Die Praxis des organischen Chemikers [23. Aufl. Reprint 2019] 9783111509556, 9783111142227

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German Pages 429 [436] Year 1933

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Table of contents :
Vorwort zur ersten Auflage
Vorwort zur Neubearbeitung
Vorwort zur zweiundzwanzigsten Auflage
Vorwort zur dreiundzwanzigsten Auflage
Inhalt
Abkürzungen
A. Einige allgemeine Arbeitsregeln
B. Organisch-analytische Methoden
C. Organisch-präparativer Teil
Zur Verhütung von Unfällen
Die erste Ausrüstung
I. Die Substitution von Hydroxyl und Wasserstoff durch Halogen. Alkohole. Olefine
II. Carbonsäuren und ihre einfachen Abkömmlinge
III. Nitroverbindungen und ihre Reduktionsprodukte
IV. Sulfonsäuren
V. Aldehyde
VI. Phenole und Enole. Keto-Enol-Tautomerie
VII. Die Diazoverbindungen
VIII. Chinoide Verbindungen
IX. Die Synthesen nach Grignard und Friedel-Crafts. Organische Badikale
X. Heterocyclische Verbindungen
XI. Hydrierung und Redaktion
XII. Naturstoffe
Kurze Anleitung zur Benützung der organischchemischen Literatnr
Literaturpräparate
Tabelle zur Berechnung der Stickstoffbestimmungen
Sachregister
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Die Praxis des organischen Chemikers [23. Aufl. Reprint 2019]
 9783111509556, 9783111142227

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L. GATTERMANN DIE PRAXIS DES

ORGANISCHEN CHEMIKERS DREIUNDZWANZIGSTE

AUFLAGE

BEARBEITET VON

HEINRICH WIELAND

MIT FÜNFUNDFÜNFZIG ABBILDUNGEN IM TEXT

B E R L I N U N D L E I P Z I G 1933 W A L T E R

D E

G R U Y T E R

&

CO.

VORMALS G. J. GÖSCHEN'SCHE VERLAGSHANDLUNG - J . GUTTENTAG, VERLAGSBUCHHANDLUNG - GEORG REIMER - KARL J. TRÜBNER - VEIT 4 COMP.

Alle Rechte, einschließlich des Übersetzungsrechts, vorbehalten. Copyright 1933 by Walter de Gruyter & Co. vorm. G. J. Göschen'sche Verlagsbandluug, J. Guttentag, Verlagsbuchhandlung, Georg Reimer, Karl J . Trübner, Veit & Comp.

Berlin und Leipzig.

Archiv-Nr. 52 19 33

Vorwort zur ersten Auflage. Das vorliegende Buch ist in erster Linie einem privaten Bedürfnis des Verfassers entsprungen. Wenn man gleichzeitig eine größere Anzahl von Studierenden in das organische Arbeiten einzuführen hat, dann ist es oft beim besten Willen nicht möglich, jeden einzelnen auf die kleinen Kunstgriffe, deren es beim organischen Arbeiten so viele gibt, aufmerksam zu machen. Damit nun der Studierende sich auch in Abwesenheit des Lehrers bei der Ausführung allgemeiner Operationen Rat erholen kann, ist den speziellen Vorschriften für Präparate ein allgemeiner Teil vorausgeschickt, welcher die Kristallisation, Destillation, das Trocknen, die analytischen Operationen u. a. behandelt Bei der Abfassung dieses Teiles wurde weniger Wert darauf gelegt, die zahlreichen Modifikationen der einzelnen Operationen möglichst vollständig aufzuzählen als vielmehr darauf, die wichtigsten Operationen derart zu beschreiben, daß der Anfanger auch in Abwesenheit des Assistenten dieselben danach selbständig ausführen kann. Im zweiten speziellen Teile wurden jedem einzelnen Präparate allgemeine Betrachtungen angefügt, welche sich auf das Wesen und die allgemeine Bedeutung der ausgeführten Reaktionen beziehen und den Zweck verfolgen, daß der Studierende sich schon beim praktischen Arbeiten auch möglichst vielseitige theoretische Kenntnisse aneignet, welche, unter diesen Umständen erworben, bekanntlich fester haften, als wenn sie ausschließlich an Hand eines rein theoretischen Buches gewonnen sind. Und so hofft denn der Verfasser, daß sein Buch neben den trefflichen Anleitungen von E . FISCHEB und LEVY sich hier und da einige Freunde erwerben möge. Für den Hinweis auf die Mängel desselben würde der Verfasser den Herren Fachgenossen stets dankbar sein. H e i d e l b e r g , im August 1894. Gattermann.

IV

Vorwort

Vorwort zur Neubearbeitung. Vor etwas mehr al8 dreißig Jahren hat LUDWIG GATTERdie erste Auflage seiner Anleitung für das organ.-chemische Praktikum dem Druck übergeben. Das System, die präparatiyen Vorschriften mit theoretischen Erläuterungen zu versehen, hat sich zweifellos bewährt. Dafür spricht schon die große Verbreitung des Buches; es hat 18 Auflagen erlebt. — Die Erlernung der methodischen Technik ist gewiß das Hauptziel des organischen Praktikums; als bloße Kochkunst und Laborantenfertigkeit ausgeübt, leistet sie jedoch zu wenig. Die Methodik beherrschen heißt vor allem auch, den Sinn ihrer Anwendung verstehen, ihre vielfältigen Ausdrucksformen am richtigen Platz handhaben. Es ist auch hier der Geist, der sich den Körper baut. Wir verlangen, daß der Praktikant mit den Umwandlungen, die er präparativ betreibt, theoretisch vertraut sei. Der den einzelnen Präparaten angefügte Kommentar soll den Überblick über das gerade bearbeitete 6ebiet erleichtern und zum Gebrauch der Lehrbücher und der Originalliteratur, zum Nachschürfen anregen. Nachdem jetzt die Grundlagen der organischen Chemie beim präparativen Arbeiten an den deutschen Hochschullaboratorien vorausgesetzt werden können, lag die Gefahr, ihn zur „Eselsbrücke" zu gestalten, fern. Mit Vorbedacht sind die Anforderungen nach der praktischen und nach der theoretischen Seite in dieser Neubearbeitung gesteigert worden. Was in den vergangenen 30 Jahren an „Schulsack" genügte, das ist jetzt zu knapp für den, der sich an der Bearbeitung der für Wissenschaft und Technik gleichermaßen zugespitzten und schwieriger gewordenen Aufgaben beteiligen will. Der Gedanke, das präparative Praktikum gleichzeitig zu einem Erfassen und Erleben der organischen Chemie werden zu lassen, hat die Anordnung des Stoffs vom Gesichtspunkt des systematischen Zusammenhangs aus gefordert. Man wird sehen, daß dem dadurch bedingten Aufbau die präparative Anstiegslinie vom Leichteren zum Schwierigeren kaum ernstlich zuwider ver-

MAIIN

v

Vorwort

läuft. Und der Gewinn an abgerundeter Ausbildung, der zu erwarten steht, ist erheblich. Der allgemeine Teil und ebenso der analytische sind vollkommen umgearbeitet worden unter starker Kürzung zugunsten der Präparate. Durch ihre Vermehrung soll einige Abwechslung geboten und dem schematischen Zug im organischen Praktikum entgegengewirkt werden. Meinen Assistenten, vor allem den Herren Dr. FBANZ BEBQEL und F. GOTTWALT F I S C H E S bin ich für ihre unermüdliche Mithilfe bei der Ausführung zahlloser Versuche zu großem Dank verpflichtet. Herr FISCHF.B hat außerdem die in dieser Bearbeitung neuen Figuren gezeichnet und das Register angefertigt. F r e i b u r g i. B., Ostern 1925. Heinrich Wieland.

Vorwort zur zweiundzwanzigsten Auflage. Die neue Auflage, deren Herausgabe nach 2 Jahren erforderlich wurde, hat größere Änderungen aufzuweisen, als die beiden vorhergegangenen. Es werden im Gange des Praktikums immer wieder Erfahrungen gemacht, die zur Verbesserung von Vorschriften und von Erläuterungen Anlaß geben. Dazu bot sich diesmal an zahlreichen Stellen des Buches Gelegenheit Die theoretischen Ausführungen wurden unter Berücksichtigung wichtiger neuer Untersuchungen (z. B. DiELS8che Dien-Synthese, Polyene, Hämin) ergänzt Dem Gedanken, das Interesse des Praktikanten mehr und mehr für das wichtigste Gebiet des Faches, für die Biochemie zu wecken, wurde durch Aufnahme zweier enzymatischer Vorgänge Folge gegeben. Es wird, unter gleichzeitiger Berücksichtigung der quantitativen Verhältnisse, Kartoffelstärke verzuckert und die Maische dann vergoren. Ferner wird Invertin aus Hefe freigemacht und die Rohrzucker-Inversion polarimetrisch verfolgt Bei der Umschau nach A l k a l o i d e n , die bisher noch nicht vertreten sind, hat das N i c o t i n wegen seines überall leicht zugänglichen Ausgangsmaterials Anklang gefunden. Es erscheint angezeigt, hier darauf hinzuweisen, daß die in dem vorliegenden Übungsbuch gebrachten Präparate zur A u s w a h l für den Unterricht dargeboten werden, daß sie keineswegs in ihrer

Vorwort Gesamtheit als Inhalt des organisch-präparativen Praktikums gedacht sind. Im Münchner Laboratorium werden, je nach der Leistung des Praktikanten, unter geeigneter Auswahl durch die Assistenten, 50—60 Präparate dargestellt, daran schließen sich 6—8 Literaturpräparate. Die organische Elementaranalyse kann in 1—2 Wochen bequem erledigt werden. So erfordert die Tätigkeit des Chemiestudierenden im organischen Laboratorium weniger als 2 Semester. Sie weiter einzuschränken, würde unserer Meinung nach für die Ausbildung der Chemiker an unseren Hochschulen verhängnisvoll sein. Wir halten es auch nicht für ratsam, die Anforderungen für diejenigen Studenten, die später in anorganischer oder physikalischer Chemie zu promovieren beabsichtigen, zu ermäßigen, glauben vielmehr, daß die volle Erlernung der vielseitigen Methodik, die gerade die präparative organische Chemie darbietet, den für jene SonderfächerBegabten als Grundstock ihres experimentellen Könnens nicht vorenthalten werden sollte. Den Herren Prof. G. FISCHERFreiburg und Privatdoz. Dr. A. BERTHO-München habe ich für tätige Mithilfe vielmals zu danken. Mehreren anderen Fachgenossen bin ich für manche Hinweise auch zu Dank verpflichtet. M ü n c h e n , im Juli 1930. Heinrich Wieland.

Vorwort zur dreiundzwanzigsten Auflage. Dem von mehreren Seiten geäußerten Wunsch nach einem ausfuhrlichen Sachregister ist entsprochen worden. Das Register ist von meinem Unterrichtsassistenten Dr. HERMANN METZGER auf den etwa doppelten Umfang gebracht und enthält jetzt alle im Text erwähnten Verbindungen. Der Inhalt der neuen Auflage weist mehrfache Änderungen der präparativen Vorschriften z. B. bei Diazomethan, Cellobiose) sowie die notwendigen Ergänzungen der theoretischen Ausführungen auf. Vor einigen Monaten ist eine englische Übersetzung des Werkes erschienen. Herrn Dr. H. METZGER danke ich bestens für seine wertvolle Mithilfe. M ü n c h e n , im Dezember 1932. Heinrich Wieland.

Inhalt. A. Einige allgemeine Arbeitsregeln. Reaktionsgeschwindigkeit und Temperatur Reindarstellung organischer Substanzen Kristallisation Destillation Sublimation Destillation mit Wasserdampf Abdestillieren von Lösungsmitteln Ausschütteln. Extrahieren Das Arbeiten mit komprimierten Oasen Erhitzen unter Druck Bühren und Schütteln Schmelzpunktbestimmung

8elt«

1 9 4 15 27 28 81 S3 87 88 40 41

B. Organisch-analytische Methoden. Qualitativer Nachweis des Kohlenstoffs, Wasserstoffs, Stickstoffs, Schwefels und der Halogene Die organische Elementaranalyse

44 48

I. Stickstoffbestimmung nach Dumas II. Bestimmung von Kohlenstoff und Wasserstoff nach Liebio .

48 66

1. Bei Auasehl dB anderer Elemente als C, H und O S. 50. 2. Bei Gegenwart von Stickstoff S. 61. 3. Bei Gegenwart von Halogen oder Schwefel S. 62. 4. Verbrennung im Schiffchen S. 62. 5. Bei Gegenwart von Alkalien oder Erdalkalien S. 63. 6. Verbrennung von Flüssigkeiten S. 63. I I I . Bestimmung von Halogen, Schwefel und sonstigen Elementen 1. Kalkmethode S. 66. 2. Halogenhestimmung nach H. Büsch S. 68. 3. Halogenbestimmung nach Cabiüs S. 69. 4. Schwefelbestimmang nach Cabius S. 71. 5. Gleichzeitige Bestimmung von Halogen und Schwefel S. 72. 6. Bestimmung der übrigen Elemente S. 73. 7. Quantitative Bestimmung der Methoxylgruppe nach ZEISEL S. 73. 8. Quantitative Bestimmung der Acetylgruppe nach Fbeüdenberg S. 75. 9. Bestimmung yon aktivem Wasserstoff nach TscnuGABFF-ZEBEwiTiNOFF S. 77. 10. Molekulargewichtsbestimmung S. 79.

65

C. Organisch-präparativer Teil. Zur Verhütung von Unfällen Die erste Ausrüstung . . .

81

83

VIII

Inhalt I. Die Substitution von Hydroxyl und Wasserstoff durch Halogen. Alkohole, Oleflnc.

1. Äthylbromid aus Äthylalkohol Methylbromid S. 88. 2. Äthyljodid aus Äthylalkohol Methyljodid S. 89. 3. Benzylchlorid aus Toluol 4. Brombenzol p-Dibrombenzol S. 98. 5. Äthylen aus Äthylalkohol. Äthylenbromid 6. Glykol aus Äthylenbromid 7. Iso-amylätber 8. Chloressigsäure aus Essigsäure und Chlor

Seite

86 68 93 97 100 107 110 110

II. CsrbonsUnren und Ihre einfachen Abkömmlinge. 1. Säurechloride a) Acetylchlorid S. 113; b) Benzoyichlorid 8. 114. Acetanilid S. 117, Benzoylperoxyd S. 118. 2. Essigsäure-anhydrid 3. Acetamid Benzamid 8. 123. 4. Harnstoff und Semicarbazid a) Kaliumcyanat durch Oxydationsschmelze 8. 124; b) Harnstoff 8. 125; c) Semicarbazid 8. 125; d) Cyanid-Oxydation in Lösnng 8. 127; e) Harnstoff und Harnsäure aus Harn 8. 128. 5. Nitrile a) Acetonitril S. 130; b) Benzylcyanid 8. 130. 6. Verseifung eines Nitrils zur Säure. Phenylessigsäure 7. Säureester a) Essigsäureäthylester aus Eisessig und Alkohol 8. 134, Benzoes ä u r e bylester 8. 134; b) hoamylnitrit S. 139, Äthylnitrit 8. 140; c) Äthylnitrat 8. 141; d) Verseifung von Fett oder pflanzlichem Ol 8. 142, Darstellung der freien Fettsäuren 8. 143, Glycerin 8. 143; e) Linolensäure aus Leinöl 8. 144, Bestimmung der Jodzahl 8. 146. 8. Abbau der Carbonsäuren zu den nächst niederen Aminen . . . a) HOFMANN sehe Reaktion, Methylamin au« Acetamid S. 146; b) Die CtJRTicssche Reaktion 8. 147, Benzazid 8. 147, Phenyleyanat 8. 148, Phenylurethan 8. 148.

113

118 121 124

130 133 134

146

III. Nitroverbindungen und Ihre Beduktlonsprodnkte. 1. Nitromethan Methylamin 8. 152, N-Methylhydroxylamin 8. 152, Methyinitrolsäure 8. 153, Knallsilber 3 153, Phenylnitroäthylen 8. 154. 2. Nitrierung eines aromatischen Kohlenwasserstoffs a) Nitrobenzol 8. 155; b) Dinitrobenzol S. 156.

150

155

Inhalt

IX Seite

8. Beduktion einer Nitroverbindung t u einem A m i n a) Anilin aus Nitrobenzol S. 159, Diphenylthioharnstoff, Phenylsenföl S. 163; b) m-Nitranilin ans m-Dinitrobenzol S. 165. 4. Phenylhydroxylamin p-Aminophenol S. 169, Nitroeophenylhydroxylamin S. 171.

159

5. Nitrosobenzol Nitrosobenzol ans Anilin und CABO scher Säure S. 173, Azobenzol aus Anilin und Nitrosobenzol S. 174, Azoxybenzol aus Phenylhydroxylamin und Nitrosobenzol S. 176. 6. Hydrazobenzol und Azobenzol a) Hydrazobenzol S. 177; b) Azobenzol ans Hydrazobenzol S. 178; c) Benzidin aus Hydrazobenzol S. 179, Mechanismus der Nitrobenzol-Reduktion S. 181.

172

167

177

IT. SulfonsUuren. 1. Benzolmonosulfonsäure aus Benzol und Schwefelsäure DiphenyUulfon S. 184, Benzolsnltochlorid S. 184, Benzolsulfamid S. 184, Benzaulfhydroiamsäure 8. 184. 2. p-Toluolsulfonsäure 3. 0-Naphthalinsulfonsäure 4. Sulfanilsäure aus Anilin und Schwefelsäure 5. 2,4-Dinitro-n-naphthol-7-8ulfonsäure (Naphtholgelb S) Thiophenol S. 193.

183

185 186 187 188

V. Aldehyde. 1. F o r m a l d e h y d Gehaltsbestimmung S. 190. 2. Acetaldchyd a) ans Äthylalkohol 8 . 1 9 7 ; b) aus Acetylen 8.200. 3. Benzaldehyd aus ßenzalchlorid Paraldehyd S. 208, Metaldehyd S. 209. 4. CANNizzAHOsche Reaktion. Benzoesäure u n d Benzylalkohol aus Benzaldehyd 5. Acyloin-kondensation. Benzoin aus Benzaldehyd Benzil aus Benzoin 8. 213, Benzilsäure S. 216. 6. Anlagerung von Cyanwasserstoff a n einen Aldehyd. Mandelsäure aus Benzaldehyd 7. Alanin 8. PcBxiNscbe Synthese. Zimtsäure aus Benzaldehyd u n d Essigsäure Hydrierung der Zimtsäure S. 224, Natrinmamalgam S. 225. 9. REIMES-TIEHANNsehe Synthese. Salicylaldehyd aus P h e n o l u n d Chloroform p-Oxybenzaldehyd S. 227.

Tl. Phenole nnd Enole.

195 197 201

212 213

218 220 222

226

Keto-Enol-Tnutomerle.

1. Ü b e r f u h r u n g einer Sulfonsäure in ein Phenol. (?-Naphthol . . . BeDzoesäurephenylester 8. 231, Benzoesäurenaphthylester S. 232, Tribromphenol 8. 232. 2. Methylicrung von Phenolen a) Anisol S. 233; b) Nerolin 8. 234.

229

233

Inkalt

z

SeiU

8. o- und p-Nitrophenol 235 4 . Die KOLBE sehe Salicylsäuresynthese 238 5. Synthese eines f^-Ketons&areesters. Acetessigester 240 242 6. Acetylaceton Benzoylaceton 8. 243. 7. Malonsäare-diäthylester 243 ithylmalonester 8. 244, Äthylmalonsäure 8. 244, Buttersänre ans Äthylmalonsäure 8. 245. 8. Phenylnitromethan 245 a) aci-Phenyl-mtro-aoetonitril-natrium S. 245; b) aci-Phenylnitromethan natriam 8. 246. Über Keto-Enol-Tautomerie 246 Die Anwendung von Acetessigester und Malonester für Synthesen. 254 Y I L Die Diazorerblndungen. Allgemeines A. A l i p h a t i s c h e D i a z o v e r b i n d u n g e n . 1. Diazomethan Nitrosomethylharnstoff S. 260. 2. Diazoessigester a) Glykokollester-chlorhydrat 8. 263, Hippnrsäure 8. 265; b) Dlazoessigester 8. 266, Bisdiazoeasigsänre 8. 268. B. A r o m a t i s c h e D i a z o v e r b i n d u n g e n . 3. Diazotierung von Anilin. Phenol aus Anilin. Isomerie der Diazoverbindungen a) Darstellung einer Diazoniumsalzlösong 8. 270; b) Umkochung der Diazoniumsalz-Lösang za Phenol 8. 271; c) Festes Phenyldiazoniumchlorid 8.272, Phenyldiazoniumnitrat 8.273, Phenyldiazoniumperbromid 8. 274, Phenylazid 8. 275; d) Natrium-p-nitrophenylantidiazotat 8. 276. 4. Jodbenzol. Benzol aus Anilin a) Jodbenzol 8. 276; b) Benzol S. 277, Phenyjjodidchlorid 8. 278, Jodosobenzol 8. 278, Jodobenzol 8. 279. 5. p-Tolunitril aus p-Toluidin (SANDOTTER sehe Reaktion) Benzonitril 8. 281, p-Toluylsäure 8. 281. 6. Arsanilsfiore aus p-Nitranilin 7. Phenylhydrazin Benzol aus Phenylhydrazin 8. 288, Indolsynthese 8. 288. 8. Darstellung von Azofarbstoffen a) Hellanthin 8. 289; b) Kongorot 8. 291; c) jJ-Naphtholorange 8. 292; Diazoaminobenzol und p-Aminoazobenzol 8. 292. Über die Kuppelungsreaktion der Diazoverbindungen T i n . Chinolde Verbindungen. 1. Chinon aus Anilin Hydrochinon 8. 299, Anilinochinon 8. 300, Chinhydron 8. 302. 2. p-Nitrosodimethylanilin Dimethylamin und p-Nitrosophenol 304.

257 260 263

270

276

280 282 284 289

294 297 303

Inhalt

XI Seite

3. p-Aminodimethylanilin WURSTERS

306

R o t S. 3 0 7 , BINDSCHEDLEKS

Grün S. 3 1 0 ,

Methylen-

blau S. 310.

4. Basische Triphenylmethanfarbstoffe

312

a) Malachitgrün aus Benzaldehyd und Dimethylanilin S. 3 1 2 , Bleidioxyd S. 3 1 3 ; b) Kristallviolett aus MICHI.ERS Keton und Dimethylanilin S. 314.

5. Fluorescein und Eosin Theoretisches über Triphenylmethanfarbstoffe 6. Alizarin

315 316 322

IX. Die Synthesen nach Grignard und Frledel-Crafts. Organische Radikale. D i e GsiONABDsche R e a k t i o n . 1. Darstellung von Alkoholen

324

a) Benzbydrol aus Benzaldehyd und Phenylmagnesiumbromid S. 3 2 4 ; b) Triphenylcarbinol au» Benzoesiiureiithylester und Phenylmagnesiumbromid S. 3 2 6 .

2. Synthese eines Ketons aus einem Nitril.

Acetophenon

. . . .

326

D i e FßIEDEL-CRAFTSSche S y n t h e s e .

3. Kctonsynthese

331

a) Benzopheuon aus lienzoylchlorid und Benzol S. 331, BECKMANN sehe Umlagcrurg S. 3 3 2 ; b) Acetuphenon aus Benzol und Essigsäureanhydrid S. 333.

4. Triphcnylchlormethan aus Benzol und Tetrachlorkohlenstoff . . . 334 5. Aldehydsynthese nach G ATTERMANN-KOCH : p-Tolylaldehyd. Synthese nach IIOESCU 335 2,4-Dioxyacetophenon S. 330.

6. Chiniznrin aus Phthalsäureanhydrid und Hydrochinon

337

Organische Radikale. 7. llcxaplicnyläthan 8. Tetraphenyl-hydrazin

341 344

Diphenylnilrosamin S. 347.

X. Heterocyellscho Verbindungen. 1. Pyridinderivate

349

a) Synthese von Collidiu nach KAUTZSCH S. 3 4 9 ; pyridin S. 353.

b) OT-Amino-

2. Chinolin

354

a) SKRACPsche Chinolinsynthese S. 3 5 4 ; b) Chinaldinsyntliesc nach DOEBNER-MILLER

S. 3 5 5 .

3. Indigo

357 Phenylglycin S. 3 5 7 , Indoxylschmelze S. 3 5 7 , Indigoküpe S. 3 6 1 , Dehydroindigo S. 362.

X I . Hydrierung und Eeduktlon. 1. Katalytische Hydrierung mit Palladium a) Mit kolloidem Katalysator nach SKITA S. 3 6 4 , Darstellung von Platinoxyd S. 3 6 0 ; b) Mit Träger-Katalysator S. 367.

364

Inhalt und

XII

Abkürzungen Seite

2. Katalytische Hydrierung mit Nickel. Cyclohexanol Cyclohexan S. 369. 3. Ersatz von Sauerstoff in Carbouylverbiudungen durch Wasserstoff (Reduktion nach CLEUMENSEN) a) Äthylbenzol aus Acttopherioii S. 372; b) Dibenzyl aus Benzil S. 37-.

368

372

XII. Naturstoffe. 1. 2. 3. 4. 5.

Furfurol d-Glucose aus Rohrzucker Spaltung von Rohrzucker durch Saccliarase ¿f-Pentacetyl-glucoso und a-Aceto-bromglueose Milchzucker und Casein aus Milch Säurehydrolyse des Caseius S. 379. d-Galaktose aus Milchzucker Sehltimsäure S. 381, Pyrrol S. 381. Octacetyl-cellobiose und CellobioEe Einige Erläuterungen über Kohlehydrate Verzuckerung von Stärke und alkoholische Gärung d-Arginin-chlorhydrat aus Gelatine Coffein aus Tee Nicotin aus Tabakslauge Hämin aus Rinderblut Die Hauptbestandteile der Rindergalle Glykoeholsäure S. 397, Cholsäure S. 398, Dcsoxycholsäure, Feltbäuren und Cholesterin S. 399.

373 375 375 377 378

Kurze Anleitung zur Benützung der organisch-chcmiaehcn Literatur . Literaturpräparate Tabelle zur Berechnung der Stiekstoffbestimmungen Register

103 406 40rt 410

6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. lu.

Abkürzungen. A. A . cli. Am. Soc.

= -

=

13. =

Iii. C.

=

II.

=

Ilelv. J. pr. M.

Ree. Soc. Z. Aug.

=

=

= =

=

=

LI Iii! IG S Annalen. Annules de chimie et de physique. Journal of the Amcrican Chemical Society. Berichte der Deutsch, ehem. Gesellschaft. Bulletin de la société chimique de France. Chem. Centraiblatt. IIOPPE-SEYLEKS Zeitschr. für Physiolog. Chemie. Helvetica chimica acta. Journal für praktische Chemie. Monatshefte für Chemie. Recueil des trav. chim. des Pays-Bas. Journal of the Chemical Society of London. Zeitschrift für angewandte Chemie,

380 381 383 387 300 392 392 393 397

A. Einige allgemeine Arbeitsregeln. Reaktionsgeschwindigkeit und Temperatur. Von den Reaktionen, die den Inhalt des anorganisch-analytischen Praktikums bilden, unterscheiden sich die der organischen Chemie vor allem in der Geschwindigkeit des Verlaufs. Dort haben wir fast ausschließlich mit unmeßbar rasch vor sich gehenden I o n e n r e a k t i o n e n zu tun; die Umsetzungen der organischen Substanzen dagegen erfolgen meist viel langsamer und erfordern daher in diesen Fällen zur präparativen Durchführung die beschleunigende Wirkung erhöhter Temperatur. Mit der Steigerung der Temper a t u r um 10° ist eine Steigerung der Reaktionsgeschwindigkeit auf das 2 — 3 fache verbunden. Wenn wir die Geschwindigkeit bei 20° mit v bezeichnen, so wird sie sich bei 80° auf durchschnittlich v • 2,5® erhöhen. Die Reaktion wird also in siedendem Alkohol etwa 250 mal rascher verlaufen, als bei Raumtemperatur. Aus diesem Grund werden viele Umsetzungen organischer Stoffe mit erhitzten Lösungen, meist bei Siedetemperatur, vorgenommen. Der Dampf des Lösungsmittels wird in einem, dem Reaktionsgefäß aufgesetzten, von Leitungswasser durchströmten Kühler kondensiert, derart, daß das verdampfte Lösungsmittel andauernd wieder zurückfließt Um eine Lösung zu konzentrieren, wird das Lösungsmittel „am absteigenden Kühler" abgedampft. Bequemer als der L I E B I G sche Kühler sind für diesen Zweck Schlangenkühler verschiedener Konstruktion, die aber für das Arbeiten „unter Rückfluß" wegen der in der Schlange zwischen Dampf und Außenatmosphäre sich bildenden Flüssigkeitsschicht weniger geeignet sind. F ü r beide Yerwendungsarten hat sich der von D I M K O T H angegebene Kühler gut bewährt, bei dem die Schlange vom Kühlwasser durchströmt GATTBRMANN, Praxis.

23. Auflage.

X

2

Einige allgemeine

Arbeitsregeln

wird (Fig. 1). Um die Kondensation von Wasserdampf auf der Kühlschlange zu vermeiden, wird der obere Tubus zweckmäßig mit einem Calciumchloridrohr versehen. Benutzt man Lösungsmittel, die über 100° sieden, so kann der Wasserkühler durch ein langes, weites Glasrohr (Steigrohr) ersetzt werden. Zur Verbindung des Kühlers mit dem Reaktionsgofäß dient ein dicht anschließender Korkstopfen, der vor dem Einbohren des Loches mit der Korkpresse weich gemacht wird. Das Lumen des zu wählenden Korkbohrers soll kleiner sein, als das des einzusetzenden Glasrohrs. Die Durchbohrung erfolgt mit dem in der Bunsenflamme erhitzten Bohrer von der kleineren Fläche des Korkes aus, streng vertikal zum Laboratoriumstisch als Unterlage. Das Abdichten von Stopfen mit Kollodium sollte tunlichst vermieden werden. Gummistopfen sollen im allgemeinen nicht verwendet werden bei Operationen, bei denen sie den Dämpfen siedender organischer Lösungsmittel ausgesetzt sind, da sie stark aufquellen und zudem lösliche Bestandteile / abgeben, die die Reaktionslösung verunreinigen. Fig. l. Außenkühlung: Viele Reaktionen, die unter starker Wärmeentwicklung verlaufen, müssen gemäßigt werden. Auch wenn zersetzliche Substanzen darzustellen sind, für die erhöhte Temperatur gefährlich ist, muß häufig für Kühlung des Reaktionsgemisches Sorge getragen werden. Der Grad der Kühlhaltung ist verschieden und wird je nach der zu beseitigenden Wärmemenge und in Abhängigkeit von der jeweils erforderlichen Reaktionstemperatur erzeugt durch fließendes Leitungswasser (8—12°), durch Eis, das, fein zerstoßen, mit wenig Wasser durchtränkt wird, durch Eis—Kochsalzgemisch (0 bis —20°) und durch eine Mischung von fester Kohlensäure mit Äther oder Aceton (bis —80°). Flüssige Luft wird beim organisch-präparativen Arbeiten im allgemeinen nicht benötigt. Zur Darstellung einer Kältemischung, wie man sie sehr häufig braucht, wird in der Eismühle oder im Metallmörser gut zerkleinertes Eis mit etwa 1 / 3 der Menge Viehsalz mit Hilfe einer kleinen Holzschaufel gut durcheinander gemischt, am besten in einer niederen Glasschale mit Bachem Boden oder in einem niederen Emailtopf.

Reindarstellung organischer Substanzen

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Um ein Kältegemisch stundenlang, unter Umständen über Nacht wirksam zu erhalten, bringt man es in eine „Thermosflasche", in der der Inhalt eingestellter Reagenzgläser längere Zeit bei tiefer Temperatur gehalten werden kann. Dem gleichen Zwecke für größere Dimensionen dient ein von PICCABD angegebenes Isoliergefäß, das man sich leicht aus zwei ineinander gestellten Filtrierstutzen herstellen kann. Der Boden des äußeren Stutzens wird mit Kieselgur angefüllt, bis der Rand des zentrisch hineingestellten kleineren die Höhe des äußeren Randes erreicht hat, dann stampft man in den Zwischenraum zwischen den beiden Stutzen ebenfalls Kieselgur ein und dichtet oben zwischen den Rändern mit Pech gut ab. Die K o n z e n t r a t i o n s v e r h ä l t n i s s e werden im allgemeinen beim organisch-präparativen Arbeiten allzu wenig berücksichtigt. Mit Ausnahme seltener Fälle (z. B. bei intramolekularen Umlagerungen) handelt es sich um Reaktionen höherer Ordnung, an denen mehrere Molekülarten — meist zwei — beteiligt sind. Da die Geschwindigkeit bimolekularer Reaktionen auf Grund der kinetischen Molekulartheorie der Anzahl der gegenseitigen Zusammenstöße der gelösten Moleküle proportional ist und sich demgemäß in dem Produkt der Konzentrationen ausdrückt: v — CA. CB • K {K = Geschwindigkeitskonstante), so ist es in allen Fällen, wo nicht besondere Gründe dagegen sprechen, ratsam, die Konzentration einer Reaktionslösung möglichst hoch zu wählen. Man bedenke stets, daß die Herabsetzung der Konzentration auf die Hälfte, auf ein Viertel, auf ein Zehntel gleichbedeutend ist mit einer Verlangsamung der Reaktion auf das Vier-, Sechzehn« und Hundertfache. Reindarstellung organischer Substanzen.

Die Stoffe, die das Ziel des präparativen Arbeitens bilden, sind meist feste, kristallisierte Körper oder Flüssigkeiten, mitunter auch Gase. Bei der großen Vielseitigkeit der Reaktionen organischer Stoffe verläuft, im ausgesprochenen Gegensatz zu den meisten Reaktionen in der anorganischen Chemie, kaum jemals eine Reaktion scharf in e i n e r Richtung auf ein Endprodukt, sondern es treten fast stets Nebenreaktionen ein. Dadurch wird die Isolierung reiner, einheitlicher Substanzen aus einem 1*

4 Reaktionsgemisch, wie sie die vornehmste Aufgabe der präparativen Übungen darstellt, erheblich erschwert. Teils entstehen mehrere definierte chemische Stoffe nebeneinander, deren Trennung erreicht werden muß, teils handelt es sich um die möglichst verlustfreie Befreiung des angestrebten Stoffes von unerfreulichen, nicht kristallisierbaren Begleitstoffen, den sog. Harzen oder Schmieren. Darunter versteht man Nebenprodukte — zuweilen leider auch Hauptprodukte —, deren Ursprung und Art meist unerforscht ist und die das Interesse der klassischen organischen Chemie bisher nur im Sinne ausgesprochener Mißbilligung erweckt haben. Von allen diesen unerwünschten Begleitern muß das zu gewinnende Präparat mit aller Sorgfalt beireit werden. Es sind für die hier in F r a g e kommenden Aufgaben grundsätzlich zwei Methoden, die zum Ziele lühren, nämlich: 1. die Kristallisation, 2. die Destillation. I. Kristallisation. Grundsätzliches: Feste kristallisierbare Körper werden bei einer Reaktion gewöhnlich als Rohprodukte erhalten, die entweder direkt oder nach dein Eineupen der Lösung in mehr oder weniger reiner Form sich beim Erkalten abscheiden. Die Kristallisationsgeschwindigkeit schwankt bei organischen Stoffen innerhalb sehr weiter Grenzen und die Neigung, übersättigte Lösungen zu bilden, ist außerordentlich «roß. Aber selbst, wenn durch Einbringen eines Kristalles in die Lösung — durch „Animpfen" — die Aufhebung der Übersättigung bewirkt wird, stellt sich das Gleichgewicht der kaltgesättigten Lösung manchmal äußerst langsam ein Die Ursache liegt eben in der verschiedenen Kristallisationsgeschwindigkeit. Darum erhält man den vollen Ertrag an Rohprodukt häufig erst nach vielstündigem Stehen der Lösung. Der Prozeß der Umkristallisation erfolgt im einfachsten (und häufigsten) Fall in der Weise, daß eine heiß gesättigte Lösung des Rohprodukts in einem geeigneten Lösungsmittel hergestellt wird, aus der beim Erkalten die Substanz in reinerer Beschaffenheit wieder auskristallisiert. Voraussetzung für den Erfolg des Verfahrens ist, d a ß die Begleitstoffe größere Löslichkeit haben als die Substanz selbst, also auch in der erkalteten Lösung (der M u t t e r l a u g e ) gelöst bleiben.

6 Auch im umgekehrten Sinne findet das Prinzip der verschiedenen Löslichkeit Anwendung, dann nämlich, wenn das Nebenprodukt vermöge seiner geringeren Löslichkeit in einem passenden Lösungsmittel aus der eben gesättigten Lösung der Substanz abgetrennt werden kann. Da hierbei die Lösung für das Nebenprodukt stets gesättigt bleibt, so kann diese Methode, anders als die erste, niemals in e i n e r Operation zur reinen Substanz führen. Für die Umkristallisation aus heiß gesättigter Lösung ist weiter wichtig, daß die Temperaturkurve der Löslichkeit möglichst steil verläuft, d. h. daß das Lösungsvermögen des Lösungsmittels mit steigender Temperatur stark zunimmt. Nur dann ist es erreichbar, die eingesetzte Substanzmenge in möglichst hoher Ausbeute aus der Lösung herauszuholen. Die Wahl des richtigen Lösungsmittels ist daher für die Prozedur des Umkristallisierens von großer Bedeutung. Die gebräuchlichsten Lösungsmittel sind die folgenden: Wasser,Äthylalkohol.Methylalkohol, Äther, Aceton, Eisessig, Essigester, Benzol, P e t r o l ä t h e r , Chloroform, Schwefelkohlenstoff. F ü r besonders schwer lösliche Substanzen werden außerdem Ameisensäure, Pyridin, Brombenzo), Nitrobenzol, mitunter auch Phenol, Benzoesäureester, Anilin, Dio.xan verwendet. Es besteht ein deutlicher Zusammenhang zwischen der Konstitution des zu lösenden Stoffs und der vom Solvens, gemäß dem alten Prinzip: similia similibus solvuntur. So sind bekanntlich hydroxylhaltige Stoffe (z. B. Zucker, Carbonsäuren) in Wasser löslich, Kohlenwasserstoffe leichter in Benzol und Petroläther als z. B. in Alkoholen. Aber der obige Satz gilt im allgemeinen nur für einfache organische Verbindungen mit einiger Sicherheit, bei komplizierten ergeben sich verwickeitere Verhältnisse, und man ist, wenn man nicht über eine große Erfahrung verfügt, genötigt, die vorhandenen Solventien der Reihe nach durchzuprüfen. Das meist benutzte ist der Alkohol, mit dem man in der Regel beginnt; dann kämen etwa Wasser, Benzol, Petroläther an die Reihe. Man kann sagen, daß im großen und ganzen von den gebräuchlichen Lösungsmitteln Benzol. Chloroform und Äther ein sehr großes, Petroläther und Wasser ein mäßiges Lösungsvermögen für organische Stoffe besitzen. Obwohl die Gültigkeit dieser Ordnung von vielen Substanzen durchbrochen wird, gibt sie doch für die Prüfung einen

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Einige allgemeine

Arbeitsregeln

gewissen Anhalt. So wird man, wenn die Probe in Alkohol zu schwer löslich ist, nach der ersten Gruppe, wenn sie zu leicht löslich ist, nach der zweiten greifen. Bei schwer löslichen Stoffen wählt man häufig ein höher siedendes Homologes der gleichen Klasse, an Stelle des niederen Alkohols Propylalkohol oder Amylalkohol, an Stelle von Benzol Toluol oder Xylol, weil durch die erhöhte Siedetemperatur auch die Löslichkeit gesteigert wird. Es kommt sehr häufig vor, daß die Darstellung einer Substanz zu einem a m o r p h e n Rohprodukt führt, teils von harzartiger, teils von flockiger Beschaffenheit, das durch Digerieren mit einem geeigneten Lösungsmittel oder auch durch direktes Umkristallisieren kristallinisch wird. Man beachte, daß die Löslichkeit eines und desselben Stoffes im amorphen und kristallisierten Zustand durchaus verschieden ist, und zwar ist das amorphe Präparat stets viel lcichter löslich. Für Salze gilt ganz allgemein, daß sie in Wasser leicht, wohl auch noch in den Alkoholen, Aceton und Chloroform löslich sind, dagegen von Äther, Benzol, Petroläther nicht aufgenommen werden. Infolgedessen kann man organische Säuren durch wäßrige Laugen, organische Basen durch wäßrige Säuren aus einem Gemisch mit neutralen Stoffen, z. B. in Äther, herausholen. Die Kombination verschiedener Lösungsmittel bildet ein wertvolles Hilfsmittel zur Reinigung, wenn ein Stoff in keinem Solvens die erforderliche mittlere Löslichkeit besitzt, sondern entweder allzu leicht oder allzu schwer löslich ist. Die Lösungsmittel, die gemeinsam verwendet werden, müssen miteinander mischbar sein. Es kommen meist in Anwendung: Alkohol, Eisessig, Aceton mit Wasser — Äther, Aceton, Benzol, Chloroform mit Petroläther — Pyridin mit Wasser, Äther oder Alkohol, und zwar verfährt man so, daß man die konz. Lösung, kalt oder heiß, tropfenweise mit dem Verdünnungsmittel versetzt, bis eben eine Trübung kommt, die durch Stehenlassen oder Reiben mit einem scharfkantigen Glasstab zur Kristallisation angeregt wird. Wenn die Kristallisation eingesetzt hat, wird vorsichtig weiter verdünnt. Es ist fehlerhaft, die gelöste Substanz auf einmal mit großen Mengen des wenig lösenden Mittels auszufällen. Bei a l l e n O p e r a t i o n e n , die m a n noch n i c h t in der H a n d h a t , f ü h r e m a n V o r v e r s u c h e im R e a g i e r g l a s aus. Daran soll sich der Praktikant von allem Anfang an gewöhnen.

7 Als Aulnahmegefäß für das Filtrat dient bei wäßrigen Lösungen das Becherglas, bei organischen Lösungsmitteln aber der Erlenmeyerkolben, der keine Verdunstung zuläßt und so das Ansetzen von Krusten verhindert Schon um die Einheitlichkeit des Kristallisats durch den Anblick kontrollieren zu können, soll die Kristallisation nicht gestört werden, damit möglichst gut ausgebildete Kristalle entstehen. E s ist ein Irrtum, anzunehmen, daß eine durch sofortige starke Abkühlung der Lösung erzeugte feine Kristallisation eine besonders reine Substanz darstelle: Durch die sehr große Oberfläche ist im Gegenteil der Adsorption von Nebenprodukten weit mehr Gelegenheit geboten, als bei der Ausbildung größerer Individuen. Dazu kommt, daß dem für den Organiker unerläßlichen Gebot der Prüfung einer Substanz auf Einheitlichkeit bei gut ausgebildeten Kristallen viel leichter Genüge getan werden kann. Diese Prüfung der Präparate, sei es mit der Lupe, sei es unter dem Mikroskop — 50 bis 100 fache Vergrößerung ist ausreichend — ist nicht außer acht zu lassen. Ist in der Lösung Sättigung bei Raumtemperatur eingetreten, so kann man die Menge des Kristallisats durch Einstellen des Gefäßes in Eiswasser oder in eine Kältemischung noch weiter steigern. Niedrig schmelzende Substanzen scheiden sich beim Abkühlen ihrer heiß gesättigten Lösung bisweilen in öliger Form ab. Dann muß die Lösung noch etwas verdünnt werden. Weiter sorgt man in solchen Fällen für langsame Abkühlung dadurch, daß man den Kolben mit der heißen Lösung in einem großen, mit Wasser von der gleichen Temperatur gefüllten Becherglas erkalten läßt. Von Stoffen, die schwierig kristallisieren, halte man stets eine kleine Probe zur Verwendung als „Impfkristalle" zurück. Mit ihre: Hilfe wird man der eben erwähnten Schwierigkeit bequem Herr, indem man sie in die noch nicht ganz kalt gewordene Lösung unter Reiben mit einem Glasstab einbringt. Zur Ausführung: Um eine heiß gesättigte Lösung zu bereiten, übeigießt man die zu reinigende Substanz, am besten in einem kurzhalsigen Rundkolben, mit wenig Lösungsmittel, erhitzt zum Sieden und fügt nach und nach mehr davon zu, bis alles sich aufgelöst hat. Da in den rohen Substanzen vielfach unlösliche Beinengungen enthalten sind, beobachte man beim Auflösen gentu, wann und ob die umzukristallisierende Verbindung vollständig in Lösung gegangen ist. Zu langes Kochen ist wegen

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Einige allgemeine Arbeitsregeln

der Zersetzlichkeit vieler Substanzen zu vermeiden. Bei Benutzung von Lösungsmitteln, die unter 80° sieden, erhitzt man am Rückflußkühler aufsiedendem Wasserbad; das hinzuzufügende Lösungsmittel kann mit einem Trichter durch den Kühler eingegossen werden. Besser bringt man, namentlich bei größeren Operationen, auf dem Kolben einen Doppelrohr-Aufsatz (nach ANSCHÜTZ) an (Fig. 33, S. 41), der ein bequemes Nachgießen, in andern Fällen auch Einbringen fester Substanzen gestattet. Das im Winkel angebrachte Rohr ist mit dem schräg gestellten Kühler verbunden, das gerade Rohrende, durch das nachgefüllt wird, durch einen Korkstopfen geschlossen. Wasser und andere, höher als 80° siedende Lösungsmittel werden am zweckmäßigsten auf Asbestunterlage im B A B O sehen Trichter oder auf Asbestdrahtnetz erhitzt. Liegt der Siedepunkt beträchtlich ( > 2 0 ° ) über dem des Wassers, so muß der Kühler wegen Bruchgefahr mit erwärmtem Wasser gespeist oder durch ein weites und langes Glasrohr (Luftkühler) ersetzt werden, auf das man bei Bedarf feuchtes Filtrierpapier auflegt. Für Reagenzglasversuche unter Rückfluß ist der sog. „ K ü h l z a p f e n " äußerst bequem. E r besteht aus einem etwa 15 cm langen Glasrohr von 6—8 mm lichter Weite, das an einem Ende zugeschmol/.en ist. Ungefähr 3 cm vom anderen Ende entfernt ist ein 3 cm langes dünneres Rohr im rechten Winkel angeschmolzen und — zum Aufhängen des Kühlers an einem Eisenring — nach der längeren Seite zu abgebogen, das durch einen dünnen Schlauch das Kühlwasser ableitet. Dessen Zuführung erfolgt durch ein dunnes, mit einem Stückchen übergezogenen Schlauches in das Kühlrohr eingesetztes, ebenfalls abgebogenes Glasrolir, das bis zum Boden reicht. Dieser handliche Kühler wird durch einen mit Kerbe versehenen Kork auf dem Reagenzglas befestigt. Zur Vermeidung des sehr lästigen Siedeverzugs gibt man vor dem Aufkochen einige Siedesteinchen — etwa halberbseugroße Tonstückchen — in den Kolben, die man, wenn sie unwirksam geworden sind, durch neue ersetzt (nicht in die überhitzte Lösung einwerfen!). Bei starkem Stoßen sind für größere Ansätze Holzstäbe zu empfehlen. Um gefärbte Verunreinigungen, die oft einer farblosen Substanz zähe anhaften, zu beseitigen, kocht man die heiß gesättigte Lösung mit einigen Messerspitzen Tierkohle oder eigens präparierter Holzkohle kurze Zeit weiter. Da die aus der Kohle

9 entweichende Luft ein heftiges Aufschäumen verursacht, muß das Eintragen vorsichtig und unter Umschütteln erfolgen. Aus wäßriger Lösung werden die gefärbten Begleitstoffe wegen ihres kolloidalen Charakters am leichtesten adsorbiert. Filtrieren: Die Kristallisationslösungen sind, auch wenn sie nicht mit Entfärbungskohle behandelt wurden, nicht völlig klar und müssen deshalb filtriert werden. Dem Faltenfilter ist im allgemeinen ein gewöhnliches Rundfilter vorzuziehen, das man in den meist nicht im genauen Winkel angesetzten Glastrichter dadurch dicht einpaßt, daß man bei der letzten Faltung die Quadranten unter einem kleinen Winkel zusammenlegt und dann den größeren Kegelmantel zum Filtrieren benutzt. Als Filtrierpapier ist beim organisch-präparatiren Arbeiten nur leicht durchlässiges, „genarbtes", brauchbar.

Fig. 2.

Fig. 3.

Fig. 4.

Fig. 5.

Häufig kristallisiert die gelöste Substanz, namentlich aus sehr konzentrierter Lösung, infolge der Abkühlung schon im Trichter aus und verhindert so die Ausführung der Filtration. Diesem Mißstand kann man durch Anwendung eines Trichters mit kurz ( l j t —1 cm) unterhalb des Konus abgeschnittenem Abflußrohr (Fig. 2) einigermaßen begegnen. Viel empfehlenswerter aber ist die Benutzung eines sog. Heißwassertrichters (Fig. 3), in dem die FiltrierHäche des Trichters durch siedendes Wasser vom äußeren Blechmantel aus erhitzt wird. Bei Anwendung entzündlicher Lösungsmittel muß vor dem Filtrieren die Heizflamme abgedreht werden. Der Dampftrichter (gemäß Fig. 4) ist ebenfalls gut brauchbar. Hat man nur kleine Flüssigkeitsmengen zu filtrieren, so kann man den leeren Trichter über freier Flamme vorwärmen oder man befeuchtet das eingelegte Filter mit etwas

Einige allgemeine

Arbeitsregeln

Alkohol, den man anzündet und bei horizontal gehaltenem Trichter unter Drehen bis zur beginnenden Ankohlung des Papiers abbrennen läßt. Manchmal, namentlich bei schwer filtrierbaren wäßrigen Lösungen, empfiehlt sich auch Durchsaugen auf einer Porzellannutsche mit vorher gut gedichtetem Filter; die Saugflasche muß vor der Benutzung vorsichtig angewärmt werden, am besten derart, daß man sie in einen Emailtopf mit warmem Wasser einstellt und dieses dann bis zum Sieden erhitzt. Wenn sich beim Filtrieren einer Lösung durch Auskristallisieren von Substanz das Filter verstopft, so helfe man sich nicht durch Durchstoßen des Filters. Man kocht vielmehr das aufrecht stehende Filter in einem kleinen Becherglas mit frischem Lösungsmittel aus und liltriert dann die verdünntere Lösung durch das gleiche Filter. Die Gesamtlösung muß in solchen Fällen meist durch Einengen konzentriert werden.

Will man beim Umkristallisieren schöne Kristalle erzielen, so muß das Filtrat, in dem häufig schon während des Filtrierens eine Ausscheidung erfolgt, wieder bis zur klaren Lösung erhitzt und dann langsam, ohne äußere Störung, erkalten gelassen werden. Die Isolierung der Kristalle wird in keinem Falle durch gewöhnliches Filtrieren, sondern stets durch Absaugen über Filtrierpapier — bei starken Laugen und Säuren auch über Glaswolle oder Asbest, am besten über SCHOTT sehen Filtern aus gefrittetem Glas — bewerkstelligt. Bei größeren Substanzmengen bedient man sich des BCcHNERSchen T r i c h t e r s , der sog. N u t s c h e (Fig. 5), deren Dimension zu der abzusaugenden Masse in das richtige Verhältnis zu bringen ist. Es ist durchaus verkehrt, einige Gramm Substanz auf einer Nutsche von sechs oder mehr cm Durchmesser abzusaugen. Für sehr große Ansätze benützt man den in Fig. 6 abgebildeten Saugstutzen. Der Porzellannutsche ist in vielen Fällen, namentlich dann, wenn kleinere Mengen ( 5 g oder weniger) abzusaugen sind, die W I T T sche F i l t e r p l a t t e vorzuziehen (Fig. 7). Der Vorteil besteht darin, daß die Reinheit des Geräts viel besser kontrollierbar ist, als bei der nicht durchsichtigen Porzellannutsche, vor allem aber darin, daß wegen der viel kleineren Grundfläche das Auswaschen des Niederschlags weit weniger Lösungsmittel erfordert. Zur Herrichtung des Filters wird ein kleines Stückchen Filtrierpapier um die obere Kante der Filterplatte herumgeknickt und dann

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Kristallisation

eine Scheibe von 2 — 3 mm größerem Halbmesser mit der Schere herausgeschnitten. Man dichtet das mit dem Lösungsmittel befeuchtete Filter mit einem abgerundeten Glasstab, oder bei größeren Platten mit dem Fingernagel, indem man die kleinen Falten ausstreicht. Hat man ganz kleine Substanzmengen von einigen cg oder weniger zu filtrieren, so benutzt man als Filtrierunterlage kleine Glasscheiben von 0,5—1 cm Durchmesser, die man aus dünnen

Fig. 6.

Fig. 7.

Glasstäben in der Weise darstellt, daß man diese am äußeren Ende in der Gebläseflamme zum Erweichen bringt und jetzt auf einem Eisenblech plattdrückt (DIEPOLDER). Der Glasstab muß so dünn und so lang sein, daß er in das Kohr eines ganz kleinen Trichters hineinpaßt und unten hinausragt. Als Filtrierauflage dient eine etwas größere, dicht aufsitzende Scheibe von Filtrierpapier (Fig. 8). Um die abgesaugte Substanz von der Filterplatte zu entfernen, stellt man den Trichter umgekehrt über eine Schale oder ein Uhrglas und befördert mit einem dünnen Glasstab oder Kupferdraht alles auf diese Unterlage; der „Glasknopf" wird von seinem unteren Ende aus herausgeschoben. Die Platte wird mit der Pinzetta entfernt, das Filter erst nach dem Trocknen. Die am Trichter haften bleibende Substanz streicht man ohne Verlust mit einem schräg durchschnittenen Stückchen Karton (Kartenblatt) heraus. Zur Aufnahme des Filtrates beim Absaugen dient die S a u g f l a s c h e , deren Größe

Fig. 8.

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Einige allgemeine

Arbeitsregeln

dem Volumen der Lösung anzupassen i s t Zum Filtrieren im kleinen Maßstab wird das auch sonst sehr nützliche S a u g r ö h r c h e n (Fig. 8) von verschiedener Größe herangezogen. Es steht in einem Bleifuß oder in einem kleinen, mit Bohrungen für mehrere Durchmesser versehenen Holzblock. Bei der großen methodischen Bedeutung der Darstellung analysenreiner Substanzen muß schon der organische Praktikant der Technik des Filtrierens die größte Aufmerksamkeit zuwenden. Das Verfahren, eine Kristallisation samt der Mutterlauge auf Ton aufzugießen und die Kristalle nachzuwaschen, ist nachdrücklich zu verwerfen. Uberhaupt sollte der Sinn des Anfängers darauf gerichtet werden, schon bei der Darstellung organischer Präparate möglichst quantitativ zu arbeiten. Nicht die Anzahl der Präparate gibt den Ausschlag für den Erfolg, sondern die Sorgfalt und Gründlichkeit, mit der jede einzelne Reaktion durchgeführt wird. Aus diesen Gründen darf die „Mutterlauge" nicht als Abfall behandelt und vernachlässigt werden. Ihre Bedeutung wird zwar erst dem wissenschaftlich arbeitenden Organiker klar, aber auch der präparative Anfänger soll aus ihr herausholen, was für seine Zwecke aus ihr herauszuholen ist. Darum werden die Filtrate durch Wegdampfen von einem Teil des Lösungsmittels wieder in (kalt) übersättigte Lösungen übergeführt und so eine zweite Kristallisation erzielt, der unter Umständen noch eine weitere nachfolgen kann. In der Regel müssen die so gewonnenen Kristallisate nochmals aus neuem Lösungsmittel umkristallisiert werden (Kontrolle durch Schmelzpunkt!). Über das A u s w a s c h e n der kristallisierten Niederschläge das ihre Befreiung von der anhaftenden Mutterlauge zum Zweck hat, ist noch einiges zu sagen. Stets ist das angewandte Lösungsmittel zu benutzen und zwar, da sein Lösungsvermögen für die Substanz auch in der Kälte schon zu mehr oder weniger großen Verlusten führt, in möglichst geringer Menge. Während des Nachwaschens darf nicht gesaugt werden; man durchtränkt den Niederschlag mit dem Lösungsmittel und setzt dann erst die Pumpe an. Es ist zweckmäßig, die WouLFsch« Flasche oder Saugflasche, die jeder Wasserstrahlpumpe vorgeschaltet sein muß, mit einem Regulier-

Kristallisation

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haha zu versehen, der nicht nur eine bequeme Ausschaltung der SaugWirkung, sondern auch eine in vielen Fällen notwendige Veränderung des ünterdrucks gestattet.

Bei Stoffen, die schon in der Kälte leicht löslich sind, muß das zum Waschen verwendete Lösungsmittel in einer Kältemischung vorgekühlt werden. Solange noch Mutterlauge an den Kristallen haftet, darf man durch den von tropfbarer Lauge befreiten Niederschlag keine L u f t saugen. wenn leicht flüchtige Lösungsmittel in Anwendung sind. Es kommt sonst auch der unreine Inhalt der Mutterlauge zur Ausscheidung, und es besteht, namentlich bei leicht löslichen Substanzen, keine Sicherheit, daß die Verunreinigungen beim Nachwaschen wieder vollständig entfernt werden. Geringe Substanzmengen werden durch Auftropfen des Lösungsmittels ausgewaschen. Dazu dient ein sog. T r o p f r o h r (Fig. 9), das ist ein zu einer nicht zu dünnen Capillare ausgezogenes Glasrohr, das auch bei Ausführung von vielen Reaktionen sehr nützlich ist und den Sinn für sauberes Arbeiten fordert. Der häufig zu beobachtende Brauch, Substanzen dadurch zu „reinigen1', daß man ihre Lösung in einer Kristallisierschale zur Trockne verdampft oder ein du nsten läßt, führt naturgemäß nicht zum Ziel, da ja auf diesem Weg die Verunreinigungen nicht entfernt werden.

Trocknen der Substanzen: Ein reines P r ä p a r a t muß vom anhaftenden Lösungsmittel vollkommen befreit werden. Man trocknet unempfindliche Substanzen am bequemsten zwischen Filtrierpapier auf sauberer Unterlage bei Zimmertemperatur, indem man sie 1 oder 2 Tage an der Luft stehen läßt. Hochschmelzende Substanzen werden rascher im Trockenschrank oder auf dem Wasserbad vom Lösungsy mittel befreit; jedoch muß dies stets mit einiger Vorsicht F i g g geschehen. Die sicherste — für Analysenpräparate allein anwendbare — Methode ist die Trocknung im V a k u u m e x s i c c a t o r , der mit konz. Schwefelsäure beschickt ist. Das alte ScHEiBLEBsche Modell halten wir f ü r das zweckmäßigste. Die Konsistenz des Fettes ist für die Dichtung des Deckelschliffes sehr wichtig; am besten eignet sich adeps lanae anhydricus oder ein Gemisch aus gleichen Teilen Rinderfett und Vaseline. Das (rundgeschmolzene) Rohr mit dem Abschlußhahn wird, mit etwas Glycerin

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Einige allgemeine Arbeitsregeln

befeuchtet, in den vorher in den Tubus eingesetzten Gummistopfen hineingeschoben; die Führung muß streng sein. Den Einsatz bildet eine, auf drei niedere Füße aufgeschmolzene Porzellanplatte mit mehreren kreisrunden Öffnungen zur Aufnahme von kleinen Schalen, Uhrgläsern u. dgl. Um das Hin- und Herrutschen des Einsatzes zu verhindern, ist der Zwischenraum zur Exsiccatorwand mit drei entsprechend zugeschnittenen Korkstücken ausgefüllt, die fest ansitzen. Damit beim Aufheben des Vakuums durch die hereinblasende Luft keine Substanz verstäubt wird, stellt man vor dem Tubus, durch den Einsatz festgehalten, ein Blatt steifen Kartons, ein Kartenblatt oder dgl. auf. Den Zug der einströmenden Luft mildert man überdies dadurch, daß man ein Stückchen Filtrierpapier vor dem öffnen des Hahns an die äußere Rohröffnung hält, das dann angesaugt wird und einen ausreichenden Widerstand bildet. Um die einströmende Luft zu trocknen, ist dem Hahnrohr außen ein gerades Calciumchloridrohr aufgesetzt, dessen Inhalt durch Glaswolle oder besser Watte nach beiden Seiten gut gesichert sein muß. In Exsiccatoren, die viel umhergetragen werden, füllt man den Schwefelsäurebehälter bis zur Staudhöhe der Säure mit Glasresten — zerbrochenen Rohrstücken, Stopfen u. dgl. — oder (vorher mit verdünnter Salzsäure ausgekochten und dann getrockneten) Bimssteinstücken, wodurch ein Spritzen hintangehalten wird. Die konz. Schwefelsäure ist von Zeit zu Zeit zu erneuern. Für analytische Zwecke muß ein besonderer Vakuumexsiccator bereit stehen. Zur Verstärkung der Trockenwirkung, namentlich gegenüber Wasser, stellt man auf den Einsatz eine kleine, mit festem technischem Ätzkali gefüllte Schale. Die meisten Lösungsmittel, außer Chloroform, Benzol, Petroläther und Schwefelkohlenstoff, werden von dieser Beschickung absorbiert. Um Substanzen von diesen 4 Solventien zu befreien, bringt man dünne Paraffinschnitzel in einer flachen Schale neben die Substanz in den Exsiccator, falls ihre Eigenschaften das Trocknen an der Luft verbieten. Man mache sich zur Regel, keinen Vakuumexsiccator zu benutzen, der nicht über Nacht das volle Vakuum hält (Prüfung mit Manometer). Es genügt so, einmal zu evakuieren und über Nacht stehen zu lassen. Das stundenlange Saugen an der Pumpe ist unnütze Wasserverschwendung. Manche Substanzen enthalten Wasser oder andere Lösungsmittel so fest gebunden, daß sie im Vakuum bei Baumtemperatur nicht davon befreit werden können. Man trocknet dann im Vakuum bei erhöhter Temperatur, indem man die Substanz in einem kleinen Bundkolben im Wasserbad oder Ölbad so lange erhitzt, bis keine Gewichtsabnahme mehr

Destillation

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erfolgt. Besonders bequem ist die sog. T r o c k e n p i s t o l e (Fig. 10). Die Dämpfe der in A zum Sieden erhitzten Flüssigkeit heizen das innere, weite Rohr B mit der auf einem Porzellanschiffchen ausgebreiteten Substanz. In C befindet sich ein Trockenmittel und zwar für Wasser und Alkohole P s 0 6 , für andere Dämpfe festes Paraffin. Als Heizflüssigkeit verwendet man je nach der gewünschten Tempera tur C h 1 o r o fo r m (6 6 W a s s e r (100°), T o l u o l (111°), X y l o l (140°).

Hat man aus schwer flüchtigen Lösungsmitteln, wie Eisessig, Xylol, hochsiedendem Petroläther, Nitrobenzol u. dgl. umkristallisiert, so wasche man vor dem Trocknen mit einem leichter entfernbaren, wie Äther, Benzol, Gasolin, das erstere weg. Im allgemeinen wird eine in Eisessig oder Nitrobenzol schwer lösliche Substanz auch von Äther nicht leicht gelöst. 2. Destillation.

Bei der Reinigung durch Destillation wird die Substanz im Dampfzustand weggeführt und durch Abkühlung an andrer Stelle wieder in den flüssigen oder festen Aggregatzustand gebracht. Voraussetzung für die Anwendung dieser Reinigungsmethode ist die Beständigkeit des Stoffes bei seiner Siedetemperatur. Diese kann erniedrigt werden durch Verdampfung im Vakuum und zwar sinkt der Siedepunkt im üblichen Vakuum der Wasserstrahlpumpe (12 mm) gegenüber dem bei Atmosphärendruck im Durchschnitt um 100—120°. Bei Stoffen, die unter gewöhnlichem Druck oberhalb 250° sieden, erhöht sich dieser Unterschied. Daher können sehr häufig Substanzen, die sich schon unterhalb ihres normalen Siedepunktes zersetzen, durch Destillation im Vakuum gereinigt werden, da sie so einer weit niedrigeren Temperatur ausgesetzt sind. Einfach zusammengesetzte, vor allem auch leicht flüchtige Substanzen, wie Kohlenwasserstoffe, Alkohole, Ester, die niederen Säuren, Amine u. dgl. destilliert man unter Atmosphärendruck' Bei allen zersetzlichen Stoffen, auch bei besonders hoch siedenden,

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Einige

allgemeine

Arbeitsregeln

nimmt man die Destillation unter Unterdruck vor. Bei festen kristallisierten Körpern wird man im allgemeinen den Weg der Destillation nur dann beschreiten, wenn die Reinigung durch Kristallisation wegen allzu großer Löslichkeit oder aus anderen Gründen nicht zum Ziel führt. Die Möglichkeit der Destillation (ohne Zersetzung) muß natürlich in jedem Fall vorher feststehen. Die Destillation, sei es unter Atmosphärendruck oder im Vakuum, dient nicht nur zur Abtrennung des rein darzustellenden Produkts von nicht flüchtigen Beimengungen, sondern auch zur Scheidung von Gemischen flüchtiger Stoffe auf Grund ihres verschiedenen Dampfdrucks und damit Siedepunkts (fraktionierte Destillation). Destillation bei Atmosphärendruck: Als Destillationsgefäß dient ausschließlich der einfache Fraktionierkolben mit abwärts geneigtem Kondensationsrohr o (Fig. 11), das im allgemeinen bei leicht siedenden Flüssigkeiten hoch, bei höher siedenden tief, d. h. näher bei der Kugel, angesetzt sein soll. Das Thermometer ist durch einen reinen durchbohrten Kork mit dem Kolben verbunden; die Quecksilberkugel muß vollständig von den Dämpfen der Substanz umspült werden, also unterhalb des Ansatzrohres stehen. Da die gewöhnlichen Laboratoriumsthermometer häufig unFig. 11. genau sind, müssen sie vor dem Gebrauch mit einem Normalthermometer verglichen werden. Am genauesten wird die Eichung, wenn man die beiden Thermometer nebeneinander in konz. Schwefelsäure oder Paraffin auf 2 5 0 ° bringt und dann die Abküblungstemperaturen von 10 zu 10" beobachtet und aufschreibt. Thermometer für Destillationen sollen eine kleine Kugel haben, damit die Temperatureinstellung rasch erfolgt.

Die Größe des Destillierkolbens ist so zu wählen, daß die Kugel von der Flüssigkeit zur Hälfte bis zu zwei Dritteln erfüllt ist Um Siedeverzug und damit Überhitzung zu vermeiden, bringt man einige kleine, halberbsengroße Tonstückchen (Siedesteine) vor jeder Destillation in den Siedekolben. Sie müssen bei dennoch

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Destillation

eintretendem Siedeverzug erneut eingetragen werden, jedoch nicht in die überhitzte Flüssigkeit, sondern erst nach kurzer Abkühlung. Der Kolben wird oberhalb des Ansatzrohrs in eine mit Kork ausgekleidete Klammer eingespannt. Heizquellen: Flüssigkeiten, die nicht höher als 80° sieden, werden im Wasserbad erwärmt (Emailtopf oder Becherglas); die Temperatur des Heizbades soll ungefähr 20 0 über dem Siedepunkt der Substanz liegen. Die Einhaltung der richtigen Heiztemperatur ist von großer Bedeutung, da bei zu großer Steigerung derselben infolge von Uberhitzung zu hohe Siedepunkte des Destillats gefunden werden. Bei höher siedenden Stoffen kann man für präparative Zwecke, wo ein Spielraum von einigen Graden für den Siedepunkt in Kauf genommen werden kann, meist die freie, rußende Gasflamme benutzen, mit der der Kolben anfangs vorsichtig umfächelt wird; auch Erhitzen auf dem Babotrichter oder auf dem Drahtnetz ist anwendbar. Bei wertvollen Substanzen und wenn Anspruch auf analytische Reinheit erhoben wird, auch dann, wenn aus Gründen der Beständigkeit der Substanz Uberhitzung vermieden werden soll, wird man ein Ol- oder P a r a f f i n b a d vorziehen, für Temperaturen > 220° ein M e t a l l b a d aus WooDscher oder ROSE scher Legierung oder die Schmelze von gleichen Teilen Kali- und Natronsalpeter, beide in einem eisernen Tiegel. Niedrig siedende Substanzen werden in einem L I E B I G sehen Kühler kondensiert, der mit Kork an das Ansatzrohr angeschlossen ist Will man jeglichen Verlust durch Verflüchtigung vermeiden, so verbindet man das Kühlrohr durch einen sog. Vorstoß mit der als Vorlage dienenden Saugflasche, die durch Eis oder auch Kältegemisch gekühlt wird. Bei Flüssigkeiten, die um 100° sieden, genügt ein kurzer Kühler, und bei der Destillation geringer Mengen ist die Verwendung eines kleinen, dicht über das Ansatzrohr stülpbaren Kühlmantels zur Einschränkung von Material Verlusten besonders ratsam. Ein solcher ist in Fig. 19 und 25 abgebildet. Bei Siedetemperaturen oberhalb 120° kühlt man im allgemeinen nicht mehr mit fließendem Wasser, weil das Kühlrohr bei der Berührung mit dem heißen Dampf leicht springen kann; hier dient das im Mantel stehende Wasser, das sich allmählich erwärmt, als Kühlflüssigkeit Wenn der Siedepunkt 150° überschreitet, genügt bloße Luftkühlung (weites Kühlrohr ohne Mantel). QATTKBHiKH, Praxi». 23. Auflage.

2

18

Einige allgemeine Arbeitsregeln

Substanzen, die nach der Kondensation rasch erstarren, dürfen niemals aus einem Fraktionierkolben mit engem Ansatzrohr destilliert werden; man kann zwar das Destillat im frei liegenden Rohr durch Anwärmen mit der Flamme wieder verflüssigen, aber die an den durch Korke oder andere Verbindungen gedeckten Stellen auftretenden Versperrungen sind oft kaum mehr zu öffnen und verursachen viel Zeitverlust und Arger. Deshalb greift man sofort zu dem mit weitem Ansatz versehenen S c h w e r t oder S ä b e l k o l b e n (Fig. 12), aus dem nach beendigter Destillation das Produkt mühelos, am besten durch Herausschmelzen, entnommen werden kann. Die Ausführung einer Destillation gestaltet sich normalerweise folgendermaßen. Nach allmählichem Erhitzen des Kolbeninhalts steigt unter den äußeren Erscheinungen des Siedens der Quecksilberfaden des Thermometers mit einemmal rasch in die Höhe, um bei einer bestimmten Temperatur, dem Siedepunkt, haltzumachen. Hat sich diese Temperatur innerhalb eines Grades fest eingestellt, so vertauscht man die Vorlage — ein kleines weites Röhrchen oder dgl. — mit dem „Vorlauf" gegen ein der zu erwartenden Substanzmenge angepaßtes Auffanggefäß (Erlenmeyer oder enghalsige Stöpselflasche mit aufgesetztem Trichterchen) und erhitzt weiter in dem Maße, daß alle 1 — 2 Sekunden ein Tropfen übergeht. Das Thermometer muß dauernd im Auge behalten werden. Die Substanz soll im allgemeinen in der Temperaturspanne vou nicht mehr als 1 — 2 Graden übergehen; bei analytisch reinen Präparaten ist die Grenze enger zu ziehen. Destilliert man mit freier Flamme, so steigt gegen das Ende hin der Siedepunkt wegen Uberhitzung regelmäßig um ein paar Grade, obwohl noch reine Substanz übergeht. Erhöht sich der Siedepunkt schon früher über den angegebenen Bereich, so wird die Vorlage wiederum gewechselt und unter Fortsetzung der Destillation ein drittes Kondensat, der „Nachlauf" aufgefangen. E s ist zu beachten, daß im Vorlauf wie im Nachlauf noch Anteile des Hauptprodukts enthalten sind. Der Dampfdruck einer destillierbaren Substanz ist schon unterhalb des Siedepunktes so beträchtlich, daß mit den leichter flüchtigen Bestandteilen (gewöhnlich Beste von Lösungsmittel) des ursprünglichen

Destillation

19

Destillationseinsatzes auch Dampf der Substanz übergeht Andrerseits steigt der Siedepunkt einer Substanz, wenn sie sich im Gemisch mit höher siedenden Stoffen befindet. So läßt sich Äther, der überaas häufig zur Aufnahme organischer Präparate verwendet wird, selbst auf dem siedenden Wasserbad nicht vollständig von einer viel weniger flüchtigen Substanz abtrennen, obwohl sein Siedepunkt schon bei 35° liegt. Ein anderes bekanntes Beispiel bildet die Benzolwüsche der Kokereien, auf das aber hier nicht näher eingegangen werden kann.

Daraus erklärt sich, daß auch der Nachlauf nicht frei ist von dem Hauptprodukt, und wenn Vorlauf und Nachlauf ansehnliche Mengen darstellen, so lohnt sich eine nach den angegebenen Regeln zu wiederholende getrennte Destillation dieser beiden Anteile. Sie fraktionierte Destillation: Nicht so einfach, wie im vorstehenden geschildert, liegen die Verhältnisse, wenn es sich darum handelt, mehrere flüchtige Produkte einer Reaktion durch Destillation voneinander zu trennen. Die Aufgabe wird erschwert in dem Maße, als die Siedepunkte der einzelnen Bestandteile sich einander nähern, und es gelingt mit den üblichen Laboratoriumsmitteln schon nicht leicht, Substanzen mit einiger Schärfe voneinander zu scheiden, deren Siedepunkte sich um 10° unterscheiden. Der Weg, der hier in der größten Annäherung das Ziel erreichen läßt, ist der der mehrfachen Wiederholung des Destillationsprozesses. Sie kann bei niedrig siedenden Stoffen in e i n e r Operation vorgenommen werden durch Anwendung von sog. F r a k t i o n i e r a u f s ä t z e n , das sind Kondensationssysteme, die vor der endgültigen Kondensation in die Dampfphase eingeschaltet sind. Durch Luftkühlung wird in den einzelnen Abteilungen dieser Destillationsaufsätze, die verschiedenartig konstruiert sein können (Fig. 13), Dampf verflüssigt und der nachdrängende Dampf muß diese Kondensate, die in seiner Bahn liegen, durchströmen. Dabei werden seine weniger flüchtigen Bestandteile kondensiert, während nie leichter flüchtigen am nächsten Glied des Aufsatzes das gleiche Spiel wiederholen. So kommt eine der Anzahl der Kugeln des Aufsatzes entsprechende Menge von Einzeldestillationen 2*

20

Einige allgemeine Arbeitsregeln

zustande, die bei vorsichtiger und langsamer Ausführung der Operation eine weitgehende Trennung ermöglicht. Besonders bewährt sind zylindrische Aufsätze, die regellos mit Raschig-Ringen aus Glas angefüllt sind. Hat man nur kleine Substanzmengen zur Verfügung, so leistet eine in das Lumen des Destillationskolbens eingesetzte Glasspirale 1 ganz vorzügliche Dienste. Die technische Anwendung des Prinzips der fraktionierten Destillation finden wir in der Spiritusfabrikation und in der auf dem gleichen Weg erfolgenden Isolierung der aromatischen Kohlenwasserstoffe aus dem Leichtöl des Steinkohlenteers. Flüssigkeitsgemische von höherem Siedepunkt ( > 1 2 0 ° ) trennt man in ihre Bestandteile, indem man sie zuerst durch Destillation in mehrere Fraktionen von ungefähr gleichem Siedepunktsintervall zerlegt; die einzelnen Destillate werden (in kleineren Siedekolben) durch Destillation erneut aufgeteilt, die in ihren Siedepunkten einander naheliegenden Fraktionen werden dann noch mehrere Male unter immer schärferer Einengung der Siedepunktsgrenzen fraktioniert überdestilliert. Will man, was sehr empfehlenswert, auch hier die obenerwähnte Widmer-Spirale benutzen, so muß der Aufsatz, in dem sie sitzt, mit Asbest gut isoliert werden. Nicht alle Gemische sind durch Destillation trennbar; bisweilen bilden Stoffe, die bei verschiedenen Temperaturen sieden, konstant übergehende Destillate. Über die Theorie der fraktionierten Destillation unterrichte man sich genauer in J . E G G E R T , Lehrbuch der physikalischen Chemie, 3. Aufl. 1931, S. 248. Die Vakuumdestillation: Der organische Chemiker muß sich immer bewußt sein, daß fast alle Stoffe, mit denen er umgeht, vom Standpunkt der Thermodynamik aus metastabil sind. Die Einwirkung erhöhter Temperatur ist aber in allen Fällen der Einstellung der wahren Gleichgewichte — hier dem Zerfall — günstig, und deshalb wird man es sich zweckmäßig zur Regel machen, seine Substanzen nicht unnötigerweise zu gefährden. Aus diesem Grunde gebührt der Destillation unter vermindertem Druck, wobei die Siedetemperatur um 1U0 und mehr Grade herabgesetzt werden kann, eine große Bedeutung beim organischen Arbeiten. Ihre Methodik muß der präparative Organiker bald beherrschen lernen und er soll sich frühzeitig daran gewöhnen, die 1

WIDMER,

Helv. chim. act. VII,

5 9 (1924).

Destillation

21

Vakuumdestillation nicht als „Haupt- und Staatsaktion" aufzufassen, sondern als eine der elementarsten Operationen der Laboratoriumspraxis. D a s gegebene Destillationsgefäß ist der C l a i s e n k o l b e n (Fig. 14). Seine sehr zweckmäßige Rohrteilung verhindert das hier besonders gefährliche Uberspritzen der siedenden Flüssigkeit. Damit der bei der Vakuumdestillation sehr leicht eintretende Siedeverzug vermieden werde, saugt man vermittelst einer feinen Capillare dauernd feine Luftbläschen — bei luftempfindlichen Substanzen Wasserstoff oder COa — durch die siedende Flüssigkeit. Die Capillare zieht man an einem genügend langen, 4 — 8 mm weiten Glasrohr in der Gebläseflamme aus und gibt ihr dann durch abermaliges Ausziehen über der Sparflamme die genügende Feinheit Vor dem Gebrauch p r ü f t man ihre Durchlässigkeit. indem man die Spitze in einem kleinen Reagenzglas unter Äther bringt und dann mit dem Mund hineinblast. Die Blasen sollen einzeln und langsam heraus perlen. Capilluren f ü r die Hochvakuumdestillation sollen erst bei kraftigem Einblasen einzelne Luftblasen, aberschwierig, durchlassen. Bisweilen besteht das Bedürfnis, vor allem bei schäumenden Flüssigkeiten, den Luftdurchtritt durch die Capillare zu regulieren. Dies erreicht Fig. 14. man bei nicht allzu fein ausgezogener Capillare durch eine Quetschschraube, die man an einem Stückchen ungebrauchten, dickwandigen Gummischlauchs auf das Capillarrohr aufsetzt, derart, daß die Backen der Schraube den Schlauch unmittelbar über dum Ende des Capillarrohrs fassen. Man beachte aber, daß bei einer Unterbrechung der Destillation die in der Kugel vorhandene Flüssigkeit durch den äußeren Luftdruck in das noch evakuierte Capillarrohr hineingedrückt wird — unter Umständen bis in den Gummischlauch — und vermeide dies dadurch, daß man vor der Unterbrechung den Schraubhahn vorsichtig öffnet. Bei hartnäckigem Schäumen führt man unter Verzicht auf das Thermometer auch in das vordere Rohr des Claisenkolbens (b in Fig. 14) eine Capillare ein. Der durch sie eingesaugte feine Luftstrom bringt die Blasen, ehe sie übersteigen können, zum Platzen. 1 1

E. DOBRER, Dissert. München 1926.

22

Einige

allgemeine

Arbeitsregeln

Das Capillarrohr wird von der Spitze aus in einen eng anschließenden unversehrten Gummistopfen eingeführt (mit etwas Glycerin), der dicht in das Rohr a des Claisenkolbens hineinpaßt. Bei richtigem Sitz des Capillarrohr» soll sich das Capillarende in unmittelbarster Nähe des tiefsten Punktes der Kugel befinden. Im Rohr b steckt, ebenfalls durch einen Gummistopfen eingefügt, das Thermometer. Will man vermeiden, daß die Substanz mit Kautschuk in Berührung kommt, so benutzt man Claisenkolben mit verjüngten Rohrenden, in die Capillarrohr und Thermometer mit Hilfe kleiner übergezogener Schlauchstücke eingesetzt werden. Die Verwendung von Korkstopfen bei Vakuumdestillationen erfordert große Übung.

Fig. 15.

Fig. 16.

Die Kühlung erfolgt nach den gemachten Angaben; der kleine übergezogene Wasserkühler ist hier besonders empfehlenswert. Vorlagen: Wenn nur eine oder zwei Fraktionen zu erwarten sind, benutzt man als Vorlagen Saugröhrchen, wie auf Fig. 8 abgebildet, von entsprechender Größe — für den Vorlauf die kleinsten — oder, bei größeren Substanzmengen kleine Saugflaschen. Dem Verbindungsstopfen aus Gummi sind sie vorher anzupassen. Beim Wechseln der Vorlage muß die Destillation naturgemäß unterbrochen werden. Will man dies vermeiden und hat man mehrere Fraktionen zu erwarten, so bedient man sich mit Vorteil des sog. K u h e u t e r s , eines Apparats, der in Fig. 15 abgebildet ist. Indem man das mit Glycerin eingedichtete Glasrohr c mit einer Hand festhält,

Destillation

23

kann man mit der andern den Glasteil b drehen und so die verschiedenen Auffanggefäße der ßeihe nach unter die Mündung des Abflußrohrs bringen. Handlicher und für die Destillation kleiner Mengen geeigneter ist die in Fig. 16 wiedergegebene Form, in der Laboratoriumssprache je nach der Gestalt als „Spinne", „Frosch" oder „Schweinchen" bezeichnet. Schließlich sei noch der, namentlich für die Destillation größerer Substanzmengen trefflich bewährte Hahnvorstoß nach ANSCOÜTZ-THIELE (Fig. 1 7 ) erwähnt, bei dem man nach Schließung

der Hähne a und b mit Hilfe der Klemmschraube c das Vakuum in der Vorlage aufheben und so diese wechseln kann. Nachdem man dann bei c wieder geschlossen und durch Offnen von b wieder überall Vakuum hergestellt hat, kann man bei geöfinetem Hahn a weiter destillieren. Der dritte Hahn kann entbehrt werden. Noch einfacher ist der mit Dreiweghahn versehene Wechselvorstoß (Fig. 18) gebaut, an dem die Vorlage durch eine Hahnbohrung mit der Außenatmosphäre in Verbindung gebracht werden kann, während das Vakuum im Apparat erhalten bleibt Nach dem Wechseln des Auffanggefäßes muß der Hahn allerdings sehr vorsichtig gegen dieses geöffnet werden, damit das inzwischen über dem Hahn angesammelte Kondensat durch die von unten eingesaugte Luft nicht verspritzt wird.

24 Die beiden zuletzt aufgeführten Apparate haben den großen Vorteil, daß die einzelnen Fraktionen alsbald völlig voneinander getrennt werden, daß sie auch nicht mit den Dämpfen in gegenseitiger Berührung sind; für zähe, viscöse Flüssigkeiten, die nicht durch die Hahnbohrung gehen, sind sie dagegen nicht verwendbar. Man wird sie daher bei der Destillation von verhältnismäßig niedrig siedenden Substanzen, deren Dampfdruck nicht zu vernachlässigen ist, bevorzugen. Werden rasch erstarrende Substanzen im Vakuum destilliert, so trägt der Claisenkolben ein erweitertes Ansatzrohr, gerade so wie dies für die gewöhnliche Destillation beschrieben ist. Das Heizen: Nur bei großer Übung kann eine Vakuumdestillation mit freier Flamme auageführt werden. Weit zuverlässiger ist die indirekte Heizung durch ein Wärmebad. Auch hier ist die Temperatur des Heizbades mit größter Sorgfalt der Siedetemperatur der Substanz anzupassen (etwa 20° höher; bei hoch angesetztem Kondensationsrohr muß die Differenz vergrößert werden); wenn der Siedepunkt einer Fraktion erreicht ist, soll die Temperatur des Bades konstant gehalten werden. Der Kolben wird so tief in das Heizgefäß eingesenkt, daß der Spiegel des Destillationsguts unterhalb von dem der Heizflüssigkeit liegt. Die Kugel soll nicht weiter als bis zur Hälfte mit Substanz gefüllt sein. Bei der Destillation hoch siedender Stoffe taucht man möglichst tief ein und umkleidet den Destillationskolben oberhalb des Heizbads bis zum Winkel des Ansatzrohrs mit Asbestpapier, das durch einen dünnen Draht oder durch eine Schnur befestigt wird. Bei empfindlichen Substanzen, die au sich der Vakuumdestillation zugänglich sind, tritt bisweilen Zersetzung ein, wenn sie in der Hitze jäh einer starken Druckänderung unterworfen werden. In solchen Fällen soll das Vakuum erst nach Abkühlung des Kolbeninhalts aufgehoben werden. So zu verfahren, ist ganz allgemein zweckmäßig, weil dadurch auch die recht häufige Oxydationswirkung heißer Luft vermieden wird.

Unerläßlich für alle Destillationen unter vermindertem Druck ist die Zwischenschaltung eines abgekürzten Manometers (Fig. 19) zwischen Pumpe und Apparat, da der Druck, bei der Abhängigkeit des Siedepunktes von ihm, dauernd kontrolliert werden muß. Inkonstante Siedepunkte sind recht oft die Folge wechselnden Drucks. Um die Verunreinigung des Manometers durch Dämpfe, die sich darin kondensieren, hintanzuhalten, destilliert man bei geschlossenem Hahn, den man nur von Zeit zu Zeit zur Druck-

Destillation

25

prüfung öffnet. Vor dem Beginn j e d e r V a k u u m d e s t i l l a t i o n m u ß die ganze A p p a r a t u r am M a n o m e t e r auf D i c h t i g k e i t , d.h. auf a u s r e i c h e n d e s V a k u u m g e p r ü f t werden. Mit dem Anheizen des Bades beginne man erst, nachdem das Vakuum hergestellt ist. Bringt man die b e r e i t s e r w ä r m t e Flüssigkeit unter verminderten Druck, so kommt sie häufig infolge Überhitzung zum Uberschäumen. Dabei braucht der Siedepunkt der Substanz nicht erreicht zu werden: es genügt, daß im Destillationsgut noch etwas Lösungsmittel, z. B. Äther, enthalten ist, dessen Entfernung auf dem Wasserbad aus Gründen des stark herabgesetzten Dampfdruckes nie vollständig möglich ist.

In manchen Fällen, wenn leicht flüchtige, niedrig siedende Stoffe im Vakuum destilliert werden, ist es nötig, durch Erhöhung des Drucks die Flüchtigkeit zu vermindern. Man arbeitet dann nicht beim vollen Vakuum der Wasserstrahlpumpe, das je nach Druck und Temperatur des Leitungswassers 10—20 mm Quecksilber beträgt, sondern bei Drucken von 20—100 mm. Da die Leistung der Pumpe nicht reguliert werden kann, so hilft man sich mit einem in die Vorlageflascbe eingesetzten Hahn (a, Fig. 19), mit dem man unter Beihilfe des Manometers jeden gewünschten Druck einstellen kann. Bei Substanzen, die unter Atmosphärendruck über 150° sieden, bedient man sich der maximalen Leistung der Wasserstrahlpumpe. In welchem Maße die Erniedrigung des Druckes bei einer Vakuumdestillation den Siedepunkt erniedrigt, sieht man an den auf Fig. 20

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Einige allgemeine Arbeitsregeln

wiedergegebenen Beispielen von N i t r o b e n z o l , Siedepunkt 208°/760mm (KurveI) und B e n z a l d e h y d (II), Siedepunkt l 7 9 ° / 7 6 0 mm. Die Bedeutung eines „guten Vakuums" beim präparativen Arbeiten prägt sich in dem steilen Anstieg der Kurven im Bereich der niederen Drucke aus. Es macht ungefähr 15° Unterschied im Siedepunkt aus, ob man unter 20 mm oder unter 10 mm Quecksilber destilliert. Mit steigendem Druck verringert sich dessen Einfluß, wie die im oberen Teil der Figur — in anderem Maßstab — gezeichnete Kurve III des Nitrobenzols mit

mmHg 2 0

"¡5

10

5 4 3 2 1 0

Sedep»

Fig. 20. dem Druckgebiet von 760 mm abwärts deutlich macht. Wasser siedet in München bei 720 mm Hg erst bei 98,5°. Die quantitativen Beziehungen zwischen Druck und Siedetemperatur sind von Stoff zu Stoff verschieden, jedoch bei organischen Verbindungen innerhalb mäßiger Grenzen, so daß die hier wiedergegebenen Kurven für den praktischen Gebrauch wohl als Unterlagen benutzt werden können. Siedet z. B. ein Stoff A nach Angaben der Literatur bei 9 6°/12 mm, so wird er unter 18 mm Hg bei 104—105° sieden. Stoffe, deren Siedepunkt auch bei dem Unterdruck, den die Wasserstrahlpumpe schafft, noch zu hoch liegt, lassen sich häufig im H o c h v a k u u m unzersetzt destillieren, d. h. bei Drucken, die bei 1 mm oder

Sublimation

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darunter liegen. Druckverminderung bis zu dieser Grenze setzt die Siedetemperatur um durchschnittlich 1 5 0 ° gegenüber der bei Atmospbärendrack, um etwa 4 0 ° gegenüber dem Vakuum der Wasserstrahlpumpe herab. Die punktierte Fortsetzung der Nitrobenzol-Kurve I (der keine gemessenen Zahlen zugrunde liegen) bringt dies zum Ausdruck. Seit der Einführung der sog. Quecksilberdampfstrahl-Hochvakuumpumpen, die wohl heutzutage in keinem Hochschullaboratorium fehlen, ist die Destillation im Hochvakuum eine unschwer auszuführende Prozedur, und wer die gewöhnliche Vakuumdestillation gewandt und sicher auszuführen gelernt hat, wird auch im Hochvakuum destillieren können, wenn diese Aufgabe etwa bei einem Literaturpräparat an ihn herantritt. Wegen der Empfindlichkeit der Apparatur — wenigstens gegenüber dem allgemeinen Gebrauch — ist dieses Verfahren in die Übungspräparate nicht einbezogen und wird darum auch nicht ausführlicher beschrieben. Die ausgezeichnete Quecksilberdampfstrahl-Pumpe von V o l m e r sollte heutzutage in jedem organischen Unterrichtslaboratorium vorhanden sein.

Man v e r s ä u m e n i e , A u g e n zu s c h ü t z e n !

bei V a k u u m d e s t i l l a t i o n e n

die

Die Sublimation.

Flüchtige Stoffe, deren Dampf bei der Abkühlung unter Umgehung der flüssigen Phase sich direkt zu Kristallen verdichtet, werden unter Umständen mit Vorteil durch Sublimation gereinigt, vor allem dann, wenn das Umkristallisieren infolge besonderer Löslichkeitsverhältnisse erschwert ist. Ein bekanntes Beispiel bildet die Reinigung des Jods. In der organischen Chemie sind es namentlich Chinone, bei denen man das Verfahren anwendet. Eine Sublimation kleinerer Substanzmengen läßt sich zweckmäßig zwischen zwei gleich großen Uhrgläsern ausführen. Auf das untere bringt man die zu sublimierende Substanz, bedeckt es dann mit einem runden Filter, welches etwas über den Rand des Glases hervorragt und in seinem mittleren Teile einige Male durchlöchert ist, legt das zweite Uhrglas mit der Wölbung nach oben darauf und verbindet beide mit einer Uhrglasklammer. Erhitzt man nun das untere Glas möglichst langsam durch eine kleine Flamme auf einem Sandbade, so verdichtet sich die vergaste Substanz an dem kalten, oberen Glase zu Kristallen; das Filter verhindert, daß die Kriställchen wieder auf das untere heiße Glas zurückfallen. Zur Abkühlung des oberen Glases kann man dieses mit einer mehrfachen Lage feuchten Filtrierpapieres oder mit einem Stückchen feuchten Tuches bedecken.

