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German Pages 440 [441] Year 1991
JOACHIM WIELAND
Die Konzessionsabgaben
Schriften zum Öffentlichen Recht Band 599
Die Konzessionsabgaben Zur Belastung wirtschaftsverwaltungsrechtlicher Erlaubnisse mit Abgaben
Von
Joachim Wieland
Duncker & Humblot * Berlin
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme
Wieland, Joachim: Die Konzessionsabgaben : Zur Belastung wirtschaftsverwaltungsrechtlicher Erlaubnisse mit Abgaben / von Joachim Wieland. - Berlin : Duncker und Humblot, 1991 (Schriften zum öffentlichen Recht ; Bd. 599) Zugl.: Freiburg (Breisgau), Univ., Habil.-Schr., 1990 ISBN 3-428-07309-6 NE: GT
Alle Rechte vorbehalten © 1 9 9 1 Duncker & Humblot GmbH, Berlin 41 Druck: Werner Hildebrand, Berlin 65 Printed in Germany ISSN 0582-0200 ISBN 3-428-07309-6
Meinem Vater Heinrich Wieland gest. am 14. Februar 1989 zum Gedächtnis
Vorwort Die Konzessionsabgaben spielen wegen der Höhe ihres Aufkommens in der Praxis der Wirtschaftsverwaltung eine nicht unbedeutende Rolle; die Rechtswissenschaft hat sie bislang kaum zur Kenntnis genommen. Das könnte sich ändern, wenn in Zukunft die Nutzung knapper Umweltressourcen verstärkt konzessioniert und mit Abgaben belastet wird. Setzt der Staat Konzessionsabgaben als Mittel des Umweltschutzes ein, muß er sich der Frage stellen, ob es angeht, dem Bürger bestimmte wirtschaftliche Betätigungen zunächst zu verbieten, um sie dann gegen eine Gewinnbeteiligung doch zuzulassen. Ein solches Vorgehen wirft nicht nur verwaltungsrechtliche Probleme der Konzessionierung auf, sondern berührt auch die Grundrechte der Betroffenen; darüber hinaus müssen sich Konzessionsabgaben der Dogmatik des Steuer- und Abgabenrechts einfügen sowie den Anforderungen der Finanzverfassung genügen. Die vorliegende Untersuchung hat sich die Aufgabe gestellt, die rechtlichen Grundlagen und Grenzen für die Erhebung von Konzessionsabgaben im Blick auf die genannten Gesichtspunkte herauszuarbeiten. Auf diesem Wege soll geklärt werden, ob sich Konzessionsabgaben als Mittel des Wirtschaftsverwaltungs- und Umweltrechts eignen. Die Arbeit ist in den Jahren 1985-1988 während meiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Bundesverfassungsgericht entstanden. Die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität Freiburg hat sie im Sommersemester 1989 als Habilitationsschrift angenommen. Im Laufe des Jahres 1990 habe ich das Manuskript überarbeitet. Meinem akademischen Lehrer, Herrn Richter des Bundesverfassungsgerichts Prof.Dr.Dr.Dr. h.c. Ernst-Wolfgang Böckenförde danke ich ganz herzlich für seine Anregungen, seine Unterstützung und seine Großzügigkeit mit der er es mir ermöglicht hat, Dienstaufgaben und wissenschaftliche Tätigkeit zu verbinden. Herrn Prof. Dr. Alexander Hollerbach sage ich Dank, daß er mir während der Zeit meines Habilitationsverfahrens eine Assistentenstelle an seinem Seminar für Rechtsphilosophie und Kirchenrecht zur Verfügung gestellt hat; die wissenschaftliche und menschliche Atmosphäre des Seminars zu erleben, war ein noch größerer Gewinn als die mir gewährte Freiheit, mich ganz auf meine Habilitation zu konzentrieren. Herrn Prof. Dr.Dr. h.c. Martin Bullinger schulde ich Dank, daß er sein Zweitgutachten trotz vielfältiger anderer Arbeitsbelastungen innerhalb kürzester Zeit erstellt hat. Seine kritischen Bemerkungen haben mir geholfen; wo ich ihnen nicht gefolgt bin, haben sie mich angeregt, meinen eigenen Standpunkt zu verdeutlichen.
6
Vorwort
Meine Freunde Thomas Emde, Christoph Enders, Dieter Gosewinkel, Johannes Hellermann, Georg Hermes, Johannes Masing, Bernhard Schlink und Bernd Schütze haben das Entstehen der Arbeit mit Rat und Kritik begleitet. Nina Dethloff war eine liebevolle Partnerin, nicht nur in vielen Fachgesprächen. Die Mitarbeiter der Bibliothek des Bundesverfassungsgerichts, an ihrer Spitze Leitender Bibliotheksdirektor Hans Schneider haben mir in Karlsruhe zu hervorragenden Arbeitsmöglichkeiten verholfen. Meine Bielefelder Mitarbeiter Frau cand. iur. Susanne Reinemann und Herr Referendar Thomas Hadamek haben das Personen- bzw. Sachregister bearbeitet. Frau Gudula Diesch hat zuverlässig wie stets das Manuskript geschrieben und die Druckvorlage erstellt. Ihnen allen danke ich.
Freiburg, im Sommer 1991
Joachim Wieland
Inhaltsverzeichnis Einführung
15
Einleitender
Teil
1. Kapitel Gegenwärtige Erscheinungsformen wirtschaftsverwaltungsrechtlicher Erlaubnisabgaben
I.
Die Erlaubnis zur Nutzung knapper natürlicher Ressourcen
23
1. Die bergrechtliche Förderabgabe
24
2. Wasserzins, "Wasserpfennig" und Abwasserabgabe als verwandte Abgaben a. Der Wasserzins
27 28
b. Der baden-württembergische "Wasserpfennig"
32
c. Die Abwasserabgabe
33
3. Entgelt für Abfallentsorgungslizenz II.
23
34
Die Erlaubnis zur Begründung einer Monopolstellung in der Daseinsvorsorge
35
1. Gemeindliche Konzessionsabgaben
36
2. Die rundfunkrechtliche Konzessionsabgabe
40
III. Die Erlaubnis zu sozial schädlichen Tätigkeiten
42
1. Die Spielbankabgabe
42
2. Die Wettabgaben
47
3. Die Schankerlaubnissteuer
48
IV. Zwischenergebnis
50
1. T e i l Geschichtliche und rechtsdogmatische Entwicklung der Konzessionsabgaben und ihr wirtschaftstheoretischer Hintergrund
53
2. Kapitel Geschichtliche Entwicklung der Konzessionsabgaben und ihr wirtschaftstheoretischer Hintergrund
I.
54
Die bergrechtlichen Förderzinse als Paradigma
54
1. Die Regalabgaben des Mittelalters
55
a. Das Wesen der Regalien
55
b. Das Bergregal als Grundlage der Förderzinsen
56
8
Inhaltsverzeichnis
2. Bergwerksabgaben im Merkantilismus
61
3. Die Reform des Bergrechts in Frankreich
63
4. Die Beigrechtsreform in Preußen und im übrigen Deutschland
66
a. Die Herausbildung eines wirtschaftsliberalen Bergrechts
66
b. Die Veränderung der Abgabenlast des Bergbaus
68
(1) Das traditionelle Verständnis der Bergabgaben
69
(2) Der Übergang zum Liberalismus
69
(3) Die Realsteuerreform in Preußen
71
5. Staatsvorbehalt und vertragliche Konzessionsabgaben
II.
72
a. Die Einführung des Staatsvorbehalts
73
b. Die vertraglichen Konzessionsabgaben
76
6. Die bergrechtlichen Förderzinse als Vorteilsausgleich
78
Die Geschichte weiterer Konzessionsabgaben
79
1. Die gemeindlichen Konsessionsabgaben
80
2. Die Schankerlaubnissteuer
84
3. Ergebnis
87
3. Kapitel
Die rechtsdogmatische Entwicklung: Der Tatbestand der Konzession und seine Veränderung
89
I.
Der klassische Konzessionsbegriff
II.
Die concession im französischen Verwaltungsrecht
91
1. Le service public
92
2. La concession
93
3. Die Übertragbarkeit der Begriffe
96
III. Die Konzession als subjektives öffentliches Recht 1. Die Skepsis gegenüber subjektiven öffentlichen Rechten im Konstitutionalismus 2. Die Konsolidierung der Lehre vom subjektiven öffentlichen Recht in der Weimarer Republik
98 99 108
3. Das vermeintliche Ende des subjektiven öffentlichen Rechts im nationalsozialistischen Staat
114
4. Die Entwicklung des Konzessionsbegriffs in der Bundesrepublik
115
IV. Präventives undrepressives Verbot
V.
90
117
1. Die Unterscheidung zwischen beiden Verboten
117
2. Das einheitliche Polizeiverbot
119
3. Die Möglichkeit einer Unterscheidung
121
Die Eigenart der Konzession
124
1. Verbote und Konzessionen
124
2. Staatliche Bewirtschaftung und private Erwerbstätigkeit
125
3. Anwendungsfelder für Konzessionen
126
Inhaltsverzeichnis
a. Knappe Umweltressourcen
127
b. Natürliche Monopole der Daseinsvorsorge
129
c. Sozial schädliche Betätigungen
131
d. Zusammenfassung
132
3. Ermessen als Bewirtschaftungsinstrument a. Notwendigkeit eines Eimessensspielraums b. Rechtliche Grenzen des Bewirtschaftungsermessens 4. Konzession und Konzessionsabgabe
133 133 134 136
2. T e i l
Verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen für Konzessionsabgaben im Verhältnis Staat und Bürger
139
4. Kapitel
Konzessionen und Berufsfreiheit I.
139
Der Grundrechtsschutz gegenüber Konzessionspflichten
140
1. Das Grundrecht der Berufsfreiheit als Lapidarformel
140
2. Die Konkretisierung des Art 12 Abs. 1 GG durch das Bundesverfassungsgericht
141
a. Die weite Interpretation der Berufsfreiheit im Apothekenurteil
141
b. Die gesetzlichen Berufsbilder
142
c. Berufsfreiheit und staatliche Monopole
144
(1) Die Tendenz zur weitrechenden Zulassung von Monopolen
144
(2) Das Urteil zum Arbeitsvermittlungsmonopol
146
d. Wirtschaftspolitische Entscheidungen in der Verfassungsrechtsprechung (1) Beschluß zur Handwerksordnung
150 150
(2) Urteil zum Apothekenmehibetrieb
152
(3) Die Beschlüsse zum Weinwirtschaftsgesetz und zur Beförderungsteuer
153
(4) Beschluß zum Mühlengesetz
154
(5) Beschluß zum Güterkraftverkehrsgesetz
155
(6) Zusammenfassung
155
3. Die allgemeine Anerkennung der Stufentheorie
156
4. Die restriktive Interpretation von Art. 12 Abs. 1 GG
157
a. Die freie Wahl des Berufs und die Regelung der Berufsausübung
158
b. Die Gründe für die restriktive Interpretation
159
c. Der Prognose- und Gestaltungsspiel des Gesetzgebers bei Berufsausübungsregelungen
II.
161
5. Konsequenzen für Konzessionen
163
Einzelne Konzessionen
165
1. Ressourcen der Allgemeinheit
165
10
Inhaltsverzeichnis
a. Die Bodenschätze
166
(1) Das Konzessionssystem
166
(2) Die grundrechtliche Beurteilung
168
(a) Der Schutzbereich von Ait. 12 Abs. 1 GG und Alt. 2 Abs. 1 GG
168
(b) Die Verfassungsmäßigkeit der Grundrechtsschranke
170
(aa) Die Erlaubnispflicht
171
(bb) Das Nichtbestehen eines Rechtsanspruchs
»
172
b. Die Gewässer
176
(1) Das Konzessionssystem
176
(2) Die grundrechtliche Beurteilung
»
c. Die Umwelt
178 181
(1) Das Konzessionssystem
*
(2) Die grundrechtliche Beurteilung
181 181
2. Monopole oder Oligopole in der Daseinsvorsorge
183
a. Privater Rundfunk
183
(1) Das Zulassungssystem
*
183
(2) Die grundrechtliche Beurteilung
*
b. Fluglinienveikehr
186 190
(1) Das Konzessionssystem
»*
(2) Grundrechtliche Beurteilung
»
3. Sozial schädliche Tätigkeiten
190 192 194
a. Der Betrieb von Spielbanken
«. » »
(1) Das Konzessionsystem
195 195
(2) Die grundrechtliche Beurteilung b. Der Betrieb von Gaststätten
196 199
5. Kapitel
Konzessionsabgaben und Grundrechte I.
Die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG
201
1. Die Rechtsprechung
202
a. Das Bundesverfassungsgericht
202
b. Die obersten Bundesgerichte
203
2. Die Literatur
II.
201
206
a. Sozialer Rechtsstaat und Steuerstaat
206
b. Eigentumsgarantie und Abgabenbelastung
210
3. Inhaltsbestimmung des Eigentums durch den Abgabengesetzgeber
214
4. Konzessionsabgaben und Art. 14 GG
222
Die Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG
224
1. Die restriktive Interpretation von Art. 12 Abs. 1 GG
224
Inhaltsverzeichnis
2. Die expansive Interpretation von Art 12 Abs. 1 GG III. Die allgemeine Handlungsfreiheit des Art. 2 Abs. 1 GG
225 230
1. Die Konzessionsteuem
231
2. Nichtsteuerliche Konzessionsabgaben
233
a. Der Zweck nichtsteueiiicher Konzessionsabgaben
235
b. Geeignetheit und Erforderlichkeit
235
c. Zumutbarkeit
237
IV. Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG 1. Die Steuergerechtigkeit
238 239
a. Die Grundlage des Leistungsfähigkeitsprinzips
239
b. Der positive Gehalt der Steuergleichheit
241
c. Das finanzwissenschaftliche Leistungsfahigkeitsprinzip
245
d. Die Kriterien der Leistungsfähigkeit
247
(1) Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts
248
(2) Insbesondere die Erschließung von Steuerquellen
251
(3) Konzessionsteuem und Steuergerechtigkeit 2. Gleichheitssatz und nichtsteuerliche Abgaben
253 255
3. T e i l
Gestaltungsformen von Konzessionsabgaben
259
6. Kapitel
Die Konzessionsteuern I.
Konzessionsteuer und verfassungsrechtlicher Steuerbegriff
260
1. Der Steuerbegriff der Abgabenordnung
260
2. Die Unabhängigkeit der Steuer von einer Gegenleistung
262
a. Die formelle Abgrenzung
263
b. Die materielle Abgrenzung
264
c. Begriff und Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen von Abgaben
265
d. Der Wert der Staatsleistung
266
e. Ergebnis
269
3. Konzessionsteuern in der Staatspraxis
II.
259
269
a. Die Schankerlaubnissteuer
270
b. Die Spielbankabgabe
273
c. Die bergrechtliche Förderabgabe
274
Konzessionsteuer und bundesstaatliche Kompetenzverteilung
276
1. Die Qualifizierung von Konzessionsteuem
277
a. Überblick über Rechtsprechung und Lehre
277
b. Konzessionsteuem als Verkehrsteuern
278
12
Inhaltsverzeichnis
(1) Die üblichen Definitionen der Verkehrsteuer
279
(2) Die Theoriegeschichte der Verkehrsteuern
280
(3) Ergebnis
282
c. Konzessionsteuem als Steuern vom Vermögen
284
d. Konzessionsteuem als Steuern auf Einkommen oder Umsatz
285
2. Das Steuererfindungsrecht
286
a. Die Entwicklung vor der Finanzverfassungsreform 1969
286
b. Die gegenwärtige Rechtslage
289
c. Konsequenzen für Konzessionsteuem
292
7. Kapitel
Konzessionsabgaben als Verleihungsgebühren I.
294
Die Zulässigkeit nichtsteuerlicher Konzessionsabgaben
294
1. Die Eigenart von Konzessionsabgaben
294
2. Die Stellung der nichtsteueiiichen Konzessionsabgaben im Abgabenrecht 3. Die Verleihungsgebühren
II.
296 298
a. Die Sondemutzungsgebühren
299
b. Die Bedenken gegen Verleihungsgebühren
300
c. Die Unbedenklichkeit von Verleihungsgebühren
302
(1) Die Freiheit der Willensbildung
302
(2) Das Zwei-Klassen-Recht
303
(3) Die Fiskalisierung der Verwaltung
303
(4) Die Konkurrenz zur Steuer
305
(5) Ergebnis
305
Die Höhe der Konzessionsabgaben
306
1. Die finanzverfassungsrechtlichen Vorgaben
306
2. Das Verhältnismäßigkeitsprinzip und der Gleichheitssatz
307
a. Die einschlägige Rechtsprechung
308
b. Der finanzverfassungsrechtliche Bezug des Verhältnismäßigkeitsprinzips
309
3. Das Kostendeckungsprinzip
311
a. Die Kostenberechnung
311
b. Die Verbindlichkeit des Kostendeckungsprinzips
313
(1) Vorteilsausgleich statt Nachteilsausgleich
313
(2) Rechtsprechung und Literatur
314
(3) Verwaltungskosten als Indikator für den Bürgemutzen
315
(4) Wirklichkeits-und Wahrscheinlichkeitsmaßstab 4. Die Modifizierungen des Äquivalenzprinzips
316 317
Inhaltsverzeichnis
a. Das Sozialstaatsprinzip
317
b. Die lenkende Gebühr
318
5. Die Konsequenzen für Konzessionsabgaben III. Die bundesstaatliche Kompetenzverteilung 1. Allgemeine oder besondere Kompetenztitel für Verleihungsgebühren a. Die Finanzverfassung
319 320 320 320
b. Die Veiteilungsregel des Artikel 30 GG
322
c. Ergebnis
324
2. Die einschlägigen Kompetenzregelungen
324
8. Kapitel
Vertraglich begründete Konzessionsabgaben I.
326
Die Abgrenzung zwischen öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Verträgen
327
1. Die Rechtsprechung
328
a. Das Bundesverwaltungsgericht
329
b. Der Bundesgerichtshof
329
c. Kritik der Rechtsprechung
332
2. Die Literatur
333
3. Die traditionelle Lehre
335
4. Die Verwaltungsverfahrensgesetze
338
5. Der Ort des öffentlich-rechtlichen Vertrages in der verwaltungsrechtlichen Dogmatik 6. Die Folgerungen für Konzessionsabgabenverträge
II.
340 342
a. Die Zuordnung gemischter Verträge
342
b. Die Bindung der Verwaltung an das öffentliche Recht
345
Die Zulässigkeit von Konzessionsabgabenverträgen
348
1. Die grundsätzliche Zulassung des öffentlich-rechtlichen Vertrages
348
2. Der Vertragsinhalt als Zulässigkeitskriterium
350
3. Die Rechtsfolgen von Verstößen gegen § 54 Satz 1 VwVfG
353
4. Konzessionsabgabenverträgen entgegenstehende Rechtsnoimen
354
III. Die Rechtmäßigkeit von Konzessionsabgabenverträgen
356
1. Das gesetzliche Verbot des § 134 BGB
356
2. Die Anforderungen an Austauschverträge
361
a. Die Problematik von Austauschverträgen
361
b. Die Behandlung von Austauschverträgen bis zum Inkrafttreten der Verwaltungsverfahrensgesetze c. Die Anwendung auf Konzessionsabgabenverträge
362 367
(1) Die Zweckbindung
367
(2) Die Erfüllung der Behördenaufgaben
368
14
Inhaltsverzeichnis
(3) Die Angemessenheit der Gegenleistung
369
(4) Der sachliche Zusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung
370
Schluß
373
I.
Der rechtliche Rahmen für Konzessionsabgaben
373
II.
Die Beurteilung der gegenwärtig erhobenen Konzessionsabgaben
376
1. Die bergrechtliche Förderabgabe
376
a. Die Qualifizierung der Abgabe
376
b. Die Bemessung der Abgabe
377
2. Das Entgelt für Abfallentsorgungslizenzen
379
a. Die Qualifizierung der Abgabe
379
b. Die Bemessung der Abgabe
379
3. Die gemeindlichen Konzessionsabgaben
381
a. Die Regelung der Straßengesetze
381
b. Die Verfassungswidrigkeit der straßenrechtlichen Regelung
383
c. Die Bindung der Kommunen an das Verwaltungsprivatrecht
384
4. Die rundfunkrechtliche Erlaubnisabgabe a. Die Besonderheit der Abgabe
386 386
b. Die rechtliche Qualifizierung der Abgabe
387
c. Die Höhe der Abgabe
388
5. Die Spielbankabgabe a. Die Qualifizierung der Abgabe b. Die Höhe der Abgabe 6. Die Wettabgaben a. Die Qualifizierung der Abgaben
388 388 390 391 391
b. Die Höhe der Abgabe
392
7. Die Schankerlaubnissteuer
393
III. Ausblick
393
Literaturverzeichnis
397
Personenindex
429
Sachindex
435
Einführung Der Staat knüpft an einige wirtschaftsverwaltungsrechtliche Erlaubnisse die Pflicht, Abgaben zu zahlen. Die Erlaubnisinhaber müssen über die allgemeinen Steuern hinaus Geldleistungen erbringen, die die öffentliche Hand am Ertrag der erlaubten wirtschaftlichen Betätigung beteiligen. Dadurch soll ein mit der Erlaubnis verbundener finanzieller Vorteil jedenfalls zum Teil abgeschöpft werden. Traditionell werden diese Abgaben als Konzessionsabgaben bezeichnet, allgemeiner kann man von wirtschaftsverwaltungsrechtlichen Erlaubnisabgaben sprechen. Konzessionsabgaben erhebt der Staat von Wirtschaftsunternehmen, die knappe natürliche Ressourcen nutzen, etwa indem sie Bodenschätze abbauen. Auch private Gesellschaften, denen eine Gemeinde das ausschließliche Recht einräumt, im Straßenraum Versorgungsleitungen zu verlegen und die Anwohner mit Gas, Strom oder Wasser zu beliefern, müssen Konzessionsabgaben zahlen. Schließlich werden auch Konzessionen mit Abgaben belastet, die ausnahmsweise als sozial schädlich bewertete Tätigkeiten zulassen, z.B. den Betrieb einer Spielbank ermöglichen. Konzessionsabgaben werden also in ganz verschiedenen Wirtschaftszweigen erhoben. Sie gleichen sich darin, daß den Abgabepflichtigen mit der Konzession eine bevorzugte Stellung in einer Situation der Knappheit eingeräumt und damit ein finanzieller Vorteil verschafft wird: Natürliche Ressourcen stehen nur in begrenztem Umfang zur Verfügung, nicht jeder kann sie in dem Ausmaß nutzen, das ihm wünschenswert erscheint; Leistungen wie die leitungsgebundene Versorgung der Verbraucher mit Energie oder Wasser kann auf örtlicher Ebene am preisgünstigsten ein einzelner Anbieter erbringen, weil Konkurrenz die Investitions- und Vorhaltekosten deutlich ansteigen ließe; wenn der Staat als sozial schädlich bewertete Aktivitäten nur in wenigen Ausnahmefällen erlaubt, schafft er eine künstliche Knappheit an entsprechenden Betätigungsmöglichkeiten für private Unternehmer. Der Vermögenswert der Konzession liegt in deren Exklusivität, die dem Konzessionsinhaber einen Vorteil gegenüber Konkurrenten verschafft; letztere gehen leer aus, während erstere auf natürliche Ressourcen zugreifen, Versorgungsmonopole errichten oder als sozial schädlich angesehene Betätigungen ermöglichen und die damit verbundenen Gewinnchancen nutzen dürfen. Zwar garantiert die Konzession in der Regel noch nicht den wirtschaftlichen Erfolg
16
Einführung
des Unternehmens, sie schafft aber stets eine unabdingbare Voraussetzung dafür und trägt oft wesentlich zur Höhe der erwirtschafteten Erträge bei, während die unternehmerische Leistung - etwa beim Betrieb einer Spielbank - demgegenüber deutlich zurücktreten kann. Ökonomisch gesehen bewirtschaftet der Staat durch den kombinierten Einsatz von Erlaubnispflicht und Abgabenpflicht knappe Güter. Es kommt zu einem Leistungsaustausch zwischen der öffentlichen Hand und dem Konzessionsinhaber, der mit der Abgabe einen Preis zahlen muß, um in den Genuß des in der Erlaubnis liegenden Vorteils zu gelangen. Der Preis orientiert sich am Ertrag der erlaubten Erwerbstätigkeit. Das konzessionierte Unternehmen soll nicht erdrosselt werden, sondern einen Gegenwert für das zugeteilte knappe Gut erbringen, der der Allgemeinheit zufließt. Dementsprechend hängt die Höhe der Konzessionsabgaben regelmäßig von der Höhe der durch die erlaubte Betätigung erzielten Gewinne ab. Die zahlungspflichtigen Unternehmen können die Abgaben als Kostenfaktor kalkulieren, ihre Gewinnchancen werden nicht derart geschmälert, daß der unternehmerische Einsatz nicht mehr lohnend erschiene. Die Eigenart der Konzessionsabgaben, wirtschaftlich den Preis für den in der Konzession liegenden Vorteil zu bilden, erklärt, warum Rechtsprechung und Rechtswissenschaft die Konzessionsabgaben bislang wenig beachtet haben. Der Unternehmer ist auf die Konzession angewiesen, um seine Erwerbstätigkeit ausüben zu können. Umgekehrt hat die öffentliche Hand kein Interesse daran, die ihr nützliche Finanzquelle versiegen zu lassen. Zwar verfolgen Abgabengläubiger und Abgabenschuldner keinesfalls die gleichen Interessen: Dieser sucht seine Kosten so niedrig wie möglich zu halten, jener will zugunsten der Allgemeinheit einen angemessenen Gegenwert für die Zuteilung eines knappen Gutes erhalten. Diese Interessenlage begründet aber einen Einigungszwang, der Rechtsstreitigkeiten für alle Beteiligten als wenig sinnvoll erscheinen läßt. Das hat dazu geführt, daß bisher eine Dogmatik der Abgaben auf wirtschaftsverwaltungsrechtliche Erlaubnisse nicht entwickelt worden ist. Die herkömmlichen Konzessionsabgaben werden mit dem Hinweis auf ihre oft weit zurückreichende Tradition legitimiert, soweit die Frage nach ihrer Berechtigung überhaupt gestellt wird. Vielfach werden sie auch einfach als gegeben hingenommen. Dieser Zustand hat lange den Bedürfnissen der Praxis genügt, doch kann sich die Rechtswissenschaft mit ihm nicht zufriedengeben. Ihr muß es darum gehen, die Erhebung von Konzessionsabgaben über die bloße Rechtstradition hinaus auf ihre dogmatische Begründbarkeit hin zu überprüfen. Nur eine gefestigte Dogmatik dieser Abgaben erlaubt es, über ihre Eignung als Mittel der
Einführung Wirtschaftsverwaltung zu befinden. Bestehen gegen die Belastung bestimmter wirtschaftsverwaltungsrechtlicher Erlaubnisse mit Abgaben keine rechtlichen Bedenken, können sie nicht nur dort erhoben werden, wo das der Tradition entspricht; es kommt auch eine Neueinführung solcher Abgaben in Betracht, wenn das aus der Sicht der Wirtschaftsverwaltung sinnvoll ist. Diese Möglichkeit ist keinesfalls auszuschließen. Wo es um die Nutzung natürlicher Ressourcen geht, könnte etwa die Erlaubnis, schädliche Umwelteinwirkungen hervorzurufen, mit einer Abgabe belegt werden. Wenn ein Unternehmen mit Emissionen seiner Anlagen Luft oder Wasser belastet, ermöglicht es die Erhebung von Konzessionsabgaben unter Umständen, auf ein völliges Verbot der Emissionen zu verzichten, das häufig nur durch Stillegung der Anlagen und unter Inkaufnahme der damit verbundenen nachteiligen Auswirkungen für den betroffenen Betrieb zu verwirklichen ist. Stattdessen können die schädlichen Umwelteinwirkungen in begrenztem Umfang gegen Zahlung einer Abgabe auf die immissionsschutzrechtliche Erlaubnis hingenommen werden. Eine solche Abgabe bringt zum Ausdruck, daß Wasser, Luft, Landschaft und die Umwelt überhaupt nur in beschränktem Umfang verschmutzt oder sonst belastet werden können, daß entsprechende Belastungskapazitäten also knappe Güter sind, die nicht unbegrenzt und kostenlos zur Verfügung stehen. Vielmehr sieht der Staat sich unter den Lebensbedingungen einer modernen Industriegesellschaft immer stärker gezwungen, die natürlichen Ressourcen im Interesse der Allgemeinheit zu bewirtschaften. Soweit im Rahmen dieser Bewirtschaftung eine Erlaubnis, die Umwelt zu belasten, dem begünstigten Unternehmen einen Vermögensvorteil verschafft, liegt der Gedanke nahe, diesen Vorteil im Wege der Abgabenerhebung ganz oder zum Teil abzuschöpfen. Die Pflicht, für die erlaubte Belastung der Umwelt eine Abgabe zu zahlen, wirkt zugleich als ökonomischer Anreiz zu umweltschonendem Verhalten, fördert also den Schutz der Umwelt. Wenn der Staat Konzessionsabgaben erhebt, um einer zu weitgehenden Belastung der Umwelt entgegenzuwirken, macht er sich das breite Anwendungsspektrum des Abgabenrechts zunutze. Oft sind verschiedene Formen oder Tatbestände von Abgaben denkbar, um ein Ziel zu erreichen. Statt die Erlaubnis zu einer die Umwelt belastenden Erwerbstätigkeit mit einer Abgabe zu belegen, könnte z.B. auch die tatsächliche Nutzung knapper Umweltressourcen abgabenpflichtig gemacht werden. Damit stellt sich dem Gesetzgeber eine vergleichbare Alternative wie zwischen der Ausgestaltung der Abgabe als Vorzugslast oder als Steuer: die Vorzugslast wird als Gegenleistung für eine staatliche Leistung erhoben, die Steuer kann als gegenleistungsabhängige Abgabe eine durch eine Staatsleistung erhöhte Leistungsfähigkeit des Zahlungspflichtigen abschöpfen. Eine solche für das Abgabenrecht typische Wahlfreiheit des Gesetzgebers stößt grundsätzlich auf keine Bedenken, sondern spiegelt nur die 2 Wieland
18
Einführung
Vielfalt der unterschiedlichen Abgabenformen wider, die theoretisch denkbar sind und praktisch genutzt werden. Rechtliche Probleme wirft die Wahlfreiheit erst auf, wenn sie zu einem Formenmißbrauch führt. Ein weiteres Anwendungsfeld für Konzessionsabgaben könnte sich im Bereich der Daseinsvorsorge ergeben. Hier kann die Privatisierung von Leistungen, die bislang öffentliche Unternehmen erbracht haben, zu Monopol- oder Oligopolstellungen von Wirtschaftsunternehmen führen, die besonders günstige Gewinnchancen eröffnen. W i l l der Staat daraus entstehende Erträge, die z.T. auf das Fehlen von Konkurrenz zurückzuführen sein dürften, zugunsten der Allgemeinheit abschöpfen, kommen Konzessionsabgaben als Handlungsmittel der Wirtschaftsverwaltung in Betracht. Wenn z.B. nach einer Privatisierung von Post- oder Fernmeldediensten ein Oligopol von wenigen Privatunternehmen entstünde, könnten mit Hilfe von Konzessionsabgaben auf das Fehlen von Konkurrenz zurückzuführende Erträge reduziert werden. Das Aufkommen der Abgaben erlaubte es dem Staat unter Umständen, eine flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Post- und Fermeldediensten zu gewährleisten, die Privatunternehmen vor allem in ländlichen Gebieten kaum mit Aussicht auf Gewinn durchführen können und werden. Ein weiteres Anwendungsfeld für Konzessionsabgaben eröffnet sich dort, wo der Staat in begrenztem Umfang Wirtschaftsunternehmen zuläßt, die der Bevölkerung Gelegenheit zu als sozial schädlich bewerteten Betätigungen geben. Wenn etwa auf kommunaler Ebene der stetigen Ausbreitung von Spielhallen entgegengewirkt werden soll, ist an eine Kombination von Erlaubnispflicht und Abgabenpflicht zu denken. Negativen gesellschaftlichen Folgen übermäßigen Spielens an Geldautomaten brauchte nicht mit einem Verbot begegnet zu werden; vielmehr könnte die Zahl der Spielstätten durch eine Erlaubnispflicht begrenzt und die Erlaubnis zum Betrieb einer Spielhalle - die infolge der Begrenzung einen Vermögenswert gewänne - mit einer Abgabe belegt werden. Diese Beispiele ließen sich vermehren. Sie zeigen den möglichen Nutzen von Konzessionsabgaben, der aber nur realisiert werden kann, wenn diese Abgabeform über ein sicheres dogmatisches Fundament verfügt. Dessen Entwicklung setzt zunächst eine Analyse der bekannten Konzessionsabgaben voraus, die klärt, auf welcher Rechtsgrundlage sie nach welchen Bemessungskriterien erhoben werden, wie hoch ihr Aufkommen ist und welche Arten wirtschaftsverwaltungsrechtlicher Erlaubnisse sie belasten. Nur eine solche Bestandsaufnahme vermag den rechtstatsächlichen Befund zu liefern, auf den eine Dogmatik der Konzessionsabgaben sich korrigierend oder bestätigend beziehen muß. (Kapitel 1).
Einführung Ein richtiges Verständnis dieser Geldleistungspflichten setzt weiter voraus, daß neben einer Querschnittsanalyse der gegenwärtig erhobenen Konzessionsabgaben deren geschichtlicher Werdegang in den Blick genommen wird. Gerade weil Konzessionsabgaben keine Erfindung des modernen Staates sind, sondern sich mit ihren Vorläufern in Deutschland z.T. bis in das frühe Mittelalter zurückverfolgen lassen, bedarf es der Vergewisserung darüber, in welchem Zusammenhang sie mit der grundsätzlichen Ordnung des Verhältnisses zwischen politischer Herrschaft und wirtschaftlichen Unternehmungen gestanden haben. Wie ist es zu erklären, daß Konzessionsabgaben und ihre Vorläufer sich über fast ein Jahrtausend erhalten konnten, in dem die Kaiser den Landesherren die maßgebliche Stellung überlassen mußten, in denen sich der absolutistische Staat entwickelte und vom modernen Industriestaat abgelöst wurde, während die Domanialwirtschaft als Form der Naturalwirtschaft durch die Regalienwirtschaft und diese durch die Geldwirtschaft ersetzt wurde, denen Merkantilismus und Kameralismus sowie schließlich freie und soziale Marktwirtschaft folgten? Zwar wechselten die Theorien über die Abläufe und Zusammenhänge des Wirtschaftslebens, zwar änderten sich die Auffassungen über die Beziehungen zwischen Staat und Wirtschaft grundlegend - Konzessionsabgaben wurden jedoch stets weiter erhoben. Angesichts dieser langen Tradition wundert es nicht, daß die Verknüpfung wirtschaftsverwaltungsrechtlicher Erlaubnisse mit Abgaben heute oft geschichtlich legitimiert wird. Ob diese historische Rechtfertigung trägt, obwohl sich die Rahmenbedingungen für die Erhebung solcher Abgaben im Laufe der Zeit grundlegend geändert haben, bedarf der kritischen Prüfung (Kapitel 2). Nachdem so die rechtstatsächlichen und rechts- bzw. wirtschaftsgeschichtlichen Grundlagen der Erhebung von Konzessionsabgaben dargelegt worden sind, kann deren Stellung im öffentlichen Recht der Bundesrepublik Deutschland näher bestimmt werden. Dabei geht es zunächst um den Begriff der Konzession, der seine klassische Definition bei Otto Mayer gefunden hat. Diese Definition war dem Begriff der concession im französischen Verwaltungsrecht nachgebildet. Das legt es nahe, einen Blick über die Grenze nach Frankreich zu werfen, um anhand einer Analyse des Rechtsinstituts der concession de service public prüfen zu können, ob eine Übernahme des französischen Konzessionsverständnisses in das deutsche Verwaltungsrecht bei dem gegenwärtigen Stand der Dogmatik noch sinnvoll ist. Bedenken gegen eine Anlehnung des deutschen Konzessionsbegriffs an das ursprüngliche französische Vorbild ergeben sich aus der Tradition des deutschen Verwaltungsrechts, die Eigenart der Konzession vor allen Dingen darin zu sehen, daß sie anders als sonstige verwaltungsrechtliche Erlaubnisse ein subjektives öffentliches Recht begründe. Im modernen Wirtschaftsverwaltungsrecht werden demgegenüber mit dem Begriff "Konzession" Erlaubnisse bezeichnet, auf die kein Rechtsanspruch besteht. In-
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Einführung
soweit gehört der Konzessionsbegriff in den Zusammenhang der Lehne von der Unterscheidung zwischen präventivem und repressivem Verbot (Kapitel 3). Auf der Grundlage der Klärung des Konzessionsbegriffs wird es im zweiten Teil der Arbeit möglich, die Frage zu beantworten, unter welchen Voraussetzungen sich der Staat im grundrechtsgeprägten Verwaltungsrecht der Bundesrepublik Deutschland dieses Rechtsinstituts bedienen darf. Stecken die Grundrechte für das Wirtschaftsverwaltungsrecht einen Rahmen ab, jenseits dessen ein Einsatz der Konzession als Mittel der Wirtschaftsaufsicht nicht in Betracht kommt? Hier ist der Schutzbereich von Art. 12 Abs. 1 GG auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sowie der einschlägigen Literatur zu bestimmen. Weiter ist zu klären, welche Folgen sich für die Ausgestaltung von Konzessionen aus der Bindung des Staates an das Gemeinwohl ergeben. Davon ausgehend kann dann die Verfassungsmäßigkeit einzelner Konzessionen untersucht werden (Kapitel 4). Nur wenn der Staat wirtschaftliches Handeln Privater konzessionieren darf, kommt es in Betracht, die Erteilung einer Konzession mit der Pflicht zur Zahlung einer Abgabe zu verbinden. Auch dann aber muß das Erheben von Konzessionsabgaben mit den Grundrechten der zahlungspflichtigen Unternehmer vereinbar sein. Zugleich darf die Abgabepflicht nicht zu einer Kommerzialisierung des Verwaltungshandelns führen; gerade die Unabhängigkeit der Tätigkeit der Verwaltungsbehörden von fiskalischen Gesichtspunkten und deren strikte Ausrichtung an den jeweiligen Sachgerechtigkeiten stellt eine Errungenschaft des modernen Rechtsstaates dar, die nicht preisgegeben werden darf. In diesem Zusammenhang ist zu klären, ob Art. 14 GG gegen die Auferlegung von Geldleistungspflichten schützt und ob Erlaubnisabgaben mit der Freiheit des Berufs vereinbar sind. Daneben könnte ein Eingriff in die durch Art. 2 Abs. 1 GG gewährleistete wirtschaftliche Handlungsfreiheit in Betracht kommen; auch die Bedeutung des in Art. 3 Abs. 1 GG verankerten Gleichheitssatzes für die Erhebung von Konzessionsabgaben ist zu prüfen (Kapitel 5). Soweit danach Konzessionsabgaben im Verhältnis zwischen Staat und Bürger auf keine rechtlichen Bedenken stoßen, stellt sich im dritten Teil der Arbeit die Frage nach den zulässigen Formen ihrer Erhebung. Zunächst ist zu klären, ob Konzessionsabgaben nach der Finanzverfassung des Grundgesetzes als Steuer erhoben werden können. Ist die Steuer, deren Begriff vom Merkmal der Gegenleistungsunabhängigkeit geprägt wird, eine geeignete Abgabeform für die finanzielle Belastung von Konzessionen? Wem stehen gegebenenfalls nach den bundesstaatlichen Zuständigkeitsregelungen der Finanzverfassung die Kompetenzen für Gesetzgebung und Verwaltung von Konzessionsteuern zu, wer ist Inhaber der Ertragshoheit (Kapitel 6)?
Einführung Sodann geht es um die Möglichkeit, Konzessionsabgaben als nichtsteuerliche Abgaben auszugestalten. Zu denken ist hier vor allem an das Rechtsinstitut der Verleihungsgebühr, das in letzter Zeit verstärkt in den Blickpunkt der Rechtswissenschaft geraten ist - bedingt nicht nur, aber auch durch die Einführung des sogenannten " Wasserpfennigs " gemäß § 17 a des baden-württembergischen Wassergesetzes. Gerade die Verleihungsgebühr kann zu der erwähnten unzulässigen Kommerzialisierung der öffentlichen Verwaltung führen, weil sie es der öffentlichen Hand ermöglicht, aus der Verleihung von Rechten und der Erteilung von Erlaubnissen finanziellen Nutzen zu ziehen. Soweit Verleihungsgebühren zulässig sind, stellt sich wiederum die Frage, wem im Bundesstaat des Grundgesetzes die Kompetenzen für Gesetzgebung und Verwaltung dieser Abgaben zustehen und wer die Ertragshoheit innehat. Daneben ist zu klären, ob es rechtliche Vorgaben für die Ausgestaltung von Verleihungsgebühren, insbesondere für ihre Bemessung gibt (Kapitel 7). Abschließend stellt sich die Frage, ob Konzessionsabgaben allein auf vertraglicher Grundlage, ohne eine entsprechende Regelung des Gesetzgebers, erhoben werden dürfen. Dazu muß eine Zuordnung von Verträgen zwischen der öffentlichen Hand und privaten Unternehmen über die Zahlung von Konzessionsabgaben zum privaten oder zum öffentlichen Recht erfolgen. Grundlage einer solchen Zuordnung sind die Regelungen der Verwaltungsverfahrensgesetze über die Eigenart, Voraussetzungen und Rechtsfolgen verwaltungsrechtlicher Verträge. Daneben ist die Vereinbarkeit von Konzessionsabgabeverträgen ohne gesetzliche Grundlage mit dem Vorbehalt des Gesetzes zu prüfen (Kapitel
8).
Erst danach läßt sich am Schluß der Untersuchung sagen, ob und in welchem Umfang sowie unter welchen Voraussetzungen Konzessionsabgaben als Handlungsmittel der Wirtschaftsverwaltung in Betracht kommen, ob sie nur eine neue Geldquelle für die stets in finanzieller Bedrängnis befindliche öffentliche Hand darstellen oder unabhängig von dem Effekt der Erzielung öffentlicher Einnahmen aus sachlichen Gründen gerechtfertigt sind. Bestehende Konzessionsabgaben können sodann daraufhin beurteilt werden, ob und inwieweit sie mit der Rechtsordnung in Einklang stehen bzw. welche Maßnahmen ergriffen werden müßten, um ihre rechtliche Unbedenklichkeit zu gewährleisten. Ergebnis der Arbeit wird eine Aussage über die Eignung von Konzessionsabgaben als Mittel zur Erfüllung von Aufgaben der Wirtschaftsverwaltung sowie über mögliche Anwendungsgebiete dieses Rechtsinstituts sein.
Einleitender
Teil
1. Kapitel
Gegenwärtige Erscheinungsformen wirtschaftsverwaltungsrechtlicher Erlaubnisabgaben Überprüft man die zahlreichen in der Bundesrepublik Deutschland erhobenen Abgaben darauf, ob sie ihrem Tatbestand nach eine wirtschaftsverwaltungsrechtliche Erlaubnis belasten, kann man drei verschiedene Typen von Erlaubnisabgaben unterscheiden: Zum einen wird die Erlaubnis zur Nutzung knapper natürlicher Ressourcen mit Abgaben belastet (I.); sodann werden Genehmigungen, als deren Folge ein Monopol oder Oligopol der Begünstigten in der Daseinsvorsorge entsteht, zum Ausgleich für die ihren Inhabern durch das Fehlen von Wettbewerb erwachsenden Vorteile mit der Pflicht zu Geldleistungen an die öffentliche Hand verbunden (II.); schließlich steht die Erhebung mancher Erlaubnisabgaben im Zusammenhang damit, daß erwerbswirtschaftliches Handeln erlaubt wird, obwohl es als sozial schädlich gilt (ΙΠ.).
I. Die Erlaubnis zur Nutzung knapper natürlicher Ressourcen Zahlreiche Wirtschaftsunternehmen sind in ihrem Betrieb darauf angewiesen, natürliche Ressourcen zu nutzen, die nicht in unbegrenzter Menge zur Verfügung stehen. Zu denken ist nicht nur an Wasser und Bodenschätze, sondern zum Beispiel auch an die Luft, die durch Emissionen, oder die Umwelt, die durch Abfälle belastet wird. Ähnliche Probleme ergeben sich, wenn erwerbswirtschaftliches Handeln zu einer Erhöhung der Radioaktivität führt oder die beschränkten Übertragungskapazitäten für elektromagnetische Wellen genutzt werden. Prototyp einer Abgabe, die an die Erlaubnis zur Nutzung solcher knapper natürlicher Ressourcen anknüpft, ist die bergrechtliche Förderabgabe (1.). In den gleichen Zusammenhang gehören Wasserzinse sowie möglicherweise der baden-württembergische "Wasserpfennig" und die Abwasserabgabe (2.). Auch das in Nordrhein-Westfalen erhobene Entgelt für eine Lizenz zur Abfallentsorgung könnte eine Konzessionsabgabe auf die Nutzung beschränkter natürlicher Ressourcen darstellen (3.).
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1. Kapitel: Erscheinungsformen von Erlaubnisabgaben 1. Die bergrechtliche Förderabgabe
Der Inhaber einer Bewilligung im Sinne von § 8 BBergG, die das ausschließliche Recht gewährt, in einem bestimmten Feld Bodenschätze aufzusuchen, zu gewinnen und an diesen Bodenschätzen Eigentum zu erwerben, hat gemäß § 31 Abs. 1 BBergG ebenso wie der Bergwerkseigentümer 1 jährlich für die gewonnenen bergfreien Bodenschätze2 eine Förderabgabe zu entrichten. Die Höhe der Förderabgabe richtet sich nach dem Marktwert der Bodenschätze; sie ist an das Land zu zahlen, in dem das Bewilligungsfeld liegt 3 . Die Landesregierungen können durch Rechtsverordnung einen anderen Bemessungsmaßstab als den Marktwert und in gewissem Umfang auch die Höhe der Förderabgabe bestimmen. Während das Bundesberggesetz diese Abgabenhöhe auf 10 v.H. des Marktwertes festsetzt, dürfen die Rechtsverordnungen die Abgaben für einen bestimmten Zeitraum bis auf 40 v.H. des Marktwertes erhöhen; diese Modifizierungen müssen aber erforderlich sein -
zur Anpassung an die bei Inkrafttreten des Bundesberggesetzes geltenden Regelungen oder zur Abwehr einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts oder zur Abwehr einer Gefährdung der Wettbewerbslage der aufsuchenden oder gewinnenden Unternehmen oder zur Sicherung der Versorgung des Marktes mit Rohstoffen oder zur Verbesserung der Ausnutzung von Lagerstätten 4.
Unter den gleichen Voraussetzungen dürfen die Bewilligungen auf bestimmte Bodenschätze oder in bestimmten Gebieten von der Förderabgabe befreit werden 5. Diese weitreichenden Möglichkeiten der Landesregierungen, die Förderabgabe zu erhöhen, zu senken oder auf sie zu verzichten, zeigt die Absicht des Gesetzgebers, die Abgabe als Instrument der Wirtschaftsbeeinflussung auszugestalten. Die Kriterien für die Höhe der Abgabe beziehen sich auf die Globalsteuerung der Wirtschaft, auf volkswirtschaftliche Aspekte der Rohstoffversorgung, auf die betriebswirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit der einzelnen Bergbauunternehmen und auf eine effektivere Gewinnung von Bodenschätzen -
1
Zum Bergwerkseigentum siehe § 9 BBergG.
2
Welche Bodenschätze bergfrei sind, ergibt sich aus § 3 Abs. 3 BBergG.
3
§ 31 Abs. 2 und 3 in Verbindung mit § 30 Abs. 2 BBergG.
4
§ 31 Abs. 2 in Verbindung mit § 32 Abs. 2 Nr. 3 BBergG.
5 § 32 Abs. 2 Nr. 1 BBeigG.
I. Nutzung knapper natürlicher Ressourcen
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insgesamt also auf die Regulierung der Wirtschaft durch den Staat. Die Förderabgabe stellt sich damit als Institut des Wirtschaftsverwaltungsrechts dar. Sie knüpft an die bergrechtliche Bewilligung bzw. das Bergwerkseigentum an, die gemäß § 6 Abs. 1 BBergG Voraussetzung für die Gewinnung von Bodenschätzen sind. Jeder Unternehmer, der Bodenschätze gewinnen will, benötigt dazu eine Genehmigung des Staates. Das Bundesberggesetz regelt in § 12 Abs. 1 unter Verweis auf § 11, unter welchen Voraussetzungen eine Bewilligung zu versagen ist, ohne daß die genannten Versagungsgründe allerdings als abschließend bezeichnet werden. Das geschieht nur in § 12 Abs. 2 BBergG für den wirtschaftlich wichtigen Fall, daß der Inhaber einer Erlaubnis zur Aufsuchung zu gewerblichen Zwecken im Sinne von § 7 BBergG die in dieser Erlaubnis bezeichneten Bodenschätze im Erlaubnisfeld entdeckt; unter diesen Umständen darf die Bewilligung nur aus Gründen des § 12 Abs. 1 BBergG und nur dann versagt werden, wenn die Tatsachen, die die Versagung rechtfertigen, erst nach der Erteilung der Erlaubnis eingetreten sind. Der damit begründete Rechtsanspruch soll dem Umstand Rechnung tragen, daß dem Erlaubnisinhaber bis zur Entdeckung der Bodenschätze in aller Regel finanzielle Aufwendungen entstanden sind. Da solche Investitionen nur mit dem Ziel getätigt werden, entdeckte Bodenschätze auch im eigenen Unternehmen zu gewinnen, ginge niemand das mit der Aufsuchung verbundene erhebliche finanzielle Risiko ein, wenn er nicht darauf vertrauen könnte, auch zur Gewinnung der gefundenen Bodenschätze zugelassen zu werden 6. Der Rechtsanspruch auf eine Bewilligung gemäß § 12 Abs. 2 BBergG setzt allerdings voraus, daß der Antragsteller über eine Erlaubnis zur Aufsuchung von Bodenschätzen zu gewerblichen Zwecken verfügt. Ein Rechtsanspruch auf die Erteilung dieser Erlaubnis ergibt sich aus dem Text des Bundesberggesetzes nicht, vielmehr regelt § 11 nur, wann die Erlaubnis zu versagen ist, ohne daß erkennbar wäre, ob die Erlaubnis auch aus anderen Gründen versagt werden darf 1. Demgemäß kann ein interessierter Unternehmer die Bergbehörden nach dem Wortlaut des Bundesberggesetzes auch unter den Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 BBergG nicht dazu zwingen, ihm den Abbau von bergfreien Bodenschätzen zu gestatten, sondern ist darauf angewiesen, daß ihm eine Erlaubnis zur Aufsuchung von Bodenschätzen zu gewerblichen Zwecken erteilt wird.
6 Begründung zu § 12 Abs. 2 des Regierungsentwurfs des Bundesberggesetzes, Bundestagsdrucksache 8/ 1315, S. 88. 7 Die Begründung zu § 11 des Regierungsentwurfs des Bundesberggesetzes geht allerdings trotz der Unterschiede in der Formulierung zwischen § 11 und § 12 Abs. 1 auf der einen sowie § 12 Abs. 2 auf der anderen Seite von einer erschöpfenden Aufzählung der Versagungsgründe und damit dem Bestehen eines Rechtsanspruchs auf Erteilung von Erlaubnis und Bewilligung bei Nichteingreifen der im Gesetz genannten Versagungsgründe aus; darauf wird noch einzugehen sein, vgl. Kapitel 4, Abschnitt II.l.
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1. Kapitel: Erscheinungsformen von Erlaubnisabgaben
Erst wenn die Behörden eine solche Erlaubnis erteilt haben, sind sie unter den Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 BBergG zur Erteilung der Bewilligung verpflichtet; der Inhaber der Erlaubnis verfügt dann über einen entsprechenden Rechtsanspruch. An das Innehaben einer Bewilligung knüpft gemäßt § 31 Abs. 1 Satz 1 BBergG die Pflicht zur Zahlung der Förderabgabe an. Abgabentatbestand ist die Erteilung der wirtschaftsverwaltungsrechtlichen Erlaubnis. Die Höhe der Abgabe richtet sich nach dem Marktwert der geförderten Bodenschätze und damit nach dem Erlös, den das Bergbauunternehmen mit seinen Produkten im Wirtschaftsverkehr erzielen kann; die Förderabgabe ist also ertragsabhängig. Damit erfüllt sie die Voraussetzungen einer Erlaubnisabgabe: Sie ist mit einer wirtschaftsverwaltungsrechtlichen Erlaubnis verknüpft und in ihrer Höhe vom Ertrag des erlaubten Unternehmens abhängig. Gerechtfertigt wird die Erhebung der Förderabgabe damit, daß sie eine staatliche Leistung belaste, die vor allem in der Zulassung bestehe, eine an sich nicht erlaubte Tätigkeit auszuüben und hierbei ausschließliche Rechte für sich in Anspruch nehmen zu können. Zu diesen Rechten zählt der absolute Ausschluß Dritter, die ebenfalls zu gewerblichen Zwecken im gleichen Feld Bodenschätze aufsuchen wollen, und die uneingeschränkte ausschließliche Aneignungsbefugnis an den gewonnenen Bodenschätzen sowie die damit verbundene Sicherung einer wirtschaftlichen Position8. Neben diesem Abstellen auf den Gegenleistungscharakter der Förderabgabe wird deren Erhebung mit allgemeiner Übung und Verwaltungspraxis begründet. Seit Einführung des Staatsvorbehalts für bergfreie Bodenschätze in Deutschland sei eine Gegenleistung für die Einräumung des Rechts auf Aufsuchung und Gewinnung von Bodenschätzen gefordert worden; auch nahezu alle ausländischen Staaten, in denen Bergbau betrieben werde, forderten vergleichbare Abgaben9. Diese Abgaben waren in Deutschland vor Inkrafttreten des Bundesberggesetzes nicht gesetzlich geregelt, ihre Rechtsnatur und Rechtsgrundlage dementsprechend umstritten. Die früher fehlende Rechtsgrundlage liefert mittlerweile das Bundesberggesetz. Den Streit über die Rechtsnatur der bergrechtlichen Abgaben hat es jedoch nicht zu schlichten vermocht. Die Begründung des Regierungsentwurfs zum Bundesberggesetz spricht von Konzessionsabgaben, die als öffentlich-rechtliche Verleihungsgebühren ausgestaltet seien10. Dagegen wird 8
Begründung zum Dritten Abschnitt des Regierungsentwurfs des Bundesberggesetzes, Bundestagsdrucksache 8/1315, S. 95. 9
Ebenda, S. 95.
10
Ebenda, S. 95; siehe femer die Antwort des Staatssekretärs Dr. von Würzen auf die Frage des Bundestagsabgeordneten Vosen, Bundestagsdrucksache 9/ 2295, S. 10 f.; ebenso F. Kirchhof, Die Höhe der Gebühr, S. 29 f. mit Fußnote 37; derselbe, DVB1. 1987, 545 (555); Karpen, AöR 106
I. Nutzung knapper natürlicher Ressourcen
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eingewandt, die Förderabgabe könne nicht als Verleihungsgebühr angesehen werden, weil ihr Tatbestand nicht die Schaffung eines Rechts, sondern die Ausübung der Bewilligung und deren wirtschaftlicher Ertrag seien. Es soll sich um eine spezielle Steuer vom Vermögen handeln, die wegen ihres Tatbestandes eines teilrealisierten Soll-Ertrages als Realsteuer außerhalb des speziellen, traditionell gebundenen Realsteuerbegriffs des Artikel 106 Abs. 6 GG anzusehen sei 11 . Nach anderer Auffassung stellt die Förderabgabe eine Gebühr - die allerdings zu einem fungiblen Aufkommen führt und deshalb als steuerähnliche Abgabe oder Gebührensteuer zu qualifizieren ist 12 - bzw. zum Teil eine Gebühr und zum Teil eine Steuer dar 13 . Schon dieser kurze Blick auf den gegenwärtigen Meinungsstand14 zeigt, wie umstritten die rechtliche Einordnung der bergrechtlichen Förderabgabe geblieben ist, obwohl das Bundesberggesetz die Ermächtigungsgrundlage für ihre Erhebung geschaffen hat. Die Rechtsunsicherheit ist vor allem wegen der großen wirtschaftlichen Bedeutung der Erträge aus der Förderabgabe für die Haushalte einzelner Bundesländer und der keineswegs unbeträchtlichen finanziellen Belastung der Bergbauunternehmen zu bedauern. So haben die Erträge aus der Förderabgabe in Niedersachsen 1984 13,4 v.H. des gesamten Steueraufkommens ausgemacht. In absoluten Zahlen nahm Niedersachsen 1985 über 2,1 Milliarden D M aus dieser Abgabe ein 15 .
2. Wasserzins, "Wasserpfennig"
und Abwasser ab gäbe als verwandte Abgaben
Als weitere Abgaben, die an eine Erlaubnis zur Nutzung natürlicher Ressourcen anknüpfen, kommen Wasserzinse, der in Baden-Württemberg seit 1988 erhobene "Wasserpfennig" und die Abwasserabgabe in Betracht. Alle drei Abgaben belasten die Nutzung von Wasser. Eine nähere Untersuchung ergibt allerdings, daß sie in ihrer gegenwärtigen Ausgestaltung nicht den Erlaubnisabgaben zugerechnet werden können.
(1981), 15 (23); Nicolaysen, Bewilligung und Förderabgabe nach dem BBergG, S. 33 ff. unter Berufung auf H. Westermann, Freiheit des Unternehmers, S. 42. 11
P. Kirchhof, Der Verfassungsauftrag zum Länderfinanzausgleich, S. 77 ff.; femer Patzig, DÖV 1981,729 (735) und Schulte, NJW 1981, 88 (91). 12
Kisker, Der bergrechtliche Förderzins im bundesstaatlichen Finanzausgleich, S. 7 ff.
13
Kühne, DB 1982,1693 (1696).
14
Dazu siehe ferner Boldt/Weller, Bundesberggesetz, Rdnr. Piens/Schulte/Graf Vitzthum, Bundesberggesetz, Anm. 2 zu § 31.
1 ff.
Vor
§ 30
und
15 Zu diesen und weiteren Zahlen siehe die Tabelle über das Aufkommen der bergrechtlichen Förderabgabe bei Cansier, Besteuerung von Rohstoffrenten, S. 179.
1. Kapitel: Erscheinungsformen von Erlaubnisabgaben
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a. Der Wasserzins Vor der Verabschiedung des Wasserhaushaltsgesetzes war die Erhebung von Wasserzinsen landesrechtlich unterschiedlich geregelt. Für das preußische Rechtsgebiet sah § 54 des Preußischen Wassergesetzes ausdrücklich vor, daß dem Unternehmer ein Entgelt für die Benutzung des Wasserlaufs nicht auferlegt werden durfte 16 . Diese Bestimmung war 1913 erst aufgrund langer, sehr kontroverser parlamentarischer Beratungen verabschiedet worden, nachdem der Regierungsentwurf des Gesetzes die Verleihung bestimmter Nutzungsrechte am Wasser noch mit einem Entgelt belasten wollte, das in einem angemessenen Verhältnis zum Vorteil des Berechtigten stehen sollte. Während der Beratungen im Preußischen Abgeordnetenhaus wurde betont, daß § 54 Wassergesetz nur für das Verleihungsverfahren gelte, privatrechtliche Vereinbarungen über Wasserzinse aber nicht ausschließe17. Demgegenüber sah das badische Wasserrecht in § 43 Abs. 1 Wassergesetz18 die Bestimmung eines angemessenen - einmaligen oder wiederkehrenden Entgelts bei der Verleihung und Erweiterung von Wasserbenutzungsrechten vor; dieses Entgelt sollte zu den aus der Verleihung erwachsenden Vorteilen in einem angemessenen Verhältnis stehen19. Auch Art. 73 des Wassergesetzes für das Königreich Bayern 20 bestimmte, daß für die Gewährung besonderer Nutzungen an öffentlichen Gewässern Gebühren zur Staatskasse erhoben werden konnten. Die Regierung hatte diese Vorschrift in ihrem Gesetzentwurf damit begründet, daß der Staat durch die von ihm erteilte Erlaubnis Dritten die Erzielung eines Gewinnes ermögliche, so daß die Erhebung einer Erlaubnisgebühr als Gegenleistung für die Gewährung dieses Vorteils angemessen erscheine. Die Bemessung der Gebühren sollte nach volkswirtschaftlichen, nicht nach fiskalischen Gesichtspunkten erfolgen; insbesondere bei großen Unternehmungen könne sich der Staat einen gewissen Gewinnanteil für den Fall außergewöhnlicher Rentabilität des Unternehmens ausbedingen21.
16
Preußisches Wassergesetz vom 7. April 1913, GS S. 53.
17
Der preußische Staat war nach dem Allgemeinen Landrecht Inhaber eines niederen Regals der Wassemutzung gewesen, die einem Privaten gegen einen Wasserzins verliehen werden konnte, siehe RGZ 64, 137 (142) zu § 46 11.15 ALR; zum Ganzen Holtz/Kreutz/Schlegelberger, Das Preußische Wassergesetz, Vorbemerkung und Anmerkungen 1 und 2 zu § 54 (S. 373 f.); Wulff, Wassergesetz vom 7. April 1913, Anm. 1 zu § 54 (S. 113 f.). 18 Badisches Wassergesetz vom 26. Juni 1899, DVB1. S. 309, in der Fassung vom 12. April 1913, DVB1. S. 233. 19
Dazu Wiener, Das Badische Wasserrecht, Anm. 5 zu § 43 (S. 107).
20
Vom 23. März 1907, GVB1. S. 157.
21 Eymann, Das Wassergesetz für das Königreich Bayern, I. Band, Fußnote 1 und Anm. c zu Art. 73 (S. 556 ff.).
I. Nutzung knapper natürlicher Ressourcen
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Zu einem festen Rechtsbegriff im gesamten Gebiet des Deutschen Reichs wurde der Wasserzins dann durch § 3 Abs. 1 Satz 1 des Staatsvertrags betreffend den Übergang der Wasserstraßen von den Ländern auf das Reich 22 , der am 1. April 1921 als Reichsgesetz in Kraft trat. Nach dieser Vorschrift sollten die Wasserzinse dem Reich zufließen. An der unterschiedlichen Rechtslage in den einzelnen Ländern änderte diese Vorschrift jedoch nichts. Erst der Regierungsentwurf des Wasserhaushaltsgesetzes sah in § 19 Abs. 1 für alle Gewässer und für das gesamte Bundesgebiet die Erhebung von Wasserzinsen als Pflicht der Länder vor: "Wenn ein Gewässer aufgrund einer Erlaubnis oder einer Bewilligung benutzt werden darf, ist hierfür ein Wasserzins zu erheben, der im Rahmen der wirtschaftlichen Zumutbarkeit den in der Benutzung liegenden Vorteil angemessen berücksichtigt." 23 .
Die Bundesregierung betrachtete den Wasserzins als Gebühr, die eine Gegenleistung für die Unterhaltung der Gewässer durch die öffentliche Hand darstellen sollte, deren Vorteile ansonsten den Benutzern kostenlos zukämen. Diese Gebühr sollte ihre obere Bemessungsgrenze in der wirtschaftlichen Zumutbarkeit für den Benutzer und eine untere Grenze in der Nähe zur bloßen Anerkennungsgebühr finden 24 . Bereits der Bundesrat schlug jedoch in seiner Stellungnahme zu dem Gesetz vor, § 19 zu streichen, weil dessen Regelung nicht unter den Begriff des Wasserhaushalts, sondern des allgemeinen Wasserrechts falle und den Ländern überlassen bleiben könne 25 . Nachdem die Bundesregierung diesem Vorschlag nicht gefolgt war 26 , kam es im Sonderausschuß Wasserhaushaltsgesetz des Bundestages zu längeren Diskussionen über die Vorschrift. Insbesondere wurde eingewandt, daß eine hohe Konzessionsgebühr leicht einen hohen Verbrauch veranlasse27. Auch bestanden Bedenken gegen die Verquickung der Rechtsentscheidungen über Erlaubnisse und Bewilligungen mit fiskalischen Interessen 28. Schließlich kam der Sonderausschuß ein-
22
RGBl. 1921, S. 961.
23
Bundestagsdrucksache 11/2072, S. 8.
24
Bundestagsdnicksache 11/2072, S. 29.
25
Anlage 2 zu Bundestagsdnicksache 11/2072, S. 41.
26
Siehe die Begründung in Anlage 3 zu Bundestagsdrucksacke 11/2072, S. 47.
27 Bundestag, Kurzprotokoll der 18. Sitzung des Sonderausschusses Wasserhaushaltsgesetz am 18. Februar 1957, S. 9 (Abgeordneter Stegner). 28 Bundestag, Kurzprotokoll der 22. Sitzung des Sonderausschusses Wasserhaushaltsgesetz am 3. April 1957, S. 3 (Abgeordneter Jacobi).
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1. Kapitel: Erscheinungsformen von Erlaubnisabgaben
stimmig zu der Auffassung, daß § 19 des Entwurfs zu streichen sei 29 . Umgekehrt sollte die Erhebung von Wasserzinsen aber auch nicht ausgeschlossen werden, ein entsprechendes Verbot wurde bewußt nicht in das Wasserhaushaltsgesetz aufgenommen 30. Der Bundestag beschränkte sich vielmehr darauf, § 19 des Regierungsentwurfs ersatzlos zu streichen. Die große Mehrheit der Bundesländer hat sich in der Folgezeit gegen die Erhebung von Wasserzinsen entschieden. Nur Bayern, Baden-Württemberg und Hamburg setzen ihre Rechtstradition mit der Erhebung von Abgaben für die Nutzung von Gewässern fort 31 . Hamburg hat die Abgabe auf die Inanspruchnahme von Gewässern als Benutzungsgebühr ausgestaltet. Gemäß § 20 Hamburgisches Wassergesetz sind die Gewässer 1. Ordnung sowie diejenigen ausgebauten Gewässer 2. Ordnung, die von der Freien und Hansestadt Hamburg unterhalten werden, Einrichtungen im Sinne des Gebührengesetzes; gemäß § 3 Abs. 1 des Hamburgischen Gebührengesetzes werden Benutzungsgebühren als Gegenleistung für die Benutzung öffentlicher Anstalten, Einrichtungen sowie für damit im Zusammenhang stehende Leistungen erhoben. Angesichts dieser ausdrücklichen gesetzlichen Qualifizierung der Abgabe als Benutzungsgebühr gehört sie nicht zu den Erlaubnisabgaben; sie belastet nicht eine Erlaubnis, sondern die tatsächliche Inanspruchnahme von Gewässern. Gemäß Art. 4 Abs. 5 des Bayerischen Wassergesetzes kann für die Nutzung staatseigener Gewässer ein Entgelt als Nutzungsgebühr erhoben werden. Die rechtliche Qualifikation dieser Nutzungsgebühr ist umstritten. Das Bundesverwaltungsgericht hat ihre Ähnlichkeit mit einer Sondemutzungsgebühr betont 32 . Gegen die Zuordnung der Abgabe zu den Gebühren wird aber eingewandt, daß diese nur für die Inanspruchnahme der öffentlichen Verwaltung oder ihre Einrichtungen erhoben werden könnten, staatseigene Gewässer aber keine öffentlichen Einrichtungen seien und die öffentliche Verwaltung durch ihre Benutzung nicht besonders in Anspruch genommen werde 33.
29
Ebenda, S. 8; Schriftlicher Bericht des Sonderausschusses, Bundestagsdnicksache U/3536,
S. 7. 30 Bundestag, Stenographisches Protokoll der 4. Sitzung des Unterausschusses des Sonderausschusses Wasserhaushaltsgesetz am 4. Mai 1957, S. 6. 31 Gieseke, Rechtseinheit im Wasserrecht?, S. 7 (17); Sievers, Wasserrecht, Anhang zu § 20 WHG (S. 132 f.). 32 BVerwG, Urt. v. 22.1.1971, BayVBl. 1971, 27; Sieder/Zeitler/Dahme, Bayerisches Wassergesetz, Rdnr. 64 ff. zu Art. 4; Gieseke/Wiedemann/Czychowski, Wasserhaushaltsgesetz, Rdnr. 18 zu §8. 33
Renck, BayVBl. 1967,194; dagegen Niedermayer, BayBl. 1967, 307.
I. Nutzung knapper natürlicher Ressourcen
31
Unabhängig davon, wie die Nutzungsgebühr im einzelnen zu qualifizieren ist, kommt es im vorliegenden Fall darauf an, daß sie nicht an eine wasserrechtliche Erlaubnis oder Bewilligung anknüpft, sondern allein die tatsächliche Benutzung staatseigener Gewässer belastet. Aus der Systematik des Art. 4 Bayerisches Wassergesetz ergibt sich, daß die Gebühr ihre Grundlage im Eigentum an einem Gewässer haben soll: Art. 4 Abs. 2 Satz 2 Bayerisches Wassergesetz regelt das Recht des Eigentümers eines Gewässers, für dessen Benutzung ein Entgelt zu verlangen. Dieses Entgelt kann gemäß Art. 4 Abs. 5 Bayerisches Wassergesetz als Nutzungsgebühr erhoben werden. Diese dogmatische Konstruktion wie auch die Stellung des Art. 4 im II. Teil des Bayerischen Wassergesetzes, der mit "Eigentum an den Gewässern" überschrieben ist, zeigen, daß das Eigentum und nicht die Erlaubnis oder die Bewilligung den Tatbestand der Abgabe bilden 34 . Insoweit unterscheidet sich Art. 4 Abs. 5 Bayerisches Wassergesetz deutlich von § 19 des Regierungsentwurfs des Wasserhaushaltsgesetzes, der den Wasserzins gerade mit der Gewässernutzung aufgrund einer Erlaubnis oder Bewilligung verbinden wollte 35 . Ähnliches gilt für § 17 des Wassergesetzes für Baden-Württemberg. Gemäß Abs. 1 dieser Vorschrift kann dem Unternehmer bei der Bewilligung oder Erlaubnis bestimmter Benutzungen ein angemessenes Entgelt auferlegt werden; die Höhe des Entgelts richtet sich nach dem Wert der Gewässernutzung (Abs. 2); das Entgelt steht dem Eigentümer des Gewässerbettes zu (Abs. 3). Daß dieses Entgelt bei der Bewilligung oder Erlaubnis festgesetzt wird, könnte dafür sprechen, es als Erlaubnisabgabe zu qualifizieren. Einer derartigen Zuordnung steht jedoch entgegen, daß die Zahlungen nicht der Körperschaft zugute kommen, deren Behörden über die Erteilung der Erlaubnis oder Bewilligung entscheiden, sondern dem Eigentümer des Gewässerbettes. Zwar handelt es sich bei dem Entgelt gemäß § 17 des Wassergesetzes für Baden-Württemberg um eine öffentlich-rechtliche Abgabe 36. Sie wird jedoch bei, aber nicht für die Erteilung der Bewilligung oder Erlaubnis auferlegt und gleicht damit eher der Nutzungsgebühr gemäß Art. 4 Abs. 5 des Bayerischen Wassergesetzes als dem Wasserzins, wie er in § 19 des Entwurfs des Wasserhaushaltsgesetzes vorgesehen war; sie ist keine Erlaubnisabgabe.
34
Hörger, Entgelt und Gebühr bei staatseigenen Gewässern in Bayern, S. 63 f.
35
Bundestagsdrucksache 11/2072, S. 8.
36
Bulling/Finkenbeiner, Wassergesetz für Baden-Württemberg, Anm. 12 zu § 17; Habel/ Kuckuck, Wassergesetz für Baden-Württemberg, § 17 Rdnr. 2; Ziegler, Kommentar zum Wassergesetz für Baden-Württemberg, § 17 Rdnr. 1; Habel, VB1BW 1986, 10 (13); derselbe, BaWüVerPr 86, 193 (194); vgl. femer VGH Mannheim, Urt. v. 20. Sept. 1965, BaWüVerPr 1966, 107 (108 f.).
32
1. Kapitel: Erscheinungsformen von Erlaubnisabgaben b. Der baden-württembergische "Wasserpfennig"
Oft erweist sich die Abgrenzung zwischen den einzelnen Abgabenarten als schwierig. Das beste Beispiel dafür bietet der sogenannte "Wasserpfennig", der seit 1988 in Baden-Württemberg zu zahlen ist. Gemäß § 17 a Abs. 1 des Wassergesetzes erhebt das Land ein "Entgelt für Wasserentnahmen" von dem Benutzer eines Gewässers für das Entnehmen und Ableiten von Wasser aus oberirdischen Gewässern und für das Entnehmen, Zutagefördern, Zutageleiten und Ableiten von Grundwasser, soweit sie der Wasserversorgung dienen. Die Höhe des Entgelts bemißt sich nach Herkunft, Menge und Verwendungszweck des Wassers; das Entgelt steht dem Land Baden-Württemberg zu (§ 17 a Abs. 3 Wassergesetz). Wie sich aus der Regierungsbegründung zu § 17 a des Wassergesetzes für Baden-Württemberg ergibt, ist der Gesetzgeber davon ausgegangen, daß es sich bei dem Wasserentnahmeentgelt um eine öffentlich-rechtliche Abgabe in Form einer Gebühr handelt37. Näherhin hält die Regierung des Landes Baden-Württemberg die Abgabe offenbar für eine Benutzungsgebühr. Die Gesetzesbegründung bezeichnet nämlich als Schuldner des Entgelts denjenigen, der ein Gewässer in der in § 17 a Abs. 2 Satz 1 Wassergesetz bezeichneten Art benutzt 38 . Dem entspricht es, daß im Gesetzestext von einem "Entgelt für folgende Nutzungen" die Rede ist. Diese Qualifikation des "Wasserpfennigs" stößt in der Literatur auf Kritik. Da die Benutzung der Ressource Wasser allenfalls dann gebührenfähig sein könne 39 , wenn der Staat Eigentümer des Wassers sei, in Baden-Württemberg aber das Oberflächen- und das Grundwasser in niemandes Eigentum stünden, komme die Erhebung einer Benutzungsgebühr nicht in Betracht 40; die staatlichen Aufwendungen für das Gewässersystem seien nicht hinreichend individualisierbar, um die für die Erhebung einer Benutzungsgebühr erforderliche "spezielle Entgeltlichkeit" zu begründen, die sich gerade in der räumlich-organisatorischen Einheit der Anstalt oder Einrichtung manifestiere 41. Vielmehr soll es sich beim "Wasserpfennig" um eine Verbrauchsteuer handeln42.
37
Landtagsdrucksache 9/4237, S. 14.
38
Ebenda, S. 15.
39
Grundsätzliche Bedenken gegen die Gebührenfähigkeit der Natur und ihrer Ressourcen äußert das Bundesverwaltungsgericht, Urt. v. 4. Juli 1986, NVwZ 1986, 832; ebenso V G H Kassel, Beschluß vom 28. Juni 1983, DVB1.1983, 949 (950 f.). 40
F. Kirchhof, Der baden-württembergische "Wasserpfennig", NVwZ 1987, 1031 (1034 f.).
41
Pietzcker, DVB1.1987, 774 (775 ff.).
42
F. Kirchhof, NVwZ 1987, 1031 (1035); Pietzcker, DVB1. 1987, 774 (780 f.).
I. Nutzung knapper natürlicher Ressourcen
33
Wenn diese Zuordnung des Entgelts zu den Steuern gemäß § 17 a des Wassergesetzes für Baden-Württemberg angesichts der gesetzlichen Ausgestaltung der Abgabe als gegenleistungsbezogen, die sich aus dem Text und den Materialien des Textes deutlich ergibt, auch kaum zu überzeugen vermag, so steht doch jedenfalls fest, daß es sich beim Wasserpfennig nicht um eine Erlaubnisabgabe handelt43. Die Pflicht zur Zahlung eines Entgelts für die Wasserentnahme knüpft nicht an die Erteilung einer entsprechenden Erlaubnis oder Bewilligung, sondern an die tatsächliche Nutzung des Wassers an. Es handelt sich also zwar um eine Abgabe auf die Nutzung natürlicher Ressourcen, nicht jedoch um eine Erlaubnisabgabe.
c. Die Abwasserabgabe Ebenfalls in den vorliegenden Zusammenhang der Abgabenbelastung einer Inanspruchnahme natürlicher Ressourcen gehört die Abwasserabgabe. Sie ist gemäß § 1 Satz 1 AbwAG für das Einleiten von Abwasser in ein Gewässer zu entrichten. Die Abgabepflicht entsteht mit der Einleitung der Abwässer, ohne daß es darauf ankäme, ob diese Einleitung aufgrund einer Genehmigung oder ungenehmigt erfolgt (§ 9 Abs. 1 AbwAG). Die Höhe der Abgabe bestimmt sich nach der Schädlichkeit des Abwassers, die sich gemäß § 3 Abs. 1 AbwAG aus Abwassermenge und Schadstofffracht ergibt. Das Abgabeaufkommen steht den Ländern zu und ist für Maßnahmen zweckgebunden, die die Güte der Gewässer erhalten oder verbessern sollen (§ 13 AbwAG). Die rechtliche Qualifikation der Abwasserabgabe ist zwar noch nicht endgültig geklärt, doch gehen Rechtsprechung 44 und Schrifttum 45 heute ganz überwiegend davon aus, daß es sich um eine Sonderabgabe handelt46. Auch wenn insoweit noch nicht alle Fragen beantwortet sein dürften und insbesondere eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts noch aussteht47, stellt die Abwasserabgabe doch jedenfalls keine Erlaubnisabgabe dar, weil sie gerade unabhängig vom Bestehen oder Nichtbestehen einer Genehmigung der Abwassereinlei43
So auch F. Kirchhof, ebenda, S. 1035 und Pietzcker, ebenda, S. 777 ff.
44
V G H Kassel, Beschluß vom 28. Juni 1983, DVB1. 1983, 949 (950 ff.); OVG Münster, Urt. v. 20. September 1983, DVB1. 1984, 348 (349); VGH München, Beschluß vom 18. Januar 1984, BayVBl. 1984, 279 f.; V G H Mannheim, Beschluß vom 27. Januar 1984, DVB1. 1984,345. 45 Friauf, JA 1981, 261 (265); Henseler, Das Recht der Abwasserbeseitigung, S. 179 ff.; P. Kirchhof, Verfassungsrechtliche Beurteilung der Abwasserabgabe des Bundes, S. 21 ff.; Kloepfer, JZ 1983, 742 (745 ff.). Maunz, Rdnr. 17 zu Art. 105, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz; Salzwedel, Wasserrecht, in: derselbe (Hrsg.), Grundzüge des Umweltrechts, S. 569 (635 ff.). 46
Zur Rechtsnatur der Abwasserabgabe umfassend Meßerschmidt, Umweltabgaben als Rechtsproblem, S. 191 ff. 47
Die aber möglicherweise im Verfahren 2 BvR 1465/87 erfolgen wird.
3 Wieland
34
1. Kapitel: Erscheinungsformen von Erlaubnisabgaben
tung erhoben wird; sie gehört deshalb nicht zum Gegenstand dieser Untersuchung. 3. Entgelt für Abfallentsorgungslizenz Um eine Erlaubnisabgabe könnte es sich aber bei dem in Nordrhein-Westfalen erhobenen Lizenzentgelt für die Abfallentsorgung handeln. Nach dem Abfallgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (LAbfG) ist die Behandlung und Ablagerung von Sonderabfällen lizenzpflichtig, die Lizenz wird mit einem Lizenzentgelt belastet. Die Regelung knüpft an § 3 des Abfallgesetzes des Bundes (AbfG) an. Danach haben grundsätzlich die nach Landesrecht zuständigen Körperschaften des öffentlichen Rechts die in ihrem Gebiet angefallenen Abfälle zu entsorgen, können sich zur Erfüllung dieser Pflicht aber Dritter bedienen (§ 3 Abs. 2 Satz 1 und 2 AbfG). Sie dürfen Abfälle von der Entsorgung nur ausschließen, soweit sie diese nach ihrer Art und Menge nicht mit den in Haushaltungen anfallenden Abfällen entsorgen können (§ 3 Abs. 3 AbfG). Diesen sogenannten "Sondermüll" muß dessen Besitzer entsorgen, der sich ebenfalls Dritter zur Erfüllung seiner Pflicht bedienen darf (§ 3 Abs. 4 in Verbindung mit Abs. 2 Satz 2 AbfG), so daß Eigenentsorger und gewerbliche Fremdentsorger den Sondermüll beseitigen. Diese privaten Entsorger bedürfen gemäß § 10 Abs. 1 LAbfG einer Lizenz, die nur erteilt werden darf, wenn deren Nutzung mit den abfallwirtschaftlichen Zielvorstellungen des Landes, insbesondere den Abfallentsorgungsplänen, im Einklang steht (§ 10 Abs. 2 LAbfG). Für die Nutzung der Lizenz wird gemäß § 11 Abs. 1 LAbfG ein sogenanntes "Lizenzentgelt" erhoben, das 5 v.H. der Entgelte beträgt, die der Lizenznehmer für das Behandeln und Ablagern der Abfälle erhebt ( § 1 1 Abs. 2 LAbfG). Das Aufkommen des Lizenzentgelts ist zweckgebunden; es ist ausschließlich zu verwenden für Maßnahmen zur Abwehr von Gefahren aus Altlasten und für die Entwicklung neuer Technologien zur Vermeidung und Entsorgung von Abfällen im Sinne von § 3 Abs. 3 AbfG sowie für die Planung und Errichtung von Entsorgungsanlagen für solche Abfälle (§ 15 Abs. 1 LAbfG). Die rechtliche Zulässigkeit dieses Modells ist umstritten. Die Lizenzierung soll mit § 3 Abs. 4 AbfG unvereinbar sein, der dem Abfallbesitzer ein Recht auf Entsorgung seiner Abfälle einräume; weiter soll sie mit der in den §§ 4, 7 und 8 AbfG bundesrechtlich geregelten Planfeststellung, insbesondere deren Konzentrationswirkung, kollidieren 48 . Dem wird entgegengehalten, § 3 Abs. 4 AbfG regele die Modalitäten der Entsorgung nicht und räume weder Eigennoch Fremdentsorgern ein Recht auf Betrieb einer Abfallentsorgungsanlage 48
Kloepfer/Follmann, DÖV 1988, 573 (574 ff.).
II. Erlaubnis zur Begründung einer Monopolstellung
35
ein; § 7 AbfG enthalte auch keine Aussage über die Trägerschaft einer Abfallbeseitigungsanlage49. Die Lizenzpflicht soll zudem gegen Art. 12 GG verstoßen, weil mit der Beseitigung eines funktionsfähigen Wettbewerbs regelmäßig auch die Anregungen zu wirtschaftlichen und qualitativen Initiativen entfielen 50. Nach der Gegenmeinung ist der Umweltschutz als überragend wichtiges Gemeinschaftsgut auf die Kontingentierung angewiesen51. Schließlich soll das Lizenzentgelt als Verleihungsgebühr dem Prinzip der speziellen Entgeltlichkeit nicht genügen, weil die Lizenz keinen materiellen Vorteil gewähre 52. Unabhängig von der Entscheidung dieses Meinungsstreits kann zunächst festgestellt werden, daß es sich bei dem Lizenzentgelt um eine Erlaubnisabgabe im Sinne der vorliegenden Untersuchung handelt: Sie belastet eine wirtschaftsverwaltungsrechtliche Erlaubnis und ist in ihrer Höhe vom Ertrag des lizenzierten Unternehmens abhängig.
Π. Die Erlaubnis zur Begründung einer Monopolstellung in der Daseinsvorsorge Während Abgaben, die an eine Erlaubnis zur Nutzung knapper natürlicher Ressourcen anknüpfen, auf die Abschöpfung des Vorteils ausgerichtet sind, der in der Möglichkeit des Zugriffs auf Güter der Allgemeinheit liegt, belasten andere Erlaubnisabgaben staatliche Genehmigungen, die den begünstigten Unternehmen eine bevorzugte Stellung im wirtschaftlichen Wettbewerb, insbesondere ein Monopol eröffnen. Solche Monopole finden sich im Bereich der Daseinsvorsorge, zumal wenn diese leitungsgebunden oder über Wege erfolgt, die wie elektromagnetische Wellen nur einer beschränkten Zahl von Benutzern zur Verfügung stehen. Unter diesen Umständen sprechen Wirtschaftswissenschaftler von "natürlichen" Monopolen im Gegensatz zu Wettbewerbsbereichen 53 . Das Fehlen von Wettbewerb begünstigt das Entstehen von Monopolrenten. Soweit diese auf staatliche Erlaubnisse zurückzuführen sind, sollen sie durch Abgaben jedenfalls teilweise abgeschöpft werden. Bekanntestes Beispiel für diese Abgabenform sind die Konzessionsabgaben, die Energie- und Was49
Peine, NWVB11988,193 (195 ff.)·
» Kloepfer/Follmann, DÖV 1988,573 (579 f.). 51
Peine, NWVB11988,193 (198 f.).
52
Kloepfer/Follmann, DÖV 1988, 573 (582); zur Qualifiziening des Lizenzentgelts als Gebühr vgl. auch Breuer, NVwZ 1987,751 (760 f.). 53 Siehe z.B. B. Wieland, WuW 1985, 93; ausführliche Nachweise zum Stand der Diskussion in den Wirtschaftswissenschaften bei R.H. Weber, Wirtschaftsregulierung in wettbewerbspolitischen Ausnahmebereichen, S. 100 f.
36
1. Kapitel: Erscheinungsformen von Erlaubnisabgaben
serversorgungsunternehmen an die Kommunen zahlen (1.). Bislang ohne wirtschaftliche Bedeutung, aber möglicherweise in Zukunft relevant ist die Belastung von staatlichen Erlaubnissen im Bereich der Telekommunikation mit Abgaben (2.).
1. Gemeindliche Konzessionsabgaben Häufig verzichten Gemeinden darauf, die Versorgung mit Energie und Wasser als Teil der ihnen obliegenden Daseinsvorsorge selbst wahrzunehmen und Eigenunternehmen zu gründen oder sich an Versorgungsunternehmen zu beteiligen. Stattdessen überlassen sie die Erfüllung dieser Aufgabe einem privaten Unternehmen, mit dem sie einen sogenannten Konzessionsvertrag schließen54. In diesen Verträgen gestatten die Gemeinden den Unternehmen, den Straßenraum zur Verlegung von Versorgungsleitungen mitzubenutzen. Da die Straßen das Versorgungsgebiet verkehrsmäßig erschließen und nicht überbaut sind, eignen sie sich besonders gut, um die benötigten Leitungen zu verlegen und instandzuhalten. Zugleich enthebt die Straßennutzung die Unternehmen von der Notwendigkeit, mit privaten Grundeigentümern oft mühsame und langwierige Verhandlungen zu führen oder gar deren Enteignung zu betreiben. Ein wesentliches Element der Konzessionsverträge bildet die Einräumung von Ausschließlichkeitsrechten. Die Gemeinden verpflichten sich in aller Regel, während der Laufzeit des jeweiligen Vertrages keinem anderen Versorgungsunternehmen die Versorgung der Bevölkerung sowie die Benutzung der Straßen zu gestatten und den Aufbau eigener Versorgungseinrichtungen zu unterlassen. Umgekehrt übernimmt das Versorgungsuntemehmen die Pflicht, die Bewohner der Gemeinde ordnungsgemäß zu gleichen Tarifen und Lieferbedingungen zu versorgen. Diese Verpflichtung bildet das konzessionsvertragliche Gegenstück zur gesetzlich in § 6 Abs. 1 Energiewirtschaftsgesetz verankerten allgemeinen Anschluß- und Versorgungspflicht. Gerechtfertigt werden die Ausschließlichkeitsrechte mit den durch Leitungen und Anlagen verursachten hohen Fixkosten sowie der Notwendigkeit, Ka-
54 Zum typischen Inhalt der Konzessionsverträge siehe Münch, Konzessionsverträge und Konzessionsabgaben, in: Praxis der Gemeindeverwaltung (Baden-Württemberg), D 1 c S. 17 ff. mit dem Muster eines Konzessionsvertrages auf S. 19 ff.; femer BGH, Beschluß vom 15. April 1986, BB 1986, 1456 f.; Evers, Das Recht der Energieversorgung, S. 176 ff.; Gröner, Die Ordnung der deutschen Elektrizitätswirtschaft, S. 260 ff.; Huber, Wirtschaftsverwaltungsrecht, Band I, S. 573 ff.; Krömer, Energierechtliche Probleme bei der Beendigung von Konzessionsverträgen, S. 2 ff.; Kulartz, Kommunale Gebietsreform und Energieversorgung, S. 34 f.; Niederleithinger, Die Stellung der Versorgungswirtschaft im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, S. 55 ff.; Petersen, Die gemeindlichen Konzessionsabgaben, S. 12 ff.; R. Schmidt, Die gemeindliche Versorgungskonzession im Kartellrecht, S. 3 ff.; Stem, AöR 84 (1959), 137 (143 ff.); A. Wolf, BB 1986,143 f.
II. Erlaubnis zur Begründung einer Monopolstellung
37
pazitäten für Zeiten der Spitzenbelastungen des Netzes vorzuhalten 55. Infolge dieser wirtschaftlichen Rahmenbedingungen würde Wettbewerb nicht Preissenkungen, sondern Preissteigerungen bewirken: "Das gleichzeitige Auftreten mehrerer Wettbewerber führt zu einem Preisauftrieb, da von jedem einzelnen Unternehmen nur ein Teil der in einem geschlossenen Versorgungsgebiet insgesamt in Frage kommenden Abnehmer versorgt werden kann und daher für die Verteilung der Kosten, insbesondere für den Kapitaldienst und die Unterhaltung des Leitungsnetzes eine geringere Anzahl von Leistungseinheiten zur Verfügung steht, als bei einer Verbindung aller Anschlußnehmer mit nur einem Versorgungsunternehmen" 56. Der Gesetzgeber hat den weitreichenden Ausschluß von Wettbewerb zwischen Versorgungsunternehmen durch die Bereichsausnahme des § 103 GWB sanktioniert. Danach finden die §§ 1, 15 und 18 GWB unter anderem keine Anwendung auf Verträge von Versorgungsunternehmen mit Gebietskörperschaften, soweit sich eine Gebietskörperschaft verpflichtet, die Verlegung und den Betrieb von Leitungen auf oder unter öffentlichen Wegen für die öffentliche Versorgung von Letztverbrauchern mit Elektrizität, Gas oder Wasser im Gebiet der Gebietskörperschaft ausschließlich einem Versorgungsunternehmen zu gestatten57. Die Berechtigung dieser Bereichsausnahme ist umstritten. Selbst scharfe Kritiker der Versorgungsmonopole räumen aber ein, daß die Leitungsgebundenheit der Versorgungsleitungen und insbesondere die mangelnde Speicherfähigkeit von Strom einen Wettbewerb um die Tarifabnehmer ausschließen; für möglich und wünschenswert wird dagegen der Wettbewerb um ganze Versorgungsgebiete und namentlich um Sonderabnehmer gehalten58. Letztlich dürfte nur eine schrittweise Auflockerung des Systems der geschlossenen Versorgungsgebiete zugunsten des Wettbewerbs in Betracht kommen 59 ; von besonderem Interesse ist insoweit die Entwicklung in den fünf neuen Bundesländern.
55
BGH, Beschluß vom 15. April 1986, BB 1986, 1456 (1457).
56
Didden, Konzessionsabgaben der Energie- und Wasserversorgungsuntemehmen, S. 8 f.
57
§ 103 Abs. 1 Nr. 2 GWB.
58
Emmerich, Kartellrecht, S. 442 m.w.N.: derselbe, JZ 1982, 496; derselbe, BB 1973, 1269; zum Diskussionsstand im Wettbewerbsrecht siehe ferner Immenga, WuW 1985, 453; Riechmann, WuW 1985, 945; Immenga/Zimmer, BB 1988, 281; Lukes DB 1987, 1925; H. Pfeiffer, Die kaitellrechtliche Wirksamkeit energiewirtschaftlicher Konzessionsverträge; Säcker/ Satzky, DB 1987, 1027; R. Schmidt, Die gemeindliche Versorgungskonzession im Kartellrecht, S. 95 ff.; A. Wolf, BB 1986, 143; aus der neueren Rechtsprechung BGH, Beschluß vom 15. April 1986, BB 1986, 1456. 59
Rittner, Wirtschaftsrecht, § 30 Rdnr. 25 (S. 595).
