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German Pages 522 [524] Year 1931
Forschungen zum Deutschtum der Ostmarken Im Auftrage der Preußischen Akademie der Wissenschaften herausgegeben von Dr. H a n s W i t t e Zweite Folge: Quellenforschung / Zweiter Band.
DIE ORTSNAMEN DER SUDETENLÄNDER ALS GESCHICHTSQUELLE Von
Dr. Ernst Schwarz Professor an der Prager Deutschen Universität
M i t 13 A b b i l d u n g e n im einer Grundkarte
und
Text,
10 z. T . m e h r f a r b i g e n
Deckblättern
V e r l a g v o n R. O l d e n b o u r g / M ü n c h e n u n d B e r l i n / 1 9 3 1
Alle Rechte, einschliefilich das der Übersetzung, vorbehalten. Druck: August Hopfer in Burg b. M.
Hermann - und - Elise - geb. • Heckmann -Wentzel • Stiftung
Mit Unterstützung der Notgemeinschaft der Deutschen Wissenschaft in Berlin, der Stiftung für deutsche Volks- und Kulturbodenforschung in Leipzig und der Deutschen Gesellschaft der Wissenschaften und Künste für die Tschechoslowakische Republik in Prag
Vorwort
VII
Vorwort. Über Ziel und Zweck des vorliegenden Buches gibt die Einleitung Seite 3 Auskunft. Seite 4S. wird das Nötige über den Umfang des Arbeitsgebietes, die Beschaffung des Stoffes und die angewandte Methode gesagt. Als vorläufiges Endziel versuche ich, die Aussagen der Ortsnamen bis etwa 1300 möglichst genau für die Geschichte verwertbar zu machen, die deutsche Wiederbesiedlung im Lichte der Namen darzustellen und die allmähliche Herausbildung der Sprachgrenze anzudeuten.
Die Sudeten-
länder werden bewußt in den gleichzeitigen Ablauf der deutschen Kolonisation des Ostens hineingestellt. Die Grundlage der wissenschaftlichen Verwertung der Ortsnamen ist ihre vertiefte sprachliche Untersuchung, wobei die Namenbeziehungen zwischen Deutschen und Tschechen naturgemäß in den Vordergrund gerückt sind. Die Betrachtung im Räume, durch die moderne Dialektgeographie angeregt, soll durch die historische Vertiefung sichere Aussagen ermöglichen. Das Manuskript ist im Mai 1929 abgeschlossen worden. Auf spätere Neuerscheinungen konnte nur vereinzelt Rücksicht genommen werden. Herzlichen Dank sage ich allen Körperschaften und Personen, die meine Arbeit gefördert haben: der Wentzel-Heckmann-Stiftung, der Notgemeinschaft der Deutschen Wissenschaft und der Deutschen Gesellschaft der Wissenschaften und Künste für die Tschechoslowakische Republik in Prag für die Gewährung ansehnlicher Druckkostenbeiträge, der Stiftung für deutsche Volks- und Kulturbodenforschung und ihrem Vorsitzenden Herrn Geheimrat Prof. Wilhelm V o 1 z für die verständnisvolle Würdigung und Unterstützung der Arbeit, dem Herausgeber Herrn Archivdirektor Dr. Hans W i t t e , Neustrelitz, für die bereitwillige Vertretung der Aufnahme in die „Forschungen", ihm und dem wissenschaftlichen Beamten der Preußischen Akademie der Wissenschaften Herrn Prof. S t h a m e r für die Bemühungen, den Druck in Gang zu bringen, dem Vorstand des geographischen Institutes an der Prager Deutschen Universität Herrn Prof. Bernhard B r a n d t für freundliche Ratschläge bei der Zeichnung der Deckblätter, die in seinem Institut druckreif gemacht worden sind,
Vorwort
VIII
dem Verlage R. O l d e n b o u r g in München für die Erlaubnis, zwei Aufsätze in der Zeitschrift für Ortsnamenforschung 5, S. 25 ff. und 105 ff., die für das Buch bestimmt und für den Zusammenhang nicht zu entbehren waren, zu verwenden und teilweise wiederabzudrucken. Die Druckerei hat den stellenweise nicht leichten Satz sehr rasch und vortrefflich bewältigt. Immer auf den Quellen fußend, will hier ein Germanist dazu beitragen, die im Mittelalter beginnende Auseinandersetzung von deutschem und slawischem Volkstum aufzuhellen. Möge das Buch helfen, aus dem Verständnis für die Vergangenheit Belehrung für die Gegenwart zu schöpfen. Prag, im Feber 1931. Ernst S c h w a r z .
Inhalt
IX
Inhalt. Seite
Vorwort Verzeichnis der Abbildungen, Karten und Deckblätter Benütztes Schrifttum und Abkürzungen Einleitung I. B i l d u n g u n d V e r ä n d e r u n g d e r O r t s n a m e n A . Bildung der Ortsnamen a) Vorslawische Namen 1. Vorkeltische Namen (besonders illyrische) 2. Keltische Namen 3. Germanische Namen b) Tschechische Ortsnamen 4. Slawische Völkernamen 5. Siedlerbezeichnungen (Ortsnamen auf -ovü, -inü, -j%, -ici, -ovici, -janinu, -ynja, Pluralformen, Zusammensetzungen mit ves) . . 6. Berufs- und Spottnamen. Namen für menschliche Tätigkeit . . 7. Naturnamen 8. Bergnamen 9. Gewässernamen c) Deutsche Ortsnamen 10. Siedlernamen (-ing, -ern, genetivische Ortsnamen) 11. Bezeichnungen für Wohnstätten 12. Gewerbliche, kirchliche und Verkehrsnamen 13. Der deutsche Bergbau in der Ortsnamengebung 14. Rodungsnamen 15. Naturnamen 16. Bergnamen 17. Gewässernamen. — Sonstiges d) Bemerkungen zur deutschen und tschechischen Ortsnamengebung . 18. Anlässe der Namengebung. Wahl des Personennamens . . . . 19. Geographische Einflüsse bei der Namengebung. Quellgebietsund Mündungsnamen 20. Verkleinerungsbildungen in Ortsnamen 21. Unterscheidung gleicher Ortsnamen 22. Namensänderungen
VII XI XII i 7 7 7 7 16 26 47 47 55 59 68 71 74 78 78 81 90 95 106 118 123 127 131 131 136 139 143 146
B. Veränderung der Ortsnamen 148 23. Mundartliche Entwicklung der Namen 148 24. Betonung der Ortsnamen 158 25. Analogie in Ortsnamen (Einfluß der Nachbarschaft) 165 26. Mundartliche Aussprache und Schriftform 186 27. Volks- und Schreiberumdeutung. Änderung von Silbengrenze und Wortanlaut 194
Inhalt
X
28. Namenberührungen von Deutschen und Tschechen 198 a) Wörtliche Übernahme 198 29. b) Gegenseitiger E r s a t z von Suffix, E n d u n g oder G r u n d w o r t . . 201 30. c) Übersetzungen 209 31. d) Verschiedene Namen 213 32. e) Mehrfache Entlehnung 217 33. Die moderne tschechische Namengebung 219 II. O r t s n a m e n
als G e s c h i c h t s q u e l l e
34. V e r w e r t u n g f ü r Sprachwissenschaft und Volkskunde a) Bedeutung f ü r die W o r t - und Lautlehre 35. b) Bedeutung f ü r Mundartengeographie 36. c) Verwertung in der Volkskunde 37. Kulturgeschichtliche Bemerkungen 38. Feststellung slawischer Sprach- und Stammesgrenzen 39. Die Urlandschaft und der tschechische Landesausbau bis etwa 1230 40. Die F r a g e der Schichtung der tschechischen Ortsnamen und ihrer wirtschaftsgeschichtlichen Bedeutung 41. Deutsche Ortsnamen bis 1300. Verbreitungsgebiet der deutschen Ortsnamen überhaupt 42. Der F o r t g a n g der deutschen Besiedlung bis 1300 im Lichte der Lautersatzregeln a) Alttschechisch g zu h 43. b) Die Behandlung des tschechischen b und v 44. c) Ersatzverhältnisse der s- und jc/t-Laute 45. d) Deutsche F o r m e n mit r gegenüber tschechischem f . . . . 46. Die deutsch-tschechische Sprachgrenze um 1300, an den Ortsnamen betrachtet 47. Fehlen namenkundlicher Beziehungen vom 7.—11. Jahrhundert. Beurteilung der Hypothesen über die deutsche Wiederbesiedlung 48. Beispiele namenkundlicher Betrachtungsweise a) Die slawische Besiedlung des Egerer Bezirkes auf Grund der Ortsnamen 49. b) Die Bildung der Schönhengster Sprachinsel im Lichte der Ortsnamen und Mundarten 50. Die H e r k u n f t der deutschen Ansiedler nach Ausweis von Ortsnamen und Mundart Verzeichnis der besprochenen N a m e n
223 223 223 229 241 242 247 263 269 282 295 295 314 326 350 365 368 382 382 393 429 472
Abbildungen, Karten und Deckblätter
XI
Verzeichnis der Abbildungen, Karten und Deckblätter. Seite
Abbildung 1: Vorslawische Namen in den Sudetenländern 11 2: Der Burberg bei Kaaden 3 = Ortsnamen auf -seifen in den Sudetenländern 4 : Die Hält-Orte der Kremnitz-Deutschprobener Sprachinsel . . . . 5 = Nou in Mundart und Ortsnamen 6 : Ortsnamen auf -spitz; b für mhd. w 7 = Verkleinerungen auf -chen und -cht in Nordböhmen 8 : Die einstige tschech.-sorbische Grenzzone in Böhmen 9 = Deutsche Formen tschech. Ortsnamen mit g und mit v für tschech. b; tschech. Formen deutscher Ortsnamen mit h „ 10: Ortsnamen mit s oder z für tschech. f •1 11: Slawische Ortsnamen im pB Eger . 1. 12: Ortsnamen der Schönhengster Sprachinsel . . . . . . . 13: Dialektgeographie im Dienste der Heimatfrage Grundkarte mit deutsch-tschech. Sprachgrenze und dem Verbreitungsgebiete prähistorischer Funde von i—500 n. Ch. Deckblatt 1: Ortsnamen auf darf „ 2: Deutsche Rodungsnamen » „ „ „ „ „ „ „
3: 4: 5: 6: 7: 8: 9: 10:
»n^-Namen Genetivische Ortsnamen Tschechische Ortsnamen bis 1230 Deutsche Ortsnamen bis 1300 Verbreitungsgebiet der deutschen Ortsnamen Bis 1300 gegenseitig übernommene Ortsnamen mit ¿-Lauten Ortsnamen mit r statt tschechisch f Deutsche und eingedeutschte Ortsnamen bis 1300
46 49 101
"S 233
237 240 253
297 363
383 395
427
XII
Schrifttum
Benütztes Schrifttum und Abkürzungen 1 ). 1. Anzeiger für deutsches Altertum und Litteratur, herausgegeben von Edward Schröder, Berlin (abgekürzt: AdA). 2. Archiv für slavische Philologie, hg. v. E. Berneker (AslPh). 3. Bayerische Hefte für Volkskunde, hg. von F. Lüers, München (BHfV). 4. Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur, hg. von Eduard Sievers, Halle a. S. (PBB). 5. Ein Bernarregister P r a g 1876 (BR).
des Pilsener
Kreises
vom Jahre 1379, hg. von Josef Emier,
6. Erich Berneker, Slavisches etymologisches Wörterbuch, I. Bd. ( A — L ) . Heidelberg 1908—13. 7. B. Bretholz, Geschichte Böhmens und Mährens. 4 Bände, Reichenberg 1921 ff. (Bretholz). 8. Codex diplomaticus et epistolaris regni Bohemiae, hg. von G. Friedrich, I (von 805—1197), II (1198—1230), P r a g 1907, 1912 (CB). 9. Codex diplomaticus et epistolaris Moraviae (306—1411), 15 Bände (CM). 10. Codex diplomaticus Silesiae, Breslau (Cod. Sil.). 11. Otto Cuntz, Die Geographie des Ptolemaeus, Berlin 1923. 12. F. Cerny und P. Vdfa, 13. 14. 15. 16.