28 Will man größere Substanzmengen sublimieren, so ersetzt man in dem soeben beschriebenen Apparate das obere Uhrglas durch einen Trichter, welcher etwas kleiner als das Glas ist (Fig. 21). Auch in Tiegeln, Kolben, Bechergläsern, Retorten, Röhren u. a. kann man Sublimation vornehmen. Sublimiert die zu reinigende Substanz erst bei hoher Temperatur, wie etwa Indigo oder Allzarin, so bedient man sich auch hier des Vakuums -Rundkölbchen oder Retorte). — Bei Sublimationen beachte man stets, daß der Apparat erst nach dem vollFig. 21. kommenen Erkalten auseinandergenommen wird. Destillation mit Wasserdampf.

Von diesem wichtigen Reinigungsverfahren macht man nicht nur im Laboratorium, sondern auch in der chemischen Großindustrie außerordentlich häufig Gebrauch. Es beruht darauf, daß viele Stoffe, deren Siedepunkte beträchtlich höher liegen können als der des Wassers, von eingeblasenem Wasserdampf in dem Ausmaß ihres Dampfdrucks bei dessen Temperatur verflüchtigt und dann zusammen mit dem sie begleitenden Wasserdampf in einem angeschlossenen Kühlsystem wieder kondensiert werden. Der geeignetste und theoretisch einfachste Fall (vgl. unten) liegt vor, wenn der Stoff in Wasser schwer löslich oder praktisch unlöslich ist. Zur Prüfung auf Wasserdampfflüchtigkeit bringt man eine kleine Probe der Substanz mit etwa 2 ccm Wasser in ein Reagenzglas, erhitzt zum Sieden (Siedesteine!) und bült den Boden eines mit etwas Eis beschickten zweiten Reagenzglases in die entweichenden Dämpfe, bis sich ein Wassertropfen daran kondensiert bat. Eine Trübung des Tropfens zeigt an, daß die Substanz mit Wasserdämpfen Süchtig ist.

Zur Ausführung im großen bringt man die Substanz, die abgeblasen werden soll, mit wenig Wasser in einen geräumigen langhalsigen Rundkolben, der nicht weiter als bis zu einem Drittel angefüllt sein darf, erwärmt mit einem untergestellten Brenner bis nahe zur Siedetemperatur (um allzu große Volumvermehrung durch Kondenswasser zu vermeiden) und leitet erst jetzt, nachdem der angeschlossene l a n g e Kühler in Gang gesetzt und die Vorlage aufgestellt ist, einen ziemlich kräftigen Dampfstrom ein. Das weite Einleitungsrohr soll bis nahe an den Boden des

29 Kolbens reichen und vorne etwas umgebogen sein (Fig. 22). Besitzt das Laboratorium keine Dampfleitung, so wird der Dampf in einem gut zur Hälfte gefüllten, mit Steigrohr versehenen Blechtopf entwickelt. Man destilliert in der Regel so lange, bis das Destillat klar abläuft Wenn sich die Substanz kristallisiert im Kühlrohr abscheidet, so läßt man für kurze Zeit das Kühlwasser teilweise auslaufen; der Dampf bringt dann die Kristalle zum Schmelzen und \ \ \ Abfließen. Jedoch ist bei \ dieser Maßnahme darauf zu •"""" achten, daß nicht unkondenI i s » sierter Dampf durch MitFig. 22. führen von Substanz Verluste verursacht. Der Wiedereintritt von Kühlwasser in das heiße Rohr hat mit Vorsicht zu erfolgen. Nach Beendigung der Destillation wird vor Abstellung des Dampfes die Verbindung zwischen Dampfrohr und Kolben gelöst, weil andernfalls der Rückstand des Kolbens durch das Einleitungsrohr zurücksteigen könnte. Darauf ist namentlich bei Entnahme des Dampfes aus einer Leitung zu achten. Kleinere Substanzmengen kann man auch aus einem genügend großen Fraktionskoll>en mit hoch angesetztem Rohr abblasen, besonders leichtflüchtige Stoffe auch /'f ' " ohne I »ampfzufuhr durch einfaches Erhitzen mit ,/V Wasser. X/ Sehr schwer flüchtige Substanzen treibt man mit ü b e r h i t z t e m Was- ^ v , / " serdampf über. Die Über~ Fig 23 hitzung erfolgt zweck' ' mäßig in einem konisch gewundenen Kupferrohr (Fig. 23), das zwischen Dampfleitung und Kolben eingeschaltet und durch einen

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Einige allgemeine Arbeitsregeln

darunter gestellten Brenner erhitzt wird. Der Kolben mit der Substanz befindet sich in einem auf höhere Temperatur (etwa 150°) erhitzten Ölbad. Unter Umständen kommt man auch ohne Überhitzer zum Ziel, indem man möglichst trockenen Dampf nicht zu rasch in den die trockene Substanz enthaltenden, im Heizbad erwärmten Destillationskolben einleitet. Zersetzliche Substanzen, die flüchtig sind, werden bisweilen unter vermindertem Druck, also bei erniedrigter Temperatur, mit Wasserdampf destilliert Zur Theorie der Wasserdampfdestillation: Die reine Form des Vorgangs liegt vor, wenn der zu destillierende Stoff in Wasser unlöslich, oder genauer, wenig löslich ist (Beispiele: Toluol, Brombenzol, Nitrobenzol), wenn sich also die Dampfdrucke von Wasser und Substanz gegenseitig nicht oder wenig beeinflussen. Ganz andere Verhältnisse ergeben sich bei Stoffen, die mit Wasser mischbar sind (Alkohol, Essigsäure); hier tritt das theoretisch kompliziertere Bild der fraktionierten Destillation auf. Wir betrachten nur den ersten Fall und wählen als Beispiel das bei 155° siedende Brombenzol. Erwärmen wir diese Flüssigkeit mit Wasser, so wird ihr Dampfdruck im Sinne der ihr eigenen Kurve ansteigen und zwar unabhängig von dem des Wassers. Die Erscheinung des Siedens wird eintreten, wenn die Summe der Dampfdrucke der beiden Stoffe dem herrschenden Atmosphärendruck gleich geworden ist. Dies ist, wie sich aus den Dampfdruckkurven entnehmen läßt, für Normalverhältnisse (760 mm) der Fall bei 95-25°. Bei dieser Temperatur beträgt die Tension des Brombenzols 121 mm, die des Wassers 639 mm, ihre Summe also 760 mm. Die Dampfphase wird daher nach der A V O Q A D B O sehen Regel die beiden Komponenten im molekularen Verhältnis von 121: 639 enthalten, d. h. es werden 5,28 mal mehr Wassermoleküle im Dampfgemisch sein, als solche von Brombenzol. Das absolute Verhältnis, in dem Brombenzol mit Wasserdampf übergeht, ergibt sich einfach unter Heranziehung der Molekulargewichte. Auf 1 Mol Brombenzol vom Mol.-Gew. 157 kommen 5-28 Mole Wasser vom Mol.-Gew. 18, oder mit 157 Gewichtsteilen des ersten gehen 5-28.18 = 95 Gewichtsteile Wasser über, was ungefähr einem Verhältnis Brombenzol: Wasser von 5 : 3 entspricht. Man kann demnach bei Kenntnis der Tensionskurve eines mit Wasser nicht mischbaren Stoffes den Grad seiner Wasser-

Abdestillieren von Lösungsmitteln

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dampftitichtigkeit leicht angenähert berechnen, nur angenähert deshalb, weil die Voraussetzung der gegenseitigen Unlöslichkeit praktisch niemals erfüllt ist. Abdestillieren von Lösungsmitteln. Da man beim organisch-präparativen Arbeiten sehr häufig Substanzen aus verdünnter Lösung zu isolieren hat, so gehört diese Operation zu den alltäglichen Verrichtungen. Äther wird am absteigenden Kühler (Schlangenkühler, Fig. 24) vom Dampfbad oder Wasserbad aus abdestilliert und nach eventueller Reinigung erneut verwendet. Enthält er flüchtige Säuren, so wird er mit Sodalösung, dagegen flüchtige Basen, mit verdünnter Schwefelsäure durchgeschüttelt. Um Verluste und Entzündung infolge der Flüchtigkeit des Äthers zu vermeiden, benutzt man als Auffanggefäß eine Saugflasche, die durch einen Kork mit dem Kühlrohr verbunden ist, und deren Saugrohr zur Sicherheit einen über den Arbeitstisch herunterhängenden Schlauch trägt. B e i m A r b e i t e n mit Ä t h e r und a l l e n l e i c h t e n t z ü n d l i c h e n L ö s u n g s m i t t e i n l ä ß t man keine offenen F l a m m e n Fig. 24. a u f dem A r b e i t s t i s c h brennen. Sind große Mengen Lösungsmittel zu verdampfen und will man den Inhalt der Lösung nach dessen Entfernung ebenfalls destillieren, so läßt man, um ein allzu großes Gefäß zu vermeiden, die Lösung nach und nach aus einem Tropftrichter in den geeigneten Fraktionierkolben fließen, in dem Maße, als das Lösungsmittel verdampft (Siedesteine). Wenn man nicht über ein Dampfbad verfügt, sondern vom Wasserbad aus destillieren muß, ist dessen Flamme bei jedem Nachfüllen (Trichter!) auszudrehen. Man kommt in diesem Fall meist rascher zum Ziel, wenn man die ganze Lösung aus einem größeren Bundkolben oder Erlenmeyer abdampft und dann den Bückstand mit wenig Lösungsmittel (aber vollständig!) in das kleinere Gefäß überspült. Kleine Mengen leicht verdampf barer Flüssigkeiten kann man aus dem Beagenzglas oder einem kleinen Kölbchen direkt auf dem Wasserbad verjagen. Das Beagenzglas fülle man jeweils nur

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Einige allgemeine

Arbeitsregeln

2—3 cm hoch und gieße immer wieder nach; während des Siedens im Wasserbad muß dauernd geschüttelt werden. Nach dieser einfachen Methode führt man alle Yorproben mit Lösungen ans und sehe sich den Rückstand auf seine Eigenschaften an. Die LösuDgen zersetzlicher Substanzen läßt man für diesen Zweck auf einem Uhrglas oder einer kleinen Kristallisierschale offen an der Luft verdunsten. Wenn es darauf ankommt, Lösungsmittel, wie Alkohol oder Benzol, v o l l s t ä n d i g zu entfernen, so gelingt dies auf dem Dampfoder Wasserbad nicht, weil der Siedepunkt mit zunehmender Konzentration höher und höher steigt; auch mit Äther macht es Schwierigkeiten. Man greift hier zum Ölbad oder häutiger zum Vakuum, das man ansetzt, wenn kein Kondensat mehr abtropft. Es genügt, eine Capillare aufzusetzen und den Kolben in einer Porzellankasserolle oder einem Emailtopf auf mittlerer Temperatur zu erhalten, unter direktem Anschluß an die Pumpe, um die meisten Lösungsmittel, auch Wasser, rasch und völlig zu entfernen. D ü n n w a n d i g e G l a s g e r ä t e , wie E r l e n m e y e r , S t e h k o l b e n und R e a g e n z g l ä s e r , d ü r f e n n i e m a l s evak u i e r t w e r d e n , stets aber Rundkolben, unter Umständen Saugflaschen, die aber vorsichtig zu erwärmen sind. Wenn man, wie es bei empfindlichen Stoffen häufig verlangt wird, größere Mengen Lösungsmittel im Vakuum abzudampfen hat, kondensiert man, zur Beschleunigung, mit einem nicht zu kleinen Kühler und kühlt bei Bedarf noch die Vorlage mit Eis. Der Kühler ist entbehrlich, wenn man als Vorlage Fig. 25. einen einfachen Fraktionierkolben nimmt, der auf einen großen, mit Abflußschlauch versehenen Trichter aufgelegt und von oben mit Leitungswasser berieselt wird. Das Ende des Kondensationsrohrs vom Destillierkolben muß bis über die Mitte der Kugel der Vorlage reichen. Diese Anordnung ist für das Eindampfen wäßriger Lösungen besonders geeignet. Die in Fig. 25 abgebildete Anordnung gestattet, ohne Unterbrechung große Mengen Flüssigkeit, insbesondere Wasser, im

Ausschütteln.

33

Extrahieren

Vakuum abzudampfen. Durch den Hahn wird von Zeit zu Zeit das Übergegangene aus dem Vorratsgefäß durch Einsaugen ersetzt Anhaltendes Schäumen wäßriger Lösungen bei der Destillation verursacht häufig Ärger und Zeitverlust. Man kann ihm begegnen dadurch, daß man der Lösung etwa 3 °/0 ihres Volumens an Iso-amylalkohol zufügt. Noch sicherer kommt man zum Ziel, wenn man in den leeren, destillationsbereiten Kolben die Lösung in dem Maße einsaugt, als das Wasser verdampft. Das Zuführungsrohr ist in diesem Fall zweckmäßig gegen die Mündung hin zu engerem Lumen ausgezogen, das Tempo des Einspritzens läßt sich mit einer Klemmschraube (Fig. 25) genau einstellen. Ausschütteln.

Extrahieren.

Um ein Reaktionsprodukt, das nicht fest kristallin und filtrierbar ist, aus wäßriger Suspension oder auch aus einer Lösung herauszuholen, oder auch von unlöslichen Begleitstoffen zu trennen, nimmt man es in einem geeigneten Lösungsmittel auf; als solches dient meist Ä t h e r . So sammelt man z. B. das bei einer Wasserdampfdestillation Übergegangene, sofern nicht durch besonders günstige Grenzflächenverhältnisse eine direkte Abtrennung möglich ist. Zur Trennung zweier Schichten benutzt man den Scheidetrichter, bei kleinen Volummengen den gleichartig konstruierten Tropftrichter (Fig. 26) (bis zum Inhalt von 25 ccm herab), dessen Ansatzrohr höchstens 5 cm lang und (wegen des Abfließens) schräg abgeschliffen sein soll. Zum Eingießen von Flüssigkeiten in den Trennungstrichter bedient man sich stets eines gewöhnlichen Trichters. Nach der Trennung wird die untere Schicht durch den Hahn, die obere aus dem oberen Tubus ausgegossen (Trichter). Man warte immer, bis die schwerere Flüssigkeit sich am Boden angesammelt hat und vermeide beim Ausäthern ja, mit dem Äther auch Teile der wäßrigen Lösung abzugießen. Kleine Vorproben scheidet man nach dem Einsaugen im Tropfrohr (Fig. 9). Fig. 26. Beim Ausschütteln einer wäßrigen Lösung, noch mehr einer Suspension, mit einem organischen Lösungsmittel treten bisweilen sehr unerfreuliche Emulsionen auf, die eine saubere GATTERJIANX, Praxis. 23. Auflage.

3

34

Einige allgemeine

Arbeitsregeln

Abtrennung unmöglich machen. Das sicherste Mittel dagegen besteht darin, sie zu vermeiden, indem man die Durchmischung mit Vorsicht vornimmt. Gegenmittel sind ferner: Erzeugung eines Vakuums im Scheidetrichter, Zugabe einiger Tropfen Alkohol, Sättigung der wäßrigen Phase mit Kochsalz, Stehenlassen über Nacht. Ist eine Substanz nicht nur im organischen Lösungsmittel, sondern auch in Wasser löslich, so ist der Erfolg des Ausschüttelns vom Verhältnis der Löslichkeiten abhängig; je größer dieses Verhältnis z. B. von Wasser zu Äther, der „Teilungsquotient" ist, um so mehr Äther muß benutzt oder um so öfter muß ausgeschüttelt werden. Denn dieser Quotient gibt an, wie sich ein in zwei nicht miteinander mischbaren Flüssigkeiten löslicher Stoff zwischen diese verteilt Ob wir gegebenenfalls eine gewisse Menge Äther auf einmal zum Ausschütteln einer wäßrigen Lösung benutzen, oder ob wir besser die Operation mit kleinen Anteilen mehrfach wiederholen, die prinzipielle Entscheidung darüber gibt folgende einfache Betrachtung. Nehmen wir an, der Teilungsquotient sei gleich 1 und wir hätten auf 1 Volum Wasser 2 Volumina Äther zur Verfügung, die wir in einem Fall auf einmal einsetzen, im andern Fall zu gleichen Hälften für zwei Ausschüttelungen verwenden. Die Menge der gelösten Substanz sei ag.

Im ersten Fall gehen dann —a in

den Äther, im zweiten nimmt das erste halbe Volum der Gesamtäthermenge Y > das zweite von den zurückbleibenden ~ g noch einmal die Hälfte, also -j-, das sind ~ a g .

Um diese Menge in

e i n e r Operation aus dem Wasser herauszuholen, wäre das dreifache Volum Äther nötig, oder: 2 Liter einzeln eingesetzt leisten das gleiche wie 3 Liter auf einmal. Die praktische Folgerung ist klar. Der Teilungsquotient organischer Substanzen zwischen Wasser und Lipoiden (das sind fettartige Bestandteile der Zellwand) ist für biologische Prozesse von großer Bedeutung (Narkosetheorie von H . H . M E Y E B U. OVEBTON).

Außer Äther benutzt man zum Ausschütteln eines gelösten Stoffes aus Wasser bisweilen auch Essigester, Chloroform, Benzol, Amylalkohol. Da Wasser rund 10 °/0 seines Volums an Äther auflöst, vermeide man schon aus Sparsamkeitsgründen unnötige Verdünnung. Trocknen der Lösungen: Nachdem man eine Substanz aus wäßriger Lösung oder Suspension mit einem organischen Lösungs-

Ausschütteln.

Extrahieren

35

mittel aufgenommen hat, ist die Lösung mit Wasser gesättigt und muB daher getrocknet werden; unterließe man dies, so würde das gelöste Wasser nach dem Abdampfen des Lösungsmittels zum größten Teil mit der zu isolierenden Substanz zurückbleiben. Bei der Wahl des Trockenmittels ist zu beachten, daß es weder mit dem Solvens noch mit dem gelösten Stoff reagieren darf und in jenem vollkommen unlöslich sein muß. Man wird die ätherische Lösung einer organischen Säure nicht mit festem Ätzkali trocknen, wohl aber die einer Base. Das wirksamste und meist benutzte Trockenmittel ist C a l c i u m c h l o r i d , das man entweder in gekörntem oder (vorher) geschmolzenem Zustand anwendet; Ätherlösungen werden fast ausschließlich mit ihm getrocknet, es sei denn, daß sie Stoffe enthalten, die mit CaCl, Additionsverbindungen geben, wie Alkohole, Amine u. a. Alkoholhaltige Ätherlösungen dürfen daher nicht mit Calciumchlorid getrocknet werden; man muß vorher den Alkohol durch mehrfaches Ausschütteln mit Wasser entfernen. In der Regel wird viel zu viel Trockenmittel verwendet. Es genügt für gewöhnlich so viel Calciumchlorid, daß nach einigem Stehen neben gesättigter CaCl 2 -Lösung noch etwa die gleiche Menge festen Salzes vorhanden ist. Weit weniger wirksam als CaCl2 ist wasserfreies Natriumsulfat, selbst wenn es vor dem Gebrauch frisch geglüht ist. E s wird benutzt, wenn aus den angeführten Gründen ein Ersatz für Calciumchlorid gefordert wird. Für die Lösungen basischer Stoffe sind geglühte Pottasche, festes Ätzkali, Bariumoxyd viel gebrauchte Trockenmittel. Um die gebräuchlichen Lösungsmittel völlig wasserfrei zu gewinnen, werden die folgenden Trockenmittel angewandt F ü r Äther, Benzol und Homologe, Petroläther: Natrium. F ü r Aceton, Chloroform, Essigester, Schwefelkohlenstoff: Calciumchlorid. Die Alkohole werden durch mehrstündiges Kochen mit frisch gebranntem Ätzkalk am Rückflußkühler und anschließendes Abdestillieren entwässert. Chlorhaltige Lösungsmittel, wie CC13H, CC14 dürfen wegen Explosionsgefahr keinesfalls mit Natrium getrocknet werden. Extraktionsapparate. Sehr häufig ist eine organische Substanz in Wasser viel löslicher als in Äther und anderen Solventien. Dann führt auch oft wiederholtes Ausschütteln nicht zum Zieh Man arbeitet in solchen Fällen mit dem sog. Perforator, das ist ein kontinuierlicher Extraktionsapparat für Lösungen, der in 3*

36

Einige allgemeine

Arbeitsregeln

keinem organischen Laboratorium fehlen darf. Das Prinzip ergibt sich aus der mit einfachen Laboratoriumsmitteln zusammenstellbaren Anordnung nach SCHACHERL (Fig. 27). Noch zweckmäßiger ist die in allen Dimensionen ebenfalls leicht zu beschaffende Apparatur gemäß Fig. 28. Damit kommen wir auch zu den Extraktionsapparaten für feste Substanzen. Der bekannteste ist der „ S o x h l e t " , der namentlich für analytische Zwecke viel benutzt wird. Für präparative Zwecke ziehen wir den vereinfachten Extraktor (Fig. 29)

- . C , H 5 C , H , + Athylbenzol

2NaBr.

Sie ist allgemeiner Anwendung fähig, indem auch die homologen Brombenzole sowie Dibrombenzol und alle möglichen Alkylbromide in sie einbezogen werden können. Auch zwischon 2 Mol. A r y l b r o m i d findet die Umsetzung, wenn auch schwieriger, statt: 2 C,HjBr + 2 Na

>-

C6H6 • C,H t + 2 NaBr .

Präparativ wird aber Biphenyl durch thermische Dehydrierung von (Benzol Durchleiten seiner Dämpfe durch ein glühendes Eisenrohr) dargestellt. So einfach, wie es die obigen Formelgleichungen darstellen, verläuft die FiTTiosche Reaktion nicht. Es ist durch neuere Arbeiten 1

Dieses viel gebrauchte Reagens stellt man sich am besten auf Vorrat her,

indem man in 100 ccm M e t h y l a l k o h o l — äthylalkoholisches Kali verharzt bald — 25 g Stangenkali durch Erwärmen oder durch Stehenlassen über Nacht in

der

Kälte

löst,

von

Carbonat

abfiltriert und

den K O H - G e h a ! t durch

Titration bestimmt. * TOLLENS U. FITTIQ, A . 131, 303 (1864); vgl. 22. Aufl. dieses Werkes, S. 111.

Bcnxylchlorid

aus Toluol

93

nachgewiesen, daß in der ersten Phase die N a t r i u m v e r b i n d u n g e n der K o h l e n w a s s e r s t o f f e entstehen. Diese setzen sich dann erst unter Abspaltung von NaBr mit der zweiten Molekel organischen Bromids um:

(ACREE1,

SCHLÜBACH2)

1. R - B r + 2Na 2. RNa + BrR'

>- R N a ' + N a B r , >- R—R' + NaBr.

Da sowohl RBr als R'Br zuerst mit Natrium reagieren, die beiden Natriumverbindungen aber sich mit RBr und R'Br umsetzen können, so sind bei der Synthese von F I T T I O grundsätzlich 3 Reaktionen mit den Produkten R—R', R—R und R'—R' möglich. Brombenzol reagiert nun rascher mit Natrium, als Äthylbromid, Phenyliiatrium aber rascher mit Äthylbromid als mit Brombenzol: daher in unserem Beispiel die glatte Bildung von Äthylbenzol.

3. Benzylchlorid ans Toluol.3 Beim Arbeiten mit Chlor, Brom und Halogenwasserstoffsäuren sollten Verbindungen mit Kork oder Kautschuk vermieden werden. Man bedient sich für das vorliegende Präparat des in Fig. 44, S. 97 abgebildeten Kolbens 4 (mit Einleitungsrohr), in dem 100 g reinen Toluols auf dem Luftbad zum Sieden erhitzt werden. Vor der Beschickung hat man in den (horizontal gehaltenen) Kolben ein k u r z e s Thermometer eingeführt, dessen unterer Teil in einem 3—4 cm langen, in der Mitte durch Einschmelzen verjüngten Glasrohr als Fuß ruht Die auf der Kolbenwand aufstehende Seite dieses Fußes ist — damit der Kolben nicht geritzt wird — rund geschmolzen. Durch das im Schliff sitzende Glasrohr leitet man nun aus der Bombe mit vorgeschalteter H 2 S0 4 -Waschflasche einen kräftigen Chlorstrom ein, so lange, bis die Temperatur in der l e b h a f t siedenden Flüssigkeit auf 156° gestiegen ist. Das obere Kühlrohrende wird zur Beseitigung des abziehenden Chlors mit einer Vorlage mit Atzlauge verbunden, in die das Uberleitungsrohr n i c h t eintauchen soll. Die Erfahrung hat gelehrt, daß die Dauer des Einleitens von der Belichtung abhängt 8 ; die Reaktion ist bei hellem Sonnenlicht in einigen Stunden beendet, während sie an 1 Am. Chem. Journ. 29, 588 (1903). * B. 5 6 , 2889 (1922); siehe auch die Arbeit von SCHLENK, B . 6 0 , 262(1917).

" CANNIZZABO, A . c h . [ 3 ] 4 5 ,

4 6 8 ( 1 8 5 5 ) ; BEILSTEIN U. GEITNEB, A .

139,

332 (1866); SCHBAMM, B. 18, 608 (1885). * Er sollte vom Saalas9istenten entleihbar sein. * G . BOOK

U.

J . EQOEBT,

( 1 9 2 6 ) ; F . BERDEL, B . 5 9 ,

Z t s c h r . f. E l . 2 9 ,

153 (1926).

521 (1923);

B. 5 9 ,

1192

94

Organisch-präparativer Teil

trüben Tagen einen halben Arbeitstag in Anspruch nimmt. Man richte sich dalier, soweit dies möglich ist, nach der Beleuchtung. Der Kolbeninhalt wird hierauf direkt der Destillation im Vakuum unterworfen. Nach einem Vorlauf von unverändertem Toluol fängt man die Hauptmenge innerhalb von 7 Graden (bei 12 mm etwa zwischen 63—70°) auf. Der Siedepunkt des reinen Benzylchlorids liegt bei 64°/l 2 mm. Ausbeute 65—70 °/0 der Theorie. Das durch Vakuumdestillation gereinigte Präparat ist reiner und haltbarer als das unter Atmosphärendruck destillierte, da hierbei stets HCl-Abspaltung eintritt. Weitere Verwendung für B e n z y l c y a n i d (S. 130), Benzylmalonester (S. 245), GsiGNABDsche Reaktion. Die theoretisch einfachste Methode, um Halogen am Kohlenstoff an Stelle von Wasserstoff einzuführen, besteht in der Einwirkung von freiem Halogen auf gesättigte Kohlenwasserstoffe. Sie wird, wie die Chlorknallgasreaktion, durch Licht katalytisch beschleunigt und führt, auf Methan und Chlor übertragen, diesen Kohlenwasserstoff in Mono-, Di-, Tri- und Tetrachlormethan über. Auch die höheren Paraffine werden auf diese Weise chloriert, aber das Verfahren ist präparativ unbequem und hat zudem den Übelstand, daß gleichzeitig verschiedene, schwer voneinander abtrennbare Reaktionsprodukte entstehen. Es besteht die Regel, daß im allgemeinen das Chlor zuerst an das wasserstoffärmste Kohlenstoffatom tritt. In der Fettreihe bilden die Alkohole, die leichter in reinem Zustand zugänglich sind als die Kohlenwasserstoffe, nach Beispiel 1 und 2 das ausschließliche Ausgangsmaterial für die Darstellung der Halogenverbindungen. Viel übersichtlicher gestaltet sich der Substitutionsprozeß durch Chlor beim Toluol und den homologen Methylbenzolen (Xylolen usw.). Wir haben hier zwei scharf getrennte Vorgänge. 1. Durch typische Halogenüberträger wie Eisenfeile, Jod, wird ausschließlich im Kern substituiert, und zwar entstehen aus Toluol nebeneinander o- und p-Derivat. 2. Ohne einen derartigen Überträger, wird selbst in der Siedehitze der Benzolkern nicht im mindesten angegriffen. Die Geschwindigkeit der Substitution der Methylgruppe (Seitenkette), die in der Kälte unmeßbar klein ist, steigert sich aber gemäß dem allgemeinen Gesetz, nach dem eine Erhöhung der Temperatur um je 10° eine Erhöhung der Reaktionsgeschwindigkeit um das 2 — 3 fache zur Folge hat, zu einer für den präparativen Zweck ausreichenden Höhe. Diese Reaktion ist lichtempfindlich, wie alle Reaktionen, bei denen Wasserstoff direkt durch Chlor ersetzt wird. Daß auch ein Zusatz von Phospborpentachlorid beschleunigend wirke, ist irrtümlich. Die Reaktion zwischen

Bemylchlorid

aus Toluol

95

Toluol und Chlor bildet ein sehr schönes Beispiel für die spezifische Beeinflussung eines Reaktionssystems durch verschiedenartige Katalysatoren. In präparativer Hinsicht ist es von großer Bedeutung, daß der Eintritt des zweiten Chloratoms in die Seitenkette mit viel geringerer Geschwindigkeit vor sich geht, als die erste Phase der Reaktion. So wird fast alles Chlor vom vorhandenen Toluol aufgebraucht, ehe die weitere Chlorierung des Benzylchlorids sich merkbar äußert. Die Nachbarschaft des Benzolkerns verleiht dem Chlor an der Seitenkette geringere Haftfestigkeit, d. h. größere Beweglichkeit als im Falle der reinen Paraffine. Man erklärt dies daraus, daß der Benzolkern mehr Bindungsenergie vom Methankohlenstoff beanspruche, als Alkyl oder Wasserstoff und daß deshalb dem Chlor weniger davon zur Verfügung stehe (Theorie der Affinitätsverteilung von THIELEWERNEB). Wir lernen aus diesem Beispiel, daß die Bindungsstriche unserer Formeln die Vierwertigkeit des Kohlenstoffs zwar formal zum Ausdruck bringen, daß sie aber über die energetischen Verhältnisse der einzelnen Bindungen nichts aussagen. Erst mit der Beherrschung der systematischen Grundlagen gewinnt der Chemiker Blick und Verständnis, um aus den starren Formeln mehr herauszulesen, als was die monotone Verknüpfung von Einzelatomen an sich sagen kann. Benzylchlorid ist allen Umsetzungen der Alkylhalogenide zugänglich. Durch Verseifung mit wäßrigen Alkalien in der Hitze entsteht der zugehörige Alkohol, der B e n z y l a l k o h o l C a H 6 -CH 2 OH, eine bei 206° siedende farblose Flüssigkeit (Präp. V, 4 S. 212). Wenn man unter geeigneten Bedingungen Benzylchlorid mit Ammoniak umsetzt, erhält man B e n z y l a m i n C 6 H 6 -CH 3 -NH 2 , eine ziemlich starke, flüssige Base, die alle chemischen Merkmale der aliphatischen Aminbasen besitzt und sich ganz und gar von den am Benzolkern substituierten Aminotoluolen (Toluidinen), die mit ihm isomer sind, unterscheidet. Wir können allgemein sagen, daß alle Veränderungen an der Methylgruppe des Toluols und analog gebauter Verbindungen mit denen rein aliphatischer Alkylgruppen wesensgleich verlaufen. Die Fortsetzung der Chlorierung des Toluols läßt ein zweites und schließlich ein drittes Chloratom in die Seitenkette eintreten. B e n z a l c h l o r i d C e H 6 -CHClj, eine farblose, ebenso wie Benzylchlorid zu Tränen reizende Flüssigkeit, ist das technische Ausgangsmaterial für die Gewinnung des Benzaldehyds. Vgl. Präp. V, 3 S. 201. B e n z o t r i c h l o r i d (Phenylchloroform) C g H 6 -CCl 3 . Der Einfluß des Benzolkerns auf die Bindungsverhältnisse des benachbarten Kohlenstoffs äußert sich hier besonders anschaulich. Während sich Chloroform gegen Alkalien ziemlich resistent verhält, wird Benzotrichlorid dadurch außerordentlich leicht und zwar unter Herausnahme aller 8 Chloratome zu Benzoesäure verseift. Es wäre aber

96

Organisch-präparaliver

Teil

verkehrt, zu glauben, daß hierbei alles Chlor gleichzeitig genommen werde, gemäß der Gleichung:

heraus-

/ C 1 NaOH /OH ,OH C,H,.Ce-Cl NaOH —** C,H, C(-OH +3NaCl — * • C,H,.C< +H.0. x N ) 1 NaOH OH Alle chemischen Reaktionen verlaufen stufenweise und zwar zumeist zwischen 2 Molekeln (Reaktionen zweiter Ordnung oder dimolekulare Reaktionen). So werden wir auch unsere Reaktion in Teilvorgänge aufzulösen und folgendermaßen zu formulieren haben: /C1 C,H,.C^-C1 + NaOH — > N C1

/OH .0 C,H,.C(-C1 + NaCl + N a 0 I V C,H,.C - C , H , . C f + NaCl. M)H

Die Zwischenprodukte I und II unterliegen der Verseifung durch Alkali viel rascher als Benzotrichlorid. Daher kommt es, daß sie nicht in Erscheinung treten. Zu dem Zwischenprodukt I ist noch zu bemerken, daß Verbindungen dieser Art, die Hydroxyl und Halogen am gleichen Kohlenstofiatom tragen, nicht existenzfähig sind, sondern sofort den Übergang \ /0H >C< ' XC1

v

\ > C = 0 + HCl /

erfahren.

Versuch. Man kocht einige Tropfen Benzylchlorid mit (halogenfreiem) alkoholischem Kali einige Minuten im Reagenzglas auf dem Wasserbad. Dann verdünnt man mit Wasser, macht salpetersauer, schüttelt Ungelöstes in Äther und läßt einige Tropfen Silbernitratlösung einfließen. Der analoge Versuch mit reinem Brombenzol (nächstes Präp.) wird kein Brom-Ion auftreten lassen. Unterschied zwischen aliphatisch und aromatisch gebundenem Halogen. A n a l y s e des B e n z y l c h l o r i d s . Die quantitative Halogenbestimmung in Substanzen, die aliphatisch gebundenes Halogen enthalten, führt man nicht nach CARIUS im Einschmelzrohr (vgl. S. 69) aus, sondern durch hydrolytische Abspaltung mit eingestellter alkoholischer Kalilauge. Da diese Methode sehr häufig angewandt wird, verbinde man die Kontrolle des dargestellten Präparates mit ihrer Erlernung. Man kocht in einem öfters benutzten, gut ausgedämpften kleinen Rundkölbchen eine genau gewogene Menge Benzylchlorid (etwa 1 g)

97

Brombenzol

1,4

mit dem l 1 / , fachen der berechneten Menge ungefähr n/1-alkoholischer Natronlauge 1 Stunde lang am Rückflußkühler, verdünnt dann mit dem doppelten Volumen Wasser und titriert mit n/2-Salzsäure nach Phenolphthaleinzusatz die überschüssige Lauge zurück. Die Methode ist natürlich nur anwendbar, wenn keine andern Säuren entstehen. In diesem Fall wird das Halogen mit Rhodanid nach VOLHABD t i t r i e r t .

4. Brombenzol. Ein ^g-Liter-Rundkolben trägt in einem seitlich angeschmolzenen Ansatzrohr, durch Glasschliff eingesetzt, einen Kühler, im oberen Hals einen ebenfalls eingeschliffenen Tropftrichter (Fig. 44) (Kork- oder Gummiverbindungen werden durch Brom so stark angegriffen, daß ein sauberes Arbeiten ohne Schliffkolben sehr

Fig. 44.

Fig. 45.

erschwert ist). Das obere Ende des Kühlrohrs ist durch einen paraffinierten Kork mit einem großen Pöligotrohr (Fig. 45) oder ERLENMEYEB — Einleitungsrohr über dem Wasser — verbunden, in dem der entstehende Bromwasserstoff durch Wasser absorbiert wird. In den Kolben bringt man 90 ccm (1 Mol) Benzol und 2 g grobe Eisenfeilspäne und läßt dann unter Schütteln aus dem Tropftrichter nach und nach 53 ccm Brom (160 g) eintropfen. Man wartet das unter HBr-Entwicklung erfolgende Eintreten der Reaktion ab und reguliert die Zufuhr des Broms so, daß die Umsetzung flott im Gang bleibt, ohne stürmisch zu werden. Sollte sie gegen Ende zu träge werden, so erwärmt man noch kurze Zeit im Wasserbad, bis alles Brom verbraucht i s t Nun wird das Reaktionsgemisch aus einem größeren Rundkolben mit WasserGATTHBUAXIT, Praxi«. 23. Auflage.

7

98

Orgcmisch-präparativer

Teil

dampf destilliert. Sobald sich im Kühler Kristalle von p-Dibrombenzol abscheiden, wechselt man die Vorlage und treibt dann das Nebenprodukt vollends über. Das zuerst abgeblasene Brombenzol wird nach dem Absitzen im Scheidetrichter abgetrennt, mit Calciumchlorid 1 Stunde lang getrocknet und dann destilliert. Die zwischen 140—170° übergehende Fraktion liefert bei wiederholter Destillation der Hauptmenge nach ein Destillat, das zwischen 152—158° übergeht und ziemlich reines Brombenzol darstellt; Ausbeute 70—80 g. Für die spätere Verwendung bei der G E I G N A B D sehen Reaktion muß das Präparat in engeren Grenzen nochmals fraktioniert werden. Die reine Verbindung siedet bei 155°. Verwendung für GRiGNABDSche Reaktion (S. 324). p - D i b r o m b e n z o l . Der Rückstand, der bei der ersten Destillation im Kolben geblieben ist, wird noch heiß in eine kleine Porzellanschale gegossen und nach dem Erstarren gemeinsam mit dem Produkt aus der Wasserdampfdestillation auf einem Tonteller von Schmieren befreit, bzw. getrocknet. Dabei soll die Substanz nicht mit dem Spatel in den Ton hineingedrückt werden, sondern man legt sie — das gilt für alle Operationen gleicher Art — mit leichtem Druck auf, damit die Sangwirkung des Tons voll zur Geltung kommt. Bei stark verschmierten Substanzen hebt man nach mehrstündigem Stehen das aufgelegte Gut mit dem Spatel ab und bringt es an eine unbenützte Stelle des Tellers.

Nach dem Trocknen wird das p-Dibrombenzol aus wenig Alkohol umkristallisiert, aus dem es in prächtigen farblosen Prismen herauskommt. Schmelzp. 89°. B r o m w a s s e r s t o f f s ä u r e a l s N e b e n p r o d u k t . Es sind bei der Reaktion 80 g HBr entstanden, die etwa 200 ccm Wasser zur Absorption erforderten. Man muß daher, wenn keine genügend große Vorlage vorgeschaltet war, die Beschickung der Vorlage erneuern, sobald Nebel sich zu zeigen beginnen. Zur Reinigung wird die Bromwasserstoffsäure aus einem Fraktionierkolben mit übergezogenem Wasserkühler (Fig. 19) destilliert. Der Siedepunkt steigt nach einem Vorlauf von Wasser auf 126°, und bei dieser Temperatur geht 48°/ 0 ige Säure über, die im Laboratorium allerorts gute Verwendung findet So kann man z. B. auch das für die Darstellung der Alkylbromide notwendige Kaliumbromid aus ihr darstellen, indem man in einem geräumigen Gefäß die berechnete Menge Pottasche bis zum Neutralpunkt einträgt.

Brombenzol

14

99

Eine nützliche Regel für derartige Operationen: Man behält einen kleinen Teil des schwerer zugänglichen Stoffes — hier der Bromwasserstoffsäure — auf der Seite, damit man beim Überspringen des Neutralpunktes nicht in Verlegenheit kommt. Beines Brombenzol spaltet beim Kochen mit Kali kein Bromion ab. Versuch. Das Halogen ist am Benzolkern sehr fest gebunden; die aromatischen Halogenide sind den charakteristischen Reaktionen der Alkylhalogenide nicht zugänglich. Nur dureh katalytisch erregten oder kräftig wirkenden nascierenden Wasserstoff (Natrium in Alkohol) ist das Halogen ersetzbar, auch mit Magnesium kann man Arylhalogenide zur Umsetzung bringen (Präparat IX, 1 S. 324); ferner erfolgt bei der FITTIGsehen Synthese (S. 92) eine Ablösung des Halogens. Wollen wir Brombenzol mit einem Halogenid der Fettreihe vergleichen, so kann dies naturgemäß nicht das gesättigte Äthylbromid sein, sondern wir müssen Substanzen von der Art des Vinylbromids heranziehen: W TT HC = CHj•j > Br Br H Substanzen also, die das Halogen an einem doppelt gebundenen C-Atom tragen. Und da ergibt sich, daß Halogenolefine dieser Art das Halogen auch sehr fest gebunden enthalten, so daß ein grundsätzlicher Unterschied zwischen ihnen und den Halogenbenzolen nicht besteht. Die Reaktionsfähigkeit des aromatisch gebundenen Halogens wird gesteigert durch ortho- und parastündige Nitrogruppen; auch o-Chlorbenzoesäure enthält ziemlich locker gebundenes Chlor. Wie ist der Verlauf der H a l o g e n s u b s t i t u t i o n am Benzolkern zu erklären? Die Annahme eines direkten Ersatzes von Wasserstoff, wie wir ihn bei der Bildung des Benzylchlorids und bei der Reaktion zwischen Methan und Chlor annehmen müssen, ist wenig wahrscheinlich, da wir bei den Athylenen keine besondere Reaktionsfähigkeit des am doppelt gebundenen C-Atom haftenden Wasserstoffs antreffen. Es sprechen aber verschiedene Tatsachen, die später (S. 158) behandelt werden, dafür, daß das Benzol mit Halogen in grundsätzlich gleicher Weise reagiert, wie das Äthylen, dessen Verhalten gegen Brom den Gegenstand des nachfolgenden Präparats bildet. In beiden Fällen lagert sich wohl zuerst Brom an die Doppelbindung an. Während die aktive Doppelbindung der Olefine diese Umsetzung leicht ausführt, bedarf es für die träge Doppelbindung des Benzolkerns der Mithilfe von Überträgern, wie Eisen, Eisenhalogenid, Aluminiumbromid: H H H H Br,

H,C = CH, —V BrCH, - CH,Br; 7•

100

Organisch-präparativer

Teil

Das Additionsprodukt des Äthylens ist gesättigt, das des Benzols dagegen stärker ungesättigt als das Benzol selbst, da der symmetrische Ausgleich der Restvalenzen (Thiele) gestört, die „aromatische" Natur aufgehoben ist. Um sie wieder herzustellen, bedarf es nur der unter Freiwerden von Energie vor sich gehenden Abspaltung von Bromwasserstoff, die mit außerordentlicher Geschwindigkeit, noch ehe die anderen aktiv gewordenen Doppelbindungen Zeit zur Aufnahme von Brom finden, erfolgt. II H H H H^

^H

>

^ H + HHr .

IllIFHBr BT^I Im direkten Sonnenlicht lagern sich Chlor und Brom zu je 3 Molen an die 3 Doppelbindungen des Benzols an zu H e x a - c h l o r und b r o m - c y c l o h e x a n (Benzolhexachlorid): H H HCl HCl jj/

\

H

3C1,^

C 1 H

/

\IIC,

if^I ilCTlICl Während im Benzol und in seinen Derivaten die 6 Substituenten in einer Ebene und zwar in der des Ringes liegen, verteilen sie sich im C y c l o h e x a n auf zwei, zur Ringebene parallele Ebenen. Daraus ergibt sich beim Ersatz zweier H-Atome an verschiedenen C-Atomen eine besondere Art von räumlicher Isomerie, die bedingt wird durch die Lage dieser beidon Substituenten. Sie können nämlich in der gleichen Ebene liegen (eis-Form), oder auf beide verteilt sein (trans-Form). Die Erscheinung ist der cis-trans-Isomerie der Athylene, wie sie am Beispiel Maleinsäure—Fumarsäure am besten bekannt ist, nahe verwandt. So kennt man zwei stereo-isomere Formen des 1,4-Dioxy-cyclohexans (Chinit): HO, W

,OH

H,

QH

H A 11g t—T XljA H

' H O 11) A _ilg/ \ h cis-Chinit trans-Chinit Auch die Isomerie der zwei bekannten Benzol-hexachloride ist auf einen derartigen räumlichen Stellungsunterschied zurückzuführen. Stereoisomerie beim Inosit?

5. Äthylen aus Äthylalkohol. 1 Äthylenbromid. Eine frisch bereitete und am besten noch warme Mischung von 25 g (30 ccm) gew. Alkohol und 150 g (90 ccm) konzentrierter Schwefelsäure wird unter Zusatz von 60 g feinkörnigem See1

Eblenmeyek U. BUNTE, A. 108, 64 (1873); 192, 244 (1878).

Äthylen

aus Äthylalkohol.

Äthylenbromid

101

sand 1 oder ebensoviel entwässertem Aluminiumsulfat in einem großen Randkolben von etwa 3 Liter Inhalt über einem Asbestdrahtnetz oder auf einem Sandbade nicht zu s t a r k erhitzt (auf 160°). Der Kolben trägt im sehr dicht sitzenden Kork ein Thermometer, das in die Flüssigkeit eintaucht, außerdem ein an zwei Enden verjüngtes T-Rohr von 0-6—0-8 cm lichter Weite, in das oben mit einem Stückchen Gummischlauch ein Tropftrichter mit langem Rohr eingesetzt ist (Fig. 46), während der seitliche Ansatz mit den Vorlagen in Verbindung steht. Vor dem Aufsetzen des Korks füllt man das am Ende durch Ausziehen verjüngte Abflußohr des Tropftrichters durch Aufsaugen aus einer Mischung von 190 ccm (150 g) Alkohol und 170 ccm (300 g) konz. Schwefelsäure. Sobald eine lebhafte Entwicklung von Äthylen eingetreten ist, läßt man aus dem Fig. 46. Tropftrichter das Alkohol-Schwefelsäuregemisch zutropfen, unter steter Kontrolle der Temperatur (kleine Flamme!) und in dem Tempo, daß sich ohne starkes Aufschäumen ein regelmäßiger Strom von Äthylen entwickelt. Das Gas wird zur Entfernung von Alkohol und Äther durch eine mit konzentrierter Schwefelsäure 2 beschickte Waschflasche und zur Entfernung von schwefliger Säure durch eine mit 4 n-Natronlauge gefüllte, dreifach tubulierte Sicherheitswaschflasche3 (Fig. 47) geleitet. Das Gas tritt dann in zwei nicht zu enge Waschflaschen mit je 25 ccm Brom ein; 1

Quarz wirkt beschleunigend auf die Reaktion der Was3erabspaltung

(SENDEBENS).

* Da aich Äthylen mit heißer Schwefelsäure wieder zu Äthylschwefelsäure vereinigt, muß hier unter Umständen gekühlt werden. 3 Man beachte, daß während der Entwicklung die Natronlauge in dem mittleren Steigrohr etwa 20—80 cm über das innere Niveau steigen muß. Warum?

102

Organisch-präparaliver

Teil

das Brom ist, zur Verkleinerung des Verdampfungsverlustes, mit einer 1 cm hohen Wasserschicht bedeckt, die beiden Flaschen werden zur Kühlung in ein Gefäß mit kaltem Wasser eingestellt. Den Abschluß der Vorlagen bildet, wenn es die Druckverhältnisse gestatten, ein mit 2 n-Natronlauge beschicktes P61igotrohr (Fig. 45, S. 97), wenn nicht, nimmt man die entweichenden Bromdämpfe in einem verstopften Erlenmeyer (seitlicher Einschnitt im Kork!) auf, wobei man das Rohrende ü b e r der Natronlauge münden läßt (von Zeit zu Zeit umschütteln!). Zum Verschluß der beiden ersten Waschflaschen nimmt man zweckmäßig Gummistopfen. Sobald das Brom entfärbt ist oder zum mindesten über dem braunroten ßeaktionsprodukt keine Bromdämpfe mehr sichtbar sind, was bei normalem Verlauf nach 2—3 Stunden erfolgt sein soll, löst man die Verbindung zwischen Kolben und Vorlagen. Das rohe Äthylenbromid wird dann in einem Scbeidetrichter mit Wasser und Natronlauge durchgeschüttelt, bis es farblos geworden ist, und mehrfach mit Wasser gewaschen. Nach dem Trocknen mit Calciumchlorid wird es durch Rektifikation vollkommen rein erhalten. Siedepunkt 130°. Ausbeute 125—150 g. Verwendung für Glykol (S. 107), auch als Lösungsmittel. Das zuweilen recht lästige Schäumen, das auf Oxydationswirkung der Schwefelsäure zurückzuführen ist und das sich nur durch vorsichtiges Heizen unterdrücken läßt, vermeidet man bei Anwendung von h o c h k o n z e n t r i e r t e r P h o s p h o r s ä u r e . Man entwässert 150 g der käuflichen sirupösen Phosphorsäure, indem man sie in einer Porzellanschale unter dauerndem Rühren langsam bis auf 220° erhitzt. Das Äthylen erzeugt man in einem nach der gegebenen Vorschrift montierten kleineren Kolben, indem man auf die kalt eingefüllte und dann auf 210—220° erhitzte Säure durch den aufgesetzten (und vorher mit Alkohol gefüllten) Tropftrichter den Alkohol Tropfen auf Tropfen treten läßt. Es genügt eine mit gesättigter wäßriger CalciumchloridLösung beschickte und durch Eis zu kühlende Waschflasche zur Absorption von Alkoholdämpfen vorzuschalten. Der Alkoholbedarf ist hierbei erheblich geringer. Man berechne, wieviel Alkohol für die zur Entfärbung des vorgelegten Broms notwendige Menge Äthylen theoretisch gebraucht wird. Wieviel Litern entspricht diese Menge Äthylen?

1,5 Wenn man das mit Schwefelsäure erzeugte Äthylen analysiert (Methode?), findet man, daß es sehr viel Kohlenoxyd enthält. Zur Darstellung des reinen Gases ist die Phosphorsäuremethode geeigneter, am besten aber spaltet man aus dem gebildeten Athylenbromid das Brom mit Zinkstaub und Eisessig wieder ab, indem man es in die Suspension von (nicht zu viel) überschüssigem Zinkstaub in Alkohol und Eisessig (2 Mol) eintropfen läßt und das Gas in einem Gasometer über Wasser auffängt. Die intramolekulare Wasserabspaltung aus Alkoholen, die gebräuchlichste Methode zur Darstellung der Olefine, verläuft unter Verwendung von konz. Säuren nicht so einfach, wie es die Gleichung CHS—CH,OH >- CH,=CH, + H,0 ausdrückt. Alkohol wird durch konz. Schwefelsäure schon bei gelinder Erwärmung zu Äthylschwefelsäure verestert und es ist deren Zerfall, aus dem das Äthylen hervorgeht. CH, • CH,OH ^ " y CHs CH,.0-S0 3 H v CH,=CH, + H.SO,. Wir erinnern uns, daß die zuerst gebildete Äthylschwefelsäure in der Hitze (130°) durch ü b e r s c h ü s s i g e n Alkohol gespalten und daß auf diesem Weg der Äther dargestellt wird. C H A . C H , 0 — S O , H + H O - C H , CH» + H,S04.

>-

CIVCILJ.O.CHJ.CHJ

Auch bei der Äthylendarstellung entsteht Äthyläther als Nebenprodukt. Äthylen, das „ölbildende Gas", ist schon im Jahre 1795 von den fünf holländischen Chemikern DEIMAN, TKOOSTWYK, BONDT, LOUWEBENBÜRGH u. CRELLS aus Weingeist und Vitriolöl dargestellt worden. Technisch gewinnt man das Äthylen aus Alkohol durch katalytische Wasserabspaltung mit Tonerde (SENDERENS), die auf 2 0 0 bis 1 3 0 0 ° erhitzt wird und über die man Alkoholdampf leitet. Gleich der Tonerde eignet sich auch Aluminiumphosphat zur präparativen Ausführung solcher Reaktionen. Statt wie in unserem Beispiel, den sauren Schwefelsäureester des Alkohols thermisch zu zersetzen, zieht man häufig die Ester anderer Säuren, z. B. der Benzoesäure, heran, und vermeidet so die verkohlende Wirkung der Schwefelsäure. Auch sek. Kaliumsulfat und wasserfreie Borsäure oder Oxalsäure werden benützt (Acrolein aus Glycerin, Brenztraubensäure aus Weinsäure). Hierher gehört auch die Xanthogenatmethode von TSCHUGAEFF. Die chemische Eigenart der Olefine gründet sich auf ihre, allen möglichen Additionsreaktionen zugängliche Doppelbindung. 1

Eine für das Laboratorium geeignete Vorschrift findet man bei

W . EESTINO, Z. A n g . 3 8 , 862 (1925).

104

Organisch-präparativer

Teil

Es werden addiert: 1. H a l o g e n e , besonders leicht Chlor und Brom zu Alkylendihalogenidon. 2. H a l o g e n w a s s e r s t o f f s ä u r e n zu Alkylhalogeniden. Präparativ wird meist Bromwasserstoff, in Eisessig gelöst, angelagert, und zwar, da dieser Vorgang langsam verläuft, unter Erhitzen der Komponenten im Einschlußrohr. 3. S c h w e f e l s ä u r e (vgl. oben) und andere Säuren, z. B. E s s i g s ä u r e (technische Anwendung in der Gruppe der Terpene). 4. S a l p e t e r s ä u r e . Äthylen liefert bei Gegenwart von konz. Schwefelsäure den Salpetersäureester des Nitroiithylalkohols CH,=CH,

>• C H , • C H ,

I I

NO,

>

CH.-CH,

I

OH

NO,

I

O-NO,

5. U n t e r c h l o r i g e S ä u r e , gemäß der Gleichung: nrr /-irr HOC1 nrr r*TJ Un.j .. l^xl, Inj—U lij ¿1

OH '

So erhält man Athylen-chlorhydrin durch gleichzeitiges Einleiten von Äthylen und C0 8 in Chlorkalklösung. 6. S t i c k s t o f f d i o x y d zu Dinitroäthanen: R—CH=CH—R

>-

R.CH.CH—R

I

I

NO, NO,

Mit Stickstofftrioxyd entstehen unter Aufnahme von N 2 0 3 dimolekularen Pseudonitrosite. 7.

Ozon

die

(HARRIES, STAUDIMGER\ C H , : C H , + O,

H,C

CH,

.

I I 0—0 Da die Ozonide beim Erhitzen mit Wasser nach der Gleichung: R CH HC-R n ' ° >- R.CHO + R CHO + HO OH I I 0 0 gespalten werden, so vermitteln sie eine Synthese für A l d e h y d e (oder Ketone\ Die Hydrolyse setzt au der Ätherbindung ein und läßt als Zwischenprodukte D i - o x y a l k y l p e r o x y d e RH(OH)C 0-0-C(0H)HR entstehen (siehe auch S. 197), die weiter in Aldehyd (oder Keton) und Hydroperoxyd zerfallen (RIECHE). Benzol addiert 3 Mol 0 3 ; sein Triozonid (Ozobenzol) C 0 H e O 9 zerfällt mit Wasser in 3 Mol Glyoxal. 8. W a s s e r s t o f f . Die Olefine lassen sich durch keines der üblichen Reduktionsmittel mit nascierendem Wasserstoff hydrieren. Dies ge-

I, 5

Äthylen aus Äthylalkohol.

Äthylenbromid

105

lingt nur auf katalytischem Weg mit Wasserstoffgas bei Gegenwart fein verteilter Metalle, wie Nickel (SABATIEB), Palladium (PAAL, SKITA), Platin (FOKIN, WILLSTÄTTBR). Vgl. dazu die Präparate S. 864 u. f. 9. B e n z o p e r s ä u r e (Reaktion von PKILESCIIAJEW). Dabei entstehen A l k y l e n o x y d e .

o-on R CH:CH.ß +

R-CH-CH R + C,H».COOH.

C,H6-I:0

10. H y d r o x y l . Durch Permanganat werden die Olefine bei tiefer Temperatur in ihre Glykole übergeführt: R-CH:CH.R

>•

R-CHOH-CHOH-R.

Die Einwirkung dieses Oxydationsmittels führt aber leicht zu einer Sprengung der Doppelbindung, indem die an ihr beteiligten Kohlenstoffatome weiter oxydiert werden. Sind sie noch gleichzeitig mit Wasserstoff in Bindung, so entstehen Carbonsäuren, andernfalls Ketone. yCHa R-CH:C- CH.Cl-COOH + HJ .

Da der so entstehende Jodwasserstoff durch Chlor sofort wieder in Jod verwandelt wird, das dann von neuem Chlorjod bildet, so hat man hier einen anschaulichen Fall einer chemisch durchsichtigen Übertragungskatalyse. Wesentlich anders und viel komplizierter wirkt Phosphor. Der zuerst entstehende Halogenphosphor setzt sich mit der Säure zum Säurechlorid um, das mit einem zweiten Molekül Säure das Anhydrid bildet: a) CH.-COC1 + HOOC-CH,

>- CH,.CO.O.CO-CH, + HCl.

Das Anhydrid wird nun viel leichter substitutiv chloriert, als die Säure, und das Zwischenprodukt, das so entsteht, wird schließlich durch den bei der Reaktion auftretenden Chlorwasserstoff wie folgt gespalten:

>-

CH.ci-coon CH, • COC1

Das zurückgebildete Acetylchlorid kann dann nach a) erneut in Reaktion treten. Während in unserm Fall die Menge des Phosphors eine beschränkte ist, bonutzt man, namentlich zur Einführung von Brom, häufig äquivalente Mengen, stellt also das Säurebromid her, das dann erst in a- Stellung substituiert wird. Als Reaktionsprodukt tritt hierbei das Bromid der a-bromierten Säure auf, das man durch Behandlung mit Wasser in diese umwandeln muß; häufig stellt man auch durch Einwirkung von Alkohol den Ester dar ( H E L L - VOLIIAKD - ZELINSKYsches Verfahren). Die a-Halogencarbonsäuren, deren einfachste die Chloressigsäure ist, finden für Synthesen mannigfache Verwendung. Erwähnt sei hier ihr Übergang in Oxysänren (durch hydrolytische Abspaltung des Halogens) und in Aminosäuren (Präp. VII, 2):

C1CH.COOH + HÖH C1CH, • COOH + 2 NH,



HOCH,. COOH + HCl H,N • CH, • COOH + NH,C1.

11,1

Säurechloride

113

Die Einführung von Jod erfolgt nach der auf S. 88/89 erwähnten Methode. /9-Halogencarbonsäuren werden durch Addition von Halogenwasserstoff an «-^-ungesättigte Säuren erhalten:

HRf CH,=CH.COOH - — > Acrylsäure

CH,Br.CH,.COOH. Brompropionsäure

II. Carbonsänren nnd ihre einfachen Abkömmlinge. 1. Säurechloride. a) A c e t y l c h l o r i d . 1 Zu 90 g (1-5 Mol) wasserfreiem Eisessig, welcher sicli in einem mit absteigendem Kühler verbundenen Fraktionierkolben befindet, läßt man unter Kühlung mit kaltem Wasser aus einem Tropftrichter 72 g Phosphortrichlorid fließen. Man taucht dann die Kugel des Kolbens in eine nicht zu kleine, mit Wasser von 40—50° gefüllte Porzellanschale ein und setzt die Erwärmung so lange fort, bis die im Anfang lebhafte Salzsäureentwickelung nachgelassen und die vor dem Erwärmen homogene Flüssigkeit sich in zwei Schichten getrennt hat. Das Acetylchlorid wird hierauf auf lebhaft siedendem Wasserbad von der phosphorigen Säure (untere Schicht) abdestilliert. Eine kleine Saugflasche, die durch einen Kork an das untere Ende des Kühlrohrs angeschlossen und durch ein mit Gummischlauch angefügtes CaCl 2 -Rohr gegen die Luftfeuchtigkeit geschützt ist, dient als Vorlage. Durch wiederholte Destillation (mit Thermometer) wird das Präparat gereinigt. Man fängt die Fraktion zwischen 48—53° gesondert auf. (Siedepunkt des reinen Acetylchlorids 51°.) Ausbeute 70—80 g. Verwendung für Essigsäureanhydrid (S. 118) und Acetophenon (S. 334). Man prüfe das Präparat auf Phosphorgehalt (PC13), indem man einige Tropfen in wenig warmem Wasser zersetzt, die Lösung in einer kleinen Porzellanschale abdampft, dann zweimal mit starker Salpetersäure oder Bromwasser abraucht und schließlich die üblichen Reaktionen auf Phosphorsäure anstellt. Wird Phosphor nachgewiesen, so ist das Präparat nochmals mit ein paar Tropfen Eisessig zu destillieren. 1

B£CHAMP,

C . r.

OATTBRUINN, Praxi».

40,

9-iG

(1855);

23. A u f l i i g e .

4 2 ,

226

(1856).

8

114

Organisch-präparativer Teil

b) B e n z o y l c h l o r i d . 40 g (^3 Mol) trockene Benzoesäure werden in einem Bundkolben von 250 ccm Inhalt, der einen eingeschliffenen Kühler trägt (zur Not auch Korkverbindung), mit 100 ccm Thionylchlorid übergössen und hierauf im Wasserbad unter Biickfluß auf 80° erwärmt (Abzug). Nach einer halben Stunde ist die kräftige Gasentwicklung (HCl und S0 2 ) beendigt; man gießt das abgekühlte Gemisch in einen Fraktionierkolben über und destilliert am absteigenden Wasserkübler das überschüssige Thionylchlorid auf lebhaft siedendem Wasserbad soweit als möglich ab; es ist für die gleiche Operation nochmals verwendbar. Das Benzoylchlorid wird hierauf am Drahtnetz oder mit schwach leuchtender Flamme der Destillation unterworfen. Langes Kühlrohr mit Vorlage, wie beim Acetylchlorid beschrieben, aber ohne Wassermantel. Nach einem beträchtlichen Vorlauf, der im wesentlichen aus (ebenfalls wieder verwendbarem) Thionylchlorid besteht, geht die Hauptmenge bei 194—199° über. Reines Benzoylchlorid siedet bei 194°. Ausbeute 40—42 g. Auch hier empfiehlt sich die Destillation im Vakuum, die ein reineres Produkt liefert. Viel verwendetes Laboratoriumspräparat. Um das Hydroxyl einer COOH-Gruppe durch Chlor zu ersetzen, kann man z. T. die gleichen Reaktionen benutzen, welche oben für den Ersatz von alkoholischen Hydroxylgruppen durch Halogen beschrieben wurden. Praktisch stellt man Siiurechloride fast immer durch Einwirkung von PC1S, PC16 oder SOCl2, in selteneren Fällen von POCl3, auf die Sauren selbst, in manchen Fällen auch wohl auf deren Alkalisalze, dar. Die Auswahl des Chlorides hängt ab 1. von der Leichtigkeit, mit welcher die betreffende Säure reagiert, und 2. von dem Siedepunkt des Säurechlorides. Wirkt z. B. wie bei der Essigsäure und ihren Homologen bereits PC13 unter Bildung des Chlorides leicht ein, so zieht man dieses Chlorid dem noch energischer wirkenden PClj vor. Bei der Reaktion, deren Mechanismus nachstehend erörtert wird, entsteht phoBphorige Säure nach der Gleichung:

11,1

115

Säurechloride

Indem die phosphorige Säure mit Acetylchlorid oder auch mit Phosphortrichlorid reagiert, kommt die bei dem Versuch beobachtete Entwickelang von Salzsäure zustande. Benzoesäure reagiert mit PC13 weniger glatt, energisch aber mit PClj. Da die Abtrennung des überschüssigen Chlorphosphors (auch des Oxychlorids) viel weniger einfach ist, als bei Anwendung von Thionylchlorid, zieht man dieses jetzt leicht zu beschaffende und wohlfeile Chlorid vor (H. MEYEB). Die Reuktionsweise hat man sich so vorzustellen, daß zuerst unter HCl-Abspaltung das gemischte Anhydrid entsteht, das dann in Säurechlorid und SOa zerfüllt: R . C : 0 + S0C1, — - > R . C : 0 • OH

—HCl

• OSOC1

R-C:0 • C1

+ SO« • 1

Ähnlich ist der Gang der Reaktion, wenn man die Chloride des Phosphors (oder Phosgen) verwendet. In Fällen, wo die Reaktion sehr stürmisch verläuft, benützt man Chloroform oder Benzol als Verdünnungsmittel; dies gilt auch für die Umsetzung der Alkohole. Des Phosphoroxychlorids bedient man sich meistens nur dann, wenn man die Salze von Carbonsäuren anwendet, mit welchen es in folgender Weise reagiert: 2 C H , . C O - O N A + POC1, = 2 C H 3 . C 0 . C 1 + NAPO, +

NACL.

Diese Reaktion kann man mit Vorteil verwerten, um das Chlor des PC15 vollkommener auszunützen, als es bei seiner Einwirkung auf dio freien Säuren geschieht. Die Säurechloride sind in den niederen Reihen farblose Flüssigkeiten, in den höheren farblose kristallinische Substanzen. Sie sieden meistens unter gewöhnlichem Druck ohne Zersetzung; nur die hochmolekularen werden zweckmäßig im Vakuum destilliert. Der Siedepunkt der Säurechloride liegt niedriger als der der Säuren, wie denn überhaupt der Ersatz von Hydroxyl durch Chlor eine Siedepunktserniedrigung zur Folge hat: CH..COC1 CH3.CO.OH

SIEDEPUNKT 5 1 ° „ 118«

I |

CEHSCO-CL SIEDEPUNKT 1 9 8 ° C,H6.COOH „ 250®.

Die Säurechloride besitzen einen heftig stechenden Geruch und rauchen an der Luft. Sie werden durch Wasser unter Bildung von Säure und Chlorwasserstoff zersetzt. Diese Umsetzung erfolgt vielfach außerordentlich leicht, da das Chloratom an einem Säurerest viel lockerer als an einem Alkylrest haftet. Während es zur Umwandlung eines Halogenalkyls in einen Alkohol meistens erforderlich ist, jenes lange Zeit mit Wasser, oftmals unter Zusatz von Natron, Kali, einem Carbonat oder Acetat, zu kochen, erfolgt die analoge Umsetzung eines Säurechlorides bei weitem leichter. Bei den niederen Gliedern, wie z. B. dem Acetylchlorid, tritt die Reaktion bereits in der Kälte in äußerst 8*

116

Organischrpräparaliver

Teil

stürmischer Weise fast augenblicklich ein, während es bei den höheren Gliedern, wie z. B. beim Benzoylchlorid, des Erhitzens bedarf, um die Umsetzung herbeizuführen. Sulfosäurechloride sind selbst gegen siedendes Wasser eine Zeitlang beständig (siehe Benzolsulfochlorid S. 184). Alkalien wirken naturgemäß weit lebhafter als Wasser auf Säurechloride ein. Mit Alkoholen und Phenolen reagieren die Säurechloride unter Bildung von Säureestern.

V e r s u c h a: Man gieße etwa 1/2 ccm A c e t y l c l i l o r i d allmählich zu 2 ccm Wasser, das sich in einem Reagenzrohr befindet. Ist das Wasser sehr kalt, so kann man kurze Zeit die im Wasser untersinkenden und mit diesem sich nicht mischenden Tropfen des Chlorids beobachten. Schüttelt man das Rohr, so tritt eine lebhafte Reaktion unter Erwärmung ein. V e r s u c h b: Man führe den gleichen Prozeß mit B e n z o y l c h l o r i d aus. Auch bei längerem Schütteln keine wahrnehmbare Veränderung; man muß einige Zeit kochen, um die völlige Zersetzung zu erreichen. Nach dem Erkalten kristallisiert Benzoesäure aus. In gleicher Weise bringe man Benzoylchlorid mit 2 n-Lauge zusammen. V e r s u c h e : Z u l ccm Alkohol, welcher sich in einem durch Wasser abgekühlten Reagenzrohr befindet, fügt man tropfenweise das gleiche Volumen Acetylchlorid, versetzt dann, ebenfalls unter Kühlung, mit dem gleichen Volumen Wasser und macht vorsichtig mit Natron schwach alkalisch. Hat sich nicht schon hierbei über der wäßrigen Flüssigkeit eine', leicht bewegliche Schicht des angenehm riechenden Essigesters abgeschieden, so fügt man noch so lange fein pulverisiertes Kochsalz hinzu, bis sich dies nicht mehr löst, wobei die Abscheidung des Essigesters eintreten wird. Man bringe in gleicher Weise Benzoylchlorid mit etwas überschüssigem Alkohol zusammen und prüfe am Geruch die Geschwindigkeit der Einwirkung. Säurechloride benutzt man auch, um zu entscheiden, ob eine vorliegende noch unbekannte Verbindung eine alkoholische oder phenolartige Hydroxylgruppe enthält oder nicht. Reagiert ein Stoff mit. einem Säurechlorid, so ist dies der Fall, da alle Verbindungen, die den Sauerstoff in anderer Bindungsform, z. B. ätherartig gebunden enthalten, indifferent sind. Durch Zusatz von Alkali oder Alkalicarbonat kann die Reaktion wesentlich erleichtert werden. Schließlich wendet man die Einwirkung eines Säurechlorides auf Alkohole und Phenole noch an, um sie aus Lösungen abzuscheiden oder um sie zu charakterisieren. Man bedient sich zu diesem Zwecke

Säurechloride

117

jedoch meistens des Benzoylchlorids. Methylalkohol gibt z. B. mit p-Nitrobenzoylchlorid den schön kristallisierten Methylester, der geringe Mengen aus wäßriger Lösung herauszuholen erlaubt. Auf die Salze von Carbonsäuren wirken Säurechloride unter Bildung von Säure-anhydriden ein (siehe nächstes Präparat). Es muß noch erwähnt werden, daß die Acylierung von Alkoholen, Phenolen und Aminen mit Säurechloriden (und auch Anhydriden) statt nach dem alten Verfahren von S c h o t t e n - B a d m a n n — Einwirkung von Säurechlorid in alkalisch-wäßriger Suspension — heute vielfach in P y r i d i n l ö s u n g vorgenommen wird. Der Chlorwasserstoff wird vom Pyridin gebunden. Auch auf Ammoniak, sowie auf primäre und sekundäre organische Basen wirken Säurechloride mit großer Leichtigkeit ein: C H . - C O C l + 2 N H 3 = C H j ' C O - N H , + NH«C1, Acetamid CH,.CO.Cl + 2 C6H6 • NU, = C . H . N H C O . CH3 + C , H S N H , C 1 . Anilin Acetanilid V e r s u c h : a) Z u 1 ccm Anilin fügt man tropfenweise A c e t y l chlorid, wobei unter lebhaftem Zischen eine heftige Reaktion eintritt, welche jedoch a u f h ö r t , sobald etwa das gleiche Volumen des Chlorides hinzugefügt i s t Unter K ü h l u n g mit Wasser versetzt man dann mit dem fünffachen Volumen W a s s e r , wobei sich ein reichlicher Niederschlag von A c e t a n i l i d abscheidet, dessen Menge noch vermehrt werden kann, wenn man die Gefäßwände mit einem Glasstabe reibt. D e r Niederschlag wird abfiltriert und aus wenig heißem W a s s e r umkristallisiert. Schmelzp. 1 1 5 ° . b) I n gleicher Weise verfahre man mit Benzoylchlorid. Auch diese Reaktion wird benützt, um die organischen Basen durch Überführung in ihre meist kristallisierten Säurederivate zu charakterisieren und um kleine Mengen, vor allem von flüssigen Basen, durch eine Schmelzpunktsbestimmung zu erkennen. Um die Base voll umzusetzen — ein Mol wird ja durch die freiwerdende Salzsäure gebunden — , setzt man beim Arbeiten in wäßriger Lösung oder Suspension Alkali oder Carbonat, in wasserfreiem Lösungsmittel trocknes Kaliumcarbonat oder Pyridin zu. Da tertiäre Basen mit Säurechloriden nicht reagieren, da sie kein ersetzbares Wasserstoffatom mehr enthalten, so kann man mit Hilfe der Einwirkung eines Säurechlorids auch entscheiden, ob eine Base einerseits primär oder sekundär oder anderseits tertiär ist. Ferner sei hier auf die wichtige Verwendung der Säurechloride bei der F k i b d e l - C b a f t s s e h e n Reaktion verwiesen (S. 831). Nach A r t der S c h o t t e n - B a u m a n n sehen Reaktion läßt sich auch Hydroperoxyd acylieren. Man kommt so zu S ä u r e - p e r o x y d e n .

Organisch-präparativer

118

Teil

D a r s t e l l u n g von B e n z o y l p e r o x y d . 1 Zu 50 ccm etwa 10°/ 0 igen wäßrigen Hydroperoxyds läßt man unter guter Eiskühlung und stetem Schütteln (am besten in einer Glasstöpselflasche) abwechselnd 4 n-Natronlauge und Benzoylchlorid tropfen, derart, daß die Lösung immer schwach alkalisch bleibt Nachdem etwa 30 ccm Lauge und 15 g Benzoylchlorid verbraucht sind, ist das Hydroperoxyd umgesetzt, das Peroxyd der Benzoesäure hat sich in kristallinischen Flocken abgeschieden und der Geruch des Chlorids ist nahezu ganz verschwunden. Man saugt ab, wäscht mit Wasser aus und trocknet. Ausbeute 10—12 g. Aus wenig Alkohol, in dem nur kurz zum Sieden erwärmt wird, kristallisiert die Substanz in schönen farblosen Prismen. Schmelzpunkt 106—108° unter Zersetzung. Eine k l e i n e Probe erhitze man im trocknen Reagenzglas rasch über der Flamme. Besonders rein wird das Peroxyd erhalten, wenn man seine konz. Lösung in Chloroform in das doppelte Volumen Methylalkohol einfließen läßt. Das Peroxyd der Benzoesäure vermittelt die einfachste Synthese von Alkylenoxyden nach Prileschajew. In abs. ätherischer oder noch besser benzolischer Lösung wird es nämlich durch Natriumäthylat gespalten in das Natriumsalz der Benzopersäure und in Benzosäureester.2 C,H,»C—O—O—C-CeHj —>- C,H6-C—O—ONa + H,C,0—C—C,H,.

Ä

0

i)

ö

Die wenig beständige Persäure, die wie alle Persäuren viel schwächer ist als die zugehörige Carbonsäure, wird nach dem Ansäuern des Natriumsalzes in Chloroform aufgenommen. Ihre Chloroformlösung dient als Reagens für die oben erwähnte Reaktion, die auf S. 105 bereits formuliert ist. Äthylen selbst tritt nicht in Reaktion.

2. Essigsäure-anhydrid. 3 Zur Darstellung des Essigsäure-anhydrids benützt man den gleichen Apparat wie heim Acetylchlorid. Zu 80 g fein pulverisiertem, wasserfreiem Natriumacetat (dessen Darstellung siehe unten) läßt man aus einem Tropftrichter tropfenweise 54 g ( 3 / t Mol) Acetylchlorid fließen. Sobald etwa die erste Hälfte des Chlorids hinzugefügt ist, unterbricht man die Reaktion auf kurze Zeit, um mit Hilfe eines am untern Ende 1

v. Pscbhann u. Vanino, B . 2 7 , 1510 (1894). ' BAETEB U. Villiqek, B. 83, 1575 (1900). » C. Gebhabdt, A. ch. [3] 87, 813 (1853).

Essigsäureanhydrid

119

der Länge nach breit gedrückten und etwas umgebogenen Glasstabs die breiige Masse durcheinander zu rühren, und läßt erst dann den Best nachfließen, so langsam, daß kein unverändertes Acetylchlorid übergeht. Hierauf destilliert man mit l e u c h t e n d e r Flamme unter fortwährendem Bewegen des Brenners das Anhydrid von dem Salzrückstande ab. Das Destillat wird schließlich unter Zusatz von 3 g fein pulverisiertem wasserfreien Natriumacetat, welches die letzten Anteile unveränderten Acetylchlorids vollends zu Es8igsäure-anhydrid umsetzt, einer fraktionierten Destillation unterworfen. Siedepunkt des Essigsäure-anhydrids 138°. Ausbeute 55—60 g. Verwendung für A c e t y l i e r u n g e n , PEBKINsehe Reaktion (V, 8 S. 222), A c e t o p h e n o n (IX, 3b S. 333). Das Präparat ist auf Chlor zu prüfen, indem man eine Probe mit Wasser kocht und nach Zugabe von verdünnter HN0 3 einige Tropfen Silbernitratlösung zufügt. In analoger Weise kann das schön kristallisierte B e n z o e s ä u r e a n h y d r i d (Schmelzp. 42°) präparativ gewonnen werden. Es wird auch erhalten, wenn man Benzoesäure mit einem Überschuß von Essigsäureanhydrid kocht („Umanhydrisieren"). D a r s t e l l u n g des w a s s e r f r e i e n N a t r i u m a c e t a t s : Das kristallwasserhaltige Salz (3H 2 0) erhitzt man in einer flachen Schale aus Eisen oder Nickel direkt über dem Brenner. Nachdem das Kristallwasser verdampft ist, erstarrt die Schmelze. Es wird hierauf durch vorsichtiges Erhitzen das wasserfreie Salz auch zum Schmelzen gebracht. Nach dem Wiedererstarren wird das Salz noch warm gepulvert und sofort unter Verschluß gesetzt. Auch das käufliche wasserfreie Acetat muß noch einmal geschmolzen werden. Die Einwirkung des Acetylchlorides auf das Natriumacetat vollzieht sich nach folgernder Gleichung:

CHa CO.Cl + CH,.CO ONa=

CH, • C=0 > 0 + NaCl. CH, • C=0

Auch gemischte Anhydride, welche zwei verschiedene Säureradikale enthalten, kann man nach dieser Eeaktion bereiten, wenn man Chlorid und Salz zweier verschiedener Säuren anwendet. Da wie oben beim Acetylchlorid ausgeführt, aus dem Alkalisalz einer Säure und P0C1S ein Säurechlorid erhalten werden kann, so ist es für die Darstellung eines Anhydrids nicht erforderlich, das Chlorid zuerst zu isolieren; man kann es vielmehr sofort auf einen Überschuß des Salzes weiter einwirken lassen, so daß aus P0C1, und dem

Organisch-präparativer Teil

120

Salz direkt ein Anhydrid erhalten werden kann (technisches Verfahren). Man formuliere diese Reaktion. Die Säure-anhydride sind in den niederen Reihen farblose Flüssigkeiten, in den höheren kristallisierte feste Stoffe. Sie besitzen einen scharfen Genich, sind in Wasser unlöslich, lösen sich jedoch in indifferenten organischen Lösungsmitteln auf. Ihr spez. Gewicht ist größer als das des Wassers. Der Siedepunkt liegt höher als der der entsprechenden Säure: Essigsäure 118°, Essigsäureanhydrid 138°. Der Schmelzpunkt liegt im allgemeinen tiefer. Die niedrigeren Glieder können unter gewöhnlichem Druck ohne Zersetzung destilliert werden; in den höheren Reihen muß dio Destillation im Vakuum vorgenommen werden. Das chemische Verhalten der Anhydride gegen Wusser, Alkohole Phenole, sowie Basen gleicht vollkommen dem der Chloride; nur reagieren die Anhydride langsamer als die Chloride. V e r s u c h : Man versetze 3 ccm Wasser mit l / 2 ccm Essigsäureanhydrid. Dieses sinkt zu Boden und löst sich selbst nach längerem Schütteln nicht. Erwärmt man jedoch die Mischung des Anhydrids mit Wasser einige Zeit, so tritt unter Aufnahme von Wasser Lösung ein. Nimmt man statt Wasser verdünnte Lauge, so tritt die Lösung rascher ein. Essigsäureanhydrid wird überaus häufig benützt, um die Acetylgruppe in alkoholisches oder phenolisches Hydroxyl oder in ein Ammoniakderivat H N < ^ einzuführen. Durch einen Tropfen konzentrierter Schwefelsäure wird die Reaktionsgeschwindigkeit außerordentlich gesteigert. V e r s u c h e : Man bringe Essigsäureanhydrid mit Alkohol, wäßrigen Ammoniak, Anilin, Phenol zusammen. Der Mischung mit Phenol setze man einen Tropfen konz. H 2 S 0 4 zu. Durch thermische Zersetzung an einem glühenden Platindraht ist Essigsäureanhydrid unter Wasserabspaltung in das monomolekulare Anhydrid der Essigsäure, in K e t e n , übergeführt worden (Wilsmore): H.C-CO > 0 —H,0 —>• 2 H,C=CO. H.CCO Präparative Darstellung von Keten durch thermische Zersetzung von Aceton (Schmedlin): CHj-CO-CH, — >- CH„: CO + CH4 . Bequem und mit guter Ausbeute läßt sich Keten mit der von E. O t t 1 ) angegebenen „Ketenlampe" gewinnen. Keten dient bei Ausschluß von Wasser auch als Acetylierungsmittel. ') J. pr. Ch. 130, 177 (1931). — Vgl. auch Behl u. Kdllmann, Ber. 66, 1114 (1932).

121

Acelamid

II, 3

Die Analogie der Säureanhydride mit den Säurechloriden wird verständlich, wenn man sich die nahe Verwandtschaft der beiden Körperklassen näher ansieht. Hier wie dort ist das Hydroxyl der Carboxylgruppe durch den anionischen Bestandteil einer Säure, beim Chlorid durch Cl, beim Anhydrid durch Acetoxyl 0—CO-CH 3 ersetzt. Man kann die Anhydride der organischen Säuren auch als D i a c y l o x y d e bezeichnen (Acyl = Säureradikal, z. B. CH3-CO = Acetyl) und den Äthern, den D i a l k y l o x y d e n formal an die Seite stellen. Die Äther gehören zu den reaktionsträgsten Verbindungen der ganzen organischen Chemie. Woher kommt dann die große Reaktionsfähigkeit der gleichartig gebauten Anhydride? Die schwache Stelle in ihrem Molekül haben wir nicht an der Sauerstoffbrücke, sondern an der Doppelbindung ° > C = 0 zu suchen. Hier finden Additionen statt, z. B. von Wasser und Ammoniak u. a.: H,C—C=0 > H,G—C=0

OH

>

H,C—C^-OH ; mit NH,

/NH, H,C—C^-OH

>

H.C—C=0

H,C—C= Die Zwischenprodukte, die in Klammern stehon, sind äußerst labil, da sie OH und die negative Acetoxylgruppe am gleichen C-Atom tragen (vgl. S. 96); sie zerfallen daher in 2 Mol Säure oder im Fall des Ammoniaks in Essigsäure und Acetamid. In gleicher Weise ist die Reaktion mit Alkoholen zu formulieren. Man sieht, daß bei der Einführung einer Acylgruppe mit einem Säureanhydrid (in einen Alkohol, ein Amin usw.) stets einer der beiden Säurereste des Moleküls zur Säure umgewandelt, für die Acylierung also nicht ausgenützt wird. Die große Reaktionsfähigkeit der Säurechloride hat die gleiche Ursache, wie sie für die Anhydride erörtert wurde. 3. Acetamid. 1 80 g Ammoniumacetat — darstellbar aus Ammoniumcarbonat und Eisessig 2 — und 60 com Eisessig werden auf dem Drahtnetz in einem kleinen Rundkolben mit aufgesetzter 2—3 kugeliger Kolonne 1 Stunde lang bis nahe zum Siedepunkt erhitzt, dann noch 5 bis 6 Stunden lang im gelinden Sieden erhalten. Man achtet darauf, daß in dieser 2. Phase an dem im oberen Tubus der Kolonne eingeführten Thermometer die Temperatur von 103° nicht oder nur C. 1 9 0 6 , I, 1 0 8 9 . ' HITCH U. GILBERT, Am. A. NOTES U. GOEBEL, ebenda 4 4 , 2 2 9 4 ( 1 9 2 2 ) . * In 6 0 ccm Eisessig trägt man bei 4 0 — 5 0 ° so lange fein gepulvertes Ammoniumcarbonat ein, bis eine Probe, mit Wasser verdünnt, alkalisch reagiert. Man beachte, daß hierbei pro Mol Ammon-acetat Vi Mol H,0 entsteht. 1

Soc.

Im Prinzip nach

FBAN^OIS,

3 5 , 1780 (1913); W .

122

Organisch-präparativer Teil

wenig überschritten wird; der Eisessig und das bei der Reaktion ge. bildete Wasser destillieren langsam oben ab und können durch einen kleinen, über das Abzugsrohr gestülpten Kühler kondensiert und — zur Kontrolle — in einem vorgelegten Meßzylinder aufgefangen werden. Wenn etwa 80 ccm übergegangen sind, ist die Reaktion zu Ende. Man läßt etwas erkalten, gießt die noch warme Schmelze in einen gewöhnlichen Fraktionierkolben über und fängt nach einem kleinen Vorlauf die Hauptmenge bei 195—220° au£ Wenn das Produkt beim Abkühlen und Reiben nicht vollständig erstarrt, saugt man den flüssigen Anteil auf einer Nutsche scharf ab und trocknet den Rückstand auf Ton im nicht evakuierten Exsiccator. Aus dem Filtrat läßt sich ein weiterer Anteil Acetamid herausdestillieren. Die reine Verbindung siedet bei 223°. Eine kleine Probe kann aus Benzol umkristallisiert werden. Schmelzp. 80°. Ausbeute 40—45g. Verwendung des Präparates für A c e t o n i t r i l (11,5 S. 130) und M e t h y l a m i n (II, 8 S. 146). Aus einer Säure kann man ganz allgemein das Amid darstellen, indem man ihr Ammoniumsalz der trocknen Destillation unterwirft oder zweckmäßiger noch, indem man es längere Zeit auf höhere Temperatur erhitzt. Man hat Acetamid meist durch Erhitzen von Ammoniumacetat im Einschiaßrohr auf 200° dargestellt. Dabei kann jedoch die Umsetzung nicht vollständig zum Ziel führen, weil das bei der Reaktion entstehende Wasser wieder z. T. spaltend auf das Säureamid einwirkt: CH.C-ONH,

— C H j . C — N H , + H,0.

O Ö Indem wir bei dem hier angegebenen Verfahren das gebildete Wasser aus dem Reaktionsgemisch herausdestillieren, drängen wir die Gegenreaktion zurück und erhöhen die Ausbeute. Gleichzeitig wirkt der Überschuß an Eisessig der Dissoziation des Salzes nach: CHs-C-ONH,

— C H . C O O H + NH,

Ä entgegen. Vgl. dazu die Ausführungen über das Massenwirkungsgesetz auf S. 135 u. f. Eine gute Methode zur Darstellung von Acetamid besteht auch darin, daß man in eine ätherische Lösung von Essigsäureanhydrid Ammoniakgas einleitet, den Äther abdampft und das zurückbleibende Gemisch von Ammoniumacetat und Acetamid im Extraktor (Fig. 27) mit Benzol auszieht; das Salz bleibt ungelöst zurück. Durch Umsetzung von Säurechloriden und Estern mit Ammoniak lassen sich ebenfalls Säureamide bereiten.

Acetamid

123

Ferner entstehen sie aus den Nitrilen bei der Einwirkung starker Mineralsäuren unter Wasseraufnahme. Ein Beispiel für diese Reaktion ist auf S. 133 gegeben. V e r s u c h : In einer Porzellanschale versetzt man 10 g fein pulverisiertes kohlensaures Ammonium mit 5 g Benzoylchlorid, rührt beide mit einem Pistill gut durcheinander und erwärmt so lange auf dem Wasserbade, bis der Geruch des Säurechlorides verschwunden ist. Man verdünnt dann mit Wasser, saugt ab, wäscht auf dem Filter mit Wasser nach und kristallisiert aus Wasser um. Schmelzpunkt des B e n z a m i d s 128°. Die Säureamide sind mit Ausnahme des niedrigsten Gliedes, des Formamids HCO"NH2, welches flüssig ist, farblose, kristallisierte Substanzen, welche in den niederen Reihen in Wasser leicht löslich sind; auch die höheren Glieder werden meist aus heißem Wasser umkristallisiert. Die Siedepunkte liegen bei weitem höher als die der Säuren: Essigsäure, Siedepunkt 118° Acetamid, „ 223°

Propionsäure, Siedepunkt 141°, Propionamid, „ 213°.

Der basische Charakter der Aminogruppe ist durch den mit ihr verbundenen Acylrest beinaho ganz zum Verschwinden gebracht. Zwar kennt man Salze der Amide mit starken Säuren, die aber durch Wasser sofort vollständig in die Bestandteile zerlegt werden. Nur der Harnstoff, das Diamid der Kohlensäure, bildet bestandigere Salze, deren Existenz durch die zweite NH 2 -Gruppe gewährleistet wird. Charakteristisch für die Säureamide sind ihre Verbindungen mit zweiwertigem Quecksilber, in denen das Metall — nicht salzartig, ionogen — am Stickstoff haftet. Sie entstehen bei der Umsetzung der Amide mit Quecksilberoxyd, z. B.: 2CH s »CO'NH, + HgO — v

(CHj-CO-NH^Hg + 11,0.

V e r s u c h : Man löst etwas Acetamid in Wasser auf, versetzt mit wenig gelbem Quecksilberoxyd und erwärmt. Das letztere geht hierbei in Lösung, indem sich die oben formulierte Verbindung bildet. Die Reaktion der Wasserentziehung, die zu Nitrilen führt und die der Einwirkung von Hypohalogeniten auf Säureamide, werden in den nachfolgenden Präparaten behandelt. Durch hydrolysierende Agenzien wird die Aminogruppe — anders als bei den Aminen — mehr oder weniger leicht wieder abgespalten unter Rückbildung der Säuren. Über die Ursache dieses verschiedenen Verhaltens vgl. das auf S. 121 Gesagte.

Organisch-präparativer

Teil

V e r s u c h : In einem Reagenzrohr erwärmt man etwas Acetamid mit 2 n-Natronlauge. Es tritt ein intensiver Ammoniakgeruch auf, während die Lösung essigsaures Natrium enthält. Die Essigsäure weist man nach, indem man mit konz. Salzsäure gerado kongosauer macht, das Reagenzglas mit daraufgehaltenem Daumen durchschüttelt und dann zum Sieden erhitzt (Siedestein!). Ein über die Mündung gehaltenes Lackmuspapier wird rot. (Allgemeiner Nachweis von flüchtigen Säuren). Die Reaktion der Amide mit PC15, die über die A m i d c h l o r i d e zu don I m i d c h l o r i d e n führt, sei hier nur kurz erwähnt.

4. Harnstoff und Semicarbazid. a) K a l i u m c y a n a t 1 d u r c h O x y d a t i o n s s c h m e l z e . 2 200 g gelbes Blutlaugensalz werden in einer Porzellanschale oder auf einem Eisenblech durch vorsichtiges Erhitzen vollkommen entwässert; eine Probe darf, im Reagenzglas erhitzt, keinen Beschlag mehr geben, die Kristalle müssen vollkommen zerfallen sein. In gleicher Weise werden 150 g Kaliumpyrochromat durch Schmelzen von anhaftendem Wasser befreit Die beiden ganz trocknen, vorher, jedes für sich, gepulverten Salze werden jetzt in einer Reibschale innig gemischt und dann in Portionen von je 4—5 g in eine eiserne Schale oder auf ein großes Eisenblech gebracht, die durch einen kräftigen Brenner (Teclu- oder Dreibrenner) stark, jedoch nicht bis zum Glühen erhitzt sind. Die Temperatur soll so hoch sein, daß jedesmal ein lebhaftes Aufglimmen eintritt; die schwarze lockere Masse, die dabei entsteht, darf keinesfalls zum Schmelzen kommen. Jeder Anteil wird nach sehr rasch beendeter Oxydation mit einem breiten Metallspatel zur Seite geschoben oder vom Blech entfernt. Die ganze Menge kann in 1—P/ 2 Stunden auf diese Weise verarbeitet werden. Die vereinigten Anteile werden hierauf in einem Rundkolben mit 800 ccm heißem 80°/ 0 igen Alkohol übergössen und in einem lebhaft siedenden Wasserbad damit 3 Minuten lang im Kochen erhalten. Dann gießt man die klare Lösung von dem schwarzen 1

Da ea nur eine Cyansäure gibt, halten wir es nicht fiir richtig, ihr diese Bezeichnung vorzuenthalten und sie, wie dies häufig geschieht, als tso-Cyansäure zu bezeichnen. • C. A. BELL, Chem. News 3 2 ,

99 (1875); GATTEBMANN, B . 2 3 , 1223

(1890); H . EBDMANN, B . 2 6 , 2 4 4 2 (1893).

