonnen werden können (Ciaisen). ' H,C • C • CH» . COOR H,C • C = CH • COOR + HOCH,.
O-Alkyl- und -Acylverbindungen werden unter den Bedingungen, unter denen die C-Isomeren, wie oben beschrieben, dargestellt werden, nicht zu diesen umgelagert (vgl. dazu S. 238). Dagegen erfolgt dieser Übergang, wenigstens bei den O-Acylderivaten, unter der katalytiscben Wirkung von festem Kaliumcarbonat in indifferenten Lösungsmitteln (Ciaisen), z . B . : H 3 C • C = CH • COOR • H„C • CO • CH • COOR I I O • CO • CH 3 CO • C H j Die am Kohlenstoff einfach alkylierten oder acylierten Acetessigester und Malonester lassen nun, da sie nochmals der Enolatbildung fähig sind, eine z w e i t e Alkylierung oder Acylierung am gleichen Kohlenstoffatom zu. In der Verwendung der einzuführenden Gruppen besteht für beide Stufen die größte Mannigfaltigkeit; mit allem Material, das reaktionsfähiges Halogen enthält, also nicht nur mit halogenierten Kohlenwasserstoffen und Säurechloriden, kann die Synthese erfolgen. Die Heranziehung von Dihalogenparaffinen h a t die Reaktion auch zur Synthese von einfachen Kohlenstoffringen nutzbar gemacht (W. H. P e r k i n ) , z . B . : /OR ROOC — CH = CN —OH
Äthylnitrit Ubertragen wir diese Vorstellungen auf die Reaktion des A m m o n i a k s , so ist einleuchtend, daß das in der Hitze entstehende Acylprodukt in Stickstoff und Wasser zerfallen muß H 3 N + O = N — OH
HO, H„N'
>N —OH
-> N = N + 2 H 2 0 .
Grundsätzlich das gleiche gilt für p r i m ä r e s aliphatisches Amin. • N H j + O = N — OH -
OH (H3C • NH — N — OH) >- N = N + H 3 C • O H .
• (H3C • N = NOH)
Vom zweiten eingeklammerten Zwischenprodukt, dessen Salze bekannt sind, wissen wir, daß es unter den Bedingungen seiner Entstehung in Stickstoff und Alkohol zerfallen muß. Bei den einfachen primären Aminen der Fettreihe kommt es also nicht zur Bildung eines Diazokörpers, weil die Reaktion, die ihn entstehen läßt, erst bei einer Temperatur zustandekommt, die ihn zerstört. — Die Reaktionsfähigkeit der NH 2 -Gruppe kann aber durch eine nachbarständige Carbonylgruppe gesteigert werden. Wir kommen zum Fall der c c - A m i n o c a r b o n s ä u r e e s t e r und a - A m i n o k e t o n e . Glykokollester läßt sich schon in der Kälte diazotieren; der unter diesen Umständen nicht zerfallende Diazokörper stabilisiert sich unter H 2 0-Abspaltung zum D i a z o e s s i g e s t e r :
RO
CH, • NH,
O = N — OH
RO • C • II
RO • C • CH, • N HON Das Unerwartete mit salpetriger Säure los nach dem bisher Wirkung der in der
H,0
"
>N-
•OH
O HO RO•C•CH — N II • O N Diazo-essigester
bei der Reaktion der primären a r o m a t i s c h e n Amine besteht nun darin, daß der bei tiefer Temperatur zweifelgebrauchten Schema entstehende Diazokörper unter der Reaktionslösung vorhandenen Säure zu einer Base um-
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Organisch-präparativer Teil
gelagert wird, deren Salz, das Diazoniumsalz, wir als Diazotierungsprodukt erhalten. +
C6H5NHJ + O = N • OH
HCl c„H5 • N = N + Ha0.
• C6H6 • N = NOH
"
C1
Hier treffen wir auf eine Sondereigenschaft der aromatischen Verbindungen. Diazoniumsalze sind in der Fettreihe nicht bekannt, weil der Typus des Anilins — C = C — nicht existenzfähig ist.
NHS
Es ist nicht ausgeschlossen, daß Glykokollester auf Grund einer tautomeren Umlagerung
ROC — CH, II
O
I
NHj
ROC = CH
—
I
I
OH NH2
so leicht diazotiert wird. Aber auch dann bleibt in dem Fehlen basischer Eigenschaften bei den aliphatischen Diazokörpern der grundlegende Unterschied zwischen beiden Reihen bestehen. Es muß vorerst als unerklärbare Tatsache hingenommen werden, daß der aromatische Kern — nicht aber Alkyl — den an ihn gebundenen Stickstoff einer Diazogruppe zum Träger stark basischer Eigenschaften umbilden kann. Einen ähnlichen Einfluß üben, wie wir später (S. 343) erfahren werden, mehrere aromatische Kerne auf ein mit ihnen verbundenes Kohlenstoffatom aus (Carboniumsalze). Es sei daran erinnert, daß bei den Aminen selbst der aromatische Ring die Basizität stark herabsetzt, während sie durch Alkylgruppen gesteigert wird. Für das Studium der Chemie der Diazoverbindungen sei das treffliche, von R e d d e l i e n neu bearbeitete Werk von A. H a n t z s c h , Die D i a z o v e r b i n d u n g e n , Leipzig 1921 empfohlen.
A. Aliphatische Diazoverbindungen i. Diazomethan 1 N i t r o s o m e t h y l h a r n s t o f f . Die Lösung von 20g Methylammoniumchlorid2 (S. 152) und 30 g Kaliumcyanat (S. 133) in 120 ccm Wasser wird 1/i Stunde lang auf 60—80° erhitzt, dann kocht man E. A. W e r n e r , Chem. Soc. 115, 1098 (1919); F. A r n d t und J . A m e n d e , Z. Ang. 48, 444 (1930). * Zur Darstellung größerer Mengen von M e t h y l a m m o n i u m c h l o r i d dient das nachstehend beschriebene billige Verfahren ( B r o c h e t und Camb i e r , Bl. [3] 18, 633 [1895]). 250 g Ammoniumchlorid werden mit 670 g 36-proz. Formaldehydlösung in einem Destillierkolben mit absteigendem Kühler allmählich erhitzt. Man steigert langsam bis auf 104° — Thermometer in der Flüssigkeit — und hält so lange auf dieser Temperatur, bis nichts mehr über1
VII, I
263
Diazomethan
kurz auf, filtriert und kühlt die Lösung auf 0°. Eine vorher bereitete, ebenfalls gekühlte Lösung von 20 g Natriumnitrit in 40 ccm Wasser wird nun zu der Lösung des Methylharnstoffs hinzugefügt; zu der Mischung läßt man unter Eiskühlung und mechanischer Rührung 100 ccm kalter 25-proz. Schwefelsäure zutropfen. Die in kristallinen Flocken sich ausscheidende Nitrosoverbindung wird nach beendeter Operation abgesaugt, mit Eiswasser gewaschen und nach dem Trocknen im Vakuumexsiccator aus etwa der doppelten Menge Methylalkohol umkristallisiert. Zur Erhöhung der Ausbeute kühlt man die Lösung in Eis-Kochsalz auf —15°, saugt nach einigem Stehen ab und wäscht mit Äther. Hellgelbe Kristalle vom Schmelzp. 124°. Ausbeute 20 g. Wenn man sich die Darstellung des Methylamins ersparen will, verfährt m a n wie folgt: Zu 135 ccm conc. Ammoniaks läßt man bei Kühlung mit EisKochsalz unter kräftigem Turbinieren 100 g Dimethylsulfat zutropfen; die Temperatur soll dabei nicht über 20° hinaufgehen. D a n n erwärmt man zwei Stunden auf dem Wasserbad, kocht weitere 16 Minuten lang, f ü g t die Lösung von 60 g Kaliumcyanat in 80 ccm Wasser hinzu und kocht nochmals 20 Minuten. D a n n wird die Lösung von 40 g Natriumnitrit in 70 ccm Wasser zugesetzt und abgekühlt. Die kalte Lösung bringt man in kleinen Anteilen zu einem Gemisch von 40 g conc. Schwefelsäure und 170 g Eis und verfährt im übrigen wie oben angegeben. Die Ausbeute, 20—22 g, ist bedeutend niedriger als bei Verwendung von Methylammoniumchlorid (F. A r n d t ) . destilliert, etwa 4 1 /, Stunden von Anfang an. E s haben sich dann 100—120 g Wasser und Methylalkohol in der Vorlage kondensiert. Nachdem der Kolbeninhalt erkaltet ist, saugt man vom ausgeschiedenen Ammoniumchlorid .scharf ab und d a m p f t das Filtrat auf dem Dampfbad auf das halbe Volumen ein, saugt nochmals vom Ammoniumcblorid ab und engt das Filtrat so weit ein, d a ß sich auf der Oberfläche eine Kristallhaut bildet. Nach dem Erkalten wird das auskristallisierte Methylammoniumchlorid scharf abgesaugt. Das Filtrat engt man so weit als möglich ein und entfernt schließlich den Rest des Wassers im Vakuumexsiccator über festem Ätznatron und konzentrierter Schwefelsäure. Der Rückstand wird durch Digerieren mit Chloroform von Di- und Trimethylammoniumchlorid befreit und schließlich scharf abgesaugt. Ausbeute 110—126 g. Diese Reaktion k o m m t dadurch zustande, daß die zuerst entstehende N-Methylolverbindung durch überschüssigen Formaldehyd reduziert wird: OH H2C: O + H N H j
• H,C — N H 2
• H S C — NH 2 .
Der Formaldehyd wird dabei (als Hydrat) zu Ameisensäure und CO s dehydriert. Steigert m a n die Aldehydmenge, so gelangt man auf analoge Weise zum T r i m e t h y l a m m o n i u m c h l o r i d .
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Organisch-präparativer Teil
Zur Ü b e r f ü h r u n g in D i a z o m e t h a n trägt man 10 g Nitrosomethylharnstoff in kleinen Anteilen in 100 ccm reinen Äther, der mit 30ccm stark gekühlter 40-proz. Kalilauge unterschichtet ist. Die Spaltung wird in einem weithalsigen Erlenmeyer unter dem Abzug vorgenommen. Man muß dauernd schütteln und die Temperatur auf + 5° halten. Nach 5—10 Minuten ist die Reaktion beendet; man gießt die tiefgelbe Ätherlösimg ab, spült mit etwas Äther nach und trocknet die ätherische Diazomethanlösung etwa 3 Stunden lang mit einigen kleinen Stückchen Ätzkali. Die Lösung wird in einer kleinen enghalsigen Glasflasche, die, wie bei Äther über Natrium angegeben (S. 93/94, Anm.), verschlossen ist, an einem kühlen Platz aufbewahrt, falls das Präparat nicht sofort Verwendung findet. Die Diazomethanlösung hält sich mehrere Tage, erleidet aber doch eine stetige, wenn auch langsame Zersetzung unter Stickstoffentwicklung. Darum darf das Aufbewahrungsgefäß nicht fest verschlossen werden. Da Nitrosomethylharnstoff, in der Kälte aufbewahrt, längere Zeit haltbar ist, stellt man sich jeweils nur die für den augenblicklichen Bedarf notwendige Menge Diazomethan her. D i a z o m e t h a n ist ein gelbes, sehr giftiges Gas vom Siedep.—24°, das für präparative Zwecke nur in Lösung gewonnen wird. In freiem Zustand ist es explosiv. Schon beim Destillieren von Diazomethan kommt es bisweilen zur Explosion; daher Vorsicht! Als indifferente Lösungsmittel können außer Ä t h e r auch die A l k o h o l e , B e n z o l und P e t r o l ä t h e r verwendet werden, für kurze Zeit auch A c e t o n .
