Die Lehre vom Krieg: Band 3 Der Türkenkrieg [3., wohlfeilere Ausg., Reprint 2021 ed.] 9783112438961, 9783112438954


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Die Lehre vom Krieg: Band 3 Der Türkenkrieg [3., wohlfeilere Ausg., Reprint 2021 ed.]
 9783112438961, 9783112438954

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D i e

Lehre vom Krieg.

Dritter Band.

Der

T ü r k e n k r i e g.

V o n dem

Generalleutnant Freiherrn von Valentini.

Dritte wohlfeilere Ausgabe. Mit acht Planen-

Berlin, I m

Verlage

bei

Z.

1 8 3 3.

W-

B o I k e

y i-v'

(?ron Toprak-Kaleh, wo sie in einem Lager bei Kasil-kai sich

ingenistet hatten und also der russischen Operationsstraße ge') Unbestimmtes in den Berichten, unb Mangelhaftes in den Karten, lacht keine genauere Angaben möglich.

") Ein wirklicher Alpensee, so wie sein persischer Nachbar der Urmia

e, denen der Schwei; und Italiens nicht unähnlich.

317

Der Krieg in Asien. fährlich wurden.

Fünf Anfälle, die sie an dem gedachten Tage

auf den russischen Posten von Patnossa versuchten, wurden

jedoch siegreich zurückgeschlagen,und sie zogen sich in ihr La­ ger zurück.

Es scheint, daß sie sich mit der etwas vereinzelten Kriegs­ macht des Pascha vom Wansee verbunden haben, der im Au­

gustmonat mit 4000 Mann bei Ardaghan angetroffen wurde und derselbe war, mit dem Fürst Bekowitsch Czerkaski am

2Ssten August das obenerwähnte Gefecht bestand.

Daselbst

geschlagen, scheint er sich mit Umwegen durch das Gebiet von Kars wieder nach dem Araxes gewendet und seinem Paschalik

genähert zu haben.

Die Linksbewegung der Russen aus der

Gegend von Achalzik gegen Kars, und das Vorrücken des

Oberseldherrn bis Ardaghan, wo er zu Ende Septembers sein

Hauptquartier nahm, mag mit jenem Marsch des Pascha vdn Wan und dem Umstande in Verbindung gebracht werden, daß die Türken sich bei Erzcrum wieder sammelten»

Bis zunr

17ten Oktober blieb dieser Zustand unverändert, und ein schon

mit Heftigkeit eingetretenes Wintcrwctter

mahnte den Ober­

seldherrn, den Feldzug zu beendigen und nach Tiflis zurück­ zugehen, doch aber Besatzungen

in

den festen Plätzen zu­

rücklassend. Auf dem linken Flügel aber waren noch Feinde zu be-

kämpfen.

Fürst Tschawatschawadse fühlte sich stark genug,

nach einer am 5ten November erhaltenen Verstärkung, von kaum einem Bataillon, zum Angriff überzugehen.

Die ihm

gegenüberstehenden Kurden warteten jedoch solchen nicht ab,

fonderir zogen sich gleich südlich, den Euphrat hinab nach der

Vergebene von Melaskerd und nach Ardsisch zurück.

Eine Di­

version, die General Bergmann von Kars aus versuchte, um sie von Erzerum abzuschneidcn, aber nur bis an den Ara,res ge­ langte, wird als Ursache ihres Rückzugs angegeben.

Solche

strategische Besorgnisse aber, mögen wir, in Erwägung der

Entfernungen, bei diesen Völkern der Gebirge und Steppen

IV. Die Türken wie sie jetzt sind,

318

kaum voraussetzen, da ihre Neigung im Winter nach Hause

zu gehen, uns natürlicher erscheint.

Dagegen ist die Bewe­

gung des General Bergmann, den wir bei Ardaghan zuerst

sanden, über Kars nach dem Arares, als ein Beweis von der

Lebendigkeit und Zweckmäßigkeit der russischen Operationen in diesem Feldzuge zu beachten.

Strategischen Calcul bei einer

Operationsfront von 35 Meilen (als die Entfernung von Achalzik nach Toprak-Kaleh) vorauszusetzen, würde Unkunde

vom Krieg verrathen, wohl aber scheint es, daß die russischen

Generale von dem Oberfeldherrn,wie die Schiffscapitaine Nelson's von ihrem Scehelden die Weisung erhalten hatten, nur

immer sich einen Feind aufzusuchen und sich ihm nahe zu le­

gen.

Unstreitig war General Bergmann den Türken gefolgt,

die sich durch das Gebiet von Kars nach dem Araxes zogen, und hier ihm den Ucbergang verwehrten.

Ohne die späte Jah­

reszeit würde auch dies Hinderniß überwältigt worden sein. Doch hielt man den Feldzug für beendigt und Alles dachte an die Winterquartiere.

§.

141.

Doch diesmal täuschten die Türken in der erwarteten

Ruhe.

Ein neuer Seraskier war an die Stelle des Pascha

von Erzerum getreten, desseir Unthätigkcit dem Sultan Mah­

mud mißfiel, und der neue Feldherr schien durch Ungewöhnli­ ches: durch einen Winterfeldzug

nemlich,

seines Herrn rechtfertigen zu wollen.

die Erwartungen

Wir müssen über die

Beschaffenheit des Landes bemerken, daß die Paschaliks Achal­ zik und Kars bis gegen Erzerum hin fruchtbar und angebauter

gefunden wurden, als man es sonst von türkischen Provinzen gewohnt ist.

Mehr als 500 Menschen, zu großen Theil Ar­

menier, wohnen auf der Quadratmeile.

Die durch das Land

streichenden Gebirge sind nur Vorgebirge vom hohen Ararat ausgehend, und obgleich 8 Monate vom Jahr hindurch mit

Schnee bedeckt, doch an ihrem Fuße für Getreide und Gar­ tenbau empfänglich.

Selbst der Oelbaum gedeiht hin und

Der Krieg in Asien. wieder.

319

Unter einer milderen und verständigeren Regierung

würde es im Lande vielleicht aussehen wie in der Provence.

Die Gebirge" selbst haben reiche Wälder.

So kann es auch

zu keiner Jahreszeit an Wasser fehlen, bei den vielen Bächen die von allen Seiten aus den Bergketten zusammenströmen.

Es läßt sich hieraus schließen, daß der Krieg sowohl im Som­ mer als im Winter in diesem Lande leichter zu führen sei, als in mehreren Steppenländern des östlichen Europa.

Auch

scheint die Strenge des Winters nicht dauernd, und die südliche Lage den Einfluß nicht zu verleugnen.

Uebrigens ist es durch

die Erfahrung erwiesen, daß man leichter die Kälte als den Mangel überwindet, und bei reichlicher Verpflegung und Feue­ rung, vornämlich in einem lebhaften Bewegungskriege, ihr wohl eine Zeit hindurch Trotz bietet.

Die Ausdauer unserer geregelten Heere darf man jedoch von diesen Asiaten nicht erwarten.

Der Spätzug des Seras-

kiers auf der Operationsstraße des russischen linken Flügels bei Toprak -Kaleh war nur ein leichter Versuch.

Zwar sehen wir

am 9ten November den Fürsten Tschawatschawatse veranlaßt, von dem

gewonnenen Punkt Patnos

zurückzugehen.

gegen Toprak-Kaleh

Bei dem Dorfe Soliman-Kumbas, nach einem

Marsche von 3 Meilen, wieder von 4000 Türken angegriffen, schlägt sie zurück mit nur 19 Mann Verlust von seiner Seite,

setzt aber doch den Rückzug noch am Ilten fort bis Kara»

Klissa (hinter Toprak-Kaleh auf dem Wege nach Diadin). Hier nützte ihm die obenerwähnte Bewegung des General Berg­

mann, da sie einen Theil des Feindes auf sich zog, der dann auch die Offensive auf dieser Seite einstellte.

Der Oberfeld­

herr hatte überdies die Abtheilung vom linken Flügel durch

die bisher in dem Gebiete von Khoi gestandenen Truppen ver­ stärkt, die er ins Paschalik Bajazid einrückcn ließ, imb dem

am 25sten in diesem Ort anlangenden General Pankratief de»

Oberbefehl über das Ganze ertheilte.

Die Türken zogen sich

hierauf nach Erzcrum und Musch zurück.

IV. Die Türken wie sie jetzt sind.

320

§.

142.

Zu Anfang Marz 1829 aber, war es den.Türken Ernst um die Wiedereroberung ihres Paschaliks Achalzick, und dem

Achmed-Bey von Adschar ward die Würde ertheilt, mit der

Weisung sich das Gebiet zu erobern.

Seine Macht wurde

durch Julaufer von den Gebirgsvölkern bis auf 20,000, Man» Verstärkt.

Es waren die kriegerischen Stämme der Lasen, wel­

che die Gebirge am schwarzen Meere bewohnen, noch im Be­

reich der Pascha's von Adschar und Trapezunt, und gegen­ wärtig um so geneigter ins Feld zu rücken, da auch der letzt­

genannte Pascha mit seiner Heeresmacht gegen Gränzprovinz Guriel im Anzuge war.

die russische

Uebereinstimmerrd mit

diesem Unternehmen, erschienen die Türken in der Nacht zum

4ten März vor Achalzick, und bemächtigten sich der Vorstädte. Eine Anzahl Geschütz hatten sie, mit einiger Mühe bei dieser Jahreszeit, über die Gebirge geschleppt.

In die Hauser der

Vorstädte eingenistet/ beschoßen sie die Besatzung auf den Wäl­

len, und versuchten Sturm und Leiterersteigung, hierauf näch wiederholt abgeschlagenen Stürmen einen , geregelten Angriff mit Anwendung von Minen,

doch ohne Gelingen.

Man

mögte fast schließen, daß die Russen dem motschen Mauer­ werk des Orts, in das sie mit ihrem Geschütz so leicht Bresche

gelegt, noch einige Verstärkung an Erdwcrken beigefügt hatten. Auf jeden Fall waren Citadelle und deren nächste Umgebung

der Haupttheil des Platzes und für die volkreichen Vorstädte der Kern, den die Russen so tapfer vertheidigten.

Nur aus

8 unvollzähligen Compagnieen unter dem General Fürst Bibi­ kow bestand' das Ganze, zu schwach zum Ausfall, so sehr die muthige Besatzung ihn wünschte.

Am 16ten Marz nahte indeß glücklich der Entsatz.

Schon

am 14ten war er von dem türkischen Befehlshaber auf ge­ wisse Weise angekündigt worden, durch eine wiederholte Auf­

forderung zur Uebergabe, mit dem Vorgeben, der im Anrückcn gewesene Succnrs sei von seinem Bruder in den Engpässen

von

Der Krieg in Asien.

321

von Bordscho (unweit vom Kur zwischen Bagdad und Goii) geschlagen worden.

Z)ie sinnreiche Kriegslist zeigte zugleich die

Seite an, von der die Besatzung Hülfe zu erwarten hatte, und war geeignet den Muth zu "beleben. —

Das Corps, das der Oberbefehlshaber zum Entsatz von Achalzick abgeschickt hatte, bestand aus zwei Regimentern In­

fanterie, einem Cosackenregimente und 10 Canonen, und ward vom Oberst Burtzow befehligt.

Zweimal hatte cs über bett

Kur zu setzen, das einemal 7 das andere 6 Meilen von Achalzick.

cher

Der Fluß windet sich durch eine Schlucht längs wel­

die Straße sich hinzieht.

Oberst Burtzow langte an»

27sten Februar mit seiner Spitze bei dem ersten Uebergangöpunkte an, besetzte ihn, und sandte 100 Cosacken gegen den 2tcn vor, wo man auf den Feind stieß, und zurückkchrcn mußte.

Die Türken vorrückend, griffen den von den Russen besetzten Uebergangspunkt zwei Tage hindurch wiederholt an, erklimmten die Berge und warfen Steine herab auf die.Vertheidiger, die jedoch

standhaft sich hielten. Am 13tcn benutzte Oberst Burtzow den günstigen Moment des nicht wiederholten Angriffs, um mit feinem Detaschement auf zusammcngezimmertcn Flößen über

zu gehen, und verjagte die Türken. — Am löten zeigte sich Unruhe in ihrem Lager vor der Festung.

Sie hatten sich ent­

schlossen die Belagerung freiwillig aufzugeben.

Der russische

Befehlshaber iür Platz, den Zustand der Dinge ergründend, führte nun die Besatzung zum Ausfall, nachdem ein heftiges

Geschützfeuer von der Festung zuvor die Straßen gereinigt hatte.

Zwei Canonen und 2 Fahnen wurden genommen, und

der Feind zwei Werst weit verfolgt.

Hier, wo Achmet mit

den Seinen den Fluß im Rückzüge passirt war, hatte er 2 Ca­ nonen und 300 seiner besten Schützen zurückgclassen, und das

felsige Ufer besetzt.

Sie wurden mit dem Bajonett angegrif­

fen, die zwei Geschütze erobert, und 75 Gefangene gemacht;

die Ucbrigcn hatten sich in den Bergen zerstreut. wurde im Verfolgen genommen. Türken krieg.

Noch mehr

Die weiter nachsetzeitden Co21

322

IV.

Die Türken wie sie jetzt sind,

sacken sagten aus, daß auf fast zwei Meilen weit von der

Festung kein Türke mehr zu

sehen sei.

Einen Theil

der

Einwohner hatte der Feind mit fortgeschlcppt, während die vom mohamedanischcn Glauben schon vorausgczogcn waren, von

den christlichen aber 700 sich nach der Festung gerettet hat­

ten. Unterdcß war die Avantgarde des Entsatzcorps angelangt. Mit einen, Theil des Uebrigen hatte Oberst Burtzow durch eine

geschickte Bewegung Äe Engpässe vor Atzchverom (unstreitig der Weg nach Adschar nordwestlich von Achalzick) Umgängen,

und dadurch die Absicht der Türken sich daselbst festzufetzen, vereitelt. Die andere Expedition der Türken gegen die Provinz Gu-

riel lief nicht glücklicher für sie ab.

Kaga-Oglu, der Pascha

von Trapezunt, war mit 3000 Mann auf dieser Gränze an­

gelangt, hatte noch 5000 ans andern Richtungen an sich ge­ zogen, und an dem See zwischen der Stadt Kintrisch und der Festung St. Nicolas, auf die beliebte Weise, in einem ver­ schanzten Lager sich eingenistct, wo er eine Verstärkung von

10,000 Mann von Trapezunt noch erwartete, um sich darauf

des Guriels zu bemächtigen.

General Hesse wurde vom Ober­

befehlshaber gegen ihn gesendet, mit einer Zusammensetzung von incompleten regulaire» Truppenthcilen auf etwa 1200 Mann zn rechnen, 4 leichten Geschützen und 2 Bcrghaubitzen.

noch etwa 1300 Mann Milizen aus der Gurielprovinz.

Dazu Mit

diesen demnach nicht vollen 3000 Mann ging er über den

Fluß Natonebi, längs dem Meeresufer vor; die Milizen, auf einem höheren Weg durch den Wald, umgingen den Feind, der

nach Iurücklegung einer halben Meile hinter einem Verhau

angetroffen wurde.

Mit Ungestüm angegriffen sioh derselbe

in Unordnung nach seinem befestigten Lager.

Nach vierstün­

digem blutigen Kampf, nachdem die Artillerie auf die gewöhn­

liche Weise vorgearbeitet hatte, ward es erstürmt, und der

Feind in die Waldungen gejagt, wobei.« Gepäck, Waffen und 163 Todte auf dem Platz ließ. Sein ganzer Verlust wird auf

Der Krieg in Asien. 1000, der russische

323

auf gegen 200 angegeben, unter denen

3 kaukasische Fürsten.

Ihrer Mannschaft, die erst unlängst

gegen die Nüssen, eben so tapfer als jetzt mit ihnen gefochten,

ward die eroberte Beute überlassen.

§.

143.

Das Gerücht, ein egyptisches Contingent von 12 bis 18,000 Mann, werde bei Erzerum erwartet, verdieirt nur als Beweis erwähnt zu werden, wie unzureichend die asiatischen Streitkräfte der Türken zur selbstständigen Vertheidigung er­

schienen.

Wir kennen den egyptischen Herrscher zu gut, um

ihn für geneigt zu halten, einen bedeutenden Theil seiner Macht in einer so langwierigen als gefahrvollen Entsendung ohne be­ sonderen Vortheil preist zu geben.

Für einen Türken unge­

wöhnlich thätig war dagegen Pascha Achmet von Adschar, der in seinem Gebirgslande immer leicht Gelegenheit sand, die ge­ schlagenen Haufen wieder zu sammeln.

Mit 5000 Mann

erschien er um die Mitte Mai wiederum

im Bereich von

Achalzick.

General Burtzow (uns früher als Oberst bekannt), mit

10 Compagnieen, 5 Stück leichtem Geschütz und 200 Cosacken, ward ihm entgegengesendet.

Unterweges erfuhr man, daß Ach­

met frische Truppen erwarte, und sich einstweilen mit Plün­ derung der christlichen Dörfer in der Umgegend beschäftige.

Dies bewog - den General sich nach dem Dorfe Tjurskab zu wenden, durch welches die Türken zurückkehren mußten.

Hier

sand man sie aber am nächsten Morgen schon mit vereinigten Kräften.

Zwischen ungesäumtem Angriff, und Rückzug auf

Achalzick, blieb nur die Wahl. General.Burtzow entschloß sich

zum ersteren, trotz der vortheilhasten Stellung des Feindes in dem Gebirgsterrain. Doch ward dieser von Höhe zu Höhe bis

in das befestigte Dorf zurückgetriebey, von wo er auf die ge­

wöhnliche Weise mit wüthendem Ausfall wieder entgegen kam, zurückgeschlagen aber, weiteren Angriff nicht abwartete, und

in Unordnung in das Gebirge zurückfloh.

Die Einwohner der 21*

IV.

324

Die Türken wie sie jeht sind,

hier jahlreichen Dörfer, welche Parthei für die Türken ergriffen hatten, wurden durch Brand und Verwüstung ihrer Wohnsitze gebührend gezüchtigt, zugleich aber dadurch dem Feinde erneute

Versuche erschwert. —

Im Monat Juni aber bereitete der Seraskier von Erzerum ein ernsthafteres Unternehmen, von dem das Erscheinen

eines Corps, ebenfalls wieder in den Adscharischen Gebirgen, nur als das Vorspiel anzufehen war.

Von Erzerum war ein

anderer Heerhaufen — der Angabe nach von 30,000 Mann — unterweges, dem noch 60,000 folgen sollten.

Hiergegen zog

der russische Oberfeldherr seine Hauptmacht vorwärts Kars zusam­ men; die Avantgarde unter General Pankratief stand um einen

Marsch weiter vor,

auf dem Wege nach Erzerum.

General

Burtzow aber war jenem türkischen Corps im Gebirge entgegen­ gesendet, nnd näherte sich dem Engpässe von Pozhow, um den

Feind dorthin zu locken, während General Murawjew mit einer anderen Abtheilung von Ardajan herangezogen, ihm einen Hin­

terhalt stellen und in den Rücken fallen sollte.

Der Plan

gelang.. Die Türken stiegen von den Bergen herab, und grif­ fen die-Avantgarde des General Burtzow an.

-Sie bestand

aus 3 Compagnieen und 4 Canonen unter Oberst Hoffmann, und widerstand 5 Stunden lang dem Anfalle des überlegenen Feindes, bis gegen Abend daS Ganze des General Burtzow

in's Gefecht kam, und auch General Murawjew im Rücken

des Feindes erschien, worauf dieser sich in sein befestigtes La­

ger zurückzog, und die beiden russischen Detaschements sich vereinigten.

Es war am 43ten Juni.

Noch in der Nacht

dieses Tages griffen die Russen das feindliche Lager an, und erstürmten es nach einem dreistündigen hitzigen Gefechte.

Der

Feind floh nach allen Richtungen, und wurde auf 5 Werst

weit bis in seine Berge und Schluchten verfolgt.

Das er­

oberte Lager war reich an Kriegs- und Mundbedürfnissen und Beute aller Art.

Vierhundert Gefangene, 3 Canonen und

1 Mörser, als die ganze Artillerie des Feindes, wurde» ge-

Der Krieg in Asien. lwmmen;

an 1200 Todte und

325

Verwundete soll der Feind,

den man auf 15,000 Mann schätzte, verloren haben.

Es scheint, daß die Türken von dem schon versammelte»

Corps des Grafen Paskewitsch bei Kars noch nicht Kunde

erhalten, und geglaubt hatten, vor dessen Ankunft einen Streich gegen Ardajan und Achalzick ausführen zu können.

Als jener

zuerst erschienene Türkenhause im Gebirge vom General Burzzow geschlagen war, wendeten sich demnach die neuen Zu­

züge, die sich Ardajan näherten,

auf Kars, wodurch

rechts nach der Richtung

sie

auf die Avantgarde unter General

Pankratief stießen, und

sich auf dem Wege nach Erzerum

zurüHogen.

Indeß

ward

die Stärke der Russen auf der

Straße von Kars in diesem Augenblick nur auf 10,000 Mann

angegeben, die 14te Division aber erwartet.

Die Stärke nach

deren Eintreffen wird auf 18,000 Mann berechnet, in 23 Ba­ taillons, 8 Escadrons regulairer Cavallerie, 4 Cosackenregimen-

tern, mit 76 Geschützen. — Die türkische Macht bei Erzerum

und vorrückend von dorther, war in zwei Corps getheilt, das eine unter Hadgi-Pascha von 20,000, das andere ihm folgend

von 30,000 Mann unter

dem

Seraskier; beide zusammen

hatte» 31 Geschütze. Mit seiner versammelten Macht setzte sich der OberfeldHerr in den Tagen vom 26stcn bis zum 29sten Juni in Be­ wegung, den Türken auf der Straße nach Erzerum entgegen­

zugehen.

Um die gegenseitigen Bewegungen zu verstehen, muß

bemerkt werden, daß die Straße von Kars her, sich in dieser Gegend in zwei Branchen theilt, die etwa 8 bis 9 Meilen weiterhin sich wieder vereinigen.

Sie bleiben auf dieser drecke

im Abstande von | bis zu 2 Meilen von einander. südlichen Wege marschirten

die Russen.

Auf dem

die Türken, auf dem nördlichen

Diese aber bogen, noch ehe sie das Dorf Bar-

dusi erreichten, links heraus und gegen die andere südlich ge­

legene Straße hin, wo Hadgi-Pascha, ein berühmter Heer­

führer der Türken in Asien, am Abhange des Gebirges, über

IV. Die Türken wie sie jetzt sind,

326

das er gekommen war, bei dem Orte Milli-Duzow seine

Stellung genommen hatte.

Die Gipfel des Gebirges waren

mit Schnee bedeckt, die Abhänge aber mit hohem Tannenwald bestanden, und der Zugang zur türkischen Stellung ward durch einen tiefen, waldigen und für Geschütz unwegsamen Grund

gedeckt. Recognoscirungen am 27sten, 28strn und 29sten hatten

den russischen Feldherrn überzeugt, daß dem Feinde auf seiner Front und seinem linken Flügel, welchem gegenüber das Ar­ meecorps aufmarschirt stand, nicht beizukommen sei.

Er faßte

daher den Entschluß rechts abzumarschiren, und über den vor­

liegenden Gebirgsrücken hinweg, das feindliche Lager genz zu umgehen, und sich den Angriffspunkt in dessen Rücken zu su­ chen.

Der Bogen war im Radius von einer Meile um den

Feind, und die eigene Gemeinschaft mit Kars mußte dabei

Preis gegeben werden.