Moravskä jmina mistni.
Vyklady
filologicki.
Brünn
1907 (Cern$-Vdia). Deutsche Siedlungsforschungen Rudolf Kötzschke zum 60. Geburtstage dargebracht, Leipzig-Berlin 1927. M. Ebert, Reallexikon der Vorgeschichte, Berlin-Leipzig, 1926ff. (Ebert RV). E. Förstemann, Altdeutsches Namenbuch. I. Bd. Personennamen. II. Bd. Ortsnamen. 2. bzw. 3. Auflage, hg. von H. Jellinghaus, Bonn 1900, bzw. 1913. W. Friedrich, Die historische Geographie Böhmens bis zum Beginn der deutschen Kolonisation (Abhandlungen der geographischen Gesellschaft in Wien, IX. Bd., Nr. 3) W i e n 1912 (Friedrich).
17. Idn Gebauer, Slovnik starocesky. Bisher 2 Bände ( A — N ) , P r a g 1903 ff. 18. G. Gerullis, Die altpreußischen Ortsnamen, Berlin-Leipzig 1922 (Gerullis). 19. H. Gradl, Die Ortsnamen im Fichtelgebirge und in dessen Vorlande (Archiv für die Geschichte und Altertumskunde von Oberfranken, 18). — Die Abkürzung Gradl1 nimmt Bezug auf die Darstellung der deutschen in Heft 1, GradP auf die der slawischen Ortsnamen in H e f t 3. 20. Hugo Hassinger, Die Tschechoslowakei. Wien-Leipzig-München 1925. 21. Holder, Altceltischer Sprachschatz. 3 Bände (Holder). 22. /. Hoops, Reallexikon der Germanischen Altertumskunde. 1911—19 (Hoops RGA).
4 Bände, Straßburg
*) Alle in diesem Verzeichnis nicht enthaltenen, aber benutzten Schriften sind in den Fußnoten namhaft gemacht worden.
Schrifttum
XIII
23. W. Jungandreas, Beiträge zur Erforschung der Besiedlung Schlesiens und zur Entwicklungsgeschichte der schlesischen Mundart (Wort und Brauch, 17. Heft), Breslau 1928 (Jungandreas). 24. Kaindl, Geschichte der Deutschen in den Karpathenländern, 2 Bände (Kaindl). 25. J. M. Klimesch, Die Ortsnamen im südlichen und südwestlichen Böhmen I, II, Prag 1909, 1912 (Klimesch). 26. P. Knauth, Ortsnamenkunde des östlichen Erzgebirges. Freiberg 1927 (Knauth). 27. H. Krähe, Die alten balkanillyrischen geographischen Namen. Heidelberg 1925 (Krähe).
28. R. Kubitschek, Von den Namen der Heimat. Oberplan 1923 (Kubitschek). 29. J. Leipoldt, Die Geschichte der ostdeutschen Kolonisation im Vogtland auf der Grundlage der Siedlungsformenforschung. Plauen i. V. 1928 (Leipoldt). 30. Libri confirmationum ad beneßeia ecclesiastica Pragensem per archidioecesim
I (von F. A. Tingl), II—VIII (von J. Emier) (von 1362—1436). Prag 1867s.
(LC). 31. Libri citationum et sententiarum. Brünn i872ff., hg. von V. Brandl (LCit). 32. Libri erectionum archidioecesis Pragensis saeculo XIV et XV. I—VI (1358—
1405), Prag 1875 ff. (LE). 33. F. Liewehr, Die Ortsnamen des Kuhländchens (Veröffentlichungen der Slavistischen Arbeitsgemeinschaft an der Deutschen Universität in Prag I 1), Reichenberg 1926 (Liewehr). 34. /. Lippert, Sozialgeschichte Böhmens in vorhussitischer Zeit. 2 Bände, WienPrag-Leipzig 1896, 1898 (Lippert). 35. F. Machatschek, Landeskunde der Sudeten- und Westkarpathenländer (Bibliothek länderkundlicher Handbücher, hg. von A. Penck), Stuttgart 1927. 36. O. Menghin, Einführung in die Urgeschichte Böhmens und Mährens (Anstalt für Sudetendeutsche Heimatforschung, Vorgeschichtliche Abteilung, Heft 1). Reichenberg 1926 (Menghin). 37. F. Miklosich, Die Bildung der slavischen Personen- und Ortsnamen. 3 Abhandlungen (Manuldruck aus den Denkschriften der Wiener Akademie der Wissenschaften, phil.-hist. Klasse von 1860—1874) Heidelberg 1927 (Miklosich). 38. Mitteilungen des Institutes für österreichische Geschichte, Wien (MIöG). 39. Mitteilungen des nordböhmischen Vereins für Heimatforschung, vormals Nord-
böhmischer Exkursionsklub, B.-Leipa (MEK).
40. Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Deutschen in Böhmen, hg. von W .
Wostry, Prag (MGB).
41. Mitteilungen des Vereins für Heimatkunde des Jeschken-Isergaues, hg. von E.
Gierach, Reichenberg (MJIG). 42. Monumenta Egrana, Denkmäler des Egerlandes als Quelle für dessen Geschichte, hg. von H. Gradl, Eger 1886 ff. (ME). 43. Karl Müller, Die Geographie des Ptolemaeus, Paris 1883. 44. R. Müllenhoff, Deutsche Altertumskunde, Berlin 18700. (Müllenhoff, DAK). 45. L. Niederle, Slovanski StaroSitnosti, 4 Bände, Prag (Niederle, Slov. Star.).
46. H. Preidel, Germanen in Böhmen im Spiegel der Bodenfunde (Anstalt für Sudetendeutsche Heimatforschung, Heft 3), Reichenberg 1926 (Preidel). 47. Regesta diplomatica neenon epistolaria I (600—1253)
von
K. J . Erben, II (1254—
1310), III (1311—1333)» IV (1333—1346) von J . Emier, Prag 1855 ff. (RegB).
XIV
Schrifttum
48. Registra decimarum papalium (Abhandlungen der böhm. Ges. der Wissenschaften, 1873, 6. Folge, 6. Band) (PZ). 49. Reliquiae tabularum terrae citationum vetustissimae, hg. von F. Dvorsky und J . Emler, Prag 1868. 50. K. Rösler, Die Ortsnamen (Heimatkunde des Bezirkes Komotau, 3. Band, 1. Heft), Komotau 1928 (Rösler). 51. E. Sandbach, Die Schönhengster Ortsnamen (Slavica, hg. von M. Murko, 6). Heidelberg 1922 (Sandbach). 52. L. Schmidt, Geschichte der deutschen Stämme bis zum Ausgange der Völkerwanderung. 2 Bände, Berlin 1910, 1918. 53. /. Schränil, Die Vorgeschichte Böhmens und Mährens (Grundriß der slawischen Philologie und Kulturgeschichte, hg. von R. Trautmann und M. Vasmer), Berlin und Leipzig 1928 (Schränil). 54. Th. Schütz, Slavische Ortsnamen im Gerichtsbezirke Kaaden und Duppau (Jahrbuch der Stadt Radonitz, hg. von R. Wenisch, 1914, S. 27 ff.) (Schütz). 55. Ernst Schwarz, Zur Namenforschung und Siedlungsgeschichte in den Sudetenländern (Prager Deutsche Studien, 30. Heft), Reichenberg 1927 (Namenforschung). 56. Derselbe, Die germanischen Reibelaute s, f, ch im Deutschen (Schriften der Deutschen Wissenschaftlichen Gesellschaft in Reichenberg, hg. von E. Gierach, Heft 1), Reichenberg 1926 (Reibelaute). 57. Derselbe, Die Ortsnamen des östlichen Oberösterreich (Prager Deutsche Studien, 42. Heft), Reichenberg 1926 (Oböst. ON). 58. A. Sedldlek, Snüska starych jmen, jak se nazyvaly v Cechdch reky, potoky, hory a lesy (Rozpravy cesk£ akademie ved a umenf, I, Nr. 60), Prag 1920 (Sedldlek, SnüSka). 59. Fr. Steinbach, Studien zur westdeutschen Stammes- und Volksgeschichte (Schriften des Instituts für Grenz- und Auslandsdeutschtum an der Universität Marburg, Heft s), Jena 1926 (Steinbach). 60. K. Weinhold, Die Verbreitung und die Herkunft der Deutschen in Schlesien (Forschungen zur deutschen Landes- und Volkskunde, hg. von Lehmann-Kirchhoff II, S. 161 ff.) (Weinhold, Verbreitung und Herkunft). 61. 7. Wisnar, Die Ortsnamen der Znaimer Bezirkshauptmannschaft (Jahresbericht des Gymnasiums in Znaim 1894—95 und 1895—96), (Wisnar, Znaimer ON). 62. Zeitschrift für deutsches Altertum und deutsche Literatur, hg. von Edward Schröder, Berlin (ZdA). 63. Zeitschrift des deutschen Vereins für die Geschichte Mährens und Schlesiens, hg. von Strzemcha, Brünn (ZGM). 64. Zeitschrift für Ortsnamenforschung, hg. von J . Schnetz, München (ZONF). 65. Zeitschrift für slavische Philologie, hg. von M. Vasmer, Leipzig (ZslPh). 66. Zeitschrift für vergleichende Sprachwissenschaft auf dem Gebiete der indogermanischen Sprachen, Göttingen (KZ). 67. K. ZeuB, Die Deutschen und ihre Nachbarstämme (Manuldruck, Heidelberg 1925). 68. / . Melich, Magyar nyelvtudomdny kisikönyve: A honfoglaldskori Magyarorszdg. Budapest 1929 (Melich, Landname).
Schrifttum
XV
Folgende Schriften konnten nicht mehr verwertet werden: 69. H. Micko, Die Mundart von Wadetstift. Reichenberg 1930. 70. A. Müller, Quellen- und Urkundenbuch des Bezirkes Teplitz-Schönau bis zum Jahre 1500. Prag 1929. 71. H. Preidel, Die germanischen Kulturen in Böhmen und ihre Träger. 1930. 72. IV. Schuster, Die Ortsnamen des pB Aussig (Heimatkunde des Bezirks Aussig 2, S. 133 ff )- 1930. 73. Ernst Schwärs, Die Ortsnamen des Bezirkes Gablonz (MJIG 1930, S. 12 ff.)- — Belege aus diesem Bezirke sind dieser Schrift, die als Heft 1 des „Sudetendeutschen Ortsnamenbuches" gesondert herauskommen wird, entnommen. 74. W. Steinhauser, Die genetivischen Ortsnamen Österreichs (Sitzungsberichte der Wiener Akad. der Wiss., phil.-hist. Kl., 206. Bd., 1. Abh.). Wien 1927 (erschienen 1930). Folgende Abkürzungen werden außerdem noch häufig angewendet: ahd. = althochdeutsch ; asl. = altslawisch; bair. = bairisch; d. = deutsch; FN = Familienname; GB = Gerichtsbezirk; md. = mitteldeutsch; mda. = Mundart, mundartlich; mhd. = mittelhochdeutsch; obd. = oberdeutsch; obersorb. = obersorbisch; ON = Ortsname; pB = politischer Bezirk; PN=Personenname; poln.=polnisch; schles.= schlesisch; tsch(ech). = tschechisch.