G e h a l t s b e s t i m m u n g der D i a z o m e t h a n l ö s u n g (nach M a r s h a l l und A c r e e , B. 48, 2324 [1910]). Einen aliquoten Teil der Diazomethanlösung (etwa V20) läßt man, mit absolutem Äther verdünnt, in eine mit Eis gekühlte n/6-ätherische Benzoesäurelösung unter Schütteln einfließen. Diese wird dargestellt durch Auflösen von 1,22 g reinster Benzoesäure im 50 ccm-Meßkolben in absolutem Äther; sie muß gegen das Diazomethan im Überschuß sein, was man daran erkennt, daß bis zum Schluß der Zugabe N 2 -Entwicklung eintritt und die Lösung farblos bleibt. Die übrige Benzoesäure wird mit n/10-NaOH zurückgemessen. Das Präparat wird bei der hier beschriebenen bequemen Bereitungsweise für wissenschaftliche Arbeiten viel benützt, da es bei wertvollen Säuren und Phenolen eine elegante und glatt verlaufende Methylierung erlaubt. A l k o h o l i s c h e O H - G r u p p e n werden praktisch nicht methyliert, auch nicht A m i n e . Über Methoden zur Methylierung von A l k o h o l e n mit Diazomethan siehe H. M e e r w e i n und G . H i n z , A. 484, 1 (1930).
VII, i
265
Diazomethan
Versuche: Man löst 2—3 g eines Phenols (Phenol, Kresol, /?-Naphthol, Salicylaldehyd, Hydrochinon) in wenig Äther, Aceton oder Methylalkohol und fügt unter Eiskühlung in kleinen Anteilen von der dargestellten Diazomethanlösung zu, bis die Gasentwicklung nicht mehr einsetzt und die Lösung schwach gelb gefärbt ist. Um bei g e f ä r b t e n Lösungen einen Überschuß an Diazomethan zu erkennen, gießt man einige Tropfen in ein kleines Reagenzglas ab und bringt einen in Eisessig getauchten Glasstab hinein: sofortige Gasentwicklung. Die Reaktionsprodukte werden nach dem Abdampfen des Lösungsmittels entweder durch Destillation oder, wenn sie fest sind, durch Kristallisation gereinigt. Man bearbeite hier eines der im Laboratorium zugänglichen P h e n o l e selbständig und mache Angaben über die Natur des gewonnenen Methyläthers. In gleicher Weise verfährt man mit C a r b o n s ä u r e n (p-Toluylsäure, Phenylessigsäure, Zimtsäure, Oxalsäure, Terephthalsäure, Salicylsäure usw.). Es gibt Phenole, die mit Diazomethan langsam reagieren. In solchen Fällen bringt man sie mit einem Überschuß über den errechneten Bedarf an Diazomethan zusammen und läßt mehrere Tage mit aufgesetztem Capillarrohr stehen. D i a z o m e t h a n , die einfachste aliphatische Diazoverbindung P e c h m a n n 1 auf folgendem Weg zuerst dargestellt worden: O—
/OCjH5
\ci
+ H 2 N • CH3
Chlorameisensäureester N h 2 c / || + KOH i
N
/OC 2 H 5 • O =CCC1 2 +H 2 N . NHj - 2 H C ' ,
N—NH 2 II HCC1
Z™.
N—NH II / HC/
,N • H 2 C< II . \N
In ätherischer Lösung ist Diazomethan längere Zeit haltbar. Über seine zahlreichen Umsetzungen (mit Blausäure, Acetylen, Chinon usw.) unterrichte man sich in der Spezialliteratur. Seine wichtige präparative Verwendung findet Diazomethan, wie schon erwähnt, als Methylierungsmittel, namentlich für Phenole. Es reagiert mit ihnen in der Weise, daß die beiden Stickstoffatome als elementarer Stickstoff abgespalten und die beiden frei werdenden Valenzen durch H und OR besetzt werden. -N H 2 c / II + HO • C6Hs \N
-*
M H 2 C=C
OH
[(CH3)2N • C 6 H 4 y. ]2C—p>-N(CH3)2.
Mit Hilfe der Grignardschen Reaktion, durch Einwirkung von Phenylmagnesiumbromid wird Michlers Keton in die C a r b i n o l b a s e des M a l a c h i t g r ü n s umgewandelt. (HjCJjNCg^ • CO • C„H4 • N(CH3)2 + C6H6MgBr (H3C)2N • C6H4 • C(OH) • C6H4 • N(CH3)2
Nicht so übersichtlich gestaltet sich die t e c h n i s c h e D a r s t e l l u n g dieser Triphenylmethanfarbstoffe und vor allem ihrer methylfreien Muttersubstanz, des ersten Anilinfarbstoffs überhaupt, des P a r a f u c h s i n s . Hier wird bekanntlich A n i l i n mit p - T o l u i d i n — im Falle des eigentlichen Fuchsins, das noch eine Methylgruppe an einem Benzolkern trägt, ist außerdem noch
V I I I , 4-5
Basische Triphenylmethanfarbstoffe
319
o - T o l u i d i n beteiligt — in saurer Schmelze „zusammenoxydiert". Obwohl der Verlauf dieser wichtigen Synthese noch nicht in allen Phasen experimentell sichergestellt ist, dürfen wir ihn ihn doch auf die Grundlage einer gleichartigen Dehydrierung stellen, wie oben beim Malachitgrün. Und die Zusammenlagerung mehrerer Molekeln Base erfolgt genau nach dem Prinzip der I n d a m i n b i l d u n g (S. 311) ( B u c h e r e r ) . -2H
HjN
. / = \ \— HN=< > = iCH, CH, • C.H.- N H ,
—2H C,H,.NH,
HN=
= C H -
H 2 N — //
\
NH,
H
C • (C 6 H 4 . NH 2 ) 2
Paraleukanilin —2H
H2N=
= C(C 9 H 4 NH 2 ) 2 .
C1 Parafuchsin Die technisch wichtige , , N e u f u c h s i n " - S y n t h e s e aus primärem aromatischen Amin und Formaldehyd gliedert sich im Fall des Anilins mit dem übersichtlichen Zwischenprodukt p - D i a m i n o - d i p h e n y l m e t h a n in den formulierten Reaktionsverlauf ein. D i e R e a k t i o n d e r F a r b s t o f f e . Die basischen Triphenylmethanfarbstoffe sind die neutral reagierenden Salze einsäuriger chinoider Ammoniumbasen. Ihre Farbstoffnatur erklärt sich aus dem auf S. 310 auseinandergesetzten merichinoiden Prinzip ( W i l l s t ä t t e r ) , das hier intramolekular Geltung hat. Vom F u c h s o n i m i n (C6H5)2:C== N(CH3)2C1 + HsO
OH B. Die P h t h a l e i n e . Bringt man unter den Bedingungen der F r i e d e l Craftsschen Reaktion (Kap. I X , S. 333) zwei Moleküle Phenol auf ein Mol Phthalsäureanhydrid zur Einwirkung, so tritt die Kondensation zum Anthrachinonderivat zurück gegenüber der Neigung des primär gebildeten Ketons, sich mit einem zweiten Mol des Phenols zu vereinigen; es entstehen die von B a e y e r 1871 entdeckten P h t h a l e i n e . Am Beispiel des P h e n o l p h t h a l e i n s werde dieser Vorgang erläutert: CO \
>+
OH
/ \
OH
CO Das Zwischenprodukt kondensiert sich an der C=0-Gruppe nach Art der Aldolkondensation mit einem zweiten Mol Phenol, und zwar ebenfalls in p-Stellung, in ganz analoger Weise wie oben Michlers Keton mit Dimethylanilin kondensiert wurde.
/ V CO—
-
OH
C6H4OH
/
\
COOH
C - / \/ I \= C6H4OH
>=°
/\ \cOOH
Die roten Salze sind die D i - a l k a l i s a l z e der formulierten chinoiden Phenolcarbonsäure, die als Säure nicht beständig ist, sondern sich sofort zum f a r b losen L a c t o n isomerisiert. Phenolphthalein ist ein Triphenylmethanderivat und leitet sich in einfacher Weise von der Grundsubstanz der hierher gehörenden Farbstoffreihe, dem F u c h s o n , ab. Fuchson ist Diphenylchinomethan und wird aus p - O x y t r i p h e n y l c a r b i n o l durch Wasserabspaltung gewonnen ( B i s t r z y c k i ) : OH C.H, CfiH, -OH >= O.
\
Fuchson ist, durchaus im Sinne der W i l l s t ä t t e r s c h e n Theorie, nur gelborange gefärbt. Trägt noch einer der beiden freien Benzolkerne eine p-ständige OH-Gruppe, so kommt der schon S. 318 erwähnte Farbstoff B e n z a u r i n zustande, dessen o-Carbonsäure das Phenolphthalein in seiner chinoiden Form darstellt. Der Farbton dieser beiden Stoffe ist in der Tat sehr ähnlich. Durch s t a r k e s Alkali wird Phenolphthalein entfärbt; es bilden sich unter Anlagerung von NaOH die d r e i b a s i s c h e n Salze der b e n z o i d e n Carbinolform. Man prüfe diese Verhältnisse am Phenolphthalein. F l u o r e s c e i n . Die Reaktion erfährt hier eine Erweiterung dadurch, daß die beiden, zu der Kondensationsstelle o-ständigen OH-Gruppen der Resorcinmolekeln unter Wasserabspaltung gegeneinander eine S a u e r s t o f f b r ü c k e und damit einen neuen Ring (den Xanthanring) bilden: — OH
-OH COOH
s COOH
Da Fluorescein gefärbt ist, erscheint die Lactonformel zweifelhaft und die rechtsstehende chinoide Formel schon für die freie Verbindung wahrscheinlich. Im E o s i n sind die vier Bromatome paarweise in die o-Stellungen, die in der Formel mit Sternchen bezeichnet sind, eingetreten. Auch das Eosin muß
VIII, 5
Pthalocyanin
323
chinoid aufgefaßt werden, vor allem desbalb, weil sein Reduktionsprodukt, das L e u k o - e o s i n , farblos ist.
Versuch: Man koche etwas Eosin, in Natronlauge gelöst, mit Zinkstaub bis zur Entfärbung, gieße ab und säure einen Teil der Lösung an. Einen anderen Teil lasse man in offener Schale stehen. Wie das Chinon selbst, so werden auch seine Abkömmlinge durch Reduktionsmittel unter Anlagerung von Wasserstoff in die benzoiden farblosen Hydroprodukte (bei den Farbstoffen „ L e u k o v e r b i n d u n g e n " ) umgewandelt. Das nachstehende Schema drückt diesen Vorgang, auch für das Eosin, aus: > C = / ^ = 0
—1U
Viele Leukoverbindungen werden schon durch den Luftsauerstoff wieder in die Farbstoffe übergeführt, wie das Beispiel des Leuko-eosins und des Leukoindigos (S. 362) dartut. Die prächtigsten Farbstoffe, die hauptsächlich in der Seidenfärberei verwendet werden, sind Verwandte des Eosins, die vom Di- und T e t r a c h l o r p h t h a l s ä u r e a n h y d r i d aus gewonnen werden ( P h l o x i n , R o s e bengale). Auch die (basischen) R h o d a m i n e gehören hierher. Zu ihnen führt die Kondensation von P h t b a l s ä u r e a n h y d r i d mit m - A m i n o p h e n o l e n (an Stelle von Resorcin); vor allem hat der Farbstoff mit diäthylsubstituierten NH2-Gruppen große technische Bedeutung. Endlich sei noch das G a l l e i n erwähnt, mit P y r o g a l l o l als Phenolkomponente. Auf die Umwandlung der Phthaleine in Anthracenderivate, die sog. P h t h a l i d e i n e , soll nicht näher eingegangen werden.
Dagegen sei noch von einem in jüngster Zeit zu großer Bedeutung gelangten Farbstoff, dessen Synthese auch von der Phthalsäure ausgeht, dem P h t h a l o c y a n i n (Linstead) kurz die Rede. Er entsteht in Gestalt einer ungemein beständigen, tiefblauen Kupferverbindung durch Polymerisation von P h t h a l o d i n i t r i l . Einfacher ist die folgende Methode1. Ein inniges Gemisch von 5 g Phthalsäure (oder 4,5 g Phtbalsäureanhydrid), l g Kupfer (II)-chlorid, 25 g Harnstoff und etwa 60 mg Ammoniummolybdat wird im Ölbad unter häufigem Umrühren 6—7 Stunden lang bei 180° (innen) erhitzt. Nach dem Erkalten kocht man die blaue Masse mit verdünnter Salzsäure aus, saugt ab und digeriert nun mit kalter verdünnter Natronlauge. Nach erneutem Absaugen wird das schön blaue Pulver nochmals mit verdünnter Salzsäure ausgekocht, gut mit Wasser gewaschen und im Exsiccator getrocknet. Ausbeute 3—3,6 g. Der hier erhaltene Cu-Komplex läßt sich aus honz. Schwefelsäure mit Wasser unverändert ausfällen. Phthalocyanin dient als Lackfarb1
Engl. Patent 464673. 21*
324
Organisch-präparativer Teil
Stoff. E s leitet sich vom T e t r a - a z a - p o r p h i n ab und zeigt damit eine interessante Analogie zum Grundgerüst von Blut- und Blattfarbstoff (siehe S. 394 bis 398).