Doch ward sie für den Augenblick

durch einen Theil der Avantgarde unter General Pankratief gedeckt, der mit 10 Bataillons, 2 Cosackenregimentern und

16 Stück leichtem Geschütz auf einer Höhenreihe gegen de»

Feind gestellt, ihn in Ehrfurcht erhielt.

Unter diesem Schutz,

und der Deckung einer Wagenburg von 3000 Fuhrwerke», geschah der Abmarsch ungesehen vom Feinde, und um Mittags­ zeit konnte auch die Wagenburg, geschützt vom General Pan­

kratief, nachziehen, und auf dem jenseitigen Gebirgsabhange wieder ausfahren.

Dies war der erste Stationspunkt des 7

bis 8 Meilen betragenden Marsches, auf dem zwei mit Schnee

bedeckte und von tiefen Schluchten durchschnittene Gebirgsrükken zu passiren waren.

Alles dies in Gegenwart eines zahl­

reichen, die Flanke und den Rücken bedrohenden Feindes.

Es war am Isten Juli Nachmittags da dieser Punkt

von der

nun vereinigten Arinee erreicht war, unter deren

Abtheilungen wir auch die des General Burtzow erblicken,

die unlängst in deu Adscharischen Gebirge» siegreich gefoch­ ten hatte.

327

Der Krieg in Asien.

Wir können uns nicht erwehren, bei dieser Marschdispo­

sition und der zu liefernden Schlacht, der Taktik Friedrichs II zu gedenken, deren Geist wir hier unter Verhältnissen ange­

wendet finden, in denen die Aehnlichkeiten sowohl als die Ver­ schiedenheiten, dem kriegs- und geschichtskundigen Leser bemerk­

bar sein werden.

Marsch der Armee, Erkundigung der feind­

lichen Lage und Benutzung des Moments und der Oertlichkeit, liegen hier unter dem leitenden Auge des Feldherrn, und sind

gegenüber einem Feinde, der in seinem Lager feststehend von verständiger Gegeirbervegung nichts weiß, nur wenig den Ein­ wirkungen des Zufalls unterworfen.

§.

144.

Während des Marsches der russischen Armee war auch

der Seraskier mit seinen 30,000 Mann von Erzerum unsers weges, um sich mit Hadgi-Pascha zu vereinigen, der aber eben so wenig als Graf Paskewitsch, von diesen» Anmarsch unter­ richtet war.

Der Vortrab des Seraskiers

kam

aus

einer

Schlucht, die vom Dorfe Ievina her in das Hauptthat aus­

mündet, in eben dem Augenblick zun» Vorschein, als der rus­ sische Feldherr an der entgegengesetzten Thalhöhe bei» erwähnten

Stationspunkt erreicht hatte.

Der lange Zug des Feindes von

dieser entgegengesetzten Seite, konnte bei» Gedanken erwecken, daß es eine wieder heranziehende E»tsei»dung Hadgi-Paschas

sei, um sich den Rücken zu sicher».

Indeß hatte sich der

türkische Vortrab den Russen gegenüber aufgestellt. kewitsch war

im Augenblick

GrafPaö-

entschlossen anzugreife»».

Dem

General Pankratief war »viederum - die Wagenburg und die

Sicherung der Flanke und des Rückens gegen Hadgi-Pascha anvertraut; General Murawjef mit 4 Bataillons, 2 Cosacken-

regimentern und 20 Geschützen aber gradeaus vorgeschickt, den Türken entgegen; 8 Bataillons und 8 Eskadrons mit 20 Ge­ schützen hinter ihm, dienten als Reserve, und General Burtzow

mit 4 Bataillons, 1 Cosackenregiment und 12 Geschützen auf dem äußersten linken Flügel machte Front gegen Hadgi-Pascha,

IV.

328

Die Türken wie sie jetzt sind,

dessen Lager auf 8 Werst entfernt war.

Von dorther über

den Bergrücken erschien auch bald aus demselben die Reuterci, unter Anführung des Kiaja (Generals der Cavallerie).

Uner­

wartet'war dieser Anfall, da er aus einem Hohlwege kam.

In «inenl Augenblick war der ganze Bergrücken von türkischen

Reuter» bedeckt, nach Schätzung 6000 an der Zahl.

Auch

irrcgulaires Fußvolk folgte, und stürzte sich mit auf die rus­

sischen Ouarrv'es.

Ueberall aber abgewiesen, wo wiederum das

Feuer ganzer Bataillonsfronten das Beste that, ging das Ge­ fecht nach der gewöhnlichen Weise. — Ebenso begann die Meu­

terei des Scraskiers, welche sich dem rechten Flügel, den Graf

Paskewitsch selbst zum Angriff führte, umkreisend entgegenstürzte. Durch lebhaftes Geschützfeuer, und durch die Reserve, die hcr-

angezogcn und sich theilend dem Feinde in beide Flanken siel, ward auch dieser Anfall bis in das feindliche Lager zurückge­

trieben.

Die Details des so zweckmäßig als geschickt ausge­

führten Manövers sind aus den Armeeberichten, und den ver­ schiedenen Erläuterungen in den Zeitschriften, zu entnehmen *).

Uns genügt zu bemerken, daß die aufgestellte Reserve (unter den Generalen Murawjef und Pankraties) Unterstützung nach beiden

Seiten leistete, und noch vor Abend den bis dahin durch feind­

liche Ueberniacht auf der Defensive gehaltenen General Burtzow in den Stand setzte, die Offensive zu ergreifen, und den gegen ihn andringenden Feind in die Wälder und Berge zurückzutrei-

den, wobei ihm mehrere Stücke Geschütz, die er nachgeschleppt und zu gebrauchen versucht hatte, abgenommen wurden.

Durch einen Gefangenen chatte Graf Paskewitsch erfahren, daß der ihm gegenüberstehende Feind der Seraökier fei, der dem Hadgi-Pascha zu Hülfe ziehe, und sich mit ihm vereini­

gen wolle.

Dies bestimmte deir russischen Feldherrn ungesäumt

’) Vornemljch aus den Nachrichten und Berichte» des Grafen Paste-,

witsch aus dem Lager bei dem Dorf Ardäffou unter dem 5toi Juli 1829 falten Styls). Preußische Staatszeitung Nro. 215 und 218. — Auch ein

Aussatz m dem i ten Hefte der Zeitschrift für Kunst und Wissenschaft des Krieges.

Der Krieg in Asien.

329

feinen Vortheil gegen den Seraskier, als deir Hauptfeind, zu

benutze», und ihn zu" schlagen, bevor Hadgi-Pascha Kunde von

dessen Nahe erhalten, könne.

Er vereinigte zu dem Ende seine

Macht, zog die Lruppen, die den Kiaja verfolgt hatten, an sich, und wartete ruhig ab, bis dieser das Lager Hadgis wieder erreicht

hatte. — Zwei Wege waren aus solchem, um zu dem Seras­

kier zu gelangen; der eine auf der südlichen Straße, in dem Thal, längs welchem wir diesen haben marschiren sehen, und wo er lagerte, und schon sich zu verschanzen angefangen hatte;

der andere mit einem Umschweif nach der nördlichen Straße,

auf welchem die russische Armee eben marschirt war.

Doch

war zu glauben, daß Hadgi diese,» beschwerlichen Weg von

wohl 4 deutschen Meilen in der Nacht nicht erwählen werde. Ihn aber von dem andern graben Weg abzuhalten, ward Ge­

neral Burtzow mit 2 Bataillons, einem Cosackenregiment und

12 Canonen über den Bergrücken gesendet,

und dem Lager

Hadgis gegenüber aufgestellt; 3 Bataillons mit 12 Canonen, machten seinen Soutien in zweiter Linie.

Bis 6 Uhr Abends

blieb Graf Paskewitsch ruhig stehen, und führte dann seine Abtheilung von 10 Bataillons, 8 Escadrons und 2 Cosackcn-

regimentern, mit 16 Geschützen zum Angriff gegen den Seras­ kier.

Der Ueberrest des Corps blieb zurück zur Deckung der

Wagenburg.

In drei Colonnen geschah der Angriff.

Die erste von

1 Bataillons unter General Murawjef umgehend gegen die linke Flanke des Feindes; die zweite von 3 Bataillons unter

General Pankratief, eben so gegen die rechte; — die dritte Colonne aus den übrigen 3 Bataillons und der ganzen Reu­ terei bestehend, unter dem General Rajewsky im Centrum,

sollte die Erfolge der beiden Flügelangriffe abwarten, und dann

von dem Moment Nutzen ziehen. Alles gelang nach Wunsch, indem die Türken als sie sich von der russischen Jusanteric auf den Flanken bedroht sahen,

für ihren Rückzug

besorgt schon nach und nach das Lager

330

IV. Die Türken wie sie jetzt sind.

verließen. Graf Paskewitsch benutzte den Vortheil, und ließ von allen Seiten anrücken. Die Cavallerie und die reitende Artillerie voreilend gewannen bald den Gebirgsabhang, und letztere beschoß den Rückzug des Feindes, der bald in allge­ meine Flucht ausartete. Bis 9 Uhr Abends verfolgt, ließ der Feind sein ganzes Geschütz (11 Canonen) im Stich und fand erst hinter dem Saganlou-Gebirge seine Sicherheit. Das La­ ger mit reichen Vorräthen ward wiederum die Beute des Sie­ gers, der für die Nacht in dem Thal vor Zwina, 15 Werste weit, grade im Rücken Hadgi-Pascha's, das Ruhelager nahm. Tn'rh am 2ten Juli brach die Armee auf, zu dem zweiten Theil des Unternehmens, das dem Blick des Feldherrn sich schon bei'm Entwurf klar dargestellt Hatter erst den einen und dann den andern seiner Feinde zu schlagen. — Jetzt galt es denmach dem noch feststehenden Hadgi-Pascha. Berge und Gründe waren wiederum zurückzulegen; leicht aber wurden die Schwierigkeiten von den nichts scheuenden siegreichen Truppen überwunden. Schor» um 9 Uhr Morgens stand mar» nur eine halbe Meile • entfernt und Vortheilhast ausgestellt imRükken des feindliche», Lagers, wo die gänzliche Unwissenheit, so­ wohl über den Anmarsch als die Niederlage des Seraskiers, nur irr der eigenthümlichen türkischen Indolenz ihre Erklärung findet. Indeß war das Lager der Türken nach der von ihnen gewohnten Weise mit Vorsicht genommen, und von beider» Seiten durch unzugängliche Schluchten gedeckt. Auch formirten sie sich nach ihrem Rücken umgewendet in. Schlachtordnung gegen die Russe», ihre 15 Canonen in 5 Batterien vor sich, durch Brustwehren von Stein, Erde und Holz, so wie durch Verhaue gedeckt, da sie sich wie bekannt auf allen Seiten ver­ schanzen. Schon als sie die Russen von weitem erblickten, eröffneten sie eine wirkungslose Canonade. Graf Paskewitsch aber verzögerte noch seinen Angriff/ da er das Detaschement vom General Burtzow, das ihm zu folgen Beseh! erhalten hatte, noch abwarter» wollte.

Der Krieg in Asien.

331

Indeß hatten die Cosacken Gefangene eingebrächt, von denen man die Unbekanntschaft des Pascha mit den Ereignisse» des gestrigen TageS erfuhr.

Der russische Feldherr gab daher

einem derselben die Freiheit, und den Auftrag, dem Pascha das Schicksal des Seraskiers zu melde».

Hadgi, von der Unmög­

lichkeit seines Rückzugs überzeugt, verlangte zu capituliren, womit jedoch seine Truppen nicht einverstanden sein mogten,

da nach einiger Zeit das Feuer der türkischen Batteriecn wie­ der begann.

Dies war für Graf Paskewitsch Beweggrund und

Zeichen zum Angriff, der >n-ter Trommelschlag in 5 Colonnen

geschah.

Die Hauptcolonne, unter eigener Anführung des Ober­

feldherrn, ging gerade auf das feindliche Lager, die zweite, unter

General Pankratjef, dem Feind in die Flanke und auf die wahr­ scheinliche Rückzugslinie, die 3 andern, unter den Generalen

Sacken, Murawjef und Leonoff, zur Besetzung der Wege nach Midschingerd,

Sansah und dem Thal des Ara,rcs. — Die

beiden ersten Colonnen drangen in das Lager ein, und erober­ ten die noch rauchenden Canoncn, die sie sogleich gegen de» fliehenden Feind anwendeten. General Pankratjef erreichte ihn

noch im Verfolgen, und machte eine Menge Gefangene, unter

denen sich der Anführer Hadgi Pascha befand.

Die zum Ab­

schneiden dirigirten Colonnen stießen auf tiefe Schluchten und dichten Wald, und konnten den Feind nicht hindern, sich in die Wälder und Gründe des Ara.res Gebiets

retten.

theilweise zu

Doch wurde er bis dahin verfolgt; so auch nach der

andern Seite bis jenseits Mitschingerd und Sansah, wobei rioch 19 Canonen,

wurden.

16 Fahnen und 1200 Gefangene genommen

Bemerkenswerth ist, daß die muselmännischen Regi­

menter, deren rnehrere, eben so wie aus Armeniern formirte, sich bei der Arniee befanden, hier die meisten Fahnen eroberten,

und überhaupt sich durch Kühnheit, Tapferkeit und Ausdauer,, besonders auszeichneten.

Es ist indeß nicht das erstemal, daß

mohamedanische Schaaren für die Sache eines christlichen Kai-

332

IV.

sers fochten *).

Die Türken wie sie jetzt sind, So auch dürsten Aehnlichkeiten sich in der

Vorzeit finden lassen, wenn vielleicht diese Rußland unterwor-

fenen Völker noch einst mitwirken sollten, dem türkischen Reich in Europa und dem vorder» Asien ein Ende zu machen.

§.

145.

Die erste von den hier beschriebenen zwei Schlachten vom IstenJuli ward nach dem Dorfe Kainly genannt, wo der erste

Anfall der Türken, und das heftigste Gefecht mit den Trup­ pen des Seraskiers gewesen, dessen Lager sich jedoch in be­

trächtlicher Entfernung von diesem Punkt bei dem Dorfe Ze-

wina befand.

Ueberhaupt bemerken wir, daß die Dörfer hier

nur wüste Plätze, oder offene Hüttenlagerungen zu sein schei­ nen, da

sie bei den Ereignissen selbst in gar keine weitere

Betrachtung kommen.

Eben so ist es mit dem Ort Milli-

Duse, der den Lagerplatz Hadgi Pascha's bezeichnet, und von dem die Schlacht vom 2ten Juli

den Namen hat.

Uns

genügt von beiden Schlachten das Resultat, daß der Feind

sein sämmtliches Geschütz (31 Canonen) und 1500 an Gefan­ genen verloren hatte, vor allem aber auseinandergesprengt, und entmuthigt war, so daß dem Verfolgen des Sieges bis zur

Eroberung von Erzerum kein Hinderniß im Wege stand. Doch durfte dem Feind nicht Zeit gelassen werden sich wieder zu

sammeln.

Graf Paskcwitsch hatte ihm daher schon gleich am

2tcn Juli bei beendigter Schlacht drei Detachements nach ver­

schiedenen Richtungen folgen lassen.

Das eine und stärkste,

unter dem Fürsten Bikowitsch Tscherkasky, bestand aus 6 Ba­ taillons Infanterie, einem Regiment Cosacken und 3 musel­ männischen, mit 11 Canonen, und ward (wie es scheint über das Saganlugebirge) nach der Straße von Bajazet auf Erze­

rum dirigirt, zum Theil in der Absicht, den jenen Platz immer bedrohenden Pascha von Wan und Much im Zaume zu hal­

ten.

Ein zweites Detaschcment, unter dem Obersten Grafen

’) Oie saracenischen Truppen im Dienst der Hohenstaufen.

Der Krieg in Asien.

333

Simonitsch, verjagte die türkischen Flüchtlinge aus dem Walde zunächst dem genommenen Lager.

Ein drittes, unter dem Ge­

neral Burtzow, von 3 Bataillons, einem Cosackenregiment und

12 Canonen, ging gerade vor auf der Straße nach Erzerum

bis zum Dorfe Ardassu (6 deutsche Meilen weit), von wo cs sich mit dem Dctaschement des Fürsten Bikowitsch Tscher-

kasky in Verbindung setzte. Oöristlieutenant Bassoff, dem dieser Auftrag ward, stieß dabei auf hundert Türken, die theils gc-

tödtet und gefangen,, theils auseinandergcsprengt wurden. Dar­ auf erreichte er das Dorf Choroffan, wo große Vorräthe von

Pulver und Lebensmittel gefunden wurden. Weiterhin wurden dem Feinde noch 2000 Stück Schlachtvieh abgejagt, und den

von ihnen mitgeschleppten christlichen Familien Gelegenheit ge­ geben, sich zu befreien.Am 3ten Juli folgte der Oberbefehlshaber mit der ganzen!

Arnree, und allem Gepäck nach, auf der Straße nach Erzerum,

und lagerte Tages darauf nur noch 6 Meilen von der türki­

schen Festung Hassan-Kale.

Die beiden Detachements, unter

General Burtzow und Oberst Graf Simonitsch, stießen hier zu ihm. Am 5ten Juli ward wieder ein Marsch von 3 Meilen

gemacht, wo man sich mit dem Detaschement des Fürsten

Bikowitsch Tscherkasky vereinigte, und erfuhr, daß der Seras­ kier bei Hassan-Kale die Trümmer seiner Macht einigermaßen wieder gesammelt gehabt, aber damit weiter nach Erzerum zu­

rückgezogen sei, und nur eine Besatzung in dem Platz HassanKale zurückgelassen habe, welche zu einer ernstlichen Verthei­ digung keinesweges geneigt sei.

Dies bestimmte den russischen

Feldherrn mit dem Carabinierregiment seines Namens, sämmt­

lichen Cosacken, zwei muselmännischen Regimentern und 18 Ca­

nonen, gleich gegen Hassan-Kale aufzubrcchen, das Armeecorps mit dem Gepäck aber an dem Ort wo es stand, bei Keprik-Kef

einstweilen zurückzulaffen.

Nach 3 Meilen Weges erreichte

man Hassan-Kale, diese aus der Nömerzeit herrührende starke

IV.

334

Die Türken wie sie jetzt sind.

Festung, und besetzte sie, da sie von den Türken verlassen war.

Die Eroberung war von Wichtigkeit, indem sie einen sicheren Verwahrungsort für die Vorrathe abgab, und auf der Gemein-

fchaftslinic zwischen Bajazed und Kars gelegen, die weitere Operation

gründlich basirte.

Auch gab der von den Russen

erworbeiie feste Punkt den armenischen und friedlich gesinnten Einwohnern der Umgegend den Muth, sich unter den Schutz

des Siegers zu begeben, und in der Heimath bei dem Gewerbe zu bleiben. Beträchtliche Magazine von Munition und Lebens­ mitteln, und 29 Canonen, fand man außerdem noch im Ort,

der als der Schlüssel von Erzerum betrachtet wird. In dieser großen armenischen Hauptstadt war Gährung

und Unordnung, sowohl unter der Besatzung als den Einwoh­ nern, der größte Theil jedoch friedlich gesinnt und zur Uebergabe geneigt.

Graf Paskewitsch, dessen Spitze den Feind un­

ablässig verfolgte, ließ sich daher gleichzeitig in Unterhandlungen ein, durch hingesendete und für sich gewonnene Gefangene.

Unterdeß

aber zog das Armeecorps heran, stand

schon anr

7ten bei Hassan-Kale, und brach noch selbigen Abend um 5 Uhr wieder auf, die Wagenburg bei der wohlbesetzten Festung

zurücklassend. Am 8tcn Juli Morgens, stand die Armee int Lager nur 3 Stunden noch

von Erzerum.

Deputationen von dorther

baten um Stillstand, und versuchten Besorgnisse zu erregen:

der Fanatismus einer unruhigen Einwohnerschaar könne Unglück

erzeugen. Graf Paskewitsch fand aber gerade hierin die Veran­ lassung gleich vorzurücken, um den Muth der ihm anhängenden Parthei in der Stadt zu beleben.

Durch einen Engpaß rückte demnach das Armeecorps den Berg hinan, jenseits desselben im Thale das große volkreiche

Erzerum mit seinen umgebenden Vorstädten sich weit ausdehnt,

während die gezackten Mauern der Festung und der Citadelle sich über das Ganze erheben. Eine Stunde weit von der Stadt

mußte indeß zur Lagerung Halt gemacht werden, weil weiter-

Der Krieg in Asien.

335

hin sich kein Tränkwasser mehr findet. Als die russischeil Truppe» sich auf den Höhen zeigten, kamen Türkenhaufen von Reuterei heraus, und plankerten gegen die Vorposten, doch nur von

wcitcin mit nutzlosem Schießen, unerwiedert von den Russen.

So kam der Abend heran, und die Zeit verstrich mit nutzlosen Unterhandlungen. Graf Paskewitsch hatte sich untcrdcß die Gelegenheit zum

Angriff ersehen.

Gegen Osten der Stadt erhebt sich ein Berg

Top-Dag genannt, der sie und die Citadelle im Canonenschuß

beherrscht, und zugleich die Straßen nach Kars und Achalzick übersieht.

Daselbst hakten die Türken eine Batterie errichtet,

und sie durch Verschanzungen mit der Stadt in Verbindung gesetzt. War diese Höhe genommen, so konnte die Stadt schwer­ lich sich halten.

Die Absicht des Feldherrir war demnach, sie

frühmorgens zu nchinen, wenn die Unterhandlungen nicht bis dahin zur Uebcrgabe führten.

In der Stadt kämpfte über den Entschluß der ruhig be­ sonnene Theil der Einwohner mit einer unruhigen unstäten Pö-

bclmaffe, die nicht wußte was sie wollte.

Die Funken eines

aufsprühcnden Fanatismus wurden jedoch durch keine Flamme dauernden Muthes unterhalten. Nur das Geschütz vom TopDag, so wie die türkischen Tirailleurs, hörten nicht auf zu

schießen, aus alles was sich ihnen näherte.

Graf Paskewitsch

ließ daher den unterhandelnden Seraskier auffordcrn, diesem Schießen ein Ende zu machen, und die Truppen zurückzuziehen.

Bis 3 Uhr Nachmittags war ihm dazu Frist gelassen.

Als

aber klar geworden, daß er nur beabsichtige Zeit zu gewinnen,

indem er eine Verstärkung erwartete, die ihm sein Kiaja zu­ führen sollte, ließ Graf Paskewitsch seine Truppen von allen

Seiten gegen den Top-Dag anrücken.

Es geschah mit klin­

gendem Spiel ohne zu feuern, trotz dem Feuer der Türken, die

jedoch von dem entschlossenen Anrücken der russischen Colonnen erschreckt, bald ihre Posten verließen.

Der Top-Dag ward

demnach genommen, und 5 Canoncn, die der Feind im Stich

IV. Die Türken wie sie jetzt sind.

336

gelassen hatte, nun aber alle feine Batterieen von der Festung spielen ließ.

Die Russen erwiederten aus ihrem Feldgeschütz,

das auf den Top-Dag gebracht worden war.

Es reichte hin,

um Schrecken und Unordnung in der Stadt zu verbreiten, und die Uebergabe zu beschleunigen.

Man überbrachte dem Ober­

befehlshaber die Schlüssel der Stadt.

Die Unzufriedenen, die

noch Widerstand leisteten, wurden durch einige Canonenschüsse zerstreut, und die Verwaltung der Stadt und Provinz ging, aus den Händen des mit seinem Pascha gefangenen Seraskiers,

an. die russische Behörde über, die der Oberfeldherr einsetzte.



