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German Pages 421 [428] Year 1930
L. G A T T E R M A N N DIE PRAXIS DES
ORGANISCHEN CHEMIKERS ZWEIUNDZWANZIGSTE AUFLAGE BEARBEITET VON
HEINRICH WIE LAND
MIT FÜNFUNDFÜNFZIG ABBILDUNGEN IM TEXT
BERLIN U N D LEIPZIG 1930
WALTER
DE
GRUYTER
& CO.
VORMALS Q. J. GÖSCHEN'SCHE VERLAGSHANDLUNG - J . GUTTENTAG, VERLAGSBUCHHANDLUNG - GEORG REIMER - KARL J . TRÜBNER - VEIT & COMP.
Alle Hechte, einschließlich des Übersetzungsrechts, vorbehalten. Copyright 1930 by Walter de Gruyter & Co. YOrm. G. J . Göschen'sehe Verlagshandlung, J . Guttentag, Verlagsbuchhandlung, Georg Reimer, Karl J . Trübner, Veit & Comp.
Berlin und Leipzig.
Vorwort zur ersten Auflage. D a s vorliegende Buch ist in erster Linie einem privaten Bedürfnis des Verfassers entsprungen. Wenn man gleichzeitig eine größere Anzahl von Studierenden in das organische Arbeiten einzuführen hat, dann ist es oft beim besten Willen nicht möglich, jeden einzelnen auf die kleinen Kunstgriffe, deren es beim organischen Arbeiten so viele gibt, aufmerksam zu machen. Damit nun der Studierende sich auch in Abwesenheit des Lehrers bei der Ausführung allgemeiner Operationen R a t erholen kann, ist den speziellen Vorschriften für Präparate ein allgemeiner Teil vorausgeschickt, welcher die Kristallisation, Destillation, das Trocknen, die analytischen Operationen u. a. behandelt. Bei der Abfassung dieses Teiles wurde weniger Wert darauf gelegt, die zahlreichen Modifikationen der einzelnen Operationen möglichst vollständig aufzuzählen als vielmehr darauf, die wichtigsten Operationen derart zu beschreiben, daß der Anfänger auch in Abwesenheit des Assistenten dieselben danach selbständig ausführen kann. Im zweiten speziellen Teile wurden jedem einzelnen Präparate allgemeine Betrachtungen angefügt, welche sich auf das Wesen und die allgemeine Bedeutung der ausgeführten Reaktionen beziehen und den Zweck verfolgen, daß der Studierende sich schon beim praktischen Arbeiten auch möglichst vielseitige theoretische Kenntnisse aneignet, welche, unter diesen Umständen erworben, bekanntlich fester haften, als wenn sie ausschließlich an Hand eines rein theoretischen Buches gewonnen sind. Und so hofft denn der Verfasser, daß sein Buch neben den trefflichen Anleitungen von E . F I S C H E B und L E V Y sich hier und da einige Freunde erwerben möge. F ü r den Hinweis auf die Mängel desselben würde der Verfasser den Herren Fachgenossen stets dankbar sein. H e i d e l b e r g , im August 1894. Gattermann.
rv
Vorwort zur Neubearbeitung. Vor etwas mehr als dreißig Jahren hat L U D W I G GATTERdie erste Auflage seiner Anleitung für das organ.-chemische Praktikum dem Druck übergeben. Das System, die präparativen Vorschriften mit theoretischen Erläuterungen zu versehen, hat sich zweifellos bewährt. Dafür spricht schon die große Verbreitung des Buches; es hat 18 Auflagen erlebt. — Die Erlernung der methodischen Technik ist gewiß das Hauptziel des organischen Praktikums; als bloße Kochkunst und Laborantenfertigkeit ausgeübt, leistet sie jedoch zu wenig. Die Methodik beherrschen heißt vor allem auch, den Sinn ihrer Anwendung verstehen, ihre vielfältigen Ausdrucksformen am richtigen Platz handhaben. Es ist auch hier der Geist, der sich den Körper baut. Wir verlangen, daß der Praktikant mit den Umwandlungen, die er präparativ betreibt, theoretisch vertraut sei. Der den einzelnen Präparaten angefügte Kommentar soll den Uberblick über das gerade bearbeitete Gebiet erleichtern und zum Gebrauch der Lehrbücher und der Originalliteratur, zum Nachschürfen anregen. Nachdem jetzt die Grundlagen der organischen Chemie beim präparativen Arbeiten an den deutschen Hochschullaboratorien vorausgesetzt werden können, lag die Gefahr, ihn zur „Eselsbrücke" zu gestalten, fern. MANN
Mit Vorbedacht sind die Anforderungen nach der praktischen und nach der theoretischen Seite in dieser Neubearbeitung gesteigert worden. Was in den vergangenen 30 Jahren an „Schulsack" genügte, das ist jetzt zu knapp für den, der sich an der Bearbeitung der für Wissenschaft und Technik gleichermaßen zugespitzten und schwieriger gewordenen Aufgaben beteiligen will. Der Gedanke, das präparative Praktikum gleichzeitig zu einem Erfassen und Erleben der organischen Chemie werden zu lassen, hat die Anordnung des Stoffs vom Gesichtspunkt des systematischen Zusammenhangs aus gefordert Man wird sehen, daß dem dadurch bedingten Aufbau die präparative Anstiegslinie vom Leichteren zum Schwierigeren kaum ernstlich zuwider ver-
V
Vorwort
läuft. Und der Gewinn an abgerundeter Ausbildung, der zu erwarten steht, ist erheblich. Der allgemeine Teil und ebenso der analytische sind vollkommen umgearbeitet worden unter starker Kürzung zugunsten der Präparate. Durch ihre Vermehrung soll einige Abwechslung geboten und dem schematischen Zug im organischen Praktikum entgegen gewirkt werden. Meinen Assistenten, vor allem den Herren Dr. F B A N Z BEBGEL und F. GOTTWALT FISCHES bin ich für ihre unermüdliche Mithilfe bei der Ausführung zahlloser Versuche zu großem Dank verpflichtet. Herr FISCHEB hat außerdem die in dieser Bearbeitung neuen Figuren gezeichnet und das Register angefertigt. F r e i b u r g i. B., Ostern 1925. Heinrich Wieland.
Vorwort zur zweiundzwanzigsten Auflage. Die neue Auflage, deren Herausgabe nach 2 Jahren erforderlich wurde, hat größere Änderungen aufzuweisen, als die beiden vorhergegangenen. Es werden im Gange des Praktikums immer wieder Erfahrungen gemacht, die zur Verbesserung von Vorschriften und von Erläuterungen Anlaß geben. Dazu bot sich diesmal an zahlreichen Stellen des Buches Gelegenheit. Die theoretischen Ausführungen wurden unter Berücksichtigung wichtiger neuer Untersuchungen (z. B. DiELSsche Dien-Synthese, Polyene, Hämin) ergänzt. Dem Gedanken, das Interesse des Praktikanten mehr und mehr für das wichtigste Gebiet des Faches, für die Biochemie zu wecken, wurde durch Aufnahme zweier enzymatischer Vorgänge Folge gegeben. Es wird, unter gleichzeitiger Berücksichtigung der quantitativen Verhältnisse, Kartoffelstärke verzuckert und die Maische dann vergoren. Ferner wird Invertin aus Hefe freigemacht und die Kohrzucker-Inversion polarimetrisch verfolgt. Bei der Umschau nach A l k a l o i d e n , die bisher noch nicht vertreten sind, hat das N i c o t i n wegen seines überall leicht zugänglichen Ausgangsmaterials Anklang gefunden.
VI
Vorwort
Es erscheint angezeigt, hier darauf hinzuweisen, daß die in dem vorliegenden Übungsbuch gebrachten Präparate zur A u s w a h l für den Unterricht dargeboten werden, daß sie keineswegs in ihrer Gesamtheit als Inhalt des organisch-präparativen Praktikums gedacht sind. I m Münchner Laboratorium werden, j e nach der Leistung des Praktikanten, unter geeigneter Auswahl durch die Assistenten, 50—60 Präparate dargestellt, daran schließen sich 6 — 8 Literaturpräparate. Die organische Elementaranalyse kann in 1—2 Wochen bequem erledigt werden. So erfordert die Tätigkeit des Chemiestudierenden im organischen Laboratorium weniger als 2 Semester. Sie weiter einzuschränken, würde unserer Meinung nach für die Ausbildung der Chemiker an unseren Hochschulen verhängnisvoll sein. W i r halten es auch nicht für ratsam, die Anforderungen für diejenigen Studenten, die später in anorganischer oder physikalischer Chemie zu promovieren beabsichtigen, zu ermäßigen, glauben vielmehr, daß die volle Erlernung der vielseitigen Methodik, die gerade die präparative organische Chemie darbietet, den für jene Sonderfächer Begabten als Grundstock ihres experimentellen Könnens nicht vorenthalten werden sollte. Den Herren Prof. G. FISCHEEFreiburg und Privatdoz. Dr. A . BXBTHO-München habe ich für tätige Mithilfe vielmals zu danken. Mehreren anderen Fachgenossen bin ich für manche Hinweise auch zu Dank verpflichtet. M ü n c h e n , im Juli 1930.
Heinrich Wieland.
Inhalt. A. Einige allgemeine Arbeitsregeln. Reaktionsgeschwindigkeit und Temperatur Reindarstellung organischer Substanzen Kristallisation Destillation Sublimation Destillation mit Wasserdampf Abdestillieren von Lösungsmitteln Ausschütteln. Extrahieren Das Arbeiten mit komprimierten Gasen Erhitzen unter Druck Rühren und Schütteln Schmelzpunktbestimmung
Seit«
1 S 4 15 27 28 31 33 37 38 40 41
B. Organisch-analytische Methoden. Qualitativer Nachweis des Kohlenstoffs, Wasserstoffs, Stickstoffs, Schwefels und der Halogene Die organische Elementaranalyse I . Stickstoffbestimmung nach DUMAS I I . Bestimmung von Kohlenstoff und Wasserstoff nach LIEBIQ . 1. Bei Ausschluß anderer Element« als C, H und O S. 56. 2. Bei Gegenwart von Stickstoff S. 61. 3. Bei Gegenwart von Halogen oder Schwefel S. 62. 4. Verbrennung im Schiffchen S. 62. 5. Bei Gegenwart von Alkalien oder Erdalkalien S. 63. 6. Verbrennung von Flüssigkeiten S. 63. III. Bestimmung von Halogen, Schwefel und sonstigen Elementen 1. Kalkmethode S. 66. 2. Halogenbestimmung nach M. BÜSCH S. 68. 3. Halogenbestimmung nach CARIUS S. 69. 4. Schwefelbestimmung nach CAMUS S. 71. 5. Gleichzeitige Bestimmung von Halogen und Schwefel S. 72. 6. Bestimmung der übrigen Elemente S. 73. 7. Quantitative Bestimmung der Methoxylgruppe nach ZEISEL S. 73. 8. Quantitative Bestimmung der Acetylgruppe nach FREUDENBERG S. 75. 9. Bestimmung von aktivem Wasserstoff nach TSCHUGAEFF-ZEREWITINOFF S. 77. 10. Molekulargewichtsbestimmung S. 79.
44 48 48 56
65
C. Organisch-präparativer Teil. Zur Verhütung von Unfällen Die erste Ausrüstung . . .
81 82
vin
Inhalt I . Die Substitution Ton Hydroxyl und Wasserstoff durch Halogen. Alkohole, Olefine.
1. Äthylbromid aus Äthylalkohol Methylbromid S. 87. 2. Äthyljodid aus Äthylalkohol Methyljodid S. 88. 8. Benzylchlorid aus Toluol 4. Brombenzol p-Dibrombenzol S. 96. 5. Äthylen aus Äthylalkohol. Äthylenbromid 6. Glykol aus Äthylenbromid 7. Iso-amyläther 8. Chloressigsäure aus Essigsäure und Chlor 9. Äthylbenzol aus Brombenzol und Äthylbromid (FITTIOsehe Synthese)
gelt« 85 87 91 95 99 106 108 108 111
II. Carbonsäuren und ihre einfachen Abkömmlinge. 1. Säurechloride a) Acetylchlorid S. 113; b) Benzoylchlorid S. 114. Acetanilid S. 117, Benzoylperoxyd S. 118. 2. Essigsäure-anhydrid 3. Acetamid Benzamid S. 123. 4. Harnstoff und Semicarbazid a) Kaliumcyanat durch Oxydationsschmelze S. 124; b) Harnstoff 8. 125; c) Semicarbazid S. 125; d) Cyanid-Oxydation in Lösung S. 127; e) Harnstoff und Harnsäure aus Harn S. 128. 5. Nitrile a) Acetonitril S. 130; b) Benzylcyanid S. 130. 6. Verseifung eines Nitrils zur Säure. Phenylessigsäure 7. Säure-ester a) Essigsäure-äthylester aus Eisessig und Alkohol 3. 134, Benzoesäureäthylester S. 134; b) Isoamylnitrit S. 139; Äthylnitrit S. 140; c) Äthylnitrat S. 141; d) Verseifung von Fett oder pflanzlichem Öl S. 142, Darstellung der freien Fettsäuren S. 143, Glycerin S. 143; e) Linolensäure aus Leinöl S. 144, Bestimmung der Jodzahl 8. 146. 8. Abbau der Carbonsäuren zu den nächst niederen Aminen . . . a) HoFMANNsche Reaktion, Methylamin aus Acetamid S. 146; b) Die CURTIUS sehe Reaktion S. 147; Benzazid S. 147, Phenyleyanat S. 148, Phenylurethan S. 148.
113 118 121 124 _ 130 133 134
146
III. Nitroverbindungen und Ihre Rednktionsprodukte. 1. Nitromethan Methylamin 8. 152, N-Methylhydroxylamin S. 152, Methylnitroleäure S. 153, Knallsilber S. 153, Phenylnitroäthylen 8. 154. 2. Nitrierung eines aromatischen Kohlenwasserstoffs a) Nitrobenzol S. 155; b) Dinitrobenzol 8. 156.
150
155
IX
Seite
3. Reduktion einer Nitroverbindung zu einem Amin
159
a) Anilin aus Nitrobenzol S. 1 5 9 , Diphenylthioharnstoff, Phenylsenföl S. 163; b) m-Nitranilin aus m-Dinitrobenzol S. 165.
4. Phenylhydroxylamin
167
p-Aminophenol S. 169, Nitrosophenylhydroxylamin S. 171.
5. Nitrosobenzol
172
Nitrosobenzol aus Anilin und CABO scher Säure S. 1 7 3 , Azobenzol aus Anilin und Nitrosobenzol S. 1 7 4 , Azoiybenzol aua Phenylhydroxylamin und Nitrosobenzol S. 176.
6. Hydrazobenzol und Azobenzol
177
a) Hydrazobenzol S. 177; b) Azobenzol aus Hydrazobenzol S. 1 7 8 ; c) Benzidin aus Hydrazobenzol S. 179. Mechanismus der Nitrobenzol-Reduktion S. 181.
IT. Sulfonsäuren. 1. Benzolmonosulfonsäure aus Benzol und Schwefelsäure
183
Diphenylsulfon S. 1 8 4 , Benzolsulfochlorid S. 184, Benzolsulfamid S. 184, Benzsulfhydroxamsäure S. 184.
2. 3. 4. 5.
p-Toluolsulfonsäure (9-Naphthalinaulfonsäure Sulfanilsäure aus Anilin und Schwefelsäure 2,4-Dinitro-o-napbthol-7-sulfonsäure-(Naphtholgelb S.)
185 186 187 188
Thiophenol S. 193.
V. Aldehyde. 1. Formaldehyd
195
Gehaltsbestimmung S. 196.
2. Acetaldehyd
197
a) aus Äthylalkohol S. 197; b) aus Acetylen S. 200. S. 2 0 8 ; Metaldehyd S. 209.
Paraldehyd
3. Benzaldehyd aus Benzalchlorid 201 4. CiNNizzAKOsche Reaktion. Benzoesäure und Benzylalkohol aus Benzaldehyd 212 5. Acyloinkondensation. Benzoin aus Benzaldehyd 213 Benzil ans Benzoin S. 213, Benzilsäure S. 216.
6. Anlagerung von Cyanwasserstoff an einen Aldehyd. Mandelsäure aus Benzaldehyd 218 7. Alanin 220 8. PERKIN sehe Synthese. Zimtsäure aus Benzaldehyd und Essigsäure 222 Hydrierung der Zimtsäure S. 224, Natriumamalgam S. 225. 9 . REIMEE-TIEMANN
sehe Synthese.
Salicylaldehyd aus Phenol und
Chloroform
226
p-Oxybenzaldehyd S. 227.
YI. Phenole und Enole. Keto-Enol-Tautomerle. 1. Überführung einer Sulfonsäure in ein Phenol. (?-Naphthol .
.
.
229
Benzoesäurephenylester S. 231, Benzoesäurenaphthylester S. 232, Tribromphenol S. 232.
2. Methylierung von Phenolen a) Anisol S. 233; b) Nerolin 8. 234.
233
X Seite
3. 4. 5. 6.
o- und p-Nitrophenol 235 Die KOLBE sehe Salicylsäuresynthese 238 Synthese eines ^-Ketonsäureesters. Acetessigester 240 Aeetylaceton 242 Benzoylaceton S. 243. 7. Malonsäure-diäthylester 243 Äthylmalonester S. 244, Äthylmalonsäure S. 244, Buttersäure aus Äthylmalonsäure S. 245. 8. Phenylnitromethan 245 a) aci-Phenyl-nitro-acetonitril-natrium S. 245; b) aci-Phenylnitromethannatrium S. 246. Über Keto-Enol-Tautomerie 246 Die Anwendung von Acetessigester und Malonester für Synthesen. 254 YIL Die DiazoverMndungen. Allgemeines
256
A. A l i p h a t i s c h e D i a z o v e r b i n d u n g e n . 1. Diazomethan 2. Diazoessigester a) Glykokollester-chlorhydrat S. 262, Hippursäure S. 264 ; b) Diazoessigester S. 264, Bisdiazoessigsäure S. 266.
259 262
B. A r o m a t i s c h e D i a z o v e r b i n d u n g e n . 3. Diazotierung von Anilin. Phenol aus Anilin. Isomerie der Diazoverbindungen 268 a) Darstellung einer Diazoniumsalzlösung S. 268; b) Umkochung der Diazoniumsalz-Lösung zu Phenol S. 269-, e) Festes Phenyldiazoniumchlorid 8.271, Phenyldiazoniumnitrat 8.271, PhenyliHftzoniumperbromid S. 273, Phenylazid S. 273; d) Natrium-p-nitrophenylantidiazotat S. 274. 4. Jodbenzol. Benzol aus Anilin 275 a) Jodbenzol 3. 275; b) Benzol S. 275. Phenyljodidchlorid S. 276, Jodosobenzol S. 277, Jodobenzol S. 277. 5. p-Tolunitril aus p-Toluidin (SANDME YEBsehe Reaktion) 278 Benzonitril S. 279, p-Toluylsäure S. 279. 6. Arsanilsäure aus p-Nitranilin 281 7. Phenylhydrazin 283 Benzol aus Phenylhydrazin S. 286, Indolsynthese S. 286. 8. Darstellung von Azofarbstoffen 287 a) Helianthin S. 287; b) Kongorot S. 289; c) (S-Naphtholorange S. 290; Diazoaminobenzol und p-Aminoazobenzol S. 291. Über die Kuppelungsreaktion der Diazoverbindungen 292 VIEL Chlnolde Verbindungen. 1. Chinon aus Anilin Hydrochinon S. 298, Anilinochinon S. 298, Chinhydron S. 301. 2. p-Nitrosodimethylanilin Dimethylamin und p-Nitrosophenol 303.
296 302
Inhalt
XI Seite
3. p-Aminodimethylanilin W U R S T E R S Bot S. 306, B I N D S C H E D L E R S Grün S. 309, Methylenblau S. 309. 4. Basische Triphenylmethanfarbstoffe a) Malachitgrün aus Benzaldehyd und Dimethylanilin S. 311; Bleidioxyd S . 3 1 2 ; B) Kristallviolett aus M I C H L E R S Keton und Dimethylanilin S. 313. 5. Fluorescein und Eosin Theoretisches über Triphenylmethanfarbstoffe 6. Alizarin
304 311
314 315 321
I X . Die Synthesen nach Grignard und Frledel-Crafts. Organische Badikale. D i e GBIGNARD sehe R e a k t i o n . 1. Darstellung von Alkoholen a) Benzhydrol aus Benzaldehyd und Phenylmagnesiumbromid S. 323; b) Triphenylearbinol aus Benzoesäureäthylester und Phenylmagnesiumbromid S. 325. 2. Synthese eines Ketons aus einem Nitril. Acetophenon . . . .
323
325
D i e FRiEDEL-CRAFTSBche S y n t h e s e . 3. Ketonsynthese a) Benzophenon aus Benzoylchlorid und Benzol S. 330; BECKMANN sehe Umlagerung S. 3 3 1 ; b) Acetophenon aus Benzol und Essigsäureanhydrid S. 332. 4. Triphenylchlormethan aus Benzol und Tetrachlorkohlenstoff . . . 5 . Aldehydsynthese nach GATTEB MANN-KOCH : p-Tolylaldehyd. Synthese nach HOESCH 2,4-Dioxyacetophenon S. 335. 6. Chinizarin aus Phthalsäureanhydrid und Hydrochinon
330
333 334
336
Organische Radikale. 1. Hexaphenyläthan 8. Tetraphenyl-hydrazin Diphenylnitrosamin S. 345. X. Heterocyclische Verbindungen. 1. Pyridinderivate a) Synthese von Collidin nach HANTZSCH S. 348; b) a-Aminopyridin 3. 352. 2. Chinolin und Derivate a) SKRATJPsche Chinolinsynthese S. 353; b) Chinaldinsynthese nach
340 343
348 353
DOEBNER-MILLER S . 3 5 4 .
3. Indigo
Phenylglycin S. 356; Indoxylschmelze S. 356; Xndigoküpe S. 359; Dehydroindigo S. 361.
XI. Hydrierung und Reduktion. 1. Katalytische Hydrierung mit Palladium a) Mit kolloidem Katalysator nach SKITA S. 363; b) Mit TrägerKatalysator S. 365.
356
363
Inhalt und,
XII
Abkürzungen
2. Katalytische Hydrierung mit Nickel.
Cyclohexanol
Seit« 366
Cyclohexan 8. 368.
3. Ersatz von Sauerstoff in Carbonylverbindungen durch Wasserstoff (Reduktion nach CLEMMENSEN)
370
a) Äthylbenzol aus Acetophenon S. 370; b) Dibenzyl aus Benzil S. 371.
XII. Naturstoffe. 1. 2. 3. 4. 5.
Furfurol d-Glucose aus Rohrzucker Spaltung von Rohrzucker durch Saccharase (9-Pentacetyl-glucose und o-Aceto-bromglucose Milchzucker und Casein aus Milch
371 373 373 375 376
Säurehydrolyse des Caseins S. 377.
6. d-Galaktose aus Milchzucker
378
Schleimsäure S. 379, Pyrrol S. 379.
7. Octacetyl-cellobiose Einige Erläuterungen über Kohlehydrate 8. Verzuckerung von Stärke und alkoholische Gärung 9. d-Arginin-chlorhydrat aus Gelatine 10. Coffein aus Tee 11. Nicotin aus Tabakslauge 12. Hämin aus Rinderblut 13. Die Hauptbestandteile der Rindergalle
379 380 384 387 388 389 390 393
Glykocholsäure S. 393, Cholsäure S. 394, Desoxycholsäure, Fettsäuren und Cholesterin S. 395.
Kurze Anleitung zur Benützung der organisch-chemischen Literatur . Literaturpräparate Tabelle zur Berechnung der Stickstoffbestimmungen Register
Abkürzungen. A. A. ch. Am. Soc. B. Bl. C. H.
Helv. J. pr.
= = —
= = -
= =
=
M.
Kec. Soc. Z. Ang.
-
= = -
LIEBIG s Annalen. Annales de chimie et de physique. Journal of the American Chemical Society. Berichte der Deutsch, ehem. Gesellschaft. Bulletin de la société chimique de France. Chem. Centraiblatt. HOPPE-SEYLERS Zeitschr. für Physiolog. Chemie. Helvetica chimica acta. Journal für praktische Chemie. Monatshefte für Chemie. Becueil des trav. chim. des Pays-Bas. Journal of the Chemical Society of London. Zeitschrift für angewandte Chemie.
399 402 404 406
A. Einige allgemeine Arbeitsregeln. Reaktionsgeschwindigkeit und Temperatur. Von den Reaktionen, die den Inhalt des anorganisch-analytischen Praktikums bilden, unterscheiden sich die der organischen Chemie vor allem in der Geschwindigkeit des Verlaufs. Dort haben wir fast ausschließlich mit unmeßbar rasch vor sich gehenden I o n e n r e a k t i o n e n zu tun; die Umsetzungen der organischen Substanzen dagegen erfolgen meist viel langsamer und erfordern daher in diesen Fällen zur präparativen Durchführung die beschleunigende Wirkung erhöhter Temperatur. Mit der Steigerung der Temperatur um 10° ist eine Steigerung der Reaktionsgeschwindigkeit auf das 2—3 fache verbunden. Wenn wir die Geschwindigkeit bei 2 0 ° mit v bezeichnen, so wird sie sich bei 80° auf durchschnittlich v • 2,5® erhöhen. Die Reaktion wird also in siedendem Alkohol etwa 250 mal rascher verlaufen, als bei Raumtemperatur. Aus diesem Grund werden viele Umsetzungen organischer Stoffe mit erhitzten Lösungen, meist bei Siedetemperatur, vorgenommen. Der Dampf des Lösungsmittels wird in einem, dem Reaktionsgefäß aufgesetzten, von Leitungswasser durchströmten Kühler kondensiert, derart, daß das verdampfte Lösungsmittel andauernd wieder zurückfließt Um eine, Lösung zu konzentrieren, wird das Lösungsmittel „am absteigenden Kühler" abgedampft. Bequemer als der L I E B I G sche Kühler sind für diesen Zweck Schlangenkühler verschiedener Konstruktion, die aber für das Arbeiten „unter Rückfluß" wegen der in der Schlange zwischen Dampf und Außenatmosphäre sich bildenden Flüssigkeitsschicht weniger geeignet sind. Für beide Verwendungsarten hat sich der von D I M K O T H angegebene Kühler gut bewährt, bei dem die Schlange vom Kühlwasser durchströmt QATTBBMANN, Praxis. 22. Auflage.
X
2
FÄnige allgemeine
Arbeitsregeln
wird (Fig. 1). Um die Kondensation von Wasserdampf auf der Kühlschlange zu vermeiden, wird der obere Tubus zweckmäßig mit einem Calciumchloridrohr versehen. Benutzt man Lösungsmittel, die über 100° sieden, so kann der Wasserkühler durch ein langes, weites Glasrohr (Steigrohr) ersetzt werden. Zur Verbindung des Kühlers mit dem Eeaktionsgefäß dient ein dicht anschließender Korkstopfen, der vor dem Einbohren des Loches mit der Korkpresse weich gemacht wird. Das Lumen de3 zu wählenden Korkbohrers soll kleiner sein, als das des einzusetzenden Glasrohrs. Die Durchbohrung erfolgt mit dem in der Bansenflamme erhitzten Bohrer von der kleineren Fläche des Korkes aus, streng vertikal zum Laboratoriumstisch als Unterlage. Das Abdichten von Stopfen mit Kollodium sollte tunlichst vermieden werden. Gummistopfen sollen im allgemeinen nicht verwendet werden bei Operationen, bei denen sie den Dämpfen siedender organischer Lösungsmittel ausgesetzt sind, da sie stark aufquellen und zudem lösliche Bestandteile / abgeben, die die Reaktionslösung verunreinigen. Fig. 1. Außenkühlung: Viele Reaktionen, die unter starker Wärmeentwicklung verlaufen, m ü s s e n gemäßigt werden. Auch wenn zersetzliche Substanzen darzustellen sind, für die erhöhte Temperatur gefährlich ist, muß häufig für Kühlung des Reaktionsgemisches Sorge getragen werden. Der Grad der Kühlhaltung ist verschieden und wird je nach der zu beseitigenden Wärmemenge und in Abhängigkeit von der jeweils erforderlichen Reaktionstemperatur erzeugt durch fließendes Leitungswasser (8—12°), durch Eis, das fein zerstoßen mit wenig Wasser durchtränkt wird, durch Eis—Kochsalzgemisch (0 bis —20°) und durch eine Mischung von fester Kohlensäure mit Äther oder Aceton (bis —80"). Flüssige Luft wird beim organisch-präparativen Arbeiten im allgemeinen nicht benötigt. Zur Darstellung einer Kältemischung, wie man sie sehr häufig braucht, wird in der Eismühle oder im Metallmörser gut zerkleinertes Eis mit etwa 1j3 der Menge Viehsalz mit Hilfe einer kleinen Holzschaufel gut durcheinander gemischt, am besten in einer niederen Glasschale mit flachem Boden oder in einem niederen Emailtopf.
Reindarstellung organischer Substanzen
3
Um ein Kältegemisch stundenlang, unter Umständen über Nacht wirksam zu erhalten, bringt man es in eine „Thermosflasche", in der der Inhalt eingestellter Reagenzgläser längere Zeit bei tiefer Temperatur gehalten werden kann. Dem gleichen Zwecke für größere Dimensionen dient ein von PICCABD angegebenes Isoliergefäß, das man sich leicht aus zwei ineinander gestellten Filtrierstutzen herstellen kann. Der Boden des äußeren Stutzens wird mit Kieselgur angefüllt, bis der Rand des zentrisch hineingestellten kleineren die Höhe des äußeren Randes erreicht hat, dann stampft man in den Zwischenraum zwischen den beiden Stutzen ebenfalls Kieselgur ein und dichtet oben zwischen den Rändern mit Pech gut ab. Die K o n z e n t r a t i o n s v e r h ä l t n i s s e werden im allgemeinen beim organisch-präparativen Arbeiten allzuwenig berücksichtigt. Mit Ausnahme seltener Fälle (z. B . bei intramolekularen Umlagerungen) handelt es sich um Reaktionen höherer Ordnung, an denen mehrere Molekülarten — meist zwei — beteiligt sind. Da die Geschwindigkeit bimolekularer Reaktionen auf Grund der kinetischen Molekulartheorie der Anzahl der gegenseitigen Zusammenstöße der gelösten Moleküle proportional ist und sich demgemäß in dem Produkt der Konzentrationen ausdrückt: v = GA-GB-K
[K =
Geschwindigkeitskonstante),
so ist es in allen F ä l l e n , wo nicht besondere Gründe dagegen sprechen, ratsam, die Konzentration einer Reaktionslösung möglichst hoch zu wählen. Man bedenke stets, daß die Herabsetzung der Konzentration auf die Hälfte, auf ein Viertel, auf ein Zehntel gleichbedeutend ist mit einer Yerlangsamung der Reaktion auf das vier-, sechzehnund hundertfache. Reindarstellung organischer Substanzen. Die Stoffe, die das Ziel des präparativen Arbeitens bilden, sind meist feste, kristallisierte Körper oder Flüssigkeiten, mitunter auch Gase. Bei der großen Vielseitigkeit der Reaktionen organischer Stoffe verläuft, im ausgesprochenen Gegensatz zu den meisten Reaktionen in der anorganischen Chemie, kaum jemals eine Reaktion scharf in e i n e r Richtung auf e i n Endprodukt, sondern es treten fast stets Nebenreaktionen ein. Dadurch wird die Isolierung reiner, einheitlicher Substanzen aus einem 1*
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Einige allgemeine Arbeiisregeln
Beaktionsgemisch, wie sie die vornehmste Aufgabe der präparativen Übungen darstellt, erheblich erschwert. Teils entstehen mehrere definierte chemische Stoffe nebeneinander, deren Trennung erreicht werden muß, teils handelt es sich um die möglichst verlustfreie Beseitigung des angestrebten Stoffes von unerfreulichen, nicht kristallisierbaren Begleitstoffen, den sog. Harzen oder Schmieren. Darunter versteht man Nebenprodukte — zuweilen leider auch Hauptprodukte — , deren Ursprung und Art meist unerforscht ist und die das Interesse der klassischen organischen Chemie bisher nur im Sinne ausgesprochener Mißbilligung erweckt haben. Von allen diesen unerwünschten Begleitern muß das zu gewinnende Präparat mit aller Sorgfalt befreit werden. E s sind für die hier in Frage kommenden Aufgaben grundsätzlich zwei Methoden, die zum Ziele führen, nämlich: 1. die Kristallisation, 2. die Destillation. I. Kristallisation. Grundsätzliches: F e s t e kristallisierbare Körper werden bei einer Reaktion gewöhnlich als Rohprodukte erhalten, die entweder direkt oder nach dem Einengen der Lösung in mehr oder weniger reiner Form sich beim Erkalten abscheiden. Die Kristallisationsgeschwindigkeit schwankt bei organischen Stoffen innerhalb sehr weiter Grenzen und die Neigung, übersättigte Lösungen zu bilden, ist außerordentlich groß. Aber selbst, wenn durch Einbringen eines Kristalles in die Lösung — durch „Animpfen" — die Aufhebung der Übersättigung bewirkt wird, stellt sich das Gleichgewicht der kaltgesättigten Lösung manchmal äußerst langsam ein. Die Ursache liegt eben in der verschiedenen Kristallisationsgeschwindigkeit. Darum erhält man den vollen Ertrag an Rohprodukt häufig erst nach vielstündigem Stehen der Lösung. Der Prozeß der Umkristallisation erfolgt im einfachsten (und häufigsten) F a l l in der Weise, daß eine heiß gesättigte Lösung des Rohprodukts in einem geeigneten Lösungsmittel hergestellt wird, aus der beim Erkalten die Substanz in reinerer Beschaffenheit wieder auskristallisiert. Voraussetzung für den Erfolg des Verfahrens ist, daß die Begleitstoffe größere Löslichkeit haben als die Substanz selbst, also auch in der erkalteten Lösung (der M u t t e r l a u g e ) gelöst bleiben.
Krislallisat
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Auch im umgekehrten Sinne findet das Prinzip der verschiedenen Löslichkeit Anwendung, dann nämlich, wenn das Nebenprodukt vermöge seiner geringeren Löslichkeit in einem passenden Lösungsmittel aus der eben gesättigten Lösung der Substanz abgetrennt werden kann. Da hierbei die Lösung für das Nebenprodukt stets gesättigt bleibt, so kann diese Methode, anders als die erste, niemals in e i n e r Operation zur reinen Substanz führen. Für die Umkristallisation aus heiß gesättigter Lösung ist weiter wichtig, daß die Temperaturkurve der Löslichkeit möglichst steil verläuft, d. h. daß das Lösungsvermögen des Lösungsmittel mit steigender Temperatur stark zunimmt. Nur dann ist es erreichbar, die eingesetzte Substanzmenge in möglichst hoher Ausbeute aus der Lösung herauszuholen. Die Wahl des richtigen Lösungsmittels ist daher für die Prozedur des Umkristallisierens von großer Bedeutung. Die gebräuchlichsten Lösungsmittel sind die folgenden: Wasser, Äthylalkohol,Methylalkohol, Äther, Aceton, Eisessig, Essigester, Benzol, P e t r o l ä t h e r , Chloroform, Schwefelkohlenstoff. Für besonders schwer lösliche Substanzen werden außerdem Ameisensäure, Pyridin, Brombenzol, Nitrobenzol, mitunter auch Phenol, Benzoesäureester, Anilin, Dioxan verwendet. Es besteht ein deutlicher Zusammenhang zwischen der Konstitution des zu lösenden Stoffs und der vom Solvens, gemäß dem alten Prinzip: similia similibus solvuntur. So sind bekanntlich hydroxylhaltige Stoffe (z. B. Zucker, Carbonsäuren) in Wasser löslich, Kohlenwasserstoffe leichter in Benzol und Petroläther als z. B. in Alkoholen. Aber der obige Satz gilt im allgemeinen nur für einfache organische Verbindungen mit einiger Sicherheit, bei komplizierten ergeben sich verwickeitere Verhältnisse, und man ist, wenn man nicht über eine große Erfahrung verfügt, genötigt, die vorhandenen Solventien der Reihe nach durchzuprüfen. Das meist benutzte ist der Alkohol, mit dem man in der Regel beginnt; dann kämen etwa Wasser, Benzol, Petroläther an die Reihe. Man kann sagen, daß im großen und ganzen von den gebräuchlichen Lösungsmitteln Benzol, Chloroform und Äther ein sehr großes, Petroläther und Wasser ein mäßiges Lösungsvermögen für organische Stoffe besitzen. Obwohl die Gültigkeit dieser Ordnung von vielen Substanzen durchbrochen wird, gibt sie doch für die Prüfung einen
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Einige allgemeine
Arbeitsregeln
gewissen Anhalt. So wird man, wenn die Probe in Alkohol zu schwer löslich ist, nach der ersten Gruppe, wenn sie zu leicht löslich ist, nach der zweiten greifen. Bei schwer löslichen Stoffen wählt man häufig ein höher siedendes Homologes der gleichen Klasse, an Stelle des niederen Alkohols Propylalkohol oder Amylalkohol, an Stelle von Benzol Toluol oder Xylol, weil durch die erhöhte Siedetemperatur auch die Löslichkeit gesteigert wird. Es kommt sehr häufig vor, daß die Darstellung einer Substanz zu einem a m o r p h e n Rohprodukt führt, teils von harzartiger, teils von flockiger Beschaffenheit, das durch Digerieren mit einem geeigneten Lösungsmittel oder auch durch direktes Umkristallisieren kristallinisch wird. Man beachte, daß die Löslichkeit eines und desselben Stoffes im amorphen und kristallisierten Zustand durchaus verschieden ist, und zwar ist das amorphe Präparat stets viel leichter löslich. Für Salze gilt ganz allgemein, daß sie in Wasser leicht, wohl auch noch in den Alkoholen, Aceton und Chloroform löslich sind, dagegen von Äther, Benzol, Petroläther nicht aufgenommen werden. Infolgedessen kann man organische Säuren durch wäßrige Laugen, organische Basen durch wäßrige Säuren aus einem Gemisch mit neutralen Stoffen, z. B. in Äther, herausholen. Die Kombination verschiedener Lösungsmittel bildet ein wertvolles Hilfsmittel zur Reinigung, wenn ein Stoff in keinem Solvens die erforderliche mittlere Löslichkeit besitzt, sondern entweder allzu leicht oder allzu schwer löslich ist. Die Lösungsmittel, die gemeinsam verwendet werden, müssen miteinander mischbar sein. Es kommen meist in Anwendung: Alkohol, Eisessig, Aceton mit Wasser — Äther, Aceton, Benzol, Chloroform mit Petroläther — Pyridin mit Wasser, Äther oder Alkohol, und zwar verfährt man so, daß man die konz. Lösung, kalt oder heiß, tropfenweise mit dem Verdünnungsmittel versetzt, bis eben eine Trübung kommt, die durch Stehenlassen oder Reiben mit einem scharfkantigen Glasstab zur Kristallisation angeregt wird. Wenn die Kristallisation eingesetzt hat, wird vorsichtig weiter verdünnt. Es ist fehlerhaft, die gelöste Substanz auf einmal mit großen Mengen des wenig lösenden Mittels auszufällen. Bei a l l e n O p e r a t i o n e n , die man noch n i c h t i n d e r H a n d h a t , f ü h r e man V o r v e r s u c h e im R e a g i e r g l a s aus. Daran soll sich der Praktikant von allem Anfang an gewöhnen.
Kristallisation
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Als Aufnahmegefäß für das F i l t r a t dient bei wäßrigen Lösungen das Becherglas, bei organischen Lösungsmitteln aber der Erlenmeyerkolben, der keine Verdunstung zuläßt und so das Ansetzen von Krusten verhindert. Schon um die Einheitlichkeit des Kristallisats durch den Anblick kontrollieren zu können, soll die Kristallisation nicht gestört werden, damit möglichst gut ausgebildete Kristalle entstehen. E s ist ein Irrtum, anzunehmen, daß eine durch sofortige starke Abkühlung der Lösung erzeugte feine Kristallisation eine besonders reine Substanz darstelle: Durch die sehr große Oberfläche ist im Gegenteil der Adsorption von Nebenprodukten weit mehr Gelegenheit geboten, als bei der Ausbildung größerer Individuen. Dazu kommt, daß dem für den Organiker unerläßlichen Gebot der Prüfung einer Substanz auf Einheitlichkeit bei gut ausgebildeten Kristallen viel leichter Genüge getan werden kann. Diese Prüfung der Präparate, sei es mit der Lupe, sei es unter dem Mikroskop — 5 0 bis 100 fache Vergrößerung ist ausreichend — ist nicht außer acht zu lassen. Ist in der Lösung Sättigung bei Raumtemperatur eingetreten, so kann man die Menge des Kristallisats durch Einstellen des Gefäßes in Eiswasser oder in eine Kältemischung noch weiter steigern. Niedrig schmelzende Substanzen scheiden sich beim Abkühlen ihrer heiß gesättigten Lösung bisweilen in öliger F o r m ab. Dann muß die Lösung noch etwas verdünnt werden. Weiter sorgt man in solchen Fällen für langsame Abkühlung dadurch, daß man den Kolben mit der heißen Lösung in einem großen, mit Wasser von der gleichen Temperatur gefüllten Becherglas erkalten läßt. Von Stoffen, die schwierig kristallisieren, halte man stets eine kleine Probe zur Verwendung als „Impfkristalle" zurück. Mit ihrer Hilfe wird man der eben erwähnten Schwierigkeit bequem Herr, indem man sie in die noch nicht ganz kalt gewordene Lösung unter Reiben mit einem Glasstab einbringt. Zur Ausführung: Um eine heiß gesättigte Lösung zu bereiten, übergießt man die zu reinigende Substanz, am besten in einem kurzhalsigen Rundkolben, mit wenig Lösungsmittel, erhitzt zum Sieden und fügt nach und nach mehr davon zu, bis alles sich aufgelöst hat. D a in den rohen Substanzen vielfach unlösliche Beimengungen enthalten sind, beobachte man beim Auflösen genau, wann und ob die umzukristallisierende Verbindung vollständig in Lösung gegangen ist. Zu langes Kochen ist wegen
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Einige allgemeine
Arbeitsregeln
der Zersetzlichkeit vieler Substanzen zu vermeiden. Bei Benutzung von Lösungsmitteln, die unter 80 0 sieden, erhitzt man am Rückflußkühler aufsiedendem Wasserbad; das hinzuzufügende Lösungsmittel kann mit einem Trichter durch den Kühler eingegossen werden. Besser bringt man, namentlich bei größeren Operationen, auf dem Kolben einen Doppelrohr-Aufsatz (nach ANSCHÜTZ) an (Fig. 31, S. 41), der ein bequemes Nachgießen, in andern Fällen auch Einbringen fester Substanzen gestattet. Das im Winkel angebrachte Rohr ist mit dem schräg gestellten Kühler verbunden, das gerade Rohrende, durch das nachgefüllt wird, durch einen Korkstopfen geschlossen. Wasser und andere, höher als 80° siedende Lösungsmittel werden am zweckmäßigsten auf Asbestunterlage im BABO sehen Trichter oder auf Asbestdrahtnetz erhitzt. Liegt der Siedepunkt beträchtlich ( > 2 0 ° ) über dem des Wassers, so muß der Kühler wegen Bruchgefahr mit erwärmtem Wasser gespeist oder durch ein weites und langes Glasrohr (Luftkühler) ersetzt werden, auf das man bei Bedarf feuchtes Filtrierpapier auflegt. Für Reagensglasversuche unter Rückfluß ist der sog. „ K ü h l z a p f e n " äußerst bequem. Er besteht aus einem etwa 15 cm langen Glasrohr von 6—8 mm lichter Weite, das an einem Ende zugeschmolzen ist. Ungefähr 3 cm vom anderen Ende entfernt ist ein 3 cm langes dünneres Rohr im rechten Winkel angeschmolzen und — zum Aufhängen des Kühlers an einem Eisenring — nach der längeren Seite zu abgebogen, das durch einen dünnen Schlauch das Kühlwasser ableitet. Dessen Zuführung erfolgt durch ein dünnes, mit einem Stückchen übergezogenen Schlauches in das Kühlrohr eingesetztes, ebenfalls abgebogenes Glasrohr, das bis zum Boden reicht. Dieser handliche Kühler wird durch einen mit Kerbe versehenen Kork auf dem Reagensglas befestigt. Zur Vermeidung des sehr lästigen Siedeverzugs gibt man vor dem Aufkochen einige Siedesteinchen — etwa halberbsengroße Tonstückchen — in den Kolben, die man, wenn sie unwirksam geworden sind, durch neue ersetzt (nicht in die überhitzte Lösung einwerfen!). Bei starkem Stoßen sind für größere Ansätze Holzstäbe zu empfehlen. Um gefärbte Verunreinigungen, die oft einer farblosen Substanz zähe anhaften, zu beseitigen, kocht man die heiß gesättigte Lösung mit einigen Messerspitzen Tierkohle oder öigens präparierter Holzkohle kurze Zeit weiter. Da die aus der Kohle
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Kristallisation
entweichende Luft ein heftiges Aufschäumen verursacht, muß das Eintragen vorsichtig und unter Umschütteln erfolgen. Aus wäßriger Lösung werden die gefärbten Begleitstoffe wegen ihres kolloidalen Charakters am leichtesten adsorbiert. Filtrieren: Die Kristallisationslösungen sind, auch wenn sie nicht mit Entfärbungskohle behandelt wurden, nicht völlig klar und müssen deshalb filtriert werden. Dem Faltenfilter ist im allgemeinen ein gewöhnliches Rundfilter vorzuziehen, das man in den meist nicht im genauen Winkel angesetzten Glastrichter dadurch dicht einpaßt, daß man bei der letzten Faltung die Quadranten unter einem kleinen Winkel zusammenlegt und dann den größeren Kegelmantel zum Filtrieren benutzt. Als Filtrierpapier ist beim organisch-präparativen Arbeiten nur leicht durchlässiges, „genarbtes", brauchbar.
Fig. 2.
Fig. 3.
Fig. 4.
Fig. 5.
Häufig kristallisiert die gelöste Substanz, namentlich aus sehr konzentrierter Lösung, infolge der Abkühlung schon im Trichter aus und verhindert so die Ausführung der Filtration. Diesem Mißstand kann man durch Anwendung eines Trichters mit kurz ( J / 2 —1 cm) unterhalb des Konus abgeschnittenem Abflußrohr (Fig. 2) einigermaßen begegnen. Viel empfehlenswerter aber ist die Benutzung eines sog. Heißwassertrichters (Fig. 3), in dem die FiltrierHäche des Trichters durch siedendes Wasser vom äußeren Blechmantel aus erhitzt wird. Bei Anwendung entzündlicher Lösungsmittel muß vor dem Filtrieren die Heizflamme abgedreht werden. Der Dampftrichter (gemäß Fig. 4) ist ebenfalls gut brauchbar. Hat man nur kleine Flüssigkeitsmengen zu filtrieren, so kann man den leeren Trichter über freier Flamme vorwärmen oder man befeuchtet das eingelegte Filter mit etwas
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Einige allgemeine
Arbeitsregeln
Alkohol, den man anzündet und bei horizontal gehaltenem Trichter unter Drehen bis zur beginnenden Ankohlung des Papiers abbrennen läßt. Manchmal, namentlich bei schwer filtrierbaren wäßrigen Lösungen, empfiehlt sich auch Durchsaugen auf einer Porzellannutsche mit vorher gut gedichtetem Filter; die Saugflasche muß vor der Benutzung vorsichtig angewärmt werden, am besten derart, daß man sie in einen Emailtopf mit warmem Wasser einstellt und dieses dann bis zum Sieden erhitzt. Wenn sich beim Filtrieren einer Lösung durch Auskristallisieren von Substanz das Filter verstopft, so helfe man sich nicht durch Durchstoßen des Filters. Man kocht vielmehr das aufrecht stehende Filter in einem kleinen Becherglas mit frischem Lösungsmittel aus und filtriert dann die verdünntere Lösung durch das gleiche Filter. Die Gesamtlösung muß in solchen Fällen meist durch Einengen konzentriert werden.
Will man beim Umkristallisieren schöne Kristalle erzielen, so muß das Filtrat, in dem häufig schon während des Filtrierens eine Ausscheidung erfolgt, wieder bis zur klaren Lösung erhitzt und dann langsam, ohne äußere Störung, erkalten gelassen werden. Die Isolierung der Kristalle wird in keinem Falle durch gewöhnliches Filtrieren, sondern stets durch Absaugen über Filtrierpapier — bei starken Laugen und Säuren auch über Glaswolle oder Asbest, am besten über SCHOTT sehen Filtern aus gefrittetem Glas — bewerkstelligt. Bei größeren Substanzmengen bedient man sich des BüCHNERschen T r i c h t e r s , der sog. N u t s c h e (Fig. 5), deren Dimension zu der abzusaugenden Masse in das richtige Verhältnis zu bringen ist. Es ist durchaus verkehrt, einige Gramm Substanz auf einer Nutsche von sechs oder mehr cm Durchmesser abzusaugen. Für sehr große Ansätze benützt man den in Fig. 6 abgebildeten Saugstutzen. Der Porzellannutsche ist in vielen Fällen, namentlich dann, wenn kleinere Mengen ( 5 g oder weniger) abzusaugen sind, die W I T T sche F i l t e r p l a t t e vorzuziehen (Fig. 7). Der Vorteil besteht darin, daß die Beinheit des Geräts viel besser kontrollierbar ist, als bei der nicht durchsichtigen Porzellannutsche, vor allem aber darin, daß wegen der viel kleineren Grundfläche das Auswaschen des Niederschlags weit weniger Lösungsmittel erfordert. Zur Herrichtung des Filters wird ein kleines Stückchen Filtrierpapier um die obere Kante der Filterplatte herumgeknickt und dann
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Kristallisation
eine Scheibe von 2 — 3 mm größerem Halbmesser mit der Schere herausgeschnitten. Man dichtet das mit dem Lösungsmittel befeuchtete Filter mit einem abgerundeten Glasstab, oder bei größeren Platten mit dem Pingernagel, indem man die kleinen Falten ausstreicht. Hat man ganz kleine Substanzmengen von einigen cg oder weniger zu filtrieren, so benutzt man als Filtrierunterlage kleine Glasscheiben von 0,5—1 cm Durchmesser, die man aus dünnen
Fig. 6.
Fig. 7.
Glasstäben in der Weise darstellt, daß man diese am äußeren Ende in der Gebläseflamme zum Erweichen bringt und jetzt auf einem Eisenblech plattdrückt (DIEPOLDEE). Der Glasstab muß so dünn und so lang sein, daß er in das Rohr eines ganz kleinen Trichters hineinpaßt und unten hinausragt. Als Filtrierauflage dient eine etwas größere, dichtaufsitzende Scheibe von Filtrierpapier (Fig. 8). Um die abgesaugte Substanz von der Filterplatte zu entfernen, stellt man den Trichter umgekehrt über eine Schale oder ein Uhrglas und befördert mit einem dünnen Glasstab oder Kupferdraht alles auf diese Unterlage; der „Glasknopf" wird von seinem unteren Ende aus herausgeschoben. Die Platte wird mit der Pinzette entfernt, das Filter erst nach dem Trocknen. Die am Trichter haften bleibende Substanz streicht man ohne Verlust mit einem schräg durchschnittenen Stückchen Karton (Kartenblatt) heraus. Zur Aufnahme des Filtrates beim Absaugen dient die S a u g f l a s c h e , deren Größe
Fig. 8.
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Einige allgemeine
Arbeitsregeln
dem Volumen der Lösung anzupassen ist. Zum Filtrieren im kleinen Maßstab wird das auch sonst sehr nützliche S a u g r ö h r c h e n (Fig. 8) von verschiedener Größe herangezogen. Es steht in einem Bleifuß oder in einem kleinen, mit Bohrungen für mehrere Durchmesser versehenen Holzblock. Bei der großen methodischen Bedeutung der Darstellung analysenreiner Substanzen muß schon der organische Praktikant der Technik des Filtrierens die größte Aufmerksamkeit zuwenden. Das Verfahren, eine Kristallisation samt der Mutterlauge auf Ton aufzugießen und die Kristalle nachzuwaschen, ist nachdrücklich zu verwerfen. Uberhaupt sollte der Sinn des Anfängers darauf gerichtet werden, schon bei der Darstellung organischer Präparate möglichst quantitativ zu arbeiten. Nicht die Anzahl der Präparate gibt den Ausschlag für den Erfolg, sondern die Sorgfalt und Gründlichkeit, mit der jede einzelne Reaktion durchgeführt wird. Aus diesen Gründen darf die „Mutterlauge" nicht als Abfall behandelt und vernachlässigt werden. Ihre Bedeutung wird zwar erst dem wissenschaftlich arbeitenden Organiker klar, aber auch der präparative Anfänger soll aus ihr herausholen, was für seine Zwecke aus ihr herauszuholen ist. Darum werden die Filtrate durch Wegdampfen von einem Teil des Lösungsmittels wieder in (kalt) übersättigte LösuBgen übergeführt und so eine zweite Kristallisation erzielt, der unter Umständen noch eine weitere nachfolgen kann. In der Regel müssen die so gewonnenen Kristallisate nochmals aus neuem Lösungsmittel umkristallisiert werden (Kontrolle durch Schmelzpunkt!). Über das A u s w a s c h e n der kristallisierten Niederschläge, das ihre Befreiung von der anhaftenden Mutterlauge zum Zweck hat, ist noch einiges zu sagen. Stets ist das angewandte Lösungsmittel zu benutzen und zwar, da sein Lösungsvermögen für die Substanz auch in der Kälte schon zu mehr oder weniger großen Verlusten führt, in möglichst geringer Menge. Während des Nachwaschens darf nicht gesaugt werden; man durchtränkt den Niederschlag mit dem Lösungsmittel und setzt dann erst die Pumpe an. Es ist zweckmäßig, die Woui/Fsche Flasche oder Saugflasche, die jeder Wasserstrahlpumpe vorgeschaltet sein muß, mit einem Regulier-
Kristallisation
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hahn zu. versehen, der nicht nur eine bequeme Ausschaltung der Saugwirkung, sondern auch eine in vielen Fallen notwendige Veränderung des Unterdrucks gestattet.
Bei Stoffen, die schon in der Kälte leicht löslich sind, muß das zum Waschen verwendete Lösungsmittel in einer Kältemischung vorgekühlt werden. Solange noch Mutterlauge an den Kristallen haftet, darf man durch den von tropfbarer Lauge befreiten Niederschlag keine Luft saugen, wenn leicht flüchtige Lösungsmittel in Anwendung sind. Es kommt sonst auch der unreine Inhalt der Mutterlauge zur Ausscheidung, und es besteht, namentlich bei leicht löslichen Substanzen, keine Sicherheit, daß die Verunreinigungen beim Nachwaschen wieder vollständig entfernt werden. Geringe Substanzmengen werden durch Auftropfen des Lösungsmittels ausgewaschen. Dazu dient ein sog. T r o p f r o h r (Fig. 9), das ist ein zu einer nicht zu dünnen Capillare ausgezogenes Glasrohr, das auch bei Ausführung von vielen Reaktionen sehr nützlich ist und den Sinn für sauberes Arbeiten fördert. Der häufig zu beobachtende Brauch, Substanzen dadurch zu „reinigen", daß man ihre Lösung in einer Kristallisierschale zur Trockne verdampft oder eindunsten läßt, führt naturgemäß nicht zum Ziel, da ja auf diesem Weg die Verunreinigungen nicht entfernt werden.
Trocknen der Substanzen: Ein reines Präparat muß vom anhaftenden Lösungsmittel vollkommen befreit werden. Man trocknet unempfindliche Substanzen am bequemsten zwischen Filtrierpapier auf sauberer Unterlage bei Zimmertemperatur, indem man sie 1 oder 2 Tage an der Luft stehen läßt. Hochschmelzende Substanzen werden rascher im Trockenschrank oder auf dem Wasserbad vom Lösungs^ mittel befreit; jedoch muß dies stets mit einiger Vorsicht g geschehen. Die sicherste — für Analysenpräparate allein anwendbare — Methode ist die Trocknung im V a k u u m e x s i c c a t o r , der mit konz. Schwefelsäure beschickt ist. Das alte S C H E I B L E E sehe Modell halten wir für das zweckmäßigste. Die Konsistenz des Fettes ist für die Dichtung des Deckelschliffes sehr wichtig; am besten eignet sich adeps lanae anhydricus oder ein Gemisch aus gleichen Teilen Rinderfett und Vaseline. Das (rundgeschmolzene) Rohr mit dem Abschlußhahn wird, mit etwas Glycerin
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Einige allgemeine
Arbeitsregeln
befeuchtet, in den vorher in den Tubus eingesetzten Gummistopfen hineingeschoben; die Führung muß streng sein. Den Einsatz bildet eine, auf drei niedere Füße aufgeschmolzene Porzellanplatte mit mehreren kreisrunden Öffnungen zur Aufnahme von kleinen Schalen, Uhrgläsern u. dgl. Um das Hin- und Herrutschen des Einsatzes zu verhindern, ist der Zwischenraum zur Exsiccatorwand mit drei entsprechend zugeschnittenen Korkstücken ausgefüllt, die fest arsitzen. Damit beim Aufheben des Vakuums durch die hereinblasende Luft keine Substanz verstäubt wird, stellt man vor dem Tubus, durch den Einsatz festgehalten, ein Blatt steifen Kartons, ein Kartenblatt oder dgl. auf. Den Zug der einströmenden Luft mildert man überdies dadurch, daß man ein Stückchen Filtrierpapier vor dem Öffnen des Hahns an die äußere Rohröffnung hält, das dann angesaugt wird und einen ausreichenden Widerstand bildet. Um die einströmende Luft zu trocknen, ist dem Hahnrohr außen ein gerades Calciumchloridrohr aufgesetzt, dessen Inhalt durch Glaswolle oder hesser Watte nach beiden Seiten gut gesichert sein muß. In Exsiccatoren, die viel umhergetragen werden, füllt man den Schwefelsäurebehälter bis zur Standhöhe der Säure mit Glasresten — zerbrochenen Rohrstücken, Stopfen u. dgl. — oder (vorher mit verdünnter Salzsäure ausgekochten und dann getrockneten) Bimssteinstücken, wodurch ein Spritzen hintangehalten wird. Die konz. Schwefelsäure ist von Zeit zu Zeit zu erneuern. Für analytische Zwecke muß ein besonderer Vakuumexsiccator bereit stehen. Zur Verstärkung der Trockenwirkung, namentlich gegenüber "Wasser, stellt man auf den Einsatz eine kleine, mit festem technischem Ätzkali gefüllte Schale. Die meisten Lösungsmittel außer Chloroform, Benzol, Petroläther und Schwefelkohlenstoff werden von dieser Beschickung absorbieit. Um Substanzen von diesen 4 Solventien zu befreien, bringt man dünne Paraffinschnitzel in einer flachen Schale neben die Substanz in den Exsiccator, falls ihre Eigenschaften das Trocknen an der Luft verbieten. Man mache sich zur Regel, keinen Vakuumexsiceator zu benutzen, der nicht über Nacht das volle Vakuum hält (Prüfung mit Manometer). Es genügt so, einmal zu evakuieren und über Nacht stehen zu lassen. Das stundenlange Saugen an der Pumpe ist unnütze Wasserverschwendung. Manche Substanzen enthalten Wasser oder andere Lösungsmittel so fest gebunden, daß sie im Vakuum bei Raumtemperatur nicht davon befreit werden können. Man trocknet dann im Vakuum bei erhöhter Temperatur, indem man die Substanz in einem kleinen Rundkolben im Wasserbad oder Ölbad solange erhitzt, bis keine Gewichtsabnahme mehr
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erfolgt. Besonders bequem ist die sog. T r o c k e n p i s t o l e (Fig. 10). Die Dämpfe der in A zum Sieden erhitzten Flüssigkeit heizen das innere, weite Rohr B mit der auf einem Porzellanschiffchen ausgebreiteten Substanz. In C befindet sich ein Trockenmittel und zwar für Wasser und Alkohole P 2 O ß , für andere Dämpfe festes Paraffin. Als Heizflüssigkeit verwendet man je nach der gewünschten Temperatur Chloro form(6 6°), Wasser (100°), T o l u o l ( l l l ° ) , X y l o l (140°).
Hat man aus schwer flüchtigen Lösungsmitteln, / z u r Pumpe wie Eisessig, Xylol, hochsiedendem Petroläther, Nitrobenzol u. dgl. umkristallisiert, so wasche man vor F i g . 10. dem Trocknen mit einem leichter entfernharen, wie Äther, Benzol, Gasolin das erstere weg. Im allgemeinen wird eine in Eisessig oder Nitrobenzol schwer lösliche Substanz auch von Äther nicht leicht gelöst. 2. Destillation. Bei der Reinigung durch Destillation wird die Substanz im Dampfzustand weggeführt und durch Abkühlung an andrer Stelle wieder in den flüssigen oder festen Aggregatzustand gebracht. Voraussetzung für die Anwendung dieser Reinigungsmethode ist die Beständigkeit des Stoffes bei seiner Siedetemperatur. Diese kann erniedrigt werden durch Verdampfung im Vakuum und zwar sinkt der Siedepunkt im üblichen Vakuum der Wasserstrahlpumpe (12 mm) gegenüber dem bei Atmosphärendruck im Durchschnitt um 100—120°. Bei Stoffen, die unter gewöhnlichem Druck oberhalb 250° sieden, erhöht sich dieser Unterschied. Daher können sehr häufig Substanzen, die sich schon unterhalb ihres normalen Siedepunktes zersetzen, durch Destillation im Vakuum gereinigt werden, da sie so einer weit niedrigeren Temperatur ausgesetzt sind. Einfach zusammengesetzte, vor allem auch leicht flüchtige Substanzen, wie Kohlenwasserstoffe, Alkohole, Ester, die niederen Säuren, Amine u. dgl. destilliert man unter Atmosphärendruck. Bei allen zersetzlichen Stoffen, auch bei besonders hocli siedenden,
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Arbeitsregeln
nimmt man die Destillation unter Unterdruck vor. Bei festen kristallisierten Körpern wird man im allgemeinen den Weg der Destillation nur dann beschreiten, wenn die Reinigung durch Kristallisation wegen allzu großer Löslichkeit oder aus anderen Gründen nicht zum Ziel führt. Die Möglichkeit der Destillation (ohne Zersetzung) muß natürlich in jedem Fall vorher feststehen. Die Destillation, sei es unter Atmosphärendruck oder imVakuum, dient nicht nur zur Abtrennung des rein darzustellenden Produkts von nicht flüchtigen Beimengungen, sondern auch zur Scheidung von Gemischen flüchtiger Stoffe auf Grund ihres verschiedenen Dampfdrucks und damit Siedepunkts (fraktionierte Destillation). Destillation bei Atmosphärendruck: Als Destillationsgefäß dient ausschließlich der einfache Fraktionierkolben mit abwärts geneigtem Kondensationsrohr (Fig. 11), das im allgemeinen bei leicht siedenden Flüssigkeiten hoch, bei höher siedenden tief, d. h. näher bei der Kugel, angesetzt sein soll. Das Thermometer ist durch einen reinen durchbohrten Kork mit dem Kolben verbunden; die Quecksilberkugel muß vollständig von den Dämpfen der Substanz umspült werden, also unterhalb des Ansatzrohres stehen. Da die gewöhnlichen Laboratoriumsthermometer häufig un' genau sind, müssen sie vor dem Gebrauch mit einem Normalthermometer verglichen werden. Am genauesten wird die Eichung, wenn man die beiden Thermometer nebeneinander in konz. Schwefelsäure oder Paraffin auf 2 5 0 ° bringt und dann die Abkühlungstemperaturen von 10 zu 1 0 ° beobachtet und aufschreibt. Thermometer f ü r Destillationen sollen eine kleine Kugel haben, damit die Temperatureinstellung rasch erfolgt.
Die Größe des Destillierkolbens ist so zu wählen, daß die Kugel von der Flüssigkeit zur Hälfte bis zu zwei Dritteln erfüllt ist. Um Siedeverzug und damit Überhitzung zu vermeiden, bringt man einige kleine, halberbsengroße Ton Stückchen (Siedesteine) vor jeder Destillation in den Siedekolben. Sie müssen bei dennoch
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Destillation
eintretendem Siedeverzug erneut eingetragen werden, jedoch nicht in die überhitzte Flüssigkeit, sondern erst nach kurzer Abkühlung. Der Kolben wird oberhalb des Ansatzrohrs in eine mit Kork ausgekleidete Klammer eingespannt. Heizquellen: Flüssigkeiten, die nicht höher als 80° sieden, werden im Wasserbad erwärmt (Emailtopf oder Becherglas); die Temperatur des Heizbades soll ungefähr 20 0 über dem Siedepunkt der Substanz liegen. Die Einhaltung der richtigen Heiztemperatur ist von großer Bedeutung, da bei zu großer Steigerung derselben infolge von Überhitzung zu hohe Siedepunkte des Destillats gefunden werden. Bei höher siedenden Stoffen kann man für präparative Zwecke, wo ein Spielraum von einigen Graden für den Siedepunkt in Kauf genommen werden kann, meist die freie, rußende Gasflamme benutzen, mit der der Kolben anfangs vorsichtig umfächelt wird; auch Erhitzen auf dem Babotrichter oder auf dem Drahtnetz ist anwendbar. Bei wertvollen Substanzen und wenn Anspruch auf analytische Eeinheit erhoben wird, auch dann, wenn aus Gründen der Beständigkeit der Substanz Uberhitzung vermieden werden soll, wird man ein Ol- oder P a r a f f i n b a d vorziehen, für Temperaturen > 220° ein M e t a l l b a d aus WooDscher oder ROSE scher Legierung oder die Schmelze von gleichen Teilen Kali- und Natronsalpeter, beide in einem eisernen Tiegel. Niedrig siedende Substanzen werden in einem LIEBIG sehen Kühler kondensiert, der mit Kork an das Ansatzrohr angeschlossen ist. Will man jeglichen Verlust durch Verflüchtigung vermeiden, so verbindet man das Kühlrohr durch einen sog. Vorstoß mit der als Vorlage dienenden Saugflasche, die durch Eis oder auch Kältegemisch gekühlt wird. Bei Flüssigkeiten, die um 100° sieden, genügt ein kurzer Kühler, und bei der Destillation geringer Mengen ist die Verwendung eines kleinen, dicht über das Ansatzrohr stülpbaren Kühlmantels zur Einschränkung von Materialverlusten besonders ratsam. Ein solcher ist in Fig. 19 und 24 abgebildet. Bei Siedetemperaturen oberhalb 120° kühlt man im allgemeinen nicht mehr mit fließendem Wasser, weil das Kühlrohr bei der Berührung mit dem heißen Dampf leicht springen kann; hier dient das im Mantel stehende Wasser, das sich allmählich erwärmt, als Kühlflüssigkeit. Wenn der Siedepunkt 150° überschreitet, genügt bloße Luftkühlung (weites Kühlrohr ohne Mantel). GATTERMANN, Praxis. 22. Auflage.
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Einige
allgemeine
Arbeitsregeln
Substanzen, die nach der Kondensation rasch erstarren, dürfen niemals aus einem Fraktionierkolben mit engem Ansatzrohr destilliert werden; man kann zwar das Destillat im frei liegenden Rohr durch Anwärmen mit der Flamme wieder verflüssigen, aber die an den durch Korke oder andere Verbindungen gedeckten Stellen auftretenden Yersperrungen sind oft kaum mehr zu öffnen und verursachen viel Zeitverlust und Arger. Deshalb greift man sofort zu dem mit weitem Ansatz versehenen S c h w e r t oder S ä b e l k o l b e n (Fig. 12), aus dem F j g 12 nach beendigter Destillation das Produkt mühelos, am besten durch Herausschmelzen, entnommenwerdenkann. Die Ausführung einer Destillation gestaltet sich normalerweise folgendermaßen. Nach allmählichem Erhitzen des Kolbeninhalts steigt unter den äußeren Erscheinungen des Siedens der Quecksilberfaden des Thermometers mit einemmal rasch in die Höhe, um bei einer bestimmten Temperatur, dem Siedepunkt, haltzumachen. Hat sich diese Temperatur innerhalb eines Grades fest eingestellt, so vertauscht man die Vorlage — ein kleines weites Röhrchen oder dgl. — mit dem „Vorlauf" gegen ein der zu erwartenden Substanzmenge angepaßtes Auffanggefäß (Erlenmeyer oder enghalsige Stöpselüasche mit aufgesetztem Trichterchen) und erhitzt weiter in dem Maße, daß alle 1—2 Sekunden ein Tropfen übergeht. Das Thermometer muß dauernd im Auge behalten werden. Die Substanz soll im allgemeinen in der Temperaturspanne von nicht mehr als 1—2 Graden übergehen; bei analytisch reinen Präparaten ist die Grenze enger zu ziehen. Destilliert man mit freier Flamme, so steigt gegen das Ende hin der Siedepunkt wegen Überhitzung regelmäßig um ein paar Grade, obwohl noch reine Substanz übergeht. Erhöht sich der Siedepunkt schon früher über den angegebenen Bereich, so wird die Vorlage wiederum gewechselt und unter Fortsetzung der Destillation ein drittes Kondensat, der „Nachlauf" aufgefangen. Es ist zu beachten, daß im Vorlauf wie im Nachlauf noch Anteile des Hauptprodukts enthalten sind. Der Dampfdruck einer destillierbaren Substanz ist schon unterhalb des Siedepunktes so beträchtlich, daß mit den leichter flüchtigen Bestandteilen (gewöhnlich Reste von Lösungsmittel) des ursprünglichen
Destillation
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Destillationsemsatzes auch Dampf der Substanz übergeht. Andrerseits steigt der Siedepunkt einer Substanz, wenn sie sich im Gemisch mit höher siedenden Stoffen befindet. So läßt sich Äther, der überaus häufig zur Aufnahme organischer Präparate verwendet wird, selbst auf dem siedenden Wasserbad nicht vollständig von einer viel weniger flüchtigen Substanz abtrennen, obwohl sein Siedepunkt schon bei 3 5 ° liegt. Ein anderes bekanntes Beispiel bildet die Benzolwäsche der Kokereien, auf das aber hier nicht näher eingegangen werden kann.
Daraus erklärt sich, daß auch der Nachlauf nicht frei ist von dem Hauptprodukt, und wenn Vorlauf und Nachlauf ansehnliche Mengen darstellen, so lohnt sich eine nach den angegebenen Kegeln zu wiederholende getrennte Destillation dieser beiden Anteile. Sie fraktionierte Destillation: Nicht so einfach, wie im vorstehenden geschildert, liegen die Verhältnisse, wenn es sich darum handelt, mehrere flüchtige Produkte einer Reaktion durch Destillation voneinander zu trennen. Die Aufgabe wird erschwert in dem Maße, als die Siedepunkte der einzelnen Bestandteile sich einander nähern, und es gelingt mit den üblichen Laboratoriumsmitteln schon nicht leicht, Substanzen mit einiger Schärfe voneinander zu scheiden, deren Siedepunkte sich um 10° unterscheiden. Der Weg, der hier in der größten Annäherung das Ziel erreichen läßt, ist der der mehrfachen Wiederholung des Destillationsprozesses. Sie kann bei niedrig siedenden Stoffen in einer Operation vorgenommen werden durch Anwendung von sog. F r a k t i o n i e r a u f s ä t z e n , das sind Kondensationssysteme, die vor der endgültigen Kondensation in die Dampfphase eingeschaltet sind. Durch Luftkühlung wird in den einzelnen Abteilungen dieser Destillationsaufsätze, die verschiedenartig konstruiert sein können (Fig. 13), Dampf verflüssigt und der nachdrängende Dampf muß diese Kondensate, die in seiner Bahn liegen, durchströmen. Dabei werden seine weniger flüchtigen Bestandteile kondensiert, während die leichter flüchtigen am nächsten Glied des Aufsatzes das gleiche Spiel wiederholen. So kommt eine der Anzahl der Kugeln des Aufsatzes entsprechende Menge von Einzeldestillationen 2*
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Einige
allgemeine
Arbeitsregeln
zustande, die bei vorsichtiger und langsamer Ausführung der Operation eine weitgehende Trennung ermöglicht. Besonders bewährt sind zylindrische Aufsätze, die regellos mit Kaschig-Kingen aus Glas angefüllt sind. Hat man nur kleine Substanzmengen zur Verfügung, so leistet eine in das Lumen des Destillationskolbens eingesetzte Glasspirale 1 ganz vorzügliche Dienste. Die technische Anwendung des Prinzips der fraktionierten Destillation finden wir in der Spiritusfabrikation und in der auf dem gleichen W e g erfolgenden Isolierung der aromatischen Kohlenwasserstoffe aus dem Leichtöl des Steinkohlenteers.
Flüssigkeitsgemische von höherem Siedepunkt ( > 120°) trennt man in ihre Bestandteile, indem man sie zuerst durch Destillation in mehrere Fraktionen von ungefähr gleichem Siedepunktsintervall zerlegt; die einzelnen Destillate werden (in kleineren Siedekolben) durch Destillation erneut aufgeteilt, die in ihren Siedepunkten einander naheliegenden Fraktionen werden dann noch mehrere Male unter immer schärferer Einengung der Siedepunktsgrenzen fraktioniert überdestilliert. Will man, was sehr empfehlenswert, auch hier die oben erwähnte Widmer-Spirale benutzen, so muß der Aufsatz, in dem sie sitzt, mit Asbest gut isoliert werden. Nicht alle Gemische sind durch Destillation trennbar; bisweilen bilden Stoffe, die bei verschiedenen Temperaturen sieden, konstant übergehende Destillate. Über die Theorie der fraktionierten Destillation unterrichte man sich genauer in NEHNST, Theoretische Chemie 1921, S. 117. Die Vakuumdestillation: Der organische Chemiker muß sich immer bewußt sein, daß fast alle Stoffe, mit denen er umgeht, vom Standpunkt der Thermodynamik aus metastabil sind. Die Einwirkung erhöhter Temperatur ist aber in allen Fällen der Einstellung der wahren Gleichgewichte — hier dem Zerfall — günstig, und deshalb wird man es sich zweckmäßig zur Regel machen, seine Substanzen nicht unnötigerweise zu gefährden. Aus diesem Grunde gebührt der Destillation unter vermindertem Druck, wobei die Siedetemperatur um 100 und mehr Grade herabgesetzt werden kann, eine große Bedeutung beim organischen Arbeiten. Ihre Methodik muß der präparative Organiker bald beherrschen lernen und er soll sich frühzeitig daran gewöhnen, die 1
WIDMEit, IJelv. chim. act. VII, 59 (1924).
Destillation
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Vakuumdestillation nicht als „Haupt- und Staatsaktion" aufzufassen, sondern als eine der elementarsten Operationen der Laboratoriumspraxis. Das gegebene Destillationsgefäß ist der C i a i s e n k o l b e n (Fig. 14). Seine sehr zweckmäßige Eohrteilung verhindert das hier besonders gefahrliche Überspritzen der siedenden Flüssigkeit. Damit der bei der Vakuumdestillation sehr leicht eintretende Siedeverzug vermieden werde, saugt man vermittelst einer feinen Capillare dauernd feine Luftbläschen — bei luftempfindlichen Substanzen Wasserstoff oder COa — durch die siedende Flüssigkeit. Die Capillare zieht man an einem genügend langen, 4—8 mm weiten Glasrohr in der Gebläseflamme aus und gibt ihr dann durch abermaliges Ausziehen über der Sparflamme die genügende Feinheit. Vor dem Gebrauch prüft man ihre Durchlässigkeit, indem man die Spitze in einem kleinen Reagenzglas unter Äther bringt und dann mit dem Mund hineinbläst. Die Blasen sollen einzeln und langsam herausperlen. Capillaren für die Hochvakuumdestillation sollen erst bei kräftigem Einblasen einzelne Luftblasen, aberschwierig, durchlassen. Bisweilen besteht das Bedürfnis, vor allem bei schäumenden Flüssigkeiten, den Luftdurchtritt durch die Capillare zu regulieren. Dies erreicht Fig. 14. man bei nicht allzu fein ausgezogener Capillare durch eine Quetschschraube, die man an einem Stückchen ungebrauchten, dickwandigen Gummischlauchs auf das Capillarrohr aufsetzt, derart, daß die Backen der Schraube den Schlauch unmittelbar über dem Ende des Capillarrohrs fassen. Man beachte aber, daß bei einer Unterbrechung der Destillation die in der Kugel vorhandene Flüssigkeit durch den äußeren Luftdruck in das noch evakuierte Capillarrohr hineingedrückt wird — unter Umständen bis in den Gummischlauch — und vermeide dies dadurch, daß man vor der Unterbrechung den Schraubhahn vorsichtig öifnet. Bei hartnäckigem Schäumen führt man unter Verzicht auf das Thermometer auch in das vordere Rohr des Claisenkolbens (b in Fig. 14) eine Capillare ein. Der durch sie eingesaugte feine Luftstrom bringt die Blasen, ehe sie übersteigen können, zum Platzen.1 1
E. DORRER, Dissert. München 1926.
22
Einige allgemeine Arbeitsregeln
Das Capillarrohr wird von der Spitze aus in einen eng anschließenden unversehrten Gummistopfen eingeführt (mit etwas Glycerin), der dicht in das Rohr a des Ciaisenkolbens hineinpaßt. Bei richtigem Sitz des Capillarrohrs soll sich das Capillarende in unmittelbarster Nähe des tiefsten Punktes der Kugel befinden. Im Rohr b steckt, ebenfalls durch einen Gummistopfen eingefügt, das Thermometer. Will man vermeiden, daß die Substanz mit Kautschuk in Berührung kommt, so benutzt man Claisenkolben mit verjüngten Rohrenden, in die Capillarrohr und Thermometer mit Hilfe kleiner übergezogener Schlauchstücke eingesetzt werden. Die Verwendung von Korkstopfen bei Vakuumdestillationen erfordert große Übung.
Fig. 15.
Fig. 16.
Die Kühlung erfolgt nach den gemachten Angaben; der kleine übergezogene Wasserkühler ist hier besonders empfehlenswert. Vorlagen: Wenn nur eine oder zwei Fraktionen zu erwarten sind, benutzt man als Vorlagen Saugröhrchen, wie auf Fig. 8 abgebildet, von entsprechender Größe — für den Vorlauf die kleinsten — oder, bei größeren Substanzmengen kleine Saugflaschen. Dem Verbindungsstopfen aus Gummi sind sie vorher anzupassen. Beim Wechseln der Vorlage muß die Destillation naturgemäß unterbrochen werden. Will man dies vermeiden und hat man mehrere Fraktionen zu erwarten, so bedient man sich mit Vorteil des sog. K u h e u t e r s , eines Apparats, der in Fig. 15 abgebildet ist. Indem man das mit Glycerin eingedichtete Glasrohr c mit einer Hand festhält,
Destillation
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kann man mit der andern den Glasteil b drehen und so die verschiedenen Auffanggefäße der Reihe nach unter die Mündung des Abflußrohrs bringen. Handlicher und für die Destillation kleiner Mengen geeigneter ist die in Fig. 16 wiedergegebene Form, in der Laboratoriumssprache je nach der Gestalt als „Spinne", „Frosch" oder „Schweinchen" bezeichnet. Schließlich sei noch der, namentlich für die Destillation größerer Substanzmengen trefflich bewährte Hahnvorstoß nach ANSCHÜTZ-THiEiiE (Fig. 17) erwähnt, bei dem man nach Schließung
Fig. 17.
Fig. 18.
der Hähne a und b mit Hilfe der Klemmschraube c das Vakuum in der Vorlage aufheben und so diese wechseln kann. Nachdem man dann bei c wieder geschlossen und durch Offnen von b wieder überall Vakuum hergestellt hat, kann man bei geöffnetem Hahn a weiter destillieren. Der dritte Hahn kann entbehrt werden. Noch einfacher ist der mit Dreiweghahn versehene Wechselvorstoß (Fig. 18) gebaut, an dem die Vorlage durch eine Hahnbohrung mit der Außenatmosphäre in Verbindung gebracht werden kann, während das Vakuum im Apparat erhalten bleibt. Nach dem Wechseln des Auffanggefäßes muß der Hahn allerdings sehr vorsichtig gegen dieses geöffnet werden, damit das inzwischen über dem Hahn angesammelte Kondensat durch die von unten eingesaugte Luft nicht verspritzt wird.
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Einige allgemeine Arbeitsregeln
Die beiden zuletzt aufgeführten Apparate haben den großen Vorteil, daß die einzelnen Fraktionen alsbald völlig voneinander getrennt werden, daß sie auch nicht mit den Dämpfen in gegenseitiger Berührung sind; für zähe, viscöse Flüssigkeiten, die nicht durch die Hahnbohrung gehen, sind sie dagegen nicht verwendbar. Man wird sie daher bei der Destillation von verhältnismäßig niedrig siedenden Substanzen, deren Dampfdruck nicht zu vernachlässigen ist, bevorzugen. Werden rasch erstarrende Substanzen im Vakuum destilliert, so trägt der Ciaisenkolben ein erweitertes Ansatzrohr, gerade so wie dies für die gewöhnliche Destillation beschrieben ist. Das Heizen: Nur bei großer Übung kann eine Vakuumdestillation mit freier Flamme ausgeführt werden. Weit zuverlässiger ist die indirekte Heizung durch ein Wärmebad. Auch hier ist die Temperatur des Heizbades mit größter Sorgfalt der Siedetemperatur der Substanz anzupassen (etwa 20° höher; bei hoch angesetztem Kondensationsrohr muß die Differenz vergrößert werden); wenn der Siedepunkt einer Fraktion erreicht ist, soll die Temperatur des Bades konstant gehalten werden. Der Kolben wird so tief in das Heizgefäß eingesenkt, daß der Spiegel des Destillationsguts unterhalb von dem der Heizflüssigkeit liegt. Die Kugel soll nicht weiter als bis zur Hälfte mit Substanz gefüllt sein. Bei der Destillation hoch siedender Stoffe täUölit iüäü möglichst tief ein und umkleidet den Destillationskolben oberhalb des Heizbads bis zum Winkel des Ansatzrohrs mit Asbestpapier, das durch einen dünnen Draht oder durch eine Schnur befestigt wird. Bei empfindlichen Substanzen, die an sich der Vakuumdestillation zugänglich sind, tritt bisweilen Zersetzung ein, wenn sie in der Hitze jäh einer starken Druckänderung unterworfen werden. In solchen Fällen soll das Vakuum erst nach Abkühlung des Kolbeninhalts aufgehoben werden. So zu verfahren, ist ganz allgemein zweckmäßig, weil dadurch auch die recht häufige Oxydationswirkung heißer Luft vermieden wird.
Unerläßlich für alle Destillationen unter vermindertem Druck ist die Zwischenschaltung eines abgekürzten Manometers (Fig. 19) zwischen Pumpe und Apparat, da der Druck, bei der Abhängigkeit des Siedepunktes von ihm, dauernd kontrolliert werden muß. Inkonstante Siedepunkte sind recht oft die Folge wechselnden Drucks. Um die Verunreinigung des Manometers durch Dämpfe, die sich darin kondensieren, hintanzuhalten, destilliert man bei geschlossenem Hahn, den man nur von Zeit zu Zeit zur Druck-
Destillation
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prüfung öffnet. Vor dem B e g i n n j e d e r V a k u u m d e s t i l l a t i o n muß d i e g a n z e A p p a r a t u r am M a n o m e t e r auf D i c h t i g keit, d.h. auf a u s r e i c h e n d e s V a k u u m g e p r ü f t werden. Mit dem Anheizen des Bades beginne man erst, nachdem das Vakuum hergestellt ist. Bringt man die b e r e i t s erwärmte Flüssigkeit unter vermindertem Druck, so kommt sie häufig infolge Überhitzung zum Uberschäumen. Dabei braucht der Siedepunkt der Substanz nicht erreicht zu werden: es genügt, daß im Destillationsgut noch etwas Lösungsmittel, z. B. Äther, enthalten ist, dessen Entfernung auf dem Wasserbad aus Gründen des stark herabgesetzten Dampfdruckes nie vollständig möglich ist.
In manchen Fällen, wenn leicht flüchtige, niedrig siedende Stoffe im Vakuum destilliert werden, ist es nötig, durch Erhöhung des Drucks die Flüchtigkeit zu vermindern. Man arbeitet dann nicht beim vollen Vakuum der Wasserstrahlpumpe, das je nach Druck und Temperatur des Leitungswassers 10—20 mm Quecksilber beträgt, sondern bei Drucken von 20—100 mm. Da die Leistung der Pumpe nicht reguliert werden kann, so hilft man sich mit einem in die Vorlageflasche eingesetzten Hahn (a, Fig. 19), mit dem man unter Beihilfe des Manometers jeden gewünschten Druck einstellen kann. Bei Substanzen, die unter Atmosphärendruck über 150° sieden, bedient man sich der maximalen Leistung der Wasserstrahlpumpe. In welchem Maße die Erniedrigung des Druckes bei einer Vakuumdestillation den Siedepunkt erniedrigt, sieht man an den auf Fig. 1 9 a
Einige allgemeine Arbeitsregeln
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wiedergegebenen Beispielen von N i t r o b e n z o l , Siedepunkt 208°/760mm (KurveI) und B e n z a l d e h y d (II), Siedepunkt 179°/760 mm. Die Bedeutung eines »guten Vakuums" beim präparativen Arbeiten prägt sich in dem steilen Anstieg der Kurven im Bereich der niederen Drucke aus. Es macht ungefähr 1 5 0 Unterschied im Siedepunkt aus, ob man unter 20 mm oder unter 10 mm Quecksilber destilliert. Mit steigendem Druck verringert sich dessen Einfluß, wie die im oberen Teil der Figur — in anderem Maßstab — gezeichnete Kurve I I I des Nitrobenzols mit
mmHg
20
15
10
F i g . 19
5
4
3
2
1 0
Siedcpt
a.
dem Druckgebiet von 760 mm abwärts deutlich macht. Wasser siedet in München bei 720 mm Hg erst bei 98,5°. Die quantitativen Beziehungen zwischen Druck und Siedetemperatur sind von Stoff zu Stoff verschieden, jedoch bei organischen Verbindungen innerhalb mäßiger Grenzen, so daß die hier wiedergegebenen Kurven für den praktischen Gebrauch wohl als Unterlagen benutzt werden können. Siedet z.B.ein Stoff A nach Angaben der Literatur bei 96°/12mm, so wird er unter 18 mm Hg bei 1 0 4 — 1 0 5 ° sieden. Stoffe, deren Siedepunkt auch bei dem Unterdruck, den die Wasserstrahlpumpe schafft, noch zu hoch liegt, lassen sich häufig im H o c h v a k u u m unzersetzt destillieren, d. h. bei Drucken, die bei 1 mm oder
Sublimation
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darunter liegen. Druckverminderung bis zu dieser Grenze setzt die Siedetemperatur um durchschnittlich 150° gegenüber der bei Atmosphärendruck, um etwa 40° gegenüber dem Vakuum der Wasserstrahlpumpe herab. Die punktierte Fortsetzung der Nitrobenzol-Kurve I (der keine gemessenen Zahlen zugrunde liegen) bringt dies zum Ausdruck. Seit der Einführung der sog. Quecksilberdampfstrahl-Hochvakuumpumpen, die wohl heutzutage in keinem Hochschullaboratorium fehlen, ist die Destillation im Hochvakuum eine unschwer auszuführende Prozedur, und wer die gewöhnliche Vakuumdestillation gewandt und sicher auszuführen gelernt hat, wird auch im Hochvakuum destillieren können, wenn diese Aufgabe etwa bei einem Literaturpräparat an ihn herantritt. Wegen der Empfindlichkeit der Apparatur — wenigstens gegenüber dem allgemeinen Gebrauch — ist dieses Verfahren in die Übungspräparate nicht einbezogen und wird darum auch nicht ausführlicher beschrieben. Die ausgezeichnete Quecksilberdampfstrahl-Pumpe von V o l m e r sollte heutzutage in jedem organischen Unterrichtslaboratorium vorhanden sein.
Man v e r s ä u m e nie, A u g e n zu s c h ü t z e n !
bei V a k u u m d e s t i l l a t i o n e n
die
Die Sublimation.
Flüchtige Stoffe, deren Dampf bei der Abkühlung unter Umgehung der flüssigen Phase sich direkt zu Kristallen verdichtet, werden unter Umständen mit Vorteil durch Sublimation gereinigt, vor allem dann, wenn das Umkristallisieren infolge besonderer Löslichkeitsverhältnisse erschwert ist. Ein bekanntes Beispiel bildet die Reinigung des Jods. In der organischen Chemie sind es namentlich Chinone, bei denen man das Verfahren anwendet. Eine Sublimation kleinerer Substanzmengen läßt sich zweckmäßig zwischen zwei gleich großen Uhrgläsern ausführen. Auf das untere bringt man die zu sublimierende Substanz, bedeckt es dann mit einem runden Filter, welches etwas über den Rand des Glases hervorragt und in seinem mittleren Teile einige Male durchlöchert ist, legt das zweite Uhrglas mit der Wölbung nach oben darauf und verbindet beide mit einer Uhrglasklammer. Erhitzt man nun das untere Glas möglichst langsam durch eine kleine Flamme auf einem Sandbade, so verdichtet sich die vergaste Substanz an dem kalten, oberen Glase zu Kristallen; das Filter verhindert, daß die Kriställchen wieder auf das untere heiße Glas zurückfallen. Zur Abkühlung des oberen Glases kann man dieses mit einer mehrfachen Lage feuchten Filtrierpapieres oder mit einem Stückchen feuchten Tuches bedecken.
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Einige
allgemeine
Arbeitsregeln
Will man größere Substanzmengen sublimieren, so ersetzt man in dem soeben beschriebenen Apparate das obere Uhrglas durch einen Trichter, welcher etwas kleiner als das Glas ist (Fig. 20).
i g . 20.
Auch in Tiegeln, Kolben, Bechergläsern, Betörten, Bohren u. a. kann man Sublimation vornehmen. Sublimiert die zu reinigende Substanz erst bei hoher Temperatur, wie etwa Indigo oder AlizariD, so bedient man sich auch hier des Vakuums (Kundkölbchen oder Eetorte). — Bei Sublimationen beachte man stets, daß der Apparat erst nach dem völlkommenen Erkalten auseinander genommen wird. Destillation mit Wasserdampf.
Von diesem wichtigen Reinigungsverfahren macht man nicht nur im Laboratorium, sondern auch in der chemischen Großindustrie außerordentlich häufig Gebrauch. Es beruht darauf, daß viele Stoffe, deren Siedepunkte beträchtlich höher liegen können als der des Wassers, von eingeblasenem Wasserdampf in dem Ausmaß ihres Dampfdrucks bei dessen Temperatur verflüchtigt und dann zusammen mit dem sie begleitenden Wasserdampf in einem angeschlossenen Kühlsystem wieder kondensiert werden. Der geeignetste und theoretisch einfachste Fall (vgl. unten) liegt vor, wenn der Stoff in Wasser schwer löslich oder praktisch unlöslich ist. Zur Prüfung auf Wasserdampfflüchtigkeit bringt man eine kleine Probe der Substanz mit etwa 2 ccm Wasser in ein Reagenzglas, erhitzt zum Sieden (Siedesteine 1) und hält den Boden eines mit etwas Eis beschickten zweiten Reagenzglases in die entweichenden Dämpfe, bis sich ein Wassertropfen daran kondensiert hat. Eine Trübung des Tropfens zeigt an, daß die Substanz mit Wasserdämpfen flüchtig ist. Zur Ausführung im großen bringt man die Substanz, die abgeblasen werden soll, mit wenig Wasser in einen geräumigen langhalsigen ßundkolben, der nicht weiter als bis zu einem Drittel angefüllt sein darf, erwärmt mit einem untergestellten Brenner bis nahe zur Siedetemperatur (um allzu große Volumvermehrung durch Kondenswasser zu vermeiden) und leitet erst jetzt, nachdem der angeschlossene l a n g e Kühler in Gang gesetzt und die Vorlage aufgestellt ist, einen ziemlich kräftigen Dampfstrom ein. Das weite Einleitungsrohr soll bis nahe an den Boden des
Destillation
mit
Wasserdampf
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Kolbens reichen und vorne etwas umgebogen sein (Fig. 21). Besitzt das Laboratorium keine Dampfleitung, so wird der Dampf in einem gut zur Hälfte gefüllten, mit Steigrohr versehenen Blechtopf entwickelt. Man destilliert in der Regel so lange, bis das Destillat klar abläuft. Wenn sich die Substanz kristallisiert im Kühlrohr abscheidet, so läßt man für kurze Zeit das Kühlwasser teilweise auslaufen; der Dampf bringt dann die Kristalle zum Schmelzen und Abfließen. Jedoch ist bei \ V dieser Maßnahme darauf zu sierter Dampf durch MitFig. 21. führen von Substanz Verluste verursacht. Der Wiedereintritt von Kühlwasser in das heiße Rohr hat mit Vorsicht zu erfolgen. Nach Beendigung der Destillation wird vor Abstellung des Dampfes die Verbindung zwischen Dampfrohr und Kolben gelöst, weil andernfalls der Rückstand des Kolbens durch das Einleitungsrohr zurücksteigen könnte. Darauf ist namentlich bei Entnahme des Dampfes aus einer Leitung zu achten. Kleinere Substanzmengen kann man auch aus einem genügend großen Fraktionskolben mit hoch angesetztem Rohr abJ%, blasen, besonders leichtflüchtige Stoffe auch f-f^""" ohne Dampfzufuhr durch Ii einfaches Erhitzen mit J\ A? Wasser. kSX / / Sehr schwer flüchtige ¿ ¿ ^ V Substanzen treibt man ( -— mit ü b e r h i t z t e m WasJ F serdampf über. Die Überhitzung erfolgt zweckmäßig in einem konisch gewundenen Kupferrohr (Fig. 22), das zwischen Dampfleitung und Kolben eingeschaltet und durch einen
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Einige
allgemeine
Arbeitsregeln
darunter gestellten Brenner erhitzt wird. Der Kolben mit der Substanz befindet sich in einem auf höhere Temperatur (etwa 150°) erhitzten Ölbad. Unter Umständen kommt man auch ohne Überhitzer zum Ziel, indem man möglichst trockenen Dampf nicht zu rasch in den die trockene Substanz enthaltenden, im Heizbad erwärmten Destillationskolben einleitet. Zersetzliche Substanzen, die flüchtig sind, werden bisweilen unter vermindertem Druck, also bei erniedrigter Temperatur, mit Wasserdampf destilliert. Zur Theorie der Wasserdampfdestillation: Die reine Form des Vorgangs liegt vor, wenn der zu destillierende Stoff in Wasser unlöslich, oder genauer, wenig löslich ist (Beispiele: Toluol, Brombenzol, Nitrobenzol), wenn sich also die Dampfdrucke von Wasser und Substanz gegenseitig nicht oder wenig beeinflussen. Ganz andere Verhältnisse ergeben sich bei Stoffen, die mit Wasser mischbar sind (Alkohol, Essigsäure); hier tritt das theoretisch kompliziertere Bild der fraktionierten Destillation auf. Wir betrachten nur den ersten Fall und wählen als Beispiel das bei 155° siedende Brombenzol. Erwärmen wir diese Flüssigkeit mit Wasser, so wird ihr Dampfdruck im Sinne der ihr eigenen Kurve ansteigen und zwar unabhängig von dem des Wassers. Die Erscheinung des Siedens wird eintreten, wenn die Summe der Dampfdrucke der beiden Stoffe dem herrschenden Atmosphärendruck gleich geworden ist. Dies ist, wie sich aus den Dampfdruckkurven entnehmen läßt, für Normalverhältnisse (760 mm) der Fall bei 95-25°. Bei dieser Temperatur beträgt die Tension des Brombenzols 121 mm, die des Wassers 639 mm, ihre Summe also 760 mm. Die Dampfphase wird daher nach der AVOGADBO sehen Regel die beiden Komponenten im molekularen Verhältnis von 121:639 enthalten, d. h. es werden 5,28 mal mehr Wassermoleküle im Dampfgemisch sein, als solche von Brombenzol. Das absolute Verhältnis, in dem Brombenzol mit Wasserdampf übergeht, ergibt sich einfach unter Heranziehung der Molekulargewichte. Auf 1 Mol Brombenzol vom Mol.-Gew. 157 kommen 5-28 Mole Wasser vom Mol.-Gew. 18, oder mit 157 Gewichtsteilen des ersten gehen 5*28.18 = 95 Gewichtsteile Wasser über, was ungefähr einem Verhältnis Brombenzol: Wasser von 5: 3 entspricht. Man kann demnach bei Kenntnis der Tensionskurve eines mit Wasser nicht mischbaren Stoffes den Grad seiner Wasser-
Abdestillieren
von
Lösungsmitteln
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dampfflüchtigkeit leicht angenähert berechnen, nur angenähert deshalb, weil die Voraussetzung der gegenseitigen Unlöslichkeit praktisch niemals erfüllt ist. Abdestillieren von Lösungsmitteln.
Da man beim organisch-präparativen Arbeiten sehr häufig Substanzen aus verdünnter Lösung zu isolieren hat, so gehört diese Operation zu den alltäglichen Verrichtungen. Äther wird am absteigenden Kühler (Schlangenkühler, Fig. 23) vom Dampfbad oder Wasserbad aus abdestilliert und nach eventueller Reinigung erneut verwendet. Enthält er flüchtige Säuren, so wird er mit Sodalösung, dagegen flüchtige Basen, mit verdünnter Schwefelsäure durchgeschüttelt. Um Verluste und Entzündung infolge der Flüchtigkeit des Äthers zu vermeiden, benutzt man als Auffanggefäß eine Saugflasche, die durch einen Kork mit dem Kühlrohr verbunden ist, und deren Saugrohr zur Sicherheit einen über den Arbeitstisch herunterhängenden Schlauch trägt. B e i m A r b e i t e n mit Ä t h e r und a l l e n l e i c h t e n t z ü n d l i c h e n L ö s u n g s 23 mitteln läßt man keine offenen Flammen auf dem A r b e i t s t i s c h b r e n n e n . Sind große Mengen Lösungsmittel zu verdampfen und will man den Inhalt der Lösung nach dessen Entfernung ebenfalls destillieren, so läßt man, um ein allzu großes Gefäß zu vermeiden, die Lösung nach und nach aus einem Tropftrichter in den geeigneten Fraktionierkolben fließen, in dem Maße, als das Lösungsmittel verdampft (Siedesteine). Wenn man nicht über ein Dampfbad verfügt, sondern vom Wasserbad aus destillieren muß, ist dessen Flamme bei jedem Nachfüllen (Trichter!) auszudrehen. Man kommt in diesem Fall meist rascher zum Ziel, wenn man die ganze Lösung aus einem größeren Rundkolben oder Erlenmeyer abdampft und dann den Rückstand mit wenig Lösungsmittel (aber vollständig!) in das kleinere Gefäß überspült. Kleine Mengen leicht verdampfbarer Flüssigkeiten kann man aus dem Reagenzglas oder einem kleinen Kölbchen direkt auf dem Wasserbad verjagen. Das Reagenzglas fülle man jeweils nur
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Einige allgemeine
Arbeitsregeln
2—3 cm hoch und gieße immer wieder nach; während des Siedens im Wasserbad muß dauernd geschüttelt werden. Nach dieser einfachen Methode führt man alle Vorproben mit Lösungen aus und sehe sich den Rückstand auf seine Eigenschaften an. Die Lösungen zersetzlicher Substanzen läßt man für diesen Zweck auf einem Uhrglas oder einer kleinen Kristallisierschale offen an der Luft verdunsten. Wenn es darauf ankommt, Lösungsmittel wie Alkohol oder Benzol v o l l s t ä n d i g zu entfernen, so gelingt dies auf dem Dampfoder Wasserbad nicht, weil der Siedepunkt mit zunehmender Konzentration höher und höher steigt; auch mit Äther macht es Schwierigkeiten. Man greift hier zum Ölbad oder häufiger zum Vakuum, das man ansetzt, wenn kein Kondensat mehr abtropft. Es genügt, eine Capillare aufzusetzen und den Kolben in einer Porzellankasserolle oder einem Emailtopf auf mittlerer Temperatur zu erhalten, unter direktem Anschluß an die Pumpe, um die meisten Lösungsmittel, auch Wasser, rasch und völlig zu entfernen. D ü n n w a n d i g e G l a s g e r ä t e , wie E r l e n m e y e r , S t e h k o l b e n und R e a g e n z g l ä s e r d ü r f e n n i e m a l s evak u i e r t w e r d e n , stets aber Rundkolben, unter Umständen Saugfiaschen, die aber vorsichtig zu erwärmen sind. Wenn man, wie es bei empfindlichen Stoffen häufig verlangt wird, größere Mengen Lösungsmittel im Vakuum abzudampfen hat, kondensiert man, zur Beschleunigung, mit einem nicht zu kleinen Kühler und kühlt bei Bedarf noch die Vorlage mit Eis. Der Kühler ist entbehrlich, wenn man als Vorlage einen einfachen Fraktionierkolben nimmt, der auf einen großen mit Abflußschlauch versehenen Trichter aufgelegt und von oben mit Leitungswasser berieselt wird. Das Ende des Kondensationsrohrs vom Destillierkolben muß bis über die Mitte der Kugel der Vorlage reichen. Diese Anordnung ist für das Eindampfen wäßriger Lösungen besonders geeignet. Die in Fig. 24 abgebildete Anordnung gestattet, ohne Unterbrechung große Mengen Flüssigkeit, insbesondere Wasser, im F i g . 24.
Ausschütteln.
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Extrahieren
Vakuum abzudampfen. Durch den Hahn a wird von Zeit zu Zeit das Übergegangene aus dem Vorratsgefäß b durch Einsaugen ersetzt. Anhaltendes Schäumen wäßriger Lösungen bei der Destillation verursacht häufig Arger und Zeitverlust. Man kann ihm begegnen dadurch, daß man der Lösung etwa 3°/o ihres Volumens an Iso-amylalkohol zufügt. Noch sicherer kommt man zum Ziel, wenn man in den leeren, destillationsbereiten Kolben die Lösung in dem Maße einsaugt, als das Wasser verdampft. Das Zuführungsrohr ist in diesem Fall zweckmäßig gegen die Mündung hin zu engerem Lumen ausgezogen, das Tempo des Einspritzens läßt sich mit einer Klemmschraube (Fig. 24) genau einstellen.
Ausschütteln.
Extrahieren.
Um ein Reaktionsprodukt, das nicht fest kristallin und filtrierbar ist, aus wäßriger Suspension oder auch aus einer Lösung herauszuholen, oder auch von unlöslichen Begleitstoffen zu trennen, nimmt man es in einem geeigneten Lösungsmittel auf; als solches dient meist Ä t h e r . So sammelt man z. B. das bei einer Wasserdampfdestillation Übergegangene, sofern nicht durch besonders günstige Grenzflächenverhältnisse eine direkte Abtrennung möglich ist. Zur Trennung zweier Schichten benutzt man den Scheidetrichter, bei kleinen Volummengen den gleichartig konstruierten Tropftrichter (Fig. 25) (bis zum Inhalt von 25 ccm herab), dessen Ansatzrohr höchstens 5 cm lang und (wegen des Abfließens) schräg abgeschliffen sein soll. Zum Eingießen von Flüssigkeiten in den Trennungstrichter bedient man sich stets eines gewöhnlichen Trichters. Nach der Trennung wird die untere Schicht durch den Hahn, die obere aus dem oberen Tubus ausgegossen (Trichter). Man warte immer, bis die schwerere Flüssigkeit sich am Boden angesammelt hat und vermeide beim Ausäthern ja, mit dem Äther auch Teile der wäßrigen Lösung abzugießen. Kleine Vorproben scheidet man nach dem Einsaugen im Tropfrohr (Fig. 9). Fig. 25.
Beim Ausschütteln einer wäßrigen Lösung, noch mehr einer Suspension, mit einem organischen Lösungsmittel treten bisweilen sehr unerfreuliche Emulsionen auf, die eine saubere GATTERMANN, Praxis. 22. Auflage.
8
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Einige allgemeine
Arbeitsregeln
Abtrennung unmöglich machen. Das sicherste Mittel dagegen besteht darin, sie zu vermeiden, indem man die Durchmischung mit Vorsicht vornimmt. Gegenmittel sind ferner: Erzeugung eines Vakuums im Scheidetrichter, Zugabe einiger Tropfen Alkohol, Sättigung der wäßrigen Phase mit Kochsalz, Stehenlassen über Nacht. Ist eine Substanz nicht nur im organischen Lösungsmittel, sondern auch in Wasser löslich, so ist der Erfolg des Ausschüttelns vom Verhältnis der Löslichkeiten abhängig; je größer dieses Verhältnis z. B. von Wasser zu Äther, der „Teilungsquotient" ist, um so mehr Äther muß benutzt oder um so öfter muß ausgeschüttelt werden. Denn dieser Quotient gibt an, wie sich ein in zwei nicht miteinander mischbaren Flüssigkeiten löslicher Stoff zwischen diese verteilt. Ob wir gegebenenfalls eine gewisse Menge Äther auf einmal zum Ausschütteln einer wäßrigen Lösung benutzen, oder ob wir besser die Operation mit kleinen Anteilen mehrfach wiederholen, die prinzipielle Entscheidung darüber gibt folgende einfache Betrachtung. Nehmen wir an, der Teilungsquotient sei gleich 1 und wir hätten auf 1 Volum Wasser 2 Volumina Äther zur Verfügung, die wir in einem Fall auf einmal einsetzen, im andern Fall zu gleichen Hälften für zwei Ausschüttelungen verwenden. Die Menge der gelösten Substanz sei a g. Im ersten Fall gehen dann a in den Äther, im zweiten nimmt das erste halbe Volum der Gesamtäthermenge ~ , das zweite von den zurückbleibenden ~ g noch «
2
einmal die Hälfte, also -j-, das sind -j-ag. Um diese Menge in e i n e r Operation aus dem Wasser herauszuholen, wäre das dreifache Volum Äther nötig, oder: 2 Liter einzeln eingesetzt leisten das gleiche wie 3 Liter auf einmal. Die praktische Folgerung ist klar. Der Teiluagsquotient organischer Substanzen zwischen Wasser und Lipoiden (das sind fettartige Bestandteile der Zellwand) ist für biologische Prozesse von großer Bedeutung (Narkosetheorie von H . H . M E Y E R u . OVERTON).
Außer Äther benutzt man zum Ausschütteln eines gelösten Stoffes aus Wasser bisweilen auch Essigester, Chloroform, Benzol, Amylalkohol. Da Wasser rund 10 °/0 seines Volums an Äther auflöst, vermeide man schon aus Sparsamkeitsgründen unnötige Verdünnung. Trocknen der Lösungen: Nachdem man eine Substanz aus wäßriger Lösung oder Suspension mit einem organischen Lösungs-
Ausschütteln.
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Extrahieren
mittel aufgenommen hat, ist die Lösung mit Wasser gesättigt und muß daher getrocknet werden; unterließe man dies, so -würde das gelöste Wasser nach dem Abdampfen des Lösungsmittels zum größten Teil mit der zu isolierenden Substanz zurückbleiben. Bei der Wahl des Trockenmittels ist zu beachten, daß es weder mit dem Solvens noch mit dem gelösten Stoff reagieren darf und in jenem vollkommen unlöslich sein muß. Man wird die ätherische Lösung einer organischen Säure nicht mit festem Atzkali trocknen, wohl aber die einer Base. Das wirksamste und meist benutzte Trockenmittel ist C a l c i u m c h l o r i d , das man entweder in gekörntem oder (vorher) geschmolzenem Zustand anwendet; Ätherlösungen werden fast ausschließlich mit ihm getrocknet, es sei denn, daß sie Stoffe enthalten, die mit CaCl2 Additionsverbindungen geben, wie Alkohole, Amine u. a. Alkoholhaltige Ätherlösungen dürfen daher nicht mit Calciumchlorid getrocknet werden; man muß vorher den Alkohol durch mehrfaches Ausschütteln mit Wasser entfernen. In der Regel wird viel zu viel Trockenmittel verwendet. Es genügt für gewöhnlich so viel Calciumchlorid, daß nach einigem Stehen neben gesättigter CaCl 2 -Lösung noch etwa die gleiche Menge festen Salzes vorhanden ist. Weit weniger wirksam als CaCl2 ist wasserfreies Natriumsulfat, selbst wenn es vor dem Gebrauch frisch geglüht ist. Es wird benutzt, wenn aus den angeführten Gründen ein Ersatz für Calciumchlorid gefordert wird. Für die Lösungen basischer Stoffe sind geglühte Pottasche, festes Atzkali, Bariumoxyd viel gebrauchte Trockenmittel. Um die gebräuchlichen Lösungsmittel völlig wasserfrei zu gewinnen, werden die folgenden Trockenmittel angewandt. F ü r Äther, Benzol und Homologe, Petroläther: Natrium. F ü r Aceton, Chloroform, Essigester, Schwefelkohlenstoff: Calciumchlorid. Die Alkohole werden durch mehrstündiges Kochen mit frisch gebranntem Ätzkalk am Rückflußkühler und anschließendes Abdestillieren entwässert. Chlorhaltige Lösungsmittel, wie CC13H, CC14 dürfen wegen Explosionsgefahr keinesfalls mit Natrium getrocknet werden. Extraktionsapparate. Sehr häufig ist eine organische Substanz in Wasser viel löslicher als in Äther und anderen Solventien. Dann führt auch oft wiederholtes Ausschütteln nicht zum ZieL Man arbeitet in solchen Fällen mit dem sog. Perforator, das ist ein kontinuierlicher Extraktionsapparat für Lösungen, der in 3*
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Einige
allgemeine
Arbeitsregeln
keinem organischen Laboratorium fehlen darf. Das Prinzip ergibt sich aus der mit einfachen Laboratoriumsmitteln zusammenstellbaren Anordnung nach SCHACHEEL (Fig. 2 6 a). Noch zweckmäßiger ist die in allen Dimensionen ebenfalls leicht zu beschaffende Apparatur gemäß Fig. 26 b. Damit kommen wir auch zu den Extraktionsapparaten für feste Substanzen. Der bekannteste ist der „ S o x h l e t " , der namentlich für analytische Zwecke viel benutzt wird. Für präparative Zwecke ziehen wir den vereinfachten Extraktor (Fig. 27)
Fig. 26 a.
Fig. 26 b.
Fig. 27.
vor, der billiger ist und rascher arbeitet. Damit sich durch das auftropfende Lösungsmittel im Extraktionsgut keine Gasse bildet, legt man eine dünne Siebplatte aus Porzellan (Filterplatte) darüber. Der Extraktionsapparat dient vornehmlich zum Herauslösen schwer löslicher Bestandteile aus Gemischen, zum Isolieren von Naturstoffen aus (trockenem) pflanzlichem oder tierischem Material. Mitunter ist es sehr zweckmäßig, schwer lösliche Substanzen mit dem geeigneten Lösungsmittel (bes. Äther) aus der Extraktionshülse „umzukristallisieren". Aus der bald heiß übersättigten Lösung im Siedekolben kommt meist schon während der Extraktion das Gelöste in Kristallen heraus.
Das Arbeiten mit komprimierten Oasen
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Bei hoch siedenden Lösungsmitteln hängt man die Extraktionshülse an einem dünnen Draht direkt in den Eundkolben ein; sie soll nicht in die Flüssigkeit eintauchen. Das Arbeiten mit komprimierten Gasen.
Jedes Hochschullaboratorium ist wohl zurzeit mit Stahlflaschen versehen, in denen die wichtigsten Gebrauchsgase in komprimierter Form enthalten sind. Diese sind 1. Sauerstoff, Wasserstoff, Stickstoff. 2. Kohlendioxyd, Chlor,Ammoniak, Schwefeldioxyd. Die Elemente unter 1., deren kritische Temperatur sehr tief liegt, sind in Grasform, die Stoffe unter 2. in verflüssigtem Zustand in den Bomben enthalten. Sauerstoff, Wasserstoff und Stickstoff befinden sich zumeist, auf 150 Atm. komprimiert, in Stahlbomben von 10 Liter Inhalt; in ihnen sind demnach nach der Füllung 1,5 cbm Gas von Atmosphärendruck enthalten. Die Ansatzgewinde der Wasserstoffflaschen haben verkehrten Schraubengang, damit nicht irrtümlich Sauerstoff in sie eingepreßt wird. A l l e G a s f l a s c h e n im L a b o r a t o r i u m s o l l e n m i t R e d u z i e r v e n t i l e n a u s g e s t a t t e t s e i n , für deren Instandhaltung ein Assistent zu sorgen hat. Die Benutzung des Kopfventils allein erschwert die Regulierung des Gasstroms und führt unfehlbar zu übergroßem Verbrauch. Für alle Gase (auch Chlor) sind sog. Kegelventile aus Aluminiumbronze verwendbar, die für billiges Geld von jedem geschickten Mechaniker angefertigt werden können (Fig. 28). Bei allen Arbeiten mit Gasen — sei es aus Stahlflaschen, sei es aus dem Kippapparat — m u ß e i n e K o n t r o l l e für die S t r ö m u n g s g e s c h w i n d i g k e i t a n g e w a n d t w e r d e n . Dafür genügt ein kleiner — außer bei NH 3 —, mit konz. Schwefelsäure beschickter Tropfenzähler, der an der Flasche selbst befestigt sein kann. Meist wird man, um gleichzeitig zu trocknen, eine Waschflasche vorschalten, am besten nicht eine zweiteilige mit Glasschliff, die oft durch den geringsten ÜberFig. 28.