-Ns \/ Cu
//
N
\
\C=N--' / ^ - C
^ N
\N
C/
/
C
V '
N/
Kupfer-phthalocyanin
6. Alizarin In einem Autoklaven oder verschraubbaren Eisenrohr erhitzt man die Mischung von 2 g Kaliumchlorat, 30 g technischen Ätznatrons, 10 g fein gepulverten ß-anthrachinonsulfonsauren Natriums (Silbersalz) mit 40 ccm Wasser 20 Stunden lang auf 170° (Ölbad). Die erkaltete Schmelze wird wiederholt mit heißem Wasser ausgezogen, die vereinigten filtrierten Lösungen säuert man in der Hitze mit überschüssiger Salzsäure an. Der Niederschlag wird nach dem Erkalten abgesaugt, mit verdünnter Salzsäure, dann mit Wasser gewaschen und getrocknet. Zur Reinigung kocht man das Rohprodukt (am besten im Extraktionsapparat, Fig. 26) mit Eisessig aus. Schöne rote Nadeln vom Schmelzp. 289°. Auch die Sublimation im Vakuum aus einem tief angesetzten Schwertkolben, der ganz in ein Salpeterbad (gleiche Teile K- und Na-Nitrat) eintaucht, ist zu empfehlen. Beim Arbeiten im offenen Rundkolben, Temperatur 180—190°, erhält man viel schlechtere Ausbeuten an Alizarin. Das A l i z a r i n oder 1 , 2 - D i o x y a n t h r a c h i n o n gehört zu den wichtigsten Farbstoffen. Ähnlich wie der Indigo in der Pflanze ist der Farbstoff als Glucosid der LeukoVerbindung in der K r a p p w u r z e l enthalten. Der Kultur der Krapppflanze, die hauptsächlich in Südtrankreich große Flächen bedeckte, wurde durch die Synthese des Farbstoffs aus dem Anthracen des Steinkohlenteers ein Ende bereitet ( G r a e b e und L i e b e r m a n n 1869). Die Methode der Zink-
Alizarin
VIII, 6
325
staubdestillation ( B a e y e r ) hatte vorher den beiden Chemikern aus Alizarin A n t h r a c e n in die Hände gegeben. Anthracen läßt sich mit Chromsäure direkt zu seinem meso-Chinon, dem A n t h r a c h i n o n oxydieren. Der mittlere Ring des Anthracens bietet für fast alle Reaktionen den Angriffspunkt.
Versuch: 1 g möglichst reinen Anthracens wird in der eben nötigen Menge guten Eisessigs in der Siedehitze gelöst; dazu fügt man ohne weiteres Erhitzen 3ccm konz. Schwefelsäure und unbeschadet einer Trübung oder Ausscheidung tropfenweise die Lösung von 4 g Natriumpyrochromat in ganz wenig Wasser. Sehr heftige Reaktion unter fast augenblicklichem Verbrauch der Chromsäure; nach Zugabe von allem Bichromat kocht man noch 5 Minuten. Beim Verdünnen fällt das Anthrachinon flockig aus; es wird nach dem Absaugen, Waschen mit Wasser und Trocknen aus Eisessig umkristallisiert. Hellgelbe feine Nadeln vom Schmelzp. 285°. Die vollkommen reine Verbindung ist f a r b l o s . Vergleich mit Benzo- und Naphthochinon. Durch Erwärmen mit Natronlauge und Zinkstaub wird Anthrachinon reduziert. Es geht mit tiefroter Farbe als Dinatriumsalz des Anthrahydrochinons in Lösung. Man führe den Versuch aus und filtriere die rote Lösung. Aus dem Filtrat scheidet sich bei der Berührung mit Luft alsbald wieder Anthrachinon ab. Über die interessanten Desmotropieerscheinungen der Oxy-anthracene findet man das Nähere bei K. H. Meyer, A. 37», 37 (1911). meso-Oxy- und D i o x y - a n t h r a c e n existieren in zwei Formen, einer gefärbten, sauren, in Lösung fluoreszierenden echten E n o l - , und in einer farblosen, neutralen Ketoform. OH
\/\)\s
]
H
Anthranol (labil)
O !|
OH
\/\/\J' / \ H H
• Anthron (stabil)
OH
Anthrahydrochinon « (stabil)
O
v \ / v ' / \ H OH
Oxanthron (labil)
Über Anthrachinon-Synthesen aus P h t h a l s ä u r e a n h y d r i d vgl. I X , 6, S. 337. Die färberische Bedeutung des Alizarins ist sehr groß. Sie geht zurück auf die Bildung sehr beständiger, schönfarbiger innerkomplexer Diphenolate, die der Farbstoff mit den Hydroxyden mehrwertiger Metalle (Cu, Sn, Cr, Fe, AI) bildet. Am bekanntesten ist der feurigrote Aluminiumlack, das „ T ü r k i s c h r o t " . Man bezeichnet das Alizarin und ihm verwandte Farbstoffe auch als „ B e i z e n f a r b s t o f f e " , weil sie auf der mit den Metallhydroxyden imprägnierten, d. h. „gebeizten" Faser aufgefärbt werden.
326
Organisch-präparativer Teil
C h i n i z a r i n , 1 , 4 - D i o x y - a n t h r a c h i n o n , ist kein brauchbarer Farbstoff; es hat sich als Regel ergeben, daß zur Bildung von Farblacken im allgemeinen nur diejenigen Polyoxychinone der Anthracen- und Naphthalinreihe (Naphthazarin) befähigt sind, die ihre nachbarständigen OH-Gruppen neben dem Carbonyl gebunden enthalten. Von technischer Bedeutung ist, daß man Dioxy-antbrachinone mit rauchender Schwefelsäure direkt weiter oxydieren kann zu höheren Phenolen. Alizarin und Chinizarin geben so dasselbe 1 , 2 , 6 , 8 - T e t r a o x y - a n t h r a c h i n o n (Aliz a r i n b o r d e a u x ) , das sich zu dem wichtigen A n t h r a c e n b l a u (1,2,4,6,6,8Hexaoxy-anthrachinon) weiter oxydieren läßt. Dieser Farbstoff wird technisch in höchst interessanter Reaktion aus 1,6- oder 1 , 8 - D i n i t r o a n t h r a c b i n o n durch reduzierend-oxydierende Schmelze mit rauchender Schwefelsäure und Schwefel (S,Os) unter Zusatz von Borsäure (R. B o h n , R. E. S c h m i d t ) gewonnen. Das übersichtlichere Vorbild dieser verwickelten Umsetzung findet sich in der unter ähnlichen Bedingungen vor sich gehenden Bildung des Napht h a z a r i n s aus 1,6- oder 1 , 8 - D i n i t r o n a p h t h a l i n . Es bandelt sich im wesentlichen um die Umlagerung zum C h i n o n o x i m , dessen Spaltung und teilweise Reduktion. O NOH O NOj II II II OH
Naphthazarin
IX. Die Synthesen nach Grignard und Friedel-Crafts. Organische Radikale Die Grignardsche Reaktion i. Darstellung von Alkoholen a) B e n z h y d r o l aus B e n z a l d e h y d und P h e n y l m a g n e s i u m bromid In einem kleinen trockenen Rundkolben mit Anschütz-Aufsatz, dessen seitliches Rohr mit einem Rückflußkühler mit aufgesetztem CaCl2-Rohr verbunden, während oben ein Tropftrichter mit langem Rohr aufgesetzt ist, läßt man auf 3,2 g Magnesiumspäne nach und nach das Gemisch von 20 g reinen, konstant siedenden Brombenzols mit 50ccm absoluten Äthers fließen. Man wartet nach Zugabe von etwa einem Viertel der Lösung das Eintreten der Reaktion ab, die sich in der Selbsterwärmung unter Sieden des Äthers äußert. Durch
IX,
i
Darstellung von Alkoholen
327
Darunterhalten einer Schale mit warmem Wasser oder besser durch Eintragen eines kleinen Körnchens Jod wird die Reaktion, die sich bisweilen hartnäckig verzögert, sicher und rasch in Gang gebracht. Bei der Bereitung der Phenylmagnesiumbromidlösung ist es wichtig, die Umsetzung durch zeitweise Kühlung in mäßigen Grenzen zu halten und den Zufluß des Brombenzols so zu regulieren, daß sie immer von selbst eben weitergeht. Aus dem Tropftrichter wird das darin haftende Brombenzol mit wenig absolutem Äther in den Kolben gespült. Wenn das Metall zum größten Teil gelöst ist und sich ein Abflauen des Prozesses bemerkbar macht, erhitzt man die Lösung in einer Schale mit warmem Wasser noch einige Zeit zum Sieden, bis nur mehr einige Flitter von Magnesium in ihr herumschwimmen. Jetzt kühlt man in Eiswasser und läßt, zuerst unter Kühlung, 10,6 g frisch destillierten Benzaldehyds, mit lOccm Äther gemischt, in rascher Tropfenfolge in die Grignardlösung einfallen. Zum Schluß kocht man noch 15 Minuten lang am Rückflußkühler, bringt in die wieder erkaltete Lösung unter gleichzeitiger Außenkühlung auf einmal 20—30 g Eis, dann zur Lösung des Magnesiumhydroxyds die nötige Menge Salzsäure (etwa lOccm konzentrierte + lOccm Wasser), trennt die Ätherschicht im Scheidetrichter ab und äthert mit wenig frischem Äther nach. Sollte an einem mit der Ätherlösung benetzten Glasstab noch Benzaldehydgeruch wahrnehmbar sein, so schüttelt man die Lösung nach dem Einengen auf das halbe Volumen mit einigen ccm 40-proz. Bisulfitlösung 5 Minuten lang kräftig durch, hernach zur Befreiung von gelöstem S0 2 nochmals mit wenig Sodalösung, trocknet kurz mit Caliumchlorid und erhält nach dem Verdampfen des Äthers das Benzhydrol als bald erstarrendes öl. Ausbeute nach dem Abpressen auf Ton 12—14 g. Der Alkohol kann aus Ligroin oder aus wenig Weingeist umkristallisiert werden und bildet schöne farblose Säulen. Schmelzp. 68°. Wenn die Bildung der Grignardverbindung zu stürmisch verlaufen ist, enthält das Reaktionsprodukt gewöhnlich erhebliche Mengen von B i p h e n y l , entstanden durch die Reaktion: C,H s MgBr + BrC.H,
• C 6 H 5 • C e H 6 + MgBr,.