Dw Citadelle war noch von einer Schaar Arnauten besetzt,

die sich vertheidigen wollte, doch als sie die Anstalten zum Sturm wahrnahm, die Thore öffnete.

Am 9ten Juli Abends

61 Uhr wurde demnach die russische Fahne auf der Citadelle

von Erzerum aufgepflanzt. §.

146.

Erzerum ist ein strategischer Punkt, der die gemachten

Eroberungen sichert, und neue begründet; doch ist zu beidem Thätigkeit nach allen Seiten er^rderlich. Wir finden demnach

auch den russischen Feldherrn, voy dem Centralpunkt aus, De­ tachements und mobile Colonnen nach allen Richtungen sen­ den, letztere in die Sandschacks (Distrikte) Otti, Marimame,

Schautet und Adschara, wo noch Widerspenstige zu unterwer­

fen waren; zwei stärkere Detaschernents aber, das eine, unter dem Oberst Lemann, nach Chniß (Khams), einem südöstlich ge­

legenen Platz etwa 16 Meilen entfernt, und unter dem Ein­ fluß des schon erwähnten Pascha von Musch und Wan, dessen

Kurden bis dahin streiften

und die Dörfer plünderten.

Der

Pascha selbst hatte sich indeß mit feinen Truppen nach einer andern Seite, gegen den Wan-See hingewendet, und wir fin­

den ihn erst wieder, bei einem Unternehmen gegen die Festung Bajazet.

Chniß mit 6 Canonen darin, ward demnach ohne

Widerstand genommen, und die Umgegend unterwarf sich gern

dem russischen Schutz.

Das andere Detaschement, unter deur

General

Der Krieg in Asien.

337

General Burtzow, zog gegen die Stadt und Festung Beiburt, etwa 20 Meilen weit nordwestlich gelegen, einem ansehnlichen

wohlgebaueten Ort, dessen Einwohner zur Unterwerfung geneigt, schon entgegenkamen,

da die türkische Besatzung,

auf die

Nachricht von dem Anmarsch der Russen, den .Platz verlassen, und sich, die Gegend ausplündernd, nach allen Richtungen hin

zerstreut hatte.

So ward auch dieser feste Punkt, wo man

4 Canonen, und Pulver- und Proviantvorrathe von Bedeutung

fand, am I9ten Juli von den Russen besetzt. — Eine wichtige Erwerbung waren die 2 Stunden von Beiburt gelegenen Kupfer­

bergwerke, welche durch ein abgesendetes Detachement- nach einigem Widerstande den türkische Haufen

daselbst leisteten,

Der Ertrag dieser Bergwerke «ird als eine

besetzt wurden.

vorzügliche Quelle der türkischen Staatseinkünfte ^schildert,

und war für die Russen bei den sich bald darbietenden Ereig­

nissen ein doppelt Vortheilhaftes Unterpfand.

Christliche Ein­

wohner dieser Umgegend leisteten den Siegern überall Vorschub,

durch ertheilte Nachrichten, und Anleitung sich überall in dem Lande zurechtzufinden, und von den Hülfsquellen Nutzen zu ziehen.

Um diese Zeit hatte jenes Unternehmen des Pascha von Wan statt gehabt, der einen Hausen von über 10,000 Mann

an der Gränze des Paschalik Bajazet zusammengebracht, und

mehrere Tage hindurch Versuche gegen die Festung gemacht hatte, von denen'der Sturm am Isten Juli der bedeutendste

gewesen war.

Die Russen waren genöthigt, einen Theil der

Stadt für einen Augenblick dem Feinde preist zu geben, und sich auf die Behauptung einiger festen Punkte zu beschränken.

Die tapfere Besatzung, unter ihrem Befehlshaber General Po­ poff, trieb aber den Feind wieder heraus, eroberte seine Batte-

rieen, und nöthigte ihn zum Rückzug, bis auf 2 Meilen weit von der Stadt.

Die Cosacken, die schon bei dem ersten An­

rücken des Feindes sich im Felde gut geschlagen hatten, leisteten auch hinter Mauern und Hausern tapfere Hülfe, indem sie Türkenkrieg.

22

338

IV.

Die Türken wie sie jetzt sind,

absaßen und bett Feind zu Fuße bekämpften. Bis zur Nach­ richt von der Einnahme von Erzerum blieb der Pascha in der

Nähe von Bajazet, immer noch Versuche erneuernd, und mit Plünderungen und Streifzügen im Lande umher beschäftigt,

um die Zugänge zu dem Platze zu hindern.

Auf jene Nach­

richt aber zog er eilig ab, um sein eigenes bedrohtes Gebiet

zu beschützen.

§.

147.

Nördlich von Beiburt zwischen den Quellen des Tourak-

(Tschorak-) Flusses und dem schwarzen Meere, zeigt sich die Fortsetzung des Küstengebirgs, von den uns schon bekannten kriegerischen Lasen bewohnt, und zum Gebiet des Pascha von

Trapezunt gehörend.

Dies war gegenwärtig der bedeutendste

Feind für die kaukasische Armee, und ihn auf der Flanke zu lassen, konnte auf keine Weise rathsam sein; daher denn das

Gerücht, Graf Paskewitsch habe gleichzeitig mit dem Vorrük-

ken gegen Trapezunt, auch eine Colonne gegen Tokat auf dem geraden Wege nach Constantinopel poussirt, als grundlos er­ schien. .Im Distrikt von Beibmt befehligte General Burtzow.

Die Besatzung des Orts bestand aus 7 Compagnie»«, die so viel es sich thun ließ nach außen wirkten.

Auf die Nachricht,

daß bei Chiumisch-Chane, auf dem Wege nach Trapezunt, sich

eine Macht des Feindes von 10 bis 12,000 Mann zusam­ menziehe,

ging General Burtzow mit 5 Compagnieen am

Listen Juli dahin vor, und stieß in der Morgendämmerung auf den Feind, verdrängte ihn zwar aus einem Hohlweg vor dem Dorf Chart, fand aber daselbst überlegene Haufen.

Eine

Kugel traf den tapferen Führer in die Brust. Obristlieutenant

Lindelfeld übernahm das Commando, und war genöthigt sich nach Beiburt zurückzuziehen.

Graf Paskewitsch, als er von

dem Vorfall Kunde erhielt, schickte sogleich die Colonne des General Murawjew in foreirten Märschen zu Hülfe, langte am 6ten August selbst an, und ging am 8ten mit feinen ver­ sammelten Truppen, auf die Einnistungen der Türken und

Der Krieg in Asien.

339

Lasen los. In Chart hatten sich 2000 der verwegensten dieser letzter» festgesetzt, und sich zu hartnäckiger Vertheidigung nach morgenländischem Gebrauch dem Tode geweiht.

Acht Dörfer

in nahem Umkreise waren auf gleiche Weise besetzt, und Os­ man, der gefangene Pascha von Anapa, der seine geschlossene Capitulation schlecht hielt, stand mit 4000 der Seinen im

Rückhalt; das Ganze des Feindes, der fortwährend Verstärkck,-

gen an sich gezogen, ward auf 15,000 Mann angegeben. Aus dem Detail, das die nissischen Berichte uns von dem Gefecht

am Sten August geben, ist bei dem Feinde eine Einsicht und

Disposition wahrzunehmen, die man sonst nicht an den Türken gewohnt ist. Wir sehen diese Lasen mit zweckmäßiger Verschan­

zung und Vertheidigung ihrer Dörfer, den Angriff vereinigen,

in den sie durch wechselseitige Unterstützung, Concentrirung ih­ rer Streitkräfte, und gelegte Hinterhalte überzugehen wissens daher war das Gefecht eines der hartnäckigsten. Indeß endete es, da der Oberfeldherr zuerst die ihn bedrohenden Hinterhalte

vertrieb, und dann die Dörfer und Verschanzungen stürmte, mit der völligen Niederlage der Lasen, die sich während der

Nacht in einzelnen Haufen in den Bergen verloren.

Die Er­

stürmung des Lagers Osmans-Pascha, das bei dem Dorfe

Balachar an einem Hohlwege entdeckt wurde, krönte das Werk.

Ansehnliche Kriegesbeute ward hier wieder den Siegern, nebst

den beiden Canonen des Feindes, den man nach allen Rich­ tungen im Gebirge verfolgte. 60 Mann angegeben.

Der russische Verlust wird auf

Am meiste»» war der Tod, des durch

seine Thaten so oft genannten General Burtzow zu beklagen,

der am 4ten August in Beiburt an seinen im ersten Gefecht erhaltenen Wunden starb.

§.

148.

Bis hierher gehen in diesem Augenblick die öffentlichen

Nachrichten von den Operationen des russisch-kausischen Armee­ corps unter seinem rastlosen Feldherrn. Es ist zu glauben, daß

die Nachricht von dem Frieden, den Graf Diebitsch Sabal22» >

340

IV.

Die Türken wie sie jetzt sind,

kansky, sein würdiger Nebenbuhler des Ruhms, vor den Tho­ ren Constantinopels diktirt hat,

ihn auf dem Wege nach

Trapezunt getroffen haben wird, dessen Eroberung die Unter­ werfung des ganzen nördlichen Armeniens zur Folge haben

müßte; und dann wäre die Reihe an die Provinz Sivas (das

alte Pontus) gekommen.

Hier treten zwar bedeutendere Hin­

dernisse des Bodens und des Klima's ein, da man die Vorge­ birge des Taurus betritt, welche diese Provinz auf dem rech­ ten Ufer des Euphrat durchstreichen *).

Hieraus sind die

ungewöhnlichen Erscheinungen und Contraste von Kälte und Hitze zu erklären, die man weiterhin noch in stärkerem Grade antrifft, als sie schon in Armenien — namentlich auf der Strecke zwischen Hassan-Kale und Erzerum — bemerkt wur­

den, wo schon-zu Ende Oktober bisweilen die heftigste Kälte

eintritt **), dann wieder im Sommer in den Thälern die Hitze so unerträglich wird, daß die Einwohner ihre Wohnungen ver­ lassen, und höher hinauf in die Gebirge ziehen.

Es würden

demnach bei den weiteren Operationen Stationspunkte, mit besonderer Berücksichtigung von Natur des Landes und Klima's, zu wählen sein. Von Erzerum aus scheint das als von

Christen bewohnte und gastlich geschilderte Arsingan (Erzingen) der erste zu erreichende Punkt, und etwa 20 Meilen entfernt. Immer müßten die beidew ansehnlichen Städte Tokat und

Sivas (das alte Sebastopolis), die auf derselben Länge und nicht weit von einander liegen, Objecte der Operation für den

’) Wenn man.von Malatia aus, gegen Norden also reifet, daß man den Euphrat zur rechten Hand behält, so hat man bis Arsendschan (Arsingan auch Erzingen), beständig über Berge zu reifen, die wohl bewohnt

sind, aber so, daß die Dörfer aus lauter Höhlen in den Bergen bestehen.

Schillinger hat sie auf seiner Steife angetroffen, und angemerkt,

daß die

Wohnungm wegen der heftigen Kälte, und aus Mangel an Holz, unter der

Erde und m den Felsen angelegt wären. Er sagt, das Gebirge fei der AntiTaurus, welcher von den Landesemwohnern Manzarmin genennet werde. Büschings Erdbeschreibung.

Dir Länder von Asien S. 1Z5.

“) Busching, v. Asien S. 180. vom Paschalik Arzerum (Crzerum).

Der Krieg in Asien.

341

neuen Feldzug sein. Die Entfernung von Erzerum ist 60 Mei­ len, und in jedem Falle müßte in zwei Colonnen vperirt wer­

den, da der nördlich gelegene und gerade Weg, über Anderan und Nicksar auf Lokat, zwar sich als der kürzere darbietet,

die bedeutende Stadt Devrighi und andere namhafte Orte aber, welche auf dem andern südlichen Wege liegen, schon der Si­

cherheit für Flanke und Rücken wegen, nicht außer Acht ge­ lassen werden dürfen.

§.

149.

Das Bemerkenswertheste des hier beschriebenen Feldzugs, und was ihn vor allen uns bekannten quf Ähnlichem Schau­

platz auszeichnet, ist die schnelle Bewegu.NH.mrd die un­ ablässige Offensive, welche Grundsatz und System bei dem

im Türkenkriege hoch erfahrenen Feldherrn zu

sein scheinen.

Besonders zu beachten aber ist es, daß weder Terrain noch

Verpflegungsrücksicht ihn hindern, Marsche zurückzulegen, so stark wie in den cultivirtesten Ländern Europa's.

Nie hört

man von eintretendem Mangel, nie von einem nothwendigen .halt, um die Wagencolonnc heranzuziehen, nie von Armee­

krankheiten, oder andern lähmenden Calamitäten der Heere. Lehrreich wird es daher dem Kriegsmann fein, einst von Au­

genzeugen das Genauere von den Mitteln zu vernehmen, durch

die so Ungewöhnliches zu leisten möglich ward. Was wir mit­ telbar davon vernommen, läßt uns schließen, daß der weise und

erfindungsreiche Feldherr schon die Einrichtung des Mobiliars

seines Heeres auf die Beschaffenheit und die Gebräuche des Lan­ des gründete, von welchen letzteren er das Nachahmungswerthe

aus dem Klima und dem Kriegerleben der Völker am Kaukasus hervorgehende, bei seinem Heere einführte, ohne Rücksicht auf

frühere Gewohnheit und Vorurtheil.

Kleidung und Ausrüstung

des Soldaten, wie sie unseren nordischen und gemässigten Kli-

ma's angemessen sind, würden unter dem contrastirenden Wechsel

der Temperaturen in diesem Himmelsstrich höchst beschwerlich sein; daher der von den Tschirkassen und Grusiern entlehnten

IV. Die Türken wie sie jetzt sind.

342

leichteren Kopfbedeckung für den Soldaten zu Fuß, der Vorzug vor der sonst gebräuchlichen zu geben ist. Er hat mehr den Sonnenstich, als den Hieb des türkischen Reu­ ters zu fürchten, gegen den er sich durch feste Haltung im Gliede, oder durch Gewandtheit im Einzelngcfecht hinlänglich schützt. Dem Reuter dagegen, der Kopf und Glieder im Hand­ gemenge preis geben soll, dürfte Anderes nützlich sein von der Ausrüstung und dem Kostüm jener kriegerischen Völker, die wir mit behelmten Häuptern sahen, ähnlich der Büste des Achill, und mit andern: deckenden Waffengeschmeide, das sich uw eine leichte Unterkleidung fügt, und auf dem Marsch wohl manche Erleichterung zuläßt *)♦ Ueberhaupt aber scheint in diesem Klima leinene Kleidung und ein weiter Mantel von Tuch im Vorbehalt, für den Wechsel von Kälte und Hitze das vortheilhafteste. So auch besteht das Fuhrwesen der Armee, das wie wir gesehen haben, bei den beschwerlichsten Märschen ohne Aufent­ halt folgte, wahrscheinlich aus Fuhrwerken nach der Landes­ art, wie sie Klapprvth beschreibt, die aus bloßem Holzwerk *) Die Völker des Alterthums, die in brennender Sonnenhitze, in der sandigen Wüste, und in schattenlosen Steppen große Märsche zurücklegten,

machten es mit ihrem Helm eben so wie die preußischen Grenadiere des 7jährigen Kriegs mit ihrer Blechhaube. Sie nahmen auf dem Marsch

solche ab, wußten sie bei dem übrigen Gepäck irgendwo anzubringen, und

bedienten sich einstweilen einer andem bequemeren Kopfbedeckung, oder gin­ gen mit entblößtem Haupt, wie der römische Soldat auf der trajanischen Säule zu sehen ist.

In der alten Geschichte und im Heldengedicht liefet

man, wie die Krieger und Heroen sich zum Gefecht erst wappnen und schmücken. Unstreitig aber ist der antike Helm, der sich genau um' die Form des Kopfes fügt, bequemer als alle Erfindungen der neuem Zeit, die mehr drücken als decken. — Uebrigens ist es bemerkenswerth, daß jene antike Form sich durch die ganze große Zeit der Griechen und Römer erhalten

hat, und noch jetzt wie zu allen Zeiten gefällt. Der Grund davon scheint

zu sein:

daß der

gute Geschmack auf

einem Urtheil

bemht, dessen Grundidee die Zweckmäßigkeit ist.

des Verstandes

So kann ein und

dieselbe Sache, die ihre feste Bestimmung hat, nicht leicht dem Wechsel

der Mode unterworfen sein.

Der Krieg in Asien.

343

sehr einfach und tüchtig gebaut, und Are und Rüder zusam­ men sich drehend, weniger den Zufällen ausgesetzt, und bei

der geringen Reibung viel leichter beweglich sind, als künstli­ cher zusammengesetzte Fuhrwerke. — Möge indeß der kundige Augenzeuge diese nur halb zu verbürgenden Ueberlieferungen

und Vermuthungen berichtigen.

§.

150.

Vor Allem aber ist es der belebende Geist, der die rus­ sischen Heere, in Asien sowohl als in Europa, zu Thaten ge­

führt hat, die man mit Recht denen der kriegerischen Völker des glorreichen Alterthums gleichstellt.'

Paskewitsch hat

auf eine großartige Weise an diese heroische Vorzeit erinnert *).

Wirklich betraten auch seine Krieger km recht eigentlichen Sinn die Fußtapfen jener, unüberwindlichen Legionen. — Hier am

Phasis, am Kur und Araves, wo ihr lagertet und siegtet tapfere Krieger des Kaukasus! schlug Pompejus die Völker des Mi»

thridat und machte dem Reich jenes asiatischen Herrschers ein Ende. — Auch auf das erhabene Vorbild der Griechen dürft Ihr mit Genugthuung blicken; denn hier an den Quellen des Euphrat, wo Ihr in Gewaltmärschen de» Feind aufsuchtet,

zog auch Lenophon mit seinen Zehntausend; — doch Ihr seid glücklicher, denn nur als Sieger werdet Ihr den Pontus EuJinus begrüßen. — Der Weg in's Innere des alten Rei­

ches Pontus, der Euch offen stand, führt auf den Schauplatz der Thaten Cäsars.

Hätte der Friede nicht den Euern Still­

stand geboten, Ihr hättet, vielleicht auf ebendemselben Schlacht­ felde**), das Kommen, Sehen und Siegen jenes unsterb­

lichen Feldherrn erneuert. — •) Man seh« seine Proclamation nach den Schlachten von Ka'inly und Milleh-Duzow am tsten und 2ten Juli. — Sie hat Aehnliches mit Napo­ leons Wort im Angesicht der Pyramiden: Vierzig Jahrhunderte blikkeii auf Euch! “) Bei Zela unweit Tokat.

344

IV. Die Türken wie sie jetzt sind.

Vom Feldzug 18 29 in Europa. §.



151.

Griff Diebitsch Sabalkansky hat die behauptete Unmög­

lichkeit den Balkan zu überschreiten, widerlegt, wie der bekannte

griechische Weltweise den Sophisten, der die Bewegung leug­ nete. Seine Soldaten Haben weidende Heerden und bewohnte Dörfer gefunden, wo man Drachenhöhlen und Abgründe in der Einbildung sah. Bedeutend geringer noch waren die Schwie­

rigkeiten, als sie, selbst dem vorurtheilsfreien Auge, von weitem

erschienen. Wir sichert unsere Meinung bestätigt, daß eine Ar­ mee Wege findet, die der Wanderer sich nicht zu nehmen ge­

traute. — Auch

die Aehnlichkeit des Gebirgs mit anderen

bekannten geringeren Ranges in Deutschland und Frankreich, wird von Augenzeugen bekundet.

Von der Höhe jenseits des

Kamschick, von der man den Meerbusen von Burgas und die

russische Flotte in der Ferne begrüßte, blickte man in das weite Thal von Aidos, fast ähnlich dem schönen Rheinthal, wenn Auch weiterhin auf dem. Sie­

man vom Taunus hinabsieht.

geszuge der russischen Armee ist von keinen Naturhindernissen

mehr die Rede, und wir haben Grund zu glauben, daß wenn auch ein neues Heer von Türken den letzten namhaften Ter­

rainabschnitt bei dem schwarzen See *), noch eine Marschwelte

von Constantinopel, den man für ein zweites Torres Vedras ausgegeben hat, hätte streitig machen wollen, die Cosacken

leicht den Weg links um das Hinderniß herum, gefunden ha­ ben würden. §.

152.

Der Feldzug von 1829 ist ein Stoff, der den Kriegsmann wie den Geschichtschreiber begeistern könnte.

den besser unterrichteten Augenzeugen

Doch mag ich

nicht vorgreifen.

Es

*) Eine 200 Schritt lange steinerne Brücke soll, wie man sagt, über den See fiihren, unweit von seinem Ausfluß in's Meer; daher die Benennung

Bojnk- Tschckmedsche. (Ponte grandc.)

345

Feldzug von 1829 in Europa.

genüge daher an einer Charakteristik der Hauptbegebenheiten, um den Geist der Feldherrn und der Heere zu schildern, vor-

nemlich aber das «ns vorgesetzte Bild der Türken wie sie jetzt sind, zu vollenden. Es ist nicht zu leugnen, daß der Feldzug vyn 1828 Er­

wartungen von ihnen erregt hatte.

Was der Volksaberglaube

von Prophezeiungen über ihr Steigen und Umsichgreifen her­

vorgeholt hatte, mögen wir kaum erwähnen.

Aber daß sich

ihr neugebildetes Heer im Kriege vervollkommnen könne, und dann jeder neue Feldzug einen Zuwachs von Kraftanstrengung um sie zu bezwingen erfordern werde, war eine auf Erfahrung

gegründete Meinung.

Mindestens glaubte man> die türkische

Armee werde auf dem Kriegesschauplatz bleiben, mn so mehr,

da Sultan Mahmud den Winterfeldzug geboten hatte,. - Wirk­ lich hatte auch der Großvezier seinen Sitz in Schumla genom­

men, und war zu Ende Novembers mit etwa 6000 Mann vor Pravodi erschienen, ohne jedoch etwas zu unternehmen.

Nach einigen Tagen Verweilens zog er wieder ab, und seine

Truppen wurden in der Richtung von Aidos und Schumla auf einige Stunden weit verfolgt.

Von gleich geringer Bedeutung waren einige kleine Un­ ternehmungen von Giurschow aus gegen die Wallachei gewe­

sen, die von dem tapferen Geismar immer blutig zurückgewicsen wurden. Doch zogen in den türkischen Donauplätzen Widdin,

Nicopolis und Rustschuck, bedeutende Verstärkungen ein.

war ein Theil der Balkanarmee.

Es

Der bei Schumla zurück­

gebliebene ward auf 10,000 Mann geschätzt.

Es wies sich

aus, daß trotz dem Machtgebot des Sultans, der größere Theil

Türken nach Hause gegangen war.

Man sagt sie hatten die

Winterstrümpfe vergessen.

Thätiger waren die Russen.

General Geismar nahm am

26stcn Januar den Brückenkopf von Nicopolis, unter dem Na­

men Kale bekannt, auf der Wallachischen Seite; und bald darauf ergab sich ihm auch die nahgelegene kleine Feste Turno

346

IV. Die Türken wie sie jetzt sind.

mit ihren 51 Canonen. Die Besatzung von 1500 Mann hatte

freien Abzug erhalten.

Folge

dieser Erwerbungen war die

Vernichtung der türkischen Flotte von 30 Fahrzeuge«/ die un­ weit Nicopolis auf der Donau lag, und am 18ten Februar

von einem russischen Detachenient überrumpelt wurde.

Den

Türken war demnach diesseits der Donau nur der kleine Platz

Giurschow geblieben.