Harnstoff und,

11,4

Semicarbaxid

125

Bodenkörper in einen Erlenmeyer ab, der sofort in Eis eingestellt und dessen Inhalt durch Umschütteln möglichst schnell herabgekühlt wird. Nach kurzem Stehen wird die Mutterlauge von den abgeschiedenen Cyanatkristallen in den Auskochkolben zurückgegossen und das Auslaugen so oft (5—6 mal) wiederholt, bis alles Salz extrahiert ist (eine Reagenzglasprobe darf beim Abkühlen nichts mehr abscheiden). Das Salz wird nun auf einer Filterplatte scharf abgesaugt, zweimal mit Weingeist und dann noch dreimal mit Äther gewaschen und schließlich im Exsiccator scharf getrocknet Ausbeute im Durchschnitt 80 g. b) H a r n s t o f f . 40 g Kaliumcyanat und 40 g Ammoniumsulfat werden, in 500 ccm Wasser gelöst, in einer Porzellanschale auf dem Wasserbad zur Trockne verdampft. Den Rückstand kocht man in einem Rundkolben erschöpfend mit absol. Alkohol aus und engt die alkoholische Lösung ein, bis beim Abkühlen und Impfen Kristallisation eintritt Schmelzpunkt 132°. Aus den Mutterlaugen isoliert man nach dem Abdampfen des Alkohols den Rest als Nitrat. Zur Darstellung des N i t r a t s löst man einige Gramm Harnstoff in einigen ccm Wasser und fügt tropfenweise konz. Salpetersäure zu, wobei das Salz sich in schönen Kristallen abscheidet. Harnstoffnitrat ist in Wasser nicht allzu schwer löslich, worauf man beim Auswaschen zu achten hat. c) S e m i c a r b a z i d . 1 52 g Hydrazinsulfat werden in 200 ccm siedenden Wassers unter Zugabe von 21 g wasserfreier Soda gelöst. Dann kühlt man auf 50° ab, setzt die Lösung von 35 g Kaliumcyanat in 100 ccm Wasser zu und läßt über Nacht stehen. Nachdem man von geringen Mengen Hydrazodicarbonamid (entstanden nach H2N.C0.NH.NH2 + 0 = C = N H H a N-CO.NH.NH.CO-NHj) abfiltriert hat, fügt man zu der Lösung 60 ccm Aceton und läßt unter häufigem Umschütteln wiederum 24 Stunden lang stehen. Das auskristallisierte A c e t o n s e m i c a r b a z o n wird scharf abgesaugt, 1

Thiele U. STANGE, B. 27, 31 (1894); H. BILTZ, A. 330, 250 (1905).

Organisch-präparativer

Teil

mit wenig Wasser gewaschen und auf Ton oder im Vakuum getrocknet. Die Mutterlauge wird auf dem Wasserbad zur Trockne eingedampft, gepulvert und im Extraktionsapparat mit Alkohol ausgezogen, wobei Semicarbazon im Siedekolben auskristallisiert. Sollte eine Probe des Hauptprodukts beim Verbrennen auf dem Platinblech erhebliche Mengen von Asche hinterlassen, so empfiehlt sich die gleiche Maßnahme auch für diesen Anteil. Zur Zerlegung des Semicarbazons werden je 10 g mit 8 ccm konz. Salzsäure übergössen und gelinde erwärmt, bis eben Lösung eingetreten ist. Beim Erkalten kristallisiert das salzsaure Semicarbazid zu einem dicken Brei, der scharf abgesaugt, mit wenig kalter Salzsäure (1:1) und dann noch zweimal mit je 3—5 ccm eiskaltem Alkohol gewaschen wird. Das Salz wird im Exsiccator scharf getrocknet. Ausbeute 22—25 g. Um das f r e i e S e m i c a r b a z i d zu bereiten, zerreibt man 5,5 g des Chlorhydrats mit 4,5 g entwässerten Natriumacetats (S. 119) in einer kleinen Reibschale, bringt den Brei, der infolge der Bildung freier Essigsäure entsteht, mit dem Spatel in einen Erlenmeyer von 100 ccm, spült mit Alkohol nach und kocht auf dem Wasserbad unter Umschütteiii mit (im ganzen) 50 ccm Alkohol auf. Hierauf saugt man ohne Verzug vom ausgeschiedenen Kochsalz auf gut gedichteter Filterplatte ab. Aus dem klaren Filtrat kristallisiert beim Erkalten das freie Semicarbazid langsam in großen Säulen vom Aussehen des Harnstoffs aus. Schwer löslich in Alkohol, leicht in Wasser. V e r s u c h e : Semicarbazid reduziert als primäres Hydrazid (der Carbaminsäure) ammoniakalische Silberlösung und FEIILINGsche Lösung. Mit Aldehyden und Ketonen tritt es leicht unter Wasserabspaltung zu S e m i c a r b a z o n e n zusammen, die wegen ihrer leichten Spaltbarkeit vor den Phenylhydrazonen und Oximen bei der Abscheidung und Reinigung jener Verbindungen den Vorzug verdienen. Man schüttle eine wäßrige Lösung des dargestellten Salzes mit einigen Tropfen Benzaldehyd, isoliere und reinige das Semicarbazon durch Umkristallisieren aus Alkohol. Schmelzp. 214° (Zers.). Durch gelindes Erwärmen des Benzaldehyd-semicarbazons mit konz. Salzsäure wird es in seine Komponenten zerlegt. Die später darzustellenden Ketone und Aldehyde sollen in gleicher Weise durch ihre Semicarbazone charakterisiert werden.

Harnstoff

11,4

und

Semicarbazid

127

d) C y a n i d - O x y d a t i o n in L ö s u n g . i Zu der wäßrigen Lösung von 20 g Kaliumcyanid und 20 g Kaliumhydroxyd in 40 ccm Wasser fügt man die Menge Kupferhydroxyd, die au3 40 g kristallisiertem Kupfersulfat mit KOH erhalten wird. Das Kupferhydroxyd muß gründlich, bis zum Verschwinden der S0 4 "-Reaktion ausgewaschen sein. Zu dem Gemisch bringt man die in der Hitze bereitete und rasch auf 50° unterkühlte LösuDg von 32 g Kaliumpermanganat in 200 ccm Wasser und erhitzt das Ganze 2 Stunden lang unter öfterem Umschütteln auf 60°. Das nicht umgesetzte Permanganat wird in der erkalteten Lösung durch langsamen Zusatz von Hydroperoxyd zersetzt, dann saugt man die wasserklare, cyanidfreie (PrüfungI) Lösung auf der Nutsche vom Braunstein ab, den man mit wenig Wasser nachwäscht. Das Filtrat wird im Vakuum auf ein Volumen von 40—50 ccm eingedampft. Beim Abkühlen der konz. Lösung in Eis-Kochsalzmischung kristallisiert nach kurzer Zeit das entstandene K a l i u m c y a n a t aus, das man nach einigem Stehen scharf absaugt und aus 80 proz. Alkohol wie unter 4 a umkristallisiert. Die Ausbeute beträgt 15—18 g. Bemerkenswert ist bei dieser Oxydationsmethode der starke katalytische Einfluß des Kupfers, durch den eine erhebliche Beschleunigung der Permanganatwirkung hervorgerufen wird. Will man, ohne das Kaliumcyanat zu isolieren, H a r n s t o f f darstellen, so fügt man zu dem Filtrat vom Braunstein 55 g Ammoniumchlorid, dampft die Lösung auf dem Wasserbad ein und isoliert den Harnstoff nach b). Die WÖHLES sehe Harnstoffsynthese, durch die vor 104 Jahren zum ersten Mal ein Produkt der Zelltätigkeit künstlich erhalten wurde, bildet das Vorbild für die vielen Anlagerungsreaktionen, die sich an dem reaktionsfähigen Molekül der Cyansäure und ihrer Ester und ebenso in der Reihe der analogen Thioverbindungen vollziehen. Es handelt sich hier um eine Addition von NH 3 an die C=N-Doppelbindung: 0=C=NH

0=

Ob sich die Anlagerung vom Salz aus vollzieht oder ob man eine vorhergehende Dissoziation annimmt, ist für die Erklärung belanglos. 1

J . VOLHABD, A . 2 5 9 ,

3 7 8 ( 1 8 9 0 ) ; F . ULIMANN U. UZBACHIAN, B .

1806 (1903); MABCZWALD, B. 5 0 , 1325 (1923).

30,

Die hier gegebene Vorschrift

s t a m m t v o n GAIX u n d LEBMANN B . 0 1 , 6 7 5 (1928).

128

Organisch-präparativer Teil

Die Reaktion mit Aminen ergibt substituierte Harnstoffe (vgl. Methylhanistoff auf S. 260), die mit Hydrazin S e m i c a r b a z i d : /NH, 0 = C = N H + H,N—NH, >- 0=C< \NH-NH, Die gleichartigen Reaktionen der oben aufgeführten, mit der Cyansäure verwandten Verbindungen, ergeben sich von selbst. V e r s a c h : Einige Kubikzentimeter der Cyanatlösung säure man mit verdünnter Salzsäure an. C0 2 -Entwicklung und der scharfe, dem von S 0 2 überaus ähnliche Geruch der freien Cyansäure. Die Zersetzung der freien Cyansäure in wäßriger Lösung geht auf eine analoge Reaktionsweise zurück. Es wird Wasser addiert und die so entstehende Carbaminsäure zerfällt in NH3 und C0 2 : 0=C=NH

H O

-5!%.

/

N H

>

0=C< >- CO, + NH,. \OII Die beiden Umsetzungsarten finden sich bei der Zersetzung des P h e n y l c y a n a t s (Präp. S. 148) vereint vor, bei der C0 2 und Diphenylharnstoff entstehen. 0 = C = N • C,H, + H,0 CO, + NH,.C,H S ; NHC.H« n X/ 0=C=N'C,H 5 + NH,C,HJ V 0= C \NHC.H, Die Ester der Carbaminsäuren, die U r e t h a n e , die bei der Anlagerung von Alkoholen an die Verbindungen der Cyansäurereihe entstehen, sind beständig und die Reaktion ist ebenfalls vielfacher Variationen fähig. Wir erinnern daran, daß ein zweites Verfahren zu ihrer Synthese in der Umsetzung von Chlorameisensäureestern mit Ammoniak und Aminen besteht. e) H a r n s t o f f (und H a r n s ä u r e ) a u s Harn. 1 2 Liter Harn werden in einer Porzellanschale auf dem Wasserbad zum Sirup eingedampft, der noch heiß (Flamme auslöschen) mit 500 ccm Alkohol durchgearbeitet wird. Nach einigem Stehen wird der klare Auszug abgegossen. Der Rückstand wird wieder erwärmt und dann in gleicher Weise erneut mit 500 ccm Alkohol digeriert. Von den vereinigten Auszügen, die, wenn nötig, vorher filtriert werden, dampft man den Alkohol weg, bringt den wäßrigalkoholischen Bückstand in einer kleinen Porzellanschale auf dem Wasserbad zur Trockne und versetzt ihn nach starkem Ab1

SALKOWSEI,

Prakt. d. physiol. u. path. Chemie, S. 161, Berlin 1900.

Harnstoff und

129

Semicarbaxid

kühlen unter starker Außenkühlung allmählich unter gutem Durchrühren mit dem doppelten Volumen farbloser konz. Salpetersäure. Nach 12 stündigem Stehen wird der Brei von Harnstoffnitrat scharf abgesaugt, mit wenig eiskalter Salpetersäure (1:1) gewaschen, wiederum bis zum letzten Abtropfen trocken gesaugt und nun unter Erwärmen, in 100—150 ccm Wasser suspendiert, mit nach und nach eingetragenem Bariumcarbonat neutralisiert; man vermeide einen Uberschuß davon. Wenn die Flüssigkeit neutral reagiert, kocht man mit einigen Messerspitzen Tierkohle auf, saugt heiß ab, wäscht einmal mit heißem Wasser nach und dampft das Filtrat zur Trockne ein. Aus dem Rückstand wird der Harnstoff mit heißem Alkohol, in dem er leicht löslich ist, erschöpfend ausgezogen und nach dem Einengen der alkoholischen Lösung kristallisiert erhalten. Ausbeute etwa 20—25 g. Die tägliche Ausscheidung eines Erwachsenen an Harnstoff beträgt 25—30 g (in durchschnittlich l 1 / t Liter Harn). Weitere Versuche: Eine Lösung von Harnstoff wird mit Natronlauge und dann unter Schütteln mit einigen Tropfen Brom versetzt. Stickstoffentwicklung. Vgl. dazu die HOFMANN sehe Reaktion auf S. 146. Zu einer angesäuerten Lösung von Harnstoff fügt man Nitritlösung. Verwendung des Harnstoffs zur Beseitigung von salpetriger Säure, z. B. bei der Darstellung von Athylnitrat (S. 141). Harnstoff wird nur langsam verseift. Man koche eine Lösung mit Barytwasser. Woran erkennt man das Eintreten der Spaltung? Harnsäure. Der Rückstand, aus dem anfangs der Harnstoff mit Alkohol extrahiert wurde, wird durch Erhitzen auf dem Wasserbad vom Alkohol befreit und mit 50 ccm konz. Salzsäure versetzt. Nach ein- bis mehrtägigem Stehen haben sich 0*3—0-5 g Harnsäure ausgeschieden, die man dadurch reinigt, daß man sie in wenig Kalilauge heiß löst, die Lösung mit Tierkohle kocht und das Filtrat mit Salzsäure übersäuert. Murexidreaktion. Einige cg Harnsäure werden mit einigen Tropfen nicht ganz konz. Salpetersäure in einer kleinen Porzellanschale auf dem Wasserbad trocken eingedampft. Zusatz von wenig Ammoniak erzeugt intensive Purpurfärbung. Harnsäure ist ein normales Stoffwechselprodukt. Chemie der Purine! Man unterrichte sich über die Harnsäuresynthesen von BAEYEB-FISCHEB, BEHBEND-ROOSEN, W. TBAUBE. Adenin, Guanin, Coffein und ihre Beziehungen zur Harnsäure. QATTBRMANN, Praxis.

23. Auflage.

9

130

Organisch-präparativer

Teil

5. Nitrile. a) Acetonitril. 1 In einen kleinen, trocknen Kolben füllt man 20 g Phosphorsäureanhydrid ein, fügt darauf 12 g (76 Mol) trocknes Acetamid hinzu, schüttelt beide gut durcheinander, verbindet den Kolben mit einem kurzen absteigenden Kühler und erhitzt dann die Mischung vorsichtig mit einer nicht zu großen l e u c h t e n d e n Flamme, wobei unter Schäumen und Aufblähen Reaktion eintritt Nach einigen Minuten destilliert man unter stärkerem Erhitzen das Acetonitril in die Vorlage (Reagenzrohr) über. Das Destillat wird mit seinem halben Volumen Wasser versetzt, worauf man dann so viel feste Pottasche hinzufügt, bis diese in der unteren wäßrigen Schicht sich nicht mehr auflöst. Man trennt dann im Tropftrichter (mit kurzem Ansatzrohr) und rektifiziert das Acetonitril, wobei man zur vollkommenen Entwässerung in das Fraktionierkölbchen ein wenig Phosphorsäureanhydrid einfüllt. Siedep. 82°. Ausbeute etwa 6 g. b) Benzylcyanid. In einem Rundkolben (J/2 Liter) mit Anschützaufsatz, auf dem Rückflußkühler und Tropftrichter aufgesetzt sind, werden 30 g Natriumcyanid in 35 ccm Wasser heiß gelöst; die Lösung wird mit 50 ccm Alkohol vermischt und sodann läßt man aus dem Tropftrichter 63 g ('/2 Mol) reines Benzylchlorid im Zeitraum von 10 Minuten einfließen. Nach weiterem 3 stündigem Kochen wird das vorher erkaltete Reaktionsgemisch auf kleiner Nutsche scharf abgesaugt, aus der Saugflasche, die man mit Siedecapillare versieht, wird der Alkohol im Vakuum abdestilliert (Badtemp. 40—50°), dann trennt man das Benzylcyanid von der Kochsalzlösung im kleinen Scheidetrichter ab und destilliert nach kurzem Trocknen mit einer kleinen Stange Calciumchlorid aus dem Ciaisenkolben im Vakuum. Siedep. 105—109°/12 mm. Der Siedepunkt der völlig reinen Substanz liegt bei 232°/760 mm. Ausbeute etwa 45 g. Durch Redestillation von Vor- und Nachlauf kann die Ausbeute noch erhöht werden. Verwendung für Phenylessigsäure (S. 133) und Phenyl-nitromethan (VI, 8 S. 245). 1

DUMAS,

A. 64, S32 (1847);

BÜCKTON U.

W.

HOPMANN,

A. 100,131 (1856).

Nitrile

131

Erhitzt man ein Säureamid mit einem wasserentziehenden Mittel P J S J , PCI,), so verliert es Wasser und geht in ein Nitril über, z. B.: CH.CO-NH, ->- C H , C = N + H,0. Da, wie oben praktisch ausgeführt, ein Säureamid durch Entziehung von Wasser aus dem Ammoniumsalz einer Säure gewonnen werden kann, so kann man auch in einer einzigen Operation aus dem Ammoniumsalz direkt ein Nitril erhalten, indem man jenes mit kräftig wasserentziehenden Agenzien, z. B. essigsaures Ammonium mitP a O s , erhitzt: CH..COONH« = CH,«CN + 2H,0 . Säurenitrile können ferner noch nach K O L B E gewonnen werden, indem man Alkyljodide (oder Bromide und Chloride) mit Alkalicyanid erhitzt (Beispiel Benzylcyanid) oder indem man äthylschwefelsaure Salze mit Kaliumcyanid trocken destilliert: KOjS-OCJHJ +CNK v K,S0 4 + CH3 CH,.CN . Die Synthese der aromatischen Nitrile aus Diazoyerbindungen wird später (S. 280) behandelt. Die Nitrile sind in den niederen Reihen farblose Flüssigkeiten, in den höheren kristallisierte Stoffe, deren Wasserlöslichkeit mit steigendem Molekulargewicht immer mehr abnimmt. Acetonitril besitzt ein hohes Dissoziationsvermögen für Elektrolyte, d. h. die Lösungen von Salzen, Säuren, Basen in ihm leiten den elektrischen Strom und zwar weit besser als z. B. in Alkohol, Äther, Chloroform usw. (WALSEN). Die Reakionsfähigkeit der Nitrile gründet sich auf die dreifache Bindung zwischen Kohlenstoff und Stickstoff, die eine Reihe von Additionsreaktionen gestattet. So wird beim Erhitzen mit Wasser auf 180° (im Einschlußrohr), bei tieferer Temperatur in Gegenwart von Säuren oder Alkalien, ein Mol Wasser angelagert und das Säureamid zurückgebildet: R C=N+HtO >- R C = N *- ß-C-NH,. OH H P206,

Die Reaktion ist analog dem Übergang von Acetylen in Acetaldehyd: HC=CH + H,0 v HC—CH >- HC-CH, . OH H ^ In beiden Fällen ist das Übergangsprodukt, die „Enolform", nicht beständig, jedoch kennt man ihre Alkylderivate, die sog. Iminoäther. Energische Verseifung, Erhitzen mit schwach verdünnter Schwefelsäure oder mit starken Laugen, spaltet naturgemäß das Amid in Carbonsäure und NH3, so daß man mit solchen Mitteln vom Nitril aus praktisch direkt zur Säure gelangt. Ausführung dieser Reaktion auf S. 133. Läßt man nascierenden Wasserstoff (z. B. aus Zink und" Schwefelsäure oder aus Natrium in Alkohol) auf Nitrile einwirken, so bilden sich unter Addition von 4 H-Atomen p r i m ä r e Amine (Reaktion von MKNDIÜS): 9*

Organisch-präparqtiver

132

CH,-CN + 4H —

Teil

CH,.CHSNH,. Äthylamin

Weitere, weniger wichtige, jedoch allgemeine Reaktionen seien nur durch die folgenden Gleichungen angedeutet:

CHj-CN + H,S

>- CHj-CS-NH,, Thioacetamid .N-OH

ca,.ceX

OH..CN + NH.-OH — >

NH, Acetamidozim .NH

CH.CN + HCl = CH,.C C = N R sprechen für eine andere Konstitution, nämlich für die des C a r b i m i n s > C = N H mit zweiwertigem Kohlenstoff. Die für die Nitrile erwähnten Additionsreaktionen, die auch der Blausäure eigen sind, lassen sich ebensogut aus dieser zweiten Strukturformel ableiten. Bei der Nitrilform ist es die dreifache Bindung zwischen Kohlenstoff und Stickstoff, an der die Anlagerung stattfindet, bei der „Methylenform" sind es die zwei freien Valenzen am zweiwertigen Kohlenstoffatom, z. B.: ^NHOH

HfeN | / \ p vn } + H,NOH ( >

C = N H

i

\

HC

\NH

H 0 H N

\C H^

V .NOH j HC

Von präparativer Bedeutung ist der salzsaure Formiminoäther OC2 H HC- R • COOCH, + CH, • S0 4 Na.

Erst bei erhöhter Temperatur kann die Alkylgruppe des alkylschwefelsauren Salzes auch für die Veresterung nutzbar gemacht werden. An die Bildung von Estern aus Säurechloriden oder Säureanhydriden und Alkoholen, die auch präparative Bedeutung hat, sei hier nur erinnert. Handelt es sich um die Überführung einer schwer zugänglichen Säure in einen Ester, so bedient man sich zweckmäßig der eleganten und meist sehr glatt verlaufenden Diazomethan-Methode (S. 262). Die Säureester sind in den niederen Reihen farblose, angenehm fruchtähnlich riechende Flüssigkeiten, in den höheren Reihen sowie bei aromatischen Säuren vielfach kristallisierte Substanzen. Der Siedepunkt der Ester mit niedrigmolekularen Alkylresten (CH3, C2H6, CSH7) liegt niedriger als der der Säuren: CH, - COOCH, Siedepunkt 57 0 , CH.-COOC.H, „ 78», CH.COOH „ 118°.

Säureester

II, 7

139

Bemerkenswert ist, daß die Schmelzpunkte der Methylester meist höher liegen als die der entsprechenden Athylester; so ist, in einem einfachen Beispiel, Oxalsäure-dimethylester fest (Schmelzp. 54 während der Diäthylester eine Flüssigkeit darstellt Die Ester werden vielfach um ihrer selbst willen dargestellt, technisch als Lösungsmittel, als Riechstoffe, als Essenzen für Fruchtsäfte usw. Aber vor allem spielen sie eine bedeutsame Rolle für Umwandlungen der Carboxylgruppe. So läßt sich die Alkoxylgruppe mit Ammoniak und zahllosen Ammoniakderivaten, die mindestens noch ein Wasserstoffatom enthalten (primäre und sekundäre Amine, HydrR oxylamin, Hydrazin) durch den Rest — e r s e t z e n . Es werden so Amide, und worauf besonders hinzuweisen ist, Hydrazide der Carbonsäuren dargestellt, die Vorprodukte des Cubtius sehen Abbaus (Präparat II, 8. S. 147). Ferner sei auf das umfangreiche Gebiet der Esterkondensationen hier aufmerksam gemacht. Energische Reduktion mit metallischem Natrium (und wenig Alkohol) erzeugt aus Carbonsäureestern die dazu gehörenden primären Alkohole (Boüveaült) :

R.COOR'

>• R-CHjOH + R'OH.

Schließlich stellt man sehr oft den Ester dar, um eine Säure zu reinigen, da die meisten Ester — häufig im Gegensatz zu den Säuren — namentlich im Vakuum bequem zu destillieren sind. Aus dem reinen Ester wird dann durch Verseifung die reine Säure erhalten. Die Verseifung der Ester wird durch längeres Erhitzen mit wäßrigen Mineralsäuren oder Alkalilaugen vorgenommen. Siehe Fettverseifung auf S. 142. Ein besonders rasch wirkendes Mittel ist alkoholisches Kali. b) Iso-amyl-nitrit (Salpetrigsäure-isoamylester).1 44 g Amylalkohol (0-5 Mol) werden zusammen mit der Lösung von 37 g technischem Natriumnitrit in 70 ccm Wasser in einem Filtrierstutzen unter mechanischem Rühren auf 0 0 abgekühlt (außen Eis mit etwas Viehsalz). Zu der dauernd turbinierten Mischung läßt man aus einem Tropftrichter langsam 44 ccm konz. Salzsäure (D. 1-18) zutropfen (Fig. 48), wobei die 1

Witt, B. 19, 915 (1886).

Fig. 48

140

Organisch-präparaliver Teil

Temperatur nicht über + 5 ° steigen soll. Hierauf schüttelt man. im Scheidetrichter mit etwa 200 ccm Wasser durch, läßt die wäßrige Schicht ab, wäscht mit verdünnter Sodalösung und noch einige Male mit Wasser. Nach der Trennung der Schichten klärt und trocknet man das Reaktionsprodukt in einem kleinen Erlenmeyerkolben mit wenig Calciumchlorid. Hierauf wird im Vakuum bei 50—60 mm Druck (vgl. dazu S. 25 unten) unter guter Kühlung der Vorlage destilliert. Die Hauptmenge geht bei etwa 30° als gelbes Öl über. Ausbeute 75% d. Th. Die Ester der salpetrigen Säure sind durch ihre große Bildungsund Verseifungsgeschwindigkeit ausgezeichnet. Durch Mineralsäuren werden sie fast augenblicklich zerlegt, was bei der Anordnung der präparativen Methode berücksichtigt ist. Jeder Überschuß von Salzsäure muß vermieden werden. Man verwendet wegen dieser Eigenschaft die Alkylnitrite an Stelle der salpetrigsauren Salze in allen Fällen, in denen man in organischen Lösungsmitteln — in denen die Salze unlöslich sind — salpetrige Säure freimachen will. Beispiele: Anlagerung von N 2 0 3 an Olefine, Darstellung fester Diazoniumsalze (S. 272), Einwirkung von HNOa auf Ketone unter Bildung der Isonitrosoketone. Häufig wird diese Synthese auch nach Art der Acetessigestersynthese mit Keton, Alkylnitrit und Natriumalkoholat ausgeführt, wobei das Natriumsalz des Isonitrosoketons entsteht (vgl. dazu S. 249):

R—CH, RO—N=0 I + R-CO RONa

R-C=NONa | + 2 ROH. R—C=0

Gleichgerichtet verläuft die elegante Synthese von Natriumazid mit Hydrazin und Alkylnitrit ( S T O L L E ) :

H,N—NH, + RO—N=0 + RONa

N >- | ^>N«Na + 2ROH + H,0 . N

Sehr häufig zieht man das Ä t h y l n i t r i t dem Isoamylnitrit vor, weil die Entfernung des aus diesem entstehenden Amylalkohols wegen seines höheren Siedepunktes (186°) manchmal stört.

Ä t h y l n i t r i t : In die Mischung von Natriumnitritlösung wie oben und 60 ccm Sprit, die sich in einem mit Eis gekühlten Fraktionierkolben befindet, läßt man unter Schütteln 42 ccm konz. Salzsäure allmählich eintropfen. Der Kolben ist mit einem gut wirkenden Kühler verbunden, an den eine im Kältegemisch stehende Vorlage (Saugflasche) angeschlossen ist. Es empfiehlt sich, den Kühler mit Eiswasser zu speisen. Nach Zugahe der Säure destilliert man das Äthylnitrit aus einer Schale mit warmem Wasser (anfangs 25°, nachher 40°) ab. Das Präparat ist nach

Säureester

141

kurzem Trocknen mit Pottasche für die meisten Zwecke genügend rein und wird wegen seiner großen Flüchtigkeit (Siedep. 17°) am besten alsbald verwendet. V e r s u c h : Einige Tropfen Amyl- oder Athylnitrit werden mit verdünnter Kaliumjodidlösung geschüttelt. Es darf keine Braunfärbung auftreten. Ein Tropfen verdünnter Salzsäure führt in wenigen Augenblicken intensive Jodausscheidung herbei. c) A t h y l n i t r a t . 1 250 ccm konz. Salpetersäure (D. 1 • 4) werden mit 30 g Harnstoffnitrat aufgekocht. Nach dem Erkalten gießt man die Hälfte der Lösung in eine tubulierte Retorte, an die ein mittlerer Wasserkühler angeschlossen ist, und in der sich 30 g Harnstoffnitrat und 150 ccm Alkohol befinden. Die Retorte wird auf einem Sandbad vorsichtig erhitzt. Nachdem etwa ein Drittel des Inhalts abdestilliert ist, vermischt man die zweite Hälfte der ausgekochten Salpetersäure mit 100 ccm Alkohol und läßt diese Mischung durch einen im Tubus der Eetorte aufgesetzten Tropftrichter langsam zufließen. Die Operation muß in einem Zug ausgeführt werden, die Gemische von Alkohol und Salpetersäure dürfen nicht längere Zeit stehen bleiben. Wenn alles zugetropft und die Flüssigkeit in der Retorte bis auf 50—100 ccm wegdestilliert ist, unterbricht man den Prozeß, schüttelt das übergegangene Äthylnitrat zur Entfernung von Alkohol im Scheidetrichter zweimal mit Wasser, einmal mit verdünnter Sodalösung und dann nochmals mit Wasser aus (Athylnitrat ist schwerer als Wasser!), trocknet über Calciumchlorid und rektifiziert den Salpetersäureester durch Destillation aus dem Wasserbad. Der Siedekolben soll in dieses eintauchen. Siedep. 86°. Schutzbrille! Athylnitrat wird später zur Darstellung von Phenyl-nitromethan (VI, 8, S. 245) gebraucht. Äthylnitrat zersetzt sich beim raschen Erhitzen, z. B. in der Flamme, explosionsartig; es gehört in die gleiche Körperklasse, wie Nitroglycerin. Darum Vorsicht. Äthylalkohol wird durch reine Salpetersäure unter den angewandten Bedingungen nicht o x y d i e r t , sondern bloß verestert. Sobald aber Spuren von salpetriger Säure vorhanden sind, tritt Oxydation ein. Da das Stickoxyd, das hierbei aus der salpetrigen Säure entsteht, von der Salpetersäure alsbald wieder zu NOj oxydiert wird, schreitet die Oxydation von kleinen 1

LOSSEN,

A.

Suppl. 6,

220

(1868).

Organisch-präparativer Teil

142

Anfängen an sukzessive weiter, gewinnt durch die auftretende Reaktionswärme fortschreitend an Geschwindigkeit und steigert sich schließlich zu einem stürmischen, explosionsartigen Prozeß. Reaktionen dieser Art, bei denen Zwischenprodukte die Geschwindigkeit progressiv steigern, bezeichnet man als „Autokatalysen". Das erste Produkt der Oxydation des Alkohols ist Acetaldehyd und ein wichtiges Endprodukt ist die Knall säure, die aber nur gefaßt werden kann bei Gegenwart von Silber- oder Quecksilberionen. Mit ihnen bildet sie die gegen Salpetersäure beständigen Fulminate, in denen man, ähnlich wie beim Quecksilber-2-cyanid, homöopolare — nicht ionogene — Bindung anzunehmen hat. Die Knallsäurebildung wird veranlaßt durch die der Methylgruppe durch das benachbarte Carbonyl des Aldehyds vermittelte Reaktionsfähigkeit, die der salpetrigen Säure einen Angriffspunkt bietet. Die einzelnen Stadien drücken sich in nachstehenden Formeln aus: H.CCHO

HC-CHO

n NOH

HC-COOH

ii NOH

O.N.CCOOH

— > • bNOH

O.N. >C =NOH + CO, —>- C NOH + HNO,. H/

Die salpetrige Säure wirkt hierbei auf den Alkohol in ähnlicher Weise, wie die Halogene bei der Bildung von Chloroform, Jodoform. d) V e r s e i f u n g von F e t t oder p f l a n z l i c h e m Öl. 600 g beliebiges Fett oder Öl (etwa 2 /s Mol) werden mit 600 ccm etwa 5 n-Natronlauge verseift: 100 ccm Lauge und 100 ccm HjO werden erwärmt, das Fett darauf gegossen und nach 1 Stande noch 150 ccm Lauge hinzugegeben. Nach einer weiteren Stunde werden je 200 ccm Lauge und Wasser hinzugefügt. Es muß häufig umgerührt werden und darf nur zum schwachen Sieden erwärmt werden. Nach weiteren 4 Stunden wird der Rest der Lauge hinzugegeben; wenn nötig, erneuert man vorher das verdampfte Wasser. Nach einer weiteren Stunde fügt man 1 / t Liter Wasser hinzu und kocht weiter, bis eine dicke homogene Masse entsteht (etwa 2—3 Stunden). Dann werden unter tüchtigem Umrühren 3—4 Liter heißes Wasser zugegeben, wobei ein dicker, durchsichtiger Leim entsteht. Man salzt schließlich in der Siedehitze mit etwa 200 g Kochsalz aus und läßt über Nacht stehen. Es ist zweckmäßig, wegen des starken Schäumens, die Operation in einem großen Emailhafen auszuführen.

Säureesler

143

Nach dem Erkalten hebt man am andern Morgen den erstarrten Seifenkuchen ab und spült die unten haftende Lauge weg. Man kann ihn mit einem dünnen Draht in kleine Stücke zerschneiden und diese durch wochenlanges Liegenlassen trocknen. Die Natriumsalze der höheren Fettsäuren sind in kaltem Wasser schwer, in heißem leichter löslich. Man bringt ein kleines Stückchen Seife in der nötigen Menge kochenden Wassers in einem kleinen Becherglas in Lösung und läßt erkalten: Steife Gallerte. Zur Reinigung kann man 20—30 g in siedendem Wasser lösen, heiß aussalzen und wieder erstarren lassen; dadurch wird die im Rohprodukt eingeschlossene kleine Menge Alkali entfernt. Die Reaktion bleibt gegen Lackmus- und Curcumapapier alkalisch. Die Hydrolyse der ganz reinen Seifen ist aber nicht so stark, daß die OH-Ionenkonzentration ausreicht, um Phenolphthalein zu färben. D a r s t e l l u n g der freien F e t t s ä u r e n : Etwa 150 g der rohen, feuchten Seife werden in einem Liter Wasser bis nahe zum Siedepunkt erhitzt; dann setzt man unter gutem Umrühren 2nSchwefelsäure zu, bis die Lösung auf Congopapier deutlich sauer reagiert und das Fettsäuregemisch sich als ölige Masse oben abgeschieden hat. Nach einigem Stehen in der Kälte erstarrt diese, wenn man von festem Fott ausgegangen ist Man hebt den Euchen ab, schmilzt ihn nochmals auf dem Wasserbad in einem kleinen Becherglas über wenig Wasser und destilliert dann die wieder erstarrten Säuren im Vakuum. Siedep.i2mm 220-225°. Hat man Ol verseift, so wird die Seife weniger fest und die Säuren kristallisieren nur teilweise (warum?). In diesem Fall nimmt mau sie in Äther auf und verfährt dann weiter in der üblichen Weise. Glycerin: Das Glycerin befindet sich in der braunen Verseifungslauge, die man zuerst mit Salzsäure genau neutralisiert (gegen Congopapier!), zur Entfernung ausgeschiedener Fettsäuren mit Tierkohle schüttelt, durch ein Faltenfilter filtriert1 und dann in dem auf S. 32 abgebildeten Apparat im Vakuum eindampft. Wenn sich nach einiger Zeit Kochsalz ausscheidet, versagt bisweilen die Capillare und man setzt dann, um Zeit zu sparen, 1

Die Klärung mit Tierkohle ist häufig entbehrlich.

144

Organisch-präparativer

Teil

das Eindampfen auf dem Wasserbad fort Die stark konzentrierte LöBung wird vom Kochsalz abgesaugt, dieses mit wenig Alkohol gewaschen und das Filtrat (wieder im Vakuumkolben) fast ganz vom Wasser befreit. Der Rückstand wird mit 150 ccm Alkohol digeriert und auf kleiner Nutsche abgesaugt, dann spült man mit 50 ccm Alkohol nach. Die abgesaugte alkoholische Lösung wird auf dem Wasserbad so weit als möglich eingeengt, den Rückstand bringt man unter Nachspülen mit wenig Alkohol in einen Claisenkolben und destilliert aus diesem erst Alkohol und Wasser und schließlich das Glycerin im Vakuum ab. Man fängt die Hauptfraktion zwischen 180° und 195 ui3 m m auf, Ausbeute etwa 35 g. Um das Glycerin völlig wasserfrei und rein zu erhalten, muß die Destillation wiederholt werden. e) L i n o l e n s ä u r e a u s Leinöl. 1 100 g ungebleichtes Leinöl werden zur Verseifung mit einer Lösung von 35 g Ätzkali in 150 ccm Methylalkohol am absteigenden Kühler gekocht. Nachdem die Hauptmenge des Alkohols abdestilliert ist — eine Probe des Kolbeninhaltes muß sich klar in Wasser lösen — zersetzt man das Seifengemisch mit 200 ccm 20 proz. Schwefelsäure und nimmt die freigemachten Leinölsäuren in Äther auf. Nach dem Trocknen der Ätherlösung mit geglühtem Natriumsulfat wird das Lösungsmittel abgedampft und der Rückstand im Vakuum destilliert. Unter 12 mm Druck geht fast alles zwischen 215 und 230° über. Ausbeute 70—85 g. Linolensäure - hexabromid. Ohne Rücksicht auf ausgeschiedene kristallisierte Fettsäure löst man 76 g der destillierten Leinölsäuren in 150 ccm Eissessig und läßt dazu unter Eiskühlung und Turbinieren langsam aus einer Eürette Brom tropfen, bis eine bleibende Orangefärbung einen Überschuß an Halogen anzeigt. Es werden etwa 30 ccm = 90 g Brom benötigt. Der steife Brei, den das gebildete Hexabromid und die ausgeschiedenen gesättigten Fettsäuren bilden, wird nach 6 stündigem Stehen bei Raumtemperatur auf einer mittelgroßen Porzellannutsche unter geringem Unterdruck von der Hauptmenge der Mutterlauge befreit, was mehrere Stunden dauert. Die klebrige Masse bringt 1

(1928).

ERDMANN U . B E D F O B D ,

Ber. 42, 1324 (1909). Siehe auch A. 464, 214

145

Säureester

man dann in einen Rundkolben, übergießt sie mit 200 ccm Essigester und erhitzt unter dauerndem Bühren mit einem unten abgeplatteten Glasstab zum schwachen Sieden, bis die Schmieren herausgelöst 6ind und das Hexabromid sich in kristallisierter Form abgesetzt hat; dies ist in wenigen Minuten erreicht. Nach dem Erkalten wird scharf abgesaugt und mit Essigester so lange gewaschen, bis die Substanz farblos geworden ist. Sie ist dann für die weitere Verarbeitung genügend rein und schmilzt bei 178°. Ausbeute 20—25 g. E n t b r o m u n g des H e x a b r o m i d s . 25 g des fein gepulverten Produktes werden in 250 ccm Weingeist suspendiert. Unter gelindem Erwärmen auf dem Wasserbad und unter kräftigem Umschütteln fügt man dazu auf einmal 50 g Zinkstaub. Sobald die Reaktion zu heftig zu werden beginnt, kühlt man in bereitgestelltem Eiswasser ab, wobei ihre vollständige Unterdrückung zu vermeiden ist Schließlich erhitzt man noch eine Stunde lang am Rückflußkühler, saugt dann vom übrig gebliebenen Zinkstaub ab, den man zweimal mit Alkohol nachwäscht, verdampft die Hauptmenge des Alkohols auf dem Wasserbad und trägt die erkaltete, nahezu alkoholfreie Lösung in 200 ccm 20-proc. Schwefelsäure ein, die sich in einem Scheidetrichter befindet. Durch wiederholtes Ausäthern wird die Linolensäure abgetrennt; da sich bei der Entbromung teilweise ihr Ester gebildet hat, fügt man, um diesen zu verseifen, zu der nicht getrockneten Ätherlösung 5 g in 25 ccm Methylalkohol gelösten Ätzkalis und dampft dann Äther und Alkohol am Wasserbad ab. Der Rückstand, der gegen Phenolphthalein alkalisch reagieren muß, wird wieder mit 20-proc. Schwefelsäure versetzt und ausgeäthert. Die mit CaCI2 getrocknete Ätherlösung hinterläßt nach dem Abdestillieren des Lösungsmittels die fast farblose, nahezu reine Linolensäure in einer der theoretischen kaum nachstehenden Ausbeute. Durch Destillation im guten Vakuum wird die Säure vollkommen rein gewonnen. Siedep. 197° bei 4 mm. Die dargestellte Linolensäure dient als Material zur katalytischen Hydrierung. Siehe S. 367. Das Leinöl ist das wichtigste unter den sog. „trocknenden" Ölen. Darunter verstellt man Öle, die stark ungesättigte Säuren, namentlich L i n o l e n s ä u r e C 1 7 H 2 9 .C0 2 H und L i n o l s ä u r e C n H 3 1 -COjH enthalten und die daher vermöge eines Systems konjugierter Doppelbindungen imstande sind, den Sauerstoff der Luft direkt unter Bildung von festen Peroxyden und deren Umwandlungsprodukten anzulagern. Die ölsäureGATTKBHAim, Praxis. 23. Auflage.

10

Organisch-präparativer Teil

146

Komponente ist dazu nicht befähigt. Olivenöl und Sesamöl z. B. „trocknen" nicht. Verwendung des Leinöls als Bindemittel in der Ölmalerei und zur Herstellung von Firnissen. Den quantitativen Ausdruck für die Anzahl der in einem Fett oder Öl vorhandenen Kohlenstoff-Doppelbindungen gibt die „Jodzahl"; darunter versteht man die Menge Jod in g, die von 100 g eines Fettes chemisch gebunden wird. Neuerdings bestimmt man die Anzahl der Doppelbindungen in organischen Verbindungen gewöhnlich mit Benzopersäure (vgl. S. 105). B e s t i m m u n g d e r J o d z a h L Man löst 2-5 g reines Jod und 3 g Quecksilberchlorid in je 50 ccm reinem Weingeist nnd vermischt die klaren Lösungen. Nach 12 stündigem Stehen wird in einer Probe von 10 ccm der Jodtiter mit n/10-Thiosulfatlösung bestimmt, nach Zugabe von 10 ccm 10-proc. KJ-Lösung. 0*5—0-7 g des zu prüfenden Fettes werden in einem trockenen Erlenmeyerkolben von 500 ccm Inhalt in 15 ccm Chloroform gelöst; dazu läßt man 25 ccm der titrierten Jodlösung fließen. Geht nach kurzer Zeit die Farbe der Lösung auf Hellbraun zurück, so sind weitere 10 ccm Jodlösung erforderlich. Nach 4 Stunden soll die Farbe noch dunkelbraun sein. Es werden jetzt 20 ccm 10-proc. KJ-Lösung hinzugefügt und das noch vorhandene Jod wie oben titriert. Ausrechnung erfolgt gemäß Definition der „Jodzahl''. Man untersuche Schweinefett oder Olivenöl oder Leinöl. Zur Bestimmung der V e r s e i f u n g s z a h l 1 eines Fettes kocht man 0 - 5 — l g Substanz mit 10com n/2-alkoholischer KOH 1 / 2 Stunde lang am Rückflußkühler und titriert hierauf mit n/HCl unter Anwendung von Phenolphthalein das nicht gebundene Alkali zurück. Die Methode hat allgemeine Bedeutung, da sie in Estern das Äquivalentgewicht der darin gebundenen Säure zu ermitteln erlaubt. Ester-Äquivalentgewicht =

— — -

wobei a = Einwaage in g, b — ccm

verbrauchten n/1 -Alkali. 8. Abbau der Carbonsäuren zu den nächst niedereil Aminen. a) HöFMANNSche R e a k t i o n .

Methylamin

aus

Acetamid.2

In einem Kolben von '/ 2 Liter Inhalt versetzt man 30 g (0-5 Mol) Acetamid mit 80 g = 26 ccm Brom und fügt hierzu unter guter Kühlung mit Wasser so lange von einer Lösung von 50 g Kali in 350 ccm Wasser, bis die anfangs braunrote Farbe in Hellgelb umgeschlagen ist, wozu der größte Teil der Kalilauge erforderlich ist. Die Lösung läßt man dann im Laufe weniger Minuten aus einem Tropftrichter in ununterbrochenem Strahl in eine Lösung von 80 g Kali in 150 ccm 1

Man versteht darunter die mg KOH, die 1 g Fett verbraucht. * B. 15, 762 (1882); B. 17, 1406 u. 1920 (1884).

II, 8

Abbau der Carbonsäuren xu den nächst niederen Aminen

147

Wasser, die in einem Literkolben auf 7 0 — 7 5 ° erwärmt und gehalten wird, fließen. Man erhält auf dieser Temperatur, bis das Reaktionsgemisch farblos geworden ist — 1 / 2 Stunde) und destilliert dann das Methylamin mit Wasserdampf über; das Kühlerende ist mit einem abwärts gerichteten Vorstoß verbunden, der etwa 1 cm tief in die Beschickung der Vorlage (100 ccm etwa 5 n-Salzsäure 1 eintaucht. Sobald das Kondensat im Kühler nicht mehr alkalisch reagiert, dampft man den Inhalt der Vorlage in einer Porzellanschale auf dem Wasserbad zur Trockne, läßt zur E n t fernung der letzten Wasserreste eine Nacht über im Vakuumexsiccator stehen und kocht das ganz trockne Salz mit absolutem Alkohol aus; dabei bleibt Salmiak ungelöst. Das klare Filtrat engt man auf ein kleines Volumen ein und läßt dann in der Kälte das Methylammoniumchlorid auskristallisieren. Das Salz wird nach dem Absaugen mit wenig Alkohol gewaschen und im Exsiccator getrocknet. Ausbeute 1 5 — 2 0 g. Man führt mit dem Präparat die I s o n i t r i l r e a k t i o n (S. 161) aus und prüft sein Verhalten beim Erwärmen mit wenig Nitrit in eben saurer wäßriger Lösung. b) Die CuBTicssche R e a k t i o n .

Phenylcyanat.

B e n z h y d r a z i d : 24gBenzoesäureäthylester = s / 2 0 M o l ( S . 134) werden mit 9 g Hydrazinbydrat 3 6 Stunden lang auf dem Wasserbad an einem kleinen Rückfiußkühler erhitzt. Der feste Kristallkuchen, der sich beim Erkalten bildet, wird nach einiger Zeit möglichst scharf abgesaugt und mit wenig eiskaltem Methylalkohol gewaschen. Wenn die Ausbeute zu gering ist, wird das F i l t r a t eingeengt und nochmals erhitzt. Das Rohprodukt (16—18 g) ist zur Weiterverarbeitung genügend rein. Eine Probe kann aus heißem Wasser oder wenig Alkohol umkristallisiert werden. Schmelzp. 112°. B e n z a z i d * : 14 g ( 7 1 0 Mol) des t r o c k n e n Hydrazids werden in einem Filtrierstutzen ('/ 2 Liter) mit 200 ccm etwa n-Salzsäure zur klaren Lösung gebracht. Dazu läßt man unter Eiskühlung aus einem Tropftrichter unter Umrühren die Lösung von 8 g Natriumnitrit in 50 ccm Wasser fließen. Die Umsetzung erfolgt 2

1 2

50 ccm konz. Salzsäure und 50 ccm Wasser. J . p. Ch. 5 0 , 295 (1894).

T H . CURTIÜS,

3 Von der Firma Dr. F . Preis zu beziehen. 4

T H . CUBTIÜS,

B.

23,

BASCUIO,

Ludwigshafen a. E h . zu wohlfeilem

3029 (1890). 10*

Organisch-präparativer

148

Teil

sofort, indem das Azid sich kristallinisch abscheidet. W e n n eine abfiltrierte Probe der Lösung durch einen Tropfen Nitritlösung nicht mehr getrübt wird, saugt man den Niederschlag scharf ab, •wäscht ihn gut mit W a s s e r aus und trocknet ihn erst auf Ton, dann im Vakuumexsiccator über konz. Schwefelsäure und Ätzkali. Ausbeute 14 g. P h e n y l c y a n a t 1 : D a s Azid muß für die Verarbeitung auf Cyansäureester a b s o l u t t r o c k e n sein. Prüfung auf Gewichtskonstanz auf einer guten Handwaage. Da B e n z a z i d bei raschem Erhitzen, auch bei Berührung mit konz. H8S04 e x p l o d i e r t , ist das P r ä p a r a t vors i c h t i g zu h a n d h a b e n . Bis zur beendeten D e s t i l l a t i o n des P h e n y l c y a n a t s Schutzbrille tragen! Die Destillation des Endprodukts wird in demselben Kolben ausgeführt, der zur Spaltung dient, zweckmäßig in einem Claisenkolben von 7 5 — 1 0 0 ccm, dessen Capillare und Thermometer man schon vor Ausführung der Spaltung herrichtet. Alles muß gut getrocknet sein. In dem schräg gestellten Kolben, über dessen Kondensationsrohr ein kleiner Kühler gezogen ist — oben ist er durch ein CaCl a -Rohr gegen Eintritt von Luftfeuchtigkeit gesichert — erhitzt man 12 g Benzazid mit 40 ccm Benzol (über Natrium getrocknet) in einer mit Wasser gefüllten Kasserolle, auf deren Boden der Kolben nicht aufstehen darf, l a n g s a m auf 6 0 — 7 0 ° , wobei eine lebhafte Stickstoffentwicklung beginnt. Wenn sie nachgelassen hat, steigert man die Temperatur bis gegen 80°, läßt dann erkalten, stellt das Gerät zur Vakuumdestillation um und destilliert zuerst das Benzol bei g e w ö h n l i c h e m D r u c k aus dem siedenden Wasserbad und daran anschließend aus dem vorher abgekühlten Bad bei 2 0 — 2 5 mm Druck das Phenylcyanat ab. Siedep.2omm 60°. Ausbeute 7 — 8 g. D a s Destillat muß wasserklar sein und ist sofort unter guten Verschluß zu bringen (am besten einschmelzen). Vorher gießt man einige Tropfen in wenig Wasser. Der kristallinische Körper, der gebildet wird, ist D i p h e n y l h a r n s t o f f . W i e entsteht er? P h e n y l u r e t h a n . Eine andere Probe gießt man in Alkohol und verdampft das Lösungsmittel. 1

G.

SCHBOETEB,

B. 42, 2339 (1909).

II, 8

Abbau der Carbonsäuren zu den nächst niederen Aminen

149

Das nicht umgesetzte Azid (etwa 2 g) kocht man in 5 ccm absolutem Alkohol eine halbe Stunde lang am Rückflußkühler. 1 Nach dem Eindampfen kristallisiert ebenfalls Phenylurethan aus. Schmelzp. 52°. Die S p a l t u n g d e r U r e t h a n e in A m i n , C0 2 und Alkohol wird meistens im Einschlußrohr mit Salzsäure ausgeführt. Bequemer, wenn auch weniger ertragreich, ist die Zerlegung durch Destillation mit Calciumhydroxyd. Man mischt das erhaltene Phenylurethan mit der dreifachen Gewichtsmenge gelöschten Kalks und destilliert vorsichtig aus einer kleinen Retorte. Das übergehende A n i l i n kann bei einiger Geschicklichkeit aus einem kleinen Kölbchen rektifiziert werden, in jedem Fall aber ist es als A c e t a n i l i d und durch die C h l o r k a l k r e a k t i o n nachzuweisen. Bei der Lösung von Strukturfragen entsteht häufig die Notwendigkeit, Carboxylgruppen, wie sie z. B. durch Oxydationswirkung gebildet werden, zu entfernen und so das Molekül „abzubauen". Der einfachste Prozeß dieser Art, die Abspaltung von Kohlendioxyd, die man durch Destillation eines Salzes über Natronkalk erreicht: R-COONa + NaOH

>- RH + Na,COa ,

verläuft zumeist wenig glatt und führt außerdem zu einem Kohlenwasserstoff, an dem weitere Reaktionen schwer einsetzen können. Darum sind die beiden verwandten Reaktionen des Abbaus der Säuren, die von H O F M A N N , die von dem Säureamid ausgeht und die von CUBTIUS, vom Hydrazid aus, von großer präparativer Bedeutung. Beide lassen das primäre Amin der nächst niederen Stufe erreichen und beide führen zu diesem Ziel über das gleiche Zwischenprodukt, den Cyansäuroestor. Die Einwirkung von Hypobromit auf die —CONH2-Gruppe vermittelt den Ersatz von Wasserstoff an der NH a -Gruppe gegen Brom. Das erste Produkt der H O F M A K N sehen Reaktion, das N-Bromamid, ist in verschiedenen Fällen zu fassen. Durch Alkali verliert es HBr und das dadurch vorübergehend gebildete Radikal lagert sich zum Cyansäureester um, der unter den Bedingungen der Reaktion in primäres Amin und COa zerlegt wird. R-C=0 I NH,

R-C=0 | HNBr

„„

/R.C=0\ ( | I -> R N = C = 0 ^J^ J

R-NII, + CO,.

A c e t a m i d liefert so M e t h y l a m i n , B e n z a m i d A n i l i n , H a r n s t o f f , wenn auch in geringer Menge, H y d r a z i n . 1

TH. CCBTIUS, B. 2 7 , 779 (1894).

150

Organisch-präparaiiver

Teil

In ähnlicher Weise werden Hydroxamsäuren unter H 2 0-Abspaltung in Cyansäureester umgelagert und damit zu Aminen abgebaut. Die Reaktion von CUKTIUS, die besonders in den höheren Reihen wegen der günstigeren Löslichkeitsverhältnisse der Zwischenprodukte vorzuziehen ist, stellt als erste Phase das Hydrazid aus dem Säureester (oder -chlorid) her, das dann durch salpetrige Säure in meist sehr glatter Reaktion in das Azid übergeführt wird. Die Azide erleiden leicht thermische Zersetzung, bei der sie die beiden „Azo"-stickstoffatome als elementaren Stickstoff abspalten. Damit entsteht aber das gleiche Radikal, das den Verlauf der HOFMANN sehen Reaktion erklärt hat: RC=0 R«C=0 /R-C=0\ w I >| | \ >- R N = C = 0 . HN-NH, N N

/ \

N = N

\ / \

/

CDBXIÜS hat die Zersetzung der Azide gewöhnlich in Alkohol vorgenommen und hat daher in durchsichtiger Weise die Urethane erhalten, die durch kräftige Hydrolyse in primäres Amin, C0 2 und Alkohol zerfallen. Eine wichtige Anwendung hat die HOFMANN sehe Reaktion bei der ersten technischen Indigosynthese im Abbau des Phthalimids zur Anthranilsäure erfahren. Siehe S. 360.

III. Nitroverbindungen und ihre Beduktionsprodukte 1. Nitromethan. 1 94 g Chloressigsäure, in 200 ccm Wasser gelöst, werden mit wasserfreier Soda (53 g) in einem weiten Becherglas genau neutralisiert; dazu fügt man die Lösung von 75 g Natriumnitrit in 120 ccm Wasser. Etwa 100 ccm dieser Mischung bringt man in einen 750-ccm-Rundkolben, der einen Tropftrichter trägt und außerdem mit einem absteigenden Kühler verbunden ist. Beim kräftigen Erwärmen im Babotrichter oder auf dem Drahtnetz (langsam anheizen) beginnt schon vor dem Sieden der Lösung unter C0 2 -Entwicklung die stürmische .Reaktion, die man in der siedenden Lösung durch allmähliches Zufließenlassen der Vorratslösung in Gang hält, aber nicht zu heftig werden läßt. Das Nitromethan geht mit Wasserdampf über und sondert sich in der Vorlage als schwerere Schicht ab. Sobald im Destillat keine Oltropfen mehr übergehen, wechselt man die Vorlage und treibt noch 100 ccm Wasser über, die noch Nitromethan gelöst enthalten. Von dem ersten Destillat trennt man dann das Nitromethan ab 1

H . KOME, J . pr. C h . 5 , 4 2 9 ( 1 8 7 2 ) ;

STEINZOPF, B e r . 4 2 , 3 4 3 8 (1909).

Nitromethan

151

und vereinigt den wäßrigen Teil mit dem zuletzt übergegangenen. Diese Lösungen werden mit Kochsalz gesättigt (auf j e 100 ccm 35 g) und nochmals destilliert. Etwa 1/4 der gesamten Wassermenge wird aufgefangen, später kommt wieder ein klares Destillat. Das abgetrennte Nitromethan wird mit dem zuerst erhaltenen vereinigt, mit Calciumchlorid scharf getrocknet und dann destüliert Siedep. 101°. Ausbeute 2 0 — 2 4 g ( 3 0 — 3 6 % d. Th.). Nitromethan ist der am leichtesten zugängliche aliphatische Nitrokor per; in den höheren Reihen verläuft die KOLBE sehe Darstellungsmethode viel weniger glatt. Der Verlauf der Reaktion ist klar: die zuerst gebildete Nitroessigsäure zerfällt in CH 3 NO, und C0 2 , aus ähnlichen Gründen, wie sie auch den Zerfall der Malonsäure erklären. Die übrigen Nitroparaftine werden meist nach dem von V. METER entdeckten Verfahren — Umsetzung der Alkyljodide mit Silbernitrit — gewonnen. Auch die Methode von KONOWALOW — Erhitzen mit stark verdünnter Salpetersäure im EinschluBrohr auf 1 2 0 — 1 3 0 ° — führt häufig bei gesättigten Kohlenwasserstoffen, namentlich der hydroaromatischen Reihe, zum Ziel. P h e n y l - n i t r o m e t h a n wird im Abschnitt VI, 8 S. 2 4 5 , 2 5 3 behandelt. Man erinnere sich der Isomerie mit den Alkylnitriten. Welche Unterschiede bestehen in den Reaktionen? Die primären und sekundären Nitroparaffine sind neutrale Substanzen, werden aber durch Alkalien in die Salze einer isomeren aciForm umgelagert (HANTZSCH): R. "NCHNO, R

I OH Näheres darüber steht im Kapitel über Tautomerie auf S. 2 5 2 .

V e r s u c h : Man löst 1 ccm Nitromethan in Wasser und prüfe die Reaktion der Lösung gegen Lackmuspapier. Dann gebe man 10 ccm n-Lauge hinzu und prüfe abermals, und zwar mit rotem Lackmus- oder mit Curcumapapier. Die Tatsache, daß die Reaktion der Lösung n i c h t alkalisch ist, beweist, daß das Alkali durch die entstandene Säure neutralisiert ist. Eine kleine Probe dieser Lösung gibt mit Eisenchlorid eine blutrote Färbung, die für aci- Nitroverbindungen charakteristisch ist. Fügt man weiter zu der mit Lauge versetzten Lösung 5 ccm n-Salzsäure, so wird blaues Lackmuspapier bei sofortiger Probe gerötet. Da die Salzsäure (5 ccm) einen Überschuß von Lauge (10 ccm) vorfindet, so kann die saure Reaktion nur von der freigemachten Säure, dem a c i - N i t r o m e t h a n , stammen. Seine Umlagerung zum neutralen Nitromethan erfolgt so rasch, daß nach wenigen Minuten die saure Reaktion der Lösung verschwunden ist.

152

Organisch-präparativer

Teil

Bei der Redaktion von Nitroparaffinen entstehen unter kräftigen Bedingungen die entsprechenden Amine, so wie dies im nächsten Kapitel für Nitrobenzol gezeigt wird. Aber ebenso wie dort kann man bei der Einwirkung von Zinkstaub in neutralem Medium den Prozeß auf der Stufe des Hydroxylamins festhalten.

Versuch: Zu einigen Tropfen Nitromethan, in wenig Wasser gelöst, werden einige Zinngranalien und dann konz. Salzsäure gegeben. Heftige Reaktion. Wenn sie vorüber ist, erwärmt man noch kurz auf dem Wasserbad, übersättigt die abgegossene Lösung mit starker Lauge und erkennt am Geruch und an der Bräunung von Curcumapapier, daß ein flüchtiges Amin gebildet worden ist. Will man die Reaktion zur Darstellung von Methyl am in benutzen, so muß das Nitromethan nach und nach zurReduk tionsflüssigkeit gegeben werden. Im übrigen vgl. Präp. II, 8 S. 146 N-Methylhydroxylamin. Eine wäßrige Lösung von Nitro methan versetzt man mit etwa der gleichen Menge Ammonium' chlorid und gibt dann unter Kühlung (Temperatur um 10°) und stetem Schütteln die dreifache Menge Zinkstaub in kleinen Anteilen zu. Die vom Zinkstaub abfiltrierte Lösung reduziert ammoniakalische Silberlösung und FEHLING sehe Lösung. Die präparative Darstellung dieses leicht zugänglichen Alkylhydroxylamins als salzsaures Salz ist von BECKMANN, A. 365, 2 0 4 (1909) beschrieben. Die zahlreichen Umsetzungen der primären und sekundären Nitroparaffine leiten sich fast ausnahmslos von der aei-Form ab, d. h. sie erfolgen unter Bedingungen, unter denen sich das Salz bildet. Es besteht hier große Ähnlichkeit mit der Reaktionsweise der KetoDe, jedoch der graduelle Unterschied der viel größeren Reaktionsgeschwindigkeit bei den Nitroverbindungen. 1. Bei der Einwirkung vonBrom entstehen B r o m n i t r o k ö r p e r , z.B.: H,C=N=0 "H,C—N=0 H,C—NO, Br, | + NaBr. I Br Br~ONa Br ONa 2. Salpetrige Säure bildet mit p r i m ä r e n Nitroparaffinen N i t r o l s ä u r e n , mit s e k u n d ä r e n die sog. P s e u d o n i t r o l e , die als Nitrosoverbindungen grün oder blau gefärbt sind, HC—N0, + H,0 rf H ,, C a) H , C = N = 0 C--N N==00 i

OH b) CH,.C.CH, 0=1—OH

+ HONO

L NO (DH^OHJ CH8. C. CH8 \ o 0=N

NOH

ch8.c.chs NO, NO

Nitromethan

153

V e r s u c h : M e t h y l n i t r o l s ä u r e . 1 3-2 g Nitromethan werden unter Eiskühlung in 30 ccm 2 n-Natronlauge gelöst und mit einer konz. Lösung von 3-5 g Natriumnitrit versetzt Ohne weitere Kühlung läßt man aus einem Tropftrichter 4 n-Schwefelsäure hinzulaufen, bis die erst tiefrot gewordene Lösung eben gelb geworden ist und Kaliumjodid-Stärkepapier noch nicht bläut. Dann schüttelt man zweimal mit Äther aus, kühlt die wäßrige Lösung wieder ab, tropft so lange wieder Schwefelsäure zu, bis deutlich salpetrige Säure auftritt und macht nun wieder mit 5 n-Natronlauge bis zu kräftiger Orangefärbung alkalisch. Dann wird wieder so weit angesäuert, daß noch keine salpetrige Säure nachzuweisen ist und noch zweimal ausgeäthert. Die vereinigten Atherauszüge werden mit Calciumchlorid 2 Stunden lang getrocknet, unter Außenkühlung mit Eis. Dann saugt man in einem kleinen Rundkolben den Äther mit Capillare im Vakuum aus einem Wasserbad von 15—20° an der Pumpe ab und Erhält als Rückstand etwa 1 g gut kristallisierte, schwach gelb gefärbte Methylnitrolsäure. Das Präparat hält sich nur einige Stunden unzersetzt. Man prüfe mit ihm das Verhalten gegen Alkalien. K n a l l s i l b e r . 2 0-5 g frisch dargestellte Methylnitrolsäure, ia 4 ccm Wasser gelöst, wird mit 1 ccm 5 n-Salpetersäure (konz. Säure vom spez. Gew. 1-4 mit dem gleichen Volumen Wasser verdünnt) und 4 ccm 10 proz. Silbernitratlösung über freier Flamme in einem weiten Reagenzglas zum Sieden erhitzt. Nach kurzer Zeit setzt die Reaktion unter kräftiger Gasentwicklung (NO) ein und gleichzeitig scheidet sich Knallsilber kristallinisch aus. Man kocht noch einige Minuten unter stetem Umschütteln weiter, läßt erkalten und saugt das Produkt ab, das mit Wasser gewaschen wird. Eine kleine Probe von etwa 10 mg trocknet man, ohne zu reiben, auf einem Stückchen Ton und prüft damit in der Flamme und durch Schlag mit dem Hammer die Brisanz. Schutzbrille! Die Hauptmenge bringt man noch feucht — auch in diesem Zustand ist ein festes Drücken mit einem Metallspatel oder anderen harten Gegenständen zu vermeiden — in ein Reagenzglas und übergießt sie mit 2 ccm konz. Salzsäure. Dabei kann man den der Blausäure zum Verwechseln ähnlichen Geruch der freien Knallsäure wahrnehmen. Nach einer halben Stunde erwärmt man den Inhalt des Reagenzglases noch kurz im siedenden 1

B. 42, 808 (1909). • B. 40, 419 (1907).

154

Organisch-präparativer

Teil

Wasserbad, setzt 4 ccm Wasser zu, filtriert vom Silberchlorid ab und dampft das Filtrat in einer kleinen Glasschale auf dem Wasserbad zur Trockne. Das zurückbleibende H y d r o x y l a m m o n i u m c h l o r i d wird an der Beduktionswirkung gegen ammoniakalische Silberlösung und gegen FEHLING sehe LösuDg erkannt K n a l l s i l b e r m u ß in j e d e m F a l l s o f o r t n a c h d e r D a r s t e l l u n g v e r n i c h t e t w e r d e n , am e i n f a c h s t e n mit konz. Salzsäure. Die Nitrolsäuren sind farblos, lösen sich aber in Alkalien mit tiefroter Farbe, indem neben der farbgebenden Nitroso- die aci-Nitrogruppe gebildet wird. Man gibt den roten Salzen folgende Formel, z. B.: HC=N=0

I I • NO ONa

Beim Erhitzen in salpetersaurer Lösung zerfällt Methylnitrolsäure in salpetrige Saure und Knallsäure; diese kann bei Gegenwart von Silbernitrat als Knallsilber festgehalten werden. H

\>C=NOH O.N/

>- NO,H + C=NOH.

Auf dem Weg über die Methylnitrolsäure kommt die Bildung der Fulminate (Knallsilber, Knallquecksilber) aus Äthylalkohol und Salpetersäure zustande. Davon war auf S. 142 die Rede. Das Quecksilber-2-Salz des Nitromethans zerfüllt direkt in Knallquecksilber und Wasser ( N E F ) .

(H,C = NOs),Hg —->- (C = NO)sHg 4- 211,0. 3. Gleich den Ketonen kondensieren sich primäre Nitroverbindungen mit Aldehyden unter Wasserabspaltung. Auf diesem Weg ist P h e n y l n i t r o ä t h y l e n bequem darstellbar.

C„H,—CHO + H.C-NO, >- C,H6—CH=CH.NO,. 1 Phenylnitroäthylen. 3 - 2 g Nitromethan und 5 - 3 g Benzaldehyd werden in 20 ccm Alkohol gelöst und b,ei guter Kühlung im Kältegemisch unter kräftigem Umschütteln nach und nach mit kalter alkoholischer Kalilauge versetzt, die man sich aus der Lösung von 3-5 g Atzkali in 5 ccm Wasser und 10 ccm Methylalkohol bereitet hat. Man schüttelt so lange, bis eine Probe des entstandenen Kristallbreis — bisweilen bleibt die Kristallisation auch aus — in Wasser klar löslich ist; es hat sich das Kaliumsalz des Phenylnitroäthylalkohols C8H5 .CH(0H).CH: NOOK gebildet, dessen freie Säure sich unter 1

THIELE U. HAECKEL,

rend. 135, 41 (1902).

A.

325,

7 (1902);

BOÜVEAULT U. W A H L ,

Compt.

III, 2

Nitrierung

eines aromalischen

155

Kohlenwasserstoffs

Wasserabspaltung in Phenylnitroäthylen umwandelt. Dies geschieht, wenn man das Reaktionsprodukt in Eiswasser auflöst und unter Umrühren in 60 ccm eiskalter n-Schwefelsäure einfließen läßt. Das bald erstarrende Öl wird nach dem Absaugen und kurzem Trocknen auf Ton aus wenig Alkohol umkristallisiert. Man erhält etwa 5 g Phenylnitroäthylen in prächtigen gelben Kristallnadeln. Schmelzp. 58°. 4. Alle primären Nitroverbindungen kuppeln mit Diazobenzol; statt der erwarteten Azokörper entstehen durch Umlagerung die Phenylhydrazone von a-Nitroaldehyden: HO ONa R.C=N=0 R.C-^ii==0 H | + HO—N=N.C t H, ONa lAi=N.C H a

R.C-NO,

*

L-NH.C.H, »

i

+ NaOH.

5. Eine sehr interessante Umsetzung des Nitromethans durch starkes Alkali muß hier noch angeführt werden. 2 Moleküle kondensieren sich ncter Wasserabspaltung zur sog. M e t h a z o n s f i u r e , die die Konstitution des Nitroacetaldoxims (I) besitzt (MEIBTEE). 1

2 H,C=N=0

|

„„

rM^

HC

||

C=N=0

H |

,

I

HC—CHsNO,

||

\

ONa NONa ONa NOH Aus ihr hat STEINKOPF mit Thionylchlorid das lange gosuchte N i t r o a c e t o n i t r i l 2 CH 2 -N0 2 -CN und durch dessen Verseifung N i t r o e s s i g s ä u r e 3 dargestellt.

2. Nitrierung eines aromatischen Kohlenwasserstoffs. Nitrobenzol und Dinitrobenzol.

a) N i t r o b e n z o l . Zu 125 ccm = 230 g konzentrierter Schwefelsäure, die sich in einem Kolben von etwa Liter Inhalt befinden, gießt man allmählich unter Umschütteln 100 ccm = 140 g konzentrierter Salpetersäure (spez. Gew. 1.4). Nachdem man die warme Mischung durch Eintauchen in kaltes Wasser auf Zimmertemperatur abgekühlt hat, fügt man unter häufigem Umschütteln zu ihr allmählich 90 ccm = 78 g (1 Mol) Benzol. Wenn hierbei die Temperatur über 50—60° steigt, so taucht man vor dem weiteren 1 1 3

Uber den Mechanismus dieser Reaktion siebe A. 444, 15 (1925). B. 41, 1048 (1908). B. 42, 3925 (1909).

166

Organisch-präparativer

Teil

Eintragen des Benzols das Gefäß auf kurze Zeit in Eiswasser ein. Beim jedesmaligen Zugeben von Benzol ist eine vorübergehende intensive Braunfärbung zu beobachten. Nachdem man den Kolben mit aufgesetztem Steigrohr noch l / 2 Stunde lang in einem Wasserbad von 60° weiter erwärmt hat, trennt man die untere Schicht, welche aus Schwefelsäure und Salpetersäure besteht, im Scheidetrichter von der oberen, die das Nitrobenzol enthält. 1 Letztere schüttelt man im Scheidetrichter mit Wasser, dann mit verdünnter Natronlauge, zuletzt nochmals mit Wasser durch, wobei man beachte, daß das Nitrobenzol jetzt die untere Schicht bildet. Nach dem Waschen und Absitzen läßt man das Nitrobenzol in einen trocknen Kolben ab und erwärmt es auf dem Wasserbade (Steigrohr) so lange mit Calciumchlorid, bis die anfangs milchige Flüssigkeit klar geworden ist. Man reinigt es schließlich durch Destillation aus einem Fraktionierkolben mit vorgelegtem Verlängerungsrohr, wobei man nicht ganz bis zur Trockne destilliere. Siedep. 206—207°. Ausbeute 100—105 g. b) D i n i t r o b e n z o l . Eine Mischung von 14 ccm = 25 g konzentrierter Schwefelsäure und 10 ccm = 15g r a u c h e n d e r Salpetersäure wird allmählich mit 10 g Nitrobenzol versetzt (Abzug) und unter häufigem Umschütteln in einem offenen Kolben eine halbe Stunde auf dem Wasserbade erhitzt. Das etwas erkaltete Reaktionsgemisch wird dann unter Umrühren in kaltes Wasser gegossen, worauf man das erstarrte Dinitrobenzol abfiltriert, mit Wasser auswäscht, auf einem Tonteller abpreßt und aus Alkohol umkristallisiert. Schmelzpunkt 90°. Ausbeute 10—12 g. Die Eigenschaft, bei Einwirkung von Salpetersäure Nitroderivate zu liefern, ist ein Charakteristikum der aromatischen Substanzen. Je nach den Bedingungen, unter denen die Nitrierung ausgeführt wird, kann man eine Nitrogruppe oder deren mehrere einführen. Formulierung der Reaktion. Sind in einem aromatischen Stoffe gesättigte aliphatische Seitenketten vorhanden, so erfolgt die Nitrierung unter den obigen Bedingungen stets am Benzolkern und nicht in der Seitenkette. Da die Benzolkohlenstoffatome nur mit e i n e m Wasserstoffatom verbunden sind, so sind die erhaltenen Nitroderivate tertiäre; sie sind demnach nicht imstande, wie die primären und sekundären Nitroverbindungen Salze, Nitrolsäuren oder Pseudonitrole zu bilden. 1 Nach dem gleichen Prinzip wird im Großbetrieb der Rest der Nitriersäure zurückgewonnen. Der Ansatz hier enthält l1/» Mol HNO,.

III, 2

Nitrierung eines aromatischen Kohlenwasserstoffs

157

Nitrogruppen lassen sich auch in Seitenketten einführen. 1 Erhitzt man z. B. Toluol oder Äthylbenzol mit schwacher Salpetersäure (spez. Gew. 1-076) in einer Bombe auf etwas über 100°, so erhält man Phenylnitromethan C a H 5 -CH 2 'N0 2 oder Phenylnitroäthan C 6 H 5 -CH(N0 2 ).CH 3 . Nicht nur die aromatischen Stammsubstanzen, die Kohlenwasserstoffe, lassen sich nitrieren; auch alle Derivate derselben, wie Phenole, Amine, Aldehyde, Säuren usw. sind der gleichen Reaktion zugänglich. Die Nitrierung erfolgt jedoch nicht überall mit der gleichen Leichtigkeit. Man muß daher für jeden Fall die günstigsten Versuchsbedingungen ermitteln. Wird ein Stoff sehr leicht nitriert, so kann man entweder die Nitrierung mit je nach Bedürfnis durch Wasser verdünnter Salpetersäure ausführen, oder man löst die zu nitrierende Substanz in einem Lösungsmittel auf, welches durch Salpetersäure nicht angegriffen wird, wobei man sich häufig des Eisessigs bedient, und versetzt dann mit Salpetersäure. Wird ein Stoff mittelschwer nitriert, so trägt man ihn in konzentrierte oder rauchende Salpetersäure ein. Tritt die Nitrierung schwer ein, so erleichtert man die Wasserabspaltung durch Zusatz von konzentrierter Schwefelsäure zu der gewöhnlichen oder rauchenden Salpetersäure. Beim Arbeiten in schwefelsaurer Lösung wendet man bisweilen statt der Salpetersäure Kalium- oder Natriumnitrat an. Die beschriebenen Arten der Nitrierung lassen sich nun noch in zweierlei Weise modifizieren, indem man 1. die Temperatur und 2. die Menge der Salpetersäure variiert. So kann man die Nitrierung unter Abkühlung in einer Kältemischung, oder in Eis, oder in Wasser, unter gelindem Erwärmen, bis schließlich bei Siedehitze ausführen. Ferner kann man einen Überschuß von Salpetersäure oder die theoretisch berechnete Menge anwenden. Welche von diesen zahlreichen Modifikationen die besten Resultate liefert, muß durch Yorversuche im kleinen zuvor ermittelt werden. Da die Nitroverbindungen meistens in Wasser unlöslich oder schwer löslich sind, so kann man sie aus dem Nitrierungsgemisch durch Verdünnen mit Wasser abscheiden. Durch den Eintritt einer Nitrogruppe wird der chemische Charakter einer Substanz nicht grundsätzlich geändert. So sind die KernNitroderivate der Kohlenwasserstoffe neutrale Verbindungen, wie die Kohlenwasserstoffe selbst. Tritt eine Nitrogruppe aber z. B. in einen Stoff von saurer Natur ein, so wird diese dadurch verstärkt; die Nitrophenole z. B. sind stärker sauer als das Phenol. Das Entsprechende tritt bei der Nitrierung basischer Substanzen ein; die Nitraniline sind weniger basisch als Anilin. Die große Bedeutung der Nitroverbindungen beruht auf ihrem Verhalten bei der Reduktion, wovon bei den nächsten Präparaten die Rede sein wird. * KONOWALOW, B . 2 7 .

R e f . 194 U. 4 6 8 (1894).

158

Organisch-präparaliver

Teil

Beim zweifachen Nitrieren von Benzol bildet sich vorwiegend m-Dinitrobenzol, was mit den folgenden allgemeinen Substitutionsgesetzen zusammenhängt. Für die aromatischen Verbindungen sind in erster Linie drei Reaktionen typisch: 1. die des Halogenierens, 2. die des Nitrierens und 3. die des Sulfurierens. Geht man vom Benzol selbst aus, so ist naturgemäß nur ein einziges Mono-Halogen-, Nitrooder Sulfoderivat möglich. Geht man jedoch von einem monosubstituierten Benzol aus, so kann der Eintritt von Halogen, Nitro- oder Sulfogruppe in der o-, m- oder p-Stellung erfolgen. Die Tatsachen haben nun ergeben, daß hierbei zwei Typen von Reaktionen sich vollziehen, indem in gewissen Fällen überwiegend das o- und p-Biderivat neben nur wenig des m-Derivates gebildet wird, während im anderen Fallvorwiegend das m-Derivat neben nur wenig des o- und p-Derivates entsteht. Substituenten, welche Halogen, Nitro- und Sulfogruppe — oder auch andere Substituenten — vorwiegend in die o- u n d p - S t e l l u n g lenken, nennt man Substituenten e r s t e r O r d n u n g . Substituenten, welche die Substitution vorwiegend in die m - S t e l l u n g lenken, heißen Substituenten z w e i t e r O r d n u n g . Zu den Substituenten erster Ordnung gehören: die Halogene, Alkylgruppen, die Hydroxylgruppe nebst O-Alkyl und O-Acyl, die Aminogruppe u. a. Substituenten zweiter Ordnung sind: Nitrogruppe, Sulfogruppe, Aldehydgruppe, Carboxylgruppe nebst COO-Alkyl, CO-NH 2 undCO-Alkyl (inKetonen), C = N u.a. Aus dieser Aufzählung ergibt sich als charakteristisch, daß die Substituenten I. Ordnung durchweg formal gesättigt sind, keine Lückenbindungen enthalten, während für die II. Ordnung das Gegenteil gilt. Es ist ferner bemerkenswert, daß die o- und p-Substitutionen sich fast durchweg leichtor, d. h. mit viel größerer Geschwindigkeit vollziehen, als der Eintritt in m-Stellung. Hier steigert sich die Schwierigkeit von Stufe zu Stufe. Die Einführung der zweiten Nitrogruppe in das Nitrobenzol hat schon weit stärkerer Mittel bedurft, als die Nitrierung des Benzols. Das symmetrische T r i n i t r o b e n z o l entsteht erst beim tagelangen Kochen der Dinitroverbindung mit rauchender Salpetersäure und auch so nur in schlechter Ausbeute. Man vergleiche damit die Substitutionserleichterung durch OH und NH 2 und schon durch die Methylgruppe im Toluol. Trinitrotcluol als Sprengstoff. Die Nitroverbindungen sind zum Teil Flüssigkeiten, zum Teil durch große Kristallisationsfähigkeit ausgezeichnete feste Stoffe, welche, falls sie ohne Zersetzung destillieren, einen viel höheren Siedepunkt als die Muttersubstanz besitzen. Unterwirft man Ä t h y l e n der Einwirkung von Nitriersäure, so entsteht, wie schon erörtert, N i t r o ä t h y I n i t r a t CH 2 N0 2 >CH 2 -0N0 r Der durch Anlagerung von Salpetersäure zuerst gebildete N i t r o ä t l i y l -

III, 3

Reduktion einer Nitroverbindung zu einem Amin

159

a l k o b o l wird durch Veresterung festgehalten, während das mutmaßliche primäre Additionsprodukt von H N 0 3 an eine Doppelbindung des Benzols aus den mehrfach erörterten Gründen H a O abspalten wird. Die Verhältnisse liegen also analog, wie bei der Reaktion von Äthylen und Benzol mit Brom (S. 99).

3. Reduktion einer Nitroverbindung zu einem Amin. a) A n i l i n a u s N i t r o b e n z o l . 1 In einem Rundkolben (2 Liter Inhalt) versetzt man 120 g fein granuliertes Zinn 2 mit 61 »5 g (7 2 Mol) Nitrobenzol und fügt hierzu allmählich 270 ccm = 320 g konzentrierter Salzsäure in der folgenden Weise: Man setzt zunächst nur etwa den zehnten Teil der Salzsäure hinzu, verbindet dann den Kolben sofort mit einem nicht zu engen Steigrohr und schüttelt um. Nach kurzer Zeit erwärmt sich die Mischung und gerät schließlich in lebhaftes Aufsieden. Man kühlt in kaltem Wasser, ohne die Umsetzung völlig zu unterdrücken, und fügt dann nach und nach unter stetem Schütteln weitere Salzsäure zu, wobei man die Reaktion stets in gutem Gang hält. Zum Schluß erhitzt man noch eine Stunde lang auf dem Wasserbad, versetzt die warme Lösung mit 100 ccm Wasser und fügt allmählich eine Lösung von 150 g technischem Natron in 200 ccm Wasser bis zur stark alkalischen Reaktion hinzu.3 Man leitet dann bei vorgelegtem, langem Kühler alsbald Wasserdampf in die heiße Flüssigkeit ein. Sobald das Destillat nicht mehr milchig, sondern wasserhell ist, läßt man noch etwa 300 ccm Flüssigkeit überdestillieren, setzt je 25 g fein pulverisiertes Kochsalz auf je 100 ccm Flüssigkeit bis zur Auflösung zu und schüttelt das Anilin mit Äther aus.4 Nachdem man die ätherische Lösung mit einigen Stückchen festen Kalis getrocknet hat, verdampft man den Äther und unterwirft das Anilin der Destillation. Siedep. 184°. Ausbeute 90—100°/ o der Theorie. Die Eigenschaft, bei einer energischen Reduktion in primäre Amine 1

A. 4 4 , 283 (1842). • Ist man nicht im Besitze von granuliertem Zinn, so stellt man sich dies dadurch her, daß man vor der Gebläseflamme in einem mit Ausguß versehenen, gestielten eisernen Löffel derbes Zinn schmilzt und dann t r o p f e n w e i s e aus einer Höhe von '/»—1 m in einen mit Wasser gefüllten Eimer gießt. ' Über die elektroly tische Abscheidung des Zinns siehe S.306 Anm. * Im gToßen trennt man, ohne auszusalzen, das Anilin ab und benutzt das „Anilinwasser" jeweils wieder zur Dampferzeugung.

160 überzugehen, kommt sowohl den Nitroverbindungen der aliphatischen wie der ai-omatischen Reihe zu. Zur Reduktion jeder Nitrogruppe sind 6 Atome Wasserstoff erforderlich. In der Technik bedient man sich zur Reduktion des Nitrobenzols nicht des teuern Zinns, sondern man arbeitet noch heute nach dem alten Verfahren von B £ C H A M P mit Eisenfeile oder Eisenpulver. Die der Gleichung: CaH6 • NO, + 3 Fe + 6 HCl = C.H.-NH, + 3FeCl, + 2H,0 entsprechende Menge Salzsäure wird im großen bei braucht, man kommt mit bedeutend weniger, mit Dies hängt damit zusammen, daß das Eisen teilweise Ferristufe ausgenutzt wird. Es gilt neben A etwa d. h. FeCl2 wird ständig wieder gebildet.

(A)

weitem nicht veretwa 3 Proc. aus. bis zur oxydischen die Gleichung B,

C6H,»NO, + 2FeOIs + 2Fe + 4H,0 —>- C a H,-NH, + 2FeCl, + 2Fe(OH)j. (B) Durch Hydrolyse des Ferrichlorids wird Ferrihydroxyd ausgeschieden und immer wieder Salzsäure für neues Eisen verfügbar. Die Eisenoxyde, die am Schluß des Prozesses gebildet sind, werden jeweils wieder durch Wasserstoff bei Rotglut in Eisenpulver zuriickverwandelt. Neuerdings hat auch das katalytische Hydrierungsverfahren und zwar mit Kupfer als Kontaktmetall für die Bereitung von Anilin aus Nitrobenzol in der Industrie Eingang gefunden. Für Reduktionsversuche von Nitrokörpem im kleinen nimmt man am zweckmäßigsten Zinn oder Zinnchlorür und konz. Salzsäure. Feste Substanzen werden ohne Lösungsmittel oft schwer angegriffen und verlangen einen Zusatz von Alkohol oder Eisessig. Das Ende der Reduktion erkennt man daran, daß das Reaktionsgemisch auf Zugabe von Wasser klar bleibt Die Base liegt ja als salzsaures Salz (Chlorhydrat) vor und die salzsauren Salze sind fast ohne Ausnahme in Wasser löslich. Dabei ist zu beachten, daß häufig schwerer lösliche Doppelsalze mit Zinnchlorür auftreten, die aber von kochendem Wasser meist gelöst werden. Wenn ein Doppelsalz in reichlicher Menge auskristallisiert, wird es durch Absaugen isoliert. Durch Zersetzen mit Lauge oder zuvor mit Schwefelwasserstoff liefert es die Base leicht in reinem Zustand. Die primären Monamine sind zum Teil farblose Flüssigkeiten, wie z. B. das Anilin, o-Toluidin, Xylidin, oder farblose, feste Stjffe, wie das p-Toluidin, Pseudocumidin, die Naphthylamine u. a. Sie sind ohne Zersetzung destillierbar und mit Wasserdämpfen flüchtig. Ii Wasser sind sie ziemlich schwer löslich, Anilin zu 3 Proc. Die Di- und Polyamine sind meistens fest, mit Wasserdämpfen nicht flüchtig und in Wasser viel leichter löslich als die Monamine. Die Amine besitzen basischen Charakter; die Basizität ist jedoch infolge der negativen Natur der Phenylgruppe bedeutend schwächer als die der aliphatischen Amine.

1U, 3

161

Daher reagieren die wäßrigen Lösungen der (stöchiometrisch) neutralen Anilinsalze infolge von Hydrolyse auf Lackmuspapier sauer. Aus dem gleichen Grund kann man aus einer wäßrigen Lösung von Anilinsalz mit Äther eine kleine Menge der freien Base herausschütteln. (Nachweis mit ätherischer Salzsäure oder nach Verdampfen des Äthers durch die Chlorkalkreaktion.) V e r s u c h e : 1. Man verdünnt 10 ccm Anilinwasser (durch Schütteln von 3 Tropfen Anilin mit 10 ccm Wasser im Reagenzglas erhalten) mit 100 ccm Wasser und fügt ein wenig einer filtrierten wäßrigen C h l o r k a l k l ö s u n g hinzu. E s tritt hierbei eine v i o l e t t e F ä r b u n g auf (RUNGEsehe Reaktion). Diese sehr empfindliche Probe gibt nur die wäßrige Lösung des f r e i e n Anilins, nicht die der Salze; man muß daher aus diesen die Base erst isolieren. Man kann diese Reaktion auch benützen, um kleine Quantitäten von Benzol oder Nitrobenzol zu erkennen, indem man die eben bekannt gewordenen Reaktionen im kleinen durchführt (Reagenzglas). Die Chlorkalkreaktion ist dem Anilin eigentümlich; der Farbstoff ist ein kompliziertes Chinonderivat, dessen Konstitution noch nicht ganz sicher steht. Die übrigen hier angegebenen Versuche stellen Klassenreaktionen der primären aromatischen Amine dar. 2. Durch Saurechloride und -anhydride werden primäre und sekundäre Amine aeyliert, im besonderen auch durch Benzolsulfochlorid (S. 184, 192). A c e t a n i l i d ist schon früher (S. 117, 120) dargestellt worden. Die Acetyl- und Benzoylderivate aller einfacheren primären Amine der Benzol- und Naphthalinreihe sind bekannt, so daß diese Methode in allen Fällen zum Ziel des Nachweises führt. Man stelle die Identität eines primären Amins auf dem angegebenen Weg fest. 3. B e n z y l i d e n - a n i l i n . 1 ccm Anilin wird mit ebensoviel Benzaldehyd im Reagenzglas auf dem Wasserbad erhitzt. Es scheidet sich unter Trübung Wasser aus und nach dem Erkalten erstarrt das Gemisch zur sog. ScHiFFschen Base (Azomethin). Schmelzp. 72°. Beim Erwärmen mit Säure wird das schwach basische Kondensationsprodukt in die Komponenten zerlegt. Allgemeine Reaktion primärer Amine. 4. I s o n i t r i l r e a k t i o n . Ebenso wie die primären aliphatischen Amine von der Art des Methylamins, geben auch das Anilin und seine Verwandten die charakteristische Geruchsreaktion mit Chloroform und Alkali. GATTESUAHS, Praxis. 23. Auflage.

11

162

Organisch-präparaliver

Teil

Man vermischt in einem Reagenzrohr 2 Tropfen Anilin mit 2 ccm Alkohol, fügt 1/2 ccm starke Kalilauge und etwa 5 Tropfen Chloroform zu und erwärmt gelinde (Abzug). /C1 C„H5.NHt + C1,C< + 3KOH = C,H,.N=C + 3KC1 + 3H,0 . X H Ganz analog liefert Ammoniak B l a u s ä u r e . /C1 H.NH, + C l i : C < + 3 K O H —>- HN=C + 3KCl + 3H,0 . \H Über die Konstitutionsfrage der Blausäure ist schon an anderer Stelle (S. 132) gehandelt. Hier sei nur noch erwähnt, daß die Isonitrile bei der Hydrolyse in primäres Amin und Ameisensäure zerlegt werden; es entsteht kein Kohlenoxyd, wie man nach der Formel erwarten sollte. Die Ursache hierfür ist darin zu suchen, daß der erste Eingriff der Säure in einer Addition von Wasser an die beiden freien Kohlenstoffvalenzen beruht. Wir haben daher zu formulieren: / /OH /OH C,H s .N=CC: NOH feststeht, wird im gleichen Sinne in Ameisensäure und Hydroxylamin zerlegt (siehe Versuch auf S. 153). 5. Die A l k y l i e r u n g des Anilins verläuft nach dem Schema dor H O F M A N N sehen Alkylaminsynthese. Von besonderer Wichtigkeit sind die methylierten Aniline, namentlich die tertiäre Base D i m e t h y l anilin, die im Lauf des Praktikums mehrfach als Ausgangsmaterial herangezogen und die technisch sehr viel gebraucht wird. Man methyliert das Anilin im großen als salzsaures Salz mit Methylalkohol im Autoklaven. Das dabei auftretende Methylchlorid besorgt die Methylierung. — Bei sehr hoher Temperatur wandert Methyl vom Stickstoff in die p-Stellung, ein neues Beispiel für die mehrfach zu erwähnende Umlagerungsreaktion von Benzolderivaten (vgl. S. 180). H C1 \ / ^NH-CH,

O

H C1 \ / / x / N H ,

CH,5 |

X X ' jlx '

Erfolgt die Umlagerung bei Gegenwart eines Überschüsse von Methylalkohol, so wird infolge weitergehender Methylierung und Wan-

III,

3

163

Diphenyl-lhioharnstoff

derung schließlich H e s i d i n (Formel rechts) gebildet ( A . \ V . HOFMANN). Die Reaktion geht -wenig glatt vor sich and hat keine präparative Bedeutung. 6. R e a k t i o n m i t S c h w e f e l k o h l e n s t o f f . Wahrend Ammoniak und die primären Amine der Fettreihe sich an CS2 unter Bildung von dithiocarbaminsauren Ammoniumsalzen addieren, z. B.: S = C = S + H,N-CHS

V

,SH S=C< \NH.CH,

H.N.CH,

/SNH.-CH, S=-C< \NH-CH,

geht die Reaktion in der aromatischen Reihe gleich weiter und zwar so, daß das als erstes Produkt entstehende Dithiocarbaminat unter Abspaltung von Schwefelwasserstoff P h e n y l s e n f ö l bildet, das seinerseits ein zweites Mol. Amin zum D i a r y l t h i o h a r n s t o f f anlagert.