b) T r i p h e n y l c a r b i n o l a u s B e n z o e s ä u r e ä t h y l e s t e r u n d Phenylmagnesiumbromid Zu der wie eben, aber aus der doppelten Menge Magnesium und Brombenzol bereiteten Grignardlösung läßt man 15 g Benzoesäureester, gemischt mit 15 ccm absoluten Äthers, unter den gleichen Bedin-
328
Organisch-präparativer Teil
gungen wie dort zutropfen, hält zum Schluß noch eine halbe Stunde lang im Sieden und arbeitet wie beschrieben auf. Der feste Rückstand von Triphenylcarbinol wird aus Benzol umkristallisiert. Farblose Prismen vom Schmelzp. 162°. Ausbeute gut 20 g. Näheres über diesen wichtigen Alkohol siehe S. 344. 2. Synthese eines Ketons aus einem Nitril. Acetophenon1 Man stellt sich nach der unter la) gegebenen Vorschrift aus 40 g Brombenzol und 6,4g Magnesium eine ätherische Lösung von Phenylmagnesiumbromid her, läßt dazu 8 g Acetonitril, mit dem gleichen Volumen Äther verdünnt, tropfen und erhält das Reaktionsgemisch noch eine Stunde lang auf dem Wasserbad im Sieden. Dann gießt man in einen Liter-Rundkolben auf Eis, fügt 100 ccm etwa 8 nSchwefelsäure zu, treibt den Äther und das entstandene Acetophenon mit Wasserdampf über, äthert das Destillat aus, trocknet mit CaCl2 und bringt das Keton nach dem Wegdampfen des Äthers zur Rektifikation. Siedep. 202°. Ausbeute 10—12 g = 45—50% d. Th. Auch hier wird das Präparat durch Destillation im Vakuum reiner erhalten. Siedep. 12mm 88°. In jedem Fall muß Acetophenon wasserhell sein und beim Abkühlen in Eis kristallisieren. Schmelzp. 22°. Zur Abwechslung mag aus Benzylmagnesiumchlorid und Acetonitril Phenylaceton bereitet werden. Das Keton wird über die Bisulfitverbindung gereinigt und im Vakuum destilliert. Die Ausbeute übersteigt nicht 25%, bezogen auf Acetonitril. E r l ä u t e r u n g e n zu 1 und 2 D a s G r i g n a r d s c h e R e a g e n z . Alkylhalogenide lösen bei Gegenwart von absolutem Äther metallisches Magnesium auf zu m e t a l l o r g a n i s c h e n V e r b i n d u n g e n der Form R—Mg—Hai. Aromatische Halogenide sind der gleichen Reaktion zugänglich. Am raschesten reagieren in beiden Reihen die Jodide, dann kommen die Bromide, schließlich die Chloride. Durch Zugabe von etwas Jod oder auch Äthyljodid wird die manchmal etwas widerspenstige Reaktion eingeleitet. Bisweilen ist es erforderlich, das Magnesium durch Erhitzen mit Jod zu aktivieren (v. B a e y e r ) . Der für das Eintreten der Reaktion notwendige Äther ist mit zwei Molen komplex angelagert (Meisenh e i m e r ) ; er kann durch tertiäre Amine vertreten werden. In Lösung sind Organomagnesiumhaloide z. T. im Sinne eines Gleichgewichts: 2 RMgHal -
> MgR 2 + Mg(Hal)2
aufgeteilt (W. S c h l e n k jun.). 1
B l a i s e , Compt. rend. 138, 1217 (1901).
IX. 2
Synthese eines Ketons aus einem Nitrii. Acetophenon
329
Die Verbindungen, die das G r i g n a r d s c h e R e a g e n z darstellen, werden ganz allgemein durch Substanzen, die r e a k t i o n s f ä h i g e n W a s s e r s t o f f enthalten, nach folgendem Schema zersetzt: R—Mg—Hai + H — R j
• RH + R,—Mg—Hai.
Es entsteht also in allen Fällen der dem angewandten Halogenid zugehörige K o h l e n w a s s e r s t o f f RH. Das einfachste Beispiel dieser Art ist die Zerlegung durch W a s s e r : HaC — Mg — J + HÖH
• CH4 + HO — Mg — J .
Daher: v o l l s t ä n d i g e r F e u c h t i g k e i t s a u s s c h l u ß bei allen G r i g n a r d schen R e a k t i o n e n . In analoger Weise wie Wasser reagieren A l k o h o l e , P h e n o l e , C a r b o n s ä u r e n , p r i m ä r e und s e k u n d ä r e A m i n e , O x i m e , A c e t y l e n usw. Da ein reaktionsfähiges Wasserstoffatom stets ein Mol Kohlenwasserstoff freimacht, so hat man bei Anwendung von M e t h y l m a g n e s i u m j o d i d eine brauchbare Methode, um durch volumetrische Messung des von einer gewogenen Menge der zu untersuchenden Substanz entwickelten M e t h a n s das Vorhandensein von aktivem Wasserstoff quantitativ zu bestimmen ( Z e r e w i t i n o f f ) . Das Verfahren besitzt für Konstitutionsfragen erheblichen Wert. Über seine praktische Ausführung siehe S. 86. Eine weit größere Bedeutung kommt den Grignardschen Magnesiumverbindungen vermöge ihrer großen A d d i t i o n s f ä h i g k e i t für synthetische Zwecke zu. Was früher mit den schwer zu handhabenden Z i n k a l k y l e n erreicht wurde, wird heute in größerem Rahmen mit dem leicht darzustellenden Grignardschen Reagenz ausgeführt. Es findet ganz allgemein A n l a g e r u n g an u n g e s ä t t i g t e S y s t e m e , wie > C = O, > C = N —, — C = N, — N = O, statt; > C = C < und — C = C — reagieren nicht. Die Addition geht in der Weise vor sich, daß das Grignardsche Reagenz in Gestalt der beiden Komponenten R und MgHal aufgenommen wird und zwar begibt sich im Falle der C=Q-Doppelbindung der Mg-haltige Bestandteil stets an den Sauerstoff, R stets an den Kohlenstoff. Wenn wir als Beispiel die Einwirkung von M e t h y l m a g n e s i u m b r o m i d auf A c e t a l d e h y d wählen, so ergibt sich nachstehende Gleichung: CH 3 -C = O + CH3 —Mg — B r H
CH 3 >• CH3 • c / H ^O—MgBr
Durch Wasser wird das Anlagerungsprodukt zersetzt nach /CH 3 CH3 • C < H X ) —MgBr
+ HJO
/CHJ • CH3 • C< | X)H H
+ HO—Mg—Br.
Als Resultat ist also Acetaldehyd in I s o p r o p y l a l k o h o l umgewandelt worden. Wir können ganz allgemein sagen, daß die Grignardsche Reaktion in einer Addition des dem angewandten Halogenid zugrunde liegenden
Organisch-präparativer Teil
330
Kohlenwasserstoffs — als H und R — an die ungesättigte Bindung ihren Ausdruck findet, mit dem E f f e k t einer „ a u f b a u e n d e n H y d r i e r u n g " . Man versteht so ohne weiteres den Sinn folgender Grignardsynthesen: Formaldehyd primäre Alkohole, andere Aldehyde sekundäre Alkohole, Ketone -»- tertiäre Alkohole, Kohlendioxyd -»• Carbonsäuren, R
Nitrile
-»• Ketone (über die Stufe des Ketimins
i\
>C = N H ) .
R/ Die Reaktion der E s t e r , C h l o r i d e u n d A n h y d r i d e verläuft etwas komplizierter : Auch hier findet in der ersten Phase die übliche Addition a n die C = CDGruppe s t a t t : OR I
R —C = O + CH3—Mg—Br
OR I
• R — C\
X
,0
— Mg — Br
CH3
Das so entstehende P r o d u k t setzt sich mit einem z w e i t e n Mol derGrignardv e r b i n d u n g nach folgender Gleichung u m : OR CH3 | o—Mg—Br | R—C konz. H 2 S0 4 ) eine energiereichere Verbindung in ihr stabiles Isomeres umgelagert, in ähnlicher Weise, wie dies bei den Beziehungen zwischen Hydrazobenzol und Benzidin auf S. 185 erörtert worden ist. Der Vergleich mit der Benzilsäureumlagerung liegt nahe. CO • C • C6H6 , / \ KO OH
• KOCO — C^ Í C„HS OH
Auch zu den Abbaureaktionen von H o f m a n n und C u r t i u s ergeben sich verwandtschaftliche Beziehungen. Wir haben in diesem Zusammenhang auch der r ä u m l i c h e n I s o m e r i e d e r O x i m e Erwähnung zu tun, die, von W e r n e r und H a n t z s c h schon früher theoretisch begründet, derselben, schon besprochenen Erscheinung bei den Diazotaten sich angliedert. D. h. Oxime, in denen das die Isonitrosogruppe tragende C-Atom mit zwei ungleichen Substituenten besetzt ist, können in einer syn- und einer anti-Form existieren. R — C — R' II HON
und
R — C — R' ¡ NOH
Die Isomerie erweist sich am Modell gleichartig der von Malein- und Fumarsäure. Bei den A l d o x i m e n geht die iyw-Form leicht unter Wasserabspaltung in das N i t r i l über, die anti-Form nicht. R . CH II NOH 1
•
R•C i + H2O . N
E. Beckmann, B. 18, 988 (1886); 20, 1507 und 2580 (1887); A. 262, 1 (1889).
IX, 3
Ketonsynthese
335
Von den K e t o x i m e n ungleichartig substituierter Ketone hat man lange geglaubt, das Ergebnis der B e c k m a n n s c h e n Umlagernng als Beweis für die Konfiguration heranziehen zu können, derart, daß man annahm, die OH-Gruppe tausche mit dem b e n a c h b a r t e n Substituenten den Platz, denn die Umlagerung der beiden sterisch isomeren Ketoxime führt zu isomeren Amiden. Aber man hat festgestellt, daß gerade die entgegengesetzten Verhältnisse eintreten, wie die nachstehenden Formeln dartun ( M e i s e n h e i m e r , B . 64, 3206 [1921]): R • C • R' II NOH
•>
OC • R ' I ; NH • R
R • C • R' !l HON
OC • R •
I
NHR
In schöner Übereinstimmung mit der Theorie leiten sich vom B e n z i l zwei stereoisomere Mono- und drei Dioxime ab:
NOH HON syn-
HON
NOH anti-
HON HON amphi-Form
b) Acetophenon aus Benzol und E s s i g s ä u r e a n h y d r i d 1 Ein dreifach tubulierter Rundkolben (sog. Tscherniakkolben) oder weithalsiger Rundkolben von Ys Liter Inhalt ist am mittleren, weiten Tubus mit einem durch Quecksilber gedichteten R ü h r e r (Fig. 29, S. 40) montiert; auf einer Seite steht er mit einem R ü c k f l u ß k ü h l e r in Verbindung, auf der anderen ist ein T r o p f t r i c h t e r eingesetzt. Der Kolben wird mit 100 ccm über Natrium getrockneten Benzols beschickt, in das man 80g frisch sublimierten Aluminiumchlorids einträgt. Sodann läßt man unter k r ä f t i g e m Rühren 25 g reinen Essigsäureanhydrids im Lauf einer halben Stunde einfließen. Das Gemisch erwärmt sich und ,es wird stürmisch Chlorwasserstoff entwickelt. Man erhitzt unter andauerndem Rühren noch eine halbe Stunde lang auf dem Wasserbad zum Sieden, gießt die erkaltete Lösung im Scheidetrichter auf Eis, worauf man das ausgeschiedene Aluminiumhydroxyd mit konzentrierter Salzsäure in Lösung bringt. Nach Zugabe von etwas Äther trennt man die Benzolschicht ab, äthert nach, schüttelt die vereinigten Auszüge mit Natronlauge, trocknet mit Calciumchlorid und destilliert nach dem Wegdampfen der Lösungsmittel das Acetophenon, am besten im Vakuum. Siehe S. 328. Ausbeute 24—25 g, auf das Essigsäureanhydrid bezogen 80 bis 85% der Theorie. 1
R . A d a m s , Am. Soc. 46, 1889 (1924).