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Einige allgemeine
Arbeitsregeln
druck geöffnet wird. 1 Müssen Gase besonders scharf getrocknet werden, so genügt eine Waschflasche mit konz. Schwefelsäure nicht. Man schaltet dann noch 1—2 U-Röhren vor, in die man, auf Glaswolle verteilt Phosphorpentoxyd eingefüllt hat. Ammoniak leitet man durch Kalilauge 1 : 1 und zum Trocknen dann noch durch einen Turm, der mit KOH und CaO beschickt ist. Man beachte, daß man mit den üblichen Laboratoriumsgeräten mit Flaschengas nicht abgeschlossen unter Uberdruck arbeiten kann. Will man z. B. eine Reaktionslösung unter H 2 - oder C0 2 -Druck stehen lassen, so darf das Gefäß nicht ohne weiteres an die Gasflasche angeschlossen werden. Zur Entlastung der Apparatur von dem Überdruck setzt man in die Leitung ein T-Rohr ein, dessen sich abzweigender Teil mit einem in einen Zylinder mit Quecksilber oder Wasser eintauchenden Glasrohr verbunden ist. Bequemer ist es, in solchen Fällen sich des Kipps zu bedienen oder, bei Stickstoff, eines damit aus der Bombe gefüllten Gasometers.
Erfahrungsgemäß wird viel Gas verschwendet, weil sich der Anfänger meist keine Gedanken darüber macht, welche Mengen ungefähr er für seine Reaktion benötigt; das soll er aber tun. Alle Gebrauchsgase außer Stickstoff können im Bedarfsfall ersatzweise nach einfacher bekannter Methode dargestellt werden. Erhitzen unter Druck.
Wenn man Lösungen oder freie Substanzen zur Steigerung der Reaktionsgeschwindigkeit bei einer Temperatur zur Umsetzung bringen will, die oberhalb ihres Siedepunktes liegt, so muß man sie von der äußeren Atmosphäre abschließen und zwar entweder durch Einschmelzen in ein Glasrohr, in dem sie dann erhitzt werden oder im geschlossenen Metallgefäß (Autoklav). Dies ist, wie leicht ersichtlich, schon erforderlich, wenn wir eine alkoholische Lösung bei 100° oder eine wäßrige etwa bei 120° reagieren lassen wollen. Der Zweck ist also ausschließlich die Erhöhung der R e a k t i o n s t e m p e r a t u r , die damit Hand in Hand gehende Steigerung des Drucks ist für die Geschwindigkeit der Umsetzung ohne Belang, da sie ja im allgemeinen von keiner wesentlichen Konzentrationsänderung begleitet ist. 1 Die Verbindung zwischen Stahlbombe und Waschflasche soll nach der Benutzung stets gelöst werden, damit ein Zurücksteigen der Schwefelsäure verhindert wird.
Erkitxen unter Druek
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Da man am häufigsten L ö s u n g e n im Einschlußrohr erhitzt, in denen der Dampfdruck des Lösungsmittels den Innendruck bestimmt, so hat man bei Temperaturen, die erheblich höher als 100° liegen, mit ganz ansehnlichen Drucken zu rechnen. Zu ihnen addieren sich die der eventuell bei der Reaktion entstehenden Gase. Uber die Druckverhältnisse, die bei einer Einschlußreaktion zu erwarten sind, mache man sich an Hand der Tensionskurve des angewandten Lösungsmittels überschlagsweise eine Vorstellung. Wir haben im erhitzten Rohr bei präparativen Reaktionen stets den Druck des gesättigten Dampfes, d.h. Lösung neben dem Dampf des Lösungsmittels. Der Druck ist daher von der absoluten Menge der eingefüllten Lösung nicht abhängig. Da aber vor allem flüssiges Wasser und daher auch wasserhaltige Lösungsmittel bei hoher Temperatur das Glas stark angreifen, füllt man in der Regel nicht höher als bis zur Hälfte des Rohrvolumens ein. Wenn bei der Reaktion Gas gebildet wird, spielt der Betrag an freiem Gasraum für die DruckverhältnisBe natürtyJw lieh eine Rolle. 11®' Die gebräuchlichen J ! iik Druckrohre aus Jenaer i, 1 $ S Glas können, wenn eine chemische Einwirkung auf f ||| das Glas außer Betracht bleibt, mit einiger SicherI i i ^isi* heit einem Druck von 20 Fig. 29. Fig. 30. bis 25 Atmosphären ausgesetzt werden. Einschmelzröhren sind stets durch einen Trichter zu füllen, die innere Wand in der Nähe der Zuschmelzstelle muß rein bleiben. Über das Umgehen mit Einschlußröhren vgl. auf S. 69/71. Will man mit der Temperatur nur auf 100° gehen, so erhitzt man das Rohr, mit einem Tuch umwickelt und an einem Bindfaden oder einem Draht aufgehängt, in der sog. Wasserbadkanone. Wenn kein oder nur geringer Druck entwickelt wird, so benutzt man statt des Einschmelzrohrs eine gewöhnliche Sodawasser-
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Einige allgemeine
Arbeitsregeln
flasche mit Patentverschluß, die man mit dem Wasserbad anheizt (Fig. 29). Das Arbeiten in Einschmelzröhren ist präparativ umständlich wegen ihres relativ geringen Fassungsraumes. Man benutzt daher für größere Ansätze A u t o k l a v e n , das sind metallene Einschlußgefäße, die gleichzeitig auch höhere Drucke aushalten. Der Deckel (s. Fig. 30) wird durch einenBleiring gedichtet, mit 6—8 Verschlußschrauben befestigt, deren Muttern man der Reihe nach allmählich anzieht. Es sind verschiedene Konstruktionen von Autoklaven im Gebrauch, von denen die sog. PruNGSTachen R ö h r e n als besonders erprobt hervorgehoben seien. Autoklaven sollen stets im Ölbad geheizt werden. Bei a l l e n A r b e i t e n u n t e r D r u c k s c h ü t z e m a n die Augen und verschaffe sich vorher aus den physikalischen Unterlagen ein ungefähres Bild über die dem Apparat zugemutete Leistung. Rühren und Schütteln.
Solange man in homogener Lösung arbeitet, ist mechanische Bewegung nicht nötig, es sei denn, daß man in einem Reaktionsgemisch einen nach und nach zuzusetzenden oder zuzutropfenden Stoff alsbald in feine Verteilung — Lösung oder auch Suspension — bringen will. Dies gilt besonders auch dann, wenn lokal auftretende Reaktionswärme, z. B. bei Zugabe von konz. Schwefelsäure, ein empfindliches Präparat gefährdet. Hierbei ist es unerläßlich, die Lösung durch Unischütteln mit der Hand oder besser durch mechanisches Rühren dauernd zu bewegen. Als Rührer dient zweckmäßig ein Glasstab, an den nur am unteren Ende oder aber auch mehrfach übereinander propellerartige Flügel aus Glas angeschmolzen sind. Zur Führung nimmt man ein Stück etwas weiteren Glasrohrs oder eine passende Hülse des Korkbohrers, die, in einem Kork gefaßt, in eine Klammer in vertikaler Richtung fest eingespannt werden und auf deren oberem Rand eine kleine Riemenscheibe oder auch Kork- bzw. Gummistopfen mit Rille, in denen der Rührstab befestigt ist, sich mit möglichst wenig Reibung bewegt (mit Glycerin geschmierter, schmaler Gummiring). Der Antrieb erfolgt mit einer RABESchen Wasserturbine, bei geeigneter Ubersetzung auch mit einem kleinen Elektromotor (1/10 PS genügt). Da, wo es an Wasser fehlt, bewähren sich kleine Heißluftmotoren, wie sie die Firma HEINRICH in Zwickau baut, als Treibmaschinen, auch für andere Zwecke, ganz ausgezeichnet.
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Schmelxpuriktbestimmung
Hat man im abgeschlossenen Gefäß zu rühren oder bei gleichzeitigem Erhitzen am Rückflußkühler, so wird der Rührer durch einen Quecksilberverschluß, wie ihn die Fig. 31 zeigt, abgedichtet. Einem Überdruck von innen ist diese Anordnung jedoch nicht gewachsen. Wenn man übereinander geschichtete, nicht mischbare Flüssigkeiten durcheinander rühren will, muß der Rührer zwischen den beiden Schichten eingesetzt werden. Spezifisch schwere Bodenkörper, z. B. Zinkstaub, Natriumamalgam werden im allgemeinen von den kleinen Glasrührern nicht ordentlich erfaß t. In solchen Fällen ist das mechanischeRühren häufigillusorisch, und man erreicht eine stärkere Wirkung durch Umrühren mit einem Glasstab, einer Holzleiste oder öfteres Umschütteln mit der Hand. Hier setzt auch die Benutzung der S c h ü t t e l m a s c h i n e ein, die eine möglichst 31 feine mechanische Aufteilung im heterogenen System zum Zweck hat. Als Gefäß benutzt man fast ausschließlich enghalsige Glasstöpselflaschen mit gutem, dichtem Schliff. Der Stopfen wird durch ein Stück darüber gezogenen und am Hals mit dünnem Draht festgemachten Gummischlauch gehalten. Umsetzungen, bei denen sich ein Gas oder viel Wärme entwickelt, dürfen nicht ohne weiteres auf der Schüttelmaschine vorgenommen werden. Schmelzpunktbestimmung.
Die Reinheit einer kristallisierten organischen Substanz wird durch den S c h m e l z p u n k t kontrolliert. Diese leicht zu ermittelnde Konstante dient auch zur Identifizierung von Stoffen und bei neuen Verbindungen zur Charakterisierung. Der Apparat ist ein langhalsiger Kugelkolben, in den ein geprüftes Thermometer mit Hilfe eines Korks eingesetzt ist; um die Skala ganz zu übersehen, ist ein Streifen Kork mit einem scharfen Messer herausgeschnitten (Fig. 32). Die Heizflüssigkeit ist
m tfö
F i g . 32.
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Einige allgemeine
Arbeitsregeln
reine konz. Schwefelsäure, mit der die Kugel zu 3 / 4 ihres Inhalts angefüllt wird. Die Substanz wird gepulvert in kleine dünnwandige Glasröhrchen eingebracht, die man sich aus Reagenzgläsern (zweckmäßig beschädigte, aber trockene und reine!) wie folgt herstellt. Man bringt das Rohr in der Gebläseflamme unter Drehen zum Schmelzen und zieht dann rasch aus; schon nach kurzer Übung trifft man den richtigen Durchmesser, der 1 —1*5 mm im Lichten sein soll. Aus dem ausgezogenen Material schneidet man mit der Schere die geeigneten Teile aus, wo es angeht, zweckmäßig in doppelter Röhrchenlänge (etwa 12 cm), so daß man durch Abschmelzen jedes Stücks in der Mitte (Sparflamme) alsbald zwei fertige Schmelzpunktsröhrchen erhält. Von der scharf getrockneten Substanz zerdrückt man eine kleine Probe mit Pistill oder Spatel auf einem Uhrglas oder einem kleinen Stückchen Ton und bringt von dem Pulver eine ungefähr 2 mm hohe Schicht auf den Grund des Röhrchens. Dabei taucht man das offene Ende des Röhrchens in das Pulver und bewirkt durch vorsichtiges Aufklopfen, daß die von der Mündung gefaßte Substanz hinuntergleitet. Bei großer Adhäsion läßt man das Röhrchen einige Male durch ein langes Glasrohr auf eine Glasplatte oder ein Uhrglas auffallen. Das Röhrchen wird dann am zweckmäßigsten mit einem Tropfen konz. Schwefelsäure, den man mit der Thermometerspitze am oberen Ende aufträgt, am Thermometer angeklebt, so daß sich die Substanz auf der Höhe der Mitte der Quecksilberkugel befindet. Diese selbst muß bei der Bestimmung ganz ins Bad eintauchen. Man erhitzt nun die Kugel mit mäßig großer, schräg gehaltener Flamme, die man langsam gleichförmig um den Kolben bewegt. Der Apparat muß von auffallendem Licht beleuchtet sein. Bei hoch schmelzenden Körpern kann man anfangs rasch erhitzen, in der Nähe des Schmelzpunkts soll die Temperatur langsam steigen. Gewöhnlich werden in diesem Stadium im oberen Teil des Röhrchens haften gebliebene Teilchen der Substanz durch die aufsteigende heißere Schwefelsäure zum Erweichen gebracht. Jetzt erhitzt man vorsichtig weiter; die Schmelztemperatur ist erreicht, wenn die zuerst zusammengefallene Probe sich klar verflüssigt hat. Bei Stoffen, deren Schmelzpunkt man nicht kennt, dient eine Vorprüfung zur Orientierung. Viele organische Verbindungen schmelzen nicht unzersetzt. Dies äußert sich oft in einer Veränderung der Farbe und meist
Sehmelzpunlctbestimmung
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in einer Gasentwicklung, die man im Röhrchen sehr scharf beobachten kann. Solche Substanzen besitzen keinen scharfen Schmelzpunkt, sondern einen Zersetzungspunkt, der fast immer von der Geschwindigkeit des Erhitzens abhängig ist, derart, daß er bei rascher Temperatursteigerung höher gefunden wird, als bei langsamer. Auch erkennt man bei ihnen den verändernden Einfluß der Hitze schon unterhalb des Zersetzungspunktes an einem Zusammenschrumpfen und Klebrigwerden der Substanzprobe, eine Formänderung, die man als „ S i n t e r n " bezeichnet. Bei der Bestimmung des Schmelzpunktes zersetzlicher Stoffe heizt man das Bad ziemlich rasch bis auf 10—20 Grade unterhalb der Zersetzungstemperatur, um von da an das Thermometer nur etwa um 5 Grade in der Minute höher zu treiben. Die Erscheinung vorzeitigen Sinterns ist bei unzersetzt schmelzenden Substanzen ein Kennzeichen unvollkommener Reinheit und verlangt nach der präparativen Seite erneute Umkristallisation oder Destillation. Es gibt allerdings auch Stoffe, die selbst in reinster Form nicht ohne vorheriges Sintern, also nicht ganz scharf, schmelzen. In diesem Zusammenhang sei auch auf die sog. „flüssigen Kristalle" hingewiesen ( L E H M A N N , YOELÄNDEB). Als Regel gelte, daß eine Substanz erst als rein angesehen werden kann, wenn sich ihr Schmelzpunkt bei Wiederholung der Reinigungsprozedur nicht mehr ändert. Die Ursache dafür, daß der Schmelzpunkt unreiner Stoffe tiefer liegt als der des einheitlichen Materials, liegt darin, daß die Begleitstoffe gewissermaßen als gelöste Stoffe wirken; der Erstarrungspunkt einer Lösung liegt aber bekanntlich immer tiefer als der des Lösungsmittels (Kryoskopie). Diese Beziehung begründet einen wichtigen Identitätsnachweis. Wenn wir auf neuem Weg eine Verbindung erhalten, die wir nach ihrem Schmelzpunkt mit einer schon bekannten für identisch halten, so können wir darüber einwandfrei entscheiden dadurch, daß wir den Schmelzpunkt eines innigen Gemisches der beiden Verbindungen feststellen. Ist A von B verschieden, so werden die beiden Stoffe als gegenseitige Verunreinigungen sich geltend machen, der Schmelzpunkt des Gemisches wird sinken; sind sie dagegen identisch, so bleibt der Schmelzpunkt unverändert. Bei der „Mischschmelzprobe" prüft man zweckmäßig die 3 Proben (A, B und A-\- B) am gleichen Thermometer, an dem bei einiger Übung zu beiden Seiten und vorne je ein Röhrchen oder wenn die Ther-
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Organisch-analytische Methoden
mometerröbre genügend dick ist, alle drei vorne nebeneinander (in gleicher Höhe!) angebracht werden können. In e i n e m Fall versagt die Mischprobe, nämlich bei isomorphen Stoffen. .Für die Bestimmung des S i e d e p u n k t e s mit kleinen Substanzmengen im Schmelzpunktapparat gibt es auch mehrere brauchbare Verfahren. Das Schwefelsäurebad kann nicht ohne Gefahr für Schmelzpunktbestimmungen oberhalb 250 0 verwendet werden; sobald sich Siedeerscheinungen zeigen, stelle man das weitere Erhitzen ein, rechne auch schon vorher mit der Möglichkeit, daß der Kolben springen könne. Höhere Temperaturen (bis 350°) erreicht man mit einem Schwefelsäurebad, in dem man in der Hitze Kaliumsulfat aufgelöst hat. Dieses Heizbad erstarrt in der Kälte, da prim. Kaliumsulfat auskristallisiert; es muß daher vor Einbringen des Thermometers eben geschmolzen werden. Hier ist nur ein allgemeiner Überblick über die gebräuchlichen Methoden und Handgriffe gegeben, wie sie bei den präparativen Übungen gebraucht werden. Über spezielle Bedürfnisse unterrichte man sich in den umfangreichen und gründlichen W e r k e n von LASSAR-COHN, HANS MEYER und HOUBEN-WEYL.
B. Organisch-analytische Methoden. Qualitativer Nachweis des Kohlenstoffs, Wasserstoffs, Stickstoffs, Schwefels und der Halogene. Prüfung auf Kohlenstoff und Wasserstoff: Verbrennt eine Substanz beim Erhitzen auf dem Platinblech mit Flamme (Ausnahmen: z.B.S), oder zersetzt sie sich unter Abscheidung von schwarzer Kohle, so ist sie als organisch anzusprechen. Gleichzeitig auf Kohlenstoff und Wasserstoff kann man prüfen, indem man eine Probe der trockenen Substanz in einem kleinen Reagenzrohr mit ihrem mehrfachen Volumen ausgeglühten, feinen Kupferoxydes mischt, über die Mischung noch etwas Kupferoxyd schichtet, das Rohr durch einen Kork mit einem rechtwinklig gebogenen Entbindungsrohre verbindet und nun stark erhitzt. Trüben die entweichenden Gase klares Barytwasser (C0 2 ), so enthält die Substanz Kohlenstoff, während der Wasserstoffgehalt sich dadurch zu erkennen gibt, daß sich in dem oberen, kalten Teile des Reagenzrohres Wassertröpfchen ansetzen.
Qualitativer Nachweis des Kohlenstoffs, Wasserstoffs usw.
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Prüfung auf Stickstoff: Man erhitzt eine kleine Probe in einem Reagiergläschen von etwa 5 mm Weite und 6 cm Länge so lange in einer Bunsenflamme mit einem halblinsengroßen Stückchen blanken Kaliums oder Natriums, welches man zwischen Filtrierpapier abgepreßt hat, bis meistens unter schwacher Verpuffung und Dunkelfärbung Zersetzung eintritt. Das schließlich bis zur Rotglut erhitzte Röhrchen taucht man noch heiß in ein kleines Becherglas ein, welches 5 ccm Wasser enthält, wobei das Röhrchen unter eventueller Entzündung des unverbrauchten Kaliums zerspringt (Abzug!). Man filtriert dann die wäßrige Lösung, welche bei Anwesenheit von Stickstoff Kaliumcyanid enthält, von Kohle und Grlassplittern ab, versetzt das Filtrat mit je 2 Tropfen Eisenvitriol- und Eisenchloridlösung, prüft, ob die Flüssigkeit alkalisch reagiert, und erhitzt, wenn dies der Fall ist, 1—2 Minuten, wobei sich bei Anwesenheit von KCN Ferrocyankalium bildet. Säuert man nun die alkalische Lösung nach dem Erkalten mit Salzsäure an, so lösen sich das abgeschiedene Eisenoxyd- und Eisenoxydulhydrat auf, und das Ferrocyankalium reagiert mit dem Eisenchlorid in bekannter Weise unter Bildung von Berlinerblau. Bei Anwesenheit von Stickstoff erhält man demnach einen blauen Niederschlag. Ist nur wenig Stickstoff in der Substanz vorhanden, so erhält man bisweilen im Anfang keinen Niederschlag, sondern nur eine blaugrüne Lösung. Läßt man diese längere Zeit, unter Umständen über Nacht, stehen, so scheidet sich ein Niederschlag ab. Bei der Prüfung leicht flüchtiger Substanzen auf Stickstoff wende man ein längeres Rohr an und lasse die sich in dem kalten Teile kondensierende Substanz mehrfach auf das heiße Kalium zurückfließen. Bei Substanzen, welche ihren Stickstoff schon bei mäßiger Temperatur abgeben, wie z. B. Diazoverbindungen, kann dieser nicht in der beschriebenen Weise erkannt werden. Man muß in derartigen Fällen prüfen, ob bei der Verbrennung der Substanz mit Kupferoxyd in einer mit Kohlensäure gefüllten Röhre sich Gas bildet, welches von Kali nicht absorbiert wird (vgl. quantitative Bestimmung des Stickstoffs). Prüfung auf Schwefel: Die qualitative Prüfung auf Schwefel wird in der gleichen Weise wie die auf Stickstoff ausgeführt. Man glüht die Substanz in einem Röhrchen mit Natrium und versetzt die eine H ä l f t e der mit Wasser aufgenommenen und erkalteten Schmelze mit einigen Tropfen einer Nitroprussidnatrium-
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Organisch-analytische Methoden
lösung, welche man sich durch Schütteln einiger Körnchen des festen Salzes mit Wasser in der Kälte kurz zuvor darstellt. Eine violette Färbung zeigt die Anwesenheit von Schwefel an. Da die Nitroprussidreaktion äußerst empfindlich ist und keinen Schluß auf die Menge des Schwefels zu ziehen gestattet, so versetzt man die zweite Hälfte der Flüssigkeit nach dem Filtrieren mit Bleiacetatlösung und säuert darauf mit Essigsäure an. Je nachdem hierbei nur eine dunkle Trübung oder ein mehr oder minder starker Niederschlag von Schwefelblei sich bildet, ist die Menge des Schwefels nur eine geringere oder eine größere. Leichtflüchtige Substanzen kann man meistens in dieser Weise nicht prüfen. Diese erhitzt man, wie unten bei der quantitativen Bestimmung des Schwefels angegeben, mit rauchender Salpetersäure in einem Bombenrohr auf etwa 200—300° und prüft die Lösung nach dem Verdünnen mit Wasser mit Bariumchlorid auf Schwefelsäure. Prüfung auf die Halogene: Chlor, Brom und Jod kann man in organischen Verbindungen nur in seltenen Fällen direkt durch Fällen mit Silbernitrat nachweisen, da das Halogen meist nicht ionogen gebunden ist. Um in derartigen Fällen die Halogene zu erkennen, glüht man die zu prüfende Substanz in einem nicht zu engen Reagenzrohr über einer Bunsenfiamme mit einem Überschusse von chemisch reinem Kalk, taucht das noch heiße Kohr in wenig Wasser ein, wobei es zerspringt, säuert mit chemisch reiner Salpetersäure an, filtriert ab und versetzt mit Silbernitrat. In Verbindungen, welche keinen Stickstoff enthalten, kann man, wie dies bei der Prüfung auf Stickstoff beschrieben ist, die Halogene durch Glühen mit Natrium nachweisen. In diesem Falle säuert man die von Glasscherben und Zersetzungsprodukten abiiltrierte Lösung mit reiner Salpetersäure an und fügt Silbernitrat hinzu. Sehr schnell und bequem lassen sich die Halogene durch die BEILSTEIN sehe Probe erkennen. Ein Stückchen Kupferoxyd von der Größe einer Linse oder ein Stäbchen des Oxydes von */2 cm Länge wird mit einem dünnen Platindraht, der an ein Glasrohr angeschmolzen ist, umwickelt und in der Bunsenfiamme so lange ausgeglüht, bis die Flamme farblos erscheint. Bringt man nach dem Erkalten des Kupferoxydes eine winzige Menge einer halogenhaltigen Substanz darauf und erhitzt in dem äußeren
Qualitativer Nachweis des Kohlenstoffs, Wasserstoffs usw.
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Teile einer Bunsenflamme, so verbrennt zunächst der Kohlenstoff, und man beobachtet eine leuchtende Flamme. Diese verschwindet bald und macht einer grünen oder blaugrünen Platz, welche durch verdampfendes Halogenkupfer hervorgerufen wird. Aus der Dauer der Färbung läßt sich darauf schließen, ob die Substanz nur Spuren oder mehr Halogen enthält. Auch ein in einem Kork befestigtes Stück Kupferdraht kann zur Ausführung der B E I L S T E I N sehen Probe Verwendung finden. Andere Elemente, die in organischen Verbindungen vorkommen, wie Phosphor, Arsen, weitere Metalloide und organisch gebundene Metalle weist man nach, indem man die organische Substanz durch Oxydation (mit Salpetersäure im Einschlußrohr oder durch Schmelzen mit Salpeter oder Natriumperoxyd) zerstört und dann nach den üblichen analytischen Methoden die Prüfung vornimmt. Dem Bedürfnis nach der qualitativen Aufklärung einer organischen Verbindung ist durch Ermittlung ihrer Elementarbestandteile nur zu einem geringen Teil Genüge getan. Die weitere und schwierigere Aufgabe ist, sie zu klassifizieren, auf Grund ihrer chemischen und physikalischen Eigenschaften und Reaktionen festzustellen, welcher Gruppe von Verbindungen sie angehört. So einfach es ist, polare Verbindungen als Säuren oder Basen zu erkennen, so groß sind vielfach die Schwierigkeiten, eine neutrale Substanz von unbekannter Zusammensetzung in die richtige Körperklasse einzuordnen. Die Merkmale der wichtigsten organischen Gruppen (Alkohol-, Aldehyd-, Keton-, Ester-, Amid-, Nitril-, Nitro-, um nur einige zu nennen) zu erkennen, gesättigte, ungesättigte und aromatische Stoffe durch ihre Reaktionen voneinander zu unterscheiden, solche und noch viele andere Fragen experimentell zu beantworten, soll die Beschäftigung mit der präparativen organischen Chemie als unentbehrlichen Nebenzweck lehren. Der Praktikant soll nicht nur Übung erlangen in der synthetischen Darstellung von Stoffen aus den wichtigsten Verbindungsreihen, er soll auch mit seinen Präparaten vertraut werden, er soll sich in ihre charakteristischen Eeaktionsmerkmale vertiefen, ihre stoffliche Eigenart durch gründliche experimentelle Betrachtung und Beobachtung in sich aufnehmen. Darum sollen die in der folgenden präparativen Anleitung gebrachten Versuchsbeispiele, die diesem Unterrichtszweck dienen, nicht auf die
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Organisch-analytische Methoden
leichte Schulter genommen werden. Ihre Ausführung ist der rein präparativen Tätigkeit an Bedeutung gleich zu achten. Im Bereich der wissenschaftlichen Arbeit, die sich dem präparativen Praktikum anschließt, ja überall, wo der Chemiker selbständig dem Stoff gegenüber gestellt wird, erstehen allerorts Probleme, die qualitativ-analytische Schulung fordern. Es ist ein wegen der zeitlichen Beschränkung des Studiums bisher leider nicht erfüllbares Ideal, der synthetisch-präparativen Tätigkeit einen umfassenden Lehrgang zur qualitativen Erkennung organischer Substanzen anzuschließen. Aber immerhin ist dieser Seite der Ausbildung die ernsteste Aufmerksamkeit zuzuwenden. Richtlinien für die hier skizzierten Aufgaben sind schon während des Praktikums dem gründlichen Werk von H A N S METEB, „Analyse und Konstitutionsermittlung organischer Verbindungen" zu entnehmen. E s sind auch förmliche Analysengänge für die EingruppieruDg und Klassifizierung organischer Stoffe ausgearbeitet, von denen die „Anleitung zur organischen qualitativen Analyse" von H. STAUDINGEE, II. Aufl., Berlin 1929, hier erwähnt sei.
Die organische Elementaranalyse.1 Die quantitative Bestimmung der Elemente einer organischen Substanz geschieht mit Hilfe der Elementaranalyse. Hierbei werden Kohlenstoff und Wasserstoff nebeneinander bestimint, während zur Bestimmung aller übrigen Elemente je eine besondere Analyse auszuführen ist.
I. Stickstoffbestimmung nach Dumas. Die abgewogene Substanz wird in einer mit Kohlensäure gefüllten Röhre durch glühendes Kupferoxyd verbrannt, wobei der Kohlenstoff zu Kohlendioxyd, der Wasserstoff zu Wasser oxydiert wird, während Stickstoff als solcher entweicht und, über Kalilauge aufgefangen, volumetrisch bestimmt wird. Auftretende Stickoxyde werden durch eine glühende Kupferspirale zu Stickstoff reduziert. Zur Stickstoffbestimmung sind erforderlich: 1 Es werden hier im wesentlichen die Methoden der Verbrennungsanalyse beschrieben, die sich im MüDchener Staatslaboratorium im Laufe der Jahre herausgebildet haben und die in der für den Gebrauch in diesem Institut bestimmten Anleitung von P. HENLE, beschrieben sind. Vgl. auch die Angaben über Elementaranalyse in F. HENIE, Organ.-chem. Praktikum, Leipzig 1921.
Stickstoffbestimmung
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Dumas
ein Verbrennungsrohr aus schwer schmelzbarem Glas, dessen Länge so bemessen sein soll, daß es auf jeder Seite des Ofens etwa 8 cm herausragt; ein luftfreier Kohlensäure-Kipp; ein Vakuumexsiccator; ein Glashahn; ein Mischrohr mit eingeschliffenem Stopfen (die Öffnung muß sich in das Yerbrennungsrohr einführen lassen); mehrere Wägeröhrchen (die Öffnungen müssen sich in das Mischrohr einführen lassen); ein Schiffchen von Porzellan; mehrere Gläschen mit eingeschliffenem Deckel für die Analysensubstanzen ; eine kleine Reibschale mit glasiertem Boden; eine Kupferoxydbirne mit Gummistopfen; einfach durchbohrte Gummistopfen, die in die Öffnungen des Yerbrennungsrohres passen; Verbindungsschläuche; 500 g drahtförmiges Kupferoxyd; eine Kupferspirale von 10 cm Länge 1 ; drei Kupferspiralen von je 2 cm Länge 1 ; reines Ätzkali in Stangen; etwa 3/4 m langer, steifer Eisendraht mit Haken (zum Verschieben der Spiralen); Methylalkohol; zwei Asbestplatten, Glaswolle. Azotometer, Gasometer und Öfen werden vom Laboratorium gestellt. Vorbereitungen. Luftfreier Kohlensäure-Kipp: Kleine Marmorstückchen werden in einer Kasserolle mit verdünnter Salzsäure Übergossen, nach wenigen Sekunden abgespült und etwa 2 Stunden mit destilliertem Wasser, das von Zeit zu Zeit zu ersetzen ist, ausgekocht. Nach dem Einfüllen des Marmors werden die beiden unteren Kugeln mit dem ausgekochten Wasser, die leere Kugel mit reiner konzentrierter Salzsäure gefüllt. Etwa vorhandene Luftblasen entfernt man durch kurzes öffnen des Hahnes oder durch Heben und Senken des Trichterrohres. Alsdann läßt man durch Öffnen des Hahnes so viel Wasser ausfließen, bis die Salzsäure den Marmor erreicht hat. Durch Öffnen und Schließen des 1 10, bzw. 2 cm breite Kupferdrahtnetz-Streifen werden um 14, bzw. 6 cm lange Stücke geraden, dicken Kupferdrahts festgerollt. Die lange Spirale soll im Kohr leicht verschiebbar sein, die kurzen sollen festsitzen. Die Enden des Drahtes werden mit einer Flachzange zu Haken gebogen.
GATTERMAHN, Praxis.
22. Auflage.
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Organisch-analytische Methoden
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Hahnes sorgt man. für gute Mischung von Salzsäure und Wasser, bis man einen kräftigen Kohlensäurestrom erhält. Nach Aufsetzen eines Steigrohres und Anschließen einer Waschflasche, die mit Bleiacetatlösung zur Entfernung von Schwefelwasserstoff gefüllt ist, lasse man 1 bis 2 Stunden lang einen mäßig starken Gasstrom sich entwickeln. Alsdann verschließt man die Waschflasche durch einen Gummischlauch mit Klemmschraube, da der Hahn des K I P P sehen Apparates stets offen zu bleiben hat. Füllung des SauerstofFgasometers: Durch Öffnen der Hähne a und b (Fig. 33) füllt man den unteren Behälter vollständig mit Wasser. Nach Schließung der beiden Hähne schraubt man die Verschlußkappe c ab, führt einen Schlauch, der mit einer Sauerstoffbombe in Verbindung steht, in den Tubus bei o ein und Fig. 33. füllt den Gasometer mit Sauerstoff. Nach Aufschrauben der Verschlußkappe, Füllen des oberen Behälters mit Wasser, Öffnen der Hähne a und b tritt bei b ein Sauerstoffstrom aus. Reinigung und Füllung des Verbrennungsrohres.
Zur Reinigung des Verbrennungsrohres schiebt man mehrmals einen Watte- oder Filtrierpapier-Pfropfen hindurch. Man bringt nun eine 2 cm lange Kupferspirale in das Kohr, PO daß die dadurch abgeteilten Strecken 2 / 3 und l / 3 der gesamten Rohrlänge ausmachen. Die Dicke der Spirale soll so bemessen sein, daß sie sich nur unter leichtem Kraftaufwand verschieben läßt. Die größere Abteilung füllt man dann mit drahtförmigem Kupferoxyd, das man mit Hilfe eines Siebes vom Staub befreit hat. Durch Klopfen mit der flachen Hand läßt man das Kupferoxyd fest aufsitzen und verschließt es durch eine zweite kurze Kupferspirale, für deren Dicke dasselbe wie für die erste gilt. Der dann auf dieser Seite des Rohres noch freibleibende Teil soll eine Länge von etwa 20 cm besitzen. E r dient zur Aufnahme der reduzierten Spirale. Die kleinere Seite des Rohres füllt man mit feinerem K u p f e r o x y d d a s man sich durch Zerkleinern von drahtförmigem herstellt. Den Abschluß bildet wieder eine kurze Kupferspirale, die mäßig leicht verschiebbar sein soll. Der dann noch freibleibende Raum soll etwa 8 cm lang sein 1
Etwa 2 mm lange Drahtstücke.
Reinigung imd Füllung des
Verbrennungsrohres
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(vgl. die Fig. 34). Zur Reinigung werden die Kupferspiralen im Gebläse ausgeglüht, bis die Flamme sich nicht mehr grünlich färbt. Ausglühen des gefüllten Rohres: Das Verbrennungsrohr versieht man auf der Seite des feinen Kupferoxydes mit einem Glashahn und legt es auf die mit Asbestpapier ausgelegte eiserne Schiene des Verbrennungsofens, so daß der Glashahn nach dem Gasometer zeigt. Man zündet dann die Flammen auf einmal an, reguliert die einzelnen Brenner so, daß die Flammen gleich hoch brennen, stellt den Haupthahn so ein, daß die Flammenspitzen gerade die eiserne Schiene berühren, und schließt die Kacheln. Nach Ablauf einiger Minuten dreht man jeweils den Haupthahn weiter auf, bis die Flammen an der Schiene sich teilen und seitwärts heraufschlagen, ohne sich jedoch über dem Rohre wieder zu vereinigen. Im Verlaufe einer halben Stunde bringt man so
< -i
Irl
Fig. 35.
Fig. 34.
das Kohr auf mäßige Rotglut. Ein schnelles Anheizen ist zu vermeiden, da hierdurch leicht Springen des Rohres eintritt. Um das Rohr an den beiden Enden des Ofens vor zu großer Abkühlung zu schützen, setzt man auf das Rohr Asbestreiter (Fig. 35) auf, wodurch gleichzeitig ein Anbrennen des Gummistopfens vermieden wird. Sobald das Rohr auf Rotglut erhitzt ist, schließt man den Sauerstoffgasometer an und leitet einen langsamen Sauerstoffstrom hindurch, den man durch eine Waschflasche mit Wasser als Blasenzähler schickt.1 Ist der Sauerstoff am vorderen Ende nachweisbar, so stellt man den Gasstrom und die Flammen ab und läßt erkalten. Herstellung der reduzierten Kupferspirale: In ein Reagierrohr, auf dessen Boden sich ein Glaswollepfropfen befindet, gibt man 1 ccm Methylalkohol. Dann läßt man eine am Gebläse zu heller Rotglut gebrachte, 10 cm lange Kupferspirale in das Rohr hinabgleiten und die sich entzündenden Gase abbrennen. 1 Für die Stickstoffbestimmung braucht das Kohr nicht wasserfrei gehalten zu werden.
4»
52
Organisch-analytische
Methoden
Instandsetzung des Azotometers: Das zum Auffangen und Messen des Stickstoffs dienende Azotometer wird durch Ausspülen mit verdünnter Salzsäure und destilliertem Wasser gereinigt. Das als Sperrflüssigkeit dienende Quecksilber muß das Zuleitungsrohr vom Meßrohr absperren. Dann füllt man bei geschlossener Klemmschraube und offenem Hahn die möglichst tief hängende Birne mit 50°/ 0 iger Kalilauge und schließt bis zum Gebrauch des Azotometers die Luft ab. Trocknen der Analysensubstanz: Feste Substanzen werden vor der Analyse fein zerrieben und im evakuierten, mit Schwefelsäure gefüllten Exsiccator von der anhaftenden Feuchtigkeit befreit, bis Gewichtskonstanz erreicht ist. Flüssigkeiten werden im nicht evakuierten Exsiccator aufbewahrt. Säureempfindliche Substanzen trocknet man im Vakuum über Kailumhydroxyd, wärmebeständige, hochschmelzende Substanzen im Luftbad bei etwa 110°. Substanzen, die Kristallwasser oder -alkohol enthalten, werden entweder lufttrocken, oder, nachdem man sie im Exsiccator zur Gewichtskonstanz gebracht hat, analysiert. Halten sie das Kristallösungsmittel sehr fest zurück, so trocknet man im Hochvakuum bei erhöhter Temperatur (vgl. dazu S. 14 unten).
Ausführung der Verbrennung. Wägung: Alle zur Wägung kommenden Gegenstände müssen des Temperaturausgleiches wegen mindestens 1 Stunde vor Beginn der Wägung in das Wägezimmer gebracht werden. Die Gegenstände faßt man, wenn möglich, mit einer Pinzette oder an der schmälsten Stelle an. Vor der Wägung bestimmt man den Nullpunkt der Wage. Man wägt auf 0-1 mg genau. Zunächst stellt man das ungefähre Gewicht des Wägeröhrchens fest. Dann füllt man Substanz ein, reibt das Röhrchen mit einem Lappen ab und wägt. Die abgewogene Substanz entleert man nun in das Mischrohr, das bereits ein wenig Kupferoxyd enthalten soll. Durch Zurückwägen des Wägeröhrchens mit den hängen gebliebenen Substanzresten läßt sich das genaue Gewicht der zu analysierenden Substanz feststellen. Für Stickstoffbestimmungen nimmt man 0-1—0-16 g Substanz. Füllen des Verbrennungsrohres: Man entfernt auf der Seite des feinen Kupferoxydes (hinteres Ende des Verbrennungsrohres) die Kupferspirale und leert das feine Kupferoxyd in die Kupferoxydbirne. Die Substanz im Mischrohr überschichtet man dann
Ausführung
der Verbrennung
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mit einer etwa 5 cm hohen Schicht feinen Kupferoxydes aus der Kupferoxydbirne, verschließt das Mischrohr mit dem Glasstopfen und schüttelt gut durch. Den Inhalt schüttet man in das Verbrennungsrohr. Das Mischrohr wird nun mehrere Male mit feinem Kupferoxyd nachgespült und die einzelnen Portionen in das Verbrennungsrohr geschüttet, bis alles feine Kupferoxyd sich im Verbrennungsrohr befindet. Nachdem die Kupferspirale wieder eingeführt ist, wird das hintere Ende durch einen einfach durchbohrten Gummistopfen mit einem Glashahn versehen. In das vordere Ende des Rohres wird nach Einführung der reduzierten Spirale durch einen Gummistopfen ein im stumpfen Winkel abwärts gebogenes Glasrohr eingesetzt. Die Stopfen müssen zur Hälfte im Rohr stecken und sollen an ihrem dünneren Ende noch an der Rohrwand anliegen. Die Glasröhrchen dürfen nicht mehr als 1 mm aus dem Stopfen herausragen. Zusammenstellen der Apparate: Nachdem man das Rohr bei zurückgeschlagenen Kacheln in den kalten Ofen gelegt hat, verbindet man den Glashahn durch einen mit Klemmschraube versehenen Schlauch mit der Waschflasche des luftfreien Kohlensäure-Kipps. An das andere Ende des Rohres schließt man das Azotometer an. Zur Prüfung auf Dichtigkeit der Apparatur, d i e vor j e d e r V e r b r e n n u n g a u s z u f ü h r e n i s t , schließt man die Klemmschraube des Azotometers und öffnet die Verschlüsse nach dem K I P P sehen Apparat. Nachdem sich der Druck ausgeglichen hat, darf während mehrerer Minuten keine Gasblase die "Waschflasche passieren. Eigentliche Verbrennung: Zunächst öffnet man den Hahn des Azotometers und hängt die Birne so tief, daß alle Kalilauge sich in der Birne befindet. Dann öffnet man die Klemmschraube und leitet etwa 5 Minuten lang einen lebhaften C0 2 -Strom durch das Verbrennungsrohr, der mit Hilfe der Klemmschraube an der Waschflasche zu regulieren ist. Um festzustellen, ob noch Luft im Rohr ist, schließt man die Klemmschraube des Azotometers, hebt die Birne, so daß die Kalilauge etwas bis über die Durchbohrung des Glashahnes steigt, schließt diesen und bringt die Birne wieder in ihre tiefe Lage. Nach Öffnen der Klemmschraube müssen die aufsteigenden Blasen so gut wie vollständig absorbiert werden. Während drei Minuten darf sich kein meßbares Volumen (weniger als 0-1 ccm) unabsorbierten Gases ansammeln. Ist dies noch nicht erreicht, so öffnet man
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Organisch-analytische
Methoden
den Glashahn, wodurch die Kalilauge in die tief gestellte Birne fließt, und leitet noch einige Zeit Kohlensäure durch das Rohr, um dann abermals in der angegebenen Weise zu prüfen. Ist alle Luft verdrängt, so stellt man den C0 2 -Strom durch Zudrehen der Klemmschraube an der Waschflasche ab und schließt auch den am hinteren Ende des Rohres befindlichen Glashahn. Man zündet nun unter der reduzierten Spirale und einem Teil des fixen Kupferoxydes die Brenner an, gleichzeitig auch einen bis zwei Brenner am hinteren Ende des Rohres, deckt die zugehörigen Kacheln zu, setzt an den Enden des Rohres die Asbestreiter auf und schützt auch die kalt zu haltenden Stellen des Rohres durch kleine Asbestreiter vor Erwärmung. Das Anheizen hat mit derselben Vorsicht wie beim Ausglühen des Rohres angegeben zu geschehen. Sobald das Kupferoxyd auf dunkle Rotglut und die reduzierte Kupferspirale auf mittlere Rotglut gebracht sind (unter Ausschluß von direktem Sonnenlicht zu beurteilen), rückt man mit dem Erhitzen von beiden Seiten gegen die Substanz vor. Hierzu erwärmt man zunächst eine kleine Strecke durch Zudecken der Kacheln vor, zündet dann die darunter befindlichen Brenner an, deren Flammen man allmählich vergrößert und schützt die noch kalten Stellen wieder durch Asbestreiter. Dieses Verfahren wiederholt man, bis das ganze Rohr auf dunkle Rotglut gebracht ist. Die Stelle, an der sich die Substanz befindet, ist so lange kühl zu halten, bis eine genügend lange Schicht glühenden Kupferoxydes zur Verbrennung vorhanden ist. Man hat zu berücksichtigen, daß die Wirkung aufgelegter Kacheln und frisch angezündeter Brenner erst allmählich sich äußert. Durch das Erwärmen tritt Kohlensäure aus dem Rohr in das Azotometer über. Sobald die Verbrennung einsetzt, treten immer zahlreicher und größer werdende Stickstoffblasen auf. Die Verbrennung soll so vor sich gehen, daß nicht mehr als eine bis zwei Blasen in der Sekunde auftreten. Ist die Blasenfolge zu rasch, so kann man sie durch vorübergehendes Zurückschlagen der Kacheln und Ausdrehen der Flammen in der Nähe der Substanz mäßigen. Ist die Verbrennung zu Ende, so kommen nur noch wenig Blasen, die alle von der Kalilauge absorbiert werden. Den im Rohr noch stehenden Stickstoff treibt man durch einen mäßigen C0 2 -Strom in das Azotometer über, bis die Blasen so klein wie zu Beginn der Analyse geworden sind und keine Vergrößerung des Volumens mehr eintritt (5—10 Minuten). Man schließt dann die Klemmschraube
Ausfuhrung
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der Verbrennung
am Azotometer, unterbricht sofort die Verbindung mit dem Verbrennungsrohr durch Herausziehen des Stopfens mit dem Glasrohr, dreht die Flammen unter der reduzierten Spirale aus, entfernt den K I P P sehen Apparat, schließt den Sauerstoffgasometer an und leitet Sauerstoff durch das Kohr, bis er am vorderen Ende nachzuweisen ist, und dreht dann die Flammen aus. Nach dem Erkalten ist das Rohr für eine weitere Stickstoffbestimmung gebrauchsfertig, nachdem die Kupferspirale von neuem reduziert ist. Ablesung: Man bringt das Azotometer ins Barometerzimmer, hängt an dasselbe ein Thermometer (Kugel in der Mitte des Grasvolums!) und läßt m i n d e s t e n s 1 Stunde stehen. Damit die Dichtigkeit des Hahnes gewährleistet ist, soll stets eine Schicht von einigen Millimetern Lauge im oberen Ansatzrohr stehen. Blasen über der Kalilauge entfernt man dadurch, daß man die Flüssigkeit durch Heben und Senken der Birne in Bewegung setzt. Dann bringt man die Birne in eine solche Lage, daß Flüssigkeitsniveau von Birne und Meßröhre sich in derselben Höhe befinden. Man liest den Teilstrich ab, der mit dem unteren Band des Meniskus in derselben horizontalen Ebene ist. Ferner liest man die Temperatur und den Barometerstand ab. Berechnung der Analyse: Der Prozentgehalt an Stickstoff beträgt: , _ 10
\ '
l +at
760
I
s
Hierbei bedeuten: v das abgelesene Volumen Stickstoff, s die angewandte Substanzmenge, t die Temperatur, a = uló = 0-003663, b der Barometerstand, S die Korrektur des Barometerstandes auf 0°, e die Tension der Kalilauge bei tf0.1 Fehlergrenze der Bestimmung: 0-3°/ 0 nach oben, 0-1 °/0 nach unten. Die gebrauchte Apparatur ist alsbald wieder zu einer neuen Bestimmung verwendbar. Die Azotometerlauge muß nach 4—5maligem Gebrauch erneuert werden. 1 Die Werte des eingeklammerten Ausdruckes der Formel für die verschiedenen Größen von b — ö — e und t findet man in der Tabelle auf S. 404. Von dem abgelesenen Barometerstand b kaun man mit hinreichender
Genauigkeit y
für d, ~ für e abziehen.
Z. B.: abgelesen b = 738 mm,
t = 20; auf der Tabelle nachzuschlagen p = 738 - 2-5 — 4 = 731'5. Zur logarithmischen Berechnung benutzt man die KüsTEBschen Bechentafeln.
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Organisch-analytische Methoden
II. Bestimmung von Kohlenstoff und Wasserstoff nach Liebig. 1. Bei Ausschluß anderer Elemente alB Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff. Das Wesen der Methode besteht darin, daß eine abgewogene Menge Substanz im Verbrennungsrohr durch glühendes Kupferoxyd oxydiert und die Oxydationsprodukte, K o h l e n d i o x y d durch Kalilauge, W a s s e r durch Calciumchlorid, absorbiert und gewogen werden. Die Verbrennung führt man im Sauerstoffstrom aus, man kann aber auch bei geschlossenem Rohr verbrennen. F ü r die Verbrennung sind außer den bei der Stickstoffbestimmung angeführten Gegenständen noch erforderlich: ein Luftgasometer; ein Trockenapparat für Luft und Sauerstoff; 3 m reiner, starkwandiger, enger Gummischlauch für Trockenapparat und Gasometer; ein gewöhnliches gerades Calciumchloridrohr; fein gekörntes Calciumchlorid; ein Kaliapparat; ein Calciumchloridrohr zur Wasserbestimmung. Vorbereitungen. Verbrennungsrohr: Die Zurechtmachung des Kupferoxyds 1 und die Füllung des Rohres ist dieselbe wie bei der Stickstoffbestimmung, nur führt man an Stelle der reduzierten Kupferspirale eine oxydierte Spirale ein. Besonderer Wert ist auf das Trocknen des gefüllten Rohres zu legen. Man erhitzt das Rohr vor jeder Verbrennung 10—15 Minuten lang, auf etwa 200°, in einem langsamen Luftstrom. Hierbei an den kalten Enden des Rohres sich niederschlagendes Wasser ist mit einer heißen Kachel sorgfältig zu vertreiben, ohne daß das Rohr mit der Kachel berührt wird. Nach dem Ausdrehen der Brenner verschließt man das Rohr mit einem Gummistopfen und läßt es unter dem Druck des Gasometers erkalten. Füllung des Luftgasometers (vgl. Fig. 33): Man schraubt die Verschlußkappe bei c ab, öffnet den Hahn b und läßt das im unteren Behälter vorhandene Wasser abfließen. Nach Aufsetzen der Verschlußkappe und Füllen des oberen Behälters mit Wasser ist das Luftgasometer gebrauchsfertig. 1 Man bereitet für die C-, H-Bestimmung neues eigenes Kupferoxyd, das von dem deB Stickstoflrohrs getrennt zu halten ist.
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Der Trockenapparat: Um die Luft und den Sauerstoff von Kohlensäure und Feuchtigkeit zu befreien, leitet man die beiden Gase durch den Trockenapparat. Dieser besteht für jedes der beiden Grase aus einer Waschflasche mit Kalilauge (1:1) und aus einem Köhrensystem, gefüllt mit Natronkalk und Calciumchlorid. Daran sich anschließende Glashähne und ein Dreiwegrohr ermöglichen die beliebige Entnahme von Luft und Sauerstoff durch einen einzigen Schlauch, der mit einer Klemmschraube versehen und an seinem freien Ende mit einem Calciumchloridrohr verbunden ist. Die Regulierung des Gasstromes erfolgt nur durch die Klemmschraube. Die hierzu verwendeten Gummischläuche dürfen vorher zu keinem anderen Zweck verwendet worden sein. Die Absorptionsapparate. a) Der Kaliapparat: Empfehlenswert ist der „Schraubenkaliapparat" von GREINER und FRIEDRICHS, in welchem das Gas die Lauge durch eine Spirale passiert, und der Dreikugelapparat der Firma Dr. BENDER und Dr. HOBEIN, München (Fig. 3 6 ) . Der Kaliapparat wird mit 50-proc. Kalilauge gefüllt, die man vorrätig hält. Das hierzu verwendete Kaliumhydroxyd soll nicht mit Alkohol gereinigt sein. Eine Füllung reicht für zwei Verbrennungen (etwa 1 g C02) aus. Der Kaliapparat wird äußerlich mit einem trockenen Tuch gereinigt. Das angeschmolzene Röhrchen soll auch innen von Kalilauge befreit sein, was man durch ein Röllchen aus Filtrierpapier erreicht. Das aufgeschlifiene Röhrchen wird mit fein gekörntem Calciumchlorid gefüllt, das durch Glaswolle am Herausfallen verhindert wird; das Calciumchlorid ist nach etwa acht Verbrennungen zu erneuern. Der Schliff wird leicht eingefettet. Der Apparat ist, solange er nicht gebraucht wird, stets durch Verschlußkappen verschlossen zu halten, die man sich aus einem kurzen Stück Gummischlauch, an dessen einem Ende ein kurzer Glasstab dicht eingeführt ist, herstellt. b) Das Calciumchloridrohr: Empfehlenswert ist die Konstruk-
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Organisch-analytische Methoden
tion von Dr. BENDER und Dr. HOBEIN mit eingeschliffener Bodenkappe. Die untere Hälfte wird mit feinem CaCl2 gefüllt, das durch Glaswolle an der Bewegung gehindert wird. Vor Aufsetzen der Bodenkappe ist der Schliff sorgfältig von Glaswolle zu befreien und leicht einzufetten. Die Bodenkappe wird durch starken Gummi gehalten. Das gleich gebaute CaCl^-Rohr in einem Stück ist ebensogut brauchbar (Fig. 37). Da das Calciumchlorid basische Bestandteile enthält, ist vor dem erstmaligen Gebrauch etwa 1/2 Stunde lang ein lebhafter C0 2 Strom hindurchzuleiten und darauf das CaCl2-Rohr, einseitig mit einer Verschlußkappe versehen, über Nacht unter dem Druck des K I P P sehen Apparates stehenzulassen. Die Kohlensäure ist alsdann durch Luft zu verdrängen. Die äußerliche S. Reinigung ist dieselbe wie beim KaliIA apparat. Zum Aufhängen an der Wage wird das Rohr noch mit einem AluminiumW draht versehen. Es ist stets mit VerFig. 37. schlußkappen aufzubewahren. Die übrigen für die C-, H-Bestimmung noch benötigten Apparate sind in derselben Weise, wie bei der Stickstoffbestimmung beschrieben, vorzubereiten. Was an jener Stelle über das Trocknen der Analysensubstanz gesagt ist, gilt auch hier. Ausführung der Verbrennung.
Wägung: Die Absorptionsapparate bringt man mindestens 1 Stunde vor der Wägung in das Wägezimmer und reinigt sie nochmals mit einem Lappen von anhaftendem Staub. Unmittelbar vor der Wägung unterlasse man die Reinigung. Die Apparate werden ohne Verschlußkappen und Fußgestelle gewogen. Die Substanzeinwage geschieht in derselben Weise wie bei der Stickstoffbestimmung. Man nimmt etwa 0-12—0-16 g Substanz. Unmittelbar nach der Wägung der Substanz erfolgt die Füllung des Verbrennungsrohrea, die, wie bei der Stickstoffbestimmung näher beschrieben, geschieht. Zusammenstellen der Apparate: In das hintere, der Analysensubstanz nähere Ende wird mittels eines Gummistopfens ein
Ausführung der Verbrennung
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Glashahn eingeführt, an den sich ein gerades CaCl2-Rohr anschließt. Es steht durch einen Gummischlauch mit dem Dreiwegrohr des Trockenapparates in Verbindung, dieses ist an den Luftund Sauerstoff-Gasometer angeschlossen. An das vordere Ende des Yerbrennungsrohres wird ebenfalls mit einem Gummistopfen unmittelbar das Calciumchloridrohr angeschlossen, und zwar mit dem Glasröhrchen, das in den Wassersack führt. Dabei wird der Stopfen erst in das Verbrennungsrohr eingesetzt und dann erst das Röhrchen unter Hin- und Herdrehen dicht in die Bohrung hineingeschoben. Der Kaliapparat steht auf einem Stativ oder auf Klötzchen und wird durch ein 3—4 cm langes, nahtloses Gummistück derart mit dem CaCl 2 -Rohr verbunden, daß Glas an Glas stößt. Die Reibung zwischen Gummi und Glas vermindert man durch mehrfaches Durchblasen durch die Bohrungen der Stopfen und Schläuche. Auch bei der C-, H-Bestimmung ist vor Beginn der eigentlichen Verbrennung die Apparatur auf Dichtigkeit zu prüfen. Hierzu verschließt man das Aufsatzröhrchen des Kaliapparates mit einer Verschlußkappe, öffnet den Hahn nach dem Trockenapparat und den Weg nach einem der Gasometer. Nachdem sich der Druck ausgeglichen hat, darf während mehrerer Minuten keine Blase in der Waschflasche des Trockenapparates aufsteigen. Zur Gegenkontrolle schließt man einen der Hähne. Bei der geringsten Undichtigkeit tritt dann eine Niveauänderung im Kaliapparat ein. Der Fehler liegt meist am Verbindungsschlauch oder an der Verschlußkappe. Nach beendeter Prüfung schließt man den am Rohr zunächst stehenden Glashahn und nimmt vorsichtig die Verschlußkappe ab. Die eigentliche Verbrennung erfolgt bei geschlossenem Rohr oder im Sauerstoffstrom. In letzterem Falle ist der Gasstrom so zu regulieren, daß etwa alle 2 Sekunden eine Gasblase den Kaliapparat verläßt. Man entzündet dann die Brenner unter dem vorderen Teil des unbeweglichen Kupferoxyds, später die beiden äußersten Brenner am hinteren Rohrende, deckt die entsprechenden Kacheln zu, setzt die Asbestplatten an beiden Rohrenden auf und schützt den noch kalt zu haltenden Teil des Rohres durch kleine Asbestreiter. Nachdem man in der bei der Stickstoffbestimmung beschriebenen Weise die erhitzten Teile des Rohres im Verlaufe von 1 / i bis V2 Stunde auf mäßige Rotglut (bei schwer yerbrennbaren Substanzen erhitzt man stärker) gebracht hat, rückt man allmählich mit dem Erhitzen gegen die
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Organisch-analytische Methoden
Substanz vor, indem man zunächst durch Zudecken der Kacheln das Rohr vorwärmt und dann die darunter befindlichen Brenner anzündet. In welchen Zeitabständen dies zu geschehen hat, ersieht man aus der Blasenfolge im Kaliapparat. Ihn sollen nicht mehr wie eine bis zwei Blasen in der Sekunde verlassen. Setzt die Verbrennung der Substanz ein, so wird die Blasenfolge im Kaliapparat lebhafter und am vorderen, aus dem Ofen herausragenden Röhrende erscheint ein Hauch von Wasser, das sich nach und nach zu Tröpfchen verdichtet. Bald sieht man auch, daß die Blasen im Kaliapparat teilweise und später vollständig absorbiert werden. Die Geschwindigkeit der Verbrennung darf nicht größer werden, als daß man die im Kaliapparat auftretenden Blasen noch bequem zählen kann. Mit Hilfe der Kacheln und durch die Größe der Flammen läßt sich dies gut erreichen. Hat man das ganze Rohr zur Rotglut gebracht und läßt die Kohlensäureentwicklung nach, so verstärkt man den Sauerstoffstrom. Hat man bei geschlossenem Rohr verbrannt, so treibt man das am hinteren kalten Rohrende kondensierte Wasser mit einer heißen Kachel nach vorn. Da der Sauerstoff durch das bei der Verbrennung entstandene metallische Kupfer kräftig absorbiert wird, muß der Sauerstoffstrom eine Zeitlang ziemlich lebhaft sein. In dem Maße, wie die Gasblasen im Kaliapparat wieder zunehmen, verlangsamt man ihn. Reicht die Geschwindigkeit des Sauerstoffstroms nicht aus, um der zurücksteigenden Kalilauge entgegenzuwirken, so leitet man Luft statt Sauerstoff durch das Rohr. Sobald der Sauerstoff am vorderen Ende der Apparatur nachgewiesen werden kann, verdrängt man ihn, indem man etwa 10 Minuten lang Luft durchleitet. Die Geschwindigkeit des Luftstromes ist ebenfalls so zu regulieren, daß höchstens zwei Blasen in der Sekunde aus dem Kaliapparat austreten. Während des Luftdurchleitens verkleinert man die Flammen und verdrängt mit einer heißen Kachel das am vorderen kalten Rohrende kondensierte Wasser. Nach Beendigung der Verbrennung nimmt man die Absorptionsäpparate ab, versieht sie mit den Verschlußkappen und bringt sie in das Wägezimmer. Nach Ablauf einer Stunde werden sie noch am gleichen Tage gewogen. Berechnung: Der Prozentgehalt an Kohlenstoff und Wasserstoff läßt sich nach folgenden Formeln berechnen:
Verfahren bei Gegenwart von oi
n _ g e f u n d e n e s COa Substanz 0< TT _ g e f u n d e n e s H s O ~ Substanz
Stickstoff
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300 TT' 201,6 18,016'
Die Berechnung erfolgt mit Hilfe von K Ü S T E B S Logarithmentafel. Die Fehlergrenze beträgt für Kohlenstoff ± 0-3 °/0, für Wasserstoff + 0-3 und — 0-1 °/0. Gute Analysen ergeben etwa 0 - 1 % C zu wenig und 0-1 °/0 H zu viel. Nachträgliche Operationen: Nachdem die Absorptionsapparate abgenommen sind, dreht man die Flammen aus und läßt das Rohr verschlossen unter dem Druck des Gasometers erkalten. Bezüglich der weiteren Verwendbarkeit des Rohres gilt das bei der Stickstoffbestimmung hierüber Gesagte. Ist eine Bohrfüllung im Gang, so ist das lange Ausglühen des Bohra vor jeder Verbrennung, wie es vielfach geübt wird, sinnlos. Es genügt, vor der nächsten Verbrennung 10—15 Minuten lang Luft durch das mäßig erwärmte Rohr zu leiten, um die Beschickung vollkommen zu trocknen. Hat sich nach einigen Verbrennungen im Wassersack des Calciumchloridrohres eine größere Menge Wasser angesammelt, so wird es durch Ausschleudern entfernt und das Glasröhrchen mit Filtrierpapier getrocknet. Nach zwei Verbrennungen erneuert man die Kalilauge im Kaliapparat. 2. Verfahren bei Gegenwart von Stickstoff. Ist die zu analysierende Substanz stickstoffhaltig, so verwendet man ein wie zur Stickstoffbestimmung gefülltes Rohr. In diesem Falle müssen aber das gefüllte Rohr und die reduzierte Spirale sorgfältig von Wasser und Kohlensäure befreit sein. Das gefüllte Rohr wird hierzu, wie unter 1. beschrieben, getrocknet. Die Behandlung der reduzierten Kupferspirale ist folgende: Nachdem man die in einer Gebläseflamme zum Glühen erhitzte Kupferspirale in ein Einschmelzrohr hat gleiten lassen, auf dessen Boden ein Pfropfen aus Glaswolle und etwa 1 ccm Methylalkohol sich befindet und nachdem die Flamme ausgebrannt hat, versieht man das Einschmelzrohr mittels eines durchbohrten Gummistopfens mit einem Glashahn und evakuiert mit der Wasserstrahlpumpe. Man erhitzt dann noch 10 Minuten mit einem kräftigen Brenner, bis auch Hahn und Gummistopfen, dessen Anbrennen sorgfältig zu vermeiden ist, vollkommen frei von Feuchtigkeit sind, schließt den Hahn und läßt die Spirale bis zum
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Organisch-analytische
Methoden
Gebrauch im evakuierten Rohr. Es genügt auch, die in einem Reagenzglas reduzierte Spirale im Trockenschrank bei 100—105° 1 Stunde lang zu trocknen. Schwaches Anlaufen ist ohne Schaden. Die Verbrennung erfolgt im geschlossenen Rohr. Die reduzierte Spirale wird zu heller Rotglut erhitzt. Vor dem Durchleiten des Sauerstoffs dreht man die unter der reduzierten Spirale befindlichen Brenner aus. Für stickstoffreiche Nitroverbindungen legt man zwei reduzierte Spiralen vor. 3. Verfahren bei Gegenwart von Halogen oder Schwefel. Enthält die Analysensubstanz Halogen oder Schwefel, so bildet sich Kupferhalogenid beziehungsweise Schwefeldioxyd. Ersteres ist bei Rotglut ziemlich flüchtig und würde sich im vorderen Teil des Rohres oder im Calciumchloridrohr niederschlagen. Das Schwefeldioxyd dagegen würde von der Kalilauge absorbiert werden. Man bringt deshalb in den vordersten Teil des Rohres eine etwa 15—20 cm lange Schicht von Bleichromat, die Halogen als Bleihalogenid, Schwefel als Bleisulfat zurückhält. Da aber auch diese Körper bei starkem Erhitzen immer noch etwas flüchtig sind, so darf der den Absorptionsapparaten zunächst liegende Teil des Bleichromats nur so stark erhitzt werden, daß eben kein Wasser festgehalten wird. Man läßt daher am zweckmäßigsten einen Teil des Bleichromats aus dem Ofen herausragen, erhitzt aber auch den in der Heizzone liegenden Teil nicht so stark wie das Kupferoxyd. Enthält die zu verbrennende Substanz außerdem noch Stickstoff, so ist zwischen Kupferoxyd- und Bleichromatschicht noch eine reduzierte Kupferspirale einzuführen. Die Länge der Kupferoxydschicht wird dann entsprechend verkürzt. Kupferoxyd, mit dem halogen- oder schwefelhaltige Substanzen verbrannt wurden, verwendet man im allgemeinen nicht auch zu Kohlenstoff-Wasserstoff-Bestimmungen halogen- oder schwefelfreier Substanzen. 4. Verbrennung im Schiffchen. Anstatt die Substanz mit feinem Kupferoxyd gemischt zu verbrennen, ist es oft von Vorteil, die Verbrennung im Porzellanoder Platinschiffchen (Kontaktwirkung) auszuführen. Vorzüge dieses Verfahrens sind: 1. Zeitersparnis; während des Abwägens der Substanz und
Verbrennung von Flüssigkeiten
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der Absorptionsapparate kann das drahtförmige Kupferoxyd schon erhitzt werden. 2. Eine etwa unvollständige Verbrennung erkennt man an zurückbleibender Kohle. 3. Rückstände anorganischer Art können erkannt und gewogen werden. Die Beschickung des Rohres ist dieselbe wie bei der Kohlenstoff-Wasserstoff-Bestimmung. An Stelle des feinen Kupferoxyds kommt das Schiffchen und eine etwa 10 cm lange, leicht verschiebbare oxydierte Spirale zu liegen. Das Rohr soll an der Stelle, an der sich das Schiffchen befindet, durchsichtig sein, so daß der Gang der Verbrennung beobachtet werden kann. Der Rohrinhalt wird vor der Verbrennung, wie immer, durch kurzes Erwärmen im Luftstrom getrocknet. Den hinteren Teil läßt man dann erkalten, während man den vorderen zur Rotglut erhitzt. In der Zwischenzeit wägt man die Absorptionsapparate und das am Gebläse ausgeglühte und im Exsiccator erkaltete Schiffchen, zuerst leer, dann mit Substanz gefüllt. Man stellt dann den Luftstrom ab, schließt am vorderen Ende Calciumchloridrohr und Kaliapparat an, zieht die bewegliche Kupferoxydspirale mit einem Drahthaken heraus, verwahrt sie in einem Exsiccator, führt das Schiffchen und die Kupferoxydspirale wieder ein und verbindet das Rohr mit dem Trockenapparat. Dio Verbrennung erfolgt dann im langsamen Sauerstoffstrom in der oben beschriebenen Weise. Substanzen, die sich beim Erwärmen stürmisch zersetzen, können nicht im Schiffchen verbrannt werden. 5. Verfahren bei Gegenwart von Alkalien oder Erdalkalien. Enthält die Substanz Alkali- oder Erdalkalimetall, so erfolgt die Verbrennung im Schiffchen, wobei man die Substanz mit Kaliumbichromat überschichtet, um die bei der Verbrennung sich bildenden, beständigen Carbonate zu zersetzen. Das vorher geschmolzene Kaliumbichromat pulverisiert man und trocknet es vor dem Gebrauch einen Tag lang im Exsiccator. Man verbrennt, bis die sich aufblähende Masse wieder vollständig zusammengeschmolzen ist. 6. Verbrennung von Flüssigkeiten. Flüssigkeiten werden zur Verbrennung in Glaskügelchen gefüllt, die mit Capillare versehen sind. Die H e r s t e l l u n g d e r
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Organisch-analytische Methoden
G l a s k ü g e l c h e n geschieht in der Weise, daß man am Gebläse ein reines dünnes Glasrohr an zwei nahe beieinander liegenden Stellen zu nicht sehr engen Capillaren auszieht und eine abschmilzt, dann den birnförmigen Teil unter stetem Drehen zum Glühen erhitzt und ihn, das Glasrohr als Mundstück benutzend, zu einer Kugel aufbläst, deren Durchmesser etwa 5—7 mm beträgt, so daß das Kügelchen, auf dem Porzellanschiffchen liegend, sich in das Verbrennungsrohr einführen läßt. Man stellt sich eine Anzahl derartiger Kügelchen her und verwahrt sie im Exsiccator. Einfüllen der Substanz: Um ein(vorher gewogenes) Glaskügelchen mit Flüssigkeit zu füllen, stellt man es mit der Capillare nach unten in das Gefäß, in dem sich die Flüssigkeit befindet. Durch Evakuieren des Exsiccators wird die Luft aus dem Kügelchen verdrängt. Läßt man alsdann wieder Luft in den Exsiccator einströmen, so füllt sich das Glaskügelchen mit Flüssigkeit. Durch nur teilweises Evakuieren kann man die Menge Flüssigkeit, die man in dem Glaskügelchen haben will, regulieren. Nach äußerlicher Reinigung des Kügelchens vertreibt man mit einem kleinen Flämmchen die Flüssigkeit aus der Capillare und wägt nach dem Abkühlen das gefüllte Kügelchen. Hierbei fasse man es nie an der Kugel, sondern an der Capillare an. Beschickung des Verbrennungsrohres: Man benutzt ein zur Schiffchenverbrennung gefülltes Rohr, das am hinteren Ende durchsichtig ist und das, wenn die Substanz Stickstoff, Schwefel oder Halogen enthält, in der oben angeführten Weise hierfür zurecht gemacht ist. Man legt das Glaskügelchen auf das Schiffchen, führt dieses in das Verbrennungsrohr ein, so daß die Capillare nach den Absorptionsapparaten zeigt. Hinter das Schiffchen legt man noch eine leicht bewegliche, etwa 10 cm lange, oxydierte Kupferspirale. Bei nicht unzersetzt flüchtigen und sehr schwer verbrennbaren Substanzen, die einen kohligen Rückstand hinterlassen, ist es notwendig, das Kügelchen zu zertrümmern. Hierzu füllt man zunächst eine 2—3 cm lange Schicht feines Kupferoxyd in das Rohr, läßt das Kügelchen, die Capillare voraus, bei schräg gehaltenem Rohr auf diese Schicht fallen und zerdrückt das Kügelchen mit der leicht beweglichen, 10 cm langen Kupferspirale. Sehr schwer flüchtige Flüssigkeiten lassen sich auch direkt im Schiffchen verbrennen. Verbrennung: Die Verbrennung von Flüssigkeiten hat noch vorsichtiger zu geschehen wie die fester Substanzen. Man ver-
Bestimmung von Halogen, Schwefel und sonstigen Elementen
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brenne im langsamen Sauerstoffstrom. Hat man die vordere Hälfte des drahtförmigen Kupferoxyds zu mäßiger Rotglut erhitzt, und ist das äußerste hintere Röhrende heiß geworden, wobei man dafür sorgt, daß das Rohr an der Stelle, wo das Kügelchen liegt, durch seitlichen Abschluß mit Asbestreitern und eventuell durch aufgelegten feuchten Asbest kühl gehalten wird, so treibt man die Flüssigkeit durch zeitweises Hinhalten einer heißen Kachel aus dem Kügelchen. Dann rückt man mit dem Erwärmen von beiden Seiten vorsichtig gegen die Substanz vor, wobei man stets durch zeitweises Auflegen heißer Kacheln vorwärmt. Erst zum Schluß werden die Brenner unter dem Glaskügelchen angezündet. Die völlige Vertrautheit mit den Methoden der organischen Elementaranalyse bildet die erste Voraussetzung für ein erfolgreiches wissenschaftliches Arbeiten. Der Doktorand, der nicht verbrennen kann, wirkt für seine eigene Arbeit als schwerer Hemmschuh, da er die neu dargestellten Stoffe in ihrer Zusammensetzung nicht scharf und eindeutig festlegen kann. Im Münchner Staatslaboratorinm wird verlangt, daß der Praktikant von jeder Gruppe (Stickstoff, — C- und H-Bestimmung ohne andere Elemente, — dsgl. mit Stickstoff, — dsgl. mit Halogen oder Schwefel, — Flüssigkeit) eine ihm unbekannte Substanz auf Anhieb richtig verbrannt hat, ehe er zur nächsten Gruppe übergeht. Den Abschluß des elementar-analytischen Kurses bildet eine Prüfungsanalyse.
IIL Bestimmung ron Halogen, Schwefel und sonstigen Elementen. Sind in einer Verbindung außer Kohlenstoff, Wasserstoff, Sauerstoff und Stickstoff noch andere Elemente enthalten, so wird zu deren Bestimmung die Substanz meist durch Erhitzen mit roter, rauchender Salpetersäure im Einschlußrohr oxydiert. Halogen wird als Halogensilber, Schwefel als Bariumsulfat, Phosphor als Magnesium-Ammoniumphosphat beziehungsweise Magnesiumpyrophosphat bestimmt (Verfahren nach CABIUS). Die Halogene kann man auch durch Glühen mit halogenfreiem Kalk bestimmen, wobei sich Calciumhalogenid bildet. Die Kalkmethode ist stets anwendbar, während bei dem Verfahren nach CABIUS gewisse aromatische Halogenverbindungen nur äußerst schwer zersetzt werden. Mit Hydrazinhydrat und aktivem Palladium nach M. B u s c h läßt sich organisch gebundenes Halogen ebenfalls auf sehr einfache Weise quantitativ bestimmen. GATTERMANN, Praxis. 22. Auflage.
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Organisch-analytische
Methoden
Bei lockerer Haftung des Halogens, wie im Falle von Säurehalogeniden, nicht leicht flüchtigen Alkylhalogeniden kocht man die zu analysierende Substanz einige Zeit am Rückflußkühler mit reinem alkoholischem Kali, dampft den Alkohol ab und bestimmt das ionisierte Halogen in der üblichen Weise. Hier genügt häufig schon die acidimetrische Titration, wenn man eingestellte alkoholische Lauge verwendet. Wegen der Alkalität des Glases dürfen nur gut ausgedämpfte Jenaer-Kolben für solche Bestimmungen genommen werden. Vgl. das Beispiel S. 95. Schwer flüchtige Halogenverbindungen kann man auch durch Mischen und Abglühen mit Natriumsuperoxyd in Halogenid überführen (H. Peingsheim). Alkali- und Erdalkalimetalle in Salzen werden nach dem Abrauchen mit konzentrierter Schwefelsäure als Sulfate bestimmt. Zu diesen Bestimmungen sind erforderlich: einseitig zugeschmolzene Röhren aus schwer schmelzbarem Glas von mindestens 50 cm Länge und Bleistiftdicke; Einschmelzröhren; weite, starkwandige Präparatengläschen; ein Trichterrohr; Glastiegel mit Filterplatte aus gesintertem Glas oder Goochtiegel, Saugflasche mit Vorstoß und Gummiring; festes Silbernitrat; reiner Kalk (frei von Halogen, Gips und Schwefelmetallen); Filter von bekanntem Aschengehalt; G e r e i n i g t e r A s b e s t : Man befreit den Asbest mechanisch von groben Verunreinigungen, kocht ihn etwa 1 Stunde lang mit viel verdünnter, reiner Salpetersäure (1 Teil Salpetersäure auf 5 — 1 0 Teile Wasser) unter öfterer Erneuerung der Flüssigkeit aus, wobei jedesmal die feinsten Teilchen mit der Flüssigkeit abgegossen werden und bewahrt die langen Fasern verschlossen unter verdünnter Salpetersäure auf.
1. Halogenbestimmung nach der Kalkmethode. Füllen des Söhres: In ein 50 cm langes, enges, einseitig zugeschmolzenes Verbrennungsrohr füllt man eine 3 bis 5 cm hohe Schicht reinen Kalk, befreit mit Filtrierpapier das oberste Rohrende von anhaftendem Kalk, schüttet aus dem Wägeröhrchen die getrocknete und abgewogene Substanz hinein und gibt wiederum eine 3 cm hohe Schicht Kalk darauf, wobei man die an der Kohrwandung haften gebliebenen Substanzteilchen hinunterspült. Die Mischung der Substanz mit dem Kalk bewirkt man durch Rüttela
Halogenbestimmung nach der Kalkmethode
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und Aufklopfen des Rohres in abwechselnd wagrechter und senkrechter Lage. Dann füllt man das Eohr bis auf 10 cm mit Kalk auf und schafft durch Klopfen des wagrecht liegenden Eohres einen Luftkanal. Erhitzen des Rohres: Man legt das gefüllte Eohr so auf den Ofen, daß das Eohrende aus demselben herausragt, erhitzt die äußere Hälfte zur Rotglut und schreitet dann langsam gegen die Substanz hin vor. Da eine Verbrennung nicht stattfindet, so entweichen aus dem Rohr mehr oder weniger gefärbte, brenzlig riechende Dämpfe. Das Halogen wird dabei quantitativ zurückgehalten. Hat man das ganze Rohr zur Rotglut erhitzt, so erhält man es noch 1 / i — 1 j 2 Stunde darin, läßt dann erkalten und verschließt das Rohr mit einem Stopfen. Lösen und Fällen: Den erkalteten Rohrinhalt schüttet man vorsichtig in ein Becherglas von 1 Liter Inhalt, in dem sich etwas destilliertes Wasser befindet. Das Rohr wird zuerst mit destilliertem Wasser, dann mit verdünnter, reiner Salpetersäure (1:3) nachgespült. Durch allmählichen Zusatz von verdünnter reiner Salpetersäure wird der Kalk vollständig gelöst, dann von Kohle und Glassplittern filtriert, mit ganz verdünnter Salpetersäure nachgewaschen und im Filtrat das Halogen mit Silbernitrat gefällt. Filtration mittels Goochtiegels: Die Instandsetzung des Goochtiegels geschieht vor und zwischen den oben geschilderten Operationen. Man schüttelt einige ccm des Asbestbreies in einem Reagenzglas mit destilliertem Wasser, läßt einige Sekunden absitzen und gießt die Flüssigkeit mit den feinen Fasern in ein zweites Reagenzglas. Nach Wiederholung dieser Operation gibt man in den Tiegel zuerst die langen und dann die feinen Fasern, legt die durchlochte Platte auf und spült mehrere Male unter starkem Saugen mit der Wasserstrahlpumpe destilliertes Wasser durch, um die feinen Fasern durchzureißen. Der Tiegel wird dann in einem Trockenschrank bei 130° bis zur Gewichtskonstanz getrocknet. Zur Filtration des Halogensilbers benutzt man mit besonderem Vorteil einen Glastiegel von ScHOTT-Jena mit Boden aus gesintertem Glas. Nachdem man den Inhalt des Becherglases bis zum klaren Absitzen des Halogensilbers erwärmt hat, gießt man unter 5»
Organisch-analytische Methoden
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schwachem Saugen die darüber befindliche Flüssigkeit durch den Tiegel, digeriert den Niederschlag 4—5 mal mit salpetersäurehaltigem Wasser von 60—80 bis das Filtrat silberfrei ist. Dann bringt man das Halogensilber mit Hilfe eines Glasstabes mit Gummikappe quantitativ in den Tiegel. Ein Nachwaschen im Tiegel ist zu unterlassen. Bei Beachtung dieser Maßnahmen und bei Verwendung einer immer sauren Waschflüssigkeit von annähernd derselben Temperatur soll ein trübes Durchlaufen nicht vorkommen. Tritt es doch ein, so erwärmt man nochmals und filtriert wieder nach dem Absitzen. Der Tiegel wird nach dem Trocknen bei 130° bis zur Gewichtskonstanz gewogen. Während aller Operationen schütze man das Halogensilber vor Licht. Die Fehlergrenze bei Halogenbestimmungen beträgt ± 0-3°/ 0 . 2. Halogenbestimmung nach M. Busch.1 Das Verfahren beruht darauf, daß Hydrazinhydrat in alkalischer Lösung durch Platinmetalle gemäß der Gleichung: N 2 H 5 — O H - > N2 + 2 H 2 + H J J O zerlegt wird. Der entstehende Wasserstoff wird alsbald katalytisch zur hydrierenden Ionisation des gebundenen Halogens verwendet. Als Katalysatoren dienen Palladium auf Bariumsulfat (Darstellung siehe S. 365) oder Nickel (nach KELBEK, Ber. 50, 305 [1917]) oder am besten p a l l a d i n i e r t e s Calciumcarbonat. 50 g heiß gefälltes und gut gewaschenes Calciumcarbonat werden, in etwa 200 ccm Wasser suspendiert, mit der Lösung von 1 g PdCl 2 unter Schütteln und schwachem Erwärmen zusammen gebracht. Wenn die über dem Carbonat stehende Flüssigkeit vollständig entfärbt ist, gießt man sie ab, wäscht einige Male mit destillierten Wasser und saugt dann scharf ab. Die Masse wird so laDge gewaschen, bis das Filtrat frei von 01' ist, hierauf im Vakuumexsiccator getrocknet und in einer gut schließenden Pulverflasche aufbewahrt. Die Reduktion des adsorbierten Pd-(II)-Hydroxyds erfolgt beim Gebrauch.
Ausführung der Bestimmung: 0*1—0-2 g der Substanz werden in einem Eundkolben von 150 ccm in 20—40 ccm Alkohol gelöst, 10 ccm einer frisch bereiteten reinen farblosen 10-prozentigen alkoholischen Kalilauge und hernach 3 g Pd-Katalysator hinzugegeben. Dann fügt man 10 Tropfen Hydrazinhydrat hinzu und erhitzt die Flüssigkeit 1 / 2 Stunde lang unter Rückfluß (Korkstopfen!) auf dem siedenden Wasserbad. Hierauf filtriert man, wäscht mit 1
Ang. Ch. 3 8 , 519 (1925).
Halogenbestimmung nach Carius
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etwas Alkohol, dann mit Wasser und dampft aus dem Filtrat die Hauptmenge des Alkohols weg. Scheidet sich dabei oder nach dem Erkalten das Hydrierungsprodukt aus, so filtriert man abermals und säuert dann mit Salpetersäure an. Wurde eine organische Säure verwendet, so wird diese u. U. beim Ansäuern ausgefällt. In diesem Fall muß vor dem Hinzufügen des Silbernitrats nochmals filtriert werden. Das Halogensilber wird im Goochtiegel abgesaugt und mit heißem Alkohol und Wasser gewaschen. Bei der (zwar geringen) Gefahr, daß organische Substanzen am Halogensilber adsorbiert bleiben, ist hier die titrimetrische Methode mit Rhodanid besonders empfehlenswert. Dieses elegante Verfahren beschränkt sich auf alkohol- und wasserlösliche Stoffe und auf solche, die keinen Schwefel, keinen Phosphor und kein Arsen enthalten, da diese 3 Elemente den Katalysator inaktivieren. Die Fehlerbreite beträgt ± 0-3°/ 0 . Durch Auflösen des Calciumcarbonats in Essigsäure gewinnt man aus dem gebrauchten Katalysator das Palladium zurück.
3. Halogenbestimmung nach Carius. Beschickung des Einschmelzrohres: In ein starkwandiges Präparatengläschen wägt man 0-1—0-2 g trockene Substanz ein. Hierauf wägt man die unter Annahme des höchst möglichen Halogengehaltes zum Umsatz erforderliche Menge fein gepulvertes Silbernitrat ab und bringt dasselbe mit Hilfe eines Trichterrohres auf den Boden einer Einschmelzröhre. Nach Zugabe von 20 bis 30 Tropfen (etwa 1 ccm) roter rauchender Salpetersäure, wobei man eine Benetzung des oberen Teiles des Einschmelzrohres vermeidet, läßt man das die Substanz enthaltende Röhrchen hinabgleiten. Man vermeide sorgfältig das Zusammenkommen der Salpetersäure mit der Substanz, ehe das Rohr zugeschmolzen ist und sich im eisernen Mantel befindet. Substanzen, die bereits durch salpetrige Dämpfe zersetzt werden, bedeckt man mit etwas Silbernitrat Unmittelbar nach der Beschickung des Rohres soll das Zuschmelzen vorgenommen werden. Das Zuschmelzen des Rohres erfolgt am Gebläse. Man faßt das Einschmelzrohr etwas oberhalb der Mitte mit der linken Hand, hält es möglichst schief geneigt, wobei man darauf achtet, daß die Salpetersäure nicht in das Substanzröhrchen gelangt. Während der ganzen Dauer des Zuschmelzens muß das Rohr dauernd
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Organisch-analytische Methoden
gleichmäßig gedreht werden. Zunächst hält man die Mündung in eine leuchtende Flamme, die man nach und nach entleuchtet. Ist das Glas weich geworden, so schmilzt man an der inneren Seite des Rohres einen dünnen, vorn glühenden Glasstab an, zieht ihn auf die andere Seite und bringt, nachdem auch diese angeschmolzen ist, den Glasstab in eine solche Lage, daß er in der Achse des Rohres liegt. Jetzt erhitzt man das Rohr ein wenig weiter unten, wo es noch zylindrisch ist, zuerst mit einer leuchtenden, dann mit der Spitze einer entleuchteten Flamme, bis das Rohr weich geworden ist. Hierbei dreht man das Rohr, ohne es auszuziehen. Ist das Glas an der erhitzten Stelle zusammengefallen und stark verdickt, so entfernt man das Rohr aus der Flamme und zieht langsam gerade aus. Ist das Glas starr geworden, so schmilzt man die Capillare mit einer Stichflamme zu. Die Capillare soll gerade, starkwandig und von geringem Lumen sein. Das Rohr läßt man zunächst in einer leuchtenden Flamme sich abkühlen, dann vollständig erkalten und bringt es in einen eisernen Schutzmantel derart, daß die Capillare einige Zentimeter herausragt. Ist das Rohr zu kurz, so füllt man den eisernen Mantel mit Sand oder Eisenfeile entsprechend auf. S o l a n g e das Rohr zugeschmolzen ist, darf es nicht aus dem Mantel herausgenommen und aus dem Bombenraum entfernt werden. Erhitzen des Rohres: Den eisernen Mantel mit Rohr legt man nun in einen Bomben- oder Schießofen derart, daß die Capillare etwas erhöht gegen die mit Splitterfänger versehene Wand zeigt und schließt den Ofen. Es können zu gleicher Zeit mehrere Röhren erhitzt werden. Man zündet alle Brenner an und erhitzt durch Regulierung des Haupthahnes a l l m ä h l i c h auf die gewünschte Temperatur. Diese beträgt für aliphatische Halogenverbindungen (und viele schwefelhaltige Substanzen) etwa 250°, für aromatische (und die Sulfosäuren) etwa 300°. Für noch höhere Temperaturen sind die gewöhnlichen Röhren ungeeignet, man gebraucht dann besser Hartglasröhren (Verbrennungsröhren). Die meisten Substanzen sind nach 3—4 stündigem Erhitzen vollständig oxydiert, bei aromatischen Verbindungen setzt man das Erhitzen noch einige Stunden darüber hinaus fort. Man dreht dann das Gas ab und läßt erkalten. Sollte längeres Erhitzen notwendig sein, so öffnet man die Capillare in der alsbald zu besprechenden Weise, schmilzt nach dem Entweichen der Gase das Rohr wieder zu und erhitzt von neuem.
Schwefelbestimmung
nach Garius
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Öffnen des Rohres: Nach völligem Erkalten nimmt man den eisernen Mantel heraus, vertreibt mit einer kleinen leuchtenden Flamme die etwa in der Capillare vorhandene Flüssigkeit und hält die Capillare in eine spitze Gebläseflamme (Schutzbrille!). Nachdem die unter Druck befindlichen Gase die weich gewordene Capillare durchbohrt haben, nimmt man das Rohr aus dem Mantel und sprengt den obersten Teil ab, nachdem man sich davon überzeugt hat, daß die Capillare nicht verstopft ist. Hierzu führt man mit einem Glasmesser oder einer Dreikantfeile einen Strich um das ßohr herum und berührt diesen mit einem weißglühenden, dünnen Glasstäbchen. Glassplitter entferne man vom Bande und reinige das Bohr äußerlich. Ausspülen des Rohres: Den Böhreninhalt verdünnt man vorsichtig mit etwas destilliertem Wasser und bringt ihn durch Ausgießen und wiederholtes Nachspülen quantitativ in ein Becherglas. Etwa haften gebliebenes Halogensilber entfernt man mit einem langen Glasstab. Da das Substanzröhrchen beim Heruntergleiten den Boden des Becherglases durchschlagen könnte, hält man es mit einem Glasstab auf, nimmt es mit den Fingern oder einer Beinpinzette heraus und spült es ab. Weitere Behandlung: Das Halogensilber wird mit einem Glasstab zerdrückt, um das Auswaschen von eingeschlossenem Silbernitrat zu erleichtern. Bei Jod- (auch Brom-) Silber erwärme man 2 Stunden auf dem Wasserbad, da Silberjodid mit Silbernitrat eine feste Verbindung eingeht, die durch Wasser nur allmählich zersetzt wird. Außerdem hat man bei Jodbestimmungen gebildetes Silbeijodat durch Zugabe von reiner Schwefligsäurelösung vorher zu reduzieren. Die weitere Behandlung ist dieselbe, wie weiter oben bereits ausgeführt. Die Einschmelzröhren kann man benützen, bis sie zu kurz geworden sind. 4. Schwefelbestimmung nach Carius. Die Schwefelbestimmung nach CAKIUS wird in derselben Weise ausgeführt wie die Halogenbestimmung, nur natürlich ohne Silbernitrat. Ist die Flüssigkeit nach dem Erhitzen und Öffnen der Capillare noch nicht klar, so muß das Erhitzen wiederholt werden. Fällung: Den Böhreninhalt verdünnt man wieder mit Wasser, bringt ihn in eine Porzellanschale und dampft zur Vertreibung
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der Salpetersäure auf dem Wasserbad völlig ein, damit bei der Fällung mit Bariumcblorid kein Nitrat mit dem Sulfat niedergerissen wird. Der Rückstand wird mit Wasser und Salzsäure aufgenommen, von etwaigen Glassplittern abfiltriert und in einem Becherglas zum Sieden erhitzt; zu der kochenden Flüssigkeit läßt man die Bariumchloridlösung aus einem Capillartrichter 1 unter Rühren sehr langsam zutropfen. Tritt nach dem Absitzen (Wasserbad!) auf weiteren Zusatz von BaCl2 keine Trübung mehr auf, so wird der Niederschlag abfiltriert und mit heißem Wasser so lange ausgewaschen, bis das Waschwasser kein B a + + mehr enthält. Trocknen und Veraschen: Das den Niederschlag enthaltende Filter legt man zusammen, drückt es fest auf den Boden eines ausgeglühten und gewogenen Porzellan-, besser Platintiegels, der möglichst wagrecht auf einem Tondreieck liegt, und verascht durch vorsichtiges Erhitzen. Nach einiger Zeit wird der Tiegel von unten mit voller Flamme erhitzt, bis der Inhalt weiß geworden ist. Nach dem Erkalten im Exsiccator wird der Tiegel gewogen. Beobachtet man bei der Fällung obige Vorschrift nicht, so findet man leicht den Schwefelgehalt etwas zu hoch, was von mitgerissenem Bariumchlorid herrührt. Man entfernt dieses durch mehrmalige Extraktion mit schwach salzsaurem Wasser auf dem Wasserbad und wiederholt dann die oben beschriebene Behandlung. Führt diese nicht zum Ziel, so schließt man das Bariumsulfat mit Natriumcarbonat und Kaliumcarbonat auf und bestimmt in der Schmelze die Schwefelsäure in bekannter Weise. Die Fehlergrenze für Schwefelbestimmungen beträgt ± 0-3°/ 0 . 5. Gleichzeitige Bestimmung von Halogen und Schwefel. Das Einschmelzrohr wird wie zur Halogenbestimmung beschickt. Nach dem Erhitzen und Herausspülen des Rohrinhalts in ein Becherglas filtriert man von dem Halogensilber, wie oben beschrieben, ab. Das Filtrat, das neben dem überschüssigen Silbernitrat die bei der Oxydation gebildete Schwefelsäure enthält, versetzt man mit einer wäßrigen Barium1 Man zieht ein Reagenzglas in der Mitte capillar aus und verwendet die obere Hälfte.
Quantitative Bestimmung
der Methoxylgruppe, nach Zeisel
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nitratlösung, die man zuvor darauf geprüft hat, daß 6ie mit Silbernitrat keinen Niederschlag gibt. Die Fällung erfolgt in der Hitze, wobei man eine möglichst verdünnte Lösung, deren Volumen mindestens 300 ccm beträgt, anwendet. Verfügt man nicht über halogenfreies Bariumnitrat, so versetzt man die Lösung dieses Salzes so lange mit Silbernitrat, als noch ein Niederschlag entsteht, filtriert vom Halogensilber ab und benutzt das jetzt halogenfreie Filtrat zum Fällen. 6. Bestimmung der übrigen Elemente. Die meisten übrigen Elemente werden, nachdem die organische Substanz nach CABIUS oxydiert ist, in der salpetersauren Lösung nach den Methoden der anorganischen Analyse bestimmt. Alkali- und Erdalkalimetalle werden als Sulfate bestimmt. Hierzu wägt man die Substanz in einen Quarz- oder Platintiegel 1 ein, gibt einige Tropfen konzentrierter 2 Schwefelsäure hinzu und raucht vorsichtig ab, wobei durch das Abrauchen von oben bei schrägstehendem Tiegel und aufgesetztem Deckel ein Verspritzen der Flüssigkeit ausgeschlossen wird. Man glüht dann (¡bei Alkalisulfaten darf man nur dunkle Rotglut anwenden), bis der Tiegelinhalt weiß geworden ist. Unter Umständen ist das Abrauchen mit konzentrierter Schwefelsäure zu wiederholen, bis der Tiegel Gewichtskonstanz zeigt. 7. Quantitative Bestimmung der Methoxylgruppe nach Zeisel. Diese Methode beruht auf der Überführbarkeit des Methyls der CH 3 0Gruppe in Methyljodid durch siedende Jodwasserstoffsäure und auf der Bestimmung des in einer Vorlage zuerst als Doppelsalz mit Silbernitrat ausgefällten Jodsilbers. Das Silbernitrat wird in wäßrig-alkoholischer Lösung vorgelegt. Der erforderliche Apparat (Fig. 38) kann von jedem Glasbläser hergestellt werden. 1
am besten „PiDgertiegel". Bei zersetzlichen oder explosiven Substanzen die Menge verdünnter (1 : 1 oder 1 : 2). 5
entsprechende
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Organisch-analytische
Methoden
Reagenzien: J o d w a s s e r s t o f f s ä u r e vom spez. Gew. 1-7, Siedep. 127°; sie muß frei von Schwefel- und Phosphorverbindungen, darf daher nicht aus J o d und Schwefelwasserstoff bereitet sein. R o t e r P h o s p h o r . Er dient, in dem Waschgefäß b in Wasser suspendiert, zur Bindung übergegangenen Jods; verflüchtigter Jodwasserstoff wird durch das Wasser festgehalten. Der Phosphor muß gründlich mit Wasser, Alkohol und Äther und schließlich wieder mit viel Wässer gewaschen sein. A l k o h o l i s c h e S i l b e r n i t r a t l ö s u n g ; sie wird durch Auflösen von 12 g Silbernitrat in 10 ccm Wasser unter Zusatz von DO ccm reinem, über Atzkali destilliertem Alkohol bereitet, und im Dunkeln aufbewahrt. Zur Ausführung der Bestimmung gibt man in das Waschgefäß b des umgekehrten Apparates etwa 50 mg roten Phosphor und etwas Wasser und verschließt dann den Tubus mit einem Korkstopfen. Die Vorlage c wird mit 30 ccm, die Vorlage d mit 10 ccm der Silbernitratlösung beschickt, das Kochkölbchen a mit 10 ccm Jodwasserstoff und 0-15—0*2 g Substanz. Die Vorlage e wird durch eine Stativklammer gehalten. Nach dem Einsetzen des Aufsatzes in den Schliff wird das Kölbchen a bis zum Sieden des Inhalts durch einen Mikrobrenner erhitzt, während in verdünnter Bleiacetatlösung und konz. Schwefelsäure gewaschenes Kohlendioxyd mit einer Geschwindigkeit von etwa 3 Blasen in 2 Sekunden durch den Apparat streicht. 15—20 Minuten nach dem Beginn des Siedens der Jodwasserstoffsäure trübt sich die Silbernitratlösung und wird bald durch Ausscheidung der weißen Doppelverbindung undurchsichtig. Wenn die Flüssigkeit über dem sich absetzenden kristallinen Niederschlag sich vollkommen geklärt hat, ist die Operation beendet. Dauer der Bestimmung: 1—2 Stunden. Der Inhalt des Ansatzröhrchens d bleibt in der Regel klar, auch wenn er, mit der 5 fachen Menge Wasser verdünnt, 10 Minuten lang stehen gelassen wird. Die Lösung aus c wird mit dem Niederschlag quantitativ in ein Becherglas gebracht, mit Wasser auf 500 ccm verdünnt und zur Zerlegung der Doppelverbindung auf dem Wasserbad auf etwa 3 / i eingedampft. Dann erhitzt man nach Zugabe von wenig reiner verd. Salpetersäure bis zum Absitzen des Silberjodids weiter und bestimmt dieses wie üblich. — Auch die Äthoxylgruppe läßt sich nach dieser
Quantitative Bestimmung der Acetylgruppe nach Freudenberg 75 Methode bestimmen und zwar gibt ein —OC 2 H 5 ebensoviel Silberjodid wie ein —OCH 3 . Berechnung: Man rechnet auf OCH 3 oder OC 2 H 5 um und zwar entsprechen 100Teile AgJ 13-20Teilen CH 3 0 oder 19-21 Teilen C 2 H 5 0 . Fehlergrenze: ± 0 - 5 ° / 0 des G-esamtalkoxylgehalts. Bei schwefelhaltigen Substanzen ist die Methode nicht ohne weiteres anwendbar, auch für flüchtige Substanzen muß sie abgeändert werden. 8. Quantitative Bestimmung der Acetylgruppe nach Frendenberg.1 Das Verfahren beruht auf der Umesterung der Acetylverbindung in alkoholischer Lösung durch p-Toluolsulfosäure und Titration des abdestillierten Essigesters nach vorangegangener Verseifung. Die zur Acetylbestimmung erTropftriditvr forderliche Apparatur (Fig. 39) läßt sich leicht aus Laboratoriumsmitteln herstellen. Der Kolben a soll 100 ccm, der Kolben 6 150 ccm Inhalt haben; auf- und absteigendes Ansatzrohr der Kolben müssen eine lichte Weite von mindestens 5 mm aufweisen. Das Verbindungsrohr zwischen a und b soll in seitlicher Richtung länger sein, als dies die Figur angibt. Eeagenzien: n/5-Schwefelsäure, n/5-Natronlauge; zur Einstellung wird eine Probe der etwa n/5-Lauge mit einem Volumteil Wasser und zwei Volumteilen Alkohol verdünnt und mit n/5-Schwefelsäure gegen Phenolphthalein titriert (zur Kontrolle des Titerwertes der Lauge kann auch der Pig. 39. zur Reinheitsprüfung der Reagenzien notwendige Blindversuch dienen); p-Toluolsulfosäure. 2 Zur Ausführung der Bestimmung gibt man in den Kolben b 10 ccm absoluten Alkohol, stellt die Verbindung mit dem Kolben a her, beschickt diesen mit 0-3—0-4 g der Substanz, 30 ccm ab1
A. 433, 230 (1923). ' Darstellung siehe Seite 185.
76 solutem Alkohol, 5 g p-Toluolsult'osäure und einigen Siedesteinchen, verschließt den Kolbenhals mit einem Gummistopfen, durch dessen Bohrung ein Tropftrichter führt und setzt den im Destillationahals angebrachten kleinen Kühler in Betrieb. Der Kolben a wird jetzt in heißes Wasser getaucht, der Kolben b mit Eis gekühlt; darauf wird bei entleertem Kühler der Kolbeninhalt abdestilliert, nach erfolgter Destillation aus dem Tropftrichter Alkohol zugegeben und erneut abdestilliert; Zugabe von Alkohol und Abdestillation des Kolbeninhaltes werden noch einmal wiederholt. Bei der Ausführung sind folgende Zeiten einzuhalten: 10 Minuten (beiN-Acetyl = 45Minuten) am Rückflüßkühler kochen; Badtemperatur: 100° C. Bei den folgenden Operationen halte man die Badtemperatur für O-Acetyl auf 95° C, für N-Acetyl auf 100° C. 15 Minuten bei entleertem Kühler abdestillieren; nach der Destillation 20ccm absoluten Alkohol zufließen lassen und 10 Minuten (bei N-Acetyl: 30 Minuten) am Rückflußkühler kochen; 10 Minuten bei entleertem Kühler abdestillieren; 15 Minuten lang 20 ccm absoluten Alkohol zutropfen lassen unter gleichzeitiger Abdestillation bei entleertem Kühler und weitere 10 Minuten abdestillieren bei leerem Kühler. Die Einhaltung der gegebenen Zeiten und Temperaturen ist f ü r die Acetylbestimmung an Zuckerderivaten streng geboten; jedoch sollen auch bei den O-acetylierten Stoffen, die nicht der Zuckerreihe angehören, die angegebenen Zeiten und Temperaturen nicht unterschritten werden. Nach Beendigung der Destillation werden durch das Ansatzrohr des unteren Kolbens 30 ccm n/5-Lauge zugegeben, das kalte Bad des unteren Kolbens durch ein heißes ersetzt und dieses 10 Minuten lang im Sieden erhalten; während des Erhitzens hält man die Temperatur des oberen Kolbens auf 80° C. Nach Entfernung des Heizbades und Erkalten des unteren Kolbens wird der Kolbeninhalt mit 30 ccm Wasser versetzt, die Verbindung mit dem Kolben a gelöst und im Kolben mit n/5Schwefelsäure gegen Phenolphthalein titriert. Berechnung: Bei einer Lauge von der Normalität N entspricht: 1 ccm Lauge = N x 43-024 mg Acetyl; also bei Verbrauch von v ccm Lauge: Menge Acetyl = » x N x 43-024mg. Fehlergrenze: — 0 - 1 °/0 bis + 0-4°/ 0 um den berechneten Wert.
Bestimmung von aktivem Wasserstoff nach Tschugaeff-Zerewitinoff
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Dauer der Bestimmung: bei O-Acetyl 2 Stunden, bei N-Acetyl 3 Stunden. Die Methode kann auch auf halogenhaltige Substanzen angewandt werden, die Zersetzung wird in diesem Falle in Gegenwart von toluolsulfonsaurem Silber vorgenommen; das Halogensilber kann für sich zur Wägung gebracht werden. 9. Bestimmung von aktivem Wasserstoff nach Tschugaeff-Zerewitinoff.1 Aus 20 ccm über Natrium destillierten Amyläthers2, 7 g Hethyljodid und 2 g Magnesium bereitet man sich in einem schräggestellten Fraktionierkolben, dessen Ansatzrohr mit einem kleinen Kühler (der hier als Rückflußkühler wirkt) versehen ist unter
Fig. 40.
Zusatz von einigen Körnchen Jod eine Grignardlösung. Tritt die Reaktion nicht von selbst ein, so leitet man sie durch kurzes Erwärmen auf 50° ein und beendet sie schließlich durch 1 stündiges Erhitzen auf dem Wasserbad. Dann dreht man den Fraktionierkolben in die Normallage und erhitzt nochmals 1 / i Stunde am Wasserbad, wobei die letzten Beste Jodmethyl abdestillieren. Die so erhaltene Grignardlösung wird vom unverbrauchten Magnesium abgegossen; sie läßt sich in gut verschlossener Flasche aufbewahren. Für jede Bestimmung verwendet man etwa 5 ccm davon. Die Apparatur zur Bestimmung des aktiven H ist in Fig. 40 wiedergegeben. Das LUNGE sehe Nitrometer a, dessen Niveaugefäß auf der Zeichnung fehlt, wird mit gesättigter Kochsalzlösung gefüllt. Der Ubertritt von Wasserdampf in das Reaktionsgefäß wird durch 1 1
Ber. 4 0 , 2027 (1907). Darstellung siehe S. 108.
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Organisch-analytische
Methoden
ein zwischengeschaltetes kurzes Calciumchlorid-Rohr b verhindert. Zur Bestimmung wägt man mit Hilfe eines Wägeröhrchens in den längeren Schenkel c des gut getrockneten Reaktionsgefäßes je nach Molekulargewicht und Hydroxylgehalt der Substanz etwa 0-1—0-2 g genau ein1, übergießt mit Amyläther und bringt durch vorsichtiges Schütteln zur Lösung. Dann füllt man in den anderen Schenkel d mit Hilfe eines Trichters 5 ccm Grignardlösung. Man verbindet das Reaktionsgefäß mit Hilfe eines sauberen, dicht schließenden Gummistopfens und -schlauches mit dem Calciumchlorid-Rohr des Nitrometers, dessen Hahn man herausgenommen hat, taucht das Reaktionsgefäß in ein Becherglas mit Wasser von Zimmertemperatur, wartet 5 Minuten bis die Temperatur sich ausgeglichen hat, setzt den Hahn ein und füllt das Nitrometer durch Heben des Niveaugefäßes mit der Kochsalzlösung. Dann dreht man den Hahn um 90 stellt das Niveaugefäß tief und verbindet durch weiteres Drehen um 90° das Reaktionsgefäß mit der Bürette. Jetzt nimmt man das Reaktionsgefäß aus dem Wasserbad, läßt die Lösung der Substanz zur Grignardlösung fließen, spült ein paarmal hin und her und schüttelt so lange, bis der Meniskus in der Bürette nicht weiter sinkt, die Entwicklung von Methan also beendet ist. Das Reaktionsgefäß wird in das Wasserbad zurückgebracht; man wartet 10 Minuten bis es wieder die Temperatur wie vor Beginn des Versuches angenommen hat (Kontrolle mit Thermometer) und liest in der üblichen Weise die Menge des gebildeten Methans ab. Gleichzeitig bestimmt man mit Hilfe eines an der Bürette hängenden Thermometers die Temperatur des Gases sowie den Barometerstand. Das Volumen wird auf 0° und 760 mm reduziert. Berechnung. Nach der Gleichung RHn+nCH 3 -MgJ->R-(Mg-J)n +nCH 4 entbindet ein Gramm-Mol der Substanz n x 22-4 Liter Methan, wobei n die Anzahl der aktiven H- Atome angibt, a g Substanz = ^Mole entbinden ——,, ' a c c m CH.. M
M
*
Dem für ein aktives H-
Atom (n = l) berechneten Volumen (Fber.) muß das abgelesene und reduzierte Volumen (Vge{) gleich sein, oder wenn mehrere aktive H-Atome vorhanden sind, so muß Fgef. ein einfaches Vielfaches von Fber. sein. Man drückt das Ergebnis zweckmäßig durch die Anzahl aktiver H-Atome gemäß dem Verhältnis Fg8f./Fber. aus. Die Fehlerbreite beträgt 5—10%. 1
Von den im Praktikum dargestellten Verbindungen sind Tripbenylcarbinol, 0-Naphthol, Hydrochinon, Benzoesäure verwendbar.
Molekulargewichtsbestimmung 10. Molekulargewichtsbestimmung. Wir führen die einzelnen Methoden hier nicht an, da sie in der Regel im physikalischen und physikal.-chem. Praktikum erlernt werden. Das kryoskopische Verfahren ist dem ebullioskopischen bei weitem vorzuziehen. Die gebräuchlichsten Lösungsmittel sind Benzol und Eisessig, der beste Apparat ist der geschlossene von BECKMANN mit elektromagnetischer Rührung. Ein sehr elegantes und einfaches Verfahren, räch dem man im Schmelzpunktkölbchen das Molekulargewicht organischer Substanzen bestimmen kann, ist in den letzten Jahren von K . RAST 1 angegeben worden. Campher hat eine sehr hohe Gefrierpunktskonstante, sein Schmelzpunkt wird durch in ihm gelöste Stoffe sehr stark heruntergedrückt, rund 8 mal stärker als in Benzol. E B( . mo] = 5 - 1 , -Ecampher = 40. Das heißt, eine g-molare Lösung in Campher schmilzt um 40 Grade tiefer, als dasLösungsmittel, nämlich der Campher selbst. Man erhält demgemäß schon für Campherschmelzen von verhältnismäßig geringer Konzentration so große Depressionen, daß die Empfindlichkeit eines gewöhnlichen Thermometers, das auf 1 / i Grad abgelesen wird, für die Bestimmung vollständig ausreicht. 2 In ein kleines, sorgfältig gereinigtes Reagenzglas — in einem Korkfuß stehend — wiegt man etwa 10 mg Substanz und die 10—15 fache Menge Campher auf der gewöhnlichen Analysen wag© ein und bringt die beiden Stoffe in einem vorher auf 180° geheizten Schwefelsäurebad rasch zur klaren Schmelze. Unter Umschtitteln läßt man dann die Schmelze erstarren, durchsticht sie, am besten noch warm, mit einem zum Spatel vorne platt gehämmerten Messingdraht und durchmischt sie damit gründlich. Hierauf bringt man die Mischung bei etwas tieferer Badtemperatur erneut zum Schmelzen und durchmischt die erstarrte Masse nochmals. Die Schmelzpunktsröhrchen stellt man sich, wie auf S. 42 angegeben, aus einem sauberen Reagenzglas her; die lichte Weitesoll etwa 2 mm betragen. Man schneidet Stücke von etwa 3 cm Länge ab und schmilzt diese an einem Ende in der Mikroflamme eines abgeschraubten Bunsenbrenners zu, derart daß man mit 1 B. 55, 1051, 3727 (1922). ABDERHALDEN, Arbeitsmethoden. Abt. III, Teil A, S. 754. ® Im Gegensatz zu der Arbeitsweise nach H A S T werden bei der nachstehend beschriebenen, von W. M Ü N S T E R ausgearbeiteten Methode nicht die Schmelzpunkte, sondern die Erstarrungspunkte bestimmt.
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Organisch-analytische Methoden
Hilfe eines zweiten Röhrchens das erweichte Glas nach der Seite wegzieht. Man erhält auf diese Weise sehr dünnwandige Röhrchen, was für die Geschwindigkeit des Wärmeaustausches wichtig ist. Unter Einstampfen mit einem dünneren Röhrchen wird hierauf das Gemisch auf 1-5 mm Höhe eingefüllt, ungefähr 1 cm darüber das Röhrchen in der Mikroflamme zur Capillare ausgezogen und an dieser mit Schwefelsäure an das Thermometer angeklebt; das Röhrchen soll ganz in die Schwefelsäure eintauchen. Man erhitzt nun in einem Schmelzpunktskolben (Fig. 32) bis zur klaren Schmelze, läßt abkühlen und findet so den ungefähren Erstarrungspunkt. Um ihn genau festzulegen, erwärmt man erneut, diesmal sehr vorsichtig mit der Mikroflamme, deren Spitze sich etwa 4 cm unter dem Kolben befindet, so lange, bis der Inhalt des Röhrchens bis auf einige ganz kleine, am Boden haftende Kristalle klar geschmolzen ist. Die jetzt beobachtete Temperatur liegt gewöhnlich 2° über dem früheren Erstarrungspunkt. Durch Kleinerstellen der Mikroflamme wird jetzt die Abkühlung so reguliert, daß die Temperatur in der Minute etwa um 1 0 sinkt. Dabei sieht man mit der Lupe sehr deutlich, wie die übrig gebliebenen Kristalle zu wachsen beginnen. In diesem Augenblick liest man die Temperatur ab. Zur Kontrolle kann man die Operation wiederholen und wird bei sorgfältigem Arbeiten fast den gleichen Erstarrungspunkt wiederfinden. Es ist vorteilhaft, die Flamme mit einem Wärmeschutz, einem Zylinder von 8 cm Durchmesser .aus Glas oder auch aus Papier, der bis zum Schmelzpunktkolben reichen soll, zu umgeben. Auf dieselbe Weise, wie oben beschrieben, hat man zuvor den Erstarrungspunkt des C a m p h e r s , der zur Bestimmung dient, festgestellt. Man verwende ein ganz reines Präparat. Steht ein solches nicht zur Verfügung, so schmilzt man sich aus einzelnen Stücken das was man braucht zusammen, um sicher homogenes Material zu haben. Die Differenz gegenüber der Erstarrungstemperatur des Camphers (177°) ist A und das Molekulargewicht M= 4 0 ' ^ '_J000 U = Substanzmenge, b = Gewicht des Camphers). Die Fehlergrenze gegenüber dem wahren Molekulargewichtswert beträgt ± 5 °/0. Verbindungen, die bei der Schmelztemperatur sich zersetzen oder die mit Campher reagieren, sind natürlich nach dieser Methode nicht bestimmbar.
