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German Pages 264 Year 2014
Barbara Alder, Barbara den Brok Die perfekte Ausstellung Ein Praxisleitfaden zum Projektmanagement von Ausstellungen
Für Antoon, Duri, Jakob, Luis, Michel, Stephen
Barbara Alder (lic. phil. I), Historikerin, Geografin und Museologin, arbeitet in der Kantons- und Stadtentwicklung Basel-Stadt. Davor war sie von 1998 bis 2010 am Museum.BL Ausstellungskuratorin und seit 2006 zusätzlich stellvertretende Leiterin. Ihre langjährige Erfahrung des Managements von Ausstellungen fasst die Autorin im Buch verständlich und anschaulich zusammen. Barbara den Brok (Dr.), Geologin und Mineralogin, ist Vorsteherin der Abteilung Kulturförderung deutsch des Kantons Bern. Davor hat sie das Museum.BL von 2003 bis 2010 geleitet. Die Autorin verknüpft ihre langjährige Museumsarbeit und Managementerfahrung mit ihren Kenntnissen über andere Museums- und Ausstellungsbetriebe und illustriert mit den Porträts die Theorie praxisnah.
Barbara Alder, Barbara den Brok
Die perfekte Ausstellung Ein Praxisleitfaden zum Projektmanagement von Ausstellungen
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
© 2012 transcript Verlag, Bielefeld Die Verwertung der Texte und Bilder ist ohne Zustimmung des Verlages urheberrechtswidrig und strafbar. Das gilt auch für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Verarbeitung mit elektronischen Systemen. Umschlaggestaltung: Kordula Röckenhaus, Bielefeld Umschlagabbildung: stadtjunge / photocase.com Lektorat: Sabine Kronenberg, Basel Korrektorat: Alexandra Redmann, Düsseldorf Satz: Justine Haida, Bielefeld Druck: Aalexx Buchproduktion GmbH, Großburgwedel ISBN 978-3-8376-1489-3 Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier mit chlorfrei gebleichtem Zellstoff. Besuchen Sie uns im Internet: http://www.transcript-verlag.de Bitte fordern Sie unser Gesamtverzeichnis und andere Broschüren an unter: [email protected]
£ I NHALT Barbara Alder, Barbara den Brok Zum Buch .................................................................................. 7
I D A S M ANAGEN
EINER
A USSTELLUNG
Barbara Alder Zur Einführung .................................................................... 13
1. 2. 3. 4. 5.
»Den Anstoß geben«: Vorprojektphase .......................................... »Das Angestoßene planen«: Planungsphase .................................. »Das Geplante umsetzen«: Realisierungsphase ............................. »Die Ausstellung nutzen«: Folgephase ........................................... »Das Projekt beenden«: Abschlussphase .......................................
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II P ORTR ÄTS Barbara den Brok Zur Einführung ........................................................................... 91
1.
Das Naturhistorische Museum Basel … ................................... 92 Alexandra Bunge, Projektleiterin Ausstellungen
2.
Das WienMuseum … ............................................................ 104 Bärbl Schrems, Leiterin Ausstellungsproduktion, Projektleiterin
3.
Das WienMuseum … ............................................................ 112 Thomas Hamann, Ausstellungsgestalter, Illustrator
4.
Das Ruhr Museum, Essen … ................................................. 120 Theo Grütter, Leiter Ausstellungen und Kommunikation, Projektleiter
5.
Kunstfreilager Basel … ........................................................ 130 Nadine Felix, Bereichsleiterin der Stiftung Mercator Schweiz, Projektleiterin
6.
Das Liechtensteinische Landesmuseum, Vaduz … .................... 140 Norbert W. Hasler, Museumsdirektor, Projektleiter
7.
Das Kindermuseum Frankfurt … ............................................. 151 Susanne Gesser, Museums- und Projektleiterin
8.
Das Österreichische Alpenverein-Museum, zu Gast in der Hofburg Innsbruck … ........................................ 161 Gabriele Rath, Museumspädagogin, externe Projektleiterin
9.
Das Österreichische Alpenverein-Museum, zu Gast in der Hofburg Innsbruck … ....................................... 172 Beat Gugger, freier Ausstellungskurator
10. Das WienMuseum … ........................................................... 180 Isabel Termini-Fridrich, Leiterin Vermittlung, Bildung und BesucherInnenservice, Projektleiterin
III M ATERIAL ANHANG Barbara Alder 1. Glossar ............................................................................... 189 2. Hinweise, Anregungen und Checklisten .................................... 219 3. Weiterführende Informationen ................................................ 255
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Z UM B UCH
W A RU M D I E SE S B U C H? Es gibt unzählige Ausführungen zum Projektmanagement. Erstaunlicherweise gibt es aber bis heute keine Beschreibung des Projektmanagements für Ausstellungen. Erstaunlich deshalb, weil eine Ausstellung ein geradezu klassisches Projekt darstellt und einer sorgfältigen Planung bedarf. Und in der 2010 erschienenen Publikation »Museumsberufe in der Schweiz« von ICOM Schweiz zur Bezeichnung der Berufsbilder im Museum fehlt der Begriff der Ausstellungsprojektleitung. Da gibt es zwar den Ausstellungskurator oder die Direktorin. Bei deren Aufgabenbeschreibung sind Teilaspekte des Managements wie die Erstellung der Zeitpläne und die Koordination der Arbeitsabläufe erwähnt. Es wird dabei aber nicht deutlich, dass ein Projekt eine Leitung braucht mit klaren Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortungen. Diese Lücken füllt das vorliegende Buch, das sich an Ausstellungsprojektleitende richtet. Es beschreibt sowohl das Projektmanagement einer Ausstellung wie auch die Aufgaben der Projektleitung.
W I E KOM MT E S Z U D I E SE M B U C H? Nach sieben Jahren gemeinsamer Arbeit am Museum.BL in Liestal (CH) und vielen erfolgreichen Projekten hat es sich ergeben, dass die Autorinnen ein gemeinsames Buchprojekt realisieren dürfen. Beide haben in diesen sieben Jahren, wie auch schon davor, ihre Erfahrungen mit Ausstellungen und Ausstellungsorganisation gemacht. Diese Erfahrungen sind in dieses Buch eingeflossen. Ganz zu Beginn ihrer Ausstellungstätigkeit war Barbara Alder nicht nur für die Projektleitung zuständig, sondern recherchierte auch den Inhalt einer Ausstellung, erarbeitete das Konzept und übernahm daneben noch eine Vielzahl weiterer Funktionen. Beispielsweise war sie für die Organisation des Katalogs zur Ausstellung zuständig, gab Beiträge in Auftrag, redigierte sie und schrieb gleichzeitig selber Aufsätze. Außerdem organisierte sie das Rahmenprogramm und erstellte die Schulunterlagen. Im Laufe der Zeit und der Projekte präzisierten sich die Aufgabenfelder und ließen sich besser voneinander trennen. In einem Nachdiplomkurs 2004 setzte sie sich dann systematisch mit Projektmanagement auseinander. Sie verfasste ihre Abschlussarbeit darüber, wie ein Ausstellungsprojekt im Museum.BL aufgezogen und in Phasen eingeteilt werden kann. Diese Vorgehensweise übertrug sie danach auf alle folgenden Ausstellungsprojekte. Gleichzeitig veränderte sich auch ihre Rolle
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Barbara Alder, Barbara den Brok Die perfekte Ausstellung
im Projekt. Sie erarbeitete immer weniger den Inhalt, sondern führte als Projektleiterin die Beteiligten des Ausstellungsprojekts. Mit der Beschreibung des Projektmanagements für Ausstellungen fasst sie ihre reichen Erfahrungen in und mit diesem Buch zusammen. Barbara den Brok stieg zu einem Zeitpunkt in ihr erstes Ausstellungsprojekt ein, als es um die Umsetzung und die Organisation des Rahmenprogramms ging. Dazu musste sie mit feinem Gespür den bereits am Projekt Beteiligten gut zuhören, um die für das Rahmenprogramm relevanten Inhalte herauszuhören. Mit der darauf folgenden Anstellung am Museum für Naturkunde in Karlsruhe (D) übernahm sie die Verantwortung für die Erarbeitung eines Konzeptes für eine neue Dauerausstellung sowie einer Sponsorenmappe, mit der die Finanzierung gesichert werden sollte. Wiederum ging es um das gute Zuhören, um die zentralen Wünsche der beteiligten Interessensgruppen in die Erarbeitung einbeziehen zu können. Das Konzept wurde angenommen und das Bundesland Baden-Württemberg bewilligte viel Geld für die Realisation der Ausstellung. Dann erhielt sie die Leitungsstelle im Museum.BL. Damit war sie als Leiterin in die Projekterarbeitung involviert. Sie begleitete die Prozesse von der Ideenfindung bis zum Abbau einer Ausstellung. In dieser Rolle bewahrte sie die nötige Distanz zum Projekt, um das Monitoring und das Controlling erfolgreich durchführen zu können. Die genaue Beobachtung und das intensive Zuhören setzte sie nun auch für das Führen der Interviews ein, aus denen sie die Porträts für dieses Buch verfasst hat.
W I E LE SEN U ND A NWEND EN ? Das Buch ist in drei sehr unterschiedliche Teile gegliedert, die unabhängig voneinander gelesen werden können. Als Leser erhalten Sie die nötigen Hinweise und nützlichen Tipps also auf unterschiedlichen Ebenen. Teil I zeigt Ihnen auf, was »Das Managen einer Ausstellung« bedeutet, woran Sie als Projektleiterin denken und wie Sie vorgehen können, um zum gewünschten Zeitpunkt eine Ausstellung erfolgreich zu eröffnen. Was müssen Sie als Projektleitung tun? Wie verlieren Sie während des Entstehungsprozesses nicht den roten Faden? Wie verhindern Sie, dass Ihnen im komplexen Chaos der Überblick abhanden kommt? Wieweit Sie der hier beschriebenen Struktur exakt folgen können, hängt stark von Ihrem konkreten Ausstellungsprojekt ab. Das hier Beschriebene dient Ihnen als Anleitung und als Anregung gleichermaßen. Lesen Sie den Teil einmal ganz durch und machen Sie sich dann an die Umsetzung. Sie sollen und müssen die beschriebene Vorgehensweise auf Ihre konkrete Situation Schritt für Schritt übertragen.
Barbara Alder, Barbara den Brok £Zum Buch
In Teil II »Porträts« berichten Berufstätige über ihre Erfahrungen als Projektleitende – oder über ihre Erfahrungen mit diesen. Dabei handelt es sich um Ausstellungsprofis, die für dieses Buch ausgewählt wurden, da sie mit besonders eindrücklichen, modern inszenierten Ausstellungsprojekten und Ausstellungsideen aufgefallen sind. Die Interviews sind Erfahrungsberichte, die Einblick in die konkrete Ausstellungsmanagement-Praxis in mittleren und großen Museen in Deutschland, Österreich, der Schweiz und Liechtenstein geben. Den Interviews sind Kurzporträts des Interviewpartners, der jeweiligen Ausstellung und der ausstellenden Institution vorangestellt, damit Sie sich ein Bild der Hintergründe, Rahmenbedingungen und Dimensionen der Aufgabe machen können. Die Interviews selbst verdeutlichen eindrücklich, wie verschieden Projektorganisation konkret vonstatten gehen kann – und muss. Da es keine Ausbildung für Ausstellungsprojektleitung gibt, definiert jeder sich und seine Aufgabe situations- und kontextbedingt selbst. Teil II gibt Ihnen Anregungen, wie Sie Ihre Rolle als Projektleiter spielen können, und worauf Sie im Speziellen achten sollten. Im Teil III »Materialanhang« sind im alphabetisch aufgebauten »1. Glossar« wesentliche Begriffe aus dem Projektmanagement erklärt und wichtige Methoden erläutert. Es sind Hinweise, die für das Ausstellungsprojektmanagement hilfreich sind. Hier können Wissen und Instrumente vertieft werden. Prüfen Sie im Verlauf eines Projektes immer wieder, welche Methoden Ihnen nützlich sein könnten. Des Weiteren finden Sie in Teil III »2. Hinweise, Anregungen und Checklisten« praktische Tipps für die Projektorganisation. Die Checklisten sind im Lauftext von Teil I aufgeführt. Auf die Anregungen und die Hinweise wird im Text hingegen lediglich verwiesen, weil sie sich auf operative Tätigkeiten beziehen, die nicht direkt in den Aufgabenbereich der Projektleitung fallen. Es ist aber sinnvoll, dass die Projektleitung eine Ahnung hat von den vielfältigen Aufgaben, die die Mitarbeitenden zu erfüllen haben. Nur dann kann sie sie im Projektverlauf adäquat strukturieren. Nutzen Sie also für das Projektmanagement nicht nur die Checklisten, sondern auch die praktischen Anregungen und Hinweise. In »3. Weiterführende Informationen« wird zitierte Literatur kommentiert und auf fachspezifische Webseiten und Berufsverbände verwiesen. Sie werden als Nutzerin und als Nutzer des Buches direkt angesprochen. Um nicht bei jeder Anrede beide Geschlechter zu nennen und damit den Lesefluss zu beeinträchtigen, wird abwechselnd in weiblicher und männlicher Form geschrieben oder das substantivierte Partizip Präsens verwendet. Die gewählte Form im Text ist zufällig.
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Barbara Alder, Barbara den Brok Die perfekte Ausstellung
D A NK E ! Viele Menschen haben uns bei der Entstehung dieses Buches unterstützt. Sie haben mit uns die Inhalte diskutiert, die Texte gelesen, sich für die Interviews zur Verfügung gestellt und die Interviews gegeben, uns bekocht, Bücher zum Projektmanagement geschenkt und Vorlagen zur Weiterbearbeitung zur Verfügung gestellt: Alexandra Bunge, Barbara Welter, Bärbl Schrems, Beat Gugger, Beat Hächler, Beat Zurflüh, Beatrice Alder, Bernd Herkner, Bettina Habsburg-Lothringen, Bettina Zeugin, Carolin Keim, Christine Jüchter, Corinne Eichenberger, David Alder, Gabrielle Rath, Gerhard Aubrecht, HeidyJo Wenger, Isabel Termini, Jan Gerchov, Johanna Tönsing, Katharina Meyer, Marius Rott, Matthias Schnegg, Michel Pfister, Monika Esslinger, Nadine Felix, Nathalie Unternährer, Norbert W. Hasler, Peter Luder, Renate Goebl, Robert Trusch, Sabine Kronenberg, Sibylle Lichtensteiger, Stephen Neff, Susanne Gesser, Theo Grütter, Thomas Hamann, Werner Schwarz – ihnen allen gebührt unser Dank.
£ I Das Managen einer Ausstellung
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Z UR E INFÜHRUNG
Am Anfang eines Ausstellungsprojekts steht meist eine Idee für eine Ausstellung. In aller Regel möchte man das spannende Vorhaben voller Elan sofort starten und sich später um alles Weitere kümmern. Aber Projekte können auch scheitern. Die Belastung kann zu groß sein, unvorhergesehene Anforderungen können einen überfordern. Um dies zu verhindern, ist eine gute Planung gleich zu Beginn sinnvoll. Und die braucht Zeit. Die Projektleitung wendet für die Vorbereitung und die Planung des Projekts häufig mehr Zeit auf als für die Begleitung der eigentlichen Realisation der Ausstellung. Ist das Projekt erst einmal auf die Schiene gebracht und geht es an die Umsetzung, so müssen Sie als Projektleiterin in erster Linie das Controlling wahrnehmen. Controlling meint nicht einfach Kontrolle, sondern das bewusste Begleiten der Abläufe und das aktive und steuernde Eingreifen, wenn etwas Ungeplantes eintritt. Wie aber gehen Sie die Planung sinnvoll an? Welche Methoden wenden Sie an?
P ROJ EK TM A N AG E MENT Projektmanagement ist eine spezifische Management-Methode, die in den 1950er Jahren in den USA entstanden ist. Die Methode wird in Bereichen wie IT, Organisationsentwicklung, Forschung, Bau und in neuerer Zeit auch in der Kultur angewendet und laufend weiterentwickelt. Der Begriff meint generell die Gesamtheit von Führungsaufgaben in einem Projekt, inklusive Führungstechniken und -mittel für die Abwicklung eines Projekts. Mit der Methode des Projektmanagements lässt sich beim Führen eines Projekts • • •
die Komplexität des Vorhabens bewältigen. Der Lösungsweg wird vor der Umsetzung des Projekts erarbeitet und geplant. Transparenz herstellen. Es wird nachvollziehbar, wie die Ziele erreicht werden. das Risiko managen. Man fragt sich frühzeitig, wo Risiken liegen, die das Projekt gefährden könnten, und überlegt dann, wie sie zu vermeiden sind beziehungsweise wie man reagieren könnte, falls das Risiko eintritt. Probleme werden also frühzeitig erkannt, die Risiken damit reduziert und es können gegebenenfalls die nötigen Gegenmaßnahmen ergriffen werden.
Projektmanagement eignet sich also dafür, ein Projekt von Beginn an bis zum Schluss zu leiten.1 1
Vgl. Geiger, Ingrid u.a.: Projektmanagement – Zertifizierung nach IPMA(3.0) – Ebenen D und C. Grundlagen und Kompetenzelemente, Methoden und Techniken mit zahl-
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Barbara Alder, Barbara den Brok Die perfekte Ausstellung
A U SS T ELLU N G SPROJ EK T Ausstellungsprojekte sind Projekte in geradezu klassischem Sinne. Bei einem Ausstellungsprojekt handelt es sich um ein einmaliges Vorhaben, das einen klaren Beginn und ein bestimmtes Ende hat. Das Ausstellungsprojekt endet nicht mit der Ausstellungseröffnung, sondern mit dem Abbau, dem Schlussbericht und dem Archivieren der Unterlagen. Die Projektabwicklung ist komplex: Es arbeiten viele verschiedene Menschen mit, die Abläufe gehen ineinander über und das Projekt steht unter Zeitdruck, weil der Eröffnungstermin näher rückt. Es gilt, technische und finanzielle Einschränkungen zu berücksichtigen. Nicht alles ist planbar oder vorhersehbar. Sie haben das Projekt erfolgreich geführt, wenn die Bedingungen eingehalten und die angestrebten Ziele erreicht werden konnten und die Beteiligten und Nutzerinnen, also die Ausstellungsbesucher, mit dem Ergebnis zufrieden sind. Das vorliegende Buch richtet sich an Personen, die in der Rolle der Projektleitung für die Entstehung einer Ausstellung verantwortlich sind. Was bedeutet nun aber »Projektleitung«? Welche Rollen müssen Sie übernehmen? Wie begegnen Sie den Herausforderungen? Wie sehen Ihre Aufgaben aus?
P ROJ EK T LEIT U N G Als Projektleiter leiten Sie das Ausstellungsprojekt. Dieses hat begrenzte terminliche, finanzielle und personelle Ressourcen und ist aufgrund seiner Anforderungen, der Anzahl an Mitarbeitenden und der Einbettung in ein spezifisches Umfeld vielschichtig und komplex. Sie begegnen der Komplexität erfolgreich, indem Sie das Projekt strukturieren. Das bedeutet, Sie gehen vom Groben zum Detail vor und zerlegen das Projekt in einzelne Bereiche und Arbeitsschritte, wie es hier im Buch Schritt für Schritt beschrieben ist. Sie werden sich für Ihr konkretes Vorhaben überlegen, welche Unterteilungen sinnvoll sind, welche Schritte wie gemacht werden müssen. So lässt es sich planen und die verschiedenen Teilbereiche miteinander koordinieren. Sie legen die Struktur, die Organisation und den Ablauf des Ausstellungsprojekts fest und beziehen dabei die Projektbeteiligten mit ein. Wichtig – Sie haben die Termine unter Kontrolle. Das heißt, Sie wissen, bis wann was erledigt sein muss, um die Ausstellung termingerecht zu eröffnen. Und ebenso wichtig – Sie sind für die Einhaltung des Budgets verantwortlich. reichen Beispielen. 2., überarbeitete Auflage, Zürich: Compendio 2009. Das Buch beschreibt klar und systematisch das Projektmanagement im Allgemeinen. Es diente hier als wichtige Grundlage.
Barbara Alder £ Zur Einführung
Sie sind zudem darum besorgt, dass die Mitarbeitenden ihre Arbeiten tun können. Und Sie kennen die Risiken und haben sich mögliche Reaktionen darauf überlegt. Als Projektleiterin kennen Sie die Ziele – beispielsweise die inhaltlichen Ziele der Ausstellung und die Wirkungsziele des Projekts – sowie die Rahmenbedingungen – neben den Terminen und finanziellen Vorgaben beispielsweise die Ansprüche des Auftraggebers an die Ausstellung. Kurz – Sie wissen, wohin die Reise geht. Wie unterschiedlich Sie die Rolle der Projektleitung übernehmen können, zeigen Ihnen die Interviews in Teil II »Porträts« dieses Buches. Für Ihr Tun können die Beispiele in den Interviews als Anregung dienen. Wichtig ist für Sie, dass Sie Ihren eigenen Stil entwickeln. Er muss zu Ihnen passen, denn Sie sollen als authentische Person für Ihre Mitstreiter spürbar sein. Achten Sie beim Führen neben einer klaren Struktur auch auf das »Bauchgefühl«, auf Ihre Intuition. Mit der Intuition wird Nonverbales oder Unbewusstes wahrgenommen. Häufig verweist die Intuition auf Wichtiges, vielleicht bisher Vernachlässigtes. Nehmen Sie solche Hinweise ernst, prüfen Sie sie und reagieren Sie, wenn es Ihnen nötig erscheint. Als Projektleiter sind Sie nicht operativ an der Erarbeitung der Ausstellung beteiligt, Sie erbringen also keine inhaltlichen Arbeiten. Besonders in kleineren Museen und Ausstellungsprojekten ist es jedoch meist so, dass die Projektleitung mehrere Rollen gleichzeitig übernimmt. So ist sie nicht nur für die Projektführung verantwortlich, sondern übernimmt gleichzeitig die inhaltliche Erarbeitung der Ausstellung, vielleicht organisiert sie zudem die Begleitpublikation, das Rahmenprogramm oder die Öffentlichkeitsarbeit. In einem solchen Fall ist es wichtig, dass Sie die Rollen klar auseinanderhalten. Erfassen Sie die verschiedenen Aufgaben präzise. Das ermöglicht Ihnen, die Tätigkeiten voneinander zu trennen und für die jeweiligen Arbeiten entsprechende Arbeits-Zeitfenster einzuplanen. Sie können damit Ihre eigenen Arbeiten so koordinieren, dass Sie nicht plötzlich hundert Dinge gleichzeitig tun sollten, sondern dass Sie sie nacheinander erledigen können.
A U F T R AG G EB ER Der Auftraggeber ist Ihr »Boss«. Das kann die Museumsleiterin, ein Steuergremium, der Geschäftsleiter, ein Vereinsvorstand oder ein anderer Entscheidungsträger sein. Es kann eine, es können mehrere Personen sein. Wichtig ist für Sie zu wissen, wem Sie verpflichtet sind. Es erleichtert Ihre Arbeit, wenn Sie nur eine und nicht mehrere Personen als Ansprechpartner haben. Insbe-
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Barbara Alder, Barbara den Brok Die perfekte Ausstellung
sondere sollten Sie wissen, was von Ihnen erwartet wird. Erfahrungsgemäß ist dies nicht immer klar. Es lohnt sich deshalb, die Erwartungen des Auftraggebers schriftlich festzulegen. Regeln Sie auch die Rahmenbedingungen (Termin- und Kostenrahmen, Vergütung, sonstige Bedingungen) und legen Sie gemeinsam mit dem Auftraggeber die Ihnen übertragenen Kompetenzen und die finanziellen und personellen Mittel fest. Besprechen Sie mit dem Auftraggeber auch, wann er wünscht, über Zwischenergebnisse informiert zu werden: Zu welchen Ergebnissen muss er aus seiner und aus Ihrer Sicht »ja« sagen, damit die Beteiligten weiter arbeiten können?
M EILENS T EINE Derart wichtige Entscheide nennt man »Meilensteine«. Meilensteine sind Momente im Projekt, in denen über das weitere Vorgehen (oder über den Projektabbruch!) entschieden wird. An Meilensteinen überprüft man, ob man mit den geplanten Mitteln das Ausstellungsprojekt wie gedacht realisieren kann. Gegebenenfalls ändert man geringfügig die Richtung oder das Ziel, man passt die Termine oder das Budget an geänderte Vorgaben an. Manchmal stellen sich gewisse Fragen erst im Verlauf des Projekts. Scheuen Sie sich dann auf keinen Fall, den Auftraggeber in die Pflicht zu nehmen, bis Ihre Fragen geklärt sind. Und mit wem arbeiten Sie zusammen? Wie sieht Ihr Projektteam aus?
P ROJ EK T T E A M Das Projektteam setzt sich in Ausstellungsprojekten in der Regel aus ganz unterschiedlichen Menschen zusammen. Die Zusammensetzung ist bei jedem Ausstellungsprojekt verschieden. Es können beispielsweise involviert sein: • • • • • • •
der wissenschaftliche Mitarbeiter, frisch von der Universität, der die Inhalte der Ausstellung und das Ausstellungskonzept erarbeitet; die Sammlungskuratorin, seit zwanzig Jahren am Museum angestellt, die die Objekte in den Sammlungen kennt; der Herr im Ruhestand, als freiwilliger Helfer für die Reinigung der Objekte zuständig; die Beauftragte für Öffentlichkeitsarbeit, die die Werbung organisiert; der Ausstellungsgestalter, angestellt in einem großen Architekturbüro, der die Ausstellung räumlich arrangiert; die Grafikerin, ein Ein-Frau-Betrieb, die alles Textliche in und um die Ausstellung gestaltet; zusammen mit ihrer Praktikantin von der Fachhochschule;
Barbara Alder £ Zur Einführung • • •
der Restaurator, der die Objekte wenn nötig restauriert, vor lauter Aufträgen aber immer überlastet ist; die Technikerin im Museum, die die Elektronik im Griff hat; der Informatiker, der ein spezielles Computerspiel für die Ausstellung kreiert.
Unabhängig davon, wie sich das Team zusammensetzt – die Beteiligten haben verschiedene Hintergründe, Ausbildungen und Berufserfahrungen –, sie alle sprechen ganz unterschiedliche Fachsprachen. Nicht zuletzt sind Sie deshalb in Sitzungen und im Projektverlauf auch als Übersetzerin und als Vermittler gefragt. Die Beteiligten haben unterschiedliche Aufgaben und arbeiten im Projektverlauf zu unterschiedlichen Zeitpunkten und in verschiedenen Kombinationen zusammen. Als Projektleiterin ist es Ihre Aufgabe, die verschiedenen Teammitglieder zusammenzuführen und miteinander zu vernetzen. Sie laden deshalb zu Sitzungen ein und Sie nehmen sich Zeit, diese seriös vor- und nachzubereiten. Für die erfolgreiche Projektabwicklung ist es entscheidend, dass die Beteiligten vom Selben reden und dasselbe Ziel vor Augen haben – also Hand-in-Hand-Gehen und nicht als Einzelkämpfer in unterschiedliche Richtungen losziehen. Das gemeinsame In-eine-Richtung-Gehen ist nicht immer von Beginn an der Fall. Es wird vielmehr prozessartig ab Projektstart unter Ihrer Leitung gemeinsam auf Informationssitzungen und in Diskussionsrunden erarbeitet. Für die Teamarbeit wie auch für Ihre Steuerungsaufgaben als Projektleiter gibt es aus der Lehre des Projektmanagements zahlreiche Methoden. 2 Ausgewählte Methoden Ein paar ausgewählte Methoden werden hier als Einstieg im einführenden Teil vorgestellt. Es sind einfache Methoden zur Ideenfindung, zur Prioritätensetzung und zur Vorbereitung für das Fällen von Entscheiden. Diese und weitere finden Sie ausführlicher beschrieben im Materialanhang »1. Glossar«. Prüfen Sie für sich, ob Sie die eine oder andere im Verlauf Ihrer Arbeit anwenden wollen.
Kreativitätsmethoden zur Ideenfindung: •
Das Brainstorming ist eine oft angewandte Ideenfindungsmethode. In einer Sitzung äußern die Teilnehmenden zum vorgegebenen Thema, zur gestellten Frage ihre Ideen spontan und inspirieren sich gegenseitig. Jede Idee
2 Drews, Günter/Hillebrand, Norbert: Lexikon der Projektmanagement-Methoden. 2. Auflage, Freiburg: Haufe-Lexware GmbH & Co 2010. Die hier beschriebenen Methoden sind aus diesem Buch übernommen.
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Barbara Alder, Barbara den Brok Die perfekte Ausstellung
•
•
wird protokolliert und vorerst nicht kommentiert. Anschließend werden die Ideen thematisch sortiert. Die Teilnehmenden kennzeichnen mehrere, zum Beispiel drei, Präferenzen. Die Ideen mit den meisten Punkten werden weiterverfolgt. Die Methode kann auch schriftlich angewandt werden, dann spricht man vom Brainwriting. Die Methode 6-3-5 ist eine weitere Kreativitätstechnik, um neue Ideen oder Lösungsvorschläge in der Gruppe zu erarbeiten. Sechs Personen verfassen für sich je drei Ideen beziehungsweise Lösungsvorschläge. Diese drei Ideen werden von den anderen fünf Personen reihum schriftlich ergänzt oder vertieft. Das Mind-Mapping eignet sich für das assoziative Ausbreiten eines Themas oder eines Problems. Auf Papier oder in einer Datei werden auf dem ganzen Blatt ungeordnet Ideen notiert. Die Darstellungsform kann genutzt werden, um all das zu erfassen, was einem zu einem Thema in den Sinn kommt. Die Stichworte können beliebig verschoben, gruppiert, sortiert werden. Das schafft Klarheit.
Methoden zur Prioritätensetzung: •
Das Eisenhower-Prinzip geht auf den amerikanischen Präsidenten Dwight D. Eisenhower (1890-1969) zurück und ist eine einfache Methode, sinnvoll Prioritäten zu setzen. Bei dieser Methode wird unterschieden zwischen »wichtig und dringend«, »wichtig, aber nicht dringend«, »dringend, aber nicht wichtig« und »unwichtig«. Abbildung 1: Eisenhower-Prinzip
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WICHTIGKEIT
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wichtig, aber nicht dringend
wichtig und dringend
in den Zeitplan aufnehmen, terminieren
ohne Aufschub sofort erledigen
nicht wichtig und nicht dringend
dringend, aber nicht wichtig
als Aufgabe streichen oder allenfalls später machen
die Aufgaben delegieren
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DRINGLICHKEIT
+
Barbara Alder £ Zur Einführung
In einem ersten Schritt erstellt man eine To-do-Liste: Was müssen Sie alles erledigen? Dann ordnet man die Aufgaben nach Dringlichkeit und Wichtigkeit. Im jeweiligen Kästchen steht, wie Sie mit den dort zugeordneten Aufgaben umgehen sollen. Zielgerichtet und nach Prioritäten geordnet, können Sie nun die entsprechenden Arbeiten erledigen. Methoden zur Erarbeitung von Entscheidungsgrundlagen: •
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Der Paarweise Vergleich ist eine einfache Methode, um aus einer Vielzahl von gleichwertigen Alternativen die beste Lösung zu finden. Es ist zwar eine subjektive Methode, doch werden die Entscheidungskriterien transparent gemacht. Jede Idee wird mit jeder anderen einzeln verglichen. Jedes dieser Paare wird mittels einer festgelegten Skala bewertet. Bei gleicher Bewertung erhalten beide Ideen eine 1, bei »besser« erhält die bessere Idee eine 2, die andere eine 0. Die besten Lösungen haben am meisten Punkte. Die SWOT-Analyse zeigt aktuelle Stärken (Strengths) und Schwächen (Weaknesses) sowie potenzielle Chancen/Möglichkeiten (Opportunities) und Risiken (Threats) von Ideen, Vorhaben oder Entscheidungen auf. Die Methode geht beschreibend vor. Die jeweiligen Stärken und Schwächen müssen aber mit Fakten untermauert sein. Für das Zusammentragen der Stichworte eignet sich ein Brainstorming. Abbildung 2: SWOT-Analyse Stärken:
Schwächen:
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Chancen:
Risiken:
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Gegenwart
Zukunft
Unter Stärken und Schwächen werden jene Faktoren aufgelistet, die aktuell sind und direkt gesteuert werden können. Chancen und Risiken betreffen zukünftige Faktoren, die nicht direkt gesteuert werden können.
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Barbara Alder, Barbara den Brok Die perfekte Ausstellung
Diese hier aufgeführten Methoden sind als Arbeitsinstrumente zu nutzen. Prüfen Sie bei im Verlauf des Projekts anfallenden Fragen, ob und welche Methode Ihnen helfen könnte, und testen Sie sie als Arbeitsinstrument. Und noch ein paar Worte zu vielleicht eher unangenehmen Aspekten eines Projektmanagements: •
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Unvorhergesehenes gehört zu jedem Ausstellungsprojekt! Die Planung kann noch so gut sein, es können noch so viele Eventualitäten von Beginn an bedacht worden sein – an alles lässt sich nie denken, zu komplex ist das Vorhaben. Berücksichtigen Sie das einfach in der Planung. Setzen Sie die Termine deshalb nicht zu knapp und bauen Sie Zeitpuffer ein, von denen nur Sie wissen. Bleiben Sie offen und wachsam und beziehen Sie die Projektbeteiligten beim Lösen eines akuten Problems mit ein. Belastung und Stress gehören zu jedem Projektmanagement. Mit einem guten Selbstmanagement wird Sie der Stress jedoch nicht überrollen oder lahm legen. Nehmen Sie deshalb wahr, wenn Sie gestresst sind. Tun Sie dann genau das Gegenteil davon, was Sie gerne tun würden: nicht weitereilen, sondern innehalten. Nehmen Sie sich Zeit – auch wenn Sie meinen, sie nicht zu haben – und notieren Sie, was es alles zu tun gibt (vgl. Eisenhower-Prinzip). Delegieren Sie Aufgaben, die auch jemand anderes tun kann (davon gibt es meist mehr, als es auf den ersten Blick den Anschein macht). Arbeiten Sie generell so, dass jemand für Sie einspringen könnte. Denken Sie auch während des gesamten Projektverlaufs die Möglichkeit mit, bei absehbarer Überlastung gewisse Aufgaben zu streichen. Konflikte und Reibereien gehören ebenfalls dazu, wenn Menschen zusammen arbeiten. Bleiben Sie offen und nehmen Sie wahr, wenn es im Projektverlauf oder zwischen Projektbeteiligten »knirscht«. Reagieren Sie – respektvoll und vorsichtig. Sprechen Sie den Konflikt mit den Beteiligten an und suchen Sie gemeinsam eine Lösung. Seien Sie sich aber auch bewusst, dass sich nur dann Lösungen finden lassen, wenn dies alle wollen. Ist dies nicht der Fall, muss der Konflikt anders gelöst werden, sei es mit einer personellen Umbesetzung, der Umformulierung einer Aufgabe oder im schlimmsten Fall mit der Suspendierung einer Person. Entscheide zu fällen ist nicht jedermanns Sache. Gerade als Projektleiterin müssen Sie aber immer wieder Entscheide fällen, damit die Arbeiten weitergehen können. Wichtig ist, dass Sie die von Ihnen geforderten Entscheide tatsächlich fällen, auch wenn Sie den Eindruck haben, dass Ihnen Hintergrundwissen fehlt. Nutzen Sie entsprechende Methoden (beispielsweise Paarweiser Vergleich oder SWOT-Analyse). Wichtig ist ferner, dass Sie die Gründe transparent und damit nachvollziehbar machen, wa-
Barbara Alder £ Zur Einführung
rum Sie so entschieden haben. Besprechen Sie sich mit den Beteiligten. Manchmal braucht es auch einfach Mut und Intuition, einen Entscheid zu fällen. Für das Projekt gibt es häufig nicht einen richtigen oder falschen, sondern nur diesen oder jenen Entscheid – wenn auch mit unterschiedlichen Konsequenzen. Nie werden Sie es aber allen recht machen können.
P ROJ EK T PH A SEN Eine klare Struktur und eine gute Planung sind das »A und O« für eine erfolgreiche Projektleitung. Sie gehen dabei schrittweise vor und arbeiten vom Groben zu den Details hin. Um dem Projekt eine erste grobe Struktur zu geben, gliedern Sie die Schritte auf dem Weg zu einer perfekten Ausstellung modellhaft in fünf Projektphasen. Die Unterteilung des Projekts in Phasen verschafft Klarheit und hilft, die kommende Arbeit übersichtlich zu strukturieren. Sie halten fest, was am Ende einer Phase vorliegen soll. Das erleichtert die Planung, die Steuerung und die Kontrolle. Die einzelnen Phasen stehen unter einem Motto: • • • • •
Vorprojektphase: »den Anstoß geben« Planungsphase: »das Angestoßene planen« Realisierungsphase: »das Geplante umsetzen« Folgephase: »die Ausstellung nutzen« Abschlussphase: »das Projekt beenden«
Abbildung 3: Projektphasen den Anstoß geben Vorprojektphase
das Angestoßene planen Planungsphase
das Geplante umsetzen Realisierungsphase
die Ausstellung nutzen Folgephase
das Projekt beenden Abschlussphase
In jeder Projektphase fallen unterschiedliche Arbeitsschritte an. Wenn die Arbeiten innerhalb einer Projektphase abgeschlossen sind, beginnt eine neue Phase. •
In der Vorprojektphase geht es unter dem Motto »den Anstoß geben« um die Initialisierung des Vorhabens. Häufig steht zuerst eine Idee im Raum. Erst wenn entschieden ist, welche Idee die beste ist und verwirklicht werden soll, kann das Vorhaben geplant werden.
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•
•
•
Erst wenn aus der Idee ein Vorhaben formuliert ist, erst wenn klar ist, worum es eigentlich geht, kann mit der konkreten Planung begonnen werden. In der Planungsphase werden unter dem Motto »das Angestoßene planen« alle Grundsteine inhaltlicher, gestalterischer und planerischer Art für die danach folgende Umsetzung gelegt. Man überlegt sich den Projektrahmen und plant die Termine, die Finanzen, die Ressourcen, macht sich Gedanken zum Inhalt, zur Qualität und zur Organisation des Projekts. Alle grundlegenden Fragen sind am Schluss der Planungsphase soweit geklärt und geplant, dass sie in der nächsten Phase umgesetzt werden können. Die Umsetzung des Geplanten findet in der Realisierungsphase statt. Jetzt wird konkret umgesetzt, was in der Planungsphase überlegt worden ist. Alles Geplante wird verwirklicht. Bei einem Ausstellungsprojekt ist diese Phase mit der Eröffnung abgeschlossen. Und damit beginnt die Folgephase – nun kann die Ausstellung genutzt werden, sie ist für die Besucherinnen geöffnet. Die Ausstellung wird gepflegt, bespielt, besucht. Mit dem Ende der Ausstellungsdauer beginnt die Schlussphase. In die Abschlussphase fallen all jene Arbeiten, die zur Beendigung des Projekts gehören wie Abbau, Rückgabe der Objekte und dergleichen (deren Planung gehört jedoch in die Planungsphase). Der Ausstellungsraum ist wieder leer. Das Projekt wird mit dem Abschlussbericht definitiv beendet.
Im Folgenden beschreiben wir anhand dieser fünf Projektphasen das Vorgehen in einzelnen Unterkapiteln. Überlegen Sie sich, wie Sie das Beschriebene auf Ihre spezifische Projektsituation übertragen können. Gehen Sie Schritt für Schritt vor. Wir wünschen viel Freude und viel Erfolg.
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1. »D EN A NSTOSS
GEBEN «:
VORPROJEKTPHA SE
Sie starten in der Vorprojektphase: Es gibt für die Ausstellung eine Stoßrichtung – aber noch ist fast alles offen. In dieser Phase erarbeiten Sie in der Funktion der Projektleitung die Grundlagen für die spätere Abwicklung des Projekts. Sie machen sich zur Projektstruktur, zu den Zielen, zu Terminen, Finanzen und Mitarbeitenden erste Gedanken (vgl. Teil I »1.1 Grundlagen im Vorfeld«). Sie starten das Projekt. In dieser Phase werden durch Projektmitarbeitende die Ausstellungsidee und das inhaltliche Vorkonzept erarbeitet, das die Grundidee der Ausstellung erläutert. All dies zusammen wird im Vorkonzept beschrieben (vgl. Teil I »1.2 Vorkonzept«). Es kann die Grundlage für die Auftragserteilung an Sie sein oder für ein Gesuch um finanzielle Unterstützung. Mit dem Gutheißen des Vorkonzepts, einem Meilensteinentscheid, legt man fest, ob und wie das Ausstellungsprojekt realisiert werden soll.1
1.1 G RU NDL AG EN I M V O R F ELD Mit einer sorgfältigen Analyse versuchen Sie, alle relevanten Faktoren, anfallenden Arbeiten und Eventualitäten im Voraus zu berücksichtigen und mit einer sorgfältigen Planung zu ordnen. Das Folgende klären Sie nicht auf einmal und schon gar nicht nur allein: Mehrere Sitzungen mit den am Projekt Beteiligten sind dafür zentral. Ausgangslagen von Ausstellungsprojekten sind sehr unterschiedlich. Beim einen Projekt existiert erst der Wunsch, eine Ausstellung zu machen – das Thema muss aber noch definiert und dann entschieden werden, ob daraus überhaupt ein Ausstellungsprojekt wird. Bei einem anderen sind bereits alle Rahmenbedingungen gegeben. Rahmenbedingungen sind Bedingungen im Projekt und im Projektumfeld, die vorgegeben sind und kaum beeinflusst werden können. Das können beispielsweise die Finanzen, der Eröffnungstermin oder die Anzahl der Mitarbeiterinnen sein. Aber auch Bedingungen im betrieblichen Umfeld, die geografische Lage der Ausstellungslokalität oder die Konkurrenz im Kultur- und Freizeitangebot können für ein Projekt entscheidende Faktoren sein, die berücksichtigt sein wollen.
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Hinweise, wie eine Ausstellungsidee erarbeitet werden kann, finden Sie im Materialanhang »2.1 Hinweise Entwicklung einer Ausstellungsidee«.
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Barbara Alder, Barbara den Brok Die perfekte Ausstellung
Nehmen Sie sich Zeit, das Umfeld und die Bedingungen Ihres Projekts sorgfältig zu eruieren. Sie können dies in mehreren Schritten tun, da sich im Verlauf der Vorbereitungsarbeiten sicherlich die eine oder andere Bedingung ändert beziehungsweise eine neue hinzukommt, oder sich Ihnen neue Zusammenhänge eröffnen. Machen Sie in einem Brainstorming eine gedankliche Auslegeordnung, um zu verstehen, in welchem Projektumfeld Sie die Ausstellung zu managen haben. Erstellen Sie dazu ein Gedankenmodell und unterscheiden Sie zwischen •
•
•
•
den Rahmenbedingungen: kaum zu beeinflussende Faktoren im Projektumfeld, gewissermaßen die Leitplanken. Das können der Ausstellungsort, das Freizeitangebot in der Umgebung, der Eröffnungstermin, die Finanzen, das Mission Statement und so weiter sein. der Steuerung: Mittel zur Steuerung, die Ihnen zur Verfügung stehen. Das können der Zeitplan, die Interessensgruppen (Stakeholder), das Team, die Sponsoringsuche und so weiter sein. Es könnte aber auch der Ausstellungsort sein, wenn Sie ihn zu wählen haben. Gewisse Faktoren können in einem Projekt eine Rahmenbedingung, in einem anderen ein Mittel zur Projektsteuerung sein. Wichtig ist, dass Ihnen bewusst wird, ob Sie einen Faktor als gegeben hinnehmen müssen oder ob Sie ihn als Mittel zur Steuerung einsetzen können. dem Ziel der Ausstellung: Was mit der Ausstellung erreicht werden soll, beispielsweise einen Inhalt vermitteln und gleichzeitig die Institution bekannt machen (vgl. Teil I »1.2.1 Projektziele bestimmen«). dem System: Ihr Projekt, die Ausstellung. Zusammengetragen werden alle Elemente, die zum ganzen Projekt gehören und in Wirkungsbeziehungen stehen, von den Objekten über die Teammitglieder bis zu den Vertretern der Interessensgruppen. Kurz: alle Elemente, die Ihnen wichtig scheinen rund um Ihre Ausstellung.
Visualisieren Sie dann Wirkungen, Beziehungen und Abhängigkeiten mit Pfeilen. Überlegen Sie sich, welche Auswirkung diese Wechselwirkungen und Abhängigkeiten für Ihr Vorhaben haben können. Vielleicht merken Sie, dass Sie weitere Mittel einsetzen können, um gewissen Rahmenbedingungen zu begegnen oder die Ziele zu erreichen. Und Sie können Faktoren erkennen, die Ihr Vorhaben gefährden oder verzögern könnten. Das ist wichtig für das Risikomanagement.
Barbara Alder £1. »Den Anstoß geben«: Vorprojektphase
Abbildung 4: Gedankenmodell Steuerung
>
>
Rahmenbedingungen
= Mittel – ... – ... – ...
= kaum beeinflussbare Gegebenheiten – ... – ... – ...
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System = Ihr Ausstellungsprojekt Elemente mit – ... Wechselbeziehungen – ... – ...
Ziele der Ausstellung – ... – ... – ...
Um ein Projekt erfolgreich anzupacken, ist es nicht nötig, dass alle Bedingungen von Anfang an geklärt sind. Sie werden sie im Verlauf der Vorbereitungen mit den am Projekt Beteiligten eruieren, ergänzen und in die Planung einbeziehen. Die Ausgangslagen müssen geklärt und geregelt sein, bevor mit der konkreten Umsetzung begonnen wird. Bedingungen können sich im Verlauf des Projekts auch ändern. Dann gilt es zu prüfen, was im Projekt selber geändert werden muss. Bei einschneidenden Veränderungen besprechen Sie dies am besten mit Ihrem Auftraggeber. Im Folgenden sind Fragen aufgelistet, die möglichst früh, spätestens aber vor der konkreten Umsetzung beantwortet werden sollten. Sie müssen diese Fragen nicht allein und auch nicht alle auf einmal beantworten. Nehmen Sie die Liste beispielsweise in die Startsitzung mit (vgl. Teil I »1.1.1 Projekt starten«). Die hier aufgelisteten Fragen sind weder nach ihrer Wichtigkeit sortiert noch vollständig. Ergänzen Sie sie entsprechend den Anforderungen Ihres Projekts.
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Barbara Alder, Barbara den Brok Die perfekte Ausstellung
Fragen zur Ausgangslage Als Checkliste finden Sie diese Fragen auch im Materialanhang »2.2 Checkliste zur Ausgangslage«. Zur Ausstellung: • • • • • • • • • • • •
Wo findet die Ausstellung statt? (Museum, Ausstellungsraum etc.) Wie sieht der Ausstellungsraum aus? (Raumgröße, Infrastruktur etc.) Wie ist die Erreichbarkeit der Ausstellung? (Zufahrtsmöglichkeiten mit öffentlichen/mit privaten Verkehrsmitteln, Ausschilderung etc.) In welchem kulturellen Umfeld findet die Ausstellung statt? Wie lautet das Thema? Was sind die Ziele der Ausstellung? Was möchte man mit der Ausstellung vermitteln? Was ist die »Take Home Message«? Wie möchte die Ausstellung vermitteln? (provozieren, informieren, belehren etc.) Wer sind die Zielgruppen? (konkret beschreiben) Ist sie als Wanderausstellung möglich oder geplant? Sind weitere Projekte als Teilprojekte vorgesehen? (Rahmenprogramm, Begleitpublikation, spezielle Angebote für spezifische Zielgruppen wie zum Beispiel Schulen etc.)
Zu Terminen und Finanzen: • • • •
Ist der Eröffnungstermin bekannt? Gibt es weitere terminliche Vorgaben? Wie ist der finanzielle Rahmen? Müssen Gelder gesucht werden? (Sponsoring, Unterstützungsbeiträge etc.)
Zu den Projektbeteiligten: • • • • •
Wer erteilt den Auftrag? Wer ist wofür verantwortlich? Wer übernimmt das Projektmanagement und leitet das Projekt? Sind die Kompetenzen geregelt? Welche Interessensgruppen sollten miteinbezogen werden? (Vereine, Firmen, Fachverbände etc.)
Barbara Alder £1. »Den Anstoß geben«: Vorprojektphase •
• • • •
Wer arbeitet an der Ausstellung mit? (interne, externe Mitarbeitende; Freiwillige, bezahlte Angestellte; Praktikanten; Teilzeit-, Vollzeitbeschäftigte; wissenschaftlich, konservatorisch, technisch, gestalterisch tätige Mitarbeitende etc.) Wer erarbeitet den Inhalt? Wer wird mit der Gestaltung beauftragt? Wer ist für die Objekte zuständig? Sind die Aufträge der Projektleitung und der Mitarbeitenden klar formuliert?
1.1.1 Projekt starten
Das Projekt beginnt offiziell mit einer Startsitzung, einem »Kick-off«. Wann Sie diese Sitzung durchführen, liegt in Ihrem Ermessen und hängt davon ab, wann die Voraussetzungen so weit klar sind, dass Sie von einem Ausstellungsprojekt reden können. Wichtig ist, dass Sie sich im Vorfeld genau überlegen, was Sie in der Sitzung erreichen und wen Sie dazu einladen möchten. Sie sollten sich also ausreichend Zeit für die Sitzungsvorbereitung nehmen. Laden Sie zeitlich nicht zu knapp ein. Auch zur Sitzungsnachbereitung müssen Sie sich Zeit nehmen. Als Projektleiter laden Sie alle Beteiligten zu einem solchen Kick-off ein. Je nach Ausstellungskontext setzt sich die Runde der Teilnehmenden dieser Startsitzung anders zusammen. Es ist sinnvoll, den Kreis der Eingeladenen weit zu halten. Teilnehmen sollten neben der Projektleitung die Teammitglieder, Vertreter der Entscheidungsträger und der Auftraggeberseite, weitere Projektbeteiligte wie beispielsweise die Gestalter2 (falls sie schon definiert sind) oder Repräsentanten von Interessensgruppen. In der Startsitzung lernen sich die Beteiligten in ihren Rollen und Funktionen im Projekt kennen. Im gemeinsamen Gespräch werden Erwartungen und Vorstellungen transparent gemacht und bei Bedarf korrigiert. Wie detailliert Sie bereits über das Projekt berichten und Termine planen können, hängt vom Projektstand ab. Wichtig ist, dass alle Beteiligten auf denselben Informationsstand gebracht werden. Überlegen Sie gemeinsam, wie das Umfeld der ge2 Das Berufsfeld von Gestaltern ist sehr vielfältig und die Bezeichnungen sind uneinheitlich. Unter einem Gestalter ist hier eine Person gemeint, die dank räumlicher Gestaltungserfahrung die Ausstellung im Raum inszeniert, die dreidimensionalen Bauten gestaltet und die erwünschte Atmosphäre im Raum herstellen kann. Der Begriff ist synonym mit Szenografin. Eine Grafikerin dagegen arbeitet zweidimensional mit Texten und Bildern.
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Barbara Alder, Barbara den Brok Die perfekte Ausstellung
planten Ausstellung aussieht. Gibt es Interessensgruppen, die einbezogen werden sollten? Wie sehen die Rahmenbedingungen aus? Überprüfen Sie gemeinsam Ihr Gedankenmodell (vgl. Abbildung 4) und klären Sie möglichst viele der Fragen zur Ausgangslage (vgl. im Materialanhang »2.2 Checkliste zur Ausgangslage«). Sie sollten auch ansprechen, wie im Projektverlauf wer wen wann und worüber informiert. Das Thema der internen Kommunikation werden Sie auch in späteren Sitzungen ansprechen und in der nächsten Projektphase systematisch angehen. Dann wird die gesamte Dimension des Projekts klar und Sie werden besser einschätzen können, was es an Kommunikation wann braucht. In der Kick-off-Sitzung erstellen Sie unbedingt eine Liste mit den Namen der Beteiligten, deren Funktion/Rolle, ihren Arbeitstagen, Festnetz- und Mobilnummern, E-Mail-Adressen und Postanschriften. So wird Ihnen nicht im ungünstigsten Moment genau die Telefonnummer fehlen, die Sie dann brauchen. Tipp In der Startsitzung können auch Umgangsregeln besprochen werden. Sie können vereinbaren, dass die gemeinsamen Sitzungstermine obligatorisch sind und die Sitzungen pünktlich beginnen. Sie können festlegen, dass die Beschlüsse der Sitzungen protokolliert werden, und regeln, wer das Protokoll schreibt und wie es zu den Beteiligten gelangt. Es können auch andere organisatorische Fragen geklärt werden, etwa, wie die Ordner- und Datenstruktur auf dem Server oder den Personalcomputern aussehen soll. Sie können aber auch besprechen, wie mit Fehlern umgegangen wird. Denn wenn gearbeitet wird, passieren Fehler. Stellen Sie eine Arbeitskultur her, in der Fehler besprechbar sind. Fehler sollen offengelegt, als Chance wahrgenommen und genutzt werden können, beispielsweise um Abläufe zu verbessern. Ordner- und Datenstruktur Oft bestehen Projektteams nicht nur aus internen Mitarbeitenden, sondern auch aus externen, die ebenfalls Zugriff auf die Unterlagen benötigen. Dies ermöglichen Projekträume, sogenannte »Sharepoints«. Wenn in einem Netzwerk mit Server oder Sharepoints gearbeitet wird, greifen häufig mehrere Personen auf dieselben Ordner zu und arbeiten an denselben Dateien. Wo findet man auf dem Server welche Unterlagen? Wo speichert man was ab? Eine klare Ordnerstruktur hilft, sich in der Ablage zurechtzufinden. Diese Struktur ist so einfach wie möglich aufgebaut. Vier bis sechs Ordner auf der ersten und jeweils höchstens drei bis vier Ordner auf der zweiten Ebene sollten ausreichen.
Barbara Alder £1. »Den Anstoß geben«: Vorprojektphase
Speichern Sie die Daten einheitlich und für alle Beteiligten nachvollziehbar ab. Der Dateiname setzt sich beispielsweise aus dem sechsstelligen Datum (Jahr, Monat, Tag) und einem oder zwei Schlagwörtern zu Inhalt und/oder Form zusammen: 110119_Protokoll_Kickoff.doc (am 19. Januar 2011 fand die Kick offSitzung statt, die hier protokolliert ist). 1.1.2 Projekt grob strukturieren
Als Projektleiterin strukturieren Sie das Projekt. Sie werden einen Projektstrukturplan erstellen. Erst in einem späteren Schritt, in der Planungsphase, werden Sie den konkreten Ablauf und die Termine im Ausstellungsprojekt bestimmen. Eine erste Hilfe ist die bereits genannte Unterteilung des Projekts in die fünf erwähnten Projektphasen. Die Projektphasen Die Projektphasen sind inhaltlich definiert und logisch und zeitlich voneinander getrennt. Damit kann die Planung stufenweise und übersichtlich erfolgen. • • • • •
Vorprojektphase: »den Anstoß geben« Planungsphase: »das Angestoßene planen« Realisierungsphase: »das Geplante umsetzen« Folgephase: »die Ausstellung nutzen« Abschlussphase: »das Projekt beenden«
Im zu erstellenden Projektstrukturplan visualisieren Sie, welche Arbeiten im Projekt anfallen werden. Diese werden zuerst den einzelnen Projektphasen zugeordnet. Dafür müssen Sie die Arbeitsschritte aber erst einmal in Form von Stichworten erfassen. Stichwor te sammeln Sammeln Sie die aus Ihrer Sicht anfallenden Arbeiten. Als Vorlage kann Ihnen »2.3 Checkliste der anfallenden Arbeiten« im Materialanhang dienen. Die Liste ist weder vollständig, noch sind die Aufgaben in einer chronologischen Reihenfolge genannt. Die Liste wird bei jedem Ausstellungsprojekt ergänzt beziehungsweise reduziert.3
3 Hierbei handelt es sich um die Erweiterung einer Liste aus Alder, Barbara/Favre, Pascal/Linker, Karolin: Ausstellen im Schulhaus. Ein Kurs im Rahmen der LehrerInnenFortbildung BL. Programm 2000 unter dem Motto »Auf zu neuen Ufern!«, Dokumentation. Typoskript, Liestal 2000, S. 7.
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Barbara Alder, Barbara den Brok Die perfekte Ausstellung
Übersicht der anfallenden Arbeiten • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • •
Projekt leiten (planen, organisieren, überwachen, steuern, eingreifen etc.) Verträge abschließen Administration, Ausstellungssekretariat finanzielle Unterstützungsbeiträge suchen, Sponsoring klären Ideen für Konzept und Inhalt entwickeln Recherchen (wissenschaftliche, journalistische, objekt-, bild-, ton-, filmbezogene) Konzepte erstellen (Vorkonzept, inhaltliches Konzept, Umsetzungskonzept) Teilprojekte (Rahmenprogramm, Begleitpublikation etc.) definieren, konzipieren, planen, umsetzen Ausstellung gestalten (Ideen und Konzept entwickeln, Ausstellungspläne zeichnen, Modelle bauen etc.) Grafisches gestalten (Texte in der Ausstellung, Auftritt nach außen etc.) Material für die Ausstellung suchen und beschaffen (Objekte, Modelle, Abbildungen, Ton, Film, Vitrinen, Dekorationsmaterial etc.) Einsatz der Medien planen (Computer, TV, Ton etc.) Wiedergaberechte abklären und einholen (Lizenzen) Objekte, Modelle: Leihverträge aufsetzen, Ausstellungsbedingungen klären, restaurieren, Übergabeprotokoll vorbereiten Versicherungen abschließen Transporte organisieren, geeignetes Verpackungsmaterial vorbereiten Bild-, Ton-, Filmdaten und Computeranimationen erstellen, bearbeiten Geräte kaufen, mieten Texte schreiben (Ausstellungstexte, Einladungskarte, Website etc.) Texte redigieren, korrigieren, übersetzen Grafisches entwerfen, setzen, drucken (Ausstellungstexte, Werbung) Website Ausstellungsmobiliar bauen, schweißen, streichen, lackieren etc. Ausstellungsraum instand setzen, streichen, elektrische Leitungen legen etc. Ausstellung aufbauen, Technik einbauen, Objekte platzieren, ausleuchten, reinigen etc. Elektroarbeiten (Licht, Geräte, Kabel etc.) Eingangsbereich gestalten Außenraum gestalten Adressen sammeln für Einladungen Eröffnungsevent konzipieren, planen, umsetzen
Barbara Alder £1. »Den Anstoß geben«: Vorprojektphase •
Öffentlichkeitsarbeit konzipieren, planen, umsetzen (Verteiler definieren, Werbung mit Flyer, Plakat, Einladungskarte, Versand etc.) Betreuung der Ausstellung (Ticketverkauf, Eingangskontrolle, Garderobe, Verkauf im Museumsshop, Aufsicht, Reparaturen, Service, Führungen etc.) Ausstellung dokumentieren (schriftlich, fotografisch) Ausstellung abbauen (entsorgen, aufräumen, Rückgabe Leihgaben, Transporte etc.) Dokumentation der Ausstellung Besucherumfrage Berichterstattung in der Presse4 verfolgen, sammeln Abschlussbericht verfassen Ausstellung archivieren
•
• • • • • • •
Eine Ausstellung machen heißt, dass viele Menschen mit unterschiedlichen Fähigkeiten zusammenarbeiten. Jede Person setzt ihr spezifisches Wissen und Können ein. Laden Sie deshalb die aus Ihrer Sicht wichtigen Projektbeteiligten zu einer nächsten Sitzung ein. Beziehen Sie Ihren Auftraggeber ein. Sie können auch jemanden mit Ausstellungserfahrung als Beraterin hinzuziehen. Verschicken Sie Ihre Liste als Diskussionsgrundlage im Voraus, so dass sich alle vorbereitend Gedanken machen können. Besprechen Sie in der Sitzung gemeinsam, welche Arbeiten anfallen werden. Die Auflistung der anfallenden Tätigkeiten wird zu diesem Zeitpunkt vermutlich nicht vollständig sein. Im weiteren Verlauf des Projekts werden möglicherweise weitere Aufgaben dazukommen. Und kein Ausstellungsprojekt ist wie das andere. Für die grundlegende Strukturierung des Projekts ist das nicht relevant – die gesammelten Arbeitsschritte werden für die Erstellung des Projektstrukturplans reichen. 4
Tipp Häufig werden jene Arbeiten vernachlässigt, die anfallen, wenn die Ausstellung eröffnet ist. Vergessen Sie also nicht, dass die Ausstellung begleitet werden muss: Wer regelt den Einlass? Wer überprüft regelmäßig, ob in der Ausstellung alles funktioniert? Und wer übernimmt die Führungen, wenn solche vorgesehen sind? Häufig wird auch ausgeblendet, dass in der Abschlussphase abgebaut, entsorgt und Objekte zurückgegeben werden müssen.
4 Der Begriff »Presse« meint hier nicht nur die Zeitungen, sondern auch Radio, Fernsehen, Internetforen und dergleichen. Der dazu üblicherweise verwendete Begriff »Medien« ist in diesem Buch besetzt durch die in der Ausstellung zum Einsatz kommenden Vermittlungsmedien wie Computer, TV, Ton und dergleichen.
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Barbara Alder, Barbara den Brok Die perfekte Ausstellung
Stichwor te strukturieren Überlegen Sie nach dem Sammeln gemeinsam weiter, welche Arbeiten und Tätigkeiten zu welcher Projektphase gehören. Ordnen Sie die Tätigkeiten jeweils einer Projektphase zu. Nutzen Sie Hilfsmittel wie beispielsweise den Flipchart, damit alle dem Prozess folgen können. • •
•
Handelt es sich bei den Stichworten um Abklärungen? Dann gehören sie in die Vorprojektphase. Mit welchen Tätigkeiten errichten Sie die nötigen Eckpfeiler, um das Geplante später umsetzen zu können? Diese Arbeiten fallen in der Planungsphase an. Was muss in der Realisierungsphase konkret produziert werden?
Nehmen Sie sich Zeit für das Sortieren, es ist eine aufwändige Arbeit. Teilaufg aben def inieren Prüfen Sie dann die Stichworte der jeweiligen Projektphase. Können einzelne Tätigkeiten unter einem Begriff zusammengefasst werden? Im Sprachgebrauch des Projektmanagements redet man von »Teilaufgaben«. Eine Teilaufgabe sollte beispielsweise »Vorkonzept« heißen. Darunter fallen alle nötigen Recherchen und Vorabklärungen, also alle Arbeitsschritte, die nötig sind, damit Sie das Vorkonzept verfassen können. 5
Tipp Unterscheiden Sie Tätigkeiten, die wirklich zur Erarbeitung der Ausstellung gehören, von solchen, die als eigene Projekte zu behandeln sind. Dazu zählen beispielsweise die Begleitpublikation, das Rahmenprogramm oder das Marketing. Diese Vorhaben müssen in eigenen Projektphasen mit separaten Ablauf- und Terminplänen strukturiert, organisiert und erarbeitet sowie mit dem Erarbeitungsprozess der Ausstellung koordiniert werden.5 Die Projektstruktur auf der Ebene der Projektphasen und der Teilaufgaben visualisiert Abbildung 5. Die Übersicht zeigt Ihnen modellhaft die den einzelnen Projektphasen zugeordneten Teilaufgaben. Die Begriffe in den Kästchen sind wie Überschriften, zusammenfassend für eine Vielzahl von Tätigkeiten. Die Teilaufgaben stehen innerhalb einer Phase noch nicht zwingend in einer zeitlichen oder logischen Abfolge zueinander. 5 In dieser Publikation geht es um das Projektmanagement von Ausstellungen. Es wird deshalb nicht ausgeführt, worauf es bei einer Begleitpublikation oder einem Rahmenprogramm ankommt. Bei der Planung und Organisation eines weiteren Projekts können Sie aber ebenfalls gemäß Projektmanagement vorgehen.
Barbara Alder £1. »Den Anstoß geben«: Vorprojektphase
Abbildung 5: Projektstrukturplan 1: Phasen und Teilaufgaben Ausstellung
Vorprojektphase
Planungsphase
Realisierungsphase
Grundlagen im Vorfeld
Projektsteuerung
Steuerung
Finanzierung und Vorkonzept
Feinplanungen
Ausstellung vorproduzieren
Inhaltskonzept
Aufbau im Ausstellungsraum
Umsetzungskonzept
Projekt
Folgephase
Abschlussphase
Projektphasen
Abschluss der Erarbeitung
Ausstellung abbauen und archivieren
Teilaufgaben
Betreuung der Ausstellung
Rückschau, Dank, Verabschiedung
Abschlussbericht
Eröffnung durchführen
Detailplanungen
Arbeit spakete bestimmen Zurück zu Ihrer Stichwortliste: Sie haben die Stichworte (Arbeitsschritte und Tätigkeiten) ja nun zu Teilaufgaben sortiert. Welche Tätigkeiten gehören nun innerhalb einer Teilaufgabe zusammen? Bündeln Sie sie, um einzelne »Arbeitspakete« zu erhalten. Arbeitspakete sind in der Sprache des Projektmanagements Aufgaben, die aus mehreren Tätigkeiten bestehen können, sich aber klar von anderen Aufgaben abgrenzen. Das Ergebnis eines Arbeitspakets und gegebenenfalls dessen Qualität können Sie beschreiben (und damit später überprüfen). Auch wenn die einzelnen Tätigkeiten innerhalb eines Arbeitspakets von verschiedenen Personen ausgeführt werden, ist jeweils eine Person für ein Arbeitspaket und dessen Gesamtergebnis verantwortlich. Die Ausstellungstexte und die Objektlegenden beispielsweise müssen geschrieben, geprüft, überarbeitet und korrigiert werden. Das ergibt dann das Arbeitspaket »Texte«. Dass an diesem Arbeitspaket sowohl der wissenschaftliche Mitarbeiter wie auch die Sammlungskuratorin, eine Fachexpertin, die Lektorin und der Korrektor arbeiten, ist für die Beschreibung nicht wichtig. Wichtig ist festzuhalten, dass das Endergebnis stehen muss – fertige Ausstellungstexte – und beispielsweise der wissenschaftliche Mitarbeiter dafür verantwortlich ist. Der Projektstrukturplan wird nun um die Arbeitspakete ergänzt. So erhalten Sie den »Plan der Pläne«6 als Grundlage für Ihre weitere Planung. Nicht jeder Teilaufgabe werden Arbeitspakete untergeordnet. Einzelne Teilaufgaben müssen aufgrund ihrer Größe nicht in einzelne Arbeitspakete unterteilt wer6 I. Geiger u.a.: Projektmanagement – Zertifizierung nach IPMA, S. 149.
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Barbara Alder, Barbara den Brok Die perfekte Ausstellung
den. Wiederum stehen die Teilaufgaben und die Arbeitspakete weder in einer logischen noch in einer chronologischen Abfolge zueinander. Diese zu bestimmen, ist ein Arbeitsschritt, der später folgen wird. Abbildung 6: Projektstrukturplan 2: Phasen, Teilaufgaben und Arbeitspakete Ausstellung
Vorprojektphase
Grundlagen im Vorfeld Finanzierung und Vorkonzept
Planungsphase
Projektsteuerung
Realisierungsphase
Steuerung
Feinplanungen
Ausstellung vorproduzieren
Inhaltskonzept
Aufbau im Ausstellungsraum
Umsetzungskonzept
Projekt
Folgephase
Abschluss der Erarbeitung Betreuung der Ausstellung
Abschlussphase
Projektphasen
Ausstellung abbauen und archivieren
Teilaufgaben
Rückschau, Dank, Verabschiedung Abschlussbericht
Eröffnung durchführen
Detailplanungen
Projekt starten
Abläufe planen
Raum, Infrastruktur, Mobiliar
Nachbesserungen
Objektrückgabe
Projekt grob strukturieren
Meilensteine setzen
Texte
Rückschau, Dank, Verabschiedung
Demontage, Entsorgung
vorläufiges Aufräumen und Produktkostenabrechnung
Flohmarkt
Projekt organisieren
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter planen
Projektziele bestimmen
Termine planen
Inhaltliches Vorkonzept erstellen
Kommunikation intern planen
Finanzen planen
Ausstellungseröffnung planen Öffentlichkeitsarbeit planen Medienarbeit planen Arbeit mit Schulen planen
Objekte, Requisiten Film, Bild, Ton, Computer ... Vermittlungsprogramm vorbereiten
Dokumentation der Ausstellung Besucherumfrage
Aufräumen, Archivieren
Arbeitspakete
Barbara Alder £1. »Den Anstoß geben«: Vorprojektphase
Tipp Das Sammeln und Strukturieren der anfallenden Arbeiten ist eine für den späteren Projektverlauf nötige Arbeit. Mit Hilfe der modellhaften Abbildung erhalten Sie eine Vorstellung davon, welche Arbeiten anstehen und welcher Aufwand in welcher Phase nötig sein wird. So können sie die Dimension des Vorhabens besser einschätzen. Wenn Sie wissen, welche Tätigkeiten anfallen werden, können Sie das Projekt strukturieren und damit in einem nächsten Schritt seinen Verlauf planen. Denken Sie immer daran, dass auch Unvorhergesehenes in die Planung gehört. 1.1.3 Projekt organisieren
Wir haben zu Beginn darauf hingewiesen, dass ein Projekt einen klaren Beginn und ein definiertes Ende hat. Seien Sie sich bewusst, dass das Projekt eine spezielle Organisation braucht, um den projektbezogenen Herausforderung adäquat begegnen zu können. Die am Projekt beteiligten internen Mitarbeitenden haben während der Dauer des Projekts neben ihrer Projektarbeit auch ihre alltäglichen Aufgaben zu leisten. Abbildung 7: Projektorganisation Auftraggeber Museumsleitung Vereinsvorstand
Zielgruppe, Nutzer Publikum
Projektteam
Fachunterstützung Projektleitung Fachexpertin
Schulen
Allg. Museumspublikum
Wissenschaftlicher Mitarbeiter
Sammlungsverantwortlicher
Gestalterin
Lehrperson
Techniker
Restauratorin
Die internen Mitarbeitenden arbeiten für das Ausstellungsprojekt und für die definierte Projektdauer mit Menschen in einem Team zusammen, mit denen sie in ihrer alltäglichen Tätigkeit häufig nicht zusammenarbeiten. Zudem überträgt ihnen innerhalb des Projekts nicht ihr direkter Vorgesetzter die Aufgaben, sondern die Projektleitung des Ausstellungsprojekts. Überlegen Sie
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Barbara Alder, Barbara den Brok Die perfekte Ausstellung
deshalb, wie der Aufbau der Projektorganisation aussehen könnte. Macht der Auftraggeber Vorgaben? Welche Personen sind involviert? Auf Ihrem Gedankenmodell (Abbildung 4) haben Sie bereits die einen oder anderen Projektbeteiligten erfasst. Ergänzen Sie nötigenfalls. Und mit dem Projektstrukturplan (Abbildung 6) haben Sie die wichtigen Arbeitsschritte festgehalten. Damit sehen Sie, welche Mitarbeitenden relevante Aufgaben zu erfüllen haben und im Projektteam sein sollten. Es bewährt sich, neben dem Projektteam auch die Nutzerinnen sowie mögliche Fachexperten einzubeziehen. Mit einem einfachen Schema wie Abbildung 7 können Sie die Projektorganisation visualisieren. Damit können Sie auch den Beteiligten die spezielle Projektsituation bewusst machen. Die Projektorganisation wird mit der Beendigung des Projekts wieder aufgelöst.
1.2 V O R KO NZEP T Das Vorkonzept gibt inhaltlich Auskunft über die grundsätzliche Ausrichtung der Ausstellung (vgl. Teil I »1.2.2 Inhaltliches Vorkonzept erstellen«). Zentral ist die Benennung der Ziele (vgl. Teil I »1.2.1 Projektziele bestimmen«). Was will die Ausstellung bewirken? Was will sie konkret leisten? Wer ist ihr Zielpublikum? Die Zielgruppen sollten präzise umschrieben werden: nicht einfach »Kinder«, sondern beispielsweise »Kinder im Vorschulalter«. Auch ein Verweis auf die Milieuherkunft oder das Geschlecht kann wichtig sein. Die Ausstellungsidee wird in das bestehende Umfeld eingebettet. Das kann beispielsweise der kulturelle und wirtschaftliche Kontext sein, aber auch das Themenumfeld: Gab es bereits Ausstellungen zu diesem Thema? Gibt es aktuelle gesellschaftspolitische Diskussionen dazu? Hat die Forschung neue Einsichten dazu vorgelegt? Mit solchen Argumenten wird die Idee der Ausstellung denn auch begründet. Erweitern Sie Ihr Gedankenmodell (vgl. Abbildung 4). Im Vorkonzept geht es aber auch um Organisatorisches: Um wie viele Teilprojekte handelt es sich? Ist nur eine Ausstellung vorgesehen oder möchte man zusätzlich ein Rahmenprogramm und eine Begleitpublikation realisieren? Wer ist in die Organisation des Projekts eingebunden? Das Vorkonzept beinhaltet zudem eine grobe Schätzung des finanziellen und personellen Aufwands und steckt mit einem groben Terminplan den zeitlichen Rahmen ab. Wie die Ausstellung finanziert wird, ist ebenfalls Teil des Vorkonzepts (vgl. Teil I »1.2.3 Finanzen planen«). Allerdings ist dies manchmal zu diesem Zeitpunkt noch nicht klar. Spätestens in der Planungsphase, also bevor mit der konkreten Umsetzung begonnen wird, muss die Finanzierung geklärt sein. Das Vorkonzept sollte auch die Risiken des Projekts thematisieren und mögliche Lösungsansätze aufzeigen. Welche Ereignisse sollten nicht ein-
Barbara Alder £1. »Den Anstoß geben«: Vorprojektphase
treten? Wie können sie vermieden werden oder wie könnte man auf ein unerwünschtes Ereignis reagieren? Auch die Frage der Nachhaltigkeit wird immer wichtiger. Fragen zum Vorkonzept Das Vorkonzept beantwortet folgende Fragen – je nach Adressat (vgl. Materialanhang »2.4 Checkliste Vorkonzept«): • • • • • • • • • • • • • •
inhaltliche Angaben (Arbeitstitel, zwei bis fünf Sätze zur Grundidee/ Hauptthese) Was bewirkt die Ausstellung? Wie lautet die »Take Home Message«? An wen richtet sich die Ausstellung? (Benennung einzelner Zielgruppen/Besuchergruppen) Ausstellungsort, Platzbedarf (Infrastruktur, Öffnungszeiten, Besucherservice) Einbettung in den Kontext, Beschreibung des Umfelds der Ausstellung inhaltlich, geografisch und kulturell (mögliche) Trägerschaften und (mögliche) Partner (mögliche) Interessensgruppen Projektorganisation grober Terminplan Sind weitere Projekte als Teilprojekte geplant? (Rahmenprogramm, Begleitpublikation, Marketingstrategien, Wanderung der Ausstellung) Wo liegen die Risiken? Was ist am Projekt nachhaltig? Projektkosten, Kostenschätzung
Tipp Der Aufbau des Vorkonzepts, die Ausführlichkeit – das Konzept soll auf jeden Fall prägnant und so kurz wie möglich sein – und seine Ausformulierung hängen davon ab, was mit dem Vorkonzept erreicht werden soll und wer der Empfänger ist (Auftraggeber, Sponsoren). Im Hinblick darauf gilt es abzuwägen, wie ausführlich die Informationen sein müssen und wie das Vorkonzept gegliedert und strukturiert wird.