/SH-NH^C.H,

S=C< \NHC,H, Dithiocarbaminat

>- S = C = N - C , H 5 + H,S + H,N-C,H,

c«H,yn,

Phenylsenföl /NH.C.H,

S=C
18) auf dem Sandbad am absteigenden Kühler destilliert, bis der Rückstand nur noch 10—15 ccm einnimmt. Das Destillat wird nach Zugabe des gleichen Volumens Wasser ausgeäthert, der Äther mit wenig Sodalösung ausgeschüttelt, mit Calciumchlorid getrocknet, dann abgedampft und der Rückstand destilliert. Siedep. 222°. Ausbeute beinahe quantitativ. 11*

Organisch-präparativer Teil

164

Neben dem Senföl entsteht bei der Einwirkung von Salzsäure auf Thiocarbanilid noch T r i p h e n y l g u a n i d i n , das sich aus dem Kolbenrückstand nach Zugabe von 50 ccm Wasser und mehrstündigem Stehen als Chlorhydrat abscheidet. Durch Zersetzung mit verdünnter Natronlauge in der Wärme erhält man die freie Base. Aus Alkohol farblose Nadeln vom Schmelzp 143°. Die Wirkung der konz. Salzsäure besteht hier hauptsächlich in der Abspaltung von Anilin: S = C

< | H ! ^ T

— ^

S=C=N.C,H,+H,N.C.HS.

Phenylsenföl Nebenbei wird in geringem Betrag auch Schwefelwasserstoff abgespalten. Das aus dieser Reaktion primär hervorgehende, äußerst reaktionsfähige Carbodiphenylimid (Diphenylcyanamid) lagert in der Lösung vorhandenes Anilin zu Triphenylguanidin an, etenso wie sich ans Cyanamid selbst und Ammoniak das einfache Guanidin bildet. IliNC.II, S=A

>- H , C , . N = C = . N C , H , + H,S

ILJI-C.H,

H.NC.H,^ •v

/NHC.H 5

H»' u,C(N=C
-

C,H,.N0 +

H,0,

verläuft (BAMBEBGEB), gesteigert. Da sich Nitrosobenzol mit Phenylhydroxylamin zu Azoxybenzol kondensiert, so findet man diesen Stoff unter den Zersetzungsprodakten des Phenylhydroxylamin s. Nebenher bewirkt die Einwirkung von Alkalien Abspaltung von Wasser unter Bildung von Azobenzol. Die Reaktion mit Säuren wird nachstehend behandelt. OH Alle Hydroxylaminderivate der Form

R»Nesetzt, wie z. B. im p-Tolylhydroxylamin, so ergibt die katalytische Wirkung starker Säuren ein anderes Reaktionsbild. Zwar wird die Hydroxylgruppe ebenfalls an das p-ständige Kohlenstoffatom verlegt, was zur Bildung eines chinonartigen Körpers führt: CH,

NHOH

H,C

OH

II NH

Dieses „ C h i n o l i m i n " enthalt die gegen Säuren sehr wenig widerstandsfähige chinoide Imingruppe, die als NHj hydrolytisch abgespalten und durch Sauerstoff ersetzt wird:

Phenylhydroxylamin

III, 4 H,C

\ /

OH

HSC

M Y

171 OH

\ /

MY

NH

O

So entsteht als Endprodukt der Umlagerung das einfachste C h i n o l , eine in Wasser sehr leicht lösliche, im Gegensatz zum Chinon f a r b l o s e Substanz (BAUBEBGEB), deren präparative Darstellung schwierig ist.

Versuch. Nitrosophenylhydroxylamin. 1 2,2 g Phenylhydroxylamin werden in 20 ccm n-Salzsäure gelöst und unter starker Eiskühlung ziemlich schnell mit einer wäßrigen Lösung von 1,4 g Natriumnitrit versetzt. Es scheiden sich sofort weiße Nadeln aus, die abgesaugt, mit eiskaltem Wasser gewaschen und auf Ton getrocknet werden. Schmelzp. 59°. Die Substanz wird in Äther gelöst und durch Einleiten von gasförmigem trockenen Ammoniak als Ammoniumsalz gefällt Daraus werden durch Fällung mit Fe " und Cu" die wasserunlöslichen Eisen- und Kupfersalze dargestellt („Cupferron"). Bei dieser Reaktion verhält sich Phenylhydroxylamin wie ein sekundäres Amin. Zur Klasse der Nitroso-hydroxylamine gehören auch die sog. I s o n i t r a m i n e , wie auch das S t i c k o x y d k a l i u m s u l f i t ,

KOsS—N-OK I NO

Wie die Darstellung des Ammoniumsalzes und die analytische Verwendung des Nitrosophenylhydroxylamins als Reagens auf Eisen und Kupfer zeigen, sind Verbindungen dieser Art Säuren. In ähnlicher Weise wie mit Nitrosobeuzol (vgl. folgendes I'räp.) kondensiert sich Phenylhydroxylamin mit Aldehyden, z. B. Benzaldehyd: /

c,h5n

Produkte dieser Art bezeichnet man als „ N i t r o n e " . Ihre Bildung geht durchaus parallel der der Oxime aus Aldehyden und Hydroxylamin. 1

BAMBEBQEB, B . 2 7 , 1552 (1890).

172

Organischrpräparativer Teil

Diese Nitrone sind identisch mit den N-Äthern der Aldoxime und entstehen — wenn an Stelle von C8H5 eine Alkylgruppe sich befindet — auch durch Umsetzung der stereoisomeren /9-AIdoxime mit Alkylhalogeniden: R.CH RCH |l +CH,Br v |[ + HBr. HON ON-CH, Das Nitron aus Phenylhydroxylamin und Benzaldehyd ist in schön kristallisierter Form leicht aus den Komponenten in alkoholischer Lösung darzustellen. Von Interesse ist schließlich die Reduktion einer dem Nitrobenzol analog gebauten olefinischen Nitroverbindung, des N i t r o ä t h y l e n s . Dabei entsteht Acetaldoxim: H,C=CH'NO, + 4H = HsC-C=NOH + H,0. H Das viel leichter zugängliche Phenylnitroäthylen (siehe S. 154) reagiert analog unter Bildung von Phenylacetaldoxim CgH6 • CHg • C=NOH H (BOUVEAULT). Jedenfalls entsteht auch aus den beiden Nitroäthylenen zuerst das dem Phenylhydroxylamin entsprechende Derivat, das sich aber sofort in die stabile Oximform umlagert: R CH,.C=NOH R • CH=C• NHOH H H Der Benzolkern, der in seinen drei benachbarten Doppelbindungen den vollkommensten Ausdruck der Sättigung findet, gibt einer gleichartigen Umlagerung nicht statt. Hier bleibt die NHOH-Gruppe aus dem Ring hinausgedrückt, die „aromatische" Verfassung des Kerns bleibt gewahrt. Aus ähnlichen Beziehungen heraus ist es verständlich, daß bisher noch kein einfaches „aliphatisches Anilin" vom Typus R.CH=C— I erhalten werden konnte.

1

5. Nitrosobenzol. 12 g frisch bereitetes Phenylhydroxylamin werden in einer eiskalten Mischung von 50 ccm konz. Schwefelsäure und 250 ccm Wasser unter allmählichem Eintragen möglichst rasch gelöst, dann verdünnt man mit 500 ccm Eiswasser, kühlt auf 0° ab und läßt nun unter weiterer Kühlung und Schütteln des Keaktionskolbens die ebenfalls abgekühlte Lösung von 12 g Natriumpyrochromat in 200 ccm Wasser aus einem Tropftrichter ziemlich rasch einlaufen. Das Nitrosobenzol scheidet sich alsbald in gelben

Nitrosobenxol

kristallinischen Flocken aus. Man saugt auf kleiner Nutsche ab, wäscht zweimal mit Wasser, bringt den Niederschlag samt Filter in einen Rundkolben und bläst das leicht flüchtige Nitrosobenzol mit Wasserdampf ab. Die grünen Dämpfe setzen sich schon im Kühlrohr in fast farblosen Kristallkrusten nieder, die zum Schluß nach Abstellung des Kühlwassers durch vorsichtige Dampfzufuhr in die Vorlage hinunter geschmolzen werden können. Das abfiltrierte Nitrosobenzol wird auf Ton abgepreßt und im Vakuumexsiccator über Calciumchlorid (nicht über konz. Schwefelsäure!) getrocknet. Eine Probe der trocknen Substanz wird im Reagenzglas mit wenig Äther gewaschen (grüne Lösungsfarbe!) und zur Schmelzpunktsbestimmung nochmals getrocknet. Nitrosobenzol verflüssigt sich bei 68° zu einer g r ü n e n Schmelze. Aus der doppelten Menge Alkohol umkristallisiert, läßt es sich in absolut reiner, haltbarer Form gewinnen. Aromatische Nitrosokörper sind auch durch Oxydation primärer Amine darstellbar, aber es ist nur e i n Oxydationsmittel bekannt, das diese Umformung glatt leistet, nämlich die S u l f o m o n o p e r s t l u r e (ÜABOSche Säure): C,H,'NH, +

20

•>

C,H, •NO + H , 0 .

Versuch. 1 18 g fein pulverisiertes Kaliumpersulfat werden in einer Reibschale unter guter Eiskühlung mit 15 ccm konz. Schwefelsäure innig verrieben. Nach einstündigem Stehen gießt man die Mischung auf 100 g Eis und neutralisiert unter Kühlung mit Kristallsoda. In diese Lösung läßt man 100 ccm Anilinwasser (2,8 g in 100 ccm Wasser) einfließen, wobei sich nach kurzer Zeit das Nitrosobenzol in gelben Flocken abscheidet. Nachdem die gerührte Lösung klar geworden ist, saugt man den Niederschlag ab und treibt das Nitrosobenzol mit Wasserdampf über. Man erhält davon etwas mehr als die Hälfte des angewandten Anilins. Es gibt, abgesehen von ganz wenigen Ausnahmen, nur Nitrosoverbindungen, in denen die NO-Gruppe am t e r t i ä r e n Kohlenstoffatom haftet, wie im NitrosobenzoL Ein aliphatischer Vertreter ist z. B. das Nitroso-isobutan (HsC)3-C-NO. In f e s t e m Zustand sind fast alle Nitrosokörper f a r b l o s 1 , in 1 CABO, Z. f. ang. Ch. 1 1 , 845 (1898); BAEYEB, B . 33, 124 (1900); 34, 855 (1901). 1 Eine Ausnahme macht z. B. das auch in fester Form prachtvoll smaragd-

grüne p-Nitroso-dimethylanilin Basen. Vgl. S. 304.

Auch die meisten Pseudonitrole.

verwandte

174

Organisch-präparativer Teil

LBsung und geschmolzen blau oder g r ü n . Die farblose Form ist, wie Molekulargewichtsbestimmungen am Nitrosobenzol in flüssiger BlausUnre (PILOTY), ergeben haben, d i m o l e k u l a r . Die NO-Gruppen zweier Moleküle befinden sich in loser gegenseitiger Bindung, vielleicht nach Art eines der nachstehenden Formelbilder: c,h5.n=o c8h5.n-o II oder | | C 4 H 8 -N=0 0-NC.H, Mit der Zerstörung des Kristallgefüges, in der Schmelze oder in Lösung, setzt eine Dissoziation in die farbigen Einzelmoleküle ein, die mit steigender Temperatur zunimmt. Die Verhältnisse sind überaus ähnlich den bekannten beim Stickstoffdioxyd: (CeH6NO), >- 2C.H5.NO; (NO,), 2NO,. Die Gruppe NO stellt den wirksamsten Farbträger (Chromophor) dar, den wir kennen. Mit einem für die Lichtabsorption belanglosen Rest, wie Isobutyl, erzeugt sie den blauen Nitrosokohlenwasserstoff. Trotz ihrer intensiven Färbung sind die Nitrosoverbindungen keine Farbstoffe, da ihnen die für die Vereinigung mit der Faser notwendige „auxochrome" Gruppe (z. B. NH2, OH) fehlt. Die Nitrosogruppe ähnelt in vielfacher Hinsicht der Aldehydgruppe, d. h. die Umsetzungen, die durch die Reaktionsfähigkeit der Doppelbindung > C = 0 in den Aldehyden vermittelt werden, sind zum großen Teil auf die Doppelbindung — N = 0 übertragbar. Ein Beispiel wird in der Kondensation von Nitrosobenzol mit Phenylhydroxylamin weiter unten gegeben. Auch mit Hydroxylamin und Phenylhydrazin setzt sich Nitrosobenzol um, jedoch kann darauf nicht näher eingegangen werden. Aldehyde treten mit primären Aminen zu den sog. Azomethinen (ScHirFsche Basen) unter Wasseraustritt zusammen (S. 161), z. B.: C,HS • C = 0 + H,N • C6H6 H

v

C„H5 • C=N • C.HS + H,0 H Benzylidenanilin.

Nitrosobenzol und Anilin geben in gleicher Weise Azobenzol. C,H 5 .N=0 + H,N• C.H, 1

v

C6H5 N=N• C,H6 + H,0 .

Versuch. Zu 1 ccm Anilin in 3 ccm Eisessig wird 1 g Nitrosobenzol in 10 ccm Alkohol hinzugefügt Beim gelinden Erwärmen schlägt die Farbe nach Dunkelorange um. Man läßt noch 10 Minuten auf dem siedenden Wasserbad, setzt einige Kubikzentimeter Wasser zu, worauf beim Erkalten das Azobenzol in orangeroten Blätteben auskristallisiert. Auf dem Filter mit 50-proc. Alkohol gewaschen 1

A.

BAEYER,

B. 7, 1638 (1874).

Nitrosobenxol

III, 5

175

und auf Ton getrocknet, zeigt es den Schmelzp. 68°. Azobenzol kann sehr gut aus wenig Alkohol umkristallisiert werden. Auf diesem Weg lassen sich bequem und in guter Ausbeate gemischte (unsymmetrische) Azokörper darstellen. Man stelle nach der gegebenen Vorschrift z. B. aus Nitrosobenzol und p-Toluidin p - M e t h y l a z o b e n z o l dar. Der Kondensation von Aldehyden mit reaktionsfähiger Methyloder Methylengruppe, bei der ungesättigte Ketone entstehen, z. B.:

C.H, • C = 0 + H,C • CO • CH, H

>- C,H,. C=CH • CO • CH, H Benzalaceton,

entspricht die analoge Reaktion der aromatischen Nitrosoverbindungen. Sie verlangt besonders stark aufgelockerte Wasserstoffatome und ist daher mit einfachen Ketonen, wie Aceton, nicht durchführbar. Die Produkte sind, wie ohne weiteres verständlich, A z o m e t h i n e . Mit Hilfe dieser Kondensation ist die Synthese von 1,2,3-Triketonen möglich gewesen (F. SACHS), z. B.:

CH, • CO • CH, • CO • CH, + O N . / ^ . N t d U Acetylaceton,

CH3.CO >-

C=N-/

\N(CH,), + H,0

CH.CO CH, • CO • CO • CO • CH, +

^ • N • (CH,),

Triketopentan.

Die letzte Phase der Reaktion beruht darauf, daß Azomethine durch Sauren leicht in Carbonylverbindung und primäre Base zerlegt werden. Der praktische Zweck der Kondensation läuft also darauf hinaus, Methylen in > C = 0 überzuführen. Der gleiche Effekt wird in ganz ähnlicher Reaktion durch die Einwirkung von salpetriger Säure auf Ketone erreicht (vgl. die Synthese von Diacetyl aus Äthyl-methylketon). Schließlich läßt sich Nitrosobenzol auch der GBIGNABD sehen Reaktion unterwerfen. Mit Phenylmagnesiumbromid entsteht in der üblichen Weise D i p h e n y l h y d r o x y l a m i n , eine höchst reaktionsfähige Substanz: C , H , . N = 0 + Br.Mg.C.H,

CH

C , H , . N / ' " +H.Q X)MgBr C6HJ-N-C6HJ + MgBr(OH).

ÖH

176 Diphenylhydroxylamin wird, wie Phenylhydroxylamin, und zwar am besten mit Silberoxyd, dehydriert. Hier kann nur das e i n e H-Atom der OH-Gruppe abgespalten werden, die so darstellbare rote, kristallisierte Substanz enthält v i e r w e r t i g e n Stickstoff und zeigt wie Stickstoffdioxyd die Reaktionsweise eines freien Radikals. Wie die Formel zeigt, leitet es sich vom Stickstoffdioxyd dadurch ab, daß in diesem ein 0 durch zwei C a H 6 ersetzt ist: H,Ce>. ^ N = 0 Diphenylstickstoffoxyd. H.C/ Versuch. Azoxybenzol aus Phenylhydroxylamin und N i t r o s o b e n z o l . Zur Lösung von 1 g Nitrosobenzol in 10 ccm Alkohol setzt man 1 g Phenylhydroxylamin, dann fügt man einige Tropfen starker Kalilauge (1:1) unter Umschütteln hinzu und erwärmt einige Minuten auf dem Wasserbad. Die gelbrote Lösung wird nun abgekühlt, wobei beim Eeiben mit dem Glasstab das Reaktionsprodukt als gelbe Kristallisation herauskommt. D a Azoxybenzol schon bei 3 6 ° schmilzt, scheidet es sich aus übersättigter Lösung gern ölig ab. Durch Umkristallisieren aus wenig Alkohol oder aus Petroläther (Impfkristalle zurückbehalten!) wird dia Verbindung hellgelb, fast farblos erhalten. Die schwache Färbung des Azoxybenzols gegenüber dem roten Azobenzol wird durch die alte Formel I verständlicher, als durch die von A n o e l i an ihre Stelle gesetzte (II). H.C.• N - N . C.H.,

II. H.C,• N = N • C.H,.

O Doch spricht die Tatsache, daß unsymmetrische Azoxybensole in zwei isomeren Formen auftreten (Angeli), nämlich: R-N=N-R' A

und

RN=-N.R' O

überzeugend f ü r Formel II. Der Mechanismus der ausgeführten Kondensation ist klar, er entspricht durchaus der Nitronbildung aus Phenylhydroxylamin xnd Aldehyden (S. 171): C.H.-NH + ON-C.H. i —>OH

C,H 6 »N—N'C,HJ _ H ,o i i —*OH OH

C,H,.N=*.C,H, n 0

Die Beziehungen von Azoxybenzol zu Azo- und Hydra:obenzol kommen bei den Erläuterungen zum nächsten Präparat zur Sprache.

III, 6

177

Hydraxobmxol und Axobenxol

Hier sei noch die interessante Umlagernng erwähnt, die Azoxybenzol durch konzentrierte Schwefelsäure erfährt; dabei entsteht p-Oxyazobenzol, die Muttersubstanz der sauren Azofarbstoffe (WALLACH).

6. Hydrazobenzol und Azobenzol. a) H y d r a z o b e n z o l . Ein Rundkolben von 1 Liter Inhalt wird mit einem gut sitzenden, dünnrohrigen Anschützaufsatz (Fig. 33) versehen. Das seitliche Rohr wird durch ein kurzes Stück weiten Gummischlauchs mit dem Kühlrohr eines schräg eingespannten Liebigkühlers verbunden, derart, daß der Rundkolben ohne Mühe kräftig geschüttelt werden kann. Das vertikale Rohr des Aufsatzes wird durch einen Kork verschlossen und dient zum Einbringen des für die Reduktion erforderlichen Zinkstaubs. Es werden nun 50 g A t z n a t r o n in 150 ccm Wasser gelöst und die noch warme Lauge zusammen mit 50 ccm A l k o h o l und 41 g ('/ s Mol) N i t r o b e n z o l in den Kolben gegeben. Unter kräftigem Schütteln setzt man zuerst 6—8 g Zinkstaub zu, läßt die erste heftige Reaktion, stets weiter schüttelnd, zu Ende gehen und erhält dann durch dauernde Zugabe von Zinkstaub das Reaktionsgemisch im Sieden. Man achte darauf, daß die Umsetzung nicht allzu stürmisch wird, vermeide es aber, ihren Verlauf durch Kühlen zu unterbrechen. Der Kolbeninhalt färbt sich zuerst rot (Azobenzol), wird aber schließlich lichtgelb, wenn die nötige Menge des Reduktionsmittels zur Einwirkung gekommen ist. Man braucht etwa 120 bis 150 g (75-proc.) Zinkstaub. Sollte die Reaktion vorzeitig zum Stillstand kommen, so erhitzt man auf einem lebhaft siedenden Wasserbad. Es ist unerläßlich, den Kolbeninhalt fortwährend durch starkes Schütteln in Bewegung zu halten, damit der schwere Zinkstaub mit der organischen Substanz in stete Berührung kommt. Zu der zu Ende reduzierten und auf dem Wasserbad erhitzten Mischung gibt man schließlich 500 ccm Alkohol, der in der Siedehitze das ausgeschiedene Hydrazobenzol löst. Der ganze Kolbeninhalt wird siedend heiß auf einer Nutsche abgesaugt (vorher Flammen in der Nähe auslöschen!), der Kolben sofort mit 50 ccm heißem Alkohol nachgespült, der zum Auswaschen des GiTTiRUANH, Praxis. 23. Auflage.

12

178

Organisch-präparativer

Teil

auf dem Filter bleibenden übrigen Zinkstaubs dient. Das Filtrat läßt man in der verschlossenen Saugflasche erkalten, steigert die Kristallisation durch Kühlung in einer Kältemischung, saugt nach einer Stunde scharf ab und wäscht das beinahe farblose Reaktionsprodukt einige Male mit 50-proc. Alkohol, dem man eine kleine Menge wäßriger schwefliger Säure zugefügt hat, bis das Filtrat nicht mehr alkalisch reagiert. Durch Umkristallisieren aus nicht zu viel heißem Alkohol erhält man das Hydrazobenzol bei raschem Arbeiten völlig farblos und rein. Schmelzp. 124° unter Gelbfärbung. Bei der großen Neigung zur Autoxydation, die auch ein ununterbrochenes Arbeiten bei der Darstellung verlangt, ist Hydrazobenzol — im Vakuum gut getrocknet — nur in gut schließenden, mit C0 2 oder N2 gefüllten Gläsern, besser noch in zugeschmolzenen Röhren, längere Zeit ohne Verfärbung haltbar. Die Ausbeute an Rohprodukt, das zu den weiteren Präparaten direkt benutzt werden kann, beträgt 20—25 g. b) Azobenzol aus Hydrazobenzol. 1. D u r c h D e h y d r i e r u n g . Man läßt 10g Brom ( = 3 - 2 ccm) in eine Lösung von 6-0 g NaOH in 75 ccm H 2 0 (75 ccm einer 2n-NaOH-Lösung) unter Eiskühlung tropfen und schüttelt mit dieser Bromlauge 9-2 g Hydrazobenzol (1/20 Mol) in 60 ccm Äther in einem kleinen Scheidetrichter 10 Minuten lang durch, trennt die ätherische Lösung von der wäßrigen, verdampft den Äther und erhält die orangeroten Blättchen von Azobenzol, das, aus wenig Alkohol umkristallisiert, bei 68° schmilzt. Ausbeute quantitativ. Auch beim mehrstündigen Durchsaugen von Luft durch eine mit Alkali versetzte alkoholische Lösung von Hydrazobenzol entsteht in guter Ausbeute Azobenzol. 2. Durch D i s p r o p o r t i o n i e r u n g . 1—2 g Hydrazobenzol werden im Reagenzglas über kleiner Flamme zum Schmelzen erhitzt. Die orangerote Schmelze erhitzt man vorsichtig weiter bis zum beginnenden Sieden des gebildeten Anilins. Beim Erkalten erstarrt das Gemisch zu rotem Azobenzol, das in Anilin eingebettet ist. Man kann die Base mit Wasser herausschütteln und durch die Chlorkalkreaktion nachweisen, das Azobenzol wie oben aus Alkohol Umkristallisieren. Will man bei Umsetzung von mehr Hydrazobenzol auch das Anilin in natura isolieren, so trennt man es durch verdünnte Essigsäure vom Azobenzol

1U, 6

179

und setzt es aus der Lösung seines Acetats durch konzentrierte Lauge wieder in Freiheit. Ausäthern usw. Azobenzol, mit dem Chromophor — N = N — die Grundsubstanz der Azofarbstoffe, ist ein sehr beständiger, unzersetzt destillierbarer Körper. Anders als bei den meisten andern Azoverbindungen ist die N=N-Gruppe zwischen den beiden aromatischen Kernen sehr fest verankert. So erklärt sich die bedeutende Echtheit der Azofarbstoffe. Mit konzentrierter Mineralsäure gibt Azobenzol rot gefärbte Salze, was man durch Übergießen der Substanz mit Salzsäure feststellt. Aufnahme von Wasserstoff führt wieder zur Hydrazoverbindung. Durch Einwirkung von Hydroperoxvd oder Salpetersäure läßt sich 0 anlagern; es entsteht die AzoxyVerbindung. Von der Synthese unsymmetrischer aromatischer Azokörper aus Nitrosoverbindung und primärem Amin war oben die Rede. Bei Schmelztemperatur zersetzt sich Hydrazobenzol nach der Gleichung: HjC»—N;H

HN—C6H,

I':::::::::. £ n,C,-NH

HSC,-N

—>-

H^-C.H,

ll +

HN-C.H,

HsC,.N

H.NC.H,

zu Azobenzol und A n i l i n . Eine ganz analoge Reaktion wird später (S. 286) beim P h e n y l h y d r a z i n besprochen; ein einfaches Vorbild ist die S e l b s t z e r s e t z u n g des H y d r o p e r o x y d s in Sauerstoff und Wasser: O H

OH

| ':::::.> I OH

OH

o

— I I

HÖH

+ O

HÖH

Wie dieser Prozeß, so wird auch die Selbstzersetzung des Hydrazobenzols durch Platinmetalle katalytisch beschleunigt. c) B e n z i d i n aus H y d r a z o b e n z o l . 9-2 g Hydrazobenzol werden in möglichst wenig Äther gelöst und zu 100 ccm mit Eis gekühlter etwa 7 n-Salzsäure (konz. Säure mit dem gleichen Volumen Wasser verdünnt) unter Umschütteln getropft. Das salzsaure Benzidin scheidet sich kristallinisch aus und wird nach Zusatz von 50 ccm konz. Salzsäure und % bündigem Stehen der Reaktionsmischung abgesaugt und mit Salzsäure wie oben und wenig Äther gewaschen. Ausbeute 9—10 g. Das Chlorhjdrat kann aus heißem Wasser unter Zusatz von konz. Salzsäure :ur schwach abgekühlten Lösung umkristallisiert werden. Zur Gewinnung der f r e i e n B e n z i d i n b a s e versetzt man eine in der Wärme unter Zugabe von etwas verdünnter Salzsäure hergestellte, nicht zu konz. Lösung des Salzes, die man rasch auf 15—20° abkühlt, mit einem kleinen Überschuß von konz. Natron12*

180 lauge; die kristallinisch abgeschiedene Base wird nach dem Absaugen gründlich mit Wasser ausgewaschen. Vor Zugabe der Lauge muß die Lösung des Salzes klar sein; yon allenfalls auskristallisiertem Chlorhydrat muß sie abfiltriert werden. Das freie Benzidin kann aus heißem Wasser oder auch aus wenig Alkohol umkristallisiert werden. Schmelzp. 122°. Die Umlagerang des Hydrazobenzols zu dem isomeren Benzidin — im Jahre 1846 von dem russischen Chemiker Zinin entdeckt —, die durch Mineralsäuren katalytisch in Gang gesetzt wird, erfolgt aus dem Bestreben des Moleküls, einen energieärmeren, d. h. gesättigteren Zustand zu finden. Wir reihen den Vorgang zweckmäßig andern analogen an, bei denen es sich grundsätzlich darum handelt, daß ein Substituent am Stickstoff seine Haftstelle mit einem H-Atom am Kern und zwar meist in p-Stellung vertauscht. Hierher gehört die Umlagerung von Phenylsulfaminsäure in Sulfanilsäure (S. 190), von Phenylhydroxylamin in p-Aminophenol (S. 170), ferner von Acetanilid in p-Amino-acetophenon und von N-Chloracetanilid in p-Chloracetanilid: H H H H

W

H

jli

)—N-CO-CHj

/

N-CO-CH,

H.CO

NH,

NH-CO-CH,

Außerdem die später zu besprechende Umlagerung der aromatischen Nitrosamine, z. B. -N-CH„ NO

ON^

VN-CH, _/ H

In gleicher Weise trennt sich bei der Benzidinreaktion die Gruppe HN'C 6 H 5 vom Stickstoff ab und lagert sich als H 2 N»C 6 H 4 — an die vom Wasserstoffatom verlassene p-Lücke.

NH

0-

-NH NH


- H,N—

-c

J

-NH.

Es sei besonders darauf hingewiesen, daß die wandernden Reste nicht als „freie Radikale" abgetrennt werden, sondern daß sich diese Gruppenverschiebungen im Bereich der molekularen Bindungskräfte vollziehen. Die Ähnlichkeit der Umlagerung aromatischer Hydrazoverbindungen mit den oben in Parallele gestellten Austauschreaktionen wird

ni;

6

Hydraxobenzol und

181

Axobenzol

noch deutlicher in dem Fall, daß die p-Stellen der beiden Benzolkerne besetzt sind. Dann kommt es in der Regel nicht zur Bildung einer Biphenylbase, sondern der abgetrennte Best greift mit dem Stickstoff in die o-Stellung zum andern Stickstoff ein; es entstehen Derivate des o-Aminodiphenylamins, z. B.:

Diese Form der Isomerisation bezeichnet man als S e m i d i n - U m l a g e r u n g ( P . JACOBSON). Benzidin und die entsprechend seiner Bildung von o-Nitrotoluol und o-Nitroanisol abgeleiteten Biphenylbasen T o l i d i n und D i a n i s i d i n

werden in der Farbstoffindustrie als wichtige Zwischenprodukte für die Bereitung von Baumwolle direkt färbenden Azofarbstoffen in großem Maßstab dargestellt. (Vgl. dazu S. 291, 293.) Z u m M e c h a n i s m u s der N i t r o b e n z o l r e d u k t i o n . Die Reduktion der aromatischen Nitrokörpor hat nicht nur wissenschaftlich, sondern auch technisch ein außerordentlich großes Interesse. Die Nutzbarmachung der im Steinkohlenteer enthaltenen Kohlenwasserstoffe begann mit der Entdeckung der Nitrierungsreaktion; die Umformung der Nitrogruppe zur "Aminogruppe am Derivat des Benzols lieferte in technischem Ausmaß das Anilin, das Ausgangsmaterial für zahllose Farbstoffe und pharmazeutische Präparate; ihm schließen sich die homologen Toluidine, Xylidine, Naphthylamine usw. an. Dio Bildung des Anilins aus Nitrobenzol kommt dadurch zustande, daß reaktionsfähiger Wasserstoff an die Nitrogruppe angelagert, der Sauerstoff als Wasser abgespalten und schließlich Wasserstoff endgültig angelagert wird. Sie ist kein einfacher Vorgang, sondern verläuft über eine Reihe von Zwischenphasen:

benzol ¡>- CeH6 • NH,. /9-Phenylhydroxylamin

182

Organisch-präparativer

Teil

Wenn Vinter den Bedingungen der Anilindarstellung weder Nitrosobenzol noch Phenylhydroxylamin angetroffen werden, so hat dies seine Ursache darin, daß die Reduktionsgeschwindigkeit dieser Zwischenprodukte weit größer ist als die des Nitrobenzols selbst (F. Habeb). In neutraler oder alkalischer Lösung verschieben sich die Verhaltnisse zugunsten des vorletzten Produkts der Hydrierung, des P h e n y l h y d r o x y l a m i n s . Man erhält es aus Nitrobenzol, das, inChlorammoniumlösung suspendiert, durch Zinkstaub reduziert wird. Zinkstaub vermag Wasser unter Bildung von Zn(OH)2 zu zersetzen, wenn ein Stoff zugegen ist, der den freiwerdenden Wasserstoff aufnimmt» Dazu ist molekularer, d.h. gewöhnlicher Sauerstoff geeignet, der dabei in H y d r o p e r o x y d übergeht (M. Tbaube): Zn + 211,0 + 0 ,

>- Zn(OH), + H , 0 , .

In unserm Fall tritt an die Stelle des Sauerstoffs das Nitrobenzol (formulieren!). Hierbei wird die Reduktion bei richtigem Arbeiten auf der Stufe des Phenylhydroxylamins angehalten. Ist das Reduktionsmedium alkalisch, so entstehen Produkte, die aus 2 Molekülen Nitrobenzol entstanden sind, die sich am Stickstoff miteinander verbunden haben. Es sind dies C4Iis • N=N • C6II6

Ö

Azoxybenzol,

C,H„-N=N-C,H 5 Azobenzol, C.H, • Nil • NH • CeH5 üydrazobenzol. Beim mildesten Verfahren, beim Kochen von Nitrobenzol mit methylalkoholischer Natriummethylatlösung erhält man in vortrefflicher Ausbeute Azoxybenzol (Zinin); das Methylat verwandelt sich dabei in Formiat. Formulieren. Da Azoxybenzol gegen energischere Reduktionsmittel nicht widerstandsfähig ist, so führt die Anwendung solcher, z. B. von Zinkstaub und Natronlauge oder Ammoniak, auf Nitrobenzol gleich darüber hinweg zum Azobenzol und Hydrazobenzol. Die 3 ßeduktionsprodukte mit „gepaartem Stickstoff" stehen also zueinander in sehr naher genetischer Beziehung. Versuch. R e d u k t i o n von A z o x y b e n z o l zu H y d r a z o b e n z o l . 1 g Azoxybenzol wird in 5 c.cm Alkohol gelöst, dazu setzt man in der Siedehitze 3 ccm 50-proc. Natronlauge und unter Schütteln 2 — 3 g Zinkstaub. E s tritt zuerst die rote Farbe des Azobenzols auf, bei längerem Kochen entfärbt sich die Lösung ebenso wie bei der Reduktion von Nitrobenzol. Wenn dieses Stadium erreicht ist, saugt man die Lösung auf kleiner Nutsche ab und isoliert schließlich das Hydrazobenzol in gleicher Weise wie auf S. 177/78 beschrieben.

IV, 1

Benzolmonosulfonsäure aus Benzol und Schwefelsäure

183

Die Verknüpfung der beiden Moleküle am Stickstoff erfolgt demgemäß bei der Bildung des Azoxybenzols und zwar läßt sich durch den Versuch auf S. 1 7 6 mit aller Schärfe zeigen, daß sich dieser Stoff aus Phenylhydroxylamin und Nitrosobenzol bei Gegenwart von Alkali, also unter den Entstehungsbedingungen der ganzen Reihe, außerordentlich leicht bildet. Nitrosobenzol, die erste nicht isolierbare Stufe der Reduktion, wird im Verlaufe des Prozesses, sobald es aufgetreten ist, vom Phenylhydroxylamin abgefangen. Damit ist eine Erklärung gegeben für das sonst rätselhafte Auftreten der wichtigen Produkte mit gepaartem Stickstoff bei der Reduktion aromatischer Nitroverbindungen. Die technische Bedeutung des Vorgangs liegt in der Synthese des Benzidins und der ihm analogen Basen. Die elektrolytische Reduktion des Nitrobenzols ist nach den in „K. ELBS, Übungsbeispiele für die elektrolytische Darstellung chemischer Präparate", Halle a. S. 1 9 1 1 beschriebenen Methoden bequem durchzuführen.

IV. Sulfonsäuren. 1. Benzolmonosulfonsäure ans Benzol und Schwefelsäure. In einem Kolben von 200 ccm Inhalt werden unter Kühlung mit Wasser 150 g flüssige rauchende Schwefelsäure von 5—8°/ 0 Anhydridgehalt unter gutem Umschütteln allmählich mit 45 ccm (V2 Mol) Benzol versetzt, wobei man mit dem Zusatz einer neuen Menge immer so lange wartet, bis der letzte Anteil, welcher anfangs auf der Schwefelsäure schwimmt, sich beim Umschütteln gelöst hat. Die Sulfurierung erfordert etwa 1 0 — 1 5 Minuten Zeit. Das Reaktionsgemisch läßt man dann aus einem Tropftrichter langsam unter Umrühren und Eiskühlung in das drei- bis vierfache Volumen kalt gesättigter Kochsalzlösung, die sich in einem Becherglase befindet, fließen. Nach einiger Zeit, besonders leicht, wenn man die Wandungen des Glases mit einem scharfkantigen Glasstabe reibt, scheidet sich das benzolsulfonsaure Natrium in Form fettglänzender Blättchen aus; nach längerem Stehen hat sich ein dichter Kristallbrei gebildet. Man saugt ab, preßt den Niederschlag mit einem Kork- oder Glasstopfen fest und wäscht zweimal mit wenig gesättigter Kochsalzlösung nach. Das auf Filtrierpapier oder Ton lufttrocken gemachte Salz wird nach dem Pulverisieren im Trockenschranke auf 110° erhitzt, bis es staubtrocken geworden ist. Ausbeute rund 100 g (NaCl-haltig!)

184 Zur Reinigung kristallisiert man 5 g des Rohprodukts aus absolutem Alkohol um (das beigemengte Kochsalz ist in Alkohol unlöslich!). Um das als Nebenprodukt entstandene D i p h e n y l s u l f o n ( S u l f o b e n z i d ) Zugewinnen, erwärmt man 30 g des pulverisierten Salzes mit 5 0 c c m Äther, saugt heiß an der Saugpumpe ab und wäscht mit Äther nach. Nach dem Verdampfen des Äthers erhält man eine kleine Menge eines kristallinischen Rückstandes, welchen man in einem Reagenzrohr aus Ligroin umkristallisiert. Schmelzp. 129°. Zur Darstellung von B e n z o l s u l f o c h l o r i d mischt man 60 g des Natriumsalzes (Y s Mol) mit 80 g fein pulverisiertem Phosphorpentachlorid und erhitzt 1 / i — ^ Stunde auf einem lebhaft siedenden Wasserbade unter dem Abzüge. Das erkaltete Reaktionsprodukt gießt man dann allmählich in einen Scheidetrichter, der 600 ccm Eiswasser enthält, schüttelt zur Zersetzung des Phosphoroxychlorids mehrfach um, nimmt nach einstündigem Stehen das Benzolsulfochlorid mit Äther auf, trocknet mit wenig Calciumchlorid und destilliert nach dem Abdampfen des Äthers im Vakuum. Die Hauptmenge geht bei 1 2 0 — 1 2 4 ° / 1 2 mm über. Reines Benzolsulfochlorid erstarrt in Eiswasser. B e n z o l s u l f a m i d . In einer Porzellanschale versetzt man 10 g fein pulverisiertes Ammoniumcarbonat mit e t w a l ccm Benzolsulfochlorid, verreibt beide miteinander und erwärmt unter gutem Umrühren die Mischung so lange über einer kleinen Flamme, bis der Geruch des Sulfochlorids verschwunden ist. Nach dem Erkalten versetzt man mit Wasser, filtriert an der Saugpumpe ab, wäscht mehrfach mit Wasser nach und kristallisiert aus Alkohol, dem man bis zur Trübung heißes Wasser hinzufügt, um. Schmelzp. 156°. B e n z s u l f h y d r o x a m s ä u r e . 1 10 g salzsaures Hydroxylamin werden am Rückflußkühler in der eben nötigen Menge siedenden Methylalkohols gelöst und in der Hitze mit der Lösung von 3 g Natrium in 6 0 ccm Äthylalkohol nicht zu rasch umgesetzt. Nach dem Erkalten saugt man vom ausgeschiedenen Kochsalz ab und bringt nun in die Lösung des freien Hydroxylamins nach und nach 8 - 5 g Benzolsulfochlorid ein. Man dampft hierauf den größten Teil des Alkohols auf dem Wasserbad ab, entfernt das ausgeschiedene Hydroxylaminchlorhydrat durch Absaugen und bringt die Lösung bei mittlerer Temperatur im Vakuum zur Trockne. Der Rückstand wird dreimal mit j e 15 ccm absolutem 1

PILOTT, B . 2 9 , 1559 (1896).

p- Toluolsulfonsäure

185

Äther ausgekocht, die vereinigten Ätherauszüge hinterlassen nach dem Verdunsten des Lösungsmittels in offner Schale die Benzsulfhydroxamsäure als blättrig-kristallinische Masse, die mit etwas kaltem Chloroform digeriert und abgesaugt wird. Ausbeute 5—6 g. Schmelzp. 126°. In analoger Weise wird aus dem käuflichen und wohlfeilen p-Toluolsulfochlorid (techn. Nebenprodukt der Saccharinfabrikation) die homologe Tolylverbindung dargestellt. Die wichtigste Reaktion dieses Prüparats ist seine Spaltung durch Alkalien. Diese erfolgt nicht im Sinne ihrer Bildung (in Benzolsulfonsäure und Hydroxylamin), sondern unter Vertauschung der Oxydationsstufen entstehen B e n z o l s u l f i n s ä u r o und N i t r o x y l : C,H5«SO,«NHOH j oder C , H , . S { 0 ) : N 0 H v C.H.-SOJI + NOH .

J

OH Von dieser Umsetzung wird bei der Anstellung der ANGELI-RIMINIschen Reaktion auf Aldehyde Gebrauch gemacht (S. 206).

2. p-Toluolsulfonsäure.1 Während man nach dem unter 1. und 3. angegebenen Verfahren das Sulfonierungsmittel, die konz. Schwefelsäure, im Uberschuß anwendet und daher die Beaktionsprodukte in Form der Natriumsalze isoliert, erlaubt die nachstehende Methode die direkte Isolierung der freien Sulfonsäure. Dieses Ergebnis wird dadurch ermöglicht, daß das bei der Reaktion gebildete Wasser, das bei Anwendung der stöchiometrischen Menge an Schwefelsäure deren sulfonierende Wirkung bald aufhebt (daher der Uberschuß bei der anderen Methode), in einer sinnreichen Apparatur (Fig. 49) abdestilliert wird. Durch einen Uberschuß an Toluol wird hierbei die gesamte Schwefelsäure aufgebraucht. In dem in der Figur abgebildeten Kolben von 500 ccm Inhalt werden 40 ccm konz. Schwefelsäure (D 1-8) und 200 ccm Toluol auf dem Sandbad zum Sieden erhitzt. Der verdampfende Kohlenwasserstoff wird im Kühler K kondensiert, tropft durch einen kleinen Trichter in den zwischengeschalteten, mit einem Ablaßhahn versehenen Wasserfänger H, dessen Inhalt unterhalb des seitlichen Ablaufrohrs 10—15 ccm beträgt, und fließt, nachdem dieser Teil des Röhrchens gefüllt ist, wieder in den Siedekolben zurück. Das bei der Reaktion entstehende Wasser geht mit den Toluoldämpfen flüchtig und 1

H. METER, Annalen 4 3 3 , 331 (1923).

186

Organisch-präparativer Teil

sammelt sich nach der Kondensation unter dem Toluol in H. Zur Kühlung wird der Wasserfänger unterhalb des Überlaufs mit einer mit Wasser durchströmten Bleischlange umgeben. Von Zeit zu Zeit wird das abgeschiedene Wasser in einen kleinen Meßzylinder / i abgelassen. Nach 5 stündigem Kochen haben sich j\ "l ^ etwa 18 ccm Wasser gebildet, die zum Teil aus ¿4BA i der Schwefelsäure, zum Teil aus der Reaktion I\ / (12*5 ccm) stammen. Der Kolboninhalt wird mit 12-5 ccm Wasser versetzt, wobei er erstarrt. Man preßt zur Entfernung von Toluol und Toluol-o-sulfonsäure gut auf Ton ab, löst das zurückbleibende Hydrat der p-Sulfonsäure in wenig heißem Wasser und versetzt mit dem dreifachen Volum konz. Salzsäure. Die ausgeschiedenen Kristalle werden auf einem säurefesten Filter abgesaugt, mit eiskalter konz. Salzsäure nachgewaschen und noch zweimal in der gleichen Weise umkristallisiert. Man trocknet schließlich im Exsiccator über Ätzkali, bis die durch geringe Mengen von Kohleteilchen noch schwach grau gefärbten Kristalle völlig frei von Salzsäure sind (Probe!). Schmelzp. Fig. 49. 104 — 105°. Ausbeute nach dreimaligem Umkristallisieren etwa 50 g. Das Präparat wird zur Acetylbestimmung (S. 75) gebraucht. 3. /S-Naphthalinsulfonsäure. Eine Mischung von 64 g Naphthalin und 45 ccm = 80 g reiner konzentrierter Schwefelsäure wird in einem offenen Kolben 4 Stunden im Ölbade auf 170—180° erhitzt Die etwas erkaltete Lösung gießt man dann unter Umrühren vorsichtig in 1 Liter Wasser und neutralisiert bei Siedehitze in einer geräumigen Schale mit nicht zu dünnem Kalkbrei (aus etwa 70 g trockenem ge-

IV, 4

Sulfanilsäure aus Anilin und Schwefelsäure

187

löschten Kalk). Man saugt dann möglichst heiß auf einer großen Nutsche in eine vorher angewärmte Saugflasche, wäscht den Niederschlag dreimal mit heißem Wasser aus .und dampft die, wenn nötig, noch durch ein Faltenfilter filtrierte Lösung in einer Schale über freier Flamme so weit ein, bis eine herausgenommene Probe beim Reiben mit einem Glasstabe zu einem Kristallbrei erstarrt. Nachdem man die Lösung über Nacht hat stehen lassen, filtriert man an der Saugpumpe das abgeschiedene /9-naphthalinßulfonsaure Calcium ab und wäscht es nach dem Festpressen mit wenig Wasser nach. Zur Gewinnung des Natriumsalzes versetzt man die Lösung in heißem Wasser bis zur eben bleibenden alkalischen Reaktion mit konzentrierter Sodalösung. Man saugt noch warm vom abgeschiedenen Calciumcarbonat ab, wäscht mit Wasser nach und dampft das Filtrat in einer Schale über freier Flamme ein, bis sich aus der heißen Flüssigkeit Kristalle abzuscheiden beginnen. Nach mehrstündigem Stehen in der Kälte filtriert man diese ab, engt die Mutterlauge noch weiter ein, filtriert nach längerem Stehen aach die zweite Kristallisation ab und trocknet die Mischung beider auf dem Wasserbade. Ausbeute 75—85 g. Ein sehr elegantes Verfahren zur direkten Darstellung der freien /S-Naphthalinsulfonsäure aus den Komponenten findet man bei 0 . N. WITT, B . 4 8 , 751 (1915) angegeben.

E s sei zur Ab-

wechslung mit der gegebenen Vorschrift besonders empfohlen. 4. Sulfanilsäure aas Anilin and Schwefelsäure.

In einem trockenen Kolben versetzt man 100 g reiner konzentrierter Schwefelsäure unter Umschütteln allmählich mit 31 g (V3 Mol) frisch destilliertem Anilin und erhitzt die Mischung in einem Ölbade so lange auf 180—190°, bis eine mit Wasser verdünnte Probe auf Zusatz von Natronlauge kein Anilin mehr abscheidet (4—5 Stunden). Das etwas erkaltete Reaktionsgemisch gießt man dann unter Umrühren in kaltes Wasser, wobei die Sulfanilsäure auskristallisiert. Man filtriert sie ab, wäscht mit Wasser nach und kristallisiert sie aus Wasser, eventuell unter Zusatz von Tierkohle, um. Ausbeute 30—35 g. In der Technik wird Anilin nur mit einem Mol H 2 S 0 4 , also als saures Sulfat, bei etwa der gleichen Temperatur wie oben verschmolzen („Backverfahren"). Man vergleiche diese auch im Laboratorium anwendbare Methode mit der hier gegebenen.

Organisch-präparativer

188 5.

Teil

2,4-Dinitro-a-naphthol-7-sulfonsäure 1 (Naphtholgelb S).

50 g feingepulvertes «-Naphthol werden unter fortgesetztem Umschütteln allmählich in 200 g 25-proc. Oleum eingetragen und gelöst. Hierauf wird die Schmelze 1 Stunde lang im Ölbad auf 125° erwärmt. Um festzustellen, ob das «-Naphthol vollständig in die 2,4,7-Trisulfonsäure umgewandelt ist, wird eine Probe im Reagenzglas mit etwa 10 ccm H a O vermischt, die Lösung mit etwa 10 ccm konzentrierter Salpetersäure versetzt und bis nahe zum Sieden erwärmt. Wenn sich die gelbe Lösung beim Abkühlen weder trübt noch Flocken abscheidet, kann die Schmelze auf Naphtholgelb S verarbeitet werden; anderenfalls ist die weitere Umwandlung des c-Naphthols in Trisulfonsäure durch Hinzufügen von stärkerem Oleum und erneutes Erhitzen herbeizuführen. Die erkaltete Schmelze wird allmählich in 500 g zerstoßenes Eis eingerührt. Nach dem Filtrieren wird die braune Lösung mit 120 g Salpetersäure (D 1,4) vermischt und 1 / 2 Stunde lang auf 50° erwärmt. Nach 12 stündigem Stehen bei gewöhnlicher Temperatur hat sich die größte Menge der entstandenen Dinitronaphtholsulfonsäure abgeschieden, welche abfiltriert und aus heißer, verdünnter Salzsäure umkristallisiert wird. Gelbe Nüdelchen, welche zuerst auf Ton, dann im Exsiccator über H 2 S 0 4 und KOH getrocknet werden. Schmelzp. 151°. Ausbeute etwa 85 °/0 der Theorie. Naphtholgelb S, von A. KOSSEL als „Flaviansäure" bezeichnet, wird später (S. 390) f ü r die Isolierung des Arginins verwendet. Erläuterungen. Der technische Vorgang der Sulfurierung oder Sulfonierung aromatischer Verbindungen bildet ein vollkommenes Gegenstück zum Nitrierungsprozeß. In beiden Füllen spaltet sich die OH-Gruppe der Säure mit einem Wasserstoffatom vom Benzolkern ab und an dessen Stelle treten die Gruppen —NO a und —S0 3 H. Aus verschiedenen Gründen — es sei dabei auf das S. 99/100 Gesagte verwiesen — ist es wahrscheinlich, daß eine Doppelbindung des Benzolkerns durch eine zuerst eintretende Anlagerung die Reaktion zustande kommen liißt, etwa nach dem Schema: 1

D.R. P. 10785, Frdl. I, 327.

Sulfonsäuren

IV H H

189

H H

H :so,h

+ HO-SO.H

-Hto.

'HÖH H

d ^ J a U

Der eingeklammerte Zwischenkörper wird aus dem Bestreben heraus, das stabile aromatische Ringsystem zurückzubilden, Wasser abspalten und in Benzolsulfonsiiure übergehen. In der Fettreihe verhalten sich die Olefine, die wir stets zum Vergleich mit den Benzolderivaten heranziehen müssen, im Prinzip gleichartig. Äthylen addiert zwar bei niodriger Temperatur (etwa 50°) konzentrierte Schwefelsäure zu Äthylschwefelsäure: CH,=CHj

v

OH,—CH, • O—SO,H,

also unter andersartiger Zerlegung des HaS04-Moleküls. Diese Reaktion kann aus einleuchtenden Gründen beim Benzol nicht zustande kommen, da sie ausgesprochen rückläufig sein muß. Unterwirft man jedoch Äthylen der Einwirkung von r a u c h e n d e r Schwefelsäure, so entsteht ebenfalls, wie beim Benzol, ein Sulfurierungsprodukt, nämlich das sog. C a r b y l s u l f a t , das sich von der zuerst entstehenden Alkoholsulfonsäure durch Veresterung mit H 2 S0 4 und nachfolgende Wasserabspaltung ableitet.

Im Wesen ganz analog reagiert Äthylen mit Salpeter—Schwefelsäure, wobei Nitro-äthylnitrat entsteht (vgl. S. 158). Wie werden die Alkylsulfonsäuren dargestellt? Die Leichtigkeit des Eintritts der Sulfogruppe in aromatische Verbindungen ist genau so wie bei der Nitrierung von der Natur der vorhandenen Substituenten abhängig. Benzol wird ziemlich schwierig sulfoniert, Toluol und Naphthalin etwas leichter, besonders leicht Phenole und Amine. Schwieriger verläuft die Sulfurierung beim Nitrobenzol oder die weitere Sulfurierung der Benzolsulfonsäure. Hier muß die Reaktion durch Steigerung des S03-Gehaltes der Schwefelsäure unterstützt werden. Da N0 2 und S0 3 H Substituenten 2. Ordnung sind, so geht ein neu eintretender Substituent in m-Stellung. Hochprocentiges Oleum führt das Benzol schließlich in die symmetrische Benzoltrisulfonsäure über. Chlorsulfonsäure kondensiert sich mit aromatischen Kohlenwasserstoffen zu Aryl-sulfochloriden.

190

Organisch-präparativer

Teil

Vom Naphthalin leiten sich zwei Sulfonsäuren ab und zwar die «- und die /J-Naphthalinsulfonsäure: SO,H

00

H

CCT -



2HCOONa + H, + 211,0 .

[Näheres darüber siehe Annalen 431, 3 0 1 (1923).] Über die Bestimmung des Formaldehyds mit Ammoniak vgl. S. 207. Die einfachen Aldehyde setzen sich mit neutralem Sulfit zu aldehydschwefligsaurem Salz um; dabei entsteht freie Lauge, deren Titration nuch eine Gehaltsbestimmung ermöglicht.

2. Acetaldehyd. 1 Aus Ä t h y l a k o h o l . Am zweckmäßigsten benutzt man einen 1 1 / a -Liter-Kolben mit weitem seitlichen Ansatzstutzen; auch ein auf einem nicht zu kurzhalsigen Kundkolben d i c h t aufgesetzter Anschützaufsatz tut den Dienst. Das Ansatzrohr wird mit einem schräg stehenden großen Liebigkühler verbunden; von oben her gehen in den Kolben vermittelst eines doppelt durchbohrten Gummistopfens ein bis zum Boden reichendes Glasrohr von 0-4 cm lichter Weite, durch das aus einer Stahlflasche (mit Reduzierventil) Kohlendioxyd eingeleitet wird, und ein Tropftrichter mit langem, ausgezogenem Rohr. Jenseits ist der Kühler mit einem mittelgroßen U-förmigen CaCl2-Rohr verbunden, das mit einem 1

Zum Teil nach WERTHEIM, Journ. Am. Soc. 4 4 ,

FBICKE u . HAVEBTADT, Z. a n g . C h e m . 3 6 , 5 4 6 (1928).

2658 (1922) und

198

Organisch-präparativer Teil

Schlangenkühler in Verbindung steht. (Fig. 51.) An ihn schließen sich zwei hintereinandergeschaltete Vorlagen, deren jede 100 ccm absoluten Äther enthält und die in eine frisch bereitete EisKochsalzmischung eingestellt werden; deren Temperatur soll während des Versuchs nicht über — 10° steigen. Im Kohr des ersten Kühlers, den man sehr langsam mit Wasser von etwa 2 6 0 durchströmt, liegt, durch einen im oberen Stopfen dicht eingeklemmten Bindfaden gehalten, ein Thermometer, dessen Kugel sich in der Mitte der Kühlröhre befindet. A l l e V e r b i n d u n g e n am A p p a r a t müssen v o l l k o m m e n d i c h t sein. Der Schlangenkühler wird während der Operation mit Wasser von 5—10° ge-

F i g . 51.

speist, im Winter direkt aus der Leitung, an heißen Tagen läßt man das Leitungswasser vorher durch eine von außen mit Eis gekühlte Schlange fließen. Im Kolben werden nun 125 ccm Weingeist (2 Mol C2H5OH) mit etwa dem dritten Teil einer Mischung von 150 ccm ( = 270 g) Schwefelsäure und 250 ccm Wasser versetzt und zum Sieden erhitzt In der Hauptmenge der verdünnten Schwefelsäure hat man unter Zugabe von 100 ccm Wasser 200 g Natriumpyrochromat gelöst; diese Lösung wird noch warm in den Tropftrichter gebracht, dessen Rohr man vollständig anfüllt. Nachdem der Tropftrichter aufgesetzt ist, läßt man seinen Inhalt mit mäßiger Geschwindigkeit in den eben siedenden Alkohol ausfließen; die auftretende Reaktionswärme macht die weitere Wärmezufuhr entbehrlich. Durch einen mäßigen Kohlendioxydstrom wird der

Acetaldehyd

199

gebildete Aldehyd aus der siedenden Lösung weggeführt und so der weiteren Oxydation entzogen. (Sein Dampfdruck ist bei der Temperatur im Kühler noch genügend groß, um die Kondensation bei rascher Strömung zu verhindern; diese erfolgt erst in den stark gekühlten Vorlagen.) Der Zufluß der Bichromatlösung wird so reguliert, daß das Gemisch ständig im Sieden bleibt, wobei das Thermometer im Kühlrohr die Temperatur von 25—30° zeigen soll. Sollte der Überdruck im Apparat von der Bichromatlösung nicht überwunden werden, so verzweigt man die C02-Zuleitung durch ein T-Rohr und verbindet die Abzweigung durch oin Stückchen Schlauch (mit Klemmschraube zum Abschließen beim Nachfüllen des Tropftrichters) mit dem Tubus des Tropftrichters. Statt der Bombe kann man auch einen frisch beschickten Kippapparat verwenden, dem aber zur Überwindung des Überdrucks ein mit verd. Salzsäure gefülltes Steigrohr aufgesetzt sein muß.

Nach 30 Minuten ist das Einfließenlassen zu Ende, zehn weitere Minuten genügen, um den Aldehyd vollends zu entfernen. Dann löst man die Vorlagen ab und dreht nun erst das Ventil der C0 2 -Bombe zu. Da sich der im Äther aufgefangene Acetaldehyd nicht durch fraktionierte Destillation vom Lösungsmittel trennen läßt, führt man ihn in das kristallisierte A l d e h y d a m m o n i a k über. Man bringt den Inhalt der beiden Waschtiaschen in einen kleinen Filtrierstutzen, der durch ein Kältegemisch gekühlt wird und leitet aus der Stahlflasche Ammoniakgas ein; als Einleitungsrohr verwendet man, den weiten Rohrteil tief in der Flüssigkeit, ein gerades CaCl 2 -Rohr, das man zur Verteilung der sich bildenden Kristalle öfters hin und her bewegt. Das Gefäß bedeckt man mit einem durchlochten Uhrglas, Karton oder Kupferdrahtnetz. Wegen des verdampfenden Äthers alle Flammen in der Nähe ausdrehen! Steht keine NHs-Bombe zur Verfügung, so entwickelt man das Gas aus konz. Ammoniak durch Erhitzen in einem Rundkolben (Brenner abschirmen); zum Trocknen muß ein mit Ätzkali und gutem Ätzkalk beschickter Trockenturm vorgeschaltet werden. Den Bedarf an NH 3 berechne man gemäß dem Nachstehenden (kleiner Überschuß). Um nicht allzuviel Ammoniak zu verschwenden, überlege man sich, wieviel Liter Ammoniak zu der Bindung des als Höchstausbeute (60 g) zu erwartenden Aldehyds gebraucht werden. 60 g Aldehyd sind 60/44 = 1*36 Grammol und entsprechen 30 Litern (warum?). Unter Berücksichtigung des Einflusses von Druck und Temperatur, der durchschnittlich 10 Proc. ausmacht, wird man also ungefähr 33 Liter Am-

200 moniak nötig haben. Man eicht nun den NH3-Strom der Bombe ein für allemal angenähert so, daß man mit der Uhr genau ermittelt, in welcher Zeit ein NH3-Strom von bestimmter, gleichzeitig abgelesener Blasengeschwindigkeit (kleiner Blasenzähler mit konz. KOH oder Quecksilber) 42 ccm mit Methylorange gefärbter n-Salzsäure (im Meßzylinder abgemessen) neutralisiert. In dieser Zeit ist bei der abgelesenen Blasenfolge etwa 1 Liter NH3 der Stahlflasche entströmt. Mail leitet etwa 30 mal so lang NH 3 in die ätherische Aldehydlösung ein, läßt dann noch 1 Stunde zur Vollendung der Kristallisation stehen, prüft eine abgegossene Probe im Reagenzglas, ob beim weiteren Einleiten von NH 3 noch eine Fällung entsteht, und saugt, wenn dies nicht der Fall ist, das Aldehydammoniak auf der Nutsche ab. Der Niederschlag wird zum Schluß noch einige Male mit absolutem Äther gewaschen und dann zuerst auf Filtrierpapier, schließlich im nichtevakuierten Schwefelsäureexsiccator getrocknet. Das trockene Präparat ist, gut verschlossen aufbewahrt, längere Zeit haltbar; unreine Präparate zersetzen sich nach wenigen Tagen unter Braunfärbung. Ausbeute 50—60 g. Um r e i n e n A l d e h y d zu gewinnen, werden 25 g Aldehydammoniak in 25 ccm Wasser gelöst, mit einer erkalteten Mischung von 30 ccm konzentrierter Schwefelsäure und 40 ccm Wasser versetzt und auf dem Wasserbade durch ein U - f ö r m i g e s CaCl2-Rohr, das bei tiefer Außentemperatur schwach erwärmt wird, und durch einen gut wirkenden Schlangenkühler abdestilliert. Um die Autoxydation des Acetaldebyds hintanzuhalten, füllt man die Apparatur vor der Destillation mitC0 2 , leitet aber, wegen seines hohen Dampfdrucks, erst am Ende der Operation wieder ganz kurz einen langsamen C02-Strom hindurch. Da der Aldehyd bei 21 0 siedet, so muß die Vorlage, welche mit dem Kühlrohr durch einen Kork verbunden ist, durch Eis und Kochsalz gut abgekühlt werden. Die auszuführenden Versuche siehe S. 203 ff. b) A u s A c e t y l e n . Obwohl die unter a) beschriebene Hauptmethode präparativ allein in Betracht kommt, führen wir auch das technisch weit wichtigere Verfahren der Hydratation des Acetylens an; es sollte von Zeit zu Zeit auch ausgeführt werden.1 5 g Quecksilberoxyd werden in der noch heißen Mischung von 110 ccm Wasser und 50 ccm konz. Schwefelsäure zum größten Teil 1

Die hier gegebene Vorschrift ist im Göttinger chemischen Laboratorium ausgearbeitet worden.

Benzaldehyd

aus

Benzalchlorid

201

aufgelöst, das Ganze in eine große Schüttelbirne (Fig. 55, S. 365 gebracht und einige Zeit mit Acetylen geschüttelt, das man aus Calciumcarbid bereitet, mit saurer Bichromat- und Kupfernitratlösung gereinigt und in einem Glasgasometer von 10—15 Liter Inhalt über gesättigter Kochsalzlösung aufgefangen hat. Vor dem Schütteln muß die Luft durch den Kohlenwasserstoff verdrängt sein. Unter Umständen kann man die Absorption auch auf der Schüttelmascbine in einer aufrecht eingespannten, dickwandigen Flasche vor sich gehen lassen; nach Verdrängung der Luft durch C a H a wird der Gummistopfen, der das Zuleitungsrohr führt, mit Draht festgebunden. In 2—4 Stunden werden bis zu 10 Liter Acetylen aufgenommen, die farblose quecksilberhaltige Zwischen Verbindung beginnt sehr bald sich abzuscheiden. Sie wird nach Beendigung des Einleitens, in einem Rundkolben, in den man das ganze Reaktionsgemisch übergeführt hat, und der auf einem BaboTrichter geheizt wird, durch eingeleiteten Wasserdampf zerlegt; gleichzeitig destilliert der gebildete Aldehyd über, und zwar führt man diese Operation in einer ähnlich zusammengestellten Apparatur aus, wie sie unter a) beschrieben ist. Es genügt, eine in Kältemischung gekühlte Auffangflasche mit Äther vorzulegen. Fällung des Aldehyds aus der Atherlösung als Aldehydammoniak wie oben beschrieben. Ausbeute daran 5—6 g. 3. Benzaldehyd aus Benzalchlorid. In 50 g siedendes Toluol leitet man in gleicher Weise, wie dies für die Darstellung von Benzylchlorid (S. 93) angegeben ist, so lange trockenes Chlor ein, bis eine Gewichtszunahme von 40 g eingetreten und die Temperatur auf 187° gestiegen ist. Es handelt sich lediglich um die Fortsetzung jener Reaktion. Das erhaltene rohe Benzalchlorid kocht man in einem mit gut wirkendem Rückflußkühler verbundenen Rundkolben unter Einleiten eines schwachen C0 2 -Stromes mit 500 ccm Wasser und 150 g gefälltem Calciumcarbonat (oder Schlämmkreide, oder f e i n pulverisiertem Marmor) 4 Stunden lang im Ölbade auf 130° (Thermometer im Ol). Dann nimmt man den Kolben aus dem Ölbad heraus und treibt aus dem noch heißen Gemisch den Benzaldehyd mit Wasserdampf über. Zuerst saugt man nun den K o l b e n r ü c k s t a n d auf der Nutsche heiß ab und säuert das Filtrat mit konzentrierter Salz-

202

Organisch-präparativer

Teil

säure stark an. Beim Abkühlen scheidet sich dann B e n z o e s ä u r e als Nebenprodukt der ßeaktion in glänzenden Blättern ab. Sie wird abgesaugt und aus siedendem Wasser umkristallisiert. Schmelzp. 121°. Benzoesäure ist mit Wasserdampf etwas flüchtig. Das Wasserdampfdestillat wird zweimal mit nicht zu viel Äther ausgeschüttelt, die unter Umständen eingeengte Ätherlösung unterschichtet man in einer Pulverflasche unter Umrühren mit dem Glasstab nach und nach mit technischer Natriumbisulfitlösung, die zu einem steifen Brei der Aldehyd-Additionsverbindung erstarren muß. Man schüttelt hierauf mit aufgesetztem Stopfen, den man von Zeit zu Zeit lüftet, energisch durch, bis aller Benzaldehyd gebunden ist (Geruch!), saugt dann ab, wäscht mit Äther nach und zersetzt alsbald das feste Salz durch Eintragen in überschüssige Sodalösung, aus der man dann ohne Pause den freigemachten Aldehyd mit Wasserdampf abbläst. Das Destillat wird ausgeäthert, nach dem Trocknen der Ätherlösung mit wenig CaCl2 wird der Äther abgedampft und dann der Benzaldehyd überdestilliert Siedep. 179°. Ausbeute 35—40 g (70°/0 d. Th.). Wegen der großen Sauerstoffempfindlichkeit des Präparates müssen alle Operationen schnell hintereinander ausgeführt werden. E r l ä u t e r u n g e n und V e r s u c h e zu V, 1, 2 u. 3. Die niederen Glieder der Aldehyde sind farblose, stechend riechende Flüssigkeiten, die sich mit Wasser mischen; die mittleren ebenfalls flüssig, in Wasser jedoch nicht mehr leicht löslich; die hochmolekularen feste, kristallisierte Stoffe. Die Siedepunkte dor Aldohyde liegen bedeutend niedriger als die der entsprechenden Alkohole: I CHj.CHO l CH 3 -CH,.OH i CH,.CH,-CHO \ CH3.CH.-CH,-OH

Siedepunkt 21° „ 78° 50« 97°.

Die aromatischen Aldehyde riechen angenehm (Bittermandelöl, Vanillin, Piperonal). Die allgemeinste Darstellungsmethode der Aldehyde besteht in der Wegnahme zweier Wasserstoffatome aus einem primären Alkohol (a/cohol deliydrogenatus); ebenso entstehen aus sekundären Alkoholen Eetone. Da der Wasserstoff präparativ allgemein durch ein Oxydationsmittel weggenommen wird, so erscheint der Prozeß als Oxydation. Jedoch können Alkohole auch katalytisch in Aldehyde und Wasserstoff zerlegt werden, durch Palladiumschwarz schon in der Kälte, durch Kupfer erst bei höherer Temperatur. Die Beteiligung des Kupfers bei der Formaldehydbereitung (nach 0. LOEW) beruht auf der

Aldehyde

V

203

Wasserstoffabspaltung (Dehydrierung), und die beigemengte Luft hat die Aufgabe, den Wasserstoff zu verbrennen und so aus dem Gleichgewicht: CH.OH • H,C=0 + 2H zu entfernen. Substanzen mit dreifacher Bindung nehmen in schwefelsaurer Lösung, namentlich bei Gegenwart von Quecksilber-2-Salzen, die Elemente des Wassers auf. So bildet sich im einfachsten Fall aus Acet y l e n selbst A c e t a l d e h y d , eine Reaktion, die oben durchgeführt wurde. v H 3 C-CH + HgSO, .

Ö

Große technische Bedeutung dieses Prozesses für die Synthese der Essigsäure. Die Aldehyde sind leicht weiter oxydierbar und wirken daher als Reduktionsmittel gegen ammoniakalische Silberlösung und gegen FEHLING sehe Lösung. V e r s u c h 1. Man verdünne einige Tropfen Formaldehyd oder Acetaldehyd mit einigen ccm Wasser, gebe eine kleine Menge ammoniakalischer Silberlösung zu und verteile auf 2 Reagenzgläser. In das eine läßt man einen Tropfen Natronlauge einfallen; sofortige Abscheidung von metallischem Silber. Die andere Lösung scheidet erst nach einigem Stehen in der Kälte, rascher beim Erwärmen Silber aus. Die Oxydationswirkung von ammoniakalischer Silberlösung wird also durch Natronlauge sehr erheblich gesteigert (TOLLENS). Man prüfe gleichzeitig die Reduktions wirkung gegen FEHLING sehe Lösung. Durch Oxydation gohen die Aldehyde in C a r b o n s ä u r e n über, und zwar bildet diese Reaktion die direkte Fortsetzung der Dehydrierung der Alkohole. Es reagiert nämlich mit dem Oxydationsmittel das durch Addition von Wasser entstandene A l d e h y d h y d r a t , nicht der Aldehyd selbst, z. B.: CH,—C=0 H

I U Der Übergang von Äthylalkohol über Acetaldehyd zu Essigsäure bildet den chemischen Ausdruck der E s s i g s ä u r e g ä r u n g ; hier benützen die Essigsäurebakterien den Sauerstoff der Atmosphäre zur Bindung des Wasserstoffs. Daß hierbei nicht der Sauerstoff, wie man früher annahm, aktiviert wird, sondern der abzuspaltende Wasserstoff, lehrt ein Versuch, nach dem die Essigsäurebakterien auch bei A u s -

Organisch-präparativer Teil

204

Schluß von S a u e r s t o f f , der durch C h i n o n ersetzt wird, aus Alkohol Essigsäure erzeugen. Das Chinon wird dabei zu Hydrochinon hydriert. CH,. CH,OH+2 0 = /

\ = 0 + H , 0 —>- CH, • COOH + 2 HO^

^OH.

Die wichtige Bolle, die der Acetaldehyd bei der alkoholischen Gärung zu leisten hat (C. NEUBEBG), drückt sich darin aus, daß er aus dem Zwischenprodukt B r e n z t r a u b e n s ä u r e durch Decarboxylierung entsteht: CHa • CO • COOH >- CHj-CHO + CO,, daß ferner im Sinne der Grundgleichung: CH,.CO.CH(OH), + CHs.CHO Methyl-glyoxal(Hydrat)

v CH..CO.COOH + CH3Cn,OH

durch gegenseitige Hydrierung und Dehydrierung Ä t h y l a l k o h o l und neue Brenztraubensäure gebildet werden. Vgl. dazu S. 390. Die Aldehyde sind in hervorragendem Maße der A u t o x y d a t i o n , d. h. der Vereinigung mit dem molekularen Sauerstoff, zugänglich. In H diesem Fall ist es die echte Aldehydform — C = 0 , die an die reaktionsfähige Doppelbindung zuerst die ungesättigte Sauerstoffmolekel anlagert und zwar unter Bildung einer Persäure: H CH, • C+= 0

H CH, • C—O I I 0-0

.

CH,.C=0 I 0=0 O-OH Acetopersäure Die Perstturen sind starke Oxydationsmittel und reagieren mit einer zweiten Molekel Aldehyd unter Bildung von 2 Molekeln Säure: C H

'-r° + 0=C—CH, O-OH H

2CH

' - u£ nr ° -

So führt die Autoxydation der Aldehyde schließlich zur Säure. Das primäre Auftreten der Persäure läßt sich beim Acetaldehyd sehr leicht nachweisen durch die sofortige Jodausscheidung, die durch dieses starke Oxydationsmittel in Jodkaliumlösung verursacht wird. Beim Benzaldehyd, der sich besonders rasch mit Sauerstoff verbindet, hat man die Persäure mit Essigsäureanhydrid als Benzoyl-acetylperoxyd abfangen können (NEF): C,H 5 -C:0 | + (CH,CO)aO —>O-OH

C,H»C=0 | +CH.-C00H, O-O-COCH,

Versuch 2. Einen ccm des frisch dargestellten Acetaldehyds schüttelt man einige Minuten lang in einem mit dicht schließendem Gummistopfen versehenen Zylinder. Die Hälfte gießt man

Aldehyde

V

205

in wenig verdünnte Kaliumjodidlösung, zur andern Hälfte fügt man die 2—3 fache Menge Wasser und prüft dann mit Lackmuspapier auf die entstandene Essigsäure. Man wird finden, daß der mit Wasser versetzte Aldehyd nach einigem Stehen kaum mehr Jod aus Kaliumjodidlösung freimacht. V e r s u c h 3. 2 Tropfen Benzaldehyd lasse man eine Stunde lang auf einem Uhrglas an der Luft stehen. Präparativ ist der Weg von den primären Alkoholen zu den Aldehyden weitaus der bevorzugte, wenigstens in der Fettreihe. Die einfachen aromatischen Aldehyde werden durch alkalische Verseifung der aus den Kohlenwasserstoffen durch Chlorsubstitution zugänglichen Arylidenchloride R-CHC12 gewonnen (technische Darstellung von Benzaldehyd). Außerdem ist die im Sinne der FBIEDEL-CBAFTS sehen Reaktion verlaufende elegante Synthese von GATTEBMANN-KOCH hier zu erwähnen, bei der der aromatische Kohlenwasserstoff mit Kohlenoxyd und HCl bei Gegenwart von Aluminiumchlorid und Cuprochlorid umgesetzt wird (vgl. Präparat IX, 5 auf S. 335):

H c

' C

+ CO + HCl — V

H„Cy

\ - C = 0 + HCl.

An Stelle von Kohlenoxyd kann auch Blausäure (GATTERMANN) oder Knallsäure (in Gestalt von Knallquecksilber, SCHOLL) angewandt werden, wobei als Primiirprodukt Imin bzw. Oxim entsteht. Von den Carbonsäuren her führt keine ganz allgemeine Reaktion auf die Stufo der Aldehyde zurück; in manchen Fällen erlauben die Säurechloride den Ersatz des Chlors durch katalytisch mit Palladium erregten Wasserstoff (ROSENMUND): C,H, C = 0 2H C,HS• C = 0 +, H U C1 H ' Eine andere Möglichkeit, die schon bei vielen Synthesen wertvolle Dienste geleistet hat, besteht darin, daß man Ester durch energische Reduktion mit viel metallischem Natrium und wenig Alkohol in der Hitze zu den entsprechenden Alkoholen reduziert (BOUVEAULT) und diese in der üblichen Weise zu den Aldehyden oxydiert. V e r s u c h 4. F a r h r e a k t i o n m i t f u c h s i n s c h w e f l i g e r S ä u r e . Man löst ein Körnchen Fuchsin heiß in viel Wasser zu einer etwa 0-2-proc. Lösung und gibt in der Kälte nach und nach starke wäßrige, schweflige Säure hinzu, bis nach einigem Stehen Entfärbung eingetreten ist. Die Lösung hält sich, gut verschlossen aufbewahrt, längere Zeit. Man prüfe mit Formaldehyd und Acetaldehyd die Empfindlichkeit der Farbreaktion an einer jeweils stärker zu verdünnenden Aldehydlösung. Bei der Prüfung

206

Organisch-präparativer Teil

von in Wasser schwer löslichen Aldehyden, wie Benzaldehyd, setzt man etwas Alkohol zu. Der Alkohol ist vorher zu prüfen, da er nach längerem Stehen, namentlich am Licht, nachweisbare Mengen von Acetaldehyd enthält. Die Farbreaktion des Formaldehyds wird durch konzentrierte Salzsäure rein blau, während sie bei andern Aldehyden unter diesen Umständen fast ganz zurückgeht (Unterscheidung von Formaldehyd und Acetaldehyd). Die Farbreaktion mit fuchsinschwefliger Säure erlaubt eine scharfe Unterscheidung zwischen Aldehyden und Ketonen. Glucose reagiert in verdünnter wäßriger Lösung negativ. Uber den Mechanismus der Farbreaktion siehe B. 64, 2527 (1921). V e r s u c h 5. D i e R e a k t i o n von Angeli-Rimini. Einige Tropfen Aldehyd (eines beliebigen der dargestellten) werden in wenig aldehydfreiem 1 Alkohol gelöst, mit etwa der gleichen Menge Benzsulfhydroxamsäure (Darstellung S. 184) versetzt; bei den aliphatischen wendet man die doppelte Menge an. Hierauf fügt man unter Kühlung und Umschütteln schätzungsweise 2 Mol 2 n-Natronlauge zu und läßt 15 Minuten stehen, macht dann mit verdünnter Salzsäure eben congosauer und versetzt schließlich mit einem Tropfen Eisenchloridlösung. Intensive Rotfarbung. Es ist auf S. 185 erwähnt, daß Benzsulfhydroxamsäure durch Alkali in Benzolsalfinsäure und den sehr unbeständigen Stoff Nitroxyl 0 = N H zerlegt wird. Erfolgt die Bildung von Nitroxyl bei Gegenwart eines Aldehyds, so addiert es sich an die Carbouylgruppe und es entsteht eine Hydroxamsäure, die sich und damit auch den Aldehyd, durch ihre intensive Eisenchloridreaktion verrät.

.OH Wenn man das Nitroxyl als Hydrat, als Dioxyammoniak N^-OH H

formuliert, so wird die Übereinstimmung der Reaktion mit der Bildung der Aldoxime aus Aldehyd und Hydroxylamin noch klarer. Nitroxyl entsteht auch durch alkalische Spaltung aus aci-Nitrohydroxylaminnatrium (Angeli) : 0=N=NOH >- 0=N—ONa + 0 = N H .

I

NaO 1

Dies ist natürlich nur im Ernstfall von Wichtigkeit, wenn eine unbekannte Substanz auf ihre Aldehydnatur zu prüfen ist.

Aldehyde

207

An die anderen Reaktionen der außerordentlich reaktionsfähigen Aldehyde: Induktion zu Alkoholen, Bildung von Hydrazonen, Oximen, Semicarbazonen, Bisulfitverbindungen, Acetalen, Anlagerung von Blausäure zu Cyanhydrinen, sei hier nur erinnert» V e r s u c h 6. R e a k t i o n m i t A m m o n i a k . 10 com des dargestellten Formaldehyds werden mit einem kleinen Uberschuß von Ammoniak vermischt und in einer kleinen Glasschale auf dem Wasserbad eingedampft» Die zurückbleibenden farblosen Kristalle sind H e x a m e t h y l e n t e t r a m i n (CH2)6N4 (Urotropin). Diese Umsetzung verläuft quantitativ. Man führe sie quantitativ durch und vergleiche das Ergebnis mit dem titrimetrisch erhaltenen. Acetaldehyd vereinigt sich mit Ammoniak, wie präparativ festgestellt wurde, zu A l d e h y d a m m o n i a k /OH \ ( C H , . C / ° H ) , \ H ^ N H J ,

Benzaldehyd gibt das sog. H y d r o b e n z a m i d C«H,C=N 6

H

N

>CH.C.H.

C6H6C=N/ H Die Reaktionsprodukte der drei Aldehyde sind demnach grundverschieden, aber der Verlauf ihrer Bildung beginnt jeweils mit einer Addition: H H .OH — C = 0 + NH, >- —C< , die beim Acetaldehyd stehen bleibt, in den anderen Fällen aber unter Wasserabspaltung zu weiteren Umsetzungen führt. V e r s u c h 7. Einige Tropfen Benzaldehyd werden im Reagenzrohr mit der dreifachen Menge technischer Bisulfitlauge kräftig durchgeschüttelt Die ausgeschiedenen Kristalle sind die Natriumbisulfitverbindung des Benzaldehyds. Die Bisulfitverbindungen entstehen nach folgender Gleichung: R — C = 0 + HSO a Na

—>•

/OH

R-C
A. 448, 265 (1926); Ber. 61, 179 (1928). • Ber. 69, 2341 (1926), 61, 1616 (1928).

208

Organisch-präparativer

Teil

auf dem nachbezeichneten Weg durch hydrolytische Abspaltung e i n e r Sulfongruppe aus Estern der D i m e t h y l m e t h a n - d i s u l f o n s ä u r e das Salz der a - O x y - i s o p r o p y l s u l f o n s ä u r e erhalten, das mit Acetonbisulfit n i c h t identisch ist

Hac/

^SO.R

+ 3 NaOH

Der bestehende Widerspruch bedarf noch der Klärung. Da die Bisulfitverbindungen beim Erwärmen mit Sodalösung oder verdünnten Säuren in ihre Bestandteile zerlegt werden, so bieten sie ein ausgezeichnetes Mittel, um Aldehyde (und Ketone) aus einem Gemisch mit anderen Stoffen herauszuholen. P o l y m e r i s a t i o n . Die einfachen Aldehyde polymerisieren sich sehr leicht. Der wasserfreie Formaldehyd ist überhaupt nicht längere Zeit beständig, sondern wandelt sich sehr rasch in einen festen amorphen Stoff von hohem Molekulargewicht (CH 2 0) n , in P o l y o x y m e t h y l e n um, das sich bei Zimmertemperatur langsam, beim Erhitzen schneller in die einfache Molekel zurückspaltet. Aus der wäßrigen Formaldehydlösung (Formalin), wie sie dargestellt wurde, kann man den wasserfreien Aldehyd nicht gewinnen, da er erst beim Kochen mit Wasserdämpfen übergeht, und zwar sehr langsam. Das rührt davon her, OH daß er vorwiegend als Hydrat H2C- R-Cf-OH + R-CfOH \SO,Na \SO,Na Das bei Anwendung von Formaldehyd entstehende Sulfoxylat wird unter dem Namen „ R o n g a l i t " in der Färberei als Reduktionsmittel beim Ätzdruck viel gebraucht. A c e t a l d e h y d (aus Acetylen) wird in kleinem technischen Ausmaß durch katalytische Hydrierung in Alkohol, in großen Mengen aber durch katalytische Autoxydation (mit Oxyden des Mangans) in E s s i g s ä u r e übergeführt. B e n z a l d e h y d ist ein wichtiges Zwischenprodukt für Farbstoffe (siehe Malachitgrün); viele andere Aldehyde (Phenylacetaldehyd, Vanillin, Piperonal, Citral u. a.) finden als R i e c h s t o f f e Verwendung. 14*

212

Organisch-präparativer

Teil

4. Cannizzaro sehe Reaktion. Benzoesäure und Benzylalkohol ans Benzaldehyd.1 20 g frisch destillierter Benzaldehyd werden in einem Stöpselzylinder oder dickwandigen Glase mit einer erkalteten Lösung von 18 g festem Kali in 12 g Wasser versetzt und bis zur bleibenden Emulsion geschüttelt, worauf man die Mischung, durch einen Kork verschlossen, über Nacht sich selbst überläßt. Zu dem abgeschiedenen Kristallbrei (benzoesaures Kalium) fügt man dann gerade so viel Wasser 2 , daß man durch mehrmaliges Ausschütteln mit Äther den Benzylalkohol herausholen kann. Die vereinigten Ätherauszüge werden auf ein Volumen von 30—40 ccm eingeengt, dann schüttelt man in einem Tropftrichter zweimal a n h a l t e n d mit je 5 ccm technischer (40-proc.) Bisulfitlauge durch, läßt ab und entfernt die im Äther gelöste schweflige Säure durch Schütteln mit einigen Kubikzentimetern Sodalösung. Nach dem Trocknen mit geglühtem Natriumsulfat und Verdampfen des Äthers unterwirft man den Benzylalkohol der Destillation, wobei er bei 206° übergeht. Ausbeute etwa 8 g Benzylalkohol. Die wäßrige alkalische Flüssigkeit säuert man mit Salzsäure an, wodurch die Benzoesäure ausgefällt wird. Sie wird nach dem Erkalten der Lösung abgesaugt und ohne weiteres Waschen aus siedendem Wasser umkristallisiert. Schmelzp. 121°. Ausbeute 9 - 1 0 g. Die C a n n i z z a b o sehe Reaktion kommt wahrscheinlich dadurch zustande, daß sich zwei Moleküle Aldehyd zum Ester kondensieren, der dann zu Alkohol und Säure verseift wird: H

R—c=0 | ^ —>0=C—R

R _

H

9

=

ä Kon I . —>0—C—R

R—C=0 | + HOH,C—R. OK

H

Dafür spricht, daB Aldehyde unter der Einwirkung von Aluminiumalkoholat in der Tat zu Estern kondensiert werden (Tistschenko). Die Disproportionierung von Aldehyd zu Säure und Alkohol epielt auch im Zellstoffwechsel, namentlich im Verlauf der alkoholischen Gärung (S. 387) (Mechanismus?) eine bedeutsame Rolle, obwohl der chemische Vorgang dort jedenfalls ein andrer ist. Die C a n n i z z a e o sehe Reaktion ist durchaus kein Monopol der 1

B. 14, 2394 (1881).

' Wenn man zu stark verdünnt, ist es schwer, den (in Wasser löslichen) Benzylalkohol vollständig herauszuholen.

V, 5

Acyloin-kondensation.

Benxoin aus Benzaldehyd

213

aromatischen Aldehyde; auch F o r m a l d e h y d wird in ihrem Sinne durch starkes Alkali zu A m e i s e n s ä u r e und M e t h y l a l k o h o l umgesetzt. Wenn die höheren aliphatischen Aldehyde, vom Acetaldehyd ab der CANNIZZARO sehen Reaktion nicht zugänglich sind, so liegt dies daran, daB die oben besprochene Aldolkondensation ihr vermöge ihrer weit größeren Geschwindigkeit den Rang abläuft. Bei tertiär gebundenen Aldehyden, die der Aldolkondensation nicht fähig sind, tritt die CANNIZZAROsehe Reaktion als Ersatz ein, auch in der Fettreihe. So wird Glyoxylsäure zu Glykolsäure und Oxalsäure disproportioniert. Der Reaktion von CANNIZZARO verwandt ist die von M E E R W E I N 1 gefundene Verschiebung der Oxydationsstut'e zwischen Alkohol und Aldehyd, wie sie durch Aluminium-alkoholat bewirkt wird. Ein Aldehyd R-CHO reagiert mit Al(OCaH6)s in der Weise, /OC 2 H 6 daß Anlagerung zu R-C—Oal stattfindet. Dieses Produkt zerfällt in X H / H zweiter Phase zu R—C^-0 al + OHOCHj. Es gelingt, durch dieses X H Reduktionsverfahren, Alkohole, die durch andere Methoden nicht oder schwer zugänglich sind, wie Trichlor-äthylalkohol oder Zimtalkohol, aus den entsprechenden Aldehyden zu gewinnen. Tribromäthyla l k o h o l , ein wichtiges, rcctal angewandtes Narkoticum („Avertin") wird auf diesem Wege dargestellt ( F . F. NORD). 5. Acyloin-kondensation. Benzoin aus Benzaldehyd. 10 g Benzaldehyd (frisch destilliert) werden, mit 25 ccm Alkohol vermischt, mit einer Lösung von 2 g Kaliumcyanid in 5 ccm Wasser versetzt und am Rückflußkühler auf dem Wasserbad 1 Stunde lang gekocht Man läßt dann langsam erkalten, filtriert die abgeschiedenen Kristalle a b , wäscht sie mit etwas Alkohol nach und trocknet sie auf dem Wasserbad. Um ganz reines Benzoin zu erhalten, kristallisiert man eine kleine Probe des Rohprodukts aus wenig Alkohol um. Schmelzp. 134°. Ausbeute etwa 9 0 % der Theorie. Benzil aus Benzoin. Das bei der vorigen Reaktion erhaltene rohe Benzoin wird nach dem Trocknen fein pulverisiert und in einem offenen Kolben unter häufigem Umschütteln mit seinem doppelten Qewicht reiner konzentrierter Salpetersäure bis 2 Stunden auf einem leb1 2

A. 444, 221 (1925). al = Al/3.

214

haft siedenden Wasserbad erhitzt Nach beendeter Oxydation versetzt man das Beaktionsgemisch mit kaltem Wasser, gießt nach dem Erstarren die verdünnte Salpetersäure ab, wäscht mehrmals mit Wasser nach, trocknet auf Ton und kristallisiert aus Alkohol um. Die abgeschiedenen Kristalle trocknet man nach dem Abfiltrieren an der Luft auf Filtrierpapier. Schmelzp. 95°. Ausbeute etwa 90 °/0 der Theorie. In der sog. Acyloin- oder Benzoinkondeasation liegt eine weitere interessante Aldehydreaktion vor, die in der aromatischen Reibe unter der Einwirkung von Kaliumcyanid erfolgt Es ist sehr wahrscheinlich, daB sich dabei als Zwischenprodukt die Kaliumverbindung des Cyanbydrins bildet. Hier haben wir, analog wie beim Benzylcyanid (S. 249) ein bewegliches H-Atom, das in alkalischem Medium zu einer aldolartigen Kondensation gegen ein zweites Mol Aldehyd geeignet ist: yOK H C4H, • C: 0 +kcn C,H,.C< +0:C-C,H, H HMJ-N * OK H >- C„H 6 .C—C-C.H, -KCN C,H,• CO• CHOH• C,H,. I I C.NOH Das Kondensationsprodukt geht dann unter Abspaltung von Kaliumcyanid in Benzoin über. Die katalytische Beteiligung des Kaliumcyanids ist augenfällig. Man mache sich den Unterschied zwischen dieser Reaktion und der Cyanhydiin-Syntbese klar. Wie Bonzaldehyd reagieren seine Substitutionsprodukte (Anisaldehyd gibt Anisoin) und auch Furfurol (Furoin; formulieren!). Die Acyloin-Synthese ist deshalb fiir die aromatischen Aldehyde besonders charakteristisch, weil hier das tertiilre G-Atom am Kern die an sich viel begünstigtere Aldolkondensation nicht zuläßt. Ihren einfachsten Ausdruck treffen wir übrigens schon beim Formaldehyd (S. 210); Glykolaldehyd ist das einfachste Acyloin. Dann entstehen diese Verbindungen in der Fettreihe bei der Einwirkung von Natrium oder Kalium auf Säureester, daher auch als Nebenprodukte bei der Acetessigester-Synthese (BOUVEAULT, SOHEIBLEB). Endlich hat man auch in der lebenden Zelle Hilfsmittel zur Acyloin-Synthese aufgefunden,Enzyme(sos.Carboligasen), durch welche die Vereinigung zweier Aldehydmolekeln im Sinne der Acyloinbildung gerichtet wird. So wird Benzaldehyd in gärender Hefe durch das Zwischenprodukt des Gärprozesses, den Acetaldehyd zu dem (optisch aktiven) B e n z a c e t o i n C g H 6 -CHOH-CO-CH s kombiniert. Setzt man Acetaldehyd selbst zu, so entsteht Acetoin (NEUBEBG). Die Acyloine stehen als c-Oxyketone in gewisser Beziehung zu den Ketosen. Wie diese reduzieren sie FEHLING sehe Lösung und gleich ihnen werden sie durch Phenylhydrazin in Osazone übergeführt.

Acyloin-kondensation.

Benxil

215

Versuch. Man kocht 1 g Benzoin in konz. alkoholischer Lösung mit 1 • 5 ccm Phenylhydrazin einige Zeit auf dem Wasserbad. Nach dem Erkalten kristallisiert das Osazon des Benzils aus. Schmelzp. 225°. Man weise das bei der Reaktion entstandene Ammoniak nach. Formulierung des Vorgangs. Die gleiche Verbindung entsteht aus Benzil mit Phenylhydrazin und auch durch Autoxyiiation von Benzaldchydphenylhydrazon (BÜSCH). Über Bildung der Osazone aus a-Oxyketonen (und -aldehyden) wird noch auf S. 287 gehandelt werden. Die präparative Bedeutung der Acyloine beruht auf ihrer Eigenschaft als Zwischenglieder für die Darstellung vieler 1-2-Diketone. Der einfachste aromatische Vertreter dieser Gruppe ist das B e n z i l (analog Anisil, Furil usw), gleichwie der aliphatische Grundkörper, das D i a c e t y l CH3-CO-CO-CH3 (und auch das wasserfreie Glyoxal) gelb gefärbt. Zum Diacetyl gelangt man vom Athylmethylketon aus über sein Honoxim (v. PECHMANN); bemerkenswert ist dessen Kondensation zu p-Xylorhinon (formulieren!) Die Nachbarstelluag der beiden C=0-Gruppen ergibt sich aus der Kondensierbarkeit der Diketono mit o-Phenylendiamin (Chinoxaline, HINSBEBG).