38
1. Kapitel: Erscheinungsformen von Erlaubnisabgaben
Bedenken gegen die Freistellung der Konzessionsverträge von grundlegenden Vorschriften des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen haben den Gesetzgeber 1980 zur Einführung von § 103 a GWB veranlaßt. Absatz 1 dieser Vorschrift begrenzt die Geltungsdauer von Konzessionsverträgen auf maximal 20 Jahre 60. Zum Ausgleich für das Recht auf Benutzung des Straßenraums und die Monopolstellung verpflichten sich die Versorgungsunternehmen in den Konzessionsverträgen, den Gemeinden Konzessionsabgaben zu zahlen. § 1 der Ausführungsanordnung zur Konzessionsabgabenanordnung61 definiert Konzessionsabgaben als Entgelte, zu deren Zahlung sich ein Versorgungsunternehmen deshalb bereit gefunden hat, weil eine Gemeinde von der Zahlung dieses Entgelts die Gestattung der Benutzung von Verkehrsräumen zur Verlegung von Versorgungsleitungen oder den Verzicht auf eigene Ausübung der Versorgung oder den Verzicht auf Übertragung der Versorgung an ein anderes Unternehmen abhängig gemacht hat 62 . Sowohl die Konzessionsabgabenanordnung als auch die zugehörige Ausführungsanordnung sind entsprechend dem Gesetz über die Sammlung des Bundesrechts vom 10. Juli 1958 in Teil I I I des Bundesgesetzblattes bereinigt veröffentlicht worden und gelten heute als Bundesrecht 63 . Gemäß § 1 Abs. 1 der Konzessionsabgabenanordnung dürfen Konzessionsabgaben von Versorgungsunternehmen an Kommunen nicht neu eingeführt oder erhöht werden; § 2 a der Konzessionsabgabenanordnung sieht vor, daß die Konzessionsabgaben herabgesetzt und in angemessener Frist ganz beseitigt werden. Die Verfassungsmäßigkeit dieser Bestimmungen, die das Bundesver-
60
Für Altverträge endet gemäß § 103 a Abs. 4 Satz 1 GWB die kartellrechtliche Freistellung zu dem Zeitpunkt, der von den Vertragsparteien am 1. Januar 1979 für den Ablauf des Vertrages festgelegt war, spätestens jedoch am 1. Januar 1995; wenn am 1. Januar 1995 seit Anwendung des Vertrages noch keine 20 Jahre verstrichen sind, verlängert sich die Freistellung gemäß § 103 a Abs. 4 Satz 2 GWB bis zum Zeitpunkt des vereinbarten Vertragsablaufs, höchstens jedoch bis zum Ablauf von 20 Jahren seit der Anmeldung des Vertrags; siehe zum Ganzen Emmerich, Kartellrecht, S. 451 ff. 61
Vom 27. Februar 1943, Reichsanzeiger Nr. 75 v. 31. März 1943.
62
So auch die Durchführungsbestimmungen zur Konzessionsabgabenanordnung und zu ihrer Ausführungsanordnung vom 27. Februar 1943, Mitteilungsblatt des Reichskommissars für die Preisbildung 1,14 vom 12. April 1943, S. 228; vgl. femer Hoppe, DÖV 1967, 159. 63 BGBl. III, 721-3; vgl. auch das Gesetz zur Änderung der Konzessionsabgabenanordnung vom 24. Dezember 1956, die Verordnung PR Nr. 11/67 zur Änderung der Konzessionsabgabenanordnung vom 20. Dezember 1967, Bundesanzeiger Nr. 241/67 vom 23. Dezember 1967 und die Verordnung PR Nr. 1/75 zur Änderung der Konzessionsabgabenanordnung vom 7. März 1975, Bundesanzeiger Nr. 49/75, S. 1.
II. Erlaubnis zur Begründung einer Monopolstellung
39
waltungsgericht bejaht hat 64 , steht nicht außer Zweifel 65 . Die kommunalen Spitzenverbände sowie die Verbände der Elektrizitäts- und Gaswirtschaft haben schon Anfang der 50er Jahre und wieder 1972 den Vorschlag gemacht, den Konzessionsabgabenstopp aufzuheben 66. Seit bald 40 Jahren sind immer wieder Vorschläge zur Reform des Rechts der Konzessionsabgaben gemacht worden, die von der völligen Abschaffung dieser Abgaben bis zu ihrer gesetzlichen Verankerung reichten 67. Bereits in ihrem ersten Hauptgutachten 1973/75 hatte die Monopolkommission die Abschaffung der Konzessionsabgaben gefordert 68. Diesen Vorschlag sah die Bundesregierung wegen der finanziellen Bedeutung der Abgaben für die Gemeindehaushalte seinerzeit als nicht realisierbar an 69 . Ausgelöst wurden diese Reform Überlegungen durch den starken Zuwachs des Aufkommens der Konzessionsabgaben. Während diese Abgaben den Gemeinden 1954 nur etwas mehr als 300 Millionen D M an Einnahmen erbrachten, waren ihre Erträge 1975 schon auf mehr als 1,5 Milliarden D M angestiegen. 1984 betrug das Aufkommen der gemeindlichen Konzessionsabgaben bereits fast 3,5 Milliarden D M 7 0 , für 1986 geht man von etwa 5,8 Milliarden D M aus71. Wegen der stark unterschiedlichen Belastung der Tarifkunden und der Sondervertragskunden aus der Industrie, die sich aus der Konzessionsabgabenanordnung ergibt und seinerzeit aus kriegswirtschaftlichen Gründen den Wirtschaftsbetrieben einen preisgünstigen Energiebezug ermöglichen sollte, bringen die Tarifkunden - also Haushalte, Kleingewerbe und Landwirtschaft - die Konzessionsabgabe fast allein auf 72 . Konzessionsverträge gehören nach herrschender Meinung zum bürgerlichen Recht, so daß auch die auf Grund dieser Verträge gezahlten Abgaben zivilrechtlich zu beurteilen sein sollen. Als ihre Grundlage wird das Wegeeigentum
64
BVerwGE 22,203.
65
Stern, Die verfassungsrechtliche Position der kommunalen Gebietskörperschaften in der Elektrizitätsversorgung, S. 73 ff.; Kühne, BB 1987,2032. 66
Siehe dazu Emmerich, BB 1973,1269.
67
Zu den Reformbemühungen siehe Immesberger, Das Recht der Konzessionsabgaben, S. 9 ff.
68
Monopolkommission, Mehr Wettbewerb ist möglich, Tz. 113 (S. 52 f.) und Tz. 739 ff. (S. 402 ff.). 69 Stellungnahme der Bundesregierung zum ersten Hauptgutachten der Monopolkommission, Bundestagsdrucksache 8, 702, Tz. 35 (S. 8). 70
Immesberger, Das Recht der Konzessionsabgaben, S. 10; Obemolte/Danner, Energiewirtschaftsrecht I, S. III 238 f. 71 72
Handelsblatt, 29. Juli 1986.
In Freiburg z.B. zahlten die Tarifkunden 1984 mit 14 Millionen D M etwa 95 % der insgesamt 14,7 Millionen DM, die die Konzessionsabgabe der Stadt insgesamt einbrachte, siehe Badische Zeitung vom 8. Januar 1987, S. 10.
40
1. Kapitel: Erscheinungsformen von Erlaubnisabgaben
der öffentlichen Körperschaften angesehen. Diese Auffassung beruft sich darauf, daß die Benutzung der Straßen für Zwecke der öffentlichen Versorgung traditionell bürgerlichrechtlich geregelt worden sei; auch die Straßengesetze weisen die Einräumung von Rechten zur Benutzung des Eigentums der Straße dem Zivilrecht zu, wenn der Gemeingebrauch nicht beeinträchtigt wird. Dabei bleibt eine Beeinträchtigung von nur kurzer Dauer für Zwecke der öffentlichen Versorgung ausdrücklich außer Betracht 73. Als Beispiele für solche Beeinträchtigungen von nur kurzer Dauer sieht die Verwaltungspraxis insbesondere das Aufgraben von Straßen zur Kabelverlegung an 74 . Die Zuordnung der Nutzung des Straßenraums für Versorgungszwecke zum Zivilrecht geht auf das Drängen der Versorgungswirtschaft zurück, die Bedenken gegen eine öffentlich-rechtliche Regelung hatte75. Rechtssystematische Bedenken gegen diese Qualifizierung, die vor allem in der öffentlich-rechtlichen Literatur geäußert wurden 76 , konnten sich nicht durchsetzen 77. Es wird noch zu klären sein, ob die Erhebung von Konzessionsabgaben auf vertraglicher Grundlage überhaupt zulässig und wie die Rechtsnatur entsprechender Verträge zu qualifizieren ist.
2. Die rundfunkrechtliche
Konzessionsabgabe
Angesichts der fortbestehenden Knappheit an terrestrischen Frequenzen zur Übertragung von Rundfunksendungen 78 ist auch die - bisher in anderen Län73 § 8 Abs. 10 Bundesfernstraßengesetz; § 22 Abs. 2 Bayerisches Straßen- und Wegegesetz; § 20 Abs. 1 Hessisches Straßengesetz; § 23 Niedersächsisches Straßengesetz; § 23 Abs. 1 Straßengesetz des Landes Nordrhein-Westfalen; § 45 Abs. 1 Landesstraßengesetz für Rheinland-Pfalz; § 22 Saarländisches Straßengesetz; gemäß § 21 Abs. 1 Straßengesetz für Baden-Württemberg und § 28 Abs. 1 Nr. 2 Straßen- und Wegegesetz des Landes Schleswig-Holstein richtet sich die Nutzung der Straßen für Zwecke der öffentlichen Versorgung stets nach bürgerlichem Recht, ohne Rücksicht darauf, ob der Gemeingebrauch beeinträchigt wird oder nicht. 74 Runderiaß Nr. 8/53 des Bundesministers für Verkehr vom 18. August 1953, abgedruckt bei Obemolte/Danner, Energiewirtschaftsrecht S. V 8a. 75 Schack, Verwaltungsarchiv 54 (1963), 42 (57 ff.); Stem, AöR 84 (1959), 137 und 273 (290 f.), beide m.w.N. 76 Schack, ebenda, S. 62 ff.; Stem, ebenda, S. 295 ff. und 301 ff.; Huber, Wirtschaftsverwaltungsrecht, Band I, Seite 565 ff.; Bartlsperger, DVB1. 1980,249. 77 Zur herrschenden Meinung siehe Ballerstedt, BB 1958, 125 (126 f.); Berg, Straßen- und Wegerecht, in: Maunz/Obermayer/Berg/Knemeyer, Staats- und Verwaltungsrecht in Bayern, S. 459 (474); Immesberger, Das Recht der Konzessionsabgaben, S. 2a ff.; Kodal/ Krämer, Straßenrecht, Kap. 26, Rdnr. 9 ff. (S. 601 f.); Marschall/Schröter, Bundesfernstraßengesetz, Anm. 10.3 zu § 8; Maunz, Verwaltungsarchiv 50 (1959), 315 (333 ff.); Münch, Konzessionsverträge und Konzessionsabgaben, in: Praxis der Gemeindeverwaltung (Baden-Württemberg), D 1 c S. 16 f.; Obernolte/Danner, Energiewirtschaftsrecht, S. V 8 f.; Salzwedel, in: von Münch, Besonderes Verwaltungsrecht, S. 615 (639 f.); Zeiß, Probleme der Ausgestaltung der Konzessionsabgaben öffentlicher Unternehmen, in: Friedrich/Kupsch, Die Besteuerung öffentlicher Unternehmen, S. 281 (286 ff.). 78
Siehe dazu näher BVerfGE 73,118 (121 f.).
II. Erlaubnis zur Begründung einer Monopolstellung
41
dem nicht erhobene - Konzessionsabgabe gemäß § 45 des Rundfunkgesetzes für das Saarland als Abgabe zum Ausgleich der Vorteile einer Stellung als Mitglied eines engen Oligopois anzusehen. Wer im Saarland als Privater Rundfunk veranstalten will, bedarf hierzu einer Konzession (§ 38 Abs. 1 Landesrundfunkgesetz). Kann bei begrenzten Übertragungsmöglichkeiten nicht allen Anträgen entsprochen werden, wirkt die pluralistisch besetzte Landesanstalt für das Rundfunkwesen 79 auf eine Verständigung zwischen den Antragstellern hin. Läßt sich innerhalb einer von der Landesanstalt zu bestimmenden angemessenen Frist keine Einigung erzielen oder entspricht die vorgesehene Aufteilung voraussichtlich nicht dem Gebot der Meinungsvielfalt, läßt die Landesanstalt die Veranstalter oder Veranstaltergemeinschaften zu, die nach ihrer kapitalmäßigen Zusammensetzung, ihrer Organisationsstruktur und ihrem Programmschema am ehesten erwarten lassen, daß ihr Programm auch das öffentliche Geschehen, die politischen Ereignisse sowie das kulturelle Leben im Saarland darstellt und alle bedeutsamen politischen, weltanschaulichen und gesellschaftlichen Gruppen zu Wort kommen läßt. Je ein bundesweites Vollprogramm für Hörfunk oder Fernsehen haben dabei Vorrang. Die nicht berücksichtigten Antragsteller oder Antragstellerinnen, die die sonstigen Zulassungsvoraussetzungen erfüllen, erhalten einen Anteil der verbleibenden Übertragungsmöglichkeiten (§41 Landesrundfunkgesetz). Wer so als privater Veranstalter von Rundfunksendungen zugelassen ist, hat "für die Konzession" unbeschadet sonstiger Abgaben eine Konzessionsabgabe an das Saarland zu entrichten. Deren Höhe beträgt 1 % der Brutto-Entgelte und 8 % der Spenden und Brutto-Werbeeinnahmen. Ihr Aufkommen ist ausschließlich für kulturelle Zwecke zu verwenden (§ 45 Landesrundfunkgesetz). Die Abgabe soll ein "gerechtes" Äquivalent für die aus der Konzession zu erzielenden Vorteile darstellen, dem Veranstalter zugleich aber eine "angemessene" Gewinnmöglichkeit lassen80. Vorbild der saarländischen Regelung dürfte die in Großbritannien von privaten Rundfunkveranstaltern erhobene Konzessionsabgabe sein, die dort eine nicht unerhebliche Bedeutung erlangt hat 81 . In Deutschland kann eine entsprechende Konzessionsabgabe erst dann wirtschaftliche Bedeutung erlangen, wenn sich die angespannte Finanzlage privater Rundfunkveranstalter nachhaltig gebessert hat.
79
Siehe dazu §§ 53 ff. Landesrundfunkgesetz.
80
Begründung zu § 49 des Regierungsentwurfs, Landtagsdrucksache 4/800, S. 49.
81
Siehe dazu näher Wieland, Die Freiheit des Rundfunks, S. 290 ff.
42
1. Kapitel: Erscheinungsformen von Erlaubnisabgaben ΙΠ. Die Erlaubnis zu sozial schädlichen Tätigkeiten
Eine Belastung wirtschaftsverwaltungsrechtlicher Erlaubnisse mit Abgaben findet sich auch dort, wo die erlaubte Tätigkeit vom Gesetzgeber als sozialschädlich oder unerwünscht angesehen wird. Aus diesem Grunde werden entsprechende Erlaubnisse oft nur in relativ geringer Zahl erteilt. Das wiederum eröffnet den wenigen Erlaubnisinhabern wegen der großen Nachfrage in der Regel außergewöhnlich gute Gewinnchancen. Die daraus erwachsenden Erträge, die angesichts der restriktiven Erlaubnispraxis nur zu einem Teil auf der eigenen Leistung der Erlaubnisinhaber, zu einem erheblichen Teil aber auf dem Fehlen jeglicher Konkurrenz beruhen, werden durch die Erlaubnisabgaben abgeschöpft. Den Prototyp dieser Art von Erlaubnisabgaben bildet die Spielbankabgabe (1.). Ihr gleichen Konzessionsabgaben nach Lotterie- und Sportwettengesetzen (2.). Auch die Schankerlaubnissteuer gehört ihrer Konzeption nach in diesen Zusammenhang (3.).
1. Die Spielbankabgabe Die Erhebung einer Spielbankabgabe geht auf die Verordnung über öffentliche Spielbanken des Reichsministers des Inneren vom 27. Juli 1938 82 zurück, die ihre Ermächtigungsgrundlage in § 3 des von der Reichsregierung beschlossenen Gesetzes über die Zulassung öffentlicher Spielbanken vom 14. Juli 193383 fand. Gemäß § 1 Abs. 2 des Gesetzes ist das Aufkommen aus den Spielergebnissen für gemeinnützige Zwecke zu verwenden, soweit es nicht nach den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit dem Spielunternehmer zu belassen ist. § 5 Abs. 1 der Verordnung verpflichtet den Spielbankunternehmer, an das Reich eine Spielbankabgabe zu entrichten, deren Höhe und Verwendung gemäß § 5 Abs. 2 der Spielbankverordnung der Reichsminister des Innern im Benehmem mit dem Reichsminister der Finanzen bestimmt. Umgekehrt befreit § 6 Abs. 1 der Spielbankverordnung den Spielbankunternehmer für den Betrieb der Spielbank von den laufenden Steuern des Reichs - heute des Bundes -, die vom Einkommen, vom Vermögen und vom Umsatz erhoben werden, sowie von der Lotteriesteuer und der Gesellschaftsteuer. Im Einvernehmen mit dem Innenminister kann der Finanzminister gemäß § 6 Abs. 2 Spielbankverordnung darüber hinaus bestimmen, inwieweit der Spielbankunternehmer für den Betrieb der Spielbank auch von Landes- und Gemeindesteuern zu befreien ist.
82
RGBl. I, S. 955.
83
RGBl. I, S. 480.
III. Erlaubnis zu sozial schädlichen Tätigkeiten
43
Soweit die Bundesländer nicht mittlerweile eigene Spielbankgesetze erlassen haben, wird die Erhebung der Spielbankabgabe weiterhin auf die reichsrechtlichen Vorschriften gestützt; nach einem Gutachten des Bundesfinanzhofs vom 21. Januar 1954 gelten §§ 5 und 6 der Spielbankverordnung als Bundesrecht fort 84 . In einem "Verwaltungsabkommen über die Zahlung von Ausgleichsbeträgen bei dem Betrieb von Spielbanken" hatten Bund und Länder am 30. November 1954 Einvernehmen darüber erzielt, daß die Spielbankabgabe möglichst weitgehend an die allgemeinen Steuern anzugleichen und daß diese Angleichung gegeben sei, wenn die Spielbankabgabe auf 80 v.H. der Bruttospielerträge bemessen werde; dieses Verwaltungsabkommen ist nie offiziell veröffentlicht worden 85 . Die Spielbankuntemehmer haben sich durch Konzessionsverträge zur Zahlung der Spielbankabgabe in dieser Höhe bzw. in Hessen sogar zu 95 v.H. verpflichtet 86 . In den Bundesländern Niedersachsen 87, Berlin 88 , Nordrhein-Westfalen 89, Hamburg 90 und Bremen 91 ist die Erhebung der Spielbankabgabe mittlerweile gesetzlich geregelt; die Abgabenhöhe wird regelmäßig auf 80 v.H. der Bruttospielerträge festgelegt, mit dem Vorbehalt, daß durch Konzessionsverträge höhere Leistungen vereinbart werden können. Weder nach dem Reichsgesetz noch nach den Landesgesetzen besteht ein Anspruch auf Erteilung der zum Betrieb einer Spielbank erforderlichen Konzession. Vielmehr wird in den Landesgesetzen die Zahl der zuzulassenden Spielbanken ausdrücklich auf eine bis acht beschränkt. Das Aufkommen aus der Spielbankabgabe ist parallel zum Anwachsen der Zahl der Spielbanken im Laufe der Jahre erheblich gestiegen: Während es 1950 noch 11,7 Millionen D M betrug, hatte es sich 1970 schon auf 112 Millionen 84
BFHE 58, 556 (560 ff.); vgl. auch BVerfGE 28, 119 (133, 150 f.), wonach die Spielbankverordnung jedenfalls kein Gesetz im formellen Sinne darstellt, die Frage nach ihrem Fortgelten aber ausdrücklich offengelassen wird. 85
Siehe aber den Abdruck des Textes bei Vogels/Müller/Mittelstaedt, Das Landesrecht in Nordrhein-Westfalen, Τ II 16, insbesondere § 5 Satz 1 und 2. ^Czapski, Deutsche Gemeindesteuer-Zeitung 1967, 145 (147); Hansmeyer, Steuern auf spezielle Güter, in: Handbuch der Finanzwissenschaft, Band II, S. 709 (867); Noll von der Nahmer, Lehrbuch der Finanzwissenschaft, Band 2, S. 226 f.; Papier, Die finanzrechtlichen Gesetzesvorbehalte und das grundgesetzliche Demokratieprinzip, S. 151; Schmitz, Finanzarchiv 24 (1965), 472 (476 ff.); Walter, StuW 1972, 225 (226); siehe auch den Bericht im Spiegel vom 12. September 1988, S. 99. 87
§ 3 Niedersächsisches Gesetz über die Zulassung öffentlicher Spielbanken.
88
§ 2 Gesetz über die Zulassung einer öffentlichen Spielbank in Berlin.
89
§ 4 Gesetz über die Zulassung öffentlicher Spielbanken im Land Nordrhein-Westfalen.
90
§ 3 Gesetz über die Zulassung einer öffentlichen Spielbank.
91
§ 5 Gesetz über die Zulassung einer öffentlichen Spielbank.
44
1. Kapitel: Erscheinungsformen von Erlaubnisabgaben
D M verzehnfacht, und betrug 1976 bereits über 259 Millionen DM92 1986 betrug das Aufkommen der Spielbankabgabe 686 Millionen D M 9 3 . Die rechtliche Zuordnung der Spielbankabgabe ist nicht geklärt. Art. 106 Abs. 2 Nr. 6 GG zählt "die Abgabe von Spielbanken" zu den Steuern, deren Aufkommen den Ländern zusteht. Diese Vorschrift geht auf das Finanzverfassungsgesetz des Jahres 1955 zurück 94 . Sie steht im Zusammenhang mit dem bereits erwähnten Gutachten des Bundesfinanzhofs aus dem Jahre 1954. Nach Auffassung des Gerichts ergibt sich aus der umfassenden Abschöpfung der Spielerträge, die durch die besonderen Verhältnisse der Spielbank veranlaßt sei und diesen Verhältnissen Rechnung trage, daß es sich bei der Spielbankabgabe nicht um eine Abgabe nur für die Genehmigung einer Spielbank handeln könne. Vielmehr ist die Spielbankabgabe nach Auffassung des Bundesfinanzhofs als Steuer im Sinne der Abgabenordnung anzusehen, weil sie laufende Geldleistungen umfaßt, die vom Staat zur Erzielung von Einkünften allen auferlegt werden, ohne daß diese Geldleistungen eine Gegenleistung für eine besondere Leistung darstellten. Als Abgabe auf die Spielbankerträge und damit vor allem auf die Spielumsätze als Vorgänge des Rechtsverkehrs soll sie Merkmale einer Verkehrsteuer aufweisen, die allerdings keinen örtlich bedingten Wirkungskreis habe. Andererseits soll die Heranziehung des Spielbankunternehmers mit seinen Erträgnissen aus dem Spielbetrieb zur Steuer im Zusammenhang mit der in § 6 Abs. 1 Spielbankverordnung "für den Betrieb der Spielbank" ausgesprochenen Befreiung in gewissem Sinne für eine auf den Spielbankbetrieb beschränkte Steuer vom Einkommen sprechen 95. Demzufolge fiel die Spielbankabgabe gemäß Art. 106 Abs. 2 GG a.F. nach Auffassung des Bundesfinanzhofs in die Ertragshoheit der Länder, obwohl die im Hinblick auf die Befreiung des § 6 Abs. 1 Spielbankverordnung nicht erhobene Umsatzsteuer dem Bund gemäß Art. 106 Abs. 1 GG a.F. zugestanden hätte. Das Gericht betonte jedoch, "daß die Spielbankabgabe mit ihrem die Elemente verschiedener Steuern umfassenden Inhalt zu Finanzausgleichsmaßnahmen drängt - insbesondere im Hinblick auf die von der Abgabe nicht erfaßte, dem Bund an sich zufließende Umsatzsteuer -, durch die Beeinträchtigungen sonst in Betracht kommender Steuergläubiger ausgeglichen würden
92
Hansmeyer, Steuern auf spezielle Güter, Handbuch der Finanzwissenschaft, Band II, S. 709
(867). 93
Dietz, Wirtschaft und Statistik 1986, 833 (835).
94
Gesetz zur Änderung und Ergänzung der Finanzverfassung vom 23. Dezember 1955, BGBl. I S . 817. 95
BFHE 58, 556 (559).
III. Erlaubnis zu sozial schädlichen Tätigkeiten
45
und die gegebenenfalls im Wege der Vereinbarung zwischen Bund und Ländern durch Verwaltungsanordnungen geregelt werden könnten" 96 . Schließlich stellte der Bundesfinanzhof noch fest, daß die Spielbankabgabe als Verkehrsteuer ohne örtlich bedingten Wirkungskreis oder als Steuer vom Einkommen gemäß Art. 105 Abs. 2 GG der konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes unterliege und demzufolge gemäß Art. 125 GG die §§ 5 und 6 der Spielbankverordnung Bundesrecht geworden seien97. Auf dieses Gutachten des Bundesfinanzhofs reagierte der verfassungsändernde Gesetzgeber bereits wenige Monate später. Nachdem der Regierungsentwurf des Finanzverfassungsgesetzes 98 die Spielbankabgabe noch nicht erwähnt hatte, nannten die vom Bundesministerium der Finanzen dem Bundestagsausschuß für Finanz- und Steuerfragen am 21. Juni 1954 vorgelegten Formulierungsvorschläge zum Entwurf des Finanzverfassungsgesetzes unter Art. 106 a Abs. 1 Nr. 5 "die Steuer von Spielbanken" als eine ausschließliche Landessteuer 99. Ministerialdirigent Fischer-Menshausen vertrat gegenüber dem Ausschuß die Auffassung, daß mit dieser Bezeichnung über die rechtliche Qualität der als "Spielbankabgabe" erhobenen Pauschalsteuer nichts ausgesagt werde. Die Kennzeichnung als "ausschließliche Landessteuer" lasse auch Verwaltungsvereinbarungen unberührt, durch die sich einzelne Länder gegenüber dem Bund zur Abführung eines Teils des Aufkommens verpflichteten 100. Am folgenden Tage kam es im Ausschuß zu einer längeren Diskussion, in deren Verlauf die verfassungsrechtliche Problematik der Abgabe unterstrichen wurde. Auf Antrag des Abgeordneten Dr. Eckhardt wurde als neue Bezeichnung mit großer Mehrheit die Fassung "die Abgaben von Spielbanken" gewählt, weil "Abgabe" auch der Oberbegriff für "Steuer" sei und somit der steuerrechtlichen Entwicklung ein möglichst weiter Spielraum gelassen werde. Der Abgeordnete Seuffert wies darauf hin, daß die Abgabe künftig eine besondere Ländersteuer darstelle, für die ein Gesetz zu erlassen sei, weil der seinerzeitige Rechtszustand nicht der künftig vom Grundgesetz geforderten Regelung entspreche 101. Noch im Jahre 1954 schlossen Bund und Länder - mit Ausnahme Bremens und des damals noch nicht zur Bundesrepublik gehörenden Saarlandes - dann
96
BFHE 58, 556 (561).
97
BFHE 58,556 (561 f.).
98
Vom 29. April 1954, Bundestagsdracksache 11/480, S. 2 (Art. 106 b).
99 Deutscher Bundestag, Kurzprotokoll der 19. Sitzung des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen am 21. Juni 1954, Anlage 1, S. 1. 100
Ebenda, Anlage 2, S. 1 f.
101 Deutscher Bundestag, Kurzprotokoll der 20. Sitzung des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen am 22. Juni 1954, S. 4 und S. 1 der Anlage.
46
1. Kapitel: Erscheinungsformen von Erlaubnisabgaben
entsprechend der Anregung des Bundesfinanzhofs das erwähnte "Verwaltungsabkommen über die Zahlung von Ausgleichsbeträgen bei dem Betrieb von Spielbanken" 102 . Diese Ausgleichsbeträge wurden so bemessen, daß der Bund und die Nicht-Spielbank-Länder ungefähr die Beträge erhielten, die ihnen zugeflossen wären, wenn statt der Spielbankabgabe die allgemeinen gesetzlichen Steuern erhoben worden wären 103 . Wohl nicht zuletzt im Hinblick auf verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese vertragliche Korrektur der im Grundgesetz geregelten Steuerertragsverteilung 104 wird dieses Abkommen seit 1983 nicht mehr angewandt105. Verfassungsrechtlich problematisch bleibt, daß die Konzessionsabgaben jedenfalls in den Bundesländern ohne eigene Spielbankgesetze, im Falle einer Erhöhung über den Regelsatz von 80 v.H. der Bruttospielerträge hinaus aber auch in Ländern mit solchen Gesetzen, ihre Rechtsgrundlage nur in Konzessionsverträgen, nicht aber in gesetzlichen Bestimmungen finden 106 . Die Zuordnung der Spielbankabgabe zu den Steuern oder zu den nichtsteuerlichen Abgaben dürfte durch Art. 106 Abs. 2 Nr. 6 GG - gerade im Hinblick auf die Entstehungsgeschichte der Vorschrift - noch nicht entschieden sein 107 . Im verfassungsrechtlichen Schrifttum wird die Spielbankabgabe als Steuer angesehen, weil sie über den Charakter einer Konzessionsabgabe hinaus einer weitergehenden Abschöpfung der Spielerträge diene 108 . In finanzwissenschaftlicher Sicht könne die Abgabe kaum als pauschalierte Einkommen-, Vermögen- und Umsatzsteuer angesehen werden, weil diese Steuern grundsätzlich andere Bemessungsgrundlagen haben als die vom Bruttospielerlös berechnete Spielbankabgabe. Vielmehr hänge die Spielbankabgabe aufs engste mit der staatlichen Aufsicht über die Spielbanken und ihrer durch die Konzession geschaffenen Monopolstellung zusammen; es handele sich um eine Staatseinnahme sui generis, die in die gleiche Linie mit den Staatsunternehmungen und Regalen sowie den modernen Finanzmonopolen gehöre 109. Letztlich liegt die Vermutung nahe, 102 Siehe insbesondere die Bezugnahme auf das Gutachten des Bundesfinanzhofs unter Nr. 3 und 4 des Vorspanns des bei Vogels/Müller/Mittelstaedt, Das Landesrecht in Nordrhein-Westfalen, D II 16 abgedruckten Abkommens. 103
Ebenda, § 1 Abs. 1 Satz 2.
104
Walter, StuW 1972, 225 (228 ff.).
105 Vgl Einzelplan 60, Kap. 02, 25202 "Ausgleichszahlungen aus dem Spielbankaufkomnien" im Bundeshaushalt 1982 und im Bundeshaushalt 1983. 106 Papier, Die finanzrechtlichen Gesetzesvorbehalte und das grundgesetzliche Demokratieprinzip, S. 151 f.; Tipke/Lang, Steuerrecht, S. 581; Walter, StuW 1972, 225 (226 ff.). 107
Maunz, Rdnr. 33, Fußnote 1, zu Art. 106, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz.
108
Maunz, Rdnr. 33 zu Alt. 106, ebenda.
109
Schmölders, Das Verbrauch- und Aufwandsteuersystem, in: Handbuch der Finanzwissenschaft, 2. Band, 2. Aufl., S. 635 (703 f.).
III. Erlaubnis zu sozial schädlichen Tätigkeiten
47
daß die Spielbankabgabe jedenfalls auch Elemente einer Erlaubnisabgabe aufweist. Das rechtfertigt ihre Einbeziehung in die vorliegende Untersuchung.
2. Die Wettabgaben Reine Konzessionsabgaben werden in mehreren Bundesländern von Wettuntemehmen erhoben. So können in Rheinland-Pfalz gemäß § 1 Sportwettengesetz private Wettunternehmen zugelassen werden, die Wetten für öffentliche Sportwettspiele und für öffentliche Sportrennen veranstalten. "Für die Zulassung" haben die Wettunternehmen unbeschadet der Wettsteuer 110 eine Konzessionsabgabe an das Land in Höhe von 17 1/3 vom Hundert der Wetteinsätze zu entrichten. Der Ertrag der Abgabe belief sich 1986 auf 96 Millionen D M 1 1 1 . Auch in Niedersachsen haben Unternehmen, die zur Veranstaltung von Wetten über sportliche Wettkämpfe oder über die Ziehung von Zahlen zugelassen sind, eine Konzessionsabgabe in Höhe von 18 vom Hundert des Wetteinsatzes an das Land zu zahlen 112 . Das Aufkommen der Abgabe belief sich 1986 auf 150 Millionen D M 1 1 3 ; es wird zur Sportförderung, zur Jugendpflege, zur Forschungsförderung und zugunsten finanzschwacher Gemeinden verwandt 114 . In Bremen haben Veranstalter von Wetten eine Abgabe von 21 vom Hundert des Wetteinsatzes sowie eine zusätzliche Abgabe zu zahlen, die aus den nach Abzug der Verwaltungsunkosten des Veranstalters, einer vierprozentigen Verzinsung des investierten Kapitals und einer Rückstellung für das Geschäfsrisiko verbleibenden Einnahmen des Veranstalters gebildet wird. Die Erträge beider Abgaben dürfen nur für gemeinnützige und mildtätige Zwecke verwendet werden 115 ; sie betrugen im Jahre 1986 11 Millionen D M 1 1 6 . In Nordrhein-Westfalen kann die Landesregierung juristische Personen des öffentlichen Rechts oder des Handelsrechts als Wettunternehmen für öffentliche Wettkämpfe zulassen (§ 1 Abs. 1 Sportwettengesetz). Das Gesetz sieht keine Konzessionsabgabe vor, regelt aber in § 4, daß die Hälfte der eingezahlten Wetteinsätze als Gewinn an die Wettenden auszuzahlen und der nach Ab110
Siehe § 8 ff. Sportwettengesetz.
111
Dietz, Wirtschaft und Statistik 1986, 833 (835).
112
§§ 1,2 und 11 Gesetz über Sport wetten sowie §§ 1,2 und 11 Gesetz über das Zahlenlotto.
113
Dietz, Wirtschaft und Statistik 1986, 833 (835).
114
Siehe §§ 11 Abs. 3 und 4, 12 Gesetz über Sportwetten sowie § 12 Gesetz über das Zahlen-
lotto. 115
§ 1, 2 und 10 ff. des Gesetzes über Totalisatoren und Lotterien.
116
Dietz, Wirtschaft und Statistik 1986, 833 (835).
48
1. Kapitel: Erscheinungsformen von Erlaubnisabgaben
zug der Unkosten verbleibende Betrag ausschließlich für sportliche und kulturelle Zwecke sowie für Zwecke der Jugendhilfe zu verwenden ist. Die Aufteilung dieses Betrags im einzelnen ist gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 Buchst, d Sportwettengesetz Gegenstand der bei der Erlaubniserteilung festzusetzenden Bedingungen. Diese Regelung wird damit begründet, daß die Erlaubnis für den Betrieb eines an sich verbotenen Glücksspiels nur dann sinnvòll und vertretbar sei, wenn der verbleibende Ertrag einem förderungswürdigen Zweck zugeführt werde 117 . Materiell gesehen wird also auch in Nordrhein-Westfalen eine Erlaubnisabgabe erhoben; ihr Aufkommen betrug 1986 384 Millionen D M 1 1 8 . Vergleichbare Regelungen finden sich auch in anderen Bundesländern, sofern diese die Veranstaltung von Wetten nicht selbst übernommen haben 119 . Letzteres ist z.B. in Baden-Württemberg der Fall, wo das Land selbst eine Zahlenlotterie veranstaltet, deren Reingewinn im Staatshaushalt für die Förderung des Sports und für kulturelle Zwecke verwendet wird 1 2 0 . Dieser Gewinn betrug im Jahre 1986 280 Millionen D M 1 2 1 . Insgesamt haben die Bundesländer 1986 aus den Konzessionsabgaben von Wettunternehmen bzw. aus den Gewinnablieferungen 1,496 Milliarden D M eingenommen122.
3. Die Schankerlaubnissteuer Die Schankerlaubnissteuer bildet von ihrer Konzeption her ein typisches Beispiel für eine Erlaubnisabgabe. Sie belastet "die Erlangung der Erlaubnis zum ständigen Betrieb einer Gastwirtschaft, einer Schankwirtschaft oder eines Kleinhandels mit Branntwein" 123 . Die Steuer beträgt nach einer Mustersteuerordnung 2,5 bis 5 vom Hundert des Betriebsvermögens zur Zeit der Erlaubniserteilung sowie 5 bis 10 vom Hundert des Jahresertrags 124. Sie konnte seit 1927 auch nur nach dem Jahresertrag des erlaubnispflichtigen Betriebs bemessen werden. Das Betriebsvermögen hatte sich nämlich als wenig geeignete Bemessungsgrundlage erwiesen, weil dazu nach den maßgeblichen Bewertungsvor-
117
Regierungsbegründung zu § 4 des Gesetzes, Landtagsdrucksache 3/46, S. 8 f.
118
Dietz, Wirtschaft und Statistik 1986, 833 (835).
119
Siehe den Nachweis der einschlägigen Regelungen bei Astl/Rathleff, Das Glücksspiel, S.
57 ff. 120
§§ 1 und 2 Gesetz über das Zahlenlotto in Baden-Württemberg.
121
Dietz, Wirtschaft und Statistik 1986, 833 (835).
122
Dietz, ebenda, S. 835.
123
§ 1 Abs. 1 Mustersteuerordnung, abgedruckt bei Surén, Gemeindeabgabenrecht, C II (S. 237); siehe auch BVerfGE 13,181 f. 124
§ 2 Abs. 1 Mustersteuerordnung, ebenda.
III. Erlaubnis zu sozial schädlichen Tätigkeiten
49
Schriften nur Gegenstände zählten, die dem Betriebsinhaber gehörten, nicht aber solche, die - wie im Gaststättengewerbe, wo die Einrichtung der Betriebe vielfach ganz oder in wesentlichem Umfang von Brauereien zur Verfügung gestellt wird, weithin üblich - gemietet oder gepachtet waren 125 . Für die Steuer, die an die Kommunen zu entrichten ist, haftet der, dem die Erlaubnis erteilt worden ist 126 . Die Einzelheiten der Steuererhebung wurden nicht in den Kommunalabgabengesetzen der einzelnen Länder geregelt, sondern der Rechtssetzung durch die Kommunen überlassen, denen die Aufsichtsbehörden durch Mustersteuerordnungen einen Rahmen ihrer Satzungsbefugnis vorgaben. Während der Ertrag der Schankerlaubnissteuer von 3 Millionen D M im Jahre 1950 zunächst auf 16 Millionen D M im Jahre 1960 sowie 27 Millionen D M im Jahre 1965 angestiegen war und 1970 einen Höchststand von 40 Millionen D M erreichte, so daß das Aufkommen für die Kommunen eine größere Bedeutung zu gewinnen schien 127 , begann nach 1970 eine Bewegung zur Abschaffung der Bagatellsteuern sich durchzusetzen, die zu einem deutlichen Rückgang des Aufkommens führte, das 1975 bereits auf 14 Millionen D M gefallen war. Ähnlich wie Nordrhein-Westfalen im Jahre 1973 entschlossen sich immer mehr Bundesländer, die Erhebung der Schankerlaubnissteuer zu beenden128. Vor allem die schlechte Finanzsituation der Gemeinden hat mittlerweile allerdings dazu geführt, daß die Entwicklung hin zur völligen Beseitigung der Schankerlaubnissteuer gestoppt wurde 129 . So wird die Schankerlaubnissteuer in den Gemeinden der Länder Hessen und Rheinland-Pfalz weiterhin erhoben 130. Die Rechtfertigung der Erhebung einer Schankerlaubnissteuer ist allerdings schon lange problematisch geworden. Ursprünglich war für die Einführung und Bemessung der Steuer in erster Linie der Gesichtspunkt maßgebend, die öf125 Siehe den Runderlaß des Preußischen Innenministers und des Finanzministers vom 5. März 1927, Ministerialblatt für die Preußische innere Verwaltung 1927, Sp. 283 f. und BVerfGE 13, 181 (188 f.). 126
§ 1 Abs. 2 und § 7 Abs. 2 Mustersteuerordnung, Surén, Gemeindeabgabenrecht, C II (S.
237). 127
Czapski, Deutsche Gemeindesteuer-Zeitung 1967, S. 129.
128
Dahmen/Küffmann, Kommunalabgabengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen, S. 187 ff.; Flämig, Artikel "Schankerlaubnissteuer", in: Handwörterbuch des Steuerrechts, 2. Band, S. 1179 f.; Hansmeyer, Steuern auf spezielle Güter, Handbuch der Finanzwissenschaft, Band II, S. 870 ff.; Peters, Handbuch der kommunalen Wissenschaft und Praxis, 3. Band, S. 340 ff.; Surén, Gemeindeabgabenrecht, C III (S. 240 ff.). 129 Mache, BB 1986, 2313; Rudolph, BB 1984, 1094; vgl. ferner das rheinland-pfälzische Gesetz zur Aufhebung des Gesetzes über die Aufhebung von Bagatellsteuern vom 26. Juni 1986, GVB1.19861, S. 209. 130
Siehe das hessische Gesetz zur Aufhebung des Gesetzes über die Aufhebung von Bagatellsteuergesetzen vom 26. Juni 1986, GVB1.1 S. 209 und § 4 Abs. rheinlandpfälzisches Kommunalabgabengesetz; femer Zöller, Recht der Gemeindesteuern, Neue Wirtschafts-Briefe, Fach 12, S. 231 (234). 4 Wieland
50
1. Kapitel: Erscheinungsformen von Erlaubnisabgaben
fentliche Hand an dem Vermögensvorteil teilhaben zu lassen, der für den Unternehmer in der Erteilung der Erlaubnis lag, die nur aufgrund einer Bedürfnisprüfung erfolgte und dem Erlaubnisinhaber Konkurrenz fernhielt 131 . Das geltende Gaststättengesetz von 1970 kennt aber keine Bedürfnisprüfung mehr. Es regelt in § 4 die Gründe, aus denen eine Gaststättenerlaubnis zu versagen ist, ohne daß jedoch bei Nichtvorliegen der Versagensgründe potentiellen Interessenten ausdrücklich ein entsprechender Rechtsanspruch eingeräumt würde. Die Literatur leitet einen solchen Rechtsanspruch aus § 31 Gaststättengesetz in Verbindung mit § 1 Gewerbeordnung ab 132 . Das Bundesverfassungsgericht hat 1961 festgestellt, daß die Erhebung der Schankerlaubnissteuer sowohl hinsichtlich der Gesetzgebungskompetenz als auch hinsichtlich Art. 12 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG auf keine verfassungsrechtlichen Bedenken stößt 133 . Die Qualifizierung der Schankerlaubnissteuer als Erlaubnisabgabe hängt heute davon ab, ob sie weiterhin darauf gerichtet ist, einen in der Erlaubnis zum Betrieb einer Gaststätte liegenden Vermögensvorteil abzuschöpfen. Ein solcher Vorteil besteht möglicherweise nicht, wenn sich tatsächlich über den reinen Gesetzeswortlaut des Gaststättengesetzes hinaus aus dessen Interpretation oder aus den Grundrechten ein Anspruch von Bewerbern auf Erteilung einer Erlaubnis ableiten läßt. Das ist erst nach genauerer Untersuchung zu klären. Auch wenn die wirtschaftliche Bedeutung der Steuer gegenwärtig gering ist, soll sie deshalb in die vorliegende Arbeit einbezogen werden.
I V . Zwischenergebnis Der vorstehende Überblick über Abgaben, die ihrem Tatbestand nach eine wirtschaftsverwaltungsrechtliche Erlaubnis belasten, hat eine beträchtliche Vielfalt dieser Geldleistungspflichten gezeigt. Gemeinsam ist ihnen, daß sie an Vorteile anknüpfen, die dem Begünstigten aus der Erlaubnis erwachsen. Diese Vorteile können in der Möglichkeit zur Nutzung knapper natürlicher Ressourcen, von Monopolen der Daseinsvorsorge oder im Betrieb eines Unternehmens bestehen, das Gelegenheit zu vom Staat als sozial schädlich beurteilten Betäti-
131
Siehe das Ministerialblatt für die Preußische innere Verwaltung 1906, S. 277 - Ausführungsanweisungen vom 29. September 1906 - und dazu Schneider, DÖV 1950, 364. 132 Michel/Kienzle, Das Gaststättengesetz, Rdnr. 63 zu § 4; Mörtel/Metzner, Gaststättengesetz, Rdnr. 1 zu § 4. 133 BVerfGE 13, 181; vgl. femer Benne, Deutsche Gemeindesteuer-Zeitung 1973, 82; Heydt, Kommunale Steuer-Zeitschrift 1971, 69; zuvor war schon das Bundesverwaltungsgericht zum gleichen Ergebnis gekommen, BVerfGE 6, 50; insbesondere eine Gleichartigkeit der Schankerlaubnissteuer mit der Geweibesteuer - oder falls die Schankerlaubnissteuer nach dem Umsatz des Betriebs bemessen wird - mit der Umsatzsteuer wird von der Rechtsprechung verneint, siehe BVerwG, Beschluß vom 22. April 1977, Kommunale Steuer-Zeitschrift 1978, 72; OVG Münster, Urt. v. 28. März 1973, Kommunale Steuer-Zeitschrift 1973, 197.
IV. Zwischenergebnis
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gungen gibt. In allen drei Fällen hat der Staat privatwirtschaftliches Handeln von einer Erlaubnis abhängig gemacht, auf die kein Rechtsanspruch besteht. Wird die Erlaubnis erteilt, entsteht eine Abgabenpflicht. Diese Verbindung von Erlaubnispflichten und Abgabenpflichten mag aus wirtschaftlicher Sicht verständlich erscheinen: Der Erlaubnisinhaber muß für den ihm vom Staat eingeräumten Vorteil einen Preis zahlen. Aus rechtlicher Sicht sind Erlaubnisabgaben keinesfalls selbstverständlich: Sie wecken den Verdacht, die Verwaltung könnte sich in ihrem Handeln von fiskalischen Motiven leiten lassen anstatt über die Erteilung von wirtschaftsverwaltungsrechtlichen Erlaubnissen allein nach sachgebietsbezogenen, gesetzlich vorgegebenen Kriterien zu entscheiden. Sind Erlaubnisabgaben also nur überholte Relikte längst vergangener Rechtsund Wirtschaftsordnungen? Oder haben sie auch im wirtschaftsverwaltenden Rechtsstaat des Grundgesetzes ihre Berechtigung? Um diese Fragen beantworten zu können, müssen die Geschichte der Erlaubnisabgaben und ihr wirtschaftstheoretischer Hintergrund untersucht worden.
1. T e i l
Geschichtliche und rechtsdogmatische Entwicklung der Konzessionsabgaben und ihr wirtschaftstheoretischer Hintergrund Bereits die Bestandsaufnahme der gegenwärtig erhobenen Erlaubnisabgaben hat gezeigt, daß die Belastung wirtschaftsverwaltungsrechtlicher Erlaubnisse mit Geldleistungspflichten Ausdruck einer Rechtstradition ist. Konzessionen und Konzessionsabgaben finden ihren Ursprung in den Regalien des Mittelalters; sie waren von erheblicher Bedeutung für die merkantilistische Wirtschaftsordnung des 18. Jahrhunderts und lebten auch im 19. Jahrhundert fort. Erst die Gewerbeordnung von 1869 hob die letzten Berechtigungen auf, Konzessionen zu gewerblichen Anlagen oder zum Betrieb von Gewerben zu erteilen, die dem Fiskus, Korporationen, Instituten oder einzelnen Berechtigten noch zustanden; zugleich wurden auch die Abgaben beseitigt, die neben der Gewerbesteuer noch für den Betrieb eines Gewerbes zu entrichten waren 1. Als der Wirtschaftsliberalismus zu Beginn des 20. Jahrhunderts mehr und mehr von einem Wirtschaftsinterventionismus abgelöst wurde, griff der Staat wieder auf die Rechtsinstitute Konzession und Konzessionsabgabe zurück, die nunmehr allerdings nur noch auf einzelne Erwerbstätigkeiten wie den Bergbau oder den Betrieb von Schankwirtschaften Anwendung fanden. Diese geschichtliche Entwicklung hat Konzessionen und Konzessionsabgaben geprägt. Ihre Eigenart läßt sich nur vor dem Hintergrund ihrer Ursprünge zutreffend erfassen. Aus diesem Grund sollen im folgenden 1. Teil der Arbeit zunächst die Geschichte der Konzessionsabgaben und die ihr zugrundeliegenden wirtschaftstheoretischen Vorstellungen untersucht (Kapitel 2), sodann die Entwicklung und Dogmengeschichte des Konzessionsbegriffs nachgezeichnet werden (Kapitel 3).
1 Siehe § 7 Abs. 1 Nr. 5 und 6 GewO; dazu Landmann/ Rohmer, Gewerbeordnung, Rdnr. 10 ff. zu § 6.
54
Kapitel 2: Entwicklung und Hintergrund der Konzessionsabgaben 2. Kapitel
Geschichtliche Entwicklung der Konzessionsabgaben und ihr wirtschaftstheoretischer Hintergrund Aufschluß über die geschichtlich geprägte Eigenart der Konzessionsabgaben verspricht vor allem eine Untersuchung der bergrechtlichen Förderzinse, die in wechselnder Ausgestaltung seit dem Mittelalter erhoben werden. Diese Kontinuität der Abgabenbelastung des Bergbaus durch allen Wandel der Beziehungen zwischen politischer Herrschaft und Erwerbswirtschaft hindurch gewährt einen aufschlußreichen Einblick in die Besonderheit der Konzessionsabgaben, zumal die theoretischen Vorstellungen über das Verhältnis des Staates zur Wirtschaft sich im Laufe der Jahrhunderte deutlich gewandelt haben. Welche Bedeutung der ungebrochenen Rechtstradition für die Bergwerksabgaben zukommt, zeigt sich auch daran, daß der Gesetzgeber vor wenigen Jahren die Erhebung der bergrechtlichen Förderabgabe, die nach ihrem Aufkommen zu den wirtschaftlich bedeutendsten Erlaubnisabgaben zählt, vorrangig mit geschichtlichen Argumenten begründet hat und begründen konnte2 (I). Daneben verspricht die Geschichte der gemeindlichen Konzessionsabgaben sowie der Schankerlaubnissteuer, die bis in die ersten Jahre dieses Jahrhunderts zurückreicht, Erkenntnisse über die Gründe, mit denen die Erhebung von Erlaubnisabgaben gerade in der Zeit nach Ablösung des Wirtschaftsliberalismus durch den Wirtschaftsinterventionismus gerechtfertigt wurde (II).
I. Die bergrechtlichen Förderzinse als Paradigma Die Kontinuität der Erhebung von bergrechtlichen Förderzinsen steht in bemerkenswertem Kontrast zu dem Wandel der Grundlagen und Formen der Abgabenerhebung seit dem Mittelalter. Während damals die Abgabenpflichten der Bergbautreibenden auf dem Bergregal beruhten (1.), belasteten die Bergwerksabgaben im Merkantilismus die Konzession, Bergbau zu betreiben (2.). Nach dem Vorbild der Liberalisierung des Bergbaus in Frankreich zur Zeit der Revolution (3.) konnte sich zwar auch in Deutschland um die Mitte des 19. Jahrhunderts herum im Gefolge des Wirtschaftsliberalismus die Bergbaufreiheit durchsetzen, ohne daß die Pflicht zur Zahlung besonderer Bergwerksabgaben jedoch beseitigt worden wäre (4.). Seit der Einführung von Staatsvorbehalten für die wichtigsten Mineralien in den ersten Jahrzehnten dieses Jahrhunderts wurden dann bergrechtliche Förderzinsen in Konzessionsverträgen zwischen Staat und Bergbauuntemehmen vereinbart, bis 1982 die Erhebung der 2
Bundestagsdrucksache 8/1315, S. 95.
I. Die bergrechtlichen Förderzinse als Paradigma
55
bergrechtlichen Förderabgabe ihre gesetzliche Grundlage im Bundesberggesetz fand (5.).
7. Die Regalabgaben des Mittelalters a. Das Wesen der Regalien Die auf das Bergregal gestützten Abgaben des Mittelalters sind Ausdruck der damaligen Regalienwirtschaft. Als Regalien (jura regalia) galten ursprünglich alle Rechte, die dem König als dem Träger der obersten Gewalt ausschließlich zustanden3. Sie lassen sich in höhere (jura regalia maiora) - z.B. Gerichtsbarkeit und Heerbann - sowie niedere (jura regalia minora) - wie etwa das Bergregal - unterscheiden; jene entsprachen den heutigen Hoheitsrechten, diese konnten verliehen werden und brachten dadurch dem Regalherrn finanziellen Nutzen 4 . Die niederen Regalien bildeten im Mittelalter die hauptsächliche Einnahmequelle der Regalherren, weil sich die Steuern als Instrument zur Finanzierung politischer Herrschaft nur sehr langsam durchsetzten5. Die Funktion der Regalien erschöpfte sich aber nicht im Finanziellen. Vielmehr wurden mit ihrer Hilfe Anforderungen des Gemeinwohls durchgesetzt. In Ermangelung einer eigenen Reichsverwaltung war der König gezwungen, Aufgaben, die er selbst nicht wahrnehmen konnte, seinen Fürsten zu übertragen. Das geschah im Wege der Verleihung von Regalien; sie war nicht etwa Ausdruck eines Verfallsprozesses, sondern diente im Mittelalter dem Zweck, Aufgaben zu erfüllen, deren sich heute der Staat angenommen hat. Letztlich handelte es sich um eine zeitgemäße Form der Dezentralisierung der Verwaltung. Indem der König an die Fürsten Regalien vergab, vertraute er ihnen ein Stück öffentlicher Gewalt an, behielt aber ihre Amtsführung kraft des Lehensbundes bzw. kraft ausdrücklicher urkundlicher Verpflichtung unter Kontrolle 6 . Ursprünglich handelte es sich bei dem Regal also um ein Pflichtrecht, d.h. um
3
Troeltsch, Art. "Regalien", in: Handwörterbuch der Staatswissenschaften, 7. Band, S. 57.
4
Conrad, Deutsche Rechtsgeschichte I, S. 271; Spahn, Die Kantonalen Regalrechte, S. 25 f.; Neumark, Art. "Regalien", in: Handwörterbuch der Staatswissenschaft, 6. Band, S. 1208 (1209); daneben werden die bereits in der fränkischen Zeit sicher nachzuweisenden Befugnisse wie das Markt-, Münz- und Zollrecht (ältere Regalien) den erst im Hochmittelalter vom König beanspruchten jüngeren Regalien gegenübergestellt, unter die neben Jagd- und Fischereiregal sowie Strom und Straßenregal auch das Bergregal fiel, siehe Conrad, ebenda, S. 271 und Badura, Das Verwaltungsmonopol, S. 45. 5 Badura, ebenda, S. 51; Häuser, Abriß der geschichtlichen Entwicklung der öffentlichen Finanzwirtschaft, in: Handbuch der Finanzwissenschaft, Band I, S. 3 (28 ff.). 6 Gierke, Deutsches Privatrecht, 2. Band, S. 396 ff.; Mitteis, Der Staat des hohen Mittelalters, S. 69; Thieme, Zeitschrift der Savigny-Stiftung, Gemian. Abt. 62 (1942), 57 (65 ff.).
5 6 K a p i t e l 2: Entwicklung und Hintergrund der Konzessionsabgaben eine Befugnis, deren Pflichtgehalt den Umfang des zugeteilten Rechts vollkommen ausfüllte 7. Die Macht der Könige reichte allerdings nicht aus, um ihnen eine dauerhafte Nutzung der Regalien zu sichern. Im Laufe der Zeit erkannten die Fürsten Regalien des Königs mehr und mehr nur noch dann an, wenn dieser die gleichen Regalien sofort wieder an sie verlieh - der königliche Anspruch auf die Regalien verließ in diesen Fällen kaum den Bereich des Theoretischen. Die Verleihung der Regalien stärkte so die Territorialherren gegenüber der Zentralgewalt und erlaubte ihnen, ihre Territorien zu Staaten im modernen Sinne zu entwickeln. Als die Landeshoheit (jus territorii et superioritatis) sich mit dem Westfälischen Frieden endgültig herausgebildet hatte, standen auch die Regalien dem Landesherrn kraft eigenem Recht zu. Soweit diese die Regalien dann als Vermögenswerte Rechte behandelten und weiterveräußerten, stellte das allerdings eine Kommerzialisierung von Hoheitsrechten und damit eine Verfallserscheinung dar 8.
b. Das Bergregal als Grundlage der Förderzinsen Abgabenpflichten der Bergbautreibenden sind in Deutschland schon im frühen Mittelalter nachweisbar 9; wegen der unsicheren Quellenlage läßt sich allerdings nicht mehr klären, ob den damaligen Naturalabgaben der Bergbautreibenden an Könige und Landesherren schon das Rechtsinstitut des Bergregals zugrundelag oder ob die Abgabenpflichten aus dem Grundeigentum abgeleitet wurden 10 . Jedenfalls vom 13. Jahrhundert an war das Bergregal allgemein anerkannt 11 . Der Regalherr leitete aus dem Regal das Recht ab, den Bergbautrei-
7
Siehe die Beispiele für Regalien als Pflichtrechte bei Thieme, ebenda, S. 68 ff.
8
Zum Übergang der Regalien auf die Territorialherren siehe neben den in den vorigen Fußnoten zitierten Autoren noch Zoepfl, Grundsätze des gemeinen deutschen Staatsrechts, S. 884 ff. und O. Brunner, Land und Herrschaft, S. 165 ff. 9 Zur Entwicklung des Bergbaus in Deutschland in dieser Zeit siehe Ermisch, Sächsisches Bergrecht, S. L X X X I X ; Müller-Erzbach, Das Bergrecht Preußens und des weiteren Deutschlands, S. 12 ff.; Schmoller, Jahrbuch für Gesetzgebung, Verwaltung und Volkswirtschaft im Deutschen Reich 15 (1891), 635 (660 ff.). 10 Diese Frage war Gegenstand eines heftigen Meinungsstreits in der deutschen Rechtswissenschaft des späten 19. Jahrhunderts, siehe dazu Achenbach, Das gemeine deutsche Bergrecht, 1. Teil, S. 68 ff.; denselben, Französisches Bergrecht, S. 23 und 26; A. Arndt, Zur Geschichte und Theorie des Bergregals und der Bergbaufreiheit, S. 2 ff.; Zycha, Das Recht des ältesten deutschen Bergbaues bis ins 13. Jahrhundert, S. 11 ff.; weitere Nachweise zu diesem Meinungsstreit bei Westhoff/Schlüter, Zeitschrift für Bergrecht 50 (1909), 27 (33 ff.). 11 Urkundlich belegt ist schon ein Privileg Konrads II. aus dem Jahre 1028, das dem Bistum Basel das Recht zum Beigbau verlieh, siehe Müller-Erzbach, Das Bergrecht Preußens und des weiteren Deutschlands, S. 44 mit weiteren Nachweisen; 1189 räumte Friedrich I. das Recht zum Berg-
I. Die bergrechtlichen Förderzinse als Paradigma
57
benden den Betrieb zu gestatten und zu begrenzen, sich selbst an diesem Betrieb zu beteiligen, Abgaben von ihm zu erheben und Vorschriften aller Art über ihn zu erlassen 12. Hinzu kam ein Vorkaufsrecht an den produzierten Metallen, das von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung war. Es bezog sich auf die edlen Metalle, oft auch auf Kupfer und Blei. Da der Regalherr den Bergbautreibenden wesentlich niedrigere Preise zahlte, als dem Marktwert der Metalle entsprochen hätte, hatte das Vorkaufsrecht für den Regalherrn wirtschaftlich gesehen ähnliche Bedeutung wie die Berg werksabgabe, der Zehnte 13 . Diese Rechte wie auch die übrige mittelalterliche Bergwerksverfassung zeigen, daß die Beleihung durch den Regalherrn nicht etwa den Beliehenen zum Privatunternehmer im modernen Sinne machte. Dem Landesherrn als Inhaber des Regals standen nicht private Unternehmer gegenüber, die Bereiche von Wirtschaft und politischer Herrschaft waren nicht strikt gegeneinander abgegrenzt, sondern flössen ineinander. Der Regalherr betrachtete den Bergbaubetrieb weiterhin als sein Unternehmen, die Bergbautreibenden als seine Beauftragten, seine Bergbeamten als deren Aufsicht. Die moderne Vorstellung, daß ein Privatmann mit seinem Kapital Unternehmen gründen könne, war nicht die des Mittelalters. Das Regal entsprach nicht der gewerberechtlichen Konzession des 19. Jahrhunderts, als die staatliche Erlaubnis privates Unternehmertum freisetzte. Anders als der moderne individualistische Eigentumsbegriff umfaßte das mittelalterliche Eigentum eine Vielzahl von einzelnen Berechtigungen, die für Bergbauunternehmen komplizierte Rechts- und Betriebsverhältnisse schufen 14 .
bau dem Bischof Conrad von Trient für den Bezirk des Trientiner Bistums ein; Heinrich VI. verlieh den Bischöfen von München, Paderborn und Osnabrück im gleichen Jahr ebenfalls das Recht zum Bergbau; zu diesen und zahlreichen späteren Verleihungen siehe Achenbach, Das gemeine deutsche Bergrecht, S. 85 ff.; A. Arndt, Zur Geschichte und Theorie des Bergregals und der Bergbaufreiheit, S. 198 f. und Zycha, Das Recht des ältesten deutschen Bergbaues bis ins 13. Jahrhundert, S. 33; vgl. femer Badura, Das Verwaltungsmonopol, S. 45, und Conrad, Deutsche Rechtsgeschichte I, S. 271. Nicht eindeutig geklärt ist, ob sich Buch I, Art. 35 des Sachsenspiegels mit dem Wort "schat" auch auf Mineralien bezieht, siehe A. Arndt, Zur Geschichte und Theorie des Bergregals und der Bergbaufreiheit, S. 97 ff.; Müller-Erzbach, Das Bergrecht Preußens und des weiteren Deutschlands, S. 45 Fn. 2; Westhoff/Schlüter, Zeitschrift für Bergrecht 50 (1909), 27 (44) und Zycha, Das Recht des ältesten deutschen Bergbaues bis ins 13. Jahrhundert, S. 56, alle mit weiteren Nachweisen. 12 A. Arndt, Zur Geschichte und Theorie des Bergregals und der Bergbaufreiheit, S. 51 ff.; Badura, Das Verwaltungsmonopol, S. 47 ff.; Conrad, Deutsche Rechtsgeschichte I, S. 276 f.; II, S. 144 f.; Müller-Erzbach, Das Bergrecht Preußens und des weiteren Deutschlands, S. 38 ff.; Schmoller, Jahrbuch für Gesetzgebung, Verwaltung und Volkswirtschaft im Deutschen Reich 15 (1891), 635 (670); Westhoff/Schlüter, Zeitschrift für Bergrecht 50 (1909), 27 (32 f.). 13 Schmoller, Jahrbuch für Gesetzgebung, Verwaltung und Volkswirtschaft im Deutschen Reich 15(1891), 635 (670 f.). 14 Schmoller, Jahrbuch für Gesetzgebung, Verwaltung und Volkswirtschaft im Deutschen Reich 15 (1891), 635 (669 ff.).
5 8 K a p i t e l 2: Entwicklung und Hintergrund der Konzessionsabgaben Die volkswirtschaftliche Bedeutung des Bergregals zeigt sich darin, daß die Landesherren bereits gegen Ende des 14. Jahrhunderts damit begannen, Teile ihrer Einnahmen aus Zehntem und Vorkaufsrecht zur Unterstützung notleidender Bergwerke einzusetzen. Ökonomisch gesehen handelte es sich um eine Investition, deren Ertrag die künftigen Abgaben der Bergwerke bildeten. Die Landesherren waren zur Finanzierung ihres Machtapparates auf diese Beteiligung an den Erträgen wirtschaftlichen Handelns angewiesen. Sie mußten dafür Sorge tragen, daß geeignete Rahmenbedingungen für den Bergbau als wichtigen Wirtschaftszweig geschaffen und erhalten wurden. Um die wirtschaftliche Lebensfähigkeit der Bergwerke zu sichern, wurden die Bergwerksabgaben oft verringert bzw. die bei der Ausübung des Vorkaufsrechts gezahlten Preise erhöht. Die Erfolge dieser Politik zeigten sich um 1500 z.B. darin, daß Sachsen durch sein Bergregal der reichste Territorialstaat Deutschlands wurde. Unter Kurfürst August betrugen die jährlichen Zuschüsse ungefähr 10.000 Gulden, denen z.B. im Jahre 1582 fast 34.000 Gulden an Erträgen gegenüberstanden. Soweit es ihnen möglich war, vermieden die Landesherren jedoch, den Bergbau völlig in eigene Verantwortung, gewissermaßen als Eigenbetrieb, zu übernehmen. Vielmehr griffen sie nur subsidiär ein, wenn die Bergbautreibenden (Gewerken) aus eigener Kraft eine wirtschaftliche Unternehmung nicht aufrechterhalten konnten und privates Kapital nicht ausreichend zur Verfügung stand. Wo immer es ging, versuchten die Landesherren zunächst, private Kapitalgeber dazu zu bewegen, in den Bergbau zu investieren. Sie selbst übten ihren Einfluß vor allem über die Abgabenpolitik aus, indem sie in guten Jahren über hohe Abgabensätze einen erheblichen Teil der Gewinne abschöpften, in schlechten Jahren umgekehrt die Abgaben so weit ermäßigten, daß die Gewerken den Betrieb aufrechterhalten konnten. Für ungünstig gelegene Gruben gab es landesherrliche Fahrtkostenzulagen, für gewinnversprechende Unternehmen wurden unverzinsliche Betriebszuschüsse gewährt 15. Diese Subventionen ermöglichten es zwar den Bergbautreibenden oftmals erst, ihren Betrieb fortzuführen, brachten sie aber zugleich in eine immer stärkere Abhängigkeit von ihrem Regalherren. Das führte schließlich dazu, daß sie dessen Beamten die wirtschaftliche Leitung der Bergwerke völlig übertragen mußten. Schon wegen der landesherrlichen Münze, aber auch wegen der für die damalige Zeit beträchtlichen Kapitalien, die im Bergbau eingesetzt wurden, sahen die Landesherren es als ratsam an, den Betrieb des Bergbaus sorgfältig zu überwachen. Vor allem um Mißbräuche zu verhindern und sich der für die ei-
15
Wahle, Zeitschrift für Bergrecht 45 (1904), S. 439.
I. Die bergrechtlichen Förderzinse als Paradigma
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gene Münze benötigten Edelmetalle zu vergewissern, übernahmen die Landesherren ab ca. 1600 die Hütten immer mehr als Eigenbetriebe 16. Deutlich wurde der stärkere Zugriff der Landesherren auf den Bergbau darüber hinaus in den Bergordnungen des späten Mittelalters. Während diese Ordnungen zunächst nur die Rechte der am Bergbau Beteiligten voneinander abgegrenzt hatten, bestanden sie nun hauptsächlich aus Betriebsvorschriften. Der technische, organisatorische und verwaltungsmäßige Ablauf der Erzgewinnung wurde bis in alle Einzelheiten geregelt 17. Während die Bergarbeiter selbst als Gewerken im 14. Jahrhundert Genossenschaften bildeten, erforderte der Grubenbetrieb infolge der fortentwickelten und verfeinerten Technik im 15. und 16. Jahrhundert solche Kapitalien, daß fremde Kapitalgeber gebraucht wurden. Die Anteile an einer Grube (Kuxe) konnten von Bürgern, Hausbesitzern, Handwerkern, Kaufleuten und Ratsherren einer bergbautreibenden Stadt, von der Stadt selbst, von Klöstern, Landesfürsten oder von fremden Kaufleuten und Kapitalgebern erworben werden. Nur ausnahmsweise waren Kuxe noch im Besitz der Bergarbeiter selbst, das Schwergewicht der finanziellen Beteiligung lag bei Kaufleuten und Kapitalgebern aus großen Handelsstädten. Die Fugger und andere Bankiers aus Augsburg erwarben Anteile in allen bedeutenden Bergbaugebieten. Sie förderten monopolistische Tendenzen und suchten den freien Wettbewerb auszuschalten, verfügten aber nicht über genügend Kapital, um diese Absichten nachhaltig verwirklichen zu können 18 . Die für das Mittelalter sehr fortschrittliche Unternehmensorganisation erforderte eingehende rechtliche Regelungen. Die Landesherren waren im Interesse der Förderung der Wirtschaft ihres Landes an rechtlich geordneten Verhältnissen im Bergbau interessiert. Bergbauuntemehmen waren auf auswärtiges Kapital angewiesen, das wiederum nur investiert wurde, wenn die Kapitalgeber auf eine ordentliche Bewirtschaftung vertrauen konnten. Diese durchzusetzen, wurden die detaillierten Regelungen der Bergordnungen geschaffen. Die sogenannten Regalbeamten - Bedienstete der Regalinhaber - hatten für korrekte Abrechnungen im Interesse der auswärtigen Kuxenbesitzer zu sorgen, die sich selbst nicht um ihre Anlagen kümmern konnten 19 .
16 Schmoller, Jahrbuch für Gesetzgebung, Verwaltung und Volkswirtschaft im Deutschen Reich 15(1891), 966 ff. 17
Schmoller, ebenda, S. 982 ff.
18
Müller-Erzbach, Das Bergrecht Preußens und des weiteren Deutschlands, S. 21 f.
19
Schmoller, Jahrbuch für Gesetzgebung, Verwaltung und Volkswirtschaft im Deutschen Reich 15(1891), S. 985 ff.
6 0 K a p i t e l 2: Entwicklung und Hintergrund der Konzessionsabgaben Regalbeamte, Geweiken und Arbeiter betätigten sich somit allesamt als Beauftragte des Regalherren. Ihre Rechtsverhältnisse zueinander wurden von den Bergordnungen geordnet. Diese Einbindung aller am Bergbau Beteiligten in eine landesherrliche Ordnung war kennzeichnend für die Wirtschaftsform des spätmittelalterlichen Bergbaus. Die Gewerken hatten nicht das Recht, ihre Arbeiter nach Belieben einzustellen, zu entlassen oder zu entlohnen. Vielmehr entschied das Bergamt über die Arbeitsverhältnisse, sorgte fUr die Einhaltung der Arbeitspflicht und auch für gleichmäßige Lohnzahlungen20. Veranlaßt waren diese Regelungen durch die volkswirtschaftliche Bedeutung der Bergwerke. Bergbau und Münze bildeten neben den Domänen die wichtigsten Teile der landesherrlichen Kammerverwaltung. Die wachsende Bedeutung der Regaleinkünfte ergab sich beinahe zwingend aus der sich immer mehr verbreitenden Geldwirtschaft. Hinzu kam, daß Steuern im modernen Sinne sich nur sehr allmählich durchsetzen konnten und ihre Eintreibung zumeist nicht einmal annähernd vollständig gelang21. Im Laufe der Zeit trat der Landesherr immer mehr in die Rolle des Unternehmers ein und machte sich den Betrieb der Bergwerke und Hütten zu eigen. Parallel zu dieser Entwicklung verloren die Regalabgaben ihre Eigenart als Zahlungen aus fremdem Vermögen, die sie angesichts der geschilderten Verflechtungen zwischen Landesherrschaft und Bergbautreibenden ohnehin nie in ganz reiner Form besessen hatten. Die Regalabgaben stellten sich so gesehen für den Landesherrn immer deutlicher als Erträge aus eigener wirtschaftlicher Tätigkeit dar. Die Zahlungen der Bergbautreibenden wurden von Abgaben auf fremde Einkünfte zu eigenen Einnahmen des Regalherren. Die Landesherren waren deshalb weiterhin sehr darum bemüht, den Bergbau und die Verhüttung zu fördern sowie Bergleute ins Land zu holen; sie privilegierten deren Stellung durch zahlreiche Vorrechte, um dadurch ihren eigenen Reichtum und den ihrer Länder zu mehren. Dennoch ging die wirtschaftliche Bedeutung der Gewinnung und Verarbeitung von Bodenschätzen von der Mitte des 16. Jahrhunderts an stark zurück. Dazu trugen der wirtschaftliche Niedergang der Städte und der Ruin der großen Handelshäuser ebenso bei wie die immer noch unvollkommenen technischen Fertigkeiten, vor allem im Kampf gegen das Grubenwasser. Hinzu kam der Verfall des Weltmarktes für Silber. Die deutschen Gruben waren dem Wettbewerb nicht gewachsen, dem sie die reichen Silberimporte aus Amerika aussetzten. Den Schlußpunkt des 20 21
Schmoller, ebenda, S. 1009 ff.
Häuser, Abriß der geschichtlichen Entwicklung der öffentlichen Finanzwirtschaft, Handbuch der Finanzwissenschaft, Band 1, 3. Aufl., S. 3 (35 f.); T. Mayer, Geschichte der Finanzwirtschaft vom Mittelalter bis zum Ende des 18. Jahrhunderts, Handbuch der Finanzwissenschaft, 1. Band, 2. Aufl., S. 236 (254).
I. Die bergrechtlichen Förderzinse als Paradigma
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wirtschaftlichen Niedergangs setzte der Dreißigjährige Krieg, der den Bergbau fast überall in Deutschland zum Erliegen brachte. Mit seinen Verwüstungen endete die frühe Geschichte des deutschen Bergbaus; zugleich kamen die Zahlungen der bergbautreibenden Unternehmen an die Regalherren aus den Erträgen ihrer Betriebe zum Erliegen 22 .
2. Bergwerksabgaben im Merkantilismus Im 18. Jahrhundert weitete der Staat seinen Einfluß auf den allmählich wiederbelebten Bergbau in Übereinstimmung mit den merkantilistischen Wirtschaftstheorien erheblich aus. Er führte damit eine Entwicklung fort, die bereits im Mittelalter angelegt war. Bodenschätze besaßen für den Staat des Merkantilismus eine so herausragende Bedeutung, daß ihre Gewinnung nicht privaten Unternehmern in eigener Verantwortung überlassen, sondern von den Inhabern der politischen Macht gesteuert und entweder sehr detailliert geregelt oder selbst durchgeführt wurde. Soweit Bergbau im Rahmen dieser obrigkeitlichen Vorgaben noch von Privaten betrieben wurde, beanspruchte der Staat einen Teil der Erträge. Diese Einwirkung auf den Bergbau war Ausfluß des von den absolutistischen Fürsten in Anspruch genommenen Rechts, die wirtschaftliche Betätigung zu erlauben und zu verbieten, ihre Ausübung manchen zu gestatten, sie anderen zu untersagen 23. Neben die aus dem Mittelalter überkommenen Regalien, die über ihre finanzielle Bedeutung hinaus eine volkswirtschaftliche Dimension gewannen, traten die Monopole 24 . Monopolisierung und Reglementierung wuchsen in gleichem Maße. Die Nutzbarkeit der niederen Regalien, zu denen auch das Bergregal zählte, blieb in Form regaler Abgaben erhalten, die Regalitätsvorstellung wurde zum Ansatzpunkt für Gebrauchserlaubnisse und Konzessionen. Wie andere niedere Regalien war das Bergregal in Form von Gerechtigkeiten verleihbar. Dabei trat seine Nutzbarkeit in regalen Abgaben in Erscheinung25. Die Reglementierung des Bergbaues, die an die eingehenden Regelungen der spätmittelalterlichen Bergordnungen anknüpfen konnte und nunmehr jedes Detail des Betriebs eines Bergwerks erfaßte, sowie die Erhebung von Berg-
22
Müller-Erzbach, Das Bergrecht Preußens und des weiteren Deutschlands, S. 24 ff.
23
Sombart, Der moderne Kapitalismus, S. 376 f.
24
Zum Verhältnis zwischen Regalen und Monopolen im jüngeren Regalismus, der im 16. Jahrhundert einsetzte, sowie zur Notwendigkeit, diesen von den Regalitätsvorstellungen des Mittelalters zu unterscheiden, Badura, Das Verwaltungsmonopol, S. 57 ff. mit weiteren Nachweisen. 25
Badura, Das Verwaltungsmonopol, S. 64 f. mit weiteren Nachweisen.
Kapitel 2: Entwicklung und Hintergrund der Konzessionsabgaben werksabgaben waren Ausdruck der Wirtschaftstheorie der Kameralisten 26. Sie gingen davon aus, daß die Steuerkraft eines Landes und damit der Reichtum seines Fürsten vom Produktionsvermögen und dem Besitz seiner Untertanen abhingen. Deshalb war es Ziel der Kameralisten, die nationalwirtschaftlichen Interessen eines Landes zu fördern und durch staatliche Eingriffe die wirtschaftliche Entwicklung voranzutreiben. Finanzpolitische Maßnahmen sollten die Kassen des Staates bzw. des Fürsten füllen und regelmäßige Haushaltsüberschüsse erbringen 27. Für die Verwirklichung dieser Ziele waren in den Augen der Kameralisten die natürlichen Ressourcen, vor allem die Mineralien, von erheblicher Bedeutung. Die Förderung von Bodenschätzen bildete die Voraussetzung für deren Weiterverarbeitung durch Manufakturen und Gewerbebetriebe. Zugleich dienten die Mineralien dazu, die wirtschaftliche Autonomie eines Staates zu sichern 28. Das Gedankengut des Kameralismus fand bezüglich des Bergbaus seinen klarsten rechtlichen Ausdruck in Teil Π, 16, Abschnitt 4 des Preußischen Allgemeinen Landrechts, der weithin das gemeine deutsche Bergrecht gegen Ende des 18. Jahrhunderts widerspiegelte. Der Bergbau wurde umfassend der Direktion des Bergamts unterworfen 29. Das Bergamt setzte die Preise der "Produkte der Grube" fest 30 , entschied über Einstellung und Entlassung der Bergleute und Steiger 31 sowie über die Höhe der Zubuße, die die Inhaber von Kuxen zur Finanzierung des Bergwerksbetriebs zu zahlen hatten32, und gleichzeitig über die Höhe der Ausbeute - heute würde man von einer Dividende sprechen -, die an
26 Die Kameralisten, die deutschen Vertreter des Merkantilismus, erhielten ihren Namen, weil sie sich um das Finanzwesen der Fürsten, das sogenannte camerale, kümmerten. 27 Häuser, Abriß der geschichtlichen Entwicklung der öffentlichen Finanzwirtschaft, in: Handbuch der Finanzwissenschaft, Band I, S. 3 (41); Mann, Abriß einer Geschichte der Finanzwissenschaft, ebenda, S. 77 (78 f.). 28 Tautscher, Geschichte der deutschen Finanzwissenschaft bis zum Ausgang des 18. Jahrhunderts, in: Handbuch der Finanzwissenschaft, 1. Band, S. 382 (389 ff.); derselbe, Art "Kameralismus", in: Handwörterbuch der Sozialwissenschaften, 5. Band, S. 463 (464 f.); vgl. ferner Bürgin, Art. "Merkantilismus", in: Handwörterbuch der Sozialwissenschaften, 7. Band, S. 308; Schäfer, Art. "Kameralismus", in: Staatslexikon, 3. Band, S. 277 f.; Ott, Art. "Merkantilismus", in: Staatslexikon, 3. Band, S. 1122 f.; zur wissenschaftlichen Entwicklung der Kameralistik H. Maier, Die ältere deutsche Staats- und Verwaltungslehre, S. 164 ff. 29 § 82 II 16 ALR spricht in diesem Zusammenhang von den Grundsätzen der Bergwerkspolizei; näher zu dieser neuen Vorstellung von der "Policey", die sich aus dem jüngeren Regalismus entwickelt hat, Badura, Das Verwaltungsmonopol, S. 65. 30
§315 II 16 ALR.
31
§307 II 16 ALR.
32
§ 274 II 16 ALR.
I. Die bergrechtlichen Förderzinse als Paradigma
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die Inhaber der Kuxe zu zahlen war 33 . Wie weit privater Einfluß auf die Bewirtschaftung der Gruben zurückgedrängt war, zeigt sich an dem Verbot, Gewerke oder deren Verwandte und Dienstboten als Steiger bzw. Schichtmeister auf ihrer Zeche zu beschäftigen 34. Die Bergämter regulierten die Preise so, daß die günstiger gelegenen Gruben ihre Produkte teurer verkaufen mußten als betriebswirtschaftlich notwendig gewesen wäre; so wurde der Absatz der Bergwerke geschützt, deren Betrieb mit höheren Kosten verbunden war. Das Cleve-Märkische Bergamt zu Wetter verfügte 1783 sogar, daß keine neuen Steinkohlenbergwerke in Betrieb gesetzt werden sollten, bis sich ein Kohlenmangel einstelle. Eine Vielzahl kleinerer Gruben wäre ohne staatliche Unterstützung selbst kaum in der Lage gewesen, ihren Betrieb wirtschaftlich und technisch effizient zu gestalten. Umgekehrt ließ das Direktionsprinzip wenig Raum für Eigeninitiative. Zugleich kam die staatliche Beherrschung des Bergbaues auch in einer hohen Abgabenbelastung zum Ausdruck, die der Freiherr vom Stein auf 20 % des Bruttowertes der Produktion schätzte35. Das Allgemeine Landrecht in Preußen sah grundsätzlich vor, daß dem Staat von allen zum Bergwerksregal gehörenden Metallen und Mineralien 36 , die gewonnen wurden, ein Zehntel zustand37. Zudem behielt sich der preußische Staat das Recht vor, die lohnendsten Mineralien und die sichersten Vorkommen selbst abzubauen38. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts erwies sich die merkantilistische Staatswirtschaft im Bergbau allerdings wie in anderen Wirtschaftszweigen als Hemmnis für die weitere technische und ökonomische Entwicklung. Ein Umschwung in den Beziehungen zwischen Staat und Wirtschaft kündigte sich an, der im Bergrecht seinen Ausgang von Frankreich her nahm.
3. Die Reform des Bergrechts in Frankreich Anders als in Preußen, wo das Allgemeine Landrecht ganz deutlich merkantilistisches Gedankengut zum Ausdruck brachte, ließ die Berggesetzgebung der französischen Revolutionszeit bereits deutlich den Einfluß liberalen Wirtschaftsdenkens erkennen. Die bis ins Detail gehenden Direktionsbefugnisse des
33
§ 300 II 16 ALR.
34
§ 308 II 16 ALR.
35
Westhoff/Schlüter, Zeitschrift für Bergrecht 50 (1909), 230 (251 ff.).
36
Dazu siehe §§ 69 ff. II 16 ALR.
37
§ 98 II 16 ALR.
38
A. Arndt, Zeitschrift für Bergrecht 23 (1882), 18 (29 f.).
64
Kapitel 2: Entwicklung und Hintergrund der Konzessionsabgaben
Staates wurden als überholt angesehen und nach und nach zurückgenommen. Der Staat entließ die Bergwerke allmählich in die Verantwortung privater Grubenbesitzer, um sich zugleich auf Maßnahmen der Gefahrenabwehr zu beschränken; das staatliche Eigentum an Bergwerken wich allmählich dem privaten Eigentum. Die Bergbautreibenden mußten allerdings aus ihren Erträgen Abgaben an den Staat zahlen. Der nach französischem Bergrecht ursprünglich erhobene Zehnte war schon 1739 von Ludwig dem XV. für die Dauer von 40 Jahren auf den Vierzigsten ermäßigt worden 39 . Im Verlauf der Französischen Revolution stellte dann das Berggesetz von 1791 die Bodenschätze "à la disposition de la nation", so daß sie nur aufgrund einer Genehmigung und unter Aufsicht der Nation gewonnen werden konnten. Damit war ein Konzessionssystem begründet, das zwar den Betrieb von Bergwerken Privaten überließ, das Allgemeininteresse aber durch ein staatliches Genehmigungsrecht zu wahren suchte40. Das Konzessionssystem wurde durch das französische Berggesetz des Jahres 1810 weiter ausgebaut. Es ging von der Regelung des Art. 552 Code Civil aus, wonach das Schürfrecht Bestandteil des Grundeigentums ist. Entsprechend gewährte Art. 12 des Berggesetzes von 1810 dem Grundeigentümer das Recht, ohne weitere Erlaubnis auf eigenem Grund und Boden zu schürfen. Dieser konnte gemäß Art. 10 des Gesetzes sein Schürfrecht an Dritte abtreten. Der gleiche Artikel gestattete aber auch Dritten, ohne Zustimmung des Grundeigentümers zu schürfen, wenn der Staat das erlaubte 41. Der Grundeigentümer war in diesem Fall auf ein Anhörungsrecht beschränkt und erhielt eine Entschädigung42. Wurde der Dritte fündig, erwarb er damit jedoch noch keinen Anspruch auf die Erteilung einer Konzession. Vielmehr entschied der Staat darüber, ob bei mehreren Bewerbern die Konzession dem Finder, dem Grundeigentümer oder einem Dritten erteilt wurde. Ohne Konzession durften keine Bodenschätze abgebaut werden. Sie gewährte Eigentum an der Grube, das veräußerbar sowie übertragbar war und nur im Wege der gesetzlich geregelten Enteignung entzogen werden konnte. Die Konzessionserteilung setzte voraus, daß der Konzessionär über die für den Betrieb des Bergwerkes erforderlichen Mittel verfügte. Die Konzession selbst enthielt einen Betriebsplan, den der Konzessionär zu befolgen hatte43.
39
Achenbach, Das französische Bergrecht, S. 30 und 40 f.
40
Achenbach, ebenda, S. 347 f.
41
Siehe den Text der Vorschrift bei Achenbach, ebenda, S. 353 f.
42
Siehe nochmals A i t 10 des Berggesetzes von 1810, abgedruckt bei Achenbach, ebenda, S.
353 f. 43
Siehe Art 5 ff. und 14 f. des bei Achenbach, ebenda, abgedruckten Berggesetzes von 1810.
I. Die bergrechtlichen Förderzinse als Paradigma
65
Die Gesamtheit dieser Regelungen zeigt, daß der Staat privater Initiative nur sehr vorsichtig Raum gewährte und sich auch weiterhin maßgeblichen Einfluß auf den Bergbau sicherte. Bemeikenswert und für die weitere Berggesetzgebung auch in Deutschland wegweisend war aber, daß der Bergbau grundsätzlich als private Unternehmung betrieben werden konnte und der Staat sich anders als im Merkantilismus auf die Wirtschaftsaufsicht beschränkte. Das Konzessionssystem wurde durch eine Abgabenregelung ergänzt. Zwar hatte das Gesetz von 1791 eine Erhebung von Abgaben auf die Erträge der Bergwerke noch nicht vorgesehen. Aufgrund eines Gutachtens des Staatsrats gingen die Behörden jedoch bald dazu über, den Konzessionären in der Konzessionsurkunde besondere Abgaben aufzuerlegen. Daneben mußten die Bergwerke die im Jahre 1790 allgemein eingeführte Grundsteuer zahlen; Berechnungsmaßstab für diese Steuer war der in Anspruch genommene Teil der Erdoberfläche 44. Gesetzlich geregelt wurde die Abgabenerhebung durch das französische Berggesetz von 1810, das ausdrücklich die traditionellen, vorrevolutionären Bergwerksabgaben aufhob und eine feste sowie eine proportionale Bergwerksabgabe einführte 45 . Nach längeren Gesetzesberatungen, in die sich Napoleon selbst wiederholt aktiv einschaltete und die vor allem die Frage betrafen, ob die proportionale Abgabe vom Roh- oder vom Reinertrag erhoben werden sollte, einigte man sich schließlich darauf, daß das Staatshaushaltsgesetz jedes Jahr die Höhe der Proportionalabgabe festlegen sollte, diese Höhe aber 5 v.H. des Reinertrags nicht überschreiten durfte. Auf die Erhebung einer höheren Abgabe verzichtete man, weil sie dem Interesse der Allgemeinheit an einer positiven Entwicklung des Steinkohlenbergbaus widerspreche. Ein Kaiserliches Dekret setzte schon 1811 den gesetzlich zulässigen Höchstsatz der Abgabe von 5 v.H. auf Dauer fest. Die feste Abgabe betrug nach der gesetzlichen Regelung 10 Francs pro Jahr und Quadratkilometer; sie sollte die Inanspruchnahme zu ausgedehnter Konzessionsfelder verhindern 46. Konzessionssystem und Abgabenregelung ermöglichten in Frankreich den Übergang von einem staatswirtschaftlich geprägten Bergbau im Absolutismus, dessen Grundlage das Gedankengut der Merkantilisten war, zur privatwirtschaftlichen Ordnung des Abbaus von Bodenschätzen, die der liberalen Nationalökonomie des 19. Jahrhunderts entsprach. Auch das neue französische Bergrecht beruhte aber auf der allgemein geteilten Vorstellung, daß die Boden-
44 Achenbach, ebenda, S. 76 und 298; derselbe, Zeitschrift für Bergrecht 8 (1867), 53; Arndt, Zeitschrift für Bergrecht 23 (1882), 18 (30). 45
Achenbach, Das französische Bergrecht, S. 356.
46
Achenbach, ebenda, S. 192 und 298 ff.
5 Wieland
66
Kapitel 2: Entwicklung und Hintergrund der Konzessionsabgaben
schätze und ihre Nutzung eine Angelegenheit der Allgemeinheit seien. Diese Überzeugung rechtfertigte sowohl das Konzessionssystem als auch die Erhebung besonderer Abgaben auf das Schürfen und Fördern von Mineralien. Bergbau war in Frankreich nach 1810 ebensowenig wie zuvor völlig der privaten Initiative überlassen. Zwar war die Ausbeutung von Bodenschätzen auf privatwirtschaftlicher Grundlage nunmehr möglich geworden, es bedurfte dazu jedoch stets einer staatlichen Erlaubnis. Die grundsätzliche Umgestaltung des Bergrechts in Frankreich blieb im Ausland nicht unbeachtet. Das französische Bergrecht entfaltete eine starke Ausstrahlung, die auch in Deutschland eine Reformdiskussion in Gang setzte.
4. Die Bergrechtsreform
in Preußen und im übrigen Deutschland
a. Die Herausbildung eines wirtschaftsliberalen Bergrechts Bestimmt wurde die Entwicklung des Bergrechts im allgemeinen und der bergrechtlichen Abgaben im besonderen in Deutschland während des 19. Jahrhunderts vorrangig durch die preußischen Bergrechtsreformen. Sie mündeten nach mehreren vergeblichen Anläufen 1865 im Allgemeinen Berggesetz, das für mehr als 100 Jahre das deutsche Bergrecht prägte. In Preußen vollzog sich der Abschied von der merkantilistischen Lenkung des Bergbaus durch den Staat, die noch Grundlage der landrechtlichen Regelung des Bergrechts gewesen war, im Vergleich zu Frankreich allerdings mit einer deutlichen Zeitverzögerung und nur schrittweise. Der Wirtschaftsliberalismus konnte sich gerade im Bergbau nur mühsam durchsetzen. Die liberale Rechtsdoktrin verstand die Wirtschaftsfreiheit im grundrechtlichen Sinne. Unter Aufnahme naturrechtlicher Gedanken und stark beeinflußt von den Lehren Adam Smith's postulierte sie ein gleiches Recht auf Betätigung im wirtschaftlichen Leben. Dieses Recht ließ sich nur verwirklichen, wenn Herrschaftsrechte, Monopole und die übrigen merkantilistischen Instrumente, die nunmehr den wirtschaftlichen Fortschritt hinderten, beseitigt wurden. Indem den wirtschaftenden Individuen die volle Entfaltungsfreiheit eingeräumt wurde, sollten zugleich die Voraussetzungen für eine Wirtschaftsordnung geschaffen werden, die dem einzelnen wie der Allgemeinheit den größtmöglichen Nutzen brachte. Seine Leitprinzipien fand der Wirtschaftsliberalismus in der Gewerbe- und Wettbewerbsfreiheit, die allerdings gerade im Bergbau das tief verwurzelte Direktionsprinzip nur in kleinen Schritten verdrängen konnte 47 .
47 Zycha, Deutsche Rechtsgeschichte der Neuzeit, S. 286 ff. und 306 ff.; zur nationalökonomischen Lehre, die dem Wirtschaftsliberalismus zugrundelag, siehe von Mieses, Liberalismus; denselben, Art. "Wirtschaftlicher Liberalismus", in: Handwörterbuch der Sozialwissenschaften, 6.
I. Die bergrechtlichen Förderzinse als Paradigma
67
So blieben insgesamt sieben Entwürfe für ein neues preußisches Bergrecht, die zwischen 1829 und 1850 auf der Grundlage von langwierigen Beratungen, Gutachten und Kommissionsberichten erstellt wurden, ohne Ergebnis 48. Ein Verzicht auf jegliche gesetzliche Neuregelung erwies sich jedoch bald als unmöglich. Da eine umfassende Neuordnung des Bergrechts in einem Schritt nicht durchzusetzen war, wurde der staatliche Einfluß auf die Bewirtschaftung der Bergwerke zwischen 1851 und 1863 durch insgesamt 14 einschlägige Gesetze allmählich verringert und eine wirtschaftsliberale Ordnung des Bergbaues geschaffen. Schon das Gesetz über die Verhältnisse der Miteigentümer eines Bergwerks vom 12. Mai 185149 schränkte das Direktionsprinzip des Staates zugunsten der unternehmerischen Freiheit der Bergwerksbetreiber, der bergrechtlichen Gewerkschaften 50, ein. 1860 wurde das Direktionsprinzip dann vollständig aufgehoben, die Aufgaben und Befugnisse der Bergbehörden auf die polizeiliche Gefahrenabwehr beschränkt 51. Nur zur Wahrung der Nachhaltigkeit des Bergbaus durfte der Staat noch in begrenztem Umfang in die Geschäftsführung der Bergwerke eingreifen; im übrigen beschränkte er sich ganz im Sinne des Wirtschaftsliberalismus darauf, einen rechtlichen Rahmen für die Bergbauunternehmen zu schaffen 52. Dieser Rahmen bestand jedoch aus zahlreichen Gesetzen, nicht aus einer übersichtlichen Kodifikation. Die im Allgemeinen Landrecht erreichte Klarheit der rechtlichen Ordnung des Bergbaus war der Notwendigkeit geopfert worden, den Übergang vom Merkantilismus zum Wirtschaftsliberalismus schrittweise zu vollziehen; Folge war eine beträchtliche Unübersichtlichkeit des Bergrechts. Die Rechtsklarheit wurde erst durch das Allgemeine Berggesetz des Jahres 1865 wiederhergestellt 53. Dieses Gesetz zielte darauf, die Vorzüge des französi-
Band, S. 596 ff.; Heuß, Art. "Liberalismus", in: Evangelisches Staatslexikon, Sp. 2006 (2011 ff.), jeweils mit umfassenden Nachweisen. 48
Westhoff/Schlüter, Zeitschrift für Bergrecht 50 (1909), 230 (261 ff.).