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Barbara Alder, Barbara den Brok Die perfekte Ausstellung 1.2.1 Projektziele bestimmen
Was sind die Ziele des gesamten Ausstellungsprojekts? Damit sind nicht nur die inhaltlichen Ziele gemeint. Was möchte man mit dem Ausstellungsprojekt alles erreichen? Beschreiben Sie die Ziele klar und eindeutig. Das ist kein einfacher Arbeitsschritt: Eine präzise Zieldefinition braucht Zeit und ist einer der wichtigsten Schritte in der Vorprojektphase eines Projekts. Wenn hier etwas versäumt wird, muss es in einer späteren Phase mühsam nachgeholt werden. Häufig führt das dann zu Termin- oder Kostenüberschreitungen. Klären Sie die Projektziele gemeinsam mit den Projektbeteiligten und insbesondere mit Ihrem Auftraggeber. Ziele können auch falsch formuliert sein. Dann wird beispielsweise mitten in der Realisierung klar, dass sie mit den vorgesehenen Mitteln gar nicht umsetzbar sind. Die sogenannten SMART-Ziele7 helfen, die Projektziele auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen: S = M = A = R = T =
spezifisch: Die Ziele sind eindeutig und so präzise wie möglich zu definieren. messbar: Das Erreichen der Ziele ist mit bestimmten Kriterien (Indikatoren) messbar. akzeptiert: Die Ziele sind vom Auftraggeber akzeptiert. Auch: attraktiv, anspruchsvoll, angemessen. realisierbar: Die Ziele sind erreichbar. terminierbar: Zu jedem Ziel existiert eine klare Terminvorgabe, bis wann es erreicht werden soll.
Die einmal gesetzten Ziele müssen auch während des Projektverlaufs immer wieder überprüft werden. Können sie weiterverfolgt oder müssen sie verändert werden? Das geschieht insbesondere mit den gesetzten Meilensteinen. 1.2.2 Inhaltliches Vorkonzept erstellen
Im inhaltlichen Vorkonzept erarbeitet und umschreibt beispielsweise der wissenschaftliche Mitarbeiter die inhaltliche Grundidee der Ausstellung, die mit den allgemeinen Projektzielen korrespondiert. Was möchte man vermitteln? Wen möchte man erreichen? Im Vorkonzept arbeitet man mit einem Arbeitstitel, der die Grundidee umreißt (vgl. Materialanhang »2.5 Hinweise inhaltliche Erarbeitung Vorkonzept«).
7 SMART ist ein Akronym aus den Adjektiven »Specific, Measurable, Accepted, Realistic, Timely« und eine verbreitete Hilfestellung bei der Definition von Zielen.
Barbara Alder £1. »Den Anstoß geben«: Vorprojektphase
1.2.3 Finanzen planen
Klar, Geld spielt eine Rolle – der finanzielle Rahmen eröffnet oder verhindert Möglichkeiten. Doch lässt sich mit fast jedem Budget eine Ausstellung produzieren. Im Idealfall stehen die Ausgangslagen fest, wenn das grobe Budget erstellt wird: Wie groß ist die Ausstellungsfläche? Wie viele Personen einer Institution arbeiten mit und müssen nicht über das Ausstellungsbudget kalkuliert werden? Kommen Freiwillige oder Praktikanten zum Einsatz? Steht die Infrastruktur – wie Lichtkörper, Heizung, Eingangskontrolle und Aufsicht – in der Ausstellung zur Verfügung? Tipp Häufig ist es so, dass zwar die Grundidee der Ausstellung erarbeitet ist, Sie aber noch keine Aussagen über die Umsetzung machen können und trotzdem ein Budget erstellen sollen. Haben Sie Mut, lassen Sie sich auf Schätzungen ein, seien Sie kreativ. Sie erstellen mit einem solchen Budget einen Rahmen, der Ihnen in Bezug auf das Projekt auch als Spiegel dienen kann. Schätzen Sie es als realistisch ein, das benötigte Geld zu erhalten? Oder müssen Sie die Grundidee vereinfachen? Können vielleicht weitere Partner einbezogen werden, die einen Teil der Kosten übernehmen? Auch wenn nicht alle Rahmenbedingungen geklärt sind, ist eine Kostenschätzung aufgrund des Vorkonzepts möglich. Denken Sie bei der Budgetierung sowohl an die Menschen, die für das Projekt arbeiten und ein Honorar oder einen Lohn erhalten, wie auch an die Sachkosten. Je nach Land oder Region variieren die Sach- und Personalkosten, trotzdem können Sie eine erste grobe Annäherung an die Kosten aufgrund von Erfahrungswerten auf der Basis der zu bespielenden Ausstellungsfläche vornehmen (Preis pro Quadratmeter). Dabei gilt zu unterscheiden, ob es sich um eine Sonder- oder um eine Dauerausstellung handelt. Zudem ist zu beachten, ob alle Personalkosten über das Ausstellungsbudget laufen und in die Kostenschätzung aufgenommen werden müssen oder ob ein Teil davon über das Betriebsbudget des Ausstellungshauses läuft. Die in Abbildung 8 aufgeführten Beträge sind Durchschnittswerte, errechnet aufgrund der im Buch angeführten Beispiele in Teil II »Porträts« sowie eigener Erfahrungen. Anhand der Beispiele in Teil II wird deutlich, dass die Kosten hoch über den angegebenen Schätzwerten liegen können, beispielsweise wenn die Ausstellung nicht in einem regulären Ausstellungsraum (Teil II »Porträt 5«) oder nicht von einem Ausstellungsbetrieb mit gewissen Erfahrungswerten erarbeitet wurde. Ein anderes Beispiel (Teil II »Porträt 10«) zeigt, dass eine Ausstellung in einem routinierten Ausstellungsbetrieb auch mit sehr geringen Mitteln realisiert werden kann (Sonderausstellung für 40 Euro/m2 ohne Personalkosten intern).
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Barbara Alder, Barbara den Brok Die perfekte Ausstellung
Abbildung 8: Kosten pro m2 Ausstellungsfläche Sonderausstellung CHF EURO
mit Personalkosten ohne Personalkosten mit Personalkosten ohne Personalkosten
Dauerausstellung
CHF 1.500 CHF 1.000 EURO 900 EURO 600
CHF 3.000 CHF 2.000 EURO 1.800 EURO 1.200
Haben Sie bereits eine Gestalterin beauftragt, kann auch sie Sie mit Rat und Erfahrung bei der Erstellung einer Kostenschätzung unterstützen. Für Gestalter gilt übrigens, dass deren Honorar sich auf etwa 20-25% das Gestaltungs- und Realisationsbudget beläuft. In Abbildung 9 stehen z.B. CHF 150.000 für Gestaltung und Realisation zur Verfügung und das Honorar der Gestalter ist mit CHF 35.000 etwas über 20%. Sie können auch eine andere Institution um ein Budget einer vergleichbaren Ausstellung anfragen. In Abbildung 9 finden Sie eine erste Kalkulation für die Ausstellungskosten einer Sonderausstellung auf 350m2, inklusive aller Personalkosten, sowohl in Schweizerfranken, als auch in Euro. Auch dies kann Ihnen als Vorlage dienen. 8
Abbildung 9: Kostenschätzung einer Sonderausstellung, 350m2 geschätzter Kostenaufwand in CHF
geschätzter Kostenaufwand in Euro
Projektleitung (Planung, Leitung, Steuerung, Koordination inkl. Öffentlichkeitsarbeit, 8 Monate 50%)
40.000
25.000
Assistenz Projektleitung (8 Monate 20%)
15.000
15.0008
Infrastruktur und Spesen Projektleitung Projektmitarbeiter (Recherchen, Konzept, Umsetzung, 8 Monate 60%) Rechercheaufträge
5.000
2.000
60.000
42.000
45.000
15.000
5.000
2.000
wissenschaftliche Projektmitarbeit Gestaltung und Grafik der Ausstellung (Konzept, Planung, Realisation), 20-25% des Konzepts-, Planungs-, Realisationsbudget
50.000
17.000
35.000
25.000
Material Aufbau
70.000
40.000
8 Assistenz und Projektmitarbeitende werden in Deutschland häufig ganzjährig als Volontäre angestellt und als Volontariatsstellen vergeben.
Barbara Alder £1. »Den Anstoß geben«: Vorprojektphase
Aufbau- und Abbauhilfe (1 Monat à 400%) Objekt-, Film-, Tonbeschaffungskosten, inkl. Abbildungs- und Wiedergaberechte (Lizenzabgaben) Bild- und Filmbearbeitung und -Erstellung, inkl. Abbildungs- und Wiedergaberechte (Lizenzabgaben)
15.000
8.000
5.000
4.000
7.000
4.000
Objekt-Restaurierungskosten
7.000
5.000
Objekt-Versicherung und Transport
3.000
2.000
Korrektur Texte
3.000
1.000
Geräte und Technik (Kauf, Miete) Medien (Planung, Ausführung, Installation) Licht (Planung, Miete, Material, Aufbau, Einleuchten)
8.000
8.000
10.000
5.000
15.000
10.000
Entsorgung Gestaltung und Realisation Ausstellung Eröffung
2.000
1.000
180.000
113.000
5.000
3.000
Rahmenprogramm
10.000
8.000
Veranstaltungen Ausstellungsbetrieb
15.000
11.000
Kasse, Aufsicht (6 Monate à 200%)
50.000
30.000
Mietkosten Ausstellungsraum
20.000
15.000
Ausstellungsbetrieb Gestaltung (Tickets, Plakate, Einladungskarten, Flyer)
70.000
45.000
10.000
4.000
Druckkosten
15.000
10.000
Werbemaßnahmen
30.000
10.000
Werbung
55.000
22.000
Internetauftritt (Planung, Gestaltung)
5.000
4.000
Technik und Provider
2.000
1.000
Internetauftritt
7.000
5.000
43.000
25.000
480.000
280.000
Reserve 10% Gesamtaufwand
Der Betrag dieser Kostenschätzung ist für manche Institutionen ein sehr großer Aufwand. Es gilt zu beachten, dass einige der Kosten nicht über das Ausstellungsbudget laufen müssen, wenn beispielsweise für den Ausstellungsraum oder für die Infrastruktur keine Miete und für den Ausstellungsbetrieb keine separaten Honorare bezahlt werden müssen. Auch die Arbeit durch Freiwillige kann ein Budget entlasten. Insbesondere gilt zu beachten, dass ein Ertrag verbucht werden darf über die Eintrittsgelder für Ausstellung und Veranstaltungsprogramm.
41
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Barbara Alder, Barbara den Brok Die perfekte Ausstellung
Manchmal steht bei kleineren Institutionen oder kleineren Ausstellungen von Anfang an fest, wie viel Geld für das Projekt zur Verfügung steht. Überlegen Sie in diesem Fall aufgrund des Vorkonzepts gemeinsam mit der Gestalterin, welche Budgetposten relevant sind, beziehungsweise entfallen, und verteilen Sie die zur Verfügung stehende Summe grob auf die verbleibenden Budgetposten. 1.2.4 Sponsoring
Reicht das vorhandene Geld für das Budget nicht aus, müssen Unterstützungsbeiträge gesucht werden. Dafür benötigen Sie das Vorkonzept und die Kostenschätzung. Dabei ist es wichtig, dass Sie sich den Adressaten und seine Interessen vor Augen halten: Warum sollte er Geld geben? Was wünscht sich ein Sponsor als Gegenleistung? Was wollen und können Sie ihm anbieten? Wie wird der Erfolg gemessen, wie überprüft? Die Antworten auf solche Fragen müssen implizit im Vorkonzept enthalten sein. Das Stellen von Gesuchen bei Stiftungen, staatlichen Förderabteilungen und bei privaten Sponsoren ist sehr zeitaufwändig. Es braucht neben einem Dossier mit klaren Projektzielen auch viel Zeit für direkte Kontakte mit potenziellen Geldgebern. 1.2.5 Meilenstein Vorkonzept
Wenn alle Angaben beieinander sind, formulieren Sie das Vorkonzept. Es skizziert, wie das Vorhaben sowohl inhaltlich wie auch organisatorisch umgesetzt werden soll (Konkret geplant wird es allerdings erst in der Planungsphase, vgl. Teil I »2. Das Angestoßene planen«). Mit der Genehmigung des Vorkonzepts, dem Meilenstein Vorkonzept, zeigt Ihr Auftraggeber, dass er mit dem Inhalt und dem Vorgehen einverstanden ist. Dann wissen Sie, dass sowohl die inhaltliche Ausrichtung der Ausstellung wie auch Ihre Vorstellung des Vorgehens genehmigt sind. Im Interview mit Alexandra Bunge (vgl. Teil II »Porträt 1«) ist die Wichtigkeit dieses Meilensteins gut und nachvollziehbar beschrieben. Sie berichtet, wie in ihren Projekten jeweils die Realisierbarkeit einer Idee und die Risiken sorgfältig geprüft werden, bevor der Entscheid für ein Ausstellungsprojekt gefällt wird – ein Meilenstein eben. Auf trag Projektleitung Spätestens mit der Genehmigung des Vorkonzepts sollten Sie von Ihrem Auftraggeber den konkreten Auftrag zur Leitung und Umsetzung des Projekts erhalten. Auch dies beschreibt Alexandra Bunge gut nachvollziehbar. Als Projektleiter muss Ihnen nun klar sein, was Ihre Aufgaben und Kompetenzen
Barbara Alder £1. »Den Anstoß geben«: Vorprojektphase
sind und was man von Ihnen erwartet. Egal, ob Sie in einer Institution fest angestellt sind oder als Externe die Projektleitung übernehmen: Es ist von Vorteil, wenn Sie einen schriftlichen Projektauftrag erhalten, beispielsweise in Form eines beidseitig unterzeichneten Lasten- oder Pflichtenhefts, einer gegengezeichneten Offerte oder in Form eines Vertrags. In einem solchen Dokument ist beschrieben, was Sie wie und womit erledigen sollen. Festgehalten ist auch Ihr Honorar (vgl. Materialanhang »2.6 Hinweise Verträge«). Es kann vorkommen, dass sich im Verlauf des Projekts Rahmenbedingungen ändern. Dann überprüfen Sie zusammen mit dem Auftraggeber, ob dies eine Auswirkung auf die vertraglichen Bestimmungen hat und ändern sie gegebenenfalls entsprechend. Vergessen Sie nicht, nötigenfalls auch das Honorar anzupassen.
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£
2. »D A S A NGESTOSSENE P L ANUNGSPHA SE
PL ANEN «:
Mit dem Vorkonzept und dem Auftrag ist der Anstoß gegeben – sie bilden die Grundlage für die Projektsteuerung. Dafür sind Sie als Projektleiterin verantwortlich. Gehen Sie auch bei der weiteren Projektplanung schrittweise vor. In der Planungsphase verfeinern beziehungsweise konkretisieren Sie die Planung, passen sie den veränderten Bedingungen an und erarbeiten, wie Sie das Projekt steuern. Parallel dazu wird das inhaltliche Konzept der Ausstellung, beispielsweise durch den wissenschaftlichen Projektmitarbeiter, und im Anschluss daran das Gestaltungskonzept und die Detailpläne des Umsetzungskonzepts durch die Gestalterin ausgearbeitet. Tipp Es gibt unterschiedliche Vorgehensweisen, wie es zu einem Gestaltungskonzept kommen kann. Setzen die Gestalter den Inhalt räumlich um, ohne einen Einfluss auf diesen zu haben? Oder erarbeiten sie Inhalt und Gestaltung gemeinsam mit dem wissenschaftlichen Mitarbeiter. Der wissenschaftliche Mitarbeiter und die Gestalterin stehen dann sinnvollerweise von Beginn an in einem Dialog. Die Gestalterin kann in diesem Fall den Inhalt aus ihrer fachlichen Sicht heraus beeinflussen. Das bedeutet, dass die räumlichen Aspekte von Erarbeitungsbeginn an berücksichtigt werden. Beim Ausstellungsbesuch ist das positiv spürbar. Die folgenden Unterkapitel stehen nicht in einer chronologischen Reihenfolge, sondern beschreiben, nach Themenbereichen gegliedert, welche Arbeiten es zu tun gibt.
2.1 P ROJ EK T S T EU ERU N G Als Projektleiter stellen Sie sich die Frage, wie Sie das Projekt steuern können. Für die Projektsteuerung müssen Sie die relevanten Faktoren wie Termine, Umfeld, Finanzen und so weiter kennen. Dann werden Sie in der Feinplanung den Ablauf-, Termin- und Kommunikationsplan erstellen. Sie werden Meilensteine setzen und die Mitarbeiterinnen planen. Dies alles sind Ihre Steuermittel. Der Projektstrukturplan zeigt Ihnen, was es an Arbeitsschritten zu tun gibt. Ihr Gedankenmodell visualisiert die Elemente des Projekts, die Rahmenbedingungen, die Mittel und die Ziele. Wurde an alles gedacht? Nehmen Sie die »Checkliste Planung« (auch aufgeführt im Materialanhang »2.7 Checkliste Planung«) zu Hilfe. Ein Teil der darauf genannten Stichworte wurde bereits in der Vorprojektphase erledigt. Von einem anderen Teil der Tätigkeiten wird noch die
46
Barbara Alder, Barbara den Brok Die perfekte Ausstellung
Rede sein. Überprüfen Sie die Stichworte und fügen Sie Ihre eigenen hinzu. Diese Stichwortliste ist für Sie eine Checkliste jener Arbeiten, die spätestens in der Planungsphase getätigt werden müssen. Einen Teil davon können Sie ohne Weiteres an Mitarbeitende delegieren. Stichworte zur Planung • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • •
Ausstellungsort besichtigen Ausstellungsdauer festlegen Wanderausstellung möglich/geplant? Bedingungen des Ausstellungsorts bekannt/eingeplant? Steht Infrastruktur zur Verfügung? Ist das Budget erstellt? Ist der Ablauf- und Terminplan auf der Ebene der Teilprojekte erstellt? Ist der detaillierte Ablauf- und Terminplan auf der Ebene der Arbeitspakete erstellt? Sind konkrete Sitzungsdaten für Meilensteine vereinbart? Wie ist das Projekt organisiert? (Funktion und Rolle Auftraggeber, Projektleitung, Mitarbeitende etc.) Müssen weitere Mitarbeitende gesucht werden? Wissen alle, wofür sie verantwortlich sind? Wer übernimmt die Gestaltung? Sind mit dem Auftraggeber dessen und die eigenen Erwartungen, Bedingungen und Leistungen geklärt? Wer übernimmt die Projektleitung und die Ausführung bei Teilprojekten (Rahmenprogramm, Begleitpublikation etc.)? Gibt es Partner zur Zusammenarbeit? Sind die Partner eingebunden? Wo liegen die Risiken im Projekt? Findet das regelmäßige Controlling statt? Findet regelmäßige Kommunikation und Information statt? Inhaltskonzept: Sind die Themenbereiche definiert? Steht der definitive Titel? Gestaltungskonzept: Sind Grundidee und Themenbereiche adäquat räumlich umgesetzt? Ist das Realisationsbudget erstellt? Wer übernimmt die Öffentlichkeitsarbeit? Ist die Beauftragte für die Öffentlichkeitsarbeit über das Vorhaben informiert oder bereits involviert? Wer informiert die Presse? Ist die Eröffnung geplant?
Barbara Alder £2. »Das Angestoßene planen«: Planungsphase • • • •
Sind die Schulen benachrichtigt? Aufbau: Wer übernimmt die Bauleitung? Wer betreut die laufende Ausstellung? Betreuung der Ausstellung: Ist die Technik einfach handhabbar?
Wenn im Verlauf des Projekts sich die eine oder andere Rahmenbedingung ändert, hat das Auswirkungen auf das Projekt. Abbildung 10 visualisiert die zentralen Abhängigkeiten: Wird beispielsweise das Budget gekürzt, hat das einen Einfluss auf die Qualität und/oder den Eröffnungstermin. Das Dreieck visualisiert die Wechselbeziehungen der Eckpunkte und möchte auf die Konsequenzen verweisen, wenn einer der Eckpunkte verändert wird. Abbildung 10: Abhängigkeitsdreieck Kosten
Termintreue
Qualität
2.2 F EINPL A N U N G EN In der Feinplanung legen Sie fest, in welcher Reihenfolge die Arbeiten getätigt werden müssen (vgl. Teil I »2.2.1 Abläufe planen«). Dann setzen Sie die Meilensteine (vgl. Teil I »2.2.2 Meilensteine setzen«). Und Sie legen die Termine fest (vgl. Teil I »2.2.4 Termine planen«). Sie werden zudem die Arbeiten an die Mitarbeitenden verteilen (vgl. Teil I »2.2.3 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter planen«). Die Projektorganisation zeigt Ihnen, wer beteiligt ist. Ob Sie zuerst die Termine, das Budget oder die Mitarbeitenden planen, hängt von der Ausgangslage Ihres Projekts ab. Häufig arbeitet man an allen drei Aufgaben parallel.
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Barbara Alder, Barbara den Brok Die perfekte Ausstellung
Tipp Seien Sie sich bewusst, dass diese Pläne Sie das ganze Projekt hindurch begleiten werden, und dass Sie sie immer wieder modifizieren müssen. Um die sogenannte »rollende Planung« kommt auch die vorausschauendste Planung nicht herum. Vielleicht haben Sie unverhofft mehr Geld zur Verfügung und müssen entscheiden, wie sie dieses einsetzen. Oder umgekehrt, eine Ressource entfällt. Dann müssen Sie das Projekt entsprechend anpassen. Vergessen Sie dabei nicht, den Auftraggeber entsprechend zu informieren beziehungsweise die Beteiligten einzubeziehen. 2.2.1 Abläufe planen
Wie erwähnt, zeigt Ihnen der Projektstrukturplan, was es an Arbeitsschritten zu tun gibt. Sie legen nun fest, in welcher Reihenfolge die Arbeiten getätigt werden. Erstellen Sie einen Ablaufplan. Um die Sache übersichtlich zu halten, gehen Sie schrittweise vor und bleiben vorerst auf der Ebene der Teilaufgaben. Ordnen Sie diese innerhalb der Projektphasen in eine logische Abfolge. Dabei hilft Ihnen eine Darstellung wie in Abbildung 11 mit einem Netzplan: Die Tätigkeiten werden daraufhin geprüft, in welcher Abhängigkeit sie zueinander stehen und entsprechend in Kästchen hinter-, über- und untereinander gesetzt. Überlegen Sie, welche Arbeiten ausgeführt sein müssen, damit eine andere Aufgabe in Angriff genommen werden kann. Sie können auch diesen Arbeitsschritt mit den Projektbeteiligten gemeinsam tun. Abbildung 11: Netzplan
Sobald Ihnen die Reihenfolge klar und logisch erscheint, können Sie die Teilaufgaben in einem einfachen Balkendiagramm visualisieren.
Abschlussbericht
Ausst. abbauen und archivieren Rückschau, Dank, Verabschiedung
Betreuung der Ausstellung
Abschluss der Erarbeitung
Aufbau im Ausstellungsraum Eröffnung durchführen
Ausstellung vorproduzieren
Steuerung
Inhaltskonzept Umsetzungskonzept Detailplanungen
Feinplanungen und Projektsteuerung
Finanzierung und Vorkonzept
Teilaufgaben Grundlagen im Vorfeld
Vorprojektphase
Abbildung 12: Ablaufplan der Teilaufgaben nach Phasen Planungsphase
Realisierungsphase
Folgephase
Abschlussphase
£2. »Das Angestoßene planen«: Planungsphase
Barbara Alder 49
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Barbara Alder, Barbara den Brok Die perfekte Ausstellung
Jede Zeile dieses fiktiven Beispiels umschreibt eine Teilaufgabe. Die Balkenlänge zeigt keine Dauer an. Es geht vorerst einzig um die grobe Übersicht der Abläufe. In diesem Beispiel werden die Feinplanung und die Projektsteuerung parallel zum Inhaltskonzept und zum Umsetzungskonzept erarbeitet, die sich überschneiden. In der Realisierungsphase wird die Ausstellung zuerst vorproduziert. Erst dann kann mit dem Aufbau begonnen werden. 2.2.2 Meilensteine setzen
In jeder Projektphase fallen gewisse Entscheide an, die für das weitere Vorgehen wegweisend sind. Solche Meilensteine zeigen auf, ob die Ausrichtung mit den Erwartungen Ihres Auftraggebers übereinstimmt und ob Sie im Projektverlauf so weiterarbeiten können, wie Sie es geplant haben. Entspricht das Projekt den Erwartungen Ihres Auftraggebers? Haben sich gewisse Rahmenbedingungen verändert? Muss das Projekt deshalb anders ausgeführt werden? Muss das Präsentierte überarbeitet werden? Oder muss das Projekt gar abgebrochen werden? Tipp Überlegen Sie sich zu Beginn, aber auch im Verlauf des Projekts immer wieder, wann Ihr Auftraggeber dem Erarbeiteten zustimmen muss, damit ein weiterer Arbeitsschritt in Angriff genommen werden kann. Sprechen Sie dies mit ihm ab und setzten Sie dann die Meilensteine fest. Meilensteine sollten nicht zu nah beieinander, aber auch nicht zu weit auseinander stehen. So garantieren Meilensteine, dass der Auftraggeber und mögliche weitere Entscheidungsträger informiert sind und die Beteiligten im Projektverlauf frei arbeiten können, ohne ins Leere zu arbeiten. Mit einem Meilenstein gibt der Auftraggeber den Weg für die weitere Erarbeitung frei. In diesem fiktiven Beispiel (Abbildung 13) sind fünf Meilensteine gesetzt. • •
•
Meilenstein Vorkonzept: Der Auftraggeber stimmt dem Vorkonzept und dem Finanzierungsmodell zu und erteilt als Folge davon den Projektauftrag. Meilenstein Inhaltskonzept: Der Auftraggeber stimmt dem Inhaltskonzept zu. Es kann nun inhaltlich weiter konkretisiert und das Gestaltungskonzept erarbeitet werden. Meilenstein Gestaltungskonzept: Der Auftraggeber stimmt den Ideen für die Gestaltung zu. Nun können die konkreten Pläne für die Ausstellung erarbeitet und damit das Umsetzungskonzept erstellt werden.
Abschlussbericht
Ausst. abbauen und archivieren Rückschau, Dank, Verabschiedung
Betreuung der Ausstellung
Abschluss der Erarbeitung
Aufbau im Ausstellungsraum Eröffnung durchführen
Steuerung Ausstellung vorproduzieren
Inhaltskonzept Umsetzungskonzept Detailplanungen
Feinplanungen und Projektsteuerung
Grundlagen im Vorfeld Finanzierung und Vorkonzept
Teilaufgaben
Vorprojektphase
M
Planungsphase
Abbildung 13: Ablaufplan der Teilaufgaben mit Meilensteinen
M M
M
Realisierungsphase
Folgephase
Abschlussphase
M
£2. »Das Angestoßene planen«: Planungsphase
Barbara Alder 51
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Barbara Alder, Barbara den Brok Die perfekte Ausstellung • •
Meilenstein Ausstellungsabnahme: Der Auftraggeber nimmt am Ende der Realisierungsphase vor der Eröffnung die Ausstellung ab. Meilenstein Abschluss: Mit dem letzten Meilenstein stimmt der Auftraggeber dem Abschlussbericht zu.
2.2.3 Mitarbeiter planen
Sie arbeiten in und mit einem Projektteam. Bei der Mitarbeiterplanung geht es darum, Personen mit Aufgaben zu betrauen, die sie lösen können. Häufig wird die Frage, wer was tut, bereits in der Startsitzung angesprochen. Dennoch sollten Sie als Projektleiterin die Zuteilung in der Feinplanung erneut und mehrmals zur Hand nehmen. Sie können, nachdem Sie den Ablaufplan erstellt haben, die Beteiligten den Teilaufgaben zuordnen. Oder Sie setzen zuerst die Termine und ordnen dann die Aufgaben den Mitarbeitenden zu. Egal in welcher Reihenfolge, es gibt kaum ein stringentes Nacheinander. Vielmehr überprüfen Sie den gesamten Ablauf mit dem Einsatz der Mitarbeitenden und den Terminen am Schluss auf die Stimmigkeit hin – am besten zusammen mit den Betroffenen. Achten Sie bei der Verteilung der Arbeiten gemeinsam darauf, dass die Mitarbeitenden nicht überlastet sind oder durch Terminengpässe in Stress geraten könnten. Fällt eine Mitarbeiterin krankheitsbedingt aus – es muss nicht immer so dramatisch sein, wie Norbert W. Hasler im Interview (Teil II »Porträt 6«) seinen Ausfall wegen eines Zusammenbruchs beschreibt – ist es von Vorteil, wenn jemand weiß, wo die wichtigen Dokumente liegen und welche Arbeiten zu übernehmen sind. Manchmal ist es auch so, dass Sie wissen, wie viel und welche »Manpower« zur Erfüllung der Aufgaben nötig ist, aber noch über keine Mitarbeitenden verfügen. Dann suchen Sie entsprechend der Aufgaben die Mitarbeiter. Die zu leistende Arbeit und die vorhandenen personellen Ressourcen müssen sich sowie dem Budgetrahmen entsprechen. Für die später erfolgende Terminplanung gilt es zu berücksichtigen, ob die Personen teil- oder vollzeitlich im Projekt arbeiten. Wahl Ausstellungsgestaltung Wurde in der Vorprojektphase noch keine zum Projekt passende Gestalterin gewählt, sollte dies spätestens nach der Erarbeitung des Inhaltskonzepts geschehen. Wählen Sie eine Person, mit der Sie gut zusammenarbeiten können: Erfahrung, fachliches Können und einen guten Leistungsnachweis bringen viele mit. Aber gefallen Ihnen die Projekte im Portfolio? Entsprechen Sie Ihren Vorstellungen, wie die Gestaltung der Ausstellung sein sollte? Hören Sie un-
Barbara Alder £2. »Das Angestoßene planen«: Planungsphase
bedingt auch auf Ihr Bauchgefühl, Ihre Intuition, denn Sympathie und Antipathie entscheiden letztlich über eine gute oder schlechte Zusammenarbeit. Schön erläutert haben dies Frau Felix und Frau Rath (Teil II »Porträt 5« und »Porträt 8«). Ideal ist es, Sie beziehen den Gestalter gleich in die Erarbeitung des Inhaltskonzepts ein. So können gestalterische und insbesondere raumbezogene Inputs in die inhaltliche Erarbeitung einfließen. Der Ausstellungsraum prägt dann bereits das Inhaltskonzept und erhält so einen größeren Stellenwert – einen Stellenwert, der einer Ausstellung zugute kommt. Im besten Fall befruchten sich Inhalt und Gestaltung gegenseitig. Die Gestalterin ist für die dreidimensionale Erscheinung der Ausstellung und für das Realisationsbudget zuständig. Sie arbeitet mit vielen weiteren Spezialisten zusammen. Aufg abenver teilung Wer im Team übernimmt aber mit einer Aufgabe welche Verantwortungen und erhält welche Kompetenzen? Damit die Aufgaben mit der Handlungskompetenz und der Handlungsverantwortung übereinstimmen, werden die Aufgaben, die Kompetenzen und die Verantwortung entsprechend dem danach benannten AKV-Prinzip (vgl. Materialanhang »1. Glossar«) geklärt. Es gilt dabei, einem Mitarbeitenden nicht nur eine Arbeitsaufgabe zu übergeben, sondern ihm gleichzeitig die für die Realisierung erforderlichen Kompetenzen zu erteilen und die mit ihnen verbundenen Verantwortungsbereiche zu klären. Welches Ergebnis soll mit der Aufgabe erreicht werden? Was braucht der Mitarbeitende dafür an Ressourcen und Befugnissen? Welche Verantwortung ist mit der Erfüllung der Aufgabe verbunden (Budgeteinhaltung, Folgearbeiten etc.)? Zur Klärung der Kompetenzen hilft das Funktionendiagramm.1 Es unterscheidet, welche Personen ausführend sind, ein Mitspracherecht haben oder entscheidungsbevollmächtigt sind.
1
In Anlehnung an I. Geiger u.a.: Projektmanagement – Zertifizierung nach IPMA, S. 131.
53
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Barbara Alder, Barbara den Brok Die perfekte Ausstellung
Für ein fiktives Ausstellungsprojekt könnte das Diagramm so aussehen: Abbildung 14: Funktionendiagramm Tätigkeiten
Museums- Projekt- Linienvorleitung leitung gesetzte (Auftrag(Bereichsgeber) leitungen)
Projektleitung ernennen Projektauftrag erstellen Ziele der Ausstellung erarbeiten Meilensteine setzen Objekthandling etc.
A, E
Teammitglieder (zum Beispiel wissenschaftliche Mitarbeitende)
Sachveretc. ständige (zum Beispiel Sammlungskonservatoren)
M
M
A, E
M
M
E
A
M
M
E
A
M
M A
E
A = Ausführung; E = Entscheid; M = Mitsprache
Im folgenden Ablaufplan (Abbildung 15) können Sie den Teilaufgaben die verantwortlichen, die ausführenden und die beteiligten Personen zuordnen. Sie unterscheiden dabei, ob das verantwortliche Teammitglied die Aufgabe selbst ausführt, welche Tätigkeiten andere Personen übernehmen und wer sonst noch daran beteiligt ist, beispielsweise bei Meilenstein-Entscheiden. Tipp Es besteht die Gefahr – insbesondere in kleinen Institutionen mit wenigen Projektbeteiligten – dass die involvierten Personen auf die Ausstellungseröffnung hin von Arbeiten überhäuft werden. Um einem möglichen Zusammenbruch einzelner Mitarbeitender vorzubeugen, ist es sinnvoll, die Arbeiten bereits zu Beginn des Projekts auf verschiedene Personen oder auf unterschiedliche Zeiten (Terminplanung) zu verteilen. So wird frühzeitig klar, dass gewisse Arbeiten gestrichen oder gekürzt werden müssen, wenn die Personalressourcen nicht mit den anfallenden Arbeiten übereinstimmen, oder dass zusätzliche Mitarbeitende angestellt werden müssen, wenn es das Budget zulässt.
AG, TE, OV, PL
ALLE
PL, BÖ, AG
GE, PL, WP, AG, OV, TE, BÖ PL, WP, GE, BÖ PL, weitere GE, TE, WP, PL weitere GE, TE, WP, OV, AG, PL
WP, GE,PL, OV, AG
PL, AG
PL
PL
PL
PL, AG, BÖ, weitere
ALLE
TE, OV TE, OV, PL
TE, GE, PL, weitere PL oder BÖ
z.B Eventmanager
PL
PL
AG
PL
PL
GE
GE, TE, OV
PL GE, TE, WP, weitere
GE
PL, BÖ
PL
GE, weitere
WP, weitere
PL
Ausführend Beteiligt PL PL, AG PL, WP, PL, WP AG, BÖ
PL
GE
WP
PL
PL
Verantw. PL
Vorprojektphase
M
M
Planungsphase
M
M
Realisierungsphase Folgephase
M
Abschlussphase
Involvierte Personen: Auftraggeber: AG Projektleiterin: PL Wissenschaftlicher Projektmitarbeiter: WP Gestalterin: GE Objektverantwortlicher: OV (z.B. Sammlungskuratorin) Technikerin: TE Beauftragter Öffentlichkeitsarbeit: BÖ weitere: Fachexperten, andere Projektmitarbeitende, Eventmanager etc.
Abschlussbericht
Ausst. abbauen und archivieren Rückschau, Dank, Verabschiedung
Betreuung der Ausstellung
Abschluss der Erarbeitung
Eröffnung durchführen
Aufbau im Ausstellungsraum
Steuerung Ausstellung vorproduzieren
Detailplanungen
Umsetzungskonzept
Inhaltskonzept
Teilaufgaben Grundlagen im Vorfeld Finanzierung und Vorkonzept Feinplanungen und Projektsteuerung
Abbildung 15: Ablaufplan der Teilaufgaben nach Phasen, mit Meilensteinen und Mitarbeitenden
£2. »Das Angestoßene planen«: Planungsphase
Barbara Alder 55
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Barbara Alder, Barbara den Brok Die perfekte Ausstellung
Der fiktive Plan führt die verantwortlichen Personen in einer anderen Spalte auf als die ausführenden und die beteiligten. Denn bei einigen Arbeiten sind diese Funktionen nicht identisch. Die Projektleiterin beispielsweise ist dafür verantwortlich, dass die Nachbesserungen in der Ausstellung gemacht werden. Sie legt aber nicht selber Hand an, sondern überlässt dies der Gestalterin und der Technikerin. Alle Projektbeteiligten einschließlich Auftraggeber evaluieren aber bei einem Rundgang durch die Ausstellung gemeinsam, was nachgebessert werden muss. Schrif tliche Vereinbarungen Treffen Sie insbesondere mit externen Mitarbeitenden, wie zum Beispiel der beauftragten Gestalterin, eine schriftliche Vereinbarung, in der Sie klar festhalten, was die Beauftragte erfüllen muss und in welchem terminlichen Rahmen die Aufgaben erledigt sein müssen (vgl. Materialanhang »2.6 Hinweise Verträge«). Halten Sie fest, wer welche Entscheidungsbefugnisse hat, und klären Sie das Honorar. Legen Sie fest, welcher Betrag der Beauftragten zur Erfüllung ihrer Aufgaben zur Verfügung steht (zum Beispiel der Kostenrahmen für die Realisation). Halten Sie fest, dass dieser Betrag nicht überschritten werden darf. Unterschreiben Sie die Vereinbarung gegenseitig. 2.2.4 Termine planen
Wissen Sie, wann die Ausstellung eröffnet werden soll? Dann kennen Sie den zeitlichen Rahmen für die Erarbeitung. Planen Sie die Termine rückwärts und überlegen Sie: »Wann ist der Aufbau abgeschlossen? Zu welchem Zeitpunkt beginnt der Aufbau?« etc. Nehmen Sie die bereits angesprochene Netzplantechnik zu Hilfe. Tipp Für das Abschätzen dieser Zeitansprüche benötigen Sie etwas Entscheidungsmut. Lassen Sie sich nicht hemmen von Gedanken wie: »Ich habe keine Ahnung, wie viel Zeit ich für die Erarbeitung des Konzepts brauche.« Gehen Sie es umgekehrt an: Die zur Verfügung stehende Zeit gibt vor, wie groß der Aufwand für eine gewisse Arbeit sein darf. Entsprechend hoch – und nicht höher – kann der Anspruch an die Qualität sein (vgl. Abbildung 10). Schätzen Sie gemeinsam mit den Beteiligten, insbesondere auch mit der Gestalterin und/oder Technikerin, wie viel Zeit die einzelnen Tätigkeiten in Anspruch nehmen. Erweitern Sie nun das Balkendiagramm mit einer Zeiteinteilung. Bleiben Sie bei einer groben Aufteilung, rechnen Sie in Monaten oder in einem Zweiwochenraster. Sie legen damit die Basis, auf der Sie das Projekt später im Detail planen können.
PL
PL
M
Sept.
M
Oktober
Nov.
M
Dez. Februar
M
März
Januar
August
Realisierungsphase
Juni
Planungsphase Mai
Juli
April
Vorprojektphase
März April
...
Folgephase
Involvierte Personen: Auftraggeber: AG Projektleiterin: PL Wissenschaftlicher Projektmitarbeiter: WP Gestalterin: GE Objektverantwortlicher: OV (z.B. Sammlungskuratorin) Technikerin: TE Beauftragter Öffentlichkeitsarbeit: BÖ weitere: Fachexperten, andere Projektmitarbeitende, Eventmanager etc.
Abschlussbericht
PL, AG,BÖ, weitere
ALLE
TE, OV, PL
PL oder BÖ
PL
ALLE
AG, TE, OV, PL
TE, GE, PL, weitere
TE, OV
PL, BÖ, AG
z.B Eventmanager
PL
GE, TE, WP, OV, AG, PL
PL
AG
Betreuung der Ausstellung
Ausst. abbauen und archivieren Rückschau, Dank, Verabschiedung
PL
PL
GE
PL, WP, GE, BÖ PL, weitere GE, TE, WP, PL weitere
GE, PL, WP, AG, OV, TE, BÖ
GE, TE, OV
PL GE, TE, WP, weitere
GE
PL, BÖ
PL
PL
GE
GE, weitere
WP, GE,PL, OV, AG
PL
WP, weitere
PL
WP
PL, AG
PL, WP
PL
PL, WP, AG, BÖ
PL
PL, AG
Ausführend Beteiligt
PL
Verantw.
Abschluss der Erarbeitung
Eröffnung durchführen
Aufbau im Ausstellungsraum
Ausstellung vorproduzieren
Steuerung
Detailplanungen
Umsetzungskonzept
Inhaltskonzept
Grundlagen im Vorfeld Finanzierung und Vorkonzept Feinplanungen und Projektsteuerung
Teilaufgaben
Abbildung 16: Ablaufplan der Teilaufgaben nach Phasen, mit Meilensteinen, Mitarbeitenden und Zeitfenstern Dez.
Januar
M
Februar
Abschlussphase
£2. »Das Angestoßene planen«: Planungsphase
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Barbara Alder, Barbara den Brok Die perfekte Ausstellung
Die Recherchen für das Vorkonzept und die Abklärungen für die Finanzierung dauern in diesem Beispiel je drei Monate. Für die Erarbeitung des Inhaltskonzepts stehen vier Monate zur Verfügung, wobei während der beiden letzten Monate parallel dazu auch bereits am Gestaltungskonzept gearbeitet wird. Insgesamt stehen dem Umsetzungskonzept mit dem Gestaltungskonzept und den Detailplänen ebenfalls vier Monate zur Verfügung. Die Vorproduktion des Ausstellungsmobiliars nimmt zwei Monate in Anspruch, für den Aufbau im Ausstellungsraum werden hier vier Wochen angesetzt. Spätestens zwei Monate nach Ausstellungsabbau sollte der Abschlussbericht durch den Auftraggeber genehmigt sein. Tipp Legen Sie spätestens zu diesem Zeitpunkt – wenn der Ablaufplan um die groben Termine ergänzt wird – mit dem Auftraggeber und den Beteiligten konkrete Sitzungsdaten für die Meilenstein-Entscheide fest. So ist sichergestellt, dass alle an diesen für den Projektverlauf entscheidenden Sitzungen auch wirklich teilnehmen können. 2.2.5 Kommunikation intern planen
Eine Ihrer Aufgaben als Projektleiterin ist die Projektsteuerung entsprechend der ausgearbeiteten Pläne. Damit diese gelingt, müssen Sie sicherstellen, dass alle Beteiligten wissen, was sie wie und bis wann zu erledigen haben. Versetzen Sie sich in deren Lage: Müssen alle über das Vorkonzept informiert sein oder reicht es, wenn alle das Umsetzungskonzept kennen? Vieles können Sie allein entscheiden, anderes sprechen Sie besser mit den Beteiligten ab. Nehmen Sie dann eine Kommunikationsplanung vor. Sie legen damit fest, wann Sie wen und mit welchem Medium (E-Mail, Sitzung, Workshop, direktes Gespräch, Schwarzes Brett etc.) worüber informieren sollten. Legen Sie auch fest, wann ein Teammitglied über den Stand der Dinge oder über Ergebnisse informieren sollte. Als eine der Grundregeln in der Kommunikation gilt, dass Sie sich immer überlegen: WAS möchten Sie WEM, WIE und WESHALB mitteilen? So oder so braucht es im Projektverlauf immer wieder Sitzungen mit allen Beteiligten, um sich über den Stand der Arbeiten auszutauschen und die Feinplanung miteinander abzugleichen. Der regelmäßige Informationsaustausch muss gewährleistet sein.
Barbara Alder £2. »Das Angestoßene planen«: Planungsphase
Tipp Wichtige Informationen werden aber auch informell, zum Beispiel in der Kaffeepause oder auf dem Flur ausgetauscht. Susanne Gesser beschreibt die Wichtigkeit des informellen Austauschs für Projekte eindrücklich (Teil II »Porträt 7«). Versuchen Sie also, falls Sie die Möglichkeit dazu haben, mittels räumlicher Vorgaben, zum Beispiel der Anordnung der Büros, und mit gemeinsamen Kaffee- oder Mittagspausen dem informellen Austausch unter den Teammitgliedern den nötigen Raum zu geben.
Tipp In einem Projekt spielt die Kommunikation in ihrer Vielschichtigkeit eine entscheidende Rolle. Es braucht ein gewisses Maß an Wachsamkeit der Projektleitung, um diese Vielschichtigkeit wahrzunehmen und richtig zu interpretieren. Und es braucht ein gewisses Maß an Offenheit, um möglichst rasch nachzufragen, wenn Sie den Eindruck haben, dass eine Information falsch angekommen ist. Beachten Sie: Konflikte gehören zu Projektarbeiten. Nehmen Sie Konflikte wahr und sprechen Sie sie angemessen an.
2.3 I NH A LT SKO NZEP T Auf der inhaltlichen Ebene verfeinert und konkretisiert der wissenschaftliche Mitarbeiter das Ausstellungsprojekt. Das Vorkonzept wird so zum Inhaltskonzept erweitert. Neben der fundierten Recherche braucht es Zeit, um aus den inhaltlichen Themenschwerpunkten, den Teilgeschichten, eine Ausstellungsgeschichte zu machen, die einen roten Faden hat (vgl. Materialanhang »2.8 Hinweise Inhaltskonzept«). Wie das geht, erzählt unter anderem Beat Gugger in seinem Interview (Teil II »Porträt 9«). Tipp Es empfiehlt sich, in der Phase der inhaltlichen Erarbeitung den Stand des Konzepts Experten vorzustellen. Richtet sich die Ausstellung beispielsweise an Kinder im Grundschulalter, so stellt der wissenschaftliche Projektmitarbeiter Kindern, beispielsweise Mitgliedern des Museumsclubs oder einer interessierten Schulklasse, die Themen vor und achtet auf deren Reaktion. Zusätzlich findet eine Sitzung statt mit ein bis zwei Grundschullehrpersonen, einer Fachexpertin zum Thema sowie den Mitarbeitenden, die in der Ausstellung Führungen machen werden. Thematisiert die Ausstellung »Altern und Demografie«, können beispielsweise Mitglieder eines Seniorenclubs, eine auf das Thema spezialisierte Soziologin und ein Altenpfleger eingeladen werden.
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Barbara Alder, Barbara den Brok Die perfekte Ausstellung 2.3.1 Meilenstein Inhaltskonzept
In der Meilenstein-Sitzung wird das Inhaltskonzept dem Auftraggeber und im Idealfall weiteren Projektbeteiligten wie zum Beispiel dem Sammlungskonservator präsentiert. Macht es Sinn, das Ausstellungsthema mit den gewählten Themenschwerpunkten zu vermitteln? Leuchtet den Beteiligten das Konzept ein? Ist es in sich stimmig? Dient es dazu, die eingangs formulierten Ziele zu erreichen? Diese wichtigen Fragen müssen mit dem Meilenstein Inhaltskonzept positiv beantwortet werden können. Der Auftraggeber entscheidet dann, ob das Projekt mit den gewählten inhaltlichen Schwerpunkten umgesetzt wird oder ob das Inhaltskonzept überarbeitet und gegebenenfalls erneut überprüft werden muss. Tipp Wenn das Inhaltskonzept steht und mit einem Meilenstein-Entscheid genehmigt worden ist, darf es nicht mehr gravierend geändert werden. Auch wenn es noch weitere spannende Aspekte zu recherchieren gäbe – zum vereinbarten Termin muss das Inhaltskonzept stehen. Denn mit dem Meilenstein-Entscheid ist für alle weiteren Arbeiten eine wichtige Grundlage gelegt. Jetzt nämlich muss die Gestalterin »Nägel mit Köpfen« machen: Sie zeichnet die Pläne, die wiederum als Grundlage für weitere Arbeiten dienen. Sie darf also nicht bis kurz vor Ausstellungseröffnung noch Pläne ändern müssen. Die weiteren Arbeiten sollen in Angriff genommen werden können im Vertrauen darauf, dass sich Grundlegendes nicht mehr ändert.
2.4 U M SE T Z U N G SKO NZ E P T Das Umsetzungskonzept besteht aus dem Gestaltungskonzept und dem Realisationsbudget, das die Gestalterin erstellt, sowie den zugehörigen konkreten Plänen, die in der Folge entstehen. Gestaltungskonzept Die Gestalterin entwickelt auf der Basis des genehmigten Inhaltskonzepts die räumliche Anordnung der Themenschwerpunkte. Sie legt im Gestaltungskonzept fest, wie der Raum thematisch strukturiert wird und welche Gestaltungselemente die Grundidee der Ausstellung visualisieren. Sie legt fest – möglichst in Absprache mit dem Objektverantwortlichen –, wie die Objekte gezeigt werden und bei welchen Stationen der Einsatz von Hör- und visuellen Medien geplant ist – oft in Zusammenarbeit mit einem Medienplaner. Der Grafiker, den sie in der Regel selbst hinzuzieht, entwickelt die Idee für die Er-
Barbara Alder £2. »Das Angestoßene planen«: Planungsphase
scheinung der Ausstellungstexte und gemeinsam legen sie fest, wo die Ausstellungstexte zu lesen sein werden. Viele Gestaltungsbüros arbeiten mit Plänen, 3D-Visualisierungen und Bildern. Wie Thomas Hamann (Teil II »Porträt 3«) bauen einige die Ausstellung aus Karton oder dergleichen im Ausstellungsraum in Echtgröße auf, um die Raumwirkung optimal testen zu können. Tipp Beim Erscheinungsbild der Ausstellungstexte ist auf die Schriftgröße und die Schriftfarbe beziehungsweise den Farbkontrast zu achten. Auch wenn die Ästhetik eine wichtige Rolle spielt: Zentral und ausschlaggebend ist, dass die Texte für alle Besucherinnen und Besucher, auch sehschwache oder farbenblinde, lesbar sind. Dabei müssen auch die Höhe der Platzierung und die Beleuchtung beachtet werden. Bauliche Sicherheitsvorschriften wie beispielsweise die Breite von Durchgängen oder Fluchtwegen gilt es ebenfalls zu berücksichtigen. Zum Umsetzungskonzept gehört auch ein Realisationsbudget, das die Gestalterin aufgrund der Gestaltungsideen erstellt. Häufig handelt es sich dabei eher um eine Kostenschätzung (vgl. Teil I »1.2.3. Finanzen planen«), da vieles ja noch unklar ist. Wichtig ist, dass alle Posten aufgeführt sind, die für die Realisation der Ausstellung nötig sind. Im Realisationsbudget der Gestalterin sind manchmal alle, manchmal nur jene Posten aufgeführt, die in ihren Bereich fallen. Unabhängig davon, wie das Budget aufgestellt ist, muss transparent gemacht werden, über welches Budget die Gestalterin verfügt und was die Gesamtkosten des Projekts sind. Budget Als Projektleiter sind Sie für die Einhaltung der Kosten verantwortlich. Sie prüfen also das Realisationsbudget der Gestalterin und überprüfen im Verlauf des Projekts, ob ihre Ausgaben den budgetierten Beträgen entsprechen. Es können weitere Projektkosten dazukommen, die nicht in die Budgetverantwortung der Gestalterin fallen. Deshalb müssen Sie ein Gesamtbudget führen. Dafür reicht in der Regel eine einfache Excel-Tabelle aus, in der Sie alle Posten einzeln aufführen. In einer Spalte fügen Sie die im Voraus angenommenen, budgetierten Beträge ein, in der zweiten Spalte ergänzen Sie fortlaufend die effektiven Kosten. So sehen Sie positive oder negative Abweichungen sofort und können reagieren. Die Checkliste Budgetposten (vgl. Materialanhang »2.10 Checkliste Budgetposten«) hilft Ihnen zu überprüfen, ob an alles gedacht wurde. Ergänzen und streichen Sie entsprechend Ihrem Projekt. Je nach Projektgröße und Projektorganisation fallen ganz unterschiedliche Posten an.
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Barbara Alder, Barbara den Brok Die perfekte Ausstellung Budgetposten
Honorare Vorbereitung Recherchearbeiten (Inhalt, Material, Objekte etc.) Projektleitung Wissenschaftliche Mitarbeit Administration, Ausstellungssekretariat Objektbeschaffung Objektrestaurierung Bild-, Ton-, Filmbeschaffung Gestalterin Grafiker Texterin Lektor Übersetzer Korrektor Tonbearbeitung Bildbearbeitung Filmbearbeitung Internetauftritt EDV, Computerspezialist Honorare Aufbau, Montage Schreiner Schlosserin Maler Elektrikerin Aufbauhilfe Einrichten Medienplanerin Lichttechniker Objekthandling (Platzierung, Montage, Abbau, Rückgabe) Transporte Honorare Eröffnung, Ausstellungsbetreuung und Abbau Eventmanager für Eröffnung Eingangskontrolle und Ticketverkauf Garderobe Aufsicht in der Ausstellung Betreuung der Ausstellung (Reparaturen, Service) Betreuung Shop
geschätzte Kosten
tatsächliche Ausgaben
Barbara Alder £2. »Das Angestoßene planen«: Planungsphase
Öffentlichkeitsarbeit Führungen Fotograf für Dokumentation Personal Abbau Gebühren Versicherungen Transportkosten Wiedergaberechte, Lizenzen (Abbildungen, Ton, Film etc.) Leihgebühren Entsorgungskosten Mietgebühren (Raum, Geräte, Internet, Lichtmittel etc.) Sachkosten Umbau, Räume Material, Bauten Ausstattung, Dekoration Vitrinen Beschriftung Bildproduktion (Repros, Prints, Plots etc.) Druckkosten (Einladungskarten, Begleitmaterial etc.) Lichtmittel, Beleuchtung Abspielgeräte, Bildschirme Kopfhörer, Lautsprecher Ton, Film etc. Interaktive Medien (Software) Computer (Hardware) Internet Objekte, Modelle Sonderanfertigungen von Objekten, Modellen Anlässe Verbrauchsmaterial Entsorgung Spesen Reserve 10 % TOTAL
Die Kosten für Teilprojekte wie die Begleitpublikation, Rahmenprogramm oder das Marketing einschließlich Honorare sind in dieser Liste nicht aufgeführt.
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Barbara Alder, Barbara den Brok Die perfekte Ausstellung
Die Budgetposten überschneiden sich teilweise absichtlich, damit nichts vergessen wird. Die Liste ist selbstverständlich bei jedem Projekt neu anzupassen, da sich jedes Ausstellungsprojekt vom anderen unterscheidet. Wichtig bei der Budgeterstellung ist, an alle Arbeiten beziehungsweise Ausgaben zu denken. Achtung: Machen Sie deutlich, was ins Realisationsbudget der Gestalterin gehört. Tipp Das in den Interviews erwähnte Projekt im Wien Museum (Teil II »Porträt 2« und »Porträt 3«) hatte beispielsweise damit zu kämpfen, dass nicht bekannt war, was es kostet, Filmausschnitte für ein Museum auszuleihen und aus den Ausschnitten eigene Filmdokumente herzustellen. Es lohnt sich deshalb, in der Vorprojekt- beziehungsweise der Planungsphase möglichst alle Arbeitsschritte zusammenzutragen, um daraus Kostenpunkte beziehungsweise Budgetposten ableiten zu können. 2.4.1 Meilenstein Gestaltungskonzept
In einer Meilenstein-Sitzung wird das Gestaltungskonzept und je nach Projekt auch die Kostenschätzung oder das Realisationsbudget – noch ohne die konkreten Pläne – besprochen und vom Auftraggeber gutgeheißen. Das Gestaltungskonzept bildet die Grundlage zur Ausarbeitung der technischen und baulichen Pläne. Es ist aber auch die Grundlage für das Verfassen der Ausstellungstexte, die Beschaffung der Objekte und so weiter. Deshalb ist es sinnvoll, weitere Personen wie beispielsweise die Technikerin, die Gestalterin und den wissenschaftlichen Mitarbeiter ebenfalls zur Sitzung einzuladen. Tipp Überlegen Sie sich aufgrund Ihres Auftrags, was das Gestaltungskonzept erfüllen muss. Welche Fragen möchten Sie nach der Präsentation beantwortet haben? Beispielsweise: • Greift die Gestaltung die Grundidee auf, die im Vorkonzept beziehungsweise dem Inhaltskonzept beschrieben ist? • Welche Stimmungen werden im Ausstellungsraum erzeugt? • Passen die Objekte zu den Inhalten? • Bestehen erste Ideen von Vitrinen, Raumbauten und technischen Einrichtungen? • Sind Struktur und Besucherführung einfach und verständlich? (Roter Faden) • Kann sich das Publikum selber einbringen? • Bewegen sich die Gestaltungsideen im Rahmen des Realisationsbudgets? • Sind die Gestaltungsvorschläge publikumsfreundlich?
Barbara Alder £2. »Das Angestoßene planen«: Planungsphase
2.4.2 Konkrete Pläne
Ist das Gestaltungskonzept genehmigt, werden die Detailpläne für das Umsetzungskonzept erarbeitet. Zweck des Umsetzungskonzepts ist es, eine realisierungsreife Lösung zu präsentieren. Das gilt sowohl für die inhaltlichen wie auch für die baulichen Aspekte der Ausstellung (vgl. Materialanhang »2.11 Hinweise Detailpläne«). Grundsätzliches ändert sich am inhaltlichen und gestalterischen Konzept nicht mehr, dennoch kann sich der eine oder andere Aspekt verschieben. Das gehört zum kreativen Erarbeitungsprozess der Ausstellung und erfordert das Verständnis aller im Projekt Involvierten. Die Gestalterin lässt auf der Grundlage des Gestaltungskonzepts die Detailpläne erstellen, die Auskunft über die Konstruktion der Ausstellungsbauten (zum Beispiel durch einen Schreiner) und Vitrinen (zum Beispiel durch eine Vitrinenbauerin), über die Lichtführung (zum Beispiel durch einen Lichttechniker), das Verlegen von Leitungen, die Medientechnik (zum Beispiel durch die Medienplanerin) und alles Weitere geben, was gebaut und installiert werden muss. Sie tauscht sich dabei mit dem wissenschaftlichen Mitarbeiter aus. Die Detailpläne bespricht die Gestalterin mit der Projektleiterin, der Technikerin vor Ort und dem für die Objekte Verantwortlichen (zum Beispiel der Sammlungskonservatorin oder dem Restaurator). Der wissenschaftliche Mitarbeiter verfeinert die Stationen in der Ausstellung, beschafft die nötigen Objekte, Filme und dergleichen und beginnt mit dem Verfassen der Ausstellungstexte. Zuvor legt der Grafiker das Layout für die Texte fest. Dabei werden einerseits die Texthierarchien bestimmt und andererseits besprochen, wie viele Zeilen jede Texthierarchiestufe aufweisen darf und wie viele Zeichen eine Textzeile umfasst (vgl. Materialanhang »2.12 Hinweise Texte«).
2.5 D E TA ILPL A N U N G EN Mit dem inhaltlichen Konzept, das in dieser Phase erarbeitet wird (vgl. Teil I »2.3 Inhaltskonzept«), und spätestens mit dem gestalterischen Umsetzungskonzept (vgl. Teil I »2.4 Umsetzungskonzept«) wissen Sie definitiv, welche Arbeiten in der Realisierungsphase nötig sein werden. Ihr Ziel ist es, in der Planungsphase definitiv zu bestimmen, wer welche Arbeiten in der Realisierungsphase wann ausüben wird. Spätestens in dieser Planungsphase müssen die noch fehlenden Projektmitarbeitenden gewählt und engagiert werden. Detaillieren Sie die Planung. Listen Sie nun nicht mehr die Teilaufgaben, sondern die Arbeitspakete auf. Setzen Sie sie – wie bei der Erstellung des Ablaufplans mit den Teilaufgaben (vgl. Teil I »2.2 Feinplanungen«) – in eine logische Abfolge. Wiederum kann Ihnen die Netzplantechnik helfen, diesmal
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Barbara Alder, Barbara den Brok Die perfekte Ausstellung
für die Planung auf der Detailebene. Sie legen beispielsweise fest, dass am 1. März die gedruckten Ausstellungstexte vorliegen müssen. Das bedeutet, dass davor ein »Gut zum Druck« gegeben werden muss. Vorher jedoch muss der Text von der Projektleitung gutgeheißen werden. Nochmals davor müssen die Texte geschrieben werden. Dazu braucht es aber noch das Gespräch mit der Fachexpertin. Gleichzeitig müssen auch Bilder gesucht, ausgewählt, die Abbildungsrechte geklärt und die Lizenzen eingeholt werden. Mit den einzelnen Kästchen und mit der Reihenfolge visualisieren Sie die Abhängigkeiten der Tätigkeiten. Wenn Sie in einem weiteren Schritt Termine setzen, können Sie erkennen, an welchen Stellen es gegebenenfalls eng werden könnte. Um diesem terminlichen Risiko zu begegnen, räumen Sie mehr Zeit ein oder setzen mehr personelle Ressourcen zur Erledigung der Aufgabe ein. Bestimmen Sie, wie viel Zeit für jede Tätigkeit zur Verfügung steht, wer dafür verantwortlich ist, wer daran beteiligt ist und wer sie ausführen wird. Prüfen Sie gemeinsam mit den Beteiligten, ob diese die ihnen zugewiesenen Arbeiten innerhalb der dafür vorgesehenen Zeitfenster erledigen können. Achten Sie darauf, dass keine Person überlastet wird. Tipp Gehen Sie in dieser Phase auch die Teilprojekte an, die die Ausstellung begleiten. Gleichen Sie die verschiedenen Zeitpläne miteinander ab, so dass Sie personelle oder terminliche Engpässe auch zwischen den einzelnen Projekten erkennen können. Das Balkendiagramm (vgl. Abbildung 17) zeigt einzelne Arbeitsschritte detaillierter (dunkelgrau) als in den vorherigen Balkendiagrammen. Wo keine Detaillierung aufgeführt ist, sind die Teilaufgaben (hellgrau) so aufgeführt wie in den bisherigen Balkendiagrammen. Die folgenden Ausführungen zu dieser Tabelle beschreiben das gesamte Ausstellungsprojekt vom bekannten Anfang bis zum folgenden Schluss in knappen Worten: Das Projektbeispiel beginnt im Balkendiagramm mit der Ideenfindung, um das Thema der Ausstellung festzulegen. Sobald die Grundidee ausgearbeitet ist, wird das Projekt formuliert und die Projektleitung bestimmt. Erst wenn das Vorkonzept inhaltlich steht, können die Kostenschätzung vorgenommen und Unterstützungsbeiträge gesucht werden. Die Projektleitung erarbeitet in der Folge die Projektstruktur und die Projektplanung. Aufgrund des Vorkonzepts beginnen die Recherchen zur Erarbeitung des Inhaltskonzepts. Weitere Recherchen sind für die Detailausarbeitung nötig. Sobald das Inhaltskonzept erstellt wurde, plant der Beauftragte für Öffentlichkeitsarbeit die Eröffnung, die Pressearbeit und die Zusammenarbeit mit Schulen. Im Anschluss ans Inhaltskonzept entsteht das Gestaltungskonzept, danach werden die Detailpläne
Barbara Alder £2. »Das Angestoßene planen«: Planungsphase
ausgearbeitet. Sobald diese stehen und alles vorbereitet ist, beginnen zuerst die Vorarbeiten, dann der Aufbau. Der Meilenstein Abnahme durch den Auftraggeber findet unmittelbar vor der Eröffnung statt. Innerhalb der ersten zwei Wochen nach der Eröffnung werden die Mängel eruiert, geprüft und behoben. Es findet eine Evaluation mit den Beteiligten statt, die bisher ins Projekt eingebunden waren. Die Projektleitung und der wissenschaftliche Projektmitarbeiter räumen ihre Unterlagen auf und speichern die Daten so ab, dass sie auch für einen Unbeteiligten auffindbar sind. Die Projektleitung übergibt das Projektarchiv dem Auftraggeber. Die Ergebnisse der Besucherumfrage werden später in den Abschlussbericht einfließen. Die Ausstellung wird betreut und dokumentiert. Eine Besucherbefragung findet statt. Nach dem letzten Ausstellungstag werden zuerst die Objekte zurückgegeben, danach die Ausstellung abgebaut und das Material entsorgt. Die Projektleitung macht nochmals eine Evaluation, diesmal mit jenen Mitarbeitenden, die die Ausstellung begleitet haben, inklusive Verabschiedung und Danksagung. Sie sammelt alle nötigen Unterlagen für das Projektarchiv und erstellt den Abschlussbericht für den Auftraggeber. 2.5.1 Ausstellungseröf fnung planen
In der Planungsphase (spätestens zu Beginn der Realisierungsphase) wird auch die Eröffnung angedacht und geplant. Wie soll der Anlass über die Bühne gehen? Ist er Plattform für eine Politikerin? Möchte die Museumsleitung einen kurzen Auftritt zur Begrüßung oder eine längere Redezeit, um das Ausstellungsthema zu vertiefen? Kommen die Projektleiterin oder der wissenschaftliche Mitarbeiter zu Wort? Lockert eine zum Ausstellungsthema passende Musik oder ein anderer künstlerischer Auftritt den Anlass auf oder wird die Eröffnung dadurch inhaltlich ergänzt? Die Länge der Reden und Auftritte sollte den räumlichen Gegebenheiten angepasst sein. Stehen die Leute? Ist es eng? Dann sind kurze Auftritte geeignet. Das Publikum soll sich wohlfühlen. Beleuchtung und Raumtemperatur tragen dazu bei. Viele Besucherinnen und Besucher schätzen es, wenn neben einem Aperitif noch Zeit bleibt, die Ausstellung ein erstes Mal zu besichtigen. Wie soll für die Eröffnung eingeladen und für die Ausstellung geworben werden? Die Versandart der Einladung wird dem Zielpublikum angepasst: Ältere Menschen bevorzugen in der Regel den Postversand, jüngere schätzen eine Einladung per E-Mail. Mund-zu-Mund-Propaganda ist wichtig. Positive Rückmeldungen bringen der Ausstellung oft mehr als Werbung im klassischen Sinn.
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PL
Sponsoring und Beiträge
BÖ
BÖ
PL
BÖ
PL
Eröffnung planen
Medienarbeit planen
Detailplanungen
März
April
Vorprojektphase Mai
M
Juni
Juli
August
Sept.
Planungsprojektphase
M
Oktober Nov.
M
Dez.
...
...
...
...
Februar
März
Realisierungsphase Januar
April
...
Folgephase
Involvierte Personen: Auftraggeber: AG Projektleiterin: PL Wissenschaftlicher Projektmitarbeiter: WP Gestalterin: GE Objektverantwortlicher: OV (z.B. Sammlungskuratorin) Technikerin: TE Beauftragter Öffentlichkeitsarbeit: BÖ weitere: Fachexperten, andere Projektmitarbeitende, Eventmanager etc.
PL, BÖ
BÖ
BÖ, weitere
BÖ
Arbeit mit Schulen planen
BÖ, PL, AG BÖ, AG, PL, WP PL, WP, GE, BÖ
GE, PL, WP, AG, OV, TE, BÖ
GE, weitere
Umsetzungskonzept
GE
GE
Gestaltungskonzept
WP, weitere
GE, WP, PL, AG, OV, TE, BÖ
WP
Inhaltskonzept
WP, OV, weitere
PL, AG, WP WP, OV, weitere WP, GE,PL, OV, AG
PL, AG
WP, AG PL, AG, WP PL, WP PL, AG PL, BÖ, AG PL, WP, AG, BÖ
AG, WP, weitere
GE, WP
WP
Recherchen (Inhalt, Objekte etc.)
PL
PL, WP
PL
PL
Auswahl Gestaltung
PL, WP
PL
PL, BÖ
WP WP PL PL
WP WP PL PL
Finanzierung und Vorkonzept Feinplanungen und Projektsteuerung
WP
Ausführend Beteiligt
AG
Verantw.
Ideen finden, Ausstellungsthema bestimmen Recherchen: Kernidee Inhaltliches Vorkonzept Kostenschätzung Grundlagen im Vorfeld
Tätigkeiten
Abbildung 17: Ablaufplan der Tätigkeiten nach Phasen mit Meilensteinen, Mitarbeitenden und Zeitfenstern Dez.
Abschlussphase Januar Februar
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Barbara Alder, Barbara den Brok Die perfekte Ausstellung
AG
PL
OV
TE PL
PL
PL
PL
Service in der Ausstellung
Ausstellungsabbau
Objektrückgabe
Demontage, Entsorgung
Abschlussrechnung
Abschlussbericht
Aufräumen, Archivieren
Rückschau, Dank
AG
PL, weitere
PL
PL
OV, weitere TE, OV weitere PL
TE, OV
TE
weitere
WP
AG, weitere AG, TE, OV, PL TE, OV, PL OV, WP, weitere TE, OV, weitere ALLE PL, AG, weitere PL, AG, BÖ, weitere PL, weitere
WP, OV, BÖ, AG, PL OV OV, WP OV, WP WP WP, P weitere WP, BÖ, weitere BÖ, PL, BÖ, BÖ AG, weitere weitere GE, TE, GE, TE, GE WP, WP, PL weitere weitere GE, TE, GE, TE, GE WP, OV, OV AG, PL z.B PL, BÖ, PL EventAG manager PL, WP, TE, GE, PL AG, TE, weitere GE, OV PL PL ALLE PL, WP, PL, WP, PL weitere AG PL, BÖ, PL BÖ weitere Z.B. PL PL, BÖ, weitere oder BÖ AG WP, BÖ, WP, BÖ, BÖ PL, AG, weitere weitere
WP
Kasse, Aufsicht
Vermittlungsprogramm
Besucherbefragung
Dokumentation Ausstellung
Aufräumen
Rückschau, Dank
Nachbesserungen
Eröffnung durchführen
Aufbau im Ausstellungsraum
Ausstellung vorproduzieren
Vermittlungsprogramm vorbereiten
Objekte Filme, Bilder, Ton, ...
Texte
M
M
£2. »Das Angestoßene planen«: Planungsphase
Barbara Alder 69
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Barbara Alder, Barbara den Brok Die perfekte Ausstellung 2.5.2 Öf fentlichkeitsarbeit planen
Die frühzeitige Planung und später termingerechte Durchführung der Öffentlichkeitsarbeit ist für das Bekanntmachen der Ausstellung zentral. Deshalb sollte der Beauftragte für Öffentlichkeitsarbeit bereits in der Vorprojektphase miteinbezogen werden. Er kennt die Ziele und die »Take Home Message« der Ausstellung. Er lässt durch den Grafiker die Einladungskarten und weiteres Material anfertigen, das für Werbung und Information vorgesehen ist. Ob er mit dem Grafiker der Ausstellung zusammenarbeitet, einer anderen Grafikerin, die immer die Werbung für die Institution erledigt oder mit einer neuen, ist abhängig von der Projektorganisation. Der Beauftragte für die Öffentlichkeitsarbeit hat die Termine im Griff. Mit der sorgfältigen Planung des Produktionsprozesses der Einladungskarten stellt er sicher, dass die Einladung rechtzeitig, ungefähr zwei Wochen vor der Eröffnung, bei den Leuten ist. Er kümmert sich um den Internetauftritt und nimmt Kontakt auf mit der Presse und den Schulen. 2.5.3 Pressearbeit planen
Mit der Presse kann der Beauftragte für Öffentlichkeitsarbeit in Kontakt treten, sobald die Grundidee der Ausstellung steht, spätestens aber, wenn das Inhaltskonzept erarbeitet ist. Vielleicht gibt es die Möglichkeit, bereits im Vorfeld der Ausstellung thematische Artikel in der lokalen Presse zu platzieren? Soll die Presse bei der Eröffnung selbst im Haus sein oder möchte man eine Berichterstattung im Vorfeld, die das Publikum zur Eröffnung locken soll? Die Presse-Einladungen sollten gezielt verschickt werden: Welche Kreise spricht die Ausstellung an? Die Einladungen müssen per Post oder per E-Mail ungefähr zwei Wochen vor dem Eröffnungstermin bei den Presseleuten ankommen und sollten die Bitte um Anmeldung enthalten. Eine Woche davor lohnt es sich nachzufragen, wenn noch keine Anmeldungen eingegangen sind. 2.5.4 Arbeit mit Schulen planen
Es ist sinnvoll, die Schulen frühzeitig – ein halbes bis ein Jahr vor der Eröffnung – ein erstes Mal über die geplante Ausstellung zu informieren. So haben die Lehrpersonen die Möglichkeit, den Ausstellungsbesuch in das kommende Semesterprogramm einzuplanen. Für diese Information reichen die Angaben des Vor- oder Inhaltskonzepts aus. Die Lehrpersonen werden so früh wie möglich gezielt auf das stufengerechte Angebot für Schulen auf-
Barbara Alder £2. »Das Angestoßene planen«: Planungsphase
merksam gemacht, falls ein solches geplant ist (vgl. Materialanhang »2.13 Anregungen zum Angebot für Schulen«). Sie werden ebenfalls zur Eröffnung eingeladen. Sinnvoll ist es, für Lehrpersonen eine spezielle Einführung in der Ausstellung zu organisieren.
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£
3. »D AS G EPLANTE UMSETZEN «: R EALISIERUNGSPHASE
Ist alles geplant, beginnt die Realisierungsphase, in der das Geplante nun endlich und tatsächlich umgesetzt wird. Sie begleiten die Arbeiten koordinierend und achten darauf, dass die Termine und Kosten eingehalten werden (vgl. Teil I »3.1 Steuerung«). Viele Arbeiten laufen parallel. Das Ausstellungsmobiliar wird vorproduziert (vgl. Teil I »3.2 Ausstellung vorproduzieren«), die Objekte werden organisiert, die Texte geschrieben und so weiter. Danach wird die Ausstellung im Ausstellungsraum aufgebaut (vgl. Teil I »3.4 Aufbau im Ausstellungsraum«). Spätestens in dieser Projektphase wird die Eröffnung vorbereitet, das Vermittlungsteam instruiert und die Führung durch die Ausstellung erarbeitet (vgl. Teil I »3.3 Vermittlung in der Ausstellung«). Je näher die Eröffnung rückt, desto komplexer werden die Abläufe, desto mehr Leute arbeiten am Projekt, desto größer wird der Zeitdruck und desto stärker die Abhängigkeit voneinander. Wenn eine Person ihren Auftrag nicht termingerecht erledigt, muss dies später eine andere ausbaden, zum Beispiel in Form von Nachtschichten im Aufbau. Mit seriösem Controlling versuchen Sie, dies zu verhindern.
3.1 S T EU ERU N G Als Projektleiter begleiten Sie die Abläufe und überprüfen regelmäßig die Einhaltung der Termine und Kosten. Sie passen aufgrund Ihrer »rollenden Planung« Termin- oder andere Pläne laufend den realen Gegebenheiten und Anforderungen an und besprechen dies mit den Beteiligten. Sie sorgen dafür, dass entsprechend der Kommunikationsplanung alle Beteiligten adäquat informiert werden. Sie laden zu nötigen Sitzungen ein und bereiten diese seriös vor und nach. Sie reagieren, wenn etwas nicht so läuft, wie es sollte – sei es terminlich, in Bezug auf das Budget, in der Zusammenarbeit oder wenn es zu Konflikten kommt. Nadine Felix beschreibt das Steuern sehr eindrücklich in ihrem Interview (vgl. Teil II »Porträt 5«).