V e r s u c h . Man löst je etwa 0»1 g Benzil und Benzoin im Reagenzglas in 10 ccm Alkohol und fügt in der Kälte einige Tropfen Lauge zu. Sofort entsteht eine prächtig rote Färbung, die beim Schütteln mit Luft verschwindet, nach kurzer Zeit aber wiederkehrt und durch Schütteln erneut zum Verschwinden gebracht werden kann. Der Wechsel der Farbe läßt sich öfters wiederholen. Wenn nach Zugabe einiger weiterer Tropfen Lauge die Färbung ausbleibt, ist kein Benzoin mehr in der Lösung. Ganz reines Benzil zeigt die Farberscheinung nicht Diese merkwürdige Reaktion kommt dadurch zustande, dafi Benzoin durch Alkalien teilweise zu seinem Dienolat, zu S t i l b e n d i o l k a l i u m C 8 H 5 .COK: COK.C6H5 umgelagert wird. 1 Dieses, bei Ausschluß von Wasser in orangpgelben Kristallen darstellbare Salz gibt mit Benzil die rote luftempfindlicbe Lftsung, iu der wahrscheinlich das R a d i k a l B e n z i l k a l i u m enthalten ist, das auch durch Anlagerung von metallischem Kalium an Benzil entsteht (BECKMANN u n d

PAUL2,

SCHLENK 3 ):

'

C . H , • C = C • CAH6 + C„H6 • C O • CO • C . H ,

I I

OK 1 1 8

OK

Scueüing, A . 4 4 0 , 72 (1924). A . 2 8 6 , 2 3 (1891). B . 4 6 , 2 8 4 0 (1913).



2

I

C6H, • C O - C • C.H,

I

OK

Organisch-präparaiiver Teil

216

Bei der Autoxydation wird das Radikal teils zu Benzil, teils zu Benzoesäure oxydiert. 1 Die wichtigste ßeaktion des Beuzils und seiner Verwandten ist die schon von J . TON LIEBIG entdeckte B e n z i l s ä u r e u m l a g e r u n g .

Versuch. 2 5 g Benzil werden mit 15 ccm Alkohol und der Lösung von 5 g Atzkali in 10 ccm Wasser 10 Minuten lang auf dem Wasserbad im Sieden gehalten. Nach dem Erkalten wird der Kristallbrei von benzilsaurem Kalium scharf abgesaugt, mit wenig Alkohol nachgewaschen und in 20—30 ccm kalten Wassers gelöst. Nach dem Filtrieren wird die klare Lösung in der Siedehitze mit verdünnter Schwefelsäure gefällt und die teilweise in Kristallen abgeschiedene freie Säure heiß abgesaugt und mit heißem Wasser gewaschen. Sie kann direkt aus viel heißem Wasser oder, nach dem Trocknen, aus Benzol umkristallisiert werden. Ausbeute etwa 4 g. Als erstes Stadium der Umlagerung, die gemäß der Gleichung:

C,Hs-CO.CO.C,H5 + KOH —>•

C4 H6N >COH COOK C.H/

vor sich geht, tritt ein Additionsprodukt von Benzil mit einem Mol Alkalibydroxyd auf (SCHEUING), von dem aus nun der Platzwechsel, der offenbar durch das Neutralisationsbestreben des Kaliums ausgelöst wird, erfolgt:

^

C.H,

C.H, • G- CO • C.H, — v / \ ^ HO OK !

CaHs • C • CO . II HO OK

Phenanthrenchinon liefert in gleichlaufender Reaktion Biphenylenglykolsäure (Formulieren). Die Benzilsäureumlagerung spielt außerdem bei vielen anderen Reaktionen eine Rolle (Krokonsäure, Purpurogallin). Ihr nahe verwandt ist die sog. P i n a k o l i n u m l a g e r u n g :

CH,\ /CHa \r CK,/? [^CH, OH ÖH

CH,X >C C CH, CH,/[ / \ CH, :h, OH o h (o h

*

Pinakon

CH,. NC CH,/

M

C.CH,

Pinakolin 1 1

Vgl. dazu A . WEISSBEHOEE, H . Nach H . v. LIEBIO, Ber. 4 1 ,

MAINZ U. E . STBABBEB, 1 6 4 4 (1908).

Ber.

62,1942(1929).

V, 5

Acyloin-kondensation.

Pinakolinumlagerung

217

Auch hier wird formal OH gegen einen Kohlenstoffrest, CH3, vertauscht, -wiewohl in Wirklichkeit — es wird konz. Schwefelsäure verwendet — die Wasserabspaltung zwischen den beiden OH-Gruppen die Abwanderung einer Methylgruppe herausfordert. Wir schließen kurz die Erwähnung einer in das gleiche Gebiet gehörenden, in neuerer Zeit viel studierten Umlagerung an, die man — nicht ganz richtig — als R e t r o p i n a k o l i n u m l a g e r u n g bezeichnet. Sie hat zum Inhalt den unter Wasserabspaltung verlaufenden Übergang von P i n a k o l i n a l k o h o l in T e t r a m e t h y l ä t h y l e n : CH,\ >C C CH, _ H T 0 C H / I / \ — C CH, H OH

CH,\ YCHJ >C=C< . H / \CH,

Ihr nahe verwandt ist die Umformung des Borneols und seiner Derivate in den Camphentyp: CH

CH

(JICL^CH, I

C(CH t )a I

CH,

CHOH

- H . 0

ÖHTI^^CH,

CH, |

C(CH S ),

CH,

CH, I

C=CHA.

I

C(Cn,)t |

CH

I

CB CH,

CH,

I

e

"CH

c(1H, Borneol Camphen Der einzige Unterschied zwischen den beiden Reaktionen besteht, wie man sieht, darin, daß die Doppelbindung sich gegen die Methylgruppe von a, b nach b, c verschoben hat. Zwischen a und b kann nämlich aus räumlichen Gründen keine Doppelbindung existieren, da gemäß der BREDT sehen Regel in einem bicyclischen Ringsystem von der Art des Camphans keines der beiden Ringen gemeinsamen C-Atome an einer ungesättigten Bindung teilnehmen kann. Die zweite angegebene Camphenformel stellt, wie der nähere Einblick lehrt, nur eine andere, übersichtlichere Schreibweise für den Kohlenwasserstoff dar. Über diese wichtigen Arbeiten, die hier nur kurz berührt werden können, unterrichte man sich aus den Arbeiten von H. MEEBWEIN. Eine klare und umfassende Darstellung der molekularen Umlagerungen findet sich in HENBICH, Theorien der organischen Chemie, 5. Aufl., 1924, Kap. XVII. Siehe auch W. HÜCKEL, Theoretische Grundlagen der organischen Chemie. Leipzig 1931, Band I, S. 210. Nur eine präparativ sehr schöne Umlagerungsreaktion, die auch vom Benzil ausgeht, soll hier noch erwähnt werden, nämlich seine Überführung in D i p h e n y l k e t e n nach G. SCHBÖTEB [Ber. 42, 2846 (1909)]. Das H y d r a z o n des Benzils wird durch Quecksilberoxyd (das man sich am besten selbst bereitet) zur Diazoverbindung, dem sog. „Azibenzil" dehydriert (CUBTIUS, STAUDIHGEB):

218

Organisch-präparativer

C,H, CO C.C,H, Jl.NH,

Teil

*- C,H, CO C C4H,. N^N

Erhitzt man dieses unter Ausschluß von Luft und Feuchtigkeit in Benzol, so spaltet es seinen Stickstoff ab und der Rest lagert sich in D i p h e n y l k e t e n um:

C,HS-CO-C-C,H5 A

>• 0 = 0 = 0 / , E \ X CeHs

Zu diesem interessanten Ketenderivat gelangt man auch nach dem alten Verfahren von STAUDINQER von der Benzilsäure aus, indem man diese mit PClj in Diphenyl-chloracetylchlorid verwandelt und aus ihm mit Zink die beiden Chloratome herausnimmt (formulieren!). Was ist Kohlensuboxyd? Über die Klasse der Ketene unterrichte man sich in H. STAUDINQER, Die Ketene. Stuttgart 1912.

6. Anlagerung von Cyanwasserstoff an einen Aldehyd. Mandelsäure ans Benzaldehyd. M a n d e l s ä u r e n i t r i l . 15 g frisch destillierten Benzaldehyds werden in einem Zylinder mit Gummistopfen mit etwa 50 ccm einer konzentrierten Lösung von Natriumbisulfit versetzt. Die Mischung wird so lange mit einem Glasstabe umgerührt, bis sie H

/ zu einem Brei der Doppelverbindung C 8 H 5 *C^-OH erstarrt \SO,Na ist, und dann noch kräftig durchgeschüttelt. Man filtriert diese an der Saugpumpe ab, preßt sie fest zusammen und wäscht einige Male mit wenig eiskaltem Wasser nach. Die Doppelverbindung wird dann mit etwas Wasser zu einem dicken Brei angerührt und mit einer erkalteten Lösung von 12 g reinem Kaliumcyanid in 25 ccm Wasser versetzt. Nach kurzer Zeit gehen, besonders leicht beim Umrühren, die Kristalle in Lösung, und das Mandelsäurenitril scheidet sich als Ol ab, welches man im Scheidetrichter von der wäßrigen Lösung trennt und sofort weiter verarbeitet Y e r s e i f u n g des N i t r i l s . Das Nitril wird in einer Porzellanschale mit dem vierfachen Volumen konzentrierter Salzsäure auf dem Wasserbad so weit eingedampft, bis sich an der Oberfläche der Flüssigkeit Kristalle reichlich abzuscheiden beginnen. Man läßt das Beaktionsgemisch dann über Nacht an einem kühlen Ort stehen, filtriert die abgeschiedenen Kristalle nach dem Verreiben mit wenig Wasser an der Saugpumpe ab und wäscht sie mit nicht zu viel Wasser nach. Aus dem Filtrat gewinnt man durch Ausäthern noch eine weitere Menge der Säure.

Mandelsäure aus Benzaldehyd

219

Die rohe Mandelsäure wird auf einem Tonteller abgepreßt, getrocknet und durch Kristallisation aus Benzol rein erhalten. Schmelzp. 118°. Ausbeute etwa 10—15 g. S p a l t u n g der i n a k t i v e n M a n d e l s ä u r e in i h r e a k t i v e n K o m p o n e n t e n . 1 Eine Mischung von 10 g kristallisierter Mandelsäure und 20 g kristallisierten Cinchonins wird mit 500 ccm Wasser unter recht häufigem Umschütteln eine Stunde lang in einem offenen Kolben auf einem lebhaft siedenden Wasserbade erhitzt. Nach dem Erkalten filtriert man vom Ungelösten ab, ohne mit Wasser nachzuwaschen. In die klare Lösung (a) trägt man dann einige Kristalle von d-mandelsaurem Cinchonin ein (siehe unten) und läßt je nach Bedürfnis einen Tag bis mehrere Tage an einem kühlen Ort stehen (6—8°; im Sommer im Eisschrank, im Winter event. im Keller). Das hierbei abgeschiedene rohe d-mandelsaure Cinchonin saugt man ab (Filtrat A aufbewahren) und kristallisiert es aus der 20 fachen Menge heißen Wassers um. Impft man der Lösung einige Kristalle d-mandeleauren Cinchonins ein, so kristallisiert beim längeren Stehen unter den gleichen Bedingungen wie oben ein reineres Salz aus. Um die freie Rechtsmandelsäure zu erhalten, löst man das gereinigte Salz in nicht zu viel Wasser auf und versetzt mit Ammoniak im geringen Uberschuß, wodurch Cinchonin ausgefällt wird, welches man abfiltriert und nach der Umkristallisation aus verdünntem Alkohol für einen neuen Versuch wieder benutzen kann. Das Filtrat, welches d-mandelsaures Ammonium enthält, wird mit Salzsäure angesäuert und mit Äther ausgeschüttelt. Erhitzt man den nach dem Verdampfen des Äthers hinterbleibenden Rückstand einige Zeit auf einem Uhrglase auf dem Wasserbade, so erstarrt er beim Abkühlen zu Kristallen von d-Mandelsäure, welche nach dem Abpressen auf einem Tonteller aus Benzol umkristallisiert werden. Schmelzp. 133—134°. Reine 1-Mandelsäure läßt sich bei Anwendung kleiner Mengen von d, 1-Mandelsäure nicht leicht erhalten. Ein wenn auch nur schwach linksdrehendes Präparat gewinnt man jedoch auf die folgende Weise: Das oben erhaltene Filtrat A verarbeitet man, wie soeben beim reinen d-mandelsauren Cinchonin beschrieben, auf die freie Säure, welche, da ja ein Teil der d-Modifikation entfernt worden ist, linksdrehend sein muß. 1

Vgl. B. 16, 1773 (1883) und 32, 2385 (1899).

220

Organisch-präparativer Teil

Von den so erhaltenen drei Präparaten, nämlich 1. inaktiver racemischer, 2. reiner d-Säure und 3. unreiner 1-Säure stelle man sich wäßrige Lösungen von geeigneter Konzentration her und untersuche diese im Polarisationsapparat auf ihr Drehungsvermögen. Ist man nicht im Besitze von d-mandelsaurem Cinchonin, so stellt man sich für den ersten Versuch ein geeignetes Impfmaterial auf die folgende Weise dar: Einige Kubikzentimeter der oben erhaltenen Lösung (a) werden tropfenweise so lange mit einer gesättigten wäßrigen Kochsalzlösung versetzt, bis eine geringe Fällung eingetreten ist. Man erhitzt dann bis zur Lösung und läßt stehen, bis sich Kristalle abgeschieden haben, wozu u U. eintägiges Stehen erforderlich ist. Die so erhaltenen Kristalle sind salzsaures Cinchonin, auf denen geringe Mengen von d-mandelsaurem Cinchonin niedergeschlagen sind, welche jedoch genügen, um die weitere Abscheidung des d-Salzes zu veranlassen.

7. Alanin.1 13»2 g (0-3 Mol) frisch destillierter Acetaldehyd werden, in 100 ccm Äther gelöst, in einer Druckflasche (Fig. 31) über eine kalt gesättigte wäßrige Lösung von 18 g Ammoniumchlorid geschichtet. Dazu läßt man unter UmschUtteln und Eiskühlung aus einem Tropftrichter eine Lösung von 20 g Natriumcyanid in 30 ccm Wasser langsam zutropfen. Hierauf schüttelt man die verschlossene Flasche bei Raumtemperatur 3 Stunden lang auf der Maschine, versetzt dann in einem '/j,-Liter-Rundkolben unter Eiskühlung nach und nach mit 100 ccm konzentrierter Salzsäure (Abzug! freie Blausäure!), dampft den Äther am absteigenden Kühler ab, läßt noch 1 Stunde auf dem siedenden Wasserbad und dampft schließlich die braun gewordene Lösung in einer Schale zur Trockne. Der völlig trockene, von HCl freie (Geruch!) Rückstand wird in einem kleinen Rundkolben zweimal mit 100 ccm Alkohol ausgekocht, die filtrierten alkoholischen Auszüge dampft man erneut ein und trocknet den Rückstand zum Schluß im Vakuum auf dem Wasserbad. Jetzt befreit man das salzsaure Alanin, indem man es in 100 ccm heißem, absolutem Alkohol, dem 5 ccm Äther zugesetzt sind, aufnimmt, von mitgegangenem Natriumchlorid und dampft die alkoholische Lösung des Alaninsalzes wiederum ein. Dieses Salz, das schwer kristallisiert zu erhalten ist, wird auf folgendem Weg in die freie Aminosäure umgewandelt 1

A.

Stbeckeb, A . 7 6 ,

30 (1850);

Zelinskt n. Stadnikow, B . 4 1 ,

2 0 6 1 (1908).

Alanin

221

Man spült das Chlorhydrat mit 100 ccm Wasser in ein Becherglas und kocht so lange, etwa 10—15 Minuten, mit 40—50 g nach und nach zugesetzter Bleiglätte, bis sich kein Ammoniak (aus etwas mitgelöstem NH4C1) mehr entwickelt. Dann wird heiß abgesaugt, mit 20—30 ccm heißen Wassers nachgewaschen und das braungefärbte, aber klare Filtrat durch Einleiten von Schwefelwasserstoff heiß entbleit. Das Bleisulfid saugt man auf der Nutsche ab und schüttelt das Filtrat, noch lauwarm, in einer Glasstöpselflasche, deren Stopfen man von Zeit zu Zeit lüftet, mit etwa 3 g frisch gefälltem und sorgfältig ausgewaschenem Silbercarbonat, um alle Chlorionen — die von der Löslichkeit des Bleichlorids stammen — zu entfernen (Prüfung mit einer Probe). Die filtrierte Lösung, in die man nochmals kurz Schwefelwasserstoff eingeleitet hat, hinterläßt nach dem Eindampfen das Alanin als dunklen Sirup, der beim Anreiben mit absolutem Alkohol kristallisiert. Man saugt nach einigem Stehen scharf ab, wäscht mit wenig absolutem Alkohol, dann mit absolutem Äther und trocknet im Yakuumexsiccator. Ausbeute 15—20 g. Das Alanin kann aus der gleichen Menge Wasser, aber mit starken Verlusten, umkristallisiert werden. Besser löäl man in der eben nötigen Menge siedenden Wassers und fügt in der Siedehitze so lange Alkohol zu, bis die Kristallisation einsetzt. Schmelzp. 264° (unter Zersetzung). Zu 6 u. 7. Die hier durchgeführte Methode der CyanhydrinSynthese — Umsetzung der Bisulfitverbindung des Aldehyds mit Kaliumeyanid — läßt sich nicht in allen Füllen anwenden. Häufig benutzt man konzentrierte Lösungen von Blausäure oder auch wasserfreie Blausäure. Der allgemeinen Synthese von a-Oxysäuren steht die der «-Aminosäuren gegenüber, deren Nitrile bei der Anlagerung von Cyanammonium an Aldehyde oder Ketone entstehen (Stbecker). Über weitere Aminosäure-Synthesen siehe Präp. VII, 2, S. 265. Das Amygdalin der bitteren Mandeln und andrer Steinfrüchte ist die glucosidische Verbindung von 1-Mandelsäurenitril mit Gentiobiose (siehe S. 884) und zwar gehört es zu der Klasse der /9-Glucoside, da es durch das Enzym Emulsin in 2 Mol Glucose, Benzaldehyd und Blausäure gespalten wird. Die natürliche 1-Mandelsäure wurde zuerst durch Säurespaltung des Amygdalins von Liebiq erhalten. In der Zuckergruppe ist die Cyanhydrinsynthese von H. Kiliani für den Aufbau höherer Zucker herangezogen worden. Die Carbonsäuren, die aus der Verseifung der Nitrile hervorgehen, können in Form ihrer Lactone zu den entsprechenden Aldehyden reduziert werden.

222

Organisch-präparativer

A

CN HC=0

HAOH HO^H

H aber

I nicht wie bei der Bildung eines einfachen Racemkörpers in der gleichen Menge. Die schon vorher asymmetrische Molekel übt einen richtenden Einfluß aus, durch den in solchen Fällen eine der beiden Konfigurationen begünstigt wird.

V, 8

Perkinsehe Synthese.

Zimtsäure aus Benxaldehyd, usw.

223

acetat (vgl. S. 119) werden in einem Kolben, welcher mit einem weiten, etwa 80 cm langen Steigrohr verbunden ist, morgens angesetzt und 8 Stunden lang in einem Olbade auf 180° erhitzt. Nach beendigter Reaktion gießt man das heiße Reaktionsgemisch in einen geräumigen Kolben, 6pült mit Wasser nach und leitet so lange Wasserdampf hindurch, bis kein Benzaldehyd mehr überg e h t Man wendet hierbei so viel Wasser an, daß die Zimtsäure bis auf einen kleinen Rest einer öligen Verunreinigung sich in Lösung befindet. Man kocht dann die Lösung noch kurze Zeit mit etwas Tierkohle und filtriert ab, worauf sich beim Abkühlen die Zimtsäure in glänzenden Blättern abscheidet. Sollte sie nicht sofort den richtigen Schmelzpunkt besitzen, so kristallisiert man sie nochmals aus heißem Wasser um. Schmelzp. 133°. Ausbeute etwa 15 g. Die PEBKiNSche R e a k t i o n erfolgt nach dem allgemeinen Prinzip der Aldehydkondensationen, nämlich unter Abspaltung des Sauerstoffs mit 2 Wasserstoffatomen einer Methylen- oder Methylgruppe. Von der Reaktionsfähigkeit der letzteren hiingen die Bedingungen ab. Aldehyd gegen Aldehyd oder Keton: schon in der Kälte mit Säuren oder Alkalien als Katalysatoren. Aldehyd gegen Säure-anhydrid: hohe Temperatur, Alkalisalz als Kondensationsmittel.1 Der Unterschied der Bedingungen ist anf die geringe Reaktionsfähigkeit der Methylgruppe (bzw. a-Methylengruppe) im Säureanhydrid zurückzuführen. Die Bernsteinsäure ist der Kondensation an ihren beiden CHjGruppen zugänglich. Mit ungesättigten Aldehyden, wie Zimtaldehyd, gelangt man, unter Anwendung von Bleioxyd als Katalysator, zu mehrfach ungesättigten Dicarbonsäuren, die durch Abspaltung von 2 C0 2 in die farbigen „ P o l y e n e " übergehen (R. K U H N 2 ) . II.C.CO,H C,H 6 .CH=CHCH=C-|CO,|H 2C»H 6 .CH=CH.CHO+ I —>• i m : . IIaC • CO,II CeH- • CH=CH. CH=C • | CO, |H Mit dem 3 fach ungesättigten Aldehyd C.H, • CH=CH • CH=CH • CH=CH • CHO führt diese Synthese zu dem k u p f e r r o t e n Kohlenwasserstoff C 28 H 26 , der 8 konjugierte Doppelbindungen enthält. Rein aliphatische Polyene setzen die interessante Gruppe der Carot i n o i d e zusammen. Das Carotin selbst, C 40 H 68 , der Farbstoff der Möhre, enthält 11, wahrscheinlich konjugierte Doppelbindungen, das mit ihm isomere L y c o p i n der Tomate und Hagebutte deren 13. 1

Siehe KALMIN, Helv. X I , 977 (1928).

• Helv. XI, 87 (1928).

224

Organisch-präparativer Teil

Diesen Kohlenwasserstoffen steht nahe der Begleiter des Chlorophylls, das Xanthophyll, C 4 0 H 6 G 0 2 , (WILLSTÄTTEB) und der mit ihm isomere gelbe Farbstoff des Maises, das Z e a x a n t h i n (KARRER). Hierher gehören auch als Polyen-carbonsiiuren die Crocetine des Safrans (KARBER) und das rote Bixin aus Orlean (KUHN). Der rote Farbstoff der Judenkirsche, das Physalien, ist ein 2 wertiger, mit Palmitinsäure veresterter Polyen-alkohol (KUHN, ZECHMEISTEB), ein wahres „Lipochrom". Das Carotin scheint nach den wichtigen Untersuchungen von E H L E R und KARRER dem wachstumfördernden Vitamin A sehr nahe zu stehen.1 Wir haben in der präparativ behandelten Reaktion ein wichtiges Hilfsmittel, um 0 - A r y l a c r y l s ü u r e n und durch deren Hydrierung ß-Arylpropionsäuren zu erzeugen. Anwendung in der Alkaloidchemie, Synthese des Cumarins aus Salicylaldehyd. In der H i p p u r s ä u r e sowie in der Malonsäure sind die Methylengruppen viel reaktionsfähiger als in der Essigsäure. Beide lassen sich daher unter viel milderen Bedingungen, z. B. schon durch Pyridin, mit Aldehyden kondensieren. Die Anwendung der Malonsäure bedeutet eine Ergänzung der PERKmschen Reaktion für die Fettreihe (DOEBNER), z . B . :

/COOH >- CH3-CH=C< \COOH v CH s .CH=CH COOH + CO,. Crotonsäure Es existieren zwei Zimtsäuren von verschiedener Konfiguration, die im Verhältnis der cis-trans-Isomerie zueinander stehen. Die gewöhnliche Zimtsäure entspricht der Transform (Fumarsäure); die cisZimtfäure heißt Allozimtsäure und ist neben der isomeren zuerst im Pflanzenreich aufgefunden worden. Synthetisch wird sie durch partielle katalytische Hydrierung mit Platin und H2 aus Phenylpropiolsäure CeHg-C=C—COOH erhalten (FAAX), die ihrerseits aus Zimtsäuredibromid unter zweifacher Abspaltung von HBr zugänglich ist. Indigosynthese von BAEYER aus o-Nitrophenylpropiolsäure. Zwei weitere Zimtsäuren vom Schmelzp. 42° und 58° sind als kristallographisch verschiedene, polymorphe Formen der Allozimtsäure erkannt worden CH.CHO + CH,-(COOH),

(BITLMANN).

Versuch. H y d r i e r u n g der Zimtsäure. In einer Glasstöpselflasche von 250 ccm Inhalt löst man 10 g Zimtsäure unter Schütteln in verd. Natronlauge, so daß das Volumen etwa 100 ccm beträgt. Man gibt die Lauge nach und nach zu und prüft mit Phenolphthaleinpapier — ein Tropfen Lösung auf Filtrierpapier und Tüpfelprobe — auf eben alkalische Reaktion. Dann trägt man in kleinen Stücken nach und nach frisches 2-proc. Natrium1

Siehe

JAVILLIEB, BL. 4 7 ,

489

(1930).

V, 8

Perkinsehe Synthese.

Zimtsäure aus Benzaldehyd usw.

22&

amalgam (Darstellung siehe unten) unter stetem Schütteln und öfterem Lüften des Stopfens ein, im ganzen etwa 250 g. Zum Schluß erwärmt man noch im Wasserbad (in warmes Wasser einstellen und dann anheizen), bis sich alles Quecksilber verflüssigt hat, läßt nach dem Erkalten das Metall im Scheidetrichter ab und säuert mit Salzsäure an, wobei sich die Hydrozimtsäure zunächst ölig abscheidet. Durch Abkühlen und Reiben erstarrt sie, man saugt dann ab und kristallisiert aus heißem, etwas Salzsäure enthaltendem Wasser um. Wegen des niedrigen Schmelzpunktes der Säure (47°) muß man langsam abkühlen lassen. Vgl. S. 7. Ausbeute 8 g. Eine Probe, in wenig verd. Sodalösung gelöst, darf einen Tropfen Permanganatlösung nicht entfärben. Die Hydrierung der Zimtsäure wird auch auf katalytischem Weg durchgeführt (S. 364). W e r die eben beschriebene Methode wählt, hydriere dort Linolensäure oder Phenol. Natriumamalgam. Quecksilber und Natrium reagieren sehr heftig, unter Feuererscheinung, miteinander; daher Abzug und Schutzbrille! Man wärmt 3 0 0 g Quecksilber in einer mittelgroßen Eeibschale auf 3 0 — 4 0 ° vor, spießt das in kleine Würfel geschnittene Natrium (im ganzen 6 - 5 g) auf einen spitzen, etwa 30 cm langen Glasstab und drückt die einzelnen Stückchen in rascher Folge unter das Quecksilber, wobei man zum Schutz gegen das Verspritzen einen Tonteller auflegt. Das erstarrte Amalgam wird noch warm in kleine Stücke zerschlagen und in einem gut verschlossenen Gefäß aufbewahrt. Größere Mengen Natriumamalgam werden am besten in einem hessischen Tiegel dargestellt; man läßt größere Natriumstücke, an einem langen un d schweren Glasstab aufgespießt, durch dessen Gewicht in das erwärmte Quecksilber hineingleiten. Um höher als 3-proc. Amalgam zu erhalten, muß der Tiegel mit einer Flamme geheizt werden. «^-ungesättigte Carbonylverbindungen (Aldehyde, Ketone, Ester und Säuren) sind schon durch die üblichen Reduktionsmittel, wie Zink und Säure, Natriumamalgam, Natrium uud Alkohol, hydrierbar, während die Kohlenstoffdoppelbindung sich bei Olefinen nur durch katalytisch erregten Wasserstoff absättigen läßt. Nach THIELE ergibt sich die Erklärung für diese Verhältnisse in der Annahme einer 1,4-Addition, für die der doppelt gebundene Sauerstoff dem Wasserstoff eineD geeigneten Angriffspunkt darbietet:

GATTOTMANN, Praxis.

23. Auflage.

15

226

Organisch-präparativer

Teil

Auch die Doppelbindungen des Benzolkerns treten in dieser Weise mit benachbarten Carboxylgruppen in die Beziehung der Konjugation. H y d r i e r u n g der B e n z o e s ä u r e und der P h t h a l s ä u r e n durch Natrium in Alkohol (BAEYEB). Aber auch K o h l e n w a s s e r s t o f f e vom T y p u s des S t y r o l s können durch das gleiche Reduktionsmittel hydriert werden (KLAOES), Z. B.:

C,H»• CH=CH—CH,

2H

>

C.H. CH.-CHj.CH,.

9. Reimer-Tiemann sehe Synthese. Salicylaldehyd aus Phenol und Chloroform.1 In einem Rundkolben von 1 Liter Inhalt löst man 80 g Natron in 80 ccm Wasser unter Erwärmen auf, versetzt warm mit 25 g reinem P h e n o l und kühlt die Lösung, ohne sie hierbei umzuschüttein — damit ein Auskristallisieren von Phenolnatrium vermieden wird —, durch Eintauchen in kaltes Wasser auf 60—65° ab. Man verbindet dann den Kolben durch einen zweifach durchbohrten Kork einerseits mit einem gut wirkenden Rückflußkühler und anderseits mit einem Thermometer, dessen Kugel in die Flüssigkeit eintaucht, und gießt von 60g C h l o r o f o r m zunächst ein Drittel durch das Kühlrohr, worauf beim gelinden Umschütteln die Flüssigkeit vorübergehend eine fuchsinrote Farbe annimmt. Unter Regulierung der Temperatur auf das Gebiet zwischen 65 0 und 70° durch Eintauchen des Kolbens in kaltes oder heißes Wasser fügt man nach etwa 10 Minuten das zweite Drittel und nach weiteren 15 Minuten den Rest des Chloroforms zu; in diesem Stadium soll öfters geschüttelt werden. Zum Schluß wird noch eine Stunde lang auf dem Wasserbad erwärmt, dann leitet man durch das Reaktionsprodukt Wasserdampf, bis kein Chloroform mehr übergeht. Man läßt nun etwas abkühlen und säuert die orange gefärbte alkalische Flüssigkeit vorsichtig mit verdünnter Schwefelsäure an, wobei sie fast farblos wird, und leitet schließlich so lange Wasserdampf ein, bis mit dem Wasser keine Oltropfen mehr übergehen. Das Destillat wird sodann mit Äther aufgenommen und die ätherische Schicht vom Wasser getrennt, worauf man die Hauptmenge des Äthers auf dem Wasserbade verdampft Der Rückstand, der neben Salicylaldehyd unverändertes Phenol enthält, wird nun in einer kleinen Glasstöpselflasche mit dem doppelten Volumen konzentrierter käuflicher Natriumbisulfitlösung kräftig 1

B. 0 , 423, 824 (1876); 10, 1562 (1877); 16, 2685 (1882) unw.

V,9

Reimer-Tiemannsehe

Synthese

227

usw.

durchgeschüttelt, wobei sich ein fester Brei der Bisulfitverbindung des Aldehyds abscheiden muß. Nach 1 / i - bis 1 stündigem Stehen filtriert man die abgeschiedenen Kristalle an der Saugpumpe (Filterplatte) ab, preßt sie fest zusammen und wäscht zur vollständigen Entfernung noch anhaftenden Phenols mehrere Male mit Alkohol und schließlich mit Äther nach. Die perlmutterglänzenden Blättchen werden dann in einem kleinen Rundkolben mit Steigrohr durch gelindes Erwärmen mit verdünnter Schwefelsäure auf dem Wasserbad zersetzt Nach dem Erkalten nimmt man den abgeschiedenen Aldehyd mit Äther auf, trocknet die ätherische Lösung mit entwässertem Glaubersalz und unterwirft den nach dem Verdampfen des Äthers hinterbleibenden reinen Aldehyd der Destillation, wobei er bei 196° übergeht. Die Ausbeute beträgt 10—12 g. Der mit Wasserdämpfen nicht flüchtige p - O x y b e n z a l d e h y d kristallisiert aus dem heiß filtrierten und mit Kochsalz gesättigten Rückstand der Wasserdampfdestillation öfters erst nach längerem Stehen aus. Äthert man nach dem Abfiltrieren das Filtrat aus, so erhält man noch eine weitere Menge, welche gemeinsam mit der ersten durch Umkristallisieren aus Wasser unter Zusatz von etwas wäßriger schwefliger Säure gereinigt werden kann. Schmelzp. 116°. Ausbeute 2—3 g. Das Präparat mißlingt, wenn das Phenolnatrium gleich zu Beginn auskristallisiert. Diese auch bei substituierten Phenolen allgemein anwendbare, aber wegen des Eintretens von Nebenreaktionen meist wenig ertragreiche Synthese erinnert in ihrem Ergebnis sehr stark an die K O L B E sehe Salicylsäuresynthese (VI, 4 S. 288) und man könnte versucht sein, ihren Verlauf gleichartig aufzufassen, wie er dort als wahrscheinlich erwiesen ist: daß nUmlich auf dem Weg des doppelten Austausches unter Abspaltung von einem Mol NaCl das Chloroform am Sauerstoff fixiert werde, dann die beiden übrigen Chloratome sich gegen Sauerstoff vertauschten und schließlich der so entstandene Phenylameisensäureester eine dem Phenylcarbonat entsprechende Umlagerung unter Wanderung der Formylgruppe (nach o- oder p-) erfahre:

15*

Organisch-präparativer Teil

228

Wahrscheinlicher drückt sich jedoch der Vorgang darin aus, d a ß z u e r s t C h l o r o f o r m an eine D o p p e l b i n d u n g a n g e l a g e r t w i r d und daß der Prozeß dann in nachstehender, leicht ersichtlicher Form weiter schreitet:

' U ^ H C ,

V

^ UONa + NaCl + H,0

nur bei sehr hohen Temperaturen und zwar mit verdünntem Alkali ausführbar ( K . H. METER und F . BERGIUS). Leichter gelingt sie, wenn o- oder p-ständige Nitrogruppen die Bindung des Halogens lockern; davon war schon auf S. 99 die Rede. Ein allgemein gangbarer Weg führt von den primären aromatischen Aminen über die Diazoniumsalze zu den Phenolen (S. 271). Die Phenole unterscheiden sich in ihren Eigenschaften und Reaktionen sehr deutlich von den gewöhnlichen Alkoholen der Fettreihe. Sie sind ja auch grundsätzlich von diesen unterschieden dadurch, daß ihre OH-Gruppe an einem doppelt gebundenen C-Atom steht. Dadurch rücken sie in Parallele zu den gleichartig gebauten E n o l c n , denen sie auch nachher gegenüber gestellt werden. H

H R

\c_c/B' A Ö • H OH HT~0 Enol Einfache Ketone, wie Aceton und ähnliche, sind in der „tautomeren" Form H j C = C — C H S nicht existenzfähig. Woran liegt es, daß im Phenol OH ir=0H Phenol

VI, 1

Überführung einer Sulfonsäwe

in ein Phenol

231

nicht eine gleichartige Ketisierung, nämlich zu A, eintritt? Die Gründe sind wohl die gleichen, die allgemein die Existenz umlagerungsfähiger Derivate des teilweise — hier zweifach — hydrierten Benzols unmöglich machen und auf die schon mehrfach hingedeutet worden ist (z.B. S. 172). Das Bestreben, das am meisten gesättigte System des aromatischen Kernes mit seinen 3 Doppelbindungen aufrecht zu erhalten, veranlaßt die stabile Herausstellung der Hydroxylgruppe und damit den eigenartigen Charakter der Phenole. Die Phenole sind S ä u r e n , weil die OH-Gruppe, wie in den Carbonsäuren, an einem doppelt gebundenen Atom haftet. —C—OH

b

und

-C—OH

4 •

/ \

Zwar ist der saure Charakter des einfachen Phenols nicht stark ausgeprägt und wächst erst mit der Substitution des Kernes durch negative Substituenten, wie N0 2 und Halogen. Die Alkalisalze des Phenols sind in wäßriger Lösung weitgehend hydrolytisch gespalten und sie werden schon durch Kohlensäure vollständig zerlegt. Auf diese Weise kann man Phenole von Carbonsäuren abtrennen. V e r s u c h . Man leitet iu eine nicht zu verdünnte Lösung von /9-Naphtbol in Natronlauge Kohlendioxyd ein, bis sich das freie Naphthol abscheidet. Auch bei anderen Reaktionen erweist sich die OH-Gruppe der Phenole reaktionsfähiger als die der aliphatischen Alkohole. Sie reagieren, im Gegensatz zu diesen, leicht mit Diazomethan. Auch mit anderen Alkylierungsmitteln, wie Alkylhalogenid, Dialkylsulfat, setzen sie sich, anders als jene, schon in wäßrig alkalischer Lösung um. Die meist gut kristallisierenden Benzoylderivate sind trefflich zu ihrer Charakterisierung geeignet (SCHOTTEN-BAUMANN sehe Reaktion). V e r s u c h . In einem Reagenzrohr löst man eine kleine Menge kristallisiertes Phenol ('/ 2 g) i Q 5 ccm Wasser auf, fügt 1 / 2 ccm Benzoylchlorid hinzu, macht mit starker Natronlauge deutlich alkalisch und erwärmt unter Schütteln kurze Zeit gelinde über einer Flamme. Kühlt man dann das Reaktionsgemisch unter Schütteln und Reiben mit einem Glasstabe unter der Wasserleitung ab, so erstarrt das abgeschiedene Ol zu farblosen Kristallen, welche man an der Saugpumpe abfiltriert, reichlich mit Wasser nachwäscht, auf einem Tonscherben abpreßt und in einem kleinen Reagenzrohr aus wenig Alkohol umkristaliisiert. Schmelzpunkt des Benzoesäure-phenylesters 68—69°.

232

Organisch-präparativer Teil

Der Versuch kann in der gleichen Weise mit /9-Naphthol ausgeführt werden. Schmelzpunkt der Benzoylverbindung 107°. Über die Bedeutung dieser viel benützten Reaktion, in die auch die Amine einbegriffen sind, ist schon auf S. 116/117 das Nötige gesagt. Die N a p h t h o l e sind in mancher Hinsiebt noch reaktionsfähiger als das einfache Phenol. Dies äußert sich vor allem darin, daß ihre Äther nach der gleichen Methode wie die Ester der Carbonsäuren, nämlich direkt durch Alkohol- und HCl erhalten werden können. Auch setzen sie sich mit Chlorzink-Ammoniak und nach einer von H. B U C H E B E B allgemein studierten Reaktion mit Auimoniumsulfit und Ammoniak glatt zu Naphthylaminen um. Aus alledem ersieht man, daß die Phenole den Carbonsäuren weit näher stehen, als den Alkoholen der Fettreihe. Von großer Bedeutung ist der Einfluß, den die OH-Gruppe auf die Reaktionsfähigkeit des Benzolkerns ausübt. Alle Substitutionsvorgänge, die wir auf primäre Addition zurückführen, erfolgen w e i t l e i c h t e r , und zwar wird dabei die o- und die p-Stellung von eintretenden Substituenten aufgesucht. Eine Anzahl hierauf zu begründender Umsetzungen wird in folgenden und späteren Präparaten noch behandelt. Hier sei erwähnt, daß aus einer wäßrigen Phenollösung durch Bromwasser augenblicklich o , o , p - T r i b r o m p h e n o l ausgefällt wird (Methode' zur quantitativen Phenol-Bestimmung.) V e r s u c h . Man setzt zu einer etwa 2-proc. Phenollösung so lange Bromwasser, als das Brom verbraucht wird, saugt dann den flockigen farblosen Niederschlag ab und kristallisiert ihn nach dem Trocknen aus verd. Alkohol um. Schmelzp. 95°. Man erklärt sich diese überraschende Reaktionsfähigkeit — die wir bei den Enolen ebenfalls antreffen werden — nach K. H. M E T E R daraus, daß die OH-Gruppe die an sie angrenzende Doppelbindung „ a k t i v i e r t " , daß in diese Aktivierung im Sinne der TiiiELESchen Vorstellungen auch das konjugierte System zweier benachbarter Doppelbindungen eingeschlossen ist. Phenol kann demnach mit Brom unter primärer Addition nach 1,2 und nach 1,4 reagieren: HOBr OH

BBr Br In derselben Weise geht die Aufnahme des zweiten und des dritten Brommoleküls weiter, bis die drei begünstigten Stellen (o-, o-

VI, 2

Metliylierung von Phenolen

238

und p-) mit Brom besetzt sind. Bringt man nun, ein viertes Br a zur Einwirkung, so wird dieses in grundsätzlich gleichartiger Weise, wie hier angenommen, in 1,4-Stellung addiert: HO Br 0 OH i»rj iur u r > rB r I I ^ ! I

.X,

Br Hier kann aber die Abspaltung von HBr nicht mehr zu einem echten Benzolderivat zurückführen. In der Tat ist auch das Endprodukt, das sog. „ T r i b r o m p h e n o l b r o m " , das Ketobromid eines Chinons, also eines Dihydrobenzolderivates. Die technische Verwendung des Phenols ist bedeutend; seine wichtigsten Umsetzungen sind die in S a l i c y l s ä u r e (Präp. VI, 4 S. 238) und seine Kondensation mit Formaldehyd zu einem wertvollen Kunstharz, dem B a k e l i t Unter milden Bedingungen läßt sich nämlich Phenol analog der Aldolkondensation mit Formaldehyd zu p - O x y b e n z y l a l k o h o l vereinigen: OH OH i 1 + OCU, CH,OH der in der Wärme Wasser abspaltet und sich polymerisiert. Auch der direkten Einführung von Quecksilber in den Benzolkern der Phenole muß hier Erwähnung getan werden, die schon beim Erhitzen von Phenolen mit Quecksilber-2-acetat eintritt ( B A L B I A N O , P E S C I , D I M B O T H ) : OH

+ Hg(O.COCH3)4

r^^-OH L^-HgOCOCH,

+ CH.COOH.

2. Methylierang von Phenolen. 1 a) A n i s o l . 1 9 g Phenol ('/ 6 Mol) werden in einer enghalsigen Glasstöpselflasche in 100 ccm 2 n-Natronlauge gelöst Dazu fügt man (im Abzug!) von 26 g Dimethylsulfat zuerst etwa den dritten Teil auf einmal zu und schüttelt kräftig um, wobei unter Erwärmung die Methylierung einsetzt. Nach etwa 5 Minuten wird das zweite Drittel mit nachfolgendem Schütteln zugesetzt und in kurzem Abstand der R e s t W ä h r e n d des Durchschütteins ist der 1

ULLMANN,

A. 327, 114 (1903); 340, 208 (1905).

Organisch-präparativer Teil

234

Stopfen von Zeit zu Zeit zu lüften. Wenn die wäßrige Lösung, auf der das gebildete Anisol als Öl schwimmt, nicht mehr alkalisch reagiert, gießt man den Inhalt in einen kleinen, mit Rückflußkühler verbundenen Rundkolben und spült mit 20 ccm Lauge nach. Zur Vollendung der Reaktion und zur Zerstörung von etwa noch vorhandenem Dimethylsulfat wird eine halbe Stunde lang auf dem Wasserbad erhitzt. Nach dem Erkalten läßt man die wäßrige Schicht ab, trocknet das Anisol — das man nur bei erschwerter Abtrennung in Äther aufgenommen hat — mit CaClj und destilliert schließlich. Siedep. 155°. Ausbeute 90 °/0 der Theorie. Auf analoge Weise wird durch Einwirkung von Diäthylsulfat auf Phenol das P h e n e t o l dargestellt. b) N e r o l i n (/S-Naphthyl-methyläther). Der Vorgang ist der gleiche wie beim Anisol, unter Änderung der stöchiometrischen Verhältnisse. Die Substanz ist kristallisiert. Schmelzpunkt 72°. Zur vollständigen Reinigung siehe WITT, B. 34, 3172 (1901). B e i d e r g r o ß e n G i f t i g k e i t der n e u t r a l e n S c h w e f e l s ä u r e e s t e r , vor a l l e m d e s D i m c t h y l s u l f a t s , m ü s s e n a l l e Operationen mit i h n e n sehr v o r s i c h t i g und unter dem Abzug durchgeführt werden! Methylierungen mit Dimethylsulfat werden stets in alkalischer Lösung vorgenommen. Sie gelingen besonders leicht mit Carbonsäuron (Methode zur Darstellung von Estern) und mit Phenolen, während die aliphatischen Alkohole, z. B. die Zucker, nur schwierig und am besten in alkoholischer Lösung durch dieses Mittel veriithert werden. Es ist zu berücksichtigen, daß nur eine der boiden Methylgruppen gemäß der Gleichung: C,H5ONa+

H,C—Ox >SO, HSC—Cr

—>-

C„H 6 0-CH s +

NaOx >SO, HSC(K

auf das Phenol übertragen wird. Erst bei längerer Einwirkung in der Siedehitze gibt auch das zuerst gebildete methylschwefelsaure Salz sein Methyl für die gleiche Reaktion her, wovon man aber präparativ meist keinen Gebrauch macht. Auch At-yl- (z.B. Toluol-) S u l f o n s ä u r e e s t e r dienen zur Alkylierung von Phenolen. Wie wird Dimethylsulfat dargestellt? Ein elegantes Methylierungsmittel für Phenole ist das Diazom e t h a n , das in einem späteren Abschnitt für diesen Zweck benützt wird. Die Phenoläther sind sehr beständige Substanzen, in denen die Reaktionsfähigkeit des Benzolkerns gegenüber der der Phenole sichtlich herabgemindert ist. Die Alkylgruppe sitzt sehr fest. Durch Alkalien wird sie nicht abgespalten, durch Mineralsäuren auch erst bei hoher

235 Temperatur (im Einschlußrohr). Das gebräuchlichste Mittel zur Spaltung ist das Aluminiumchlorid, das nach folgender Gleichung reagiert: C.H, • 0 • CH, + A1C1S —>-

C,H,0 A1C1, + C1 • CH, |

SH,0

C,H,OH + Al(OH), + 2 HCl Nur die A l l y l i i t h e r lagern sich in der Hitze in Allylphenole um

(Olaisen):

.O-CH,-CH=CH8

OH -CH,-CH=CH,

während die Äther der Enole ^>C=C— dieser Reaktion nicht zugäng0 R lich sind. Besonders interessant ist die neuerdings entdeckte Spaltbarkeit der Phenoläther (und auch aliphatischer Äther) durch metallisches Natrium

(Ziegler,

S c h o r i g i n ) , z. B . :

C,H,OCH3 + 2 Na — C , H , O N a + NaCH,. Von substituierten Phenoläthern sind anzuführen die Aminoderivate des Anisols (Anisidin) und Phenetols ( P h e n e t i d i n ) . Sie werden durch Alkylierung der Nitrophenole und nachherige Reduktion der Nitrogruppe bereitet. Die alkalische Reduktion des o-Nitro-anisols führt (wie beim Nitro benzol) zur Hydrazoverbindung, die durch Benzidinumlagerung in die Biphenylbase „Dianisidin", ein wichtiges Zwischenprodukt für blaue Azofarbstoffe übergeführt wird (S. 181). Vom p-Phenetidin leitet sich das bekannte Antipyretikum „Phena c e t i n " (I) und der Süßstoff „ D u l c i n " (II) ab: H.C.O-^

I ^-NH-COCH,,

H , C 8 Q — ^ H ^ - N H . CO • N H , .

Methylierte Phenole bilden vielfach den Bestandteil von Naturstoffen, vor allem von Alkaloiden. Bei deren Konstitutionsermittlung hat die quantitative Bestimmung der in einem Molekül vorhandenen Methoxylgruppen eine große Bedeutung. Ihr dient die treffliche Z e i s e l sche Methode, bei der die Methylgruppe durch konzentrierte Jodwasserstoffsäure als Methyljodid abgespalten wird. Es sei empfohlen, an dem hier dargestellten Präparat diese Methode kennenzulernen (Anleitung S. 73).

3. o- und p-Nitrophenol. 80 g Natron- oder 95 g Kalisalpeter werden im Bundkolben unter Erwärmen in 200 g Wasser gelöst, die Lösung wird vor dem völligen Erkalten unter Umrühren mit 100 g konzentrierter Schwefelsäure versetzt. Zu der auf 20° abgekühlten Mischung läßt man dann

236

Organisch-präparativer

Teil

aus einem Tropftrichter unter häufigem Umschütteln eine durch Erwärmen verflüssigte Mischung von 50 g kristallisiertem Phenol und 5 ccm Wasser tropfenweise hinzufließen, wobei man die Temperatur stets zwischen 20—25 0 hält. Nachdem man das Reaktionsgemisch unter öfterem Schütteln 2 Stunden hat stehen lassen, versetzt man mit dem doppelten Volumen Wasser, läßt absitzen, gießt die wäßrige Schicht so gut als möglich von dem Öl ab, wiederholt das Auswaschen mit Wasser noch zweimal und destilliert dann mit Wasserdampf das o-Nitrophenol ab. Wie man dem Erstarren der Substanz im Kühlrohr begegnet, siehe S. 29. Das abgesaugte und zwischen Filtrierpapier getrocknete Präparat ist direkt rein, wo nicht, wiederholt man die Dampfdestillation. Schmelzp. 45°. Ausbeute 30 g. Die isomere, nicht flüchtige p-Verbindung wird, gleich anschließend, aus dem Rückstand über ihr Natriumsalz isoliert: Man fügt erst so lange 2 n-Natronlauge zu, bis die Reaktion auf Congopapier eben verschwunden ist, dann noch weitere 100 ccm, kocht nach Zugabe von etwas Tierkohle nochmals durch Einleiten von Wasserdampf auf, filtriert durch ein Faltenfilter und dampft auf dem Gasherd bis auf ein Volumen von etwa 100 ccm ein. Beim Erkalten soll das Natriumsalz jetzt auskristallisieren. Sollte dies bei einer Probe nicht der Fall sein, so setzt man der noch heißen Lösung 30 ccm Natronlauge 1 : 1 zu und läßt dann langsam erkalten. Aus dem abgesaugten und mit 2 n-Natronlauge gewaschenen Salz scheidet man mit verdünnter Salzsäure in der Wärme das beim Erkalten kristallisierende (erst ölige) p-Nitrophenol ab, das bei ungenügender Reinheit, d. h. wenn sich eine Probe nicht aus sehr verdünnter heißer Salzsäure Umkristallisieren läßt, nochmals über das Natriumsalz gereinigt wird. Schmelzp. 114°. Ausbeute 5 - 1 0 g. Von der Leichtigkeit, mit der Phenole nitriert werden, war schon die Rede. Der Prozeß verliluft indes auch bei Anwendung von verdünnter Salpetersäure nicht glatt, da infolge von Oxydation und von Kondensation harzige Nebenprodukte entstehen. Bessere Ergebnisse liefert die Nitrierung mit Stickstoffdioxyd in nicht wäßrigen Lösungsmitteln, wie Benzol, Petroläther (Ber. 54, 1776 [1921]). o- und p-Nitrophenol gehen bei weiterer Nitrierung mit stärkerer Säure in das gleiche 2,4-Dinitrophenol und schließlich in P i k r i n s ä u r e über. Hochnitrierte Benzolderivate, wie Pikrinsäure, Trinitrotoluol lassen sich durch eine brisante Vorexplosion (Initialzündung) mit Knallquecksilber oder Bleiazid (Formeln 1) zur Explosion bringen. Sie sind

237 endothermisch, d. h. der im Molekül enthaltene Sauerstoff der Nitrogruppen kann intramolekular Kohlenstoff und Wasserstoff unter positiver Wärmetönung verbrennen. Diese innere Verbrennung ist bei der Pikrinsäure gemäß der Gleichung: 2C 4 H,0 7 N,

>- 12 CO + 2H,0 + 3N, + H,

eine ziemlich weitgehende. m - N i t r o p h e n o l läßt sich nicht direkt durch Nitrierung von Phenol bereiten, da die OH-Gruppe ein Substituent 1. Ordnung ist und daher vorwiegend o- und p-Derivat liefert. Man ist auf den Umweg der Diazotierung von ra-Nitranilin und die Umkochung des Diazoniumsalzes zum Phenol angewiesen (S. 271). m- und p-Nitrophenol sind in reinem Zustand f a r b l o s , die o-Verbindung dagegen ist gelb. Die Salze aller drei Nitrophenole aber sind i n t e n s i v f a r b i g und zwar in der o- und m-Reihe rotorange und gelborange, in der p-Reihe tiefgelb. (Anwendung von p-Nitrophenol als Indicator.) Man hat die starke Färbung der Nitrophenolsalze durch eine Umlagerung in eine das Licht kräftiger absorbierende chinoide Säureform (aet-Typus nach H A N T Z S C H ) ZU erklären versucht. 0 OH

NO, p-Nitrophenol

0=N—ONa p-Nitrophenolnatrium

Dagegen sprechen jedoch verschiedene Erwägungen. Vor allem verhält sich m-Nitrophenol wie die beiden Isomeren, die Alkalisalze müßten also auch chinoid sein. m-Chinone sind aber in der ganzen aromatischen Chemie unbekannt. Ferner gibt es noch mehrfach Beispiele von Substanzen, die bei der Salzbildung eine Farbvertiefung erfahren, wo aber die Umlagerung in ein tautomeres Chinon ausgeschlossen ist. So sind die zweibasischen Salze des gelbbraunen Anthrahydrochinons tief blutrot (S. 323). OH ONa

CCQ CCC ¿H gelbbraun

ONa blutrot

Schließlich sind auch die Alkalisalze des einfachen Phenols tiefer farbig als das Phenol selbst. Diese Tatsache ist zwar subjektiv

Organisch-präparativer

238

Teil

nicht erkennbar, jedoch durch Untersuchung der Absorption im ultravioletten Licht. Dabei hat sich ergeben, daß die Absorption von Phenolnatrium weit näher als die des freien Phenols an den subjektiv sichtbaren Teil des Spektrums heranrückt. Die Differenz ist so bedeutend, daß sie auch für eine subjektiv wahrnehmbare Farbvertiefung von farblos zu gelb eine befriedigende Erklärung enthält. Wir führen also die Färbung der Nitrophenolsalze auf die „bathochrome" ( = färbvertiefende) Wirkung der Salzbildung zurück. Da o- und p-ständige Nitrogruppen die Beweglichkeit von Halogen im aromatischen Kern erhöhen (S. 99), so sind die Nitrophenole auch aus Nitro-chlorbenzolen zugänglich. So läßt sich p-Nitro-chlorbenzol im Autoklaven durch Laugen spalten, das als Zwischenprodukt für Schwefelfarbstoffe wichtige 2,4-Dinitro-phenol geht schon bei milderen Bedingungen aus dem entsprechenden Chlorbenzol hervor.

(Durch Umsetzung mit Ammoniak entsteht p-Nitranilin.) Im Trinitro-chlorbenzol (Pikrylchlorid) ist das Chlor von der gleichen Beweglichkeit wie in einem Säurechlorid. 4. Die Kolbe sehe Salicylsäuresynthese. 1 13*5 g reinen Ätznatrons werden in einer Porzellan- oder zweckmäßiger in einer Nickelschale in 20 ccm Wasser gelöst und unter Umrühren allmählich mit 31 g ('/ 3 Mol) kristallisiertem Phenol versetzt. Man dampft dann auf dem Drahtnetz unter fortdauerndem Umrühren das Wasser ab, gegen Ende mit direkter leuchtender Flamme, die man dauernd unter der Schale hin und her bewegt. Sobald die einzelnen Teile nicht mehr zusammenbacken, pulverisiert man die Masse schnell in einer trocknen Reibschale und erhitzt das feine Pulver nochmals so lange unter gutem Umrühren in der Kickelschale, bis es staubtrocken 1 geworden i s t Es wird dann in eine tubulierte Retorte von etwa 200 ccm Inhalt eingefüllt und diese so tief wie möglich in ein Ölbad eingetaucht. Man erhitzt dieses nun auf 1

J. pr. [2] 10, 89 (1874); 27, 89 (1883); 31, 397 (1885). * Völlige Trockenheit des Phenolats ist Voraussetzung für das Gelingen des Versuchs. Die Zeiteinteilung erlaubt bequem, das in der Schale getrocknete Salz vor Ausführung der Synthese über Nacht im Vakuumexsiccator über Schwefelsäure und festem Ätzkali stehenzulassen.

Die Kolbe sehe

239

Salieylsäuresynthese

110° und leitet bei dieser Temperatur 1 Stunde lang trockne Kohlensäure über das Phenolnatrium (das Ende des Einleitungsrohres 1 cm über der Oberfläche des Phenolnatriums). Im Laufe von 4 Stunden steigert man unter fortwährendem Durchleiten eines nicht zu lebhaften Kohlensäurestromes die Temperatur allmählich auf 190°, so daß in jeder Stunde eine Temperaturerhöhung um etwa 20° eintritt, und erhitzt schließlich noch 1 bis 2 Stunden auf 200°. Während dieser Operation rührt man den Retorteninhalt mehrere Male mit einem Glasstab um. Nach dem Erkalten gießt man den Retorteninhalt aus dem Tubus in ein großes Becherglas, spült mehrfach mit Wasser nach und fällt die Salicylsäure durch viel konzentrierte Salzsäure aus. Nachdem sie unter Eiskühlung kristallinisch geworden ist, saugt man ab, wäscht mit wenig Wasser und trocknet auf Ton. Wenn eine Probe der feuchten Säure sich aus heißem Wasser (unter Zugabe von Entfärbungskohle) direkt rein Umkristallisieren läßt, kann man das ganze Präparat auf diese Weise reinigen. Es ist aber auch dann anzuraten, das Rohprodukt mit überhitztem Wasserdampf zu destillieren, schon um die Methode kennenzulernen. Man erhitzt es zu diesem Zweck in t r o c k nem Z u s t a n d e in einem k u r z h a l s i g e n Kölbchen, welches in einem Olbade auf 170° erwärmt wird, und leitet einen nicht zu lebhaften Wasserdampfstrom von 170—180° darüber (vgl. S. 29). Die Verbindung des Kolbens mit dem Dampfüberhitzer darf erst dann hergestellt werden, wenn Ölbad und Wasserdampf die angegebene Temperatur besitzen. Verbindungsrohr und Kühlrohr müssen besonders weit sein. Erhitzt man die aus dem Kühlrohr entfernte Säure mit dem in der Vorlage befindlichen wäßrigen Destillate bis zur Lösung, so kristallisiert beim Erkalten eine vollkommen farblose Säure in langen Nadeln aus. Schmelzpunkt 156°. Ausbeute 10—12 g. Die erste Phase der K O L B E sehen Reaktion verläuft analog der aus der Fettreihe bekannten Synthese von Alkylcarbonaten aus Alkoholat and Kohlendioxyd: H.C.-ONa + CO,

—>-

H,C,—O-Cf

\ONa

:

Organisch-präparaliver Teil

240

Das so gebildete Natrium-phenylcarbonat lagert sich dann in der Hitze um unter Einwanderung der Carboxy-natriumgruppe in den Kern > o . c ( „ „

r^i-oH

^JH l J-COONa ' Daneben bildet sich in untergeordneter Menge die p-Verbindung, bei Anwendung von Kaliumpbenolat ist diese merkwürdigerweise das Hauptprodukt. Da bei der KoLBESchen Synthese, wie sie hier ausgeführt wurde, das primäre Salicylat teilweise mit unverändertem Phenolnatrium unter Bildung des sek. Salzes reagiert, wird ein Teil des Phenols frei und aus der Reaktion ausgeschaltet. Die vollständige Umsetzung gelingt, wenn man Phenolnatrium nach der Methode von SCHMITT unter C0 2 -Druck im Autoklaven längere Zeit auf etwa 1 5 0 ° erhitzt (technisches Verfahren). Bei mehrwertigen Phenolen gelingt die Carbonsäuresynthese schon in wäßriger Lösung. o- und p-Oxycarbonsäuren spalten beim Erhitzen auf höhere Temperatur C0 2 ab, und zwar steigert sich die Leichtigkeit mit der Anzahl der OH-Gruppen (Darstellung von Pyrogallol aus Gallussäure). Wie wird m-Oxybenzoesäure dargestellt? Reduktion der Salicylsäure zu P i m e l i n s ä u r e (EINHORN).

Versuch. Eine wäßrige Lösung von Salicylsäure versetzt man mit einigen Tropfen Eisen- 3-chloridlösung. Man erhält die für Phenole charakteristische Farbreaktion. Salicylsäure wird in großen Mengen technisch gewonnen. Sie dient in der Farbstoffindustrie zur Darstellung wertvoller Azofarbstoffe, die, teilweise auf gebeizter Faser aufgefärbt, durch große Echtheit ausgezeichnet sind. Außerdem finden die Säure und ihre Derivate eine ausgedehnte pharmazeutische Verwendung. Als Phenolcarbonsäure wirkt sie stark desinfizierend (Konservierungsmittel). Daneben hat sie sich als wichtiges antirheumatisches Mittel und als Analgetikum bewährt. Besonders populär ist die ara Phenolhydroxyl acetylierte Verbindung (Aspirin) geworden. Das erste MedikameDt der Reihe war der als Nebenprodukt beim technischen Verfahren entstehende Phenylester der Salicylsäure, das SaloL Salicylaldehyd wurde oben präparativ dargestellt (S. 226). CH OH (1) Der Alkohol S a l i g e n i n

ist im Glucosid Salicin

in der Weide (salix) enthalten.

5. Synthese eines /9-Ketonsäureesters. Acetessigester.1 Für das sichere Gelingen dieses Präparates ist die Beschaffenheit des angewandten Essigesters von großer Bedeutung, da voll1

Die theoretischen Erläuterungen zu den Präparaten 5—8 finden sich zusammengefaßt auf S. 246 ff.

VI, 5

Synthese

eines ß-Ketonsäureesters.

Acetessigester

241

kommen alkoholfreier Essigester selbst beim Erwärmen nur langsam von Natrium angegriffen wird, während anderseits stark alkoholhaltiger zwar leicht mit dem Natrium reagiert, jedoch wechselnde und zum Teil geringe Ausbeuten an Acetessigester liefert. Der präparatiy gewonnene Essigester (S. 134) enthält noch zu viel Alkohol und wird von diesem befreit durch 2 stündiges Stehenlassen über gekörntem Calciumchlorid. Die abgegossene oder abfiltrierte Flüssigkeit destilliert man kurz vor dem Gebrauch nochmals über wenig Calciumchlorid auf dem Wasserbad ab. Der vorher gut getrocknete Kühler ist durch einen Kork mit der Vorlage (Saugflasche) verbunden. Man preßt 26 g von Krusten befreites Natrium durch die Natriumpresse in absoluten Äther und bringt den Draht ohne weiteres in 250 g des vorbereiteten Essigesters, die sich in einem Literkolben befinden; auf ihn wird alsbald ein schräg gerichteter Rückflußkühler aufgesetzt. War der Essigester richtig behandelt, so darf er hierbei nicht sofort stürmisch aufsieden, vielmehr tritt erst allmählich Wasserstoffentwicklung und dann gelindes Sieden ein. Nach 10 Minuten bringt man den Kolben in ein schwach angeheiztes Ölbad, dessen Temperatur man so reguliert, daß der Essigester nur mäßig siedet, und erhitzt das Reaktionsgemisch so lange, bi3 alles Natrium gelöst ist, was etwa 3 Stunden Zeit erfordert. Allzulanges Kochen schädigt die Ausbeute. Man beendigt den Prozeß unbeschadet k l e i n e r Natriumreste möglichst frühzeitig. Die warme Flüssigkeit versetzt man unter stetem Umschütteln so lange mit einer Mischung von 70 ccm Eisessig und 80 ccm Wasser, bis sie eben s a u e r reagiert. Man fügt dann zu der Flüssigkeit das gleiche Volumen kalt gesättigter Kochsalzlösung und trennt die untere wäßrige Schicht von der oberen, aus Essigester und Acetessigester bestehenden, durch Ablassen im Scheidetrichter. Man schüttelt nochmals mit wenig kalt gesättigter Bicarbonatlösung durch, läßt diese ab und destilliert jetzt den überschüssigen Essigester aus einem mit Thermometer und absteigendem Kühler verbundenen Kolben mit rußender Flamme ohne Anwendung eines Drahtnetzes ab. Sobald das Thermometer 95° anzeigt, hört man mit dem Erhitzen auf und unterwirft den Rückstand der Destillation im Vakuum unter Benutzung eines kleinen Wasserkühlers und (zweckmäßig) der in Fig. 16 oder 17 abgebildeten Vorlage. Die Erhitzung geschieht bei einem Druck unterhalb 16 mm im Wasser-, sonst im Öl- oder Paraffinbad. Nachdem GiTTKiiMASN, P r a x i s .

23. A u f l a g e .

16

242

Organisch-präparaiimr

Teil

geringe Mengen von Essigester und Wasser übergegangen sind, wird die Temperatur bald konstant, und die Hauptmenge des Acetessigesters geht innerhalb eines Grades über. Siedepunkte für verschiedene Drucke: 71 °/12• 5 mm, 74°/14 mm, 79°/18 mm, fc8°/29 mm, 94°/45 mm, 97°/59 mm, 100°/80 mm. Die Ausbeute beträgt 55 bis 60 g Acetessigester. Im Kolben bleibt ein beim Erkalten kristallisierender Körper: D e h y d r a c e t s ä u r e . Formel? Die einzelnen Operationen sollen ohne längere Unterbrechung nacheinander ausgeführt werden, weil sonst die Ausbeute leidet. 6. Acetylaceton.1 In die Mischung von 120 ccm E s s i g e s t e r (wie zur Darstellung von Acetessigester gereinigt) und 32 ccm trocknen A c e t o n s trägt man unter Kühlung im Kältegemisch 34 g fein gepulvertes Natriumamid 2 — das unter Verschluß steht — nach und nach ein. Der Kolben trägt einen mit CaCl2-Rohr versehenen Kork- oder Gummistopfen. Es entwickelt sich alsbald kräftig Ammoniak. Nachdem alles Natriumamid eingetragen ist, läßt man unter häufigem Umschütteln noch 2 Stunden in Eiswasser undweitere 12 Stunden bei Raumtemperatur stehen, setzt dann etwa 100 g Eis und hernach ebensoviel kaltes Wasser zu, trennt die wäßrige Schicht von dem übrig gebliebenen Essigester und säuert bis eben zum Verschwinden der alkalischen Reaktion mit verd. Essigsäure au. Aus dieser Lösung wird das Acetylaceton mit gesättigter wäßriger Kupferacetatlösung als Kupfersalz gefällt. 40 g Kupferacetat werden, fein gepulvert, in der nötigen Menge siedenden Wassers gelöst. Wenn das Präparat basisches Salz enthält, fügt man kleine Mengen Essigsäure zu. Die Lösung verwendet man noch lauwarm, ehe das Salz wieder auskristallisiert. Das blaugraue Acetylaceton-Kupfer wird nach einigen Stunden scharf abgesaugt, zweimal mit Wasser gewaschen, von der Nutsche direkt in einen Scheidetrichter gebracht und in ihm unter Äther durch anhaltendes Schütteln mit 50 ccm 4 n-Schwefelsäure zerlegt. Nach dem Abtrennen der Ätherlösung äthert man die saure Schicht nach, trocknet die vereinigten Auszüge mit Calciumchlorid und bringt das Diketon nach Wegdampfen des Äthers 1

L. CLAISEN, B. 38. 695 (1905). Das Pulvern muß möglichst rasch, am besten in einem Metallmörser, ausgeführt werden (Schutzbrille!). Die Qualität des Natriumainida ist entscheidend für die Ausbeute. 1

243

Ma lonsäure- diäthyles ter

zur Destillation. Die Hauptmenge geht zuerst bei 125—140°, bei der Wiederholung der Destillation bei 135—140° über. Der Siedepunkt des ganz reinen Diketons liegt bei 139°. Ausbeute 15—20 g. Ein reineres und auch haltbareres Präparat gewinnt man durch Destillation der Substanz bei einem Unterdruck von etwa 50 mm. Versuch. Die wäßrige Lösung von einigen Tropfen Acetylaceton versetzt man mit einem Tropfen Eisen-3-chloridlösung. Charakteristische Enolreaktion. Läßt man nun zu der mit Eis gekühlten Lösung ziemlich rasch verdünntes Bromwasser fließen, so verschwindet die rote Farbe des Eisenenolats für kurze Zeit, um dann rasch wiederzukehren. B e n z o y l a c e t o n C 6 H 5 - C O - C H 3 ' C O ' C H g wird auf analoge Weise nach der Vorschrift von CLAISEN, B. 38, 695 (1905) aus Acetophenon und Essigester dargestellt. Ausbeute bis zu 75 Proc. der Theorie. Auch der umgekehrte, billigere Weg der Umsetzung von Benzoesäureester mit Aceton, für den dio Kondensation mit Natrium und Natriumäthylat versagt, führt bei Anwendung von Natriumamid zum Ziel. Allgemein ist Natriumamid bei der Synthese von 1,3-Diketonen vorzuziehen. 7. Malonsäure-diäthylester. In einer geräumigen Porzellanschale werden 95 g (1 Mol) Monochloressigsäure in 200 ccm Wasser gelöst und unter gelindem Erwärmen (auf 50°) mit festem, trocknem kohlensauren Kali neutralisiert, wozu 75 g dieses Salzes erforderlich sind. Man fügt dann 55 g fein pulverisiertes, reines Natriumcyanid (oder 70 g KCN) hinzu und steigert unter gutem Umrühren die Temperatur s e h r a l l m ä h l i c h durch Erwärmen auf einem Sandbade oder einem Asbestteller (alles unter dem Abzüge ausführen). Nachdem unter lebhaftem Aufsieden die Bildung der Cyanessigsäure vor sich gegangen ist, dampft man das Reaktionsgemisch unter Umrühren mit dem Thermometer auf einem Gasherd so weit ein, bis ein in die zähflüssige bräunliche Salzmasse eintauchendes Thermometer 135° zeigt Man läßt dann erkalten, rührt jedoch auch während des Abkühlens noch mit einem Spatel um, da das Produkt sonst zu einer harten, kaum pulverisierbaren Masse zusammenbackt. Es wird dann schnell in einer großen Reibschale gut zerkleinert und in einem mit Rückflußkühler verbundenen 16*

244 Kolben von etwa 1 Liter Inhalt unter gutem Umschütteln zuerst mit 50 ccm absoluten Alkohols und dann mit der erkalteten Mischung von 200 ccm absoluten Alkohols und 150 ccm konz. Schwefelsäure allmählich versetzt. Man erwärmt nun die breiige Masse unter öfterem Umschütteln zwei Stunden auf einem Wasserbad (Abzug), kühlt dann gut ab und versetzt, wieder unter Umschütteln, mit 400 ccm Wasser. Nachdem man das ungelöste Salz an der Saugpumpe abgesaugt und auf dem Filter mehrmals mit Äther gewaschen hat, schüttelt man das wäßrige Filtrat mit diesem und hernach noch zweimal mit neuem Äther tüchtig aus. Der gesamte Ätherauszug wird darauf mit einer konzentrierten wäßrigen Sodalösung so lange durchgeschüttelt ( S c h e i d e t r i c h t e r h i e r b e i a n f a n g s der s t a r k e n G a s e n t w i c k l u n g w e g e n n i c h t v e r s c h l o s s e n ) , bis er nicht mehr sauer reagiert, und dann mit geglühtem Natriumsulfat getrocknet, worauf man nach dem Verdampfen des Äthers den Rückstand rektifiziert. Siedep. 195°. Ausbeute 90—100 g. Ä t h y l m a l o n e s t e r . In einem mit gut wirkendem Ilückflußkühler verbundenen kleinen Kolben löst man 4*6 g Natrium in 75 ccm absoluten Alkohols auf, versetzt die erkaltete Lösung allmählich mit 33 g Malonsäureester (Abscheidung von Natriummalonester) und fügt unter Umschütteln in kleinen Anteilen 25 g Äthylbromid oder 35 g Äthyljodid hinzu. Man erwärmt dann auf dem Wasserbad, bis die Flüssigkeit nicht mehr alkalisch reagiert, was nach ein- bis zweistündigem Erhitzen erreicht ist, destilliert den Alkohol im Vakuum aus einem Wasserbad von 40—50° ab und nimmt aus dem Rückstand den Ester mit Äther auf (2- bis 3 mal extrahieren). Nach dem Verdampfen des Äthers destilliert man das Rohprodukt. Siedep. 206—208°. Ausbeute rund 30 g. Ä t h y l m a l o n s ä u r e . Die erkaltete Lösung von 15 g Ätzkali in 12 ccm Wasser wird in einem kleinen, mit Rückflußkühler versehenen Rundkolben unter Umschütteln nach und nach mit 19 g Äthylmalonester versetzt. Die anfangs entstehende Emulsion erstarrt bald zu einer festen Masse von Kalium-äthylmalonester und wenn man jetzt auf dem schwach siedenden Wasserbad mäßig erwärmt, setzt die Verseifungsreaktion unter starker Selbsterwärmung ein. Man setzt das Erhitzen noch so lauge fort, bis die Olschicht verschwunden ist, läßt erkalten, schüttelt das — häufig kristallisierende — Reaktionsgemisch im Kolben zur Entfernung von etwa nicht verseiften Esterresten zweimal mit Äther durch

Phenylnitromethan

245

(Gummistopfen aufsetzen!), den man einfach abgießt Dann säuert man unter Eiskühlung mit Salzsäure (26 ccm konz. 1 -18 + 25 ccm Wasser) an (Congopapier!) und schüttelt die Lösung im Scheidetrichter fünfmal mit je 25 ccm Äther aus, den man mit Natriumsulfat trocknet. Nach dem Verdampfen des Äthers bringt man den Rückstand durch Abkühlen und Reiben zur Kristallisation. Man kann die Äthylmalonsäure aus Benzol Umkristallisieren (Probe), zur Überführung in Buttersäure ist dies nicht erforderlich, Schmelzp. 111°. Ausbeute 12 g. B u t t e r s ä u r e a u s Ä t h y l m a l o n s ä u r e . Die Äthylmalonsäure wird in einem kleinen Fraktionierkolben, dessen möglichst langes Kondensationsrohr schräg nach oben gestellt ist, während das Thermometerrohr verkorkt ist, in einem Ölbade so lange auf 180° erhitzt, bis sich keine Kohlensäure mehr entwickelt, was nach 1 / i Stunde erreicht ist. Den Rückstand unterwirft man dann aus dem gleichen Kolben in üblicher Weise der Destillation, wobei die Buttersäure zwischen 162—163° übergeht. Ausbeute 80 bis 90 Proc. der Theorie. Durch Umsetzung von Natriummalonester mit der äquivalenten Menge (genau lMol) B e n z y l c h l o r i d gelangt man in analoger Weise zum B e n z y l m a l o n e s t e r und schließlich zur H y d r o z i m t s ä u r e . 8.

a)

Phenylnitromethan. 1

aci-Phenyl-nitroacetonitril-natrium CJHJ-C'CN

!l NOONa 8 g Natrium werden in 120 ccm absol. Alkohols in einem Rundkolben von 500 ccm Inhalt gelöst. In diese Lösung läßt man, unbeschadet einer Abscheidung von Äthylat, unter Wasserkühlung das Gemisch von 36 g Benzylcyanid (S. 130) und 32 g Äthylnitrat (S. 141) nach und nach einlaufen. Das in der Überschrift formulierte Salz scheidet sich allmählich in kaum gefärbten Kristallen ab ; man läßt zur Beendigung der Reaktion noch eine Stunde ohne Kühlung, aber unter Ausschluß von Wasser stehen, saugt dann ab und wäscht den Salzniederschlag zuerst mit Alkohol-Äther (1:1), dann mit Äther allein. Ausbeute 40—45 g. Eine Probe des Salzes gibt in alkoholischer Lösung mit Eisen-3-chlorid eine intensive olivgrüne Farbreaktion. 1

W.

WISLICENÜS

u. A.

ENDRES,

B. 36, 1757 (1902).

246 b) V e r s e i f u n g zu a c i - P h e n y l n i t r o m e t h a n - n a t r i u m . Das erhaltene Natriumsalz (etwa 40 g) wird im offenen Rundkolben auf dem Babotrichter mit 600 ccm 2-n-Natronlauge zu gelindem Sieden gebracht. Die Lösung konzentriert sich allmählich und es entwickeln sich große Mengen von Ammoniak. Wenn die NHj-Entwicklung aufgehört hat, ist die Spaltung beendet. Häufig beginnt das in überschüssiger Lauge schwer lösliche Natriumsalz des acz-Phenylnitromethans schon in der Hitze auszukristallisieren. Wenn dies vor Beendigung des Prozesses eintritt, setzt man bis zur Lösung heißes Wasser zu und kocht weiter, bis sich kein Ammoniak mehr verflüchtigt. Dann läßt man erkalten und säuert u n t e r g u t e r E i s k ü h l u n g und stetem Umschütteln mit etwa 220 ccm starker Salzsäure (110 ccm konz. + 110 ccm Wasser) an, bis zur deutlichen Gongoreaktion und vollständigen Ausfällung des in Flocken herauskommenden act-Nitrokörpers. Es entweicht massenhaft Kohlendioxyd. Das Reaktionsgemisch bleibt nun über Nacht stehen, damit die empfindliche aci-Verbindung Zeit hat, sich in das stabile Phenylnitromethan umzulagern. Am andern Morgen äthert man erschöpfend aus, schüttelt die Ätherlösung mit Sodalösung durch, dampft den Äther, ohne ihn zu trocknen, ab und treibt den Rückstand mit Wasserdampf über. Das Destillat wird wiederum in Äther aufgenommen, dieser mit Calciumchlorid getrocknet und der Inhalt der Lösung nach dem Abdampfen des Äthers auf dem Wasserbad im Vakuum destilliert. Das Phenylnitromethan geht unter 16 mm Druck bei 118—119° als hellgelbes Öl über. Ausbeute 14—18 g, durchschnittlich 50 Proc. der Theorie. Über Keto-Enol-Tautomerie. Die einfachen Aldehyde und Eetone sind uns als freie Verbindungen und in ihren Reaktionen im allgemeinen nur in der Aldound Ketoform bekannt EELENMEYER hat die Regel aufgestellt, daß die isomere Struktur des Enols, wie sie z. B. bei der Bildung von Acetaldehyd aus Glykol zuerst auftreten sollte: CH.-CH,

I

OH

I

OH

-H'°)

CH,=CH

I ,

OH

in keinem Fall existenzfähig sei Diese Begel hat sich, namentlich unter der Wirkung der Arbeiten von CLAISEN, als irrtümlich erwiesen. Wir wissen heute, daß schon einfache Aldehyde und Eetone

VI eine nachweisbare Neigung zeigen, unter Wanderung eines H-Atoms und gleichzeitiger Verschiebung der Doppelbindung sich zu „enolisieren". So hat man feststellen können, daß bei der B r o m i e r u n g des Acetons, die sich als monomolekulare Reaktion erwiesen hat, nicht die normale Ketoform in Reaktion tritt, sondern die tautomere Enolform, die in unmeßbar geringer Konzentration im Gleichgewicht vorhanden ist und sich nach der Umsetzung alsbald wieder nachbildet. Der monomolekulare Charakter der Reaktion ergibt sich daraus, daß der zeitliche Verlauf dieser Umlagerung (I) gemessen wird, während die Reaktion des Enols mit Brom (II) mit unmeßbar großer Geschwindigkeit vor sich geht (LAPWORTH). Wir haben also die Gleichungen: CH,.CO-CH,

—>

CH,.C^CH,

-HBf>

Br^

CH.-CBr—CU.Br

CII.-CO-CH.Br.

Es sei hier erwähnt, daß Aceton und auch Acetaldehyd bei Ausschluß von Wasser durch metallisches Natrium (unter Wasserstoffentwicklung), oder besser durch Natriumamid in die sehr reaktionsfähigen „Enolate", z. B.: CH,=C—CH a ONa umgewandelt werden. Die Beweglichkeit eines an dem der C—O-Gruppe benachbarten C-Atom haftenden Wasserstoffatoms, die die Voraussetzung für den Übergang in die Enolform bildet, wächst nun, wenn an diesem selben C-Atom noch weitere a k t i v i e r e n d e , das sind im allgemeinen ung e s ä t t i g t e Gruppen haften. Dieser Fall liegt vor im A c e t e s s i g e s t e r , in dem die Gruppe —COOR diesen Einfluß ausübt. D e r M e c h a n i s m u s der A c e t e s s i g e s t e r - S y n t h e s e . Ehe die Tautomerieverhältnisse beim Acetessigester besprochen werden, ist der Mechanismus seiner BilduDgsreaktion zu erörtern, der jahrzehntelang eifrig diskutiert, erst in den letzten Jahren seine abschließende Aufklärung gefunden hat (SCHEIBLEB). ES hat sich nämlich gezeigt, daß sogar die C=0-Gruppo der einfachen Carbonsäureester, die sonst hinter der reinen Carbonylgruppe an Reaktionsfähigkeit zurücksteht, durch Alkalimetall enolisiert werden kann. So geht Essigester mit Kalium unter Wasserstoffentwicklung in das Kaliumsalz des tautomeren Enols über: CH..C-OR H,C=C—OR + H . OK O

n

Derartige Enolate besitzen nun eine ungemein reaktionsfähige Doppelbindung, die sie zu allen möglichen Additionen geeignet macht. Die Acetessigester-Synthese ist der wichtigste Vorgang dieser A r t Das

Organisch-präparativer

248

Teil

Enolat vermag nämlich eiu zweites Mol Ester in Gestalt der beiden Teilstücke R , — C = 0 und OR aufzunehmen: .OR H,C=C—OR + CHj—C=0 > CH,-CO—CH,—tt-OR . | \ONa | ONa OR Unter Abspaltung von Natriumalkoholat und unter Salzbildong mit dem zum Enol umgelagerten Acetessigester bildet sich schließlich N a t r i u m a c e t e s s i g e s t e r , das Endprodukt der Reaktion: /OR CH, • CO • CH,—C^-OR M)Na

.OR CH,-CO.CH,C< + RONa ^0 .OR >- C H , . C = C H - C < + ROH. ONa X) *

Die Kondensation zwischen Säureestern und Ketonen verläuft ganz gleichartig, mit dem Enolat des Ketons als Grundlage der Addition, z. B.: CII,• C=CH, + C.H. COOR > CH,-C-CH,.CO-C6H,

ONa

ÖNT^OR >• C H , — C = C H - C O C , H , + ROH ONa Beuzoylaceton-natrium.

Aus 2 Mol Ester entstehen allgemein |9-Ketosäureester, aus Ester und Keton ¿9-Diketone. Die Anwendung von Ameisensäureester führt, sei es mit einem anderen Ester, sei es mit Keton, zu O x y m e t h y l e n verbindungen: l^^j—C=CH, HC=0 —C—CH,—C=0 l^^J

¿Na

a

+

OR

l^^JoNaÖR

CO—CH=C—ONa

+

H

ROH

H

Oxymethylenacetophenonnatrium

Die Neigung zur Enolisation ist bei der /^-ständigen Formylgruppe besonders stark ausgeprägt. Die i n t r a m o l e k u l a r e K o n d e n s a t i o n von Dicarbonsäureestern ergibt in der Reihe der Adipin- und Pimelinsäure cyclische ß-Ketocarbonsäureester (DIECKMANN): CH, CH,

ÖHT^ÖH,

| CH,

| COOR

^COOR Adipinsäureester

>.

CH^H,

| | + ROH. CH—CO

^COOR Cyclopentanoncarbonsäureester

249

FT

Bernsteinsäureester kondensiert sich zu Succinylobernsteinsäureester (l,4-Diketohexamethylen-2,5-dicarbonester). Man unterrichte sich über die auf dieser Synthese aufgebauten Arbeiten Baetees über die hydrierten Benzole. Es sind nicht nur die Ester organischer Säuren, die sich mit den Enolaten von Ketonen und Säureestern nach Art der „Acetessigestersyntbese" vereinigen, auch die Ester der salpetrigon Säure und der S a l p e t e r s ä u r e schließen sich an. Der Vorgang, der zu Ison i t r o s o - und aci-Nitroverbindungen führt, liefert grundsätzlich gleichartige Produkte: dort tritt z. B. mit Essigester die Gruppe CO-CHg, hier treten NO und NOa ein, die sich genau so wie > C = 0 „enolisieren": RCHNO " R.C=NONa -> I R.CH +ON.OC,H 5 -> | R ' - C < ° 0 ^ H s R'—CO 4- 0,11,011. R'ioNa + O N . O C H | R-CH.NO, R-C=NOONa I nv„ "> I K-U< OC.lL R'—CO Die Kondensation der Alkylnitrite und -nitrate ist allerdings nicht so allgemein durchführbar, wie die eigentliche Acetessigesterreaktion, und es ist nicht ganz sicher, ob sie nicht vielleicht derart verläuft, daß Verbindungen mit „beweglichem" Wasserstoff sich zuerst aldolartig an den anorganischen Teil des Esters anlagern. Dafür scheint zu sprechen, daß auch F l u o r e n , das gar keine „aktive" Doppelbindung enthält, mit Äthylnitrat (auch mit Oxalester) und Alkoholat in der gleichen Weise zu aci-Nitrofluoren sich vereinigt (W. Wislicenub). O HO-NOC,!!, TI 0

^

^Ov

+ 2C.H.0H. Die oben ausgeführte Synthese des aci-Nitrobenzylcyanidnatriums bildet ein präparatives Beispiel für diese Reaktion. Die CH2-Gruppe des Benzylcyanids ist durch die Nachbarschaft von CeH6 und CN „reaktiv" geworden. Man nimmt an, daß auch hier eine oo-Form C,H, • CH=C=NH die Ursache dieses Verhaltens sei.

250

Organisck-präparativer

Teil

D i e K o n s t i t u t i o n der ß - K e t o c a r b o n s ä u r e e s t e r a n d der 0 - D i k e t o n e . Wir wählen als Beispiel den Acetessigester. Er reagiert mit Phenylhydrazin, Bisulfit und andern Ketonreagenzien wie ein Keton; auf der andern Seite zeigt er sauere Reaktion, löst sich in Alkalien, und gibt mit Ferrichlorid die auch für die Phenole charakteristische Farbreaktion der Enole. Aus diesem zwiespältigen Verhalten zog man früher den Schluß, daß er entweder reines Keton oder reines Enol sei und daß die andersartige Reaktionsweise auf eine Umlagerung durch das Reagens zurückzuführen sei. Erst die quantitative Erforschung der Strukturverhältnisse hat dpn wahron Sachverhalt klargelegt (K. H. Meteb, L. Knorb 1911). Acetessigester nimmt in der Kälte eine begrenzta Menge Brom auf, eine Reaktion, die, wie oben beim Aceton erörtert, nur der Enolform zukommt. Man kann daher unter geeigneten Bedingungen mit einer eingestellten Bromlösung die im Acetessigester enthaltene Enolmenge quantitativ erfassen. Eine dermaßen austitrierte Lösung verb.aucht nach kurzer Zeit erneut Brom, d. h. es hat sich dann in ihr frisches Enol nachgebildet. Daraus geht hervor, daß sich in einer Lösung von Acetessigester, K e t o und E n o l f o r m im g e g e n s e i t i g e n G l e i c h g e w i c h t befinden. Die Einstellung dieses Gleichgewichts erfolgt unter den Arbeitsbedingungen der Bromtitration so langsam, daß die Genauigkeit der Methode nicht merkbar gestört wird. Versuch. Man löse etwa l / 2 ccm Acetessigester unter Schütteln in der nötigen Menge Wasser, fuge einige Tropfen Eisenchloridlösung hinzu und lasse nun in der Kälte aus einem Tropfrohr so lange verdünntes Bromwasser ( 1 : 1 0 ) ziemlich rasch zutropfen, bis die rote Färbung des Ferri-enolats verschwunden ist. D a s Enol ist jetzt vom Brom vollständig aufgebraucht; da es sich aber zur Herstellung des Gleichgewichts wieder von neuem bildet, so tritt nach kurzer Zeit die Färbung erneut auf und kann alsbald durch einige Tropfen Brom wieder zum Verschwinden gebracht werden. Das Spiel läßt sich so lange wiederholen, bis aller Acetessigester in Bromacetessigester umgewandelt ist. Dieser Versuch erlaubt die subjektive Wahrnehmung der Keto-Enolumlagerung. Das Verhältnis, in dem Keto- und Enolform sich im Gleichgewicht befinden, ist in hohem Maße von der Natur des Lösungsmittels abhängig. Die nachstehende Tabelle gibt für den Acetessigester darüber Auskunft: Lösungsmittel Wasser. . Äthylalkohol Eisessig Benzol . Petroläther

Proc. Enol 0-4 12-0 5-7 16-2 46-4

251

VI

Zwischen der Beteiligung tautomerer Stoffe am Gleichgewicht und ihrer Löslichkeit im betreffenden Lösungsmittel bestehen wichtige Beziehungen, die sich allgemein durch die einfache Formel:

ausdrücken lassen (VAN'T HOFF, DIMBOTH). C sind die Konzentrationen, L die Löslichkeiten der beiden Isomeren a und b, 0 ist eine vom Lösungsmittel unabhängige Konstante. Auf den Fall des Acetessigesters übertragen, wird also im Hinblick auf die Tabelle der Ketoester in Wasser, der Enolester in Petroläther leichter löslich sein, was mit den Tatsachen übereinstimmt. Der flüssige Acetessigester besteht zu 92-5 Proc. aus Keton und zu 7»5 Proc. aus EnoL Das frisch destillierte Präparat ist erheblich enolreicher, da der Enolester wegen seines tieferen Siedepunktes vorher absiedet und in der Flüssigkeit wieder nachgebildet wird. Versuch. Man löst 2-5 g Acetessigester in 20 ccm n-Lauge, kühlt in Eis auf 0° ab und fügt unter Umschütteln 20 ccm gekühlte n-Salzsäure auf einmal hinzu. Es bildet sich eine milchig getrübte Lösung, die jedoch schon nach wenigen Sekunden klar wird. Das in Wasser schwerer lösliche Enol ist anfangs zur Ausscheidung gekommen, hat sich aber, wie es die Gleichgewichtslage in Wasser verlangt, sehr rasch und fast vollständig in das leichter lösliche Keton umgelagert. Die „Brommethode" von K. H. METEB 1 erlaubt in fast allen Fällen den Enolgehalt in Lösungen tautomerer Substanzen zu bestimmen. Auf verschiedenen Wegen, auf die hier nicht näher eingegangen werden kann, ist es gelungen, Keto- und Enolacetessigester, beide in reinem Zustand, darzustellen (KKOBB, K . H . METEB). Ihre physikalischen Konstanten sind durchaus verschieden, so beispielsweise der Brechungsexponent, der für den Ketoester für Dio» 1 - 4 2 2 5 , für den Enolester 1 - 4 4 8 0 beträgt. Durch Bestimmung der Brechungsexponenten von Gleichgewichtsgemischen läßt sich durch Interpolation der Gehalt an beiden Formen berechnen (KNOBB 1 9 1 1 ) . Auch auf spektroskopischem Wege sind damit übereinstimmende Ergebnisse erhalten worden (HANTZSCH 1 9 1 0 ) . Ob die beiden Formen einer tautomeren Substanz, jede für sich, in freiem Zustand isolierbar sind, hängt in erster Linie von der Umlagerungsgeschwindigkeit der labileren ab. Beim unsymmetrischen Dibenzoylaceton hat man zuerst Keto-, sowie Enol Verbindung in haltbarer, kristallisierter Form zu isolieren vermocht (CLAIBEN 1 8 9 6 ) : (C.H.CO),: CH • CO • CH, und (C.H.CO),: C = C - C H , . OH 1

A. 8 8 0 , 212 (1911).

252

Organisch-präparativer

Teil

Der Begriff der Tautomerie hat sich für derartige, lediglich durch den Erfolg der Experimentierkunst herausgehobene Fälle, zu dem der „Desmotropie" umgestaltet. Zahlreiche Beispiele von desmotropen Substanzen, die demnach nur in prägnanterer Gestalt ihre TautomerieVerhältnisse zum Ausdruck bringen, sind mittlerweile bekannt geworden; zu ihnen gehört jetzt auch der Acetessigester. Ganz ähnliche Verhältnisse liegen beim A c e t y l a c e t o n vor, nur ist hier die Enolform viel mehr begünstigt. Das flüssige Präparat besteht zu 80 Proc. aus Enol. Im B e n z o y l - a c e t y l a c e t o n tritt das Enolisationsbestreben so stark hervor, daß dieser Stoff überhaupt nur als Enol existiert. Die Ketoform ist unbekannt. CeH, • CO • C=C— CR, I I H,C—CO OH Ebensowenig wie hier kann beim P h e n o l von einer eigentlichen Tautomerie die Rede sein. Das Phenol schließt sich in seinem chemischen Verhalten in jeder Hinsicht den aliphatischen Enolen an. Wir erinnern nur an die Übereinstimmung im Säurecharakter, in der Farbreaktion mit Eisenchlorid, ferner an die gleichlaufenden, durch die „Aktivität" der Doppelbindung verursachten Reaktionen mit Halogen, mit salpetriger Säure, mit aromatischen Diazoverbindungen (Kuppelung). Die „Enolnatur" des Phenols bildet einen schönen Beleg für unsere Auffassung von der Konstitution des Benzols im Sinne der KUKULETHIELE sehen Formel, indem sie das Bestreben des Ringes zum Aus druck bringt, den energieärmsten „aromatischen" Zustand aufrechtzuerhalten. Die Kenntnis des noch nicht dargestellten, der hypothetischen Ketoform des Phenols (.4) zu vergleichenden aliphatischen Ketons (B) wäre in diesem Zusammenhang von Interesse. CO

< S Ü CH, \ D

ii

CH,

I

CH=CH a

Mit der Tautomerie der Ketone und Aldehyde ist die der alip h a t i s c h e n N i t r o v e r b i n d u n g e n aufs engste verwandt. Auch hier steht einer neutralen Form eine solche mit Säurenatur, die sog. actForm, gegenüber (HANTZSCH): —C=»0 I —C-H I Keton

0=N=0 I —C-H' I echter Nitrokdrper

VI

Tautomerie bei —C-OH

4

Enol

Nitroverbindungen

253

0=»N—OH

J

nci-Nitrokörper

In bezug auf die Eigenschaften, die Umlagerungserscheinungen und die Reaktionsverhältnisse kann einfach auf das bei den Keto-enolen Gesagte verwiesen werden. Die Brommethode hat auch hier die Gleichgewichte quantitativ zu erfassen erlaubt. Das zuerst bekannt gewordene, wichtigste Beispiel der Desmotropie liegt beim P h e n y l n i t r o m e t h a n vor, das als stabiler neutraler Nitrokörper (öl) und als labile kristallisierte act-Nitroverbindung existiert (HANTZSCH). C.HJ.CHJ.NO, und

C,H, • CH=NOOH.