49
GS S. 265.
50
Die Eigenart der Gewerkschaft, die als besondere Untemehmensform den Bedürfnissen des Bergbaus angepaßt war, bestand im Verzicht auf ein festes Grundkapital in Verbindung mit der Pflicht der Gewerken, im Bedarfsfall aufgrund eines Beschlusses der Gewerkenversammlung die erforderlichen Mittel zur Verfügung zu stellen, siehe dazu näher Boldt, Art. "Gewerkschaft, bergrechtliche", in: Handwörterbuch der Sozialwissenschaften, 4. Band, S. 541; zur Auflösung und Umwandlung der bergrechtlichen Gewerkschaften siehe jetzt §§ 163 ff. BBergG. 51 §§ 1 und 2 des Gesetzes vom 21. Mai 1860, die Aufsicht der Bergbehörden über den Bergbau und das Verhältnis der Berg- und Hüttenarbeiter betreffend, GS S. 201. 52 Näher zu den einzelnen Bergrechtsnovellen Westhoff/Schlüter, Zeitschrift für Bergrecht 50 (1909), 230 (267 ff.). 53
GS S. 705.
68
Kapitel 2: Entwicklung und Hintergrund der Konzessionsabgaben
sehen Bergrechts mit den als bewährt empfundenen Grundsätzen des deutschen und preußischen Bergrechts zu verbinden 54. Dazu folgte es generell den Grundsätzen des Wirtschaftsliberalismus. Die Regalitätsvorstellungen des Allgemeinen Landrechts galten nunmehr als überholt 55 . § 3 ABG statuierte die Bergbaufreiheit, § 22 ABG räumte dem Muter als Finderrecht einen Anspruch auf Verleihung des Bergwerkseigentums ein. An die Stelle des Direktionsprinzips trat das Inspektionsprinzip: Der Staat überließ den Bergbauunternehmern die selbständige Leitung ihrer Gruben und beschränkte sich auf die Wahrung der nunmehr enger verstandenen öffentlichen Interessen, indem er im Rahmen der Berghoheit nur noch die Bergpolizei mit dem Ziel der Gefahrenabwehr ausübte 56 sowie den Erwerb von Bergwerkseigentum 57 und das Verhältnis zwischen Bergbautreibenden und Grundeigentümern regelte 58. Diese Regelungen brachten die Grundgedanken des Wirtschaftsliberalismus so klar zum Ausdruck, daß sie als vorbildlich angesehen und mehr oder weniger unverändert von 17 deutschen Bundesstaaten übernommen wurden 59 .
b. Die Veränderung der Abgabenlast des Bergbaus Dem neuen Verständnis der Aufgaben des Staates im Bergbau entsprachen Veränderungen in der Abgabenlast. Solange entsprechend dem Allgemeinen Landrecht ein staatliches Bergregal bestand, diente der Bergbau vorrangig als Einnahmequelle für den Staat Mit der Überantwortung des Abbaus von Bodenschätzen an den Markt und unternehmerisches Handeln mußte sich auch die Bedeutung der Bergabgaben verändern.
54 Den Anstoß für die Kodifikation hatte Oberbergrat Brassert aus Bonn 1861 in einem ausführlichen Bericht gegeben (veröffentlicht in der Zeitschrift für Bergrecht 42 (1901), 296), auf den hin ihn der preußische Handelsminister von der Heydt beauftragte, ein neues Berggesetz zu entwerfen, siehe Brasserts "Vorläufigen Entwurf eines Allgemeinen Berggesetzes für die Preußischen Staaten", veröffentlicht in der Zeitschrift für Bergrecht 6 (1862), 1 ff. und 55 ff. 55 Siehe die Motive des Allgemeinen Berggesetzes, Zeitschrift für Bergrecht 6 (1862), 55 (80 ff.); Achenbach, Das französische Bergrecht, S. 138 ff. 56
§§ 196 ff. ABG.
57
§§ 3 ff. und 22 ABG.
58
§§ 135 ff. ABG; zum Ganzen Boldt/Weller, Bundesberggesetz, Einl. Rdnr. 6 ff.
59
Zum Bergrecht der übrigen deutschen Bundesstaaten siehe Westhoff/Schlüter, Zeitschrift für Bergrecht 51 (1910), 93 (95 ff.).
I. Die bergrechtlichen Förderzinse als Paradigma (1) Das traditionelle
69
Verständnis der Bergabgaben
Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts sah man den Bergzehnten als eine den Bergwerken bei der Verleihung auferlegte Realabgabe an, die den Preis für die Überlassung des Bergbaurechts des Regalherrn an einen Privaten bildete 60 . Der Staat erhob den Bergzehnten nur dort, wo er auch Regalherr war. Wenn der Inhaber des Regals nicht mit dem Inhaber der Staatsgewalt identisch, sondern ein Privater war, hatte dieser und nicht der Staat Anspruch auf den Zehnten, der nach dem Bruttoertrag berechnet wurde 61 . Neben dem Zehnten mußten die Bergwerke noch über 20 andere Abgaben zahlen 62 , so daß sich die Abgaben insgesamt auf etwa 15 bis 20 v.H. des Bruttoertrages beliefen. Diese Abgabenlast blieb für die Gewerkschaften nur deshalb erträglich, weil einerseits die staatliche Preisfestsetzung gemäß §§ 82 ff. I I 16 ALR so gehandhabt wurde, daß ausreichend Gewinne erzielt werden konnten, und andererseits ausländische Konkurrenz wegen der seinerzeit relativ hohen Transportkosten und wegen der Erhebung von Schutzzöllen63 ausblieb.
(2) Der Übergang zum Liberalismus Diese Ausgestaltung der Abgabenlast war Ausdruck der merkantilistischen Ordnung des Bergbaus. So wie diese Wirtschaftsordnung dem Liberalismus wich, mußte auch die Erhebung der Bergabgaben revidiert werden. Den Beginn der Änderungen machte ein Beschluß der preußischen Nationalversammlung vom 15. August 1848, der die Bergwerksabgaben auf rechtsrheinischem Gebiet auf den linksrheinisch als Folge der dortigen Geltung französischen Rechts schon lange verbindlichen Satz von 5 v.H. der Reinerträge ermäßigte; diese Reduzierung wurde allerdings noch davon abhängig gemacht, daß sonst die Gewerken zur Einstellung oder Beschränkung des Betriebs genötigt worden wären 64 - ein deutliches Zeichen dafür, daß die Ablösung vom merkantilistischen Denken noch nicht völlig vollzogen war. Schon 1851 wurde dann aber in Preußen der Zehnte ohne diese Einschränkung allgemein auf den Zwanzigsten ermäßigt, soweit er an den Staat zu entrichten war; sämtliche sonstigen Bergwerksabgaben wurden mit Ausnahme 60
Von Camall, Die Bergwerke in Preußen und deren Besteuerung, S. 68.
61
Arndt, Zeitschrift für Bergrecht 23 (1882), 18 (37).
62
Siehe § 6 des Gesetzes über die Besteuerung der Bergwerke vom 12. Mai 1851, GS S. 261.
63
Siehe z.B. das Gesetz über den Zoll und die Verbrauchsteuern von ausländischen Waren vom 26. Mai 1818, GS S. 65. 64 Der Beschluß wurde durch Kabinettsordre vom 21. September 1848 bestätigt, siehe von Camall, Die Bergwerke in Preußen und deren Besteuerung, S. 54 ff.
70
Kapitel 2: Entwicklung und Hintergrund der Konzessionsabgaben
der Rezeßgelder aufgehoben 65. An ihre Stelle trat eine Aufsichtsteuer in Höhe von 1 v.H. des Bruttoertrages, die auch von solchen Bergwerken zu entrichten war, die auf der Grundlage eines privaten Bergregals betrieben wurden 66 . Der nächste Schritt einer Anpassung der Bergwerksabgaben an die Neuordnung des Bergbaus auf liberaler Grundlage wurde 1860 vollzogen, als ein Gesetz alle Gebühren und Sportein in bergamtlichen Verwaltungsangelegenheiten aufhob 67 . 1861 trat ein Gesetz in Kraft, das den schrittweisen Abbau des Zwanzigsten auf 2 v.H. vorsah 68. Schon 1862 wurde die Abgabe aber auf 1 v.H. gesenkt, alle übrigen Bergwerksabgaben mit Ausnahme der Aufsichtsteuer wurden aufgehoben und die Eisenerzbergwerke völlig von allen Bergwerksabgaben befreit 69 . Die übrigen Bergwerke mußten nur noch eine Bergwerksabgabe in Höhe von 2 v.H. vom Bruttoertrag zahlen, waren allerdings von der Gewerbesteuer befreit 70 . Die Verringerung der staatlichen Abgabenbelastung des Bergbaus zwang auch die verbliebenen Privatregalherren, die von ihnen verlangten Abgaben zu ermäßigen, weil nur so ihre Bergwerke gegen die Konkurrenz der auf der Grundlage einer staatlichen Verleihung arbeitenden Gruben bestehen konnten. Der Staat war im übrigen bestrebt, sich das Regal der Privatregalherren abtreten zu lassen und dann die staatlichen Bergwerksabgaben zu erheben. Diese Abgaben waren am Bruttoertrag ausgerichtet und nicht gewinnabhängig. Bemessen wurden sie nach Menge und Verkaufspreis der geförderten Mineralien am Punkt der Förderung. Diese Bemessungsgrundlage brachte auch in den sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts noch die ursprüngliche Grundlage der Bergwerksabgaben zum Ausdruck: die Beteiligung des Staates an den Erträgen des Bergbaus. Während der Staat gemäß § 100 I I 16 ALR allerdings noch das Wahlrecht zwischen einer Entrichtung der Bergwerksabgaben in Natur oder in Geld hatte, wurde die Abgabe seit 1866 nur noch in Geld erhoben 71. Die Aufsichtsteuer war von Anfang an in Geld zu entrichten gewe-
65
§§ 1,5 und 6 des Gesetzes über die Besteuerung der Bergwerke vom 12. Mai 1851, GS S.
261. 66
Arndt, Zeitschrift für Bergrecht 23 (1882), 18 (38).
67
Gesetz vom 21. Mai 1860, GS S. 206.
68
Gesetz vom 22. Mai 1861, GS S. 225.
69
Gesetz vom 20. Oktober 1862, GS S. 351.
70
Siehe die Allerhöchste Kabinettsordre vom 9. Januar 1823, GS S. 16.
71
Gemäß §§ 21 der Instruktion des preußischen Handelsministers vom 29. Januar 1866.
I. Die bergrechtlichen Förderzinse als Paradigma
71
sen72. Die Bergwerksabgaben in den übrigen deutschen Staaten entsprachen im wesentlichen denen in Preußen 73. Damit hatte sich auch abgabenrechtlich der Übergang vom Merkantilismus mit seinen Regalitätsvorstellungen zu einer liberalen Wettbewerbsordnung des Bergbaus vollzogen. Der Staat betrachtete den Betrieb der Bergwerke nicht mehr als eigene Angelegenheit, sondern überließ den Bergbau privaten Unternehmen. Auch in dieser Hochzeit des Wirtschaftsliberalismus zeigt allerdings die Erhebung einer bruttoertragsbezogenen Bergwerksabgabe neben der Aufsichtsteuer, daß der Staat an den Erträgen der Förderung von Bodenschätzen weiterhin - wenn auch zu einem geringen Teil - einen Anspruch der Allgemeinheit geltend machte. Dem damaligen allgemeinen Verständis des Verhältnisses zwischen Staat und Wirtschaft hätte die Aufsichtsteuer allein genau entsprochen. Die Beteiligung der Allgemeinheit am Bruttoertrag der Bergwerke brachte demgegenüber deutlich zum Ausdruck, daß dieser Ertrag nicht nur auf der unternehmerischen Leistung des Grubeninhabers beruhte, sondern auch auf die vom Staat eröffnete Möglichkeit der Nutzung von Bodenschätzen zurückzuführen war.
(3) Die Realsteuerreform
in Preußen
Die Besonderheit der Bergwerksabgaben spielte auch in parlamentarischen Beratungen eine Rolle, die zu einer Zuweisung von Realsteuern an die Kommunen führten. Da die staatliche Gewerbesteuer zugunsten einer GemeindeGewerbesteuer aufgehoben wurde, tauchte die Frage auf, ob dann nicht auch der Bergbau, der der Gewerbesteuer nicht unterlag, von den Bergwerksabgaben befreit werden müßte. Eine Denkschrift, die dem Preußischen Abgeordnetenhaus während der Tagung 1892/93 vorlag, ließ es ausdrücklich dahingestellt, ob die Bergwerksabgaben als Ertragsteuern zu qualifizieren seien; in ihrer Wirkung kämen sie jedenfalls der Gewerbesteuer gleich und müßten deshalb als deren Ersatz gelten 74 . Ganz entsprechend äußerte der Gesetzgeber Zweifel, ob es dem inneren Wesen der auf das Bergregal zurückgehenden Bergwerksabgaben entspreche, sie als direkte Staatssteuern zu behandeln; jedenfalls müßten die staatlichen 72
§ 8 des Gesetzes vom 8. Mai 1851, GS S. 261.
73
Arndt, Zeitschrift für Bergrecht 23 (1882), 18 (43 ff.).
74
Die Bergwerksabgaben (Aufsichtsteuer und Bergwerksabgabe im engeren Sinne) in Höhe von zusammen 2 v.H. des Bruttoertrages entsprachen einer Nettobelastung von 4-5 v.H., siehe zum Ganzen Engels, Zeitschrift für Bergrecht 34 (1893), 460 (461); die Gewerbesteuerfrciheit, die auf die Allerhöchste Kabinettsordre vom 9. Januar 1823, GS S. 16, zurückging, war in § 4 Nr. 3 des Gewerbesteuergesetzes vom 24. Juni 1891, GS S. 205, noch einmal ausdrücklich bestätigt worden.
72
Kapitel 2: Entwicklung und Hintergrund der Konzessionsabgaben
Bergwerksabgaben aufgehoben werden, damit die Gemeinden auf den Bergbau als Steuerquelle voll zugreifen könnten. Dieser Argumentation gegenüber konnten sich einzelne Mitglieder des Preußischen Abgeordnetenhauses nicht durchsetzen, die in den Bergweiksabgaben das Entgelt dafür sahen, daß der Staat sein Recht zur "Okkupation" von Bodenschätzen an Private überlasse 75. Die staatlichen Bergwerksabgaben wurden mit Wirkung vom 1. April 1895 "außer Hebung gesetzt"76, während gleichzeitig der Bergbau durch das neue Kommunalabgabengesetz der Gemeinde-Gewerbesteuer und der GemeindeEinkommensteuer unterworfen wurde 77 . Zusätzlich wurde der Bergbau allerdings einer staatlichen Ergänzungsteuer unterworfen, so daß sich im Ergebnis doch die erwähnte Absicht einzelner Abgeordneter durchsetzte, die Bergwerke zum Ausgleich für die ihnen gewährten Vorteile mit einer besonderen Abgabe zu belasten78. Gerade diese Ergänzungsteuer zeigt, daß auch zu einer Zeit, als sich der Wirtschaftsliberalismus voll durchgesetzt hatte, die abgabenrechtliche Sonderstellung des Bergbaus erhalten blieb. Das Prinzip der Bergbaufreiheit änderte nichts daran, daß in der Möglichkeit, Bodenschätze abzubauen, ein Sondervorteil gesehen wurde, der durch eine nur den Bergbau belastende Abgabe ausgeglichen werden sollte. Bergbau war seit Inkrafttreten des Allgemeinen Berggesetzes zwar frei, aber nicht unentgeltlich.
5. Staatsvorbehalt und vertragliche
Konzessionsabgaben
Die Bergbaufreiheit mußte nach der Jahrhundertwende mehr und mehr Staatsvorbehalten weichen. Das Vertrauen auf die Selbstregulierung des Marktes hatte zu so starken Konzentrationsbewegungen und Monopolisierungstendenzen in der Bergwirtschaft geführt, daß ein Eingreifen des Staates sich als unumgänglich erwies. Das Instrument des Staatsvorbehalts erlaubte es, diesen Fehlentwicklungen entgegenzuwirken. Wurden Bodenschätze vom Vorbehalt erfaßt, stand es im Ermessen des Staates, ob er Privaten in einem Kon75 Siehe die entsprechenden Äußerungen der Abgeordneten Schmidt (Warburg) und Engels, Verhandlungen des Hauses der Abgeordneten, 17. Legislaturperiode, V. Session 1892/93, S. 1751 ff. 76 §§ 2 und 30 des Gesetzes vom 14. Juli 1893, GS S. 119; die gesetzliche Zahlungspflicht wurde nicht aufgehoben, weil die noch bestehenden, sehr ertragreichen Privatbergregalberechtigungen nicht beeinträchtigt werden sollten; ein Teil der von den Inhabern privater Berg regale erhobenen Abgaben hing nämlich in der Bemessung von den staatlichen Bergwerksabgaben ab, siehe Engels, Zeitschrift für Bergrecht 34 (1893), 460 (467 ff.). 77 Siehe §§ 28 und 33 des Kommunalabgabengesetzes vom 4. Juli 1893, GS S. 152; näher dazu E. Engels, Zeitschrift für Bergrecht 35 (1894), 50 und A. Arndt, Alt. "BergWerksabgaben", in: Handwörterbuch der Staatswissenschaften, 2. Band, S. 784 (787), der auch die Bergwerksabgaben in den anderen deutschen Bundesstaaten darstellt 78
§§ 1 und 2 eines weiteren Gesetzes vom 14. Juli 1893, GS S. 134.
I. Die bergrechtlichen Förderzinse als Paradigma
73
zessionsvertrag gegen Entgelt den Abbau dieser Bodenschätze gestattete. Die Bergwerksabgaben wandelten sich dadurch zu vertraglich begründeten Leistungen der Bergweiksunternehmen. Sie ermangelten bis zum Inkrafttreten des Bundesberggesetzes im Jahre 1982 einer gesetzlichen Grundlage.
a. Die Einführung des Staatsvorbehalts Die Einführung des Staatsvorbehalts und damit zugleich auch die vertragliche Begründung von Konzessionsabgabenpflichten erfolgten in Reaktion auf die ökonomischen Auswirkungen der Bergbaufreiheit. Die wirtschaftliche Entwicklung des Bergbaus war in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts durch bedeutende Fortschritte in der Grubentechnik gekennzeichnet, die den Abbau von Bodenschätzen wesentlich erleichterten. Unter Ausnutzung dieser neuen technischen Möglichkeiten sowie der Bergbaufreiheit hatten wenige Bohrgesellschaften und Kapitalgeber um 1900 die meisten Lagerstätten der volkswirtschaftlich wichtigen Mineralien Steinkohle und Kalisalze erschlossen; es war abzusehen, wann auch die restlichen Lagerstätten in die Hände weniger privater Interessenten gelangt sein würden. Diese Monopolisierung von Rohstoffen, auf deren Nutzung die Volkswirtschaft angewiesen war, brachte die Gefahr von Versorgungsengpässen und überhöhten Preisen mit sich, zumal die großen Bergwerksgesellschaften unliebsamen Wettbewerb durch Demarkationsverträge verhinderten 7*. Angesichts dieser Umstände, die neuen Interessenten den Marktzutritt praktisch verschlossen und die Verfügungsmacht über die Nutzung wichtiger Bodenschätze in der Hand weniger Unternehmen konzentrierten, schienen weder der weitere Aufschwung des Bergbaus, der seit 1865 beträchtlich gewesen war«0, noch die Interessen der Allgemeinheit an einer sicheren und preiswerten Versorgung mit Bodenschätzen gesichert.
79 Die Konzentrationsbewegung im Bergbau wurde durch die Verwaltungspraxis des Schlagkreises gefördert: Da die Bergbehörden einen Verzicht auf eine Mutung bei gleichzeitiger Einlegung einer neuen Mutung zuließen, konnte ein Finder sein Feld nach Belieben in verschiedene Richtungen 4184,8 m - das war der zulässige größte Abstand zweier Punkte der Begrenzung eines Bohrfeldes - von seinem Fundpunkt erstrecken und dadurch Konkurrenzbohrungen femhalten, die der Gefahr einer Übernahme des Schürfortes ausgesetzt gewesen wären; der so gewonnene Schlagkreis einer Mutung umfaßte 5750 ha; näher zu dieser Verwaltungspraxis und den geschilderten Monopolisierungstendenzen Eskens, Zeitschrift für Bergrecht 56 (1905), 461; Müller-Erzbach, Das Bergrecht Preußens und des weiteren Deutschland, S. 137 ff.; Steffen, Geschichtliche Entwicklung und Rechtsnatur des Staatsvorbehalts und seine Stellung zum Bergregal, S. 28 ff. 80
Allein die Steinkohlenförderung war in Preußen zwischen 1865 und 1905 von 18,5 auf 113 Millionen Tonnen gestiegen, der Wert dieser Fördermengen hatte sich von knapp 100 Millionen auf 1 Milliarde D M verzehnfacht, siehe die Begründung des Entwurfs eines Gesetzes betreffend die Abänderung des Allgemeinen Beiggesetzes vom 24. Juni 1865, Zeitschrift für Bergrecht 48 (1907),
181.
74
Kapitel 2: Entwicklung und Hintergrund der Konzessionsabgaben
Bemühungen des preußischen Staates, in dieser Lage die Entwicklung des Bergbaus mit marktkonformen Mitteln zu beeinflussen, blieben ohne Erfolg. Zwar war es dem Fiskus nach 1902 gelungen, die Zeche Gladbeck, eine größere Zahl von Steinkohlenfeldern im Ruhrgebiet sowie einen Teil des Aktienkapitals der Bergbaugesellschaft Hibernia und des Kalibergwerkes Hercynia zu erwerben 81. Bereits der Versuch, den gesamten Bergwerksbesitz der Gesellschaft Hibernia zu übernehmen, scheiterte jedoch am starken Widerstand der Privatindustrie 82. Nach dieser Erfahrung erschien es der preußischen Regierung wenig sinnvoll, volkswirtschaftlich wichtige Bodenschätze zunächst durch die Bergbaufreiheit privaten Unternehmen zu überlassen, um sie später zu Preisen zurückzukaufen, die außer Verhältnis zu den Aufwendungen der Privatwirtschaft standen83. Deshalb griff der Staat auf seine Hoheitsbefugnisse zurück, die zunächst allerdings nur vorübergehend eingesetzt werden sollten. § 1 der sogenannten lex Gamp vom 5. Juli 190584 bestimmte, daß für zwei Jahne keine Mutungen auf Steinkohle und Steinsalze mehr angenommen wurden; aus Vertrauensschutzgründen und zur Sicherung von Arbeitsplätzen wurden aber noch großzügige Übergangsregelungen getroffen 85. Die dadurch eröffneten Möglichkeiten nutzten die marktbeherrschenden Unternehmen, um noch einmal große Mineralvorkommen in ihre Verfügungsgewalt zu bringen 86 . Darauf reagierte der Staat mit der Einführung eines Vorbehaltes 87, der über Steinkohle und Steinsalze hinaus auf Kali-, Magnesia- und Borsalze erstreckt wurde. Das Aufsuchen und Gewinnen dieser Bodenschätze stand nunmehr allein dem Staat zu 88 , der aber grundsätzlich das Recht zur Aufsuchung und Gewinnung von Steinkohle nach Maßgabe eines noch zu erlassenden Gesetzes an
81 Siehe dazu die Gesetze vom 21. März 1902, GS S. 29, vom 6. März 1905, GS S. 45, und vom 19. Juni 1906, GS S. 197. 82
Vgl. RGZ 68,235.
83
Begründung des Entwurfs eines Gesetzes betreffend die Abänderung des Allgemeinen Berggesetzes vom 24. Juni 1865, Zeitschrift für Bergrecht 48 (1907), 181 (193 f.). 84
GS S. 265.
85
Müller-Erzbach, Das Bergrecht Preußens und des weiteren Deutschlands, S. 107 f.; Eskens, Zeitschrift für Bergrecht 46 (1905), 461 (466 ff.). 86 Allein im Bezirk des Oberbergamtes Halle wurden zwischen 1905 und 1907 ca. 1000 Mutungen innerhalb der Schlagkreise bestehender Mutungen eingelegt, Eskens, Zeitschrift für Bergrecht 49 (1908), 106. 87 88
Durch Gesetz vom 18. Juni 1907, GS S. 119.
§ 2 Abs. 1 Satz 1 ABG n.F.; in den Provinzen Ostpreußen, Brandenburg, Pommern und Schleswig-Holstein blieb die Bergbaufreiheit bezüglich der Steinkohle bestehen, § 2 Abs. 1 Satz 2 ABG n.F.
I. Die bergrechtlichen Förderzinse als Paradigma
75
Private übertragen sollte 89 . Dagegen stand es im Ermessen des Staates, ob er das Recht zum Aufsuchen und Gewinnen der übrigen ihm vorbehaltenen Bodenschätze übertrug 90. Das Abbaurecht des Staates ergab sich nicht direkt aus dem Gesetz, vielmehr mußte sich der Staat als Fiskus vom Preußischen Minister für Handel und Gewerbe, dem Organ des hoheitlich handelnden Staates, das Bergwerkseigentum formell verleihen lassen (unechter Staatsvorbehalt) 91. Zugunsten Privater konnte das Bergwerkseigentum des Fiskus sodann mit einem dinglichen Gewinnungsrecht belastet werden, ein Gewinnungsrecht konnte aber auch obligatorisch - etwa im Wege eines Pachtvertrages - begründet werden 92 . Das Übertragungsrecht fiel in jedem Fall unter die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches, weil mit Fiskus und Bergbauunternehmen zwei Privatrechtssubjekte Partner des Rechtsgeschäfts waren 93 . An dieser privatrechtlichen Qualifizierung des Konzessionsvertrages änderte sich auch nichts, als der Staat in den folgenden Jahrzehnten seinen Vorbehalt auf immer mehr Mineralien erstreckte 94 und echte Staatsvorbehalte mit der sich unmittelbar aus dem Gesetz
89 Abgesehen von 250 Maximalfeldem im Sinne von § 27 Abs. 1 Nr. 2 ABG, die dem Staat dauerhaft vorbehalten bleiben sollten, siehe § 2 Abs. 3 und 4 ABG n.F.; das erwähnte Gesetz wurde nie erlassen, weil wegen der großen Teufe (d.h. Tiefe unter der Erdoberfläche) der dem Staat vorbehaltenen Kohlevorkommen unter den damaligen technischen Bedingungen Kohlenfunde kaum zu erwarten waren, siehe Müller-Erzbach, Das Bergrecht Preußens und des weiteren Deutschlands, S.
206. 90
§ 2 Abs. 2 ABG n.F.
91
Siehe § 38 b Abs. 1 ABG in der Fassung von 1907 und Westhoff/Schlüter, Allgemeines Berggesetz, Anm. I V 2 zu § 2 ABG (S. 37). 92 Siehe § 38 c ABG in der Fassung von 1907 und Westhoff/Schlüter, ebenda, Anm. IV 4 zu § 2 ABG (S. 37) und Anm. IV zu § 38 c ABG (S. 120). 93 Demgegenüber blieb bis zum Inkrafttreten des Bundesberggesetzes umstritten, ob der Staatsvorbehalt selbst dem öffentlichen oder privaten Recht zuzuordnen war, siehe Burmester, AöR 23 (1908), 71 (99 ff.); H.P. Ipsen, AöR 81 (1956), 241 (248); derselbe, Rechtsstaatliche Erxlölkonzessionierung, in: Gedächtnisschrift Hans Peters, S. 686 (698 f.); Nicolaysen, Bewilligung und Förderabgabe nach dem Bundesberggesetz, S. 16 ff.; Philipp, Bergregal und Staatsvorbehalt in der Auseinandersetzung zwischen Hoheitsrecht und Privateigentum seit Beginn des 19. Jahrhunderts, S. 71 ff.; Steffen, Geschichtliche Entwicklung und Rechtsnatur des Staatsvorbehalts und seine Stellung zum Bergregal, S. 33 ff.; derselbe, Zeitschrift für Bergrecht 102 (1961), 424 (433 ff.); Turner, Zeitschrift für Bergrecht 111 (1970), 42 (47 ff.); Zydek, Zeitschrift für Bergrecht 99 (1958), 178 (185 f.); vgl. auch BGHZ 19,210 (226). 94 Siehe als wesentliche Marksteine dieser Entwicklung in Preußen das Gesetz über die Verleihung von Braunkohlenfeldem an den Staat vom 3. Januar 1924, GS S. 18; das Gesetz über einen erweiterten Staatsvorbehalt zur Aufsuchung und Gewinnung von Steinkohle und Erdöl vom 22. Juli 1929, GS S. 87; Das Phosphoritgesetz vom 16. Oktober 1934, GS S. 404 und die Verordnung über die Berechtigung zur Aufsuchung und Gewinnung von Erdöl und anderen Bodenschätzen vom 13. Oktober 1934, GS S. 463; zur vergleichbaren Entwicklung in den anderen Ländern Deutschlands siehe Boldt, Staat und Bergbau, S. 28 f.
76
Kapitel 2: Entwicklung und Hintergrund der Konzessionsabgaben
ergebenden Befugnis des Staates zur Aufsuchung und Gewinnung von Bodenschätzen normiert wurden 95 .
b. Die vertraglichen Konzessionsabgaben Bereits das preußische Gesetz von 1907, das in Deutschland zum ersten Mal einen Staatsvorbehalt begründete, sah vor, daß eine Übertragung der dem Staat vorbehaltenen Aufsuchungs- und Gewinnungsrechte gegen Entgelt erfolgen sollte 96 . In der Gesetzesbegründung heißt es dazu, aus den allgemeinen Grundsätzen über die Verwaltung des Staatseigentums (!) ergebe sich von selbst, daß die Abbaurechte Privaten nur gegen Entgelt überlassen werden dürften 97 . Aus diesem Satz wird der Wandel der Auffassungen über die rechtliche Zuordnung der Bodenschätze deutlich: Sie gelten nicht mehr als Objekte, auf die jeder Muter ein Finderrecht hat, mit dessen Hilfe er sie sich zu eigen machen kann, sondern werden materiell als Vermögenswert der Allgemeinheit betrachtet, der einzelnen nicht ohne Gegenleistung zugewandt wird. Über die Höhe der Gegenleistung einigten sich Fiskus und Bergbauunternehmen im Konzessionsvertrag, der ganz selbstverständlich dem Privatrecht zugeordnet wurde. Auf der Grundlage der Privatautonomie konnten sich die Vertragsparteien auch auf eine reine Anerkennungsgebühr verständigen, wenn das aus wirtschaftlichen Gründen angezeigt erschien 98. Die privatrechtliche Konstruktion besaß allerdings dort kaum dogmatische Überzeugungskraft, wo die Bergbauberechtigungen wie in Bayern nicht in einem Vertrag, sondern als hoheitliche Erlaubnis in Form eines Verwaltungsaktes verliehen und die Förderzinsen in sogenannten Erlaubnisbedingungen festgesetzt wurden 99 . Das Fehlen einer Ermächtigungsgrundlage für die Erhebung von Bergabgaben verhinderte jedoch, daß der öffentlich-rechtliche Charakter der Konzessionsabga-
95 Näher dazu Isay, Art. "Bergrecht", in, Handwörterbuch der Sozialwissenschaften, 1. Band, S. 777 (778 ff.); Miesbach/Engelhardt, Bergrecht, Anmerkungen zu Art. 2 bayerisches Beiggesetz und § 2 ABG (S. 25 ff.); Willecke, Die deutsche Berggesetzgebung, S. 127 ff.; siehe femer Bundestagsdrucksache 8/1315, S. 84; Erdöl und Erdgas fielen auch in Preußen unter einen echten Staatsvoibehalt, den andere deutsche Staaten von vornherein fur alle bergfreien Bodenschätze eingeführt hatten. 96 § 2 Abs. 2 ABG in der Fassung des Gesetzes, betreffend die Abänderung des Allgemeinen Berggesetzes vom 24. Juni 1865, vom 18. Juni 1907, GS S. 119. 97 Siehe den Abdruck von Gesetzentwurf und Begründung in der Zeitschrift für Bergrecht 48 (1907), 181 (195). 98 Brassert, Anm. 6 zu § 2 ABG, in: derselbe/Gottschalk, Allgemeines Berggesetz für die Preußischen Staaten mit Kommentar (S. 33). 99 Zur Rechtslage in Bayern Zydek, Zeitschrift für Bergrecht 99 (1958), 178 und 311; vgl. ferner Miesbach/Engelhardt, Bergrecht, Anm. 9 b 2f. zu § 2 ABG.
I. Die bergrechtlichen Förderzinse als Paradigma
77
ben anerkannt wurde 100 . Die vereinzelt vertretene Auffassung, Vereinbarungen über Förderzinse seien als öffentlich-rechtliche Austauschverträge im Sinne von § 56 VwVfG anzusehen101, konnte sich bis zum Inkrafttreten des Bundesberggesetzes nicht durchsetzen 102. Eine gesetzliche Ermächtigung für die Erhebung bergrechtlicher Förderabgaben enthielt zum ersten Mal § 2 Abs. 5 des Gesetzes zur vorläufigen Regelung der Rechte am Festlandsockel103. Nach diesem Gesetz war der Abbau von Bodenschätzen des deutschen Festlandsockels104 grundsätzlich verboten; auf Antrag konnte er erlaubt werden, ohne daß jedoch ein Rechtsanspruch auf die Erteilung einer Erlaubnis bestand105. Das Gesetz sah vor, daß die Erteilung der Erlaubnis zur Gewinnung von Bodenschätzen von der Zahlung eines Entgelts abhängig gemacht werden könnte bzw. sogar gemacht werden mußte, wenn andernfalls die Wettbewerbslage der in den deutschen Küstengewässern fördernden Unternehmen wesentlich beeinträchtigt worden wäre. Die Höhe des Entgelts bemaß sich nach dem Förderzins, der an dem dem Ort der Gewinnung nächstgelegenen Punkte des deutschen Küstengewässers herkömmlich zu zahlen gewesen wäre 106 . Durch die Erwähnung im Gesetzestext erhielten die üblichen - auf vertraglicher Grundlage erhobenen - Förderzinsen eine indirekte gesetzliche Bestätigung. Zugleich zeigte sich aber die Unsicherheit des Gesetzgebers hinsichtlich der rechtlichen Qualifizierung dieser Geldleistungen in der Bezeichnung als "Entgelt", die die abgabenrechtliche Zuordnung offen ließ 107 . Erst als mit der Verabschiedung des Bundesberggesetzes eine rechtsstaatlich einwandfreie Grundlage für die Abgabenerhebung geschaffen wurde, konnten die bis dahin so genannten "Förderzinse" auch rechtlich zutreffend als (öffentlich-rechtliche) Abgaben bezeichnet werden.
100 H.P. Ipsen, Rechtsstaatliche Erdölkonzessionierung, in: Gedächtnisschrift Hans Peters, S. 686 (702). 101 Nicolaysen, Bewilligung und Förderabgabe nach dem Bundesberggesetz, S. 22 f.; Bahr, Berggesetz, Anm. 3 b zu Art. 2 (S. 20 f.); siehe ferner H. Wilke, Zeitschrift für Bergrecht 111 (1970), 193 (199, Fußnote 29). 102 Siehe O V G Lüneburg, Urteil vom 5. Dezember 1974, Zeitschrift für Bergrecht 117 (1976), 340 (344) unter Bezug auf BGHZ 19, 209; Ebel/Weller, Allgemeines Berggesetz, Anm. 12 zu § 2; Miesbach/Engelhardt, Bergrecht, Anm. 9 zu Art. 2 bayBergG - § 2 ABG; Turner, Zeitschrift für Bergrecht 111 (1970), 42 (47 ff.). 103
Vom 24. Juli 1964, BGBl. I S. 497.
104
Im Sinne der Proklamation der Bundesregierang vom 20. Januar 1964, BGBl. II S. 104.
105
§§ 1 und 2 Abs. 1 und 2 Satz 3 des Gesetzes.
106
Siehe § 2 Abs. 5 Sätze 1-3 des Gesetzes.
107
Zu diesem Entgelt Menzel, AöR 90 (1965), 1 (44 f.).
78
Kapitel 2: Entwicklung und Hintergrund der Konzessionsabgaben 6. Die bergrechtlichen Förderzinse als Vorteilsausgleich
Betrachtet man die geschichtliche Entwicklung der Abgabenbelastung des Bergbaus im Zusammenhang, stellt man eine erstaunliche Kontinuität fest: Seit dem hohen Mittelalter ist das Recht, Bergbau zu betreiben, verbunden mit der Pflicht, eine besondere Abgabe zu zahlen, deren Höhe vom wirtschaftlichen Ertrag der Bergwerke abhängt. In der Erlaubnis, Bodenschätze abzubauen, ist stets ein besonderer Vorteil gesehen worden, der den Erlaubnisinhaber verpflichtet, im Gegenzug eine geldwerte Leistung zu erbringen. Diese Kontinuität in der Abgabenpflicht wird von der Überzeugung getragen, daß die Bodenschätze ein Gut der Allgemeinheit bilden. Sie überdauerte auch den Wirtschaftsliberalismus des 19. Jahrhunderts. Zwar deuten die Bergbaufreiheit und der für das liberale Bergrecht typische Anspruch des Muters gegen den Staat auf Einräumung des Bergwerkseigentums (§ 22 ABG) darauf hin, daß die Freiheit des wirtschaftlichen Handelns nach seinerzeitigem Verständnis auch das Recht umfaßte, gefundene Bodenschätze zu nutzen. Das Finderrecht wurde aber nicht etwa unentgeltlich gewährt, sondern war mit der Pflicht zur Zahlung einer besonderen Bergwerksabgabe verknüpft. Der Abbau von Bodenschätzen setzt auch in der Zeit des Wirtschaftsliberalismus einen besonderen Rechtstitel voraus, den der Staat als Sachwalter der Interessen der Allgemeinheit gegen ein Entgelt vergab. Die Entgeltlichkeit des Rechts zum Bergbau hat so dessen gesamte Geschichte in Deutschland geprägt. Vom Bergregal des Mittelalters hat sie sich über die Konzession des Merkantilismus bis in die Zeit der Bergbaufreiheit hinein erhalten und ist in der für das 20. Jahrhundert kennzeichnenden interventionistischen Ordnung des Bergbaus wieder zu einem bestimmenden Faktor im Verhältnis zwischen Staat und Bergbauunternehmen geworden. Weder der Wandel von der Natural- zur Geldwirtschaft noch der Wechsel in der Sicht des Verhältnisses zwischen politischer Herrschaft und Wirtschaft nach dem Übergang vom Kaisertum zur Landesherrschaft, vom Staat des aufgeklärten Absolutismus zum liberalen und heute sozialen Rechtsstaat haben etwas an der Verpflichtung geändert, für das Recht zum Bergbau eine besondere Abgabe zu zahlen. Damit zeigt die Geschichte des Bergabgabenrechts in exemplarischer Weise, daß die Nutzung knapper natürlicher Ressourcen Vermögensvorteile mit sich bringt, für die der Begünstigte der Allgemeinheit einen Preis entrichten muß. Die Erhebung bergrechtlicher Förderzinse wird vom Gedanken des Vorteilsausgleichs getragen. Daß dieser Gedanke gerade im Bergrecht so früh und so nachhaltig verwirklicht worden ist, beruht darauf, daß die Bodenschätze besonders knappe natürliche Ressourcen waren. Im Vergleich zu den Mineralien
II. Die Geschichte weiterer Konzessionsabgaben
79
stand Wasser reichlicher zur Verfügung, die auch hier grundsätzlich bestehende Knappheit wurde nicht als so drückend empfunden. Luft schien bis in die jüngste Zeit hinein in praktisch unbegrenztem Maße verfügbar zu sein. Die Grenzen der Belastbarkeit der Umwelt allgemein - z.B. durch Landschaftsverbrauch oder durch Verschmutzung des Bodens oder durch radioaktive Strahlung rückt erst allmählich in das allgemeine Bewußtsein. Ihre rechtliche Bewältigung wird erst in Angriff genommen oder steht sogar noch bevor. Für diese Aufgabe kann auf die Erfahrungen im Bergrecht zurückgegriffen, insbesondere der Gedanke des Vorteilsausgleichs nutzbar gemacht werden. Ein Vorteilsausgleich läßt sich - wie die Geschichte der bergrechtlichen Förderzinse zeigt - sachgerecht durch die Verknüpfung einer Erlaubnispflicht für die Nutzung knapper Ressourcen mit einer ertragsabhängigen Abgabenpflicht erreichen. Mit der Erlaubnispflicht schafft sich der Staat ein Instrument, das es ermöglicht, knappe Güter zu bewirtschaften - d.h. im Bergbau: den Abbau der Bodenschätze so zu steuern, wie es volkswirtschaftlich sinnvoll ist. Den infolge der Bewirtschaftung mit der Erlaubnis zum Bergbau verbundenen Vermögensvorteil, der dem Erlaubnisinhaber gegenüber anderen Bürgern erwächst, die nicht auf die knappe Ressource zugreifen dürfen, schöpft die Erlaubnisabgabe ab. Sie stellt die Gleichheit aller Bürger sicher, die durch Zuteilungen im Rahmen der Bewirtschaftung gefährdet wird. Die weit zurückreichende Tradition der Erhebung von Bergwerksabgaben erklärt sich vorrangig daraus, daß sie diese Funktion erfolgreich erfüllt haben und noch erfüllen.
Π. Die Geschichte weiterer Konzessionsabgaben Auch die geschichtliche Entwicklung anderer Konzessionsabgaben zeigt deren Eigenart, auf den Ausgleich von Vermögensvorteilen gerichtet zu sein, die mit der Erteilung einiger wirtschaftsverwaltungsrechtlicher Erlaubnisse verbunden sind. Abgesehen von der bereits dargestellten Geschichte der bergrechtlichen Abgaben bringen das vor allem die Entstehung und die weitere Behandlung der gemeindlichen Konzessionsabgaben sowie der Schankerlaubnissteuer zum Ausdruck, die beide seit dem Beginn dieses Jahrhunderts erhoben werden 108 . Auch sie knüpfen an Vorteile an, die aus der Nutzung knapper Güter erwachsen.
108
Demgegenüber sind die übrigen im 1. Kapitel dargestellten Konzessionsabgaben neueren Ursprungs, so daß eine Untersuchung ihrer Geschichte sich erübrigt.
80
Kapitel 2: Entwicklung und Hintergrund der Konzessionsabgaben 1. Die gemeindlichen Konzessionsabgaben
Im Bereich der kommunalen Energieversorgung beruht die Knappheit auf den erwähnten natürlichen Monopolen. Da es sich wirtschaftlich nicht rentiert, Gemeindebewohner über mehrere Leitungen mit Elektrizität oder Gas zu versorgen, kann nur ein Unternehmen mit Aussicht auf Gewinn diese Leistung der Daseinsvorsorge anbieten. Kommunen räumen aus diesem Grund vielfach Versorgungsunternehmen durch Konzessionsverträge für ihr Gebiet eine Monopolstellung ein, die den Unternehmen infolge des Fehlens von Konkurrenz besondere finanzielle Vorteile bringen 1 ». Zur Abschöpfung dieser Vorteile haben die Gemeinden die Versorgungsunternehmen in aller Regel verpflichtet, eine Konzessionsabgabe zu zahlen. Die Geschichte der Erhebung gemeindlicher Konzessionsabgaben begann, als gegen Ende des 19. Jahrhunderts der Absatzradius der Gas- und Elektrizitätswerke über einzelne Häuserblocks hinausgriff und sich nach und nach immer mehr Kommunen entschlossen, die Versorgung der Gemeindebewohner mit Gas und Elektrizität nicht in eigener Regie zu übernehmen, sondern diese Aufgabe privaten Unternehmen anzuvertrauen. Da die öffentlichen Wege optimal für die Verlegung von Versorgungsleitungen geeignet sind, mußten sich die Versorgungsuntemehmen das Recht zu deren Nutzung sichern. Zu diesem Zweck schlossen sie mit den Kommunen Verträge von langer Geltungsdauer, in denen sie sich verpflichteten, die in der Gemeinde wohnenden Abnehmer von Gas oder Elektrizität an ein Leitungsnetz anzuschließen und sie zu bestimmten Tarifen zu beliefern. Damit sich ihre Investitionen rentierten, ließen sie sich von den Gemeinden für eine längere Zeitspanne ausschließliche Versorgungsrechte einräumen. Den ersten Vertrag dieser Art Schloß die Stadtgemeinde Berlin am 6./19. Februar 1884 mit der Deutschen Edison-Gesellschaft für angewandte Elektrizität ab 110 . Bereits 1911 wurden ca. 2/3 aller Elektrizitätswerke von Privatunternehmen betrieben, die sämtlich auf Vereinbarungen mit den Kommunen angewiesen waren 111 . Trotz der großen praktischen Bedeutung dieser Verträge sind kaum einschlägige Rechtsstreitigkeiten dokumentiert. Auch in der Rechtswissenschaft sind die Vereinbarungen lange Zeit hindurch auf kein be-
109 Diese Vorteile werden bei der Elektrizitätsversorgung durch das Erfordernis der Tarifgenehmigung gemäß § 12 a Bundestarifordnung Elektrizität begrenzt, während die Bundestarifordnung Gas eine solche Tarifordnung nicht kennt und dadurch den Versorgungsuntemehmen einen größeren Spielraum in der Preisbildung einräumt, näher dazu Rittner, Wirtschaftsrecht, Rdnr. 19 zu § 30 (S. 593). 110 111
Gröner, Die Ordnung der deutschen ElektrizitätsWirtschaft, S. 258 ff.
Schwinge, Gnichot's Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts 70 (1929), 151 (152, Fußnote 4).
II. Die Geschichte weiterer Konzessionsabgaben
81
sonderes Interesse gestoßen. Das dürfte darauf zurückzuführen sein, daß Kommunen wie Versorgungsunternehmen auf ein gewisses Entgegenkommen ihres Vertragspartners angewiesen waren und sind. Zudem konnten die Versorgungsunternehmen die ihnen aus der vertraglich begründeten Pflicht zur Zahlung von Konzessionsabgaben erwachsenden zusätzlichen Kosten aufgrund ihrer Monopolstellung in aller Regel auf die Endverbraucher abwälzen. Zur Streitschlichtung wurden außerdem in vielen Fällen staatliche Aufsichtsinstanzen und private Schiedsgerichte eingeschaltet, deren Entscheidungen nicht veröffentlicht wurden 112 . Mangels einschlägiger Rechtsprechung gerieten die Verträge zwischen Gemeinden und Versorgungsunternehmen und mit ihnen die vertraglich begründeten Geldleistungspflichten der Unternehmen erst gegen Ende des Ersten Weltkriegs in das Blickfeld der Rechtswissenschaft Sie wurden als "vertragliche Konzession" bzw. "Konzessionsvertrag" qualifiziert 113 . Die Begriffsbildung lehnte sich an das französische Verwaltungsrecht und seine concession an 1 1 4 ; dennoch wurde der Konzessionsvertrag in Deutschland ganz im Gegensatz zur Rechtslage in Frankreich zunächst dem Zivilrecht zugeordnet 115 . Dem französischen Recht wurde damit gewissermaßen nur der Name für ein Rechtsinstitut entliehen, das sich im deutschen Recht in eine ganz andere Dogmatik einfügen sollte. Die Zugehörigkeit des Konzessionsvertrages zum Privatrecht bestritt aber schon die aus öffentlich-rechtlicher Sicht geschriebene zweite große Abhandlung zum Thema mit Nachdruck 116 : Soweit die öffentlichen Straßen und Plätze betroffen seien, werde eine öffentlich-rechtliche Konzession erteilt, die auch öffentlich-rechtliche "Bedingungen" umfasse, in denen die privaten Unternehmen Verpflichtungen übernähmen; nur wo es um das Versorgungsmonopol dieser Unternehmen gehe, handele es sich um privatrechtliche Vereinbarungen. Seit dieser Zeit ist der Rechtscharakter der Konzessionsverträge umstritten 117 .
112
Schwinge, ebenda, S. 152 f.
113
Crome, AcP 115 (1917), 1 (9).
114
Siehe die ausführliche Schilderung der Rechtslage in Frankreich bei Crome, ebenda, S. 12
ff. 115 Crome, ebenda, S. 31, spricht davon, daß "der Konzessionsvertrag bei uns zweifellos nur einen privatrechtlichen Charakter habe" (Hervorhebung im Original). 116
Thoma, AöR 38 (1918), 307 (309 ff.) mit umfassenden Nachweisen zu Rechtsprechung und Literatur. 117 Siehe nur Didden, Konzessionsabgaben der Energie- und Wasserversoigungsuntemehmen, S. 22 ff.; Immesberger, Das Recht der Konzessionsabgaben, S. 2a ff.; Münch, Konzessionsveiträge und Konzessionsabgaben, D 1 c, S. 16 f.; Obernolte/Danner, Energiewirtschaftsrecht, Band I, S. 6a ff. auf der einen und E.R. Huber, Wirtschaftsverwaltungsrecht, 1. Band, S. 565 ff. sowie Stem, AöR 84 (1959), 137 ff. und 273 ff. auf der anderen Seite, alle m.w.N. zu Rechtsprechung und Literatur.
6 Wieland
82
Kapitel 2: Entwicklung und Hintergrund der Konzessionsabgaben
Eine gesetzliche Regelung der gemeindlichen Konzessionsverträge fehlt bis heute. Die Straßengesetze ordnen aber die Einräumung von Rechten zur Benutzung des Eigentums der Straßen dem bürgerlichen Recht zu, wenn diese den Gemeingebrauch nicht beeinträchtigt, wobei eine Beeinträchtigung von kurzer Dauer für Zwecke der öffentlichen Versorgung außer Betracht bleibt 118 . Im übrigen hat sich der Gesetzgeber der gemeindlichen Konzessionsverträge nicht angenommen, so daß die Vertragsparteien ihre Rechtsbeziehungen weiterhin vertraglich im weitgehend gesetzesfreien Raum gestalten. Dem dürfte es zuzuschreiben sein, daß der Inhalt der Konzessionsverträge seit dem Beginn des Jahrhunderts trotz aller Veränderungen im Bereich von Politik und Wirtschaft im wesentlichen gleich geblieben ist 1 1 9 . Generelle Regelungen sind dagegen zu den Abgabepflichten ergangen, die durch die Konzessionsverträge begründet werden. In der Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft sollten die gemeindlichen Konzessionsabgaben abgeschafft werden. Bereits § 1 Energiewirtschaftsgesetz 120 hatte den Reichswirtschaftsminister ermächtigt, allgemeine Vorschriften oder Einzelanordnungen über die Zulässigkeit und Bemessung der von Energieversorgungsunternehmen für die Benutzung von Straßen und Verkehrswegen zu entrichtenden Benutzungsgebühren zu erlassen. Es war aber nicht der Reichswirtschaftsminister, sondern der Reichskommissar für die Preisbildung, der aufgrund von § 2 des Gesetzes zur Durchführung des Vierjahresplans 121 mit Zustimmung des Beauftragten für den Vierjahresplan 1941 die Konzessionsabgabenanordnung 122 sowie die Ausführungsanordnung zur Konzessionsabgabenanordnung123 und die Durchführungsbestimmungen zur Konzessionsabgabenanordnung und zu ihrer Ausführungsanordnung 124 erließ. Die Konzessionsabgabenanordnung und die Ausführungsanordnung gelten in der Bundesrepublik fort; sie sind in Teil ΙΠ
118
So § 8 Abs. 10 FStrG und die entsprechenden Regelungen der Landesstraßengesetze.
119
Vgl. nur die Angaben zum Vertragsinhalt bei Crome, AcP 115 (1917), 1 (7 ff.) und Thoma, AöR 38 (1918), 307 ff. mit dem Muster eines Straßenbenutzungsvertrages für Leitungen der öffentlichen Versorgung in Bundesfernstraßen, abgedruckt bei Obemolte/Danner, Energiewirtschaftsrecht, Band I, S. V 39 ff. 120
Gesetz zur Förderung der Energiewirtschaft vom 13. Dezember 1935, RGBl. I S . 1451.
121
Gesetz zur Durchführung des Vietjahresplans - Bestellung eines Reichskommissars für die Preisbildung - vom 29. Oktober 1936, RGBl. I S. 927. 122
Vom 4. März 1941, Reichsanzeiger Nr. 57 vom 8. März 1941 (KAE).
123
Vom 27. Februar 1943, Reichsanzeiger Nr. 75 vom 21. März 1943 (A/KAE).
124
Vom 27. Februar 1943, Mitteilungsblatt des Reichskommissars für die Preisbildung 1943, S. 228 (D/KAE).
II. Die Geschichte weiterer Konzessionsabgaben
83
des Bundesgesetzblattes bereinigt veröffentlicht 125 und mehrfach geändert worden 126 . Gemäß ihrer Präambel verfolgt die Konzessionsabgabenanordnung das Ziel, die Versorgungsunternehmen von betriebsfremden Ausgaben zu entlasten und eine fortschreitende Verbilligung von Elektrizität, Gas und Wasser herbeizuführen; gemäß § 2 Abs. 2 der Anordnung sollten die Konzessionabgaben weiter herabgesetzt und in angemessener Frist ganz beseitigt werden. Dazu ist es jedoch nie gekommen. So blieb es bei den in der Konzessionsabgabenanordnung getroffenen Maßnahmen: Konzessionsabgaben dürfen nicht mehr neu eingeführt oder erhöht werden 127 , sie müssen einheitlich nach Vomhundertsätzen der Roheinnahmen aus Versorgungsleistungen an letzte Verbraucher bemessen werden 128 , für die bestimmte Höchstsätze festgelegt werden 129 ; zudem wird die Höhe der Konzessionsabgaben dadurch begrenzt, daß den Versorgungsunternehmen ein angemessener Gewinn verbleiben muß 130 . Trotz dieses sehr restriktiven Rahmens für die Erhebung von Konzessionsabgaben, der sie als sogenannte "Aussterbeleistungen" kennzeichnen sollte 131 , und trotz der allgemeinen Überzeugung, daß die Konzessionsabgabenanordnung ebenso wie die zugehörige Ausführungsanordnung in der Bundesrepublik fortgelten 132 , werden die Konzessionsabgaben nicht nur weiter erhoben, sondern ihr Aufkommen hat sich in den letzten 30 Jahren mehr als verzehnfacht und beläuft sich mittlerweile im Jahr auf mehrere Milliarden D M 1 3 3 . Die verschiedensten Ansätze zur Reform des Konzessionsabgabenrechts seit 1952 sind allesamt steckengeblie-
125 Gliederungsnummer 721/3 und 721/3-1; die Veröffentlichung erfolgte aufgrund des Gesetzes über die Sammlung des Bundesrechts vom 10. Juli 1958, BGBl. I S . 437.
1 2 6 Durch das Gesetz vom 24. Dezember 1956, BGBl. I S. 1076, die Verordnung PR Nr. 11/67 zur Änderung der Konzessionsabgabenanordnung vom 20. Dezember 1967, Bundesanzeiger Nr. 241/67 vom 23. Dezember 1967, und die Verordnung PR Nr. 1/75 zur Änderung der Konzessionsabgabenanordnung vom 7. März 1975, Bundesanzeiger Nr. 49/75 vom 12. März 1975. 127
Vgl. dazu § 1 KAE, §§ 1 f. A/KAE und Nr. 1 ff. D/KAE.
128
Vgl. dazu § 4 KAE und Nr. 27 ff. D/KAE.
129
Vgl. dazu § 2 KAE, §§ 3 ff. A/KAE und Nr. 7 ff. D/KAE.
13
Vgl. dazu § 5 KAE, § 7 A/KAE und Nr. 34 ff. D/KAE.
131
Münch, Konzessionsverträge und Konzessionsabgaben, D 1 c, S. 61a.
132
Siehe nur BGHZ 15,113 und BVerwGE 22,203.
133 Siehe oben 1. Kapitel, Abschnitt II. 1 bei Fußnote 72 f.; die Weiterzahlung beruht darauf, daß gemäß Nr. 5 f. D/KAE nur die erstmalige Einführung als Neueinführung von Konzessionsabgaben definiert ist, nicht jedoch die Verlängerung vertraglicher Zahlungsverpflichtungen.
84
Kapitel 2: Entwicklung und Hintergrund der Konzessionsabgaben
ben, vor allem weil die Erträge aus den Abgaben angesichts der angespannten Finanzlage der Kommunen diesen als unverzichtbar gelten 134 .
2. Die Schankerlaubnissteuer Die Erhebung der Schankerlaubnissteuer geht auf § 6 Abs. 1 Nr. 2 des preußischen Kreis- und Provinzialabgabengesetzes vom 23. April 1906 zurück 135 . Danach war der Kreistag befugt, auf die Erlangung der Erlaubnis zum ständigen Betriebe der Gastwirtschaft, Schankwirtschaft oder des Kleinhandels mit Branntwein oder Spiritus im Sinne von § 33 GewO a.F. im Wege des Erlasses von Steuerordnungen indirekte Steuern zu legen. Zwar waren die preußischen Gemeinden schon seit 1893 gemäß § 13 des preußischen Kommunalabgabengesetzes136 "zur Erhebung indirekter Steuern innerhalb der durch die Reichsgesetze gezogenen Grenzen befugt"; bis 1907 wurde ihnen jedoch die Genehmigung für den Erlaß von Schankerlaubnissteuern auf der Grundlage dieser Vorschrift allgemein versagt, weil eine Steuerordnung dieses Inhalts "sich nicht zur Genehmigung eigne" 137 . Erst nach Erlaß des Kreis- und Provinzialabgabengesetzes gestand 1907 eine gemeinsame Verfügung des preußischen Finanz- und des Innenministers 138 den Stadtkreisen sowie in begrenztem Umfang den kreisangehörigen Gemeinden die Einführung von Schankkonzessionsteuern zu. Wegen der Konkurrenz der Steuererhebungsrechte von Kreisen und kreisangehörigen Gemeinden, die in der Praxis zu Schwierigkeiten führte, beschränkte das preußische Finanzausgleichsgesetz des Jahres 1938 139 das Recht zur Erhebung der Schankerlaubnissteuer dann aber auf die Kreise und auf die kreisfreien Gemeinden. Die ursprüngliche Zurückhaltung der Innenverwaltung gegenüber der Einführung einer Schankerlaubnissteuer stand in Zusammenhang mit dem bereits erwähnten § 7 Abs. 1 Nr. 6 GewO, der mit Wirkung vom 1. Januar 1873 an die Berechtigung, Abgaben für den Betrieb eines Gewerbes zu erheben, beseitigt hatte. Es mußte zunächst geklärt werden, ob die Erhebung einer Schankerlaubnissteuer auf landesrechtlicher Grundlage mit dieser reichsrechtlichen Vor134 Näher zu den Reformbemühungen Immesberger, Das Recht der Konzessionsabgaben, S. 9 ff. und Münch, Konzessionsverträge und Konzessionsabgaben, S. 80 ff. 135
GS S. 159.
136
Vom 14. Juli 1983, GS S. 152.
137
Von Borries, Preußisches Verwaltungsblatt 1906/ 1907, 263 unter Hinweis auf einen Ministerialerlaß vom 16. November 1894-1 B. 8558 II 16781. 138
Vom 12. März 1907, Ministerialblatt für die gesamte innere Verwaltung in den Königlich Preußischen Staaten 1907,119. 139
Vom 10. November 1938, GS S. 108, siehe dort § 2 Abs. 2 Satz 2.
II. Die Geschichte weiterer Konzessionsabgaben
85
schrift vereinbar war. Die Klärung wurde durch die Rechtsprechung von Reichsgericht und Preußischem Oberverwaltungsgericht herbeigeführt Das Reichsgericht legte § 7 Abs. 1 Nr. 6 GewO einschränkend dahin aus, daß eine Abgabe nur dann für den Betrieb eines Gewerbes erhoben werde, wenn "zwischen der Befugnis zum Betrieb des Gewerbes und der Verpflichtung zur Entrichtung der Abgabe eine Wechselbeziehung stattfindet, so daß jene Befugnis nur unter der Verpflichtung zur Leistung der Abgabe besteht und diese Verpflichtung den Preis der Befugnis zum Gewerbebetrieb bildet" 140 . Dem Schloß sich das Preußische Oberverwaltungsgericht an; es verlangte für Abgaben im Sinne von § 7 Abs. 1 Nr. 6 GewO ein Gegenseitigkeitsverhältnis in dem Sinne, daß der Beginn oder die Fortführung eines Gewerbes von der Entrichtung der Abgabe abhingen 141 . Auf dieser Grundlage erklärte das Oberverwaltungsgericht § 6 Nr. 2 des preußischen Kreis- und Provinzialabgabengesetzes für vereinbar mit § 7 Abs. 1 Nr. 6 GewO, weil er weder die Erlangung der Erlaubnis noch die Ausübung des Betriebs von der Leistung der Abgabe abhängig mache 142 . Tatsächlich stellt § 5 GewO ausdrücklich klar, daß die Gewerbeordnung steuerliche Beschränkungen des Betriebs einzelner Gewerbe nicht erfaßt. Demgegenüber zielt § 7 Abs. 1 Nr. 6 GewO auf die aus den überkommenen Gewerbeprivilegien im Sinne von Nr. 5 der Vorschrift durch Fiskus, Obrigkeiten, Grundherren und sonstige Berechtigte entwickelten Einnahmequellen: Die Konzessionsberechtigten waren nämlich dazu übergegangen, Gewerbekonzessionen nur gegen Entgelt zu erteilen 143 . Diese Praxis war durch die Einführung einer allgemeinen Gewerbesteuer abgelöst worden 144 . § 7 Abs. 1 Nr. 6 GewO bekräftigte diese gesetzgeberische Entscheidung und sicherte sie ab. Demgemäß standen der Einführung der Schankerlaubnissteuer aufgrund landesgesetzlicher Ermächtigung keine rechtlichen Hindernisse im Weg. Gerechtfertigt wurde die Belastung der Schankkonzession mit einer Abgabe aus dem Gedanken heraus, daß an dem durch die Erlaubniserteilung für den Unternehmer geschaffenen Vermögensvorteil, der vor allem auf der BedürfnisPrüfung und dem damit verbundenen Konkurrenzschutz beruhe, der Kreis in gewissem Umfang teilhaben sollte. Die Sätze der Konzessionsteuer sollten indessen nicht eine solche Höhe erreichen, daß der Gewerbebetrieb für die in Betracht kommenden Bevölkerungsschichten unmöglich oder daß eine solide 140
RGZ 6,90 (92); vgl. auch RGZ 49,66 (71).
141
PiOVGE 21,176(179).
142
PiOVGE 52,7 (9); ebenso später BVerwGE 6, 50 (51) und BVeifGE 13,181 (197 ff.).
143
Von Rönne, Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie, Band 4, S. 432.
144
Siehe zum Ganzen näher BVerfGE 13,181 (198 ff.).
86
Kapitel 2: Entwicklung und Hintergrund der Konzessionsabgaben
Geschäftspolitik gefährdet werde 145 . Der Gesetzgeber wollte mit der Zulassung der Schankerlaubnissteuer den mühelosen Erwerb, die "unverdiente Bereicherung" treffen, die seiner Auffassung nach in der Gewährung einer Schankkonzession - "gewissermaßen das Geschenk eines großen Kapitals" - lag 146 . In dieser Begründung kommt die seinerzeit noch durchaus verbreitete Äquivalenztheorie, nach der eine Steuer als Entgelt für einen dem Staatsbürger vom Staat eingeräumten Vorteil erhoben werden kann, mit aller Deutlichkeit zum Ausdruck 147 . Nachdem die Äquivalenztheorie im Hinblick auf den Steuerbegriff des Grundgesetzes, der in Anlehnung an die Abgabenordnung auf die Unabhängigkeit der Abgabe von einer Gegenleistung des Staates abstellt 148 , heute nicht mehr vertreten wird und die Bedürfnisprüfung längst abgeschafft ist 1 4 9 , geriet die Grundlage der Schankerlaubnissteuer in Zweifel. So war es nur folgerichtig, daß im Rahmen der Bestrebungen zum Abbau von Bagatellsteuern seit 1970 auch die örtlichen Schankerlaubnissteuern nach und nach abgeschafft wurden 150 . Allerdings hat die immer stärker werdende finanzielle Not der Kommunen in Hessen dazu geführt, daß die zunächst für 1982 151 , sodann für 1984 152 und schließlich für 1987 153 vorgesehene Aufhebung der Schankerlaubnissteuer 1986 vom Gesetzgeber wieder rückgängig gemacht wurde 154 . Auch in Rheinland-Pfalz kann die Schankerlaubnissteuer gemäß § 4 Abs. 3 Kommunalabgabengesetz weiterhin erhoben werden.
145 Anweisung des Finanzministers und des Innenministers vom 29. September 1906 zur Ausführung des Kreis- und Provinzialabgabengesetzes vom 23. April 1906, Abschnitt II C 3, Ministerialblatt für die gesamte innere Verwaltung in den Königlich Preußischen Staaten 1906, 273 (282). 146
PrOVGE 52,18 (23) mit ausführlichen Nachweisen zu den parlamentarischen Beratungen.
147
Schneider, DÖV 1950,364.
148
Siehe dazu zunächst nur BVerfGE 67,256 (282) m.w.N.
149
Zu den Folgen der Abschaffung der Bedürfnisprüfung für die Erhebung der Schankerlaubnissteuer OVG Münster, Urteil vom 1. Januar 1956, KStZ 1956, 61 (62). 150 Siehe dazu Hansmeyer, Steuern auf spezielle Güter, in: Handbuch der Finanzwissenschaft, Band II, S. 871 ff. und Mache, BB 1986,2313. 151 Siehe Art. 1 Nr. 1 in Verbindung mit Art. 2 des Gesetzes über die Aufhebung von Bagatellsteuergesetzen vom 14. Oktober 1980, GVB1.1 S. 383. 152
Siehe Art. 6 Haushaltsstrukturgesetz vom 21. Dezember 1981, GVB1.1 S. 50.
153
Siehe Art. 1 des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Aufhebung von Bagatellsteuergesetzen vom 24. Juni 1983, GVB1.1S. 97. 154 Siehe das Gesetz zur Aufhebung des Gesetzes über die Aufhebung von Bagatellsteuergesetzen vom 26. Juni 1986, GVB1.1S. 209.
II. Die Geschichte weiterer Konzessionsabgaben
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3. Ergebnis Bezieht man in eine zusammenfassende Würdigung neben der Schankerlaubnissteuer noch die eingangs erwähnte Spielbankabgabe, die auf das Jahr 1933 zurückgeht 155 , sowie die Konzessionsabgaben nach den Sportwettengesetzen ein, die erst in der Bundesrepublik erlassen wurden 156 , und ruft sich in Erinnerung, daß in der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts in einigen Ländern Deutschlands Wasserzinsen erhoben wurden 157 , so zeigt sich, daß die bergrechtliche Förderabgabe zwar insoweit als außergewöhnlich gelten muß, als sie auf eine Tradition zurückblicken kann, die sich über mehrere Jahrhunderte erstreckt. Deutlich wird aber auch, daß die Belastung wirtschaftsverwaltungsrechtlicher Erlaubnisse mit ertragsabhängigen Abgaben keinesfalls eine Erfindung des modernen Industriestaates der Gegenwart darstellt. Vielmehr sind diese Abgaben seit dem Beginn der verstärkten staatlichen Eingriffe in das Wirtschaftsgeschehen um die Jahrhundertwende erhoben worden, und zwar sowohl im Kaiserreich als auch in der Weimarer Republik, in der Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft wie in der rechtsstaatlichen Demokratie der Bundesrepublik. Ungeachtet dieser tiefgreifenden Veränderungen in der staatlichen Herrschaftsordnung haben sich ertragsabhängige Abgaben auf wirtschaftsverwaltungsrechtliche Erlaubnisse behaupten können. Ihre Eigenart entspringt nicht so sehr einem theoretischen Konzept, sondern Gerechtigkeitsvorstellungen der Staatspraxis, die den wirtschaftlichen Wert bestimmter Erlaubnisse erkannt und im Interesse der Allgemeinheit nutzbar gemacht hat. Das den Konzessionsabgaben eigentümliche Erscheinungsbild hat sich so allmählich verfestigt: Sie belasten wirtschaftsverwaltungsrechtliche Erlaubnisse, die zur Bewirtschaftung natürlicher oder künstlich geschaffener Knappheit von unternehmerischen Betätigungsmöglichkeiten eingesetzt werden; nach ihrer Bemessung sind sie darauf gerichtet, den wirtschaftlichen Vorteil auszugleichen, der in der Berechtigung zur Nutzung eines knappen Gutes liegt. Der Abschöpfungs- und Ausgleichsgedanke durchzieht die Geschichte der Konzessionsabgaben wie ein roter Faden. Er hat nicht nur die Erhebung der Bergwerksabgaben seit 700 Jahren geleitet, sondern auch die Rechtfertigung für die gemeindlichen Konzessionsabgaben und die Schankerlaubnissteuer geliefert. Selbstverständlich war die öffentliche Hand daneben auch immer daran interessiert, zusätzliche Einnahmequellen zu erschließen. Die Erhebung von Konzessionsabgaben hat sich
155
Siehe dazu den Abschnitt III. 1 des 1. Kapitels.
156
Siehe dazu oben den Abschnitt III.2 des 1. Kapitels.
157
Siehe dazu Abschnitt 1.2 des 1. Kapitels.
88
Kapitel 2: Entwicklung und Hintergrund der Konzessionsabgaben
aber nicht in der Verfolgung solcher Fiskalinteressen erschöpft, sondern in dem Gedanken des Vorteilsausgleichs eine eigenständige Legitimation gefunden. Ungeachtet dessen bleibt zu klären, ob heute von der rechtlichen Unbedenklichkeit der Konzessionsabgaben ausgegangen werden kann. Sie bildet die Voraussetzung dafür, daß Abgaben auf wirtschaftsverwaltungsrechtliche Erlaubnisse in der Bundesrepublik Deutschland erhoben werden können. Die grundsätzliche rechtliche Zulässigkeit des Einsatzes dieser Abgaben folgt nicht etwa schon aus der Rechtstradition. Das Grundgesetz hat sowohl mit der Verpflichtung des Gesetzgebers auf die Grundrechte als auch mit seiner Finanzverfassung einen verfassungsrechtlichen Rahmen geschaffen, der für das Wirtschaftsverwaltungsrecht verbindlich ist und dieses Rechtsgebiet wie auch die übrigen Teile des Verwaltungsrechts prägt. Traditionen, die unter Geltung anderer verfassungsrechtlicher Ordnungen begründet wurden, können deshalb nicht unbesehen übernommen werden. Sie eignen sich nur dann als Grundlage für das heutige Wirtschaftsverwaltungsrecht, wenn sie mit höherrangigem Recht vereinbar sind. Darüber lassen sich allerdings nur Aussagen machen, wenn zuvor der verwaltungsrechtliche Begriff der Konzession geklärt worden ist.
3. Kapitel
Die rechtsdogmatische Entwicklung: Der Tatbestand der Konzession und seine Veränderung Der Staat wirkt heute durch eine Vielzahl von Erlaubnispflichten auf das Wirtschaftsleben ein, deren Bezeichnung keinem einheitlichen System folgt. Die einschlägigen Gesetze sprechen von Erlaubnissen, Genehmigungen, Bewilligungen, Gestattungen, Verleihungen, Ausnahmen, Befreiungen und auch Konzessionen, ohne daß letzteren ein grundsätzlich anderer Gehalt beigemessen würde als den übrigen Erlaubnissen. Eine Besonderheit der Konzessionen und Verleihungen wird aber i.d.R. darin gesehen, daß auf ihre Erteilung kein Rechtsanspruch besteht, so daß sie schwieriger zu erlangen sind als etwa Erlaubnisse und Genehmigungen1. Umgekehrt soll die Konzession ein volles subjektives öffentliches Recht begründen, während die Erlaubnis im engeren Sinne bzw. die Genehmigung nur einen öffentlich-rechtlichen Besitzstand gewähren, der allerdings auch ein "Recht" im Sinne von Art. 19 Abs. 4 GG und von § 42 Abs. 2 VwGO darstellt. 2 Gelegentlich werden Konzessionen dadurch von Erlaubnissen geschieden, daß sie dem Berechtigten nicht die Ausübung eines an sich vorgegebenen Rechts oder einer vorgegebenen Freiheit gestatteten, sondern ihm erlaubten, an als öffentlich angesehenen Funktionen teilzuhaben.3 Das wenig einheitliche Bild, das der verwaltungsrechtliche Konzessionsbegriff heute bietet, beruht auf der wechselvollen Geschichte, die er durchlaufen hat, seit Otto Mayer gegen Ende des vorigen Jahrhunderts in Übernahme französischer Lehren seine Dogmatik der Konzession entwickelt hat. Zwar hat sich das deutsche Verwaltungsrecht nach und nach vom klassischen Konzessionsbegriff gelöst; er wirkt aber immer noch in bestimmten Formulierungen von Rechtsprechung und Literatur fort Aus diesem Grunde setzt das richtige Verständnis der Konzession im gegenwärtigen Verwaltungsrecht die Kenntnis seiner geschichtlichen Entwicklung voraus.
1 Vgl. zum ganzen Jarass, Gewerbearchiv 1980, 177 und Stober, Handbuch des Wirtschaftsverwaltungs- und Umweltrechts, § 74 V 1 b (S. 877). 2
Wolff/Bachof, Verwaltungsrecht I, § 48 II a 5 und b (S. 405).
3
Mayer/Kopp, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 198.
90
3. Kapitel: Die rechtsdogmatische Entwicklung I. Der klassische Konzessionsbegriff
Otto Mayers Lehre von den Konzessionen hat über ein halbes Jahrhundert lang das deutsche Verwaltungsrecht dahin beeinflußt, diesem Rechtsinstitut einen Bezug auf öffentliche Funktionen zuzuschreiben. Er sah in der Konzession einen Verwaltungsakt, der dem Untertan Anteil an der rechtlichen Macht der öffentlichen Verwaltung verlieh, von der ihm ein Stück überantwortet wurde. Neben der Verleihung eines öffentlichen Unternehmens durch Eisenbahnkonzession, Chausseekonzession, Brücken- und Fährenkonzession standen die Verleihung eines besonderen Nutzungsrechts an einer öffentlichen Sache sowie die Verleihung eines Enteignungsrechts bzw. eines öffentlichen Amtes. 4 Während die gewerbepolizeiliche Erlaubnis eine Tätigkeit betraf, die ihrer Art nach schon aufgrund der natürlichen Freiheit ausgeübt werden konnte, gab die Verleihung eines öffentlichen Unternehmens dem Begünstigten ein Stück vom Staat abgeleiteter Rechtsmacht, überantwortete ihm einen Anteil an der öffentlichen Verwaltung. Ohne die Verleihung war dem Privatmann die betreffende Tätigkeit unmöglich. Zur Begründung seiner Lehre verwies Mayer auf das öffentliche Interesse, die Verkehrswege, deren Betrieb den Hauptanwendungsfall der Konzessionen bildete, in der Hand der öffentlichen Gewalt zu halten. Diese müsse dem öffentlichen Verkehr nach einem bestimmten System seine Bahnen anweisen können, ohne daß ihr jemand "hineinpfusche". Letzter Grund für die Befugnisse der öffentlichen Hand war für Mayer das überkommene Wegeregal, das er als Wegehoheitsrecht bezeichnete. Auch im Verfassungsstaat gehörte es nach seiner Auffassung - trotz Aufgabe der Regaltheorie - nicht zur verfassungsmäßig geschützten Freiheit des einzelnen, öffentliche Verkehrswege zu errichten. Neben den Straßen sollten auch andere öffentliche Verkehrseinrichtungen wie Brücken, Fähren, Kanäle und Eisenbahnen per se, d.h. ohne eine besondere gesetzliche Regelung, dem Hoheitsrecht des Staates unterfallen. 5 Die Konzession brachte für den Begünstigten nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten mit sich: Der Staat beanspruchte aufgrund der Verleihung ein Aufsichtsrecht, das ihn zu allgemeinen Anweisungen berechtigte. Diese betrafen nicht nur Fortführung und Instandhaltung des Unternehmens, Vorsorge gegen Schäden und die Pflicht zu Verbesserungsmaßnahmen. Aus dem Aufsichtsrecht leitete sich zudem die Befugnis des Staates ab, Maßnahmen des Verwaltungszwanges zu ergreifen. Für den Begünstigten bestand die Wirkung der Verleihung in der Begründung eines subjektiven öffentlichen Rechtes, das Unternehmen im eigenen Namen und auf eigene Rechnung zu führen. Für Ein-
4
O. Mayer, Deutsches Verwaltung srecht,2. Bd., 1. Aufl., S. 147 f.
5
O. Mayer, ebenda, S. 294 ff.
II. Die concession imfranzösischen Verwaltungsrecht
91
griffe in das durch die Konzession verliehene Unternehmen war der Staat fortan auf besondere Rechtsgrundlagen angewiesen, sofern er bei der Verleihung nicht einen entsprechenden Vorbehalt gemacht hatte.6 Wurde die Konzession widerrufen oder tatsächlich beeinträchtigt, hatte der Konzessionär einen Anspruch auf Entschädigung. Ganz generell war der Staat verpflichtet, das verliehene Recht zu schützen7. Zum Ausgleich konnte er mit der Erteilung der Konzession eine Gebührenpflicht verknüpfen. Die Gebühr stellte ein Entgelt für das verliehene Recht dar. Zu ihrer Erhebung bedurfte es keiner gesetzlichen Grundlage, sondern nur der freiwilligen Unterwerfung des Betroffenen, die im Antrag auf die Erteilung der Konzession gesehen wurde. Die Zahlungspflichten wirkten ebenso wie der Verleihungsakt auch gegenüber den Rechtsnachfolgern des Beliehenen. Diese unterwarfen sich dem Verwaltungsakt durch den freiwilligen Eintritt in das besondere Verhältnis, für das er erlassen worden war 8. Die Konzession war nach dieser Auffassung also als eine besonders verfestigte Rechtsposition ausgestaltet, die sich deutlich von der einfachen Erlaubnis unterschied 9. In das Rechtsinstitut flössen wesentliche Elemente des französischen Verwaltungsrechts ein, die Otto Mayer mit seinem Verständnis der subjektiven öffentlichen Rechte verband. Ohne eine genauere Kenntnis der französischen Vorbilder auf der einen und der damaligen Lehre von den subjektiven öffentlichen Rechten auf der anderen Seite läßt sich diese Eigenart der Konzession nicht erfassen. Auch die Rezeption der Auffassungen Otto Mayers im deutschen Verwaltungsrecht des 20. Jahrhunderts ist ohne diese Grundlagen nicht zu verstehen.
Π. Die concession im französischen Verwaltungsrecht Indem Otto Mayer die Konzession als einen Verwaltungsakt definiert, der einem Untertanen Macht über einen Gegenstand der öffentlichen Verwaltung gibt, und in diesem Zusammenhang synonym von einer Verleihung öffentlicher Unternehmungen bzw. Unternehmen spricht, die dem Beliehenen wie einem
6
O. Mayer, ebenda, S. 208 ff.
7
O. Mayer, ebenda, S. 148 ff.
8
O. Mayer, ebenda, S. 162 f.
9
Siehe dazu O. Mayer, ebenda, S. 138.
3. Kapitel: Die rechtsdogmatische Entwicklung
92
Beamten Macht über ein Stück öffentlicher Verwaltung gibt 10 , überträgt er zentrale Begriffe des französischen in das deutsche Verwaltungsrecht. 11
1. Le service public Der Begriff der öffentlichen Unternehmung ist dem service public nachgeformt, der nicht nur gegen Ende des 19., sondern bis weit hinein in das 20. Jahrhundert den Kernbegriff des französischen Verwaltungsrechts bildete und dort noch heute eine grundlegende Bedeutung hat. Nachdem sich das französische Verwaltungsrecht im 19. Jahrhundert zunächst in Ausrichtung auf den Begriff der öffentlichen Gewalt (puissance publique) entwickelt hatte, wurde der zentrale Platz dieses Begriffs in der Doktrin gegen Ende des 19. Jahrhunderts immer deutlicher von dem des service public eingenommen, der die Eigenart der Verwaltung im liberalen Staat nach französischer Auffassung besser kennzeichnete. Während die Ausübung öffentlicher Gewalt als typisch für den Staat des Absolutismus angesehen wurde, entsprach der service public - die Durchführung eines Dienstes im öffentlichen Interesse - mehr den Aufgaben des freiheitlichen Verfassungsstaates. 12 Der Begriff war in Frankreich so zentral für das Verständnis des Verwaltungsrechts, daß rückblickend von der Schule des service public gesprochen wird 13 . Grundlage der Lehre vom service public war die Überzeugung, daß die Verwaltung in allen zivilisierten Ländern den öffentlichen Interessen dienen muß. Zu diesem Zweck kann sie sich des öffentlichen oder des privaten Rechts bedienen. Das öffentliche Recht stellt sich als das Mittel dar, um den öffentlichen Interessen zur Durchsetzung gegenüber den Privatinteressen zu verhelfen. Während das Privatrecht von der Gleichheit der Rechtssubjekte ausgeht, ist Grundlage des öffentlichen Rechts gerade umgekehrt die Ungleichheit der an einem Rechtsverhältnis Beteiligten, die den Vorrang der öffentlichen Interessen vor den Privatinteressen sichert. Aufgabe des service public ist die Befriedigung der öffentlichen Interessen, so daß sich das öffentliche Recht als das dieser Aufgabe und damit auch dem service public gemäße Recht darstellt. Die Idee des service public ist auf das Engste mit dem Begriff des öffentlichen »0 O. Mayer, ebenda, S. 147 f., 225 und 294. 11 Zu O. Mayers Bewunderung für das französische Verwaltung s recht siehe denselben, AöR 32 (1914), 275 (277) und Hueber, Otto Mayer, S. 77 ff. 12 Duguit, Les transformations du droit public, S. 52 ff.; Jèze, Revue du Droit Public 1913, 503; zur Durchsetzung des service public als Grundlage des französischen Verwaltungsrechts insgesamt Jourdan, Revue du Droit Public 1987, 89 mit umfassenden Nachweisen zu Literatur und Rechtsprechung. 13
(91).
Braibant, Le droit administratif français, S. 149; Jourdan, Revue du Droit Public 1987, 89
II. Die concession im französischen Verwaltungsrecht
93
Rechts verknüpft: Der service public ist der Weg, um mit Hilfe des öffentlichen Rechts die öffentlichen Interessen zu befriedigen. 14 Seit der Jahrhundertwende waren service public und Verwaltungsrecht von ihrem Sachbereich her gesehen weitgehend identisch. Der service public bestand aus drei Elementen: einer Aufgabe von öffentlichem Interesse, einer Organisation zur Erfüllung dieser Aufgabe und einem System rechtlicher Regeln, das ebenfalls auf die Aufgabenerfüllung zugeschnitten war - dem Verwaltungsrecht. Der service public bildete den Bezugspunkt des eigenständigen Rechts der Verwaltung 15 . Der Begriff des service public war allerdings wegen seiner Ausrichtung auf das öffentliche Interesse so weit angelegt, daß er über die traditionellen Staatsfunktionen wie Verteidigung, Polizei und Justiz hinaus auch Aufgaben erfaßte, die herkömmlich von Privaten wahrgenommen wurden, wie die Versorgung mit Lebensmitteln oder Arzneimitteln. Auch wenn die Verwaltung sich dieser Aufgaben der Daseinsvorsorge annahm, mußte sie sich nicht stets des Verwaltungsrechts bedienen, sondern konnte unter bestimmten Umständen auf das Privatrecht zurückgreifen, wenn nämlich die öffentlichen Interessen auch auf der Grundlage einer prinzipiellen rechtlichen Gleichordnung zwischen Verwaltung und Privaten befriedigt werden konnten16. Das änderte aber nichts daran, daß der service public zum Zentralbegriff des französischen Verwaltungsrechts wurde.
2. La concession An den Begriff des service public knüpft im französischen Verwaltungsrecht der Begriff der Konzession an. Wenn ein service public nicht direkt von der Verwaltung betrieben, sondern ein privater Unternehmer damit beauftragt wird, spricht das französische Verwaltungsrecht von einer concession de service public, von der Konzessionierung einer öffentlichen Unternehmung. Typisches Beispiel für eine solche Konzessionierung waren in Frankreich die Eisenbahnen, die nur z.T. vom Staat, z.T. aber auch von Privaten betrieben wurden 17 . Daneben wurden und werden andere öffentliche Verkehrsmittel sowie
14 Siehe zum ganzen näher Duguit, Les transformations du droit public, S. 33 ff.; ders., Traité de droit constitutionel, Band 2, S. 59 ff.; Hauriou, Précis de droit administratif, S. 502 ff.; Jèze, Revue du Droit Public 1913,503; ders., Les principes généraux du droit administratif, Band 2, S. 1 ff. 15
B rai bant, Le droit administratif français, S. 131 ff.
16
Jèze, Les principes généraux du droit administratif, S. 4 f.
17
Zur rechtlichen Regelung der Konzessionierung von Eisenbahnen siehe Fritsch, Artikel "Eisenbahnen(recht)" in: Handwörterbuch der Staatswissenschaften, 3. Band, S. 819 (822); ein wei-
94
3. Kapitel: Die rechtsdogmatische Entwicklung
die Versorgung mit Wasser, Gas und Strom, darüber hinaus auch Markthallen von öffentlichen Unternehmungen als Konzessionären betrieben. Nach französischem Verwaltungsrecht handelt es sich bei diesen Unternehmungen keinesfalls um Privatunternehmen, die nur wegen ihrer Bedeutung der Kontrolle der Verwaltung unterworfen sind, sondern um services publics im eigentlichen Sinne. Maßgebend für ihren Betrieb sind die öffentlichen Interessen, die den Privatinteressen vorgehen. Dementsprechend ist für sie nicht Privatrecht, sondern öffentliches Recht einschlägig; sie werden durch die Verwaltung, nicht durch den Konzessionär organisiert. Für das Handeln der Verwaltung sind allein die öffentlichen Interessen maßgebend, die den Privatinteressen des Konzessionärs vorgehen. Der Begriff des service public ließe einen Vorrang privater Interessen nicht zu. Die vertraglichen Vereinbarungen, die der Staat mit dem Konzessionär über die Konzession und die mit ihr verbundenen Pflichten (la concession et le cahier des charges) trifft, hindern die Verwaltung nicht, die öffentlichen Interessen durchzusetzen. Der Konzessionär kann sich gegenüber entsprechenden Anordnungen nicht auf seine vertraglichen Rechte berufen, sondern ist darauf beschränkt, Schadensersatzforderungen geltend zu machen. Die rechtliche Grundlage der Konzession ist also einerseits vertraglich, andererseits kann die Verwaltung durch einseitige Hoheitsakte die Pflichten des Konzessionärs im öffentlichen Interesse erweitern oder verändern 18. Damit ist die rechtliche Natur der Konzession angesprochen, deren Bestimmung dem französischen Verwaltungsrecht bis heute Schwierigkeiten bereitet. Während man im 19. Jahrhundert davon ausging, daß es sich um einen Vertrag zwischen dem Staat und dem Konzessionär handele, führte die Kritik vor allem der bedeutenden Verwaltungsrechtler Duguit, Hauriou und Jèze zu Beginn des 20. Jahrhunderts zur Aufgabe der rein vertraglichen Konstruktion. Gerade weil Gegenstand der Konzession ein service public ist, muß die Konzession auch die einseitig hoheitliche Durchsetzung dieser Interessen ermöglichen. Demgemäß geht man seither in Frankreich allgemein von der gemischten Rechtsnatur der Konzession aus, die sowohl vertragliche als auch einseitig hoheitliche Elemente umfassen (un acte mixte, mi-réglementaire, mi-contractuel). Während die Organisation und das Funktionieren des service public hoheitlich geregelt sind, bestimmen die eigentlich vertraglichen Klauseln der Konzession deren Dauer und die finanziellen Vorteile des Konzessionärs, insbesondere das sog. finanzielle Gleichgewicht (équilibre financier bzw. équation financière). Heute liegt das Schwergewicht auf den hoheitlichen Bestandteilen der Konzesteres Beispiel für eine Konzessionierung, das jüngst sogar den Europäischen Gerichtshof beschäftigt hat, bildet das Bestattungswesen, siehe das Urteil vom 4. Mai 1988, DVB1. 1989,923. 18
Siehe zum ganzen noch Jèze, Das Verwaltung s recht der Französischen Republik, S. 94 ff.
II. Die concession im französischen Verwaltungsrecht
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sion, auf die die allgemeinen Lehren des französischen Verwaltungsrechts über den Verwaltungsvertrag (contrat administratif) Anwendung finden 19 . Die Konzession vereinigt damit zwei grundverschiedene Elemente: einerseits soll ein service public im öffentlichen Interesse und unter Aufsicht der Verwaltung funktionieren, andererseits soll einem privatwirtschaftlichen Unternehmen die Erzielung eines Gewinns ermöglicht werden. Diese beiden wesensverschiedenen Bestandteile kommen auch in den Pflichten und Rechten der Verwaltung und des Konzessionärs zum Ausdruck. Der Konzessionär ist unter allen Umständen verpflichtet, den service public zu betreiben; verstößt er gegen diese Pflicht, kann die Verwaltung sich den service public selbst unterstellen. Der Konzessionär muß auch die von der Verwaltung gewünschten Änderungen des service public durchführen, selbst wenn sie den Bestimmungen der Konzession nicht entsprechen. Umgekehrt dürfen zugunsten des service public Enteignungen durchgeführt werden, ihm wird in aller Regel ein Monopol eingeräumt, und der Konzessionär kann von den Benutzern des service public ein Entgelt verlangen, dessen Höhe bereits in der Konzession festgelegt oder später von der Verwaltung bestimmt wird. Führt eine nachträgliche Änderung der Tarife zu einer Störung des in der Konzession fixierten finanziellen Gleichgewichts, kann der Konzessionär von der Verwaltung eine entsprechende Entschädigung verlangen 20. Nach französischem Verwaltungsrecht überträgt demnach eine Konzession einem Privatmann einen service public und überantwortet ihm damit einen Bereich der öffentlichen Verwaltung zur Ausübung im eigenen Namen. Der Konzessionär erhält nicht etwa das Recht zum Betrieb eines Privatunternehmens nach privatwirtschaftlichen Grundsätzen, sondern kommt in eine Zwischenstellung zwischen Unternehmer und Amtsträger. Dementsprechend ist sein Rechtsstatus ein anderer als der eines Privatunternehmers. Die Konzession erlaubt nicht eine private Tätigkeit, die der Staat im öffentlichen Interesse zunächst verboten und erst nach einer Prüfung auf ihre Unbedenklichkeit hin freigegeben hat. Ihre Eigenart ist die Beteiligung eines Privaten an einem Stück öffentlicher Verwaltung, als die jeder service public verstanden wird. Gerade diese Eigenart wirft für die concession de service public ebenso wie für den service public selbst die Frage auf, ob sie in das deutsche Verwaltungsrecht übertragen werden können.
19
Dazu grundlegend de Laubadère, Traité des contrats administratifs, 1. Band, Rdnr. 223 ff. (S. 283 ff.) m.w.N. 20 Vedel/Devolvé, Droit administratif, S. 1133 ff.; de Laubadère, Traité de droit administratif, Band 1, Rdnr. 1071 ff. (S. 637 ff.).; Waline, Précis de droit administratif, Rdnr. 907 ff. (S. 478 ff.).
96
3. Kapitel: Die rechtsdogmatische Entwicklung 3. Die Übertragbarkeit
der Begriffe
Die zentrale Position, die der Begriff des service public im französischen Verwaltungsrecht stets eingenommen hat und auch heute noch weitgehend einnimmt, füllt im deutschen Verwaltungsrecht traditionell der Begriff der öffentlichen Gewalt aus.21 Dementsprechend war und ist in Deutschland stets maßgebend, ob der Staat zur Befriedigung der öffentlichen Interessen hoheitlich handelt. Nur dann greift das Verwaltungsrecht ein, nur dann ist der Weg zu den ordentlichen Gerichten versperrt - eine Folge der Anwendung von Verwaltungsrecht, die vor der Einrichtung der Verwaltungsgerichtsbarkeit weitreichende Bedeutung hatte. Handelt die Verwaltung nicht hoheitlich, unterfielen und unterfallen die Rechtsbeziehungen zwischen Staat und Bürger grundsätzlich dem Privatrecht. In Frankreich hingegen knüpft das Verwaltungsrecht an das Bestehen eines service public an; fast die gesamte Verwaltungstätigkeit war und ist dem Privatrecht und damit den ordentlichen Gerichten entzogen, für ein Verwaltungsprivatrecht besteht wenig Raum. Diese unterschiedliche Konzeption des deutschen im Vergleich zum französischen Verwaltungsrecht ließ es bereits zur Zeit von Otto Mayer problematisch erscheinen, den Begriff des service public in Form der Übersetzung "öffentliche Unternehmung" in das Verwaltungsrecht zu übertragen 22. Das deutsche Verwaltungsrecht war und ist durch den Begriff der Ausübung öffentlicher Gewalt geprägt, dem anders als in Frankreich kein Gegenbegriff der öffentlichen Unternehmung erwachsen ist 23 . Die Übernahme des Konzessionsbegriffs aus dem französischen Verwaltungsrecht stößt auf eher noch größere Probleme. Sie setzt notwendig das Konzept des service public voraus, die Zuordnung der konzessionierten Unternehmung zur öffentlichen Verwaltung im materiellen Sinne. Diese Zuordnung war und ist dem deutschen Rechtsverständnis aber fremd. Schon wenn die öffentliche Hand ein Unternehmen nicht in hoheitlicher Form betreibt, ist sie - abgesehen von den Besonderheiten des Verwaltungsprivatrechts - nicht mehr dem öffentlichen, sondern wie ein Privater dem Zivilrecht unterworfen. Um so mehr bildet das Zivilrecht den rechtlichen Rahmen für Unternehmen der Daseinsvor-
21 Zur Bedeutung des Begriffs der öffentlichen Gewalt auch für Otto Mayers verwaltungsrechtliche Dogmatik siehe Heyen, Otto Mayer, S. 124 f. 22 Siehe die entsprechende Kritik der Lehre Otto Mayers durch E. Kaufmann, Artikel "Verwaltung, Verwaltungsrecht", in: von Stengel/Fleischmann, Wörterbuch des Deutschen Staatsund Verwaltungsrechts, 3. Band, S. 688 (710 f.). 23 Zur wechselseitigen Bedingtheit der Begriffe service public und puissance publique siehe aus neuerer Zeit Chapus, Revue du Droit Public 1968, 235; Regourd, Revue du Droit Public 1987, 5; Geffroy, Revue du Droit Public 1987, 49; zum Konzept des service public im Bereich der Telekommunikation Dubois, Revue du Droit Public 1987, 361.