3.2 A U SS T ELLU N G VO R PRO D UZI ER EN Bevor die Ausstellung im Ausstellungsraum tatsächlich aufgebaut wird, muss der Ausstellungsraum vorbereitet werden, beispielsweise gestrichen und gereinigt. Möglicherweise müssen auch elektrische Leitungen verlegt werden. Zahlreiche solcher Vorarbeiten werden entsprechend dem geplanten Kostenrahmen umgesetzt. Ein Schreiner stellt beispielsweise die Ausstellungsbauten und Vitrinen her. Manche Museen verleihen übrigens Vitrinen.
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Barbara Alder, Barbara den Brok Die perfekte Ausstellung
Damit lässt sich unter Umständen viel Geld einsparen, das der Ausstellung an anderer Stelle zugute kommen kann. Der wissenschaftliche Projektmitarbeiter oder der Objektverantwortliche organisiert die Objekte. Es gilt, den sachgerechten Umgang mit den Objekten zu garantieren (vgl. Materialanhang »2.9 Hinweise zum Umgang mit den Objekten«). Der wissenschaftliche Mitarbeiter organisiert das Bild-, Film- und Tonmaterial. Der Grafiker teilt ihm zuvor mit, in welcher Qualität das Material sein muss.1 Der wissenschaftliche Mitarbeiter oder eine extra dafür beauftragte Person verfasst die Ausstellungstexte.2 Tex te schreiben Das Schreiben von Ausstellungstexten ist eine sehr anspruchsvolle, zeitaufwändige und komplexe Arbeit. Man rechnet mit bis zu sieben Arbeitsdurchgängen. Danach werden die Texte redigiert und lektoriert. Zudem stellt sich die Frage, ob die Texte in eine weitere Sprache übersetzt werden müssen. Die Übersetzungsarbeit ist ebenfalls sehr zeitaufwändig. Auch wenn eine Zusammenarbeit mit einem professionellen Übersetzungsbüro möglich ist, muss ausreichend Zeit einberechnet werden für den Austausch, beispielsweise zur Klärung von Fachbegriffen. Dem Übersetzer muss zudem der Kontext bekannt sein, in dem die einzelnen Texte stehen: Sind Objekte dort oder Filme? Wie ist die Rauminszenierung? Die übersetzten Texte müssen zum Schluss auch noch in die Form von Ausstellungstexten gebracht werden, was einen weiteren aufwändigen Arbeitsschritt darstellt. Der Grafiker setzt die Texte, die dann im Layout auf Schreib- und Satzfehler hin überprüft werden. Er bereitet auch das Bildmaterial vor. Rechte klären In der Realisierungsphase werden sämtliche Objekte, Bilder, Filme und Tonmaterialien besorgt, die Abbildungs- und Vorführrechte3 eingeholt und die Lizenzabgaben eruiert. Dass das nicht immer ganz einfach ist, zeigen insbesondere die Ausführungen von Bärbel Schrems in ihrem Interview (vgl. Teil 1
Digitale Bilder weisen mit einer Auflösung von 300dpi für die Größe A4 in der Regel eine für Ausstellungszwecke geeignete Qualität auf, es sei denn, sie werden beträchtlich vergrössert. Gestalterin, Grafiker und weitere Fachexperten wissen Bescheid.
2 Ein sehr wertvoller Praxisleitfaden liegt vor in der Publikation von Dawid, Evelyn/ Schlesinger, Robert (Hg.): Texte in Museen und Ausstellungen. Ein Praxisleitfaden, Bielefeld: transcript 2002. Vgl. auch Materialanhang »2.12 Hinweise Texte«. 3 Vgl. Müller, Carl C./Truckenbrodt, Michael: Handbuch für Urheberrechte im Museum. Praxiswissen für Museen, Ausstellungen, Sammlungen und Archive, Bielefeld: transcript 2013. Zum Zeitpunkt der Buchproduktion noch nicht erschienen.
Barbara Alder £ 3. »Das Geplante umsetzen«: Realisierungsphase
II »Porträt 2«). Grundsätzlich wird im Urheberrecht das geistige Produkt als Eigentum des Urhebers geschützt. Das Urheberrecht ist im Unterschied zur Nutzung und Verwertung nicht veräußerbar. Der Urheber hat das Recht zu bestimmen, was mit seinem Werk geschieht. Er kann also die Nutzungs- und Verwertungsrechte an seinem Werk an jemanden übertragen und eine Gegenleistung fordern. Je nach Land sind die Gesetze etwas verschieden formuliert. In der Schweiz darf geistiges Eigentum beispielsweise für den Unterricht oder für die verwaltungsinterne Information und Dokumentation genutzt werden. Auch Zitate unter Angabe der Quelle sind erlaubt. Veränderungen am Werk sind nur unter Einwilligung des geistigen Eigentümers erlaubt. Ansonsten müssen die Nutzung und die Verwertung durch den Urheber legitimiert sein. Das Stellen von Leihgesuchen bei anderen Institutionen, das Abschließen der Versicherungen sowie das Organisieren des Transports können sehr aufwändig sein. Auch für die Bild-, Ton- und Filmbearbeitung muss genügend Zeit eingeplant werden.
3.3 V E R M I T T L U N G IN DE R A U SS T ELLU N G Sind alle Texte verfasst, ist es Zeit, sich um die Vermittlung zu kümmern (vgl. Materialanhang »2.14 Anregungen Vermittlungsprogramm«). Werden Führungen angeboten? Die Vermittlerinnen werden über den gesamten Ausstellungsinhalt und die räumliche Anordnung der Themenschwerpunkte informiert, auch wenn die Ausstellung noch nicht fertig gebaut ist. So können die Vermittlerinnen ihre Führung mit einem klaren roten Faden bereits im Vorfeld erarbeiten. Kommunizieren Sie Ihre Erwartungen an das Auftreten und die Erscheinung. Tipp Viele Besucher schätzen eine klare Übersicht und einfache Orientierungshilfen in der Ausstellung. Es kann beispielsweise am Eingang ein übersichtlicher Grundrissplan mit den einzelnen Stationen und Bezeichnungen ausgelegt werden. Zusätzlich können auf einer oder zwei A4-Seiten die einzelnen Stationen in der Ausstellung kurz beschrieben sein. Die Herstellung dieser Orientierungshilfen braucht etwas Zeit. Es gilt, den Weg durch die Ausstellung in sich stimmig zu beschreiben, ansehnlich zu layouten, Korrektur lesen zu lassen und das Blatt mit dem Logo der Institution und/oder der Ausstellung zu versehen. Wenn dieses als einfache Kopiervorlage oder auf dem Computer leicht zugänglich abgespeichert zur Verfügung steht, können die Blätter in der Ausstellung dem Publikum als »Hand-out« zum Mitnehmen angeboten werden. Oder sie können laminiert in der Ausstellung ausliegen.
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3.4 A U F B AU I M A U SS T ELLU N G SR AU M Ein paar Wochen vor der Eröffnung wird die Ausstellung aufgebaut. Tipp Achten Sie darauf, dass zu Beginn des Ausstellungsaufbaus möglichst alles organisiert ist. In dieser Zeit fallen immer wieder unvorhergesehene Arbeiten an. Beispielsweise kann ein Objekt wider Erwarten nicht ausgestellt werden und es muss kurzfristig ein Ersatz her. Oder man stellt beim Aufbau fest, dass man noch eine zusätzliche Abbildung braucht, die es zu beschaffen gilt. Diese Arbeiten müssen Sie als Projektleiterin nicht selbst übernehmen, aber organisieren, wer sie ausführt. Stellen Sie sicher, dass klar ist, wer die Bauleitung übernimmt, und besprechen Sie mit dieser Person, was von ihr erwartet wird. Im Idealfall übernimmt die Gestalterin die Bauleitung. Sie kennt die Pläne am besten und weiß, wie das Resultat aussehen soll. Der Raum muss bezugsbereit sein. Alle Konstruktions- und Detailpläne sollten vorliegen (vgl. Materialanhang »2.15 Hinweise Aufbau«). Dann können die vorfabrizierten Ausstellungsteile angeliefert und aufgebaut, die Kabel angeschlossen und die Elektronik eingebaut werden. Auch wenn beim heutigen Stand der Technik vieles sehr einfach geworden ist, muss doch darauf geachtet werden, dass die Technik möglichst bedienerfreundlich bleibt. Das macht die Wartung während der Ausstellungsdauer einfacher und damit günstiger. Das Einrichten der interaktiven Computer-, Ton- und Filmstationen braucht entsprechendes technisches Know-how. Bei staatlichen oder kommunalen Institutionen findet sich möglicherweise verwaltungsintern jemand. Oder der die Ausstellung organisierende Verein kann auf die Hilfe eines kompetenten Vereinsmitglieds zurückgreifen. Zu jedem Projekt gehören in der Schlussphase ungeplante – und sehr unbeliebte – Überraschungen. Nehmen Sie diese gelassen und reagieren Sie pragmatisch und kreativ. Sobald die Ausstellung fertig aufgebaut ist, wird sie ein erstes Mal gereinigt. Erst wenn der Raum staubfrei ist, können die Ausstellungstexte angebracht werden. Für den sachgerechten Umgang mit den Objekten ist es besonders wichtig, dass die Objekte nicht mit Staub in Kontakt kommen. Die Vitrinen dürfen also erst eingerichtet werden, wenn der Aufbau abgeschlossen ist. Sobald die Objekte in den Vitrinen arrangiert sind, können auch die Objekttexte platziert werden. Im Anschluss wird die Ausstellung ausgeleuchtet. Dabei gilt es, die für die Objekte zulässigen Lichtwerte, die von Material und Bearbeitung des Objekts abhängig sind, einzuhalten. Nach Abschluss sämtlicher Einrichtungstätigkeiten wird die Ausstellung erneut gereinigt.
Barbara Alder £ 3. »Das Geplante umsetzen«: Realisierungsphase
Tipp Wenn die Ausstellung eine Woche vor der Eröffnung fertig gebaut und eingerichtet ist, bleibt Zeit, die Technik zu prüfen und gegebenenfalls zu optimieren. Dann steht auch Zeit zur Verfügung, um Pressefotos zu erstellen und eine gut organisierte Pressekonferenz in der Ausstellung abzuhalten. Zudem kann das Vermittlungspersonal die Führung in der Ausstellung vorbereiten. 3.4.1 Meilenstein Ausstellungsabnahme
Vor der Eröffnung nimmt der Auftraggeber die fertige Ausstellung ab. Alle technischen Geräte funktionieren einwandfrei. Mit der Abnahme bekundet der Auftraggeber sein Einverständnis mit der Umsetzung. Der Auftrag, die Ausstellung zu erstellen, ist offiziell beendet. Es folgen die Eröffnung und die Begleitung der Ausstellung.
3.5 E RÖ F F N U N G D U RC HF Ü H R EN In der Planungsphase, spätestens zu Beginn der Realisierungsphase, wurde auch die Eröffnung geplant. Die Presse wurde im Verlauf der Realisierungsphase informiert und eingeladen, das Zielpublikum hat die Einladung zur Eröffnung rechtzeitig erhalten (vgl. Teil I »2.5.3 Pressearbeit planen« und »2.5.1 Ausstellungseröffnung planen«). Für den Eröffnungstag selber erstellen Sie oder der mit der Eröffnung beauftragte Eventmanager ungefähr eine Woche vorher einen Regie-Plan: Wer tut an diesem Tag was, um welche Uhrzeit? Gehen Sie den Tag von morgens bis abends durch und legen Sie fest, wer wann mit welcher Aufgabe betraut beziehungsweise wo im Einsatz ist. Diesen Regie-Plan verteilen Sie an alle Beteiligten und gehen gemeinsam mit ihnen den Ablauf durch, damit gegebenenfalls die eine Frage geklärt oder die andere Unsicherheit beseitigt werden kann. Zur angekündigten Zeit wird die Ausstellung adäquat und dank guter Planung stressfrei eröffnet. Tipp Manche Projektmitarbeitende erleben nach der Eröffnung eine Leere. Man hat eng und intensiv zusammengearbeitet und quasi plötzlich, mit der Eröffnung, fällt das eingeschweißte Projektteam auseinander. Theo Grütter beschreibt dies eindrücklich und zeigt, wie unterschiedlich die Beteiligten damit umgehen (vgl. Teil II »Porträt 4«). Für Sie als Projektleiter ist es wichtig daran zu denken, gemeinsam mit dem Team einen klaren, in gewissem Sinne ritualisierten Abschluss zu begehen (vgl. Teil I »4.1 Abschluss der Erarbeitung«).
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4. »D IE A USSTELLUNG
NUTZEN «:
F OLGEPHA SE
Ist die Ausstellung eröffnet, beginnt die Folgephase. Was dabei Ihre Aufgabe als Projektleiterin ist, hängt von den Abmachungen mit dem Auftraggeber ab. Sind Sie für die Nachbesserungen, die Betreuung der Ausstellung und eine Besucherumfrage verantwortlich oder übernimmt das eine Mitarbeiterin der Institution, in der die Ausstellung gezeigt wird? Viele Varianten sind möglich – aber auch das muss vereinbart und im Projektauftrag festgehalten sein.
4 .1 A B S C HL U SS D E R E R A RB EIT U N G Unmittelbar nach der Eröffnung festgestellte Mängel werden behoben, die Produktionsrechnung wird erstellt, der Projektverlauf und die Zusammenarbeit evaluiert, das Projektteam verabschiedet und verdankt. Die für das Publikum nun zugängliche Ausstellung wird betreut. Nachbesserungen Die Ausstellung ist eröffnet, die Besucher kommen. Bald zeigen sich kleine Mängel. Das ist nicht schlimm. Im Voraus ist nie bis ins letzte Detail abzusehen, wie sich das Publikum in der Ausstellung verhält. Es lohnt sich deshalb, in der zweiten Woche mit dem Aufsichtspersonal, der Technikerin, der Gestalterin und vielleicht auch dem Auftraggeber durch die Ausstellung zu gehen und zu erfassen, was warum nicht funktioniert. Gemeinsam vor Ort findet man in der Regel einfache Lösungen, um Mängel zu beheben. Legen Sie fest, wer die Arbeiten ausführt. Sie sollten innerhalb einer Woche umgesetzt sein. Rück schau, Dank und Verabschiedung Laden Sie alle am Ausstellungsprojekt Beteiligten zu einer letzten Sitzung ein. Evaluieren Sie gemeinsam, wie das Projekt gelaufen ist (vgl. Materialanhang »2.16 Checkliste Evaluation Erarbeitung«). Dabei geht es keinesfalls darum, herauszufinden, wer welche Fehler gemacht hat. In der Teamarbeit beeinflussen sich die Tätigkeiten wie die Tätigen gegenseitig. Die Evaluation soll aufzeigen, was gut gelaufen ist und bei einem nächsten Projekt wieder so gemacht werden kann, und ebenso, was schlecht gelaufen ist und bei einem nächsten Projekt verbessert werden sollte. Lassen Sie die Ergebnisse der Sitzung als wichtige Erfahrungen für zukünftige Projekte und für den Abschlussbericht protokollieren.
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Barbara Alder, Barbara den Brok Die perfekte Ausstellung
Verschicken Sie die Liste mit den Fragen1 zusammen mit der Sitzungseinladung und bitten Sie um individuelle Ergänzungen. Nach Bedarf werden die aufgeführten Stichwort-Fragen in der Sitzung ergänzt oder gestrichen und dann besprochen. Die grundlegenden Fragen werden auf jeden Fall diskutiert. Fragen zur Erarbeitung Grundlegende Fragen • • •
•
Was ist gut gelaufen? Was ist nicht gut gelaufen? Wurden die Ziele erreicht (Einhaltung der Termine und des Budgets, Qualität der Zusammenarbeit, des Inhalts etc.)? Wie wurden sie erreicht? Was lässt sich für die Planung zukünftiger Projekte festhalten?
Stichwort-Fragen zur Ausstellung • • • • • • • •
Passt der Titel? Ausstellungstexte: Sind sie lesbar, verständlich? Objekte: Sind sie für das Publikum verständlich? Medien: Funktionieren sie? Grafik/Werbung/Erscheinungsbild: Stimmt der vermittelte Eindruck mit der Ausstellung überein? Wie ist die Resonanz in der Presse? Ist das Publikum zufrieden? Gibt es Mängel? Sind sie behoben?
Stichwort-Fragen zur Projektarbeit • • • •
1
allgemeine Zusammenarbeit: Zufriedenheiten/Unzufriedenheiten Schnittstellen: Klappte die Kommunikation? Terminplanung: War sie realistisch? Konnten die Termine eingehalten werden? Kommunikation/Information: Verfügten immer alle über die für sie nötigen Informationen?
In Anlehnung an Alder, Barbara: Projektrealisation am Museum.BL. Ein Leitfaden zum Projektmanagement, mit Vorlagen. Typoskript, Liestal 2010.
Barbara Alder £ 4. »Die Ausstellung nutzen«: Folgephase • •
• • • • • •
Projektleitung: Nahm sie ihre Aufgaben wahr? Was sollte sie das nächste Mal anders machen? Projektmitarbeitende: In welcher Qualität konnten sie ihre Aufgaben ausführen? Stimmten die Bedingungen? Was sollte jedes einzelne Teammitglied das nächste Mal anders machen? Arbeitsklima: Wie beschreiben die Teammitglieder das Arbeitsklima? externe Partner: Wie lief die Zusammenarbeit? Ausstellungstexte: Wie lief die Erarbeitung? Aufbau: Wie funktionierten Planung, Ablauf und Schnittstellen? Objekte: Wie funktionierten Ausleihe, Transport, Platzierung etc.? Medien in der Ausstellung: Wie funktionierten Planung und Aufbau?
Separate Teilprojekte Auch die Erarbeitung der separaten Teilprojekte wie Rahmenprogramm, Begleitpublikation etc. können anhand solcher Fragen evaluiert werden. Tipp Wenn die Zusammenarbeit schwierig war und es zu vielen Reibereien kam, lohnt sich eine Runde, in der alle ihre Unzufriedenheiten äußern. Achten Sie jedoch darauf, dass die Bemerkungen immer mit einem konstruktiven Verbesserungsvorschlag enden, um der Runde eine positive und zukünftig nutzbare Wendung zu geben. Laden Sie nach der Projektrückschau alle Beteiligten zum Dank zu einem speziellen Abschlussanlass ein. Gehen Sie zum Beispiel gemeinsam Abendessen oder machen Sie zusammen einen Ausflug. Damit beenden Sie die Erarbeitung der Ausstellung offiziell. Vorläuf iges Auf räumen und Produktionsrechnung Die Ausstellung ist zwar eröffnet, aber noch können die Unterlagen nicht definitiv archiviert oder entsorgt werden. Es lohnt sich zum jetzigen Zeitpunkt dennoch, alle Unterlagen, auch die digital abgespeicherten, ein erstes Mal durchzusehen und zu ordnen. Unwichtiges kann bereits jetzt entsorgt werden. Das Aufräumen erleichtert den Zugriff auf die Unterlagen, wenn beispielsweise Presse oder Publikum eine vertiefende Frage zu einem in der Ausstellung behandelten Thema stellen. Es ist auch die Vorarbeit für das definitive Ordnen und Archivieren der Unterlagen am Ende der Abschlussphase. Von der Gestalterin erhalten Sie nach Eingang aller Rechnungen eine detaillierte Kostenübersicht der exakten Beträge, die ausgegeben wurden. Jetzt wird das Resthonorar der Gestalterin ausbezahlt. In Anlehnung an das zu Beginn erstellte Budget können Sie mit dieser Kostenübersicht und allen
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Barbara Alder, Barbara den Brok Die perfekte Ausstellung
weiteren getätigten Ausgaben eine einfache Abschlussrechnung der Ausstellungsproduktion in einer Excel-Datei erstellen. Dokumentation Lassen Sie die Ausstellung fotografisch dokumentieren. Der Beauftragte für Öffentlichkeitsarbeit sammelt die Presseberichte. Bitten Sie die Journalisten, mit denen Sie sprechen oder die über die Ausstellung berichten, Ihnen die Artikel zukommen zu lassen. Lassen Sie das Aufsichtspersonal, die Mitarbeiter am Empfang und die Vermittlerinnen die Reaktionen des Publikums auf die Ausstellung erfassen. Alle diese Informationen benötigen Sie für den Abschlussbericht. Sie geben Ihnen aber auch Hinweise, worauf Sie bei einem nächsten Projekt achten sollten.
4 .2 B E T R EU U N G DE R A U SS T ELLU N G In der Planungsphase haben Sie sichergestellt, dass Eingang, Kasse, Shop, Garderobe und Aufsicht in der Ausstellung garantiert sind. Die Ausstellung wird begleitet und betreut, indem beispielsweise täglich kontrolliert wird, ob alle Geräte funktionieren. Für Sie interessant und vielleicht von Ihrem Auftraggeber gefordert ist das Erfassen der Besucherzahlen. Werden regelmäßig Gruppenführungen oder Vorträge angeboten? Stellen Sie sicher, dass alle Beteiligten über die Angebote informiert sind und wissen, wer wofür die Ansprechperson und/oder verantwortlich ist. Publikumsumf rage Wenn Ihnen dafür Zeit zur Verfügung steht, können Sie eine einfache Publikumsumfrage erstellen und diese in der Ausstellung auslegen lassen. Überlegen Sie sich zuvor, was Sie beziehungsweise Ihren Auftraggeber interessiert. Wollen Sie wissen, ob das Thema ankommt? Oder die gestalterische Umsetzung? Wie lange sich das Publikum in der Ausstellung aufhält? Welche Erkenntnisse es mitnimmt? Wenige und einfach formulierte Fragen sind in der Regel erfolgreich. Das Erstellen und die Durchführung, vor allem aber die Auswertung einer Publikumsumfrage braucht viel Zeit, besonders wenn offene Fragen gestellt werden. Halten Sie die Fragen möglichst einfach und kurz. Das macht das Antworten, vor allem aber die Auswertung, einfacher.
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5. »D A S P ROJEKT
BEENDEN «:
A BSCHLUSSPHA SE
Mit dem Ende der Ausstellung wird das Ausstellungsprojekt beendet: Die Ausstellung wird abgebaut, die Leihgaben werden zurückgegeben und das Material entsorgt. Die Unterlagen werden sortiert, gelöscht oder weggeworfen und das Wichtige archiviert. Die Ausstellung selber wird evaluiert und das Ausstellungsteam verabschiedet und verdankt. Sie erstellen einen Abschlussbericht, dem der Auftraggeber als letztem Meilenstein zustimmen muss.
5.1 A U SS T ELLU N G A B B AU EN U ND A RC HI V I ER EN Wenn die Ausstellung geschlossen ist, beginnt die Abschlussphase. Bevor durch den Abbau Staub entsteht, müssen die Objekte sachgerecht entfernt und die verwendete Technik sorgfältig ausgebaut werden. Wenn viele Objekte in der Ausstellung zu sehen waren, ist die Objektrückgabe sehr aufwändig. Jedes Objekt muss verpackt und zurückgebracht werden. In der Regel wird nach dem Abbau viel Material eingelagert oder entsorgt. Ist Sondermüll dabei, der separat entsorgt werden muss? Besteht die Möglichkeit, einiges zu verkaufen? Vielleicht muss der Ausstellungsraum wiederhergestellt werden, beispielsweise neu gestrichen. Zum Schluss wird er gereinigt abgegeben. Tipp Lassen Sie im Ausstellungsraum einen Flohmarkt veranstalten, nachdem die musealen Objekte entfernt wurden. Verkaufen Sie die Requisiten und noch brauchbares Material zu günstigen Preisen. Das Publikum kann so schöne Erinnerungsstücke an eine tolle Ausstellung erwerben und Sie können die Einnahmen erhöhen. Die Archivierung der Konzepte, der Zeitpläne, des Budgets und so weiter hat zum Ziel, dass später bei Bedarf nachvollzogen werden kann, wie die Ausstellung entstand und wie das Projekt organisiert war. So können die Unterlagen später auch als Vorlage für ähnliche Projekte dienen.
5.2 R Ü C K S C H AU , D A NK U ND V ER A BSCHIED UNG Laden Sie den Auftraggeber, die Gestalterin, Partnerinstitutionen, aber auch das Aufsichtspersonal, die Vermittlerinnen, die Mitarbeiter am Empfang, die Technikerin, kurz: alle, die die laufende Ausstellung begleitet haben, zu einer Abschlusssitzung ein. Evaluieren Sie gemeinsam, wie die Ausstellung angekommen ist. Was hat funktioniert? Was kam beim Publikum nicht an oder
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Barbara Alder, Barbara den Brok Die perfekte Ausstellung
ganz anders als beabsichtigt (vgl. Materialanhang »2.17 Checkliste Evaluation Ausstellung«)? Halten Sie die Ergebnisse fest. Sie dienen der Organisation und Umsetzung späterer Projekte. Einen Teil der Ergebnisse können Sie auch in den Abschlussbericht einfließen lassen. Verschicken Sie die folgenden Fragen und Stichworte zusammen mit der Sitzungseinladung und bitten Sie um individuelle Ergänzungen. Nach Bedarf werden die aufgeführten Stichwort-Fragen in der Sitzung ergänzt oder gestrichen und dann besprochen. Die grundlegenden Fragen werden auf jeden Fall diskutiert. Fragen zur Ausstellung Grundlegende Fragen • • • •
Was ist gut gelaufen? Was ist nicht gut gelaufen? Wurden die Ziele der Ausstellung erreicht (Wirkungsziele, Vermittlungsziele etc.) Was lässt sich für die Durchführung zukünftiger Ausstellungen festhalten?
Stichwort-Fragen zur Ausstellung • • • • • • • • • • •
Wie war die Resonanz in der Presse? Was für Reaktionen gab es vom Publikum? Verstand das Publikum, worum es in der Ausstellung ging? Wie war die Zufriedenheit/Unzufriedenheit des Publikums? Was kam besonders gut an? Was wurde überhaupt nicht verstanden? Löste die Ausstellung die Erwartungen ein, die mit der Werbung und dem Erscheinungsbild beim Publikum geweckt wurden? Funktionierte die Technik? Wie stabil war das verwendete Material? Gab es technische oder bauliche Mängel? Wurden sie rasch behoben? Objekte: Wie funktionierten Rückgabe, Transport etc.?
Barbara Alder £»Das Projekt beenden«: Abschlussphase
Stichwort-Fragen zur Zusammenarbeit • • • • •
• •
allgemeine Zusammenarbeit: Zufriedenheiten/Unzufriedenheiten Schnittstellen: Klappte die Kommunikation? Kommunikation/Information: Verfügten alle immer über die für sie nötigen Informationen? Kasse/Empfang: Nahmen sie ihre Aufgaben wahr? Was sollte das nächste Mal anders gemacht werden? Aufsicht/Vermittlung: In welcher Qualität konnten sie ihre Aufgaben ausführen? Stimmten die Bedingungen? Was sollte jedes einzelne Teammitglied das nächste Mal anders machen? Arbeitsklima: Wie beschreiben die Mitarbeitenden das Arbeitsklima? externe Partner: Wie lief die Zusammenarbeit?
Separate Teilprojekte Auch die separaten Teilprojekte wie Rahmenprogramm, Begleitpublikation etc. können anhand solcher Fragen evaluiert werden. Danken Sie den Beteiligten für ihre Mitarbeit und ihr Engagement mit einem speziellen Anlass, beispielsweise einem Ausflug, einem Apéritif oder einem Essen. So werden alle gemeinsam verabschiedet, verdankt und die Zusammenarbeit wird offiziell beendet.
5.3 A BSCHLUSSBERICHT Für den Projektabschluss erstellen Sie einen Abschlussbericht mit einer Abschlussrechnung, sobald alle Rechnungen eingetroffen sind. Das Empfangspersonal nennt Ihnen die Besucherzahlen und die Einnahmen. Sie verfügen über eine Fotodokumentation sowie über die gesammelten Presseberichte. Die Evaluationen aus der Projektrückschau und der Ausstellungsrückschau liegen Ihnen auch vor. Damit erstellen Sie den Abschlussbericht zum Entstehungsprozess und zur Ausstellung. Der Abschlussbericht fasst die Projektabwicklung zusammen und beschreibt und bewertet sowohl den Entstehungsprozess wie auch das Resultat. Bildmaterial lockert den Bericht auf und ermöglicht auch auf einer visuellen Ebene einen Einblick in den Projektverlauf und das Endergebnis, die Ausstellung. Es empfiehlt sich, bei der Erarbeitung strukturiert vorzugehen und zuerst ein Grobkonzept zu entwickeln, einen Zeitplan zu erstellen, die Erwartungen an den Bericht sowie dessen Ziele und Inhalte zusammenzutragen, das Zielpublikum zu definieren beziehungsweise mit dem Auftraggeber abzusprechen
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Barbara Alder, Barbara den Brok Die perfekte Ausstellung
und erst dann den Bericht zu verfassen. Er muss vom Auftraggeber genehmigt werden, bevor er an weitere Leser geht. Inhalt des Abschlussberichts
Umfang und Detaillierungsgrad stimmen Sie auf den Empfänger ab. Der Abschlussbericht beschreibt und umfasst in der Regel folgende Punkte (vgl. Materialanhang »2.18 Checkliste Abschlussbericht«): • • • • • • • • • • •
Ausstellungsziele Projektorganisation, Vorgehensweise, Ablauf- und Terminplanung Einschätzung des Projektverlaufs, der Ziele und der Führung Einschätzungen der Zusammenarbeit und Reaktionen der Projektmitarbeitenden Abweichungen betreffend Kosten, Zeit und Aufwand Besucherreaktionen Reaktionen der Presse Reaktionen der Partnerinstitutionen Abschlussrechnung Empfehlungen für Folgeprojekte abschließende oder vorangestellte kurze Zusammenfassung des wichtigsten Inhalts und der wichtigsten Erfolge
5.3.1 Meilenstein Abschlussbericht
Erklärt sich Ihr Auftraggeber mit dem Abschlussbericht einverstanden, ist Ihre Aufgabe und Funktion als Projektleiter beendet. Zu guter Let zt: »Goldene Regeln« 1 • Abbau: Miteinplanen! • Abgrenzung: Stress nicht auf andere übertragen.
1
Vgl. Alder, Barbara: Projektmanagement für Ausstellungen. Am Beispiel von Ausstellungen im Museum.BL in Liestal. Schriftliche Projektarbeit NDK »Führen in NonprofitOrganisationen« an der Fachhochschule Solothurn/Nordwestschweiz. Typoskript, Basel 2004, S. 16. In Anlehnung an die »Goldenen Regeln beim Ausstellung-Machen« von Beat Gugger, Unterlagen und handschriftliche Notizen aus dem Nachdiplomstudium Museologie an der Universität Basel, 1998-2000, unveröffentlicht.
Barbara Alder £»Das Projekt beenden«: Abschlussphase • • • • •
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Ausstellungstexte verfassen: Damit kann nicht zu früh begonnen werden. Betrieb der Ausstellung: Das Aufsichtspersonal über die technischen Geräte, den Inhalt und das Ziel der Ausstellung informieren. Erfolg: Gute Vorarbeit, klares Projektmanagement, das Team einbeziehen und viel Kommunikation! (siehe Motivation) Eröffnung: Was in der Ausstellung bis dann nicht erledigt wurde, wird kaum mehr gemacht. »Form Follows Function«: Wenn die Texte für das Publikum nicht lesbar, die Objekte nicht sichtbar sind und der Raum dunkel ist, taugt die beste Gestaltung nichts. letzte Woche: In der Woche vor der Eröffnung übernimmt die Projektleitung keine operativen Arbeiten mehr, sondern delegiert nur noch. Motivation: Gute Vorarbeit, klares Projektmanagement, das Team einbeziehen und viel Kommunikation! (siehe Erfolg) periodische Überprüfung: Wie ist der Stand im Projektablauf? Wo brennt es? Prioritätenliste erstellen. Planung: Vom Groben ins Feine. Presse mit klar formulierten und kurzen Texten einladen. sich ersetzbar machen: Mitarbeitende können es auch. Stress: Sich hinsetzen, durchatmen, die Planung überprüfen, eine Prioritätenliste erstellen. Technik: So einfach wie möglich, dann bleibt der Aufwand für den Unterhalt gering. Vertrauen in sich selbst und in die Mitarbeitenden ersetzt zwar nicht die Projektsteuerung, verhilft aber zu einem produktiven Arbeitsklima. Wissensstand: Alle Projektbeteiligten haben denselben Wissensstand und ihnen ist klar, wofür sie verantwortlich sind. Zeit: Das Projekt wird in Teilschritte (Phasen, Teilaufgaben, Arbeitspakete) unterteilt, Termine werden verbindlich festgelegt. Zeitpolster in Deadlines einbauen.
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£ II Por trät s
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Z UR E INFÜHRUNG
Dieser Teil präsentiert Interviews mit und Reflexionen von zehn Projektbeteiligten über acht Ausstellungen in vier deutschsprachigen Ländern. Ausgewählt wurden erfolgreiche Ausstellungsprojekte der letzten Jahre, Projekte, die sich durch ihre besondere Größe, ihre Gestaltung oder ihren Inhalt auszeichnen – und vor allem unterscheiden. Zu Wort kommen Experten, die an vielen bedeutenden Ausstellungen mitgearbeitet haben. Die meisten waren mit der Projektleitung der präsentierten Ausstellung betraut, manchmal museumsintern – es gibt in einigen Häusern eigene Stellen dafür –, manchmal wurden sie als Externe hinzugezogen. Einige führten ihre Aufgabe in einer klassischen Doppel- oder Mehrfachrolle aus: Projektleitung, Kuratorium, Museumsleitung oder Bildung und Vermittlung. Der Außenblick auf die Projektleitung ist ebenfalls vorhanden mit der Sicht eines Kurators und eines Ausstellungsgestalters. Die Porträts ergänzen den theoretischen Teil des Ausstellungsprojektmanagements um konkrete und bisweilen ganz handfeste Erfahrungsberichte. Sie bilden die Vielfalt solcher Projektrealitäten anschaulich ab und bieten einen vertiefenden Einblick nicht zuletzt auch in deren kulturspezifische und menschlich-individuelle Dimension. Wie viel von der jeweiligen Kultur abhängig ist – sei sie ortsspezifisch, hausintern oder individuell –, macht nur schon der Variantenreichtum der Begrifflichkeiten in Bezug auf Management-Inhalte deutlich. Zudem sprechen die Interviewten ihre Sprache, sie erzählen in ihren Worten die Geschichte des Projekts und halten mit ihren Meinungen und Einschätzungen nicht hinter dem Berg. Auch wenn dieses Buch dazu beitragen möchte, zu vereinheitlichen: Flexibilität wird gerade in Ausstellungsprojekten immer gefordert sein, in vielerlei Hinsicht.
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1. D A S N ATURHISTORISCHE M USEUM B A SEL …
Das Naturhistorische Museum Basel (www.nmb.bs.ch) existiert seit 1821 und liegt mitten in der Stadt. Es verfügt über reiche Sammlungen mit insgesamt rund 7,7 Millionen Objekten. Das Museum hat einen Leistungsauftrag und ein Mission Statement (www.nmb.bs.ch/museum/was-macht-das-museum.htm). Die gesamte Ausstellungsfläche des Naturhistorischen Museums Basel beträgt 3000 m2, 2550 m2 nehmen die Dauerausstellungen ein, 450 m2 die Sonderausstellungen. Dauerausstellungen haben eine Laufzeit von mindestens acht Jahren. Die ein bis zwei Sonderausstellungen pro Jahr dauern in der Regel drei bis sechseinhalb Monate. Das Naturhistorische Museum Basel beschäftigt über hundert Mitarbeitende, davon sind fünfzig festangestellt (vierunddreißig Vollzeitstellen), zwanzig Projektmitarbeitende und dreißig ehrenamtlich Tätige.
… ZEI G T D I E W A ND ER AU SS T ELLU N G »M E SSEL , U R PF E R D & C O .« Ziel der Ausstellung des Hessischen Landesmuseums in Darmstadt ist es, anhand von spektakulär gut erhaltenen Fossilien Einblick in eine Lebenswelt vor 47 Millionen Jahren zu geben. Darüber hinaus will sie die aktuelle Forschung vermitteln. Das Thema der Ausstellung beschreibt der Ankündigungstext wie folgt: »Vor 47 Millionen Jahren war das Klima in Europa tropisch warm und feucht. Ein üppiger Regenwald bot Lebensraum für eine Vielfalt von Pflanzen und Tieren. Urpferde, Ameisenbären, Fledermäuse und Affen sind als Versteinerungen bis heute erhalten geblieben. Die Fossilien aus dem UNESCO-Weltnaturerbe ›Grube Messel‹ bei Darmstadt, Deutschland, bieten uns einen einzigartigen Einblick in das damalige Leben. Die weltweit einmaligen Fundstücke sind so gut erhalten, dass selbst Haut, Haare und Federn heute noch erkennbar sind! Über hundert Originalfossilien sind in der Ausstellung zusehen. Es ist die größte und bedeutendste Auswahl von Messel-Fossilien, die jemals für eine Sonderausstellung zusammengestellt wurde.«
Im Mittelpunkt der Präsentation stehen etwa 125 Fossilien, die mit projizierten Urwaldbildern und Urwaldgeräuschen inszeniert sind. Eine aufwändige Illustration, wie die Grube Messel vor 47 Millionen Jahren vermutlich ausgesehen hat, schließt die Ausstellung ab. Die Ausstellungsfläche im Sonderausstellungsraum mit entsprechender Infrastruktur beträgt zirka 450 m2. Zur Zielgruppe der Ausstellung gehören grundsätzlich alle Interessierten. Nicht speziell angesprochen werden Familien mit Kindern unter sieben Jahren, Primarschulklassen und Touristen.
M. Sc. Alexandra Bunge £ 1. Das Naturhistorische Museum Basel …
Begleitprojekte der Ausstellung sind außer der Vernissage ein Rahmenprogramm und Angebote für Schulen sowie ein Quartett-Spiel, eine PostkartenSerie und das Poster der Messel-Illustration für den Verkauf. Außerdem gibt es eine kleine separate Vitrinen-Ausstellung zu »Ida«, einem fossilen Affen aus der Grube Messel. Die Ausstellungsdauer beträgt rund sechs Monate (23.10.2009-02.05. 2010), die Vorbereitungszeit für die Übernahme der Wanderausstellung dauerte anderthalb Jahre. Intern am Projekt beteiligt sind eine Projektleiterin, ein Konservator, eine Verantwortliche für Öffentlichkeitsarbeit, eine Verantwortliche und eine Mitarbeiterin für Bildung und Vermittlung, ein Leiter Ausstellungsbau mit Team sowie Präparatoren. Extern am Projekt beteiligt sind eine Firma für Szenografie und eine für die Gestaltung der Drucksachen. Die Kosten betragen rund 750.000 CHF, davon sind 400.000 CHF externe und 350.000 CHF interne Sach- und Personalkosten.
M. S C . A LE X A ND R A B U N G E (*19 80), P ROJ EK T LEIT ERIN A U SS T ELLU N G EN … Alexandra Bunge hat in Basel Biologie studiert. Nach dem Studium arbeitete sie bei einem Event-Organisator, in der Pharmaindustrie und in wissenschaftlichen Teams beim Schweizerischen Tropeninstitut in Basel und bei der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft in Birmensdorf. Dann kam sie 2006 als Assistentin des Projektleiters für das große Ausstellungsprojekt »Tiefsee« ans Naturhistorische Museum Basel. Im Anschluss daran übernahm sie Anfang 2008 die neu geschaffene Stelle der Projektleiterin Ausstellungen. Alexandra Bunge organisiert seither jedes Jahr eine Sonderausstellung. Die Übernahme der Wanderausstellung »Messel, Urpferd & Co.« war ihr zweites Projekt als Projektleiterin. »Dieser Beruf war nie mein Ziel, weil ich gar nicht wusste, dass es ihn gibt! Aber nach einem Jahr hier habe ich gemerkt: Das passt super.« Alexandra Bunge hat mehrere Weiterbildungs-Kurse in Projektmanagement besucht. Da wurde aber vor allem theoretisches Wissen über Strukturen und Prozesse vermittelt. »Es gab wenig Tipps und Tricks aus der Praxis. Da kann man auch ein Buch lesen. Was ich hier mache, ist wirklich Learning by Doing. Ich würde mich gern in diesem Bereich immer weiterentwickeln. Aber ich weiß nicht, ob ich dafür wirklich den Mas-
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ter in Projektmanagement machen muss. Das, was wir hier tun, scheint mir in vielerlei Hinsicht anders zu sein als Lehrbuch-Projektmanagement. Das Team ist klein, wir arbeiten im Non-Profit-Bereich Kultur, es ist nicht so viel Geld im Spiel. Mir bringt der Austausch mit Leuten viel mehr, die ähnliche Sachen machen.« Für das Führen eines Teams ohne Vorgesetzten-Funktion geholfen hat ihr hingegen ein Kurs zum Thema »Fachkader«.
… B L I C K T I M G E SPR ÄC H AU F D EN E NT S T EHU NG SPROZE SS Z U R Ü C K Barbara den Brok: Wer hat am Ausstellungsprojekt »Messel, Urpferd & Co.« mitgearbeitet? Alexandra Bunge: Im Organigramm zuoberst steht der Auftraggeber. Das ist bei uns die Geschäftsleitung. Dann kommt die Projektleitung und das bin ich. Die Geschäftsleitung gibt den Auftrag an mich weiter und ich gebe ihn dann an das Team. Das Team besteht aus der Verantwortlichen für Öffentlichkeitsarbeit, der Verantwortlichen für Bildung und Vermittlung sowie dem Bauleiter, der verantwortlich ist für den ganzen Aufbau und später wieder für den Abbau. Dann gibt es noch den Bereich Rahmenprogramm, der wird auch von mir koordiniert, weil wir ein so kleines Team sind, aber diese Rolle ist nicht Teil der Teamleitung. Und dann gibt es noch den Fachkonservator. Das ist der Wissenschaftler, der fachlich verantwortlich ist. Ich muss die wissenschaftlichen Inhalte nicht verantworten. Das muss er, und deshalb muss er überall mitreden. Er achtet bei der Museumspädagogik darauf, dass die wissenschaftliche Inhalte stimmen. Er sorgt dafür, dass die Öffentlichkeitsarbeit die richtigen Abbildungen auswählt. Und er ist die Stellvertretung der Projektleitung. Dadurch arbeiten wir sehr eng zusammen. Es funktioniert eigentlich sehr gut so. Deshalb steht der Fachkonservator auf dem Organigramm nicht unten in der Linie, sondern zwischen mir und den anderen Bereichsverantwortlichen, gewissermaßen an unserer Seite. Wir haben ganz lange daran rumgetüftelt, wo er zu stehen kommen muss und was für eine Rolle er im Team haben soll. BdB: Das Team besteht bis jetzt aus lauter internen Leuten. Arbeiten Sie auch mit externen Partnern zusammen? AB: Ich habe noch den Verantwortlichen für Szenografie vergessen, der ist auch im Haus. Aber die Szenografen, die sind extern. BdB: Da gibt es jemanden im Haus, der für die Szenografie und die Szenografen verantwortlich ist? Die sind nicht Ihnen unterstellt? AB: Das sind Rollen und nicht unbedingt Personen. Bei einem kleinen Projekt kann auch ich die Rolle der Verantwortlichen für Szenografie übernehmen.
M. Sc. Alexandra Bunge £ 1. Das Naturhistorische Museum Basel …
Aber bei einem großen Projekt, einer Eigenproduktion, ist da noch jemand, der super kreativ ist und sehr viel Erfahrung mit Ausstellungsgestaltung hat. Der betreut die Szenografen direkt. BdB: Und wie arbeiten Sie mit ihm zusammen? AB: Die Projektleitung, der Wissenschaftler und der kreative Leiter bilden zusammen das Konzeptteam während der ganzen Vorprojektphase. Die Gestaltung der Drucksachen organisiert übrigens die Öffentlichkeitsarbeit. Wir trennen Drucksachen und Szenografie. Klar kann das auch die gleiche Person oder die gleiche Firma machen, aber es sind separate Aufträge. Manche Firmen können das eine erfahrungsgemäß besser als das andere. BdB: Ist allen internen Mitarbeitenden klar, in welchen Rollen oder Funktionen sie am Projekt beteiligt sind? AB (lacht): Theoretisch. Die Funktion der Projektleitung gibt es ja erst seit drei Jahren. Manche Abläufe müssen wir uns immer wieder anschauen: Wie machen wir das jetzt, ist das gut, macht das Sinn? BdB: Was verstehen Sie unter Projektleitung? Was ist Ihre Funktion? AB: Einerseits koordiniere ich die ganzen Fachleute der verschiedenen Bereiche, damit sie sich auf ihren Fachbereich konzentrieren können. Ich gebe Hinweise, wer mit wem mal reden sollte oder welche Themen wir anderswo schon besprochen haben. Ich bin also für das Übergreifende zuständig und andererseits natürlich auch für das ganze Zeitmanagement. Ich strukturiere das Projekt von Anfang bis Ende. Innerhalb des Projekts treffe ich die strategischen Entscheidungen. Ich formuliere die Ziele und gebe dem Projekt eine Richtung. Ich finde es schon sehr wichtig, dass das jemand tut und man sich darauf einigt. Damit alle auf dasselbe Ziel hinarbeiten. BdB: Reden wir in diesem Zusammenhang noch einmal über die Rolle des Fachkonservators. AB: Die Ausgangslage ist folgende: Viele Mitarbeiter im Naturhistorischen Museum sind ausschließlich wissenschaftliche Mitarbeiter. Wir haben ja drei Abteilungen, die Biowissenschaften, die Geowissenschaften und die Verwaltung. Und in den Bio- und Geowissenschaften sind fast alles Wissenschaftler. Die machen eigentlich nichts im Sonderausstellungsbereich. Außer eben als Fachkonservator für die Dauer eines Projekts. BdB: Wie kommt der Fachkonservator zu einer Ausstellung? AB: Indem er fachlich kompetent ist für das Ausstellungsthema. Oft gibt es nur eine einzige Person, die in Frage kommt, weil er oder sie Experte in die-
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sem Fachgebiet ist und den entsprechenden Teil der Sammlung betreut. Für ihn ist ein Ausstellungsprojekt meist eine ganz neue Welt: Ein Jahr lang in ganz neuen Strukturen und mit Leuten arbeiten, mit denen er vorher kaum Kontakt gehabt hat. Als es meine Funktion noch nicht gab, musste sich der Wissenschaftler in dem einen Jahr neben seiner Rolle als Fachkonservator neu auch mit dem Ausstellungswesen und dem Projektmanagement auseinandersetzen. Und war das Projekt vorbei, kam schon der nächste Fachkonservator an die Reihe. So konnte das angeeignete Wissen über das Machen von Ausstellungen nicht weitergegeben werden. BdB: Was hat sich denn alles verändert? AB: Das ganze Ausstellungswesen hat sich in den letzten Jahren verändert. Man arbeitet nicht mehr einfach mit Stellwänden. Man überlegt sich heute viel mehr, was für Bedürfnisse das Publikum hat, definiert Zielgruppen und bietet Bildung und Vermittlung an. Auch für mich war das am Anfang neu. Durch das Einbringen von einem Projektablauf und Strukturen hatte ich außerdem ein bisschen das Gefühl, ich bringe jetzt einfach mehr Arbeit. Eigentlich sollte alles viel einfacher werden mit einer Projektleitung. Und dann gibt es noch mehr Arbeit. BdB: Was ist denn nun die Rolle des Fachkonservators im Unterschied zur Projektleitung? AB: Der Fachkonservator muss sagen, was wissenschaftlich und damit inhaltlich geht. Wenn die Szenografen eine Bildtapete gestalten, kann ich sagen: »Ja, das ist super«, und über Besucherströme diskutieren. Aber der Fachkonservator sagt, welches die richtige Jahreszeit oder die richtige Pflanze auf der Bildtapete ist. Wir haben das jetzt zweimal so gemacht und es hat funktioniert. Aber Menschen und Veränderungen: Das dauert halt ein bisschen. Ich musste mich auch einfinden in meine Rolle. Inzwischen mache ich gewisse Dinge anders als bei der ersten Ausstellung. Aber die Strukturen werden immer klarer, auch, weil alles über mich läuft. Nicht, weil ich so wichtig oder so toll bin, sondern weil es eine Person braucht, die den Überblick hat. Mit jedem neuen Projekt startet man mit der Erfahrung vom letzten Mal. BdB: Und wie funktioniert die Hierarchie? Der Direktor des Museums ist Ihr direkter Vorgesetzter, aber die anderen sind Ihnen unterstellt, und zwar alle Projektbeteiligten. AB: Aber nur im Projekt. Unsere Projekte sind Matrixstrukturen. Das heißt, im Museum bin ich niemandem direkt vorgesetzt. Das war ein Knackpunkt.
M. Sc. Alexandra Bunge £ 1. Das Naturhistorische Museum Basel …
BdB: Wie haben Sie das gelöst? Was ist der Trick? AB: Verständnis, Vertrauen und die Erfahrung, dass es schon einmal funktioniert hat. Persönliche Beziehungen sind wichtig – wir lernen uns immer besser kennen – und klare Kommunikation. Wenn es trotzdem mal ganz und gar nicht funktionieren sollte, bleibt mir immer noch die Möglichkeit, den Linienvorgesetzten einzubeziehen. Dann gehe ich zu dem und sage: »Wir haben da ein Problem. Das können wir zu zweit nicht lösen, können wir das zu dritt anschauen.« Meistens geht es dabei um Abläufe oder Kommunikationsprobleme. Wenn man etwas zu dritt anschaut, bekommt es eine andere Bedeutung. Aber das kommt praktisch nie vor. BdB: Wie fing das Projekt an? Was war das erste, was Sie zu tun hatten? AB: Das Projekt wurde unserem Direktor vor etwa fünf Jahren vorgestellt vom Leihgeber, dem Hessischen Landesmuseum Darmstadt. Das war vor meiner Zeit am Museum. Die Geschäftsleitung entschied, dass wir diese Ausstellung übernehmen und zeigen werden. Damit war klar, dass sie kommt und wann sie kommt. Der Direktor ist mein direkter Vorgesetzter und meine direkte Ansprechperson. Er hat mir alle bereits bekannten Rahmenbedingungen genannt, alle Kontakte gegeben und gesagt: »So, jetzt bist du verantwortlich, mach!« BdB: Wie lange vor der Eröffnung hat er Ihnen das Projekt übergeben? AB: Ungefähr eineinhalb Jahre. BdB: Und was haben Sie als Erstes gemacht? AB: Ich bin mit dem Fachkonservator nach Oslo gefahren, wo die Ausstellung gerade gezeigt wurde. Und wir sind zum Hessischen Landesmuseum Darmstadt gefahren und haben den Projektleiter der Ausstellung getroffen. BdB: Wie ging das Projekt dann weiter? AB: Bei uns hat ein Projekt einen ziemlich klaren Ablauf. Je länger wir das machen, als desto besser erweist sich das. Es gibt zuerst ein Vorkonzept, das ich erstelle. Damit wird geprüft, ob wir die Ausstellung überhaupt machen können. Was würde es ungefähr kosten? Was bringt es an Aufwand mit sich? Auch inhaltlich stelle ich mir die Frage, ob das zu uns passt. Das Vorkonzept wird der Geschäftsleitung vorgelegt und die entscheidet, ob wir das Projekt durchziehen oder abbrechen. Das alles geschieht noch ohne eigentliches Projektteam. Ich gehe zu den einzelnen Leuten und frage sie nach ihren Meinungen und Einschätzungen, aber es ist meine Aufgabe, das Vorkonzept zu erstellen.
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BdB: Wie viel Zeit nehmen Sie sich dafür? AB: Mit dem Vorkonzept von »Messel, Urpferd & Co.« habe ich kurz vor der Eröffnung einer anderen Ausstellung angefangen. Das heißt, ich hatte noch sehr viel zu tun und konnte das Vorkonzept nicht an einem Stück machen. Ich glaube, wir haben uns fünf Monate Zeit genommen. Das Ziel war, ein Jahr vor der Eröffnung zu wissen, ob wir es machen oder nicht. BdB: Jetzt reden Sie von »wir«: Erstellen Sie das Vorkonzept nicht allein? AB: Der zukünftige Fachkonservator begleitete mich bei den Besuchen als mein zukünftiger Stellvertreter, aber noch nicht als Fachkonservator. Er muss in dieser Phase noch nichts machen, außer eben mein Stellvertreter zu sein. Sollte mir was passieren, kann er einspringen. BdB: Wie wird das Vorkonzept abgeschlossen? AB: Das Vorkonzept reiche ich schriftlich bei der Geschäftsleitung ein. Sie schauen es sich an und diskutieren es. Dann machen wir eine Sitzung ab, an der Fragen geklärt werden und festgehalten wird, was ich gegebenenfalls noch nachfragen muss. Dann entscheidet die Geschäftsleitung, ob wir das Projekt machen oder nicht. Das wird ganz formell protokolliert. Dann gehe ich persönlich zu den Leuten und informiere sie: »Wir haben ein neues Projekt.« Danach kommt das Team zusammen zum gemeinsamen »Kick-off«. BdB: Was bedeutet »Kick-off«? AB: Ich stelle dem Team das Projekt vor. Bei einer Wanderausstellung kann man ja wirklich zeigen, wie sie aussieht. Wo war die Ausstellung schon? Was wollen wir damit machen? Was sind die Vorgaben, Rahmenbedingungen oder Kernaussagen? Wir besprechen dann auch, wie wir im Team zusammenarbeiten wollen. Ob wir uns alle regelmäßig treffen oder lieber bilateral. Bei »Messel« hatten wir monatliche Teamsitzungen. Ich fand die nicht immer gut. Die hatten etwas zu Formelles, zu Projektmanagement-Mäßiges. Das sind die Leute hier im Haus nicht gewohnt. Das war nicht wirklich konstruktiv. BdB: Wie ging es weiter? AB: Mit dem »Kick-off« beginnt die Grobkonzeptphase. Ziel dieser Phase ist ein Dokument, in dem steht, was wir im Großen und Ganzen erreichen wollen. Die Ziele müssen klar sein. Meine Aufgabe ist es, das Budget, die Zeitpläne und die Abläufe durchzudenken und festzulegen. Die anderen Teammitglieder erarbeiten für ihren Bereich ebenfalls das Grobkonzept. Beim Rahmenprogramm zum Beispiel wissen wir, welche Gruppen wir erreichen wollen. Oder wir möchten wieder mal etwas Neues ausprobieren. Oder gewisse Erfahrungen vom letzten Mal umsetzten. Oder so und so viel Geld ausgeben. Aber was
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jetzt genau das Angebot ist, ob es viermal an einem Sonntag oder nur dreimal stattfindet oder wie der Titel lautet, das kommt erst im Feinkonzept. Wir haben die Schritte von der ersten Idee bis hin zur Umsetzung in zwei Stufen unterteilt, weil es einfacher ist, zuerst einen groben Schritt zu machen und den dann zu verfeinern. Und die Idee ist, dass wir nach diesen Konzeptphasen nicht mehr zurück können. Danach wird nur noch umgesetzt. BdB: Wie wird denn das Grobkonzept abgeschlossen? AB: Wieder das gleiche Prozedere. Ich reiche es der Geschäftsleitung ein, sie diskutiert es, wir kommen zusammen und es gibt eine protokollierte Entscheidung, die ich dann dem Team mitteile. BdB: Angenommen, die nehmen das Grobkonzept nicht an? AB: Das Grobkonzept ist die letzte Möglichkeit, das Projekt abzubrechen. Es kann sich herausstellen, dass wir im Vorkonzept etwas falsch eingeschätzt haben. Zum Grobkonzept gehört auch das Fundraising. Wenn wir das Geld nicht zusammenbekommen, muss die Geschäftsleitung entscheiden, ob wir es trotzdem machen, es vielleicht um ein Jahr verschieben oder auf die Szenografie verzichten. Der Direktor ist immer über den Stand des Projekts informiert. Sobald ich irgendwelche Probleme sehe, teile ich ihm das sofort mit – und nicht erst, wenn ich das Papier abgebe, auf dem Grobkonzept steht. Das Dokument ist wirklich nur der formelle Teil. BdB: Und dann gibt es noch ein Feinkonzept. AB: Auch wieder ein Dokument, das ich einreiche und worüber entschieden wird. Für mich sind die Konzeptpapiere wichtig, damit sichere ich mich auch ab. BdB: Und danach folgt die Umsetzung? AB: Damit habe ich eigentlich am wenigsten zu tun. Da geht jeder hin, bestellt und tut und macht. Vor allem Bau und Aufbau sind beschäftigt. In der Umsetzungsphase bestellt man das Material, es wird in der Werkstatt vorproduziert und nachher im Raum eingerichtet. Auch die Bildung und Vermittlung fängt an, die ganzen Ideen umzusetzen, also die Programme zu entwickeln, Schulkoffer zu bauen et cetera. Die Öffentlichkeitsarbeit kümmert sich um die Drucksachen und macht die Medienarbeit. BdB: Sie sagen, Sie hätten dabei relativ wenig zu tun. Wer koordiniert denn das alles? AB: Ich – aber im Idealfall kontrolliere ich nur. Es gibt ja eine detaillierte Terminplanung. Die entsteht in der Feinkonzeptphase. In der Umsetzungsphase
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ist es zu spät, wenn man erst da merkt, dass man Texte schreiben sollte, die in der nächsten Woche gedruckt werden müssen. Dann kriegt man ziemlich Stress. Wir versuchen in der Feinkonzeptphase, den Zeitplan so aufzustellen, dass wir sehen: Heute ist Dienstag, heute müssen wir das machen und ich muss jenes mit dieser Person besprechen. BdB: Und das funktioniert? AB: Ja, ich würde nicht sagen reibungslos, aber es funktioniert. BdB: Das heißt, Sie haben die Aufgabe, das Projekt zu überwachen? AB: Ja, aber es geht wirklich vor allem darum, das abzuarbeiten, was wir im Feinprojekt wie eine Checkliste zusammen erarbeitet haben. Sobald es Veränderungen gibt, die sich auf die Projektziele auswirken oder auf den Zeitplan oder das Budget, dann muss ich sofort involviert werden. Ansonsten zeigen mir die einzelnen Bereiche glücklicherweise recht zwanglos, was sie entwickelt haben: »Schau, das habe ich heute gemacht.« Wir arbeiten ja räumlich sehr eng zusammen. BdB: Und wie läuft das mit den externen Partnern? Wann kommen die ins Spiel? AB: Die Szenografen sind ab dem Grobkonzept dabei. Am Anfang dieser Phase stellen sich verschiedene Büros vor und wir entscheiden uns dann für eine Zusammenarbeit. Dieses Büro bekommt das Vorkonzept präsentiert und arbeitet danach eine erste Idee aus, die schon im Grobkonzept enthalten ist. Am Ende der Feinkonzeptphase liegen alle Detailpläne für die Ausführung bereit, ein Kostenplan und ein Zeitplan für den Aufbau. Dann gibt es die Möglichkeit, die Bauleitung intern zu übernehmen oder über den Szenografen extern zu vergeben. Man kann das sogar aufteilen. Wir haben schon alles ausprobiert und sind uns nicht so sicher, was die beste Lösung ist. Bei »Messel« hatten wir einen internen Bauleiter. Die Szenografen gaben ihm die Pläne ab. Was wir nicht übernahmen, waren Innendekoration, Grafik, Folien und Klebeschriften, da uns dafür das Know-how fehlt. Die Szenografen vergaben das direkt und überwachten es auch selbst. Und wir überwachten die Szenografen. Das klingt sehr kompliziert, hat bei »Messel« aber super funktioniert. Bei der nächsten Ausstellung haben wir das gleiche mit anderen Leuten wieder versucht und es hat überhaupt nicht funktioniert. BdB: Können die Gestalter auch beim Inhalt noch mitreden? AB: Ja, eigentlich schon. Bei »Messel« wünschten wir uns von den Szenografen eine Einleitung. Wir sagten ihnen, dass wir das Publikum abholen wollen, ihm Messel zeigen möchten und erklären, worum es da geht. Beim Ausstel-
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lungsbesuch in Oslo hatten wir gemerkt, dass das Lebendige fehlt. Da waren nur ganz viele Fossilien. Und aus diesem Wunsch entwickelten die Szenografen gemeinsam mit dem Fachkonservator und mir schon während der Grobkonzeptphase die Idee für einen Eingangs- und einen Ausgangsbereich. BdB: Was lief gut bei der Vorbereitung der Ausstellung und was nicht? AB: Also die Abläufe, die Struktur mit Konzept und die Umsetzung liefen sehr gut. Aber es entstand kein wirkliches Team. Alle arbeiteten für sich, für ihren Bereich. Aber dass man als Team, als Ganzes gemeinsam dasselbe Ziel verfolgt, das stellte sich nicht ein. Heute läuft das besser. BdB: Woran lag das? Haben Sie eine Vermutung? AB: Einerseits waren die Projektabläufe immer noch ungewohnt. Gewisse Rollen und Abläufe waren für alle neu, und da gab es Unsicherheiten: Funktioniert das wirklich, ist das wirklich gut, wenn wir das so machen? Immerhin waren bei diesem Projekt die Struktur, die Rollen, die Vorgaben und Abläufe klar. Andererseits hatte ich bei meiner zweiten Projektleitung noch nicht so viel Erfahrung darin, ein Team zusammenzubringen, das nicht von sich aus zusammengebracht werden will. Da wusste ich sicher nicht immer gleich, was zu tun ist, um das zu verbessern. BdB: Und was machen Sie jetzt anders, um ein Team zusammenzubringen? Es sind ja immer dieselben Leute. AB: Mehr oder weniger, es sind inzwischen auch neue Leute da. Die lassen sich eher auf diese Arbeitsweise ein. Ich merke aber auch, dass ich mich verändert habe. Ich habe mehr Erfahrung und bin sicherer in dem, was ich mache, und das färbt ab. BdB: Jetzt haben wir viel über Projektorganisation, Planung und Struktur geredet. Was kann man überhaupt planen und was nicht? AB: Man kann schon in der Planung mitberücksichtigen, dass etwas schief gehen und dass es Verzögerungen geben kann. Wenn es dann passiert, muss man weniger improvisieren. Trifft etwas völlig Unvorhergesehenes ein, hat es Auswirkungen für alle. Da reicht es nicht, dass ich superflexibel bin. Das ganze Team muss spontan sein. Und die meisten sind sehr spontan, das muss ich schon sagen. Manchmal höre ich aber auch: »Das hätten wir viel früher wissen müssen! Jetzt ist nichts mehr zu machen.« Dann muss man sich zu sagen trauen: »Wir blasen das ab, lassen das weg oder machen das jetzt ganz anders.« Sei es aus Kostengründen, bei Lieferschwierigkeiten oder was weiß ich. Das Beste wäre, aus der neuen Situation wieder etwas Tolles zu machen.
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BdB: Mussten Sie bei »Messel« auch improvisieren? AB: Ja, andauernd, bis direkt vor der Eröffnung. Die Projektoren waren installiert und die Flächen beleuchtet, aber die Projektionen waren fast nicht zu sehen. Die Entscheidung, das zu ändern, war superschnell gefällt und es wurde superschnell organisiert, da es auch gerade noch ins Budget passte. Die Fotografen kamen entsprechend später für die Pressefotos, die Öffentlichkeitsarbeit verschob ihre Medienmiteilung auch etwas und eine weitere Sekretärin half CDs zu brennen, damit alles so kurzfristig fertiggestellt werden konnte. BdB: Das hat aber bestimmt zusammengeschweißt, oder? AB: Ja, auf jeden Fall. Das ist einer der Gründe, warum es jetzt im nachfolgenden Projekt besser läuft. Wieder so eine Erfahrung: Es lohnt sich zu planen, auch wenn es nachher anders kommt. Dank der Planung konnte man reagieren oder wusste, wie man reagieren muss. Es hat funktioniert, trotz Schwierigkeiten hatte niemand eine Nachtschicht oder ein Burn-out. Und jetzt geht man das nächste Projekt mit der neuen Erfahrung an. BdB: Gibt es Grenzen des Projektmanagements? Wo wird es zu viel Organisation? AB: Zu viel Planung, zu viel Struktur? Ich glaube, es ist eine der großen Herausforderungen, dass man dabei immer noch auf die Menschen eingeht. Nicht alle finden es toll, am Abend ein Häkchen zu setzen, wenn sie ihre Aufgaben erledigt haben. Manche brauchen mehr, manche weniger Vorgaben. Die einen sind froh, wenn man ihnen hilft, ihre Arbeit zu strukturieren, andere sind froh, wenn man sie zwei Monate in Ruhe lässt. Das zu erkennen, ist die Herausforderung. Und sie ist doppelt so groß, weil ein Projekt zeitlich begrenzt ist. Bis du kapiert hast, wie jemand funktioniert, ist es meist schon zu spät. Die ganze Projektorganisation, die wir einzuführen versuchen, soll auf gar keinen Fall eine Belastung für irgendjemanden sein. Es gibt vielleicht gewisse neue Richtlinien und Regeln, an die man sich halten muss, weil die für das ganze Projekt wichtig sind. Aber das, was nicht zentral ist für das Projekt, müssen alle selber gestalten können. So, dass alle so arbeiten, wie sie gut arbeiten. BdB: Es ist also von Vorteil für Sie, wenn Sie immer wieder mit denselben Leuten zusammenarbeiten können, weil Sie sie kennen und auf sie eingehen können. Es gibt aber auch Stimmen, die sagen, dass langjährige Mitarbeitende schwieriger zu motivieren seien. Und wenn die nicht mitziehen, dann wird es noch schwieriger. AB: Das ist ein Problem. Aber es ist nicht mein konkretes Problem, sondern dasjenige des Linienvorgesetzten dieser Person. Sie erfüllt dann nämlich ihre Aufgabe nicht. Ich kann also zu ihrem Vorgesetzten gehen und sagen: »Dein
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Mitarbeiter macht nicht mit, liefert seine Sachen nicht ab und meine Kompetenzen hören hier auf.« Aber auch das kommt eigentlich nicht vor. BdB: Wir kommen zum Schluss: Wie endete das Projekt? AB: Es ist noch nicht ganz beendet. Bei uns hören Ausstellungen nicht mit der Eröffnung auf, sondern nach dem Abbau mit einem zehn- bis zwanzigseitigen Schlussbericht. Dieser hat zwei Teile: Er wertet das Erreichen der Ausstellungsziele aus und den Prozess. Bis ich den Schlussbericht verfasst habe, ist der Prozess noch nicht abgeschlossen. Das mache ich dann so: Da kommen alle zusammen und bringen ihre Informationen ein. Ich moderiere, um herauszufinden, was gut gelaufen ist. »Wo gab es Schwierigkeiten: im Ablauf, in der Kommunikation? Was müssen wir ändern?« Ich versuche, keine Beschuldigungen aufkommen zu lassen, und sammle Informationen und Statements. Manche schreiben ihren Teil selber, manche machen das lieber im Gespräch. Bevor ich den Bericht abgebe, bekommen ihn die Projektbeteiligten zu lesen. Ich gebe ja ihre Meinungen wieder. Daraus ergibt sich ein Fazit, das auch in den Schlussbericht kommt. – Beim nächsten Schlussbericht versuche ich dann zu prüfen, ob wir aus den Erfahrungen gelernt oder die gleichen Fehler wieder gemacht haben. – Auch der Schlussbericht wird der Geschäftsleitung vorgelegt, die ihn diskutiert und Rückfragen stellen kann. Dann gibt es noch ein offizielles »Hiermit ist das Projekt zu Ende« und ein Dankesessen für alle am Projekt Beteiligten und Involvierten. Das war es dann.
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Das WienMuseum (www.wienmuseum.at) wurde ursprünglich als »Historisches Museum der Stadt Wien« 1959 als erster Museumsneubau der Zweiten Republik eröffnet. Zum Haupthaus im Zentrum von Wien gehören zahlreiche Außenstellen, wie zum Beispiel die Hermesvilla, das Römermuseum oder die Musikerwohnungen. Die Sammlungen umfassen archäologische Objekte, Objekte zur Kultur-, Politik-, Sozial-, Wirtschafts- und Alltagsgeschichte Wiens sowie eine bedeutende Kunstsammlung mit ungefähr einer Million Objekten. Das Leitbild ist seit 2004 im Internet einsehbar (www.wienmuseum.at/de/ueber-uns/ unser-leitbild.html). Im Haupthaus beträgt die Ausstellungsfläche ungefähr 2500 m2, davon sind 800 m2 Sonderausstellungsfläche. Pro Jahr werden im Haupthaus und in den Außenstellen zusammen sechs bis acht Ausstellungen organisiert. Das fest angestellte Personal umfasst hundertsechzig Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
… ZEI G T D I E S O N D E R A U SS T ELLU N G »W I EN I M F IL M . S TA DT B ILD ER AUS 100 J A HR EN « Ziel der Ausstellung ist es, dass man sich gemäß dem Leitbild des Museums auf eine ungewöhnliche Weise der Stadt Wien und ihrer Geschichte nähern kann: »Wer sich für Wien interessiert, kommt hier der Stadt auf die Spur.« Thema der Ausstellung sind fast hundert Jahre Wiener Stadtgeschichte im Film, in der die Stadt und ihre Orte als Haupt- oder Nebendarsteller mitwirken. Dabei geht es weniger um Tatsachen als um das Ausloten von Gefühlen und Mentalitäten. Die Präsentation besteht aus vierzig Stationen mit Ausschnitten aus rund achtzig österreichischen und internationalen Spielfilm-Produktionen. Die frei im Raum montierten Leinwände und die Auskleidung der Räume mit Teppichen und Vorhängen suggerieren eine Kinoatmosphäre. Filmausschnitte sind die einzigen »Exponate« dieser Schau. Die Ausstellungsfläche beträgt 867 m2, Infrastruktur wie Belichtung, Strom und Computertechnik ist vorhanden. Die Zielgruppen sind Filminteressierte, Wieninteressierte, Schulklassen und Touristen. Das Begleitprogramm umfasst Führungen durch die Kuratoren und durch Filmschaffende, Podiumsdiskussionen und Stadtexpeditionen sowie eine gleichzeitig stattfindende Filmschau. Die Ausstellungsdauer beträgt rund sechs Monate (27.05.-19.11.2010). Die internen Projektbeteiligten sind eine Projektkoordinatorin und ein Kurator. Die externen Mitarbeiter sind zwei weitere Kuratoren, ein Ausstellungs-
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gestalter, ein Grafikbüro, ein Regisseur und ein Cutter. Weitere Aufträge an Dritte werden von der Projektkoordinatorin vergeben.
M AG . B Ä RBL S C H R E M S (*1965), L EIT ERIN A U SS T ELLU N G SPRO D U K T I O N , P ROJ EK T LEIT ERIN … Nach einer Ausbildung zur Gemälde-Restauratorin war Bärbl Schrems zehn Jahre als freischaffende Restauratorin tätig. Anschließend absolvierte sie den Kuratorenlehrgang für Museums- und Ausstellungswesen am Institut für Kulturwissenschaften. 2005 kam sie als Restauratorin ans WienMuseum. Dieses war ursprünglich sehr eng an die Stadt angebunden. 2003 wurde das Museum voll rechtsfähig, was große Umstrukturierungen zur Folge hatte. Eine wirtschaftliche Leitung wurde eingeführt, die seither für die Finanzen zuständig ist, und neue Abteilungen wie das Marketing und auch die Ausstellungsproduktion wurden geschaffen. Heute leitet Bärbl Schrems die Abteilung Ausstellungsproduktion. Ihre Erfahrungen mit der Planung und Umsetzung von großen Ausstellungen aus restauratorischer Sicht befähigten sie dazu. Eine weitere wichtige Grundlage sieht sie in ihrer ehemaligen Selbstständigkeit: »Wenn man einen kleinen Betrieb hatte, wie ein Unternehmer agieren musste, kommt einem das sehr zugute, wenn man eine Abteilung leitet oder mit Externen zu tun hat.« Außerdem bildete sie sich in Projektmanagement weiter: »Aber ich muss schon sagen, es war mehr ein Learning by Doing.« Als Arbeitsgrundlage diente ihr am Anfang ein Ausstellungsleitfaden, der vor der Schaffung der Abteilung Ausstellungsproduktion am Museum erarbeitet worden war. Sie steuerte damit die festgelegten Prozesse: »Es galt, die Planung von der Feinplanung über die Umsetzungsplanung bis zur Nachbearbeitung in die Realität umzusetzen. Das klingt in der Theorie recht einfach, in der Praxis scheitert man oft an den Gegebenheiten oder den Befindlichkeiten von Personen, die eine andere Arbeitsweise gewöhnt sind.« Auch in diesem Bereich gab es Neuerungen, die inzwischen recht gut eingespielt sind. Das Ausstellungs-Spektrum reicht von vielen ganz kleinen Projekten bis zu dreißig bis fünfzig großen Ausstellungen, für die Bärbl Schrems seither mitverantwortlich war.