Einleitung. Im deutschen Osten gehören die O r t s n a m e n zu den wichtigsten Geschichtsquellen. Auch dem Laien fällt die große Anzahl der slaw. O N auf und er ahnt, daß ihre Aufnahme in den deutschen Mund nur eine der Äußerungen der Auseinandersetzung von deutschem und slawischem Volkstum ist. Schon F. Palacky hat den O N der Sudetenländer sein Augenmerk zugewendet 1 ). Er hat nicht nur über die Bildung der tschechischen O N gehandelt 2 ), er hat auch schon versucht, sie in den Dienst der nationalen Sache zu stellen, indem er auf Grund von Urkunden die tschech. Gestalt der O N in den deutschen Gebieten wiederherzustellen trachtete 3 ). Es ist ihm nicht immer gelungen, wobei man zu bedenken hat, daß er in erster Linie Historiker war. Ordnung in das große slaw. Namenmaterial hat erst F. Miklosich gebracht, der die Bildung der O N aus Personennamen im Slaw., die Bildung der slaw. Personennamen und die slaw. O N aus Appellativen in besonderen Abhandlungen dargestellt hat. In Einleitungen hat er die wichtigsten Bemerkungen dazu zusammengestellt. Seine in den Jahren 1860—1874 erschienenen Arbeiten sind wegen der Fülle des zusammengetragenen Materiales noch heute unentbehrlich, wenngleich einzelne Mängel immer deutlicher hervortreten und eine auf dem seitdem zugänglich gemachten Stoff aufgebaute Neubearbeitung ein dringendes Erfordernis ist. Die deutsche Namenforschung in Böhmen hat I. Petters eingeleitet 4 ). Ihm war schon die Notwendigkeit klar, ein ON-Buch Böhmens zu schaffen, wobei er O N im weitesten Sinne genommen hat. Hinweise auf die O N Bildung der Nachbarländer zeigen, daß ihm auch die Wichtigkeit einer Vergleichung für die Zusammenhänge der Namengebung und der Besiedlungsvorgänge klar gewesen ist. E r hat als erster die Umwandlung der böhmischen(= tschechischen) O N im Munde der Deutschen behandelt 8 ), ohne freilich schon die phonetische Begründung geben zu können. Im *) Vgl. das kritische Referat des V f . „Die Ortsnamenforschung in den Sudetenländern" ( Z O N F 4, 64 ff.). *) Rozbor etymologicky mistnfch jmen ceskoslovanskych (Casopis cesk. Musea 1834, S. 404 ff.). ') Ohlídka ve staroceském místopisu, zvlásté krajin jiz ponémcovych (Casopis cesk. Musea 1846, S. 55 ff.). Beide Aufsätze sind wieder abgedruckt in den Spisy drobné II, S. 248 ff. «) Die deutschen O N Böhmens (MGB 7, 1 ff.); Zur Kunde alter deutscher O N (Germania 12, 469ff.). 6 ) Uber die O N Böhmens (Piseker Gymnasialprogramm 1855). (
2
Einleitung
nächsten Jahre (1856) äußert er sich bei der Besprechung eines Buches: „Wir müssen dabei dem Herrn Verfasser vorzüglich dafür danken, daß er die Lautübergänge bei Umwandlung der ON sorgfältig beachtet und ihre Regeln festzustellen sucht. Dadurch wird das anscheinend Willkürliche zu einem notwendig Bedingten, dem sein Recht nicht abgestritten werden darf." Er spricht dann weiter über die ON in Böhmen, „über deren schmähliche Entstellung durch die deutschen Einwanderer so häufig (von tschech. Seite) geklagt wird" 4 ). Leider ist gerade über diese wichtigste Seite der ON-Forschung im deutschen Osten jahrzehntelang hinweggegangen worden. Allen ONArbeiten in den Sudetenländern und darüber hinaus ist bis ins neue Jahrhundert der Vorwurf der Einseitigkeit nicht zu ersparen. Es wird dabei von den Kinderkrankheiten, die jede neu emporkommende Wissenschaft durchzumachen hat, abgesehen. Aber der Germanist sah in der Regel nicht das Slaw., das für den Slawisten wieder allein da war. So arbeitete man nebeneinander, ohne zu sehen, daß auf einem Boden, wo Deutsche und Slawen jahrhundertelang zusammengewohnt haben, eine Masse von gegenseitigen Berührungen auch in den Namen aufgefunden werden müßte, die bei genügender Erkenntnis viele Auskunft über die Volksbeziehungen geben könnten. Im folgenden seien nur diejenigen Arbeiten hervorgehoben, die sich mit ON einer größeren Gegend beschäftigen. Auf die anderen wird gelegentlich eingegangen werden. Gradl hat die ON des Egerlandes in seiner alten Ausdehnung behandelt, von dem richtigen Standpunkte ausgehend, daß ein geschichtlich zusammengehöriges Gebiet auch einen gemeinsamen Namenschatz besitzt. Die ON der südmährischen Bezirke Znaim und Nikolsburg hat IVtsnar dargestellt7), die der südböhmischen Bezirke Kaplitz, Krumau, Budweis und Prachatitz Klitnesch. Der mährischen ON v haben sich Cerny und Väsa angenommen. Alle diese Arbeiten kranken an dem oben gerügten Mangel, der damals freilich noch nicht deutlich gefühlt wurde. Das gilt auch von Altrichters Aufsatz über die Dorfnamen der Iglauer Sprachinsel8), während die Arbeit von A. Sedldcek®) von historischem und nationalem Interesse getragen wird. Ihm kam es darauf an, aus Urkunden, Urbaren, ON usw. die tschech. Benennungen der Flüsse, Berge usw. fest- und wiederherzustellen. Es ist ihm wegen mangelnder philologischer Kenntnisse nicht überall geglückt. Ein vertieftes Verständnis für die deutsch-slaw. ON-Beziehungen •) ') 121 ff.). 8 ) •) nützten
österreichische Blätter für Literatur und Kunst 1856, S . 405. Diesen in seinen „Beiträgen zur geographischen Namenkunde" ( Z G M 4, Iglauer Gymnasialprogramm 1 9 1 2 — 1 3 . Snuska starych jmen . . . Die genaueren Titel sind im Verzeichnis des beSchrifttums angeführt.
Ä l t e r e Schriften
3
bahnten die Arbeiten von P. Lessiakl0) an. Sowohl in deutscher wie slaw. Philologie daheim zeigte er, daß die Übernahme slaw. O N in deutschen Muild und umgekehrt durchaus nicht willkürlich ist, sondern in den jeweilig geltenden Aussprachsverhältnissen phonetisch begründet ist und dort, wo es an genauen Lautentsprechungen fehlt, Lautersatzerscheinungen zu beobachten sind, die in ihrer Regelmäßigkeit gewisse Rückschlüsse auf die Zeit der Entlehnung gestatten. Die große Bedeutung dieser F o r schungen liegt darin, daß es dadurch möglich ist, an Stelle der früheren mehr oder minder durch lautlichen Anklang veranlaßten und deshalb z. T . willkürlichen Deutungen wissenschaftlich gestützte einwandfreie zu geben, die ON-Kunde gerade in den deutsch-slaw. Grenzgebieten zur Wissenschaft zu erheben und ihre Ergebnisse für die Geschichtsforschung bereitzustellen. Neuere Arbeiten in den Sudetenländern haben die Zeit und A r t der Eindeutschung in größerem Maße beachtet. Dies gilt von Schütz über die slaw. O N der Gerichtsbezirke Kaaden und Duppau, Sandbach über die Schönhengster O N , Liewehr über die O N des Kuhländchens, Rößler über die des pB Komotau. Vermißt wird die Auswertung der Ergebnisse der ON-Forschung für die Fragen der Geschichte, besonders der in den Sudetenländern voranstehenden Probleme der Siedlungsgeschichte. In dem 1921 erschienenen I. Bande der „Geschichte Böhmens und Mährens" von Bretholz wurde eine zwar nicht neue, aber nun erst mit Nachdruck vertretene Hypothese über die Herkunft der Sudetendeutschen in den Vordergrund gestellt, ohne daß auf die Aussagen der Sprach- und besonders Namenforschung irgendeine Rücksicht genommen worden wäre. Dadurch wurde mein Buch von 1923 über Namenforschung und Siedlungsgeschichte in den Sudetenländern ausgelöst. Das Material war nur bis etwa 1230 erfaßt worden und die Ergebnisse befriedigten mich nicht allseits. E s erwies sich als notwendig, die Untersuchung auf größeres Material zu stützen und über größere Zeiträume auszudehnen. Die Vorarbeiten dazu haben schon 1924 eingesetzt und sind in verschiedenen Zeitschriften ( Z O N F , MGB, AslPh, ZslPh) z. T . erschienen. Auch Fragen der Frühgeschichte wurden behandelt (in Aufsätzen in Sudeta, MöG). Gleichzeitig habe ich der Mundartenforschung mein Augenmerk zugewendet, die nicht nur eine der Grundlagen für O N Forschung, sondern auch ein wichtiges Hilfsmittel zur Klarlegung der Siedlungsprobleme im deutschen Osten ist (vgl. meine Aufsätze in den Mitteilungen der Schles. Gesellschaft für Volkskunde, in Teuthonista und P B B ) . Die Ergebnisse liegen in diesem Buch vor, das neben die sprachliche Betrachtung der O N bewußt ihre Verwertung für die Geschichte stellt. " ) Die wichtigsten sind: Die Mundart von Pernegg ( P B B 28, 1 ff.); Ein B e i trag zur kärntnischen O N - K u n d e (Carinthia I, 96, 129 ff.); Alpendeutsche und A l p e n slawen in ihren sprachlichen Beziehungen (Germ.-roman. Monatsschrift 1910, S. 274ff.); Die kärntnischen Stationsnamen (Carinthia I, 112, i f f . ) .
i»
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Einleitung
Von den anderen Beiträgen, die bestrebt waren, die Sprach- und Namenforschung in den Dienst der Siedlungsgeschichte zu stellen, sind am zahlreichsten die Aufsätze von A. Mayer. Zu ihnen wird bei Gelegenheit im Buch Stellung genommen. Von richtigen Voraussetzungen ausgehend hat Mayer immer mehr und mehr die Selbständigkeit der Namenforschung geopfert und sie in einseitiger Weise zugunsten der Bretholzschen Hypothese verwendet. E r übersieht ganz die große Menge von Aussagen, die sich aus den O N für die spätmittelalterlichen Beziehungen von Deutschen und Tschechen ergeben. So scheinen mir seine Aufsätze geeignet, den Nichtphilologen, der nicht Richtiges von Unrichtigem zu scheiden versteht, und die junge ON-Wissenschaft, die sich ja ihre Methode erst schaffen muß, auf Irrwege zu führen. Die Historiker haben die O N bei ihren Forschungen nicht in dem Maße berücksichtigt, wie es notwendig gewesen wäre. Es gilt das nicht nur für das Buch von Bretholz, sondern auch für die anderen Landesgeschichten. Zur Entschuldigung kann nur dienen, daß das Material dazu vom Philologen nicht bereitgestellt war. Mehr Augenmerk haben die Geographen den O N zugewendet. Das Buch von W. Friedrich über die historische Geographie Böhmens ist trotz aller Mängel, die ihm anhaften, eine hervorragende Leistung. E r hat ganz systematisch die O N zu verwerten gesucht, weniger mit philologischen als mit geographischen Mitteln. E r hat damit eine Methode angebahnt, die sehr ausbaufähig ist. Die großen Werke von Hassinger und Machatschek leiden darunter, daß sie den Namenschatz und seine Aussagen noch nicht in der wirklich zukommenden Bedeutung ausschöpfen konnten. Ich habe mich in diesem Buche auf die Sudetenländer beschränkt. Ich habe aber immer im Auge behalten, daß diese nur einen Teil des ostdeutschen Raumes darstellen. In diesem ist überall mit gleichen oder ähnlichen Voraussetzungen zu rechnen. Von der Ostsee bis zur Adria hat sich hier das Deutschtum mit der Slawenwelt seit dem Mittelalter auseinanderzusetzen gehabt. Auf dem Gebiete der O N ist in Nordostdeutschland fast noch alle Arbeit zu leisten. Die bisherigen Werke können in ihrer Einseitigkeit und ihrem mangelhaften philologischen Unterbau nicht befriedigen. Ich kann auch Brückners Ausführungen über die slaw. Namengebung Ostdeutschlands 11 ) nicht ganz billigen. Dieser hervorragende Slawist hat gewiß recht, wenn er die Mängel der zahlreichen Arbeiten über dieses Gebiet hervorhebt, die Wichtigkeit der Vergleichung z. B. mit dem polnischen Namenschatze betont und die verschiedenen von philologischem Wissen nicht beschwerten Äußerungen der Lokalforscher zerpflückt. Aber er selber sieht auch nur die slaw. Namen, ohne mitzuteilen, was ihre Lautgestalt im deutschen Munde aussagt. Er trachtet nur aus " ) Ostdeutschlands slawische Namengebung (Deutsche Geschichtsblätter 1916, S . 75 ff.); Zur slawisch-deutschen Namenkunde (ZslPh 3, 1 ff.).