Die Russen dagegen hatten den Vor­

theil, eine hinlängliche Truppenanzahl in ihren schon erwähn­

ten festen Winterquartieren auf dem rechten Donauufer, dem Feind im Angesicht behalten zu haben, um die günstige Jah­ reszeit zu früher Eröffnung des Feldzugs benutzen zu können. Der wichtigste der erlangten Vortheile war jedoch die schon (§. 129.) erwähnte Wegnahme von Sizepolis an dem Meer­

busen von Burgas. Contreadmiral Kumany, mit einer kleinen

Flotte von einigen Kriegsschiffen und kleinen Fahrzeugen, wor­ auf ungefähr ein Infanterieregiment und 50 Cosacken, hatte am 15ten Februar den Streich ausgeführt.

Die kleine Stadt

und Feste auf der äußersten Landspitze ergab sich auf die bloße

Eanonade.

Die Besatzung — 1000 Albaneser — war zu

größtem Theil landeinwärts abmarschirt, und die Russen setz­ ten sich gleich fest, mit einer sturmfesten geschloffenen Schanze

auf der Landzunge, der sie später noch zwei andere und . ein festes Blockhaus beifügten, wodurch ein sicherer Ausschiffungs­

und Lagerplatz zwischen der Festung und der verschanzten Front gewonnen ward.

Die Flotte und eine Anzahl Canonierböte

lagen auf beiden Küsten vor Anker, nah' genug um die Schan­

zenlinie durch ihr Feuer zu bestreichen. tar für eine tapfere Besatzung.

Das war ein Gibral­

Die nahgelegene kleine Insel

St. Johann, im Bereich der Stadt und der Flotte, konnte

zu Depot- und Magazinanlage noch mit benutzt werden. So

war ein Hauptwaffenplatz zu der Offensive des zu eröffnenden Feldzugs gewonnen, für den Augenblick aber der Vortheil er­

reicht, die Streitkräfte der Türken zu theilen, da sie diesem Noyeau russischer Kriegsmacht gegenüber, nothwendigerweise ein

Feldzug von 1829 in Europa. Corps mußte« stehen lassen.

347

Vergrößert wurde noch dieser

Vortheil durch die Jndisciplin der Türken, die nie unterlassen, ihnen vorbeiziehende Transporte von Lebensmitteln zu plün­

dern.

So ward der bei Schumla wieder vorauszusetzenden

türkischen Armee die Subsistenz auf indirekte Weise erschwert. Alle diese Vortheile wogen die anscheinende Gefahr wohl auf, welcher die Besatzungstruppen von Sizepolis, bis zur Mitwir­

kung der über den Balkan schreitenden Armee, den Winter über

ausgesetzt sein konnten. §.

153.

Der Sultan unterdeß wechselte seine Veziere wie weiland der Wohlfahrtsausschuß seine Revolutionsgenerale.

Doch war

er milder, da jene ihre Köpfe behielten, und höchstens in's EM wandern oder auf untergeordneten Stellen befehligen mußten.

Die Ungnade gegen Hussein-Pascha war wohl durch seine Un-

thätigkeit zum Entsatz von Warna motivirt.

Aber auch sein

Nachfolger Jzged Mehmet, vormaliger Capudan-Pascha, der tapfere Vertheidiger jener Feste, hatte dem Reschid, Seraskier

von Rumelien und uns bekannten Feldherrn gegen die Grie­ chen, Platz machen müssen.

Sonderbar scheint uns die An­

gabe, er sei wegen zu strenger Verwaltung vom Amte entsetzt.

Doch wissen wir, daß er nur den schlechten Erfolg hat büßen müssen, da es ihm nicht gelang, die widerspenstigen Asia­

ten durch die europäischen irregulairen Truppen zu zwingen, und der unzufriedenen Armee ein Opfer gebracht werden mußte.

Zum Pascha von RumeliA» ernannt, blieb ihm indeß noch die Gewalt im Sinn seines Herrschers zu handeln, und zugleich war der wichtige Punkt von Rodosto an der Küste unweit der

Hauptstadt, seinen treuen Händen anvertraut. —

Am Listen März zog der neue Vezier, von wenig Trupgen begleitet, in Schumla ein.

Huffein-Pascha,

dessen Energie und Gewalt über die

Truppen man im vorjährigen Feldzug

die Erhaltung von

Schumla verdankte, war indeß nicht außer Wirksamkeit. Wir

348

IV. Die Türken wie sie jeht sind.

finden ihn bei Aldos und Burgas wieder, wo ihm der Befehl

Sizepolis «iederzunehmen, geworden zu sein schien.

Indeß

lief sein am Sten April unternommener Angriff unglücklich für ihn ab, so ernstlich er auch gemeint und mit so großer Uebermacht er unternommen war.

Mit 4000 Mann Fußvolk und

1500 Reutern hatte er am frühen Morgen seinen- entschlossenen Anlauf genommen.

Ein Theil Türken gelangte in den Gra­

ben der einen Schanze; einige Verwegene sogar über die Brust­

wehr, wurden aber im Innern der Schanze niedergemacht. Da

erschien General Wachten mit der Garnison von Sizepolis, 5 Bataillons, die er schnell zum Angriff ordnete: 2 Bataillons rechts, zwei links von der Schanze; mit dem 5ten und 2 Stück Geschütz, er selbst an der Spitze, auf den Feind los, während

dieser das Thor der Schanze noch angriff.

Die Flotte verei­

nigte ihr Eanonenfeuer mit dem Kartätschenfeper der Landbattcrieen und der 2 Geschütze, die der tapfere Wachten mitführte.

Der Feind ward bis auf die entlegenen Anhöhen verfolgt, wo

er Schutz in den Wäldern sand; 250 seiner Todten fand man auf dem Platz.

Doch zählten auch die Raffen an 100 todt

und-^ verwundet. §.

154.

Die nach Hause gegangenen türkischen Schaaren langten

um diese Zeit nach und nach wieder im Lager von Schumla an, vornemlich die neu formirten, an deren Vermehrung und

Einübung man in Constantinopek fortwährend arbeitete.

Der

Angabe nach sollten sie auf 60 Bataillons und 31 Escadrons, in Allem bis 100,000 Mann, gebracht werden. Doch scheint

es, daß die neuen Errichtungen auf keine Weise große Er­ wartungen rechtfertigten. Schon der Stoff, der alle versuchte

alte Krieger ausschloß, und sich auf unreife duldsame Sub­ jecte beschränkte, war nicht geeignet es mit einem Heere aufzu nehmen, dessen kriegerischer Geist und hoher Grad taktischer

Ausbildung nur durch unverhältnißmäßige Uebermacht, und eine gewisse Barbarei in höchster Potenz mit Besonnenheit an-

Feldzug von 1829 in Europa. gewendet, vielleicht hätte bekämpft werden können.

349 Jene von

europäischen Ererciermeistern eingetrillten Jünglinge waren zwar

frei von den Volksvorurtheilen, aber auch frei von der frühe­ ren Energie der Osmanen. Sie wurden mit Stock und Peitsche

in der taktischen Kunst unterwiesen, und mehrere unter ihnen konnten Wunden, meistens am Kopf, vom Exercierplatz noch

aufweisen.

Kein tüchtiger Krieger, aus der Janitscharenschaft

oder der Arnauten- und Albanesenschaar, hätte sich dergleichen

von einem Lehrmeister gefallen lassen, der nach der Volksansi'cht unfähig oder unwürdig war, sie gegen den Feind zu führen.

Noch keinem der in Mahmuds Dienst stehenden europäischen Officiere ward diese Ehre, und sogar für eine Ausnahme und besondere Gnade galt cs > daß dem einen unter ihnen erlaubt

war, einen Sabel zu kragen. Aus der Art wie die Türken die europäische Taktik an­

sehen, der wundervollen Neugierde die sie blicken lassen, wenn andere Truppen sie üben, und ihrer besonderen Ungeschicklich­

keit sie nachzuahmen, mögte man fast schließen, daß sie den

eigentlichen Zweck derselben gänzlich verkennen und die Hand­ griffe und Evolutionen für leere Zeichen und Schnörkel halten,

um damit auf gewisse Weise etwas Uebernatürliches zu bewir­

ken.

Auf den Sultan selber dürfte sogar die kühne Behaup­

tung auszudehnen sein, da er ganz das zu verkennen scheint,

was sein Volk noch bis jetzt an kriegerischem Vorzug behaup­ tet. Indem er seiner Reuterei die Steigbügel länger geschnallt

und Sporen an die Stiefeln gegeben, hat er vergessen, daß Bajazeths und Amuraths Reuter, die christliche Heere von der Erde vertilgten, auf die Nationalweise ritten, wie noch die

heutigen nicht neuexercirten Türken.

Auch mit dem Turban

und anderem nicht wesentlichem Kleidungsstück hat cs eine

gleiche Bewandniß.

Die ächten Delis und Spahis in ihren

neuen Costümen und ungewohnten Reutermanieren, mögen sich

etwa so befinden, wie unsere Reuter, wenn man sie auf tür­

kische Weise zu Pferd setzen wollte, wo die Knie fast das Kinn

350

IV. Die Türken -wie sie jetzt sind,

erreichen. — Das Bild, das Reisende aus der türkischen Haupt­ stadt uns in öffentlichen Blättern gegeben, zeigt uns übrigens die türkische junge Soldateska albern, unwissend und ungezogen, auf den Kaffeehäusern einheimisch, in der schlechtesten Weise also um sich zum Kriege zu bilden. Den Kriegs- und Landeszustand von Mahmuds Reich überhaupt betrachtet, erwies sich aber recht deutlich, was der Machiavellismus herausbringt, wenn er auf türkische Weise ge­ übt wird. In dieser Zeit der Gefahr sah man jedes Band gelöst, das die Kräfte der Theile zu einem Ganzen hätte ver­ einigen können. Die Pascha's in den entfernten Provinzen hatten entweder nicht die Gewalt, oder nicht die Neigung zu helfen. Bosnien, von einem noch kriegerischem Stamme bewohnt, schien sich auf eigene Vertheidigung beschränken zu wollen. Servie» war schon längst im Sinn und Gemüth für die Pforte verloren. Die Albanesen, auf die man ge­ rechnet hatte, da sie früher dem neuen Großvezier Reschid anhänglich waren, forderten einen ungeheuren Sold vorausge­ zahlt, um mit 30,000 Mann zum Heere zu ziehn. Wo aber sollte die Pforte die Geldmittel hernrhmen, da Mes was vor­ handen gewesen, schon erpreßt, und Alles von Einwohnern, das erwerben konnte, von Haus und Hof in die Gebirge und Steppen gezogen war? Sultan Mahmud wollte überall nur durch blinde Werkzeuge herrschen. Wo demnach ein Pascha oder Aga, durch Beförderung des Ackerbaus und der Gewerbe, Macht und Einfluß im Lande erlangte, wurden Mißtrauen und Eisersucht des Oberherrn rege, und der Beschützer der An­ siedelungen, wenn er im Bereich der Zwangsherrschaft lag, ward in ein fremdes entferntes Paschalik gewiesen, ein neuer Satrap aber gesendet, der ausriß oder aussog, was jener ge­ pflanzt oder hatte entstehen lassen. So zogen überall die Ein­ wohner das Hirten- und Nomadenleben, das ihnen erlaubte mit dem beweglichen Habe davonzuziehn, dem stetigen Betrieb des Ackerbaues vor, den sie ohnehin nur auf das was sie selbst

Feldzug von 1829 in Europa, brauchten, beschränkten. Endlich durch kluge Wahl oder durch Verzweiflung zum Waffenhandwerk geführt, würden sie eben

so gern den Russen als ihrem eigenen Herrscher ihre Dienste gewidmet haben, wenn es in dem Willen oder in der Po­ litik des Kaiser Nicolaus gelegen hätte, sie in Anspruch zu

nehmen.— Alles dies stellt das doppelte Resultat außer Zwei­ fel: daß das türkische Heer im neqen Feldzuge weder durch Stärke noch durch Beschaffenheit dem russischen den Erfolg

streitig machen konnte, und daß Alles gewonnen sein würde, wenn es diesem nur gelang es zu einer Hauptschlacht zu brin­ gen. Eine solche auf irgend eine Weise herbeizuführen, sei es auch unter den anscheinend nachtheiligsten Umständen, nur auf die einzige Bedingung, daß man zu einem Aufmarsch gelangen könne, soll die Aufgabe gewesen sein, die der russische Feldherr sich stellte. Selbst die gewöhnliche Gemeinschaftslinie konnte dabei aufgegeben, selbst Vereinzelungen der Armee und schein­ bar fehlerhafte Ausstellungen konnten angewendet werden, um die Türken aus Stellungen zu locken, wo unzugängliche Fron­ ten ihnen einzig und allein die eigenthümliche Stärke ließen. Das sicherste und auf alle Weise vortheilhafteste Mittel den Großvezier in die Ebene zu locken, ward jedenfalls angewen­ det, indem man Silistria belagerte. Daß er sich diesen Schlüs­ sel des Donaustroms nicht dürfe nehmen lassen, ohne alles daran zu setzen es zu verhindern, dafür bürgte wohl der Cha­ rakter des Großherrn. Aber auch in dem unwahrscheinlichen Fall, Reschid werde der unthätigste aller schlechten Nachahmer des Fabius sein, darf man bei dem russischen Feldherrn die Absicht voraussetzen, kühn über den Balkan zu gehn, in der

Gewißheit der Großvezier werde hinter ihm herlaufen, und man dann umkchren können ihn zu schlagen. Bei der vollen Zuversicht jede Schlacht zu gewinnen, ist man aller strategi­ schen Betrachtung überhoben. Die Freiheit aber, die man in allen Bewegungen sich dabei nimmt, z. B. die Zertheilung in mehrere Corps auf Märschen weit auseintznder, nur mit der

IV.

352

Die Türken wie sie jeßt sind.

Vorausberechnung zum Moment der Schlacht wieder beisam­

men zu sein — erleichtert wiederum die Subsistenz auf dem Kriegsschauplatz und jede Operationen überhaupt, selbst in dem

schwierigsten Boden.

Auch war durch die große Anhäufung

aller erforderlichen Kriegsmittel auf dem festen Punkt Sizepo-

lis für solch' kühnes Vorschreiten schor» im Voraus gesorgt, und eine Menge Vorräthe und Transportmittel Um über das

Gebirge zu kommen, wozu wir in's Besondere eine große An­

zahl in den asiatischen Steppen aufgekaufter Cameele rechnen, beweisen, daß der erworbene Name des neue« Feldherrn vom

Ueberschreiten des Balkans nicht einem bloßen glückli­ chen Zufall gehört. — Im Allgemeinen aber wird man nicht

verkennen, daß er zu den Schülern zu zählen ist, die der größte

Feldherr des Jahrhunderts wider seinen Willen erzog *). §.



155.

Am 24sten Februar war der neue Feldherr Gras Die-

bitsch im Hauptquartier Jassy angelangt.

Um die Mitte oes

März hatten sich die Truppen aus ihren Quartieren in der Moldau und Wallachei gegen die Donau in Bewegung ge­

setzt.

Bei Hirsowa und bei Kalarasch, nah' gegenüber von

Silistria,

•) Man stirb"' mir den Ausdruck zu Gute halten. Kein Feldherr ward

durch Lehre gebildet; er muß in der Schule der Erfahnmg seine iuwohnenden Kräfte und Talente erst sckbst kennen kitten, dann üben und stär­

ken, oft durch eigenen Schaden, und so wird er durch Umstände und Ge­ schick, die meistens von seinem Gegner ausgehen, gleichsam erzogen.

In

diesem Sinn hatte auch Friedrich II dem Marschall Traun (1744) die

Ehre erwiesen ihn seinen Lehrmeister zu nennen, und unsere neueren Feld­ herm, die in den letzten Kriegen den göttlichen Funkm in sich verspürten,

werden ihren Meister wohl nicht verleugnen.

Oie Lehre, abstrahirt aus

des Meisters Thun, hatte übrigens General Iomini Mit vieler Klarheit dargelegt.

Man sehe einen Auszug davon in meinem Versuch einer

Geschichte des Feldzugs von 1809 an der Donau.

Die Routine

der Anwendung, und der Takt zu thun und auch zu unterlassen — je nach den Umständen — was die Lehre vorschrieb, erwarb man sich

aber erst in den letzte» Feldzügen, zum Nachtheil deS Meisters.

Feldzug von 1829 in Europa.

353

Silistria, waren Schiffbrücke» geschlagen oder vorbereitet, und zu

Anfang Mai desilirten die Truppen (das 2te und 3te Corps) über dieselben; Graf Diebitsch, bei der Colonne von Hirsowa,

bezog am 8ten das Lager bei Tschernawodi, da wo der Abschnitt des Karassu-Sees und trazanischen Walls an die Donau tritt.

Die anlangenden

Truppen, wie sie kampfgerüstet und

muthig über die Donaubrücken marschirten, gewährten dem Feste Hal­

kriegerischen Auge einen herzerhebenden Anblick. tung, zweckmäßige

Uebung und Ausrüstung, Alles auf den

wahren Kriegszwcck berechnet, mit der äußeren Würde und

Eleganz

glücklich vereinigt, zeugten bei dem Soldaten vom

inneren Gefühl des eigenen Werthes und der Ueberlegenheit

über

den

zu

bekämpfenden Feind.

Auf diese, moralische

Triebfeder gewirkt zu haben ist ein Verdienst des neuen Feld­

herrn, für das der Kriegsstand auch anderer Nationen, ihn preisen wird.

Unwürdigen Vorurtheilen hat er muthig auf

den Kopf getreten, indem er jene alten Vermächtnisse verjährter

Barbarei, welche den gemeinen Soldaten sklavischer Behand­ lung unterwirft, abschaffte, und durch die edlen Motive der Ehre, der Treue, und der Liebe für den Kaiser und dessen Feld­ herrn, eine Kriegszucht cinführte, welche die Menschheit ehrt *).

Sicherlich werden, durch die Macht des gegebenen Beispiels, überall die Gebräuche früherer Perioden der Knechtschaft aus den Heeren des christlichen Europa's verschwinden. Die Zuversicht im Kampf war durch zweckmäßige An­

weisung und Einrichtung belebt worden.

Mit widernatürlich

steifer Haltung, welche selbst die gesunde Vernunft in Fesseln

schlägt, wird kein Feind aus dem Felde geschlagen.

So war

genau unterschieden, was nothwendig ist, von dem was nutzlos,

oder wohl schädlich sich erwiesen hatte, unter

und Beschwerden des Feldzugs.

den Gefahren

Mit einem Wort:

es war

') Schon Graf Woronzof 1816 — 181.9, hatte rübmlich die Bahn

gebrochen, bei dem russichen Armeecorps in Frankreich die Leibesstrafen ab­

zuschaffen. Tiirkenkriez

23

IV. Die Türken wie sie jetzt sind,

354

geschehen was wir oben gewünscht. (S. 286). Bemerkenswerth, und auch frühere Erfahrungen bestätigend, war uns, daß von

den Husarenregimentern das erste Glied mit Piken bewaffnet

erschien.

Es hatte sich gezeigt, daß einzig nur diese Waffe

geschickt gehandhabt, ein bestimmtes Uebergewicht, wie int Gan­

zen so auch im Einzelngefecht, über die türkische

Reutcrei

Daher auch waren Cosackenregimenter von' der Ge­

giebt.

gend des schwarzen Meeres (Czerna morsky) und von den Gegenden des Kaukasus, welche es in der Lanzenführung zur

Vollkommenheit gebracht haben,

berufen worden.

Auch

zur Armee an der Donau

bei den Türken befinden sich, wie

wir wissen, Völkerstamme aus jenen Landern, und sie allein

sind es, die wir in den Feldzügen von 1810 und 11 mit Pi­

ken bewaffnet bei ihnen erblickten. fest,

Im allgemeinen steht cs

daß der Säbel die Capitalwaffe

der Moslims.

Von

Freund und Feind hatte demnach die russische Reuterei die

gerechte Vorliebe für die Königinn der Waffen entnommen,

und

dem kriegskundigen

und

gewandten General Geismar

wird der erste Versuch zugeschrieben, seinen Husarenregimentern

diese theils vom Feind erbeuteten Waffen in die Hände zu geben.

§. 156. .

Ein

Am 17ten Mai war Silistria von den Russen berannt. —

türkisches Corps, das

außerhalb gestanden, ward

mit

Verlust in den Platz hineingeworfen, und die vorliegenden Feldwerke wurden genommen. — An eben diesem Tag hatte General Roth bei Eski-Arnautlar ein heftiges Gefecht mit

dem Großvezier, der 40,000 Mann stark,

in 2 Colonnen

aus seinem Lager von Schumla aufgebrochen war und nichts

geringeres beabsichtigte, als Pravodi zu nehmen, die Russen bei Silistria zu schlagen, und sich mit einem Corps zu vereinigen,

das Hussein-Pascha, zu dieser Zeit Befehlshaber in Rustschuck, ihm von dorther zuführen sollte.

Die Subsistenzmittel für eine

Armee von 60,000 Mann sollten ihm auf der Donau herabge-

Feldzug von 1829 in Europa. führt werden. ward aber

355

Durch aufgefangene Sendschreiben an Hussein

dies

kund.

Die Umstände schienen günstig für

das Unternehmen, da die russischen Streitkräfte zwischen dem Balkan und der Donau wohl um 4 Märsche auseinander stan­

den, und der Befehlshaber, General Roth,, eben erst im Begriff

stand sie hinter dem Abschnitt vom Dewnafluß zu vereinigen. Der Punkt bei Eski-Arnautlar zwischen Pravodi und Kosludschi, war als Vortheilhast zu einer Centralstcllung ausersehen und

durch einige Redouten befestigt. Doch waren im ersten Augen­ blick nur 6 schwache Bataillone (3000 Mann) beisammen, als

die türkische Colonne des Großveziers, an 10,000 zu Fuß und etwa 5000 Reuter, mit einer bedeutenden Artillerie, zum Angriff

erschien.

Sie hatte den Weg über Jeni-Bazar und durch eine

der Schluchten des Pravvdiflusses genommen, um den Weg auf

Kosludschi abzuschneiden.

Die andere Colonne war gerade auf

Pravodi gegangen. Andere Haufen waren auf verständige Weise zur Verbindung und zur Reserve verwendet. Im ersten stürmi­

schen Anfall drangen die Türken bis in eine der Redouten. General

Roth, selbst gegenwärtig, warf sie wieder heraus, brachte Leben und Bewegung auf alle Punkte, und hielt sich so 4 Stun­

den lang gegen eine fünffach überlegene Macht, bis General­ major Wachten, sein treuer Gehülfe, mit 4 Bataillons und

einiger Artillerie und Reuterei, von Dewna herbeikam und sich gleich auf die linke Flanke der Türken warf, die hierauf sich gegen die Colonne ihres rechten Flügels zurückzogen. Die Un­ ordnung, die hier bei dem Feinde sich zeigte, und die gewisse

Aussicht, daß General Kuprianoff, der in Pravodi befehligte, den gegen ihn gerichteten Angriff abweisen und die Türken verfolgen

werde, bewog die Russen ein Gleiches zu thun, und General Rynden, mit 4 Bataillons und 4 Geschützen, von Cavallerie

unterstützt, folgte der von Arnautlar sich abziehenden Colonne, und drängte sie lebhaft in der engen Schlucht bei Dere-Keju,

da wo sie in das Thal des Pravvdiflusses tritt, noch 2 Werst entfernt von der Stadt dieses Namens.

Hier aber kam man 23*

IV. Die Türken wie sie jeht sind,

356

in de« Bereich der gegen diesen Hauptpunkt und im Thal vor­

gerückten türkischen Colon nc.