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… B L I C K T I M G E SPR ÄC H AU F D EN E NT S T EHU NG SPROZE SS Z U R Ü C K Barbara den Brok: Beginnen wir unser Gespräch mit den Mitarbeitenden des Projekts. Wer half denn alles mit? Bärbl Schrems: Ich leite die Abteilung Ausstellungsproduktion und übernahm die Produktion der Ausstellung »Wien im Film«. Bei jedem größeren Ausstellungsprojekt gibt es einen Kurator, der die wissenschaftliche Arbeit macht und das Projekt inhaltlich strukturiert, und eben noch jemanden für die Produktion. Wir betrachten jede Ausstellung als Produkt oder Projekt. Die Zusammenstellung der Projektteilnehmenden erfolgt im Vorfeld. Mitgearbeitet haben hier sogar verschiedene Kuratoren, Werner Schwarz vom Haus zusammen mit zwei externen Kuratoren: Christian Dewald ist Mitarbeiter des Filmarchivs Austria in Wien, Michael Loebenstein hat eine enge Anbindung an das österreichische Filmmuseum. Damit waren die beiden wichtigsten Institutionen im Bereich Film involviert. BdB: Wer arbeitete denn sonst noch mit? BS: Ein Ausstellungsarchitekt für die Gestaltung. Wir überlegten uns im Vorfeld, welche Schwerpunkte er haben sollte. Wir wollten kein allzu großes Büro, sondern jemanden, der eng mit dem Ausstellungsteam kooperiert und eine Affinität zu Inszenierungen hat. Es gab dann ein Auswahlverfahren, zu dem wir drei Büros einluden und um einen Entwurf baten. Die Präsentationen der Erstentwürfe fanden im Dezember 2009 statt, ein gutes halbes Jahr vor der Eröffnung. Danach entschieden wir uns sehr rasch, innerhalb eines Tages. Die Wahl fiel auf Thomas Hamann, er hat Bühnenbild studiert und auch für das Theater gearbeitet. Daneben engagierten wir noch ein Grafikbüro und einen Dokumentarfilmer, der den Schnitt in einem Filmstudio machte. Eigentlich waren ja die Filme unsere Objekte. Werner Schwarz wählte diese gemeinsam mit den beiden anderen Kuratoren aus und begleitete auch die weitere Bearbeitung. BdB: Dann arbeiteten Sie ja fast nur mit externen Partnern zusammen! BS: Nein, intern unterstützten uns auch noch die Marketingabteilung, die Vermittlungsabteilung, die Werkstätten und der interne Service. Dieser ist unter anderem für die Sicherheit im Haus verantwortlich, für das Klima etc. Auch der Direktor war von Anfang an involviert. BdB: Entspricht das Verhältnis von externen und internen Mitarbeitenden dem Normalfall bei Ihren Projekten? BS: Diesmal waren es mehr externe Mitarbeitende. Das lag daran, dass es sich nicht um eine klassische Objekt-Ausstellung handelte, sondern um eine
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mit letztlich virtuellen Objekten, eben Filmausschnitten. Das Projekt war so ungewöhnlich, dass ich davor auch ein bisschen Angst hatte. Angst, ob das wohl funktionieren würde. Im Nachhinein kann ich sagen, dass es zu einem Lieblingsprojekt wurde, weil wir eine extrem nette Zusammenarbeit hatten. BdB: Dann reden wir doch über das Projekt. Wie fing es an? BS: Werner Schwarz, der Kurator, ging etwa zwei Jahre vor der Eröffnung mit der Ausstellungsidee zum Direktor. Bald war klar, dass das eine Ausstellung für das WienMuseum ist. Dann folgte eine lange, lange Phase, in der sich Werner Schwarz und die zwei weiteren Kuratoren wahnsinnig viele Filme ansahen und daraus das Ausstellungsdrehbuch erarbeiteten. Danach wurden die Filme ausgewählt und bestellt. In der allerersten Phase war ich gar nicht so stark involviert. Für mich fing es erst etwa eineinhalb Jahre vor der Eröffnung richtig an, mit dem Kennenlernen der beiden externen Kuratoren. BdB: Wie wird dem Direktor die Idee einer Ausstellung präsentiert, informell, per E-Mail oder in einer offiziellen Sitzung? BS: Es gibt Sitzungen für die Ausstellungsplanung. Aber es kann auch sein, dass Kuratoren Vorschläge per E-Mail oder im Gespräch an den Direktor herantragen, die dann weiterverfolgt werden. BdB: Und wer wählt aus und entscheidet? BS: Das wird nicht unbedingt in einer Sitzung beschlossen, sondern es kristallisiert sich im Laufe mehrerer Besprechungen heraus. Erst wenn das Ausstellungsthema feststeht, steige ich richtig ein. BdB: Was für eine Rolle spielte der Direktor bei diesem Projekt? BS: Dem Direktor war diese Ausstellung wichtig. Er war unter anderem in die Auswahl der möglichen Partner involviert und wurde bei allen größeren Entscheidungen einbezogen. BdB: Zogen Sie in Betracht, dass nicht allen externen Projektteilnehmenden klar war, was ihre Rolle im Projekt ist? BS: Dadurch, dass ich die externen Leute kontaktierte, sie zu Besprechungen einlud und um einen Kostenvoranschlag bat, also durch die Art, wie ich agierte, erklärte sich meine Rolle. Auch intern, zwischen Werner Schwarz und mir, gab es keine Probleme diesbezüglich. Wir beide hatten gemeinsame Ziele, die fristgerechte Eröffnung der Ausstellung und die Einhaltung des Budgets. Es war kein Gegeneinander, sondern ein Miteinander. Bei Abstimmungen wiegt das Wort des Direktors schwerer, er kann uns überstimmen. Insofern ist der Begriff Projektleitung nicht ganz zutreffend, wenn unter Leitung ver-
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standen wird, das letzte Wort zu haben. So ist das bei uns aber nicht, sondern es ist eher eine Prozesssteuerung. BdB: Was machten Sie zuerst? BS: Das Budget und den Zeitplan. Und ich überlegte mir, welche Projektpartner es braucht. Wir wussten, dass es bei der Ausstellung ein paar Unbekannte gab, die wir nicht einschätzen konnten. Beim Schneiden und Zusammenstellen von Filmen sind viele Schritte notwendig, die ich nicht wirklich kannte und die Geld, Zeit und personelle Ressourcen kosten – das lernten wir im Rahmen dieses Projekts. BdB: In der ersten Phase mit den drei Kuratoren, gab es da schon Sitzungen? BS: Wir erstellten den Zeitplan gemeinsam und überlegten, mit wem wir zusammenarbeiten wollen, wer zum Beispiel den Filmschnitt macht. Es gab auch Themen, die besprachen nur Werner Schwarz und ich, ohne die externen Kuratoren. BdB: Später kamen ja noch Marketing, Vermittlung, Werkstätten und interner Service dazu. Wurden die auch zu Sitzungen eingeladen? Wie wurden die über das Projekt informiert? BS: Normalerweise gibt es recht früh eine Präsentation der Projekte. Dabei werden die Leute in diversen Sitzungen informiert. Zusätzlich gibt es einen Ausstellungspass, eine Vorlage, in der die Eckdaten einer Ausstellung schriftlich festgehalten sind. Dazu gehören der Inhalt, die Zielgruppen etc. Der ist allen Mitarbeitenden zugänglich. Das Marketing wurde im Fall der Film-Ausstellung recht früh informiert. Wir legten zusammen die Auswahl der Grafikbüros für die Werbemittel fest. Bei Zielgruppengesprächen im Vorfeld überlegten wir, an wen sich die Ausstellung richtet. Da waren die Vermittlung, das Marketing, der Direktor, der Finanzdirektor und die Kuratoren dabei. Die Werkstätten und der interne Service kamen erst dazu, als es schon um die Umsetzung der Ausstellung ging. BdB: Die neuen Projektmitarbeitenden kommen also immer nach dem Abschluss einer Projektphase dazu? BS: Ja, wobei das meistens mit den Präsentationsphasen der Gestaltung korreliert. Dann wird ja eigentlich entschieden, wie es weitergeht. Das ist so auch in unserem Ausstellungs-Handbuch festgehalten. Die einzelnen Projektphasen oder -abschnitte, die Vorplanung, die Grobplanung, sie verschwimmen im Projekt oft ineinander.
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BdB: Wenn die Phasen ineinander verschwimmen, wie geht das dann mit der Kontrolle? Dass der Terminplan eingehalten wird, beispielsweise? BS: Also das Einhalten der Termine funktioniert meist recht gut. Man merkt das auch daran, dass wir immer mit den Ausstellungen fertig werden und dafür nicht die Nächte durcharbeiten. Was das Finanzielle angeht, erkannten wir bei dieser Ausstellung leider erst in einer sehr späten Phase, dass wir uns das nicht leisten können. So lange ich die Exponate nur im Kopf habe und es noch keinen gestalterischen Entwurf gibt, weiß ich nicht genau, wie viel diese Ausstellung kosten wird. Stehen die Objekte und die Gestaltung, dann weiß man den Preis – aber dann gibt es oft keinen Weg mehr zurück. BdB: Nach der Wahl des Ausstellungsgestalters Ende 2009 blieben eigentlich nur noch fünf Monate für den Umsetzungsentwurf und die Realisation. BS: Wir setzten den Vorentwurf, der uns während des Auswahlverfahrens präsentiert wurde, mehr oder weniger um. Wir entschieden uns dafür, weil er viel offen ließ. Das war kein starrer Entwurf. Der Gestalter setzte voraus, dass er mit dem Ausstellungskonzept mitgehen und bis zuletzt Änderungen vornehmen kann. Seine Idee war, zwei große, offene Räume zu gestalten. Wo genau die Leinwände und damit die Objekte oder Filme hinkommen, das blieb unbestimmt. Später folgte das Feinkonzept. Der Direktor goutierte manches nicht, das dann umgearbeitet werden musste. Trotzdem reichte es für den Detailentwurf, der dann zeitgerecht umgesetzt wurde. BdB: Wie viel Zeit blieb für den Aufbau? BS: Wir hatten für den Aufbau im unteren Stockwerk dreieinhalb Wochen, im oberen zweieinhalb Wochen zur Verfügung. BdB: Was waren Ihre Aufgaben in den unterschiedlichen Projektphasen? Können Sie mir das ein bisschen genauer beschreiben? Sie fingen sehr konkret an mit Budget, Zeitplan und Projektplan. BS: Ich schloss sämtliche Verträge ab, auch mit den externen Kuratoren. Darin definieren wir deren Rolle und welche Aufgaben sie übernehmen. Dazu kamen bei mir in diesem Projekt die Verträge mit den Rechteinhabern der einzelnen Filme. BdB: Das heißt, sie übernahmen viel administrative Arbeit. Und die Projektsteuerung? BS: Ich würde sagen, die Projektsteuerung funktionierte über das Einberufen von Sitzungen, an denen man Themen besprach, Dinge festlegte. Und es gab viele Sitzungen. In der Anfangsphase, als die Filme gesichtet wurden, traf man sich kaum. Aber in der Phase, als es um Entscheidungen ging, da berief
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ich Sitzungen ein, die ich leitete und so das Projekt steuerte. Diese Sitzungen fanden alle zwei Wochen und am Schluss auch öfter statt. BdB: Was lief in diesem Projekt besonders gut? BS: Das Miteinander, es war sehr kollegial, so, wie ich mir ein Team vorstelle. Dass man in seiner Rolle gleichberechtigt war und wirklich gemeinsam etwas erarbeitete. Werner Schwarz setzte sich sehr dafür ein. Ebenfalls toll war, dass das Projekt nicht nur für mich neu und schwer einzuschätzen war, sondern auch für die anderen Beteiligten ein Wagnis. Es war nicht einmal klar, ob es überhaupt funktionieren würde. Als wir dann merkten, dass es funktioniert, war das ein sehr gutes Gefühl. BdB: Sie deuteten an, dass es mit den Finanzen ein Problem gab. BS: Wir haben ein Raster von Budgetpositionen, die wir bei jeder Ausstellung benutzen: Was kosten die Rechte, die Leihgebühren, die Transporte, ja sogar der Katalog und mögliche externe Autoren. In dieses Schema passte diese Ausstellung aber überhaupt nicht rein. Wir wussten nur, dass einige Positionen komplett wegfallen, dafür aber andere hinzukommen, die wir schwer einschätzen konnten. Wir wussten zwar, wie viel eine Minute Film kostet. Aber wir wussten nicht im Voraus, wie viel ein Schnittfeld kostet oder die externe Rechte-Recherche. Das waren Positionen, die wir zu wenig bedachten, um ehrlich zu sein. Und selbstverständlich wählte man die Filme nicht nach dem Preis aus, sondern danach, ob sie zum Konzept passten. Es gab aber so starrsinnige Rechteinhaber, die viel zu viel Geld verlangten. So mussten wir, als wir schon in der Produktion der Ausstellung steckten, Geld einsparen: radikal Filmminuten streichen, ganze Filme streichen und auch bei der Architektur Abstriche machen. BdB: Wie lange vor der Ausstellungseröffnung wurde das klar? BS: Ich weiß es nicht mehr genau, aber etwa eineinhalb Monate vorher. Die Kosten lagen erst so spät auf dem Tisch. Es war teilweise wirklich schwierig, an die Rechteinhaber überhaupt ranzukommen. Die Inhaber von HollywoodFilmen, Major Labels, erwischt man nicht einfach so. Und das waren ganz und gar keine Kooperationspartner wie Museen, bei denen man weiß, dass einen die Ausleihe so und so teuer zu stehen kommt. BdB: Mussten Sie danach improvisieren? BS: Ich glaube, man muss bei Ausstellungen laufend improvisieren. Im Verlauf der letzten fünf Jahre wurde das zwar besser. Aber bis zu einem gewissen Grad sind Ausstellungen immer ein bisschen chaotisch, da die Projekte sehr komplex sind. Es gibt immer entweder schwierige Leihgeber oder etwas
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anderes, das nicht vorhersehbar ist. Dann versagt die klassische Projektplanung. Und es gibt auch noch einen weiteren Grund, der weniger die Kreativen als die wissenschaftlichen Mitarbeitenden betrifft. Die forschen und finden immer mehr. Der Zeitpunkt, an dem es in einem Projekt mit dem Weiterforschen vorbei sein muss, der ist offenbar für einen Wissenschaftler unheimlich schmerzhaft. Den wollen sie einfach nicht wahrhaben und zögern ihn immer weiter hinaus. Das läuft einer soliden Projektplanung total zuwider. Ich habe die Vorphase – und danach ist eigentlich Schluss mit dem Input. Dann wird laut Konzept nur noch umgesetzt. Von wissenschaftlichen Mitarbeitenden kommt aber bis zuletzt Input. Je nach Charakter sind sie mehr oder weniger einsichtig. BdB: Warum arbeiten die Kreativen besser nach Plan? BS: Bei uns sind die Kreativen extern. Das hängt eher damit zusammen, denke ich. Die sind Unternehmer und wissen: »Wenn ich jetzt den zehnten Entwurf mache, dann kostet das Geld oder ich verliere Geld.« Das haben die immer im Kopf. BdB: Wie endete das Projekt für Sie? BS: Noch immer nicht. Nach der Preview oder der Eröffnung gingen wir mit den Projektbeteiligten zusammen essen. Nichts Außergewöhnliches, wir gingen in ein Lokal in der Nähe. Nach einer kurzen Ruhepause folgten die Rechnungsphase und Nachbesprechungen, um zu erfahren, wie das Projekt aus der Sicht der Beteiligten gelaufen war. Eine Nachbesprechung im Sinne einer Projektanalyse gab es nicht. – Aber kein Projekt endet mit der Eröffnung, sondern dann fängt die Ausstellung ja erst an. Wir müssen die laufende Ausstellung betreuen, kontrollieren, ob die Technik funktioniert, die Kopfhörer werden hin und wieder ausgetauscht, die Besucherbücher gelesen und Gespräche mit den Kollegen geführt. Wir dokumentieren und fotografieren jede Ausstellung. Diese werden wir sogar filmen. Zudem überlegen wir gerade auch, ob wir die Ausstellung nicht weitergeben können. Ganz am Ende wird es noch einen sogenannten Ausstellungsakt geben, da werden sämtliche Unterlagen geordnet und abgelegt – und erst danach ist es vorbei. Das ist dann irgendwann nach dem Abbau.
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THOMA S H AMANN (*1966), A USSTELLUNGSGESTALTER , I LLUSTR ATOR … Thomas Hamann kommt ursprünglich aus Deutschland. Er studierte in Wien und machte 1991 seinen Abschluss als Bühnenbildner. Seither ist er selbstständig tätig und hat ein Büro in Wien. Er arbeitet als Ausstellungsgestalter, macht Ausstellungskonzeptionen, aber auch Illustrationen und Zeichnungen. Im Verlauf der letzten zwanzig Jahre konnte er bei mehr als dreißig Projekten Erfahrungen im Ausstellungsbereich sammeln. Seine Rollen dabei sind vielfältig: »Ich komme vom Theater und da gibt es eine klare Rollenverteilung. Da gibt es den Regisseur, den Bühnenbildner, die Kostümbildner, den Dramaturgen und die Schauspieler, die auf der Bühne stehen. Es gibt also welche, die konzipieren, und welche, die das Konzept in den Werkstätten und auf der Bühne umsetzen. Wenn ich das auf das Ausstellungswesen übertrage, mache ich das Bühnenbild für die Ausstellungen, führe bei anderen Projekten aber auch Regie. Das heißt, ich konzipiere Ausstellungen sowohl inhaltlich als auch gestalterisch, wobei der Schwerpunkt auf der Gestaltung liegt, einschließlich des speziellen Bereichs der Lichtgestaltung.«
… B L I C K T I M G E SPR ÄC H AU F D EN E NT S T EHU NG SPROZE SS Z U R Ü C K Barbara den Brok: Wir werden uns über Ihre Aufgaben und Ihre Rolle in der Ausstellung »Wien im Film« am WienMuseum unterhalten. Wie hat das Ausstellungsprojekt für Sie angefangen? Thomas Hamann: Mit einem Wettbewerb Ende November 2009. Es war ein kleiner Ideenwettbewerb, an dem zwei oder drei Büros teilnahmen. Wettbewerbe sind ja ganz unterschiedlich. Bei manchen gibt es ausführliche Hefte, in denen steht, was alles wofür gefordert ist. Hier waren es eher sehr allgemeine Angaben. Die Fragestellungen oder Problemstellungen waren: »Wie soll man Film ausstellen? Wie geht man mit dem Raum um, wie mit der Akustik? Wie kann man verschiedene Filme in einem Raum zeigen?« Das Fein-
Thomas Hamann £3. Das WienMuseum ...
konzept war hingegen noch nicht im Detail fixiert. Das kristallisierte sich erst nach dem Wettbewerb heraus. BdB: Mit wem haben Sie das erste Gespräch geführt? TH: Das war ein Telefonat mit Bärbl Schrems. Sie lud zum Wettbewerb ein. Die drei Kuratoren lernte ich dann bei der Wettbewerbspräsentation kennen. BdB: Wie ich sehe, legten Sie für die Präsentation eine Art Skizzenbuch vor (liegt auf dem Tisch). TH: Für mich ist diese Herangehensweise eine Möglichkeit, eine Erzählweise zu finden. Um was geht es da, was interessiert mich und wie kann man das Ganze erzählen? Dazu gibt es noch eine Materialsammlung sowie die Darstellung der Vorgänge, die bei einem Kinobesuch stattfinden. Aber ich fragte mich auch, wie man eine Ausstellung über Film machen kann, dass es immer noch eine Ausstellung ist. Es sollte weder ein besseres noch ein schlechteres Kino werden oder gar nur eine Bilderausstellung. Meine Idee war, eine Art Grundraum zu finden, der die Hülle bietet, in der ein Filmpanorama gezeigt werden kann und in dem die verschiedenen Filmausschnitte zusammen möglichst ein ganz neues Gesamtbild ergeben. Ich wollte auch eine leichte Formgebung, keine museale. BdB. Für ihre Überlegungen und ihre Präsentation gab Ihnen Bärbl Schrems noch am Tag der Präsentation den Zuschlag. TH: Das war am 23. Dezember. BdB: Das Material für die Präsentation bildete dann die Grundlage für die konkrete Erarbeitung der Ausstellungsgestaltung? TH: Ja, und der nächste Schritt war die Entwicklung einer Abfolgestruktur der ausgewählten Filmausschnitte. Denn parallel zu meinem Einstieg ins Projekt waren die drei Kuratoren noch an der Filmsichtung. Es ging darum, ihre erste Auswahl etwas einzukochen, von vierhundert bis fünfhundert Ausschnitten hundert auszuwählen. Das machte aber auch erst Sinn zu diesem Zeitpunkt, denn sie wussten ja erst jetzt, was für einen Raum sie haben werden. Der von mir vorgeschlagene Raum wiederum ließ ihnen die nötige Flexibilität. Ewas sehr Elementares war nämlich noch gar nicht entschieden worden: Ob die Themenräume, in denen ganze Ausschnitt-Gruppen zusammengestellt werden, als tatsächlich existierende, geschlossene Räume oder nur als gedankliche Räume präsentiert werden sollten.
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BdB: Dafür trafen Sie sich dann sogleich und berieten dies? TH: Die erste Besprechung war mit Bärbl Schrems und drehte sich eigentlich nur um das Budget. Da ging es um den Budgetrahmen und den Honorarrahmen. Erst danach trafen wir uns mit allen drei Kuratoren und später auch mit Norbert Pfaffenbichler, der den Schnitt machte. BdB: Sie entwickelten also gemeinsam ein Umsetzungskonzept? Wie ging das? Wie muss ich mir das vorstellen? TH: Ein sehr interessanter Aspekt war, und da muss ich vielleicht ein bisschen weiter ausholen, dass diese Ausstellung für mich eine Verbindung zwischen der Arbeitsweise am Theater und der Ausstellungsarbeit herstellte. Das gibt es selten, dass man Exponate hat, die nicht einfach unbeweglich liegen, sondern sich permanent verändern, und die auch emotionale Räume herstellen. Dann kommt noch der Ton dazu und damit auch Stimmung und Atmosphäre. Ich schlug deshalb vor, eine Probensituation einzurichten, um die Projektionen so aufbauen zu können, wie wir sie nachher zeigen würden. So konnten wir anhand der Originalausschnitte beobachten, wie die Filmsequenzen aufeinander reagieren, was mit dem Ton passiert. So konnten wir uns der realen Ausstellung quasi annähern. Außerdem baute ich noch ein Modell und steckte als Stellvertreter für jeden einzelnen Film ein kleines Fähnchen hinein. BdB: Damit arbeiteten Sie? Wie lief denn die Zusammenarbeit mit den Kuratoren? TH: Mit drei Kuratoren war die gemeinsame Erarbeitung ein relativ aufwändiger Vorgang. Das fing im Februar an und ging bis in den März, meist mit allen drei Kuratoren, Bärbl Schrems und teilweise mit dem Direktor. Schwierig war auch, in dem offenen Probenprozess das Gesamtkonzept nicht aus den Augen zu verlieren. Am Ende erwies sich diese Vorgehensweise aber als gut, weil erst so ein Weg gefunden werden konnte, aus einem gedanklichen Konzept etwas Konkretes zu entwickeln. Die definitive Anordnung in der Ausstellung war sozusagen das Ergebnis dieser Probensituation. BdB: Wussten Sie, welcher Zeitrahmen Ihnen zur Verfügung steht? TH: Ja, das wurde auch am Anfang besprochen. Wir hatten einen sehr engen Zeitplan, weil das mit dem Filmschnitt auch noch laufen musste. Wir hatten zum Beispiel relativ kurze Aufbauzeiten. Auch deswegen war es gut, dass wir das schon mal geprobt hatten, sonst wären wir in »Teufels Küche« gekommen.
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BdB: Innerhalb der fünf Monate hatten sie für die Umsetzungsplanung Zeit bis zum Aufbau? Oder musste etwas vorher fertig sein? TH: Nein, nein, für mich war die nächste Deadline die Ausschreibung und Vergabe. Ich kannte den Budgetrahmen und wusste auch ungefähr, was zum Beispiel der Teppich kosten kann. Aber es war wie immer bei den Baukosten: Erst wenn die Angebote da sind, weiß man, was es wirklich kostet. BdB: Sie waren also auch für die Organisation und Bestellung der Raumausstattung zuständig? TH: Das machte ich in Kooperation mit Bärbl Schrems. Ich stellte die ganzen Ausschreibungspläne zusammen, alles, was gefordert war, und schickte sie den Firmen zu, die sich dafür bewerben wollten. Mit denen redete oder konferierte auch ich. Das musste noch mit den Werkstätten im Haus koordiniert werden, die auch ein paar Sachen übernahmen. In meinen Händen lag die Planung der Ausstellung bis hin zur Überwachung der Bauleitung vor Ort. BdB: Wann war das denn, als sie dachten: »So, damit gehe ich jetzt in die Ausschreibung«? TH: Es gab zwei Termine: Der eine war die Abgabe der Ausschreibungspläne und dann gab es auch noch eine Budget-Diskussion. Erst als beides geklärt war, hatte ich grünes Licht und wusste genau: »So kann ich planen und so wird es werden.« BdB: Und wie wurde das kommuniziert? Rief man Sie an oder erhielten Sie eine E-Mail? TH: Es gab in Sachen Kommunikation alles, von Telefonaten über Besprechungen bis zu E-Mails. Wir wählten dann eine Firma aus, die alles baute. Die checkten die Pläne nochmals, um aufzuzeigen, was man weglassen könnte, da die budgetierten Mittel immer noch zu knapp waren. Es war meine Entscheidung, im oberen Stockwerk zwei Räume roh zu lassen. Das Reduzieren und Verhandeln, was sich das Haus leisten kann, geschah zusammen mit den Kuratoren und Bärbl Schrems. Aber es ging relativ zügig, denn am Ende blieben uns dafür nur noch drei Tage Zeit übrig. BdB: Wer war Ihr Ansprechpartner oder Ihre Ansprechpartnerin im Projekt, wenn es um Entscheidungen ging? TH: Wenn es etwas Technisches oder Organisatorisches war, dann war das Bärbl Schrems, und für das Inhaltliche waren es die drei Kuratoren. Da achtete ich auch immer darauf, dass ich es mit allen dreien bespreche. Denn die erarbeiteten das Filmkonzept zu dritt und insofern war klar, dass man alles
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Inhaltliche am besten mit allen dreien klärt. Das war übrigens schon bei meiner Präsentation ein Thema. BdB: Dass Sie mehrere Ansprechpartner haben? TH: Die Leitung und die Kuratoren fragten damals, wie stressresistent und kommunikationsbereit ich wäre, um eben nicht nur mit einem, sondern mit drei, vier oder fünf Leuten zu diskutieren. Ich kenne solche Vorgänge, sie sind mir vom Theater her vertraut. Ungewöhnlich war höchstens, dass es diesmal den Ausstellungsbereich betraf. BdB: Was lief für Sie in dem Projekt sehr gut? TH: Die Zusammenarbeit – und zwar mit allen. BdB: Was meinen Sie: Was ermöglicht eine gute Zusammenarbeit? TH: Ein gutes Gesprächsklima. Dass man eine Vorstellung davon hat, was man selbst und die anderen möchten, dass dies nicht so weit auseinander geht, sondern eher deckungsgleich ist. Dass sich daraus wieder neues Gemeinsames entwickelt und man auf einen Punkt kommt. BdB: Gab es eine Grundidee in Ihrer Präsentation, von der Sie dachten: »Wenn ich den Auftrag bekomme, dann mache ich das so, so muss das sein«? TH: Das war das gesamte Konzept. Der Ansatz der Kuratoren machte mir extrem Spaß. Schön war, dass die Kuratoren die Geschichte Wiens im Film nur mit Filmen erzählen wollten. Es wäre ja auch denkbar, dass man dazu Filmrequisiten und andere Objekte zeigt. Das wäre aber eine andere Ausstellung geworden. Ich fand es gut, dass wir es sehr auf die Filmwelt komprimieren konnten, sehr zuspitzen auf einen Gedanken. BdB: Es gab auch noch am Projekt beteiligte Grafiker. Wie lief die Zusammenarbeit mit ihnen, wie koordinierten Sie sich? TH: Auch das ergab sich einfach. Wir probierten auch mit den Grafikern vieles im Probenraum aus. Man sah dann ganz schnell, ob etwas funktioniert. BdB: Kannten die Grafiker die Probensituation auch schon aus früheren Projekten? TH: Möglicherweise, aber das weiß ich nicht. Auf der Papierebene kann man recht viel überlegen, auch im Model oder in 3D-Animationen. Mir fällt es aber schwer, damit den Raum komplett zu sehen. Sobald man mit dem Ablauf im konkreten Raum drin ist, wird die Aktion des Publikums, dieses Durchgehen, das Tempo, die Ruhe klarer. Es spielt auch noch Atmosphärisches mit rein, das kann man gar nicht richtig planen.
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BdB: Was meinen Sie damit, nicht alles planen zu können? TH: Also bei dieser Ausstellung wusste ich bis kurz vor der Eröffnung nicht, ob es wirklich funktionieren wird. Damit meine ich das Bild, das man sich als Besucher von der Ausstellung macht: Wirken die Filme? Entsteht da irgendwas im Kopf oder hat man nur das Gefühl, genervt zu werden? Versteht man vielleicht gar nicht, was hier gemeint ist, worum es geht? Sind die Filmausschnitte belanglos? Hat man Lust da durchzugehen? – Beim Theater geht mir das auch immer so. Wenn ich die Endproben sehe, ist alles wunderbar. Es kommt die erste Hauptprobe, dann die Generalprobe und zuletzt die Premiere – und jedes Mal kann der ganze Abend funktionieren oder auch nicht. Dieses Risiko war bei der Filmausstellung wesentlich größer, als ich es von anderen Ausstellungen kenne, die mit unbeweglichen Exponaten arbeiten. Da ist mir schneller klar, ob etwas im Raum funktioniert oder nicht. Mit der Probensituation konnten wir das Risiko minimieren, aber ein Restrisiko blieb bestehen. BdB: Sie reden jetzt von der Planbarkeit der Wirkung? TH: Ja, es geht darum, wie sich der Besucher in der Ausstellung bewegt, wie er sie wahrnimmt. BdB: Sie tragen diese Unsicherheit in sich bis zum Ende? Wie kommunizieren Sie das? TH: Ja, und ich sagte von Anfang an, dass ich nicht weiß, wie das Projekt wird. Ich würde meinen, dass es eine Filmausstellung in dieser Form noch nicht gegeben hatte. Da waren einfach sehr viele Unbekannte drin. BdB: Nahmen Sie sich auch deshalb die Freiheit, Änderungen so lange wie möglich vornehmen zu können, um damit Unsicherheiten abzubauen? Um die Dinge noch so lange wie möglich zu formen, zu verändern? TH: Man kann es als Freiheit bezeichnen oder einfach als Möglichkeit. Ein großes Kapitel, an dem viel hing, war der Ton. Ob er zu laut ist, ob er nervt, ob er zu leise ist, ob man ihn mitbekommt. BdB: Es gibt ja wunderbare Beispiele, wo das gar nicht funktioniert. TH: Ja, fast mehr als andere. Es war ein Teil der Planung, die Variabilität beizubehalten, dass man auch am Schluss noch Änderungen vornehmen konnte. Das bedeutet, wenn ich beispielsweise eine Tonanlage für 200.000 Euro gekauft hätte, die fix eingebaut und nicht veränderbar ist, wäre es zu spät gewesen, wenn man die eine Woche vor der Eröffnung aufgedreht und gemerkt hätte, dass das so nicht funktioniert. Das bedeutete eben auch, dass die Planung variabel sein musste. Dass man Geräte wählte, die leichter umbaubar, veränderbar waren, zum Beispiel.
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BdB: Sie hatten vorab eine Vorstellung von der Ausstellung, die auch umgesetzt wurde. Mitarbeitende, die Inhalte erarbeiten, können auch ihre Vorstellungen haben, wie sie es umgesetzt haben möchten. Sie hatten das Argument der Wirkung auf Ihrer Seite. Wissenschaftler haben inhaltlich auch Argumente für ihre Umsetzungsideen. TH: Nur dass ich nicht falsch verstanden werde: Es geht mir nicht so sehr darum, wer jetzt die bessere Grundidee liefert oder wie man das machen muss. Mir selbst ist es gar nicht so unrecht, wenn man auf der wissenschaftlichen Seite sehr klare Vorstellungen hat. Die Frage ist nur, wie man zusammenkommt. Wie man aus den klaren Vorstellungen eine Ausstellung macht. Wenn ich über Ausstellungen nachdenke, finde ich es wichtig zu erproben, ob die Balance zwischen Gestaltung und Inhalt gut funktioniert. Ich meine, das ist eh immer das Ziel – und ein schwieriger Prozess. BdB: Hatten die Grafiker auch eine Vorstellung, wie die Ausstellung sein sollte? TH: Ich denke schon, wobei sie sich aus dem Gesamtprobenprozess eher heraushielten. BdB: Was nahmen sie aus dem Projekt mit, das sie anderen empfehlen würden? TH: Man kann so etwas schwer planen, weil das ja von den Akteuren abhängt. Insofern kann man wenig Allgemeines sagen. Ich bin mir ziemlich sicher: Wenn ich das Projekt mit völlig anderen Leuten gemacht hätte, dann hätte das völlig anders werden können. Es hängt sehr davon ab, wer die Leute sind, wie gut man sich versteht, wie die Gedanken laufen. Besser oder schlechter sage ich jetzt gar nicht, aber dass es jeweils wieder neu anfängt. Das ist für mich auch das Interessante daran. BdB: Gab es etwas, das nicht so gut funktionierte in diesem Projekt? TH: (lacht) BdB: Womit endete das Projekt für Sie? TH: Mit der Eröffnung. Das ist auch so was: Wie gibt man etwas ab, wie schließt man ab? Gleichzeitig geht es ja auch wieder weiter. Zum einen gab es eine Dokumentation zur Ausstellung, zum anderen überlegen wir, die Ausstellung auf Wanderschaft zu schicken. Trotzdem, das Projekt endete für mich mit der Eröffnung. BdB: Stießen Sie da gemeinsam an, oder was machten Sie da? TH: Was man halt so bei Eröffnungsfeiern macht, wie immer. Man geht danach was trinken, unterhält sich kurz darüber und ist froh, dass es gelungen ist.
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BdB: Aber das ist doch wichtig, oder nicht? TH: Genau. Diese offiziellen Veranstaltungen sind mir persönlich nicht so extrem wichtig, die Reden oder was da immer sein muss. Aber dass man sich danach darüber unterhält, finde ich wichtig.
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Das Ruhr Museum (www.ruhrmuseum.de) existiert seit 1904 als städtisches Museum in Essen an wechselnden Standorten. Seit Januar 2010 befindet es sich in der ehemaligen Kohlenwäsche der Zeche Zollverein. Das Museum verfügt neben regionalgeschichtlichen Objekten über bedeutende Sammlungen zu Naturkunde, Archäologie, Ethnologie und Dokumentarfotografie. Die Anzahl der Objekte beträgt rund 500.000, hinzu kommen 2,5 Millionen Fotonegative. Das Ruhr Museum ist mit dem neuen Standort in eine Stiftung überführt worden. Das Leitbild definiert das Ruhr Museum als das Regionalmuseum des Ruhrgebiets – des größten Ballungsraums in Europa. Die Ausstellungsfläche beträgt 5000 m2, die gesamte Museumsfläche 10.000 m2. Die Dauerausstellung ist zeitlich nicht befristet. Im Ruhr Museum finden zudem zwei bis drei Sonderausstellung pro Jahr statt mit Laufzeiten von vier bis neun Monaten. Fest angestellt sind 38 Mitarbeitende, die sich 32 Stellen teilen.
… ZEI G T D I E D AU ER AUSS T ELLU NG »N AT U R , K U LT U R U ND G E S C HI C HT E D E S R U H RG EB I E T S « Ziel der Ausstellung ist es zu zeigen, wie das Ruhrgebiet entstanden ist, wie es sich gewandelt hat und was es heute noch verbindet. Das Thema der Ausstellung nähert sich dabei spartenübergreifend von der Naturkunde über die Archäologie, die Fotografie und die Volkskunde der Besonderheit des Ruhrgebiets an. Die Ausstellung ist in drei Ebenen unterteilt. Die erste Ausstellungsebene zeigt die Mythen und Klischees, die Phänomene und Strukturen der Gegenwart, die zweite das traditionelle, vormoderne Gedächtnis der Region. Die dritte Ausstellungsebene ist der Geschichte der Industrialisierung gewidmet. Dabei wird gezeigt, wie die Rohstoffe die Grundlage für die Region bilden, dass aber deren Ausbeutung auch die Zerstörung der Natur bedeutet und wie durch die jüngsten Renaturierungs-Bemühungen neue Lebensräume entstehen. Präsentiert werden die Inhalte und Themen der Ausstellung mit Exponatgruppen von rund sechstausend Objekten, die in die historische Bausubstanz hineinkomponiert sind. Die Ausstellungsfläche von 5000 m2 verteilt sich auf drei Etagen. Die Infrastruktur wurde bis 2007 mit dem Umbau der Kohlewäsche geschaffen und entspricht modernem Standard. Die Zielgruppe sind zunächst interessierte Besucherinnen und Besucher aus der Region, darüber hinaus aber auch ein überregionales Publikum auf dem Weltkulturerbe Zollverein. Dazu gehören auch Kinder in Begleitung und Gruppen und Schulklassen verschiedener Altersstufen. Zu den Vermittlungsformen gehören Führungen für verschiedene Altersgruppen, Workshops für Kinder und Schulklassen, ein Katalog und
Theo Grütter £ 4. Das Ruhr Museum, Essen …
weitere Begleitpublikation, Audioguides und eine Museumstasche für Familien. Der Beginn der Vorbereitung von Umbau und Ausstellung war 2000. Eröffnet wurde im Januar 2010 mit einer großen Feier im Rahmen der Eröffnung der »Kulturhauptstadt RUHR.2010«. Für die Dauerausstellung ist eine Laufzeit von mindestens zehn Jahren vorgesehen. Zum internen Projektteam gehören ein Projektleiter, acht Kuratoren, zwei Mitarbeiter Öffentlichkeitsarbeit, drei Mitarbeiter Bildung und Vermittlung, mehrere Museumstechniker und jeweils eine Restauratorin und Präparatorin. Das externe Projektteam besteht aus 35 wissenschaftlichen Mitarbeitern und Spezialisten, einem Gestalterbüro mit acht Personen und einem Team für die Medien. Die Sachkosten betragen über sieben Millionen Euro. Nicht enthalten sind die Personalkosten für die internen Festangestellten.
THEO G RÜ T T ER (*1957), L EI T ER A U SS T ELLU N G EN K OM M U NI K AT I O N , P ROJ EK T LEIT ER …
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Der studierte Historiker Theo Grütter war mehrere Jahre Assistent an der Universität Bochum. Die Frage trieb ihn schon damals um, wie man in diesem altindustriellen Wirtschaftsraum so etwas wie ein kulturelles Selbstverständnis aufbauen könnte. Viele seiner Projekte und Studien thematisierten den Strukturwandel im Ruhrgebiet. 1990 folgte ein erstes gemeinsames Ausstellungsprojekt mit Ulrich Borsdorf, dem Direktor des Ruhrlandmuseums, heute Ruhr Museum. »Es ging dabei um das Mittelalter im Ruhrgebiet. Auf dem Historikertag in Bochum haben die uns für verrückt erklärt: ›Mittelalter im Ruhrgebiet, das gibt es doch gar nicht. Die Region ist doch erst mit der Industrie entstanden.‹ Das stimmt schon, der Begriff ›Ruhrgebiet‹ ist auch erst knapp hundert Jahre alt. Aber es gibt im Ruhrgebiet eine Zeit vor der Industrialisierung.« Mit jungen Wiener Gestaltern, die damals bereits einen szenografischen Ansatz verfolgten, packten die beiden mittelalterliche Monstranzen und andere Kostbarkeiten in Stahlgehäuse und beleuchteten das Ganze mit Grubenlampen. 1991 wechselte Theo Grütter als wissenschaftlicher Mitarbeiter ans Ruhrlandmuseum Essen, wo er mehrere Ausstellungen konzipierte und durchführ-
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te. Er organisierte auch große Publikumsausstellungen außerhalb des Ruhrlandmuseums, beispielsweise im Gasometer Oberhausen, und koordinierte historische Großprojekte wie das »Historama Ruhr 2000«, ein Geschichtsfest des gesamten Ruhrgebiets zur Jahrtausendwende, oder das Stadtjubiläum »1150 Jahre Stift und Stadt Essen« im Jahre 2002. Seit 2008 ist er Leiter des Fachbereichs Ausstellungen und Kommunikation im Ruhr Museum. Er ist ständiger Lehrbeauftragter an der Ruhr Universität Bochum und der Universität Duisburg-Essen zur Theorie und Vermittlung von Geschichte.
… B L I C K T AU F D EN E NT S T EHU NG SPROZE SS Z U R Ü C K Heimat Ruhrgebiet Hier im Ruhrgebiet wird der aktuelle Wandel von der Kultur nicht nur begleitet, sondern mitgestaltet. Die Umnutzung von Industriegebäuden zu Kultureinrichtungen ist praktisch die Überlebenschance der Region. Deswegen ist auch die »Kulturhauptstadt RUHR.2010« kein bloßer Nachweis dafür, dass wir hier viel Kultur haben, sondern wie mit Kultur Gesellschaft gestaltet wird. Das Ruhrgebiet ist durch die kulturelle Entwicklung zum Identifikationsraum geworden. Wir sind kein Land, keine Landmannschaft, kein politisches Gebilde, noch nicht mal eine regionale oder geografische Einheit. Das Ruhrgebiet zerfällt in unterschiedlichste Räume. Trotzdem gibt es die Idee einer mentalen Gemeinsamkeit, begründet in der Vergangenheit als Industrieregion. »Das Ruhrgebiet ist eine rein mentale Veranstaltung«, hat unser ehemaliger Ministerpräsident Clement mal gesagt. Er hatte Recht, schätzte aber die Tragweite dieser Überlegung nicht richtig ein. Das Ruhr Museum ist letztlich die Antwort auf diesen Prozess: Den fünf Millionen Menschen, die hier leben und sich mit der Region identifizieren, kann man heute ein Museum mit ihrer eigenen Geschichte anbieten. Wir sind nichts anderes als ein großes Heimatmuseum. Wir machen dabei aber keine nostalgische Heimatgeschichte, sondern zeigen Geschichten, zu denen auch die Schattenseiten gehören: die harte Arbeit, die Schädigung der Menschen, die Steinstaublunge, der Zweite Weltkrieg mit den Bombenkriegen, dem Holocaust und den Deportationen, der Einsatz von Zwangsarbeitern im Ruhrgebiet – all dies ist ein Teil dieser Heimatgeschichte. Denn Heimat ist seit dem 20. Jahrhundert nicht mehr die heile Heimat, die unbeschädigte, sondern Heimat meint vor allem das Eigene, die eigene Geschichte. Ein Denkmal für die Zukunft Das Ruhr Museum befindet sich seit 2008 in einem Weltkulturerbe, der ehemaligen Kohlenwäsche der Zeche Zollverein, dem größten, stärksten, perfek-
Theo Grütter £ 4. Das Ruhr Museum, Essen …
testen Bergwerk, das jemals existiert hat. Diesen Ort zugänglich zu machen, war ein Projekt, das um die Jahrtausendwende auf einmal am Horizont erschien. Alle Überlegungen, ob man diesen Ort zu einem reinen Denkmal machen könnte, scheiterten daran, dass die 150 Millionen Euro Fördermittel der EU aus diesem Weltkulturerbe einen Ort der Geschichte, der Gegenwart und auch der Zukunft machen sollten. Bei einem reinen Denkmal wäre ein rückwärtsgewandter Geschichtsbegriff zum Tragen gekommen. Von 1999 bis 2003 hatten wir sehr viel mit der Denkmalpflege zu tun. Da ging es um die Umnutzung und Neunutzung des Gebäudes. Die Außenhaut der Kohlenwäsche wurde komplett erneuert und 30 cm nach außen verschoben. Diese neue Außenhaut war als Dämmschicht aus klimatischen Gründen für ein Museum zwingend notwendig. Dadurch veränderten sich die Proportionen des Gebäudes. Das ist für ein Denkmal problematisch. Mit dem Status als Weltkulturerbe stiegen die Auflagen im Jahr 2000 natürlich noch. Die Debatten mit der Denkmalpflege waren aber auch grundsätzlich: Was kann sich eine Gesellschaft erlauben? Kann man 100 Millionen Euro investieren, um einen Standort einfach so zu erhalten, oder muss man damit etwas Neues, eine neue Nutzung schaffen? 2003 war das Gebäude dann geplant mit einer Ausstellungsfläche von ca. 6000 m2, verteilt auf drei Ebenen. In der zweiten Phase legten wir die Inhalte fest und implementierten in der dritten Phase die Sammlungen in diese Inhalte. Geschichte als Drama: Gegenwart, Gedächtnis, Geschichte 2003 formulierte eine Kerngruppe von acht Wissenschaftern des damaligen Ruhrlandmuseums aus allen Fachbereichen von der Archäologie bis zu den Naturwissenschaften die Themen der Ausstellung. Die erste Entscheidung war, ob wir einen rein chronologischen Durchlauf machen wollen durch die Geschichte. Wir haben uns dann für einen kategorialen Zugriff entschieden. Aber was sind die Themen, was ist das Ruhrgebiet? Das war sehr schwierig, es gab kein brauchbares Vorbild wie beispielsweise bei der Geschichte Hamburgs oder Baden-Württembergs. Die ist bereits geschrieben, die muss man nur nacherzählen und ein Stück weit rekonstruieren. Inhaltlich brauchten wir also eine Menge Zeit und nahmen sie uns auch. Eine erste Idee stammte von einem Vortrag mit dem Titel »Das Ruhrgebiet als Drama«, den ich mal in die Hand bekommen hatte. Wir entschieden uns für diesen dramatischen Ansatz: Das Ruhrgebiet als Region im dauernden dramatischen Wandel. Über 150 Jahre Industrialisierung. Und ein klassisches Drama hat einen Prolog, und unser Prolog spielt natürlich im Karbonzeitalter, bei der Kohle. Die zweite Entscheidung war, welches die Kategorien sein sollen und wie sie sich füllen lassen. Es galt zuerst einmal, das Ruhrgebiet der Gegenwart zu definieren. Wo fängt es an, wo hört es auf? Dann entdeckten wir den Gedächt-
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nisbegriff für das Museum, ein Zugriff auf die Geschichte, der sich nicht um historische Abläufe kümmert, sondern an Erinnerungen anknüpft, die nach sentimentalen Stichworten und vielem mehr geordnet sind. Das ist für das Ruhrgebiet als Identifikationsraum ein ganz wichtiger Punkt. Für ein historisches Museum naheliegend ist natürlich trotz allem der Geschichtsbegriff. So kam es zu den drei großen kategorialen »Gs«: Gegenwart, Gedächtnis, Geschichte. Da war uns auch schon klar, dass es eine Verbindung von Raum und Thema geben muss. Wir waren noch nicht bei der Wahl der Exponate, aber die Sammlungen als großes Ganzes standen von vornherein im Hintergrund: Sammlungen, Raum und Thema. Wir überlegten also, wie man die Fotografie einbringen kann, wo die archäologischen Exponate Sinn machen, wie der Cross-over von Natur und Geschichte zu leisten ist. Das waren sehr komplexe Überlegungen: Wo kann ich wie mit welchen Objekten argumentieren? Die Projektleitung Als Ausstellungsleiter des Ruhr Museums übernahm ich die Projektleitung, die ich in enger Verbindung mit dem Gründungsdirektor Ulrich Borsdorf durchführte. Dazu gehörten praktisch zwei Bereiche. Der eine war die institutionelle und organisatorische Vorbereitung – also die Sicherstellung der Finanzen, der Trägerschaft, des Baufortschritts bei der Kohlenwäsche, des Umzugs der Sammlungen sowie die Personalüberführung –, letztlich die ganze Neuorganisation des Museums. Der zweite Bereich war die neue Dauerausstellung. Diese beiden Bereiche waren miteinander verzahnt und auch abhängig voneinander. Der erste war eher der politisch-organisatorische und der zweite der inhaltlichere Bereich. Für die Konzeption der Dauerausstellung verknüpfte ich alle angesprochenen Punkte und lenkte sie in Kanäle, stand im Gespräch mit den einzelnen Beteiligten, den Wissenschaftern oder den Gestaltern, um diese Punkte voranzutreiben. Wir formulierten Ausstellungskonzepte, schrieben Ausstellungsdrehbücher: zu den theoretischen Grundlagen und zur konkreten Raumabfolge. Ich habe mich natürlich fortwährend mit dem Museumsdirektor abgestimmt. Durch unsere enge Verbindung hatte ich weitgehende Prokura. Sie können das nur in großer Vertrautheit machen, denn sie geraten in so viele Konflikte. Und wenn Sie sich nicht aufeinander verlassen können, dann können Sie so ein Projekt nicht machen. Die Exponate Nach den grundsätzlichen Überlegungen wurde das Projektteam ab 2007 für die Auswahl der Exponate extrem erweitert. Wir waren bis zu 35 Leute. Das waren Wissenschafter und Spezialisten. Die Mitarbeiter recherchierten und bearbeiteten bestimmte Bereiche. Getrennt nach Fachbereichen und
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Kategorien wurden schwerpunktmäßig Exponate gesucht. Diese RechercheErgebnisse zu den Exponaten gaben wir in ein Exponat-Verwaltungssystem ein, das wir extra dafür entwickelt hatten. Wir machten uns auch weitere konzeptionelle Überlegungen. Diese besprachen wir regelmäßig in wöchentlich stattfindenden Sitzungen. So wurde der Inhalt in den Jahren 2007 bis 2009 immer weiter verfeinert, verbessert, verändert und präzisiert. Irgendwann war auch klar, dass wir Exponate ausleihen müssen, wenn wir die Geschichte des Ruhrgebiets abbilden wollen. Es gab ganze Bereiche, zu denen wir überhaupt nichts in den Sammlungen hatten. Aber wo sollten wir suchen? Wo ließ sich was finden? Wer würde uns was geben? Das Ruhr Museum ist kein bedeutender Leihgeber, wie zum Beispiel das Museum Folkwang in Essen, das bei jeder großen Ausstellung um Leihgaben angefragt wird und dementsprechend um Entgegenkommen in der anderen Richtung bitten kann. Darüber hinaus standen wir als neues Regionalmuseum zunächst mit den anderen kulturgeschichtlichen Museen der Region in einer gewissen Konkurrenzsituation. Die regionalen Museen dazu zu bringen, uns dauerhaft Leihgaben zu geben, war also nicht einfach. Und was würden sie uns geben, die dritte oder die erste Wahl? Es gab aber einen Glücksfall. Wir hatten eine Sonderausstellung mit dem Essener Domschatz gemacht, »Gold vor Schwarz«. Da stellten wir den Domschatz in unserer Industriekulisse aus. Alle waren ganz verrückt nach dem Gold, und der Domschatz Essen hatte statt 5000 auf einmal 40.000 Besucher. Damals haben wir vereinbart, dass wir im Wechsel zentrale Stücke als Dauerleihgabe zeigen dürfen. Es folgte der Leiter des Gelsenkirchener Renaissanceschlosses Horst, der meinte: »Wenn ich euch ein Stück gebe, dann mein Bestes. Wenn ich Leute zu mir ziehen will, dann kann ich nicht meine dritte Wahl bei euch ausstellen.« Als zwei, drei Kollegen mitmachten, funktionierte es irgendwann. Aber bis die überzeugt waren, hatte es zwei, drei Jahre gedauert. Heute zeigen wir tausend Fremdexponate, die wir von Museen und Archiven des Ruhrgebiets und weit darüber hinaus ausgeliehen bekommen haben, bis Berlin und Hamburg. Architektur, Gestaltung und Medien Als 2007 die Grundidee und die Grundkonzeption standen, kamen zeitgleich mit den Rechercheuren die Gestalter hinzu. Wir haben einen Gestaltungswettbewerb ausgeschrieben, zu dem sieben ausgewählte Büros eingeladen waren. Für Hans-Günter Merz – respektive für seine Firma »hg merz architekten museumsgestalter, Stuttgart/Berlin« – entschieden wir uns nicht nur, weil er das beste Konzept abgegeben hatte, sondern auch, weil wir ihm zutrauten, das Mammutprojekt organisatorisch zu stemmen. Wir brauchten jemanden, der zum Haus passt, der Erfahrung hat mit Umbauten in existierender Bausubstanz. Merz als Bauarchitekt war für uns ganz wichtig.
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Den Anfang unserer Zusammenarbeit bildeten drei, vier große Workshops von jeweils zwei bis drei Tagen mit Merz. Danach kamen seine Leute. Mit denen arbeiteten wir das dann durch. Merz ließ sich alles in Stuttgart zeigen und nahm es ab, aber er war natürlich nicht regelmäßig vor Ort. Das heißt, zweieinhalb Jahre arbeiteten sieben bis acht Leute aus seinem Büro an dem Projekt, die kamen dann wöchentlich mit dem Zug von Stuttgart hoch. Eine Supertruppe, junge engagierte Leute. Das war für mich mit das Erfreulichste im ganzen Projekt, die Zusammenarbeit mit den Gestaltern. Es waren nicht immer alle da, beim Bau kamen nur zwei bis drei. Das war auch nicht mehr nötig. Die ganze Ausstellung war komplett durchgerechnet, alle Pläne waren am Computer gezeichnet worden. Da war alles drauf, jeder Sockel. Die sind nicht nur in der Konzeption, sondern auch in der Detailplanung stark. Jede Vitrine war eine Spezialanfertigung. Dieses Einkomponieren in das Gebäude, das können wirklich nur Architekten. Ohne die Pläne wäre es auch schwierig geworden mit der Kommunikation. Wir waren in Essen, sie kamen aus Stuttgart und die Zulieferer und Werkstätten waren nochmals woanders. Die Gestalter traten außerdem immer kundenorientiert auf, vor allem aber verloren sie bis zum Ende nicht die Nerven. Natürlich hat es auch mal geknirscht. Aber wenn was nicht ging, auch bei technischen Problemen, überlegte man sich das kurz mit den Firmen zusammen und wusste dann, wie es geht. Dazu kommt, dass sie perfekt im Zeitplan arbeiteten. Da konnten Sie die Uhr danach stellen. Deswegen war die Wahl richtig. Das Soziale war ein Glücksfall. Die Mediengestaltung hatten wir auch ausgeschrieben. Das machte die Firma »jangled nerves«, auch aus Stuttgart. Genau wie bei Merz und seinem Team: junge Typen, unheimlich gut. Das hat irre Spaß gemacht. Der Aufbau Wir arbeiten normalerweise bei Ausstellungen direkt mit Schreinereien, Schlossereien, regionalen Handwerksbetrieben. Aber in diesem Fall kam für den Aufbau nur eine Großfirma in Frage. Die Firma Ambrosius hat Niederlassungen in Frankfurt, Shanghai und Göteborg, die machen auch Messebauten in Dubai. Hier haben sie etwa 3,5 Millionen Euro verbaut, was eigentlich gar nicht so teuer ist für die Fläche und 80 Mann beim Aufbau. Also das war eine richtige Großbaustelle. Es gab wöchentliche Baubesprechungen mit unseren Leuten, vor allem mit den Restauratoren – wir hatten ein Dutzend Fremdrestauratoren da, Spezialisten für alle Materialien wie Papier, Textilien, Metall etc. Den Aufbau hatte ich mir viel dramatischer vorgestellt, der ging. Ich habe schon häufig gebaut, zum Beispiel im Gasometer Oberhausen – da waren wir zehn Nächte hintereinander da! Die Firma Ambrosius kam mit sechs, sieben Sattelschleppern. Dann bauten die innerhalb weniger Tage alles mit Vitrinen zu. Das war schon sehr beeindruckend.
Theo Grütter £ 4. Das Ruhr Museum, Essen …
Kulturhauptstadt-, Museums- und Ausstellungseröf fnung Als die Dauerausstellung fertig gebaut war, fragten wir uns immer noch: »Mein Gott, ist das jetzt gut? Ist das Konzept gelungen?« Wir steckten viel zu stark drin, der nötige Abstand fehlte. Ich befürchtete, die Presse würde uns niederschreiben. Eigentlich hätten wir ja 2007 eröffnen sollen. Im Jahr 2005 wurde klar, dass wir diesen Termin nicht würden halten können. Das hing auch mit dem Baufortschritt der Kohlenwäsche zusammen. 2003 begann deren Ausbau, aber es ging schleppend voran. Als Essen 2006 den Zuschlag zur Kulturhauptstadt erhielt, schöpften wir Mut. Wir dachten: »Das ist unser Motor, unser Fahrschein zum Ruhr Museum.« 2008 waren wir dann endlich soweit: Das Stadtmuseum war in eine Stiftung überführt. Im Oktober 2009 sollten wir eröffnen. Aber dann kam die Frage nach der Eröffnung der Kulturhauptstadt 2010. Ein Vierteljahr vor der Kulturhauptstadt aufzumachen und den Hype nicht mitzunehmen, das war kulturpolitisch unverantwortlich. Also warteten wir. Obwohl die Ausstellung schon im November 2009 fertig war, beschlossen wir, bis zur Eröffnung der Kulturhauptstadt am 9. Januar 2010 zu warten. Und hatten Glück: Das Museum Folkwang stand mit seinem Neubau für die Eröffnung nicht zur Verfügung, die geplante Feier in der Schalke Arena fiel weg – dort konnte man eine Eröffnung im Winter nicht finanzieren – und plötzlich hatte die Kulturhauptstadt keinen Eröffnungsort mehr. Dann kamen wir und sagten: »Lasst uns Kulturhauptstadt und Museum zusammen eröffnen.« Der zweite Glücksfall war das Schneetreiben an der Eröffnung, ein Wintermärchen. Erst während und nach der Eröffnung merkten wir, dass wir angenommen werden. Natürlich gab es auch Kritiker, das wäre ja sonst nicht normal. Als die Ausstellung aber mehrheitlich auf Akzeptanz stieß, konnten wir uns entspannen. Wir hatten eine riesige Medienpräsenz, wir waren in den Tagesthemen. Mein Gott, eine Museumseröffnung ist ja sonst nicht so wichtig. Wir hätten auch in der Regionalpresse versanden können. Gut, die Eröffnung erfolgte mit dem Bundespräsidenten, dem EU-Präsidenten und den Repräsentanten der Kulturhauptstadt Essen, RUHR.2010. Draußen war das Schneetreiben, hier liefen 200 Sicherheitspolizisten durch den Raum mit irgendwelchem Sicherheitszeug. Das Zwischenmenschliche Das Ruhr Museum beinhaltet zehn Jahre meines Lebens, im Prinzip die besten Jahre. Projekte verändern einen. Obwohl oder gerade weil es hier Phasen gab, in denen man dachte, man habe es überhaupt nicht mehr im Griff, es sei einem längst aus der Hand geglitten. Es ist ja nicht so, dass wir in Jubel Trubel Heiterkeit hier angekommen wären. Wir stießen auf viele Widerstände: »Das ist Tradition, war immer so! Wieso muss ich das jetzt aufgeben? Warum
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muss ich den alten Museumsstandort, den wir gemeinsam mit dem Museum Folkwang hatten, verlassen?« Es gab auch Frakturen und persönliche Kränkungen im Team. Weil immer Druck ausgeübt wurde, wenn man dachte, man schafft es nicht mehr. Jetzt beruhigt sich alles langsam wieder. Insgesamt sind wir eine ziemlich gute Truppe. Das ist typisch für das Ruhrgebiet. Mit Duzen und einer großen sozialen Nähe. Das geht auch nicht anders. Aber diese Nähe führt auch zu sozialen Problemen, die weniger geschehen, wenn man distanzierter miteinander umgeht. Gruppendynamisch ist das nicht immer einfach. Das Faszinierende eines solchen Projekts ist, dass Sie so ein Gefühl der Gemeinsamkeit sonst nie bekommen. Das Ganze war natürlich auch gruppendynamisch ein riesiges Erlebnis. Wir werkelten ja alle gemeinsam, vom Wissenschafter bis zum Handwerker. Diese Gemeinsamkeit, die dabei entsteht, ist grandios. Die kriegen Sie aber nur hin, wenn Sie als Projektleiter versuchen, in allen Bereichen präsent zu bleiben. Ich bin ein Gegner von zu starker Arbeitsteilung. Gewisse Sachen müssen Sie delegieren, aber wenn man anfängt, völlig unabhängig voneinander funktionierende Bereiche aufzubauen, klappt das nicht mehr. Anschließend, im Dauerbetrieb eines Museums, herrscht eine stärkere Separierung, da läuft sehr vieles in getrennten Bahnen. Sie müssen sich immer wieder bemühen, ein gemeinsames Ziel zu definieren. Ganz am Ende und danach Die Ausstellungsgestalter verlassen das Museum am Tag der Ausstellungseröffnung, die lassen sich auch so schnell nicht wieder blicken. Wir müssen bleiben und mit dem Ergebnis leben. Wir dürfen aber auch damit leben. Das ist ein Unterschied mit Vor- und Nachteilen. Wir können jetzt Gäste durch die Ausstellung führen und uns freuen, wenn sie ihnen gefällt. Wir können das Produkt genießen. Die Gestalter viel weniger. Sie sind Auftragnehmer und mit der Eröffnung ist für sie der Auftrag erledigt. Die müssen dann auch ökonomisch an die nächste Aufgabe gehen. Ein Berater hat kürzlich gesagt: »Euer Problem ist, dass ihr aus dieser Projektphase, die alles auf ein Ziel bündelt, jetzt in die Mühen der Ebenen kommt.« Wir müssen uns zum Beispiel überlegen, wie wir das mit der Gastronomie um das Museum herum hinbekommen. Dieses Museum an diesem Standort braucht eine ganz andere Infrastruktur, um bestimmte Gewohnheiten zu bedienen. Denn wir erreichen nun auch bildungsfernere Schichten. Mein Schuster war schon da, mein Frisör schon drei Mal, ohne zu wissen, dass ich hier arbeite. Da geht es auch um ganz andere Besuchergewohnheiten. Da wird schon mal überlegt, ob man mit dem Hund oder der Bierflasche ins Museum gehen kann. Das müssen wir dann abwehren. Also auch der Museumsbetrieb ist nicht ganz konfliktfrei.
Theo Grütter £ 4. Das Ruhr Museum, Essen …
Was wir jetzt nach der Eröffnung machen müssen, ist, den Alltag annehmen. Diese Nachprojektphase dauert mindestens ein halbes Jahr. Man muss noch abheften. Und leider hat so ein Ende immer 15 Reste, die nicht erledigt sind. Und an die will man eigentlich gar nicht mehr dran, weil ja jetzt eigentlich schon alles vorbei ist. Sie müssen das auch verarbeiten. Ich bin noch unschlüssig, was ich jetzt davon mitnehme. Darüber habe ich auch mit Freunden gesprochen. Die haben gesagt, sie hätten nach einem Großprojekt ein bis zwei Jahre gebraucht, um sich wieder vollkommen zu normalisieren. Es bleibt ein Phantomschmerz. Man ist ja gewohnt, unter Dauerdruck zu arbeiten. Der dauernde Entscheidungsdruck war am Schlimmsten.
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5. K UNSTFREILAGER B ASEL …
Das ehemalige Zollfreilager in der Nähe des Basler Hauptbahnhofs steht seit 2009 als Kunstfreilager kulturellen Zwischennutzungen zur Verfügung (www.dreispitz.ch). Es wird in naher Zukunft die Basler Hochschule für Gestaltung und Kunst beherbergen. Die Stiftung Mercator Schweiz (www.stiftung-mercator.ch) hat die Übernahme der Ausstellung »2 Grad« des Deutschen Hygiene-Museums in Dresden (www.dhmd.de) initiiert und ist ihre Hauptförderin. Als wissenschafts- und bildungsfördernde Stiftung setzt sie sich dafür ein, dass bewusster und schonender mit den natürlichen Lebensgrundlagen umgegangen wird.
… D I E W A ND ER AU SS T ELLU N G »2 G R A D – D A S W E T T ER , DE R M EN S C H U ND SEIN K LI M A « D E S D EU T S C HEN H YG I ENE -M U SEU M S IN D R E SD EN Ziel der Ausstellung ist es, Hintergrundwissen zum Klimawandel auf anschauliche Art zu vermitteln. »2 Grad« bringt die Herausforderung Klimawandel in den Alltag und wird so zum Nährboden für Engagement. Die Ausstellung thematisiert die Dreiecksbeziehung von Wetter, Mensch und Klima, indem sie zeigt, wie Wetter und Klima funktionieren, wie sie unser Leben beeinflussen und welche Auswirkungen der Mensch auf das Klima hat. Für die Präsentation sind mehr als 350 Exponate aus aller Welt – davon rund ein Drittel aus der Schweiz – sowie Filme und animierte Grafiken zu einem stimmungsvollen Ensemble zusammengefügt. Komplexität, Vorläufigkeit und Wandelbarkeit: Diese drei Aspekte prägen das architektonische und gestalterische Grundprinzip der Ausstellung. Sie wird von raumgreifenden architektonischen Elementen beherrscht, die gerüstartig das fragile Verhältnis zwischen Mensch und Atmosphäre symbolisieren. Die Ausstellungsfläche im Basler Kunstfreilager beträgt 1500 m2. Hinzu kommen der öffentliche Bereich mit Café und zwei Workshop-Räume. Ein Teil der benötigten Infrastruktur muss eingebaut werden. Zielgruppe ist die ganze Bevölkerung, speziell Kinder und Jugendliche (Schulklassen), aber auch interessierte Kreise aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft. Zu den zahlreichen Begleitprojekten gehören die Vernissage, ein Veranstaltungsprogramm mit Vorträgen, Podiumsdiskussionen, Filmpräsentationen und Lesungen sowie spezielle Angebote für Kinder, Jugendliche und Schulklassen, Unternehmen und Vereine. Ferner gibt es eine Ausstellungszeitung (Beilage der »Basler Zeitung«).
Lic. phil. I Nadine Felix £ 5. Kunstfreilager Basel ...
Die Ausstellungsdauer beträgt sechs Monate (21.08.2010-20.02.2011), die Vorbereitungszeit für die Übernahme der Wanderausstellung dauerte etwa zwölf Monate. Zum Projektteam gehören eine Projektleiterin (50 %), eine Projektkoordinatorin, zwei Gestalter, zwei Architekten, ein Produktionsleiter, ein Kommunikationsverantwortlicher, eine Betriebsleiterin, eine Leiterin Leihverkehr und zwei Verantwortliche für das Vermittlungsprogramm. Außerdem zählt auch das Leitungsgremium mit dem Vereinsvorstand dazu – zusammengesetzt aus Mitgliedern der acht Trägerorganisationen. Diese haben einen Trägerverein für die Präsentation der Ausstellung in Basel gegründet. Die Gesamtkosten des Schweizer Gastspiels der Ausstellung betragen 3.700.000 CHF (Sach- und Personalkosten), dabei werden 2.700.000 CHF durch die Trägerorganisationen und 500.000 CHF durch weitere Partner abgedeckt, rund 500.000 CHF sollen eingenommen werden.
L I C . PHIL . I N A D INE F ELI X (*1975), B EREI CHSLEIT ERIN D ER S T I F T U N G M ERC ATO R S CHWEIZ , P ROJ EK T LEIT ERIN … Nadine Felix arbeitet seit 2008 als Leiterin der Förderbereiche Wissenschaftskommunikation, Forschungsschwerpunkte und Schulentwicklung bei der Stiftung Mercator Schweiz, einer Förderstiftung, die sich unter anderem für den Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen engagiert. Vor diesem Hintergrund hat sie das Schweizer Gastspiel der Ausstellung »2 Grad« des Deutschen HygieneMuseums Dresden initiiert. Im Projekt »2 Grad« hatte Nadine Felix die operative Leitung inne. Sie begleitete das Projekt zugleich aus der Warte der Stiftung Mercator Schweiz. Diese wollte mit der Ausstellung testen, ob sie in Zukunft verstärkt eigene Projekte durchführen will. Dafür wurde auch erstmalig eine externe Projektorganisation geschaffen. Ihre Berufslaufbahn begann Nadine Felix während der Gymnasialzeit mit einem Jahr in der französischen Schweiz, um Französisch zu lernen. Daraus wurden fünf Jahre: Sie arbeitete noch ohne abgeschlossene Ausbildung in einem mittleren internationalen Unternehmen als Direktionsassistentin. Mit fünfundzwanzig hatte Nadine Felix dann ihr Abitur in der Tasche und trat eine Teilzeitstelle im Architekturbüro Holzer Kobler in Zürich an, um ihr Studium zu
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finanzieren. Sie blieb acht Jahre dort. Im noch kleinen Team arbeitete sie an den Projekten für die Expo.02 mit. So kam Nadine Felix erstmals in Berührung mit Ausstellungsprojekten. »Bei Holzer Kobler habe ich gelernt, dass Ausstellungen Wissen als räumliches Erlebnis vermitteln können.« Später war sie für die Verschriftlichung der Architekturkonzepte sowie für die Personal- und Finanzadministration des ständig wachsenden Büros zuständig. Studiert hat Nadine Felix Philosophie, Volkswirtschaftslehre und englische Literatur. Die Volkswirtschaftslehre hat ihr geholfen, »trotz philosophischen Höhenflügen mit beiden Füßen auf dem Boden zu bleiben. Ich habe gelernt, wie man in Projekten die Ressourcen so abbildet, dass sie die Realität wiederspiegeln.«
… B L I C K T I M G E SPR ÄC H AU F D EN E NT S T EHU NG SPROZE SS Z U R Ü C K Barbara den Brok: Wir wollen über das Ausstellungsprojekt »2 Grad« sprechen. Fangen wir doch damit an, wer Ihnen dabei geholfen hat. Nadine Felix: Das Projektteam ist organisch gewachsen. Darf ich vom Start des Projekts erzählen? BdB: Sehr gerne. Wie hat also für Sie das Projekt »2 Grad« angefangen? NF: Ich weiß noch, ich war im Zug unterwegs zu einer Tagung und habe die Zeit zum Lesen genutzt. Dabei bin ich in der »Neuen Zürcher Zeitung« auf eine Rezension der Ausstellung »2 Grad« in Dresden gestoßen – durch puren Zufall. Die gekonnte Art der aufklärenden Wissensvermittlung in dieser Ausstellung rund um die große Herausforderung Klimaerwärmung wurde besonders hervorgehoben. Wir haben dann in Dresden nachgefragt, ob die Ausstellung weiterwandert. Es war ein Zufall, dass Kaspar Meuli, der Kommunikationsverantwortliche des Nationalen Forschungsschwerpunkts (NFS) Klima in Bern, die Ausstellung in Dresden besucht hatte. Die Ausstellungskuratorin in Dresden wies uns auf dessen Besuch hin. Wir suchten umgehend das Gespräch mit Kaspar Meuli. Denn für die Stiftung war ausschlaggebend, dass die Güte der Ausstellung von renommierten Institutionen anerkannt wird. Wir als Stiftung maßen uns nicht an, dies zu beurteilen. Erst unter dieser Voraussetzung prüften wir das Projekt näher. BdB: Nach all den Zufällen: Wie ging es dann weiter? NF: Albert Kesseli, der Geschäftsführer der Stiftung Mercator Schweiz, unterstützte das Vorhaben, ein Schweizer Gastspiel der Ausstellung zu fördern, von Beginn weg. Zuerst versuchten wir, ein Museum in der Schweiz zu finden, das diese Ausstellung zeigen kann und will. Es war damals noch nicht die Rede davon, dass die Stiftung – abgesehen von einer möglichen Förde-
Lic. phil. I Nadine Felix £ 5. Kunstfreilager Basel ...
rung – in das Projekt involviert sein würde oder ich gar die Projektleiterin sein könnte. Unsere Telefonate fanden sehr wenig Anklang, weil die Häuser entweder schon verplant waren oder sie nicht über die notwendige Sonderausstellungsfläche von mindestens 1000 m2 verfügen. Wir hatten schon fast aufgegeben, als Peter Kuntner und Stephan Lichtensteiger vom Ausstellungsund Gestaltungsbüro »fischteich« eine Gebäude-Zwischennutzung vorschlugen. Kaspar Meuli kannte »fischteich« von einem anderen Projekt und hatte sie um Unterstützung bei der Museumssuche gebeten. Wir überzeugten den Stiftungsrat der Stiftung Mercator Schweiz, diese Idee mit einer Machbarkeitsstudie zu prüfen. BdB: Das war ja gar nicht so einfach, und ziemlich aufwendig. Wie ging es dann weiter mit der Machbarkeitsstudie? NF: Zuerst reisten die Gestalter und ich nach Dresden, um uns die Ausstellung anzuschauen. Dann wurden mögliche Standorte in der Schweiz abgeklärt und Chancen und Risiken evaluiert. Wir zeigten auf, wo und mit welchen Partnern wir die Ausstellung machen und wie wir das Ganze organisieren wollen. Albert Kesseli und ich saßen mit den Gestaltern zusammen und überlegten: Was sind denn die Kompetenzen, die wir brauchen? Welche davon decken wir selber ab? Welche müssen wir extern finden? Wir entschieden, dass die Gestalter die Umsetzung leiten und die Bereiche Produktion und Architektur überwachen sollten. Extern wollten wir jemanden für den Leihverkehr, da die Gestalter wenig museale Erfahrungen hatten. Wir brauchten außerdem jemanden für die Kommunikation, jemanden für Planung und Aufbau des Betriebs und jemanden für das Rahmen- und Schulprogramm – für die Stiftung Mercator Schweiz war das wichtig, weil Kinder und Jugendliche eine zentrale Zielgruppe unserer Förderaktivitäten sind. All das war Gegenstand einer sogenannten »Beschlussvorlage« – einer Dokumentation für den Stiftungsrat, die ihm als Entscheidungsgrundlage dient. BdB: Diese Beschlussvorlage wurde dann gutgeheißen? NF: Die Stiftung wollte die Ausstellung nur gemeinsam mit starken Partnern realisieren. Es galt, eine Organisationsform zu finden, in der alle gemeinsam für das Projekt haften. So skizzierten wir die Idee eines Trägervereins, dessen Vorstand zugleich das Leitungsgremium oder der Lenkungsausschuss des Projekts ist. Der NFS Klima war als Partner gesetzt. In der Zwischenzeit hatte sich Basel als Ausstellungsstandort konkretisiert: Sowohl das Präsidialdepartement des Kantons als auch die Museumsdirektorenkonferenz unterstützen das Projekt. Dann kam die Christoph Merian Stiftung (CMS) als Förderin dazu. Der heutige Ausstellungsort, das Kunstfreilager, liegt auf ihrem Boden. Die AVINA Stiftung konnte als weitere Förderin und die Universität Basel als
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Gastgeber-Universität gewonnen werden. Schließlich überzeugten wir noch den Kanton Basel-Landschaft. Der Trägerverein bildete somit die breite gesellschaftliche Verankerung des Projektziels ab und wir hatten kompetente Partner vor Ort. BdB: Was machte das Leitungsgremium genau? NF: Der Vereinsvorstand beriet und entschied alle zentralen Fragen des Projekts. Dann waren seine Mitglieder Türöffner für alle Belange vor Ort. Weitere Kontakte konnten in einer privilegierten Disposition stattfinden. Als ich beispielsweise eine Betriebsleiterin suchte, kontaktierte ich unter anderem die Kulturabteilung der CMS. Die Leiterin des Museums der Kulturen unterstützte uns bei den Leihgesuchen: Sie brachte die museale Erfahrung mit und stand für die Glaubwürdigkeit unserer Anfragen. Der NFS Klima lieferte Ideen für das Rahmenprogramm und half, Experten für die Vorträge zu finden. Die Stiftung Mercator Schweiz hatte zwar einen wesentlichen finanziellen Grundstein gelegt, doch musste weitere finanzielle Unterstützung gesucht werden. Albert Kesseli – der als Geschäftsführer der Stiftung die Funktion des Trägervereins-Präsidenten übernommen hatte – und ich investierten viel Zeit in das Fundraising, mehr als ursprünglich angenommen. BdB: Wann hatte sich der Verein formiert? NF: Ende November 2009 standen mit einer Ausnahme alle Mitglieder fest. Um den Entwicklungsprozess nochmals zu rekapitulieren: Im April 2009 wurde die Machbarkeitsstudie erstellt. Am 20. August 2009 machte die Stiftung Mercator Schweiz die Zusage, einen großen Teil der Mittel für das Projekt bereitzustellen. Zu diesem Zeitpunkt stand das Projektteam weitgehend fest und die Teilprojektleiterinnen und -leiter wurden beauftragt, ihre Planung grob auszuarbeiten. Mit der Vereinsgründung am 30. November 2009 wurden dann auch die Budgets für die Teilbereiche genehmigt. BdB: Bevor wir zu den weiteren Teammitgliedern kommen, noch eine Frage zu Ihnen als Projektleiterin und zur Projektkoordinatorin. Was war Ihre Rolle, was übernahm die Koordinatorin? NF: Meine Aufgabe als Projektleiterin war es, dem Vorstand zu berichten und das Projekt zu managen. Ich verteilte die Aufträge, plante die Meilensteine, forderte die Reportings ein. Meine Funktion war eine moderierende. Das inhaltliche Wissen war auf der Projektteam-Ebene, der Vorstand fällte die richtungsweisenden Entscheide. Die Projektkoordinatorin Olivia Schaub war zugleich meine Projektassistentin. Sie übernahm die ganze Administration, beispielsweise Sitzungsorganisation, Sitzungsprotokolle, und unterstützte
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das Projektteam. Sie arbeitete maßgeblich im Leihverkehr und bei der Recherche und Gestaltung mit. BdB: Wie stellten Sie sich im Projekt vor? NF: Innerhalb des Projekts waren die Rollen klar verteilt, da musste ich mich nicht vorstellen. Und wenn, dann stellte ich mich einfach als Projektleiterin vor. BdB: Sie haben sehr klare Vorstellungen davon, was Ihre Aufgaben als Projektleiterin sind. Sie setzen die Meilensteine, sind für das Reporting zuständig, erteilen die Aufträge, machen das Controlling, repräsentieren nach außen, stellen die Leute zusammen. Wussten die anderen Projektbeteiligten, dass das Ihre Aufgaben sind? NF: Wenn ich mich vorstellte, fragte nie jemand: »Ja, was machen Sie denn jetzt genau?« Ich glaube, dass man die Funktion der Projektleitung als solche akzeptiert, aber nicht groß reflektiert, was für eine Funktion das eigentlich ist. BdB: Niemand fragte, was die Projektkoordinatorin macht und was die Projektleiterin? Und wo die Schnittstellen sind? Das finde ich erstaunlich. Wer war denn Ihre Stellvertretung? NF: Selbstverständlich waren die Hauptzuständigkeiten von Projektleitung und Projektkoordination organisatorisch geregelt. Meine offizielle Stellvertretung war Gian-Andri Casutt, der Verantwortliche für das Rahmenprogramm. Obwohl, faktisch war es dann doch die Projektkoordinatorin. Als ich wegen meiner Schwangerschaft aus dem Projekt ausstieg, wählten wir als neue Projektleiterin Jordy Haderek, die nach denselben Vorgaben weiterarbeitete. BdB: Was beinhaltete eigentlich das Reporting? NF: Bei jeder Vorstandssitzung, zirka alle zwei Monate, wurde über alle inhaltlichen Bereiche des Projekts berichtet: Kommunikation, Rahmenprogramm, Schulprogramm, Leihverkehr, Betrieb. Ich forderte das Team auf, zu beschreiben, was läuft. In der Regel wusste ich es aber schon, da ich ja eng mit dem Team zusammenarbeitete. Sie mussten dann berichten, wie es mit ihren Meilensteinen steht und was im Moment die absehbaren Risiken sind. So merkten wir rechtzeitig, ob irgendwo Entscheidungsbedarf bestand. BdB: Was war Ihnen außerdem wichtig für die Zusammenarbeit? NF: Ein Instrument zum Beispiel, mit dem ich den Projektfortschritt abbilden konnte. Ich benutzte dafür den Phasenplan. Damit konnte ich aufzeigen, wo wir angefangen hatten, wo wir standen und wo wir hin wollten. Das gab dem
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Projekt eine überschaubare Dimension und ich konnte alle immer wieder auf das gemeinsame Ziel hin einschwören, sowohl in den Vorstandssitzungen wie in den Sitzungen mit dem Projektteam. BdB: Und wie war es mit dem Projektteam? Wie liefen die Sitzungen ab? Können Sie mir das schildern? NF: Wir trafen uns einmal im Monat. Meistens berichtete ich dann am Anfang die News, unter anderem aus der Vorstandssitzung. Dann besprachen wir Aktualitäten aus jedem Bereich, Verantwortliche präsentierten Konzepte, es gab Brainstormings zur Kommunikation, zum Rahmenprogramm, zum Gastronomieangebot. Diese gemeinsamen Denkprozesse waren spannend, weil versierte Ausstellungsmacher auf Novizen trafen. Wir sahen zweieinhalb Stunden für die Sitzungen vor und brauchten die auch. Olivia Schaub, die Projektkoordinatorin, bereitete die Sitzungen vor, indem sie rechtzeitig alle nach Traktanden fragte, und verfasste hinterher das Protokoll. Zudem wurden natürlich die Pendenzen der letzten Sitzung aufgegriffen. BdB: Sie haben erwähnt, dass Sie eng zusammenarbeiteten. Wie muss ich mir das vorstellen? NF: Mit den Teilprojektleiterinnen und -leitern legten wir schon in den Verträgen fest, wer was bis wann fertig haben muss. Das heißt, die Meilensteine des Projekts waren Bestandteil ihrer Verträge. Zudem trafen wir uns ja regelmäßig. Und ich war zusammen mit der Projektkoordinatorin, die zu 100 Prozent für das Projekt angestellt war, der Dreh- und Angelpunkt im Projekt. Ich hatte die Aufträge verteilt, und darum riefen sie auch mich an, wenn Fragen auftauchten oder bevor Sachen weitergereicht wurden, und sprachen sich mit mir ab. Dadurch bekam ich mit, wo was wie lief. BdB: Über wen lief die Vergabe weiterer Aufträge? NF: Die bei der Vereinsgründung definierten Projektrichtlinien besagten, dass die Teilprojektleiter Aufträge bis zu 10.000 CHF in eigener Regie vergeben konnten, bei Aufträgen bis 100.000 CHF musste die Projektleitung beigezogen werden und bei noch höheren Beträgen der Präsident und der Vorstand des Trägervereins. Bei Aufträgen über 10.000 CHF mussten jeweils drei Offerten eingeholt und die Vergabe begründet und empfohlen werden, wobei der Preis nicht das einzige Kriterium war. BdB: Erfordert ein Ausstellungsprojekt aus Ihrer Sicht etwas Spezielles? Im Rahmen Ihrer sonstigen Tätigkeit als Projektorganisatorin? NF: Speziell ist sicher der »genagelte« Eröffnungstermin. Wenn man in einer Firma ein Projekt leitet, ist man zeitlich nicht so fix begrenzt. Bei einer Aus-
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stellung wird der Eröffnungstermin ja auch sofort kommuniziert und beispielsweise der Bundesrat als Festredner zur Vernissage eingeladen. Was nicht ausstellungsspezifisch ist: Wenn man das professionelle Know-how in der Projektführung hat, kann man sehr gut ein Projekt leiten, ohne fachspezifische Detailkenntnisse in allen Teilbereichen des Projekts zu haben, beispielsweise in der Architektur, Gestaltung oder im Leihverkehr. Ich könnte das Fachwissen, das in unserem Projekt steckt, niemals allein repräsentieren. Man kann das »Wissensmanagement« aber mit vertraglichen Vereinbarungen regeln oder indem man überlegt, mit wem man zusammenarbeitet. BdB: Was macht Sie denn so sicher, dass die Projektleitung das fachliche Know-how nicht braucht? NF: Es ist bei komplexen Projekten einfach nicht möglich, dieses Know-how zu haben. Die Dimensionen der einzelnen Bereiche reichen so weit, dass man sich als Projektleiterin nicht den Einblick, sondern nur den Überblick verschaffen kann. Den Kommunikationsverantwortlichen beispielsweise hatten wir aufgrund seiner Erfahrung ausgewählt. Ich konsultierte ihn als Referenten für Entscheidungen und nahm seine Empfehlungen ernst. Dabei ist gerade die Kommunikation sicher am diffizilsten, weil alle glauben, mitreden zu können. Ich sehe niemanden als reinen Auftrags-Ausführenden, sondern alle als gestaltende Teilnehmende. BdB: Was befähigt Sie, jemanden kompetent auszuwählen? NF: Bei Albert Kesseli und mir hatte das viel mit Intuition zu tun, wenn ich jetzt rückblickend betrachte, wie das Team entstand. Albert Kesseli hat ein sehr feines Gespür für Menschen. Die Gestalter Peter Kuntner und Stephan Lichtensteiger hatten das Projekt gemeinsam mit uns initiiert. So sagten wir: »Wenn wir das Projekt machen, dann mit ihnen.« Wir wussten aber auch: Wo ihnen Kernkompetenzen fehlen, da müssen wir noch jemanden suchen. Den Verantwortlichen für das Rahmen- und Schulprogramm, Gian-Andri Casutt, kannten wir von früheren Projekten und wussten: Mit ihm möchten wir gern zusammenarbeiten. Andere Teammitglieder durchliefen Selektionsprozesse. BdB: Was lief sehr gut im Projekt? NF: Also der Aufbau des Projektteams – was für Leute wir auswählten und wie schnell wir das Projekt dann gemeinsam auf die Beine gestellt hatten –, das lief sehr gut. Auch die Zusammensetzung des Vorstands, der alle im Projekt nötigen Kompetenzen abbildete, war goldrichtig. Insgesamt waren wir als Organisation schlank und speditiv.