II. Die concession im französischen Verwaltungsrecht
97
sorge - in diesem Bereich vor allem befriedigen privatwirtschaftlich betriebene Unternehmen öffentliche Interessen -, die im Eigentum von Privatpersonen stehen. Nicht schon die Befriedigung von Interessen der Allgemeinheit, sondern erst die Ausübung hoheitlicher Befugnisse führt zur Eingliederung solcher Privatunternehmen in den Bereich der Verwaltung mittels des Rechtsinstituts des beliehenen Unternehmers. Nach deutschem Verwaltungsrecht bestand schon zu Zeiten Otto Mayers zwischen dem Betrieb einer gewerblichen Anlage und dem Betrieb einer Eisenbahn durch Private kein grundsätzlicher Unterschied, so daß auch die Eisenbahnkonzession keine Verleihung einer öffentlichen Unternehmung im Sinne der Übertragung eines Teils der staatlichen Verwaltung auf einen Privaten darstellte. Vielmehr handelte es sich um die besonders ausgestaltete Genehmigung eines besonders wichtigen und besondere Gefahren und Nachteile mit sich bringenden gewerblichen Unternehmens, das auf privatwirtschaftlicher Grundlage in privatrechtlichem Rahmen betrieben wurde. 24 Das deutsche Verwaltungsrecht kennt kein "öffentliches Unternehmen", das materiell dem öffentlichen Recht unterworfen wird 25 . Vielmehr sind auch Konzessionen wie sonstige gewerberechtliche Erlaubnisse stets Unternehmen erteilt worden, die sich privatwirtschaftlich betätigen. Otto Mayer hat zwar die Rechtsfigur der öffentlichen Unternehmung vor allem am Beispiel der Eisenbahnen zu entwickeln gesucht und deren Rechtsstellung ganz entsprechend der eines service public im französischen Verwaltungsrecht konstruiert. Dem Staat hat er ein Aufsichtsrecht zugesprochen, verbunden mit der Befugnis, zur Durchsetzung der dem Unternehmer auferlegten Pflichten Zwangsmittel einzusetzen, insbesondere von der Ersatzvornahme Gebrauch zu machen. Andererseits begründete die Verleihung ein subjektives öffentliches Recht des Beliehenen, das öffentliche Unternehmen zu führen, so daß der Staat fortan zu Eingriffen in dieses Unternehmen eines besonderen
24 Kaufmann, ebenda, S. 712 f. Vor allem in Preußen, aber auch in anderen deutschen Ländern wie Hessen und Sachsen blieben Bau und Betneb von Eisenbahnen lange privaten Aktiengesellschaften überlassen, die vom Staat eine Konzession erhielten; den Grund für diese privat wirtschaftliche Lösung, die bis zur schrittweisen Verstaatlichung der Eisenbahnen gegen Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts Bestand hatte, bildete die Finanzknappheit des Staates, der nur die Aufsicht über die Eisenbahnen ausübte; ein Kommissar war befugt, die Vorstände der Eisenbahngesellschaft zusammenzurufen und deren Zusammenkünften beizuwohnen, vgl. § 46 des Preußischen Gesetzes über die Eisenbahnunternehmungen vom 3. November 1938, GS S. 505. Dieses Gesetz, das später anderen Staaten als Vorbild diente, regelte im wesentlichen bis ins 20. Jahrhundert die Beziehungen zwischen Staat und privaten Eisenbahnen. Zum privaten Charakter der Eisenbahnen siehe Koselleck, Preußen zwischen Reform und Revolution, S. 616 ff. und Seidenfus, Eisenbahnwesen, in: Deutsche Verwaltungsgeschichte, Band 2, S. 227 (229 ff.) sowie denselben, Verkehrswesen (Eisenbahnen), in: Deutsche Verwaltungsgeschichte, Band 3, S. 358 (359 ff.). 25
Vogel, öffentliche Wirtschaftseinheiten in privater Hand, S. 54.
7 Wieland
98
3. Kapitel: Die rechtsdogmatische Entwicklung
Rechtstitels bedurfte, sei es in Form eines Gesetzes, sei es in Form eines Vorbehalts, der bei der Verleihung gemacht werden mußte26. Das subjektive öffentliche Recht des Beliehenen bildete den Kern von Otto Mayers Dogmatik des öffentlichen Unternehmens, die lange Zeit das deutsche Verwaltungsrecht beeinflußt hat. Um ein öffentliches Unternehmen im Sinne dieser Dogmatik handelt es sich aber nur dann, wenn ein privates Unternehmen öffentliche Gewalt ausübt. Erfüllt ein privatwirtschaftlich arbeitendes Unternehmen dagegen nur Aufgaben der Daseinsvorsorge im öffentlichen Interesse, ohne hoheitliche Befugnisse auszuüben, bestimmt sich seine rechtliche Stellung nach dem Privatrecht. Die Eigenart der Konzession wurde folgerichtig in der Zeit nach Otto Mayer nicht mehr in der Übertragung eines Stücks öffentlicher Verwaltung an einen Privaten, sondern in der Begründung eines subjektiven öffentlichen Rechts gesehen.
ΙΠ. Die Konzession als subjektives öffentliches Recht Angesichts der Zurückhaltung der Lehre gegenüber der Annahme subjektiver öffentlicher Rechte Privater unterschied sich die Konzession gerade wegen ihrer Qualifizierung als subjektives öffentliches Recht deutlich von anderen verwaltungsrechtlichen Erlaubnissen. Subjektive öffentliche Rechte Privater entsprachen kaum den grundsätzlichen Vorstellungen über die Rechtsbeziehungen zwischen Staat und Bürger, wie sie Otto Mayer mit anderen Staatsrechtslehrern seiner Zeit teilte. Dem Staat kam danach das Recht auf Beherrschung und Gehorsam zu, die Grundlage aller Hoheitsrechte. Diesem Recht korrespondierte auf der Seite der Untertanen eine allgemeine Gehorsamspflicht. Der Vorbehalt des Gesetzes bildete die Grenze des allgemeinen staatlichen Beherrschungsrechts. Vorteile, die den Untertanen aus diesem Vorbehalt erwuchsen, wurden nicht als Menschenrechte, Freiheitsrechte oder Grundrechte bezeichnet, weil es sich nur um allgemeine Möglichkeiten handele. Ein wirkliches subjektives öffentliches Recht setze ein öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis voraus, das rechtliche Macht über die öffentliche Gewalt selbst begründet - sei es in Form eines öffentlich-rechtlichen Anspruches, sei es in Gestalt eines öffentlich-rechtlichen Besitzstandes des Untertanen. Ein solcher öffentlich-rechtlicher Besitzstand eines Untertanen galt als eine eigentlich der öffentlichen Gewalt eigentümliche Machtäußerung, die in die Hand des Untertanen gegeben wurde, damit er sie für sich in eigenem Namen und eigenem Interesse ausübe27.
26
O. Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht, 2. Band, 1. Aufl. S. 308 ff., insbesondere 312.
27
O. Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht, 1. Band, S. 104 ff.
III. Konzession als subjektives öffentl. Recht
99
Indem Otto Mayer die Konzession als die Verleihung rechtlicher Macht über ein Stück öffentlicher Verwaltung definierte, konnte er sie als subjektives öffentliches Recht begründen und von einfachen Erlaubnissen unterscheiden. Diese Konstruktion ermöglichte es, dem Konzessionär eine relativ starke Rechtsstellung gegenüber dem Staat einzuräumen und damit einem Bedürfnis der Praxis entgegenzukommen. Es war nämlich kaum zu erwarten, daß ein privates Unternehmen die z.B. für den Bau und den Betrieb einer Eisenbahn erforderlichen großen Investitionen tätigen würde, wenn es nicht zum Ausgleich eine gesicherte Rechtsstellung in bezug auf dieses Unternehmen erhielt. Die einfache Erlaubnis, die nach seinerzeit h.M. kein subjektives öffentliches Recht begründete, war nicht geeignet, dem privaten Unternehmen die erwünschte gesicherte Position einzuräumen. Deshalb lag es nahe, eine grundsätzliche Unterscheidung zwischen Erlaubnis und Konzession zu treffen und dafür an die dem französischen Verwaltungsrecht eigentümliche Beteiligung eines Privaten an einem service public anzuknüpfen. Mit der Rechtsfigur des beliehenen Unternehmers, der an der öffentlichen Verwaltung teilhatte, ließ sich plausibel begründen, warum dem Konzessionär ein subjektives öffentliches Recht auf sein Unternehmen zustand. Diesem Hintergrund entsprach es, daß die Konzession solange ihre Sonderstellung gegenüber den sonstigen Erlaubnissen in der Lehre behielt, bis sich die Vorstellung von subjektiven öffentlichen Rechten der Bürger gegenüber dem Staat allgemein durchgesetzt hatte. Dazu bedurfte es eines grundsätzlichen Umdenkens des Rechtsverhältnisses zwischen Staat und Bürger, das in der Lehre von den subjektiven öffentlichen Rechten seinen deutlichsten Ausdruck fand.
1. Die Skepsis gegenüber subjektiven öffentlichen Konstitutionalismus
Rechten im
Die iura quaesita des Mittelalters hatten den absolutistischen Staat nicht überdauert, seinem Souveränitätsanspruch widersprach der Gedanke gegen den Staat - nicht gegen den Fiskus - gerichteter subjektiver öffentlicher Rechte28. Wenn der Konstitutionalismus auch eine objektive Rechtsbindung des Staates als Hoheitsträger anerkannte, konnte sich doch die Überzeugung, der objektivrechtlichen Bindung der öffentlichen Gewalt könnten subjektive Rechte der als Untertanen angesehenen Bürger gegenüberstehen, nur langsam durchsetzen. Zwar war die Staatsrechtslehre des Frühkonstitutionalismus zunächst noch wie 28 Zu den Vorläufern der subjektiven öffentlichen Rechte im Mittelalter sowie zur Zeit des Absolutismus siehe O.v. Gierke, Johannes Althusius, S. 112 ff. und 268 ff. sowie denselben, Das deutsche Genossenschaftsrecht, Vierter Band, passim; femer Bauer, Geschichtliche Grundlagen der Lehre vom subjektiven öffentlichen Recht, S. 22 ff. und Schmidt, Öffentliches Wirtschaftsrecht, S. 448 ff.
100
3. Kapitel: Die rechtsdogmatische Entwicklung
selbstverständlich davon ausgegangen, daß den Staatsbürgern subjektive Rechte in der Form von Grundrechten gegen den Staat zustünden. Von Aretin bezeichnete es als vorzüglichstes Bürgerrecht, von allen vorkonstitutionellen Gesetzen29 und Verordnungen befreit zu sein, die der Verfassung widersprächen 30 ; als weitere Rechte des einzelnen betrachteten er und von Rotteck Freiheit, Sicherheit und Eigentum 31 . Im gleichen Sinne definierte von Mohl Staatsbürgerrechte als diejenigen Rechte, die den Staatsbürgern als solchen gegenüber dem Staat zustanden32. Von Mohl betonte aber schon deutlich die begrenzte rechtliche Kraft subjektiver öffentlicher Rechte: Im Unterschied zu subjektiven Privatrechten könnten sie nicht vor den Gerichten durchgesetzt werden 33. Diese Privatrechte wurden um 1840 nur noch im engeren Sinne verstanden, nicht umfassend wie in den ersten Jahrzehnten des Jahrhunderts, als auch die vom Staat verliehenen Hoheitsrechte (z.B. Regalrechte) zu den einheitlichen Rechten Privater gezählt wurden 34. Die Staatsrechtslehre sah dann die Rechtswirkung der Grundrechte in der Übergangszeit von der ständischen zur bürgerlichen Gesellschaft tendenziell auf die Funktion eines Gesetzgebungsprogramms beschränkt. Die Wissenschaft beugte sich mit dieser Auffassung der Staatspraxis, die sich weigerte, den Grundrechten einen Anspruch auf Anpassung entgegenstehender gesetzlicher Vorschriften zu entnehmen35. Immerhin sprach aber etwa von Mohl dem Bürger das Recht zum Ungehorsam gegen ein Gesetz zu, das in Widerspruch zu 29 Nachkonstitutionelle Gesetze seien ohne Zustimmung der Volksversammlung nicht mehr gültig, von der nicht zu erwarten sei, daß sie an Gesetzen gegen die Verfassung mitwirken werde, s. von Aretin, Staatsrecht der konstitutionellen Monarchie, Erster Band, S. 232 Fußnote 1. 30
Von Aretin, ebenda, S. 229.
31
Von Aretin, ebenda, S. 228 i.V.m. S. 159 f.; von Aretin/von Rotteck, Staatsrecht der konstitutionellen Monarchie, Zweiter Band, 1. Abteilung, S. 1 ff.; vgl. femer die von K.S. Zachariä, Vierzig Bücher vom Staate, Vierter Band, S. 32 ff. aufgezählten Rechte des Bürgers gegenüber dem Staat; zur Geschichte des Rechts auf Sicherheit in Deutschland Robbers, Sicherheit als Menschenrecht, S. 81 ff. 32 Von Mohl, Das Staatsrecht des Königreiches Württemberg, Erster Band, S. 312; zur Position von Mohls und K.S. Zachariäs in der frühkonstitutionellen Staatsrechtslehre, insbesondere in Gegenüberstellung zu den Lehren F.J. Stahls siehe Boldt, Deutsche Staatslehre im Vormärz, S. 215 ff.; näher zu den einzelnen Vertretern der frühkonstitutionellen Staatsrechtslehre E.-W. Böckenförde, Gesetz und gesetzgebende Gewalt, S. 84 ff. 33 Von Mohl, Das Staatsrecht des Königreiches Württemberg, Erster Band, S. 392 ff. zu § 95 der Württembergischen Verfassung von 1819 ("Keinem Bürger, der sich durch einen Akt der Staatsgewalt in seinem auf einem besonderen Rechtstitel beruhenden Privatrechte verletzt glaubt, kann der Weg zum Richter verschlossen werden."). 34 Siehe z.B. Klüber, öffentliches Recht des Teutschen Bundes und der Bundesstaaten, § 375 (S. 574); näher zu der sich entwickelnden Unterscheidung zwischen Privatrecht und öffentlichem Recht Bullinger, öffentliches Recht und Privatrecht, S. 49 ff. 35 Grimm, Die Entwicklung der Grundrechtstheorie in der deutschen Staatsrechtslehre des 19. Jahrhunderts, in: derselbe, Recht und Staat der bürgerlichen Gesellschaft, S. 308 (315 ff.).
III. Konzession als subjektives öffentl. Recht
101
seinen in der Verfassung gewährleisteten Rechten stand36. Selbst ein so konservativer Denker wie FJ. Stahl erkannte in sehr begrenztem Umfang subjektive öffentliche Rechte der Untertanen an 37 . Die deutsche Staatsrechtslehre erörterte subjektive öffentliche Rechte um die Mitte des 19. Jahrhunderts im Zusammenhang mit dem Staatsbürgerrecht, ohne allerdings näher auf die theoretischen Voraussetzungen der Annahme solcher Rechte einzugehen38. Den Auftakt zu einer eingehenden wissenschaftlichen Diskussion der Frage, ob es subjektive öffentliche Rechte gebe oder nicht, setzte erst C.F. Gerber, der in seiner 1852 erschienenen Schrift "Über öffentliche Rechte" den Grundrechten im Prinzip jede subjektivrechtliche Wirkung absprach. Sie wiesen die Staatsgewalt nur in die Grenzen ihrer Befugnisse zurück und blieben somit objektive, abstrakte Rechtssätze über die Ausübung staatlicher Befugnisse. Als Kennzeichen des Staatsbürgers galt seine Unterwerfung unter die staatliche Herrschaft, staatsbürgerliche Rechte wurden als politischer, nicht als juristischer Begriff verstanden 39. Während Gerber immerhin das Bestehen subjektiver öffentlicher Rechte nicht völlig leugnete, indem er den Grundrechten die Wirkung beimaß, bei Erfüllung bestimmter Tatbestandsvoraussetzungen dem einzelnen z.B. ein Recht auf Rücknahme einer Verfügung gewähren zu können 40 , erklärte Bornhak subjektive Rechte des einzelnen Individuums gegen den Staat für begrifflich unmöglich: "Der Zustand der unbedingten Unterthänigkeit unter die Herrschaftsgebote der Staatsgewalt kann nimmermehr die Quelle subjektiver Berechtigungen des Unterthanen sein." Da der Staat als Quelle der Rechtsordnung über dem Recht stehe, sei er jederzeit in der Lage, Rechte seiner Untertanen zu kassieren. Wenn es aber vollständig im Belieben eines Teils stehe, ob er einen Anspruch erfülle oder nicht, sei dieser Anspruch kein subjektives Recht 41 .
36 Von Mohl, Das Staatsrecht des Königreiches Württemberg, Erster Band, S. 327 und 393; zu den daraus erwachsenden Zweifeln an der Auffassung Scheuners (Die rechtliche Tragweite der Grundrechte in der deutschen Verfassungsentwicklung des 19. Jahrhunderts, in: Festschrift für Emst Rudolf Huber, S. 139, 147) und Wahls (Der Staat 18 (1979], 321, 328 f. sowie Der Staat 20 [1981], 485, 4 % ff.), der Vorrang der Verfassung sei im 19. Jahrhundert noch nicht ausgebildet gewesen, Grimm, Die Entwicklung der Grundrechtstheorie in der deutschen Staatsrechtslehre des 19. Jahrhunderts, in: derselbe, Recht und Staat der bürgerlichen Gesellschaft, S. 308 (316). 37 Stahl, Rechts- und Staatslehre, 2. Abteilung, § 133 (S. 475 ff.); dazu G. Jellinek, System der subjektiven öffentlichen Rechte, S. 4. 38 H.A. Zachariä, Deutsches Staats- und Bundesrecht, Erster Teil, S. 394 ff.; Zoepfl, Grundsätze des aUgemeinen und deutschen Staatsrechts, Zweiter Teil, S. 214 ff.; dazu Rimscha, Die Grundrechte im süddeutschen Konstitutionalismus, S. 119 ff. 39
C.F. Gerber, Über öffentliche Rechte, S. 75 ff.
40
Geiber, ebenda, S. 79.
41
Bomhak, Preußisches Staatsrecht, S. 268 f.
102
3. Kapitel: Die rechtsdogmatische Entwicklung
Ganz in dieser Tradition erklärte Paul Laband noch 1911 kategorisch, daß weder Bürgerrechte noch Grundrechte Rechte im subjektiven Sinne seien. Die Freiheitsrechte oder Grundrechte seien Normen, die die Staatsgewalt sich selbst gebe und die Schranken für die Machtbefugnisse der Behörden bildeten; zwar sicherten sie die natürliche Handlungsfreiheit des einzelnen, ohne jedoch subjektive Rechte der Staatsbürger zu bilden: "Sie sind keine Rechte, denn sie haben kein Objekt" 42 . Laband Schloß sich mit dieser Argumentation vor allem C.F. Gerber 43 und H.A. Zachariä 44, aber auch Seydel an, der seine Ablehnung eines subjektiven Rechtsgehalts der Grundrechte damit begründete, sie seien sämtlich nur Ausdruck des Satzes, alles sei erlaubt, was rechtlich nicht verboten sei; die Grundrechte bestätigten, daß niemand, also auch keine Behörde, ohne Rechtsgrund in die Rechts- und Handlungssphäre eines anderen eingreifen dürfe 45 . Hinter dieser Ablehnung subjektiver öffentlicher Rechte stand ein Wechsel im Verständnis des Staatsrechts, das nach 1848 anders als im Frühkonstitutionalismus immer weniger vom Bürger und immer mehr vom Staat her gedacht wurde 46 . Schon C.F. Gerber betrachtete die Unterwerfung des Staatsbürgers unter die Staatsgewalt als den grundlegenden Tatbestand für die juristische Qualifizierung des Verhältnisses zwischen Staat und Bürger; dagegen habe "die Darstellung der staatsbürgerlichen Rechte, welche ich bildlich, um ihr genetisches Verhältnis zu kennzeichnen, Reflexrechte genannt habe, sich als das Abgeleitete hieran anzuschließen ..." 47 . Diese etatistische Argumentation geht aus von der Konstruktion des Staates als juristische Person 48, die Albrecht 1837 begründet hatte49 und die sich bis zum Ende des 19. Jahrhunderts besonders unter dem Einfluß Labands50 in der deutschen Staatsrechtslehre fast vollständig
42 Laband, Das Staatsrecht des Deutschen Reiches, 1. Band, S. 141 f. mit ausführlichen Nachweisen auch zur Gegenmeinung in Fußnote 1 auf S. 142. 43
Über öffentliche Rechte, S. 76 ff.
44
Deutsches Staats- und Bundesrecht, Erster Teil, § 87 (S. 406 f.), Fußnote 1.
45
Seydel, Bayerisches Staatsrecht, 1. Band, S. 571; einen Überblick über den Stand der Staatsrechtslehre des frühen 20. Jahrhunderts zu der Frage, ob Grundrechte nur objektive Rechtsnormen oder auch subjektive Rechte sind, gibt Giese, Die Grundrechte, S. 27 ff.; siehe jetzt auch Grimm, Die Entwicklung der Grundrechtstheorie in der deutschen Staatsrechtslehre des 19. Jahrhunderts, in: derselbe, Recht und Staat der bürgerlichen Gesellschaft, S. 308 (326 ff.). 46
Grimm, ebenda, S. 332; Leisner, Grundrechte und Privatrecht, S. 32 f.
47
C.F. Gerber, Grandzüge eines Systems des deutschen Staatsrechts, S. 221 ff. (224); die Grandzüge sind W.E. Albrecht zugeeignet. 48
C.F. Gerber, ebenda, S. 225.
49
Albrecht, Rezension über Maurenbrechers Grundsätze des heutigen deutschen Staatsrechts, Göttinger gelehrte Anzeigen 1837, 1489 (1513). 50
Siehe Laband, Das Staatsrecht des Deutschen Reiches, S. 86 ff.
III. Konzession als subjektives öffentl. Recht
103
durchgesetzt hatte 51 . Die Qualifizierung des Staates als juristische Person wiederum bildet die konstruktive Grundlage für den Begriff der Einheit der Staatsgewalt 52 . Die juristische Person des Staates, als einheitliche Trägerin der Staatsgewalt und Inhaberin der Souveränität gedacht53, stand als dogmatische Figur der Vorstellung entgegen, subjektive öffentliche Rechte könnten den Bürgern Teilhabe an der öffentlichen Gewalt verschaffen. Während besondere Herrschaftsrechte und Privilegien den Ständestaat geprägt hatten, ging der konstitutionelle Staat von der Rechtsgleichheit seiner Bürger aus54. Dementsprechend waren subjektive öffentliche Rechte, die nicht dem Staat zustanden, für die Staatsrechtslehre schwieriger zu konstruieren. Hinzu kam die Gleichsetzung subjektiver öffentlicher Rechte mit Ansprüchen im Sinne des Privatrechts, die einen Gegenstand haben mußten. Die Ausübung der grundrechtlich geschützten Freiheit - und die Grundrechte standen bei der Auseinandersetzung über die Möglichkeit subjektiver öffentlicher Rechte ganz im Vordergrund - wurde aber nicht als potentieller Anspruchsgegenstand angesehen. Besonders klar bringt das Anschütz zum Ausdruck, für den sich die Objekte der Grundrechte "bei näherer Betrachtung in ein juristisches Nichts, d.h. in rechtlich bedeutungslose Vorgänge, auflösen." Die Handlungen, die Objekte der angeblichen subjektiven Rechte sein sollten, waren für ihn "in Wirklichkeit nichts als rechtlich und staatlich vollkommen irrelevante Betätigungen der allgemeinen Handlungsfreiheit des Individuums, jener Freiheit, alles als erlaubt betrachten und tun zu dürfen, was das Gesetz nicht verbietet. Diese Freiheit ist aber kein subjektives öffentliches Recht." 55 Abwehrrechte gegen staatliche Eingriffe in die Freiheit der Bürger entbehrten nach dieser Auffassung eines Anspruchsgegenstandes im Sinne der zivilrechtlichen Dogmatik; sie konnten demzufolge auch keine subjektiven öffentlichen Rechte sein.
51 Zu dieser Entwicklung E.-W. Böckenförde, Organ, Organisation und Juristische Person, in: Festschrift für Hans J. Wolff zum 75. Geburtstag, S. 269 (273 f.); vgl. ferner denselben, Art. "Organ, Organismus, Organisation, politischer Körper" V I I ff., in: Geschichtliche Grundbegriffe, Band 4, S. 561 (614 ff.) und denselben, Gesetz und gesetzgebende Gewalt, S. 234 f., 247 f. und 256; zur Kennzeichnung des Staates als juristische Person Hans J. Wolff, Organschaft und Juristische Person, S. 231 ff. 52
Sehl ink, Die Amtshilfe, S. 75 f.
53
Zu den Konsequenzen der Lehre vom Staat als juristischer Person für den Übergang der Souveränität vom Monarchen auf den Staat Quaritsch, Staat und Souveränität, S. 487 ff. 54
Vgl. E.-W. Böckenförde, Der deutsche Typ der konstitutionellen Monarchie im 19. Jahrhundert, in: derselbe, Staat, Gesellschaft, Freiheit, S. 112 (123). 55 Anschütz, Deutsches Staatsrecht, in: Holtzendorffs Enzyklopädie der Rechtswissenschaft, Vierter Band, S. 1 (90).
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3. Kapitel: Die rechtsdogmatische Entwicklung
Diese Gedankenführung legte es nahe, Erlaubnisse und Genehmigungen als Instrumente zur Wiederherstellung der natürlichen Handlungsfreiheit zu verstehen. Konzessionen hingegen gewährten mit der Teilnahme an der öffentlichen Verwaltung mehr als die natürliche Handlungsfreiheit. Das setzte jedoch eine materiell vorgegebene Trennung zwischen den Räumen natürlicher Freiheit des einzelnen und dem Staate vorbehaltener Befugnisse voraus. Zumindest theoretisch lassen sich aber weite Bereiche öffentlicher Verwaltung als ursprünglich ebenfalls dem einzelnen zustehend denken. Dann enthält der staatliche Zugriff auf diese Bereiche zugleich eine Beschränkung der natürlichen Handlungsfreiheit, so daß die Grundlage der Unterscheidung zwischen Erlaubnissen und Konzessionen entfällt. Schon zu Zeiten des Konstitutionalismus war jedoch der Hintergrund dieser Unterscheidung, die Ablehnung subjektiver öffentlicher Rechte Privater, nicht mehr unbestritten. Namhafte Lehrer des öffentlichen Rechts standen um die Jahrhundertwende der Annahme solcher Rechte bereits positiv gegenüber. Georg Meyer z.B. entnahm den Grundrechten nicht nur objektives Recht, sondern gleichzeitig einen Anspruch auf Freiheit von bestimmten Einwirkungen des Staates, der einen Bestandteil der individuellen Rechtssphäre bilde und mit der fortschreitenden Entwicklung der Verwaltungsgerichtsbarkeit stärkeren richterlichen Schutz biete 56 . Weitergehend sah Edgar Loening in jedem Eingriff in die Freiheit eines Untertanen, der nicht durch einen Rechtssatz gestattet sei, die Verletzung eines subjektiven Rechtes des Betroffenen. Objekt dieses subjektiven Rechtes sei im Gegensatz zur Auffassung von Laband die persönliche Freiheit 57 . Einen wesentlichen Beitrag zur endgültigen Anerkennung subjektiver öffentlicher Rechte hatte schon Georg Jellinek mit seinem "System der subjektiven öffentlichen Rechte" geleistet58. Er ging davon aus, daß die Rechtsordnung sowohl die natürliche Freiheit des individuellen Willens anerkennen als auch dessen Handlungsfähigkeit etwas hinzufügen könne, was sie nicht von Natur aus besitze. Nur wo die natürliche Freiheit imstande sei, die Sphäre anderer Individuen zu berühren, könne die Rechtsordnung sie als erlaubt anerkennen. Eine Handlung, die ungeeignet sei, eine rechtlich relevante Wirkung auf andere
56
G. Meyer, Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts, S. 686 f.
57
Loening, Lehrbuch des Deutschen Verwaltungsrechts, S. 8 ff.; ähnlich von Stengel, Verwaltungsarchiv 3 (1895), 177 (194 f.) mit ausführlichen Nachweisen zum Meinungsstand auf S. 183 ff.; den seinerzeitigen Meinungsstand weist auch Giese, Die Grundrechte, S. 27 ff. detailliert nach. 58 Von Bedeutung sind insoweit vor allen Dingen seine Ausführungen zum status civitatis auf S. 109 ff., in denen er sich ausführlich mit dem Gegensatz zwischen der Reflexwirkung objektiven Rechts und dem subjektiven Rechtsanspruch auseinandersetzt.
III. Konzession als subjektives öffentl. Recht
105
hervorzurufen, könne dagegen nicht als erlaubt bezeichnet werden 59. Andererseits könne die Rechtsordnung der Handlungsfähigkeit des Individuums aber auch etwas hinzufügen, was es von Natur aus nicht besitze: sie könne ihm den Anspruch verleihen, daß bestimmte Handlungen als zu Recht bestehend anerkannt und unter staatlichen Schutz gestellt würden. Das subjektive öffentliche Recht sollte nach Jellineks Vorstellung ausschließlich in der Fähigkeit bestehen, von Rechtsnormen im individuellen Interesse Gebrauch zu machen. Es erstreckte sich nicht auf die natürliche Freiheitsbetätigung, die von der Rechtsordnung anerkannt war, sondern betraf ausschließlich die Erweiterung der natürlichen Freiheit: "Das subjektive öffentliche Recht beruht nicht auf erlaubenden, sondern ausschließlich auf machtverleihenden Rechtssätzen"60. Mit dieser grundsätzlichen Anerkennung der Existenz subjektiver öffentlicher Rechte vollzog Jellinek für die Wissenschaft eine Entwicklung nach, die in der Praxis des Verwaltungsrechts und vor allem der Verwaltungsrechtspflege bereits seit längerem angelegt war. Die einschlägigen Gesetze sahen es - überwiegend sogar ausdrücklich - als Aufgabe der Verwaltungsgerichtsbarkeit an, die subjektiven öffentlichen Rechte der Bürger zu schützen. So bestimmte § 2 Abs. 1 des österreichischen Verwaltungsgerichtsgesetzes aus dem Jahre 1875 61 , das der Verwaltungsgerichtshof in allen Fällen zu erkennen habe, "in denen jemand durch eine gesetzwidrige Entscheidung oder Verfügung einer Verwaltungsbehörde in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet". Diese Norm setzte Art. 15 des Staatsgrundgesetzes vom 21. Dezember 1867 über die richterliche Gewalt um 62 , der die Verletzung subjektiver öf59 Nur wenn eine solche Handlung verboten gewesen sei und dieses Verbot aufgehoben werde, bezeichne man den Akt der Aufhebung auch als Erlaubnis, die jedoch rein negativ sei, weil sie sich in der Aufhebung des Verbots erschöpfe. 60
G. Jellinek, System der subjektiven öffentlichen Rechte, S. 43 ff. (49).
61
Gesetz vom 22. Oktober 1875, betreffend die Errichtung eines Verwaltungsgerichtshofes, RGBl. XII/Nr. 36; siehe zur Entstehung dieses Gesetzes Kaserer, Die Gesetze vom 22. October 1875 betreffend die Errichtung eines Verwaltungsgerichtshofes und die Entscheidung von Competenzconflicten, S. 26 ff. 62 RGBl. Nr. 144; während Art. 14 des Gesetzes die Trennung von Rechtspflege und Verwaltung festlegte, machte Alt. 15 die Verletzung subjektiver Rechte zur Voraussetzung des gerichtlichen Rechtsschutzes: "In allen Fällen, wo eine Verwaltungsbehörde nach den bestehenden oder künftig zu erlassenden Gesetzen über einander widerstreitende Ansprüche von Privatpersonen zu entscheiden hat, steht es dem durch diese Entscheidung in seinen Privatrechten Benachteiligten frei, Abhilfe gegen die andere Partei im ordentlichen Rechtswege zu suchen. Wenn außerdem jemand behauptet, durch eine Entscheidung einer Verwaltungsbehörde in seinen Rechten verletzt zu sein, so steht ihm frei, seine Ansprüche vor dem Verwaltungsgerichtshofe im öffentlichen mündlichen Verfahren wider einen Vertreter der Verwaltungsbehörde geltend zu machen." Mit den Privatrechten waren auch subjektive öffentliche Rechte gemeint, die Praxis beschränkte die Vorschrift wegen der Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte allerdings auf Privat-
106
3. Kapitel: Die rechtsdogmatische Entwicklung
fentlicher Rechte zur Voraussetzung des Verwaltungsrechtsschutzes gemacht hatte 63 . Das württembergische Verwaltungsrechtspflegegesetz von 187664 hatte es in Art. 13 Abs. 1 zur Voraussetzung der Klageerhebung gemacht, daß der Kläger behauptete, "in einem ihm zustehenden Recht verletzt" zu sein; verwaltungsgerichtlicher Schutz wurde demnach für jede Verletzung subjektiver öffentlicher Rechte gewährt 65. In Preußen hatte das Verwaltungsgerichtsgesetz vom 3. Juli 1875 66 die in § 1 genannten "streitigen Verwaltungssachen" noch nicht definiert 67 . Bereits § 1 des Gesetzes betreffend die Verfassung der Verwaltungsgerichte und das Verwaltungsstreitverfahren vom 2. August 1880 definierte die "streitigen Verwaltungssachen" dann als "die in den Gesetzen bezeichneten Streitsachen über Ansprüche und Verbindlichkeiten aus dem öffentlichen Rechte". Gemäß § 127 des Preußischen Gesetzes über die allgemeine Landesverwaltung vom 30. Juli 188368 konnte die Klage gegen polizeiliche Verfügungen der Orts- und Kreispolizeibehörden nur darauf gestützt werden, daß der angefochtene Bescheid den Kläger in seinen Rechten verletze. In Baden wies § 1 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 14. Juni 188469 den Verwaltungsgerichten die Entscheidung "über Ansprüche und Verrechtsverhältnisse. Siehe Bernatzik, Die österreichischen Verfassungsgesetze mit Erläuterungen, S. 433. 63
Zur Bedeutung des subjektiven öffentlichen Rechts für den Rechtsschutz vor dem Verwaltungsgerichtshof von Lemayer, Der Begriff des Rechtsschutzes im öffentlichen Recht, S. 197 ff. (203 f.); Schuster, Über die Gründe für die Einführung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit in Österreich und die Bürgschaften ihres Fortbestandes, in: 60 Jahre Österreichische Verwaltungsgerichtsbarkeit, S. 13 ff.; Tetzner, Zur Geschichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit in Österreich, in: 90 Jahre Verwaltungsgerichtsbarkeit in Österreich, S. 26 (35 ff.); Lehne, Aus dem lebendigen Erbe des k.k. Verwaltungsgerichtshofes, in: ders. u.a. (Hrsg.), Die Entwicklung der österreichischen Verwaltungsgerichtsbarkeit, Festschrift zum 100jährigen Bestehen des österreichischen Verwaltungsgerichtshofes, S. 3 (5 ff.); vgl. aber auch die Bedenken von Pienczykowskis, Österreichs Verwaltung sgerichtshof, wie er durch das Gesetz vom 22. Oktober 1875, R.-G.-Bl. Nr. 36 ex 1876 errichtet worden ist, S. IV und passim. 64 Gesetz über die Verwaltungsrechtspflege vom 16. Dezember 1876, Regierungsblatt für das Königreich Württemberg S. 485. 65 Bühler, Zur Theorie des subjektiven öffentlichen Rechts, in: Festgabe für Fritz Fleiner zum 60. Geburtstag, S. 26 (32 f.); ders., Die subjektiven öffentlichen Rechte und ihr Schutz in der öffentlichen Verwaltungsrechtsprechung, S. 261 ff.; Wolfangel, Die ersten Anfänge der Verwaltungsgerichtsbarkeit in Württemberg, S. 129 mit Fußnote 1; zur Vorgeschichte des Gesetzes siehe Thierfelder, Verwaltungsrechtspflege in Württemberg 1876-1976, in: 100 Jahre Verwaltungsgerichtsbarkeit in Württemberg, S. 19 (21 ff.) und denselben, Aus den Anfängen der Verwaltungsrechtspflege, DVB1. 1963,649. 66
GS S. 375.
67
Das Gesetz sprach allerdings in § 35 Satz 2 schon vom "Gegenstand des Anspruchs".
68
GS S. 195.
69
Gesetz- und Verordnungsblatt für das Großherzogtum Baden S. 197.
III. Konzession als subjektives öffentl. Recht
107
bindlichkeiten aus dem öffentlichen Rechte" zu; eine vergleichbare Regelung enthielt auch A r t 1 des bayerischen Gesetzes vom 8. August 187870, der "alle bestrittenen Rechtsansprüche und Verbindlichkeiten" in einzeln aufgezählten Angelegenheiten als Verwaltungsrechtssachen qualifizierte 71 . Auf der Grundlage dieser Normierungen, die das Bestehen subjektiver öffentlicher Rechte der Bürger als selbstverständlich voraussetzten, interpretierten die Verwaltungsgerichte andere verwaltungsrechtliche Bestimmungen mit der gleichen Selbstverständlichkeit dahin, daß sie den Bürgern bestimmte subjektive öffentliche Rechte gewährten. So sah das Preußische Oberverwaltungsgericht von Beginn seiner Rechtsprechung an das Verwaltungsstreitverfahren nur dazu bestimmt, "dem Schutz solcher Interessen zu dienen, deren Verletzung zugleich eine Verletzung subjektiver Rechte in sich schließt;" 72 Es qualifizierte die Vereinigungsfreiheit ebenso als subjektives öffentliches Recht 73 wie die Pressefreiheit 74 und das Recht auf Freizügigkeit 75 . In vergleichbarer Weise haben auch der württembergische, der bayerische und der badische Verwaltungsgerichtshof in ihrer Rechtsprechung subjektive öffentliche Rechte der Bürger anerkannt 76. Ungeachtet dieser Rechtsprechung und der Arbeiten vor allem von Georg Meyer, Edgar Loening und Georg Jellinek dauerte es aber noch bis zum Jahre 1914, bevor der Streit um die grundsätzliche Möglichkeit subjektiver öffentlicher Rechte Privater als erledigt betrachtet werden und Ottmar Bühler sich der genaueren Analyse des Rechtsinstituts zuwenden konnte 77 . Erst zum Ende des Kaiserreichs hin war die Zeit gekommen für eine neue Sicht des Verhältnisses zwischen Staat und Bürgern, die auch die Annahme subjektiver öffentlicher
70 Betreffend die Errichtung eines Verwaltungsgerichtshofes und das Verfahren in Verwaltungsgerichtssachen, Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Bayern, S. 369. 71 Zu den Rechtsgrundlagen der Verwaltungsrechtspflege in den übrigen deutschen Bundesstaaten siehe von Stengel, Verwaltungsarchiv 3 (1895), 177 (178 ff.) und Bühler, Die subjektiven öffentlichen Rechte, S. 414 ff. und 489 ff. 72
PrOVGE 2,351 (353 f.).
73
PrOVGE 61,230 (232 f.).
74
PrOVGE 30,418 (421); 40,295 und 298 (299).
75
PrOVGE 7, 364 (366); 10, 336 (340); 12, 405 (411); 37, 448; weitere einschlägige Entscheidungen des Preußischen Oberverwaltungsgerichts bei Bühler, Die subjektiven öffentlichen Rechte, S. 297 ff. 76 Siehe den ausführlichen Nachweis der einschlägigen Rechtsprechung dieser Gerichte bei Bühler, ebenda, S. 340 ff., 379 ff. und 474 ff. 77 O. Bühler, Die subjektiven öffentlichen Rechte und ihr Schutz in der deutschen Verwaltungsrechtsprechung, insbesondere S. 322 ff.
108
3. Kapitel: Die rechtsdogmatische Entwicklung
Rechte Privater gegen den Staat zuließ. Die Staatsrechtslehre vollzog nunmehr den Wandel vom Untertanen zum Bürger nach.
2. Die Konsolidierung der Lehre vom subjektiven öffentlichen in der Weimarer Republik
Recht
Besonders unter dem Einfluß der Arbeit von Bühler konsolidierte sich die Lehne von den subjektiven öffentlichen Rechten in der Weimarer Zeit 78 . In den Blickpunkt der Wissenschaft gerieten nunmehr die einzelnen Voraussetzungen für die Annahme eines subjektiven öffentlichen Rechts, während seine grundsätzliche Möglichkeit nicht mehr bestritten wurde 79 . Am Ende der Weimarer Republik stand als Ergebnis dieser Bemühungen die Unterscheidung zwischen einem weiteren und einem engeren Begriff des subjektiven öffentlichen Rechts: Unter den weiteren Begriff fielen alle materiellrechtlichen Ansprüche ohne Rücksicht auf ihre formellrechtliche Durchsetzbarkeit. Ein "echtes" subjektives Recht bestand dagegen nur dann, wenn der Rechtsinhaber ein Organ der öffentlichen Gewalt anrufen konnte, das befugt und verpflichtet war, den Verpflichteten zu rechtsgemäßem Verhalten zu zwingen; als "ganz und gar echtes" subjektives öffentliches Recht galt nur das, zu dessen Schutz ein unabhängiges Gericht angerufen werden konnte. Diese Voraussetzung war in relativ wenigen Fällen erfüllt. Insbesondere der dem status negativus zugrundeliegende Anspruch des Bürgers auf Freiheit von ungesetzlichen Einschränkungen zählte nicht zu den "echten" subjektiven öffentlichen Rechten, weil es weder Klagen gegen Verordnungen noch auf Aufhebung formeller Gesetze gab 80 . Die traditionelle Skepsis der Lehre gegenüber subjektiven öffentlichen Rechten Privater beeinflußte auch nach dem 1. Weltkrieg zunächst noch das Verständnis des Konzessionsbegriffs, obwohl die subjektiven öffentlichen Rechte selbst mittlerweile als Rechtsinstitut anerkannt waren. Hier wirkte vor allem die strikte Ablehnung nach, die Laband gegenüber Versuchen zum Ausdruck gebracht hatte, aus § 1 GewO ein subjektives öffentliches Recht abzuleiten: "Gewerbefreiheit ist überhaupt kein Begriff von positivem Rechtsinhalt und noch viel weniger ein subjektives Recht, sondern die Negation gesetzlicher Beschränkungen der allgemeinen Handlungsfreiheit in bezug auf die gewerbliche Tätigkeit" 81 . Ganz entsprechend deutete er die Gewerbeerlaubnis als Negation der Negation der Gewerbefreiheit und Wiederherstellung der natürlichen 78
Bauer, Geschichtliche Grundlagen der Lehre vom subjektiven öffentlichen Recht, S. 84 ff.
79
Typisch insoweit die Untersuchung von Richter, AöR n.F. 8 (1925), 1.
80
Thoma, Das System der subjektiven öffentlichen Rechte und Pflichten, in: Anschütii/Thoma, Handbuch des Deutschen Staatsrechts, 2. Band, S. 607 (616 ff.). 81
Laband, Das Staatsrecht des Deutschen Reiches, 3. Band, S. 207.
III. Konzession als subjektives öffentl. Recht
109
Handlungsfreiheit; deren Betätigungen seien zahllos und unerschöpflich und bildeten nicht etwa ebenso viele subjektive Rechte82. Laband wies damit Ansätze im Schrifttum zurück, die vor 1890 die einfache Gewerbeerlaubnis als subjektives öffentliches Recht verstanden hatten. Die Verwaltungsgerichte entschieden aufgrund der besonderen Ausgestaltung der §§ 20 und 21 GewO, die die Zulässigkeit eines gewerberechtlichen Rekurses nicht vom Nachweis einer Rechtsverletzung abhängig machten83, in gewerberechtlichen Streitigkeiten nur ganz ausnahmsweise über das Bestehen subjektiver Rechte und konnten so wenig zur Klärung der Rechtsfrage beitragen. Das Preußische Oberverwaltungsgericht hatte sich 1901 zwar der Auffassung von Laband angeschlossen84, behandelte die Gewerbefreiheit in anderen Entscheidungen aber als subjektives öffentliches Recht 85 . Auch das Reichsgericht erkannte das in § 1 GewO gewährte Recht auf freie gewerbliche Betätigung als Grundlage für eine Konkurrentenklage an 86 . Angesichts dieser wenigen Äußerungen der Rechtsprechung wurde in der Literatur heftig und lang anhaltend darüber gestritten, wann eine gewerberechtliche Erlaubnis ein subjektives Recht darstelle. Nur die eigentlichen Konzessionen im Sinne der Terminologie von Otto Mayer wurden allgemein als subjektive öffentliche Rechte anerkannt. Ob auch die Gewerbefreiheit und die einfachen gewerberechtlichen Erlaubnisse dem Berechtigten ein subjektives öffentliches Recht einräumten, blieb dagegen bis zum Ende der Weimarer Republik umstritten 87. Labands Auffassung, der sich schon Georg Jellinek 88 angeschlossen hatte, teilten vor allen Dingen die einflußreichen Lehrbücher von Otto Mayer und Fleiner. Otto Mayer hielt auch 1924 noch an seiner oben geschilderten Meinung fest, die gewerbepolizeiliche Erlaubnis begründe im Gegensatz zur echten
82
Laband, ebenda, S. 223, Fußnote 4.
83
Siehe den ursprünglichen Text der Gewerbeordnung im Bundes-Gesetzblatt für den Norddeutschen Bund 1869, S. 249. 84
PiOVGE 38, 58 (66).
85
PiOVGE 28, 321 (322 f.); 35, 328 (329 f.); dagegen hatte das Urteil des sächsischen Kompetenzgerichtshofs vom 6. Mai 1897 das in § 1 GewO gewährleistete Recht "ein subjektives Recht des öffentlichen Rechts" genannt (zit. nach Landmann/Rohmer, Kommentar zur Gewerbeordnung für das Deutsche Reich, 1. Band, 4. Aufl., Anm. 2 zu § 1, S. 41). 86
RGZ 45,59 (61 f.).
87
Einen guten Überblick über den Streitstand gibt Bühler, Zur Theorie des subjektiven öffentlichen Rechts, in: Festgabe für Fritz Fleiner zum 60. Geburtstag, S. 26 (38 ff.). 88
System der subjektiven öffentlichen Rechte, S. 110.
110
3. Kapitel: Die rechtsdogmatische Entwicklung
Konzession kein subjektives Recht 89 . Reiner unterschied die Polizeierlaubnis, die dem Bürger kein neues Recht verleihe 90 , klar von den Konzessionen: Wenn die Verwaltungsbehörden einem Privaten die Ausübung einer monopolisierten Tätigkeit konzediere, verleihe sie ihm ein Recht, das er bisher nicht besessen habe, und erweitere so seine individuelle Rechtssphäre91. Diese Auffassungen stießen jedoch mehr und mehr auf Widerspruch 92. Vor allem Bühler wandte sich gegen die Auffassungen Otto Mayers und seines Lehrers Fleiner 93 : Es komme für die Beurteilung einfacher Polizeierlaubnisse nicht auf die angeblich natürliche, sondern auf die rechtliche Freiheit an. Wenn das Betreiben eines Gewerbes vom Gesetzgeber unter eine Erlaubnispflicht gestellt sei, dann mache die Erteilung der Erlaubnis etwas Verbotenes zu etwas Erlaubtem und schaffe so ein subjektives öffentliches Recht, auch wenn durch die Erlaubnis weder ein Stück öffentlicher Gewalt noch ein wirtschaftliches Gut, über das zu verfügen der Staat sich vorbehalten habe, verliehen werde. Vom Boden dieser Auffassung aus verlor die Unterscheidung zwischen Konzessionen und einfachen Erlaubnissen ihre Berechtigung, weil beide subjektive öffentliche Rechte begründeten. Diese Vorstellung widersprach jedoch so deutlich der tradierten Lehre von der Eigenart subjektiver öffentlicher
89
Otto Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht, 2. Band, 3. Aufl., S. 244.
90
Institutionen des Deutschen Verwaltungsrechts, S. 410 f.
91
Fleiner, ebenda, S. 345 f. unter Verweis auf Eisenbahnkonzession, Telegrafenkonzession, Wegekonzession und Fährenkonzession. Fleiner betont ausdrücklich, daß historische Wurzel aller staatlichen Ausschlußrechte, die die Rechtsgrundlage für die Monopolisierung von Tätigkeiten in der Hand der öffentlichen Verwaltung bildeten, die Regalität sei. Die iura regalia seien mit der Ausbildung der absoluten Staatsgewalt in dem allgemeinen Herrschaftsrecht des modernen Staates aufgegangen. Die Kompetenz des Staates, jedem Privaten bestimmte Tätigkeiten zu untersagen und Sonderrechte für die Ausübung dieser Tätigkeit verleihen zu können, sah Fleiner als moderne Fortsetzung der iura regalia (ebenda, S. 341, Fußnote 2). Neben den Hoheitsakten im engeren Sinne gebe es technische und wirtschaftliche Betätigungen, die an sich der Gewerbefreiheit und der Eigentum sgarantie unterfielen, wenn Staat oder Gemeinde hier nicht Monopole geschaffen hätten. Faktische Monopole ergäben sich z.B. dort, wo eine Gemeinde als Eigentümerin des Straßenareals jedem Privaten die Erlaubnis verweigere, Leitungsröhren unter der Straße zu verlegen. Als Beispiele für Monopole im Rechtssinne nennt Fleiner das Bergregal, den Betrieb von öffentlichen Verkehrsuntemehmen (Beförderung von Briefen, Paketen und Telegrammen, Funk und Rundfunk sowie Flugverkehr), die Anlegung öffentlicher Verkehrswege (Landstraßen, Brücken, Eisenbahnen, Fähren, Schiffahrtskanäle und Hafenanlagen) und das Volksschulwesen. Ähnlich argumentierten Hatschek, Lehrbuch des deutschen und preußischen Verwaltungsrechts, S. 140 ff. und 356 ff. sowie Walter Jellinek, Verwaltungsrecht, S. 142 und 511 f. 92 Siehe etwa G. Meyer/An schütz, Lehrbuch des deutschen Staatsrechts, S. 962 sowie G. Meyer/Dochow, Lehrbuch des deutschen Verwaltungsrechts, S. 414, 417 und 419; vornehmlich zum österreichischen Recht von Laun, Das Recht zum Gewerbebetrieb, S. 198. 93 Bühler, Die subjektiven öffenüichen Rechte und ihr Schutz in der deutschen Verwaltungsrechtsprechung, S. 233 ff.; ders., Zur Theorie des subjektiven öffentlichen Rechts, in: Festgabe für Fritz Fleiner zum 60. Geburtstag, S. 43 ff.
III. Konzession als subjektives öffentl. Recht
111
Rechte und der auf ihr aufbauenden dogmatischen Qualifizierung der Konzessionen, daß sie sich nur sehr langsam durchsetzen konnte. Kennzeichnend für den allmählichen Wandel der Auffassungen gegen Ende der Weimarer Republik sind die 1931 und 1932 erschienenen einschlägigen Arbeiten von Ernst Rudolf Huber, die deshalb hier genauer dargestellt werden sollen. Sie bildeten die Brücke zwischen alter und neuer Lehre von den subjektiven öffentlichen Rechten im allgemeinen und den Konzessionen im besonderen. Huber ging in ausdrücklichem Gegensatz zu Georg Jellinek davon aus, daß es neben dem auf staatlicher Verleihung beruhenden subjektiven öffentlichen Rechten auch solche gebe, die ihre Grundlage in der Anerkennung durch den Staat fänden. Ursprünglich hat der Begriff der Freiheit nach dieser Auffassung eine prinzipiell staatsfreie und außerstaatliche Sphäre bezeichnet, der die Staatsgewalt nur dort äußerste Grenzen setzte, wo sie unerträglich mißbraucht wurde. Die Weimarer Reichsverfassung hat aber gerade aus der Freiheit der Wirtschaft einen Bereich gemacht, der vom Staat durch allgemeine Gesetze wechselnden Inhalts gestaltet und dem Bürger verliehen wurde: "Die Freiheit ist damit eine rechtliche Institution innerhalb des staatlichen Bereichs geworden und nicht mehr, wie die alten liberalen Verfassungen, eine prinzipiell außerhalb des Staates gelegene persönliche Sphäre" 94. Während die natürliche Freiheit der Persönlichkeit nach Hubers Auffassung als reale Tatsache unabhängig von jeder staatlichen Verleihung kraft der natürlichen Existenz des Menschen als Persönlichkeit vorhanden war, wurde sie dann zum subjektiven Recht, wenn der Staat sie besonders anerkannte. Aus der Anerkennung folgte die rechtliche Befugnis, vom Staate den Schutz der Freiheitssphäre zu fordern. Von diesen rechtlich anerkannten Freiheiten unterschied Huber die besonders verliehenen Rechte, die über kein natürliches Substrat verfügten. Vielmehr schaffe der Staat hier durch einen Akt originärer Gestaltung einen neuen Rechtstatbestand95. Dementsprechend teilen sich die subjektiven öffentlichen Rechte in Freiheitsrechte auf der einen sowie hoheitliche Befugnisse und positive Ansprüche auf der anderen Seite. Die Fülle der hoheitlichen Gewalt komme nur dem Staate zu. Privaten könne zur Erfüllung ihrer im öffentlichen Interesse gelegenen Zwecke ein beschränktes Stück dieser Gewalt zur Ausübung übertragen werden, wie das etwa
94
Huber, Das Deutsche Reich als Wirtschaftsstaat, S. 8.
95
Huber, Wirtschaftsverwaltungsrecht, 1. Aufl., S. 42 ff.
112
3. Kapitel: Die rechtsdogmatische Entwicklung
bei Monopolen geschehe96. Rechtsgrund für die Zuordnung von Monopolen zu den hoheitlichen Befugnissen war für Huber das Gesetz, das eine wirtschaftliche Tätigkeit zur ausschließlichen Befugnis eines öffentlichen Verbandes mache, diese Tätigkeit damit ihres rein privatwirtschaftlichen Charakters entkleide und zu einem Teil der öffentlichen Verwaltung werden lasse: "Der Staat zieht durch die rechtliche Monopolisierung eines Wirtschaftszweiges diese Tätigkeit in seinen Hoheitsbereich und überläßt sie dem öffentlichen oder privaten Verband als einen Teil der öffentlichen Verwaltung" 97 . Wenn einem Privaten als beliehenem Unternehmer nur eine einzelne Hoheitsbefugnis übertragen ist, spricht Huber von der Verleihung eines öffentlichen Privilegs, meint damit aber das gleiche, was sonst als Konzession im eigentlichen, engeren Sinne bezeichnet wurde 98 . Das Privileg zeichnet sich dadurch aus, daß es dem Begünstigten ein subjektives Recht einräumt 99. Da Huber auch dann ein subjektives öffentliches Recht annahm, wenn die natürliche Freiheit durch einen staatlichen Akt anerkannt wurde, konnte er einfache polizeiliche Erlaubnisse nicht wie die traditionelle Lehre dadurch von den Konzessionen unterscheiden, daß sie kein subjektives öffentliches Recht gewährten. Er qualifizierte die einfache Erlaubnis als subjektives öffentliches Freiheits- bzw. Abwehrrecht im Gegensatz zu einem Recht zum Gewerbebetrieb im Sinne eines Rechtes auf eine bestimmte wirtschaftliche Tätigkeit 100 . Vor allem Carl Schmitts Lehre, daß Grundrechte Sphären der Freiheit sind, aus denen sich Abwehrrechte ergeben 101, hatte die alte Vorstellung überwun96 Hoheitliche Befugnisse Privater gliedern sich nach Huber in Monopole und Privilegien, die ihren Ursprung in den Regalien des Mittelalters haben. Zwar habe der Regalbegriff der Vorstellung einer souveränen, umfassenden Staatsgewalt weichen müssen, einzelne Regalien seien aber erhalten geblieben, andere hätten sich neu herausgebildet 97 Huber, ebenda, S. 50 f. Als Beispiele für öffentlich-rechtlich organisierte Monopole nennt Huber das Post- und Telegrafenregal, das Branntweinmonopol, das Notenregal, das Bahnregal, die Arbeitsvermittlung, das Kohlen- und das Kali-Verkaufsmonopol; das Zündwarenmonopol sowie die Reichsmaisstelle würden durch sogenannte beliehene Unternehmer geführt (ebenda, S. 51 ff.). 98
Huber, ebenda, S. 54 ff. mit zahlreichen Beispielen für Privilegien: Betriebsrechte für Eisenbahnen des allgemeinen Vericehrs, die Erlaubnis zum Betrieb von Fernmeldeanlagen, Rechte zur Sondersitzung an öffentlichen Wegen von Kleinbahnen, Gas-, Wasser- und Elektrizitätswerken. 99
Huber, ebenda, S. 60.
100
Die Erlaubnis verlieh nach Huber weder ein Recht zu einer hoheitlichen Tätigkeit noch zu einer öffentlich-rechtlichen positiven Befugnis. Dispensationen und Erlaubnisse erzeugten einen öffentlich-rechtlichen Anspruch auf Unterlassung störender Eingriffe, schafften aber nicht etwa eine öffentlich-rechtliche Befugnis zur Ausübung der betreffenden Tätigkeit Vielmehr riefen sie genau die Rechtslage hervor, die bestehen würde, wenn das die gewerbliche Tätigkeit einschränkende Gesetz nicht vorhanden wäre und die besagte Tätigkeit in den Bereich der allgemeinen Gewerbefreiheit fiele (Huber, ebenda, S. 74 ff.). 101
Verfassungslehre, S. 163.
III. Konzession als subjektives öffentl. Recht
113
den, wonach die natürliche Freiheit kein subjektives Recht darstellte. Nachdem der Obrigkeitsstaat des Kaiserreichs durch die Demokratie der Weimarer Republik abgelöst worden war, hatte sich über die Bindung des Staates an das von ihm gesetzte Recht hinaus die Vorstellung von der Möglichkeit entsprechender subjektiver öffentlicher Rechte Privater durchgesetzt. Huber konnte es schon als allgemeine Vermutung bezeichnen, daß im liberalen Staat eine im objektiven Recht vorgesehene Begünstigung des einzelnen ein subjektives Recht begründen solle 102 . Das änderte aber nichts daran, daß die überkommene Unterscheidung zwischen einfachen Gewerbeerlaubnissen und Konzessionen aufrechterhalten blieb. Als Unterscheidungskriterium weggefallen war das subjektive öffentliche Recht, das nach traditioneller Lehre nur durch eine Konzession begründet werden konnte. Mittlerweile hatte sich jedoch der Gedanke Otto Mayers verselbständigt, daß Konzessionen dem Privaten Teilhabe an der öffentlichen Verwaltung einräumten. Es war auch für Huber selbstverständlich und bildete nunmehr das Unterscheidungsmerkmal zwischen Konzessionen und sonstigen Erlaubnissen. Dieses Unterscheidungsmerkmal warf für die Weimarer Lehre keine Probleme auf, weil die Grundrechte als Gesetzesvorbehalt verstanden wurden. Demgemäß konnte der Staat Bereiche, die von ihrer Art her privatwirtschaftlicher Tätigkeit offengestanden hätten, ohne weiteres durch Gesetz an sich ziehen. Der Gesetzgeber war befugt, die Grenze zwischen privatwirtschaftlichem und staatlichem Bereich festzusetzen. Ging man von einer gedachten Grenzziehung aus, erweiterten Konzessionen die Rechtsmacht des Konzessionärs, indem sie seine Freiheit in den grundsätzlich dem Staat vorbehaltenen Bereich erstreckten. Polizeiliche Erlaubnisse bezogen sich dagegen nur auf den Bereich, in dem prinzipiell die Freiheit wirtschaftlicher Betätigung bestand, wenn die Ausübung dieser Freiheit auch in zahlreichen Fällen an bestimmte Voraussetzungen geknüpft war. Hubers Dogmatik verdeutlicht den Einfluß, den Otto Mayers Begriffsbildung auch gegen Ende der Weimarer Republik noch ausübte. Zwar hätte es durchaus schon den staatstheoretischen Vorstellungen der Zeit entsprochen, auf die grundsätzliche Unterscheidung zwischen Konzessionen und einfachen Erlaubnissen zu verzichten, da sie beide nunmehr subjektive öffentliche Rechte begründeten und ein freiheitsbeschränkendes staatliches Verbot überwanden. Für diesen Schritt war jedoch die Zeit noch nicht reif.
102
Huber, Wirtschaftsverwaltungsrecht, 1. Aufl., S. 44.
8 Wieland
114
3. Kapitel: Die rechtsdogmatische Entwicklung 3. Das vermeintliche Ende des subjektiven öffentlichen nationalsozialistischen Staat
Rechts im
Die nationalsozialistische Herrschaft verhinderte für 12 Jahre eine Fortentwicklung der Dogmatik, die erst unter Geltung des Grundgesetzes erfolgen konnte. Nach 1933 begann zunächst der "Feldzug wider das subjektive Recht" 103 , der zu dem vermeintlichen "Ende des subjektiven öffentlichen Rechts" 104 führte. Die "volksgenössische Rechtsstellung", die auf "die gliedhafte Stellung des Volksgenossen in der lebendigen Ordnung" abstellte, sollte das subjektive Recht ablösen. Sie wurde als gemeinschaftsbezogen und pflichtgebunden, als um der Gemeinschaft, nicht des einzelnen willen begründet verstanden. Wurden die im Gemeinschaftsbezug wurzelnden Pflichten nicht erfüllt, war die Rechtsstellung verwirkt, ohne daß diese Verwirkung als Eingriff in ein grundsätzlich unantastbares Recht verstanden worden wäre 105 . Der einzelne sollte aber auch nicht in die Rolle des gewaltunterworfenen Untertans absolutistisch-polizeistaatlicher Prägung zurückgestoßen werden 106 . Die volksgenössische Rechtsstellung wurde so zwar als in erster Linie vom Prinzip der Pflicht bestimmt gedacht; innerhalb dieser vom Pflichtgedanken durchdrungenen Rechtsstellung konnten sich aber einzelne Berechtigungen erhalten, die ihrem Inhaber eigenverantwortliches Handeln ermöglichten. Diese Berechtigungen wurden als Befugnisse bezeichnet, die sich in die herkömmliche Erlaubnis und die Zulassung gliederten. Letztere trat praktisch an die Stelle der früheren Konzession 107 . Erlaubnis und Zulassung erzeugten einen positiven verwaltungsrechtlichen Status; sie räumten dem Berechtigten innerhalb der Verwaltung eine Rechtsstellung ein, die nicht Bestandteil seiner natürlichen Freiheit, sondern ein vom Staat verliehener Bereich des verantwortlichen Schaffens für die Gemeinschaft auf dem Gebiet der Wirtschaft war. Neben diese verliehene Befugnis trat die sog. freie Befugnis, die der überkommenen erlaubnisfreien wirtschaftlichen Betätigung gemäß der Gewerbefreiheit entsprach. Wenn auch jede Ähnlichkeit dieser "neuen" zur überkommenen Dogmatik entschieden in Abrede gestellt wurde, lassen sich doch in der Substanz wenig
103
Schönfeld, Zeitschrift der Akademie für Deutsches Recht 1937, 107.
104
Maunz, ZStW 96 (1936), 71.
105
Huber, ZStW 96 (1936), 438 (446 f.); Röttgen, Deutsche Verwaltung, S. 186 ff.; Maunz, Verwaltung, S. 47 ff.; ders., Das Verwaltungsrecht des nationalsozialistischen Staates, in: Frank (Hrsg.), Deutsches Verwaltungsrecht, S. 27 (35 ff.); Scheuner, Die Rechtsstellung der Persönlichkeit in der Gemeinschaft, ebenda, S. 82 (89 ff.). 106
Huber, Zeitschrift der Akademie für Deutsches Recht 1937,323.
107
Huber, ebenda, S. 326.
III. Konzession als subjektives öffentl. Recht
115
Unterschiede feststellen: Zwar begründeten die "Befugnisse" für den Berechtigten eine schwächere Rechtsposition, als es subjektive Rechte getan hätten. Auch die traditionelle Konzession war jedoch als Übertragung von Befugnissen der öffentlichen Verwaltung gesehen worden, die einer Staatsaufsicht unterstanden und somit pflichtengebunden waren. Da zudem Regale, Monopole und Privilegien fortbestanden 108, wurde das überkommene Wirtschaftsverwaltungsrecht insoweit nicht grundlegend umgestaltet.
4. Die Entwicklung des Konzessionsbegriffs
in der Bundesrepublik
Ernst Rudolf Huber konnte 1953 mit der 2. Auflage seines Wirtschaftsverwaltungsrechts an die 1. Auflage des Jahres 1932 anknüpfen. In der Einleitung betont er ausdrücklich, daß ihm stärker als aller Wechsel in den beiden Jahrzehnten seit Erscheinen der 1. Auflage "die beharrende Kontinuität in der Grundstruktur und in der wesenhaften Funktion des Rechts der Wirtschaftsverwaltung" erscheint 109. Das während der nationalsozialistischen Zeit bekämpfte subjektive öffentliche Recht ist nun unbestritten als Institut des öffentlichen und insbesondere des Wirtschaftsverwaltungsrechts anerkannt 110. Die Unterscheidung zwischen Konzessionen und bloßen Erlaubnissen bleibt weiterhin insoweit überholt, als beide Grundlage "echter" subjektiver öffentlicher Rechte sind 111 . Unterschieden werden Konzession und Erlaubnis dagegen in Fortführung der Lehre Otto Mayers auch jetzt noch danach, ob sie dem Begünstigten ein Stück Teilhabe an der öffentlichen Verwaltung einräumen. Die schlichte Gewerbeerlaubnis wird als subjektives öffentliches Freiheitsrecht qualifiziert, das nur einen Anspruch des Unternehmers auf Freiheit von staatlichen Eingriffen innerhalb des zugestandenen Tätigkeitsbereichs enthält. Demgegenüber bezeichnet die echte Konzession ein subjektives öffentliches Recht auf Ausübung einer dem hoheitlichen Bereich zugeordneten Wirtschaftsbefugnis, "ein Recht zum Handeln innerhalb eines bestimmten Bereichs öffentlicher Verwaltung" 112 . Dieser "bestimmte Bereich öffentlicher Verwaltung" wird wiederum dadurch abgegrenzt, daß die öffentliche Verwaltung für ihn ein Verleihungsrecht besitzt, ohne daß ein Staatsvorbehalt bestünde. Anders als das Privileg leitet sich die durch eine Konzession verliehene Wirtschaftsbefugnis nicht aus einem staatlichen Regal ab: sie steht dem Staat nicht der Sub
108
Huber, ebenda, S. 325 f.
109
Huber, Wirtschaftsverwaltungsrecht, 1. Band, 2. Aufl., S. V.
110
Huber, ebenda, S. 67 f.
111
Huber, ebenda, S. 693.
112
Huber, ebenda, S. 549.
116
3. Kapitel: Die rechtsdogmatische Entwicklung
stanz nach zu, sondern wird lediglich durch staatlichen Verleihungsakt begründet. Beispiele für solche Konzessionen stellen die Betriebsrechte der Energieversorgungsunternehmen sowie der Straßen- und Kleinbahnen dar 113 . Damit unterscheiden sich Konzessionen und Erlaubnisse nur noch danach, ob der Staat die Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit von der Verleihung einer Konzession abhängig macht. Ebensowenig wie die einfache Gewerbeerlaubnis bezieht sich die Konzession auf einen Bereich wirtschaftlicher Tätigkeit, der an sich dem Staat vorbehalten sein muß. Nur aus der Konzessionierung selbst ergibt sich, daß ein unternehmerisches Handeln zu einem "bestimmten Bereich öffentlicher Verwaltung" gehört. Wenn sie sich aber auf wirtschaftliche Betätigungen bezieht, die Privaten grundsätzlich offenstehen sofern ihnen der Staat eine entsprechende Genehmigung erteilt -, gleichen sie materiell den schlichten Gewerbeerlaubnissen. Sowohl dann, wenn für eine privatwirtschaftliche Tätigkeit eine Erlaubnis benötigt wird, als auch dann, wenn eine Konzession erforderlich ist, stellt der Staat einen Bereich wirtschaftlichen Handelns unter eine Genehmigungspflicht - einen Bereich, den er nicht grundsätzlich für sich beansprucht, sondern der an sich privatwirtschaftlichem Handeln offensteht. In dieser Hinsicht lassen sich keine Unterschiede zwischen der Konzession und sonstigen wirtschaftsverwaltungsrechtlichen Erlaubnissen feststellen. Der Begriff der Konzession im klassischen Sinne hat damit endgültig seine unterscheidende Kraft verloren. Deshalb ist es auch nur folgerichtig und keineswegs überraschend, daß er in der neuen Dogmatik des Wirtschaftsverwaltungsrechts keinen Platz mehr findet. Wenn nunmehr von Konzessionen die Rede ist, handelt es sich nicht um das Rechtsinstitut, das Otto Mayer gegen Ende des vorigen Jahrhunderts in Anlehnung an das französische Verwaltungsrecht entwikkelt hat. Hans Julius Wolff und Otto Bachof erwähnen die "echten" Konzessionen zwar, unterscheiden sie aber bloß dadurch von den Erlaubnissen im engeren Sinne, daß sie ein volles subjektives öffentliches Recht begründen und nur gegen volle Entschädigung entzogen werden können. Diesen Erlaubnissen im weiteren Sinne steht die Beleihung gegenüber, durch die Hoheitsrechte auf eine Privatperson übertragen werden mit der Verpflichtung, sie wahrzunehmen 114. Als volles subjektives öffentliches Recht ist die Konzession in ihrem Bestand weitgehend gesichert. Sie muß selbst kollidierenden öffentlichen Interessen nur ausnahmsweise weichen; ist das einmal notwendig, erwächst dem Konzessio-
113
Huber, ebenda, S. 548 f. und 565 ff.
114
Wolff/Bachof, Verwaltungsrecht I, § 48 II b (S. 405).
IV. Präventives und repressives Verbot
117
när ein Anspruch auf Entschädigung115. Damit wird die Konzession einem Eigentumsrecht vergleichbar, sie bewirtet jedenfalls einen vermögensrechtlichen Schutz. Eine Teilhabe an der Ausübung öffentlicher Gewalt vermittelt sie hingegen dem Bürger nicht mehr, sie ermöglicht ihm ein privates, nicht ein hoheitliches Handeln 116 . Damit ist die Eigenart in Vergessenheit geraten, die für den klassischen Konzessionsbegriff wesentlich war. Die Konzession im traditionellen Sinne gehört der Geschichte des Verwaltungsrechts an.
IV. Präventives und repressives Verbot Das moderne Wirtschaftsverwaltungsrecht kennzeichnet mit dem Begriff "Konzession" Erlaubnisse, auf die kein Rechtsanspruch besteht117. Das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsanspruchs des Bürgers auf die Erteilung einer Erlaubnis ist im Hinblick auf die in Art. 1 Abs. 3 GG statuierte Bindung auch des Gesetzgebers an die Grundrechte für das Wirtschaftsverwaltungsrecht wie auch das sonstige Verwaltungsrecht eine Frage von grundlegender Bedeutung. Sie wird im allgemeinen anhand der Unterscheidung zwischen präventivem Verbot mit Erlaubnisvorbehalt und repressivem Verbot mit Befreiungsvorbehalt erörtert.
L Die Unterscheidung zwischen beiden Verboten Die Unterscheidung zwischen den beiden Verbotstypen stellt sich für die h.M. folgendermaßen dar: Wo es um Verhaltensweisen geht, die grundsätzlich sozial wertvoll oder wenigstens neutral sind, verbietet das Gesetz nicht eigentlich etwas, sondern räumt der Verwaltung ein bloßes Kontrollrecht ein; diese Funktion erfüllt das Verbot mit Erlaubnisvorbehalt. Soll hingegen eine Tätigkeit tatsächlich unterdrückt werden, weil der Gesetzgeber sie als grundsätzlich sozialschädlich ansieht, kommt ein repressives Verbot mit Befreiungsvorbehalt
115
Wolff/Bachof, ebenda, § 43 I I I c 1 (S. 331).
116
So wird die Erlaubnis zur Nutzung eines Erbbegräbnisses als Konzession oder Nutzungsveiieihung bezeichnet, siehe Bachof, Die Unzulässigkeit der Entziehung von Erbbegräbnisrechten, Gedächtnisschrift Hans Peters, S. 642 (651 ff.) in Auseinandersetzung mit BVerwGE 11, 68, dazu die Anmerkung von H.H. Rupp, DÖV 1960, 796; vgl. ferner BVerwG, Urt. vom 8. März 1974, DÖV 1974,390 (391). 117 Jarass, Gewerbearchiv 1980, 177; derselbe, Wirtschaftsverwaltungsrecht und Wirtschaftsverfassungsrecht, § 13 Rndr. 1 ff. (S. 167); vgl. ferner Henke, DVB1. 1983, 982 (986 f.); aUgemein zu den wirtschaftsverwaltungsrechtlichen Erlaubnissen Stober, Handbuch des Wirtschaftsverwaltungs- und Umweltrechts, S. 763 ff.
118
3. Kapitel: Die rechtsdogmatische Entwicklung
zum Einsatz 118 . Wirtschaftsverwaltungsrechtlich gewendet wird darauf abgestellt, ob eine wirtschaftliche Tätigkeit dem allgemeinen Wohl oder den allgemeinen Sittenanschauungen widerspricht 119 . Für die Erlaubnis, die im Zusammenhang mit einem präventiven Verbot erteilt wird, hat sich mittlerweile die Bezeichnung "Kontrollerlaubnis" durchgesetzt 120. Mit diesem Verbot hat der Gesetzgeber die Grenzen des Verbotenen bewußt zu weit vorgeschoben und überläßt ihre endgültige Festsetzung - nach seinen Vorgaben - der Verwaltung 121 . Die Unterscheidung zwischen präventivem und repressivem Verbot verspricht aber in der Theorie mehr Klarheit, als sie in der Praxis halten kann. Probleme ergeben sich vor allem bei der Abgrenzung beider Rechtsinstitute. Hier wird einmal auf die Zielsetzung des Gesetzgebers abgestellt: "Soll bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen entweder generell oder nach pflichtgemäßem Ermessen der Behörde freigestellt werden, so handelt es sich um eine Erlaubnis; soll dagegen auch in einem solchen Fall das Verhalten oder der Zustand grundsätzlich verboten bleiben, so ist die Befreiung von einem solche Verbot ein Dispens" 122 . Diese Abgrenzung erweist sich oft als schwierig, wenn nicht unmöglich, weil nicht eindeutig zu klären ist, ob eine Erlaubnis nach dem Willen des Gesetzgebers in der Mehrzahl der Fälle oder nur ausnahmsweise erteilt werden soll. Um dieser Schwierigkeit abzuhelfen, sind andere Unterscheidungstopoi vorgeschlagen worden. Abgestellt wird etwa auf das von einem Verbot betroffene Grundrecht: Wenn nicht nur die allgemeine Handlungsfreiheit, sondern verfassungsrechtlich besonders garantierte Freiheiten eingeschränkt würden, handele es sich um ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt. Warum das so sein soll, bleibt aber ebenso unklar wie der sachliche Grund 118
BVerfGE 20, 150 (157); BVerwGE 41, 1 (4 ff.); Bachof, Freiheit des Berafs, in: Bettermann/Nipperdey/Scheuner, Die Grundrechte, Band I I I / l , S. 155 (220 f.); Friauf, JuS 1962, 422 (423) m.w.N. in Fußnote 13; derselbe, Polizei- und Ordnungsrecht, in: von Münch (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, S. 201 (272); Frotscher, Wirtschaftsverfassungs- und Wirtschaftsverwaltungsrecht, S. 103 ff.; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 9 Rdnr. 51 ff. (S. 180 ff.); Menger/ Erichsen, Verwaltungsarchiv 58 (1967), 278; Müller, DÖV 1969, 119 (121 f. und 125 f.); Oldiges, Baurecht, in: Steiner (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, S. 439 (512 f., Rdnr. 156 ff.); Ossenbühl, DÖV 1968, 618 (623 ff.); H.H. Rupp, NJW 1966, 2037 (2039); Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht, in: Steiner (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, S. 161 (296 ff., Rdnr. 206 ff.); Schwabe, JuS 1973, 133; Stober, Wirtschaftsverwaltungsrecht I, Rdnr. 418 ff.; Wolff/Bachof, Verwaltungsrecht I, § 48 II a 1 und c 1 (S. 403 und 406); Vogel, in: Drews/Wacke/Vogel/Martens, Gefahrenabwehr, S. 354 ff. und 443 ff., alle m.w.N. 119 Huber, Wirtschaftsverwaltungsrecht, 1. Band, 2. Aufl., S. 71; vgl. ferner dens., Anmerkung zum Urteil des Bundesgerichtshofs vom 29. November 1951, AöR 78 (1952/53), 113. 120 Siehe z.B. Bull, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rdnr. 634; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 9 Rdnr. 51 (S. 180); Wahl, DVB1. 1982,51 (52). 121
Krüger, DÖV 1956,550; ders., DÖV 1958, 673.
122 Vogel, in: Drews/Wacke/Vogel/Martens, Gefahrenabwehr, S. 447; für weitere Nachweise zurh.M. siehe Fn. 118.
IV. Präventives und repressives Verbot
119
dafür, ein wirtschaftsverwaltungsrechtliches Verbot als repressiv zu qualifizieren, wenn ständig wechselnde wirtschaftspolitische Erwägungen zu berücksichtigen sind; das gleiche gilt für die Vermutung, eine umfassende gesetzliche Regelung spreche für ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt 123. Auch die Qualifizierung des Dispenses als Ausfluß des Verhältnismäßigkeitsprinzips hilft nicht weiter. Zwar verpflichtet dieses Prinzip den Gesetzgeber zur Regelung von Härtefällen, wenn auch das Erfordernis der Abstraktion gesetzlicher Tatbestände die generelle Regelung nicht mehr rechtfertigt, weil sie den Betroffenen unzumutbar belastet124; dieser Satz gilt aber für das präventive Verbot mit Erlaubnisvorbehalt in gleicher Weise wie für das repressive Verbot mit Befreiungsvorbehalt.
2. Das einheitliche Polizeiverbot Die strikte dogmatische Trennung zwischen präventivem und repressivem Verbot spiegelt die Möglichkeit einer klaren Unterscheidung zwischen beiden Rechtsinstituten vor, die angesichts oft fließender Übergänge in Wirklichkeit nicht besteht. Bei genauerer Betrachtung handelt es sich um eine mehr oder minder terminologische Frage ohne sachliche Tragweite 125 . Wie das präventive Verbot ein Verhalten unterbinden soll, dessen gesetzliche Voraussetzungen nicht erfüllt sind, so verhindert das repressive Verbot ein Handeln nicht, das zwar vorläufig unter das Verbot fällt, aber ungefährlich ist und deshalb genehmigt wird. Beide Verbote unterbinden nur ein gefährliches Handeln, lassen aber ein ungefährliches zu; sie unterscheiden sich nur quantitativ 126 . Die Abgrenzungsschwierigkeiten, die häufig dann auftreten, wenn ein gesetzliches Verbot einem der beiden Typen zugeordnet werden soll, sind also nicht zufällig. Beide Verbote haben grundsätzlich die gleiche Struktur: Sie beanspruchen keine absolute Geltung, sondern sehen unter bestimmten Voraussetzungen Ausnahmen vor. Der Gesetzgeber hat der Verwaltung die Entscheidung darüber übertragen, ob der Regel- oder der Ausnahmetatbestand gegeben ist. Nicht der Bürger soll anhand der normativen Regelung entscheiden dürfen, ob ihm ein bestimmtes Verhalten erlaubt ist oder nicht, sondern eine Behörde in einem geordneten Verfahren. Diese Kompetenzverlagerung vom Bürger auf den Staat liegt beiden Verboten in gleicher Weise zugrunde. 123
Mußgnug, Der Dispens von gesetzlichen Vorschriften, S. 91 f.
124
So Erichsen, DVB1. 1967,269 (270).
125
So schon Bachof, Freiheit des Berufs, in: Bettemiann/Nipperdey/Scheuner, Die Grundrechte, 3. Band, 1. Halbband, S. 155 (221). 126 Schwabe, JuS 1973, 133; ihm folgend Gusy, JA 1981, 80 (81); vgl. femer Brohm, Strakturen der Wirtschaftsverwaltung, S. 215 und Henke, DVB1. 1983, 982 (986 f.).
120
3. Kapitel: Die rechtsdogmatische Entwicklung
Eine überraschende Erkenntnis stellen diese Gemeinsamkeiten von präventivem und repressivem Verbot allerdings nicht dar. Schließlich gehen beide auf das von Otto Mayer als einheitliches Rechtsinstitut verstandene Polizeiverbot mit Erlaubnisvorbehalt zurück 127 . Dieses Verbot richtete sich allgemein gegen Lebensäußerungen, die nicht unbedingt als störend für die "gute Ordnung" des Gemeinwesens angesehen wurden, die nur unter bestimmten Umständen zu einer Störung werden konnten. Um solche Störungen der "guten Ordnung" zu vermeiden, sollte vor Aufnahme der betreffenden Tätigkeit eine behördliche Prüfung stattfinden. Das Verbot wurde als Überwachungsmaßregel gegen mögliche Gefährdungen der "guten Ordnung" eingesetzt und traf deshalb auch Betätigungen, "welche an sich gar nicht polizeiwidriges wirklich enthalten" 128 . In der Versagung der Erlaubnis lag ein Eingriff in die Freiheit des Untertanen, der einer Ermächtigungsgrundlage bedurfte. Dementsprechend stellt die Erteilung der Erlaubnis nur die Freiheit des Empfängers wieder her. Das Verbot mit Erlaubnisvorbehalt schuf ein gleichmäßiges, formelles Hindernis für das verbotene Verhalten, an dem selbst die rechtliche Notwendigkeit der daneben in Aussicht gestellten Erlaubnis nichts änderte 129. Die einheitliche Sicht des Polizeiverbots stieß erst später auf Bedenken. Der rein formelle Charakter des Verbots, das nur eine Überprüfung ermöglichen soll, ohne etwas über das materielle Erlaubtsein einer Tätigkeit zu sagen, trat mehr und mehr zurück. Nach der Ablösung der konstitutionellen Monarchie durch die Demokratie der Weimarer Republik wurde das polizeiliche Verbot zahlreicher Betätigungen, die sich oft als völlig unbedenklich erwiesen, nicht mehr als angemessen empfunden. Dementsprechend sah man Otto Mayers Dogmatik des Verbots mit Erlaubnisvorbehalt als überholt und nunmehr verfehlt an: "Gerade von einigen der allerwichtigsten Betätigungen, die unsere Rechtsordnung der Erlaubnispflichtigkeit unterwirft, wie Bauen von Häusern, Errichten gewisser industrieller Anlagen, Betrieb von Krankenhäusern usw., kann man unmöglich sagen, daß sie 'eigentlich' verboten seien" 130 . Der Polizeierlaubnis wurde die polizeiliche Dispensation oder Ausnahmebewilligung gegenübergestellt. Nur für sie gelte die von Otto Mayer entwickelte Dogmatik, weil sie ausnahmsweise gestatte, etwas an sich Verbotenes zu tun oder an sich Gebotenes zu unterlassen.
127
O. Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht, 1. Band, 1. Aufl., S. 287.
128
O. Mayer, ebenda, S. 288.
129
O. Mayer, ebenda, S. 287 ff.
130
Thoma, Verwaltungsarchiv 32 (1927), 247 (248).
IV. Präventives und repressives Verbot
121
3. Die Möglichkeit einer Unterscheidung Richard Thomas Unterscheidung zwischen Polizeierlaubnis und Ausnahmebewilligung und die daran anknüpfende Differenzierung der noch heute herrschenden Meinung zwischen präventivem und repressivem Verbot trifft zwar in quantitativer Hinsicht zu, weil tatsächlich ein Teil der gesetzlichen Verbote in der Mehrzahl der Fälle von der zuständigen Behörde nach ihrer Prüfung aufgehoben wird, während ein anderer Teil in der Mehrzahl der Fälle aufrechterhalten bleibt. Ihre rechtliche Bedeutung gewinnt die Unterscheidung zwischen beiden Verbotstypen aber daraus, daß auf die Kontrollerlaubnis ein Rechtsanspruch besteht, während über die Aufhebung eines repressiven Verbots die zuständige Behörde nach ihrem Ermessen entscheidet131. Angesichts eines aus Art. 2 Abs. 1 GG abgeleiteten umfassenden Grundrechtsschutzes des Bürgers und einer längst rechtsstaatlich voll durchgeformten und eingebundenen Verwaltung muß der Dispens tendenziell immer mehr der gebundenen Erlaubnis weichen. Auch wo der Gesetzgeber eigentlich ein repressives Verbot statuieren wollte, nimmt die Rechtsprechung aus diesem Grund gelegentlich ein präventives Verbot an. So hat das Bundesverwaltungsgericht schon 1956 das Bauverbot einer Landschaftsschutzverordnung dahin interpretiert, daß es nur in den Landschaften absolut gelte, die wie z.B. eine Dünenlandschaft am Meer nach ihrer Beschaffenheit durch jedes Bauwerk verunstaltet würden. Im allgemeinen seien aber angesichts der weitgehenden Einbeziehung der Landschaft in den Dienst der menschlichen Zivilisation nicht schlechthin alle, sondern nur die der Eigenart des Landschaftsbildes nicht angepaßten Bauten verunstaltend. Deshalb dürfe das Bauverbot materiell nicht weiter reichen, als es im Interesse des gesetzlich anerkannten Schutzgutes erforderlich sei, müsse also als präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt verstanden werden 132 . In gleicher Weise hat das Bundesverwaltungsgericht § 35 Abs. 2 BBauG im Hinblick auf Art. 14 GG als präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt interpretiert. Der Text der Vorschrift legte dagegen ein repressives Verbot mit Befreiungsmöglichkeit nahe: § 35 Abs. 1 BBauG nannte die Voraussetzungen, unter denen Bauen im Außenbereich "nur" zulässig war, nach Abs. 2 der Vorschrift konnten im Einzelfall sonstige Vorhaben zugelassen werden, wenn ihre
131 Bettermann, Anm. zu BGH, Beschluß vom 2. Okt. 1972, DVB1. 1973,182/186; Ossenbühl, DÖV 1968,618 (624 f.); Wolff/Bachof, Verwaltungsrecht I, § 48 II a 4 und c 1 (S. 404 ff.); Bachof, Verfassungsrecht, Verwaltungsrecht, Verfahren s recht, Band II, S. 123 f.; vgl. femer Schwabe, JuS 1973,133(138). 132
BVerwGE 4,57 (58 f.).
122
3. Kapitel: Die rechtsdogmatische Entwicklung
Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigte 133. Nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts wäre es mit der verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie unvereinbar, wenn ein Vorhaben nicht zugelassen würde, obwohl es keine öffentlichen Belange beeinträchtigt. Andere Entscheidungskriterien als öffentliche Belange dürfe die Verwaltung den privaten Interessen der Bau willigen nicht entgegensetzen. Demgemäß bleibe kein Raum für ein behördliches Ermessen, das wiederum nur daran auszurichten wäre, ob das Vorhaben öffentliche Belange beeinträchtige 134. Dieser vom Bundesverwaltungsgericht im Wege der Auslegung ermittelte "wirkliche" Inhalt der Bestimmung 135 , ergibt ein präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt, welches das im Text eigentlich angelegte repressive Verbot mit Befreiungsvorbehalt verdrängt. Entsprechende Überlegungen sind für § 31 Abs. 2 Nr. 1 BBauG 136 angestellt worden: Da Eigentum und Baufreiheit nur im Rahmen der Verhältnismäßigkeit eingeschränkt werden dürften, sei eine Befreiung im Gegensatz zum Text der Vorschriften stets zu erteilen, wenn Gründe des Wohls der Allgemeinheit das erforderten 137. Die Umdeutung repressiver in präventive Verbote ist in vielen Fällen verfassungsrechtlich geboten. Rechtsprechung und Lehre bedienen sich ihrer, um der in Art. 1 Abs. 3 GG statuierten Bindung des Gesetzgebers an die Grundrechte gerecht zu werden. Die Auswirkungen dieser verfassungsrechtlichen Vorgabe auf die verwaltungsrechtliche Dogmatik des präventiven und repressiven Verbots sind Wissenschaft und Praxis nicht sogleich nach Inkrafttreten des Grundgesetzes bewußt geworden. Das Verwaltungsrecht hat in der Bundesrepublik zunächst an den in der Weimarer Republik erreichten Meinungsstand angeknüpft. Danach stand es dem Gesetzgeber frei, ob und unter welchen Voraussetzungen er dem Bürger einen Rechtsanspruch auf Aufhebung eines Verbots gewährte. Seit Inkrafttreten des Grundgesetzes verpflichten die Grundrechte demgegenüber in manchen Fällen den Gesetzgeber, unter bestimmten Voraussetzungen einen Rechtsanspruch auf eine Erlaubnis zu statuieren. Wenn die Grundrechte einen derartigen Rechtsanspruch begründen, darf der Staat zwar vor das Tätigwerden des Bürgers eine behördliche Prüfung stellen, er muß sie jedoch rechtsstaatlich ausgestalten. Darauf hat das Bundesverfassungsge-
133
Jetzt § 35 Abs. 1 und 2 Baugesetzbuch.
134
BVerwGE 18,247 (250 f.); 25, 161 (162); vgl. femer BGH, Urteil vom 5. Febr. 1981, Baurechtssammlung 38, Nr. 104 mit weiteren Nachweisen; Emst/Zinkahn/Bielenberg, Baugesetzbuch, Rdnr. 75 zu § 35; Berliner Kommentar zum Baugesetzbuch, Rdnr. 37 zu § 35 mit ausführlichen Nachweisen zur Literatur. 135
So die Formulierung BVerwGE 18,247 (250).
136
Heute § 31 Abs. 2 Nr. 1 Baugesetzbuch.
137
Erichsen, DVB1. 1967, 269 (270); diese Auffassung hat sich allerdings nicht durchgesetzt, vgl. nur Berliner Kommentar zum Baugesetzbuch, Rdnr. 18 zu § 31.
IV. Präventives und repressives Verbot
123
rieht schon vor über 20 Jahren in seinem Urteil zum Sammlungsgesetz unmißverständlich hingewiesen: Art. 2 Abs. 1 GG gewährt unmittelbar die allgemeine Handlungsfreiheit, allerdings nur in den Schranken der verfassungsmäßigen Ordnung. Mit der verfassungsmäßigen Ordnung ist es vereinbar, die Freiheitsbetätigung des Bürgers einer präventiven behördlichen Prüfung zu unterwerfen und die Freiheitsausübung dergestalt von einer staatlichen Erlaubnis abhängig zu machen, wenn die Erlaubnispflicht verhältnismäßig und das Prüfungsverfahren rechtsstaatlich ausgeformt ist 138 . Das bedeutet, daß ein Gesetz die Voraussetzungen für die Freiheitsbetätigung des Bürgers regeln muß. Ziel des behördlichen Prüfungsverfahrens darf es nur sein, das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen der Freiheitsbetätigung festzustellen. Dazu ist ein Verbot, das erst nach einer behördlichen Prüfung aufgehoben wird, geeignet. Es ist auch erforderlich, wenn es dem Gesetzgeber jedenfalls hinreichend wahrscheinlich erscheinen konnte, daß ohne ein Verbot und das für dessen Aufhebung erforderliche Prüfungsverfahren die Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen nicht gesichert wäre. Insoweit kann der Gesetzgeber entweder auf bereits gemachte Erfahrungen zurückgreifen oder sich - mangels einschlägiger Erfahrung - auf eine hinreichend tatsachengestützte Prognose verlassen. Als milderes Mittel kommt eine Erlaubnis mit Verbotsvorbehalt in Betracht. Das gilt jedoch nur dann, wenn ein solcher Vorbehalt eines Verbots ausreicht, um die Beachtung der gesetzlichen Voraussetzungen für eine Freiheitsbetätigung zu sichern. Es ist z.B. kaum vorstellbar, daß an die Stelle des Verbotes, Kraftfahrzeuge ohne die entsprechende Erlaubnis zu führen, eine gesetzliche Regelung des Inhaltes träte, daß jedermann Kraftfahrzeuge führen dürfte, solange ihm das nicht verboten würde, weil er die erforderlichen Fähigkeiten nicht besitze. Das Verbot mit Erlaubnisvorbehalt ist also keinesfalls Ausdruck einer obrigkeitlichen Staatsauffassung und mit der freiheitlichen Konzeption des Grundgesetzes unvereinbar 139. Auch das repressive Verbot ist keinesfalls an sich verfassungswidrig. Der Gesetzgeber darf es allerdings anders als unter der Weimarer Reichsverfassung nicht nach seinem Gutdünken anstelle eines präventiven Verbots verwenden. Vielmehr ist es nur dann zulässig, wenn sich nicht aus den Grundrechten ergibt, daß dem Bürger jedenfalls unter bestimmten Voraussetzungen ein Rechtsanspruch auf die Beseitigung des Verbots durch eine Erlaubnis eingeräumt werden muß. Wenn ein Ermessen der Verwaltung bei der Entscheidung, ob ein
138
BVerfGE 20,150 (154 f.).