Zur Verhütung von Unfällen
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0. Organiscli-pr'äparativer Teil. Zur Verhütung von Unfällen.
W e r u n v o r s i c h t i g u n d g e d a n k e n l o s zu W e r k e g e h t , kann beim p r ä p a r a t i v e n A r b e i t e n leicht Schaden nehmen. Aber auch der B e d ä c h t i g e ist nicht gegen jede Gefahr g e s i c h e r t . D i e s c h w e r e n U n f ä l l e , d i e sich in c h e m i s c h e n L a b o r a t o r i e n leider immer und immer wieder ereignen, v e r l a n g e n , d a ß s i c h ein j e d e r a u s d e r L a b o r a t o r i u m s g e m e i n s c h a f t seiner Pflicht gegen seine Kommilitonen voll u n d e r n s t b e w u ß t ist. D e r w i c h t i g s t e S c h u t z g i l t d e n Augen. Eine solide S c h u t z b r i l l e mit starken Gläsern muß getragen werden bei allen Arbeiten u n t e r V a k u u m u n d D r u c k , also bei Ausführung einer Vakuumdestillation, beim erstmaligen Evakuieren eines neuen Exsiccators, beim Umgehen mit Einschmelzröhren, Druckflaschen, Autoklaven. Ferner bei Ausführung von A l k a l i s c h m e l z e n und von allen Operationen, bei denen ä t z e n d e oder f e u e r g e f ä h r l i c h 6 S t o f f e verspritzt werden können. So vor allem bei allen Arbeiten mit m e t a l l i s c h e m N a t r i u m und K a l i u m (vgl. dazu die besonderen Ausführungen auf S. 112). Endlich arbeite man nie o h n e S c h u t z b r i l l e mit e x p l o s i v e n S u b s t a n z e n und prüfe unbekannte Stoffe stets zuerst mit kleinen Mengen auf dem Metallspatel auf ihr Verhalten in der Flamme. Das Präparat selbst muß dabei vorher zur Seite gestellt werden. Um das Auge auch gegen die Wirkung unvorherzusehender Explosionen, die sich nie mit aller Bestimmtheit ausschließen lassen, zu schützen, sollte jeder im Laboratorium Beschäftigte stets eine einfache Brille tragen, unbeschadet des Gebrauchs der Schutzbrille in den angegebenen Fällen. Beim Arbeiten mit Ä t h e r und andern f l ü c h t i g e n , l e i c h t e n t z ü n d l i c h e n F l ü s s i g k e i t e n ist stets darauf zu achten, daß k e i n e F l a m m e in d e r N ä h e b r e n n t . Kommt es zu einem B r a n d , so ist zu allererst a l l e s E n t z ü n d b a r e s o f o r t zu e n t f e r n e n . Man lösche dann mit feuchten T ü c h e r n , durch A u f g i e ß e n von T e t r a c h l o r k o h l e n s t o f f , n i c h t aber mit Wasser. Das beste Löschmittel ist eine kleine handliche C 0 2 - B o m b e , die in jedem Arbeitssaal vorhanden sein sollte; die sog. „Selbstretter", wie sie beim Feldheer eingeführt waren, sind dazu vorzüglich GATT ERMANN, P r a x i s .
22. Auflage.
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Organisch-präparativer
Teil
geeignet. Bei größerer Ausdehnung des Brandes ersticke man das Feuer durch Aufschütten von Sand; eine große Kohlensäureflasche ist auch hier meist vorzuziehen. Bei V e r l e t z u n g e n mit S ä u r e n oder k a u s t i s c h e n Alk a l i e n wasche man zuerst gründlich mit W a s s e r , dann mit B i c a r b o n a t l ö s u n g bzw. v e r d ü n n t e r E s s i g s ä u r e . Bei leichten V e r b r e n n u n g e n bespüle man die verbrannte Stelle mit Alkohol und bedecke sie dann mit L e i n ö l oder sog. B r a n d s a l b e . V e r b a n d w a t t e , B i n d e n , P f l a s t e r müssen stets bereit sein. Bei s c h w e r e r e n U n f ä l l e n ist sofort der nächstwohnende A r z t in Anspruch zu nehmen. Wenn man eine ä t z e n d e oder in andrer Weise reizende o r g a n i s c h e Substanz auf die Haut gebracht hat, so ist das Waschen mit Wasser meist wirkungslos. Man entferne sie mit einem geeigneten Lösungsmittel, wie Alkohol oder Benzol, von dem man sofort eine r e i c h l i c h e Menge zum Abspülen verwendet. Man muß berücksichtigen, daß das organische Lösungsmittel an sich das Eindringen des schädlichen Stoffes in die Haut fördert, und muß deshalb die Bildung konzentrierter Lösungen auf ihr vermeiden. Besondere Vorsicht ist beim Arbeiten mit nachstehenden viel benutzten Stoffen geboten: B l a u s ä u r e , P h o s g e n , Dim e t h y l s u l f a t , einfachen S ä u r e c h l o r i d e n , Chlor, Brom, Stickoxyd und S t i c k s t o f f d i o x y d , Kohlenoxyd, N a t r i u m und Kalium. Braucht man sie in größerem Maßstab, so sollten die Operationen damit in einem besonderen Raum ausgeführt werden; im übrigen stets unter einem g u t e n Abzug. Unverdünnte Halogenverbindungen der Fettreihe, wie Äthylb r o m i d , C h l o r o f o r m , B r o m o f o r m und ähnliche, dürfen n i c h t mit m e t a l l i s c h e m N a t r i u m oder K a l i u m in Berührung gebracht, z. B. getrocknet werden, da bei Stoß sehr heftige Explosionen erfolgen können (Staudlngee). Die erste A u s r ü s t u n g .
I. Geräte. B e c h e r g l ä s e r je 1 zu 100, 500, 1000 ccm. Bürette.1 1 Der Praktikant muß in der Lage sein, die gebräuchlichsten maßanalytischen Bestimmungen jederzeit sofort ausführen zu können. Die Bereitschaft zur Titration steht im organischem Laboratorium gewöhnlich nicht auf der dringend zu wünschenden Höhe.
Die erste
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Ausrüstung
C a l c i u m c h l o r i d r ö h r e n , gerade, 3 Stück. D e s t i l l i e r k o l b e n , gewöhnliche und nach CLAISEN, je 1 zu 25, 50, 100 ccm. E r l e n m e y e r k o l b e n je 2 zu 50, 100, 250, 500 ccm. Etiketten. F e i l e n , je eine runde und dreikantige. F i l t r i e r s t u t z e n je 1 zu 500 und 1000 ccm. F i l t r i e r p l a t t e n aus Porzellan zu 1, 3, 5 cm. F i l t r i e r p a p i e r , einige Bogen. G l a s r ö h r e n , gerade und gebogene. G l a s r ö h r e n , ausgezogen als Pipetten (Tropfrohr, S. 13). G l a s k n ö p f e zum Absaugen, 2 Stück. G l a s s t ä b e , 20 von versch. Dicke und Länge, an beiden Enden rund geschmolzen, aber nicht an den Enden verdickt. G u m m i s c h l ä u c h e und G u m m i s t o p f e n . Handtuch. H a n d w a g e (Tragkraft 50—100 g. Schneiden mit Vaseline gegen Rost schützen!). G e w i c h t s s a t z d a z u 0-02—50 g). Korkbohrer. K o r k e verschiedener Größen. K r i s t a l l i s i e r s c h a l e n aus Glas je 1 zu 3, 5, 7 cm. K u p f e r d r a h t für Halogenprobe. K a r t o n s zum Wägen (Kartenblätter). Kühler nach LIEBIG etwa 60 cm lang; desgl. ein kurzer von 10—12 cm Länge. DIMROTH- oder Schlangen-Kühler. M e ß z y l i n d e r 10, 100 ccm. Metallspatel. Nut sehe, zylindrisch etwa 8 cm. O b j e k t t r ä g e r 3 Stück. P i p e t t e n zu 5, 10, 20 ccm. P r ä p a r a t e n r ö h r e n verschiedener Größen. P o r z e l l a n s c h a l e n 15, 20, 25 cm Durchmesser. P o r z e l l a n s p a t e l 3 Stück. Reibschale. R u n d k o l b e n je 2 zu 50, 100, 250, 500 ccm. R e a g e n z g l ä s e r , m i n d e s t e n s 50 S t ü c k n o r m a l e r G r ö ß e , 20 kleine. Davon die H ä l f t e s t e t s s a u b e r und t r o c k e n . Reagenzglasklammer. R e a g e n z p a p i e r und zwar Lackmus, blau und rot, Curcuma und Congo. Kaliumjodid-Stärke-Papier. 6*
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Organisch-präparativer
Teil
S a u g f l a s c h e n 100, 500, 1000 ccm. S i e d e s t e i n c h e n . Tonstückchen von etwa 3 mm Durchmesser. S a u g r ö h r e n je 3 lange und kurze. S c h e i d e t r i c h t e r 500, 1000 ccm. Schere. S c h m e l z p u n k t s r ö h r c h e n , dünne (selbst zu machen). Schnur. T r i c h t e r , 2 S t ü c k k l e i n s t e , dann je 1 mittlerer Größe bis zu 12 cm. T r o p f r o h r e , mindestens 6 Stück; dazu ein weiteres auf com / 10 geeichtes von 2 ccm Inhalt. T r o p f t r i c h t e r zu 25 ccm mit k u r z e m Rohr, zu 100 ccm mit langem Rohr. T h e r m o m e t e r , geprüft, für Schmelzpunktbestimmung, zwei weitere, davon ein kurzes, für den Gebrauch. U h r g l ä s e r , hauptsächlich kleine. V a k u u m e x s i c c a t o r e n , 2 große (16 und 18 cm Dehrn.). W a s c h f l a s c h e n 2 Stück. Zange. II. Lösungsmittel. A c e t o n 100 ccm. Ä t h e r , a b s o l u t über Natrium, 1 j 2 Liter. Ä t h e r gewöhnlich, 1 Liter. A l k o h o l 9 6 % 1 Liter. A l k o h o l a b s o l u t 1/2 Liter. B e n z o l 1/2 Liter (über Natriumdraht). C h l o r o f o r m 100 ccm. E i s e s s i g 1 / 2 Liter. Essigester Liter. M e t h y l a l k o h o l l j i Liter. P e t r o l ä t h e r , tiefsiedend 1 j i Liter (über Natriumdraht). P e t r o l ä t h e r hochsiedend 1 j i Liter (über Natriumdraht). X y l o l (über Natriumdraht). III. Reagenzien, Trockenmittel. Ä t z k a l i , techn. und rein. Calciumchlorid. Entfärbungskohle. G l y c e r i n (Flasche mit Korkstopfen und Glasstab). Natriummetall. N a t r o n l a u g e etwa 14 n. ( = 40°/c).
85 Natriumsulfat wasserfrei. Normallösungen: HCl, NaOH, Jodlösung, sulfat. S a l p e t e r s ä u r e konz. (1*4) und rauchende (1»5). S a l z s ä u r e konz. S c h w e f e l s ä u r e konz. rein. S i l b e r n i t r a t l ö s u n g 5°/ 0 ig. Tagebuch.1 Literaturheft.
Thio-
IV. Journale-
I. Die Substitution von Hydroxyl und Wasserstoff durch Halogen. Alkohole. Olefine. 1. Äthylbromid aus Äthylalkohol. Zu 200 g (110 ccm) konzentrierter Schwefelsäure, die sich in einem Rundkolben von etwa 1 Liter Inhalt befindet, läßt man unter fortwährendem Umschütteln, ohne zu kühlen, schnell 110 ccm (90 g) Alkohol (95-proz.) hinzufließen, külilt dann die warme Mischung auf Zimmertemperatur ab, fügt unter dauernder Kühlung 75 g Eiswasser vorsichtig hinzu und versetzt schließlich mit 100 g fein pulverisiertem Kaliumbromid. Man unterwirft dann das Reaktionsgemisch unter Anwendung eines kleinen Sandbades, welches man durch eine möglichst große Flamme erhitzt, einer nicht zu langsamen Destillation (Fig. 41). Da das Äthylbromid einen niedrigen Siedepunkt besitzt, so Fig. 41. wende man hierbei einen 1 Der Praktikant soll Bich von Anfang an daran gewöhnen, ein Tagebuch zu führen, in das alle Anaätze von Versuchen und alle Beobachtungen eingetragen werden. Man v e r l a s s e s i c h b e i m w i s s e n s c h a f t l i c h e n A r b e i t e n n i e auf s e i n G e d ä c h t n i s .
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möglichst langen Kühler mit Vorstoß oder auch einen Schlangenkühler (Fig. 23) an und lasse einen recht lebhaften Wasserstrom durch ihn laufen. Die Vorlage füllt man vor Beginn der Destillation mit so viel Wasser, in welches man einige Eisstücke wirft, daß das Ende des Vorstoßes in dieses eintaucht. Die Reaktion ist beendet, sobald keine in Wasser untersinkenden Öltropfen mehr übergehen. Sollte bei der Destillation ein Zurücksteigen des Destillates in den Kühler eintreten, so hilft man diesem Übelstande dadurch ab, daß man die Vorlage so tief stellt, daß das Ende des Vorstoßes nur ein wenig in die Flüssigkeit "eintaucht, was auch durch seitliches Drehen des Vorstoßes erreicht werden kann. Zum Schluß bringt man den Inhalt der Vorlage in einen geeigneten Scheidetrichter, läßt das Athylbromid, die untere Schicht, in einen Erlenmeyer (250 ccm) ab, und löst dann den bei der Reaktion mitentstandenen Athyläther mit konz. Schwefelsäure aus dem Athylbromid heraus. Da hierbei Wärme frei wird, die ein Verdampfen der Substanz zur Folge hätte, so kühlt man in einem Kältegemisch UDd gibt die Schwefelsäure aus einem Tropfrohr unter Umschütteln tropfenweise zu, so lange, bis sie sich als untere Schicht abscheidet. Jetzt trennt man wieder in einem kleineren Scheidetrichter und destilliert schließlich das durch die Schwefelsäure getrocknete Athylbromid in eine mit Kältemischung gekühlte Vorlage ab. Der Fraktionierkolben taucht in eine mit Wasser gefüllte Porzellankasserolle oder -schale, die mit einem kleinen Brenner geheizt wird. Zwischen 35—40° geht das Athylbromid über und zwar der Hauptanteil bei 38—39°. Wegen des niedrigen Siedepunktes muß man bei der Darstellung Sorge tragen, daß das Präparat sich niemals längere Zeit in einem offenen Gefäß befindet. Ferner soll das fertige Präparat, vor allem bei Sommertemperatur, bis zur weiteren Verarbeitung (vgl. Äthylbenzol) nicht in einem dünnwandigen Kolben, sondern in einer dickwandigen Präparatenflasche aufbewahrt werden. Ausbeute: 70—80g. Nach Beendigung des Versuches berechne man hier wie bei allen noch folgenden Präparaten, wieviel Prozent der theoretischen Ausbeute man erhalten hat, wobei folgendes zu beachten ist. Nach der chemischen Gleichung sollte man auf ein Mol Kaliumbromid (119) ein Mol Alkohol (46) anwenden. In Wirklichkeit wendet man jedoch meistens bei organischen Reaktionen, die nicht quantitativ verlaufen, auf Grund des Massenwirkungsgesetzes (S. 135 u.f.) die eine
Äthyljodid
aus
Äthylalkohol
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der Komponenten im Überschuß an, wobei häufig ökonomische Erwägungen maßgebend sind. So kostet z. B. 1 kg Kaliumbromid etwa 4 Mark, 1 kg Alkohol unversteuert 1-50 Mark. Der Preis eines Moleküls KBr (119 X 4) verhält sich demnach zu dem eines Alkoholmoleküls (46 x 1-50) annähernd wie 7 : 1 . Vom ökonomischen Standpunkte aus ist es also geraten, den billigeren Alkohol im Uberschuß anzuwenden, damit möglichst viel der teureren Bromverbindung in Äthylbromid verwandelt wird. Dieser Erwägung sind auch die oben angewandten Mengenverhältnisse angepaßt. Auf 100 g KBr berechnen sich theoretisch 39 g Alkohol, während in Wirklichkeit 86 g (90 g von 95 °/0) verwendet sind, d. h. mehr als das Doppelte der Theorie. Bei der Berechnung der theoretisch möglichen Ausbeute muß demnach hier die Menge des angewandten Kaliumbromids zugrunde gelegt werden. Wollte man einen Alkohol, der wertvoller als KBr ist, in sein Bromid verwandeln, so wäre natürlich dieses im Überschuß zu verwenden. Das Präparat wird verwendet für Ä t h y l b e n z o l (S. 111), und Ä t h y l m a l o n e s t e r (S. 244). Methylbromid: Die präparative Darstellung dieses einfachsten Alkylbromids erfolgt nach einem grundsätzlich gleichartigen Verfahren ( B Y G D Ü N , J. pr. 8 3 , 4 2 1 [1911]). Da sein Siedepunkt schon bei 4-5° liegt, läßt sich Methyl bromid schwer auf Vorrat darstellen, doch ist es zur direkten Verwendung für GßiGNARDsche Reaktionen an Stelle der teuren Jodverbindung sehr zu empfehlen. Verwendung analog Äthylbromid. 2. Äthyljodid aus Äthylalkohol.1 In einem Kölbchen von etwa 200 ccm Inhalt übergießt man 5 g roten Phosphor mit 50 ccm absolutem Alkohol und fügt dann unter öfterem Umscbütteln im Laufe einer Viertelstunde 50 g fein pulverisiertes Jod allmählich hinzu, wobei man von Zeit zu Zeit den Kolben durch Eintauchen in kaltes Wasser abkühlt. Man setzt dann einen wirksamen Wasserkühler auf den Kolben, läßt das Reaktionsgemisch unter öfterem Schütteln 2 Stunden lang stehen, erhitzt noch 2 Stunden auf dem Wasserbad am Rückflußkühler und destilliert darauf das Äthyljodid am absteigenden Kühler ab, wobei man zweckmäßig den Kolben in das lebhaft siedende Wasser eintaucht. Sollten die letzten Anteile nur 1
F. BEILSTEIN, A. 126, 250 (1863).
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Organiseh-präparativer
Teil
schwierig übergehen, so entfernt man das Wasserbad, trocknet den Kolben ab und erhitzt ihn noch kurze Zeit mit leuchtender Flamme, die man fortwährend bewegt. Das durch Jod braun gefärbte Destillat wird zur Entfernung des Alkohols mehrfach im Scheidetrichter mit Wasser, dem man schließlich zur Entfernung des Jods wenige Tropfen Bisulfitlösung und zum Schluß ebensoviel Natronlauge hinzufügt, gewaschen; das so farblos erhaltene Ol wird im Scheidetrichter abgelassen, mit wenig gekörntem Calciumchlorid getrocknet und dann direkt über einer kleinen Flamme rektifiziert. Sollte das Calciumchlorid auf dem Athyljodid schwimmen, so gießt man dieses durch einen Trichter, in dessen Spitze sich etwas Asbest oder Glaswolle befindet, in den Fraktionierkolben hinein. Der Siedepunkt des Äthyljodids liegt bei 72°. Ausbeute rund 50 g. Wieviel Prozent der theoretischen Ausbeute? Verwendung für Athylmalonester und für Gkignard sehe Reaktionen. Methyljodid wird in vollkommen analoger Weise hergestellt. Siedep. 44°. Verwendung wie Athyljodid. Zu 1. und 2. Die beiden Reaktionen sind Spezialfälle einer allgemein gültigen Reaktion, nämlich des Ersatzes einer alkoholischen Hydroxylgruppe durch ein Halogenatom. Ein solcher läßt sich in zweierlei Weise ausführen, indem man, wie bei der Darstellung des Äthyl bromids, 1. auf Alkohole Halogenwasserstoffsäuren einwirken läßt; z- =
C,H6.|OH + HlBr = H,0 + C,H6.Br, (HCl, HJ)
oder indem man, wie bei der Gewinnung des Äthyljodids, 2. Alkohole mit den Halogenverbindungen des Phosphors umsetzt, z. B.:
3 C2Hs • OH + PJ3 = 3 C3H6 • J + PO„H, (PC19, PBr,). Die erste Reaktion gelingt am leichtesten mit Jodwasserstoff, indem in vielen Fällen bloßes Sättigen mit der gasförmigen Säure zu ihrer Herbeiführung genügt. Bromwasserstoff reagiert schwieriger, und es ist hier vielfach ein Erhitzen des mit dieser Säure gesättigten Alkohols im zugeschmolzenen Rohr erforderlich. Die oben ausgeführte Darstellung des Äthylbromids, bei der HBr durch die konz. Schwefelsäure aus dem Kaliumbromid in Freiheit gesetzt wird, stellt einen sehr leicht verlaufenden Fall dieser Reaktion dar. Chlorwasserstoff reagiert am schwierigsten, und es ist hier erforderlich, wie z. B. bei der Gewinnung des Methyl- und Äthylchlorids, ein wasserentziehendes Mittel, am besten Chlorzink, anzuwenden, oder wie bei den höher molekularen Alkoholen im geschlossenen Gefäß unter Druck zu erhitzen.
Äthyljodid
aus
Äthylalkohol
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Noch leichter als aliphatische lassen sich aromatische Alkohole, z. B. Benzylalkohol, durch konz. Halogenwasserstoffsäuren in dieser Weise verestern. Es gelingt jedoch nicht, die Reaktion auf Phenole zu übertragen. Auch mit zwei- und mehrwertigen Alkoholen läßt sich die Reaktion ausführen, dabei hängt es von den Versuchsbedingungen, wie Quantität des Halogenwasserstoffes, Temperatur usw. ab, wie viele Hydroxylgruppen durch Halogen ersetzt werden; z. B.: CHsOH | + HBr = CHj -OH Äthylenglykol
CH,-Br | + H,0, .. CH,-OH Äthylenbromhydrin
CHj-OH CH, • OH I I CH-OH + 2HC1 = CH-Cl + 2 H , 0 . I I CH,.OH CH, • C1 Glycerin Dichlorhydrin Jodwasserstoff wirkt auf mehrwertige Alkohole nicht nur veresternd, sondern auch reduzierend. So geht Glycerin über 1, 2, 3-Trijodpropan in Isopropyljodid über. CHjOH• CHOH• CH2OH + 3 H J = CH 2 J-CHJ-CH 2 -J + 3 H , 0 , CH, J• CHJ• CH, • J + 2HJ = CHS-CHJ.CH 3 + 2 J , . Ähnlich gehen der vierwertige Alkohol E r y t h r i t in 2-Jodbutan, der sechswertige Alkohol M a n n i t in 2-Hexyljodid über. Formulieren! Natürlich sind auch Oxysäuren der Reaktion zugänglich. Die zweite Reaktion verläuft bei weitem energischer als die erste, besonders wenn man fertigen Halogenphosphor anwendet. Dies ist jedoch, wenigstens beim Ersatz durch Brom und Jod, nicht immer erforderlich; vielmehr verfährt man in vielen Fällen so, daß man jenen erst in der Reaktion erzeugt, indem man zu der Mischung von Alkohol und rotem Phosphor entweder aus einem Scheidetrichter Brom tropfen läßt oder wie oben fein pulverisiertes Jod hinzufügt. Auch diese Reaktion läßt sich wie die erste auf mehrwertige, sowie substituierte Alkohole anwenden, und zwar können so sämtliche OH-Gruppen durch Halogen, auch Chlor, ersetzt werden. An Stelle von Phosphortrichlorid wird in vielen Fällen das feste, viel höher verdampfende und energischer wirkende P e n t a c h l o r i d benutzt. Hier braucht man auf 1 Mol Alkohol ein volles Mol PC15, da die Reaktion zu dem viel trägeren P h o s p h o r o x y c h l o r i d führt, z.B.: CHS • CH2OH + PC16 = CHS • CHjCl + POC1, + HCl. I n neuerer Zeit hat man auch das T h i o n y l c h l o r i d f ü r die gleiche Reaktion herangezogen; es hat den Vorteil, daß «eine Umsetzungsprodukte gasförmig sind und darum die Verarbeitung des Reaktionsgemisches nicht stören.
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Teil
C 4 H„.CH 2 OH + SOClj = C 4 H 9 .CH,CI + SO, + HCl. Amylalkohol
Amylchlorid
Die energischere Wirkung des Halogenphosphors gibt sich ferner darin zu erkennen, daß auch die Hydroxylgruppen der Phenole nach dieser Reaktion durch Halogen ersetzt werden können: C„H5.OH + PC16 = C6H5.C1 + POOL, + HCl, Phenol (Br) (Br) (Br) (Br) Die Ausbeuten sind hierbei vielfach wenig befriedigend, da das Phosphoroxychlorid auf das noch nicht umgesetzte Phenol unter Bildung von Phosphorsäureestern einwirkt, z. B.: POCl3 + 3 CaH5 • OH = PO.(OCaH8)3 + 3 HCl. Die Monoalkylhalogenide C n H( 2 n + l ) Cl(Br,J) sind farblos und in den meisten Fällen Flüssigkeiten; Ausnahmen bilden das Methylchlorid und -bromid sowie das Athylchlorid, welche bei gewöhnlicher Temperatur gasförmig sind, ferner die hochmolekularen Glieder, wie z. B. das Cetyljodid C l g H 3 3 J , welche halbfeste, salbenähnliche Massen darstellen. Sie werden häufig inkorrekterweise als Halogenalkyle bezeichnet, z. B. Jodmethyl, Bromäthyl. Außer Methyljodid ist der Name J o d m e t h a n am Platze. Sie gehören der Klassenbeziehung nach zu den Estern. Das Halogen ist nicht ionogen gebunden und in der Reihenfolge Chlorid-Bromid-Jodid zunehmend beweglich. Als Ester werden die Alkylhalogenide durch Alkalien zu Alkoholen und halogenwasserstoffsauren Salzen verseift. Nascierender Wasserstoff verwandelt in Kohlenwasserstoffe, Ammoniak in Amine, Alkoholat in Äther, Sulfhydrat in Mercaptane, Cyankalium in Nitrile, Natriumacetat in Essigester. (Diese Reaktionen formulieren!) In Wasser sind die Alkylhalogenide praktisch unlöslich, mit organischen Lösungsmitteln dagegen mischbar. Die große Verwandtschaft des Jods zum Silber hat zur Folge, daß die Alkyljodide durch wäßrig-alkoholische AgN0 3 -Lösung fast augenblicklich zersetzt werden unter Bildung von Silberjodid und Alkohol. Darauf beruht die wichtige ZEiSELsche Methode zur quantitativen Bestimmung ätherartig gebundener Alkylgruppen (vgl. S. 73). Mit Alkalijodid kann man Chlor und Brom durch Jod ersetzen. Diese Reaktion ist von Bedeutung in Fällen, wo die direkte Umsetzung von Alkoholen mit Jodwasserstoffsäure nicht glatt verläuft, oder überhaupt nicht zum Ziel führt, z. B. bei der Darstellung von Äthylenjodhydrin: C H S O H - C H 2 C 1 + NaJ = CH 2 OH-CH ä J + NaCl. Da die Umsetzung in der Wärme vor sich geht, so kann man wegen der Gefahr der Hydrolyse nicht in wäßrigem Medium arbeiten, was sich in den meisten Fällen auch wegen der Unlöslichkeit des Chlorids in Wasser verbietet. Nach F I N K E L S T E I N benutzt man mit C!aCl2 gut getrocknetes Aceton und wasserfreies Natriumjodid, das in Aceton ziemlich gut löslich ist.
Benxylchlorid aus Toluol
1,3
91
Um die Jodverbindungen, die sich beim Aufbewahren, namentlich im Licht, bald braun färben (Jod), wieder farblos zu erhalten, schüttelt man sie mit etwas fein verteiltem Silber durch. Dadurch, daß sich aus den Alkylhalogeniden Halogenwasserstoff abspalten läßt, ist diese Körperklasse auch direkt mit den Olefinen verbunden. HSC • CH,Br - H B V H S C=CH S + HBr. Am zweckmäßigsten erfolgt die Abspaltung des Halogenwasserstoffs durch alkoholisches Kali 1 , in manchen Fällen werden auch tertiäre Basen, wie Pyridin, Chinolin oder Dimethylanilin angewandt. Von s y n t h e t i s c h e n R e a k t i o n e n der Alkylhalogenide ist ihre Umsetzung mit Kaliumcyanid, die nach H. K O L B E von der Methanreihe aus den Aufbau der Essigsäure vermittelt, schon erwähnt (vgl. die Präparate S. 130 und S. 243). Von einfacheren Reaktionen dieser Art sei hier die WüRTZsche Synthese angeführt. Metallisches Natrium nimmt das Halogen von zwei Molekülen weg und die beiden Methylreste verbinden sich miteinander. So entsteht im einfachsten Falle aus Methylbromid Äthan: H , C B r Br-CH, *- H ä C-CH 3 + 2NaBr. Na Na Der Mechanismus dieser Reaktion wird auf S. 113 besprochen. Ihre präparative Anwendung findet sich beim Triphenylchlormethan, S. 340. Ferner haben die Alkylhalogenide eine außerordentliche Bedeutung gewonnen als Ausgangssubstanzen für die G R I G N A R D sehe Reaktion, von der auf S. 323 die Rede ist. 3. Benzylchlorid aus Toluol. 2 Beim Arbeiten mit Chlor, Brom und Halogenwasserstoffsäuren sollten Verbindungen mit Kork oder Kautschuk vermieden werden. Man bedient sich für das vorliegende Präparat des in Fig. 42 abgebildeten Kolbens 3 (mit Einleitungsrobr), in dem 100 g reines Toluol auf dem Luftbad zum Sieden erhitzt werden. Vor der Beschickung hat man in den (horizontal gehaltenen) Kolben ein k u r z e s Thermometer eingeführt, dessen unterer Teil in einem 3—4 cm langen, in der Mitte durch Einschmelzen verjüngten Glas1
Dieses viel gebrauchte UeageDS stellt man sich am besten auf Vorrat her, indem mau in 100 ccm Methylalkohol — äthylalkoholisches Kali verharzt bald — 25 g Stangenkali durch Erwärmen oder durch Stehenlassen über Nacht in der Kälte löst, von Carbonat abfiltriert und den KOH-Gehalt durch Titration bestimmt. 1 CANNIZZABO, A. eh. [ 3 ] 4 5 , 468 (1855); BEILSTEIN u. GEITNEB, A. 1 3 9 , 332 (1866); SCHRAMM, B . 1 8 , 608 (1885). 3 Er sollte vom Saalassistenten entleihbar sein.
92
Organisch-präparativer
Teil
röhr als Fuß ruht. Die auf der Kolbenwand aufstehende Seite dieses Fußes ist — damit der Kolben nicht geritzt wird — rund geschmolzen. Durch das im Schliff sitzende Glasrohr leitet man nun aus der Bombe mit vorgeschalteter H 2 S0 4 -Waschflasche einen kräftigen Chlorstrom ein, so lange, bis die Temperatur in der lebh a f t siedenden Flüssigkeit auf 156° gestiegen ist. Däs obere Kühlrohrende wird zur Beseitigung des abziehenden Chlors mit einer Vorlage mit Atzlauge -verbunden, in die das Überleitungsrohr n i c h t eintauchen soll. Die Erfahrung hat gelehrt, daß die Dauer des Einleitens von der Belichtung abhängt 1 ; die Reaktion ist bei hellem Sonnenlicht in einigen Stunden beendet, während sie an trüben Tagen einen halben Arbeitstag in Anspruch nimmt. Man richte sich daher, soweit dies möglich ist, nach der Beleuchtung. Der Kolbeninhalt wird hierauf direkt der Destillation im Vakuum unterworfen. Nach einem Vorlauf von unverändertem Toluol fängt man die Hauptmenge innerhalb von 7 Graden (bei 12 mm etwa zwischen 63—70°) auf. Der Siedepunkt des reinen Benzylchlorids liegt bei 64°/12mm. Ausbeute 65—70 °/0 der Theorie. Das durch Vakuumdestillation gereinigte Präparat ist reiner und haltbarer als das unter Atmosphärendruck destillierte, da hierbei stets HCl-Abspaltung eintritt. Weitere Verwendung für B e n z y l c y a n i d (S. 133), Benzylmalonester (S. 245), GniGNABDSche Reaktion. Die theoretisch einfachste Methode, um Halogen am Kohlenstoff an Stelle von Wasserstoff einzuführen, besteht in der Einwirkung von freiem Halogen auf gesättigte Kohlenwasserstoffe. Sie wird, wie die Chlorknallgasreaktion, durch Licht katalytisch beschleunigt und führt, auf Methan und Chlor übertragen, diesen Kohlenwasserstoff ir Mono-, Di-, Tri- und Tetrachlormethan über. Auch die höheren Paraffine werden auf diese Weise chloriert, aber das Verfahren ist präparativ unbequem und hat zudem den Übelstand, daß gleichzeitig verschiedene, schwer voneinander abtrennbare Reaktionsprodukte entstehen. Es besteht die Regel, daß im allgemeinen das Chlor zuerst an das wasserstofiarmste Kohlenstoffatom tritt. In der Pettreihe bilden die Alkohole, die leichter in reinem Zustand zugänglich sind als die Kohlenwasserstoffe, nach Beispiel 1 und 2 das ausschließliche Ausgangsmaterial für die Darstellung der Halogenverbindungen. Viel übersichtlicher gestaltet sich der Substitutionsprozeß durch Chlor beim Toluol und den homologen Methylbenzolen (Xylolen usw.). Wir haben hier zwei scharf getrennte Vorgänge. 1 G. BOOK U. J . EGGERT, Ztschr. f. E l . 2 9 , (1926); F . BEBGEL, B . 5 9 , 1 5 3 (1926).
5 2 1 (1923); B . 5 9 ,
1192
Benzylchlorid aus Toluol
93
1. Durch typische Halogenüberträger wie Eisenfeile, Jod, wird ausschließlich substituiert, und zwar entstehen aus Toluol nebeneinander o- und p-Derivat. 2. Ohne einen derartigen Uberträger wird selbst in der Siedehitze der Benzolkern nicht im mindesten angegriffen. Die Geschwindigkeit der Substitution der Methylgruppe (Seitenkette), die in der Kälte unmeßbar klein ist, steigert sich aber gemäß dem allgemeinen Gesetz, nach dem eine Erhöhung der Temperatur um je 10° eine Erhöhung der Reaktionsgeschwindigkeit um das 2—3 fache zur Folge hat, zu einer für den präparativen Zweck ausreichenden Höhe. Diese Reaktion ist lichtempfindlich, wie alle Reaktionen, bei denen Wasserstoff direkt durch Chlor ersetzt wird. Daß auch ein Zusatz von Phosphorpentachlorid beschleunigend wirke, ist irrtümlich. Die Reaktion zwischen Toluol und Chlor bildet ein sehr schönes Beispiel für die spezifische Beeinflussung eines Reaktionssystems durch verschiedenartige Katalysatoren. In präparativer Hinsicht ist es von großer Bedeutung, daß der Eintritt des zweiten Chloratoms in die Seitenkette mit viel geringerer Geschwindigkeit vor sich geht, als die erste Phase der Reaktion. So wird fast alles Chlor vom vorhandenen Toluol aufgebraucht, ehe die weitere Chlorierung des Benzylchlorids sich merkbar äußert. Die Nachbarschaft des Benzolkerns verleiht dem Chlor an der Seitenkette geringere Haftfestigkeit, d. h. größere Beweglichkeit als im Falle der reinen Paraffine. Man erklärt dies daraus, daß der Benzolkern mehr Bindungsenergie vom Methankohlenstoff beanspruche, als Alkyl oder Wasserstoff und daß deshalb dem Chlor weniger davon zur Verfügung stehe. (Theorie der Affinitätsverteilung von THIELEWEBNER). Wir lernen aus diesem Beispiel, daß die Bindungsstriche unserer Formeln die Vierwertigkeit des Kohlenstoffs zwar formal zum Ausdruck bringen, daß sie aber über die energetischen Verhältnisse der einzelnen Bindungen nichts aussagen. Erst mit der Beherrschung der systematischen Grundlagen gewinnt der Chemiker Blick und Verständnis, um aus den starren Formeln mehr herauszulesen, als was die monotone Verknüpfung von Einzelatomen an sich sagen kann. Benzylchlorid ist allen Umsetzungen der Alkylhalogenide zugänglich. Durch Verseifung mit wäßrigen Alkalien in der Hitze entsteht der zugehörige Alkohol, der B e n z y l a l k o h o l C 6 H 5 -CH 2 OH, eine bei 206° siedende farblose Flüssigkeit (Präp. V, 4 S. 212). Wenn man unter geeigneten Bedingungen Benzylchlorid mit Ammoniak umsetzt, erhält man B e n z y l a m i n C 6 H 5 -CH 2 -NH 2 , eine ziemlich starke, flüssige Base, die alle chemischen Merkmale der aliphatischen Aminbasen besitzt und sich ganz und gar von den am Benzolkern substituierten Aminotoluolen (Toluidinen), die mit ihm isomer sind, unterscheidet. Wir können allgemein sagen, daß alle Veränderungen an der Methylgruppe des Toluols und analog gebauter Verbindungen mit denen rein aliphatischer Alkylgruppen wesensgleich verlaufen.
94
Organisch-präparativer Teil
Die Portsetzung der Chlorierung des Toluols läßt ein zweites und schließlich ein drittes Chloratom in die Seitenkette eintreten. B e n z a l c h l o r i d C6H6-CHC12, eine farblose, ebenso wie Benzylchlorid zu Tränen reizende Flüssigkeit, ist das technische Ausgangsmaterial für die Gewinnung des Benzaldehyds. Vgl. Präp. V, 3 S. 201. B e n z o t r i c h l o r i d (Phenylchloroform) C a H 5 -CCl 3 . Der Einfluß des Benzolkerns auf die Bindungsverhältnisse des benachbarten Kohlenstoffs äußert sich hier besonders anschaulich. Während sich Chloroform gegen Alkalien ziemlich resistent verhält, wird Benzotrichlorid dadurch außerordentlich leicht und zwar unter Herausnahme aller 3 Chloratome zu Benzoesäure verseift. Es wäre aber verkehrt, zu glauben, daß hierbei alles Chlor gleichzeitig herausgenommen werde, gemäß der Gleichung: / C 1 NaOlI /OH C,H6-Ce-Cl NaOH —>• C e H,-Cr-OH+ 3NaCl n \ C 1 NaOH OH
,OH >- C»HS.C< +H s O. ^0
Alle chemischen Reaktionen verlaufen stufenweise und zwar zumeist zwischen 2 Molekülen (Reaktionen zweiter Ordnung oder dimolekulare Reaktionen). So werden wir auch unsere Reaktion in Teilvorgänge aufzulösen und folgendermaßen zu formulieren haben: /C1 /OH C 9 H 6 . CX f d + NaOH —>- C 8 H 5 .Cr-Cl + NaCl C1 i X C1
+Na0I
JO V C9H5-C.
+ NaCI. X)H Die Zwischenprodukte I und II unterliegen der Verseifung durch Alkali viel rascher als Benzotrichlorid. Daher kommt es, daß sie nicht in Erscheinung treten. Zu dem Zwischenprodukt I ist noch zu bemerken, daß Verbindungen dieser Art, die Hydroxyl und Halogen am gleichen Kohlenstoffatom tragen, nicht existenzfähig sind, sondern sofort den Übergang \ /0H >C< / X C1
>-
\ > C = 0 + HCl /
erfahren. Versuch. Man kocht einige Tropfen Benzylchlorid mit (halogenfreiem) alkoholischem Kali einige Minuten im Reagenzglas auf dem Wasserbad. Dann verdünnt man mit Wasser, macht salpetersauer, schüttelt Ungelöstes in Äther und läßt einige Tropfen Silbernitratlösung einfließen. Der analoge Versuch mit reinem Brombenzol (nächstes Präp.) wird kein Brom-Ion auftreten lassen. Unterschied zwischen aliphatisch und aromatisch gebundenem Halogen.
Brombenzol
1,4
95
A n a l y s e d e s B e n z y l c h l o r i d s . Die quantitative Halogenbestimmung in Substanzen, die aliphatisch gebundenes Halogen enthalten, führt man nicht nach CABIUS im Einschmelzrohr (vgl. S. 69) aus, sondern durch hydrolytische Abspaltung mit eingestellter alkoholischer Kalilauge. Da diese Methode sehr häufig angewandt wird, verbinde man die Kontrolle des dargestellten Präparates mit ihrer Erlernung. Man kocht in einem öfters benutzten, gut ausgedämpften kleinen Rundkölbchen eine genau gewogene Menge Benzylchlorid (etwa 1 g) mit dem fachen der berechneten Menge ungefähr n/1 -alkoholischer Natronlauge 1 Stunde lang am Rückflußkühler, verdünnt dann mit dem doppelten Volumen Wasser und titriert mit n/2-Salzsäure nach Phenolphthaleinzusatz die überschüssige Lauge zurück. Die Methode ist natürlich nur anwendbar, wenn keine andern Säuren entstehen. In diesem Fall wird das Halogen mit Khodanid nach VOLHARD titriert.
4. Brombenzol. Ein / a -Liter-Rundkolben trägt in einem seitlich angeschmolzenen Ansatzrohr, durch Glasschliff eingesetzt, einen Kühler, im oberen Hals einen ebenfalls eingeschliffenen Tropftrichter (Fig. 42) (Kork- oder Gummiverbindungen werden durch Brom so stark angegriffen, daß ein sauberes Arbeiten ohne Schliffkolben sehr 1
N
O
Fig. 42.
Fig. 43.
erschwert ist). Das obere Ende des Kühlrohrs ist durch einen paraffinierten Kork mit einem großen Pöligotrohr (Fig. 48) oder ERLENMEYEB — Einleitungsrohr über dem Wasser — verbunden, in dem der entstehende Bromwasserstoff durch Wasser absorbiert wird.
96
Organiseh-präparativer
Teil
In den Kolben bringt man 90 ccm (1 Mol) Benzol und 2 g grobe Eisenfeilspäne und läßt dann unter Schütteln aus dem Tropftrichter nach und nach 53 ccm Brom (160 g) eintropfen. Man wartet das unter HBr-Entwicklung erfolgende Eintreten der Reaktion ab und reguliert die Zufuhr des Broms so, daß die Umsetzung flott im Gang bleibt, ohne stürmisch zu werden. Sollte sie gegen Ende zu träge werden, so erwärmt man noch kurze Zeit im Wasserbad, bis alles Brom verbraucht ist. Nun wird das Eeaktionsgemisch aus einem größeren Rundkolben mit Wasserdampf destilliert. Sobald sich im Kühler Kristalle von p-Dibrombenzol abscheiden, wechselt man die Vorlage und treibt dann das Nebenprodukt vollends über. Das zuerst abgeblasene Brombenzol wird nach dem Absitzen im Scheidetrichter abgetrennt, mit Calciumchlorid 1 Stunde lang getrocknet und dann destilliert. Die zwischen 140—170° übergehende Fraktion liefert bei wiederholter Destillation der Hauptmenge nach ein Destillat, das zwischen 152—158° übergeht und ziemlich reines Brombenzol darstellt; Ausbeute 70—80 g. Für die spätere Verwendung bei der GRIGNAED sehen Reaktion muß das Präparat in engeren Grenzen nochmals fraktioniert werden. Die reine Verbindung siedet bei 155°. Verwendung für Athylbenzol (S. 111) und GfiiGNAEDSche Reaktion (S. 323). p - D i b r o m b e n z o l . Der Rückstand, der bei der ersten Destillation im Kolben geblieben ist, wird noch heiß in eine kleine Porzellanschale gegossen und nach dem Erstarren gemeinsam mit dem Produkt aus der Wasserdampfdestillation auf einem Tonteller von Schmieren befreit, bzw. getrocknet. Dabei soll die Substanz nicht mit dem Spatel in den Ton hineingedrückt werden, sondern man legt sie — das gilt für alle Operationen gleicher Art — mit leichtem Druck auf, damit die Saugwirkung des Tons voll zur Geltung kommt. Bei stark verschmierten Substanzen hebt man nach mehrstündigem Stehen das aufgelegte Gut mit dem Spatel ab und bringt es an eine unbenutzte Stelle des Tellers.
Nach dem Trocknen wird das p-Dibrombenzol aus wenig Alkohol umkristallisiert, aus dem es in prächtigen farblosen Prismen herauskommt. Schmelzp. 89°. B r o m w a s s e r s t o f f s ä u r e a l s N e b e n p r o d u k t . Es sind bei der Reaktion 80 g HBr entstanden, die etwa 200 ccm Wasser zur Absorption erforderten. Man muß daher, wenn keine genügend
Brombenzol
1,4
97
große Vorlage vorgeschaltet war, die Beschickung der Vorlage erneuern, sobald Nebel sich zu zeigen beginnen. Zur Reinigung wird die Bromwasserstoffsäure aus einem Fraktionierkolben mit übergezogenem Wasserkühler (Fig. 19) destilliert. Der Siedepunkt steigt nach einem Vorlauf von Wasser auf 126°, und bei dieser Temperatur geht 48 %ige Säure über, die im Laboratorium allerorts gute Verwendung findet. So kann man z. B. auch das für die Darstellung der Alkylbromide notwendige Kaliumbromid aus ihr darstellen, indem man in einem geräumigen Gefäß die berechnete Menge Pottasche bis zum Neutralpunkt einträgt. Eine nützliche Regel für derartige Operationen: Man behält einen kleinen Teil des schwerer zugänglichen Stoffes — hier der Bromwasserstoffsäure — auf der Seite, damit man beim Überspringen des Neutralpunktes nicht in Verlegenheit kommt. Reines Brombenzol spaltet beim Kochen mit Kali kein Bromion ab. Versuch. Das Halogen ist am Benzolkern sehr fest gebunden; die aromatischen Halogenide sind den charakteristischen Reaktionen der Alkylhalogenide nicht zugänglich. Nur durch katalytisch erregten oder kräftig wirkenden nascierenden Wasserstoff (Natrium in Alkohol) ist das Halogen ersetzbar, auch mit Magnesium kann man Arylhalogenide zur Umsetzung bringen (Präparat IX, 1 S. 323); ferner erfolgt bei der in einem der nächsten Präparate behandelten FITTIG sehen Synthese eine Ablösung des Halogens. Wollen wir Brombenzol mit einem Halogenid der Eettreihe vergleichen, so kann dies naturgemäß nicht das gesättigte Äthylbromid sein, sondern wir müssen Substanzen von der Art des V i n y l b r o m i d s heranziehen: H H H Q H
HC = CH,,
B7~H Substanzen also, die das Halogen an einem d o p p e l t gebundenen C-Atom tragen. Und da ergibt sich, daß Halogenolefine dieser Art das Halogen auch sehr fest gebunden enthalten, so daß ein grundsätzlicher Unterschied zwischen ihnen und den Halogenbenzolen n i c h t besteht. Die Reaktionsfähigkeit des aromatisch gebundenen Halogens wird gesteigert durch ortho- und paraständige Nitrogruppen; auch o-Chlorbenzoesäure enthält ziemlich locker gebundenes Chlor. Wie ist der V e r l a u f der H a l o g e n s u b s t i t u t i o n am B e n z o l k e r n zu erklären? Die Annahme eines direkten Ersatzes von Wasserstoff, wie wir ihn bei der Bildung des Benzylchlorids und bei der Reaktion zwischen Methan und Chlor annehmen müssen, ist wenig wahrscheinlich, GATTEBMANN, Praxi».
22. Auflage.
"
Organisch-präparativer
98
Teil
da wir bei den Äthylenen keine besondere Reaktionsfähigkeit des am doppelt gebundenen C-Atom haftenden Wasserstoffs antreffen. Es sprechen aber verschiedene Tatsachen, die später (S. 158) behandelt werden, dafür, daß das Benzol mit Halogen in grundsätzlich gleicher Weise reagiert, wie das Äthylen, dessen Verhalten gegen Brom den Gegenstand des nachfolgenden Präparats bildet. In beiden Fällen lagert sich wohl zuerst Brom an die Doppelbindung an. Während die aktive Doppelbindung der Olefine diese Umsetzung leicht ausführt, bedarf es für die träge Doppelbindung des Benzolkerns der Mithilfe von Überträgern, wie Eisen, Eisenhalogenid, Aluminiumbromid:
H_H HjC = CH, — V BrCHj- CH,Br ;
H^
^H
H H ^
ITTI
H^
^H.
HßrHBr
Das Additionsprodukt des Äthylens ist gesättigt, das des Benzols dagegen stärker ungesättigt als das Benzol selbst, da der symmetrische Ausgleich der Restvalenzen (THIELE) gestört, die „aromatische" Natur aufgehoben ist. Um sie wieder herzustellen, bedarf es nur der unter Freiwerden von Energie vor sich gehenden Abspaltung von Bromwasserstoff, die mit außerordentlicher Geschwindigkeit, noch ehe die anderen aktiv gewordenen Doppelbindungen Zeit zur Aufnahme von Brom finden, erfolgt.
H H H^ ^H
H H H/ \ H + HBr .
HBFHBR
BT^H
Im direkten Sonnenlicht lagern sich Chlor und Brom zu je 3 Molen an die 3 Doppelbindungen des Benzols an zu H e x a - c h l o r und b r o m - c y c l o h e x a n (Benzolhexachlorid): H
H
H/ ^H ITT!
HCl HCl 3CI
',
CIH/ \HCI. HÜTHCI
Während im Benzol und in seinen Derivaten die 6 Substituenten in einer Ebene und zwar in der des Ringes liegen, verteilen sie sich im C y c l o h e x a n auf zwei, zur Ringebene parallele Ebenen. Daraus ergibt sich beim Ersatz zweier H-Atome an verschiedenen C-Atomen eine besondere Art von räumlicher Isomerie, die bedingt wird durch die Lage dieser beiden Substituenten. Sie können nämlich in der gleichen Ebene liegen (cis-Form), oder auf beide verteilt sein (trans-Form). Die Erscheinung ist der cis-trans-Isomerie der Äthylene, wie sie am Beispiel Maleinsäure—Fumarsäure am besten bekannt ist, nahe verwandt. So kennt man zwei stereo-isomere Formen des 1,4-Dioxy-cyclohexans (Chinit):
Äthylen
I 5
HO,
aus Äthylalkohol.
Hj-H* ,OH
Äthylmbromid H, HO'
99
.OH
\ H^ H2 H
cis-Chinit trans-Chinit Auch die Isomerie der zwei bekannten Benzol-hexachloride ist auf einen derartigen räumlichen Stellungsunterschied zurückzuführen.
5. Äthylen aus Äthylalkohol.1 Äthylenbromid. Eine frisch bereitete und am besten noch warme Mischung von 25 g (30 ccm) gew. Alkohol und 150 g (90 ccm) konzentrierter Schwefelsäure wird unter Zusatz von 60 g feinkörnigem Seesand 2 oder ebensoviel entwässertem Aluminiumsulfat in einem großen Rundkolben von etwa 3 Liter Inhalt über einem Asbestdrahtnetz oder auf einem Sandbade n i c h t zu s t a r k erhitzt (auf 160 Der Kolben trägt im sehr d i c h t sitzenden Kork ein Thermometer, das in die Flüssigkeit eintaucht, außerdem ein an zwei Enden verjüngtes T-Rohr von 0-6—0-8 cm lichter Weite, in das oben mit einem Stückchen Gummischlauch ein Tropftrichter mit langem Rohr eingesetzt ist (Fig. 44), während der seitliche Ansatz mit den Vorlagen in Verbindung steht. Vor dem Aufsetzen des Korks füllt man das am Ende durch Ausziehen verjüngte Abflußohr des Tropftrichters durch Aufsaugen aus einer Mischung von 190 ccm (150 g) Alkohol und 170 ccm (300 g) konz. Schwefelsäure. Sobald eine lebhafte Entwicklung von Äthylen eingetreten ist, läßt man aus dem Fig. 44. Tropftrichter das Alkohol—Schwefelsäuregemisch zutropfen, unter steter Kontrolle der Temperatur (kleine Flamme!) und in dem Tempo, daß sich ohne starkes Aufschäumen ein regelmäßiger Strom von Äthylen entwickelt. Das Gas wird zur Entfernung von Alkohol und Äther durch eine mit konzentrierter Schwefelsäure 3 beschickte Waschflasche 1 EBLENMEYEB U. B Ü N T E , A. 168, 64 (1873); 192, 244 (1878). * Quarz wirkt beschleunigend auf die Reaktion der Wasserabspaltung
(SENDEBENS). 3 Da sich Äthylen mit heißer Schwefelsäure wieder zu Äthylschwefelsäure vereinigt, muß hier unter Umständen gekühlt werden.
100
Organisch-präparativer Teil
und zur Entfernung von schwefliger Säure durch eine mit 4nNatronlauge gefüllte, dreifach tubulierte Sicherheitswaschflasche 1 (Fig. 45) geleitet. Das Gas tritt dann in zwei nicht zu enge Waschflaschen mit je 25 ccm Brom ein; das Brom ist, zur Verkleinerung des Verdampfungsverlustes, mit einer 1 cm hohen Wasserschicht bedeckt, die beiden Flaschen werden zur Kühlung in ein Gefäß mit kaltem Wasser eingestellt. Den Abschluß der Vorlagen bildet, wenn es die Druckverhältnisse gestatten, ein mit 2 n-Natronlauge beschicktes Pöligotrohr (Fig. 43, S. 95), wenn nicht, nimmt man die entweichenden Bromdämpfe in einem verstopften Erlenmeyer (seitlicher Einschnitt im Kork!) auf, wobei man das Rohrende ü b e r der Natronlauge münden läßt (von Zeit zu Zeit umschütteln!). Zum Verschluß der beiden ersten Waschflaschen nimmt man zweckmäßig Gummistopfen. Sobald das Brom ent-
Fig. 45.
färbt ist oder zum mindesten über dem braunroten ReaktiOD§= produkt keine Bromdämpfe mehr sichtbar sind, was bei normalem Verlauf nach 2—3 Stunden erfolgt sein soll, löst man die Verbindung zwischen Kolben und Vorlagen. Das rohe Äthylenbromid wird dann in einem Scheidetrichter mit Wasser und Natronlauge durchgeschüttelt, bis es farblos geworden ist, und mehrfach mit Wasser gewaschen. Nach dem Trocknen mit Calciumchlorid wird es durch Rektifikation vollkommen rein erhalten. Siedepunkt 130°. Ausbeute 125—150 g. Verwendung für Glykol (S. 106), auch als Lösungsmittel. Das zuweilen recht lästige Schäumen, das auf Oxydationswirkung der Schwefelsäure zurückzuführen ist und das sich nur durch vorsichtiges Heizen unterdrücken läßt, vermeidet man bei Anwendung von h o c h k o n z e n t r i e r t e r P h o s p h o r s ä u r e . Man 1 Man beachte, daß während der Entwicklung die Natronlauge in dem mittleren Steigrohr etwa 20—30 cm über das innere Niveau steigen muß. Warum?
I, 5
Äthylen aus Äthylalkohol. Älhylenbromid
101
entwässert 150 g der käuflichen sirupösen Phosphorsäure, indem man sie in einer Porzellanschale unter dauerndem Bühren langsam bis auf 220° erhitzt. Das Äthylen erzeugt man in einem nach der gegebenen Vorschrift montierten kleineren Kolben, indem man auf die kalt eingefüllte und dann auf 210—220° erhitzte Säure durch den aufgesetzten (und vorher mit Alkohol gefüllten) Tropftrichter den Alkohol Tropfen auf Tropfen treten läßt. Es genügt e i n e mit gesättigter wäßriger CalciumchloridLösung beschickte und durch Eis zu kühlende Waschflasche zur Absorption von Alkoholdämpfen vorzuschalten. Der Alkoholbedarf ist hierbei erheblich geringer. Man berechne, wieviel Alkohol für die zur Entfärbung des vorgelegtenBromsnotwendigeMengeÄthylentheoretischgebrauchtwird. Wieviel Litern entspricht diese Menge Äthylen? Wenn man das mit Schwefelsäure erzeugte Äthylen analysiert (Methode?), findet man, daß es sehr viel Kohlenoxyd enth ä l t Zur Darstellung des reinen Gases ist die Phosphorsäuremethode geeigneter, am besten aber spaltet man aus dem gebildeten Äthylenbromid das Brom mit Zinkstaub und Eisessig wieder ab, indem man es in die Suspension von (nicht zu viel) überschüssigem Zinkstaub in Alkohol und Eisessig ( 2 M o l ) eintropfen läßt und in einem Gasometer über Wasser auffangt. Die intramolekulare Wasserabspaltung aus Alkoholen, die gebräuchlichste Methode zur Darstellung der Olefine, verläuft unter Verwendung von konz. Säuren nicht so einfach, wie es die Gleichung CH„—CH2OH
>-
CH,=CH, +
H,0
ausdrückt. Alkohol wird durch konz. Schwefelsäure schon bei gelinder Erwärmung zu Äthylschwefelsäure verestert und es ist deren Zerfall, aus dem das Äthylen hervorgeht. CHJ-CHJOH
CH3 C H J - 0 - S 0 3 H
>- C H S = C H A +
H,S04.
Wir erinnern uns, daß die zuerst gebildete Äthylschwefelsäure in der Hitze (130°) durch ü b e r s c h ü s s i g e n Alkohol gespalten und daß auf diesem Weg der Äther dargestellt wird. CHJ'CHJ-0—SOAH + HO-CHJ-CHJ
>-
CHS.CH,.O.CH,.CH8
+ HJS0 4 .
Auch bei der Äthylendarstellung entsteht Ä thyläther als Nebenprodukt. Äthylen, das „ölbildende Gas", ist schon im Jahre 1795 von den fünf holländischen Chemikern DEIMAK, TBOOSTWYK, BONDT, LOUWEEENBUBGH u. CEELLS aus Weingeist und Vitriolöl dargestellt worden. Technisch gewinnt man das Äthylen aus Alkohol durch katalytische Wasserabspaltung mit Tonerde (SENDERENS), die auf 200 bis
102
Organiseh-präparativer Teil
300° erhitzt wird und über die man Alkoholdampf leitet. 1 Gleich der Tonerde eignet sich auch Aluminiumphosphat zur präparativen Ausführung solcher Reaktionen. Statt wie in unserem Beispiel, den sauren Schwefelsäureester des Alkohols thermisch zu zersetzen, zieht man häufig die Ester anderer Säuren, z. B. der Benzoesäure, heran, und vermeidet so die verkohlende Wirkung der Schwefelsäure. Auch sek. Kaliumsulfat und wasserfreie Borsäure oder Oxalsäure werden benutzt (Acrolein aus Glycerin, Brenztraubensäure aus Weinsäure). Die chemische Eigenart der Olefine gründet sich auf ihre, allen möglichen Additionsreaktionen zugängliche Doppelbindung. Es werden addiert: 1. Halogene, besonders leicht Chlor und Brom zu Alkylendihalogeniden. 2. H a l o g e n w a s s e r s t o f f s ä u r e n zu Alkylhalogeniden. Präparativ wird meist Bromwasserstoff, in Eisessig gelöst, angelagert, und zwar, da dieser Vorgang langsam verläuft, unter Erhitzen der Komponenten im Einschlußrohr. 3. S c h w e f e l s ä u r e (vgl. oben) und andere Säuren, z. B. E s s i g s ä u r e (technische Anwendung in der Gruppe der Terpene). 4. S a l p e t e r s ä u r e . Äthylen liefert bei Gegenwart von konz. Schwefelsäure den Salpetersäureester des Nitroäthylalkohols CH.=CH,
>- CH,.CH t I I NO, OH
>- CH,• CH, I I NO, O-NO,
5. U n t e r c h l o r i g e Säure, gemäß der Gleichung: CH,: CH,
CH,—CH, ¿1
OH'
So erhält man Äthylen-chlorhydrin durch gleichzeitiges Einleiten von Äthylen und C02 in Chlorkalklösung. 6. S t i c k s t o f f d i o x y d zu Dinitroäthanen: R—CH=CH—R >• R.CH.CH—R I I NO, NO, Mit Stickstofftrioxyd entstehen unter Aufnahme von N 2 0 3 die dimolekularen Pseudonitrosite. 7. Ozon (HABBIES, STAUBINGER). CH,: CH, + 0 3 1
>- H , ^ \ j H , .
Eine für das Laboratorium geeignete Vorschrift findet man bei
W . KESTINO, Z. A n g . 3 8 , 3 6 2 (1925).
I, 5
Äthylen aus Äthylalkohol.
Äthyleribromid
103
Da die Ozonide beim Erhitzen mit Wasser nach der Gleichung: E-CH
HO-R
H
'° >
R-CHO + R-CHO + HO-OH
gespalten werden, so vermitteln sie eine Synthese für A l d e h y d e (oder Ketone). Die Hydrolyse setzt an der Ätherbindung ein und läßt als Zwischenprodukte D i - o x y a l k y l p e r o x y d o RH(OH)C 0-0-C(0H)HR entstehen (siehe auch S. 197), die weiter in Aldehyd (oder Keton) und Hydroperoxyd zerfallen (RIECHE). Benzol addiert 3 Mol 0 3 ; sein Triozonid (Ozobenzol) C0H6O9 zerfällt mit Wasser in 8 Mol Glyoxal. 8. W a s s e r s t o f f . Die Olefine lassen sich durch keines der üblichen Reduktionsmittel mit nascierendem Wasserstoff hydrieren. Dies gelingt nur auf katalytischem Weg mit Wasserstoffgas bei Gegenwart fein verteilter Metalle, wie Nickel (SABATIER), Palladium (PAAL, SKITA), Platin (FOKIN, W I L L S T Ä T T E R ) . Vgl. dazu die Präparate S . 3 6 3 u. f. 9 . B e n z o p e r s ä u r e (Reaktion von PBILESCHAJEW). Dabei entstehen Alkylenoxyde.
\o/ 10. H y d r o x y l . Durch Permanganat werden die Olefine bei tiefer Temperatur in ihre Glykole übergeführt: R-CH:CH.R
>-
R-CHOH-CHOH-R.
Die Einwirkung dieses Oxydationsmittels führt aber leicht zu einer Sprengung der Doppelbindung, indem die an ihr beteiligten Kohlenstoffatome weiter oxydiert werden. Sind sie noch gleichzeitig mit Wasserstoff in Bindung, so entstehen Carbonsäuren, andernfalls Ketone. > R.COOH + OC Die Reaktion mit Permanganat bildet ein wertvolles und viel benutztes Erkennungsmittel für die ungesättigte Natur einer organischen Verbindung. Man löst die Substanz in kaltem Alkohol, gibt einige Tropfen Sodalösung und dann einen Tropfen verdünnter Permanganatlösung zu. Das rasche Verschwinden der roten Farbe zeigt die Gegenwart einer Doppelbindung an. Auch in reinem, gegen Permanganat beständigen Eisessig läßt sich die „ B A E Y E i t s c h e Probe" ausführen. Die Entfärbung von Brom bietet eine weitere Erkennungsmöglichkeit von Doppelbindungen. Als Lösungsmittel dient gewöhnlich Chloroform.
104
Organischr-präparativer Teil
Die Olefine verhalten sich nun, in Abhängigkeit von der Natar des Moleküls, vielfach verschieden hinsichtlich der Geschwindigkeit, mit der sie die aufgeführten Additionsreaktionen eingehen. Wenn wir in einer Formel eine Doppelbindung sehen, so ist damit nicht ohne weiteres gesagt, daß wir alle möglichen Umsetzungen auch mit ihr ausführen können. So gelingt es z. B. nicht, an T e t r a p h e n y l ä t h y l e n (CgH6)2C: C(C6H6)2 überhaupt Brom anzulagern. Die Affinität der Doppelbindung ist demnach von Pall zu Fall verschieden. Stehen zwei Doppelbindungen einander benachbart, so können sie bei Anlagerungsreaktionen als geschlossenes System reagieren. So lagert B u t a d i e n Brom teilweise im Sinne folgender Gleichung an: CH,=CH' CH=CH,
Br
' >• BrCH2 • C!H=CH • CH a Br.
Seine Dicarbonsäure, die M u c o n s ä u r e , wird zur ß, y-ungesättigten Dihydromuconsäure hydriert: HOOC • CH=CH- CH=CH • COOH —>• HOOC-CH i -CH=CH-CH,.COOH. In beiden Fällen verschwinden die beiden ursprünglichen Doppelbindungen und zwischen sie tritt eine neue; die Addition hat in 1,4-Stellung stattgefunden. Eine besonders interessante und präparativ wichtige Anwendung hat das Prinzip der 1,4-Addition in der schönen, von D I E L S 1 entdeckten „ D i e n - S y n t h e s e " gefunden. Nach ihr lagern sich Butadien und zahlreiche Butadien-Derivate (Isopren, Cyclopentadien) an die einfache Kohlenstoffbindung unter Bildung von Abkömmlingen des Tetrahydrobenzols. So entsteht z. B. aus Butadien undAcrolein T e t r a h y d r o - b e n z a l d e h y d : .CH, CH
.CHO dH
CH
CH2
Mit cyclischen Olefinen erhält man bi-cyclische Verbindungen, so aus Butadien und Cyclohexan O c t a h y d r o n a p h t a l i n : CH8
CH,
CH^H^^H, II I I CH CH CH2 Die Anwendung von C y c l o p e n t a d i e n als „Dien" führt zur Synthese endo-cyclischer Ringsysteme, wie sie die Pflanzenzelle im Campher und anderen Terpenen erzeugt, z. B.: 1
A. 460, 98 (1928); siehe auch Z. Ang. Ch. 42, 911 (1929).
Äthylen
1,5
CH
9 CH, /
Äthylmbromid
^ C H O
C H \ I CH
aus Äthylalkohol.
+
H
L
CH (
R
CH
105
UH
JH—CHO |
CH.
CH
Nach T H I E L E erklärt man diese Verhältnisse so, daß die Kraftfelder, die die an ungesättigten Bindungen beteiligten Kohlenstoffatome umgeben, sich zwischen C2 und C3 wegen deren räumlicher Nähe zum Teil gegenseitig aufheben, so daß an Cj und C4 ein höheres chemisches Potential besteht, als an C2 und C 3 ; dort sind demgemäß die bevorzugten Stellen der Addition. Auf das Benzol übertragen, sieht diese Vorstellung in ihm ein durch inneren Valenzausgleich viel stärker abgesättigtes Gebilde, als dies bei mehrwertigen Olefinen möglich ist. Im Benzol fehlen die Angriffspunkte, die der offenen Kette stets noch verbleiben: H H H2C=C—C=CHJ
Wenn wir mit T H I E L E die Inaktivierung benachbarter C-Atome durch eine Klammer wie oben zum Ausdruck bringen, so sehen wir, daß im Benzol alle „Partialvalenzen" ausgeglichen sind. Das Strukturbild des Benzols, das so aus den Vorstellungen T H I E L E s hervorgeht, erscheint noch heute als das angemessenste, um den „aromatischen" Charakter des Benzols aus dem Wesen der Olefine abzuleiten und zu verstehen. Nur glauben wir, daß man den Begriff der „Inaktivierung" von Partialvalenzen durch den ihrer S c h w ä c h u n g ersetzen sollte. Denn einmal gehen keineswegs alle Addenden bei Systemen benachbarter („konjugierter") Doppelbindungen in die 1,4-Stellung, und dann zeigt doch das Benzol die typischen Reaktionen eines Stoffes mit 3 Doppelbindungen, indem es, wenn auch langsamer als ein Olefin, z. B. Halogen, kat&lytisch erregten Wasserstoff (zu Cyclohexan) und Ozon direkt anlagert. Daß diese Alilagerungsreaktionen mit geringerer Geschwindigkeit vor sich gehen, als dort, das scheint eben durch die graduell gemilderte Interpretation der T H I E L E sehen Hypothese verständlich zu werden. — Unerwarteterweise hat sich das höhere Ringhomologe des Benzols, der Kohlenwasserstoff H C y c l o o c t a t e t r a e n (WILLSTÄTTEB und W A S E B ) durchaus nicht als ein chemisches Ebenbild des HC CH Benzols erwiesen. Er ist gelb und zeigt die große " Reaktionsfähigkeit eines vierwertigen Olefins: y Von höher konjugierten ungesättigten SyHC CH stemen wird später bei den Polyenen und den ^O^" C a r o t i n o i d e n (S. 223) die Rede sein. H
106
Organisch-präparativer
Teil
6. Glykol (Äthylenglykol) aus Äthylenbromid.1 G l y k o l d i a c e t a t . In einem mit Rückflußkühler verbundenen kurzhalsigen Rundkolben von 1 / 2 Liter Inhalt wird eine Mischung von 63 g (x/3 Mol) Äthylenbromid, 20 g Eisessig und 60 g frisch geschmolzenem, fein pulverisiertem Kaliumacetat (vgl. S. 119) auf einem Sandbade oder Drahtnetz über einer großen Flamme zwei Stunden lang zum lebhaften Sieden erhitzt. Man verbindet dann den Kolben durch ein kurzes Knierohr mit einem absteigenden Kühler und destilliert das Reaktionsprodukt direkt mit einer großen leuchtenden Flamme, welche man fortdauernd bewegt und gegen Ende der Destillation immer mehr entleuchtet, über. Das Destillat wird dann mit weiteren 60 g Äthylenbromid und 80 g Kaliumacetat versetzt, die Mischung wie oben auf einem Sandbade zwei bis drei Stunden zum lebhaften Sieden erhitzt und erneut abdestilliert. Das Destillat unterwirft man unter Anwendung eines H E M P E L sehen Aufsatzes von etwa 10 cm Länge einer fraktionierten Destillation, wobei man die folgenden Fraktionen gesondert aufsammelt: 1. von Anfang der Destillation bis 140°, 2. von 140—175°, 3. von 175° bis zum Ende. Die Fraktionen 2 und 3 werden dann nochmals gesondert destilliert, wobei reines Glykoldiacetat zwischen 180—190° (der Hauptanteil bei 186°) übergeht. Ausbeute rund 70 g. Will man die Ausbeute noch verbessern, so erhitzt man die unter 1 8 0 ° übergehenden Anteile mit dem gleichen Gewicht Kaliumacetat nochmals 8 Stunden und verfährt sonst wie oben beschrieben. Die Ausbeute steigert sich dann noch um weitere 15 g.
Glykol. Um aus dem Ester das freie Glykol zu gewinnen, wird er durch Kochen mit einer absoluten methylalkoholischen Lösung von Salzsäuregas „umgeestert". Man stellt sich durch Einleiten von HCl in absoluten Methylalkohol unter Kühlung und Feuchtigkeitsausschluß eine etwa 3 °/0 ige Lösung her, indem man die Gewichtszunahme auf einer für 0-1 g empfindlichen Wage feststellt und ein etwaiges Zuviel an HCl durch Verdünnen mit Methylalkohol ausgleicht. 49 g Glykoldiacetat [ l / s Mol) werden in einem kleinen Rundkolben (200 ccm) mit 60 ccm der methylalkoholischen Salzsäure 1 / 2 Stunde lang am Rückflußkühler gekocht, dann destilliert man, zuerst langsam, am absteigenden Kühler Methylacetat und einen 1
HENRY, B l . [3] 1 7 , 207 (1897); C. 1907 I, 1 3 1 4 .
I, 6
Olykol (Äthylenglykol) aus Äthylenbromid
107
Teil des Methylalkohols ab, den Rest aber bei etwa 50° direkt im Vakuum. Um geringe Mengen unveränderten Esters von dem zurückbleibenden Glykol zu trennen, schüttelt man den Rückstand im Kolben, dem man einen Gummistopfen aufgesetzt hat, mit je 50 ccm absoluten Äthers aus, in dem Glykol unlöslich ist. Der anhaftende Äther wird hierauf am siedenden Wasserbad entfernt und das heiß umgegossene Glykol aus einem kleinen Fraktionierkolben mit Luftkühler der Destillation unterworfen. Der Hauptteil geht bei 195° über. Ausbeute 17—18 g (80—90°/ 0 der Theorie). Man kann Äthylenbromid auch durch direkte Yerseifung mit verdünnter Alkalicarbonatlösung in Glykol überführen; der Umstand jedoch, daß die Reaktion (im heterogenen System) sehr langsam verläuft und daß außerdem große Wassermengen einzudampfen sind, verleiht dem hier eingeschlagenen Umweg, der zudem zwei neue Reaktionen kennen lehrt, den Vorzug. Wir stellen dabei — eine vielfach angewandte Methode der Überführung eines Alkylhalogenids in seinen Alkohol — zuerst durch Umsetzung mit Kaliumacetat (häufig auch Silberacetat) den E s s i g e s t e r her, den man im allgemeinen in normaler Weise, mit wäßrigen Alkalien oder Mineralsäuren verseifen würde. Hier, beim wasserlöslichen Glykol als Endprodukt, soll aber das Arbeiten im organischen Lösungsmittel nicht preisgegeben werden, und deshalb entzieht man dem Ester unter den Bedingungen einer Veresterung die Säuregruppe, die sich im Rahmen eines Gleichgewichts zwischen die beiden Alkohole, Glykol und Methylalkohol verteilt und zwar bei dem großen Überschuß an Methylalkohol vornehmlich zugunsten von diesem. Man bezeichnet diese Art der Verseifung als U m e s t e r u n g . Näheres über Esterbildung und -verseifung findet man auf S. 135 u. f. Von den Reaktionen der einfachsten zweiwertigen Alkohole, der 1,2-Glykole seien am Beispiel des Grundkörpers die folgenden angeführt: Beim Erhitzen mit Schwefelsäure entsteht unter Wasserabspaltung Acetaldehyd. Konz. Salzsäure erzeugt Ä t h y l e n c h l o r h y d r i n ; die zweite OHGruppe wird weit schwieriger durch Chlor ersetzt. TTPl CH,OH—CH2OH . CHjOH—CH,C1 + H.O. Im Großen stellt man diese Verbindung durch Anlagerung von unterchloriger Säure an Äthylen her, indem man in eine Chlorkalklösung gleichzeitig C02 und Äthylen einleitet. Starke Kalilauge setzt den Chloräthylalkohol unter HCl-Abspaltung zu Ä t h y l e n o x y d um: CH.OH • CHjCl
>- CH„— CH,
V
•
Vor allem ist auch der glatte Übergang des Chlorhydrins mit T r i m e t h y l a m i n in das physiologisch wichtige Cholin hier zu er-
108
Organisch-präparativer
Teil
wähnen, dessen salzsaures Salz sehr leicht erhalten wird, wenn man die beiden Komponenten in äquimolaren Mengen (die Base in konz. absoluter alkoholischer Lösung) einige Zeit in der Wärme aufeinander einwirken läßt.
7. Iso-amyläther.1 500 g käuflicher Amylalkohol (Siedep. 128—132°) werden, mit 50 g konz. Schwefelsäure gemischt, in einem Fraktionierkolben mit hohem Ansatzrohr zum gelinden Sieden erhitzt. Es destilliert langsam ein Gemisch von Wasser und Amylalkohol ab, die Temperatur der siedenden Mischung, die durch ein in die Flüssigkeit eintauchendes Thermometer angezeigt wird, steigt im Verlauf von etwa 8—9 Stunden auf 140°. Einige Zeit bevor diese Temperatur erreicht ist, bringt man den vom Wasser abgetrennten übergegangenen Amylalkohol in den Kolben zurück. Man kühlt dann den Kolbeninhalt auf etwa 100° ab, destilliert mit Wasserdampf, trennt im Destillat die Olschicht ab und fraktioniert sie mit Hilfe eines Aufsatzes, noch besser einer Widmerspirale (siehe S. 20). Der rohe Amyläther geht in einer Ausbeute von 200—230 g bei 168—172° über. Zur völligen Reinigung wird er 2 Stunden lang mit fein gepulvertem Natriumamid (1-5 g auf 100 g Äther) am Rückflußkühler im Ölbad gekocht, dann vom Natriumamid abdestilliert. Das Destillat schüttelt man mit verd. Salzsäure durch, trocknet über Calciumchlorid und destilliert schließlich sorgfältig über Natrium. 8. Chloressigsäure aus Essigsäure und Chlor.2 In eine Mischung von 150 g Eisessig und 12 g rotem Phosphor welche sich in einem mit Einleitungsrohr und Rückflußkühler verbundenen Kolben befindet (Fig. 41) und auf einem lebhaft siedenden Wasserbade erhitzt wird, leitet man an einem möglichst hellen Orte, am besten im direkten Sonnenlicht, trockenes Chlor ein. Der Verlauf der Chlorierung hängt wesentlich von der Belichtung ab. Die Reaktion ist beendet, sobald eine kleine Probe beim Abkühlen durch Eiswasser und Reiben mit einem Glasstabe erstarrt. Im Sommer genügt hierfür eintägiges Einleiten von Chlor, während an trüben Wintertagen dieses noch einen zweiten Tag fortgesetzt werden muß. Zur Abscheidung der Monochloressigsäure wird das Reaktionsprodukt aus einem Fraktionierkolben, 1 2
G. SCHROBTER u. W . SONDAO, B . 4 1 , 1924 (1908). R . HOFFMANN, A . 1 0 2 , 1 ( 1 8 5 7 ) ; RÜSSANOW, B . 2 5 , R e f . 3 3 4 (1892).
1, 8
Chloressigsäure
am Essigsäure
und Chlor
109
welcher mit einem Verlängerungsrohr verbunden ist, der fraktionierten Destillation unterworfen und die von 150—200° übergehende Fraktion in einem Becherglase gesondert aufgefangen. Diese kühlt man dann unter Reiben mit einem Glasstabe in Eiswasser und filtriert den erstarrten Anteil, welcher aus reiner Monochloressigsäure besteht, schnell an der Saugpumpe ab, wobei man die lockeren Kristalle mit einem Spatel oder Mörserpistill fest zusammenpreßt. Das Absaugen darf nicht zu lange fortgesetzt werden, da sonst die Chloressigsäure durch die warme Luft allmählich verflüssigt wird. Das Filtrat unterwirft man nochmals der Destillation, wobei man den zwischen 170 und 200° übergehenden Teil gesondert auffangt. Verfährt man mit diesem wieder wie soeben (Abkühlen und Filtrieren), so erhält man noch eine zweite Menge von Monochloressigsäure, welche mit der Hauptmenge vereinigt und durch nochmalige Destillation vollkommen rein erhalten wird. Siedep. 186°, Schmelzp. 63°. Ausbeutewechselnd; 80—125g. VerwendungfürNitromethan(S.löO), Malonester (S.243), Glykokoll (S. 262), Phenylglyzin (S. 356). Da die Monochloressigsäure, vor allem in warmem Zustande, die Haut stark angreift, so hüte man sich, mit ihr in Berührung zu kommen. Wesentlich rascher verläuft die Chlorierung, auch ohne Licht, wenn man dem obigen Ansatz von 1 5 0 g Eisessig, 1 - 5 g Jod, 7 g PC15 und 3 g roten Phosphor zusetzt. 1 Nach beendigter Reaktion decantiert man noch heiß vom Phosphor ab, verdünnt mit 40 ccm Eissessig, saugt nach dem Erkalten die auskristallisierte Monochloressigsäure scharf ab und wäscht mit wenig Eisessig nach. Man kommt so zu einem schwach rötlichen Präparat, das im Exsiccator über Ätzkali von dem noch anhaftenden Jod befreit wird. Die Substitution einer gesättigten Kette durch Chlor oder Brom wird erleichtert durch die Gegenwart einer 0=C-Gruppe. So werden Aldehyde und Ketone mit großer Leichtigkeit halogeniert und zwar tritt das Halogen ausschließlich in die «-Stellung. — Es ist nachgewiesen worden, daß hierbei die in verschwindender Menge vorhandene E n o l f o r m das Brom additiv aufnimmt. 2 Ztsclir. f. Angew. Chem. 4 0 , 9 7 3 ( 1 9 2 7 ) , 41, 2 2 6 ( 1 9 2 8 ) . Der Nachweis gründet sich darauf, daß die Reaktion zwischen Aceton und Brom als m o n o m o l e k u l a r e Reaktion erkannt wurde, nicht wie man erwarten sollte, als bimolekulare. Daher wird bei der Bestimmung der Reaktionsgeschwindigkeit die (langsam verlaufende) Umlagerung des Ketons in das Enol gemessen, während die Addition des Broms unmeßbar rasch vor Bich geht. 1
8
H . BRÜCKNER,
Organisch-präparativer Teil
110 CH,• COH=CHj Enolform des Acetons
CH 8 .COH.CH,Br Br Zwischenprodukt
CH„.CO-CHäBr
Das (nicht isolierbare) Zwischenprodukt geht dann unter sofortiger HBr-Abspaltung in Bromaceton über (Lapworth). Viel geringer ist der „auflockernde" Einfluß, den die Carboxylgruppe auf benachbarten Wasserstoff ausübt. Daher erfolgt in den Carbonsäuren die Substitution durch Halogen weit schwieriger, kann aber durch Belichtung und durch Katalysatoren (Überträger) beschleunigt werden. Die Eintrittsstelle des Halogens ist auch hier stets das dem Carboxyl benachbarte, «-ständige Kohlenstoffatom. Als Überträger bei der Chlorierung eignet sich J o d , das sich mit Chlor zu dem reaktionsfähigen Chloijod verbindet, z. B.: C H , . C O O H + C!J
CH2Cl.COOH + H J .
Da der so entstehende Jodwasserstoff durch Chlor sofort wieder in Jod verwandelt wird, das dann von neuem Chlorjod bildet, so hat man hier einen anschaulichen Fall einer chemisch durchsichtigen Übertragungskatalyse. Wesentlich anders und viel komplizierter wirkt Phosphor. Der zuerst entstehende Halogenphosphor setzt sich mit der Säure zum Säurechlorid um, das mit einem zweiten Molekül Säure das Anhydrid bildet: a) CH.-COCl + HOOC-CH,
CH^CO-O-CO-CH, + HCl.
Das Anhydrid wird nun viel leichter substitutiv chloriert, als die Säure, und das Zwischenprodukt, das so entsteht, wird schließlich durch den bei der Reaktion auftretenden Chlorwasserstoff wie folgt gespalten: b)
CH,Cl'CO x HSCC(K
)0 + H C l
>-
CHjCl-COOH CHs-COCl
Das zurückgebildete Acetylchlorid kann dann nach a) erneut in Reaktion treten. Während in unserm Fall die Menge des Phosphors eine beschränkte ist, benutzt man, namentlich zur Einführung von Brom, häufig äquivalente Mengen, stellt also das Säurebromid her, das dann erst in «-Stellung substituiert wird. Als Reaktionsprodukt tritt hierbei das Bromid der «-bromierten Säure auf, das man durch Behandlung mit Wasser in diese umwandeln muß, aus dem man häufig auch durch Einwirkung von Alkohol deren Ester darstellt ( H e l l - V o l h a b d Zklinsky sches Verfahren). Die cc-Halogencarbonsäuren, deren einfachste die Chloressigsäure ist, finden für Synthesen mannigfache Verwendung. Erwähnt sei hier ihr Übergang in Oxysäuren (durch hydrolytische Abspaltung des Halogens) und in Aminosäuren (Präp. VII, 2):
Äthylbenzol
1,9
aus Brombenzol
und
Äthylbromid
CICHj-COOH + HÖH
>- HOCH, • COOH + HCl
C1CH, • C O O H + 2 N H ,
>-
HJN • CHS • C O O H +
111
NH4C1.
Die Einführung von Jod erfolgt nach der auf S. 8 7 / 8 8 erwähnten Methode. /9-Halogencarbonsäuren werden durch Addition von Halogenwasserstoff an «-^-ungesättigte Säuren erhalten: TXT> -
CH,—CH• COOH - _ V Äcrylsäure
CH 2 Br-CH 2 >COOH . ß- Brompropionsäure
9. Äthylbenzol aus Brombenzol und Äthylbromid1 (Fittigsche Synthese). In einem trockenen Rundkolben von 1/a Liter Inhalt, welcher mit einem langen Rückflußkühler verbunden ist und sich auf einem Strohkranz in einem leeren Wasserbade befindet, übergießt man 27 g Natrium, mit dem Natriummesser in möglichst dünne Scheiben zerschnitten, mit 100 ccm alkoholfreiem, trockenem Äther.2 Nach einigem Stehen, wenn keine Wasserstoffentwicklung mehr zu sehen ist, fügt man eine Mischung von 60 g Brombenzol und 60 g Äthylbromid zu. Bei eintretendem Sieden, das man u. U. durch schwaches Erwärmen herbeiführt, kühlt man mit Wasser und überläßt das Ganze bis zum anderen Tage sich selbst. Das Eintreten der Reaktion muß jedenfalls abgewartet werden. Über Nacht lasse man kein Wasser durch den Kühler laufen. Am nächsten Tage dampft man den Äther auf dem Wasserbade ab und destilliert dann das freie Athylbenzol aus dem möglichst hoch in schräger Lage eingespannten Kolben mit einer großen l e u c h t e n d e n F l a m m e , welche man fortdauernd bewegt, vom Natriumbromid und überschüssigen Natrium3 ab; zur Kühlung dient ein Luftkühlrohr, 1
8
TOLLENB U. FITTIG, A . 1 3 1 , 3 0 3 (1864).
Um absoluten Äther darzustellen, trocknet man 1—2 Liter käuflichen Äther über etwa 20 % seines Gewichts an Calciumchlorid 1—2 Wochen lang vor, filtriert dann rasch durch ein Faltenfilter in eine trockene Flasche, in die man Natriumdraht hineinpreßt. Solange sich Wasserstoff entwickelt, setzt man einen Kork mit CaCl,-Rohr auf, das — um die Verdunstung einzuschränken — ein kurzes capillar ausgezogenes Glasrohr trägt. Der absolute Äther ist für die meisten Zwecke direkt zu verwenden. Beim Abdampfen größerer Mengen ungereinigten Äthers, der längere Zeit mit Luft in Berührung war, hat man mit der Möglichkeit zu rechnen, daß zum Schluß heftige Explosionen erfolgen, die auf einen Gehalt dieses Äthers an P e r o x y d e n zurückzuführen sind. Solcher Äther riecht stechend und macht aus angesäuerter KJ-Lösung Jod frei. Zur Zerstörung der Peroxyde schüttelt man mit schwach angesäuerter Ferrosulfatlösung aus. 3 Die blaue Farbe dieses Gemischs ist nach SCHLUBACH und GOES auf eine kolloide feste Lösung von Natrium in NaBr zurückzuführen. Analogie mit blauem Steinsalz.
112
Organisch-präparativer Teil
das mit einigen feuchten Filtrierpapierstreifen umwickelt werden kann. Unter Anwendung eines Aufsatzes unterwirft man schließlich das Rohprodukt einer zweimaligen Destillation. Der Siedepunkt des reinen Athylbenzols liegt bei 135°. Ausbeute rund 25 g. Mit dem im Kolben zurückbleibenden Gemisch von Natriumbromid und Natrium sei man ä u ß e r s t vorsichtig. Man zerstört entweder das übrige Metall nach dem Erkalten durch Übergießen mit Alkohol (etwa 100 ccm auf einmal im Abzug eingießen!) oder schüttet den Rückstand im Freien aus und spritzt aus g r ö ß e r e r E n t f e r n u n g oder aus einer Deckung Wasser darauf. Was im Kolben haften bleibt, wird schließlich mit weniger Alkohol als oben entfernt. Das Arbeiten mit Natriummetall hat schon manchen schweren Unfall im Laboratorium verursacht. Man verfahre deshalb bei jeder Handhabung mit ihm mit aller Sorgfalt, werfe keine Abfälle in die Ausgüsse oder Abfalleimer, lasse sie auch nicht offen liegen, sondern bringe sie sofort wieder in die Vorratsflasche oder vernichte sie wie oben angegeben. Natrium braucht zur Auflösung die 15—20 fache Menge Alkohol. Man vermeide, eine Reaktion mit metallischem Natrium oder Kalium auf dem siedenden Wasser- oder Dampfbad auszuführen, sondern bediene sich stets eines Sand- oder Ölbades, auch beim Abdestillieren getrockneten Äthers von Natriumdraht. Beim Arbeiten mit Natrium und Kalium sei man mit doppelter Peinlichkeit um die Vollkommenheit der Apparatur besorgt und halte sich die Folgen vor Augen, die ein undichter Kühlermantel oder der Bruch des Kolbens unter Umständen haben können. Stets Schutzbrille aufsetzen! Die FiTTiosche Synthese ist das Analogon der W U B T Z sehen Synthese der aliphatischen Kohlenwasserstoffe, z. B.: „2C,H5.J + 2Na C,H5.C,H6 + 2NaJ, Äthyljodid Butan CaH6.Br + CaH5 Br + 2Na C6H5-C2H8 + 2NaBr. Äthylbenzol Sie ist allgemeiner Anwendung fähig, indem auch die homologen Brombenzole sowie Dibrombenzol einerseits, alle möglichen Alkylbromide andrerseits in sie einbezogen werden können. Auch zwischen 2 Mol. Arylbromid findet die Umsetzung, wenn auch schwieriger, statt: 2 C,H5Br + 2 Na
>- C6H6 • C8H6 + 2 NaBr .
Präparativ wird aber Biphenyl durch thermische Dehydrierung von Benzol (Durchleiten seiner Dämpfe durch ein glühendes Eisenrohr) dargestellt.
Säureehloride
11,1
113.
So einfach, wie es die obigen Formelgleichungen darstellen, verläuft die F r m a s c h e Reaktion nicht. Es ist durch neuere Arbeiten ( A C B E E 1 , SCHLUBACH 2 ) nachgewiesen, daß in der ersten Phase die N a t r i u m v e r b i n d u n g e n d e r K o h l e n w a s s e r s t o f f e entstehen. Diese setzen sich dann erst unter Abspaltung von NaBr mit der zweiten Molekel organischen Bromids um: 1. R*Br + 2 N a 2. RNa + BrR'
>-
RNa + N a B r , R—R' + NaBr.
Da sowohl RBr als R'Br zuerst mit Natrium reagieren, die beiden Natriumverbindungen aber sich mit RBr und R'Br umsetzen können, so sind bei der Synthese von FITTIQ grundsätzlich 3 Reaktionen mit den Produkten R—R', R—R und R'—R' möglich. Brombenzol reagiert nun rascher mit Natrium, als Athylbromid, Phenylnatrium aber rascher mit Athylbromid als mit Brombenzol: daher in unserem Beispiel die glatte Bildung von Athylbenzol. Von dem chemischen Verhalten der homologen Benzole ist hier nur zu erwähnen, daß sie durch Oxydation mit Permanganat oder Chromsäure zu den entsprechenden Carbonsäuren des Benzols abgebaut werden. Toluol und Äthylbenzol gehen in Benzoesäure, p-Xylol geht in Terephthalsäure (S. 280) über.
II. Carbonsäuren und ihre einfachen Abkömmlinge. 1. Säurechloride. a) A c e t y l c h l o r i d . 3 Zu 90 g (1-5 Mol) wasserfreiem Eisessig, welcher sich in einem mit absteigendem Kühler verbundenen Fraktionierkolben befindet, läßt man unter Kühlung mit kaltem Wasser aus einem Tropftrichter 72 g Phosphortrichlorid fließen. Man taucht dann die Kugel des Kolbens in eine nicht zu kleine, mit Wasser von 40—50° gefüllte Porzellanschale ein und setzt die Erwärmung so lange fort, bis die im Anfang lebhafte Salzsäureentwickelung nachgelassen und die vor dem Erwärmen homogene Flüssigkeit sich in zwei Schichten getrennt hat. Das Acetylchlorid wird hierauf auf lebhaft siedendem Wasserbad von der phosphorigen Säure (untere Schicht) abdestilliert. Eine kleine Saugflasche, die durch einen Kork an das untere Ende des Kühlrohrs angeschlossen und durch ein mit Gummischlauch angefügtes CaCla-Rohr gegen die Luftfeuchtigkeit geschützt ist, dient als Vorlage. Durch wiederholte Destillation 1
Am. Chem. Journ. 2 9 , 588 (1903).
« B . 5 5 , 2 8 8 9 ( 1 9 2 2 ) ; s i e h e a u c h d i e A r b e i t v o n SCHLENK, B . 5 0 , 2 6 2 ( 1 9 1 7 ) . 8
BiCHAMP, C. r. 4 0 , 946 (1855); 4 2 , 226 (1856).
GATTHRMAHN, Praxis.
22. Auflage.
8
114
Organiseh-präparativer
Teil
(mit Thermometer) wird das Präparat gereinigt. Man fängt die Fraktion zwischen 48—53° gesondert auf. (Siedepunkt des reinen Acetylchlorids 51°.) Ausbeute 70—80 g. Verwendung für Essigsäureanhydrid (S. 118) und Acetophenon (S. 332). Man prüfe das Präparat auf Phosphorgehalt (PC13) indem man einige Tropfen in wenig warmem Wasser zersetzt, die Lösung in einer kleinen Porzellanschale abdampft, dann zweimal mit starker Salpetersäure oder Bromwasser abraucht und schließlich die üblichen Reaktionen auf Phosphorsäure anstellt. Wird Phosphor nachgewiesen, so ist das Präparat nochmals mit ein paar Tropfen Eisessig zu destillieren.
b) Benzoylchlorid. 40 g (1/3 Mol) trockene Benzoesäure werden m einem Kundkolben von 250 ccm Inhalt, der einen eingeschliffenen Kühler trägt (zur Not auch Korkverbindung), mit 100 ccm Thionylchlorid übergössen und hierauf im Wasserbad unter Rückfluß auf 80° erwärmt (Abzug). Nach einer halben Stunde ist die kräftige Gasentwicklung (HCl und S0 2 ) beendigt; man gießt das abgekühlte Gemisch in einen Fraktionierkolben über und destilliert am absteigenden Wasserkühler das überschüssige Thionylchlorid auf lebhaft siedendem Wasserbad soweit als möglich ab; es ist für die gleiche Operation nochmals verwendbar. Das Benzoylchlorid wird hierauf am Drahtnetz oder mit schwach leuchtender Flamme der Destillation unterworfen. Langes Kühlrohr mit Vorlage, wie beim Acetylchlorid beschrieben, aber ohne Wassermantel. Nach einem beträchtlichen Vorlauf, der im wesentlichen aus (ebenfalls wieder verwendbarem) Thionylchlorid besteht, geht die Hauptmenge bei 194—199° über. Reines Benzoylchlorid siedet bei 194°. Ausbeute 40—42 g. Auch hier empfiehlt sich die Destillation im Vakuum, die ein reineres Produkt liefert. Viel verwendetes Laboratoriumspräparat. Um das Hydroxyl einer COOH-Gruppe durch Chlor zu ersetzen, kann man z. T. die gleichen Reaktionen benutzen, welche oben für den Ersatz von alkoholischen Hydroxylgruppen durch Halogen beschrieben wurden. Praktisch stellt man Säurechloride fast immer durch Einwirkung von PC13, PC16 oder SOCl2, in selteneren Fällen von POCl8, auf die Säuren selbst, in manchen Fällen auch wohl auf deren Alkalisalze, dar. Die Auswahl des Chlorides hängt ab 1. von der Leichtigkeit, mit welcher die betreffende Säure reagiert, und 2. von dem Siede-
11,1
Säurechloride
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punkt des Säurechlorides. Wirkt z. B. wie bei der Essigsäure ihren Homologen bereits PC13 unter Bildung des Chlorides leicht so zieht man dieses Chlorid dem noch energischer wirkenden PCI,, Bei der Reaktion, deren Mechanismus nachstehend erörtert wird, steht p h o s p h o r i g e S ä u r e nach der Gleichung:
und ein, vor. ent-
Indem die phosphorige Säure mit Acetylchlorid oder auch mit Phosphortrichlorid reagiert, kommt die bei dem Versuch beobachtete Entwickelung von Salzsäure zustande. Benzoesäure reagiert mit PC13 weniger glatt, energisch aber mit PC16. Da die Abtrennung des überschüssigen Chlorphosphors (auch des Oxychlorids) viel weniger einfach ist, als bei Anwendung von Thionylchlorid, zieht man dieses jetzt leicht zu beschaffende und wohlfeile C h l o r i d v o r (H. MEYEB).
Die Reaktionsweise hat man sich so vorzustellen, daß zuerst unter HCl-Abspaltung das gemischte Anhydrid entsteht, das dann in Säurechlorid und S0 2 zerfällt: R . C : 0 + S0C1, OH
>- R . C : 0 ÖSOC1
»- R C : 0 + SO, C1
Ähnlich ist der Gang der Reaktion, wenn man die Chloride des Phosphors (oder Phosgen) verwendet. In Fällen, wo die Reaktion sehr stürmisch verläuft, benutzt man Chloroform oder Benzol als Verdünnungsmittel; dies gilt auch für die Umsetzung der Alkohole. Des Phosphoroxychlorids bedient man sich meistens nur dann, wenn man die Salze von Carbonsäuren anwendet, mit welchen es in folgender Weise reagiert: 2CH8• CO• ONa + POC1, = 2CH,.CO-Cl + NaPO, + NaCl. Diese Reaktion kann man mit Vorteil verwerten, um das Chlor des PC15 vollkommener auszunutzen, als es bei seiner Einwirkung auf die freien Säuren geschieht. Die Säurechloride sind in den niederen Reihen farblose Flüssigkeiten, in den höheren farblose kristallinische Substanzen. Sie sieden meistens unter gewöhnlichem Druck ohne Zersetzung; nur die hochmolekularen werden zweckmäßig im Vakuum destilliert. Der Siedepunkt der Säurechloride liegt niedriger als der der Säuren, wie denn überhaupt der Ersatz von Hydroxyl durch Chlor eine Siedepunktserniedrigung zur Folge hat: CH..CO.C1 Siedepunkt 51° CHa-CO-OH „ 118«
I |
C„H6-CO-Cl Siedepunkt 198° C,H 6 .CO-OH „ 250®.
Die Säurechloride besitzen einen heftig stechenden Geruch und rauchen an der Luft. Sie werden durch Wasser unter Bildung von Säure und Chlorwasserstoff zersetzt. Diese Umsetzung erfolgt vielfach außer-
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Organiseh-präparativer Teil
ordentlich leicht, da das Chloratom an einem Säurerest viel lockerer als an einem Alkylrest haftet. Während es zur Umwandlung eines Halogenalkyls in einen Alkohol meistens erforderlich ist, jenes lange Zeit mit Wasser, oftmals unter Zusatz von Natron, Kali, einem Carbonat oder Acetat, zu kochen, erfolgt die analoge Umsetzung eines Säurechlorides bei weitem leichter. Bei den niederen Gliedern, wie z. B. dem Acetylchlorid, tritt die Reaktion bereits in der Kälte in äußerst stürmischer Weise fast augenblicklich ein, während es bei den höheren Gliedern, wie z. B. beim Benzoylchlorid, des Erhitzens bedarf, um die Umsetzung herbeizuführen. Sulfosäurechloride sind selbst gegen siedendes Wasser eine Zeitlang beständig (siehe Benzolsulfochlorid S. 184). Alkalien wirken naturgemäß weit lebhafter als Wasser auf Säurechloride ein. Mit Alkoholen und Phenolen reagieren die Säurechloride unter Bildung von Säureestern. V e r s u c h a: Man gieße etwa 1 j 2 ccm A c e t y l c h l o r i d allmählich zu 2 ccm Wasser, das sich in einem Reagenzrohr befindet. Ist das Wasser sehr kalt, so kann man kurze Zeit die im Wasser untersinkenden und mit diesem sich nicht mischenden Tropfen des Chlorids beobachten. Schüttelt man das Rohr, so tritt eine lebhafte Reaktion unter Erwärmung ein. V e r s u c h b: Man führe den gleichen Prozeß mit B e n z o y l c h l o r i d aus. Auch bei längerem Schütteln keine wahrnehmbare Veränderung; man muß einige Zeit kochen, um die völlige Zersetzung zu erreichen. Nach dem Erkalten kristallisiert Benzoesäure aus. In gleicher Weise bringe man Benzoylchlorid mit 2n-Lauge zusammen. V e r s u c h e : Z u l ccm Alkohol, welcher sich in einem durch Wasser abgekühlten Reagenzrohr befindet, fügt man tropfenweise das gleiche Volumen Acetylchlorid, versetzt dann, ebenfalls unter Kühlung, mit dem gleichen Volumen Wasser und macht vorsichtig mit Natron schwach alkalisch. Hat sich nicht schon hierbei über der wäßrigen Flüssigkeit eine leicht bewegliche Schicht des angenehm riechenden Essigesters abgeschieden, so fügt man noch so lange fein pulverisiertes Kochsalz hinzu, bis sich dies nicht mehr löst, wobei die Abscheidung des Essigesters eintreten wird. Man bringe in gleicher Weise Benzoylchlorid mit etwas überschüssigem Alkohol zusammen und prüfe am Geruch die Geschwindigkeit der Einwirkung. Säurechloride benutzt man auch, um zu entscheiden, ob eine vorliegende noch unbekannte Verbindung eine alkoholische oder phenolartige Hydroxylgruppe enthält oder nicht. Reagiert ein Stoff mit
Säurechloride
11,1
117
einem Säurechlorid, so ist dies der Fall, da alle Verbindungen, die den Sauerstoff in anderer Bindungsform, z. B. ätherartig gebunden enthalten, indifferent sind. Durch Zusatz von Alkali oder Alkalicarbonat kann die Reaktion wesentlich erleichtert werden. Schließlich wendet man die Einwirkung eines Säurechlorides auf Alkohole und Phenole noch an, um sie aus Lösungen abzuscheiden oder um sie zu charakterisieren. Man bedient sich zu diesem Zwecke jedoch meistens des Benzoylchlorids. Methylalkohol gibt z. B. mit p-Nitrobenzoylchlorid den schön kristallisierten Methylester, der geringe Mengen aus wäßriger Lösung herauszuholen erlaubt. Auf die Salze von Carbonsäuren wirken Säurechloride unter Bildung von Säure-anhydriden ein (siehe nächstes Präparat). Es muß roch erwähnt werden, daß die Acylierung von Alkoholen, Phenolen und Aminen mit Säurechloriden (und auch Anhydriden) statt nach dem alten Verfahren von SCHOTTEN-BAUMANN — Einwirkung von Säurechlorid in alkalisch-wäßriger Suspension — heute vielfach in P y r i d i n l ö s u n g vorgenommen wird. Der Chlorwasserstoff wird vom Pyridin gebunden. Auch auf Ammoniak, sowie auf primäre und sekundäre organische Basen wirken Säurechloride mit großer Leichtigkeit ein: CH„• CO• C1 + 2NH, = CHj-CO-NH, 4- NH4C1, Acetamid
C H j . C O . C l + 2 C 6 H 5 . N H , = C 6 H 6 • N H • CO • C H , + C , H 5 - N H 3 C 1 . Anilin
Acetanilid
V e r s u c h : a) Zu 1 ccm Anilin fügt man tropfenweise Acetylclilorid, wobei unter lebhaftem Zischen eine heftige Reaktion eintritt, welche jedoch aufhört, sobald etwa das gleiche Volumen des Chlorides hinzugefügt i s t Unter Kühlung mit Wasser versetzt man dann mit dem fünffachen Volumen Wasser, wobei sich ein reichlicher Niederschlag von A c e t a n i l i d abscheidet, dessen Menge noch vermehrt werden kann, wenn man die Gefäßwände mit einem Glasstabe reibt. Der Niederschlag wird abfiltriert und aus wenig heißem Wasser umkristallisiert. Schmelzp. 115°. b) In gleicher Weise verfahre man mit Benzoylchlorid. Auch diese Reaktion wird benutzt, um die organischen Basen durch Überführung in ihre meist kristallisierten Säurederivate zu charakterisieren und um kleine Mengen, vor allem von flüssigen Basen, durch eine Schmelzpunktsbestimmung zu erkennen. Um die Base voll umzusetzen — ein Mol wird ja durch die freiwerdende Salzsäure gebunden — setzt man beim Arbeiten in wäßriger Lösung oder Suspension Alkali oder Carbonat, in wasserfreiem Lösungsmittel trocknes Kaliumcarbonat oder Pyridin zu. Da tertiäre Basen mit Säurechloriden nicht reagieren, da sie kein ersetzbares Wasserstoffatom mehr enthalten, so
Organisch-präparativer
118
Teil
kann man mit Hilfe der Einwirkung eines Säurechlorids auch entscheiden, ob eine Base einerseits primär oder sekundär oder anderseits tertiär ist. Ferner sei hier auf die wichtige Verwendung der Säurechloride bei der FBIEDBL-OEAFTS sehen Reaktion verwiesen (S. 330). Nach Art der SCHOTTEN-BAUMANN sehen Beaktion läßt sich auch Hydroperoxyd aeylieren. Man kommt so zu S ä u r e - p e r o x y d e n .
D a r s t e l l u n g von B e n z o y l p e r o x y d . 1 Zu 50 ccm etwa 10°/ o igen wäßrigen Hydroperoxyds läßt man unter guter Eiskühlung und stetem Schütteln (am besten in einer G-lasstöpselflasche) abwechselnd 4 n-Natronlauge und Benzoylchlorid tropfen, derart, daß die Lösung immer schwach alkalisch bleibt. Nachdem etwa 30 ccm Lauge und 15 g Benzoylchlorid verbraucht sind, ist das Hydroperoxyd umgesetzt, das Peroxyd der Benzoesäure hat sich in kristallinischen Flocken abgeschieden und der Geruch des Chlorids ist nahezu ganz verschwunden. Man saugt ab, wäscht mit Wasser aus und trocknet. Ausbeute 10—12 g. Aus wenig Alkohol, in dem nur kurz zum Sieden erwärmt wird, kristallisiert die Substanz in schönen farblosen Prismen. Schmelzpunkt 106—108° unter Zersetzung. Eine k l e i n e Probe erhitze man im trocknen Reagenzglas rasch über der Flamme. Besonders rein wird das Peroxyd erhalten, wenn man seine konz. Lösung in Chloroform in das doppelte Volumen Methylalkohol einfließen läßt. Das Peroxyd der Benzoesäure vermittelt die einfachste Synthese von Alkylenoxyden nach PELLESCHAJEW. In abs. ätherischer oder noch besser benzolischer Lösung wird es nämlich durch Natriumäthylat gespalten in das Natriumsalz der Benzopersäure und in Benzosäureester. 3
C 6 H 6 .C-0-0-C.C 8 H 6 11 J 0l 0
—>- C6H6-C—O—ONa + H6CaO—C—C6H6. IOI I0
Die wenig beständige Persäure, die wie alle Persäuren viel schwächer ist als die zugehörige Carbonsäure, wird nach dem Ansäuern des Natriumsalzes in Chloroform aufgenommen. Ihre Chloroformlösung dient als Reagens für die oben erwähnte Reaktion, die auf S. 103 bereits formuliert ist. Äthylen selbst tritt nicht in Reaktion.
2. Essigsäure-anhydrid.3 Zur Darstellung des Essigsäure-anhydrids benutzt man den gleichen Apparat wie beim Acetylchlorid. 1
v . PÜCHMANN u. VANINO, B . 2 7 , 1 5 1 0 (1894). ' BAEYER U. VILIIQEB, B . 3 3 , 1 5 7 5 (1900). 8 C. GEBHABDT, A . c h . [3] 3 7 , 3 1 3 (1853).
119 Zu 80 g fein pulverisiertem, wasserfreiem Natriumacetat (dessen Darstellung siehe unten) läßt man aus einem Tropftrichter tropfenweise 54 g (3/4 Mol) Acetylchlorid fließen. Sobald etwa die erste Hälfte des Chlorids hinzugefügt ist, unterbricht man die Reaktion auf kurze Zeit, um mit Hilfe eines am untern Ende der Länge nach breit gedrückten und etwas umgebogenen Glasstabs die breiige Masse durcheinander zu rühren, und läßt erst dann den Rest nachfließen, so langsam, daß kein unverändertes Acetylchlorid übergeht. Hierauf destilliert man mit leuchtender Flamme unter fortwährendem Bewegen des Brenners das Anhydrid von dem Salzrückstande ab. Das Destillat wird schließlich unter Zusatz von 3 g fein pulverisiertem wasserfreien Natriumacetat, welches die letzten Anteile unveränderten Acetylchlorids vollends zu Essigsäure-anhydrid umsetzt, einer fraktionierten Destillation unterworfen. Siedepunkt des Essigsäure-anhydrids 138°. Ausbeute 5 5 — 6 0 g. Verwendung für Acetylierungen, PEBKINsehe Reaktion (V, 8 S. 222), Acetophenon (IX, 3b S. 332). Das Präparat ist auf Chlor zu prüfen, indem man eine Probe mit Wasser kocht und nach Zugabe von verdünnter HN0 3 einige Tropfen Silbernitratlösung zufügt. In analoger Weise kann das schön kristallisierte Benzoesäureanhydrid (Schmelzp. 42°) präparativ gewonnen werden. Es wird auch erhalten, wenn man Benzoesäure mit einem Überschuß von Essigsäureanhydrid kocht („Umanhydrisieren"). Darstellung des wasserfreien N a t r i u m a c e t a t s : Das kristallwasserhaltige Salz (3H 2 0) erhitzt man in einer flachen Schale aus Eisen oder Nickel direkt über dem Brenner. Nachdem das Kristallwasser verdampft ist, erstarrt die Schmelze. Es wird hierauf durch vorsichtiges Erhitzen das wasserfreie Salz auch zum Schmelzen gebracht. Nach dem Wiedererstarren wird das Salz noch warm gepulvert und sofort unter Verschluß gesetzt. Auch das käufliche wasserfreie Acetat muß noch einmal geschmolzen werden. Die Einwirkung des Acetylchlorides auf das Natriumacetat vollzieht sich nach folgender Gleichung: CH, • C = 0 CH g 'CO»Cl + CH, • CO • ONa = > 0 + NaCl. CH, • C = 0 Auch gemischte Anhydride, welche zwei verschiedene Säureradikale enthalten, kann man nach dieser Reaktion bereiten, wenn man Chlorid und Salz zweier verschiedener Säuren anwendet.
120
Organisch-präparativer Teil
Da wie oben beim Acetylchlorid ausgeführt, aus dem Alkalisalz einer Säure und POClg ein Säurechlorid erhalten werden kann, so ist es für die Darstellung eines Anhydrids nicht erforderlich, das Chlorid zuerst zu isolieren; man kann es vielmehr sofort auf einen Überschuß des Salzes weiter einwirken lassen, so daß aus P0C13 und dem Salz direkt ein Anhydrid erhalten werden kann (technisches Verfahren). Man formuliere diese Reaktion. Die Säure-anhydride sind in den niederen Reihen farblose Flüssigkeiten, in den höheren kristallisierte feste Stoffe. Sie besitzen einen scharfen Geruch, sind in Wasser unlöslich, lösen sich jedoch in indifferenten organischen Lösungsmitteln auf. Ihr spez. Gewicht ist größer als das des Wassers. Der Siedepunkt liegt höher als der der entsprechenden Säure: Essigsäure 118°, Essigsäureanhydrid 138°. Der Schmelzpunkt liegt im allgemeinen tiefer. Die niedrigeren Glieder können unter gewöhnlichem Druck ohne Zersetzung destilliert werden; in den höheren Reihen muß die Destillation im Vakuum vorgenommen werden. Das chemische Verhalten der Anhydride gegen Wasser, Alkohole Phenole, sowie Basen gleicht vollkommen dem der Chloride; nur reagieren die Anhydride langsamer als die Chloride. V e r s u c h : Man versetze 3 ccm Wasser mit 1 / 2 ccm Essigsäureanhydrid. Dieses sinkt zu Boden und löst sich selbst nach längerem Schütteln nicht. Erwärmt man jedoch die Mischung des Anhydrids mit Wasser einige Zeit, so tritt unter Aufnahme von Wasser Lösung ein. Nimmt man statt Wasser verdünnte Lauge, so tritt die Lösung rascher ein. Essigsäureanhydrid wird überaus häufig benutzt, um die Acetylgruppe in alkoholisches oder phenolisches Hydroxyl oder in ein Ammoniakderivat HN 0 —H,0 — 2 H,C=CO . H„C-C0 Präparative Darstellung von Keten durch thermische Zersetzung von Aceton (Schmidlin): CH.CO.CH, — v CH,: CO + CH4.