336
Organisch-präparativer Teil
Bei Anwendung von A c e t y l c h l o r i d an Stelle von Essigsäureanhydrid wird kaum die Hälfte der Ausbeute erreicht. Der Vergleich der beiden Reaktionen ist lehrreich. 4. Triphenylchlormethan aus Benzol und Tetrachlorkohlenstoff 1
In der gleichen Apparatur, wie sie für die Darstellung des Benzen phenons angegeben ist, werden 60 g frischen wirksamen Aluminiumchlorids nach und nach in die Mischung von 80 g reinen, trocknen Tetrachlorkohlenstoffs und 200 g Benzol eingetragen. Man kühlt anfangs mit Wasser und läßt die Reaktion nicht allzu stürmisch werden. Den in Strömen entweichenden Chlorwasserstoff absorbiert man, wie in ähnlichen Fällen, z. B. bei der Darstellung des Brombenzols (S. 106), angegeben. Wenn alles A1C1S zugegeben und die Hauptreaktion vorüber ist, erhitzt man noch 1 / 2 Stunde lang auf dem siedenden Wasserbad unter Rückfluß und gießt das abgekühlte braungelbe Reaktionsgemisch unter stetem Umschütteln auf ein Gemenge von 100 bis 200 g Eis und 200 ccm konzentrierter Salzsäure, das sich in einem genügend großen Scheidetrichter befindet. Sollte das Eis vor der Zersetzung der ganzen Menge geschmolzen sein, fügt man neues Eis und ebensoviel konzentrierter Salzsäure nach. Die Salzsäure dient dazu, die hydrolytische Spaltung des Triphenylmethylchlorids zu verhindern. Wenn die beiden Schichten sich geschieden haben — allenfalls setzt man noch frisches Benzol zu —, trennt man ab, schüttelt wenn nötig nochmals mit Benzol aus, trocknet die vereinigten Benzollösungen mit Calciumchlorid und dampft dann das Benzol auf dem Wasserbad so weit als möglich ab. Der Rückstand wird mit dem gleichen Volumen Äther versetzt und digeriert und für einige Stunden in Eis gestellt. Dann saugt man ab und wäscht den scharf abgepreßten Kristallbrei (breite Filterplatte!) einige Male mit wenig eiskaltem Äther. Die eingedampften Mutterlaugen — zuletzt im Vakuum — liefern eine zweite, weniger reine Kristallisation, die mit wenig kaltem Äther digeriert und dann abgesaugt wird. Ausbeute 110—120 g. Zur Reinigung löst man das noch gelbe Rohprodukt in sehr wenig warmem Benzol, fügt das vierfache Volumen Leichtbenzin hinzu und läßt unter Rühren mit einem Glasstab in Eiskühlung auskristallisieren. Waschen mit kaltem Petroläther. Auch die D e s t i l l a t i o n im H o c h v a k u u m liefert ein sehr reines Präparat (Lecher). 1
M. G o m b e r g , B. 33, 3144 (1900).
IX, 6
Chinizarin aus Phthalsäureanhydrid und Hydrochinon
337
5. 2,4-Dioxy-acetophenon aus Resorcin und Acetonitril 1 Die Lösung von 5,5 g Resorcin und 3 g Acetonitril in 25 ccm absoluten Äthers wird mit 2 g wasserfreien, fein gepulverten Zinkchlorids versetzt; dann sättigt man unter Eiskühlung mit Salzsäuregas, läßt einige Stunden verschlossen stehen, fügt zu dem breiig gewordenen Inhalt unter Außenkühlung 25 ccm Eiswasser und trennt nach Zugabe von etwas Äther die Ätherschicht ab. Das in der wäßrigen Lösung als salzsaures Salz enthaltene Ketimin wird durch V2 stündiges Kochen der Lösung gespalten. Beim Erkalten kristallisiert das Resacetophenon in einer Ausbeute von 4—5 g aus. Die Substanz kann aus Wasser oder Alkohol umkristallisiert werden. Schmelzp. 145°. 6. Chinizarin aus Phthalsäureanhydrid und Hydrochinon8 Eine Mischung von 5 g reinen Hydrochinons und 20 g Phthalsäureanhydrid wird in einem offnen Kolben mit einem Gemisch von 50 ccm reiner konzentrierter Schwefelsäure unter Zusatz von 5 g Borsäure 3 Stunden im ölbade auf 150—160° und schließlich noch eine Stunde auf 190—200° erhitzt. Die noch heiße Lösung gießt man dann unter Umrühren in 400 ccm Wasser, welches sich in einer Porzellanschale befindet, erhitzt bis zum Sieden und saugt heiß auf der Nutsche ab. Diese Operation wird wiederholt. Dann kocht man den Niederschlag mit 250 ccm Eisessig auf, saugt heiß ab, gießt das Filtrat in ein Becherglas und versetzt es heiß mit seinem gleichen Volumen heißen Wassers. Das beim Erkalten sich abscheidende rohe Chinizarin filtriert man ab, wäscht es mit Wasser mehrfach nach, trocknet es auf dem Wasserbad, dann im Trockenschrank bei 120° und kristallisiert es aus 150 ccm siedenden Eisessigs um: Schmelzp. 194°. Große orangegelbe Blättchen, die man nach dem Absaugen mit wenig Eisessig, dann mit Äther wäscht. Besonders schöne Kristalle erhält man aus Toluol oder Xylol. Chinizarin löst sich in Alkalien, ebenso wie Alizarin, mit tief violetter Farbe. Es läßt sich unzersetzt sublimieren. Ausbeute 2—2,5 g. T h e o r e t i s c h e s zu 3, 4, 5, 6 Sowohl S ä u r e c h l o r i d e als auch A l k y l c h l o r i d e setzen sich bei Gegenwart von A l u m i n i u m c h l o r i d , oder auch Z i n k - und E i s e n ( I I I ) - c h l o r i d K. H o e s c h , B. 48, 1122 (1916); 60, 462 (1917). G r i m m , B . 6, 506 (1873); B a e y e r , B. 8, 162 (1876). A. 212, 10 (1882). D. R. P. 255031 ( F r i e d l ä n d e r X I , 588). 1
2
G a t t e r m a n n , Praxis d. organ. Chemikers.
28. Aufl.
Liebermann, 22
338
Organisch-präparativer Teil
mit aromatischen Verbindungen in der Weise um, daß unter Abspaltung von HCl Acyl oder Alkyl an den Kern tritt: + C1-CO-CH,
•
— CO•CH S | + HCl.
+ C1-CH,
• I
j
/ + HCl.
Während die erste Reaktion, die den Aufbau von Ketonen in sich schließt, wegen ihres meist glatten Verlaufs viel angewandt wird, gestaltet sich die Einführung von Albylgruppen viel weniger übersichtlich, da einmal die Substitution weitergeht und außerdem gleichzeitig eine teilweise Wiederabspaltung von Alkylgruppen erfolgen kann. Die F i t t i g s c h e Reaktion ist hier meistens vorzuziehen. D a unter den Bedingungen der F r i e d e l - C r a f t s s c h e n Reaktion Substanzen mit olefinischer Doppelbindung derart reagieren, daß zuerst das Säurechlorid unter Bildung eines g e s ä t t i g t e n ß - c h l o r i e r t e n K e t o n s sich an die Doppelbindung anlagert, das in der Wärme unter HCl-Verlust in das u n g e s ä t t i g t e Keton übergeht: ^C = C / H
b C1 • CO • CH 3 \
• 'C1
— C — CO • CH 3 H
I = C — CO • CH3 + HCl,
so ist man berechtigt, einen analogen Reaktionsverlauf auch für die aromatische Reihe anzunehmen (vgl. B . 55. 2246 [1922]). Die F u n k t i o n d e s A l u m i n i u m c h l o r i d s ist eine katalytische und seine Menge daher an sich nicht an stöchiometrische Verhältnisse gebunden. Da aber im Fall der Ketonsynthese das Reaktionsprodukt mit einem Mol A1C1S eine feste komplexe Additionsverbindung bildet, so muß hierbei mindestens ein Mol davon verwendet werden. Die Auswahl der L ö s u n g s m i t t e l ist bei der F r i e d e l - C r a f t s s c h e n Reaktion wegen der großen Reaktionsfähigkeit der Reaktionsteilnehmer eine beschränkte, im wesentlichen kommen S c h w e f e l k o h l e n s t o f f , gut gereinigter P e t r o l ä t h e r , C h l o r b e n z o l und N i t r o b e n z o l in Betracht. Über die W i r k u n g s w e i s e des Aluminiumchlorids besteht noch keine Klarheit. Da es mit Acyl- und Alkylchloriden komplexe, isolierbare Additionsprodukte bildet, so ist vielleicht in ihnen die Bindung zwischen Chlor und Kohlenstoffrest gelockert und dadurch die Additionsfähigkeit erhöht. Es besteht aber auch die Möglichkeit, daß das Aluminiumchlorid durch Zusammentreten mit dem Kohlenwasserstoff dessen Reaktionsfähigkeit steigert. Dies gilt nicht nur für aromatische und olefinische Verbindungen, sondern auch für C y c l o p a r a f f i n e , die der F r i e d e l - C r a f t s s c h e n Reaktion ebenfalls zugänglich sind.
IX, 3-6
339
Die Friedel-Craftssche Synthese
Außer den aromatischen Kohlenwasserstoffen sind die P h e n o l ä t h e r der Synthese besonders leicht zugänglich. Von einzelnen Anwendungsformen seien angeführt: Die Reaktion von P h t h a l y l c h l o r i d mit B e n z o l , bei der die Muttersubstanz der Phthaleine, das P h t h a l o p h e n o n entsteht: C 0
+2C.H,
>• |
|
Die innere Ketonsynthese aus dem C h l o r i d d e r C H
X ü , • CH, • COC1 i 1
"
+ 2 HCl .
yo
Hydrozimtsäure:
' iCH"
i
CO a-Hydrindon
+ HCl .
Die direkte Synthese von K e t o n e n aus K o h l e n w a s s e r s t o f f e n P h o s g e n , z. B.: 2 C 6 H 6 + COCl2
und
C = NH zuCV sammentreten, so ist ersichtlich, daß hier zuerst das A i d im in entsteht, das dann bei der Aufarbeitung des Reaktionsgemisches durch Wasser unter NH 3 Abspaltung in den Aldehyd umgewandelt wird. E n o l e d e r F e t t r e i h e (Acetessigester, Acetylaceton) reagieren in grundsätzlich gleicher Weise. Die Anwendung von K n a l l q u e c k s i l b e r , aus dem mit Chlorwasserstoff das isolierbare, schön kristallisierte F o r m h y d r o x a m s ä u r e c h l o r i d entsteht (C=NO),Hg + 4 HCl
• HgCl2 + 2
H\
>C=NOH
CK
führt in der aromatischen Reihe zur Bildung von A l d o x i m e n ( S c h o l l ) . Von großem Interesse ist die Umsetzung von K o h l e n o x y d - A l u m i n i u m c h l o r i d mit g e s ä t t i g t e n K o h l e n w a s s e r s t o f f e n . Dabei wird die COGruppe in die Kette eingeschoben 1 , z. B . : C , H „ + CO
• H 3 C • CH 2 • CO • CH(CH 3 ) 8 .
Einen sehr glatten Verlauf nimmt die von H o u b e n - H o e s c h nach den Leitlinien der G a t t e r m a n n s c h e n Reaktion variierte Ketonsynthese unter Anwendung der N i t r i l e , die namentlich bei m e h r w e r t i g e n P h e n o l e n sehr günstige Resultate bringt. E s sind hier die I m i d c h l o r i d e R — C = NH, C1 die sich analog wie bei der Anwendung von Blausäure zu K e t i m i n e n und dann weiter zu K e t o n e n umbilden. Die Formulierung ergibt sich aus dem Gesagten von selbst. C h l o r o f o r m tritt mit seinen drei Chloratomen in die F r i e d e l - C r a f t s sche Reaktion ein; das Reaktionsprodukt mit Benzol ist der wichtige Kohlenwasserstoff T r i p h e n y l m e t h a n , die Grundsubstanz der bekannten Farbstoffklasse. Paraleukanilin [(p)NH s • C 6 H 4 ] 3 • CH ist durch reduktive Spaltung seiner Tris-diazoverbindung in ihn übergeführt worden (E. und O. Fischer). Die Übertragung der Reaktion mit Benzol und A1C1S auf T e t r a c h l o r m e t h a n führt nicht, wie man erwarten sollte, zum Tetraphenylmethan. Das vierte Cl-Atom bleibt hier im Reaktionsprodukt stehen. T r i p h e n y l c h l o r m e t h a n (CeH5)3CCl hat eine außerordentliche Bedeutung gewonnen, weil seine Einführung in die W u r t z s c h e Reaktion die Entdeckung des ersten freien organischen Radikals ermöglicht hat ( G o m b e r g 1900). Vgl. dazu S. 341. I n vielen Fällen kann man bei der F r i e d e l - C r a f t s s c h e n Reaktion das Säurechlorid durch das S ä u r e a n h y d r i d ersetzen. Die Darstellung des A c e t o p h e n o n s (S. 335) bietet ein präparatives Beispiel für diese Methode.