139
So aber Rupp, NJW 1966,2037 (2039).
124
3. Kapitel: Die rechtsdogmatische Entwicklung
Verhalten erlaubt werden soll oder nicht, mit den Grundrechten vereinbar ist, steht es dem Gesetzgeber frei, ein repressives Verbot zu erlassen 140. Präventives und repressives Verbot lassen sich also trotz ihres Charakters als Ausprägungen des einheitlichen Polizeiverbots durchaus sinnvoll unterscheiden. Die herrschende Meinung setzt richtig an, wenn sie darauf abstellt, ob das Verbot die Regel oder die Ausnahme bildet. Wann das aber der Fall ist, läßt sich nicht nach quantitativen Kriterien bestimmen. Im verfassungsgeprägten Verwaltungsrecht der Bundesrepublik erscheint es vielmehr sachgerecht, zwischen den Erscheinungsformen des Polizeiverbots nach rechtlichen Gesichtspunkten zu differenzieren. Den sachgerechten Maßstab dafür liefert das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsanspruchs auf die Erteilung einer Erlaubnis, die das Verbot aufhebt. In der Regel ergibt sich aus den Verbotstatbeständen ohne weiteres, ob unter bestimmten Voraussetzungen ein Rechtsanspruch auf die betreffende Erlaubnis anzunehmen ist. Manchmal kann es allerdings erforderlich sein, ein repressives Verbot im Wege der verfassungskonformen Auslegung in ein präventives Verbot umzudeuten; Beispiele dafür sind bereits genannt worden. Versagt diese Möglichkeit, obwohl die Grundrechte den Gesetzgeber verpflichten, einen Rechtsanspruch auf eine Erlaubnis zu gewähren, bleibt es bei der Qualifizierung des Verbots als repressiv; ein solches Verbot läßt sich allerdings mit dem Grundgesetz nicht vereinbaren.
V. Die Eigenart der Konzession L Verbote und Konzessionen Die allgemeinen Überlegungen zur Unterscheidung von präventivem und repressivem Verbot im verfassungsrechtlich geprägten Verwaltungsrecht der Bundesrepublik beanspruchen auch für das Wirtschaftsverwaltungsrecht Geltung. Der Staat kann im Rahmen einer vorbeugenden Aufsicht über die private Wirtschaft grundsätzlich durch Gesetz präventive und repressive Verbote erlas140 Das Grundgesetz schließt Ermessensentscheidungen im Bereich der Grundrechtsausübung nicht generell aus. Diese Erkenntnis hat sich allerdings erst allmählich durchgesetzt. Nachdem Wissenschaft und Praxis insbesondere in Reaktion auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die Bedeutung der Grundrechtsbindung des Gesetzgebers für die Ermessenslehre sowie die Dogmatik der Polizeiverbote erkannt hatten, wurde zunächst befürchtet, daß jede Eingriffsermächtigung verfassungswidrig sei, die ein Ermessen einräume, vgl. Menger/Erichsen, Verwaltungsarchiv 58 (1967), 278 (282 f.) sowie H.H. Rupp, Grundfragen der heutigen Verwaltungsrechtslehre, S. 203 ff. Mittlerweile ist aber anerkannt, daß es geboten sein kann, der Verwaltung die mit dem Ermessen verbundene Gestaltungsfreiheit einzuräumen, damit die Freiheit der Bürger und das Wohl der Allgemeinheit optimal geschützt werden können, näher zu dieser Entwicklung Bullinger, JZ 1984, 1001 mit weiteren Nachweisen.
V. Die Eigenart der Konzessionen
125
sen und unter den gesetzlich normierten Voraussetzungen Erlaubnisse erteilen, die diese Verbote aufheben. Diese Staatsaufsicht über die Wirtschaft hat sich aus dem ius supremae inspectionis entwickelt, das im 18. Jahrhundert als eines der allgemeinen Hoheitsrechte des Monarchen anerkannt war und ihm alle Maßnahmen zur Förderung des Gemeinwohls erlaubte. Im Konstitutionalismus löste die gesetzliche Konkretisierung des Gemeinwohls das alte Recht der Oberaufsicht ab 141 . Art. 1 Abs. 3 GG bindet nunmehr den Gesetzgeber bei seiner Gemeinwohlkonkretisierung an die Grundrechte. Alle wirtschaftsverwaltungsrechtlichen Verbote müssen mit den Grundrechten der von ihnen betroffenen Wirtschaftssubjekte vereinbar sein. In aller Regel wird sich der Gesetzgeber deshalb auf präventive Verbote und die ihnen entsprechenden Kontrollerlaubnisse beschränken müssen. Nur wenn er die Entscheidung darüber, ob eine erwerbswirtschaftliche Betätigung erlaubt wird oder nicht, ohne Verstoß gegen Grundrechte in das Ermessen der Wirtschaftsverwaltung stellen darf, kann er stattdessen ein repressives Verbot erlassen, das nicht mit einem Anspruch des Bürgers auf die Erteilung einer Erlaubnis verbunden ist. Die Qualifizierung derartiger Verbote als "repressiv" trifft allerdings den wirtschaftsverwaltungsrechtlichen Sachverhalt nicht ganz genau: Das in Rede stehende erwerbswirtschaftliche Handeln soll regemäßig nicht unterdrückt, sondern reguliert, d.h. nur in begrenztem Umfang und unter bestimmten Bedingungen zugelassen werden. Demgemäß begründen die einschlägigen wirtschaftsverwaltungsrechtlichen Erlaubnisvorbehalte nicht eigentlich repressive, sondern regulierende Verbote; sie können aber zu den repressiven Verboten in dem oben beschriebenen weiteren Sinne gezählt werden, weil sie nicht mit einem Rechtsanspruch auf die benötigte Erlaubnis verbunden sind. Solche wirtschaftsverwaltungsrechtlichen Erlaubnisse, auf die kein Rechtsanspruch besteht, werden im folgenden im Anschluß an entsprechende Ansätze im Schrifttum zur Unterscheidung von den Kontrollerlaubnissen als Konzessionen bezeichnet. Mit den Konzessionen im klassischen Sinne Otto Mayers und des französischen Verwaltungsrechts haben sie nur gemein, daß es keinen Rechtsanspruch des Bürgers auf ihre Erteilung gibt. Dagegen gewähren sie keinen Anteil an einem Stück öffentlicher Verwaltung, sondern erlauben dem Konzessionär den Betrieb eines Wirtschaftsunternehmens nach privatwirtschaftlichen Grundsätzen.
2. Staatliche Bewirtschaftung
und private Erwerbstätigkeit
Konzessionen sollen der Verwaltung die Bewirtschaftung knapper Güter ermöglichen, zugleich aber Raum für unternehmerisches Handeln nach marktSiehe zum Ganzen Bullinger, VVDStRL 22 (1963), 264 (275 ff. und 296 f.).
126
3. Kapitel: Die rechtsdogmatische Entwicklung
wirtschaftlichen Grundsätzen lassen. Sie stellen die Verbindung zwischen einer staatlichen Bewirtschaftung im Interesse der Allgemeinheit und einer privaten Erwerbstätigkeit im Individualinteresse her. Der konzessionierte Wirtschaftsbereich bleibt für unternehmerisches Handeln nach marktwirtschaftlichen Prinzipien offen, wird aber zugleich behördlicher Kontrolle unterworfen und damit dem Gemeinwohl verpflichtet. Erreicht wird das, indem der Staat einen Bewirtschaftungsvorbehalt errichtet, den er nur dann im Wege der Konzessionserteilung aufhebt, wenn die konzessionierte Tätigkeit im konkreten Fall mit den öffentlichen Interessen vereinbar ist. Diese Interessen muß die zuständige Behörde in jedem Einzelfall in die Abwägungen einbeziehen, die ihrer Entscheidung über die Aufrechterhaltung oder Aufhebung des Bewirtschaftungsvorbehalts zugrundeliegen. Kommt sie zu dem Ergebnis, daß der Zugriff des Interessenten auf das jeweils in Rede stehende knappe Gut mit dem öffentlichen Interesse vereinbar ist, erteilt sie ihm eine Konzession und beseitigt dadurch den Vorbehalt. Der Konzessionär steht nunmehr anderen Unternehmern grundsätzlich gleich. Er kann innerhalb des durch die einschlägigen Rechtsnormen und die Bestimmungen des Konzessionsbescheids gesteckten Rahmens frei nach erwerbswirtschaftlichen Zielsetzungen handeln, ohne auf besondere Gemeinwohlerwägungen verpflichtet zu sein. Er unterliegt auch nicht etwa behördlichen Direktiven hinsichtlich der Führung seines Unternehmens. Der Staat beschränkt seine Bewirtschaftung darauf, über Erteilung oder Nichterteilung der erforderlichen Konzession zu entscheiden und rechtliche Grenzen der konzessionierten Wirtschaftstätigkeit festzulegen. Insofern steht die Konzessionierung in der Mitte zwischen erwerbswirtschaftlichem Handeln, das nur einer Kontrolle zur Gefahrenabwehr unterworfen wird, und staatlichen Monopolen, die einen Bereich wirtschaftlicher Betätigung für Private verschließen. Konzessionen regulieren die Privatwirtschaft, lassen aber Raum für marktwirtschaftliche Prozesse.
3. Anwendungsfelder für Konzessionen Ein Bedürfnis nach staatlicher Regulierung der Privatwirtschaft durch Konzessionen besteht vor allem, wenn knappe Güter genutzt oder verteilt werden sollen, die Marktmechanismen die Knappheitsprobleme aber nicht befriedigend lösen können. Herrscht auf einem Markt Wettbewerb, reguliert der Preis den Zugriff auf knappe Güter. Angebot und Nachfrage gleichen sich nach den Modellvorstellungen der liberalen Nationalökonomie dadurch an, daß die für Leistungen oder Güter geforderten Preise so lange erhöht bzw. gesenkt werden, bis ein Gleichgewicht erreicht ist. Unter diesen Umständen kann sich der Staat
V. Die Eigenart der Konzessionen
127
damit begnügen, dafür Sorge zu tragen, daß der freie Wettbewerb nicht beschränkt, insbesondere der Marktzutritt für neue Anbieter nicht behindert und kein Kartell gebildet wird. Ein Bedürfnis oder eine Rechtfertigung für eine Bewirtschaftung mittels Konzessionen durch den Staat besteht unter diesen Umständen nicht. Anders stellt sich die Lage dar, wenn die skizzierten marktwirtschaftlichen Mechanismen zur Bewältigung von Knappheitsproblemen nicht funktionieren. Dann kann es im öffentlichen Interesse geboten sein, daß der Staat knappe Güter bewirtschaftet, um eine sparsame, "haushälterische" Nutzung und eine gerechte Verteilung zu gewährleisten. Marktdefizite bestehen zum einen da, wo knappe natürliche Ressourcen genutzt werden. Unterstellt der Staat Umweltgüter wie Wasser oder Bodenschätze nicht seiner Bewirtschaftung, kann jedermann frei auf sie zugreifen, ohne einen Preis dafür entrichten zu müssen. Die Preisbildung kommt deshalb als Mechanismus zur Lösung der Probleme nicht in Betracht, die sich aus der Nichtvermehrbarkeit der Umweltressourcen ergeben. Ein Knappheitsproblem anderer Art besteht, wenn Leistungen der Daseinsvorsorge wie die leitungsgebundene Versorgung einer Gemeinde mit Energie oder Wasser unter den Bedingungen eines natürlichen Monopols erbracht werden. Hier kann Wettbewerb nicht sicherstellen, daß die Bevölkerung optimal versorgt wird. Deshalb steht die Verwaltung vor der Aufgabe, den Zugang zu solchen Monopolstellungen im öffentlichen Interesse zu regulieren, um so auf eine möglichst günstige und zuverlässige Versorgung hinzuwirken. Eine künstlich verursachte Knappheit ergibt sich schließlich dann, wenn der Staat als sozial schädlich qualifizierte Betätigungen wie den Betrieb einer Spielbank in begrenztem Umfang zuläßt, damit sie nicht illegal ausgeübt werden. Angesichts der rechtlich beschränkten Betätigungsmöglichkeiten kommt ein freier Wettbewerb zwischen verschiedenen Anbietern nicht zustande, er ist gerade unerwünscht. Deshalb muß die Verteilung der wenigen legalen Betätigungsrechte vom Staat organisiert und müssen die Bedingungen ihrer Ausübung überwacht werden. Diese drei Anwendungsfelder für Konzessionen sollen im folgenden näher untersucht werden.
a. Knappe Umweltressourcen Bodenschätze, Wasser, saubere Luft, unverbrauchte Landschaft und andere Umweltressourcen sind nicht beliebig vermehrbar, sondern stehen ihrer Natur nach sowohl für eine private als auch für eine erwerbswirtschaftliche Nutzung unter den Lebensbedingungen einer modernen Industriegesellschaft nur in beschränktem Umfang zur Verfügung. Das umweltrechtliche Vorsorgeprinzip fordert deshalb eine möglichst schonende Inanspruchnahme der natürlichen Ressourcen und Lebensräume. Greift der Staat erst ein, wenn die Schwelle zur Gefahr in polizeirechtlichem Sinne überschritten ist, kann er keine Vorsorge für
128
3. Kapitel: Die rechtsdogmatische Entwicklung
die Erhaltung einer intakten Umwelt treffen. Vorsorge setzt vielmehr voraus, daß Belastungs- und Nutzungsreserven in die Zukunft hinein offengehalten werden, so daß Freiräume für zukünftige Entwicklungen bleiben 142 . Bewirtschaftungsvorbehalt und Konzessionspflicht erlauben der Verwaltung eine stetige Durchsetzung des Vorsorgeprinzips; das Bewirtschaftungsermessen ermöglicht eine flexible Anpassung der Konzessionsvergabe an die aktuellen Bedürfnisse des Umweltschutzes und der Ressourcenschonung. Weil ein Konzessionssystem keine Rechtsansprüche potentieller Nutzer auf Erlaubnisse zur Inanspruchnahme knapper Umweltgüter kennt, werden sie nicht länger wie freie, d.h. unbegrenzt verfügbare Güter behandelt. Sie können nur in dem Umfang genutzt werden, der mit den Interessen der Allgemeinheit an einer intakten Umwelt vereinbar ist 1 4 3 . Die Verwaltung wird durch ihre Bewirtschaftungspraxis in die Lage versetzt, auf neue Erkenntnisse oder besondere Umweltbelastungen schnell zu reagieren; einer unangemessenen Verfestigung von Rechtspositionen der Konzessionäre wird vorgebaut. Vor allem dadurch unterscheidet sich ein Konzessionssystem von den in den USA entwickelten Zertifikatsmodellen, die vorrangig von Wirtschaftswissenschaftlern befürwortet werden 144 . Nach diesen Modellen setzt die Verwaltung für eine bestimmte Region eine Höchstgrenze der Umweltbelastung fest und gibt für Teilmengen dieser Gesamtbelastung Zertifikate heraus, die nach marktwirtschaflichen Regeln behandelt werden. Man vertraut darauf, daß sich aus einem Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage ein Preis für das knappe Gut Umweltbelastbarkeit ergibt. Als Folge wird die Verwaltung aber aus ihrer Verantwortung entlassen, nachdem sie durch die Erstausgabe von Zertifikaten die Grundlage für den späteren Handel mit Immissions- oder sonstigen Belastungsrechten geschaffen hat. Korrekturen der einmal getroffenen Entscheidungen über Belastbarkeitsgrenzen sind nur noch schwer möglich, so daß etwa neue wissenschaftliche Erkenntnisse kaum noch in ein einmal in Gang gesetztes Zertifikatssystem eingebracht werden können. Daneben besteht die Gefahr, daß die Marktmechanismen zu einer Ballung der Umweltbelastungen in bestimmten Teilen der Region führen, für die Zertifikate ausgegeben 142 Bender/Sparwasser, Umweltrecht, S. 16f.; E. Rehbinder, Vorsorgeprinzip im Umweltrecht und präventive Umweltpolitik; vor allem zur Freiraum-These Kloepfer, Umweltrecht, § 3 Rdnr. 18ff. (S. 79ff.). m.w.N.; zur Ressourcenvorsorge siehe auch die Leitlinien Umweltvorsorge der Bundesregierung, BT-Drucks 10/6028, S. 7ff.; gesetzlich normiert ist das Vorsorgeprinzip etwa im § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG. 143 Zu der Notwendigkeit, daß das Verwaltungsrecht entsprechende Regelungen trifft, siehe schon Sendler, UPR 1983,33 (38). 144 Zu den Zeitifikatsmodellen Bender/Sparwasser, Umweltrecht, Rdnr. 94ff. (S. 35f.); Hoppe/ Beckmann, Umweltrecht, Rdnr. 15ff. zu § 9 (S. 154); Kloepfer, Umweltrecht, Rdnr. 218ff. zu § 4 (S. 192ff.) mit umfassenden Nachweisen der einschlägigen Literatur, Murswiek, JZ 1988, 985 (990 mit Fußnote 43).
V. Die Eigenart der Konzessionen
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worden sind - möglicherweise sogar in Gegenden, die bereits erheblich vorbelastet sind 145 . Demgegenüber gewährleistet ein Konzessionssystem der Verwaltung die Möglichkeit, die Nutzung knapper natürlicher Ressourcen und zugleich die Belastung der Umwelt ständig zu regulieren und gegebenenfalls neuen Entwicklungen oder Erkenntnissen anzupassen. Auf diese Weise wird eine "haushälterische" Inanspruchnahme der betreffenden Güter sichergestellt, die ihrer natürlichen Knappheit entspricht.
b. Natürliche Monopole der Daseinsvorsorge Eine Knappheitssituation besteht auch dann, wenn die wirtschaftlichen Gegebenheiten es bedingen, daß Leistungen der Daseinsvorsorge am günstigsten von einem einzigen oder ganz wenigen Unternehmen erbracht werden können. Typisches Beispiel dürfte die Versorgung der Bewohner einer Gemeinde mit Wasser sein. Es ist wirtschaftlich kaum vorstellbar, daß in einem Gebiet mehr als eine Wasserleitung für jeden Abnehmer gelegt würde; die Kosten wären so hoch, daß für die konkurrierenden Anbieter ein Gewinn nicht zu erwarten wäre. Das bedeutet, daß demjenigen, der die Wasserversorgung übernimmt, praktisch von selbst eine Monopolstellung erwächst. In den Wirtschaftswissenschaften spricht man in diesem Zusammenhang von natürlichen Monopolen. Dieser Begriff geht auf das letzte Jahrhundert zurück und wird traditionell zur Rechtfertigung staatlicher Eingriffe in die Wirtschaft, vor allem in die Transport-, Kommunikations- und Energiemärkte verwandt. Als natürliches Monopol bezeichnen Wirtschaftswissenschaftler eine Situation, in der auf der Angebotsseite die firmeninternen Kostendegressionen wegen der Größenvorteile (economies of scale) im Vergleich zur Marktgröße so erheblich sind, daß im Wettbewerb auf Dauer nur ein Unternehmen überleben kann; das gleiche gilt, wenn ein Unternehmen den Markt billiger bedienen kann als mehrere. Besteht ein natürliches Monopol, produziert ein einziger Anbieter die nachgefragte Menge zu niedrigeren Kosten als eine größere Zahl von Unternehmen. Durchbräche man die monopolistische Struktur, käme es z.B. durch verdoppelte Investitionen zu einem signifikanten Kostenanstieg der erbrachten Dienstleistung. Das zeigt sich z.B. bei der Elektrizitätsversorgung oder im lokalen Telefonbereich. Wenn auch gegen die Theorie von den natürlichen Monopolen immer wieder eingewandt wird, sie würden mehr mit politischen als mit ökonomischen Bedingungen gerechtfertigt werden, wird die Existenz natürlicher Monopole in den Wirtschaftswissenschaften doch ganz über-
145 Zu dieser Gefahr P. Kirchhof, NVwZ 1988, 97 (102f.); zu weiteren Nachteilen der Zertifikatsmodelle Feldhaus, DVB11984,552 (554).
9 Wieland
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3. Kapitel: Die rechtsdogmatische Entwicklung
wiegend anerkannt. Auch Gegner des Begriffs räumen ein, daß auf manchen Märkten ein Wettbewerb aus technischen Gründen nur schwer möglich ist; das gilt insbesondere für leitungsgebundene Energien. Ein weiterer Ursprung natürlicher Monopole kann in der Seltenheit und räumlichen Konzentration von Naturschätzen Hegen146. Ohne hier näher auf den Begriff des natürlichen Monopols einzugehen, läßt sich doch allgemein feststellen, daß für manche Leistungen der Daseinsvorsorge die beschriebenen Umstände vorliegen. Wann das im einzelnen der Fall ist, hängt vor allem von der Entwicklung der Technik und von den Kosten der erforderlichen Investitionen, aber auch von den erzielbaren Preisen ab. Heute zählt niemand mehr die Getreideversorgung zu den natürlichen Monopolen. In früheren Zeiten war das anders: Der Betrieb einer Mühle rentierte sich ab einem bestimmten Umsatz an Getreide. War dieser Umsatz an einem Ort zu erzielen, lohnte der Mühlenbetrieb. Wegen der schlechten, oft mühsamen und gefährlichen Verkehrsverbindungen konnte eine Konkurrenz kaum entstehen. Unter den heutigen Gegebenheiten dürften nicht nur die Versorgung mit Trinkwasser, sondern auch die Entsorgung der Abwässer die Voraussetzungen eines Monopols erfüllen. Das gleiche gilt für Erdgas oder Fernwärme. Auch erscheint es kaum vorstellbar, daß in einem Ort mehrere voneinander unabhängige Stromnetze errichtet werden könnten. Überörtlich mag das schon anders sein. Ähnliches gilt für die Telekommunikation. Soweit sie an Leitungen gebunden ist, wird sich Wettbewerb oft nicht lohnen. So hat man in den Vereinigten Staaten von Amerika zwar das traditionelle Monopol der Bell Company für Ferngespräche durch Gesetz aufgelöst. Für die Versorgung einer Gemeinde ist jedoch weiterhin nur eine lokale Telefongesellschaft zuständig, die dann allen Betreibern von Fernverbindungen gleichen Zugang zu ihrem Netz gewähren muß 147 . Nicht an Leitungen gebundene Telekommunikation wird dagegen oft im Wettbewerb betrieben werden können. Ähnlich wie bei der leitungsgebundenen Versorgung stellt sich die Situation im Verkehrsbereich dar. Angesichts der Raumverhältnisse in der Bundesrepublik ist nur ein Eisenbahnnetz denkbar. Auch mehrere Straßenbahnunternehmen in einer Gemeinde sind kaum vorstellbar. Technisch ist dagegen die Bedienung einer Strecke durch mehrere konkurrierende Bus- oder Luftfahrtunternehmen durchaus möglich, weil hier keine der Schienenbindung vergleichbare Abhängigkeit von Verkehrseinrichtungen besteht. 146 Weber, Wirtschaftsregulierung in wettbewerbspolitischen Ausnahmebereichen, S. 100 f. mit ausführlichen Nachweisen zum Meinungsstand in den Wirtschaftswissenschaften; vgl. femer Machlup, Artikel "Monopol" in: HDSW, S. 427 (432). 147 Coll, The Deal of the Century, S. 3 ff.; Β. Wieland, Die Entflechtung des amerikanischen Femmeldemonopols, S. 14 ff.
V. Die Eigenart der Konzessionen
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Probleme können sich insofern aber aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten ergeben. Das Aufkommen an Fahrgästen oder an Fracht muß hoch genug sein, um den Betrieb eines Verkehrsunternehmens rentabel zu machen. Insoweit taucht vor allem das Problem auf, daß oft nur Teile eines bestimmten Zweiges der Daseinsvorsorge rentabel betrieben werden können: So ist der Transport von Paketen zwischen Unternehmen ein durchaus gewinnträchtiges Geschäft Die Belieferung von Privatleuten, die im ländlichen Raum wohnen, bringt dagegen so erhebliche Kosten mit sich, daß die für eine Gewinnerzielung notwendigen hohen Preise kaum gezahlt werden würden 148 . Der Allgemeinheit muß aber daran gelegen sein, daß eine flächendeckende Daseinsvorsorge zu tragbaren Preisen gewährleistet wird. Ein Unternehmen, das ein natürliches Monopol nutzt, soll daraus nicht den Vorteil überhöhter Preise ziehen dürfen. Auch besteht ein öffentliches Interesse zu verhindern, daß private Unternehmen nur den rentablen Bereich eines Zweiges der Daseinsvorsorge betreiben und dem Staat die unrentablen Dienste überlassen. Daraus ergibt sich das Bedürfnis, daß die Wirtschaftsverwaltung regelt, wer Inhaber eines natürlichen Monopols wird und unter welchen Rahmenbedingungen er seine Leistungen anbieten muß. Knapp ist hier die Monopolposition, die ihrem Inhaber ein weitgehend wettbewerbsfreies wirtschaftliches Handeln ermöglicht Während das Wettbewerbsrecht in § 22 GWB dem Bundeskartellamt Befugnisse gegen die mißbräuchliche Ausnutzung marktbeherrschender Stellungen einräumt, zielt die Konzessionierung bereits auf eine Regulierung der Entwicklungen, die unter den Bedingungen eines natürlichen Monopols in der Daseinsvorsorge zu marktbeherrschenden Stellungen führen.
c. Sozial schädliche Betätigungen Konzessionen ermöglichen auch dann eine Bewirtschaftung, wenn der Gesetzgeber Erwerbstätigkeiten als sozial schädlich ansieht und sie deshalb grundsätzlich verhindern will, sie aber aus tatsächlichen Zwängen heraus in begrenztem Umfang zulassen muß. Als typisches Beispiel für diese Art der Konzessionierung kann der Betrieb einer Spielbank gelten, der gemäß § 284 StGB strafbar ist, wenn er ohne behördliche Erlaubnis erfolgt. Das Bundesverfassungsgericht hat es als öffentliche Aufgabe bezeichnet, das illegale Glücksspiel um Geld einzudämmen. Nur weil das Geldspiel vor allem in Kurorten mit internationalem Publikum nicht zu verhindern sei, solle dem nicht zu unterdrükkenden Spieltriebe des Menschen eine staatlich überwachte Betätigungsmög-
148 Zur wirtschaftlichen Situation im Paketdienst vgl. Bundestagsdrucksache 8/715, S. 3, und Badura, Jahitmch der Deutschen Bundespost 28 (1977), S. 76 (102 ff.).
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3. Kapitel: Die rechtsdogmatische Entwicklung
lichkeit eröffnet werden 149 . In der Konsequenz dieser Auffassung liegt es, daß nur relativ wenige Spielbanken zugelassen werden. Allein dadurch kann der Zweck der Regelung erreicht werden, den Spieltrieb zu bekämpfen. Mit der Beschränkung der Zahl legaler Spielbanken erzeugt der Staat eine künstliche Knappheit der Möglichkeiten zur Veranstaltung von Geldspielen. Diese Knappheit bringt es mit sich, daß Spielbankkonzessionen den Konzessionären außerordentliche Gewinnchancen eröffnen und deshalb ein sehr begehrtes Gut darstellen. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit einer staatlichen Bewirtschaftung. Ein Erlaubnisverfahren erweist sich schon deshalb als geboten, weil anders die betreffende Erwerbstätigkeit nicht grundsätzlich beschränkt werden kann. Räumt der Gesetzgeber Interessenten unter bestimmten Voraussetzungen einen Rechtsanspruch auf die Erlaubnis ein, könnte das Regelungsziel einer möglichst weitgehenden Reduzierung des unerwünschten Verhaltens nicht erreicht werden. Dazu bedarf es vielmehr eines Bewirtschaftungsermessens der Verwaltung und damit einer Konzessionierung. Nur sie erlaubt es, in jedem Einzelfall zu entscheiden, ob weitere Möglichkeiten, sich auf die als sozial schädlich beurteilte Weise zu betätigen, noch im öffentlichen Interesse liegen.
d. Zusammenfassung Zusammenfassend läßt sich damit festhalten, daß Konzessionen dann als Handlungsmittel der Verwaltung in Betracht kommen, wenn knappe Güter zu verteilen sind. Die Knappheit kann natürlich vorgegeben sein, wie das bei Umweltressourcen der Fall ist; sie kann auch aus wirtschaftlichen Rahmenbedingungen folgen, wie die natürlichen Monopole in der Daseinvorsorge zeigen. Schließlich kann der Staat die Knappheit auch künstlich selbst herbeiführen, indem er bestimmte Erwerbstätigkeiten nur ausnahmsweise zuläßt, weil er sie als sozial unwertig qualifiziert. Unabhängig davon, ob die Knappheit natürlich, wirtschaftlich oder politisch begründet ist, stellt sich für die Verwaltung stets ein Bewirtschaftungsproblem: Die knappen Güter - die nur beschränkt verfügbaren Erwerbsmöglichkeiten - müssen gerecht verteilt werden. Die Knappheit muß so reguliert werden, daß die Interessen der Allgemeinheit gewahrt bleiben. Dieses Problem löst die Konzessionierung.
149
BVerfGE 28,119 (146ff.).
V. Die Eigenart der Konzessionen
133
3. Ermessen als Bewirtschaftungsinstrument a. Notwendigkeit eines Ermessensspielraums Das Optimierungsziel der Konzessionierung kann nur erreicht werden, wenn Interessenten keinen Rechtsanspruch auf die Überwindung des Bewirtschaftungsvorbehalts eingeräumt wird. Gewährte der Gesetzgeber einen solchen Rechtsanspruch, müßten die zuständigen Behörden zu jedem gegebenen Zeitpunkt alle vorhandenen Kapazitäten des knappen Gutes freigeben - ein Vorgehen, das in diametralem Gegensatz zu Ziel und Eigenart einer Bewirtschaftung stünde. Diese ersetzt die Möglichkeit des jederzeitigen ungehinderten Zugriffs auf knappe Güter in Verfolgung privater Interessen durch eine Vorsorge für die Zukunft im öffentlichen Interesse. Eine Bewirtschaftung soll eine gerechte, sparsame und wirtschaftliche Verteilung sicherstellen. Zugleich muß die Verwaltung stets darauf achten, daß ihre Vergabepraxis den Konzessionären eine rentable Unternehmensführung ermöglicht, weil andernfalls der konzessionierte Wirtschaftszweig gedrosselt würde. Umgekehrt widersprechen überhöhte Gewinnspannen der Konzessionäre den Interessen der Allgemeinheit. Die damit umschriebenen Regulierungsziele machen den Zweck des Bewirtschaftungsermessens aus. Das Ermessen erlaubt es, den richtigen Mittelweg zwischen einer zu weitreichenden Gestaltungsfreiheit der Verwaltung zu Lasten der Konzessionäre und einer zu engen Bindung des Behördenhandelns zu Lasten der Allgemeinheit zu beschreiten. Es gewährleistet die erforderliche Flexibilität der bewirtschaftenden Behörde, ohne daß die Erfordernisse der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit vernachlässigt würden, auf die vor allem die Konzessionäre für ihre Investitionsentscheidungen angewiesen sind. Damit der Zweck der Konzessionierung erreicht wird, kann die Wirtschaftsverwaltung Konzessionen im Rahmen des § 36 Abs. 2 VwVfG mit Nebenbestimmungen erlassen. Zu denken ist insbesondere an Befristungen und Auflagen, aber auch an Widerrufs- oder Auflagenvorbehalte, die es ermöglichen, die Bewirtschaftung veränderten Gegebenheiten anzupassen. Insbesondere ein Widerrufsvorbehalt entbindet die öffentliche Hand gemäß § 49 Abs. 5 VwVfG von der Pflicht zur Zahlung von Entschädigungen aus dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes. Allerdings darf die Verwaltung nicht etwa vorsorglich jede Konzession mit einem Widerrufsvorbehalt versehen, vielmehr muß der Vorbehalt nach pflichtgemäßem Ermessen zur Erreichung des Zwecks der Konzessionierung sachlich angemessen und dem Konzessionär zumutbar sein. Dieser muß aus der Konzession selbst ersehen können, unter welchen Voraussetzungen ein Widerruf in Betracht kommt, so daß er entsprechend dis-
134
3. Kapitel: Die rechtsdogmatische Entwicklung
ponieren kann. Eine Befristung sollte so bemessen werden, daß notwendige Investitionen zur Ausnutzung der Konzession sich amortisieren 150. Die gebotene rechtsstaatliche Einbindung des Bewirtschaftungsermessens ergibt sich aus der bewährten Ermessensfehlerlehre, die Verwaltung, Rechtsprechung und Wissenschaft entwickelt haben und die der Gesetzgeber in § 114 VwGO und § 40 VwVfG normativ festgeschrieben hat 151 . b. Rechtliche Grenzen des Bewirtschaftungsermessens Die zuständige Behörde hat dementsprechend ihr Bewirtschaftungsermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten. Der Zweck der Konzessionierung besteht darin, eine optimale Nutzung knapper Güter zu Erwerbszwecken im Interesse der Allgemeinheit sicherzustellen. Als Grenzen des Ermessens sind Verteilungskriterien festzulegen, die das Erreichen des angestrebten Zwecks ermöglichen, zugleich aber auch die Rentabilitätsinteressen der betroffenen Unternehmen angemessen berücksichtigen und die Chancengleichheit aller Bewerber wahren. Geregelt werden muß, welche Anforderungen Interessenten zu erfüllen haben, wie lange Konzessionen befristet werden, ob Inhaber von Konzessionen bei einer Neuverteilung bevorzugt oder nachrangig zu berücksichtigen und wie die sonstigen Modalitäten der Bewirtschaftung auszugestalten sind. Grenzen des Ermessens ergeben sich zudem aus dem Gleichheitssatz auf der einen und dem Vertrauensschutzprinzip auf der anderen Seite. Derartige Bewirtschaftungsprobleme sind dem Wirtschaftsverwaltungsrecht nicht fremd. Sie stellen sich etwa bei der Entscheidung über die Teilnahme an Messen, Ausstellungen und Märkten, für die § 70 GewO sachlich gerechtfertigte Gründe verlangt. Rechtsprechung und Literatur haben dazu als Auswahlkriterien die Reihenfolge der Anmeldungen 152 , den Grundsatz "bekannt und bewährt" 153 , ein rollierendes System 154 und einen Losentscheid herangezogen 155.
150 Zur Zulässigkeit von Nebenbestimmungen Erichsen, Das Verwaltungshandeln, in: ders./ Martens, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 137ff. (223ff.) und Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rdnr. 19ff. zu § 12 (S. 292ff.). 151 Siehe dazu statt aller Bullinger (Hrsg.), Verwaltungsermessen im modernen Staat, und die Nachweise bei Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 7 nach Rdnr. 35 (S. 122f.). 152 V G H Mannheim, GewArch 1979, 335; V H G München, BayVBl. 1982, 658; Hitzler, GewArch 1981,360. 153 OVG Bremen, GewArch 1980, 229 und 1985, 386; VGH München, GewArch 1980, 299 und N V w Z 1982,120; OVG Lüneburg, NVwZ 1983, 49; BVerwG, GewArch 1965, 30 und NVwZ 1982,194; Schalt, GewArch 1981,150. 154
Hitzler, GewArch 1981,360.
V. Die Eigenart der Konzessionen
135
Gesetzliche Regelungen vergleichbarer Verteilungsverfahren finden sich seit einiger Zeit in § 10 GÜKG und § 13 Abs. 5 GBefG. Die Auswahlkriterien sind von der Verwaltung entwickelt und vom Gesetzgeber übernommen worden, als die Rechtsprechung wegen des Gesetzesvorbehalts in Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG eine rechtsförmliche Normierung forderte 156. Gemäß § 10 Abs. 3 GÜKG sind im Rahmen der Kontingentierung (§ 9 GÜKG) neu zu erteilende Genehmigungen öffentlich auszuschreiben, wobei die Ausschreibung auf bestimmte Bewerbergruppen oder Gebiete beschränkt werden kann. Für die Verteilung unterscheidet das Gesetz zwischen den Gruppen der Neubewerber, Klein-, Mittel- und Großunternehmer, die alle angemessen zu berücksichtigen sind. Auswahlkriterium innerhalb der vier Gruppen ist die Gewähr für eine optimale Befriedigung des öffentlichen Veikehrsbedürfnisses, das auch unter struktur- oder regionalpolitischen Gesichtspunkten beurteilt werden kann. Eine absolute Grenze für die Verteilung ergibt sich daraus, daß einem Bewerber jeweils nur eine Genehmigung erteilt werden darf. Von diesen Vorgaben für die Bewirtschaftung darf nur wegen zwingender betrieblicher oder persönlicher Belange eines Bewerbers oder zur Erfüllung eines dringenden öffentlichen Verkehrskehrsbedürfnisses abgewichen werden (§ 10 Abs. 4 GÜKG); sie gelten nicht für Genehmigungen, deren Gültigkeitsdauer abgelaufen ist, weil diese in der Regel dem bisherigen Genehmigungsinhaber wiederum erteilt werden sollen. Auch bei der Erteilung von Genehmigungen nach dem Personenbeförderungsgesetz ist angemessen zu berücksichtigen, wenn ein Verkehr von einem Unternehmer jahrelang in einer dem öffentlichen Verkehrsinteresse entsprechenden Weise betrieben worden ist (§13 Abs. 3 Satz 1 PBefG). Wenn Genehmigungen für den Taxenverkehr erteilt werden, sind sowohl Neubewerber als auch vorhandene Unternehmer angemessen zu berücksichtigen. Innerhalb beider Gruppen gilt grundsätzlich das Prioritätsprinzip: Auch hier darf einem Antragsteller jeweils nur eine Genehmigung erteilt werden, wenn nicht mehr Genehmigungen zur Verfügung stehen, als Antragsteller vorhanden sind (§ 13 Abs. 5 PBefG). Mit diesen Regelungen soll ein Ausgleich zwischen dem notwendigen Vertrauens- und Bestandsschutz für bereits tätige Unternehmen und der Gewährlei-
155 BVerwG, GewArch 1965, 3; vgl. zum Ganzen noch Lässig, NVwZ 1983, 19; Landmann/ Rohmer, Geweibeordnung und ergänzende Vorschriften, Rdnr. 7ff. zu § 70; Roth, WuV 1985, 46; Stober, Handbuch des Wirtschaftsverwaltungs- und Umweltrechts, S. 112f.; Wirth, Marktverkehr, Marktfestsetzung, Maiktfreiheit, S. 182ff. 156 OVG Münster, GewArch 1980, 141; V G H München, BayVBl. 1982, 367; BVerwG, GewArch 1982, 242 für das Personenbefördenmgsgesetz. Zum Güterkraftveikehrsgesetz siehe BVerwG DÖV 1977, 746; ferner Stober, Handbuch des Wirtschaftsverwaltungs- und Umweltrechts, S. 1178f.
136
3. Kapitel: Die rechtsdogmatische Entwicklung
stung von Chancengleichheit für neue Interessenten hergestellt werden. Der damit angesprochene Interessenkonflikt ist jeder Bewirtschaftung immanent und kann nur im Wege des möglichst schonenden Ausgleichs der widerstreitenden Prinzipien gelöst werden. Insoweit gewinnt die Gestaltung des Verteilungsverfahrens besondere Bedeutung für das Erreichen der jeweiligen Verwaltungszwecke. Ausländische Erfahrungen - etwa mit der Erteilung von Konzessionen zum Betrieb kommerzieller Rundfunkanstalten 157 oder mit der Regulierung des Luftverkehrs oder Güterfernverkehrs 158 - bestätigen, daß es möglich ist, Verteilungsverfahren und -kriterien zu entwickeln, die Rechtssicherheit und Rechtsklarheit gewährleisten. In Deutschland erleichtert die Einbindung eines auf Konzessionspflichten aufbauenden Bewirtschaftungssystems in die bewährte Ermessenslehre diese Aufgabe.
4. Konzession und Konzessionsabgabe Konzessionen stellen sich somit als Handlungsmittel dar, die es der Verwaltung erlauben, Knappheitsprobleme zu lösen. Weil ihre Erteilung im Ermessen der zuständigen Behörde steht, sind die ihnen vorgelagerten Bewirtschaftungsvorbehalte als repressive Verbote im Sinne der herkömmlichen Terminologie zu qualifizieren. Konzessionspflichten versetzen die Wirtschaftsverwaltung in die Lage, eine Nutzung knapper Güter im öffentlichen Interesse zu regulieren. Zugleich lassen sie Raum für private Erwerbstätigkeit nach marktwirtschaftlichen Grundsätzen. Damit ermöglichen sie es den zuständigen Behörden, die Erwerbsinteressen Privater und die Interessen der Allgemeinheit zum Ausgleich zu bringen. Diese Eigenart der Konzessionen begründet ihre Eignung zur Regulierung sowohl der Nutzung knapper Umweltressourcen als auch des Zugangs zu natürlichen Monopolen der Daseinsvorsorge sowie schließlich der Begrenzung als sozial schädlich qualifizierter Erwerbstätigkeiten. Ihre Einbindung in die tradierte Ermessensdogmatik gewährleistet für alle Beteiligten die erforderliche Rechtssicherheit und Rechtsklarheit. Wird die Erteilung einer Konzession mit einer Abgabe verbunden, deren Höhe sich an dem Ertrag orientiert, den der Unternehmer aus der konzessionierten Tätigkeit zieht, liegt eine Konzessionsabgabe im Sinne dieser Untersuchung vor. Die Erhebung von Konzessionsabgaben ermöglicht es dem Staat, finanzielle Sondervorteile, die regelmäßig mit der Erteilung einer Konzession
157 Zu den einschlägigen Regelungen in den USA Hoffmann-Riem, Kommerzielles Femsehen, S. 69ff., zu den britischen Bestimmungen Wieland, Die Freiheit des Rundfunks, S. 268ff. 158
Dazu Wieland, Die Verwaltung 18 (1985), 84 (lOlff.).
V. Die Eigenart der Konzessionen
137
verbunden sind, abzuschöpfen. Sie begrenzen damit die ökonomischen Folgen des mit einer Konzessionierung verbundenen Eingriffs in das Wirtschaftsgeschehen. Die Wirtschaftsverwaltung kann im Interesse der Allgemeinheit regulierend tätig werden, ohne dadurch notwendig einzelnen Privilegien zu verschaffen. Konzessionen und Konzessionsabgaben können ihre Aufgaben aber nur erfüllen, wenn sie den Rahmenbedingungen entsprechen, die das Verfassungsrecht dem Wirtschaftsverwaltungsrecht für die Regelung des Verhältnisses zwischen Staat und Bürger vorgibt Diese Rahmenbedingungen sind nunmehr näher in den Blick zu nehmen.
2. T e i l
Verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen für Konzessionsabgaben im Verhältnis Staat und Bürger
4. Kapitel
Konzessionen und Berufsfreiheit Konzessionen müssen vor den Grundrechten Bestand haben, wenn sie im Rechtsstaat des Grundgesetzes als Mittel der Wirtschaftsverwaltung zur Anwendung kommen sollen. Gerade weil sie durch das Fehlen eines Rechtsanspruchs auf ihre Erteilung charakterisiert sind, werfen sie Fragen hinsichtlich des Grundrechtsschutzes der Betroffenen auf. Diesen wird untersagt, in bestimmter Weise am Wirtschaftsverkehr teilzunehmen, ohne daß Voraussetzungen feststünden, unter denen sie ein Recht auf die benötigte Befreiung von dem Verbot hätten. Greift der Staat nicht zu weitreichend in die Grundrechte seiner Bürger ein, wenn er im Rahmen der Wirtschaftsverwaltung von dem Rechtsinstitut der Konzession Gebrauch macht? Hat die Konzessionierung als Mittel der Wirtschaftsaufsicht sich nicht angesichts der in Art. 1 Abs. 3 GG festgelegten Bindung auch des Gesetzgebers an die Grundrechte überlebt? Belastet die Herkunft der Konzession aus vorkonstitutionellen Zeiten sie nicht mit einem Makel, der in einem freiheitlichen Rechtsstaat, wie ihn das Grundgesetz geschaffen hat, aus grundsätzlichen Überlegungen heraus nicht hingenommen werden kann? Oder stellt die Konzession angesichts der stetig wachsenden Verflechtungen von Staat und Wirtschaft möglicherweise gerade ein Mittel der Beeinflussung privatwirtschaftlichen Handelns durch die öffentliche Hand dar, das den Erfordernissen einer modernen Wirtschaftsverwaltung gerecht wird, ohne die Grundrechte der betroffenen Wirtschaftssubjekte unzulässig zu beschränken? Diese Fragen zielen auf die Reichweite des Grundrechtsschutzes gegenüber wirtschaftsverwaltungsrechtlichen Erlaubnispflichten. Zu klären ist insbesondere, ob Art. 12 Abs. 1 GG dem Gesetzgeber die Konzessionierung erwerbswirtschaftlicher Betätigungen erlaubt (I). Wenn die grundrechtlichen Rahmen-
140
4. Kapitel: Konzessionen und Berufsfreiheit
bedingungen für die Begründung von Konzessionspflichten ermittelt sind, können die einzelnen Konzessionen darauf untersucht werden, ob sie sich in den von der Verfassung vorgegebenen Rahmen einfügen (II).
I. Der Grundrechtsschutz gegenüber Konzessionspflichten 1. Das Grundrecht der Berufsfreiheit
als Lapidarformel
Da der Gesetzgeber regulierend auf die Berufstätigkeit einwirkt, wenn er erwerbswirtschaftliches Handeln von einer Konzession abhängig macht, könnte der Schutzbereich von Art. 12 Abs. 1 GG berührt sein. Dieses Grundrecht gewährleistet allen Deutschen das Recht, den Beruf frei zu wählen; der Gesetzgeber wird ermächtigt, die Berufsausübung zu regeln. Denkbar sind sowohl eine enge als auch eine weite Interpretation des Grundrechts der freien Berufswahl: Geschützt sein könnte die Freiheit aller Deutschen, jedwede berufsbezogene Entscheidung zu treffen. Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG garantierte dann eine den gesamten Bereich beruflicher Betätigung umfassende Gestaltungsfreiheit, jede berufsbezogene Erlaubnispflicht fiele in den Schutzbereich des Grundrechts. Ob sie verfassungsmäßig wäre, hinge davon ab, wie weit der Regelungsvorbehalt in A r t 12 Abs. 1 Satz 2 GG reicht. Möglich ist aber auch eine Interpretation, nach der das in Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleistete Grundrecht nur die Freiheit der Wahl im eigentlichen Sinne umfaßt, der Staat also keinen Zwang auf die Wahlentscheidung ausüben darf. Der Gegenstand dieser Entscheidung fällt nach diesem Verständnis des Grundrechts nicht in dessen Schutzbereich, so daß der Gesetzgeber durch Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG nicht gehindert ist, Berufe nach seinen Vorstellungen auszugestalten und zu ordnen, insbesondere auch den Berufszugang zu regeln. Der Text der Verfassung läßt insoweit keinen eindeutigen Schluß zu: Unter einer "Wahl" kann einerseits eine Auswahl zwischen vorgegebenen Alternativen verstanden werden; denkbar ist andererseits, "wählen" im Sinne von "bestimmen" zu interpretieren, so daß der Grundrechtsträger einzelne privatwirtschaftliche Betätigungen nach seinen Vorstellungen und Bedürfnissen zu einem Beruf zusammenfassen und sie zur Grundlage seiner Lebensführung machen kann. Die Mehrdeutigkeit der Gewährleistung in Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG beruht darauf, daß das Recht auf freie Wahl des Berufs wie die anderen Grundrechte seiner Wortfassung nach als Lapidarformel normiert ist. Der Inhalt dieser Lapidarformel läßt sich regelmäßig nur unter erheblichen Schwierigkeiten ermit-
I. Grundrechtsschutz gegenüber Konzessionspflichten
141
teln 1 ; ihre Interpretation stellt sich demzufolge in gewissem Umfang als Konkretisierung dar, als Entfaltung, Ausschöpfung und Anreicherung der Verfassung2. Sie wird bestimmt durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, das in seinen Entscheidungen den Bedeutungsgehalt der Grundrechte erst voll erschließt.
2. Die Konkretisierung des Art. 12 Abs. 1 GG durch das Bundesverfassungsgericht Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 12 Abs. 1 GG hat sich gewandelt: Die erste einschlägige Entscheidung, das Apothekenurteil aus dem Jahr 1958, legte den Akzent deutlich auf die Freiheit des Berufsbürgers und errichtete hohe Hürden für gesetzliche Maßnahmen der Berufsregulierung (a.). In den folgenden Jahren hat das Gericht dann aber die Befugnisse des Gesetzgebers wesentlich weiter ausgedehnt, wie sich insbesondere an den Ausführungen zum Berufsbild (b.), zur Zulässigkeit von Staatsvorbehalten (c.) und zum Spielraum des Gesetzgebers bei der Wirtschaftsregulierung zeigt (d.).
a. Die weite Interpretation der Berufsfreiheit im Apothekenurteil Zu Beginn seiner einschlägigen Rechtsprechung betonte das Bundesverfassungsgericht im Apothekenurteil nachdrücklich die Freiheit des Bürgers zur beruflichen Betätigung. Es interpretierte Art. 12 Abs. 1 GG nicht nur als Abwehrrecht gegenüber der Zuweisung eines Berufs durch den Staat, sondern als prinzipielles Verbot von Berufszugangsregelungen in Form von Bedürfnisprüfungen3. Diese weite Interpretation des Grundrechts beruhte auf einem umfassenden Verständnis der Worte "Beruf' und "frei zu wählen". Sie wurde durch das ebenfalls extensive Verständnis des Regelungsvorbehalts in Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG scheinbar nur unwesentlich zurückgenommen, weil das Gericht gesetzliche Beschränkungen der Freiheit der Berufswahl an strikte Voraussetzungen knüpfte. Wie zuvor schon der Erste Senat des Bundesverwaltungsgerichts 4 verstand auch das Bundesverfassungsgericht unter "Beruf' entgegen der von Uber ent-
1
E.-W. Böckenförde, NJW 1974,1529.
2
H. Huber, Über die Konkretisierang der Gnindrechte, in: Der Staat als Aufgabe, S. 191 (192
3
BVerfGE 7,377 (397 ff.).
4
BVerwGE 2,89 (92); 4,250 (254 f.).
ff.).
142
4. Kapitel: Konzessionen und Berufsfreiheit
wickelten restriktiveren Berufsbildlehre 5 "jede auf die Dauer berechnete und nicht nur vorübergehend der Schaffung und Erhaltung einer Lebensgrundlage dienende Betätigung"; das Grundrecht sollte sich nicht nur auf Berufe mit traditionell oder sogar rechtlich fixierten Berufsbildern, sondern auch auf "die vom Einzelnen frei gewählten untypischen (erlaubten) Betätigungen" beziehen6. Wären demgemäß nicht gesetzlich vorgeformte Berufe, sondern einzelne erwerbswirtschaftliche Betätigungen Gegenstand der freien Berufswahl, griffe der Gesetzgeber mit jeder Statuierung eines Berufsbildes in den Schutzbereich von Art. 12 Abs. 1 GG ein. Zwar erstreckte das Bundesverfassungsgericht umgekehrt den Regelungsvorbehalt des Satzes 2 der Vorschrift über dessen Wortlaut hinaus auch auf die Berufswahl 7; Einschränkungen der Freiheit der Berufswahl hielt es aber nur für zulässig, "soweit der Schutz besonders wichtiger ('überragender') Gemeinschaftsgüter es zwingend erfordert" 8. Das Apotheken-Urteil vermittelte auf diese Weise den Eindruck eines umfassenden Schutzes der Freiheit jedes Deutschen, nach seinem Belieben Erwerbstätigkeiten zu seinem Beruf zu machen, während der Gesetzgeber diese Freiheit offenbar nur unter strengen Voraussetzungen einschränken durfte. Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistete ein umfassendes Recht der Berufsgestaltung, das wesentlich über ein Abwehrrecht gegen die staatliche Zuweisung eines Berufs hinausging9. Die staatliche Könzessionierung des Zugangs zu bestimmten Erwerbstätigkeiten wäre auf der Grundlage dieser Interpretation des Grundrechts kaum zu rechtfertigen gewesen.
b. Die gesetzlichen Berufsbilder Die weitere Entwicklung der Rechtsprechung hat jedoch gezeigt, daß dem Gesetzgeber auch nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts ein wesentlich größerer Raum politischer Gestaltung offensteht, wenn er die Berufstätigkeit regelt. Das Gericht hat sowohl bei der Definition des Berufsbegriffs als auch bei den Voraussetzungen für gesetzliche Beschränkungen der Freiheit der Berufswahl die Akzente anders gesetzt, als nach dem Apothekenurteil zu erwarten war.
5
Uber, Freiheit des Benifs, S. 83 ff.
6
BVerfGE 7,377(397).
7
BVerfGE 7,377 (400 ff.).
8
BVerfGE 7,377 (405).
9
E.-W. Böckenförde, NJW 1974,1529.
I. Grundrechtsschutz gegenüber Konzessionspflichten
143
Schon die nächsten Entscheidungen gingen wie selbstverständlich davon aus, daß der Gesetzgeber Berufe, deren Ausübung er regele, abgrenzen und definieren dürfe 10 . Die Grenzen der rechtlichen Fixierung von Berufsbildern lassen sich nach dieser Rechtsprechung nicht allgemein bestimmen, vielmehr muß jede Regelung eines Berufsbildes nach den konkreten Gegebenheiten sachlich begründbar sein 11 . Das Gericht räumt ausdrücklich ein, daß der einzelne durch die Befugnis des Gesetzgebers, Berufsbilder gesetzlich zu fixieren, auf die freie Wahl des so geprägten Berufes beschränkt werden könne, während ihm die Möglichkeit zu un typischer Betätigung in diesem Bereich verschlossen sei 12 . Dem entspricht es, daß der Gesetzgeber auch für die Festlegung von Berufsbildern an den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebunden wird, der gebiete, die Freiheit der Berufswahl nicht stärker zu beschränken, als es die jeweils zu schützenden öffentlichen Interessen erforderten 13. Die im Apothekenurteil erwähnten "untypischen (erlaubten) Betätigungen"14 kommen nur noch dann als "Beruf' im Sinne von Art. 12 Abs. 1 GG in Betracht, wenn der Gesetzgeber sie nicht einem Berufsbild zuordnet. Die Festlegung eines Berufsbildes behandelt das Gericht mit der Bindung an das Prinzip der Verhältnismäßigkeit wie Regelungen der Berufsausübung und der Berufszulassung; die für letztere im Apothekenurteil entwickelte "Stufentheorie" stellt ebenfalls nichts anderes dar als das Ergebnis strikter Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes 15. Die Gleichbehandlung der Festlegung eines Berufsbildes mit Regelungen der Berufsausübung bzw. der Berufszulassung ist folgerichtig, weil erst beide zusammen die Reichweite der Freiheit der Berufswahl bestimmen16. Sie eröffnet aber dem Gesetzgeber für die Berufsregulierung wesentlich mehr Gestaltungsmöglichkeiten als das Apothekenurteil. Dieser Eindruck bestätigt sich bei 10 BVerfGE 9, 39 (48) - Handel mit loser Milch; femer BVerfGE 9, 73 (78) - Verkauf von Kopfschmerztabletten. 11 BVerfGE 13, 97 (106, 117) - Handwerksordnung: "es wird darauf ankommen, ob der Gesetzgeber nur ausspricht, was sich aus einem ohnehin klar zusammenhängenden, von anderen Tätigkeiten abgegrenzten 'vorgegebenen' Sachverhalt von selbst ergibt, oder ob er es etwa unternimmt, solchen Vorgegebenheiten ohne hinreichenden Grund eine andersartige Regelung 'willkürlich' aufzuzwingen." "GenereU läßt sich sagen, daß dem Gesetzgeber hier ein gewisser Spielraum bleiben muß." 12
BVerfGE 17,232 (241) - Apotheken-Mehibetrieb.
13
BVerfGE 21, 173 (180 f.) - Steuerberatung; st. Rspr., zuletzt BVerfGE 75, 246 (266 f.) Rechtsbeistand - sowie BVerfGE 78,179 (193) - Psychotherapeuten; zu dieser Rechtsprechung kritisch Bryde, NJW 1984,2177 (2181); Friauf, JA 1984,537 (539); H.A. Hesse, AöR 95 (1970), 449 (463 f. und 470 f.); Höfling, Offene Grundrechtsinterpretation, S. 147 ff.; derselbe, DVB1. 1987, 881 (884 ff.); H.H. Rupp, AöR 92 (1967), 212 (221 f.); Scholz, Rdnr. 271 ff. zu Art. 12, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz; Tettinger, AöR 108 (1983), 92 (100 ff.). 14
BVerfGE 7,377(397).
15
BVerfGE 13,97 (104).
16
Wieland, Die Freiheit des Rundfunks, S. 160.
144
4. Kapitel: Konzessionen und Berufsfreiheit
einer Analyse der Rechtsprechung zur Verfassungsmäßigkeit staatlicher Monopole.
c. Berufsfreiheit und staatliche Monopole Da die Konzessionierung erwerbswirtschaftlicher Betätigungen anders als ein staatliches Monopol bzw. ein Staatsvorbehalt den betroffenen Wirtschaftsbereich nicht vollständig für Privatunternehmen sperrt, ist die Vereinbarkeit solcher Monopole mit Art. 12 Abs. 1 GG von besonderem Interesse. Darf der Staat sich wirtschaftliche Betätigungen vollständig vorbehalten, ist von Verfassungs wegen nichts dagegen zu erinnern, wenn dieselben Betätigungen einer Konzessionspflicht unterworfen und damit dem Bewirtschaftungsermessen einer Behörde unterstellt werden.
(1) Die Tendenz zur weitreichenden Zulassung von Monopolen Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Zulässigkeit von staatlichen Monopolen oder Vorbehalten hat sich gewandelt. Zunächst hatte das Gericht in seinem Urteil zum Arbeitsvermittlungsmonopol ausgeführt, der Gesetzgeber könne das Grundrecht der Berufsfreiheit nicht dadurch ausschalten, daß er eine Tätigkeit, die an sich wirtschaftlicher Art sei, zur hoheitlichen Aufgabe erkläre 17 . In dieser Entscheidung vertrat das Bundesverfassungsgericht die Auffassung, daß "im System einer grundsätzlich freien Wirtschaft ... ein vom Gesetz geschaffenes wirtschaftliches Monopol einen gewissen Fremdkörper" bilde, und prüfte die Zulässigkeit des Monopols anhand seiner Dreistufentheorie 18 . Demgegenüber Schloß das Gericht im Beschluß zum saarländischen Fachhochschulgesetz Art. 12 Abs. 1 GG als Prüfungsmaßstab ausdrücklich aus, weil er nicht die Freiheit zur Erfüllung von Aufgaben gewähre, "die der Staat im Rahmen seiner Gestaltungsbefugnis an sich gezogen hat und durch eigene Einrichtungen wahrnimmt." Daß das Hochschulwesen im Saarland zu diesen Aufgaben gehört, begründet der Beschluß mit Art. 33 Abs. 1 der Verfassung des Saarlandes 19; danach werden die Gründung und der Ausbau saarländischer Hochschulen angestrebt. Diese Verfassungsbestimmung läßt nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts jedenfalls eine Regelung zu, die das Hoch-
17 18
BVerfGE 21,245 (248). BVerfGE 21,245 (249). Vom 15. Dezember 1947.
I. Grundrechtsschutz gegenüber Konzessionspflichten
145
schulwesen entsprechend der deutschen Rechtstradition als Sache des Staates behandelt20 - bereits ein kurzer Blick über die Grenzen auf vergleichbare westliche Industriestaaten zeigt aber, daß Hochschulen durchaus auch auf privater Basis betrieben werden können. Auch in seiner zweiten Entscheidung zum badischen Gebäudeversicherungsmonopol hatte das Bundesverfassungsgericht die Dreistufentheorie nicht angewandt: Der Staat habe die Sicherung des Gebäudebestandes als öffentliche Aufgabe an sich gezogen; ob sich dieses Monopol deshalb einer Prüfung am Maßstab des Art. 12 Abs. 1 GG entzieht, wurde ausdrücklich nicht entschieden^. Das Bundesverfassungsgericht läßt also in seiner neueren Rechtsprechung zumindest offen, ob es an Art. 12 Abs. 1 GG und der Dreistufentheorie zu messen ist, wenn der Staat sich einen Bereich wirtschaftlicher Betätigung vorbehält. Soweit eine andere Verfassungsnorm einen solchen Vorbehalt zuläßt, steht Art. 12 Abs. 1 GG dem nicht entgegen. Aus der Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes für das privatrechtliche Versicherungswesen gem. Art. 74 Nr. 11 GG soll sich so ergeben, daß jedenfalls die zur Zeit des Inkrafttretens des Grundgesetzes bestehenden Versicherungsmonopole und die dadurch bewirkten Beschränkungen der freien wirtschaftlichen Betätigung des einzelnen im Prinzip hingenommen und gebilligt seien22. Diese Argumentation ließe sich ohne Schwierigkeiten auch auf andere Monopole und Staatsvorbehalte übertragen, für deren Einrichtung Art. 12 Abs. 1 GG dann keine Schranke bildete. Letztlich ermöglichen die genannten Entscheidungen aber keine verläßlich Prognose über die zukünftige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, so daß die aufgezeigten Ansätze einer restriktiven Interpretation des Art. 12 Abs. 1 GG nicht zur Grundlage für die verfassungsrechtliche Beurteilung von Konzessionen gemacht werden sollen. Vielmehr ist dafür auf das Urteil zum Arbeitsvermittlungsmonopol und die sonstige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu wirtschaftspolitischen Entscheidung des Gesetzgebers abzustellen.
20
BVerfGE 37,314 (322).
21
BVerfGE 41, 205 (218) unter Berafung auf Maunz, Rdnr. 97 zu Ait. 12 in der damaligen Kommentierung in Maunz/Dürig, Grundgesetz. 22
BVerfGE 41,205 (218); zum ganzen näher Wieland, Die Freiheit des Rundfunks, S. 169 ff.
10 Wieland
146
4. Kapitel: Konzessionen und Berufsfreiheit
(2) Das Urteil zum Arbeitsvermittlungsmonopol Wenn man entsprechend dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Arbeitsvermittlungsmonopol und der dieser Entscheidung folgenden herrschenden Meinung in der Literatur 23 Staatsvorbehalte im Bereich wirtschaftlichen Handelns an Art. 12 Abs. 1 GG mißt, besteht ein erheblicher verfassungsrechtlicher Spielraum für entsprechende gesetzliche Regelungen, wie eine genaue Analyse des Urteils ergibt. Das Bundesverfassungsgericht hat den Staatsvorbehalt dort als objektives Zugangshindernis eingeordnet und das Arbeitsvermittlungsmonopol an den auf der dritten Stufe der Dreistufentheorie geltenden Voraussetzungen gemessen. Diesen Test hat das Monopol für den Regelfall, d.h. für die Vermittlung der üblichen und durchschnittlichen Arbeitnehmer, bestanden: Es dient einem Gemeinschaftswert, weil seine Aufgabe ist, durch den Nachweis offener Stellen einerseits die Arbeitslosigkeit und andererseits den Mangel an Arbeitskräften der Wirtschaft und Verwaltung zu vermeiden und zu beheben. Die Schutzbedürftigkeit dieses Gemeinschaftswertes soll zufolge der Entscheidung für die industrielle Massengesellschaft allgemein anerkannt und von der sonstigen Gesellschafts- oder Wirtschaftspolitik unabhängig sein. Von entscheidender Bedeutung für das ganze Volk ist danach, daß sowohl die Arbeitslosigkeit als auch der Mangel an Arbeitskräften gemindert und behoben werden. Arbeitsvermittlung zählt zur Daseinsvorsorge, die dem Staat obliegt und die ihm das Grundgesetz durch das Gebot der Sozialstaatlichkeit auch besonders aufgegeben hat. Dieser Gemeinschaftswert besitzt nach Meinung des Gerichts auch "offenbar" einen so hohen Rang, daß er im Blick auf das Sozialstaatsprinzip den Vorzug vor dem Freiheitsanspruch des einzelnen verdient 24 .
23 Badura, Das Verwaltungsmonopol, S. 338 f.; ders., Der Paketdienst der Deutschen Bundespost, in: Jahrbuch der Deutschen Bundespost 1977, S. 76; Bethge, Der verfassungsrechtliche Standort der "staatlich gebundenen" Berufe, S. 166 ff.; Bettermann, Wirtschaftsrecht 1973, 184 und 241; Biermann, Die Zulässigkeitsvoraussetzungen staatlicher Monopole im Grundgesetz, S. 89 ff.; Breburda, Die Vereinbarkeit öffentlichrechtlicher Monopole mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG), S. 26 ff.; Breuer, Handbuch des Staatsrechts VI, § 148 Rdnr. 64 ff. (S. 1007 ff.); Gonschorek, Die verfassungsrechtliche Problematik der Versicherungsmonopolanstalten in der Gebäudeversicherung, S. 39,47; H. Hoffmann, DVB1. 1964, 457; Isensee, Subsidiaritätsprinzip und Verfassungsrecht, S. 168; Jesch, DÖV 1962, 428 (429); Jockel, öffentlich-rechtliche Monopole, S. 77 ff.; P. Kirchhof, Verwalten durch "mittelbares" Einwirken, S. 421 f.; Köttgen, Gemeindliche Daseinsvorsorge und gewerbliche Unternehmerinitiative im Bereich der Wasserversorgung und Abwässerbeseitigung, S. 41 ff.; Lamm/Mlitzko, DVB1. 1964, 941; Obermayer/Steiner. NJW 1969, 1457; Püttner, Die öffentlichen Unternehmen, S. 163; Schick, DÖV 1962, 931; Steiner, öffentliche Verwaltung durch Private, S. 92 ff.; W. Weber, Zeitschrift für die gesamte Versicheningswissenschaft 57 (1968), 227 (233 ff.). 24
BVerfGE 21,245 (251 f.).
I. Grundrechtsschutz gegenüber Konzessionspflichten
147
Nachdem das Bundesverfassungsgericht so dargelegt hat, warum das staatliche Monopol der Arbeitsvermittlung den Schutz eines besonders wichtigen Gemeinschaftsgutes bezweckt, begründet es in einem zweiten Schritt, warum das Monopol unerläßlich ist, um die Arbeitsvermittlung vor schweren und höchstwahrscheinlichen Gefahren zu schützen. Dazu werden zunächst Aufgaben und Bedingungen der Arbeitsvermittlung in einer Industriegesellschaft beschrieben: Deren Kompliziertheit erfordert arbeitspolitische Maßnahmen in großem Umfang und auf weite Sicht; dazu zählen ein regionaler Ausgleich und eine Prognose des Arbeitskräftebedarfs, Fortbildung, Umschulung, Berufsberatung sowie eine Förderung der Frauenbeschäftigung, der Teilzeitbeschäftigung älterer Arbeitnehmer, der Beschäftigung Schwerbeschädigter und sonst nicht voll Arbeitsfähiger. Daß diese "schwierigen, mannigfaltigen und weit gespannten Aufgaben" nur eine hoheitliche Arbeitsverwaltung mit hoheitlichen Befugnissen meistern könne, begründet das Gericht damit, daß allein diese die Möglichkeit habe, sich eine Übersicht über den gesamten Arbeitsmarkt zu verschaffen und ihn auf der Grundlage dieser Übersicht von einer einheitlichen Stelle aus regelnd zu beeinflussen. Weiter wird darauf verwiesen, daß die Mitarbeiter der staatlichen Arbeitsvermittlung über die erforderliche Vorbildung und Erfahrung verfügten. Gewerbliche Arbeitsvermittler, die einen Gewinn erstrebten, müßten demgegenüber bei der Lösung der Gesamtheit der Aufgaben versagen. Auch ein Nebeneinander von privater und staatlicher Arbeitsvermittlung lehnt das Bundesverfassungsgericht ab, obwohl die Bundesanstalt für Arbeit zum Zeitpunkt der Entscheidung zahlreiche nichtgewerbliche, insbesondere konfessionelle, humanitäre und berufsständische Einrichtungen sowie vor allem für ausübende Künstler auch gewerbliche Stellen mit der Arbeitsvermittlung beauftragt hatte 25 . Selbst wenn man private Arbeitsvermittlung neben der staatlichen nur bei Eignung und Zuverlässigkeit der Vermittler zulasse und sie an enge Ausübungsregelungen binde, "so würden sie einen Fremdkörper innerhalb des Systems der einheitlich ausgerichteten Arbeitsverwaltung bilden und deren erfolgreiche Bewältigung hemmen und stören" 26. Nur eine einheitliche Arbeitsvermittlung könne "besonders erfolgreich" die Aufgabe der Arbeitsvermittlung und der von dieser schwer zu trennenden Arbeitslosenversicherung wahrnehmen 27 . Die geschichtliche Entwicklung beweist nach Auffassung des Gerichts, daß die Gefahren, deren Abwehr das Arbeitsvermittlungsmonopol diene, bei einem Nebeneinander von privater und staatlicher Arbeitsvermittlung nicht wirksam 25
BVerfGE 21,245 (253 f.).
26
BVerfGE 21,245 (253).
27
BVerfGE 21,245 (254).
148
4. Kapitel: Konzessionen und Berufsfreiheit
bekämpft werden können: Das freie Spiel der Kräfte, dem die Arbeitsvermittlung in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entsprechend den damaligen liberalen Vorstellungen völlig überlassen gewesen sei, habe versagt, die gewerbsmäßige Stellenvermittlung sei nach dem stufenförmigen Abbau von Arbeitsnachweisämtern ab 1922 schließlich vom 1. Januar 1931 an verboten worden». Das Gericht ließ sich in seinen Bedenken gegen ein Nebeneinander von privater und staatlicher Arbeitsvermittlung nicht dadurch erschüttern, daß nach Europarecht auch die "privaten Stellenvermittlungsbüros" von Niederlassungsbeschränkungen freigestellt werden müssen29. Die Erwähnung privater Stellenvermittlungsbüros in einer Richtlinie des Rates der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft bestätige nur das tatsächliche Bestehen solcher Büros, besage aber nicht, daß sie auch "sozialpolitisch wünschenswert" seien30. Diese Argumentation ist Ausdruck einer allgemeinen Zurückhaltung des Bundesverfassungsgericht gegenüber wirtschaftspolitischen Entscheidungen des Gesetzgebers. Man wird zwar kaum bezweifeln wollen, daß eine funktionierende Arbeitsvermittlung als Teil der Daseinsvorsorge im Sozialstaat des Grundgesetzes zu den besonders wichtigen Gemeinschaftsgütern gezählt werden kann. Wo es aber um die Frage geht, ob das staatliche Monopol zur Abwehr schwerer, höchstwahrscheinlicher Gefahren für das Funktionieren der Arbeitsvermittlung unentbehrlich ist oder ob nicht etwa strenge Anforderungen an die Eignung und Zuverlässigkeit privater Arbeitsvermittler in Verbindung mit ebenso strikten Regelungen ihrer Berufsausübung ein Nebeneinander staatlicher und privater Arbeitsvermittler erlauben würden, folgt das Gericht den Wertungen des Gesetzgebers. Es begnügt sich damit, private Arbeitsvermittlung als hemmenden und störenden Fremdkörper innerhalb des Systems der einheitlich ausgerichteten Arbeitsvermittlung zu bezeichnen. Diese Charakterisierung trifft möglicherweise zu, setzt aber die gesetzgeberische Entscheidung für das einheitliche System und gegen eine duale Ordnung der Arbeitsvermittlung voraus. Zudem sprachen sowohl die Tatsache, daß die Bundesanstalt für Arbeit selbst private und gewerbliche Einrichtungen mit der Arbeitsvermittlung beauftragt hatte, als auch die Erfahrungen in anderen Ländern der Europäischen Gemeinschaft dagegen, daß das staatliche Monopol tatsächlich unentbehrlich war. Das Gericht stellt denn auch nicht eigentlich auf diese Unentbehrlichkeit ab, sondern verweist auf die durch das Monopol ermöglichte "besonders erfolg-
28
BVerfGE 21,245 (254 ff.).
29
Art. 3 Abs. 2a der Richtlinie des Rates der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft vom 12. Januar 1967 über die Verwiiklichung der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehr für selbständige Tätigkeiten, Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften 1967, S. 140. 30
BVerfGE 21,245 (257).
I. Grundrechtsschutz gegenüber Konzessionspflichten
149
reiche" Arbeitsvermittlung und erörtert die Frage, ob private Arbeitsvermittlung "sozialpolitisch wünschenswert" sei. Damit übernimmt es ebenso wirtschaftspolitische Wertungen des Gesetzgebers wie mit dem Bezug auf die geschichtliche Entwicklung. Wenn der Staat in der Weimarer Republik ein staatliches Arbeitsvermittlungsmonopol aufgebaut hat, vermag diese Tatsache letztlich nur zu belegen, daß der Gesetzgeber in einer Zeit großer wirtschaftlicher Krisen und ständig zunehmender Arbeitslosigkeit eine politische Entscheidung für das staatliche Monopol getroffen hat. Ob dieses Monopol unentbehrlich war, ergibt sich daraus nicht. Das Bundesverfassungsgericht selbst läßt seine Bereitschaft, wirtschaftspolitische Wertungen des Gesetzgebers zu akzeptieren, in dem Urteil dort erkennen, wo es sich mit der Vermittlung von Führungskräften der Wirtschaft auseinandersetzt. Das Gericht verwirft ausdrücklich den als naheliegend bezeichneten Gedanken, "das Arbeitsvermittlungsmonopol als der schärfste Eingriff in das Recht der freien Berufswahl dürfe keinen Schritt weiter reichen, als unbedingt erforderlich ist" 3 1 . Dann müßte das Monopol nämlich für jede Gruppe von Arbeitnehmern "mit Sicherheit" geboten sein. Diese Anforderung wird aber nicht gestellt. Vielmehr beschränkt sich das Gericht auf die Feststellung, es sei nicht einzusehen, daß für die Führungskräfte ein Bedürfnis nach hoheitlicher Arbeitsvermittlung "überhaupt" ausscheide32. Es muß also nicht etwa die Unentbehrlichkeit des staatlichen Arbeitsvermittlungsmonopols für Führungskräfte nachgewiesen werden. Vielmehr reicht es aus, daß ein Bedürfnis nach "hoheitlicher Arbeitsvermittlung" - also nicht nach einem staatlichen Monopol! - insoweit nicht ausscheidet. Auf dieser Grundlage begnügt sich das Bundesverfassungsgericht mit einer Abwägung der Gründe für und gegen das Monopol, die zum Ergebnis führt, eine Verfassungswidrigkeit des Arbeitsvermittlungsmonopols lasse sich auch hinsichtlich der Führungskräfte der Wirtschaft nicht feststellen 33. Dieses Vorgehen macht deutlich, daß die wirtschaftspolitische Entscheidung des Gesetzgebers bis zum Beweis des Gegenteils seiner Annahmen vom Gericht hingenommen wird. Mit den formell aufrechterhaltenen Anforderungen der dritten Stufe der verfassungsgerichtlichen Stufentheorie hat diese Prüfung der Sache nach wenig zu tun: Die Arbeitsvermittlung wird wegen ihrer Bedeutung für die industrielle Massengesellschaft und wegen ihrer Zugehörigkeit zum weiten Feld der Daseinsvorsorge als besonders wichtiges Gemeinschaftsgut anerkannt. Mit der gleichen Berechtigung können dann aber andere wirtschaftliche Betätigungen, die für das Funktionieren einer arbeitsteiligen Wirt31
BVerfGE 21,245 (257).
32
BVerfGE 21,245 (259).
33
BVerfGE 21,245 (260).
150
4. Kapitel: Konzessionen und Berufsfreiheit
schaft notwendig sind und die in vergleichbarer Weise wie die Arbeitsvermittlung der Daseinsvorsorge zugerechnet werden können, die Qualität eines besonders wichtigen Gemeinschaftsgutes für sich beanspruchen. Die Versorgung mit Rohstoffen und Energie hat für die Wirtschaft zum Beispiel ähnliche Bedeutung wie die Arbeitsvermittlung. Im vorliegenden Zusammenhang besonders bemerkenswert ist aber, daß das Bundesverfassungsgericht es für ausreichend hält, wenn die Gründe für ein staatliches Monopol bei einer Abwägung mit den Gründen dagegen nicht eindeutig zurücktreten müssen. Indem das Gericht nicht die Unerläßlichkeit des Monopols verlangt, sondern es in verfassungsrechtlicher Hinsicht für ausreichend hält, daß der Gesetzgeber sich bei Abwägung der Vor- und Nachteile eines staatlichen Monopols in nachvollziehbarer Weise für das Errichten eines Staatsvorbehalts entschieden hat, akzeptiert es insoweit den Vorrang wirtschaftspolitischer Wertungen. Die Verfassungsmäßigkeit eines staatlichen Monopols im Bereich wirtschaftlichen Handelns wird so von einer verfassungsrechtlich vorherbestimmten zu einer an verfassungsrechtliche Voraussetzungen gebundenen Entscheidung, in die wirtschaftspolitische Ziele einfließen können. Der Gesetzgeber darf schon dann einen Staatsvorbehalt begründen, wenn er sich davon eine besonders erfolgreiche Erledigung einer wirtschaftlichen Tätigkeit verspricht.
d. Wirtschaftspolitische Entscheidungen in der Verfassungsrechtsprechung Diese Zurückhaltung des Bundesverfassungsgerichts dort, wo wirtschaftspolitische Entscheidungen des Gesetzgebers auf ihre Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz zu überprüfen sind, zeigt sich nicht nur in der Frage der Zulässigkeit staatlicher Monopole. Sie findet sich auch in anderen Entscheidungen des Gerichts, die die Vereinbarkeit wirtschaftsordnender Gesetze mit Art. 12 Abs. 1 GG zum Gegenstand haben. (1 ) Beschluß zur Handwerksordnung Ganz deutlich kommt sie schon im Beschluß zur Verfassungsmäßigkeit der Handwerksordnung vom 17. Juli 1961 zum Ausdruck. Hier betont das Gericht ausdrücklich, daß zu den wichtigen Gemeinschaftsgütern im Sinne seiner Dreistufentheorie nicht nur absolute Gemeinschaftswerte wie die Volksgesundheit zählen, die allgemein anerkannt und von der jeweiligen Politik des Gemeinwesens unabhängig sind: Dem Gesetzgeber steht es vielmehr frei, Berufsregelungen auch an Gemeinschaftsinteressen zu orientieren, die ihm nicht "vorgegeben" sind, sondern sich eher aus seinen wirtschafts-, sozial- und gesellschaftspolitischen Vorstellungen und Zielen ergeben; diese Interessen er-
I. Grundrechtsschutz gegenüber Konzessionspflichten
151
hebt erst der Gesetzgeber selbst in den Rang "wichtiger Gemeinschaftsinteressen". Das Gericht hält sich nur dann für berechtigt, diesen Entscheidungen des Gesetzgebers die Anerkennung zu versagen, "wenn sie offensichtlich fehlsam oder mit der Wertordnung des Grundgesetzes unvereinbar sind" 34 . Damit überantwortet das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber und seinen wirtschaftspolitischen Vorstellungen, d.h. den Vorstellungen der jeweiligen politischen Mehrheit, die Definition der besonders wichtigen Gemeinschaftsgüter und damit eine der beiden Voraussetzungen für die Vereinbarkeit einer gesetzlichen Regelung mit Art. 12 Abs. 1 GG. Das Gericht behält sich die Möglichkeit einer Korrektur dieser politischen Entscheidungen nur für den Fall vor, daß sie "offensichtlich" fehlerhaft sind oder gegen die "Wertordnung des Grundgesetzes" verstoßen. Dementsprechend akzeptiert es die der Handwerksordnung zugrundeliegende "Grundanschauung", die Erhaltung von Leistungsstand und Leistungsfähigkeit des Handwerks sowie die Sicherung des Nachwuchses für die gesamte gewerbliche Wirtschaft seien so wichtige Interessen der Gemeinschaft, daß der Zugang zur selbständigen Ausübung eines handwerklichen Berufs nicht jedem freistehen könne: Inhalt dieser "Grundanschauung" ist die Überzeugung des Gesetzgebers, daß subjektive Zulassungsvoraussetzungen für eine selbständige handwerkliche Tätigkeit erforderlich sind. Das Gericht begnügt sich damit, diese Überzeugung aus dem Gang der Gesetzgebungsgeschichte der Handwerksordnung zu belegen und stellt sodann fest, daß die Erwägungen des Gesetzgebers "sich im Rahmen einer nach dem Grundgesetz möglichen, allein vom gesetzgeberischen Ermessen bestimmten Wirtschafts-, Sozial- und Gesellschaftspolitik" halten 35 . Die Entscheidung verweist aber nicht nur für die besondere Wichtigkeit eines Gemeinschaftsgutes, sondern auch für die Erforderlichkeit der Einschränkungen freier Berufswahl auf das gesetzgeberische Ermessen: "Auch bei den in diesem Zusammenhang allenthalben auftretenden Wertungs- und Abwägungsfragen kann die Auffassung des Gesetzgebers vom Bundesverfassungsgericht nicht beanstandet werden, solange nicht eindeutig ist, daß sie von unrichtigen tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht oder mit der Verfassung im Widerspruch steht" 36 . Bis zum Beweis des Gegenteils steht also auch die zweite Voraussetzung der Vereinbarkeit einer Zugangshürden für einen Beruf aufstellenden Regelung
34
BVerfGE 13,97 (107).
35
BVerfGE 13,97 (107 ff.).
36
BVerfGE 13,97 (113).
152
4. Kapitel: Konzessionen und Berufsfreiheit
im Ermessen des Gesetzgebers. Das Bundesverfassungsgericht hält es für verfassungsrechtlich unbedenklich, daß der Gesetzgeber die Wahrung und Förderung des Leistungsstandes und der Leistungsfähigkeit der Inhaber von Handwerksbetrieben nicht dem freien Spiel der wirtschaftlichen Kräfte überlassen, sondern sie durch Freiheitsbeschränkungen im Stadium der Berufswahl gesichert h a t 3 7
(2) Urteil zum Apothekenmehrbetrieb Ganz ähnlich argumentiert das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil zum Verbot des Mehrbetriebs im Apothekenrecht. Es stellt an den Beginn seiner Prüfung eine Darstellung des gesetzgeberischen Leitbildes vom Beruf des selbständigen Apothekers. Dieses Leitbild orientiert sich an dem "Apotheker in seiner Apotheke". Nach Auffassung des Gesetzgebers wird die Volksgesundheit am besten gewährleistet, wenn die Verantwortung für den Betrieb einer Apotheke in einer Hand liegt, wenn also die mit dem Betrieb einer Apotheke verbundenen öffentlichen Aufgaben sowie das privatrechtliche Eigentum und der Besitz an dem Apothekenbetrieb nicht auseinanderfallen 38. Ausgehend von dieser politischen Entscheidung sieht das Gericht folgerichtig keinen Eingriff in die Freiheit der Berufswahl, wenn einem Apotheker der Betrieb einer zweiten Apotheke verboten wird. Dabei handele es sich nur um eine Regelung der Berufsausübung, zumal in der allgemeinen gesellschaftlichen Anschauung der Apothekerberuf durch den selbständigen Apotheker verkörpert werde, der seine Apotheke persönlich leite 39 . Auch hier bestimmt der Gesetzgeber durch die Statuierung seines "Leitbildes" eines Berufes darüber, auf welcher Stufe seine Regelung verortet und an welchen Voraussetzungen sie gemessen wird. Wenn die Verfassung es dem Gesetzgeber entsprechend der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts erlaubt, zunächst nach seinen wirtschaftspolitischen Vorstellungen das "Leitbild" eines Berufes festzulegen, muß sich die im Rahmen des A r t 12 Abs. 1 GG maßgebende Verhältnismäßigkeitsprüfung notwendig auf eine Kontrolle der Konsequenz und Widerspruchsfreiheit der gesetzlichen Regelungen beschränken. Das Verbot eines Mehrbetriebs von Apotheken folgt so zwingend aus dem "Leitbild" des "Apothekers in seiner Apotheke", daß das Verfassungsgericht hier überhaupt kein Problem der Berufs wahlfreiheit mehr sieht, sondern eine Berufsausübungsregelung annimmt. Die Entscheidung für das "Leitbild"
37
BVerfGE 13,97 (113 ff.).
38
BVerfGE 17,232 (238 ff.).
39
BVerfGE 17,232(241).
I. Grundrechtsschutz gegenüber Konzessionspflichten
153
des "Apothekers in seiner Apotheke" selbst qualifiziert das Gericht als "letztlich gesundheitspolitischer Natur", sie gehöre daher dem Bereich an, in dem der Gesetzgeber die Möglichkeit zu freier Gestaltung habe. Für die verfassungsrechtliche Beurteilung ist es ohne Bedeutung, daß der Gesetzgeber auch andere grundsätzliche Lösungen, sprich "Leitbilder", hätte wählen können, solange sich nur die getroffene Regelung im Rahmen des Grundgesetzes hält. Das bejaht das Gericht, weil der Gesetzgeber an die deutsche Rechtstradition in einer Weise angeknüpft hat, die dem "allgemein gebilligten wirtschaftspolitischen Ziel der Förderung des Mittelstandes entspricht" 40. Entscheidend für die Vereinbarkeit der getroffenen wirtschaftsordnenden Regelungen mit Art. 12 Abs. 1 GG sind also wiederum Wertungsentscheidungen des Gesetzgebers im Bereich der Wirtschafts- und Gesundheitspolitik, die nicht aus der Verfassung heraus begründet werden müssen. Vielmehr wird ihre Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz bereits deshalb unterstellt, weil sie der deutschen Rechtstradition entsprechen.
(3) Die Beschlüsse zum Weinwirtschaftsgesetz
und zur Beförderungsteuer
In gleicher Weise argumentiert das Gericht in seinem Beschluß zum Weinwirtschaftsgesetz. Dieses Gesetz führte eine Marktordnung für Wein ein und machte in diesem Rahmen die weinbergmäßige Neupflanzung von Weinreben und die Wiederanpflanzung von Weinreben in gerodeten Weinbergen von einer Genehmigung der von der Landesregierung bestimmten Behörde abhängig41. Als das zuständige Fachgericht in einem Vorlagebeschluß die Auffassung vertrat, daß die Ziele dieses Gesetzes auch durch andere Maßnahmen erreicht werden könnten, die die Winzer weniger hart träfen, widersprach das Bundesverfassungsgericht dem nicht. Es überließ es vielmehr dem Gesetzgeber bis zur Grenze der Willkür, "die richtige wirtschaftspolitische Lösung" zu wählen 42 . In die gleiche Richtung zielt es, wenn das Bundesverfassungsgericht die Beförderungsteuer für gerechtfertigt hält, weil der Gesetzgeber mit ihrer Hilfe zur Sicherung des Gesamtverkehrs den Fernverkehr auf ein "volkswirtschaftlich vernünftiges Maß" zurückführen wolle 43 .
40
BVerfGE 17,232 (242 ff.).
41
§§ 1 und 2 des Gesetzes über Maßnahmen auf dem Gebiete der Wein Wirtschaft vom 29. August 1961, BGBl. I S . 1622. 42 43
BVerfGE 21,150 (157 f.).
BVerfGE 16, 147 (171 f.): "Es ging nicht an, sich auf die Selbstregelung durch die wirtschaftlichen Kräfte zu verlassen."
154
4. Kapitel: Konzessionen und Berufsfreiheit
Dieser Rechtsprechung zur Vereinbarkeit wirtschaftspolitischer Entscheidungen des Gesetzgebers - d.h. der politischen Mehrheit - mit Art. 12 Abs. 1 GG fügt sich die ihr folgende Rechtfertigung des staatlichen Arbeitsvermittlungsmonopols nahtlos ein. Das Gericht sieht hier wie dort die wirtschaftspolitische Entscheidungsfreiheit des Gesetzgebers durch das Grundrecht der Berufsfreiheit nicht beseitigt. Vielmehr zieht Art. 12 Abs. 1 GG nur einen großzügig bemessenen Rahmen für den politischen Prozeß, innerhalb dessen sich wirtschaftsordnende und wirtschaftslenkende Gesetze zu halten haben, ohne daß ihre Erforderlichkeit jedoch aus der Verfassung selbst abgeleitet werden müßte.
(4) Beschluß zum Mühlengesetz Das Bundesverfassungsgericht hat diese Rechtsprechung auch nach seinem Urteil zum Arbeitsvermittlungsmonopol fortgesetzt. Besonders deutlich wird das am Beschluß zum Mühlengesetz. Dieses Gesetz statuierte ein Verbot der Errichtung und Erweiterung von Mühlenbetrieben, von dem eine Befreiung nur dann erteilt werden durfte, wenn die zuständige Behörde ein volkswirtschaftliches Bedürfnis bejahte44. Den Zweck des Gesetzes sah das Bundesverfassungsgericht darin, die in der deutschen Mühlenwirtschaft seit langem bestehende Überkapazität abzubauen. Diese wirtschaftspolitische Entscheidung des Gesetzgebers sei als solche verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Neben der Sanierung der Mühlenwirtschaft durch Herstellung eines gesunden Verhältnisses zwischen Kapazität und Bedarf verfolgte das Gesetz nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts das Fernziel, die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Brot und anderen Mahlerzeugnissen auch in Krisenzeiten sicherzustellen45. Der Schutz dieses Gemeinschaftsguts rechtfertige prinzipiell eine Beschränkung der Freiheit der Berufswahl 46. Bei der Prüfung der Erforderlichkeit betont das Verfassungsgericht dann wieder den "weiten Bereich des Ermessens", über den der Gesetzgeber bei wirtschaftsordnenden Maßnahmen verfüge, die den Freiheitsspielraum der wirtschaftlich tätigen Individuen einengten47. Mögliche Alternativen zum ge-
44
BVerfGE 2 5 , 1 ( 1 0 f.).
45
BVerfGE 25,1 (15 f.).
46
BVerfGE 2 5 , 1 (17).
47
BVerfGE 25,1 (19 f.).
I. Grundrechtsschutz gegenüber Konzessionspflichten
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setzlichen Errichtungs- und Erweiterungsverbot von Mühlen seien nicht "eindeutig" als gleich wirksame, aber mildere Mittel zu qualifizieren 48.
(5) Beschluß zum Güterkraftverkehrsgesetz An diese Formulierung knüpft der Beschluß des Bundesverfassungsgerichts zum Güterkraftveikehrsgesetz an: Die Kontingentierung des Güterfernverkehrs wird als objektive Bedingung für die Berufszulassung eingeordnet 49. Deren Erforderlichkeit bejaht das Gericht, weil keine Alternative zur Kontingentierung den Gesetzeszweck eines Schutzes der Deutschen Bundesbahn "so eindeutig erfüllt, daß ein Gericht in der Lage wäre auszusprechen, der Gesetzgeber habe dieses Mittel anstatt des von ihm gewählten einzusetzen"50. Auch hier respektiert das Gericht also die politischen Wertungen des Gesetzgebers sowohl hinsichtlich der Ziele wirtschaftsordnender Maßnahmen, die als überragend wichtige Gemeinschaftsgüter anerkannt werden, als auch hinsichtlich der Erforderlichkeit der getroffenen Regelungen. Solange alternative Regelungsmodelle nicht eindeutig mit gleicher Sicherheit zum Erfolg führen und wann wird man das im Bereich des staatlichen Ordnens und Lenkens der Wirtschaft schon feststellen können - sieht das Gericht den durch Art. 12 Abs. 1 GG für die Wirtschaftspolitik gezogenen Rahmen nicht verletzt.
(6) Zusammenfassung An dieser Rechtsprechung hält das Bundesverfassungsgericht bis heute fest. Wirtschaftsordnende Gesetze müssen verhältnismäßig sein, um den Anforderungen von Art. 12 Abs. 1 GG zu genügen51. Die Formulierungen der Stufentheorie werden weiter verwendet 52; faktisch entscheidet jedoch der Gesetzgeber nach seinen politischen Vorstellungen darüber, welche Gemeinschaftsgüter "hervorragend wichtig" sind, weil sich seine Wertungen regelmäßig nicht als
48
BVerfGE 25,1 (19 f.).
49
BVerfGE 40,196(218).
50
BVerfGE 40,196 (223).
51
Siehe zuletzt BVerfGE 77, 84 (106) und 78,179 (193).
52
Z.B. BVerfGE 75, 246 (267): "hochwertiges Gemeinschaftsgut"; BVerfGE 77, 84 (107): "hervorragend wichtiges Gemeinschaftsgut", "Gemeinwohlbelang von hoher Bedeutung".