Acetamid Die Analogie der Säureanhydride mit den Säurechloriden wird verständlich, wenn man sich die nahe Verwandtschaft der beiden Körperklassen näher ansieht. Hier wie dort ist das Hydroxyl der Carboxylgruppe durch den anionischen Bestandteil einer Säure, beim Chlorid durch Cl, beim Anhydrid durch Acetoxyl 0—CO-CH 3 ersetzt. Man kann die Anhydride der organischen Säuren auch als D i a c y l oxyde bezeichnen (Acyl = Säureradikal, z. B. CH3-CO = Acetyl) und den Äthern, den D i a l k y l o x y d e n formal an die Seite stellen. Die Äther gehören zu den reaktionsträgsten Verbindungen der ganzen organischen Chemie. Woher kommt dann die große Reaktionsfähigkeit der gleichartig gebauten Anhydride? Die schwache Stelle in ihrem Molekül haben wir nicht an der Sauerstoff brücke, sondern an der Doppelbindung ^ > C = 0 zu suchen. Hier finden Additionen statt, z. B. von Wasser und Ammoniak u. a.: H„C—C=0
/OH H„C—C^-OH ; mit NHS >
ILO—c=o
H„C—C=0
/NH, 1/ n n H„C—C^-OH 0 H„C—C=0
>
Die Zwischenprodukte, die in Klammern stehen, sind äußerst labil, da sie OH und die negative Acetoxylgruppe am gleichen C-Atom tragen (vgl. S. 94); sie zerfallen daher in 2 Mol Säure oder im Fall des Ammoniaks in Essigsäure und Acetamid. In gleicher Weise ist die Reaktion mit Alkoholen zu formulieren. Man siebt, daß bei der Einführung einer Acylgruppe mit einem Säureanhydrid (in einen Alkohol, ein Amin usw.) stets einer der beiden Säurereste des Moleküls zur Säure umgewandelt, für die Acylierung also nicht ausgenutzt wird, Die große Reaktionsfähigkeit der Säurechloride hat die gleiche Ursache, wie sie für die Anhydride erörtert wurde. 3. Acetamid. 1 80 g Ammoniumacetat — darstellbar aus Ammoniumcarbonat und Eisessig 2 — und 60 ccm Eisessig werden auf dem Drahtnetz in einem kleinen Rundkolben mit aufgesetzter 2 — 3 kugeliger Kolonne 1 Stunde lang bis nahe zum Siedepunkt erhitzt, dann noch 5 bis 6 Stunden lang im gelinden Sieden erhalten. Man achtet darauf, daß in dieser 2. Phase an dem im oberen Tubus der Kolonne eingeführten Thermometer die Temperatur von 1 0 3 ° nicht oder nur 1 Im Prinzip nach FBANIJOIS, C. 1 9 0 6 , I, 1 0 8 9 . HITCH U. GILBERT, Am. Soc. 36, 1 7 8 0 ( 1 9 1 8 ) ; W. A. NOTES U. GOEBEL, ebenda 44, 2 2 9 4 ( 1 9 2 2 ) . * In 6 0 ccm Eisessig trägt man bei 4 0 — 5 0 ° so lange fein gepulvertes Ammoniumcarbonat ein, bis eine Probe, mit Wasser verdünnt, alkalisch reagiert. Man beachte, daß hierbei pro Mol Ammon-acetat '/sMol H,0 entsteht.
Organisch-präparativer Teil
122
wenig überschritten wird; der Eisessig und das bei der Reaktion gebildete Wasser destillieren langsam oben ab und können durch einen kleinen, über das Abzugsrohr gestülpten Kühler kondensiert und — zur Kontrolle — in einem vorgelegten Meßzylinder aufgefangen werden. Wenn etwa 80 ccm übergegangen sind, ist die Reaktion zu Ende. Man läßt etwas erkalten, gießt die noch warme Schmelze in einen gewöhnlichen Fraktionierkolben über und fängt nach einem kleinen Vorlauf die Hauptmenge bei 195—220° auf. Wenn das Produkt beim Abkühlen und Reiben nicht vollständig erstarrt, saugt man den flüssigen Anteil auf einer Nutsche scharf ab und trocknet den Rückstand auf Ton im nicht evakuierten Exsiccator. Aus dem Filtrat läßt sich ein weiterer Anteil Acetamid herausdestillieren. Die reine Verbindung siedet bei 223°. Eine kleine Probe kann aus Benzol umkristallisiert werden. Schmelzp. 80°. Ausbeute 40—45g. Verwendung des Präparates für A c e t o n i t r i l 11,5 S. 130) und Methylamin (II, 8 S. 146). Aus einer Säure kann man ganz allgemein das Amid darstellen, indem man ihr Ammoniumsalz der trocknen Destillation unterwirft oder zweckmäßiger noch, indem man es längere Zeit auf höhere Temperatur erhitzt. Man hat Acetamid meist durch Erhitzen von Ammoniumacetat im Einschlußrohr auf 200° dargestellt. Dabei kann jedoch die Umsetzung nicht vollständig zum Ziel führen, weil das bei der Reaktion entstehende Wasser wieder z. T. spaltend auf das Säureamid einwirkt: CH.-C—ONH4
&
CH..C—NH, + H,0 .
&
Indem wir bei dem hier angegebenen Verfahren das gebildete Wasser aus dem Reaktionsgemisch herausdestillieren, drängen wir die Gegenreaktion zurück und erhöhen die Ausbeute. Gleichzeitig wirkt der Überschuß an Eisessig der Dissoziation des Salzes nach: CH s -C-ONH, —•>- CHs-COOH + NH,L« 0 entgegen. Vgl. dazu die Ausführungen über das Massenwirkungsgesetz auf S. 135 u. f. Eine gute Methode zur Darstellung von Acetamid besteht auch darin, daß man in eine ätherische Lösung von Essigsäureanhydrid Ammoniakgas einleitet, den Äther abdampft und das zurückbleibende Gemisch von Ammoniumacetat und Acetamid im Extraktor (Fig. 27) mit Benzol auszieht; das Salz bleibt ungelöst zurück. Durch Umsetzung von Säurechloriden und Estern mit Ammoniak lassen sich ebenfalls Säureamide bereiten.
Acetamid
123
Ferner entstehen sie aus den Nitrilen bei der Einwirkung starker Mineralsäuren unter Wasseraufnalime. Ein Beispiel für diese Reaktion ist auf S. 133 gegeben. Versuch: In einer Porzellanschale versetzt man 10 g fein pulverisiertes kohlensaures Ammonium mit 5 g Benzoylclilorid, rührt beide mit einem Pistill gut durcheinander und erwärmt so lange auf dem Wasserbade, bis der Geruch des Säurechlorides verschwunden ist. Man verdünnt dann mit Wasser, saugt ab, wäscht auf dem Filter mit Wasser nach und kristallisiert aus Wasser um. Schmelzpunkt des B e n z a m i d s 128°. Die Säureamide sind mit Ausnahme des niedrigsten Gliedes, des Formamids HCONH 2 , welches flüssig ist, farblose, kristallisierte Substanzen, welche in den niederen Reihen in Wasser leicht löslich sind; auch die höheren Glieder werden meist aus heißem Wasser umkristallisiert. Die Siedepunkte liegen bei weitem höher als die der Säuren: Essigsäure, Siedepunkt 118° Acetamid, „ 223°
Propionsäure, Siedepunkt 141°, Propionamid, „ 213°.
Der basische Charakter der Aminogruppe ist durch den mit ihr verbundenen Acylrest beinahe ganz zum Verschwinden gebracht. Zwar kennt man Salze der Amide mit starken Säuren, die aber durch Wasser sofort vollständig in die Bestandteile zerlegt werden. Nur der Harnstoff, das Diamid der Kohlensäure, bildet beständige Salze, deren Existenz durch die zweite NB^-Gruppe gewährleistet wird. Charakteristisch für die Säureamide sind ihre Verbindungen mit zweiwertigem Quecksilber, in denen das Metall — nicht salzartig, ionogen — am Stickstoff haftet. Sie entstehen bei der Umsetzung der Amide mit Quecksilberoxyd, z. B.: 2 CHS • CO-NH2 + HgO —>- (CH, • CO • NH)aHg + H,0. Versuch: Man löst etwas Acetamid in Wasser auf, versetzt mit wenig gelbem Quecksilberoxyd und erwärmt. Das letztere geht hierbei in Lösung, indem sich die oben formulierte Verbindung bildet. Die Reaktion der Wasserentziehung, die zu Nitrilen führt und die der Einwirkung von Hypohalogeniten auf Säureamide, werden in den nachfolgenden Präparaten behandelt. Durch hydrolysierende Agenzien wird die Aminogruppe — anders als bei den Aminen — mehr oder weniger leicht wieder abgespalten unter Rückbildung der Säuren. Über die Ursache dieses verschiedenen Verhaltens vgl. das auf S. 121 Gesagte.
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Organisch-präparativer Teil
V e r s u c h : In einem Reagenzrohr erwärmt man etwas Acetamid mit 2 n-Natronlauge. Es tritt ein intensiver Ammoniakgeruch auf, während die Lösung essigsaures Natrium enthält. Die Essigsäure weist man nach, indem man mit konz. Salzsäure gerade kongosauer macht, das Reagenzglas mit daraufgehaltenem Daumen durchschüttelt und dann zum Sieden erhitzt (Siedestein!). Ein über die Mündung gehaltenes Lackmuspapier wird rot. (Allgemeiner Nachweis von flüchtigen Säuren). Die Reaktion der Amide mit PC16, die über die A m i d c h l o r i d e zu den I m i d c h l o r i d e n führt, sei hier nur kurz erwähnt.
4. Harnstoff und Semicarbazid. a) K a l i u m c y a n a t 1 d u r c h O x y d a t i o n s s c h m e l z e . 2 200 g gelbes Blutlaugensalz werden in einer Porzellanschale oder auf einem Eisenblech durch vorsichtiges Erhitzen vollkommen entwässert; eine Probe darf, im Reagenzglas erhitzt, keinen Beschlag mehr geben, die Kristalle müssen vollkommen zerfallen sein. In gleicher Weise werden 150 g Kaliumpyrochromat durch Schmelzen von anhaftendem Wasser befreit. Die beiden ganz trocknen, vorher, jedes für sich, gepulverten Salze werden jetzt in einer Reibschale innig gemischt und dann in Portionen von je 4—5 g in eine eiserne Schale oder auf ein großes Eisenblech gebracht, die durch einen kräftigen Brenner (Teclu- oder Dreibrenner) stark, jedoch nicht bis zum Glühen erhitzt sind. Die Temperatur soll so hoch sein, daß jedesmal ein lebhaftes Aufglimmen eintritt; die schwarze lockere Masse, die dabei entsteht, darf keinesfalls zum Schmelzen kommen. Jeder Anteil wird nach sehr rasch beendeter Oxydation mit einem breiten Metallspatel zur Seite geschoben oder vom Blech entfernt. Die ganze Menge kann in 1—\ 1 j 2 Stunden auf diese Weise verarbeitet werden. Die vereinigten Anteile werden hierauf in einem Rundkolben mit 800 ccm heißem 80°/ o igen Alkohol übergössen und in einem lebhaft siedenden Wasserbad damit 3 Minuten lang im Kochen erhalten. Dann gießt man die klare Lösung von dem schwarzen 1
Da es nur eine Cyansäure gibt, halten wir es nicht für richtig, ihr diese Bezeichnung vorzuenthalten und sie, wie dies häufig geschieht, als tso-Cyansäure zu bezeichnen. * C. A . BELL, Chem. News 3 2 ,
99 (1875); GATTERMANN, B . 2 3 , 1223
(1890); H . EBDMANN, B . 2 6 , 2 4 4 2 (1893).
125
Harnstoff und Smnicarbaxid
11,4
Bodenkörper in einen Erlenmeyer ab, der sofort in Eis eingestellt und dessen Inhalt durch Umschütteln möglichst schnell herabgekühlt wird. Nach kurzem Stehen wird die Mutterlauge von den abgeschiedenen Cyanatkristallen in den Auskochkolben zurückgegossen und das Auslaugen so oft (5—6 mal) wiederholt, bis alles Salz extrahiert ist (eine Reagenzglasprobe darf beim Abkühlen nichts mehr abscheiden). Das Salz wird nun auf einer Filterplatte scharf abgesaugt, zweimal mit Weingeist und dann noch dreimal mit Äther gewaschen und schließlich im Exsiccator scharf getrocknet. Ausbeute im Durchschnitt 80 g.
b) H a r n s t o f f . 40 g Kaliumcyanat und 40 g Ammoniumsulfat werden, in 500 ccm Wasser gelöst, in einer Porzellanschale auf dem Wasserbad zur Trockne verdampft. Den Rückstand kocht man in einem Rundkolben erschöpfend mit absol. Alkohol aus und engt die alkoholische Lösung ein, bis beim Abkühlen und Impfen Kristallisation eintritt. Schmelzpunkt 132°. Aus den Mutterlaugen isoliert man nach dem Abdampfen des Alkohols den Rest als Nitrat. Zur Darstellung des N i t r a t s löst man einige Gramm Harnstoff in einigen ccm Wasser und fügt tropfenweise konz. Salpetersäure zu, wobei das Salz sich in schönen Kristallen abscheidet. Harnstoffnitrat ist in Wasser nicht allzu schwer löslich, worauf man beim Auswaschen zu achten hat. c) S e m i c a r b a z i d . 1 52 g Hydrazinsulfat werden in 200 ccm siedendem Wasser unter Zugabe von 21 g wasserfreier Soda gelöst. Dann kühlt man auf 50° ab, setzt die Lösung von 35 g Kaliumcyanat in 100 ccm Wasser zu und läßt über Nacht stehen. Nachdem man von geringen Mengen Hydrazodicarbonamid (entstanden nach H 2 N . C 0 . N H - N H 2 + 0 = C = N H ->- H 2 N-CO.NH-NH.CO-NH 2 ) abfiltriert hat, fügt man zu der Lösung 60 ccm Aceton und läßt unter häufigem Umschütteln wiederum 24 Stunden lang stehen. Das auskristallisierte A c e t o n s e m i c a r b a z o n wird scharf abgesaugt, 1
THIELE U. STANGE, B . 2 7 ,
31 (1894);
H . BILTZ, A . 3 3 8 ,
250
(1905).
126
Organiseh-präparativer
Teil
mit wenig Wasser gewaschen und auf Ton oder im Vakuum getrocknet. Die Mutterlauge wird auf dem Wasserbad zur Trockne eingedampft, gepulvert und im Extraktionsapparat mit Alkohol ausgezogen, wobei Semicarbazon im Siedekolben auskristallisiert. Sollte eine Probe des Hauptprodukts beim Verbrennen auf dem Platinblech erhebliche Mengen von Asche hinterlassen, so empfiehlt sich die gleiche Maßnahme auch für diesen Anteil. Zur Zerlegung des Semicarbazons werden je 10 g mit 8 ccm konz. Salzsäure übergössen und gelinde erwärmt, bis eben Lösung eingetreten ist. Beim Erkalten kristallisiert das salzsaure Semicarbazid zu einem dicken Brei, der scharf abgesaugt, mit wenig kalter Salzsäure (1:1) und dann noch zweimal mit je 3—5 ccm eiskaltem Alkohol gewaschen wird. Das Salz wird im Exsiccator scharf getrocknet. Ausbeute 22—25 g. Um das f r e i e S e m i c a r b a z i d zu bereiten, zerreibt man 5,5 g des Chlorhydrats mit 4,5 g entwässerten Natriumacetats (S. 119) in einer kleinen Reibschale, bringt den Brei, der durch Bildung freier Essigsäure entsteht, mit dem Spatel in einen Erlenmeyer von 100 ccm, spült mit Alkohol nach und kocht auf dem Wasserbad unter Umschütteln mit (im ganzen) 50 ccm Alkohol auf. Hierauf saugt man ohne Verzug vom ausgeschiedenen Kochsalz auf gut gedichteter Filterplatte ab. Aus dem klaren Filtrat kristallisiert beim Erkalten das freie Semicarbazid langsam in großen Säulen vom Aussehen des Harnstoffs aus. Schwer löslich in Alkohol, leicht in Wasser. Versuche: Semicarbazid reduziert als primäres Hydrazid (der Carbaminsäure) ammoniakalische Silberlösung und F E H L I N G sche Lösung. Mit Aldehyden und Ketonen tritt es leicht unter Wasserabspaltung zu S e m i c a r b a z o n e n zusammen, die wegen ihrer leichten Spaltbarkeit vor den Phenylhydrazonen und Oximen bei der Abscheidung und Reinigung jener Verbindungen den Vorzug verdienen. Man schüttle eine wäßrige Lösung des dargestellten Salzes mit einigen Tropfen Benzaldehyd, isoliere und reinige das Semicarbazon durch Umkristallisieren aus Alkohol. Schmelzp. 214° (Zers.). Durch gelindes Erwärmen des Benzaldehyd-semicarbazons mit konz. Salzsäure wird es in seine Komponenten zerlegt. Die später darzustellenden Ketone und Aldehyde sollen in gleicher Weise durch ihre Semicarbazone charakterisiert werden.
Harnstoff und
11,4
Semicarbazid
127
d) Cyanid-Oxydation in Lösung. 1 Zu der wäßrigen Lösung von 20 g Kaliumcyanid und 20 g Kaliumhydroxyd in 40 ccm Wasser fügt man die Menge Kupferhydroxyd, die aus 40 g kristallisiertem Kupfersulfat mit KOH erhalten wird. Das Kupferhydroxyd muß gründlich, bis zum Verschwinden der S04"-Reaktion ausgewaschen sein. Zu dem Gemisch bringt man die in der Hitze bereitete und rasch auf 50° unterkühlte Lösung von 32 g Kaliumpermanganat in 200 ccm Wasser und erhitzt das Ganze 2 Stunden lang unter öfterem Umschütteln auf 60°. Das nicht umgesetzte Permanganat wird in der erkalteten Lösung durch langsamen Zusatz von Hydroperoxyd zersetzt, dann saugt man die wasserklare, cyanidfreie (Prüfung!) Lösung auf der Nutsche vom Braunstein ab, den man mit wenig Wasser nachwäscht. Das Filtrat wird im Vakuum auf ein Volumen von 40—50 ccm eingedampft. Beim Abkühlen der konz. Lösung in Eis-Kochsalzmischung kristallisiert nach kurzer Zeit das entstandene K a l i u m c y a n a t aus, das man nach einigem Stehen scharf absaugt und aus 80 proz. Alkohol wie unter 4 a umkristallisiert. Die Ausbeute beträgt 15—18 g. Bemerkenswert ist bei dieser Oxydationsmethode der starke katalytische Einfluß des Kupfers, durch den eine erhebliche Beschleunigung der Permanganatwirkung hervorgerufen wird. Will man, ohne das Kaliumcyanat zu isolieren, Harnstoff darstellen, so fügt man zu dem Filtrat vom Braunstein 55 g Ammoniumchlorid, dampft die Lösung auf dem Wasserbad ein und isoliert den Harnstoff nach b). Die W Ö H L E S sehe Harnstoffsynthese, durch die vor 1 0 0 Jahren zum ersten Mal ein Produkt der Zellt&tigkeit künstlich erhalten wurde, bildet das Vorbild für die vielen Anlagerungsreaktionen, die sich an dem reaktionsfähigen Molekül der Cyansäure und ihrer Ester und ebenso in der Eeihe der analogen Thioverbindungen vollziehen. Es handelt sich hier um eine Addition von NH S an die C=N-Doppelbindung: 0=C=NH
-NH, NH,
Ob sich die Anlagerung vom Salz aus vollzieht oder ob man eine vorhergehende Dissoziation annimmt, ist für die Erklärung belanglos. 1
J . VOLHAHD, A . 2 5 9 ,
3 7 8 ( 1 8 9 0 ) ; F . ULLMANN U. UZBACHIAN, B .
1806 (1903); MABCKWALD, B. 6 6 , 1325 (1923).
36,
Die hier gegebene Vorschrift
s t a m m t v o n GULL u n d LEHMANN B . 6 1 , 6 7 5 (1928).
128
Organiseh-präparativer
Teil
Die Reaktion mit Aminen ergibt substituierte Harnstoffe, die mit Hydrazin S e m i c a r b a z i d : O—C=NH + H,N—NHj Die gleichartigen Reaktionen der oben aufgeführten, mit der Cyansäure verwandten Verbindungen, ergeben sich von selbst. V e r s u c h : Einige Kubikzentimeter der Cyanatlösung säure man mit verdünnter Salzsäure an. C0 2 -Entwicklung und der scharfe, dem von SOa überaus ähnliche Geruch der freien Cyansäure. Die Zersetzung der freien Cyansäure in wäßriger Lösung geht auf eine analoge Reaktionsweise zurück. Es wird Wasser addiert und die so entstehende Carbaminsäure zerfällt in NHS und C 0 2 : 0=C=NH
ho
/NH* 0=C< \OH
>- CO, + NH,.
Die beiden Umsetzungsarten finden sich bei der Zersetzung des P h e n y l c y a n a t s (Präp. S. 148) vereint vor, bei der COa und Diphenylharnstoff entstehen. 0=C=N-C 8 H 5 + H.20
>- C0 4 + NH.-C.H,;
Die Ester der Carbaminsäuren, die U r e t h a n e , die bei der Anlagerung von Alkoholen an die Verbindungen der Cyansäurereihe entstehen, sind beständig und die Reaktion ist ebenfalls vielfacher Variationen fähig. Wir erinnern daran, daß ein zweites Verfahren zu ihrer Synthese in der Umsetzung von Chlorameisensäureestern mit Ammoniak und Aminen besteht. e) H a r n s t o f f (und H a r n s ä u r e ) a u s H a r n . 1 2 Liter Harn werden in einer Porzellanschale auf dem Wasserbad zum Sirup eingedampft, der noch heiß (Flamme auslöschen) mit 5 0 0 ccm Alkohol durchgearbeitet wird. Nach einigem Stehen wird der klare Auszug abgegossen. Der Rückstand wird wieder erwärmt und dann in gleicher Weise erneut mit 5 0 0 ccm Alkohol digeriert. Von den vereinigten Auszügen, die, wenn nötig, vorher filtriert werden, dampft man den Alkohol weg, bringt den wäßrigalkoholischen Rückstand in einer kleinen Porzellanschale auf dem Wasserbad zur Trockne und versetzt ihn nach starkem Ab1
Salkowbki, Prakt. d. phyeiol. u. path. Chemie, S. 161, Berlin 1900.
129
Harnstoff und Semicarbazid
kühlen unter starker Außenkühlung allmählich unter gutem Durchrühren mit dem doppelten Yolumen farbloser konz. Salpetersäure. Nach 12 stündigem Stehen wird der Brei von Harnstoffnitrat scharf abgesaugt, mit wenig eiskalter Salpetersäure (1:1) gewaschen, wiederum bis zum letzten Abtropfen trocken gesaugt und nun unter Erwärmen, in 100—150 ccm Wasser suspendiert, mit nach und nach eingetragenem Bariumcarbonat neutralisiert; man vermeide einen Uberschuß davon. Wenn die Flüssigkeit neutral reagiert, kocht man mit einigen Messerspitzen Tierkohle auf, saugt heiß ab, wäscht einmal mit heißem Wasser nach und dampft das Filtrat zur Trockne ein. Aus dem Rückstand wird der Harnstoff mit heißem Alkohol, in dem er leicht löslich ist, erschöpfend ausgezogen und nach dem Einengen der alkoholischen Lösung kristallisiert erhalten. Ausbeute etwa 20—25 g. Die tägliche Ausscheidung eines Erwachsenen an Harnstoff beträgt 25—30 g (in durchschnittlich 11/J Liter Harn). W e i t e r e Versuche: Eine Lösung von Harnstoff wird mit Natronlauge und dann unter Schütteln mit einigen Tropfen Brom versetzt. Stickstoffentwicklung. Vgl. dazu die H O F M A N N sehe Reaktion auf S. 146. Zu einer angesäuerten Lösung von Harnstoff fügt man Nitritlösung. Verwendung des Harnstoffs zur Beseitigung von salpetriger Säure, z. B. bei der Darstellung von Äthylnitrat (S. 141). Harnstoff wird nur langsam verseift. Man koche eine Lösung mit Barytwasser. Woran erkennt man das Eintreten der Spaltung? Harnsäure. Der Rückstand, aus dem anfangs der Harnstoff mit Alkohol extrahiert wurde, wird durch Erhitzen auf dem Wasserbad vom Alkohol befreit und mit 50 ccm konz. Salzsäure versetzt. Nach ein- bis mehrtägigem Stehen haben sich 0*3—0-5 g H a r n s ä u r e ausgeschieden, die man dadurch reinigt, daß man sie in wenig Kalilauge heiß löst, die Lösung mit Tierkohle kocht und das Filtrat mit Salzsäure übersäuert. Murexidreaktion. Einige cg Harnsäure werden mit einigen Tropfen nicht ganz konz. Salpetersäure in einer kleinen Porzellanschale auf dem Wasserbad trocken eingedampft. Zusatz von wenig Ammoniak erzeugt intensive Purpurfärbung. Harnsäure ist ein normales Stoffwechselprodukt. Chemie der Purine I Man unterrichte sich über die Harnsiiuresynthesen von BAEYER-FISCHER,
BEHBEND-ROOSEN,
W . TRAUBE.
Adenin,
Coffein und ihre Beziehungen zur Harnsäure. GATTHRMANN, Praxis. 22. Auflage.
9
Guanin,
Organisch-präparativer Teil
130
5. Nitrile. a) Acetonitril. 1 In einen kleinen, trocknen Kolben füllt man 20 g Phosphorsäureanhydrid ein, fügt darauf 12 g (1/5 Mol) trocknes A c e t a m i d hinzu, schüttelt beide gut durcheinander, verbindet den Kolben mit einem kurzen absteigenden Kühler und erhitzt dann die Mischung vorsichtig mit einer nicht zu großen l e u c h t e n d e n Flamme, wobei unter Schäumen und Aufblähen Reaktion eintritt. Nach einigen Minuten destilliert man unter stärkerem Erhitzen das Acetonitril in die Vorlage (Reagenzrohr) über. Das Destillat wird mit seinem halben Volumen Wasser versetzt, worauf man dann so viel feste Pottasche hinzufügt, bis diese in der unteren wäßrigen Schicht sich nicht mehr auflöst. Man trennt dann im Tropftrichter (mit kurzem Ansatzrohr) und rektifiziert das Acetonitril, wobei man zur vollkommenen Entwässerung in das Fraktionierkölbchen ein wenig Phosphorsäureanhydrid einfüllt. Siedep. 82°. Ausbeute etwa 6 g. b) B e n z y l c y a n i d . In einem Rundkolben (Y2 Liter) mit Anschützaufsatz, auf dem Rückflußkühler und Tropftrichter aufgesetzt sind, werden 30 g Natriumcyanid in 35 ccm Wasser heiß gelöst; die Lösung wird mit 50 ccm Alkohol vermischt und sodann läßt man aus dem Tropftrichter 63 g (Y2 Mol) reines Benzylchlorid im Zeitraum von 10 Minuten einfließen. Nach weiterem 3 stündigem Kochen wird das vorher erkaltete Reaktionsgemisch auf kleiner Nutsche scharf abgesaugt, aus der Saugflasche, die man mit Siedecapillare versieht, wird der Alkohol im Vakuum abdestilliert (Badtemp. 40—50°), dann trennt man das Benzylcyanid von der Kochsalzlösung im kleinen Scheidetrichter ab und destilliert nach kurzem Trocknen mit einer kleinen Stange Calciumchlorid aus dem Ciaisenkolben im Vakuum. Siedep. 105—109°/12 mm. Der Siedepunkt der völlig reinen Substanz liegt bei 232°/ 760 mm. Ausbeute etwa 45 g. Durch Redestillation von Vor- und Nachlauf kann die Ausbeute noch erhöht werden. Verwendung für Phenylessigsäure (S. 133) und Phenyl-nitromethan (VI, 8 S. 245). 1
DÜMAS,
A. 64, 332 (1847);
BUCKTON U.
W.
HOFMANN,
A. 100, 131 (1856).
Nitrite
131
Erhitzt man ein Säureamid mit einem wasserentziehenden Mittel P 2 0 6 , P 2 S 5 , PC15), so verliert es Wasser nnd geht in ein Nitril über, z.B.: CH, • CO • NH, CH, • C=N + H , 0 . Da, wie oben praktisch ausgeführt, ein Säureamid durch Entziehung von Wasser aus dem Ammoniumsalz einer Säure gewonnen werden kann, so kann man auch in einer einzigen Operation aus dem Ammoniumsalz direkt ein Nitril erhalten, indem man jenes mit kräftig wasserentziehenden Agenzien, z.B. essigsaures Ammonium mitP 2 0 6 , erhitzt: CH3.COONH< = CH3.CN + 2 H , 0 . Säurenitrile können ferner noch nach Kolbe gewonnen werden, indem man Alkyljodide (oder Bromide und Chloride) mit Alkalicyanid erhitzt (Beispiel Benzylcyanid) oder indem man ätherschwefelsaure Salze mit Kaliumcyanid trocken destilliert: KO„S-OCsH5 +CNK KaS04 + CH3-CH,-CN . Die Synthese der aromatischen Nitrile aus Diazoverbindungen wird später (S. 278) behandelt. Die Nitrile sind in den niederen Reihen farblose Flüssigkeiten, in den höheren kristallisierte Stoffe, deren Wasserlöslichkeit mit steigendem Molekulargewicht immer mehr abnimmt. Acetonitril besitzt ein hohes Dissoziationsvermögen für Elektrolyte, d. h. die Lösungen von Salzen, Säuren, Basen in ihm leiten den elektrischen Strom und zwar weit besser als z. B. in Alkohol, Äther, Chloroform usw. (Wauden). Die Reakionsfähigkeit der Nitrile gründet sich auf die dreifache Bindung zwischen Kohlenstoff und Stickstoff, die eine Reihe von Additionsreaktionen gestattet. So wird beim Erhitzen mit Wasser auf 180° (im Einschlußrohr), bei tieferer Temperatur in Gegenwart von Säuren oder Alkalien, ein Mol Wasser angelagert und das S ä u r e a m i d zurückgebildet: R.C=N+H,0
R-C=N OH H
>• R-C-NH, ß
Die Reaktion ist analog dem Übergang von Acetylen in Acetaldehyd: HC^CH + HjO HC=CH >- HC-CH S . OH H II O In beiden Fällen ist das Übergangsprodukt, die „Enolform", nicht beständig. Energische Verseifung, Erhitzen mit schwach verdünnter Schwefelsäure oder mit starken Laugen, spaltet naturgemäß das Amid in Carbonsäure und NH3, so daß man mit solchen Mitteln vom Nitril aus praktisch direkt zur Säure gelangt. Ausführung dieser Reaktion auf S. 133. Läßt man nascierenden Wasserstoff (z. B. aus Zink und Schwefelsäure oder aus Natrium in Alkohol) auf Nitrile einwirken, so bilden sich unter Addition von 4H-Atomen p r i m ä r e Amine (Reaktion von Mendius): 9*
132
Organisch-präparativer Teil
CH..CN+4H
CHg-CHj-NH,.
Äthylamin Weitere, weniger wichtige, jedoch allgemeine Reaktionen seien nur durch die folgenden Gleichungen angedeutet:
CHa • CN + H,S OHs.CN + NH.-OH
CH8 • CS • NH,,
Thioacetamid
xN*OH
>• CH8.CC
,
Acetamidoxim .NH
CH„-CN + HCl = CH3 • Cf xa Imidchlorid /OCsH, CHa • CN + CH3 • CHjOH + HCl = CIi8 • C< ^NH-HC1 salzsaurer Iminoäther Die B l a u s ä u r e verhält sich in vielen ihrer Reaktionen wie das Nitril der Ameisensäure H-CN. Manche Tatsachen, vor allem ihre große ehemische und pharmakologische Ähnlichkeit mit den I s o n i t r i l e n ^>C=NR sprechen für eine andere Konstitution, nämlich für die des Carbimins ^>0=NH mit zweiwertigem Kohlenstoff. Die für die Nitrile erwähnten Additionsreaktionen, die auch der Blausäure eigen sind, lassen sich ebensogut aus dieser zweiten Strukturformel ableiten. Bei der Nitrilform ist es die dreifache Bindung zwischen Kohlenstoff und Stickstoff, an der die Anlagerung stattfindet, bei der „Methylenform" sind es die zwei freien Valenzen am zweiwertigen Kohlenstoffatom, z. B.:
HC=N ] / + H N0H \C=NHJ °2 < N H
HC
/NHOH
\nh
yNOH
V \ c = n h / Nir a h/ Von präparativer Bedeutung ist der salzsaure Formiminoäther OC H ^ ^ N H HCl' von trocknem Chlorwasserstoff in
/°=
J
\
h o h n
V 1
eine Lösung von äquimolekularen Mengen von wasserfreier Blausäure und Äthylalkohol in absolutem Äther in schöner farbloser Kristallisation entsteht. Durch Alkohol wird das Salz beim Stehen in der Kälte langsam gespalten in Orthoameisensäureester und Ammoniumchlorid:
/OCsHe /OC,H5 IIC< + 2 HOCH2 • CHS = HC^-OCjH, + NH4C1. ^NH-HCl \OC,H5 Diese Synthese des Orthoameisensäureesters ist eleganter und glatter als die aus Chloroform und Natriumäthylat.
II, 6
Verseifung eines Nitrils zur Säure. Phenylessigsäure
133
Der Orthoameisensäureester findet Verwendung zur A c e t a l i s i e r u n g von Ketogruppen, z. B.:
CHS • CO • CH, • COOCjH6 + HCCOCjH^ = CH„ - C • CHS • COOC2H5 + HC=0 Acetessigester
/ \
H5C40
6. Verseifung eines Nitrils zur Säure.
OC,H6
I
OC2Hs
Phenylessigsäure.1
40 g ( 1 / 3 Mol) Benzylcyanid werden mit der Mischung von 50 ccm konz. Schwefelsäure und 30 ccm Wasser im 1 / 2 LiterRundkolben mit aufgesetztem Steigrohr im Babotrichter erhitzt, bis eine an der Bildung kleiner Dampfbläschen erkennbare Reaktion einsetzt, die sich alsbald unter Aufkochen und Ausstoßen weißer Dämpfe zu großer Heftigkeit steigert. Man läßt erkalten, fügt das doppelte Volumen Wasser zu und saugt nach einigem Stehen die auskristallisierte Phenylessigsäure ab. Wenn sich eine Probe in Sodalösung nicht klar löst (Phenylacetamid), wird das ganze Rohprodukt in Soda gelöst, die Lösung filtriert und aus dem klaren Filtrat die Phenylessigsäure mit Schwefelsäure wieder ausgefällt. Die Säure kann direkt aus ziemlich viel heißem Wasser oder, nach dem Trocknen, aus Petroläther umkristallisiert werden. Bei ihrem niederen Schmelzpunkt (76°) erscheint sie häufig zu Anfang ölig. Zur Reinigung kann man sie auch zweckmäßig aus einem Säbelkolben im Vakuum destillieren. 2 Die Ausbeute beträgt 34—38 g, kann aber durch Ausäthern der ersten schwefelsauren Mutterlauge um ein Weniges erhöht werden. Die stürmische Reaktion der Verseifung, bei der stets Benzylcyanid verdampft, kann umgangen werden, wenn man das Benzylcyanid (40 g) in der Lösung eines Gemisches von je 40 ccm Wasser, konz. Schwefelsäure und Eisessig 45 Minuten unter Rückfluß kocht. Nach dem Erkalten gießt man in Wasser ein. Unter milderen Bedingungen (3 g Benzylcyanid in 8 ccm konz. Schwefelsäure lösen, nach 6 Stunden in 50 ccm Wasser eingießen) führt die Verseifung im wesentlichen nur bis zum Amid. Wie trennt man mit entstandene Phenylessigsäure ab? P h e n y l a c e t a m i d , Schmelzp. 155°. Die Methoden der Nitril verseifung sind verschieden; sie erfordert meist kräftige Mittel, starke Säuren oder starke Laugen. Zuweilen 1
STAEDEL, B. 1 9 , 1951 (1886).
J
ADAMS und THAL, Organic Synthese» II, 1922, S. 64.
134
Organisch-präparativer
Teil
werden Umwege eingeschlagen. Man kann z. B. die leicht erfolgende Addition von Schwefelwasserstoff zum Thiamid (S. 182) benutzen und dieses dann glatt weiter verseifen. Auch kommt man leicht zum Ester der Säure, wenn man in die heiße alkoholische Lösung des Nitrils Chlorwa6serstoffgas einleitet. Es entsteht dabei der Iminoester, dessen NH-Gruppe außerordentlich leicht hydrolytisch durch 0 ersetzt werden kann. Vgl. das Beispiel auf S. 243.
7. Säureester. a) E s s i g s ä u r e ä t h y l e s t e r aus Eisessig und Alkohol. 1 Ein Kolben von 1/2 Liter Inhalt wird mit einem doppelt durchbohrten Kork versehen, in dessen einer Bohrung sich ein Tropftrichter befindet, während durch die zweite ein Verbindungsrohr führt, welches anderseits mit einem langen, absteigenden Kühler verbunden ist. Man füllt in den Kolben eine Mischung von 50 ccm Alkohol und 50 ccm konzentrierter Schwefelsäure, erhitzt im Olbade auf 140° und läßt, sobald diese Temperatur erreicht ist, durch den Tropftrichter allmählich eine Mischung von 400 ccm Alkohol und 400 ccm Eisessig hinzufließen, und zwar in demselben Maße, wie der sich bildende Essigester überdestilliert. Das Destillat wird zur Entfernung der mit übergerissenen Essigsäure in einem offenen Kolben so lange mit nicht zu verdünnter Sodalösung geschüttelt, bis die obere Schicht blaues Lackmuspapier nicht mehr rötet. Man trennt dann in einem Scheidetrichter die beiden Schichten, filtriert die obere durch ein trocknes Faltenfilter und schüttelt sie zur E n t f e r n u n g des Alkohols mit einer Lösung von 100 g Calciumchlorid in 100 g Wasser durch. Es werden dann wiederum beide Schichten im Scheidetrichter getrennt, worauf die obere mit gekörntem Calciumchlorid getrocknet und auf dem Wasserbade rektifiziert wird. Siedep. 78°. Ausbeute 80—85 % der Theorie. Verwendung für A c e t e s s i g e s t e r und Acetylaceton (VI, 5 u. 6, S. 240, 242). B e n z o e s ä u r e ä t h y l e s t e r wird analog dargestellt, indem man 30 g Benzoesäure in 100 ccm abs. Alkohol mit 3 ccm konz. Schwefelsäure 4 Stunden lang am Rückflußkühler kocht, die Hauptmenge des Alkohols abdestilliert, dann mit 300 ccm Wasser versetzt und ausäthert. Der Äther wird mit Sodalösung ent1
Bl. 33, 350 (1880).
Säureester
135
säuert, mit Na 2 S0 4 über Nacht getrocknet, dann der Äther abgedampft und der Rückstand destilliert. Siedepunkt 212°. Ausbeute 30 g. Die Bildung eines Esters aus Säure und Alkohol entspricht formal der Salzbildung aus Säure und Metallhydroxyd: N0 3 -H + Na-OH = NOj-Na -f- H 2 0 CH.-COOH + CjHJOH = CH,-COOC2H8 + H , 0 . Beide Prozesse verlaufen jedoch hinsichtlich der Geschwindigkeit und des Umsatzgrades in durchaus verschiedener Weise. Während eine Säure durch eine äquivalente Menge einer genügend starken Base praktisch sofort und vollständig in ein Salz übergeführt (neutralisiert) wird, worauf ja die Alkali- und Acidimetrie beruht, gelingt es nicht, aus äquimolekularen Mengen von Säure und Alkohol die theoretisch berechnete Menge von Ester zu gewinnen. Es bildet sich vielmehr eine gewisse maximale Menge Ester, die stets hinter der theoretischen zurückbleibt, und es gelingt durch noch so lange Fortdauer der Reaktion nicht, die nicht umgesetzte Säure mit dem unveränderten Alkohol über jene Grenze hinaus zur Esterbildung zu veranlassen. Läßt man z.B. äquimolekulare Mengen von Essigsäure und Alkohol im geschlossenen System aufeinander einwirken, so treten von ihnen nur je zwei Drittel in Reaktion, und es ist unmöglich, auch das letzte Drittel der Essigsäure mit dem des Alkohols zur Reaktion zu veranlassen. Daher beträgt die maximale Ausbeute an Ester nur zwei Drittel, d.h. 66-7°/ 0 der theoretischen. Der verschiedene quantitative Verlauf obiger Reaktionen beruht nun darauf, daß die Esterbildung eine sogen, „umkehrbare Reaktion" ist, d. h. eine solche, bei der die auf der rechten Seite der Gleichung stehenden Reaktionsprodukte (Ester und Wasser) auch wieder im umgekehrten Sinne aufeinander einwirken: CH, • COOC,H6 + H„0
CH, • COOH + HOC.H,.
Streng genommen gehören alle chemischen Reaktionen zu den umkehrbaren. Wenn die entgegengesetzte Reaktion keinen meßbaren Anteil hat, die Gesamtumsetzung praktisch in einem Sinn verläuft, vernachlässigen wir die Umkehrbarkeit. Die Synthese des Wassers aus den Elementen ist eine derartige Reaktion. Dabei dürfen wir aber nicht vergessen, daß schon bei + 2 0 0 0 ° die Gegenreaktion der Spaltung so deutlich in Erscheinung tritt, daß wir die Gleichung: 2H, + 0,
q—v
2H,0
gebrauchen müssen. So beherrscht die Temperatur die Reaktionsverhältnisse und zwar bekanntlich in dem Sinn, daß die Reaktionsrichtung, die Energie aufnimmt (die endothermische), im allgemeinen mit steigender, die entgegengesetzte (exothermische) mit fallender Temperatur begünstigt wird.
136
Organisch-präparativer Teil
Nach dieser kurzen Charakteristik der umkehrbaren Reaktionen sei für das Beispiel der Veresterung' zuerst die Frage erörtert, wie man sich die Begrenzung der Reaktion zu erklären hat. In dem Maße, als Säure und Alkohol miteinander reagieren, also Ester und Wasser als Reaktionsprodukte gebildet werden, gewinnt auch die entgegenlaufende Reaktion (Ester + Wasser = Säure + Alkohol) an Umfang. Es wird schließlich ein Punkt erreicht, in dem ebenso viele Molekeln Säure und Alkohol sich zu Ester vereinigen, wie Molekeln Ester und Wasser zu Säure und Alkohol zerlegt werden. Die beiden Reaktionen halten sich jetzt die Wage und es scheint, als ob das reagierende System zur Ruhe gekommen sei. Diese Ruhe wird aber vorgetäuscht dadurch, daß in der Zeiteinheit gleich viele Estermolekeln entstehen und vergehen. Es ist ein G l e i c h g e w i c h t s z u s t a n d erreicht, zu dem man auf Grund der obigen Überlegungen auch gelangt, wenn man die Reaktion von Anfang an von der Gegenseite her verlaufen läßt, also äquimolekulare Mengen Ester und Wasser zur Umsetzung bringt. Dann wird die Verseifungsreaktion durch die entgegenlaufende der Veresterung, je nach den Bedingungen mehr oder weniger rasch, ebenfalls zum Stillstand gebracht und zwar dann, wenn 3 3 1 / 3 °/ 0 des Esters verseift sind. Das Gleichgewicht — und darauf beruht seine scharfe experimentelle Kontrolle auch bei vielen andern Reaktionen — stellt sich also von beiden Seiten her auf der gleichen Höhe des Umsatzes ein. Da, wie schon früher erörtert wurde (S. 3), die Geschwindigkeit einer bimolekularen Reaktion dem Produkt der reagierenden Massen, deren Konzentrationen wir in g-Molen ausdrücken, proportional ist, so ergeben sich folgende einfache Beziehungen: v = Cß'Cx'fc;
^-Oa-Cwl'.
In diesen Gleichungen ist v die Geschwindigkeit der Veresterungsreaktion, v diejenige der Verseifung. Cß, Ca, Ce, C w sind die Konzentrationen der vier beteiligten Stoffe, k und k' sind die Geschwindigkeitskonstanten der beiden Reaktionen. Der Gleichgewichtszustand ist dadurch charakterisiert, daß nach beiden Richtungen gleichviel Molekeln umgesetzt werden, d. h. daß die beiden Geschwindigkeiten gleich sind: v =s v . Dann ist auch Cs'Ci'fc = Ce»C w'fc) oder C
s-°A y - = g k Ce'^W Damit ist ausgedrückt, daß im Gleichgewicht die Produkte der darin enthaltenen Konzentrationen sich umgekehrt verhalten wie die k' Reaktionskonstanten. Der Quotient —¡—, die Gleichgewichtskonstante, fc wird gewöhnlich mit K bezeichnet.
II 7
Säureester
137
Kennen wir den Wert dieser wichtigen Größe, so sind wir, wie nachher ausgeführt wird, imstande, auf einfache Weise zu berechnen, wie sich der Umsatz bei einer Gleichgewichtsreaktion praktisch ändert, wenn wir nicht, wie bisher, die Reaktionsteilnehmer in äquimolekularen Mengen, d. h. in gleichen molaren Konzentrationen einsetzen. Nach dem, was wir über die Lage unseres Gleichgewichts erfahren haben, macht die Berechnung von K keine Schwierigkeiten. Es sind in ihm enthalten je ^ Mol Säure und Alkohol und je f Molo Ester und Wasser. Daher ist i, i 3 JKi = - —= j.a 41 ' 3
3
Wir wollen nun sehen, ob und in welchem Grad wir die Esterbildung beeinflussen können, wenn wir Eisessig und Alkohol nicht in stöchiometrischem Verhältnis, sondern z. B. im Verhältnis 1: 2 Mol anwenden. Bezeichnen wir mit x die im Gleichgewicht vorhandene Menge Ester (in Molen), so ist CE = a? und, da ja gleich viel Molekeln Wasser wie Ester entstehen, auch C\y = x. Die Konzentration der Säure ist dann = 1 — x, die des Alkohols = 2 — x, daher: (1 -x).(2-x) X'X
= 4
'
Daraus errechnet sich x = 0-85. Das heißt, wir können den Stand der Umsetzung im Gleichgewicht durch Erhöhung der Alkohol(oder Eisessig-) Konzentration auf 85°/ n erhöhen. Von dieser Möglichkeit, die praktische Lage des Gleichgewichts zu beeinflussen, macht man außerordentlich häufig Gebrauch. Man löse an dieser Stelle die folgenden Aufgaben: Wieviel Ester entsteht, wenn auf 1 Grammol Essigsäure 3 Grammole Alkohol einwirken? Wieviel Ester entsteht, wenn 30 g Essigsäure und 50 g Alkohol angewandt werden? In welchem Gewichts Verhältnis muß man Essigsäure und Alkohol aufeinander einwirken lassen, um 75°/ 0 der ersteren in Ester zu verwandeln? Während wir bei allen Reaktionen, die vollständig in einer Richtung verlaufen, durch einfache Anwendung der stöchiometrischen Verhältnisse die theoretisch zu erwartende Menge an Endprodukt berechnen können, bedürfen wir also bei Umsetzungen, die zu einem Gleichgewicht führen, auf Grund der gegebenen Ableitungen der Kenntnis der Gleichgewichtskonstante, die auf analytischem Wege zu ermitteln ist. In unserem Beispiel macht dies, wie wir gesehen haben, keine Schwierigkeiten; wir brauchen nur die Konzentration der Essigsäure im Gleichgewicht durch Titration festzustellen. Die Rolle der Schwefelsäure. Erhitzen wir Eisessig und Alkohol für sich allein, so tritt auch nach längerer Zeit keine merkbare Umsetzung ein. Erst die hinzugefügte Schwefelsäure — die wir auch durch gasformigen Chlorwasserstoff ersetzen können — bringt
138
Organisch-präparativer Teil
die Reaktion in Gang, höchstwahrscheinlich dadurch, daß sie (wohl mit der Essigsäure) ein unbeständiges Anlagerungsprodukt bildet, das mit Alkohol rascher zum Ester zusammentritt, als die zu veresternde Säure selbst. Im gleichen Maß wie die Esterbildung wird auch die Verseifung beschleunigt, so daß das Gleichgewicht sich genau so einstellt, wie es sich ohne Schwefelsäure, z. B. beim Erhitzen der Komponenten im Einschlußrohr auf höhere Temperatur, einstellen würde. Der Einfluß des Katalysators (der Schwefelsäure) beruht also nur auf einer S t e i g e r u n g d e r R e a k t i o n s g e s c h w i n d i g k e i t , läßt aber die L a g e des G l e i c h g e w i c h t s u n v e r ä n d e r t . D i e s e r w i c h t i g e S a t z gilt f ü r alle k a t a l y t i s c h beschleunigten Reaktionen. Es hat sich gezeigt, daß die katalytische Wirkung der Säuren ihrer Stärke proportional ist, die sich bekanntlich in ihrem Dissoziationsgrad ausdrückt. Ihn kann man umgekehrt bestimmen, indem man die Verseifungsgeschwindigkeit eines Esters (gewöhnlich Essigsäuremethylester) in wäßriger Lösung bei Gegenwart der Säure messend verfolgt. Das V e r s t ä n d n i s f ü r die in d i e s e m A b s c h n i t t n u r k u r z e r ö r t e r t e n t h e o r e t i s c h e n G r u n d l a g e n i s t f ü r j e d e n , der d i e o r g a n i s c h e Chemie n i c h t n u r a l s K o c h k u n s t b e t r e i b t , u n entbehrlich. A n d e r e M e t h o d e n der E s t e r g e w i n n u n g . Besonders leicht bilden sich Ester aus den Silbersalzen der Säuren mit Alkyljodiden: R-COOAg + J . R '
>- R.COOR' + AgJ.
Auch die Umsetzung der Alkalisalze mit Dialkylsulfat führt zum Ziel. Dabei tritt im allgemeinen nur eine Alkylgruppe in Reaktion gemäß der Gleichung: R • COONa + (CHB)SS04
>- R • COOCHs + CH» • SO.Na.
Erst bei erhöhter Temperatur kann die Alkylgruppe des alkylschwefelsauren Salzes auch für die Veresterung nutzbar gemacht werden. An die Bildung von Estern aus Säurechloriden oder Säureanhydriden und Alkoholen, die auch präparative Bedeutung hat, sei hier nur erinnert. Handelt es sich um die Überführung einer schwer zugänglichen Säure in einen Ester, so bedient man sich zweckmäßig der eleganten und meist sehr glatt verlaufenden Diazomethan-Methode (S. 260). Die Säureester sind in den niederen Reihen farblose, angenehm fruchtähnlich riechende Flüssigkeiten, in den höheren Reihen sowie bei aromatischen Säuren vielfach kristallisierte Substanzen. Der Siedepunkt der Ester mit niedrigmolekularen Alkylresten (CH3, C 2 H 5 , C 3 H 7 ) liegt niedriger als der der Säuren: CHA-COOCH, CH,-COOCSH6 CH, • COOH
Siedepunkt
57°,
„ „
78«, 118».
Säureester
139
Bemerkenswert ist, daß die Schmelzpunkte der Methylester meist höher liegen als die der entsprechenden Äthylester; so ist, in einem einfachen Beispiel, Oxalsäure-dimethylester fest (Schmelzp. 54°), während der Diäthylester eine Flüssigkeit darstellt. Die Ester werden vielfach um ihrer selbst willen dargestellt, technisch als Lösungsmittel, als Riechstoffe, als Essenzen für Fruchtsäfte usw. Aber vor allem spielen sie eine bedeutsame Rolle für Umwandlungen der Carboxylgruppe. So läßt sich die Alkoxylgruppe mit Ammoniak und zahllosen Ammoniakderivaten, die mindestens noch ein Wasserstoffatom enthalten (primäre und sekundäre Amine, HydrR oxylamin, Hydrazin) durch den Rest — e r s e t z e n . Es werden so Amide, und worauf besonders hinzuweisen ist, Hydrazide der Carbonsäuren dargestellt, die Vorprodukte des Cubtiussehen Abbaus (Präparat II, 8. S. 147) Ferner sei auf das umfangreiche Gebiet der Esterkondensationen hier aufmerksam gemacht. Energische Reduktion mit metallischem Natrium (und wenig Alkohol) erzeugt aus Carbonsäureestern die dazu gehörenden primären Alkohole (Bouveault) : R-COOR' v R-CHjOH + R'OH. Schließlich stellt man sehr oft den Ester dar, um eine Säure zu reinigen, da die meisten Ester — häufig im Gegensatz zu den Säuren — namentlich im Vakuum bequem zu destillieren sind. Aus dem reinen Ester wird dann durch Verseifung die reine Säure erhalten. Die Verseifung der Ester wird durch längeres Erhitzen mit wäßrigen Mineralsäuren oder Alkalilaugen vorgenommen. Siehe Fettverseifung auf S. 142. Ein besonders rasch wirkendes Mittel ist alkoholisches Kali. b) I s o - a m y l - n i t r i t (Salpetrigsäure-isoamylester).1 4 4 g Amylalkohol (0-5 Mol) werden zusammen mit der Lösung von 37 g technischem Natriumnitrit in 70 ccm Wasser in einem Filtrierstutzen unter mechanischem Rühren auf 0 0 abgekühlt (außen Eis mit etwas Viehsalz). Zu der dauernd turbinierten Mischung läßt man aus einem Tropftrichter langsam 44 ccm konz. Salzsäure (D. 1-18) zutropfen (Fig. 46), wobei die 1
WITT, B . 1 9 , 915 (1886).
140
Organisch-präparativer Teil
Temperatur nicht über + 5 ° steigen soll. Hierauf schüttelt man im Scheidetrichter mit etwa 200 ccm Wasser durch, läßt die wäßrige Schicht ab, wäscht mit verdünnter Sodalösung und noch einige Male mit Wasser. Nach der Trennung der Schichten klärt und trocknet man das Reaktionsprodukt in einem kleinen Erlenmeyerkolben mit wenig Calciumchlorid. Hierauf wird im Vakuum bei 50—60 mm Druck (vgl. dazu S. 25 unten) unter guter Kühlung der Vorlage destilliert. Die Hauptmenge geht bei etwa 30° als gelbes Öl über. Ausbeute 75% d. Th. Die Ester der salpetrigen Säure sind durch ihre große Bildungsund Verseifungsgeschwindigkeit ausgezeichnet. Durch Mineralsäuren werden sie fast augenblicklich zerlegt, was bei der Anordnung der preparativen Methode berücksichtigt ist. Jeder Überschuß von Salzsäure muß vermieden werden. Man verwendet wegen dieser Eigenschaft die Alkylnitrite an Stelle der salpetrigsauren Salze in allen Fällen, in denen man in organischen Lösungsmitteln — in denen die Salze unlöslich sind — salpetrige Säure freimachen will. Beispiele: Anlagerung von N 2 0 s an Olefine, Darstellung fester Diazoniumsalze (S. 271), Einwirkung von HNOa auf Ketone unter Bildung der Isonitrosoketone. Häufig wird diese Synthese auch nach Art der Acetessigestersynthese mit Keton, Alkylnitrit und Natriumalkoholat ausgeführt, wobei das Natriumsalz des Isonitrosoketons entsteht (vgl. dazu S. 249: R—CH, R 0 - N = 0 | + R—CO RONa
>-
R-C=NONa | + 2 ROH. R—C=0
Gleich gerichtet verläuft die elegante Synthese von Natriumazid mit Hydrazin und Alkylnitrit (STÖLLN): N H,N—NH, + RO—N=0 + RONa •- || %N-Na + 2ROH + H,0 . N Sehr häufig zieht man das A t h y l n i t r i t dem Isoamylnitrit vor, weil die Entfernung des aus diesem entstehenden Amylalkohols wegen seines höheren Siedepunktes (136°) manchmal stört. Ä t h y l n i t r i t : In die Mischung von Natriumnitritlösung wie oben und 60 ccm Sprit, die sich in einem mit Eis gekühlten Fraktionierkolben befindet, läßt man unter Schütteln 42 ccm konz. Salzsäure allmählich eintropfen. Der Kolben ist mit einem gut wirkenden Kühler verbunden, an den eine im Kältegemisch stehende Vorlage (Saugflasche) angeschlossen ist. Es empfiehlt sich, den Kühler mit Eiswasser zu speisen. Nach Zugabe der Säure destilliert man das Äthylnitrit aus einer Schale mit warmem Wasser (anfangs 25°, nachher 40°) ab. Das Präparat ist nach
Säureester
141
kurzem Trocknen mit Pottasche für die meisten Zwecke genügend rein und wird wegen seiner großen Flüchtigkeit (Siedep. 17°) am besten alsbald verwendet. V e r s u c h : Einige Tropfen Amyl- oder Äthylnitrit werden mit verdünnter Kaliumjodidlösung geschüttelt. Es darf keine Braunfärbung auftreten. Ein Tropfen verdünnter Salzsäure führt in wenigen Augenblicken intensive Jodausscheidung herbei. c) A t h y l n i t r a t . 1 250 ccm konz. Salpetersäure (D. 1-4) werden mit 30 g Harnstoffnitrat aufgekocht. Nach dem Erkalten gießt man die Hälfte der Lösung in eine tubulierte Retorte, an die ein mittlerer Wasserkühler angeschlossen ist, und in der sich 30 g Harnstoffnitrat und 150 ccm Alkohol befinden. Die Retorte wird auf einem Sandbad vorsichtig erhitzt. Nachdem etwa ein Drittel des Inhalts abdestilliert ist, vermischt man die zweite Hälfte der ausgekochten Salpetersäure mit 100 ccm Alkohol und läßt diese Mischung durch einen im Tubus der Retorte aufgesetzten Tropftrichter langsam zufließen. Die Operation muß in einem Zug ausgeführt werden, die Gemische von Alkohol und Salpetersäure dürfen nicht längere Zeit stehen bleiben. Wenn alles zugetropft und die Flüssigkeit in der Retorte bis auf 50—100 ccm wegdestilliert ist, unterbricht man den Prozeß, schüttelt das übergegangene Athylnitrat zur Entfernung von Alkohol im Scheidetrichter zweimal mit Wasser, einmal mit verdünnter Sodalösung und dann nochmals mit Wasser aus (Äthylnitrat ist schwerer als Wasser!), trocknet über Calciumchlorid und rektifiziert den Salpetersäureester durch Destillation aus dem Wasserbad. Der Siedekolben soll in dieses eintauchen. Siedep. 86°. Schutzbrille! Äthylnitrat wird später zur Darstellung von Phenyl-nitromethan (VI, 8, S. 245) gebraucht. Athylnitrat zersetzt sich beim raschen Erhitzen, z. B. in der Flamme, explosionsartig; es gehört in die gleiche Körperklasse, wie Nitroglycerin. Darum Vorsicht. Äthylalkohol wird durch reine Salpetersäure unter den angewandten Bedingungen nicht o x y d i e r t , sondern bloß verestert. Sobald aber Spuren von salpetriger Säure vorhanden sind, tritt Oxydation ein. Da das Stickoxyd, das hierbei aus der salpetrigen Säure entsteht, von der Salpetersäure alsbald wieder zu N0 2 oxydiert wird, schreitet die Oxydation von kleinen 1
LOSSEN, A. Suppl. 0, 220 (1868).
142
Organisch-präparativer Teil
Anfängen an sukzessive weiter, gewinnt durch die auftretende Reaktionswärme fortschreitend an Geschwindigkeit und steigert sich schließlich zu einem stürmischen, explosionsartigen Prozeß. Reaktionen dieser Art, bei denen Zwischenprodukte die Geschwindigkeit progressiv steigern, bezeichnet man als „Autokatalysen". Das erste Produkt der Oxydation des Alkohols ist Acetaldehyd und ein wichtiges Endprodukt ist die K n a l l s ä u r e , die aber nur gefaßt werden kann bei Gegenwart von Silber- oder Quecksilberionen. Mit ihnen bildet sie die gegen Salpetersäure beständigen Fulminate, in denen man, ähnlich wie beim Quecksilber-2-cyanid, komplexe — nicht ionogene — Bindung anzunehmen hat. Die Knallsäurebildung wird veranlaßt durch die der Methylgruppe durch das benachbarte Carbonyl des Aldehyds vermittelte Reaktionsfähigkeit, die der salpetrigen Säure einen Angriffspunkt bietet. Die einzelnen Stadien drücken sich in nachstehenden Formeln aus: HC-CHO HC • COOH (XN-C-COOH II — II —• II NOH NOH NOH O.N. —>>G=NOH + CO, — > C=NOH + HNO,. IV Die salpetrige Säure wirkt hierbei auf den Alkohol in ähnlicher Weise, wie die Halogene bei der Bildung von Chloroform, Jodoform. d) V e r s e i f u n g von F e t t oder p f l a n z l i c h e m Ol. 600 g beliebiges Fett oder Öl (etwa 2 / 3 Mol) werden mit 600 ccm etwa 5 n-Natronlauge verseift: 100 ccm Lauge und 100 ccm H 2 0 werden erwärmt, das Fett darauf gegossen und nach 1 Stunde noch 150 ccm Lauge hinzugegeben. Nach einer weiteren Stunde werden je 200 ccm Lauge und Wasser hinzugefügt. Es muß häufig umgerührt werden und darf nur zum schwachen Sieden erwärmt werden. Nach weiteren 4 Stunden wird der Best der Lauge hinzugegeben; wenn nötig, erneuert man vorher das verdampfte Wasser. Nach einer weiteren Stunde fügt man x/a Liter Wasser hinzu und kocht weiter, bis eine dicke homogene Masse entsteht (etwa 2—3 Stunden). Dann werden unter tüchtigem Umrühren 3—4 Liter heißes Wasser zugegeben, wobei ein dicker, durchsichtiger Leim entsteht. Man salzt schließlich in der Siedehitze mit etwa 200 g Kochsalz aus und läßt über Nacht stehen. Es ist zweckmäßig, wegen des starken Schäumens, die Operation in einem großen Emailhafen auszuführen.
Säureester
143
Nach dem Erkalten hebt man am andern Morgen den erstarrten Seifenkuchen ab und spült die unten haftende Lauge weg. Man kann ihn mit einem dünnen Draht in kleine Stücke zerschneiden und diese durch wochenlanges Liegenlassen trocknen. Die Natriumsalze der höheren Fettsäuren sind in kaltem Wasser schwer, in heißem leichter löslich. Man bringt ein kleines Stückchen Seife in der nötigen Menge kochenden Wassers in einem kleinen Becherglas in Lösung und läßt erkalten: Steife Gallerte. Zur Reinigung kann man 20—30 g in siedendem Wasser lösen, heiß aussalzen und wieder erstarren lassen; dadurch wird die im Rohprodukt eingeschlossene kleine Menge Alkali entfernt. Die Reaktion bleibt gegen Lackmus- und Curcumapapier alkalisch. Die Hydrolyse der ganz reinen Seifen ist aber nicht so stark, daß die OH-Ionenkonzentration ausreicht, um Phenolphthalein zu färben. D a r s t e l l u n g der freien Fettsäuren: Etwa 150 g der rohen, feuchten Seife werden in einem Liter Wasser bis nahe zum Siedepunkt erhitzt; dann setzt man unter gutem Umrühren 2 nSchwefelsäure zu, bis die Lösung auf Congopapier deutlich sauer reagiert und das Fettsäuregemisch sich als ölige Masse oben abgeschieden hat. Nach einigem Stehen in der Kälte erstarrt diese, wenn man von festem Fett ausgegangen ist Man hebt den Kuchen ab, schmilzt ihn nochmals auf dem Wasserbad in einem kleinen Becherglas über wenig Wasser und destilliert dann die wieder erstarrten Säuren im Vakuum. Siedep.i2mm 220-225°. Hat man Ol verseift, so wird die Seife weniger fest und die Säuren kristallisieren nur teilweise (warum?). In diesem Fall nimmt man sie in Äther auf und verfährt dann weiter in der üblichen Weise. Glycerin: Das Glycerin befindet sich in der braunen Verseifungslauge, die man zuerst mit Salzsäure genau neutralisiert (gegen Congopapier!), zur Entfernung ausgeschiedener Fettsäuren mit Tierkohle schüttelt, durch ein Faltenfilter filtriert1 und dann in dem auf S. 32 abgebildeten Apparat im Vakuum eindampft. Wenn sich nach einiger Zeit Kochsalz ausscheidet, versagt bisweilen die Capillare und man setzt dann, um Zeit zu sparen, 1
Die Klärung mit Tierkohle ist häufig entbehrlich.
144
Organiseh-präparativer
Teil
das Eindampfen auf dem Wasserbad fort. Die stark konzentrierte Lösung wird vom Kochsalz abgesaugt, dieses mit wenig Alkohol gewaschen und das Filtrat (wieder im Vakuumkolben) fast ganz vom Wasser befreit. Der Rückstand wird mit 150 ccm Alkohol digeriert und auf kleiner Nutsche abgesaugt, dann spült man mit 50 ccm Alkohol nach. Die abgesaugte alkoholische Lösung wird auf dem Wasserbad so weit als möglich eingeengt, den Rückstand bringt man unter Nachspülen mit wenig Alkohol in einen Ciaisenkolben und destilliert aus diesem erst Alkohol und Wasser und schließlich das Glycerin im Vakuum ab. Man fängt die Hauptfraktion zwischen 180° und 195°i3 mm auf. Ausbeute etwa 35 g. Um das Glycerin völlig wasserfrei und rein zu erhalten, muß die Destillation wiederholt werden. e) L i n o l e n s ä u r e a u s Leinöl. 1 100 g ungebleichtes Leinöl werden zur Verseifung mit einer Lösung von 35 g Ätzkali in 150 ccm Methylalkohol am absteigenden Kühler gekocht. Nachdem die Hauptmenge des Alkohols abdestilliert ist — eine Probe des Kolbeninhaltes muß sich klar in Wasser lösen — zersetzt man das Seifengemisch mit 200 ccm 20 proz. Schwefelsäure und nimmt die freigemachten Leinölsäuren in Äther auf. Nach dem Trocknen der Ätherlösung mit geglühtem Natriumsulfat wird das Lösungsmittel abgedampft und der Rückstand im Vakuum destilliert. Unter 12 mm Druck geht fast alles zwischen 215 und 230° über. Ausbeute 70—85 g. Linolensäure - hexabromid. Ohne Rücksicht auf ausgeschiedene kristallisierte Fettsäure löst man 75 g der destillierten Leinölsäuren in 150 ccm Eissessig und läßt dazu unter Eiskühlung und Turbinieren langsam aus einer Bürette Brom tropfen, bis eine bleibende Orangefärbung einen Überschuß an Halogen anzeigt. Es werden etwa 30 ccm = 90 g Brom benötigt. Der steife Brei, den das gebildete Hexabromid und die ausgeschiedenen gesättigten Fettsäuren bilden, wird nach 6 stündigem Stehen bei Raumtemperatur auf einer mittelgroßen Porzellannutsche unter geringem Unterdruck von der Hauptmenge der Mutterlange befreit, was mehrere Stunden dauert. Die klebrige Masse bringt 1
(1928).
ERDMANN
u.
BEDFORD,
Ber. 42, 1324 (1909). Siehe auch A. 4e4, 214
145
Säureester
man dann in einen Rundkolben, übergießt sie mit 200 ccm Essigester und erhitzt unter dauerndem Rühren mit einem unten abgeplatteten Glasstab zum schwachen Sieden, bis die Schmieren herausgelöst sind und das Hexabromid sich in kristallisierter Form abgesetzt hat; dies ist in wenigen Minuten erreicht. Nach dem Erkalten wird scharf abgesaugt und mit Essigester so lange gewaschen, bis die Substanz farblos geworden ist. Sie ist dann für die weitere Verarbeitung genügend rein und schmilzt bei 178°. Ausbeute 20—25 g. E n t b r o m u n g des H e x a b r o m i d s . 25 g des fein gepulverten Produktes werden in 250 ccm Weingeist suspendiert. Unter gelindem Erwärmen auf dem Wasserbad und unter kräftigem Umschütteln fügt man dazu auf einmal 50 g Zinkstaub. Sobald die Reaktion zu heftig zu werden beginnt, kühlt man in bereitgestelltem Eiswasser ab, wobei ihre vollständige Unterdrückung zu vermeiden ist. Schließlich erhitzt man noch eine Stunde lang am Rückflußkühler, saugt dann vom übrig gebliebenen Zinkstaub ab, den man zweimal mit Alkohol nachwäscht, verdampft die Hauptmenge des Alkohols auf dem Wasserbad und trägt die erkaltete, nahezu alkoholfreie Lösung in 200 ccm 20 proz. Schwefelsäure ein, die sich in einem Scheidetrichter befindet. Durch wiederholtes Ausäthern wird die Linolensäure abgetrennt; da sich bei der Entbromung teilweise ihr Ester gebildet hat, fügt man, um diesen zu verseifen, zu der nicht getrockneten Ätherlösung 5 g in 25 ccm Methylalkohol gelösten Ätzkalis und dampft dann Äther und Alkohol am Wasserbad ab. Der Rückstand, der gegen Phenolphthalein alkalisch reagieren muß, wird wieder mit 20 proz. Schwefelsäure versetzt und ausgeäthert. Die mit CaCi2 getrocknete Ätherlösung hinterläßt nach dem Abdestillieren des Lösungsmittels die fast farblose, nahezu reine Linolensäure in einer der theoretischen kaum nachstehenden Ausbeute. Durch Destillation im guten Vakuum wird die Säure vollkommen rein gewonnen. Siedep. 197° bei 4 mm. Die dargestellte Linolensäure dient als Material zur katalytischen Hydrierung. Siehe S. 866. Das Leinöl ist das wichtigste unter den sog. „trocknenden" Ölen. Darunter versteht man Öle, die stark ungesättigte Säuren, namentlich L i n o l e n s ä u r e C 1 7 H 2 9 -C0 2 H und L i n o l s ä u r e C 17 H 31 • C0 2 H enthalten und die daher vermöge eines Systems konjugierter Doppelbindungen imstande sind, den Sauerstoff der Luft direkt unter Bildung von festen Peroxyden und deren Umwandlungsprodukten anzulagern. Die ÖlsäureGATTKRMANN, Praxis. 22. Auflage.
10
146
Organisch-präparativer
Teil
Komponente ist dazu nicht befähigt. Olivenöl und Sesamöl z. B. „trocknen" nicht. Verwendung des Leinöls als Bindemittel in der Ölmalerei und zur Hei Stellung von Firnissen. Den quantitativen Ausdruck für die Anzahl der in einem Fett oder Öl vorhandenen Kohlenstoif-Doppelbindungen gibt die „Jodzahl"; darunter versteht man die Menge Jod in g, die von 100 g eines Fettes chemisch gebunden wird. Neuerdings bestimmt man die Anzahl der Doppelbindungen in organischen Verbindungen gewöhnlich mit Benzopersäure (vgl. S. 103). B e s t i m m u n g d e r J o d z a h l . Man löst 2-5 g reines Jod und 3 g Quecksilberchlorid in je 50 com reinem Weingeist nnd vermischt die klaren Lösungen. Nach 12 stündigem Stehen wird in einer Probe von 10 com der Jodtiter mit n/10-Thiosulfatlösung bestimmt, nach Zugabe von 10 ccm lO.proc. KJ-Lösung. 0 - 5 — 0 - 7 g des zu prüfenden Fettes wird in einem trockenen Erlenmeyerkolben von 500 ocm Inhalt in 15 ccm Chloroform gelöst; dazu läßt man 25 ccm der titrierten Jodlösung fließen. Geht nach kurzer Zeit die Farbe der Lösung auf Hellbraun zurück, so sind weitere 10 ccm Jodlösung erforderlich. Nach 4 Stunden soll die Farbe noch dunkelbraun sein. Es werden jetzt 20 ccm 10 proz. KJ-Lösung hinzugefügt und das noch vorhandene Jod wie oben titriert. Ausrechnung erfolgt gemäß Definition der „Jodzahl". Man untersuche Schweinefett oder Olivenöl oder Leinöl. Zur Bestimmung der V e r s e i f u n g s z a h l 1 eines Fettes kocht man 0 - 5 — l g Substanz mit 10 ccm n/2-alkoholischer KOH x / 2 Stunde lang am Rückflußkühler und titriert hierauf mit vjHCl unter Anwendung von Phenolphthalein das nicht gebundene Alkali zurück. Die Methode hat allgemeine Bedeutung, da sie in Estern das Äquivalentgewicht der darin gebundenen Säure zu ermitteln erlaubt. Ester-Äquivalentgewicht = — a
— wobei a = Einwage in g, b = ccm
verbrauchten n/1 - Alkali. 8. Abbau der Carbonsäuren zu den nächst niederen Aminen. a) HoFMANNsche R e a k t i o n .
Methylamin
aus
Acetamid.2
In einem Kolben von 1 / 2 Liter Inhalt versetzt man 30 g (0-5 Mol) Acetamid mit 80 g = 26 ccm Brom und fügt hierzu unter guter Kühlung mit Wasser so lange von einer Lösung von 50 g Kali in 350 ccm Wasser, bis die anfangs braunrote Farbe in Hellgelb umgeschlagen ist, wozu der größte Teil der Kalilauge erforderlich ist. Die Lösung läßt man dann im Laufe weniger Minuten aus einem Tropftrichter in ununterbrochenem Strahl in eine Lösung von 80 g Kali in 150 ccm 1
Man versteht darunter die mg KOH, die 1 g Fett verbraucht.
2
B. 15, 762 (1882); B. 17, 1406 u. 1920 (1884).
II, 8
Abbau der Carbonsäuren
xu den nächst niederen Aminen
147
Wasser, die in einem Literkolben auf 70—75° erwärmt und gehalten wird, fließen. Man erhält auf dieser Temperatur, bis das ßeaktionsgemisch farblos geworden ist ( 1 / 4 — 1 / 2 Stunde) und destilliert dann das Methylamin mit Wasserdampf über; das Kühlerende ist mit einem abwärts gerichteten Vorstoß verbunden, der etwa 1 cm tief in die Beschickung der Vorlage (100 ccm etwa 5n-Salzsäure1) eintaucht. Sobald das Kondensat im Kühler nicht mehr alkalisch reagiert, dampft man den Inhalt der Vorlage in einer Porzellanschale auf dem Wasserbad zur Trockne, läßt zur Entfernung der letzten Wasserreste eine Nacht über im Vakuumexsiccator stehen und kocht das ganz trockne Salz mit absolutem Alkohol aus; dabei bleibt Salmiak ungelöst. Das klare Filtrat engt man auf ein kleines Volumen ein und läßt dann in der Kälte das Methylammoniumchlorid auskristallisieren. Das Salz wird nach dem Absaugen mit wenig Alkohol gewaschen und im Exsiccator getrocknet. Ausbeute 15—20 g. Man führt mit dem Präparat die I s o n i t r i l r e a k t i o n (S. 161) aus und prüft sein Verhalten beim Erwärmen mit wenig Nitrit in eben saurer wäßriger Lösung. b) Die CunTiussche Reaktion. Phenylcyanat. B e n z h y d r a z i d 2 : 24gBenzoesäureäthylester = s / 20 Mol(S. 134) werden mit 9 g Hydrazinhydrat3 6 Stunden lang auf dem Wasserbad an einem kleinen Rückflußkühler erhitzt. Der feste Kristallkuchen, der sich beim Erkalten bildet, wird nach einiger Zeit möglichst scharf abgesaugt und mit wenig eiskaltem Methylalkohol gewaschen. Wenn die Ausbeute zu gering ist, wird das Filtrat eingeengt und nochmals erhitzt. Das Rohprodukt (16—18 g) ist zur Weiterverarbeitung genügend rein. Eine Probe kann aus heißem Wasser oder wenig Alkohol umkristallisiert werden. Schmelzp. 112°. Benzazid 4 : 14g( 1 / 1 0 Mol) des trocknen Hydrazids werden in einem Filtrier stutzen (x/2 Liter) mit 200 ccm etwa n-Salzsäure zur klaren Lösung gebracht. Dazu läßt man unter Eiskühlung aus einem Tropftrichter unter Umrühren die Lösung von 8 g Natriumnitrit in 50 ccm Wasser fließen. Die Umsetzung erfolgt 1
50 ccm konz. Salzsäure und 50 ccm Wasser.
2
TH. CURTIÜS, J . p. Ch. 5 0 , 295 (1894).
8 Von der Firma Dr. F. RASCHIG, Ludwigshafen a. Rh. zu wohlfeilem Preis zu beziehen. * T H . CUBTIÜS, B . 2 3 , 3029 (1890).
10*
148
Organisch-präparativer
Teil
sofort, indem das Azid sich kristallinisch abscheidet. Wenn eine abfiltrierte Probe der Lösung durch einen Tropfen Nitritlösung nicht mehr getrübt wird, saugt man den Niederschlag scharf ab, •wäscht ihn gut mit Wasser aus und trocknet ihn erst auf Ton, dann im Vakuumexsiccator über konz. Schwefelsäure und Ätzkali. Ausbeute 14 g. P h e n y l c y a n a t 1 : Das Azid muß für die Verarbeitung auf Cyansäureester a b s o l u t t r o c k e n sein. Prüfung auf Gewichtskonstanz auf einer guten Handwage. D a B e n z a z i d bei r a s c h e m E r h i t z e n , auch hei B e rührung mit konz. H 2 S0 4 e x p l o d i e r t , ist das P r ä p a r a t vors i c h t i g zu handhaben. B i s zur b e e n d e t e n D e s t i l l a t i o n des P h e n y l c y a n a t s Schutzbrille tragen! Die Destillation des Endprodukts wird in demselben Kolben ausgeführt, der zur Spaltung dient, zweckmäßig in einem Ciaisenkolben von 75—100 ccm, dessen Capillare und Thermometer man schon vor Ausführung der Spaltung herrichtet. Alles muß gut getrocknet sein. In dem schräg gestellten Kolben, über dessen Kondensationsrohr ein kleiner Kühler gezogen ist — oben ist er durch ein CaCl2-Rohr gegen Eintritt von Luftfeuchtigkeit gesichert — erhitzt man 12 g Benzazid mit 40 ccm Benzol (über Natrium getrocknet) in einer mit Wasser gefüllten Kasserolle, auf deren Boden der Kolben nicht aufstehen darf, l ä n g s am auf 60—70°, wobei eine lebhafte Stickstoffentwicklung beginnt. Wenn sie nachgelassen hat, steigert man die Temperatur bis gegen 80°, läßt dann erkalten, stellt das Gerät zur Vakuumdestillation um und destilliert zuerst das Benzol bei g e w ö h n l i c h e m D r u c k aus dem siedenden Wasserbad und daran anschließend aus dem vorher abgekühlten Bad bei 20—25 mm Druck das Phenylcyanat ab. Siedep.20 mm 60 Ausbeute 7—8 g. Das Destillat muß wasserklar sein und ist sofort unter guten Verschluß zu bringen (am besten einschmelzen). Vorher gießt man einige Tropfen in wenig Wasser. Der kristallinische Körper, der gebildet wird, ist D i p h e n y l h a r n s t o f f . Wie entsteht er? P h e n y l u r e t h a n . Eine andere Probe gießt man in Alkohol und verdampft das Lösungsmittel. 1
Gr. S c h k o e t e b ,
B. 4 2 ,
2339
(1909).
11, 8
Abbau der Carbonsäuren zu den nächst niederen Aminen
149
Das nicht umgesetzte Azid (etwa 2 g) kocht man in 5 ccm absolutem Alkohol eine halbe Stunde lang am Rückflußkühler.1 Nach dem Eindampfen kristallisiert ebenfalls Phenylurethan aus. Schmelzp. 52°. Die S p a l t u n g der U r e t h a n e in A m i n , C0 2 und Alkohol wird meistens im Einschlußrohr mit Salzsäure ausgeführt. Bequemer, wenn auch weniger ertragreich, ist die Zerlegung durch Destillation mit Calciumhydroxyd. Man mischt das erhaltene Phenylurethan mit der dreifachen Gewichtsmenge gelöschten Kalks und destilliert vorsichtig aus einer kleinen Retorte. Das übergehende A n i l i n kann bei einiger Geschicklichkeit aus einem kleinen Kölbchen rektifiziert werden, in jedem Fall aber ist es als A c e t a n i l i d und durch die Chlork a l k r e a k t i o n nachzuweisen. Bei der Lösung von Strukturfragen entsteht häufig die Notwendigkeit, Carboxylgruppen, wie sie z. B. durch Oxydationswirkung gebildet werden, zu entfernen und so das Molekül „abzubauen". Der einfachste Prozeß dieser Art, die Abspaltung von Kohlendioxyd, die man durch Destillation eines Salzes über Natronkalk erreicht: R-COONa + NaOH
>- RH + Na i CO s ,
verläuft zumeist wenig glatt und führt außerdem zu einem Kohlenwasserstoff, an dem weitere Reaktionen schwer einsetzen können. Darum sind die beiden verwandten Eeaktionen des Abbaus der Säuren, die von H O F M A K N , die von dem Säureamid ausgeht und die von CUBTIUS, vom Hydrazid aus, von großer präparativer Bedeutung. Beide lassen das primäre Amin der nächst niederen Stufe erreichen und beide führen zu diesem Ziel über das gleiche Zwischenprodukt, den Cyansäureester. Die Einwirkung von Hypobromit auf die —CONH2-Gruppe vermittelt den Ersatz von Wasserstoff an der NHa-Gruppe gegen Brom. Das erste Produkt der H O F M A N N sehen Reaktion, das N-Bromamid, ist in verschiedenen Fällen zu fassen. Durch Alkali verliert es HBr und das dadurch vorübergehend gebildete Radikal lagert sich zum Cyansäureester um, der unter den Bedingungen der Reaktion in primäres Amin und C02 zerlegt wird. RC=0 R-C=0 -> | | NH, HNBr
/R-C=0\ ( | | J
R N = C = 0 -> R NH, + CO,.
A c e t a m i d liefert so M e t h y l a m i n , Benzamid A n i l i n , H a r n s t o f f , wenn auch in geringer Menge, H y d r a z i n . 1
TH. CUBTIUS, B . 2 7 , 7 7 9 (1894).
150
Organisch-präparativer Teil
In ähnlicher Weise werden Hydroxamsäuren unter H20-Abspaltung in Cyansäureester umgelagert und damit zu Aminen abgebaut. Die Reaktion von CTJHTIUS, die besonders in den höheren Reihen wegen der günstigeren Löslichkeitsverhältnisse der Zwischenprodukte Torzuziehen ist, stellt als erste Phase das Hydrazid aus dem Säureester (oder -chlorid) her, das dann durch salpetrige Säure in meist sehr glatter Reaktion in das Azid übergeführt wird. Die Azide erleiden leicht thermische Zersetzung, bei der sie die beiden „Azo"-stickstoffatome als elementaren Stickstoff abspalten. Damit entsteht aber das gleiche Radikal, das den Verlauf der H O F M A N N sehen Reaktion erklärt hat: R-C=0 R.C=0 /R'C=0\ w | >| | 1 >- R N = C = 0 . HN-NH,
N
/ \
\
N
V \
i
N = N C U R T I U S hat die Zersetzung der Azide gewöhnlich in Alkohol vorgenommen und hat daher in durchsichtiger Weise die Urethane erhalten, die durch kräftige Hydrolyse in primäres Amin, C02 und Alkohol zerfallen. Eine wichtige Anwendung hat die H O F M A N N sehe Reaktion bei der ersten technischen Indigosynthese im Abbau des Phthalimids zur Anthranilsäure erfahren. Siehe S. 359.
III. Nitroverbindungen und ihre Reduktionsprodukte 1. Nitromethan.1 94 g Chloressigsäure, in 200 ccm Wasser gelöst, werden mit wasserfreier Soda (53 g) in einem weiten Becherglas genau neutralisiert; dazu fügt man die Lösung von 75 g Natriumnitrit in 120 ccm Wasser. Etwa 100 ccm dieser Mischung bringt man in einen 750-ccm-Rundkolben, der einen Tropftrichter trägt und außerdem mit einem absteigenden Kühler verbunden ist. Beim kräftigen Erwärmen im Babotrichter oder auf dem Drahtnetz (langsam anheizen) beginnt schon vor dem Sieden der Lösung unter C0 2 -Entwicklung die stürmische .Reaktion, die man in der siedenden Lösung durch allmähliches Zufließenlassen der Vorratslösung in Gang hält, aber nicht zu heftig werden läßt. Das Nitromethan geht mit Wasserdampf über und sondert sich in der Vorlage als schwerere Schicht ab. Sobald im Destillat keine Oltropfen mehr übergehen, wechselt man die Vorlage und treibt noch 100 ccm Wasser über, die noch Nitromethan gelöst enthalten. Von dem ersten Destillat trennt man dann das Nitromethan ab 1
H.
KOLBE,
J. pr. Ch. 5, 429 (1872);
STEINKOPF,
Ber.42, 3438 (1909).
Nitromethan
151
und vereinigt den wäßrigen Teil mit dem zuletzt übergegangenen. Diese Lösungen werden mit Kochsalz gesättigt (auf je 100 ccm 35 g) und nochmals destilliert. Etwa 1 / i der gesamten Wassermenge wird aufgefangen, später kommt wieder ein klares Destillat. Das abgetrennte Nitromethan wird mit dem zuerst erhaltenen vereinigt, mit Calciumchlorid scharf getrocknet und dann destilliert. Siedep. 101°. Ausbeute 20—24 g (30—36% d. Th.). Nitromethan ist der am leichtesten zugängliche aliphatische Nitrokörper; in den höheren Reihen verläuft die K O L B E sehe Darstellungsmethode viel weniger glatt. Der Verlauf der Reaktion ist klar: die zuerst gebildete Nitroessigsäure zerfällt in CH 3 N0 2 und C0 2 , aus ähnlichen Gründen, wie sie auch den Zerfall der Malonsäure erklären. Die übrigen Nitroparaffine werden meist nach dem von V. M E T E R entdeckten Verfahren — Umsetzung der Alkyljodide mit Silbernitrit — gewonnen. Auch die Methode von KONOWALOW — Erhitzen mit stark verdünnter Salpetersäure im Einschlußrohr auf 1 2 0 — 1 3 0 ° — führt häufig bei gesättigten Kohlenwasserstoffen, namentlich der hydroaromatischen Reihe, zum Ziel. P h e n y l - n i t r o m e t h a n wird im Abschnitt VI, 8 S. 245, 2 5 3 behandelt. Man erinnere sich der Isomerie mit den Alkylnitriten. Welche Unterschiede bestehen in den Reaktionen? Die primären und sekundären Nitroparaffine sind neutrale Substanzen, werden aber durch Alkalien in die Salze einer isomeren aciForm umgelagert (HANTZSCH) : R. I OH Näheres darüber steht im Kapitel über Tautomerie auf S. 2 5 2 . R-
Versuch: Man löst 1 ccm Nitromethan in Wasser und prüfe die Reaktion der Lösung gegen Lackmuspapier. Dann gebe man 10 ccm n-Lauge hinzu und prüfe abermals, und zwar mit rotem Lackmus- oder mit Curcumapapier. Die Tatsache, daß die Reaktion der Lösung n i c h t alkalisch ist, beweist, daß das Alkali durch die entstandene Säure neutralisiert ist. Eine kleine Probe dieser Lösung gibt mit Eisenchlorid eine blutrote Färbung, die für cd- Nitroverbindungen charakteristisch ist. Fügt man weiter zu der mit Lauge versetzten Lösung 5 ccm n-Salzsäure, so wird blaues Lackmuspapier bei sofortiger Probe gerötet. Da die Salzsäure (5 ccm) einen Überschuß von Lauge (10 ccm) vorfindet, so kann die saure Reaktion nur von der freigemachten Säure, dem a c i - N i t r o m e t h a n , stammen. Seine Umlagerung zum neutralen Nitromethan erfolgt so rasch, daß nach wenigen Minuten die saure Reaktion der Lösung verschwunden ist.
152
Organisoh-präparativer
Teil
Bei der Reduktion von Nitroparaffinen entstehen unter kräftigen Bedingungen die entsprechenden Amine, so wie dies im nächsten Kapitel für Nitrobenzol gezeigt wird. Aber ebenso wie dort kann man bei der Einwirkung von Zinkstaub in neutralem Medium den Prozeß auf der Stufe des Hydroxylamins festhalten.
V e r s u c h : Zu einigen Tropfen Nitromethan, in wenig Wasser gelöst, werden einige Zinngranalien und dann konz. Salzsäure gegeben. Heftige Reaktion. Wenn sie vorüber ist, erwärmt man noch kurz auf dem Wasserbad, übersättigt die abgegossene Lösung mit starker Lauge und erkennt am Geruch und an der Bräunung von Curcumapapier, daß ein flüchtiges Amin gebildet worden ist. Will man die Reaktion zur Darstellung von Methyla m i n benutzen, so muß das Nitromethan nach und nach zur Reduktionsflüssigkeit gegeben werden. Im übrigen vgl. Präp. II, 8 S. 146. N - M e t h y l h y d r o x y l a m i n . Eine wäßrige Lösung von Nitromethan versetzt man mit etwa der gleichen Menge Ammoniumchlorid und gibt dann unter Kühlung (Temperatur um 10°) und stetem Schütteln die dreifache Menge Zinkstaub in kleinen Anteilen zu. Die vom Zinkstaub abfiltrierte Lösung reduziert ammoniakalische Silberlösung und FEHLiNGSche Lösung. Die präparative Darstellung dieses leicht zugänglichen Alkylhydroxylamins als salzsaures Salz ist von BECKMANN, A. 3 6 5 , 2 0 4 (1909) beschrieben. Die zahlreichen Umsetzungen der primären und sekundären Nitroparaffine leiten sich fast ausnahmslos von der aci-Form ab, d. h. sie erfolgen unter Bedingungen, unter denen sich das Salz bildet. Es besteht hier große Ähnlichkeit mit der Reaktionsweise der Ketone, jedoch der graduelle Unterschied der viel größeren Reaktionsgeschwindigkeit bei den Nitroverbindungen. 1. Bei der Einwirkung von Brom entstehen B r o m n i t r o k ö r p er, z.B.: H2C-NO, | + NaBr. Br . Br Br ONa 2. Salpetrige Säure bildet mit p r i m ä r e n Nitroparaffinen N i t r o l s ä u r e n , mit s e k u n d ä r e n die sog. P s e u d o n i t r o l e , die als Nitrosoverbindungen grün oder blau gefärbt sind. HC—N0, + H,0 a) H , C = N = 0 H,C—N=0 + HONO II I I \ . NOH NO OH OH. OH HaC=N=0
I ONa
b) CH 8 .C.CH 8
II
0=N—OH
Br, ,
H2C—N=0
I
l\
CHa. C. CH8 \ NO 0 = N
C=NOH
NOsH + C=NOH .
Auf dem Weg über die Methylnitrolsäure kommt die Bildung der Fulminate (Knallsilber, Knallquecksilber) aus Äthylalkohol und Salpetersäure zustande. Davon war auf S. 142 die Rede. Das Quecksilber-2-Salz des Nitromethans zerfällt direkt in Knallquecksilber und Wasser ( N E F ) . (H,G = NOa)jHg (C = NO)sHg + 2 H , 0 3. Gleich den Ketonen kondensieren sich primäre Nitroverbindungen mit Aldehyden unter Wasserabspaltung. Auf diesem Weg ist P h e n y l n i t r o ä t h y l e n bequem darstellbar. C8HS—CHO + H.C-NO, >- C 6 H 6 —CH=CH.NO ä .
P h e n y l n i t r o ä t h y l e n . 1 3-2 g Nitromethan und 5-3g Benzaldehyd werden in 20 ccm Alkohol gelöst und bei guter Kühlung im Kältegemisch unter kräftigem Umschütteln nach und nach mit kalter alkoholischer Kalilauge versetzt, die man sich aus der Lösung von 3-5 g Atzkali in 5 ccm Wasser und 10 ccm Methylalkohol bereitet hat. Man schüttelt so lange, bis eine Probe des entstandenen Kristallbreis in Wasser klar löslich ist; es hat sich das Kaliumsalz des Phenylnitroäthylalkohols C6H8 .CH(OH).CH: NOOK gebildet, dessen freie Säure sich unter Wasserabspaltung in Phenylnitroäthylen umwandelt. Dies 1
THIELE U. HAECKEL, A .
rend. 135, 41 (1902).
325,
1 (1902);
BOUVEAULT U. W A H L ,
Compt.
III, 2
Nürierung eines aromatischen Kohlenwasserstoffs
155
geschieht, wenn man das Reaktionsprodukt in Eiswasser auflöst und unter Umrühren in 60 ccin eiskalter n-Schwefelsäure einfließen läßt. Das bald erstarrende Ol wird nach dem Absaugen und kurzem Trocknen auf Ton aus wenig Alkohol umkristallisiert. Man erhält etwa 5 g Phenylnitroäthylen in prächtigen gelben Kristallnadeln. Schmelzp. 58°. 4. Alle primären Nitroverbindungen kuppeln mit Diazobeiizol; statt der erwarteten Azokörper entstehen durch Umlagerung die Phenylhydrazone von «-Nitroaldehyden:
R, C = X = 0 H | + HO—N=N.C6H5 ONa
HO ONa
R.C—N==0
lA}=N.C B H f R. C—NOj >II + NaOH. N-NH.C.H,
5. Eine sehr interessante Umsetzung des Nitromethans durch starkes Alkali muß hier noch angeführt werden. 2 Moleküle kondensieren sich unter Wasserabspaltung zur sog. M e t h a z o n s ä u r e , die die Konstitution des Nitroacetaldoxims (I) besitzt (MEISTEB).1
2HjC=N=0 I ONa
HC C=N=0 || H | ; NONa ONa
I
HC—CHsN02 || NOH
Aus ihr hat STEINKOPF mit Thionylchlorid das lange gesuchte N i t r o a e e t o n i t r i l 2 C H 2 . N 0 2 • GN und durch dessen Verseifung N i t r o -
e s a i p ä u r e 3 dargestellt.
2. Kitrierung eines aromatischen Kohlenwasserstoffs. Nitrobenzol u n d Dinitrobenzol.
a) N i t r o b e n z o l . Zu 125 ccm = 230 g konzentrierter Schwefelsäure, die sich in einem Kolben von etwa J / 2 Liter Inhalt befindet, gießt man allmählich unter Umschütteln 100 ccm = 140 g konzentrierte Salpetersäure (spez. Grew. 1-4). Nachdem man die warme Mischung durch Eistauchen in kaltes Wasser auf Zimmertemperatur abgekühlt l a t , fügt man unter häufigem Umschütteln zu ihr allmählict 90 ccm = 78 g (1 Mol) Benzol. "Wenn hierbei die Temperatur über 50—60° steigt, so taucht man vor dem weiteren 1
Über den Mechanismus dieser Reaktion siehe A. 4 4 4 , 15 (1925).
» B. 41, 1048 (1908). 3
B. 42, 3925 (1909).
156
Organiseh-präparativer
Teil
Eintragen des Benzols das Gefäß auf kurze Zeit in Eiswasser ein. Beim jedesmaligen Zugeben von Benzol ist eine vorübergehende intensive Braunfärbung zu beobachten. Nachdem man den Kolben mit aufgesetztem Steigrohr noch x/2 Stunde lang in einem Wasserbad von 60 0 weiter erwärmt hat, trennt man die untere Schicht, welche aus Schwefelsäure und Salpetersäure besteht, im Scheidetrichter von der oberen, die das Nitrobenzol enthält.1 Letztere schüttelt man im Scheidetrichter mit Wasser, dann mit verdünnter Natronlauge, zuletzt nochmals mit Wasser durch, wobei man beachte, daß das Nitrobenzol jetzt die untere Schicht bildet. Nach dem Waschen und Absitzen läßt man das Nitrobenzol in einen trocknen Kolben ab und erwärmt es auf dem Wasserbade (Steigrohr) so lange mit Calciumchlorid, bis die anfangs milchige Flüssigkeit klar geworden ist. Man reinigt es schließlich durch Destillation aus einem Fraktionierkolben mit vorgelegtem Verlängerungsrohr, wobei man nicht ganz bis zur Trockne destilliere. Siedep. 206—207°. Ausbeute 100—105 g. b) Dinitrobenzol. Eine Mischung von 14 ccm = 25 g konzentrierter Schwefelsäure und 10 ccm = 15 g r a u c h e n d e r Salpetersäure wird allmählich mit 10 g Nitrobenzol versetzt (Abzug) und unter häufigem Umschütteln in einem offenen Kolben eine halbe Stunde auf dem Wasserbade erhitzt. Das etwas erkaltete Eeaktionsgemisch wird dann unter Umrühren in kaltes Wasser gegossen, worauf man das erstarrte Dinitrobenzol abfiltriert, mit Wasser auswäscht, auf einem Tonteller abpreßt und aus Alkohol umkristallisiert. Schmelzpunkt 90°. Ausbeute 10—12 g. Die Eigenschaft, bei Einwirkung von Salpetersäure Nitroderivate zu liefern, ist ein Charakteristikum der aromatischen Substanzen. Je nach den Bedingungen, unter denen die Nitrierung ausgeführt wird, kann man eine Nitrogruppe oder deren mehrere einführen. Formulierung der Reaktion. Sind in einem aromatischen Stoffe gesättigte aliphatische Seitenketten vorhanden, so erfolgt die Nitrierung unter den obigen Bedingungen stets am Benzolkern und nicht in der Seitenkette. Da die Benzolkohlenstoffatome nur mit e i n e m Wasserstoffatom verbunden sind, so sind die erhaltenen Nitroderivate tertiäre; sie sind demnach nicht imstande, wie die primären und sekundären Nitroverbindungen Salze, Nitrolsäuren oder Pseudonitrole zu bilden. 1
Nach dem gleichen Prinzip wird im Großbetrieb der Rest der Nitriersäure zurückgewonnen. Der Ansatz hier enthält l'/ 2 Mol HNO,.
III, 2
Nitrierung
eines aromatischen
Kohlenwasserstoffs
157
Nitrogruppen lassen sich auch in Seitenketten einführen. 1 Erhitzt man z. B. Toluol oder Äthylbenzol mit schwacher Salpetersäure (spez. Gew. 1 - 0 7 6 ) in einer Bombe auf etwas über 1 0 0 ° , so erhält man Phenylnitromethan C g H 6 -CH 2 -N0 2 oder Phenylnitroäthan C 6 H b .CH(N0 2 ).CH 3 . Nicht nur die aromatischen Stammsubstanzen, die Kohlenwasserstoffe, lassen sich nitrieren; auch alle Derivate derselben, wie Phenole, Amine, Aldehyde, Säuren usw. sind der gleichen Reaktion zugänglich. Die Nitrierung erfolgt jedoch nicht überall mit der gleichen Leichtigkeit. Man muß daher f ü r jeden Fall die günstigsten Versuchsbedingungen ermitteln. Wird ein Stoff sehr leicht nitriert, so kann man entweder die Nitrierung mit j e nach Bedürfnis durch Wasser verdünnter Salpetersäure ausführen, oder man löst die zu nitrierende Substanz in einem Lösungsmittel auf, welches durch Salpetersäure nicht angegriffen wird, wobei man sich häufig des Eisessigs bedient, und versetzt dann mit Salpetersäure. Wird ein Stoff mittelschwer nitriert, so trägt man ihn in konzentrierte oder rauchende Salpetersäure ein. Tritt die Nitrierung schwer ein, so erleichtert man die Wasserabspaltung durch Zusatz von konzentrierter Schwefelsäure zu der gewöhnlichen oder rauchenden Salpetersäure. Beim Arbeiten in schwefelsaurer Lösung wendet man bisweilen statt der Salpetersäure Kalium- oder Natriumnitrat an. Die beschriebenen Arten der Nitrierung lassen sich nun noch in zweierlei Weise modifizieren, indem man 1. die Temperatur und 2. die Menge der Salpetersäure variiert. So kann man die Nitrierung unter Abkühlung in einer Kältemischung, oder in Eis, oder in Wasser, unter gelindem Erwärmen, bis schließlich bei Siedehitze ausführen. Ferner kann man einen Überschuß von Salpetersäure oder die theoretisch berechnete Menge anwenden. Welche von diesen zahlreichen Modifikationen die besten Resultate liefert, muß durch Vorversuche im kleinen zuvor ermittelt werden. Da die Nitroverbindungen meistens in Wasser unlöslich oder schwer löslich sind, so kann man sie aus dem Nitrierungsgemisch durch Verdünnen mit Wasser abscheiden. Durch den Eintritt einer Nitrogruppe wird der chemische Charakter einer Substanz nicht grundsätzlich geändert. So sind die KernNitroderivate der Kohlenwasserstoffe neutrale Verbindungen, wie die Kohlenwasserstoffe selbst. T r i t t eine Nitrogruppe aber z. B. in einen Stoff von saurer Natur ein, so wird diese dadurch verstärkt; die Nitrophenole z. B. sind stärker sauer als das Phenol. Das Entsprechende tritt bei der Nitrierung basischer Substanzen ein; die Nitraniline sind weniger basisch als Anilin. Die große Bedeutung der Nitroverbindungen beruht auf ihrem Verhalten bei der Reduktion, wovon bei den nächsten Präparaten die Rede sein wird. 1
Konowalow, B. 27.
Ref. 194 u. 468 (1894).
158
Organiseh-präparativer Teil
Beim zweifachen Nitrieren von Benzol bildet sich vorwiegend m-Dinitrobenzol, was mit den folgenden allgemeinen Substitutionsgesetzen zusammenhängt. Tür die aromatischen Verbindungen sind in erster Linie drei Reaktionen typisch: 1. die des Halogenierens, 2. die des Nitrierens und 3. die des Sulfurierens. Geht man vom Benzol selbst aus, so ist naturgemäß nur ein einziges Mono-Halogen-, Nitrooder Sulfoderivat möglich. Geht man jedoch von einem monosubstituierten Benzol aus, so kann der Eintritt von Halogen, Nitro oder Sulfo in der o-, m- oder p-Stellung erfolgen. Die Tatsachen haben nun ergeben, daß hierbei zwei Typen von Reaktionen sich vollziehen, indem in gewissen Fällen überwiegend das o- und p-Biderivat neben nur wenig des m-Derivates gebildet wird, während im anderen Fall vorwiegend das m-Derivat neben nur wenig des o- und p-Derivates entsteht. Substituenten, welche Halogen, Nitro- und Sulfogruppe — oder auch andere Substituenten — vorwiegend in die o- u n d p - S t e l l u n g lenken, nennt man Substituenten e r s t e r O r d n u n g . Substituenten, welche die Substitution vorwiegend in die m - S t e l l u n g lenken, heißen Substituenten z w e i t e r O r d n u n g . Zu den Substituenten erster Ordnung gehören: die Halogene, Alkylgruppen, die Hydroxylgruppe nebst O-Alkyl und O-Acyl, die Aminogruppe u. a. Substituenten zweiter Ordnung sind: Nitrogruppe, Sulfogruppe, Aldehydgruppe, Carboxylgruppe nebst COO-Alkyl, CO-NH 2 undCO-Alkyl (inKetonen), C = N u. a. Aus dieser Aufzählung ergibt sich als charakteristisch, daß die Substituenten I. Ordnung durchweg formal gesättigt sind, keine Lückenbindungen enthalten, während für die II. Ordnung das Gegenteil gilt. Es ist ferner bemerkenswert, daß die o- und p-Substitutionen sich fast durchweg leichter, d. h. mit viel größerer Geschwindigkeit vollziehen, als der Eintritt in m-Stellung. Hier steigert sich die Schwierigkeit von Stufe zu Stufe. Die Einführung der zweiten Nitrogruppe in das Nitrobenzol hat schon weit stärkerer Mittel bedurft, als die Nitrierung des Benzols. Das symmetrische T r i n i t r o b e n z o l entsteht erst beim tagelangen Kochen der Dinitroverbindung mit rauchender Salpetersäure und auch so nur in schlechter Ausbeute. Man vergleiche damit die Substitutionserleichterung durch OH und NH 2 und schon durch die Methylgruppe im Toluol. Trinitrotoluol als Sprengstoff. Die Nitroverbindungen sind zum Teil Flüssigkeiten, zum Teil durch große Kristallisationsfähigkeit ausgezeichnete feste Stoffe, welche, falls sie ohne Zersetzung destillieren, einen viel höheren Siedepunkt als die Muttersubstanz besitzen. Unterwirft man Ä t h y l e n der Einwirkung von Nitriersäure, so entsteht, wie schon erörtert, N i t r o ä t h y I n i t r a t CH 2 N0 2 -CH 2 -0N0 2 . Der durch Anlagerung von Salpetersäure zuerst gebildete N i t r o ä t h y l -
III,
3
Reduktion einer Nitroverbindung xu einem Amin
159
a l k o h o l wird durch Veresterung festgehalten, während das mutmaßliche primäre Additionsprodukt von H N 0 3 an eine Doppelbindung des Benzols aus den mehrfach erörterten Gründen H 2 0 abspalten wird. Die Verhältnisse liegen also analog, wie bei der Reaktion von Äthylen und Benzol mit Brom (S. 97).
3. Eeduktion einer Nitroverbindung zu einem Amin. a) A n i l i n a u s N i t r o b e n z o l . 1 In eirem Rundkolben (2 Liter Inhalt) versetzt man 120 g fein granuliertes Zinn 2 mit 61-5 g (1/2 Mol) Nitrobenzol und fügt hierzu allmählich 270 com = 320 g konzentrierter Salzsäure in der folgenden Weise: Man setzt zunächst nur etwa den zehnten Teil der Salzsäure hinzu, verbindet dann den Kolben sofort mit einem nicht zu mgen Steigrohr und schüttelt um. Nach kurzer Zeit erwärmt seh die Mischung und gerät schließlich in lebhaftes Aufsieden. Mm kühlt in kaltem Wasser, ohne die Umsetzung völlig zu unterdrücken, und fügt dann nach und nach unter stetem Schütteln veitere Salzsäure zu, wobei man die Reaktion stets in gutem Gang hält. Zum Schluß erhitzt man noch eine Stunde lang auf dem Wasserbad, versetzt die warme Lösung mit 100 ccm Vasser und fügt allmählich eine Lösung von 150 g technischen Natron in 200 ccm Wasser bis zur stark alkalischen Reaktion linzu. 3 Man leitet dann bei vorgelegtem, langem Kühler alsbald Wisserdampf in die heiße Flüssigkeit ein. Sobald das Destillat xicht mehr milchig, sondern wasserhell ist, läßt man noch etwa 300 ccm Flüssigkeit überdestillieren, setzt je 25 g fein pulverisiertes Kochsalz auf je 100 ccm Flüssigkeit bis zur Auflösung zu und schüttelt das Anilin mit Äther aus. 4 Nachdem man die ätherische Lösung mit einigen Stückchen festen Kalis getrocknet hit, verdampft man den Äther und unterwirft das Anilin der Destillition. Siedep. 184°. Ausbeute 90—100% der Theorie. Die Eigenschaft, bei einer energischen Eeduktion in primäre Amine 1
A. 4t, 283 (1842). Ist nan nicht im Besitze von granuliertem Zinn, so stellt man sich dies dadurch her.daß man vor der Gebläseflamme in einem mit Ausguß versehenen, gestielten ei;ernen Löffel derbes Zinn schmilzt und dann tropfenweise aus einer Höhe von V,—1 m in einen mit Wasser gefüllten Eimer gießt. ' Ubei die elektrolytische Abscheidung des Zinns siehe S. 305 Anm. 4 Im p-oßen trennt man, ohne auszusalzen, das Anilin ab und benutzt das „Anilinvasser" jeweils wieder zur Dampferzeugung. 4
160
Organisch-präparativer Teil
überzugehen, kommt sowohl den Nitroverbindungen der aliphatischen wie der aromatischen Reihe zu. Zur Reduktion jeder Nitrogruppe sind 6 Atome Wasserstoff erforderlich. In der Technik bedient man sich zur Reduktion des Nitrobenzols nicht des teuern Zinns, sondern man arbeitet noch heute nach dem alten Verfahren von B Ä C H A M P mit Eisenfeile oder Eisenpulver. Die der Gleichung: C9H6.NO, + 3 Fe + 6 HCl = C»H6.NH, + 3FeCl, + 2H,0 (A) entsprechende Menge Salzsäure wird im großen bei weitem nicht verbraucht, man kommt mit bedeutend weniger, mit etwa 3 Proc. aus. Dies hängt damit zusammen, daß das Eisen teilweise bis zur oxydischen Ferristufe ausgenutzt wird. Es gilt neben A etwa die Gleichung B, d. h. FeCl2 wird ständig wieder gebildet. C„HS • N0 2 + 2 FeCl, + 2 Fe + 4 HsO
C6H6 • NHa + 2 FeCl, + 2 Fe(OH),. (B)
Durch Hydrolyse des Ferrichlorids wird Ferrihydroxyd ausgeschieden und immer wieder Salzsäure für neues Eisen verfügbar. Die Eisenoxyde, die am Schluß des Prozesses gebildet sind, werden jeweils wieder durch Wasserstoff bei Rotglut in Eisenpulver zurückverwandelt. Neuerdings hat auch das katalytische Hydrierungsverfahren und zwar mit Kupfer als Kontaktmetall für die Bereitung von Anilin aus Nitrobenzol in der Industrie Eingang gefunden. Für Reduktionsversuche von NitrokÖrpern im kleinen nimmt man am zweckmäßigsten Zinn oder Zinnchlorür und konz. Salzsäure. Feste Substanzen werden ohne Lösungsmittel oft schwer angegriffen und verlangen einen Zusatz von Alkohol oder Eisessig. Das Ende der Reduktion erkennt man daran, daß das Reaktionsgemisch auf Zugabe von Wasser klar bleibt. Die Base liegt ja als salzsaures Salz (Chlorhydrat) vor und die salzsauren Salze sind fast ohne Ausnahme in Wasser löslich. Dabei ist zu beachten, daß häufig schwerer lösliche Doppelsalze mit Zinnchlorür auftreten, die aber von kochendem Wasser meist gelöst werden. Wenn ein Doppelsalz in reichlicher Menge auskristallisiert, wird es durch Absaugen isoliert. Durch Zersetzen mit Lauge oder zuvor mit Schwefelwasserstoff liefert es die Base leicht in reinem Zustand. Die primären Monamine sind zum Teil farblose Flüssigkeiten, wie z. B. das Anilin, o-Toluidin, Xylidin, oder farblose, feste Stoffe, wie das p-Toluidin, Pseudocumidin, die Naphthylamine u. a. Sie sind ohne Zersetzung destillierbar und mit Wasserdämpfen flüchtig. In Wasser sind sie ziemlich schwer löslich, Anilin zu 3 Proc. Die Di- und Polyamine sind meistens fest, mit Wasserdämpfen nicht flüchtig und in Wasser viel leichter löslich als die Monamine. Die Amine besitzen basischen Charakter; die Basizität ist jedoch infolge der negativen Natur der Phenylgruppe bedeutend schwächer als die der aliphatischen Amine.
III, 3
Reaktionen des Anilins
161
Daher reagieren die wäßrigen Lösungen der (stöchiometrisch) neutralen Anilinsalze infolge von Hydrolyse auf Lackmuspapier sauer. Aus dem gleichen Grund kann man aus einer wäßrigen Lösung von Anilinsalz mit Äther eine kleine Menge der freien Base herausschütteln. (Nachweis mit ätherischer Salzsäure oder nach Verdampfen des Äthers durch die Chlorkalkreaktion.) Versuche: 1. Man verdünnt 10 ccm Anilinwasser (durch Schütteln von 3 Tropfen Anilin mit 10 ccm Wasser im Reagenzglas erhalten) mit 100 ccm Wasser und fügt ein wenig einer filtrierten wäßrigen C h l o r k a l k l ö s u n g hinzu. Es tritt hierbei eine v i o l e t t e F ä r b u n g auf (RUNGEsehe Reaktion). Diese sehr empfindliche Probe gibt nur die wäßrige Lösung des f r e i e n Anilins, nicht die der Salze; man muß daher aus diesen die Base erst isolieren. Man kann diese Reaktion auch benutzen, um kleine Quantitäten von Benzol oder Nitrobenzol zu erkennen, indem man die eben bekannt gewordenen Reaktionen im kleinen durchführt (Reagenzglas). Die Chlorkalkreaktion ist dem Anilin eigentümlich; der Farbstoff ist ein kompliziertes Chinonderivat, dessen Konstitution noch nicht ganz sicher steht. Die übrigen hier angegebenen Versuche stellen Klassenreaktionen der primären aromatischen Amine dar. 2. Dnrch Säurechloride und -anhydride werden primäre und sekundäre Amine aeyliert, im besonderen auch durch Benzolsulfochlorid (S. 184, 192). Acetanilid ist schon früher (S. 117, 120) dargestellt worden. Die Acetyl- und Benzoylderivate aller einfacheren primären Amine der Benzol- und Naphthalinreihe sind bekannt, so daß diese Methode in allen Fällen zum Ziel des Nachweises führt. Man stelle die Identität eines primären Amins auf dem angegebenen Weg fest. 3. B e n z y l i d e n - a n i l i n . 1 ccm Anilin wird mit ebensoviel Benzaldehyd im Reagenzglas auf dem Wasserbad erhitzt. Es scheidet sich unter Trübung Wasser aus und nach dem Erkalten erstarrt das Gemisch zur sog. SCHIFF sehen Base (Azomethin). Schmelzp. 72°. Beim Erwärmen mit Säure wird das schwach basische Kondensationsprodukt in die Komponenten zerlegt. Allgemeine Keaktion primärer Amine. 4. I s o n i t r i l r e a k t i o n . Ebenso wie die primären aliphatischen Amine von der Art des Methylamins, geben auch das Anilin und seine Verwandten die charakteristische Geruchsreaktion mit Chloroform und Alkali. GATTBEMANN Praxis. 22. Auflage.