/CO • ch 3 + °\ %J \co • ch 3 f \
1
A1CI
H o p f f , B . 64, 2739 (1931).
^
¡^\-co.ch3 ;; + CH3 . cooh .
341
Hexaphenyläthan
IX, 7
Sie ist besonders wichtig geworden v o n d e r Grundlage des P h t h a l s ä u r e a n h y d r i d s aus, d a s sich in ganz analoger U m s e t z u n g d u r c h AlClg m i t Benzol zur o - B e n z o y l b e n z o e s ä u r e kondensieren l ä ß t . CO OC-
+ o
CO;
NH
\ COOH. NH,
Isatin ist das innere Anhydrid (Lactam) einer y-Amino-oc-keto-carbonsäure, der I s a t i n s ä u r e (A), zu deren Salzen der Stoff durch Alkalien aufgespalten wird. Die Ketogruppe in 3 ist der Kondensation mit vielen anderen 1
L. K a l b , B. 42, 3649 (1909).
Katalytische Hydrierung
XI, I
365
Stoffen zugänglich und darum wird Isatin technisch dargestellt und in wertvolle indigoide Küpenfarbstoffe übergeführt. Wir nennen als Beispiel den prächtigen T h i o i n d i g o - s c h a r l a c h , der aus Isatin und dem Indoxyl der Thioreihe, dem sog. O x y t h i o n a p h t h e n erhalten wird:
CO CO + H,C NH
NH
Die schöne I s a t i n - S y n t h e s e von S a n d m e y e r , die auch präparativ empfohlen sei, entschwefelt den bekannten D i p h e n y l t h i o h a r n s t o f f (I) (S. 169) mit basischem Bleicarbonat. An das so gebildete reaktionsfähige D i p h e n y l c a r b o d i i m i d (II) wird Blausäure angelagert und so ein N i t r i l ( I I I ) erhalten, das mit H 2 S zuerst in das T h i a m i d (IV) übergeführt wird. Durch konzentrierte H 2 S 0 4 wird der Ringschluß bewirkt zum a - A n i l d e s I s a t i n s (V), aus dem dann durch verdünntere Schwefelsäure die Anilgruppe hydrolytisch herausgeholt wird: CN I (C 6 H 6 NH) S «CS
N = C=
\
III
= nc„h5
NH CO
SC • NH, IV
/C =
NC„H5
NH
NH
Die erste Indigosynthese B a e y e r s ging, woran erinnert sein möge, vom I s a t i n c h l o r i d aus. Formulieren!
XI. Hydrierung und Reduktion, Ozonisation i. Katalytische Hydrierung mit Die Anordnung
Palladium
der A p p a r a t u r ist aus F i g . 56 ersichtlich1.
Als
Sperrflüssigkeit im G a s o m e t e r benützt m a n Wasser. D a s Schütteln erfolgt m i t H i l f e e i n e r R a b e s c h e n motors oder eines Heißluftmotors
T u r b i n e , eines durch
kleinen
Drehen der
Elektro-
Exzenter-
1 Die Stative für Gasometer, Birne und Exzenterscheibe sind auf der Figur nicht wiedergegeben.
366
Organisch-präparativer Teil
s c h e i b e , die mit der Birne durch einen starren Draht verbunden ist. (Die Apparatur ist jedoch bequemer auseinander zu nehmen, wenn, wie in der Figur angegeben, der Draht geteilt ist und die beiden
Fig. 56.
Teile durch eine mit Schraube versehene Messingöse vereinigt sind.) Sämtliche Stative sind durch größere Eisenstücke beschwert. Die S c h ü t t e l b i r n e selbst (Fig. 57) trägt seitlich einen Tubus, der mit einem (reinen) Gummistopfen verschlossen werden kann. Ihr horizontales Rohr, zugleich Achse der Schüttelbirne, läuft in einer Messinghülse (Korkbohrerhülse), die auf beiden Seiten durch kurze, übers Glas gezogene Stücke Gummischlauch festgehalten wird. Sie wird, durch einen Kork festgeklemmt, in einer starken Klammer gehalten. Das Rohr steht durch einen dickwandigen Schlauch, der einen Quetschhahn trägt, in direkter VerFig. 57. bindung mit dem Gasometer. Dessen Meßzylinder wird von einer weiten Kühlerklammer gehalten. Vor der Hydrierung wird die ganze Apparatur auf D i c h t i g k e i t geprüft. Dies erfolgt so: Der Tubus an der Birne wird geschlossen, das
XI, i
Katalytische Hydrierung
367
Gasometer nach öffnen von A und B provisorisch mit Wasserstoff gefüllt. Nach Schließen der Glashähne wird der Stand im Glaszylinder bei gleichem Niveau des Sperrwassers mit dem Wasser im Behälter markiert und nun V4 Stunde bei leerer Birne geschüttelt. Ist nach dieser Zeit bei gleicher Zimmertemperatur der Stand derselbe, so kann man zur Hydierung selbst schreiten. In die nach der Dichtigkeitsprüfung kurze Zeit offen gehaltene trockene Hydrierbirne bringt man 0,5 g Palladium-Tier kohle (s. S. 368) und fügt dazu vorsichtig die Lösung von 5 g Zimtsäure in 30 ccm 80-proz. Methylalkohol, derart, daß der Katalysator vollständig bedeckt ist. (Wenn Spuren des Katalysators an der Glaswand haften, kann beim Durchleiten von Wasserstoff eine Explosion erfolgen.) Nun leitet man bei geschlossenem Hahn B und offenem A Wasserstoff aus der Bombe (gewaschen mit KMnO ¿-Lösung) durch die Birne, bis die Luft in ihr und der ganzen Leitung verdrängt ist; schon vorher hat man den Gasometer (1 Liter Inhalt) und die Rohrleitung bis zu Hahn B mit Wasser gefüllt. Jetzt verschließt man den Tubus der Birne und verdrängt nach Öffnung des Glashahnes B bei tief gestelltem Wasserbehälter das Wasser durch Wasserstoff. Dann wird die Verbindung mit der Wasserstoff-Flasche (oder dem Kipp) gelöst, der Stand des Gases wie bei der Dichtigkeitsprüfung abgelesen und unter geringem Überdruck (Behälterflasche auf dem Gasometer) die Schüttelei in Gang gebracht1. Wir arbeiten hier mit sehr geringen Mengen Katalysator (etwa 15 mg Pd); trotzdem ist nach 3 Stunden die zur Absättigung der Äthylen-Doppelbindung notwendige Menge (bei 740 mm Barometerstand und 20° 840 ccm) Wasserstoffs aufgenommen. Man filtriert vom Katalysator ab, verdampft den Methylalkohol und kristallisiert die hydrierte Säure, wie auf S. 229 beschrieben, um. Als katalytische Nebenwirkung des Palladiums tritt bei Anwendung von unverdünntem Methylalkohol als Lösungsmittel E s t e r b i l d u n g ein 2 . In diesem Fall hat man die Lösung nach Zugabe von 5 g Ätzkali einzudampfen und die Hydrozimtsäure mit verdünnter Salzsäure auszufällen. 1 Ist man infolge Verbrauchs des Gases im Zylinder genötigt, während des Versuches das Gasometer neu zu füllen, so wird die Bombe bei A angeschlossen, der Schraubhahn des Verbindungsschlauches am h o r i z o n t a l e n Bimenrohr zugedreht und bei offenen Hähnen A und B vorsichtig aufgefüllt. 8
Vgl. dazu E. W a s e r , Helv. Chim. Act. VIII, 117 (1926).
368
Organisch-präparativer Teil
B e r e c h n u n g des W a s s e r s t o f f v e r b r a u c h s E i n g-Mol Substanz braucht für je eine Doppelbindung 22,4 Liter Wasserstoff unter Normalbedingungen. Nach der Formel T • 760 u
273 • p '
wobei p gleich dem abgelesenen Barometerstand weniger der Dampftension des Wassers bei der betreffenden Temperatur, T gleich der abs. Temperatur ist, läßt sich das Volumen eines g-Mols bei den jeweiligen Arbeitsbedingungen ausrechnen. E s beträgt durchschnittlich (für p = 720 mm und t = 17°) 25 Liter. 5 6 g Zimtsäure (Mol.-Gew. 148) sind = J^g g-Mol; der Bedarf an Wasserstoff beträgt daher 25 • j^g Liter = 845 ccm H 2 .
D a r s t e l l u n g von
Palladium-Tierkohle
2 g Tierkohle werden in einer Schüttelbirne von etwa 300 ccm Inhalt in 100 ccm Wasser suspendiert. In den Tubus der Birne ist mit Hilfe eines Gummistopfens ein gebogener Tropftrichter eingeführt. Man leitet jetzt durch die Birne — bei geöffnetem Hahn des Tropftrichters — so lange Wasserstoff, bis eine Probe des austretenden Gases im Reagenzrohr mit ruhiger Flamme abbrennt. Dann schließt man den Hahn des Tropftrichters, senkt das Niveaugefäß und läßt durch den Trichter unter dauerndem (maschinellen) Schütteln allmählich eine Lösung von 0,1 g Palladiumchlorid in 10 ccm etwa 0,1 n-Salzsäure eintropfen. Wenn die Losung entfärbt ist, läßt man den Wasserstoff durch öffnen der Birne entweichen. Der Katalysator wird auf einer Filterplatte abgesaugt und mit viel Wasser in der Weise nachgewaschen, daß man den Katalysator immer bedeckt hält, da an der Luft leicht Verglimmen eintritt. Wenn im Filtrat keine Säure mehr nachweisbar ist, wäscht man schnell zweimal mit Alkohol und abs. Äther und bringt das ätherfeuchte Präparat sofort in einen Exsiccator, der evakuiert wird. Nach 24 Stunden wird der Exsiccator durch vorsichtiges Einleiten von Stickstoff oder Kohlendioxyd geöffnet; der vollständig trockne Katalysator verglimmt an der Luft nicht mehr und ist gut haltbar.
Darstellung von P l a t i n o x y d ,
PtC^1
Neuerdings benützt man wegen seiner bequemen Darstellung und Handhabung und zugleich ausgezeichneten Wirksamkeit den Platinoxydkatalysator nach R . A d a m s , der beim Gebrauch im Schüttelgefäß zuerst vom Wasserstoff zu sehr fein verteiltem Platin reduziert wird.
Die Lösung von 2,1 g Platinchlorid (H 2 PtCl 6 ) in 5 ccm Wasser wird in einem großen Porzellantiegel mit 20 g reinen Natriumnitrats ver1
Am. Soc. 44, 1397 (1922); 45, 2171 (1923).