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BdB: Wie ist Ihnen das denn gelungen? Was haben Sie dafür getan? NF: Indem wir einfach die richtigen Leute für das Projekt gewinnen konnten. Wir stellten das Projekt gut auf. Von Anfang an. Dabei geht es aber nicht nur um die Organisation, man darf den Inhalt nicht vergessen: Wir hatten ein Produkt erster Güte, eine Ausstellung, die in Dresden ein großer Erfolg gewesen war, zu einem brandaktuellen Thema, das die politische Botschaft schon im Titel trägt und zu dem sich die Leute bekennen können. Wir mussten für die Ausstellung kein inhaltliches Konzept mehr entwickeln und konnten die Gestaltung adaptieren. Allerdings ergänzten wir sie noch um Geschichten und Objekte aus der Schweiz und aus Basel, um mit der Ausstellung hier wirklich anzukommen. BdB: Was lief nicht so gut und weshalb? NF: Die Suche nach weiteren Partnern, beispielsweise aus der Wirtschaft, war sehr aufwändig. Es war uns ein großes Anliegen, mit unseren Partnern die gesellschaftliche Bedeutung des Themas abzubilden. Wir machten uns bereits Sorgen, ob das Thema vielleicht schon ausgeschöpft sei. Und natürlich fragten wir uns immer wieder, ob man es verantworten kann, einen so großen Betrag in eine Ausstellung – in die Sensibilisierung – zu investieren, wenn man doch auch aktiv Klimaschutz machen könnte? Aber die Überzeugung, dass es sich lohnt, setzte sich immer wieder durch. BdB: Gab es noch etwas außer der Finanzierung, das nicht gut lief? NF: Die Kommunikation war ein schwieriger Bereich. Ich machte zweimal den Fehler, dass ich vorschnelle Entscheide traf, die ich dann wieder rückgängig machen musste. Da werde ich mir in Zukunft besser überlegen, wie ich in Projekten vorgehe. Wen ich wie und wann einbeziehe. Rückblickend würde ich auch das Thema »Besucher-Marketing« stärker und früher positionieren. BdB: Was kann man planen bei so einem Projekt, was kann man nicht planen? NF: Man kann ein Projekt skizzieren, man kann einen Phasenplan machen, aber wie die Akteurinnen und Akteure schließlich zusammenspielen, das ist schlecht planbar. Vielleicht kann man dieses Zusammenspiel positiv beeinflussen, indem man Freiräume schafft. Ich habe gelernt, wie wichtig es ist, dass man Raum schafft, um Fragen beantworten zu lassen, dass man nicht vorgreift, sondern wirklich die Freiheit bietet, Ideen zu präsentieren und umzusetzen, ohne dabei bereits etwas zu wollen – wirklich nur moderierend aufzutreten.
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BdB: Moderieren hat ja etwas mit der internen Kommunikation zu tun. Gibt es da noch etwas? NF: Sicher gehört auch die Transparenz dazu. Das Projektteam und der ganze Vorstand wurden sich gegenseitig vorgestellt, man kannte sich. Dem Projektteam berichteten wir, was im Vorstand gelaufen war, und dem Vorstand, was im Projektteam anstand. Wir wiesen auf die Projektrisiken hin, versuchten nie, etwas unter den Teppich zu kehren. Das Reporting und die Meilensteine waren immer für alle einsichtig. Ich bat um begründende Kommentare, wenn etwas noch nicht so weit war, wie es sein sollte. Ich fand, das ergebe eine gute Art von Gruppendruck: Alle sollten sehen, wessen Meilensteine noch nicht erreicht sind. BdB: Wie ging das Projekt für Sie zu Ende? NF: Die Ausstellung schließt am 20. Februar 2011. Danach wird sie zurückgebaut, die Exponate gehen zurück an die Leihgeber und wir verkaufen Ausstellungsarchitektur und Medientechnik. Der administrative Abschluss des Projekts wird bis zirka Mitte 2011 dauern. Wir haben ein Büro mit der Evaluation der Ausstellung beauftragt. Befragungen werden während und nach der Ausstellung durchgeführt. Die Ergebnisse der Evaluation können wir nicht vor Mai 2011 erwarten, zwei Monate nach Beendigung der Ausstellung. Dann wird es eine Abschlussbesprechung geben, unter anderem mit dem Erkenntnisinteresse, wie gut das Projekt funktionierte, wie nachhaltig die Sensibilisierungsarbeit war, welche Aspekte ein besonderes Echo auslösten – und was wir davon für andere Projekte in der Wissenschaftskommunikation mitnehmen können. So habe ich den Abschluss geplant. Ich hoffe, dass ich dann wieder dabei sein kann, denn für mich hat das Projekt wegen meines Mutterschaftsurlaubs schon einmal geendet, sogar schon vor der Eröffnung.
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6. D A S L IECHTENSTEINISCHE L ANDESMUSEUM , VADUZ …
Das Liechtensteinische Landesmuseum (www.landesmuseum.li) existiert seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert und ist nach wechselnden Standorten heute in zwei historischen Gebäuden und einem Erweiterungsbau von 2003 mitten in Vaduz untergebracht. Das Mehrspartenhaus verfügt über umfangreiche Sammlungen vornehmlich zur Geschichte, Kultur- und Naturgeschichte Liechtensteins und der Region. Das Liechtensteinische Landesmuseum leitet zudem zwei Außenstellen, das bäuerliche Wohnmuseum in Schellenberg, untergebracht im ältesten Holzwohnhaus Liechtensteins aus der Zeit um 1518, und das Postmuseum des Fürstentums Liechtenstein. Gemäß den im Leitbild von 2002 festgelegten Prämissen (www.landesmuseum.li/d/ leitbild.asp) wird den Besucherinnen und Besuchern in sechs thematisch gegliederten Dauerausstellungsbereichen anhand von bedeutenden Originalobjekten Einblick in die Landeskunde des Fürstentums Liechtenstein und den benachbarten Kulturraum des Alpenrheintals verschafft. Die Ausstellungsfläche beträgt rund 2000 m2, davon sind zirka 1600 m2 für die Dauerausstellungen und rund 400 m2 für Sonderausstellungen vorgesehen. Das Liechtensteinische Landesmuseum führt seit der Neueröffnung im November 2003 jährlich zwei bis vier Sonderausstellungen durch mit jeweils einer Laufzeit von vier bis sechs Monaten. Parallel-Sonderausstellungen sind möglich. Das Kernteam des Liechtensteinischen Landesmuseums besteht aus einem leitenden Direktor, einem wissenschaftlichen Mitarbeiter, einem kaufmännischen Leiter, einem Restaurator und einem technischen Mitarbeiter, jeweils in Vollzeitstellen, sowie einem Fotografen und einer Sekretärin in Teilzeitstelle. Dieses Kernteam wird ergänzt durch 13 Personen für Empfang und Aufsicht sowie ein externes Team von speziell ausgebildeten Personen für den Bereich Vermittlung und Führungen.
… ZEI G T D I E W A ND ER AU SS T ELLU N G »B E VO R D I E R ÖMER K A M EN – SPÄT E K ELT EN A M B O D EN SEE « Ziel der Ausstellung ist die Präsentation von Funden und Ergebnissen neuerer archäologischer Forschungen über die späte Keltenzeit im Bodenseeraum und die Vermittlung eines Einblicks in die Lebenswelt und Kultur der Menschen vor rund 2200 Jahren in der Bodenseeregion. Die Themen der Ausstellung sind die ländliche und städtische Siedlung, die Wirtschaft, die Religion und die Bestattungssitten in der letzten Phase der Eisenzeit (150-15 v. Chr.) im heutigen Liechtenstein und dem angrenzenden Ausland, dem Bodenseeraum. Die Ausstellung schließt mit dem Ende der keltischen Eigenständigkeit. Ergänzt wird dieses Gemeinschaftsprojekt des Amtes für Archäologie des Kantons Thurgau, des Archäologischen Landesmu-
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seums Baden-Württemberg, Außenstelle Konstanz, des Vorarlberger Landesmuseums, des Liechtensteinischen Landesmuseums und der Landesarchäologie des Fürstentums Liechtenstein noch um zwei weitere, eigenständig produzierte Ausstellungsteile: das »Liechtenstein-Fenster« mit Fundobjekten unter anderem aus jüngsten archäologischen Grabungen in Liechtenstein, und einen museumspädagogischen Sonderausstellungsteil – eine Ausstellung in der Ausstellung –, erarbeitet von Liechtensteiner Schülerinnen und Schülern unter der Leitung von Mitarbeiterinnen des Liechtensteinischen Schulamtes. Objekte mit entsprechenden Erläuterungen stehen im Zentrum von Inszenierungen. Die Ausstellungsfläche beträgt zirka 300 m2 und verfügt über die benötigte Infrastruktur. Die Zielgruppe sind alle interessierten Besucherinnen und Besucher, auch Kinder und Schulklassen verschiedener Altersstufen. Begleitprojekte sind die Vernissage, ein Rahmenprogramm mit einer Vortragsreihe und Führungen, eine Begleitpublikation, museumspädagogische Workshops sowie spezielle, themenbezogene Angebote im Museumsshop. Die Vorbereitungszeit fand in zwei Phasen statt. Die erste beinhaltete die Erarbeitung des Gemeinschaftsprojekts von Januar 2007 bis Dezember 2008 und in der zweiten wurde dieses für das Liechtensteinische Landesmuseum vom Herbst 2009 bis Mai 2010 bearbeitet und ergänzt. Die Laufzeit in Liechtenstein beträgt acht Monate (12.05.2010-16.01.2011). Intern am Projekt beteiligt sind ein Projektleiter, ein Restaurator, ein Fotograf und ein Museumstechniker. Extern am Projekt beteiligt sind eine Ausstellungsgestalterin und Grafikerin, eine Mitarbeiterin der Fachstelle Archäologie sowie die museumspädagogische Projektgruppe des Liechtensteinischen Schulamtes mit vier Personen. Die Kosten für den Wanderausstellungsteil und die Begleitpublikation betragen für den Sachaufwand ohne Personalkosten je Museumspartner zirka 15.000 bis 20.000 CHF Der Aufwand für die Erweiterung und das Präsentationskonzept im Liechtensteinischen Landesmuseum belaufen sich auf rund 60.000 CHF.
L I C . PHIL . I N O R B ER T W. H A SLER (*194 8), M U SEU M SD I R EK TO R , P ROJ EK T LEIT ER … Norbert W. Hasler ist seit 1981 am Liechtensteinischen Landesmuseum tätig und seit 1987 dessen Direktor. Studiert hatte er Kunstgeschichte, Mediävistik und Philosophie in Fribourg, Florenz und Basel. Nach dem Studienabschluss unterrichtete er an der Akademie in Fribourg. Von 1979 bis 1981 war er in einem Buch- und Grafikantiquariat in Liechtenstein tätig.
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Als Norbert W. Hasler am 1. April 1981 als wissenschaftlicher Mitarbeiter in den Dienst des Liechtensteinischen Landesmuseums eintrat, umfasste das Museumsteam drei Personen. Gleich im Sommer diesen Jahres wurde er in das große Ausstellungsprojekt »Fürstenporträts – Die regierenden Fürsten von Liechtenstein in zeitgenössischen Bildnissen« eingebunden: »Ich bin einfach ins kalte Wasser gesprungen. Wir mussten einen großen Teil der Dauerausstellung des Landesmuseums evakuieren, damit wir Platz für diese große Ausstellung hatten. Das war für mich schon ein intensiver Einstieg. Ich kannte ja bis dahin Dutzende von Museen, Galerien und Ausstellungen. Aber erst mit diesem Ausstellungsprojekt lernte ich so richtig, wie man eine Ausstellung macht. Es war in gewissem Sinne meine eigentliche Gesellenprüfung.« Danach realisierte er jedes Jahr zwei bis vier Ausstellungen, auch nach seiner Ernennung zum Museumsleiter. 1992 musste der Museumsbetrieb wegen Bauschäden für elf Jahre schließen. Nach fünfjähriger Restaurierungs- und Bauzeit wurde das Liechtensteinische Landesmuseum am 29. November 2003 neu eröffnet. Seither verfügt es erstmals über eigentliche Wechselausstellungsräume. Diese wurden »als überdimensionierte Kegelbahn« in den Hügel hineingebaut. »Es ist immer ein große und anspruchsvolle Herausforderung, die Räume zu bespielen. Aber bisher ist es noch immer gelungen, ein gutes Resultat zu erreichen.« Mindestens 20 bis 25 Sonderausstellungsprojekte hat Norbert W. Hasler seit 2003 mit seinem Team realisiert.
… B L I C K T AU F D EN E NT S T EHU NG SPROZE SS Z U R Ü C K Das Projektteam Wir sind ein ganz, ganz kleines Museumsteam. Ich habe nur einen wissenschaftlichen Mitarbeiter. Er ist ein versierter Kenner der Materie und ein ausgezeichneter Kollege. Er ist zudem seit 2006 Abgeordneter im Liechtensteiner Parlament, dem Landtag, und bekleidet seit 2009 das hohe Amt des Landtagspräsidenten, was selbstverständlich mit zusätzlicher zeitlicher Beanspruchung verbunden ist. Er ist deshalb in erster Linie projektbezogen für das Landesmuseum tätig. Wir führen regelmäßig Gespräche über den Stand und Fortgang meist längerfristiger Projekte, Sonderausstellungen und Pu-
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blikationen oder Optimierungen in den Dauerausstellungen. Bei den aktuellen Sonderausstellungen, »Louis Bleuler (1792-1850). Die Rheinreise von den Quellen bis zur Mündung, 45 Gouachen aus der Großen Rheinreise« und der Kelten-Ausstellung, lag die Projektleitung bei mir. Für die inhaltliche und fachliche Unterstützung helfe ich mir mit einem dichten Beziehungsnetz von Kolleginnen und Kollegen, die ich jeweils in die entsprechenden Projekte einzubinden versuche. Man trifft sich mal da, mal dort in anderen Projekten, diskutiert, tauscht sich aus oder wird konkret und erarbeitet gemeinsam eine Ausstellung. 2007 war es wieder soweit. Unter der Federführung des Kollegen Dr. Urs Leuzinger von der Kantonsarchäologie Thurgau, zudem Leiter des Museums für Archäologie in Frauenfeld, erarbeitete ein Team von Archäologen und Museumsleuten die Inhalte der neuen Sonderausstellung »Bevor die Römer kamen – späte Kelten am Bodensee«. Das war übrigens schon die zweite Ausstellung, die wir in dieser Konstellation und mit denselben Partnern gemeinsam realisierten. Thomas Müssner gehörte natürlich wie immer zum Projektteam. Er ist hauptberuflich Restaurator am Liechtensteinischen Landesmuseum. In unserem kleinen Team müssen die Leute aber auch andere Aufgaben übernehmen. So war er Kurier, half beim Aufbau der Ausstellung, überwachte die konservatorischen und sicherheitstechnischen Bedingungen und war für die Beleuchtung mitverantwortlich. Auf ihn kann ich mich wirklich verlassen – und auch die Chemie stimmt. Wir arbeiten ja schon zwanzig Jahre zusammen. Da muss man eigentlich nicht mehr viel sagen, man versteht sich. Er denkt mit und macht nie etwas auf eigene Faust. Unterstützt wird er beim Aufbau der Ausstellung und der Umsetzung des Konzepts vom technischen Mitarbeiter Lorenz Frommelt. Gewisse Arbeiten müssen extern vergeben werden, zum Beispiel Maler-, Schreiner- oder Schlosserarbeiten. Fotoarbeiten werden intern durch den Leiter der Abteilung Fotografie und Bildarchiv des Landesmuseums, Sven Beham, in professioneller Qualität ausgeführt. Er fertigte sämtliche Fundaufnahmen und deren Vergrösserungen sowie die szenografischen Bilder der Kelten-Ausstellung an. Auch er arbeitet schon mehrere Jahre am Landesmuseum und ich schätze seine engagierte, hochprofessionelle Arbeit und die stets zielführende Zusammenarbeit, selbst unter größtem Zeitdruck. Durch langjährige Ausstellungserfahrung – mittlerweile sind es über dreißig Jahre – weiß ich in der Regel sehr genau, wen ich für welche Problemstellung kontaktieren muss. Qualität, Zuverlässigkeit und Kostenbewusstsein sind hier die maßgebenden Kriterien für ein erfolgreiches Projekt. Die Leute, mit denen wir immer wieder zusammenarbeiten, wissen, wie es geht. Die Externen sind natürlich alle auch anderweitig beschäftigt und somit ist die Koordination der Termine von besonderer Wichtigkeit – und oftmals auch sehr mühsam. Die-
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se Logistik kann man nicht lernen, da zählen die Erfahrungen und die Kenntnisse über die einzelnen Betriebe. Da ich niemanden für die Öffentlichkeitsarbeit habe, übernehme ich diesen Teil meistens selber. Leider fehlt beim Liechtensteinischen Landesmuseum noch immer die Fachstelle für Museumspädagogik. Dennoch legt das Haus sehr großen Wert auf die Vermittlung der Ausstellungsinhalte. Dies erfolgt dann über externe museumspädagogische Fachstellen, die projektbezogen eingebunden werden, sowie durch ein speziell geschultes Team Museumsführungen, das dem Landesmuseum für Führungen, Schulklassenbetreuung und Workshops stets zur Verfügung steht und sich jeweils in die aktuelle Ausstellungsthematik einarbeitet. Die Gestaltung Für die Kelten-Ausstellung zog ich eine exzellente Ausstellungsgestalterin und Grafikerin bei, mit der ich sehr gut und sehr gern zusammenarbeite. Bereits 1989, kurz nachdem ich die Leitung des Landesmuseums übernommen hatte, machte ich die erste Ausstellung mit ihr zusammen. Damals war Silvia Ruppen noch Mitarbeiterin eines renommierten Grafikateliers in Liechtenstein. Danach verloren wir uns irgendwie aus den Augen. Seit der Neueröffnung des Liechtensteinschen Landesmuseums 2003 aber war es nun ungefähr die fünfte Ausstellung, die ich mit ihr realisierte. Sie hat eine erstaunliche visuelle Vorstellungskraft und einen eigenen malerischen Stil beim Umsetzen des Ausstellungskonzepts, eine Handschrift, die ich sehr schätze – und mit mir auch die vielen Besucherinnen und Besucher der Ausstellungen. Wenn ich mit ihr ein neues Ausstellungsthema bespreche, ist ihre erste Frage: »In welchen Räumen soll die Ausstellung stattfinden? Im großen langen Saal? In der Loggia oder im kleineren, quadratischen Raum?« Sie verfügt über ein ausgeprägtes räumliches Denken und hat ganz klare Vorstellungen, wie die Räume aussehen, welche Infrastruktur vorhanden und wie die Beleuchtung zu installieren ist. Wenn ich da jemand Neuen beiziehe, der die Räume und die vorgegebene Infrastruktur nicht kennt, dann ist es schwieriger, bald einmal richtig zum Thema zu kommen. Bei einer langjährigen Kooperation besteht natürlich die Gefahr, dass es zu trivialen Wiederholungen kommt. Das ist bei Silvia Ruppen aber nicht der Fall. Sie geht jedes Thema neu an, individuell, ausgerichtet auf die Inhalte und Objekte. Man darf Sonderausstellungen nie als Routinearbeit betrachten. Man soll nie belanglos wiederholen, jedes Thema verlangt ein individuelles Konzept und eine entsprechende Umsetzung. So hat man es nicht nur mit neuen Themen, sondern immer auch mit anderen Partnern, mit anderen Leihgebern, mit anderen Inhalten und mit anderen Präsentationsweisen zu tun. Eine faszinierende Arbeit! Auch für Silvia Ruppen ist Ausstellungsgestaltung
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eine kreative Herausforderung und keine Wiederholung. Die Überwachung des gesetzten Kostenrahmens, die sinnvolle Nutzung der gegebenen Infrastruktur – Objektträger, Vitrinenmaterial etc. – und die museologische Umsetzung der Ausstellungsinhalte gehören dann wiederum in mein Ressort als Projektleiter. Der Qualitätsanspruch und die Risiken Für die Arbeit im Projektteam kommt noch ein wichtiger Punkt hinzu. Das hängt vielleicht mit meiner Sicht der Dinge zusammen. Die Messlatte liegt in der Regel sehr hoch, was die Qualität anbelangt. Ich neige zu einem gewissen Perfektionismus. Wenn ich etwas organisiere, dann muss es klappen – und zwar nicht irgendwie, sondern möglichst optimal. An mich selber stelle ich dabei die größten Anforderungen. Man muss aber auch bereit sein für Kompromisse. Das habe ich in der Zwischenzeit gelernt, wenn auch mit Mühe. Es gibt dann so Dinge, die mich lange verfolgen. Wenn ich eine Vitrine ohne integrierte Innenbeleuchtung benutzen muss, dann stellt sich die Frage, wie ich optimales Licht auf die auszustellenden Objekte ohne störende Schatten und Reflexe bekomme. Meist enden diesbezügliche Versuche dann in mehr oder weniger guten Kompromissen. Solche Probleme verfolgen mich weit über das aktuelle Ausstellungsprojekt hinaus: Bis zur nächsten Ausstellung suche ich mit meinen technischen Mitarbeitern nach einer Optimierung der Vitrinen und rüste dann die Objektträger mit der entsprechenden Innenbeleuchtung nach. Was an Qualitätsoptimierung möglich ist, versuche ich in der Regel zu erreichen, und da ziehen meine Projektmitarbeiter voll mit. Bei jedem Ausstellungsprojekt, das ja immer termingebunden ist, besteht das Risiko, dass etwas Unvorhergesehenes eintreten kann. Es kann auf einem Transport etwas passieren, es kann jemand von einer Leiter stürzen oder plötzlich krankheitshalber ausfallen. Das wird dann vor allem in einem kleinen Projektteam zum großen Problem. Dann gilt es, die Nerven zu bewahren, und Improvisieren ist angesagt. In unserem kleinen Team gibt es in der Regel keine Stellvertretung. Wichtig ist vor allem, dass die Kommunikation und Information funktioniert. Im schlimmsten Fall kommt es zu einer Projektverschiebung oder -absage, peinlich, wenn die Einladungen zur Vernissage bereits verschickt sind. Das wäre uns 2006 beinahe passiert. Ich übernahm die berühmte Ausstellung »Ötzi Cultour – Der Mann aus dem Eis«, eine Wanderausstellung des Archäologiemuseums Bozen. Für den Aufbau kamen Spezialisten aus Bozen. Es war Mittwoch, ich hatte mit den Ausstellungsmachern noch die Aufbaupläne und die letzten Details der Ausstellungsgestaltung in unseren Räumlichkeiten besprochen, festgelegt und abgesegnet. Die Ausstellungseröffnung war auf Freitag angesetzt. Meine Eröffnungsrede war schon geschrieben und eine Kopie für meinen Mitarbeiter und Stellvertreter in meiner Schreibtischschub-
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lade hinterlegt. Somit war alles vorbereitet und auf gutem Wege – zum Glück. Denn in der folgenden Nacht setzte mich ein totaler Kollaps außer Gefecht. Die Folge war ein längerer Spitalaufenthalt mit mehreren Operationen. Die Ausstellungseröffnung ging aber problemlos ohne mich und ohne weitere Pannen über die Bühne. Der Projektbeginn Ideen und Pläne für Ausstellungsprojekte ergeben sich in der Regel laufend. Oft sind es Ereignisse, Jubiläen, die von landesweiter Bedeutung sind. 2006 feierte Liechtenstein »200 Jahre Souveränität 1806 bis 2006« und das Landesmuseum zeigte die vielbeachtete Sonderausstellung »Meilensteine der Liechtensteinischen Souveränität 1806 bis 2006«. Ich rechne für ein Ausstellungsthema, das inhaltlich und konzeptuell erst erarbeitet werden muss und von einer Publikation begleitet wird, mit einer Vorlaufzeit von zwei bis drei Jahren. Das ist natürlich anders bei Wanderausstellungen, die von Institutionen oder Museumspartnern übernommen und gegebenenfalls nur noch entsprechend adaptiert werden müssen. Die möglichen Ausstellungsthemen werden in der längerfristigen Planung im Fachbeirat und Stiftungsrat sowie im Mitarbeiterteam vorgestellt und besprochen. Daraus entsteht dann ein Ausstellungsplan, der neben den Terminen auch die Ausstellungsräume definiert. Dieser Ausstellungsplan dient als verbindliche Richtschnur für die weitere Planung und Projektarbeit. Die definierten Projekte müssen aber auch finanzierbar sein. Das Liechtensteinische Landesmuseum – eigentlich das Nationalmuseum Liechtensteins – ist ein Museum des Staates und zugleich eine Stiftung des öffentlichen Rechts. Die notwendigen Geldmittel kommen in der Regel aus der Staatskasse. Im laufenden Sachbudget sind für die Position »Wechselausstellungen« jeweils erhebliche Geldmittel vorgesehen. Die Budgeteingabe dafür ist jeweils auf Ende Mai, Anfang Juni für das kommende Jahr terminiert. Das heißt, ich muss die Ausstellungsprojekte für das kommende Jahr dann definiert haben, samt einer verbindlichen Kostenschätzung. Nachtragskredite sind in der Regel nur schwer zu begründen. Da hilft natürlich meine langjährige Erfahrung, denn ein Ausstellungsprojekt ist ja nicht etwas, das man in einem Warenhaus zu einem fixen Preis erwerben kann. Es bedingt aber auch eine entsprechende Flexibilität in den strategischen Gremien des Museums – Erbsenzählerei führt nirgends hin. Ausstellungsprojekte sind Prozesse, von der Idee bis zur Eröffnung. Dabei geht es auch um Kreativität und konstante Optimierungen, und das hat nun mal seinen Preis. Die Erarbeitung der Kelten-Ausstellung mit den Museumspartnern und den archäologischen Fachstellen begann bereits 2007. Diese Wanderausstellung wurde dann im Dezember 2008 im Museum für Archäologie in Frauenfeld er-
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öffnet. Das heißt, dass die intensive Arbeit für das Ausstellungskonzept und die Begleitpublikation zur Ausstellung dann abgeschlossen war. Als einer der Projektpartner war ich natürlich bei der Entstehung und Entwicklung des Konzepts immer mit dabei, zusammen mit Mag. Ulrike Mayr, Archäologin und wissenschaftliche Mitarbeiterin der Landesarchäologie des Fürstentums Liechtenstein. Sie unterstützte mich in fachlicher Hinsicht, da meine Aufgabe in diesem Projekt ja vor allem eine strategische war. Natürlich diskutierten wir auch den Inhalt, das ist ja das Wesentliche einer Ausstellung. Es geht ja immer um Inhalte, die wir über das Medium der inszenierten Ausstellung auf möglichst anschauliche und mit allen Sinnen erlebbare und erfahrbare Weise vermitteln wollen. Ich bin den Fachleuten sehr dankbar und erachte es als eminent wichtig, dass sie vor allem das tun, wozu sie befähigt sind. Ich bin ja auch nicht primär Archäologe, sondern Kunsthistoriker, obwohl ich während meiner Studienzeit immer wieder Vorlesungen in den Bereichen Archäologie, Ur- und Frühgeschichte besucht habe. Nach der Eröffnung in Frauenfeld gab es für uns erstmal eine Pause. Konkret ging es dann wieder im Herbst 2009 weiter. Bald machte sich auch der sogenannte positive Stress bemerkbar, den ich für unverzichtbar halte. Er gehört dazu und beflügelt. Nun galt es, zu organisieren, zu koordinieren und trotz guter Vorbereitung zu improvisieren. In unserem Haus kam noch ein großer eigener Teil zur eigentlichen Wanderausstellung hinzu: das »LiechtensteinFenster« und das museumspädagogische Projekt, eine Ausstellung in der Ausstellung. Wir arbeiteten sehr eng und intensiv mit unserer Landesarchäologie und dem Schulamt zusammen. Mit großem Engagement und Einsatz wurde das Konzept für die Liechtenstein-Ergänzung entworfen und mit einer Fülle von Originalfunden aus der keltischen Vergangenheit und mit Bild- und Textinformationen umgesetzt und in das Gesamtprojekt eingebaut. Wenn ich das Team zusammen habe und die Termine stimmen, geht es also zuerst um die inhaltliche Erarbeitung. Die erarbeiteten Inhalte werden dann mit der Ausstellungsgestalterin besprochen. Wir reden auch über die Erwartungen an die Ausstellung, unsere und vor allem diejenigen der interessierten Besucherinnen und Besucher. Dann nimmt das Projekt bald Gestalt an in Skizzen, Plänen und Modellen. Liegen die konkreten Ausstellungspläne vor, kommen schließlich die eigentlichen Praktiker zum Zuge. Ihnen wird das Konzept anhand der Pläne und Modelle eingehend erläutert. Zusammen mit der Projektleitung und der Ausstellungsgestalterin machen sich die Praktiker dann Gedanken über das weitere Vorgehen und die konkrete Umsetzung des Ausstellungsprojekts, Schritt für Schritt, bis hin zur Beleuchtung. Die Praktiker kümmern sich nicht um die Inhalte, sondern um technische Aufgaben und Probleme. Sie machen aus den Zutaten, die das Rezept »Kelten-Ausstellung« vorgibt, ein Gericht, das man so präsentiert, dass auch das Auge was davon hat.
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Eine Ausstellung ist immer auch ein ästhetisches und ein sinnliches Produkt. Es soll nicht nur Inhalte zu einem Thema anschaulich vermitteln, es sollen nach Möglichkeit auch alle Sinne angesprochen werden. Denn nur über sinnlich Wahrgenommenes werden Wissen und Inhalte aufgenommen, transportiert und geistig verarbeitet. Die Adaptation der Wanderausstellung Am zentralen Teil der Kelten-Ausstellung selbst nahmen wir nur kleine Retuschen und Korrekturen vor. Der inhaltliche Aufbau war ja vorgegeben. Es ging eigentlich nur noch darum, die Ausstellung unseren Räumen anzupassen. Der wichtigste Ansprechpartner für die Übernahme der Ausstellung war nun Dr. Jörg Heiligmann, Direktor des vorgängigen Ausstellungsortes, des Archäologischen Landesmuseums von Baden-Württemberg, Außenstelle Konstanz. Wir trafen die notwendigen Abmachungen bilateral, koordinierten die Termine und regelten die Leihverträge und die Zollformalitäten – korrekt, effizient und mit möglichst geringem bürokratischen Aufwand. Mein Mitarbeiter Thomas Müssner übernahm hier wesentliche Aufgaben. So war er beim Abbau der Ausstellung in Konstanz dabei. Das hatte den Vorteil, dass er die Feinheiten der Ausstellung kennenlernte, die Vitrinen mit den Stahlträgern und Plexiglashauben und deren jeweilige Bestückung mit den Originalfunden. Die Objektträger waren ja speziell für diese Ausstellung angefertigt worden und bereits an allen bisherigen Ausstellungsorten zum Einsatz gekommen. Thomas Müssner begleitete auch den Transport von Konstanz nach Vaduz, den eine international tätige Kunsttransportfirma im Auftrag des Liechtensteinischen Landesmuseums ausführte. Der Ausstellungsaufbau Thomas Müssners Erfahrungen, die er beim Abbau der Ausstellung machen konnte, kamen nun dem ganzen Projektteam zugute. Den Aufbau leiteten und koordinierten die Ausstellungsgestalterin Silvia Ruppen und ich als Projektleiter. Während die technischen Mitarbeiter die Vitrinen positionierten und bestückten und einen Bachübergang mit Weihefunden als Rauminstallation aufbauten, kümmerten wir uns um die Bild- und Textträger und die Objektlegenden. Parallel dazu baute ein Archäologenteam unter der Leitung von Ulrike Mayr das »Liechtenstein-Fenster« auf. Der Fotograf Sven Beham lieferte die maßgeschneiderten fotografischen Fundvergrößerungen zur Ausstellungsergänzung. Im Verlauf der Aufbauarbeiten wurden konstant kleine Änderungen und Adaptationen vorgenommen. So wurde der Eingangsbereich zur Ausstellung komplett umgekrempelt und offener gestaltet, was sowohl dem Publikum wie dem Aufsichtspersonal entgegenkam. Das sind so Details, die während des
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Aufbauprozesses kurzfristig entschieden werden. Die Feinarbeit beginnt eben erst während der konkreten Umsetzung einer Ausstellung. Am Schluss, wenn die Ausstellung steht, die Objekte, Texte, Bilder etc. richtig positioniert sind, kommt das Entscheidende, die Beleuchtung. Diese Aufgabe übernahmen Thomas Müssner, die Ausstellungsgestalterin und ich. Eine filigrane Arbeit, die sehr viel Zeit in Anspruch nehmen kann. Da muss man mit dem Liftwagen hoch, immer und immer wieder, muss zwischen den Vitrinen herumfahren. Eine verantwortungsvolle Aufgabe, die allen Beteiligten höchste Konzentration abverlangt. Ist die Zeit für die Beleuchtung zu knapp bemessen, kommt eine besondere Spannung auf. Bei der Kelten-Ausstellung setzten wir noch zehn Minuten vor der Eröffnung die letzten Spots. Das gehört eben auch manchmal zu Ausstellungsprojekten. Die Öf fentlichkeitsarbeit und die Vermittlung Ich mache die Öffentlichkeitsarbeit weitgehend selbst, also Werbung, PR und diese ganzen Geschichten. Die Texte zur Kelten-Ausstellung für die Presse und die Einladungen stammten aus meiner Feder. Zusammen mit meinem Fotografen gestaltete ich die Bild- und Textinserate in verschiedenen Printmedien in Liechtenstein und der Region. Werbung ist wichtig, aber mit einem Werbeetat von jährlich 50.000 CHF sind keine großen Wellen zu schlagen. Ich machte zudem Vorgaben für die Gestaltung der Drucksachen. Die Ausstellungsgestalterin setzte diese in ihrer Rolle als Grafikerin passend zum ganzen Projekt um. Alles braucht eine Linie, eine Handschrift. Eine Ausstellung ist in gewissem Sinne ein Gesamtkunstwerk – Inhalt und Rahmen müssen passen, sich ergänzen. Die Informationen und Einführungen für das Team Museumsführungen, das sich rechtzeitig in das Ausstellungsthema einarbeiten musste, erstellte Ulrike Mayr mit mir zusammen. Schon lange vorher, also zum frühest möglichen Zeitpunkt, hatten wir für das Team Museumsführungen sowie für das Empfangs- und Aufsichtspersonal die Begleitpublikation und andere Unterlagen bereitgestellt. Ist die Zeit einmal zu knapp, stellen wir die Ausstellungstexte zur Verfügung. Eine eigentliche Einführung in die Ausstellung mit Rundgang gibt es jeweils kurz vor der Eröffnung, dann, wenn die Ausstellung in groben Zügen bereits steht. Die Eröf fnung und das Projektende Ein Ausstellungsprojekt endet für mich jeweils mit der Eröffnung. Die ging auch im Fall der Kelten-Austellung planmässig und pannenfrei über die Bühne. Zahlreiche Vernissagegäste waren gekommen, die sich ausgiebig Zeit nahmen für den Ausstellungsrundgang und den Apéro, der die Eröffnungsfeier in unserem Hause jeweils beschließt. Das Echo war äußerst positiv. Da
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waren viele Leute unter den Gästen, die ich nicht zum ersten Mal im Landesmuseum sah. Da waren aber auch Gäste aus dem Ausland, zum Beispiel aus Wien, die meinten, das sei eine Ausstellung von Weltformat. Für mich ist die Ausstellungseröffnung der offizielle Projektabschluss, weil ich danach keine Zeit mehr habe und mich gleich wieder voll und ganz den folgenden Projekten widmen muss. Ich bin zwar immer wieder mal mit Gästen oder im Kontext von Rahmenveranstaltungen in den Ausstellungen anzutreffen. Bisweilen mache ich auch vor den regulären Öffnungszeiten ganz allein einen Rundgang und studiere Details, geglückte und vielleicht auch weniger geglückte – die aktuelle Ausstellung ist jeweils auch ein Lehrstück für kommende Projekte. Irgendwann aber kommt dann der Abbau. Da bin ich selbstverständlich auch wieder beteiligt. Die Kostbarkeiten müssen ja unbeschadet an die vielen Leihgeber zurückgehen. In der Regel versuche ich, die Objekte persönlich zurückzugeben, weil ich mich dann bei den Kollegen auch nochmals für die Leihgaben und die nicht immer selbstverständliche, aber zielführende Zusammenarbeit bedanken kann.
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7. D A S K INDERMUSEUM F R ANKFURT …
Das Kindermuseum Frankfurt (www.kindermuseum.frankfurt.de) wurde 1972 als Teil des Historischen Museums der Stadt Frankfurt mitten in der Stadt eröffnet. Für die Zeit der Renovierung des Historischen Museums ist das Kindermuseum 2008-2014 in einem Gebäude in einer Zwischenebene der U- und S-Bahn-Station »Hauptwache« untergebracht. Das Historische Museum verfügt über einen großen Bestand von rund 900.000 Objekten aus 1200 Jahren Stadtgeschichte. Die Sammlungen umfassen seltene Kostbarkeiten ebenso wie Alltagsgegenstände und haben eine Archivfunktion für die Dingüberlieferung der Stadt. Die Leitlinien des Handelns und Grundprinzipien: Das Historische Museum hat 1969-1972 unter dem Motto »Lernort kontra Musentempel« konsequent seine Entauratisierung und Entästhetisierung betrieben und im Sinne einer »Kultur für alle« eine sehr pädagogisierte Präsentation der Ausstellungen entwickelt. Das Kindermuseum ist in dieser Zeit und Geisteshaltung als eine der ersten Kindermuseums-Gründungen Europas entstanden. Die pädagogische Sammlung des Kindermuseums wurde angelegt, um historische Objekte für museumspädagogische Zwecke – Handeln und Be-greifen – verwenden zu können. In den jeweiligen Ausstellungen ist die Aktivität des Publikums erwünscht und gefordert. Die gesamte Ausstellungsfläche von 400 m2 entspricht der Sonderausstellungsfläche. Die Laufzeiten für die Sonderausstellungen liegen zwischen ein bis zwei Jahren. Insgesamt teilen sich fünf fest angestellte Mitarbeiterinnen vier Vollzeitstellen. Das sind eine Leiterin, zwei Pädagoginnen, eine Mitarbeiterin am Empfang und eine Verwaltungsangestellte.
… ZEI G T D I E S O ND ER AU SS T ELLU N G »S C H AT T EN & L I C HT « Das Ziel der Ausstellung ist es, den Kindern zu helfen, zwischen ihrer Vorstellungswelt und der Wirklichkeit unterscheiden zu lernen und durch miteinander verknüpfte wissenschaftliche, experimentelle, spielerische und kreative Herangehensweisen dem Phänomen Schatten und Licht auf den Grund zu gehen. Beim Eintauchen in das Thema der Ausstellung begegnet man Schatten und Licht in vielfältiger Weise. In Experimenten kann man erforschen und erfahren, wie Schatten entstehen oder warum die Nacht ein riesiger Schatten ist. Ein höhlenartiger Raum lädt dazu ein, Geschichten vom Schattenreich aus unterschiedlichen Kulturen anzuhören. Was Schatten und Licht mit Fotografieren und Filmen zu tun haben, kann man im Studio ausprobieren. Auf einer Theaterbühne haben Schattenfiguren oder Handschatten ihren Auftritt. Der Bedeutung von Licht in der nächtlichen Stadt widmet sich ein weiterer Bereich. Die Geschichte und Funktionsweise der Straßenbeleuchtung werden hier ebenso thematisiert wie die Lichtverschmutzung – die Kehrseite der nächtlichen Lichtermeere.
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Die Präsentation besteht aus inszenierten Teilräumen, die unterschiedliche Versuchseinrichtungen und Experimente ermöglichen. Sie animieren Kinder, sich eigenaktiv mit dem Thema auseinanderzusetzen. Dabei stehen unterschiedliche Objekte im Zentrum: authentisch museale Objekte, Objekte der museumspädagogischen Sammlung, die benutzt werden dürfen, sowie Hands-On-Stationen. Die Ausstellungsfläche mit vorhandener Infrastruktur beträgt 400 m2. Die Zielgruppen sind Kinder ab sieben Jahren und Familien. Begleitend zur Ausstellung werden eine Veranstaltungsreihe für Familien, Workshops, Ferienkurse, Kindergeburtstage, Projekte und Führungen für Schulklassen und Kindergruppen sowie ein Kinderkatalog und eine Werkstattbox »Schattentheater« angeboten. Die Ausstellungsdauer beträgt ein Jahr (06.06.2010-31.07.2011), die Vorbereitungszeit dauerte zwei Jahre. Die Projektbeteiligten intern sind eine Leiterin und zwei Museumspädagoginnen (je 50 %) des Kindermuseums sowie drei Fachrestauratoren und zwei Haustechniker des Historischen Museums. Die Projektbeteiligten extern sind eine Filmexpertin, ein Physiker, eine Bühnenbildnerin, eine Architektin (Stadtplanerin), zwei Ausstellungsgestalter, eine Grafikerin, eine Medienentwicklerin sowie mehrere Handwerker und ihre Firmen. Die Sachkosten betragen 210.000 Euro. Der Betrag setzt sich zusammen aus Drittmitteln: Projektförderung, Sponsoring und den bereits einkalkulierten Einnahmen, er enthält nicht die Ausgaben für die internen Mitarbeitenden im Projekt.
M AG . S USANNE G ESSER (*1964), M USEUMS - UND P ROJEKTLEITERIN … Schon während des Magisterstudiums der Kunstpädagogik mit den Nebenfächern Theater-, Film- und Fernsehwissenschaften sowie Didaktik lernte Susanne Gesser das Kindermuseum Frankfurt als Praktikantin kennen. Nach dem Studienabschluss leistete sie als selbstständig Erwerbende pädagogische Vermittlungsarbeit und konzipierte Ausstellungen, auch für das Kindermuseum. 1992 wurde sie für die Stelle der Museumspädagogik des Kindermuseums als Kuratorin im Historischen Museum Frankfurt angestellt. Bei den Ausstellungskonzeptionen des
Mag. Susanne Gesser £ 7. Das Kindermuseum Frankfurt …
Kindermuseums spielt die Museumspädagogik eine wichtige Rolle. Deshalb ist es selbstverständlich, dass die Museumspädagoginnen von Anfang an bei der Ausstellungserarbeitung dabei sind. Susanne Gesser wurde bereits fünf Jahre später Leiterin des Kindermuseums. Seither bleibt ihr weniger Zeit für die Museumspädagogik, was das Konzipieren und Durchführen von Führungen einerseits anbelangt, aber auch konkrete Recherchen und Ausarbeitungen von Ausstellungen. Mit ihrer Leitungsaufgabe wechselte sie zur Projektleitung: »Nun sorge ich dafür, dass die Rahmenbedingungen stimmen: Dass das Geld da ist, dass die Sitzungen stattfinden können, dass die Leute miteinander reden, dass jeder weiß, was er zu tun hat und wie er es zu tun hat. Aber ich vermisse dieses Hineinversinken in ein Thema. Manchmal finde ich das auch frustrierend. Ich habe die Projektleitung, aber eigentlich ist es nicht mein Produkt. Ich habe nicht wirklich daran mitgearbeitet, habe nur dafür gesorgt, dass alle anderen arbeiten können.« Susanne Gesser betreute seither jedes Jahr mindestens ein Ausstellungsprojekt.
… BL I C K T I M G E SPR ÄC H AU F D EN E NT S T EHU NG SPROZE SS Z U R Ü C K Barbara den Brok: Sie sind als Leiterin des Kindermuseums Frankfurt auch verantwortlich für die Ausstellungen. Ich würde mich gern mit Ihnen über den Entstehungsprozess der aktuellen Sonderausstellung »Schatten & Licht« unterhalten. Was waren Ihre Aufgaben als Projektleiterin? Susanne Gesser: Als Projektleiterin war ich diejenige, die das Grobkonzept skizzierte und das Ausstellungsprojekt koordinierte: Was wird tatsächlich in der Ausstellung zu sehen sein? Um welche Bereiche, Unterthemen geht es? Beim Thema Schatten und Licht gibt es sechs verschiedene Themen oder Bereiche, die ich entwickelte. Es lag in meiner Verantwortung, dass das klare Profil und der rote Faden erhalten blieben. Weiter sorgte ich dafür, dass die Rahmenbedingungen stimmten, so dass alle arbeiten konnten. Ich verhandelte die Verträge und schloss sie ab. Außerdem liefen die Leihanfragen über mich und ich verwaltete das Budget. Dazu kam die Drittmittelwerbung – es hat sich bewährt, dies gemeinsam mit dem Direktor des Historischen Museums zu machen. BdB: Sie erwähnen den Direktor des Historischen Museums. Welche Rolle spielte er in Ihrem Ausstellungsteam? SG: Wir gehören als Kindermuseum zum Historischen Museum Frankfurt. Er ist mein direkter Vorgesetzter. Alle Budget-Angelegenheiten werden selbstverständlich mit ihm abgestimmt. Außerdem stellen wir im Team des Kindermuseums das Grobkonzept fertig und ich präsentiere es dann dem Direktor.
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Es ist mir wichtig, dass er die Ausstellungen mitträgt. Auch Texte, die veröffentlicht werden, ob Pressetexte oder Flyer, werden vom Direktor zur Kenntnis genommen. Er muss informiert sein über das, was wir tun, das ist die Grundlage für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit. Insgesamt habe ich bei sehr vielem freie Hand. BdB: Wer gehörte noch zu Ihrem Ausstellungsteam? SG: Es gibt zwei festangestellte Museumspädagoginnen, die die Inhalte der Ausstellung ausarbeiteten. Zudem hatte ich im Vorfeld mit einer Kollegin aus dem Filmmuseum gesprochen. Dabei kamen wir zum Schluss, dass Film und Fotografie gut zum Thema Schatten und Licht passen. Daraus ist dann die Idee einer Kooperation entstanden. Das heißt, eine Kollegin des Filmmuseums war am Ausstellungskonzept beteiligt. Zudem hatten wir in der Vorbereitungsphase einen Physiker als Praktikanten. Praktikanten nehmen immer an den Besprechungen teil, damit sie alle Arbeitsabläufe des Museums kennenlernen. Er machte bei diesen Treffen Vorschläge für Experimente, woraufhin wir ihn baten, diese auszuarbeiten. Später verpflichteten wir ihn dann als freien Mitarbeiter für diese Ausstellung. Zusätzlich arbeiteten zwei weitere freie Mitarbeiterinnen des Kindermuseums, eine Bühnenbildnerin und eine Architektin, konzeptionell an der Ausstellung mit. Dann gab es natürlich noch den externen Ausstellungsgestalter mit seinem Büro. BdB: Was waren denn die Aufgaben der Bühnenbildnerin und der Ausstellungsgestalter? Warum brauchte es beide? SG: Die Bühnenbildnerin zogen wir für den Bereich Schattentheater bei. Sie bearbeitete diesen Bereich technisch und inhaltlich. Die Architektin brachte vor allem ihre stadtplanerischen Fähigkeiten ein und arbeitete inhaltlich am Bereich »Schatten & Licht im urbanen Raum« mit. Das externe Gestaltungsbüro gab der Ausstellung die Form, das Aussehen, das Gesicht. Die Kommunikationsmedien – Plakate, Flyer, Einladungskarten – besorgte das Grafikbüro, das diese Dinge immer für die gesamte Museumsfamilie kreiert. BdB: Welche internen Personen arbeiteten denn im Projektteam mit? SG: Vom Haus kamen ein Teil der Handwerker und Techniker sowie die Restauratorinnen dazu. Es gibt ein große Anzahl musealer Objekte in der Ausstellung. Der Metallrestaurator, die Gemälde- und Grafikrestauratorinnen betreuten ihre Objekte und überwachten die Klimabedingungen sowie die Montage. Zum Team Haustechnik am Historischen Museum gehören Handwerker – Schreiner, Maler, Techniker. Viele von ihnen sind angelernte Arbeiter, die dort eingesetzt werden, wo man sie braucht. Sie bauten die vorgän-
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gige Ausstellung ab, übernahmen die Malerarbeiten und erledigten weitere kleine Aufgaben. BdB: Gab es auch jemanden für die Öffentlichkeitsarbeit? SG: Nein, das mussten wir selbst machen. Das ist ein ganz großes Manko. Wir haben nie genug Geld und deshalb kommt die Öffentlichkeitsarbeit zu kurz. Auch das Historische Museum hat nur einen Mitarbeiter für die Öffentlichkeitsarbeit, einschließlich der Museumspädagogik. Für große Projekte wird dann jemand Externes unter Vertrag genommen. Für das Kindermuseum schreibe ich die Pressetexte selbst. Die Stadt Frankfurt hat ein Presse- und Informationsamt, über das die Medienmitteilungen verschickt werden. Wir haben zusätzlich eine eigene Adressdatei und unsere Ansprechpartner bei der Presse. Das ist alles leider nicht wirklich professionell. BdB: Wählen Sie bei den externen Mitarbeitern immer wieder neue aus? SG: Teilweise arbeiten wir jahrelang mit denselben Externen, wenn wir gute Erfahrungen gemacht haben. Bei diesem Projekt arbeiteten wir mit einem für uns neuen Ausstellungsgestalter zusammen. BdB: Wie wussten diese Leute, wer wofür verantwortlich ist, zum Beispiel wofür Sie verantwortlich sind? SG: Die gesamten Angebote, Offerten und Honorarverhandlungen koordinierte ich. Auch mit dem Ausstellungsgestalter traf ich mich zuerst und sprach ab, wer welche Aufgaben übernimmt, und klärte die Schnittstellen. Es ging auch darum, wer die inhaltliche Detailarbeit und die täglichen Abstimmungen macht. Das delegierte ich an museumsinterne Projektmitarbeiterinnen. Wenn es Schwierigkeiten gibt, bin ich jedoch immer ansprechbar. Aber wenn mich zum Beispiel ein Schreiner wegen jeder Schraube anruft, dann verweise ich ihn an die zuständige Gestalterin weiter, weil sie die Baustelle betreut. BdB: Was war der erste Schritt bei dem Projekt, wie fing es an? SG: Ursprünglich hatten wir für diesen Zeitraum, in dem »Schatten & Licht« stattfindet, ein ganz anderes Thema vor und arbeiteten schon daran. Wir hatten schon beeindruckende Objekte, eine Wissenschaftlerin und zwei Kooperationspartner mit großen Sammlungsbeständen. Dann sprangen beide Kooperationspartner ab. Ohne diese machte das Projekt keinen Sinn mehr. Ich musste sehr schnell entscheiden, was wir stattdessen machen können. Die Idee zu dieser Ausstellung lag schon jahrelang in der Schublade. Wir entschieden gemeinsam, dass das Thema gut zu unserem unterirdischen Ausstellungsort in der U-Bahnstation passt. Außerdem ist es faszinierend für
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Kinder. Sie alle kennen das Phänomenen Schatten, kommen damit in Berührung, können es sich aber in der Regel nicht erklären. BdB: Wie kamen Sie denn zu der Idee? SG: Oft ist es so, dass wir kleine Projekte in den Ferien oder mit Schulklassen machen und dabei feststellen, was bei den Kindern sehr gut ankommt. Manchmal tragen wir solche Erkenntnisse, solche Geistesblitze mit uns herum, bis ich mir die Zeit nehme, gründlich darüber nachzudenken, ob das Thema oder nur Aspekte davon für eine Ausstellung ausreichend sind. BdB: Wie machen Sie das? SG: Ich setze mich an den Computer und mache eine erste Stoffsammlung, Literaturrecherche, Objektrecherche, Künstlerrecherche. Das kriegen meine Kolleginnen vorgelegt, die näher an der Praxis sind. Sie machen dann ihre Anmerkungen und Kommentare. Zu diesem Zeitpunkt erstelle ich bereits einen Zeitplan, ausgehend von einem möglichen Eröffnungstermin. Dieser ist in grobe Phasen unterteilt: Wie viel Zeit ist notwendig, um Drittmittel einzuwerben, wann muss das erste Gespräch mit Ausstellungsgestaltern geführt werden, beziehungsweise wie lange braucht es, um ihnen die nötigen Informationen bereitzustellen. All das ist ein Prozess von zwei bis drei Monaten, von der ersten Idee zum Grobkonzept. BdB: Was passiert dann mit dem Grobkonzept? SG: Ich stelle es dem Direktor vor. Danach schreibe ich ein Konzeptpapier, mit dem ich Sponsoren ansprechen kann. Dafür versuche ich, mir von der Ausstellung eine bildhafte Vorstellung zu machen, und beschreibe einen Gang durch die Ausstellung mit den Exponaten und den Aktivitäten. Den Kostenberechnungen lege ich Erfahrungswerte vorangegangener Ausstellungen zugrunde. BdB: Ihre Sachmittel reichen nicht für die Ausstellungen? SG: Wir haben ein Budget für die Betriebsmittel des Gebäudes und für unser festangestelltes Personal. Unsere Einnahmen dürfen wir selbst verwenden. Wir haben 34 freie Mitarbeiter, die projektbezogen bezahlt werden. Dafür verbrauchen wir die Einnahmen zum großen Teil. Deshalb sind Sponsoren oder Fördermittel von Stiftungen für die Ausstellungen sehr wichtig. Die Phase der Mittelbeschaffung kann sich bis zu einem Jahr hinziehen. Ich fange dennoch an, an der Ausstellung zu arbeiten, weil ich davon ausgehe, das Geld zusammenzubekommen. Im Mai 2008 hatte ich beispielsweise bereits mit dem Gestalter von »Schatten & Licht« gesprochen und etwa eineinhalb Jahre vor der Eröffnung im Juni 2010 sagte er zu, mit uns zu arbeiten. Das sind im Grunde
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genommen relativ sportliche Zeiträume. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich auch schon die ersten Zusagen für Kooperationen: zum Beispiel vom Deutschen Filmmuseum und vom Kulturamt der Stadt Frankfurt. BdB: Inwieweit involvieren Sie die Gestalter in das Ausstellungsthema? SG: Bei diesem Thema bezogen wir die Ausstellungsgestalter inhaltlich nicht ein, wobei es natürlich trotzdem vorkam, dass man auch mal gemeinsam das eine oder andere diskutierte. Wir legten die Art der Didaktik und der Vermittlung fest und machten Gestaltungsvorgaben. Es gab auch Gestaltungsvorschläge, die ich ablehnte. Wir haben schon sehr viele Ausstellungen gemacht und relativ konkrete Vorstellungen, was funktioniert und was nicht. Das kann die Zusammenarbeit mal erleichtern und mal erschweren. BdB: Wie konkret waren die Aufträge für die weiteren externen Projektmitarbeitenden? SG: Alle erhielten klar umrissene Aufgabenstellungen, was sie recherchieren und erarbeiten sollten. Sie hatten also ganz konkrete Aufgaben und einen klaren Zeitpunkt, wann die Arbeit fertig sein und abgegeben werden sollte. Auch wir im Kindermuseum sprachen ab, wer welche Bereiche übernimmt und inhaltlich bearbeitet. Bei dieser Ausstellung war klar, dass ich keinen Bereich kuratiere, weil ich zu viele andere Aufgaben habe. Zuerst wurde ein Storyboard für die Ausarbeitung erstellt und danach wurden die einzelnen Ausstellungsbereiche entwickelt. Dabei strafften wir das ganze Thema, damit es nicht zu viele Informationen und Seitenstränge beinhaltet. Erst als das feinere Konzept stand, engagierten wir die externen Projektmitarbeitenden. Das war zirka ein Dreivierteljahr bis ein Jahr vor der Ausstellungseröffnung, also nach der Hälfte der Zeit. BdB: Wann ging das Projekt in die Umsetzung? Gab es da noch einmal so etwas wie einen Abschluss? SG: Die Gestalter erhielten von uns ein Konzept mit den Details, mit einer Objektliste und der Liste der Aktivitäten, die in der Ausstellung für das Publikum möglich sein sollen. Danach besprach ich mit ihnen den Zeitplan, wann die Entwurfsplanung abzugeben war, wann die Ausführungsplanung fertig sein sollte, wann die Ausschreibungen für weitere externe Arbeiten gemacht werden mussten und wann die Produktion beginnen sollte. In die Produktion gingen wir etwa ein halbes Jahr vor der Eröffnung. Die Ausführungsplanung war leider noch nicht fertig, als die Ausschreibung gemacht werden musste, denn die Ausstellungsgestalter wollten bestimmte Elemente zusammen mit der zu beauftragenden Werkstatt entwickeln. Das verkomplizierte das Ganze.
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BdB: Wie lief die Organisation der ganzen Gruppe? SG: Wir hatten verabredet, dass die Besprechungen mit Fachplanern und Handwerkern von den Ausstellungsgestaltern organisiert werden sollte. Leider verselbstständigte sich das manchmal zu sehr, weil es keine Tagesordnung gab und nicht im Voraus festgelegt wurde, wer wann dran ist und welches Thema wann abgehandelt wird. Es gab einige Mammut-Sitzungen mit allen Beteiligten: Gestaltern, externen Fachplanern, internen Projektmitarbeiterinnen, Kollegen aus dem Filmmuseum, mit dem Exponat-Bauer, dem Schreiner etc. – alle redeten bei allem mit und wirklich befriedigende Ergebnisse kamen dabei nicht heraus. Das war sehr frustrierend und anstrengend. Es gab aber auch viele kleine interne Arbeitssitzungen. Da wir seit vielen Jahren zusammenarbeiten und schon einige Projekte gemeinsam gemacht haben, war das sehr informell und trotzdem effizient. Da gab es keine Traktandenliste, sondern wir sprachen uns in der heißen Phase einmal in der Woche ab, wer was bis zum nächsten Mal macht. Und da unsere Büros alle nebeneinander liegen, kann der Austausch auch zwischen Tür und Angel stattfinden. Das ist der Vorteil einer so kleinen Einheit. BdB: Was lief gut bei der Projektorganisation, was lief nicht so gut bei dem Projekt? SG: Sehr gut funktionierte, dass alle sehr selbstständig arbeiten konnten, was das Inhaltliche betraf. Auch bei den externen Projektmitarbeitenden klappte das sehr gut. Manchmal war die Zusammenarbeit mit den Ausstellungsgestaltern ein bisschen schwierig, da wir das erste Mal zusammenarbeiteten und uns noch nicht kannten. Ein Teil der Arbeitsprozesse wurden von deren Seite auf eine Weise organisiert, die in der kommunalen Verwaltung unüblich ist. An den Reaktionen der Handwerker wurde deutlich, wo die Schwierigkeiten lagen, und es konnte entsprechend umgesteuert werden. In der letzten Phase der Ausstellungsproduktion war die Gestalterin täglich vor Ort und leitete die Baustelle, koordinierte alle Arbeiten und war als Ansprechpartnerin für alle Ausführungen da. Das war sehr gut. BdB: Wie wurden die auftretenden Schwierigkeiten gelöst? SG: Die Aufgabe, das Produktionsbudget im Auge zu behalten, oblag den Ausstellungsgestaltern. Es gab einen Kostenrahmen, der nicht überschritten werden durfte. Verplant wurde aber fast der doppelte Betrag. Um das Budget im Rahmen halten zu können, griff ich in die Ausschreibungen und deren Kostenplanung ein. Als dann mit den Offerten konkrete Zahlen vorlagen, mussten leider ganze Bereiche ersatzlos gestrichen oder um nahezu die Hälfte reduziert werden. Wir überzogen das Budget trotzdem. Die Idee des »mini-museums«, einem Bereich für Kinder unter sechs Jahren, werden wir
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erst im Nachhinein realisieren können. Dafür musste weiteres Geld akquiriert werden. BdB: Hatte das Folgen für die Gestalter? SG: Nein, das ist ein Prozess, der immer wieder vorkommt, auch wenn er nicht erfreulich ist. BdB: Was lernen Sie daraus? SG: In Zukunft muss ich noch klarere Vorgaben machen und genauere Verabredungen treffen. Konkret werde ich deutlicher vorgeben, was in den Ausschreibungsunterlagen enthalten sein muss. Das macht meine Arbeit und Kommunikation möglicherweise immer formalistischer. Auch bei den Besprechungen wurde deutlich, dass »alle diskutieren alles gemeinsam« nicht immer optimal funktioniert. Vielleicht muss auch diesbezüglich in Zukunft vertraglich noch mehr festgehalten werden. Ferner mache ich oft die Erfahrung, dass uns Gestalter gern ihre Berufsanfänger und Dauerpraktikantinnen schicken. Das passiert oft bei großen externen Büros, übrigens auch bei der Presse. Schon der Name Kindermuseum scheint zu vermitteln, dass wir ein Ort für Erfahrungen und Experimente sind. Es ist auch in Ordnung, wenn Berufsanfängerinnen in einem Projekt lernen. Nur können wir nicht den Part derjenigen übernehmen, die die jungen Mitarbeitenden anleiten oder sogar ausbilden. BdB: Wie viel Improvisation braucht es bei so viel Ausstellungserfahrung noch – oder gerade bei so viel Erfahrung? SG: Improvisation ist ganz wichtig. Ich stelle immer wieder fest, dass man die Nerven behalten muss. Wenn bei allen anderen die Nerven blank liegen, muss ich diejenige sein, die nach Möglichkeit beruhigt und sagt: »Das kriegen wir schon hin, das wird super!« Ruhe auszustrahlen ist das eine, und dann kommt noch die Improvisation hinzu. Das bedeutet, spontan zu entscheiden, etwas Neues zu machen, neu zu denken, andere Wege zu gehen und offen zu sein. Auch mal von den eigenen strikten Vorgaben abweichen zu können. BdB: Wo war bei diesem Projekt der Point of no Return? SG: Der späteste Zeitpunkt für einen Projektabbruch ist dann, wenn die alte Ausstellung abgebaut werden soll. Dann muss ich wissen, ob ich die neue Ausstellung tatsächlich realisieren und eröffnen kann. Wir haben nur eine Ausstellungsfläche und müssten das Haus schließen, wenn wir die eine Ausstellung abbauen und die neue nicht realisieren können.
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BdB: Ich komme zu meiner letzten Frage: Wie endete das Projekt? SG: (lacht) Erfolgreich! Die internen Mitarbeiterinnen sind jetzt gerade dabei aufzuräumen, zu ordnen und abzulegen. Zudem bearbeiten sie Details nach, wie die Unterlagen für die Schulklassen beispielsweise. Die Vorbereitung der Führungen ist erst abgeschlossen, wenn das Führungskonzept und die Projektkonzepte stehen, alle freien Mitarbeitenden geschult sind und die Materialien die Testdurchläufe bestanden haben. Dann fangen wir mit den Wartungen, dem Ausstellungsalltag an. Eine Computerstation ist bereits abgestürzt, solche Sachen passieren halt. Und auch für mich geht das Projekt noch weiter, weil ich ja den Teilbereich für die Kinder unter sechs Jahren bis Anfang 2011 umsetzen möchte. Dann müssen die Rechenschaftsberichte und Verwendungsnachweise für die Fördermittel erledigt werden, also die Abrechnungen und die ganze finanzielle Seite. Das Projekt ist eigentlich erst abgeschlossen, wenn die Ausstellung zu Ende und abgebaut ist. Nach der Eröffnung war ich aber seit Langem mal wieder im Urlaub. Gleichzeitig arbeiten wir schon an den nächsten beiden Ausstellungen für das Kindermuseum Frankfurt.
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8. D A S Ö STERREICHISCHE A LPENVEREIN M USEUM , ZU G A ST IN DER H OFBURG I NNSBRUCK …
Das Alpenverein-Museum existiert seit 1911 und wurde in München eröffnet. 1944 wurden Teile der Sammlung nach Innsbruck gebracht, um sie vor der Zerstörung durch den Krieg zu retten. Dort blieben sie und wurden erstmals 1973 in einem Palais und dann im Alpenvereinshaus gezeigt. Seit 2008 sind Archiv und Depot im neuerrichteten Verwaltungsgebäude des Österreichischen Alpen-Vereins am Stadtrand von Innsbruck untergebracht, eigene Ausstellungsräumlichkeiten fehlen jedoch. Die aktuelle Ausstellung des Österreichischen Alpenverein-Museums (www.alpenverein.at/leidenschaft/) ist deshalb zu Gast in der Hofburg Innsbruck. Die Sammlungen des Österreichischen Alpenverein-Museums umfassen mindestens 100.000 Objekte und reichen von der alpinen Malerei, Grafiken, Karten, Fotografien, historischen Postkarten und Panoramen über Gebrauchsgegenstände für die Kartografie, die Bergsteigerei und das Hüttenwesen bis zu einer großen Reliefsammlung der Ost- und Westalpen. Das Mission Statement für diese Ausstellung von 2006 gibt vor, dass sie neue Fragestellungen zum Alpinismus aufwerfen muss, die über die erwartbaren Klischees hinausführen. Deshalb sollen nicht die Berge selbst, sondern die Erfahrungen des Bergbesteigens vom 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart im Zentrum stehen. Die Ausstellungsgestaltung muss neue Wege gehen und soll eine visuelle und emotionale Folie inszenieren, welche die historischen Exponate in einen zeitgenössischen Horizont einfügt und in diesem Kontext lesbar macht. Festangestelltes Personal des Österreichischen Alpenverein-Museums sind eine Museumsleiterin und eine für die Vermittlung und Sammlungsanfragen zuständige Angestellte.
… ZEI G T D I E D AU ER AUSS T ELLU NG »B ERG E , EINE U N V ER S TÄ NDLI CHE L EID EN S C H A F T « Das Ziel der Ausstellung ist es, einer breiten Öffentlichkeit zu zeigen, wie kulturhistorisch wertvoll und vielseitig die Sammlungen des Österreichischen Alpenvereins sind. Das fünfjährige Gastspiel in der Hofburg Innsbruck soll nachhaltig deutlich machen, dass das Alpenverein-Museum nach 2012 einen repräsentativen Standort in der Innsbrucker Museumslandschaft braucht und nicht verschwinden darf. Das Thema der Ausstellung sind die leiblichen, mentalen und emotionalen Dimensionen des Berggehens und -steigens, gesäumt vom Wandern und Klettern. Zwölf Räume führen entlang menschlicher Regungen und Handlungen durch die Welt von Mythen und Messungen, Abenteuern und Akribie, Fantasie und Fanatismus. Der kulturhistorisch ausgerüstete Ausflug über die Baumgrenze lässt aus Lebensdokumenten und Alltagsgegenständen, Foto-, Film- und Videomaterial, Kunst- und Nachschlagwerken den frischen Wind des Hochgebirges wehen.