11
162
Organisch-präparativer Teil
Man vermischt in einem Reagenzrohr 2 Tropfen Anilin mit 2 ccm Alkohol, fügt 1 / 2 ccm starke Kalilauge und etwa 5 Tropfen Chloroform zu und erwärmt gelinde (Abzug). /C1 C6H6.NH, + C1SC< + 3K0H = C e H 6 .N=C + 3KC1 + 3H,0 . \h Ganz analog liefert Ammoniak B l a u s ä u r e . /C1 H.NH 2 + Cl2 : C< + 3KOH v HN=C + 3KC1 + 3H,0 . \H Über die Konstitutionsfrage der Blausäure ist schon an anderer Stelle (S. 132) gehandelt. Hier sei nur noch erwähnt, daß die Isonitrile bei der Hydrolyse in primäres Amin und Ameisensäure zerlegt werden; es entsteht kein Kohlenoxyd, wie man nach der Formel erwarten sollte. Die Ursache hierfür ist darin zu suchen, daß der erste Eingriff der Säure in einer Addition von Wasser an die beiden freien Kohlenstoffvalenzen beruht. Wir haben daher zu formulieren: / .OH /OH C„H6. N=-
S=C
- S = C = N - C 9 H 6 + HAS + H,N • C6H5
Dithiocarbaminat
Phenylsenföl C.H.NH,
/NH.C.H, S=C< \NHC 6 H 5
Diphenyl-thioharnstoff.
In der Fettreihe muß man das Dithiocarbaminat mit einem Schwermetallsalz (HgClj, FeCl 3 ) destillieren, um zum Senföl zu gelangen (A. W. HOFMANN), hier den Thioharnstoff mit konz. Salzsäure.
D i p h e n y l - t h i o h a r n s t o f f (Thioearbanilid). Man erhitzt in einem mit langem Eiickflußkühler versehenen Rundkolben 20 g Anilin, 25 g CS 3 , 25 g Alkohol und 5 g fein gepulvertes Ätzkali 3 Stunden lang auf dem Wasserbad zum gelinden Sieden, destilliert am absteigenden Kühler Schwefelkohlenstoff und Alkohol ab, versetzt den Rückstand mit Wasser, saugt die gebildeten Kristalle ab und wäscht sie mit Wasser, verdünnter Salzsäure und nochmals mit Wasser. Nach dem Trocknen 15—18 g. Eine kleine Menge kristallisiert man aus Alkohol um (Schmelzp. 154°), den Rest benutzt man ohne weitere Reinigung zur Darstellung von P h e n y l s e n f ö l . 15 g des Rohprodukts werden aus einem 250-ccm-Kolben mit 60 ccm konz. Salzsäure (D. 1-18) auf dem Sandbad am absteigenden Kühler destilliert, bis der Rückstand nur noch 10—15 ccm einnimmt. Das Destillat wird nach Zugabe des gleichen Volumens Wasser ausgeäthert, der Äther mit wenig Sodalösung ausgeschüttelt, mit Calciumchlorid getrocknet, dann abgedampft und der Rückstand destilliert. Siedep. 222°. Ausbeute beinahe quantitativ. Ii*
Orgcmisch-präparativer Teil
164
Neben dem Senföl entsteht bei der Einwirkung von Salzsäure auf Thiocarbanilid noch T r i p h e n y l g u a n i d i n , das sich aus dem Kolbenrückstand nach Zugabe von 50 ccm Wasser und mehrstündigem Stehen als Chlorhydrat abscheidet. Durch Zersetzung mit verdünnter Natronlauge in der Wärme erhält man die freie Base. Aus Alkohol farblose Nadeln vom Schmelzp 143°. Die Wirkung der konz. Salzsäure bestellt hier hauptsächlich in der Abspaltung von Anilin: S=C
/N|H|.C»H, \|NH-CA
^
S=C=N.C 8 H 6 + FAN • C6H6 Phenylsenföl
Nebenbei wird in geringem Betrag auch Schwefelwasserstoff abgespalten. Das aus dieser Reaktion primär hervorgehende, äußerst reaktionsfähige Carbodiphenylimid (Diphenylcyanamid) lagert in der Lösung vorhandenes Anilin zu Triphenylguanidin an, ebenso wie sich aus Cyanamid selbst und Ammoniak das einfache Guanidin bildet. H:NC6H5 S=!C
>- H6G6-N=C=N-C9H6 + H2S
H;N-C6H6 H.NC.H,
/NHCAH5 H5C6N=C< X NHC 6 H 6 Triphenylguanidin
Die Senföle zeigen grundsätzlich die gleichen Additionsreaktionen wie die ihnen isologen Cyansäureester (siehe S. 148), z. B. 0=C=N«C 6 H 6 . Jedoch reagieren sie viel langsamer, was schon aus der Darstellungsmethode für Phenylsenföl hervorgeht (Phenylcyanat wird durch Wasser sofort zersetzt). Die Anlagerung von Anilin an Phenylsenföl, die wieder zum Diphenyl-thioharnstoff zurückführt, werde in folgendem Versuch dargetan. 5 Tropfen Phenylsenföl werden in einem kleinen Reagenzglas mit der gleichen Menge Anilin vermischt und über einer kleinen Flamme gelinde erwärmt. Beim Reiben mit dem Glasstab erstarrt die Schmelze zu Kristallen von T h i o c a r b a n i l i d , das aus Alkohol zur Schmelzpunktsprobe umgereinigt wird. Beim Erhitzen mit gelbem Quecksilberoxyd wird der Schwefel durch Sauerstoff ersetzt, und man erhält Cyansäureester, welche an ihrem äußerst stechenden Gerüche erkannt werden können:
III,
3
m-Nitranilin
aus
m-Dinürobenzol
165
C4H5 • NCS + HgO = CSH6-NCO + HgS .
Phenylcyanat
Versuch: Man erhitzt in einem Reagenzrohr 1/2 ccm Phenylsenföl mit dem gleichen Volumen gelben Quecksilberoxydes einige Zeit bis zum Sieden des Senföles. Das gelbe Oxyd geht hierbei in schwarzes Schwefelquecksilber über; gleichzeitig tritt der äußerst stechende Geruch des P h e n y l c y a n a t s auf, dessen Dämpfe die Augen zu Tränen reizen. b) m-Nitranilin aus m-Dinitrobenzol. Das umkristallisierte Dinitrobenzol wird in einem Kolben unter Erwärmen in Alkohol gelöst (auf 1 g Dinitrobenzol 5 ccm Alkohol), die Lösung schnell abgekühlt, wobei sich die Dinitroverbindung zum Teil wieder ausscheidet, und dann mit konzentriertem Ammoniak (D. = 0-913) versetzt (auf l g Dinitrobenzol 0-8 g Ammoniak). Nachdem man den Kolben samt Inhalt tariert hat, sättigt man bei gewöhnlicher Temperatur mit Schwefelwasserstoff und erhitzt dann, während man nicht weiter H 2 S durchleitet, etwa 1 j 2 Stunde auf dem Wasserbad am Rückflußkühler. Das Einleiten von HjS in der Kälte und darauffolgende Erhitzen wiederholt man so oft, bis auf je 1 g angewandtes Dinitrobenzol eine Gewichtszunahme von 0-6 g eingetreten ist. Sollte infolge von ungenügender Kühlung nicht die erforderliche Gewichtszunahme eintreten, so sehe man von dieser ab und leite im ganzen dreimal HgS ein. Man verdünnt dann mit Wasser, filtriert ab, wäscht den Niederschlag mit Wasser und zieht ihn mehrmals unter Erwärmen mit verdünnter Salzsäure aus. Aus den sauren Filtraten wird das Nitranilin durch Neutralisieren mit Ammoniak in Freiheit gesetzt, worauf man es aus Wasser umkristallisiert. Schmelzpunkt 114°. Ausbeute 70—80 % der Theorie. Will man das Arbeiten mit Schwefelwasserstoff vermeiden, so kann man als Reduktionsmittel auch technisches Natriumsulfid verwenden.1 Die vollständige Reduktion von Nitroverbindungen, welche mehrere Nitrogruppen enthalten, wird in der gleichen Weise ausgeführt, wie die von Mononitroderivaten. Will man jedoch nur einen Teil der Nitrogruppen reduzieren, so bedient man sich zu diesem Zwecke mit Vorteil des Schwefelammoniums. 1 Nähere Vorschrift: COBENZL, Chem.-Ztg. 37, 299 (1913); siehe auch UILMANN, Enzyklopädie 1. Aufl., Band I, S. 440.
166
Organisch-präparativer Teil
/N02 /NO, C,H,< + 3NHtSH = C6H4< + 2H,0 + 3S + 3NH. ^NO, ^NH, Besondere Methoden erfordert die Reduktion solcher Nitroverbindungen, welche Gruppen enthalten, die durch naszierenden Wasserstoff verändert werden können, wie z. B. eine Aldehydgruppe, eine ungesättigte Seitenkette u. a. In diesen Fällen wendet man häufig Eisen2-hydroxyd oder auch Eisenpulver (vgl. Präp. VII, 6, Arsanilsäure) als Reduktionsmittel an. Die Reduktion wird in der Weise ausgeführt, daß man bei Gegenwart von Alkali (Kali, Natron, Baryt) auf den zu reduzierenden Stoff eine abgewogene Menge von Eisenvitriol einwirken läßt. Auf diese Weise gelingt es z. B., o-Nitrobenzaldehyd zu Aminobenzaldehyd, o-Nitrozimtsäure zu Aminozimtsäure zu reduzieren. Der Umstand, daß in unserm Versuch zu etwa i / s der theoretisch möglichen Menge m-Nitranilin erhalten wird, beweist mit aller Deutlichkeit, daß die Zwischenstufen der Reduktion viel rascher weiter reduziert werden, als eine intakte Nitrogruppe. Die Reduktion vom m-Dinitrobenzol in saurem Medium führt zu m- P h e n y l e n d i a m i n :
NH, einer technisch wichtigen zweisäurigen Base, die beim Diazotieren den braunen Farbstoff Vesuvin, Bismarckbraun, liefert. Nachweis von Spuren von Nitriten in Brunnenwasser mit m-Phenylendiamin. o- und p-Nitranilin werden durch Nitrierung von Anilin dargestellt. Da das Anilin gegen Oxydation empfindlich ist, muß die Aminogruppe gesichert werden, am einfachsten durch Acetylierung. Man n i t r i e r t A c e t a n i l i d und kann je nach den Bedingungen eine größere Ausbeute an der o- oder an der p-Verbindung erzielen. Die Acetylgruppe wird nachträglich durch verseifende Mittel abgespalten. p-Nitranilin wird auch auf einfacherem Wege durch Umsetzung von p-Nitrochlorbenzol (durch Nitrieren von Chlorbenzol darstellbar) mit Ammoniak bei höherer Temperatur unter Druck erhalten. Über die Halogen auflockernde Wirkung von N0 2 -Gruppen vgl. S. 97. Die an sich geringe Basizität der Aminogruppe im Anilin wird schon durch den Eintritt einer Nitrogruppe stark herabgesetzt. Die drei Nitraniline sind recht schwache Basen, die sich nur in einem Überschuß von Säure zu Salzen lösen. Während die Nitraniline intensiv orangegelb gefärbt sind, sind ihre Salze in reinem Zustand farblos. Der stark farbvertiefende (bathochrome) Einfluß, den die freie Aminogruppe an dem in ganz reiner Form kaum farbigen Nitrobenzol hervorbringt, wird also durch die Salzbildung, durch den Übergang
167
Phenylhydroxylamin
III, 4
des ungesättigten dreiwertigen Stickstoffs in das Ammoniumsystem vollkommen aufgehoben. Von den drei Nitranilinen ist die o-Verbindung am schwächsten basisch, dann folgt die p- und zuletzt kommt die m-Verbindung. In dieser Tatsache äußern sich Beziehungen, die für die ganze aromatische Chemie bedeutungsvoll und die schon oben bei der Auflockerung von Halogen durch die o- oder p-ständige Nitrogruppe zum Ausdruck gekommen sind. Daß nämlich das Verhältnis der ound p-Stellung von viel stärkerem gegenseitigen Einfluß ist, als das der m-Stellung. Eine ausreichende Erklärung für diese Dinge ist noch nicht vorhanden. Doch werden sie durch die nahen Beziehungen der 1,2- und der 1,4-Stellung (THIELE) unserem Verständnis nahe gebracht. A
A
A
Die ungleiche Basizität der drei Nitraniline läßt sich durch folgenden Versuch anschaulich machen. Es ist eine allgemeine Eigenschaft der Salze schwacher Basen — ebenso wie die von schwachen Säuren —, daß sie nur bei einem Überschuß an Säure — bzw. an Alkali — in wäßriger Lösung beständig sind. Beim Verdünnen einer solchen Lösung mit Wasser tritt auf Grund des Massenwirkungsgesetzes H y d r o l y s e ein. Im vorliegenden Fall äußert sich diese Erscheinung an dem Auftreten der für die Base charakteristischen gelben Farbe und schließlich, da die Nitraniline in Wasser schwer löslich sind, an ihrem Ausfallen in kristallinischer Form. Je schwächer die Base, um so geringer ist der Wasserzusatz, durch den die Hydrolyse wahrnehmbar gemacht wird. Versuch: Je 0-5 g der 3 Nitraniline — die man sich in jedem Laboratorium verschaffen kann — werden in Reagenzgläsern in je 3 ccm konz. Schwefelsäure unter Umrühren mit Glasstäben in Lösung gebracht. Die farblosen Lösungen werden in je 200 ccm Wasser, die sich in Bechergläsern befinden, eingegossen. o-Nitranilin scheidet sich zum Teil aus der gelb gefärbten Lösung aus, die etwas stärker basische p-Verbindung bleibt, aber mit gelber Farbe, gelöst, während die Lösung des m-Nitranilinsalzes farblos bleibt. 4. Phenylhydroxylamin.1 In einem dickwandigen Filtrierstutzen von ungefähr 2 Liter Inhalt versetzt man eine Lösung von 20 g Salmiak in 400 ccm 1
E . BAMBEKQBE, B . 2 7 , 1 3 4 7 ( 1 8 9 0 ) ; A . WOHL, B . 2 7 , 1 4 3 2 ( 1 8 9 0 ) .
168
Organisch-präpara tiver Teil
Wasser mit 40 g frisch destilliertem Nitrobenzol und trägt im Verlauf von etwa 40 Minuten unter andauerndem kräftigen Rühren (am besten mit einer unten verbreiterten Holzleiste) 60 g Zinkstaub (mindestens 75-proc.) ein. Der Stutzeninhalt wird hierbei durch Einwerfen von Eisstückchen auf einer Temperatur von höchstens 10° gehalten. Nachdem alles Zink eingetragen ist, rührt man noch 10 Minuten — dann soll der Geruch des Nitrobenzols vergangen sein — und filtriert an der Saugpumpe sofort das Zinkhydroxyd auf einer Nutsche ab. Hierauf gießt man das Filtrat (Lösung I) in ein Becherglas um. Den Zinkoxydschlamm wäscht man im Trichter mit 400 ccm Wasser von 45° derart aus, daß man, ohne zu saugen, die Nutsche mit Wasser füllt, vorsichtig aufrührt und dann erst so schwach saugt, daß das Wasser langsam durchläuft. Erst zum Schluß wird scharf gesaugt und der Filterrückstand mit einem Glasstopfen zusammengepreßt (Lösung II). In den beiden wäßrigen Lösungen werden, in jeder für sich, 120 g fein pulverisiertes Kochsalz völlig gelöst, wodurch das Phenylhydroxylamin in feinen kristallinischen Flocken zur Abscheidung gebracht wird. Nach x/2 stündigem Stehen der Suspension in Eis wird scharf abgesaugt und dann auf einem Tonteller abgepreßt. Aus wenig Benzol unter Zugabe von Petroläther umkristallisiert, erhält man Phenylhydroxylamin vollkommen rein und eine Zeitlang haltbar, in glänzenden, verfilzten weichen Nadeln. Schmelzp. 81°. Für die Weiterverarbeitung wird das Präparat ohne besondere Reinigung verwendet. Ausbeute am trockenen Produkt 75—80 Proc. der Theorie. Das Präparat aus Filtrat I ist gewöhnlich reiner, im übrigen steht der gemeinsamen Verarbeitung der beiden Lösungen nichts im Wege. Nicht umkristallisiert ist die Substanz im besten Fall einige Tage lang unzersetzt zu halten. Man hüte sich, Phenylhydroxylamin, besonders in Lösung, auf die Haut zu bringen. Bei manchen Leuten erzeugt es schwere Ekzeme, während andere wieder ganz unempfindlich dagegen sind. Als sehr geeignetes Mittel zur Keduktion von Nitroverbindungen zu Arylhydroxylaminen hat sich auch Ammoniumsulfhydrat in. alkoholischer Lösung, und zwar in der Kälte, erwiesen. [Wellstätteb, B. 41,
1936 (1908).]
Ähnlich wie Zinkstaub wirkt auch mit Quecksilberchlorid angeätztes Aluminium. Dieses amalgamierte Aluminium (nach H. Wisli-
III, 4
Phenylhydroxylamin
169
— am besten in Grießform — eignet sich auch für Reduktionen in ätherischer oder alkoholischer Lösung; das erforderliche Wasser wird langsam, tropfenweise, zugegeben. Die Reduktionswirkung ist bei verschiedenen Nitrokörpern verschieden, entspricht etwa der des Zinkstaubs in neutralem Medium, macht also meist bei der Hydroxylaminostufe halt. Phenylhydroxylamin ist, namentlich in unreinem Zustand, eine sehr veränderliche Verbindung, die sich schon bei kurzem Aufbewahren im verschlossenen Gefäß unter Dunkelfärbung zersetzt. Reine Präparate sind im Exsiccator längere Zeit haltbar. Im Gegensatz zum Grundkörper ist p-Tolylhydroxylamin, das durch Reduktion von p-Nitrotoluol mit Zinkstaub in siedendem Alkohol dargestellt wird, eine recht beständige Verbindung. Die Arylhydroxylamine sind schwache Basen, die sich in verd. Säuren zu Salzen lösen. Die Veränderlichkeit des Phenylhydroxylamins entspringt drei Einflüssen, nämlich dem des Luftsauerstoffs, dem von Alkalien und von Säuren. An der Luft oxydieren sich besonders unreine Präparate zu Nitrosobenzol, das durch seinen stechenden Geruch an in Zersetzung befindlichem Phenylhydroxylamin erkannt wird. Durch Alkalien wird, wie in vielen Fällen, die Geschwindigkeit dieses Vorgangs, den man als Autoxydation bezeichnet und der unter gleichzeitiger Bildung von Hydroperoxyd nach der Gleichung: CENUS)
C,H6-NH0H + 02
>-
C J H J - N O + H S OJ
verläuft (BAMBEJXGER), gesteigert. Da sich Nitrosobenzol mit Phenylhydroxylamin zu Azoxybenzol kondensiert, so findet man diesen Stoff unter den Zersetzungsprodukten des Phenylhydroxylamins. Nebenher bewirkt die Einwirkung von Alkalien Abspaltung von Wasser unter Bildung von Azobenzol. Die Reaktion mit Säuren wird nachstehend behandelt. OH Alle Hydroxylaminderivate der Form R-N
C H , • CO • CO • CO • CHS + H 2 N /
• N • (CH,),
Triketopentan. Die letzte Phase der Reaktion beruht darauf, daß Azomethine durch Säuren leicht in Carbonylverbindung und primäre Base zerlegt werden. Der praktische Zweck der Kondensation läuft also darauf hinaus, Methylen in > 0 = 0 überzuführen. Der gleiche Effekt wird in ganz ähnlicher Reaktion durch die Einwirkung von salpetriger Säure auf Ketone erreicht (vgl. die Synthese von Diacetyl aus Äthyl-methylketon). Schließlich läßt sich Nitrosobenzol auch der GBIGNABD sehen Reaktion unterwerfen. Mit Phenylmagnesiumbromid entsteht in der üblichen Weise D i p h e n y l h y d r o x y l a m i n , eine höchst reaktionsfähige Substanz! C,H 5 .N=0 + Br-Mg-CeH5 C 8 H S • N • C„H6
ÖH
CU >- C , H s . n / ' ' ±5?° M)MgBr + MgBr(OH).
Organisch-präparativer
176
Teil
Diphenylhydroxylamin wird, wie Phenylhydroxylamin, und zwar am besten mit Silberoxyd, dehydriert. Hier kann nur das eine H-Atom der OH-Gruppe abgespalten werden, die so darstellbare rote, kristallisierte Substanz enthält v i e r w e r t i g e n Stickstoff und zeigt wie Stickstoffdioxyd die Reaktionsweise eines freien Radikals. Wie die Formel zeigt, leitet es sich vom Stickstoffdioxyd dadurch ab, daß in diesem ein 0 durch zwei C 6 H 5 ersetzt ist: H.CU H
6
>N=0 Diphenylstickstoffoxyd.
C/
Versuch. Azoxybenzol aus Phenylhydroxylamin und Nitrosobenzol. Zur Lösung von 1 g Nitrosobenzol in 10 ccm Alkohol setzt man 1 g Phenylhydroxylamin, dann fügt man einige Tropfen starker Kalilauge (1:1) unter Umschütteln hinzu und erwärmt einige Minuten auf dem Wasserbad. Die gelbrote Lösung wird nun abgekühlt, wobei beim Reiben mit dem Glasstab das ßeaktionsprodukt als gelbe Kristallisation herauskommt. Da Azoxybenzol schon bei 36° schmilzt, scheidet es sich aus übersättigter Lösung gern ölig ab. Durch Umkristallisieren aus wenig Alkohol oder aus Petroläther (Impfkristalle zurückbehalten!) wird die Verbindung hellgelb, fast farblos erhalten. Die schwache Färbung des Azoxybenzols gegenüber dem roten Azobenzol wird durch die alte Formel I verständlicher, als durch die von ANQELI an ihre Stelle gesetzte (II).
I. H6I I — I I OH OH OH 0 Die Beziehungen von Azoxybenzol zu Azo- und Hydrazobenzol •kommen bei den Erläuterungen zum nächsten Präparat zur Sprache.
177
Hydrazobenzol und Axobmxol
III, 6
Hier sei noch die interessante Umlagerung erwähnt, die Azoxybenzol durch konzentrierte Schwefelsäure erfährt; dabei entsteht p-Oxya z o b e n z o l , die Muttersubstanz der sauren Azofarbstoffe (WALLACH). CEH6 •N = N • C8HE
4
—
>-
C6H6.N=N-/
V)H.
w
6. Hydrazobenzol und Azobenzol. a) H y d r a z o b e n z o l . Ein Rundkolben von 1 Liter Inhalt wird mit einem gut sitzenden, dünnrohrigen Anschützaufsatz (Fig. 31) versehen. Das seitliche Rohr wird durch ein kurzes Stück weiten Gummischlauchs mit dem Kühlrohr eines schräg eingespannten Liebigkühlers verbunden, derart, daß der Rundkolben ohne Mühe kräftig geschüttelt werden kann. Das vertikale Rohr des Aufsatzes wird durch einen Kork verschlossen und dient zum Einbringen des für die Reduktion erforderlichen Zinkstaubs. E s werden nun 50 g A t z n a t r o n in 150 ccm Wasser gelöst und die noch warme Lauge zusammen mit 50 ccm A l k o h o l und 41 g (*/3 Mol) N i t r o b e n z o l in den Kolben gegeben. Unter kräftigem Schütteln setzt man zuerst 6—8 g Zinkstaub zu, läßt die erste heftige Reaktion, stets weiter schüttelnd, zu Ende gehen und erhält dann durch dauernde Zugabe von Zinkstaub das Reaktionsgemisch im Sieden. Man achte darauf, daß die Umsetzung nicht allzu stürmisch wird, vermeide es aber, ihren Verlauf durch Kühlen zu unterbrechen. Der Kolbeninhalt färbt sich zuerst rot (Azobenzol), wird aber schließlich lichtgelb, wenn die nötige Menge des Reduktionsmittels zur Einwirkung gekommen ist. Man braucht etwa 100 bis 120 g (75-proc.) Zinkstaub. Sollte die Reaktion vorzeitig zum Stillstand kommen, so erhitzt man auf einem lebhaft siedenden Wasserbad. E s ist unerläßlich, den Kolbeninhalt fortwährend durch starkes Schütteln in Bewegung zu halten, damit der schwere Zinkstaub mit der organischen Substanz in stete Berührung kommt. Zu der zu Ende reduzierten und auf dem Wasserbad erhitzten Mischung gibt man schließlich 500 ccm Alkohol, der in der Siedehitze das ausgeschiedene Hydrazobenzol löst. Der ganze Kolbeninhalt wird siedend heiß auf einer Nutsche abgesaugt (vorher Flammen in der Nähe auslöschen!), der Kolben sofort mit 50 ccm heißem Alkohol nachgespült, der zum Auswaschen des GATTBRMANN, Praxis.
22. Auflage.
12
178
Organisch-präparativer
Teil
auf dem Filter bleibenden übrigen Zinkstaubs dient. Das Filtrat läßt man in der verschlossenen Saugflasche erkalten, steigert die Kristallisation durch Kühlung in einer Kältemischung, saugt nach einer Stunde scharf ab und wäscht das beinahe farblose Reaktionsprodukt einige Male mit 50-proc. Alkohol, dem man eine kleine Menge wäßriger schwefliger Säure zugefügt hat, bis das Filtrat nicht mehr alkalisch reagiert. Durch Umkristallisieren aus nicht zu viel heißem Alkohol erhält man das Hydrazobenzol bei raschem Arbeiten völlig farblos und rein. Schmelzp. 124° unter Gelbfärbung. Bei der großen Neigung zur Autoxydation, die auch ein ununterbrochenes Arbeiten bei der Darstellung verlangt, ist Hydrazobenzol — im Vakuum gut getrocknet — nur in gut schließenden, mit C0 2 oder N2 gefüllten Gläsern, besser noch in zugeschmolzenen Röhren, längere Zeit ohne Verfärbung haltbar. Die Ausbeute an Rohprodukt, das zu den weiteren Präparaten direkt benutzt werden kann, beträgt 20—25 g. b) A z o b e n z o l a u s H y d r a z o b e n z o l . 1. D u r c h D e h y d r i e r u n g . Man läßt 10 g Brom ( = 3-2 ccm) in eine Lösung von 6-0 g NaOH in 75 ccm H 2 0 (75 ccm einer 2n-NaOH-Lösung) unter Eiskühlung tropfen und schüttelt mit dieser Bromlauge 9-2 g Hydrazobenzol (1/20 Mol) in 60 ccm Äther in einem kleinen Scheidetrichter 10 Minuten lang durch, trennt die ätherische Lösung von der wäßrigen, verdampft den Äther und erhält die orangeroten Blättchen von Azobenzol, das, aus wenig Alkohol umkristallisiert, bei 68° schmilzt. Ausbeute quantitativ. Auch beim mehrstündigen Durchsaugen von Luft durch eine mit Alkali vers etzte alkoholische Lösung von Hydrazobenzol entsteht in guter Ausbeute Azobenzol. 2. D u r c h D i s p r o p o r t i o n i e r u n g . 1—2 g Hydrazobenzol werden im Reagenzglas über kleiner Flamme zum Schmelzen erhitzt. Die orangerote Schmelze erhitzt man vorsichtig weiter bis zum beginnenden Sieden des gebildeten Anilins. Beim Erkalten erstarrt das Gemisch zu rotem Azobenzol, das in Anilin eingebettet ist. Man kann die Base mit Wasser herausschütteln und durch die Chlorkalkreaktion nachweisen, das Azobenzol •wie oben aus Alkohol Umkristallisieren. Will man bei Umsetzung von mehr Hydrazobenzol auch das Anilin in natura isolieren, so trennt man es durch verdünnte Essigsäure vom Azobenzol
179 und setzt es aus der Lösung seines Acetats durch konzentrierte Lauge wieder in Freiheit. Ausäthern usw. Azobenzol, mit dem Chromophor — N = N — die Grundsubstanz der Azofarbstoffe, ist ein sehr beständiger, unzersetzt destillierbarer Körper. Anders als bei den meisten andern Azoverbindungen ist die N=N-Gruppe zwischen den beiden aromatischen Kernen sehr fest verankert. So erklärt sich die bedeutende Echtheit der Azofarbstoffe. Mit konzentrierter Mineralsäure gibt Azobenzol rot gefärbte Salze, was man durch Übergießen der Substanz mit Salzsäure feststellt. Aufnahme von Wasserstoff führt wieder zur Hydrazoverbindung. Durch Einwirkung von Hydroperoxyd oder Salpetersäure läßt sich 0 anlagern; es entsteht die AzoxyVerbindung. Von der Synthese unsymmetrischer aromatischer Azokörper aus Nitrosoverbindung und primärem Amin war oben die Rede. Bei Schmelztemperatur zersetzt sich Hydrazobenzol nach der Gleichung: h
5
c , - n ; h
h n - c
6
| ZZ.'.tl
H6C6—N;H
h
h6c9• n
5
HN—CJHJ
—>•
H 6 c 6 -N
hsn-csh
II +
6
H,N-CeH5
zu A z o b e n z o l und A n i l i n . Eine ganz analoge Reaktion wird später (S. 2 8 1 ) beim P h e n y l h y d r a z i n besprochen; ein einfaches Vorbild ist die S e l b s t z e r s e t z u n g des H y d r o p e r o x y d s in Sauerstoff und Wasser: 0|H 0|H
OH OH
o
—>-
Ii +
o
HÖH HÖH
Wie dieser Prozeß, so wird auch die Selbstzersetzung des Hydrazobenzols durch Platinmetalle katalytisch beschleunigt.
c) Benzidin aus Hydrazobenzol. 9-2 g Hydrazobenzol werden in möglichst wenig Äther gelöst und zu 100 ccm mit Eis gekühlter etwa 7 n-Salzsäure (konz. Säure mit dem gleichen Volumen Wasser verdünnt) unter Umschütteln getropft. Das salzsaure Benzidin scheidet sich kristallinisch aus und wird nach Zusatz von 50 ccm konz. Salzsäure und 1 / 2 stündigem Stehen der Reaktionsmischung abgesaugt und mit Salzsäure wie oben und wenig Äther gewaschen. Ausbeute 9—10 g. Das Chlorhydrat kann aus heißem Wasser unter Zusatz von konz. Salzsäure zur schwach abgekühlten Lösung umkristallisiert werden. Zur Gewinnung der f r e i e n B e n z i d i n b a s e versetzt man eine in der Wärme unter Zugabe von etwas verdünnter Salzsäure hergestellte, nicht zu konz. Lösung des Salzes, die man rasch auf 15—20° abkühlt, mit einem kleinen Überschuß von konz. Natron12*
Organisch-präparativer
180
Teil
lauge; die kristallinisch abgeschiedene Base wird nach dem Absaugen gründlich mit Wasser ausgewaschen. Vor Zugabe der Lauge muß die Lösung des Salzes klar sein; von allenfalls auskristallisiertem Chlorhydrat muß sie abfiltriert werden. Das freie Benzidin kann aus heißem Wasser oder auch aus wenig Alkohol umkristallisiert werden. Schmelzp. 122°. Die Umlagerung des Hydrazobenzols zu dem isomeren Benzidin — im Jahre 1846 von dem russischen Chemiker Zinin entdeckt —, die durch Mineralsäuren katalytisch in Gang gesetzt wird, erfolgt aus dem Bestreben des Moleküls, einen energieärmeren, d. h. gesättigteren Zustand zu finden. Wir reihen den Vorgang zweckmäßig andern analogen an, bei denen es sich grundsätzlich darum handelt, daß ein Substituent am Stickstoff seine Haftstelle mit einem H-Atom am Kern und zwar meist in p-Stellung vertauscht. Hierher gehört die Umlagerung von Phenylsulfaminsäure in Sulfanilsäure (S. 190), von Phenylhydroxylamin in p-Aminophenol (S. 170), ferner von Acetanilid in p-Amino-acetophenon und von N-Chloracetanilid in p-Chloracetanilid: H H H H H^
N-CO-CH,
>• HsCOCC0H4— an die vom Wasserstoffatom verlassene p-Lücke. )—NH ¿/ / j —>(
)-NH
_/"
VNH / / I — v HSN—^
\
/
,
NH 2 .
\_NHa
Es sei besonders darauf hingewiesen, daß die wandernden Reste nicht als „freie Radikale" abgetrennt werden, sondern daß sich diese Grappenverschiebungen im Bereich der molekularen Bindungskräfte vollziehen. Die Ähnlichkeit der Umlagerung aromatischer Hydrazoverbindungen mit den oben in Parallele gestellten Austauschreaktionen wird
III, 6
Eydraxobenzol und, Azobenxol
181
noch deutlicher in dem Fall, daß die p-Stellen der beiden Benzolkerne besetzt sind. Dann kommt es in der Eegel nicht zur Bildung einer Biphenylbase, sondern der abgetrennte Best greift mit dem Stickstoff in die o-Stellung zum andern Stickstoff ein; es entstehen Derivate des o-Aminodiphenylamins, z. B.:
Diese Form der Isomerisation bezeichnet man als S e m i d i n - U m l a g e r u n g ( P . JACOBSON). Benzidin und die entsprechend seiner Bildung von o-Nitrotoluol und o-Nitroanisol abgeleiteten Biphenylbasen To l i d i n und D i a n i s i d i n
werden in der Farbstoffindustrie als wichtige Zwischenprodukte für die Bereitung von Baumwolle direkt färbenden AzofarbStoffen in großem Maßstab dargestellt. (Vgl. dazu S. 289, 292.) Z u m M e c h a n i s m u s der N i t r o b e n z o l r e d u k t i o n . Diß Reduktion der aromatischen Nitrokörper hat nicht nur wissenschaftlich, sondern auch technisch ein außerordentlich großes Interesse. Die Nutzbarmachung der im Steinkohlenteer enthaltenen Kohlenwasserstoffe begann mit der Entdeckung der Nitrierungsreaktion; die Umformung der Nitrogruppe zur Aminogruppe am Derivat des Benzols lieferte in technischem Ausmaß das Anilin, das Ausgangsmaterial für zahllose Farbstoffe und pharmazeutische Präparate; ihm schließen sich die homologen Toluidine, Xylidine, Naphthylamine usw. an. Die Bildung des Anilins aus Nitrobenzol kommt dadurch zustande, daß reaktionsfähiger Wasserstoff an die Nitrogruppe angelagert, der Sauerstoff als Wasser abgespalten und schließlich Wasserstoff endgültig angelagert wird. Sie ist kein einfacher Vorgang, sondern verläuft über eine Reihe von Zwischenphasen:
benzol C6H6-N/H ^-Phenylhydroxylamin
C8H6.NHA.
182
Organisch-präparativer Teil
Wenn unter den Bedingungen der Anilindarstellung weder Nitrosobenzol noch Phenylhydroxylamin angetroffen werden, so hat dies seine Ursache darin, daß die Reduktionsgeschwindigkeit dieser Zwischenprodukte weit größer ist als die des Nitrobenzols selbst (F. Habeb). In neutraler oder alkalischer Lösung verschieben sich die Verhältnisse zugunsten des vorletzten Produkts der Hydrierung, des P h e n y l hydroxylamins. Man erhält es aus Nitrobenzol, das, in Chlorammoniumlösung suspendiert, durch Zinkstaub reduziert wird. Zinkstaub vermag Wasser unter Bildung von Zn(OH)2 zu zersetzen, wenn ein Stoff zugegen ist, der den freiwerdenden Wasserstoff aufnimmt. Dazu ist molekularer, d.h. gewöhnlicher Sauerstoff geeignet, der dabei in H y d r o p e r o x y d übergeht (M. Tkaube): Zn + 2HjO + Oj >- Zn(OH), + H 2 0,. In unserm Fall tritt an die Stelle des Sauerstoffs das Nitrobenzol (formulieren!). Hierbei wird die Reduktion bei richtigem Arbeiten auf der Stufe des Phenylhydroxylamins angehalten. Ist das Reduktionsmedium alkalisch, so entstehen Produkte, die aus 2 Molekülen Nitrobenzol entstanden sind, die sich am Stickstoff miteinander verbunden haben. Es sind dies C6H5 • N=N • C6H6 II O C8H6 • N=N • C6H6 C,H5-NH.NH-C6H6
Azoxybenzol, Azobenzol, Hydrazobenzol.
Beim mildesten "Verfahren, beim Kochen von Nitrobenzol mit methylalkoholischer Natriummetbylatlösung erhält man in vortrefflicher Ausbeute Azoxybenzol (Zinin) ; das Methylat verwandelt sich dabei in Formiat. Formulieren. Da Azoxybenzol gegen energischere Reduktionsmittel nicht widerstandsfähig ist, so führt die Anwendung solcher, z. B. von Zinkstaub und Natronlauge oder Ammoniak, auf Nitrobenzol gleich darüber hinweg zum Azobenzol und Hydrazobenzol. Die 3 Reduktionsprodukte mit „gepaartem Stickstoff" stehen also zueinander in sehr naher genetischer Beziehung. Versuch. R e d u k t i o n von A z o x y b e n z o l zu H y d r a z o benzol. 1 g Azoxybenzol wird in 5 ccm Alkohol gelöst, dazu setzt man in der Siedehitze 3 ccm 50-proc. Natronlauge und unter Schütteln 2—3 g Zinkstaub. Es tritt zuerst die rote Farbe des Azobenzols auf, bei längerem Kochen entfärbt sich die Lösung ebenso wie bei der Reduktion von Nitrobenzol. Wenn dieses Stadium erreicht ist, saugt man die Lösung auf kleiner Nutsche ab und isoliert schließlich das Hydrazobenzol in gleicher Weise wie auf S. 177/78 beschrieben.
IV, 1
Benxolmonosulfonsäure
aus Benzol
und Schwefelsäure
188
Die Verknüpfung der beiden Moleküle am Stickstoff erfolgt demgemäß bei der Bildung des Azoxybenzols und zwar läßt sich durch den Versuch auf S. 176 mit aller Schärfe zeigen, daß sich dieser Stoff aus Phenylhydroxylamin uud Nitrosobenzol bei Gegenwart von Alkali, also unter den Entstehungsbedingungen der ganzen Reihe, außerordentlich leicht bildet. Nitrosobenzol, die erste nicht isolierbare Stufe der Reduktion, wird im Verlaufe des Prozesses, sobald es aufgetreten ist, vom Phenylhydroxylamin abgefangen. Damit ist eine Erklärung gegeben für das sonst rätselhafte Auftreten der wichtigen Produkte mit gepaartem Stickstoff bei der Reduktion aromatischer Nitroverbindungen. Die technische Bedeutung des Vorgangs liegt in der Synthese des Benzidins und der ihm analogen Basen. Die elektrolytische Reduktion des Nitrobenzols ist nach den in „K. ELBS, Übungsbeispiele für die elektrolytische Darstellung chemischer Präparate", Halle a. S. 1911 beschriebenen Methoden bequem durchzuführen.
IV. Sulfonsäuren. 1. Benzolmonosulfonsäure aas Benzol und Schwefelsäure. In einem Kolben von 200 ccm Inhalt werden unter Kühlung mit Wasser 150 g flüssige rauchende Schwefelsäure von 5—8°/ 0 Anhydridgehalt unter gutem Umschütteln allmählich mit 45 ccm (Va Mol) Benzol versetzt, wobei man mit dem Zusatz einer neuen Menge immer so lange wartet, bis der letzte Anteil, welcher anfangs auf der Schwefelsäure schwimmt, sich beim Umschütteln gelöst hat. Die Sulfurierung erfordert etwa 10—15 Minuten Zeit. Das Reaktionsgemisch läßt man dann aus einem Tropftrichter langsam unter Umrühren und Eiskühlung in das drei- bis vierfache Volumen kalt gesättigter Kochsalzlösung, die sich in einem Becherglase befindet, fließen. Nach einiger Zeit, besonders leicht, wenn man die Wandungen des Glases mit einem scharfkantigen Glasstabe reibt, scheidet sich das benzolsulfonsaure Natrium in Form fettglänzender Blättchen aus; nach längerem Stehen hat sich ein dichter Kristallbrei gebildet. Man saugt ab, preßt den Niederschlag mit einem Kork- oder Glasstopfen fest und wäscht zweimal mit wenig gesättigter Kochsalzlösung nach. Das auf Filtrierpapier oder Ton lufttrocken gemachte Salz wird nach dem Pulverisieren im Trockenschranke auf 110° erhitzt, bis es staubtrocken geworden ist. Ausbeute rund 100 g (NaCl-haltig!)
Organisch-präparativer Teil
184
Zur Reinigung kristallisiert man 5 g des Rohprodukts aus absolutem Alkohol um (das beigemengte Kochsalz ist in Alkohol unlöslich!). Um das als Nebenprodukt entstandene D i p h e n y l s u l f o n ( S u l f o b e n z i d ) Zugewinnen, erwärmt man 30g des pulverisierten Salzes mit 50ccm Äther, saugt heiß an der Saugpumpe ab und wäscht mit Äther nach. Nach dem Verdampfen des Äthers erhält man eine kleine Menge eines kristallinischen Rückstandes, welchen man in einem Reagenzrohr aus Ligroin umkristallisiert. Schmelzp. 129°. Zur Dai'stellung von B e n z o l s u l f o c h l o r i d versetzt man das Gemisch von 60 g des Natriumsalzes ( 1 / s Mol) mit 80 g fein pulverisiertem Phosphorpentachlorid und erhitzt 1 j i — 1 j 2 Stunde auf einem lebhaft siedenden Wasserbade unter dem Abzüge. Das erkaltete Reaktionsprodukt gießt man dann allmählich in einen Scheidetrichter, der 600 ccm Eiswasser enthält, schüttelt zur Zersetzung des Phosphoroxychlorids mehrfach um, nimmt nach einstündigem Stehen das Benzolsulfochlorid mit Äther auf, trocknet mit wenig Calciumchlorid und destilliert nach dem Abdampfen des Äthers im Vakuum. Die Hauptmenge geht bei 120—124°/12 mm über. Reines Benzolsulfochlorid erstarrt in Eiswasser. B e n z o l s u l f a m i d . In einer Porzellanschale versetzt man 10 g fein pulverisiertes Ammoniumcarbonat mit etwa 1 ccm Benzolsulfochlorid, verreibt beide miteinander und erwärmt unter gutem Umrühren die Mischung so lange über einer kleinen Flamme, bis der Geruch des Sulfochlorids verschwunden ist. Nach dem Erkalten versetzt man mit Wasser, filtriert an der Saugpumpe ab, wäscht mehrfach mit Wasser nach und kristallisiert aus Alkohol, dem man bis zur Trübung heißes Wasser hinzufügt, um. Schmelzp. 156°. B e n z s u l f h y d r o x a m s ä u r e . 1 10 g salzsaures Hydroxylamin werden am Rückflußkühler in der eben nötigen Menge siedenden Methylalkohols gelöst und in der Hitze mit der Lösung von 3 g Natrium in 60 ccm Äthylalkohol nicht zu rasch umgesetzt. Nach dem Erkalten saugt man vom ausgeschiedenen Kochsalz ab und bringt nun in die Lösung des freien Hydroxylamins nach und nach 8-5 g Benzolsulfochlorid ein. Man dampft hierauf den größten Teil des Alkohols auf dem Wasserbad ab, entfernt das ausgeschiedene Hydroxylaminchlorhydrat durch Absaugen und bringt die Lösung bei mittlerer Temperatur im Vakuum zur Trockne. Der Rückstand wird dreimal mit je 15 ccm absolutem 1
PILOTY, B. 2 9 , 1559 (1896).
p- Toluolsulfonsäure
185
Äther ausgekocht, die vereinigten Ätherauszüge hinterlassen nach dem Verdunsten des Lösungsmittels in offner Schale die Benzsulfhydroxamsäure als blättrig-kristallinische Masse, die mit etwas kaltem Chloroform digeriert und abgesaugt wird. Ausbeute 5—6 g. Schmelzp. 126°. In analoger Weise wird aus dem käuflichen und wohlfeilen p-Toluolsulfochlorid (techn. Nebenprodukt der Saccharinfabrikation) die homologe Tolylverbindung dargestellt. Die wichtigste Reaktion dieses Präparats ist seine Spaltung durch Alkalien. Diese erfolgt nicht im Sinne ihrer Bildung (in Benzolsulfonsäure und Hydroxylamin), sondern unter Vertauschung der Oxydationsstufen entstehen B e n z o l s u l f i n s ä u r e und N i t r o x y l : C„H6.S-
CH 3 -CH,-0—SO»H
also unter andersartiger Zerlegung des H 2 S0 4 -Moleküls. Diese Reaktion kann aus einleuchtenden Gründen beim Benzol nicht zustande kommen, da sie ausgesprochen rückläufig sein muß. Unterwirft man jedoch Äthylen der Einwirkung von r a u c h e n d e r Schwefelsäure, so entsteht ebenfalls, wie beim Benzol, ein Sulfurierungsprodukt, nämlich das sog. C a r b y l s u l f a t , das sich von der zuerst entstehenden Alkoholsulfonsäure durch Veresterung mit H 2 S0 4 und nachfolgende Wasserabspaltung ableitet. CHj=CH,
>- CH,OH—CH,SOjH
>•
CHj
CHa
0 \
io2 /
S0,-0
v
CH a —CH,-SO a H 0—SO a H
(Carbylsulfat).
Im Wesen ganz analog reagiert Äthylen mit Salpeter—Schwefelsäure, wobei Nitro-äthylnitrat entsteht (vgl. S. 158). Wie werden die Alkylsulfonsäuren dargestellt? Die Leichtigkeit des Eintritts der Sulfogruppe in aromatische Verbindungen ist genau so wie bei der Nitrierung von der Natur der vorhandenen Substituenten abhängig. Benzol wird ziemlich schwierig sulfoniert, Toluol und Naphthalin etwas leichter, besonders leicht Phenole und Amine. Schwieriger verläuft die Sulfurierung beim Nitrobenzol oder die weitere Sulfurierung der Benzolsulfonsäure. Hier muß die Reaktion durch Steigerung des S0 3 -Gehaltes der Schwefelsäure unterstützt werden. Da N0 2 und S0 3 H Substituenten 2. Ordnung sind, so geht ein neu eintretender Substituent in m-Stellung. Hochprocentiges Oleum führt das Benzol schließlich in die symmetrische Benzoltrisulfonsäure über. Chlorsulfonsäure kondensiert sich mit aromatischen Kohlenwasserstoffen zu Aryl-sulfochloriden.
Organisch-präparativer Teil
190
Vom Naphthalin leiten sich zwei Sulfonsäuren ab und zwar die «- und die ¿9-Naphthalinsulfonsäure: SO„H ~
SOoH.
a-Säure ß- Säure Die Substitutionsreaktionen am Naphthalinkern setzen ohne Ausnahme an der durch erhöhte Reaktionsfähigkeit ausgezeichneten «-Stellung ein. Die Einführung von Halogen und von der Nitrogruppe führt ausschließlich zum «-Derivat. Dies ist an sich auch bei der Sulfurierung der Fall. Wenn wir Naphthalin bei tieferer Temperatur, als sie oben angewandt wurde, sulfurieren, so entsteht die auf diesem Weg auch technisch darstellbare «-Sulfonsäure. Die /9-Sulfonsäure bildet sich dagegen erst bei höherer Temperatur, unter Bedingungen, wo die «-Säure wieder weitgehend hydrolytisch gespalten wird in Naphthalin und Schwefelsäure. Das Gleichgewicht zwischen Sulfurierung und Hydrolyse Naphthalin + H 2 S0 4 ^ > Sulfonsäure + H 2 0 bei unserer Reaktionstemperatur (170—180°) für die #-Säure auf der linken, für die /S-Säure stark auf der rechten Seite. Da im Reaktionsgemisch stets auch « S ä u r e sich vorfindet, so muß die (S-Säure einem hydrolytischen Gleichgewicht unterworfen sein. In der Tat erhält man beim Verschmelzen von /9-Naphthalinsulfon säure mit (wasserhaltiger) Schwefelsäure geringe Mengen der isomeren a-Säure. Wir kennen ähnliche Verhältnisse bei den P h e n o l s u l f o n s ä u r e n und vor allem beim A n t h r a c h i n o n , das in seinen Substitutionsreaktionen eine außerordentliche Ähnlichkeit mit dem Naphthalin aufweist. Iis wird schwieriger sulfuriert als dieses und damit hängt zusammen, daß die Bedingungen erhöhter Temperatur, die hier angewandt werden müssen, alsbald zu der als Ausgangsmaterial für die Synthese dos Alizarins wichtigen ¿9-Säure führen. Die Industrie hat jedoch Mittel und Wege gefunden, um auch der früher nicht zugänglichen Anthrachinon-a-sulfonsäure habhaft zu werden. Durch Zugabe von Quecksilber wird nämlich die Sulfurierungsreaktion katalytisch in die Richtung der «-Substitution geleitet. 1 (R. E. S C H M I D T ) . A n i l i n wird besonders leicht sulfuriert, schon durch Erhitzen seines Sulfats (Backverfahren). Dadurch werden wir an die Umwandlung von Anilinacetat in Acetanilid erinnert. In der Tat ist es sehr wahrscheinlich, daß ein analoges, an der Aminogruppe acyliertes Produkt, die S u l f a m i n s ä u r e zuerst entsteht, aus der nach bekannten Beispielen: Übergang von Phenylhydroxylamin in p-Aminophenol, von Phenylnitramin in p-Nitranilin liegt mehr aber auch
1
Im Falle des Anthrachinons scheint die (9-Sulfonsäure nicht durch Umlagerung aus der a-Säure zu entstehen.
Sulfonsäuren
191 NH,
-NH-NO,
die Sulfogruppe in die p-Stellung hinüber wandert. NH2 • H 2 S0 4 _ H j 0 prim. Anilinsulfat
-NHSOaH Phenylsulfaminsäure
< ^i—NIIj J HO.S- - ' Sulfanilsäure
Einen Beweis f ü r diesen Reaktionsverlauf liefert das « - N a p h t h y l a m i n , dessen Sulfaminsäure, unter gelinden Arbeitsbedingungen isolierbar, bei höherer Temperatur zu l-Naphthylamin-4-sulfonsäure ( N a p h t h i o n s ä u r e ) umgelagert wird. Neben der Sulfanilsäure entsteht bei der Sulfurierung in geringer Menge die o-Verbindung, die kein weiteres Interesse beansprucht. Dagegen wird die Metanilsäure auch als Zwischenprodukt in der Azofarbstoffindustrie hergestellt und zwar aus m-Nitrobenzolsulfonsäure durch Reduktion. Eine große technische Bedeutung kommt vor allem den A m i n o - (und O x y - ) s u l f o n s ä u r e n d e r N a p h t h a l i n r e i h e zu, und zwar dienen sie vor allem als Objekte der Diazotierung oder auch der Kupplung mit Diazoverbindungen. Hier finden sich die wichtigsten Azofarbstoffe. Ebenso leicht wie die aromatischen Amine lassen sich die Phenole sulfonieren. Wenn es gilt, Phenole mehrfach zu nitrieren, so führt man häufig zuerst Sulfogruppen ein, die dann bei der Einwirkung von Salpetersäure unter Ersatz durch N 0 2 leicht abgespalten werden. Davon macht man z. B. bei der Darstellung der Pikrinsäure Gebrauch. Bei der Sulfonierung des a-Naphthols werden die S0 3 H- Gruppen in den Phenolkern, in 2- und 4-Stellung leicht eingeführt. Sie sind es auch, die durch N0 2 substituiert werden können. Die in der Vorschrift zu 5. angegebene Probe soll den Eintritt der dritten Sulfogruppe erkennen lassen, durch die (die Wasserlöslichkeit des Dinitro-naphthols stark erhöht wird. 2,4-Dinitro-a-naphthol (Martiusgelb) und seine 7-Sulfonsäure gehörten früher zu den wichtigsten gelben Wollfarbstoffen. Die Sulfonsäuren der aromatischen Kohlenwasserstoffe sind wegen ihrer meist großen Wasserlöslichkeit und geringen Kristallisationstendenz, wenigstens in den einfachen Gliedern der Benzolreihe, nicht leicht zu isolieren. Sie gehören zu den stärksten Säuren der organischen Chemie und unterscheiden sich in ihrer Affinitätskonstante nur ganz wenig von den starken Mineralsäuren. Ihre Erdalkalisalze sind im allgemeinen in Wasser löslich und auf dieser Eigenschaft beruht ihre Befreiung von der bei der üblichen Darstellung stets im Überschuß vorhandenen Schwefelsäure, wovon oben bei der Bereitung der jS-Naphthalinsulfonsäure Gebrauch gemacht worden ist. Aus den Erdalkalisalzen lassen sich dann
192
Organisch-präparativer Teil
in allen Fällen durch Umkochung mit Alkalicarbonaten leicht die Alkalisalze gewinnen. Sie gehen, wie später präparativ ausgeführt wird, in der Alkalischmelze in P h e n o l e über. Durch heiße verdünnte Mineralsäuren, ja schon durch überhitzten Wasserdampf, werden die aromatischen Sulfonsäuren zu Kohlenwasserstoff und Schwefelsäure zurückgespalten. Ein Verfahren, um die freien Sulfonsäuren direkt zu gewinnen, ist im Beispiel 2 ausgeführt worden. In den Aminosulfonsäuren ist der elektrochemische Charakter der beiden Substituenten merklich abgeschwächt, ähnlich wie bei den Aminocarbonsäuren von der Art des Grlykokolls oder der Anthranilsäure. Jedoch hat die Sulfongruppe an dem für sich schon schwach basischen Anilin das Ubergewicht über die Aminogruppe. Sulfanilsäure bildet mit wäßrigen Mineralsäuren keine Salze mehr, leicht dagegen mit Alkalien. Sie läßt sich auch mit wäßrigen Alkalien glatt titrieren, was bei den Aminofettsäuren nur in alkoholischer Lösung möglich ist (WTLLSTÄTTER). Als Nebenprodukt ist bei der Darstellung der Benzolsulfonsäure das S u l f o n , das sog. S u l f o b e n z i d entstanden. Hier sehen wir eine Weiterleitung der Sulfuriorungsreaktion, bei der fertig gebildete Benzolsulfonsäure nach Art der Schwefelsäure selbst auf Benzol unter Wasserabspaltung einwirkt: O
Die Sulfone sind neutrale, kristallisierte, wenig reaktionsfähige Stoffe, die auch durch energische Oxydation der Sulfide entstehen. Ein zweifaches Sulfon ist das Schlafmittel S u l f o n a l (Formel!). Üb er S u l f o c h l o r i d e u n d S u l f a m i d e . Die Überführung der Benzolsulfonsäure in ihr Chlorid und in ihr Amid zeigt, daß hier analoge Derivate wie bei den Carbonsäuren gewinnbar sind. Die Sulfochloride sind viel weniger reaktionsfähig als die Carbonsäurechloride; Benzolsulfochlorid kann beispielsweise zum größten Teil unzersetzt mit Wasserdampf destilliert werden. Häufig charakterisiert man ein Amin durch sein S u l f a m i d ; die Vertreter dieser Körperklasse sind durch große Kristallisationsfähigkeit ausgezeichnet. Auch zur präparativen Trennung der verschiedenen Amine hat man ihre Reaktion mit Benzolsulfochlorid herangezogen. Nur die primären und sekundären Amine setzen sich mit ihm um. Die Sulfamide der primären Amine sind in Alkalien löslich und können so abgetrennt und nachher durch energische Hydrolyse in Sulfonsäure und Amin gespalten werden (HINSBEKQ). Die Sulfamide primärer Basen sind also Säuren und zwar leiten sich die Salze wahrscheinlich von einer „Enolform" ab, deren Bildung durch die stark negative Gruppe — S 0 2 — begünstigt wird.
Sulfonsäuren
IV
193
CäH6• S09• NH• C 6 H 6 , Benzol-sulfanilid
C,H„-Sr , C 4 H,.SO,.N(CH a ).C e H 5 . l N • C3H8 Benzol-sulfo-N-methylONa anilid (in Alkalien Natriumsalz unlöslich) Von einem Sulfamid leitet sich auch der Süßstoff S a c c h a r i n ab; er entsteht aus o-Toluolsulfamid, indem die CH3-Gruppe mit Permanganat zu Carboxyl oxydiert und dann durch starke Salzsäure der Ring geschlossen wird: -^-SO.-NHj
r^l—SOj-NHJ J—COOH
-CH,
Saccharin ist, wie aus der Formel hervorgeht, vermöge seines Iminwasserstoffatoms eine Säure; der lösliche Süßstoff ist das Natriumsalz. Unterwirft man ein Alkalisalz einer Sulfon säure gemeinsam mit Cyankalium oder Ferrocyankalium der trockenen Destillation, so erhält man, indem eine Kohlenstoffsynthese sich vollzieht, ein Säurenitril, z. B.: C8H6-SOsK + KCN = C9H6-CN + SO,K,. Benzonitril Während die Sulfonsäuren praktisch nicht reduziert werden können, lassen sich die Sulfochloride mit Metallen, am besten mit Zink, in die niedrigere Oxydationsstufe der S u l f i n s ä u r e n überführen; es entsteht direkt deren Zinksalz. 2 C6H„ • SO,Cl + 2 Zn (C6H, • SO,),Zn + ZnCl,. Die alkalische Spaltung der Benz-sulf-hydroxamsäure — aus Benzolsulfochlorid und Hydroxylamin — führt, wie schon erwähnt, ebenfalls zur Sulfinsäure (PILOTY). Energische Reduktion mit nascierendem Wasserstoff erzeugt aus Sulfochloriden die zugehörigen Mercaptane. C„H6.SOsC1 + 6H —>- C„HsSH + 2H,0 + HCl. Auch die Sulfinsäuren lasseni sich in dieser Weise reduzieren. T h i o p h e n o l . In einem mit Rückflußkühler durch einen Anschützaufsatz verbundenen Rundkolben übergießt man auf dem siedenden Wasserbad 20 g fein granuliertes Zinn mit 50 ccm konzentrierter Salzsäure und läßt dazu nach und nach aus einem Tropftrichter 8 g Benzolsulfochlorid fließen. "Wenn die Hauptmenge des Zinns gelöst ist, treibt man das gebildete Mercaptan mit Wasserdampf über, nimmt es mit Äther auf, den man über Natriumsulfat trocknet und dann abdampft. Das zurückbleibende Thiophenol wird destilliert und geht fast vollständig bei 173° über. GATTERMANN, Praxis.
22. Auflage.
13
194
Organisch-präparativer Teil
Es ist nötig, mit dem stark stinkenden Stoff nur unter einem gut ziehenden Abzug oder im Stinkraum umzugehen. Vor allem bringe man nichts davon an die Hände und an die Kleider, da der Geruch tagelang haften bleibt. Die geschwefelten Alkohole sind ausgesprochene Säuren. Die Alkalisalze der aliphatischen Mercaptane werden zwar durch Wasser sehr weitgehend hydrolytisch gespalten, die aromatischen dagegen können mit Alkali und Phenolphthalein scharf titriert werden. Charakteristisch sind die gelben B l e i - und die farblosen Quecksilbersalze. Versuch. Man versetzt die alkoholischen Lösungen von Bleiacetat und Quecksilber-2-chlorid jeweils mit einigen Tropfen Thiophenol. Bemerkenswert ist die Leichtigkeit, mit der das Wasserstoffatom vom Schwefel abgelöst wird (Analogie mit H2S); schon durch den Sauerstoff der Luft, sofort aber durch gelinde Oxydationsmittel werden die Mercaptane in die Aryl- bzw. Alkyl-disulfide übergeführt: 2R-SH
>- R.S—S-R.
V e r s u c h . Einige Tropfen Thiophenol werden mit einigen ccm stark verdünnter Ammoniaklösung auf einem Uhrglas am Wasserbad langsam zur Trockne verdampft (Abzug!). Es hinterbleibt ein Ol, das beim Erkalten kristallinisch erstarrt: Phenyldisulfid vom Schmelzp. 61°. Durch Reduktion gehen die Disulfide unter Aufnahme von Wa§§erstoff wieder in die Mercaptane über. Ein biologisches Beispiel für diese Beziehungen liegt im C y s t e i n C y s t i n vor: 2HOOC—CH-CH, I I NH a SH _2H Cystein ^
HOOC-CHCH, I I NH 2 S ^ N R j,
'
I 'l HOOC«CH-CHs ferner im „ G l u t a t h i o n " (HOPKINS), einem Tripeptid, in dem die NH 2 Gruppe des Cystins (bzw. Cysteins) noch amidartig mit einem Carboxyl 1 der Glutaminsäure, seine Carboxylgruppe mit dem NH 2 von Glykokoll verknüpft ist. Cystin gehört zu den Bausteinen des Eiweißes; präparativ wird es durch Säurehydrolyse von Keratin (aus Haaren oder Horn) dargestellt. 1
Es ist das von der NH2-Gruppe entfernte.
V, 1
Formaldehyd
195
Mit Chlor setzen sich die aromatischen Mercaptane zu Arylschwefelchloriden um (ZINCKE); Phenylschwefelchlorid ist eine tiefrote Flüssigkeit von großer Reaktionsfähigkeit ( L E C H E B ) : C6H6SH + Clj
C,H5SC1 + HCl.
Durch energische Oxydation werden aus den Mercaptanen die Sulfonsäuren zurückgebildet.
V. Aldehyde. 1. Formaldehyd. 1 Das etwa 10 cm lange, etwas nach oben umgebogene Ansatzrohr eines Fraktionierkolbens von 250 ccm ist an der Spitze
Fig. 48.
zu einer Capillare von 1—1-5 mm lichter Weite ausgezogen und steckt, durch einen Kork verbunden, in einem etwa 30 cm langen Stück Verbrennuugsrohr (Fig. 48). Eine 4 cm lange Kupferspirale, die in das ßohr eingeschoben wird, befindet sich 6 cm von der Capillare entfernt. Das Rohr ist unter kleinem Winkel aufwärts gerichtet und am oberen Ende mit einem mittelgroßen, nach abwärts gerichteten Kühler (zweckmäßig Schlangenkühler) verbunden. An diesen sind zwei aneinander geschaltete Vorlagen angeschlossen, die während des Versuchs tief in einer Kältemischung stehen. Das kurze Ansatzrohr der zweiten Vorlage wird mit der 1 TOLLENS, B. 19, 2133 (1886). Die Erläuterungen zu 1., 2. und 3. sind mit den Versuchen zusammengefaßt auf S. 202 ff.
13*
196
Organisch-präparativ&r Teil
Pumpe verbunden. In den Fraktionierkolben, der möglichst tief in ein Wasserbad von genau 46—47° eingesenkt ist, füllt man 100 ccm Methylalkohol und setzt dann mit einem Gummistopfen ein bis nahe zum Boden reichendes Glasrohr ein, durch das die Luft eingesaugt wird. Nachdem man damit begonnen hat, erwärmt man die Kupferspirale, anfangs vorsichtig, mit der Flamme, bis bei Rotglut die Reaktion in Gang kommt. Nun muß der Luftstrom so reguliert werden, daß die Spirale ohne weitere Wärmezufuhr in ganz schwachem Glühen bleibt. Bei dieser Anordnung bleiben Explosionen vollständig aus. Bei zu niederer Temperatur des Heizbades (42—44°) wird zwar die Explosionsgrenze des Gemisches Methylalkohol-Luft erreicht, aber die Flamme gelangt nur bis zur Capillare, weil die große Strömungsgeschwindigkeit in ihr das weitere Zurückschlagen verhindert. (Vergleich mit dem Bunsenbrenner, in dem das Zurückschlagen auch nur bei zu langsamer Strömung eintritt.) Die beiden Vorlagen enthalten, nachdem aller Holzgeist verdampft ist, 110—115 ccm einer 30—32-proc. Formaldehydlösung; eine kleine Menge Formaldehyd kann noch in einer dritten, mit wenig Wasser beschickten Vorlage aufgefangen werden. Das Nachstehende enthält einige, bei der Ausführung von Gasreaktionen zu beachtende Punkte. Zur Dehydrierung von einem Mol Methylalkohol braucht man L Mol Sauerstoff, also auf 1 VoL Alkohol */2 Vol. Sauerstoff oder 2 /2 Vol. Luft. Das stöchiometrische Gemisch muß also auf 1 Vol. Methylalkohol 21/i Vol. Luft enthalten oder 28-5 Proc. Methylalkohol. Da sich die Volumina wie die Partialdrucke verhalten, muß die Verdampfungstemperatur so eingestellt werden, daß der Dampfdruck des Holzgeistes 28«5 Proc. des Atmosphärendrucks, also ungefähr 210 mm Quecksilber ausmacht. Die Dampfdrucke der bekannteren Stoffe bei verschiedenen Temperaturen findet man in: LANDOLTBÖRNSTEIN, Physikal.-chem. Tabellen, 5. Aufl. 1928. 1
Mit der hier gewählten einfachen Vorrichtung wird volle Sättigung mit CHsOH-Dampf nicht erreicht, daher die etwas höhere Temperatur.
G e h a l t s b e s t i m m u n g der e r h a l t e n e n F o r m a l d e h y d lösung. 5 ccm der Lösung werden, mit der Pipette entnommen, in einem Meßkolben mit Wasser auf 50 ccm aufgefüllt. Davon bringt man 20 ccm in einen Erlenmeyer von 250 ccm, setzt 30 ccm etwa 3-proc. Hydroperoxyd, das vorher gegen Phenolphthalein scharf neutralisiert ist und dann 30 ccm n-Natronlauge zu und schüttelt um.
Acetaldehyd,
197
Nach kurzer Zeit beginnt unter Selbsterwärmung Wasserstoffentwicklung, die sehr heftig wird und die man schließlich durch kurzes Erwärmen za Ende führt. Die erkaltete Lösung wird dann nach erneuter Zugabe von Phenolphthalein gegen n-Salzsäure titriert. Das verbrauchte Alkali gibt gemäß der Gleichung: 2CHaO + H202 + 2NaOH — 2 H C O O N a + Hs + 2HsO den Gehalt an Formaldehyd an. Wenn also z. B. 22-5 ccm NaOH bei der Reaktion verbraucht wurden, so enthielten die 20 ccm ( = 2 ccm der ursprünglichen Lösung) 22,5-30mg = 0-675g Formaldehyd, d. h. die Lösung war 33'8-procentig. Bei dieser sehr bemerkenswerten Reaktion wird durch Addition von 2 Mol H2CO an Hydroperoxyd ein Zwischenprodukt der Konstitution H 0 H 2 C - 0 ' 0 - C H 2 0 H , das D i o x y m e t h y l - p e r o x y d gebildet, das man auch in kristallisierter Form isolieren kann, das aber mit Alkali außerordentlich leicht in Formiat und Wasserstoff zerfällt:
H0HaC-0«0-CH20H + 2NaOH — > 2HCOONa + H, + 2H,0 . [Näheres darüber siehe Annalen 4 3 1 , 3 0 1 (1923).] Über die Bestimmung des Formaldehyds mit Ammoniak vgl. S. 2 0 7 . Die einfachen Aldehyde setzen sich mit neutralem Sulfit zu aldehydschwefligsaurem Salz um; dabei entsteht freie Lauge, deren Titration auch eine Gehaltsbestimmung ermöglicht.
2. Acetaldehyd.1 Aus A t h y l a k o h o l . Am zweckmäßigsten benutzt man einen 1 Ya-Liter-Kolben mit weitem seitlichen Ansatzstutzen; auch ein auf einem nicht zu kurzhalsigen Rundkolben d i c h t aufgesetzter Anschützaufsatz tut den Dienst. Das Ansatzrohr wird mit einem schräg stehenden großen Liebigkühler verbunden; von oben her gehen in den Kolben vermittelst eines doppelt durchbohrten Gummistopfens ein bis zum Boden reichendes Glasrohr von 0-4 cm lichter Weite, durch das aus einer Stahlflasche (mit Reduzierventil) Kohlendioxyd eingeleitet wird, und ein Tropftrichter mit langem, ausgezogenem Rohr. Jenseits ist der Kühler mit einem mittelgroßen U-formigen CaCl2-Rohr verbunden, das mit einem 1
Zum Teil nach WERTHEIM, Journ. Am. Soc. Z. ang. Chem. 3 6 , 5 4 6 (1923).
FRICKE U. HAVESTADT,
44,
2658
(1922)
und
198
Organisoh-präparativer
Teil
Schlangenkühler in Verbindung steht. (Fig. 49.) An ihn schließen sich zwei hintereinander geschaltete Vorlagen, deren jede 100 ccm absoluten Äther enthält und die in eine frisch bereitete EisKochsalzmischung eingestellt werden; deren Temperatur soll während des Versuchs nicht über — 10° steigen. Im Kohr des ersten Kühlers, den man sehr langsam mit Wasser von etwa 26 0 durchströmt, liegt, durch einen im oberen Stopfen dicht eingeklemmten Bindfaden gehalten, ein Thermometer, dessen Kugel sich in der Mitte der Kühlröhre befindet. Alle Verbindungen am A p p a r a t müssen vollkommen dicht sein. Der Schlangenkühler wird während der Operation mit Wasser von 5—10° ge-
Fig. 49.
speist, im Winter direkt aus der Leitung, an heißen Tagen läßt man das Leitungswasser vorher durch eine von außen mit Eis gekühlte Schlange fließen. Im Kolben werden nun 125 ccm Weingeist (2 Mol C2H6OH) mit etwa dem dritten Teil einer Mischung von 150 ccm (= 270 g) Schwefelsäure und 250 ccm Wasser versetzt und zum Sieden erhitzt. In der Hauptmenge der verdünnten Schwefelsäure hat man unter Zugabe von 100 ccm Wasser 200 g Natriumpyrochromat gelöst; diese Lösung wird noch warm in den Tropftrichter gebracht, dessen Hohr man vollständig anfüllt. Nachdem der Tropftrichter aufgesetzt ist, läßt man seinen Inhalt mit mäßiger Geschwindigkeit in den eben siedenden Alkohol ausfließen; die auftretende Reaktionswärme macht die weitere Wärmezufuhr ent-
Aoetaldehyd
199
behrlich. Durch einen mäßigen Kohlendioxydstrom wird der gebildete Aldehyd aus der siedenden Lösung weggeführt und so der weiteren Oxydation entzogen. (Sein Dampfdruck ist bei der Temperatur im Kühler noch genügend groß, um die Kondensation bei rascher Strömung zu verhindern; diese erfolgt erst in den stark gekühlten Vorlagen.) Der Zufluß der Bichromatlösung wird so reguliert, daß das Gemisch ständig im Sieden bleibt, wobei das Thermometer im Kühlrohr die Temperatur von 25—30° zeigen soll. Sollte der Überdruck im Apparat von der Bichromatlösung nicht überwunden werden, so verzweigt man die C0 2 -Zuleitung durch ein T-Rohr und verbindet die Abzweigung durch ein Stückchen Schlauch (mit Klemmschraube zum Abschließen beim Nachfüllen des Tropftrichters) mit dem Tubus des Tropftrichters. Statt der Bombe kann man auch einen frisch beschickten Kippapparat verwenden, dem aber zur Überwindung des Überdrucks ein mit verd. Salzsäure gefülltes Steigrohr aufgesetzt sein muß.
Nach 30 Minuten ist das Einfließenlassen zu Ende, zehn weitere Minuten genügen, um den Aldehyd vollends zu entfernen. Dann löst man die Vorlagen ab und dreht nun erst das Ventil der C0 2 -Bombe zu. Da sich der im Äther aufgefangene Acetaldehyd nicht durch fraktionierte Destillation vom Lösungsmittel trennen läßt, führt man ihn in das kristallisierte A l d e h y d a m m o n i a k über. Man bringt den Inhalt der beiden Waschflaschen in einen kleinen Filtrierstutzen, der durch ein Kältegemisch gekühlt wird und leitet aus der Stahlflasche Ammoniakgas ein; als Einleitungsrohr verwendet man, den weiten Rohrteil tief in der Flüssigkeit, ein gerades CaCl2-Rohr, das man zur Verteilung der sich bildenden Kristalle öfters hin und her bewegt. Das Gefäß bedeckt man mit einem durchlochten Uhrglas, Karton oder Kupferdrahtnetz. Wegen des verdampfenden Äthers alle Flammen in der Nähe ausdrehen! Steht keine NH 3 -Bombe zur Verfügung, so entwickelt man das Gas aus konz. Ammoniak durch Erhitzen in einem Rundkolben (Brenner abschirmen); zum Trocknen muß ein mit Ätzkali und gutem Ätzkalk beschickter Trockenturm vorgeschaltet werden. Den Bedarf an NH 3 berechne man gemäß dem Nachstehenden (kleiner Überschuß). Um nicht allzuviel Ammoniak zu verschwenden, überlege man sich, wieviel Liter Ammoniak zu der Bindung des als Hochstausbeute ( 6 0 g) zu erwartenden Aldehyds gebraucht werden. 6 0 g Aldehyd sind 6 0 / 4 4 = 1*36 Grammol und entsprechen 3 0 Litern (warum?). Unter Berücksichtigung des Einflusses von Druck und Temperatur, der durchschnittlich 10 Proc. ausmacht, wird man also ungefähr 33 Liter Am-
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Organisch-präparativer
Teil
moniak nötig haben. Man eicht nun den NH3-Strom der Bombe ein für allemal angenähert so, daß man mit der Uhr genau ermittelt, in welcher Zeit ein NH3-Strom von bestimmter, gleichzeitig abgelesener Blasengeschwindigkeit (kleiner Blasenzähler mit konz. KOH oder Quecksilber) 42 ccm mit Methylorange gefärbter n-Salzsäure (im Meßzylinder abgemessen) neutralisiert. In dieser Zeit ist bei der abgelesenen Blasenfolge etwa 1 Liter NH 3 der Stahlflasche entströmt.
Man leitet etwa 30 mal so lang NH3 in die ätherische Aldehydlösung ein, läßt dann noch 1 Stunde zur Vollendung der Kristallisation stehen, prüft eine abgegossene Probe im Reagenzglas, ob beim weiteren Einleiten von NH3 noch eine Fällung entsteht, und saugt, wenn dies nicht der Fall ist, das Aldehydammoniak auf der Nutsche ah. Der Niederschlag wird zum Schluß noch einige Male mit absolutem Äther gewaschen und dann zuerst auf Filtrierpapier, schließlich im nichteyakuierten Schwefelsäureexsiccator getrocknet. Das trockene Präparat ist, gut verschlossen aufbewahrt, längere Zeit haltbar; unreine Präparate zersetzen sich nach wenigen Tagen unter Braunfärbung. Ausbeute 50—60 g. Um reinen Aldehyd zu gewinnen, werden 25 g Aldehydammoniak in 25 ccm Wasser gelöst, mit einer erkalteten Mischung von 30 ccm konzentrierter Schwefelsäure und 40 ccm Wasser versetzt und auf dem Wasserbade durch ein U-formiges CaCl2-Rohr, das bei tiefer Außentemperatur schwach erwärmt wird, und durch einen gut wirkenden Schlangenkühler abdestilliert. Um die Autoxydation des Acetaldehyds hintanzuhalten, füllt man die Apparatur vor der Destillation mit C02, leitet aber, wegen seines hohen Dampfdrucks, erst am Ende der Operation wieder ganz kurz einen langsamen C02-Strom hindurch. Da der Aldehyd bei 21° siedet, so muß die Vorlage, welche mit dem Kühlrohr durch einen Kork verbunden ist, durch Eis und Kochsalz gut abgekühlt werden. Die auszuführenden Versuche siehe S. 203 ff. b) Aus Acetylen. Obwohl die unter a) beschriebene Hauptmethode präparativ allein in Betracht kommt, führen wir auch das technisch weit wichtigere Verfahren der Hydratation des Acetylens an; es sollte von Zeit zu Zeit auch ausgeführt werden.1
5 g Quecksilberoxyd werden in der noch heißen Mischung von 110 ccm Wasser und 50 ccm konz. Schwefelsäure zum größten Teil 1 Die hier gegebene Vorschrift ist im Göttinger chemischen Laboratorium ausgearbeitet worden.
V,3
Benzaldehyd
aus
Benzalchlorid
201
aufgelöst, das Ganze in eine große Schüttelbirne (Fig. 53, S. 364) gebracht und einige Zeit mit Acetylen geschüttelt, das man aus Calciumcarbid bereitet, mit saurer Bichromat- und Kupfernitratlösung gereinigt und in einem Glasgasometer von 10—15 Liter Inhalt über gesättigter Kochsalzlösung aufgefangen hat. Vor dem Schütteln muß die Luft durch den Kohlenwasserstoff verdrängt sein. Unter Umständen kann man die Absorption auch auf der Schüttelmaschine in einer aufrecht eingespannten, dickwandigen Flasche vor sich gehen lassen; nach Verdrängung der Luft durch C2H2 wird der Gummistopfen, der das Zuleitungsrohr führt, mit Draht festgebunden. In 2—4 Stunden werden bis zu 10 Liter Acetylen aufgenommen, die farblose quecksilberhaltige Zwischenverbindung beginnt sehr bald sich abzuscheiden. Sie wird nach Beendigung des Einleitens, in einem ßundkolben, in den man das ganze Reaktionsgemisch übergeführt hat, und der auf einem BaboTrichter geheizt wird, durch eingeleiteten Wasser dampf zerlegt; gleichzeitig destilliert der gebildete Aldehyd über, und zwar führt man diese Operation in einer ähnlich zusammengestellten Apparatur aus, wie sie unter a) beschrieben ist. Es genügt, eine in Kältemischung gekühlte Auffangflasche mit Äther vorzulegen. Fällung des Aldehyds aus der Ätherlösung als Aldehydammoniak wie oben beschrieben. Ausbeute daran 5—6 g. 3. Benzaldehyd aus Benzalchlorid. In 50 g siedendes Toluol leitet man in gleicher Weise, wie dies für die Darstellung von Benzylchlorid (S. 91) angegeben ist, so lange trockenes Chlor ein, bis eine Gewichtszunahme von 40 g eingetreten und die Temperatur auf 187° gestiegen ist. Es handelt sich lediglich um die Fortsetzung jener Reaktion. Das erhaltene rohe Benzalchlorid kocht man in einem mit gut wirkendem Rückflußkühler verbundenen Rundkolben unter Einleiten eines schwachen C0 2 -Stromes mit 500 ccm Wasser und 150 g gefälltem Calciumcarbonat (oder Schlämmkreide, oder f e i n pulverisiertem Marmor) 4 Stunden lang im Ölbade auf 130° (Thermometer im Ol). Dann nimmt man den Kolben aus dem Ölbad heraus und treibt aus dem noch heißen Gemisch den Benzaldehyd mit Wasserdampf über. Zuerst saugt man nun den K o l b e n r ü c k s t a n d auf der Nutsche heiß ab und säuert das Filtrat mit konzentrierter Salz-
202
Organisch-präparativer
Teil
säure stark an. Beim Abkühlen scheidet sich dann B e n z o e s ä u r e als Nebenprodukt der Reaktion in glänzenden Blättern ab. Sie wird abgesaugt und aus siedendem Wasser umkristallisiert. Schmelzp. 121°. Benzoesäure ist mit Wasserdampf etwas flüchtig. Das Wasserdampfdestillat wird zweimal mit nicht zu viel Äther ausgeschüttelt, die unter Umständen eingeengte Ätherlösung unterschichtet man in einer Pulverflasche unter Umrühren mit dem Glasstab nach und nach mit technischer Natrium bisulfitlösung, die zu einem steifen Brei der Aldehyd-Additionsverbindung erstarren muß. Man schüttelt hierauf mit aufgesetztem Stopfen, den man von Zeit zu Zeit lüftet, energisch durch, bis aller Benzaldehyd gebunden ist (Geruch!), saugt dann ab, wäscht mit Äther nach und zersetzt alsbald das feste Salz durch Eintragen in überschüssige Sodalösung, aus der man dann ohne Pause den ireigemachten Aldehyd mit Wasserdampf abbläst. Das Destillat wird ausgeäthert, nach dem Trocknen der Ätherlösung mit wenig CaCl2 wird der Äther abgedampft und dann der Benzaldehyd überdestilliert. Siedep. 179°. Ausbeute 35—40 g (70°/0 d. Th.). Wegen der großen Sauerstoffempfindlichkeit des Präparates müssen alle Operationen schnell hintereinander ausgeführt werden. E r l ä u t e r u n g e n u n d V e r s u c h e zu T, 1, 2 u. 3. Die niederen Glieder der Aldehyde sind farblos«, stechend riechende Flüssigkeiten, die sich mit Wasser mischen; die mittleren ebenfalls flüssig, in Wasser jedoch nicht mehr leicht löslich; die hochmolekularen feste, kristallisierte Stoffe. Die Siedepunkte der ildehyde liegen bedeutend niedriger als die der entsprechenden Alkohole: I CHa-CHO \ CH3.CHs.OH CH3-CH,-CHO CH3 • CHa • CH, • OH
Siedepinkt 21» 78° 50° . . . . „ 97».
Die aromatischen Aldehyde riechen angeneim (Bittermandelöl, Vanillin, Piperonal). Die allgemeinste Darstellungsmethode der Adeihyde besteht in der Wegnahme zweier Wasserstoffatome aus einen primären Alkohol (aZcohol deAi/drogenatus); ebenso entstehen aus sdmmdären Alkoholen Ketone. Da der Wasserstoff präparativ allgemein dirclh ein Oxydationsmittel weggenommen wird, so erscheint der Pnzeiß als Oxydation. Jedoch können Alkohole auch katalytisch in Alcehyde und Wasserstoff zerlegt werden, durch Palladiumschwarz shom in der Kälte, durch Kupfer erst bei höherer Temperatur. De Beteiligung des Kupfers bei der Formaldehydbereitung (nach 0. Lcsw)) beruht auf der
208
Aldehyde
V
WasBerstoffabspaltung (Dehydrierung), und die beigemengte Luft hat die Aufgabe, den Wasserstoff zu verbrennen und so aus dem Gleichgewicht: CH„OH < >- H,C=0 + 2H zu entfernen. Substanzen mit dreifacher Bindung nehmen in schwefelsaurer Lösung, namentlich bei Gegenwart von Quecksilber-2-Salzen, die Elemente des Wassers auf. So bildet sich im einfachsten Fall aus Acetylen selbst A c e t a l d e h y d , eine Reaktion, die oben durchgeführt wurde. HC-—CH H,C—CH HC=CH—^ o —>• I "6 — v H 3 C-CH+HgS0 4 . | HgO • SOaH Ö HgO—SOa Große technische Bedeutung dieses Prozesses für die Synthese der Essigsäure. Die Aldehyde sind leicht weiter oxydierbar und wirken daher als Reduktionsmittel gegen ammoniakalische Silberlösung und gegen FEHLING sehe Lösung. V e r s u c h 1. Man verdünne einige Tropfen Formaldehyd oder Acetaldehyd mit einigen ccm Wasser, gebe eine kleine Menge ammoniakalisclier Silberlösung zu und verteile auf 2 Reagenzgläser. In das eine läßt man einen Tropfen Natronlauge einfallen; sofortige Abscheidung von metallischem Silber. Die andere Lösung scheidet erst nach einigem Stehen in der Kälte, rascher beim Erwärmen Silber aus. Die Oxydationswirkung von ammoniakalischer Silberlösung wird also durch Natronlauge sehr erheblich gesteigert (TOLLENS). Man prüfe gleichzeitig die ßeduktionswirkung gegen FEHLING sehe Lösung. Durch Oxydation gehen die Aldehyde in C a r b o n s ä u r e n über, und zwar bildet diese Reaktion die direkte Fortsetzung der Dehydrierung der Alkohole. Es reagiert nämlich mit dem Oxydationsmittel das durch Addition von Wasser entstandene A l d e h y d h y d r a t , nicht der Aldehyd selbst, z. B.: OH CHa—C=0 H
HO
/
0 H
O
I
CII3-C< — C H 3 . C = O + H2O. | M)H H Der Übergang von Äthylalkohol über Acetaldehyd zu Essigsäure bildet den chemischen Ausdruck der E s s i g s ä u r e g ä r u n g ; hier benutzen die Essigsäurebakterien den Sauerstoff der Atmosphäre zur Bindung des Wasserstoffs. Daß hierbei nicht der Sauerstoff, wie man früher annahm, aktiviert wird, sondern der abzuspaltende Wasserstoff, lehrt ein Versuch, nach dem die Essigsäurebakterien auch bei Aus-
204
Organisch-präparativer Teil
Schluß von S a u e r s t o f f , der durch C h i n o n ersetzt wird, aus Alkohol Essigsäure erzeugen. Das Chinon wird dabei zu Hydrochinon hydriert. CH, • CH8OH + 2 Q=(
^>=0 + H,0
—>- CH3 • COOH+2 HO^
VQH .
Die wichtige Rolle, die der Acetaldehyd bei der alkoholischen Gärung zu leisten hat (C. Neubebg), drückt sich darin aus, daß er aus dem Zwischenprodukt B r e n z t r a u b e n s ä u r e durch Decarboxylierung entsteht: CH 3 C0-C00H
>- CHj-CHO + C02 ,
daß ferner im Sinne der Grundgleichung: CH„• CO• CH(OH)a + CH3-CHO Methyl-glyoxal(Hydrat)
>- CH„.CO-COOH + CH3CH,0H
durch gegenseitige Hydrierung und Dehydrierung Ä t h y l a l k o h o l und neue Brenztraubensäure gebildet werden. Vgl. dazu S. 387. Die Aldehyde sind in hervorragendem Maße der A u t o x y d a t i o n , d. h. der Vereinigung mit dem molekularen Sauerstoff, zugänglich. In H diesem Fall ist es die echte Aldehydform — C = 0 , die an die reaktionsfähige Doppelbindung zuerst die ungesättigte Sauerstoffmolekel anlagert und zwar unter Bildung einer Persäure: H CH, • C+= 0
H CH,.C—O
I I 0-0
0=0
CH..C=0
O-OH Acetopersäure Die Persäuren sind starke Oxydationsmittel und reagieren mit einer zweiten Molekel Aldehyd unter Bildung von 2 Molekeln Säure: CH. • C = 0 _ODl 2CH».C=0. i + 0 = C - C H s —>0—OH
H
So führt die Autoxydation der Aldehyde schließlich zur Säure. Das primäre Auftreten der Persäure läßt sich beim Acetaldehyd sehr leicht nachweisen durch die sofortige Jodausscheidung, die durch dieses starke Oxydationsmittel in Jodkaliumlösung verursacht wird. Beim Benzaldehyd, der sich besonders rasch mit Sauerstoff verbindet, hat man die Persäure mit Essigsäureanhydrid als Benzoyl-acetylperoxyd abfangen können (Nef) : C,H6 • C: 0 | +(CH,C0),0 O-OH
—v
CeH6 • C = 0 | +CH 8 -COOH. 0—O-COCH,
Versuch 2. Einen com des frisch dargestellten Acetaldehyds schüttelt man einige Minuten lang in einem mit dicht schließendem Grummistopfen versehenen Zylinder. Die Hälfte gießt man
V
Aldehyde
205
in wenig verdünnte Kaliumjodidlösung, zur andern Hälfte fügt man die 2—3 fache Menge Wasser und prüft dann mit Lackmuspapier auf die entstandene Essigsäure. Man wird finden, daß der mit Wasser versetzte Aldehyd nach einigem Stehen kaum mehr Jod aus Kaliumjodidlösung freimacht. Versuch 3. 2 Tropfen Benzaldehyd lasse man eine Stunde lang auf einem Uhrglas an der Luft stehen. Präparativ ist der Weg von den primären Alkoholen zu den Aldehyden weitaus der bevorzugte, wenigstens in der Fettreihe. Die einfachen aromatischen Aldehyde werden durch alkalische Verseifung der aus den Kohlenwasserstoffen durch Chlorsubstitution zugänglichen Arylidenchloride ß-CHC^ gewonnen (technische Darstellung von Benzaldehyd). Außerdem ist die im Sinne der PEXEDEL-CBAI'TS sehen Eeaktion verlaufende elegante Synthese von GATTERHANN-KOCH hier zu erwähnen, bei der der aromatische Kohlenwasserstoff mit Kohlenoxyd und HCl bei Gegenwart von Aluminiumchlorid und Cuprochlorid umgesetzt wird (vgl. Präparat IX, 5 auf S. 334): H , c / ~ \ + CO + HCl — V
H s c / ~ \ - C = 0 + HCl.
An Stelle von Kohlenoxyd kann auch Blausäure (GATTBEMANN) oder Knallsäure (in Gestalt von Knallquecksilber, SCHOLL) angewandt werden, wobei als Primärprodukt Imin bzw. Oxim entsteht. Von den Carbonsäuren her führt keine ganz allgemeine Eeaktion auf die Stufe der Aldehyde zurück; in manchen Fällen erlauben die Säurechloride den Ersatz des Chlors durch katalytisch mit Palladium erregten Wasserstoff (ROSENMUND) : C a I V C = 0 2H C,H 6 .C=O Hr, C1 H Eine andere Möglichkeit, die schon bei vielen Synthesen wertvolle Dienste geleistet hat, besteht darin, daß man Ester durch energische Reduktion mit viel metallischem Natrium und wenig Alkohol in der Hitze zu den entsprechenden Alkoholen reduziert (BOTJVEAULT) und diese in der üblichen Weise zu den Aldehyden oxydiert. V e r s u c h 4. F a r b r e a k t i o n m i t f u c h s i n s c h w e f l i g e r Säure. Man löst ein Körnchen Fuchsin heiß in viel Wasser zu einer etwa 0-2-proc. Lösung und gibt in der Kälte nach und nach starke wäßrige, schweflige Säure hinzu, bis nach einigem Stehen Entfärbung eingetreten ist. Die Lösung hält sich, gut verschlossen aufbewahrt, längere Zeit. Man prüfe mit Formaldehyd und Acetaldehyd die Empfindlichkeit der Farbreaktion an einer jeweils stärker zu verdünnenden Aldehydlösung. Bei der Prüfung
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Organisch-präparativer
Teil
von in Wasser schwer löslichen Aldehyden, wie Benzaldehyd, setzt man etwas Alkohol zu. Der Alkohol ist vorher zu prüfen, da er nach längerem Stehen, namentlich am Licht, nachweisbare Mengen von Acetaldehyd enthält. Die Farbreaktion des Formaldehyds wird durch konzentrierte Salzsäure rein blau, während sie bei andern Aldehyden unter diesen Umständen fast ganz zurückgeht (Unterscheidung von Formaldehyd und Acetaldehyd). Die Farbreaktion mit fuchsinschwefliger Säure erlaubt eine scharfe Unterscheidung zwischen Aldehyden und Ketonen. Glucose reagiert in verdünnter wäßriger Lösung negativ. Uber den Mechanismus der Farbreaktion siehe B. 64, 2527 (1921). Versuch 5. Die R e a k t i o n von A N G E L I - R I M I N I . Einige Tropfen Aldehyd (eines beliebigen der dargestellten) werden in wenig aldehydfreiem1 Alkohol gelöst, mit etwa der gleichen Menge Benzsulfhydroxamsäure (Darstellung S. 184) versetzt; bei den aliphatischen wendet man die doppelte Menge an. Hierauf fügt man unter Kühlung und Umschütteln schätzungsweise 2 Mol 2 n-Natronlauge zu und läßt 15 Minuten stehen, macht dann mit verdünnter Salzsäure eben congosauer und versetzt schließlich mit einem Tropfen Eisenchloridlösung. Intensive Rotfärbung. Es ist auf S. 185 erwähnt, daß Benzsulfhydroxamsäure durch Alkali in Benzolsulfinsäure und den sehr unbeständigen Stoff Nitroxyl 0 = N H zerlegt wird. Erfolgt die Bildung von Nitroxyl bei Gegenwart eines Aldehyds, so addiert es sich an die Carbonylgruppe und es entsteht eine H y d r o x a m s ä u r e , die sich und damit auch den Aldehyd, durch ihre intensive Eisenchloridreaktion verrät. OH C„H 6 .C=0 + H N = 0 H
—
/OH
C a H s .C
• C„H 6 .(!=NOH.
OH Wenn man das Nitroxyl als Hydrat, als Dioxyammoniak N—OH H
formuliert, so wird die Übereinstimmung der Keaktion mit der Bildung der Aldoxime aus Aldehyd und Hydroxylamin noch klarer. Nitroxyl entsteht auch durch alkalische Spaltung aus aci-Nitrohydroxyla m i n n a t r i u m (ANGELI) :
0=N=NOH
I
>
0=N—ONa + 0 = N H .
NaO 1
Dies ist natürlich nur im Ernstfall von Wichtigkeit, wenn eine unbekannte Substanz auf ihre Aldehydnatur zu prüfen ist.
Aldehyde
V
207
An die anderen Reaktionen der außerordentlich reaktionsfähigen Aldehyde: Reduktion zu Alkoholen, Bildung von Hydrazonen, Oximen, Semicarbazonen, Bisulfitverbindungen, Acetalen, Anlagerung von Blausäure zu Cyanhydrinen, sei hier nur erinnert. Versuch 6. R e a k t i o n mit Ammoniak. 10 ccm des dargestellten Formaldehyds werden mit einem kleinen Überschuß von Ammoniak vermischt und in einer kleinen Glasschale auf dem Wasserbad eingedampft. Die zurückbleibenden farblosen Kristalle sind H e x a m e t h y l e n t e t r a m i n (CH2)0N4 (Urotropin). Diese Umsetzung verläuft quantitativ. Man führe sie quantitativ durch und vergleiche das Ergebnis mit dem titrimetrisch erhaltenen. Acetaldehyd vereinigt sich mit Ammoniak, wie präparativ festgestellt wurde, zu A l d e h y d a m m o n i a k (ch8.C/0H \
h\nh
j / 8
Benzaldehyd gibt das sog. H y d r o b e n z a m i d CeH6C=Nx H >CH.CeH5. c„h6c=n/ H
Die Reaktionsprodukte der drei Aldehyde sind demnach grundverschieden, aber der Verlauf ihrer Bildung beginnt jeweils mit einer Addition: H — C = 0 + NH„
v
H .OH —C< , NNH,
die beim Acetaldehyd stehen bleibt, in den anderen Fällen aber unter Wasserabspaltung zu weiteren Umsetzungen führt. V e r s u c h 7. Einige Tropfen Benzaldehyd werden im Reagenzrohr mit der dreifachen Menge technischer Bisulfitlauge kräftig durchgeschüttelt. Die ausgeschiedenen Kristalle sind die Natriumbisulfitverbindung des Benzaldehyds. Die Bisulfitverbindungen entstehen nach folgender Gleichung: R — C = 0 + HSOjNa H
>-
.OH R-C< H^SOjNa
Die Frage .der Konstitution der Bisulfitverbindungen von Aldehyden und Ketonen schien durch Untersuchungen von R A S C H I G und P K A H L 1 im Sinne der voranstehenden Formel gelöst zu sein. Danach sind sie Salze von a - O x y s u l f o n s ä u r e n , deren Sulfongruppe unter dem Einfluß des benachbarten Hydroxyls gelockert ist. Indessen hat G. S C H R O E T E B 2 1 2
A. 4 4 8 , 265 (1926); Ber. 61, 179 (1928). Ber. 5 9 , 2341 (1926), 61, 1616 (1928).
208
Organisch-präparaliver Teil
auf dem nachbezeichneten Weg durch hydrolytische Abspaltung einer Sulfongruppe aus Estern der D i m e t h y l m e t h a n - d i s u l f o n s ä u r e das Salz der a - O x y - i s o p r o p y l s u l f o n s ä u r e erhalten, das mit Acetonbisulfit n i c h t identisch ist. + 3NaOH Der bestehende Widerspruch bedarf noch der Klärung. Da die Bisulfitverbindungen beim Erwärmen mit Sodalösung oder verdünnten Säuren in ihre Bestandteile zerlegt werden, so bieten sie ein ausgezeichnetes Mittel, um Aldehyde (und Ketone) aus einem Gemisch mit anderen Stoffen herauszuholen. P o l y m e r i s a t i o n . Die einfachen Aldehyde polymerisieren sich sehr leicht. Der wasserfreie Formaldehyd ist überhaupt nicht längere Zeit beständig, sondern wandelt sich sehr rasch in einen festen amorphen Stoff von hohem Molekulargewicht (CH20)n, in P o l y o x y m e t h y l e n um, das sich bei Zimmertemperatur langsam, beim Erhitzen schneller in das einfache Molekül zurückspaltet. Aus der wäßrigen Formaldehydlösung (Formalm), wie sie dargestellt wurde, kann man den wasserfreien Aldehyd nicht gewinnen, da er erst beim Kochen mit Wasserdämpfen übergeht, und zwar sehr langsam. Das rührt davon her, OH daß er vorwiegend als Hydrat H 2 C-
(CH,CHO),.
Die rechte Seite ist bei mittlerer Temperatur sehr stark begünstigt. Wenn sich trotzdem, wie oben erwähnt, Paraldehyd durch Schwefelsäure zu Acetaldehyd depolymerisieren läßt, so liegt der Grund hierfür in der Beeinflussung des Gleichgewichts auf Grund des Massenwirkungsgesetzes. Indem wir nämlich in der Gleichung ^Paraldehyd ^Acetaldehyd
_
g
3
durch dauernde Verflüchtigung des im Gleichgewicht in geringer Menge vorhandenen Acetaldehyds den Wert des Nenners dauernd verkleinern, fordern wir für die Wiederherstellung des Gleichgewichts jeweils auch eine Verkleinerung der Konzentration des Paraldehyds zugunsten der Depolymerisation. Obwohl der Paraldehyd das Gleichgewicht fast ganz beherrscht, ergibt sich aus dem hohen Dampfdruck des Monomeren doch eine präparative Methode zur praktisch vollständigen Spaltung. Bei tiefer Temperatur tritt noch eine zweite polymere Form des Acetaldehyds auf, der schön kristallisierte Metaldehyd. Versuch 10. In einige Kubikzentimeter, mit dem doppelten Volumen absoluten Äthers verdünnten Acetaldehyd leitet man unter Kühlung im Kältegemisch einige Blasen Salzsäuregas ein. Nach kurzer Zeit scheidet sich der M e t a l d e h y d in prächtigen Kristallnadeln aus, die man nach dem Absaugen mit Atherwäscht; das Filtrat gibt nach der gleichen Behandlung eine zweite Ausbeute. GATTEKMANK, Praxis.
22. Auflage.
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210
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Metaldehyd ist gleich dem Paraldehyd haltbar und, frisch bereitet, geruchlos. Wie dieser zeigt er keine Aldehydreaktion. Beim Aufbewahren tritt jedoch deutlich Acetaldehydgeruch auf, ein Zeichen, daß sich auch hier langsam ein Gleichgewicht einstellt. Durch Erhitzen kann Metaldehyd vollständig depolymerisiert werden. Metaldehyd ist nach der Molekulargewichtsbestimmung (in Phenol) tetramolekular (HANTZSCH); darauf deuten auch die Befunde am Kristallgitter nach der LAUE-BBAGG sehen Methode (MABK). Technische Darstellung als Ersatz für „Hartspiritus". Von diesen reversiblen P o l y m e r i s a t i o n e n der Aldehyde sind die unter Kondensation verlaufenden zu unterscheiden. So geht Formaldehyd unter der Wirkung von ganz schwachen Alkalien (Ca(OH)2, CaC03) in Glykolaldehyd und G l y c e r i n a l d e h y d und weiter in ein Gemisch von Hexosen über (BUTLEBOW, 0. LOEW), aus dem E. FISCHEB die sog. Acrose (d, 1-Fructose) isoliert hat. Hier addieren sich verschiedene Molekeln unter Kohlenstoffbindung aneinander. Rolle des Formaldehyds bei der C02-Assimilation. Eine Kohlenstoffsynthese liegt auch der sog. Aldolkondensation R zugrunde, die alle Aldehyde der Form ^>CH-CH0 unter dem katalytischen Einfluß verdünnter Alkalien oder Säuren erfahren. Es kommt hier zum Ausdruck die durch die benachbarte CO-Gruppe induzierte Beweglichkeit von «-ständigem Wasserstoff, die zur Addition an die ebenfalls sehr reaktionsfähige C=0-Gruppe einer zweiten Molekel Veranlassung gibt: H Y 0=CHCH2+0=CH-CH, -
Die Aldole sind carbonylverbindungen, Aldehyde übergehen. zum Butadien und Kautschuk.
—v
OH 0=CH • CH, • CH • CH,
/9-0xyaldehyde und spalten, wie alle ß-Oxyleicht Wasser ab, wobei sie in u-ß-ungesättigte Vom Aldol aus eröffnet sich ein technischer Weg in Zukunft vielleicht zu einem synthetischen
Versuch 11. Einige Tropfen Acetaldehyd werden, in etwa 2 ccm Wasser gelöst, mit 1/a ccm verd. Natronlauge im Reagenzglas erhitzt. Unter Gelbfärbung bildet sich über das Aldol C r o t o n a l d e h y d , der in der siedenden Lösung an seinem stechenden Geruch erkennbar ist. Erwärmt man Acetaldehyd mit starker Lauge, so scheidet sich — infolge weitgehender Kondensation — gelbes A l d e h y d h a r z aus. Auf die Bildung ähnlicher Stoffe infolge von Oxydation ist auch die Bräunung von Äthylatlösungen und von äthylalkoholischem Kali zurückzuführen.
Aldehyde
V
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Die Benzoinreaktion und die Reaktion von Cannizzaro, die nachher behandelt werden, entspringen ebenfalls dem Kondensationsbestreben der Aldehyde. Aus der Mannigfaltigkeit der Wege trifft jeweils der spezifische Katalysator die Auswahl. Versuch 12. ScHAKDiNGEBSche R e a k t i o n . Von 50 ccm frischer Milch kocht man die Hälfte kurz auf, kühlt dann ab und versetzt beide Teile mit je 1 ccm der dargestellten Formaldehydlösung und einigen Tropfen wäßriger Methylenblaulösung. Wenn man nun auf etwa 50° erwärmt, so wird der Farbstoff in der ungekochten Milch sehr schnell entfärbt, auch weiter zugefügte Mengen erfahren diese Veränderung. In der gekochten Milch bleibt die Farbe von Anfang an bestehen. In frischer Kuhmilch ist ein Ferment enthalten, das die Reduktion von Methylenblau zu seiner Leukoverbindung durch Aldehyd — die ohne dieses Ferment nicht in Erscheinung tritt — sehr stark beschleunigt. Es werden zwei H-Atome des hydratisierten Aldehyds OH R—C^-OH durch das Ferment „aktiviert", derart, daß der Aldehyd \ h als Reduktionsmittel wirkt, wobei er selbst zur Säure wird. Durch fein verteilte Platinmetalle kann man die gleiche Wirkung hervorrufen, wie durch das Ferment (Bbedig). Der Einfluß der Hitze zerstört die ScHARDDiGEBSche Aldehyd-dehydrase. Näheres siehe B. 47, 2 0 8 5 (1914); A. 477, 32
(1929).
Technische Bedeutung der Aldehyde. Formalinlösung wird für Desinfektions- und Konservierungszwecke gebraucht. Mit Formaldehyd gehärtetes Casein (Galalith) bildet einen viel gebrauchten Ersatz für Hartgummi, ebenso das Kunstharz Bakelit, das durch Kondensation von Formaldehyd mit Phenol bereitet wird (S. 233). Natriumhyposulfit wird durch Aldehyde gespalten in Aidehydb i s u l f i t und A l d e h y d - s u l f o x y l a t : H H (SO,Na), + 2R-CHO + H , 0 — R - C ^ O H + R-C^OH \S0 8 Na \SO,Na Das bei Anwendung von Formaldehyd entstehende Sulfoxylat wird unter dem Namen „ R o n g a l i t " in der Färberei als Reduktionsmittel beim Atzdruck viel gebraucht. Acetaldehyd (aus Acetylen) wird in kleinem technischen Ausmaß durch katalytische Hydrierung in Alkohol, in großen Mengen aber durch katalytische Autoxydation (mit Oxyden des Mangans) in Essigsäure übergeführt. Benzaldehyd ist ein wichtiges Zwischenprodukt für Farbstoffe (siehe Malachitgrün); viele andere Aldehyde (Phenylacetaldehyd, Vanillin, Piperonal, Citral u. a.) finden als R i e c h s t o f f e Verwendung. 14*
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Organisch-präparativer Teil
4. Cannizzaro sehe Reaktion. Benzoesäure und Benzylalkohol ans Benzaldehyd. 1
20 g frisch destillierter Benzaldehyd werden in einem Stöpselzylinder oder dickwandigen Glase mit einer erkalteten Lösung yon 18 g festem Kali in 12 g Wasser versetzt und bis zur bleibenden Emulsion geschüttelt, worauf man die Mischung, durch einen Kork verschlossen, über Nacht sich selbst überläßt. Zu dem abgeschiedenen Kristallbrei (benzoesaures Kalium) fügt man dann gerade so viel Wasser2, daß man durch mehrmaliges Ausschütteln mit Äther den Benzylalkohol herausholen kann. Die vereinigten Ätherauszüge werden auf ein Volumen von 30—40 ccm eingeengt, dann schüttelt man in einem Tropftrichter zweimal anh a l t e n d mit je 5 ccm technischer (40-proc.) Bisulfitlauge durch, läßt ab und entfernt die im Äther gelöste schweflige Säure durch Schütteln mit einigen Kubikzentimetern Sodalösung. Nach dem Trocknen mit geglühtem Natrium sulfat und Verdampfen des Äthers unterwirft man den Benzylalkohol der Destillation, wobei er bei 206° übergeht. Ausbeute etwa 8 g Benzylalkohol. Die wäßrige alkalische Flüssigkeit säuert man mit Salzsäure an, wodurch die Benzoesäure ausgefällt wird. Sie wird nach dem Erkalten der Lösung abgesaugt und ohne weiteres Waschen aus siedendem Wasser umkristallisiert. Schmelzp. 121°. Ausbeute 9 - 1 0 g. Die CANNIZZARO sehe Reaktion kommt wahrscheinlich dadurch zustande, daß sich zwei Moleküle Aldehyd zum Ester kondensieren, der dann zu Alkohol und - Säure verseift wird: R—C=0 0=C—ß H
R C=0 I H O—C—R H
K0I
V
Q Q I + HOH,C—R. OK
Dafür spricht, daß Aldehyde unter der Einwirkung von Aluminiumalkoholat in der Tat zu Estern kondensiert werden (TISTSCHENKO). Die Disproportionierung von Aldehyd zu Säure und Alkohol spielt auch im Zellstoffwechsel, namentlich im Verlauf der alkoholischen Gärung (S. 384) (Mechanismus?) eine bedeutsame Rolle, obwohl der chemische Vorgang dort jedenfalls ein andrer ist. 1
8
B. 14, 2394 (1881).
Wenn man zu stark verdünnt, ist es schwer, den (in Wasser löslichen) Benzylalkohol vollständig herauszuholen.
Acyloinkondensation.
Benzoin aus Benzaldehyd
213
Die CANNIZZARO sehe Reaktion ist durchaus kein Monopol der aromatischen Aldehyde; auch F o r m a l d e h y d wird in ihrem Sinne durch starkes Alkali zu Ameisensäure und Methylalkohol umgesetzt. Wenn die höheren aliphatischen Aldehyde, vom Acetaldehyd ab der CANNIZZABO sehen Reaktion nicht zugänglich sind, so liegt dies daran, daß die oben besprochene Aldolkondensation ihr vermöge ihrer weit größeren Geschwindigkeit den Rang abläuft. Bei tertiär gebundenen Aldehyden, die der Aldolkondensation nicht fähig sind, tritt die CANNIZZABOsehe Reaktion als Ersatz ein, auch in der Fettreihe. So wird Glyoxylsäure zu Glykol säure und 0 x al säure disproportioniert. Der Reaktion von CANNIZZABO verwandt ist die von MEERWEIN 1 gefundene Verschiebung der Oxydationsstufe zwischen Alkohol und Aldehyd, wie sie durch Aluminium-alkoholat bewirkt wird. Ein Aldehyd R-CHO reagiert mit Al(OCaH6)3 in der Weise, daß Anlagerung zu R-l
;attfindet.2
Dieses Produkt zerfällt in
zweiter Phase zu R — a i -f OHC"CH3. Es gelingt, durch dieses X H Reduktionsverfahren, Alkohole, die durch andere Methoden nicht oder schwer zugänglich sind, wie Trichlor-äthylalkohol oder Zimtalkohol, aus den entsprechenden Aldehyden zu gewinnen. 5. Acyloin-kondensation.
Benzoin aus Benzaldehyd.
10 g Benzaldehyd (frisch destilliert) werden, mit 25 ccm Alkohol vermischt, mit einer Lösung von 2 g Kaliumcyanid in 5 ccm Wasser versetzt und am Rückflußkühler auf dem Wasserbad 1 Stunde lang gekocht. Man läßt dann langsam erkalten, filtriert die abgeschiedenen Kristalle ab, wäscht sie mit etwas Alkohol nach und trocknet sie auf dem Wasserbad. Um ganz reines Benzoin zu erhalten, kristallisiert man eine kleine Probe des Rohprodukts aus wenig Alkohol um. Schmelzp. 134°. Ausbeute etwa 90 °/0 der Theorie. B e n z i l aus Benzoin. Das bei der vorigen Reaktion erhaltene rohe Benzoin wird nach dem Trocknen fein pulverisiert und in einem offenen Kolben unter häufigem Umschütteln mit seinem doppelten Gewicht reiner konzentrierter Salpetersäure 1 x / 2 bis 2 Stunden auf einem leb1
A . 4 4 4 , 221 (1925). 2 al = A l / 3 .
214
Organisch-präparativer Teil
haft siedenden Wasserbad erhitzt. Nach beendeter Oxydation versetzt man das Reaktionsgemisch mit kaltem Wasser, gießt nach dem Erstarren die verdünnte Salpetersäure ab, wäscht mehrmals mit Wasser nach, trocknet auf Ton und kristallisiert aus Alkohol um. Die abgeschiedenen Kristalle trocknet man nach dem Abfiltrieren an der Luft auf Filtrierpapier. Schmelzp. 95°. Ausbeute etwa 90°/ o der Theorie. In der sog. Acyloin- oder Benzoinkondensation liegt eine weitere interessante Aldehydreaktion vor, die in der aromatischen Reihe unter der Einwirkung von Kaliumcyanid erfolgt. Es ist sehr wahrscheinlich, daß sich dabei als Zwischenprodukt die Kaliumverbindung des Cyanhydrins bildet. Hier haben wir, analog wie beim Benzylcyanid (S. 249) ein bewegliches H-Atom, das in alkalischem Medium zu einer aldolartigen Kondensation gegen ein zweites Mol Aldehyd geeignet ist: /OK H CeHs - 0 : 0 +gCN CaH6.C< +0:C-C8H6 OK H >- C,H 6 .C—C-C.H, - k c n C4H6• CO• CHOH• C e H s . I I CiNOH Das Kondensationsprodukt geht dann unter Abspaltung von Kaliumcyanid in Benzoin über. Die katalytische Beteiligung des Kaliumcyanids ist augenfällig. Man mache sich den Unterschied zwischen dieser Reaktion und der Cyanhydrin-Synthese klar. Wie Benzaldehyd reagieren seine Substitutionsprodukte (Anisaldehyd gibt Anisoin) und auch Furfurol (Furoin; formulieren!). Die Acyloin-Synthese ist deshalb für die aromatischen Aldehyde besonders charakteristisch, weil hier das tertiäre C-Atom am Kern die an sich viel begünstigtere Aldolkondensation nicht zuläßt. Ihren einfachsten Ausdruck treffen wir übrigens schon beim Formaldehyd (S. 210); Glykolaldehyd ist das einfachste Acyloin. Dann entstehen diese Verbindungen in der Fettreihe bei der Einwirkung von Natrium oder Kalium auf Säureester, daher auch als Nebenprodukte bei der Acetessigester-Synthese (BOUYEAULT, SOHEIBLEB). Endlich hat man auch in der lebenden Zelle Hilfsmittel zur Acyloin- Synthese aufgefunden, Enzyme (sog. Carboligasen), durch welche die Vereinigung zweier Aldehydmolekeln im Sinne der Acyloinbildung gerichtet wird. So wird Benzaldehyd in gärender Hefe durch das Zwischenprodukt des Gärprozesses, den Acetaldehyd zu dem (optisch aktiven) Benzacetoin CaH6• CHOH-CO• CH3 kombiniert. Setzt man Acetaldehyd selbst zu, so entsteht Acetoin (NEUBEEG). Die Acyloine stehen als a-Oxyketone in gewisser Beziehung zu den Ketosen. Wie diese reduzieren sie FEHLING sehe Lösung und gleich ihnen werden sie durch Phenylhydrazin in Osazone übergeführt.