XI, r
Katalytische Hydrierung
369
mischt und mit einer kleinen Flamme unter ständigem Rühren mit einem dicken Glasstab vom Wasser befreit. Dann steigert man die Temperatur allmählich bis zur vollständigen Schmelze des Tiegelinhalts. E s entwickelt sich Stickstoffdioxyd, währenddem man mit der Temperatur unter Benützung zweier kräftiger Bunsenbrenner bis zu mittlerer Rotglut (500— 600°) geht. Nach 5—10 Minuten geht die N0 2 -Entwicklung stark zurück. Man läßt erkalten, laugt mit destilliertem Wasser aus, wäscht den schweren Bodenkörper durch Dekantieren mehrere Male aus, saugt ab und trocknet im Exsiccator. Die Farbe des so erhaltenen Platinoxyds soll ein mittleres Braun sein. Das Verfahren der katalytischen Hydrierung hat für alle Zweige der organisch-chemischen Tätigkeit in den letzten vier Jahrzehnten eine ungemein große Bedeutung gewonnen. Zuerst (1901) hat S a b a t i e r gezeigt, daß ungesättigte Substanzen verschiedenster Art beim Überleiten ihrer Dämpfe zusammen mit Wasserstoff über erwärmtes, fein verteiltes N i c k e l hydriert werden. Die Übertragung der Methode auf die Hydrierung von F l ü s s i g k e i t e n geschah durch N o r m a n n , der fette öle mit Hilfe des darin suspendierten Nickelkatalysators durch Bindung von Wasserstoff in höher schmelzende Fette umwandeln lehrte (Technischer Prozeß der F e t t h ä r t u n g ) . Nach dem gleichen Prinzip werden die H y d r i e r u n g s p r o d u k t e des Naphthalins, T e t r a l i n und D e k a l i n , die des Phenols, C y c l o h e x a n o n und C y c l o h e x a n o l sowie C y c l o h e x a n aus Benzol von der Industrie dargestellt ( S c h r ö t e r ) . Für die Laboratoriumspraxis hat die Sabatiersche Methode keine große Bedeutung mehr. Die erwähnten Hydrierungsprodukte sind jetzt zu niedrigen Preisen im Handel zu haben. Durch besonders feine Verteilung des Nickels auf T r ä g e r s u b s t a n z e n (Kieselgur, Asbest, Bariumsulfat) ließ sich seine Aktivität derart steigern, daß die Wasserstoffübertragung auf ungesättigte Stoffe auch bei Raumtemperatur und in Lösung gelingt ( K e l b e r ) 1 . Die Bereitung eines hervorragend wirksamen Nickelkatalysators hat H. R u p e 2 angegeben. Ferner sei hier auf den R a n e y - K a t a l y s a t o r , eine Legierung aus Nickel und Aluminium, aus der das Aluminium vor dem Gebrauch mit Natronlauge herausgelöst wird 3 , aufmerksam gemacht. Die Hydrierung der Kohlenstoffdoppelbindung als präparative Laboratoriumsaufgabe wird in der Regel mit den fein verteilten Platinmetallen Platin oder Palladium ausgeführt, sei es in Form von P l a t i n m o h r oder P a l l a d i u m s c h w a r z , sei es mit P l a t i n o x y d oder mit den auf indifferenten Trägern in feiner Verteilung niedergeschlagenen Metallen.
1 2 3
B . 49, 66 (1916); 57, 136 (1924). Helv. Chim. Act. I, 453 (1918). C o v e r t und A d k i n s , Am. Soc. 64, 4116 (1932).
G a t t e r m a n n , P r a x i s d. organ. Chenukcrs.
28. Aufl.
24
370
Organisch-präparativer Teil
Vor der Anwendung von Überträgermetallen bestand keine Möglichkeit, Wasserstoff direkt an die reine Kohlenstoffdoppelbindung anzulagern. Mit ihr haben wir es in der Hand, so gut wie alle ungesättigten Systeme mit Wasserstoff zu sättigen, und zwar ist es gerade die olefinische Lückenbindung, zu der der katalytisch erregte Wasserstoff am leichtesten Zutritt hat. Geringer ist seine Reaktionsgeschwindigkeit gegenüber der Carbonylgruppe von Aldehyden und Ketonen, Carboxyl und Estergruppen läßt er unversehrt. Als L ö s u n g s m i t t e l für die kalte katalytische Hydrierung, die im wissenschaftlichen Laboratorium weitaus die größte Bedeutung hat, dienen E i s e s s i g , E s s i g e s t e r , die A l k o h o l e , Ä t b e r , W a s s e r . Der Erfolg einer Hydrierung hängt in noch nicht ganz durchsichtiger Weise von der N a t u r des Lösungsmittels ab. Die stärkste Wirkung erzielt man im allgemeinen mit P l a t i n o x y d in E i s e s s i g . Bei der geringen Löslichkeit des Wasserstoffs in allen Lösungsmitteln muß der suspendierte oder kolloidal gelöste Katalysator durch S c h ü t t e l n dauernd mit der Gasphase in Berührung gebracht werden, damit er immer von neuem Wasserstoff aufnehmen und an die zu hydrierende Substanz weitergeben kann. An Stelle der hier angegebenen Birne ( W i l l s t ä t t e r und W a s e r ) kann ebensogut eine „Schüttelente" benutzt werden. Manchmal kommt eine Hydrierung nach anfänglich gutem Gang vor dem vollen Wasserstoffverbrauch zum Stillstand; man kann dann den Katalysator in vielen Fällen durch Schütteln mit Luft r e a k t i v i e r e n ( W i l l s t ä t t e r ) . Hierbei h a t man zu beachten, daß ein Wasserstoff-Luftgemisch durch die fein verteilten Katalysatormetalle gezündet wird, und muß darum vor jener Maßnahme den im Hydrierungsgefäß vorhandenen Wasserstoff durch Stickstoff oder einfacher durch Evakuieren entfernen. Der katalytischen Hydrierung sollen nur v o l l k o m m e n r e i n e Substanzen unterworfen werden. Diese Regel gründet sich darauf, daß vor allem schwefelund oft auch halogenhaltige Stoffe den Katalysator desaktivieren und daß oft ganz unberechenbare Einflüsse der Durchführung einer Hydrierung im Wege stehen. Das sicherste Mittel zur Vermeidung solcher Störungen beruht in der Verwendung reiner Materialien, auch der Lösungsmittel. Dieselben Katalysatoren, durch deren Mitwirkung elementarer Wasserstoff an eine Doppelbindung angelagert wird, vermögen bei geänderten Temperaturverhältnissen auch den entgegengesetzten ^Vorgang, den der D e h y d r i e r u n g oder Wasserstoffabspaltung zu beschleunigen. So zerfällt C y c l o h e x a n , bei etwa 300° über Nickel oder Palladiumschwarz geleitet, in B e n z o l und W a s s e r s t o f f ( S a b a t i e r , Z e l i n s k y ) . Das Gleichgewicht: CSH0 + 3 H 2
C = O und — C = O wird > CH2 und — CH3. H D a r s t e l l u n g des Z i n k a m a l g a m s . Dünne Zinkgranalien oder noch besser in kleine Streifen geschnittenes Zinkblech von 0,15 bis 0,25 mm Dicke werden mit der gleichen Gewichtsmenge 5-proz. wäßriger Quecksilber (II) -chloridlösung unter häufigem Umschütteln eine Stunde lang in Berührung gelassen. Dann gießt man ab und spült noch einmal mit frischem Wasser nach. a) Ä t h y l b e n z o l aus A c e t o p h e n o n 1 . Zu 15 g verquecksilberten Zinks gibt man 6 g Acetophenon und 30ccm Salzsäure (aus 1 Teil konzentrierter und 2 Teilen Wasser) und erhitzt in einem Kolben mit eingeschliffenem Rückflußkühler auf dem Drahtnetz zu lebhaftem Sieden. Nach je einer Stunde fügt man noch je 5 ccm konzentrierter Salzsäure zu, hält die Reaktion im ganzen 5 Stunden lang im Gang und treibt dann den gebildeten Kohlenwasserstoff mit Wasserdampf in wenigen Minuten über. Das von Wasser in einem kleinen Tropftrichter befreite Destillat wird mit Calciumchlorid getrocknet und dann destilliert. Siedepunkt 135—136°. Ausbeute 3—4 g. Die Ausbeute erhöht sich, wenn man das Acetophenon langsam zutropfen läßt. b) D i b e n z y l aus B e n z i l 2 . 7 g Benzil werden mit 3 0 g amalgamierten Zinks und 100 ccmSalzsäure (1:1) 5 Stunden lang unter Rückfluß gekocht. Wie unter a) läßt man von Zeit zu Zeit konzentrierte Salzsäure (im ganzen 20 ccm) nachfließen. Zum Schluß gießt man vom Zink ab, trennt das beim Erkalten fest werdende Reduktionsr produkt von der Flüssigkeit, wäscht einige Male mit Wasser und destilliert es aus einem kleinen Schwertkolben. Siedepunkt 280°. Schmelzpunkt 50—52°. Der Kohlenwasserstoff kann aus wenig Alkohol umkristallisiert werden. Ausbeute 5 g, beinahe theoretisch. Mit dem gleichen Ergebnis kann B e n z o i n zu D i b e n z y l reduziert werden. Ebenso häufig wie die Clemmensen-Reaktion wird die Methode von K i s h n e r - W o l f f zum Ersatz von Sauerstoff durch Wasserstoff in Ketonen und 1 2
E . C l e m m e n s e n , B. 46, 1838 (1913). B . 47, 683 (1914). 24*
Organisch-präparativer Teil
372
Aldehyden angewandt. Dabei wird das H y d r a z o n oder S e m i c a r b a z o n der Carbonylverbindung — am besten in Gegenwart von Hydrazinhydrat — mit N a t r i u m ä t h y l a t durch mehrstündiges Erhitzen auf etwa 160° im Einschlußrohr oder Autoklaven reduktiv gespalten. Die Reaktion ist wohl so zu erklären, daß unter der katalytischen Wirkung des Äthylats eine Umlagerung des Hydrazons zum D i i m i n zustande kommt, das dann analog wie Phenyldiimin (S. 278) zerfällt. * > C = N — NHj
• * > C H — N = NH
• ^ , > C H 2 + N2.
3. Die Oxydation von Malonester zu Mesoxalsäure-ester mit Selendioxyd1 32 g Malonester und 22,5 g Selendioxyd werden mit 30 g Xylol unter Rückfluß 16 Stunden auf 130° erhitzt. Dann wird das Selen abfiltriert und gut mit Äther ausgewaschen2. Aus der mit Natriumsulfat getrockneten Äther-Xylol-Lösung dampft man den Äther weg und fraktioniert den Rückstand i. V. Nach Übergehen des Xylols wird die Fraktion von 66—100° aufgefangen und einer zweiten Destillation unterworfen. Die dabei erhaltene Fraktion von 90—100° (12 mm) scheidet bei längerem Stehen an der Luft große, glasklare Kristalle von Mesoxalsäureester-Hydrat aus. Ausbeute 5 g. Nach Umkristallisieren aus Aceton Schmelzp. 57°. Der der Clemmensen-Reduktion entgegengesetzte Prozeß, die Überführung von > CH, in > CO gelingt bei Ketonen mit S e l e n - d i o x y d . So läßt sich, als einfachstes Beispiel, Aceton direkt zu M e t h y l g l y o x a l oxydieren. Bei seiner mannigfachen Wirkungsweise wird dieses Oxydationsmittel neuerdings häufig angewandt.
4. Adipin-dialdehyd aus Cyclohexen durch Ozonisation3 Die Ozonisation wird in einer 400 ccm großen, dünnwandigen Gaswaschflasche mit glockenförmig erweitertem Eintauchrohr oder Schraubengang ausgeführt. Zur Verbindung der Flasche mit dem Ozonisationsapparat ist an ihrer Einleitungsröhre ein Kniestück angeblasen, das über dem Gasaustrittsrohr des Ozonisators in eine Quecksilberdichtung eingetaucht werden kann. 1 2 3
R . M ü l l e r , B . 66, 1668 (1933). Das Selen wird gesammelt und wieder auf Selendioxyd verarbeitet. F. G. F i s c h e r und K. L o e w e n b e r g , B . 66, 666 (1933).
XI, 4
Adipin-dialdehyd aus Cyclohexen durch Ozonisation
373
Man löst 12 g Cyclohexen (S. 112) in 140 ccm reinem, trockenem Essigester1 und bringt die Waschflasche mit der Lösimg in ein DewarGefäß oder in eine große Thermosflasche mit Aceton, das man durch langsames Eintragen von festem Kohlendioxyd auf —50 bis —70° abkühlt. Dann verbindet man mit dem Ozonisationsapparat. Bei Verwendung eines Ozonisators mit mindestens 5 Entladungsröhren kann man den ozonisierten Sauerstoff sehr lebhaft durchströmen lassen und die Ozonisation in 3—4 Stunden beenden. Wenn z. B. 20 Liter in der Stunde durchfließen und der Sauerstoff 5 Vol. Proz. Ozon enthält, ist die Absättigung des Cyclohexens in 4 Stunden erreicht. Es empfiehlt sich sehr, vor Beginn des Versuches, etwa 10 Minuten nach dem Einschalten des Ozonisators, die in einer bestimmten Zeit austretende Ozonmenge jodometrisch zu ermitteln und die Stärke des Sauerstoffstromes mit einer Gasuhr oder einem Strömungsmesser zu kontrollieren.