Bedeutung für den deutschen Osten
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den deutschen Schreibungen die richtige slaw. Grundlage und damit eine Deutung zu gewinnen. Dabei bleibt er stehen, ohne daran zu denken, diese Erkenntnisse für die Geschichte der deutsch-slaw. Berührungen auszunutzen. E r ist noch sehr geneigt, unter den Schreibungen die Willkür hervorzuheben. Dadurch, daß er die Lautersatzregeln Lessiaks nicht in ihrer vollen Bedeutung zur Kenntnis nimmt, verschmäht er, die den Schreibungen zugrunde liegende Aussprache im deutschen Munde in die Wagschale zu werfen. Seine pessimistischen Äußerungen über die Aussagen der slawischen Namengebung Ostdeutschlands 12 ) sind nur unter dem Gesichtspunkte der einseitigen Slawistik verständlich und es ist nicht der geringste Zweck dieses Buches zu zeigen, daß doch mehr aus dem Namenschatze des deutschen Ostens herausgeholt werden kann. Grundsätzlich werden in diesem Buche die deutschen wie die tschechischen Namen als gleichwertig betrachtet, selbstverständlich auch die Formen, die bei der Übernahme in deutschen und tschechischen Mund zustande gekommen sind. Der philologischen Behandlung ist der erste Teil eingeräumt. E r soll die Grundlage für die geschichtliche Verwertung im zweiten Teil bieten. Im übrigen wurde die philologische Darstellung auf das unbedingt Notwendige beschränkt, da ja das Buch auch für Nichtphilologen berechnet ist. Erstmalig im deutschen Osten ist die geographische Methode mit Deckblättern angewendet worden. Bei wichtigen Erscheinungen wurde immer nach ihrem Verbreitungsgebiet und nach der Ursache dafür gefragt. Der Mängel mancher Ergebnisse bin ich mir wohl bewußt. E s wird ein jetzt und seit alter Zeit zusammenhängendes Gebiet herausgegriffen, das aber doch, vom Standpunkt des deutschen O N Forschers und des Kulturhistorikers betrachtet, kein Ganzes darstellt. E s wird das Wagnis unternommen, Folgerungen anzuknüpfen, ohne daß alle Nachbarlandschaften gründlich untersucht worden wären. Die zufälligen Staatsgrenzen sind selbstverständlich je nach Bedarf überschritten worden. A l s größter Nachteil hat sich das Fehlen eines ON-Buches der Sudetenund der Nachbarländer erwiesen. Es war mühselig, sich aus den vielen auf verschiedener Höhe stehenden Urkundenwerken die Namenbelege zu verschaffen. Die Archive konnten beiseite gelassen werden, da der Hauptwert auf die Ausschöpfung der Namen bis 1300 gelegt war und für diese Zeit viel Material zur Verfügung stand. E s ist selbstverständlich, daß jeder, der den Namenschatz eines kleinen Gebietes, z. B. eines Bezirkes, 1S ) Z. B. Deutsche Geschichtsblätter 1916, S. 87: „Aus diesen Angaben erhellt zur Genüge, wie schwierig zu behandeln und im Grunde genommen, wie undankbar und aussichtslos das ganze Thema ist; niemals würde die darauf angewandte Mühe sich verlohnen"; S. 90: „Der positive Ertrag, den diese ganze Namengebung liefert, ist ein minimaler"; „Darüber kann es keine Täuschung geben, daß hinter der aufgewandten Mühe dieser philologischen Kleinarbeit des Slawisten, eventuell auch des Germanisten, der positive Ertrag weit zurückbleibt".
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Einleitung
bearbeitet, in Einzelheiten Verbesserungen zu dem hier Gesagten wird vornehmen können, da vollständigeres Material eben überall ein genaueres Urteil ermöglicht. Dieser Nachteil muß mitgenommen werden, da dafür der Vorteil des Überblickes über ganze Länder in die Wagschale geworfen werden kann und Erkenntnisse dadurch möglich sind, die bei einem kleinen Blickfeld ausgeschlossen wären. E s war nicht möglich, die Verbindung der ON-Kunde mit den anderen Wissenschaften so innig herzustellen, wie es sich heute immer mehr als dringende Notwendigkeit ergibt. Immerhin konnte das Verhältnis zur heutigen Sprachgrenze, zur Grenzzone um etwa 1300, zur Urlandschaft im 6. und 13. nachchristlichen Jahrhundert, bisweilen auch zur Bodenbeschaffenheit erörtert werden. Die Deckblätter werden erst dann richtig ausgenützt werden, wenn sie mit ähnlichen, z. B. der Dorf-, Flur-, Hausformen usw. kombiniert werden können. Der derzeitige Stand der Arbeiten auf diesen Gebieten gestattete nicht, diese notwendigen Verknüpfungen hier vorzunehmen. Für diese Wissenschaftszweige bedeutet das Buch deshalb eine Bereitstellung des ON-Materials. M a g einzelnes auch verbesserungs- und erweiterungsfähig sein, so hoffe ich doch, daß die Notwendigkeit und der Wert solcher Forschungen anerkannt wird.
I. Bildung und Veränderung der Ortsnamen. A. Bildung der Ortsnamen. a) Vorslawische Namen, i. V o r k e l t i s c h e N a m e n (besonders illyrische). Die seit Beginn der mittleren Bronzezeit bis zur ersten Stufe des Eisenzeitalters in einem großen Räume von Westpolen und Südbrandenburg südwärts einschließlich der Sudetenländer und von Niederösterreich feststellbare sogenannte l a u s i t z i s c h e Kultur kann heute mit ziemlicher Sicherheit den Illyriern zugeschrieben werden. Keine der Hypothesen, die sie für germanisch oder slawisch oder karpodakisch ausgab, erwies sich als haltbar. Die slawische, eine der stärksten Stützen der Lehre von der slawischen Uransässigkeit, am nachdrücklichsten früher auf tschechischer Seite von Pic1), jetzt auf polnischer Seite von KostrzewskiJ) und zuletzt von Czekanowski') vertreten, ist ganz unmöglich. L. Niederle hat sich von diesen Anschauungen allmählich entfernt, obgleich er in seinem großen Werke (Staroz., Manuel I.) noch offensichtlich Zurückhaltung übt. Cervinka aber spricht nicht mehr davon 4 ). Schrdnil8) erklärt die Möglichkeit der Hypothese damit, daß die chronologischen Voraussetzungen unrichtig waren, das Material unzureichend und nicht genügend sorgfältig beglaubigt war und ein bestimmter Bestattungsbrauch, die Leichenverbrennung, zu sehr betont worden ist. Die slawische Hypothese ist auch aus sprachlichen Gründen unmöglich, wie M. Vastner •) betont hat. Auch die germanische Hypothese, deren Hauptvertreter C. Schuchhardf) ist, ist, da sich die lausitzischen Funde mit den sicher germanischen am Ufer der Nord- und Ostsee nicht in Einklang bringen lassen, abzulehnen. Am besten ist die Ansicht Kossinnas*) gestützt, daß i 11 y r i s c h e Stämme die Träger dieser Kultur gewesen seien. Der Wandertrieb der indogermanischen Stämme in Europa geht, seit sie ins Licht der Geschichte treten, tatsächlich mit Vorliebe *) J. L. PH, Starozitnosti zeme cesk6, Prag 1899; Die Urnengräber Böhmens, Prag 1907. ' ) Kostrzewski, Wielkopolska, S. i66ff. s ) Czekanowski, Wst^p da historji slowian, Lemberg 1927. «) Bei Ebert, R V II 55 fr. ») S. 222. •) ZslPh 2, 539 ff. und 4, 273 ff. Eine ausführlichere kritische Zusammenstellung der ganzen Frage bringt jetzt mein Beitrag (MöG 43) „Die Frage der slaw. Landnahmezeit in Ostgermanien". ') Prähistorische Zeitschrift 1 (1909), S. 360 ff. 8 ) Vgl. dazu jetzt Seeger bei Ebert, R V V I I 255.
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Vorkeltische Namen
nach Süden, aus leicht erklärlichen Gründen. Die O s e n , die noch um j o o n. Chr. in der Slowakei bezeugt sind") und ausdrücklich als pannonisch, d. h. im weiteren Sinne als illyrisch bezeichnet werden, sind gewiß die letzten Reste der Illyrier, deren Hauptmasse sich schon Jahrhunderte vorher gegen Süden (Nordostitalien, östliche Alpenländer, Balkan) ausgebreitet hatte. Auch Menghin10) hält die illyrische Hypothese für die wahrscheinlichste, da eine Verbindung der lausitzischen Kultur nach Ungarn und Oberitalien in der älteren Eisenzeit bestehe, wo wir beim Auftauchen geschichtlicher Nachrichten illyrische Stämme finden. Erhärtet wird diese Ansicht durch die i 11 y r i s c h e n Namen, die sich in den Sudetenländern und ihrer Nachbarschaft zeigen, auf die Kossinna11) und R. Much") nachdrücklich hingewiesen haben. Durch die Arbeiten von Krähe und Jokl") sind jetzt infolge der Herausarbeitung der illyrischen Bildungssuffixe und des gebotenen Vergleichsmaterials Untersuchungen und Feststellungen außerhalb des illyrischen Hauptgebietes eher möglich als vor einigen Jahren. In Betracht gezogen werden hier die bei antiken Schriftstellern, besonders in der Germania Magna des Ptolemaeus") angeführten Namen, ferner solche moderne, bei denen bestimmte Gründe veranlassen, ihnen hohes Alter zuzusprechen. Da es sich hier darum handelt, feste Grundlagen zu gewinnen, bleibt Allzuhypothetisches lieber fern. Dagegen werden auch Völkernamen herangezogen, um das antike Material möglichst auszuschöpfen. Auf der Karte des Ptol. (2,10) begegnet im oberen Elbegebiet Srpdyova, dessen Suffix illyrisch ist. O N auf -ön-a begegnen von Pannonien an sehr häufig, z. B. Flanona, Narona, Scardona, Emona u. a . " ) . Ein im Illyrischen sehr häufiges Suffix enthält weiter der O N AeoKctptöroc, der am Südabhange des 'Atfiaßoupyiov eingezeichnet ist 16 ). Das östlich der Moldau, die Ptol. für die Elbe hält, eingetragene Nop.iörr|piov deckt sich 17 ) gut mit Numistro, Nojutfrpcuv in Lukanien. Serouia südwestlich von 'Aödyica, im Lande der Quaden, erinnert an Setovia in Dalmatien 18 ). Unsicher ist die Zugehörigkeit von 'Apööviov und 'Apeucoua, da sonst nur die Suffixe -öna und -ika als illyrisch bezeugt sind. 'Apööviov ist südlich vom 'AöKißoopyiov, 'ApötKoua mehr gegen die Donau eingezeichnet. Man könnte an einen dem •) ") ll) ") ") M) ") ») ")
Tacitus, Germania, c. 43 u. c. 28. S. 69. Mannus 4, 2870. ZdA 41, 97 ff. Bei Ebert R V , Artikel „Albaner" und „Illyrier". O. Cunte, Die Geographie des Ptolemäus, Berlin 1923. Krähe, S. 49; R. Much bei Hoofs, R G A I I I 393. Krähe, S. 68; R. Much a . a . O . R. Much, Mitteil. d. Anthropol. Ges. in Wien 47, S. [40] und Hoops, R G A
III 319. ») Jokl bei Ebert, R V V I 46.