V e r s u c h . Man schüttelt etwa 2 — 3 g Phenylnitromethan mit 15 ccm 2 n-Natronlauge in einem weiten Reagenzglas. Der neutrale Nitrokörper wird in der Kälte infolge seiner geringen Löslichkeit in Wasser nur ganz langsam umgelagert, d. h. gelöst (In alkoholischer Lösung verläuft die Salzbildung sehr rasch.) Durch Erhitzen bringt man das Ol in kurzer Zeit zur Lösung. Ist dies geschehen, so kühlt man ab, fügt zu der alkalischen Lösung in einem kleinen Becherglas einige Stückchen Eis und versetzt auf einmal mit 20 ccm 2 n-Schwefelsäure. Das freie a«-Phenylnitromethan scheidet sich in farblosen kristallinischen Flocken aus, die man sofort absaugt, mit Wasser wäscht und auf Ton abpreßt. Bei raschem Arbeiten kann man einen Teil des P r ä p a rates aus Leichtbenzin (unter Zugabe von einigen Körnchen Calciumchlorid) Umkristallisieren. Eine kleine Probe löst man in wenig Alkohol und fügt einen Tropfen FeCl 3 -Lösung hinzu. Eine zweite, größere versetzt man unter Kühlung mit einigen Tropfen kalter alkoholischer Bromlösung; das Brom wird entfärbt. Die gleichen Reaktionen verlaufen bei dem als P r ä p a r a t dargestellten Phenyl-nitromethan negativ. Den Rest der act'-NitroVerbindung läßt man, in Alkohol gelöst, über Nacht stehen. Die Lösung nimmt jetzt weder Brom auf, noch zeigt sie die Farbreaktion mit Eisenchlorid. Wenn man einige Körnchen auf einem Uhrglas gelassen h a t , findet man sie am andern Tag in ein Ol umgewandelt. Wie man sieht, ist die aci-Form des Phenylnitromethans nur wegen ihrer kleinen Umlagerungsgeschwindigkeit vorübergehend faßbar; im Gleichgewicht hat sie keinen Bestand.

254

Organisch-präparativer

Teil

Die Anwendung von A c e t e s s i g e s t e r und Malonester für Synthesen. Der freie Malonester besitzt die Konstitution, die der üblichen OR Formel entspricht; für die Existenz einer Enolform ROOC—CH=C- CH3 • CO • CH • COOR | + NaBr. CH, Den gleichen Verlauf nimmt die Reaktion mit Säurechloriden. Dagegen führt die Umsetzung des Acetessigesters mit Säurechloriden in P y r i d i n zu den O-Acylderivaten, während die O-Alkylderivate nur auf dem Uinweg über die Acetale (S. 133) unter Abspaltung von Alkohol gewonnen werden können (CLAISEN). H,C«C-CH,-COOR —>- H3C .C=CH. COOR + HOCH, H.CO^CH, OCH, O-Alkyl- und -Acylverbindungen werden unter den Bedingungen, unter denen die C-Isomeren, wie oben beschrieben, dargestellt werden, nicht zu diesen umgelagert. (Vgl. dazu S. 235.) Dagegen erfolgt dieser Übergang, wenigstens bei den O-Acylderivaten, unter der katalytischen Wirkung von festem Kaliumcarbonat in indifferenten Lösungsmitteln (CLAISEN), Z. B . :

H,C • C=CH • COOR —>• H t C • CO • CH • COOR I I OCOCH, COCH, Die am Kohlenstoff einfach alkylierten oder aeylierten Acetessigester und Malonester lassen nun, da sie nochmals der Enolatbildung fähig sind, eine zweite Alkylierung oder Acylierung am gleichen Kohlenstoffatom zu. In der Verwendung der einzuführenden Gruppen

VI

Synthesen mit Acetessigester und Malonester

255

besteht für beide Stufen die größte Mannigfaltigkeit; mit allem Material, das reaktionsfähiges Halogen enthält, also nicht nur mit halogenierten Kohlenwasserstoffen und Säurechloriden, kann die Synthese erfolgen. Die Heranziehung von DihalogenparafGnen hat die Reaktion auch zur Synthese von einfachen Kohlnnstoffringen nutzbar gemacht ( W . H. PERKXN), z. B.: ,OR ROOC-CH=C< + BrCH, • CH, • CH,Br ROOC-CH • COOR X)Na | + NaBr CH,—CH, • CH,Br COOR ; /OR | —>- ROOC—C=C- ROOC-C CH, | ONa | | + NaBr CH,—CH,—CH,Br CH,—CH, Cyclobutandicarbonaäureester Aus der Möglichkeit, die so aufgebauten Produkte mit leichten Mitteln zu einfacheren Verbindungen abzubauen, ergibt sich ein weiterer wichtiger Vorteil der Acotessigester- und Malonestersynthese. Dem Verhalten der Malonsäure, im Schmelzen COa abzugeben und in Essigsäure überzugehen, entnehmen wir, daß ein Kohlenstoffatom nicht die Kraft hat, zwei Carboxylgruppen fest zu binden. Diese Eigenschaft besitzen nun auch alle s u b s t i t u i e r t e n Malonsäuren, die wir durch Verseifung der erhaltenen Ester ohne weiteres gewinnen können. Dadurch wird das Ergebnis der Synthese in willkommener Weise vereinfacht. Beispiel: Die Synthese mit I s o p r o p y l b r o m i d liefert Isov a l e r i a n s ä u re. Eine weitere Vereinfachung des Reaktionsprodukts besteht in der Abspaltung der zweiten Carboxylgruppe (Darstellung von Cyclobutan aus dem oben formulierten Dicarbonsäureester). Im Acetessigester steht die Methylengruppe mit —CO-CH s und — COOR in Bindung. Die freie Acetessigsäure ist noch bedeutend weniger beständig als Malonsäure und zerfällt schon beim Erwärmen in Lösung in grundsätzlich gleicher Weise wie diese, nämlich in Aceton und C0 2 . Da alle durch Synthese gewonnenen Derivate des Acetessigesters dasselbe Verhalten zeigen, daß nämlich die durch Verseifung mit wäßrigen Mineralsäuren entstehenden Acetessigsäuren in der Hitze spontan unter C0 2 -Verlust zerfallen, so sind durch diese Art der Spaltung, die mau als Ketonspaltung bezeichnet, alle möglichen Abkömmlinge des Acetons der Synthese zugänglich, z. B.: HsC C=CH-COOR + H,CCl.COOR ¿Na

— >- H.C CO-CH-COOR CH,.COOR

CH,.CO.CH,.CH,.COOH + CO, + 2ROH. Lävulinsäure

Organisch-präparativer

256

Teil

Durch starkes Alkali wird die Molekel der durch Verseifung aus dem Ester entstehenden Acetessigsäure nicht an der Carboxylgruppe durchbrochen, sondern der Rest—CO-CH 3 wird hydrolytisch abgesprengt und es entstehen 2 Molekeln Essigsäure. Diese „Säurespaltung" bringt eine neue Variation in das Gesamtbild der Synthesen, deren praktische Bedeutung am gleichen Beispiel, am Kondensationsprodukt von Acetessigester mit Chloressigester zur Anschauung gebracht werde. H„C-CO-CH.COOR — ^ H3C COOH + HjC-COOH + 2 ROH. | Hs*COOR HjC-COOH Bernsteinsäure Eine andere Art des Aufbaus vom Acetessigester aus stellt die Verknüpfung zweier Molekeln zum D i a c e t b e r n s t e i n s ä u r e e s t e r dar, die bei der Einwirkung von Jod auf Natracetessigester eintritt: COOR COOR 1 1COOR

A

JL

2 CH HC CH II + Jä — | | + 2 NaJ. O-ONa CO CO I I I CH„ CHS CH, Auch hier finden wir, ähnlich wie bei der Alkylierung, daß sich Kohlenstoff am Kohlenstoff bindet. Über die interessanten Isomerieverhältnisse der Diacetbernsteinsäureester (L. KNOER) unterrichte man sich aus der Literatur. Die auf S. 242 erwähnte D e h y d r a c e t s ä u r e entsteht aus Acetessigester durch intermolekulare Kondensation. Beim Kochen mit Säuren wird der Lactonring aufgespalten unter Bildung einer Triketocarbonsäure, die C0 2 und H 2 0 verliert und so in D i m e t h y l p y r o n übergeht. 0 0 / \ / \ H,C—C CO H3C—CO CO—CH, H„C-C C-CH3 -coi> || || HC CH-COCH, H„C CH-CO.H - n . o ^ HC CH

Y

CO 0 Der Pyronring, der auf biologischem Wege auch von den Zuckern aus geschlossen wird ( K o j i s ä u r e ) , ist von großer Bedeutung, weil der Äthersauerstoff in ihm besonders deutlich als Träger basischer Eigenschaften erkannt worden ist (COLLIE U. TICKLE). Gleich dem 3-wertigen Stickstoff vermag er Säuren unter Bildung von Salzen anzulagern, die entsprechend den Ammoniumsalzen als O x o n i u m s a l z e bezeichnet werden. Diese Eigenschaft des Sauerstoffs findet sich in zahlreichen organischen Verbindungen. So hat man in der Lösung von Athern in konzentrierter Schwefelsäure auch Oxoniumsulfate anzunehmen, die durch Wasser hydrolytisch zersetzt werden.

VII

Die Diaxoverbindungen

257

Für die Pyroxoniumsalze hat Baeyeb die nachstehende Formel dadurch wahrscheinlich gemacht, daß er das tertiäre Salz, das durch Anlagerung von Methyljodid an Dimethylpyron entsteht, mit Ammoniak in das in p-Stellung methoxylierte Pyridinderivat überführen konnte. C1

H,C—c II HC

J

N

N

/- N ^ N + 2 H , 0 . H3N + 0=N—OH —>N-OH Lh,n Grundsätzlich das gleiche gilt für primäres aliphatisches Amin. OH H.CNH, + 0=N—OH —v- [H.C-NH-N—OH] — [ H , C N = N O H ] — N = N + H,C-OH. Vom zweiten eingeklammerten Zwischenprodukt, dessen Salze bekannt sind, wissen wir, daß es unter den Bedingungen seiner Entstehung in Stickstoff und Alkohol zerfallen muß.

>

vu

Die

Diaxoverbindungen

259

Bei den einfachen primären Aminen der Fettreihe kommt es also nicht zur Bildung eines Diazokörpers, weil die Reaktion, die ihn entstehen läßt, erst bei einer Temperatur zustande kommt, die ihn zerstört. — Die Reaktionsfähigkeit der NH2-Gruppe kann aber durch eine nachbarständige Carbonylgruppe gesteigert werden. Wir kommen zum Fall der a-Aminocarbonsäureester und a-Aminoketone. Glykokollester läßt sich schon in der Kälte diazotieren; der unter diesen Umständen nicht zerfallende Diazokörper stabilisiert sich unter H20-Abspaltung zum Diazoessigester: ROCCH.NH, + 0=N—OH

rRO-C-CHj-NH

O

L >.

rRO.C-CH,.N1 II Ii o HONJ L

O

-n«V

HO

ROC-CH—N II • O N Diazo-essigester

Das Unerwartete bei der Reaktion der primären aromatischen Amine mit salpetriger Säure besteht nun darin, daß der bei tiefer Temperatur zweifellos nach dem bisher gebrauchten Schema entstehende Diazokörper unter der Wirkung der in der Reaktionslösung vorhandenen Säure zu einer Base umgelagert wird, deren Sulz, das Diazoniumsalz, wir als Diazotierungsprodukt erhalten. ' C,H„NH, + 0 = N 0 H V C,H, N = N O H HCI C , H 6 - N - N + H,O

C1

Hier treffen wir auf eine Sondereigenschaft der aromatischen Verbindungen. Diazoniumsalze sind in der Fettreihe nicht bekannt, weil der Typus des Anilins — C = C — nicht existenzfähig ist. NH2 Es ist nicht ausgeschlossen, daß Glykokollester auf Grund einer tautomeren Umlagerung ROC-CH,

I

0

I



NH,

*

ROC=CH

I I

OH N H ,

so leicht diazotiert wird. Aber auch dann bleibt in dem Fehlen basischer Eigenschaften bei den aliphatischen Diazokörpern der grundlegende Unterschied zwischen beiden Reihen bestehen. Es muß vorerst als unerklärbare Tatsache hingenommen werden, daß der aromatische Kern — nicht aber Alkyl — den an ihn gebundenen Stickstoff einer Diazogruppe zum Träger stark basischer Eigenschaften umbilden kann. Einen ähnlichen Einfluß üben, wie wir später (S. 344) erfahren werden, mehrere aromatische Kerne auf ein mit ihnen verbundenes Kohlenstoffatom aus (Carboniumsalze). Es sei daran 17*

260

Organisch-präparativer

Teil

erinnert, daß bei den Aminen selbst der aromatische Ring die Basicität stark herabsetzt, während sie durch Alkylgruppen gesteigert wird. Für das Stadium der Chemie der Diazoverbindungen sei das treffliche, von R e d d e l e e n neu bearbeitete Werk von A. H a n t z s c h , Die D i a z o v e r b i n d u n g e n , Leipzig 1 9 2 1 empfohlen.

A . Aliphatische

Diazoverbindungen.

1. D i a z o m e t h a n . 1 Nitrosomethylharnstoff. D i e L ö s u n g von 2 0 g M e t h y l a m m o n i u m c h l o r i d 2 (S. 146) u n d 3 0 g K a l i u m c y a n a t (S. 124) i n 1 2 0 c c m W a s s e r wird 1 / 4 S t u n d e l a n g auf 6 0 — 8 0 ° erhitzt, d a n n k o c h t m a n kurz auf, filtriert u n d k ü h l t d i e L ö s u n g auf 0 ° . E i n e v o r h e r b e r e i t e t e , e b e n f a l l s g e k ü h l t e L ö s u n g von 2 0 g N a t r i u m nitrit i n 4 0 c c m W a s s e r wird n u n z u d e r L ö s u n g d e s M e t h y l harnstoffs h i n z u g e f ü g t ; z u d e r M i s c h u n g l ä ß t m a n u n t e r E i s kühlung und mechanischer Rührung 100 ccm kalter 25-proc. 1

E. A. W e r k e s , Chem. Soc. 115, 1098 (1919); F. Arndt u. J. Amende, Z. Ang. 4 3 , 444 (1930). * Zur Darstellung größerer Mengen von M e t b y l a m m o n i u m c h l o r i d dient das nachstehend beschriebene billige Verfahren (Bbochet u. Cambieb, Bl. [3] 13, 533 [1895]). 250 g Ammoniumchlorid werden mit 570 g 35-proc. Formaldehydlösung in einem Destillierkolben mit absteigendem Kühler allmählich erhitzt. Man steigert langsam bis auf 104°—Thermometer in der Flüssigkeit — und hält so lange auf dieser Temperatur, bis nichts mehr überdestilliert, etwa 4'/» Stunden von Anfang an. Es haben sich dann 100—120 g Walser und Methylalkohol in der Vorlage kondensiert. Nachdem der Kolbeninhalt erkaltet ist, saugt man vom ausgeschiedenen Ammoniumchlorid scharf ab und dampft das Filtrat auf dem Dampfbad auf das halbe Volumen ein, saugt nochmals vom Ammoniumchlorid ab und engt das Filtrat so weit ein, daß sich auf der Oberfläche eine Kristallhaut bildet. NHch dem Erkalten wird das auskristallisierte Methylammoniumchlorid scharf abgesaugt. Das Filtrat engt man so weit als möglich ein und entfernt schließlich den Rest des Wassers im Vakuumexsiecator über festem Ätznatron und konzentrierter Schwefelsäure. Der Rückstand wird durch Digerieren mit Chloroform von Di- und Trimethylammoniumchlorid befreit und schließlich scharf abgesaugt. Ausbeute 110—125 g. Diese Reaktion kommt dadurch zustande, daß die zuerst entstehende N-Methylolverbindung durch überschüssigen Formaldehyd reduziert wird: H2C: 0 + HNHA

HO

HJC-NTT,

H

3

C-NH,

Der Formaldehyd wird dabei (als Hydrat) zu Ameisensäure und C0„ dehydriert. Steigert man die Aldehydmenge, so gelangt man auf analoge Weise zum Trimethylammoniumchlorid.

Diaxometkan

261

Schwefelsäure zutropfen. Die in kristallinen Flocken sich ausscheidende Nitrosoverbindung wird nach beendeter Operation abgesaugt, mit Eiswasser gewaschen und nach dem Trocknen im Vakuum exsiccator aus etwa der doppelten Menge Methylalkohol umkristallisiert. Zur Erhöhung der Ausbeute kühlt man die Lösung in Eis-Kochsalz auf — 15°, saugt nach einigem Stehen ab und wäscht mit Äther. Hellgelbe Kristalle vom Schmelzp. 124°. Ausbeute 20 g. Zur Ü b e r f ü h r u n g in D i a z o m e t h a n trägt man 10g Nitrosomethylharnstoff in kleinen Anteilen in 100 ccm reinen Äther, der mit 30 ccm stark gekühlter 40-proc. Kalilauge unterschichtet ist. Die Spaltung wird in einem weithalsigen Erlenmeyer unter dem Abzug vorgenommen. Man muß dauernd schütteln und die Temperatur auf 0° halten. Nach 5—10 Minuten ist die Reaktion beendet; man gießt die tiefgelbe Ätherlösung ab, spült mit etwas Äther nach und trocknet die ätherische Diazomethanlösung etwa 3 Stunden lang mit einigen kleinen Stückchen Ätzkali. Die Lösung wird in einer kleinen enghalsigen Glasäasche, die, wie bei Äther über Natrium angegeben (S. 85, Anm.), verschlossen ist, an einem kühlen Platz aufbewahrt wird, falls das Präparat nicht sofort Verwendung findet Die Diazomethanlösung hält sich mehrere Tage, erleidet aber doch eine stetige, wenn auch langsame Zersetzung unter Stickstoffentwicklung. Darum darf das Aufbewahrungsgefäß nicht fest verschlossen werden. Da Nitrosomethylharnstofl, in der Kälte aufbewahrt, einige Zeit haltbar ist, stellt man sich jeweils nur die für den augenblicklichen Bedarf notwendige Menge Diazomethan her. Diazomothan ist ein gelbes, giftiges Gas vom Siedep. — 2 4 ° , das für präparative Zwecke nur in Lösung gewonnen wird. In freiem Zustand ist es explosiv. Als indifferente Lösungsmittel können außer Äther auch die Alkohole, Benzol und Petroläther verwendet werden, für kurze Zeit auch Aceton.

G e h a l t s b e s t i m m u n g d e r D i a z o m e t h a n l ö s u n g (nach u. ACREE, B. 4 3 , 2324 [1910]). Einen aliquoten Teil der Lösung (etwa 1 / 20 ) läßt man, mit absolutem Äther verdünnt, in eine mit Eis gekühlte n / 5 -ätherische Benzoesäurelösung unter Schütteln einfließen. Diese wird dargestellt durch Auflösen von 1 • 22 g reinster Benzoesäure im 50-ccm-Meßkolben in absolutem Äther; sie muß gegen das Diazomethan im Uberschuß sein, was man daran erkennt, daß bis zum Schluß der Zugahe N 2 -EntwickMAESIIALL

262 lung eintritt und die Lösung farblos bleibt. säure wird mit n / 10 -NaOH zurückgemessen. Das Präparat wird bei der hier weise für wissenschaftliche Arbeiten Säuren und Phenolen eine elegante erlaubt. Alkoholische OH-Gruppen auch nicht Amine.

Die übrige Benzoe-

beschriebenen bequemen Bereitungsviel benützt, da es bei wertvollen und glatt verlaufende Metbylierung werden praktisch nicht methyliert,

V e r s u c h e . Man löst 2—3 g eines Phenols (Phenol, Kresol, /9-Naphthol, Salicylaldehyd, Hydrochinon) in wenig Äther, Aceton oder Methylalkohol und fügt unter Eiskühlung in kleinen Anteilen von der dargestellten Diazomethanlösung zu, bis die Gasentwicklung nicht mehr einsetzt und die Lösung schwach gelb gefärbt ist. Um bei g e f ä r b t e n Lösungen einen Überschuß an Diazomethan zu erkennen, gießt man einige Tropfen in ein kleines Reagenzglas ab und bringt einen in Eisessig getauchten Glasstab hinein: sofortige Gasentwicklung. Die Reaktionsprodukte werden nach dem Abdampfen des Lösungsmittels entweder durch Destillation oder, wenn sie fest sind, durch Kristallisation gereinigt Man bearbeite hier eines der im Laboratorium zugänglichen Phenole selbständig und mache Angaben über die Natur des gewonnenen Metbyläthers. In gleicher Weise verfährt man mit Carbonsäuren (p-Toluylsäure, Phenylessigsäure, Zimtsäure, Oxalsäure, Terephthalsäure, Salicylsäure usw.). Es gibt Phenole, die mit Diazometban langsam reagieren. In solchen Fällen bringt man sie mit einem Überschuß über den errechneten Bedarf an Diazometban zusammen und läßt mehrere Tage mit aufgesetztem Capillarrohr stehen. Diazomethan, die einfachste aliphatische Diazoverbindung ist von PECHMANN1 auf folgendem Weg zuerst dargestellt worden:


CH.COOR —>/CH-COOR + N , . N/ KJH/ Norcaradiencarbonsäureester (Pseadoplienylessigester)

Organisck-präparativer Teil

270

Dieses interessante Reaktionsprodukt kann sich unter Aufsprengung des angefügten Cyclopropanringes nach 2 Richtungen isomerisieren:

's—CH,-COOR

NCHCOOR W

COOK.

Cy cloheptatrien carbonsäurees ter

Phenylessigester

Mit Malonester kondensiert sich Diazoessigester zu einem Derivat des 4 - O x y - p y r a z o l s . (UERTHO U. NÜSSEL, A. 4 5 7 , 2 7 8 [ 1 9 2 7 ] ) : RO.C'CHN, + H,C(CO,CAH6),

^N—NH

T |« ^ ' II V RO,C C i. 'I

OH Näheres über die Reaktionen der aliphatischen Diazoverbindungen findet man in H. WIELAND, Die Hydrazine. Stuttgart 1 9 1 3 , S. 97 u. f.

B. Aromatische Diazoverbindungen. 3. Diazotierung von Anilin. Phenol aus Anilin. Diazoverbindungen.

Isomerie der

a) D a r s t e l l u n g e i n e r D i a z o n i u m s a l z l ö s u n g . Zu 50 ccm Wasser läßt man in einem 1 / j " I J ^ e r " S t u t z e n oder -Becherglas unter gutem Rühren 10 ccm konzentrierter Schwefelsäure laufen nnd in die heiße verdünnte Säure 9 - 3 g frisch destillierten Anilins. Nachdem man hierauf nach und nach 100 g Eis hinzugefügt hat, läßt man zu der auch außen mit Eis (nicht mit Kältemischung!) gekühlten Anilinsulfatlösung, aus der sich das schwer lösliche Salz teilweise ausgeschieden hat, aus einem Tropftrichter allmählich die Lösung von 7 - 5 g Natriumnitrit in 30 ccm Wasser fließen; dabei muß tüchtig gerührt werden. Wenn die Hauptmenge des Nitrits hinzugegeben ist, prüft man mit Kaliumjodid— Stärkepapier \ ob überschüssige salpetrige Säure vorhanden ist. Dabei ist zu beachten, daß gegen Ende der Reaktion hin — also bei stark abnehmender Konzentration der Reaktionsteilnehmer — die Umsetzung langsam vor sich geht; man muß daher jeweils 1 Ein Stückchen Stärke von der Größe einer Erbse wird fein pulverisiert in 200 ccm Biedenden Wassers eingetragen und unter gutem Umrühren kurze Zeit aufgekocht. Nach dem Erkalten fügt man die LösuDg eines linsengroBcn Stückchens Kaliumjodid in wenig Wasser hinzu und träukt mit der Mischung lange, etwa 3 cm breite Streifen von Filtrierpapier, welche man dann über einer ausgespannten Scbnnr an einem säurefreien Orte trocknet. Nach dem Trocknen zerschneidet man die langen Streifen und bewahrt sie in einem verschlossenen Gefäß auf.

TU, 3

271

einige Minuten warten, ehe man die Prüfung vornimmt. Wenn man schließlich nach 5 Minuten noch freie salpetrige Säure in geringer Menge nachweisen kann, ist die Diazotierung beendet; das Anilinsulfat muß natürlich vollständig in Lösung gegangen sein. Eine Probe darf durch zugesetzte Natriumacetatlösung keine Trübung erfahren. Fügt man ihr aber jetzt einige Tropfen der Lösung eines Anilinsalzes zu, so fällt gelbes D i a z o - a m i n o b e n z o l aus, das nach Zugabe einiger Eisstückchen mit konzentrierter Salzsäure wieder in Lösung geht. Ferner löse man einige Körnchen /9-Naphthol oder R-Säure in einem kleinen Überschuß von 2 n-Natronlauge und setze zu dieser Lösung eine Probe der Diazoniumsalzlösung. Die intensiv rote Farbstofflösung, die aus dieser „Kupplung" hervorgeht, bildet ein untrügliches Erkennungsmittel für das Diazoniumsalz und damit auch für das ihr zugrunde liegende primäre aromatische Amin. b) U m k o c h u n g d e r D i a z o n i u m s a l z - L ö s u n g zu P h e n o l . Schon beim Stehen der Lösung ohne Kühlung entwickelt sich allmählich Stickstoff. Man läßt aber die Zersetzung bei etwas erhöhter Temperatur (40—50°) auf schwach siedendem Wasserbad in einem Rundkolben vor sich gehen. Nachdem die Gasentbindung sich gemäßigt hat, treibt man das entstandene Phenol direkt mit Wasserdampf über. Man prüft an einer Probe mit Bromwasser, ob alles Phenol übergegangen ist, sättigt dann das Destillat mit Kochsalz, ätliert mehrere Male aus, trocknet die Atherlösung mit Calciumchlorid und destilliert nach der üblichen Behandlung das Phenol aus einem kleinen Fraktionierkolben. Siedep. 183°. Ausbeute 6—7 g. Das Präparat muß alsbald erstarren. Bei der präparativen Ausführung der Diazotierungsreaktion kommt es darauf an, daB ein ausreichender Überschuß von Säure angewandt wird und daß man die Temperatur niedrig hält. Auf 1 Mol Amin werden 2 Mol Säure verlangt, eines zur Salzbildung, das zweite zur Befreiung der salpetrigen Säure aus dem Nitrit. Man nimmt in der Regel 2 V 2 — 3 Mol. Der Überschuß ist erforderlich, um die Kondensation des Diazoniumsalzes mit noch unberührter Base zur Diazoaminoverbindung zu verhindern, die in schwach saurem Medium eintritt. So prüft man auch auf noch nicht umgesetztes Amin, indem man in einer Probe der Diazolösung die freie Mineralsäure mit Natriumacetat abstumpft und so die Bedingungen — schwach essigsaure Lösung; — zur Bildung eines Diazoaminokörpers schafft Durch Mineralsäuren wird dieser in Diazoniumsalz und Aminsalz gespalten, z. B . : C,H,.N=N-NH.C,H5

2ncl

>.

C , H 6 . N = N + HC1-NH,.C,H,.

C1

272

Organisch-präparativer

Teil

Es gibt übrigens auch eine kleine Anzahl von Diazoniumsalzen, die schon in saurer Lösung mit der eigenen Base kuppeln, so m-Phenylendiamin (Bismarckbraun). Die Zuführung von Nitrit bei der Diazotierung wird mit Kaliumjodid-Stärkepapier kontrolliert; es soll zum Schluß gebläut werden, aber der Überschuß von Nitrit soll möglichst gering sein. Man beachte, daß die Diazotierung keine Ionenreaktion ist, daß sie Zeit braucht und daß man, namentlich gegen das Ende hin, vor der Prüfung einige Minuten lang zuwarten muß. Schwer lösliche Salze primärer aromatischer Amine werden unter Anwendung eines kruftigen Rührwerks in Suspension diazotiert. Sehr schwache Basen, wie Halogenaniline, Nitraniline, braueben zur Salzbildung einen größeren Überschuß an Säure. Hier löst man zuerst in der eben zureichenden Menge heißer starker Salzsäure, verdünnt dann unter gleichzeitiger äußerer Kühlung mit Eis und bringt so das meist schwer lösliche Salz fein verteilt zur Abscheidung. Auch Auflösen in konzentrierter Schwefelsäure und direktes Diazotieren des durch Eis fein ausgeschiedenen Sulfats ist häufig empfehlenswert. Es dürfen aber niemals die freien Amine in saurer S u s p e n s i o n zur Diazotierung gebracht werden, weil sie viel zu langsam reagieren, man muß stets der vorher erfolgten Salzbildung sicher sein. Die Zersetzlichkeit der Diazoniumsalze ist verschieden groß; es gibt, z. B. in der Anthrachinonreihe, solche, die sich aus heißem Wasser Umkristallisieren lassen. Die Diazoniumsalze der einfachen primären Amine lassen sich wegen ihrer großen Zersetzlicbkeit aus der wäßrigen Lösung nicht isolieren. Dagegen kristallisieren sie aus alkoholischer Lösung bei Ätherzugabe aus. Da die Salze der salpetrigen Säure in Alkohol nicht löslich sind, diazotiert man in diesem Fall mit ihren Estern, die ja durch Säure außerordentlich rasch verseift werden und sich daher beinahe wie Salze verhalten (siehe S. 140). c) F e s t e s P h e n y l - d i a z o n i u m c h l o r i d . 3-5 g salzsauren Anilins werden in 20 ccin absoluten Alkohols gelöst, dazu fügt man 1 / J ccm alkoholischer Salzsäure und hiernach unter Eiskühlung 3 g Äthylnitrit oder 4 g Isoamylnitrit. Man läßt 5 bis 10 Minuten lang stehen und bringt daDn das Diazoniumsalz durch allmähliche Zugabe von Äther zur völligen Abscheidung. Absaugen und mit wenig Alkohol—Äther 1 : 1 , dann mit Äther waschen. Man halte das Salz ätherfeucht und trockne nur eine kleine Probe auf Filtrierpapier, die man durch Schlag oder in der Flamme zur Explosion bringt. Auch das ätherfeuchte Präparat darf nicht mit dem Spatel oder einem andern harten Gegenstand berührt werden. Man löst das Diazoniumsalz vom Filter weg in Eiswasser und benützt die Lösung zur Darstellung von P h e n y l d i a z o n i u m p e r b r o m i d und P h e n y l a z i d (siehe unten).

Diaxoniumsalxe und Diaxotate

VII, 3

273

P h e n y l d i a z o n i u m n i t r a t erhält man in kristallisierter Form, wenn man in eine gnt gekühlte Suspension von Anilinnitrat in Wasser unter Kühlung nitrose Gase (aus Arsenik und Salpetersäure 1-35) bis zur Lösung einleitet, und dann langsam Alkohol und Äther zugibt. Man nehme den Versuch mit höchstens 2 g Anilin vor und trockne nur eine gute Messerspitze des Salzes, das nach dem Absaugen mit Alkohol-Äther (1:1) gewaschen wird, auf Ton. Das Kitrat detoniert beim Erhitzen auf dem Spatel und durch Schlag mit dem Hammer; weniger heftig ist die Zersetzung des Chlorids, aber auch dieses Salz darf nicht trocken aufbewahrt werden, wie überhaupt das Arbeiten mit trocknen Diazoniumsalzen mit Vorsicht zu betreiben ist. Die Diazoniumsalze sind farblos, ihre wäßrigen Lösungen reagieren neutral. Entzieht man den Salzen die Säure durch Alkalien, so bilden sich zuerst die nur in Lösung ganz kurze Zeit nachweisbaren, sehr unbeständigen Diazoniumhydroxyde, die unter Anlagerung von Alkalihydroxyd und Abspaltung von Wasser in die Salze des sauren Diazohydroxyds, in die sog. Diazotate übergehen. H CeH,.N=NONa C,H 5 N=N n ,OH C.H6-N=N NaOH Ci v | I OH OH Diazoniumsalz Diazoniumhydroxyd ~ H , ° > C,H,-N=NONa. Natriumphenyldiazotat Säuert man nun die so entstandene Diazotatlösung wieder an, so bildet sich das Diazoniumsalz zurück: C,H,N=NONa

2HC1

— Hto — — * •

> ^C,Hs-N=NOh| + NaCl C,H,.N=N Cl



Wir haben also die wichtige, umkehrbare Beziehung zwischen Diazonium- und Diazohydroxyd-Typus. Das Diazohydroxyd, das durch Isomerisation aus dem Diazoniumhydroxyd entsteht, bezeichnet man als dessen Pseudobase (HANTZSCII), da es sich, obwohl selbst keine Base (ja sogar Säure) mit Säure zum Diazoniumsalz verbindet. Ehe wir die Reaktionen der Diazoverbindungen präparativ weiter behandeln, besprechen wir noch eine weitere Umformung dieser interessanten Körperklasse. Phenyldiazotat wird bei energischer Einwirkung QATTSRHAinr, Praxis.

23. Auflage.

18

274

Organisch-präparativer Teil

von starkem Alkali in das Salz einer isomeren Säure verwandelt, es entsteht der Typ des I s o d i a z o t a t s (SCHRAUBE U. SCHMIDT). Über die Konstitution der Isodiazotate war eine langjährige, historisch gewordene Diskussion zwischen BAMBEBOEB und HANTZSCH im Gange. Die meisten Chemiker halten jetzt die Frage für im Sinne von HANTZSCH entschieden, der die Isomerie für eine räumliche hält und sie auf die verschiedene Lagerung von C6H5 und OH gegenüber der festen Ebene der doppelt gebundenen Stickstoffatome zurückführt. Die gleiche Auffassung hatte schon früher eine Erklärung für die Isomerie ungleich substituierter Oxime (S. 332) gebracht. Sie deckt sich im Prinzip mit der Lehre von der cis-trans-I?omerie der Äthvlenderivate (Fumar- und Maleinsäure). Danach werden die labilen normalen Diazotate als die syn- ( = eis-), die beständigen Isodiazotate als die anti- ( = trans-)Verbindungen aufgefaßt. C,HS ONa C.H, I I I N—— N N=N I ONa normales Diazotat Isodiazotat Während die Umlagerung des einfachen Phenyl-sj/n-diazotats in das Isomere erst unter der Wirkung von starkem Alkali erfolgt, ist die si/ra-Form andrer Diazotate so labil, daß sie fast augenblicklich nach ihrer Bildung aus dem Diazoniumsalz in die anti-Form umgelagert wird und darum nicht einmal in Lösung festgehalten werden kann. Ein wichtiges Beispiel dieser Art ist das unter d) folgende p-Nitrophenyldiazotat, dessen Kupplungsprodukt mit /9-Naphthol den viel gebrauchten Farbstoff „Pararot" darstellt. P h e n y l d i a z o n i u m p e r b r o m i d . Die frische, eiskalte Lösung eines der wie oben bereiteten festen Diazonium salze oder die Diazolösung aus 2 g Anilin wird unter Eiskühlung mit der Auflösung von 1-5 ccm Brom in 15 com 25-proc. Kaliumbromidlösung versetzt, so lange als noch eine dunkle Fällung entsteht. Dann gießt man von dem Ol ab und wäscht einige Male mit Eiswasser nach, wobei das Perbromid kristallinisch wird. Um es in P h e n y l a z i d („Diazobenzolimid") überzuführen, überdeckt man es mit etwas Wasser und Eis und fügt unter Kühlung etwa 10 ccm konzentrierten Ammoniaks hinzu. Unter heftiger Reaktion bildet sich das stechend riechende, mit Wasserdampf flüchtige Phenylazid, das man auf diese Weise reinigt Es kann im Vakuum ohne Zersetzung destilliert werden. Bei raschem Erhitzen explodiert Phenylazid, daher Vorsicht!

Phenylazid

VII, 3

275

Die Bromide organischer Basen bilden mit Brom unlösliche Perbromide, im vorliegenden Fall das Anlagerungsprodukt CeH6»N = N. Br-Br, Die Umsetzung mit Ammoniak verläuft in der Weise, daß das Perbrom sich zu Hypobromit umsetzt und gleichzeitig das Diazoniumsalz sich zu syn-Diazohydroxyd umlagert, das alsbald mit NH3 im Sinn der Xupplungsreaktion zu P h e n y l t r i a z e n („Diazobenzolamid") zusammentritt; durch das vorhandene Hypobromit wird dieses zu P h e n y l a z i d dehydriert (DIMBOTH): C,H5 • N=N 3NH. C.H, • N=NOH + 2 NH4Br + NH4OBr, Br-Br, 2H,0*" C.H.-N : NOH + NH, —>- C.H.-N : N«NH, + H,0 , C.H.-N: N'NHj + NH,OBr — C , H , . N < ^ | + NH,Br + H,0 . Phenylazid ist durch sehr vorsichtige Hydrierung (mit SnClj in ätherischer Salzsäure) in das höchst empfindliche Phenyltriazen übergeführt worden (DIMBOTH), das, wie ausgeführt, durch Dehydrierung wieder in jenes zurückverwandelt werden kann. Analog wie den aliphatischen Diazoverbindungen gibt man neuerdings auch dem Stickstoffwasserstoff und seinen Estern eine offene Strukturformel, nach der die erörterten Beziehungen wie folgt formuliert werden: C 4 H,.N=N=N

C 4 IJ t -N=N—NH,. —2 U

Die p reparativ beste Darstellungsmethode für Phenylazid geht vom Phenylhydrazin aus (S. 288). Die Arylazide sind sehr reaktionsfähige Verbindungen und spalten, beispielsweise mit Säuren, die beiden endständigen N-Atome als N2 ab; der Rest C 9 H 6 N< geht dabei unter Aufnahme von Wasser in das Arylhydroxylamin über, das aber gleichzeitig die Umlagerung in Aminophenol erfährt. Bei negativer Substitution des Benzolkerns wird die Azidogruppe durch Alkalien — ebenso wie dies bei Halogen der Fall ist — als Alkali-azid hydrolytisch abgespalten; es bildet sich das Phenol. O.N-^ \ - N a 21i » OH > O.N^ \ _ O N a + NäNa + H,0 . Mit GBIGNABD schem Reagens entstehen aus den Aziden Diazoaminoverbindungen, das sind 1,3-disubstituierte Triazene ( W . W I S L I CENOS u n d

DIMBOTH), Z. B . :

C6H8.N3 + CH8MgBr — v C e H 6 -N=N-NH.CH, . Malonester führt zu den durch ihre interessanten Tautomerieverhältnisse bemerkenswerten Triazolonderivaten (DIMBOTH): YN=N

C,H6.N, + CH1.(COOC1H„)i —»- C.H 6 -N< I >C=C— CO,C„H5. HO/ 18*

276

Organisch-präparativer

Teil

Diese Kondensation steht in vollkommener Analogie zu der auf S. 270 erwähnten des Diazoessigesters, wie überhaupt Azide und aliphatische Diazoverbindungen eine auffallende Übereinstimmung zeigen, mit ungesättigten Stoffen wie Acetylenen, Olefinderivaten, Blausäure u. a. sich zu heterocyclischen Ringen zusammenzulegen. NONa

d) N a t r i u m - p - n i t r o p h e n y l - a n t ö d i a z o t a t 1

N

14 g p-Nitranilin (*/, v o n der auch andere Salze, wie das Diacetat, bekannt sind. Von der Base selbst kennt man nur das Anhydrid C e H 5 J = 0 , das Jodosobenzol. J o d o s o b e n z o l . 2 g Phenyljodidchlorid werden in einer Reibschale mit 10 ccm 3n-NaOH gut zerrieben. Nach dem Stehen über Nacht saugt man das gebildete Jodosobenzol ab, wäscht mit Wasser aus und trocknet auf Ton. Die Substanz ist nicht kristallinisch. Aus dem alkalischen Filtrat (ohne die Waschwässer) fällt beim Einleiten von Schwefeldioxyd — zur Reduktion der gebildeten Jodsäure — ein farbloses Salz, das nach einigem Stehen abgesaugt und aus heißem Wasser umkristallisiert wird: D i phenyljodoniumjodid.

VII, 4

Abkömmlinge des Jodbenzols

279

J o d o b e n z o l . Die Hauptmenge des dargestellten Jodosobenzols wird, mit wenig Wasser zu einem Brei angeteigt, im Rundkolben mit strömendem Wasserdampf behandelt, bis alle Substanz gelöst und da3 gebildete Jodbenzol übergegangen ist (Kühler, Vorlage). Die (wenn noch trüb) heiß filtrierte Lösung wird auf dem Wasserbad eingedampft, bis eine abgegossene Probe im Reagenzglas reichlich kristallisiert Nach dem Abkühlen wird abgesaugt usw. Die Bildung des J o d o s o b e n z o l s ist ohne weiteres verständlich, weniger leicht die des eigenartigen J o d o n i u m s a l z e s . Die Jodoniumbasen entstehen allgemein aus Jodoso- und Jodoverbindung in Gegenwart von Alkalien, am besten Silberoxyd; die beiden jodhaltigen Moleküle vereinigen sich unter Abspaltung von Jodat.

C6H6-J-C,HS

¿H

Jodobenzol bildet sich aus Jodosobenzol durch Disproportionierung neben Jodbenzol: C.H..JO + OJ-C.H,

-v

C8H6.J^

+ NaJO,. intermolekulare

+C,HSJ,

ähnlich wie sich salpetrige Säure zu Salpetersäure und Stickoxyd disproportioniert. Diese Reaktion findet in geringem Umfang schon in der Kälte statt und so erklärt sich das Auftreten der Jodoniumbase als Nebenprodukt bei der Darstellung von Jodosobenzol. Die Jodoso- und namentlich die Jodoverbindungen verpuffen beim Erhitzen, da sie den Sauerstoff in gespannter Bindung enthalten. Aus angesäuerter Kaliumjodidlösung setzen sie die äquivalente Menge Jod in Freiheit, wobei sie in Jodbenzol zuriickverwandelt werden. Am interessantesten ist die basische Funktion des Jods in den Jodoniumbasen, die den Ammonium-, Sulfonium- und Oxoniumbasen durchaus entsprechen. Diphenyljodoniumjodid ist dimer zu Jodbenzol. V e r s u c h . Man erhitze eine kleine Probe des Salzes im Reagenzrohr vorsichtig über kleiner Flamme. Mit einem Mal beginnt an einer Stelle Verflüssigung, die sich von selbst unter Aufsieden weiterpflanzt. Das entstandene J o d b e n z o l wird an seinem Geruch erkannt und kann als Phenyljodidchlorid nachgewiesen werden. Während für die meisten Dissoziationen (N 2 0 4 , NH4C1, PC16) Arbeit geleistet werden muß, erfolgt der Prozeß hier unter Freiwerden von Energie. Die Dissoziation ist im Gegensatz zu den anderen Beispielen nicht umkehrbar, da sich ja Jodbenzol nicht zum Diphenyljodoniumjodid zurück polymerisiert. Die gleichzeitig und unabhängig von V. MEYEB und C. WILLGEBODT entdeckten aromatischen Ver-

280

Organisch-präparativer Teil

bindungen des mehrwertigen Jods hat man lange Zeit, wie heute noch die Diazoniumverbindungen, für eine Monopolklasse der aromatischen Chemie angesehen, bis THIELE (1909) die ganze Verbindungsreihe auch bei den Olefinen, im einfachsten Beispiel am Chlor-jodäthylen CHC1= CHJ kennen lehrte. Selbst Methyljodid vermag bei tiefer Temperatur Chlor anzulagern, aber dieses Produkt zerfällt leicht wieder und zwar in Methylchlorid und Chlorjod (Ersatz von Jod durch Chlor). Die Derivate des mehrwertigen Jods werden erst beständig, wenn das Jod an einem doppelt gebundenen C-Atom haftet.

5. p-Tolunitril aus p-Toluidin (Sandmeyer sehe Beaktion).1 In einem Kolben von 2 Liter Inhalt löst man unter Erhitzen auf dem Wasserbad 50 g Kupfervitriol in 200 ccm Wasser auf und fügt unter fortwährendem Erwärmen allmählich eine Lösung von 55 g Kaliumeyanid in 100 ccm Wasser hinzu. Da sich hierbei Cyan entwickelt, so führe man diese Beaktion unter dem Abzüge aus. Während die Kupfercyanürlösung auf dem Wasserbade gelinde (auf 60—70°) weiter erhitzt wird, stellt man sich eine p-Tolyldiazonium-chloridlösung in der folgenden Weise her: 20 g p-Toluidin werden mit einer Mischung von 50 g konzentrierter Salzsäure und 150 ccm Wasser bis zur Lösung erhitzt, worauf die Flüssigkeit in Eiswasser eingetaucht und mit einem Glasstab lebhaft umgerührt wird, damit sich das salzsaure Toluidin möglichst feinkristallinisch abscheidet. Man fügt dann zu dem salzsauren Amin unter Kühlung mit Eis so lange eine Lösung von 16 g Natriumnitrit in 80 ccm Wasser, bis man eine bleibende Reaktion auf salpetrige Säure mit Kaliumjodid-Stärkepapier erhält. Das so erhaltene Diazoniumchlorid fügt man dann aus einem Kolben etwa im Laufe von 10 Minuten zu der warmen Kupfercyanürlösung, wobei man letztere häufig umschüttelt. Nachdem man nach beendetem Eintragen das Reaktionsgemisch noch etwa */« Stunde mit aufgesetztem Steigrohr auf dem Wasserbade erwärmt hat, treibt man das Tolunitril mit Wasserdämpfen ab (Abzug, CNH!). Das Nitril geht hierbei als gelbliches Ol über; man äthert aus, schüttelt die Ätherlösung zur Entfernung von mitgebildetem p-Kresol zweimal mit 2 n-Natronlauge durch, verdampft den Äther und beseitigt das die Gelbfärbung des Präparats verursachende Azotoluol durch Schütteln des warmen Rückstandes mit der Lösung von 4 g Zinn2-chlorid in 10 ccm konzentrierter Salzsäure. 8 Dann verdünnt man 1

B. 17, 2650 (1884); 1 8 , 1490 (1885); 2 2 , 2178 (1889). * Nach HENLE, Organ, ehem. Praktikum, 3. Aufl. S. 149.

VII, 5

p-Tolunitril aus p-Toluidin (Sandmeyersehe Beaklion)

281

mit Wasser, saugt das bald erstarrende Tolunitril ab und trocknet auf Ton. Wenn das Präparat teilweise ölig bleibt, nimmt man in Äther auf, schüttelt die Ätherlösung zur Entfernung von aufgenommenem SnCl2 nochmals mit Lauge, trocknet die Ätherlösung und unterwirft schließlich das Nitril der Destillation. Siedep. 218°, Schmelzp. 38°. Ausbeute 12—14 g. B e n z o n i t r i L In dem gleichen Ansatz läßt sich mit etwa der entsprechenden Ausbeute die Diazoniumchloridlösung aus 18*6 g Anilin in B e n z o n i t r i l Uberführen. Flüssigkeit vom Siedepunkt 186°. p - T o l u y l s ä u r e . Wer nicht schon früher die Verseifung eines Nitrils zur Säure (Benzylcyanid —>- Phenylessigsäure, S. 133) ausgeführt hat, soll diese Beaktion hier kennenlernen. 5-5 g Tolunitril werden nach und nach in die Mischung von 20 ccm konzentrierter Schwefelsäure mit 10 ccm Wasser, die sich in einem kleinen Bundkolben befindet, eingebracht und unter Bückfiuß auf dem Drahtnetz oder Sandbad etwa 1 Stunde lang im Sieden gehalten. Nach dem Erkalten verdünnt man mit Wasser, saugt die kristallinische Säure ab, beseitigt etwa beigemengtes Amid durch Lösen des Bohproduktes in verdünnter Lauge und Filtrieren und fällt das Filtrat mit Salzsäure. Ein reineres Produkt erhält man, wenn man die Verseifung bei 150° (im Ölbad) 5 Stunden lang vor sich gehen läßt. Zur Beinigung löst man, ohne vorher zu trocknen, in möglichst wenig siedendem Alkohol, spritzt so viel Wasser zu, daß eben keine Trübung eintritt und kocht noch einige Minuten mit wenig Tierkohle, die man jedoch nicht in die siedende Lösung eintragen darf. Die beim Abkühlen der filtrierten Lösung auskristallisierende Säure schmilzt bei 177°. Ausbeute 4 g. Von der p-Toluylsäure fuhrt der präparativ beste Weg zur TerePhthalsäure, indem man die Lösung ihres Natriumsalzes mit Permanganat bei Wasserbadtemperatur oxydiert. Auf gleichem Wege kann Toluol in Benzoesäure übergeführt werden und die Oxydation des o-Tolylsulfamids zu Saccharin stellt ein technisch wichtiges Beispiel für diese Reaktion dar:

p-SO„NH, kJ-CB.

_

/ys• Anilin, siehe S. 146). 6. Arsanilsäure aus p-Nitranilin. 1

p-Nitrophenylarsinsäure. 13*8 g p-Nitranilin werden, wie bei der Darstellung des owii-Diazotats (S. 276) beschrieben, diazotiert. Man verdünnt mit Wasser und Eis auf 1 Liter, stumpft unter Rühren mit 4 n-Natronlauge die freie Säure so weit 1

H. BAUT, A. 4 2 9 , 95 (1922).

VII, 6

283

ab, daß Congopapier eben nicht mehr gebläut wird, und läßt dann die Diazoniumsalzlösung in 800 ccm 5-proc. sekundäre Natriumarsenitlösung 1 , die man vorher bereitet und in einen großen Filtrierstutzen gebracht hat, in dünnem Strahl einfließen. Die Reaktion geht beim Umrühren mit einem Glasstab unter heftiger StickstoffentwickluDg fast augenblicklich zu Ende. Man engt jetzt in einer Porzellanschale auf etwa 400 ccm ein und fällt aus der dunklen Lösung durch Salzsäure schwach saure, harzige Nebenprodukte aus. Wenn die Fällung beendet ist, filtriert man die heller gewordene Lösung durch ein Faltenfilter und dampft die jetzt congosaure Lösung so weit ein, bis die Ausscheidung von Kristallen beginnt. Beim Erkalten kristallisieren 8—10 g p-Nitrophenylarsinsäure in schwach gelb gefärbten Nadeln aus. Sollte die Lösung nach dem Filtrieren noch stark gefärbt sein, so kocht man sie vor dem Eindampfen mit Tierkohle auf. Das Präparat muß in kalter Sodalösung leicht löslich sein, andernfalls ist ihm Arsenik beigemischt, von dem man es auf diese Weise abtrennt. R e d u k t i o n . 10 g Eisenpulver (ferrum reductum), 100 ccm Wasser und 2 ccm konz. Salzsäure werden in einen 250-ccm-Kolben gebracht, auf den ein Extraktionsapparat (Fig. 29, S. 36) aufgesetzt ist. In die Hülse bringt man 6.5 g Nitrophenylarsinsäure. Man erhitzt den Kolbeninhalt zum Sieden, so daß etwa alle zwei Sekunden ein (gelbgefärbter) Tropfen der Lösung herunterfällt. Die Extraktion soll in etwa einer halben Stunde vollendet sein. Man setzt dann noch J / 4 Stunde lang das Sieden fort, fügt 25 ccm 5n-NaOH hinzu, kocht noch 5 Minuten und gießt von der Hauptmenge des Eisenschlammes durch eine Nutsche ab. Der Eisenschlamm wird noch zweimal mit je 100 ccm heißer verd. (etwa n/5) NaOH ausgekocht. Die vereinigten Filtrate dampft man auf 75 ccm ein, versetzt mit konz. Salzsäure bis zur eben congosaueren Reaktion und stumpft den Überschuß an Mineralsäure mit Natriumacetatlösung ab. Nach längerem Stehen scheidet sich die Arsanilsäure aus. Sie wird aus 40—50 ccm heißem Wasser, wenn nötig unter Zusatz von wenig Tierkohle umkristallisiert. Ausbeute 3—4 g. V e r s u c h . Man weise die primäre NH 2 -Gruppe nach, indem man eine kleine Menge d e / Säure in wenig Natronlauge löst, un1

Dargestellt durch Auflösen von 23 • 5 g gepulvertem Arsenik in 240 ccm 2n-NaOH (vorher titrieren!) und Verdünnen auf 800 ccm.

Organisch-präparativer Teil gefähr ein Äquivalent Natriumnitrit zufügt und unter Innenkühlung mit Eis mit Salzsäure ansäuert. In alkalischer /9-Naphthollösung erzeugt die Diazoniumsalzlösung die rote Färbung des entsprechenden Azofarbstoffs. Formel! Die Einführung der Arsinsäuregruppe in den aromatischen Kern hat großes Interesse im Hinblick auf die therapeutische Verwendung der Arsenverbindungen bei der Bekämpfung von Infektionskrankheiten (Atoxyl = arsanilsaures Natrium, Salvarsan). Die erste Synthese der Arsanilsäure erfolgte mit sehr schlechter Ausbento durch Verschmelzen von Anilin mit Arsensäure: >0 / v ¿0 K—( \—t + HO As^-OH v H„N-( )—Asf OH + H,0 . \OH \ / \OH Man vergleiche den Prozeß mit dem der SulfurieruDg und Nitrierung und beachte vor allem den Unterschied zwischen Arsen und Stickstoff (hier die neutrale N02-Gruppe, dort das entsprechende Hydrat, die zweibasische Arsinsäuregruppe). Der Reduktion der Nitro- zu Azokörpern entspricht die der Arsinsäuren zu Arsenobenzolen: As^OH \OH Hat man die durch „Umkochen" der diazotierten Arsanilsäure zu gewinnende p-Oxyverbindung nitriert, die eingetretene Nitrogruppe zur Aminogruppe reduziert, so kann man durch weitere Reduktion die entsprechende A r s e n o v e r b i n d u n g , das Salvarsan erhalten. Man formuliere diese Umwandlungen. Die Bindung der Arsinsäuregruppe an den Benzolkern, die nach der oben ausgeführten B A B T sehen Reaktion allgemein bei Diazoverbindungen erfolgt, überschreitet wahrscheinlich ein dem Diazosulfonat (S. 286, Anm.) analog gebautes Zwischenprodukt, das sich nicht so rasch, wie jenes in die stabile anti-Form umlagert, sondern unter Stickstoffentwicklung zerfällt. yO yO C,H,N=N + NaAsf-ONa — > C,H 5 -N=N. Asf-ONa + NaCl C1 \OH \OH —C4H

6

• As^-ONa + N,. \OH

7. Phenylhydrazin.1 47 g Anilin Mol) werden in 100 ccm konzentrierter Salzsäure, die mit dem gleichen Volumen Wasser verdünnt sind, gelöst und, wie mehrfach beschrieben, mit der Lösung von 38 g 1

E. FISCHE«, A. 190, 78 (1877).

VII, 7

Phenylhydrazin

285

Natriumnitrit in 100 ccm Wasser unter guter Kühlung diazotiert. Vorher hat man eine möglichst gesättigte wäßrige Lösung von ll/4 Mol = 158 g neutralen wasserfreien oder 315 g kristallwasserhaltigen (7 HjO) Natriumsulfits bereitet, deren Gehalt der Menge der angewandten Salzsäure entspricht; es ist dies ein Überschuß von 25 Proc. über den stöchiometrischen Bedarf. Am wohlfeilsten ist es, die technische Bisulfitlösung, deren Gehalt t i t r i m e t r i s c h f e s t g e s t e l l t sein muß, mit der notwendigen Menge Lauge zu neutralisieren. Von guter, 40-proc. Bisulfitlauge braucht man 325 g, die mit 110 g 50-proc. NaOH abgestumpft werden. Das Gelingen des Präparates hängt von der richtigen Einstellung der Sulfitlösung ab. Die frisch bereitete Diazoniumchloridlösung gießt man rasch in die kalte Sulfitlösung, die sich in einem 2-Liter-Rundkolben befindet, ein. Die orangerote Lösung, die entsteht, darf sich, wie an einer Probe im Reagenzglas zu prüfen ist, beim Eochen nicht trüben. Ist dies doch der Fall, so muß mehr Sulfit zugefügt werden. Man setzt nun unter Umschütteln nach und nach 100 ccm konzentrierter Salzsäure zu, wobei der Farbton der Lösung in Gelb umschlägt. Dann erhitzt man auf dem Wasserbad, fügt einige ccm Eisessig hinzu und hellt durch Zusatz von wenig Zinkstaub die Farbe der Lösung auf. Die heiß filtrierte Flüssigkeit wird alsbald mit 300 ccm konzentrierter Salzsäure versetzt und langsam erkalten gelassen. Der Kristallbrei von Phenylhydrazoniumchlorid wird auf der Nutsche abgesaugt, möglichst scharf abgepreßt, mit Salzsäure 1 : 3 gewaschen und alsbald in einem Scheidetrichter mit 150 ccm 4 n-Natronlauge unter Äther zersetzt. Man äthert zweimal nach, trocknet die Ätherlösung der Base mit geglühtem Kaliumcarbonat und destilliert schließlich das Phenylhydrazin im Vakuum unter Benützung der ANSCHÜTZ-THIELE sehen Vorlage (Fig. 17, S. 23). Siedep.i2nim 120°. Ausbeute rund 30 g. Das Präparat muß beim Einstellen in kaltes Wasser nach kurzer Zeit vollkommen erstarren und soll sich in verdünnter Essigsäure ohne Trübung lösen. Schmelzp. 23°. Die Destillation unter Atmosphärendruck ist stets von Zersetzung begleitet (N„ NHS, NHi«CeHs und C6H6) und liefert kein reines Phenylhydrazin. Weniger elegant ist das Verfahren von V. MEYEB, nach dem Diazoniumchloride in stark salzsaurer Zinn-2-chloridlösung zu

Organisch-präparativer Teil

286

Arylhydrazinen reduziert werden. Man beachte den Unterschied der Reaktionsweise von Zinn-2-salz in saurer und alkalischer Lösung. Die klassische Metbode von E M I L F I S C H E S , die hier durchgeführt wurde, geht über das schon von STBECKEB und RÖMER dargestellte Phenyl-anti-diazosulfonat1, das häufig zu Anfang der Eeaktion in schönen orangegelben Kristallen herauskommt. C,H,.N=N C.H.N C1 + Na,SOs —>|| + NaCI. N-SO,Na Die bei Zugabe der Salzsäure in der zweiten Phase des Präparats freiwerdende schweflige Säure hydriert die Azo-Doppelbindung, wahrscheinlich über ein Additionsprodukt A, dessen eine SO s H-Gruppe leicht hydrolytisch abgespalten wird unter Bildung von phenylhydrazinsulfonsaurem Natrium. . C,H, • N—NHSO,Na C„H,.NH-NH.SO,Na A J + Hlb 4 SO»H — -»' ° • Die Vervollständigung der Hydrierung besorgt der aus dem Zinkstaub entwickelte Wasserstoff. Schließlich wird die fester haftende Sulfogruppe durch die starke Salzsäure in der Hitze ebenfalls als Schwefelsäure abgespalten. Nach diesem Verfahren wird Phenylhydrazin im großen dargestellt. Es dient als unentbehrliches wissenschaftliches Präparat zur Erkennung von Aldehyden und Ketonen (Phenylhydrazone) und für mancherlei Synthesen, vor allem aber für die technische Darstellung des A n t i p y r i n s und P y r a m i d o n s . Man unterrichte sich über den Verlauf dieser Synthesen. Die Salze des Phenylhydrazins sind einsäurig. V e r s u c h . Zu einer Mischung von 5 Tropfen Phenylhydrazin und 5 ccm Wasser fügt man 3 Tropfen Eisessig. Darauf versetzt man mit 2 Tropfen Benzaldehyd (am GlasBtabe) und schüttelt um. Es bildet sich zunächst eine milchige Trübung, sehr bald jedoch ein flockiger Niederschlag von B e n z y l i d e n - p h e n y l h y d r a z o n . Die kleinsten Mengen von Benzaldehyd lassen sich auf diese Weise erkennen. Von hervorragender Bedeutung ist das Phenylhydrazin in der Chemie der Zucker zur Abscheidung, Erkennung und Umwandlung der verschiedenen Zuckerarten gewesen. Ohne dieses Reagens hätten die fundamentalen Aufklärungen auf diesem Gebiete kaum erzielt 1

Das wohl zuerst entstehende Diazoniumsulfit C a H s -N=N lagert sich SO,Na Bpontan in die Diazotatform um; dasselbe erfolgt bei den A r s e n i t e n (S. 234) und Cyaniden. C,H,.N=N C,H, N = N . C N . CN

VII, 7

Phenylhydrazin

287

werden können. Läßt man auf eine Molekel eines Zuckers eine Molekel Phenylhydrazin einwirken, so entsteht ein n o r m a l e s H y d r a z o n , z. B.: C H , O H ( C H O H ) « C H O + C . H . N H . N H , = C H , • O H (CH-OH)« C H

Traubenzucker

II

+H,0

N-NH.C.H,

Wendet man jedoch Phenylhydrazin im Überschuß an, so wirkt dieses oxydierend, d. h. Wasserstoff entziehend, auf den Zucker ein, indem z. B. im obigen Beispiel die der Aldehydgruppe benachbarte CH-OH-Gruppe zu einer Ketongruppe dehydriert wird, welche wiederum mit dem Hydrazin reagiert. Von den so entstehenden Stoffen, den O s a z o n e n war auf S. 215 schon die Rede. Im obigen Beispiel erhält, man: C H , • O H • (CH • O H ) , • C — C H — N • N I I • C . H ,

II N—NHC,H, Erhitzt man Osazone mit Salzsäure, so spalten sie wie alle Hydrazone Phenylhydrazin ab. Man erhält daneben natürlich nicht wieder den ursprünglich angewandten Zucker zurück, sondern ein Oxydationsprodukt desselben, ein sog. O s o n , und zwar in dem gewählten Beispiel: C H , • O H • (CH • OH), • CO • C H O .

Reduziert man dieses, so wird nicht etwa die Ketongruppe reduziert und somit der ursprünglich angewandte Zucker zurückgebildet; es wird vielmehr die Aldehydgruppe reduziert, und man erhält: C H , • O H .(CH • OH), • CO • C H , O H .

Die Aldose ist in eine Ketose, d-Glucose in d-Fructose übergeführt worden. V e r s u c h . Die Lösung von 2 g Phenylhydrazin in 1 - 5 ccm Eisessig und 15 ccm Wasser erwärmt man mit 1 g d-Glucose, in 5 ccm Wasser gelöst, im Wasserbad auf 80°. Nach etwa 2 0 Minuten beginnt das Osazon sich in feinen gelben Nädelchen auszuscheiden. Man saugt nach einer Stunde Reaktionsdauer ab, wäscht mit Wasser und läßt die Kristalle an der Luft trocknen. Schmelzpunkt 205°. Phenylhydrazin kann Wasserstoff abgeben, unter Umständen aber auch Wasserstoff aufnehmen; es kann also reduzierend und oxydierend wirken. Im ersten Fall entstehen über das schon erwähnte Phenyldiimin B e n z o l und S t i c k s t o f f (Einwirkung von Kupfervitriol, FeClj, FEHLING scher Lösung, ammoniakalischer Silbernitratlösung); in saurer Lösung kann durch vorsichtige Oxydation Diazoniumsalz zurückgebildet werden. Versuch. Benzol aus Phenylhydrazin. In einen gewöhnlichen Destillierkolben, der mit absteigendem Kühler ver-

288

Organisch-präparativer

Teil

sehen ist, und in dem die Lösung von 25 g Kupfervitriol in 75 com Wasser zum Sieden erhitzt wird, läßt man 5 g Phenylhydrazin, in 5 ccm Eisessig und 10 ccm Wasser gelöst, langsam einfließen. Heftige Stickstoffentwicklung. Das entstandene Benzol geht alsbald mit den Wasserdämpfen über und wird, wie auf S. 277 beschrieben, aufgefangen und rein gewonnen. Ausbeute 2 - 3 g. Beim Überhitzen zerfällt Phenylhydrazin analog dem Hydrazobenzol, indem eine Molekel eine zweite hydriert. 2C,H 5 .NH.NH, ->- C.H. NH, + NH, + (C,Hä-N=NH) C.H„ + N t . Fein verteilte Platinmetalle wirken, wie dort, katalytisch beschleunigend.

Man prüfe das Verhalten von Phenylhydrazin gegen sehe Lösung und gegen ammoniakalische Silberlösung.

FEHLING -

Läßt man in die wäßrige Lösung von Phenylhydrazinsalz Natriumnitritlösung eintropfen, so entsteht das gelbe, giftige ß-Nitrosop h e n y l h y d r a z i n , das unter H20-Abspaltung in Phenylazid übergeführt werden kann. C„H5 • N • NH» C„H S .N-N

I

NO Näheres über Azide siebe auf S. 275.

X/' . N

Versuch. I n d o l s y n t h e s e nach E . FISCHEB. 2 g Phenylhydrazin werden im Reagenzglas mit 2 ccm Aceton vermischt. Trübung unter Wasserabscheidung. Man hängt s / 4 Stunden ins siedende Wasserbad, setzt dann 6 g trocknes Zinkchlorid zu und erhitzt die Mischung unter Umrühren einige Minuten lang in einem auf 180° erwärmten Ölbad. Die dunkle Schmelze wird dann mit der vierfachen Menge verdünnter Salzsäure in einen kleinen Bundkolben gespült, aus dem das gebildete a-Methylindol mit Wasserdampf abgetrieben wird. Das bald erstarrende Öl wird nach dem Trocknen aus wenig Petroläther umkristallisiert. Schmelzp. 59°. F i c h t e n s p a n r e a k t i o n . Uber die aus einer kleinen Probe durch Kochen mit Wasser erzeugten Dämpfe hält man ein mit konzentrierter Salzsäure getränktes Stückchen Tannenholz. Intensive Botfärbung. Diese schöne und überraschende Synthese von Indolderivaten, die allgemeine Anwendung hat, ist in ihrem Verlauf erst vor kurzem aufgeklärt worden (R. ROBINSON). Wir haben anzunehmen, daß die KetoPhenylhydrazone aus einer tautomeren Hydrazoform heraus eine Art

Darstellung von

VII, 8

289

Azofarbstoffen

von Benzidinumlagerung erfahren, die manchmal wie diese, so z. B. beim Phenylhydrazon der Brenztraubensäure, schon in verdünnt saurer wäßriger Lösung erfolgen kann.

Ii

ch

- -1 j T H,C

- [ T A CH,

CH CH,

Aus dem zuletzt formulierten, hypothetischen Diamin wird nach bekannten Mustern (Pyrrolidin aus 1,4-Diamino-butan) NHS abgespalten und der Indolring gebildet.

8. Darstellung von Azofarbstoffen. a) H e l i a n t h i n . 20 g Sulfanilsäure werden in 50 ccm 2nNatronlauge gelöst; dazu fügt man die Lösung von 8 g Natriumnitrit in 100 ccm Wasser. Unter Eiskühlung wird hierauf diese Lösung in 50 ccm 2 n-Salzsäure eingegossen. Vorher hat man 12 g Dimethylanilin in 100 ccm n-Salzsäure gelöst und bringt nun die oben bereitete Lösung von diazobenzolsulfonsaurem Natrium mit der des Dimethylanilinsalzes zusammen. Wenn man hierauf bis zur deutlich alkalischen Reaktion Natronlauge zufügt, so scheidet sich sehr bald das Natriumsalz des Farbstoffs in schönen orangebraunen Kristallblättern ab. Man saugt nach mehrstündigem Stehen scharf ab und kann das schon ziemlich reine Präparat aus wenig Wasser Umkristallisieren. Die Ausheute ist beinahe quantitativ. Man kann auch 20 g Sulfanilsäure, in 100 ccm Wasser suspendiert, mit 12 g Dimethylanilin zur Lösung bringen und dann unter Eiskühlung die Nitritlösung langsam hinzufügen. Das Natriumsalz des Farbstoffs scheidet sich dann direkt aus. Zur Abwechslung kann man diazotierte Anthranilsäure mit Dimethylanilin zu „Methylrot" kuppeln. Der Indicator wird mit Die

erhaltene Azofarbstoff ist der in der Alkalimetrie viel benutzte Methylorange. Die verdünnte gelbe Lösung des Helianthins Säuren rot gefärbt. Kupplung verläuft nach der Gleichung: N

' ° -

S

O

N

OATTEKMANN, Praxis. 23. Auflage.

-

N

°

H +

O < C H ;

19

290

Organisch-präparativer Teil

Das gelbe Natriumsalz leitet sich von dieser „Azo"-Form ab, während durch Säuren das rotgefärbte chinoide Salz

gebildet wird. Vielleicht hat die freie, auch rot gefärbte Säure die Konstitution eines inneren chinoiden Salzes: HN N I II

Bei der außerordentlichen technischen Bedeutung der zahllosen Azofarbstoffe, die nach diesem Prinzip der Kupplung aufgebaut sind, ist eine allgemein angewandte Reaktion, die zu ihrer Analyse dient, bemerkenswert. Durch Zinn-(II)-chlorid oder auch durch Natriumhyposulfit werden alle Azofarbstofi'e unter Aufnahme von 4 Wasserstoffatomen reduktiv in zwei (bei Polyazofarbstoffen in entsprechend mehr) Molekeln primäres Amin gespalten. Amino- und Oxy-hydrazoverbindüngen sind, anders als in der einfachen Reibe, gegen Reduktionsmittel so unbeständig, daß sie sofort an der Hydrazinbindung zerlegt werden. Aus Helianthin entstehen bei dieser Reaktion, wie ein Blick auf die Formel lehrt, Sulfanilsäure und p-Dimethylpbenylendiamin. Wir sehen also, daß der bei der Diazotierung eingetretene Stickstoff sich bei der „Azokomponente" (hier dem Dimethylanilin) als NH 2 -Giuppe wiederfindet, wührend das diazotierte Amin (die Sulfanilsäure) als solches zurückerhalten wird.

V e r s u c h . 3 g Helianthin werden in möglichst wenig heißem Wasser gelöst; man fügt so lange von einer Lösung von 8 g Zinn-(II)-chlorid in 20 ccm konzentrierter Salzsäure in der Hitze hinzu, bis Entfärbung eingetreten ist. Beim Abkühlen und Reiben mit einem Glasstab kristallisiert S u l f a n i l s ä u r e aus, die man nach einiger Zeit absaugt. Das Filtrat wird mit starker Lauge übersättigt und ausgeätliert. Die mit einem Stückchen Ätzkali getrocknete Ätherlösung hinterläßt nach dem Abdampfen des Äthers das neben Sulfanilsäure entstandene D i a m i n , das durch die auf S. 307 angegebene Farbreaktion (WuRSTEESches Rot) nachgewiesen wird. Die Base wird beim Abkühlen kristallinisch. Zum Nachweis eignet sich auch das A c e t y l d e r i v a t , das durch kurzes Erwärmen der Rohbase mit 1 / a ccm Essigsäureanhydrid im Wasserbad (Reagenzglas) erhalten t wird. Mit Wasser ver-

VII,

8

Darstellung

von

Axofarbstoffen

291

dünnen und die Essigsäure mit Soda abstumpfen. Dies ist nötig, CH weil die Acetylverbindung wegen der — N < '-Gruppe noch basischen Charakter hat. Farblose Kristalle, die aus Wasser umkristallisiert werden können. Schmelzp. 130°. Die Methode bat auch präparative Bedeutung, da sie letzten Endes die Einführung einer Aminogruppe zum Inhalt hat. Darstellung von Amino-naphtholen aus Farbstoffen mit u- oder ¿9-Naphthol als Azokomponente. Bei der intensiven Färbung der Azofarbstoffe erlaubt ihr Auftreten einen scharfen Nachweis primärer aromatischer Amine. Da die Naphthalinderivate tiefer gefärbt sind, als die des Benzols, benützt man gewöhnlich Dicht Phenol, sondern /S-Naphthol oder die sog. R-Süure (Säure für Rot), das ist /9-Naphthol-3,G-disulfonsäure:

h) Kongorot. 1 4-6 g Benzidin werden in 12 ccm konzentrierter Salzsäure, die mit Wasser auf 100 ccm verdünnt sind, heiß gelöst, weitere 150 ccm Wasser hinzugefügt und die klare, auf 2—3° abgekühlte LösuDg mit 3-6 g Natriumnitrit in 20 ccm Wasser innerhalb einer Minute diazotiert. Die „Tetrazo"-Lösung läßt man nach 5 Minuten unter Umrühren in die Lösung von 16 g naphthionsauren Natriums und 20 g kristallisierten Natriumacetats in 250 ccm Wasser einlaufen. Wenn eine Probe der Flüssigkeit, mit Salzsäure erwärmt, keinen Stickstoff mehr entwickelt, wird der blauschwarze Niederschlag der Farbsäure mit Soda unter Erwärmen zum roten Natriumsalz aufgelöst, die Lösung filtriert und mit (nicht zu viel) Kochsalz ausgesalzen. Nach dem Absaugen wird mit Kochsalzlösung gewaschen. Salzsäure fällt aus der Lösung des Natriumsalzes die blaue Säure. Das Kongorot ist eine stärkere Säure, als Methylorange; der Umschlag nach Blau verlangt eine höhere H-Ionenkonzentration als dort. Kongopapier dient daher zur Unterscheidung von organischen Säuren und Mineralsäuren. Kongorot ist der Grundkörper der Baumwolle direkt färbenden „Benzidinfarbstoffe". Diese färberisch sehr wertvolle Eigenschaft ist wohl auf die innige Adsorption der kolloidal gelösten Farbstoffteilchen auf der Faser zurückzuführen. 1

Nach MönLAü-BcrcnEEER, Farbenchemisches Praktikum, S. 156. 19*

292

Organisch-präparativer

Teil

c) / 9 - N a p h t h o l o r a n g e . Die wie unter a) aus 10 g Sulfanilsäure bereitete Mischlösung mit Nitrit (4 g) wird unter Eiskühlung in 50 ccm 4 n-Salzsäure eingerührt. Die breiige Suspension von p-Diazobenzolsulfonsäure bringt man ziemlich rasch unter Umrühren in eine alkalische /9-Naphthollösung (8 g in 100 ccm 2n-NaOH) von Raumtemperatur. Die nach kurzer Zeit einsetzende Kristallisation orangegelber Blättchen des Farbstoffs (Na-Salz) wird durch Zugabe gesättigter Kochsalzlösung vervollständigt. Absaugen und mit kaltem Wasser waschen. Ausheute 15—16 g. D i e K u p p e l u n g des A n i l i n s . Die Kuppelung der primären aromatischen Amine verläuft, wir schon im Fall des Anilins erfahren haben, nicht normal; es steht unter Bindung an der NHa-Gruppe D i a z o - a m i n o b e n z o l , Triazenderivat, wie es analog aus aliphatischen Aminbasen, z. B. methylamin, hervorgeht: QJHJ• N : N O H + N H , • C , H 6 [ H N ( C H , ) , ]

wie entein Di-

C E H S . N : N • N H • C„H 5 [• N • ( C H , ) , ] .

Verbindungen dieser Art werden durch Säuren alsbald wieder in Diazonium- und Aminsalz zurückgespalten. Durch ganz schwache Siiurewirkung — Anilinsalz bei Gegenwart überschüssiger Base — kommt bei den Diaryltriazenen diese Eückspaltung auch zustande; das Diazoniumsalz kann sich aber unter den gegebenen Bedingungen mit dem im Überschuß vorhandenen Amin zum AzofarbstofF vereinigen (ROSENUAUER).

D i e Gleichung:

C,H,• N : N• NH•

.N:N-C,H,

unterrichtet daher nur über das Resultat, nicht aber über den V e r l a u f der Reaktion.

D i a z o - a m i n o b e n z o l u n d p - A m i n o - a z o b e n z o l . 9-3g Anilin werden unter den üblichen Bedingungen mit der halben Menge Nitrit (3-8 g) zur Hälfte diazotiert; dazu fügt man unter Umrühren die Lösung von 25 g Natriumacetat in 100 ccm Wasser. Der nach Klärung der Flüssigkeit abgesaugte und mit Wasser gewaschene gelbbraune Niederschlag wird erst auf Ton, dann im Vakuum scharf getrocknet, hierauf aus Petroläther (50—60°) umkristallisiert. Schmelzp. 98°. Eine Probe wird mit verdünnter Salzsäure im Reagenzglas erwärmt. Ferner erwärmt man in einem Reagenzglas 2 g trockenen Diazoaminobenzols in 5 g Anilin, dem man vorher 1 g t r o c k e n e n , fein zerriebenen Anilinchlorhydrats zugesetzt hat, unter öfterem Um-

VII, 8

Die Kuppelung des Anilins

293

rühren x / i Stunde lang im Wasserbad auf 30 dann ebenso lang auf 45°. Wenn eine Probe jetzt, mit Salzsäure erwärmt, keinen Stickstoff mehr entwickelt, löst man das Anilin mit 24 ccm 10-proe. Salzsäure (6 ccm konzentrierte und 18 ccm Wasser) heraus. Das zurückbleibende salzsaure A m i n o a z o b e n z o l wird aus der 100 fachen Menge mit wenig Salzsäure versetzten heißen Wassers umkristallisiert. Durch Zersetzung des Salzes mit Soda erhält man die orangegelbe Base. Z u r T h e o r i e d e r F a r b s t o f f e . Die Absorption im sichtbaren Teil des Spektrums, d. h. die subjektive Farbe, wird bei Kohlenstoffverbindungen bedingt durch das Vorhandensein einer sog. c h r o m o p h o r e n Gruppe im Molekül. Stark chromophor wirkt die Nitrosogruppe, weit schwächer die Nitrogruppe, recht bedeutend die Azogruppe, aber diese nur in aromatischen Systemen. Azometban ist farblos. Das intensiv orangerot gefärbte Azobenzol ist aber ebensowenig ein Farbstoff, wie Nitrosobenzol. Dazu gehört eine weitere Gruppe, die durch ihre chemische Natur die Verwandtschaft zur Faser herbeiführt und die gleichzeitig die Farbe vertieft. Die wichtigsten dieser Gruppen, die man A u x o c h r o m e nennt, sind OH und NH 2 . Ibren auxochromen Einfluß haben wir beim o-Nitrophenol und bei den Nitranilinen an einfachen Beispielen kennengelernt. Wolle und Seide sind eiweißähnliche Stoffe und wie dieses von amphoterer Natur. Sie können sich demgemäß mit Säuren wie mit Basen verbinden. Aus diesem Grund können Wolle und Seide durch Farbstoffe vermöge deren auxochromer Gruppe direkt gefärbt werden. Anders die Baumwolle. Sie ist fast chemisch reine Cellulose und daher in fiirberischer Hinsicht chemisch indifferent. Die Vereinigung mit dem Farbstoff erfolgt hier mit einer Beize, die vor der Färbung in kolloidaler Adsorption auf die Faser gebracht wird und die den Farbstoff nun chemisch, und zwar komplex, binden kann. Die Beizen für eine wichtige Gruppe saurer Farbstoffe (S. 324) sind im wesentlichen Metallhydroxyde und zwar solche von Chrom, Aluminium, Eisen, Antimon, Zinn usw., die für basische ist zumeist das Tannin. Bei allen Färbungen kommt aber neben der c h e m i s c h e n Bindung der p h y s i k a l i s c h e n durch Oberflächenadsorption eine ausschlaggebende Bedeutung zu. Sie allein ist es, die eine verhältnismäßig goringe Anzahl von Farbstoffen, die sog. substantiven Baumwollfarbstoffe, befähigt, direkt auf die u n g e h e i z t e pflanzliche Faser aufzuziehen. Die wichtigsten unter ihnen sind die Dis-azofarbstoffe, die sich vom doppelt diazotierten Benzidin ableiten, das Kongorot und seine Abkömmlinge. Sie befinden sich im Solzustand in wäßriger Lösung und werden als irreversible Gele kolloidal von der Faser adsorbiert.

294

Organisch-präparativer Teil

Üb er d i e K u p p e l u n g s r e a k t i o n d e r D i a z o v e r b i n d u n g e n . Diese Reaktion, mit deren Hilfe die überaus große Zahl der technischen Azofarbstoffe hergestellt wird, besteht, auf das einfachste Schema zurückgeführt, darin, daß aromatische Diazoverbindungen mit Phenolen oder aromatischen Aminen zu Azoverbindungen sich kondensieren. Aus dem labilen Diazosystem wird der sehr beständige Azokomplex. Die Azofarbstoffe sind also samt und sondors Abkömmlinge des Azobenzols oder auch des Azonaphthalins u. a. Es besteht die Regel, daß die Kombination mit Phenolen nur in alkalischer oder neutraler Lösung erfolgt, während die aromatischen Amine in schwach saurer, meist essigsaurer Lösung gekuppelt werden. Der einfachste Azofarbstoff, der aber technisch bedeutungslos ist, entsteht aus P h e n y l d i a z o t a t und P h e n o l ; die Diazogruppe greift in der p-Stellung — beim /9-Naphthol in der benachbarten a-, also in o-Stellung — ein.

p-Oxyazobenzol Die Kuppelung des Anilins haben wir schon oben kennengelernt, als wir die Diazoniumlösung auf freies Amin prüften; seine Gegenwart verriet sich nach Zugabe von Natriumacetat am Auftreten des unlöslichen D i a z o a m i n o b e n z o l s . Ob hierbei das Diazoniumsalz selbst kuppelt odor ob, was wahrscheinlicher ist, in der schwach sauren Lösung eine teilweise Hydrolyso zu Diazohydroxyd und Säure anzunehmen ist, kann nicht mit Sicherheit entschieden werden. Wir werden unseren Ableitungen die zweite Erklärung zugrunde legen. Dimethylanilin kombiniert sich, wie aus der Darstellung dos Helianthins hervorgegangen ist, in genau der gleichen Weise wie Phenol; es entsteht p - D i m e t h y l a m i n o - a z o b e n z o l . Die von Phenolen abgeleiteten Azofarbstoffe bezeichnet man als saure, die von Aminen abgeleiteten als basische. Da aber die Industrie so gut wie ausschließlich S u l f o n s ä u r e n als Ausgangsmaterialien verwendet und zwar sowohl in der D i a z o k o m p o n e n t e — diazotiertes Amin —, wie in der A z o k o m p o n e n t e — gekuppeltes Phenol oder Amin —, so ist diese Unterscheidung gegenstandslos. Die überwiegende Mehrzahl der Azofarbstoffe gehört praktisch zu den sauren Farbstoffen. Die Sulfogruppe hat den Zweck, die Farbstoffe im Farbbad löslich zu machen. Die technisch wichtigsten Azofarbstoffe leiten sich vom Naphthalin ab, und es gibt wohl kaum ein Gebiet der organischen Chemie, das so gründlich in allen Einzelheiten erforscht wäre, wie das der hierher gehörenden Zwischenprodukte. Die Anzahl der möglichen Kombinationen geht ins Unbegrenzte, es muß hier auf Spezialwerke verwiesen werden.

VII, 8

Die Kuppelungsreaktion der Diaxoverbindungen

295

Als solche seien besonders erwähnt: F . MAYEB, Chemie der organ. Farbstoffe, Berlin 1 9 2 4 ; MÖHLAU-BÜCHEBEE, Farbenchem. Prakt., Berlin 1 9 2 6 ; FIERZ-DAVTD, Farbenchemie, Berlin 1 9 2 4 ; RISTENPABT, Chem. Technol. der organ. Farbstoffe, Leipzig 1 9 2 5 . Über die Frage nach dem M e c h a n i s m u s d e r K u p p e l n n g s r e a k t i o n ist sehr ausführlich gearbeitet worden. Es ist zuerst, schon Gesagtes zusammenfassend, zu bemerken, daß sich die Reaktion nicht auf die aromatische Reihe beschränkt. Diazoverbindungen kondensieren sich vielmehr auch mit E n o l e n und mit den ihnen sehr nahe stehenden a l i p h a t i s c h e n a c i - N i t r o k ö r p e r n . Dabei entstehen aber als Endprodukte nicht Azoverbindungen, sondern durch Umlagerung aus ihnen die i s o m e r e n H y d r a z o n e . CH3

I

C—OH I + ROOC-CH

CH,

C.H5 | HON=N

I

—>-

Acetessigester

CH,

+ H,0

C-OH R O O C — I ? — N = N • C,

¿0

I ROOC—C=N—NH • C.H, a-Phenylhydrazon des a, j?-DiketobuttersäureeaterB CH—N=N + H.0 I L O = N - O H C,H,J

HON=N I 0=N—OH CeH6 aei-Nitromethan CH,

+

HC=N—NH.C.H, I NO, Phenylhydrazon des Nitroformaldehyds

*-

J a sogar doppelt ungesättigte Kohlenwasserstoffe, wie B u t a d i e n , lassen sich mit geeigneten Diazoverbindungen kuppeln. Endlich sind nicht nur Phenole, sondern auch P h e n o l ä t h e r , wie A n i s o l , der Kuppelungsreaktion zugänglich (K. H. MEYER '). 1. Die einfachste Theorie, die K.H. MEYER entwickelt hat, führt die Kuppelungsfähigkeit auf die Aktivität der Doppelbindung zurück, die das Diazohydroxyd additiv aufnimmt. Durch Abspaltung von Wasser entsteht der Azokörper bzw. das Phenylhydrazon: C.H5

C—OH

b

HI

1

I

+

N HO—N

—>-

A

^OH

H C — N = N • CGH5

I

A. 3 9 8 , 66 (1913); B. 4 7 , 1741 (1914).

-v

C=0 | C=N—NH • C,H,

I

Organisch-präparativer Teil

296

Bei der Kuppelungsreaktion in p-Stellung ist in entsprechender Weise Addition in 1—4-Stellung anzunehmen. 2. Nitrophenole geben unter gewissen Bedingungen als erste Produkte der Reaktion D i a z o p h e n o l ä t h e r (Diazo-oxyverbindungen)

^

^)-N=NOH + HO^

^NO, ->• ^

N=N—0—^

"^NO,,

die sich dann sehr leicht, ebenso wie Diazoaminobenzol zu p-Aminoazobenzol, in die isomeren Oxyazoverbindungen umlagern (Dimboth). 1 Die Kuppelung der Phenoläther ließe sich auf das Entstehen einer analogen primären Oxoniumverbindung zurückführen:

h/

-

iHl

N - o - n = n / V n o ,



hA NO»

—>-

^

N = N — ^ O C H „ + II20.

Aber für die Reaktion dos Butadiens und anderer Kohlenwasserstoffe versagt eine derartige Deutung. 3. Das Objekt der Kuppelung lagert sich entweder mit beweglichem Wasserstoff (a) oder mit seiner Doppelbindung (b) an diejenige des Diazohydroxyds: a) ^

y—N=NOH + H - /

\ - 0 H ->• ^

^OH II

/ b)

^-N=N-/

CH,=CH—CH=CH, C,H, • N=NOH CH,=CH—CH=CHl I C.H..N-N H OHJ

OH

^-C

H ,: 1 rrCCHH ,»==CCHH- -CCHH — —CC H

l

C.H..N -H'0>.

NOHJ

CH,=CH—CH=CH I • H S C,N=N

Die Reaktionsweise des Diazobenzol-hydroxyds gleicht außerordentlich der der s a l p e t r i g e n S ä u r e ; so gut wie alle kuppelungsfähigen Stoffe reagieren auch mit dieser. Der Vergleich der Formeln zeigt, daß im Diazohydroxyd der zweiwertige Rest C a H S N < das Sauerstoffatom in der salpetrigen Säure ersetzt. Die Ausführungen über den Verlauf 1

B. 4 0 , 2404, 4460 (1907); 41, 4012 (1908).

Cliinon aus Anilin

VIII, 1

297

der Kuppelungsreaktion lassen sich fast ohne Einschränkung auf die analogen Reaktionen der salpetrigen Säure übertragen (vgl. dazu auch S. 304). Wo dort der Phenylazorest C a H s N = N — eingeführt wird, ist es hier die Nitrosogruppe (Nitrosophenol, Nitrosodiinethylanilin); wo sich jener, z. B. bei Enolen, zur Phenylhydrazongruppe umlagert, entsteht im Falle der salpetrigen Säure das Oxim, z. B.: EOOC— CH=C—CHS ROOC—C—CO • CH, | +0=N0H — v ü + H,0. OH NOH Acetessigester Isonitrosoacetessigester Diazobenzol und salpetrige Säure stehen demgemäß im selben Verhältnis zueinander, wie Phenylhydrazin und Hydroxylamin, die ja mit CarbonylVerbindungen die gleichen Reaktionsprodukte geben, wie jene mit den entsprechenden Methylenderivaten. Es ist daher verständlich, daß gewisse Chinone sich mit Phenylhydrazin zu den gleichen Endprodukten kondensieren, die auch durch Kuppelung des entsprechenden Phenols mit Diazobenzolhydroxyd entstehen (Ziscke), z.B. : N—NII-C,H5 CO ! L

I ^ ' c h CH 0-Naphthochinon

+h1n-nh-c,h6 '

N=N • C.IL I

+ HON=N-C a H 5 Am aromatischen Kern ist aus den schon öfters erörterten Gründen — vgl. z.B. S. 99/100, 172, 188 — der partiell hydrierte Ring nicht begünstigt; deshalb strebt das eingeklammerte Zwischenprodukt, unter Abwanderung des Wasserstoffs vom Stickstoff an den Sauerstoff, der „benzoiden" Ringverfassung zu.

VIII. Chinoide Verbindungen. 1. Chinon auB Anilin. 1 Zu einer Lösung von 23 g Anilin Mol) in einer Mischung von 100 ccm reiner konzentrierter Schwefelsäure und 500 ccm Wasser, die sich in einem Filtrierstutzen befindet, läßt man unter Eiskühlung und Rühren (Fig.48, S. 139) allmählich aus einem Tropftrichter die Lösung von 30 g Natriumbichromat in 75 ccm Wasser 1 A. 27, 268 (1838); 45, 354 (1842); 216, 125 (1882). B. 19, 1467 (1886); 20, 2283 (1887).