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Die Präsentation fokussiert auf die Objekte aus den Sammlungen des Österreichischen Alpenvereins und ist mit Objekten aus der ganzen Welt ergänzt. Die Inszenierung des Themas soll nicht nur fachwissenschaftlich informieren, sondern das Publikum auch emotional ansprechen. Die Ausstellungsfläche in der Hofburg Innsbruck beträgt rund 650 m2, die Räume sind technisch modern ausgestattet und nach einer Renovation mit dieser Ausstellung wieder zugänglich gemacht worden. Die Zielgruppen sind sowohl Touristen wie ortsansässiges Publikum und die Mitglieder der alpinen Vereine. Zu den Begleitprojekten gehören eine Vernissage, ein Rahmenprogramm, die Publikation »Berge, eine unverständliche Leidenschaft« und eine BegleitWanderkarte. Die Laufzeit beträgt fünf Jahre, von November 2007 bis November 2012. Die Vorbereitungszeit betrug etwa fünf Monate für die Konzeptentwicklung und 16 Monate für die Ausarbeitung einschließlich der Umsetzung. Intern am Projekt beteiligt sind der Vizepräsident des Alpenvereins, eine Museumsleiterin und eine Angestellte des Museums. Externe Projektbeteiligte sind eine Projektleiterin und ein Assistent der Projektleitung, ein Expertenrat mit zwei Mitgliedern, zwei Kuratoren, zwei Gestalter mit einer produktionsleitenden Assistenz, ein Lichtplaner und ein Grafiker sowie verschiedene Firmen für die Ausstellungseinbauten. Die Sach- und Personalkosten ohne die museumsinternen Personalkosten betragen rund Euro 700.000.
D R . G A B RI ELE R AT H (*1963), M U SEU M SPÄ DAG O G IN , E X T ERNE P ROJ EK T LEIT ERIN … Gabriele Rath interessierte sich schon während ihres Studiums der Erziehungswissenschaften und der Psychologie in Innsbruck für die Arbeitsweisen von Museen. Sie stellte mit ein paar Frauen zusammen museumspädagogische Angebote für Kinder und Jugendliche auf die Beine. Museumspädagogik war damals noch ein Engagement von Einzelnen, zumeist Frauen, und keinesfalls institutionalisiert. Nach dem Studium absolvierte Gabriele Rath eine zweijährige Ausbildung zur Kuratorin für Kommunikation im Museumsund Ausstellungswesen an der Landesaka-
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demie in Krems. Sie wollte in diesem Bereich weiterarbeiten und sich professionalisieren. Deshalb gründete sie mit einer Kollegin und ihrem heutigen Geschäftspartner einen Verein, um weiterhin frei museumspädagogisch tätig zu sein. Seither macht Gabriele Rath jährlich etwa eine Ausstellung, wobei die Zahl heute etwas abnimmt, da die Projekte immer größer werden. Nach sechs Jahren wechselte die Gesellschaftsform – »Verein hat immer noch das Image des Ehrenamtlichen und Unprofessionellen«: Gabriele Rath gründete im Jahr 2000 gemeinsam mit Bruno Winkler die Firma »Rath & Winkler KG. Projekte für Museum und Bildung«. Gabriele Rath macht auch heute noch museumspädagogische Projekte, arbeitet also direkt für das Publikum. »Das ist auch in den Ausstellungsprojekten meine Idee und meine primäre Zugangsweise.« Ihr Tätigkeitsbereich hat sich aber etwas verschoben als Projektleiterin: mehr Organisation, mehr Management, mehr Zahlen, mehr Termine. Eine spezielle Ausbildung in Projektmanagement hat sie nicht. »Fehler habe ich reichlich gemacht und Erkenntnisse daraus in das nächste Projekt mitgenommen. So habe ich mich immer wieder ein Stück weiter vorgewagt und immer wieder ein Stück mehr dazugelernt.«
… BL I C K T I M G E SPR ÄC H AU F D EN E NT S T EHU NG SPROZE SS Z U R Ü C K Barbara den Brok: Wir sprechen über die neue Ausstellung des Alpenvereins in der Hofburg Innsbruck. Wer hat denn alles an dem Projekt mitgearbeitet? Sollen wir mit Ihnen als Projektleiterin anfangen? Gabriele Rath: Es fällt mir leichter, wenn ich das von den Phasen her erkläre. Wenn ich damit anfange, wie das Museum an mich herantritt und mich fragt, ob ich mir vorstellen könnte, ein Konzept für eine zukünftige Ausstellung zu entwickeln. Es gab schon Gespräche zwischen dem Alpenverein und der Hofburg, bevor ich angefragt wurde. Der zeitliche und örtliche Rahmen war schon geklärt, fünf Jahre in der Hofburg auszustellen. Zudem sollte der Inhalt aus den Sammlungen des Österreichischen Alpenverein-Museums in Innsbruck entwickelt werden, um zu zeigen, was da für eine Ressource brachliegen würde, wenn das Museum verschwindet. Es gab keine konkrete inhaltliche Vorstellung, wohl aber eine in früheren Ausstellungsprojekten des Alpenverein-Museums bereits gut eingeführte kulturwissenschaftliche Betrachtungsweise. An diesen Projekten war ich wesentlich beteiligt gewesen. Die erste Aufgabe war also, zu überlegen, wie man überhaupt eine Ausstellungsidee entwickeln kann. Wie man zu einem sinnvollen Thema kommt. Meine Aufgabe war es, das Projekt grob zu skizzieren einschließlich der Kosten, die zeitlichen Notwendigkeiten zu definieren und vor allem vorzuschlagen, mit was
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für einem Team man das machen könnte. Die Projektstruktur aufzusetzen war also Teil des ersten Schrittes. Die Projektleitung der Durchführung steht für mich auf einem anderen Papier. BdB: Zu Beginn waren Sie demnach ganz allein? GR: Nein, wir arbeiteten in unserem Büro zu zweit und schlugen bereits für die Ideenfindung vor, eine Expertengruppe zu Rate zu ziehen und mit dieser einen Workshop zu machen. Mit Gottfried Fliedl von der Museumsakademie im Joanneum Graz und der Museumsleitung entschieden wir, wen wir dafür einladen sollten. Das schlugen wir dann dem Alpenverein vor. Zusammen mit Gottfried Fliedl veranstaltete unser Büro dann diesen Workshop. Wir luden sieben Expertinnen und Experten ein, die mit Gottfried Fliedl, dem Museumsteam und uns den Charakter der Ausstellung herausarbeiten sollten. Das Ergebnis der Gespräche mit dieser Expertengruppe bearbeitete ich in der Folge und generierte daraus das erste inhaltliche Konzept für die Ausstellung. Bevor wir es dem Museumsteam vorstellten, diskutierten wir es noch mit einer Gruppe aus dem Alpenverein. Dann wurde das Konzept offiziell vorgestellt. Damit war der erste Teil erledigt. BdB: Neben dem Ort, der Zeitdauer und den Sammlungen gab es nun also eine thematische Idee für die Ausstellung. Wer entschied denn, dass es so weitergeht? GR: Das Projekt hatte eine Größe, bei der das Alpenverein-Museum nicht mehr selbst entscheiden konnte. Deshalb entschied das Präsidium des Alpenvereins. BdB: Das war also die höchste Instanz? Entschied es auch zu anderen Zeitpunkten? GR: Das Präsidium war durch Oskar Wörz, den Vizepräsidenten des Alpenvereins, immer im Projekt vertreten. Er war der Projektverantwortliche. Wir trafen uns im Vieraugenprinzip 14-tägig oder monatlich, um die finanzielle Abwicklung des Projekts zu besprechen. Sobald der Vorstand des Alpenvereins das Konzept bewilligt hatte, lag es an ihm, sicherzustellen, dass es so umgesetzt wird. Als externe Projektleiterin habe ich übrigens noch nie Projekte angenommen, bei denen man mir die Mittel überträgt und einfach sagt: »Mach!« Ich habe immer ein Modell zu finden versucht, bei dem ich die Entscheide vorbereite, danach aber mindestens mit dem Auftraggeber im Vieraugenprinzip gemeinsam entscheide. So bleibt nicht nur die Verantwortung beim Auftraggeber, sondern es ist auch ein möglichst großes Maß an Involviertheit gegeben.
Dr. Gabriele Rath £ 8. Das Österreichische Alpenverein-Museum
BdB: Es gab demnach einen verantwortlichen Vertreter des Präsidiums und dann gab es Sie als externe Projektleiterin. GR: Ich war nicht die Projektleiterin im Sinne einer Position, wie es intern eine Position sein kann. Ich habe übrigens bisher noch kein einziges Projekt als Angestellte eines Museums gemacht und war daher noch nie in die Struktur eines Museums eingegliedert. Ich bin immer von außen gekommen, extern. Alles, was zu einer Projektleitung gehört, lag aber bei mir: Sicherstellen, dass die Finanzmittel gut verteilt sind, dass das Projekt gut aufgestellt ist, alle Player benannt sind und Qualität und Zeitplan stimmen. BdB: Sie waren zwar noch nie interne Projektleiterin, aber können sie mir Unterschiede nennen? Gibt es Vor- oder Nachteile? GR: Ich kann tatsächlich nur sagen, wie ich es mir vorstelle. Ich schätze, intern ist die Abhängigkeit von der Institution größer. Aber die Institution und die Infrastruktur eines Hauses bieten auch Möglichkeiten, die zur Verfügung stehen und die man nutzen kann. Wenn mehr Externe an einem Projekt beteiligt sind, kann das allerdings auch bedeuten, dass das Zentrum des Projekts nicht mehr im Museum selbst liegt. Vielleicht kann ich das an einem Beispiel erörtern: Die Sammlungen des Alpenverein-Museums waren zum Zeitpunkt unseres Projektstarts nicht besonders gut aufbereitet. Mir war das nicht so bewusst und ich beschäftigte mich auch zu wenig damit, obwohl ich ja schon verschiedene Projekte mit dem Museum gemacht hatte. Da hat jemand Internes ganz andere Kenntnisse, ganz andere Möglichkeiten und auch eine ganz andere Verpflichtung, glaube ich. Meine Möglichkeiten waren da sehr begrenzt. Das führte für alle im Team, einschließlich der Museumsmitarbeiterinnen, zu einer Arbeitsüberlastung, die dann zum Konfliktpotenzial wurde. Das Team erbrachte eine Mehrleistung, die nicht abgegolten werden konnte. Im Resultat ist dieser Unterschied nicht ersichtlich und dürfte sich auf die Qualität der Ausstellung auch nur marginal ausgewirkt haben. Denn es funktionierte trotzdem gut, weil wieder einmal alle daran interessiert waren, ein gutes Ergebnis abzuliefern. BdB: Es gab aber auch die Museumsleiterin. Welche Rolle spielte sie? GR: Sie war die Schnittstelle zu den Sammlungen. Sie vertrat natürlich mit ihrer Erfahrung auch die inhaltlichen Interessen des Museums und des Alpenvereins und war ein Mitglied der Steuerungsgruppe. Die Projektstruktur war allerdings so, dass diese Ausstellung in der Verantwortung des Alpenvereins lag und ich dessen Präsidium unterstellt war.
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BdB: Die Steuerungsgruppe war nicht identisch mit der Expertengruppe. Wer gehörte denn dazu? GR: Die Steuerungsgruppe bestand nur aus vier Personen, der Museumsleiterin Monika Gärtner, dem Vizepräsidenten des Alpenvereins Oskar Wörz, dem Leiter der Museumsakademie Joanneum Gottfried Fliedl und dem Fachwissenschaftler Martin Scharfe. Die wissenschaftlich-museologische Projektsteuerung oblag Gottfried Fliedl und Martin Scharfe, einem emeritierten Professor für Europäische Ethnologie aus Marburg, ein absoluter Experte für die kulturhistorischen Betrachtungsweisen des Bergsteigens – und zudem ein Ausstellungsmacher. Monika Gärtner und Oskar Wörz vertraten die Auftraggeberseite. Die Idee dieser Steuerungsgruppe war, dem Auftraggeber eine klare Rolle einzuräumen und ihm gleichzeitig ein inhaltliches Korrektiv zur Seite zu stellen, das die museologische Supervision macht. Die Museumsleitung und das Alpenvereinspräsidium konnten so überprüfen, dass sich das Projekt inhaltlich gut entwickelt, und dabei auch noch die Vereinsseite und die Museumsinteressen vertreten. BdB: Was waren denn die Aufgaben der Steuerungsgruppe? GR: Sie begleiteten das Projekt während des Durchführungszeitraums in einer beratend steuernden Funktion. In der ersten Sitzung diskutierten wir unseren Teamvorschlag. Was die kuratorische Seite anbelangte, gab es nicht wahnsinnig viele Varianten. Bei der Gestaltung gab es schon mehr Möglichkeiten. Das entschieden wir alles in der ersten Sitzung. Wir wählten Beat Gugger und Philipp Felsch als Kuratoren und Ursula Gillmann und Matthias Schnegg für die Gestaltung, alle aus der Schweiz. Im Prinzip entstand daraus dann das Kernteam, neben dem Steuerungsteam. Die Grafik und die audiovisuellen Medien verantwortete die Gestaltung. Sie hatte die Kompetenz, Entscheidungen vorzubereiten und auch teilweise zu treffen. Die Ausarbeitung oblag dem Kernteam und mir die Steuerung mit Terminplanung, die Besprechungsvorbereitungen, die Festlegung der Meilensteine. Die Steuerungsgruppe hatte übrigens nicht nur eine beratende, sondern auch eine Abnahmefunktion. BdB: Wie ging es dann mit dem Projekt weiter? GR: Der erste Schritt mit diesem Kernteam war, die Idee und die ersten Inhalte zu prüfen. Ich wollte auch wissen, ob ich sie darauf einzuschwören kann oder ob sie das gleich wieder verwerfen. Dasselbe galt für den Zeitplan bis hin zum Finanzierungsplan. Es war klar, dass die Kuratoren sich die Sammlungen erst einmal erarbeiten müssen. Das wäre eigentlich im Sommer 2006 vorgesehen gewesen. Es konnte aber nur punktuell stattfinden, weil die Sammlungen schwer zugänglich und nur rudimentär erschlossen waren. Die Kuratoren hätten viel öfter vor Ort sein müssen, als wir uns das vorgestellt hatten. Daneben mussten
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sie im Viererteam mit der Gestaltung bereits Bilder für ihre Themen entwickeln. Das war schon die erste Verfeinerungs- und Präzisierungsstufe bis März 2007. BdB: Wie machten die das, ganz praktisch? Brauchte es Sie dabei? GR: Nein, da brauchte es mich nicht immer. Es war von Beginn weg klar: Wenn wir uns für ein Team aus der Schweiz entscheiden, arbeitet es meist ohne mich, zumindest ohne meine Präsenz bei Arbeitssitzungen. Wir entwickelten dafür sogar einen Strukturplan. Es gab Arbeitssitzungen des Viererteams ohne mich, in einem sinnvollen zeitlichen Abstand Zwischenbesprechungen mit mir und dann die großen Sitzungen mit der Steuerungsgruppe. Diese Struktur funktionierte ziemlich gut, bis zum letzten Drittel oder Viertel der Planungsarbeit, wo der Druck immer größer wurde, die offenen Fragen zu lange offen geblieben waren und Entscheidungen zu träge gefällt wurden. Das legte offen, dass dieses Viererteam eigentlich keinen Chefkurator, keine entscheidende Figur hatte. Da hätte es jemanden gebraucht, der das übernimmt – oder ich hätte es tun sollen. Gelegentlich tat ich das auch, aber strukturell hing das Team da öfters in der Luft. BdB: Wie kommen Sie zu dieser Einschätzung? GR: Wir organisierten eine Reflexion im Verlauf des Projekts und eine in der Projektnachbearbeitung als Vorbereitung für eine Tagung. Dort wurde genau das bemängelt. Dass es niemanden gab, der inhaltlich und kuratorisch entschied, so dass die Gestaltung darauf hätte reagieren können. Ursula Gillmann und Matthias Schnegg sind zwar Gestaltende, die sich stark inhaltlich einbringen, weshalb wir uns ja auch für sie entschieden haben, aber ihr Arbeitsschwerpunkt bleibt in der Gestaltung. Auch was die Sammlungen und deren Zustand anbelangte, hätte es im Projekt einer stärkeren Führung mit Entscheidungskompetenz bedurft. BdB: Wie haben Sie das dann gelöst? GR: Zum Teil kompensierten die Kuratoren diesen Mangel. Entweder versuchten sie mit Engelsgeduld, die entscheidenden Objekte zu finden, oder sie wählten die Objekte zum Schluss unter Zeitdruck nach ihren Vorlieben aus. Vielleicht ist die Ausstellung auch deswegen so interessant, hat deswegen diesen speziellen Blickwinkel. Ja, vielleicht ist es so sogar am besten. Aber der Prozess war extrem mühsam. Das musste man aushalten und das verlangte allen viel ab. BdB: Wie wurde die Vorbereitungsphase vor der Umsetzung abgeschlossen? GR: Wir hatten zwölf Räume zu bespielen, die wurden an jedem dieser Meilensteintreffen von vorne und später von hinten durchgearbeitet und im Prinzip
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Raum für Raum abgeschlossen. Das heißt, das Feinkonzept wurde raumweise abgenommen. Es gab zwei Räume, mit denen wir uns sehr schwer taten. Aber die abgenommenen Räume gingen gleich in die Feinplanung und dann in Teilbereichen auch in Produktion, in die Umsetzung. BdB: Das heißt, Sie hatten eine Idee, gingen dann gleich in die Räume und verteilten die Inhalte auf die Räume? Erst dann wurden sie weiter diskutiert? GR: Ja, in etwa. Dem war der erste Meilenstein vorausgegangen, die grundsätzliche Abnahme der Gestaltungsidee, dass es sich um eine Wanderung mit Aufstieg und Gipfelbesteigung und Abstieg handelt. Das war der Rahmen für die Detailausarbeitung. Dieser Grundidee folgend, wurden die Themenschwerpunkte der einzelnen Räume definiert. Jeder Raum hatte ein eigenes Thema. BdB: Wie lange dauerte das, die Gestaltungsidee und dann die Raumbesprechungen? GR: Zwei bis drei Monate Gestaltungsidee. Dann hatten wir ein halbes Jahr für die Räume. BdB: Und Sie waren sofort davon überzeugt? GR: Ich war skeptisch, ob das mit der Wanderung nicht zu simpel, ja zu unmittelbar ist. Man hat einen Berg und was macht man da? Man macht eine Wanderung. Ich konnte mich dann aber gut in die Gestaltungsidee einleben und eindenken. Ich kannte Ursula Gillmann und Matthias Schnegg vorher nicht und natürlich auch ihre Denk- und Arbeitsweise nicht. Im Nachhinein muss ich sagen, dass es genau richtig war, sie trafen genau das Richtige. Und sie setzten es in einer Qualität und Subtilität um, dass daraus keine vordergründig designte Ausstellung wurde. BdB: Dann kommen wir nun also zur Phase der Umsetzung. Welche Rolle spielten Sie dabei noch? GR: In dieser Phase waren die inhaltlichen Entscheidungen eigentlich im Groben abgenommen und auch der finanzielle Rahmen passte. Es ging dann um die vielen Details, die noch auftauchten, die sich auch finanziell auswirkten, die inhaltliche Veränderungen brachten. Im Vordergrund standen Problemlösungen und Zeitplangeschichten, da es immer knapper wurde. Diese Prozesse zu moderieren, die nötigen Entscheidungen zu treffen, also zu schauen, dass das Projekt nicht aus dem Ruder lief, das war meine Rolle. In diesem Fall war das zwar noch sehr viel Arbeit, aber harmlos. Die finanzielle Geschichte – es ging um die Produktionskosten – steuerte im Wesentlichen die Gestal-
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tung, Oskar Wörz und ich hatten da eine abnehmende Rolle. Die Gestaltung wickelte das hochprofessionell, sehr konzise ab. BdB: Wie viel Zeit blieb für die Umsetzung? GR: Vier Monate bis ein halbes Jahr. Wir hatten ja schon angefangen, die Aufträge raumweise zu vergeben. Die Kernumsetzungszeit waren etwa drei, vier Monate, also nicht mehr ganz so viel Zeit. BdB: Trafen Sie sich dann auch noch regelmäßig? GR: Die Steuerungsgruppe wurde aus ihrer begleitenden Rolle entlassen, nachdem die Inhalte alle abgenommen worden waren. Das bedauerten wir im Nachhinein sehr. Denn in der Produktionsphase ging es doch noch um viele Details und die Steuerungsgruppe stand uns nicht mehr in dieser Intensität wie zuvor zur Verfügung, aus Zeit- und Kostengründen nicht. Und außer dem Museum und mir war ja niemand vor Ort. Die anderen Projektbeteiligten waren alle zwischen Graz, Marburg und Basel verstreut. Das hieß auch: Kurzfristig etwas zu machen, war undenkbar. Die Planungsperspektiven lagen eher bei einem halben Jahr, gerade bei der Steuerungsgruppe. Martin Scharfe stand zwar den Kuratoren für Textfragen noch zur Verfügung, aber das funktionierte nicht so gut, beziehungsweise es reichte nicht aus. BdB: Woran fehlte es denn? GR: Wahrscheinlich an den letzten Entscheidungen. Das inhaltliche Feedback der Steuerungsgruppe war mehr als nur ein wissenschaftliches Feedback. So lange die Gruppe gearbeitet hatte, gab es eine klare Struktur, und dann fiel diese Instanz einfach ersatzlos weg. Wir ersetzten sie nicht einmal nominell, obwohl wir sie noch benötigt hätten. Es braucht auch noch jemanden für Entscheide oder Feedback, wenn es um Punkt und Beistrich geht. Teilweise wurde das dann unausgesprochen auch zu meiner Aufgabe. Die beiden Kuratoren arbeiteten zum ersten Mal miteinander. Philipp Felsch hatte kaum Ausstellungserfahrung, auch wenn er nachher alle Texte schrieb, wahnsinnig tolle Texte, sehr kompetent. Die beiden mussten sich auch erst einmal zusammenschleifen. Und keiner der beiden ist so geartet, dass er sich dabei als Chefkurator aufgespielt hätte. Das ganze Miteinander war unglaublich kommunikativ und eben prozesshaft aufgebaut. So blieb irgendwann nur mehr der Zeitdruck. BdB: Das Ganze war kommunikativ und prozesshaft aufgebaut. Was gibt es denn für Alternativen dazu in so einem Projekt? GR: Kommunikativ heißt ja, dass möglichst viel im Austausch mit vielen passiert. Wir hatten zeitlich relativ opulent ausgestattete Sitzungen – und trotz-
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dem waren sie natürlich inhaltlich immer noch dicht gedrängt. Aber es gab relativ viel Zeit, um sich aufeinander und auf die Details einzulassen, um die gestalterischen Vorschläge zu zerkneten und zu zermahlen. In diesem gemeinsamen Prozess wurde auch viel verworfen. Zusammengefasst kann man so sagen, dass es in diesem Projekt keine Diven gab. Ich kenne genug Projekte mit Diven, die so in ihre Ideen verliebt sind, dass sie beleidigt und gekränkt reagieren, wenn man nur schon etwas dazu anmerkt. Hier waren alle im höchsten Maß offen und auch bereit, die Dinge noch einmal anzuschauen oder neu zu denken. BdB: Mögen Sie mir die Diven nochmals beschreiben? GR: Ich verstehe unter einer Diva jemanden, die oder der sehr überzeugt ist von dem, was sie oder er will, aber nicht davon, dass man das erklären oder zumindest kommunizieren muss, also den anderen auch nachvollziehbar machen muss, was man selber will. Nehmen wir Gottfried Fliedl: Er streitet hundertprozentig für die Sache und geht nicht weg vom Tisch, bevor Sie und ich das verstanden haben oder bereit sind, ein Stück weit mitzugehen. Oder Sie ihn von einem anderen Weg überzeugt haben. Und lauter solche Leute, hochkompetent, waren das bei diesem Projekt. Das ist eine besondere Qualität, denn das macht nicht nur unglaublich Spaß, sondern verleiht dem Projekt auch einen Mehrwert: Man sieht und spürt, dass da alle am selben Strick gezogen haben. BdB: Was nehmen Sie aus dem Projekt mit? GR: Ich habe viel gelernt. Vor allem, dass es eine große Kunst ist, die richtigen Leute zusammenzubringen. BdB: Wie macht man das? GR: Neben einer gescheiten Portion Glück braucht man gute Kontakte. Man muss hinhören, was die Leute sagen, mit wem sie gut arbeiten können. Ein Stück weit muss man dann sogar die fachliche Qualifikation, die inhaltlichen Erfahrungen etwas hintenanstellen. Man tut gut daran, gute Teamplayer auszuwählen. Nehmen wir Ursula Gillmann: Ich kannte sie nur von Tagungen und hatte keinerlei Erfahrung in der Zusammenarbeit mit ihr. Sie war mir sympathisch und ich mag, was sie macht. Aber sehr wichtig war in diesem Fall, dass Gottfried Fliedl ihr eine große Wertschätzung entgegenbringt. Das war meine Basis, denn ich hatte schon oft mit Gottfried Fliedl zusammengearbeitet und schätze sein Urteil. Beat Gugger kannte ich und wusste, dass er mit Ursula Gillmann Projekte gemacht hatte. Martin Scharfe war die »professorale Instanz«. Da wusste ich nicht, was uns erwartete. Ich dachte, der könnte sich da sehr akademisch verhalten. Aber er genoss das volle Vertrauen des Museums
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und das schien mir für die Steuerungsgruppe sehr wichtig zu sein. Er brachte sein großes Wissen ein, auch ganz persönliche Erfahrungen als Bergsteiger, und er tat das auf sehr charmante Weise. Er war eine wichtige Säule für das gesamte Projekt, auch in schwierigen Phasen. Wirklich unbekannt war mir nur Philipp Felsch. Ein Freund empfahl ihn mir, nachdem ich ihm das Projekt geschildert und erzählt hatte, was für Leute es noch brauchen könnte. Da kam, wie aus der Pistole geschossen, der Name Philipp Felsch. Den bat ich dann, bereits in der Konzeptentwicklung, das Projekt anhand der Unterlagen aus dem Workshop mit der Expertenrunde schriftlich zu skizzieren und mit seinen Gedanken anzureichern. Das war super. BdB: Haben Sie mit dem Projekt jetzt noch etwas zu tun? Die Ausstellung hat ja eine Laufzeit von fünf Jahren. GR: Nachdem die Ausstellung eröffnet war, gab es wie immer noch eine längere Phase, bevor das Projekt wirklich abgeschlossen war. Danach zog ich mich erst einmal zurück. Für anderthalb Jahre war ich noch in beratender Funktion für den laufenden Betrieb und den Aufbau der Vermittlungsangebote tätig. Da schaute ich einmal im Monat, was zu tun wäre, gab Empfehlungen dafür ab, war aber selber nicht operativ tätig. Auch organisierte unser Büro wiederum gemeinsam mit Gottfried Fliedl und der Museumsakademie eine Tagung, in der die Zukunft des Museums andiskutiert wurde. Und jetzt, im Frühsommer 2010, bin ich angefragt worden, ob ich mir vorstellen könnte, ein Konzept für die Zukunft des Alpenverein-Museums zu entwickeln. BdB: Kommen wir doch zum Schluss noch einmal darauf zurück, wie Sie als Projektleiterin das Ausstellungsprojekt beendeten. GR: Einerseits ganz nüchtern mit der letzten Endprojektabrechnung und mit der Unterzeichnung der letzten Rechnungen für die Auszahlung. Das war der formale Projektabschluss. Es gab dann ein halbes Jahr nach der Eröffnung noch eine interne Reflexion. Die war gut. Und eben gab es ein neuerliches Aufflammen, denn das Museum hat für das Ausstellungsprojekt den Tiroler und dann auch noch den österreichischen Museumspreis erhalten – das ist wohl der schönere Projektabschluss.
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M.A. B EAT G UGGER (*1960), FREIER A USSTELLUNGSKUR ATOR … »›Ich weiß eigentlich gar nicht, wie ich zum Museum gekommen bin‹, sagte ich mal zu meiner Schwester. Da meinte sie: ›Früher, als wir mit den Eltern unterwegs waren, wolltest Du immer schon Museen besuchen. Wir wollten baden gehen und du wolltest in Schlösser und Museen.‹ So bin ich wahrscheinlich wirklich dort gelandet, wo ich eigentlich hingehöre.«
Zuerst absolvierte Beat Gugger eine Lehrerausbildung. Nach eineinhalb Jahren Schulbetrieb und Unterrichten wechselte er in den frühen 1980erJahren zum Museum Langenthal, das eben neu eingerichtet wurde. Dieses Projekt war die Motivation für sein Studium der Geschichte und der Geografie in Bern. Von 1988 bis 2000 ordnete Beat Gugger im Schlossmuseum Burgdorf die Sammlung von rund 80.000 Objekten neu und erstellte ein Standortinventar. Bald schon richtete er eine Vitrine ein mit dem Titel »Aus unseren Sammlungen« und präsentierte darin jede Woche ein neues, spannendes Objekt. »Einmal stellte ich in einer Vitrine ein kaputtes Objekt aus. Dann kam der Präsident und fragte: ›Wieso stellst du das kaputte Zeug aus?‹ Als etwas später der Präsident abgetreten war, machte ich sofort eine Ausstellung und zeigte in ›Ruinen – Spuren der Zeit‹ nur kaputtes Zeug. Irritation als Ausgangspunkt für neue Ideen ist mir bis heute sehr wichtig.« Beat Gugger wollte Ausstellungen machen. Er absolvierte die Weiterbildung in Museologie an der Universität Basel und knüpfte wichtige Kontakte. 2000 wechselte er als Ausstellungskurator ins Forum der Geschichte Schweiz in Schwyz. Nach drei Jahren war er völlig erschöpft und sagte sich: »Ich will doch eigentlich frei Ausstellungen machen.« Seither ist er freier Ausstellungskurator. Im Laufe der Zeit hat er über 70 Ausstellungen und Projekte realisiert oder daran mitgearbeitet.
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… BL I C K T I M G E SPR ÄC H AU F D EN E NT S T EHU NG SPROZE SS Z U R Ü C K Barbara den Brok: Wie kommt ein Schweizer zu den österreichischen Alpen? Was haben Sie da gemacht? Wie fing das Ausstellungsprojekt für Sie an? Beat Gugger: Ich hatte vor einigen Jahren eine Alpenausstellung in Aarau gemacht, »Alpenglühen«, und war so auf das Thema Berge gekommen. In Innsbruck veranstaltete man zur Vorbereitung der Ausstellung einen Workshop zur Themenfindung und fragte mich an, ob ich da mitmachen möchte. Da war ich ein Teilnehmer unter vielen. Das Thema wurde rasch auch ganz elementar: Warum machen wir in einem Haus eine Ausstellung über etwas so Riesiges wie die Berge? Die Berge sind faszinierend, keine Frage, aber wenn du raus gehen kannst, dann hast du doch alles. Ist das Thema dann noch spannend? Kann man etwas erzählen, was von allgemeinem Interesse ist? Und so kam man auf die Idee der Leib-Erfahrung. Die Grundidee war: Was passiert mit mir selber, wenn ich in die Berge gehe? Welchen Eindrücken begegne ich, welche Erfahrungen mache ich, und was steht dafür? Wie kann man das zeigen? Wir wollten nicht die Berge simulieren, sondern Bilder, Objekte und Fakten bringen, über die man auch nachdenken kann. BdB: Wie ging es nach dem Workshop weiter? BG: Danach hörte ich lange nichts mehr. Und dann kam wieder ein Anruf, ob ich als einer der Kuratoren mitmachen und für den Inhalt mitverantwortlich sein möchte. Das freute mich sehr. Denn schon bei dem Workshop merkte ich, dass das in Innsbruck eine gute Truppe ist. Etwas seltsam schien mir, dass ich aus der Schweiz bin und es um die österreichischen Berge geht, also um die Ostalpen. Philipp Felsch, ein Norddeutscher, der eine Doktorarbeit über Höhenphysiologie geschrieben hatte, wurde ebenfalls als Kurator angefragt. Von ihm ist gerade ein Buch über den Geografen Petermann erschienen, einen Nordpolarforscher, der nie am Nordpol war. Philipp Felsch hatte bisher noch nie eine Ausstellung gemacht und wenig praktische Ahnung von den Bergen. Er arbeitet als Wissenschaftshistoriker an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETHZ) und hat eine unglaublich gute Schreibe. Er wusste von Anfang an, wie man gute Ausstellungstexte schreiben muss. Wie sie auf Philipp Felsch gekommen waren, weiß ich nicht, aber das war ein absoluter Glücksfall. Wir waren zusammen verantwortlich für den Inhalt. BdB: Was war dann das erste, das Sie als wissenschaftlicher oder inhaltlicher Kurator in Angriff nahmen? BG: Zentral war es, eine schlüssige Ausstellungsnarration zu finden. Ein Jahr vor der Eröffnung stand das Mission Statement. Wir hatten die Räume, zwölf insgesamt. Wie finden wir nun den Erzählstrang durch die Räume? Im Nachhi-
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nein erscheint das wieder einmal ganz klar, und man fragt sich, weshalb wir so lange darüber diskutierten. Die Idee war: Wir machen eine Wanderung ausgehend vom Imaginationsraum zu Hause auf einen Berggipfel und zurück in den Raum der Erinnerung. Im Zentrum der Ausstellung sollten die wechselnden physischen und zum Teil auch psychischen Zustände stehen, die man dabei erlebt. Eine interessante Frage kristallisierte sich heraus: Was passiert eigentlich auf dem Gipfel? Im Laufe der Recherchen wurde immer klarer, dass der Gipfel zwar wichtig ist in der Bergsteigerei, aber ein viel umstrittenerer Höhepunkt ist, als man gemeinhin meint. Der Gipfel als Ziel? Eben nicht – am Ziel ist man erst, wenn man wieder heil unten ist. Das so in der Ausstellung umzusetzen, nahm einige Zeit in Anspruch. Für solche Fragen gab es neben uns ja noch dieses tolle Organ, die Steuerungsgruppe, mit Gottfried Fliedl, Martin Scharfe, Oskar Wörz und Monika Gärtner. Bei dieser Gruppe mussten wir alle zwei Monate in Innsbruck »antanzen«. Dann nahmen sie unsere bisherige Arbeit zwei Tage auseinander – wir sprachen intern nur davon, dass sie uns wieder zur Schnecke machen (lacht). Wir diskutierten Raum für Raum durch. Am Anfang mussten wir ein Mission Statement schreiben, in dem stand, auf welche Punkte wir uns in den ersten Diskussionen festgelegt hatten. Und das nahmen sie dann immer mal wieder hervor und überprüften, ob wir noch auf Kurs sind. BdB: Sie haben vorhin gesagt, dass Sie einen Erzählstrang, eine Geschichte für die Ausstellung brauchten, dass es zuerst darum ging, diesen zu finden. Wie muss ich mir das vorstellen? BG: Da muss ich etwas ausholen. Früher ging ich in Ausstellungen und schrieb mir auf, wie die das machten. Viele der abgeguckten Tricks probierte ich dann in meinen Projekten aus. Das war ein gutes Schulen des Auges, ein genaues Hinschauen. Eine andere meiner Methoden ist, zu überlegen, wie ich etwas anschaue. Ich betrachte mich also gewissermaßen beim Anschauen. Dann frage ich mich: »Möchte ich das anschauen? Möchte ich den Text lesen? Und wenn nicht: Warum? Kann ich es auch weglassen?« Ich betrachte etwas mit einem distanzierten Blick von außen. Das können existierende Ausstellungen sein oder mittlerweile auch nur Ideen von eigenen Ausstellungen. Weil ich schon recht viele Ausstellungen gemacht habe, also gestaltet und eingerichtet, kann ich mir gut vorstellen, wie die Wirkung im Raum ist. Eine Ausstellung ist kein Buch. Die verschiedenen Dinge, die man in den Raum stellt, kommunizieren dort miteinander. Ich muss mir also so eine Geschichte räumlich vorstellen. Meist hilft mir dabei das Zeichnen. Früher bastelte ich sogar Modelle. Dazu komme ich heute kaum noch, obwohl es Spaß macht. Bei neuen Aufträgen komme ich immer wieder an neue Orte und weiß am Anfang meist gar nicht, worum es bei dem Auftrag genau geht. Was ich gelernt habe, ist Fragen stellen, und das mache ich dann auch. Ich gehe einfach
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hin und lasse mir Geschichten erzählen und frage nach. Auch wenn ich recherchiere, mache ich es oft so, dass ich den Autor oder die Autorin anrufe. Beim Erzählen höre ich viel besser, wo der Hund begraben liegt. Ich höre dann die Zwischentöne heraus und kriege oft auch recht schnell raus, worum es dem Autor oder der Autorin eigentlich geht – und wo die interessanten Geschichten verborgen sind. Ich lasse mir viel erzählen, lese viel und lasse mich von den Leuten begeistern. Daraus versuche ich, meine Ausstellungs-Geschichte zusammenzustricken. Und dann noch eine Anekdote: Ich hatte den Auftrag, die Ausstellung »Alpenglühen« zu machen. Im Frühling hatte ich einen riesigen Stress und dachte trotzdem schon viel am Projekt herum, weil ich wusste, dass im Herbst oder Winter die Ausstellung beginnt. Im Sommer hütete ich sechs Wochen ein Haus in Amsterdam und nahm mir vor, nichts für diese Ausstellung zu machen. Ich las und radelte herum. Am Ende des Sommers fuhr ich mit dem Nachtzug zurück in die Schweiz, in einem Sechserabteil. Draußen gewitterte es. Ich konnte nicht schlafen. Ich kam nachts um zwei an, fuhr mit dem Taxi nach Hause, fiel ins Bett und musste früh wieder raus, weil ich um zehn Uhr einen Termin hatte. Und auf dem Weg vom Bett zur Dusche war mir von einem Moment auf den anderen das Konzept klar. Es hatte die ganzen sechs Wochen hinten in meinem Kopf gearbeitet. Mit den Jahren habe ich gelernt, dieser Art des intuitiven Arbeitens zu vertrauen: Zuerst sich intensiv mit einem Thema beschäftigen, dann ruhen lassen, und dann sich wieder intensiv damit beschäftigen. Man muss einem Projekt Zeit geben, dass es »reifen« kann. Erzwingen kann mal einfacher sein, ist aber selten besser. BdB: Obwohl Sie die nötige Distanz zum Projekt einnehmen können, nehmen Sie davon noch einmal bewusst Abstand? BG: Ich gehe gewissermaßen schwanger mit einer Ausstellung, mag dann nicht mal ins Kino gehen. Ich zeichne und mache meine Liste. Die Liste strukturiert das Thema, den Inhalt – da wird meistens am Anfang ganz viel geschrieben – hinzu kommen Objekte, Bildideen und audiovisuelle Vorschläge. Das nummeriere ich von Anfang an durch. Diese Liste wird laufend ergänzt, auch durch Zuständigkeiten, wo ist das, was muss noch recherchiert werden etc. Dabei leiste ich mehr, als mir bewusst ist. In einer anregenden Umgebung, in der ich mich konzentrieren kann – eben auf dem Weg zur Dusche oder auch in der Kneipe –, komme ich dem Erzählstrang der Ausstellung, der Geschichte immer näher. Ich merke, wie sich die Themen und Ideen im Kopf immer weiter bewegen. So schaffe ich es, an einen Punkt zu kommen, den es vorher noch gar nicht gab. Das Hirn muss ein bisschen geschüttelt werden, dann passiert’s! Die Themen ordnen sich zu Geschichten. Mittlerweile habe ich das Vertrauen, mir zu sagen: Das kommt schon.
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BdB: Sie waren bei diesem Projekt ja nicht allein. Übernahm einer von Ihnen beiden Kuratoren die Führung? Waren Sie beide gleichberechtigt? BG: Es gab schon inhaltliche Elemente, die aufgeteilt waren – so stammt etwa das Alpenglühen beispielsweise klar von mir. Die Wissenschaften waren mehr Philipp Felschs Geschichte. Die Dias und die Reisebücher wählte ich aus … BdB: Das ist ja jetzt schon sehr detailliert. Ich nehme an, Sie hatten erst eine grob skizzierte Idee und dann gingen Sie Raum für Raum durch? BG: Selbstverständlich konzipierten Philipp Felsch und ich das Ganze zusammen. Themen wurden gesetzt, diskutiert – und immer wieder auch verworfen. Die Gestaltung, Matthias Schnegg und Ursula Gillmann, kamen etwas später dazu. Sobald die beiden dabei waren, wurden die Ideen zunehmend um die räumliche Dimension erweitert. Aber die Themen und Inhalte erarbeiteten Philipp Felsch und ich wirklich zusammen. BdB: Wie ging das vonstatten, rein praktisch? Trafen Sie sich jeden Tag? BG: Nein. Wenn wir Zeit fanden, trafen wir uns zwischen den großen Treffen meist im Bahnhofbuffet in Zürich. Dort arbeiteten wir dann jeweils zwei Stunden wirklich hart. Dazwischen gab es viele E-Mails. Dann waren wir einmal im Monat in Innsbruck. Dort mussten wir unsere letzten Arbeiten präsentieren. Dafür trafen wir uns vorher bei Ursula Gillmann und setzten die Themen räumlich um. Es gab keine so strenge Aufgabenteilung. Aber es gab Aufgaben, die waren auf meiner Liste klar Philipp Felsch oder mir zugeteilt. Jeder recherchierte selbstständig, danach schauten wir die Ergebnisse gemeinsam an, tauschten uns aus und konnten dem anderen manchmal Informationen oder Tipps für seine Recherchen geben. Ich glaube, das muss nicht so streng getrennt werden, wenn man gut miteinander arbeiten kann. Wir wussten, was der andere tat. Jeder verfasste seine Texte und Philipp Felsch überarbeitete sie am Schluss gesamthaft, damit sie wie aus einem Guss daherkommen. Ich konzentrierte mich in der Schlussphase vor allem auf die Videointerviews. Aber diese Aufteilung ergab sich organisch. BdB: Philipp Felsch schaute also auch auf Ihre Liste und dann sagten Sie: »Das mache ich, das machst du, etc.«? Was ist das für eine Liste? BG: Es gab eine gemeinsame Liste mit den Inhalten und den Objekten samt Maßen, konservatorischen Vorgaben und den speziellen Angaben für die Gestaltung. Darauf ist auch angemerkt, was konkret zu tun ist. Diese Liste ist je nach Projekt immer ein wenig anders und nicht wirklich standardisiert. Für mich ist sie ein außerordentlich hilfreiches Instrument. Wenn viele Leute zusammenarbeiten, kann man damit recht effizient arbeiten, die erledigten Punkte abhaken und gemeinsam die Übersicht über die offenen Punkte be-
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halten. Für mich ist die Liste das zentrale Element eines Projekts, keine Hexerei, sondern ganz pragmatisch. BdB: Sie wählten auch die Objekte aus? BG: Am Projektanfang wurde ich ein wenig zappelig, weil wir immer nur vom Inhalt und von der großen Geschichte sprachen. Ich wusste nicht, was das Alpenverein-Museum überhaupt in den Sammlungen hat. Irgendwann durfte ich dann in die Depots. Sie wurden gerade umgeräumt und neu geordnet. Da gab es Objekte, die seit 20 Jahren im Keller waren, aber niemand wusste, wo und was da überhaupt existierte. Deshalb räumte ich mit der Museumsmitarbeiterin Veronika Raich einfach einen ganzen Nachmittag lang den Keller auf. Wir fanden wunderbare Dinge und entdeckten erstaunliche Bilder. Zuerst dachten wir, nach einem groben Überblick aus einer Fülle von Objekten ganz einfach die »besten« Exponate auszuwählen. Tatsache ist, dass vor allem in einer Abteilung der Ausstellung viele der Objekte zu sehen sind, die wir an späteren Depot-Nachmittagen fast zufällig im Keller gefunden hatten. Die Gemälde und Grafiken waren hingegen schon gut aufgearbeitet. Wir wussten auch bald, dass wir zum Beispiel einige Werke von Edward Theodore Compton zu zeigen hatten, obwohl ihn niemand in der Gruppe eigentlich so richtig mochte. Das sind riesige Bergbilder. Weil wir große Ausstellungsräume hatten, wollte man die nicht im Depot hängen lassen. Es wird noch pragmatischer: Die wichtigen Gemälde mussten in die vorderen drei Räume, weil hier aus konservatorischer Sicht die besten Bedingungen herrschen. Solche praktischen Voraussetzungen kamen also erschwerend zum inhaltlichen Konzept hinzu. Aber nach solchen Gesichtspunkten muss man im Ausstellungswesen oft arbeiten. Es geht dann darum, das Konzept so zu wenden, dass die »Geschichte« trotzdem richtig erzählt werden kann – und das ist uns in Innsbruck recht gut gelungen! BdB: Kommen wir wieder zurück zum Projektablauf. Wie nahmen Sie die Projektleiterin wahr? BG: Gabriele Rath leitete das Projekt. Sie hatte schon früher Projekte mit dem Museum gemacht. Trotz ihrer zurückhaltenden Art war klar, dass sie die Fäden zieht. Sie weiß ganz genau, was sie will, aber sie posaunt es nicht hinaus. In wichtigen Momenten stand sie aber hin und sagte: »Genau so muss das sein!« So war das zum Beispiel beim Ausstellungstitel. Erst bei der Vernissagerede wurde mir klar, warum sie so darauf gepocht hatte. Die Leute stoßen sich daran, und das sollte auch so sein. Da war Gabriele Rath stark, diese Akzente boxte sie durch. Wenn da etwas war, wofür es sich zu kämpfen lohnte, sagte sie: »Da setzen wir uns ein, das machen wir.« Vielleicht liegt es daran, dass sich bei ihr eine hohe Sozialkompetenz mit viel Projekterfahrung paart.
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BdB: Konnte man in Sitzungen und Diskussionen seine Stellung behaupten? BG: Ja, das konnte man. Das waren unglaublich gut vorbereitete Sitzungen, die mit der Steuerungsgruppe waren richtige Monstersitzungen. In Innsbruck saßen wir alle zusammen: der Museologe Gottfried Fliedl, der Volkskundler Martin Scharfe, Oskar Wörz vom Alpenverein, Gabriele Rath, Monika Gärtner vom Alpenverein-Museum, Philipp Felsch und ich, Ursula Gillmann und Matthias Schnegg. Monika Gärtner versorgte uns gut und trug immer auf, Essen, Kaffee und alles. Aber es war beinhart, die Experten klopften uns so lange auf die Finger, bis die Themen, die einzelnen Geschichten und die Objekte genau saßen. Wir fuhren danach immer ganz erledigt heim – aber mit einem klaren Bild. BdB: In diesen Sitzungen wurden dann die Entscheidungen gefällt? BG: In der Steuerungsgruppe wurden vor allem Fragen gestellt, bis man merkte, was zerrinnt und wo wir noch einmal drüber müssen. Am Schluss wusste man immer, wo man stand. Das machte die Projektleitung ganz klar. Im nächsten Monat trafen wir uns nur mit Gabriele Rath in Innsbruck. Dann ging es um die vielen kleinen praktischen Dinge. Es gab einen halben Tag Sitzung und dann arbeiteten wir noch im Depot. Die großen Sitzungen mit der Steuerungsgruppe waren immer so ein bisschen Präsentationen: Jetzt breiten wir dieses Thema mal vor der Gruppe aus, dann wird das diskutiert und wir schauen mal, wie sie darauf reagieren. Das bereiteten wir natürlich jeweils sorgfältig vor. Ich weiß noch, wie wir den Gipfelraum in Basel vorbereiteten. Das war eine lange Sitzung. Wir fingen morgens um neun Uhr an. Um 22 Uhr sagte Philipp Felsch, er müsse jetzt auf den Zug. Wir gingen zwischendrin nur mal Schokolade kaufen, um wieder Energie zu »tanken«. Aber glücklich waren wir nicht mit unserem Ergebnis. Und tatsächlich nahm die Steuerungsgruppe in Innsbruck den Raum dann gnadenlos auseinander. Die schauten sich alles sehr genau an. Das war für mich eine gute Lehre: Jemand von außen lässt sich nicht linken, auch nicht von einer gerade mal resignierten Gruppe. Das war gut so. Das steuerte Gabriele Rath ganz geschickt durch diese Projektstruktur. BdB: Lief eigentlich irgendetwas nicht so gut? BG: Das Problem war einfach immer wieder die Zeit. Das Projekt war so gut aufgegleist, wie ich das noch nie erlebt hatte. Es gab die Projektleitung, uns Kuratoren, die sich nur auf den Inhalt konzentrierten, dann die Gestaltung. Alle hatten also ihre Bereiche. Das Problem war jedoch, wie man das Ganze miteinander vernetzen sollte, dass alle wussten, was wo ist. Die Museumsleitung mit ihrem Sammlungswissen war recht wenig in die konkrete Projektarbeit involviert. Was ich gelernt habe für nachfolgende Projekte, die über
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größere Distanzen hinweg realisiert werden, ist, dass man von Anfang an jemanden im Museum bestimmen muss, der als Bezugsperson vor Ort mit dem Projekt sehr gut vertraut ist und kleine Fragen direkt vor Ort klärt, wenn man als Kurator selber nicht da sein kann. Wichtig ist das vor allem auch in der Schlussphase. BdB: Was war für Sie der Schluss des Projekts? BG: Ganz abgeschlossen ist es immer noch nicht. Ich habe immer noch eine Dauerkarte für die Hofburg (lacht). Das ist auch speziell an diesem Projekt: Es gab eine Vernissage und dann gab es noch eine Sitzung, an der wir einfach darüber geredet haben, was gut war und was nicht, was funktionierte und was nicht und was es noch zu überarbeiten gab. Die Ausstellung läuft ja noch ein paar Jahre. Nach Abschluss der praktischen Arbeiten lud uns Oskar Wörz dann auch noch in eine Hütte des Alpenvereins ein und bekochte uns dort. Für mich ist eine Ausstellung nie fertig, wenn sie eröffnet wird, sondern erst ganz am Schluss, wenn die Objekte wieder bei den Leihgebern sind. Dann ist sie fertig und dann bin ich beruhigt. Wenn eine Ausstellung schließt, dann gehe ich hin und räume selber ab. Ich verpacke die Objekte und bin verantwortlich, dass sie wieder zu den Leihgebern kommen. Das delegiere ich nicht. Ich glaube, so lustvoll und spielerisch das Ausstellungsmachen sein kann – wenn man im Umgang mit den Objekten nicht sorgfältig ist, hat man wohl den Beruf verfehlt. Das ist nämlich eine wichtige und ernste Seite dieser Profession. Selbstverständlich sagen die Auftraggeber oft: »Da brauchst du nicht zu kommen, das machen wir schon selber.« Dann sage ich: »Nein danke, ich komme gern, ich will das fertig machen, weil es für mich erst dann abgeschlossen ist.« Ich finde, das gehört zur Vereinbarung und ist im Honorar inbegriffen. Und wenn ich alles wieder gut an seinem Standort weiß, lässt mich das auch besser schlafen.
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Das WienMuseum (www.wienmuseum.at) wurde ursprünglich als »Historisches Museum der Stadt Wien« 1959 als erster Museumsneubau der Zweiten Republik eröffnet. Zum Haupthaus im Zentrum von Wien gehören zahlreiche Außenstellen, wie zum Beispiel die Hermesvilla, das Römermuseum oder die Musikerwohnungen. Die Sammlungen umfassen archäologische Objekte, Objekte zur Kultur-, Politik-, Sozial-, Wirtschafts- und Alltagsgeschichte Wiens sowie eine bedeutende Kunstsammlung mit ungefähr einer Million Objekten. Das Leitbild ist seit 2004 im Internet einsehbar (www.wienmuseum.at/de/ueber-uns/ unser-leitbild.html). Im Haupthaus beträgt die Ausstellungsfläche ungefähr 2500 m2, davon sind 800 m2 Sonderausstellungsfläche. Pro Jahr werden im Haupthaus und in den Außenstellen zusammen sechs bis acht Ausstellungen organisiert. Das fest angestellte Personal umfasst hundertsechzig Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
… ZEI G T D I E S O N D E R A U SS T ELLU N G »A U S D E M A RC HI V DE R 2 A – E RIK I S T SAU ER « Das Ziel der Ausstellung ist es, unter dem Blickwinkel der Migrationsgeschichte Stadtgeschichte neu zu erzählen. Dieses Projekt soll einen möglichen Ansatz für die notwendige Forschung vorstellen und auf neue Sammlungsstrategien zum Thema hinweisen. Die Ausstellung ist gleichsam ein Zwischenbericht des Schulprojekts »Erik ist sauer«. Dabei haben die Schülerinnen und Schüler, die meisten mit Migrationshintergrund, in gemeinsamer Arbeit mit einer Vermittlerin und einer Künstlerin eine Präsentation ihrer Lebens(um)welt ausgearbeitet. Zur Vorbereitung gehörten Stadtteilexpeditionen, bei denen die Schüler als Expertinnen aus ihrer Stadt(um)welt berichteten. Diese besonderen Sicht- und Zugangsweisen zur Stadtgeschichte konnten mit Objekten und Texten festgehalten werden und bilden den Kern des Ausstellungsprojekts. Die Objekte dienen als Kommunikationstools. Für die Präsentation wurden private Objekte der Schülerinnen und Schüler ausgewählt und neben Fotografien und Texttafeln arrangiert. Die Ausstellungsfläche beträgt rund 150 m2, die benötigte Infrastruktur ist vorhanden. Die Zielgruppe sind Schulklassen und Eltern, aber auch Fachleute und die Politik. Die Begleitprojekte reichen von der Ausstellungseröffnung im Rahmen der interkulturellen Projektwoche »Nur Döner macht schöner« über einen Vortrag von einem Graffitiforscher, Filme von Schülerinnen und Schülern unter dem Titel »Unser täglicher Rassismus«, Führungen zur Stadtgeschichte als Migra-
Mag. Isabel Termini-Fridrich £ 10. Das WienMuseum …
tionsgeschichte und »SchülerInnen führen SchülerInnen« bis zu einem HennaTattoo-Workshop. Die Laufzeit der Ausstellung beträgt mit der Verlängerung um einen Monat fast zwei Monate (31.03.-16.05.2010). Die Vorbereitungszeit dauerte zirka drei Monate. Intern am Projekt beteiligt sind eine Projektleiterin, das ist die Verantwortliche für Bildung und Vermittlung, und ein Fotograf. Projektbeteiligte extern sind eine Künstlerin, zwei Lehrerinnen und als Kuratorium 14 Schülerinnen und Schüler einer kooperativen Musikmittelschule im Alter zwischen zehn und 14 Jahren. Die Sach- und Personalkosten betragen À 6000. Nicht enthalten sind die museumsinternen Personalkosten.
M AG . I S A B EL TER MINI -F R I D R I C H (*1966), L EIT ERIN V E R M I T T L U N G , B ILD U NG U ND B E SU C HER I NNEN SERV I C E , P ROJ EK T LEIT ERIN … Isabel Termini-Fridrich studierte Kunstgeschichte und Publizistik an der Universität Wien. Nach diversen Jobs während des Studiums von der Reisebegleitung bis zum Kundenservice kam sie als freie Projektmitarbeiterin zum WienMuseum. Ihr Interesse an der Museumsarbeit galt von Anfang an den verschiedenen Möglichkeiten der Vermittlung. Isabel Termini-Fridrich konzipierte Führungen, half bei Ausstellungsprojekten mit und kuratierte kleinere Ausstellungen im Museum und im öffentlichen Raum. 2004 wurde sie als Leiterin Bildung und Vermittlung am WienMuseum angestellt. Sie bildete sich an Konferenzen und in Workshops weiter. Vor allem den internationalen Austausch unter Vermittlerinnen und Vermittlern empfindet sie seither als sehr bereichernd, speziell für das Generieren von Ideen. In Sachen Projektarbeit lernte Isabel Termini-Fridrich während der Umstrukturierung der Museumsorganisation viel. Das war ein Prozess, der von einer externen Firma begleitet wurde und auch ein Coaching beinhaltete. Praktische Erfahrungen in der Ausstellungsorganisation sammelte Isabel Termini-Fridrich seit ihrer Festanstellung mit drei Projekten. Eine große Ausstellung über die japanische Stadt Nagoya kuratierte sie als Hauptverantwortliche zusammen
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Barbara Alder, Barbara den Brok Die perfekte Ausstellung
mit dem Partnermuseum in Japan. Über Erfahrungen in der Organisation von Vermittlungsprogrammen und damit als Partnerin in Ausstellungsprojekten verfügt sie reichlich.
… B L I C K T I M G E SPR ÄC H AU F D EN E NT S T EHU NG SPROZE SS Z U R Ü C K Barbara den Brok: Wir reden heute über ein ungewöhnliches Ausstellungsprojekt. Wie fing es an, war es von Anfang an ein Ausstellungsprojekt? Isabel Termini-Fridrich: Die Ursprungsidee war, dass Schülerinnen und Schüler uns beraten, dass sie uns gewissermaßen als wissenschaftlicher Beirat von ihrer Lebenswelt erzählen und wir so Inhalte zum Thema Migration und Jugendliche generieren können: Was interessiert Jugendliche mit Migrationshintergrund? Damit begannen wir im Januar 2009. Die Idee war, das bis zum Ende ihrer Schulzeit, also noch drei Jahre, weiterlaufen zu lassen. So fingen wir an, ohne dabei an irgendeine Umsetzung des Themas zu denken. BdB: Und wie ging das vonstatten? IT: Wir bereiteten im Januar 2009 zusammen mit den beiden Lehrerinnen, Ingrid Giessmann und Katharina Poandl, und den Schülerinnen und Schülern eine interkulturelle Aktionswoche für alle Schulstufen und Schultypen im Museum vor. Es sollte die Schülerinnen und Schüler interessieren und auch noch entfernt etwas mit Museumsarbeit zu tun haben. Dafür gingen meine Kollegin Daniela Sommer aus der Vermittlung und ich in die Schule und stellten das Museum vor. Wir erzählten, was ein Museum macht, und zeigten, was ein Museum sammelt: Wir brachten Familienfotos, einen Rüstungshandschuh, eine Biedermeiertasse und andere Objekte als Stellvertreter aus den Sammlungen mit. In einem nächsten Schritt arbeiteten dann die Lehrerinnen ohne uns weiter. Sie ließen die Jugendlichen Aufsätze zu Objekten schreiben, die ihnen etwas bedeuten. Als wir im Frühling zum zweiten Mal hingingen, zeigten uns die Jugendlichen ihre Geschichten und die von ihnen ausgewählten Objekte. Da dachten wir gleich, dass sie die Objekte nicht wieder nach Hause nehmen, sondern ausstellen sollten. Die Schülerinnen und Schüler sammelten dann immer mehr, so dass wir rasch den Überblick verloren. Deshalb wurde die Künstlerin Johanna Reiner beauftragt, sich eine Ordnung dafür zu überlegen. Sie brachte dann die Idee eines Klassenarchivs auf. Wichtig war dabei, dass wir bei der Bearbeitung der Objekte in der Schule gleich vorgingen wie in einem Museum, mit Schachteln zum Aufbewahren und Handschuhen zum Anfassen.
Mag. Isabel Termini-Fridrich £ 10. Das WienMuseum …
BdB: Der Begriff Archiv im Ausstellungstitel ist mir jetzt klar, aber warum ist Erik sauer? IT: Neugierig, wie wir waren, wollten wir wissen, wo die Jugendlichen in der Freizeit hingehen, wo sie einkaufen etc. Deshalb stellten sie für uns Touren in ihrer Schul- und Wohnumgebung zusammen. Das war dann im Juni. Sie führten uns durch ihren Stadtteil. Erdberg ist geprägt von den großen Gemeindebauten des sogenannten Roten Wien. Die Jugendlichen führten uns durch die Höfe und zeigten uns, wo sie spielen. Wir gingen da natürlich vorbelastet in diese Höfe mit, hatten unser Wissen und Bilder des »Mythos Rotes Wien« im Kopf. Aber das hatte gar nichts mit ihrer Lebenswelt zu tun. Besonders beliebt ist bei den Jugendlichen der Hanuschhof, weil es dort viel Grün gibt. Dort wächst auch eine Frucht: »Erik ist so wie eine Kirsche, nur in Grün«, erklärte uns Mehmet. »Yeşil Erik« heißt auf Türkisch »grüne Pflaume«. Den Schülerinnen und Schülern macht es großen Spaß, diese wild wachsende Frucht zu pflücken und zu essen. – Der Kurator der Botanischen Sammlungen im Naturhistorischen Museum teilte uns mit, dass Erik eine Kirschpflaume der Art »prunus cerasifera« ist. Kirschen und Pflaumen gehören beide zur Familie der Rosengewächse. Im Lauf der Evolution entstand eine unüberschaubare Zahl von Kreuzungen, daher wachsen Kirschen und Pflaumen fast überall: in Erdberg und Kagran, im Beserlpark und im Gemeindebau, auf der Donauinsel und im Schrebergarten, in der Marmararegion, in der Vojvodina und an vielen weiteren Orten. – Erik ist sauer. Sauer sind auch die Jugendlichen, wenn wegen der Renovierung des Hanuschhofs die Baumaterialien auf dem Spielplatz lagern oder es beim Fußballplatz kein Wasser gibt, weil der Trinkbrunnen schon seit Monaten kaputt ist. BdB: Wer außer Ihnen, den Jugendlichen und den Lehrerinnen war noch beteiligt am Projekt? Ein paar erwähnten sie schon. IT: Meine Kollegin aus der Abteilung Bildung und Vermittlung und der Fotograf des Museums Didi Sattmann, die beiden sind festangestellt. Die Künstlerin Johanna Reiner ist extern und nur für das Projekt angestellt. Dann gab es noch eine Beraterin, Elıf Toprak. Sie macht im Museum eine Lehre als Bürokauffrau und hat normalerweise mit Ausstellungen gar nichts zu tun. Sie ist Türkin und half uns bei der Recherche für ein türkisches Henna-Kleid, das die Schülerinnen und Schüler in der Ausstellung präsentieren wollten. BdB: Wann kam denn der Zeitpunkt, als Sie entschieden, dass es nicht bei einer Präsentation der Arbeit von Museen in der Schule bleibt, sondern die Schule ins Museum geholt werden soll? IT: Im Winter 2009 kam die Idee einer Ausstellung auf. Ich erzählte dem Direktor davon und er stimmte dem Projekt zu. Dann musste ich das Projekt
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mit dem Ausstellungsplan abstimmen, schauen, wann das Atrium frei war, und die Lehrerinnen fragen, wann es für sie und die Klasse günstig wäre. In der Zwischenzeit erfuhren wir, dass das Projekt in ein Förderungsprogramm aufgenommen worden war, wofür wir uns im Frühling beworben hatten. Das war eine weitere Sicherheit, ja sogar eine Legitimation, mit dem Projekt weiterzumachen. BdB: War die Finanzierung des Projekts damit gewährleistet? IT: Die Künstlerin konnten wir mehr oder weniger mit dem Förderbeitrag finanzieren. Die weiteren Kosten liefen über das Betriebsbudget. Das war nicht viel. Für uns schon, aber nicht für den Betrieb. Wäre es teurer gekommen, dann hätten wir uns nach anderen Möglichkeiten umschauen müssen. Die Produktion dieser Ausstellung konnte mit den internen Mitarbeitenden und aus dem Sachmittelbudget abgedeckt werden. BdB: Wie ging das dann bis März 2010 weiter? IT: Wir legten den Eröffnungstermin vor allem im Hinblick auf das Schuljahr fest. Unterdessen wuchs das Klassenarchiv weiter und musste geordnet werden. Das war vor allem die Arbeit der Lehrerinnen. Für uns vom Museum ging es erst im Februar 2010 weiter. Wir fuhren einen Tag mit den Jugendlichen aufs Land in Klausur. Johanna Reiner machte dort mit ihnen filmische Interviews. Den geschnittenen Film zeigen wir in der Ausstellung. BdB: Was muss ich mir darunter vorstellen, wenn Sie sagen: »das Archiv ordnen«? IT: Das Klassenarchiv ist nach denselben Kriterien geordnet wie unsere Sammlungen: nach Ereignissen, Orten und Personen. Diese Ordnung zeigen wir auch in der Ausstellung. Für die Wahrung des partizipatorischen Prozesses war es uns sehr wichtig, dass die Jugendlichen beim Ausstellungsaufbau viel selber bestimmen konnten. Es sollte gleichsam ein Last-Minute-Display geschaffen werden, damit sie auch noch im letzten Moment selbst entscheiden konnten. Wir arbeiteten mit einfachen weißen Tafeln. Die Bestückung der Vitrinen übernahm die Klasse auch selber. Ebenso die Objektbeschriftungen und natürlich die Auswahl der Objekte. Ein paar Jugendliche hatten keine Objekte, aber etwas zu erzählen. Sie schrieben ihre Geschichten auf Objektkarten. Besonders wichtig waren ihnen Feste, vor allem Hochzeiten. Wir machten dann zusätzlich noch eine klassische Recherche mit dem Fotografen. Er suchte Hochzeitsgeschäfte in Wien und fotografierte ein Geschäft in Ottakring. Die Besitzerin des Geschäfts lieh uns für die Ausstellung ein Henna-Kleid. Nach der Ausstellung hat das WienMuseum von diesem Geschäft ein Kleid angekauft und zusammen mit den Fotografien inventarisiert.
Mag. Isabel Termini-Fridrich £ 10. Das WienMuseum …
BdB: Es gab neben den Objekttexten auch noch Ausstellungstexte. Wer schrieb die? IT: Die Rohfassung schrieb ich, für die Endredaktion wurden sie dem Direktor vorgelegt. BdB: Was für eine Eröffnung fand denn statt? War die Klasse daran beteiligt? IT: Die Ausstellungseröffnung war in eine interkulturelle Aktionswoche für Schulen in ganz Wien eingebettet. Die 14 Schülerinnen und Schüler machten Führungen mit enorm viel Selbstsicherheit, Selbstverständnis und Selbstbewusstsein. Ihr Engagement vor Ort beeindruckte mich eigentlich am meisten. Sie gingen auf das Publikum zu, egal, ob es sich um Jugendliche, den Stadtrat oder Museums- und Schuldirektoren handelte. Wir hatten im Vorfeld lange überlegt, ob wir das mit den Schülerführungen machen wollten. Das war ja nur so ein Nebenprojekt, und siehe da! Ganz viel geschah halt einfach spontan, was natürlich nur bei solch kleinen Ausstellungen möglich ist. BdB: Inwieweit konnten Sie das Ausstellungsprojekt überhaupt planen? Gab es ein Grobkonzept und dann so etwas wie ein Feinkonzept? IT: Ich würde die Konzepte nicht wirklich trennen. Wir machten die Grobkonzeption im Sinne einer Einteilung. Die Jugendlichen übernahmen die Feinkonzeption und gleichzeitig die Umsetzung, das Einsortieren in die Vitrinen und die Objektbeschriftungen. BdB: Das ursprüngliche Projekt, also nicht das Ausstellungsprojekt, machten Sie zusammen mit ihrer Kollegin aus der Vermittlung. Worin bestand das? IT: Da galt es vor allem Fragen zu stellen: Wir zeigten der Klasse, wie wir Fragen stellen und wie wir Interviews machen. Dann fragten sie sich gegenseitig: »Du, wie war das eigentlich? Wie war dein erster Schultag? Wie hast du dich gefühlt?« Die Erzählungen über die ersten Schultage waren besonders interessant. Daraus ging hervor, wie sie mit der Müdigkeit zu kämpfen hatten, weil sie kein Deutsch konnten und es langweilig war. Oder wie schwierig es war, nicht mitsingen zu können. Wir Museums-Mitarbeiterinnen lernten viel von diesem Projekt, und die Jugendlichen sowieso, nicht zuletzt auch voneinander. BdB: Was nehmen Sie als Projektleiterin an neuen Erfahrungen aus dem Ausstellungsprojekt mit für ein nächstes Projekt? IT: Ich glaube, dass es wichtig ist für ein Projekt dieser Art, dass das Thema nicht zu groß ist und man die Zusammenarbeit mit jemandem sucht, der sehr gut improvisieren kann. Vieles, gerade beim Ausstellungsaufbau, war wirk-
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lich »Last-Minute«. Und wir standen dann halt selber auf der Leiter und bogen Kabel. Das wird mit dem ganzen großen Apparat des WienMuseums und vielen Wertgegenständen um einiges schwieriger. BdB: Was nimmt man denn dem Projekt, wenn man nicht mehr improvisiert? IT: Das ist eine gute Frage. Ich glaube, man nimmt ihm gar nichts, wenn es perfektioniert wird, wenn es auf Schienen gestellt wird. Ob das nicht so eine Attitüde ist, die man sich selber in so großen Betrieben zulegt: Vermittlung gleich Außenseiterrolle? BdB: Was heißt das? IT: Die Kuratorinnen und Kuratoren haben in einem traditionellen Haus doch einen anderen Stellenwert als Vermittlerinnen und Vermittler. Die Vermittlungsabteilungen sind gerade in Österreich zum Teil noch recht neu und klein, haben zumeist auch noch ein Ressourcenproblem und müssen sich als inhaltlich arbeitende und vom Marketing unabhängige Abteilungen erst etablieren. BdB: Und wie endete das Projekt? IT: Am letzten Tag wurde gefeiert und dann gingen die Schülerinnen und Schüler in die Ferien. Im Mai bauten wir die Ausstellung ab und die Jugendlichen erhielten ihre Objekte zurück. BdB: Ich muss Sie aber wohl auch fragen: Wie geht das weiter? IT: Das war tatsächlich ein Pilotprojekt und die Museumsleitung wünscht sich, dass ich darüber nachdenke, wie man das in Serie umsetzen kann, auch mit anderen Klassen. Für Projekte wie diese braucht man vor allem sehr engagierte Lehrerinnen und Lehrer, die das Projekt vorantreiben. BdB: Das Allerletzte zu »Erik ist sauer«? IT: Wichtig sind Reflexion und Dokumentation. Dafür sollte man sich immer Zeit nehmen, es mit den Kolleginnen und Kollegen besprechen und die Ergebnisse auch anderen präsentieren. Erst dann kann man Schlüsse ziehen und schauen, wie es weitergeht.
£ III Materialanhang
£
1. G LOSSAR
Das Alphabet des Projektmanagements für Ausstellungen
Ablaufplan | Abschlussbericht | AKV-Prinzip | Arbeitspaket | Auftraggeber | Balkendiagramm | Brainstorming | Brainwriting | Budget | Delegieren | Eisenhower-Prinzip | Funktionendiagramm | Intuition | Kick-off | Kommunikation | Kommunikationsplanung | Konflikte und Konfliktmanagement | Lastenheft | Meilenstein | Methode 6-3-5 | Mind-Mapping | Mitarbeiterplanung | Netzplantechnik | Paarweiser Vergleich | Pflichtenheft | Prioritäten | Projekt | Projektauftrag | Projektleitung | Projektmanagement | Projektorganisation | Projektphasen | Projektstruktur und Projektstrukturplan | Projektteam | Projektziel | Qualität | Rahmenbedingungen | Risiken und Risikomanagement | Selbstmanagement | Sitzung | Stakeholder und Stakeholder-Analyse | SWOT-Analyse | Teilaufgabe | Termine | Verlässlichkeit | Vertrag In alphabetischer Reihenfolge ist hier eine Auswahl an Begrifflichkeiten und Methoden aus dem Projektmanagement erläutert. Viele Begriffe und Erläuterungen sind in Teil I »Das Managen einer Ausstellung« eingeflossen. Hier sind die Begriffe im Folgenden systematisch umschrieben. Um der Problematik der vielfältigen Begriffsverwendungen in Publikationen zum Projektmanagement zu entgehen, wird auf die Begrifflichkeiten zurückgegriffen, wie sie innerhalb der International Project Management Association (IPMA)1 verwendet werden. Die für dieses Buch benutzten Publikationen2 orientieren sich an diesen Vorgaben und arbeiten mit Definitionen der Deutschen Industrienorm (DIN).
1
Die Vereinigung IPMA orientiert sich an der Deutschen Industrienorm (DIN) und bietet einen zertifizierten und international einheitlichen Lehrgang zum Projektmanager an. Sowohl in Deutschland wie der Schweiz und Österreich gibt es länderspezifische Vereine, vgl. Materialanhang »3.2 Auswahl an Internetadressen«.
2
Hier wurde insbesondere auf folgende, sehr empfehlenswerte Publikationen zurückgegriffen, die sich gegenseitig gut ergänzen: I. Geiger u.a.: Projektmanagement – Zertifizierung nach IPMA, schlüsselt in verständlicher Sprache und mit einer klaren Gliederung alle Aspekte des Projektmanagements auf; das Buch von Drews, Günter/ Hillebrand, Norbert: Lexikon der Projektmanagement-Methoden. 2. Auflage, Freiburg: Haufe-Lexware GmbH & Co 2010, beschreibt die wichtigsten Methoden des Projektmanagements.
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Barbara Alder, Barbara den Brok Die perfekte Ausstellung Ablaufplan Mit der Ablaufplanung werden die Tätigkeiten entsprechend der Beschreibung ihres Inhalts zuerst auf ihre gegenseitige Abhängigkeit geprüft: Welche Aufgabe muss erledigt sein, damit eine andere begonnen werden kann? Wenn dies geklärt ist, werden sie in eine logische Abfolge gestellt. Die Netzplantechnik kann dabei hilfreich sein (vgl. Abbildung 11 in Teil I). Erst dann werden den Aufgaben die Ressourcen und Termine zugeordnet. Abschlussbericht »Ein Projektabschlussbericht enthält alle Informationen, die gemäß seinem Zweck und entsprechend den Erwartungen der Zielgruppen zu kommunizieren sind.«3 Der Abschlussbericht fasst die Projektabwicklung zusammen und beschreibt und bewertet sowohl den Entstehungsprozess wie das Resultat. Bildmaterial lockert den Bericht auf und ermöglicht auch auf der visuellen Ebene einen Einblick in den Projektverlauf und in das Endergebnis, die Ausstellung. Es empfiehlt sich, bei der Erarbeitung strukturiert vorzugehen und zuerst ein Grobkonzept zu entwickeln, einen Zeitplan zu erstellen, die Erwartungen an den Bericht sowie dessen Ziele und Inhalte zusammenzutragen, das Zielpublikum zu definieren beziehungsweise mit dem Auftraggeber abzusprechen und erst dann den Bericht zu verfassen. Er muss vom Auftraggeber genehmigt werden, bevor er an weitere Leser geht. AKV-Prinzip Damit die Aufgaben mit der Handlungskompetenz und der Handlungsverantwortung übereinstimmen, werden die Aufgaben, die Kompetenzen und die Verantwortung entsprechend dem danach benannten AKV-Prinzip geklärt. Es gilt, einem Mitarbeitenden nicht nur eine Arbeitsaufgabe zuzuteilen, sondern ihm gleichzeitig die für die Realisierung erforderlichen Kompetenzen zu erteilen und die mit ihnen verbundenen Verantwortungsbereiche zu klären. Welches Ergebnis soll mit der Aufgabe erreicht werden? Was braucht der Mitarbeitende dafür an Ressourcen und Befugnissen? Welche Verantwortung ist mit der Erfüllung der Aufgabe verbunden (Budgeteinhaltung, Folgearbeiten etc.)? Zur Klärung der Kompetenzen hilft das Funktionendiagramm (vgl. Abbildung 14 in Teil I).
3
I. Geiger u.a.: Projektmanagement – Zertifizierung nach IPMA, S. 244. Vgl. auch Materialanhang »2.18 Checkliste Abschlussbericht«.