Sie hatte den Ort zum Theil

schon eingcschlosscn, die Höhen von der Seite von Schumla

her besetzt, und Neservehaufcn rückten an, ursprünglich um zu

verstärken und Verbindung zu halten, jetzt verwendet um den Großvezicr bei dein Rückzug auszunehmen, zu dem er sich ge­ nöthigt sah. Man nennt unter diesen anrückenden Verstärkun­ gen die Colonne des Hallil-Pascha, der als Befehlshaber der

regulairen Truppen sich bekannt gemacht hatte, und zu den

Hauptwerkzeugen der türkischen Regeneration zu gehöre» scheint. Er führte den äußersten rechten Flügel in der Richtung auf

Eski-Arnautlar, und warf sich mit 3 bis 4000 Reutern dem General Rynden entgegen.

Mit der Hälfte seines Detache­

ments (d. i. mit 2 Bataillons und 4 Canoncn) hatte dieser General im Verfolgen sich in dem Defilee engagirt, die andere

Hälfte aber am Eingang zurückgelassen, und dahin strebte er

sich durchzuschlagen, als er sich durch einen, wie es scheint, gleich umringenden Angriff zum Stehen gebracht sah.

Die

beiden Bataillons vom Rückhalt thaten alles nrKgliche vorzu­ dringen, um ihren bedrängten Waffenbrüdern zu Hülfe zu kommen.

Die feindliche Uebermacht war aber zu groß, und

die beiden Bataillons der Spitze, mit ihrem tapferen Anführer,

wurden zu größtem Theil Opfer des mit zu wenig Vorsicht ge­

zeigten kriegerischen Muths. Der heroischen Tapferkeit und Selbst­ verleugnung des kleinen russischen Haufens, der uns an klas­

sische Vorbilder erinnert, hatte die Bewunderung des Feindes in dem Grade erregt, daß der Großvezier und sein Untergcneral

Hallil-Pascha, jener mit einenr erhaltenen Streifschuß, dieser mit einer bedeutenderen Verwundung, cs geltend zu machen such­

ten, daß auch sie es ihren tapfern Gegnern wenigstens in sofern gleich gethan hatten, mit ihrer Person zu bezahlen.

Nach dem natürlichen Gang der Gefechte,-wenn beide

Theile an kriegerischer Eigenschaft einander einigermaßen ge­ wachsen sind, hätten auch die beiden andern russischen Batail-

Feldzug von 1829 in Europa.

357

lo»e zu Grunde gehen müssen, denn gegen sie richtete sich nun die ganze Uebermacht des Feindes. Doch wehrten sie sich standhaft, bis Oberst Lische

mit einem Soutien hcibeikam,

und durch eine Bajonetattaque gegen die rechte Flanke der Tür­

ken, Lust machte.

Die Unordnung unter ihnen war nun um

so größer, da sie si'cgstrunken und sorglos sich allen Aus­

schweifungen überlassen hatten.

General Kuprianoff krönte Has

Werk, indem er, wie erwartet worden, den Moment zum Ausfall benutzte, und ihnen wie es scheint, sogar den geraden Rückweg

im Pravodithal abfchnitt; denn mit einem Umweg, sehen wir sie ihrem Haltpunkt auf dem Plateau Pravodi gegenüber zueilen, von wo sie den Ort wenigstens von einer Seite angreifen konn­

ten, und durch den Zusammenhang des Terrains in einer leichten Verbindung mit ihrem Hauptpunkt Schumla standen. Diesmal waren sie mit dem Verlust von einigen tausend an Todten und. Verwundeten davon gekommen.

Einige Fahnen,

auf dem

Schlachtfeld genommen, waren den Russen Zeichen des Sie­

ges; mehr aber noch war es der volle Rückzug des Feindes, und der erreichte Zweck die ganze Heeresabtheilung unter dem General Roth nunmehr bei Eski-Arnautlar versammelt zu ha­

ben, und durch Festhaltung des Terrainabschnittö an der Dewna, Herr der Ereignisse z,u bleiben. Das Treffen bei Eski Arnautlar, in welchem von den

Türken 250(10, und von den Russen 7000 Mann in Allem nach und nach ins Gefecht kamen, schic» einer genaueren Be­ trachtung werth, da iu demselben das letzte Aufblicken eines

kriegerischen Geistes und einer Beharrlichkeit der Türken zu er? blicken ist, welche die Erwartungen eines Theils der europäi­

schen Welt, über die Dauer und den Ausgang dieses Krieges, eine Zeitlang tauschten, aber in dein weitert» Lauf des Feld­

zugs völlig verschwanden.

K.

157.

Nichts konnte deutlicher die kriegerischen Eigenschaften der

Türken einersetts in ihre» Schwäche, anderseits in ihrer Stärke

358

IV.

Die Türken wie sie jetzt sind,

zeigen, als das eingetretene sonderbare Verhältniß, wo sie ei­

nen festen Platz (Pravodi) angriffen, während sie einen an­ Die Ruhe mit wel­

dern (Silistria) zu vertheidigen hätten.

cher die Russen das erstere geschehen ließen, und mit 4000 Mann Besatzung in einem flüchtig befestigten Ort einen gro­

ßen Theil der türkischen Streitkräfte beschäftigten, zeigt genug­ sam die Schwäche der türkischen

Belagerungskunst.

Auch

war es das vorliegende Hornwerk allein, auf dem Plateau der gegen Schumla

gekehrten Thalhöhe des Pravodiflusses,

gegen welches die Türken förmliche Belagerungsarbeiten ver­ suchten, auf den im Thal selbst liegenden Ort aber wiederholte zwecklose Anläufe machten, und

eine Menge Kugeln

Bomben ohne Wirkung verschwendeten.

und

Die Befestigung von

Pravodi hatte mit der ungünstigen natürlichen Lage in einer ziemlich engen Schlucht zu kämpfen gehabt.

Doch war eine

geschickt angelegte Stauung des Flüßchens zur Hülfe gekom­

men, einen Theil des Umfanges zu sichern.

Zur Brustwehr

waren die Trümmer abgerissener Häuser mit benutzt, und bedtckte Batterien hatten einzelne feste Punkte im Umfang, eini­

ge bombenfest, gemachte Moscheen und aädere Gebäude aber Rückhalte im Innern versichert, mehr als genug also gegen solche Belagerer. — Achtung vor der türkischen Vertheidigung flößt dagegen die Belagerung von Silistria ein, wenn man sie nach

dem vorhandenen Grundriß betrachtet *).

Vaubansches, oder

anderer Meister System würde man in dem russischen An­

griff vergeblich suchen.

Wohl aber findet man dagegen zweck­

mäßige Benutzung Alles Vorhandenen, und die Kunst, durch

Aufwand von Kraft und Arbeit, Zeit zu gewinnen, und so am

kürzesten zum Zweck zu kommen.

Man hatte von der vor-

.jährigen Belagerung die Angriffswerke noch unzerstört gefunden und sie gleich besetzt, auch die erste Parallele zu einem ernstli-

*) Man sehe die in Rußland herausgekommenen Plane der Gefechte

und Belagerungen in den Feldzügen von 1828 und 1829.

Feldzug von 1829 in Europa.

369

chen Angriff gegen die untere Donauseite im Thale eröffnet,

während die

aufwärts segelnde Flotille

den Strom gegen

Rustschuck, wie schon früher unterhalb, sperrte und die türkichen Schiffe nöthigte, dicht am Ufer unter der Festung Schutz

zu suchen.

Zugleich war eine falsche Attaque von der Höhe

gegen die obere Seite eröffnet, wo die Türken ein zweckmäßi­ ges

Kronwcrk vorgelegt und an

schlossen

hatten.

die Stromniederung ange­

Im Lauf der Belagerung ward jedoch aus

dem falsche,» Angriff der wahre gemacht, und mit 7 Sappen aus der 3ten Paralelle gegen die angegriffene Front und das

nebenliegende Hornwerk vorgegangen.

Auf dem Donauufer

gegenüber und den Inseln, waren Batterien-angelegt, welche

die Rückseite der Stadt beschossen.

Sonach' war der Platz

von allen Seiten bedrängt, und der unterirdische Angriff schritt

gleichzeitig vor.

Wir sehen 11 Minentrichter in der Contre-

escarpe und den Wall gesprengt, und dadurch Breschen geöffnet, die den Batterien in dem Couronncment dicht am Grabenrande

sogar die Einsicht in das Innere des Platzes gestatten.

Als

eine besondere Merkwürdigkeit und ungewöhnliche Sache müssen wir erwähnen, daß diese Batterien zum Theil sogar die anlie­

genden Wallgänge streichend beschießen (en echarpe nehmen) und so die Werke vom Feinde rein halten.

Es hätte nach dem

Fortschreiten dieses kräftigen Angriffs, schon mit dem 12ten

Tage nach eröffneten Laufgräben, gestürmt werden können. Aus weiser Rücksicht ward aber dies gefährliche letzte Mittel

unterlassen, und noch 8 Tage wurden mit ferneren Arbeiten und Festsetzungen, und mit dem Abwarten der günstigen Um­ stände (zu welchen vor Allem der Mangel an manchem Noth­

wendigen und die Uneinigkeit der türkischen Truppenbefehlshaber zu rechnen) zugebracht, worauf am 30sten Juni, als kei­ ne Hoffnung mehr zum Entsatz, ja keine türkische Kriegsmacht

mehr im Felde vorhanden war, die Festung mit Besatzung und

allen Kriegsmitteln, sich dem Sieger ergab. Diesen äußersten Zeitpunkt erwartet und dem kraftvollen

360

IV.

Die Türken wie sie jetzt sind.

Angriff eine eben so kräftige Vertheidigung entgegengesetzt zu

haben, gereicht der Besatzung zum Ruhme. — Durch fort­

währende kleine Ausfälle, wobei die Donauniederung und das

auf der Höhe vorliegende Kronengewerk das Herauskommen begünstigte, suchte sie die Arbeiten des Belagerers zu stören

und die Verbindung mit Hussein-Pascha in Rustschuck zu er­ halten, von dem sie Hülfe erwartete.

Auch unter der Er­

de ward thätig dem Angriff entgegengearbeitct und sogar vor­ wärts ins Feld hinein, über die Gewohnheit und bisher be­ kannte Geschicklichkeit der türkischen Mjneure.

Selbst mehrere

Trichter im Rücken der Arbeiten des Belagerers zu sprengen,

rvar ihnen gelungen, und obgleich damit fein bedeutender Scha­ de angerichtet war, so dürfen doch die Fortschritte der Kunst nicht verkannt werden, welche die Türken seit dem Chevalier

Tott, ihrem Lehrmeister, gemacht hatten*). Wir sind im Zwei­

fel, ob solche der Einwirkung europäischer Ingenieure oder dem natürlichen Genie zuzuschreiben sind.

Vor allem zeugt der

im Lauf der Belagerung angelegte Abschnitt hinter der ange­ griffenen Polyone,

der

beiden

der sehr geschickt bis über die Kehlen

Bastione herumgeführt war, eben so von der

Kunst als von der Hartnäckigkeit der Vertheidiger.

Des gro«

ßcn Ausfalls in der Nacht zum 4ten Juni niüssen wir noch

gedenken, der den Fehler ihrer gewöhnlichen Nachlästigkeit wie­

der gut machen sollte, durch den cs den Russen gelungen war ihre dritte Parallele in einer Nacht unerwartet zu Stande zu bringen.

Die Anordnung war gut, indem unter Begünstigung

der Dunkelheit die Türken sich näherten) und mit Aufgang des Mondes in mehreren Kolonnen auf die dritte Parallele los und zugleich um solche herum,gegen die zweite gingen.

Da

aber die Russen, durch Ueberläuser von dem Unternehmen un*) Dieser französische Ofsieier unb von dem Cabinet von Versailles

(1760 — 70) Gesendete, ergötzt uns durch seine Charakterzüge von der gro­ ßen llnwi'ffeicheit der türkischen Ingenieure, vornemlich in den ersten Elemen­

ten der Mathematik.

terrichtet, in den Laufgräben in Bereitschaft waren, so ar­ tete der Angriff bald in ein stehendes Schießgesecht aus, und die russischen, Reserven, sehr geschickt weiter rückwärts bei der Hand gestellt, nahmen den besten Zeitpunkt wahr, sich mit dem Bajonet (man hatte sie absichtlich nicht laden lassen) auf die Angreifenden zu stürzen, und sie zum Theil umgehend in Rücken zu nehmen, so daß sie mit bedeutendem Verlust in die Festung zurückgetrieben wurde«,. Indeß hatte solche sich doch im Ganzen 6 Wochen, und bei eröffneten Laufgräben 27 Tage gehalten, welches für einen Platz ohne Außenwerke, gegen einen geregelten und nachdrücklichen Angriff, die gewöhnliche Erwartung übertrifft. Auch scheint uns, daß die Russen bei ihren angewandten Kräf­ ten und Mitteln, sich eines früheren Erfolges versahen, und es nicht außer dem Plane gelegen habe- auch Rustschuck in dein Fall noch zu erobern, wenn Silistria durch eine frü­ here Unterwerfung ihnen noch eine Zeit zu Gebot gestellt hätte, die wie nian glaubte, zur Vorbereitung für den letzten entschei­ denden Streich des Feldzugs bestimmt war. — Die im Jngenieurwesen ausgezeichneten russischen Generale v. Schildern und v. Berg, welche unter dem das Ganze befehligenden Ge­ neral Krassowsky die Belagerung von Silistria leiteten, dürfen hier nicht ungenannt bleiben. §.

158.

Der Oberfeldherr Graf Diebitsch hatte mit dem ihm eigenthümlichen Scharfblick den entscheidenden Streich vorbe­ reitet, zu dem er die günstige Gelegenheit sowohl von dem Glücke, als voi, der bekannten Art und Weise der Türken erwarten durfte. Es kam auf eine schnelle und heimliche Bewegung an, um von Silistria aus nach der eben erforderlichen Richtung hin, jeden vortheilhasten Umstand benutzen zu können. Als ein Hauptstationspunkt, aus dem die Wege von Silistria, War­ na, Pravodi, Schumla und Rasgrad zusammenlaufen, bietet sich das freie Plateau von Kaorgu dar. Die gewöhnliche»

362

IV. Die Türken wie sie jetzt sind.

Garfen bezeichnen es nicht.

Es drückt sich indeß aus auf dem

Terrain, und ist die Wasserscheide, zwischen dem Gebiet der Do­ nau und den östlich nach dem schwarzen Meere ausfließenden Gewässern.

Hier ward ein verschanztes Lager von vier star­

ken Nedouten, jede für 1 Bataillon und 2 Geschütze angelegt,

und vorläufig von dem General Kreutz mit einem fliegenden Corps von größtentheils leichter Cavallerie, besetzt, doch mit dem Auftrag fortwährend mobil zu fein, und durch stete Streifereien von dem Centralpunkt aus, in dem ganzen Bezirk zwischen der

Donau und dem Balkan den Meister zu spielen.

Dadurch

ward vor Allem die Gemeinschaft zwischen den beiden Haupt­

theilen des Heers: dem Belagerungscorps von Silistria, und

dem Corps des General Noth bei Eski-Arnautlar, gesichert, und die Möglichkeit bereitet, Stationspunkte auf allen Ver­

bindungslinien zu halten, durch deren

Zwischenmeldung der

Oberbefehlshaber von .jeder Bewegung des Feindes auf das

Schleunigste unterrichtet ward.

(Eine Botschaft von Pravodi

über Kosludschi, Basardschik und Kaorgu, bis vor Silistria, welcher Weg 20 deutsche Meilen beträgt, bedurfte mittelst die­

ser Relais nur 16 Stunden um anzulangen.) — Wo ein tür­ kischer

Haufe sich sehen ließ,

oder Truppenversammlungen

von dem bewaffneten Landvolk zu bewirken suchte, da ward

solchem sogleich mit Macht auf den Leib gegangen.

Das ge­

schah namentlich gegen einen starken Haufen, den Hussein-Pa­

scha, von Rustschuck aus, (ungefähr zu Ende Mai) nach Ras­ grad vorgeschickt hatte, um die sogenannte bulgarische Militz,

welche aber weder zu kommen noch zu bleiben geneigt war, zusammen zu treiben.

General Kreutz verjagte diese Türken

und verfolgte sie bis gegen Turtukay, wo der Nachzug, etwa 1000 Reuter und einige zufammengetriebene Militz, .sich noch zu halten und die Einwohner zum Kriegsdienst zu zwingen versuchte, aber von zwei sie drängenden Escadrons mit Ver­

lust weiter gegen Rustschuck getrieben wurde.

Nach dieser Ex­

pedition faßte General Kreutz bei Astolar, einen kleinen Marsch

Feldzug von 1829 in Europa.

363

von Silistria in der Richtung auf Turtukay, Posto; die Stel­ lung von Kaorgu ward dem General Mandatof übergeben, und die Posten von Dewno und Eski-Arnautlar, mit den nö­ thigen Vorposten gegen Jenibazar, blieben nur von der Avant­

garde des Corps von Roth besetzt, da dieser einsichtsvolle Ge­ neral es angemessen gesunden hatte, sich mit seinem t^cos bis

Das Verweilen hi so großer Nähe

Kosludschi zurückzuziehn.

des Veziers, der jetzt mit 40,000 Mann Pravodi konnte nicht anders als gefährlich erscheinen.

angriff,

Auch wissen wir,

daß zu jedem Bewegungskrieg ein Spielraum zwischen einer

Avantgarde und einem größeren Ganzen erforderlich ist*).

Die als Charakterzug

oftmals erwähnte- Indolenz der

Türken zeigt sich vornemlich darin, daß sie immer, nur eine

Sache sehen und betreiben.

So war es diesmal der in jedem

Betracht einseitige Angriff von Pravodi, über welchen der sonst

nicht unverständige Reschid

Pascha jede Aufmerksamkeit auf

die Umgegend und seinen thätigen Gegner versäumte.

Der

stete Bewegungskrieg mit Detachements, an den der russische

Feldherr ihn gewöhnt hatte, und der Schleier einer stets vor­ liegenden Cosackenlinie, konnten es allerdings erschweren, große

angreifende Bewegungen zu entdecken oder von den kleinen und

gewöhnlichen zu unterscheiden.

Am meisten aber muß die Nei­

gung der Türken sich/ mit Beruhigungsgründen bei anscheinen­

der Gefahr zu beschwichtigen**), und die Trägheit und Unwissen­

heit der Unterbefehlshaber, hier in Anschlag gebracht werden. Nie wird solch einem Pascha oder Aga die Nothwendigkeit klar einleuchten, sein

Verhalten einem gegebenen Zweck für das

Ganze unterzuordnen.

Immer

lebt er nur der materiellen

Gegenwart, die unmittelbar ihn berührt.

Soll er z. B. ei­

nen Punkt besetzen, oder eine Erkundigung von Wichtigkeit *) Lehre vom Krieg. — Oer Krieg im Großen, Bdl. Seite 197.

**) Wir haben davon mehrere Beispiele gesehen: unter ihnen 1811 des

damaligen GroßvezierS und seiner Ofstciere Sorglosigkeit bei Kutusow'S

Ncbcrgang über die Donau. — Siehe oben Seite 151.

364

IV. Die Türken wie sie jetzt sind,

cinziehn, so verschiebt er die Ausführung ohne besondern Grund vielleicht auf morgen, oder bleibt auf halbem Wege stehe»,

und sagt sich: cs sei für heute weit genug marschirt.

der Geistcsträgheit, die sich Zusammenhängendes

Nächst

mit einiger

Anstrengung des Denkvermögens nicht vergegenwärtigen mag, ist sicherlich auch der Glaube an das unabwendbare Fatum oder

den unbedingten Willen der Gottheit, hier mit einwirkend. Hätte Mahomed der Prophet es ahnen können, daß seine auf Welt­ eroberung berechnete Lehre, von seinen Nachfolgern schlecht aus­

gelegt so Unkriegerisches erzeugen würde: er hätte ganz gewiß irgend noch einen Kernspruch in den Koran, für die Trägen, Dummen und Feigen, mit eingeschoben, denen weder ein Fatum

noch ein Allah je helfen kann. Betrachtet man hiergegen die Umsicht und Thätigkeit der

Russen, so kann man sich des Gedankens nicht erwehren, daß

ei» Sehender mit einem Blinden Krieg führt.

Bei dem er­

sten Anschein, daß cs nun Zeit sei der tapferen Besatzung von

Pravodi die Hand zu reichen, ist der Oberfcldhcrr, dessen Ge­ genwart die Belagerung von Silistria belebt, von der Lage der

Sachen und der Stellung des Feindes unterrichtet.

Ein Of-

sicier, mit der Kunde davon, hat den obenbczeichneten Weg von

20 Meilen — man sagt auf ein und dcnisclben Pferde — in 16 Stunden zurückgelegt (der Rückzug des General Roth nach Kosludschi war es vielleicht den er zu melden gehabt);

und gleich am 5ten Juni bricht Graf Diebitsch mit 20,000 Mann auf, überläßt dein Ucbrigcn, unter dem General Kras-

sowsky, die Belagerung sortzusetzen, und nimmt das erste Marsch­ lager bei Kudschuk-Kanardschi (zwei Meilen von Silistria auf

dem Wege nach Pravodi).

Am 6ten geht der Marsch bis

Beiram-Burusi, und General Kreutz, von Aftolar aufgebrochen, lagert mit der Hauptmacht vereinigt, auf deren rechten Flügel.

General Roth ist unterdeß auch wieder bis Eski-Arnautlar

vorgerückt, wo die Türken dem schwachen russischen Vorposten völlig Ruhe gelassen hatten.

Zwei frische Bataillons rückten

Feldzug von 1829 in Europa,

in Pravodi ein die Besatzung zu verstärken.

Der Großvezicr

steht untcrdeß fortwährend in seinem Lager bei Keriwna, dem

Kronwerk gegenüber, das er belagert, und nur das Ncfscha-Thal (so heißt die Strecke des Pravodiflusses zwischen der Stadt

dieses Namens und Jeny-Bazar) trennt ihn von dem Corps des General Noth, das in einer den Türken imponirenden Stel­ lung den Thalrand besetzt hat, und den Anmarsch des Ober­ feldherrn jeder Beunruhigung, wie jeder Erkundigung entzieht.

Am 7ten Juni Mittags finden wir den Oberbefehlshaber mit seiner Macht bei Kaorgu, aber noch selbigen Tags über Alezfak weiter gegen Kosludschi marschierend, wohin das nunmehr Avant­

garde bildende Corps des General Kreutz vorausgeht, und auf

dem Plateau von Kidzilschilar Stellung nimmt. — Bis dahin

geht der Marsch des Gros am 8ten, und die Avantgarde bis Molatsch, auf dem rechten Flügel des General Roth und in Verbindung mit ihm, das Nefscha-Thal vor der Front.

Von Kosludschi nach Jenibazar führt die Hauptstraße über

Jassutipe, voi» wo rechter Hand die freien Höhen von Türk-Arnautlar sich erheben.

An ihrem Abhang verdeckt bezog die rus­

sische Hauptmacht, die früh am 9ten von Kidzilschilar aufge­ brochen war, das Mittagslager, und ein feierlicher Gottesdienst zeigte an, daß der Tag der Anstrengung und des Ruhms nicht

mehr fern sei.

Bis Jeniskoy, rechts und längs dem Nefscha-

Thal hinauf, marschirte die Avantgarde, und noch selbigen

Tags auch die Armee mit einem Nachtmarsch bis Tauchan-Kosludschi, auf der großen Straße nach Jenibazar.