298 hinzufließen; die Temperatur soll nicht über 10° steigen. Das Reaktionsgemisch bleibt dann an einem kühlen Orte über Nacht stehen und am nächsten Morgen gibt man auf gleiche Art 40 g Bichromat in 120 ccm Wasser hinzu. Nach sechsstündigem Stehen saugt man die dunkelbraune Lösung auf einer großen Nutsche ab und wäscht mit wenig Wasser nach. Das Filtrat wird hierauf zweimal mit je J / a Liter Äther ausgeschüttelt. Die Ätherlösung wird alsbald in einem Fraktionierkolben, der nachher zur Wasserdampfdestillation dient, abgedampft, den abdestillierten Äther benützt man in 2 Anteilen zu nochmaligem Ausschütteln der Oxydationslösung und dampft die Auszüge abermals ein.1 Auf das zurückbleibende rohe Chinon, mit dem man den Filterrückstand samt dem Nutschenfilter vereinigt hat, leitet man direkt Wasserdampf und treibt es so in prächtigen goldgelben Kristallen in die Vorlage. Ausbeute 14—16 g. Chinon wird zuerst kurz zwischen Filtrierpapier und dann im nicht evakuierten Exsiccator über CaCl, getrocknet. Schmelzp. 116°. Wegen seiner großen Flüchtigkeit darf es nicht längere Zeit offen an der Luft gehalten werden (Versuch mit einer Probe). Zum Umkristallisieren können Alkohol oder Petroläther verwendet werden. Das reine, trockne Präparat ist längere Zeit haltbar. p-Benzochinon, gewöhnlich kurzweg Chinon genannt, ist einer der interessantesten und bemerkenswertesten Stoffe der organischen Chemie. Farbe, Geruch, Flüchtigkeit. Die Wasserdampfdestillation ist stets mit nicht unbedeutender Zersetzung verbunden. Durch direkte Oxydation von Benzol mit Silber-peroxyd entsteht Chinon in geringer Ausbeute. Dagegen führt die Einwirkung von Oxydationsmitteln auf eine große Anzahl von p-Disubstitutionsprodukten zu Chinon. So reagieren außer Hydrochinon p-Aminophenol (Versuch S. 169), p-Anisidin, auch p-Toluidin und Sulfanilsäure, ferner p-Phenylendiamin und viele seiner Derivate. N a p h t h a l i n läßt sich leichter als Benzol direkt zum (ß-)Chinon oxydieren; beim A n t h r a c e n und P h e n a n t h r e n bildet dieser Weg die präparative Methode. Das Chinon ist, wiewohl ein Abkömmling desDihydrobenzols und daher nicht im echten Sinn „aromatisch", ein begünstigtes Reaktionsprodukt, wenn es unter der Energieabgabe eines Oxydationsmittels entstehen kann. 1

Den abdestillierten Äther, der durch mitverflüchtigtea Chinon gelb gefärbt ist, kann man durch Ausschütteln mit verdünnter Lauge wieder für andere Zwecke nutzbar machen. Das Chinon wird dadurch als dunkelbraunes „huminsaures" Salz entfernt.

Chinon aus Anilin

VIII, 1

299

Die Reaktionen des Cbinons lassen sich im wesentlichen auf die verschiedene Art der Addition an die in der Molekel vorhandenen Doppelbindungen zurückführen. Die Anlagerang findet statt: 1. an d e r C = C - D o p p e l b i n d u n g . Bildung von Chinondi- und -tetrabromid; 2. i n 1 — 6 - S t e l l u n g an den b e i d e n S a u e r s t o f f a t o m e n . Addition von Wasserstoff zu Hydrochinon. Die Affinität dieser Reaktion ist so groß, daß schon wäßrige schweflige Saure zur Hydrierung genügt (vgl. Versuch). Die Dehydrierung von Hydrochinon zu Chinon stellt den umgekehrten Prozeß einer Abspaltung aus 1—6-Stellung dar; 3. in 1 — 4 - S t e l l u n g an S a u e r s t o f f u n d K o h l e n s t o f f zug l e i c h ; es entstehen Derivate des Hydrochinons. Oi Jl«



OH + HR

U-* L O

OH

Diesem Schema gehorchen die meisten und wichtigsten Reaktionen der Chinone, z. B. die Anlagerung von HCl, CNH, Aminen, Thiophenol, ThioschwefelsUure, Säurechlorid, Säureanhydrid u. a. W i r greifen die Reaktion des Anilins als Beispiel heraus und erhalten als erstes Reaktionsprodukt auf Grund der gegebenen Formulierung A n i l i n o h y d r o c h i n o n (R=HN>C6H6). Hier bleibt jedoch die Reaktion nicht stehen, sondern es tritt zwischen diesem Erstprodukt und noch vorhandenem Chinon alsbald eine wechselseitige Hydrierung und Dehydrierung ein, die für sehr viele Reaktionen des Chinons charakteristisch ist. o O OH LNHC.H,

+

A

X

A

\

-NHC.H,

Die große Affinität des Chinons zu Wasserstoff führt so zur Bildung von Anilinochinon, das nun in gleicher Weise noch ein Mol Anilin an die bisher unbeteiligte Hälfte des Moleküls anlagern kann. Dianilinohydrochinon wird ebenso wie das Erstprodukt in Dianilinochinon umgewandelt. Reaktionsgleichung!

Versuch. H y d r o c h i n o n aus Chinon. Etwa 2 g Chinon werden in 50 ccm Wasser suspendiert, das Wasser wird unter häufigem Umschütteln des Kolbens mit Schwefeldioxyd gesättigt. Nach einigem Stehen wird die entfärbte Lösung zweimal aus-

Organisch-präparativer

300

Teil

geäthert. Nach dem Trocknen mit CaCla und Verdampfen des Äthers hinterbleibt das Hydrochinon kristallisiert; es wird aus w e n i g Wasser umkristallisiert. Schmelzp. 169°. Eine Probe läßt beim Erwärmen mit verdünnter Schwefelsäure und einigen Tropfen Bichromatlösung Chinongeruch auftreten. V e r s u c h . A n i l i n o c h i n o n . 1 4 g Chinon werden in 400 ccm Wasser aufgelöst. Zu der abgekühlten Lösung bringt man 1 -72 g A n i l i n , gelöst in 10 ccm 20-proc. Essigsäure. Man läßt unter häufigem Umschütteln 3 Stunden lang in der Kälte stehen, saugt dann die rotbraune kristallisierte Ausscheidung ab, trocknet sie im Vakuum und entzieht ihr durch mehrfaches, vorsichtiges Auskochen mit Petroläther (Siedep. 80—90°) die M o n o a n i l i n o v e r b i n d u n g , die beim Erkalten in goldbraunen Nüdelchen herauskommt. Schmelzp. 119°. Der unlösliche Anteil besteht aus D i anilinochinon. Z u r E n t s t e h u n g des Chinons a u s A n i l i n . Das grünschwarze Zwischenprodukt, das man bei der Darstellung des Chinons wahrnimmt, ist das A n i l i n s c h w a r z . Schon daraus geht hervor, daß es sich beim Übergang von Anilin in Chinon nicht um eine einfache Sauerstoffzufuhr und Stickstoffabspaltung handelt, wie es die einfachste Gleichung ausdrücken würde. Das Chinon ist vielmehr das Endprodukt einer ganzen Kette komplizierter Prozesse und entsteht, wie wir zeigen werden, durch abwechselnde Dehydrierung und Hydrolyse (WILLSTÄTTEH).2 Demgemäß tritt die NH 2 -Gruppe des Anilins im Endprodukt als A m m o n i a k auf, wovon man sich leicht überzougen kann, wenn man einen kleinen Teil der ausgeätherten wäßrigen Lösung auf dem Wasserbad vom gelösten Äther befreit und nun in bekannter Weise auf NHS prüft. Bei jeder Dehydrierung des Anilins entsteht wahrscheinlich zuerst eine sehr vergängliche radikalartige Verbindung, der P h e n y l s t i c k s t o f f (BAMBERGER, S T . GOLDSCHMIDT). C.H..NH,

~2H

C,H S N-

HN(CE

N(CH a ),.

D a r s t e l l u n g von B I N D S C H E D L E R S Grün. 1 7 g Dimethylp-phenylendiamin werden zusammen mit 6 g Dimethylanilin in 40 ccrn konzentrierter Salzsäure, die man mit ebensoviel Wasser verdünnt hat, gelöst. Unter Eiskühlung und Tnrbinieren oder Bühren mit dem Glasstab läßt man dazu aus einem Tropftrichter die Lösung von 10 g Natriumbichromat in 20 ccm Wasser langsam zufließen. Hierauf setzt man 10 g Zinkchlorid in 20 ccm Wasser zu, worauf, besonders beim Reiben, das schöne Zinkdoppelsalz des Farbstoffs auskristallisiert. Nach einer halben Stunde saugt man ab, wäscht erst mit kaltem Wasser, dann mit Alkohol und schließlich mit Äther. Ausbeute 10—12 g. Der Farbstoff ist, gut getrocknet, längere Zeit haltbar. 2—3 g bringt man mit 20 ccm 2n-Salzsäure in einen Fraktionierkolben und leitet bei vorgelegtem Wasserkühler Wasserdampf ein. Nach kurzer Zeit sieht man die charakteristischen gelben Nadeln von C h i n o n übergehen. Methylenblau. Läßt man die Oxydation, die zu „BINDSCHEDLERS Grün" führt, bei Gegenwart von S c h w e f e l w a s s e r s t o f f vor sich gehen, so erfährt der Vorgang durch Eintritt von Schwefel eine Variation. Im Prinzip ist aber der Mechanismus der gleiche, wie dort. Die nachstehenden Formel1

B. IC, 464, 868 (1883); B. 48, 1087 (1915).

Methylenblau

VIII, 3

311

gleichungen zeigen, daß eine Addition von H—SH und eine spätere intramolekulare einer Mercaptangruppe in das Reaktionsbild hineinspielen: j (H,C),N=/

(H.qJ/

^-NH, \SH

;NH II

-2H

(H.C), C1 III

->-

N(CH3)1 ^NHv

H (H.O.N^'^^^SH C1

N(CHJ),

v.

IV

-2H C1 ^NHn

(H,C),N VI

H C1

-2H

'N(CH,),G1 (H,C),K Methylenblau entsteht auch bei der Oxydation von Dimethyl-pphenylendiamin ohne Beteiligung von Dimethylanilin und wurde auf diesem Weg von C a k o 1 8 7 6 entdeckt. Die Erklärung dafür ergibt sich daraus, daß das (nicht isolierte) Zwischenprodukt der Phase II wahrscheinlich unter Verdrängung der NH-Gruppe durch —N(CH3)2 als NHS) in die Stufe IV, in der der andere Ring chinoid ist, umgewandelt wird. Nach allen Erfahrungen findet ein Umspringen der chinoiden Bindungen von einem Ring zum andern leicht statt. Im technischen Prozeß wird nach B e r n t h s e n \ der in schönen Arbeiten den Farbstoff aufgeklärt hat, in der Stufe I T h i o s c h w e f e l s ä u r e angelagert, deren Sulfogruppe im Laufe der Operation wieder als Schwefelsäure abgespalten wird. 7-6 g Dimethyl-p-phenylendiamin werden in 70 ccm n-Salzsäure gelöst und mit der Lösung von 35 g Zinkchlorid in 50 ccm 1

A. B e b n t h s e n ,

69, 79; P i e b z - D a v i d ,

A . 230, 7 3 ( 1 8 8 5 ) ; A. 251, Farbenchemie. 2 . Aufl., 1 9 2 2 ,

1 (1889); S. 186.

siehe bes.

S. 49,

312 Wasser versetzt. Dazu fügt man unter gutem Umrühren die Lösung von 12 g Aluminiumsulfat in 20 ccm und hernach die von 15 g Natriumthiosulfat in ebensoviel Wasser. Unmittelbar darauf wird der dritte Teil einer Lösung von 16 g Natriumbichromat in 30 ccm Wasser hinzugefügt und die Temperatur der Lösung möglichst rasch auf 4 0 0 gebracht Jetzt folgt der Zusatz von 6 g Dimethylanilin, die in 8 ccm konzentrierter Salzsäure gelöst sind, daran anschließend wird der Rest des Oxydationsmittels eingegossen. Die Lösungen werden naturgemäß vor Beginn des Versuchs hergestellt. Man heizt rasch auf 70° und steigert die Temperatur langsam auf 85°; dabei kommt der Farbstoff zur Ausscheidung. Nach 1 / t Stunde läßt man auf 50° erkalten, bringt die anorganischen Fällungen mit 15 ccm konzentrierter Schwefelsäure zur Lösung und saugt nach völligem Erkalten den rohen Farbstoff scharf ab. Das Produkt wird direkt in 200—300 ccm siedenden Wassers gelöst, die Lösung filtriert und nach Zugabe von 20 g konzentrierter Zinkchloridlösung (1:1) und 40 g fein gepulverten Kochsalzes über Nacht zur Kristallisation hingestellt. Die schönen rotglänzenden Kristalle werden scharf abgesaugt und mit wenig eiskalten Wassers zweimal gewaschen. Ausbeute 10—12 g. Die wäßrige Lösung von Methylonblau wird durch Natronlauge nicht entfärbt; es entsteht die blaue wasserlösliche Ammoniumbase. Durch Reduktionsmittel wird der Farbstoff in die leicht oxydierbare Leukobase übergeführt. Sehr instruktiv ist der folgende Versuch, der die Bildung von Methylenblau durch Einlagerung des Schwefels zwischen die Ringe des B I N D S C I I E D L E R sehen Grüns veranschaulicht.

Versuch. In eine möglichst konzentrierte wäßrige Lösung von B I N D S C H E D L E B S Grün leitet man langsam Schwefelwasserstoff ein, bis nach einiger Zeit der Farbton auf Gelbrot zurückgeht. Jetzt setzt man verdünnte Salzsäure und die Lösung von 0*8 g Natriumbichromat zu und bringt mit Zinkchloridlösung das gebildete Methylenblau zur Ausscheidung. 4. Basische Triphenylmethanfarbstoffe. a) Malachitgrün aus B e n z a l d e h y d und Dimethylanilin. 1 D a r s t e l l u n g der L e u k o b a s e : Eine Mischung von 25 g Dimethylanilin und 10 g Benzaldehyd (beide frisch destilliert) wird unter Zusatz von 10 g Zinkchlorid, welches man zuvor in einer 1

OTTO FISCHER, A . 2 0 0 ,

83 (1881); 2 1 7 ,

250

(1883).

VIII,

4

Basische

Triphenylmethanfarlstoffe

313

Porzellanschale geschmolzen und nach dem Erkalten pulverisiert hat, vier Stunden unter öfterem Umrühren in einer Porzellanschale auf dem Wasserbade erhitzt. Die zähflüssige Masse wird durch Übergießen mit heißem Wasser auf dem Wasserbade verflüssigt und heiß in einen Kolben von 1/2 Liter Inhalt gegossen, worauf man durch sie so lange Wasserdampf leitet, bis keine 01tropfen mehr übergehen. Nachdem die Flüssigkeit erkaltet ist, gießt man das Wasser ab, wäscht den Rückstand mehrmals mit Wasser nach, das man zum Schluß möglichst vollständig entfernt, und löst ihn im Kolben selbst unter Erwärmen auf dem Wasserbade in Alkohol auf. Nach dem Filtrieren läßt man die Lösung über Nacht an einem kühlen Orte stehen, wobei die Base sich in farblosen Kristallen abscheidet, welche abfiltriert, mit Alkohol nachgewaschen und an der Luft auf einer mehrfachen Lage von Filtrierpapier getrocknet werden. Durch Einengen der Mutterlauge läßt sich noch eine zweite Kristallisation gewinnen. Sollte sich die Base nicht kristallisiert, sondern ölig abscheiden, was häufig schon nach kurzem Stehen der filtrierten Lösung eintritt, so rührt dies davon her, daß man zu wenig Alkohol verwandt hat. Man fügt in diesem Falle zu der Lösung noch etwas Alkohol und erhitzt, bis das Ol gelöst ist Ausbeute 20—24 g. O x y d a t i o n der L e u k o b a s e . 11 g des trocknen Präparats werden in 80 ccm 2 n-Salzsäure heiß gelöst, die praktisch farblose Lösung verdünnt man in einem Rundkolben von l 1 /, Liter mit 800 ccm Wasser und trägt unter Eiskühlung und stetem Umschütteln des Gefäßes nach und nach die Aufschlämmung von 9 g Bleidioxyd in 30 ccm Wasser in die Lösung ein. Da das käufliche Bleidioxyd häufig schlecht reagiert, stellt man das Oxydationsmittel nach der unten gegebenen Vorschrift selbst dar. Zu der erhaltenen, bei Bedarf filtrierten Farbstofflösung fügt man die klare konzentrierte Lösung von 12 g Zinkchlorid und bringt dann das ZnCls-Doppelsalz des Farbstoffs mit g e s ä t t i g t e r Kochsalzlösung zur Abscheidung (Prüfung auf Filtrierpapier, ob die Lösung beinahe farblos ausläuft). Zur Reinigung wird der abgesaugte und mit Kochsalzlösung gewaschene Farbstoff nochmals in heißem Wasser g e l ö s t und nach dem Erkalten wie oben ausgesalzen. Ausbeute 9—10 g. B l e i d i o x y d . 50 g guter Chlorkalk werden mit 750 ccm Wasser kräftig durchgeschüttelt, durch ein Faltenfilter filtriert und

314

Organiseh-präparativer Teil

das Filtrat nach und nach zu der Lösung von 25 g Bleizucker in 100 ccm Wasser gegeben, die auf dem siedendem Wasserbad in einer Porzellanschale erwärmt wird. Wenn der anfangs helle Niederschlag dunkelbraun geworden ist, prüft man an einer filtrierten Probe der Lösung, ob sie mit Chlorkalklösung beim Erhitzen eine weitere Fällung gibt und setzt in diesem Fall weiteres Oxydationsmittel zu. Zum Schluß wird die Lösung abgegossen, das Bleidioxyd wiederholt mit heißem Wasser digeriert, abgesaugt und gründlich nachgewaschen. Die scharf abgesaugte Paste wird feucht in einem verschlossenen Glase aufbewahrt. Wenn kein frischer Chlorkalk zur Hand ist, so bereitet man sich Hypochloritlauge, indem man in die Lösung von 15 g Ätznatron in 250 ccm Wasser unter Eiskühlung so lange Chlor einleitet, bis die Gewichtszunahme 14 g ausmacht. W e r t b e s t i m m u n g der Pb0 8 -Paste. Obwohl man durch Trockengewichtsbestimmung einer gewogenen Menge des feuchten Bleidioxyds seinen Gehalt angenähert bestimmen kann, sollte man doch zur größeren Genauigkeit ihren Gehalt an wirksamem Sauerstoff ermitteln. Man wägt zu diesem Zweck 0-8—0*5 g der feuchten Substanz (aus der Mitte heraus) in einen kleinen Erlenmeyer (150 ccm) ab, fügt unter gutem Durchschütteln die Lösung von 2 g Kaliumjodid in 5 ccm Wasser und hernach unter anfänglicher Eiskühlung 15 ccm konzentrierter Salzsäure hinzu. Das in Freiheit gesetzte Jod wird nach Verdünnen der Lösung auf etwa 50 ccm mit n/J0-Thiosulfatlösung titriert, die man sich mit hinreichender Genauigkeit durch Auflösen von 6-2 g reinen Natriumthiosulfats(NaaS;i03 + 5H 2 0) im Meßkolben auf 250 ccm darstellt. 1 ccm n/10-Thiosulfat = 0*012 g Pb0 2 .

b) K r i s t a l l v i o l e t t

UUSMICHLEBS

Keton und Dimethylanilin.

Eine Mischung von 24 g Dimethylanilin, 10 g MICHLERschem Keton und 10 g Phosphoroxychlorid wird in einem offnen, trocknen Kolben 5 Stunden lang auf einem lebhaft siedenden Wasserbade erhitzt. Die blau gefärbte Schmelze wird dann in Wasser gegossen, mit Natronlauge alkalisch gemacht und so lange mit Wasserdampf behandelt, bis mit den Wasserdämpfen keine Oltropfen von unverändertem Dimethylanilin mehr übergehen. Nach dem Erkalten filtriert man die im Destillierkolben zurückgebliebene erstarrte Farbbase von der alkalischen Flüssigkeit ab, wäscht mit Wasser nach und kocht mit einer Mischung von V2 Liter Wasser und 4 ccm konzentrierter Salzsäure gründlich aus. Die blaue Lösung filtriert man durch ein Faltenfilter siedend

riii,

5

Fluorescein

und

Eosin

315

heiß von ungelöst gebliebener Farbbase ab und kocht letztere mit neuen, kleineren Mengen gleich s t a r k v e r d ü n n t e r Salzsäure noch so oft aus, bis sie fast vollständig in Lösung gegangen ist. Die Farbstofflösungen versetzt man nach dem Erkalten unter Umrühren so lange mit fein pulverisiertem Kochsalz, bis der Farbstoff ausgefällt ist Man filtriert ihn dann an der Saugpumpe ab und kristallisiert ihn aus wenig Wasser um. Beim Erkalten scheidet sich das Kristallviolett in derben, bronzeglänzenden Kristallen ab, welche man abfiltriert und auf Filtrierpapier an der Luft trocknet. Ausbeute 14—15 g. Beim Auskochen ist zu beachten, daß man mit möglichst wenig Salzsäure auskommt, da bei einem Überschuß da3 viel leichter lösliche saure Salz des Farbstoffs entsteht. 5. Fluorescein und Eosin.1 15 g Phthalsäureanhydrid werden in einer ßeibschale mit 22 g Resorcin innig verrieben und im Olbade auf 180° erwärmt. Als Erhitzungsgefäß wendet man hierbei zweckmäßig eine innen glasierte Fleischextraktbüchse an, die mit Hilfe eines um ihren hervorstehenden Band gelegten Drahtdreiecks in das Ölbad hineingehängt wird. In die geschmolzene Masse trägt man dann unter Umrühren mit einem Glasstab im Laufe von 10 Minuten 7 g vorher durch Schmelzen entwässerten und dann pulverisierten Zinkchlorids ein. Man steigert darauf die Temperatur auf 210° und fährt mit dem Erhitzen so lange fort, bis die immer dickflüssiger werdende Masse vollkommen fest geworden ist, wozu 1—2 Stunden Zeit erforderlich sind. Die erkaltete, spröde Schmelze wird mit Hilfe eines scharfen Instrumentes, am besten eines Meißels, aus dem Tiegel herausgeschlagen, fein pulverisiert und in einer Porzellanschale mit 200 ccm Wasser unter Zusatz von 10 ccm konzentrierter Salzsäure 10 Minuten lang gekocht. Es gehen hierbei die nicht in Reaktion getretenen Ausgangsmaterialien und basisches Zinksalz in Lösung. Man filtriert dann das Fluorescein von der wäßrigen Flüssigkeit ab, wäscht es so lange mit Wasser nach, bis das Filtrat nicht mehr sauer reagiert, und trocknet auf dem Wasserbad. Ausbeute fast quantitativ. Ein Körnchen des Präparats löse man in wenig Ammoniak und verdünne im Becherglas mit 1 Liter Wasser. 1

BAEYEB, CAKO,

A. 183, 1 (1876).

316

O r g a n i s c h - p r ä p a r a t i v c r Teil

E o s i n . Zu 16-5 g ( l / t 0 Mol) Fluorescein, welche man in einem Kolben mit 80 ccm Alkohol übergössen hat, läßt man aus einem Tropftrichter unter Umschütteln 36 g ( = 12 ccm) Brom innerhalb 20 Minuten zutropfen. In der Mitte der Reaktion tritt vorübergehend Lösung ein — Dibromfluorescein ist in Alkohol löslich —, dann aber kommt das schwer lösliche Eosin kristallinisch zur Abscheidung. Nach zweistündigem Stehen wird filtriert, der Niederschlag mehrmals mit Alkohol gewaschen und auf dem Wasserbad getrocknet. Die kristallalkoholhaltige Verbindung, die man so erhält, wird beim Trocknen bei 110° davon befreit, wobei der Farbton heller wird. Zuerst sehe man sich mit einer Spur Substanz die prachtvolle Fluorescenz der stark verdünnten alkalischen Lösung an. E o s i n a m m o n i u m . Auf eine Kristallisierschale mit flachem Boden, welche zu 1 / s mit konzentriertem wäßrigen Ammoniak gefüllt ist, legt man ein Filter aus möglichst starkem Papier, breitet auf diesem Eosin in einer Schicht von etwa 1 j 2 cm Dicke aus und überdeckt das Ganze mit einem Trichter. Die hellroten Kristalle nehmen sehr bald eine dunklere Färbung an und sind nach etwa 3 Stunden vollständig in das Ammoniumsalz, welches dunkelrote, grünschillernde Kristalle bildet, verwandelt. Das Ende der Reaktion ist daran zu erkennen, daß sich eine Probe in Wasser vollständig auflöst. E o s i n n a t r i u m . 6 g Eosin werden, mit 1 g entwässerter Soda verrieben, in einem nicht zu kleinen weithalsigen Erlenmeyerkolben mit wenig Alkohol durchfeuchtet und nach Zusatz von 5 ccm Wasser so lange im Wasserbad erwärmt, bis die Entwicklung von Kohlensäure aufgehört hat. Zu der so erhaltenen wäßrigen Lösung von Eosinnatrium fügt man dann 20 g Alkohol, erhitzt zum Sieden und filtriert die heiße Lösung. Beim Erkalten scheiden sich, manchmal erst nach längerem Stehen, prächtige, braunrote Nadeln mit metallischem Glanz ab, die nach dem Absaugen mit Alkohol gewaschen werden. T h e o r e t i s c h e s über Triphenylmethanfarbstoffe. A. Die basische Reihe. Aromatische Aldehyde kondensieren sich allgemein mit aromatischen Aminen unter Mithilfe von Chlorzink zu Triphenyhnethanderivaten (0. Fischer) ; die gleiche Keaktion erfahren Phenole und Phenoläther durch konzentrierte Schwefelsäure

VIII

Theoretisches über Triphenylmethanfarbsloffe

317

(BAEYEB). Die entstehenden Produkte sind die Leukoverbindungen bekannter Farbstoffe. N(CHS), /

y-C=0 + 2 /

NCCHj), ->»

< ^ > - 2 ( ) = ( N(CH,),

Leuko-malachitgrün

Leuko-benzaurin Diese Leukoverbindungen lösen sich in reinem Zustand farblos in Säuren bzw. Alkalien. L e u k o m a l a c h i t g r ü n ist eine schwache Base vom Anilintypus. Durch Oxydation in saurer Lösung entsteht der Farbstoff, indem wie im Falle des Dimethyl-p-phenylendiamins (S. 307) aus den p-Substituenten 2 Wasserstoffatome herausgenommen werden. Cl H

\_ C / C , , n ' \

/

H\CAH,N(CH8),

Cl | (HJC),N=Y

v

/C„H| ) = C / X

S = / C 6 U 4 N(CH 8 ),' Die Bildung des sauren Farbstoffs B e n z a u r i n erfolgt in ganz analoger Weise. p-Tetramethyl-diaminobenzophenon (MICHLEBS Keton), das aus Dimethylanilin und Phosgen technisch dargestellt wird, laßt sich mit Dimethylanilin durch OPCl3 ebenso kondensieren, wie Benzaldehyd. Nur gelangt man hier nicht zum Methanabkömmling, zur Leukoverbindung, sondern wie die Gleichung zeigt, gleich auf die Stufe des Carbinols. Sie ist aber, wie sich alsbald ergeben wird, in saurem Medium gleichbedeutend mit Bildung des Farbstoffs. [(HSC),NC,H4IIC=0 + H (

\-N(CH„), OH

-v

[(CHJ.N.C.HJ.C^/

VN(CH 8 ), ,

Mit Hilfe der GRIGKARDsehen Reaktion, durch Einwirkung von Phenylmagnesiumbromid wird MICHLERS Keton in die C a r b i n o l b a s e des M a l a c h i t g r ü n s umgewandelt. (H,C),NC,H4 • CO • C6U, • N(CH3), + C.H.MgBr (H8C)4N • C,H4 • C(OH) • C.H t • N(CH„), —>• I CeHä

318

Organiseh-präparativer Teil

Nicht so übersichtlich gestaltet sich die t e c h n i s c h e D a r s t e l l u n g des K r i s t a l l v i o l e t t s und seiner methylfreien Muttersubstanz, des ersten Triphenylmethan- und überhaupt Anilinfarbstoffs, des P a r a f u c h s i n s . Hier wird bekanntlich Anilin mit p-Toluidin — im Falle des eigentlichen Fuchsins, das noch eine Methylgruppe an einem Benzolkern trägt, ist außerdem noch o-Toluidin beteiligt — in saurer Schmelze „zusammenoxydiert". Obwohl der Verlauf dieser wichtigen Synthese noch nicht in allen Phasen experimentell sichergestellt ist, dürfen wir ihn doch auf die Grundlage einer gleichartigen Dehydrierung stellen wie oben beim Malachitgrün. Und die Zusammenlagerung mehrerer Molekeln Base erfolgt genau nach dem Prinzip der Indaminbildung (S. 310) (BUCHEBEB).

Paraleukaniliu

Parafuchsin

Die technisch wichtige „Neufuchsin"-Synthese aus primärem aromatischem Amin und Formaldehyd gliedert sich im Fall des Anilins mit dem übersichtlichen Zwischenprodukt p-Diamino-diphenylmethan in den formulierten Reaktionsverlauf ein. Die R e a k t i o n e n d e r F a r b s t o f f e . Die basischen Triphenylmethanfarbstoffe sind die neutral reagierenden Salze einsiluriger chinoider Ammoniumbasen. Ihre Farbstoffnatur erklärt sich aus dem auf S. 3 0 8 auseinandergesetzten merichinoiden Prinzip (WILLSTÄTTEB), das hier intramolekular Geltung hat. Vom F u c h s o n i m i n

(Fuchson ist das entsprechende O-Chinon) leiten sich keine Farbsalze ab, dagegen vom p-Aminoderivat, das die benzoide Komponente H 2 N ' C „ H 4 — enthält, der Farbstoff DOEBNEBS V i o l e t t . Die hierher gehörenden Farbstoffe färben Wolle und Seide direkt, Baumwolle nur im mit Tannin gebeizten Zustande. Sie sind weder säure- noch alkaliecht, aus Gründen, denen wichtige Veränderungen zugrunde liegen. Fügt man zu einer wäßrigen Lösung von Kristall-

319 violett wenig verdünnte Salzsäure, so geht der Farbton in Grün über. Unter Beteiligung einer N(CH3)2-Gruppe entsteht das sekundäre Salz:

C,H4.N(CH,),HC1 In ihm ist infolge der Absättigung des dreiwertigen Stickstoffs der Einfluß de3 einen Dimethylaminophenylrestes auf die Farbe ausgeschaltet; es ist der Typ des Malachitgrüns entstanden. Die grüne Lösung schlägt auf Zugabe von wenig konzentrierter Salzsäure in Gelb um, indem unter Bildung des tertiären Salzes auch der zweite Benzolkern ausgeschaltet und so der Typ des (gelben) Fuchsonimins erzeugt wird. In konzentrierter Schwefelsäure lösen sich alle Triphenylmethanfarbstoffe mit orangegelber Farbe, genau wie Triphenylcarbinol selbst ( C a r b o n i u m s a l z e , REHBMANN), und durch Verdünnen der Mischung mit Wasser kann man eine farblose Lösung des 3-säurigen benzoiden Carbinolsalzes erhalten. Durch vorsichtigen Alkalizusatz läßt sich die durch Säuren bewirkte Farbänderung wieder umkehren. Diese und die im folgenden besprochenen Reaktionen sind auszuführen. V e r h a l t e n g e g e n A l k a l i e n . Die wäßrige Lösung eines basischen Triphenylmethanfarbstoffs wird mit einigen Tropfen Natronlauge versetzt. Der Farbton bleibt kurze Zeit erhalten, geht aber bald zurück, indem sich gleichzeitig schwach angefärbte Flocken ausscheiden. Dieses Endprodukt ist in allen Fällen das in reinem Zustand farblose, schon mehrfach erwähnte Carbinol, im Fall des Kristallvioletts die Verbindung [(CHg^N-^H^COH. Solange die alkalisch gemachte Lösung noch gefärbt ist, enthält sie die nicht lange beständige, in keinem Fall isolierbare A m m o n i u m f a r b b a s e , die noch die chinoide Struktur des Farbstoffs besitzt (HANTZSCII). Die rasch erfolgende Aufhebung des chinoiden Systems geht vor sich entweder durch Umlagerung der echten Base zur sog. Pseudo- oder C a r b i n o l b a s e unter Wanderung der OH-Gruppe:

K> c =0=fcS; —

>-C>N• (H s N-C a UJ a :C=( die durch Anlagerung yon Wasser in das Carbinol, mit Säure wieder in den Farbstoff übergeht. Die farblose Carbinolbase liefert mit Säure unter Rückbildung der chinoiden Struktur den F a r b s t o f f . Jedoch kann man bei vorsichtigem Auflösen unter Kühlung beobachten, daß der Farbton erst nach und nach in voller Stärke auftritt. Es bildet sich daher zuerst das äußerst unbeständige farblose Carbinolsalz, das unter spontaner Wasserabspaltung den Farbstoff entstehen läßt: R V - / \—N

C

0

0

O

H

-

H

Das Zwischenprodukt kondensiert sich an der C = 0 - G r u p p e nach Art der Aldolkondensation mit einem zweiten Mol Phenol, und zwar ebenfalls in p-Stellung, in ganz analoger Weise wie oben MICIILERS Keton mit Dimethylanilin kondensiert wurde.

Die (nicht isolierbare) p-Dioxy-triphenylcarbinol-o-carbonsäure spaltet bei den günstigen Beziehungen zwischen COOH- und OH-Gruppe Wasser ab und geht in ihr Lacton, das P h e n o l p h t h a l e i n über: .C^C.H^OH),

V

VIII

Theoretisches über Triphenylmeihanfarbstoffe

321

Das farblose Lacton wird durch Alkalien aufgespalten, wobei die ans der Maßanalyse bekannten, intensiv roten Alkalisalze entstehen. In ihnen ist ein Benzolkern chinoid geworden, indem sich im Sinne folgender Gleichung Wasser abgespalten hat: OH

K>

OH

CtHtOH

>-

—^^COOH COOH Die roten Salze sind die Di-alkalisalze der formulierten chinoiden Phenolcarbonsäure, die als Saure nicht beständig ist, sondern sich sofort zum farblosen Lacton isomerisiert. Phenolphthalein ist ein Triphenylmethanderivat und leitet sich in einfacher Weise yon der Grundsubstanz der hierher gehörenden Farbstoffreihe, dem Fuchson, ab. Fuchson ist Diphenylchinomethan und wird aus p-Oxytriphenylcarbinol durch Wasserabspaltung gewonnen (BISTBZYCKI): OH >C=( V=0. ^ N i - O - c -OH C.H/ \==' Fuchson ist, durchaus im Sinne der WILLSTÄTTEB sehen Theorie, nur gelborange gefärbt. Trägt noch einer der beiden freien Benzolkerne eine p-ständige OH-Gruppe, so kommt der schon auf S. 817 erwähnte Farbstoff B e n z a u r i n zustande, dessen o-Carbonsäure das Phenolphthalein in seiner chinoiden Form darstellt Der Farbton dieser beiden Stoffe ist in der Tat sehr ähnlich. Durch s t a r k e s Alkali wird Phenolphthalein entfärbt; es bilden sich unter Anlagerung von NaOH die dreibasischen Salze der benzoiden Carbinolform. Man prüfe diese Verhältnisse am Phenolphthalein. F l u o r e s c e i n . Die Reaktion erfährt hier eine Erweiterung dadurch, daß die beiden, zu der Kondensationsstelle o-ständigen OH-Gruppen der Resorcinmolekeln unter Wasserabspaltung gegeneinander eine Sauerstoffbrücke und damit einen neuen Bing (den Xanthanring) bilden:

-OH ^"^COOH

—"^COOH

Da Fluorescein gefärbt ist, erscheint die Lactonformel zweifelhaft und die rechtsstehende chinoide Formel schon für die freie Verbindung wahrscheinlich. GATTEBMANN, Praxis.

23. Auflage.

21

322

Organisch-präparativer Teil

Im Eosin sind die 4 Bromatome paarweise in die o-Stellungen, die in der Formel mit Sternchen gezeichnet sind, eingetreten. Auch das Eosin muß chinoid aufgefaßt werden, vor allem deshalb, weil sein Reduktionsprodukt, das Leuko-eosin, farblos ist. V e r s u c h . Man koche etwas Eosin, in Natronlauge gelöst, mit Zinkataub bis zur Entfärbung, gieße ab und säure einen Teil der Lösung an. Einen andern Teil lasse man in offener Schale stehen. Wie das Chinon selbst, so werden auch seine Abkömmlinge durch Reduktionsmittel unter Anlagerung von Wasserstoff in die benzoiden farblosen Hydroprodukte (bei den Farbstoffen „Leukoverbindungen") umgewandelt. Das nachstehende Schema drückt diesen Vorgang, auch für das Eosin, aus:

Viele Leukoverbindungen werden schon durch den Luftsauerstoff wieder in die Farbstoffe übergeführt, wie das Beispiel des Leuko-eosins und des Leuko-indigos (S. 361) dartut. Die prächtigsten Farbstoffe, die hauptsächlich in der Seidenfärberei verwendet werden, sind Verwandte des Eosins, die vom Di- und Tetrachlor-phthalsäureanhydrid aus gewonnen werden (Phloxin, Rose beDgale). Auch die (basischen) Rhodamine gehören hierher. Zu ihnen führt die Kondensation von Phthalsäureanhydrid mit m-Aminophenolen (an Stelle von Resorcin); vor allem hat der Farbstoff mit diäthylsubstituierten NH2-Gruppen große technische Bedeutung. Endlich sei noch das Gallein erwähnt, mit Pyrogallol als Phenolkomponente. Auf die Umwandlung der Phthaleine in Anthracenderivate, die sog. P h t h a l i d e i n e , soll nicht näher eingegangen werden. 6. Alizarin. In einem Autoklaven oder verschraubbaren Eisenrohr erhitzt man die Mischung von 2 g Kaliumchlorat, 30 g technischen Ätznatrons, 10 g fein gepulverten /9-anthrachinonsulfonsauren Natriums (Silbersalz) mit 40 ccm Wasser 20 Stunden lang auf 170° (Ölbad). Die erkaltete Schmelze wird wiederholt mit heißem Wasser ausgezogen, die vereinigten filtrierten Lösungen säuert man in der Hitze mit überschüssiger Salzsäure an. Der Niederschlag wird nach dem Erkalten abgesaugt, mit verdünnter Salzsäure, dann mit Wasser gewaschen und getrocknet. Zur Reinigung kocht man das Rohprodukt (am besten im Extraktionsapparat, Fig. 29) mit Eisessig aus. Schöne rote Nadeln vom Schmelzp. 289°. Auch die Sublimation im Vakuum aus einem tief angesetzten Schwertkolben, der ganz in ein Salpeterbad (gleiche Teile K- und Na-Nitrat) eintaucht, ist zu empfehlen.

Alizarin

323

Beim Arbeiten im offenen Rundkolben, Temperatur 180°—190°, erhält man viel schlechtere Ausbeuten an Alizarin. Das Alizarin oder 1,2-Dioxyanthrachinon gehört za den wichtigsten Farbstoffen. Ahnlich wie der Indigo in der Pflanze ist der Farbstoff als Glucosid der Leukoverbindung in der Krappwurzel enthalten. Der Kultur der Krapp-pflanze, die hauptsächlich in Südfrankreich große Flächen bedeckte, wurde durch die Synthese des Farbstoffs aus dem Anthracen des Steinkohlenteers ein Ende bereitet (GRAEBE und LIEBERMANN 1869). Die Methode der Zinkstaubdestillation (BASTES) hatte vorher den beiden Chemikern aus Alizarin A n t h r a c e n in die Hände gegeben. Anthracen läßt sich mit Chromsäure direkt zu seinem weso-Chinon, dem A n t h r a c h i n o n oxydieren. Der mittlere Ring des Anthracens bietet für fast alle Reaktionen den Angriffspunkt. Versuch, l g möglichst reinen Anthracens wird in der eben nötigen Menge guten Eisessigs in der Siedehitze gelöst; dazu fügt man ohne weiteres Erhitzen 3 ccm konz. Schwefelsäure und unbeschadet einer Trübung oder Ausscheidung tropfenweise die Lösung von 4 g Natriumpyrochromat in ganz wenig Wasser. Sehr heftige Reaktion unter fast augenblicklichem Verbrauch der Chromsäure ; nach Zugabe von allem Bichromat kocht man noch 5 Minuten. Beim Verdünnen fällt das A n t h r a c h i n o n flockig aus; es wird nach dem Absaugen, Waschen mit Wasser und Trocknen aus Eisessig umkristallisiert Hellgelbe feine Nadeln vom Schmelzp. 285°. Die vollkommen reine Verbindung ist farblos. Vergleich mit Benzo- und Naphthochinon. Durch Erwärmen mit Natronlauge und Zinkstaub wird Anthrachinon reduziert. Es geht mit tiefroter Farbe als Dinatriumsalz des Anthrahydrochinons in Lösung. Man führe den Versuch aus und filtriere die rote Lösung. Aus dem Filtrat scheidet sich bei der Berührung mit Luft alsbald wieder Anthrachinon ab. Über die interessanten Desmotropieerscheinungen der Oxy-anthracene findet man das Nähere bei K. H . M E T E R , A . 379, 3 7 ( 1 9 1 1 ) . meso-Oij- und Dioxy-anthracen existieren in zwei Formen, einer gefärbten, sauren, in Lösung fluorescierenden echten Enol-, und in einer farblosen, neutralen Ketoform. OH O OH O

Anthranol —>- Anthron (labil) (stabil)

Anthrahydrochinon • primäre Alkohole, andere Aldehyde -> sekundäre Alkohole, Ketone ->• tertiäre Alkohole, Kohlendioxyd -> Carbonsäuren, Nitrile

-> Ketone (Uber die Stufe des Ketimins

>C—NH). R/

Die Reaktion der Ester, Chloride und Anhydride verläuft etwas komplizierter: Auch hier findet in der ersten Phase die übliche Addition an die C=0-Gruppe statt: OR | R—C=0 + C H , - M g - B r

—v

OR | O-Mg-Br R-C< X CH,

Das so entstehende Produkt setzt sich mit einem zweiten Mol der Grignardverbindung nach folgender Gleichung um: OR CH, T/O-Mg-Br I R—C< + CH,—Mg-Br -> R—C—0—Mg-Br+RO-Mg-Br • CH, | CH,

329 Die Zersetzung durch Wasser liefert schließlich auch hier den tertiären Alkohol. Im Falle des Ameisensäureesterg, den man im Überschuß anwendet, gelingt es, die Reaktion im ersten Stadium aufzuhalten und durch Zersetzung des Produkts HC

-Mg—Br mit

Wasser A l d e h y d e zu gewinnen. Auch an stickstoffhaltigen Komplexen greift das GfliGNARDSche Eeagens in gleicher Weise ein, wie das Beispiel der Azide auf S. 274 gezeigt hat. Nitrosobenzol läßt sich mit Phenylmagnesiumbromid in Diphenylhydroxylamin (C6H6)2NOH überführen (S. 175). Aus diesem kurzen Überblick dürfte der große Anwendungsbereich der Synthese nach GRIGNARD zur Genüge hervorgehen. Dazu kommt noch eine Nebenreaktion, die bei der Darstellung des GBIGNARDsehen Reagenses häufig unerwünscht auftritt, bisweilen aber auch angestrebt wird. Die Grignardverbindungen setzen sich, mit verschiedener Leichtigkeit, mit organischen Halogeniden im Sinne der W Ü E T Z sehen Reaktion um, gemäß der Gleichung: R_Mg—Hai + RjHal —>- R - R , + MgHal,. So kommt es, daß man, wie schon erwähnt, bei der Darstellung von Phenylmagnesiumbromid stets als Nebenprodukt Biphenyl erhält. Für die Mannigfaltigkeit der synthetischen Wege_, welche die GRIGNARD sehe Reaktion in sich schließt, sei folgendes Beispiel angeführt. Diphenylmethylcarbinol und damit asymmetrisches Diphenyläthylen, kann dargestellt werden: 1. aus Benzophenon und Methylmagnesiumbromid: (CeH5), • CO + CH, • Mg • Br — >- (C,HS),:C 2. aus Essigester und Phenylmagnesiumbromid: HC CH3.COOCsH5 + 2C,H,.Mg.Br — ' \C:(C,H5),. HCK Die Friedel-Craftssche Synthese. A l u m i n i u m c h l o r i d . Voraussetzung f ü r das Gelingen einer sehen Reaktion ist die einwandfreie Beschaffenheit des als Katalysator benützten Aluminiumchlorid3. Die käuflichen P r ä p a r a t e sind häufig infolge undichten Verschlusses der Gläser durch hinzugetretene Feuchtigkeit teilweise zersetzt und in diesem F a l l nicht verwendbar. Man sollte, um sicher zu sein, im schräg gehaltenen Reagenzglas über der F l a m m e prüfen, ob sich eine FHIEDEL-CEATTS

330

Organisch-präparativer Teil

kleine Probe des Chlorids vollständig oder wenigstens zum weitaus größten Teil sublimieren läßt. Nicht allzu stark verdorbene Präparate lassen sich durch Resublimation brauchbar machen. Ist man genötigt, sich das Aluminiumchlorid selbst darzustellen, so bedient man sich nachstehender Methode.1 Ein möglichst weites (3Y2—4 cm) Rohr aus schwer schmelzbarem Glas, z. B. ein Verbrennungsrohr nach DEINSTEDT, wird durch einen Kork mit einer weithalsigen Pulverflasche verbunden, derart, daß sein Ende kaum über den Kork hinaussteht In den Kork ist in eine zweite Bohrung ein dünneres, aber nicht zu enges, gebogenes Glasrohr eingesetzt, das bis über die Mitte in die Flasche hineinreicht; sein längeres Ende ist im rechten Winkel nach oben abgebogen. Das Verbrennungsrohr wird zu etwa einem Drittel seines Durchmessers mit Aluminiumgrieß beschickt auf eine Länge, die von dem Bedarf an A1C1, (27 g AI geben theoretisch 133 g A1C1S) und von der Länge des benützten Verbrennungsofens abhängt; jedenfalls soll das Ende der erhitzten Schicht von der Auffangflasche einen Abstand von nicht mehr als 8 cm haben. Den Kork schützt man vor der Hitze durch eine dicht vor ihm aufgesetzte, mit Ausschnitt versehene Asbestplatte. Auf der andern Seite ist das Rohr durch möglichst kurze Schlauchstücke über 2 Waschflaschen mit konzentrierter Schwefelsäure mit einem leistungsfähigen Salzsäureentwicklungsapparat in Verbindung. Die ganze Apparatur muß naturgemäß vollkommen trocken sein. Durch das in einen (im Abzug aufgestellten) Verbrennungsofen eingelegte Rohr wird nun zuerst Salzsäuregas geleitet und wenn die Luft verdrängt ist, heizt man langsam die ganze Strecke des Rohrs, auf der Aluminium liegt, an. Wenn bei zunehmender Temperatur die Bildung von A1C1S am Auftreten von Nebeln, die in die Vorlage gehen, sich bemerkbar macht, muß die Geschwindigkeit des Salzsäurestroms gesteigert werden; gleichzeitig wird auch stärker geheizt und in diesem Stadium durch einen äußerst lebhaften Gasstrom dafür gesorgt, daß das gebildete Aluminiumchlorid keine Zeit hat, sich unter dem Kork zu kondensieren und — worauf man sorgfältig zu achten hat — die 1

Es empfiehlt sich, das beim präparativen Arbeiten in der anorganischen Abteilang des Laboratoriums gewonnene Aluminiumchlorid für Synthesen der vorliegenden Art heranzuziehen.

IX, 3

331

Apparatur zu verstopfen. Daß Nebel von A1C13 aus dem Abzugsrohr der Pulverflasche entweichen, bildet keinen Anlaß zu einer ernsthaften Verschlechterung des Ertrags. Man läßt die Reaktion so lange veitergehen, bis sich das Metall bis auf geringe Reste verflüchtigt hat. Das gewonnene Chlorid wird in einer s e h r g u t schließenden Schlifflasche aufbewahrt. 3. Ketonsynthese. a) B e n z o p h e n o n a u s B e n z o y l c h l o r i d u n d Benzol. Zu einer Mischung von 50 ccm Benzol, 35 g Benzoylchlorid (7 4 Mol) und 100 ccm reinen Schwefelkohlenstoffs (oder weiteren 70 ccm Benzol), die sich in einem trocknen Kolben befindet, fügt man im Laufe von etwa 10 Minuten unter öfterem Umschütteln 35 g frisch dargestellten und fein gepulverten Aluminiumchlorids, welches in einem durch einen Kork verschlossenen trocknen Reagenzrohr abgewogen ist. Man verbindet dann den Kolben mit einem langen Rückflußkühler und erwärmt ihn in Wasser von 50° so lange, bis sich nur noch geringe Mengen von Chlorwasserstoff entwickeln, was etwa 2 bis 3 Stunden Zeit erfordert. Die Farbe der Lösung ist tief braun. Der Schwefelkohlenstoff (oder das Benzol) wird dann am absteigenden Kühler abdestilliert und der noch warme Rückstand vorsichtig in einen geräumigen Kolben gegossen, welcher 300 ccm mit Eisstückchen versetzten Wassers enthält. Nachdem man mit wenig Wasser nachgespült und dann das Reaktionsgemisch mit 10 ccm konzentrierter Salzsäure versetzt hat, leitet man etwa 20 Minuten lang Wasserdampf hindurch. Der im Kolben verbleibende Rückstand wird darauf nach dem Erkalten mit Äther aufgenommen, die ätherische Lösung mehrmals mit verdünnter Natronlauge ausgeschüttelt. Nach dem Trocknen mit Calciumchlorid wird der Äther verdampft und der Rückstand aus einem Fraktionierkolben mit tiefem Ansatzrohr der Destillation unterworfen. Siedep. 297°. Schmelzpunkt 48 Ausbeute etwa 35 g. Ein reineres Produkt wird durch Vakuumdestillation aus einem Schwertkolben gewonnen. Benzophenon-oxim. Eine Lösung von 4 g Benzophenon in 25 ccm Alkohol wird mit den erkalteten Lösungen von 3 g salzsauren Hydroxylamins in 6 ccm Wasser und 5 g Kali in 5 ccm Wasser versetzt und

Organiseh-präparativer Teil

332

2 Stunden auf dem Wasserbade am Rückflußkühler erhitzt Man gießt dann in 50 ccm Wasser, filtriert eventuell von etwas unverändertem Keton ab, welches sich beim Schütteln leicht zusammenballt, säuert das Filtrat mit verdünnter Schwefelsäure schwach an und kristallisiert das freie Oxim aus Alkohol um. Schmelzp. 140°. BECKMANN sc he

U m l a g e r u n g zu B e n z a n i l i d . Eine abgewogene Menge des Oxims wird in etwas wasserund alkoholfreiem Äther in der Kälte gelöst und allmählich mit der l x / 2 fachen Menge fein pulverisierten Phosphorpentachlorids versetzt Man destilliert dann den Äther ab, versetzt den Rückstand unter Kühlung mit Wasser und kristallisiert den sich hierbei abscheidenden Niederschlag aus Alkohol um. Schmelzp. 163°. Die interessante intramolekulare Verschiebung1, die hier durchgeführt wurde, verläuft unter Stellungswechsel von C6HS und OH nach dem Schema: i C H

Y '\C:NOH C.H/A ! 6

—V

CEH6.C:N.C,H5 |

—>-

C,HS.CO

NH.C,H6.

1 OII Es wird unter katalytischem Einfluß (PC15, konz. H^SOJ eine energiereichere Verbindung in ihr stabiles Isomeres umgelagert, in ähnlicher Weise, wie dies bei den Beziehungen zwischen Hydrazobenzol und Benzidin auf S. 180 erörtert worden ist. Der Vergleich mit der Benzilsäureumlagerung liegt nahe. i

i

C,H6.COC.C,H6 A / \ IKO O H

- >-

K O C O • C : (C T H,),. OH

Li Auch zu den Abbaureaktionen von H O F M A N N und C U B T I U S ergeben sich verwandtschaftliche Beziehungen. Wir haben in diesem Zusammenhang auch der räumlichen Isomería der Oxime Erwähnung zu tun, die, von W E B N E B und H A N T Z S C H schon früher theoretisch begründet, derselben, schon besprochenen Erscheinung bei den Diazotaten sich angliedert. D. h. Oxime, in denen das die Isonitrosogruppe tragende C-Atom mit zwei ungleichen Substituenten besetzt ist, können in einer syn- und einer anti-Form existieren. R—C—R'

II

HON 1

E . BECKMANN, B. 19,988

und

R-C—R'

||

NOH

(1886); 20,1507 u. 2580 (1887); A .

252

(1839).

IX, 3

Acetophenon aus Benzol und Essigsäureanhydrid

333

Die Isomerie erweist sich am Modell gleichartig der von Maleinund Fumarsäure. Bei den Aldoximen geht die syn-Form leicht unter Wasserabspaltung in das N i t r i l über, die an/t-Form nicht. R C H

R C

— Hl + H,0. |i NOH N Von den Ketoximen ungleichartig substituierter Ketone hat man lange geglaubt, das Ergebnis der BECKIIAXN sehen Umlagerung als Beweis für die Konfiguration heranziehen zu können, derart, daß man annahm, die OH-Gruppe tausche mit dem benachbarten Substituenten den Platz; denn die Umlagerung der beiden sterisch isomeren Ketoxime führt zu isomeren Amiden. Aber in neuester Zeit hat man festgestellt, daß gerade die entgegengesetzten Verhältnisse eintreten, wie die nachstehenden Formeln dartun (MEISENHEIMEB, B. 54, 3206 [1921]): R C R '

OC-R'

II

— >•

NOH

I

NH-R

R.C.R'

;

II

HON

OC-R —*-

I

NHR'

In schöner Übereinstimmung mit der Theorie leiten sich vom B e n z i l zwei stereoisomere Mono- und drei Dioxime ab: HJC.'C

C-C.H,

Ii

NOH

Ii

HON

st/71-

HJC»'C—C-CJHJ

n

HON

n

NOH

anti-

HSC,.C

i

C-C.II,

n

HON HON

amphi-Form

b) Acetophenon aus Benzol und Essigsäureanhydrid. 1 Ein dreifach tubulierter Bundkolben (sog. Tscherniakkolben) von 1/3 Liter Inhalt ist am mittleren, weiten Tubus mit einem durch Quecksilber gedichteten R ü h r e r (Fig. 33, S. 41) montiert; auf einer Seite steht er mit einem E ü c k f l u ß k ü h l e r in Verbindung, in dem dritten Tubus ist ein T r o p f t r i c h t e r eingesetzt. Der Kolben wird mit 100 ccm über Natrium getrockneten Benzols beschickt, in das man 80 g f r i s c h sublimierten Aluminiumchlorids einträgt. Sodann läßt man unter k r ä f t i g e m Bühren 25 g reinen E s s i g s ä u r e a n h y d r i d s im Lauf einer halben Stunde einfließen. Das Gemisch erwärmt sich und es wird stürmisch Chlorwasserstoff entwickelt. Man erhitzt unter andauerndem Bühren noch eine halbe Stunde lang auf dem Wasserbad zum Sieden, gießt die erkaltete Lösung im Scheidetrichter auf Eis, worauf man das ausgeschiedene Aluminiumhydroxyd mit konzentrierter Salzsäure in Lösung bringt. Nach Zugabe von etwas Äther trennt man 1

R . ADAMS, A m . S o c . 4 6 , 1889 (1924).

334

Organisah-präparativer

Teil

die Benzolschicht ab, äthert nach, schüttelt die vereinigten Auszüge mit Natronlauge, trocknet mit Calciumchlorid und destilliert nach dem Wegdampfen der Lösungsmittel das Acetophenon, am besten im Vakuum. Siehe S. 326. Ausbeute 24—25 g, auf das Essigsäureanhydrid bezogen 80—85 °/0 der Theorie. Bei Anwendung von Acetylchlorid an Stelle von Essigsäureanhydrid wird kaum die Hälfte der Ausbeute erreicht. Der Vergleich der beiden Reaktionen ist lehrreich. 4. Triphenylchlormethan aus Benzol und Tetrachlorkohlenstoff.1 In der gleichen Apparatur, wie sie für die Darstellung des Benzophenons angegeben ist, werden 60 g frischen wirksamen Aluminiumchlorids nach und nach in die Mischung von 80 g reinen, trocknen Tetrachlorkohlenstoffs und 200 g Benzol eingetragen. Man kühlt anfangs mit Wasser und läßt die Reaktion nicht allzu stürmisch werden. Den in Strömen entweichenden Chlorwasserstoff absorbiert man, wie in ähnlichen Fällen, z. B. bei der Darstellung des Brombenzols (S. 98) angegeben. Wenn alles A1C1S zugegeben und die Hauptreaktion vorüber ist, erhitzt man noch 1/2 Stunde lang auf dem siedendem Wasserbad unter Rückfluß und gießt das abgekühlte braungelbe Reaktionsgemisch unter stetem Umschütteln auf ein Gemenge von 100—200 g Eis und 200 ccm konzentrierter Salzsäure, das sich in einem genügend großen Scheidetrichter befindet. Sollte das Eis vor der Zersetzung der ganzen Menge geschmolzen sein, fügt man neues Eis und ebensoviel konzentrierter Salzsäure nach. Die Salzsäure dient dazu, die hydrolytische Spaltung des Triphenylmethylchlorids zu verhindern. Wenn die beiden Schichten sich geschieden haben — allenfalls setzt man noch frisches Benzol zu —, trennt man ab, schüttelt wenn nötig nochmals mit Benzol aus, trocknet die vereinigten Benzollösungen mit Calciumchlorid und dampft dann das Benzol auf dem Wasserbad so weit als möglich ab. Der Rückstand wird mit dem gleichen Volumen Äther versetzt und digeriert und für einige Stunden in Eis gestellt. Dann saugt man ab und wäscht den scharf abgepreßten Kristallbrei (breite Filterplatte!) einige Male mit wenig eiskaltem Äther. Die eingedampften Mutterlaugen — zuletzt im Vakuum — liefern eine zweite, weniger reine Kristallisation, die mit wenig kaltem Äther digeriert und dann abgesaugt wird. Ausbeute 110—120 g. 1

M. GOMBEBG, B. 3 3 , 3144 (1900).

IX, 5

Aldehydsynthese nach Gattermann-Koch

335

Zur Reinigung löst man das noch gelbe Rohprodukt in s e h r w e n i g warmem Benzol, fügt das vierfache Volumen Leichtbenzin hinzu und läßt unter Rühren mit einem Qlasstab in Eiskühlung auskristallisieren. Waschen mit kaltem Petroläther. Auch die Destillation im Hochvakuum liefert ein sehr reines Präparat (LECHER). 5. Aldehydsynthese nach Gattermann-Koch1: p-Tolylaldehyd. Synthese nach Hoesch. 30 g frisch destillierten Toluols (Siedep. 110°) werden in einem weithalsigen Gefäß (Rundkolben oder Fleischextraktbüchse) unter Kühlung mit Wasser nicht zu schnell mit 45 g fein pulverisierten, frisch dargestellten Aluminiumchlorids und 5 g reinen Kupfer-1-chlorids 3 versetzt. Man verschließt das Gefäß sodann durch einen dreifach durchbohrten Kork, durch dessen mittlere Bohrung ein Glasrohr geht, welches einem Rührer (Schaufelrad aus Glas) zur Führung dient, während die seitlichen Durchbohrungen Einund Ableitungsrohr führen (Fig. 53). Nachdem man den Apparat in eine Klammer fest eingespannt hat, taucht man ihn in eine Kasserolle mit Wasser von 20° und leitet unter Umrühren mit der Turbine einen nicht zu lebhaften Strom von Kohlenoxyd und Salzsäure durch Fig. 53. ein Gabelrohr ein. Das Kohlenoxyd entnimmt man einem etwa 10 Liter fassenden Gasometer und leitet es zunächst durch eine mit Kalilauge (1:1) und dann durch eine zweite mit konzentrierter Schwefelsäure beschickte Waschflasche. Die Geschwindigkeit der Gasströme reguliert 1

B. 8 0 , 1622 (1897); 81, 1149 (1898); A. 3 4 7 , 347 (1906). ' Man leitet in die 60—70° warme wäßrige Lösung von 50 g Kupfervitriol und 24 g Kochsalz so lange SO, ein, bis sich der ausfallende Niederschlag nicht mehr vermehrt, saugt ab, wäscht mit wäßriger schwefliger Säure und mit verdünnter Salzsäure und trocknet im Exsiccator über KOH und Schwefelsäure.

336

Organisch-präparativer

Teil

man derart, daß die des Kohlenoxyds doppelt so groß ist als die der Salzsäure. Das entweichende Gas leitet man direkt in eine Öffnung des Abzuges. Nachdem im Laufe von einer Stunde etwa 1 bis 2 Liter Kohlenoxyd durch den Apparat geleitet sind, steigert man die Temperatur auf 25 bis 30° und leitet jetzt den Rest des Gases im Verlauf von weiteren 4 bis 5 Stunden hindurch. Sollte das Reaktionsgemisch schon vor Ablauf dieser Zeit so dickflüssig geworden sein, daß der Rührer nicht mehr läuft, so kann man schon jetzt die Reaktion unterbrechen. Man gießt alsdann das zähflüssige Reaktionsprodukt in einen geräumigen Kolben auf zerkleinertes Eis und destilliert den entstandenen Aldehyd sowie etwas unangegriffenes Toluol mit Wasserdampf über. Das Destillat wird ausgeäthert, die Ätherlösung schüttelt man, wie in früheren Fällen, a n h a l t e n d mit Bisulfitlauge, saugt die feste Bisulfitverbindung des Aldehyds ab und wäscht sie mit Äther. Das feste Salz wird dann durch gesättigte Sodalösung zersetzt und der freie Aldehyd wiederum mit Wasserdampf übergetrieben. Man nimmt ihn schließlich mit Äther auf und gewinnt so nach dessen Verdampfen 20 bis 22 g reinen p-Tolylaldehyds, welcher bei 204° siedet. Das Reaktionsprodukt prüfe man auf die im Abschnitt über Aldehyde angeführten Reaktionen. Kohlenoxyd. Steht dem Laboratorium keine Stahlbombe mit CO zur Verfügung, so entwickelt man das Gas aus möglichst hochprocentiger technischer Ameisensäure, die man in einen Uberschuß erwärmter konzentrierter Schwefelsäure eintropfen läßt. Temperatur und Zutropfen werden nach dem Tempo der Gasentwicklung reguliert. Das Gas wird mit Kalilauge 1:1 gewaschen, um die Gefahr des Zurücksteigens zu verhüten, am besten in einem Pöligotrohr, und dann in einem Gasometer aufgefangen, aus dem es für die Reaktion entnommen wird. Man beachte die G i f t i g k e i t des Kohlenoxyds (Abzug!). 2,4-Dioxy-acetophenon aus Resorcin und Acetonitril. 1 Die Lösung von 5-5 g Resorcin und 3 g Acetonitril in 25ccm absoluten Äthers wird mit 2 g wasserfreien, fein gepulverten Zinkchlorids versetzt; dann sättigt man unter Eiskühlung mit Salzsäuregas, läßt einige Stunden verschlossen stehen, fügt zu dem breiig gewordenen Inhalt unter Außenkühlung 25 ccm Eis1

K.

HOESCH,

B. 48, 1122 (1915); 60, 462 (1917).

IX, 6

Chinizarin aus Phthalsäureankydrid und Hydrochinon

337

wasser und trennt nach Zugabe von etwas Äther die Ätherschicht ab. Das in der wäßrigen Lösung als salzsaures Salz enthaltene Eetimin wird durch 1 / 2 stündiges Erwärmen der Lösung auf dem Wasserbad gespalten. Beim Erkalten kristallisiert das R e s a c e t o p h e n o n in einer Ausbeute von 4 — 5 g aus. Die Substanz kann aus Wasser oder Alkohol umkristallisiert werden. Schmelzp. 145°. 6. Chinizarin aus Phthalsäureanhydrid und Hydrochinon. 1 Eine Mischung von 5 g reinen Hydrochinon s und 20 g Phthalsäureanhydrid wird in einem offnen Kolben mit einem Gemisch von 50 ccm reiner konzentrierter Schwefelsäure unter Zusatz von 5 g Borsäure 3 Stunden im Olbade auf 150—160° und schließlich noch eine Stunde auf 190—200° erhitzt. Die noch heiße Lösung gießt m a n dann unter Umrühren in 400 ccm Wasser, welches sich in einer Porzellanschale befindet, erhitzt bis zum Sieden und saugt heiß auf der Nutsche ab. Diese Operation wird wiederholt. Dann kocht man den Niederschlag mit 250 ccm Eisessig auf, saugt heiß ab, gießt das F i l t r a t in ein Becherglas und versetzt es heiß mit seinem gleichen Volumen heißen Wassers. D a s beim Erkalten sich abscheidende rohe Chinizarin filtriert man ab, wäscht es mit Wasser mehrfach nach, trocknet es auf dem Wasserbad, dann im Trockenschrank bei 120° und kristallisiert es aus 150 ccm siedenden Eisessigs um: Schmelzp. 194°. Große orangegelbe Blättchen, die man nach dem Absaugen mit wenig Eisessig, dann mit Äther wäscht. Besonders schöne Kristalle erhält man aus Toluol oder Xylol. Chinizarin löst sich in Alkalien, ebenso wie Alizarin, mit tief violetter Farbe. Chinizarin läßt sich unzersetzt sublimieren. Ausbeute 2—2,5 g. T h e o r e t i s c h e s zu 3, 4, 5, 6. Sowohl Säurechloride als auch Alkylchloride setzen sich bei Gegenwart von Aluminiuruchlorid, oder auch Zink- und Eisen-(3)-chlorid mit aromatischen Verbindungen in der Weise um, daß unter Abspaltung von HCl Acyl oder Alkyl an den Kern tritt: v-CO-CH, + C1COCH, >+ HCl [ + Cl-CHj

>- I

I

CH

*+HC1

1 G B D I U , B. 6, 506 (1873); B A E Y E R , 8. 152(1875). 10 (1882). D. E. P. 255031 (FRIEDLÄNDEB XI, 588).

GATTEBMAKN, P r a x i s .

23. A u f l a g e .

LIEBEBMANN, 22

A. 212,

338

Organisch-präparativer Teil

Während die erste Reaktion, die den Aufbau von Ketonen in sich schließt, wegen ihres meist glatten Verlaufs viel angewandt wird, gestaltet sich die Einführung von Alkylgruppen viel weniger übersichtlich, da einmal die Substitution weitergeht und außerdem gleichzeitig eine teilweise Wiederabspaltung von Alkylgruppen erfolgen kann. Die FiTTiosche Reaktion ist hier meistens vorzuziehen. Da unter den Bedingungen der F R I E D E L - C R A F T S sehen Reaktion Substanzen mit olefinischer Doppelbindung derart reagieren, daß zuerst das Säurechlorid unter Bildung eines gesättigten ß-chlorierten Ketons sich an die Doppelbindung anlagert, das in der Wärme unter HC1Verlust in das ungesättigte Keton übergeht:

so ist man berechtigt, einen analogen Reaktionsverlauf auch für die aromatische Reihe anzunehmen (vgl. B. 55, 2246 [1922]). Die Funktion des Aluminiumchlorids ist eine katalytische und seine Menge daher an sich nicht an stöchiometrische Verhältnisse gebunden. Da aber im Fall der Ketonsynihese das Reaktionsprodukt mit einem Mol A1C1S eine feste komplexe Additionsverbindung bildet, so muß hierbei mindestens ein Mol davon verwendet werden. Die Auswahl der Lösungsmittel ist bei der F R I E D E L - C R A F T S s e h e n Reaktion wegen der großen Reaktionsfähigkeit der Reaktionsteiluehmer eine beschränkte, im wesentlichen kommen Schwefelkohlenstoff, gut gereinigter Petroläther, Chlorbenzol und Nitrobenzol in Betracht. Über die Wirkungsweise des Aluminiumchlorids besteht noch keine Klarheit. Da es mit Acyl- und Alkylchloriden komplexe, isolierbare Additionsprodukte bildet, so ist vielleicht in ihnen die Bindung zwischen Chlor und Kohlenstoffrest gelockert und dadurch die Additionsfähigkeit erhöht. Es besteht aber auch die Möglichkeit, daß das Aluminiumchlorid durch Zusammentreten mit dem Kohlenwasserstoff dessen Reaktionsfähigkeit steigert. Dies gilt nicht nur für aromatische und olefinisebe Verbindungen, sondern auch für Cycloparaffine, die der F R I E D E L - C R A F T S sehen Reaktion ebenfalls zugänglich sind. Außer den aromatischen Kohlenwasserstoffen sind die Phenoläther der Synthese besonders leicht zugänglich. Von einzelnen Anwendungsformen seien angeführt: Die Reaktion von Phthalylchlorid mit Benzol, bei der die Muttersubstanz der Phthaleine, das P h t h a l o p h e n o n entsteht.

IX

Friedet-Grafts sehe Reaktion

339

Die innere Ketonsynthese aus dem Chlorid der Hydrozimtsäure: .CHt-CH,.COCl -CO

a-Hydrindon Die direkte Synthese von Eetonen aus Kohlenwasserstoffen und Phosgen, z. B.: 2 C,H, + COC1, —>- C,H, • CO • C,H„ + 2 HCl. Die Einführung des einfachen oder substituierten Carbonamidrestes bei Anwendung von Harnstoffchloriden (Cyansäure-und-estern + HCl). 0CONH, + HCl. Damit werden auch die aromatischen Carbonsäuren der Synthese FRIEDEL-CBAFTS zugänglich. Eine Erweiterung hat die Reaktion durch die schöne Aldehydsynthese von GATTERMANN- KOCH erfahren. Läßt man auf Toluol — Benzol ist weniger geeignet — bei Gegenwart von A1C1S (und Cuprochlorid) ein Gemisch von Koblenoxyd und Chlorwasserstoffgas einwirken, so findet die von dem an sich nicht beständigen Formylchlorid zu erwartende Umsetzung statt. JJ .C=0 nach

+ HCl. CH,-^

CH,'

p-Tolylaldehyd Es sieht so aus, als ob in Gestalt einer Komplexverbindung mit CUjClj das Chlorid der Ameisensäure vorübergehend gebildet würde. Der Ersatz des Kohlenoxyds durch B l a u s ä u r e erlaubt auch Phenol- und P h e n o l ä t h o r - a l d e h y d e im weitesten Umfang darzustellen, und zwar begibt sich auch hier die Aldehydgruppe gewöhnlich in die p-Stellung zu dem schon vorhandenen Substituenten. Das Cuprochlorid ist in diesem Falle entbehrlich. Da Blausäure und JJ

HCl zu Formimidchlorid

> C = N H zusammentreten, so ist ersichtC1 lieh, daß hier zuerst das Aldimin entsteht, das dann bei der Aufarbeitung des Reaktionsgemisches durch Wasser unter NHS-Abspaltung in den Aldehyd umgewandelt wird. Enole der Fettreihe (Acetessigester, Acetylaceton) reagieren in grundsätzlich gleicher Weise. Die Anwendung von Knallquecksilber, aus dem mit Chlorwasserstoff das isolierbare, schön kristallisierte Formhydroxamsäurechlorid entsteht H (C=NO)jHg + 4 HCl — v HgCl, + 2 \ >C=NOH CK führt in der aromatischen Reihe zur Bildung von Aldoximen (SCHOLL). 22*

Organisch-präparativer Teil

340

Von großem Interesse ist die Umsetzung von Kohlenoxyd-Aluminiumchlorid mit gesättigten Kohlenwasserstoffen. Dabei wird die CO-Gruppe in die Kette eingeschoben 1 , z. B. C6HI2 + CO

— Y

H S C • CHA • C O • CH(CH8)A .

Einen sehr glatten Verlauf nimmt die von H O Ü B E N - H O E S C H nach den Leitlinien der G A T T E R M A N N sehen Reaktion variierte Ketonsynthese unter Anwendung der N i t r i l e , die namentlich bei mehrwertigen Phenolen sehr günstige Resultate bringt. Es sind hier die Imidchloride R — C = N H , die sich analog wie bei der Anwendung von Blausäure C1 zu Ketiminen und dann weiter zu Ketonen umbilden. Die Formulierung ergibt sich aus dem Gesagten von selbst. C h l o r o f o r m tritt mit seinen drei Chloratomen in die F K I E D E L CRAFTSsehe Reaktion ein; das Reaktionsprodukt mit Benzol ist der wichtige Kohlenwasserstoff T r i p h e n y l m e t h a n , die Grundsubstanz der bekannten Farbstoffklasse. Paraleukanilin [(p)NH 2 -C 6 H 4 ] 3 -CH ist durch reduktive Spaltung seiner Tris-diazoverbindung in ihn übergeführt worden (E. u. 0. F I S C H E R ) . Die Übertragung der Reaktion mit Benzol und A1C13 auf T e t r a c h l o r m e t h a n führt nicht, wie man erwarten sollte, zum Tetraphenylmetban. Das vierte Cl-Atom bleibt hier im Reaktionsprodukt stehen. T r i p h e n y l c h l o r m e t h a n (C6HB)3CC1 hat eine außerordentliche Bedeutung gewonnen, weil seine Einführung in die WuRTZsche Reaktion die Entdeckung des ersten freien organischen Radikals ermöglicht hat ( G O M B E B G 1900). Vgl. dazu S. 3 4 1 . In vielen Fällen kann man bei der F R I E D E L - C B A F T S sehen Reaktion das Säurechlorid durch das S ä u r e a n h y d r i d ersetzen. Die Darstellung des Acetophenons (S. 333) bietet ein präparatives Beispiel für diese Methode. /CO.CH,

+ 0
2 Mol) D i p h e n y l a m i n werden in einer m i t G u m m i oder Glasstopfen dicht verschließbaren F l a s c h e von e t w a 4 0 0 c c m I n h a l t in 2 0 0 ccm reinen A c e t o n s gelöst. (Das k ä u f l i c h e reine A c e t o n ist m e i s t g e g e n P e r m a n g a n a t beständig. Andernfalls trägt m a n so l a n g e gepulvertes K M n 0 4 e i n , b i s d e s s e n F a r b e a u c h b e i m K o c h e n a m Rückflußkühler e t w a 1 / 2 S t u n d e l a n g bestehen bleibt; das d a n n abdestillierte A c e t o n ist f ü r O x y d a t i o n e n in diesem L ö s u n g s m i t t e l 1 brauchbar.) I n die gekühlte L ö s u n g trägt 1

Vgl. dazu P. SACHS, B. 34, 497 (1901).

IX, 8

Telraphenylhydrazin

345

man unter fortgesetzter Kühlung in Eiswasser und lebhaftem Schütteln nach und nach s e h r f e i n gepulvertes Permanganat ein; vor jeder neuen Zugabe wartet man, bis Entfärbung eingetreten ist. Nachdem im Verlauf von V/ 2 Stunden etwa 16 g Permanganat verbraucht sind, trägt man weiteres Oxydationsmittel ohne Außenkühlung ein und zwar so lange, bis die Farbe 1 / t Stunde lang bestehen bleibt; keinesfalls jedoch mehr als 14 g. Ein Teil des Diphenylamins wird bis zum Phenylisocyanid aboxydiert (Geruch, Entwicklung von C02). Hierauf entfärbt man mit einigen Tropfen Alkohol oder Formaldehyd, saugt vom Braunstein ab, den man scharf abpreßt und zweimal mit wenig warmen Acetons auswäscht. Die klare Acetonlösung wird bei geringem Unterdruck aus einem Wasserbad von 35° mit vorgelegtem Kühler abgedampft; wenn man die Vorlage kühlt, kann man das Lösungsmittel zum großen Teil wieder gewinnen. Den Rest entfernt man im guten Vakuum bei einer Badtemperatur von 20°. Das auskristallisierte Tetraphenylhydrazin wird unter Eiskühlung durch Übergießen mit 20—30 ccm Äther von Schmieren befreit und nach einigem Stehen auf einer Filterplatte scharf abgesaugt. Durch Auftropfen von Äther wäscht man das Präparat rein. Man gewinnt so 20—24 g fast farbloses Rohprodukt (60—70°/ 0 der Theorie), das für die nachfolgende Operation direkt verwendet werden kann. Absolut reines Tetraphenylhydrazin vom Schmelzp. 144° gewinnt man durch Umkristallisation aus wenig (etwa der zwei- bis dreifachen Menge) Benzol. Die Lösung darf nur kurz aufgekocht werden. Man kann der heißen Lösung etwa J / s ihres Volumens siedenden Alkohols unter Umschütteln zusetzen und erhält so eine reichlichere Kristallisation als aus Benzol allein. Das reine Präparat wird nach dem Absaugen mit BenzolAlkohol 1 : 1 , dann mit Alkohol allein gewaschen und sofort im Vakuumexsiccator getrocknet. Die Mutterlaugen kann man im Vakuum eindampfen und den Rückstand wie oben durch Digerieren mit kaltem Äther isolieren. Die reine und gut getrocknete Substanz hält sich, vor Licht und Säuren geschützt, jahrelang unverändert V e r s u c h . Man löst etwa 0-5 g Tetraphenylhydrazin in 5 ccm Xylol und erwärmt langsam über einer kleinen Flamme. Die anfangs farblose Lösung wird, noch ehe der Siedepunkt des Xylols erreicht ist, intensiv olivgrün. Dies ist die Farbe des freien Radikals, das sich bei dieser Temperatur sehr rasch weiter ver-

346

Organiseh-präparativer

Teil

ändert, in Gegenwart von NO aber, wie einer der nächsten Versuche zeigen wird, als D i p h e n y l n i t r o s a m i n festgehalten wird. Versuch. Man übergieße einige cg Tetraphenylhydrazin mit konzentrierter Schwefelsäure. Es tritt anfangs schöne Rotr färbung auf, die nach kurzem Stehen in intensives Blauviolett übergegangen ist. Der Farbstoff, der hier entsteht, ist identisch mit demjenigen, der bei dem bekannten Nachweis von Salpetersäure (und anderen Oxydationsmitteln) mit D i p h e n y l a r n i n gebildet wird, nämlich D i p h e n y l d i p h e n o c h i n o n - d i i m o n i u m s u l f a t (KEHBMANN). H

Aus Tetraphenylhydrazin geht der Farbstoff durch hydrolytische Spaltung an der N—N- Bindung über das zuerst entstehende Diphenylhydroxylamin (S. 175, 329) hervor.

Die F e s t l e g u n g des D i p h e n y l s t i c k s t o f f s d u r c h Stickoxyd. 1 Man macht sich einen Apparat zur Entwicklung von reinem NO zurecht. Eine Saugflasche von 3 / i Liter wird, wie bei der Salzsäureerzeugung, mit einem Tropftrichter versehen, durch den man 4 n-Schwefelsäure in konzentrierte Nitritlösung (70 g NaN0 4 in 150 ccm Wasser) eintropfen läßt. Für die angegebene Menge braucht man 250 ccm 4 n-H 2 S0 4 . An den seitlichen Ansatz der Saugflasche ist eine Waschflasche mit starker Lauge, dann eine solche mit konzentrierter Schwefelsäure angeschlossen. Hierauf folgt, durch ein kurzes Schlauchstück verbunden, ein T-Rohr, das auf einer Seite mit einem C02-Kipp in Verbindung steht, am anderen Ende mit dem Reaktionsgefäß verbunden wird. An das Schlauchstück vor dem T-ßohr ist ein Schraubhahn angelegt, der am Ende des Versuchs den NO-Entwicklungsapparat abzunehmen erlaubt. In einem kleinen Rundkolben löst man 5 g Tetraphenylhydrazin in 40 ccm Toluol und setzt einen doppelt durchbohrten Kork auf, dessen bis zum Boden reichendes Einleitungsrohr mit dem beschriebenen Apparat in Verbindung steht; in der anderen Bohrung steckt ein kurzes Glasrohr. Zuerst dreht man den Schraubhahn vor dem T-Stück zu und löst die Verbindung 1

A . 3 8 1 , 2 1 1 (1911).

IX, 8

Telraphenylhydrazin

zwischen der zweiten Waschflasche und dem Verbindungsschlauch. Dann beginnt man mit dem Zutropfenlassen der Schwefelsäure und verdrängt gleichzeitig durch C0 2 die in der Apparatur und im angeschlossenen Reaktionskolben stehende Luft. Der Kolben ist in eine Klammer eingespannt und soll nachher sofort auf ein kräftig siedendes, bereit gestelltes Wasserbad gesetzt werden. Wenn im ersten Teil des Apparates alle Luft durch NO verdrängt, d. h. das Gas im Abzugsrohr der zweiten Waschflasche ganz farblos geworden ist, setzt man das Schlauchstück mit der Klemmschraube rasch an, öffnet diese und läßt nun das Stickoxyd, von einem schwachen C0 2 -Strom begleitet, in den Kolben treten. Sobald aus dessen Luftrohr braunes Gas (N02) austritt, setzt man den Kolben mit der Lösung auf das siedende Wasserbad und leitet eine halbe Stunde lang einen ziemlich raschen NO-Strom in die Toluollösung. Ihre Farbe ist dann gelb geworden. Jetzt dreht man die Flamme unter dem Wasserbad ab, schließt die Klemmschraube, löst die Verbindung gegen den NO-Entwickler und verdrängt durch einen stärkeren C0 2 -Strom alles in der Apparatur befindliche Stickoxyd (Prüfung mit Kaliumjodid—Stärkepapier). Das Toluol wird hierauf im Vakuum v o l l s t ä n d i g abgedampft, das kristallisiert zurückbleibende D i p h e n y l n i t r o s a m i n reinigt man durch Umkristallisation aus wenig Alkohol oder aus Petroläther. Schmelzp. 66°. V e r s u c h . Um zu zeigen, daß die aromatischen Nitrosamine im entgegengesetzten Sinn dieser Bildungsweise wieder rückwärts zerfallen können, kocht man eine kleine Menge des eben erhaltenen, reinen Nitrosamins in Xylol und hält über die Mündung des Reagenzglases ein Stück angefeuchtetes KJ-Stärkepapier. Den Kohlenstoffradikalen schließen sich eng analoge Verbindungen des Stickstoffs an, ebenfalls freie ungesättigte Komplexe von atomartigem Charakter und von abnormer Valenzzahl. Auch ihr Auftreten ist an das Vorhandensein aromatischer Ringe gebunden. Dem Hexaphenyläthan entspricht das T e t r a p h e n y l h y d r a z i n . Die gegenseitige Bindung der beiden N-Atome ist hier fester, als bei dem Vorbild in der Kohlenstoffreihe. Eine Dissoziation in die Radikale D i p h e n y l s t i c k s t o f f : (H6C6)1N-N(C8H5)1 — >

2(H6C,),N

tritt in Lösung erst bei etwa 8 0 ° sichtbar in die Erscheinung. Jedoch entstehen durch Einführung positiver Substituenten in die Benzolkerne Hydrazinderivate, die das Hexaphenyläthan im Dissoziationsgrad erheblich übertreffen. Schon das farblose p - T e t r a a n i s y l h y d r a z i n

348 ist bei Raumtemperatur merklich in die Radikale des grünen p - D i a n i s y l s t i c k s t o f f s (H 3 CO'C„H 4 ) 2 N dissoziiert, und von dem in analoger Weise durch vier —NVCH3)2-Gruppen substituierten Tetraphenjl-hydrazin sind in kaltem Benzol 10, in Nitrobenzol 21 Proc. zu dem Radikal des gelben Bis - p - dimethylamino - diphenylstickstoffs [(H s C) a N- C 6 H J 2 N dissoziiert. Im Gegensatz zu ihrem anorganischen Grundtyp, dem Stickoxyd, sind diese Radikale gegen S a u e r s t o f f unempfindlich. Dagegen wird gerade S t i c k o x y d mit großer Leichtigkeit von ihnen aufgenommen, eine Reaktion, die allgemein zu ihrem Nachweis dient. (CeH6),N + NO

—>-

(C.H^N-NO.

Wie man sieht, bilden sich dabei die N i t r o s a m i n e der zugrunde liegenden Diarylamine. Auch mit Triphenylmethyl und anderen Radikalen vereinigen sie sich unter Ausgleich der freien Valenzen. (C6H6),N + (C„H6),C

— V

(C6H6),N -

C(C6H6)A .

An Beständigkeit stehen die Stickstoffradikale den bekannten des Kohlenstoffs nach. Sie erleiden eine für die gesamte Radikalchemie gültige Umwandlung, die in einer gegenseitigen Disproportionierung besteht, d. h. es kommt zu einem Ausgleich des abnormen Sättigungszustandes dadurch, daß ein Molekül einem andern W a s s e r s t o f f entzieht. Neben sekundärem Amin bildet sich als wasserstoffärmeres Produkt ein Phenazinderivat. 2(H8CO'C6H4)JN

—>-

(H3CO • C,H4)ANH + (H,CO • CJHJJN -

H

C6H4OCH8

I

2 [(HJCO • C„H4)AN -

1H]

/OCH„

—>-

C„H4OCH,

Der Wasserstoff ist demnach von den mit * bezeichneten Stellen weggenommen worden. Das einfachste Beispiel dieser Disproportionierung von Radikalen finden wir bei dem entladenen OH-Ion, dem Radikal Hydroxyl. 2OH



H

O

H

+

O;

20

—>-

O,.

Erwähnt seien noch die Radikale mit zweiwertigem Stickstoff, die sich von Hydrazinen ableiten, die sog. H y d r a z y l e , tief gefärbte Verbindungen, die durch Dehydrierung tertiärer Hydrazine erhalten worden sind und die zu den farblosen T e t r a z a n e n im Dissoziationsgleichgewicht stehen ( S T . GOLDSCHMIDT), Z. B . : (C,H6)AN.N I C„H6

N-N(C6H5)2 I C9H6

2(CSH5)IN-N-C.H, •- 0=N(C,H 5 ),. Nicht nur in der Farbe, sondern auch in vielen Reaktionen zeigt diese Verbindung eine auffallende Übereinstimmung mit NO r Aber es fehlt ihr jede Neigung, den Radikalzustand aufzugeben, sich gleich ihm zu dimerisieren. In dieser Hinsicht gleicht es dem Stickoxyd, während dessen organische Verwandte sich mehr dem Stickstoffdioxyd anschließen. Eine ausführliche Beschreibung des Gebietes findet man in P. WALDEN, Chemie der f r e i e n R a d i k a l e . Leipzig 1924.

X. Heterocyclische Verbindungen. 1. Pyridinderivate. a) S y n t h e s e v o n C o l l i d i n n a c h

HANTZSCH. 1

Dihydrocollidin-dicarbonsäureester. Eine Mischung von 33 g Acetessigester und 10 g Aldehydammoniak erwärmt man in einem kleinen Becherglase auf einem Drahtnetz unter Umrühren mit einem Thermometer 3 Minuten lang auf 100—110°. Man versetzt dann das warme Eeaktionsgemisch mit seinem doppelten Volumen 2 n-Salzsäure und rührt, ohne weiter zu erhitzen, so lange kräftig um, bis die anfangs flüssige Masse erstarrt ist. Diese wird dann in einer Reibschale fein zerrieben, abgesaugt, mit Wasser ausgewaschen und auf Ton getrocknet. F ü r die weitere Verarbeitung kann das Rohprodukt direkt verwendet werden. Eine Probe kristallisiert man aus wenig Alkohol um. Farblose, bläulich fluorescierende Tafeln vom Schmelzpunkt 131°. G o l l i d i n - d i c a r b o n s ä u r e e s t e r . I n die durch Wasser gekühlte Mischung des rohen Esters mit der gleichen Gewichtsmenge Alkohol leitet man so lange gasförmige salpetrige Säure* 1

A . 2 1 5 , 1 (1882).

• Zu 50 g zerkleinerten (Vorsicht!) Arseniks läßt man ans einem Tropftrichter langsam die Mischung von 75 ccm konzentrierter Salpetersäure (Spez. Gew. 1-4) und 30 ccm Wasser fließen; der Rundkolben, in dem das StickBtofftrioxyd entwickelt wird, trägt in seinem doppelt durchbohrten Korkstopfen neben dem Tropftricbter ein Ableitungsrohr, das über eine leere und trockene Waschflasche zu dem Reaktionsgefäß führt. Das Gemisch von Arsenik und Salpetersäure wird auf dem Drahtnetz g e l i n d e erwärmt

350 ein, bis der Dihydroester in Lösung gegangen ist und eine Probe sich in verdünnter Salzsäure klar auflöst. Jetzt gießt man die Lösung unter Nachspülen mit Wasser auf 100 g Eis, die sich in einem mittelgroßen — s / 4 Liter) Scheidetrichter befinden, stumpft die Säure durch langsames Eintragen von fein gepulverter Soda ab und nimmt dann den als Ol abgeschiedenen Ester in Äther auf. Mit aufgesetztem Stopfen darf erst geschüttelt Vierden, wenn die Kohlensäureentwicklung aufgehört hat. Das Ausäthern wird wiederholt, die vereinigten Ätherlösungen schüttelt man nochmals mit Wasser aus, um die Hauptmenge des Alkohols zu entfernen, trocknet sie kurz mit Kaliumcarbonat, dampft dann den Äther ab und destilliert den Rückstand im Vakuum. Siedep.i2mm 175—178°. Ausbeute 15 g Collidindicarbonsäureester aus 20 g Dihydroester. C o l l i d i n - d i c a r b o n s a u r e s Kalium. Man löst 30 g gereinigten Atzkalis in 100 ccm absoluten Alkohols in einem 1/4-LiterRundkolben durch längeres Kochen auf dem Drahtnetz unter Rückfluß auf, setzt die gewonnenen 15 g Collidindicarbonester langsam zu und kocht die Lösung 3—4 Stunden lang auf lebhaft siedendem Wasserbad. Das in Alkohol schwer lösliche Salz scheidet sich nach und nach in Kristallkrusten aus und wird nach Beendigung der Verseifung von der erkalteten Lösung abgesaugt und erst zweimal mit Alkohol, dann mit Äther gewaschen. Ausbeute 12—14 g. Collidin. Die Abspaltung der Carboxylgruppe erfolgt durch Erhitzen des Kaliumsalzes mit gelöschtem Kalk. Man mischt das gewonnene Salz mit seiner doppelten Gewichtsmenge Ca(OH)j in einer Reibschale gut durcheinander und füllt das Gemenge in ein kurzes Verbrennungsrohr von etwa 60 cm Länge ein, das man, 10 cm vom Ende entfernt, mit einem Asbestpfropfen für das Einfüllen gedichtet hat Das eingefüllte Pulver schließt man auch auf der andern Seite durch einen lockeren Asbestpfropfen ab, verstopft das eine Ende mit einem dichten Kork, während das andere durch einen Vorstoß mit einer Vorlage in Verbindung steht. Das Rohr wird in einem kurzen, schräg gestellten Verbrennungsofen (das geschlossene Ende erhöht) durch kleine Flammen vorgewärmt, n a c h d e m man vorher über der eing e f ü l l t e n Mischung d u r c h Klopfen einen n i c h t zu engen Gang e r z e u g t hat. Dann vergrößert man die Flammen, am oberen Teil des Rohres beginnend, mehr und mehr, bis man

Pyridinsynthese

von Hantzsch.

Colliditi

851

schließlich bei geschlossenen Kacheln zu heller Rotglut gelangt. Das hierbei übergehende Collidin wird mit Äther aufgenommen, mit wenig Ätzkali getrocknet und dann destilliert. Siedep. 172°. Ausbeute 3—4 g. Wenn eine Stickstoffbombe zur Verfügung steht, so nimmt man die Brenzreaktion in einem langsamen Gasstrom vor. Die außerordentlich glatt verlaufende Synthese des Pyridin rings aus Acetessigester, Aldehyden und Ammoniak kommt dadurch zustande, daß Aldehyde in erster Phase unter BilduDg von A l k y l i d e n - b i s a c e t e s s i g e s t e r n reagieren und daß die so entstandenen 1,5-Diketonderivate durch eine eingefügte Ammoniakmolekel unter Abspaltung von 2 Mol. Wasser Ringschluß erfahren. R

R

¿H ROOC-CH, I HsC-CO

n 0

H H,C«COOR I OC'CH,

ROOC

C-COOR

H.C- OH HOC CH» NH, R I CH

ROOCC^k.COOR H,C.l!