Barbara Alder £ 1. Glossar Arbeitspaket Ein Arbeitspaket 4 bildet im Projektstrukturplan die unterste Hierarchiestufe und präzisiert die Teilaufgaben. Ein Arbeitspaket umfasst eine Aufgabe, die es im Projekt zu erfüllen gilt. Es kann durchaus aus mehreren Tätigkeiten bestehen, ist aber klar abgrenzbar von anderen Aufgaben. Die Verantwortlichkeit für ein Arbeitspaket ist einer Person zugeordnet, auch wenn einzelne Tätigkeiten durch andere Personen ausgeführt werden. Das Ergebnis und dessen Qualität kann beschrieben werden. Damit kann auch der Aufwand eingeschätzt werden. Die Beschreibung eines Arbeitspakets ist nichts anderes als die Beschreibung einer in der Regel aus mehreren Tätigkeiten bestehenden Aufgabe. Das Erfassen der Arbeitspakete ist ein aufwändiger Vorgang. Dieser Arbeitsgang ist aber nötig. Dank der präzisen Umschreibung der Aufgaben – »Was muss getan werden und wie muss es getan werden?« – lassen sich die Arbeitspakete später in eine logische Abfolge stellen – »Was muss zuerst erledigt werden?«. So ist eruierbar, welche Arbeitspakete voneinander abhängig sind – »Was muss erledigt sein, damit etwas anderes erarbeitet werden kann?«5 (vgl. Abbildung 11 in Teil I). Erst danach können die Termine gesetzt – »Was muss bis wann erledigt sein?« – und der Terminplan erstellt werden. Auftraggeber Damit eine Projektorganisation funktioniert, sollte auch der Auftraggeber seine Aufgaben wahrnehmen. Dazu gehören insbesondere 6: • • • • •
den Projektauftrag mit Grobziel, Rahmenbedingungen und Auflagen für die Durchführung schriftlich bereitstellen; die Projektleitung ernennen; die Projektleitung unterstützen (insbesondere, wenn sie als Externe beigezogen wird oder hierarchisch unter dem Linienkader positioniert ist); gewünschte Meilensteine nennen; die Meilenstein-Entscheide fällen (am besten in einer Sitzung, an der auch die Projektleitung und das Team teilnehmen);
4
Vgl. I. Geiger u.a.: Projektmanagement – Zertifizierung nach IPMA, S. 152f.
5
Es kann auch vorkommen, dass zu Beginn des Projekts noch nicht alle Arbeitspakete erfasst werden können. Deshalb gilt es, die anfallenden Arbeiten immer wieder zu überprüfen und den Projektstrukturplan beziehungsweise den Ablauf- und Terminplan zu modifizieren (»rollende Planung«).
6
Teilweise übernommen aus I. Geiger u.a.: Projektmanagement – Zertifizierung nach IPMA, S. 130.
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•
die Projektprioritäten bestimmen (zum Beispiel bei verschiedenen Projektzielen oder mehreren Teilprojekten), um Engpässe zu vermeiden – gegebenenfalls aufgrund einer Einschätzung der Projektleitung; übergeordnete Unternehmensziele einer Institution gegenüber der Projektleitung und der Linienorganisation durchsetzen.
Ein Auftraggeber übernimmt selten von sich aus alle genannten Aufgaben. Dann muss sie die Projektleitung formulieren und dem Auftraggeber zum Einverständnis vorlegen. Zentral ist während des ganzen Projekts die regelmäßige, auch informelle Kommunikation zwischen Projektleitung und Auftraggeber. Balkendiagramm In einem Gitterraster, beispielsweise in einer Excel-Tabelle, wird die Dauer eines Vorgangs als horizontaler Balken in einem Balkendiagramm (auch Gantt-Diagramm genannt) visualisiert. So kann der Ablauf- und Terminplan des Ausstellungsprojekts einfach und übersichtlich dargestellt werden.7 Jede Tätigkeit wird in einer vertikalen Liste gemäß Projektablauf aufgeführt und die geschätzte Dauer horizontal mit der entsprechenden Balkenlänge visualisiert. Markiert werden der frühest mögliche und der spätest mögliche Beginn sowie die entsprechenden Termine für den Abschluss der Tätigkeit. Im Unterschied zum Netzplan ist die Dauer der Aktivitäten beim Balkendiagramm gut sichtbar. Brainstorming Das Brainstorming 8 ist eine oft angewandte Ideenfindungs- und Kreativitätsmethode. Sie eignet sich beispielsweise zur Suche von Ausstellungsthemen, Arbeitspaketen oder Stakeholdern. Die Projektleitung lädt fünf bis 15 Teilnehmende9 ein. Damit sie selbst am
7
Vgl. dazu ebd., S. 167ff.
8
Vgl. ebd., S. 39-47.
9
Die Zusammensetzung der Sitzungsteilnehmenden hängt vom Kontext ab, in dem die Ausstellung entstehen und später zu sehen sein wird. Idealerweise ist die Gruppe heterogen zusammengesetzt aus interessierten und motivierten, auch fachfremden Teilnehmenden. Unkonventionelle Ideen entstehen oft, wenn feste Denkstrukturen durchbrochen werden können. Handelt es sich um einen Auftrag, wird der Auftraggeber nach Möglichkeit eingeladen. Sind wichtige Sponsoren im Spiel, die mitreden wollen, ist zu überlegen, ob diese einbezogen werden sollen.
Barbara Alder £ 1. Glossar
Brainstorming aktiv teilnehmen kann, bestimmt sie eine Moderatorin und einen Protokollführer, die sich am Brainstorming nicht beteiligen.10 Die Sitzungseinladung mit Teilnehmerliste, Orts- und Zeitangabe enthält neben der Bekanntmachung des Themas auch eine Angabe der Sitzungsdauer. Eine Stunde, maximal neunzig Minuten müssen ausreichen, danach nimmt die Konzentration rapide ab. Der Sitzungsraum sollte groß genug sein und eine angenehme Atmosphäre haben, damit sich die Teilnehmenden wohlfühlen. Hilfsmittel wie Flipchart, Metaplantafel, Kärtchen, Stifte, Klebmaterial etc. müssen vorher organisiert werden. In der Sitzung selbst werden zuerst die Regeln geklärt. Der Hinweis kann hilfreich sein, dass jede Idee willkommen ist, möge sie auf den ersten Blick noch so absurd scheinen. Wichtig ist die Vereinbarung, sich gegenseitig nicht ins Wort zu fallen und die geäußerten Ideen wertfrei stehen zu lassen. Wenn der Ideenfluss stockt, unterstützt die Moderatorin das Team mit geeigneten Anregungen. Beim Brainstorming nennen die Teilnehmenden ihre Ideen spontan und inspirieren sich gegenseitig. Jede Idee wird protokolliert. Die Moderatorin achtet darauf, dass alle zu Wort kommen. Abschließend werden die Ideen thematisch sortiert. Die Teilnehmenden nennen mit der Vergabe von zwei bis drei Punkten ihre Präferenzen, was ebenfalls protokolliert wird. In der Nachbereitung der Sitzung entscheidet die Projektleitung beziehungsweise die autorisierte Person, welche Ideen weiterverfolgt werden sollen. Brainwriting Bei der Ideenfindungs- und Kreativitätsmethode Brainwriting 11 (siehe Brainstorming) werden die Ideen nicht laut ausgesprochen, sondern schriftlich gesammelt. Die Teilnehmenden schreiben in einer ersten Runde beliebig viele Ideen auf Kärtchen. Diese werden alle an eine große Pinwand geheftet und die Gruppe geht gemeinsam die Vorschläge durch. Einzelne Ideen werden so im Gespräch fassbarer, andere verlieren schon hier ihren Reiz. Als Abschluss verteilen die Teilnehmenden ihre zwei oder drei Präferenzpunkte. Budget Eine einfache Excel-Tabelle reicht in der Regel für die Budgetführung aus. In der ersten vertikalen Spalte werden alle Budgetposten untereinander aufgeführt. Die zweite Spalte enthält die dafür eingeplanten Beträge. In der dritten 10 Die Resultate können auch fotografiert und digital abgelegt werden, anstatt sie zu protokollieren. 11 Vgl. G. Drews/N. Hillebrand: Lexikon der Projektmanagement-Methoden, S. 48-53.
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Spalte werden laufend die effektiven Kosten eingetragen. In der vierten Spalte können positive oder negative Abweichungen dargestellt werden. Findet eine Abweichung statt, muss der Betrag an anderer Stelle eingespart werden oder er steht für einen anderen Posten zur Verfügung.12 Beim Budget ist neben den tatsächlich bezahlten Positionen auch das Vermerken der bereits eingegangenen Verpflichtungen hilfreich (»bestellt, aber noch nicht bezahlt«). Delegieren Die Projektleitung braucht viel Zeit, um das Projekt zu planen und zu steuern. Die Kommunikation mit den am Projekt beteiligten Personen nimmt dabei viel Raum ein. Deshalb delegiert die Projektleitung wenn immer möglich Arbeiten, die nicht zu ihren Führungsaufgaben gehören. Sie lässt sich auch von folgenden Gründen nicht am Delegieren hindern: • • •
von der Angst, die Kontrolle zu verlieren; von Schuldgefühlen, weil sie jemandem eine unangenehme Arbeit zumutet; von einer schönen Arbeit, die sie lieber selber ausführen möchte.
In kleinen Teams ist das Delegieren häufig nicht möglich. Hier gilt: Weniger ist mehr. Die involvierten Personen dürfen nur so viel übernehmen, wie sie in einem vernünftigen zeitlichen Rahmen erledigen können. Alle weiteren Projekte, Teilaufgaben, Arbeitspakete und Tätigkeiten müssen gestrichen werden: Ausstellungsprojekte lassen sich redimensionieren. Eisenhower-Prinzip Das Eisenhower-Prinzip13 ist eine einfache Möglichkeit, sinnvoll Prioritäten zu setzen. Bei dieser Methode wird unterschieden zwischen »wichtig und dringend«, »wichtig, aber nicht dringend«, »dringend, aber nicht wichtig« und »nicht wichtig und nicht dringend«. In einem ersten Schritt erstellt man eine To-Do-Liste. Dann ordnet man die Aufgaben nach Wichtigkeit und Dringlichkeit:
12 Für die Erstellung eines Budgets vgl. Teil I »1.2.3 Finanzen planen«. 13 Dieses Prinzip für ein effizientes Arbeits- und Zeitmanagement geht auf den amerikanischen Präsidenten Dwight D. Eisenhower (1890-1969) zurück.
Barbara Alder £ 1. Glossar
Abbildung 1: Eisenhower-Prinzip
WICHTIGKEIT
+ wichtig, aber nicht dringend
wichtig und dringend
in den Zeitplan aufnehmen, terminieren
ohne Aufschub sofort erledigen
nicht wichtig und nicht dringend
dringend, aber nicht wichtig
als Aufgabe streichen oder allenfalls später machen
die Aufgaben delegieren
-
+
DRINGLICHKEIT
Funktionendiagramm Zur Kompetenzregelung eignet sich ein Funktionendiagramm.14 Es unterscheidet, welche Personen ausführend sind, ein Mitspracherecht haben oder entscheidungsbevollmächtigt sind. Für ein fiktives Ausstellungsprojekt könnte das Diagramm so aussehen:
Abbildung 14: Funktionendiagramm
Tätigkeiten
Projektleitung ernennen Projektauftrag erstellen Ziele der Ausstellung erarbeiten Meilensteine setzen Objekthandling
MuseumsLinienvorleitung Projekt- gesetzte (Auftragleitung (Bereichsgeber) leitungen) A, E
Teammitglieder (z.B. wissenschaftliche Mitarbeitende)
Sachverständige (z.B. Samm- etc. lungskonservatoren)
M
M
A, E
M
M
E
A
M
M
E
A
M
M A
E
etc. A = Ausführung; E = Entscheid; M = Mitsprache
14 In Anlehnung an I. Geiger u.a.: Projektmanagement – Zertifizierung nach IPMA, S. 131.
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Barbara Alder, Barbara den Brok Die perfekte Ausstellung Intuition Intuition oder das »Bauchgefühl« ist für die Führung eines Projekts wichtig – ebenso für die Erarbeitung eines Ausstellungskonzepts. Mit der Intuition wird Nonverbales oder Unbewusstes wahrgenommen. Es lohnt sich, Irritationen – und seien sie noch so geringfügig – ernst zu nehmen und diesen nachzugehen, gerade auch bei Personalentscheiden. Häufig verweist das Bauchgefühl auf wichtige, bisher vielleicht vernachlässigte oder übersehene Punkte oder auf versteckte Konflikte. Intuition ist ein guter Gefahrenmelder oder ein Hinweis auf Lösungsbedarf. Im Sinne eines bewussten Umgangs mit Risiken ist Transparenz und Offenlegung wichtig. Strukturen »vermögen niemals Intuition, Geistesgegenwart, Erfahrung, gesunden Menschenverstand und Tatkraft zu ersetzen«.15 Kick-of f Ein Kick-off 16 ist für das Projekt sehr wichtig. Das Projekt wird mit einer solchen Sitzung zusammen mit den Projektbeteiligten offiziell gestartet. Alle erhalten denselben Informationsstand. Die einzelnen Teammitglieder, ihre Rollen und Kompetenzen werden vorgestellt. Das hilft bei der späteren Kommunikation unter den Mitgliedern. Das Kick-off ist auch der Anlass, an dem die Regeln für die Zusammenarbeit geklärt werden. Kommunikation »Der Begriff Kommunikation umfasst alle Vorgänge, in denen eine bestimmte Information gesendet und empfangen wird.« 17 Kommunikation18 ist also kein einseitiger Prozess, bei dem Informationen nur gesendet werden, sondern sie werden auch empfangen und je nach »Empfängerohr« interpretiert. Die Art und Weise, wie Informationen gesendet werden, können überaus vielschichtig sein. Die Kommunikationstheorie unterscheidet zwei Ebenen, auf denen die zwischenmenschliche Kommunikation stattfindet: die Inhalts- und die Beziehungsebene. Jede Information wird zwischen zwei (oder mehr) Menschen ausgetauscht, die in einer spezifischen Beziehung zueinander stehen. Die sachliche Information, der Inhalt, wird je nach theoretischem Ansatz ungefähr zu einem Viertel gewichtet. Weit zentraler als der Inhalt der Botschaft ist die spe15 Roth, Erwin: Erfolgreich Projekte leiten. Überlegt planen, entscheiden, kommunizieren und realisieren. 2., überarbeitete Auflage, Braunschweig/Wiesbaden: Vieweg & Sohn 1999, S. 40, zit.n. B. Alder: Projektmanagement für Ausstellungen, S. 15. 16 Vgl. I. Geiger u.a.: Projektmanagement – Zertifizierung nach IPMA, S. 235f. 17 Ebd., S. 230. 18 Vgl. ebd., S. 218-224.
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zifische Beziehung, in der die Kommunizierenden zueinander stehen. Denn auf der Beziehungsebene wirken Ausstrahlung, Mimik, Sympathie und Antipathie etc. Diese Aspekte bestimmten bis zu drei Vierteln, wie die an sich sachliche Information gesendet, wahr- und aufgenommen wird. Nach Friedemann Schulz von Thun19 enthält eine Nachricht • • • •
den Sachinhalt mit Daten und Fakten (Was wird kommuniziert? Worüber informiere ich?); die Selbstkundgabe (Wer kommuniziert? Was gebe ich von mir zu erkennen?); die Beziehung (Mit wem wird kommuniziert? Was halte ich von meinem Gegenüber? Wie stehe ich zu ihm?); und den Appell (Was will bewirkt werden? Was möchte ich bei meinem Gegenüber erreichen?).
Sowohl der Sender – jener, der informiert – wie auch der Empfänger – jener, der die Information wahrnimmt – hat vier »Schnäbel«, mit denen Information vermittelt wird, beziehungsweise vier »Ohren«, mit denen sie empfangen wird. Aufgrund der Vielschichtigkeit der Kommunikation kann es leicht zu Missverständnissen kommen. Der Sender will dem Empfänger etwas anderes mitteilen als das, was er tatsächlich formuliert, oder der Empfänger versteht etwas anderes, als der Sender mitteilen möchte. »Es liegt am Sender, die Nachricht unter Berücksichtigung der vier Seiten adressatengerecht aufzubereiten, und es liegt am Empfänger, die Nachricht unter Berücksichtigung der ›vier Ohren‹ zu entschlüsseln.«20 Für eine gelungene Kommunikation im Projekt ist es wichtig 21 , •
eine Kommunikationsplanung für das Projekt zu erstellen und laufend zu verbessern;
19 Friedemann Schulz von Thun ist ein renommierter Kommunikationswissenschaftler. Er hat erstmals 1981 in seinem Buch »Miteinander reden 1, Störungen und Klärungen« das »Vier-Ohren-Modell« vorgestellt. Die wichtigste Erkenntnis darin ist, dass wir zugleich mit »vier Zungen« sprechen und ebenso mit »vier Ohren« hören. Diese Tatsache macht menschliche Kommunikation spannend, aber auch spannungsreich und störanfällig. Es ist das inzwischen bekannteste und am weitesten verbreitete Modell. Vgl. www.schulz-von-thun.de. 20 I. Geiger u.a.: Projektmanagement – Zertifizierung nach IPMA, S. 222. 21 In Anlehnung an ebd., S. 219.
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Regeln für eine konstruktive Sitzungskultur zu vereinbaren und umzusetzen; Projektsitzungen und Workshops vorzubereiten, strukturiert durchzuführen und nachzubereiten; Feedback einzuholen und die Wirksamkeit der Kommunikation zu überprüfen; Kommunikationsstörungen wahrzunehmen, zu begreifen und zu klären.
In einem Ausstellungsprojekt arbeiten in der Regel Personen mit, die aufgrund ihrer Ausbildung und ihres Berufs unterschiedliche »Sprachen« sprechen. Für die Projektleitung gilt es deshalb nicht nur, die Kommunikationsregeln zu beachten, sondern auch als »Übersetzerin« tätig zu sein. Ein wichtiger Begriff ist an dieser Stelle das »aktive Zuhören«. Zuhören ist dann aktiv, wenn mit allen »vier Ohren« wahrgenommen und bei Unklarheiten oder Irritationen nachgefragt wird. Damit kann möglichen Fehlinterpretationen und Missverständnissen vorgebeugt werden. Auch die Ausstellung selber ist Kommunikation. Der Inhalt der Ausstellung wird als Botschaft mit den kommunikativen Mitteln der gestalterischen Umsetzung an das Publikum der Ausstellung gesendet. Was dieses wahrnimmt, wie es das Thema und die Umsetzung aufnimmt, ist nicht bis ins Letzte vorhersehbar. Kommunikationsplanung Kommunikationsplanung 22 meint das geplante und strukturierte Informieren aller am Projekt Beteiligten. Das kann in Projektsitzungen, in Workshops, per E-Mail, über ein Schwarzes Brett etc. geschehen. Mit der Kommunikationsplanung legt die Projektleitung fest, wann wer worüber informiert werden muss. Die Stakeholder-Analyse gibt dafür wichtige Hinweise. 23 • • • • • •
Wer sendet die Information? (Entscheidungsträger, Mitarbeitende, Interessensträger etc.) An wen richtet sich die Information? (Entscheidungsträger, Mitarbeitende etc.) Was wird gesendet? (Umfang? Stimmt der Inhalt mit den Verantwortlichkeiten, Kompetenzen und dergleichen des Empfängers überein?) Wann muss die Information gesendet werden? (Zeitpunkt, periodisch) Wie wird die Information gesendet? (mündlich, schriftlich, visuell etc.) Wo wird die Information vermittelt? (Sitzung, Workshop, Medienkonferenz, Fachtagung, Essen etc.)
22 Vgl. ebd., S. 229f. 23 Folgendes in Anlehnung an ebd., S. 230.
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Kommunikation findet immer auch im informellen Rahmen in Kaffeepausen, im Flur oder beim Mittagessen statt. Das ist für den Projektverlauf sehr wichtig. Neue Ideen werden kundgetan und die Reaktion getestet, Spielräume ausgelotet und Netze geknüpft. Konflikte und Konfliktmanagement Konflikte24 gehören zu jedem Projekt. Sie können sogar hilfreich sein, weil sie auf Probleme hinweisen, die sich produktiv nutzen lassen, wenn man offensiv damit umgeht. Es ist wichtig, dass die Projektleitung mit feinem Gespür auch stille Konflikte wahrnimmt und diese angemessen anspricht. Anzeichen für Konflikte oder Widerstand gibt es auf verschiedenen Ebenen. Sie können ausgesprochen oder unausgesprochen, aktiv oder passiv ausgedrückt werden. Ein Konflikt kommt selten aus heiterem Himmel. Meistens schleicht sich eine Verschlechterung des Arbeitsklimas oder der Kommunikation ein. Die Projektleitung muss mit dem Konflikt umgehen können. Sie analysiert ihn: Wie kam es dazu? Was sind die Hintergründe? Wie stehen die Konfliktparteien dazu? Im Idealfall schafft sie es, die Konfliktparteien an einen Tisch zu bringen und sie ihre unterschiedlichen Sichtweisen offen darlegen zu lassen. Mit Sorgfalt und Geduld können nun die konkreten Positionen betrachtet werden. Gelingt es der Projektleitung, die Beteiligten von der Schuld-Frage wegzuführen, ist der Weg für eine Lösung frei. Unter dem Motto »von der Emotionalität zur Rationalität« können faire und sachlich motivierte Lösungen gefunden werden. Sehr hilfreich ist es, wenn sich die Projektleitung bewusst ist, wie sie selbst in Konfliktsituationen reagiert. Betroffene reagieren immer subjektiv auf Konflikte, beispielsweise mit Rückzug, Angriff, Kompromiss, Anpassung etc. Die Möglichkeiten der Projektleitung sind aber begrenzt. Wenn sich Betroffene nicht öffnen und die Hand geben wollen, bleibt der Konflikt bestehen. Je nachdem muss sogar die Zusammenarbeit abgebrochen werden. Lastenheft Auf das Ziel des Projektauftrags aufbauend, umschreibt in größeren Projekten nicht ein Projektauftrag das Anforderungsprofil für die Projektleitung, sondern ein Lastenheft. »Das Lastenheft ist nach DIN 69 905 die ›Gesamtheit der Anforderungen des Auftraggebers an die Lieferungen und Leistungen eines Auftragnehmers‹. Es macht Aussagen darüber, WAS zu erarbeiten ist und WOFÜR.«25 Es sollte schriftlich festgehalten und von den Beteiligten unterzeichnet sein (siehe auch Vertrag und Pflichtenheft). 24 Das Folgende in Anlehnung an ebd., S. 272 und S. 275ff. 25 Schelle, Heinz: Projekte zum Erfolg führen. Projektmanagement systematisch und kompakt, München: dtv 2010, S. 96.
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Barbara Alder, Barbara den Brok Die perfekte Ausstellung Meilenstein »Nach DIN 69 901 ist ein Meilenstein ›ein Ereignis besonderer Bedeutung‹. Ein Meilenstein ist ein überprüfbares Zwischenergebnis, das inhaltlich und terminlich definiert ist und eine Gesamtbeurteilung des Projektes erlaubt. Meilensteine markieren den Fortschritt eines Projektes innerhalb der Projektphase. Deshalb müssen sie eindeutig identifizierbar sein. Sie kennzeichnen das Ende einer Abfolge von Arbeitspaketen, die notwendig sind, um eine nächste Phase (nicht Projektphase), an deren Ende ein weiterer Meilenstein steht, zu beginnen.«26 Meilensteine können zu unterschiedlichen Ergebnissen führen. Es kann sein, dass die vorangegangene Phase wiederholt werden muss. Oder es werden Abweichungen festgestellt, die bis zu einem bestimmten Termin verbessert sein müssen. Ein Meilenstein ist im günstigsten Fall die Genehmigung des Auftraggebers, den nächsten Arbeitsschritt anzugehen. Er gibt dem Auftraggeber auch die Möglichkeit, das Projekt abzubrechen. Insofern ist ein Meilenstein also ein Freigabeentscheid. Meilensteine sind aber auch »ein Instrument zur Überwachung des Projektfortschritts und ermöglichen deshalb einen leichten und schnellen Überblick über den Status des Projekts.«27 Meilensteine dienen dazu, über den Projektverlauf, den Stand und Zwischenresultate zu orientieren. Die Projektleitung oder der Auftraggeber definiert die Meilensteine so, dass sie nicht in zu großen Abständen zueinander terminiert sind. Ein Meilenstein steht immer in Bezug zum Gesamtziel. Regelmäßige Rückmeldungen helfen, die Gefahr zu vermeiden, dass »ins Leere« gearbeitet wird. Allerdings müssen die Meilensteine auch wirklich substanzielle Fortschritte des Projekts beinhalten, sonst geht ihre Wirkung verloren. Methode 6-3-5 »Die Methode 6-3-5 ist eine Kreativitätstechnik, um neue Ideen, Lösungsvorschläge in der Gruppe zu erarbeiten.«28 Sechs Personen verfassen je drei Ideen beziehungsweise Lösungsvorschläge. Diese drei Ideen werden von den anderen fünf Personen reihum schriftlich ergänzt oder vertieft. Vorgehen: Als Vorlage dienen sechs A4-Blätter mit einer Tabelle mit drei Spalten und sechs Zeilen. In der ersten Zeile formuliert Teilnehmer 1 seine drei Ideen und gibt das Blatt an Teilnehmerin 2 weiter. Diese erweitert die drei Ideen von Teilnehmer 1 und gibt das Blatt wieder weiter. Teilnehmerin 3 entwi26 I. Geiger u.a.: Projektmanagement – Zertifizierung nach IPMA, S. 163f. 27 Ebd., S. 164. 28 Vgl. G. Drews/N. Hillebrand: Lexikon der Projektmanagement-Methoden, S. 107-112, hier S. 107.
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ckelt die drei Ideen weiter etc. Sobald jeder Teilnehmer alle Blätter bearbeitet hat, ist der Prozess beendet. Diese Methode kann auch mit acht Personen (also 8-3-7) durchgeführt werden. Gruppendynamisch ist sechs eine gute Zahl. Mind-Mapping Das Mind-Mapping ist eine Kreativitätstechnik und eignet sich für das assoziative Ausbreiten eines Themas oder eines Problems. Die Darstellungsform kann genutzt werden, um all das zu erfassen, was einem zu einem Ausstellungsthema in den Sinn kommt. Vorgehen: Auf Papier oder in einer Datei werden ungeordnet Ideen und Assoziationen zum Thema gesammelt, notiert und auf dem ganzen Blatt angeordnet.29 Dann werden die Ideen in Gruppen zusammengestellt und hierarchisiert. Das ergibt eine mögliche Struktur des Themas. Es wird ersichtlich, wo welche Schwerpunkte möglich sind. Dieser Vorgang kann mehrmals wiederholt werden. Zwei, drei Schwerpunkte gilt es im Folgenden differenzierter auf ihre Machbarkeit hin zu überprüfen. Mitarbeiterplanung Die Mitarbeiterplanung 30 oder auch Kapazitätsplanung ist ein Teil der Ressourcenplanung. Es geht darum, die richtigen Personen mit jenen Aufgaben zu betrauen, die sie aufgrund ihrer Fähigkeiten lösen und in der vorgegebenen Zeit erfüllen können. Um planen zu können, müssen zwei der folgenden drei Parameter – Projektmitarbeiter, Projektdauer und Aufwand/Budget – bekannt sein. •
•
Projektmitarbeiter und Projektdauer sind bekannt: Es gilt, die Mitarbeitenden entsprechend ihren Fähigkeiten den anfallenden Arbeiten zuzuweisen und festzulegen, wie viel Zeit sie dafür aufwenden dürfen. Vorgesehene Arbeiten, die nicht übernommen werden können, weil sie die Arbeitsressourcen übersteigen oder weil niemand mit der entsprechenden Qualifikation zur Verfügung steht, müssen gestrichen werden. Aufwand und Projektdauer sind bekannt: Es gilt zu evaluieren, wie viele Mitarbeitende mit welchen Fähigkeiten für die Ausführung des Projekts benötigt werden. Pro Jahr kann man von grob 210 Projektarbeitstagen à 8 Arbeitsstunden ausgehen, das sind 1680 Projektstunden. Davon werden 280 Stunden für übergeordnete Tätigkeiten abgezogen. Das ergibt pro
29 Geeignet dafür ist eine entsprechende Software. Im Unterschied zur Handzeichnung kann hier eine Version vor der Weiterbearbeitung abgespeichert werden. 30 Vgl. G. Drews/N. Hillebrand: Lexikon der Projektmanagement-Methoden, S. 169f.
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Jahr 1400 verfügbare Projektarbeitsstunden, beziehungsweise 116 Stunden pro Monat und Mitarbeiter. Nun wird festgelegt, wie viele Stunden für ein Arbeitspaket und pro Qualifikation nötig sind. Entsprechend werden die Mitarbeitenden ausgewählt und den Arbeitspaketen zugeordnet. Aufwand und Projektmitarbeiter sind bekannt: Die Projektdauer ergibt sich aufgrund der Zuordnung der Projektmitarbeitenden zu den anfallenden Arbeiten. Das Projekt wird dann beendet sein, wenn alle Aufgaben erledigt sind.
Netzplantechnik Die Netzplantechnik31 ist eine Methode, um die gegenseitige Abhängigkeit einzelner Arbeitsschritte und Tätigkeiten zu eruieren. Wie beim Balkendiagramm werden mit der Netzplantechnik die Arbeitsschritte in ihrer Abhängigkeit dargestellt. Die einzelnen Tätigkeiten werden mit Kästchen und Linien grafisch abgebildet. In den Kästchen können die für die Tätigkeiten benötigten Zeiten mit Anfangs- und Schlussterminen beschrieben werden. Die Abfolge der Kästchen visualisiert, was vorher und was nachher erledigt werden muss. Ein Netzplan ist genauer als ein Balkendiagramm. Er kann als Vorarbeit für die Darstellung der Termine im Balkendiagramm erarbeitet werden (vgl. Abbildung 11 in Teil I). Paar weiser Vergleich Der sogenannte Paarweise Vergleich32 ist eine einfache Methode, um in einer Vielzahl von gleichwertigen Alternativen die beste Lösung zu finden. Es ist zwar eine subjektive Methode, doch werden die Entscheidungskriterien transparent gemacht. Jede Idee wird mit jeder anderen einzeln verglichen. Jedes dieser Paare wird mittels einer festgelegten Skala bewertet. Bei gleicher Bewertung erhalten beide Ideen eine Eins, bei »besser« erhält die bessere Idee eine Zwei, die andere eine Null. Jede Idee kann im Paarvergleich mit jeder anderen Idee zu verschiedenen Fragen befragt werden: Welche Ausstellungsidee ist attraktiver? Mit welcher Idee wird mehr Publikum erwartet? Welche Idee entspricht der Ausrichtung des Hauses? Welche Idee ist innovativer? etc. Am Schluss zeigt die Summe an, welche Idee am höchsten bewertet wurde. Der Bewertungsprozess kann von einer einzelnen Person oder einer Gruppe durchgeführt werden. Innerhalb der Gruppe werden die Bewertungen zuerst allein von jeder Teilnehmerin durchgeführt und dann zu einer Gesamtbewertung zusammengeführt. 31 Vgl. H.P. Gächter: Projektmanagement, Luzern/Zürich: Akademie für Erwachsenenbildung o.J. (vermutlich 1993/94), S. 35. Vgl. auch Teil I »2.2.1 Abläufe planen«. 32 Vgl. G. Drews/N. Hillebrand: Lexikon der Projektmanagement-Methoden, S. 130-137.
Barbara Alder £ 1. Glossar Pflichtenheft »Das Pflichtenheft […] enthält nach DIN 69 905 die ›vom Auftragnehmer erarbeiteten Realisierungsvorgaben auf Grund der Umsetzung des Lastenheftes‹. Mit anderen Worten: Das Pflichtenheft beschreibt, WIE und WOMIT die Forderungen verwirklicht werden sollen. Es ist die Grundlage für die weitere Arbeit im Projekt.«33 Das Pflichtenheft beschreibt also, wie die Projektleitung die Aufgabe, das Ausstellungsprojekt zu leiten, angehen und mit welchen Maßnahmen sie das Ziel erreichen wird. Das Pflichtenheft sollte schriftlich vorliegen und von den Beteiligten unterschrieben sein (siehe auch Vertrag, Projektauftrag und Lastenheft). Prioritäten Um den Berg an Arbeit bewältigen zu können, lohnt es sich während des ganzen Projektverlaufs, immer wieder Prioritäten zu setzen. Die Projektleitung entscheidet damit mehr oder weniger konstant, welche Aufgaben sofort erledigt werden müssen und welche weniger dringlich sind. Gleichzeitig achtet sie darauf, welche Arbeiten nur von ihr erledigt und welche von anderen Projektmitarbeitenden ausgeführt werden können. Das Eisenhower-Prinzip ist eine einfache Methode hierzu. Projekt Nach DIN 96 901 ist ein Projekt »ein Vorhaben, das im Wesentlichen durch Einmaligkeit der Bedingungen in ihrer Gesamtheit gekennzeichnet ist, wie z.B. • • • •
Zielvorgabe, zeitliche, finanzielle, personelle und andere Begrenzungen, Abgrenzung gegenüber anderen Vorhaben und projektspezifische Organisation.«34
Die Definition passt auf das einmalige Vorhaben »Ausstellung«. Es hat ein klares Ziel, einen Beginn und ein definiertes Ende, ist also zeitlich begrenzt und steht unter Zeitdruck. Das Ausstellungsprojekt hat spezifische, begrenzte Rahmenbedingungen (terminlich, finanziell, technisch etc.). Es ist ein komplexes Vorhaben, an dem mehr als eine Person arbeitet. Die Mitarbeitenden kommen aus unterschiedlichen Fachgebieten. Das Projekt ist risikoreich, weil es neuartig und dynamisch ist und/oder an die Grenzen des Machbaren
33 H. Schelle: Projekte zum Erfolg führen, S. 97. 34 Ebd., S. 19.
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stoßen kann. Es ist erfolgreich, wenn die angestrebten Ziele erreicht werden konnten. Projektauftrag Ein Auftrag muss klar sein (vgl. auch Pflichten- und Lastenheft). Dies gilt auch für Aufträge, die die Projektleitung Projektmitarbeitenden oder externen Auftragsempfängern erteilt. Ein Projektauftrag sollte präzise formuliert sein und folgende Fragen beantworten: • • • • •
Was genau wird vom Auftragnehmer (zum Beispiel der Projektleitung) erwartet? Welches sind seine Kompetenzen? Welche Mittel (finanziell, personell) stehen ihm zur Verfügung? Wie sehen die Rahmenbedingungen aus? Wie sieht die Projektorganisation aus?
Es ist sinnvoll, sich dafür Zeit zu nehmen und nachzufragen. Idealerweise liegt der Projektauftrag in schriftlicher Form vor und wird von den Beteiligten unterschrieben. Projektleitung Die Projektleitung übernimmt die Führung des Projekts. Wenn es nicht der Auftraggeber tut, so legt die Projektleitung die Struktur (Projektstruktur), die Organisation und den Ablauf des Ausstellungsprojekts fest. Es gilt zu prüfen, wer welche Rollen und Kompetenzen übernimmt, welcher Rahmen zur Verfügung steht und mit welchem personellen und finanziellen Aufwand gerechnet wird. Grundlage dafür ist eine klare Beschreibung des Projekts, beispielsweise im Vorkonzept oder Pflichten- beziehungsweise Lastenheft. Die Projektleitung ist verantwortlich für die Durchführung des Projektstarts und für das Setzen von Meilensteinen. Sie koordiniert die verschiedenen Teilaufgaben und die Projektplanung. Sie kontrolliert und steuert die Termine, den Einsatz der Mitarbeitenden und der Kosten. Sie vergibt Aufträge. Die Projektleitung ist für das Qualitätsmanagement zuständig, das heißt, sie überprüft und garantiert die Zielerreichung und stellt die Kommunikation sicher. Die Projektleitung hat andere Aufgaben und eine andere Rolle als beispielsweise der wissenschaftliche Projektmitarbeiter. Besonders in kleineren Teams übernimmt eine Person jedoch häufig eine Doppel- oder Mehrfachrolle. Umso wichtiger ist das präzise Unterscheiden zwischen den Rollen, um die jeweiligen Aufgaben festlegen und entsprechende Arbeits-Zeitfenster einplanen zu können.
Barbara Alder £ 1. Glossar Projektmanagement Projektmanagement ist eine spezifische Management-Methode, die in den 1950er-Jahren in den USA entstanden ist. Der Begriff meint generell das Führen von Projekten. Als erstes Projekt, das nachweislich mit dieser Methode umgesetzt wurde, gilt die Entwicklung der Atombombe im »Manhattan Engineering District Project« der amerikanischen Streitkräfte von 1941.35 Seit den 1960er-Jahren setzte sich das Projektmanagement auch in Europa durch und ist heute aus dem beruflichen Alltag nicht mehr wegzudenken. Die Methode wird in den unterschiedlichsten Bereichen wie IT, Organisationsentwicklung, Forschung, Bau etc. angewendet und laufend weiterentwickelt. Projektmanagement bedeutet nach DIN 69 901 »die Gesamtheit von Führungsaufgaben, -organisation, -techniken und -mittel für die Abwicklung eines Projekts.«36 Projektmanagement meint nicht das Erbringen der fachlichen oder inhaltlichen Arbeiten und Aktivitäten, sondern das Führen und Leiten aller Aufgaben, die innerhalb eines Projekts anfallen. »Die wesentlichen Elemente des Projektmanagements sind: die Ziele, die Projektorganisation, die Projektlenkung, die Instrumente, die Mitarbeitenden, die Kultur.« Mit der Methode des Projektmanagements lässt sich beim Führen eines Projekts • • •
die Komplexität bewältigen, indem ein Lösungsweg vor der Umsetzung des Vorhabens erarbeitet und geplant wird; Transparenz schaffen, indem nachvollziehbar wird, ob und wie die Ziele erreicht werden; das Risiko managen, indem spezielle Methoden helfen, Probleme frühzeitig zu erkennen, sie zu reduzieren und gegebenenfalls die nötigen Gegenmaßnahmen zu ergreifen.
Projektorganisation Die Projektorganisation37 ist ein temporärer und auf die Zwecke und Ziele des Projekts zugeschnittener Ordnungsrahmen für die Zusammenarbeit der Mitarbeitenden. Es geht um die Beschreibung beziehungsweise die Visualisierung des Aufbaus der Projektorganisation (vgl. Abbildung 7 in Teil I). Mit der Projektbeendigung wird sie wieder aufgelöst. In der Theorie werden mit der reinen Projektorganisation, der Einfluss-Projektorganisation und der MatrixProjektorganisation drei Formen unterschieden.
35 Vgl. I. Geiger u.a.: Projektmanagement – Zertifizierung nach IPMA, S. 15. 36 Auch für das Folgende ebd., S. 28. 37 Vgl. ebd., S. 123ff.
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Reine Projektorganisation: Die Projektleitung hat die volle Verantwortung für das Projekt und leitet es selbstständig. »Die Projektmitarbeitenden arbeiten während der Dauer des Projekts ausschließlich für das Projekt und erhalten ihre Anweisungen ausschließlich vom Projektleiter. Dieser hat alle notwendigen Kompetenzen, um das Projekt rasch und wirksam durchführen zu können.«38 Der Unterschied zu einer Linienorganisation39 besteht in der zeitlichen Befristung. Einfluss-Projektorganisation: Bei der Einfluss-Projektorganisation stellt die Projektleitung eigentlich eine Projektkoordination dar. Die Hierarchien der Linienorganisation bleiben bestehen. Die Projektkoordinatorin sollte deshalb Teil des Stabs sein, damit sie Zugang zu den Führungskräften hat, denen ihre Projektmitarbeitenden unterstellt sind, und damit sie über alle nötigen Informationen verfügt. Die Projektkoordinatorin verfolgt den Projektablauf und schlägt gegebenenfalls Maßnahmen vor. Sie sorgt für die rechzeitige Information und ist beratend tätig. Sie hat keinerlei Entscheidungs- und Weisungsbefugnisse und kann deshalb keine Verantwortung für die Zielerreichung und die Einhaltung der Termine und Kosten übernehmen. Matrix-Projektorganisation: In der Matrix-Projektorganisation koordiniert die Projektleitung das Projekt und trägt die Gesamtverantwortung für die Planung, die Steuerung, die Termine etc. Sie prüft die Arbeitsergebnisse, führt Änderungen durch und entscheidet. »Während der Fachabteilungsleiter für die fachliche Durchführung (WIE) der Projektaufgaben verantwortlich ist und über ein aufgabengebundenes Weisungsrecht verfügt, ist die Projektleiterin für die Definition der Zielvorgabe (WAS) und die zeitliche Realisierung (WANN) des Projekts zuständig. Die Projektleiterin erhält somit ein projektgebundenes Weisungsrecht […]. Beide Leitungsgremien sind gemeinsam für das Gelingen oder Misslingen des Projekts verantwortlich.«40 Die Mitarbeitenden sind zwei Instanzen unterstellt. Das kann zu Ressourcen-Engpässen oder Unklarheiten führen. Linienverantwortliche können sich in ihrer Autorität beschnitten fühlen. Da ist es die Aufgabe des übergeordneten Managements, mit entsprechenden Weisungen Klarheit zu schaffen.
Je nach Ausstellungsprojekt und Ausstellungsort gilt es, die Projektorganisation situativ stimmig aufzubauen. Zu berücksichtigen und von nicht unerheb38 Ebd., S. 125. 39 Die feste, hierarchische Führungsstruktur innerhalb eines Betriebs wird Linienorganisation genannt. 40 I. Geiger u.a.: Projektmanagement – Zertifizierung nach IPMA, S. 128.
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lichem Einfluss sind auch kulturelle Aspekte in einer Institution oder einem Arbeitsumfeld sowie ortspezifische Entscheidungswege und Arbeitsstile. Projektphasen Im Projektmanagement geht man üblicherweise von Projektphasen aus. Die Unterteilung des Projekts in Phasen verschafft Klarheit und hilft, die kommende Arbeit übersichtlich zu strukturieren. Das erleichtert die Planung, die Steuerung und die Kontrolle. Die Phasen sind je nach Projekt unterschiedlich. Für Ausstellungsprojekte eignet sich beispielsweise ein Modell mit fünf Phasen: Vorprojektphase, Planungsphase, Realisationsphase, Folgephase, Abschlussphase (vgl. Abbildung 3 in Teil I). In der Vorprojektphase geht es unter dem Motto »den Anstoß geben« um die Initialisierung des Vorhabens. Häufig steht zuerst eine Idee im Raum. Erst wenn aus der Idee ein Vorhaben formuliert ist, beginnt im Sprachgebrauch des Projektmanagements die eigentliche Lebensdauer des Projekts: Erst wenn klar ist, worum es eigentlich geht, kann mit der Planung begonnen werden. In der Planungsphase werden unter dem Motto »das Angestoßene planen« alle Grundsteine inhaltlicher, gestalterischer und planerischer Art für die danach folgende Umsetzung gelegt. Der Ablauf und die Termine werden geplant, damit in der folgenden Phase im Wesentlichen nur noch umgesetzt werden muss. Die Umsetzung des Geplanten findet in der Realisierungsphase unter dem Motto »das Geplante umsetzen« statt. Jetzt wird konkret realisiert, was in der Planungsphase angedacht worden ist. Alles Geplante wird verwirklicht. Im Fall des Ausstellungsprojekts ist diese Phase mit der Eröffnung abgeschlossen. Und damit beginnt die Folgephase – nun kann das Produkt, die Ausstellung, genutzt werden. In dieser Phase wird der Entstehungsprozess abgeschlossen. In die folgende Abschlussphase fallen all jene Arbeiten, die zur Beendigung des gesamten Projekts gehören wie Abbau, Rückgabe der Objekte und dergleichen (deren Planung jedoch in die Planungsphase gehört) – am Ende ist der Ausstellungsraum wieder leer. Das Projekt wird mit dem Abschlussbericht definitiv beendet. Projektstruktur und Projektstrukturplan Im Projektmanagement wird das Projekt zuerst strukturiert und im Anschluss daran organisiert. Die Struktur macht die einzelnen Elemente des Projekts deutlich und zeigt, in welcher Beziehung diese zueinander stehen. Dazu wird ein Projektstrukturplan (vgl. Abbildungen 5 und 6 in Teil I) erstellt. Mit einem Projektstrukturplan erfasst man zu Beginn des Projekts die anfallenden Aufgaben. In der Folge werden diese Arbeiten hierarchisch nach Teilaufgaben und Arbeitspaketen gegliedert und strukturiert. Damit verschafft man sich und allen Beteiligten einen Überblick über die Struktur des Projekts.
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Der Projektstrukturplan ist die Basis für alle weiteren Pläne wie Aufwand-, Termin-, Kosten- und Personalressourcenplan und wird deshalb »Plan der Pläne« genannt. »Er schafft Übersicht und gibt dem Projekt eine Ordnungsstruktur.«41 »Der Projektstrukturplan ist ein einfaches, aber sehr wertvolles Instrument, mit dem festgelegt wird, was in einem Projekt zu tun ist.«42 Fehlt ein Projektstrukturplan, kann es beispielsweise zu ungewollten Terminverschiebungen kommen, weil Teilaufgaben zu spät erkannt und in der Folge zu spät erledigt worden sind, was Folgeaufgaben blockieren kann. Nicht selten entstehen so auch Unzufriedenheiten bis hin zu Reibereien zwischen den Projektmitarbeitenden oder mit dem Auftraggeber, weil Unklarheiten über Abläufe herrschen. Projektteam Das Projektteam, die Mitarbeiter, sind die wichtigsten Aufgabenträger im Projekt. Sie müssen über die für das Ausstellungsprojekt nötigen fachlichen Kompetenzen verfügen. Im Idealfall sind sie mit den Methoden des Projektmanagements vertraut. Die Mitarbeitenden können intern oder extern rekrutiert werden. Je nach Projektorganisation sind sie für die Dauer des Projekts der Projektleitung hierarchisch unterstellt. Die Projektleitung steuert die Teamarbeit. Unter Umständen arbeiten die Mitarbeitenden nicht ausschließlich für das Projekt, sind also noch mit anderen Aufgaben beschäftigt. Gerade in einem Ausstellungsprojekt arbeiten Personen mit den unterschiedlichsten Aufgaben und beruflichen Hintergründen zusammen. Das ergibt viele Synergien, die für das Ausstellungsprojekt genutzt werden können. Es fördert die Zusammenarbeit im Team, wenn die Mitglieder die Teambildung bewusst erleben. Die Prozesse in einem Team43 verlaufen nach einem Muster: • • •
Teambildung – Forming: Die Regeln für das Zusammenarbeiten in und (unrealistische) Erwartungen an die Gruppe werden besprochen. Orientierung – Warming: Die Mitglieder lernen sich kennen und informieren sich gegenseitig über ihre Hintergründe. Konfrontation – Storming: Die einzelnen Teammitglieder ermitteln und testen ihren Platz im Team. Es kann zu Meinungsverschiedenheiten und Reibereien kommen. Die Projektleitung vermittelt.
41 Ebd., S. 149. 42 H. Schelle: Projekte zum Erfolg führen, S. 119. 43 Vgl. für das Folgende I. Geiger u.a.: Projektmanagement – Zertifizierung nach IPMA, S. 139f.
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Organisation – Norming: Die Arbeitsregeln und das Feedbacksystem werden festgelegt. Leistung – Performing: In dieser Phase findet die eigentliche Arbeit im Team statt. Wenn die vorausgegangenen Phasen bewusst durchlaufen worden sind, kann produktiv gearbeitet werden. Auflösung – Adjourning: Die Projektleitung dankt dem Team für die Arbeit und löst die Gruppe nach der Projektrückschau formal auf. Sie beschließt die Zusammenarbeit im Idealfall mit einem feierlichen Abschluss, beispielsweise einem Apéritif, einem gemeinsamen Essen, einem Ausflug oder Ähnlichem.
Projektziel Ziele sollen klar definiert und eindeutig sein. Aber Ziele müssen erarbeitet werden. Eine präzise Zieldefinition braucht Zeit und ist einer der wichtigsten Schritte in der Vorprojektphase eines Projekts. Wenn hier etwas versäumt wird, muss es in einer späteren Phase mühsam nachgeholt werden. Häufig führt das zu Termin- oder Kostenüberschreitungen.
Vier Punkte gilt es zu beachten: •
•
Abgrenzen: Zuerst wird bestimmt, was zum Projekt gehört und was nicht. Soll die Ausstellung ergänzt werden mit einem Rahmenprogramm und/ oder einer Begleitpublikation? Oder gehört ausschließlich die Eröffnung zum Ausstellungsprojekt? Wenn ein Rahmenprogramm als Teilprojekt vorgesehen ist: Wie umfangreich und vielfältig sollen die Veranstaltungen sein? Wenn eine Begleitpublikation erscheinen soll: Werden die Ausstellungstexte und Objektabbildungen publiziert oder wird das Thema mit zusätzlichen Texten erweitert und vertieft? Dann gilt es zu klären, was die Projektziele und was keine Projektziele sind. Letzteres kann helfen, unrealistische Erwartungen an die Ausstellung zu verbalisieren und auszuschließen. Ein Ziel könnte beispielsweise sein, mit der Ausstellung die Attraktivität des Museums als Ausstellungsort zu steigern. Dann kann man sich nicht gleichzeitig zum Ziel setzen, das Verständnis für die Arbeit in den Sammlungen zu steigern. Je nach Kontext der Ausstellung empfiehlt es sich, verschiedene Sichtweisen in den Prozess der Zieldefinition einzubeziehen, beispielsweise die Sicht von Fachexperten, des Auftraggebers sowie relevanter Stakeholder. Zielarten unterscheiden: Ein Ausstellungsprojekt verfolgt unterschiedliche Ziele. Grundsätzlich unterscheidbar sind einerseits die Wirkungsziele der Ausstellung: Was will man mit der Ausstellung erreichen? Als Museum? Inhaltlich? Bei welchem Zielpublikum? Und andererseits gibt es die Vor-
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gehens- oder Leistungsziele: Wie wird das Projekt organisiert und abgewickelt? Hier gehören alle Zwischenziele (Meilensteine), die verfügbaren finanziellen, personellen und sachlichen Ressourcen dazu. Weiter kann unterschieden werden zwischen Zielen, die unbedingt erreicht werden müssen, und Zielen, deren Erreichen begrüßt, aber nicht überprüft wird. Ziele gewichten: Indem die Ziele in Rücksprache mit dem Auftraggeber, gegebenenfalls den Sponsoren und weiteren Stakeholdern gewichtet werden, erhält man einen Blick für die Prioritäten. Dies ist besonders wichtig für das Verteilen der knappen Ressourcen Zeit, Personal und Finanzen. Ein möglicher Parameter bei der Gewichtung der Ziele können die grundsätzlichen Ziele des Auftraggebers beziehungsweise der Institution sein (Leitbild, Mission Statement). Die sollte die Projektleitung auf jeden Fall kennen. Dann wird es ihr leichter möglich sein, die Ziele der Ausstellung entsprechend dieser Ziele zu formulieren. Ziele richtig definieren: Ziele können falsch formuliert sein. Dann wird beispielsweise mitten in der Realisierung klar, dass sie mit den vorgesehenen Mitteln gar nicht umsetzbar sind. Deshalb ist es wichtig, dass Ziele richtig und klar definiert werden. Die sogenannten SMART-Ziele helfen, die Projektziele auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen.44 S = spezifisch: Die Ziele sind eindeutig und so präzis wie möglich zu definieren. M = messbar: Das Erreichen der Ziele ist mit bestimmten Kriterien (Indikatoren) messbar. A = akzeptiert: Die Ziele sind vom Auftraggeber akzeptiert. Auch: attraktiv, anspruchsvoll, angemessen. R = realisierbar: Die Ziele sind erreichbar. T = terminierbar: Zu jedem Ziel existiert eine klare Terminvorgabe, bis wann es erreicht werden soll. Die einmal gesetzten Ziele müssen auch während des Projektverlaufs immer wieder überprüft werden. Können sie weiterverfolgt oder müssen sie verändert werden? Dies geschieht insbesondere mit den gesetzten Meilensteinen.
44 SMART ist ein Akronym aus den Adjektiven »Specific, Measurable, Accepted, Realistic, Timely« und eine verbreitete Hilfestellung bei der Definition von Zielen.
Barbara Alder £ 1. Glossar Qualität »Qualität im Projekt ist – vereinfacht – die Übereinstimmung von Kundenanforderung und erbrachter Leistung.«45 Die Projektleitung überprüft konstant, wie sie die Qualität des Ergebnisses und des Projektmanagements erreichen oder verbessern kann. Sie überwacht, steuert und lenkt den Projektverlauf aktiv und korrigiert den Kurs gegebenenfalls mit geeigneten, konstruktiven Maßnahmen. Rahmenbedingungen Die vom Projektumfeld vorgegebenen Bedingungen heißen Rahmen- oder Randbedingungen. Sie sind kaum beeinflussbar und müssen als vorgegebene Größe zu Projektbeginn als solche erkannt und angenommen werden. So können beispielsweise der Eröffnungstermin und/oder das zur Verfügung stehende Budget bereits definiert sein. Zu den Rahmenbedingungen gehören auch das betriebliche Umfeld, die bestehende Konkurrenz im Museums-, Kultur- und Freizeitangebot der entsprechenden Region, die Größe des Ausstellungsraums oder dessen verkehrstechnische Erreichbarkeit. Rahmenbedingungen können sich im Verlauf des Projekts ändern. Sie sollten deshalb gut im Auge behalten werden und gegebenenfalls mit dem Auftraggeber besprochen werden. Risiken und Risikomanagement Risiken sind vermutete oder sogar eintretende unerwünschte Ereignisse. Deren Eintreten behindert die Zielerreichung. Projekte sind dynamisch und verplanen die ungewisse Zukunft. Auch mit der besten Planung wird es deshalb bei Ausstellungsprojekten immer zu Unvorhergesehenem kommen. Es gehört zu den Aufgaben der Projektleitung, diese systemimmanenten Ungewissheiten zu managen. Deshalb identifiziert, quantifiziert und steuert die Projektleitung die Risiken von Beginn an. Die Projektleitung bezieht dabei das Projektteam mit ein. Sie fragt in Sitzungen immer nach den Risiken, danach, welche Auswirkungen ihr Eintreffen hätte und mit welchen Maßnahmen ihnen begegnet werden könnte (siehe auch SWOT-Analyse). Gewisse Risiken können durch präventive Maßnahmen ausgeschlossen werden. Eine klassische Risikoprävention ist das Einbauen von Zeitpuffern in den Terminplan.46
45 Ottmann, Roland: »Qualität im Projektverlauf sichern: Der Kunde soll zurückkommen, nicht das Produkt«, in H. Schelle: Projekte zum Erfolg führen, S. 199. 46 Manchmal ist es taktisch geschickt, solche Pufferzonen nicht bekanntzugeben. Sonst werden vereinbarte Termine bisweilen nicht eingehalten.
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Barbara Alder, Barbara den Brok Die perfekte Ausstellung Selbstmanagement Belastung und Stress gehören zu jedem Projektmanagement. Die Projektleitung managt nicht nur das Projekt, sondern mit einem Selbstmanagement auch sich selber. Um diese Aufgabe zuverlässig übernehmen zu können47, muss die Bereitschaft da sein, die eigene Wahrnehmung, die nie objektiv sein kann, das ganze Projekt hindurch kritisch zu prüfen und sich selbst zu reflektieren. Insbesondere müssen die eigenen »blinden Flecken« erkannt werden. Damit ist all das gemeint, was man bei sich selber nicht wahrnehmen möchte oder kann. Mit der Gegenüberstellung von Eigen- und Fremdbildern werden diese blinden Flecken besser sichtbar. Erst dann kann ein bewusster Umgang damit entwickelt und können projektbezogene Entscheide objektiver getroffen werden. Das sogenannte Johari-Fenster48 illustriert mit einer grafischen Darstellung die bewussten und unbewussten Persönlichkeits- und Verhaltensmerkmale zwischen dem Selbst und den Anderen, insbesondere den blinden Fleck im Selbstbild. Abbildung 18: Johari-Fenster mir bekannt
mir unbekannt
öffentliche Person
blinder Fleck
anderen bekannt
(teilen mir andere über mich mit)
mein Geheimnis anderen unbekannt
unbewusstes Wissen/ Unbekanntes
(kann ich preisgeben)
47 Das Folgende in Anlehnung an I. Geiger u.a.: Projektmanagement – Zertifizierung nach IPMA, S. 257f. 48 Die amerikanischen Sozialpsychologen Joseph Luft und Harry Ingham entwickelten dieses Modell 1955. Je nach Darstellungsform unterscheiden sich die Bezeichnungen.
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Für einen guten Umgang mit Stress seien hier ein paar einfache Tipps angefügt: • • • • • •
wahrnehmen, wenn man gestresst ist; innehalten; sich Zeit nehmen für eine Dringlichkeitsliste (Eisenhower-Prinzip); delegieren, was nicht zu den eignen Führungsaufgaben gehört; sich ersetzbar machen durch transparente Arbeit; Aufgaben reduzieren.
Sitzung Eine gute Sitzungskultur ist eine wichtige Voraussetzung für konstruktive und produktive Sitzungen. 49 Die entsprechenden Regeln können beim Kickoff mit den Teilnehmenden gesammelt und vereinbart werden. Sie könnten lauten: • • • • • • •
Zu jeder Sitzung wird mit Angabe von Ort, Dauer, Ziel, Teilnehmenden und Tagesordnungspunkten eingeladen. Sitzungen beginnen pünktlich. Sitzungen dauern so lange wie in der Einladung angekündigt. Alle bereiten sich anhand der Tagesordnung auf die Sitzung vor. Die Beschlüsse der Sitzungen werden protokolliert. Das Beschlussprotokoll wird allen Teilnehmenden zugestellt und in der nächsten Sitzung auf Nachfrage gegebenenfalls ergänzt. Im Verhinderungsfall wird die Sitzungsleitung rechtzeitig informiert und wenn möglich eine Stellvertretung geschickt.
Die Sitzungsleitung nimmt sich Zeit für die Vorbereitung der Sitzung, prüft deren Notwendigkeit, legt die Themen und Ziele fest und bestimmt die Teilnehmenden. Sie wählt die Arbeitstechniken, erstellt den Zeitplan, verschickt die Einladung und organisiert den Raum mit der erforderlichen Ausstattung. In der Sitzung begrüßt die Sitzungsleitung die Teilnehmenden, hält die Abwesenheiten fest, initiiert die Vorstellung neuer Teilnehmer und erläutert den Anlass der Sitzung. Wenn sich die Teilnehmenden fremd sind, stellen sie sich mit Namen und ihrer Funktion in der Sitzung vor. Es wird festgelegt, wer die Sitzung protokolliert und in welchem Umfang.50 49 Vgl. I. Geiger u.a.: Projektmanagement – Zertifizierung nach IPMA, S. 225f. 50 Müssen alle Wortmeldungen gesammelt werden, sollte jemand die Sitzung protokollieren, der am Thema nicht beteiligt ist. Reicht ein Beschlussprotokoll, kann dies auch ein Sitzungsteilnehmer übernehmen.
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Gemeinsam mit den Anwesenden kann die Tagesordnung ergänzt oder eingeschränkt werden. Die Sitzungsleitung ist für den termingerechten Ablauf verantwortlich. Kurz vor Schluss überprüft sie gemeinsam mit den Anwesenden, was die wichtigsten Ergebnisse sind und ob die Ziele erreicht wurden. Das Einholen des Feedbacks von allen Teilnehmenden – nicht nur über den Inhalt, sondern auch über die Form der Sitzung und das Arbeitsklima – wirkt sich konstruktiv aus. Die nächste Sitzung wird mit einem knappen Ausblick auf deren Themen vereinbart. Die Sitzungsleitung dankt den Teilnehmenden zum Abschluss für ihre Inputs und die Zusammenarbeit. Unmittelbar nach dem Abschluss der Sitzung kann die Sitzungsleitung sie selbstkritisch auswerten. Wie war die Vorbereitung? Wie schätzt sie die Durchführung ein? Waren die »richtigen« Teilnehmenden anwesend? Welche Ziele wurden (nicht) erreicht? Wie lautet das persönliche Fazit? Was beachtet sie bei der nächsten Sitzung besonders? Stakeholder und Stakeholder-Analyse Der Begriff Stakeholder bezeichnet »Personen oder Personengruppen, die am Projekt direkt beteiligt sind, am Projektablauf interessiert sind oder«51 von den Zielen und Ergebnissen der Ausstellung betroffen sind. »Stakeholder wollen Einfluss auf den Projektverlauf haben und die Projektziele mit gestalten.« Der Einfluss kann für die Ausstellung »fördernd«, »neutral« oder gar »verhindernd« sein. Eruieren lassen sich Stakeholder mit der Stakeholder-Analyse. Ist sich die Projektleitung über die Stakeholder und die Qualität von deren Einfluss im Klaren, hilft dies, die Chancen und Risiken zu identifizieren. Mit diesen Erkenntnissen kann die Erarbeitung der Ausstellung gezielter gesteuert werden. Mit der Stakeholder-Analyse werden potenziell am Projekt Beteiligte und von diesem Betroffene identifiziert.52 Der Leitsatz lautet in der Folge: »Betroffene zu Beteiligten machen!« Die Analyse bildet auch die Grundlage für die Kommunikationsplanung. In einem ersten Schritt eruiert die Projektleitung – gemeinsam mit dem Kernteam oder mit zwei bis fünf Personen, die das Projektumfeld thematisch oder von ähnlichen Projekten her kennen – mit einem Brainstorming jene Personen, die an der Erarbeitung der Ausstellung beteiligt sein oder einbezogen werden wollen. Typische Fragen sind:
51 Auch für das Folgende G. Drews/N. Hillebrand: Lexikon der ProjektmanagementMethoden, S. 187. 52 Vgl. für das Folgende ebd., S. 186-194.
Barbara Alder £ 1. Glossar • • • • • • • • • •
Wer ist daran interessiert, dass die Ausstellungsziele erreicht werden? Und umgekehrt: Wer sind die potentiellen Gegner des Projekts und welche Interessen haben sie? Wer muss Projektschritten und Meilensteinen zustimmen? Wer hat für die Erarbeitung der Ausstellung wertvolles Wissen? Wessen Mitarbeit wird benötigt? Für wen ändert sich etwas durch die Mitarbeit an der Ausstellung? Wer ist an der Ausstellung interessiert? Wer hat Erwartungen an die Ausstellungserarbeitung? Wer hat Erwartungen an die Ausstellung? Wer könnte den Projektverlauf behindern?
Stakeholder können beispielsweise bei einer gesellschaftspolitischen Ausstellung zum Thema »Die alternde Gesellschaft« sein: staatliche Stellen und regionale Non-Profit-Organisationen im Bereich Demografie und Alter (beispielsweise »Wohnen im Alter«), auf das Thema spezialisierte Politiker, Gesundheitsförderung in der Region, spitalexterne Altenpflege, Altersrat, geriatrische Fachverbände etc. Diese Fragen können auch im Gedankenmodell (vgl. Abbildung 4 in Teil I) festgehalten werden. In einem zweiten Schritt überprüft die Projektleitung gegebenenfalls mit dem Team oder erfahrenen Personen, wer die wichtigen Stakeholder sind, welchen Einfluss sie auf die Erarbeitung beziehungsweise auf die Ziele der Ausstellung haben und wie sie eingebunden werden sollen. Typische Fragen sind: • • • •
Fördert der Stakeholder das Projekt? Verhält er sich neutral oder stellt er sich gar gegen die Ausstellung? Welche Machtposition hat der Stakeholder inne? Welche Einflussmöglichkeiten hat der Stakeholder? Hat der Stakeholder eigene Interessen am Projekt?
Solche Erkenntnisse sind wichtig, wenn der Projektablauf überlegt, das Projekt organisiert und die Meilensteine bestimmt werden. Sie helfen auch zu klären, wer über spezifische Projektschritte informiert sein muss. In einem dritten Schritt organisiert die Projektleitung einen Workshop mit ausgewählten Stakeholdern, um Wünsche, Bedürfnisse, Erwartungen, Ziele und Befürchtungen beispielsweise zum ausgewählten Thema einer Ausstellung festzustellen. Im Voraus ausgearbeitete Fragen leiten den Sitzungsverlauf. Das können sein: »Welche Fragen an das Thema scheinen den Stakeholdern interessant?« »Welche Aspekte sollten dem Museumspublikum unbedingt vermittelt werden aus deren Sicht?« »Welcher Inhalt muss unbedingt vermieden werden?«
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Die Projektleitung sichert mit einem solchen Workshop die Zufriedenheit der Beteiligten nachhaltig. Sie vermindert die Gefahr, dass bei Projektabschluss unzufriedene Stakeholder auftreten, die das Ergebnis schlechtreden. In einem vierten Schritt werden die Stakeholder während der gesamten Projektdauer mit einer offenen Informationspolitik einbezogen. Das läuft in kleineren Projekten über die Projektleitung, in größeren ist es eine Aufgabe des Verantwortlichen für Öffentlichkeitsarbeit oder des Marketings. Die Projektleitung überprüft die Stakeholder-Analyse während der gesamten Projektdauer. Ändert sich beispielsweise die inhaltliche Ausrichtung der Ausstellung, kann sich auch die Zusammensetzung der Stakeholder ändern. SWOT-Analyse Die SWOT-Analyse53 zeigt aktuelle Stärken (Strengths) und Schwächen (Weaknesses) sowie potenzielle Chancen/Möglichkeiten (Opportunities) und Risiken (Threats) von Ideen, Vorhaben oder Entscheidungen auf. Die Methode geht beschreibend vor. Die jeweiligen Stärken und Schwächen müssen aber mit Fakten untermauert sein. Für das Zusammentragen der Stichworte eignet sich ein Brainstorming. Die Methode kommt zum Einsatz, um beispielsweise eine Ausstellungsidee zu prüfen oder die Grundlagen für eine Marketingstrategie zu entwickeln.
Abbildung 2: SWOT-Analyse Stärken:
Schwächen:
•
•
•
•
•
•
Chancen:
Risiken:
•
•
•
•
•
•
Gegenwart
Zukunft
53 Vgl. ebd., S. 141-147.
Barbara Alder £ 1. Glossar
Unter Stärken und Schwächen werden in dem hier stehenden Raster jene Faktoren aufgelistet, die aktuell sind und direkt gesteuert werden können, zum Beispiel der Fokus des Ausstellungsthemas, die Fähigkeit der Projektmitarbeitenden etc. Chancen und Risiken betreffen zukünftige Faktoren, die nicht direkt gesteuert werden können, beispielsweise die Frage, wie die Ausstellung aufgenommen wird. Diese Methode ist stark subjektiv gefärbt. Dennoch kann sie wichtige Hinweise für die zukünftige Arbeit geben. Teilaufgabe Um die Komplexität des Ausstellungsprojekts handhabbar zu machen, ist es sinnvoll, die fünf Projektphasen in einzelne, überschaubare Schritte zu unterteilen, in sogenannte Teilaufgaben. Bei dieser Gliederung geht man vom Groben ins Detail: Jede Projektphase wird in einzelne Teilaufgaben unterteilt. Diese lassen sich dann in einzelne Arbeitspakete aufteilen. Termine Ziel der Terminierung ist es, aufgrund der Aufwandsplanung die Termine zu bestimmen, zeitliche Puffer zwischen den Arbeitspaketen festzulegen und zu visualisieren, an welcher Stelle es zu Engpässen kommen könnte. Um die Abläufe mit Terminen zu koppeln, existiert Computersoftware, beispielsweise das sehr komplexe Programm »ms-project«. Dieses eignet sich insbesondere für große Projekte. Für einfachere reicht in der Regel ein Balkendiagramm auf Excel-Basis. Wichtig ist immer die Berücksichtigung der Abhängigkeiten einzelner Tätigkeiten voneinander und die logische Abfolge. Im Projektverlauf wird der zuerst grobe Terminplan laufend verfeinert und aktualisiert. Verlässlichkeit Die Projektleitung steht nicht nur für die zuverlässige Projektabwicklung ein, sie muss auch als Person verlässlich sein. Die Leitung wirkt unglaubwürdig, wenn sie die Termine nicht einhält, keine oder intransparente Entscheide fällt, häufig die Meinung ändert und nicht offen kommuniziert. Solche Eigenschaften und Verhaltensweisen haben einen negativen Einfluss auf den Projektverlauf und damit auch auf das Projektergebnis, die Ausstellung. Vertrag Mit einem Vertrag (siehe auch Projektauftrag, Pflichten- und Lastenheft) wird die Zusammenarbeit beschrieben und gegenseitig unterzeichnet. »Vertrag und ›Vertragen‹ hängen eng miteinander zusammen. Ein Vertrag schafft die Grundlage für die gute Zusammenarbeit und dient der Risikoprävention
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für alle Beteiligten.«54 Schriftliche Verträge eignen sich besser als mündliche Absprachen, denn schwarz auf weiß festgehaltene Abmachungen lassen weniger Missverständnisse zu. Eine Projektleitung ist sowohl Auftragnehmerin, indem sie für ihren Auftraggeber das Projekt leitet, als auch Auftraggeberin, indem sie Aufträge an Externe vergibt, beispielsweise an die Gestalterin. Sie sollte in beiden Fällen auf eine schriftliche und klare Formulierung der Aufgaben und Aufträge achten.55
54 I. Geiger u.a.: Projektmanagement – Zertifizierung nach IPMA, S. 184. 55 Vgl. Materialanhang »2.6 Hinweise Verträge«.
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2. H INWEISE , A NREGUNGEN
UND
C HECKLISTEN
Die Hinweise, Anregungen und Checklisten hier im Materialanhang sind für Sie als Arbeitsinstrumente gedacht. Bearbeiten und ergänzen Sie sie entsprechend den konkreten Gegebenheiten in Ihrem Ausstellungsprojekt.
2.1 H INWEI SE E NT WICKLU NG EINER A USS T ELLU N G SID EE Bevor an einer Ausstellung gearbeitet werden kann, müssen Ideen für das Thema der Ausstellung entwickelt werden. Je nach Institution ist die Herangehensweise sehr unterschiedlich. Ein Museum möchte seine Sammlungen zeigen und wird deshalb vom Sammlungsbestand ausgehen. Ein anderes Haus möchte gesellschaftsrelevante Themen mittels einer Ausstellung zur Diskussion stellen und wird deshalb primär losgelöst vom Sammlungsbestand nach den entsprechenden Themen suchen. Eine dritte Institution hat nochmals eine andere Motivation, eine Ausstellung zu zeigen. Der Ausgangspunkt für die Themensuche einer Ausstellung hängt vom Selbstverständnis der Institution oder des Museums und von ihrer beziehungsweise seinem Auftrag ab – und natürlich von den Beteiligten. Eine Person kann sich allein auf die Suche nach einem Ausstellungsthema machen, kreativer und innovativer ist es in der Regel aber, dies in einer größeren Gruppe zu tun. Die Gruppe kann sich beispielsweise aus der späteren Projektleitung und einem Kernteam von zwei bis drei Personen sowie einigen kreativen Externen zusammensetzen. Es können beispielsweise die Verantwortliche für Öffentlichkeitsarbeit, der Sammlungskurator, die Museumsleitung sowie eine Person, die in der Ausstellung Führungen macht, involviert sein. Vielleicht stoßen der mit dem Museum vertraute Grundschullehrer sowie eine Kulturwissenschaftlerin von der Universität dazu. Der Kreis darf durchaus groß sein. Das Mission Statement der Institution, das Leitbild oder ähnliche Dokumente müssen den Beteiligten bekannt sein. Für die Themen-Suche stehen verschiedene Kreativitätsmethoden zur Verfügung.1 In einer größeren Gruppe eignen sich beispielsweise Brainstorming, Brainwriting oder die Methode 6-3-5.2 Im Team werden innerhalb einer begrenzten Zeit viele Ideen zusammengetragen. Die Teilnehmenden inspirieren sich gegenseitig. Zentral dabei ist, dass die genannten Ideen vorerst nicht gewertet werden. Alle Ideen sind zu diesem Zeitpunkt gleich gut. Alle sollen ihre Ideen wertfrei äußern können. Erst in einem weiteren Schritt erfahren die genannten Ideen eine Wertung. 1
Vgl. G. Drews/N. Hillebrand: Lexikon der Projektmanagement-Methoden.
2 Zu den Methoden vgl. Zur Einführung in Teil I »Das Managen einer Ausstellung« sowie ausführlich im Materialanhang »1 Glossar«.
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2.2 C HEC KLI S T E Z U R A U S G A N G SL AG E Die hier aufgelisteten Fragen sind nicht nach ihrer Wichtigkeit sortiert. Die Liste ist eine unvollständige Sammlung, die Sie entsprechend Ihrem Projekt ergänzen. Die Fragen sollten möglichst früh beantwortet werden, spätestens aber, bevor mit der konkreten Umsetzung begonnen wird. Zur Ausstellung: • • • • • • • • • • • •
Wo findet die Ausstellung statt? (Museum, Ausstellungsraum etc.) Wie sieht der Ausstellungsraum aus? (Raumgröße, Infrastruktur etc.) Wie ist die Erreichbarkeit der Ausstellung? (Zufahrtsmöglichkeiten mit öffentlichen/privaten Verkehrsmitteln, Ausschilderung etc.) In welchem kulturellen Umfeld findet die Ausstellung statt? Wie lautet das Thema? Was sind die Ziele der Ausstellung? Was möchte man mit der Ausstellung vermitteln? Was ist die »Take Home Message«? Wie möchte die Ausstellung vermitteln? (provozieren, informieren, belehren etc.) Wer sind die Zielgruppen? (konkret beschreiben) Ist sie als Wanderausstellung möglich oder geplant? Sind weitere Projekte als Teilprojekte vorgesehen? (Rahmenprogramm, Begleitpublikation, spezielle Angebote für spezifische Zielgruppen wie zum Beispiel Schulen etc.)
Zu Terminen und Finanzen: • • • •
Ist der Eröffnungstermin bekannt? Gibt es weitere terminliche Vorgaben? Wie ist der finanzielle Rahmen? Müssen Gelder gesucht werden? (Sponsoring, Unterstützungsbeiträge etc.)
Zu den Projektbeteiligten: • • • •
Wer erteilt den Auftrag? Wer ist wofür verantwortlich? Wer übernimmt das Projektmanagement und leitet das Projekt? Sind die Kompetenzen geregelt?
Barbara Alder £ 2. Hinweise, Anregungen und Checklisten • •
• • • •
Welche Interessensgruppen sollten miteinbezogen werden? (Vereine, Firmen, Fachverbände etc.) Wer arbeitet an der Ausstellung mit? (interne, externe Mitarbeitende; Freiwillige, bezahlte Angestellte; Praktikanten; Teilzeit-, Vollzeitbeschäftigte; wissenschaftlich, konservatorisch, technisch, gestalterisch tätige Mitarbeitende etc.) Wer erarbeitet den Inhalt? Wer wird mit der Gestaltung beauftragt? Wer ist für die Objekte zuständig? Sind die Aufträge der Projektleitung und der Mitarbeitenden klar formuliert?