Illyrische Ortsnamen
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lateinischen ursus entsprechenden alten Namen für den Bären denken. Lateinisch ursus, griech. öpicro^, gallisch artos und alban. ari rühren aus idg. *arkso-, *ark-sko-„Brummer" her 19 ). Zu vergleichen sind die Flußnamen "Apöa, jetzt serb. Rasa und Arsia, Fluß in Istrien, jetzt kroat. Rasa20), und der Volksname 'Apöifjrai, der unten besprochen wird. Das schon nördlich des Riesengebirges in der Nähe der Weichselquelle angesetzte KaXiöia wurde von Zeuss S. 762 mit Kaiisch zusammengebracht, woran man heute noch vielfach festhält -21 ). Man betrachtet diesen O N als den einzigen, der mit Sicherheit mit einem heutigen Ort gleichgestellt werden könne. Der Name spielt bei polnischen Prähistorikern, bei denen er als Beweis eines alten so weit nach Westen (bis zur Weichselquelle) vorgeschobenen Slawentums gilt, eine große Rolle. Da aber in Wirklichkeit sonst nichts dafür spricht, daß die Slawen schon vor dem 6. Jh. in diese Gegend gelangt seien, ist zur Vorsicht zu raten. Es ist auch eine Ableitung aus einer anderen Sprache möglich, etwa von illyr. *käl-, vgl. altind. käla blauschwarz, schwarz, dorisch KaXic; „Fleck". Im übrigen ist wegen des Suffixes an den illyr. Namen Ulcisia, wegen des Grundwortes anKaXoiKivoi und Caloucianus bei Salonae zu erinnern 23 ). Mit dem dakischen Zivyiöaua ist zu vergleichen Siyyovr), von Ptol. in der slowakischen Ebene eingetragen, mit einem im Illyr. häufigen S u f f i x " ) . Srpeouivricc, im nördlichen Mähren angesetzt, hält R. Much") ansprechend für einen Flußnamen (aus *srevontiä, zur idg. Wurzel *srev- fließen), dem griech. peoutfa entsprechend. Der Wandel sr- zu str- ist im Illyrischen und Thrakischen schon alt, vgl. Srpujicov Struma, zu *srum- Fluß. Zu vergleichen ist wegen des Alters der Bildung noch preuß. Strewe ein See, litauisch Streva ein Fluß (Gerullis, S. 1 7 4 " ) ) . Festeren Boden betreten wir bei der Erklärung einiger Flußnamen. Das Fortleben in anderen Sprachen sichert die Grundlage, die von den in den verschiedenen Handschriften des ptolemäischen Werkes bezeugten Schreibungen deshalb viel unabhängiger ist. Die M a r c h begegnet zuerst bei Tac. Ann. II 63 als Marus. Die Endung -us ist häufig bei ülyrischen " ) Vgl. Indogermanisches Jahrbuch 12, 138. Dazu Loewenthal in P B B 45, 240; vgl. preuß. Arsio Orschen, Arse Fluß in Nadrauen (Gerullis, S. 11). KannengieBer hält Arsia in Istrien für etruskisch und vergleicht den etrusk. P N Arsius (Jokl bei Ebert V I 45). n ) So z. B. Brückner, Slavia 1, 399. ") Krähe, S. 18, 89; R. Much denkt ZdA 41, 123 an eine kelt. Ableitung; Vasmer spricht sich neuestens (ZslPh 5, 369) zweifelnd für unslawische Herkunft aus. ") R. Much bei Hoops, R G A I V 181. " ) Ebenda I V 294. " ) Uber ein baltisches Suffix -ind-, das auch in Flußnamen auftritt, s. Gerullis, S. 256. It>)
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Vorkeltische Namen
Flußnamen, vgl. Dravus, Savus, Drinus, Ulcus u. a. 29 ). Im Altslaw. sind fremde Flußnamen gern zu Femininen gemacht worden, vgl. Dräva, Sdva, Drina, Vuka. Eine keltische Ableitung ist nicht möglich, da das dem deutschen „Meer", ahd. mari, lat. mare entsprechende kelt. Wort mori- heißt, vgl. die kelt. Namen Aremorici, Morini, Vindomora. Im Illyrischen dagegen ist schon in alter Zeit idg. o zu a geworden 27 ). Der Name der Maros in Ungarn dürfte aus dem dem Illyr. nahe verwandten Dakischen stammen. Zugrunde liegt illyr. mar- „Sumpf, Moor" 2 8 ), ein Stamm also, der schon wegen seiner allgemeinen Bedeutung fähig ist, häufiger als Flußname gebraucht zu werden. Der mährische Name dürfte schon bei den Quaden in *Marahwö, später Maraha „Sumpffluß" umgedeutet worden sein, da darauf das ahd. Marahfahja in den Fuldaer Annalen, 1002 Maraaho (CB I 48), 1051 Maraha (CB I 51) samt der heutigen Schriftform March, wo das -ch den letzten Rest des -aha darstellt, weisen 29 ). Auf dem germ. *Maraha des 6. Jh. beruht dann das tschech. Morava, in den Ann. Altah. (MG X X 815) Marowa, 1213 Morawa (CB II 101). In der deutschen Mundart gilt für den Oberlauf tnöra, das auf das tschech. Morava zurückgeht. Wie häufig unser Gewässername gewesen sein muß, ersieht man daraus, daß er noch mehrmals zu belegen ist. M ö h r a heißt der bedeutendste Nebenfluß der Oppa in Nordmähren und Schlesien, die selbst einen illyr. Namen führt. Wohl könnte man nach der tschech. Form Moravice an eine Übertragung vom Hauptflusse Mährens (mit dem Sinn „kleine March") denken, aber die deutsche Aussprache zeigt, daß eine Grundlage Morava bestanden haben muß. Sie ist tatsächlich zu belegen, in einer Fälschung des 13. Jh. steht für unseren kleinen Fluß Morawa ( C B I I 3 7 3 ) . Die Verkleinerung ist also im Tschech. erst in späterer Zeit erfolgt, als es beim Ausbau des Landes notwendig wurde, die beiden gleichbenannten Gewässer auseinanderzuhalten. Auch ein Zufluß der Biele im Glatzer Kessel heißt M ö h r a , eine Moravka (Verkleinerung zu Morava) fließt in Ostschlesien in die Ostrawitza. Daß hier überall an letzten Endes illyrische Namengebung zu denken ist, folgt einmal aus der illyrischen Benennung der Hauptgewässer (March, Oppa, vielleicht auch Neiße), ferner daraus, daß die vom gleichbedeutenden altslaw. *mafe etwa mögliche Benennung *Mofinica ebenso wie Morava in Böhmen fehlt. Ein galizischer Fluß Morafa dürfte über *Morachwa zunächst aus dem Bastarnischen M ) Zum Namen der damit verglichenen Mur s. Pirchegger, Die slaw. O N des Mürzgebietes, S. 58, 121 ff., 194. Dagegen jetzt Steinhauser, ASIPI142, 244 [KN], ") Jokl bei Ebert, R V V I 43. ") Jokl bei Ebert, R V V I 36. Zum Namen vgl. noch Melich, Landnahme, S. 334, 225 ffM ) Auf ein Nebeneinander von quadisch 'Marahwa und *Marawa, das A. Mayer (ZGM 26, 35) konstruiert, deutet nichts. Uber das slaw. Flußnamensuffix -ava s. weiter unten S. 75.
Illyrische Flußnameh
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und weiter vielleicht aus einem gleichbedeutenden vorgerm. Flußnamen stammen 30 ). Der bei slaw. Forschern beliebte Hinweis auf die serbische Morava, wodurch slaw. Ableitung des Flußnamens gewiß sei, fällt zusammen, da der serb. Fluß ursprünglich Margus gelautet hat, bei den Serben also umgedeutet worden ist, die meisten Namen größerer Gewässer in Serbien übrigens vorslawischer Herkunft sind"). E s stimmt vorzüglich in die Reihe der hier als illyr. betrachteten Flußnamen, daß auch die O p p a , der Hauptfluß des früheren österr.Schlesien (wofür jetzt gern Oppaland gebraucht wird), nach einer ansprechenden Vermutung Jokls32) auf illyr. apa „Wasser" zurückgeführt werden kann 38 ). Die ältesten Belege sind 1062 fluuius Opa (Cod. Siles. V I I S. 10), 1031 Vpa (RegB I 4 1 ; verdächtige Urk.). Die deutsche Aussprache beruht auf tschech.-poln. Vermittlung (tsch. Opava). E s ist wieder die uns schon von der Morava her bekannte Anfügung des Suffixes (die in Wertach in Bayern: vorgerm. Virdo ihr Analogon hat) eingetreten, ja vermutlich auch hier die germanische Grundlage als *Apahwa anzusetzen. Die von mir Namenforschung S. 25 vermutete german. Ableitung ist besser fallen zu lassen, da das tschech. op- nur auf *ap- zurückgehen kann. Das illyr. apa, das Krähe noch nicht erschlossen hat, weist Jokl als Flußnamengrundwort in Erlaf, alt Arilape, Fluß in Niederösterreich 3 *) und Kulpa, alt KoXctJtw; (ansprechend als *quol-ap- „gewundener Fluß" gedeutet) nach 35 ), zumal im Baltischen, das wegen seiner Altertümlichkeit vielfach Berührungen mit dem Illyr. aufweist, das Wort noch als Simplex belegt ist (preuß. ape Fließ, apus Quelle), auch das Altindische dp- Wasser, avest. ap- „Wasser" kennt 38 ). Bei der aus dem Riesengebirge kommenden A u p a liegt illyr. U r sprung deshalb nahe, weil Ptol. hier die illyr. benannten KopKovroi (s. u.) einzeichnet. Der Fluß wird spät genannt (1568, 1569 IJpa), früher das darnach benannte Pfarrdorf Upa (so 1260, RegB II 1169), das dann in der Stadt Trautenau aufgegangen ist. Der tschech. Name geht auf ein *Aupä oder ein *Öpä zurück. Letzteres gibt eine sehr gute Etymologie. Wie das lit. upe „Fluß, Strom", lett. upe „Fluß, Bach" gegenüber preuß. M ) Über germ. Flußnamen in Galizien handelt Rozwadowski, Bemerkungen zur Vorgeschichte Osteuropas und zur Frage nach der indo-europäischen Urheimat auf Grund der Gewässernamen (Rocznik Slawistyczny 6, 53 ff.). '*) Gegen Niederle, Slov. Star. II 331. Zur Namengebung vgl. lett. Mare Fluß, lit. Zizmare Fluß (Gerullis, S. 28). " ) Bei Ebert, R V V I 35 ff. Über Oppa und Aupa s. jetzt Verf., Z O N F 6, 193 fr. IKN], " ) So jetzt auch Vastner, ZslPh 5» 3^93*) Im ersten Teil steckt wohl aril Adler, vgl. preuß. arelis in Arelen (See), Arle Orlen, lit. Orlia, ein Fluß (Gerullis, S. 10, 11). M ) Z O N F 2, 244. 3") Vgl. die Flußnamen preuß. Caupeaps, lit. Kaupupis, lit. Ragupe, pitui. Sarape Schwarup u. a. (Gerullis, S. 58, 143, 152).