156
4. Kapitel: Konzessionen und Berufsfreiheit
"nachweislich unrichtig" erweisen 53. Auch die Einschätzung des Gesetzgebers, seine Regelungen seien erforderlich, respektiert das Bundesverfassungsgericht, solange weniger einschneidende Alternativen sich nicht geradezu aufdrängen 54. Im Ergebnis wird durch diese Interpretation der Grundrechtsschutz aus Art. 12 Abs. 1 GG so weit reduziert, daß die scheinbar strengen Anforderungen der Dreistufentheorie nur noch theoretisch gestellt werden, in der Praxis jedoch weitgehend die politischen Wertungen, Einschätzungen und Entscheidungen des Gesetzgebers bestimmen, in welchem Umfang berufliches Handeln vom Staat reguliert und reglementiert wird.
3. Die allgemeine Anerkennung der Stufentheorie Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 12 Abs. 1 GG, insbesondere zur gesetzlichen Normierung von Berufsbildern und zu den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsprinzips an Regelungen der Berufsausübung und Berufszulassung ist juristisches Gemeingut geworden. Sie bestimmt nicht nur die Verwaltungsrechtsprechung 55, sondern liegt auch den einschlägigen Ausführungen in der Literatur zugrunde. Kennzeichnend für den Stand der Meinungen in der Rechtswissenschaft sind Berichte, Aussprache und Begleitaufsätze der Staatsrechtslehrertagung 1984 in Göttingen 56 , die in Übereinstimmung mit Grundgesetzkommentatoren 57 und sonstigen Äußerungen im 53 So zuletzt BVerfGE 77, 84 (107); in dieser Entscheidung ging es um "die Wiederherstellung der gestörten Ordnung auf dem Teilarbeitsmarkt des Baugewerbes mit dem Ziel der Sicherung eines geordneten Arbeitsmarktes und einer stabilen arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Situation abhängig Beschäftigter" sowie um "die Sicherung der finanziellen Stabilität der Träger der Sozialversicherung"; diese Regelungsziele sind durchaus vernünftig und einsichtig, unterscheiden sich in ihrer Wertigkeit aber nicht von anderen Gesetzeszwecken. 54 Siehe zuletzt BVerfGE 77, 84 (109): "Das Bundesverfassungsgericht kann sich darauf beschränken, die von den beschwerdeführenden Verleihern aufgezeigten oder sonst in Fachkreisen diskutierten Alternativen darauf zu prüfen, ob sie den erstrebten Zweck in einfacherer, gleich wirksamer, aber die Grundrechte weniger fühlbar einschränkender Weise erreichen könnten (...). Im Ergebnis erfüllt keiner der Altematiworschläge diese Voraussetzungen so eindeutig, daß von Verfassungs wegen ausgesprochen werden könnte, der Gesetzgeber habe für den Bereich des Baugewerbes eines dieser Mittel anstatt des von ihm gewählten Verbotes einzusetzen." 55 Zur Entscheidungspraxis des Bundesverwaltungsgerichts siehe z.B. BVerwGE 66, 367 (370 f.) und 71,183 (189,191 ff.). 56 Die Berichte von H.-P. Schneider und Lecheler zum Thema "Artikel 12 GG - Freiheit des Berufs und Grundrecht der Arbeit" sind in VVDStRL 43, 7 und 48 abgedruckt, die Aussprache ebenda, S. 76 ff.; Begleitaufsätze stammen von Bryde, NJW 1984, 2177; Papier, DVB1. 1984, 801; Pietzcker, N V w Z 1984,550 und Wendt, DÖV 1984,601. 57
Siehe die Kommentierungen aus neuerer Zeit von Gubelt, Rdnr. 8 ff., 37 ff. und 48 ff. zu Art 12 GG, in: von Münch, Grundgesetz, Band 1; Jarass/Pieroth, Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, Rdnr. 17 ff. zu Art. 12; Rittstieg, Rdnr. 49 ff. zu Art. 12 GG, in: Alternativkommentar zum Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland; Scholz, Rdnr. 9 ff., 17 ff. und 286 ff. zu Art. 12 GG, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz.
I. Grundrechtsschutz gegenüber Konzessionspflichten
157
Schrifttum 58 der verfassungsgerichtlichen Interpretation des Grundrechts der Berufsfreiheit folgen. Einzelne Autoren erheben allerdings Bedenken dagegen, daß das Gericht dem Gesetzgeber auch im Bereich objektiver Berufszulassungsbeschränkungen Beurteilungsspielräume und Einschätzungsprärogativen einräumt. Sie halten eine staatliche Berufslenkung und Bedarfsprüfung nur für zulässig, wenn sie tatsächlich - vom Bundesverfassungsgericht nachgeprüft - schwer gefährdete Gemeinschaftsgüter besonderer Bedeutung effektiv schützen59. Jedenfalls unter dieser Voraussetzung werden aber Maßnahmen des Staates zur Berufslenkung heute allgemein für zulässig erachtet. Dem dürfte die Erkenntnis zugrundeliegen, daß Berufsfreiheit in der Wirtschaftsordnung eines modernen Industriestaates in gewissem Umfang auf staatliche Berufsregulierung angewiesen ist Auf eine solche Notwendigkeit staatlicher Berufslenkung deutet jedenfalls eine Analyse der Verfassungswirklichkeit hin, die ein erhebliches Ausmaß allgemein akzeptierter Ordnung und Lenkung von Berufstätigkeit aufweist 60 .
4. Die restriktive
Interpretation
von Art. 12 Abs. 1 GG
Der Gegensatz zwischen der Verfassungswirklichkeit, die durch vielfältige Formen staatlicher Berufsregulierung geprägt ist, ohne daß rechtliche Bedenken gegen deren Zulässigkeit laut geworden wären, und dem von seinem Ansatz her strengen Konzept der Stufentheorie weckt allein schon Zweifel an der herrschenden Dogmatik der Berufsfreiheit. Verstärkt werden diese Zweifel durch die Analyse der Verfassungsrechtsprechung, die zeigt, daß die weite Interpretation des Art. 12 Abs. 1 GG zwar als theoretische Grundlage der Auslegung des Grundrechts fungiert, ohne jedoch die Entscheidungspraxis des Gerichts tatsächlich zu leiten. Stattdessen übernimmt das Bundesverfassungsgericht an den entscheidenden Punkten seiner Stufentheorie Wertungen und Einschätzungen des Gesetzgebers und räumt ihm damit einen größeren Freiraum politischer Gestaltung der Berufstätigkeit ein als seinem eigenen dogmatischen Ansatz entspräche. Zudem setzt sich die herrschende Meinung mit der Annah-
58 Siehe aus neuerer Zeit etwa Badura, Staatsrecht, Rdnr. 88 (S. 146 f.); Breuer, Handbuch des Staatsrechts V I , § 148 Rdnr. 7 ff. (S. 961 ff.); Friauf, JA 1984, 537; Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Rdnr. 417 ff. (S. 163 ff.); Pieroth/ Schlink, Grundrechte, Rdnr. 901 ff. (S. 209 ff.); Schmidt, Öffentliches Wirtschaftsrecht, S. 117 ff.; Tettinger, AöR 108 (1983), 92; zur älteren Literatur und zu sozialwissenschaftlich orientierten Interpretationsansätzen siehe die Übersicht bei Wieland, Die Freiheit des Rundfunks, S. 177 ff. 59 Friauf, JA 1984,537 (544); Lecheler, VVDStRL 43,48 (60 f.); Papier, 43,48 (60 f.); Papier, DVB1.1984,801 (805, 808); Scholz, Rdnr. 323 zu Ait. 12, in: Maunz/Dürig, Gnindgesetz. 60 Siehe die umfassende und detailgenaue Darstellung staatlicher Berufslenkung bei Pitschas, Berufsfreiheit und Berufslenkung, S. 136 ff.
158
4. Kapitel: Konzessionen und Berufsfreiheit
me eines einheitlichen Grundrechts der Berufsfreiheit, das einem einheitlichen Regelungsvorbehalt unterworfen ist, über den Text des Grundgesetzes hinweg; A r t 12 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleistet nämlich allen Deutschen das Recht auf freie Wahl des Berufs, während der Regelungsvorbehalt zugunsten des Gesetzgebers in Satz 2 der Norm sich auf die Berufsausübung bezieht.
a. Die freie Wahl des Berufs und die Regelung der Berufsausübung Diese Schwächen der herrschenden Interpretation von Art. 12 Abs. 1 GG vermeidet eine restriktive Auslegung des Grundrechts: Ausgehend vom Wortlaut der Verfassung unterscheidet sie zwischen Berufswahl und Berufsausübung. Das Recht der Wahlfreiheit schützt vor der staatlichen Zuweisung eines Berufs; der Staat darf keinen Zwang auf die Auswahlentscheidung des Bürgers ausüben. Gegenstand dieser Entscheidung kann allerdings nicht jede Erwerbstätigkeit ohne Rücksicht darauf sein, ob der Gesetzgeber bestimmte Tätigkeiten zu einem Berufsbild zusammengefaßt hat. Wenn der Gesetzgeber in dieser Weise von seiner in Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG statuierten Befugnis Gebrauch gemacht hat, die Berufsausübung zu regeln, kommt nur der gesetzlich geordnete und geformte Beruf als Gegenstand des in Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleisteten Rechts auf freie Wahl in Betracht. Nur Erwerbstätigkeiten, die der Gesetzgeber noch keinem Berufsbild zugewiesen hat, können als "untypische Betätigungen"61 neben den gesetzlich in einem Berufsbild fixierten Tätigkeiten frei als Beruf gewählt werden. Freiheit der Berufswahl und Berufsausübung bilden im Gegensatz zur Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kein einheitliches Grundrecht mit einheitlichem Regelungsvorbehalt. Vielmehr ist das Recht auf Freiheit der Berufswahl als Recht auf Freiheit von staatlichem Zwang vorbehaltlos geschützt. Die Regelungsbefugnis des Gesetzgebers gemäß Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG bezieht sich demgegenüber auf die Berufsausübung, d.h. auf sämtliche Modalitäten einer Berufstätigkeit. Der Gesetzgeber darf demzufolge sowohl subjektive und objektive Zulassungsvoraussetzungen normieren als auch im Wege der Berufsbildfestlegung die Erwerbstätigkeiten bestimmen, auf die sich die Zulassungsvoraussetzungen und andere Regelungen der Berufstätigkeit beziehen. Wenn der Gesetzgeber auf diese Weise ordnend und regulierend die Berufstätigkeit gestaltet, ist er an den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebunden, seine Maßnahmen müssen also einen verfassungsgemäßen Zweck verfolgen und geeignet, erforderlich sowie zumutbar sein. Solange der Gesetzgeber keine
61
So die Bezeichnung in BVerfGE 7, 377 (397).
I. Grundrechtsschutz gegenüber Konzessionspflichten
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Ziele anstrebt, die als solche mit dem Grundgesetz unvereinbar sind, ist er in seiner Zwecksetzung frei, insbesondere kommt es auf eine Qualifizierung der verfolgten Zwecke als hervorragende Gemeinwohlbelange nicht an. Ob die gesetzlichen Regelungen geeignet und erforderlich sind, um die angestrebten Ziele zu erreichen, übeiprüft das Bundesverfassungsgericht. Die Justitiabilität von Berufsausübungsregelungen findet allerdings ihre Grenze in der Notwendigkeit von Prognosen, auf die praktisch jede staatliche Berufsregulierung angewiesen ist, weil sich die Wirkungen von Eingriffen in das Wirtschaftsleben kaum je verläßlich vorhersagen lassen62. b. Die Gründe für die restriktive Interpretation Das dargelegte Konzept einer gegenüber der herrschenden Meinung restriktiveren Interpretation von Art. 12 Abs. 1 GG kann sich zuvörderst auf den Wortlaut der Gewährleistung berufen. Zwar läßt sich aus dem lapidar garantierten Recht aller Deutschen, den Beruf frei zu wählen, nicht eindeutig entnehmen, ob es sich auf eine Auswahl aus gesetzlich geregelten und geordneten Berufen bezieht oder ob der Grundrechtsträger berechtigt sein soll, jede beliebige Erwerbstätigkeit zu seinem Beruf zu erheben. Träfe letzteres zu, wäre immerhin eher die Formulierung zu erwarten, daß der Beruf frei bestimmt werden dürfe 63 . Der Wortlaut des Art. 12 Abs. 1 GG spricht aber vor allen Dingen deshalb für die hier vertretene Interpretation und gegen die übliche Annahme eines einheitlichen Grundrechts mit einheitlichem Regelungsvorbehalt, weil in Satz 1 als Gegenstand der Gewährleistung die freie Wahl des Berufs genannt wird, der Regelungsvorbehalt des Satzes 2 sich dagegen auf die Berufsausübung bezieht. Es widerspricht den allgemein anerkannten Interpretationsregeln, wenn die freie Wahl des Berufs und die Berufsausübung inhaltlich gleichgesetzt werden 64 . Die systematische Auslegung von Art. 12 Abs. 1 GG deutet in die gleiche Richtung. Das Recht aller Deutschen, den Arbeitsplatz frei zu wählen, kann in einer Marktwirtschaft, wie sie sich in der Bundesrepublik Deutschland entwikkelt hat, nur die Auswahl zwischen vorhandenen Arbeitsplätzen erfassen, über
62 Zum Prognosespielraum des Gesetzgebers im Bereich der Wirtschaftspolitik Breuer, Der Staat 16 (1977), 21 (39); derselbe, Handbuch des Staatsrechts VI, § 147, Rdnr. 14 ff. (S. 969 ff.); Ossenbühl, Die Kontrolle von Tatsachenfeststellungen und Prognoseentscheidungen durch das Bundesverfassungsgericht, in: Bundesverfassungsgericht und Grundgesetz I, S. 458 (505). 63 64
Siehe dazu Wieland, Die Freiheit des Rundfunks, S. 207.
Breuer, Handbuch des Staatsrechts VI, § 147 Rdnr. 66 ff. (S. 925 ff.); Wieland, Die Freiheit des Rundfunks, S. 208.
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4. Kapitel: Konzessionen und Berufsfreiheit
deren Ausgestaltung und Vergabe die jeweiligen Arbeitgeber nach ihren eigenen Vorstellungen und Bedürfnissen entscheiden65. Nichts anderes gilt für die freie Wahl privater Ausbildungsstätten66. Nur wenn es um öffentliche Ausbildungsstätten geht, könnte aus Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG überhaupt ein Verschaffungsanspruch abgeleitet werden; auch ein solcher Anspruch bezöge sich jedoch nicht auf die Einrichtung eines Ausbildungsganges nach den Vorstellungen des Grundrechtsträgers 67. Für die restriktive Interpretation von Art. 12 Abs. 1 GG spricht darüber hinaus die Geschichte des Grundrechts, das als liberales Abwehrrecht entstanden ist und Schutz vor staatlichem Zwang, vor Druck auf die Berufswahl gewährte 68 . Dieser Bedeutungsgehalt der Berufsfreiheit, der im Frühkonstitutionalismus noch selbstverständlich war, geriet in Vergessenheit, als sich der Wirtschaftsliberalismus vollständig durchgesetzt hatte und die freie Auswahl des Berufes nicht mehr durch staatliche Einwirkungen gefährdet zu sein schien. Erst nach den Erfahrungen der nationalsozialistischen Zeit erwuchs wieder ein Bedürfnis nach grundrechtlicher Absicherung dieser Freiheit, ohne daß im Parlamentarischen Rat allerdings völlige Klarheit über den Gehalt der Gewährleistung geherrscht hätte69. Jedenfalls sollte das Grundrecht die Bürger davor schützen, daß sie vom Staat in einen bestimmten Beruf gedrängt würden. Berufswahl und Berufsausübung wurden klar unterschieden 70. Auch bestand Einigkeit darüber, daß subjektive Zulassungsvoraussetzungen unter den Regelungsvorbehalt des Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG fallen sollten. Umstritten blieb, ob auch Bedürfnisprüfungen zulässig sein sollten 71 . Der Text des Grundgesetzes enthält aber keinerlei Anhaltspunkte für eine Unterscheidung zwischen subjektiven und objektiven Berufszulassungsvoraussetzungen. Soweit Mitglieder des
65 Zum Recht auf freie Wahl des Arbeitsplätze siehe statt aller Breuer, Handbuch des Staatsrechts V I , § 148, Rdnr. 76 ff. (S. 934 ff.) und Scholz, Rdnr. 422 ff. zu Art. 12, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, mit weiteren Nachweisen. 66
Vgl. wiederum für die ganz herrschende Meinung Scholz, ebenda, Rdnr. 431 zu Art. 12.
67
Breuer, Handbuch des Staatsrechts VI, § 147 Rdnr. 76 ff. (S. 934 ff.); Wieland, Die Freiheit des Rundfunks, S. 209. 68
So deutlich von Mohl, Staatsrecht des Königreiches Württemberg, 1. Band, S. 406 ff.
69
Zur Geschichte des Grundrechts der Berufsfreiheit und zu den Beratungen des Parlamentarischen Rates Wieland, Die Freiheit des Rundfunks, S. 211 ff. 70 Siehe die Äußerungen der Abgeordneten Heuss, von Mangoldt und Schmid in der 5. Sitzung des Ausschusses für Grundsatzfragen des Parlamentarischen Rates am 29. September 1948, Stenographisches Protokoll, S. 7 ff. und 21 ff. 71 Siehe die Äußerungen der Mitglieder des Gmndsatzausschusses Bergsträsser, Eberhard, Lensing, von Mangoldt, Schmid und Weber in der 5. Sitzung dieses Ausschusses am 29. September 1948, Stenographisches Protokoll, S. 4 ff. und 21 ff., sowie in der 23. Sitzung am 19. November 1948, Stenographisches ProtokoU, S. 22 ff.; näher zum Gang der Diskussion Wieland, Die Freiheit des Rundfunks, S. 219 ff.
I. Grundrechtsschutz gegenüber Konzessionspflichten
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Parlamentarischen Rates Bedürfnisprüfungen vom Regelungsvorbehalt für die Berufsausübung ausnehmen wollten, hat dieser Wille im Grundgesetz keinen Niederschlag gefunden. Der Vorbehalt erstreckt sich vielmehr auf die gesamten Umstände der Berufsausübung, durch die der einzelne unmittelbar in das soziale Leben eingreift und deren Beschränkungen er dementsprechend hinnehmen muß 72 . Wie das Bundesverfassungsgericht richtig festgestellt hat, umfaßt die Berufsausübung zeitlich die gesamte Dauer der Berufstätigkeit; sie läßt sich ebensowenig wie die Berufswahl nur bestimmten zeitlichen Phasen des Berufslebens zuordnen 73. Der Gesetzgeber regelt also die Berufsausübung dann, wenn er einen Beruf abgrenzt, indem er ein Berufsbild festlegt; er regelt sie auch, wenn er eine bestimmte Ausbildung oder sonstige Qualifikationen für die Berufstätigkeit verlangt, oder die Zahl derjenigen beschränkt, die den Berufs selbständig ausüben dürfen; diese und alle sonstigen Modalitäten der beruflichen Betätigung fallen unter den Regelungsvorbehalt des Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG.
c. Der Prognose- und Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bei Berufsausübungsregelungen Wenn der Gesetzgeber die Berufsausübung regelt, ist er häufig auf Einschätzungen, Wertungen und Prognosen angewiesen, weil weder der gegenwärtige noch der zukünftige Zustand der Wirtschaft oder einzelner ihrer Teilbereiche mit Genauigkeit zu ermitteln sind. Insbesondere die Notwendigkeit von Prognosen läßt sich für berufsregulierende Normen ebenso wenig begrenzen wie allgemein für wirtschaftsbeeinflussende Gesetze und Maßnahmen des Staates. Da sowohl die künftige Wirtschaftsentwicklung als auch die Folgen staatlicher Eingriffe - wenn überhaupt - nur sehr eingeschränkt vorhersehbar sind, ist der Gesetzgeber gerade in diesem Bereich seines Handelns darauf angewiesen, ausgehend von einer - allerdings sorgfältig durchzuführenden Analyse der jeweils gegebenen Situation Schlüsse auf die zu erwartende zukünftige Entwicklung zu ziehen. Ungewissen Auswirkungen eines Gesetzes muß er hier wie auch sonst dadurch Rechnung tragen, daß er die ihm zugänglichen Erkenntnisquellen ausschöpft, um die Folgen seines Handelns so zuver-
72
So schon BVerfGE 7,377 (403).
73
BVerfGE 7, 377 (401); der Berufswahl und Berufsausübung gemeinsame zeitliche Bezug auf die gesamte Dauer der Berufstätigkeit bedeutet aber im Gegensatz zur Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht, daß beide Begriffe den gleichen sachlichen Gehalt hätten; das erkennt letztlich auch das Gericht an, indem es bei gesetzlichen Regelungen zwischen der Stufe der Berufsausübung und der Berufswahl unterscheidet. 11 Wieland
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4. Kapitel: Konzessionen und Berufsfreiheit
lässig wie möglich abschätzen zu können 74 . Wird die Verhältnismäßigkeit einer Regelung der Berufsausübung gerichtlich überprüft, ist die Notwendigkeit von Prognosen in Rechnung zu stellen. Insbesondere kann das Bundesverfassungsgericht nicht aufgrund nachträglich gewonnener Erkenntnisse eine Entscheidung des Gesetzgebers für verfassungswidrig erklären, die getroffen werden mußte, als besagte Erkenntnisse noch nicht zur Verfügung standen75. Der Gesetzgeber kann allerdings aufgrund veränderter Umstände zur Nachbesserung einer ursprünglich verfassungsgemäßen Regelung verpflichtet sein 76 . Daneben ist für die Verhältnismäßigkeit von Regelungen der Berufsausübung von Bedeutung, daß Maßnahmen der Wirtschaftsregulierung oft sowohl positive als auch negative Auswirkungen haben; das hat insbesondere die Erfahrung mit den Bemühungen gezeigt, entsprechend der Verpflichtung des Art. 109 Abs. 2 GG den Erfordernissen des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts Rechnung zu tragen. Stabilität des Preisniveaus, hoher Beschäftigungsstand, außenwirtschaftliches Gleichgewicht und angemessenes Wirtschaftswachstum 77 lassen sich nie gleichzeitig voll verwirklichen. Der Staat kann sich nur bemühen, alle vier Komponenten des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts auf einem insgesamt hohen Niveau zu halten, muß aber oft in Kauf nehmen, daß Eingriffe in den Wirtschaftsprozeß zugunsten eines der Faktoren des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts (z.B. hoher Beschäftigungsstand) sich auf einen anderen Faktor (z.B. Stabilität des Preisniveaus) negativ auswirken 78 . Ergeben sich vergleichbare Zielkonflikte bei der Berufsregulierung, können z.B. eine haushälterische Nutzung natürlicher Ressourcen oder eine möglichst preisgünstige Energieversorgung nur durch Beschränkungen des Wettbewerbs und damit der unternehmerischen Entfaltungsfreiheit erreicht werden, ist der Gesetzgeber von Verfassungs wegen nicht gehalten, seine Regelungen auf eine Optimierung der Berufsfreiheit auszurichten. Er darf sich vielmehr auch andere wirtschafts-, finanz-, sozial- oder allgemeinpolitische Ziele setzen und die Berufsfreiheit einschränken, soweit das nach seiner sachgerechten Einschätzung erforderlich ist. 74
BVerfGE 50,290 (334); 65,1 (55).
75
Auch die Äußerungen im Schrifttum, die sich gegen Einschätzungs- und Beurteilungsspielräume des Gesetzgebers bei objektiven Berufsregelungen wenden, gehen davon aus, daß der Gesetzgeber auf Prognosen angewiesen ist, vgl. Breuer, Handbuch des Staatsrechts VI, § 148 Rdnr. 14 ff. (S. 969 ff.); Friauf, JA 1984,537 (544); Lecheler, VVDStRL 43, 48 (60 f.); Papier, DVB1.1984, 801 (805, 808); Scholz, Rdnr. 323 zu Ait. 12, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz. 76
BVerfGE 56,54 (78 f.); 65,1 (56).
77
Zu diesen Komponenten des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts siehe § 1 Stabilitätsge-
setz. 78 Siehe hierzu nur Fischer-Menshausen, Rdnr. 10 zu Art. 109, in: von Münch, GrundgesetzKommentar, Band 3 mit weiteren Nachweisen.
I. Grundrechtsschutz gegenüber Konzessionspflichten
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5. Konsequenzen für Konzessionen Aus dieser Interpretation von Art. 12 Abs. 1 GG ergeben sich Konsequenzen für die Vereinbarkeit von Konzessionen mit dem Grundrecht: Unterwirft der Gesetzgeber eine selbständige Erwerbstätigkeit einer Konzessionspflicht, berührt das die in Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleistete freie Wahl des Berufes nicht; der Staat übt durch die Konzessionierung keinen Zwang auf die Auswahl möglicher Interessenten zwischen den Berufen in ihrer gesetzlich ausgestalteten Form aus. Niemand wird genötigt, die konzessionierte Erwerbstätigkeit zu ergreifen. Da Gegenstand der Wahlfreiheit nur der Beruf in seiner gesetzlichen Ausgestaltung, also in der konzessionierten Form ist, berührt diese Ausgestaltung selbst das Recht auf freie Berufswahl nicht. Insoweit gilt das gleiche wie für die sogenannten "staatlich gebundenen" Berufe. Auch nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gewährleistet Art. 12 Abs. 1 GG nicht den freien Zugang zu diesen Berufen. Aus dem Grundrecht folgt nur, "daß der Beruf von jedermann frei gewählt werden kann und daß seine Wahl niemandem aufgezwungen oder verboten werden darf' 79 . Für den Beruf des Notars etwa besteht die Freiheit der Berufswahl nur nach Maßgabe der vom Staat zur Verfügung gestellten Ämter 80 . Dem ist zuzustimmen, soweit das in Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleistete Recht aller Deutschen in Rede steht, den Beruf frei zu wählen. Subjektive Rechte möglicher Berufsbewerber ergeben sich jedoch aus Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG. Diese Vorschrift gewährt ihnen einen grundrechtlichen Anspruch darauf, daß der Gesetzgeber die Berufsausübung in Übereinstimmung mit der Verfassung regelt, insbesondere das Prinzip der Verhältnismäßigkeit beachtet. Weder darf er nach Belieben Erwerbstätigkeiten öffentlich-rechtlichen Bindungen unterwerfen noch darf er sie von einer Konzession abhängig machen, wenn er damit nicht einen Zweck verfolgt, der mit der Verfassung zu vereinbaren ist, und zu dessen Erreichung die gesetzliche Regelung geeignet, erforderlich und angemessen ist. Voraussetzung für die Verhältnismäßigkeit einer Konzessionspflicht ist demzufolge, daß es zur Erreichung eines verfassungsgemäßen Zwecks geeignet, erforderlich und angemessen ist, die Entscheidung über die Erteilung einer wirtschaftsverwaltungsrechtlichen Erlaubnis in das Ermessen einer Verwaltungsbehörde zu stellen. Damit ist die Frage nach der Zulässigkeit von Ermessensentscheidungen der Verwaltung im Grundrechtsbereich angesprochen. Die Antwort auf diese Frage
79 BVerfGE 16, 6 (21 f.); 17, 371 (377); kritisch zu dieser Rechtsprechung H.H. Rupp, NJW 1965,993(996). 80
BVerfGE 73,280 (292).
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4. Kapitel: Konzessionen und Berufsfreiheit
muß von der Einsicht ausgehen, daß es nicht Ausdruck einer im Rechtsstaat bedenklichen Gesetzeslücke ist, wenn einer Behörde ein Ermessensspielraum eingeräumt wird. Ermessen eröffnet der öffentlichen Verwaltung vielmehr erst die von ihr benötigten Gestaltungsmöglichkeiten, die nicht vollständig durch Gesetz determiniert werden können 81 . Wenn ein Gesetzesvorbehalt besteht, ist der Gesetzgeber zwar verpflichtet, den Verhaltensmaßstab für die Verwaltung in wesentlichen Punkten selbst zu regeln, er braucht sich jedoch nicht auf jeden Einzelfall zu beziehen82. Gerade die Wirtschaftsverwaltung kann ihre Aufgaben häufig nur erfüllen, wenn sie über eine gewisse Gestaltungsfreiheit verfügt 83 . Wirtschaftsverwaltendes Handeln ist darauf angewiesen, besonders flexibel auf ökonomische Entwicklungen und Bedürfnisse zu reagieren. Der Gesetzgeber ist in seinem Handeln zu langsam und unbeweglich, als daß er die vielfältigen Gegebenheiten im Wirtschaftsbereich sämtlich in seinen notwendig allgemeinen Regelungen vorausschauend erfassen könnte. Würde er dennoch stets auf die Alternative verwiesen, unter im voraus festzulegenden Bedingungen Rechtsansprüche auf Berufszulassung zu gewähren oder Berufstätigkeiten zu untersagen, wäre Wirtschaftsverwaltung nur unvollkommen möglich. Unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang die Entscheidung über die Erlaubnis einer Erwerbstätigkeit in das Ermessen der Verwaltung gestellt werden darf, läßt sich allerdings nicht generell sagen, sondern bedarf für jede Konzession gesonderter Prüfung. Dabei wird die hier entwickelte restriktive Interpretation von A r t 12 Abs. 1 GG zugrundegelegt. Auch die herrschende Meinung dürfte jedoch kaum zu anderen Ergebnissen kommen, weil sie Berufszulassungsvoraussetzungen faktisch nur auf ihre Verhältnismäßigkeit prüft und insbesondere in der Gewichtung von Gemeinwohlbelangen sowie in der Einschätzung der Erforderlichkeit einer Regelung den Wertungen des Gesetzgebers folgt Sowohl die herrschende, extensive Interpretation als auch die hier vertretene restriktive Auslegung von Art. 12 Abs. 1 GG stimmen darin überein, daß dem Grundgesetz das Leitbild der Erwerbsfreiheit vorausliegt, wie es sich seit dem 19. Jahrhundert in Deutschland entwickelt hat. Das Grundgesetz gewährleistet auch im Bereich des wirtschaftlichen Handelns die persönliche Freiheit des Menschen. Dementsprechend findet die auf der wirtschaftspolitischen Neutralität der Verfassung beruhende Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers ihre
81 Auf diese Bedeutung des Ermessens hat besonders nachdrücklich Bullinger, JZ 1984, 1001 (1006) aufmerksam gemacht 82 83
H. Meyer, Rdnr. 8 f. zu § 40, in: Meyer/Borgs-Maciejewski, Verwaltungsverfahrensgesetz.
Badura, Gestaltungsfreiheit und Beurteilungsspielraum der Verwaltung, in: Festschrift für Otto Bachof zum 70. Geburtstag, S. 169 (188 ff.); Tettinger, Rechtsanwendung und gerichtliche Kontrolle im Wirtschaftsverwaltungsrecht, S. 465 ff.
II. Einzelne Konzessionen
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Grenze darin, daß sie nicht zu einer Verkürzung der in den Grundrechten garantierten individuellen Freiheit führen darf, die Voraussetzung für ein Leben in menschlicher Würde ist 84 . Wenn der Staat auf die Wirtschaft einwiikt, muß er bei seinen politischen Entscheidungen über die mit der Wirtschaftsregulierung verfolgten Zweck diese Grundentscheidung beachten, die seiner weitreichenden Gestaltungsfreiheit zugrundeliegt. Das ändert aber nichts daran, daß wirtschaftliche Betätigungsfreiheit unter den Bedingungen einer modernen Industriegesellschaft gesetzliche Regelungen voraussetzt. Privates Wirtschaften ist ohne staatliche Rahmenregelungen praktisch nicht möglich. Dem trägt das Grundgesetz in Art. 12 Abs. 1 GG Rechnung, indem es die Berufsausübung einem Regelungsvorbehalt unterstellt Die Freiheit der Berufswahl bezieht sich auf die Berufe in ihrer rechtlichen Ordnung, die der Gesetzgeber in Ausfüllung des Regelungsvorbehalts geschaffen hat.
Π. Einzelne Konzessionen Ausgehend von diesen Überlegungen soll die Verfassungsmäßigkeit einzelner Konzessionen untersucht werden. Zu unterscheiden sind wiederum die Konzessionierung privatwirtschaftlichen Handelns, das auf Ressourcen der Allgemeinheit zurückgreift (1.), die Konzessionierung wirtschaftlicher Tätigkeiten im Bereiche der Daseinsvorsorge, die zu faktischen Monopol- oder Oligopolstellungen führen (2.), und die Konzessionierung von Privatunternehmen, die vom Gesetzgeber als schädlich angesehene Tätigkeiten ausüben (3.).
1. Ressourcen der Allgemeinheit Wenn ein Unternehmer für sein wirtschaftliches Handeln auf natürliche Ressourcen zugreift, bedarf er dazu oft einer staatlichen Erlaubnis. Das gilt nicht nur für Bodenschätze und Gewässer, sondern z.B. auch für die Belastung der Luft mit Emissionen und die Benutzung von Funkfrequenzen. Hieraus ergibt sich die Rechtsfrage, ob der Staat ein wirtschaftliches Handeln, das auf diese Ressourcen angewiesen ist und sie nutzt, konzessionieren darf. Dem soll am Beispiel der Nutzung der Bodenschätze und der Gewässer nachgegangen werden. Die gewonnenen Ergebnisse können im Prinzip auf die Inanspruchnahme anderer natürlicher Ressourcen übertragen werden.
84
BVerfGE 50,290(338).
166
4. Kapitel: Konzessionen und Berufsfreiheit a. Die Bodenschätze
(1) Das Konzessionssystem Wer bergfreie Bodenschätze gewinnen will, bedarf gem. § 6 S. 1 BBergG der Bewilligung oder des Bergwerkseigentums. Bodenschätze sind mit Ausnahme von Wasser alle mineralischen Rohstoffe in festem oder flüssigem Zustand und Gase, die in Lagerstätten in oder auf der Erde, auf dem Meeresgrund, im Meeresuntergrund oder im Meerwasser vorkommen (§ 3 Abs. 1 BBergG). Das Bundesberggesetz unterscheidet in Anknüpfung an alte Rechtstraditionen zwischen bergfreien und grundeigenen Bodenschätzen. Während grundeigene Bodenschätze entsprechend ihrem Namen im Eigentum des Grundeigentümers stehen, erstreckt sich das Eigentum an einem Grundstück nicht auf bergfreie Bodenschätze (§ 3 Abs. 2 BBergG). Der Gesetzgeber hat in § 3 Abs. 3 BBergG alle Bodenschätze von besonderer Bedeutung für die Volkswirtschaft als bergfrei deklariert 85 . Das entspricht dem Zweck des Bundesberggesetzes, zur Sicherung der Rohstoffversorgung das Aufsuchen, Gewinnen und Aufbereiten von Bodenschätzen zu ordnen und zu fördern (§ 1 Nr. 1 BBergG). Wer bergfreie Bodenschätze gewinnen will, bedarf dazu also einer Bewilligung. Sie gewährt das ausschließliche Recht, nach den Vorschriften des Bundesberggesetzes in einem bestimmten Feld Bodenschätze zu gewinnen und an ihnen Eigentum zu erwerben (§ 8 Abs. 1 Nr. 1 BBergG) 86 . Die Bewilligung wird nur auf Antrag erteilt (§ 10 BBergG). § 12 Abs. 1 BBergG regelt die Voraussetzungen, unter denen die Bewilligung zu versagen ist. 87 . Weithin geht man unter Berufung auf die Gesetzesbegründung88 davon aus, daß das Gesetz die Versagungsgründe erschöpfend aufzählt. Danach bestünde ein Rechtsanspruch auf die Bewilligung, wenn kein Versagungsgrund eingreift 89 . Wortlaut und Systematik des Gesetzes sprechen jedoch gegen diese Interpretation. Während § 12 Abs. 1 BBergG regelt, unter welchen Voraussetzungen die Bewilligung zu
85
Vgl. die Regierungsbegriindung zum Bundesberggesetz, Bundestagsdnicksache 350/75, S.
87. 86 Auf das Bergwericseigentum ist hier nicht näher einzugehen: Es unterscheidet sich von der Bewilligung nur dadurch, daß es gem. § 9 Abs. 1 S. 1 2. Halbsatz BBergG wie ein Grundstück behandelt wird, also in das Grundbuch eingetragen und beliehen werden kann. Das Bergwerkseigentum baut auf der Bewilligung auf, es wird nur verliehen, wenn der Antragsteller bereits Inhaber einer Bewilligung für die betreffenden Bodenschätze und das Feld ist ( § 1 3 Nr. 1 BBergG); siehe Boldt/WeUer, Bundesberggesetz, Rdnr. 1 § 9. 87 Unter Verweis auf § 11 Nr. 1 und 6-10 BBergG, die die Voraussetzungen für die Versagung einer Erlaubnis regeln. 88 89
Bundesratsdrucksache 350/75, S. 12.
Rittner, Der Betrieb, Beüage 7/72, S. 8; Schulte, NJW 1981, 88 (91); Karpen, AöR 106 (1981), 15 (19).
II. Einzelne Konzessionen
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versagen ist, bestimmt § 12 Abs. 2 BBergG, daß die Bewilligung unter bestimmten Voraussetzungen "nur" aus Gründen des Absatzes 1 versagt werden darf: Wenn nämlich der Inhaber einer Erlaubnis zur Aufsuchung zu gewerblichen Zwecken i.S. von § 7 BBergG 90 die in dieser Erlaubnis bezeichneten Bodenschätze im Erlaubnisfeld entdeckt, darf die von ihm beantragte Bewilligung "nur" aus Gründen des § 12 Abs. 1 BBergG und "nur" versagt werden, wenn die Tatsachen, die die Versagung rechtfertigen, erst nach der Erteilung der Erlaubnis eingetreten sind. Diese Vorschrift trägt dem Umstand Rechnung, daß der Erlaubnisinhaber Investitionen getätigt hat, um die Bodenschätze zu entdecken. Die Investitionen werden nur deshalb ins Werk gesetzt, um entdeckte Bodenschätze später im eigenen Unternehmen zu gewinnen. Schützte das Gesetz diese Interessen nicht, wäre kaum jemand bereit, das wirtschaftliche Risiko der Aufsuchung zu übernehmen 91. Da § 12 Abs. 2 BBergG die Gründe für eine Versagung der Bewilligung ausdrücklich abschließend aufzählt, während das Wort "nur" im Abs. 1 der Vorschrift fehlt, drängt sich der Schluß auf, daß nur unter den Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 BBergG ein Rechtsanspruch auf Erteilung einer Bewilligung besteht. Ein Ermessen der Bergbehörde entspricht auch dem allgemeinen Ziel des Bundesberggesetzes, die Rohstoffversorgung zu sichern (§ 1 Nr. 1 BBergG). In Verfolgung dieses Ziels sucht das Bundesberggesetz eine haushälterische Nutzung aller Lagerstätten sicherzustellen, um so volkswirtschaftliche Schäden zu vermeiden 92. Die Erreichung dieses Ziels könnte erschwert werden, wenn Rechtsansprüche auf Bewilligungen zu großzügig gewährt würden. Letztlich ist die Frage nach einem Rechtsanspruch allerdings eher theoretischer Natur. Wirtschaftlich bedeutend ist dieser Anspruch nämlich nur im Falle des § 12 Abs. 2 BBergG, wo es um die Aufsuchung von Bodenschätzen zu gewerblichen Zwecken geht. Zudem ist die Bewilligung gem. § 12 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 11 Nr. 10 BBergG zu versagen, wenn überwiegende öffentliche Interessen die Gewinnung im gesamten zuzuteilenden Feld ausschließen. Im Rahmen der Prüfung dieses generalklauselartigen Versagungsgrundes muß die Bergbehörde die volkswirtschaftlich-bergbaulichen Belange gegen andere öffentliche Interessen abwägen. Als öffentliche Interessen kommen solche in Betracht, die einen Bezug zu dem betreffenden Gebiet selbst haben, sich auf das gesamte zuzuteilende Gebiet erstrecken sowie gegenüber den volkswirtschaftlich-bergbaulichen Interessen überwiegen und deshalb die Gewinnung aus-
90 Die Erlaubnis gewährt das ausschließliche Recht, nach den Vorschriften des Bundesberggesetzes in einem bestimmten Feld Bodenschätze aufzusuchen. 91
Bundesratsdrucksache 350/75, S. 93. Bundesratsdrucksache 350/75, S. 72.
168
4. Kapitel: Konzessionen und Berufsfreiheit
schließen. Zu denken ist hier etwa an Erfordernisse des Naturschutzes und der Landschaftspflege, der Raumordnung und der Landesplanung, des Verkehrs und des Gewässerschutzes93. Diese Interessenabwägung eröffnet der Bergbehörde selbst bei Annahme eines Rechtsanspruchs auch in den Fällen des § 12 Abs. 1 BBergG einen Spielraum für ihre Entscheidung über Anträge auf Erteilung von Bewilligungen.
(2) Die grundrechtliche
Beurteilung
Soweit die Literatur das Problem erörtert, daß ein Rechtsanspruch auf eine Bewilligung nicht besteht, wird darin kein Verstoß gegen Grundrechte gesehen. Wenn die Bodenschätze im Bundesberggesetz auch überwiegend als "bergfrei" eingestuft würden, falle ihre Ausbeutung doch nicht in den Schutzbereich der in Art. 2 Abs. 1 GG verankerten allgemeinen Handlungsfreiheit. Die bergfreien Bodenschätze seien traditionell vom allgemeinen Aneignungsrecht bezüglich herrenloser Sachen ausgenommen, so daß die Bewilligung erst das Recht auf das Gewinnen von Bodenschätzen begründe 94. Das erscheint angesichts des weiten Schutzbereichs von A r t 2 Abs. 1 GG, über den heute Einmütigkeit herrscht, nicht selbstverständlich. Was die gewerbliche Gewinnung von Bodenschätzen angeht, ist vielmehr zunächst zu klären, ob ihre Abhängigkeit von einer behördlichen Erlaubnis den Schutzbereich von Art. 12 Abs. 1 GG oder von A r t 2 Abs. 1 GG berührt oder ob die Ausbeutung von Bodenschätzen tatsächlich überhaupt keinen Grundrechtsschutz genießt.
(a) Der Schutzbereich von Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 1 GG Das Grundrecht des Art. 12 Abs. 1 GG wird nur dann durch die Erlaubnispflicht gemäß § 6 Satz 1 BBergG berührt, wenn diese Pflicht sich auf eine Berufstätigkeit bezieht Dafür läßt sich dem Wortlaut des Bundesberggesetzes kein Anhaltspunkt entnehmen, weil das Gewinnen bergfreier Bodenschätze unabhängig davon, ob es zu Erweibszwecken erfolgt, der Erlaubnispflicht unterworfen wird. Der finanzielle und der technische Aufwand, den der Bergbau notwendig macht, schließen es allerdings aus, bergfreie Bodenschätze zu anderen als zu Erwerbszwecken zu gewinnen. Angesichts dieser rechtstatsächlichen Gegebenheiten ist davon auszugehen, daß Gegenstand der bergrechtlichen Erlaubnispflicht eine Berufsausübung im Sinne von Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG ist. 93 94
Bundesratsdrucksache 350/85, S. 92.
Karpen, AöR 106 (1981), 15 (19) unter Bezug auf H. Westeimann, Freiheit des Unternehmers und des Grundeigentümers und ihre Pflichtenbindung im öffentlichen Interesse nach dem Regierungsentwurf eines Bundesberggesetzes, S. 32 f.
II. Einzelne Konzessionen
169
Da Bergbau wegen des erforderlichen Aufwandes praktisch nicht mehr von natürlichen Personen, sondern nur noch von Großunternehmen betrieben werden kann, könnte sich eher die Frage stellen, ob die individualrechtlich-personale Grundlage der Berufsfreiheit es zuläßt, auch juristischen Personen dieses Grundrecht zuzusprechen. Mit dem Bundesverfassungsgericht, das diese Frage trotz einiger Zweifel bejaht hat, kann jedoch Art. 12 Abs. 1 GG so interpretiert werden, daß er auch die Freiheit juristischer Personen schützt, eine Erwerbszwecken dienende Tätigkeit zu betreiben 95. Sähe man entgegen dieser Auffassung Art. 12 Abs. 1 GG durch § 6 BBergG nicht berührt, wäre die Erlaubnispflicht an Art. 2 Abs. 1 GG zu messen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts 96, die allgemein zugrundegelegt wird 9 7 , schützt A r t 2 Abs. 1 GG alles menschliche Handeln, die Handlungsfreiheit im umfassenden Sinn. Danach fällt auch das Gewinnen von Bodenschätzen jedenfalls in den Schutzbereich von Art. 2 Abs. 1 GG, es stellt eine Ausübung der Handlungsfreiheit dar. Die Frage, ob sich der Schutzbereich von Art. 2 Abs. 1 GG auch auf Handlungen erstreckt, die in fremdes Eigentum eingreifen, braucht hier nicht entschieden zu werden, weil die bergfreien Bodenschätze vor ihrer Gewinnung in niemandes Eigentum stehen. Sie sind nicht herrenlos, sondern unterliegen dem Konzessionssystem des Bundesberggesetzes98. Dieses Konzessionssystem beschränkt die natürliche Handlungsfreiheit des einzelnen: Hätte der Gesetzgeber nämlich das Gewinnen bergfreier Bodenschätze nicht von einer staatlichen Bewilligung abhängig gemacht, könnte jedermann die Mineralien abbauen, solange er nicht in Rechte Dritter eingriffe. Die Erlaubnispflicht gem. §§ 6 ff. BBergG steht einer solchen Entfaltung der natürlichen Handlungsfreiheit entgegen und muß deshalb an Art. 2 Abs. 1 GG gemessen werden, wenn man nicht den Schutzbereich von Art. 12 Abs. 1 GG als berührt ansieht. Daran ändert es nichts, daß die Bewilligung erst das Recht auf die Gewinnung von Bodenschätzen begründet und daß die Bodenschätze traditionell vom allgemeinen Aneignungsrecht bezüglich herrenloser Sachen ausgenommen waren 99. Wollte man den Schutzbereich von Art. 2 Abs. 1 GG 95 Vgl. BVerfGE 50, 290 (362 f.); aus der Literatur statt aller Breuer, Handbuch des Staatsrechts V I , § 147 Rdnr. 23 (S. 896 f.) und Scholz, Rdnr. 93 ff. zu Art. 12, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, mit weiteren Nachweisen in Fußnote 2 auf S. 77; allgemein zur Grundrechtsträgerschaft juristischer Personen Bethge, AöR 104 (179), 54 und 265. 96
BVerfGE 6,32 (36); st Rspr.
97
Dürig, Rdnr. 26 ff. zu Art 2, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz; Erichsen, Handbuch des Staatsrechts V I , § 152 Rdnr. 13 ff. (S. 1191 ff.); Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts, Rdnr. 427 (S. 165 f.); von Mangoldt/Klein/Starck, Das Bonner Grundgesetz, Rdnr. 6 ff. zu Art. 2; von Münch, Rdnr. 17 ff. zu Ait. 2, in: ders., Gnindgesetz-Kommentar, W. Schmidt, AöR 91 (1966), 42; Scholz, AöR 100 (1975), 80 (87 Fn. 49). 98
Bundesratsdrucksache 350/75, S. 76.
99
So aber Karpen, AöR 106 (1981), 15 (19).
170
4. Kapitel: Konzessionen und Berufsfreiheit
danach abgrenzen, ob der Gesetzgeber bestimmte Handlungen erlaubnispflichtig gemacht hat oder nicht, schützte das Grundrecht nicht die allgemeine Handlungsfreiheit des Menschen, sondern nur das Handeln innerhalb des vom Gesetzgeber gezogenen Rahmens. Ob dieser Rahmen aber mit dem Grundgesetz übereinstimmt, ist gerade am Maßstab des Grundrechts aus Art. 2 Abs. 1 GG zu überprüfen 100. Selbst wenn man also entgegen der hier vertretenen Auffassung die Erlaubnispflicht für das Gewinnen bergfreier Bodenschätze nicht an Art. 12 Abs. 1 GG mäße, wäre sie grundrechtsrelevant, weil sie dann jedenfalls die in Art. 2 Abs. 1 GG gewährleistete Handlungsfreiheit beschränkte. In beiden Fällen bestehen aus grundrechtlicher Sicht gegen die Erlaubnispflicht keine Bedenken, wenn sie formell verfassungsgemäß und verhältnismäßig geregelt ist 1 0 1 , so daß es letztlich nicht darauf ankommt, wie die Schutzbereiche der Berufsfreiheit und der in Art. 2 Abs. 1 GG gewährleisteten Handlungsfreiheit auf wirtschaftlichem Gebiet gegeneinander abgegrenzt werden 102 .
(b) Die Verfassungsmäßigkeit der Grundrechtsschranke Formell verfassungsgemäß und verhältnismäßig muß zum einen die Pflicht sein, für das Gewinnen bergfreier Bodenschätze zunächst überhaupt eine staatliche Erlaubnis einzuholen (aa), zum anderen die gesetzliche Ausgestaltung dieser Pflicht unter Verzicht darauf, Interessenten einen Rechtsanspruch auf die benötigte Erlaubnis einzuräumen, wenn sie bestimmte Voraussetzungen erfüllen (bb).
100 Zudem war das überkommene System der Bergfreiheit dadurch geprägt, daß jedermann nach bergfreien Mineralen schürfen durfte und daß ihm unter bestimmten Voraussetzungen ein Rechtsanspruch auf die Verleihung von Bergwerkseigentum zustand. Irrelevant für die Frage des Schutzumfangs dieses Grundrechts ist die Frage, ob die bergfreien Bodenschätze nach bürgerlichem Recht als herrenlose Sachen angesehen werden oder nicht. Sie stehen gemäß den Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches jedenfaUs vor ihrer Gewinnung nicht im Privateigentum. Dem Aneignungsrecht des § 958 BGB unterliegen sie schon deshalb nicht, weil sich dieses Recht nur auf bewegliche herrenlose Sachen erstreckt Zudem standen die traditionellen Sonderregelungen für den Bergbau einem zivilrechtlichen Regime über die bergfreien Bodenschätze entgegen, ohne daß sich daraus jedoch Folgerungen für den Schutzbereich von Art. 2 Abs. 1 GG ableiten ließen. 101 Zur verfassungsmäßigen Ordnung als Schranke von Ait. 2 Abs. 1 GG siehe nur BVerfGE 55, 144 (148) mit weiteren Nachweisen; zur formellen Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen im Sinne von A i t 12 Abs. 1 GG siehe BVerfGE 9, 83 (87 f.), st. Rspr., und Scholz, Rdnr. 229 zu Art. 12, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz. 102 Diese Abgrenzung hat auch das Bundesverfassungsgericht bisher offengelassen, siehe BVerfGE 50,290 (361 f.).
II. Einzelne Konzessionen
171
(aa) Die Erlaubnispflicht Formelle Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der §§ 6 ff. BBergG sind nicht ersichtlich. Das Recht zur Gesetzgebung des Bundes ergibt sich aus seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz für den Bergbau gem. Art. 74 Nr. 11 GG i.V.m. Art. 72 Abs. 2 Nr. 3 GG. Materiell verfassungsmäßig ist die Erlaubnispflicht, wenn sie den Grundsätzen rechtsstaatlichen Verwaltungshandelns, insbesondere dem Gebot der Verhältnismäßigkeit entspricht. Art und Umfang der staatlichen Kontrolle müssen der tatsächlichen Situation, für die sie geschaffen wird, adäquat sein 103 . Das bedeutet, daß der Zweck der Erlaubnispflicht als solcher verfassungsrechtlich unbedenklich und daß die Erlaubnispflicht selbst geeignet und erforderlich sein muß, um diesen Zweck zu erreichen; auch darf die Erlaubnispflicht nicht unzumutbar sein 104 . Zweck der Bewilligungspflicht nach dem Bundesberggesetz ist es, eine haushälterische und umweltverträgliche Nutzung der bergfreien Bodenschätze sicherzustellen, um volkswirtschaftliche Schäden zu vermeiden. Bodenschätze gehören zu den lebenswichtigen Grundlagen einer Volkswirtschaft. Als Rohstoffe und Betriebsmittel sind sie für weite Bereiche der wirtschaftlichen Produktion unentbehrlich. Im Hinblick auf diese gesamtwirtschaftliche Bedeutung des Bergbaus 105, aber auch auf den Umweltschutz, der durch die mit dem Bergbau verbundenen tiefgreifenden Veränderungen der Erdoberfläche berührt wird, bestehen gegen den Zweck der Erlaubnispflicht keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Das in §§ 6 ff. BBergG begründete Konzessionssystem ist geeignet, diesen Zweck zu erreichen. Die Einschaltung der Bergbehörden ermöglicht es dem Staat, durch eine genaue präventive Prüfung der jeweiligen Abbauvorhaben eine haushälterische und umweltverträgliche Nutzung der bergfreien Bodenschätze sicherzustellen. Auch die Erforderlichkeit der Erlaubnispflicht ist zu bejahen. Die geschichtliche Entwicklung hat gezeigt, daß ein System der Bergbaufreiheit den Anforderungen einer modernen Wirtschaftsordnung wegen der fehlenden materiellen Gestaltungsmöglichkeiten nicht mehr gerecht wird. Weder eine haushälterische Nutzung der Bodenschätze noch die Belange des Umweltschutzes wären gesichert, wenn jedermann nach bergfreien Mineralien schürfen und einen Rechtsanspruch auf Verleihung einer Bewilligung bzw. von Bergwerks-
103
BVerfGE 20,150 (155).
104
Zum Verfiältnismäßigkeitsprinzip statt aller BVerfGE 67, 157 (173 ff.) und Badura, Staatsrecht, C 26 (S. 84 f.), beide m.w.N. 105 D a z u näher Bundesratsdrucksache 350/75, S. 72.
172
4. Kapitel: Konzessionen und Berufsfreiheit
eigentum für gefundene Bodenschätze erwerben könnte. Andererseits ist das im Bundesberggesetz gewählte Konzessionssystem ein milderes Mittel, als es der echte Staatsvoibehalt wäre, bei dem sich unmittelbar aus dem Gesetz die Befugnis des Staates zur Aufsuchung und Gewinnung von Bodenschätzen ergibt und der Staat sodann in aller Regel das nur ihm zu verleihende Bergwerkseigentum auf private Dritte überträgt bzw. diesen das Aufsuchungs- und Gewinnungsrecht überläßt 106 . Schließlich ist die Erlaubnispflicht auch nicht unverhältnismäßig im engeren Sinne. Bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs in die allgemeine Handlungsfreiheit und dem Gewicht sowie der Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gründe ist die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt. Die Erlaubnispflicht belastet die an der Gewinnung von Bodenschätzen Interessierten nicht übermäßig 107 . Wer auf natürliche Ressourcen zugreifen will, muß es hinnehmen, daß der Staat als Sachwalter der Allgemeinheit zuvor prüft, ob dieser Zugriff mit den öffentlichen Interessen vereinbar ist.
(bb) Das Nichtbestehen eines Rechtsanspruchs Da Gesetzestext und Systematik sowie der Zweck des § 12 Abs. 1 BBergG im Gegensatz zur Entstehungsgeschichte ergeben haben, daß die Erteilung einer Bewilligung im Ermessen der Bergbehörde steht, wenn kein Versagungsgrund vorliegt, ist auch die Verfassungsmäßigkeit eines solchen Ermessens zu untersuchen. Das gleiche Problem stellt sich im Rahmen des § 12 Abs. 2 BBergG: Zwar sieht diese Vorschrift einen Rechtsanspruch auf die Erteilung einer Bewilligung für den Inhaber einer Erlaubnis zur Aufsuchung zu gewerblichen Zwecken vor; da auf die Erlaubnis, die Voraussetzung für den Rechtsanspruch auf eine Bewilligung ist, aber gem. § 11 BBergG kein Rechtsanspruch besteht, stellt sich auch hier die Frage nach der Verfassungsmäßigkeit des Verwaltungsermessens. Bedenken könnten sich aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Sammlungsgesetz ergeben. Das Gericht hat in dieser Entscheidung einen Rechtsanspruch auf eine Erlaubnis bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen als notwendig bezeichnet, weil Art. 2 Abs. 1 GG nicht nur die allgemeine Handlungsfreiheit als solche, sondern auch die Ausübung der in ihr enthaltenen Befugnisse gewährleiste. Nach dem Urteil ist deshalb ein Erlaubnisvorbehalt nur dann mit dem Grundrecht vereinbar, wenn die allgemeine Handlungsfreiheit als solche unberührt bleibt und dem Bürger ein Rechtsanspruch 106
Vgl. Bundesratsdrucksache 350/75, S. 89.
107
Zu diesem Maßstob BVerfGE 67,157 (178) m.w.N.
II. Einzelne Konzessionen
173
auf die erforderliche Erlaubnis eingeräumt wird 1 0 8 . Da das Sammlungsgesetz das Recht, eine Sammlung durchzuführen, von der Aufhebung eines repressiven Verbots abhängig mache, beseitige es die sich aus Art. 2 Abs. 1 GG ergebende Befugnis zu sammeln, "ohne daß das öffentliche Interesse dies erfordert" 109 . In diesem Halbsatz liegt der wenig beachtete Schlüssel zum richtigen Verständnis des Urteils des Bundesverfassungsgerichts. Die Entscheidung bezieht sich auf ein repressives Verbot, das vom öffentlichen Interesse nicht erfordert wurde. Das Genehmigungsverfahren nach dem Sammlungsgesetz ging vom "Sammelprimat" der NSDAP, ihrer Gliederungen und ihrer angeschlossenen Verbände aus und war als Lenkungsmittel zur Verfolgung staatspolitisch erwünschter Ziele sowie zur Unterbindung politisch nicht genehmer Zwecke gedacht 110 . Ein repressives Verbot zu diesem Zweck kann unter Geltung des Grundgesetzes keinen Bestand haben. Da auch nicht zu ersehen ist, welches andere öffentliche Interesse in einem demokratischen Rechtsstaat ein repressives Verbot des Sammelwesens erfordern könnte, war das Verbot verfassungswidrig. Vor diesem Hintergrund sind die folgenden Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts zu sehen, denen zufolge der Gesetzgeber im Bereich der Grundrechtsausübung die der staatlichen Eingriffsmöglichkeit offenliegende Rechtssphäre selbst abgrenzen muß und dies nicht dem Ermessen der Verwaltung überlassen darf 111 . Sie dürfen nicht dahin mißverstanden werden, der Verwaltung dürfe kein Ermessen eingeräumt werden, wenn es um die Ausübung von Grundrechten gehe 112 . Vielmehr ist davon auszugehen, daß der Gesetzgeber auch im Grundrechtsbereich Entscheidungen in das Ermessen der Verwaltung stellen darf, wenn er den Rahmen des Ermessens entsprechend den Anforderungen der "Wesentlichkeitstheorie" des Bundesverfassungsgerichts hinreichend genau absteckt. Der Gesetzgeber muß vor allem den Zweck des Ermes-
108
BVerfGE 20,150 (155); vgl. femer BVerfGE 21,73 (79 f.); 52,1 (41) und 57, 295 (329).
109
BVerfGE 20,150 (157).
110
BVerfGE 20, 150 (156): "Seiner Funktion nach soUte der Genehmigungsvorbehalt vornehmlich dazu dienen, eine politisch erwünschte Ordnung im Spendenwesen zu schaffen und das Spenden in die vom Staat geförderte Richtung zu lenken. Die Behörden wurden ermächtigt, das Sammlungswesen nach ihrem Emiessen zu steuern und die individuelle Spendentätigkeit zu reglementieren. Das entsprach der damaligen staatspolitischen Tendenz, die allgemein die Lenkung als Verwaltungsaufgabe ansah, wobei sich der staatliche Führungsanspruch weitgehend auch auf die individuelle Lebensgestaltung erstreckte und subjektiv-öffentliche Rechte gegenüber der Verwaltung grundsätzlich nicht anerkannt wurden." 111
BVerfGE 20,150 (157 f.).
112
Bullinger, JZ 1984,1001 (1005) unter Bezug auf BVerfGE 49, 89 (145).
174
4. Kapitel: Konzessionen und Berufsfreiheit
sens, aber auch seine Grenzen klar bestimmen, weil beide für die Verwirklichung der Grundrechte von Erlaubnisbewerbern wesentlich sind 113 . Dieser Interpretation entspricht auch die weitere einschlägige Verfassungsrechtsprechung. So hat der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts in seinem Beschluß vom 8. August 1978 § 7 Abs. 2 AtomG für verfassungsgemäß erklärt, obwohl diese Vorschrift der zuständigen Behörde ein Versagungsermessen einräumt. Der Senat verweist auf die hohen potentiellen Gefahren der nach § 7 Abs. 1 AtomG genehmigungspflichtigen Anlagen, die ein Versagungsermessen rechtfertigten 114. Zugleich betont er, daß der Gesetzgeber die normative Grundsatzentscheidung für oder gegen die rechtliche Zulässigkeit der friedlichen Nutzung der Kernenergie im Hoheitsbereich der Bundesrepublik Deutschland treffen müsse115. Wenn der Gesetzgeber sich aber völlig gegen die rechtliche Zulässigkeit der friedlichen Nutzung der Kernenergie entscheiden und also ein entsprechendes repressives Verbot erlassen könnte, steht es ihm im Hinblick auf die Grundrechte der Betroffenen folgerichtig frei, die friedliche Nutzung der Kernenergie nur grundsätzlich zuzulassen, der zuständigen Behörde aber ein Versagungsermessen einzuräumen. Dementsprechend hat es das Bundesverfassungsgericht für verfassungsgemäß erklärt, daß der Gesetzgeber der Exekutive im Rahmen des als präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt qualifizierten § 7 Abs. 2 AtomG ein Versagungsermessen eingeräumt hat; weil der Rahmen dieses Ermessens hinreichend genau normiert sei, halte sich die Rechtsunsicherheit für den Antragsteller in rechtsstaatlich hinnehmbaren Grenzen 116 . In gleicher Weise hat es der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts gebilligt, daß die Gewässernutzung in § 6 WHG einem repressiven Verbot mit Befreiungsvorbehalt unterworfen wird und nicht einem Erlaubnisverfahren, das dem Grundstückseigentümer anstelle einer Ermessensentscheidung einen Rechtsanspruch auf Zulassung einer Gewässerbenutzung gewährt, wenn die gesetzlichen Versagungsgründe nicht vorliegen. Begründet wurde das damit, daß nur ein repressives Verbot die optimale Nutzung des verfügbaren Wasserangebots sichere 117. Der Gesetzgeber durfte also der Bergbehörde in § 12 Abs. 1 BBergG ein Versagungsermessen bezüglich der Bewilligung einräumen, wenn nur durch ein repressives Verbot eine optimale Nutzung der Bodenschätze gewährleistet 113
Zu diesem Maßstob BVerfGE 47,46 (79) und 57,295 (320 f.).
114
BVerfGE 49, 89 (144 ff.).
115
BVerfGE 49,89 (127).
116
BVerfGE 49, 89 (146 f.).
117
BVerfGE 58, 300 (346 f.).
II. Einzelne Konzessionen
175
werden kann. Dafür sprechen die Erfahrungen, die im Bergrecht mit dem Staatsvorbehalt gemacht wurden. Bis zum Inkrafttreten des Bundesberggesetzes unterfielen die bergfreien Bodenschätze in Preußen teils einem echten, teils einem unechten Staatsvorbehalt. Ausschließlich ein echter Staatsvorbehalt bestand in Bayern sowie in Teilen der heutigen Länder Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz sowie Niedersachsen. Er wurde auch als Alternative für die seinerzeitige Neuordnung des Bergrechts im Bundesberggesetz in Erwägung gezogen, ohne daß insoweit verfassungsrechtliche Bedenken aufgetaucht wäreniu. Solche Bedenken wären auch unbegründet gewesen. Im Hinblick auf die geschilderte Bedeutung der bergfreien Bodenschätze für die Sicherung der Rohstoffversorgung der Bundesrepublik und auf die durch den Bergbau berührten Belange des Umweltschutzes hätte der Gesetzgeber ohne Verstoß gegen Grundrechte ein repressives Verbot der Gewinnung von Bodenschätzen normieren können. Solange ein echter Staats vorbehält in weiten Teilen Deutschlands bestand, hat er sich als geeignet erwiesen, eine angemessene Nutzung der Bodenschätze sicherzustellen. In gleicher Weise ist eine Regelung geeignet, die die Erlaubnis zum Gewinnen bergrechtlicher Bodenschätze in das Bewirtschaftungsermessen der Bergbehörden stellt, weil auch die eigentliche Bedeutung des Staatsvorbehalts darin bestand, daß die Bergbehörden auf seiner Grundlage nach ihrem Ermessen Privaten die Gewinnung von Bodenschätzen ermöglichen konnten. Zwar wäre ein präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt ein milderes Mittel, es würde aber die volkswirtschaftlich notwendigen Entscheidungen über die Nutzung der Bodenschätze, die stets auch mit wirtschaftspolitischen Wertungen verbunden sind, in ein wenig flexibles Ordnungssystem einbinden und für die im Interesse der Allgemeinheit erforderlichen Abwägungen nur einen geringen Raum lassen. Der den Privaten unter bestimmten Voraussetzungen zustehende Rechtsanspruch auf eine Bewilligung schlösse eine aus volkswirtschaftlichen Gründen sinnvoll erscheinende Drosselung des Abbaus von Bodenschätzen aus. Auch Bedenken gegen die Zumutbarkeit einer Ermessensentscheidung sind nicht ersichtlich; wer ihm nicht gehörende Bodenschätze gewinnen will, die für die Allgemeinheit aus volkswirtschaftlichen Gründen von erheblicher Bedeutung sind, muß es hinnehmen, daß die Rechtsordnung ihm keinen Rechtsanspruch auf Erteilung einer Bewilligung einräumt. Aus diesen Gründen konnte der Gesetzgeber der Bergbehörde in § 12 Abs. 1 BBergG ohne Verstoß gegen Grundrechte ein Versagungsermessen einräumen. Zu diesem Ergebnis kommt man auch, wenn man Art. 12 Abs. 1 GG im Sinne der Stufentheorie des Bundesverfassungsgerichts interpretiert. Das ergibt 1
Bundesratsdrucksache 350/75, S.
.
176
4. Kapitel: Konzessionen und Berufsfreiheit
sich daraus, daß der Gesetzgeber nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und der dieser folgenden herrschenden Lehre die für objektive Zulassungsbeschränkungen maßgeblichen besonders wichtigen Gemeinschaftsgüter im Rahmen seiner wirtschafts-, sozial- oder gesellschaftspolitischen Zielsetzungen selbst definieren darf. Diese Definitionen sind nur dann verfassungsrechtlich zu beanstanden, "wenn sie offensichtlich fehlsam oder mit der Wertordnung des Grundgesetzes unvereinbar sind" 119 . Auch die Erforderlichkeit einer objektiven Zulassungsbeschränkung ist nur dann zu verneinen, wenn eine Alternative den Gesetzeszweck "so eindeutig erfüllt, daß ein Gericht in der Lage wäre auszusprechen, der Gesetzgeber habe dieses Mittel anstatt des von ihm gewählten einzusetzen"120. Wenn der Gesetzgeber sich entscheidet, zur Sicherung der Rohstoffversorgung der Bundesrepublik Deutschland und der haushälterischen Nutzung der bergfreien Bodenschätze sowie aus Gründen des Umweltschutzes die Erlaubnis zum Abbau bergfreier Bodenschätze in das Bewirtschaftungsermessen der Bergbehörden zu stellen, wäre diese Festlegung besonders wichtiger Gemeinschaftsgüter weder offensichtlich fehlsam noch mit der Wertordnung des Grundgesetzes unvereinbar. Auch dürfte kaum ein Gericht in der Lage sein, eine Alternative zum Bewirtschaftungsermessen aufzuzeigen, die die genannten Gesetzeszwecke ebenfalls eindeutig erfüllt, aber weniger stark in das Grundrecht der betroffenen Unternehmer eingriffe. Hier zeigt sich der weite Gestaltungsspielraum, den das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber im Rahmen seiner Rechtsprechung zu A r t 12 Abs. 1 GG für wirtschaftspolitische Entscheidungen einräumt 121 .
b. Die Gewässer (1) Das Konzessionssystem Eine Erlaubnispflicht für die Gewässernutzung - sei es zu privatwirtschaftlichen, sei es zu sonstigen Zwecken - ergibt sich aus dem Wasserhaushaltsgesetz: Gem. § 2 Abs. 1 WHG bedarf eine Benutzung der Gewässer 122 der behördlichen Erlaubnis oder Bewilligung. Das Grundeigentum berechtigt gem.
119
BVerfGE 13, 97 (107); siehe dazu näher oben I.
120
BVerfGE 40,196 (223); siehe dazu ebenfalls näher oben I.
121
Siehe dazu oben I.
122
Das sind gem. § 1 Abs. 1 W H G oberirdische Gewässer, Küstengewässer und das Grundwasser, soweit die Länder nicht entsprechend der Ermächtigung in § 1 Abs. 2 W H G kleine Gewässer von wasserwirtschaftlich untergeordneter Bedeutung sowie Quellen, die zu Heilquellen erklärt worden sind, von den Bestimmungen des Wasserhaushaltsgesetzs ausnehmen.
II. Einzelne Konzessionen
177
§ la Abs. 3 WHG nicht zu einer Gewässerbenutzung, die einer Erlaubnis oder Bewilligung bedarf 123 . Erlaubnis und Bewilligung unterscheiden sich in der Art der eingeräumten Rechtsstellung. Während die Erlaubnis gem. § 7 WHG eine widerrufliche Befugnis gewährt, räumt die Bewilligung ein unwiderrufliches, aber befristetes Recht zu einer bestimmten Gewässerbenutzung ein (§ 8 WHG) 1 2 4 . Die Erlaubnis und die Bewilligung sind gem. § 6 WHG zu versagen, soweit von der beabsichtigten Benutzung eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit, insbesondere eine Gefährdung der öffentlichen Wasserversorgung zu erwarten ist Das Gesetz sieht nicht vor, daß eine Erlaubnis oder eine Bewilligung unter bestimmten Voraussetzungen zu erteilen ist. Der Gesetzgeber wollte so zum Ausdruck bringen, daß kein Rechtsanspruch auf Erteilung einer Erlaubnis oder Bewilligung besteht. Er folgte damit den von ihm als "bewährt" bezeichneten Regelungen der meisten Landeswassergesetze und wich bewußt von § 47 des preußischen Wassergesetzes ab, das einen Rechtsanspruch vorsah: "Heute kann angesichts der rasch veränderlichen allgemeinen Wirtschaftsverhältnisse und der damit verbundenen wasserwirtschaftlichen Entwicklung eine derartige Rechtsstellung eines Antragstellers nicht mehr als tragbar angesehen werden" 125 . So lehnte der Bundestag bei der Verabschiedung des Gesetzes ausdrücklich eine Fassung des § 6 WHG ab, aus der sich ein Anspruch auf Zulassung aller das Gemeinwohl nicht beeinträchtigenden Gewässerbenutzungen ergeben hätte 126 . Zuvor hatte eine Sonderausschuß des Bundestages zum Wasserhaushaltsgesetz die Auffassung vertreten, daß dem vor allem von der Industrie vorgetragenen Wunsch, einen Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis und der Bewilligung zu statuieren, nicht entsprochen werden könne. Die Erfüllung des Wunsches wäre nach Meinung des Ausschusses gleichbedeutend gewesen mit einem Verstoß gegen die Grundkonzeption des Gesetzes, daß nicht die freie Verfügungsgewalt des einzelnen, sondern die Beachtung des Wohls der Allgemeinheit Ausgangspunkt aller Maßnahmen auf dem Gebiete des Wasserhaushalts sein solle; der Gewässerschutz würde durch einen Rechtsanspruch in seinem Ansatz wieder illusorisch 127 . Vielmehr müsse der vorhandene Wasserschutz voraus-
123
Die Verfassungsmäßigkeit dieser Bestimmung ist seit BVerfGE 58, 300 geklärt.
124 Was als Benutzung eines Gewässers anzusehen ist, ergibt sich aus § 3 WHG. 125 Regierungsbegiündung zum Entwurf des Wassertiaushaltsgesetzes, Bundestagsdrucksache II/2072, S. 23 (Zu § 6); siehe femer den Bericht des 2. Sonderausschusses - Wasserhaushaltsgesetz -, Bundestagsdrucksache 11/3536, S. 10. 126
Bundestag, Stenographisches Protokoll Π/12800 Β und 12848 D.
127
Schriftlicher Bericht des 2. Sonderausschusses - Wasserhaushaltsgesetz - zum Gesetzentwurf eines Wasserhaushaltsgesetzes, Bundestagsdrucksache II/ 3536, S. 4. 12 Wieland
178
4. Kapitel: Konzessionen und Berufsfreiheit
schauend und planvoll zur Erzielung des größtmöglichen Nutzens eingesetzt werden. Zudem regele § 6 WHG die Versagungsgründe nicht abschließend; ein Rechtsanspruch schlösse aber eine Ausfüllung dieser Rahmenbestimmung durch die Landesgesetzgeber aus 128 . Der Bundesminister für Wirtschaftliche Zusammenarbeit, Dr. h.c. Blücher, wies dann im Bundestag noch einmal darauf hin, daß ein Rechtsanspruch sich nicht mit der Herstellung einer Ordnung, mit einer "Behaushaltung" des Wassers vertrage. Vielmehr sei der öffentlichen Verwaltung die Pflicht aufzuerlegen, aufgrund ihrer Übersicht über den derzeitigen und künftigen Wasserbedarf im Rahmen ihres pflichtgemäßen Ermessens unter Berücksichtigung aller beteiligten Interessen zu entscheiden, ob dem Antrag auf Erteilung einer Wassernutzungserlaubnis entsprochen werden könne 129 . Auf diese Ausführungen hin lehnte der Bundestag den Antrag auf Einräumung eines Rechtsanspruchs mit überwältigender Mehrheit ab 130 . Aus Normtext und Entstehungsgeschichte ergibt sich somit, daß die knappe Ressource Wasser von der Verwaltung im Interesse der Allgemeinheit bewirtschaftet werden soll. Die Wassemutzung richtet sich nicht nach den Ansprüchen der Interessenten, sondern die staatlichen Behörden sollen das Knappheitsproblem vorausschauend ordnen und lösen. Falls kein zwingender Versagungsgrund eingreift, steht demgemäß die Entscheidung über einen Erlaubnisoder Bewilligungsantrag im Ermessen der zuständigen Behörde.
(2) Die grundrechtliche
Beurteilung
Das Nichtbestehen eines Rechtsanspruchs ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Vielmehr dient das den Wasserbehörden eingeräumte Ermessen der Zielsetzung des Wasserhaushaltsgesetzes, eine geordnete Bewirtschaftung des ober- und unterirdischen Wassers nach Menge und Beschaffenheit herbeizuführen 131 . Diese Zielsetzung des Wasserhaushaltsgesetzes hat der Gesetzge-
128
2. Sonderausschuß, ebenda, S. 10.
129
Bundestag, Stenographisches Protokoll Π/12800 A und B: "Die Verwaltung muß bei ihrer Entscheidung das Wohl der Allgemeinheit ebenso wie die Bedürfnisse, Rechte und Belange der anderen Wasserbenutzer berücksichtigen. Was mir bei der Zunahme unserer Bevölkerung, bei den immer dichteren Besiedlungen, bei dem ständig wachsenden Wasserverbrauch der gewerblichen Wirtschaft, bei den sicherzusteUenden Bedürfnissen der Landwirtschaft wesentlich erscheint, ist, daß die Verwaltung die zukünftige Wasserinanspruchnahme sorgfaltig zu erkennen versucht Gerade eine solche vorausschauende und ordnende Tätigkeit, wie sie schon im Begriff 'Wasserhaushalt' liegt, kann nur Aufgabe einer der Gesamtheit dienenden Verwaltung sein." 130
Bundestag, Stenographisches Protokoll Π/12800 B.
131
BVerfGE 58, 300 (329).
II. Einzelne Konzessionen
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ber in § l a Abs. 1 WHG festgeschrieben: Danach sind Gewässer als Bestandteil des Naturhaushalts so zu bewirtschaften, daß sie dem Wohl der Allgemeinheit und im Einklang mit ihm auch dem Nutzen einzelner dienen und daß jede vermeidbare Beeinträchtigung unterbleibt Vorrang haben demnach die Interessen der Allgemeinheit; eine private Gewässernutzung ist nur zulässig, soweit sie diesen Interessen nicht widerspricht. Gegen diese behördliche Ordnung und Bewirtschaftung der Gewässer, die einen Rechtsanspruch auf Erlaubnis oder Bewilligung ausschließt, werden Bedenken aus Art. 2 Abs. 1 GG erhoben: Die freie Entfaltung der Persönlichkeit umfasse die wirtschaftliche Betätigung. Viele privatwirtschaftliche Tätigkeiten seien aber von einer ungestörten Benutzung der Wasservorräte abhängig. Im Hinblick auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Sammlungsgesetz müsse deshalb ein Rechtsanspruch auf Erteilung von wasserrechtlicher Erlaubnis oder Bewilligung angenommen werden, wenn die vom Gesetzgeber festgelegten Versagungsgründe nicht eingriffen 132 . Diese Argumentation vermag nicht zu überzeugen. Wegen der Besonderheiten und der spezifischen Schutzbedürftigkeit des Wasserhaushalts lassen sich gegen das Fehlen eines Rechtsanspruchs weder aus Art. 14 GG noch aus Art. 12 Abs. 1 GG oder Art. 2 Abs. 1 GG Bedenken ableiten 133 . Soweit Art. 14 GG durch das repressive Verbot der Gewässerbenutzung überhaupt betroffen ist, handelt es sich um eine Folge der Sozialbindung des Eigentums im Wasserrecht 134 . Der Schutz des Gewerbebetriebs kann nicht weiter gehen als der Schutz, den seine wirtschaftliche Grundlage genießt 135 . Der Schutzbereich von Art. 12 Abs. 1 GG wird durch die Regelung des § 2 Abs. 1 WHG nicht berührt. Weder bezieht sich die Vorschrift ihrem Wortlaut nach auf eine Erwerbstätigkeit, noch sind die tatsächlichen Verhältnisse so beschaffen, daß eine Benutzung der Gewässer immer oder jedenfalls regelmäßig in Form der Erwerbstätigkeit erfolgte. Allerdings greift die Erlaubnispflicht in die allgemeine Handlungsfreiheit ein 1 3 6 . Dieser Eingriff ist jedoch verhältnismäßig. Eine auf die Zukunft ausgerichtete ordnungsgemäße Steuerung der Gewässernutzung macht es erforderlich, daß den Wasserbehörden bei der Zulassung von Gewässernutzungen und der Verteilung des vorhandenen Wassers ein weiter Bereich freier Gestaltung verbleibt. Es ist im Interesse der Allgemeinheit unabdingbar geboten, 132 Delian, DVB1. 1969, 303 (nur für Erlaubnis); Franke, ZfW 1976, 195 (196); von Tegelen, BB 1963,415 (416); Wiek, ZfW 1963,283. 133
Breuer, öffentliches und privates Wassemecht, Rdnr. 82 (S. 65 f.).
134
Riegel, BayVBl. 1977,65 (69).
135
Gieseke/Wiedemann/Czychowski, Wasserhaushaltsgesetz, Rdnr. 3 zu § 6 WHG unter Berufung auf BVerfGE 58,300 (353). 136
So auch OVG Münster, Urteil v. 24. November 1972, ZfW 1974,235 (244).
180
4. Kapitel: Konzessionen und Berufsfreiheit
eine sachgerechte, d.h. vor allem sparsame Bewirtschaftung des nur in beschränkter Menge zur Verfügung stehenden Wassers sicherzustellen. Eine vorausschauende Planung und Koordination privater und öffentlicher Interessen erfordert es, auch solche zukünftigen Entwicklungen und Entwicklungsmöglichkeiten im Bereich der Wasserwirtschaft mit in die Betrachtung einzubeziehen, die (noch) nicht wahrscheinlich im Sinn von § 6 WHG sind 137 . Auch wenn man entgegen der hier vertretenen Auffassung die Erlaubnispflicht nach dem Wasserhaushaltsgesetz an Art. 12 Abs. 1 GG mißt und dieses Grundrecht im Sinne der herrschenden Meinung interpretiert, ist es nicht zu beanstanden, daß der Gesetzgeber eine sachgerechte Bewirtschaftung des Wassers als überragend wichtiges Gemeinschaftsgut eingestuft hat, dessen Schutz einen weiten Bereich freier Gestaltung der Wasserbehörden voraussetzt. 138 Das wird in Rechtsprechung 139 und Literatur 140 anerkannt. Das Bundesverfassungsgericht hat die im Wasserhaushaltsgesetz geregelte Bewirtschaftung der Gewässer in seinem Beschluß zur Naßauskiesung denn auch für verfassungsgemäß erklärt: Die vom Grundeigentum getrennte öffentlich-rechtliche Benutzungsordnung des Wasserhaushaltsgesetzes sichert danach eine funktionsfähige Wasserwirtschaft. Wegen der vielfältigen und teilweise miteinander konkurrierenden Nutzungsinteressen ist eine geordnete Wasserbewirtschaftung sowohl für die Bevölkerung als auch für die Gesamtwirtschaft lebensnotwendig141. Die Nutzung der Gewässer kann nicht mehr wie früher dem freien Belieben des einzelnen überlassen oder nur durch den Rechtsgrundsatz der "Gemeinverträglichkeit" begrenzt werden. Vielmehr sichert der Staat durch die öffentlich-rechtliche Ordnung des Wasserhaushaltsgesetzes die Durchsetzung des Gemeinwohls 142 .
137
OVG Münster, ebenda, S. 244 f.
138
Vgl. wiederum OVG Münster, ebenda, S. 244 f.
139
Siehe neben dem mehrfach zitierten Urteil des OVG Münster vom 24. November 1972 vor allem das Urteil des BGH vom 5. Juli 1973, ZfW 1975, 45 (46); V G H Mannheim, Urteil vom 21. Dezember 1972, ZfW 1973, 180 (181) und Urteil vom 21. Juni 1979, ZfW 1980, 233 (236); V G H München, Urteil vom 18. Juli 1969, BayVBl. 1970,106 f. 140 Breuer, öffentliches und privates Wasserrecht, Rdnr. 82 (S. 65 f.); Burghartz, Wasseihaushaltsgesetz und Wassergesetz für das Land Nordrhein-Westfalen, Anm. 1 zu § 6 WHG; Friesecke, DVB1. 1961, 809 (811); Gieseke/Wiedemann/Czychowski, Wasserhaushaltsgesetz, Rdnr. 2 zu § 6; Hundertmark, Die Rechtsstellung der Sondemutzungsberechtigten im Wasserrecht, S. 52 f.; Kimminich, Das Recht des Umweltschutzes, S. 124; Rehder, Niedersächsisches Wassergesetz, Anm. 1 zu § 8; Sieder/Zeitler, Wasserhaushaltsgesetz, Rdnr. 2 zu § 6; Sievers, Anm. 5 zu § 6 WHG, in: von Brauchitsch/Ule (Hrsg.), Verwaltungsgesetze des Bundes und der Länder, Band VI, 1. Halbband, Wasserrecht. 141
BVerfGE 10,89 (113).
142
Vgl. BVerfGE 58, 300 (344).
II. Einzelne Konzessionen
181
Ein präventives Erlaubnisverfahren mit Verbotsvorbehalt und einem Rechtsanspruch auf Erteilung einer Erlaubnis oder Bewilligung würde nicht ausreichen, um eine geordnete Wasserwirtschaft zu gewährleisten. Eine optimale Nutzung des verfügbaren Wasserangebots ist ohne ein Ermessen der Wasserbehörden nicht gesichert Das zeigt sich etwa, wenn ein konkretes Vorhaben zwar für sich allein noch keine Beeinträchtigung des Allgemeinwohls erwarten läßt, es jedoch geeignet erscheint, eine in ihren Auswirkungen nicht übersehbare wasserwirtschaftliche Entwicklung einzuleiten 143 . Ein Rechtsanspruch würde auch dann zu unvertretbaren Ergebnissen führen, wenn die Zulassung eines Vorhabens die vorhandene Nutzungskapazität des Gewässers voll ausschöpfte, so daß ein später auftretender Bedarf nicht mehr befriedigt werden könnte. Deshalb betont das Bundesverfassungsgericht zu Recht, daß ein präventives Erlaubnisverfahren mit Verbotsvorbehalt und Rechtsanspruch nur einen Minimalschutz der Gewässer sicherstellen würde, nicht jedoch eine auf die Zukunft ausgerichtete ordnungsgemäße Steuerung der Gewässernutzung. "Bei einem knappen Gut, das wie kaum ein anderes für die Allgemeinheit von lebenswichtiger Bedeutung ist, wäre eine solche Regelung unvertretbar" 144.
c. Die Umwelt (1) Das Konzessionssystem Ein Konzessionssystem zum Schutze der Umwelt sieht das Abfallgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (LAbfG) vor. Gemäß § 10 LAbfG bedarf einer Lizenz, wer Abfälle, die entsorgungspflichtige Körperschaften nach § 3 Abs. 3 AbfG von ihrer Entsorgungspflicht ausgeschlossen haben, im Gebiet des Landes behandelt oder ablagert. Die Lizenzpflicht ist als repressives Verbot mit Lizenzvorbehalt ausgestaltet. Einen Rechtsanspruch auf Erteilung der Lizenz begründet § 10 Abs. 2 LAbfG dementsprechend nicht.
(2) Die grundrechtliche
Beurteilung
Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Bestimmungen bestehen nicht. Die in der Lizenzpflicht liegende Regelung der Berufsausübung verstößt nicht gegen das Verhältnismäßigkeitsprinzip. Nach der Begründung des Gesetzentwurfs soll die gesetzliche Regelung gewährleisten, daß die Abfallentsorger mit 143
Vgl. das Urteil des BVerwG vom 29. Januar 1965, ZfW 1965,98 (106).
144
BVerfG 58,300 (347).
182
4. Kapitel: Konzessionen und Berufsfreiheit
einer hinreichenden Auslastung der von ihnen zu errichtenden Anlagen rechnen können. Das sei nur möglich, wenn der Wettbewerbsdruck durch eine Beschränkung des Kreises der Anbieter vermindert werde. Zudem stoße gerade in Nordrhein-Westfalen die Entsorgung von Abfällen mehr und mehr auf Grenzen der Belastbarkeit der Umwelt. Für Abfalldeponien stehe nur eine äußerst begrenzte Zahl von Standorten zur Verfügung, zumal eine einmal in Anspruch genommene Fläche anschließend nahezu für jede anderweitige Nutzung unwiederbringlich verloren sei. Durch die Beschränkung der Zahl der auf dem Gebiet der Abfallentsorgung miteinander konkurrierenden Unternehmen könnten dagegen die Standorte und Belastbarkeitskapazitäten optimal verteilt werden. Schließlich mache es ein überschaubarer Kreis von Betrieben mit hoher fachlicher Spezialisierung den Abfallwirtschaftsbehörden leichter, die unerläßliche scharfe Kontrolle auszuüben und einen unerwünschten Abfalltourismus zu verhindern 145 . Der vom Land verfolgte Zweck, die Belastung der Umwelt durch die Abfallentsorgung so gering wie möglich zu halten und eine geordnete Abfallbeseitigung sicherzustellen, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Konzessionierung der Abfallentsorgung ist geeignet, diesen Zweck zu verwirklichen. Hinsichtlich der Erforderlichkeit des Konzessionssystems gilt Entsprechendes wie bezüglich der Bewirtschaftung der Gewässernutzung. Es ist im Interesse der Allgemeinheit unabdingbar geboten, eine sparsame Bewirtschaftung des nur beschränkt zur Verfügung stehenden Raumes für die Abfallentsorgung sicherzustellen. Die Belastung der Umwelt durch Abfälle kann nicht dem freien Belieben des einzelnen überlassen werden. Vielmehr erscheint es als sachgerecht und geboten, daß der Staat die Umwelt vor Abfallbelastungen durch eine öffentlich-rechtliche Ordnung sichert. Wegen des hohen Ranges des Umweltschutzes ist für potentielle Interessenten die Beschränkung ihrer wirtschaftlichen Handlungsfreiheit durch das Lizenzsystem auch zumutbar. Wenn man das Lizenzsystem des § 10 LAbfG an dem in Sinne der herrschenden Meinung interpretierten Art. 12 Abs. 1 GG mißt, ergeben sich ebenfalls keine Bedenken gegen die geplante Regelung. Das folgt daraus, daß der Gesetzgeber die für die dann anzunehmende objektive Zulassungsbeschränkung maßgeblichen besonders wichtigen Gemeinschaftsgüter im Rahmen seiner wirtschafts-, sozial- und gesellschaftspolitischen Zielsetzungen selbst definieren darf. Wie bereits dargelegt, ist nach der herrschenden Meinung auch die Erforderlichkeit einer objektiven Zulassungsbeschränkung nur dann zu verneinen, wenn eine Alternative den Gesetzeszweck "so eindeutig erfüllt, daß ein Gericht in der Lage wäre auszusprechen, der Gesetzgeber habe dieses Mittel
145
Regierungsbegründung zu § 10 Abs. 1 LAbfG, Landtagsdrucksache 10/2613, S. 40 f.
II. Einzelne Konzessionen
183
anstatt des von ihm gewählten einzusetzen"146. Angesichts der in der Regierungsbegründung dargelegten Anforderungen des Umweltschutzes an eine geordnete Abfallentsorgung dürfte kein Gericht in der Lage sein, dem Gesetzgeber vorzuschreiben, er müsse die Abfallentsorgung den Gesetzen des Marktes überlassen 147.
2. Monopole oder Oligopole in der Daseinsvorsorge Im Bereich der Daseinsvorsorge werden manche Leistungen nur von einem oder von ganz wenigen Unternehmen erbracht. Vor allem in den Kommunen erfolgt die leitungsgebundene Versorgung mit Wasser oder Energie regelmäßig unter den Bedingungen eines natürlichen Monopols. Den Zugang zu solchen Monopolstellungen kann die öffentliche Hand im Interesse der Allgemeinheit regulieren, indem sie das betreffende privatwirtschaftliche Handeln konzessionspflichtig macht. Diesen Interessen sucht der Staat oft durch Erlaubnispflichten für entsprechendes privatwirtschaftliches Handeln gerecht zu werden. Der Zulässigkeit von Konzessionierungen soll im folgenden anhand der Genehmigungspflicht für private Rundfunkunternehmen (a.) und für den Fluglinien verkehr (b.) nachgegangen werden.
a. Privater Rundfunk (1) Das Zulassungssystem Der Zugang zur privatwirtschaftlichen Veranstaltung von Rundfunk wird in der Bundesrepublik Deutschland rechtlich vor allem mit dem Ziel der Gewährleistung von Meinungsvielfalt geregelt; dementsprechend drängt das Medienrecht das Wirtschaftsverwaltungsrecht in den Hintergrund. Anstelle eines Konzessionssystems findet sich eine besondere rechtliche Zulassungsordnung zur Veranstaltung privaten Rundfunks. Als erstes Gesetz, das in der Bundesrepublik überhaupt privaten Rundfunk ermöglichte, hatte das Saarländische Rundfunkgesetz die Tätigkeit als Rundfunkunternehmer 1967 allerdings noch von einer Konzession abhängig ge-
146
BVerfGE 40,196 (223); siehe dazu näher oben I.
147
Ebenso Peine, NWVB1 1988, 193 (198 f.) gegen Kloepfer/Follmann, DÖV 1988, 573
(579 f.).
184
4. Kapitel: Konzessionen und Berufsfreiheit
macht, auf deren Erteilung kein Rechtsanspruch bestand148. Diese Regelung hat aber das Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt, weil sie die Bestimmung der Voraussetzungen, unter denen eine Konzession zu erteilen oder zu versagen sei, in einem Ausmaß in die Hand der Exekutive lege, das mit dem sich aus A r t 5 Abs. 1 Satz 2 GG ergebenden Vorbehalt des Gesetzes und dem Gewaltenteilungsprinzip unvereinbar sei 149 . Mit dieser Entscheidung hat das Bundesverfassungsgericht 1981 die weitere Rundfunkgesetzgebung der Bundesländer nachhaltig beeinflußt. So sieht z.B. § 16 Abs. 2 des Landesmediengesetzes Baden-Württemberg ausdrücklich vor, daß die von privaten Veranstaltern benötigte Zulassung erteilt wird, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind 150 . Das bedeutet allerdings nicht etwa, daß jeder Interessent auch eine Zulassung für ein oder gar mehrere Vollprogramme erhält Vielmehr stellen die §§ 18 ff. des Gesetzes zahlreiche Zulassungsvoraussetzungen auf, die die Meinungsvielfalt sicherstellen sollen. Angesichts der gegenwärtig und in absehbarer Zukunft fortbestehenden Knappheitssituation im Bereich der terrestrischen Frequenzen und angesichts der ökonomischen Rahmenbedingungen, die namentlich im Fernsehbereich nur zwei oder höchstens drei bundesweiten privaten, auf Werbeeinnahmen angewiesenen Anbietern von Vollprogrammen eine wirtschaftlich gesicherte Grundlage bieten werden 151 , liegt der Schwerpunkt der rechtlichen Regelung auf der Auswahl unter mehreren Veranstaltern, deren Ansprüche nicht alle vollständig befriedigt werden können. So soll die Landesanstalt für Kommunikation gem. § 18 Abs. 1 Landesmediengesetz Baden-Württemberg auf eine Einigung der Antragsteller über eine Aufteilung der Sendezeiten oder eine Kooperation hinwirken, die Meinungsvielfalt herstellt, wenn nach dem Nutzungsplan nicht genügend Übertragungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen, um alle Zulassungen antragsgemäß auszugestalten. Wenn es innerhalb einer angemessenen Frist nicht zu einer solchen Einigung oder Kooperation kommt, trifft die Landesanstalt mit Zustimmung eines pluralistisch besetzten Medienbeirats 152 eine Auswahl unter den Antragstellern: "Bei der Auswahl hat der Antragsteller den Vorrang, der die größte Meinungsvielfalt in seinem Programm und die
148 § 38 und § 39 Abs. 1 Satz 5 Gesetz Nr. 806 über die Veranstaltung von Rundfunksendungen im Saarland vom 2. Dezember 1964, Amtsblatt S. 1111, in der Fassung des Zweiten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes über die Veranstaltung von Rundfunksendungen im Saatland vom 7. Juni 1967, Amtsblatt S. 478. 149 BVerfGE 57, 295 (328 f.); näher zu dieser Entscheidung Wieland, Die Freiheit des Rundfunks, S. 38 ff. 150
Siehe dazu Bullinger/Gödel, Landesmediengesetz Baden-Württemberg, Rdnr. 1 ff. zu § 16.