Da eine Ü b e r o z o n i s a t i o n auf alle Fälle vermieden werden muß, wird vor Ablauf der berechneten Zeit eine zweite Waschflasche mit Kaliumjodid-Lösung hinter die erste geschaltet. Zur Verbindimg verwendet man, wenn kein Schliff 2 vorhanden ist, einen langen gebohrten Korkstopfen, der in geschmolzenes Paraffin getaucht wurde. An der eintretenden Weingelbfärbung der Kaliumjodidlösung erkennt man das Ende der Ozonisation. Die k l a r und d ü n n f l ü s s i g gebliebene Lösung des Ozonids wird noch kalt mit Hilfe von 0,5g f r i s c h d a r g e s t e l l t e n PalladiumTrägerkatalysators (s. S. 368) hydriert. Man mäßigt die schnelle Aufnahme von Wasserstoff nach ihrem Einsetzen anfänglich durch Kühlen der Schüttelbirne mit Eiswasser und läßt sie schließlich unter Selbsterwärmung sich beenden. Nach etwa einer Stunde und Aufnahme von 3/4 der berechneten Menge Wasserstoff kommt die Hydrierung zum Stillstand. Die Lösung wird nun durch ein Faltenfilter abfiltriert. Weniger Wasserstoff wird gebraucht, wenn bei der Ozonisation nicht hinreichend gekühlt oder überozonisiert wurde. Die Gegenwart von polymerem Ozonid, das nicht hydriert wird, verrät sich dadurch, daß eine Probe des Rückstandes auf Zusatz von Äther eine F ä l l u n g gibt. Da sich das polymere Ozonid bei der nachfolgenden Destillation explosionsartig zersetzen kann, muß es entfernt werden. Man fügt Äther zu der Lösung und schüttelt durch, bis mit 1 Essigester wird viermal mit dem gleichen Volumen Wasser ausgeschüttelt, über Chlorcalcium getrocknet und abdestilliert. 2 Zur Dichtung der Schliffe beim Arbeiten mit Ozon verwendet man nicht Fett, sondern an der Luft zerflossenes Phosphorpentoxyd oder Graphit.
Organisch-präparativer Teil
374
weiterem Äther keine Fällung mehr entsteht. Wenn sich nach kurzem Stehen das polymere Ozonid abgesetzt hat, gießt man die Lösung davon ab und verdampft den Äther. Das Lösungsmittel wird mit einem Fraktionieraufsatz bei 30—40 i. V. abdestilliert.
Der Adipinaldehyi wird durch Destillation i. V. aus einem kleineren Kolben mit Fraktionierkolonne gewonnen. Man erhält 7—9 g. Der reine Adipinaldehyd siedet bei 92—94°/12 mm, wird in Eiskochsalzmischung fest und schmilzt dann bei —8° bis —7°. Um ihn vor Autoxydation zu schützen, wird er unter Stickstoff oder C0 2 eingeschmolzen verwahrt. Beim Umgehen mit Ozoniden ist eine Schutzbrille zu tragen, da besonders die Ozonide von Körpern mit niederem Molekulargewicht oft explosiv sind. Sehr gefährlich ist z. B. Benzoltriozonid. Als Lösungsmittel zur Ozonisation organischer Substanzen eignen sich: Hexan, Chloroform, T e t r a c h l o r k o h l e n s t o f f , Äthylchlorid, Eisessig und Essigester. In den Kohlenwasserstoffen und Chlorverbindungen sind viele Ozonide schwerlöslich und scheiden sich daher während der Ozonisation aus. XII. Naturstoffe i. Furfurol 1 300 g Kleie werden in einem 3-Liter-Kolben mit der Mischung von 150 ccm konzentrierter Schwefelsäure und 800 ccm Wasser verrührt. Man destilliert etwa 900 ccm Flüssigkeit ab, neutralisiert das Destillat mit Soda und sättigt es mit 250 g Kochsalz. Aus dieser Lösung werden wieder 300 ccm abdestilliert, die man nach dem Sättigen mit Kochsalz mit Äther extrahiert. Nach dem Trocknen wird der Äther verdampft und das Furfurol destilliert. Siedep. 162°. Ausbeute 5—7 g. Die P e n t o s e n verlieren beim Kochen mit Mineralsäuren 3 Molekeln Wasser und gehen in F u r f u r o l über: CHOH—CHOH HOCH,
1
CHOH • CHO
HC HC
CH / \ / OH OH
C • CHO
HC
CH
HC
C • CHO.
O
S t e n h o u s e , A. 86, 302 (1841); F o w n e s , A. 64, 62 (1845).
XII. i
Furfurol
375
Die beiden wichtigsten natürlichen Pentosen, 1-Arabinose und d - X y l o s e , finden sich in der Natur als polymere Anhydride, sog. P e n t o s a n e , und zwar das „ A r a b a n " als Hauptbestandteil vieler Pflanzengummis (Kirschgummi, Gummi arabicum, Kleiegummi), das X y l a n im Holz. Durch Hydrolyse entstehen aus diesen Penta-polyosen zuerst die einfachen Pentosen, die dann durch genügend starke Säuren in Furfurol umgewandelt werden. So bildet sich auch bei der Verzuckerung von Holz (Cellulose) durch verdünnte Säuren dieser Aldehyd als Nebenprodukt. Das Furfurol zeigt als „tertiärer" Aldehyd große Ähnlichkeit mit Benzaldehyd und ist wie dieser der Acyloinreaktion (Furoin) und der Perkinschen Synthese zugänglich. Auch mit Ammoniak reagiert es gleichartig (S. 211). V e r s u c h e : Man läßt Furfurol mit der 5fachen Menge wäßrigen Ammoniaks kurze Zeit stehen; die nach 3 Stunden vollständig ausgeschiedene Substanz schmilzt nach dem Umkristallisieren aus Alkohol bei 117°. Sie h a t die dem Hydrobenzamid analoge Struktur. Mit essigsaurem Phenylhydrazin gibt schon eine verdünnte wäßrige Lösung von Furfurol fast sofort einen Niederschlag des Phenylhydrazons. Man reinigt die abgesaugte und getrocknete Substanz, indem man sie in wenig Äther löst und durch vorsichtigen Zusatz von Petroläther zur Kristallisation bringt. Schmelzp. 9 7 — 9 8 ° . Methode der quantitativen Bestimmung von Furfurol. Furfurol gibt zwei charakteristische F a r b r e a k t i o n e n , die zu seinem qualitativen Nachweis dienen. Mit P h l o r o g l u c i n und S a l z s ä u r e (1 Teil konz., 1 Teil Wasser) entsteht beim Kochen ein dunkelgrüner Niederschlag, mit A n i l i n a c e t a t l ö s u n g tritt schon in der Kälte Rotfärbung auf. Man führe diese beiden Nachweisreaktionen aus. Die Reaktion mit Anilinsalzen ist gleichzeitig von Zincke und D i e c k mann 1905 aufgeklärt worden. Es wird dabei der Furanring „aminolytisch" aufgespalten und daneben aus dem Aldehyd das Anil gebildet. CH—CH Ii Ü CH C—CHO /
CH = CH—CH = C—CH = NC,H 5 I I H 5 C 6 NH OH
H: O H s C,N:H Die Farbstoffe sind Salze des a - O x y - g l u t a c o n d i a l d e h y d - d i a n i l s obiger Formel; statt H S C, • NH • CH = CH kann ebensogut H6C8 • N = CH — CH2—- formuliert werden; dann werden die Beziehungen zur G l u t a c o n s ä u r e HOOC • CH2 • CH : CH • COOH bzw. ihrem Aldehyd deutlicher. In der Hitze spalten die farbigen Salze eine Mol. Anilin ab und gehen in quartäre ß - O x y - p y r i d i n i u m s a l z e über:
Organisch-präparativer Teil
376
H
H HC C.HjHN—HC
COH
HC ü HC
CH
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-
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COH II + C , H 5 N H 2 . CH
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H.
GINSBERG
Leichtmetallanalyse Oktav. XVI, 301 Seiten. Mit 19 Textabbildungen. 1941 Gebunden R M 13.50 D a s B u c h • Leichtmetall* Analyse«—ein unentbehrliches Hilfsmittel f ü r jeden Leichtmetall-Analytik er — enthält eine k u r z e Z u s a m m e n f a s s u n g aller Arbeitsweisen u n t e r besonderer B e r ü c k s i c h t i g u n g der physikalisch-chemischen M e t h o d e n , die sich in d e r P r a x i s bei d e r Leichtmetall-Analyse b e w ä h r t h a b e n . W e i t e r h i n will das B u c h zu einer Vereinheitlichung der analytischen Arbeitsmethoden auf d e m G e b i e t d e r Leichtmetallanalyse dienen u n d d a m i t eine d r i n g e n d e F o r d e r u n g d e r LeichtmetallIndustrie erfüllen. D e r N a m e des A u t o r s gibt die G e w ä h r , d a ß allen A n f o r d e r u n g e n , die die P r a x i s stellen k a n n , in m u s t e r g ü l t i g e r Weise e n t s p r o c h e n w u r d e .
W. TÖDT
Messung und Verhütung der Metallkorrosion Oktav. X V , 164 Seiten. Mit 55 Textabbildungen. 1941. Geb. R M 9.— D a s B u c h w e n d e t sich vor allem an diejenigen, die sich d u r c h eine k u r z g e f a ß t e D a r s t e l l u n g ü b e r die Arbeitsmethoden u n d Richtlinien, wie sie auf d e m Korrosionsgebiet a n g e w a n d t werden, unterrichten arbeiten
wollen, o h n e hierbei ein a u s f ü h r l i c h e s Werk o d e r g a r größeres S c h r i f t t u m d u r c h -
zu m ü s s e n . Auf eine B e s c h r e i b u n g aller Einzelheiten w u r d e verzichtet. Die aus d e r
g r o ß e n Fülle des Materials herausgegriffenen E r g e b n i s s e sind als Beispiele a u f z u f a s s e n . I m I n teresse d e r Anschaulichkeit w u r d e von d e r B e n u t z u n g m a t h e m a t i s c h e r F o r m e l n a b g e s e h e n .
E. LOHR
Vektor- und Dyadenrechnung für Physiker und Techniker Mit 34 Abbildungen im Text. Oktav. X V , 411 Seiten. 1939. Geb. R M 18.— D i e Vektor- u n d D y a d e n r e c h n u n g ist f ü r den Physiker und T e c h n i k e r von außerordentlicher Bed e u t u n g . E s zeigt ihnen, d a ß u n d wie sie alle f r ü h e r e n Kenntnisse im Bereich der V e k t o r - u n d D y a d e n r e c h n u n g verwenden können u n d wie vorteilhaft das w i r k s a m e R e c h n e n m i t V e k t o r e n u n d D y a d e n ist. D a s B u c h vermittelt z u n ä c h s t eine ausreichende u n d t r a g f ä h i g e m a t h e m a t i s c h e G r u n d l a g e des v o r g e t r a g e n e n Rechenverfahrens u n d bringt in einem besonderen Teil physikalische u n d technische A n w e n d u n g e n a u s allen Gebieten d e r theoretischen Physik, In
Vorbereitung
befinden
sich:
L i n d e r s t r ö m - L a n g , K . , u n d H . H o l t e r , M i k r o m e t h o d e n der Histochemie u n d Cytochemie / K l e b e r , W . , A n g e w a n d t e Gitterphysik / H i e d e m a n n , E . t Ultraschalltechnik / R a m b , R . , E m i s . sionsspektroskopie / M ü l l e r , R . , Die Elektroanalyse / W u l f f , P . , Potentiometrie / S t a c k e l b e r g , M . v., Polarographie / S t r o h e c k e r , R . , M e t h o d e n der Lebensmittelchemie / S c h e m i n z - » k 7 , Arbeitsmethoden der wisscnschaftl. Kleinbildphotographie ( C o n t a x - M e t h o d e ) / R o t h - E i s e n l o h r , R e f r a k t o m e t r i s c h e s H i l f s b u c h . N e u b e a r b . v o n M . F u r t e r u . F. L ö w e / G r ä f f , K., G r u n d r i ß d e r geographischen O r t s b e s t i m m u n g . 3. Aufl. / Hesse, G., Absorptionsanalyse.
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