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Vorkeltische Namen
ape zeigen, hat ein ablautendes W u r z e l n o m e n idg. *öp-, *op- b e s t a n d e n " ) . W e n n auch *öpa bis jetzt im Illyr. nicht bezeugt ist, ist gegen die M ö g lichkeit, j a Wahrscheinlichkeit seines Daseins kaum etwas einzuwenden. I m Germ, mußte *Öpa unverändert bleiben, im Tschech. d a f ü r schließlich Upa eintreten, worauf wieder das deutsche A u p a beruht. Bei der südlich der A u p a in die E l b e mündenden M e 1 1 a u , tsch. Medhuje (gesprochen Metuje), 1 1 8 6 Methugia ( C B I 282, z w e i f e l h a f t e s O r i g i n a l ) , in späteren Fälschungen des 13. Jh. Methuge, Methungen (CB I I 400) denkt Steinhaus er™) an illyr. met-, „ M i t t e " (erhalten in Metubarbis, Flußinsel „ z w i s c h e n den S ü m p f e n " , O N Metulum). Bei den drei Flüssen namens N e i ß e , der Glatzer Neiße, 981 und 1096 Niza, 1248 Nisa (Cod. Siles. V I I , S . 2, 14, N r . 668), der Görlitzer oder Gablonzer Neiße, 1241 Niza, Nizza ( R e g B I 482) und dem aus der wütenden und kleinen N e i ß e bestehenden Nebenbach der K a t z b a c h , habe ich N a m e n f o r s c h u n g S . 18 an eine germ. G r u n d l a g e *nid-, übersetzt in das S l a w . als Nízá „niedriger F l u ß " gedacht. D a aber die Görlitzer N e i ß e im Sorbischen Nisa genannt wird, also altes s enthält, empfiehlt sich diese A b l e i t u n g nicht. D a nach A u s w e i s von tschech. Jizera aus germ. *Izara (aus *Isara) bei Durchgehen durch german. M u n d f ü r zwischenvokalisches -s- ein z (stimmhafter L a u t ) z u erwarten wäre, möchte ich eine V o r l a g e *Nissa, vielleicht aus *Niksa assimiliert, annehmen 3 0 ). Gerade die Undeutbarkeit deutet auf ein sehr hohes A l t e r dieses Namens, der doch, w i e sein dreimaliges V o r k o m m e n nahelegt, einmal einen g a n z einfachen S i n n gehabt haben m u ß 4 0 ) . U n e r k l ä r t ist bis jetzt auch der N a m e der O d e r . D i e S c h r e i b u n g Souqßoc; ^orajiói; „ S w e b e n f l u s s " bei Ptol. I I 1 1 , 2, 8 ist offensichtlich gelehrt. S l a w . A b l e i t u n g w i r d gern a n g e n o m m e n " ) unter H i n w e i s auf ein mährisches und kroatisches F l ü ß c h e n Odra. A b e r in keinem dieser L ä n d e r sind die S l a w e n autochthon. D a bis nach Schlesien illyr. N a m e n reichen und die lausitzische K u l t u r hier einen Mittelpunkt hatte, w ä r e eine illyr. D e u t u n g ansprechender. M ü l l e n h o f f 4 2 ) sucht eine V e r k n ü p f u n g mit der bei Ptol. I I 1 1 , 2, 7 genannten OüiaSoóci^ herzustellen, die aber, nach der späteren E n t w i c k l u n g z u schließen, nicht die Grundlage unseres F l u ß n a m e n s sein kann. R . M u c h 4 3 ) sieht j e t z t ansprechend eine germ. ") Trautmann, Balt.-Slaw. Wörterbuch S. 11. Anz. f. d. Alt. 44, 12 nach Jokl, jetzt bei Eberl, R V I 86 ff. ™) Vgl. tschech. ponikva, in Mähren die Punkwa „Wasserloch", preuß. Nycape, lit. nykti „verschwinden", aber auch balt. nika- „niedergebeugt". Vasmer erklärt jetzt (ZslPh 5, 367), daß der Name weder aus dem Germanischen noch Slawischen gedeutet werden kann, weiß aber ebenfalls keine Erklärung zu bieten. 41 ) So Brückner, Deutsche Erde 4, 24. " ) D A K II 209. •') ZdA 62, 145.
Tllyrische Flußnamen
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benannte OinSaoüa darin und bezieht sie auf die Weide, einen bedeutenden rechtsseitigen Nebenfluß der Oder 4 1 ). Geschrieben wird 892 Odagra, Odogra in den Ann. Fuld., Adora bei Widukind 1, 28, Oddora bei Adam von Bremen 4, 13. Die tschech. und polnische Form Odra lassen auf altes *Adrä schließen, so daß Gierachs Ableitung 45 ) vom germ. adar, ahd. atar „schnell" nicht möglich ist. Hier liegt nämlich nach Ausweis von nordlit. ätrus „heftig, hitzig", altengl. ) AslPh 33, 67. " ' ) Rocznik Slawistyczny 6, 204. 185 ) K Z 49. 256 ff. 16 ') Vgl. Namenforschung S. 15; Steinhauser in der Ztsch. „Der neue Weg", 1927, S. 165 ff. 1,7> Pirchegger, Slaw. O N im Mürzgebiet, S. 19. Ul)
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Germanische Namen
hang mit Thaya kann bei dieser Etymologie keine Rede mehr sein. Bei dieser könnte man an germ. *dühia- „Schlamm" (norweg. dy) denken, da die tschech. F o r m Dyje auf ein *Düia deutet, falls nicht überhaupt ein *Dia vorliegt und die heutige tschech. Schreibung unrichtig ist. Einleuchtender wäre eine vorgerm. Etymologie, u. zw. bei dem Nebenfluß der illyrisch benannten March eine illyr. R. Much dachte 168 ) an idg. *dhü„heftig, bewegen, stürmen, toben", das in gr. \)6veiv sich heftig bewegen, duei er tobt, düvo Ühost' darstellt und der eine jiBildung zum P N asl. *Ögast, tschech. Ügost > Ühost ist. Für die weiteren sprachlichen Darlegungen sei auf meinen bereits genannten größeren Aufsatz verwiesen. Die Germanisierung besteht darin, daß nach im Mittelalter verbreiteter Gewohnheit das slaw. besitzanzeigende Suffix, hier -ji, durch ein deutsches Grundwort ersetzt wurde. In unserem Falle wurde dafür Burg gewählt, weil es sich ohne Zweifel um einen Burgwall gehandelt hat. Mikkola meint, aus dieser Germanisierung auf noch im Lande vorhandene Germanen schließen zu dürfen. Dieser Schluß ist zu weitgehend. Es ist m. E. sicher, daß die fränkischen Kaufleute, aus deren Reihen Samo selbst hervorgegangen war, die Urheber der Eindeutschung waren, daß sie den Burgplatz schon vorher kannten und dem fränkischen "») Vgl. Vf., ZslPh 2, 114. JM ) Samo und sein Reich, AslPh 42, 77 ff. *") Vf., Wogastisburg, Sudeta 4. 1540.
Wogastisburg
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Hauptheere, das sie gewiß begleiteten, mitteilten. Sie werden schon aus Handelsinteressen die slawische Sprache so weit beherrscht haben, daß ihnen die gut gelungene Wiedergabe von *Wögasc- mit Wogastisburg zuzutrauen ist. Der Dorfname Atschau selbst beruht auf tschech. Uhost'any, bzw. mda. Ohoscany, der „Leute bei Ühost'" bedeutet. Ühost' selbst galt noch im 15. Jh. für den Berg, der im Deutschen damals Purkberk hieß, für den heutigen Burberg bei Kaaden, auf dem sich keine mittelalterliche Burg erhob, wo aber noch jetzt Reste alter Wallanlagen sichtbar sind. Die Karte bei Preidel zeigt, daß hier die Westgrenze des zur Germanenzeit und ohne Zweifel im 7. Jh. auch durch die Slawen (Lutschanen) dicht besiedelten Landes war. Der Burgwall hatte-den Eingang in das Saazer Becken zu decken, darum stellten sich da die Slawen Samos zum Kampfe. Hier tritt die Eger in das Tiefland ein. Die Orte nördlich der Eger sind erst im 13. Jh. durch Deutsche als Waldhufendörfer im Walde angelegt worden (Niklasdorf, Wernsdorf, Brunnersdorf, Ahrendorf), während südlich von der Eger ostwärts slaw. Dorfnamen anschließen (s. Abb. 2) a o s ). Durch die bisher nicht gesicherte Festlegung des Schlachtortes Wogastisburg ist Böhmen als Mittelpunkt von Samos Reich sehr wahrscheinlich. Die Übereinstimmung der geographischen, geschichtlichen und sprachlichen Momente erlaubt die größtmögliche Zuversicht an der Gleichstellung Wogastisburg — Atschau und es ist Aufgabe der Prähistoriker, mit dem Spaten die Beweisführung zweifelsfrei zu gestalten. ms)
Schon abgedruckt Sudeta 4, 159.
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Slawische Völkernamen
Slawische Stammesnamen sind uns durch Cosmas (II c. 37) und die Prager Bistumsurkunde von 1086 ( C B I 9 2 Ì I . ) und vereinzelt durch spätere Nennungen in Böhmen überliefert, weniger aus Mähren, wo die frühere politische Einigung der längeren Behauptung von Stämmen nicht günstig war. Von den aus den späteren Gaunamen erschließbaren soll hier in der Hauptsache abgesehen werden, um die Darstellung nicht mit dann mehr möglichen Fehlerquellen zu belasten 209 ). In Westböhmen saßen die Z e t t l i t z e r , tsch. Sedlicané, in den genannten Quellen Zelza, Zedlza, so genannt nach ihrem Mittelpunkt Sedlec (tsch. sedlec Sitz, Wohnsitz, Dorf), dem heutigen Dorfe Z e 111 i t z bei Karlsbad, das noch später Mittelpunkt einer Provinz war, bis Elbogen an seine Stelle trat. Bedeutender war der Stamm der Lusane genannten L u t s c h a n e n , tschech. Lucané, der Bewohner des Saazer Beckens, das beim Volke louka „Wiese" genannt wurde (vgl. Cosmas I 10: quinta regio, que in medio est, dicitur Luca pulcherrima visu et utillima usu ac uberrima satis nec non habundantissima pratis, unde et nomen ipsa regio traxit, quia luca latine pratum dicitur). Ihr Mittelpunkt war S a a z (tsch. Zatec). In Innerböhmen waren die T s c h e c h e n der Hauptstamm, tsch. Cech, Mz. Cesi, für deren Namen Mikkola die bis jetzt beste Erklärung gegeben hat (Kurzform zu tschech. ceta Trupp, Zug 2 1 0 )). Sie hatten das Land um den Berg Rip, vor allem den Prager Kessel, in Besitz. Sie einigten seit dem Ende des 9. Jh. durch Vereinbarung und Gewalt Böhmen unter der Dynastie der Pfemysliden. Nordwärts von ihnen werden die Lemuzi, Liutomerici und Dazana (bei Cosmas Lemuzi, Lutomerici, Dasena) angeführt. Die Lage der beiden zuletzt genannten Stämme ist dadurch gesichert, daß ihre Mittelpunkte die Namen bewahrt haben. L e i t m e r i t z , tsch. Litomèfice {* L'ut omèrici, zum tschech. P N L'utomèr gehörend, ist früh in deutschen Mund gelangt, weil tschech. l'u- zu leu- (ältere Schreibung Leutmaritz) diphthongiert wurde, was nur bei einer alten Schicht vorkommt (mda. laibmarits). Die Ableitung von T e t s c h e n , tsch. Decin, ist nicht ganz sicher. U m 1130 wird Dacsine geschrieben (CB I 113). Man könnte an tschech. dèdic „ E r b e " oder dietce „Kindlein" denken. Miklosich erwägt ein *Deticane, Gebauer ein ursprüngliches *d$k- 211 ). Zum O N ist der Volksname durch das Suffix -janinü weitergebildet. In Lemuzi könnte man tsch. lemech Pflugeisen (asl. lernest Pflugeisen, -schar) suchen, das auch als P N verwendet wurde, vgl. den obersorb. O N Lemjesow Lemeschau. In Ostböhmen weist die gleiche Bildung der O N Lemus auf, tsch. Limuzy (im Gerichtsbez. B.Brod), 1227 Lemusi (CB II 300). U m Melnik wohnten die P s c h o w a n e n , tsch. Piovani, alt Pssouane, Psouane. Die heutige Stadt, tsch. Melnik, heißt so nach einer Untiefe der Elbe (vgl. tsch. mèla, mèlcina 20») Weitere Literatur bei Niederle, Slov. Staroz. III (1919), S. 19öS. 210) Urslaw. Grammatik S. 8. J11 ) Miklosich, S. 149; Gebauer, Slovnik staroc. I 216.