¿CH,

^NH Nimmt man die Kondensation ohne Ammoniak vor, so kommt aus dem Zwischenprodukt, das oben in der Di enolform aufgezeichnet ist, die KNOEVENAGEL sehe Sechsringsynthese zustande, die durch Basen wie Diäthylamin, Piperidin katalytisch herbeigeführt wird. R I CH

R I CH

ROOC-dH^H-COOR I I H.CCO CO

ROOC-dH^bH-COOR I I H S C'C CO

H.C^ Das Kondensationsprodnkt bei der Synthese nach HANTZSCH ist ein Derivat des Dihydro-pjridins, das erst durch Dehydrierung in ein echtes Pyridin umgewandelt wird. Durch die Wegnahme der beiden Wasserstofiatome aus 1,4-Stellung wird erst das dem Benzol analoge

Organisch-präparativer

852

Teil

heterocyclische Ringsystem gebildet. Viel leichter geht auf diesem Weg A 2,5-Dihydro-terephthalsäureester in Terephthalsäureester über. R I

R H

i

CH

H

- < r v . II —c 0—

I : c—

4

COOK

X ,H

H

N

H

COOR

COOR

Daß das echte Pyridinderivat basischer ist, als die Dihydroverbindung, hängt damit zusammen, daß bei dieser die NH-Gruppe mit zwei doppelt gebundenen C-Atomen in Gindung steht. Aber auch das Pyridin und seine Abkömmlinge sind nur schwache Basen. Die chemische Natur des in vieler Hinsicht mit dem Benzol zu vergleichenden „aromatischen" Pyridins (und Chinolins) ändert sich von Grund aus bei der Hydrierung zum P i p e r i d i n , das vollkommen den Charakter eines sekundären aliphatischen Amins besitzt. Die perhydrierten heterocyclischen Basen vermitteln wichtige Abbaureaktionen, die namentlich bei der Konstitutionserforschung von Alkaloiden bedeutungsvoll geworden sind. Wir wollen die Metbode der Ringaufsprengung mit Hilfe der „erschöpfenden Methylierung" nach A. W. H O F M A N N am Piperidin erörtern. Aus der quartären Ammoniumbase löst sich bei der thermischen Zersetzung eine C—N-Bindung ab, während gleichzeitig Wasser abgespalten wird. CH,

ÖH.^fcH, 1 J, CH, CH,

CH,

1

*

CiP^H, J J HI , CH, C

11

HON:(CH,),

+

H,0.

N : (CH,),

Das offene und ungesättigte tertiäre Amin wird wieder erschöpfend methyliert und seine quartäre Ammoniumbase erneut in gleicher Weise gespalten. CH,

dH^fcH, II C,H,.N=C=N-C,H, -> III

C=NC,H,

SC-NH, ->- I V

C=NC ( H„

- >- V

C=NC,H,.

NH NH Die erste Indigosynthese Baeyebs ging, woran erinnert sein möge, vom Isatinchlorid aus. Formulieren. 1

L . KALB, B. 4 2 , 3649 (1909).

364

Organisch-präparativcr

Teil

XI. Hydrierung nnd Redaktion. 1. Katalytische Hydrierung mit Palladium, a) Mit k o l l o i d e m K a t a l y s a t o r n a c h Skita. 1 Die Anordnung der Apparatur ist aus Fig. 54 ersichtlich. 2 Als Sperrflüssigkeit im Gasometer benützt man Wasser. Das Schütteln erfolgt mit Hilfe einer RABEschen Turbine, eines kleinen

Elektromotors oder eines Heißluftmotors durch Drehen der Exzenterscheibe, die mit der Birne durch einen starren Draht verbunden ist. (Die Apparatur ist jedoch bequemer auseinander zu nehmen, wenn, wie in der Figur angegeben, der Draht geteilt ist und die beiden Teile durch eine mit Schraube versehene Messingöse vereinigt sind.) Sämtliche Stative Bind durch größere Eisenstücke beschwert. Die Schüttelbirne selbst (Fig. 55), 1

B. 42, 1627 (1909); 45, 3312, 3519 (1912). Die Stative für Gasometer, Birne und Exzenterscheibe sind auf der Figur nicht wiedergegeben. s

Katalytischc

Hydrierung

mit

Palladium

365

trägt seitlich ein eingeschmolzenes Einleitungsrohr 1 dem ein Stückchen Gummischlauch mit Schraubhahn dicht aufgesetzt wird. Ihr horizontales Rohr dagegen, zugleich Achse der Schüttelbirne, läuft in einer Messinghülse (Korkbohrerhülse), die auf beiden Seiten durch kurze, übers Glas gezogene Stücke Gummischlauch festgehalten wird. Sie wird, durch einen Kork festgeklemmt, in einer starken Klammer gehalten. Das Rohr steht durch einen dickwandigen Schlauch, der einen Quetschhahn trägt, in direkter Verbindung mit dem Gasometer. Dessen Meßzylinder wird von einer weiten Kühlerklammer gehalten. Vor der Hydrierung wird die ganze Apparatur auf Dichtigkeit geprüft Dies erfolgt so: Der Schraubhahn am Einleitungsrohr wird geschlossen, das Gasometer durch OÍTnen yon A und B provisorisch mit Wasserstoff gefüllt. Nach Schließen der Glashähne wird der Stand im Glaszylinder bei gleichem Niveau des Sperrwassers mit dem Wasser im Behälter markiert und nun 1 / i Stunde bei leerer Birne geschüttelt. Ist nach dieser Zeit bei gleicher Zimmertemperatur der Stand derselbe, so kann man zur Hydrierung selbst schreiten. Man füllt die Katalysatorlösung, d. s. 50 mg Gummi arabicum in 1 ccm Wassers und 3 ccm einer 1-proc. Palladiumchlorürlösung in die Birne ein, danach eine Lösung von 5 g reinster Zimtsäure in 30 ccm 80-proc. Methylalkohol. Nun leitet man vom seitlichen Birnenrohr her bei geschlossenem Hahn B und offenem A Wasserstoff Fig. 55. aus der Bombe (gewaschen mit KMnO¿Lösung) durch die Birne, bis die Luft in ihr und der ganzen Leitung verdrängt ist. Schon vorher hat man das Gasometer (1 Liter Inhalt) und die Rohrleitung bis zu Hahn B mit Wasser gefüllt und verdrängt jetzt nach Schließung des Glashahnes A 1 An seiner Stelle kann man die Birne auch mit einem Tubus versehen, durch den mittels eines (reinen) Gummistopfens ein Rohr eingesetzt werden kann. Die hier abgebildete Apparatur (Fig. 54) erlaubt in diesem Fall, die Birne vom oberen Rohr aus mit Wasserstoff zu füllen, so daß das untere Einleitunfrsrohr entbehrlich wird.

866

Organisch-präparativer

Teil

und Öffnung von B bei tief gestelltem Wasserbehälter das Wasser durch Wasserstoff. Dann wird der Quetschhahn am seitlichen Birnenrohr zugedreht, die Verbindung mit der Wasserstoffflasche (oder dem Kipp) gelöst, der Stand des Gases wie bei der Dichtigkeitsprüfung abgelesen und unter geringem Überdruck (Behälterflasche auf dem Gasometer) die Schiittelei in Gang gebracht 1 Wir arbeiten hier mit sehr geringen Mengen Katalysator (18 mg Pd); trotzdem ist nach 3 Stunden die zur Absättigung der Äthylen-Doppelbindung notwendige Menge (bei 740 mm Barometerstand und 20° 840 ccm) Wasserstoffs aufgenommen. Man filtriert vom ausgeHockten Palladium ab, verdampft den Methylalkohol und kristallisiert die hydrierte Säure, wie auf S. 225 beschrieben, um. Als katalytische Nebenwirkung des Palladiums tritt bei Anwendung von unverdünntem Methylalkohol als Lösungsmittel Esterbildung ein.2 In diesem Fall hat man die Lösung nach Zugabe von 5 g Ätzkali einzudampfen und die Hydrozimtsäure mit verdünnter Salzsäure auszufällen. Berechnung des Wasserstoffverbrauchs. Ein g-Mol Substanz braucht für je eine Doppelbindung 22-4 Liter Wasserstoff unter Normalbedingungen. Nach der Formel T-760

273-6 ' wobei b gleich dem abgelesenen Barometerstand weniger der Dampftension des Wassers bei der betreffenden Temperatur, T gleich der abs. Temperatur ist, läßt sich das Volumen eines g-Mols bei den jeweiligen Arbeitsbedingungen ausrechnen. Es beträgt durchschnittlich (für b = 720 mm und t = 17 °) 25 Liter. 5 g Zimtsaure (Mol.-Gew. 148) sind 5 5 = —rg-Mol; der Bedarf an Wasserstoff beträgt daher 25 • —— Liter = 148 ° 148 845 ccm H 2 . D a r s t e l l u n g v o n P l a t i n o x y d , Pt0 2 . 8 Neuerdings benützt man wegen seiner bequemen Darstellung und Handhabung und zugleich ausgezeichneten Wirksamkeit den Platinoxydkatalysator nach R. Adams, der beim Gebrauch im Schüttelgefäß zuerst vom Wasserstoff zu sehr fein verteiltem Platin reduziert wird. 1 Ist man infolge Verbrauchs des Gases im Zylinder genötigt, während des Versuches das Gasometer neu zu füllen, so wird die Bombe bei A angeschlossen, der Schraubhahn des Verbindungsschlauches am h o r i z o n t a l e n Birnenrohr zugedreht und bei offenen Hähnen A und B vorsichtig aufgefüllt. 1 Vgl. dazu E. Waseb, Helv. Chim. Act. VIII, 117 (1925). ' Am. Soc. 4 4 , 1397 (1922), 4 6 , 2171 (1923).

XI, 1

Katalytische Hydrierung von Palladium

867

Die Lösung von 2,1 g Platinchlorid (H 2 PtCl 6 ) in 5 ccm Wasser wird in einem großen Porzellantiegel mit 20 g reinen Natriumnitrats vermischt und mit einer kleinen Flamme unter ständigem Rühren mit einem dicken Glasstab vom Wasser befreit. Dann steigert man die Temperatur allmählich bis zur vollständigen Schmelze des Tiegelinhalts. Es entwickelt sich Stickstoffdioxyd, währenddem man mit der Temperatur unter Benützung zweier kräftiger Bunsenbrenner bis zu mittlerer Rotglut (500—600°) geht. Nach 5—10 Minuten geht die NO a -Entwicklung stark zurück. Man läßt erkalten, laugt mit destilliertem Wasser aus, wäscht den schweren Bodenkörper durch Dekantieren mehrere Male aus, saugt ab und trocknet im Exsiccator. Die Farbe des so erhaltenen Platinoxyds soll ein mittleres Braun sein. b) H y d r i e r u n g m i t T r ä g e r - K a t a l y s a t o r . B e r e i t u n g d e s K a t a l y s a t o r s . 1 Zu 10 g heiß gefällten und gut ausgewaschenen Ba-Sulfats, das in einer Porzellanschale in 20 ccm heißen Wassers aufgeschlämmt ist, werden 0-8 g Palladiumchlorür, gelöst in 50 ccm Wasser, und 1 ccm 40-proc. Formaldehyd hinzugefügt Man macht mit Natronlauge lackmusalkalisch und erhitzt zum Sieden, bis die überstehende Flüssigkeit klar und farblos ist. Dann filtriert man heiß, wäscht mit heißem Wasser bis zur neutralen Reaktion und trocknet im Vakuum über Atzkali. Das staubfein zerriebene Pulver wird in einer gut schließenden Glasstöpseltlasche aufbewahrt. 2 H y d r i e r u n g von L i n o l e n s ä u r e . 1 • 5 g Linolensäure (Darstellung siehe S. 144) werden in 10 ccm Eisessig, der vorher mit wenig Chromsäure gekocht und dann abdestilliert wird, mit 0*2 g des Katalysators versetzt und unter Wasserstoff geschüttelt. Wenn die berechnete Menge Wasserstoff (wieviel?) aufgenommen ist, filtriert man vom Katalysator ab, verdampft den Eisessig im Vakuum bei 40° und kristallisiert den Rückstand aus wenig Alkohol, in dem die Stearinsäure bei 0° schwer löslich ist, um. — Ausbeute quantitativ. Schmelzp. 69°. Man führe die BAEYERSche Permanganatprobe mit Ausgangsmaterial und Hydrierungsprodukt aus. 1 D.B.P. 252136; Frdl. X, 1205. * Der nach der Vorschrift auf S. 68 bereitete Katalysator ist ebenso brauchbar für die Hydrierung nicht saurer Substanzen.

368

Organisch-präparaiiver

Teil

2. Kataly tische Hydrierung mit Nickel.

Cyclohexanol.1

Die kleinerbsengroßen Bruchstücke eines halben Tontellers werden in einer Porzellanschale mit der Lösung von 40 g chlorfreien Nickelnitrats in 20 ccm Wasser vermischt; das Ganze dampft man unter Umrühren auf dem Wasserbad trocken ein und erhitzt dann die imprägnierten Tonstückchen in einem Nickeltiegel zu dunkler Rotglut, bis keine Stickstoffoxyde mehr entweichen. Mit dem so präparierten Material füllt man eine Verbrennungsröhre an, von der auf jeder Seite 10 cm leer bleiben. Die Röhre wird darauf in einem schwach abwärts geneigten Schießofen oder besser in einem elektrischen Widerstandsofen 2 im Wasserstoffstrom erhitzt; der Wasserstoff wird durch gesättigte Permanganatlösung und durch 2 Waschflaschen mit konzentrierter Schwefelsäure geleitet; das vordere Ende des Rohrs ist mit einem Vorstoß verbunden, den man später, nachdem das Nickeloxyd reduziert ist, zur Vermeidung des Eintretens von Luft, in eine Vorlage mit konzentrierter Schwefelsäure eintauchen läßt. Ehe das Rohr erhitzt wird, muß es vollkommen mit Wasserstoff gefüllt sein; dies prüft man an einer im kleinen Reagenzglas aufgefangenen Gasprobe, die man anzündet. Jetzt wird das Rohr angeheizt und die Temperatur unter Durchleiten von Wasserstoff so lange auf 300—310° gehalten, bis kein Wasser mehr in den Vorstoß übertritt; dies dauert 1 '/ 2 bis 2 Stunden. Dann läßt man im langsamen Wasserstoffstrom erkalten. Unterdessen hat man einen kleinen Fraktionierkolben mit tiefem Ansatzrohr mit 25 g frisch destillierten Phenols beschickt. E r führt eine mit K o r k eingesetzte, bis auf den Boden der Kugel reichende Einleitungsröhre, während das Ansatzrohr, auch durch K o r k in das Verbrennungsrohr eingesetzt, bis in die Heizzone reicht. Die Einschaltung des Phenolkölbchens nimmt man, um den Eintritt von Luft in das Rohr einzuschränken, so vor, daß man das bisherige Einleitungsrohr rasch gegen einen (vorher eingepaßten) Kork auswechselt, dann den Wasserstoff durch das Phenol streichen läßt und dieses nun schnell an Stelle des Korkes in das Verbrennungsrohr einsetzt. Nachdem man ' SABATIER, C o m p t . r e n d . 1 7 3 , 1 0 2 5 ( 1 9 0 3 ) .

' Solche Öfen können mit einfachen Mitteln selbst angefertigt werden. Siehe z. B. H. RÜPE, Helv. I, 454 (1918); Chemische Fabrik 5 0 , 519 (1929). Vgl. auch Handbuch der Physik H. GEIGER U. K SCHEEL, XI, S. 370 ff.

XI, 2

Katalytische Hydrierung mit Nickel.

Cyclohexanol

369

sich an einer Reagenzglasprobe wieder überzeugt h a t , daß der Inhalt des ßohres luftfrei ist, erhitzt man den Ofen unter ganz langsamem Wasserstoffdurchgang allmählich bis auf 185—190°, heizt ein Ölbad, in das man das Phenolkölbchen möglichst tief eingesenkt hat, auf 1 4 0 0 1 und läßt nach Einstellung der beiden Temperaturen einen l e b h a f t e n Wasserstoffstrom durch das Rohr gehen. Das Hydrierungsprodukt wird in einer mit Eis gekühlten kleinen Saugflasche aufgefangen, an die man — gleichzeitig zur Kontrolle des Wasserstoffverbrauchs, als Blasenzähler — eine zweite, mit wenig Äther beschickte und auch gekühlte Vorlage angeschlossen hat. Nach durchschnittlich 3 Stunden ist das Phenol völlig verdampft und über den Katalysator getrieben. Man läßt im langsamen Wasserstoffstrom erkalten, nachdem man vorher die Vorlagen abgenommen hat. Ihren Inhalt spült man mit wenig Äther in einen kleinen Tropftrichter, schüttelt zur Entfernung von nicht hydriertem Phenol mit 10 ccm 50-proc. Natronlauge durch, gießt vom Phenolnatrium ab, spült mit Äther nach, entfernt geringe Mengen von Cyclohexanon durch gründliches Ausschütteln mit 40-proc. Bisulfitlauge, trocknet mit wenig Kaliumcarbonat und fraktioniert nach dem Wegdampfen des Äthers, das man aus einem Bad von 50° vornimmt. Bei Steigerung der Siedetemperatur geht mit dem Äther zuerst wenig Cy cloh e x a n über; erhitzt man mit freier Flamme höher, so destilliert bei 160—161° reines Cyclohexanol als farblose Flüssigkeit in einer Ausbeute von 18—20 g (75 Proc. d. Th.). Bei pünktlichem und sauberem Arbeiten kann diese Menge leicht erhalten werden. Wenn sich der Katalysator als wirksam erwiesen hat, so kann dem Versuch die H y d r i e r u n g von (thiophenfreiem 2 ) B e n z o l direkt angeschlossen werden; das Wechseln der Verbindungen hat nach dem Erkalten des Ofens, wie oben beschrieben, zu erfolgen. Man kann in der gleichen Zeit und bei der gleichen 1

Dampfdruck des Phenols: t 120« 131° 139° 145" mm 100 150 200 250 Das stöchiometrische Verhältnis von 1 Mol Phenol zu 3 Mol H, würde normal einen Phenoldruck von 760/4 = 190 mm erfordern. Volle Sättigung wird aber im vorliegenden Falle nicht erreicht. * Man schüttelt das Reinbenzol des Handels 6—8 Stunden lang auf der Maschine mit einem Zehntel des Volumens an konzentrierter Schwefelsäure; trennt im Scheidetrichter, schüttelt mit Natronlauge aus und destilliert. Prüfung mit Isatin-Schwefelsäure. GATTKRMANN,

Praxis.

23.

Auflage.

24

Organisch-präparativer

370

Teil

Temperatur 40 g Benzol hydrieren, die man in einem Wasserbad Ton 26—28° in derselben Weise wie das Phenol verdampft. Unverändertes Benzol wird aus dem Reaktionsprodukt durch gründliches Ausschütteln mit 10-proc. rauchender Schwefelsäure (vgl. Präp. IV, 1 S. 183 entfernt. Cyclohexan siedet bei 81° und erstarrt ebenso wie Benzol in Eis. Das Verfahren der katalytischen Hydrierung hat für alle Zweige der organisch-chemischen Tätigkeit in den letzten 2 Jahrzehnten eine ungemein große Bedeutung gewonnen. Zuerst (1901) hat S A B A T I E B gezeigt, daß ungesättigte Substanzen verschiedenster Art beim Überleiten ihrer Dämpfe zusammen mit Wasserstoff über erwärmtes, fein verteiltes N i c k e l hydriert werden. Die Übertragung der Methode auf die Hydrierung von Flüssigkeiten geschah durch N O B M A N N , der fette Öle mit Hilfe des darin suspendierten Nickelkatalysators durch Bindung von Wasserstoff in höher schmelzende Fette umwandeln lehrte (Technischer Prozeß der F e t t h ä r t u n g ) . Nach dem gleichen Prinzip werden die H y d r i e r u n g s p r o d u k t e des N a p h t h a l i n s , T e t r a l i n und D e k a l i n von der Industrie dargestellt (SCHBÖTEB). Durch besonders feine Verteilung des Nickels auf Trägersubstanzen (Kieselgur, Asbest, Bariumsulfat) ließ sich seine Aktivität derart steigern, daß die Wasserstoffübertragung auf ungesättigte Stoffe auch bei Raumtemperatur und in Lösung gelingt (KELBEB).1 Die Bereitung eines hervorragend wirksamen Nickelkatalysators hat H. R U P E 2 angegeben. Die Verwendung von k o l l o i d e m P a l l a d i u m mit Eiweiß als Schutzstoff zur Hydrierungskatalyse folgte der S A B A T I E B sehen Arbeitsweise (PAAI.); sie wurde zur Vollkommenheit ausgebaut durch Einführung von arabischem Gummi und Gelatine unter Bedingungen, die einen möglichst hohen Verteilungsgrad des Hetallsols gewährleisten (SKITA) und auch das Arbeiten in saurer Lösung und bei hoher Konzentration des Überträgers gestatten. Die Hydrierung der Kohlenstoffdoppelbindung bei tiefer Temperatur und an gelöster Substanz, die weitaus das größte Interesse beansprucht, ist nach einigen erfolgreichen Versuchen F O K I N S zuerst W I L L S T Ä T T E B in weitem Ausmaß mit P l a t i n m o h r geglückt; W I L L S T Ä T T E B hat auch zuerst aromatische Ringe (Benzol, Naphthalin) unter solchen Bedingungen zu hydrieren vermocht. Platinoxyd nach ADAMS, das von Wasserstoff alsbald zu sehr fein verteiltem Metall reduziert wird, findet wegen seiner starken Aktivität vielfach Anwendung bei der Hydrierung resistenter Doppelbindungen. Vor der Anwendung von Überträgermetallen bestand keine Möglichkeit, Wasserstoff direkt an die reine Kohlenstoffdoppelbindung an1

Ber. 4 9 , 55 (1916); 57, 136 (1924). ' Helv. Chim. Act. I, 453 (1918).

XI, 2

Katalytische Hydrierung

mit Nickel.

Cycloheacanol

371

zulagern. Mit ihr haben wir es in der Hand, so gut wie alle angesättigten Systeme mit Wasserstoff zu sättigen, und zwar ist es gerade die olefinische Lückenbindung, zu der der katalytisch erregte Wasserstoff am leichtesten Zutritt hat. Geringer ist seine Reaktionsgeschwindigkeit gegenüber der Carbonylgruppe von Aldehyden und Ketonen, Carboxyl und Estergruppen läßt er unversehrt. Als Lösungsmittel für die kalte katalytische Hydrierung, die im wissenschaftlichen Laboratorium weitaus die größte Bedeutung hat, dienen Eisessig, Essigester, die Alkohole, Äther, Wasser. Bei der geringen Löslichkeit des Wasserstoffs in allen Lösungsmitteln muß der suspendierte oder kolloidal gelöste Katalysator durch Schütteln dauernd mit der Gasphase in Berührung gebracht werden, damit er immer von neuem Wasserstoff aufnehmen und an die zu hydrierende Substanz weitergeben kann. An Stelle der hier angegebenen Birne ( W I L L S T Ä T T E B und W A S E R ) kann ebensogut eine „Schüttelente" benutzt werden. Manchmal kommt eine Hydrierung nach anfänglich gutem Gang vor dem vollen Wasserstoffverbrauch zum Stillstand; man kann dann den Katalysator in vielen Fällen durch Schütteln mit Luft reaktivieren (WILLSTÄTTEB). Hierbei hat man zu beachten, daß ein WasserstoffLuftgemisch durch die fein verteilten Katalysatormetalle gezündet wird, und muß darum vor joner Maßnahme den im Hydrierungsgefäß vorhandenen Wasserstoff durch Stickstoff oder einfacher durch Evakuieren entfernen. Der katalytischen Hydrierung sollon nur v o l l k o m m e n r e i n e Substanzen unterworfen werden. Diese Regel gründet sich darauf, daß vor allem Schwefel- und oft auch halogenhaltige Stoffe den Katalysator desaktivieren und daß oft ganz unberechenbare Einflüsse der Durchführung einer Hydrierung im Wege stohen. Das sicherste Mittel zur Vermeidung solcher Störungen beruht in der Verwendung reiner Materialien, auch der Lösungsmittel. Dieselben Katalysatoren, durch deren Mitwirkung elementarer Wasserstoff an eine Doppelbindung angelagert wird, vermögen bei geänderten Temperaturverhältnissen auch den entgegengesetzten Vorgang, den der D e h y d r i e r u n g oder Wasserstoffabspaltung zu beschleunigen. So zerfällt C y c l o h e x a n , bei etwa 8 0 0 ° über Nickel oder Palladiumschwarz geleitet, in Benzol und Wasserstoff (SABATIEB, ZELINSKY). Das Gleichgewicht: C,H, + 3H, ^

*

C,H lt

liegt bei tiefer Temperatur auf der rechten Seite der Gleichung, bei höherer hat die Energie verbrauchende der Dehydrierung den Vorrang. Beide Reaktionen verlaufen ohne Katalysator unmeßbar langsam, werden aber durch seine Gegenwart in der gleichen Weise beschleunigt. 24»

372

Orgcmisch-präparativer Teil

3. Ersatz von Sauerstoff in Carbonylverbindungen durch Wasserstoff. (Reduktion nach C L E M M E N S E N . ) Ketone und Aldehyde lassen sich mit amalgamiertem Zink und Salzsäure meist sehr glatt desoxydieren; aus den Gruppen > C = 0 und — C = 0 wird >CH 2 und —CHS. H D a r s t e l l u n g des Zinkamalgams. Dünne Zinkgranalien oder noch besser in kleine Streifen geschnittenes Zinkblech von 0*15—0-25 mm Dicke werden mit der gleichen Gewichtsmenge 5-proc. wäßriger Quecksilber-2-chloridlösung unter häufigem Umschütteln eine Stunde lang in Berührung gelassen. Dann gießt man ab und spült noch einmal mit frischem Wasser nach. a) Äthylbenzol aus Acetophenon. 1 Zu 15 g verquecksilberten Zinks gibt man 6 g Acetophenon und 30 ccm Salzsäure (aus 1 Teil konzentrierter und 2 Teilen Wasser) und erhitzt in einem Kolben mit eingeschliffenem Rückflußkühler auf dem Drahtnetz zu lebhaftem Sieden. Nach je einer Stunde fügt man noch je 5 ccm konzentrierter Salzsäure zu, hält die Reaktion im ganzen 5 Stunden lang im Gang und treibt dann den gebildeten Kohlenwasserstoff mit Wasserdampf in wenigen Minuten über. Das von Wasser in einem kleinen Tropftrichter befreite Destillat wird mit Calciumchlorid getrocknet und dann destilliert. Siedep. 135 bis 136°. Ausbeute 3—4 g. Die Ausbeute erhöht sich, wenn mau das Acetophenon langsam zutropfen läßt. b) Dibenzyl aus Benzil. 2 7 g Benzil werden mit 30 g amalgamierten Zinks und 100 ccm Salzsäure 1 : 1 5 Stunden lang unter Rückfluß gekocht. Wie unter a) läßt man von Zeit zu Zeit konzentrierte Salzsäure (im ganzen 20 ccm) nachfließen. Zum Schluß gießt man vom Zink ab, trennt das beim Erkalten fest werdende Reduktionsprodukt von der Flüssigkeit, wäscht einige Male mit Wasser und destilliert es aus einem kleinen Schwertkolben. Siedep. 280°. Schmelzp. 50—52°. Der Kohlenwasserstoff kann aus wenig Alkohol umkristallisiert werden. Ausbeute 5 g, beinahe theoretisch. Mit dem gleichen Ergebnis kann Benzoin zu Dibenzyl reduziert werden. 1 E . CLEMMENSEN, B . 4 0 , ' B . 4 7 , 6 8 3 (1914).

1838 (1913).

XII, 1

Furfurol

373

Ebenso häufig wie die Clemmensen-Reaktion wird die Methode von K I S H N E R - W O L F F zum Ersatz von Sauerstoff durch Wasserstoff in Ketonen und Aldehyden angewandt. Dabei wird das Hydrazon oder Semicarbazon der Carbonylverbindung — am besten in Gegenwart von Hydrazinhydrat — mit Natriumäthylat durch mehrstündiges Erhitzen auf etwa 160° im Einschlußrohr oder Autoklaven reduktiv gespalten. Die Reaktion ist wohl so zu erklären, daß unter der katalytischen Wirkung des Äthylats eine Umlagerung des Hydrazons zum D i i m i n zustande kommt, das dann analog wie Phenyldiimin (S. 278) zerfällt. p,>C=N-NH,

>

p,>CH-N=NH

—®,>CH

a

+ N, .

XII. Naturstoffe. 1. Farfurol. 1 300 g Kleie werden in einem 3-Liter-Kolben mit der Mischung von 150 ccm konzentrierter Schwefelsäure und 800 ccm Wasser verrührt. Man destilliert etwa 900 ccm Flüssigkeit ab, neutralisiert das Destillat mit Soda und sättigt es mit 250 g Kochsalz. Aus dieser Lösung werden wieder 300 ccm abdestilliert, die man nach dem Sättigen mit Kochsalz mit Äther extrahiert. Nach dem Trocknen wird der Äther verdampft und das Furfurol destilliert. Siedep. 162°. Ausbeute 5—7 g. Die P e n t o s e n verlieren beim Kochen mit Mineralsäuren 3 Molekeln Wasser und gehen in F u r f u r o l über: CHOH—CHOH

i

HOCH,

i

CHOHCHO



HC

ii

HC

CH

HC—CH

C-CHO

HC

n

d • CHO . o

Die beiden wichtigsten natürlichen Pentosen, 1 - A r a b i n o s e und 1-Xylose, finden sich in der Natur als polymere Anhydride, sog. Pentosane, und zwar das „ A r a b a n " als Hauptbestandteil vieler Pflanzengummis (Kirschgummi, Gummi arabicum, Kleiegummi), das X y l a n im Holz. Durch Hydrolyse entstehen aus diesen Penta-polyosen zuerst die einfachen Pentosen, die dann durch genügend starke Säuren in Furfurol umgewandelt werden. So bildet sich auch bei der Verzuckerung von Holz (Cellulose) durch verdünnte Säuren dieser Aldehyd als Nebenprodukt. Das Furfurol zeigt als „tertiärer" Aldehyd große Ähnlich1

STKKHOÜSE,

A. 36, 302 (1841);

FOWNES,

A. 64, 52 (1845).

Organisch-präparativer Teil

374

keit mit Benzaldehyd und ist wie dieser der Acyloinreaktion (Furoin) und der P E B K I N sehen Synthese zugänglich. Auch mit Ammoniak reagiert es gleichartig (S. 207). Versuche. Man läßt Furfurol mit der 5fachen Menge wäßrigen Ammoniaks kurze Zeit stehen; die nach 3 Stunden vollständig ausgeschiedene Substanz schmilzt nach dem Umkristallisieren aus Alkohol bei 117°. Sie hat die dem Hydrobenzamid analoge Struktur. Mit essigsaurem Phenylhydrazin gibt schon eine verdünnte wäßrige Lösung von Furfurol fast sofort einen Niederschlag des Phenylhydrazons. Man reinigt die abgesaugte und getrocknete Substanz, indem man sie in wenig Äther löst und durch vorsichtigen Zusatz von Petroläther zur Kristallisation bringt. Schmelzpunkt 97—98°. Methode der quantitativen Bestimmung von Furfurol. Furfurol gibt zwei charakteristische Farbreaktionen, die zu seinem qualitativen Nachweis dienen. Mit Phloroglucin und Salzsäure (1 Teil konz., 1 Teil Wasser) entsteht beim Kochen eine kirschrote Färbung; mit Anilinacetatlösung tritt schon in der Kälte Rotfiirbung auf. Man führe diese beiden Nachweisreaktionen durch. Die Reaktion mit Anilinsalzen ist gleichzeitig von Z I N C K E und 1 9 0 5 aufgeklärt worden. Es wird dabei der Furanring „aminolytisch" aufgespalten und daneben aus dem Aldehyd das Anil gebildet. CH—CH CH=CH-CH=C-CH=NC,H5 n n — i i CH C - C H O H5C6NH OH X / DIECKMANN

HI 0 H5C„N;H

Die Farbstoffe sind Salze des a-Oxy-glutacondialdehyd-dianils obiger Formel; statt H 5 C 8 .NH-CH=CH kann ebensogut H 6 C 0 .N=CH—CH,— formuliert werden; dann werden die Beziehungen zur G l u t a c o n s ä u r e HOOC-CHj-CH: CH-COOH, bzw. ihrem Aldehyd deutlicher. In der Hitze spalten die farbigen Salze eine Mol. Anilin ab und gehen in quartäre / 9 - O x y - p y r i d i n i u m s a l z e über: CH CH )H HC C-OH I I II I + c.H 5 NH 4 HjCjHN—HC CH HC CH H—N cf^eH,

N

XII, 3

Spaltung von Rohrzucker durch Saecharase (Invertin)

375

V e r s u c h . 1 2 ccm Anilin werden mit 1 ccm konzentrierter Salzsäure versetzt und mit Alkohol auf 10 ccm aufgefüllt. Man gibt dazu die Lösung von 1 ccm Furfurol in 8 ccm Alkohol und erwärmt kurze Zeit. Beim Erkalten scheidet sich in feinen Nadeln der violette Farbstoff ab, der abgesaugt und mit wenig Alkohol und Äther nachgewaschen wird. 2. d-Glucose aus Bohrzucker.2 Die Mischung von 750 ccm Sprit, 30 ccm rauchender Salzsäure (D. 1-19) und 30 ccm Wasser wird auf 45—50° erwärmt Bei dieser Temperatur trägt man unter stetem Umschütteln portionenweise 250 g reinen, fein gepulverten Rohrzucker („Staubzucker") ein, der vollständig in Lösung gehen muß. Beim Erkalten scheidet sich die gebildete d-Glucose — die d-Fructose bleibt gelöst — als zähes Harz ab, in das man nun einige dg wasserfreier Glucose einimpft. Häufiges Reiben mit dem Glasstab befördert die Kristallisation, die immerhin mehrtägiges Stehen erfordert. Dann ist die Abscheidung zu einem fast farblosen, fein kristallinen Pulver geworden, das man an der Pumpe absaugt und alsbald wieder in 20—25 ccm heißem Wasser löst; in der Wärme fügt man absol. Alkohol bis zur Trübung hinzu (120 bis 150 ccm) und läßt unter Umrühren und Animpfen erkalten. Vor dem Absaugen bleibt die Kristallisation über Nacht stehen und wird dann abgesaugt, mit Alkohol gewaschen und im Vakuum, exsiccator scharf getrocknet. Ausbeute 50—60 g. Schmelzp. 146°. 3. Spaltung von Bohrzucker durch Saccharase (Invertin). a) B e r e i t u n g d e r E n z y m l ö s u n g . 3 50 g Preßhefe werden in einem kleinen Filtrierstutzen mit Hilfe eine3 dicken Glasstabs mit 5 ccm Toluol bei 30° so lange verrührt, bis die Masse ganz dünnflüssig geworden ist, etwa 3 / i Stunden. Der dünne Brei, der auf diese Weise infolge Autolyse der Hefezellen entstanden ist, wird, mit 50 ccm Wasser von 30° verdünnt, eine Stunde lang bei dieser Temperatur gehalten. Dann füllt man in einem 250-ccm-Erlenmeyerkolben mit Wasser auf 150 ccm auf, schüttelt mit etwas Kieselgur kräftig durch, saugt auf mittlerer Nutsche unter schwachem Unterdruck rasch ab und wäscht nochmals mit 50 ccm Wasser 1

STENHOÜBE, A . 1 5 6 , 199 ( 1 8 7 0 ) . * SOXHLET, J . pr. 2 1 , 2 4 5 (1880). * WILLSTXTTEB, SCHNEIDER U. BAUANN, H . 1 4 7 , 2 6 4 (1925).

376

Organisch-präparativer

Teil

von 30 Das Filtrat, das zwar etwas Invertin, in der Hauptsache aber andere Inhaltsstofle der Hefezelle enthält, die durch diese Maßnahme beseitigt werden sollen, wird verworfen. Den Filterrückstand schlämmt man mit 50 ccm Wasser gut auf, fügt einige Tropfen Toluol hinzu und läßt diesen Ansatz zur Freilegung des Enzyms 15 Stunden lang bei ungefähr 30° stehen. Hierauf wird der dünne Brei zur Beseitigung von Eiweiß unter tüchtigem Umrühren mit so viel n/20-Essigsäure versetzt, bis (mit einer Probe) Methylrot eben umschlägt (pH = 4), dann wird wie oben filtriert, wenn nötig nach Durchschütteln mit wenig Kieselgur. Das Filtrat wird mit verdünntem Ammoniak gegen Lackmus neutral gemacht und ist so, durch etwas Toluol geschützt, mehrere Tage unverändert haltbar. b) Die Inversion. In einem 250-cm-Meßkolben löst man 40 g Rohrzucker in 200 cm Wasser, fügt 25 ccm 10-proc. NaH 2 P0 4 Lösung zu und erwärmt in einem geräumigen Wasserbad (oder Thermostaten) auf 30°. Jetzt setzt man 10 ccm der nach a) bereiteten Enzymlösung hinzu und bestimmt die Zeit, zu der die Pipette ausgelaufen ist, füllt sofort den Inhalt des Meßkolbens mit Wasser von 30° bis zur Marke auf, schüttelt um und entnimmt, die Zeit wie kurz zuvor bestimmend, die erste Probe von 25 ccm zur Drehwertsmessung. Die Probe läßt man jeweils in 5 ccm 2 n-Sodalösung einlaufen, um die Enzymwirkung anzuhalten und gleichzeitig die „Mutarotation" (S. 383) zu beschleunigen. Nach Schütteln mit wenig Tierkohle wird durch ein trockenes Filter gegossen und die klare Lösung im 2 dm-Rohr polarimetriert. Jeweils 3 Ablesungen, davon Mittelwert. Aus der bei 30° weiter reagierenden Stammlösung entnimmt man während der 1. Stunde nach Versuchsbeginn alle 20, während der 2. Stunde alle 30 Minuten eine Probe zur Polarimetrierung. Innerhalb dieser Reaktionsdauer wird die Schwelle der Inversion, die durch den Nullwert der Drehung gegeben ist, meist überschritten. Dies bedeutet einen Spaltungsgrad von rund 75 Procdes eingesetzten Rohrzuckers. Wenn man auf mm-Papier die Drehwerte auf der Ordinate gegen die Zeit (Abscisse) aufträgt, so erhält man durch. Verbindung der beobachteten Werte eine in ihrem zeitlichen Verlauf flacher werdende, logarithmische Kurve, die die Ordnung der untersuchten Reaktion als monomolekular andeutet. Aus ihrem Schnittpunkt mit der Geraden, die der Drehung 0° entspricht, kann man die „Nulldrehungszeit" ablesen,

XII, 4

ß-Pentacetyl-glucose und a-Aceto-bromglucose

377

die ein gewisses Maß für die Wirksamkeit der bereiteten Enzymlösung gibt. Der Verlauf der Kurve läßt bereits erkennen, daß das logarithmische Zeitgesetz nicht streng gewahrt ist. Trägt man nämlich 1 / 3 des Anfangsdrehwerts, der durch den Schnittpunkt der Kurve mit der Ordinate gegeben ist, unterhalb der Nulldrehung auf der Ordinate auf, so läßt sich die Zeit, in der der Endwert der Inversion erreicht wird, graphisch ermitteln. Man prüfe nun, ob Konstanz der Halbwertszeit besteht, indem man die Zeit, in der die Drehung um die Hälfte zurückgegangen ist, auf der Kurve abliest und dann ermittelt, ob in den folgenden gleich großen Zeitabschnitten die Drehung jeweils wieder um den halben Betrag zurückgeht. Da die Drehungsabnahme direkt proportional geht mit der Inversion des Kohrzuckers, so dient sie direkt als Maß der Reaktionsgeschwindigkeit. Man setze die gemessenen Drehwertsänderungen und die dazu gehörige Zeit in die nachstehende Gleichung für Reaktionen erster Ordnung ein und berechne jeweils die Konstante K. K = lo?

~ "^ ~ IoS f"*» ~ "'1 0,4343 (ij -

at1 und att sind die abgelesenen, für die Zeiten ti und t2 geltenden Drehwerte, t2 — ist die jeweilige Inversionsdauer in Minuten, cct ist der nach der obigen Angabe errechnete (negative) Endwert der Drehung; er wird, als Subtrahent, in dei- Gleichung positiv. 4. /9-Pentacetyl-glucose und a-Aceto-bromglucose. 1 25 g fein gepulverter wasserfreier d-Glucose werden in der Reibschale mit 1 2 g entwässerten Natriumacetats gemischt und in einem 1 / a -Liter-Rundkolben mit 125 g reinen Essigsäureanhydrids unter häufigem Schütteln auf dem Wasserbad erhitzt, so daß nach etwa 30 Minuten klare Lösung eingetreten ist. Nach weiteren 2 Stunden gießt man die Lösung in dünnem Strahl unter Rühren in l Liter Eiswasser. Die ausfallende Kristallmasse wird möglichst sorgfältig zerkleinert und wenn nach einigen Stunden die Hauptmenge des überschüssigen Essigsäureanhydrids zersetzt ist, abgesaugt, hierauf noch mehrere Stunden unter Wasser aufbewahrt. Schließlich wird wieder abgesaugt, scharf abgepreßt und aus etwa 120 ccm Alkohol umkristallisiert. Die so gewonnene P e n t a c e t y l - g l u c o s e ist für die weitere Verarbeitung genügend rein. Ausbeute 35—40 g. 1

EMIL FISCHEB,

B. 49, 584 (1916); K.

FREUDENBERO,

B. 60, 241 (1927).

378 A c e t o - b r o m g l u c o s e . 25 g der peracetylierten Glucose werden in fein gepulvertem Zustand mit 50 g bei 0 0 gesättigter Eisessig-Bromwasserstoff-Lösung1 unter Kühlung mit Eis übergössen, durch kräftiges Schütteln in Lösung gebracht und 2 Stunden bei Kaumtemperatur stehen gelassen. Man gießt hierauf unter Kühren in 850 ccm Eiswasser, schüttet das Wasser von dem ausgefällten Niederschlag ab, der, nach gründlichem Zerreiben in einer Schale mit Eiswasser, abgesaugt und ausgewaschen wird. Dann bringt man das Rohprodukt mit 250 ccm kalten Methylalkohols in Lösung und fügt unter Eiskühlung langsam das gleiche Volumen kalten Wassers hinzu, wodurch die Substanz kristallin und rein ausgefällt wird. Man saugt sie ab, wäscht mit Wasser, trocknet zuerst auf Ton, dann sehr scharf im Vakuumexsiccator über festem KOH und konz. Schwefelsäure. Ausbeute 15—20 g. 5. Milchzucker und Casein aus Milch. 2 Liter Vollmilch werden mit dem gleichen Volumen Wasser verdünnt und bei 30—40° mit 0-1 g käuflichen Kälbermagens (Lab), in einigen ccm Wasser gelöst, versetzt. Man läßt bei der gleichen Temperatur bis zur vollständigen Abscheidung des Caseins etwa 2 Stunden lang stehen. Dann filtriert man die Molke durch ein Koliertuch, preßt nach dem Ablaufen der Flüssigkeit den Rückstand fest aus und verreibt das stark fetthaltige Casein in einer Reibschale mit einer geringen Menge 1-proc. Natronlauge. Der dicke Brei wird mit 1—1-5 Liter Natronlauge derselben Konzentration in einer Porzellanschale übergössen und schwach erwärmt, wobei er sich bis auf das Fett löst. 1

D a r s t e l l u n g v o n HBr. In einem Fraktionierkolben von 250 ccm Inhalt und mit hochangesetztem Rohr rührt man 6 g roten Phosphors mit 15 ccm Wasser zum Brei an. Der Kolben ist verbunden mit einem U-Rohr, das lose, auf Glasperlen, mit angefeuchtetem rotem Phosphor beschickt ist; dann folgt ein U-Rohr mit CaCl2 oder — besser — P 2 0 6 . Durch einen Tropftrichter, dessen Rohr bis nahe an den Kolbeninhalt herabreicht, läßt man l a n g s a m , Tropfen auf Tropfen, 20 ccm ( = 60 g) Brom mit dem Phosphor in Reaktion treten, die heftig ist. Das entstehende Gas muß hinter dem U-Rohr mit Phosphor vollkommen farblos sein. Als Auffanggefäß, das 40 ccm flüssigen Eisessigs enthält — mit Eiswasser erst kühlen, wenn schon ein Teil HBr absorbiert ist! — dient am besten eine mit CaCla-Rohr gegen Feuchtigkeit geschützte Saugflasche. Eine sehr bequeme und billige Methode (aus käuflichem Tetralin und Brom) findet man bei J. H O Ü B E N , Meth. d. org. Chem. 3. Aufl. 3, S. 1156. Das Gas wird zweckmäßig mit Paraffinöl gewaschen.

379

XII, 5

Läßt man die Lösung über Nacht in einem Filterstutzen stehen, so scheidet sich das Milchfett an der Flüssigkeitsoberfläche ab und kann abgetrennt werden. Es wird auf der Nutsche scharf abgesaugt und das Filtrat mit der übrigen Caseinlösung vereinigt, aus der durch Zusatz von 10—20 ccm Eisessig das Casein abermals ausgefällt wird. Man filtriert wieder auf Leinen, wäscht mit Wasser gut aus und trocknet im Exsiccator. Ausbeute 50—60 g. (Für die Hydrolyse ist es nicht erforderlich, das Casein zu trocknen.) M i l c h z u c k e r . Die Molke wird auf dem Gasherd stark eingeengt, wodurch das Albumin fast vollständig ausgeschieden wird. Man filtriert durch Leinen und dampft dann weiter ein, bis sich Milchzucker ausscheidet. Man saugt nach dem Erkalten die Rohkristallisation auf der Nutsche über Filtrierleinen ab und trocknet sie. Durch weiteres Eindampfen der Mutterlauge — jetzt auf dem Wasserbad — gewinnt man eine zweite Portion Milchzucker. Rohausbeute 70—75 g. Das Rohprodukt wird in möglichst wenig heißen Wassers (30—40 ccm) gelöst und die Lösung in der Hitze bis zur Trübung mit etwa 100 ccm Alkohol versetzt. Im Laufe von einigen Stunden bildet sich eine reichliche Kristallisation, deren Ausscheidung durch Reiben mit dem Glasstab angeregt und beschleunigt wird. Vor dem Absaugen läßt man über Nacht stehen und wäscht dann das Präparat mit Alkohol. Ausbeute 60—65 g. S ä u r e h y d r o l y s e des Caseins. 1 Das Casein wird mit der dreifachen Gewichtsmenge 25-proc. Schwefelsäure 16 Stunden in einem Kolben mit angeschliffenem Rückflußkühler zum Sieden erhitzt. Die dunkle Flüssigkeit befreit man mit einer heiß gesättigten Barytlösung von der Schwefelsäure und fällt einen kleinen Uberschuß von Ba" mit Kohlensäure aus. Der abgenutschte Niederschlag wird mit x/a Liter Wasser ausgekocht. Eine mit etwas Wasser erneut ausgekochte Probe des Bariumsulfatniederschlages soll mit MILLONS Reagens (siehe unten) keine Reaktion zeigen. Die Filtrate werden vereinigt und eingeengt, bis Kristalle sich auszuscheiden beginnen. Nach dem Erkalten filtriert man ab, dampft die Mutterlauge weiter ein, bis abermals 1

ABDERHALDEN,

Handbuch d. biolog. Arbeitsmethoden

I,

7

S.

19.

380 Kristallisation eintritt und wiederholt diese Operation noch zweioder dreimal, bis im Filtrat nur noch eine schwache Reaktion auf Tyrosin festzustellen ist. Die vereinigten Kristallisationen werden aus heißem Wasser unter Zusatz von Tierkohle wiederholt umkristallisiert Man erhält so eine kleine Menge 1 - T y r o s i n . Schmelzpunkt der reinen Verbindung 314—318°. Nebenbei werden L e u c i n und G l u t a m i n s ä u r e erhalten, über deren Reinigung man sich in der angeführten Literatur unterrichte. MXLLONS Reagens: 1 Teil Quecksilber wird zunächst in der Kulte, dann unter Erwärmen in 2 Teilen Salpetersäure (D. = 1 • 42) gelöst. Man verdünnt mit dem doppelten Volumen Wasser.

6. d-Galaktose aus Milchzucker.1

Schleimsäure.

Fyrrol.

In 250 ccm Wasser, dem man 3 ccm konzentrierter Schwefelsäure zugemischt hat, werden 100 g Milchzucker 2 Stunden lang am Rückflußkühler zum Sieden erhitzt. Zum Schluß kocht man noch einige Minuten mit Tierkohle und fällt, ohne zu filtrieren, die Schwefelsäure mit der berechneten Menge Bariumhydroxyd (Ba(OH)2 + 8H 2 0); das sind ungefähr 15 g, die man in heiß gesättigter wäßriger Lösung unter gutem Schütteln der Zuckerlösung in diese einfließen läßt. Die Reaktion darf nicht alkalisch werden. Wenn die Lösung von Schwefelsäure (und Barium) frei ist, wird sie abgesaugt und nach Zugabe von "3 ccm Eisessig im Vakuum bei 40—50° Badtemperatur auf 60 ccm eingeengt. Der entstehende Sirup wird noch warm mit 100 ccm Eisessig zur klaren Lösung vermischt, aus der nach dem Erkalten beim Reiben mit dem Glasstab oder nach dem Einimpfen einiger Galaktosekristalle dieser Zucker auskristallisiert. Man läßt der Kristallisation einen Tag lang Zeit, saugt auf einer Filterplatte scharf ab, wäscht mit wenig kalten Eisessigs, dann mit wenig kalten Methylalkohols und schließlich mit Äther. Ausbeute 20—25 g. Schmelzp. 165°. Die Reinheit der dargestellten Galaktose prüfe man durch Bestimmung der spezifischen Drehung im Polarisationsapparat Eine wäßrige Lösung, die in 10 ccm 1 g Substanz enthält, soll im dm-Rohr um + 8 - 1 5 ° drehen. Dann ist [ « ] » ' = + 8 1 - 5 ° . 1 M. HEIDELBEEQEE, Advanc. Laborat. Manual of Org. Chem. New York 1923, S. 76.

XII, 7

Octacetyl-cellobiose

381

Da die Galaktose M u t a r o t a t i o n zeigt, beschleunigt man durch Zufügen von einem Tropfen Ammoniak die Einstellung des Gleichgewichts. S c h l e i m s ä u r e . 1 25 g Galaktose werden mit 300 ccm Salpetersäure von der Dichte 1*15 auf dem Wasserbad bis auf etwa 50 ccm unter Umrühren eingedampft. Nach dem Erkalten wird die breiige Masse mit 50 ccm Wasser verrührt, einige Stunden stehen gelassen, abgesaugt und mit wenig Wasser nachgewaschen. Ausbeute 15—16 g. P y r r o l a u s s c h l e i m s a u r e m A m m o n i u m . 8 15g Schleimsäure werden in einer Schale mit 15 ccm 20-proc. Ammoniak übergössen und zur Trockne eingedampft. Man verrührt das schleimsaure Ammonium in einem Fraktionierkölbchen mit 20 ccm Glycerin und erhitzt das Gemisch. Bei 170° beginnt die Reaktion, zwischen 180—210° destilliert die Hauptmenge des Pyrrols über. (Erhöht man die Temperatur bis auf 300°, so wird noch etwas Pyrrol gewonnen.) Man nimmt mit wenig Äther auf, trocknet und fraktioniert. Siedepunkt des reinen Pyrrols 131°. Ausbeute 2—3 g. Die beim Kochen einer Probe mit Wasser entwickelten Dämpfe färben einen mit konz. Salzsäure getränkten Fichtenspan rot [nvoQÖi). 7. Octacetyl-cellobiose und Cellobiose. O c t a c e t y l - c e l l o b i o s e . 3 In ein auf etwa —10° gebrachtes Gemisch von 75 ccm Eisessig und 75 ccm Essigsäureanhydrid, dem 8 ccm konz. Schwefelsäure zugesetzt wurden, werden 20 g reiner Watte portionsweise unter gutem Durchmischen eingetragen, wobei die Innentemperatur + 1 0 ° nicht überschreiten soll (weithalsige Schliffflasche). Von Zeit zu Zeit wird mit einem Glasstab die allmählich flüssiger werdende Masse zerdrückt, bis nach einigen Stunden eine viskose Lösung entstanden ist. Die gut verschlossene Flasche wird in einen Thermostaten von 30 0 gestellt. Nach etwa 5 Tagen beginnt, unter gleichzeitiger Verfärbung der Lösung, die Abscheidung von Cellobioseacetat-Kristallen, die sich im Verlauf weiterer 5 Tage 1

TOLLENS U. KENT, A . 2 2 7 , 2 2 2

' SCHWANEBT, A

A.116, 2 7 1

OST, A . 3 9 8 ,

(1860);

(1885).

siehe auch KHOTINSKY, B.42,

3 3 2 ( 1 9 1 3 ) ; K . H E S S U. H . FRIESE, A . 4 6 6 ,

2506(1909). 4 9 (1927).

382

Organisch-präparativer

Teil

stark vermehren. Nach Einstellen des Ansatzes in den Eisschrank vervollständigt sich die Abscheidung im Verlauf weiterer 5 Tage. Dann wird der Flascheninhalt abgenutscht, mit wenig kalten Eisessigs bis zum farblosen Ablaufen nachgespült und gründlich mit Wasser gewaschen (Waschwasser nicht mit Mutterlauge vereinigen). Zur völligen Entfernung anhaftender Schwefelsäure bzw. Sulfoessigsäure wird die Kristallmasse mehrere Stunden in Wasser suspendiert und schließlich bei 70° getrocknet. Die Ausbeute an bereits recht reinem Cellobioseacetat beträgt durchschnittlich 11—12 g. Zum Umkristallisieren wird das Cellobioseacetat in der vierbis fünffachen Gewichtsmenge Chloroform gelöst, filtriert, und die Lösung mit dem dreifachen Volumen Methanol versetzt. Nach kurzem Aufkochen kristallisiert das Cellobioseacetat beim Abkühlen in schönen Nadeln aus. Schmelzp. 220—222 spez. Drehwert + 42 0 (Chloroform). Durch Aufarbeitung der Mutterlauge läßt sich die Ausbeute erhöhen. Cellobiose. 1 10g der Acetylverbindung werden in 20ccm Chloroform gelöst und im Kältegemisch stark abgekühlt. Unter dauernder Kühlung und kräftigem Schütteln fügt man dazu die Lösung von 0.5 g Natrium in 25 ccm absoluten Methylalkohols, die zuvor ebenfalls stark gekühlt worden ist. Zunächst tritt klare Lösung ein, aber sehr bald kommt eine gelatinöse NatriummethylatAdditionsverbindung zur Abscheidung, die man nach 5 Minuten durch Zutropfen von Eiswasser zersetzt. Das Reaktionsgemisch wird nun in einen kleinen Scheidetrichter gebracht und von der Chloroformschicht werden rasch 1—2 ccm auf einem großen Uhrglas verdampft, auf dem nur ein geringer Rückstand hinterbleiben soll, ein Zeichen, daß die Verseifung geglückt ist. Nach dem Ablassen des Chloroforms wird die wäßrige Lösung mit Essigsäure neutralisiert und hierauf im Vakuum bis zur Sirupdicke eingedampft, wobei das Bisaccharid schon teilweise auskristallisiert. Durch Verrühren des Sirups mit 25 ccm absoluten Alkohols wird es in farbloser Kristallisation zur Ausscheidung gebracht Man läßt über Nacht stehen, saugt dann ab, wäscht mit wenig absolutem Alkohol und trocknet im Vakuumexsiccator. Ausbeute 3—4 g. 1

G. ZEMPIN, Ber. 5 9 , 1258 (1926).

Kohlehydrate

XII

383

E i n i g e E r l ä u t e r u n g e n ü b e r K o h l e h y d r a t e (zu 2—7). Es sind 2 Hydrolysen von Disacchariden durchgeführt und jeweils ist der leichter kristallisierende Zucker — im Fall des Rohrzuckers d - G l u c o s e , im Fall des Milchzuckers d - G a l a k t o s e — isoliert worden. Biologisch wird die Lösung der Sauerstoff brücke, die Spaltung der Biosen, durch Enzyme von spezifischer Einstellung (Invertin, Lactase) katalytisch beschleunigt. Die universellere Säurokatalyso verlauft als monomolekulare Reaktion und mit einer der H-Ionenkonzentration proportionalen Geschwindigkeit. Die hochpolymere Cellulose ist durch „Acetolyse" zu ihrer achtfach acetyHerten Biose, der C e l l o b i o s e abgebaut worden (FBANCHIMONT, SKKAUP, OST). Die Biosen gehören der wichtigen Gruppe der G l u c o s i d e an. Die Isomerie von a - und /9-Glucose ist auf die räumlich verschiedene Gruppierung von H und OH an dem auf Grund der cyclischen „Lactol"-formel (TOLLENS) asymmetrischen Kohlenstoffatom 1 zurückzuführen. Die „Mutarotation" der Zucker, d. h. die nicht sofortige Erreichung des stationären Endwerts der optischen Drehung, erklärt sich daraus, daß sich in Lösung ein Gleichgewicht zwischen den verschiedenen isomeren Formen einstellt, das mehr oder weniger rasch zustande kommt. Da a-Glucose die Leitfähigkeit einer Borsäurelösung stärker erhöht als die ß- Verbindung 1 , nimmt man an, daß die OH-Gruppe an Cj sich zu der an Ca in cts-Stellung befindet, wie dies in den nachfolgenden Formeln dargestellt ist. Das bekannteste Beispiel f ü r einen derartigen sauren komplexen Borsäureester findet sich beim G l y c e r i n , in dessen Gegenwart man bekanntlich die an sich sehr schwache Borsäure titrieren kann. Die komplexe Säure hat nach BÖESEKEN nachstehende Konstitution: HaC—O 0—CH, HC-Q/ \O-CH H . I I CHjOH CH,OH Neuerdings leitet man die Aldohexosen von einem dem Pyron nahestehenden Ring ab, in dem die O-Brücke zwischen Cj und C6 geschlagen ist (HAWORTH) und bezeichnet sie zweckmäßig als P y r a n o s e n . Die labilen y- oder Ä-Zucker faßt man, mit der Brücke zwischen Cj und C 4 im Sinne der alten ToLLENSSchen Formel als strukturisomer auf ( „ F u r a n o s e n " ) . Sie hält man f ü r die im Stoffwechsel der Zelle (Gärung, oxydati ver Zuckerabbau) auftretenden Formen. Eine entsprechende Vorstellung macht man sich von dem Aufbau der Fructose [vgl. dazu W . N. H A W O B T H , Helv. Chim. acta X I , 5 3 4 ( 1 9 2 8 ) ] . 1

BÖESEKEN, B e r . 4 6 , 2 6 1 2 ( 1 9 1 3 ) ; R e e . 4 0 , 3 5 4 (1921).

Ü b e r die Ver-

größerung der Ionisationsfähigkeit schwacher Elektrolyte durch Komplexbildung unterrichte man sich auch bei H. MEEBWEIN, A. 4 5 5 , 227 (1927); 476,

113 (1929).

384 [HO] H

OH

HCOH

I HOCH

O

H¿OH Í

HO

VI

C-

H¿OH

H¿OH

HO¿H

I

ad-

Olucose

Besonders Schreibweise:

i

I 0

HOCH

HOCH

I

Ó

HA-

HCOH

I

I

¿H,OH

H¿OH H CI O H —CH,

HCOH ¿H,OH a- u . ß-h-

ß-d-Glucose

übersichtlich

CH.OH COH

I

O

HC CH2OH

[H] OH

H

werden OH

die

Olucose

Formeln

d-Fructose

nach

folgender

OH

*Jr-É\ C / \ O H HO

0

\¿—y

Tí "

H /

1

CH.OII

a-d-Olucose

Gemäß den beiden strukturisomeren Formen der Glucose und anderer Monosen existieren auch 2 Arten von Glucosiden, denen je 2 stereoisomere Formen angehören. Von Äthylglucosid sind alle 4 Vertreter bekannt. Die a-Glucoside werden durch die Hydrolasen der H e f e (Invertin, Maltase), die ß-Glucoside durch das Enzym der bitteren Mandeln, das E m u l s i n , besonders leicht gespalten. Demgemäß gehören die biologisch wichtigen Biosen, wie Saccharose, Maltose, der «-Reihe an, Lactose dagegen gehört der ß-Beihe an, ebenso ist die Biose des Amygdalins als eine /3-Glucosido-/9-glucose, nämlich als Gentiobiose erkannt worden ( R . KUHN, HAWOETH, HUDSON). Die Synthese dieses Zuckers ist jüngst HELFEBICH geglückt. Die K o n s t i t u t i o n s e r f o r s c h u n g der Biosen wurde im letzten Jahrzehnt, hauptsächlich durch englische Chemiker (IBVINE, HAWOBTH U. a.), erheblich gefördert. Das Prinzip der Methode besteht darin, daß man die freien OH-Gruppen der Biose durch Methylierung festlegte, dann die achtfach methylierte Molekel an der Glucosidbrücke spaltete und die Struktur der methylierten Monosen bestimmte. Die zurzeit geltenden Formeln der wichtigsten Biosen sind nachstehend wiedergegeben.

Kohlehydrate

XII

385 HC^-

H C — HCOH HOCH

O

HOCH

I

HCOH

I

HC-

- C H(OH Maltose

CH,OH

Saccharose

CH,OH

Lactose

H

OH

Die C e l l o b i o s e unterscheidet sich nach HAWOBTH von der Maltose nur durch die ß-glucosidische Konfiguration. Lactose und Cellobiose zeigen identischen Aufbau und unterscheiden sich nur in den MonoseKomponenten. G e n t i o b i o s e ist eine /3-Biose; die gemeinsame O-Brücke greift aber in C6 ein. Aus den Formeln geht gleichzeitig die Konfiguration der beteiligten Monosen hervor. Auf die grundsätzlichen Unterlagen für die räumliche Isomerie der einfachen Zucker, auf ihren theoretischen und experimentellen Ausbau durch EMIL FISCHER, kann hier nicht näher eingegangen werden. Wer mit diesen Dingen noch nicht vertraut ist, hole schleunigst das Versäumte unter nachdrücklicher Benutzung der Kohlenstoffmodelle nach. Von den Biosen üben diejenigen Reduktionswirkung (gegenüber FEHLING scher Lösung) aus, bei denen die aldehydische (cyclo-acetalisierte) Carbonylgruppe frei ist.

Versuch. Man koche je eine Probe von Saccharose und Milchzucker mit F E H L I N G scher Lösung. Über Osazonbildung der einfachen Zucker siehe S. 287. Die Osazone von d-Glucose, d-Fructose, d-Mannose sind identisch. Die Ergebnisse der S y n t h e s e n von Biosen mehren sich; von natürlichen Biosen ist die G e n t i o b i o s e (siehe oben) aus d-Glucose mit Emulsin synthetisch erhalten worden (BOUBQUELOT). Aufbau25 GATTXKUAHV, Praxis. 23. Auflage.

386

Organisch-präparativer Teil

versuche mit den Bromacetylzuckern, die allgemein bei Einwirkung von Acetylbromid auf Zucker entstehen, greifen nicht an der gewünschten OH-Gruppe der zweiten Molekel ein. In allerletzter Zeit hat A. PICTET die Synthese von Milchzucker beschrieben. Auch HELFBRICH hat sich auf dem Gebiet der Synthese erfolgreich betätigt. Von anderen neueren Arbeiten aus der Zuckerchemie sei erwähnt die präparative Gewinnung des Anhydrozuckers L ä v o g l u c o s a n C6H10O5 bei der raschen Destillation von Stärke oder Cellulose im Vakuum (PICTET); dieser interessanten Verbindung kommt vielleicht die nachstehende Konstitution I zu. H

I

/

0

/

/HioH I

HlAo CO'COCH, H.COCOCH

HOCH

II

\

HCOCOCH,

HCOH

I

HO H.CO-CO.CH,

HC-

I!

0

HC

HC¿H, OH

/CH— 1 \ C H

HoiH

O

H.Ac COH

*

I

HK.

HOCH

Ö

I

\HC

III

Br

0-

CH

0

IV HCOH

h A _ I

CH,0H

Die danebenstehende Formel II gehört der a - A c e t o b r o m g l u c o s e (Tetracetyl-a brom-d-glucose) an, die auch aus Stärke (BERGMANN) und Cellulose (KABBEB, HESS) mit Acetylbromid hervorgeht. Beim Kochen mit 50-proc. Essigsäure und Zinkstaub wird das Brom in 1 durch Wasserstoff ersetzt und gleichzeitig unter Abspaltung von Essigsäure zwischen 1 und 2 eine Doppelbindung gelegt. Durch hydrolytische Abspaltung der drei übrigen Acetylgruppen entsteht die SubBtanz III, das G l u c a l C 6 H J O 0 4 (E. FISCHEB, BERGMANN). Bei Einwirkung von Benzopersäure nach PBILESCHAJEW (S. 105) wird der Anhydrozucker IV gebildet, dessen 1,2-Brücke durch Wasser sehr leicht zum Glykol geöffnet wird. Es entsteht in der Hauptsache Mannose (BERGMANN). Welches sind die Produkte der Oxydation und Reduktion der Monosaccharide? Die S c h l e i m s ä u r e , die präparativ aus d-Galaktose bereitet worden ist, ist ebenso wie der Hexit dieser Monose, der D u l c i t , o p t i s c h i n a k t i v und nicht s p a l t b a r . Wie die Formel

XII, 8

Verzuckerung von Stärke und alkoholische Gärung

387

zeigt, werden bei Gleichheit von 1 und 6 die 4 asymm. C-Atome der Galaktose zu zwei Paaren (2, 5 und 3, 4) von gleicher Substitution, aber entgegengesetzter Anordnung, so daß, wie in der Mesoweinsäure, durch intramolekularen Ausgleich inaktive Formen entstehen. 'COOH

HCOH

IlioH

CH,OH

¿¿OH

HIOH

1

1

HO(T/H

H O C| H

HOCH I

HodiH

HOCH

HOCH

1 HCOH 1

H U CH,OH

1 1

HCOH

COOH

CH.OH

Dulcit d-Galaktose Schleimsäure Ebenso wie dies für die Pentosen auf S. 3 7 8 ausgeführt wurde, geht Schleimsäure unter Verlust von 3 Mol. Wasser in F uranderivate über und zwar bildet sich mit konz. Salzsäure F u r a n - « , « ' - d i c a r b o n s ä u r e , bei der trockenen Destillation Furan-a-carbonsäure oder B r e n z s c h l e i m s ä u r e . HOCH-

nooc u ioii

HCOH

HO ¿

H COOH

CH—CH HOOC• i

1

CH—CH

->l!

C-COOH

CH

V

II

C COOH

O Nimmt man die pyrogene Zersetzung der Schleimsäure, wie dies oben geschehen ist, bei Gegenwart von NH3 vor, so wird die O-Brücke im Furanring durch NH ersetzt — eine allgemeine Reaktion O-haltiger Heteroringe — und man kommt zum P y r r o l , der wichtigen Grundsubstanz, aus der sich Chlorophyll und Blutfarbstoff aufbauen (siehe darüber S. 394). Über Cellulose und Stärke geben die inhaltsreichen Monographien von KUBT HESS, Die Chemie der Zellulose, Leipzig 1 9 2 8 und H . PBINGSITEIM, Die P o l y s a c c h a r i d e , Berlin 1923, Auskunft, über die einfachen Zucker das Werk „Zuckerchemie" desselben Autors. Leipzig 1925. Siehe auch P. KARRER, Polymere Kohlenhydrate, Leipzig 1925. 8. Verzuckerung von Stärke und alkoholische Gärung. V e r z u c k e r u n g : 100 g Kartoffelstärke 1 rührt man mit Wasser zu einem dünnen Brei an, den man langsam in 1500 ccm siedenden Wassers, das sich in einem Emailtopf von 2,5 Ltr. Inhalt befindet, einfließen läßt. Dabei muß kräftig mit einem hölzernen Eochlöffel gerührt werden. Zu dem homogenen, dicken glasigen Kleister, 1

Will man von Kartoffeln (500 g) ausgehen, so müssen sie im Dampftopf bei 2—3 Atm. aufgeschlossen werden, da Bich durch einfaches Weichkochen die für eine vollständige Verzuckerung notwendige Verkleisterung nicht erreichen läßt. 25*

388

Organisch-präparativer Teil

den man so erhält, fügt man nach dem Abkühlen auf 4 0 ° ein Drittel des filtrierten Auszugs, den man durch 1-stündige Digestion von 15 g zerschroteten Darrmalzes mit 100 ccm Wasser bei 35—40° vorher frisch bereitet hat. Die Verzuckerung wird durch Rühren beschleunigt und soll bei etwa 40° vorgenommen werden. Nach etwa 1 Stunde ist sie beendet. Ihr Fortschreiten wird dadurch verfolgt, daß Stunde nach Zugabe des Malzauszuges 5 ccm Lösung entnommen werden, in denen nach WILLSTÄTTEK-SCHUDEL 1 die gebildete Maltosemenge bestimmt wird. Diese Bestimmung wird nach weiteren 30 Minuten wiederholt. A u s f ü h r u n g d e r Z u c k e r b e s t i m m u n g : Die entnommene Probe von 5 ccm verdünnt man in einem Meßkölbchen auf 25 ccm und läßt von dieser verdünnten Lösung 10 ccm in 25 ccm D / 10 -Jodlösung einfließen. Dann setzt man 40 ccm n / 10 -alkoholfreie Natronlauge hinzu und läßt 20 Minuten stehen. Nach schwachem Ansäuern mit verdünnter Schwefelsäure wird mit n /, 0 -Natriumthiosulfat zurücktitriert. 1 Ä q u i valent Jod entspricht 1/a Mol. reduzierender Biose, oder 1 ccm n / 10 Jodlösung 17*1 mg Maltose. Vorgang?

Ist der Jodverbrauch bei einer nochmaligen Analyse konstant gefunden, und die Jodreaktion (Probe) negativ geworden, so ist die Verzuckerung beendet. Erfahrungsgemäß betragt sie 75—80 Proc. der eingesetzten Stärke. Der Rest der Stärke wird nur zu Dextrinen abgebaut, die im Verlauf der nachfolgenden Gärung auch verzuckert werden. Nach dem Ergebnis der abschließenden Maltosetitration wird der Gehalt der Maische berechnet, deren Volumen man in einem Meßzylinder bestimmt. 10 ccm sind für die CO s -Bestimmung zurückzuhalten (vgl. S. 389). V e r g ä r u n g : Sodann wird die Lösung in einem 3-Liter-Rundkolben zur Vergärung angesetzt. Zu dem Zwecke werden 10 g mit Wasser angeteigter Bäckereihefe in die Maische eingetragen, in der man vorher 3 g primären Ammoniumphosphats gelöst hat. Dem Kolben wird ein kleines, mit wenig Wasser beschicktes Zweikugelrohr (Gäraufsatz) aufgesetzt, von Zeit zu Zeit wird gut durchgeschüttelt; nachdem die Gärung in Gang gekommen ist, läßt man den Prozeß innerhalb von 2 — 3 Tagen bei warmer Baumtemperatur zu Ende gehen; das Wasser im Gäraufsatz wird jetzt nicht oder kaum mehr bewegt. Nun wird der Alkohol unter Verwendung eines gut wirkenden Destillieraufsatzes (Raschig-Ringe) 1

B. 61, 780 (1918).

XII, 8

Verzuckerung von Stärke und alkoholische Gärung

389

am absteigenden Kühler mit Vorstoß in eine Saugflasche abdestilliert, wobei man knapp die Hälfte der Gesamtmenge übergehen läßt. Dieses Verfahren wird unter Verwendung eines kleineren Kolbens noch zweimal wiederholt, bis das Destillat etwa 200 ccm beträgt. Mit einem Aräometer bestimmt man darin den Alkoholgehalt aus dem spez. Gewicht bei 15°. 10 volumproc.-Alkohol hat bei 15° das spez. Gewicht 0*9857, 30proc. 0-9646. Zwischen diesen beiden Gehalten nimmt die Dichte für je 1 Volumprocent beinahe linear um 0-0010 ab, so daß man aus der festgestellten Dichte ohne Tabelle die Konzentration des gewonnenen Alkohols berechnen kann. In den etwa 200 ccm des wäßrig-alkoholischen Destillats werden ungefähr 70 ccm oder 56 g Alkohol ermittelt. Die Ausbeute an Alkohol kommt der theoretischen nahe und soll ungefähr 20 Proc. mehr betragen, als sich aus der oben ausgeführten Maltosebestimmung errechnet, da diese ja den durch die „diastatische Nachwirkung" während der Gärung noch entstehenden Zucker nicht erfaßt. Man stelle die Bilanz des Gesamtvorganges auf unter Berücksichtigung des gebildeten C0 2 in Litern. Um den Alkohol in reiner Form zu gewinnen, wird das letzte Destillat aus einem Tropftrichter auf 700 g gebrannten Kalk, der sich in einem mit absteigendem Kühler versehenen Destillierkolben befindet, aufgetropft und der Alkohol aus einem Ölbad abdcstilliert. C O a - B e s t i m m u n g : 10 ccm der Maische werden im Meßkolben auf 25 ccm verdünnt Davon werden 10 ccm in einen kleinen Fraktionierkolben einpipettiert, der mit einem Azotometer direkt verbunden ist. Zu der Lösung fügt man etwa 0>2 g in wenig Wasser aufgeschlämmter Hefe. Von oben her wird nun durch ein nicht in die Flüssigkeit eintauchendes Rohr sofort CO, zur Verdrängung der Luft eingeleitet. Dann schließt man das Einleitungsrohr durch einen Glasoder Quetschhahn ab, füllt das Azotometerrohr mit C0 2 -gesättigtem Wasser und läßt die Gärung vor sich gehen so lange, bis das Volumen des entwickelten Kohlendioxyds nicht mehr zunimmt. Man reduziert schließlich die abgelesene Menge auf 0 ° und 760 mm und vergleiche den Befund mit der Ausbeute an Alkohol und mit dem Ergebnis der Maltosebestimmung, unter Berücksichtigung der Nachverzuckerung.

Der chemische Verlauf der alkoholischen Gärung, der schon seit mehr als einem Jahrhundert den Gegenstand der Forschung bildet, ist hauptsächlich durch die schönen Arbeiten von C. NEUBEKO aufgeklärt

390

Organisch-präparativer Teil

worden. Daß der Enzymkomplex der Hefe, die Zymase, von der lebenden Zelle abgetrennt werden kann, hat E . BÜCHNER dargetan. In kurzer Zusammenfassung stellt sich der Vorgang als das Ergebnis mehrerer aneinander gereihter Hydrierungs-Dehydrierungs-Reaktionen nach dem Vorbild der CANNIZZARO sehen Reaktion (S. 2 1 2 ) wie folgt dar: Die d-Glucose zerfällt in Gestalt eines Phosphorsäure-esters zuerst in 2 Molekeln Methylglyoxal. CGHJJOG

V

2CH,.CO-CHO+2HSO.

Durch „Dismutierung" geht dieser Aldehyd hälftig in B r e n z t r a u b e n s ä u r e und in Oxyaceton über. Dieses wird in Glycerin umgelagert. Unter der Wirkung des Enzyms Carboxylase bilden sich aus Brenztraubensäure A c e t a l d e h y d und C02. Sobald Acetaldehyd entstanden ist, tritt er in enzymatische Wechselwirkung zum Methylglyoxal, das wiederum zur Säure dehydriert wird, während der Aldehyd in Äthylalkohol übergeht. CHS • CO • CH(OH), + CHS • C = 0 H

>- C H 3 • C O • C O O H + C H Ä • C H A O H .

Bei der Verbrennung von d-Glucose im Muskel wird das auch hier primär gebildete Methylglyoxal durch eine innermolekulare CANH i z z A B O S c h e Wasserstoffverschiebung — ihr entspricht die BenzilsäureUmlagerung — in Milchsäure umgelagert. >" H 3 C • C H O H • C O O H .

Die Milchsäure wird nur zum kleinen Teil direkt verbrannt, von 6 Molekeln werden etwa 5 auf vorläufig unbekanntem Weg wieder zur Synthese von d-Glucose verwendet (0. M E T E R H O F ) . Näheres über Enzyme findet man in: O P P E N D E I M E R U. K U I I N , Lehrbuch der Enzyme, Leipzig 1927. 9. d-Arginin-chlorhydrat aus Gelatine.1 d-Arginin-flavianat. 100 g Gelatine werden in einem '/j-Literkolben mit 100 ccm 36-proc. Salzsäure (D. = 1,19) 8—10 Stunden am Rückflußkühler kräftig gekocht. Nach dem Erkalten wird mit Wasser auf etwa 1/a Liter verdünnt, mit 5 ccm Eisessig versetzt und mit 33-proc. NaOH bis zum Verschwinden der sauren Reaktion gegen Kongo abgestumpft; dann fügt man noch weitere 6 ccm Eisessig zu der Lösung. Man filtriert, wenn nötig und ver1

KOSSEI U. GKOSS, H . 1 3 5 , 1 6 7 ( 1 9 2 4 ) ; FELIX U. DIRK, H . 1 7 0 , 3 8 (1928).

XII, 9

d-Arginin-chlorhydrat

aus

Gelatine

391

setzt das Filtrat mit der heißen Lösung von 20 g Flaviansäure (Naphtholgelb S, siehe S. 188) in 100 ccm Wasser. Nach V*—V»Stdbeginnt sich das Flavianat abzuscheiden. Man läßt 1—2 Tage stehen, saugt scharf ab, verreibt den Niederschlag zur Entfernung mitgefallener Flaviansäure zweimal mit je 500 ccm kalten Wassers und saugt jedesmal scharf ab. Ausbeute 18—22 g. d-Argininflavianat schwärzt sich oberhalb 200° und zersetzt sich bei 275°. d - A r g i n i n - m o n o c h l o r h y d r a t : Das Flavianat wird in einer großen Reibschale in 100 ccm heißen Wassers suspendiert und mit einer Lösung von 40 g Ätzbaryt in der nötigen Menge heißen Wassers g u t verrieben und heiß abgesaugt. Der Niederschlag von Barium-flavianat wird mit 200 ccm heißen Wassers, das weitere 8 g Baryt enthält, nochmals heiß verrieben und abgesaugt In die vereinigten Filtrate wird sofort ein lebhafter Strom Kohlensäure eingeleitet, bis die Reaktion schwach sauer ist; dann saugt man vom Bariumcarbonat ab, wäscht den Niederschlag mit Wasser gut aus, engt das Filtrat auf dem Wasserbad auf 100—150 ccm ein, filtriert von ausgefallenem Bariumcarbonat und versetzt mit konzentrierter Salzsäure bis zur kongosauren Reaktion (3—4 ccm). Nach kurzer Zeit fällt beim Reiben aus der kalten Lösung noch etwas Flaviansäure aus, von der man abfiltriert Das Filtrat wird durch kurzes Aufkochen mit Tierkohle entfärbt, nach abermaliger Filtration wird die nahezu farblose Lösung mit Ammoniak schwach alkalisch gemacht und zur Trockne eingeengt Es bleibt ein Gemisch von Arginin-chlorbydrat und Ammoniumchlorid, welches in möglichst wenig heißem Wasser gelöst wird. Man versetzt diese heiße Lösung so lange mit heißem 96-proc. Alkohol, bis deutliche Trübung auftritt und läßt erkalten. Das Argininhydrochlorid fällt in dru8enförmig angeordneten Prismen fast quantitativ aus und wird nochmals in gleicher Weise umkristallisiert. Ausbeute 7—8 g. d-Arginin-monochlorhydrat sintert bei 218° und zersetzt sich bei 235° unter starkem Aufschäumen. Die Flaviansäure kann aus ihrem schwer löslichen Bariumsalz wiedergewonnen werden, indem man dieses mit einem kleinen Überschuß 20-proc. Schwefelsaure in der Hitze zersetzt, heiß absaugt und die freie Sulfonsäure unter Zusatz von etwas konz. Salzsäure aus dem klaren Filtrat auskristallisieren läßt. Auch eine von BERGMANN 1 angegebene Methode zur Darstellung von Arginin sei hier empfohlen. 1

H. 162, 293 (1926).

Organisch-präparativer

Teil

10. Coffein ans Tee. Man extrahiert im vereinfachten Apparat (Abb. 29 auf S. 36) 100 g feingepulverten Tee oder Teestaub 8 Stunden lang mit 400 ccm Alkohol. Der alkoholische Auszug wird dann zu einer Aufschlämmung von 50 g Magnesiumoxyd in 300 ccm Wasser gefügt und in einer Porzellanschale unter häufigem Umrühren auf dem Dampfbade zur Trockne eingedampft. Der pulvrige Rückstand wird einmal mit 500 ccm, dann noch dreimal mit je 250 ccm Wasser ausgekocht und heiß abgesaugt. Die vereinigten wäßrigen Auszüge werden nach Zugabe von 50 ccm verdünnter Schwefelsäure auf etwa ein Drittel eingedampft, wenn nötig noch heiß von einem sich zuweilen bildenden flockigen Niederschlag abfiltriert und dann fünfmal mit je 30 ccm Chloroform ausgeschüttelt. Die hellgelbe Chloroformlösung wird zur Entfärbung mit einigen ccm verdünnter Natronlauge, dann mit ebensoviel Wasser geschüttelt und eingedampft. Das zurückbleibende Roh-Coffein wird aus wenig heißem Wasser umkristallisiert. Ausbeute 2—2-5 g. Weiße, biegsame, seidenglänzende Nadeln mit einem Mol. Kristallwasser. In ähnlicher Weise läßt sich aus Kakaopulver, das vorher mit Äther oder Petroläther im Extraktor entfettet werden muß, T h e o b r o m i n isolieren. Man stelle nach der Vorschrift von H. B I L T Z 1 durch dessen Methylierung Coffein dar. 11. Nicotin ans Tabakslange.2 300 ccm käuflicher Tabakslauge vom spez. Gew. 1-8, die man auch durch Eindampfen einer in jeder Zigarrenfabrik erhältlichen schwach angesäuerten verdünnten Lauge erhält, werden mit konz. Natronlauge stark alkalisch gemacht. In die heiße Lösung leitet man Wasserdampf und treibt die freien Nicotinbasen über. Man destilliert etwa 1 1 / 2 Liter ab, säuert das Destillat bis zur schwach kongosauren Reaktion mit fester Oxalsäure, die man abwägt, an und dampft die saure Lösung bis zum Sirup ein. Beim Erkalten scheidet sich durch etwas Ammonium-Oxalat verunreinigtes Nicotino x a l a t aus. Der abgesaugte Kristallbrei wird im Scheidetrichter mit etwas mehr Kalilauge 1:1, als der verwandten Oxalsäure 1

A . 4 1 3 , 190 (1917). D i e E e a k t i o n i s t zuerst v o n A . STBECKEB (A. 1 1 8 , 170 [ 1 8 6 1 J d u r c h g e f ü h r t w o r d e n . • LAIBLIN, A . 1 9 6 , 130 (1879).

XII, 12

Hämin aus Rinderblut

393

entspricht, übergössen. Beim Stehen scheidet sich nach Erwärmung die rohe Nicotinbase als braunes, oben schwimmendes Öl ab, das dem erkalteten Gemisch durch wiederholtes Ausäthern entzogen wird. Die eingeengte Ätherlösung wird mit einigen Stücken festen Ätzkalis getrocknet, dann wird der Äther abdestilliert. Den Rückstand unterwirft man aus einem kleinen Ciaisenkolben der fraktionierten Vakuumdestillation. D a Gummistopfen von Nicotin angegriffen werden, benützt man statt ihrer dichte Korke. Durch wiederholte Destillation des höher siedenden Anteils erhält man die reine Base als farblose Flüssigkeit vom Siedepunkt 114°/10mm, 120°/14 mm. Nicotin siedet auch unter Atmosphärendruck unzersetzt und zwar bei 240 Die Ausbeute schwankt zwischen 4 und 6 g. An der Luft bräunt sich das Präparat sehr bald, man muß es in einem Glasrohr eingeschmolzen aufbewahren. Man stelle aus einer P r o b e das D i j o d m e t h y l a t her, indem man die Base, in wenig Methylalkohol gelöst, m i t etwa der 3 fachen Menge Methyljodid erwärmt. Umkristallisieren aus wenig Methylalkohol. Oxydation m i t Permanganat zu Nicotinsüure. Z u r Isolierung der meisten Alkaloide aus pflanzlichen E x t r a k t e n dienen ihre schwerlöslichen Salze m i t komplexen Säuren wie H e x a chloroplatinsäure, Tetrachlorogoldsäure, Phosphorwolframsäure, F e r r o c y a n Wasserstoff, R e i n e c k e - S ä u r e u. a. Auch Perchlorsäure, Pikrinsäure, Flaviansäuro, Sublimat, JodJ o d k a l i u m finden Verwendung. Synthesen des Nicotins (PICTET, KABREK). W a s ist Tropin UDD welche Alkaloide leiten sich von ihm a b ?

12. Hämin aus Rinderblut. 1 In einem Rundkolben von 4 Liter Inhalt werden 3 Liter Eisessig, denen man 5 ccm gesättigter Kochsalzlösung zugefügt hat, auf dem Sandbad oder Babotrichter auf 1 0 0 ° erwärmt. Aus einem Tropftrichter läßt man in dünnem Strahl unter häufigem Umschwenken des Kolbens einen Liter defibrinierten und durch ein Koliertuch filtrierten Blutes im Verlauf von 2 0 — 3 0 Minuten in das heiße Lösungsmittel einfließen, ohne dabei das Erhitzen zu unterbrechen. Das Abflußrohr des Tropftrichters endet unter1

V e r f a h r e n v o n SCHALFEJEW.

Näheres

b e i NENCKI U. ZALESKI, H . SO,

890 (1900) WILLSTÄTTER u. STOLL, Untersuchungen über Chlorophyll, Berlin 1913, S. 399.

894 halb des Kolbenhalses, die Berührung der Kolbenwand durch das einfließende Blut ist zu vermeiden; die Temperatur soll nicht unter 90° sinken. Nach dem Einlaufen des Blutes hält man die Flüssigkeit noch eine Viertelstunde lang in gelindem Sieden; die Hauptmenge des Hämins hat sich in glitzernden Kristallen ausgeschieden. Man läßt auf 40—50° erkalten1, saugt bei dieser Temperatur das Hämin ab und wäscht es mit 50-proc. Essigsäure, Wasser, Alkohol und Äther. Dunkle Kristalle von starkem Oberflächenglanz und großer Reinheit Ausbeute 3-5—4 g. Im Blutfarbstoff, dem Hämoglobin, ist die Farbstoffkomponente, die oben präparativ als Hämin abgespalten wurde, mit einer komplizierten Eiweißkomponente, dem Globin, gepaart. Das Hämin, das in Gestalt der sog. T E I C H M A N N sehen Kristalle zum mikroskopischen Blutnacbweis dient, bat nach H A N S F I S C H E B die Zusammensetzung °8I

H

S2°4

N

*

F E C 1

-

Von ihm aus sind die grundlegenden Abbaureaktionen ausgeführt worden, die zwar noch nicht zur völligen Aufklärung, aber doch zu einem tiefen Einblick in die Konstitution der wichtigen Substanz geführt haben ( N E N C K I , K Ü S T E H , P I L O T Y , W I L L S T Ä T T E B , H.

FISCHEB).

Auf reduktivem Weg, mit Jodwasserstoff, ergibt das Hämin ein Gemisch von s u b s t i t u i e r t e n P y r r o l e n und P y r r o l c a r b o n säuren, nämlich: H3C • C—C • C,H6 H,C • C— C * C,H5 H , C C — C - C , H J \ /

¿H

NH

H&mopyrrol

H!) Ä.CH, \ / NH Kryptopyrrol

HaC • C—C • C,H6 1 11 1CH HC , \ / NH

h

l •CH,

NH Phyllopyrrol

H 3 CC—C • CH, • CH, H.C-l AH \ / NH

6 0 0 H

'

3,4-Methyläthylpyrrol

Hämopyrrolcarbonsfture

HaC.C—C • CH, • CH, HJ ¿.CHsc°oh' \ / NH Kryptopyrrolcarbonsäure

H,C«C—C-CH,.CH, H.ci i.CH 3 0 0 0 1 1 ' \ / NH Phyllopyrrolcarbonsfiure

1

Nach H. FISCHEB, Handbuch der Biochemie von Bd. I, S. 357 (1923).

C . OPPEN HEIKEB,

Hämin aus Rinderblut

395

Alle diese Abbauprodukte sind, zumeist von H . F I S C H E S , auch synthetisch gewonnen worden. Durch O x y d a t i o n ergibt das Hämin Derivate des M a l e i n i m i d s (W. KÜSTER), entsprechend der Tatsache, daß Pyrrol selbst zu dieser Substanz oxydiert werden kann. CH—CH II H OH

CH=CH I I CO CO .

NH

NH

Î

So entspricht das Methyläthylmaleinimid (I) den Pyrrolen, die sog. H ä m a t i n s ä u r e (II) den oben formulierten Carbonsäuren: H,C • C = C • CSII6 I oi CO ,

II

H3C • C = = C • CH, • CH, • COOH I I

oc

NH Die hydrierende Spaltung trennt, wie wir sehen werden, C—CBindungen aus substituierter a-Stellung und legt so die einzelnen Pyrrolbausteine frei. In sehr naher Beziehung zum Hämin stehen die von Eisen befreiten Farbstoffe der Gruppe, die sog. P o r p h y r i n e , in die wieder Eisen komplex eingeführt werden kann; ihnen entsprechen in der Chlorophyllreihe gleichartige Farbstoffe. Insbesondere zwei natürliche Porphyrine, das U r o p o r p h y r i n C 40 H 38 O ia N 4 und das K o p r o p o r p h y r i n C 30 H 3g O 8 N 4 — sie wurden zuerst von H A K S F I S C H E B aus Harn und Kot eines Porphyrinkranken isoliert, treten aber auch im normalen Stoffwechsel in Spuren auf — sind für die Konstitutionsfrage von großer Wichtigkeit geworden. Uroporphyrin ist eine Okta-, Koproporphyrin eine Tetra-carbonsäure. Durch thermische Decarboxylierung werden beide Porphyrine in das sauerstofffreio Ä t i o p o r p h y r i n C 32 H 38 N 4 umgewandelt, eine Substanz, die W I L L S T Ä T T E B vom Hämin aus erhalten hatte. Die frühere Auffassung, daß ein analoges Abbauprodukt der Porphyrine des Chlorophylls mit diesem Ätioporphyrin identisch sei, hat sich nicht bestätigt (H. F I S C H E B ) . Jedoch besteht nahe Verwandtschaft. Durch die glänzenden Synthesen von Ätioporphyrin, Koproporphyrin, Meso- und Deutero-porphyrin (H. F I S C H E B 1927/28) ist die Struktur des Ätioporphyrins sichergestellt. Die Isomerien, die sich in der nachstehenden, von W. K Ü S T E R aufgestellten Formel aus der wechselnden Anordnung von CH3 und C 2 H 5 in den /^-Stellungen ergeben, sind neuerdings von H. F I S C H E B ebenfalls synthetisch verwirklicht worden. Wir fuhren hier die besonders übersichtliche Synthese eines Ä t i o p o r p h y r i n s aus ß - ß ' - M e t h y l ä t h y l p y r r o l und A m e i s e n s ä u r e an, die nach der Gleichung verläuft: 4C 7 H U N + 4H,C0,

i ^ v

C„H„N 4 + 8 H , 0 .

396 Die beiden überzähligen H-Atome (überschüssigen) Ameisensäure geliefert. (d) H 6 CJ

CH, I

(c)

C,HS

CH—1

>

II NH

\

N

CH \.

von der