151
Siehe zu dieser Knappheitssituation näher BVerfGE 73,118 (121 ff.).
152
Zur Zusammensetzung dieses Beirates siehe § 65 Landesmediengesetz Baden-Württem-
berg.
II. Einzelne Konzessionen
185
größeren Anteile an eigengestalteten Beiträgen über die Ereignisse des politischen, sozialen und kulturellen Lebens im Verbreitungsgebiet erwarten läßt" 153 . Diese Vorrangregelung gilt auch, wenn die Landesanstalt in Ausnahmefällen insbesondere bei sich inhaltlich ergänzenden Programmen mit unterschiedlichen Schwerpunkten - die Sendezeit gem. § 18 Abs. 3 Landesmediengesetz Baden-Württemberg unter Antragstellern aufteilt; weiter muß die Landesanstalt bei dieser Aufteilung, die ebenfalls der Zustimmung des Medienbeirats bedarf, die Eigenart der beabsichtigten Programme und die dafür geeigneten Sendezeiten sowie die Wünsche der Antragsteller berücksichtigen 154. Bei diesen Entscheidungen sollen Landesanstalt und Medienbeirat über einen - eher restriktiv zu verstehenden - Beurteilungsspielraum verfügen 155 . Damit wird der in § 16 Abs. 2 Landesmediengesetz Baden-Württemberg begründete Rechtsanspruch entscheidend modifiziert. Er richtet sich angesichts der geschilderten Knappheitssituation in der Praxis oft nur auf die Berücksichtigung bei einer Auswahlentscheidung der Landesanstalt oder in Ausnahmefällen auf einen Teil der Sendezeit, nicht aber auf die Veranstaltung eines Vollprogramms. Für die Auswahl- und Aufteilungsentscheidungen enthält das Gesetz eine Vorrangregelung, die sich allerdings im wesentlichen aus unbestimmten Rechtsbegriffen zusammensetzt und weitreichende Prognosen der entscheidenden Behörden voraussetzt. In vergleichbarer Weise modifiziert wird der Rechtsanspruch auf Zulassung, wenn es an einer Mindestzahl konkurrierender Programme fehlt (§ 22 Landesmediengesetz Baden-Württemberg). Wird die Mindestzahl nicht erreicht, muß ein Veranstalter entweder von den Vertretern der im Verbreitungsgebiet wesentlichen Meinungsrichtungen getragen werden oder eine pluralistische Binnenorganisation aufweisen. Diese Regelung war zwar nur als Auffanglösung gedacht 156 , "dürfte aber für regionalen und lokalen Rundfunk der einzig gangbare (Weg) sein und deshalb zur Regel werden" 157 . Das bedeutet, daß sich ein Interessent für die Veranstaltung lokalen oder regionalen Rundfunks trotz seines grundsätzlich bestehenden Zulassungsanspruchs mit Interessenten anderer (!) Meinungsrichtungen zusammenschließen oder eine binnenplurale Organisation in Kauf nehmen muß, die im wesentlichen der des öffentlich-rechtli-
153
§ 18 Abs. 2 Landesmediengesetz Baden-Württembeig.
154
§ 18 Abs. 3 und 4 Landesmediengesetz Baden-Württemberg.
155
So Bullinger/Gödel, Landesmediengesetz Baden-Württemberg, Rdnr. 7 und 8 zu § 18 in der ursprünglichen Fassung, die als Reaktion auf BVerfGE 74, 297 neu gefaßt wurde; Aufteilungs- und Auswahlentscheidungen der Landesanstalt mit Zustimmung des Medienbeirats sehen aber alte und neue Fassung in gleicher Weise vor. 156
Bullinger/Gödel, ebenda, Rdnr. 1 zu § 22.
157
BVerfGE 74,297 (328 f.).
186
4. Kapitel: Konzessionen und Berufsfreiheit
chen Rundfunks gleicht 158 . In beiden Fällen ist die Möglichkeit zur eigenverantwortlichen Veranstaltung privaten Rundfunks erheblich eingeschränkt. Auch die übrigen Landesrundfunkgesetze regeln in vergleichbarer Weise die Verteilung des Mangels. Sie bedienen sich dabei ebenfalls unbestimmter Rechtsbegriffe, ohne den zuständigen Behörden jedoch ein Auswahlermessen einzuräumen 159. Im Ergebnis handelt es sich wegen des grundsätzlich bestehenden Rechtsanspruchs auf Zulassung zur Veranstaltung privaten Rundfunks - der allerdings in der Praxis weithin zu einem Anspruch auf Chancengleichheit bei Auswahl- oder Aufteilungsentscheidungen der Zulassungsbehörden reduziert ist -, nicht um Konzessionen im hier verstandenen Sinne, sondern um ein Verteilungssystem, das die Meinungsvielfalt im Rundfunk sichern sowie gleiche Chancen in einer Knappheitssituation gewähren soll. Dieses Verteilungssystem führt angesichts der technischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, die nur wenigen Anbietern die Nutzung terrestrischer Frequenzen zur Veranstaltung von Fernsehen ermöglichen, zu dem Ergebnis, daß entsprechende Erlaubnisse in vergleichbarer Weise wie sonst Konzessionen einen Vermögenswerten Vorteil verkörpern. (2) Die grundrechtliche
Beurteilung
Die Zulassung zur Veranstaltung privaten Rundfunks ist zunächst an Art. 5 Satz 2 GG zu messen. Nachdem das Bundesverfassungsgericht 1981 in seinem dritten Fernsehurteil die sich aus der Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk ergebenden Anforderungen an die gesetzliche Ordnung der Zulassung privater Veranstalter geklärt hatte, haben alle Landesgesetzgeber sich an dieser Entscheidung orientiert, wenn sie die Veranstaltung privaten Rundfunks ermöglicht haben. Angesichts der zeitlichen Reihenfolge, die durch ein den gesetzgeberischen Regelungen vorausgehendes und diese leitendes Verfassungsgerichtsurteil geprägt ist, überrascht es nicht, daß gegen die Ordnung der Zulassung an sich keine prinzipiellen verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen160. In grundrechtlicher Sicht ist aber bedeutsam und rechtfertigt die Behandlung der Zulassungregelungen für privaten Rundfunk im vorliegenden Zusam158
BVerfGE 74,297 (330).
159
Siehe § 26 Gesetz über die Erprobung und Entwicklung neuer Rundfunkangebote und anderer Mediendienste in Bayern; § 61 Kabelpilotprojekt- und Versuchsgesetz für drahtlosen Rundfunk im Land Berlin; §§ 16 ff. Hamburgisches Mediengesetz; §§ 2 ff. Niedersächsisches Landesrundfunkgesetz; §§ 4 ff. Rundfunkgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen; §§ 4 ff. Landesrundfunkgesetz Rheinland-Pfalz; §§ 38 ff. Gesetz Nr. 1174, Rundfunkgesetz für das Saarland; §§ 4 ff. Rundfünkgesetz für das Land Schleswig-Holstein. 160 Zur Verfassungswidrigkeit einzelner Zulassungsregelungen des Niedersächsischen Landesrundfunkgesetzes BVerfGE 73,118 und Schlink/Wieland, Jura 1985, 570 (577 f.).
II. Einzelne Konzessionen
187
menhang, daß der Rechtsanspruch auf Erteilung einer Erlaubnis nur bedingt besteht. Er erwächst nicht aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, sondern setzt die Grundsatzentscheidung des Gesetzgebers für die Einführung privaten Rundfunks voraus 161 . Die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk als institutionelle Rahmengarantie und die Berufsfreiheit als möglicherweise ebenfalls einschlägiges Grundrecht sind auch gewahrt, wenn der zuständige Gesetzgeber die Veranstaltung von Rundfunk öffentlich-rechtlich organisierten Anstalten vorbehält; der Gesetzgeber könnte privatwirtschaftlich betriebenen Rundfunk durch eine entsprechende gesetzliche Regelung verhindern 162 . Das ergibt sich aus folgenden Überlegungen: Bereits der Wortlaut von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG macht deutlich, daß das Grundrecht die "Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk", nicht aber die Freiheit, Rundfunk zu veranstalten, gewährleistet. Garantiert wird nicht "Rundfunkfreiheit" als Gegenstück zur ebenfalls in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG genannten "Pressefreiheit", die traditionell auch die Presseunternehmerfreiheit umfaßt 163 . Diese Unterschiede in der Formulierung beruhen nicht auf sprachlichen Erwägungen, sondern auf einer bewußten Entscheidung des Parlamentarischen Rates, der für die Presse die Gewerbefreiheit sichern, die Organisation des Rundfunks aber dem Gesetzgeber überlassen wollte. Aus den Beratungen im Grundsatzausschuß wird deutlich, daß den Mitgliedern dieses Gremiums die verschiedenen Organisationsmöglichkeiten klar vor Augen standen; erwähnt wurden neben der öffentlich-rechtlichen Rundfunkorganisation der private Rundfunk der USA und der Gruppenrundfunk der Niederlande. Um deutlich zu machen, daß für den Rundfunk nur die journalistische Freiheit, nicht aber die Unternehmerfreiheit gewährleistet werden sollte, entschied der Grundsatzausschuß sich gegen die Formulierung "Rundfunkfreiheit" und beschränkte sich auf die Garantie der "Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk" 164 .
161 BVerfGE 57, 295 (318 ff.); in Bezug genommen von BVerfG, Urteil v. 5. Febraar 1991 - 1 BvF 1/85,1 BvF 1/88 -, Umdrack S. 77. 162 Näher zur institutionellen Rahmengarantie der Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk E.-W. Böckenförde/Wieland, AfP 1982,77 und Wieland, Die Freiheit des Rundfunks, S. 80 ff. 163 Zur Presseuntemehmerfreiheit BVerfGE 20, 162 (175 f.); aus der Literatur statt aller Bullinger, Handbuch des Staatsrechts VI, § 142 Rdnr. 164 ff. (S. 730 ff.); Herzog, Rdnr. 141 ff. zu A i t 5 Abs. I, II, in: Maunz/Dürig, Grandgesetz, und Scheuner, VVDStRL 22, 1 (71); anderer Auffassung mit beachtlichen Argumenten Degen, Pressefreiheit, Berufsfreiheit, Eigentumsgarantie, S. 215 ff. 164
Zur Entstehungsgeschichte von Art 5 Abs. 1 Satz 2 GG siehe das Stenographische Protokoll der 25. Sitzung des Grundsatzausschusses des Parlamentarischen Rates am 24. November 1948, S. 6 ff., sowie der 32 Sitzung dieses Ausschusses am 11. Januar 1949, S. 41 ff.; ausführlich dazu Böckenförde/Wieland, AfP 1982, 77 (78 ff.) und Wieland, Die Freiheit des Rundfunks, S. 97 ff.
188
4. Kapitel: Konzessionen und Berufsfreiheit
Angesichts dieser Entscheidung des Verfassungsgebers gegen die Gewährleistung der Rundfunkunternehmerfreiheit, die im Text von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG ihren Niederschlag gefunden hat, vermögen die Bemühungen zahlreicher Autoren nicht zu überzeugen, aus dem Grundgesetz ein Individualgrundrecht auf Veranstaltung von Rundfunk abzuleiten. Zur Begründung dieser Interpretation wird darauf verwiesen, daß aus der grundsätzlichen Freiheit der rundfunkpublizistischen Betätigung das Recht jedes Bürgers folge, Rundfunkuntemehmen zu errichten und zu betreiben. Da jede Freiheit der Betätigung unvollständig sei, solange nicht auch der Zugang zu der Betätigung frei sei, komme es auf den Unterschied in der Formulierung zwischen der Pressefreiheit und der Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk nicht an 165 . Manche Autoren sprechen ungeachtet des Textes von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG davon, das Grundgesetz gewährleiste die Rundfunkfreiheit und damit auch die Rundfunkuntemehmerfreiheit 166 bzw. Rundfunk und Presse umschließe beide der gleiche Wortlaut 167 . Bullinger stellt vor allem auf die technische Entwicklung ab, die mit einer "Individualisierung" der Telekommunikation eine "Individualisierung der Kommunikationsfreiheit" bewirkt habe. Letztere entspreche eher der individuellen Meinungsfreiheit als dem traditionellen Verständnis der Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk 168 . Angesichts des eindeutigen Wortlauts von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, der eine bewußte Entscheidung des Parlamentarischen Rates zum Ausdruck bringt, setzte eine solche Wandlung der institutionellen Rahmengarantie in ein Individualgrundrecht der Rundfunkveranstaltungsfreiheit jedoch eine Änderung der Verfassung voraus 169 .
165 So zuerst Krause-Ablaß, DÖV 1962, 249 (252), zu weiteren Vertretern dieser Auffassung siehe die Nachweise bei Wieland, Die Freiheit des Rundfunks, S. 57 ff., insbesondere Fußnote 3; aus der Literatur seit 1984 Degenhart, Rdnr. 657 zu Art. 5 Abs. 1 und 2, in: Bonner Kommentar, Jarass, Gutachten 56. Deutscher Juristentag, Rdnr. 37 f. (S. G 27 ff.) - nicht eindeutig; Schmitt Glaeser, DÖV 1986, 819 (822); Selmer, Bestands- und Entwicklungsgarantien für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in einer dualen Rundfunkordnung, S. 44 ff.; von Mangoldt/Klein/ Starck, Das Bonner Grundgesetz, Rdnr. 6 f. und 68 f. zu Art. 5 Abs. 1, 2; J. Wolf, Medienfreiheit und Medienuntemehmen, S. 288 ff., alle mit weiteren Nachweisen. 166
H.H. Klein, Die Rundfunkfreiheit, S. 41.
167
Scheuner, Das Grundrecht der Rundfunkfreiheit, S. 22.
168 Bullinger, Kommunikationsfreiheit im Strukturwandel der Telekommunikation, S. 59 ff.; vgl. auch denselben, Vom Rundfunk zum elektronischen Versandhandel, in: derselbe und andere, Die elektronische Herausforderung, S. 63 ff.; ferner derselbe, Human Rights Law Journal 6 (1985), 339 (371); derselbe, JZ 1987, 257 (260); derselbe, Handbuch des Staatsrechts V I , § 142 Rdnr. 118 ff. (S. 711 ff.) und derselbe, in: Baden-Württembergisches Staats- und Verwaltungsrecht, S. 503 (506 f.). 169 Gegen eine Interpretation von Art 5 Abs. 1 Satz 2 GG als Grundrecht der Rundfunkveranstaltungsfreiheit Badura, Rundfunkfreiheit und Finanzautonomie, S. 39; Bethge, Rundfunkfreiheit und privater Rundfunk, S. 23 ff.; derselbe, Rundfunkfreiheit und öffentlich-rechtlicher Organisa-
II. Einzelne Konzessionen
189
Eine Rundfunkunternehmerfreiheit läßt sich auch nicht aus Art. 12 Abs. 1 GG ableiten. Das Recht auf freie Wahl des Berufs schützt nur vor staatlichem Druck bei der Auswahl zwischen den Berufen in ihrer gesetzlichen Form. Wenn der Gesetzgeber es sich bei der ihm aufgegebenen positiven Ordnung des Rundfunks 170 in Erfüllung seiner Aufgaben aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG und A r t 12 Abs. 1 Satz 2 GG zum Ziel setzt, die Veranstaltung von Rundfunk unabhängig von wirtschaftlichen Bedingtheiten und Zwängen zu halten 171 , handelt es sich um einen verfassungsgemäßen Zweck. Um diesen Zweck zu erreichen, ist eine öffentlich-rechtliche Organisation des Rundfunks geeignet, erforderlich und verhältnismäßig im engeren Sinne. Aus Art. 12 Abs. 1 GG ergibt sich ebensowenig wie aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG eine verfassungsrechtliche Pflicht, die Betätigung als Rundfunkuntemehmer zu ermöglichen 17*. Die Verfassung schließt also ein öffentlich-rechtliches Oligopol im Rundfunk nicht aus, sondern räumt dem Gesetzgeber insoweit einen Gestaltungsspielraum ein. Sie verpflichtet ihn allerdings zur abschließenden Regelung der Zulassungsvoraussetzungen, wenn er sich dafür entscheidet, auf privatwirtschaftlicher Grundlage betriebenen Rundfunk einzuführen. Stünde die Entscheidung über die Zulassung einzelner Veranstalter im Ermessen einer staatlichen Behörde, wäre die Meinungsvielfalt gefährdet und Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG verletzt Dieser verfassungsrechtliche Hintergrund der geltenden Zulassungsordnung zum privaten Rundfunk ist im Auge zu behalten, wenn es darum geht, ob die Erteilung einer entsprechenden Erlaubnis mit einer Abgabenpflicht verbunden werden darf.
tionsvorbehalt, S. 36 ff.; derselbe, DVB1. 1986, 859 (861 f.); Grimm, VVDStRL 42, 46 (68 ff.); Heidel, Verfassungsfragen der Finanzierung von Privatfunk durch Werbung, S. 108 ff.; HoffmannRiem, AöR 109 (1984), 304 (305 ff.); vgl. auch denselben, AöR 110 (1985), 528 (533 ff.) und denselben, Rdnr. 108 ff. zu Art 5 Abs. 1, 2, in: Altemativkommentar, Rossen, Freie Meinungsbildung durch den Rundfunk, S. 317 ff.; Stock, AöR 110 (1985), 219 (220 ff.); derselbe, Medienfreiheit als Fünktionsgrundrecht, S. 157 ff.; zur Literatur bis 1984 siehe Wieland, Die Freiheit des Rundfunks, S. 56 ff.; vgl. zum Meinungsstand ferner Jarass, Gutachten G zum 56. Deutschen Juristentag, Berlin 1986, Rdnr. 37 f. sowie die Referate von Lerche und Mestmäcker auf diesem Juristentag, Verhandlungen Band II, S. Ο 10 ff. und Ο 38 ff. sowie neuerdings Stettner, Rundfunk struktur im Wandel, S. 2 ff., aUe mit weiteren Nachweisen. 170
Siehe dazu BVerfGE 57,295 (320 ff.).
171
Näher zu diesen Bedingtheiten und Zwängen Wieland, Der Staat 23 (1984), 245 (272).
172
BVerfGE 57, 295 (318) hat die Frage, ob eine solche Pflicht besteht, ausdrücklich offen gelassen; siehe dazu Jarass, Gutachten G zum 56. Deutschen Juristentag, Rdnr. 38, nach dessen Auffassung die Argumentation des Bundesverfassungsgerichts eher in die Richtung auf Ablehnung eines Grundrechts der Rundfunkveranstaltungsfreiheit zielt; BVerfG, Urteil vom 5. Februar 1991 1 BvF 1/85,1 BvF 1/88 -, Umdnick, S. 77, wiederholt jetzt diese Rechtsprechung.
190
4. Kapitel: Konzessionen und Berufsfreiheit b. Fluglinienverkehr
(1) Das Konzessionssystem Das Fluglinienverkehrsrecht der Bundesrepublik Deutschland ist vom Gesetzgeber darauf ausgerichtet, daß öffentliche Interessen nicht beeinträchtigt werden dürfen (§ 21 Abs. 1 Satz 6 LuftVG); diesem Ziel dient ein System der Konzessionierung. Luftfahrtunternehmen bedürfen generell einer Genehmigung gem. § 20 Abs. 1 Satz 1 LuftVG, als Versagungsgründe nennt das Gesetz in § 20 Abs. 2 LuftVG solche des Polizeirechts. Luftfahrtunternehmen, die Linienverkehr betreiben wollen, benötigen neben dieser Genehmigung für jede Fluglinie noch eine besondere Genehmigung. Letzere - die eigentliche Konzession - erstreckt sich auf die Flugpläne, Beförderungsentgelte und Beförderungsbedingungen. Sie kann versagt werden, wenn durch den beantragten Fluglinien verkehr öffentliche Interessen beeinträchtigt werden (§21 Abs. 1 LuftVG). Das öffentliche Interesse wird dahin interpretiert, daß "mit dem Ziele bester Förderung des gesamten Verkehrs" der Verkehrsfluß reguliert werden soll: "Es ist darauf hinzuwirken, daß neuer Luftverkehr nur dann zugelassen wird, wenn er sich im Rahmen des allgemeinen Verkehrsflusses hält, die Interessen der Verkehrsteilnehmer berücksichtigt und die öffentlichen Interessen am vorhandenen Verkehr nicht beeinträchtigt werden" 173 . Dieses Verständnis des öffentlichen Interesses hat in Deutschland Tradition. Bereits die Genehmigungspflicht in § 11 Abs. 1 LuftVG vom 21. August 1936 174 wurde damit begründet, daß die Luftfahrtunternehmen nicht im "planlosen Wettbewerb" einen sachgemäßen Aufbau des Luftverkehrs verhindern dürften, sondern stattdessen zum Wohle der Verkehrsinteressen der Allgemeinheit geleitet werden müßten 175 . Ganz im Sinne dieser Begründung aus der Frühzeit des Fluglinienverkehrs werden die öffentlichen Verkehrsinteressen auch heute noch gedeutet. Sie sollen schon dann beeinträchtigt sein, wenn der Verkehr mit den vorhandenen Verkehrsmitteln, also z.B. auch der Bundesbahn befriedigend bedient werden kann, wenn durch den neuen Verkehr keine wesentliche Verbesserung der Verkehrsbedienung eintritt und wenn der vorhandene Unternehmer bereit ist, den
173 Darsow, ZLR 1959, 71 (83); vgl. auch die Gesetzesbegriindung zu § 11 LuftVG in: Bundestagsdnicksache III/100, S. 6 und 15 ff. 174 175
R G B l . I S . 653. Zit. nach Schwenk, Handbuch des Luftvericehrsrechts, S. 340 f.
II. Einzelne Konzessionen
191
beantragten Verkehr durchzuführen 176. Diese Interpretation knüpft an die gesetzliche Definition des öffentlichen Verkehrsinteresses in § 13 Abs. 2 Nr. 2 PBefG 177 an, dessen Beeinträchtigung einen zwingenden Grund für die Versagung der Personenbeförderungsgenehmigung darstellt. Die gesetzliche Regelung soll die vorhandenen Unternehmer vor einer "allzu starken Konkurrenz" durch einen neuen Verkehr schützen. Es soll erreicht werden, "daß der Verkehr auf einer Strecke möglichst in der Hand eines Unternehmers bleiben soll, weil Doppelbedienungen immer die Gefahr von Unzuträglichkeiten zum Schaden der Verkehrsnutzer in sich bergen" 178 . Entsprechend dieser Argumentation wird auch die Deutsche Lufthansa AG für schützenswert gehalten, die im Fluglinienverkehr der Bundesrepublik die dominierende Rolle spielt. Das Aktienkapital der Gesellschaft wird zu 74,31 % von der Bundesrepublik, zu 17,84 % von Privataktionären, zu 3 % von der Kreditanstalt für Wiederaufbau, zu 2,25 % vom Land Nordrhein-Westfalen, zu 1,75 % von der Deutschen Bundespost und zu 0,85 % von der Deutschen Bundesbahn gehalten17*. Es handelt sich also faktisch um ein staatliches Unternehmen; für den Fluglinienverkehr besteht in der Bundesrepublik wirtschaftlich gesehen ein Staatsvorbehalt. Im Schrifttum wird bezweifelt, ob angesichts der überragenden und bisher einzigartigen Bedeutung der Lufthansa eine Umschichtung des Luftverkehrsstromes auf ein anderes Luftfahrtunternehmen möglich und zulässig wäre. Selbst wenn ein neues Unternehmen den Verkehr
176 V G Köln, Beschluß vom 20. März 1969, ZLW 1969, 257 (260) und Urteil vom 17. Dezember 1971, Z L W 1975, 235 (237 f.); Hofmann, Luftveikehrsgesetz, Rdnr. 9 ff. zu § 21; Rinck, Z L W 1966,1 (5); Schwenk, Handbuch des Luftverkehrsrechts, S. 342.
177
i 3 Vorausetzung der Genehmigung
(1)... (2) Beim Straßenbahn-, Obusverkehr und Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen ist die Genehmigung zu versagen, wenn 2. durch den beantragten Verkehr die öffentlichen Verkehrsinteressen beeinträchtigt werden, insbesondere a)der Verkehr mit den vorhandenen Verkehrsmitteln befriedigend bedient werden kann b) der beantragte Verkehr ohne eine wesentliche Verbesserung der Verkehrsbedienung Verkehrsaufgaben übernehmen soll, die vorhandene Unternehmer oder Eisenbahnen bereits wahrnehmen, c)die für die Bedienung dieses Verkehrs vorhandenen Unternehmer oder Eisenbahnen die notwendige Ausgestaltung des Verkehrs innerhalb einer von der Genehmigungsbehörde festzusetzenden angemessenen Frist selbst durchzuführen bereit sind ..." 178 BVerwG, Urteil vom 25. Oktober 1968, MDR 1969, 420 (421); siehe zu § 13 Abs. 2 Nr. 2 PBefG im einzelnen Bidinger, Personenbeförderungsrecht, 1. Band, Anm. 28 ff. zu § 13, und Fielitz/Meyer/Montigel, Personenbeförderungsgesetz, Anm. 5 ff. zu § 13 PBefG. 179 Näher zur Bedeutung der Lufthansa für den Fluglinienverkehr der Bundesrepublik Salzwedel, Das Verkehrs- und Nachrichtenwesen, in: Deutsche Verwaltungsgeschichte, Band 5, S. 460 (482).
192
4. Kapitel: Konzessionen und Berufsfreiheit
besser bediene, sei dieser Vorteil immer noch gegen den Nachteil abzuwägen, der der Allgemeinheit durch die Verminderung der "verkehrsmäßigen Leistungsfähigkeit" des vorhandenen Luftfahrtuntemehmens entstehe180. Die wirtschaftliche Lage und Leistungsfähigkeit der Lufthansa als des Hauptträgers des deutschen Fluglinienverkehrs könne durch die Konkurrenz weiterer Linienveikehrsunternehmen beeinflußt werden, weil die Verkehrsauslastung der bestehenden Fluglinien gesenkt und damit ihre Rentabilität und Leistungsfähigkeit gefährdet werde 181 . Letztlich wird der Lufthansa also durch die Interpretation des Begriffs "öffentliche Interessen" die Möglichkeit eines rentablen Verkehrs gewährleistet. Dahinter steht die Überzeugung von Rechtsprechung und Literatur, daß der Fluglinienverkehr in der Bundesrepublik wirtschaftlich nur von einem Unternehmen betrieben werden kann. Nur eine Monopolstellung sichert nach dieser Auffassung die Rentabilität und Leistungsfähigkeit des Fluglinienbetriebs; dem entspricht es, daß in den letzten Jahren Bemühungen anderer Fluggesellschaften, in Deutschland einen eigenen Linienbetrieb einzurichten, wirtschaftlich wenig erfolgreich waren.
(2) Grundrechtliche
Beurteilung
Verfassungsrechtlich gesehen ist diese Auffassung aus der Sicht der herrschenden Meinung und auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 12 Abs. 1 GG nicht unproblematisch. Das Bundesverfassungsgericht sieht in der Berücksichtigung der Interessen des öffentlichen Verkehrs eine objektive Zulassungsvoraussetzung 182. Sie kann nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nur dann vor A r t 12 Abs. 1 GG Bestand haben, wenn sie zur Abwehr nachweisbarer oder höchstwahrscheinlicher schwerer Gefahren für ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut zwingend geboten ist 183 .
180
Deiseroth, Begriff und Bedeutung der Genehmigungen gem. §§ 20-22 LuftVG, S. 107.
181
V G Köln, Urteil vom 14. Januar 1972, ZLW 1975, 235; Bülck, ZLR 1954, 144 (152); Rinck, Z L W 1966,1 (4). 182 Der Beschluß des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 8. Juni 1960 (BVerfGE 11, 168), der insoweit einschlägig ist, hat § 9 Abs. 1 und 2 PBefG i.d.F. des Gesetzes vom 12. September 1955, BGBl. I S. 573, zum Gegenstand: "(1) Die Genehmigung darf nur erteilt werden, wenn der Antragsteller zuverlässig ist, die Sicherheit und Leistungsfähigkeit des Betriebes gewährleistet ist und das Unternehmen den Interessen des öffentlichen Verkehrs nicht zuwiderläuft (2) Die Genehmigung darf bei allen in § 2 genannten Verkehrsarten nicht erteilt werden, wenn der Verkehr mit den vorhandenen Verkehrsmitteln befriedigend bedient werden kann." 183
BVerfGE 11,168(183).
II. Einzelne Konzessionen
193
Diese Voraussetzung ist nach Auffassung des Gerichts beim Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen erfüllt, der Interessen der Allgemeinheit in stärkstem Maße berühre: Nicht nur seien große Gruppen der Bevölkerung auf das Bestehen wie auf das verläßliche und dauerhafte Funktionieren des Linienverkehrs angewiesen; der Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen ergänze auch den Schienenverkehr und trete zu diesem Verkehr, "namentlich seinem Hauptträger, der Deutschen Bundesbahn", in Konkurrenz. "Er kann so die wirtschaftliche Lage und Leistungsfähigkeit dieses Instituts unmittelbar beeinflussen, dessen überragende Bedeutung im Rahmen des Verkehrswesens keinem Zweifel unterliegt und dessen Bestand und höchstmögliche Wirtschaftlichkeit auch aus allgemeinen staatspolitischen wie aus wirtschafts- und sozialpolitischen Gründen gesichert werden müssen." Die Sicherung der "höchstmöglichen" Wirtschaftlichkeit des Schienenverkehrs rechtfertigt nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts den Schutz der Deutschen Bundesbahn vor Konkurrenten, die die Rentabilität ihres Betriebes vermindern würden 184 . Diese Argumentation übertragen Rechtsprechung 185 und Literatur 186 auf den Fluglinienverkehr und halten aus diesem Grund den Schutz der Lufthansa vor Konkurrenz für vereinbar mit Art. 12 Abs. 1 GG. Die Leistungsfähigkeit der öffentlichen Verkehrsträger wird als überragendes Gemeinschaftsgut angesehen, das deren Privilegierung durch Schutz vor Konkurrenz rechtfertigt 187 . Letztlich wird damit aber die eigentlich verpönte Bedürfnisprüfung erlaubt 188 , Zulassungsbeschränkungen werden mit dem Gedanken des Konkurrenzschutzes gerechtfertigt 189. Diesen Widerspruch vermeidet die hier entwickelte Interpretation von A r t 12 Abs. 1 GG. Danach ist das die Grundlage der Berufsausübungsregelung in § 21 Abs. 1 LuftVG bildende Ziel des Gesetzgebers verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, den Fluglinienverkehr möglichst rentabel zu erhalten, um eine umfassende Verkehrsbedienung sicherzustellen. Der Fluglinienverkehr ist von erheblicher volkswirtschaftlicher Bedeutung und zugleich in einer modernen
184
BVerfGE 11,168 (184 f.); anders aber für den Gelegenheitsverkehrs S. 185 ff.
185
V G Köln, Urteil vom 14. Januar 1972, Z L W 1975,235 (237).
186
Deiseroth, Begriff und Bedeutung der Genehmigungen gem. §§ 20-22 LuftVG, S. 101 ff.; Gimbel, NJW 1963, 19 (20); siehe dazu die Erwiderung von Graumann, NJW 1963, 1487; Hofmann, Luftverkehrsgesetz, Rdnr. 9 zu § 1 LuftVG. 187
Bachof, Freiheit des Berufs, in; Bettenmann/Nipperdey/Scheuner, Die Grundrechte, 3. Band, 1. Halbband, S. 155 (244 f.). 188 Vgl. insoweit vor dem Apothekenurteil des Bundesverfassungsgerichts noch ausdrücklich die Mitglieder des Rechtsausschusses der Wissenschaftlichen GeseUschaft für Luftfahrt, ZLR 1954, 144 (150 ff.). 189
Strikt abgelehnt noch in BVerfGE 7, 377 (408).
13 Wieland
194
4. Kapitel: Konzessionen und Berufsfreiheit
Industriegesellschaft ein nicht unbedeutender Bestandteil der Daseinsvorsorge. Demgemäß besteht kein Anlaß für verfassungsrechtliche Bedenken dagegen, daß der Staat den Fluglinienverkehr nicht dem freien Spiel der Kräfte im Wettbewerb überläßt, sondern sich zum Ziel setzt, durch eigene gestaltende Einwirkung auf diesen Verkehr dessen Funktionieren sicherzustellen. Um dieses Ziel zu erreichen, ist eine Konzessionierung geeignet und erforderlich. Ein Rechtsanspruch auf Erteilung einer Erlaubnis zum Betrieb eines Fluglinienverkehrs ließe sich nicht mit der Absicht des Gesetzgebers vereinbaren, bereits im Geschäft befindliche Betreiber eines Fluglinienverkehrs vor Konkurrenz zu schützen, um ihre Rentabilität zu sichern. Auch gegen die Zumutbarkeit einer Konzessionierung bestehen aus der Sicht des Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Angesichts der beschränkten Aufnahmekapazität des Luftraumes über der Bundesrepublik (Knappheitssituation) müssen es mögliche Interessenten hinnehmen, daß die Zulassung zum Fluglinienverkehr konzessioniert ist. Daran ändert es nichts, daß der Gesetzgeber sich aus anderen volkswirtschaftlichen Wertungen heraus auch für eine Konkurrenz im Fluglinienverkehr entscheiden könnte 190 . Die Grundsatzentscheidung, den Fluglinienverkehr zu konzessionieren, ist solange mit Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG vereinbar, als sie sich aus volkswirtschaftlichen und flugtechnischen Gründen (Vermeidung einer Überlastung des Luftraumes) rechtfertigen läßt. Konkurrenzschutz verstößt unter diesen Umständen nicht gegen Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG.
3. Sozial schädliche Tätigkeiten Bestimmte Erwerbstätigkeiten sieht der Gesetzgeber als sozial unwertig an. So ist nach allgemeiner Auffassung ein wesentliches Kriterium für den Rechtsbegriff des Gewerbes, daß ein Handeln erlaubt ist. Eine Erwerbsart, die den allgemein anerkannten sittlichen und moralischen Wertvorstellungen zuwiderläuft und für die wegen ihrer generellen Sozialschädlichkeit nach der Überzeugung der Rechtsgemeinschaft eine Anwendung gewerberechtlicher Vorschriften schlechthin nicht in Betracht kommt, ist nicht "gewerbefähig" 191. Ganz entsprechend sieht das Bundesverfassungsgericht in ständiger Rechtsprechung durch Art. 12 Abs. 1 GG das Grundrecht gewährleistet, jede erlaubte Tätigkeit als
190 Siehe zu einer vergleichbaren Entwicklung in den Vereinigten Staaten von Amerika Wieland, Die Verwaltung 18 (1985), 84 (101 ff.). 191 Statt aller Fuhr, Einl. A.I.I., in: Friauf (Hrsg.), Kommentar zur Gewerbeordnung, und Landmann/Rohmer, Gewerbeordnung, Einl. Rdnr. 38 ff. m.w.N.
II. Einzelne Konzessionen
195
Beruf zu ergreifen 192 . Durch das Kriterium des Erlaubtseins sollen vor allem strafbare oder als sittenwidrig angesehene erwerbswirtschaftliche Betätigungen wie gewerbsmäßige Hehlerei, Wucher oder Betrug, Prostitution, Zuhälterei und Betrieb eines Bordells ausgegrenzt werden 193 . Die Kriterien der Strafbarkeit, Sittenwidrigkeit und sozialen Unwürdigkeit sind in diesem Zusammenhang keinesfalls unproblematisch. Woraus ergibt sich ihre Relevanz? Kann der Gesetzgeber frei entscheiden, welche erwerbswirtschaftliche Betätigung unter die genannten Kriterien fällt? Wie wirkt ein Wandel der Anschauungen über Sitte und Moral sich aus? Diese Fragen sind zu beantworten, wenn im folgenden untersucht wird, ob der Gesetzgeber erwerbswirtschaftliches Handeln genehmigungspflichtig machen oder verbieten darf, weil er es für sozial unwertig hält.
a. Der Betrieb von Spielbanken (1) Das Konzessionsystem Als typisches Beispiel für den Wandel der Anschauungen und damit auch der rechtlichen Regelungen kann der Betrieb von Spielbanken gelten. Nachdem 1782 die Spielbank in Wiesbaden zum ersten Mal in Deutschland das Roulette eingeführt hatte, wurden in den folgenden Jahrzehnten in mehreren Badeorten ebenfalls Spielbanken eröffnet 194 . Eine Gegenbewegung setzte mit der Paulskirchenversammlung ein und endete mit der Schließung der letzten deutschen Spielbanken nach der Reichsgründung 1871. Zu Beginn der nationalsozialistischen Herrschaft wurde dann der Betrieb von Spielbanken wieder erlaubt, weil man fiskalischen und wirtschaftspolitischen Erwägungen Vorrang vor ordnungsrechtlichen Bedenken gab. Nach der kriegsbedingten Schließung der Spielbanken im Jahre 1944 eröffnete Rheinland-Pfalz 1948 das erste Casino der Nachkriegszeit in Bad Neuenahr. Während Hessen und Schleswig-Holstein folgten, wurde in Württemberg-Baden 1952 der Betrieb von Spielbanken ausdrücklich verboten. Erst nach langen Diskussionen und politischen Auseinandersetzungen ließen die anderen Bundesländer - zumeist in den 70er Jahren, dann wieder Spielbanken in begrenzter Zahl zu.
192
BVerfGE 7,377 (397); 68,272 (281).
193
von Ebner, Gewerbearchiv 1979,177; Landmann/Rohmer, Einl. Rdnr. 42 m.w.N.
194
Hierzu und zum folgenden Niestegge, Zur Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern im Spielbankrecht, S. 6 ff.; W. Jellinek, Das württemberg-badische Spielbankverbotsgesetz, Heidelberg 1952, S. 1 ff.
196
4. Kapitel: Konzessionen und Berufsfreiheit
Diese Zulassung ändert aber nichts daran, daß in der Bundesrepublik grundsätzlich der Betrieb einer Spielbank als an sich unerwünschte Tätigkeit verboten und gemäß §§ 284 ff. StGB sogar unter Strafe gestellt ist. Das Bundesverfassungsgericht hat es als öffentliche Aufgabe bezeichnet, das illegale Glücksspiel um Geld einzudämmen. Nur weil vornehmlich in Kurorten mit internationalem Publikum der Spielbetrieb im Grunde nicht zu verhindern sei, solle wenigstens die natürliche Spielleidenschaft vor strafbarer Ausbeutung geschützt und dem nicht zu unterdrückenden Spieltrieb des Menschen eine staatlich überwachte Betätigungsmöglichkeit verschafft werden. Dementsprechend wird das Spielbankenrecht als Recht der öffentlichen Sicherheit und Ordnung angesehen. Kompetenzrechtlich zählt es nicht zum Recht der Wirtschaft im Sinne von A r t 74 Nr. 11 GG, weil mit der Zulassung einer Spielbank angeblich nicht ein Gebilde des wirtschaftlichen Lebens entsteht195. Ganz in diesem Sinne kann in Bremen gem. § 2 des Gesetzes über die Zulassung einer öffentlichen Spielbank Unternehmer der Spielbank nur eine Gesellschaft sein, deren Gesellschafter juristische Personen des öffentlichen Rechts oder solche juristischen Personen des privaten Rechts sind, deren Anteile ausschließlich juristischen Personen des öffentlichen Rechts gehören. Mit dieser Beschränkung auf schon öffentlich kontrollierte Anteilseigner wollte der Gesetzgeber gewährleisten, daß allgemeine Verhaltensgrundsätze der öffentlichen Hand auf das Geschäftsgebaren der Spielbank einwirken. Zugleich sollte eine Privilegierung Privater im Zusammenhang mit der öffentlich-rechtlichen Gestattung des sonst verbotenen Glücksspiels vermieden werden 196 . In den anderen Bundesländern können private Unternehmer zwar Spielbanken betreiben, benötigen dazu aber eine Konzession, auf die kein Rechtsanspruch besteht 197 .
(2) Die grundrechtliche
Beurteilung
Ist diese Konzessionierung bzw. der völlige Ausschluß privater Unternehmer vom Betrieb einer Spielbank mit Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG vereinbar? Ver-
195
BVerfGE 28,119 (146 ff.).
196
Siehe die Begründung zu § 2 des Gesetzentwurfs in Drucksache 9/683 der Bremischen Bürgerschaft, S. 4; die gleiche Regelung enthält § 3 des Gesetzes über die Zulassung öffentlicher Spielbanken im Land Nordrhein-Westfalen. 197 §§ 1 und 3 des Gesetzes über die Zulassung einer öffentlichen Spielbank in Berlin vom 13. April 1973; § 1 Abs. 1 des hamburgischen Gesetzes über die Zulassung einer öffentlichen Spielbank vom 24. Mai 1976; § 1 f. des Niedersächsischen Gesetzes über die Zulassung öffentlicher Spielbanken vom 25. Juli 1973; Art I des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Zulassung öffentlicher Spielbanken vom 23. März 1949 (Schleswig-Holstein); in den anderen Bundesländern gilt das Reichsgesetz über die Zulassung öffentlicher Spielbanken vom 14Juli 1933 fort, das die Konzessionierang in § 1 regelt
II. Einzelne Konzessionen
197
fassungsrechtlicher Maßstab für die Regelung der Berufsausübung ist wiederum das Prinzip der Verhältnismäßigkeit. Die Konzessionierung des Spielbankbetriebs zielt auf eine möglichst weitgehende Unterdrückung des Spieltriebs der Menschen sowie darauf, diesem Trieb unter staatlicher Kontrolle einen begrenzten Raum der Entfaltung zu verschaffen. Die in dieser Zielsetzung des Gesetzgebers zum Ausdruck kommende Bewertung des Spiels um Geld ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Angesichts der Gefahr des wirtschaftlichen Ruins für Personen, die der Spielleidenschaft verfallen sind, kann es der Gesetzgeber verfassungsrechtlich unbedenklich als geboten ansehen, das Spiel um Geld so weit wie möglich einzudämmen. Die Konzessionierung des Spielbankbetriebs ist dazu nicht nur geeignet, sie ist mangels eines ebenso sicheren, milderen Mittels auch erforderlich. Möglichen Interessenten kann zugemutet werden, auf den Betrieb einer Spielbank zu verzichten oder sich einem Konzessionsverfahren zu unterwerfen. Das gilt vor allem deshalb, weil der Gewinn der Spielbank nicht das Ergebnis der Tätigkeit des Unternehmers ist, sondern das Zufallsprodukt des wechselnden Spielverlaufs; der Gewinn des Spielbankunternehmers kommt im wesentlichen dadurch zustande, daß die Bank gegenüber der Gesamtheit der Spieler, aus deren Einsätzen sich das Spielkapital zusammensetzt, die besseren Chancen hat 198 . Für das Bundesverfassungsgericht und die ihm folgende herrschende Meinung ist die verfassungsrechtliche Behandlung der Konzessionierung von Spielbanken unproblematisch: Da Art. 12 Abs. 1 GG als Beruf nur jede sinnvolle erlaubte Betätigung schützt 199 , es aber gemäß § 284 StGB strafbar ist, ohne behördliche Erlaubnis öffentlich bzw. in Vereinen oder geschlossenen Gesellschaften, in denen Glücksspiele gewohnheitsmäßig veranstaltet werden, ein Glücksspiel zu veranstalten, berührt die Konzessionierung den Schutzbereich von Art. 12 Abs. 1 GG nicht. Nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts entspräche es der Bedeutung des Grundrechts nicht, wenn die "schlechthin gemeinschaftsschädlichen Betätigungen" zwar auch als Berufe i.S.d. A r t 12 Abs. 1 GG betrachtet würden, ihre Aufnahme und Ausübung aber gem. Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG jedermann verboten werden dürften. Bei einer solchen Betrachtungsweise bliebe von der verfassungsrechtlichen Freiheitsverbürgung des Berufes nichts übrig. "Daher liegt eine Betätigung, die nach den Wertvorstellungen der Rechtsgemeinschaft - ungeachtet der sonstigen verschiedenartigen Anschauungen innerhalb der pluralistischen Gesellschaft - allgemein als gemeinschaftsschädlich betrachtet wird, wie etwa die Betätigung als
198 BVerfGE 28, 119 (147) unter Bezug auf Schmölders, Die Besteuerung des Glücksspiels, in: Handbuch der Finanzwissenschaft, 2. Band, § 21, S. 701 ff. 199
BVerfGE 68,272 (281); st Rspr.
198
4. Kapitel: Konzessionen und Berufsfreiheit
'Berufsverbrecher 1 und die Ausübung der Gewerbsunzucht, von vornherein außerhalb der Freiheitsverbürgung des Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG." Verbot und Strafbarkeit einer Tätigkeit sollen allerdings nicht notwendig Ausdruck der "herrschenden Grundanschauung der Gesellschaft" sein; es genügt auch nicht, daß eine Betätigung etwa aus weltanschaulichen, religiösen, wissenschaftlichen oder sonstigen Gründen umstritten ist 2 0 0 . Ähnlich wie die Rechtsprechung argumentiert die Lehre. Schon vor dem Apotheken-Urteil des Bundesverfassungsgerichts, mit dem das Kriterium des Erlaubtseins Eingang in den Berufsbegriff des Gerichts gefunden hat 201 , war von Mangoldt davon ausgegangen, daß das Grundrecht Betätigungen nicht decke, die vom Recht sonst als unerlaubt behandelt würden 202 . Friedrich Klein hatte auf die im Bewußtsein der Allgemeinheit herrschende, an ganz bestimmte Wertvorstellungen geknüpfte Auffassung vom Wesen beruflicher Betätigung verwiesen, um die Ausgrenzung "sozialunwertiger" - nicht jedoch "sozialwertig neutraler" - Tätigkeitserfolge aus dem Schutzbereich des Grundrechts zu rechtfertigen 203 . Ganz ähnlich begründet die herrschende Lehre noch heute, warum "Sozialwertigkeit" und "Erlaubtsein" Kriterien des Berufsbegriffs sind: Gesellschaftliche Anschauungen und deren "in die Zeit hinein offene" Wandlungen sollen über die Gemeinschaftsschädlichkeit von Betätigungen entscheiden204. Bachof hatte gegen diese Auffassung schon früh eingewandt, daß auf diese Weise ein genereller Gesetzesvorbehalt eingeführt werde, weil das Gesetz bestimme, ob eine Tätigkeit verboten oder strafbar sei. Auch er vertritt jedoch die Auffassung, daß eine Tätigkeit nicht als Beruf ausgeübt werden kann, wenn und soweit ihr Verbot Ausdruck anerkannter Anschauungen über die Sozialwertigkeit einer Tätigkeit sei. Verbot und Strafbarkeit selbst müßten aber am Maßstab des Art. 2 Abs. 1 GG gemessen werden, eine Auffassung, die zum gleichen Ergebnis führt wie die hier vertretene Interpretation von Art. 12 Abs. 1 GG 2 0 5 . Neuerdings wird in der Literatur auch gefordert, das Verbot einer Tätigkeit als "sozial unwertig" sei an der Stufentheorie zu messen, so daß es nur mit höchstwahrscheinlichen Gefahren für ein überragend wichtiges Gemein-
200
BVerwGE 22,286(289).
201
BVerfGE 7,377.
202
von Mangoldt, Anm. 3 zu Ait. 12 (S. 93).
203
von Mangoldt/Klein, Anm. 2a zu Art. 12 GG.
204
Scholz, Rdnr. 24 ff. zu Ait. 12 in: Maunz/Dürig, Grundgesetz; Gubelt, Rdnr. 8 f. zu Art. 12 GG, in: von Münch, Grundgesetz-Kommentar, Band 1. 205 Bachof, Freiheit des Berufs, in: Bettermann/Nipperdey/Scheuner, Die Grundrechte, 3. Band, 1. Halbband, Beilin 1958, S. 155 (190 f.).
II. Einzelne Konzessionen
199
schaftsgut gerechtfertigt werden könne 206 . Das erscheint aus der Sicht der h.M. konsequent und dürfte sich angesichts der weiten Spielräume, die das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber insoweit einräumt, in der Praxis von der hier entwickelten Interpretation des Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG kaum unterscheiden. Entscheidend sind letztlich das Prinzip der Verhältnismäßigkeit und insbesondere die Verfassungsmäßigkeit des Zweckes der Qualifizierung einer wirtschaftlichen Tätigkeit als sozial schädlich. Hier kann es nicht auf allgemeine sittliche Anschauungen einer Mehrheit der Bevölkerung ankommen, sondern nur auf die Abwehr von Gefahren für schützenswerte Rechtsgüter. Wenn der Gesetzgeber die Gefahren der Spielsucht zum Anlaß nimmt, den Betrieb von Spielbanken zu konzessionieren, ist das Ziel, das Entstehen von Spielsucht zu verhindern, verfassungsrechtlich unbedenklich; die Konzessionierung ist zur Erreichung dieses Ziels geeignet, erforderlich und zumutbar.
b. Der Betrieb von Gaststätten Auch die rechtliche Regelung des Betriebs von Gaststätten hat sich gewandelt. Das Reichsgaststättengesetz207 machte in § 1 Abs. 1 Satz 1 den Betrieb einer Gastwirtschaft erlaubnispflichtig und schrieb in § 1 Abs. 2 vor, daß die Erlaubnis nur erteilt werden dürfe, wenn ein Bedürfnis nachgewiesen sei. Wurde ein Bedürfnis nachgewiesen, war die Erlaubnis gemäß § 2 Abs. 1 nur in fünf Fällen zu versagen, die das Gesetz abschließend aufzählte. Nach Inkrafttreten des Grundgesetzes erklärte das Bundesverwaltungsgericht die Vorschrift des § 1 Abs. 2 Reichsgaststättengesetz über die Bedürfnisprüfung für unvereinbar mit Art. 12 Abs. 1 GG, weil sie den Wesensgehalt des Grundrechts antaste208. Das Gaststättengesetz des Bundes sieht nunmehr zwar in § 1 Abs. 1 weiterhin eine Erlaubnispflicht für den Betrieb einer Gaststätte, nicht jedoch eine Bedürfnisprüfung vor. Es zählt in § 4 Abs. 1 vier Tatbestände auf, bei deren Vorliegen die Erlaubnis zu versagen ist. Anders als § 2 Abs. 1 Reichsgaststättengesetz enthält der Text von § 4 Abs. 1 Gaststättengesetz aber keinen Hinweis darauf, daß die Gründe für die Versagung der Gaststättenerlaubnis abschließend aufgezählt sind.
206
Berg, Gewerbearchiv 1977, 249 (253); Breuer, Handbuch des Staatsrechts V I , § 147 Rdnr. 43 ff. (S. 910 f.); Rittstieg, Rdnr. 67 f. zu Art. 12, in: Alternativkommentar zum Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland; vgl. femer die Argumentation von Scholz, Rdnr. 24 ff. zu Art. 12 GG, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, gegen BVerwGE 22, 286 und 2,110 (111) sowie 4,294 (295). 207
Vom 28. April 1930, RGBl. 1930 S. 146.
208
BVerwGE 1,48; 20, 321 (322 ff.).
200
4. Kapitel: Konzessionen und Berufsfreiheit
Ungeachtet des ins Auge fallenden Unterschiedes zwischen der Formulierung von § 2 Abs. 1 Reichsgaststättengesetz - "... ist die Erlaubnis nur zu versagen" - und von § 4 Abs. 1 Gaststättengesetz - "Die Erlaubnis ist zu versagen ..." - wird die gegenwärtige Rechtslage so verstanden, daß ein Rechtsanspruch auf die Erlaubnis bestehe, wenn keiner der im Gesetz genannten Versagungsgründe vorliege 209 . Das soll sich aus § 31 Gaststättengesetz in Verbindung mit § 1 Abs. 1 GewO ergeben. Gemäß § 31 Gaststättengesetz finden auf die den Vorschriften dieses Gesetzes unterliegenden Gewerbebetriebe die Vorschriften der Gewerbeordnung soweit Anwendung, als nicht im Gaststättengesetz besondere Bestimmungen getroffen worden sind. Dogmatisch tragfähig ist die Begründung eines Rechtsanspruch auf Erteilung einer Gaststättenerlaubnis aus dem Verweis auf die Gewerbeordnung nicht. Die Gewerbefreiheit des § 1 Gewerbeordnung ist durch die Erlaubnispflicht des § 1 Gaststättengesetz ersetzt. Unter welchen Voraussetzungen die Gaststättenerlaubnis zu erteilen ist, kann sich demnach nur aus dem Gaststättengesetz, nicht aber aus der Gewerbeordnung ergeben. Gerade wegen des Prinzips der Gewerbefreiheit sieht die Gewerbeordnung keinen Anspruch genereller Art auf die Erteilung einer Gewerbeerlaubnis vor. Sie kann dementsprechend auch nicht die fehlende Regelung eines Anspruchs auf eine Gaststättenerlaubnis im Gaststättengesetz ersetzen. Der ganz herrschenden Meinung ist jedoch zuzugeben, daß ungeachtet des insoweit zumindest mehrdeutigen Textes von § 4 Abs. 1 Gaststättengesetz deshalb von einem Anspruch auf die Gaststättenerlaubnis ausgegangen werden kann, weil der Gesetzgeber die Versagungsgründe abschließend aufzählen wollte und die Verwaltungspraxis entsprechend verfährt. Die Absicht des Gesetzgebers kam 1956 in einem - nicht verabschiedeten - Entwurf eines Änderungsgesetzes zum Gaststättengesetz klar zum Ausdruck, dessen § 2 Abs. 1 mit den Worten begann: "Die Erlaubnis ist nur zu versagen ..." 210 .In späteren Entwürfen für ein neues Gaststättengesetz fiel das entscheidende "nur" zwar im Text von § 4 ohne Erklärung fort, die Begründung der Vorschrift betonte jedoch ausdrücklich, die Versagungstatbestände seien "abschließend aufgeführt" 211 . Dem folgt die Verwaltungspraxis, die von einem Rechtsanspruch auf die Gaststättenerlaubnis ausgeht. Dementsprechend kann diese Erlaubnis nicht als Konzession im Sinne der vorliegenden Untersuchung angesehen werden.
209 Michel/Kienzle, Das Gaststättengesetz, Rdnr. 63 zu § 4; Mörtel/Metzner, Gaststättengesetz, Rdnr. 1 zu § 4. 210 211
BT-Drucks. 11/2128, S. 2.
BT-Dracks. IV/3147, S. 14; wiederfiolt in BT-Drucks. V 1205; insgesamt zur Entstehungsgeschichte Michel/Kienzle, Das Gaststättengesetz, Einleitung, Rdnr. 4 ff. (S. 20 ff.).
5. Kapitel
Konzessionsabgaben und Grundrechte Wo der Staat privatwirtschaftliche Betätigungen seiner Bürger von Verfassungs wegen konzessionieren darf, stellt sich die Frage, ob er die Erteilung einer Konzession mit einer Abgabenpflicht belasten kann, ohne gegen Grundrechte der betroffenen Unternehmer zu verstoßen. Ist es mit dem Grundgesetz vereinbar, ein wirtschaftliches Handeln zunächst erlaubnispflichtig zu machen, um sodann die gesetzlich vorgeschriebene Erlaubnis zwar zu gewähren, aber gleichzeitig den Inhaber der Erlaubnis zu verpflichten, einen Teil des Ertrages seines Unternehmens an die öffentliche Hand abzuführen? Wird nicht so ein wirtschaftsverwaltungsrechtliches Handeln des Staates in unzulässiger Weise kommerzialisiert? Besteht nicht die Gefahr, daß fiskalische Interessen die verwaltende Tätigkeit einer Behörde bestimmen? Diese Fragen berühren das grundsätzliche Problem, ob und inwieweit die Grundrechte den Bürger vor einer Belastung mit Abgaben schützen. Soweit die Abgaben an privatwirtschaftliche Unternehmungen anknüpfen, könnte der Schutzbereich mehrerer Grundrechte betroffen sein: Einmal geht es darum, ob Art. 14 GG gegen die Auferlegung von Geldleistungspflichten schützt (I.); sodann ist zu klären ob die Abgabenbelastung einer Konzession für unternehmerische Tätigkeit mit der in Art. 12 Abs. 1 GG gewährleisteten Freiheit des Berufs vereinbar ist (II.); schließlich könnte ein Eingriff in die durch Art. 2 Abs. 1 GG gewährleistete wirtschaftliche Handlungsfreiheit in Betracht kommen (ΙΠ.); neben diesen Freiheitsrechten muß Art. 3 Abs. 1 GG als Gleichheitsrecht für eine verfassungsrechtliche Prüfung herangezogen werden (IV.). Nur wenn und soweit eine Konzessionsabgabe mit allen diesen Grundrechten vereinbar ist, kann sich der wirtschaftslenkende und wirtschaftsverwaltende Staat des Grundgesetzes dieses Instruments bedienen.
I. Die Eigentumsgarantie des Art 14 GG Betrachtet man nur die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, scheinen Konzessionsabgaben grundsätzlich mit der verfassungsrechtlichen Gewährleistung des Eigentums vereinbar zu sein (1.). Ein Blick in die neuere Literatur weckt jedoch Zweifel an dieser Erkenntnis: Seit einiger Zeit dringt die
202
5. Kapitel: Konzessionsabgaben und Grundrechte
Auffassung immer stärker vor, daß die Pflicht zur Zahlung von Abgaben den Schutzbereich des Art. 14 GG berühre, ohne daß allerdings namhafte Gegenstimmen zu übersehen wären (2.). Auf der Grundlage einer Analyse sowohl der Verfassungsrechtsprechung als auch des Meinungsstandes in der Literatur ergibt sich, ob und inwieweit Art. 14 GG den Bürger vor der Belastung mit Abgaben schützt (3.).
1. Die Rechtsprechung a. Das Bundesverfassungsgericht Seit dem Urteil des Ersten Senats zum Investitionshilfegesetz vom 20. Juli 1954 hat das Bundesverfassungsgericht in ständiger Rechtsprechung daran festgehalten, daß das Grundrecht aus Art. 14 GG nicht das Vermögen als solches gegen Eingriffe durch die Auferlegung von Geldleistungspflichten schützt. Unter Berufung auf die einmütige Auffassung des Schrifttums ist das Gericht seinerzeit davon ausgegangen, daß Geldleistungspflichten die Eigentumsgarantie nicht berühren. Zwar verringere sich infolge der Geldleistung die Liquidität des Betriebsvermögens. Die Frage der Eigentumsgarantie könne aber überhaupt nicht aufgeworfen werden, weil die Liquidität eines Betriebes zwar eine "wirtschaftliche Position", nicht jedoch ein selbständiges Recht sei1. Bis heute sieht das Bundesverfassungsgericht die Funktion der Eigentumsgarantie darin, den Bestand der durch die Rechtsordnung anerkannten einzelnen Vermögenswerte, nicht jedoch das Vermögen als Ganzes, gegenüber Maßnahmen der öffentlichen Gewalt zu bewahren 2. Eine gewisse Einschränkung findet diese Rechtsprechung allerdings seit dem Urteil des Zweiten Senats vom 24. Juli 1962 zum Fremdrentengesetz. Das Gericht sah hier die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG durch die Auferlegung von Geldleistungspflichten nur noch als "grundsätzlich unberührt" und wollte einen Verstoß gegen Art. 14 GG "allenfalls" dann in Betracht ziehen, wenn die Geldleistungspflichten den Pflichtigen übermäßig belasten und seine Vermögensverhältnisse grundlegend beeinträchtigen würden 3. In diesem Zusammenhang wurde eine Verletzung der Eigentumsgarantie durch die Auferlegung von Zwangsbeiträgen "allenfalls" dann für möglich gehalten, wenn die Zahlungspflichten der Betroffenen infolge dieser Abgabenlast "über jedes Maß" anstei-
1
BVerfGE 4,7 (17); st. Rspr., vgl. zuletzt BVerfGE 75,108 (154).
2
BVerfGE 75,108 (154); 72,175 (195) m.w.N.
3 BVerfGE 14,221 (241).
I. Die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG
203
gen würden 4. Das Bundesverfassungsgericht spricht in diesem Fall von einer "erdrosselnden Wirkung" der Geldleistungspflichten, die zu einer "Existenzgefährdung" führen müsse, damit ein Verstoß gegen Art. 14 GG in Betracht gezogen werden könne5. Für den Steuerzugriff der deutschen Hoheitsgewalt hat das Gericht in Art. 14 Abs. 1 GG jedenfalls eine "äußerste Grenze" gesehen: zumindest die erdrosselnde, konfiskatorische Steuer, die in die Kapitalsubstanz eingreife, sei verfassungswidrig 6. Mit diesen Bemerkungen modifiziert das Bundesverfassungsgericht in gewissem Umfang seine ursprüngliche These, daß die Auferlegung von Geldleistungspflichten den Schutzbereich des Art. 14 GG nicht berühre. Mit den erwähnten salvatorischen Klauseln hält sich das Gericht zumindest theoretisch die Möglichkeit offen, unter bestimmten, ganz außergewöhnlichen Umständen die Belastung mit einer Geldleistungspflicht doch an Art. 14 GG zu messen und ggf. einen Verstoß festzustellen. Unter welchen Umständen das allerdings der Fall sein könnte, bleibt unklar. Das gilt vor allen Dingen deshalb, weil das Bundesverfassungsgericht bisher eine Verletzung von Art. 14 GG durch Geldleistungspflichten noch nie angenommen hat und nicht einmal in eine genauere Prüfung eingetreten ist, ob der Schutzbereich des Grundrechts durch eine der von ihm überprüften Abgaben betroffen sein könnte7. Aus diesem Grund besteht auch bisher keine Klarheit, wie das Gericht seine beiden Grundannahmen dogmatisch vereinbart, daß einerseits die Eigentumsgarantie grundsätzlich durch die Auferlegung von Geldleistungspflichten nicht berührt wird, andererseits solche Pflichten diese Gewährleistung unter außergewöhnlichen Umständen doch verletzen könnten.
b. Die obersten Bundesgerichte Ungeachtet dieser Unklarheiten in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts haben sich ihr sowohl der Bundesfinanzhof als auch das Bundesverwaltungsgericht angeschlossen. Der Bundesfinanzhof ging im Anschluß an die Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs 8 vom Begriff der Enteignung aus und stellte fest, daß Steuergesetze keine Enteignung bewirkten, obwohl sie eine 4
BVerfGE 14,221 (242).
5
BVerfGE 70, 312 (327) m.w.N.; st. Rspr.; siehe auch BVerfGE 72,200 (248).
6
BVerfGE 63, 343 (368), insoweit allerdings durch die in Bezug genommene Entscheidung BVerfGE 50,57 (104 ff.) nicht gedeckt. 7
Vgl. die Rechtsprechungsübersicht bei Leibholz/ Rinck, Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, Anm. 7 zu Art. 14, und Hölzer, Die unterstaatliche Umverteilung - Umverteilung unter Umgehung der Verfassung, S. 173 ff. 8
RFHE 29,322(329).
204
S. Kapitel: Konzessionsabgaben und Grundrechte
Vermögensbeeinträchtigung herbeiführten. Die gesetzliche Verpflichtung zu Geldleistungen bestimme nur Inhalt und Schranken des Eigentums i.S.d. Art. 14 Abs. 1 GG 9 . Im Anschluß an das zitierte Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Investitionshilfegesetz übernahm der Bundesfinanzhof dann die Formel, eine Steuer verletze schon deswegen nicht Art. 14 Abs. 1 GG, weil diese Vorschrift das Vermögen nicht gegen Eingriffe durch Auferlegung von Geldleistungspflichten schütze10. Nachdem das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil zum Fremdrentengesetz11 einen Verstoß von Geldleistungspflichten gegen A r t 14 Abs. 1 GG unter ganz bestimmten Umständen für möglich gehalten hatte, Schloß sich der Bundesfinanzhof auch dieser Rechtsprechung an: Die Auferlegung von Geldleistungspflichten lasse die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG grundsätzlich unberührt; ein Verstoß gegen das Grundrecht könne allenfalls dann in Betracht kommen, wenn die Geldleistungspflichten den Pflichtigen übermäßig belasteten und seine Vermögensverhältnisse grundlegend beeinträchtigten 12. Verfassungswidrig könne ein Steuergesetz nur dann sein, wenn durch den Eingriff der Wesensgehalt des Eigentums angetastet werde, sei es durch eine konfiskatorische Steuer oder durch eine Erdrosselungssteuer 13. Auch das Bundesverwaltungsgericht folgt der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Es hat allerdings zunächst den Satz aus dem Investitionshilfeurteil, wonach Art. 14 GG das Vermögen nicht gegen Eingriffe durch Auferlegung von Geldleistungspflichten schützt14, im Hinblick auf den Schutz des eingerichteten Gewerbebetriebs durch Art. 14 GG 1 5 dahin modifiziert, daß verfassungsrechtliche Bedenken gegen eine Steuer bestünden, die zu wiederkehrenden Eingriffen in die Substanz nötige oder den Gewinn vollständig wegsteuere und damit den Betrieb zum Erliegen bringe. Mit dieser Einschränkung öffnete das Bundesverwaltungsgericht sich den Rückgriff auf den bereits vom Preußischen Oberverwaltungsgericht geprägten Begriff der Erdrosselungs-
9 BFH, Urteil vom 20. März 1952, BStBl. I I I S. 140 (141); vgl. auch BFHE 67,403 (405): "Die Steuererhebung aufgrund ordnungsmäßig zustandegekommener Gesetze ist kein unzulässiger Eingriff des Staates in das Eigentum der Staatsbürger." 10
BFHE 73,387(394).
11
BVerfGE 14,221 (241).
12
BFH, Urteil vom 30. Juli 1965, BStBl. III S. 574 (576); schon zuvor hatte der Bundesfinanzhof in BFHE 77, 258 (261 f.) und 77, 267 (269 f.) entgegen BFHE 73, 387 (394) eine Veiletzung von Ait. 14 GG durch die Auferlegung von Geldleistungspflichten für möglich gehalten. 13 BFHE 89, 422 (441) m.w.N. zur Rechtsprechung sowohl des Bundesfinanzhofs als auch des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts. 14
BVerfGE 4 , 7 (17).
» BVerfGE 1,264 (277).
I. Die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG
205
Steuer. Diesen Begriff hatte das Oberverwaltungsgericht als Widerspruch in sich bezeichnet, weil es sich entweder um eine wirkliche Steuer oder um eine auf die Unterdrückung des Gewerbes gerichtete Maßnahme handeln müsse16. Eine solche Erdrosselungssteuer hält das Bundesverwaltungsgericht für verfassungswidrig 17 . Demgemäß verletzt nach seiner Rechtsprechung eine sich in mäßigen Grenzen bewegende Abgabe die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG nicht 18 . Gelegentlich übernimmt das Bundesverwaltungsgericht aber auch den Satz des Bundesverfassungsgerichts aus dem Investitionshilfeurteil, daß Art. 14 Abs. 1 GG das Vermögen nicht gegen die Auferlegung von Geldleistungspflichten schützt19. Das Bundessozialgericht hat sich ebenfalls der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts angeschlossen: Die Auferlegung von Zwangsbeiträgen verletze grundsätzlich das Eigentum nicht. Offen gelassen wird, ob die Annahme eines Verstoßes gegen Art. 14 GG gerechtfertigt sei, wenn die Inanspruchnahme zu einer übermäßigen Belastung führen und die Vermögensverhältnisse des Zahlungspflichtigen grundlegend beeinträchtigen würde 20 . Der Bundesgerichtshof hält die Auferlegung von öffentlichen Lasten nicht für eine Enteignung, läßt aber ebenfalls ausdrücklich offen, ob die Eigentumsgarantie des A r t 14 GG dann eingreift, wenn die Auferlegung von Leistungen zu einer Umgehung der grundgesetzlichen Bestimmungen führt 21 . In ähnlicher Weise grenzt das Bundesarbeitsgericht entschädigungslos zugelassene allgemeine öffentliche Lasten von den durch ein Sonderopfer gekennzeichneten verfassungswidrigen Enteignungen ab 22 . Wenn also auch Bundesgerichtshof und Bundesarbeitsgericht als Zivilgerichte ihre Dogmatik bis heute mehr am Begriff der Enteignung ausrichten, folgen sie doch im Prinzip der Linie des Bundesverfassungsgerichts, das nur unter außergewöhnlichen Voraussetzungen die Eigentumsgarantie durch das Auferlegen von Geldleistungspflichten verletzt sieht
16
Entscheidung vom 30. Mai 1916, PrVBl. 38 (1916), 116.
17
BVerwGE 6,247 (266 ff.).
18
BVerwGE 7,304 (317).
19
BVerwGE 12,140(162).
20
BSGE 27,43 (45); 31,136 (138).
21
BGH, Urteil vom 13. Märe 1958, DB 1958, 627; Urteil vom 15. Juni 1967, DB 1967, 1312
(1313). 22
B AGE 17,269 (276 ff.).
206
5. Kapitel: Konzessionsabgaben und Grundrechte
Im Ergebnis entspricht die Entscheidungspraxis aller Bundesgerichte der des Bundesverfassungsgerichts, übernimmt damit aber auch deren dogmatische Probleme. Letztlich ist nur klar, daß Art. 14 GG in extremen Konstellationen gegen die Auferlegung von Geldleistungspflichten schützt, daß er aber im Regelfall gesetzlicher Abgabepflichten dem Bürger keinen Schutz gegen den Staat gewährt. Warum das so ist und wo genau die Grenze zwischen verfassungsrechtlich zulässigen und verfassungswidrigen Geldleistungspflichten verläuft, bleibt im Dunkeln.
2. Die Literatur Diese Dunkelheit zu erhellen, bemüht sich die Literatur seit längerem. Konfrontiert wurde sie mit dem Problem allerdings erst unter Geltung des Grundgesetzes. Noch in der Weimarer Republik ergaben sich insoweit keine Probleme. Das in Art. 153 WRV gewährleistete Eigentum bildete keine Schranke der gesetzgebenden Gewalt, sondern fand selbst seine Schranke an den gesetzlichen Vorschriften. Dem Gesetzgeber war es nur verwehrt, das Eigentum als Rechtsinstitut abzuschaffen oder Enteignungen vorzunehmen, die nicht den Voraussetzungen des Art. 153 Abs. 2 WRV genügten23. Dementsprechend stellte sich die Frage nach dem Verhältnis zwischen Geldleistungspflichten und Eigentumsgarantie nur im Zusammenhang mit den Voraussetzungen und Zulässigkeitsbedingungen einer Enteignung. Beantwortet wurde sie dahin, daß nicht jedes Gesetz, das eine Vermögensbeeinträchtigung herbeiführe oder sogar bezwecke, eine Enteignung i.S.d. Art. 153 Abs. 2 WRV sei. Vielmehr setze eine Enteignung einen Einzeleingriff voraus, der bestimmte Personen oder verhältnismäßig eng begrenzte Personenkreise mit besonderen Opfern zugunsten der Allgemeinheit belaste. Diese Voraussetzung erfüllten Steuergesetze ganz offensichtlich nicht, so daß sie "selbstverständlich" keine Enteignung i.S.d. A r t 153 Abs. 2 WRV darstellten 24.
a. Sozialer Rechtsstaat und Steuerstaat Für die Staatsrechtslehre lag es nach 1945 nahe, an diese Erörterungen anzuknüpfen und zu untersuchen, wann die Besteuerung in eine Enteignung umschlage. Geprägt wurde die Diskussion durch Beiträge von Forsthoff. Er be-
23 An schütz, Die Verfassung des Deutschen Reichs vom 11. August 1919, Anm. 5 zu Art. 153 (S. 706 f.). 24 Anschütz, ebenda, Anm. 9 zu Art. 153 (S. 711 ff.); diese Lehre griff der Bundesfinanzhof nach 1949 auf, sie beeinflußt noch heute die Rechtsprechung von Bundesgerichtshof und Bundesarbeitsgericht, siehe oben 1 b).
I. Die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG
207
tonte 1953 in einer Untersuchung zur Verfassungsmäßigkeit des Investitionshilfegesetzes, daß die Wegnahme von Geldmitteln bisher zu Recht nicht als Enteignung angesehen worden sei: Die Enteignung von Geld wäre ein Widerspruch in sich, weil sie nur gegen angemessene Entschädigung zulässig wäre 25 . Über diese etwas begriffliche Argumentation hinausgehend entwickelte er dann wenig später anhand des Verhältnisses von Besteuerung und Eigentumsgarantie seine bekannte Charakteristik des sozialen Rechtstaates, der Sozialstaat wesentlich in seiner Funktion als Steuerstaat sei. Der soziale Rechtstaat beruht danach auf der scharfen Abgrenzung der Steuerhoheit von dem in den Grundrechten gewährleisteten Schutz des Eigentums. Dem Sozialstaat wird die verfassungsrechtliche Grundlage entzogen, wenn die Unterscheidung von steuerlichem Eingriff und Eingriff in das Eigentum fällt. Nur die unbeschränkte Befugnis des Staates, Steuerquellen auszuschöpfen, erlaubt ihm, durch eine Korrektur des Systems der Güterverteilung seine sozialen Aufgaben zu erfüllen 26 . In seinem Referat auf der Staatsrechtslehrertagung 1955 stimmte Hettlage Forsthoff zwar grundsätzlich zu, warnte aber zugleich, daß die Herausnahme des Steueranspruchs aus dem Verfassungsschutz gegen enteignende Eingriffe eine wesentliche Durchbrechung des ganzen rechtstaatlichen Schutzsystems bedeute, die wie ein trojanisches Pferd des Sozialismus im bürgerlichen Rechtstaat wirken könne 27 . Forsthoff suchte diesen Bedenken durch die Einschränkung Rechnung zu tragen, daß die Eigentumsgarantie nur den individuellen Anteil am Volksvermögen, nicht jedoch am Sozialprodukt schütze. Da sich die wichtigen Steuern wie die Einkommen-, Körperschaft- und Umsatzsteuer auf das Sozialprodukt richteten, sei die Finanzhoheit vom Eigentumsschutz her nicht gebunden28. Diese Einschränkung von Forsthoffs ursprünglicher These ist kennzeichnend für die sich nunmehr entwickelnde Diskussion in der Staatsrechtslehre. Allgemein wurde nach Ansätzen gesucht, das trojanische Pferd möglichst rechtzeitig zu öffnen und dadurch den drohenden Schaden zu begrenzen. So unterschied die Literatur zwischen den klassischen Abgaben wie Steuern, Gebühren sowie Beiträgen auf der einen und Geldleistungen "außerhalb des finanzrechtlichen Systems der verfassungsmäßig zulässigen Abgaben" auf der anderen Seite; letztere berührten die verfassungsrechtlich geschützte Eigentumssphäre und stellten einen enteignungsgleichen Eingriff dar, der nur unter
25
Forsthoff, BB 1953,421 (422).
26
Forsthoff, VVDStRL 12, 8 (31 f.).
27
Hettlage, VVDStRL 14, 2 (4 f.).
28
Forsthoff, NJW 1955,1249 (1250) und derselbe. VVDStRL 14, 84 f.
208
. Kapitel: Konzessionsabgaben und Grundrechte
den Voraussetzungen des A r t 14 Abs. 3 GG zulässig sei 29 . Nach einer anderen Auffassung war eine konfiskatorische Besteuerung, die das Eigentum bewußt aufzehrte, nicht mit Art. 14 GG zu vereinbaren 30. Sie verstieße gegen die Institutsgarantie des Art. 14 GG, die das Eigentum als Grundlage einer eigenverantwortlichen Lebensgestaltung und als Fundament unserer Wirtschafts- und Sozialordnung gewährleiste 31. Wenn bei der Einkommensteuer die Progression zur völligen oder nahezu völligen Wegsteuerung führe, würde die Güterverteilung durch die allgemeine Rechtsordnung und damit diese selbst nicht mehr respektiert, sondern umgestürzt 32. Allgemeiner ist die Rede davon, daß Steuergesetze nicht mit Art. 14 GG zu vereinbaren seien, "wenn sie über das von der Gemeinschaft als zulässig empfundene Maß derart herausgehen, daß dadurch die Eigentumsordnung angetastet wird." 33 Wenn auch alle diese Äußerungen deutlich das Unbehagen erkennen lassen, den Steuern erhebenden Staat von der Bindung an die Eigentumsgarantie freizustellen, fehlte doch der klare dogmatische Zugriff auf das Problem. Weitgehende Einigkeit bestand nur darüber, daß Besteuerung von einem bestimmten Punkt an mit der Eigentumsgarantie in Konflikt geraten könne. Wo dieser Punkt liegt und wie er zu ermitteln ist, wurde nicht gesagt. Dieses Defizit war den Autoren durchaus bewußt, schien jedoch kaum überwindbar. So wurde ausdrücklich betont, wie schwierig es sei, die Grenze zu bestimmen, an der eine mit der Wirtschaftsfreiheit vereinbare progressive Besteuerung in ein konfiskatorisches Steuersystem umschlage. Jedenfalls könne auch ein in seinen äußeren Formen in vollkommener Reinheit entwikkeltes und verfassungsrechtlich gewährleistetes System freier Marktwirtschaft durch ein konfiskatorisches Steuersystem der kalten Sozialisierung unterworfen werden 34 . Konfiskatorische Steuern, die jede Belohnung unternehmerischer Initiative zugunsten des Staates einzögen, drohten nicht allein das Privateigentum, sondern zugleich die Entschlußfreudigkeit zu selbständigem Handeln zu
29 Huber, Wirtschaftsverwaltungsrecht, 2. Band, S. 21 f.; derselbe, DÖV 1956, 172; Kaiser, Verfassungsrechtliche Eigentumsgewähr, Enteignung und Eigentumsbindung in der Bundesrepublik Deutschland, in: Mosler (Hrsg.), Staat und Privateigentum, S. 5 (22). 30 Kaiser, ebenda, S. 21; E. von Hippel, VVDStRL 10, 1 (21); Knoll, AöR 79 (1953/54), 455 (471 f.); Scheuner, VVDStRL 10, 168; derselbe, Grundlagen und Arten der Enteignungsentschädigung, in: Reinhaidt/Scheuner, Verfassungsschutz des Eigentums, S. 63 (121). 31
Weber, VVDStRL 14, 81 ff.
32
Flume, Steuerwesen und Rechtsordnung, in: Festgabe für Rudolf Smend, S. 59 (61 f.).
33
Schumacher, NJW 1951,53 (56 Fußn. 31); als zutreffend bezeichnet von Weber, Eigentum und Enteignung, in: Neumann/Nipperdey/Scheuner, Die Gmndrechte, Band 2, S. 331 (360 Fußn. 45). 34
Huber, Wirtschaftsverwaltungsrecht, 1. Band, S. 647.
I. Die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG
209
unterminieren 35; zugleich machten aber die krisenhaften sozialen Zustände eine Ausweitung der Staatstätigkeit und damit auch der steuerlichen Gesamtbelastung zwangsläufig 36. Damit war das Problem umschrieben, dem sich die Staatsrechtslehre gegenübersah. Die Abgabenlast der Bürger war im Laufe der Zeit immer mehr gestiegen und berührte die Vermögensverhältnisse der Zahlungspflichtigen viel fühlbarer als etwa noch zu Beginn des Jahrhunderts. Die Dogmatik der Grundrechte hatte mit dieser Entwicklung nicht Schritt gehalten, der Grundrechtskatalog des Grundgesetzes enthielt kein Recht, das die Bürger ausdrücklich gegen Vermögenseingriffe des Staates schützte. Einschlägig schien - wenn überhaupt ein Grundrecht Schutz gegen das Auferlegen von Geldleistungspflichten gewähren sollte - noch am ehesten die Eigentumsgewährleistung des Art. 14 GG. Nur war deren Interpretation traditionell auf den Schutz vor Enteignungen ausgerichtet. Das Denken vom Begriff der Enteignung her führt in der Frage der Verfassungsmäßigkeit einer Abgabenbelastung jedoch in ein Dilemma: Sieht man die Pflicht, Geldzahlungen zu leisten, als Enteignung an, muß gemäß Art. 14 Abs. 3 GG eine Entschädigung gezahlt werden, damit nicht von vornherein ein Verstoß gegen die Verfassung unausweichlich ist. Andererseits grenzt der Gedanke, Geldleistungspflichten nur unter der Voraussetzung für verfassungsgemäß zu erklären, daß der Staat als Empfänger der Zahlungen eine Entschädigung - natürlich wiederum in Geld - zahlt, ans Absurde. Es ist auch kaum möglich, hoheitlich auferlegte Geldleistungen generell als verfassungswidrige Eingriffe in das durch Art. 14 GG gewährleistete Eigentum zu qualifizieren. Sind aber derartige Zahlungspflichten grundsätzlich mit der Eigentumsgarantie vereinbar, ergibt sich die Schwierigkeit, entweder eine höchstzulässige Grenze der Belastung zu ermitteln - was in Mark und Pfennig ganz offensichtlich nicht gelingen kann - oder doch auf Art. 14 GG als Schutzwehr gegen Geldleistungspflichten zu verzichten. Soweit der Literatur letztere Alternative unannehmbar erschien, war sie gezwungen, Maßstäbe für eine wenigstens ungefähre Bestimmung des Punktes zu entwickeln, an dem eine mit Art. 14 GG noch vereinbare Abgabenbelastung in einen verfassungswidrigen Eigentumseingriff umschlägt Nur so konnte Weiterungen begegnet werden, die im Begriff des sozialen Rechtsstaats durchaus angelegt sind, wie Forsthoffs Arbeiten gezeigt haben.
35
J. Höffner, StuW 1952,375 (381).
36
J. Höffner, ebenda, 380.
210
5. Kapitel: Konzessionsabgaben und Grundrechte b. Eigentumsgarantie und Abgabenbelastung
Ein erster Versuch in dieser Richtung ging von der These aus, daß eine Verpflichtung zu Geldleistungen ebenso wie die wirtschaftlich gleichwertige Entziehung von Geld keine Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums im Sinne von A r t 14 Abs 1 Satz 2 GG darstelle und deshalb sowohl hinsichtlich des Anteils des Abgabepflichtigen am Volksvermögen als auch am Sozialprodukt grundsätzlich verfassungsrechtlich unzulässig sei 37 . Da nun aber das Auferlegen von Geldleistungspflichten eine absolute Bedingung der Existenz des Staates sei, müsse das Grundgesetz die Befugnis, Abgaben zur Finanzierung von Staatsausgaben zu erheben, durch einen ungeschriebenen Verfassungssatz stillschweigend sanktionieren 38. Zur Finanzierung der Staatsaufgaben dienten neben Gebühren und Beiträgen nur die Geldleistungen, die in den öffentlichen Haushalt der öffentlich-rechtlichen Gebietskörperschaften Bund, Länder und Gemeinden flössen. Der ungeschriebene Verfassungsrechtssatz rechtfertige auch sie allerdings nur, soweit sie nicht das Fundament der privaten Wirtschaftsordnung vernichteten; das setze voraus, daß die gesamten individuellen Anteile am Volksvermögen erhalten blieben und auch der Anteil am Sozialprodukt nicht vollständig abgeschöpft werde 39. Es überrascht nicht, daß in diesen Überlegungen keine brauchbare Lösung des Problems gesehen wurde 40 . Die Annahme eines ungeschriebenen Verfassungssatzes warf mehr Fragen auf als sie beantwortete und konnte jedenfalls nichts zur Bestimmung einer Grenze der Abgabenbelastung beitragen. Eine Unterscheidung zwischen der Besteuerung des Volksvermögens und der des Sozialprodukts läßt sich in der Praxis nicht durchführen; wann die Abgabenbelastung das Fundament der privaten Wirtschaft vernichtet, ist mit den Mitteln juristischer Interpretation höchstens in extremen Ausnahmefällen festzustellen, gibt jedoch für die staatliche Normallage der Bundesrepublik keinen verwendbaren Maßstab ab. Deshalb suchte Friedrich Klein, der dem soeben geschilderten Ansatz im Prinzip folgte, ein besseres Kriterium in der Wesensgehaltsgarantie des Art. 19 Abs. 2 GG. Steuergesetze mit generell konfiskatorischer Wirkung verletzten die Eigentums-Einrichtungsgarantie, Steuergesetze mit konfiskatorischer Wir-
37
Roth, Die öffentlichen Abgaben und die Eigentumsgarantie im Bonner Grundgesetz, S.
62 ff. 38
Roth, ebenda, S. 79 ff.
39
Roth, ebenda, S. 83 ff.
40 Vgl. die Besprechung der Albeit von Roth durch Hamann, BB 1960,1211 f. und H.H. Rupp, DVB1. 1960, 571 sowie Friauf, Verfassungsrechtliche Grenzen der Wirtschaftslenkung und Sozialgestaltung durch Steuergesetze, S. 45 f. (Fußn. 126).
I. Die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG
211
kung im Einzelfall das subjektiv-öffentliche Eigentumsrecht des betroffenen Einzelnen 41 . Konfiskatorische Wirkung entfalteten Steuergesetze, die in die Substanz eingriffen 42 . Dieser Ansatz führt zu neuen Fragen: Wie kann ein Steuergesetz in die Substanz des Eigentums eingreifen, obwohl es den Steuerpflichtigen zwar mit Abgaben belastet, ihm jedoch nichts entzieht, was unter den Schutz der Eigentumsgarantie fällt? Wenn der Substanzeingriff darin gesehen wird, daß die Steuerlast nicht mehr aus den Erträgen eines Eigentumsgegenstandes bestritten werden kann, bleibe weiter zu klären, ob es sich um tatsächlich erwirtschaftete oder nur um möglicherweise zu erwirtschaftende Erträge handelt. Selbst wenn die Erträge nicht ausreichen, greift die Steuerpflicht zudem nicht in das Eigentum an einzelnen Objekten ein, sondern erstreckt sich auf die Zahlung von Geldbeträgen aus dem gesamten Vermögen. Nachdem sich das Interesse der Wissenschaft seit der Mitte der 60er Jahre dem Problem der Lenkungsteuern zugewandt hatte, wurde die Frage nach der Vereinbarkeit von Geldleistungspflichten mit Art. 14 GG nunmehr in diesem Zusammenhang gestellt. Friauf unterschied in seinem Habilitationsvortrag 1966 nach der Zielrichtung des staatlichen Eingriffs: Wenn der Staat kraft seiner Finanzgewalt fiskalische Bedürfnisse befriedige, bezwecke er ausschließlich, aus dem gesamten Vermögen des Steuerpflichtigen Einkünfte zu erzielen; die Belastung einzelner Teile des Vermögens interessiere ihn nicht. Dementsprechend werde der Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG nicht berührt. Wo der Staat aber mit dem Auferlegen von Abgabepflichten gezielt auf bestimmte Objekte innerhalb des Gesamtvermögens einwirke, erfülle er trotz der äußeren Form des Steuergesetzes die Voraussetzungen für Eingriffe in den Schutzbereich der Eigentumsgarantie 43. Diese Auffassung hat Friauf dann 1970 insoweit revidiert, als er nun im Anschluß an eine schon 10 Jahre zuvor von Imboden vertretene Auffassung 44 die Schutzfunktion der Eigentumsgarantie darin sah, den Vermögenswert zu gewährleisten. Art. 14 GG schütze neben dem Gebrauchswert auch den Tauschwert, wie sich aus Abs. 3 der Vorschrift ergebe. Da diese Garantie den Wert sämtlicher Sachen und Rechte einschließe, die das Vermögen des Grundrechtsträgers bildeten, werde auch das Vermögen selbst
41 F. Klein, StuW 1966, 435 (485 f.); derselbe, Art. 14 des Bonner Grundgesetzes als Schranke steuergesetzlicher Intervention, in: Theorie und Praxis des finanzpolitischen Interventionismus, S. 229 (233 f. und 244); derselbe, FR 1966,401. 42 F. Klein, Alt. 14 des Bonner Grundgesetzes als Schranke steuergesetzlicher Intervention, in: Theorie und Praxis des finanzpolitischen Interventionismus, S. 229 (231). 43 Friauf, Verfassungsrechtliche Grenzen der Wirtschaftslenkung und Sozialgestaltung durch Steueigesetze, S. 43 ff.; derselbe, BB 1967, 1345 (1347); derselbe, VVDStRL 27,1 (8). 44
Imboden, Archiv für Schweizerisches Abgabenrecht 29 (1960), 2 (6).
212
5. Kapitel: Konzessionsabgaben und Grundrechte
als Inbegriff aller in ihm zusammengefallen Werte mit in den Schutzbereich der Eigentumsgarantie einbezogen45. Praktisch gleichzeitig hat Leisner die These vertreten, Art. 14 GG schütze auch das Vermögen. Mit dem Sinn des Eigentumsrechts als einer Einrichtungsgarantie sei es nicht vereinbar, wenn das Vermögen dem schrankenlosen Zugriff der Steuergewalt unterliege, weil dann die gesamte Eigentumsordnung völlig umstrukturiert werden könne. Vielmehr sei "Geld" als solches ein enteignungsfähiger Gegenstand; wenn dem Abgabepflichtigen ein Sonderopfer auferlegt werde, insbesondere wenn er zur Aufgabe des Eigentums an bestimmten Sachen oder zu einer tiefgreifenden Umstrukturierung seines Vermögens durch die Steuer gezwungen werde, sei Art. 14 Abs. 3 GG verletzt 46 . Schließlich hat Rüfner ebenfalls 1970 der Eigentumsgarantie den Vermögensschutz als Grenze der Besteuerung entnommen. Die Institutsgarantie des A r t 14 GG schütze vor allem das konsolidierte Eigentum gegen übermäßige Besteuerung. Eine Steuer sei demgemäß verfassungswidrig, wenn sie dem Bürger nicht mehr die Möglichkeit lasse, aus seinem Vermögen einen angemessenen Ertrag zu erzielen oder wenn sie sogar die Vermögenssubstanz aufzehre. A r t 14 GG verbiete eine Umverteilung des vorhandenen Vermögens, erlaube jedoch aus sozialpolitischen Gründen den Vermögenszuwachs zu verteilen - solange ein angemessener Ertrag erhalten bleibe 47 . Mit diesen drei fast zeitgleich zu Beginn der sozialliberalen Koalition erschienenen Arbeiten zum Verhältnis von Geldleistungspflichten und als Vermögensgewährleistung verstandener Eigentumsgarantie wurde eine sehr intensive wissenschaftliche Diskussion eröffnet. Während Rüfner 1970 noch zustimmend Max Imbodens Aussage aus dem Jahre 1960 über die "verdrängte Grundfrage der Finanzordnung" zitieren konnte 48 , mußte 1980 bereits eine "kaum noch überschaubare Flut von literarischen Stellungnahmen" konstatiert werden 49. Die Vielzahl der Äußerungen rückte zwar das Verhältnis zwischen Besteuerung und Eigentumsgarantie in den Blickpunkt der Rechtswissenschaft, führte jedoch nicht zu einer überzeugenden Antwort auf die gestellten dogmati45
Friauf, JurA 1970,299 (307 ff.).
46
Leisner, Verfassungsrechtliche Grenzen der Erbschaftsbesteuerung, S. 76 ff.; ebenso derselbe, Weitzuwachsbesteuerung und Eigentum S. 120 ff. sowie derselbe, Eigentum, in: Handbuch des Staatsrechts V I , § 149 Rdnr. 124 ff. (S. 1071 ff.). Auch Kloepfer hält es für möglich, rechtswidrige Gebührenerhebungen als rechtswidrige Enteignungen zu entschädigen, s. AöR 97 (1972), 232 (270 f.); vgl. femer Wendt, NJW 1980,2111 (2115). 47
Rüfner, DVB1.1970,881.
48
Rüfner, ebenda, S. 881 unter Verweis auf Imboden, Archiv für Schweizerisches Abgabenrecht 29 (1960), 2. 49
Friauf, DÖV 1980,480 (486).
I. Die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG
213
sehen Fragen. Im Ergebnis ging die herrschende Lehre aber 1980 anders als noch 10 Jahre zuvor davon aus, daß die Auferlegung von Geldleistungspflichten an Art. 14 GG zu messen sei, der auch das Vermögen schütze. Umstritten blieb, ob einschlägig nur die Institutsgarantie oder auch das Individualrecht sei, ob die Pflicht zu Geldzahlungen eine Enteignung darstellen könne und wo die Grenze zwischen einer verfassungsrechtlich noch zulässigen und einer die Eigentumsgarantie verletzenden Abgabe zu ziehen sei. Die Mehrzahl der Autoren sieht durch das Auferlegen von Geldleistungspflichten das subjektive Grundrecht betroffen. Zur Begründung wird weniger im strikten Sinne dogmatisch als mit allgemeinen Vernünftigkeitserwägungen argumentiert. Da alle anderen Grundrechte für die Besteuerung relevant seien, sei es unverständlich, wenn ausgerechnet dasjenige Grundrecht von der Besteuerung "unberührt" bliebe, das die Quelle der Besteuerung schütze50; es sei nicht einzusehen, inwiefern das Eigentum dem Träger des Grundrechts einen Freiheitsraum im vermögensrechtlichen Bereich sicherstelle 51, gleichwohl aber das Vermögen gegen das Auferlegen von Geldleistungspflichten nicht geschützt sein solle 52 ; das Vermögen als Ganzes aus dem Schutzbereich des Art. 14 GG auszuklammern, sei "unlogisch" 53 ; der Inhalt des Eigentumsbegriffs habe sich in seiner langen, wechselvollen Geschichte stets an der Funktion des Eigentumschutzes orientiert, die unter den gegenwärtigen Umständen darin gesehen werden müsse, die "offene Flanke" 54 gegenüber der Auferlegung von Geldleistungspflichten abzudecken55; weil es zum rechten Verständnis der Funktion und des Sinns der Grundrechte gehöre, sie gegen die jeweilige Bedrohung und im Sinne ihrer jeweils notwendigen freiheitssichernden Funktion ausschwenken zu lassen, gelte es, die Eigentumsgarantie zum Zweck einer verfassungsrechtlichen Hemmung und Ausbalancierung sozialstaatlichen Übermaßes zu mobilisieren 56 ; Es sei nicht einzusehen, warum die Entziehung einer Gläubigerstellung in den Schutzbereich des Art. 14 GG falle, dies aber für die Auferlegung einer Schuldnerstellung nicht ebenfalls gelten solle 57 .