Slawische Stämme in Böhmen
Untiefe, Sandbank). Ihr älterer Name war Psov, das sich in den Bezirken Luditz und Podersam (d. Schaub, Schaab) wiederholt. Er ist bewahrt im Namen des Flüßchens Psovka, 1268 Pshowka (RegB II 238). das bei Melnik in die Elbe mündet 2 "). In den Nordosten Böhmens gehören die zwei K r o a t e n S t ä m m e Chrouati et alteri Chrowati, über deren L a g e schon viel geschrieben worden ist 213 ). Ihr Name darf keineswegs mit dem dakischen Namen der Karpathen zusammengebracht werden, wie es früher geschehen ist, ist auch nicht aus slaw. Sprachmitteln zu erklären, wohf aber aus iranischen (mit der Bedeutung Viehhüter 2 1 4 )). Sie haben dann den Namen aus der Urheimat mitgebracht, wie ja schon daraus vermutet werden kann, daß derselbe Name an der Saale (Korbetha), in Kärnten und für die südslaw. Kroaten begegnet. Unbekannt ist der Name des Hauptstammes Ostböhmens, über den die Slavnike bis ans Ende des 10. Jh. geherrscht haben, und deren Burgen Libitz und Kourim waren. In Südböhmen bewahrt der Name der Gauburg Doudleby, wo schon 1175 ein Präfekt von Dudeleb (CB I 244) genannt wird, die Erinnerung an einen Stamm, der uns aus der Frühzeit des Slawentums, in das 6. Jh. zurückführend, in Wolhynien bezeugt ist und der ebenfalls noch anderwärts auftaucht. Masüdi kennt noch im 10. Jh. die Dulaba in Böhmen 215 ). Der Name ist noch unerklärt. Daneben hieß die Gauburg einfach tyn „ B u r g " , zu dem die Baiern die Verkleinerung *tiunlin, heute T e i n d l e s , gebildet haben. Ähnliches dürfte für die Tauser Gegend gelten, wo der Landschaftsname alttsch. Tugost = späterem Tuhozd (zu tu da, hier, und tsch. hvozd, mda. hozd Bergwald, Gegensatz Zagost Hinterwald) im Deutschen als T a u s , 1274 Tavst (RegB II 356) zur Stadtbezeichnung geworden ist (mda. noch taust), während der alte Stammesname Domazlice (*Domazilici, 1037—1055 Dotnaslicyh (CB I 53), der zum P N Domazil gehört, im Tschech. auch für den Mittelpunkt verwendet wurde. Wieweit andere spätere Hauptorte von Kreisen ehemals Stammesbezeichnungen gewesen sind (z. B. Netolice, Chynov, Volyne, dieses etwa mit Volynani Wolhynien zusammenhängend?), soll hier aus den oben angegebenen Gründen unerönert bleiben. Aus Mähren finden wir keinen einzigen Stammesnamen in den alten Quellen angeführt. Aus den späteren Verhältnissen kann man erschließen, nl) In ihrem Gebiete wird vielleicht mit Recht das vom Chron. Moiss. zum Jakr 805 (Mon. Germ. S S . I 308) erwähnte Camburg gesucht. E s könnte wie Wtgastisburg eine merowingische bzw. karolingische Eindeutschung für Kanina sücwestl. von Mseno im pB Melnik sein, das zu k ä n l „Weihe, Stoßvogel" gehören wird (Kdh, Käna ist auch P N ) . Die L a g e in der Nähe der Elbe würde dafür sprechen. Die Entscheidung obliegt dem Prähistoriker, der hier einen um 80» beiutzten Ringwall aufdecken müßte. "») Vgl. Marquart, Osteuropäische Streifzüge, S. 129 und 137; Niederle, S l o v . Stir. I I I 193 ff.
*") Vasmer bei Volz, Der ostdeutsche Volksboden 215 ) Dazu Marquart, Streifzüge S. 101, 1230. 4*
1926, S. 127.
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Slawische Völkernamen
daß in der Hauptsache zwei in Frage kommen, die Hannaken und die Slowaken. Die H a n n a k e n sind die Anwohner des Hanna, tsch. Hand, genannten Flusses und der gleichnamigen Ebene im fruchtbarsten Teile des Landes. Der Fluß heißt in einer Fälschung des 13. Jh. Hona ( C B I 419), 1280 Hanna (RegB II 523). E r scheint zu einer Ablautform des tschech. honny „schnell" zu gehören, falls nicht überhaupt hier die Benennung der Ebene das Primäre sein sollte. Denn der in asl. gonü Jagd, goniti jagen enthaltene Stamm findet sich häufig für Ausdrücke der Viehzucht, z. B. poln. wygon Trift, Viehweg, lett. (Plural) gani Weide. Die Grundlage unseres Wortes ist *Gänä oder *Gännä, wozu das Iterativum asl. gaAati jagen, lit. naktlgone „Nachthut" zu vergleichen ist. Auch vorslaw. Abkunft wäre übrigens bei diesem Namen zu erwägen. Den Südosten Mährens und die Slowakei nimmt der Stamm der S l o w a k e n ein, tsch. Slovdci, der den einheimischen Hauptnamen des Volkes der Sloveni (in den alten Quellen Slaveni, Sclaveni), erweitert durch ein Suffix, bewahrt. Eine neue Deutung dieses viel erörterten Volksnamens, der noch an den Slowenen und den Slowinzen in P o m m e r n — Westpreußen haften geblieben ist, bietet jetzt Brückner2"). Auf die Stammesnamen der Emmeraner Völkertafel, die Zustände des 9. Jh. festhält, soll infolge der vielen gerade in den Sudetenländern vorkommenden Verschreibungen nicht eingegangen werden 217 ). Einzig die Golensizi, die nach den Opolini, den Bewohnern der Landschaft Oppeln in Oberschlesien, verzeichnet sind, lassen sich gleichstellen mit den Holasici im Oppalande, wo als älterer Name der Troppauer Provinz Holasicko, 1201 provincia Golassizch, 1213 in Golessicensi provincia (CB II 19, 105) bezeugt ist. Es ist eine Weiterbildung zu dem in P N häufigen Gol-, vgl. 1183 Golaz (CB I 270). Nach den urkundlichen Schreibungen wäre übrigens eher Holasice zu lesen. Es ist kein Zweifel, daß die slawischen Völker auch ohne Zutun der Avaren schließlich in die von den Germanen aufgegebenen Länder östlich der Elbe gekommen wären. Schon vor dem Erscheinen der Avaren waren die Slawen an der unteren Donau dem oströmischen Reiche gefährlich geworden. Aber trotzdem darf der gewaltige und sicher nicht immer freiwillige Anstoß nicht unterschätzt werden, den die grausame Knechtung einzelner slaw. Stämme durch die Avaren im Gefolge gehabt haben wird. Berichte aus dem Osten und Westen des Slawentums bei fränkischen, byzantinischen und russischen Chronisten bezeugen einstimmig diese asiatische Barbarei. Die Aufstände der Kroaten und Slowenen im 7. und 8. Jh., »«) Z O N F 2, 137 ff. S17) Abdruck bei ZeuB, S. 6ooff. Zur Völkertafel vgl. u. a. Krdlicek, ZGM 2, 216 ff., 340 ff.; Kucharski, Zapiska karolinska, zwana niewlasciwie Geografem bawarskim (Sprawozdania Tow. Nauk., Lemberg V 81 ff.); Wojciechowski, Uströj polityczny ziem polskich w czasach przedpiastowskich (Pamietnik historycznoprawny, Bd. IV, Heft 2, Lemberg 1927, S. 80).