Aeyloinkondensation.
Benxil
215
Versuch. Man kocht 1 g Benzoin in konz. alkoholischer Lösung mit 1 • 5 ccm Phenylhydrazin einige Zeit auf dem Wasserbad. Nach dem Erkalten kristallisiert das Osazon des Benzils aus. Schmelzp.225°. Man weise das bei der Reaktion entstandene Ammoniak nach. Formulierung des Vorgangs. Die gleiche Verbindung entsteht aus Benzil mit Phenylhydrazin und auch durch Autoxydation von Benzaldehydphenylhydrazon (BUSCH). Über Bildung der Osazone aus a-Oxyketonen (und -aldehyden) wird noch auf S. 285 gehandelt werden. Die präparative Bedeutung der Acyloine beruht auf ihrer Eigenschaft als Zwischenglieder für die Darstellung vieler 1 • 2-Diketone. Der einfachste aromatische Vertreter dieser Gruppe ist das Benzil (analog Anisil, Furil usw.), gleichwie der aliphatische Grundkörper, das Diacetyl CH3-CO-CO-GH3 (und auch das wasserfreie Glyoxal) gelb gefärbt. Zum Diacetyl gelangt man vom Äthylmethylketon aus über sein Monoxim (v. PECHMANN); bemerkenswert ist dessen Kondensation zu p-Xylochinon (formulieren!) Die Nachbarstellung der beiden C=0-Gruppen ergibt sich aus der Kondensierbarkeit der Diketone mit o-Phenylendiamin (Chinoxaline, HINSBEBG).
Versuch. Man löst je etwa 0-1 g Benzil und Benzoin im Reagenzglas in 10 ccm Alkohol und fügt in der Kälte einige Tropfen Lauge zu. Sofort entsteht eine prächtig rote Färbung, die beim Schütteln mit Luft verschwindet, nach kurzer Zeit aber wiederkehrt und durch Schütteln erneut zum Verschwinden gebracht werden kann. Der Wechsel der Farbe läßt sich öfters wiederholen. Wenn nach Zugabe einiger weiterer Tropfen Lauge die Färbung ausbleibt, ist kein Benzoin mehr in der Lösung. Ganz reines Benzil zeigt die Farberscheinung nicht Diese merkwürdige Reaktion kommt dadurch zustande, daß Benzoin durch Alkalien teilweise zu seinem Dienolat, zu Stilbendiolkalium C6H5-C01K: C0K.C6H6 umgelagert wird.1 Dieses, bei Ausschluß von Wasser in orangegelben Kristallen darstellbare Salz gibt mit Benzil die rote luftempfindlicbe Lösung, in der wahrscheinlich das; Radikal Benzilkalium enthalten ist, das auch durch Anlagerung von metallischem Kalium an Benzil entsteht (BECKMANN u n d
PAUL2,
SCHLENK 3 ):
C„H 6 • C = C • C 6 H 6 + C 6 H 5 • C O • C O • C „ H ,
I I
OK
—
2
C E H 6 • C O - C • C E HJ
I
OK
OK
1
SCHEUING, A.. 4 4 0 , 7 2 (1924).
A
A. 2 6 6 , 23
(1891).
» B . 4 6 , 2 8 4 0 ; (1913).
216
Organisch-präparativer Teil
Bei der Autoxydation wird das Radikal teils zu Benzil, teils zu Benzoesäure oxydiert.1 Die wichtigste Reaktion des Benzils und seiner Verwandten ist die schon von J . VON L I E B I G entdeckte B e n z i l s ä u r e u m l a g e r u n g . Versuch. 2 5 g Benzil werden mit 15 ccm Alkohol und der Lösung von 5 g Atzkali in 10 ccm Wasser 10 Minuten lang auf dem Wasserbad im Sieden gehalten. Nach dem Erkalten wird der Kristallbrei von benzilsaurem Kalium scharf abgesaugt, mit wenig Alkohol nachgewaschen und in 20—30 ccm kalten Wassers gelöst. Nach dem Filtrieren wird die klare Lösung in der Siedehitze mit verdünnter Schwefelsäure gefällt und die teilweise in Kristallen abgeschiedene freie Säure heiß abgesaugt und mit heißem Wasser gewaschen. Sie kann direkt aus viel heißem Wasser oder, nach dem Trocknen, aus Benzol umkristallisiert werden. Ausbeute etwa 4 g. Als erstes Stadium der Umlagerung, die gemäß der Gleichung: < H >OH.COOK C.H/ vor sich geht, tritt ein Additionsprodukt von Benzil mit einem Mol Alkalihydroxyd auf (SCHEÜING), von dem aus nun der Platzwechsel, der offenbar durch das Neutralisationsbestreben des Kaliums ausgelöst wird, erfolgt: C.H„-CO-CO-C6Hs + KOH —>-
C,Hs.C.CO.C,H, / \ HO OK I
C
—C6H5.A.CO. I HO OK
Phenanthrenchinon liefert in gleichlaufender Reaktion Biphenylenglykolsäure (Formulieren). Die Benzilsäureumlagerung spielt außerdem bei vielen anderen Reaktionen eine Rolle (Krokonsäure, Purpurogallin). Ihr nahe verwandt ist die sog. P i n a k o l i n u m l a g e r u n g : CH,\ /CH„ CH, V >C C CH, >>C—C< - C x. CH 3 / | / \ f 3 C H- / I I 1I CH CH, OH OH OH OH Pinakon ch3X >>C C.CH, CH/ | || CHS 0 Pinakolin 1 Vgl. dazu A . WEISSBERGEE, H . MAINZ U. E . STBASSER, Ber. 62, 1942(1929). a Nach H . v. LIEBIG, Ber. 4 1 , 1 6 4 4 (1908).
V, 5
Acyloinkondensation.
Pinakolinumlagerung
217
Auch hier wird formal OH gegen einen Kohlenstoffrest, CH3 vertauscht, -wiewohl in Wirklichkeit — es wird konz. Schwefelsäure verwendet — die Wasserabspaltung zwischen den beiden OH-Gruppen die Abwanderung einer Methylgruppe herausfordert. Wir schließen kurz die Erwähnung einer in das gleiche Gebiet gehörenden, in neuerer Zeit viel studierten Umlagerung an, die man — nicht ganz richtig — als R e t r o p i n a k o l i n u m l a g e r u n g bezeichnet. Sie hat zum Inhalt den unter Wasserabspaltung verlaufenden Übergang von P i n a k o l i n a l k o h o l in T e t r a m e t h y l ä t h y l e n : CHJS /CHA CH, -CH„ . N O >C=C< >/ l CH,/ | / \ ^ C H / \ C H , ~'J, H OH öl CH, Ihr nahe verwandt ist die Umformung des Borneols und seiner Derivate in den Camphentyp: CH CH
CHOH
-HjO^
'FLJ I CH, C(CH,), I ¿H, -CH
ÖhT ^b(CH 3 ), CH,
C*
CH, | CH
Camphen Der einzige Unterschied zwischen den beiden Eeaktionen besteht, wie man sieht, darin, daß die Doppelbindung sich gegen die Methylgruppe von a, b nach b, c verschoben hat. Zwischen a und b kann nämlich aus räumlichen Gründen keine Doppelbindung existieren, da gemäß der BBBDT sehen Regel in einem bicyclischen Ringsystem von der Art des Camphans keines der beiden Ringen gemeinsamen C-Atome an einer ungesättigten Bindung teilnehmen kann. Die zweite angegebene Camphenformel stellt, wie der nähere Einblick lehrt, nur eine andere, übersichtlichere Schreibweise für den Kohlenwasserstoff dar. Über diese wichtigen Arbeiten, die hier nur kurz berührt werden können, unterrichte man sich aus den Arbeiten von H . MEERWEIN. Eine klare und umfassende Darstellung der molekularen Umlagerungen findet sich in HENBICH, Theorien der organischen Chemie, 5. Aufl., 1924, Kap. XVII. Nur eine präparativ sehr schöne Umlagerungsreaktion, die auch vom Benzil ausgeht, soll hier noch erwähnt werden, nämlich seine Überführung in D i p h e n y l k e t e n nach G. SCHBÖTEB [Ber. 4 2 , 2346 (1909)]. Das H y d r a z o n des Benzils wird durch Quecksilberoxyd (das man sich am besten selbst bereitet) zur Diazoverbindung, dem sog. „Azibenzil" dehydriert (CUBTIÜS, STAUDINGEB):
218
Organischrpräparativer Teil
CeHj • CO • C • C(Hg >- CjH, • CO • C • C6H5. II / \ N-NH, N=N Erhitzt man dieses unter Ausschluß von Luft und Feuchtigkeit in Benzol, so spaltet es seinen Stickstoff ab und der Rest lagert sich in Diphenylketen um: CeHs•CO«C-C6Hs 0=C=C/ 6 \ x A c„H 6 Zu diesem interessanten Ketenderivat gelangt man auch nach dem alten Verfahren von Staudinqer von der Benzilsäure aus, indem man diese mit PClg in Diphenyl-chloracetylchlorid verwandelt und aus ihm mit Zink die beiden Chloratome herausnimmt (Formulieren!). Was ist Kohlensuboxyd? Über die Klasse der Ketene unterrichte man sich in H. Staudingeb, Die Ketene. Stuttgart 1912. 6. Anlagerung von Cyanwasserstoff an einen Aldehyd. Mandelsäure aus Benzaldehyd.
M a n d e l s ä u r e n i t r i l . 15 g frisch destillierter Benzaldehyd werden in einem Zylinder mit Gummistopfen mit etwa 50 com einer konzentrierten Lösung von Natriumbisulfit versetzt. Die Mischung wird so lange mit einem Glasstabe umgerührt, bis sie H
/ zu einem Brei der Doppelverbindung CLH-.C^-OH erstarrt \SO s Na ist, und dann noch kräftig durchgeschüttelt. Man filtriert diese an der Saugpumpe ab, preßt sie fest zusammen und wäscht einige Male mit wenig eiskaltem Wasser nach. Die Doppelverbindung wird dann mit etwas Wasser zu einem dicken Brei angerührt und mit einer erkalteten Lösung von 12 g reinem Kaliumcyanid in 25 ccm Wasser versetzt. Nach kurzer Zeit gehen, besonders leicht beim Umrühren, die Kristalle in Lösung, und das Mandelsäurenitril scheidet sich als Ol ab, welches man im Scheidetrichter von der wäßrigen Lösung trennt und alsbald weiter verarbeitet. Y e r s e i f u n g des Nitrils. Das Nitril wird in einer Porzellanschale mit dem vierfachen Volumen konzentrierter Salzsäure auf dem Wasserbad so weit eingedampft, bis sich an der Oberfläche der Flüssigkeit Kristalle reichlich abzuscheiden beginnen. Man läßt das Reaktionsgemisch dann über Nacht an einem kühlen Ort stehen, filtriert die abgeschiedenen Kristalle nach dem Verreiben mit wenig Wasser an der Saugpumpe ab und wäscht sie mit nicht zu viel Wasser nach. Aus dem Filtrat gewinnt man durch Ausäthern noch eine weitere Menge der Säure.
Mandelsäure aus Benzaldehyd
219
Die rohe Mandelsäure wird auf einem Tonteller abgepreßt, getrocknet und durch Kristallisation aus Benzol rein erhalten. Schmelzp. 118°. Ausbeute etwa 10—15 g. S p a l t u n g d e r i n a k t i v e n M a n d e l s ä u r e in i h r e a k t i v e n K o m p o n e n t e n . 1 Eine Mischung von 10 g kristallisierter Mandelsäure und 20 g kristallisiertem Cinchonin wird mit 500 ccm Wasser unter recht häufigem Umschütteln eine Stunde lang in einem offenen Kolben auf einem lebhaft siedenden Wasserhade erhitzt. Nach dem Erkalten filtriert man vom Ungelösten ab, ohne mit Wasser nachzuwaschen. In die klare Lösung (a) trägt man dann einige Kristalle von d-mandelsaurem Cinchonin ein (siehe unten) und läßt j e nach Bedürfais einen T a g bis mehrere Tage an einem kühlen Ort stehen (6—8°; im Sommer im Eisschrank, im Winter event. im Keller). D a s hierbei abgeschiedene rohe d-mandelsaure Cinchonin saugt man ab (Filtrat A aufbewahren) und kristallisiert es aus der 20 fachen Menge heißen Wassers um. Impft man der Lösung einige Kristalle d-mandelsauren Cinchonins ein, so kristallisiert beim längeren Stehen unter den gleichen Bedingungen wie oben ein reineres Salz aus. Um die freie Rechtsmandelsäure zu erhalten, löst man das gereinigte Salz in nicht zu viel Wasser auf und versetzt mit Ammoniak im geringen Überschuß, wodurch Cinchonin ausgefallt wird, welches man abfiltriert und nach der Umkristallisation aus verdünntem Alkohol für einen neuen Versuch wieder benutzen kann. Das Filtrat, welches d-mandelsaures Ammonium enthält, wird mit Salzsäure angesäuert und mit Äther ausgeschüttelt. Erhitzt man den nach dem Verdampfen des Äthers hinterbleibenden Rückstand einige Zeit auf einem Uhrglase auf dem Wasserbade, so erstarrt er beim Abkühlen zu Kristallen von d-Mandelsäure, welche nach dem Abpressen auf einem Tonteller aus Benzol umkristallisiert werden. Schmelzp. 133—134°. Eeine 1-Mandelsäure läßt sich bei Anwendung kleiner Mengen von d, 1-Mandelsäure nicht leicht erhalten. Ein wenn auch nur schwach linksdrehendes Präparat gewinnt man jedoch auf die folgende Weise: Das oben erhaltene Filtrat Ä verarbeitet man, wie soeben beim reinen d-mandelsauren Cinchonin beschrieben, auf die freie Säure, welche, da j a ein Teil der d-Modifikation entfernt worden ist, linksdrehend sein muß. 1
Vgl. B . 16, 1773 (1883) und 3 2 , 2385 (1899).
220
Organisch-präparativer Teil
Von den so erhaltenen drei Präparaten, nämlich 1. inaktiver racemischer, 2. reiner d-Säure und 3. unreiner 1-Säure stelle man sich wäßrige Lösungen von geeigneter Konzentration her und untersuche diese im Polarisationsapparat auf ihr Drehungsvermögen. Ist man nicht im Besitze von d-mandelsaurem Cinchonin, so stellt man sich für den ersten Versuch ein geeignetes Impfmaterial auf die folgende Weise dar: Einige Kubikzentimeter der oben erhaltenen Lösung (a) werden tropfenweise so lange mit einer gesättigten wäßrigen Kochsalzlösung versetzt, bis eine geringe Fällung eingetreten ist. Man erhitzt dann bis zur Lösung und läßt stehen, bis sich Kristalle abgeschieden haben, wozu u. U. eintägiges Stehen erforderlich ist. Die so erhaltenen Kristalle sind salzsaures Cinchonin, auf denen geringe Mengen von d-mandelsaurem Cinchonin niedergeschlagen sind, welche jedoch genügen, um die weitere Abscheidung des d-Salzes zu veranlassen.
7. Alanin.1 13*2 g (0-3 Mol) frisch destillierter Acetaldehyd werden, in 100 ccm Äther gelöst, in einer Druckflasche (Fig. 29) über eine kalt gesättigte wäßrige Lösung von 18 g Ammoniumchlorid geschichtet. Dazu läßt man unter Umschütteln und Eiskühlung aus einem Tropftrichter eine Lösung von 20 g Natriumcyanid in 30 ccm Wasser langsam zutropfen. Hierauf schüttelt man die verschlossene Flasche bei Raumtemperatur 3 Stunden lang auf der Maschine, versetzt dann in einem */2-Liter-Rundkolben unter Eiskühlung nach und nach mit 100 ccm konzentrierter Salzsäure (Abzug! freie Blausäure!), dampft den Äther am absteigenden Kühler ab, läßt noch 1 Stunde auf dem siedenden Wasserbad und dampft schließlich die braun gewordene Lösung in einer Schale zur Trockne. Der völlig trockene, von HCl freie (Geruch!) Rückstand wird in einem kleinen Rundkolben zweimal mit 100 ccm Alkohol ausgekocht, die filtrierten alkoholischen Auszüge dampft man erneut ein und trocknet den Rückstand zum Schluß im Vakuum auf dem Wasserbad. Jetzt befreit man das salzsaure Alanin, indem man es in 100 ccm heißem, absolutem Alkohol, dem 5 ccm Äther zugesetzt sind, aufnimmt, von mitgegangenem Natriumchlorid und dampft die alkoholische Lösung des Alaninsalzes wiederum ein. Dieses Salz, das schwer kristallisiert zu erhalten ist, wird auf folgendem Weg in die freie Aminosäure umgewandelt 1
A. STBECKEB, A. 75, 30 (1850); Zelinsky U. STADNIKOW, B. 41, 2061 (1908).
Alanin
221
Man spült das Chlorhydrat mit 100 ccm Wasser in ein Becherglas und kocht so lange, etwa 10—15 Minuten, mit 40—50 g nach und nach zugesetzter ßleiglätte, bis sich kein Ammoniak (aus etwas mit gelöstem NH4C1) mehr entwickelt. Dann wird heiß abgesaugt, mit 20—30 ccm heißem Wasser nachgewaschen und das braungefärbte, aber klare Filtrat durch Einleiten von Schwefel Wasserstoff heiß entbleit. Das Bleisulfid saugt man auf der Nutsche ab und schüttelt das Filtrat, noch lauwarm, in einer Glasstöpselflasche, deren Stopfen man von Zeit zu Zeit lüftet, mit etwa 3 g frisch gefälltem und sorgfältig ausgewaschenem Silbercarbonat, um alle Chlorionen — die von der Löslichkeit des Bleichlorids stammen — zu entfernen (Prüfung mit einer Probe). Die filtrierte Lösung, in die man nochmals kurz Schwefelwasserstoff eingeleitet hat, hinterläßt nach dem Eindampfen das Alanin als dunklen Sirup, der beim Anreiben mit absolutem Alkohol kristallisiert. Man saugt nach einigem Stehen scharf ab wäscht mit wenig absolutem Alkohol, dann mit absolutem Äther und trocknet im Vakuumexsiccator. Ausbeute 15—20 g. Das Alanin kann aus der gleichen Menge Wasser, aber mit starken Verlusten, umkristallisiert werden. Besser löst man in der eben nötigen Menge siedenden Wassers und fügt in der Siedehitze so lange Alkohol zu, bis die Kristallisation einsetzt. Schmelzp. 264° (unter Zersetzung). Zu 6 iL 7, Die hier durchgeführte Methode der CyanhydrinSynthese — Umsetzung der Bisulfitverbindung des Aldehyds mit Kaliumcyanid — läßt sich nicht in allen Fällen anwenden. Häufig benutzt man konzentrierte Lösungen von Blausäure oder auch wasserfreie Blausäure. Der allgemeinen Synthese von a-Oxysäuren steht die der «-Aminosäuren gegenüber, deren Nitrile bei der Anlagerung von Cyanammonium an Aldehyde oder Ketone entstehen (STRECKER). Über weitere Aminosäure-Synthesen siehe Präp. VII, 2, S. 263. Das Amygdalin der bitteren Mandeln und andrer Steinfrüchte ist die glucosidische Verbindung von 1-Mandelsäurenitril mit Gentiobiose (siehe S. 382) und zwar gehört es zu der Klasse der /9-Glucoside, da es durch das Enzym Emulsin in 2 Mol Glucose, Benzaldehyd und Blausäure gespalten wird. Die natürliche 1-Mandelsäure wurde zuerst durch Säurespaltung des Amygdalins von LEEBIG erhalten. In der Zuckergruppe ist die Cyanhydrinsynthese von H . KTLIANI für den Aufbau höherer Zucker herangezogen worden. Die Carbonsäuren, die aus der Yerseifung der Nitrile hervorgehen, können in Form ihrer Lactone zu den entsprechenden Aldehyden reduziert werden.
222
HC=0 I HCOH HOCH
Organisch-präparativer Teil CN I HCOH1 I HCOH I HOCH
/CO
HC=0 I HCOH I
/\ / HCOH
0
HCOH \CH I HCOH I HCOH
HioH I HCOH I CH,OH
HCOH -
I
HOCH
I
HCHO
HCOH I I HCOH HCOH I I CHsOH CHJOH CH,OH d-Glucoheptose d-Glucose Bei unserer Synthese des Mandelsäurenitrils wird ein asymmetrisches Kohlenstoffatom gebildet, aber von den beiden Antipoden entstehen genau gleichviel Moleküle, da die Wahrscheinlichkeit für die beiden räumlichen Vorgänge gleich groß ist: Ph. .OH W
>C=
"-CN \
Ph. W
/ X
CN OH
d- und 1-Form unterscheiden sich nur durch Kristallform und Drehungsrichtung; in allen andern physikalischen und in allen chemischen Eigenschaften verhalten sie sich vollkommen gleich. Die Salze der beiden Konfigurationen mit einer optisch aktiven Base stehen aber nicht mehr im Verhältnis von Bild und Spiegelbild zueinander und daraus ergeben sich Unterschiede der physikalischen Konstanten, z. B. der Löslichkeit. Wie trennt man racemische Basen? Enzyme sind spezifisch auf eine bestimmte Konfiguration eingestellt. Darauf beruhen die Pasteue sehe Spaltung der Traubensäure auf biologischem Weg, durch Schimmelpilze, die auch bei der racemischen Mandelsäure anwendbar ist, ferner die partielle Verdauung racemischer Polypeptide nach E. Fischeb und zahlreiche andere Vorgänge. 8. Ferkln sehe Synthese. Zimtsäure ans Benzaldehyd und Essigsäure. 2 1 g (0-2 Mol) Benzaldehyd, 30 g Essigsäureanhydrid, beide frisch destilliert, und 10 g pulverisiertes, wasserfreies NatriumCN 1 Gleichzeitig entsteht die antipodische Konfiguration jjqqjj , aber I nicht wie bei der Bildung eines einfachen Racemkörpers in der gleichen Menge. Das schon vorher asymmetrische Molekül übt einen richtenden Einfluß, durch den in solchen Fällen eine der beiden Konfigurationen begünstigt wird.
V, 8
Perkinsche Synthese.
Zimtsäure aus Benzaldehyd usw.
223
acetat (vgl. S. 119) werden in einem Kolben, welcher mit einem weiten, etwa 80 cm langen Steigrohr verbunden ist, morgens angesetzt und 8 Stunden lang in einem Ölbade auf 180° erhitzt. Nach beendigter Reaktion gießt man das heiße Reaktionsgemisch in einen geräumigen Kolben, spült mit Wasser nach und leitet so lange Wasserdampf hindurch, bis kein Benzaldehyd mehr überg e h t Man wendet hierbei so viel Wasser an, daß die Zimtsäure bis auf einen kleinen Rest einer öligen Verunreinigung sich in Lösung befindet. Man kocht dann die Lösung noch kurze Zeit mit etwas Tierkohle und filtriert ab, worauf sich beim Abkühlen die Zimtsäure in glänzenden Blättern abscheidet. Sollte sie nicht sofort den richtigen Schmelzpunkt besitzen, so kristallisiert man sie nochmals aus heißem Wasser um. Schmelzp. 133°. Ausbeute etwa 15 g. Die PEBKiNSche R e a k t i o n erfolgt nach dem allgemeinen Prinzip der Aldehydkondensationen, nämlich unter Abspaltung des Sauerstoffs mit 2 Wasserstoffatomen einer Methylen- oder Methylgruppe. Von der Reaktionsfähigkeit der letzteren hängen die Bedingungen ab. Aldehyd gegen Aldehyd oder Keton: schon in der Kälte mit Säuren oder Alkalien als Katalysatoren. Aldehyd gegen Säure-anhydrid: hohe Temperatur, Alkalisalz als Kondensationsmittel. 1 Der Unterschied der Bedingungen ist auf die geringe Reaktionsfähigkeit der Methylgruppe (bzw. «-Methylengruppe) im Säureanhydrid zurückzuführen. Die Bernsteinsäure ist der Kondensation an ihren beiden C0 2 Gruppen zugänglich. Mit ungesättigten Aldehyden wie Zimtaldehyd gelangt man, unter Anwendung von Bleioxyd als Katalysator, zu mehrfach ungesättigten Dicarbonsäuren, die durch Abspaltung von 2 C0 2 in die farbigen „ P o l y e n e " übergehen (R. K Ü H N 2 ) . 2C,H 6 .CH=CH.CHO+
H 2 C'CO s H CeH5 • CH=CH • CH=C • I CO J H I —>• | ;zz: . H,C • C0 2 II C6H5 • CH=CH • CH—C • | C0 2 |H
Mit dem 3 fach ungesättigten Aldehyd C„H6 • CH=CH • CH=CH • CH=CH • CHO führt diese Synthese zu dem k u p f e r r o t e n Kohlenwasserstoff C 28 H 26 , der 8 konjugierte Doppelbindungen enthält. Rein aliphatische Polyene setzen die interessante Gruppe der Carot i n o i d e zusammen. Das Carotin selbst C 40 H 6a , der Farbstoff der Möhre, enthält 11, wahrscheinlich konjugierte Doppelbindungen, das mit ihm isomere L y c o p i n der Tomate und Hagebutte deren 13. 1
Siehe KALMIN, Helv. ' Helv. XI, 8 7 ( 1 9 2 8 ) .
X I , 977
(1928).
224
Organisch-präparativer Teil
Diesen Kohlenwasserstoffen steht nahe der Begleiter des Chlorophylls, das X a n t h o p h y l l C 4 0 H 5 G O 2 (WILLSTÄTTEB) und der mit ihm isomere gelbe Farbstoff des Maises, das Z e a x a n t h i n ( K A B B E B ) . Hierher gehören auch als Polyen-carbonsäuren die Crocetine des Safrans ( K A B B E B ) und d.is rote Bixin aus Orlean (KUHN). Der rote Farbstoff der Judenkirsche, das P h y s a l i e n ist ein 2 wertiger, mit Palmitinsäure veresterter Polyen-alkohol ( K U H N , ZECHMEISTEB), ein wahres „Lipochrom". Das Carotin scheint nach den wichtigen Untersuchungen yon E U L E R und K A B B E B dem wachstumfördernden Vitamin A sehr nahe zu stehen.1 Wir haben in der präparativ behandelten Reaktion ein wichtiges Hilfsmittel, um (3-Arylacrylsäuren und durch deren Hydrierung (3-Arylpropionsäuren zu erzeugen. Anwendung in der Alkaloidchemie, Synthese des Cumarins aus Salicylaldehyd. In der H i p p u r s ä u r e sowie in der Malonsäure sind die Methylengruppen viel reaktionsfähiger als in der Essigsäure. Beide lassen sich daher unter viel milderen Bedingungen, z. B. schon durch Pyridin, mit Aldehyden kondensieren. Die Anwendung der Malonsäure bedeutet eine Ergänzung der PEBKiNschen Reaktion für die Fettreihe (DOEBNEB), Z. B . :
/CO OH >- CH3-CH=C< M300H >- CH, • CH=CH • COOH + CO,. Crotonaäure Es existieren zwei Zimtsäuren von verschiedener Konfiguration, die im Verhältnis der cis-trans-Isomerie zueinander stehen. Die gewöhnliche Zimtsäure entspricht der Transform (Fumarsäure); die cisZimtsäure heißt Allozimtsäure und ist neben der isomeren zuerst im Pflanzenreich aufgefunden worden. Synthetisch wird sie durch partielle katalytische Hydrierung mit Platin und H 2 aus Phenylpropiolsäure C g H 6 -C=C—COOH erhalten (PAAL), die ihrerseits aus Zimtsäuredibromid unter zweifacher Abspaltung von HBr zugänglich ist. Indigosynthese von B A E T E B aus o-Nitrophenylpropiolsäure. Zwei weitere Zimtsäuren vom Schmelzp. 42° und 58° sind als kristallographisch verschiedene, polymorphe Formen der Allozimtsäure erkannt worden CHs-CHO + CH^COOH),
(BULMANN).
Versuch. H y d r i e r u n g der Zimtsäure. In einer Glasstöpselflasche von 250 ccm Inhalt löst man 10 g Zimtsäure unter Schütteln in verd. Natronlauge, so daß das Volumen etwa 100 ccm beträgt. Man gibt die Lauge nach und nach zu und prüft mit Phenolphthaleinpapier — ein Tropfen Lösung auf Filtrierpapier und Tüpfelprobe — auf eben alkalische Reaktion. Dann trägt man in kleinen Stücken nach und nach frisches 2-proc. Natrium1
S i e h e JAVILLIER, BL. 4 7 , 4 8 9 (1930).
V, 8
Perkinsche Synthese. Zimtsäure aus Benxaldehyd, usw.
225
amalgam (Darstellung siehe unten) unter stetem Schütteln und öfterem Lüften des Stopfens ein, im ganzen etwa 250 g. Zum Schluß erwärmt man noch im Wasserbad (in warmes Wasser einstellen und dann anheizen), bis sich alles Quecksilber verflüssigt hat, läßt nach dem Erkalten das Metall im Scheidetrichter ab und säuert mit Salzsäure an, wobei sich die Hydrozimtsäure zunächst ölig abscheidet. Durch Abkühlen und Reiben erstarrt sie, man saugt dann ab und kristallisiert aus heißem, etwas Salzsäure enthaltendem Wasser um. Wegen des niedrigen Schmelzpunktes der Säure (47°) muß man langsam abkühlen lassen. Vgl. S. 7. Ausbeute 8 g. Eine Probe, in wenig verd. Sodalösung gelöst, darf einen Tropfen Permanganatlösung nicht entfärben. Die Hydrierung der Zimtsäure wird auch auf katalytischem Weg durchgeführt (S. 364). Wer die eben beschriebene Methode wählt, hydriere dort Linolensäure oder Phenol. Natriumamalgam. Quecksilber und Natrium reagieren sehr heftig, unter Feuererscheinung, miteinander; daher Abzug und Schutzbrille! Man wärmt 300 g Quecksilber in einer mittelgroßen Eeibschale auf 30—40° vor, spießt das in kleine Würfel geschnittene Natrium (im ganzen 6-5 g) auf einen spitzen, etwa 30 cm langen Glasstab und drückt die einzelnen Stückchen in rascher Folge unter das Quecksilber, wobei man zum Schutz gegen das Verspritzen einen Tonteller auflegt. Das erstarrte Amalgam wird noch warm in kleine Stücke zerschlagen und in einem gut verschlossenen Gefäß aufbewahrt. Größere Mengen Natriumamalgam werden am besten in einem hessischen Tiegel dargestellt; man läßt größere Natriumstücke, an einemlangenundschwerenGlasstab aufgespießt, durchdessenGewicht in das erwärmte Quecksilber hineingleiten. Um höher- als 3-proc. Amalgam zu erhalten, muß der Tiegel mit einer Flamme geheizt werden. a, ^-ungesättigte CarbonylVerbindungen (Aldehyde, Ketone, Ester und Säuren) sind schon durch die üblichen Reduktionsmittel, wie Zink und Säure, Natriumamalgam, Natrium und Alkohol, hydrierbar, während die Kohlenstoffdoppelbindung sich bei Olefinen nur durch katalytisch erregten Wasserstoff absättigen läßt. Nach T H I E L E ergibt sich •die Erklärung für diese Verhältnisse in der Annahme einer 1,4-Addition, für die der doppelt gebundene Sauerstoff dem Wasserstoff einen geeigneten Angriffspunkt darbietet: >
15
226
Organisch-präparativer
Teil
Auch die Doppelbindungen des Benzolkerns treten in dieser Weise mit benachbarten Carboxylgruppen in die Beziehung der Konjugation. H y d r i e r u n g der B e n z o e s ä u r e und der P h t h a l s ä u r e n durch Natrium in Alkohol (BAEYEB). Aber auch K o h l e n w a s s e r s t o f f e vom T y p u s des S t y r o l s können durch das gleiche Reduktionsmittel hydriert werden ( K L A G E B ) , Z. B.: C , H
6
. C H = C H - C H
3
2h
>
C„He• C H 2 • C H S • GEL,.
9. Reimer-Tiemann sehe Synthese. Salicylaldehyd aus Phenol und Chloroform.1 In einem Rundkolben von 1 Liter Inhalt löst man 80 g Natron in 80 ccm Wasser unter Erwärmen auf, versetzt warm mit 25 g reinem P h e n o l und kühlt die Lösung, ohne sie hierbei umzuschüttein — damit ein Auskristallisieren von Phenolnatrium vermieden wird —, durch Eintauchen in kaltes Wasser auf 60—65° ab. Man verbindet dann den Kolben durch einen zweifach durchbohrten Kork einerseits mit einem gut wirkenden Rüekflußkühler und anderseits mit einem Thermometer, dessen Kugel in die Flüssigkeit eintaucht, und gießt von 60 g Chloroform zunächst ein Drittel durch das Kühlrohr, worauf beim gelinden Ümschütteln die Flüssigkeit vorübergehend eine fuchsinrote Farbe annimmt. Unter Regulierung der Temperatur auf das Gebiet zwischen 65 0 und 70 0 durch Eintauchen des Kolbens in kaltes oder heißes Wasser fügt man nach etwa 10 Minuten das zweite Drittel und nach weiteren 15 Minuten den Rest des Chloroforms zu; in diesem Stadium soll öfters geschüttelt werden. Zum Schluß wird noch eine Stunde lang auf dem Wasserbad erwärmt, dann leitet man durch das Reaktionsprodukt Wasserdampf, bis kein Chloroform mehr übergeht. Man läßt nun etwas abkühlen und säuert die orange gefärbte alkalische Flüssigkeit vorsichtig mit verdünnter Schwefelsäure an, wobei sie fast farblos wird, und leitet schließlich so lange Wasserdampf ein, bis mit dem Wasser keine Oltropfen mehr übergehen. Das Destillat wird sodann mit Äther aufgenommen und die ätherische Schicht vom Wasser getrennt, worauf man die Hauptmenge des Äthers auf dem Wasserbade verdampft. Der Rückstand, der neben Salicylaldehyd unverändertes Phenol enthält, wird nun in einer kleinen Glasstöpselfiasche mit dem doppelten Volumen konzentrierter käuflicher Natriumbisulfitlösung kräftig 1
B . 0 , 423, 824 (1876); 1 0 ,
1 5 6 2 ( 1 8 7 7 ) ; 1 5 , 2 6 8 5 ( 1 8 8 2 ) UBW.
Reimer-Tiemannsehe
227
Synthese usw.
durchgeschüttelt, wobei sich ein fester Brei der Bisulfitverbindung des Aldehyds abscheiden muß. Nach 1 / 2 - bis 1 ständigem Stehen filtriert man die abgeschiedenen Kristalle an der Saugpumpe (Filterplatte) ab, preßt sie fest zusammen und wäscht zur vollständigen Entfernung noch anhaftenden Phenols mehrere Male mit Alkohol und schließlich mit Äther nach. Die perlmutterglänzenden Blättchen werden dann in einem kleinen Rundkolben mit Steigrohr durch gelindes Erwärmen mit verdünnter Schwefelsäure auf dem Wasserbad zersetzt. Nach dem Erkalten nimmt man den abgeschiedenen Aldehyd mit Äther auf, trocknet die ätherische Lösung mit entwässertem Glaubersalz und unterwirft den nach dem Verdampfen des Äthers hinterbleibenden reinen Aldehyd der Destillation, wobei er bei 196° übergeht. Die Ausbeute beträgt 10—12 g. Der mit Wasserdämpfen nicht flüchtige p - O x y b e n z a l d e h y d kristallisiert aus dem heiß filtrierten und mit Kochsalz gesättigten Rückstand der Wasserdampfdestillation öfters erst nach längerem Stehen aus. Äthert man nach dem Abfiltrieren das Filtrat aus, so erhält man noch eine weitere Menge, welche gemeinsam mit der ersten durch Umkristallisieren aus Wasser unter Zusatz von etwas wäßriger schwefliger Säure gereinigt werden kann. Schmelzp. 116°. Ausbeute 2—3 g. Das Präparat mißlingt, wenn das Phenolnatrium gleich zu Beginn auskristallisiert. Diese auch bei substituierten Phenolen allgemein anwendbare, aber wegen des Eintretens von Nebenreaktionen meist wenig ertragreiche Synthese erinnert in ihrem Ergebnis sehr stark an die Kolbesche Salicylsäuresynthese (VI, 4 S. 238) und man könnte versucht sein, ihren Verlauf gleichartig aufzufassen, wie er dort als wahrscheinlich erwiesen ist: daß nämlich auf dem "Weg des doppelten Austausches unter Abspaltung von einem Mol NaCl das Chloroform am Sauerstoff fixiert werde, dann die beiden übrigen Chloratome sich gegen Sauerstoff vertauschten und schließlich der so entstandene Phenylameisensäureester eine dem Phenylcarbonat entsprechende Umlagerung unter Wanderung der Formylgruppe (nach o- oder p-) erfahre:
15*
Orgcmisch-präparativer Teil
228
Wahrscheinlicher drückt sich jedoch de Vorgang darin aus, daß zuerst Chloroform an eine Doppelbinlung a n g e l a g e r t wird und daß der Prozeß dann in nachstehender, leicht ersichtlicher Form weiterschreitet: -ONa
3c
ONa Cl
i—OH
CHO X ^ c h o CHC1, Für diesen Verlauf spricht entschieden da Tatsache, daß Additionsprodukte, die nur auf einem analogen We; entstanden sein können, isoliert wurden und zwar aus o- und p-Kreol (Auwebs, B. 35, 4207 [1902]). Das primäre Produkt aus o-Kresol kam, wie man sieht, wegen der CH3-Gruppe den aromatischen Kern niclt zurückbilden: ,ONa -Cl Uch. ^ ^ CHCl,
JUCH» ^^-CHCl,
Es wird lediglich NaCl abgespalten uid ohne dlaß die beiden andern Cl-Atome hydrolytisch herausgenomnen würden, entsteht ein chinolartiger Körper, wie ihn die Formel darstellt. Beim p-Kresol erfolgt die Anlagerung des Chloroforms in 1,4Stellung: NaO Cl O ONa i|T
H,
CHClj
ClH„ CHC1,
Wir haben in dieser Reaktion einen wichigen Beewieis dafür, daß am Benzolkern Additionen in 1, 4-Stellung stattfinde», und zum mindesten einen wertvollen Anhaltspunkt, daß de neben deir o-Substitution so häufige p-Substitution ebenfalls auf dem Weg eimer vorangehenden 1, 4-Addition zustande kommt (vgl. dazu S. 105). Versuche. Einige Tropfen Salicylallehyd werden in Natronlauge gelöst; intensiv gelbes Natriumsalz. Ein Tropfen Eisenchlorid färbt eine wißrige codier alkoholische Lösung des Aldehyds intensiv violett. Im Geruch herrscht der phenolische Bestmdteil vcor.. Salicylaldehyd ist der Autoxydation weit weniger zugänglich als Bien:zaldehyd. Man vergleiche die beiden Aldehyde, ron denieni man je einige Tropfen auf einem Uhrglas an der Luft stehen llälßt.
Fi, 1
Überführung einer Sulfonsäure in ein Phenol
229
Guajacol liefert mit Chloroform und Alkali in schlechter Ausbeute V a n i l l i n , neben dem o-Aldehyd. Nach der P E B K I N sehen Reaktion entsteht aus Salicylaldehyd und Natriumacetat Cumarin. (Formulieren!)
VI. Phenole und Enole.
Keto-Enol-Tautomerie.
1. Überführung einer Sulfonsäure in ein Phenol. ^-Naphthol.1 Gebraucht werden: 70 g (0-3 Mol) ß-naphthalinsulfonsaures Natrium 2 , 210 g Ätznatron, 20 ccm Wasser. Das zerkleinerte Natron wird in einem Kupfer- oder Nickeltiegel mit dem Wasser versetzt und unter Umrühren auf 280° erhitzt. Das Thermometer, das auch zum Umrühren benutzt wird, steckt in einer etwa 16 ccm langen und 0-8 cm weiten Kupferoder Nickelhülse; eine 1 cm hohe Olschicht bedeckt die Kugel. Zum Festhalten dient ein übergezogener Kork. (Siehe Fig. 50.) Schutzbrille und Handschuhe! Sobald die Temperatur von 280° erreicht ist, trägt man unter fortdauerndem Erwärmen mit einer etwas kleineren Flamme das naphthalinsulfonsaure Natrium unter Umrühren ziemlich rasch ein, wobei man die Temperatur zwischen 260 und 280° hält. Nachdem alles Salz eingetragen ist, vergrößert man die Flamme etwas, wodurch die Schmelze unter EntWickelung von Wasserdämpfen und Aufblähen schleimiger wird, bis schließlich bei 310° die eigentliche Reaktion eintritt. Nachdem man die Temperatur etwa 5 Minuten bei 310—320° gehalten, ist die Schmelze dünnflüssig geworden und die Reaktion beendet. Man gießt die Schmelze dann sofort auf ein starkes Kupferblech, ^S- 5 0 dessen Ränder etwas aufwärts gebogen sind, in dünner Schicht aus; die obere dunkle Schicht besteht aus Naphtholnatrium. Nach dem Erkalten löst man die zerkleinerte Schmelze in Wasser auf, fällt das Naphtol mit konzentrierter Salzsäure aus und nimmt nach dem Erkalten mit Äther auf. Nach dem Trocknen der ätherischen Lösung durch entwässertes Grlauber1
E. FISCHEB, Anleitung zur Darstellung organischer Präparate. 9. Aufl. Braunschweig 1920. Z. 1867, 299. 2 oder die gleiche Gewichtsmenge (9-Naphthalinsulfonsäure, dargestellt nach O. N. W I T T . Siehe S. 187.
230
Organiseh-präparativer Teil
salz verdampft man den Äther und destilliert schließlich das zurückbleibende Naphthol im Säbelkolben über. Siedep. 286°. Schmelzp. 123°. Ausbeute 30—35 g. Die soeben beschriebene Reaktion wird in großem Maßstabe in eisernen Kesseln, welche mit Rührwerk versehen sind, technisch ausgeführt, da das /S-Naphthol sowie die aus ihm durch Einwirkung von Schwefelsäure erhältlichen zahlreichen Sulfonsäuren zur Darstellung von Azofarbstoffen ausgedehnte Anwendung finden. Aus dem /9-Naphthol stellt man ferner durch Einwirkung von Ammoniak unter Druck das ^-Naphthylamin dar: C10H, • O H + N H , = C ^ H F N H , +
H,0,
welches sowohl selbst als in Form seiner Sulfonsäuren ebenfalls zur Darstellung von Azofarbstoffen technisch verwendet wird. Auch a-Naphthol stellt man in der gleichen Weise durch die Natronschmelze des a-naphthalinsulfonsauren Natriums her, wenngleich nicht in so großen Mengen wie das /9-Naphthol. a-Naphthylamin dagegen wird, analog wie Anilin, durch Reduktion von a-Nitronaphthalin gewonnen. Die Alkalischmelze der arylsulfonsauren Alkalisalze dient auch der technischen Bereitung von reinem Phenol und vieler Phenolderivate. Bei der großen Haftfestigkeit des Halogens am Benzolkern ist die Hydrolyse des billigen Chlorbenzols gemäß < ^ ) C 1 + 2NaOH
v
^
^ONa + NaCl + H 2 0
nur bei sehr hohen Temperaturen und zwar mit verdünntem Alkali ausführbar (K. H. METES und F. BEBGIUS). Leichter gelingt sie, wenn o- oder p-ständige Nitrogruppen die Bindung des Halogens lockern; davon war schon auf S. 97 die Rede. Ein allgemein gangbarer Weg führt von den primären aromatischen Aminen über die Diazoniumsalze zu den Phenolen (S. 269). Die Phenole unterscheiden sich in ihren Eigenschaften und Reaktionen sehr deutlich von den gewöhnlichen Alkoholen der Fettreihe. Sie sind ja auch grundsätzlich von diesen unterschieden dadurch, daß ihre OH-Gruppe an einem doppelt gebundenen C-Atom steht. Dadurch rücken sie in Parallele zu den gleichartig gebauten Enolen, denen sie auch nachher gegenüber gestellt werden. H
•
H
N^-c/8'
O H
ÖH
Q H
H
OH
H
2 Phenol Enol 0 Einfache Ketone, wie Aceton und ähnliche, sind in der „tautomeren" Form H 2 C=C—CH 3 nicht existenzfähig. Woran liegt es, daß im Phenol OH
VI, 1
Überführung einer Sulfonsäure in ein Phenol
231
nicht eine gleichartige Ketisierung, nämlich zu A, eintritt? Die Gründe sind wohl die gleichen, die allgemein die Existenz umlagerungsfähiger Derivate des teilweise — hier zweifach — hydrierten Benzols unmöglich machen und auf die schon mehrfach hingedeutet worden ist (z. B. S. 172). Das Bestreben, das am meisten gesättigte System des aromatischen Kernes mit seinen 3 Doppelbindungen aufrecht zu erhalten, veranlaßt die stabile Herausstellung der Hydroxylgruppe und damit den eigenartigen Charakter der Phenole. Die Phenole sind Säuren, weil die OH-Gruppe, wie in den Carbonsäuren, an einem doppelt gebundenen Atom haftet. —C—OH
i
—C—OH
"
d
A
•
Zwar ist der saure Charakter des einfachen Phenols nicht stark ausgeprägt und wächst erst mit der Substitution des Kernes durch negative Substituenten, wie N0 2 und Halogen. Die Alkalisalze des Phenols sind in wäßriger Lösung weitgehend hydrolytisch gespalten und sie werden schon durch Kohlensäure vollständig zerlegt. Auf diese Weise kann man Phenole von Carbonsäuren abtrennen. Versuch. Man leitet in eine nicht zu verdünnte Lösung von /9-Naphthol in Natronlauge Kohlendioxyd ein, bis sich das freie Naphthol abscheidet. Auch bei anderen Reaktionen erweist sich die OH-Gruppe der Phenole reaktionsfähiger als die der aliphatischen Alkohole. Sie reagieren, im Gegensatz zu diesen, leicht mit Diazomethan. Auch mit anderen Alkylierungsmitteln, wie Alkylhalogenid, Dialkylsulfat, setzen sie sich, anders als jene, schon in wäßrig alkalischer Lösung um. Die meist gut kristallisierenden Benzoylderivate sind trefflich zu ihrer Charakterisierung geeignet ( S C H O T T E N - B A U M A N N sehe Reaktion). V e r s u c h . In einem Reagenzrohr löst man eine kleine Menge kristallisiertes Phenol (1/3 g) in 5 ccm Wasser auf, fügt 1j2 ccm Benzoylchlorid hinzu, macht mit starker Natronlauge deutlich alkalisch und erwärmt unter Schütteln kurze Zeit gelinde über einer Flamme. Kühlt man dann das Reaktionsgemisch unter Schütteln und Reiben mit einem Glasstabe unter der Wasserleitung ab, so erstarrt das abgeschiedene Ol zu farblosen Kristallen, welche man an der Saugpumpe abfiltriert, reichlich mit Wasser nachwäscht, auf einem Tonscherben abpreßt und in einem kleinen Reagenzrohr aus wenig Alkohol umkristaliisiert. Schmelzpunkt des Benzoesäure-phenylesters 68—69°.
232
Organisch-präparativer Teil
Der Versuch kann in der gleichen Weise mit /9-Naphthol ausgeführt werden. Schmelzpunkt der BenzoylverMndung 107°. Über die Bedeutung dieser viel benutzten Reaktion, in die auch die Amine einbegriffen sind, ist schon auf S. 116/17 das Nötige gesagt. Die N a p h t h o l e sind in mancher Hinsicht noch reaktionsfähiger als das einfache Phenol. Dies äußert sich vor allem darin, daß ihre Äther nach der gleichen Methode wie die Ester der Carbonsäuren, nämlich direkt durch Alkohol und HCl erhalten werden können. Auch setzen sie sich mit Chlorzink-Ammoniak und nach einer von H. B U C H E B E B allgemein studierten Reaktion mit Ammoniumsulfit und Ammoniak glatt zu Naphthylaminen um. Aus alledem ersieht man, daß die Phenole den Carbonsäuren weit näher stehen, als den Alkoholen der Fettreihe. Von großer Bedeutung ist der Einfluß, den die OH-Gruppe auf die Reaktionsfähigkeit des Benzolkerns ausübt. Alle Substitutionsvorgänge, die wir auf primäre Addition zurückführen, erfolgen weit l e i c h t e r , und zwar wird dabei die o- und die p-Stellung von eintretenden Substituenten aufgesucht. Eine Anzahl hierauf zu begründender Umsetzungen wird in folgenden und späteren Präparaten noch behandelt. Hier sei erwähnt, daß aus einer wäßrigen Phenollösung durch Bromwasser augenblicklich o,o,p-Tribromphenol ausgefällt wird (Methode zur quantitativen Phenol-Bestimmung.) Versuch. Man setzt zu einer etwa 2-proc. Phenollösung so lange Bromwasser, als das Brom verbraucht wird, saugt dann den flockigen farblosen Niederschlag ab und kristallisiert ihn nach dem Trocknen aus verd. Alkohol um. Schmelzp. 95°. Man erklärt sich diese überraschende Reaktionsfähigkeit — die wir bei den Enolen ebenfalls antreffen werden — nach IC. H. M E T E B daraus, daß die OH-Gruppe die an sie angrenzende Doppelbindung „ a k t i v i e r t " , daß in diese Aktivierung im Sinne der T H T K L E sehen Vorstellungen auch das konjugierte System zweier benachbarter Doppelbindungen eingeschlossen ist. Phenol kann demnach mit Brom unter primärer Addition nach 1.2 und nach 1,4 reagieren: HOBr OH lj^"NHBr
-HBr>
OH OH -HBr >V
>-
äBr Br In derselben Weise geht die Aufnahme des zweiten und des dritten Brommoleküls weiter, bis die drei begünstigten Stellen (o-, o-
FT,
Methylierung von
2
Phenolen
233
und p-) mit Brom besetzt sind. Bringt man nun, ein viertes Br a zur Einwirkung, so wird dieses in grundsätzlich gleichartiger Weise, wie hier angenommen, in 1,4-Stellung addiert: HO
OH
\ /
0
H
Br
H
Br,
Br
Br
Br
Br
Hier kann aber die Abspaltung von HBr nicht mehr zu einem echten Benzolderivat zurückführen. In der Tat ist auch das Endprodukt, das sog. „ T r i b r o m p h e n o l b r o m " , das Ketobromid eines Chinons, also eines Dihydrobenzolderivates. Die technische Verwendung des Phenols ist bedeutend; seine wichtigsten Umsetzungen sind die in S a l i c y l s ä u r e (Präp. VI, 4 S. 238) und seine Kondensation mit Formaldehyd zu einem wertvollen Kunstharz, dem B a k e l i t . Unter milden Bedingungen läßt sich nämlich Phenol analog der Aldolkondensation mit Formaldehyd zu p - O x y b e n z y l a l k o h o l vereinigen: OH
OH
+ OCH. CH,OH der in der Wärme Wasser abspaltet und sich polymerisiert. Auch der direkten Einführung von Quecksilber in den Benzolkem der Phenole muß hier Erwähnung getan werden, die schon beim Erhitzen von Phenolen
m i t Quecksilber-2-acetat
-OH
+ Hg(O.CO.CH„)2
e i n t r i t t (BALBIANO, PESCI, DIMROTH):
-OH —HgOCOCH,
+ CH.-COOH
2. Methylierung von Phenolen. 1 a) A n i s o l . 19 g Phenol (V5 Mol) werden in einer enghalsigen Glasstöpselflasche in 100 ccm 2 n-Natronlauge gelöst. Dazu fügt man (im Abzug!) von 26 g Dimethylsulfat zuerst etwa den dritten Teil auf einmal zu und schüttelt kräftig um, wobei unter Erwärmung die Methylierung einsetzt. Nach etwa 5 Minuten wird das zweite Drittel mit nachfolgendem Schütteln zugesetzt und in kurzem Abstand der Rest. Während des Durchschütteins ist der 1
ULLMANN, A . 3 2 7 ,
1 1 4 ( 1 9 0 3 ) ; 3 4 0 , 2 0 8 (1905).
Organisch-präparativer Teil
234
Stopfen von Zeit zu Zeit zu lüften. Wenn die wäßrige Lösung, auf der das gebildete Anisol als Ol schwimmt, nicht mehr alkalisch reagiert, gießt man den Inhalt in einen kleinen, mit Rückflußkühler verbundenen Rundkolben und spült mit 20 ccm Lauge nach. Zur Vollendung der Reaktion und zur Zerstörung von etwa noch vorhandenem Dimethylsulfat wird eine halbe Stunde lang auf dem Wasserbad erhitzt. Nach dem Erkalten läßt man die wäßrige Schicht ab, trocknet das Anisol — das man nur bei erschwerter Abtrennung in Äther aufgenommen hat — mit CaCi, und destilliert schließlich. Siedep. 155°. Ausbeute 90°/ o der Theorie. Auf analoge Weise wird durch Einwirkung von Diäthylsulfat auf Phenol das P h e n e t o l dargestellt. b) N e r o l i n (/S-Naphthyl-methyläther). Der Vorgang ist der gleiche wie beim Anisol, unter Änderung der stöchiometrischen Verhältnisse. Die Substanz ist kristallisiert. Schmelzpunkt 72°. Zur vollständigen Reinigung siehe WITT, B. 34, 3172 (1901). B e i der großen G i f t i g k e i t der n e u t r a l e n S c h w e f e l s ä u r e e s t e r , vor a l l e m des D i m e t h y l s u l f a t s , m ü s s e n a l l e O p e r a t i o n e n m i t i h n e n sehr v o r s i c h t i g und u n t e r dem A b z u g durchgeführt werden! Methylierungen mit Dimethylsulfat werden stets in alkalischer Lösung vorgenommen. Sie gelingen besonders leicht mit Carbonsäuren (Methode zur Darstellung von Estern) und mit Phenolen, während die aliphatischen Alkohole, z. B. die Zucker, nur schwierig und am besten in alkoholischer Lösung durch dieses Mittel veräthert werden. Es ist zu berücksichtigen, daß nur eine der beiden Methylgruppen gemäß der Gleichung: J J Q Q N&O C„HSONA+
° NSO, HAC-(K
—CSH50-CH8+
NSO» H,CO/
auf das Phenol übertragen wird. Erst bei längerer Einwirkung in der Siedehitze gibt auch das zuerst gebildete methylschwefelsaure Salz sein Methyl für die gleiche Reaktion her, wovon man aber präparativ meist keinen Gebrauch macht. Auch A r y l - (z. B. Toluol-)sulfonsäureester dienen zur Alkylierung von Phenolen. Wie wird Dimethylsulfat dargestellt? Ein elegantes Methylierungsmittel für Phenole ist das Diazomethan, das in einem späteren Abschnitt für diesen Zweck benutzt wird. Die Phenoläther sind sehr beständige Substanzen, in denen die Reaktionsfähigkeit des Benzolkerns gegenüber der der Phenole sichtlich herabgemindert ist. Die Alkylgruppe sitzt sehr fest. Durch Alkalien wird sie nicht abgespalten, durch Mineralsäuren auch erst bei hoher
o- und, p-Nitrophenol
235
Temperatur (im Einschlußrohr). Das gebräuchlichste Mittel zur Spaltung ist das Aluminiumchlorid, das nach folgender Gleichung reagiert: C a H 6 .0-CH, + A1C1, —C„H 6 OA1C1 s + Cl-CH» 3H,0 C,H6OH + Al(OH), + 2 HCl Nur die A l l y l ä t h e r lagern sich in der Hitze in Allylphenole um (Claisen): —OH —CH, • CH=CH, während alle Äther der Enole ^>C=C— dieser Reaktion zugänglich sind. Öß Besonders interessant ist die neuerdings entdeckte Spaltbarkeit der Phenoläther (und auch aliphatischer Äther) durch metallisches Natrium (Ziegleb, Schobigin), z. B.: CJHJOCHJ
+ 2 Na —>- CgHjONa + NaCH3.
Von substituierten Phenoläthern sind anzuführen die Aminoderivate des Anisols (Anisidin) und Phenetols (Phenetidin). Sie werden durch Alkylierung der Nitrophenole und nachherige Reduktion der Nitrogruppe bereitet. Die alkalische Reduktion des o-Nitro-anisols führt (wie beim Nitrobenzol) zur Hydrazoverbindung, die durch Benzidinumlagerung in die Biphenylbase „Dianisidin", ein wichtiges Zwischenprodukt für blaue Azofarbstoffe übergeführt wird (S. 181). Vom p=Phenetidin leitet sich das bekannte Antipyretikum „Phena c e t i n " (I) und der Süßstoff „ D u l c i n " (II) ab: H S C 1 0 - ( T ) - N H . CO• CH,,
H
t
C , Q — C O • NH,.
Methylierte Phenole bilden vielfach den Bestandteil von Naturstoffen, vor allem von A-lkaloiden. Bei deren Konstitutionsermittlung hat die quantitative Bestimmung der in einem Molekül vorhandenen Methoxylgruppen eine große Bedeutung. Ihr dient die treffliche Zeiselsche Methode, bei der die Methylgruppe durch konzentrierte Jodwasserstoffsäure als Methyljodid abgespalten wird. Es sei empfohlen, an dem hier dargestellten Präparat diese Methode kennen zu lernen (Anleitung S. 73). 3. 0- und p-Nitrophenol. 80 g Natron- oder 95 g Kalisalpeter werden im Rundkolben unter Erwärmen in 200 g Wasser gelöst, die Lösung wird vor dem völligen Erkalten unter Umrühren mit 100 g konzentrierter Schwefelsäure versetzt. Zu der auf 20° abgekühlten Mischung läßt man dann
236
Organisck-präparativer Teil
aus einem Tropftrichter unter häufigem Umschütteln eine durch Erwärmen verflüssigte Mischung von 50 g kristallisiertem Phenol und 5 ccm Wasser tropfenweise hinzufließen, wobei man die Temperatur stets zwischen 20—25 0 hält. Nachdem man das Reaktionsgemisch unter öfterem Schütteln 2 Stunden hat stehen lassen, versetzt man mit dem doppelten Volumen Wasser, läßt absitzen, gießt die wäßrige Schicht so gut als möglich von dem Öl ab, wiederholt das Auswaschen mit Wasser noch zweimal und destilliert dann mit Wasserdampf das o-Nitrophenol ab. Wie man dem Erstarren der Substanz im Kühlrohr begegnet, siehe S. 29. Das abgesaugte und zwischen Filtrierpapier getrocknete Präparat ist direkt rein, wo nicht, wiederholt man die Dampfdestillation. Schmelzp. 45°. Ausbeute 30 g. Die isomere, nicht flüchtige p-Verbindung wird, gleich anschließend, aus dem Rückstand über ihr Natriumsalz isoliert: Man fügt erst so lange 2 n-Natronlauge zu, bis die Reaktion auf Congopapier eben verschwunden ist, dann noch weitere 100 ccm, kocht nach Zugabe von etwas Tierkohle nochmals durch Einleiten von Wasserdampf auf, filtriert durch ein Faltenfilter und dampft auf dem Gasherd bis auf ein Volumen von etwa 100 ccm ein. Beim Erkalten soll das Natriumsalz jetzt auskristallisieren. Sollte dies bei einer Probe nicht der Fall sein, so setzt man der noch heißen Lösung 30 ccm Natronlauge 1 : 1 zu und läßt dann langsam erkalten. Aus dem abgesaugten und mit 2 n-Natronlauge gewaschenen Salz scheidet man mit verdünnter Salzsäure in der Wärme das beim Erkalten kristallisierende (erst ölige) p-Nitrophenol ab, das bei ungenügender Reinheit, d. h. wenn sich eine Probe nicht aus sehr verdünnter heißer Salzsäure Umkristallisieren läßt, nochmals über das Natriumsalz gereinigt wird. Schmelzp. 114°. Ausbeute 5 - 1 0 g. "Von der Leichtigkeit, mit der Phenole nitriert werden, war schon die Eede. Der Prozeß verläuft indes auch bei Anwendung von verdünnter Salpetersäure nicht glatt, da infolge von Oxydation und von Kondensation harzige Nebenprodukte entstehen. Bessere Ergebnisse liefert die Nitrierung mit Stickstoffdioxyd in nicht wäßrigen Lösungsmitteln, wie Benzol, Petroläther (Ber. 54, 1776 [1921]). o- und p-Nitrophenol gehen bei weiterer Nitrierung mit stärkerer Säure in das gleiche 2,4-Dinitrophenol und schließlich in Pikrinsäure über. • Hochnitrierte Benzolderivate, wie Pikrinsäure, Trinitrotoluol lassen sich durch eine brisante Vorexplosion (Initialzündung) mit Knallquecksilber oder Bleiazid (Formeln!) zur Explosion bringen. Sie sind
o- und, p-Nitrophmol
237
endothermisch, d. h. der im Molekül enthaltene Sauerstoff der Nitrogruppen kann intramolekular Kohlenstoff und Wasserstoff unter positiver Wärmetönung verbrennen. Diese innere Verbrennung ist bei der Pikrinsäure gemäß der Gleichung: 2C,H,0,N» >. 12 CO + 2H,0 + 3N, + H, eine ziemlich weitgehende. m - N i t r o p h e n o l läßt sich nicht direkt durch Nitrierung von Phenol bereiten, da die OH-Gruppe ein Substituent 1. Ordnung ist und daher vorwiegend o- und p-Derivat liefert. Man ist auf den Umweg der Diazotierung von m-Nitranilin und die Umkochung des Diazoniumsalzes zum Phenol angewiesen (S. 269). m- und p-Nitrophenol sind in reinem Zustand f a r b l o s , die o-Verbindung dagegen ist gelb. Die Salze aller drei Nitrophenole aber sind i n t e n s i v f a r b i g und zwar in der o- und m-Reihe rotorange und gelborange, in der p-Reihe tiefgelb. (Anwendung von p-Nitrophenol als Indicator.) Man hat die starke Färbung der Nitrophenolsalze durch eine Umlagerung in eine das Licht kräftiger absorbierende chinoide Säureform (OOT-Typus nach HANTZSCH) zu erklären versucht. O OH ||
NO, p-Nitrophenol
0=N—ONa p-Nitrophenolnatrium
Dagegen sprechen jedoch verschiedene Erwägungen. Vor allem verhält sich m-Nitrophenol wie die beiden Isomeren, die Alkalisalze müßten also auch chinoid sein. m-Chinone sind aber in der ganzen aromatischen Chemie unbekannt. Ferner gibt es noch mehrfach Beispiele von Substanzen, die bei der Salzbildung eine Farbvertiefung erfahren, wo aber die Umlagerung in ein tautomeres Chinon ausgeschlossen ist. So sind die zweibasischen Salze des gelbbraunen Anthrahydrochinons tief blutrot (S. 322). OH ONa
OH ONa gelbbraun blutrot Schließlich sind auch die Alkalisalze des einfachen Phenols tiefer farbig als das Phenol selbst. Diese Tatsache ist zwar subjektiv
238 nicht erkennbar, jedoch durch Untersuchung der Absorption im ultravioletten Licht. Dabei hat sich ergeben, daß die Absorption von Phenolnatrium weit näher als die des freien Phenols an den subjektiv sichtbaren Teil des Spektrums heranrückt. Die Differenz ist so bedeutend, daß sie auch f ü r eine subjektiv wahrnehmbare Farbvertiefung von farblos zu gelb eine befriedigende Erklärung enthält. Wir führen also die Färbung der Nitrophenolsalze auf die „bathochrome" ( = farbvertiefende) Wirkung der Salzbildung zurück. Da o- und p-ständige Nitrograppen die Beweglichkeit von Halogen im aromatischen Kern erhöhen (S. 97), so sind die Nitrophenole auch aus Nitro-chlorbenzolen zugänglich. So läßt sich p-Nitro-chlorbenzol im Autoklaven durch Laugen spalten, das als Zwischenprodukt für Schwefelfarbstoffe wichtige 2,4-Dinitro-phenol geht schon bei milderen Bedingungen aus dem entsprechenden Chlorbenzol hervor. 0SN—/
Vi
2Na0H
>
0 , n / \ — O N a + NaCl + H , 0 .
(Durch Umsetzung mit Ammoniak entsteht p-Nitranilin.) Im Trinitro-chlorbenzol (Pikrylchlorid) ist das Chlor von der gleichen Beweglichkeit wie in einem Säurechlorid. 4. Die Kolbe sehe Salicylsäureaynthese. 1 13«5 g reines Ätznatron werden in einer Porzellan- oder zweckmäßiger in einer Nickelachale in 20 ccm Wasser gelöst und unter Umrühren allmählich mit 31 g ( l / 3 Mol) kristallisiertem Phenol versetzt. Man dampft dann auf dem Drahtnetz unter fortdauerndem Umrühren das Wasser ab, gegen Ende mit direkter leuchtender Flamme, die man dauernd unter der Schale hin und her bewegt Sobald die einzelnen Teile nicht mehr zusammenbacken, pulverisiert man die Masse schnell in einer trocknen Reibschale und erhitzt das feine Pulver nochmals so lange unter gutem Umrühren in der Nickelschale, bis es staubtrocken 2 geworden ist. E s wird dann in eine tubulierte Retorte von etwa 200 ccm Inhalt eingefüllt und diese so tief wie möglich in ein Ölbad eingetaucht. Man erhitzt dieses nun auf 1
J . pr. [2] 10, 89 (1874); 27, 39 (1883); 31, 397 (1885). * Völlige Trockenheit des Phenolats ist Voraussetzung für das Gelingen des Versuchs. Die Zeiteinteilung erlaubt bequem, das in der Schale getrocknete Salz vor Ausführung der Synthese über Nacht im Vakuumexsiccator über Schwefelsäure und festem Atzkali stehenzulassen.
Die Kolbesehe
Salicylsäuresynthese
289
110° und leitet bei dieser Temperatur 1 Stunde lang trockne Kohlensäure über das Phenolnatrium (das Ende des Einleitungsrohres 1 cm über der Oberfläche des Phenolnatriums). Im Laufe von 4 Stunden steigert man unter fortwährendem Durchleiten eines nicht zu lebhaften Kohlensäurestromes die Temperatur allmählich auf 190°, so daß in jeder Stunde eine Temperaturerhöhung um etwa 20° eintritt, und erhitzt schließlich noch 1 bis 2 Stunden auf 200°. Während dieser Operation rührt man den Retorteninhalt mehrere Male mit einem Grlasstab um. Nach dem Erkalten gießt man den Ketorteninhalt aus dem Tubus in ein großes Becherglas, spült mehrfach mit Wasser nach und fällt die Salicylsäure durch viel konzentrierte Salzsäure aus. Nachdem sie unter Eiskühlung kristallinisch geworden ist, saugt man ab, wäscht mit wenig Wasser und trocknet auf Ton. Wenn eine Probe der feuchten Säure sich aus heißem Wasser (unter Zugabe von Entfärbungskohle) direkt rein Umkristallisieren läßt, kann man das ganze Präparat auf diese Weise reinigen. Es ist aber auch dann anzuraten, das ßohprodukt mit überhitztem Wasserdampf zu destillieren, schon um die Methode kennenzulernen. Man erhitzt es zu diesem Zweck in t r o c k nem Zustande in einem k u r z h a l s i g e n Kölbchen, welches in einem Olbade auf 170° erwärmt wird, und leitet einen nicht zu lebhaften Wasserdampfstrom yon 170—180° darüber (vgl. S. 29). Die Verbindung des Kolbens mit dem Dampfüberhitzer darf erst dann hergestellt werden, wenn Ölbad und Wasserdampf die angegebene Temperatur besitzen. Verbindungsrohr und Kühlrohr müssen besonders weit sein. Erhitzt man die aus dem Kühlrohr entfernte Säure mit dem in der Vorlage befindlichen wäßrigen Destillate bis zur Lösung, so kristallisiert beim Erkalten eine vollkommen farblose Säure in langen Nadeln aus. Schmelzpunkt 156°. Ausbeute 10—12 g. Die erste Phase der K O L B E sehen Reaktion verläuft analog der aus der Fettreihe bekannten Synthese von Alkylcarbonaten aus Alkoholat und Kohlendioxyd: H,C,.ONa + CO,
—>-
H s C t — O - cx/ : ONa
Organisch-präparativer Teil
240
Das so gebildete Natrium-phenylcarbonat lagert sich dann in der Hitze um unter Einwanderung der Carboxy-natriumgruppe in den Kern '^°-C
CH S =CH
I ,
OH
in keinem Fall existenzfähig sei Diese Regel hat sich, namentlich unter der Wirkung der Arbeiten von CLAJSEN, als irrtümlich erwiesen. Wir wissen heute, daß schon einfache Aldehyde und Ketone
Acetessigester-Synthese
VI
247
eine nachweisbare Neigung zeigen, unter Wanderung eines H-Atoms und gleichzeitiger Verschiebung der Doppelbindung sich zu „enolisieren". So hat man feststellen können, daß bei der B r o m i e r u n g des Acetons, die sich als monomolekulare Reaktion erwiesen hat, nicht die normale Ketoform in Reaktion tritt, sondern die tautomere Enolform, die in unmeßbar geringer Konzentration im Gleichgewicht vorhanden ist und sich nach der Umsetzung alsbald wieder nachbildet. Der monomolekulare Charakter der Reaktion ergibt sich daraus, daß der zeitliche Verlauf dieser Umlagerung (I) gemessen wird, während die Reaktion des Enols mit Brom (II) mit unmeßbar großer Geschwindigkeit vor sich geht (LAPWORTH). Wir haben also die Gleichungen: CHj-CO-CH. —
—CHS.C=CH, i
Br.
CH,.CBr—CH,Br
—
0 H
-HBr>
CHS • CO • CH a Br.
—
I
R
-
0 H
Es sei hier erwähnt, daß Aceton und auch Acetaldehyd bei Ausschluß von Wasser durch metallisches Natrium (unter Wasserstoffentwicklung), oder besser durch Natriumamid in die sehr reaktionsfähigen „Enolate", z. B.: CH a =C—CH 3 ONa umgewandelt werden. Die Beweglichkeit eines an dem der C=0-Gruppe benachbarten C-Atom haftenden Wasserstoffatoms, die die Voraussetzung f ü r den Übergang in die Enolform bildet, wächst nun, wenn an diesem selben C-Atom noch weitere a k t i v i e r e n d e , das sind im allgemeinen u n g e s ä t t i g t e Gruppen haften. Dieser Fall liegt vor im A c e t e s s i g e s t e r , in dem die Gruppe —COOR diesen Einfluß ausübt. D e r M e c h a n i s m u s d e r A c e t e s s i g e s t e r - S y n t h e s e . Ehe die Tautomerieverhältnisse beim Acetessigester besprochen werden, ist der Mechanismus seiner Bildungsreaktion zu erörtern, der jahrzehntelang eifrig diskutiert, erst in den letzten Jahren seine abschließende Aufklärung gefunden hat (SCHEIBLEB). ES hat sich nämlich gezeigt, daß sogar die C = 0 - G r u p p e der einfachen Carbonsäureester, die sonst hinter der reinen Carbonylgruppe an Reaktionsfähigkeit zurücksteht, durch Alkalimetall enolisiert werden kann. So geht Essigester mit Kalium unter Wasserstoffentwicklung in das Kaliumsalz des tautomeren Enols ü b e r : CH,.C=OR H,C=C—OR + H .
n
O
OK
Derartige Enolate besitzen nun eine ungemein reaktionsfähige Doppelbindung, die sie zu allen möglichen Additionen geeignet macht. Die Acetessigester-Synthese ist der wichtigste Vorgang dieser Art. Das
Organisch-präparativer
248
Teil
Enolat vermag nämlich ein zweites Mol Ester in Gestalt der beiden Teilstücke R x — C = 0 und OR aufzunehmen .OR H,C=C—OR + CH,—C=0 v CH,—CO—CH,—C£-OR . \ONa ONa Ai OR Unter Abspaltung von Natriumalkoholat und unter Salzbildung mit dem zum Enol umgelagerten Acetessigester bildet sich schließlich N a t r i u m a c e t e s s i g e s t e r , das Endprodukt der Reaktion: /OR CH, • CO • CHS—C^-OR M)Na
,OR >- CH,-CO.CH,C< + RONa ^0 /OR >- CH,.C=CH—Cl + ROH. ONa ^O
Die Kondensation zwischen Säureestern und Ketonen verläuft ganz gleichartig, mit dem Enolat des Ketons als Grundlage der Addition, z. B.: CH,-C=CH, + CjHj-COOR CH,—C—CH, • CO • C,HS ONa
ÖNa^OR >• CH,—C=CH-CO-C„H 6 + ROH ONa Benzoylaceton-natrium.
Aus 2 Mol Ester entstehen allgemein /9-Ketosäureester, aus Ester und lieton /9-Diketone. Die Anwendung von Ameisensäureester führt, sei es mit einem anderen Ester, sei es mit Keton, zu O x y m e t h y l e n verbindungen: .-""\-C=CHs HC=0 r^N—C—CH,—C=0 + H 1 i —N a OR L ^ J ONa OR l^jO ^
|^j-CO-CH=C-ONa
+ R 0 H
.
Oxymethylenacetophenon-natrium Die Neigung zur Enolisation ist bei der ^-ständigen Formylgruppe besonders stark ausgeprägt. Die i n t r a m o l e k u l a r e K o n d e n s a t i o n von Dicarbonsäureestern ergibt in der Reihe der Adipin- und Pimelinsäure cyclische ß-Ketocarbonsäureester (DIECKMANN): CH, CH, | CH,
CH, | COOR
^COOR Adipinsäureester
CH, >-
CH, CH, | | + ROH. CH—CO
^COOR Cyclopentanoncarbonsäureester
Acetessigester-Synthese
VI
249
Bern steinsäureester kondensiert sich zu Succinylobernsteinsäureester (1,4-Diketohexamethylen-2,5-dicarbonester). Man unterrichte sich über die auf dieser Synthese aufgebauten Arbeiten B a e t e b s über die hydrierten Benzole. Es sind nicht nur die Ester organischer Säuren, die sich mit den Enolaten von Ketonen and Säureestern nach Art der „Acetessigestersynthese" vereinigen, auch die Ester der s a l p e t r i g e n S ä u r e und der S a l p e t e r s ä u r e schließen sich an. Der Vorgang, der zu Ison i t r o s o - und a c i - N i t r o V e r b i n d u n g e n führt, liefert grundsätzlich gleichartige Produkte: dort tritt z. B. mit Essigester die Gruppe CO-CH3, hier treten NO und N0 2 ein, die sich genau so wie 3 > C = 0 „enolisieren": - RCH-NO R*C=N0Na -> ONa + ON'OCjHR R' R.CH OC,H8 R' i o + C,H s 0H. R ' J o N a + 0,N-0C,H rch.no, R-C= =NOONa 6 i.ONa ^K —0CH,'NO, und CaH5 • CH=NOOH. Versuch. Man schüttelt etwa 2—3 g Phenylnitromethan mit 15 ccm 2 n-Natronlauge in einem weiten Reagenzglas. Der neutrale Nitrokörper wird in der Kälte infolge seiner geringen Löslichkeit in Wasser nur ganz langsam umgelagert, d. h. gelöst. (In alkoholischer Lösung verläuft die Salzbildung sehr rasch.) Durch Erhitzen bringt man das Öl in kurzer Zeit zur Lösung. Ist dies geschehen, so kühlt man ab, fügt zu der alkalischen Lösung in einem kleinen Becherglas einige Stückchen Eis und versetzt auf einmal mit 20 ccm 2 n-Schwefelsäure. Das freie aci-Phenylnitromethan scheidet sich in farblosen kristallinischen Flocken aus, die man sofort absaugt, mit Wasser wäscht und auf Ton abpreßt. Bei raschem Arbeiten kann man einen Teil des Präparates aus Leichtbenzin (unter Zugabe von einigen Körnchen Calciumchlorid) Umkristallisieren. Eine kleine Probe löst man in wenig Alkohol und fügt einen Tropfen FeCl3-Lösung hinzu. Eine zweite, größere versetzt man unter Kühlung mit einigen Tropfen kalter alkoholischer Bromlösung; das Brom wird entfärbt. Die gleichen Reaktionen verlaufen bei dem als Präparat dargestellten Phenyl-nitromethan negativ. Den Rest der ot^'-NitroVerbindung läßt man, in Alkohol gelöst, über Nacht stehen. Die Lösung nimmt jetzt weder Brom auf, noch zeigt sie die Farbreaktion mit Eisenchlorid. Wenn man einige Körnchen auf einem Uhrglas gelassen hat, findet man sie am andern Tag in ein Ol umgewandelt. Wie man sieht, ist die aci-Form des Phenylnitromethans nur wegen ihrer kleinen Umlagerungsgeschwindigkeit vorübergehend faßbar; im Gleichgewicht hat sie keinen Bestand.
254
Organisch-präparativer Teil
D i e A n w e n d u n g von A c e t e s s i g e s t e r und M a l o n e s t e r für Synthesen. Der freie Malonester besitzt die Konstitution, die der üblichen OR Formel entspricht; für die Existenz einer Enolform ROOC—CH=C< OH sind keine Anzeichen vorhanden. Jedoch bildet sich bei Einwirkung von Natrium auf die ätherische Lösung unter Wasserstoffentwicklung der sog. N a t r i u m m a l o n e s t e r , das Enolat obiger tautomerer Form, das auch schon aus dem Ester und Alkoholat entsteht. In den Reaktionen, die hier zur Besprechung kommen, gleicht der Natriummalonester durchaus dem Natracetessigester, der für das folgende als Beispiel gewählt sei. Bringt man Alkylhalogenid mit Natracetessigester zusammen, so entsteht C-Alkylacetessigester, nicht wie man erwarten sollte, das am Sauerstoff substituierte Produkt. Es findet also nicht einfach doppelter Austausch statt, sondern man muß annehmen, daß das Alkylhalogenid zuerst von der reaktionsfähigen Doppelbindung aufgenommen wird und daß sich erst dann Natriumhalogenid abspaltet. CH8.C=CH—COOR — v CH..C CH—COOR I / \ I ONa NaO Br CH, — v CH, • CO • CH • COOR | + NaBr. CH, Den gleichen Verlauf nimmt die Reaktion mit Säurechloriden. Dagegen führt die Umsetzung des Acetessigesters mit Säurechloriden in P y r i d i n zu den O-Acylderivaten, während die O-Alkylderivate nur auf dem Umweg über die Acetale unter Abspaltung von Alkohol gewonnen werden können (CLAISEN). H,C-C-CH,-COOR — v HsC.C=CH.COOR + HOCH, H.cd^CH, OCH, O-Alkyl- und -Acylverbindungen werden unter den Bedingungen, unter denen die C-Isomeren, wie oben beschrieben, dargestellt werden, nicht zu diesen umgelagert. Dagegen erfolgt dieser Übergang unter der katalytischen Wirkung von festem Kaliumcarbonat in indifferenten Lösungsmitteln (CLAISEN), Z. B.: H„C • C=CH • COOR —>- HjC • CO • CH • COOR ¿•CO-CH, CO-CH, Die am Kohlenstoff einfach alkylierten oder acylierten Acetessigester und Malonester lassen nun, da sie nochmals der Enolatbildung fähig sind, eine zweite Alkylierung oder Acylierung am gleichen Kohlenstoffatom zu. In der Verwendung der einzuführenden Gruppen
VI
Synthesen mit Acetessigester und
Malonester
255
besteht f ü r beide Stufen die größte Mannigfaltigkeit; mit allem Material, das reaktionsfähiges Halogen enthält, also nicht nur mit halogenierten Kohlenwasserstoffen und Säurechloriden, kann die Synthese erfolgen. Die Heranziehung von Dihalogenparaffinen hat die Reaktion auch zur Synthese von einfachen Kohlenstoffringen nutzbar gemacht ( W . H. P E B K I N ) , z. B.: /OR ROOC-CH=C< + BrCH, • CH, • CH4Br R O O C - C H • COOR X)Na | + NaBr CHj—CH) • CH2Br COOR /OR | —>- ROOC—C=C< — v ROOC—C CH, I X)Na | | + NaBr CH,—CH,—CH,Br CH,—CH, Cyclobutandicarbonsäureester Aus der Möglichkeit, die so aufgebauten Produkte mit leichten Mitteln zu einfacheren Verbindungen abzubauen, ergibt sich ein weiterer wichtiger Vorteil der Acetessigester- und Malonestersynthese. Dem Verhalten der Malonsäure, im Schmelzen C0 2 abzugeben und in Essigsäure überzugehen, entnehmen wir, daß ein Kohlenstoffatom nicht die Kraft hat, zwei Carboxylgruppen fest zu binden. Diese Eigenschaft besitzen nun auch alle s u b s t i t u i e r t e n Malonsäuren, die wir durch Verseifung der erhaltenen Ester ohne weiteres gewinnen können. Dadurch wird das Ergebnis der Synthese in willkommener Weise vereinfacht. Beispiel: Die Synthese mit I s o p r o p y l b r o m i d liefert I s o valeriansäure. Eine weitere Vereinfachung des Reaktionsprodukts besteht in der Abspaltung der zweiten Carboxylgruppe (Darstellung von Cyclobutan aus dem oben formulierten Dicarbonsäureester). Im Acetessigester steht die Methylengruppe mit —CO-CH s und —COOR in Bindung. Die freie Acetessigsäure ist noch bedeutend weniger beständig als Malonsäure und zerfällt schon beim Erwärmen in Lösung in grundsätzlich gleicher Weise wie diese, nämlich in Aceton und C0 2 . Da alle durch Synthese gewonnenen Derivate des Acetessigesters dasselbe Verhalten zeigen, daß nämlich die durch Verseifung mit wäßrigen Mineralsäuren entstehenden Acetessigsäuren in der Hitze spontan unter C0 2 -Verlust zerfallen, so sind durch diese Art der Spaltung, die man als K e t o n s p a l t u n g bezeichnet, alle möglichen Abkömmlinge des Acetons der Synthese zugänglich, z. B.: H S C-C=CH-COOR + H,CC1.COOR I ONa —v
—H.CCO.CH-COOR I CH,'COOR
CH, • CO • CH, • CH, • COOH + CO, + 2 ROH. Lävulinsäure
256
Organisch-präparaliver Teil
Durch starkes Alkali wird die Molekel der durch Verseifung aus dem Ester entstehenden Acetessigsäure nicht an der Carboiylgruppe durchbrochen, sondern der Eest—CO • CH3 wird hydrolytisch algesprengt und es entstehen 2 Molekeln Essigsäure. Diese „Säurespaltung" bringt eine neue Variation in das Gesamtbild der Synthesen, deren praktische Bedeutung am gleichen Beispiel, am Kondensationsprodukt von Acetessigester mit Chloressigester zur Anschauung gebracht werde. H,C•CO• CH • COOR — H 3 C - C O O H + H2C-COOH I CH,-COOR
| +2EOH. H S C-COOH
Berasteinsäure Eine andere Art des Aufbaus vom Acetessigester aus stellt die Verknüpfung zweier Molekeln zum D i a c e t b e r n s t e i n s ä u r e e s t e r dar, die bei der Einwirkung von Jod auf Natracetessigester eintritt: COOR
COOR COOR
JL
2 CH II +J, C-ONa I CH,
i
—v
HC | CO I CH,
i
CH | CO I CH,
+ 2NaJ.
Auch hier finden wir, ähnlich wie bei der Alkylierung, daß sich Kohlenstoff am Kohlenstoff bindet. Über die interessanten Isomerieverhältnisse der Diacetbernsteinsäureester (L. KNOKB) unterrichte man sich aus der Literatur.
VII. Die Diazoverbindungen. Allgemeines. Wohl die wichtigste Reaktion der Stickstoff-Wasserstoffverbindungen, d. h. des Ammoniaks und aller seiner Derivate, die noch Wasserstoff am Stickstoff gebunden enthalten, ist die Umsetzung mit s a l p e t r i g e r Säure. Die vielfältigen Erscheinungen, die dabei auftreten, sind von einem allgemeinen Gesichtspunkt aus zu betrachten. Nächst der Salzbildung, die ja beim Ammoniak selbst und bei den aliphatischen Aminen in normaler Weise erfolgt, spielt die reaktionsfähige Doppelbindung N = 0 in der salpetrigen Säure eine ausschlaggebende Rolle. Am einfachsten liegt der Fall bei den sekundären Aminen. Dimethylamin bildet zuerst Dimethylammoniummtrit, bei erhöhter Temperatur lagert sich Dimethylamin intramolekular an die Doppelbindung der salpetrigen Säure und unter Wasserabspaltung erfolgt A c y l i e r u n g , d. h. Bildung von N i t r o s a m i n .
VII
Die
(CH3)aNH + HONO —>—>-
257
Diazoverbindungen
(CH3),N—N-OH I OH
/
H
(CH,) a N—0—N=0
— ( C H a ) j N • NO + H a 0
Dieser Vorgang entspricht vollkommen dem einer andern Acylierung, z. B. dem der Bildung des Acetylderivats aus dem Ammoniumacetat. Nur braucht die Reaktion wegen der geiingeren Reaktionsfähigkeit der C=0-Doppelbindung in der Essigsäure höhere Temperatur. OH
OH
(CH3).2NH + 0=(j)—CH3 — >
(CH 3 ) 2 N-C-CH 3 OH
—>-
(CH3)äN—C—CH3 + H,0
Ä
Dimethylacetamid Die große Veresterungsgeschwindigkeit der salpetrigen Säure, hinter der die aller andern Säuren zurückbleibt, ist wohl auf die gleiche Ursache zurückzuführen (S. 140). CH3 • OH«—Ov CHj-CHjOH + 0=N—OH >>N-OII HO/ CH 3 -CH,—0—N=0 . Athylnitrit Übertragen wir diese Vorstellungen auf die Reaktion des Ammoniaks so ist einleuchtend, daß das in der Hitze entstehende Acylprodukt in Stickstoff und Wasser zerfallen muß. ILN + 0=N—011
II0 x
>N-OH II.N/
->- N ^ N + 2 ILO.
Grundsätzlich das gleiche gilt für primäres aliphatisches Amin. OH —>- [H3C • NH—N—OH] —>• [H 3 CN=NOH] —>- N = N + H 3 C-OH. Vom zweiten eingeklammerten Zwischenprodukt, dessen Salze bekannt sind, wissen wir, daß es unter den Bedingungen seiner Entstehung in Stickstoff und Alkohol zerfallen muß. Bei den einfachen primären Aminen der Fettreilie kommt es also nicht zur Bildung eines Diazokörpers, weil die Reaktion, die ihn entstehen läßt, erst bei einer Temperatur zustande kommt, die ihn zerstört. *— Die Reaktionsfähigkeit der NH 2 -Gruppe kann aber durch eine nachbarständige Carbonylgruppe gesteigert werden. Wir kommen HjCNHj + 0=N—OH
GATTEHMANN, Praxis. 22. Auflage.
17
Organisch-präparativer
258
Til
zum Fall der a - A m i n o c a r b o n s ä u r e e s t e r ind a - A m i n o k e t o n e . Glykokollester läßt sich schon in der Kälte diazotieren; der unter diesen Umständen nicht zerfallende Diazokörpei stabilisiert sich unter H 2 0-Abspaltung zum Diazoessigester: ROC-CH,NH 2 + 0=N—OH II 0 -H.0
RO-C-CH..N >
1
HON.
EO-CCHj-NH II >N-OH 0 HO RC.C.CH—N II . 0 N Dazo-essigester
Das Unerwartete bei der Reaktion der primären a r o m a t i s c h e n Amine mit salpetriger Säure besteht nun dann, daß der bei tiefer Temperatur zweifellos nach dem bisher gebrauchen Schema entstehende Diazokörper unter der Wirkung der in der Reaktionslösung vorhandenen Säure zu einer Base umgelagert wird, deren Salz, das D i a z o n i u m salz, wir als Diazotierungsprodukt erhalten. C6H5NH2 + 0 = N - 0 H >- C e H i -N=NOH C a H 6•N= -N=N + H 2 0 C1 Hier treffen wir auf eine Sondereigenschaft der aromatischen Verbindungen. Diazoniumsalze sind in der Fettreihe nicht bekannt, weil der Typus des Anilins — C = C — nicht existerzfähig ist. NH2
Es ist nicht ausgeschlossen, daß Glykokollester auf Grund einer tautomeren Umlagerung ROC—CHS II I —>0 NH2
ROC=CH I I OHKHj
so leicht diazotiert wird. Aber auch dann bleibt in dem Fehlen basischer Eigenschaften bei den aliphatischen Diazokörpern der grundlegende Unterschied zwischen beiden Reihen bestehen. Es muß vorerst als unerklärbare Tatsache hingenommen werden, daß der aromatische Kern — nicht aber Alkyl — den an ihn gebundenen Stickstoff einer Diazogruppe zum Träger stark basischer Eigenschaften umbilden kann. Einen ähnlichen Einfluß üben, wie wir später (S. 343) erfahren werden, mehrere aromatische Kerne auf ein mit ihnen verbundenes Kohlenstoffatom aus (Carboniumsalze). Es sei daran erinnert, daß bei den Aminen selbst der aromatische Ring die Basicität stark herabsetzt, während sie durch Alkylgruppen gesteigert wird. Für das Studium der Chemie der Diazoverbindungen sei das treffliche, von REDDELIEN neu bearbeitete Werk von A . HANTZSCH, Die D i a z o v e r b i n d u n g e n , Leipzig 1921 empfohlen.
VII, 1
259
Diaxomethan
A. Aliphatische Diazoverbindungen.
1. Diazomethan.1 Der Entwicklungsapparat entspricht im wesentlichen dem für die Darstellung von Acetaldehyd angegebenen (S. 197); nur muß der Kolben kleiner als dort gewählt und — zur Vermeidung von Explosionen — das CaCl2-Eohr vor dem absteigenden Kühler weggelassen werden. Um die Zuflußgeschwindigkeit des Chloroforms beobachten und regulieren zu können, wählt man einen Tropftrichter, der unterhalb des Hahns eine kugelförmige Erweiterung trägt, in den die Flüssigkeit aus einem kleinen Ansatzröhrchen sichtbar hineintropft oder -fließt.2 Nicht nur das Gaszuleitungrohr, das der Zufuhr von Stickstoff dient, sondern auch das durch ein angeschmolzenes gerades CaCl2-Rohr unten erweiterte Ansatzrohr des Tropftrichters tauchen unter die Oberfläche der Beschickung des Kolbens. Der Druckwiderstand wird nach der beim Acetaldehyd gegebenen Anweisung aufgehoben. Der Kolben (500 ccm) ist beschickt mit einer heißen Lösung von 75 g Ätzkali in 180 ccm absolutem Alkohol, der die Lösung von 15 g Hydr&zinhydrat in 50 ccm absolutem Alkohol zugegeben wird. Aus dem Tropftrichter läßt man das Gemisch von 40 g Chloroform mit 50 ccm absolutem Alkohol so langsam zufließen, daß die stürmisch einsetzende Reaktion nicht zu heftig verläuft. Drei jenseits des Kühlers hintereinander geschaltete Waschflaschen, mit 50, 40 und 30 ccm absolutem Äther beschickt, werden im Kältegemisch stark gekühlt. Während des Versuchs wird ein schwacher Stickstoffstrom durch die Flüssigkeit geleitet. Sollte der Äther in der dritten Vorlage noch lebhaft gelb gefärbt werden, so schaltet man noch eine vierte Waschflasche an. Wenn alles Chloroform zugegeben ist, drängt man das im Apparat vorhandene Diazomethan innerhalb 10—15 Minuten durch Stickstoff in die Vorlagen. Die Inhalte der vorgelegten Waschflaschen werden nach Beendigung des Versuchs in einer kleinen enghalsigen Glasflasche vereinigt, die wie bei Äther über Natrium angegeben (S. 111, Anm.), verschlossen ist und an einem kühlen Platz aufbewahrt wird, falls das Präparat nicht sofort Verwendung findet. Die Diazomethan1
STAÜDINOER U. KÜPPER, B . 4 6 ,
s
Solche Tropftrichter sind zum Ausäthern ungeeignet.
5 0 5 (1912). 17*
260
Organisch-präparativer
Teil
lösung hält sich mehrere Tage, erleidet aber doch eine stetige, wenn auch langsame Zersetzung unter Stickstoffentwicklung. Darum, darf das Aufbewahrungsgefäß nicht fest verschlossen werden. Diazomethan ist ein gelbes Gas vom Siedep. —24°, das für präparative Zwecke nur in Lösung gewonnen wird. In freiem Zustand ist es explosiv. Als indifferente Lösungsmittel können außer Äther auch die Alkohole, Benzol und Petroläther verwendet werden, für kurze Zeit auch Aceton.
G e h a l t s b e s t i m m u n g d e r D i a z o m e t h a n l ö s u n g (nach u. ACKEE, B. 4 3 , 2324 [1910]). Einen aliquoten Teil der Lösung (etwa 1/20) läßt man, mit absolutem Äther verdünnt, in eine mit Eis gekühlte n / 6 -ätherische Benzoesäurelösung unter Schütteln einfließen. Diese wird dargestellt durch Auflösen von 1«22 g reinster Benzoesäure im 50-ccm-Maßkolben in absolutem Äther; sie muß gegen das Diazomethan im Uberschuß sein, was man daran erkennt, daß bis zum Schluß der Zugabe ^-Entwicklung eintritt und die Lösung farblos bleibt. Die übrige Benzoesäure wird mit n / 10 -NaOH zurückgemessen. Die Ausbeute an Diazomethan beträgt 2—3 g. MABSHALL
Das Präparat ist in den meisten Instituten für wissenschaftliche Arbeiten hoch willkommen, da es bei wertvollen Säuren und Phenolen eine elegante und glatt verlaufende Methylierung erlaubt. Alkoholische OH-Gruppen werden praktisch nicht methyliert, auch nicht Amine.
V e r s u c h e . Mail löst 2—3 g eines Phenols (Phenol, Kresol, /S-Naphthol, Salicylaldehyd, Hydrochinon) in wenig Äther, Aceton oder Methylalkohol und fügt unter Eiskühlung in kleinen Anteilen von der dargestellten Diazomethanlösung zu, bis die Gasentwicklung nicht mehr einsetzt und die Lösung schwach gelb gefärbt ist. Um bei g e f ä r b t e n Lösungen einen Überschuß an Diazomethan zu erkennen, gießt man einige Tropfen in ein kleines Reagenzglas ab und bringt einen in Eisessig getauchten Glasstab hinein: sofortige Gasentwicklung. Die Reaktionsprodukte werden nach dem Abdampfen des Lösungsmittels entweder durch Destillation oder, wenn sie fest sind, durch Kristallisation gereinigt. Man bearbeite hier eines der im Laboratorium zugänglichen Phenole selbständig und mache Angaben über die Natur des gewonnenen Methyläthers. In gleicher Weise verfährt man mit Carbonsäuren (p-Toluylsäure, Phenylessigsäure, Zimtsäure, Oxalsäure, Terephthalsäure, Salicylsäure usw.).
Diaxomethan
VII, 1
261
Es gibt Phenole, die mit Diazomethan langsam reagieren. In solchen Fällen bringt man sie mit einem Überschuß über den errechneten Bedarf an Diazomethan zusammen und läßt mehrere Tage mit aufgesetztem Capillarrohr stehen. Diazomethan, die einfachste aliphatische Diazoverbindung ist von 1 auf folgendem lehrreichen Weg zuerst dargestellt worden:
PECHMANN
/OC 2 H 5 0=C< + \C1 Chlorameisensäureester
H,N-CHJ
H 22C< C< ||II + KOH
— V
-
R-CH,CH.COOH
|
NH.COC.H,
R • CH, • CH • COOH + C„H 5 .COOH | NH,
Die Bedeutung der Aminosäuren als Bausteine der Proteine. Welche Aminosäuren hat man bis jetzt bei der Verdauung und Säurehydrolyse von Eiweiß isoliert? Die Trennung der einzelnen «-Aminosäuren gelingt einigermaßen quantitativ nach E . FISCHER dadurch, daß wie oben verestert wird und daß die freien Aminosäureester dann durch fraktionierte Destillation im Vakuum voneinander geschieden werden. Man nimmt an, daß die einzelnen Aminosäuren im Eiweißmolekül amidartig verknüpft sind. Zur Synthese der sog. Peptide hat E. FISCHER ein Mol Aminosäurechlorid mit einem Mol Aminosäure kondensiert, z. B.: H 2 N-CH 2 .C0C1 + H , N - C H C O O H CH3
HJNCHJ.CO.NHCH.COOH AH,
Glyeyl-alanin
Organisch-präparativer
264
Teil
Nach diesem Prinzip sind auch die hochmolekularen Polypeptide aufgebaut worden. Quantitative Bestimmung von Aminosäuren in Lösung: 1. Nach VAN SLYKE. Durch Messung des mit Nitrit in saurer Lösung entwickelten Stickstoffs. 2. Nach SOEBENSEN. Kondensation mit Formaldehyd und dann Titration der jetzt genügend starken Säuren. 3. Nach WILLSTÄTTEE-WALDSCHMIDT. Direkte Titration in alkoholischer Lösung mit n /j „-Lauge und Phenolphthalein.
Versuch. Hippursäure. Einige Gramm des oben erhaltenen Gemisches von salzsaurem Glykokoll und Ammoniumchlorid werden mit 10—14 ccm absolutem Alkohol ausgekocht; das Filtrat vom nicht gelösten Salmiak dampft man auf dem Wasserbad zur Trockne (Alkohol vollständig entfernen!), nimmt den Rückstand in wenig Wasser auf und schüttelt die stets alkalisch zu haltende Lösung nach den Regeln der SCHOTTENBAUMANNschen Reaktion (S. 231) in einer kleinen Stöpselflasche mit einem Überschuß (etwa 2—3 Mol) Benzoylchlorid, das man nach und nach zusetzt, anhaltend durch. Man arbeite in möglichst konzentrierter Lösung. Wenn der Geruch des Säurechlorids nicht mehr wahrnehmbar ist, säuert man mit konzentrierter Salzsäure bis zur Congobläuung an, läßt einige Stunden stehen, saugt den Kristallbrei ab und befreit das Reaktionsprodukt, nach dem Trocknen, durch Äther von beigemengter Benzoesäure. Die Hippursäure wird hierauf aus heißem Wasser umkristallisiert. Schmelzpunkt 187°. Hippursäure ist ein normales Stoffwechselprodukt und wird in der Niere durch enzymatische Vereinigung von Benzoesäure und Glykokoll gebildet
(SCHMIEDEBERG
und
BUNGE
1877).
Der
Organismus
der
Vögel paart die Benzoesäure zum Zweck der Entgiftung mit O r n i t h i n («, J-Diamino-valeriansäure) zum Dibenzoylderivat, der sog. O r n i t h u r säure
(JAPF^J).
b) D i a z o e s s i g e s t e r . 1 47 g (Y3 Mol) durch scharfes Trocknen von überschüssiger Salzsäure befreites Glykokoll-ester-chlorhydrat werden in einem Scheidetrichter von 3/4 Liter Inhalt in der eben nötigen Menge Wasser gelöst, dann fügt man die kalte gesättigte wäßrige Lösung von 26 g techn. Natriumnitrit zu und weiter tropfenweise (mit dem Tropfrohr) unter lebhaftem Umschütteln 4 n-Schwefelsäure. Die auftretende Trübung von Diazoessigester 1 CÜRTIUS, J. pr. 38, 396 (1888); W. FKXNKEL, Ztschr. physik. Chemie 60, 202 (1907).
VII, 2
Diaxoessigester
265
•wird durch Schütteln mit übergeschichtetem Äther jeweils aufgenommen. Nachdem 20 ccm Schwefelsäure in nicht zu langsamem Tempo eingetropft sind, läßt man die wäßrige Lösung ab, um den gebildeten Diazoessigester nicht allzu konzentriert der Wirkung der freien Säure auszusetzen, und fährt dann mit dem Eintropfen der Schwefelsäure im Scheidetrichter nach Erneuerung des Äthers fort. Dabei wird die Abtrennung und Erneuerung des Äthers noch 5—6 mal wiederholt. Wenn schließlich keine Trübung mehr auftritt, sondern salpetrige Säure mit grüner Farbe in den Äther geht, hört man mit dem Zutropfen von Säure auf und schüttelt jetzt die vereinigten Ätherauszüge mit wenig Sodalösung (bis zur bleibenden Rotfärbung), dann noch zweimal mit wenig Wasser aus. Hierauf trocknet man etwa l / 2 Stunde lang unter öfterem Schütteln mit wenig Calciumchlorid, destilliert aus einem hoch angesetzten Fraktionierkolben von etwa 250 ccm Inhalt die Hauptmenge des Äthers aus einem Wasserbad, das nicht höher als auf 40 0 geheizt werden darf, bei gewöhnlichem Druck, das letzte Drittel aber bei höchstens 25° im Vakuum ab 1 , gibt zu dem Rückstand 20 ccm Wasser und 2 g festes Bariumhydroxyd und treibt den Diazoessigester zur Reinigung aus dem gleichen Kolben mit W a s s e r d a m p f im V a k u u m über. Die Anordnung ist die einer gewöhnlichen Wasserdampfdestillation. Als Dampfentwicklungsgefäß dient ein schwach zur Hälfte mit Wasser gefüllter Rundkolben, der im doppelt durchbohrten Gummistopfen eine nicht zu feine, durch Schraubhahn regulierbare Capillare trägt; in der andern Bohrung sitzt das Ableitungsrohr, das, entsprechend umgebogen, durch einen Gummistopfen in den schräg eingespannten Fraktionierkolben eingesetzt wird und, etwas nach unten gebogen, bis nahe zum Boden der Kugel reicht. Das genügend lange Ansatzrohr des Fraktionierkolbens ist im stumpfen Winkel abwärts gebogen und direkt mit einem zweiten Fraktionierkolben als Vorlage verbunden, derart, daß die Ausmündung des Rohres bis etwa zur Mitte der Kugel geht. Das aufwärts gebogene Ansatzrohr des Vorlagekolbens wird an die Pumpe angeschlossen, dieser selbst 1
Die im folgenden beschriebene Reinigungaoperation liefert ein sehr reines Präparat, wie es für die Bestimmung der H'-Konzentration nach Bredig u. Frankel (siehe S. 267) erforderlich ist. Die Ausbeute ist jedoch etwas geringer als wie sie bei sogleich hier angeschlossener Vakuumdestillation erreicht werden kann.
Organisch-präparativer
266
Teil
ist bis zum oberen Rand von einer kräftig wirkenden Kältemischung umgeben. Der Dampfentwicklungskolben wird nun in einem Wasserbad auf 40° erwärmt, der Destillationskolben wird durch eine untergestellte Schale mit warmem Wasser auf 3 0 — 3 5 ° gehalten. Dabei destilliert bei 20—30 mm Druck der Diazoessigester mit Wasser innerhalb 45—60 Minuten in die Vorlage über. Der Inhalt der Vorlage wird nun in Äther aufgenommen, die wäßrige Phase nochmals ausgeäthert, die vereinigten Ätherauszüge werden mit Calciumchlorid getrocknet, der Äther aus einem 40° warmen Wasserbad, zum Schluß im Vakuum abdestilliert und schließlich der Diazoessigester durch Vakuumdestillation gereinigt (kurzer Kühler, Vorlage in Kältegemisch kühlen). Siedep. 45°/12 mm. Ausbeute 2 0 — 2 5 g (Theorie 38 g). Das reine Präparat ist längere Zeit haltbar, soll aber nicht ganz fest verschlossen aufbewahrt werden. Der im Jahre 1888 von TH. CUETIUS entdeckte Diazoessigester war der Vorläufer des Hydrazins und der S t i c k s t o f f w a s s e r s t o f f s ä u r e . Das Hydrazin wurde zuerst durch hydrolytische Spaltung der „Bisdiazoessigsäure" gewonnen. Diese, ein Tetrazinderivat, entsteht aus Diazoessigester unter gleichzeitiger Verseifung der Estergruppe unter der (katalytischen) Einwirkung von starkem Alkali als Alkalisalz, indem sich 2 Moleküle einfach zusammenlegen: KOOC—CH
^CH-COOK
N-NH — K O O C - C < >C-COOK. HN—N
Beim Kochen mit Säure wird die Bisdiazoessigsäure in Hydrazin und Oxalsäure gespalten. Näheres findet man B. 41, 3161 (1908). V e r s u c h . 5 g Diazoessigester werden in kleinen Anteilen unter Umschütteln zu einer angewärmten Lösung von 8 g Natriumhydroxyd in 12 ccm Wasser gegeben; es findet jedesmal heftige Umsetzung statt. Nach dem Erkalten schüttelt man die gelbe Masse mit dem doppelten Volumen Alkohol durch, gießt ab, wiederholt diesen Prozeß und isoliert das Natriumsalz durch Absaugen. E s kann aus Wasser umkristallisiert werden. Die freie B i s d i a z o - e s s i g s ä u r e erhält man durch Übergießen des Salzes mit der 6 fachen Menge 30-proc. Schwefelsäure (1 Gew.-Teil H 2 S0 4 , 2 - 2 Gew.-Teile Wasser); man läßt die Lösung 12 Stunden lang stehen und saugt dann ab. Schmelzp. 152° (unter Zersetzung). Zur S p a l t u n g kocht man die Säure mit der 15 fachen Menge 4n-Salzsäure bis zum Verschwinden der gelben Farbe, stumpft
VII, 2
Diazoessigester
267
die Salzsäure mit 10 g kristallisiertem Natriumacetat ab und fällt die gebildete O x a l s ä u r e mit Calciumchlorid. Aus dem Filtrat wird das H y d r a z i n durch Schütteln mit tropfenweise zugefügtem Benzaldehyd als B e n z a l a z i n herausgeholt. Aus Alkohol Schmelzp. 93°. Auch der durch Hydrierung von Diazoessigester entstehende H y d r a z i - e s s i g e s t e r , das Hydrazon des Glyoxylsäureesters ROOCC=N-NH 2 (vgl. dazu S. 261) erfährt durch Säuren Hydrolyse und zwar H zu H y d r a z i n , Glyoxylsäure und Alkohol. Die sehr mannigfaltigen Reaktionen des Diazoessigesters sind wie die aller einfachen aliphatischen Diazoverbindungen gekennzeichnet durch die labile Haftung des Stickstoffs. Durch wäßrige Säuren wird die Abspaltung katalytisch beschleunigt und zwar ist die Zersetzungsgeschwindigkeit direkt proportional der Wasserstoffionenkonzentration, die bei Säuren von unbekannter Acidität auf diesem Weg gemessen werden kann (BBEDIG, FBÄNKEL, Ztschr. physik. Chemie 60, 202 [1907]). Nach der Abtrennung des Stickstoffs bleibt ein ungesättigter Rest, / ein Radikal ROOC-CH, das sich in verschiedenen Richtungen weiter \ verändert. Bei Gegenwart von Wasser addieren sich dessen Bestandteile zu Glykolsäureester, HCl lagert sich zu Chloressigester, Jod zu Dijodessigester, in analoger Weise Carbonsäuren, Alkohole, Aldehyde, Amine, NOa und Triphenylmethyl. Fehlt ein Addend, wie bei der thermischen Zersetzung, so vereinigen sich 2 Radikale zu Fumarsäureester. 2ROOC-HC< —>- ROOC-CH = CH-COOR. V e r s u c h e . Um den Einfluß der H-Ionenkonzentration auf die Zersetzungsgeschwindigkeit wenigstens qualitativ kennenzulernen, löst man etwa 0-5 ccm Diazoessigester in wenig 50,-proc. Alkohol, verteilt die Lösung auf zwei kleine Bechergläser und fügt zu beiden je 1 ccm n/10-Salzsäure und n / 10 -Essigsäure (die man sich im Meßzylinder aus Eisessig bereitet) hinzu. Ferner setzt man zu einer ätherischen Lösung des Esters etwas ätherische Jodlösung. Die Lösung entfärbt sich erst nach einiger Zeit unter Stickstoffentwicklung. Neben den angeführten Reaktionen spielen noch die zahlreichen Kondensationen des Diazoessigesters eine Rolle, bei denen der Stickstoff erhalten bleibt, die Anlagerungen an Acetylen- und Äthylenderivate. So entsteht z.B. mit Fumarsäureester P y r a z o l i n - t r i c a r b o n s ä u r e e s t e r : ^N CH-COOR ROOC-CH | + | —>- ROOC-CH | ^N CH-COOR ROOC^C-C-COOR H H
268
Organisch-präparativer Teil
Durch dessen Zerfall bei erhöhter Temperatur is; die wichtige Synthese von C y c l o p r o p a n d e r i v a t e n gegeben (BÜCHNER): ROOC-C—N v
ROOC-CH N
I > —^ | \ +N„ ROOC—C-C—COOR ROOC-CH-CH-COCR H H die in verschiedenen, durch die Ringebene bedingten, stereo-isomeren Formen auftreten können. Nach dem gleichen Prinzip reagiert bei höherer Temperatur Benzol mit Diazoessigester ( B U C H N E R ) . N \ + J^CH.COOR
H \ —>- I r ^ |^>CII-COOR + N,.
Norcaradiencarbonsäurceater (PfleudopaenylesBigester) Dieses interessante Reaktionsprodukt kann sich unter Aufsprengung des angefügten Cyclopropanringes nach 2 Richtungen isomerisieren: —CH, • COOR ¡^"M x 1 r rX N ' '-COOR. ^ > H . c o o r - v ' — Phenylessigester
Cycloheptatriencarbonsäureester Mit Malonester kondensiert sich Diazoessigester zu einem Derivat des 4-Oxy-pyrazols. ( B E R T H O U . N Ü S S E L , A . 4 5 7 , 2 7 8 [ 1 9 2 7 ] ) : .N-NH ROjC-CHNJ + ^ 0 ( 0 0 , 0 , ^ ) , >- ROtC-Cz ' =| \Ö=C.CO a R OH Näheres über die Reaktionen der aliphatischen Diazoverbindungen findet man in H , W I E L A N D , Die Hydrazine. Stuttgart 1 9 1 3 , S. 9 7 u. f. B. Aromatische Diazoverbindungen. 3. Diazotierung von Anilin. Phenol ans Anilin. Diazoverbindungen.
Isomerie der
a) D a r s t e l l u n g einer D i a z o n i u m s a l z l ö s u n g . Zu 50 ccm Wasser läßt man in einem J/2-Liter-Stutzen oder -Becherglas unter gutem Rühren 10 ccm konzentrierte Schwefelsäure laufen und in die heiße verdünnte Säure 9-3 g frisch destilliertes Anilin. Nachdem man hierauf nach und nach 100 g Eis hinzugefügt hat, läßt man zu der auch außen mit Eis (nicht mit Kältemischung!) gekühlten Anilinsulfatlösung, aus der sich das schwer lösliche Salz teilweise ausgeschieden hat, aus einem Tropftrichter allmählich die Lösung von 7-5 g Natriumnitrit in 30 ccm Wasser
VII, 3
Diazoniumsalze
und Diaxotate
269
fließen; dabi muß tüchtig gerührt werden. Wenn die Hauptmenge des Ntrits hinzugegeben ist, prüft man mit KaliumjodidStärkepapier 1 , ob überschüssige salpetrige Säure vorhanden ist. D a t e i iit zu beachten, daß gegen Ende der Reaktion hin — also bei starl abnehmender Konzentration der Reaktionsteilnehmer — die Umsezung langsam vor sich geht; man muß daher jeweils einige Minutin warten, ehe man die Prüfung vornimmt. Wenn man schließlich nach 5 Minuten noch freie salpetrige Säure in geringer Meige nachweisen kann, ist die Diazotierung beendet; das Anilinsulfat muß natürlich vollständig in Lösung gegangen sein. Eine Probe darf durch zugesetzte Natriumacetatlösung keine Trübung erfahren. Fügt man ihr aber jetzt einige Tropfen der Lösung eines Anilinsalzes zu, so fällt gelbes D i a z o - a m i n o b e n z o l aus, das na?h Zugabe einiger Eisstückchen mit konzentrierter Salzsäure wieder in Lösung geht. Ferner löse man einige Körnchen /?-Naphihol oder R-Säure in einem kleinen Überschuß von 2 n-Natronlaige und setze zu dieser Lösung eine Probe der Diazoniumsalzlösung. Die intensiv rote Farbstofflösung, die aus dieser „Kupplung" hervorgeht, bildet ein untrügliches Erkennungsmittel für das Diazoniumsalz und damit auch für das ihr zugrunde liegende primäre aromatische Amin. b) U m k a c h u n g der D i a z o n i u m s a l z - L ö s u n g zu P h e n o l . Schon beim Stehen der Lösung ohne Kühlung entwickelt sich allmählich Stickstoff. Man läßt aber die Zersetzung bei etwas erhöhter Temperatur (40—50 °) auf schwach siedendem Wasserbad in einem Rundkolben vor sich gehen. Nachdem die Gasentbindung sich gemäßigt hat, treibt man das entstandene Phenol direkt mit Wasserdampf über. Man prüft an einer Probe mit Bromwasser, ob alles Phenol übergegangen ist, sättigt dann das Destillat mit Kochsalz, äthert mehrere Male aus, trocknet die Atherlösung mit Calciumchlorid und destilliert nach der üblichen Behandlung das Phenol aus einem kleinen Fraktionierkolben. Siedep. 183°. Ausbeute 6—7 g. Das Präparat muß alsbald erstarren. 1 Ein Stückchen Stärke von der Größe einer Erbse wird fein pulverisiert in 200 com siedendes Wasser eingetragen und unter gutem Umrühren kurze Zeit aufgekocht. Nach dem Erkalten fügt man die Lösung eines linsengroßen Stückchens Kaliumjodid in wenig Wasser hinzu und tränkt mit der Mischung lange, etwa 3 cm breite Streifen von Filtrierpapier, welche man dann über einer ausgespannten Schnur an einem säurefreien Orte trocknet. Nach dem Trocknen zerschneidet man die laDgen Streifen und bewahrt sie in einem verschlossenen Gefäß auf.