In diesem

Lager geschah die Vereinigung mit dem General Roth, der in derselben Nacht von Eski-Arnautlar, wo er die Lagerfeuer hatte brennen lassen, den heimlichen Marsch parallel längs der Front

des Feindes geniacht hatte, während seine vorerwähnten Beobachtungspvste» auf der ganzen Strecke des Nefscha-Thals bis Jeniskoy, die Verbindung mit denr General Kreutz unterhielten. Ani 10ten Juni setzte die Armeeabtheilung unter dem Ober­

feldherrn den Marsch fort auf der Hauptstraße nach Jenibazar,

366

IV. Die Türken wie sie jetzt sind.

und von da längs der Nordseite des obern Nesscha-Thals, das nur flach in dieser Gegend ist, bis ins Balanlükthal, wo bei'm

Dorfe Wadara das Lager genommen ward *).

Die Avantgar­

de, unter dem General Kreutz, war etwas rechts vorgeschoben,

und traf bei Jenibazar auf den Feind, den sie angriff, auf der Straße nach Schumla zurückdrängte, und

nach einem

zweiten Gefecht bei Balanlük, sich aufstellte um Schumla zu

beobachten, wohin der Feind sich zurückgezogen hatte.

Gene­

ral Roth blieb in seiner Stellung des vorigen Tages, fort­ während die ganze Linie längs dem Nefscha-Thal beobachtend

und bereit den Großvezier zu cotoyiren, wenn er aufbrache. Ihn von hinten anzufallen, ward einer Cavallcriebrigade aus­

gegeben, die dem General Kuprianoff bei Pravodi zur Dispo­ sition gelassen und verdeckt im Thal aufgestellt wurde. — Auf

die Nachricht von dem Avantgardengefecht von Jenibazar sah der Großvezier die Nothwendigkeit ein, seinen Angriff auf Pra­

vodi aufzugeben und die verlorne Gemeinschaft mit Schumla wieder zu suchen.

Daß ihm der gerade Weg dahin durch ein

russisches Corps verlegt sei, mußte ihm kund geworden sein.

Daß er aber die ganze Macht seines Gegners zu bekämpfen

haben werde, scheint er nicht geahnet zu haben. . Um Schumla, als den Punkt seines Heils, wieder zu er­ reichen, standen ihm drei Wege offen: Zuerst die große Stra­ ße, wo er aber zu einer Hauptschlacht genöthigt war; dann

rechts über das Nefscha-Thal auf Jenibazar, wo er das Corps von Roth gegen sich fand; oder zuletzt links über Kawarna

auf Marasch, von wo die Gründe und Ravins des Schumlaer Bachs den Marsch deckten. Jede europäische Armee, in gleicher Lage, würde ohne Be­

denken diesen letzteren, als den sichersten Weg, vorgezogen ha') Man sehe Plan VIII aus welchem die Schlacht von Kulefscha im

kleinen Maßstab dargestellt ist. — Vollständigere Uebersicht gewährt die in

Rußland erschienene Darstellung in 2 Blättern, und der nach ihr bear­ beitete Plan in dem Blatt: Schlachten und Belagerungen im Feldzug 1S2‘».

Feldzug von 1829 in Europa. ben.

367

Für die Türken aber sind breite Wege durchaus noth-

'wendig.- Ihre mit Büffeln bespannte Artillerie ist sonst nicht fortzubringen.

Es scheint, eingewurzelte

widersetzen sich hier jeder Verbesserung,

Nationalvorurtheile

Sie würden das ed­

le Pserd zu erniedrigen glauben, wenn sie es zum Gespann ge­ brauchten*).

Wir wissen, daß es in ihrer Art liegt, immer mehr

Rücksicht auf die

begünstigten Thiergattungen als auf die

Menschen zu nehmen. und verbietet,

Noch Anderes, was der Koran sagt

hat wie auf das Kriegswesen überhaupt, so

auch besonders auf das Fuhrwesen nachtheiligen Einfluß.

Das

Einschmieren der Achsen und Räder z. B., so nothwendig um

die Bewegung und das Fortbringen der Last zu erleichtern, ist gegen Sitte und Brauch, „ da — sagt das Gesetz des Pro­

pheten — nur Diebe und Verbrecher heimlich auf verbotenen Wegen schleichen, der ächte Muselmann aber überall furchtlos

und mit anständigem Geräusche, fahrend demnach mit knar­ rendem Räderwerke, einherziehe."

Hiernach mußte nun auch wohl der Großvezier auf der

offenen Landstraße bleiben, die bis über Markofschana hinaus

längs dem Kamm eil,es freien Plateaus sich hinzieht, und erst weiterhin gegen Kulefscha und Tscherkowna ein buschiges Terrain

erreicht, hinter welchem der Thalrand gegen das Nesscha und Balanlükthal als steile Wand abfällt.

Dieses buschige Terrain

hatten um 6 Uhr Abends die Cosacken von Madara aus schon besetzt, und wurden von den Vorläufern des Großveziers ver­

trieben.

Gefangene, die sie dabei dennoch gemacht hatten,

und Ueberläufer sagten aus, es sei nur eine Abtheilung des türkischen Heeres, das der Großvezier gegen den Thalrand bei

Kulefscha vorwerse, und er ziehe mit dem Uebrigen auf Marasch, um verdeckt und gesichert Schumla zu erreichen, eine ') Die Behauptung, daß in den Gefechten bei Schumla und EskiArnautlar einige türkische Geschütze mit Pferden bespannt, gesehen worden,

ist nicht völlig verbürgt, dürfte jedoch dann vielleicht mit zu den neuen Versuchen zu zählen sein, die der alten Nationalsitte Hohn sprachen.

368

IV. Die Türken wie sie jetzt sind.

Angabe, die auch wie wir gesehen, viel Wahrscheinlichkeit für sich hatte. Um nun auf alle mögliche Fälle gefaßt zu fein, behielt Graf Dicbitsch die Arniceabthciluiig unter General Roth, die wie verabredet, der Bewegung des Großveziers gefolgt war, und mit dem Nachtmarsch am Uten früh anlangte, beiMadara in Reserve. Die Avantgarde, unter General Kreutz bei Balanlük, machte demnach die Spitze gegen Schumla, und Graf Pahlen als linker Flügel über das Balanlük-Thal vor­ geschoben, stand bei der Hand, sich gegen Marasch oder nach Kulefscha und Tscherkowna zu bewegen. Bei diesen wüstliegen­ den Orten, gegen das Debouche des Weges von Pravodi, da wo er in das Balanlük-Thal tritt, ward eine neusormirte Avant­ garde, unter dem General Otrofchtschenko aufgestellt. Auf die­ se Weise sah sich der Oberfeldherr mit seinen Reserven von Ma­ rasch aus, im Stande, seine ganze Macht eben sowol im Mit­ telpunkt zu vereinigen, als sich dem Feinde auf den erwähn­ ten Seitenwegen entgegen zu werfeir, wenn er einen oder den andern erwählt hätte. Der Großvezier, der die Nacht hindurch marschirt war, hatte das waldige Plateau bei Kulefscha erreicht; schon ein Ge­ winn für ihn, da die freie Gegend bei Markoffschana das un­ günstigste Schlachtfeld für ihn gewesen wäre, wenn die Russen das Nefscha-Thal in der Richtung auf jenen Ort etwa über­ schritten hätten. Das Unternehmen soll am I0ten den Ober­ feldherrn, anstatt des weitern Umgehungsmarsches im Thal hin­ auf, vorgeschlagen worden sein, um den Feind zwischen dem Kamschik und dem Nefscha-Thal gegen Pravodi hin dann völ­ lig einzuklcmmcn. Um aber zu diesem Entzweck auf das Pla­ teau zu gelangen, hätte man aus einem steilen Ravin in der Nähe des Feindes und seiner zahlreichen Cavallerie, debouchiren müssen, welches mit Recht für zu gefährlich gehalten ward. — Ein Vortheil, den der Großvezier am Ilten früh über die ihn von Pravodl her verfolgende Cavallerie-Brigade erfocht, indem er sie mit überlegenen Reuterschwärmen bis auf

Feldzug von 1829 in Europa, auf ihre Jnfanteriesoutiens zurückrvarf und 4 Geschütze ihr ab­ nahm, bestätigte diese Ansicht.

General Butturlin hatte am Ilten mit Tagesanbruch auf

den Wegen nach Marasch recognoscirt, aber nichts vom Feinde Der Oberfeldherr wandte daher seine Aufmerksam­

gefunden.

keit auf den bei Kulefscha vor sich habenden Feind, und nahm

dessen Stellung in Augenschein.

Die Türken standen etwa eine

Werst hinter Tscherkowna, quer über der Straße von Prawodi

am Waldrande auf dem steilen Plateau des Balanlük - Thals, beide Flügel vorgeschoben.

Tirailleurs waren längs dem gan­

zen Höhenkamm vertheilt, von wo die Türken Alles übersehen

konnten.

Sie selbst waren nicht so tzenau zu beurtheilen, und

was man sah, ward nur auf 6 bis 8 tausend Mann geschätzt,

theils regulaire Truppen in Linien und Quarkes, theils ungere­

gelte Schwärme.

Um sich Licht zu verschaffen, ließ der Aster­

feldherr die Avantgarde, unter dem General Otrofschtschenka, über

den Grund von Tscherkowna vorrücken.

Seine 5 Bataillons

und 3 Escadrons zerfielen dabei in 4 Colonnen, und stellten sich auf der Höhe jenseits in Quarres auf.

Ihr Geschütz

agirte gegen die vorschwärmenden feindlichen Haufen.

Als diese

zurückwichen, ward durch eine Linksdrehung parallel gegen die

feindliche Stellung vorgerückt.

In diesem Augenblick aber er­

öffnet eine verdeckte Batterie der Türken vom Höhenabhange

ihr Kartätschcnfeuer, und Schwärme von Neuterei und irregu-

lairem Fußvolk, unterstützt von den regulairen Massen, stürzen

aus dem Rückhalt im Walde auf die russischen Quarres, von

denen das vom rechten Flügel durch ein zwischenlaufendes Ravin von den drei übrigen getrennt war. Zwei dieser Quarres mußten zu größtem Theil diesem Anfall erliegen, wobei zu be­

merken, daß die Jrregulairen des Feindes dabei das Meiste tha­ ten.

Einige Escadrons von Jrkutsch retteten das Uebrige, und

eine Brigade von Graf Pahlen, zum Soutien herangekommcn,

brachte die Türken am Abhang des Balanlük-Thals zum StcTürkenkrieg.

24

IV. Die Türken wie sie jetzt sind.

370 hen.

Indeß hatte die russische Avantgarde bis Kulefscha hin­

ter den Grund zurückweichen müssen.

Die obenerwähnte Unbeholfenheit der Türken, sich mit ihrer

Artillerie zu bewegen, macht es ihnen unmöglich einen erlangten

Vortheil auf dein Terrain zu behaupten.

So war denn auch

ihr gegenwärtiges Vordringen bis gegen den Terrainabschnitt von Kulefscha, durchaus von keiner» bleibenden Folgen.

Sie ka­

men hier in das concentrische Feuer der russischen Batterien, so­

wohl von den Soutiens der sich wieder setzenden Avantgarde, als der, welche Graf Pahlen längs dem Balanlük-Thal anrücken

ließ.

Am mörderischsten aber wirkte in ihren' dichten Reuter­

schwärmen, die in wildem Ungestüm sich im Balanlükthale

vorstürzten, eine der russischen Cavallerie voreilende reitende I2pfündige Batterie unter dem General Arnoldi, indem sie mit ihren 12 Stücken gerade das Thal sperrte und ihren Kar­

tätschenstrom auf die Türkenhaufen ergoß, worauf diese dann auf die gewöhnliche Weise in eben so wilder Eile umkehrtcn, und im Thale zurückfliehend, den Schrecken und die Verwir­ rung unter den Ihrigen weiter verbreiteten.

General Pahlen

verfolgend, sendete ihnen dabei eine Cavallerie-Brigade, unter dem Generallieutenant Budberg, in die linke Flanke, die ihre

Niederlage vollendete.

Die Türken, nachdem ihr linker Flügel auf diese Weise ge­

schlagen war, standen demnach schon Nachmittags wieder in ihrer

ursprünglichen Stellung in den Bergen und Wäldern, und der russische Feldherr, nicht Willens auf halbem Wege stehen zu

bleiben, beschloß und ordnete, nachdem er die feindliche Stel­ lung mit Ruhe und Besonnenheit erkundigt hatte, den weitern

Angriff.

Dem General Kreutz ward^ zur Vorsicht gegen eine

mögliche Diversion von Schumla her, noch eine Brigade zur Verstärkung gesendet, und gegen die Waldstellung von Kulef­

scha führte General Toll, der Chef des Generalstabes, den Hauptangriff, bei welchem wir regelmäßig die Artillerie in er­

ster Linie vorwirkend, und unter ihr die Batterie von Arnoldi

Feldzug von 1829 in Europa.

371

erblicken, die an diesem Tage sich einen Platz in der Geschichte

erwarb. Unter den Türken, als sie sich von den russischen Tirail-

leurs undColonnen selbst im Walde erreicht sahen, riß bald allgemeine Flucht ein, zu der des Großveziers Abzug von dem

Höhenpunkt, wo er Platz genommen, das Signal gegeben zu haben scheint.

Bis auf eine Meile weit gegen das Plateau

von Markoftscha verfolgt, blieb die ganze Artillerie mit allem

Fuhrwesen in einem Hohlwege stecken.

Die Flüchtlinge nach

dieser Seite wurden von dem hier vorgerückten General Kuprianoff in Empfang genommen, und nach dem Thale des Kam-

schick gejagt.

Den Feind im Großen von Schumla abzuschnei­

den, ward den Abtheilungen von Rüdiger und Roth (II. und

III.) ausgegeben, die gleich bei Einleitung des Angriffs die Dircction auf Marasch erhielten. Hiernach gelang cs demnach auch

nur dem Großvezier mit einem kleinen Reutergeschwader, auf dem Umwege über Eski-Stambul, sein Schumla wieder zu er­

reichen. Die Türken von dorther hatten ihm durch einen Angriff

gegen den General Kreutz Lust machen wollen, waren aber von den auf allen Seiten entgegenkommenden russischen Schaaren bis in ihre feste Schlupfwinkel zurückgejagt worden.

§.

159.

Das bekannte Sprichwort: die Soldaten, die über Feld laufen, sind nicht tod, kann in ausgedehnterem

Sinne angewendet werden, wenn Berg und Wald die Flucht des geschlagenen Feindes begünstigt.

Wie das gejagte Wild zu

seinem gewöhnlichen Wechsel immer die Fährte wiederfindet, so würden auch die nach der Seite des Kamschick geflohenen Tür­

ken in Schluchten und auf Waldwegen ihr Schumla wieder­

gefunden, oder

sich

bei Aidos wieder gesammelt und das

Gebirge streitig gemacht haben, wenn sie Lust und Willen

gehabt hatten.

Wir sinden

aber

eine gänzliche Muthlo-

sigkcit und die Neigung bei ihnen, allen weiteren Streit auf­ zugeben.

Die ächten Türken wogten in dem allgemeinen Miß24*

372

IV, Die Türken wie sie jetzt sind,

geschick eine Art Triumph des Islam über die versuchten Neue­ rungen, und ein Strafgericht sehen.

Die neuen Schaaren dage­

gen, entledigten sich gern des lästigen Zwanges.

So waren

sie es denn vornehmlich, die ihre Bajonettflinte, diese den Tür­

ken ungewohnte und verhaßte Waffe, von sich warfen, und

alles Krieges überdrüssig nach Hause flohen.

Man fand zu Tau­

senden dieser Waffen, die nicht als Eigenthum ihnen in die Hand gegeben, schon darum den Werth nicht für sie hatten, den der achte

Muselmann in seinen eigenthümlichen sieht. Was noch wehrhaft blieb, schlug'und plünderte auf eigene Hand im Lande umher,

und drohte den Oberhäuptern und Anführern mit Meuchelmord, die daher sich nicht getrauten bei ihren Hausen zu bleiben. —

Die großen Folgen des erfochtenen Sieges konnten dem russischen Feldherrn im ersten Augenblick selbst noch nicht klar

sein, nnd einige Tage mogten noch dazu gehören, um versichert zu sein, daß einem Marsch über den Balkan, und selbst viel­

leicht bis an die Thore der Hauptstadt, kein militairisches Hin­ Auch Schumla konnte keinen Ge­

derniß mehr entgegenstehe.

genstand der Besorgniß mehr abgehen, da ohne active Armee

daselbst, der Punkt ohne alle Gefahr auf der Seite zu lassen, oder mit einem entgegengestellten Corps unschädlich zu machen war.

Ihn anzugreifen hätte aber die Erfolge des Ganzen

wieder gefährden können, da die seßhafte Besatzung von Ein­

wohnern wohl hinreichte,

einen Sturmangriff abzuschlagen.

Dagegen konnte man sicher sein, daß sie sich zu keiner Offen­

sive auf irgend eine bedeutende Entfernung von ihrem Wohn­ sitz werde bringen lassen.

Zu einer solchen blieb dem Groß­

vezier nur die wenige Reuterei, die ihn auf. seiner Flucht vom Schlachtfelde begleitet hatte.

Es scheint daher, daß sein per­

sönliches Verweilen in dem aller Offensivkrast beraubten Platz, zuvörderst den politischen Grund der öffentlichen Meinung und

des alten Herkommens hatte, daß er aber für die Folge auf die Hülfe Hussein-Paschas von Rustschuck, oder eines neuen und

wieder sich sammelnden Heers rechnete, das Mahmuds Hattische-

Feldzug von 1829 in Europa.

373

riff und heilige Fahne, mindestens doch bei Adrianopcl und Kir» klissl zu Stande bringen und wieder vvrführen würden.

Daß

letzterer Ort befestigt werden solle, röard in öffentlichen Nach­ richten behauptet, und scheint eben so von dem Willen als

von dem Unvermögen der türkischen Machthaber zu zeugen.

Graf Diebitsch hatte in Benutzung seines Sieges sür den Augenblick Alles gethan, was die allgemeine Lage und das Ter­

rain irgend erlaubte». Eine über Marasch bis gegen Eski-Stambul dirigirte Colonne hatte den Rückzug des Feindes wenig­

stens in ganzen Haufen, nach der Stellung von Schumla ver­ hindert.

Den Kamschik und weiter dann den Balkan aber zu

überschreiten, mußte aufgeschoben werden, bis Silistria genom­ men war, weil selbst im günstigsten Fall, eine bloße Spitze vor

Constantinopel den Frieden nicht vorschreiben konnte.

Andere

Rücksichten, die Armeebedürfnisse, Jahreszeit und politische Be­

ziehungen, zu nehmen geboten, fallen dem aufmerksamen Be­ obachter von selbst in die Augen.

§.

160.

Die Geschicklichkeit, mit welcher Graf Diebitsch seinen

Marsch über den Balkan verbarg und vollzog, hätte auch einen scharfsichtigeren Feind täuschen können.

Nachdem Silistria sich

ergeben hatte (am 30ten Juni) ward der Haupttheil des Be­ lagerungscorps unter General Krassowsky zur Armee gegen

Schumla herangezogen, eine Colonne aber aus Kosludschi bi» rigirt, um die Bewegung über den Kamschick vorzubereiten.

Die Armee vor Schumla rückte unterdeß dem Großvezier nah auf den Leib, der hiernach nichts anderes erwartete als mit Macht angegriffen zu werden.

Die in Abtheilungen täglich an­

langenden Truppen von Silistria mußteir das um so wahr­

scheinlicher machen.

Nachts aber und unbemerkt vom Feinde,

zogen dagegen andere Abtheilungen von der Beobachtungsarmee

ab und schoben sich gegen die Straßen, die von Pravodi und Warna nach dem Kamschik führen.

Auf der ersteren, und mit

der Bestimmung bei Kuprikoy überzugehen, sammelte sich die

IV. Die Türken wie sie jeht sind,

374

von Rüdiger; auf der letzteren die Hauptcolonne unter eigener Führung des General Roth.

Sie war bestimmt den unte­

ren Kamschick zu forciren, und sich der Küstenplatze zu be­ mächtigen, wozu durch neue Ausschiffungen bei Siscpolis schon

die

Einleitung getroffen war.

Das Corps von Pahlen, als

Reserve, folgte auf den beiden Wegen, bereit zu unterstützen wo es nöthig sein würde.

die Zeit vom I3ten bis

Diese Bewegungen geschahen um gegen den Lüsten Juli, und wir

sehen, daß die Türken sonach 4 Wochen Zeit gehabt hatten,

sich von ihrer Niederlage bei Kulefscha wieder zu sammeln. Doch ward die ganze Macht des Großveziers, die er von sei­

nen 40,000 gerettet und wieder zusammengebracht hatte, nur auf 15,000 Mann geschätzt.

Abtheilungen den Kamschick

Außerdem aber hatten andere besetzt und schienen sich hinter

diesem Fluß, der' zwar schmal aber tief und reißend ist, halten

zu wollen.

Die Uebergänge waren verschanzt und mit hin­

länglicher Artillerie zur Vertheidigung versehen.

Auch hatte der

Grvßvezier über die allgemeinen Erfolge des Krieges sich der beliebten Sorglosigkeit wieder überlassen, denn er verschniähte

den ihm aufs Neue dargebotenen Frieden, und schien sich oder seinem Sieger einreden zu wollen, das Unglück von Kulefscha

berühre nur wenig

die auf festem Grund ruhende erhabene

Pforte. Indeß erzwang am 17teii und I8ten Juli das russische Geschütz und Bajonett den Uebergang über den Kamschick.

Die

von den Türken befestigten Punkte wurden masquirt, andere Uebergänge gesucht und gefunden, und halb' schwimmend gin­

gen Bataillone durch den Fluß, tournirten die Verschanzun­ gen und legten Brücken an zum Uebergang der Colonnen.

Ue-

berall floh der Feind mit Zurücklassung seines Geschützes. Bis gegen Aidos hin hörte aller Widerstand auf,, und das Zusam­

mentreffen mit türkischen Nachzügen im Gebirge war einer Jagd zu vergleichen.

Schon am 24sten Juli waren alle Küstenplätze: Mesambri,

Feldzug von 1829 in Europa.

375

Achioliu und der Haupthafen Burgas, von den Türken theils übergeben, theils verlassen, theils schlecht vertheidigt, im Besitz

des General Roth.

Von Sisepolis aus hatte der dortige Be­

fehlshaber, GeneralliÄrtenant von Poncet, durch sein zeitgemä­ ßes Vorrücken längs der Seeküste dazu mitgewirkt, indem er

die Türken aus ihren Verschanzungen gegen Sisepolis und an

den kleineren Meerbusen und Ankerplätzen bis gegen Burgas vertrieb, was sie verlassen hatten besetzte, und im Verfolgen

ihnen Geschütz und andere Kriegsbeute abnahm.

Der rechte Flügel, unter General Rüdiger, war unterdeß in Bewegung von Kuprikoi auf dem Gebirgswege nach Aidvs. —

General Krassowsky, mit seiner kleineren Armeeabtheilung,

stand unterdeß dem Großvezier gegenüber, immer den richti­ gen Zeitpunkt erwählend, nach Umständen seinen Gegner ent­ weder nah auf den Leib zu rücken, oder ihn von Ferpe zu be­

obachten.

Einem überlegenen Andrange wich er aus bis Je-

nibazar, und drängte de» Feind wieder, wenn er, wie immer, in sein festes Lager zurückkehrte.

So gelang es ihm in der»

ersten Tagen seinen Gegner über die Operationen der russi­

schen Armee in der vollkommenen Täuschung zu erhalten, und weiterhin ihir zu beschäftigen und an jeder entscheiderrdcn Gegcnmaßregel zu hindern.