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2.3 C HEC KLI S T E DE R A NFA LLEND EN A R B EI T EN Eine Ausstellung machen heißt, dass viele Menschen mit unterschiedlichen Fähigkeiten zusammenarbeiten. Jede Person setzt ihr spezifisches Wissen und Können ein. Sammeln Sie die aus Ihrer Sicht anfallenden Arbeiten. Als Vorlage kann Ihnen diese Liste dienen. Die Liste ist weder vollständig noch sind die Aufgaben in einer chronologischen Reihenfolge.3 • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • •
Projekt leiten (planen, organisieren, überwachen, steuern, eingreifen etc.) Verträge abschließen Administration, Ausstellungssekretariat finanzielle Unterstützungsbeiträge suchen, Sponsoring klären Ideen für Konzept und Inhalt entwickeln Recherchen (wissenschaftliche, journalistische, objekt-, bild-, ton-, filmbezogene) Konzepte erstellen (Vorkonzept, inhaltliches Konzept, Umsetzungskonzept) Teilprojekte (Rahmenprogramm, Begleitpublikation etc.) definieren, konzipieren, planen, umsetzen Ausstellung gestalten (Ideen und Konzept entwickeln, Ausstellungspläne zeichnen, Modelle bauen etc.) Grafisches gestalten (Texte in der Ausstellung, Auftritt nach außen etc.) Material für die Ausstellung suchen und beschaffen (Objekte, Modelle, Abbildungen, Ton, Film, Vitrinen, Dekorationsmaterial etc.) Einsatz der Medien planen (Computer, TV, Ton etc.) Wiedergaberechte abklären und einholen (Lizenzen) Objekte, Modelle: Leihverträge aufsetzen, Ausstellungsbedingungen klären, restaurieren, Übergabeprotokoll vorbereiten Versicherungen abschließen Transporte organisieren, geeignetes Verpackungsmaterial vorbereiten Bild-, Ton-, Filmdaten und Computeranimationen erstellen, bearbeiten Geräte kaufen, mieten Texte schreiben (Ausstellungstexte, Einladungskarte, Website etc.) Texte redigieren, korrigieren, übersetzen Grafisches entwerfen, setzen, drucken (Ausstellungstexte, Werbung) Website Ausstellungsmobiliar bauen, schweißen, streichen, lackieren etc.
3 Hierbei handelt es sich um die Erweiterung einer Liste aus B. Alder/P. Favre/K. Linker: Ausstellen im Schulhaus, S. 7.
Barbara Alder £ 2. Hinweise, Anregungen und Checklisten • • • • • • • • • • • • • • • •
Ausstellungsraum instand setzen, streichen, elektrische Leitungen legen etc. Ausstellung aufbauen, Technik einbauen, Objekte platzieren, ausleuchten, reinigen etc. Elektroarbeiten (Licht, Geräte, Kabel etc.) Eingangsbereich gestalten Außenraum gestalten Adressen sammeln für Einladungen Eröffnungsevent konzipieren, planen, umsetzen Öffentlichkeitsarbeit konzipieren, planen, umsetzen (Verteiler definieren, Werbung mit Flyer, Plakat, Einladungskarte, Versand etc.) Betreuung der Ausstellung (Ticketverkauf, Eingangskontrolle, Garderobe, Verkauf im Museumsshop, Aufsicht, Reparaturen, Service, Führungen etc.) Ausstellung dokumentieren (schriftlich, fotografisch) Ausstellung abbauen (entsorgen, aufräumen, Rückgabe Leihgaben, Transporte etc.) Dokumentation der Ausstellung Besucherumfrage Berichterstattung in der Presse verfolgen, sammeln Abschlussbericht verfassen Ausstellung archivieren
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2.4 C HEC KLI S T E V O R KO NZEP T Das Vorkonzept beantwortet folgende Fragen beziehungsweise beinhaltet je nach Adressat Folgendes: • • • • • • • • • • • • • •
inhaltliche Angaben (Arbeitstitel, zwei bis fünf Sätze zur Grundidee/ Hauptthese) Was bewirkt die Ausstellung? Wie lautet die »Take Home Message«? An wen richtet sich die Ausstellung? (Benennung einzelner Zielgruppen/ Besuchergruppen) Ausstellungsort, Platzbedarf (Infrastruktur, Öffnungszeiten, Besucherservice) Einbettung in den Kontext, Beschreibung des Umfelds der Ausstellung inhaltlich, geografisch und kulturell (mögliche) Trägerschaften und (mögliche) Partner (mögliche) Interessensgruppen Projektorganisation grober Terminplan Sind weitere Projekte als Teilprojekte geplant? (Rahmenprogramm, Begleitpublikation, Marketingstrategien, Wanderung der Ausstellung) Wo liegen die Risiken? Was ist am Projekt nachhaltig? Projektkosten, Kostenschätzung
Der Aufbau des Vorkonzepts, die Ausführlichkeit – das Konzept soll auf jeden Fall prägnant und so kurz wie möglich sein – und seine Ausformulierung hängen davon ab, was mit dem Vorkonzept erreicht werden soll und wer der Empfänger ist (Auftraggeber, Sponsoren). Im Hinblick darauf gilt es abzuwägen, wie ausführlich die Informationen sein müssen und wie das Vorkonzept gegliedert und strukturiert wird.
Barbara Alder £ 2. Hinweise, Anregungen und Checklisten
2.5 H INWEISE INHALTLICHE E R A RBEIT UNG V ORKONZEP T Erarbeitung Vorkonzept: Zur Erarbeitung des inhaltlichen Vorkonzepts der Ausstellung wird mit einem vertretbaren Aufwand das Thema mittels Internet- und Literaturrecherchen, journalistischen und wissenschaftlichen sowie ersten Bild-, Ton-, Film- und Objektrecherchen als Idee inhaltlich umrissen. Auch der (informelle) Austausch mit Fachexperten und Kolleginnen kann richtungweisend sein. Mit Methoden wie dem Mind-Mapping (vgl. Materialanhang »1. Glossar«) werden die Themenbereiche ausgelotet, in ihrer Breite erfasst und nach relevanten Fragestellungen untersucht. Damit werden Schwerpunkte gesetzt, die sehr unterschiedlich oder sogar gegensätzlich sein können. Es gilt nun, auszuwählen und zu gewichten. Als Resultat werden in der Regel ein bis höchstens drei Grundgedanken, Grund- oder Kernideen beziehungsweise Hauptthesen für die Ausstellung formuliert. Da es sich bei einer Ausstellung um ein dreidimensionales Medium handelt, ist es wertvoll, die räumlich arbeitende Gestalterin mit einer gemeinsamen Sitzung bereits in dieser ersten Phase einzubeziehen. Häufig kommen wertvolle Inputs aus der »Raumsicht«, die die Erarbeitung der Grundidee positiv beeinflussen. Um der Objektvielfalt gerecht zu werden, kann es auch ergiebig sein, sich mit Sammlungskonservatorinnen auszutauschen. Zu diesem Zeitpunkt oder auch später können weitere Fachpersonen wie Computeranimations-Spezialisten oder Texterinnen für einen Austausch zu einer Sitzung eingeladen werden. Auch deren Inputs können die Ausrichtung der Ausstellung prägen und für das Publikum positiv verändern. Tipp Beziehen Sie auch Außenstehende ein und lassen Sie sie das Vorkonzept und generell die Konzepte gegenlesen. Sie können dabei wichtige Hinweise für die Weiterbearbeitung erhalten. Resultat: Das inhaltliche Vorkonzept gibt Auskunft über die grundlegende Richtung der Ausstellung. Es beschreibt beispielsweise einen Grundgedanken, eine Grundidee oder eine Hauptthese. Können Sie diese Grundidee mit 500 bis 800 Zeichen fassen? Der Arbeitstitel umschreibt die Grundidee.
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2.6 H INWEI SE V ER T R ÄG E Mit einem Vertrag wird die Zusammenarbeit beschrieben und gegenseitig unterzeichnet. »Vertrag und ›Vertragen‹ hängen eng miteinander zusammen. Ein Vertrag schafft die Grundlage für die gute Zusammenarbeit und dient der Risikoprävention für alle Beteiligten.« 4 Schriftliche Verträge eignen sich besser als mündliche Absprachen, denn schwarz auf weiß festgehaltene Abmachungen lassen weniger Missverständnisse zu. Eine Projektleitung ist sowohl Auftragnehmerin, indem sie für ihren Auftraggeber das Projekt leitet, als auch Auftraggeberin, indem sie Aufträge an Externe vergibt, beispielsweise an die Gestalterin, an den wissenschaftlichen Mitarbeiter oder für die Korrekturlesung der Texte. In allen Fällen lohnt es sich, auf eine schriftliche und klare Formulierung der Aufgaben und Aufträge zu achten. Die Aufgabe kann in einem Mail festgehalten sein, oder aber, insbesondere bei größeren Aufträgen, bei denen es um hohe finanzielle Beträge geht, mit einer schriftlichen Vereinbarung in Form eines Vertrags fixiert sein. Im Vertrag halten Sie klar und eindeutig fest, wer Auftraggeberin und Auftragnehmer ist, wer von den Parteien was bis wann erledigt, wie der Auftrag ausgeführt werden und wie das Resultat aussehen soll, welche Mittel zur Verfügung stehen und wie die Vergütung geregelt ist. Nicht zu vergessen ist die Regelung betreffend dem Urheber- beziehungsweise dem Nutzungs- und Verwertungsrecht sowie der Haftung. Die Reihenfolge der hier aufgeführten Punkte ist sekundär. Auch können Sie die einzelnen Punkte in 1.1, 1.2, 1.3 etc. unterteilen, um Klarheit und Übersichtlichkeit zu schaffen. Grundsätzlich überlegen Sie sich, welche Punkte Sie geregelt haben möchten, und besprechen diese mit Ihrem Vertragspartner. Je nach Inhalt des Ausstellungsprojekts beziehungsweise der Vertragspartner sehen die vertraglich zu bestimmenden Inhalte anders aus. Schreiben Sie in einfachen, klaren und verständlichen Worten.
4 I. Geiger u.a.: Projektmanagement – Zertifizierung nach IPMA, S. 184.
Barbara Alder £ 2. Hinweise, Anregungen und Checklisten
Aufbau Vertrag
Zwischen Name und Adresse des Auftragnehmers, der Auftragnehmerin Und Name und Adresse des Auftraggebers, der Auftraggeberin (Name der Institution, der verantwortlichen Person) 1. Gegenstand der Vereinbarung • Beschreibung der Aufgabe, des Auftrags und der Teilaufgaben • Beschreibung des Endergebnisses und/oder der Zwischenresultate • Angabe der Projektdauer • Festhalten von Abgabeterminen, beispielsweise mit einem Terminplan, als Teil des Vertrags • Nennung der Ansprechpersonen beider Vertragsparteien 2. Leistungen und Pflichten des Auftragnehmers • Beschreibung der zu erbringenden Leistungen • Beschreibung der zu erbringenden Produkte • Nennung der Projektschritte, die dem Auftraggeber zur Beurteilung vorgelegt werden müssen (Meilensteine) • Festhalten der Auskunftspflicht • Beschreibung der Zuständigkeiten und Kompetenzen • Festhalten eventueller Schweigepflichten 3. Leistungen und Pflichten des Auftraggebers • Auflistung der zur Verfügung gestellten finanziellen Mittel • Beschreibung der zur Verfügung gestellten personellen Ressourcen • Festhalten der zur Verfügung gestellten Sachmittel • Beschreibung der Eigenleistungen beziehungsweise der Mithilfe der Institution • Regelung der Abnahme der Leistungserbringung 4. Honorarregelung/Vergütung • Beispielsweise »Für die unter 2. aufgeführten Arbeiten erhält der Auftragnehmer ein Honorar in der Höhe von …«
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Barbara Alder, Barbara den Brok Die perfekte Ausstellung •
•
Je nachdem wird festgehalten, dass die Vergütung an die Erledigung von Teilaufgaben oder spezielle Ergebnisse (zum Beispiel Gestaltungskonzept, Ausstellungseröffnung, Abschlussbudget) gebunden ist. Beschreibung der Art der Auszahlung – zum Beispiel in Raten – mit terminlicher Angabe dazu
Es wird empfohlen, die Vergütung inklusive Mehrwertsteuer und Spesen zu vereinbaren. Oder Sie setzen beispielsweise eine Spesenobergrenze fest oder vereinbaren, dass Spesenausgaben im Voraus mit dem Auftraggeber abgesprochen werden müssen. 5. Rechte • festhalten, ob der Urheber (also der Auftragnehmer) die Nutzungs- und Verwertungsrechte der Institution überträgt • festhalten, unter welchen Bedingungen er dies tut, beispielsweise namentliche Nennung im Zusammenhang mit der Ausstellungsnennung • festhalten, dass der Auftragnehmer garantiert, dass er tatsächlich der Urheber dessen ist, was er dem Auftraggeber übergibt, beziehungsweise die Rechte abgeklärt hat 6. Haftung Halten Sie auch fest, dass der Auftragnehmer für unsachgemäßen Umgang mit Material oder für Sicherheitsmängel zur Verantwortung gezogen werden kann. Und umgekehrt: Der Auftragnehmer garantiert die sorgfältige Ausführung der Leistungen. 7. Kündigung Unter welchen Bedingungen soll der Vertrag aufgehoben werden können? Und innerhalb welcher Frist? Fristlose Kündigung macht beispielsweise Sinn, wenn die vereinbarte Leistung nicht termingerecht oder nicht ordnungsgemäß innerhalb einer angemessenen Nachfrist erbracht wird, bei einem Vertrauensmissbrauch, bei einer groben Verletzung der im Vertrag festgehaltenen Verpflichtungen oder bei einem Verhalten, das die weitere vertrauensvolle Zusammenarbeit verunmöglicht. Die bis dahin erbrachte Leistung muss entlohnt werden.
Barbara Alder £ 2. Hinweise, Anregungen und Checklisten
8. Schlussbestimmungen In den Schlussbestimmungen kann beispielsweise festgehalten werden, dass Änderungen und Ergänzungen zum Vertrag schriftlich festgehalten werden müssen. Festgehalten wird häufig auch, dass »der Erfüllungsort und Gerichtsstand« in der Regel für beide Parteien der Sitz des Auftraggebers ist. Und man hält fest, dass bei »Unwirksamwerden einer Bestimmung« deshalb nicht der ganze Vertrag ungültig wird.
Abschluss des Vertrags mit Firmenstempel und Unterschriften beider Parteien mit Angabe von Ort und Datum.
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2.7 C HEC KLI S T E P L A N U N G • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • •
Ausstellungsort besichtigen Ausstellungsdauer festlegen Wanderausstellung möglich/geplant? Bedingungen des Ausstellungsorts bekannt/eingeplant? Steht Infrastruktur zur Verfügung? Ist das Budget erstellt? Ist der Ablauf- und Terminplan auf der Ebene der Teilprojekte erstellt? Ist der detaillierte Ablauf- und Terminplan auf der Ebene der Arbeitspakete erstellt? Sind konkrete Sitzungsdaten für Meilensteine vereinbart? Wie ist das Projekt organisiert? (Funktion und Rolle Auftraggeber, Projektleitung, Mitarbeitende etc.) Müssen weitere Mitarbeitende gesucht werden? Wissen alle, wofür sie verantwortlich sind? Wer übernimmt die Gestaltung? Sind mit dem Auftraggeber dessen und die eigenen Erwartungen, Bedingungen und Leistungen geklärt? Wer übernimmt die Projektleitung und die Ausführung bei Teilprojekten (Rahmenprogramm, Begleitpublikation etc.)? Gibt es Partner zur Zusammenarbeit? Sind die Partner eingebunden? Wo liegen die Risiken im Projekt? Findet das regelmäßige Controlling statt? Findet regelmäßige Kommunikation und Information statt? Inhaltskonzept: Sind die Themenbereiche definiert? Steht der definitive Titel? Gestaltungskonzept: Sind Kernidee und Themenbereiche adäquat räumlich umgesetzt? Ist das Realisationsbudget erstellt? Wer übernimmt die Öffentlichkeitsarbeit? Ist die Beauftragte für die Öffentlichkeitsarbeit über das Vorhaben informiert oder bereits involviert? Wer informiert die Presse? Ist die Eröffnung geplant? Sind die Schulen benachrichtigt? Aufbau: Wer übernimmt die Bauleitung? Wer betreut die laufende Ausstellung? Betreuung der Ausstellung: Ist die Technik einfach handhabbar?
Barbara Alder £ 2. Hinweise, Anregungen und Checklisten
2.8 H INWEI SE I NH A LT SKO NZEP T Auch wenn die Erstellung des Inhaltskonzepts nicht zu den Aufgaben der Projektleitung gehört, soll dieser Arbeitsschritt hier etwas ausführlicher beleuchtet werden, damit Sie das daraus Folgende in die Planung aufnehmen können. Damit sind Sie auch in der Lage, das Inhaltskonzept zu beurteilen. Selbst wenn bereits gestalterische Vorstellungen im Entstehen begriffen sind: Vorerst geht es um den Inhalt, die thematischen Schwerpunkte und um den roten Faden der Ausstellung – und noch nicht um Umsetzungen. Das Inhaltskonzept ist die Grundlage für die spätere Erarbeitung des Gestaltungsund danach des Umsetzungskonzepts mit den Detailplänen. Aber es ist sinnvoll, sich mit der Gestalterin in einer Sitzung über die inhaltlichen Ideen und über den Erzählstrang auszutauschen, damit die räumlichen Gegebenheiten die Ausstellungsinhalte und den Erzählfaden mitprägen können. Mit dem inhaltlichen Konzept werden die konkreten Themenbereiche, die einzelnen Schwerpunkte und der Erzählverlauf festgelegt. Neben weiteren Recherchen eröffnen auch Gespräche mit Fachexperten neue Einsichten und Fragestellungen. Forschungswissen muss für Laien verständlich gemacht und vereinfacht werden. Objektrecherchen (vgl. auch Materialanhang »2.9 Hinweise zum Umgang mit den Objekten«) und informelle Anfragen zur Ausleihe sowie Recherchen zu möglichen Bildern, Tondokumenten, Filmen und dergleichen begleiten die Erarbeitung. Ziel ist, die Objekte sowie die Hör- und visuellen Vermittlungsmedien festzulegen, mit denen das Ausstellungsthema präsentiert werden soll. Während der Erarbeitung des Inhaltskonzepts bewegen sich die Beteiligten abwechselnd auf der thematischen Detailebene und auf der übergeordneten Konzeptebene. Die Themenschwerpunkte müssen sorgfältig ausgewählt und überprüft werden: Stimmen sie mit der Grundidee der Ausstellung überein? Dasselbe gilt für die gewählten Objekte und Medien. Der Arbeitstitel wird durch den definitiven Ausstellungstitel ersetzt. Das Inhaltskonzept erweitert und verfeinert das Vorkonzept. Grundsätzlich muss die Komplexität eines Themas in mehreren Arbeitsschritten vereinfacht werden. Denn wissenschaftlich recherchierte Themenbereiche müssen in der Ausstellung für Laien verständlich umgesetzt sein. Es ist zu entscheiden, mit welchen Themenschwerpunkten der Inhalt vermittelt wird. Das Thema wird dabei inhaltlich auf konkrete Ausstellungs-Stationen mit Objekten und Medien verteilt. Auch hier ist es sinnvoll, viele Ideen zu entwickeln, dann zu gewichten und auszuwählen. Für die Überarbeitung wählt man jene Themenbereiche aus, die mit der Grundidee übereinstimmen, und achtet dabei auf
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Barbara Alder, Barbara den Brok Die perfekte Ausstellung
Stringenz. Die Auswahl der Themenbereiche als Ganzes muss als roter Faden durch die Ausstellung klar erkennbar sein. Die einzelnen Stationen in der Ausstellung ergeben zusammen den Erzählfaden. Die inhaltliche Beschreibung der Themenbereiche dient später dazu, die Ausstellungstexte zu verfassen. Das Inhaltskonzept ist die Basis für die Erarbeitung der Ausstellung in ihrer Dreidimensionalität. Inhalt des Konzepts • Titel der Ausstellung • Ziel der Ausstellung in einem Satz formulieren • Hauptthese beschreiben • Thema der Ausstellung mit rund 800 Zeichen inkl. Leerschritten umschreiben • Zielpublikum präzise in Zielgruppen beschreiben • Budget, Termin- und Ablaufplan • Projektorganisation • Teilprojekte beschreiben (zum Beispiel Eröffnung, Begleitpublikation, Rahmenprogramm etc.) • Partner/Stakeholder5 Fragen an das Inhaltskonzept • Stimmen Titel und Ausstellungsziel überein? • Stimmen Themenschwerpunkte, Objekte und Medien mit dem Ziel und dem Titel überein? • Sind Themenschwerpunkte, Objekte und Medien (Bild, Film, Ton etc.) festgelegt und beschrieben? • Ist der rote Faden in der Erzählung in sich stringent, klar und einleuchtend? • Stellt die Ausstellung einen Bezug zur Lebenswelt des Zielpublikums her? • Soll das Publikum mit interaktiven Stationen einbezogen werden? • Wie soll sich das Publikum in der Ausstellung bewegen, frei und/oder geführt? • Weniger ist mehr: Ist der Anspruch auf Vollständigkeit abgelegt? • Ist die Darstellung des Themas übersichtlich, die thematische Struktur in der Ausstellung nachvollziehbar? • Ist der Ausstellungsinhalt, sind die Themenschwerpunkte präzise definiert?
5 Je nach Adressat des Inhaltskonzepts erweitert sich der Inhalt.
Barbara Alder £ 2. Hinweise, Anregungen und Checklisten
2.9 H INWEI SE Z U M U MG A N G M I T D EN O BJ EK T EN Häufig recherchiert und organisiert jene Person, die das inhaltliche Ausstellungskonzept erstellt, auch die Objekte. Im Ausstellungsprojekt sollte eine fachkundige Person für die Sicherheit und für den sachgerechten Umgang mit den Objekten verantwortlich sein. Diese Person erstellt die Zustandsprotokolle der Objekte, initiiert notwendige Restaurierungen und überprüft die Einhaltung der klimatischen Bedingungen. Das muss nicht jene Person sein, die die Objekte auswählt und organisiert. Die zwei müssen aber eng zusammenarbeiten. Die folgenden Angaben sind als Richtwerte zu verstehen. Sie geben nicht abschließend und zu allen Fragen rund um die Sicherheit der Objekte Auskunft. Ziehen Sie bei konkreten Fällen eine Spezialistin bei.6 Objektauswahl Bei der Objektauswahl gilt es, Aspekte sowohl auf der inhaltlichen wie auf der konservatorischen Ebene zu berücksichtigen. Es stellen sich Fragen wie: Ist ein Objekt an sich für alle verständlich oder ist eine Kontextualisierung für das Verständnis nötig? Können verschiedene Objekte zusammen gruppiert das Thema ohne weitere Hilfsmittel visualisieren? Welche konservatorischen Bedingungen müssen zur Objektsicherheit erfüllt sein? Braucht ein Objekt eine Vitrine? Wie groß darf die Lichtintensität sein? Ausleihe und Versicherung Die Objektausleihe benötigt je nach Objekt und Leihgeber viel Zeit. Sobald im Konzept definiert ist, dass ein Objekt in der Ausstellung zu sehen sein soll, wird das Gesuch um Ausleihe gestellt. Je nach Leihgeberinstitution können von der Anfrage bis zur Bewilligung mehrere Monate verstreichen. Leihgeber haben in der Regel eigene Ausleihbedingungen und Leihscheine. Fehlen diese, werden sie vom Leihnehmer formuliert. Wichtig ist, dass die Ausleihe schriftlich und mit Unterschrift versehen festgehalten wird. Der Zustand des Objekts, die Dauer der Leihgabe, die Art des Transports, die Bedingungen beim Ausstellen und die im Ausstellungsprojekt für das Objekt verantwortliche Person sollten ebenfalls schriftlich festgehalten sein. Das Leihobjekt wird nicht nur für die Ausstellungsdauer gegen Diebstahl und Schaden versichert, sondern muss auch während des Transports versichert sein (von »Nagel zu Nagel«).
6 Die hier beschriebenen Ausführungen basieren auf Erfahrungen sowie auf dem sehr zu empfehlenden Praxisleitfaden: Huber, Joachim/von Lerber, Karin: Handhabung und Lagerung von mobilem Kulturgut. Ein Handbuch für Museen, kirchliche Institutionen, Sammler und Archive, Bielefeld: transcript 2003.
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Barbara Alder, Barbara den Brok Die perfekte Ausstellung Allgemeine Bedingungen Objekte werden vor negativen Einflüssen geschützt. Sie dürfen in ihrer Beschaffenheit nicht verändert werden. Sie müssen vor Vandalismus und Diebstahl, vor Schmutz, Wasser, Feuer, Insekten, Luftschadstoffen, Licht (sichtbar und UV), schädlicher Temperatur, schädlicher Luftfeuchtigkeit und nicht zuletzt vor menschlicher Nachlässigkeit geschützt sein. Aus zweierlei Gründen dürfen Objekte nur mit sauberen Handschuhen angefasst werden. Einerseits wurden museale Objekte besonders in der Vergangenheit aus konservatorischen Gründen häufig mit Giften behandelt und enthalten deshalb Schadstoffe wie DDT, Lindan etc. Es gilt also, die Mitarbeitenden zu schützen. Objekte, insbesondere solche aus Metall, reagieren aber auch auf das säurehaltige Fett an menschlichen Händen und müssen deshalb durch das Tragen von Handschuhen geschützt werden. Auch Objekte, die nicht aus einer Museumssammlung stammen, einschließlich Dekor- und Aufbaumaterial, müssen schädlingsfrei sein. Einige Museen bieten als Dienstleistung die Stickstoffbegasung an. Für diesen Vorgang sind ungefähr zwei Monate einzuplanen. Klimatische Bedingungen In der Ausstellung müssen die Objekte sachgerecht ausgestellt sein. Am wenigsten schädlich für die Objekte ist ein stabiles Raumklima. Als Richtwert und für die Mehrheit der Objekte gelten 15-20 °C und eine relative Luftfeuchtigkeit von 50-60 Prozent. Das Austellen von heiklen Objekten muss speziell geprüft werden.
Relative Luftfeuchtigkeit: Die absolute Luftfeuchtigkeit7 bleibt in einer gut abgeschlossenen Vitrine konstant. Die relative Luftfeuchtigkeit (RLF)8 verändert sich in Relation zu Temperaturschwankungen. Weil nicht für jedes Objekt dieselbe RLF geeignet ist, wird diese auf das empfindlichste, meist organische Material abgestimmt. Bei einer zu niedrigen RLF bilden sich in Möbeln Risse, Papier wird brüchig, bei Ölgemälden können Sprünge entstehen. Die zu niedrige RLF kann mit einem auf die Raumgröße abgestimmten Befeuchter, einem Zimmerbrunnen oder einem Wasserbecken erhöht werden. Eine zu hohe RLF wird mit einem auf 7 Die absolute Luftfeuchtigkeit gibt an, wie viel Gramm Wasserdampf in einem bestimmten Luftvolumen tatsächlich enthalten ist. 8 Die relative Luftfeuchtigkeit gibt in einer Prozentangabe das Verhältnis zwischen der tatsächlichen, in einem bestimmten Luftvolumen enthaltenen Menge Wasserdampf und der Menge Wasserdampf an, die die Luft bei gleicher Temperatur aufnehmen könnte, um gesättigt zu sein.
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die Raumgröße abgestimmten Entfeuchter gesenkt, da sie sonst Eisen rosten, Bronze korrodieren und auf Textilien, Holz und Papier Schimmelpilze wachsen lässt. Schwankungen werden vermieden, indem keine Zugluft besteht und die Objekte nicht an Außenwänden, in Treppenhäusern oder in der Nähe von Heizkörpern präsentiert werden. Temperatur: Temperaturschwankungen wirken sich weniger schädlich auf die Objekte aus als Schwankungen der RLF. Die Temperatur sollte stabil sein, denn größere Schwankungen beeinflussen auch die RLF. Licht Das sichtbare Licht, in Lux gemessen, Wärme (infrarote Strahlung) sowie die Ultraviolettstrahlung (UV-Strahlung) können am Objekt Schäden verursachen, die in der Regel nicht rückgängig zu machen sind. Oberste Priorität hat der UV-Schutz mit einer entsprechenden Schutzfolie an Fenstern oder am Vitrinenglas. Zudem müssen die Objekte vor Wärme und vor dem sichtbaren Licht geschützt sein. Je nach Material können für das sichtbare Licht folgende Richtwerte angenommen werden: • 50-70 Lux bei empfindlichen Materialien wie Textilien, Zeichnungen, Aquarellen, Büchern, Tapeten, Federn, botanischen Objekten und Papier; • maximal 150 Lux bei Leder, Tafelgemälden, Lackiertem; • bis zu 1000 Lux bei Stein, Keramik, Metall, Holz, Email, Glas. Allerdings spielt auch die Zeitdauer der Belichtung eine Rolle. So kann man sehr empfindliches Material auch schützen, indem es beispielsweise in Schubladen ausgestellt wird. Luftqualität In Innenräumen sind die Luftschadstoffe viel geringer als draußen. Es gehen aber auch Schadstoffe aus von Materialien, die für den Bau von Vitrinen verwendet werden – wie beispielsweise gerbsäure- oder harzreiche Hölzer, säurehaltiger Karton, Leim, imprägnierte Stoffe, synthetische Lacke und Farben. Dies lässt sich durch die entsprechende Materialwahl vermeiden. Schädlingsbefall Professionalisierte Museen pflegen eine schädlingsfreie Sammlung. Schimmel, Insekten etc. können aber eingeschleppt werden oder sich wegen falschen klimatischen Bedingungen bilden. Auch deshalb ist das korrekte Ausstellen wichtig.
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Barbara Alder, Barbara den Brok Die perfekte Ausstellung Objekthandling und Montage Das Objekt wird so montiert, dass es weder gestohlen noch durch das Publikum beschädigt werden kann. Und es soll bei einer Erschütterung nicht verrücken oder herunterfallen. Gleichzeitig darf die Montage aber keine Spuren am Objekt hinterlassen. Es darf also keinesfalls mit Klebstreifen, Leim oder dergleichen fixiert werden. Die verwendeten Materialien müssen aus konservatorischer Sicht unbedenklich sein. Bei Grafiken, Fotografien und anderen zweidimensionalen Objekten darf die Glasscheibe nicht direkt auf das Exponat zu liegen kommen: Es könnte daran kleben bleiben und zudem könnte sich bei Klimaschwankungen Kondenswasser bilden. Bücher, die aufgeklappt präsentiert werden, müssen mit Bücherkeilen gestützt werden, um Brüche im Buchrücken zu vermeiden. Mit transparenten Streifen aus geeignetem Material lassen sich die Buchseiten fixieren. Werden für den Vitrinenbau Tischler-, Span- oder MDF-Platten verwendet, sollten die Platten vom Typ E1 mit möglichst geringem Schadstoffgehalt sein. Achtsamkeit ist auch bei der Verleimung geboten. Die Vitrinen sollten vollständig ausgelüftet werden. Säureempfindliche Objekte wie Papier dürfen die Platte nicht direkt berühren. Kommen Objekte mit Papier oder Karton in Berührung, so ist archivfähiges, also säure- und ligninfreies Material zu verwenden.
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2.10 C HEC KLI S T E B U D G E T P OS T EN Die Checkliste Budgetposten hilft Ihnen zu überprüfen, ob an alles gedacht wurde. Ergänzen und streichen Sie entsprechend Ihrem Projekt. Je nach Projektgröße und Projektorganisation fallen ganz unterschiedliche Posten an. Budgetposten Honorare Vorbereitung Recherchearbeiten (Inhalt, Material, Objekte etc.) Projektleitung Wissenschaftliche Mitarbeit Administration, Ausstellungssekretariat Objektbeschaffung Objektrestaurierung Bild-, Ton-, Filmbeschaffung Gestalterin Grafiker Texterin Lektor Übersetzer Korrektor Tonbearbeitung Bildbearbeitung Filmbearbeitung Internetauftritt EDV, Computerspezialist Honorare Aufbau, Montage Schreiner Schlosserin Maler Elektrikerin Aufbauhilfe Einrichten Medienplanerin Lichttechniker Objekthandling (Platzierung, Montage, Abbau, Rückgabe) Transporte
geschätzte Kosten
tatsächliche Ausgaben
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Barbara Alder, Barbara den Brok Die perfekte Ausstellung Honorare Eröffnung, Ausstellungsbetreuung und Abbau Eventmanager für Eröffnung Eingangskontrolle und Ticketverkauf Garderobe Aufsicht in der Ausstellung Betreuung Ausstellung (Reparaturen, Service) Betreuung Shop Öffentlichkeitsarbeit Führungen Fotograf für Dokumentation Personal Abbau Gebühren Versicherungen Transportkosten Wiedergaberechte, Lizenzen (Abbildungen, Ton, Film etc.) Leihgebühren Entsorgungskosten Mietgebühren (Raum, Geräte, Internet, Lichtmittel etc.) Sachkosten Umbau, Räume Material, Bauten Ausstattung, Dekoration Vitrinen Beschriftung Bildproduktion (Repros, Prints, Plots etc.) Druckkosten (Einladungskarten, Begleitmaterial etc.) Lichtmittel, Beleuchtung Abspielgeräte, Bildschirme Kopfhörer, Lautsprecher Ton, Film etc. Interaktive Medien (Software) Computer (Hardware) Internet Objekte, Modelle Sonderanfertigungen von Objekten, Modellen
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Anlässe Verbrauchsmaterial Entsorgung Spesen Reserve 10% TOTAL
Die Budgetposten überschneiden sich teilweise absichtlich, damit nichts vergessen wird. Die Liste ist selbstverständlich bei jedem Projekt neu anzupassen, da sich jedes Ausstellungsprojekt von einem anderen unterscheidet. Wichtig bei der Budgeterstellung ist, an alle Arbeiten beziehungsweise Ausgaben zu denken. Die Kosten für Teilprojekte wie die Begleitpublikation, Rahmenprogramm oder das Marketing einschließlich Honorare sind in dieser Liste nicht aufgeführt.
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2.11 H INWEI SE D E TA ILPL Ä NE Ist das Gestaltungskonzept genehmigt, werden die Detailpläne für das Umsetzungskonzept erarbeitet. Zweck des Umsetzungskonzepts ist es, eine realisierungsreife Lösung zu präsentieren. Das gilt sowohl für die inhaltlichen wie auch für die baulichen Aspekte der Ausstellung. Der wissenschaftliche Mitarbeiter und die Grafikerin arbeiten dabei eng zusammen. Grundsätzliches ändert sich am inhaltlichen und gestalterischen Konzept nicht mehr, dennoch kann sich der eine oder andere Aspekt verschieben. Das gehört zum kreativen Erarbeitungsprozess der Ausstellung und erfordert das Verständnis aller im Projekt Involvierten. Details Inhalt Für die inhaltlich-kuratorische Seite bedeutet die Erarbeitung des Umsetzungskonzepts, dass die Themenbereiche weiter verfeinert und verdichtet, die Objekte definitiv bestimmt und ausgeliehen sowie die ausgewählten Medien definiert werden. Die Bilder, das audiovisuelle und das Tonmaterial werden nach Abschluss des Detailkonzepts in Auftrag gegeben zur Produktion oder Bearbeitung. Es wird mit der Erarbeitung der Ausstellungstexte (vgl. Materialanhang »2.12 Hinweise Texte«) begonnen. Hierfür muss der Grafiker das Textkonzept vorlegen, das er in Rücksprache mit der Gestalterin beziehungsweise dem wissenschaftlichen Mitarbeiter erarbeitet und in der Regel der Projektleitung unterbreitet. Details Aufbau Die Gestalterseite erarbeitet präzise Detailpläne für den Bau des Ausstellungsmobiliars sowie für den Aufbau der Bauten im Ausstellungsraum. Sie legt in Rücksprache mit der Projektleitung beziehungsweise dem wissenschaftlichen Mitarbeiter das Textkonzept fest. Grafiker und Ausstellungsgestalterin legen einen Entwurf des Erscheinungsbilds der Ausstellungstexte vor. Je nach Organisation des Projekts heißen die Projektleiterin, der Auftraggeber oder andere Entscheidungsträger diese Entwürfe gut. Je nach Organisationsform der Institution werden die Verantwortlichkeiten für den Aufbau der Ausstellung festgelegt. Da die Gestalterin die Pläne gezeichnet hat, übernimmt sinnvollerweise sie die Verantwortung für den Aufbau, beauftragt die Handwerker und übernimmt die Bauleitung vor Ort. Dabei berücksichtigt sie nach Rücksprache mit der Projektleitung Vorgaben seitens der Institution betreffend zu beauftragender Firmen. Möglicherweise ist die Museumstechnikerin auf gewisse museumsspezifische Arbeiten spezialisiert, sodass es wertvoll ist, sie einzubeziehen.
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Das Umsetzungskonzept wird in einer oder zwei Aufbau-Sitzungen mit den Zuständigen aus der Institution und mit der Gestalterseite besprochen. Ablauf und Arbeitsweisen für den Aufbau werden dabei festgelegt. Ist eine Person für die Sicherheit der Objekte verantwortlich, beispielsweise der Restaurator, nimmt auch diese Person an den Sitzungen teil. So können unangenehme Überraschungen während des Aufbaus vermieden und frühzeitig geklärt werden, ob die Sicherheit der Objekte während des Aufbaus und während der Ausstellungsdauer gewährleistet ist.
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2.12 H INWEI SE TE X T E Zur Lektüre sehr zu empfehlen ist die praxisnahe Hilfestellung von Evelyn Dawid und Robert Schlesinger (Hg.): Texte in Museen und Ausstellungen. Ein Praxisleitfaden, Bielefeld: transcript 2002. In Anlehnung daran und aufgrund von Erfahrungen ist es empfehlenswert, eine Zeile mit 50-60 Zeichen zu versehen, wobei die Zeichenzahl pro Zeile in der Regel inklusive Leerschritte angegeben wird. Eine Zeile sollte eine Sinneinheit umfassen. Das Publikum sollte den Text nicht »lesen« müssen, sondern mit einem Blick erfassen können. Ferner ist es sinnvoll, einen Textabsatz auf vier bis sieben Zeilen zu beschränken, Zwischenüberschriften, der Hierarchie entsprechend abgestufte Schriftgrößen und Flattersatz zu verwenden. Texte schreiben Die Inhalte und die räumliche Gestaltung der Ausstellung sind formuliert, die Ausgestaltung der einzelnen Stationen, die Auswahl der Objekte, der Einsatz der Medien stehen fest. Die Texthierarchien (Haupt-, Themen-, Objekttexte), der Textaufbau (Titel, Lead, Lauftext) sowie die grafischen Bedingungen sind definiert – empfehlenswert ist wie bereits erwähnt eine Zeilenlänge mit 5060 Zeichen, eine Gesamtlänge von maximal 15-20 Zeilen und Flattersatz. Erfahrungsgemäß wird eine Schriftgröße von weniger als 14 Punkt von vielen als unleserlich empfunden. Sprachlich sind die Sätze aktiv und ohne Nominalisierungen formuliert. Im Gegensatz zu passiven und abstrakten Formulierungen macht die Verwendung von anschaulichen Verben die Aussagen konkret und spricht das Publikum direkt an. Eine externe Person, die die Ausstellung im besseren Fall nicht kennt, prüft die Texte unvoreingenommen: Ist der rote Faden durch die Ausstellung ersichtlich? Sind die Texte verständlich und in sich stimmig? Es kann sein, dass der Auftraggeber die Texte lesen und gutheißen möchte.
Folgende Schritte sind bei der Erstellung der Texte zu berücksichtigen: • • • • • • • •
Ausstellungstexte schreiben (häufig braucht es bis zu sieben Durchgänge) Ausstellungstexte redigieren Ausstellungstexte durch Fachperson gegenlesen lassen Feedback einarbeiten und erneut redigieren lassen gegebenenfalls Meilenstein Ausstellungstexte Ausstellungstexte durch Grafiker setzen lassen gesetzte Texte im Layout überprüfen gesetzte Texte im Layout auf sprachliche Fehler korrigieren lassen
Barbara Alder £ 2. Hinweise, Anregungen und Checklisten • • • • •
Korrekturen dem Grafiker mitteilen und ausführen lassen korrigierte Fassung im Layout überprüfen Grafiker schickt Daten in den Druck Gut zum Druck (GzD) geben Ausstellungstexte werden gedruckt Tipp Schreiben Wissenschaftlerinnen und/oder Konservatoren die Texte und Objektlegenden, kann es vorkommen, dass diese Fachpersonen sehr ausführlich formulieren. Für ein Laienpublikum sind die Texte dann zu spezifisch. Es gilt in diesem Fall, die Texte zu vereinfachen, ohne den Textinhalt zu verfälschen. Das ist eine große Herausforderung, denn bei der Vereinfachung kann es zu Unschärfen kommen, die einer Fachperson nicht zulässig erscheinen, zur Vermittlung des Ausstellungsthemas jedoch notwendig sind. Um Konflikten vorzubeugen, ist es wichtig, dass die Projektleitung – im Idealfall bereits in der Startsitzung – festlegt, wer die Ausstellungstexte schreibt (beispielsweise ein externer Texter), und klar kommuniziert, dass dafür von den Fachpersonen Grundlagentexte erwartet werden. Diese Grundlagentexte werden dann umformuliert. Um wissenschaftliche Falschaussagen zu vermeiden, überprüfen die Fachpersonen die Ausstellungstexte. Sie werden gebeten, nur bei Falschaussagen, nicht aber bei Unschärfen zu reagieren. Die Projektleitung sollte die letzte Entscheidung bei Unstimmigkeiten fällen können.
Texte übersetzen Die Ausstellungstexte sind fertig verfasst und genehmigt. Es wird ein geeignetes Übersetzungsbüro angefragt, eine Offerte eingeholt und ein Briefing veranstaltet. Der Kontakt mit dem Übersetzungsbüro, nicht nur zu Beginn, sondern den gesamten Übersetzungsprozess hindurch, ist wichtig und braucht viel Zeit, weil immer wieder Fachbegriffe zu klären sind und der Kontext verständlich gemacht werden muss.
Folgende Schritte sind in der Regel nötig: • • • • • • •
redigierte Ausstellungstexte zur Übersetzung senden fachspezifische Ausdrücke und Ausstellungskontext mit Übersetzer klären übersetzte Texte in fremdsprachige Ausstellungstexte umschreiben (lassen) durch sprachkundige Fachperson gegenlesen lassen Feedback einarbeiten lassen und gegebenenfalls erneut redigieren (lassen) gegebenenfalls Meilenstein Ausstellungstexte fremdsprachige Ausstellungstexte durch Grafiker setzen lassen
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Barbara Alder, Barbara den Brok Die perfekte Ausstellung • • • • • • •
gesetzte Texte im Layout überprüfen gesetzte Texte im Layout auf sprachliche Fehler korrigieren lassen Korrekturen dem Grafiker mitteilen und ausführen lassen korrigierte Fassung im Layout überprüfen Grafiker schickt Daten in den Druck Gut zum Druck (GzD) geben Fremdsprachige Ausstellungstexte werden gedruckt.
Barbara Alder £ 2. Hinweise, Anregungen und Checklisten
2.13 A N R EG U N G EN Z U M A N G EB OT F Ü R S C H U LEN Das Angebot für Schulen ist Teil des Vermittlungsprogramms (vgl. Materialanhang »2.14 Anregungen Vermittlungsprogramm«) und gehört somit zu einem anderen Projekt. Weil aber Schulen oft zum zentralen Zielpublikum von Ausstellungen gehören, soll hier kurz auf das Angebot eingegangen werden. Es ist ein wichtiges Anliegen, dass Schulklassen die Ausstellung besuchen und vom Inhalt und von dessen spezifischer Vermittlung stufengerecht profitieren können. Angebote für Schulen gibt es viele, zum Beispiel: • • • • • •
selbstständige Klassenbesuche geführte Klassenbesuche Workshops in der Ausstellung Arbeitsblätter zur Vor- und Nachbereitung in der Klasse Arbeitsblätter zu den Themenbereichen zur Bearbeitung in der Ausstellung besondere Anreize wie Mitarbeit an der Ausstellung, Wettbewerbe während der Ausstellung etc.
Eine Person mit pädagogischen Fähigkeiten und didaktischen Kenntnissen entwickelt aufgrund der Ziele der Ausstellung, den Ausstellungstexten und den Detailplänen Unterlagen für die Schulen – seien dies Einführungstext, Arbeitsblätter und/oder Gruppenführungen. Sie orientiert sich dabei sowohl an den Lehrplänen der Schule wie auch an den stufen- und altersgerechten Vermittlungsweisen und erarbeitet praxisnahe und anwendbare Fragestellungen und Anregungen. Adressatin ist in erster Linie die Lehrperson. Das Programm für Schulen wird möglichst früh an die Lehrpersonen verschickt und im Internet hinterlegt, damit die Ausstellung Eingang findet in die Unterrichtsplanung. Zudem können die Lehrpersonen speziell zur Eröffnung eingeladen werden. Sinnvoll ist es, für Lehrpersonen eine spezielle Einführung in der Ausstellung zu organisieren.
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2.14 A N R EG U N G EN V E R M I T T L U N G SPR O G R A M M Möglichst früh, sobald der Inhalt der Ausstellung definitiv ist, können Ideen für das Vermittlungsprogramm entwickelt werden, vorzugsweise in Zusammenarbeit mit dem wissenschaftlichen Projektmitarbeiter, der den Inhalt der Ausstellung kennt und bei seinen Recherchen zum Beispiel mit potenziellen Referentinnen zu tun hatte. Es gilt, die Rahmenbedingungen zu klären sowie Ideen zu entwickeln und auszuwählen, um ein Konzept für das Vermittlungsprogramm zu erstellen, das sich an unterschiedliche Zielgruppen richtet wie kulturinteressierte Vereine, Schulen unterschiedlicher Stufen, Firmenangestellte auf einem Betriebsausflug, Familien etc. Rahmenbedingungen erkunden: • • • • • • •
Was möchten die Institution und/oder der Auftraggeber mit dem Vermittlungsprogramm erreichen? Welche Art von Veranstaltungen und Kooperationen sind von Seiten der Institution möglich oder vorgegeben? Wird die Ausstellung mit Partnern organisiert und gilt es, diese im Vermittlungsprogramm einzubeziehen? Steht ein Raum für die Veranstaltungen zur Verfügung? Wie viele Leute fasst er? Welche Infrastruktur ist vorhanden? Wie hoch ist das zur Verfügung stehende Budget? Passen die Ideen zu den Rahmenbedingungen? Prüfen Sie mit informellen Anfragen bei Partnern und möglichen Auftretenden, ob Interesse an einer Veranstaltung und Zeit dafür vorhanden ist.
Beispiele und Anregungen für Vermittlungsangebote Führungen: • • • • •
allgemein für Gruppen (auf Anfrage oder öffentlich ausgeschrieben) für ein spezifisches Publikum (Kinder, Behinderte, Männerverein) thematische Führungen zu besonderen Aspekten szenische Führungen (eine Schauspielerin führt in unterschiedlichen Rollen durch die Ausstellung) Dialog-Führungen (die Führungsperson interviewt eine Fachperson zum Thema auf dem Gang durch die Ausstellung)
Barbara Alder £ 2. Hinweise, Anregungen und Checklisten
Vorträge: • • • •
Vortragsreihe mit regelmäßig stattfindenden thematischen Vorträgen (in der Ausstellung oder im Vortragssaal) Vorträge zur Vertiefung unterschiedlicher Aspekte der Ausstellung (auf wissenschaftlichem Niveau, für Kinder, für Laienpublikum) Kurzvorträge oder Gespräche in lockerem Rahmen Buchvernissagen, passend zum Ausstellungsthema
Kooperationen: • • • • •
mit einem Kino (thematisch passender Filmzyklus, Kinoprogramm mit zum Ausstellungsthema passenden Filmen) mit einem Theater (Kindertheater-Aufführung in der Ausstellung, thematisch passende Aufführungen im Theater) mit Schulen (Angebot Workshops in der Ausstellung, Führungen etc.) Volkshochschulen (Kurse zum Thema, Ausstellungsbesuch) mit Institutionen, die thematisch nahe am Ausstellungsthema arbeiten
Angebote für Schulen: •
vgl. Materialanhang »2.13 Anregungen zum Angebot für Schulen«
Angebote für Kinder: • • •
Museums-Kinderclub Ferienangebote altersstufengerechte Kinderführungen (mit oder ohne erwachsene Begleitung)
Spezielle Events: • • • • • • •
Tag der offenen Tür thematische Schwerpunkttage Kindertage, -angebote Spezialöffnungen (abends, nachts etc.) Blick hinter die Kulissen Finissage Flohmarkt bei Schließung der Ausstellung
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Barbara Alder, Barbara den Brok Die perfekte Ausstellung Erarbeiten von Führungen in der Ausstellung
Führungen sind ein wichtiger und vom Publikum geschätzter Teil einer Ausstellung. Es ist deshalb sinnvoll, die Personen, die in der Ausstellung Führungen durchführen werden, frühzeitig einzubeziehen. Sie sollten über Inhalt und Gestaltung orientiert sein. Möglicherweise können sie wertvolle Inputs aufgrund ihrer Vermittlungserfahrung in die Erarbeitung der Konzepte einbringen. Spätestens jedoch in der Realisierungsphase, wenn die Ausstellungstexte geschrieben sind, wird für das Vermittlungspersonal ein schriftlicher Rundgang durch die Ausstellung erarbeitet. Lohnend ist die gemeinsame Erarbeitung des Ablaufs der Führung vor Ort mit dem Fachwissen des Führungspersonals, des wissenschaftlichen Mitarbeiters und/oder der Verantwortlichen für Bildung und Vermittlung. Das Dokument enthält neben den Informationen – wie Ausstellungstexte und Hinweise auf eingesetzte Medien (Objekte, Bild, Ton, Film etc.) – vertiefende Hintergrundinformationen zu den behandelten Themen. Es enthält zudem eine Beschreibung des inhaltlichen Ablaufs, des Rundgangs durch die Ausstellung. Das ermöglicht dem Vermittlungspersonal, sich vor der Eröffnung ins Thema und in die Ausstellung einzuarbeiten und eine Führung vorzubereiten. Sobald die Ausstellung steht, spätestens eine Woche vor der Eröffnung, wird das Vermittlungspersonal vor Ort in die Ausstellung eingeführt. Probeführungen in der Ausstellung zeigen der Vermittlung schwierige Stellen auf und ermöglichen es, direkt vor Ort gemeinsam Lösungen zu besprechen. Zusammen mit der verantwortlichen Person werden die Daten für öffentliche Führungen im Voraus vereinbart und mit der Einladung zur Eröffnung verschickt sowie auf der Website aufgeführt.
Barbara Alder £ 2. Hinweise, Anregungen und Checklisten
2.15 H INWEI SE A U F B AU Ein paar Wochen vor der Eröffnung wird die Ausstellung im Ausstellungsraum aufgebaut. Die Planung und die Organisation des Aufbaus fand in der Umsetzungsphase statt. Achten Sie darauf, dass zu Beginn des Ausstellungsaufbaus möglichst alles organisiert ist. In dieser Zeit fallen immer wieder unvorhergesehene Arbeiten an. Beispielsweise kann ein Objekt wider Erwarten nicht ausgestellt werden und es muss kurzfristig ein Ersatz her. Oder man stellt beim Aufbau fest, dass man noch eine zusätzliche Abbildung braucht, die es zu beschaffen gilt. Diese Arbeiten müssen Sie als Projektleiterin nicht selbst übernehmen, aber organisieren, wer sie ausführt. Für den Aufbau sind in der Regel die Gestalterin und ihr Team verantwortlich. Die Gestalterin sollte auch die Bauleitung übernehmen. Sie kennt die Pläne am besten und weiß, wie das Resultat aussehen soll. Je nach vertraglichen Abmachungen kann es aber auch sein, dass diese Rolle dem internen Techniker oder einer anderen Person übertragen wird. Es ist zentral, dass die Bauleitung jeden Tag mindestens einmal anwesend ist, um Fragen zu klären und Aufgaben zu verteilen. Ist das nicht der Fall, kommt es immer wieder vor, dass der Aufbau stockt, weil aufgrund von ungeklärten Fragen nicht weitergearbeitet werden kann. Es gilt an vieles zu denken: • • • • • • • • • • • • • •
Ausstellungsraum bereitstellen (elektrische Leitungen legen, Wände streichen, Boden verlegen etc.) Konstruktionspläne liegen vor (vorfabriziertes) Ausstellungsmobiliar (auch Vitrinen) aufbauen/platzieren Bilder platzieren und montieren interaktive Stationen platzieren, montieren, verkabeln, testen Medienstationen platzieren, montieren, verkabeln, testen bedienungs- und wartungsfreundliche Elektronik einbauen reinigen Objekte konservatorisch korrekt platzieren und befestigen Texte platzieren und montieren, ausleuchten zweite Reinigung Pressefotos anfertigen Vermittlungspersonal probt Führungen
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2.16 C HEC KLI S T E E VA LUAT I O N E R A RB EIT U N G Die Projektleiterin lädt alle am Ausstellungsprojekt Beteiligten zu einer Abschlusssitzung ein und leitet diese. Sie lässt die Ergebnisse für den Abschlussbericht und als wichtige Erfahrungen für zukünftige Projekte protokollieren. Tagesordnungspunkte: Die Projektleiterin verschickt die Liste mit den Fragen9 zusammen mit der Sitzungseinladung und bittet um individuelle Ergänzungen. Nach Bedarf werden die aufgeführten Stichwort-Fragen in der Sitzung ergänzt oder gestrichen und dann besprochen. Die grundlegenden Fragen werden auf jeden Fall diskutiert. Grundlegende Fragen: • • • •
Was ist gut gelaufen? Was ist nicht gut gelaufen? Wurden die Ziele erreicht (Einhaltung der Termine und des Budgets, Qualität der Zusammenarbeit, des Inhalts etc.)? Wie wurden sie erreicht? Was lässt sich für die Planung zukünftiger Projekte festhalten?
Stichwort-Fragen zur Ausstellung: • • • • • • • •
Passt der Titel? Ausstellungstexte: Sind sie lesbar, verständlich? Objekte: Sind sie für das Publikum verständlich? Medien: Funktionieren sie? Grafik/Werbung/Erscheinungsbild: Stimmt der vermittelte Eindruck mit der Ausstellung überein? Wie ist die Resonanz in der Presse? Ist das Publikum zufrieden? Gibt es Mängel? Sind sie behoben?
9 In Anlehnung an B. Alder: Projektrealisation am Museum.BL.
Barbara Alder £ 2. Hinweise, Anregungen und Checklisten
Stichwort-Fragen zur Projektarbeit: • • • • • •
• • • • • •
allgemeine Zusammenarbeit: Zufriedenheiten/Unzufriedenheiten Schnittstellen: Klappte die Kommunikation? Terminplanung: War sie realistisch? Konnten die Termine eingehalten werden? Kommunikation/Information: Verfügten immer alle über die für sie nötigen Informationen? Projektleitung: Nahm sie ihre Aufgaben wahr? Was sollte sie das nächste Mal anders machen? Projektmitarbeitende: In welcher Qualität konnten sie ihre Aufgaben ausführen? Stimmten die Bedingungen? Was sollte jedes einzelne Teammitglied das nächste Mal anders machen? Arbeitsklima: Wie beschreiben die Teammitglieder das Arbeitsklima? externe Partner: Wie lief die Zusammenarbeit? Ausstellungstexte: Wie lief die Erarbeitung? Aufbau: Wie funktionierten Planung, Ablauf und Schnittstellen? Objekte: Wie funktionierten Ausleihe, Transport, Platzierung etc.? Medien in der Ausstellung: Wie funktionierten Planung und Aufbau?
Separate Teilprojekte: Auch die Erarbeitung der separaten Teilprojekte wie Rahmenprogramm, Begleitpublikation etc. kann anhand solcher Fragen evaluiert werden.
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2.17 C HEC KLI S T E E VA LUAT I O N A U SS T ELLU N G Die Projektleitung lädt alle am Ausstellungsprojekt Beteiligten zu einer Abschlusssitzung ein und leitet diese. Sie lässt die Ergebnisse für den Abschlussbericht und als wichtige Erfahrungen für zukünftige Projekte protokollieren. Tagesordnungspunkte: Die Projektleitung verschickt die folgenden Fragen10 und Stichworte zusammen mit der Sitzungseinladung und bittet um individuelle Ergänzungen. Nach Bedarf werden die aufgeführten Stichwort-Fragen an der Sitzung ergänzt oder gestrichen und dann besprochen. Die grundlegenden Fragen werden auf jeden Fall diskutiert. Grundlegende Fragen: • • • •
Was ist gut gelaufen? Was ist nicht gut gelaufen? Wurden die Ziele der Ausstellung erreicht (Wirkungsziele, Vermittlungsziele etc.) Was lässt sich für die Durchführung zukünftiger Ausstellungen festhalten?
Stichwort-Fragen zur Ausstellung: • • • • • • • • • • •
Wie war die Resonanz in der Presse? Was für Reaktionen gab es vom Publikum? Verstand das Publikum, worum es in der Ausstellung ging? Wie war die Zufriedenheit/Unzufriedenheit des Publikums? Was kam besonders gut an? Was wurde überhaupt nicht verstanden? Löste die Ausstellung die Erwartungen ein, die mit der Werbung und dem Erscheinungsbild beim Publikum geweckt wurden? Funktionierte die Technik? Wie stabil war das verwendete Material? Gab es technische oder bauliche Mängel? Wurden sie rasch behoben? Objekte: Wie funktionierten Rückgabe, Transport etc.?
10 In Anlehnung an B. Alder: Projektrealisation am Museum.BL.
Barbara Alder £ 2. Hinweise, Anregungen und Checklisten
Stichwort-Fragen zur Zusammenarbeit: • • • • •
• •
allgemeine Zusammenarbeit: Zufriedenheiten/Unzufriedenheiten Schnittstellen: Klappte die Kommunikation? Kommunikation/Information: Verfügten alle immer über die für sie nötigen Informationen? Kasse/Empfang: Nahmen sie ihre Aufgaben wahr? Was sollte das nächste Mal anders gemacht werden? Aufsicht/Vermittlung: In welcher Qualität konnten sie ihre Aufgaben ausführen? Stimmten die Bedingungen? Was sollte jedes einzelne Teammitglied das nächste Mal anders machen? Arbeitsklima: Wie beschreiben die Mitarbeitenden das Arbeitsklima? externe Partner: Wie lief die Zusammenarbeit?
Separate Teilprojekte: Auch die separaten Teilprojekte wie Rahmenprogramm, Begleitpublikation etc. können anhand solcher Fragen evaluiert werden.
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2.18 C HEC KLI S T E A BSCHLUSSBERICHT Der Abschlussbericht fasst die Projektabwicklung zusammen und beschreibt und bewertet sowohl den Entstehungsprozess wie auch das Resultat. Bildmaterial lockert den Bericht auf und ermöglicht auch auf einer visuellen Ebene einen Einblick in den Projektverlauf und das Endergebnis, die Ausstellung. Es empfiehlt sich, bei der Erarbeitung strukturiert vorzugehen und zuerst ein Grobkonzept zu entwickeln, einen Zeitplan zu erstellen, die Erwartungen an den Bericht sowie dessen Ziele und Inhalte zusammenzutragen, das Zielpublikum zu definieren beziehungsweise mit dem Auftraggeber abzusprechen und erst dann den Bericht zu verfassen. Er muss vom Auftraggeber genehmigt werden, bevor er an weitere Leser geht. Umfang und Detaillierungsgrad stimmen Sie auf den Empfänger ab. Der Abschlussbericht beschreibt und umfasst in der Regel folgende Punkte: • • • • • • • • • • •
Ausstellungsziele Projektorganisation, Vorgehensweise, Ablauf- und Terminplanung Einschätzung des Projektverlaufs, der Ziele und der Führung Einschätzungen der Zusammenarbeit und Reaktionen der Projektmitarbeitenden Abweichungen betreffend Kosten, Zeit und Aufwand Besucherreaktionen Reaktionen der Presse Reaktionen der Partnerinstitutionen Abschlussrechnung Empfehlungen für Folgeprojekte abschließende oder vorangestellte kurze Zusammenfassung des wichtigsten Inhalts und der wichtigsten Erfolge
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3. W EITERFÜHRENDE I NFORMATIONEN
3.1 Z IT IER T E S U ND KOM MENT I ER T E S L IT ER AT U RV ER ZEICHNIS Alder, Barbara: Projektrealisation am Museum.BL. Ein Leitfaden zum Projektmanagement, mit Vorlagen. Typoskript, Liestal 2010. Um das Vorgehen bei der Ausstellungserarbeitung und generell bei der Realisation von Projekten zu vereinheitlichen, Leerläufe und die Wiederholung der immer gleichen Fragen zu reduzieren, erarbeitete die Autorin zusammen mit Arbeitskolleginnen und -kollegen einen Leitfaden mit Vorlagen. Alder, Barbara: Projektmanagement für Ausstellungen. Am Beispiel von Ausstellungen im Museum.BL in Liestal. Schriftliche Projektarbeit NDK »Führen in Nonprofit-Organisationen« an der Fachhochschule Solothurn/Nordwestschweiz. Typoskript, Basel 2004. Als Abschlussarbeit eines Nachdiplomkurses verfasste die Autorin eine praxisorientierte Anleitung für die Erarbeitung einer Ausstellung am Museum. BL, Liestal (CH). Alder, Barbara: Unterlagen und handschriftliche Notizen aus dem Nachdiplomstudium Museologie an der Universität Basel, 1998-2000. Unveröffentlicht. Das zwejährige Nachdiplomstudium der Universität Basel bot einen exzellenten Einstieg in die Museumsarbeit. Alle für ein Museum relevanten Bereiche wurden anhand von theoretischer Literatur und Beispielen aus der Praxis vertieft. Der Studiengang existiert in dieser Form nicht mehr. Alder, Barbara/Favre, Pascal/Linker, Karolin: Ausstellen im Schulhaus. Ein Kurs im Rahmen der LehrerInnen-Fortbildung BL. Programm 2000 unter dem Motto »Auf zu neuen Ufern!«, Dokumentation. Typoskript, Liestal 2000. Ein Kurs in vier Einheiten für Lehrpersonen, der ihnen Tipps und Tricks nahe bringt, wie sie mit ihrer Klasse mit einfachen Mitteln eine gestaltungs- und wirkungsreiche Ausstellung im Schulhaus verwirklichen können. Dawid, Evelyn/Schlesinger, Robert (Hg.): Texte in Museen und Ausstellungen. Ein Praxisleitfaden, Bielefeld: transcript 2002. Ein für die Praxis ausgezeichneter Leitfaden für das Verfassen von lesbaren und besucherfreundlichen Ausstellungstexten, mit einem theoretischen Teil und praktischen Fallbeispielen.
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Drews, Günter/Hillebrand, Norbert: Lexikon der Projektmanagement-Methoden. 2. Auflage, Freiburg: Haufe-Lexware GmbH & Co 2010. Der in Zusammenarbeit mit der Deutschen Gesellschaft für Projektmanagement e.V. entstandene Praxisratgeber verschafft einen guten Überblick über eine Vielzahl von Methoden im Projektmanagement. Jede Methode wird zuerst in Form einer Tabelle nach Sinn, Zweck, Einsatzmöglichkeit und Aufwand vorgestellt und dann verständlich beschrieben. Zum Schluss folgt eine ausführliche Vertiefung mit teilweise sehr komplexen Anwendungsbeispielen. Eine CD-ROM mit Methodenbeispielen und Checklisten liegt der Publikation bei. Gächter, Hans P.: Projektmanagement, Luzern/Zürich: Akademie für Erwachsenenbildung o.J. (vermutlich 1993/94). In einer kleinen Broschüre zusammengestellt, beschreibt der Autor kurz und verständlich die zentralen Elemente des Projektmanagements: die Phasen eines Projekts, die Methoden und die Thematik der Führung im Projekt. Geiger, Ingrid K./Romano, Roger/Gubelmann, Josef/Badertscher, Kurt/Pifko, Clarisse: Projektmanagement – Zertifizierung nach IPMA(3.0) – Ebenen D und C. Grundlagen und Kompetenzelemente, Methoden und Techniken mit zahlreichen Beispielen. 2., überarbeitete Auflage, Zürich: Compendio 2009. Das systematisch aufgebaute, leicht verständliche Buch gibt einen guten Überblick über die gesamte Bandbreite des Projektmanagements. Das Lehrbuch möchte nicht nur das zur Projektdurchführung nötige Wissen vermitteln, sondern auch Themen aus der täglichen Projektarbeit behandeln. Der Aufbau des Buches richtet sich nach den Kompetenzrichtlinien der International Project Management Association IPMA. Huber, Joachim/von Lerber, Karin: Handhabung und Lagerung von mobilem Kulturgut. Ein Handbuch für Museen, kirchliche Institutionen, Sammler und Archive, Bielefeld: transcript 2003. Der leicht verständliche und systematisch aufgebaute Praxisleitfaden erläutert die grundlegenden Fragen im Umgang mit Objekten. Das Buch ist nicht nur für Sammlungsexperten, sondern auch für Ausstellungskuratorinnen und -projektleiter zu empfehlen. ICOM Schweiz – Internationaler Museumsrat, Kommission Ausbildung (Hg.): Museumsberufe in der Schweiz. Anforderungsprofile basierend auf den Anforderungsprofilen für Museumsberufe in Europa, ICOM-Schweiz 2010. Angesichts der nationalen Besonderheiten im Museum, insbesondere in der Berufsbezeichnung oder in der Ausbildung, ist diese Zusammenstellung der Berufsbilder im Museum und der europäische Vergleich der Bezeichnungen
Barbara Alder £ 3. Weiterführende Informationen
sehr hilfreich für die Orientierung. Sie dient auch dazu, die Professionalisierung der Museumsarbeit zu fördern und die einzelnen Berufe aufzuwerten. Bereits 2008 veröffentlichte der Deutsche Museumsbund eine ähnliche Publikation. Müller, Carl C./Truckenbrodt, Michael: Handbuch für Urheberrechte im Museum. Praxiswissen für Museen, Ausstellungen, Sammlungen und Archive, Bielefeld: transcript 2013. Das Buch zum Urheberrecht im Museum ist im transcript Verlag in Vorbereitung. Ottmann, Roland: »Qualität im Projektverlauf sichern: der Kunde soll zurückkommen, nicht das Produkt«, in H. Schelle: Projekte zum Erfolg führen, S. 199-223. Untersuchungen zeigen, dass die Zufriedenheit des Auftraggebers mehr von der Qualität denn von der Einhaltung der Kosten und der Termine abhängt. Deshalb ist das Thema Qualität zentral. Der Autor vertieft diesen Begriff in seinem Beitrag schlüssig. Roth, Erwin: Erfolgreich Projekte leiten. Überlegt planen, entscheiden, kommunizieren und realisieren. 2., überarbeitete Auflage, Braunschweig/Wiesbaden: Vieweg & Sohn, 1999. Erwin Roth analysiert mit kritischem Blick die Stolpersteine in Projekten. Nicht Instrumente, sondern das Wahrnehmen von Verantwortung bestimmt über Erfolg oder Misserfolg. Im Zentrum des Buches steht denn auch das auf Ziele ausgerichtete Handeln und der Wille, dies zu tun. Schelle, Heinz: Projekte zum Erfolg führen. Projektmanagement systematisch und kompakt. 6., überarbeitete Auflage, München: dtv 2010. Die Publikation stellt einfach und verständlich dar, was Projektmanagement sein kann, was die Projektleitung an Fähigkeiten mitbringen und worauf sie achten sollte. Das Buch liest sich leicht und macht Mut, eine Projektleitung zu übernehmen. Schulz von Thun, Friedemann: www.schulz-von-thun.de. Der renommierte Kommunikationswissenschaftler hat erstmals 1981 in seinem Buch »Miteinander reden 1, Störungen und Klärungen« das »Vier-OhrenModell« vorgestellt. Die wichtigste Erkenntnis darin ist, dass wir zugleich mit vier Zungen sprechen und mit vier Ohren hören. Diese Tatsache macht menschliche Kommunikation spannend, aber auch spannungsreich und störanfällig. Es ist das inzwischen bekannteste und am weitesten verbreitete Kommunikationsmodell.
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Barbara Alder, Barbara den Brok Die perfekte Ausstellung
3.2 A U S WA HL A N I NT ERNE TA DRE SSEN Museen www.icom.museum – »International Council of Museums« (ICOM) ist der weltweite Verband der im Museumsbereich tätigen Menschen, organisiert jeweils national und international. www.museums.ch – Die Plattform der Museen in der Schweiz und in Liechtenstein, gepflegt durch »ICOM Schweiz« und den »Verein Museen Schweiz« (VMS). www.museumsbund.at – Der »Museumsbund Österreich« ist die Interessensgemeinschaft der österreichischen Museen. www.museumsbund.de – Der »Museumsbund« ist der bundesweite Interessenverband aller deutschen Museen sowie ihrer Mitarbeiter. Projektmanagement Die Vereinigung IPMA, »International Project Management Association«, bietet einen zertifizierten und international einheitlichen Lehrgang zum Projektmanager an. Sowohl in Deutschland wie der Schweiz und Österreich gibt es länderspezifische Vereine. In Deutschland bietet die »Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.« (GPM) mit der Zertifizierungsstelle PM-ZERT, in der Schweiz der »Verein zur Zertifizierung im Projektmanagement« (VZPM) und in Österreich »Projekt Management Austria« (PMA) die entsprechenden Lehrgänge und Zertifikate an.
www.gpm-ipma.de – Das Netzwerk für Projektmanager von GPM, der »Deutschen Gesellschaft für Projektmanagement e.V.«, bietet über ihre Zertifizierungsstelle PM-ZERT Zertifizierungen im Projektmanagement an. www.ipma.ch – Die Website von »International Project Management Association« in der Schweiz. www.p-m-a.at – Die Plattform für alle am Projektmanagement Interessierten in Österreich. Auch der Verein in Österreich bietet über »Projekt Management Austria« (PMA) die Zertifizierung nach IPMA an. www.spm.ch – »Swiss Project Management Association« ist ein branchenübergreifender Fachverband für Projektmanagement. www.vzpm.ch – Der »Verein zur Zertifizierung im Projektmanagement« führt die Zertifizierungskurse nach IPMA in der Schweiz durch.
Schriften zum Kulturund Museumsmanagement Patrick S. Föhl, Patrick Glogner Kulturmanagement als Wissenschaft Überblick – Methoden – Arbeitsweisen. Einführung für Studium und Praxis September 2012, ca. 150 Seiten, kart., ca. 13,80 €, ISBN 978-3-8376-1164-9
Carl Christian Müller, Michael Truckenbrodt Handbuch Urheberrecht im Museum Praxiswissen für Museen, Ausstellungen, Sammlungen und Archive November 2012, ca. 200 Seiten, kart., ca. 25,80 €, ISBN 978-3-8376-1291-2
Andrea Rohrberg, Alexander Schug Die Ideenmacher Lustvolles Gründen in der Kultur- und Kreativwirtschaft. Ein Praxis-Guide 2010, 256 Seiten, kart., zahlr. Abb., 24,80 €, ISBN 978-3-8376-1390-2
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Schriften zum Kulturund Museumsmanagement Bettina Habsburg-Lothringen (Hg.) Dauerausstellungen Schlaglichter auf ein Format Juli 2012, 396 Seiten, kart., 29,80 €, ISBN 978-3-8376-1873-0
Yvonne Leonard (Hg.) Kindermuseen Strategien und Methoden eines aktuellen Museumstyps Oktober 2012, ca. 300 Seiten, kart., zahlr. z.T. farb. Abb., ca. 27,80 €, ISBN 978-3-8376-2078-8
Susanne Gesser, Martin Handschin, Angela Jannelli, Sibylle Lichtensteiger (Hg.) Das partizipative Museum Zwischen Teilhabe und User Generated Content. Neue Anforderungen an kulturhistorische Ausstellungen Juni 2012, 304 Seiten, kart., 28,80 €, ISBN 978-3-8376-1726-9
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Schriften zum Kulturund Museumsmanagement Angela Jannelli Wilde Museen Zur Museologie des Amateurmuseums Mai 2012, 390 Seiten, kart., 33,80 €, ISBN 978-3-8376-1985-0
Tobias G. Natter Michael Fehr Bettina Habsburg-Lothringen (Hg.) Die Praxis der Ausstellung Über museale Konzepte auf Zeit und auf Dauer Februar 2012, 258 Seiten, kart., 29,80 €, ISBN 978-3-8376-1862-4
Regina Wonisch, Thomas Hübel (Hg.) Museum und Migration Konzepte – Kontexte – Kontroversen September 2012, ca. 232 Seiten, kart., zahlr. Abb., ca. 27,80 €, ISBN 978-3-8376-1801-3
Leseproben, weitere Informationen und Bestellmöglichkeiten finden Sie unter www.transcript-verlag.de
Schriften zum Kulturund Museumsmanagement Patrick S. Föhl, Patrick Glogner Kulturmanagement als Wissenschaft Überblick – Methoden – Arbeitsweisen. Einführung für Studium und Praxis Dezember 2012, ca. 150 Seiten, kart., ca. 13,80 €, ISBN 978-3-8376-1164-9
Carl Christian Müller, Michael Truckenbrodt Handbuch Urheberrecht im Museum Praxiswissen für Museen, Ausstellungen, Sammlungen und Archive November 2012, ca. 200 Seiten, kart., ca. 25,80 €, ISBN 978-3-8376-1291-2
Andrea Rohrberg, Alexander Schug Die Ideenmacher Lustvolles Gründen in der Kultur- und Kreativwirtschaft. Ein Praxis-Guide 2010, 256 Seiten, kart., zahlr. Abb., 24,80 €, ISBN 978-3-8376-1390-2
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Schriften zum Kulturund Museumsmanagement Christiane Schrübbers (Hg.) Moderieren im Museum Ein Leitfaden für dialogische Besucherführungen Februar 2013, ca. 250 Seiten, kart., ca. 26,80 €, ISBN 978-3-8376-2161-7
Gernot Wolfram (Hg.) Kulturmanagement und Europäische Kulturarbeit Tendenzen – Förderungen – Innovationen. Leitfaden für ein neues Praxisfeld November 2012, ca. 280 Seiten, kart., ca. 29,80 €, ISBN 978-3-8376-1781-8
Jochen Zulauf Aktivierendes Kulturmanagement Handbuch Organisationsentwicklung und Qualitätsmanagement für Kulturbetriebe Oktober 2012, ca. 200 Seiten, kart., zahlr. Abb., ca. 28,80 €, ISBN 978-3-8376-1790-0
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Standbein Spielbein – Museumspädagogik aktuell
Die einzige museumspädagogische Fachzeitschrift Deutschlands richtet sich an Institutionen, MuseumspädagogInnen und KulturvermittlerInnen, die sich haupt- oder freiberuflich mit Kommunikation und Vermittlung in Museen und Ausstellungen beschäftigen. Die inhaltlichen Schwerpunkte reichen von Qualitätssicherung bis Living History, von Migration bis Web 2.0. AutorInnen aus dem gesamten deutschsprachigen Raum stehen für Vielfalt der Themen und kontroverse Denkansätze. Der Serviceteil enthält Projektberichte, Buchvorstellungen und Terminkalender u.v.m. Standbein Spielbein erscheint dreimal jährlich. Jahresabo: 21,– EUR (Ausland 23,50 EUR) Einzelheft 8,– EUR (Ausland 8,50 EUR), ISSN 0936-6644 Infos, Abos und Bestellungen: Redaktion Standbein Spielbein: Romy Steinmeier Eidelstedter Weg 63 a · D-20255 Hamburg fon+fax: +49 (0)40-491 69 59 · email: [email protected] www.museumspaedagogik.org Herausgeber ist der Bundesverband Museumspädagogik e.V.