270
Organisdh-präparativer
Teil
Bei der präparativen Ausführung der Diazotierungsreaktion kommt es darauf an, daß ein ausreichender Überschuß von Säure angewandt wird und daß man die Temperatur niedrig hält. Auf 1 Mol Amin werden 2 Mol Säure verlangt, eines zur Salzbildung, das zweite zur Befreiung der salpetrigen Säure aus dem Nitrit. Man nimmt in der Regel 2 V a — 3 Mol. Der Überschuß ist erforderlich, um die Kondensation des Diazoniumsalzes mit noch unberührter Base zur DiazoaminoVerbindung zu verhindern, die in schwach saurem Medium eintritt. So prüft man auch auf noch nicht umgesetztes Amin, indem man in einer Probe der Diazolösung die freie Mineralsäure mit Natriumacetat abstumpft und so die Bedingungen — schwach essigsaure Lösung — zur Bildung eines Diazoaminokörpers schafft. Durch Mineralsäuren wird dieser in Diazoniumsalz und Aminsalz gespalten, z. B.: C e tl, • N = N — N H • C e H s
2HC
V
C»H 6 .N=N + HC1.NH 1 .C,H 5 . C1
Es gibt übrigens auch eine kleine Anzahl von Diazoniumsalzen, die schon in saurer Lösung mit der eigenen Base kuppeln, so m-Phenylendiamin (Bismarckbraun). Die Zuführung von Nitrit bei der Diazotierung wird mit Kaliumjodid-Stärkepapier kontrolliert; es soll zum Schluß gebläut werden, aber der Überschuß von Nitrit soll möglichst gering sein. Man beachte, daß die Diazotierung keine Ionenreaktion ist, daß sie Zeit braucht und daß man, namentlich gegen das Ende hin, vor der P r ü f u n g einige Minuten lang zuwarten muß. Schwer lösliche Salze primärer aromatischer Amine werden unter Anwendung eines kräftigen Rührwerks in Suspension diazotiert. Sehr schwache Basen, wie Halogenaniline, Nitraniline, brauchen zur Salzbildung einen größeren Überschuß an Säure. Hier löst man zuerst in der eben zureichenden Menge heißer starker Salzsäure, verdünnt dann unter gleichzeitiger äußerer Kühlung mit Eis und bringt so das meist schwer lösliche Salz fein verteilt zur Abscheidung. Auch Auflösen in konzentrierter Schwefelsäure und direktes Diazotieren des durch Eis fein ausgeschiedenen Sulfats ist häufig empfehlenswert. Es dürfen aber niemals die freien Amine in saurer S u s p e n s i o n zur Diazotierung gebracht werden, weil sie viel zu langsam reagieren, man muß stets der vorher erfolgten Salzbildung sicher sein. Die Zersetzlichkeit der Diazoniumsalze ist verschieden groß; es gibt, z. B. in der Anthrachinonreihe, solche, die sich aus heißem Wasser Umkristallisieren lassen. Die Diazoniumsalze der einfachen primären Amine lassen sich wegen ihrer großen Zersetzlichkeit aus der wäßrigen Lösung nicht isolieren. Dagegen kristallisieren sie aus alkoholischer Lösung bei Atherzugabe aus. Da die Salze der salpetrigen Säure in Alkohol nicht löslich sind, diazotiert man in diesem Fall mit ihren Estern, die j a durch Säure außerordentlich rasch verseift werden und sich daher beinahe wie Salze verhalten (siehe S. 140).
Diaxoniumsalze
VII, 3
und,
271
Diaxotate
c) F e s t e s P h e n y l - d i a z o n i u m c h l o r i d . 3-5 g salzsaures Anilin werden in 20 ccm absolutem Alkohol gelöst, dazu fügt man 1 / 2 ccm alkoholischer Salzsäure und hiernach unter Eiskühlung 3 g Äthylnitrit oder 4 g Isoamylnitrit. Man läßt 5 bis 10 Minuten lang stehen und bringt dann das Diazoniumsalz durch allmähliche Zugabe von Äther zur völligen Abscheidung. Absaugen und mit wenig Alkohol—Äther 1 : 1 , dann mit Äther waschen. Man halte das Salz ätherfeucht und trockne nur eine kleine Probe auf Filtrierpapier, die man durch Schlag oder in der Flamme zur Explosion bringt. Auch das ätherfeuchte Präparat darf nicht mit dem Spatel oder einem andern harten Gegenstand berührt werden. Man löst das Diazoniumsalz vom Filter weg in Eiswasser und benützt die Lösung zur Darstellung von P h e n y l d i a z o n i u m p e r b r o m i d und P h e n y l a z i d (siehe unten). P h e n y l d i a z o n i u m n i t r a t erhält man in kristallisierter Form, wenn man in eine gut gekühlte Suspension von Anilinnitrat in Wasser unter Kühlung nitrose Gase (aus Arsenik und Salpetersäure 1-35) bis zur Lösung einleitet, und dann langsam Alkohol und Äther zugibt. Man nehme den Versuch mit höchstens 2 g Anilin vor und trockne nur eine gute Messerspitze des Salzes, das nach dem Absaugen mit Alkohol—Äther (1:1) gewaschen wird, auf Ton. Das Nitrat detoniert beim Erhitzen auf dem Spatel und durch Schlag mit dem Hammer; weniger heftig ist die Zersetzung des Chlorids, aber auch dieses Salz darf nicht trocken aufbewahrt werden, wie überhaupt das Arbeiten mit trocknen Diazoniumsalzen mit Vorsicht zu betreiben ist. Die Diazoniumsalze sind farblos, ihre wäßrigen Lösungen reagieren neutral. Entzieht man den Salzen die Säure durch Alkalien, so bilden sich zuerst die nur in Lösung ganz kurze Zeit nachweisbaren, sehr unbeständigen Diazoniumhydroxyde, die unter Anlagerung von Alkalihydroxyd und Abspaltung von Wasser in die Salze des sauren Diazohydroxyds, in die sog. D i a z o t a t e übergehen. H C„H 6 .N=NONa C e H s . N = N NaOH C e H 6 -N=N NaOH
C1
Diazoniumsalz
I
OH Diazoniumhydroxyd -H„o C 6 H 6 .N=NONa. Natriumphenyldiazotat
I
OH
272
Orgawiseh-präparativer
Teil
Säuert man nun die so entstandene Diazotatlösung wieder an, so bildet sich das Diazoniumsalz zurück: H C,HS • N=NOH + NaCl C1 -H,O C 6 H S .N=N —^ C1 • Wir haben also die wichtige, umkehrbare Beziehung zwischen D i a z o n i u m - und D i a z o h y d r o x y d - T y p u s . Das Diazohydroxyd, das durch Isomerisation aus dem Diazoniumhydroxyd entsteht, bezeichnet man als dessen P s e u d o b a s e (HANTZSCH), da es sich, obwohl selbst keine Base (ja sogar Säure) mit Säure zum Diazoniumsalz verbindet. Ehe wir die Reaktionen der Diazoverbindungen präparativ weiter behandeln, besprechen wir noch eine weitere Umformung dieser interessanten Körperklasse. Phenyldiazotat wird bei energischer Einwirkung von starkem Alkali in das Salz einer isomeren Säure verwandelt, es entsteht der Typ des I s o d i a z o t a t s (SCHBAUBE U. SCHMIDT). Über die Konstitution der Isodiazotate war eine langjährige, historisch gewordene Diskussion zwischen BAMBEB(1EB und HANTZSCH im Gange. Die meisten Chemiker halten jetzt die Frage für im Sinne von HANTZSCH entschieden, der die Isomerie für eine räumliche hält und sie auf die verschiedene Lagerung von C 6 H 6 und OH gegenüber der festen Ebene der doppelt gebundenen Stickstoffatome zurückführt. Die gleiche Auffassung hatte schon früher eine Erklärung für die Isomerie ungleich substituierter Oxime (S. 331) gebracht. Sie deckt sich im Prinzip mit der Lehre von der cis-trans-Isomerie der Athylenderivate (Fumar- und Maleinsäure). C„H6 • N=NONa
2HC1
>
Danach werden die labilen normalen Diazotate als die syn- ( = eis-), die beständigen Isodiazotate als die anti- ( = trans-)Verbindungen aufgefaßt. CaH6 ONa C,H6 I I I N-—N N=N I ONa normales Diazotat Isodiazotat Während die Umlagerung des einfachen Phenyl-s2/ra-diazotats in das Isomere erst unter der Wirkung von starkem Alkali erfolgt, ist die syn-Form andrer Diazotate so labil, daß sie fast augenblicklich nach ihi-er Bildung aus dem Diazoniumsalz in die anti-Form umgelagert wird und darum nicht einmal in Lösung festgehalten werden kann. Ein wichtiges Beispiel dieser Art ist das unter d) folgende p-Nitrophenyldiazotat, dessen Kupplungsprodukt mit /9-Naphtliol den viel gebrauchten Farbstoff „Pararot" darstellt.
VII, 3
Phenylazid
273
P h e n y l d i a z o n i u m p e r b r o m i d . Die frische, eiskalte Lösung eines der wie oben bereiteten festen Diazoniumsalze oder die Diazolösung aus 2 g Anilin wird unter Eiskühlung mit der Auflösung von 1-5 ccm Brom in 15 com 25-proc. Kaliumbromidlösung versetzt, so lange als noch eine dunkle Fällung entsteht. Dann gießt man von dem Ol ab und wäscht einige Male mit Eiswasser nach, wobei das Perbromid kristallinisch wird. Um es in P h e n y l a z i d („Diazobenzolimid") überzuführen, überdeckt man es mit etwas Wasser und Eis und fügt unter Kühlung etwa 10 ccm konzentriertes Ammoniak hinzu. Unter heftiger Reaktion bildet sich das stechend riechende, mit Wasserdampf flüchtige Phenylazid, das man auf diese Weise reinigt. Es kann im Vakuum ohne Zersetzung destilliert werden. Bei raschem Erhitzen explodiert Phenylazid, daher Vorsicht! Die Bromide organischer Basen bilden mit Brom unlösliche Perbromide, im vorliegenden Fall das Anlagerangsprodukt C e H 5 -N=N. Br-Br 2 Die Umsetzung mit Ammoniak verläuft in der Weise, daß das Perbrom sich zu Hypobromit umsetzt und gleichzeitig das Diazoniumsalz sich zu syn-üiazohydroxyd umlagert, das alsbald mit NH3 im Sinn der Kupplungsreaktion zu P h e n y l t r i a z e n („Diazobenzolamid") zusammentritt; durch das vorhandene Hypobromit wird dieses zu P h e n y l a z i d dehydriert (DIMBOTH): C,H, • N = N SNH. CaHs • N=NOH + 2 NH4Br + NH^OBr, Br-Br, 2H.0 CaHs• N : NOH + NHj >- C„HS-N: N-NH, + H , 0 , C,H 5 .N: N-NH, + NH4OBr —K C , H 6 . N ^ + NH4Br + H,0 . Phenylazid ist durch sehr vorsichtige Hydrierung (mit SnC^ in ätherischer Salzsäure) in das höchst empfindliche Phenyltriazen übergeführt worden (DXMEOTH), das, wie ausgeführt, durch Dehydrierung wieder in jenes zurückverwandelt werden kann. Analog wie den aliphatischen Diazoverbindungen gibt man neuerdings auch dem Stickstoffwasserstoff und seinen Estern eine offene Strukturformel, nach der die erörterten Beziehungen wie folgt formuliert weiden: C,H 6 .N=N=N
C H -N=N—NH,. —2 H 6 S Die präparativ beste Darstellungsmethode für Phenylazid geht vom Phenylhydrazin aus (S. 286). Die Arylazide sind sehr reaktionsfähige Verbindungen und spalten, beispielsweise mit Säuren, die beiden endständigen N-Atome als N2 GATTKRMANH, Praxig,
22. Auflage.
18
Organisch-präparativer
274
Teil
ab; der Rest C 6 H 5 N< geht dabei unter Aufnahme von Wasser in das Arylhydroxylamin über, das aber gleichzeitig die Umlagerung in Aminophenol erfährt. Bei negativer Substitution des Benzolkerns wird die Azidogruppe durch Alkalien — ebenso wie dies bei Halogen der Fall ist — als Alkali-azid hydrolytisch abgespalten; es bildet sich das Phenol.
0,N—^
^-N»
2Na0H
>
\ - O N a + NaNa + H,0.
Mit GEIGNABD schem Reagens entstehen aus den Aziden Diazoaminoverbindungen, das sind 1,3-disubstituierte Triazene ( W . W I S L I CENDS u n d
DIMEOTH), Z. B . :
CeH6.N, + CH.MgBr —>- C6H6-N=N—NH-CH, . Malonester führt zu den durch ihre interessanten TautomerieVerhältnisse bemerkenswerten Triazolonderivaten (DIMEOTH): / N = N
C6H6 -N, + CH, • (COOC,H6), —V C a H 6 -N< | /C=C—COjCJH, . H(K Diese Kocdensation steht in vollkommener Analogie zu der auf S. 268 erwähnten des Diazoeasigesters, wie überhaupt Azide und aliphatische Diazoverbindungen eine auffallende Übereinstimmung zeigen, mit ungesättigten Stoffen wie Acetylenen, Olefind erivateD, Blausäure u. a. sich zu heterocycltschen Ringen zusammenzulegen.
d) N a t r i u m - p - n i t r o p h e n y l - a w ^ d i a z o t a t
1
r~\ 0,N(
NONa
11
)—N
.
14 g p-Nitranilin (^,0 Mol) werden in der Hitze in 60 ccm Salzsäure (30 ccm konzentrierte und 30 ccm Wasser) gelöst, die Lösung gießt man auf 80 g Eis, die sich in einem kleinen Filtrierstutzen befinden. Man diazotiert nun bei 5—10° mit der Lösung von 8 g Natriumnitrit in 20 ccm Wasser die man unter kräftigem Rühren auf einmal hinzufügt, und läßt, nachdem man sich von der Vollendung der Reaktion überzeugt hat, die Diazoniumsalzlösung unter Umrühren in die auf 40—50° erwärmte Mischung von 400 ccm etwa 4 n-Natronlauge einfließen. Während des Erkaltens kommt das anti-Diazotat in schönen goldgelben Blättchen zur Abscheidung. Nach mehrstündigem Stehen saugt man das Salz ab und wäscht es mit gesättigter Kochsalzlösung. Es ist nach dem Trocknen auf Ton beliebig lange haltbar und kann durch Auflösen in Alkohol von 60° und Verdunstenlassen der filtrierten Lösung von noch anhaftendem Kochsalz befreit werden. Ausbeute gut 18 g. 1
SCHBAUBE u . SCHMIDT, B . 2 7 , 5 1 8 ( 1 8 9 4 ) .
Jodbenzol.
VII, 4
Benzol
aus
275
Anilin
Die wäßrige Lösung des Diazosalzes kuppelt nicht mit ^-Naphtholnatrium oder R-Salz-Lösung1, wovon man sich überzeugt. Säuert man aber die verdünnte Lösung mit Salzsäure an, filtriert von ungelösten Flocken und stellt jetzt den Kupplungsversuch an, so wird Azofarbstoff gebildet. Die Vereinigung des zuerst auftretenden st/w-Diazotates mit dem Phenol geht rascher vor sich, als seine Umlagerung in die antiForm.
4. Jodbenzol.
Benzol ans Anilin.
14 g Anilin werden in 35 ccm konzentrierter Salzsäure, die mit dem doppelten Volumen Wasser verdünnt sind, gelöst und unter Eiskühlung mit 1 1 g Natriumnitrit in 50 ccm Wasser nach der beim vorhergehenden Präparat gegebenen Methode diazotiert Von der Diazoniumsalzlösung werden 50 ccm auf Benzol, der Rest auf J o d b e n z o l verarbeitet. a) J o d b ' e n z o l . Dem für dieses Präparat bestimmten Anteil fügt man in einem 1 / 2 -Liter-ßundkolben die Lösung von 20 g K a l i u m j o d i d in 20 ccm Wasser zu und läßt das Gemisch einige Stunden unter Wasserkühlung stehen. Dann erwärmt man mit aufgesetztem Kühlrohr auf dem mäßig siedenden Wasserbad, bis die Stickstoffentwicklung vorüber ist, macht mit konzentrierter Natronlauge stark alkalisch — um mitgebildetes Phenol zu binden — und treibt nun das Jodbenzol mit Wasserdampf ab. Im Scheidetrichter trennt man dann ab — bei scharfer Scheidung ohne Äther —, trocknet mit einigen Körnern Calciumchlorid und unterwirft schließlich der Destillation. Siedep. 189—190°. Ausbeute 18—20 g. b) Benzol. Nachdem man den größeren Teil der Diazoniumlösung mit KJ zusammengebracht hat — der Best wird mittlerweile unter Eiskühlung gehalten —, bereitet man alsbald eine alkalische Stannitlösung, indem man die trübe Lösung von 20 g Zinn-2-chlorid in 100 ccm Wasser mit der Lösung von 25 g Natriumhydroxyd in 30 ccm Wasser zusammenbringt und dann alsbald abkühlt. Unter guter Eiskühlung bringt man hierauf die Stannitlösung nach und nach in die Diazoniumsalzlösung; man wartet mit der erneuten Zugabe, bis die jedesmal eintretende Stickstoffentwicklung aufgehört hat. Nach Beendigung der Reaktion destilliert man das gebildete Benzol am absteigenden Kühler ab; es geht über, ehe größere Mengen von Wasser kommen, und wird in einem Reagenzglas aufgefangen. Nach dem Trocknen mit wenig CaCl2 wird das Benzol aus einem kleinen Destillier1
Über R-Säure siehe S. 289. 18*
Organisch-präparativer Teil
276
kölbchen mit übergezogenem Kühler rektifiziert, aus dem es fast restlos bei 81° übergeht. Ausbeute 3—4 g. Der Ersatz einer NH2-Gruppe durch Wasserstoff über die DiazoVerbindung hat im hier durchgeführten Beispiel natürlich keine praktische Bedeutung, wohl aber in andern Fällen. So wird m-Nitrotoluol (und aus ihm m-Toluidin) aus p-Toluidin derart gewonnen, daß man die (acetylierte) Base nitriert und die NHa-Gruppe (nach Abspaltung •des Acetyls) wie oben durch H ersetzt. CH„
CH.
NH,
"^NO, NH»
CH, i
1
Der Verlauf der Reaktion ist sehr merkwürdig. Man wird anzunehmen haben, daß das Diazotat an der N=N-Doppelbindung Wasserstoff aufnimmt, daß dann HgO bzw. NaOH abgespalten wird und daß schließlich das unbeständige P h e n y l d i i m i n in Benzol und Stickstoff zerfällt. C6H6 • NH—NHONa —>- C 6 H 5 -N=NH + NaOH CaH, • N=NONa 2H — v C6H„ + N, . An Stelle alkalischer Stannitlösung kann man für den Ersatz der Diazogruppe durch Wasserstoff auch Alkohol verwenden, der dabei unter Abgabe zweier H-Atome zu Aldehyd dehydriert wird. In diesem Fall wird das Diazoniumsalz eine Zeitlang in Alkohol gekocht. Als Produkt einer Nebenreaktion wird gleichzeitig unter Ersatz der Diazoniumgruppe durch Alkoxyl der P h e n o l ä t h e r gebildet. Die Parallele zur Umkochung der Diazoniumsalze zu Phenolen ist deutlich. •N=N
C1
+ HO-CLH,
+ N, + HCl.
A b k ö m m l i n g e des J o d b e n z o l s . Von den a r o m a t i s c h e n J o d v e r b i n d u n g e n ist bemerkenswert ihre Fähigkeit, über Additionsprodukte von Chlor in organische J o d d e r i v a t e mit h ö h e r w e r t i g e m Jod überzugehen (V. MEYEB, WILLGEBODT).
Phenyljodidchlorid. 3 g Jodbenzol werden in 15 ccm Chloroform gelöst. Unter Eiskühlung leitet man aus der Bombe Chlor ein, bis keine Absorption mehr erfolgt. Die schönen hellgelben Kristalle werden abgesaugt, mit Chloroform gewaschen und auf Filtrierpapier an der Luft getrocknet.
VII, 4
277
Abkömmlinge des Jodbenzols
Das so hergestellte Phenyljodidchlorid C 6 H 5 J < ^ hat den Charakter OH des Salzes einer schwachen zweisäurigen Base C6H5 J < C Q J J > v o n der auch andere Salze, wie das Diacetat, bekannt sind. Von der Base selbst kennt man nur das Anhydrid C 6 H 6 J = 0 , das Jodosobenzol. J o d o s o b e n z o l . 2 g Phenyljodidchlorid werden in einer Reibschale mit lOccm 3n-NaOH gut zerrieben. Nach dem Stehen überNacht saugt man das gebildete Jodosobenzol ab, wäscht mit Wasser aus und trocknet auf Ton. Die Substanz ist nicht kristallinisch. Aus dem alkalischen Filtrat (ohne die Waschwässer) fällt beim Einleiten von Schwefeldioxyd — zur Reduktion der gebildeten Jodsäure — ein farbloses Salz, das nach einigem Stehen abgesaugt und aus heißem Wasser umkristallisiert wird: D i phenyljodoniumjodid. J o d o b e n z o l . Die Hauptmenge des dargestellten Jodosobenzols wird, mit wenig Wasser zu einem Brei angeteigt, im Rundkolben mit strömendem Wasserdampf behandelt, bis alle Substanz gelöst und das gebildete Jodbenzol übergegangen ist (Kühler, Vorlage). Die (wenn noch trüb) heiß filtrierte Lösung wird auf dem Wasserbad eingedampft, bis eine abgegossene Probe im Reagenzglas reichlich kristallisiert. Nach dem Abkühlen wird abgesaugt usw. Die Bildung des Jodosobenzols ist ohne weiteres verständlich, weniger leicht die des eigenartigen Jodoniumsalzes. Die Jodoniumbasen entstehen allgemein aus Jodoso- und Jodoverbindung in Gegenwart von Alkalien, am besten Silberoxyd; die beiden jodhaltigen Moleküle vereinigen sich unter Abspaltung von Jodat. 0\ C.QK * J * CiiQj C e H 6 .J=0 + o ^ J - C , H 6 N a 0 H > ¿H + NaJO,. Jodobenzol bildet sich aus Jodosobenzol durch intermolekulare Disproportionierung neben Jodbenzol: C6H6.JO + OJ-C„H6 —>-
C 6 H 6 .J
- Phenylessigsäure, S. 133) ausgeführt hat, soll diese Reaktion hier kennenlernen. 5-5 g Tolunitril werden nach und nach in die Mischung von 20 ccm konzentrierter Schwefelsäure mit 10 ccm Wasser, die sich in einem kleinen Rundkolben befindet, eingebracht und unter Rückfluß auf dem Drahtnetz oder Sandbad etwa 1 Stunde lang im Sieden gehalten. Nach dem Erkalten verdünnt man mit Wasser, saugt die kristallinische Säure ab, beseitigt etwa beigemengtes Amid durch Lösen des Rohproduktes in verdünnter Lauge und Filtrieren und fällt das Filtrat mit Salzsäure. Ein reineres Produkt erhält man, wenn man die Verseifung bei 150° (im Ölbad) 5 Stunden lang vor sich gehen läßt. Zur 1
Nach
HENLE,
Organ, ehem. Praktikum, 3. Aufl. S. 149.
280 Reinigung löst man, ohne vorher zu trocknen, in möglichst wenig siedendem Alkohol, spritzt so viel Wasser zu, daß eben keine Trübung eintritt und kocht noch einige Minuten mit wenig Tierkohle, die man jedoch nicht in die siedende Lösung eintragen darf. Die beim Abkühlen der filtrierten Lösung auskristallisierende Säure schmilzt bei 177°. Ausbeute 4 g. Yon der p-Toluylsäure führt der präparativ beste Weg zur Terephthalsäure, indem man die Lösung ihres Natriumsalzes mit Permanganat bei Wasserbadtemperatur oxydiert. Auf gleichem Wege kann Toluol in Benzoesäure übergeführt werden und die Oxydation des o-Tolylsulfamids zu Saccharin stellt ein technisch wichtiges Beispiel für diese Reaktion dar: ~ SO —SOa-NH, ^N-SO.-NH, -"""V \ —>YNH. -COOH Längere Seitenketten werden bis zur Kern-Carbonsäure abgebaut. S A N D M E Y E B sehe Reaktion. Die glatte Bildung des oben dargestellten Jodbenzols ist auf den spontanen Zerfall des Diazoniumjodids in Jodbenzol und Stickstoff zurückzuführen. C 6 H 6 .N=N . C9H6J + N,. J Bromid und Chlorid lassen aber nur in geringem Umfang das Halogen an die nach Absprengung des Stickstoffs freiwerdende „Lücke" wandern; bei ihrer Zersetzung wiegt das Auftreten von Phenol vor. SANDMEYEB hat nun im Jahre 1884 die wichtige Entdeckung gemacht, daß bei Gegenwart der entsprechenden Cuprosalze auch hier das Halogen an den Kern dirigiert wird. Worauf diese katalytische Wirkung beruht, ist noch nicht aufgeklärt. Vielleicht entsteht ein Doppelsalz oder auch ein Komplexsalz, in dem das Halogen fester gehalten wird als im einfachen Halogenid. Nach GATTEBMANN läßt sich das Cuprosalz durch K u p f e r p u l v e r ersetzen. Kupfer beschleunigt allgemein die Zersetzung labiler Diazoverbindungen, die Eliminierung von elementarem Stickstoff. Der Ersatz der Aminogruppe durch Halogen hat große Bedeutung. Für die Gewinnung der aromatischen Jod Verbindungen gibt es keinen anderen präparativ gangbaren Weg. Die Einführung von Chlor und Brom ist deshalb wichtig, weil aus dem Amin einheitliche Halogenderivate gewonnen werden, was durch direkte Chlorierung und Bromierung des Grundkörpers bekanntlich nicht immer möglich ist. So entsteht bei der Kernbromierung des Toluols gleichzeitig o- und p-Bromtoluol, die schwer vollständig voneinander zu trennen sind. Mit Hilfe der SANDMEYEB sehen Reaktion liefern aber die beiden Toluidine ausschließlich o- und p-Bromtoluol, und m-Bromtoluol ist nur vom m-Toluidin aus zugänglich.
Arsanilsäure aus
p-Nitranilin
281
Die Synthese der a r o m a t i s c h e n N i t r i l e nach SANDMEYEB ist ein viel eleganteres Verfahren, als das auch bei Benzolderivaten anwendbare aus den Ammoniumsalzen der Carbonsäuren. Vor allem können wir hier über die Nitrile die Carbonsäuren aufbauen und haben so einen vollwertigen Ersatz für die KOLBE sehe Synthese (Alkylhalogenid und Kaliumcyanid), der die aromatischen Halogenverbindungen nicht zugänglich sind. Im einfachsten Beispiel können wir Anilin in Benzoesäure überführen. Die umgekehrte Reaktion gelingt mit Hilfe der HOFMANN sehen Abbaureaktion (Benzamid - — v Anilin, siehe S. 146).
6. Arsanilsäure ans p-Nitranilin.1 p-Nitrophenylarsinsäure. 13*8 g p-Nitranilin werden, wie bei der Darstellung des aw^-Diazotats (S. 274) beschrieben, diazotiert. Man verdünnt mit Wasser und Eis auf 1 Liter, stumpft unter Rühren mit 4 n-Natronlauge die freie Säure so weit ab, daß Congopapier eben nicht mehr gebläut wird, und läßt dann die Diazoniumsalzlösung in 800 ccm 5-proc. sekundäre Natriumarsenitlösung2, die man vorher bereitet und in einen großen Filtrierstutzen gebracht hat, in dünnem Strahl einfließen. Die Reaktion geht beim Umrühren mit einem Glasstab unter heftiger Stickstoffentwicklung fast augenblicklich zu Ende. Man engt jetzt in einer Porzellanschale auf etwa 400 ccm ein und fällt aus der dunklen Lösung durch Salzsäure schwach saure, harzige Nebenprodukte aus. Wenn die Fällung beendet ist, filtriert man die heller gewordene Lösung durch ein Faltenfilter und dampft die jetzt congosaure Lösung so weit ein, bis die Ausscheidung von Kristallen beginnt. Beim Erkalten kristallisieren 8—10 g p-Nitrophenylarsinsäure in schwach gelb gefärbten Nadeln aus. Sollte die Lösung nach dem Filtrieren noch stark gefärbt sein, so kocht man sie vor dem Eindampfen mit Tierkohle auf. Das Präparat muß in kalter Sodalösung leicht löslich sein, andernfalls ist ihm Arsenik beigemischt, von dem man es auf diese Weise abtrennt. Reduktion. 10 g Eisenpulver (ferrum reduetum), 100 ccm Wasser und 2 ccm konz. Salzsäure werden in einen 250-ccm-Kolben gebracht, auf den ein Extraktionsapparat (Fig. 27, S. 36) aufgesetzt ist. In die Hülse bringt man 6.5 g Nitrophenylarsinsäure. 1
H. BART, A . 4 2 9 , 95 (1922).
* Dargestellt durch Auflösen von 23-5 g gepulvertem Arsenik in 240 ccm 2 n-NaOH (vorher titrieren!) und Verdünnen auf 800 ccm.
282
Man erhitzt den Kolbeninhalt zum Sieden, so daß etwa alle zwei Sekunden ein (gelbgefärbter) Tropfen der Lösung herunterfällt. Die Extraktion soll in etwa einer halben Stunde vollendet sein. Man setzt dann noch Stunde lang das Sieden fort, fügt 25 ccm 5n-NaOH hinzu, kocht noch 5 Minuten und gießt von der Hauptmenge des Eisenschlammes durch eine Nutsche ab. Der Eisenschlamm wird noch zweimal mit je 100 ccm heißer verd. (etwa n/5) NaOH ausgekocht. Die vereinigten Filtrate dampft man auf 75 ccm ein, versetzt mit konz. Salzsäure bis zur eben congosaueren Reaktion und stumpft den Überschuß an Mineralsäure mit Natriumacetatlösung ab. Nach längerem Stehen scheidet sich die Arsanilsäure aus. Sie wird aus 40—50 ccm heißem Wasser, wenn nötig unter Zusatz von wenig Tierkohle umkristallisiert. Ausbeute 3—4 g. Versuch. Man weise die primäre NH2-Gruppe nach, indem man eine kleine Menge der Säure in wenig Natronlauge löst, ungefähr ein Äquivalent Natriumnitrit zufügt und unter Innenkühlung mit Eis mit Salzsäure ansäuert. In alkalischer /9-Naphthollösung erzeugt die Diazoniumsalzlösung die rote Färbung des entsprechenden Azofarbstofis. Formel! Die Einführung der Arsinsäuregruppe in den aromatischen Kern hat großes Interesse im Hinblick auf die therapeutische Verwendung der Arsenverbindungen bei der Bekämpfung von Infektionskrankheiten ( A t o x y l = arsanilsaures Natrium, S a l v a r s a n ) . Die erste Synthese der Arsanilsäure erfolgte mit sehr schlechter Ausbeute durch Verschmelzen von Anilin mit Arsensäure:
/ — \) +
H.N—( \
/
HO Asf-OH \OH
/ — \ )—Asf-OH y° +
>- HaN—( \
/
M)H
H,0 .
Man vergleiche den Prozeß mit dem der Sulfurierung und Nitrierung und beachte vor allem den Unterschied zwischen Arsen und Stickstoff (hier die neutrale N0 2 -Gruppe, dort das entsprechende Hydrat, die zweibasische Arsinsäuregruppe). Der Reduktion der Nitro- zu Azokörpern entspricht die der Arshisäuren zu A r s e n o b e n z o l e n :
2^
As^OH
As=Aa- ^
\ + 6H8Q.
Hat man die durch „Umkochen" der diazotierten Arsanilsäure zu gewinnende p-Oxy Verbindung nitriert, die eingetretene Nitrogruppe zur Aminogruppe reduziert, so kann man durch weitere Reduktion die entsprechende A r s e n o v e r b i n d u n g , das S a l v a r s a n erhalten. Man formuliere diese Umwandlungen.
Phenylhydrazin
VII, 7
283
Die Bindung der Arsinsäuregruppe an den Benzolkern, die nach der oben ausgeführten B A B T sehen Eeaktion allgemein bei Diazoverbindungen erfolgt, überschreitet wahrscheinlich ein dem Diazosulfonat (S. 284, Anm.) analog gebautes Zwischenprodukt, das sich nicht so rasch, wie jenes in die stabile anti-Form umlagert, sondern unter Stickstoffentwicklung zerfällt.
yO
y
C 9 H 6 .N=N + NaAsf-ONa C1 M)H —C
e
H
O
C a H 6 -N=N. Asf-ONa + NaCl M)H e
. Asf-ONa + N,.
\OH
7. Phenylhydrazin.1 47 g Anilin ( J / 2 Mol) werden in 100 ccm konzentrierter Salzsäure, die mit dem gleichen Volumen Wasser verdünnt sind, gelöst und, wie mehrfach beschrieben, mit der Lösung von 38 g Natriumnitrit in 100 ccm Wasser unter guter Kühlung diazotiert. Vorher hat man eine möglichst gesättigte wäßrige Lösung von 1 1 / 4 Mol = 158 g neutralen wasserfreien oder 315 g kristallwasserhaltigen (7 H 2 0) Natriumsulfits bereitet, deren Gehalt der Menge der angewandten Salzsäure entspricht; es ist dies ein Überschuß von 25 Proc. über den stöchiometrischen Bedarf. Am wohlfeilsten ist es, die technische Bisulfitlösung, d e r e n G e h a l t t i t r i m e t r i s c h f e s t g e s t e l l t sein muß, mit der notwendigen Menge Lauge zu neutralisieren. Von guter, 40-proc. Bisulfitlauge braucht man 325 g, die mit 110 g 50-proc. NaOH abgestumpft werden. Das Gelingen des Präparates hängt von der richtigen Einstellung der Sulfitlösung ab. Die frisch bereitete Diazoniumchloridlösung gießt man rasch in die kalte Sulfitlösung, die sich in einem 2-Liter-Rundkolben befindet, ein. Die orangerote Lösung, die entsteht, darf sich, wie an einer Probe im Reagenzglas zu prüfen ist, beim Kochen nicht trüben. Ist dies doch der Fall, so muß mehr Sulfit zugefügt werden. Man setzt nun unter Umschütteln nach und nach 100 ccm konzentrierter Salzsäure zu, wobei der Farbton der Lösung in Gelb umschlägt. Dann erhitzt man auf dem Wasserbad, fügt einige ccm Eisessig hinzu und hellt durch Zusatz von wenig Zinkstaub die Farbe der Lösung auf Die heiß filtrierte Flüssigkeit wird alsbald mit 300 ccm konzentrierter Salzsäure versetzt und langsam erkalten gelassen. 1
E . FISCHEB, A. 1 9 0 , 78 (1877).
284
Organisch-präparativer
Teil
Der Kristallbrei von Phenylhydrazoniumchlorid wird auf der Nutsche abgesaugt, möglichst scharf abgepreßt, mit Salzsäure 1: 3 gewaschen und alsbald in einem Scheidetrichter mit 150 ccm 4 n-Natronlauge unter Äther zersetzt. Man äthert zweimal nach, trocknet die Ätherlösung der Base mit geglühtem Kaliumcarbonat und destilliert schließlich das Phenylhydrazin im Vakuum unter Benutzung der ANSCHÜTZ-THIELE sehen Vorlage (Fig. 1 7 , S. 23). Siedep.i2mm 120°. Ausbeute rund 30 g. Das Präparat muß beim Einstellen in kaltes Wasser nach kurzer Zeit vollkommen erstarren und soll sich in verdünnter Essigsäure ohne Trübung lösen. Schmelzp. 23°. Die Destillation unter Atmosphärendruck ist stets von Zersetzung begleitet (N2, NH3, NH2 • C6H6 und C6H6) und liefert kein reines Phenylhydrazin. Weniger elegant ist das Verfahren von V. MEYEK, nach dem Diazoniumchloride in stark salzsaurer Zinn-2-chloridlösung zu Arylhydrazinen reduziert werden. Man beachte den Unterschied der Reaktionsweise von Zinn-2-salz in saurer und alkalischer Lösung. Die klassische Methode von EMIL FISCHES, die hier durchgeführt wurde, geht über das schon von STBECKEB und RÖMER dargestellte Phenyl-anti-diazosulfonat1, das häufig zu Anfang der Reaktion in schönen orangegelben Kristallen herauskommt. C 6 H 5 .N=N C1 + Na,S0 3
v
C6H6-N || + NaCl. N-SO,Na
Die bei Zugabe der Salzsäure in der zweiten Phase des Präparats freiwerdende schweflige Säure hydriert die Azo-Doppelbindung, wahrscheinlich über ein Additionsprodukt A, dessen eine SOsH-Gruppe leicht hydrolytisch abgespalten wird unter Bildung von phenylhydrazinsulfonsaurem Natrium. C,H6• N—NHSO„Na H 0 SOsH — ^
A A
C 8 H 6 .NH-NH.SO,Na
+HsS04.
Die Vervollständigung der Hydrierung besorgt der aus dem Zinkstaub entwickelte Wasserstoff. Schließlich wird die fester haftende Sulfogruppe durch die starke Salzsäure in der Hitze ebenfalls als Schwefelsäure abgespalten. 1
Das wohl zuerst entstehende Diazoniumsulfit CeHs • N = N lagert sich SO,Na spontan in die Diazotatform um; dasselbe erfolgt bei den A r s e n i t e n ( S . 283) und Cyaniden. C,H6 N = N C e H 5 -N=N-CN. CN
VII, 7
Phenylhydraxin
285
Nach diesem Verfahren wird Phenylhydrazin im großen dargestellt. Es dient als unentbehrliches wissenschaftliches Präparat zur Erkennung von Aldehyden und Ketonen (Phenylhydrazone) und für mancherlei Synthesen, vor allem aber für die technische Darstellung des A n t i pyrins und P y r a m i d o n s . Man unterrichte sich über den Verlauf dieser Synthesen. Die Salze des Phenylhydrazins sind einsäurig. Versuch. Zu einer Mischung von 5 Tropfen Phenylhydrazin und 5 ccm Wasser fügt man 3 Tropfen Eisessig. Darauf versetzt man mit 2 Tropfen Benzaldehyd (am Glasstabe) und schüttelt um. Es bildet sich zunächst eine milchige Trübung, sehr bald jedoch ein flockiger Niederschlag von B e n z y l i d e n - p h e n y l h y d r azon. Die kleinsten Mengen von Benzaldehyd lassen sich auf diese Weise erkennen. Von hervorragender Bedeutung ist das Phenylhydrazin in der Chemie der Zucker zur Abscheidung, Erkennung und Umwandlung der verschiedenen Zuckerarten gewesen. Ohne dieses Reagens hätten die fundamentalen Aufklärungen auf diesem Gebiete kaum erzielt werden können. Läßt man auf eine Molekel eines Zuckers eine Molekel Phenylhydrazin einwirken, so entsteht ein n o r m a l e s H y d r a z o n , z. B.: CHJOH-(CH-OH)1-CHO + C„H5-NH • NH, = CH, • OH • (CH • OH)4CH + H,0 Traubenzucker || N—NH«CgH6 "Wendet man jedoch Phenylhydrazin im Uberschuß an, so wirkt dieses oxydierend, d. h. Wasserstoff entziehend, auf den Zucker ein, indem z. B. im obigen Beispiel die der Aldehydgruppe benachbarte CH'OH-Gruppe zu einer Ketongruppe dehydriert wird, welche wiederum mit dem Hydrazin reagiert. Von den so entstehenden Stoffen, den Osazonen war auf S. 215 schon die Bede. Im obigen Beispiel erhält man: CH, • OH • (CH • OH), • C—CH=N • NH • C6H5 II N—NHC.H, Erhitzt man Osazone mit Salzsäure, so spalten sie wie alle Hydrazone Phenylhydrazin ab. Man erhält daneben natürlich nicht wieder den ursprünglich angewandten Zucker zurück, sondern ein Oxydationsprodukt desselben, ein sog. Oson, und zwar in dem gewählten Beispiel: CH, • OH • (CH • OH), • CO • CHO . Reduziert man dieses, so wird nicht etwa die Ketongruppe reduziert und somit der ursprünglich angewandte Zucker zurückgebildet; es wird vielmehr die Aldehydgruppe reduziert, und man erhält: CH, • OH • (CH • OH), • CO • CH, • OH . Die Aldose ist in eine Ketose, d-Glucose in d-Fructose übergeführt worden.
286
Organisck-präparativer Teil
V e r s u c h . Die Lösung von 2 g Phenylhydrazin in 1-5 ccm Eisessig und 15 ccm Wasser erwärmt man mit 1 g d-Grlucose, in 5 ccm Wasser gelöst, im Wasserbad auf 80 Nach etwa 20 Minuten beginnt das Osazon sich in feinen gelben Nädelchen auszuscheiden. Man saugt nach einer Stunde Reaktionsdauer ab, wäscht mit Wasser und läßt die Kristalle an der Luft trocknen. Schmelzpunkt 205°. Phenylhydrazin kann Wasserstoff abgeben, unter Umständen aber auch Wasserstoff aufnehmen; es kann also reduzierend und oxydierend wirken. Im ersten Fall entstehen über das schon erwähnte Phenyldiimin Benzol und S t i c k s t o f f (Einwirkung von Kupfervitriol, FeClg, FüHLiNescher Lösung, ammoniakalischer Silbernitratlösung); in saurer Lösung kann durch vorsichtige Oxydation Diazoniumsalz zurückgebildet werden.
V e r s u c h . B e n z o l a u s P h e n y l h y d r a z i n . In einen gewöhnlichen Destillierkolben, der mit absteigendem Kühler versehen ist, und in dem die Lösung von 25 g Kupfervitriol in 75 ccm Wasser zum Sieden erhitzt wird, läßt man 5 g Phenylhydrazin, in 5 ccm Eisessig und 10 ccm Wasser gelöst, langsam einfließen. Heftige Stickstoffentwicklung. Das entstandene Benzol geht alsbald mit den Wasserdämpfen über und wird, wie auf S. 275 beschrieben, aufgefangen und rein gewonnen. Ausbeute 2 - 3 g. Beim Überhitzen zerfällt Phenylhydrazin analog dem Hydrazobenzol, indem eine Molekel eine zweite hydriert.
2CeHj.NH.NH,
CjHJ-NHJ + NHS + (C4H6-N=NH) ->- C»He + N s .
Fein verteilte Platinmetalle wirken, wie dort, katalytisch beschleunigend.
Man prüfe das Verhalten von Phenylhydrazin gegen F e h l i n g sche Lösung und gegen ammoniakalische Silberlösung. Läßt man in die wäßrige Lösung von Phenylhydrazinsalz Natriumnitritlösung eintropfen, so entsteht das gelbe, giftige a - N i t r o s o phenylhydrazin, das unter H20-Abspaltung in P h e n y l a z i d übergeführt werden kann.
C»H s N-NHj I
C„H 5 .N-N
NO
N
•
Näheres über Azide siehe auf S. 273.
Versuch. I n d o l s y n t h e a e nach E. Fischeb. 2 g Phenylhydrazin werden im Reagenzglas mit 2 ccm Aceton vermischt. Trübung unter Wasserabscheidung. Man hängt s / 4 Stunden ins
VII, 8
Darstellung von Azofarbstoffen
287
siedende Wasserbad, setzt dann 6 g trocknes Zinkchlorid zu und erhitzt die Mischung unter Umrühren einige Minuten lang in einem auf 180° erwärmten Ölbad. Die dunkle Schmelze wird dann mit der vierfachen Menge verdünnter Salzsäure in einen kleinen Rundkolben gespült, aus dem das gebildete « - M e t h y l i n d o l mit Wasserdampf abgetrieben wird. Das bald erstarrende Öl wird nach dem Trocknen aus wenig Petroläther umkristallisiert. Schmelzp. 59°. F i c h t e n s p a n r e a k t i o n . Uber die aus einer kleinen Probe durch Kochen mit Wasser erzeugten Dämpfe hält man ein mit konzentrierter Salzsäure getränktes Stückchen Tannenholz. Intensive Rotfärbung. Diese schöne und überraschende Synthese von Indolderivaten, die allgemeine Anwendung hat, ist in ihrem Verlauf erst vor kurzem aufgeklärt worden ( R . ROBINSON). Wir haben anzunehmen, daß die KetoPhenylhydrazone aus einer tautomeren Hydrazoform heraus eine Art von Benzidinumlagerung erfahren, die manchmal wie diese, so z. B. beim Phenylhydrazon der Brenztraubensäure, schon in verdünnt saurer wäßriger Lösung erfolgen kann.
*JäH-N=C-CH., CH„
NH
H,C
r
-
Aus dem zuletzt formulierten, hypothetischen Diamin wird nach bekannten Mustern (Pyrrolidin aus 1,4-Diamino-butan) NH3 abgespalten und der Indolring gebildet.
8. Darstellung von Azofarbstoffen. a) H e l i a n t h i n . 20 g Sulfanilsäure werden in 50 ccm 2 n Natronlauge gelöst; dazu fügt man die Lösung von 8 g Natriumnitrit in 100 ccm Wasser. Unter Eiskühlung wird hierauf diese Lösung in 50 ccm 2n-Salzsäure eingegossen. Vorher hat man 12 g Dimethylanilin in 100 ccm n- Salzsäure gelöst und bringt nun die oben bereitete Lösung von diazobenzolsulfonsaurem Natrium mit der des Dimethylanilinsalzes zusammen. Wenn man hierauf bis zur deutlich alkalischen Reaktion Natronlauge zufügt, so scheidet sich sehr bald das Natriumsalz de» Farbstoffs in schönen orangebraunen Kristallblättern ab. Man saugt nach mehrstündigem Stehen scharf ab und kann das schon, ziemlich reine Präparat aus wenig Wasser Umkristallisieren. Die Ausbeute ist beinahe quantitativ.
288
Organisch-präparativer
Teil
Man kann auch 20 g Sulfanilsäure, in 100 ccm Wasser suspendiert, mit 12 g Dimethylanilin zur Lösung bringen und dann unter Eiskühlung die Nitritlösung langsam hinzufügen. Das Natriumsalz des Farbstoffs scheidet sich dann direkt aus. Zur Abwechslung kann man diazotierte Anthranilsäure mit Dimethylanilin zu „Methylrot" kuppeln. Der erhaltene Azofarbstoff ist der in der Alkalimetrie viel benutzte Indicator M e t h y l o r a n g e . Die verdünnte gelbe Lösung des Helianthins wird mit Säuren rot gefärbt. Die Kupplung verläuft nach der Gleichung:
CH» Das gelbe Natriumsalz leitet sich von dieser „Azo"-Form ab, während durch Säuren das rotgefärbte chinoide Salz
gebildet wird. Vielleicht hat die freie, auch rot gefärbte Säure die Konstitution eines inneren chinoiden Salzes: HN N I II
Bei der außerordentlichen technischen Bedeutung der zahllosen Azofarbstoffe, die nach diesem Prinzip der Kupplung aufgebaut sind, ist eine allgemein angewandte Reaktion, die zu ihrer Analyse dient, bemerkenswert. Durch Zinn-(II)-chlorid oder auch durch Natriumhyposulfit werden alle Azofarbstoffe unter Aufnahme von 4 Wasserstoffatomen reduktiv in zwei (bei Polyazofarbstoffen in entsprechend mehr) Molekeln primäres Amin gespalten. Amino- und Oxy-hydrazoVerbindungen sind, anders als in der einfachen Reihe, gegen Reduktionsmittel so unbeständig, daß sie sofort an der Hydrazinbindung zerlegt werden. Aus Helianthin entstehen bei dieser Reaktion, wie ein Blick auf die Formel lehrt, Sulfanilsäure und p-Dimethylphenylendiamin. Wir sehen also, daß der bei der Diazotierung eingetretene Stickstoff sich bei der „Azokomponente" (hier dem Dimethylanilin) als NH a -Gruppe wiederfindet, während das diazotierte Amin (die Sulfanilsäure) als solches zurückerhalten wird.
Darstellung
VII, 8
von
289
Azofarbstoffen
Versuch. 3 g Helianthin werden in möglichst wenig heißem Waaser gelöst; man fügt so lange von einer Lösung von 8 g Zinn-(II)-chlorid in 20 ccm konzentrierter Salzsäure in der Hitze hinzu, bis Entfärbung eingetreten ist. Beim Abkühlen und Reiben mit einem Glasstab kristallisiert Sulfanilsäure aus, die man nach einiger Zeit absaugt. Das Filtrat wird mit starker Lauge übersättigt und ausgeäthert. Die mit einem Stückchen Atzkali getrocknete Atherlösung hinterläßt nach dem Abdampfen des Äthers das neben Sulfanilsäure entstandene Diamin, das durch die auf S. 306 angegebene Farbreaktion (WuBSTEBsches Rot) nachgewiesen wird. Die Base wird beim Abkühlen kristallinisch. Zum Nachweis eignet sich auch das Acetylderivat, das durch kurzes Erwärmen der Rohbase mit 1/2 ccm Essigsäureanhydrid im Wasserbad (Reagenzglas) erhalten wird. Mit Wasser verdünnen und die Essigsäure mit Soda abstumpfen. Dies ist nötig, CH weil die Acetylverbindung wegen der —N |i + H,0. OH NOH Acetessigester Isonitrosoacetessigester Diazobenzol und salpetrige Säure stehen demgemäß im selben Verhältnis zueinander, wie Phenylhydrazin und Hydroxylamin, die ja mit Carbonylverbindungen die gleichen Reaktionsprodukte geben, wie jene mit den entsprechenden Methylenderivaten.
296
Organiseh-präparativer
Teil
Es ist daher verständlich, daß gewisse Chinone sich mit Phenylhydrazin zu den gleichen Endprodukten kondensieren, die auch durch Kuppelung des entsprechenden Phenols mit Diazobenzolhydroxyd entstehen (ZINCKJE), Z. B . : N-NH-C 8 H 6 1 CO + H 2 N-NH-C e H B 'CH CH (S-Naphthochinon iOH
+ HO-N=N-C e H 6
Am aromatischen Kern ist aus den schon öfters erörterten Gründen — vgl. z.B. S. 97/98, 172, 188 — der partiell hydrierte Ring nicht begünstigt; deshalb strebt das eingeklammerte Zwischenprodukt, unter Abwanderung des Wasserstoffs vom Stickstoff an den Sauerstoff, der „benzoiden" Ringverfassung zu.
VIII. Chinoide Verbindungen. 1. Chinon aus Anilin.1 Zu einer Lösung von 23 g Anilin (*/4 Mol) in einer Mischung von 100 ccm reiner konzentrierter Schwefelsäure und 500 ccm Wasser, die sich in einem Filtrierstutzen befindet, läßt man unter Eiskühlung und Bühren (Fig. 46, S. 139) allmählich aus einem Tropftrichter die Lösung von 30 g Natriumbichromat in 75 ccm Wasser hinzufließen; die Temperatur soll nicht über 10° steigen. Das Reaktionsgemisch bleibt dann an einem kühlen Orte über Nacht stehen und am nächsten Morgen gibt man auf gleiche Art 40 g Bichromat in 120 ccm Wasser hinzu. Nach sechsstündigem Stehen saugt man die dunkelbraune Lösung auf einer großen Nutsche ab und wäscht mit wenig Wasser nach. Das Filtrat wird hierauf zweimal mit je 1/2 Liter Äther ausgeschüttelt. Die Ätherlösung wird alsbald in einem Fraktionierkolben, der nachher zur Wasserdampfdestillation dient, abgedampft, den abdestillierten Äther benutzt man in 2 Anteilen zu nochmaligem Ausschütteln der Oxydationslösung und dampft die Auszüge abermals ein.2 Auf das zurück1 A. 27, 268 (1838); 45, 354 (1842); 215, 125 (1882). B. 19, 1467 (1886); 20, 2283 (1887). 5 Den abdestillierten Äther, der durch mitverflüchtigtes Chinon gelb gefärbt ist, kann man durch Ausschütteln mit verdünnter Lauge wieder für andere Zwecke nutzbar machen. Das Chinon wird dadurch als dunkelbraunes „huminsaures" Salz entfernt
VIII, 1
Ckinon aus Anilin
297
bleibende rohe Chinon, mit dem man den Filterrückstand samt dem Nutschenfilter vereinigt hat, leitet man direkt Wasserdampf und treibt es so in prächtigen goldgelben Kristallen in die Vorlage. Ausbeute 14—16 g. Chinon wird zuerst kurz zwischen Filtrierpapier und dann im nicht evakuierten Exsiccator über CaCl2 getrocknet. Schmelzp. 116°. Wegen seiner großen Flüchtigkeit darf es nicht längere Zeit offen an der Luft gehalten werden (Versuch mit einer Probe). Zum Umkristallisieren können Alkohol oder Petroläther verwendet werden. Das reine, trockne Präparat ist längere Zeit haltbar. p-Benzochinon, gewöhnlich kurzweg Chinon genannt, ist einer der interessantesten und bemerkenswertesten Stoffe der organischen Chemie. Farbe, Geruch, Flüchtigkeit. Die Wasserdampfdestillation ist stets mit nicht unbedeutender Zersetzung verbunden. Durch direkte Oxydation von Benzol mit Silber-peroxyd entsteht Chinon in geringer Ausbeute. Dagegen fuhrt die Einwirkung von Oxydationsmitteln auf eine große Anzahl von p-Disubstitutionsprodukten zu Chinon. So reagieren außer Hydrochinon p-Aminophenol (Versuch S. 169), p-Anisidin, auch p-Toluidin und Sulfanilsäure, ferner p-Phenylendiamin und viele seiner Derivate. N a p h t h a l i n läßt sich leichter als Benzol direkt zum (ci-)Chinon oxydieren; beim Anthracen und P h e n a n t h r e n bildet dieser Weg die preparative Methode. Das Chinon ist, wiewohl ein Abkömmling desDihydrobenzols und daher nicht im echten iSinn „aromatisch", ein begünstigtes Reaktionsprodukt, wenn es unter Energieabgabe eines Oxydationsmittels entstehen kann. Die Reaktionen des Chinons lassen sich im wesentlichen auf die verschiedene Art der Addition an die im Molekül vorhandenen Doppelbindungen zurückfuhren. Die Anlagerung findet statt: 1. an der C=C-Doppelbindung. Bildung von Chinondi- und •tetrabromid; 2. in 1—6-Stellung an den beiden S a u e r s t o f f a t o m e n . Addition von Wasserstoff zu Hydrochinon. Die Affinität dieser Reaktion ist so groß, daß schon wäßrige schweflige Säure zur Hydrierung genügt (vgl. Versuch). Die Dehydrierung von Hydrochinon zu Chinon stellt den umgekehrten Prozeß einer Abspaltung aus 1—6-Stellung dar; 3. in 1—4-Stellung an Sauerstoff und Kohlenstoff zugleich; es entstehen Derivate des Hydrochinons. Oi
Organisch-präparativer Teil
298
Diesem Schema gehorchen die meisten und wichtigsten Reaktionen der Chinone, z. B. die Anlagerung von HCl, CNH, Aminen, Thiophenol, Thioschwefelsäure, Säurechlorid, Säureanhydrid u. a. Wir greifen die Reaktion des Anilins als Beispiel heraus und erhalten als erstes Reaktionsprodukt auf Grund der gegebenen Formulierung A n i l i n o h y d r o c h i n o n (R=HN-C8HB). Hier bleibt jedoch die Reaktion nicht stehen, sondern es tritt zwischen diesem Erstprodukt und noch vorhandenem Chinon alsbald eine wechselseitige Hydrierung und Dehydrierung ein, die für sehr viele Reaktionen des Chinons charakteristisch ist.
OH —NHCeH5
II I J
A
lNO
O
)t - r O N 0 p-Nitroso-diphenylamin
Diese Basen wie auch p-Nitroso-dimethylanilin existieren, im Gegensatz zum Nitrosobenzol nur in der monomolekularen, g r ü n e n Form. Die S a l z e des p-Nitroso-dimethylanilins sind dagegen g e l b gefärbt. Da sie außerdem neutral reagieren — man prüfe dies mit dem reinen Salz — und da salzsaures Dimethylanilin auf Lackmuspapier sauer reagiert, so können sie nicht durch einfache Addition der Säure an die tertiäre Dimethylaminogruppe entstanden sein. Man nimmt daher an, daß die Salze unter Umlagerung zu einem chinoiden System gebildet werden, unter Anlagerung von H und Säureion in 1—7-Stellung:
Bei der Anlagerung von Methyljodid entsteht ebenfalls ein gelbes, chinoides Salz (mit der Gruppe H 3 CON=), dessen Konstitution mit einiger Wahrscheinlichkeit daraus hervorgeht, daß bei der Abspaltung der basischen Gruppe durch Alkalien nicht Trimethylamin, sondern D i m e t h y l a m i n herausgelöst wird.
Dimethylamin und p-Nitrosophenol aus p-Nitrosodimethylanilin. In einem Destillierkolben von 1 Liter Inhalt mit angesetztem absteigenden Kühler, der mit einer mit 60 ccm 2n-Salzsäure beschickten Vorlage verbunden ist, erhitzt man die Lösung von 25 g Natriumhydroxyd in 500 ccm Wasser zum Sieden (Siedestein!) und trägt durch das mit einem Kork verschlossene obere Rohr 18-6 g salzsaures Nitrosodimethylanilin — am besten in Form des feuchten Beaktionsproduktes — in einzelnen Portionen ein. Man wartet jeweils, bis die in Oltropfen ausgeschiedene Base sich zum größten Teil gelöst hat und erhält schließlich so lange im Sieden, bis die Farbe rotbraun geworden ist. Das entstehende D i m e t h y l a m i n wird in der vorgelegten Salzsäure aufgefangen; der Inhalt der Vorlage muß am Schluß noch sauer reagieren. Man dampft ihn in einer kleinen Porzellanschale oder Glasschale auf dem Wasserbad trocken und kann schließlich das völlig wasserfreie Salz aus sehr wenig absolutem Alkohol Umkristallisieren. Ausbeute 5—6 g.
304
Organisch-präparativer Teil
Das N i t r o s o p h e n o l scheidet man aus der erkalteten wäßrigen Lösung durch Ansäuern mit verdünnter Schwefelsäure ab und nimmt es im Scheidetrichter in Äther auf. Die braungrüne Lösung wird nach kurzem Trocknen mit CaCl2 auf dem Wasserbad eingeengt und scheidet dann beim Abkühlen die in Äther nicht leicht lösliche Verbindung kristallinisch ab. Schmelzpunkt 120—130° (unter Zersetzung). Die völlige Reinigung des Nitrosophenols ist schwierig. CH
Die hydrolytische Abspaltung der Gruppe — N < n r r 3 vomBenzol-
UJ 3
kern unter der Wirkung der p-ständigen Nitrosogruppe ist bemerkenswert. Das Verfahren wird technisch zur Darstellung von sekundären Aminen ausgeübt. (Die Gewinnung von T r i m e t h y l a m i n erfolgt durch Erhitzen von Salmiak und Formaldehyd.) Für p-Nitrosophenol wird auch die tautomere chinoide Formel 0 — ^ = N O H des Chinonmonoxims in Betracht gezogen, obwohl sein ganzes chemisches Verhalten mit der Phenolstruktur durchaus im Einklang steht. Wie Nitrosobenzol ist Nitrosophenol in ganz reinem Zustand (beinahe) farblos und die Lösungen sind olivgrün, was bei der chinoiden Formulierung nicht zu erwarten wäre.
LiEBEEMANNsche R e a k t i o n . Ein kleine Menge Nitrosophenol wird in wenig geschmolzenem Phenol gelöst, dann fügt man konzentrierte Schwefelsäure hinzu und erhält eine prächtig kirschrote Färbung, die nach dem Verdünnen der Schmelze mit Wasser durch Lauge in Blau umschlägt.
Da Phenol durch HN0 2 , auch in Form der NO-Gruppe gebunden, in Nitrosophenol übergeführt wird, so werden labile Nitrosograppen durch die Liebebmannsehe Reaktion angezeigt.
3. p-Amino-dimethylanilin. In einem kurzhalsigen Rundkolben von 1 / 2 Liter Inhalt löst man 100 g Zinnchlorür in 120 ccm konzentrierter Salzsäure und trägt unter starkem Rühren oder Schütteln 38 g ( = 0-2 Mol) salzsaures Nitroso-dimethylanilin in Form des f e u c h t e n Rohproduktes nach und nach in kleinen Anteilen ein. Wenn die Reaktion nicht sofort einsetzt, erwärmt man auf dem Wasserbad, das eingetragene Salz soll nach kurzer Zeit vollkommen in Lösung gehen. Die Reaktion muß so reguliert werden, daß sie ständig in Gang bleibt, ohne allzu stürmisch zu werden. Die zum Schluß hellgelbe Lösung wird abgekühlt und unter Außen- und Innenkühlung (etwas Eis einwerfen!) mit einer Lauge
VIII, 3
305
p-Amino • dimethylanüin
aus 150 g technischem NaOH in 300 ccm Wasser alkalisch gemacht 1 ; die anfangs ausgeschiedene Zinnsäure geht in der Hauptsache in Lösung. Nun nimmt man die freigemachte ölige Base ohne Rücksicht auf kleine Mengen noch ungelöster Zinnsäure in Äther auf, äthert noch 1—2 mal nach, trocknet kurz mit geglühter Pottasche, dampft dann den Äther ab und läßt dieser Operation sofort die Vakuumdestillation der freien Base folgen. Sie geht fast vollständig farblos bei 138—140°, 12 mm über. Ausbeute 18—20 g (etwa 75%). Erstarrt beim Abkühlen. Schmelzp. 41°. Das freie Amin ist ungemein luftempfindlich. Schon nach einigen Stunden bräunt sich das anfangs farblose Präparat. Unter Stickstoff eingeschmolzen, läßt es sich einige Wochen aufbewahren, in Berührung mit Luft kaum einen Tag. Dagegen sind die Salze beständig. C h l o r h y d r a t . Man kann die Base mit einem kleinen Überschuß von Salzsäure (etwa 7 n-, konzentrierte Salzsäure und Wasser 1:1) in einer Porzellanschale auf dem Wasserbad eindampfen und den Rückstand im Vakuumexsiccator über Schwefelsäure und festem Ätzalkali vollständig trocknen. Sehr schön erhält man fast allgemein die Chlorhydrate organischer Amine, wenn man sie bis zur sauren Reaktion auf Kongopapier mit alkoholischer Salzsäure neutralisiert und dann durch allmähliche Zugabe von absolutem Äther das Salz unter Reiben 1
Viel eleganter gestaltet sich die e l e k t r o l y t i s c h e A b s c h e i d u n g des Zinns. In Fällen, wo das Reduktionsprodukt nicht als Base aus der alkalischen Lösung extrahiert werden kann (bei Aminoalkoholen, Aminosäuren u. dgl.), ist diese Methode der^Ausfällung durch Schwefelwasserstoff weit vorzuziehen, aber auch im vorliegenden Beispiel, schon der Belehrung wegen, sehr zu empfehlen. Die Elektrolyse wird in einem Filtrierstutzen von mittlerer Größe ausgeführt; als Elektroden dienen zwei mittelgroße Kohlenstäbe. Die Kathode taucht in die Lösung, die Anode in 2 n-Schwefelsäure, die sich in einer in die Flüssigkeit eingetauchten kleinen Tonzelle befindet; die Elektroden werden in geringem Abstand voneinander befestigt. Der Strom wird zwei hintereinander geschalteten Einheiten einer Akkumulatorenbatterie von der üblichen Kapazität entnommen; bei der Klemmenspannung von 4 Volt gehen 1-5—2 Ampere durch die Lösung. A n w e n d u n g d e r FARADAYsehen S t r o m g e s e t z e : 1 Äquivalent Sn+ + + + = ^ ^ oder 29-6 g brauchen ^^üf! = 2 6 - 8 Amperestunden, bei 4 OOUU einer Stromstärke von 2 Amp. also 13,4 Stunden. Da bei Abnahme der Zinnionenkonzentration Wasserstoffentwicklung nebenher läuft, dauert die Elektrolyse etwas länger, als der Berechnung entspricht. Sie kann ohne Bedenken über Nacht in Gang gehalten werden. GATTERMANH, Praxis. 22. Auflage.
20
306
Organisch-präparativer Teil
zur Ausscheidung bringt. Man hüte sich, durch allzu rasch hinzugefügten Äther das Salz amorph auszufällen. Man warte erst die Kristallisation ab, die sich meist darin kundgibt, daß sich an den mit dem Glasstab geriebenen Stellen ein pulvriger Überzug bildet. Durch Übergießen mit der gleichen Gewichtsmenge Essigsäureanhydrid wird die Base acetyliert. Kurz im Wasserbad erwärmen, dann mit Wasser verdünnen. Um die noch basische Acetylverbindung zu isolieren, wird die freie Essigsäure gerade mit NaOH abgestumpft. Schmelzpunkt der aus Wasser umkristallisierten Substanz 130°. Das hier dargestellte Diamin ist in mehrfacher Hinsicht von großer Bedeutung, und zwar leiten sich die in Betracht kommenden Reaktionen von der Veränderung ab, die seine Salze bei der Oxydation erfahren. Davon soll daher zuerst gehandelt werden. Versuch. Man löst einige Körnchen der frisch dargestellten Base (oder eines Salzes) im Reagenzglas in einigen Tropfen verdünnter Essigsäure, fügt etwa 5 ccm Wasser und einige Eisstückchen und dann einige Tropfen stark verdünnten Bromwassers oder einer Bichromatlösung zu. Es tritt eine prächtige Rotfärbung auf. Arbeitet man etwas konzentrierter und erhitzt die oxydierte Lösung zum Sieden, so nimmt man den Geruch des Chinons wahr Die typische Umwandlung aller p-Phenylendiaminderivate unter der Wirkung von Oxydationsmitteln in saurer Lösung drückt sich im Übergang in ein Salz der Chinondiiminreihe aus. Den eben beobachteten Farbstoff, das sog. Wubstebsche Rot, hat man lange Zeit für das einfache Chinonimoniumsalz gehalten:
Dies erschien aber schon unwahrscheinlich, als das (farblose) Chlorid des einfachen Chinondiimins bekannt wurde (Wxllstättke). Durch Reduktionsmittel werden Chinondiimin und seine Derivate in die entsprechenden Phenylen-diamine zurückverwandelt. Es hat sich gezeigt, daß das Wtjbsteb sehe Rot zu seiner Entstehung nicht die 2 H-Atomen äquivalente Menge Oxydationsmittel braucht, sondern nur halb soviel. Demgemäß ist das Reduktionsäquivalent, das man durch Titration mit eingestellter Zinnchlorürlösung bestimmen kann, auch nur halb so groß. O x y d i e r t man eine gewogene Mengep-Aminodimethylanilinsalz mit verdünnter Bromlösung von bekanntem Titer, so ist der Höhepunkt der Farbstoffbildung erreicht, wenn ein Äquivalent Brom auf ein Mol des Salzes zur Einwirkung gekommen ist. Fügt man ein zweites Äquivalent Brom der Lösung zu, so geht der Farbton auf gelb zurück. In diesem Punkt ist die Oxydationsstufe des Chinondiimins voll erreicht; dessen (sehr unbeständige) Salze sind kaum gefärbt. Die Farbstoffbildung kommt nur dann zustande, wenn chinoides u n d
Vili, 3
p-Amino-dimethylanilin
benzoides System zusammentreten. Die molekulare Vereinigung der beiden verschiedenen Oxydationsstufen — die nicht nur wie hier im "Verhältnis 1 : 1 erfolgen muß — bewirkt die intensive Absorption, die die Voraussetzung für das Entstehen eines Farbstoffs darstellt (WTLLSTÄTTEB und PICCABD). Ganz ähnliche Verhältnisse liegen vor in den Beziehungen zwischen Chinhydron und Chinon-Hydrochinon (S. 801). In beiden Fällen ist die gegenseitige Bindung der Molekeln labil und nicht durch normale Valenzen betätigt. Man faßt die „Molekelverbindungen" allgemein auf als Systeme, die durch die überschüssige Restaffinität der Komponenten, durch die gegenseitige Anziehung der molekularen Kraftfelder zusammengehalten werden. Die Theorie von W I L L S T Ä T T E B greift von dem Bereich der i n t e r m o l e k u l a r e n teilchinoiden (merichinoiden) Salze hinüber zu einer befriedigenden Auffassung der echten chinoiden Farbstoffe. Wir treffen überall das gleiche Prinzip, und zwar i n t r a m o l e k u l a r verkörpert, an, d. h. die beiden Systeme von verschiedenem Oxydationsgrad (benzoid und chinoid) befinden sich hier in der gleichen Molekel. Wir verweisen auf das Beispiel des F a r a f u c h s i n s , in dessen Molekel diesa Beziehungen sehr klar zum Ausdruck kommen.
Nehmen wir von einem Benzolkern die NHa-Gruppe weg, so bleibt der Farbstoffcharakter in „ D O E B N E B S Violett" erhalten, da hier den auseinandergesetzten Bedingungen noch genügt wird. Fehlt aber auch am zweiten Benzolkern NH a , so entsteht sozusagen ein ganz chinoides (holochinoides) Salz, das wie in dem Fall, von dem wir ausgegangen sind, keinen Farbstoff mehr darstellt. In gleicher Weise ist die Farbstoffnatur der anderen chinoiden Farbstoffe, wie die der Indamine, Safranine, des Methylenblaus usw. zu deuten. Es ist unbedingt erforderlich, sich die Grundlagen dieser wichtigen Theorie durch folgenden Versuch anschaulich zu machen. Versuch. Man löst 1-3 g frisch dargestellte Diaminbase in 2 ccm Eisessig, den man mit 10 ccm Wasser verdünnt hat und füllt im Meßzylinder auf 95 ccm auf. Von dieser n / 10 -Lösung bringt man 5 ccm in einen Erlenmeyer (*/2 Liter) und verdünnt weiter mit 45 ccm Eiswasser. Vorher hat man 16 ccm gesättigten Bromwassers mit 280 ccm Eiswasser verdünnt und von dieser Lösung eine Bürette gefüllt. Eine zweite Bürette enthält etwa n/50-Zinnchlorürlösung (frisch dargestellt durch Auflösen von 0-8 g Stanniol 1 1
Man berücksichtige, daß das heutige „Stanniol" fast immer Aluminiumfolie ist. 20*
Organiseh-präparativer Teil
308
oder dünnen Granalien in 4 ccm Salzsäure 1 : 1 und Verdünnen mit vorher ausgekochtem Wasser auf 500 ccm). Man läßt nun unter Eiskühlung und ständigem Umschütteln die Bromlösung in raschem Strahl einfließen und beobachtet, daß die schöne Rotfärbung mit etwa 25 ccm ihren Höhepunkt erreicht hat, nach weiteren 25 ccm aber stark zurückgeht. Eine reine Gelbfärbung wird wegen Nebenreaktionen nicht erzielt; meist muß noch etwas mehr Brom rasch zugefügt werden. Wenn der Rückgang der Farbe sich eingestellt hat, läßt man sofort von der Zinnchlorürlösung einfließen Nach 25 ccm kehrt die schöne Farbe des W U B S T E B schen Rots wieder, um bei weiterer Reduktion zu verschwinden. Auch mit 5 ccm der ursprünglichen Diaminsalz-Lösung wird der Farbstoff zurück gebildet. Die große Unbeständigkeit der chinoiden Salze erfordert hier rasches Arbeiten bei starker Verdünnung und unter Kühlung. Von den p-Chinondiiminen leiten sich an Farbstoffen die I n d a m i n e und die ihnen verwandten tricyclischen Chinoidsalze der Phenazin-, Phentbiazin- und Phenoxazingruppe ab. (Näherers hierüber findet man in den Spezialwerken, z. B. von NIETZKI-MATER und BUCHERER). Wir wollen den Vorgang der Indaminbildung von unserer Base aus betrachten. Auf Grund einer allgemeinen Additionsreaktion, die für alle Chinondiimine charakteristisch ist und die auch bei der Bildung von Anilinschwarz aus Anilin eine Rolle spielt (vgl. S. 299), vermag Dimethylchinon-diimonium-Salz mit großer Leichtigkeit ein Mol Anilin oder Dimethylanilin zu addieren:
^
y\N(CH's;»),
r==N (H 8 C),N=< )=NH + /^ .. j Y
s
H (H,C),N-( /-NH~\ )-N(CH3), C1 Das neue p-Phenylendiaminderivat, das so entsteht, wird weiter dehydriert zu einem chinoiden Indaminfarbstoff: Ä
T - 0 = N - 0 N ( C H i der in seiner Zusammensetzung durchaus der WILLSTÄTTER sehen Theorie entspricht. Der Farbstoff, der als „BINDSCHEDLERS G r ü n " bezeichnet wird, hat keine praktische Bedeutung, da er, wie alle Indamine, namentlich unter der Wirkung von Säuren, leicht hydrolytisch zerfällt: (H 3 C) i N=( / —>-
V=N • (
HN(CHJ), • HCl + 0 = (
^N(CH3),
>=° +
)N(CH3)J
VIII, 3
Methylenblau
309
D a r s t e l l u n g von B I N D S C H E D L B E S Grün. 1 7 g Dimethylp-phenylendiamin werden zusammen mit 6 g Dimethylanilin in 40 ccm konzentrierter Salzsäure, die man mit ebensoviel Wasser verdünnt hat, gelöst. Unter Eiskühlung und Turbinieren oder Rühren mit dem Glasstab läßt man dazu aus einem Tropftrichter die Lösung von 10 g Natriumbichromat in 20 ccm Wasser langsam zufließen. Hierauf setzt man 10 g Zinkchlorid in 20 ccm Wasser zu, worauf, besonders beim Reiben, das schöne Zinkdoppelsalz des Farbstoffs auskristallisiert. Nach einer halben Stunde saugt man ab, wäscht erst mit kaltem Wasser, dann mit Alkohol und schließlich mit Äther. Ausbeute 10—12 g. Der Farbstoff ist, gut getrocknet, längere Zeit haltbar. 2—3 g bringt man mit 20 ccm 2n-Salzsäure in einen Fraktionierkolben und leitet bei vorgelegtem Wasserkühler Wasserdampf ein. Nach kurzer Zeit sieht man die charakteristischen gelben Nadeln von Chinon übergehen. Methylenblau. Läßt man die Oxydation, die zu „ B I N D S C H E D L B E S Grün" führt, bei Gegenwart von S c h w e f e l w a s s e r s t o f f vor sich gehen, so erfährt der Vorgang durch Eintritt von Schwefel eine Variation. Im Prinzip ist aber der Mechanismus der gleiche, wie dort. Die nachstehenden Formelgleichungen zeigen, daß eine Addition von H — S H und eine spätere intramolekulare einer Mercaptangruppe in das ßeaktionsbild hineinspielen: 1T
ii
(H,C),N m
-INH 8
Cl
NSH
-2H
Cl NH. III
H
Cl IV
-2H
>
(H3C)2N^ 1
...
B. 16, 464, 868 (1883); B. 48, 1087 (1915).
NN™, Cl
Organisch-präparativer
310
Teil
V
C1 VI
-2H
Methylenblau entsteht auch bei der Oxydation von Dimethyl-pphenylendiamin ohne Beteiligung von Dimethylanilin und wurde auf diesem Weg von CABO 1876 entdeckt. Die Erklärung dafür ergibt sich daraus, daß das (nicht isolierte) Zwischenprodukt der Phase II wahr-
- KOCO • C: (C,H5)j . A /\ OH IKO OH I I Auch zu den Abbaureaktionen von H O F M A N N und CUETIÜS ergeben §ieh verwandtschaftliche Beziehungen. Wir haben in diesem Zusammenhang auch der r ä u m l i c h e n Isom e r i e der Oxime Erwähnung zu tun, die, von W E E N E R und HANTZSCH schon früher theoretisch begründet, derselben, schon besprochenen Erscheinung bei den Diazotaten sich angliedert. D. h. Oxime, in denen das die Isonitrosogruppe tragende C-Atom mit zwei ungleichen Substituenten besetzt ist, existieren in einer syn- und einer ctw¿t-Form. R—C—R' R—G—R' II und || HON NOH Die Isomerie erweist sich am Modell gleichartig der von Maleinund Fumarsäure. Bei den Aldoximen geht die syn-Form leicht unter Wasserabspaltung in das N i t r i l über, die anti-Form nicht. RCH R-C I! — III + H a O . NOH N Von den Ketoximen ungleichartig substituierter Ketone hat man lange geglaubt, das Ergebnis der BECKMANN sehen Umlagerung als Beweis 1
E. BECKMAHN, B. 19, 988 (1886); 20,1507 u. 2580 (1887); A. 2 5 2 (1889).
332
Organisch-präparativer
Teil
für die Konfiguration heranziehen zu können, derart, daß man annahm, die OH-Gruppe tausche mit dem benachbarten Substituenten den Platz; denn die Umlagerung der beiden sterisch isomeren Ketoxime führt zu isomeren Amiden. Aber in neuester Zeit hat man festgestellt, daß gerade die entgegengesetzten Verhältnisse eintreten, wie die nachstehenden Formeln dartun (MEISENHEEMEH, B. 54, 3206 [1921]): RC-R'
I
—
NOH
I
OC-R' NH-R
R.C-R'
;
II
HON
—>-
OC-R
I
NHR
In schöner Übereinstimmung mit der Theorie leiten sich vom B e n z i l zwei stereoisomere Mono- und drei Dioxime ab: H 6 C,-C II
C-C,H6 II
HA-C-C-C.H, N
NOH HON syrtr
II
HON NOH anti-
b) A c e t o p h e n o n
aus Benzol und
H.CVC II
C-C„H6 II
HON HON amphi-Form
.
Essigsäureanhydrid. 1
Ein dreifach tubulierter Kundkolben (sog. Tscherniakkolben) von 1/2 Liter Inhalt ist am mittleren, weiten Tubus mit einem durch Quecksilber gedichteten Rührer (Fig. 31, S. 41) montiert; auf einer Seite steht er mit einem Rückflußkühler in Verbindung, in dem dritten Tubus ist ein Tropftrichter eingesetzt. Der Kolben wird mit 100 ccm über Natrium getrockneten Benzols beschickt, in das man 80 g frisch sublimiertes Aluminiumchlorid einträgt. Sodann läßt man unter kräftigem Rühren 25 g reines E s s i g s ä u r e a n h y d r i d im Lauf einer halben Stunde einfließen. Das Gemisch erwärmt sich und es wird stürmisch Chlorwasserstoff entwickelt. Man erhitzt unter andauerndem Rühren noch eine halbe Stunde lang auf dem Wasserbad zum Sieden, gießt die erkaltete Lösung im Scheidetrichter auf Eis, worauf man das ausgeschiedene Aluminiumhydroxyd mit konzentrierter Salzsäure in Lösung bringt. Nach Zugabe von etwas Äther trennt man die Benzolschicht ab, äthert nach, schüttelt die vereinigten Auszüge mit Natronlauge, trocknet mit Calciumchlorid und destilliert nach dem Wegdampfen der Lösungsmittel das Acetophenon, am besten im Vakuum. Siehe S. 325. Ausbeute 24—25 g, auf das Essigsäureanhydrid bezogen 80—85°/ 0 der Theorie. Bei Anwendung von Acetylchlorid an Stelle von Essigsäureanhydrid wird kaum die Hälfte der Ausbeute erreicht. Der Vergleich der beiden Reaktionen ist lehrreich. 1
R . ADAMS,
Am. Soc. 46, 1889 (1924).
IX, 4 Triphenylehlormethan aus Benzol und Tetrachlorkohlenstoff 383
4. Triphenylehlormethan aus Benzol und Tetrachlorkohlenstoff.1 In der gleichen Apparatur, wie sie für die Darstellung des Benzophenons angegeben ist, werden 60 g frisches wirksames Aluminiumchlorid nach und nach in die Mischung von 80 g reinem, trocknem Tetrachlorkohlenstoff und 200 g Benzol eingetragen. Man kühlt anfangs mit Wasser und läßt die Reaktion nicht allzu stürmisch werden. Den in Strömen entweichenden Chlorwasserstoff absorbiert man, wie in ähnlichen Fällen, z. B. bei der Darstellung des Brombenzols (S. 95) angegeben. Wenn alles AlClg zugegeben und die Hauptreaktion vorüber ist, erhitzt man noch 1 / 2 Stunde lang auf dem siedendem Wasserbad unter Rückfluß und gießt das abgekühlte braungelbe Reaktionsgemisch unter stetem Umschütteln auf ein Gemenge von 100—200 g Eis und 200 ccm konzentrierter Salzsäure, das sich in einem genügend großen Scheidetrichter befindet. Sollte das Eis vor der Zersetzung der ganzen Menge geschmolzen sein, fügt man neues Eis und ebensoviel konzentrierte Salzsäure nach. Die Salzsäure dient dazu, die hydrolytische Spaltung des Triphenylmethylchlorids zu verhindern. Wenn die beiden Schichten sich geschieden haben — allenfalls setzt man noch frisches Benzol zu —, trennt man ab, schüttelt wenn nötig nochmals mit Benzol aus, trocknet die vereinigten Benzollösungen mit Calciumchlorid und dampft dann das Benzol auf dem Wasserbad so w e i t als m ö g l i c h ab. Der Rückstand wird mit dem gleichen Volumen Äther versetzt und digeriert und für einige Stunden in Eis gestellt. Dann saugt man ab und wäscht den scharf abgepreßten Kristallbrei (breite Filterplatte!) einige Male mit wenig eiskaltem Äther. Die eingedampften Mutterlaugen — zuletzt im Vakuum — liefern eine zweite, weniger reine Kristallisation, die mit wenig kaltem Äther digeriert und dann abgesaugt wird. Ausbeute 110—120 g. Zur Reinigung löst man das noch gelbe Rohprodukt in sehr wenig warmem Benzol, fügt das vierfache Volumen Leichtbenzin hinzu und läßt unter Rühren mit einem Glasstab in Eiskühlung auskristallisieren. Waschen mit kaltem Petroläther. Auch die Destillation im Hochvakuum liefert ein sehr reines Präparat (LECHEB). 1
M. GOMBEEO, B. 3 3 , 3144 (1900).
334
Organisch-präparativer Teil
5. Aldehydsynthese nach Gattermann-Koch1: p-Tolylaldehyd. Synthese nach Hoesch. 30 g frisch destilliertes Toluol (Siedep. 110°) werden in einem weithalsigen Gefäß (Rundkolben oder Fleischextraktbüchse) unter Kühlung mit Wasser nicht zu schnell mit 45 g fein pulverisiertem, frisch dargestelltem Aluminiumchlorid und 5 g reinem Kupfer-l-chlorid 2 versetzt. Man verschließt das Gefäß sodann durch einen dreifach durchbohrten Kork, durch dessen mittlere Bohrung ein Glasrohr geht, welches einem Rührer (Schaufelrad aus Glas) zur Führung dient, während die seitlichen Durchbohrungen Einund Ableitungsrohr führen. (Fig. 51.) Nachdem man den Apparat in eine Klammer fest eingespannt hat, taucht man ihn in eine Kasserolle mit Wasser von 20° und leitet unter Umrühren mit der Turbine einen nicht zu lebhaften Strom von Kohlenoxyd und Salzsäure durch Fig. 51. ein Gabelrohr ein. Das Kohlenoxyd entnimmt man einem etwa 10 Liter fassenden Gasometer und leitet es zunächst durch eine mit Kalilauge (1:1) und dann durch eine zweite mit konzentrierter Schwefelsäure beschickte Waschflasche. Die Geschwindigkeit der Gasströme reguliert man derart, daß die des Kohlenoxyds doppelt so groß ist als die der Salzsäure. Das entweichende Gas leitet man direkt in eine Öffnung des Abzuges. Nachdem im Laufe von einer Stunde etwa 1 bis 2 Liter Kohlenoxyd durch den Apparat geleitet sind, steigert man die Temperatur auf 25 bis 30° und leitet jetzt den Rest des Gases im Verlauf von weiteren 4 bis 5 Stunden hin1
B. 30, 1622 (1897); 81, 1149 (1898); A. 347, 347 (1906). Man leitet in die 60—70 0 warme wäßrige Lösung von 50 g Kupfervitriol und 24 g Kochsalz so lange SO, ein, bis sich der ausfallende Niederschlag nicht mehr vermehrt, saugt ab, wäscht mit wäßriger schwefliger Säure und mit verdünnter Salzsäure und trocknet im Exsiccator über KOH und Schwefelsäure. J
IX, 5
Aldehydsynthese
nach
Qattermann-Koch
335
durch. Sollte das Reaktionsgemisch schon vor Ablauf dieser Zeit so dickflüssig geworden sein, daß der Rührer nicht mehr läuft, so kann man schon jetzt die Reaktion unterbrechen. Man gießt alsdann das zähflüssige Reaktionsprodukt in einen geräumigen Kolben auf zerkleinertes Eis und destilliert den entstandenen Aldehyd sowie etwas unangegriffenes Toluol mit Wasserdampf über. Das Destillat wird ausgeäthert, die Ätherlösung schüttelt man, wie in früheren Fällen, a n h a l t e n d mit Bisulfitlauge, saugt die feste Bisulfitverbindung des Aldehyds ab und wäscht sie mit Äther. Das feste Salz wird dann durch gesättigte Sodalösung zersetzt und der freie Aldehyd wiederum mit Wasserdampf übergetrieben. Man nimmt ihn schließlich mit Äther auf und gewinnt so nach dessen Verdampfen 20 bis 22 g reinen p-Tolylaldehyd, welcher bei 204° siedet. Das Reaktionsprodukt prüfe man auf die im Abschnitt über Aldehyde angeführten Reaktionen. K o h l e n o x y d . Steht dem Laboratorium keine Stahlbombe mit CO zur Verfügung, so entwickelt man das Gas aus möglichst hochprocentiger technischer Ameisensäure, die man in einen Überschuß erwärmter konzentrierter Schwefelsäure eintropfen läßt. Temperatur und Zutropfen werden nach dem Tempo der Gasentwicklung reguliert. Das Gas wird mit Kalilauge 1 : 1 gewaschen, um die Gefahr des Zurücksteigens zu verhüten, am bögteil in einem PlligOltrohr, und dann in einem Gasometer aufgefangen, aus dem es für die Reaktion entnommen wird. Man beachte die G i f t i g k e i t des Kohlenoxyds (Abzug!). 2 , 4 - D i o x y - a c e t o p h e n o n a u s R e s o r c i n und A c e t o n i t r i l . 1 Die Lösung von 5-5 g Resorcin und 3 g Acetonitril in 25 ccm absolutem Äther wird mit 2 g wasserfreiem, fein gepulvertem Zinkchlorid versetzt; dann sättigt man unter Eiskühlung mit Salzsäuregas, läßt einige Stunden verschlossen stehen, fügt zu dem breiig gewordenen Inhalt unter Außenkühlung 25 ccm Eiswasser und trennt nach Zugabe von etwas Äther die Ätherschicht ab. Das in der wäßrigen Lösung als salzsaures Salz enthaltene Ketimin wird durch 1 / i stündiges Erwärmen der Lösung auf dem Wasserbad gespalten. Beim Erkalten kristallisiert das R e s a c e t o p h e n o n in einer Ausbeute von 4—5 g aus. Die Substanz kann aus Wasser umkristallisiert werden. Schmelzp. 145°. 1
K. HOESCH, B. 48, 1122 (1915); 50, 462 (1917).
336
Organisch-präparativer Teil
6. Chinizarin ans Phthalsäureanhydrid und Hydrochinon.1 Eine Mischung von 5 g reinem Hydrochinon und 20 g Phthalsäureanhydrid wird in einem offnen Kolben mit einem Gemisch von 50 ccm reiner konzentrierter Schwefelsäure unter Zusatz von 5 g Borsäure 3 Stunden im Ölbade auf 150—160° und schließlich noch eine Stunde auf 190—200° erhitzt. Die noch heiße Lösung gießt man dann unter Umrühren in 400 ccm Wasser, welches sich in einer Porzellanschale befindet, erhitzt bis zum Sieden und saugt heiß auf der Nutsche ab. Diese Operation wird wiederholt. Dann kocht man den Niederschlag mit 250 ccm Eisessig auf, saugt heiß ab, gießt das Filtrat in ein Becherglas und versetzt es heiß mit seinem gleichen Volumen heißen Wassers. Das beim Erkalten sich abscheidende rohe Chinizarin filtriert man ab, wäscht es mit Wasser mehrfach nach, trocknet es auf dem Wasserbad, dann im Trockenschrank bei 120° und kristallisiert es aus 150 ccm siedenden Eisessigs um: Schmelzp. 194°. Große orangegelbe Blättchen, die man nach dem Absaugen mit wenig Eisessig, dann mit Äther wäscht. Besonders schöne Kristalle erhält man aus Toluol oder Xylol. Chinizarin löst sich in Alkalien, ebenso wie Alizarin, mit tief violetter Farbe. Chinizarin läßt sich unzersetzt sublimieren. Ausbeute 2—2,5 g. T h e o r e t i s c h e s zu 3, 4, 5, 6. Sowohl Säurechloride als auch Alkylchloride setzen sich bei Gegenwart von Aluminiumchlorid, oder auch Zink- und Eisen-(3)-chlorid mit aromatischen Verbindungen in der Weise um, daß unter Abspaltung von HCl Aeyl oder Alkyl an den Kern tritt:
+ C1-CO-CH, + C1CH,
>-
v-CO-CH,
|^J
CH
+ HCl
*+HC1
Während die erste Reaktion, die den Aufbau von Ketonen in sich schließt, wegen ihres meist glatten Verlaufs viel angewandt wird, gestaltet sich die Einführung von Alkylgruppen viel weniger übersichtlich, da einmal die Substitution weitergeht und außerdem gleich1
B. 6, 506 (1873); BAEYEB, 8, 152 (1875). D. E . P . 255031 (FBIEDLÄNDEH X I , 588).
GRIMM,
10 (1882).
LIEBEBMA NN,
A. 212,
IX
337
Friedet-Grafts sehe Reaktion
zeitig eine teilweise Wiederabspaltung von Alkylgruppen erfolgen kann. Die FiTTiosche Reaktion ist hier meistens vorzuziehen. Da unter den Bedingungen der FBIEDEL-CBAFTS sehen Eeaktion Substanzen mit olefinischer Doppelbindung derart reagieren, daß zuerst das Säurechlorid unter Bildung eines gesattigten ^-chlorierten Ketons sich an die Doppelbindung anlagert, das in der Wärme unter HC1Verlust in das ungesättigte Keton übergeht:
so ist man berechtigt, einen analogen Reaktionsverlauf auch für die aromatische Reihe anzunehmen (vgl. B. 55, 2246 [1922]). Die Funktion des Aluminiumchlorids ist eine katalytische und seine Menge daher an sich nicht an stöchiometrische Verhältnisse gebunden. Da aber im Fall der Ketonsynthese das Reaktionsprodukt mit einem Mol A1C1S eine ziemlich feste komplexe Additionsverbindung bildet, so muß hierbei mindestens ein Mol davon verwendet werden. Die Auswahl der Lösungsmittel ist bei der FBIEDEL-CBAI'TS sehen Reaktion wegen der großen Reaktionsfähigkeit der Reaktionsteilnehmer eine beschränkte, im wesentlichen kommen Schwefelkohlenstoff, gut gereinigter Petroläther, Chlorbenzol und Nitrobenzol in Betracht. Über die Wirkungsweise des Aluminiumchlorids besteht noch keine Klarheit. Da es mit Acyl- und Alkylchloriden komplexe, isolierbare Additionsprodukte bildet, so ist vielleicht in ihnen die Bindung zwischen Chlor und Kohlenstoffrest gelockert und dadurch die Additionsfähigkeit erhöht. Es besteht aber auch die Möglichkeit, daß das Aluminiumchlorid durch Zusammentreten mit dem Kohlenwasserstoff dessen Reaktionsfähigkeit steigert. Außer den aromatischen Kohlenwasserstoffen sind die Phenoläther der Synthese besonders leicht zugänglich. Von einzelnen Anwendungsformen seien angeführt: Die Reaktion von Phthalylchlorid mit Benzol, bei der die Mutterflubstanz der Phthaleine, das P h t h a l o p h e n o n entsteht.
Die innere Ketonsynthese aus dem Chlorid der Hydrozimtsäure: CH, CO a-Hydrindon 4JATT ermann, Prozia. 22. Auflage.
22
338
Organisch-präparativer Teil
Die direkte Synthese von Ketonen aus Kohlenwasserstoffen und Phosgen, z. B.: 2 C6H9 + COC1, C„H5. CO 'C 6 Hj + 2 HCl. Die Einführung des einfachen oder substituierten Carbonamidrestes bei Anwendung von Harnstoffchloriden (Cyansäure-und-estern -f- HCl). ^
| + CICONHj
—
f
^
CONH,
+ HCl.
Damit werden auch die aromatischen Carbonsäuren der Synthese nach F r i e d e l - C r a f t s zugänglich. Eine Erweiterung hat die Reaktion durch die schöne Aldehydsynthese von Gattermann-Koch erfahren. Läßt man auf Toluol — Benzol ist weniger geeignet — bei Gegenwart von AlClj (und Cuprochlorid) ein Gemisch von Kohlenoxyd und Chlorwasserstoffgas einwirken, so findet die von dem an sich nicht beständigen Formylchlorid zu erwartende Umsetzung statt. H C=0 + HCl. CH,' ' p-Tolylaldehyd Es sieht so aus, als ob in Gestalt einer Komplexverbindung mit CujClj das Chlorid der Ameisensäure vorübergehend gebildet würde. Der Ersatz des Kohlenoxyds durch B l a u s ä u r e erlaubt auch Phenol- und P h e n o l ä t h e r - a l d e h y d e im weitesten Umfang darzustellen, und zwar begibt sich auch hier die Aldehydgruppe gewöhnlich in die p-Stellung zu dem schon vorhandenen Substituenten. Das Cuprochlorid ist in diesem Falle entbehrlich. Da Blausäure und HCl zu Formimidchlorid
H
> C = N H zusammentreten, so ist ersicht-
01
n
lieh, daß hier zuerst das Aldimin entsteht, das dann bei der Aufarbeitung des Reaktionsgemisches durch Wasser unter NHS-Abspaltung in den Aldehyd umgewandelt wird. Enole der Fettreihe (Acetessigester, Acetylaceton) reagieren in grundsätzlich gleicher Weise. Die Anwendung von Knallquecksilber, aus dem mit Chlorwasserstoff das isolierbare, schön kristallisierte Formhydroxamsäurechlorid entsteht >- HgClj + 2 \>C=NOH CK führt in der aromatischen Reihe zur Bildung von Aldoximen (Scholl). Einen sehr glatten Verlauf nimmt die von Houben-Hoesch nach den Leitlinien der Gatteemann sehen Reaktion variierte Ketonsynthese unter Anwendung der N i t r i l e , die namentlich bei mehrwertigen Phenolen sehr günstige Resultate bringt. Es sind hier die Imidchloride (C=NO),Hg + 4 HCl
H
Priedel-Orafts sehe Reaktion
IX
339
R—C=NH, die sich analog wie bei der Anwendung von Blausäure C1 zu Ketiminen und dann weiter zu Ketonen umbilden. Die Formulierung ergibt sich aus dem Gesagten von selbst. C h l o r o f o r m tritt mit seinen drei Chloratomen in die FBLEDELCEAFTSsehe Reaktion ein; das Reaktionsprodukt mit Benzol ist der wichtige Kohlenwasserstoff T r i p h e n y l m e t h a n , die Grundsubstanz der bekannten Farbstoffklasse. Paraleukanilin [(p)NH 2 -C 6 HJ 3 -CH ist durch reduktive Spaltung seiner Tris-diazoverbindung in ihn übergeführt worden (E. u. 0. FISCHEB). Die Übertragung der Reaktion mit Benzol und A1C13 a u f T e t r a c h l o r m e t h a n führt nicht, wie man erwarten sollte, zum Tetraphenylmethan. Das vierte Cl-Atom bleibt hier im Reaktionsprodukt stehen. T r i p h e n y l c h l o r m e t h a n (C6H6)3CC1 hat eine außerordentliche Bedeutung gewonnen, weil seine Einführung in die WtJBTZsche Reaktion die Entdeckung des ersten freien organischen Radikals ermöglicht hat (GOMBEBG 1900). Vgl. dazu S. 340. In vielen Fällen kann man bei der FBIEDEL-CBAFTB sehen Reaktion das Säurechlorid durch das S ä u r e a n h y d r i d ersetzen. Die Darstellung des Acetophenons (S. 332) bietet ein präparatives Beispiel für diese Methode. + 0
,CO-CH
S / • \ MX)-CH f A
—CO-CH.
A1C1. ^
+ CH.COOH.
Sie ist besonders wichtig geworden von der Grundlage des Phthalsäureanhydrids aus, das sich in ganz analoger Umsetzung durch AlClj mit Benzol zur o-Benzoylbenzoesäure kondensieren läßt.
T
w
Da konzentrierte Schwefelsäure dieses Reaktionsprodukt, wie in der Formel schon ausgedrückt, unter Wasserabspaltung in A n t h r a chinon umwandelt, so hat man hier einen sehr wichtigen Übergang in diese viel bearbeitete Gruppe (BAEYEB). So wird das als Zwischenprodukt für wertvolle Küpenfarbstoffe dienende /9-Methylanthrachinon technisch aus Phthalsäureanhydrid und Toluol dargestellt. Hierbei leistet konzentrierte Schwefelsäure in der ersten Phase das gleiche wie A1C13 und man gelangt bei deren Anwendung in einer Operation zum Anthrachinonderivat. Das angeführte Beispiel der Chinizarinsynthese bringt diese schöne Reaktion präparativ zur Anschauung: OH OH ™ OH
+ 0
(C.HAC-O-O.CiC.H,),. In ähnlicher Weise reagieren die Halogene: 2(0,11^0 + Br—Br —>- 2(CaH6)3C-Br . Chlorwasserstoff setzt sich im Licht zu T r i p h e n y l m e t h a n und T r i p h e n y l c h l o r m e t h a n um. Die Reaktion ist umkehrbar (SCHLENK). NO, N0 2 und viele organische Radikale lagern sich an Triphenylmethyl an. Analog findet Zusammenlagerung mit Chinon statt (SCHMIDLIN). 2(C,H6)8C +
y>=O
— ( W . o Q o . c ,
W
.
Ferner bindet sich an der freien Valenz metallisches N a t r i u m zu dem sehr interessanten, orangefarbenen T r i p h e n y l m e t h y l n a t r i u m ( C e H 6 ) 3 C - N a (SCHLEUS).
Wenn man auf kryoskopischem Wege die Molekelgröße des Hexaphenyläthans in Benzollösung bestimmt, so findet man mit geringer Abweichung den diesem Kohlenwasserstoff zukommenden Wert. Es sind in der Tat nur 2—3 Proc. der gelösten Molekeln in die beiden Hälften Triphenylmethyl gespalten. Die Beziehungen 0,N—NO, y ^ 2 NO, farblos braunrot sind den hier betrachteten in vieler Hinsicht außerordentlich ähnlich. In beiden Fällen wächst der Dissoziationsgrad mit steigender Temperatur. Die Lösung in siedendem Benzol enthält nach der ebullioskopischen Molekulargewichtsbestimmung 30 Proc. an Triphenylmethyl. Auch auf colorimetrischem Weg ist die Dissoziation des Hexaphenyläthans nachweisbar. Während im allgemeinen farbige Lösungen beim Verdünnen keine Intensitätsänderung erfahren, da bei der Betrachtung im Colorimeter die Anzahl der farbigen Molekeln die gleiche bleibt (Gesetz von BEER), muß die Intensität zunehmen, wenn infolge der mit der Verdünnung wachsenden Dissoziation die Anzahl der farbigen Molekeln sich vermehrt (PICCABD). Versuch. Man überzeuge sich von der Gültigkeit des B E E B schen Gesetzes, indem man zwei, mit schwarzem Papier umwickelte Reagenzgläser mit gleichviel ccm (1—2) einer verdünnten Farbstofflösung beschickt, die Gleichheit der Farbintensität durch Betrachtung gegen einen weißen Untergrund feststellt und dann die eine Lösung mit 5 bis 10 ccm Wasser verdünnt.
342
Organischpräparativer Teil
Der Zerfall des Hexaphenyläthans ist zurückzuführen auf die unzulängliche Bindekraft der beiden Athankohlenstoffatome, die jeweils durch die 3 Phenylgruppen allzu stark in Anspruch genommen sind. Ersetzt man die Phenylreste sukzessive durch die des B i p h e n y l s , so wird die Bindungsenergie der vierten Valenzen noch weiter abgeschwächt und sinkt schließlich im p - T r i b i p h e n y l - m e t h y l auf Null herab (SCHLEUS). Dieser Kohlenwasserstoff ^
^—^
C existiert überhaupt
nur noch als freies Radikal und ist als solches sogar im festen Zustand in Gestalt prächtiger rotvioletter Kristalle dargestellt worden. Von den weiteren Ergebnissen der Erforschung der Kohlenstoffradikale, die sich noch in vollem Fluß befindet, seien nur noch die sog. M e t a l l k e t y l e erwähnt, die ebenfalls intensiv gefärbten Anlagerungsprodukte der Alkalimetalle an Ketone (SCHLENX), z. B.: (C.H.), : C = 0 + Na —>- (C.H,),: C-ONa. Von ihnen war auf S. 215 schon die Rede. Das Ion T r i p h e n y l m e t h y l . Eine Lösung von Triphenylchlormethan in einem dissoziierenden Lösungsmittel leitet den elektrischen +
Strom (WALDEN). Daß in ihr Ionen ( C 6 H 6 ) 3 C und C1 enthalten sind, geht daraus hervor, daß bei der Elektrolyse Triphenylmethyl an der Kathode zur Abscheidung kommt. Ebenso besitzt die intensiv gelbe Lösung von Hexaphenyläthan in flüssigem Schwefeldioxyd Leitvermögen, enthält also auch ionisiertes Triphenylmethyl (vielleicht als komplexes Ion mit SOa). Eine solche Lösung zeigt nicht das typische Bandenspektrum und reagiert nicht mit Sauerstoff. Die scharfen Unterschiede zwischen Radikal und Ion bestehen also in gleicher Weise, wie sie etwa bei den Metallen zwischen Atom und Ion bekannt sind. Das Ion Triphenylmethyl ist mit großer Wahrscheinlichkeit auch in den orangegelb gefärbten salz- und komplexsalzartigen Einwirkungsprodukten enthalten, die aus Triphenylcarbinol mit konzentrierter Schwefelsäure und aus Triphenylchlormethan mit Metallchloriden (ZnCl^, A1C1S, SnCl4, SbCl6) entstehen. Versuch. Man bringe einige Körnchen Triphenylcarbinol oder Triphenylchlormethan in 1 j i ccm konzentrierter Schwefelsäure unter Benutzung eines Glasstabes in Lösung. Durch Zugabe von wenig Wasser wird die tief orangegelbe Lösung vollkommen entfärbt; gleichzeitig kommt das Carbinol unverändert wieder zur Abscheidung. In gleicher Weise werden auch die erwähnten Komplexsalze des Triphenylchlormethans durch Wasser wieder glatt zerlegt. Es handelt sich in beiden Fällen um eine Hydrolyse, die unter Rückbildung des Carbinols die Entladung des Triphenylmethylions zur Folge hat.
IX, 8
Tetraphenylhydraxin
343
Der Vorgang der Bildung gefärbter, durch "Wasser mehr oder weniger leicht wieder zerlegbarer salzartiger Reaktionsprodukte aus neutralen Stoffen (Triphenylcarbinol) bezeichnet man als „Halochromie". Die halochromen Salze des Triphenylcarbinols werden als Carboniums a l z e aufgefaßt, was aus der gegebenen Ableitung ohne weiteres hervorgeht. Eine chinoide Formel, wie sie zur Erklärung der Farbe von manchen Seiten bevorzugt wird, scheint weniger wahrscheinlich zu sein. Nach dem Vorgang W E B N E B S für die Formulierung der Ammoniumsalze versucht man neuerdings auch die Carboniumsalze komplex zu formulieren (HANTZSCH), wodurch zum Ausdruck gebracht wird, daß im Ion die Ladung nicht am Methankohlenstoff lokalisiert ist, sondern im Kraftfeld des ganzen Radikals festgehalten wird. Das einfachste Carboniumsalz der Gruppe, das gelbe Perchlorat (K. A. HOFMANN) erhält danach folgende Strukturformel: rC»H5-C.C,H5 C.HS
•OCIO,
8. Tetraphenyl-hydrazin. 34 g (0»2 Mol) Diphenylamin werden in einer mit Gummioder Glasstopfen dicht verschließbaren Flasche von etwa 400 ccm Inhalt in 200 ccm reinem Aceton gelöst. (Das käufliche reine Aceton ist meist gegen Permanganat beständig. Andernfalls trägt man so lange gepulvertes KMn0 4 ein, bis dessen Farbe auch beim Kochen am Rückflußkühler etwa 1 / 3 Stunde lang bestehen bleibt; das dann abdestillierte Aceton ist für Oxydationen in diesem Lösungsmittel 1 brauchbar.) In die gekühlte Lösung trägt man unter fortgesetzter Kühlung in Eiswasser und lebhaftem Schütteln nach und nach sehr fein gepulvertes Permanganat ein; vor jeder neuen Zugabe wartet man, bis Entfärbung eingetreten ist. Nachdem im Verlauf von i y 2 Stunden etwa 16 g Permanganat verbraucht sind, trägt man weiteres Oxydationsmittel ohne Außenkühlung ein und zwar so lange, bis die Farbe 1 / 3 Stunde lang bestehen bleibt. Ein Teil des Diphenylamins wird bis zum Phenylisonitril aboxydiert (Geruch, Entwicklung von COa). Hierauf entfärbt man mit einigen Tropfen Alkohol oder Formaldehyd, saugt vom Braunstein ab, den man scharf abpreßt und zweimal mit wenig warmem Aceton auswäscht. Die klare Acetonlösung wird bei geringem Unterdruck aus einem Wasserbad von 35° mit vorgelegtem Kühler abgedampft; wenn man die Vorlage kühlt, 1
Vgl. dazu F. SACHS, B. 3 4 , 497 (1901).
344
Organisch-präparaiiver Teil
kann man das Lösungsmittel zum großei Teil wieder gewinnen. Den Rest entfernt man im guten Vakuum bei einer Badtemperatur von 20°. Das auskristallisierte Tetraphenylhydrazin wird unter Eiskühlung durch Übergießen mit 20—30 cem Äther von Schmieren befreit und nach einigem Stehen auf einer Filterplatte scharf abgesaugt. Durch Auftropfen von Athe.- wäscht man das Präparat rein. Man gewinnt so 20—24 g fest farbloses Rohprodukt (60—70% der Theorie), das für die nachfolgende Operation direkt verwendet werden kann. Absolut reines Tetraphenylhydrazin vom Schmelzp. 144° gewinnt man durch Umlristallisation aus wenig (etwa der zwei- bis dreifachen Menge) Btnzol. Die Lösung darf nur kurz aufgekocht werden. Man kann der heißen Lösung etwa 1 / 3 ihres Volumens siedenden Alkohols unter Umschütteln zusetzen und erhält so eine reichlichere Kristallisation als aus Benzol allein. Das reine Präparat wird nach dem Absaugen mit BenzolAlkohol 1:1, dann mit Alkohol allein gewaschen und sofort im Vakuumexsiccator getrocknet. Die Mutterlaugen kann man im Vakuum eindampfen und den Rückstand wie oben durch Digerieren mit kaltem Äther isolieren. Die reine und gut getrocknete Substanz hält sich, vor Licht und Säuren geschützt, jahrelang unverändert V e r s u c h . Man löst etwa 0-5 g Tetraphenylhydrazin in 5 ccm Xylol und erwärmt langsam über einer kleinen Flamme. Die anfangs farblose Lösung wird, noch ehe der Siedepunkt des Xylols erreicht ist, intensiv olivgrün. Dies ist die Farbe des freien Radikals, das sich bei dieser Temperatur sehr rasch weiter verändert, in Gegenwart von NO aber, wie einer der nächsten Versuche zeigen wird, als D i p h e n y l n i t r o s a m i n festgehalten wird. Versuch. Man übergieße einige cg Tetraphenylhydrazin mit konzentrierter Schwefelsäure. Es tritt anfangs schöne Rotfärbung auf, die nach kurzem Stehen in intensives Blauviolett übergegangen ist. Der Farbstoff, der hier entsteht, ist identisch mit demjenigen, der bei dem bekannten Nachweis von Salpetersäure (und anderen Oxydationsmitteln) mit D i p h e n y l a m i n gebildet wird, nämlich D i p h e n y l d i p h e n o c h i n o n - d i i m o n i u m s u l f a t (KEHRMANN). H
Tetraphervylhydraxin
IX, 8
345
Aus Tetraphenylhydrazin geht der Farbstoff durch hydrolytische Spaltung an der N—N-Bindung über das zuerst entstehende Diphenylhydroxylamin (S. 175, 328) hervor.