Erst am 2Isten Juli war dem Großvezier der Marsch der

Russen »ach dem Balkan bekannt geworden, und er hatte,

wie es scheint, fast seine ganze Macht am Thale des Kamschick hinab auf Kuprikoi gesendet, in der Meinung, daselbst »och Hülfe zu leisten.

Diese Truppen aber, die angeblich aus

9 regulairen Jnfanterieregimentern und 1000 Delis unter ihren Paschas Ibrahim und Mehemed bestanden, bogen, als ihnen kund ward, daß die Posten am Kamschick schon in den Hän­

den der Russen seien, nach einem Seitenthal aus, in wel­

ches sie über Tschenge auf einem Weg gelangten, der sie un­ bemerkt nach Aidos führte.

Hier langten sie eben zu rechter

Zeit an, um gegew den General Rüdiger noch einigen Wider-

376

IV. Die Türken wie sie jetzt sind.'

stand zu leisten, als dieser am 24sten Juli mit seiner Colonne

davor erschien.

Er warf jedoch

den

ihm

entgegenrücken­

den Vortrab der Türken bis auf die Stadt zurück, und ohne die Sovtiens und die Mitwirkung der nun im Kamschickthal

hinauf ihm zu Hülfe eilenden Truppen des General Roth abzu­

warten, griff er die auf 7000 angegebenen Türken in und zu beiden Seiten von Aidos, muthig an, drang in den Ort ein

und verfolgte sie nach der Richtung von Karnabat.

Der Weg

auf Kirklissi war von Burgas her schon abgeschnitten.

Am

26sten Jüli nahm der russische Oberfcldherr sein Hauptquar­ tier in Aldos, und dem nunmehr über die Türkenmacht ent­

täuschten Europa ward dadurch kund, daß er alle Hindernisse

überwunden habe.

§.

161.

Mit einigem Gemeingeist und einiger Conception von Seiten

der entfernteren türkischen Satrapen, wäre durch ti»e zusam­

menwirkende Vertheidigung zu rechter Zeit/ die dem Reiche drohende Catastrophe wohl zu vermeiden und auch in der äu­

ßersten Noth noch Hülfe möglich gewesen. Besonders lag es in den Händen der Paschas von Widdin und von Skutari (an der albanischen Küste) ihre Kräfte zu einer mächtigen Diversion nach der kleinen Wallache!, oder zum Entsatz von Silistria als es noch Zeit war, zu vereinigen.

An ersterem Satrapen war

aber ein schwacher und an letzterem ein schlechter Wille wahr­

zunehmen, da jener mit halben Maßregeln und ermangeln­ der Energie des Durchführens, sich von dem tapferen, beson­

nenen und unternehmenden Geismar mit seinem kleinen Corps,

stets auf die Defensive zurückwerfen, und sich sogar die kleine Feste Rachowa (oder Orschava), zwischen Widdin und Nico-

polis, auf dem rechten Donauufer wegnehmen ließ.

Geschickt

wußte der russische, General durch bald kleine bald große und

kühne Unternehniungen, Wiederverlassen zu rechter Zeit was nicht zu halten war, und Wiederkehren wenn günstige Um-

811

Feldzug von 1829 in Europa.

stände eintraten, seinen an Streitkräften weit überlegenen Geg­

ner zu beschäftigen und in Nachtheil zu halten.

Am meisten aber muß

dem Pascha von Skutari die

Schuld beigeniessen werden, wenn die äußerste Noth herbei­ geführt, und in derselben das letzte Mittel versäumt ward.

Sein mögliches Erscheinen mit 30,000 Albanesen zwischen der Donau und dem Balkan, etwa in der Gegend von Nicopolis

und Lofscha im Mai oder Juni, würde den Fall von Silistria verhindert oder erschwert, mindestens aber doch die Schlacht von

Kulefscha wo nicht vermieden, doch in ihren Folgen unschädlicher gemacht haben. Ueber Tyrnowa und gegen Rasgrad hin konnte

er sich mit Hussein-Pascha vor Nustschuck vereinigen,^und es ist zu glauben, daß der russische Feldherr den Schritt über

den Balkan nicht gewagt haben würde,

so lange er fürchten

mußte, einen 40- bis 50,000 Mann starken Feind auf der

Nordseite hinter sich zu lassen.

Selbst das stumpfe Denk­

vermögen eines Türken hätte diese strategischen Beziehungen begreifen können, die dem alten Ali von Janina,

in dem

Feldzug 1810 gegen Kaminsky, auch klar eingcleuchtet haben.

Das endliche

Erscheinen

des

Pascha von Skutari bei

Philippopolis, das bei dem schon abgeschlossenen Frieden ihm

fast das Ansehn eines auf eigene Hand Krieg führenden Frei­ beuters gab^ mögten wir am wahrscheinlichsten durch die An­ nahme erklären, daß die ihm einleuchtenden Folgen der Schlacht

von Kulefscha, oder wohl gar erst die Nachricht vom Uebergang des russischen Heeres über den Balkan, ihn endlich in

Bewegung

gesetzt haben.

Die Entfernung von

Meilen von Skutari bis Adrianopel,

wohl 100

die Schwierigkeiten der

Bothschasten und des Marsches in diesem barbarischen Lande,

und die natürliche

Langsamkeit des Türken im

Beschließen

und Aussühren, steigert unsere Vermuthung fast zur Gewiß­

heit.

Der Marsch des Satrapen, der dem steinernen Gaste

nicht

unähnlich,

lange

den

Fuß

hebend,

endlich

kam, wäre hiernach den Umständen ganz angemessen

doch

und

IV. Die Türken wie sie jeßt sind.

378

Hätte er mit seinen 30,000

nur das Säumen zu tadeln.

Mann noch Adrianopel erreicht und sich darin festgesetzt und

befestigt,-so konnte an einen weitern Marsch des russischen

Heeres nach Constantinopel, oder auch nur an ein Ueberwintertt südlich vom Balkan, schwerlich gedacht werden.

Wenig­

stens hätte die erst nothwendige Belagerung der zweiten Haupt­

stadt des Reiches, der türkischen Sache noch eine Frage an das Schicksal erlaubt.

§.

162.

Von Aidos aus war es die erste Sorge des russischen Oberfeldherrn, sich der übrigen Pässe über den Balkan von der Südseite zu bemächtigen, und die Gemeinschaft mit dem

Beobachtungscorps unter dem General Krassowsky vor Schumla

zu eröffnen. Wahrend daher eine Avantgarde und ihre Spitzen bis Faki und weiter, vordrangen, und General Rüdiger de» über Karnabat seitwärts sich zurückgezogenen Feind verfolgte,

wurden Detachements auf den Wegen nach Kasan, und über Dobral und den Paß Bocazze,

nach

den uns bekannten

Stativnspunkten und Passagen entsendet*), wo sie mit den ihnen entgegenkommenden des Corps von Krassowsky zusani-

nientrafen.

Den Großvezier glaubte man zum Abmarsch bereit,

oder wohl schon int Zuge längs den Thälern des Kamschick

nach' dem Tunscha-Thal, wo die über Karnabat Gefloheneit sich wieder gesammelt hatten.

Bei der bedeutenden Stadt

Sliwna, am südlichen Abhang des Balkan, in dem Thal, das

bei Jambol in das Hauptthal der Tunscha ausmündet, bildete

sich

eilt

ansehnlicher türkischer Heerhaufe,

Wiedergesammeltcn, theils aus

theils auch

theils aus jenen

Entsendeten von Schumla,

aus zuziehenden Albanesen

und Arnauten von

*) Ich verweise hier, um die Wiederholung barbarischer Namen zu

vernieiden, die man ohnehin auf der Carte anschaulich hat, auf die frühe­

ren geographischen Notizen, vornemlich in §. 124—125 u. s. w. und die

zu S. 295 gefügten Man'chtabcllcn.

Feldzug von 1829 in Europa. andern Orten.

3Tä

Diese Türken fingen schon an, auf ihre ge­

wöhnliche Weise sich zu verschanzen, und mußten durchaus, ehe sie anwuchsen, vertrieben werden, wenn man gesichert auf

Adrianopel marschireir wollte, leuchtet. *)

wovon die Nothwendigkeit ein­

Die Bewegung der russischen Armee mit ihrein

Haupttheil, zu Anfang August, wodurch sie sich von der ge­

raden Operationslinie auf Constantinopel rechts in die uns

bekannte auf Adrianopel schob,

war daher ganz den früh«

entwickelten Grundsätzen angemessen.

Jene

Straße gerade

auf die Hauptstadt, blieb jedoch der Avantgarde und den bei

Sisepolis ausgeschifften -Verstärkungen überlassen,

die, so wie

sie anlangten, sich rechts auf die Hauptstraße schoben. Janibol im Tunscha-Thal war schon von den Kosacken

des General Rüdiger besetzt, und am 9ten August traf eine Brigade der in mehreren Colonnen heranrückenden Armee. «In, und sperrte dem Feinde diesen geraden Weg nach Adrianopcl.

Die Marschfront der Armee ist durch die mehreren Wege be­ zeichnet,

die von Karnabat und der Umgegend, auf Jambol

und Sliwno führen.

In der Richtung auf diesen letzteren

Ort, und etwa auf der Hälfte des Weges (bei Dragodano),

gab Graf Diebitsch der Armee einen Tag Ruhe, damit der Großvezier unterdeß herankommen möge.

Es wäre vortheil-

haft gewesen, ihn gleich mit abfertigen zu können.

Doch

ward diese Erwartung getäuscht, und es schien, daß er sich

von seinem Schumla nicht trenne. Der Angriff am 12ten August auf die feindliche Ein­

nistung bei Sliwna war ein förmlich geregelter Ueberfall, der dem Feinde zuerst die Wege nach allen Richtungen abschnitt,

und dann den nicht mehr fehlbaren Schlag entscheidend voll­ führte.

Viel Wege von bedeutenden Orten und aus mehreren

Gegenden des Gebirgs, laufen bei dieser Stadt zusammen,

der man den Rang nach Adrianopel einräumt.

Von allen

’) Man erinnert sich des §.20 und an anderen Orten schon Gesagten.

IV. Die Türken wie sie jetzt sind.

380

Seiten angegriffen, ward sie mit Sturm genommen.

Doch

konnte, nach dem russischen Bericht, der Feind theilweise und

einzeln auf Fußwegen nach dem Gebirge sich retten.

Wenn

ein stärkerer Haufe — wie man sagt von geregelten Truppen — auf dem früher verlegten Wege nach Adrianopel entkam,

so scheint die Behauptung gegründet, der so kluge als kriegs­ gewandte russische Feldherr habe mit Absicht diesen geschlage­

nen, entmuthigten Hausen dahin entkommen lassen, damit er

den Schrecken, den Flüchtlinge immer mitbringen, unter der

ungeordneten Volksmasse weiter verbreite, und so jede beson­ nene Vertheidigungsmaaßregel verhindere.

Dem Entkommen

bedeutender Streitkräfte nach Schumla ward dagegen kräftiger

entgegengewirkt, nen,

da sie der Großvezier hätte benutzen kön­

und eine bedeutende feindliche Macht auf der Gemein­

schaftslinie immer unbequem

war.

Jedenfalls aber ist als

Resultat anzunehmen, daß dies letzte einigermaßen geregelte Corps Türken, militairisch und moralisch vernichtet, und mit

ihm alle Hoffnung verschwunden war, noch einigen Widerstand

zu leisten. Der Marsch der russischen Armee auf Adrianopel war

demnach einem friedlichen Auge zu vergleichen.

Wie schon

bei Aidos, und in dem volkreichen Sliwna, die Einwohner mit den Symbolen des Friedens und der den Siegern cntgegentraten,

Gastfreundschaft

so wurden auch in der zweiten

Hauptstadt des Reichs die russischen Krieger friedlich empfan­

gen,

und von der Menge christlicher Einwohner mit Jubel

begrüßt.

Alles im Lande aber sah mit Erstaunen Freunde

und Beschützer in denen, die man für erbitterte Feinde gehal­ ten.

Hiernach mußte der Befehl einer despotischen Regierung,

die Wohnungen zu räumen, und nur eine Wüste dem Feinde

zu hinterlassen, seine Wirkung verfehlen, und mit Genugthuung wird man einen Triumph der Civilisation darin erkennen, daß die kräftigste und nie fehlschlagende Maßregel im Vertheidi­

gungskriege nur anwendbar ist, wenn Einsicht und moralischer

Feldzug von 1829 in Europa.

381

Wille deS Volks mit dem einer weisen Regierung im Ein­ klänge ist.

Es hätte in der Gewalt des Siegers gestanden,

dem osmanischen Reich in seinem Innern einen Feind zu er­ zeugen. Ueberall aber in dem Sinn seines erhabenen Monarchen

handelnd, welcher die unglückliche Volksmaffe der Christen unter türkischem Zepter, nicht der künftigen Rache einer strengen Regierung preist geben wollte, lehnte der russische Feldherr die ihm dargebrachten Huldigungen wohlwollend ab.

so menschlicher

als

Ein Verein

kriegerischer Tugenden erinnert an das

erhabene Vorbild aus der Römerzeit, dessen Name noch heute die Pforten des Balkans bezeichnet.

§.

163.

Begleiten wir aber die letzten Schritte der russischen Ar­ meen und Flotten bis an den Hellespont und den Bosphorus, mit deren Freimachung der Hauptzweck des Krieges erreicht war.

Nach dem Sprüchwort: daß der Besitzer stets der

Begünstigte ist (vornehmlich in Kriegs- und Staatshandeln

geltend), säumte der rastlose Feldherr nicht, während er der geängstigten hohen Pforte wiederholt den Frieden bot, gleich­ zeitig Colonnen

auf Rodosto,

nach

Enos und längs der

Küste des schwarzen Meeres zu poussiren, während die Flotte sich der Häfen und Ankerplätze Wassilico, Agteboli und weiter­ hin über Midi« bemächtigte.

Die Admirale auf beiden Mee­

ren hatten schon früher den kaiserlichen Befehl erhalten, mit der vorrückenden Armee im Einklang zu wirken, und beherrsch­

ten hiernach die Ausflüsse des Ostens und des Westens in

dem Augenblick schon, als die voreilenden Kosacken die Küsten erreichten.

Auf

beiden Hauptstraßen

rückten die Avantgarden

gegen Constantinopel

vor, und nur dazwischen tretende

wohlwollende Vermittelung hemmte die Schritte des siegreichen Heeres, um den Unterhandlungen des Friedens Zeit zur Reife

zu geben.

Wer den Zustand der Hauptstadt damals in der

Nähe gesehen, wird bezeugen, daß nur eine wahrhaft christliche

382

IV. Die Türken wie sie jetzt sind.

Großmuth, die vielleicht in der Geschichte noch kein Beispiel gefunden, ihr Drangsale ersparte, gegen welche wir in unserm früher entworfenen Bilde nur schwache Farben auftrugen. *) Hie wehrhafte Masse des Volkes, theils gleichgültig, theils

feindselig gesinnt gegen den eigenen Beherrscher und die ihnen widerwärtigen Institutionen, dachte nicht auf Vertheidigung,

Viele aber an Plünderung und Brand, mit' welchen die wilden anlangenden Haufen des geschlagenen Heeres laut droheten.

Die wenigen geordneten Schaaren, die dem Großherrn zu seiner eigenen Sicherheit noch blieben,

mußte er verwenden,

um jene zuchtlosen Flüchtlinge von den Thoren der Stadt nUr abzuhalten, und die asiatischen zum Ueberschiffen ihrer Heimath zu bewegen.

nach

Er wäre selbst mit allen seinen

Dienern, Sclaven und Besitzthümern ihnen gefolgt, wenn seine

Bevollmächtigten nicht endlich am 14tcn September, im russi­ schen Hauptquartier Adrianopel, den Frieden unterzeichnet hät­

ten, den die Langmuth des Siegers ihnen gewährte. Betrachten wir aber den Zustand in anderen Theilen des

Reichs.

Der tapfere und unternehmende Geismar war um

diese Zeit schon über Wrazza gegen Sophia vorgedrungen und dem Pascha vpn Skutari auf den Fersen, der ihn nöthigte, trotz

des Friedens, noch einmal zu siegen.

Eben so in Asien hatte der

Pascha von Trapezunt, mit Stumpfsinn und Gewalt es herbei­

geführt, die Seinen noch einmal schlagen zu lassen. Erst als der Sieger Paskewitsch zu erndten beginnen wollte, ward ihm die Bothschaft des Friedens.**)

Wer kann da zweifeln, daß die

*) Siehe §. 56 und bis 60 in dem Capitel Conjuncturen und Re­ sultate.

••) Es ist bekannt, und ein neuer Charakterzug des achten Türken, das:

der Pascha von Trapezunt den russischen Ofstcier, der die Friedensbothschaft

ihm und dem Grafen Paskewitsch zu bringen beauftragt war, nicht an­ landen lassen und nicht anhören wollte. So gelangte die Bothschaft vom Frieden erst einen vollen Monat nach dem Abschluß, an die den Krieg fort­ setzenden Theile, und erregte dann bei den Türkm in Asten die lebhafteste

Freude.

Feldzug von 1829 in Europa.

383

osmanische Herrschaft in Europa ihrem Ende nahe gewesen,

und auch in Asien ihr Herrschersitz nur jenseits des Taurus die sichere Stellung

gefunden hätte?

Leicht möglich, daß

dann russische Etappen, und Cosackenbedeckung dem Oroßherrn,

mit friedlicher Uebereinkunft die Reise dahin erleichterten, und der

osmanische Stamm, nicht gedeihend

auf europäischem

Boden, wieder Wurzel faßte und Blüten trieb in der ur­

sprünglichen Heimath,

und von der Einimpfung einer ihm

fremdartigen Cultur verschont

auf die eigene Weise zur Ver­

edlung gelangte. —

Hier muß ich aber, um nicht in Wiederholungen zu ver­ fallen, meine. Leser auf die obigen Conjunctüren und Re­ sultate zurückverweisen.

Nur einer veränderten Ansicht in

einigen Cabinetten von Europa hätte es bedurft — Verände­ rungen, deren wir so manche erlebt haben — um Ideen ver­ wirklicht zu sehen, die noch unlängst von denjenigen verhöhnt wurden,

denen

die Vergangenheit verknöchert, und die Zu­

kunft gleichgültig erscheint.

384

Erklärung der Plane. Uebersichtscarte. I.

Des Kriegsschauplatzes der russischen Donau-

armeen. II. Des Kriegsschauplatzes des Kaukasischen Corps.

Pl. I.

Skizze des Kriegsschauplatzes zwischen Rußland und der europäischen Türkei (aus Croquis der Marsche zu­

sammengetragen, zu den Feldzügen 1810 und 11).

Plan von Schumla in Bulgarien, im Vorgebirg desHämus (oder Balkan), mit dem verschanzten Lager des Groß­

veziers, im Feldzuge von 1810.

A.A.

Höhe, auf welcher die russische Armee ihr Lager bezog, .und voll da aus am 23sten Juni sich des Grottenbergs bemächtigte, welchen die Türken bis zum 25fcn fortwährend vergeblich angriffen, worauf

aber die Russen sich wieder über den Tekiebach zurückzogen, und den Angriff des türkischen Lagers in eine Blocade verwandelten.

K. S.

Gehölz, das die Türken als Vorposten besetzt hatten.

Batterie, wo sie in der Nacht vom 24sten zum 25sten Juni einen Angriff erwarteten, und den Punkt verstärkt hatten.

Pl. II.

Belagerung von Rustschuck, im Sommer und Herbst 1810.

1) Einschließungsläger.

2) Hauptquartier des commandirenden Generals Grafen Kaminsky. 3) Artilleriepark. 4) Ingenieur-Depot.

5) Wagenburg. 6)

Be-

Erklärung der Plane.

385

6) Belagerungsarbeiten vom 27sten Juni bis isten Juli —; bestehend in

5 Redouten- um daS Lager -zu decken, und die Transcheeeröffnurig zu

begünstigen.

Jede Redoute war. für ein Bataillon und 5 Stück Ge­

schütz eingerichtet-.

7) CoMmunication, in der Zeit vom Isten bis Zten Juli ausgeführt. In Nacht

auf den

2ten wurden

als

Transcheen< Eröffnung 130

Klafter (b.L 390 Schritt) vollendet- und darauf noch 660 Schritt

vorgeschritten, so daß die ganze Ausdehnung 1050 Schritt betrug.

8) In der Nacht auf den 4ten Juli wird mit 120 Schritt Transcheearbeit eine Redoute, als Anfang der eigentlichen Parallele,

angelegt, mit

einer Batterie für 4 schwere Geschütze. 9) Dom 5tm bis 6ten Juli rückt die' Transchee von der Red oute auf

600 Schritt weites

Dom 6ten bis 7ken wieder urti 630 Schritt, und

den 7ten wird sie als erste Parallele vollendet.

10) Vom 7ten bis 8ten Juli wurden folgende drei BütterieeN angefangen. A. von tz schweren Canonen, B. von 8 Belagerungsgeschützen und 4 Mortieren,

C. von 10 schweren Geschützen — neben welcher Batterie noch

ein Logement von 12a Schritt Länge angelegt wurde. 11) Auf dem linken Flügel wurde eine Batterie von 4 Belagerungsgeschützen und 7 schweren Canonen, mit Logement auf beiden Seiten, jedes von

Vom 8ten zum 9ten Juli sind alle diese

90 Schritt Länge, angelegt.

Batterieen vollendet worden.

12) Redoute, zu gleicher Zeit erbaut, auf dem linken Flügel, um die^Batterieen daselbst im Rücken zu decken. 13) ComMuNicütionskranschee

(auf dem linken Flügel der Belagerung)

vom 9ten zum lOten Juli angefangen, und den 121m mit 660 Schritt Länge vollendet»

14) Dom loten zum 11 seh Juli ward Sappe angesangen,

aus der Parallele die fliegende

und auf 90 Schritt fortgeführt; und um den

Rücken der Trauscheen zu decken, ist eine kleine Äedoute für 2 Com« pagnieen und zwei Stücke von leichtem Caliber angelegt worben (mit

6. bezeichnet).

15) Vom 12ten zum 13(en Juli wurde auf dem linken Flügel eine Batterie von 10 schweren Geschützen, mit Logements üuf beiden Seiten angelegt 16) Das Lager wär den I3ten Juli bezogen, und 5 Feldwerke wurden

vor demselben angelegt. 17) Vom

I2tm zum

Schritt vor,

13ten

rückte

die fliegende Sappe bis

stücke angelegt. rnrkenkrieg»

auf 210

und es ward davor ein Place d'armeS für Zwei Feld­

25

Erklärung der Plane.

386

18) Dom 13fen zum läten Juli wurde auf der linken Flanke eine geschlos­ sene Batterie für 6 schwere Canonen angefangen, und den 15ten und 16ten vollendet. 19) Eben so vom I3ten zum l^fen bic fliegende Sappe 75 Schritt vor­

gerückt, und von dem Place d'armes 130 Schutt rechts heraus eine neue Tranchee eröffnet.

Vom 14fm zum 15ten wurde die Sappe um

105 Schutt verlängert, mit der Transchee zusammengehangen,

welche

damit beendigt ward. 20) Dom I5ten zum 16ten rückte die Sappe wieder um 150 Schritt vor, und ein Place d'armes für zwei leichte Geschütze ward an der Spitze

angelegt. 21) Dom löten zum 17ten Juli ward auf dem linken Flügel eine Batterie

für 6 schwere, 2 Belagerungs- und 2 leichte Geschütze angefangen, und mit den Logements den I9ten vollendet.