Anstoß durch die Avaren
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der Slawen Samos in der ersten Hälfte des 7. Jh. zeigen, daß die Slawen hierher unter avarischer Oberhoheit eingerückt sind. Ein Erscheinen in diesen Ländern vor 568, das einzig gegen die Verknüpfung mit den Avaren sprechen würde und noch heute gern behauptet wird, ist trotz aller gegenteiligen Angaben nicht zu beweisen und auch nicht wahrscheinlich. Es lassen sich keine Gründe dafür, wohl aber dagegen aufbringen. Das Durcheinanderwürfeln der slaw. Stämme wäre gewiß auch ohne die Avaren erklärlich, aber in dem hervorgehobenen zeitlichen Zusammenhang sind teilweise wenigstens gewaltsame Verpflanzungen durch die Avaren (besonders bei den von ihnen grausam geknechteten Dudlebern) glaublich. Auch Schrdnü neigt sich bei dem eben genannten Volke dieser Ansicht zu 218 ), wenngleich er den Aufzeichnungen des Vibius Sequester in seiner Schrift De fluminibus, wonach die Slawen schon vor dem 6. nachchristlichen Jh. an der mittleren Elbe zwischen Magdeburg und der Lausitz gesessen wären, zuviel Glauben beimißt und im allgemeinen den Eindruck der Avaren auf die Slawen um 570 unterschätzt 219 ). Die Richtung der Einwanderung läßt sich nur nach allgemeinen Erwägungen vermuten. Sie müssen von Osten nach Westen gekommen sein, wobei der Weg nördlich der Karpathen und Sudeten nach Böhmen und Mähren und der von Ungarn längs der Donau nach Südmähren und Südböhmen am wahrscheinlichsten ist. Die Lagerung des slowakischen Stammes (Ostmähren und Slowakei), die mutmaßliche Verbindung zwischen kärntischen und südböhmischen Dudlebi spricht dafür. Auf die mundartlichen Eigentümlichkeiten wird gerade für diese Zwecke, die nähere Verwandtschaft der einzelnen slaw. Stämme festzustellen, von Historikern und Prähistorikern gern großes Gewicht gelegt 220 ). E s ist aber zu bemerken, daß dies in der Regel in so oberflächlicher Weise geschehen ist, daß die lautlichen Gemeinsamkeiten nicht durch die Sprachgeschichte zu stützen versucht worden sind. Ein Wandel wie g zu h, der bei Tschechen, Slowaken, Sorben und Ukrainern vorkommt, ist deswegen keineswegs urslaw., sondern relativ jung (bei den Tschechen erst Ende des 12. Jh.) und Ähnliches gilt noch für mehrere andere Lauterscheinungen, die immer wieder stillschweigend als urslaw. ausgegeben werden. Brauchbar sind nur solche Unterschiede, die sich tatsächlich schon für die Landnahmezeit mit guten Gründen erschließen lassen. Auf die Verwendung der ON für die einstige Grenze von Nachbarmundarten soll weiter unten (§ 38) eingegangen werden. 218
) S. 282ff. ) Vgl. über die Möglichkeit und Wahrscheinlichkeit awarischer Einflüsse auf die frühslaw. Kultur des 6.17. Jh. jetzt P. Reinecke, Die archäologische Hinterlassenschaft der Awaren (Germania, 1928, S. 87 ff.). Gegen die Verwendbarkeit des Vibius wendet sich Frenzel, Bautzener Geschichtshefte 7, 114 ff. [ K N ] . "») Z. B. von Niederle, Star. I I I 94ff. 219
Slawische Völkernamen
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Außer den größeren Stämmen scheinen noch kleinere Volkssplitter versprengt worden zu sein. Darauf deuten O N , soweit sie alt sind und eine Ableitung vom gleichen P N nicht vorzuziehen ist 221 ). In Betracht kommen dafür die O N , die einen reinen Stammesnamen enthalten u. zw. zunächst ohne Suffix, z. B. Doudleby, ein Dorf des Klosters Chotieschau, 1266 Dudlebech (RegB I I 202); Srby im GB. Neustraschitz, 1283 Zerbi (RegB II 560); S i r b , tsch. Srby im G B Hostau, 1312 Surb (RegB I I I 35); Doudleby, früher Dorf bei Saaz, 1185 Dudeliue (CB I 276). Daß hier der Stammesname vorliegen kann, zeigt die Übereinstimmung etwa mit Doudleby- Teindles, dem Hauptort der südböhmischen Dudleber. .Unsicherer wird man aber bei Weiterbildungen wie Doudlevce, d. D o u d l e w e t z (GB Pilsen), in einer Fälschung des 13. Jh. Dvdlebcih (CB II 422), oder Srbice, 1226 Zirbic (CB II 284). Hier kann an und für sich auch der P N Doudleb, Srb vorliegen, obwohl er in älterer Zeit nicht häufig gewesen zu sein scheint. E s ist ähnlich wie bei deutschen O N Franken, Hessen, Schwaben, wo dieselbe Doppelheit der Ausdeutung besteht. Weiterliegende ursprüngliche Völkernamen liegen z. B. vor in O N wie Prusy (GB Prerau), 1160 Prusi (CB I 196; Prusy = Preußen), wo gewiß kaum an alte Preußen zu denken sein wird, die durch die slaw. Völkerwanderung mit nach Süden und Westen fortgerissen worden wären. Die wirkliche Ursache dieser Namen wird uns nur selten enthüllt. Im G B Nikolsburg finden wir P u l g r a m , tsch. Pulgary, 1244 Bulgarn (RegB I 525). Hier ist wie bei Pulgarn in Oberöst. im pB Urfahr, 1111 Pulgarin (Oberöst. U B II 141), daran zu erinnern, daß im 7-/8. Jh. Bulgaren bis an die mittlere Donau gestreift haben und mit den Avaren und Baiern in freundliche und feindliche Berührung gekommen sind. Klarer liegt die Ursache eines anderen O N dieser Gruppe vor uns. Für Hedcany im G B Kralowitz bezeugt Cosmas II 2: atque nomine ab urbe (Gdec) derivato usque hodie nuncupantur Gedcane. Herzog Bfetislav hatte 1039 von seinen Kriegszügen nach Polen Kriegsgefangene aus Gdec mitgebracht und in Böhmen angesiedelt. Ein zweites Hedcany liegt in Böhmen im G B Holitz. Im poln. Stadtnamen liegt, worauf hier nur im Vorbeigehen hingewiesen sei, ein sehr bemerkenswerter Völkername vor, der mit lit. gtidas übereinstimmt, womit jeweils im Süden wohnende Völker bezeichnet werden und der am ehesten auf den Volksnamen der Goten (übernommen vor der ersten Lautverschiebung) zurückzuführen ist. Namen, die den Volksnamen der D e u t s c h e n , tsch. Nemci, und M a d j a r e n , tsch. Uhfi, enthalten, sind zahlreich zu belegen, z. B. Nemcice, einst zwischen Urbau und Rausenbruck in Südmähren gelegen, 1190 Nemchici (CB I 300); Nemcice, einst bei Manetin, in einer Fälschung des 13. Jh. Nemcici (CB I 434); Uhficice (GB Kojetein), 1207 Vherchi (CB II 54); A u h e r z e n , tsch. Üherce (GB Staab), 1213 Vherci (CB II 221)
Miklosich,
S. 124, scheidet sie nicht.
Ortsnamen mit Volksnamen
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434). In Böhmen und Mähren gibt es u. a. 13 bzw. 6 Orte namens Nemcice und 3 bzw. 1 Netnci, 3 Üherce, 1 Uhersko, 1 bzw. 4 Uhfice, 1 Uhfineves, in Mähren noch 3 Uhercice. Daß einzelne dieser Siedlungen wirklich „deutsche" (bzw. „ungarische") Ortschaften waren, zeigt ein 1305 vor den Toren Prags um die St. Peterskirche gelegenes Dorf Nyemcichs (RegB II 887), dort also, wo das Sobieslawsche Privileg einen vicus Theutonicorum nennt. In Ausnahmefällen ist es sogar möglich, daß unter solchen Namen ein vorslaw. O N steckt, wie es bei Nimptsch in Schlesien wahrscheinlich ist in einer Landschaft, wo Berührungen der einwandernden Slawen mit den Silingenresten um den Zobtenberg gesichert sind 222 ). Vor zu großer Auswertung dieser Gruppe von O N ist aber im allgemeinen zu warnen, da P N wie Nemec, Uher schon früh vorkommen. Bereits 1174 begegnet z. B. ein Olmützer Kanoniker Uhra (Vgra C B I 239). Ähnliches gilt für O N wie B a r a u , tsch. Bavorov (Stadt im G B Pisek), Bavoryne, das später zur Stadt Beraun gehörte, 1295 Bavorine (RegB II 727), B a u e r w i t z bei Jägerndorf, tsch. Bavorov, B a u r o w i t z , tsch. Bavorovice im pB Budweis, in einer Fälschung des 13. Jh. Baworowici (CB II 422). Hier liegt kein Hinweis auf bairische Besiedler vor, sondern nur auf einen Namengeber Bavor „Baier". Träger solcher Namen begegnen schon in den Urkunden des 12. Jh. mehrmals. Anders steht es vielleicht mit P a r d o r f bei Nikolsburg, das 1322 Pairdorff heißt (Wisnar, Nikolsb. O N S. 127), nicht * Pansdorf, wie bei Ableitung vom Familiennamen Baier zu erwarten wäre. Hier ist das tsch. Bavorov eine Übersetzung. Merkwürdig früh, schon in einer Fälschung des 12. Jh., begegnet Svdbenice, das einst bei Hermanice im Bez. Leitomischl gelegen war (Zuabenice C B I 414). 5. S i e d l e r b e z e i c h n u n g e n . (Ortsnamen auf -ovü, inü, -ji, -ici, -ovici, -janinü, -ynja, Pluralformen, Zusammensetzungen mit ves). In diesem Abschnitt und in den folgenden soll kurz das Wichtigste über die verschiedenen häufigeren Namengruppen gesagt werden. Der Zweck ist, die späteren geschichtlichen Abschnitte zu entlasten. Bereits Miklosich hat soviel Material zusammengetragen, daß zu Vergleichszwecken darauf verwiesen werden kann. Auf ihm beruhend sind je nach Bedürfnis den Abhandlungen über tschech. O N Einleitungen vorausgeschickt worden, welche z. T . recht gut sind, so die von Cerny-Vdsa. Im folgenden wird getrachtet, überall urkundliche Belege beizubringen. Es kann sich in diesem Buche nicht darum handeln, die unklaren Namen, die übrigens im Verhältnis zum ganzen Namenschatze nicht sehr zahlreich sind, besonders ausführlich zu erörtern Das muß Sonderaufsätzen vorm
) Vgl. darüber zuletzt Vf., Sudeta 3, 7.
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Tschechische Siedlerbezeichnungen
behalten bleiben. Hier kommt es darauf an, das Material in seiner Masse für den Historiker bereitzustellen. Die große Mehrheit der tschech. wie ja überhaupt der slaw. O N besteht aus Siedlerbezeichnungen, indem durch verschiedene Suffixe ausgedrückt wird, daß ein Ort der oder jener Person gehört bzw. in einer gewissen Abhängigkeit zu ihr steht. Auf die Versuche, diese Benennungsweise sozial- und siedlungsgeschichtlich auszudeuten, wird weiter unten § 40 eingegangen. Das Suffix asl. -ovü, alttsch. -ov (Fem. -ova, Ntr. -ovo) stimmt mit dem neutsch. -üv überein, wobei das O N - S u f f i x die ältere ungelängte Gestalt bis heute bewahrt hat. Es tritt an Substantiva männlichen Geschlechtes, vgl. tsch. otcüv dem Vater (otec) gehörig, otcüv düm Haus des Vaters. W i s c h a u , tsch. Vyskov (Mähren), um 1131 Viscoue (CB I 119), bedeutete also zunächst etwa Vyskov düm oder dvür „Haus, Hof eines Vysek". Das Grundwort war so häufig und selbstverständlich bei der Masse gleichgebildeter O N , daß es in der Regel weggelassen wurde, wobei sich die maskuline Form, die infolge der männlichen Grundwörter von jeher am zahlreichsten war, fast gänzlich durchsetzte. Vgl. noch Bratfejov (GB Seitschan), 1216 Bratreio (CB II 115), z. P N Bratfej; M o l s e h e n , tsch. Malesov (GB Wegstädtl), 1222 Namalesowe (Lokativ, na ist tschech. Präposition „ a u f " ; C B II 216), z. P N Males; Cernochov (GB Laun), 1207 Tsyrnochow (CB II 67), z. P N Cernoch u. v. a. Bei weiblichen P N , dann überhaupt an ä- und i-Stämme tritt mit derselben Bedeutung das Suffix -inü (-ina, -ino), vgl. Tetin bei Beraun, bei Cosmas I 4 Castrum Tethin, genannt nach Tethka, der Sage nach Tochter des Krok (Cosmas sagt: Tethka ..., que ex suo nomine Castrum ... in culmine iuxta fluvium Msam edifieavit). Ähnliches gilt für L i b u s c h i n , tsch. Libosin (pB Schlan), das der Sage nach (Cosmas I 4) von der Schwester der Tethka, der Lubossa, erbaut war. Vgl. noch Podivin (GB Lundenburg), 1221 Podiwin (CB II 202), z. P N Podiva; Holm (CB Königssaal), 1222 Nagoline (CB II 216), z. P N Hola; Hloubetin (richtiger Hloupetin), 1207 Lupatin (CB II 63), z. P N Hloupeta. Die Zugehörigkeit kann in den slaw. Sprachen noch durch das Suffix -ji ausgedrückt werden, wobei das -j vor dem Wegfall auf veränderungsfähige vorhergehende Konsonanten palatalisierend einwirkt, k wird zu ^ (( i) zu z, ch) s, t) c, d) z, s) s, sl > sl, st) sc, st', r) f)r, n) n ( — n j ) , während bei l, m, v die Erweichung in der Schrift nicht zum Ausdruck kommt: L e i t o m i s c h l , tsch. Litomysl, 1226 Lutomizl (CB II 289), z. P N Litomysl, alt L'utomysl, früh ins Deutsche übernommen, weil von diesem l'ü- vorausgesetzt wird, das noch diphthongiert werden konnte (wie Leitmeritz