Die F e s t l e g u n g des D i p h e n y l s t i c k s t o f f s d u r c h Stickoxyd. 1 Man macht sich einen Apparat zur Entwicklung von reinem NO zurecht. Eine Saugflasche von 3 / i Liter wird, wie bei der Salzsäureerzeugung mit einem Tropftrichter versehen, durch den man 4 n-Schwefelsäure in konzentrierte Nitritlösung (70 g NaN02 in 150 ccm Wasser) eintropfen läßt. Für die angegebene Menge braucht man 250 ccm 4n-H 2 S0 4 . An den seitlichen Ansatz der Saugflasche ist eine Waschflasche mit starker Lauge, dann eine solche mit konzentrierter Schwefelsäure angeschlossen. Hierauf folgt, durch ein kurzes Schlauchstück verbunden, ein T-Rohr, das auf einer Seite mit einem C02-Kipp in Verbindung steht, am anderen Ende mit dem Reaktionsgefäß verbunden wird. An das Schlauchstück vor dem T-Rohr ist ein Schraubhahn angelegt, der am Ende des Versuchs den NO-Entwicklungsapparat abzunehmen erlaubt. In einem kleinen Rundkolben löst man 5 g Tetraphenylhydrazin in 40 ccm Toluol und setzt einen doppelt durchbohrten Kork auf, dessen bis zum Boden reichendes Einleitungsrohr mit dem beschriebenen Apparat in Verbindung steht; in der anderen Bohrung steckt ein kurzes Glasrohr. Zuerst dreht man den Schraubhahn vor dem T-Stück zu und löst die Verbindung zwischen der zweiten Waschflasche und dem Verbindungsschlauch. Dann beginnt man mit dem Zutropfenlassen der Schwefelsäure und verdrängt gleichzeitig durch C02 die in der Apparatur und im angeschlossenen Reaktionskolben stehende Luft. Der Kolben ist in eine Klammer eingespannt und soll nachher sofort auf ein kräftig siedendes, bereit gestelltes Wasserbad gesetzt werden. Wenn im ersten Teil des Apparates alle Luft durch NO verdrängt, d. h. das Gas im Abzugsrohr der zweiten Waschflasche ganz farblos geworden ist, setzt man das Schlauchstück mit der Klemmschraube rasch an, öffnet diese und läßt nun das Stickoxyd, von einem schwachen C0 2 -Strom begleitet, in den Kolben treten. Sobald aus dessen Luftrohr braunes Gas (N02) austritt, setzt man den Kolben mit der Lösung auf das siedende Wasserbad und 1
A. 381, 211 (1911).
346
Organisch-präparativer Teil
leitet eine halbe Stunde lang einen ziemlich raschen NO-Strom in die Toluollösung. Ihre Farbe ist dann gelb geworden. Jetzt dreht man die Flamme unter dem Wasserbad ab, schließt die Klemmschraube, löst die Verbindung gegen den NO-Entwickler und verdrängt durch einen stärkeren C0 2 -Strom alles in der Apparatur befindliche Stickoxyd (Prüfung mit Kaliumjodid—Stärkepapier). Das Toluol wird hierauf im Vakuum v o l l s t ä n d i g abgedampft, das kristallisiert zurückbleibende D i p h e n y l n i t r o s a m i n reinigt man durch Umkristallisation aus wenig Alkohol oder aus Petroläther. Schmelzp. 66°. Versuch. Um zu zeigen, daß die aromatischen Nitrosamine im entgegengesetzten Sinn dieser Bildungsweise wieder rückwärts zerfallen können, kocht man eine kleine Menge des eben erhaltenen, reinen Nitrosamins in Xylol und hält über die Mündung des Reagenzglases ein Stück angefeuchtetes KJ-Stärkepapier. Den Kohlenstoffradikalen schließen sich eng analoge Verbindungen des Stickstoffs an, ebenfalls freie ungesättigte Komplexe von atomartigem Charakter und von abnormer Valenzzahl. Auch ihr Auftreten ist an das Vorhandensein aromatischer Ringe gebunden. Dem Hexaphenyläthan entspricht das T e t r a p h e n y l h y d r a z i n . Die gegenseitige Bindung der beiden N-Atome ist hier fester, als bei dem Vorbild in der Kohlenstoffreihe. Eine Dissoziation in die Radikale D i p h e n y l s t i c k s t o f f : (H6CAN-N(C6H5), 2(H,C,)4N tritt in Lösung erst bei etwa 80° sichtbar in die Erscheinung. Jedoch entstehen durch Einführung positiver Substituenten in die Benzolkerne Hydrazinderivate, die das Hexaphenyläthan im Dissoziationsgrad erheblich übertreffen. Schon das farblose p - T e t r a a n i s y l h y d r a z i n ist bei Raumtemperatur merklich in die Radikale des grünen p-Dianisyls t i c k s t o f f s ( H S C O - C 6 H 4 ) 2 N dissoziiert, und von dem in analoger Weise durch vier —N(CH3)2-Gruppen substituierten Hydrazin sind in kaltem Benzol 10, in Nitrobenzol 21 Proc. zu dem Radikal des gelben Bisp-dimethylamino-diphenylstickstoffs [(H3C)3N-C6H4]2N dissoziiert. Im Gegensatz zu ihrem anorganischen G-rundtyp, dem Stickoxyd, sind diese Radikale gegen Sauerstoff unempfindlich. Dagegen wird gerade Stickoxyd mit großer Leichtigkeit von ihnen aufgenommen, eine Reaktion, die allgemein zu ihrem Nachweis dient. (C,H6),N + NO — v (C.H^N-NO. Wie man sieht, bilden sich dabei die N i t r o s a m i n e der zugrunde liegenden Diarylamine. Auch mit Triphenylmethyl und anderen Radikalen vereinigen sie sich unter Ausgleich der freien Valenzen. ( C A ^ + tCA^C
(C.H,),N - C(C6H5)3.
Teiraphenylhydraxin
IX, 8
347
An Beständigkeit stehen die Stickstoffradikale den bekannten des Kohlenstoffs nach. Sie erleiden eine für die gesamte Kadikaichemie gültige Umwandlung, die in einer gegenseitigen Disproportionierung besteht, d. h. es kommt zu einem Ausgleich des abnormen Sättigungszustandes dadurch, daß ein Molekül einem andern W a s s e r s t o f f entzieht. Neben sekundärem Amin bildet sich als wasserstoffärmeres Produkt ein Phenazinderivat. 2(H,CO.C9H4),N
—>-
2 [(H.CO • C.H0.N - 1H]
(H3CO-C6H1),NH + (H.CO-CJUN - H C,H•
HÖH + O;
20
—V
0,.
Erwähnt seien noch die Radikale mit zweiwertigem Stickstoff, die sich von Hydrazinen ableiten, die sog. H y d r a z y l e , tief gefärbte Verbindungen, die durch Dehydrierung tertiärer Hydrazine erhalten worden sind und die zu dan farblosen T e t r a z a n e n im Dissoziationsgleichgewicht stehen (ST. GIOLDSCHMEDT), Z. B.: (C,HS),N • N N • N(C9H,)2 2 (C 9 H 6 \N-N • C,H6 I I, CEH6 C»H, rv Auch das Radikal N0 2 hat sein Ebenbild in der aromatischen Reihe gefunden. Durch Dehydrierung von Diphenylhydroxylamin mit Silberoxyd entsteht das prachtvoll kristallisierte, granatrote Diphenylstickstoffoxyd. HO-N(C 4 H 6 ), —>- 0=N(C 4 H 6 ),. Nicht nur in der Farbe, sondern auch in vielen Reaktionen zeigt diese Verbindung eine auffallende Übereinstimmung mit N0 2 . Aber es fehlt ihm jede Neigung, den Radikalzustand aufzugeben, sich gleich ihm zu dimerisieren. In dieser Hinsicht gleicht es dem Stickoxyd, während dessen organische Verwandte sich mehr dem Stickstoffdioxyd anschließen. Eine ausführliche Beschreibung des Gebietes findet man in P. WALDEN, C h e m i e d e r f r e i e n R a d i k a l e . Leipzig 1924.
348
Organisch-präparativer Teil
X. Heterocyclische Verbindungen. 1. Pyridinderivate. a) S y n t h e s e von C o l l i d i n n a c h
HANTZSCH. 1
Dihydrocollidin-dicarbonsäureester. Eine Mischung Ton 33 g Acetessigester und 10 g Aldehydammoniak erwärmt man in einem kleinen Becherglase auf einem Drahtnetz unter Umrühren mit einem Thermometer 3 Minuten lang auf 100—110°. Man versetzt dann das warme Reaktionsgemisch mit seinem doppelten Volumen 2n-Salzsäure und rührt, ohne weiter zu erhitzen, so lange kräftig um, bis die anfangs flüssige Masse erstarrt ist. Diese wird dann in einer Reibschale fein zerrieben, abgesaugt, mit Wasser ausgewaschen und auf Ton getrocknet. Für die weitere Verarbeitung kann das Rohprodukt direkt verwendet werden. Eine Probe kristallisiert man aus wenig Alkohol um. Farblose, bläulich fluorescierende Tafeln vom Schmelzpunkt 131°. C o l l i d i n - d i c a r b o n s ä u r e e s t e r . In die durch Wasser gekühlte Mischung des rohen Esters mit der gleichen Gewichtsmenge Alkohol leitet man so lange gasförmige salpetrige Säure 2 ein, bis der Dihydroester in Lösung gegangen ist und eine Probe sich in verdünnter Salzsäure klar auflöst. Jetzt gießt man die Lösung unter Nachspülen mit Wasser auf 100 g Eis, die sich in einem mittelgroßen (Y a — s / 4 Liter) Scheidetrichter befinden, stumpft die Säure durch langsames Eintragen von fein gepulverter Soda ab und nimmt dann den als Öl abgeschiedenen Ester in Äther auf. Mit aufgesetztem Stopfen darf erst geschüttelt werden, wenn die Kohlensäureentwicklung aufgehört hat. Das Ausäthern wird wiederholt, die vereinigten Ätherlösungen schüttelt man nochmals mit Wasser aus, um die Hauptmenge des Alkohols zu entfernen, trocknet sie kurz mit Kaliumcarbonat, dampft dann den Äther ab und destilliert den 1 A. 215, 1 (1882). * Zu 50 g zerkleinertem (Vorsicht!) Arsenik läßt man aus einem Tropftrichter langsam die Mischung von 75 ccm konzentrierter Salpetersäure (Spez. Gew. 1-4) und 30 ccm Wasser fließen; der Rundkolben, in dem das Stickstofftrioxyd entwickelt wird, trägt in seinem doppelt durchbohrten Korkstopfen neben dem Tropftrichter ein Ableitungsrohr, das über eine leere und trockene Waschflasche zu dem Reaktionsgefäß fuhrt. Das Gemisch von Arsenik und Salpetersäure wird auf dem Drahtnetz g e l i n d e erwärmt.
349 Rückstand im Vakuum. Siedep.i2mm 175—178°. Ausbeute 15 g Collidindicarbonsäureester aus 20 g Dihydroester. C o l l i d i n - d i c a r b o n s a u r e s K a l i u m . Man löst 30 g gereinigtes Ätzkali in 100 ccm absolutem Alkohol in einem 1 / 4 -LiterRundkolben durch längeres Kochen auf dem Drahtnetz unter Rückfluß auf, setzt die gewonnenen 15 g Collidindicarbonester langsam zu und kocht die Lösung 3—4 Stunden lang auf lebhaft siedendem Wasserbad. Das in Alkohol schwer lösliche Salz scheidet sich nach und nach in Kristallkrusten aus und wird nach Beendigung der Verseifung von der erkalteten Lösung abgesaugt und erst zweimal mit Alkohol, dann mit Äther gewaschen. Ausbeute 12—14 g. Collidin. Die Abspaltung der Carboxylgruppe erfolgt durch Erhitzen des Kaliumsalzes mit gelöschtem Kalk. Man mischt das gewonnene Salz mit seiner doppelten Gewichtsmenge Ca(OH)8 in einer Reibschale gut durcheinander und füllt das Gemenge in ein kurzes Verbrennungsrohr von etwa 60 cm Länge ein, das man, 10 ccm vom Ende entfernt, mit einem Asbestpfropfen für das Einfüllen gedichtet hat Das eingefüllte Pulver schließt man auch auf der andern Seite durch einen lockeren Asbestpfropfen ab, verstopft das eine Ende mit einem dichten Kork, während das andere durch einen Vorstoß mit einer Vorlage in Verbindung steht. Das Rohr wird in einem kurzen, schräg gestellten Verbrennungsofen (das geschlossene Ende erhöht) durch kleine Flammen vorgewärmt, n a c h d e m man vorher über der e i n g e f ü l l t e n M i s c h u n g durch K l o p f e n einen n i c h t zu engen Gang e r z e u g t hat. Dann vergrößert man die Flammen, am oberen Teil des Rohres beginnend, mehr und mehr, bis man schließlich bei geschlossenen Kacheln zu heller Rotglut gelangt. Das hierbei übergehende Collidin wird mit Äther aufgenommen, mit wenig Ätzkali getrocknet und dann destilliert. Siedep. 172°. Ausbeute 3—4 g. Wenn eine Stickstoffbombe zur Verfügung steht, so nimmt man die Brenzreaktion in einem langsamen Gasstrom vor. Die außerordentlich glatt verlaufende Synthese des Pyridinrings aus Acetessigester, Aldehyden und Ammoniak kommt dadurch zustande, daß Aldehyde in erster Phase unter Bildung von A l k y l i d e n - b i s a c e t e s s i g e s t e r n reagieren und daß die so entstandenen 1,5-Diketonderivate durch eine eingefügte Ammoniakmolekel unter Abspaltung von 2 Mol. Wasser Ringschluß erfahren.
Organisch-präparativer
350
Teil E
Ah
H BOOC'CH, I H.C-CO
o
HjC-COOR I OC-CH,
ROOC
C-COOR
H„C.- C5H4N-NH, + Na + H
entstehende a - A m i n o p y r i d i n verhält sich in seinen Reaktionen wie -eine tautomere Verbindung. Viele, namentlich cyclische Derivate leiten sich von einer Diiminform ab, die sich auf Grund folgender Umlagerun g bilden kann: 1
TBCHITSCHIBABIN,
C. 1915 I, 1065. Wibaut, Ree. 42, 240 (1923).
353
Chinolin
>
N
:NH • NH
2. Chinolin. C h i n o l i n - S y n t h e s e .1 In einem Kolben von 1 / 2 Liter Inhalt wird eine Mischung von 20g Nitrobenzol, 31 g Anilin und 100g w a s s e r f r e i e m 2 Glycerin unter Umschütteln mit 45 ccm konzentrierter Schwefelsäure versetzt. Man verbindet den Kolben dann mit einem langen, weiten Rückflußkühler und erhitzt ihn auf einem Drahtnetz. Sobald der Eintritt der Reaktion durch Entwicklung von Dampf blasen, die plötzlich aus der Flüssigkeit aufsteigen, sich zu erkennen gibt, entfernt man sofort die Flamme und läßt die bisweilen äußerst heftige Hauptreaktion 3 ohne äußere Erhitzung sich vollziehen. Hat das Reaktionsgemisch sich beruhigt, so erhitzt man noch 3 Stunden auf dem Sandbade oder Drahtnetz zum Sieden, verdünnt mit wenig Wasser und treibt aus der sauren Flüssigkeit das unveränderte Nitrobenzol mit Wasserdampf vollständig ab. Man macht dann die im Destillierkolben zurückgebliebene noch warme Flüssigkeit mit konzentrierter Natronlauge alkalisch und destilliert das in Freiheit gesetzte Chinolin mit unverändertem Anilin ebenfalls mit Wasserdampf über. Das Destillat wird ausgeäthert, der Äther äbdestilliert, die rohen Basen werden in der Mischung von 50 ccm konz. Salzsäure und 200 ccm Wasser gelöst. Zu der warmen, klaren Lösung fügt man 30 g Zinkcblorid in 50 ccm 2n-HCl. Das nach dem Erkalten auskristallisierte Doppelsalz wird nach einigem Stehen unter Eiskühlung abgesaugt und mit kalter 2nSalzsäure gewaschen. Hierauf zersetzt man mit starker Natronlauge und treibt das Chinolin abermals-mit Wasserdampf über. Nachdem Ausäthern wird die Ätherlösung mit festem Ätzkali getrocknet und das Chinolin nach dem Verdampfen des Äthers schließlich destilliert. Siedep. 237°. Ausbeute 24—25 g. Das Präparat ist wasserhell. a) S K H A u r s c h e 1
• M. 1, 316 (1880); 2, 139 (1881). M. W Y L E R , B. 6 0 , 398 (1927). DARZENS, Bl. 4 7 , 227 (1930). * Man erhitzt das käufliche Glycerin in einer Porzellanschale so lange (Abzug), bis ein eingehängtes Thermometer auf 180° gestiegen i s t 8 Deren Mäßigung wird erreicht, wenn man zu Anfang nur die Hälfte der Schwefelsäure zufügt, mit kleiner Flamme vorsichtig zum gelinden Sieden erhitzt und nach 1 Stunde den Best der Säure ganz langsam zutropfen läßt. Sodann wird das Gemisch wie oben noch 3 Stunden lang im Sieden gehalten. GATTKEMANN, Praxis.
22. Auflage.
23
Organiseh-präparativer
354
Teil
b) Chinaldin-Synthese nach D O E B N E B - M I L L E B . 1 In einem Kolben von 1 Liter Inhalt wird eine Mischung von 31 g Anilin und 60 ccm roher, konzentrierter Salzsäure unter Umschütteln mit 45 ccm Paraldehyd versetzt (oder mit 60 ccm Acetaldehyd, der unter Außenkühlung mit Eis vorsichtig durch einen langen Kückfiußkühler zugetropft wird). Man läßt die Mischung bei Zimmertemperatur stehen, wobei nach und nach die Kondensation stattfindet, durch gelinde Selbsterwärmung sich äußernd. Man erwärmt noch 3 Stunden unter Rückfluß zum Sieden, macht mit starker Natronlauge alkalisch und destilliert die Rohbase mit Wasserdampf über. Das Destillat wird ausgeäthert, die Ätherlösung mit festem Ätzkali getrocknet. Nach dem Verdampfen des Äthers kocht man die Rohbase zur Bindung des nicht verbrauchten Anilins mit 10 ccm Essigsäureanhydrid eine Viertelstunde lang am Rückflußkühler, macht nach dem Erkalten mit gesättigter Sodalösung deutlich alkalisch und destilliert erneut mit Wasserdampf. Das Chinaldin wird nach der üblichen Aufarbeitung durch Destillation im Vakuum rein erhalten. Siedepunkt 115—120 °x2 mm. Als Nachlauf erhält man eine kleine Menge höher siedender Basen. Ausbeute 18—20 g. Man kann auch aus dem Rohbasengemisch das Chinaldin in der beim Chinolin angegebenen Weise über das ZnCl2-Doppelsalz abtrennen. Das Präparat wird reiner, die Ausbeute ist etwas geringer. Das erste auf dem unter a) durchgeführten Weg gewonnene Chinolinderivat war der Farbstoff „ A l i z a r i n b l a u " (PBTJD'HOMME 1 8 7 7 ) , der beim Erhitzen von / S - N i t r o a l i z a r i n mit Glycerin und Schwefelsäure erhalten und von G B A E B E aufgeklärt wurde: CO
OH
'^V^OH
Während des Prozesses wird die N0 2 - zur NH2-Gruppe reduziert. Die SKRAUPSche Synthese erfolgt unter Wasserabspaltung. Dabei wird sich A c r o l e i n bilden, das mit dem Anilin zu einem Azomethin (SCHIFF sehe Base) zusammentreten kann (I), wahrscheinlicher aber die Base an der C=C-Doppelbindung aufnehmen wird (II): 1
B. 14, 2816 (1881); 16, 1664 (1883); 17, 1712 (1884).
Ghinolin
X, 2
355
,-NH, •> -H,0
Es entsteht, mag die erste oder die zweite Erklärung zutreffen, ein D i h y d r o - c h i n o l i n , dessen überständiger Wasserstoff von dem vorhandenen Nitrobenzol gebunden wird. Eine zweite, ähnlich verlaufende Synthese, die von DoebnebMilleb, führt zu s u b s t i t u i e r t e n Chinolinen. Einfachstes Beispiel: Chinaldin aus Anilin und Paraldehyd durch Erhitzen mit konzentrierter Salzsäure. Der Verlauf der Reaktion schließt sich eng dem der Skkaup sehen Synthese nach II an, wenn man das Anilin, wie dort mit Acrolein, so hier mit C r o t o n a l d e h y d , der unter den Bedingungen sich leicht bildet, zusammentreten läßt:
NH
NH,
nCH-CH,
ilCH
OHC
HO< r
NH
JCH«
JcH
Auch hier sind zwei überständige H-Atome, die von Nebenreaktionen — es entstehen hydrierte Produkte — verschluckt werden. Das bekannte Gichtmittel A t o p h a n , ß-Phenylchinolin-y-carbonsäure, ist das Produkt einer analogen Kondensation von Anilin mit Benzaldehyd und Brenztraubensäure:
NH, H„C 0:C • COOH Atophan kann auch durch alkalische Kondensation von Isatin mit Acetophenon gewonnen werden. Formulieren! Die CH3-Gruppe im Chinaldin läßt sich wie die von Ketonen mit Aldehyden u. dgl. kondensieren. Mit Phthalsäureanhydrid entsteht der gelbe Farbstoff C h i n o p h t h a l o n . 23*
356
Organisch-präparativer Teil 3. Indigo. 1
Phenylglycin. 19 g Chloressigsäure werden mit 100 ccm 2 n-Natronlauge in der Kälte genau neutralisiert, dann kocht man nach Zugabe von 18»6 g Anilin kurze Zeit am Rückflußkühler, bis das Anilin sich umgesetzt hat und in Lösung gegangen ist. Beim Abkühlen scheidet sich das Phenylglycin erst ölig, beim Reiben aber bald kristallinisch aus. Nach einigem Stehen in Eis wird abgesaugt und mit wenig eiskaltem Wasser gewaschen Ausbeute 22—24 g an trockner Substanz. Zur Darstellung des K a l i u m s a l z e s neutralisiert man 20 g Phenylglycin unter Anwendung von Phenolphthaleinpapier genau mit 2 n-Kalilauge, von der etwa 70 ccm gebraucht werden und dampft dann die klare Lösung auf dem Wasserbad ein. Für die Indoxylschmelze muß der Salzrückstand mehrere Stunden bei 100° im Trockenschrank getrocknet werden. Indoxylschmelze.2 15 g Atznatron und 20 g Ätzkali werden in einem Nickeltiegel zusammengeschmolzen und durch Erhitzen auf etwa 500° sorgfältig entwässert. Die eben erstarrte Masse wird durch gelindes Erhitzen wieder gerade zur Schmelze gebracht und in einen Erlenmeyerkolben aus Jenaer Glas von 100 ccm Inhalt, der in einem Ölbad auf 220° erhitzt ist, eingegossen. Wird diese Vorschrift eingehalten, so ist ein Springen des Kolbens nicht zu befürchten. Zu der im Kolben befindlichen Schmelze gibt man 10 g Natriumamid, das sich unter geringer Ammoniakentwicklung in der Schmelze auflöst, und trägt in 5—10 Minuten 20 g reines, im Trockenschrank bei 100° völlig getrocknetes Phenylglycin-kalium löffelchenweise unter vorsichtigem Umrühren mit einem Glasstab ein. Augen und Hände schützen! Die Temperatur des Ölbades wird auf 200—220° gehalten. 2 Minuten, nachdem man den Rest des Kaliumsalzes eingetragen hat, wird der Kolben, den man mit einem Korkstopfen lose verschlossen hat, aus dem Ölbad herausgenommen und erkalten gelassen. Nach vollständigem Erkalten wird der Kolben zerschlagen und die Schmelze in kleinen Stücken in ein Becherglas von 1 Liter Inhalt, das mit 500 ccm Wasser gefüllt ist, eingetragen. Nach völliger Lösung wird rasch durch ein großes Faltenfilter in einen Rundkolben oder eine Saugflasche von 1 1
J. HOÜBEN, B. 4 7 , 3988 (1913). Nach einer Vorschrift von Dr. J. PFtEQEE-Frankfurt a. M.
Indigo
357
P / s Liter filtriert1 und nun mit der Wasserstrahlpumpe so lange Luft durch die Lösung gesaugt, bis ein Tropfen der wäßrigen Indigosuspension, auf Filtrierpapier gebracht, nicht mehr an der Luft nachblaut und einen scharfen Rand von gefälltem Indigo zurückläßt. Der Indigo wird nach völliger Oxydation abgenutscht, mit heißem Wasser gewaschen, vom Filter in ein Becherglas gespritzt, mit 10-proc. Salzsäure gekocht, wieder abgenutscht, mit heißem Wasser gewaschen und getrocknet. Die Ausbeute erreicht 60 bis 7 0 % der Theorie. Eine einfache qualitative Prüfung auf Reinheit des erhaltenen Indigos läßt sich so ausführen, daß man etwas von dem trocknen Indigo in einem Reagenzglas zu Pyridin gibt, einige Zeit unter Umschütteln erhitzt und auf Filtrierpapier einige Tropfen ausgießt. Bei reinem Indigotin wird Pyridin nicht gefärbt, während Verunreinigungen, die sich beim Arbeiten in dem kleinen Maßstab bilden können, sich durch schwächere oder stärkere schmutzigbraune Färbung des auslaufenden Pyridins anzeigen. Will man den gesamten erhaltenen Indigo durch Pyridin reinigen, dann muß man den vom Pyridin abgesaugten und mit reinem heißen Pyridin nachgewaschenen Indigo noch einmal mit Salzsäure kochen, abnutschen, mit heißem Wasser auswaschen und trocknen. 2 Die hier durchgeführte Indigosynthese stellt den Farbstoff aus den G rundmateriälien Koks und Kalk (Acetylen —>- Essigsäure), Chlor und Anilin her und bildet das jetzt gebräuchliche technische Verfahren. Der Anbau der indigoliefernden Pflanzen ist damit entbehrlich geworden, wenn auch diese Produktionsart noch nicht von dem gleichen Schicksal betroffen worden ist, wie die Krappkultur durch das synthetische Alizarin. Die Alkalischmelze des Phenylglycins als Indigo-Synthese ist schon im Jahr 1 8 9 2 von H E U H A N N entdeckt worden, aber erst der Zusatz von Natriumamid (J. P F L E G E R ) hat das Verfahren ertragreich gestaltet. Die Konstitution des Farbstoffs ist in klassischen Arbeiten von A. B A E Y E R erforscht worden. Auf die zahlreichen Synthesen kann hier nicht eingegangen werden; nur die schönste von ihnen, die auch eine Zeitlang technisch durchgeführt wurde, sei hier erwähnt.3 Bei ihr wird o - N i t r o b e n z a l d e h y d in alkalischer Lösung mit A c e t o n kondensiert. Dabei entsteht das sog. o-Nitrophenylmilchsäure1
Das Filtrieren ist nicht unbedingt notwendig, liefert aber ein reineres Produkt. a D. R. P. 134139 der Höchster Farbwerke. » B. 15, 2856 (1882).
358
Organisch-präparativer Teil
keton, das Essigsäure verliert und — vielleicht über o-Nitrostyrol — unter intramolekularer Abspaltung von einem Mol Wasser in den halbmolekularen Indigo, das I n d o l o n übergeht, das, selbst nicht existenzfähig, sich alsbald zum Farbstoff polymerisiirt: CHOH
CHO + CH, • CO • C H , J—NO,
—>-
J
•CO-CH,
^NOj
CH —>-
—
>
Die Verschiebung des Sauerstoffs von «¡iner Nitrogruppe an ein o-ständiges C-Atom ist wenig übersichtlich, aber durch mehrere ähnliche Reaktionen belegt. So geht o - N i t r o t o l u o l unter der Wirkung von Alkalien in A n t h r a n i l s ä u r e (BINZ), o - N i t r o b e n z a l d e h y d bei Belichtung in o - N i t r o s o b e n z o e s ä u r e über (CIAMICIAN): N
I—CH a
J—NO,
COOH J-NH,
ferner /-Nitroanthracen in Anthrachinon-oxim
(MEISENHEIMEE):
0 H
C
NO,
Wem etwas o-Nitrobenzaldehyd zugänglich ist, der sollte sich die schöne BAEYEESche Indigo-Synthese nicht entgehen lassen. V e r s u c h . 1 g o-Nitrobenzaldehyd wird in 3 ccm reinem Aceton gelöst; man fügt etwa die gleiche Menge Wasser und dann zu der klar gebliebenen Lösung Tropfen auf Tropfen n-Natronlauge. Unter Erwärmung färbt sich die Lösung dunkelbraun und läßt nach kurzer Zeit den Farbstoff in kristallinischen Flocken herauskommen. Man saugt nach 5 Minuten ab und wäscht mit Alkohol, dann mit Äther. Der so gewonnene Indigo zeichnet sich durch besondere Reinheit aus und zeigt schönen violetten Oberflächenglanz.
Indigo
359
Die erste technische Darstellung des Indigos in großem Maßstab ging aus vom N a p h t h a l i n , das mit rauchender Schwefelsäure (bei Gegenwart von QueeksilVer^-sulfat) zur P h t h a l s ä u r e aufoxydiert wurde. Das aus ihr gewonnene P h t h a l i m i d erfuhr als (offene) P h t h a l a m i d s ä u r e den floFMANNSchen Abbau zu A n t h r a n i l s ä u r e , die, mit Chloressigsäure kombiniert, in der P h e n y l g l y c i n - o - c a r b o n s ä u r e ein der Indoxylschmolze zugängliches Material lieferte. Formulieren! In entsprechender Weise verläuft die Synthese des namentlich in Derivaten technisch wichtigen roten T h i o i n d i g o s (FKIBDLANDEB) aus Thiosalicylsäure: COOH
Die H E U M A N H - P F L E G E E sehe Synthese führt in der Schmelze zu I n d o x y l k a l i u m , das schon durch Luftsauerstoff — unter gleichzeitiger Bildung von Hydroperoxyd (siehe S. 169) — zu Indigo dehydriert wird. Kaum eine andere organische Verbindung ist so nach allen Ecken und Enden hin untersucht worden, wie der Indigo. Wir müssen uns daher hier auf die allerwichtigsten Reaktionen beschränken. Die Chemie d e r I n d i g o f ä r b u n g . Der Farbstoff selbst kann wegen seiner Unlöslichkeit nicht direkt auf die Faser gebracht werden. Man führt ihn daher seit uralten Zeiten — der antike Purpur ist 6,6'-Dibrom-indigo1 ( F R I E D L Ä N D E R ) — durch Reduktion in alkalischer Lösung in das Alkalisalz seiner Dihydroverbindung und so in wasserlösliche Form über, oder wie man sich färbetechnisch ausdrückt — man v e r k ü p t ihn. Die Naturvölker haben von jeher b i o l o g i s c h , d. h. durch hydrierende Bakterien, verküpt, die Industrie hat sich des Ei s e n - 2 - h y d r o x y d s oder des Z i n k s t a u b s bedient, heute benutzt man hauptsächlich N a t r i u m h y p o s u l f i t .
Versuch. Etwa 50 mg des dargestellten Indigotins werden in einer kleinen Keibschale mit wenigen Tropfen Wasser zu 1
Die beiden Br-Atome stehen in m-Stellung zum Stickstoff.
360
Organisch-präparativer Teil
einem feinen Brei zerrieben, hierauf aus der Spritzflasche in einen kleinen Erlenmeyer gespült und nun unter Erwärmen auf 30—40° mit einem geringen Überschuß von alkalischer Natriumhyposulfitlösung reduziert. Es entsteht bald eine grüngelbe, dann braunstichig gelbe Lösung, die Küpe, auf deren Oberfläche infolge der Berührung mit der Luft sich eine feine blaue Haut von Indigo, die sogenannte „ B l u m e " bildet. Man verdünnt mit Wasser auf 25—30 ccm, bringt einen vorher benetzten Streifen Leinwand in die Lösung, digeriert ihn darin etwa eine Minute lang mit einem Glasstab, nimmt ihn heraus, preßt ihn ab und hängt ihn über zwei parallel gespannten Schnüren oder dünnen Glasstäben auf. Schon nach 5 Minuten ist der Stoff tief blau gefärbt. Aus der Küpe fällt man mit durchgesaugter Luft den Farbstoff wieder aus. Dieses Verfahren ist auch zur Reinigung von Indigo geeignet. Die Verkiipung findet chemisch ihren Ausdruck in einer 1,6Addition von Wasserstoff und erinnert ganz und gar an die Überführung von Chinon in Hydrochinon. Wie dieses ist auch das „Indigweiß" ein zweiwertiges „Phenol", eine schwache Säure, deren Alkalisalze intensiv gelb gefärbt sind:
Aus dem teilweise hydrolytisch gespaltenen Alkalisalz der Küpe wird die große Molekel des „Indigweiß" von der Faser adsorbiert und dann in dieser feinen Verteilung durch den Sauerstoff der Luft — analog wie Indoxyl — wieder zum Farbstoff dehydriert, der nun als fest haftendes Pigment die Färbung bedingt. Die K ü p e n f a r b s t o f f e , deren wichtigste neben den eigentlich indigoiden — so bezeichnet man durch Doppelbindung zusammengefügte Bingsysteme von der Art des Indigos — sich in der Anthrachinonreihe finden, sind durch ganz besondere Echtheit ausgezeichnet. Sie enthalten fast ausnahmslos kondensierte Ringe von großer chemischer Widerstandsfähigkeit. Es sei als Beispiel eines Anthrachinonküpenfarbstoffes das blaue I n d a n t h r e n angeführt, das aus dem technisch höchst wichtigen ^-Amino-anthrachinon durch Alkalischmelze unter Wasserstoffabspaltung gewonnen wird (R. B O H N ) :
X, 3
Indigo CO
361 CO
Nimmt der Indigo bei der Verküpung W a s s e r s t o f f auf — energische Reduktion spaltet bis zum Indoxyl und Indol —, so läßt er sich durch eine nicht weniger bemerkenswerte Reaktion — am besten durch Bleidioxyd — auch d e h y d r i e r e n und zwar an den beiden NU Gruppen der Indolringe (KALB): CO
CO
CO
CO
CCMD ^ CCKX)
NH NH N N Der so entstehende D e h y d r o - i n d i g o ist eine viel leichter lösliche, braunrot gefärbte und schön kristallisierte Substanz, die sehr leicht, schon z. B. durch Hydrochinon, wieder zu Indigo h y d r i e r t wird im Sinne des in obiger Gleichung nach links gerichteten Pfeiles. Aus dem Hydrochinon entsteht dabei natürlich Chinon.
V e r s u c h 1 Eine gute Messerspitze trocknen fein gepulverten Indigos wird zusammen mit etwa der doppelten Menge Bleidioxyd und einigen Körnern Calciumchlorid in 5 ccm Benzol im Reagenzglas 5 Minuten lang auf dem Wasserbad im Sieden gehalten. Die braunrote Lösung wird filtriert, auf zwei Reagenzgläser verteilt und der darin enthaltene Dehydro-indigo im einen Fall mit ganz wenig in Alkohol gelöstem H y d r o c h i n o n , im andern mit verdünnter salzsaurer SnCl2-Lösung zum Farbstoff hydriert, der sich in blauen Flocken ausscheidet. Auch eine Suspension von fein verteiltem Indigo in Chloroform kann man unter Zugabe von wenig Calciumhydroxyd durch tropfenweises Zufügen von Brom in die schön rotbraune Lösung von Dehydro-indigo umwandeln. Zur I s o l i e r u n g des schönen Präparates halte man sich an die erste der von K a l b 1 gegebenen Vorschriften. 1
L. KALB, B. 42, 3649 (1909).
862
Organiseh-präparativer
Teil
Die bekannteste o x y d a t i v e Umwandlung des Indigos ist die in I s a t i n , die unter normaler Spaltung der Doppelbindung vor sich gebt:
COOH.
Isatin ist das innere Anhydrid (Lactam) einer ^-Amino-a-ketocarbonsäure, der I s a t i n s ä u r e (A), zu deren Salzen der Stoff durch Alkalien aufgespalten wird. Die Ketogruppe in 3 ist der Kondensation mit vielen anderen Stoffen zugänglich und darum wird Isatin technisch dargestellt und in wertvolle indigoide Küpenfarbstoffe übergeführt. Wir nennen als Beispiel den prächtigen Thioindigo-scharlach, der aus Isatin und dem Indoxyl der Thioreihe, dem sog. Oxythion a p h t h e n erhalten wird:
CO
NH Die schöne Isatin-Synthese von SANDMEYER, die auch präparativ empfohlen sei, entschwefelt den bekannten Diphenylthioharnstoff (I) (S. 163) mit basischem Bleicarbonat. An das so gebildete reaktionsfähige Diphenylcarbodiimid (II) wird Blausäure angelagert und so ein Nitril (IUI erhalten, das mit H,S zuerst in das Thiamid (IV) übergeführt wird. Durch konzentrierte H a S0 4 wird der Ringschluß bewirkt zum a-Anil des Isatins (V), aus dem dann durch verdünntere Schwefelsäure die Anilgruppe hydrolytisch herausgeholt wird:
I (CaH6NH),-CS -v II CeH6 • N=C=N • C6H6 -> III
C=NC„H6 NH
H- IV
C=NCeH6. NH
Die erste Indigosynthese BAEYERS ging, woran erinnert sein möge, vom Isatinchlorid aus. Formulieren.
XI, 1
Katalytische Hydrierung mit Palladium
363
XL Hydrierung und Reduktion. 1. Katalytische Hydrierung mit Palladium. a) Mit k o l l o i d e m K a t a l y s a t o r n a c h S k i t a . 1 Die Anordnung der Apparatur ist aus Fig. 52 ersichtlich.2 Als Sperrflüssigkeit im Gasometer benützt man Wasser. Das Schütteln erfolgt mit Hilfe einer Rabe sehen Turbine, eines kleinen
Elektromotors oder eines Heißluftmotors durch Drehen der Exzenterscheibe, die mit der Birne durch einen starren Draht verbunden ist. (Die Apparatur ist jedoch bequemer auseinander zu nehmen, wenn, wie in der Figur angegeben, der Draht geteilt ist und die beiden Teile durch eine mit Schraube versehene Messingöse vereinigt sind.) Sämtliche Stative sind durch größere Eisenstücke beschwert. Die Schüttelbirne selbst (Fig. 53), 1 B. 42, 1627 (1909); 45, 3312, 3519 (1912). * Die Stative für Gasometer, Birne und Exzenterscheibe sind auf der Figur nicht wiedergegeben.
364
Organisch-präparativer
Teil
trägt seitlich ein eingeschmolzenes Einleitungsrohr1 dem ein Stückchen Gummischlauch mit Schraubhahn dicht aufgesetzt wird. Ihr horizontales Rohr dagegen, zugleich Achse der Schüttelbirne, läuft in einer Messinghülse (Korkbohrerhülse), die auf beiden Seiten durch kurze, übers Glas gezogene Stücke Gummischlauch festgehalten wird. Sie wird, durch einen Kork festgeklemmt, in einer starken Klammer gehalten. Das Rohr steht durch einen dickwandigen Schlauch, der einen Quetschhahn trägt, in direkter Verbindung mit dem Gasometer. Dessen Meßzylinder wird von einer weiten Kühlerklammer gehalten. Vor der Hydrierung wird die ganze Apparatur auf Dichtigkeit geprüft. Dies erfolgt so: Der Schraubhahn am Einleitungsrohr wird geschlossen, der Gasometer durch Öffnen yon A und B provisorisch mit Wasserstoff gefüllt. Nach Schließen der Glashähne wird der Stand im Glaszylinder bei gleichem Niveau des Sperrwassers mit dem Wasser im Behälter markiert und nun 1 j i Stunde bei leerer Birne geschüttelt. Ist nach dieser Zeit bei gleicher Zimmertemperatur der Stand derselbe, so kann man zur Hydrierung selbst schreiten. Man füllt die Katalysatorlösung, d. s. 50 mg Gummi arabicum in 1 ccm Wasser und 3 ccm einer 1-proc. Palladiumchlorürlösung in die Birne ein, danach eine Lösung von 5 g reinster Zimtsäure in 30 ccm 80-proc. Methylalkohol. Nun leitet man vom seitlichen Birnenrohr her bei geschlossenem Hahn B und offenem A Wasserstoff Fig. 53. aus der Bombe (gewaschen mit KMn04Lösung) durch die Birne, bis die Luft in ihr und der ganzen Leitung verdrängt ist. Schon vorher hat man den Gasometer (1 Liter Inhalt) und die Rohrleitung bis zu Hahn B mit Wasser gefüllt und verdrängt jetzt nach Schließung des Glashahnes A 1
An seiner Stelle kann man die Birne auch mit einem Tubus versehen, durch den mittels eines (reinen) Gummistopfens ein Kohr eingesetzt werden kann. Die hier abgebildete Apparatur (Fig. 52) erlaubt in diesem Fall, die Birne vom oberen Rohr aus mit Wasserstoff zu füllen, so daß das untere Einleitungsrohr entbehrlich wird.
XI, 1
Katalytische
Hydrierung
von
Palladium
865
und Öffnung von B bei tief gestelltem Wasserbehälter das Wasser durch Wasserstoff. Dann wird der Quetschhahn am seitlichen Birnenrohr zugedreht, die Verbindung mit der Wasserstoffflasche (oder dem Kipp) gelöst, der Stand des Gases wie bei der Dichtigkeitsprüfung abgelesen und unter geringem Überdruck (Behälterflasche auf dem Gasometer) die Schüttelei in Gang gebracht. 1 Wir arbeiten hier mit sehr' geringen Mengen Katalysator (18 mg Pd), trotzdem ist nach 3 Stunden die zur Absättigung der Äthylen-Doppelbindung notwendige Menge (bei 740 mm Barometerstand und 20° 840 ccm) Wasserstoff aufgenommen. Man filtriert vom ausgeflockten Palladium ab, verdampft den Methylalkohol und kristallisiert die hydrierte Säure, wie auf S. 225 beschrieben, um. Als katalytische Nebenwirkung des Palladiums tritt bei Anwendung von unverdünntem Methylalkohol als Lösungsmittel Esterbildung ein.2 In diesem Fall hat man die Lösung nach Zugabe von 5 g Ätzkali einzudampfen und die Hydrozimtsäure mit verdünnter Salzsäure auszufällen.
B e r e c h n u n g des W a s s e r s t o f f v e r b r a u c h s . Ein g-Mol Substanz braucht für je eine Doppelbindung 2 2 - 4 Liter Wasserstoff unter Normalbedingungen. Nach der Formel
wobei b gleich dem abgelesenen Barometerstand weniger der Dampftension des Wassers bei der betreffenden Temperatur, T gleich der abs. Temperatur ist, läßt sich das Volumen eines g-Mols bei den jeweiligen Arbeitsbedingungen ausrechnen. Es beträgt durchschnittlich (für 6 = 720 mm und t = 17 °) 25 Liter. 5 g Zimtsäure (Mol.-Gew. 148) sind =
g-Mol; der Bedarf an Wasserstoff beträgt daher 25 • - 4 - Liter = 148 148 845 ccm Hj.
b) H y d r i e r u n g m i t T r ä g e r - K a t a l y s a t o r . B e r e i t u n g des K a t a l y s a t o r s . 3 Zu 10 g heiß gefällten und gut ausgewaschenen Ba-Sulfats, das in einer Porzellanschale in 20 ccm heißem Wasser aufgeschlämmt ist, werden 0*8 g Palladiumchlorür, gelöst in 50 ccm Wasser, und 1 ccm 40-proc. Formaldehyd 1 Ist man infolge Verbrauchs des Gases im Zylinder genötigt, während des Versuches den Gasometer neu zu füllen, so wird die Bombe bei A angeschlossen, der Schraubhahn des Verbindungsschlauches am h o r i z o n t a l e n Birnenrohr zugedreht und bei offenen Hähnen A und B vorsichtig aufgefüllt. 4 Vgl. dazu E. W A S E E , Helv. Chim. Act. VIII, 117 (1925). 3 D.E.P. 252136; Frdl. X, 1205.
366
Organisch-präparaiiver Teil,
hinzugefügt. Man macht mit Natronlauge lackmusalkalisch und erhitzt zum Sieden, bis die überstehende Flüssigkeit klar und farblos ist. Dann filtriert man heiß, wäscht mit heißem Wasser bis zur neutralen Reaktion und trocknet im Vakuum über Ätzkali. Das staubfein zerriebene Pulver wird in einer gut schließenden Glasstöpselfiasche aufbewahrt 1 . H y d r i e r u n g v o n L i n o l e n s ä u r e . 1 -5g Linolensäure (Darstellung siehe S. 144) werden in 10 ccm Eisessig, der vorher mit wenig Chromsäure gekocht und dann abdestilliert wird, mit 0-2 g des Katalysators versetzt und unter Wasserstoff geschüttelt. Wenn die berechnete Menge Wasserstoff (wieviel?) aufgenommen ist, filtriert man vom Katalysator ab, verdampft den Eisessig im Vakuum bei 40° und kristallisiert den Rückstand aus wenig Alkohol, in dem die Stearinsäure bei 0° schwer löslich ist, um. — Ausbeute quantitativ. Schmelzp. 69°. Man führe die BAEYEBsche Permanganatprobe mit
Ausgangs-
material und Hydrierungsprodukt aus.
2. Katalytische Hydrierung mit Nickel.
Cyclohexanol.2
Die kleinerbsengroßen Bruchstücke eines halben Tontellers werden in einer Porzellanschale mit der Lösung von 40 g chlorfreiem Nickelnitrat in 20 ccm Wasser vermischt, das Ganze dampft man unter Umrühren auf dem Wasserbad trocken ein und erhitzt dann die imprägnierten Tonstückchen in einem Nickeltiegel zu dunkler Rotglut, bis keine Stickstoffoxyde mehr entweichen. Mit dem so präparierten Material füllt man eine Verbrennungsröhre an, von der auf jeder Seite 10 ccm leer bleiben. Die Röhre wird darauf in einem schwach abwärts geneigten Schießofen oder besser in einem elektrischen Widerstandsofen 3 im Wasserstoffstrom erhitzt; der Wasserstoff wird durch gesättigte Permanganatlösung und durch 2 Waschflaschen mit konzentrierter Schwefelsäure geleitet; das vordere Ende des Rohrs ist mit einem Vorstoß verbunden, den man später, nachdem das Nickeloxyd reduziert ist, zur Vermeidung des Eintretens von Luft, in eine Vorlage mit konzentrierter Schwefelsäure eintauchen läßt. 1
Der nach der Vorschrift auf S. 68 bereitete Katalysator ist ebenso brauchbar für die Hydrierung nicht saurer Substanzen. ' SABATIER, Compt. rend. 173, 1025 (1903). 3 Solche Öfen können mit einfachen Mitteln selbst angefertigt werden. Siehe z. B. H. RUPE, Helv. I, 454 (19X8); Chemische Fabrik 50, 519 (1929). Vgl. auch Handbuch der Physik H. GEIGER U. K SCHEEL, XI, S. 370 ff.
XI, 2
Katalytische
Hydrierung
mit
Nickel.
Cyclöhexanol
367
Ehe das Rohr erhitzt wird, muß es vollkommen mit Wasserstoff gefüllt sein; dies prüft man an einer im kleinen Reagenzglas aufgefangenen Gasprobe, die man anzündet. Jetzt wird das Rohr angeheizt und die Temperatur unter Durchleiten von Wasserstoff so lange auf 300—310° gehalten, bis kein Wasser mehr in den Vorstoß übertritt; dies dauert l*/ 2 bis 2 Stunden. Dann läßt man im langsamen Wasserstoffstrom erkalten. Unterdessen hat man einen kleinen Fraktionierkolben mit tiefem Ansatzrohr mit 25 g frisch destilliertem Phenol beschickt. Er führt eine mit Kork eingesetzte, bis auf den Boden der Kugel reichende Einleitungsröhre, während das Ansatzrohr, auch durch Kork in das Verbrennungsrohr eingesetzt, bis in die Heizzone reicht. Die Einschaltung des Phenolkölbchens nimmt man, um den Eintritt von Luft in das Rohr einzuschränken, so vor, daß man das bisherige Einleitungsrohr rasch gegen einen (vorher eingepaßten) Kork auswechselt, dann den Wasserstoff durch das Phenol streichen läßt und dieses nun schnell an Stelle des Korkes in das Verbrennungsrohr einsetzt. Nachdem man sich an einer Reagenzglasprobe wieder überzeugt hat, daß der Inhalt des Rohres luftfrei ist, erhitzt man den Ofen unter ganz langsamem Wasserstoffdurchgang allmählich bis auf 185—190°, heizt ein Ölbad, in das man das Phenolkölbchen möglichst tief eingesenkt hat, auf 1 4 0 0 1 und läßt nach Einstellung der beiden Temperaturen einen l e b h a f t e n Wasserstoffstrom durch das Rohr gehen. Das Hydrierungsprodukt wird in einer mit Eis gekühlten kleinen Saugflasche aufgefangen, an die man — gleichzeitig zur Kontrolle des Wasserstoffverbrauchs, als Blasenzähler — eine zweite, mit wenig Äther beschickte und auch gekühlte Vorlage angeschlossen hat. Nach durchschnittlich 3 Stunden ist das Phenol völlig verdampft und über den Katalysator getrieben. Man läßt im langsamen Wasserstoffstrom erkalten, nachdem man vorher die Vorlagen abgenommen hat. Ihren Inhalt spült man mit wenig Äther in einen kleinen Tropftrichter, schüttelt zur Entfernung von nicht hydriertem Phenol mit 10 ccm 50-proc. Natronlauge durch, gießt vom Phenolnatrium 1
Dampfdruck des Phenols: t 120° 131° 139° 145° mm 100 150 200 250 Das stöchiometrische Verhältnis von 1 Mol Phenol zu 3 Mol H, würde normal einen Phenoldruck von 760/, = 190 mm erfordern. Volle Sättigung wird aber im vorliegenden Falle nicht erreicht.
868
Organisch-präparativer
Teil
ab, spült mit Äther nach, entfernt geringe Mengen von Cyclohexanon durch gründliches Ausschütteln mit 40-proc. Bisulfitlauge, trocknet mit wenig Kaliumcarbonat und fraktioniert nach dem Wegdampfen des Äthers, das man aus einem Bad von 50° vornimmt. Bei Steigerung der Siedetemperatur geht mit dem Äther zuerst wenig Cyclohexan über; erhitzt man mit freier Flamme höher, so destilliert bei 160—161° reines Cyclohexanol als farblose Flüssigkeit in einer Ausbeute von 18—20 g (75 Proc. d. Th.). Bei pünktlichem und sauberem Arbeiten kann diese Menge leicht erhalten werden. Wenn sich der Katalysator als wirksam erwiesen hat, so kann dem Versuch die Hydrierung von (thiophenfreiem *) Benzol direkt angeschlossen werden; das Wechseln der Verbindungen hat nach dem Erkalten des Ofens, wie oben beschrieben, zu erfolgen. Man kann in der gleichen Zeit und bei der gleichen Temperatur 40 g Benzol hydrieren, die man in einem Wasserbad von 26—28° in derselben Weise wie das Phenol verdampft. Unverändertes Benzol wird aus dem Reaktionsprodukt durch gründliches Ausschütteln mit 10-proc. rauchender Schwefelsäure (vgl. Präp. IV, 1 S. 183 entfernt. Cyclohexan siedet bei 81° und erstarrt ebenso wie Benzol in Eis. Das Verfahren der katalytischen Hydrierung hat für alle Zweige der organisch-chemischen Tätigkeit in den letzten 2 Jahrzehnten eine ungemein große Bedeutung gewonnen. Zuerst (1901) hat SABATIEB gezeigt, daß ungesättigte Substanzen verschiedenster Art beim Überleiten ihrer Dämpfe zusammen mit Wasserstoff über erwärmtes, fein verteiltes N i c k e l hydriert werden. Die Übertragung der Methode auf die Hydrierung von Flüssigkeiten geschah durch NOBMANN, der fette Öle mit Hilfe des darin suspendierten Nickelkatalysators durch Bindung von Wasserstoff in höher schmelzende Fette umwandeln lehrte (Technischer Prozeß der F e t t h ä r t u n g ) . Nach dem gleichen Prinzip werden des N a p h t h a l i n s , T e t r a l i n und die H y d r i e r u n g s p r o d u k t e D e k a l i n von der Industrie dargestellt (SCHRÖTER). Durch besonders feine Verteilung des Nickels auf Trägersubstanzen (Kieselgur, Asbest, Bariumsulfat) ließ sich seine Aktivität derart steigern, daß die Wasserstoffiibertragung auf ungesättigte Stoffe auch bei Baumtemperatur und in Lösung gelingt (KELBER).2 Die Bereitung eines hervorragend wirksamen Nickelkatalysators hat H. KUPE 3 angegeben. 1 Man schüttelt das Eeinbenzol des Handels 6—8 Stunden lang auf der Maschine mit eiuem Zehntel des Volumens an konzentrierter Schwefelsäure; trennt im Scheidetrichter, schüttelt mit Natronlauge aus und destilliert. Prüfung mit Isatin-Schwefelsäure. s Ber. 49, 55 (1916); 57, 136 (1924). 3 Helv. Chim. Act. I, 453 (1918).
XI, 2
Katalytisehe Hydrierung mit Nickel.
Oyclohexanol
369
Die Verwendung von kolloidem Palladium mit Eiweiß als Schutzstoff zur Hydrierungskatalyse folgte der S A B A T I E B sehen Arbeitsweise (PAAIJ); sie wurde zur Vollkommenheit ausgebaut durch Einführung von arabischem Gummi und Gelatine unter Bedingungen, die einen möglichst hohen Verteilungsgrad des Metallsols gewährleisten ( S K I T A ) und auch das Arbeiten in saurer Lösung und bei hoher Konzentration des Überträgers gestatten. Die Hydrierung der Kohlenstoffdoppelbindung bei tiefer Temperatur und an gelöster Substanz, die weitaus das größte Interesse beansprucht, ist nach einigen erfolgreichen Versuchen FOKINS zuerst W I L L S T Ä T T E B in weitem Ausmaß mit F l a t i n m o h r geglückt; W I L L S T Ä T T E B hat auch zuerst aromatische Ringe (Benzol, Naphthalin) unter solchen Bedingungen zu hydrieren vermocht. Platinoxyd nach ADAMS, das von Wasserstoff alsbald zu sehr fein verteiltem Metall reduziert wird, findet wegen seiner starken Aktivität vielfach Anwendung bei der Hydrierung resistenter Doppelbindungen. Vor der Anwendung von Überträgermetallen bestand keine Möglichkeit, Wasserstoff direkt an die reine Kohlenstoffdoppelbindung anzulagern. Mit ihr haben wir es in der Hand, so gut wie alle ungesättigten Systeme mit Wasserstoff zu sättigen, und zwar ist es gerade die olefinische Lückenbindung, zu der der katalytisch erregte Wasserstoff am leichtesten Zutritt hat. Geringer ist seine Reaktionsgeschwindigkeit gegenüber der Carbonylgruppe von Aldehyden und Ketonen, Carboryl und Estergruppen läßt er unversehrt. Als Lösungsmittel für die kalte katalytisehe Hydrierung, die im wissenschaftlichen Laboratorium weitaus die größte Bedeutung hat, dienen Eisessig, Essigester, die Alkohole, Äther, Wasser. Bei der geringen Löslichkeit des Wasserstoffe in allen Lösungsmitteln muß der suspendierte oder kolloidal gelöste Katalysator durch Schütteln dauernd mit der Gasphase in Berührung gebracht werden, damit er immer von neuem Wasserstoff aufnehmen und an die zu hydrierende Substanz weitergeben kann. An Stelle der hier angegebenen Birne ( W I L L S T Ä T T E B und W A S E B ) kann ebensogut eine „Schüttelente" benutzt werden. Manchmal kommt eine Hydrierung nach anfänglich gutem Gang vor dem vollen Wasserstoffverbrauch zum Stillstand; man kann dann den Katalysator in vielen Fällen durch Schütteln mit Luft reaktivieren (WILLSTÄTTEB). Hierbei hat man zu beachten, daß ein WasserstoffLuftgemisch durch die fein verteilten Katalysatormetalle gezündet wird, und muß darum vor jener Maßnahme den im Hydrierungsgefäß vorhandenen Wasserstoff durch Stickstoff oder einfacher durch Evakuieren entfernen. Der katalytischen Hydrierung sollen nur vollkommen reine Substanzen unterworfen werden. Diese Regel gründet sich darauf, daß vor allem Schwefel- und oft auch halogenhaltige Stoffe den Katalysator GATTBEMANN, Praxi».
22. Auflage.
24
370
Organisch-präparativer
Teil
desaktivieren und daß oft ganz unberechenjare Einflüsse der Durchführung einer Hydrierung im Wege stehen. Das sicherste Mittel zur Vermeidung solcher Störungen beruht in dei Verwendung reiner Materialien, auch der Lösungsmittel. Dieselben Katalysatoren, durch dereD Mitwirkung elementarer Wasserstoff an eine Doppelbindung angelage;-t wird, vermögen bei geänderten Temperaturverhältnissen auch den entgegengesetzten Vorgang, den der D e h y d r i e r u n g oder Wasserstoffabspaltung zu beschleunigen. So zerfällt Cyclohexan, bei etwa 300° üler Nickel oder Palladiumschwarz geleitet, in Benzol und Wasserstoff (EABATIEB, ZELLNSKY). Das Gleichgewicht: C.H. + 3H,
C„H„
liegt bei tiefer Temperatur auf der rechten Seite der Gleichung, bei höherer hat die Energie verbrauchende der Dehydrierung den Vorrang. Beide Reaktionen verlaufen ohie Katalysator unmeßbar langsam, werden aber durch seine Gegenwart in der gleichen Weise beschleunigt.
3. Ersatz von Sauerstoff in Carbonylverbindungen durch Wasserstoff. (Reduktion n a c h C L E M H E N S E N . ) Ketone und Aldehyde lassen sich mit amalgamiertem Zink und Salzsäure meist sehr glatt desoxydieren; aus den Gruppen > C = 0 und — C = 0 wird >CH 2 und —CHS. H D a r s t e l l u n g des Z i n k a m a l g a m s . D ü n n e Zinkgranalien oder noch besser in kleine Streifen geschnittenes Zinkblech von 0*15—0-25 mm Dicke werden mit der gleichen Gewichtsmenge 5-proc. wäßriger Quecksilber-2-chloridlösung unter häufigem Umschütteln eine Stunde lang in Berührung gelassen. Dann gießt man ab und spült noch einmal mit frischem Wasser nach. a) Ä t h y l b e n z o l aus A c e t o p h e n o n . 1 Zu 15 g verquecksilbertem Zink gibt man 6 g Acetophenon und 30 ccm Salzsäure (aus 1 Teil konzentrierter und 2 Teilen Wasser) und erhitzt in einem Kolben mit eingeschliffenem Rückflußkühler auf dem Drahtnetz zu lebhaftem Sieden. Nach je einer Stunde fügt man noch je 5 ccm konzentrierter Salzsäure zu, hält die Reaktion im ganzen 5 Stunden lang im Gang und treibt dann den gebildeten Kohlenwasserstoff mit Wasserdampf in wenigen Minuten über. Das von 1
E . CLEMKENBEN, B . 4 6 ,
1838 (1913).
Furfurol
XII, 1
371
Wasser in einem kleinen Tropftrichter befreite Destillat wird mit Calciumchlorid getrocknet und dann destilliert. Siedep. 135 bis 136°. Ausbeute 3—4 g. Die Ausbeute erhöht sich, wenn man das Acetophenon langsam zutropfen läßt. b) D i b e n z y l aus Benzil. 1 7 g Benzil werden mit 30 g amalgamiertem Zink und 100 ccm Salzsäure 1 : 1 5 Stunden lang unter Eückfluß gekocht. Wie unter a) läßt man von Zeit zu Zeit konzentrierte Salzsäure (im ganzen 20 ccm) nachfließen. Zum Schluß gießt man vom Zink ab, trennt das beim Erkalten fest werdende Reduktionsprodukt von der Flüssigkeit, wäscht einige Male mit Wasser und destilliert es aus einem kleinen Schwertkolben. Siedep. 280°. Schmelzp. 50—52°. Der Kohlenwasserstoff kann aus wenig Alkohol umkristallisiert werden. Ausbeute 5 g, beinahe theoretisch. Mit dem gleichen Ergebnis kann Benzoin zu Dibenzyl reduziert werden.
III. Naturstoffe. 1. Furfurol.2 300 g Kleie werden in einem 3-Liter-Kolben mit der Mischung von 150 ccm konzentrierter Schwefelsäure und 800 ccm Wasser verrührt. Man destilliert etwa 900 ccm Flüssigkeit ab, neutralisiert das Destillat mit Soda und sättigt es mit 250 g Kochsalz. Aus dieser Lösung werden wieder 300 ccm abdestilliert, die man nach dem Sättigen mit Kochsalz mit Äther extrahiert. Nach dem Trocknen wird der Äther verdampft und das Furfurol destilliert. Siedep. 162°. Ausbeute 5—7 g. Die P e n t o s e n verlieren beim Kochen mit Mineralsäuren 3 Moleküle "Wasser und gehen in F u r f u r o l über: CHOH—CHOH HOCH,
¿HOH-CHO
HC
CH
HC—CH
HC
¿-CHO
HO
(Ü-CHO.
Die beiden wichtigsten natürlichen Pentosen, 1 - A r a b i n o s e und 1-Xylose, finden sich in der Natur als polymere Anhydride, sog. Pento> B. 47, 683 (1914). « STKNHOÜSE, A. 86, 302 (1841);
FOWNES,
A. 64, 52 (1845). 24*
Organiseh-präparativer Teil
372
sane, und zwar das „Ar ab an" als Hauptbestandteil vieler Pflanzengummis (Kirschgummi, Gummi arabicum, Kleiegummi), das X y l a n im Holz. Durch Hydrolyse entstehen aus diesen Penta-polyosen zuerst die einfachen Pentosen, die dann durch genügend starke Säuren in Furfurol umgewandelt werden. So bildet sich auch bei der Verzuckerung von Holz (Cellulose) durch verdünnte Säuren dieser Aldehyd als Nebenprodukt. Das Furfurol zeigt als „tertiärer" Aldehyd große Ähnlichkeit mit Benzaldehyd und ist wie dieser der Acyloinreaktion (Furoin) und der Peekxn sehen Synthese zugänglich. Auch mit Ammoniak reagiert es gleichartig (S. 207). Versuche. Man läßt Furfurol mit der 5fachen Menge wäßrigen Ammoniaks kurze Zeit stehen; die nach 3 Stunden vollständig ausgeschiedene Substanz schmilzt nach dem Umkristallisieren aus Alkohol bei 117°. Sie hat die dem Hydrobenzamid analoge Struktur. Mit essigsaurem Phenylhydrazin gibt schon eine verdünnte wäßrige Lösung von Furfurol fast sofort einen Niederschlag des Phenylhydrazons. Man reinigt die abgesaugte und getrocknete Substanz, indem man sie in wenig Äther löst und durch vorsichtigen Zusatz von Petroläther zur Kristallisation bringt Schmelzpunkt 97—98°. Methode der quantitativen Bestimmung von Furfurol. Furfurol gibt zwei charakteristische Farbreaktionen, die zu seinem qualitativen Nachweis dienen. Mit Phloroglucin und Salzsäure (1 Teil konz., 1 Teil Wasser) entsteht beim Kochen eine kirschrote Färbung; mit Anilinacetatlösung tritt schon in der Kälte Rotfärbung auf. Man führe diese beiden Nachweisreaktionen durch. Die Reaktion mit Anilinsalzen ist gleichzeitig von Zincke und Dieckmann 1905 aufgeklärt worden. Es wird dabei der Furanring „aminolytisch" aufgespalten und daneben aus dem Aldehyd das Anil gebildet. CH—CH
L
J_
CH=CH—CH=C—CH=NC«H5 H.CaNH
OH
H5C6N|H Die Farbstoffe sind Salze des «-Oxy-glutacondialdehyd-dianils obiger Formel; statt H s C e -NH-CH=CH kann ebensogut H 6 C 6 -N=CH—CH a — formuliert werden; dann werden die Beziehungen zur Glutaconsäure HOOC'CHj-CH: CH-COOH, bzw. ihrem Aldehyd deutlicher.
XII, 3
Spaltung von Rohrzucker durah Saccharose (Invertin)
373
In der Hitze spalten die farbigen Salze ein Mol. Anilin ab nnd gehen in quartäre ¿9-Oxy-pyridiniumsalze über: CH CH II H.C.HN—HC
I CH
H—N C1
v
HC II
C-OH I +C,H 5 NH,.
HC
CH N
C,He
A Versuch. 1 2 ccm Anilin werden mit 1 ccm konzentrierter Salzsäure versetzt und mit Alkohol auf 10 ccm aufgefüllt. Man gibt dazu die Lösung von 1 ccm Furfurol in 8 ccm Alkohol und erwärmt kurze Zeit. Beim Erkalten scheidet sich in feinen Nadeln der violette Farbstoff ab, der abgesaugt und mit wenig Alkohol und Äther nachgewaschen wird. 2. d-Glncoae aus Rohrzucker.2 Die Mischung von 750 ccm Sprit, 30 ccm rauchender Salzsäure (D. 1-19) und 30 ccm Wasser wird auf 45—50° erwärmt Bei dieser Temperatur trägt man unter stetem Umschütteln portionenweise 250 g reinen, fein gepulverten Kohrzucker („Staubzucker") ein, der vollständig in Lösung gehen muß. Beim Erkalten scheidet sich die gebildete d-Glucose — die d-Fructose bleibt gelöst — als zähes Harz ab, in das man nun einige dg wasserfreier Glucose einimpft. Häufiges Reiben mit dem Glasstab befördert die Kristallisation, die immerhin mehrtägiges Stehen erfordert. Dann ist die Abscheidung zu einem fast farblosen, fein kristallinen Pulver geworden, das man an der Pumpe absaugt und alsbald wieder in 20—25 ccm heißem Wasser löst; in der Wärme fügt man absoL Alkohol bis zur Trübung hinzu (120 bis 150 ccm) und läßt unter Umrühren und Animpfen erkalten. Vor dem Absaugen bleibt die Kristallisation über Nacht stehen und wird dann abgesaugt, mit Alkohol gewaschen und im Vakuumexsiccator scharf getrocknet. Ausbeute 50—60 g. Schmelzp. 146°. 3. Spaltung von Bohrzucker durch Saccharase (Invertin). a) B e r e i t u n g der Enzymlösung. 3 50 g Preßhefe werden in einem kleinen Filtrierstutzen mit Hilfe eines dicken Glasstabs 1 STENHOUSE, A . 1 6 6 , 199 (1870). » SOXHLET, J . pr. 2 1 , 2 4 5 (1880). 3 WLLLSTÄTTEB, SCHNEIDER U. BIUANLI, H . 1 4 7 , 264 (1925).
374
Organisch-präparaiiver
Teil
mit 5 ccm Toluol bei 30° so lange verrührt, bis die Masse ganz dünnflüssig geworden ist, etwa 3 / 4 Stunden. Der dünne Brei, der auf diese Weise infolge Autolyse der Hefezellen entstanden ist, wird, mit 50 ccm Wasser von 30° verdünnt, eine Stunde lang bei dieser Temperatur gehalten. Dann füllt man in einem 250-com-Erlenmeyerkolben mit Wasser auf 150 ccm auf, schüttelt mit etwas Kieselgur kräftig durch, saugt auf mittlerer Nutsche unter schwachem Unterdruck rasch ab und wäscht nochmals mit 50 ccm Wasser von 30°. Das Filtrat, das zwar etwas Invertin, in der Hauptsache aber andere Inhaltsstofie der Hefezelle enthält, die durch diese Maßnahme beseitigt werden sollen, wird verworfen. Den Filterrückstand schlämmt man mit 50 ccm Wasser gut auf, fügt einige Tropfen Toluol hinzu und läßt diesen Ansatz zur Freilegung des Enzyms 15 Stunden lang bei ungefähr 30° stehen. Hierauf wird der dünne Brei zur Beseitigung von Eiweiß unter tüchtigem Umrühren mit so viel n/20-Essigsäure versetzt, bis (mit einer Probe) Methylrot eben umschlägt (pH = 4), dann wird wie oben filtriert, wenn nötig nach Durchschütteln mit wenig Kieselgur. Das Filtrat wird mit verdünntem Ammoniak gegen Lackmus neutral gemacht und ist so, durch etwas Toluol geschützt, mehrere Tage unverändert haltbar. b) Die Inversion. In einem 250-cm-Meßkolben löst man 40 g Rohrzucker in 200 cm Wasser, fügt 25 ccm 10-proc. NaH 2 P0 4 Lösung zu und erwärmt in einem geräumigen Wasserbad (oder Thermostaten) auf 30°. Jetzt setzt man 10 ccm der nach a) bereiteten Enzymlösung hinzu und bestimmt die Zeit, zu der die Pipette ausgelaufen ist, füllt sofort den Inhalt des Meßkolbens mit Wasser von 30 0 bis zur Marke auf, schüttelt um und entnimmt, die Zeit wie kurz zuvor bestimmend, die erste Probe von 25 ccm zur Drehwertsmessung. Die Probe läßt man jeweils in 5 ccm 2 n-Sodalösung einlaufen, um die Enzymwirkung anzuhalten und gleichzeitig die „Mutarotation" (S. 380) zu beschleunigen. Nach Schütteln mit wenig Tierkohle wird durch ein trockenes Filter gegossen und die klare Lösung im 2-dm-Rohr polarimetriert. Jeweils 3 Ablesungen, davon Mittelwert. Aus der bei 30° weiter reagierenden Stammlösung entnimmt man während der 1. Stunde nach Versuchsbeginn alle 20, während der 2. Stunde alle 30 Minuten eine Probe zur Polarimetrierung. Innerhalb dieser Reaktionsdauer wird die Schwelle der Inversion,
XII, 4
ß-Pentacetyl'glucose und a-Aceto-bromglucose
375
die durch den Nullwert der Drehung gegeben ist, meist überschritten. Dies bedeutet einen Spaltungsgrad von rund 75 Proc. des eingesetzten Rohrzuckers. Wenn man auf mm-Papier die Dreh weite auf der Ordinate gegen die Zeit (Abscisse) aufträgt, so erhält man durch Verbindung der beobachteten Werte eine in ihrem zeitlichen Verlauf flacher werdende, logarithmische Kurve, die die Ordnung der untersuchten Reaktion als monomolekular andeutet. Aus ihrem Schnittpunkt mit der Geraden, die der Drehung 0° entspricht, kann man die „Nulldrehungszeit" ablesen, die ein gewisses Maß für die Wirksamkeit der bereiteten Enzymlösung gibt. Der Verlauf der Kurve läßt bereits erkennen, daß das logarithmische Zeitgesetz nicht streng gewahrt ist. Trägt man nämlich 1 / 3 des Anfangsdrehwerts, der durch den Schnittpunkt der Kurve mit der Ordinate gegeben ist, unterhalb der Nulldrehung auf der Ordinate auf, so läßt sich die Zeit, in der der Endwert der Inversion erreicht wird, graphisch ermitteln. Man prüfe nun, ob Konstanz der Halbwertszeit besteht, indem man die Zeit, in der die Drehung um die Hälfte zurückgegangen ist, auf der Kurve abliest und dann ermittelt, ob in den folgenden gleich großen Zeitabschnitten die Drehung jeweils wieder um den halben Betrag zurückgeht. Da die Drehungsabnahme direkt proportional geht mit der Inversion des Eohrzuckers, so dient sie direkt als Maß der Reaktionsgeschwindigkeit. Man setze die gemessenen Drehwertsänderungen und die dazu gehörige Zeit in die nachstehende Gleichung für Reaktionen erster Ordnung ein und berechne jeweils die Konstante K. ff _
lo
g PA ~ g J ~ l o g i a h ~ 0,4343 - i,)
cttl und ut2 sind die abgelesenen, für die Zeiten ti und t2 geltenden Drehwerte, t2 — tx ist die jeweilige Inversionsdauer in Minuten, ac ist der nach der obigen Angabe errechnete (negative) Endwert der Drehung; er wird, als Subtrahent, in der Gleichung positiv. 4. /9-Pentacetyl-glucose und a-Aceto-bromglucose. 1
25 g fein gepulverte wasserfreie d-Glucose werden in der Reibschale mit 12 g entwässertem Natriumacetat gemischt und in einem 1 /2-Liter-Rundkolben mit 125 g reinem Essigsäureanhydrid unter häufigem Schütteln auf dem Wasserbad erhitzt, so daß nach etwa 30 Minuten klare Lösung eingetreten ist. Nach weiteren 2 Stunden gießt man die Lösung in dünnem Strahl unter Rühren in 1 Liter Eiswasser. Die ausfallende Kristallmasse wird möglichst sorgfältig 1
EMIL FISCHER,
B. 49, 584 (1916); K.
FREUDENBEEG,
B. 60, 241 (1927).
376
Organiseh-präparaiiver
Teil
zerkleinert und wenn nach einigen Stunden die Hauptmenge des überschüssigen Essigsäureanhydrids zersetzt ist, abgesaugt, hierauf noch mehrere Stunden unter Wasser aufbewahrt. Schließlich wird wieder abgesaugt, scharf abgepreßt und aus etwa 120 ccm Alkohol umkristallisiert. Die so gewonnene P e n t a c e t y l - g l u c o s e ist für die weitere Verarbeitung genügend rein. Ausbeute 35—40 g. A c e t o - b r o m g l u c o s e . 25 g der peracetylierten Glucose werden in fein gepulvertem Zustand mit 50 g bei 0° gesättigter Eisessig-Bromwasserstoff-Lösung1 unter Kühlung mit Eis übergössen, durch kräftiges Schütteln in Lösung gebracht und 2 Stunden bei Raumtemperatur stehen gelassen. Man gießt hierauf unter Rühren in 850 ccm Eiswasser, schüttet das Wasser von dem ausgefällten Niederschlag ab, der, nach gründlichem Zerreiben in einer Schale mit Eiswasser, abgesaugt und ausgewaschen wird. Dann bringt man das Rohprodukt mit 250 ccm kalten Methylalkohols in Lösung und fügt unter Eiskühlung langsam das gleiche Volumen kalten Wassers hinzu, wodurch die Substanz kristallin und rein ausgefällt wird. Man saugt sie ab wäscht mit Wasser, trocknet zuerst auf Ton, dann sehr scharf im Vakuumexsiccator über festem KOH und konz. Schwefelsäure. Ausbeute 15—20 g. 5. Milchzucker und Casein aus Milch. 2 Liter Vollmilch werden mit dem gleichen Volumen Wasser verdünnt und bei 30—40° mit 0-1 g käuflichen Kälbermagens (Lab), in einigen ccm Wasser gelöst, versetzt. Man läßt bei der gleichen Temperatur bis zur vollständigen Abscheidung des Caseins etwa 2 Stunden lang stehen. Dann filtriert man die Molke durch ein Koliertuch, preßt nach dem Ablaufen der Flüssigkeit den 1
D a r s t e l l u n g von HBr. In einem Fraktionierkolben von 250 ccm Inhalt und mit hochangesetztem Rohr rührt man 6 g roten Phosphor mit 15 ccm Wasser zum Brei an. Der Kolben ist verbunden mit einem U-Rohr, das lose, auf Glasperlen, mit angefeuchtetem rotem Phosphor beschickt ist; dann folgt ein U-Rohr mit CaCl2 oder — besser — P,Ofi. Durch einen Tropftrichter, dessen Rohr bis nahe an den Kolbeninhalt herabreicht, läßt man langsam, Tropfen auf Tropfen, 20 ccm (=60g) Brom mit dem Phosphor in Reaktion treten, die heftig ist. Das entstehende Gas muß hinter dem U-Rohr mit Phosphor vollkommen farblos sein. Als Auffanggefäß, das 40 ccm flüssigen Eisessig enthält — mit Eiswasser erst kühlen, wenn schon ein Teil HBr absorbiert ist! — dient am besten eine mit CaCl,-Rohr gegen Feuchtigkeit geschützte Saugflasche.
XII, 5
Milchzucker
377
und, Casein aus Milch
Rückstand fest aus und verreibt das stark fetthaltige Casein in einer Reibschale mit einer geringen Menge 1-proc. Natronlauge. Der dicke Brei wird mit 1—1-5 Liter Natronlauge derselben Konzentration in einer Porzellanschale übergössen und schwach erwärmt, wobei er sich bis auf das Fett löst. Läßt man die Lösung über Nacht in einem Filterstutzen stehen, so scheidet sich das Milchfett an der Flüssigkeitsoberfläche ab und kann abgetrennt werden. Es wird auf der Nutsche scharf abgesaugt und das Filtrat mit der übrigen Caseinlösung vereinigt, aus der durch Zusatz von 10—20 ccm Eisessig das Casein abermals ausgefällt wird. Man filtriert wieder auf Leinen, wäscht mit Wasser gut aus und trocknet im Exsiccator. Ausbeute 50—60 g. (Für die Hydrolyse ist es nicht erforderlich, das Casein zu trocknen.) Milchzucker. Die Molke wird auf dem Gasherd stark eingeengt, wodurch das Albumin fast vollständig ausgeschieden wird. Man filtriert durch Leinen und dampft dann weiter ein, bis sich Milchzucker ausscheidet. Man saugt nach dem Erkalten die Rohkristallisation auf der Nutsche über Filtrierleinen ab und trocknet sie. Durch weiteres Eindampfen der Mutterlauge — jetzt auf dem Wasserbad — gewinnt man eine zweite Portion Milchzucker. Rohausbeute 70—75 g. Das Rohprodukt wird in möglichst wenig heißem Wasser (30—40 ccm) gelöst und die Lösung in der Hitze bis zur Trübung mit etwa 100 ccm Alkohol versetzt. Im Laufe von einigen Stunden bildet sich eine reichliche Kristallisation, deren Ausscheidung durch Reiben mit dem Glasstab angeregt und beschleunigt wird. Vor dem Absaugen läßt man über Nacht stehen und wäscht dann das Präparat mit Alkohol. Ausbeute 60—65 g. Säurehydrolyse des Caseins. 1 Das Casein wird mit der dreifachen Gewichtsmenge 25-proc. Schwefelsäure 16 Stunden in einem Kolben mit angeschliffenem Rückflußkühler zum Sieden erhitzt. Die dunkle Flüssigkeit befreit man mit einer heiß gesättigten Barytlösung von der Schwefelsäure und fällt einen kleinen Überschuß von Ba" mit Kohlensäure aus. Der abgenutschte 1
ABDERHALDEN,
Handbuch d. biolog. Arbeitsmethoden
I, 7 S. 19.
378
Organisch-präparativer
Teil
Niederschlag wird mit 1 / i Liter Wasser ausgekocht. Eine mit etwas Wasser erneut ausgekochte Probe des Bariumsulfatniederschlages soll mit Millonb Reagens (siehe unten) keine Reaktion zeigen. Die Filtrate werden vereinigt und eingeengt, bis Kristalle sich auszuscheiden beginnen. Nach dem Erkalten filtriert man ab, dampft die Mutterlauge weiter ein, bis abermals Kristallisation eintritt und wiederholt diese Operation noch zweioder dreimal, bis im Filtrat nur noch eine schwache Reaktion auf Tyrosin festzustellen ist. Die vereinigten Kristallisationen werden aus heißem Wasser unter Zusatz von Tierkohle wiederholt umkristallisiert Man erhält so eine kleine Menge 1-Tyrosin. Schmelzpunkt der reinen Verbindung 314—318°. Nebenbei werden L e u c i n und G l u t a m i n s ä u r e erhalten, über deren Reinigung man sich in der angeführten Literatur unterrichte. Millons Reagens: 1 Teil Quecksilber wird zunächst in der Kälte, dann unter Erwärmen in 2 Teilen Salpetersäure (D. = 1 • 42) gelöst. Man verdünnt mit dem doppelten Volumen Wasser.
6. d-Galaktose aus Milchzucker.1
Schleimsäure.
PyrroL
In 250 ccm Wasser, dem man 3 ccm konzentrierter Schwefelsäure zugemischt hat, werden 100 g Milchzucker 2 Stunden lang am Rückflußkühler zum Sieden erhitzt. Zum Schluß kocht man noch einige Minuten mit Tierkohle und fällt, ohne zu filtrieren, die Schwefelsäure mit der berechneten Menge Bariumhydroxyd (Ba(OH)2 + 8H 2 0); das sind ungefähr 15 g, die man in heiß gesättigter wäßriger Lösung unter gutem Schütteln der Zuckerlösung in diese einfließen läßt. Die Reaktion darf nicht alkalisch werden. Wenn die Lösung von Schwefelsäure (und Barium) frei ist, wird sie abgesaugt und nach Zugabe von 3 ccm Eisessig im Vakuum bei 40—50° Badtemperatur auf 60 ccm eingeengt. Der entstehende Sirup wird noch warm mit 100 ccm Eisessig zur klaren Lösung vermischt, aus der nach dem Erkalten beim Reiben mit dem Glasstab oder nach dem Einimpfen einiger Gralaktosekristalle dieser Zucker auskristallisiert. Man läßt der Kristallisation einen 1
M . HEIDELBEEQEE,
1923, S. 76.
Advanc. Laborat. Manual of Org. Chem. New York
XII, 7
Oetacetyl-eellobiose
379
Tag lang Zeit, saugt auf einer Filterplatte scharf ab, wäscht mit wenig kaltem Eisessig, dann mit wenig kaltem Methylalkohol und schließlich mit Äther. Ausbeute 20—25 g. Schmelzp. 165°. Die Reinheit der dargestellten Galaktose prüfe man durch Bestimmung der spezifischen Drehung im Polarisationsapparat Eine wäßrige Lösung, die in 10 ccm 1 g Substanz enthält, soll im dm-Rohr um + 8 - 1 5 ° drehen. Dann ist [«]d° = + 8 1 - 5 ° . Da die Galaktose M u t a r o t a t i o n zeigt, beschleunigt man durch Zufügen von einem Tropfen Ammoniak die Einstellung des Gleichgewichts. S c h l e i m s ä u r e . 1 25 g Galaktose werden mit 300 ccm Salpetersäure von der Dichte 1*15 auf dem Wasserbad bis auf etwa 50 ccm unter Umrühren eingedampft. Nach dem Erkalten wird die breiige Masse mit 50 ccm Wasser verrührt, einige Stunden stehen gelassen, abgesaugt und mit wenig Wasser nachgewaschen. Ausbeute 15—16 g. P y r r o l a u s s c h l e i m s a u r e m A m m o n i u m . 2 15g Schleimsäure werden in einer Schale mit 15 ccm 20-proc. Ammoniak übergössen und zur Trockne eingedampft. Man verrührt das schleimsaure Ammonium in einem Fraktionierkölbchen mit 20 ccm Glycerin und erhitzt das Gemisch. Bei 170 0 beginnt die Reaktion, zwischen 180—210° destilliert die Hauptmenge des Pyrrols über. (Erhöht man die Temperatur bis auf 300°, so wird noch etwas Pyrrol gewonnen.) Man nimmt mit wenig Äther auf, trocknet und fraktioniert. Siedepunkt des reinen Pyrrols 131°. Ausbeute 2—3 g. Die beim Kochen einer Probe mit Wasser entwickelten Dämpfe färben einen mit konz. Salzsäure getränkten Fichtenspan rot {nvQQÖq). 7. Octacetyl-oellobiose. 3 In ein gut gekühltes Gemisch von 40 ccm Essigsäureanhydrid und 5 ccm konz. Schwefelsäure werden im Laufe einer halben Stunde portionsweise 10 g reine Watte eingetragen, wobei die 1
TOLLENS U. KENT,
A.
227,
222 (1885). siehe auch
» SCHWANKET, A . 1 1 6 , 2 7 1 ( 1 8 6 0 ) ; 3
OST,
A.
398,
Helv. IV, 174 (1921).
332 (1913);
FBECDENBEBQ,
KHOTINSKT, B . 4 2 ,
B.
54,
2506(1909).
767 (1921);
KABBER,
380
Organisch-präparativer Teil
Innentemperatur 10° nicht überschreiten darf. Nach völliger Durchtränkung der Masse nimmt man den Kolben aus der Kältemischung und läßt verstopft einige Stunden in Wasser und dann 8 Tage bei Zimmertemperatur stehen. Von Zeit zu Zeit zerdrückt man mit einem Glasstab die mit Flüssigkeit getränkte Watte, bis die Masse schließlich gallertig und dann halbflüssig geworden ist. Dann gießt man den meistens mit Kristallen durchsetzten Kolbeninhalt unter Rühren in 1 Liter Eiswaaser. Der Niederschlag wird über Filterleinen auf der Nutsche abgesaugt, mit Wasser sorgfältig ausgewaschen, getrocknet und aus etwa 1 Liter Äthylalkohol umkristallisiert. Blättchen vom Schmelzp. 222°. Ausbeute 5 - 6 g. Einige E r l ä u t e r u n g e n ü b e r K o h l e h y d r a t e (zu 2—7). Es sind 2 Hydrolysen von Disacchariden durchgeführt und jeweils ist der leichter kristallisierende Zucker — im Fall des Rohrzuckers d-Glucose, im Fall des Milchzuckers d-Galaktose — isoliert worden. Biologisch wird die Lösung der Sauerstoffbrücke, die Spaltung der Biosen, durch Enzyme von spezifischer Einstellung (Invertin, Lactase) katalytisch beschleunigt. Die universellere Säurekatalyse verlauft als monomolekulare ßeaktion und mit einer der H-Ionenkonzentration proportionalen Geschwindigkeit. Die hochpolymere Cellulose ist durch „Acetolyse" zu ihrer achtfach acetylierten Biose, der Cellobiose abgebaut worden (FBANCHIMONT, SKBAUP, OST). Die Biosen gehören der wichtigen Gruppe der Glucoside an. Die Isomerie von a- und /9-Glucose ist auf die räumlich verschiedene Gruppierung von H und OH an dem auf Grund der cyclischen „Lactol"-formel (TOLLENS) asymmetrischen Kohlenstoffatom 1 zurückzuführen. Die „Mutarotation" der Zucker, d. h. die nicht sofortige Erreichung des stationären Endwerts der optischen Drehung, erklärt sich daraus, daß sich in Lösung ein Gleichgewicht zwischen den verschiedenen isomeren Formen einstellt, das mehr oder weniger rasch zustande kommt. Neuerdings leitet man die Aldohexosen von einem dem Pyron nahestehenden Bing ab, in dem die O-Brücke zwischen Cj und C 6 geschlagen ist (HAWORTH) und bezeichnet sie zweckmäßig als Pyranosen. Die labilen y- oder A-Zucker faßt man, mit der Brücke zwischen Cj und C4 im Sinne der alten TOLLENS sehen Formel als strukturisomer auf („Furanosen"). Sie hält man für die im Stoffwechsel der Zelle (Gärung, oxydativer Zuckerabbau) auftretenden Formen. Eine entsprechende Vorstellung macht man sich von dem Aufbau der Fructose [vgl. dazu W. N. H A W O R T H , Helv. Chim. acta XI, 534 (1928)].
XII
381
Kohlehydrate
H
OH
VI
HCOH HOCH
HO
[HO] H
H
H¿OH
¿HJOH
a-d-Olucose
CH.OH
vi
H¿OH
H¿OH O
[H] OH
HO¿H
I
H¿OH
HO—
B
HCOH
U ¿H,OH
¿H.OH
ß-d-Glucose
a- u. ß-h-Olueose
Besonders übersichtlich Schreibweise:
werden OH
HOCH
Ó
HOCH
O
I
-COH
die Formeln
O
H¿OH HCOH
I
CH¡
d-Fruclose nach folgender
OH
fk
h — A
H - C3O0 H \ OH
V¡ H
0 /
C^-CHjOH H
a-d- ßlucose Gemäß den beiden strukturisomeren Formen der Glucose und anderer Monosen existieren auch 2 Arten von Glucosiden, denen je 2 stereoisomere Formen angehören. Von Äthylglucosid sind alle 4 Vertreter bekannt. Die a-Glucoside werden durch die Hydrolasen der Hefe (Invertin, Maltase), die jS-Glucoside durch das Enzym der bitteren Mandeln, das E m u l s i n , besonders leicht gespalten. Demgemäß gehören die biologisch wichtigen Biosen, wie Saccharose, Maltose, der a-Reihe an, Lactose dagegen gehört der j3-ßeihe an, ebenso ist die Biose des Amygdalins als eine jS-Glucosido-/S-glucose, nämlich als Gentiobiose erkannt worden ( R . K U H N , H A W O B T H , HUDSON). Die Synthese dieses Zuckers ist jüngst H E L F E B I C H geglückt. Die K o n s t i t u t i o n s e r f o r s c h u n g der Biosen wurde im letzten Jahrzehnt, hauptsächlich durch englische Chemiker (IBYINE, H A W O B T H U. a.), erheblich gefördert. Das Prinzip der Methode besteht darin, daß man die freien OH-Gruppen der Biose durch Methylierung festlegte, dann das achtfach methylierte Molekül an der Glucosidbrücke spaltete und die Struktur der methylierten Monosen bestimmte. Die zurzeit geltenden Formeln der wichtigsten Biosen sind nachstehend wiedergegeben.
Organisch-präparativer Teil
382 HC-
HC-2-
0 CHjOH \ l HCOH CI I HOCH o HOCH Ô HCOH HCOH I HC HCI CH.OH CH,OH
-0 \
HAOH
HOAH o HioH HC— I CH,OH
CH,OH I 5 \__CH \ I CH< 0n I HCOH» HOCH2 I —C» H
Saccharose
Maltose
A
CH.OH Lactose Die Cellobiose unterscheidet sich nach HAWOBTH von der Maltose nur durch die ß-glucosidische Konfiguration. Lactose und Cellobiose zeigen identischen Aufbau und unterscheiden sich nur in den MonoseKomponenten. Gentiobiose ist eine (3-Biose; die gemeinsame O-Brücka greift aber in C8 ein. Aus den Formeln geht gleichzeitig die Konfiguration der beteiligten Monosen hervor. Auf die grundsätzlichen Unterlagen für die räumliche Isomerie der einfachen Zucker, auf ihren theoretischen und experimentellen Ausbau durch EMIL FISCHEB, kann hier nicht näher eingegangen werden. Wer mit diesen Dingen noch nicht vertraut ist, hole schleunigst das Versäumte unter nachdrücklicher Benutzung der Kohlenstofimodelle nach. Von den Biosen üben diejenigen Reduktionswirkung (gegenüber FEHLING scher Lösung) aus, bei denen die aldehydische (cyclo-acetalisierte) Carbonylgruppe frei ist. Versuch. Man koche je eine Probe von Saccharose und Milchzucker mit FEHLING acher Lösung. Über Osazonbildung der einfachen Zucker siehe S. 285. Die Osazone von d-Glucose, d-Fructose, d-Mannose 6ind identisch. Die Ergebnisse der Synthesen von Biosen mehren sich; von natürlichen Biosen ist die Gentiobiose (siehe oben) aus d-Glucose mit Emulsin synthetisch erhalten worden (BOUBQUELOT). Aufbau-
383
Kohlehydrate
XII
versuche mit den Bromacetylzuckern, die allgemein bei Einwirkung von Acetylbromid auf Zucker entstehen, greifen nicht an der gewünschten OH-Gruppe der zweiten Molekel ein. In allerletzter Zeit hat A. PICTET die Synthese von Milchzucker beschrieben. Auch HELFERICH hat sich auf dem Gebiet der Synthese erfolgreich betätigt. Von anderen neueren Arbeiten aus der Zuckerchemie sei erwähnt die präparative Gewinnung des Anhydrozuckers L ä v o g l u c o s a n C6H10O5 bei der raschen Destillation von Stärke oder Cellulose im Vakuum (PICTET); dieser interessanten Verbindung kommt vielleicht die nachstehende Konstitution I zu. Br
^
CH
HAO-COCH,
'BÜOH
I
0
HOCH
H
O
II
H.COCOCH HCOCOCH,
HCOH
0
I
\ H A - J
HCH.CO.CO-CH,
/-CH0 X
HC HI
III
Hoin:
o
H(JOB ! H , U C'H , O H
\ C H
IV
HoiH
HCOH B
0
i _ CH,OH
Die danebenstehende Formel II gehört der a - A c e t o b r o m g l u c o s e Tetracetyl-a-brom-d-glucose) an, die auch aus Stärke (BERGMANN) und Cellulose (KABBEB, HESS) mit Acetylbromid hervorgeht. Beim Kochen mit 50-proc. Essigsäure und Zinkstaub wird das Brom in 1 durch Wasserstoff ersetzt und gleichzeitig unter Abspaltung von Essigsäure zwischen 1 und 2 eine Doppelbindung gelegt. Durch hydrolytische Abspaltung der drei übrigen Acetylgruppen entsteht die Substanz III, das G l u c a l C 6 H 1 0 0 4 (E. FISCHEB, BEBOMANU). Bei Einwirkung von Benzopersäure nach PBILESCHAJEW (S. 103) wird der Anhydrozucker IV gebildet, dessen 1,2-Brücke durch Wasser sehr leicht zum Glykol geöffnet wird. Es entsteht in der Hauptsache Mannose (BERGMANN). Welches sind die Produkte der Oxydation und Reduktion der Monosaccharide? Die S c h l e i m s ä u r e , die präparativ aus d-Galaktose bereitet worden ist, ist ebenso wie der Hexit dieser Monose, der D u l c i t , o p t i s c h i n a k t i v und nicht s p a l t b a r . Wie die Formel
Organisch-präparativer Teil
384
zeigt, werden bei Gleichheit von 1 und 6 die 4 asymm. C-Atome der Galaktose zu zwei Paaren (2, 5 und 3, 4) von gleicher Substitution, aber entgegengesetzter Anordnung, so daß, wie in der Mesoweinsäure, durch intramolekularen Ausgleich inaktive Formen entstehen. »COOH
HCOH
IlioH Hoifl
CH,OH
¿¿OH o
hoAH
HioH
ho'AH
HoiH
HO^H
Hod/H
¿¿OH
H|J— CH,OH d-GalaktoBe
HAOH
"¿OOH
CHJOH
Schleimsäure Dulcit Ebenso wie dies für die Pen tosen auf S. 372 ausgeführt wurde, geht Schleimsäure unter Verlust von 3 Mol. Wasser in Furanderivate über und zwar bildet sich mit konz. Salzsäure F u r a n - a , a'-dicarbonsäure, bei der trockenen Destillation Furan-a-carbonsäure oder Brenzschleimsäure. HO;CH-
HC; OH
n
HüOCilliioH HO'CHICOOH
—
CH—CH
nn
HOOC-C
i
Y
— h
CH—CH
C-COOH CH
Ii
C-COOH
X
Nimmt man die pyrogene Zersetzung der Schleimsäure, wie dies oben geschehen ist, bei Gegenwart von NH3 vor, so wird die O-Brücke im Furanring durch NH ersetzt — eine allgemeine ßeaktion O-haltiger Heteroringe — und man kommt zum P y r r o l , der wichtigen Grundsubstanz, aus der sich Chlorophyll und Blutfarbstoff aufbauen (siehe darüber S. 391). Über Cellulose und Stärke geben die inhaltsreichen Monographien von KUBT HESS, Die Chemie der Zellulose, Leipzig 1 9 2 8 u n d H. PBINGS-
HEXM, Die Polysaccharide, Berlin 1923, Auskunft, über die einfachen Zucker das Werk „Zuckerchemie" desselben Autors. Leipzig 1925. Siehe auch P. KABBEB, Polymere Kohlenhydrate, Leipzig 1925. 8. Verzuckerung von Stärke und alkoholische Gärung. V e r z u c k e r u n g : 100 g Kartoffelstärke 1 rührt man mit Wasser .zu einem dünnen Brei an, den man langsam in 1500 ccm siedendes Wasser, das sich in einem Emailtopf von 2,5 Ltr. Inhalt befindet, einfließen läßt. Dabei muß kräftig mit einem hölzernen Kochlöffel gerührt werden. Zu dem homogenen, dicken glasigen Kleister, 1
Will man von Kartoffeln (500 g) ausgehen, so müssen sie im Dampftopf bei 2—3 Atm. aufgeschlossen werden, da sich durch einfaches Weichkochen die für eine vollständige Verzuckerung notwendige Verkleisterung >nicht erreichen läßt.
XII, 8
Verzuckerung von Stärke und alkoholische Gärung
385
den man so erhält, fügt man nach dem Abkühlen auf 40° ein Drittel des filtrierten Auszugs, den man durch 1-stündige Digestion von 15 g zerschroteten Darrmalzes mit 100 ccm Wasser bei 35—40° vorher frisch bereitet hat. Die Verzuckerung wird durch Kühren beschleunigt und soll bei etwa 40° vorgenommen werden. Nach etwa 1 Stunde ist sie beendet. Ihr Fortschreiten wird dadurch verfolgt, daß 1 / i Stunde nach Zugabe des Malzauszuges 5 ccm Lösung entnommen werden, in denen nach W i l l s t ä t t e k - S c h u d e l 1 die gebildete Maltosemenge bestimmt wird. Diese Bestimmung wird nach weiteren 30 Minuten wiederholt. A u s f ü h r u n g d e r Z u c k e r b e s t i m m u n g : Die entnommene Probe von 5 ccm verdünnt man in einem Meßkölbchen auf 2 5 ccm und läßt von dieser verdünnten Lösung 10 ccm in 2 5 ccm n / 1 0 -Jodlösung einfließen. Dann setzt man 4 0 ccm "/^-alkoholfreie Natronlauge hinzu und läßt 2 0 Minuten stehen. Nach schwachem Ansäuern mit verdünnter Schwefelsäure wird mit n / 1 0 -Natriumthiosulfat zurücktitriert. 1 Äquivalent Jod entspricht 1 / a Mol. reduzierender Biose, oder 1 ccm n / 1 0 Jodlösung 1 7 - 1 mg Maltose. Vorgang?
Ist der Jodverbrauch bei einer nochmaligen Analyse konstant gefunden, und die Jodreaktion (Probe) negativ geworden, so ist die Verzuckerung beendet. Erfahrungsgemäß beträgt sie 75—80 Proc. der eingesetzten Stärke. Der Rest der Stärke wird nur zu Dextrinen abgebaut, die im Verlauf der nachfolgenden Gärung auch verzuckert werden. Nach dem Ergebnis der abschließenden Maltosetitration wird der Gehalt der Maische berechnet, deren Volumen man in einem Meßzylinder bestimmt. 10 ccm sind für die C0 2 -Bestimmung zurückzuhalten (vgl. S. 386). V e r g ä r u n g : Sodann wird die Lösung in einem 3-Liter-Rundkolben zur Vergärung angesetzt. Zu dem Zwecke werden 10 g mit Wasser angeteigte Bäckereihefe in die Maische eingetragen, in der man vorher 3 g primäres Ammoniumphosphat gelöst hat. Dem Kolben wird ein kleines, mit wenig Wasser beschicktes Zweikugelrohr (Gäraufsatz) aufgesetzt, von Zeit zu Zeit wird gut durchgeschüttelt; nachdem die Gärung in Gang gekommen ist, läßt man den Prozeß innerhalb von 2—3 Tagen bei warmer Raumtemperatur zu Ende gehen; das Wasser im Gäraufsatz wird jetzt nicht oder kaum mehr bewegt. Nun wird der Alkohol unter Verwendung eines gut wirkenden Destillieraufsatzes (Raschig-Ringe) 1
B. 51, 780 (1918).
GATTBRNANN, Praxis. 22. Auflage.
25
386
Organisch-präparativer Teil
am absteigenden Kühler mit Vorstoß in eine Saugflasche abdestilliert, wobei man knapp die Hälfte der Gesamtmenge übergehen läßt. Dieses Verfahren wird unter Verwendung eines kleineren Kolbens noch zweimal wiederholt, bis das Destillat etwa 200 ccm beträgt. Mit einem Aräometer bestimmt man darin den Alkoholgehalt aus dem spez. Gewicht bei 15°. 10 volumproc.-Alkohol hat bei 15° das spez. Gewicht 0*9857, 30proc. 0-9646. Zwischen diesen beiden Gehalten nimmt die Dichte für je 1 Volumprocent beinahe linear um 0-0010 ab, so daß man aus der festgestellten Dichte ohne Tabelle die Konzentration des gewonnenen Alkohols berechnen kann. In den etwa 200 ccm des wäßrig-alkoholischen Destillats werden ungefähr 70 ccm oder 56 g Alkohol ermittelt. Die Ausbeute an Alkohol kommt der theoretischen nahe und soll ungefähr 20 Proc. mehr betragen, als sich aus der oben ausgeführten Maltosebestimmung errechnet, da diese ja den durch die „diastatische Nachwirkung" während der Gärung noch entstehenden Zucker nicht erfaßt. Man stelle die Bilanz des Gesamtvorganges auf unter Berücksichtigung des gebildeten C0 2 in Litern. Um den Alkohol in reiner Form zu gewinnen, wird das letzte Destillat aus einem Tropftrichter auf 700 g gebrannten Kalk, der sich in einem mit absteigendem Kühler versehenen Destillierkolben befindet, aufgetropft und der Alkohol aus einem Ölbad abdestilliert. C0 2 -Bestimmung: 10 ccm der Maische werden im Meßkolben auf 25 ccm verdünnt. Davon werden 10 ccm in einen kleinen Fraktionierkolben einpipettiert, der mit einem Azotometer direkt verbunden ist. Zu der Lösung fügt man etwa 0-2 g in wenig Wasser aufgeschlämmter Hefe. Von oben her wird nun durch ein nicht in die Flüssigkeit eintauchendes Rohr sofort COa zur Verdrängung der Luft eingeleitet. Dann schließt man das Einleitungsrohr durch einen Glasoder Quetschhahn ab, füllt das Azotometerrohr mit C02-gesättigtem "Wasser und läßt die Gärung vor sich gehen so lange, bis das Volumen des entwickelten Kohlendioxyds nicht mehr zunimmt. Man reduziert schließlich die abgelesene Menge auf 0° und 760 mm und vergleiche den Befund mit der Ausbeute an Alkohol und mit dem Ergebnis der Maltosebestimmung, unter Berücksichtigung der Nachverzuckerung. Der chemische Verlauf der alkoholischen Gärung, der schon seit mehr als einem Jahrhundert den Gegenstand der Forschung bildet, ist hauptsächlich durch die schönen Arbeiten von C. N E U B E B G aufgeklärt worden. Daß der Enzymkomplex der Hefe, die Zymase, von der lebenden Zelle abgetrennt werden kann, hat E. B U C H N E B dargetan.
XII, 9
d-Arginin-chlorhydrat aus Gelatine
387
In kurzer Zusammenfassung stellt sich der Vorgang als das Ergebnis mehrerer aneinander gereihter Hydrierungs-Dehydrierungs-Reaktionen nach dem Vorbild der C A N N I Z Z A E O sehen Reaktion (S. 212) wie folgt dar: Die d-Glucose zerfällt in Gestalt eines Phosphorsäure-esters zuerst in 2 Molekeln Methylglyoxal. C,HLAOE — > •
2 C H , . C 0 - C H 0 +
2H
2
0.
Durch „Dismutierung" geht dieser Aldehyd hälftig in Brenzt r a u b e n s ä u r e und in Oxyaceton über. Dieses wird in Glyzerin umgelagert. Unter der Wirkung des Enzyms Carboxylase bilden sich aus Brenztraubensäure Acetaldehyd und C02. Sobald Acetaldehyd entstanden ist, tritt er in enzymatische Wechselwirkung zum Methylglyoxal, das wiederum zur Säure dehydriert wird, während der Aldehyd in Äthylalkohol übergeht. CHA •C O •CH(OH)2 + C H 3 •C = 0 H
>- C H 3 • C O • C O O H + C H „ • C H J O H ,
Bei der Verbrennung von d-Glucose im Muskel wird das auch hier primär gebildete Methylglyoxal durch eine innermolekulare CANHizzABOSche Wasserstoffverschiebung — ihr entspricht die BenzilsäureUmlagerung — in Milchsäure umgelagert. /OH H3C-C
C
-
H3C
CHOH.COOH
Die Milchsäure wird nur zum kleinen Teil direkt verbrannt, von 6 Molekeln werden etwa 5 auf vorläufig unbekanntem Weg wieder zur Synthese von d-Glucose verwendet (0. M E Y E B H O F ) . Näheres über Enzyme findet man in: O P P E N H E I M E B U . K U H N , Lehrbuch der Enzyme, Leipzig 1927. 9. d-Arginin-chlorhydrat aus Gelatine.1 d-Arginin-flavianat. 100 g Gelatine werden in einem ^-Laterkolben mit 100 ccm 36-proc. Salzsäure (D. = 1,19) 8—10 Stunden am Kückflußkühler kräftig gekocht. Nach dem Erkalten wird mit Wasser auf etwa 1/2 Liter verdünnt und mit 33-proc. NaOH bis zur eben auftretenden alkalischen Reaktion neutralisiert und mit 12 ccm Eisessig angesäuert. Man filtriert, wenn nötig und versetzt das Filtrat mit der heißen Lösung von 20 g Flaviansäure (Naphtholgelb S, siehe S. 188) in 100 ccm Wasser. Nach 1li—1/2 Std. beginnt sich das Flavianat abzuscheiden. Man läßt 1—2 Tage stehen, saugt scharf ab, verreibt den Niederschlag zur Entfernung 1
ROSSEL U. GROSS, H . 1 3 5 , 1 6 7 ( 1 9 2 4 ) ; F E L I X U. D I E B , H . 1 7 6 , 3 8 ( 1 9 2 8 ) . 25*
Organisch-präparativer Teil
388
mitgefallener Flaviansäure zweimal mit je 500 ccm kaltem Wasser und saugt jedesmal scharf ab. Ausbeute 18—22 g. d-Argininflavianat schwärzt sich oberhalb 200° und zersetzt sich bei 275°. d - A r g i n i n - m o n o c h l o r h y d r a t : DasFlavianat wird in einer großen Reibschale in 100 ccm heißen Wassers suspendiert und mit einer Lösung von 40 g Ätzbaryt in der nötigen Menge heißen Wassers g u t verrieben und heiß abgesaugt. Der Niederschlag von Barium-flavianat wird mit 200 ccm heißen Wassers, das weitere 8 g Baryt enthält, nochmals heiß verrieben und abgesaugt. In die vereinigten Filtrate wird sofort ein lebhafter Strom Kohlensäure eingeleitet, bis die Reaktion schwach sauer ist; dann saugt man vom Bariumcarbonat ab, wäscht den Niederschlag mit Wasser gut aus, engt das Filtrat auf dem Wasserbad auf 100—150 ccm ein, filtriert von ausgefallenem Bariumcarbonat und versetzt mit konzentrierter Salzsäure bis zur kongosauren Reaktion (3—4 ccm). Nach kurzer Zeit fällt beim Reiben aus der kalten Lösung noch etwas Flaviansäure aus, von der man abfiltriert. Das Filtrat wird durch kurzes Aufkochen mit Tierkohle entfärbt, nach abermaliger Filtration wird die nahezu farblose Lösung mit Ammoniak schwach alkalisch gemacht und zur Trockne eingeengt. Es bleibt ein Gemisch von Arginin-chlorhydrat und Ammoniumchlorid, welches in möglichst wenig heißem Wasser gelöst wird. Man versetzt diese heiße Lösung so lange mit heißem 96-proc. Alkohol, bis deutliche Trübung auftritt und läßt erkalten. Das Argininhydrochlorid fällt in drusenförmig angeordneten Prismen fast quantitativ aus und wird nochmals in gleicher Weise umkristallisiert. Ausbeute 7—8 g. d-Arginin-monochlorhydrat sintert bei 218° und zersetzt sich bei 235° unter starkem Aufschäumen. Die Flaviansäure kann aus ihrem schwer löslichen Bariumsalz wiedergewonnen werden, indem man dieses mit einem kleinen Überschuß 20-proc. Schwefelsäure in der Hitze zersetzt, heiß absaugt und die freie Sulfonsäure unter Zusatz von etwas konz. Salzsäure aus dem klaren Filtrat auskristallisieren läßt. Auch eine von BERGMANN1 angegebene Methode zur Darstellung von Arginin sei hier empfohlen. 10. Coffein aus Tee. Man extrahiert im vereinfachten Apparat (Abb. 27 auf S. 36) 100 g feingepulverten Tee oder Teestaub 8 Stunden lang mit 400 ccm Alkohol. Der alkoholische Auszug wird dann zu einer 1
H . 1 6 2 , 2 9 3 (1926).
389 Aufschlämmung von 50 g Magnesiumoxyd in 300 ccm Wasser gefügt und in einer Porzellanschale unter häufigem Umrühren auf dem Dampfbade zur Trockne eingedampft. Der pulvrige Rückstand wird einmal mit 500 ccm, dann noch dreimal mit je 250 ccm Wasser ausgekocht und heiß abgesaugt. Die vereinigten wäßrigen Auszüge werden nach Zugabe von 50 ccm verdünnter Schwefelsäure auf etwa ein Drittel eingedampft, wenn nötig noch heiß von einem sich zuweilen bildenden flockigen Niederschlag abfiltriert und dann fünfmal mit je 30 ccm Chloroform ausgeschüttelt. Die hellgelbe Chloroformlösung wird zur Entfärbung mit einigen ccm verdünnter Natronlauge, dann mit ebensoviel Wasser geschüttelt und eingedampft. Das zurückbleibende Koh-Coifein wird aus wenigheißem Wasser umkristallisiert. Ausbeute 2—2*5 g. Weiße, biegsame, seidenglänzende Nadeln mit einem Mol. Kristallwasser. In ähnlicher Weise läßt sich aus Kakaopulver, das vorher mit Äther oder Petroläther im Extraktor entfettet werden muß, T h e o b r o m i n isolieren. Man stelle nach der Vorschrift von H . BILTZ 1 durch dessen Methylierung Coffein dar. 11. Nicotin aus Tabakslauge.2 300 ccm käuflicher Tabakslauge vom spez. Gew. 1 • 8, die man auch durch Eindampfen einer in jeder Zigarrenfabrik erhältlichen schwach angesäuerten verdünnten Lauge erhält, werden mit konz. Natronlauge stark alkalisch gemacht. In die heiße Lösung leitet man Wasserdampf und treibt die freien Nicotinbasen über. Man destilliert etwa 1 1 j 2 Liter ab, säuert das Destillat bis zur schwach kongosauren Reaktion mit fester Oxalsäure, die man abwägt, an und dampft die saure Lösung bis zum Sirup ein. Beim Erkalten scheidet sich durch etwas Ammonium-Oxalat verunreinigtes Ni cotinoxalat aus. Der abgesaugte Kristallbrei wird im Scheidetrichter mit etwas mehr Kalilauge 1:1, als der verwandten Oxalsäure entspricht, übergössen. Beim Stehen scheidet sich nach Erwärmung die rohe Nicotinbase als braunes, oben schwimmendes Öl ab, das dem erkalteten Gemisch durch wiederholtes Ausäthern entzogen wird. Die eingeengte Ätherlösung wird mit einigen Stücken festen Ätzkalis getrocknet, dann wird der Äther abdestilliert. Den Rück1
A. 4 1 3 , 190 (1917). Die Reaktion ist zuerst von A. STBECKEB (A. 118, 110 [1861]) durchgeführt worden. S
LAIBLIN, A . 1 9 6 , ISO ( 1 8 7 9 ) .
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390
stand unterwirft man aus einem kleinen Ciaisenkolben der fraktionierten Vakuumdestillation. D a Gummistopfen von Nicotin angegriffen werden, benutzt man statt ihrer dichte Korke. Durch wiederholte Destillation des höher siedenden Anteils erhält man die reine Base als farblose Flüssigkeit vom Siedepunkt 114°/10 mm, 120°/14 mm. Nicotin siedet auch unter Atmosphärendruck unzersetzt und zwar bei 240 Die Ausbeute schwankt zwischen 4 und 6 g. An der Luft bräunt sich das Präparat sehr bald, man muß es in einem Glasrohr eingeschmolzen aufbewahren. Man stelle aus einer Probe das D i j o d m e t h y l a t her, indem man die Base, in wenig Methylalkohol gelöst, mit etwa der 3 fachen MeDge Methyljodid erwärmt. Umkristallisieren aus wenig Methylalkohol. Oxydation mit Permanganat zu Nicotinsäure. Synthesen des Nicotins (PICTET, KABBEB). welche Alkaloide leiten sich von ihm ab?
Was ist Tropin und
12. Hämin aus Binderblut. 1 In einem Rundkolben von 4 Liter Inhalt werden 3 Liter Eisessig, denen man 5 ccm gesättigter Kochsalzlösung zugefügt hat, auf dem Sandbad oder Babotrichter auf 1 0 0 ° erwärmt. Aus einem Tropftrichter läßt man in dünnem Strahl unter häufigem Umschwenken des Kolbens einen Liter defibriniertes und durch ein Koliertuch filtriertes Blut im Verlauf von 2 0 — 3 0 Minuten in das heiße Lösungsmittel einfließen, ohne dabei das Erhitzen zu unterbrechen. Das Abflußrohr des Tropftrichters endet unterhalb des Kolbenhalses, die Berührung der Kolbenwand durch das einfließende Blut ist zu vermeiden; die Temperatur soll nicht unter 9 0 0 sinken. Nach dem Einlaufen des Blutes hält man die Flüssigkeit noch eine Viertelstunde lang in gelindem Sieden; die Hauptmenge des Hämins hat sich in glitzernden Kristallen ausgeschieden. Man läßt auf 4 0 — 5 0 ° erkalten 2 , saugt bei dieser Temperatur das Hämin ab und wäscht es mit 50-proc. Essigsäure, Wasser, Alkohol und Äther. Dunkle Kristalle von starkem Oberflächenglanz und großer Reinheit Ausbeute 3 - 5 — 4 g. 1
V e r f a h r e n v o n SCHALFEJEW.
Näheres
b e i NENCKI U. ZALESKI, H .
30,
390 (1900) WILLSTÄTTEK u. STOLL, Untersuchungen über Chlorophyll, Berlin 1913, S. 399. * Nach H. FISCHER, Handbuch der Biochemie von C. OPPENHEIMSR, Bd. I, S. 357 (1923).
XII, 12
Hämin
aus
Rinderblut
391
Im Blutfarbstoff, dem H ä m o g l o b i n , ist die Farbstoffkomponente, die oben präparativ als Hämin abgespalten wurde, mit einer komplizierten Eiweißkomponente, dem Globin, gepaart. Das Hämin, das in Gestalt der sog. T B I C H M A N N sehen Kristalle zum mikroskopischen Blutnaehweis dient, hat nach H A N S F I S C H E R die Zusammensetzung C 34 H SA 0 4 N 4 FeCl. Von ihm aus sind die grundlegenden Abbaureaktionen ausgeführt worden, die zwar noch nicht zur völligen Aufklärung, aber doch zu einem tiefen Einblick in die Konstitution der wichtigen Substanz geführt haben ( N E N C K I , K Ü S T E R , PJXOTY, W I L L S T Ä T T E B , H . FISCHEB). Auf r e d u k t i v e m W e g , mit Jodwasserstoff, ergibt das Hämin ein Gemisch von s u b s t i t u i e r t e n P y r r o l e n und P y r r o l c a r b o n s ä u r e n , nämlich: H8G • C C • C,H, HSC • C — C • CjHg H,C • C — C • CaH6 « Jl i .• ,CHJ H.C-C CH , HGC • 'C C H&
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