22) Vom i7ten bis 21 (Im wurden? 3 kleine Redouten angelegt,

um die

Einschließungschaine zu unterstützen. Den 21 sten fand der verunglückte Versuch des General Saß, Rust-

schuck mit Sturm zu nehmm, Statt, und die Folge zeigte, wie man nach demselben mit den Belagerungsarbeiten emsig fort»

schreiten wollte. —

Auch langte um diese Zeit der Oberfeldherr

mit den Verstärkungen von Schumla an.

23) Dom 23sten zum 2ästen wurde vor der Transchee eine Breschbatterie für 8 Belagerungsgeschütze angefangen, und mit den Logements den 25sten und 26sten beendigt.

24) Vom 2/iflm zum 27sten wurden 2 Redouten für Landungstmppen von einem Theil der Flotille angelegt,

welche gewaltsam die Donau

hinauf sich den Weg bahnte.

Wir finden hier eine Lücke von

6 Tagen in dem Belage-

nmgsjournale, während welcher man nicht weiter vorschritt, und

nur durch Beschießen

der Erdwerke den beabsichtigten Sturm

hinlänglich vorzubereiten, und alles feindliche Geschütz demontirt zu haben glaubte.

Der unglückliche Sturm vom 3ten August, von dem man

sich nicht sobald erholen konnte,

verursachte wieder die nachfol­

gende Lücke von drei Wochen in den Belagerungsarbeiten, welche

Zeit mit Vorbereitungen zu einer neuen zweckmäßigen Attake

auf der Insel zum Theil zugebracht wurde.

25) Dom loten zum 14ten August war die Schiffbrücke- die von Tur-

tukoy angelangt war, eine Meile rmterhalb Rustschuck geschlagen, und durch

einige

offene

Verschanzungen

gedeckt,

hinter

welchen

der

Erklärung der Plane.

387

Artilleriepark xnb die Wagenburg in Sicherheit gebracht wurden. —

Auf dieser Schiffbrücke wurden die Transcheewerkzeuge und Utensilien und die Belagemngsartillerie, die man zu einer neuen Attake auf der

Insel zwischen Rustschuck und Giurschow anwenden wollte,

auf das

linke Donauufer übergeführt. 26) Dom Lasten auf den 25sten August wurde nahe bei Slobodsca ein

kleiner Brückenkopf aufgeworfen, und eine Brücke dahinter geschlagen. 27) Vom 25sten zum 26sten wurde eine Redoute auf der Insel angelegt,

worin 4 schwere Geschütze plaeirt wurden.

28) Vom 28sten zum 29sten wurde eine geschlossene Batterie für 10 Belagemngs - und 8 schwere

Canonen

angefangen,

und

den Zisten

vollendet.

29) Vom i sten zum 2ten September ward die zweite geschlossene Batterie für 2 Belagerungs- und 2 schwere Canonen angeleF.

30) Vom 4ten zum 5ten eine Redoute für 3 schwere Canonen. 31) Neues Lager, das nach der Schlacht von Battin bezogen und durch

Verharre gedeckt wurde—; auch eine Communicationsbrücke über den Lommfluß.

32) Vom Sten bis 6ten September ward eine Redoute für 4 schwere Geschütze angelegt.

33) Vom 7ten bis Sten eine Batterie für 4 Belagerungs- und 3 schwere Geschütze. 34) Dom Sten zum loten September ward eine Redoute für 4 schwere

Geschütze, mit einer Communication, und davor ein Logement angelegt.

35) Vom 12ten zum 13ten

September wurde

eine Landung mit der

Flotille auf der Insel gemacht, und daselbst das Tete de Pont ange­ legt, worin 4 Stücke Feldgeschütz.

In derselben Nacht, zum Schutz

der Flotille, auch eme Batterie in der Tranchee von 4 schweren Ge­ schützen auf dem rechten Donauufep.

36) Vom 13ten zum 15ten, als eine Redoute für 500 Mann und 4 Ge­

schütze erbaut war, wurden dre Türkey gezwungen, ihre Schanze m, und als die Flotille vorrückte, auch ihre Batterie T, auf dem rechten

Oonauufer, zu verlassen.

In derselben Nacht wurde die Commum-

cationsbrücke zwischen der Belagerungs-Abtheiümg vor Giurschow und

der Insel geschlagen. 37) Vom 15ten zum I6ten wurde eine Brücke über das kleine Wasser, das nach Giurschow fließt, wo es aus der Donau abfließt, geschlagen.

38) Vom 16ten zum 17ten ward eine Communication mit einer Batterie von 3 schweren Canonen, angelegt.

2 Stück Feldgeschütz und 2 Mortieren,

Erklärung der Plane.

388

39) In derselben Nacht ward die von den Türken verlassene Batterie T zerstört. —

Vom 18tcn zum 22sten September wurde der Lauf­

graben mit zwei Redouten angelegt.

Vom Listen zum 2Zsten wurden

die Sappe wie alle VelagerungSarbeit zerstört.

210) Stationen der Flotille während der Dauer der Belagenmg. 4i) Den Strom hmauf gesegelte Flotille.

Türkische Werke. 2. Batterieen.

b. Verschanztes Lager, dessen Reduit ein massives Caravanserail. c. Vorspringender Theil der Festung, später vom Feinde verlassen.

D. u E. Citadelle und kleine Festung Giurschow. f.

Wassermühle.

g.

Brunnen und Fontaine».

h.

Festungs-Thore.

i.

Türkische Schiffe.

k. Vorstadt im Jahr 1809 bei der Recognoscirung am I sten April abgebrannt.

l.

Verschanzungen von Slobodsea, am nemlichen Tage mit Sturm genommen.

m. Türkische Schanze, unter dem Namen Rasboinik bekannt.

Pl. UL Schlacht von Battin, am 7ten September 1810, (Nach dem russischen officieMn Bericht.) Den 6ten September, nach der von dem commandirenden General

gegebenen Disposition, rückten die zum Angriff des Feindes, der sich beim Dorfe Battin stark verschanzt hatte,

bestimmten

Truppen,

aus ihrem

Sammlungsorte, dem Dorfe Piegos, auf zwei Wegen, in folgender Ord­ nung vor: Oie Truppen des rechten Flügels,

befehligt vom General von der

Infanterie Grafen Kaminsky dem isten, marschirten in zwei Colonnen;

die erste A, commandirt vom Generalmajor Jloweisky dem 2ten, bestehend aus den Regimentern Jloweisky 2, Jloweisky 1, Cosackexi, Olviopolschen

Husaren,

dem 32sten Jägerregiment, 8 Canonen reitender Artillerie von

Jgnalief, dem Tombofschen, Oreproffschen Musketier, und Denisoff des 6ten Cosacken - Regimecks. Die 2te Colonne B, commandirt vom

Generallieutnant Uwaroff,

bestehend aus den Regimentern St. Petersburg Dragoner, Fanegorisches

Grenadier, 6 Canonen schwerer Artillerie von Rutkowsky, Witepskisches, Orloffsches Musketier,

12 Canonen schwerer Artillerie von Bastiani,

Erklärung der Plane.

389

Novogorodsches, Nascheburgsches Musketier, Smolenskysches, Dorpart-

scheS Dragoner, rmd Andrenofsches Cosackenregrment. Die Truppen des linftn Flügels, bei welchen der commandirende Ge­ neral sich persönlich befand, - mÄrschirten in drei Colonnen.

Die erste Co-

lonne A', commandirt vom Generalmajor Kulnef, bestehend in leichter Cavallerie,

und zwar aus den

Regimentem Barabantskof,

AtamanscheS

Cosackm, Beloiruskisches Husaren, 12 Canonen Donischer Artillerie, Su-

linsches,

Welnikow des 5ten,

Platof deS 5ten, und Gordouf Cosscken-

regimenter.

Oie zweite Colonne B', commandirt vom Generattnajor Sabanejew, bestehend auS den Regimentem Sisojew, Lukoffkin-Cosacken, Alexandria sches Husaren, 12 Canonen rettender Artillerie von Baschugef, 7tes Jä­ ger, Utes Jäger, 6 Cünonen schwerer Artillerie von Ruttkofsky, Mosko-

witisches Grenadier,

Bränskisches

und

Kürinskyfches

Musketier -

regimttrter. Die dritte Colonne C', commandirt vom General Graf St, Priest, bestehend aus den Regimentem Stalidubofsches Dragoner/ 6te^ Jäger,

12 Canonen reitender Artillerie von Nowak, Maliroffisches Grenadier, Narwaisches, Koskofsches Musketier undLiefländsches Dragonerregiment. Nachdem die Tmppen des rechten Flügels in der Position C und die

des linken in D angekommen, bivouaquirten dieselben, und die Communi-

cation ward von den leichten Truppen unterhalten, so wie die Vorposten gestellt. Da der Feind durch die auf der Donau in g habende Flotille seinen

linken Flügel deckte, so wurden von den Truppen unseres rechten Flügels das 32ste Jägerregiment, mit 4 Canonen reitender Artillerie in E detaschirt. Durch die Wirkung derselben, und derjenigen von 8 bewaffneten Fahr­ zeugen, unter dem Obersten Verlier, welche zu gleicher Zeit in 1 ankamen,

wurde der Feind gezwungen, sich in h zurückzuziehen. ^Den 7ten September um 8 Uhr des Morgens, nachdem die Truppen

des linken Flügels aus der Position D sich in E' begeben hatten, rückten

das Detachement des Generalmajor Kulnef in zwei Linien, die übrigen aber in zwei geschlossenen Colonnen

gegen den rechten Flügel der feindlichen

Verschanzung vor, und nachdem sie sich derselben bis auf einen Canonenschuß genähert hatten, befahl der commandirende General dem Oetaschement des Generalmajor Kulnef in F stehen zu bleiben, und von diesem gedeckt,

ließ er aus dem Narvaischen Musketier, 6ten Jäger, Koskofschett Muske­

tier, Moskauischen Grenader, VränSkischen Musketier, 7ten Jägerregiment, QuarreS formireN.

DaS Oetaschement Kulnef ward durch das Ute Jä­

ger, Maleroffische Grenadier und Krimmsche Musketierregimeut,

390

Erklärung der Plane.

verstärkt, und beauftragt, die feindliche Position im Rücken zu umgehen. Die Artillerie aber,

bestehend aus 12 Canonen reitender von Buschueff,

6 Batterie-Kanonen von Rudkofsky, und 12 reitenden von Nowak, rückte

unter Bedeckung der in Quarres formirten Regimenter und der Cavallerie vor,

Während dieser Bewe­

und eröffnete dre Canonade auf den Feind,

gungen sing der Feind aus der Verschanzung Nr, 2. eine lebhafte Canonade an, doch ohne auch nur den geringsten Schaden zuzufügen,

G.

Marsch des Detachements von Ktflnefft welches bet feindlichen Posi-

sition im Rücken geht,

II. IP Begegnen der feindlichen Cavallerie, die in die Flucht geschlagen, und bis an das Uetranchement verfolgt wird, J'

Aufgeführte Batterieen, mit Bedeckung von Infanterie, Cavallerie und

vorgeschickten Schützen, und heftiges Beschießen der feindllchen Verschanzrmgen 1 und 2, tt"

Marsch der i sten Colonne des

rechten Flügels, unter Generalmajor

Jloweisky, bestehend ans dem 32sten Jäger, Tambofschen, Dreprofschen, Witepskyschen MuSketierregimentem,

8 reitenden Ca­

nonen von Jgnalieff, von welchen A, unter Bedeckung von Cavallerie,

auf die Höhe in J und 4 links auf die Höhe in K gestellt waren, unter Bedeckung der Denisofschen Cosacken, WitepSkyschen Musketierregiments,

Mit

noch

eines Bataillons des 4 schweren Canonen

r^on Bastian, um unaufhörlich die Verschanzung No, 3. zu beschießen,

und dadurch, den Marsch her Colynn? zu protegiren.

M.

Marsch der 2ten Colonne,

unter General Gämper, bestehend

aus dem St.Petersburgischen, Smolenskyschen Dragoner-, Fane­

gorischen

Grenadier,

Novo - Jngermannländschen Musketier­

regimentern, und 4 schweren Canonen von Bastiani, welche zur

Verstärkung der ersteren detachirt, und während des Sturms der

Verschanzung Nr. 3, die Position in N genommen hatte. Die Regimenter:

Nascheburgsche, Orlofsche Musketier,

6

schwere Canonen von Rudkowsky, Oorpatsche Dragoner, Andreanofsches Cosacken, blieben in Reserve auf der Höhe in O. —

P.

Annäherung der Colonnen, in deren Reserve ein Bataillon des Wi­

tepskyschen Musketierregiments, und Einnahme mit Sturm des Retranchements Nr. 3.

Q.

Nachdem wieder Colonnen formirt waren,

und sich die Cavallerie,

unter Graf Manteufel, nebst dem Fanegorischen Grenadierregiment,

genähert hatten, erfolgte die Einnahme des Retranchements Nr. ä.,

ans welchem

9?r

ein Theil der Besatzung sich

1. flüchtete.

in das Retranchement

Erklärung der Plane. R.

391

Einnahme des Retranchements Nr- 5., durch die nemlichen Colonnen,

unter Protection unserer Fahrzeuge aus m, welche durch ihr heftiges Feller nicht wenig zur Einnahme beitrugen, desgleichen 4 Fahrzeuge von der tückischen Flotille in Grund bohrten, und sich 11 derselben

bemächtigten, worauf die übrigen die Donau aufwärts bie Flucht er­ griffen, und lange verfolgt wurden.

Nachdem der General Kulnef die feindliche Cavallerie geschlagen, unb die Position in K' genommen, ließ er daS Ute Jäger- und Makxossische

Grenadierregiment, unter Anführung des Obersten Grafen Belmain zur Attake gegen den Feind vorrücken, der unterhalb L und im Thüle der Donüll im Lager stand.

schwerte,

Da die feindliche Flotille aber den Angriff er­

so wurden auf der Höhö in M' 12 Donische reitende Canonen

aufgefahren,

durch deren Wirkung nicht nur der Angriff völlig gelang,

sondern auch zu den Vortheilen unserer Flotille über die feindliche

vieles

beigetragen wurde

N'

Flucht der feindlichen Cavallerie aus erwähntem Lager,

und aus den

Retranchements Nr. 5. und 6., auf dem Wege nach Szkstow, längS

der Donau. —

Flügels,

Verfolgung derselben von der Cavallene beF rechten

und zwar,

von 3 Escadronen Oliviopolscher Husaren,

JloweiSky 12te Cösackenregiment und der Cavallene vom Detachement

deS General

Kulnef,

einem Battaillon Beloirussischer Husaren,

Attamanischen und Borobontskofschen Cosacken-Regimentem.

Nachdem das Detachement vom General Kulnef von neuem durch das

7te Jägerregiment,

aus der Position J' (dessen Stelle das Moskauische

Grenadierregiment ersetzte), verstärkt war, trieb der Oberst Graf Belmam mit seiner Brigade den sich noch im Dorfe Battin versteckt haltenden Feind

bis in die Verschanzung zurück (p), und unternahm einen Angriff auf die Verschanzung Nr. 1.

Doch durch die Wirkung des heftigen feindlichen

Feuers ward er gezwungen, sich zurückzuziehen, und die Position in i zu

nehmen.

Während dieses Angriffs nahm der commandirende General die noch zu nehmenden feindlichen Verschanzungen Nr. 1. und 2. in Augenschein,

und detachirte aus der Position J' die Regimenter Bränsky -, KosloffMusketier

und Alexandrisky

Husaren,

unter

dem

Generalmajor

Sabanejew, dem er auch noch das Commando über die beim Generalma­ jor Kulnef befindlichen 4 Jnfanterieregimenter übertrug, mit dem Befehl,

zu gleicher Zeit mit den Truppen des rechten Flügels, die feindlichen Ver­

schanzungen im Rücken anzugreifen. U. Colonnenformirung der Truppen des rechten Flügels

Witeps-

kysches, NovogorodscheS Musketier, Fanegorisches Grenadier-,

Erklärung der Plane.

392

DueprofscheS, Tambofsches Musketier und Oliopolfches Husa-

renregiment, bestimmt zum Angriff der Verschanzung Nk. 1.

w. Allfgefahrene Batterie, bestehend aus 12 Canonen von Bastian, 8

reitenden Canonen von Jgnalieff, und den Regiments - Canonen, unter Bedeckung von 2 Bataillons Infanterie, und einem Theil der Ca-

vallerie, wo sich auch die Regimenter aus O in v, und die Cavallerie

aus N in x gestellt.

P/ Colonnenformimng ger-, 7tes

der Truppm

des linken Flügels:

Bränkisches Musketier-,

Jäger-,

Koslofsches

und

Utes Ja­

Maleroffisches Grenadier-,

Kurinskysches

Musketierre­

giment, zur Attake der Verschanzung Nr. 2. Q' Aufgefahrene Batterie, bestehend aus 12 Dänischen reitenden und

Regiments - Canonen, unter Bedeckung- des Kurinskyschen Musketrerregiments und Cavallerie. Um halb 6 Uhr Nachmittags, nach eröffneter lebhafter Canonade aus

allen unseren Vatterieen, rückten die bereitstehenden Colonnen zum Angriff schnell vor. Y. Sturm der Colonnen des rechten Flügels auf die Verschanzung Nr. 1.» lind nachdem derselbe abgeschlagen, Rückzug in Z. R. Attake der Truppen des linken Flügels auf die Verschanzung Nr. 2.,

und nach heftiger Vertheidigung erfolgte Einnahme derselben. S. und T. Flucht der feindlichen Cavallene in zwei Theilen aus dieser

Verschanzung, unb Niederlage derselben durch die Verfolgung unserer

Cavallerie von beiden Flügeln. Der Feind in der Verschanzung Nr. 1. nachdem er allen Angriffen wi­

derstanden, sah sich auf allen Seiten umringt, und vom Wasser abge­ schnitten, fand jede Rettung unmöglich, und ergab sich kriegsgefangen. In dieser merkwürdigen von den russisch - kaiserlichen Truppen gewon­ nenen Schlacht, sind bei der Einnahme der Verschanzungen und dem Ver­

folgen des Feindes, in Allem genommen,

178 Fahnen,

14 Canonen und

6000 Gefangene, unter welchen 545 von Range. — Getödtet sind auf dem Schlachtfelde und während der Verfolgung

10#ooo, unter denen der Hauptanführer Kuschanz-Ali und Galim-Pascha,-^ Der russische Verlust bestand in 1500 Todten und Verwundeten,

Erklärung der Plane

393

Pl. IV, Schlachten der Russen gegen die Türken, bei Rust-

schuck im Feldzug 1811, unter General Kutusow. Nr.l. Erste Schlacht am 4fen Juli,

auf dem rechten Do­

eine Meile vor Rustschuck.

nauufer,

A. Verschanztes Lager der Türken. v. Russische Armee, am 2ten Juli in Schlachtordnung eine Stunde vor­ wärts Rustschuck auf dem Wege nach Nasgrad.

C. Oie russische Armee im Verfolgen nach der gewonnenen Schlacht am 4ten Juli,

in welcher sie die Angriffe (DD) der Türken zurückge­

a.

schlagen hat. 2 Bataillons vom Olonetzkoschen und 1 Bataillon vom Wyburgschen

b.

Regiment. 2 Bataillons vom 29sten Jäger- und 2 Bataillon-, ^om Wyburg­

c.

schen Regiment. 3 Bataillons vom Staraskolskischen Regiment.

d.

3

-

-

-

Schlüsselbnrgschm

c.

3

-

-

-

Archangelgorodschen -

-

t.

3

-

- Altingermannländschen -



bil,

2

-

-

-

Bialostockschen

-

-

3

-

-

-

7ten Jägerregiment.

3

-

-



37sten

k.

-

-

-

-

-

Artillerieabtheilung von Kriffzow.

l.

Kinburnsches Oragonerregiment.

m.

AStachowasches Cosackenregiment.



Lukowkynsches Weißrußländische^ (Bielomskysches) Hrffareuregiment,

o.

P-

Tschauganewskysches lUanenregiment.

qr.

PetersburgscheS Dragonerregiment,

s.

Liefländisches Oragonerregiment,

Oliopolsches Husarenregiment.

t.

Grakowsches Cosackenregiment.

u.

Melnikowsches Cosackenregiment,

9?r,2. Uebergang der türkischen Armee auf das linke Do,

nauufer (in der Nacht vom 8ten zum 9ten Septem­ ber),

deren Einschließung,

und

dadurch veranlaßte

Gefechte bis zum täten October.

1. russische Redoute, noch von der vorjährigen Belagerung vyn Rustschuck,

2, 3 unbzi, neuangelegte russische Redouten,

394

Erklärung der Plane.

E.

Punkt, wo die Türken in der Nacht vom 81en zum 9ten September

F.

Ahr wirklicher Uebergang in derselben Nacht, und verschanztes Lager,

einen falschen Angriff machten.

das anlegten. I, II, 1Ä, IV und V. Ihre Ausbreitung in neu angelegten Schanzen, nach

und nach.

G. und H. Gleichzeitige türkische Läger auf dem rechten Oonauufer. J. K.

Oie russische Armee schließt das türkische Lager auf dem linken

Oonauufer eng em, nachdem wiederholte Angriffe auf die Verschan­

zungen nicht zum Zweck geführt haben. Redouten und Verschanzungen der Russen, zu der

5, 6, 7, 8 und 9:

engen Einschließung.

a.

Akutzkoysches Regiment.

b. Apscheronskoysches Regiment.

c.

45; und 3 7sied Jägerregiment.

d. Ukrainisches Regiment. c.

Byalostocksches Regiment.

f.

Archangelgorodsches Regiment.

g. Altingermanländisches Regiment.

li. Staroskolsky - und Wyburgsches Regiment. i.

Liefländisches Oragonerregiment 3 Escadrons.

k.

Derptskoysches Oragonerregimmt.

l.

Artillerieabtheilung.

m. Kinburnsches Dragonerregiment.

n.

Astachowasches Cosackenregiment.

o.

Susojewasches Cosackenregiment.

p. Liefländisches Oragonerregiment 2 Escadrons.

Weißrußländisches Husarenregiment. s.

M.

Barabanschukisches Cosackenregiment.

Corps des General Markow, das aiy Uten October weiter oberhalb

über die Donau gegangen ist, und die türkischen Läger auf dem rech­ ten Ufer genommen hat. L.

N.

Russische Flotille, welche oberhalb und

;

-

-

unterhalb die Donau sperrt.

Erklärung der Plane.

395

Belagerung von Brailow, vom 21 tat Mai bis

Pl. V.

Uten. Juni 1828. Umwallung der Stadt aus 9 Bastions und. 8 Kourtinen beste­

a, b, c.

Die Füttermauern an der Escarpe und Contre-Escarpe sind

hend.

neu von Stein erbaut.

Oie

Flanken der Bastionen sind 20—30,

die Facen 50—60 Schritt lang.

A.

Citadelle, statt der Bastione mit 5 Rondelen versehen.

B.

Niederes Werk zur Vertheidigung der Donau für Batterieeu eingerichtet. Gradlmigter Erdwall, die Kehle der Festung bildend.

C. C.

Statt des bedeckten Weges war nur eine Art schmaler Ronden­

gang vorhanden. Belagerungs - Arbeiten,

Nr. 1, 2 und 3.

am 2lfm Mai begonnen

mit

Anlage einer Redoute und 2 Batterieen, jede, mit 6 Zwölfpfündern besetzt, und zur Bestreichung der Oonau-Flotille und dttEatterieen in

dem Werke B, bestimmt. Nr. 4 und 5. Zwei neue Batterieen statt der vorigen 1 und 2, dke>zu weit

entfernt lagen. a,