50 Vogel/Walter, Rdnr. 39 zu Art. 105 GG, in: Bonner Kommentar, W. Martens, VVDStRL 30, 7 (15 f.). 51
BVerfGE 24,367(389).
52
Sendler, DÖV 1971, 16 (22).
53 Kimminich, Rdnr. 65 zu Art. 14 GG, in: Bonner Kommentar, vgl. auch denselben, JuS 1978, 217 (218 f.). 54 So der Ausdruck von Ballerstedt, Wirtschaftsverfassungsrecht, in: Bettermann/Nipperdey/ Scheuner, Die Grundrechte, 3. Band, 1. Halbband, S. 1 (39). 55
Meessen, DÖV 1973, 812 (816); Schmidt-Bleibtreu/Schäfer, DÖV 1980, 489 (494).
56
H.H. von Arnim, VVDStRL 39,286 (298).
57
v. Arnim, ebenda, S. 301; vgl. femer Kröger, NJW 1973, 1017 (1021).
214
5. Kapitel: Konzessionsabgaben und Grundrechte
Einen stärker grundrechtsdogmatisch geprägten Ansatz verfolgt Paul Kirchhof. Nach seiner Auffassung gewährleistet Art. 14 GG als klassisches Freiheitsrecht die Eigentümerfreiheit, also das Recht zu privatnützigem Erwerben, Haben, Nutzen, Verbrauchen, Verwalten und Veräußern. Demgemäß definiere Eigentum nicht das Rechtsgut, das gegen Auferlegung von Geldleistungen abzuschirmen wäre, sondern umgrenze den Handlungsspielraum, der dem Eigentümer bei seinem ökonomischen Verhalten zur Verfügung stehe. Grundlage dieser Handlungsfreiheit sei das jeweilige Gesamtvermögen, das aus allen zu Eigentümerhandeln befähigenden Wirtschaftsgütern bestehe und in seinem wechselnden Bestand von A r t 14 GG geschützt werde 58 . Allein die Aussage, A r t 14 GG schütze das Gesamtvermögen und räume dem Abgabepflichtigen ein subjektives Recht gegen das Auferlegen von Abgaben ein, klärt aber das Verhältnis zwischen hoheitlich auferlegten Geldleistungspflichten und Eigentumsgarantie noch keineswegs. Die entscheidende Frage geht vielmehr dahin, von welchem Punkt ab eine Belastung des Gesamtvermögens mit Geldleistungspflichten, die grundsätzlich dem Grundgesetz durchaus entspricht und gerade das private Eigentum bestätigt59, verfassungswidrig wird. Eine klare Antwort steht bisher aus. Auch die herrschende Lehre räumt ein, daß es den eigentumsrechtlichen Besteuerungsgrenzen gelegentlich an Prägnanz mangelt 60 oder beschränkt sich auf den Hinweis, daß sich der Forschung hier noch ein weit gespanntes Aufgabenfeld biete 61 .
3. Inhaltsbestimmung des Eigentums durch den Abgabengesetzgeber Diese Schwierigkeiten der herrschenden Lehre zeigen deutlich, daß die Eigentumsgarantie ihrer Eigenart nach nicht auf die Besteuerung gemünzt ist. Der Versuch, sie zu einer Schutzwehr gegen das Auferlegen von Geldleistungspflichten auszubauen, setzt nicht nur eine Erweiterung ihres Schutzbereichs über bestimmte Gegenstände hinaus auf das Gesamtvermögen voraus, sondern 58 P. Kirchhof, VVDStRL 39, 213 (233 ff) mit umfassenden Nachweisen zum seinerzeitigen Meinungsstand in Fußn. 61; zum Verhältnis von Besteuerung und Eigentum s. femer denselben, Besteuerungsgewalt und Gnindgesetz, S. 20 ff.; denselben, StuW 1974, 357 (358 ff.); denselben, JZ 1979,153 (156); denselben, Jura 1983, 505 (509 ff.); denselben/Leisner, Bodengewinnbesteuening, S. 80 ff.; schließlich denselben, in: Handbuch des Staatsrechts IV, § 88 Rdnr. 86 ff. mit Nachweisen zum aktueUen Meinungsstand. Vgl. femer die Nachweise zum Meinungsstand bei Friauf, DÖV 1980,480 (486, Fußn. 86 und 87) und die detaillierte Darstellung der herrschenden Lehre bei Leisner, Wertzuwachsbesteuerung und Eigentum, S. 225 ff. sowie demselben, in: Handbuch des Staatsrechts VI, § 149 Rdnr. 125 ff. (S. 1071 ff.). 59
P. Kirchhof, VVDStRl 39,213 (215).
60
P. Kirchhof, ebenda, S. 269.
61 Friauf, DÖV 1980, 480 (488); vgl. auch Isensee, Umverteilung durch Sozialversicherungsbeiträge, S. 68 f.; Vogel, Finanzverfassung und politisches Ermessen, S. 37; Denninger, AG 1978, 70.
I. Die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG
215
verlangt auch ein quantitatives Verständnis der Eigentumsbindungen, das notwendig eine Verringerung der Schutzintensität mit sich bringt. Weil der Staat in jedem Fall auf ein bestimmtes Maß an Geldleistungen seiner Bürger angewiesen ist, muß eine bestimmte - oder unbestimmte - Abgabenlast mit Art. 14 G G vereinbar sein«.
Das sonst zur Begrenzung staatlicher Eingriffe herangezogene Verhältnismäßigkeitsprinzip greift gegenüber der Besteuerung nicht. Jede Abgabe ist nämlich geeignet und erforderlich, um Einkünfte des Staates zu schaffen 63; zur Befriedigung des staatlichen Finanzbedarfs benötigte Abgaben sind dem Bürger regelmäßig auch zumutbar. Absolute Besteuerungsgrenzen lassen sich nicht bestimmen. Sie wären auch für die gegenwärtige Praxis des Steuerstaates ohne grundlegende Bedeutung. Einen Ausweg soll hier der Durchgriff auf die Staatsausgaben weisen: Die Erhebung von Steuern für öffentliche Aufgaben diene nur dann dem Wohl der Allgemeinheit und sei dementsprechend mit Art. 14 GG vereinbar, wenn Ausgabenentscheidungen dem Gebot der Wirtschaftlichkeit entsprächen; die Belastung mit Abgaben sei nur dann verhältnismäßig, wenn die am wenigsten dringliche Aufgabe noch die Erhebung der am schwersten belastenden Steuer rechtfertige 64. Ein solcher Durchgriff von der Einnahmeerhebung auf die Ausgabenverwendung hätte zur Folge, daß der gesamte parlamentarische Prozeß der Ausgabenbewilligung einer verfassungsgerichtlichen Kontrolle am Maßstab des Wirtschaftlichkeitsprinzips unterstellt würde. Nicht mehr der Gesetzgeber, sondern das Bundesverfassungsgericht müßte im Verfahren der Normenkontrolle entscheiden, ob die zahlreichen Ausgabeposten des Bundeshaushalts den Anforderungen der Verhältnismäßigkeit, der Wirtschaftlichkeit und damit des Art. 14 GG genügten. Die Entscheidungen über die Ausgaben des Staates, eine der vornehmsten Aufgaben des Parlaments, die notwendig mit politischen Wertungen und dem Setzen von Prioritäten verbunden ist, würde aus dem politischen Prozeß in ein rechtsförmiges Verfahren vor dem Bundes-
62 Daß die Grenze unbestimmt wäre, an der eine noch zulässige Beschränkung des Eigentums durch eine Geldleistungspflicht in eine unzulässige Enteignung umschlagen würde, wenn man Art. 14 GG ein Individualrecht gegen das Auferlegen von Abgaben entnähme, räumt auch Spanner, DStR 1975, 475 (481) ein. 63 Papier, Die finanzrechtlichen Gesetzesvorbehalte und das grundgesetzliche Demokratieprinzip, S. 76 ff.; derselbe, Rdnr. 168 zu Art 14 GG, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz; derselbe, Grundgesetz und Wirtschaftsordnung, in: Handbuch des Verfassungsrechts, S. 609 (649); Isensee, Steuerstaat als Staatsfoim, in: Festschrift für Hans-Peter Ipsen zum siebzigsten Geburtstag, S. 409 (434).
« von Arnim, VVDStRL 39,286 (308 ff.).
216
5. Kapitel: Konzessionsabgaben und Grundrechte
Verfassungsgericht verlagert; die parlamentarische Demokratie vollzöge einen weiteren Schritt auf dem Wege zum Justizstaat65. Der Haupteinwand gegen die herrschende Lehre ergibt sich aber daraus, daß sie von der bürgerlich-rechtlichen Eigentumsordnung ausgeht66; sie berücksichtigt nicht, daß sich die Befugnisse des Eigentümers aus der Zusammenschau aller die Eigentümerstellung regelnden gesetzlichen Vorschriften der privatrechtlichen wie der öffentlich-rechtlichen - ergeben. Erst die Gesamtheit der verfassungsmäßigen Gesetze, die den Inhalt des Eigentums bestimmen, grenzen Gegenstand und Umfang des durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleisteten Bestandsschutzes ab 67 . Selbst wenn also das Gesamtvermögen zum Eigentum gehören sollte, ließe sich der Umfang seines Schutzes nur aus einer Zusammenschau der die einzelnen Vermögenspositionen begründenden Rechtssätze mit den Steuer- und Abgabegesetzen bestimmen. Eine Grenze für den Auftrag des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG an den Gesetzgeber, Inhalt und Schranken des Eigentums festzulegen, ziehen erst die grundgesetzliche Anerkennung des Privateigentums durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG und das Sozialgebot des Art. 14 Abs. 2 GG. Die Gewährleistung des Privateigentums als Rechtseinrichtung verbietet nur, solche Sachbereiche der Privatrechtsordnung zu entziehen, die zum elementaren Bestand grundrechtlich geschützter Betätigung im vermögensrechtlichen Bereich gehören. Der Gesetzgeber muß der verfassungsrechtlich garantierten Rechtsstellung und dem Gebot einer sozial gerechten Eigentumsordnung in gleicher Weise Rechnung tragen und ist dabei an den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebunden68. Wenn also Art. 14 GG überhaupt eine Grenze der Besteuerung oder Abgabenbelastung entnommen werden kann, so muß sie aus der Institutsgarantie des Eigentums abgeleitet werden. Ansatzpunkt ist insoweit die Privatnützigkeit des Eigentums, die allgemein als grundlegendes Prinzip des Instituts Eigentum angesehen wird 69 . Durch eine Geldleistungspflicht wird aber nie unmittelbar die Privatnützigkeit einer Eigentumsposition beseitigt. Der Staat greift nicht auf den Eigentumsgegenstand selbst zu, sondern knüpft nur mit einer Abgabe an 65 Vgl. auch die Kritik von Püttner, Meessen, Breuer, Mußgnug, Badura und Wilke, VVDStRL 39,380 ff. sowie von Rittstieg, Rdnr. 252 zu Art. 14/15, in: Alternativkommentar zum Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland. 66 S. neben den oben zitierten Autoren z.B. auch noch Schenke, Besteuerung und Eigentumsgarantie, in: Mainzer Festschrift für Hubert Armbruster, S. 177 (196 ff.). 67
BVerfGE 58,300 (335 f.).
« BVerfGE 58,300 (338 f.); 72,66 (77 f.). 69 BVerfGE 50, 290 (339); s. früher schon R. Reinhardt, Verfassungsschutz des Eigentums, S. 14 (33); ferner Selmer, Steuerinterventionismus und Verfassungsrecht, S. 26.
I. Die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG
217
das Innehaben oder den Gebrauch eines derartigen Gegenstandes an, belastet sie mit einer Zahlungspflicht. Die Abgabenbelastung entfaltet eine Durchgriffswirkung auf die jeweilige Eigentumsposition70. Führt ein solcher Durchgriff mittelbar dazu, daß die Privatnützigkeit des Eigentums beseitigt wird, kommt ein Verstoß gegen die Institutsgarantie des Art. 14 GG in Betracht. Das ist jedoch nicht etwa immer schon dann der Fall, wenn durch eine Geldleistungspflicht die Privatnützigkeit einzelner Rechtsgüter beseitigt wird 71 . Art. 14 GG gebietet nämlich keineswegs, jedes Rechtsgut von Verfassungs wegen einer privatrechtlichen Herrschaft zu unterwerfen. Ebenso wie für die Allgemeinheit lebensnotwendige Güter zur Sicherung überragender Gemeinwohlbelange und zur Abwehr von Gefahren einer öffentlich-rechtlichen Ordnung unterstellt werden können, kann der Gesetzgeber unter entsprechenden Voraussetzungen durch Geldleistungspflichten die Privatnützigkeit von Rechtsgütern beseitigen72. Im Ergebnis gewährt also Art. 14 GG nur in sehr begrenztem Umfang Schutz gegen das Auferlegen von Abgaben. Das vermag vielleicht zunächst überraschen, erscheint aber bei näherer Prüfung durchaus folgerichtig. Die Gewährleistung des Eigentums in der Verfassung hatte ursprünglich keinesfalls die Aufgabe, gegen hoheitlich auferlegte Abgaben zu schützen. Diesem Schutz diente im 19. Jahrhundert der Parlamentsvorbehalt für das Erheben von Abgaben. Die Aufgaben des Staates mußten finanziert werden, diese Finanzierung lag im Interesse aller Angehörigen des Gemeinwesens. Da der Staat nach liberalem Verständnis seine Einnahmen gerade nicht wie noch im Merkantilismus durch Beteiligung am Wirtschaftsleben selbst aufbringen sollte, war er auf einen Anteil an den von seinen Bürgern erwirtschafteten Erträgen angewiesen. Diese mußten durch ihre Abgaben die Voraussetzungen dafür schaffen, daß der Staat seine Aufgaben erfüllen, d.h. insbesondere ihnen allen in gleicher Weise einen wirksamen Schutz von Freiheit und Eigentum gewährleisten konnte. Unter dem Gesichtspunkt der Gerechtigkeit kam es vor allen Dingen auf eine gleichmäßige Besteuerung und Abgabenbelastung an. Garant dafür war das demokratisch gewählte Parlament, die Vertretung der steuerzahlenden Bürger. Die Garantie des Eigentums schützte nicht dagegen, zu den Kosten des Gemeinwesens herangezogen zu werden. Vielmehr gewährleistete sie jedem Bürger den Schutz seiner Güter. Wollte der Staat auf bestimmte einzelne dieser Güter zugreifen, mußte er den Weg der Enteignung gehen, falls der Eigentümer
70 Ramsauer, Die faktischen Beeinträchtigungen des Eigentums, S. 141; ähnlich zuvor schon Schenke, Besteuerung und Eigentumsgarantie, in: Mainzer Festschrift für Hubert Armbruster, S. 177 (190). 71
Anders Papier, Rdnr. 164 f. zu Art. 14 GG, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz.
72
Vgl. BVerfGE 58, 300 (339).
218
5. Kapitel: Konzessionsabgaben und Grundrechte
nicht zum Verkauf bereit war. Dieses Sonderopfer zum Wohle der Allgemeinheit, das über die allen Bürgern im Allgemeininteresse auferlegten Lasten hinausging, brauchte nur gegen eine Entschädigung erbracht zu werden. Dementsprechend waren Besteuerung und Enteignung klar und eindeutig gegeneinander abgegrenzt. Die Eigentumsgarantie schützte nur gegen Sonderlasten, nicht gegen die Gemeinlasten73. Dieses Modell wurde erst dann problematisch, als der Staat mehr und mehr auf die gesellschaftlichen Verhältnisse einzuwirken begann und das Parlament von den abgabepflichtigen Bürgern in der Folge nicht mehr ohne weiteres als Garant gegen eine zu hohe Abgabenbelastung angesehen werden konnte. Aufkommende Bedenken richten sich aber nicht eigentlich gegen die Abgabenerhebung. In der Höhe der Abgabenlast kommt nur der gegenüber dem vorigen Jahrhundert um ein Vielfaches größere Finanzbedarf des Staates zum Ausdruck. Dieser Finanzbedarf ergibt sich aus der Vermehrung der Aufgaben, deren sich der Staat angenommen hat. Das Unbehagen der Bürger entzündet sich zwar vordergründig an der Abgabenlast, die sie direkt spüren. Es findet seine eigentliche Ursache aber in der Vielzahl der Staatsaufgaben, insbesondere im Bereich der Gesellschaftspolitik, die Ursache für den ständig steigenden Finanzbedarf des Staates ist. Diese Ausgaben werden nicht mehr wie selbstverständlich als im Interesse aller angesehen. Vielmehr herrscht mehr und mehr der Eindruck, daß staatliche Ausgaben den Interessen einzelner oder bestimmter Gruppen dienen; dementsprechend wächst der Abgabenwiderstand. Es wäre verfehlt, hier einen Ausweg von einem Einsatz der Eigentumsgarantie zu erhoffen. W i l l man nicht das Bundesverfassungsgericht über die Staatsausgaben entscheiden lassen, vermag das Grundrecht des Art. 14 GG an der eigentlichen Ursache der kritisierten Abgabenlast nichts zu ändern. Die Grundrechte können wirksamen Schutz nur in Hinblick auf die Gleichheit der Abgabenbelastung gewähren, nicht gegen die Höhe der staatlichen Abgaben. Das Gewicht der Abgabenlast hängt von politischen Entscheidungen der demokratisch legitimierten Parlamente ab, die in ihrer Haushaltsgesetzgebung nicht nur die Höhe der Staatsausgaben, sondern zugleich den Finanzbedarf des Staates festlegen. Dieser Finanzbedarf macht die Kosten des Gemeinwesens aus, die von der Allgemeinheit aufzubringen sind. Der Umfang des gesamten Finanzbedarfs ergibt sich aus dem politischen Prozeß, der nur insoweit grundrechtlich vorgeprägt ist, als der Staat bei seinen Ausgabenentscheidungen an den Gleichheitssatz gebunden ist. Er darf mit seinen Ausgaben nicht einzelne oder Gruppen von Bürgern in gleichheitswidriger Weise begünstigen und an73
So auch von Arnim, VVDStRL 39, 288 ff. und P. Kirchhof, ebenda, S. 228 ff.
I. Die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG
219
dere benachteiligen. Vor allem diese Bindung an den Gleichheitssatz bildet in rechtsstaatlicher Hinsicht eine Schranke gegen eine beliebige Ausgabenvermehrung. Wird sie strikt beachtet, verringert sich für die Parlamente der Anreiz, immer mehr Staatsausgaben zu bewilligen, weil Leistungen, die alle Bürger zwar in gleicher Weise erhalten, aber auch über ihre Abgaben und Steuern finanzieren müssen, nicht übermäßig attraktiv sein können. In diesem Zusammenhang hat der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts zu Recht darauf hingewiesen, daß es eine vertretbare, wenn nicht gebotene Erwägung des Gemeinwohls darstelle, die Fehlleitung von Subventionen auszugleichen: "Die Gewährung von Subventionen muß - schon aus Gleichheitsgründen - gemeinwohlbezogen sein" 74 . Die Beachtung des Gleichheitssatzes sowohl bei der Entscheidung über die erstmalige Gewährung von Subventionen als auch bei der in jedem Haushaltsjahr erneut getroffenen Entscheidung des Parlaments, einmal gewährte Subventionen nicht zu streichen, wirkt tendenziell ausgabendämpfend. Die Gleichmäßigkeit der Staatsausgaben bildet gewissermaßen das spiegelbildliche Gegenstück zur Gleichmäßigkeit der Besteuerung. Letztere ist den Steuern begriffsimmanertt. Zu deren Wesen gehört es, daß sie nach einem allgemeinen Maßstab auferlegt werden. Fehlt dieser Maßstab, handelt es sich nach einem bekannten Wort Otto Mayers nicht um Besteuerung, sondern um Brandschatzung 75. Die Abgabenordnung, an deren Steuerbegriff das Grundgesetz anknüpft 76 , definierte ganz in diesem Sinne Steuern als Geldleistungen, die allen auferlegt werden, bei denen der Tatbestand zutrifft, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft 77 . Wenn ein Steuergesetz oder ein sonstiges Abgabengesetz dem Gleichheitssatz entspricht und zugleich die Institutsgarantie des Eigentums in dem oben genannten Sinne beachtet, kann der Einzelne nicht unter Berufung auf die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG beanspruchen, von einer Geldleistungspflicht freigestellt zu werden, die alle Bürger gleichmäßig trifft. Art. 14 GG stellt mit seinem Junktim zwischen Enteignung und Entschädigung in Absatz 3 gerade sicher, daß den Bürgern in finanzieller Hinsicht, unter Blick auf ihr Gesamtvermögen, kein Sonderopfer auferlegt wird. Das Grundgesetz kann hingegen nicht dafür in Anspruch genommen werden, von einer im Gesetz gleichmäßig
74
BVerfGE 78,249 (277 f.).
75
O. Mayer, Venvaltungsrecht I, 3. Aufl., S. 316; Reimer, ZÖffR 17, (1937), 206 (216).
76
BVerfGE 67,256 (282) m.w.N.; st. Rspr.
77
Vgl. zum Ganzen Vogel/Walter, Rdnr. 130 zu Art. 105, in: Bonner Kommentar, von Arnim, VVDStRL 39,288(290).
220
5. Kapitel: Konzessionsabgaben und Grundrechte
und damit dem Gleichheitssatz entsprechend ausgestalteten Abgabe ausgenommen zu werden. Genau das geschieht aber, wenn aus Art. 14 GG unter bestimmten Umständen ein Recht auf einen Billigkeitserlaß einer Geldleistungspflicht abgeleitet wird 7 8 : Entweder verstößt das Gesetz, das die Steuer oder sonstige Abgabe auferlegt, gegen den Grundsatz der Abgabengleichheit - dann ist es aus dem Grund verfassungswidrig; oder die gesetzliche Regelung entspricht dem Gleichheitssatz und dem Prinzip der Gleichmäßigkeit der Besteuerung - dann kann aus Art. 14 GG kein Anspruch auf eine gleichheitswidrige Entlastung von Geldleistungspflichten abgeleitet werden. Die Eigentumsgewährleistung schützt nur als Institutsgarantie in begrenztem Umfang vor einem Durchgriff der Abgabenerhebung auf bestimmte Eigentumsgegenstände79; insoweit dürfte sie aber keine Korrektur des gegenwärtigen Steuersystems erfordern 80 und mehr als theoretische Obergrenze für den Zugriff des Staates auf das Vermögen seiner Bürger wirken. Die Eigentumsgarantie ist jedoch nicht in der Lage, den staatlichen Finanzbedarf insgesamt zu beschränken. Sie rechtfertigt es auch nicht, den einzelnen von einer Abgabenlast auszunehmen, die dem Gleichheitssatz entsprechend ausgestaltet ist 81 . In Erkenntnis der Unmöglichkeit, aus der verfassungsrechtlichen Gewährleistung des Eigentums einen wirksamen Schutz gegen das Auferlegen von Geldleistungspflichten abzuleiten, hatte Richard Thoma in seiner "kritischen Würdigung des vom Grundsatzausschuß des Parlamentarischen Rats beschlossenen und veröffentlichten Grundrechtskatalogs" vom 25. Oktober 1948 die Privatvermögensrechte ausdrücklich "unbeschadet der staatlichen Besteuerungsgewalt" gewährleisten wollen 82 . Der Parlamentarische Rat hat diese Anregung nicht aufgenommen, er hat sich nicht einmal mit ihr beschäftigt. Auch Thoma hielt die Einschränkung offenbar für so selbstverständlich, daß er es nicht für notwendig hielt, sie in sei-
78
Vogel/Walter, Rdnr. 144 zu Art. 105 GG, in: Bonner Kommentar.
79
So dürfte durch die Besteuerung z.B. nicht das Innehaben von Grundeigentum wirtschaftlich unmöglich gemacht weiden. 80 So auch P. Kirchhof, VVDStRL 39, 213 (269 ff.); ähnlich Schuppert, in: Festschrift für Wolfgang Zeidler 1, S. 691 ff. (692 ff.). 81 Die deutlich geringere Bedeutung der Eigentumsgarantie für die verfassungsrechtliche Kontrolle der Besteuerung im Vergleich zum allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG betont auch Badura, Eigentum, in: Handbuch des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland, S. 653 (670 f.). 82 Parlamentarischer Rat, Drucksache 244, S. 16 (Art. 9 Abs. 1 Satz 1 des Entwurfs von Thoma).
I. Die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG
221
ner ausführlichen Bemerkung zu seinem Formulierungsvorschlag zu erläutern 83 . Das Schweigen des Parlamentarischen Rats zu diesem Vorschlag 84 kann deshalb nicht so gedeutet werden, als habe er Bedenken gegen diese Klarstellung gehabt. Vielmehr dürfte sie den Mitgliedern des Rats so unproblematisch erschienen sein, daß sich eine ausdrückliche Erwähnung im Text des Grundgesetzes erübrigte. Für diese Interpretation spricht vor allem der seinerzeitige Stand von Rechtsprechung und Lehre, nach dem die Eigentumsgarantie das Vermögen nicht gegen Eingriffe durch Auferlegung von Geldleistungspflichten schützte85. Der Vorbehalt, den der Parlamentarische Rat nicht in das Grundgesetz aufgenommen hat, findet sich in der Europäischen Menschenrechtskonvention, deren Zusatzprotokoll das Privateigentum ausdrücklich nur unter dem Vorbehalt der Besteuerung gewährleistet 86. Dieser Vorbehalt hat gerade durch die neuere Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Bedeutung der Europäischen Menschenrechtskonvention für den Grundrechtschutz im Bereich des Europarechts zusätzliches Gewicht gewonnen87. Der Zweite Senat des Gerichts hatte durch Beschluß vom 22. Oktober 1986 festgestellt, daß das Bundesverfassungsgericht seine Gerichtsbarkeit über die Anwendung von abgeleitetem Recht der Europäischen Gemeinschaften, das als Rechtsgrundlage für ein Verhalten deutscher Gerichte oder Behörden dient, nicht mehr ausüben und dieses Recht nicht mehr am Maßstab der Grundrechte überprüfen wird; das gilt, solange die Europäischen Gemeinschaften einen wirksamen Schutz der Grundrechte gegenüber der Hoheitsgewalt der Gemeinschaften generell gewährleisten. Für das demnach erforderliche Maß an Grundrechtsschutz ist neben den Verfassungen der Mitgliedsstaaten insbesondere die Europäische Menschenrechtskonvention maßgebend. Auf diese Konvention und ihre Zusatzprotokolle greift der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften zurück, wenn er den Inhalt und die Reichweite der gemeinschaftsrechtlichen Grundrechte bestimmt 88 . Zwar sind die Europäischen Gemeinschaften als solche nicht Mitglied der Europäischen Menschenrechtskonvention, das Bundesverfassungsgericht
83
Thoma, ebenda, S. 9 ff.
84
S. insbesondere das Stenographische Protokoll der auf den Vorschlag von Thoma folgenden 2. Lesung des Gnmdrechtkatalogs in der 26. Sitzung des Grundsatzausschusses am 30. November 1948, Drucksache 338. 85 So konnte das Bundesverfassungsgericht noch 1954 ausdrücklich auf die Einmütigkeit in Schrifttum und Rechtsprechung hinweisen, BVerfGE 4,7 (17); vgl. ferner oben 1. 86
Ait. I Abs. 2 des Zusatzprotokolls vom 20. März 1952.
87
BVerfGE 73,339 (340,376 ff.); vgl. dagegen noch BVerfGE 37,271 (280 ff.).
88
S. z.B. das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften im Verfahren Rutiii vom 28. Oktober 1975, RS 36/75, Slg. 1975, S. 1219 (1232) und das Urteil vom 15. Mai 1986, RS 222/84, Johnston./.The Chief Constable of the Royal Ulster Constablery.
222
5. Kapitel: Konzessionsabgaben und Grundrechte
stellt aber maßgeblich darauf ab, daß mittlerweile alle Mitgliedstaaten der Gemeinschaft der Konvention beigetreten sind und die Organe der Gemeinschaft die vorrangige Bedeutung der Konvention öffentlich betont haben89. Die Europäische Menschenrechtskonvention hat also nicht nur für die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Gemeinschaften eine kaum zu unterschätzende Bedeutung erlangt, sie verkörpert zudem einen wesentlichen Teil des Grundrechtsschutzes von Staatsbürgern der Bundesrepublik gegenüber den hiesigen Behörden und Gerichten. Wenn es um die Anwendung von abgeleitetem Gemeinschaftsrecht geht, das ständig ergänzt bzw. erweitert wird und deshalb die Rechtsstellung der Bürger der Bundesrepublik immer nachhaltiger bestimmt, sind die Vorschriften der Europäischen Menschenrechtskonvention maßgebend. Sie schützen das Eigentum infolge des genannten Vorbehalts nicht gegen die Besteuerung. Das hat zwar unmittelbar keine Konsequenzen für die Interpretation von Art. 14 GG, zeigt aber, daß das hier gewonnene Ergebnis dem Grundrechtschutz im Europarecht besser entspricht als die Ansätze der herrschenden Lehre, Art. 14 GG zu einer Schranke der Besteuerungsgewalt auszubauen.
4. Konzessionsabgaben und Art. 14 GG Geht man davon aus, daß auch der Steuergesetzgeber Inhalt und Grenzen des Eigentums bis zur Grenze der Privatnützigkeit bestimmt, verstößt es nicht gegen Art. 14 GG, wenn der Staat an die Erteilung von Konzessionen Geldleistungspflichten knüpft, die so bemessen sind, daß der zahlungspflichtige Unternehmer sie aus seinem Gewinn bestreiten kann. Ein Durchgriff auf einzelne Eigentumsgegenstände kommt bei einer derartigen Ausgestaltung einer Abgabe nicht in Betracht Vielmehr setzt sie gerade voraus, daß ein nach privatwirtschaftlichen Grundsätzen arbeitendes Unternehmen einen Gewinn erzielt, an dem der Staat dann mittels der gewinnabhängigen Geldleistungspflicht teilhat. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Dieses Recht reicht nicht so weit, daß es durch die Erhebung von Konzessionsabgaben berührt werden könnte. Das Bundesverfassungsgericht hat schon früh festgestellt, daß grundsätzlich überhaupt nur ein Eingriff in die Substanz der Sach- und Rechtsgesamtheit Gewerbebetrieb Art. 14 GG verletzen könne 90 . Später hat es dann offengelassen, ob ein verfassungs89 S. die Gemeinsame Erklärung des Europäischen Parlaments, des Rats und der Kommission der Gemeinschaft vom 5. April 1977, EG ABl. Nr. C 103/1 vom 27. April 1977. 90 BVerfGE 13, 225 (229), insoweit unter Einschränkung von BVerfGE 1, 264 (277 f.), wo es noch als "innerlich berechtigt" bezeichnet worden war, den Gewerbebetrieb als Sach- und Rechtsgesamtheit dem reinen Sacheigentum gleichzustellen.
I. Die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG
223
rechtlicher Schutz des Gewerbebetriebs geboten sei. Es sei fraglich, ob ein Gewerbebetrieb als solcher die konstituierenden Merkmale des verfassungsrechtlichen Eigentumsbegriffs aufweise, weil das Unternehmen eigentumsrechtlich gesehen die tatsächliche, nicht aber die rechtliche Zusammenfassung der zu seinem Vermögen gehörenden Sachen und Rechte darstelle, die an sich schon vor verfassungswidrigen Eingriffen geschützt seiend. Nachdem so die Möglichkeit einer Rechtsprechungsänderung angedeutet worden war, hat das Bundesverfassungsgericht dann gut zwei Jahre später in seinem Beschluß zur Naßauskiesung ausdrücklich festgestellt, daß der Schutz des Gewerbebetriebs nicht weitergehen kann als der Schutz, den seine wirtschaftliche Grundlage genießt92. Dem ist zuzustimmen. Unter dem Blickpunkt der Eigentumsgarantie kann es nur um den Schutz einzelner Eigentumsgegenstände gehen. Dazu zählen das Eigentum an Betriebsgrundstücken, Gebäuden, Maschinen, Forderungen, Patenten, Urheberrechten etc. Zwar mag es sich bei der produktiven Zusammenfassung und Arbeitsweise der Rechte und Mittel in einem Unternehmen um einen selbständigen Wert handeln, der durchaus des Schutzes der Rechtsordnung würdig ist 93 . Der Gesetzgeber hat aber das Unternehmen als solches bisher nicht als Eigentum im Sinne von Art. 14 GG ausgestaltet. Deshalb kommt eine Verletzung der Institutsgarantie des Eigentums mittels eines möglichen Durchgriffs von Konzessionsabgaben auf den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb schon mangels eines diesbezüglichen Eigentumsgegenstandes nicht in Betracht. Dieses Ergebnis entspricht der zivilrechtlichen Dogmatik zu § 823 BGB, die im eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb nur einen Auffangtatbestand sieht: Wird der Gewerbebetrieb geschädigt, ergibt sich die Rechtswidrigkeit der Schädigung nicht einfach aus dem Eingriff, sondern kann nur in jedem Einzelfall nach einer umfassenden Abwägung aller Umstände festgestellt werden. So soll der Gefahr einer grenzenlosen Ausweitung des Tatbestandes durch eine wertende Eingrenzung begegnet werden 94. In jedem Fall verlangt die zivilgerichtliche Rechtsprechung, daß es sich um einen unmittelbaren Eingriff in den Bereich des Gewerbebetriebs handelt95. Sie versteht darunter betriebsbezo-
9
* BVerfGE 51,193 (221 f.).
92
BVerfGE 58,300(353).
93
So Badura, Der Eigentumsschutz des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs gegenüber der staatlichen Intervention, in: Festschrift zum 125jährigen Bestehen der Juristischen Gesellschaft zu Berlin, S. 12 (13 f.). 94
Dazu näher Kohlhaas, Der Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb, S. 84 ff.; zum Unterschied zwischen zivilrechtlichem und öffentlich-rechtlichem Schutz des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs ausführlich Badura, AöR 98 (1973), 153. 95
Seit RGZ 163,32.
224
. Kapitel: Konzessionsabgaben und Grundrechte
gene Einwirkungen 96 , d.h. "Beeinträchtigungen, die die Grundlagen des Betriebs bedrohen oder gerade den Funktionszusammenhang der Betriebsmittel auf längere Zeit aufheben oder seine Tätigkeit als solche in Frage stellen" 97 . Nicht geschützt werden dementsprechend bloße Erwerbsmöglichkeiten, Gewinnaussichten, Hoffnungen oder Chancen98. Auch nach der zivilrechtlichen Dogmatik zum Schutz des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs liegt also im Auferlegen von Geldleistungspflichten kein rechtswidriger Eingriff. Art. 14 GG scheidet damit als Schranke für den Gesetzgeber aus, wenn dieser Konzessionen mit ertragsabhängigen Abgaben verknüpft. Konzessionsabgaben greifen nicht in das verfassungsrechtlich geschützte Eigentum der Konzessionäre ein, sondern die gesetzliche Abgabenregelung bestimmt Inhalt und Schranken des Eigentums mit, sofern sie überhaupt auf durch die Eigentumsgarantie geschützte Gegenstände durchgreift.
II. Die Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG Konzessionsabgaben belasten den Gewinn der konzessionierten Unternehmen, knüpfen also an eine Erwerbstätigkeit an. Grundrechtsschutz gegen ihre Erhebung könnte deshalb aus Art. 12 Abs. 1 GG zu erlangen sein. Ob das der Fall ist, hängt von der Interpretation des Grundrechts der Berufsfreiheit ab: Die Abgabenbelastung von konzessionierten Unternehmen ist verfassungsrechtlich anders zu sehen, wenn man Art. 12 Abs. 1 GG nur als Recht aller Deutschen versteht, frei zwischen den Berufen in ihrer vom Gesetzgeber bestimmten Form zu wählen (1), als wenn man der herrschenden Meinung folgt, wonach die Berufsfreiheit unabhängig von aller gesetzlichen Regelung jedem Deutschen gewährleistet, berufliche Tätigkeiten nach seiner eigenen Vorstellung aufzunehmen und durchzuführen (2)".
1. Die restriktive
Interpretation
von Art. 12 Abs. 1 GG
Nach der hier vertretenen Interpretation schützt das in Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleistete Recht, den Beruf frei zu wählen, die Deutschen nur davor, 96
BGHZ 29,65 (74); st Rspr.
97
BGH, U i t v. 18. Januar 1983, NJW 1983, 812.
98
BGHZ 45, 150; vgl. zum Ganzen Mertens, Rdnr. 492 zu § 823, in: Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, mit umfassenden Nachweisen. 99
pitel, I.
Zu dieser Unterscheidung Wieland, Die Freiheit des Rundfunks, S. 231 ff. und oben, 4. Ka-
Π. Die Bemfsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG
225
daß der Staat ihre Auswahl zwischen den Berufen in deren gesetzlich geordneter Form durch Druck oder Zwang beeinflußt. Der Staat darf also niemandem vorschreiben, einen bestimmten Beruf zu ergreifen, er darf ihn auch nicht an der Ausübung eines gesetzlich geordneten Berufes hindern. Gegen dieses Verbot verstößt die Erhebung von Konzessionsabgaben nicht; weder nach der Absicht des Gesetzgebers noch in ihrer objektiven Wirkung beschränkt sie die freie Auswahl zwischen den konzessionierten Berufen. Wenn der Gesetzgeber Konzessionen mit Abgaben belastet, regelt er auch nicht die Berufsausübung im Sinne von Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG. Dem Konzessionär wird durch die Verpflichtung, eine Abgabe zu zahlen, keine Modalität seiner Berufstätigkeit vorgeschrieben. Die einschlägigen abgabenrechtlichen Vorschriften knüpfen an die Berufstätigkeit an, ohne jedoch die Berufsausübung selbst zu regeln. Wie die Konzessionierung selbst, so dürfen auch die Konzessionsabgaben allerdings nur vom zuständigen Gesetzgeber auferlegt werden, der sowohl die allgemeine Handlungsfreiheit des Art. 2 Abs. 1 GG als auch den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG beachten muß 100 .
2. Die expansive Interpretation
von Art. 12 Abs. 1 GG
Die herrschende Meinung, die Art. 12 Abs. 1 GG als umfassendes Schutzrecht der Deutschen gegen alle deren berufliche Betätigung betreffenden Regelungen versteht, ging zunächst ebenfalls davon aus, daß Geldleistungspflichten wie Steuern und Gebühren nicht in den Schutzbereich des Grundrechts fallen. Sie begründete das folgendermaßen: Allgemeine Steuern auf Einkommen oder Vermögen würden ohne Rücksicht auf den Zusammenhang des Einkommens- oder Vermögenserwerbs mit einer beruflichen Tätigkeit erhoben, so daß das diese Tätigkeit schützende Grundrecht thematisch nicht einschlägig sei. Auch Steuern oder sonstige Abgaben, die wie z.B. Gewerbesteuer, Umsatzsteuer, Biersteuer, Getränkesteuer, Vergnügungsteuer, Speiseeisabgabe sowie Ein- und Ausführzölle im Zusammenhang mit einer beruflichen Tätigkeit stünden, beschränkten diese nicht rechtlich, sondern allenfalls wirtschaftlich. Sie glichen deshalb anderen Kostenfaktoren, die ebenfalls auf die berufliche Betätigung einwirkten 101 . Eine Ausnahme wurde für den Fall als möglich erachtet, daß eine Abgabe erdrosselnd oder prohibitiv wirke 102 . Dirigistische und inter-
100
S. dazu unten I I I und IV.
101
Bachof, Freiheit des Bemfs, in: Bettermann/Nipperdey/Scheuner, Die Grundrechte, Band I I I / l , 155 (196 f.); ähnlich Ballerstedt, Wirtschaftsverfassungsrecht, ebenda, S. 72 mit Fußn. 190. 102
BVerwGE 6,50 (51); 6,247; 12,140 (160 f.).
15 Wieland
226
5. Kapitel: Konzessionsabgaben und Grundrechte
ventionistische Motive des Gesetzgebers, die auch schon nach damaliger Auffassung der Mehrzahl der Steuergesetze zugrundelagen, sollten an der mangelnden Einschlägigkeit des Art. 12 Abs. 1 GG nichts ändern. Eine derartige Ausweitung des Begriffs der Berufsfreiheit habe nicht nur dem Verfassungsgeber ferngelegen, sondern auch der Wortlaut des Grundgesetzes gebe zu einer derart ausweitenden Interpretation keinen Anlaß, die zudem wegen der geringen Aussagekraft von Gesetzesmaterialien zu einer unerträglichen Rechtsunsicherheit führen würde 103 . Das Bundesverfassungsgericht hat sich dieser Auffassung im Grundsatz angeschlossen, sie allerdings in gewissem Umfang modifiziert. Zunächst hatte sich das Gericht 1960 in seinem Urteil zum Kindergeldgesetz mit der lapidaren Feststellung begnügt, es sei nicht ersichtlich, inwieweit die Berufsfreiheit Selbständiger dadurch berührt werden sollte, daß sie Beiträge an eine Familienausgleichskasse zahlen müßten 104 . Grundsätzliche Aussagen über das Verhältnis zwischen Berufsfreiheit und Geldleistungspflicht enthielt dann der Beschluß des Ersten Senats vom 30. Oktober 1961 zur Schankerlaubnissteuer. Danach kommt Art. 12 Abs. 1 GG in aller Regel nur als Maßstab für solche Normen in Betracht, die sich gerade auf die berufliche Betätigung beziehen und diese unmittelbar zum Gegenstand haben. Weil aber der besondere Freiheitsraum, den Art. 12 Abs. 1 GG sichern will, auch durch Vorschriften berührt werden kann, die einen Beruf nicht unmittelbar regeln, sondern die Freiheit der Berufswahl nur mittelbar beeinträchtigen, können auch Steuergesetze in den Schutzbereich der Berufsfreiheit eingreifen: "Sie sind an A r t 12 Abs. 1 GG zu messen, wenn sie infolge ihrer Gestaltung in einem engen Zusammenhang mit der Ausübung eines Berufes stehen und - objektiv - eine berufsregelnde Tendenz deutlich erkennen lassen" 105 . Diese Voraussetzungen sieht das Gericht jedenfalls dann als erfüllt an, wenn gerade die Erteilung der Erlaubnis zur Ausübung eines bestimmten Berufes steuerbegründend wirkt 1 0 6 . Das ist bei der zur Prüfung gestellten Schankerlaubnissteuer der Fall: Sie knüpft an die Erlangung der Erlaubnis zum ständigen Betrieb einer Gastwirtschaft an und bemißt sich wesentlich nach dem Jahresertrag 107 . Nachdem so feststand, daß die Schankerlaubnissteuer in den Schutzbereich der Berufsfreiheit eingriff, mußte das Bundesverfassungsgericht diesen
Bachof, ebenda, S. 197. 104
BVerfGE 11,105(126).
105
BVerfGE 13,181 (185 f.).
106
BVerfGE 13,181 (186).
107
Vgl. BVerfGE 13, 181 (182) zur doit in Rede stehenden Steuerordnung des Kreises Berg-
heim.
.
ie
ufreiheit des Art. 2 Abs. 1 GG
227
Eingriff einer Stufe seiner Dreistufentheorie 108 zuordnen. Dabei kam es zu dem Ergebnis, daß es sich jedenfalls dann um eine Ausübungsregelung handele, wenn die Erteilung oder der Fortbestand der Erlaubnis nicht von der Entrichtung der Steuer abhängig sei. Die Ausübungsregelung wirke aber in rechtlich beachtlicher Weise auf die Berufswahl zurück, wenn sie den Zugang zu einem Beruf völlig versperre oder es den betroffenen Berufsbewerbern nach ihrer objektiven Gestaltung und Höhe in aller Regel wirtschaftlich unmöglich mache, den gewählten Beruf als Grundlage ihrer Lebensführung zu nutzen. Demgegenüber sei die Freiheit der Berufswahl nicht betroffen, wenn die Abgabe den aus der Ausübung eines Berufes erzielten Gewinn in mehr oder weniger großem Umfange mindere und deshalb geeignet sei, einen Bewerber zu veranlassen, sich einem einträglicheren Beruf zuzuwenden109. Indem das Gericht diese beiden Alternativen einander gegenüberstellt, knüpft es an die traditionelle Rechtsprechung zur Erdrosselungsteuer an 1 1 0 und bemüht sich um eine Dogmatik des Verhältnisses zwischen Steuern und Berufsfreiheit, die mit seiner Interpretation des Art. 12 Abs. 1 GG, insbesondere der im Apothekenurteil entwickelten Stufentheorie, vereinbar ist. Tatsächlich erscheint es aus der Sicht der herrschenden Meinung folgerichtig, die Zuordnung einer Steuer zu einer der drei Stufen davon abhängig zu machen, ob sie aus wirtschaftlichen Gründen die Wahl eines Berufes unmöglich macht und damit wie ein Berufsverbot wirkt. Nur wenn diese Voraussetzung erfüllt ist, greift eine Abgabe als eine Zulassungsbeschränkung bzw. sogar als eine Zulassungssperre in die Freiheit des Berufs ein, wie sie das Bundesverfassungsgericht versteht. Solange diese Schwelle nicht überschritten wird, kommt nur eine Behandlung als eine Regelung der Berufsausübung in Betracht Dementsprechend hält das Bundesverfassungsgericht Steuern, deren Belastungswirkung unter dieser Schwelle verbleibt, dann für verfassungsrechtlich unbedenklich, wenn Interessen der Gemeinschaft es zweckmäßig erscheinen lassen, die Steuernorm so zu gestalten, daß sie in einem engen Zusammenhang mit der Ausübung eines Berufes steht und eine berufsregelnde Tendenz verfolgt 111 . Diese Voraussetzungen erfülle die Schankerlaubnissteuer: Die Steuerbelastung sei nicht so hoch, daß der Inhaber einer Gaststätte nicht bei gesunder wirtschaftlicher Ertragslage des Unternehmens ein angemessenes, seinen Lebensunterhalt deckendes Einkommen erzielen könne 112 . Andererseits stünden
108
S. dazu BVerfGE 7, 377 (405 ff.).
109
BVerfGE 13,181 (186 f.).
110
S. nur BVerwGE 6,50 (51); 6,247.
111
BVerfGE 13,181 (187).
112
BVerfGE 13, 181 (188).
228
5. Kapitel: Konzessionsabgaben und Grundrechte
dem Interesse des Wirts an möglichst großem Alkoholkonsum nicht unerhebliche gesundheitspolitische, sozialpolitische und volkswirtschaftliche Interessen der Allgemeinheit gegenüber, die das Bundesverfassungsgericht allerdings nicht näher erläutert. Es beschränkt sich auf die Feststellung der Angemessenheit einer Steuer, die die Allgemeinheit an einer Erwerbsquelle beteilige, welche durch die Erlaubnis zum Ausschank von alkoholischen Getränken eröffnet werde 113 . Im Ergebnis überprüft das Bundesverfassungsgericht also Steuern mit berufsregelnder Tendenz zwar am Verhältnismäßigkeitsprinzip; für ihre verfassungsrechtliche Zulässigkeit reichen aber Zweckmäßigkeitserwägungen aus, solange die Steuern nicht erdrosselnd wirken. An dieser Inteipretation der Berufsfreiheit in bezug auf Abgabengesetze hält das Bundesverfassungsgericht in ständiger Rechtsprechung fest 114 . Dieser Rechtsprechung hat sich das Bundesverwaltungsgericht angeschlossen115; auch die Literatur folgt ihr 1 1 6 , ohne allerdings zu übersehen, daß Art. 12 Abs. 1 GG in der Auslegung des Bundesverfassungsgerichts kaum als wirksame Schranke für den Steuer- und Abgabengesetzgeber bezeichnet werden kann: Weder der Zweck einer gesetzlichen Geldleistungspflicht noch deren Eignung zur Zweckerreichung dürften in der Regel aus der Sicht der Verfassung zu beanstanden sein, die dem Gesetzgeber bei Eingriffen in das Wirtschaftsleben einen Beurteilungsspielraum bis zur Grenze offensichtlich fehlsamer Erwägungen einräumt 117 . Allgemein wird weniger in der Stufentheorie als in dem hinter ihr stehenden Verhältnismäßigkeitsprinzip
113
BVerGE 13,181 (188).
114
S. z.B. die Entscheidungen zur nordrhein-westfälischen Vergnügungssteuer, BVerfGE 14, 76 (100 f.) und 31, 8 (26 ff.), das Urteil zum Beförderungsteuergesetz, BVerfGE 16, 147 (162 ff.) und den Beschluß zur Sonderbesteuerung des Straßengüterverkehrs ("Leberpfennig") BVerfGE 38, 61 (85 ff.); vgl. im übrigen den Rechtsprechungsüberblick bei Weber/Crezelius, Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgericht zum Verhältnis von Art. 12 GG und Besteuerung, in: Gedächtnisschrift für Friedrich Klein, S. 542 sowie Schmidt-Bleibtreu/Franz Klein, Kommentar zum Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, Rdnr. 23 zu Art. 12. 115
BVerwG, Urt v. 19. Febniar 1971, in: KStZ 1971,118; BVerwGE 32,135 (137 f.); 38,317
(318 ff.). 116 Badura, AöR 92, (1967), 382 (406); Benda/Kreuzer, DStZ A 1973, 49 (55 f.); Breuer, in: Handbuch des Staatsrechts VI, §§ 148 Rdnr. 30 (S. 982 f.); Echteriiölter, BB 1966, 45 (48); derselbe, BB 1969, 805 (808 f.); Fromm, FR 1963, 279 (281); derselbe, DVB1. 1968, 317 (319 ff.); Götz, Recht der Wirtschaftssubventionen, S. 274; Gubelt, Rdnr. 39 zu Art. 12, in: von Münch, Grundgesetz-Kommentar, Band 1; Franz Klein, Gleichheitssatz und Steuerrecht, S. 187; Pappermann, DB 1968, 1742 (1744); Runge/Kohlhaas, BB 1968, 844 (845 ff.); Schmidt-Bleibtreu, DB 1966, 1148; derselbe, BB 1969,1493 (1496 f.); Scholz, Rdnr. 415 ff. zu Art. 12, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz; Spanner, Der Steuerbürger und das Bundesverfassungsgericht, S. 124 ff.; Steinberg, Wirtschaft und Politik, S. 44 f.; W. Weber, AöR 90 (1965), 452 (469 ff.). 117
Seetzen, NJW 1974,1222 (1223); ähnlich Papier, Der Staat, 11 (1972), 482 (493 ff.).
.
ie
ufreiheit des Art. 2 Abs. 1 GG
229
die Schranke für den Abgabengesetzgeber gesehen118. Wird die Prüfung einer Steuer oder sonstigen Abgabe an Art. 12 Abs. 1 GG so auf das Verhältnismäßigkeitsprinzip ausgerichtet, tritt die Bedeutung der Frage zurück, ob Geldleistungspflichten, die an die Erteilung einer Erlaubnis anknüpfen, als Berufsausübungs- oder als Berufswahlregelungen einzuordnen sind 119 ; das angestrebte Regelungsziel muß mit der Verfassung zu vereinbaren und die Regelung selbst geeignet, erforderlich und angemessen sein, um das Regelungsziel zu erreichen. Das erklärt, warum das Bundesverfassungsgericht eine Abgabe, die als Mittel der Wirtschaftsbeeinflussung gedacht ist und die jedenfalls formal an berufliche Tätigkeiten anknüpft, an Art. 2 Abs. 1 GG und nicht an Art. 12 Abs. 1 GG gemessen hat 120 . Das Gericht geht in der betreffenden Entscheidung davon aus, daß es letzlich nicht darauf ankommt, ob die Berufsfreiheit oder die allgemeine Handlungsfreiheit einschlägig ist. Es prüft die Verfassungsmäßigkeit der Abgabe zunächst an Art. 12 Abs. 1 GG, kommt insoweit zu keinen Beanstandungen und stellt schließlich fest, die Regelung, die bereits den strengeren Anforderungen des Art. 12 Abs. 1 GG genüge, unterliege erst recht keinen verfassungsrechtlichen Bedenken aus Art. 2 Abs. 1 GG 1 2 1 . Tatsächlich wendet der Senat die Kriterien der allgemeinen Verhältnismäßigkeitsprüfung an, nachdem er die in Rede stehende Weinwirtschaftsabgabe hypothetisch als Regelung der Berufsausübung qualifiziert hat. Er spricht von einer - die wirtschaftliche Betätigungsfreiheit des Art. 2 Abs.l GG berührenden - allgemeinen Marktbeeinflussung durch Eingriffe in das freie Spiel der in der Weinwirtschaft tätigen Kräfte. Dieser allgemeinen Marktbeeinflussung stellt er die - an der Berufsfreiheit zu messende - motivierende Steuerung des Entschlusses zur Wahl oder zur Art der Ausübung eines Berufes bzw. entsprechende objektive Wirkungen einer Regelung gegenüber 122. Nach diesen Kriterien müßte auch das Bundesverfassungsgericht Konzessionsabgaben an A r t 2 Abs. 1 GG messen, weil sie weder nach der Intention des Gesetzgebers den Entschluß zur Wahl oder zur Ausübung eines Berufes motivierend steuern noch objektiv eine solche berufspolitische Wirkung haben. Diese Steuerungsfunktion kommt vielmehr der Konzessionierung selbst zu. Sie entfaltet eine berufspolitische Wirkung, indem sie Interessenten einen Zugang 118 Selmer, AöR 101 (1976), 238 ff. und 399 ff. (423 ff.); vgl. schon derselbe, Steuerinteiventionismus und Verfassungsrecht, S. 244 ff., wo primär auf den objektiven Ordnungsgehalt von Art. 12 Abs. 1 GG abgesteUt wird. 119
Vgl. aber auch H. Weber/Crczelius, Gedächtnisschrift für Friedrich Klein, S. 542 (551 ff.).
120
BVerfGE 37,1(17 f.).
121
BVerfGE 37,1 (28).
122
BVerfGE 37,1(18 ff.).
230
5. Kapitel: Konzessionsabgaben und Grundrechte
zu dem von ihnen angestrebten Beruf versperrt oder jedenfalls erschwert Die Konzessionsabgaben knüpfen nur formal an die bereits getroffenen berufspolitischen Entscheidungen an und schöpfen Vorteile ab, die aus diesen Entscheidungen erwachsen. Demgemäß ist Maßstab für die Beurteilung von Konzessionsabgaben aus freiheitsrechtlicher Sicht 123 Art. 2 Abs. 1 GG.
ΠΙ. Die allgemeine Handlungsfreiheit des Art· 2 Abs· 1 GG Die Pflicht zur Zahlung von Konzessionsabgaben greift in die allgemeine Handlungsfreiheit der Konzessionäre ein; sie beschränkt deren Freiheit im wirtschaftlichen Verkehr 1 *. Die vom Grundgesetz gezogene Grenze dieser Handlungsfreiheit auf wirtschaftlichem Gebiet bildet vorrangig die verfassungsmäßige Ordnung 125 . Teil der verfassungsmäßigen Ordnung ist die Befugnis des Gesetzgebers, ordnend und klärend in das Wirtschaftsleben einzugreifen; sie umfaßt auch das Recht, Geldleistungen aufzuerlegen 126. Demnach berührt die Pflicht zur Zahlung einer Abgabe zwar die wirtschaftliche Freiheit des einzelnen; solange dem Betroffenen angemessener Spielraum verbleibt, sich als verantwortlicher Unternehmer frei zu entfalten, wird Art. 2 Abs. 1 GG jedoch nicht verletzt 127 . Dieser Spielraum besteht, soweit die Abgabenbelastung verhältnismäßig ist 1 2 8 . Das bedeutet, daß Konzessionsabgaben nur dann mit den Freiheitsrechten des Zahlungspflichtigen vereinbar sind, wenn der Zweck ihrer Erhebung verfassungsgemäß und die Zahlungspflicht geeignet sowie erforderlich ist, um diesen Zweck zu erreichen; schließlich darf eine Konzessionsabgabe auch nicht unzumutbar sein 129 . Die verfassungsrechtlichen Anforderungen an Konzessionsabgaben stellen sich nicht für alle Gestaltungsformen solcher Abgaben in gleicher Weise, vielmehr ist zwischen Steuern (1.) und nichtsteuerlichen Abgaben (2.) zu unterscheiden.
123 Vgl. zum Verhältnis zwischen Art 2 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 GG auch von Mangoldt/ Klein/Starck, Das Bonner Grundgesetz, Rdnr. 56 zu Art. 2 Abs. 1 GG. 124 Zu diesem Teil der allgemeinen Handlungsfreiheit s. BVerfGE 73, 261 (270) m.w.N. und Erichsen, Handbuch des Staatsrechts V I , § 152 Rdnr. 60 ff. (S. 1211 f.). 125
BVerfGE 50,290 (366).
126
BVerfGE 18,315 (329).
127
Vgl. BVerfGE 12, 341 (347 f.).
128
Vgl. BVerfGE 48,102 (115 f.); 75,108 (154 f.)
129
Zu diesen Voraussetzungen näher BVerfGE 75,108 (175 ff.).
III. Allgemeine Handlungsfreiheit des Art. 2 Abs. 1 GG
231
1. Konzessionsteuern Die Prüfung von Konzessionsteuern am Maßstab der Verhältnismäßigkeit wirft erhebliche Probleme auf. Diese Probleme rühren daher, daß eine Steuer im Sinne des Grundgesetzes nicht von einer staatlichen Gegenleistung abhängen darf. Das gilt für alle Steuern. Mit dem vom Grundgesetz vorausgesetzten Wesen der Steuer als einer Geldleistung ohne besondere Gegenleistung des Staates verträgt es sich allerdings, daß das Aufkommen einzelner Steuern gesetzlich bestimmten Zwecken vorbehalten wird. Diese Zwecksteuern weisen anders als sonstige Steuern eine Beziehung zu bestimmten Leistungen und Verwaltungszwecken des Abgabeberechtigten auf; indem dieser seine öffentlichen Aufgaben mit Hilfe des Aufkommens der Zwecksteuern erfüllt, übernimmt er aber keine Gegenleistung zugunsten der Abgabepflichtigen. Vielmehr beschränkt sich der Kreis der zur Zahlung von Zwecksteuern Verpflichteten nicht auf Bürger, die einen wirtschaftlichen Vorteil aus dem mit den Erträgen der Zwecksteuer finanzierten öffentlichen Vorhaben ziehen 130 . Um eine Zwecksteuer und nicht um eine Vorzugslast handelt es sich allerdings nur solange, wie die Zahlungspflicht von einer Nichterfüllung der öffentlichen Aufgaben, die durch den zweckgebundenen Vertrag finanziert werden sollen, rechtlich nicht berührt wird 1 3 1 . Zwecksteuern hängen also rechtlich - wie andere Steuern auch - nicht von einer staatlichen Gegenleistung ab; sie fließen ebenfalls in den allgemeinen Staatshaushalt. Ihr Aufkommen dient jedoch nicht dazu, zur Finanzierung des gesamten staatlichen Finanzbedarfs beizutragen. Es wird vielmehr verwendet, um einen ganz bestimmten Teil des allgemeinen Finanzbedarfs zu befriedigen. Die Unabhängigkeit von einer Gegenleistung, die die Steuern im allgemeinen wie auch die Zwecksteuern auszeichnet, läßt das Gebot an den Gesetzgeber, das Verhältnismäßigkeitsprinzip bei seinen steuerlichen Regelungen zu beachten, praktisch leerlaufen. Da die Steuern nicht im Hinblick auf eine konkrete Gegenleistung, sondern zur Befriedigung des Finanzbedarfs der öffentlichen Hand erhoben werden, ist die Verfassungsmäßigkeit des Zwecks der Steuererhebung immer gegeben. Der Staat bedarf aus der Tatsache seiner Existenz heraus finanzieller Mittel, ohne sie kann er nicht bestehen, ohne sie kann er seine Aufgaben nicht erfüllen. Steuern sind nach ihrer Definition stets geeignet, zur Deckung des staatlichen Finanzbedarfs beizutragen. Sie sind auch erforderlich. Wollte man die Erforderlichkeit der Steuererhebung zur Deckung des Finanzbedarfs des Staates
130 BVerfGE 7,244 (254); 9, 291 (300); Β FH 58, 556 (559); Vogel/Walter, Bonner Kommentar, Rdnr. 44 zu Art 105; Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Tz. 15 zu § 3 AO m.w.N. 131
Vogel/Walter, Bonner Kommentar, Rdnr. 44 zu Art. 105.
232
5. Kapitel: Konzessionsabgaben und Grundrechte
bezweifeln, müßte man ihn auf eine eigene ertragswirtschaftliche Betätigung als milderes Mittel zur Erzielung von Einkünften verweisen. Finanziert sich der Staat aber aus den Erträgen eigenen wirtschaftlichen Handelns, muß dieses Handeln an die Stelle privatwirtschaftlicher Unternehmungen seiner Bürger treten. Das Grundgesetz hat sich jedoch mit den Art. 105 ff. für den Steuerstaat und damit für die Teilhabe des Staates an den von seinen Bürgern erwirtschafteten Einkünften und gegen eine umfassende Finanzierung aus eigenem Wirtschaften entschieden132. Die Erhebung von Steuern ist für den Bürger auch nicht unzumutbar, weil die Steuern die Kosten des Gemeinwesens decken, dem er zugehört. Die Höhe dieser Kosten bestimmt sich nach den demokratisch legitimierten Ausgabeentscheidungen des Parlaments. W i l l man nicht den zum Scheitern verurteilten Versuch unternehmen, mittels einer verfassungsrechtlichen Begrenzung der Ausgaben den Finanzbedarf des Staates einzuschränken 133, vermag das Prinzip der Verhältnismäßigkeit den Steuergesetzgeber nicht zu hemmen. Wenn letzterer sich entschließt, die Bürger mit Geldleistungspflichten zu belegen, um seinen Finanzbedarf zu decken, verstößt das nicht gegen das Gebot zum verhältnismäßigen Handeln. Diese Aussage trifft nicht nur für die "Finanzsteuern", sondern auch für die "Ordnungsteuem" zu. Die Unterscheidung zwischen beiden Steuertypen ist eine vorrangig theoretische, die sich in der Praxis nicht strikt nachvollziehen läßt. Einerseits sind die "Finanzsteuern" wie z.B. die Einkommensteuer in ihren einzelnen Tatbeständen in vielfacher Weise gestaltend und ordnend angelegt. Andererseits zielen auch Lenkungsteuern darauf, dem Staat Einkünfte zu verschaffen und damit seinen Finanzbedarf zu decken. Wenn die Steuern, die den Genuß von Tabak oder Alkohol belasten, erhöht werden, kann das sowohl aus finanz- als auch aus gesundheitspolitischen, wahrscheinlich aber aus einem Gemisch von verschiedenen Gründen geschehen134. Auch Ordnungsteuern sind verhältnismäßig, weil sie stets den staatlichen Finanzbedarf befriedigen. Erst dann, wenn der in der Praxis nicht vorstellbare Fall eintreten sollte, daß die Steuern mehr Erträge brächten, als zur Befriedigung des staatlichen Finanzbedarfs benötigt würde, fehlte es an Geeignetheit und Erforderlichkeit der Steuererhebung. Eine derartige Situation ist jedoch so unwahrscheinlich, daß sie aus den vorliegenden Überlegungen ausgeschlossen werden kann.
132 Zu den grundsätzlichen Möglichkeiten der öffentlichen Hand, ihren Finanzbedarf zu befriedigen, P. Kirchhof, Jura 1983,505. 133
S. dazu oben I.2.b.
134
Papier, Rdnr. 169 zu Art. 14 GG, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz.
III. Allgemeine Handlungsfreiheit des Art 2 Abs. 1 GG
233
Näher liegt dagegen die Frage, ob es überhaupt Konzessionsteuern geben kann; ob nicht die vom Grundgesetz geforderte Gegenleistungsunabhängigkeit der Steuer es ausschließt, daß eine Abgabe, die an die Erteilung einer Konzession anknüpft als Steuer qualifiziert werden kann. Stellt nicht die Erteilung einer Konzession immer eine Gegenleistung des Staates dar, die es verhindert, daß eine entsprechende Abgabe Steuer im Sinne der Verfassung sein kann? Auf diese Frage ist näher einzugehen, wenn es um die Gestaltungsmöglichkeiten des Staates im Bereich der Konzessionsabgaben geht 135 .
2. Nichtsteuerliche
Konzessionsabgaben
Anders stellt sich die Lage bei Konzessionsabgaben dar, die nicht als Steuer erhoben werden. Sie könnten als Vorzugslasten zu qualifizieren sein. Vorzugslasten unterscheiden sich von den gegenleistungsunabhängigen Steuern dadurch, daß sie an einen Vorzug anknüpfen, der einzelnen Bürgern im Vergleich zu allen anderen Bürgern zugewendet wird. Diesen Vorzug gleichen sie durch eine Belastung aus, die sich als Nachteil für den Betroffenen darstellt. Im Hinblick auf den ihm gewährten Vorteil wird dem Bevorzugten eine Geldleistung auferlegt, eine sogenannte Vorzugsleistung oder Vorzugslast 136 . Die Vorzugslast soll sicherstellen, daß der Bevorzugte trotz des ihm gewährten Vorzugs in seinem Gesamtvermögen keinen Vorteil gegenüber anderen Bürgern erlangt. Sie bildet damit so etwas wie das spiegelbildliche Gegenstück zur Enteignungsentschädigung, die durch eine Geldzahlung des Staates den mit der Enteignung verbundenen Vermögensnachteil des Enteigneten ausgleicht und so bewirkt, daß sich dessen Gesamtvermögen nicht verringert. Konzessionsabgaben sind nur dann Vorzugslasten, wenn sie nicht einfach aus fiskalischen Gründen erhoben werden, sondern einen dem Konzessionär gewählten Vorteil ausgleichen. Der Staat darf sich nicht etwa eine neue Einnahmequelle zur Befriedigung seines Finanzbedarfs erschließen, indem er ein Verhalten zunächst generell verbietet und dann Erlaubnisse "verkauft". Die Erteilung von Erlaubnissen darf sich im Rechtsstaat nicht nach ertragswirtschaftlichen Gesichtspunkten vollziehen 137 . Weder ist die Konzession ein Handelsgegenstand, noch darf die öffentliche Hand ihre Vergabe kommerzialisieren. Die Abgabepflicht bedarf vielmehr einer Rechtfertigung, die nichts mit den fiskalischen Interessen des Staates zu tun hat, sondern in sachlichem Zusam-
135
S. unten Kapitel 6.
136
Zum Begriff Wolff/Bachof, Verwaltungsrecht I, § 42 II a 2 ß; P. Kirchhof, Verfassungsrecht und öffentliches Einnahmesystem, in: Staatsfinanzierung im Wandel, S. 33 (51 ff.). 137 Vgl. die entsprechenden Bedenken bei P. Kirchhof, Verwalten durch "mittelbares Einwirken", S. 115 f.
234
5. Kapitel: Konzessionsabgaben und Grundrechte
menhang mit einem in der Erteilung der Konzession liegenden Vorteil steht. Die Konzessionierung selbst setzt bereits voraus, daß die in Rede stehende wirtschaftliche Tätigkeit aus der Sicht der Allgemeinheit auf Bedenken stößt, sei es, weil sie in besonderer Weise auf natürliche Ressourcen zugreift, sei es, weil sie mit einer Monopolstellung verbunden ist oder weil sie dem Staat grundsätzlich sozial schädlich erscheint. Diese Bedenken können durch die Zahlung der Abgabe beseitigt oder verringert werden. Der durch die Konzessionsabgabe auszugleichende Vorzug besteht folglich in der Erteilung der Erlaubnis trotz eigentlich entgegenstehender Bedenken. So ist die Inanspruchnahme von natürlichen Ressourcen wie z.B. Bodenschätzen, die nicht zum Eigentum des Unternehmers zählen, leichter hinnehmbar, wenn der wirtschaftliche Gewinn aus dieser Inanspruchnahme nicht vollständig beim Unternehmer verbleibt, sondern jedenfalls zum Teil an die Allgemeinheit fließt. Das gleiche gilt für die Belastung von Luft oder Gewässern durch Emissionen. Solche Emissionen bedeuten für die Allgemeinheit einen Nachteil, der in gewissem Umfang durch die Erträge einer Konzessionsabgabe ausgeglichen werden kann. Im Blick auf den Vorteil, der der Allgemeinheit aus dem Aufkommen der Abgabe erwächst, können Bedenken gegen eine Erlaubniserteilung zurückgestellt werden. Umgekehrt stellt die Konzession für den Konzessionär einen Vorteil dar, auf den er keinen Rechtsanspruch hat und der durch die Konzessionsabgabe ausgeglichen wird. Auch wenn eine Konzession dazu führt, daß ein Monopol entsteht, wie das in manchen Bereichen der Daseinsvorsorge der Fall ist, kann das eher hingenommen werden, wenn der Gewinn, der gerade aus der Monopolstellung fließt, an die öffentliche Hand abgeführt wird. Diese Monopolrente erwächst dem Konzessionär nur wegen der Konzession, die ihm so gegenüber anderen einen wirtschaftlichen Vorteil gewährt, den die Konzessionsabgabe jedenfalls zum Teil wieder abschöpft Schließlich sind die Veranstaltung von Glücksspielen oder ähnliche sozial schädliche Unternehmungen für die Allgemeinheit eher erträglich, wenn deren Erträge durch Konzessionsabgaben der Allgemeinheit zugeführt werden. Dürften Konzessionsabgaben nicht erhoben werden, könnte das Ziel des Gesetzgebers, das Spielen einzuschränken, zwar immer noch durch eine restriktive Genehmigungspraxis verfolgt werden. Je restriktiver aber Erlaubnisse erteilt würden, desto größer wäre angesichts der offenkundig bestehenden Nachfrage nach Spielmöglichkeiten der Gewinn der wenigen konzessionierten Unternehmen. Wenn der Staat sich bei der Konzessionsvergabe aus sachlich gerechtfertigten Gründen zurückhält, muß er aber nicht notwendig den wenigen konzessionierten Unternehmern die Gewinne überlassen, die infolge der beschränkten Zahl der Erlaubnisse zusätzlich entstehen. Vielmehr erwächst den Konzessio-
III. Allgemeine Handlungsfreiheit des Art. 2 Abs. 1 G G 2 3 5 nären gerade aus der restriktiven Praxis der Konzessionierung eine bedeutende Gewinnchance. Den wirtschaftlichen Wert dieser Chance kann eine Konzessionsabgabe ganz oder zum Teil erfassen. Werden Konzessionsabgaben also erhoben, um in der Konzessionierung liegende wirtschaftliche Vorteile für den Konzessionär abzuschöpfen, die aus einer staatlichen Leistung erwachsen, auf die der Begünstigte keinen Rechtsanspruch hat, handelt es sich um Vorzugslasten. Deren Verhältnismäßigkeit ist im folgenden zu untersuchen.
a. Der Zweck nichtsteuerlicher Konzessionsabgaben Der Zweck, dem die Erhebung von Konzessionsabgaben in der Form der Vorzugslast dient, ergibt sich bereits aus der Eigenart dieser Abgaben: Wie die Vorzugslast generell leistungsstaatlichem Handeln den Finanzerfolg nehmen und seine Wirkungen auf den Verwaltungserfolg beschränken soll 1 3 8 , sollen nichtsteuerliche Konzessionsabgaben den Vorteil jedenfalls zum Teil abschöpfen, der dem Konzessionär aus der Erteilung der Konzession erwächst. Die Rechtsstellung des Konzessionärs wird durch die Konzession verbessert, ohne daß der in der Konzession liegende wirtschaftliche Wert vollständig dem Vermögen des Begünstigten zufließen soll. Gegen den Zweck der Konzessionsabgaben, diesen Wert abzuschöpfen, bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Entscheidend ist in freiheitsrechtlicher Sicht vielmehr zunächst und vorrangig die Konzessionierung einer wirtschaftlichen Tätigkeit selbst. Kann der Staat die Freiheitssphäre des einzelnen ohne Verstoß gegen dessen Grundrechte dadurch einschränken, daß er privatwirtschaftliches Handeln von einer Erlaubnis abhängig macht, auf die kein Rechtsanspruch besteht, liegt vor allem darin die Beschränkung der Freiheit der Betroffenen. Die an die Erlaubnis bzw. Konzession anknüpfende Pflicht zur Zahlung einer ertragsabhängigen Abgabe setzt die Konzessionierung voraus.
b. Geeignetheit und Erforderlichkeit Konzessionsabgaben sind geeignet, diese Vorteilsabschöpfung zu bewirken. Erforderlich sind sie soweit, als sie sich darauf beschränken, die gerade aus der Konzession erwachsenden Vorteile zu erfassen. Die Erlaubniserteilung rechtfertigt es dagegen nicht, Gewinne abzuschöpfen, die aus dem unternehmeri-
138 P. Kirchhof, Verfassungsrecht und öffentliches Einnahmesystem, in: Staatsfinanzierung im Wandel, S. 33(52).
236
5. Kapitel: Konzessionsabgaben und Grundrechte
sehen Handeln entstehen. Zulässig ist allein die Abschöpfung der Vorteile, auf die der Unternehmer keinen Rechtsanspruch hat. Der Staat erweitert durch die Konzession die rechtlichen Möglichkeiten des Bürgers: Er erlaubt ihm, auf Ressourcen der Allgemeinheit zuzugreifen bzw. sie durch Emissionen zu belasten; er räumt ihm eine monopol- bzw. oligopolartige Stellung einschließlich der damit verbundenen besonderen Gewinnmöglichkeiten ein oder läßt gewerbliche Tätigkeiten zu, von denen er schädliche Folgen befürchtet. Der Konzessionär macht von dieser Erweiterung seiner rechtlichen Möglichkeiten durch sein wirtschaftliches Handeln Gebrauch. Sein wirtschaftlicher Erfolg beruht letztlich auf beiden Komponenten: zum einen auf seinem unternehmerischen Geschick und Können, zum anderen auf der staatlichen Konzession, die erst Voraussetzung seiner Betätigung ist. Für ihn stellt sich die Konzessionsabgabe als ein zusätzlicher Kostenfaktor dar, den er bei seinen Wirtschaftlichkeitsberechnungen neben den anderen Kosten, die jedem Unternehmer entstehen, in Rechnung zu stellen hat. Nur wenn er auch unter Berücksichtigung dieser zusätzlichen Kosten noch eine hinreichende Gewinnchance erwarten kann, wird er mit seinem Unternehmen beginnen; nur wenn diese Erwartung sich erfüllt, wird er sein Unternehmen fortführen. Aus diesem Mechanismus heraus ergibt sich auch die Möglichkeit, näher zu bestimmen, in welchem Umfang die Konzessionsabgabe erforderlich ist, um den angestrebten Vorteilsausgleich zu verwirklichen. Überschreitet die öffentliche Hand bei der Festsetzung der Konzessionsabgabe diese Grenze, wird ihre Einnahmequelle versiegen. Die Konzessionsabgabe entfaltete dann erdrosselnde Wirkung. Diese erdrosselnde Wirkung liegt aber gerade nicht im Interesse des Staates: Wollte er den betreffenden Wirtschaftszweig erdrosseln, brauchte er nur die benötigten Erlaubnisse zu versagen. Indem er sich für die Erlaubniserteilung entscheidet und damit erst die Grundlage für die Erhebung der Konzessionsabgabe schafft, entscheidet er sich notwendig auch gegen die Erdrosselung. Dementsprechend ist es typisches Merkmal der Konzessionsabgaben, daß ihre Höhe an die wirtschaftliche Entwicklung der konzessionierten Unternehmen angepaßt wird. So hat z.B. die niedersächsische Landesregierung die bergrechtliche Förderabgabe in den letzten Jahren in Hinblick auf die wirtschaftliche Lage der Förderunternehmen erheblich gesenkt139. Probleme können sich allenfalls ergeben, wenn der Staat seine Politik ändern will und statt einer Rücknahme der Konzession, die verwaltungsverfahrensrechtlich nur unter bestimmten Bedingungen zulässig ist und in der Regel eine Entschädigungspflicht hervorruft 140 , die Konzessionsabgabe so hoch fest-
139 Siehe nur die Verordnung zur Änderung der Niedersächsischen Verordnung über Feldes und Förderabgabe vom 11. September 1986, GVB1. S. 299. 140
Vgl. § 49 VwVfG.
III. Allgemeine Handlungsfreiheit des Art. 2 Abs. 1 GG
237
setzt, daß den Betroffenen die Fortführung ihrer Unternehmen wirtschaftlich unmöglich wird. In diesem Fall greifen allgemeine Prinzipien des Vertrauensschutzes ein. Im Regelfall gewährleistet aber das Interesse der öffentlichen Hand am Fortbestehen des konzessionierten Unternehmens und am Weiterfließen der Einnahmen aus der Konzessionsabgabe, daß letztere tatsächlich nur in der Höhe erhoben wird, die erforderlich ist, um den durch die Konzession gewährten Vorteil abzuschöpfen. Im übrigen besteht - wie sonst im Gebührenrecht ebenfalls üblich - die Möglichkeit, mit einem Wahrscheinlichkeitsmaßstab hinsichtlich des wirtschaftlichen Wertes des durch die Erlaubnis erlangten Vorteils zu arbeiten 141 . So kann die zunächst etwas theoretisch erscheinende Unterscheidung zwischen dem normalen unternehmerischen Gewinn und dem aus der Konzession zusätzlich erwachsenden Vorteil jedenfalls näherungsweise in die Verwaltungspraxis umgesetzt werden.
c. Zumutbarkeit Die Erhebung von Konzessionsabgaben ist für die Zahlungspflichtigen auch nicht unzumutbar. Da den Konzessionären durch die Konzession ein geldwerter Vorteil eingeräumt wird, erscheint es als nicht unangemessen, wenn zumindest ein Teil dieses Vorteils durch die Pflicht zur Zahlung einer Konzessionsabgabe von der öffentlichen Hand abgeschöpft wird. Selbst wenn die Konzessionsabgabe so hoch festgesetzt werden sollte, daß der gesamte geldwerte Vorteil wieder dem Staat zuflösse, stünde der konzessionierte Unternehmer nicht schlechter da, als wenn er überhaupt keine Konzession erhalten hätte. Vielmehr erlaubt ihm die Konzession jedenfalls, die konzessionierte Tätigkeit, die ihm sonst in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise völlig versperrt geblieben wäre, überhaupt auszuüben. Daneben wird der Zahlungspflichtige in vielen Fällen in der Lage sein, die aus der Konzessionsabgabe entstehende Kostenbelastung zumindest zum Teil auf seine Kunden und Abnehmer zu überwälzen 142 . Als Ergebnis ist demgemäß festzuhalten, daß die Erhebung von Konzessionsabgaben geeignet, erforderlich und zumutbar ist, wenn die Abgabe so bemessen wird, daß sie nur den durch die Konzessionierung gewährten besonderen Vorteil abdeckt. Aus freiheitsrechtlicher Sicht werfen weniger die Konzessionsabgaben als vielmehr die Konzessionierung selbst Probleme auf. Wo die Konzessionierung mit der Verfassung vereinbar ist, kann grundsätzlich auch eine Konzessionsabgabe erhoben werden. Eine Kommerzialisierung der Verwaltung steht dadurch ebensowenig zu befürchten wie etwa bei der Entscheidung über gebührenpflichtige Sondernutzungen. Umgekehrt kann die Abgabe141
Dazu näher unten Kapitel 7.
142 Vgl. zur verfassungsrechtlichen Bedeutung dieser Möglichkeit BVerfGE 75,108 (157).
238
5. Kapitel: Konzessionsabgaben und Grundrechte
pflicht dazu führen, sonst bestehende Bedenken gegen die Erteilung einer Konzession abzumildern oder völlig zu beseitigen. Beschränkt sich die Konzessionierung nach ihrer Höhe und Ausgestaltung auf die Abschöpfung des durch die Konzessionierung gewährten Vorteils, ist sie mit Art. 2 Abs. 1 GG vereinbar.
IV. Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG Von nicht geringerer Bedeutung als die Freiheitsrechte ist aus grundrechtlicher Sicht der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, wenn es um die Verfassungsmäßigkeit von Konzessionsabgaben geht. Die gleichmäßige Belastung mit Abgaben bildet eine der wesentlichsten Voraussetzungen für die Bereitschaft der Bürger, Geldleistungen an den Staat zu erbringen. Hoheitlich auferlegte Zahlungspflichten sind an sich so unangenehm und lästig, daß sie nur dann akzeptiert werden, wenn eine gleichmäßige Belastung aller Bürger sichergestellt ist 1 4 3 . Gerade weil die Freiheitsrechte relativ wenig Schutz gegen die Belastung mit Abgaben gewähren, gewinnt der Gleichheitssatz hier eine besondere Bedeutung. Die Belastungsgleichheit wirft für Konzessionsteuern andere Fragen auf als für Konzessionsabgaben, die als Vorzugslasten ausgestaltet sind. Wie bereits erwähnt, steht allerdings nicht außer Frage, ob sich Konzessionsteuern überhaupt mit dem verfassungsrechtlichen Steuerbegriff vereinbaren lassen. Um Steuern im Sinne des Grundgesetzes handelt es sich nämlich nur bei Geldleistungen, die nicht eine Gegenleistung für eine besondere Leistung des Staates darstellen 144. Als besondere Leistung des Staates kommt aber gerade die Erteilung der Konzession in Betracht. Diese Hürde könnte der Gesetzgeber umgehen, indem er die Steuerpflicht nicht als Gegenleistung für die Konzessionserteilung ausgestaltete, sondern mit ihr an die erhöhte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Konzessionärs anknüpfte. Zudem kann sich das Grundgesetz über seinen eigenen Steuerbegriff hinwegsetzen, indem es - wie das in Art. 106 Abs. 2 Nr. 6 GG geschieht - Konzessionsabgaben als Steuern im finanzverfassungsrechtlichen Sinne behandelt. Da außerdem das Bundesverfassungsgericht keine Bedenken gegen die Steuerqualität der Schankerlaubnissteuer erhoben hat 145 , besteht Anlaß, die Vereinbarkeit von Konzessionsteuern mit Art. 3 Abs. 1 GG zu untersuchen. Für Steuern stellt sich die Gleichheitsfrage mit Blick auf die Belastung der Steuerpflichtigen, es geht um die Deckung des allgemeinen Finanzbedarfes des Staates, den alle Bürger in gleichem Maße befriedigen sollen, 143
Isensee, Flume-Festschrift II, S. 132.
144
BVerfGE 49,343 (353); st. Rspr.; aus der Literatur statt aller Birk, Steuerrecht I, Rdnr. 3 ff. zu § 4 (S. 26 ff.) mit weiteren Nachweisen. 145
BVerfGE 13,181.
I . Allgemeine
leiheit
des Art
Abs. 1 GG
239
damit der Steuergerechtigkeit Genüge getan wird (1.). Wo eine Konzessionsabgabe dagegen als Vorzugslast ausgestaltet ist, muß die Gleichheitsprüfung an dem besonderen Vorzug ansetzen, mit dem die über die allgemeine Steuerpflicht hinausgehende Abgabenlast gerechtfertigt wird: Entspricht der durch die Konzession gewährte Vorzug der durch die Abgabe auferlegten Last? Nur soweit diese Relation stimmig ist, darf der Staat den Konzessionär über die alle Bürger treffenden Steuern hinaus noch mit sonstigen Abgaben belegen (2.).
1. Die Steuergerechtigkeit Auf den ersten Blick hin scheint die Bedeutung des Art. 3 Abs. 1 GG für das Steuerrecht eindeutig. Der Gleichheitssatz wirkt sich im Steuerrecht als Gebot der Steuergerechtigkeit aus, das den Gesetzgeber bindet, wenn er Steuergesetze beschließt. Dieses Gebot der Steuergerechtigkeit verlangt, die Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit auszurichten; jeder Bürger darf nur nach Maßgabe seiner finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit mit Steuern belastet werden. Mit diesen Sätzen umschreibt das Bundesverfassungsgericht in ständiger Rechtsprechung unter grundsätzlicher Zustimmung der Literatur 146 die Bedeutung der Bindung des Steuergesetzgebers an den Gleichheitssatz147.
a. Die Grundlage des Leistungsfähigkeitsprinzips Mit seiner Ausrichtung des Gleichheitssatzes auf Steuergerechtigkeit und Leistungsfähigkeit knüpft das Bundesverfassungsgericht an bewährte verfassungsrechtliche und finanzwissenschaftliche Traditionen an, die sich schon vor Inkrafttreten des Grundgesetzes verfestigt hatten 148 . Die Weimarer Reichsverfassung bekannte sich in Art. 134 zu ihnen: alle Staatsbürger sollten ohne Unterschied im Verhältnis ihrer Mittel zu allen öffentlichen Lasten nach Maßgabe der Gesetze beitragen. Indem die Verfassung diese Verpflichtung nur nach Maßgabe der Gesetze statuierte, gestaltete sie sie zwar als bloße Gesetzgebungsdirektive aus, gab damit aber dem Parlament eine materielle Vorgabe, ein verfassungskräftig festgelegtes Ziel für die Steuergesetzgebung. Art. 134 WRV wurde vom Verfassungsgeber für so bedeutsam gehalten, daß die Diktaturge-
146 Von Mangoldt/Klein/Starck, Das Bonner Grandgesetz, Rdnr. 58 ff. zu Ait. 3 GG; Biric, Das Leistungsfähigkeitsprinzip, S. 50 ff., Lang, Die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer, S. 97 ff., jeweils m.w.N. zur allgemeinen Meinung in der Literatur. 147 S. nur BVerfGE 66, 214 (123) m.w.N.; umfassende Rechtsprechungsnachweise bei Leibholz/Rinck, Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, Anm. 23 zu Art. 3 Abs. 1 GG. 148
S. Wacke, Gesetzmäßigkeit und Gleichmäßigkeit, StuW 1947,22 (29 ff.).
240
5. Kapitel: Konzessionsabgaben und Grundrechte
wait des Reichspräsidenten aus A r t 48 Abs. 2 WRV an seine Schranken in gleicher Weise gebunden wurde wie die legislative Gewalt des Parlaments 149. Die Ausrichtung der Besteuerung auf die Mittel der Besteuerten brachte allerdings schon nach damaliger Auffassung nicht etwa ein über alle Zweifel erhabenes Maß der Leistungsfähigkeit zum Ausdruck. Jedenfalls war eine formelle Gleichheit der Steuerlasten unabhängig von den Mitteln, die den Steuerpflichtigen zur Verfügung standen, ausgeschlossen. Der Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit ließ nach allgemeiner Auffassung auch eine proportionale Besteuerung des Vermögens oder Einkommens nicht zu, sondern verlangte eine Steuerprogression. Er entsprach damit einer Forderung, die die deutsche Finanzwissenschaft schon seit Jahrzehnten als oberstes Besteuerungsprinzip für die direkten Steuern aufgestellt hatte; aufgrund dieser Forderung hatten Preußen und die meisten anderen deutschen Staaten um die Jahrhundertwende eine progressive Einkommensteuer eingeführt 150 . Letztlich stellt die bindende Anweisung zur "relativen Gleichheit" 151 eine Konkretisierung des in Art. 119 WRV verankerten allgemeinen Gleichheitssatzes dar. Die Allgemeinheit der Besteuerung verlangte eine gleichmäßige Heranziehung aller Bürger zu Steuerzahlungen, die Berücksichtigung der Mittel der Besteuerten Schloß eine Kopfsteuer aus. Auch das Äquivalenzprinzip kam unter Geltung des Art. 134 WRV nicht als Maßstab der Besteuerung in Betracht. Der Steuergesetzgeber durfte die Besteuerung nicht so ausgestalten, daß die Lasten für eine neue, Mehrausgaben verursachende Staatsausgabe gerade von den Bevölkerungsschichten aufzubringen waren, die die wirtschaftlichen Vorteile dieser Aufgabe genossen152. Die Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit hinderte den Gesetzgeber, die Steuerwürdigkeit von Tatbeständen danach zu beurteilen, ob und inwieweit dem Steuerzahler Vorteile durch die aufgebrachten Mittel zugute kamen 153 . Diese negative Eingrenzung des Begriffs der Leistungsfähigkeit ist heute selbstverständlich geworden. Niemand vertritt mehr die Auffassung, der Gleichheitssatz fordere eine in absoluter Höhe gleiche Steuerbelastung aller Bürger, ein Postulat formaler Gleichheit, das sich theoretisch Art. 3 Abs. 1 GG entnehmen ließe. Wie jeder Bürger der Bundesrepublik ganz allgemein gleiche
149
Anschütz, Die Verfassung des Deutschen Reichs vom 11. August 1919, Anm. 3 zu Art.
134. 150 Bühler, Art 134. Gleichheit in der Lastenverteilung, in: Die Grundrechte und Grandpflichten der Reichsverfassung, 2. Band, S. 313 (314,316). 151
Hensel, Steuerrecht, S. 34.
152
Hensel, Vierteljahresschrift für Steuer- und Finanzrecht 1930,441 (447 ff.).
153
Hensel, ebenda, S. 466.
IV. Allgemeiner Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG
241
Rechte und gleiche Pflichten hat, könnte er auch verpflichtet sein, mit Beiträgen in absolut gleicher Höhe zur Deckung des Finanzbedarfs des Gemeinwesens beizutragen. Als Ergebnis der Weimarer Diskussion über A r t 134 WRV ist ein solches formales Verständnis der Lastengleichheit heute aber ebenso undenkbar wie eine Bemessung der Steuerlasten nach den Vorteilen, die jeder Bürger aus dem Gemeinwesen zieht 154 .
b. Der positive Gehalt der Steuergleichheit Dieser Einmütigkeit in der negativen Abgrenzung der Steuergleichheit stehen allerdings erhebliche Meinungsunterschiede über ihren positiven Gehalt gegenüber. Sie wird zwar als ein sachgerechtes, sinnstiftendes Fundamentalprinzip qualifiziert, das als ethisches Axiom nicht wissenschaftlich deduzierbar sei, sondern eine auf Evolution beruhende, tief verwurzelte Regel darstelle, und von Rechtsphilosophen, Finanzwissenschaftlern, Steuerrechtlern und Staatsrechtlern gleichermaßen anerkannt werde; als Schutzprinzip soll sie "recht" klare Konturen haben 155 . Wie klar diese Konturen tatsächlich sind, gilt es zu prüfen. Zur Rechtfertigung des Leistungsfähigkeitsprinzips als Maßstab der Steuergerechtigkeit wird vor allem der Begriff der Opfergleichheit herangezogen. Danach ist die Steuerlast gerecht verteilt, wenn jeder Steuerzahler den durch die Steuerzahlung bewirkten Verzicht auf die Befriedigung eines Teils seiner Bedürfnisse gleich empfindet. Voraussetzung dieser Theorie ist das 1. Gossen'sche Gesetz, wonach die Stärke der Nutzempfindung mit zunehmender Bedürfnisbefriedigung abnimmt und damit der Grenznutzen zusätzlicher Gütereinheiten sinkt Dementsprechend muß bei steigendem Einkommen die zahlenmäßig ausgedrückte Steuerleistung progressiv ansteigen, damit das Opfer in Gestalt des entgangenen Nutzens gleich bleibt 156 . Schwierigkeiten bereitet jedoch die Umsetzung dieses Prinzips in die Praxis. Nutzen ist nämlich nicht in Geldeinheiten zu messen, ebensowenig können die Gefühlsgrößen verschiedener Personen verglichen werden 157 . Gegen diese Kritik wird die opfertheoretische Begründung des Leistungsfähigkeitsprinzips
154 Zum Äquivalenzprinzip als Steuermaßstab Tipke/Lang, Steuerrecht, S. 30; Walzer, StuW 1986,201 (203 f.). 155 So die Formulierungen bei Tipke/Lang, Steuerrecht, S. 27 ff.; femer Vogel, Handbuch des Staatsrechts IV, § 87, Rdnr. 90 ff., und P. Kirchhof, ebenda, § 88 Rdnr. 114-122; grundlegend Lang, Die Bemessungsgnindlage der Einkommensteuer, S. 97 ff.; alle m.w.N. zum Meinungsstand. 156
Riedmayer, DStR 1976, 359 (360).
157
Rose, Ait. "Gossen", in: Staatslexikon, Band 3, S. 1010 f.
16 Wieland
242
5. Kapitel: Konzessionsabgaben und Grundrechte
mit dem Hinweis verteidigt, daß Gossen zwar keinerlei Maßstab für das Messen eines Nutzens gegeben habe, so daß seine Gesetze nicht mathematischexakt verstanden werden könnten, die ihnen zugrundliegende Einsichten seien aber unmittelbar plausibel. So nütze dem Verdurstenden ein Schluck Wasser wesentlich mehr als jemandem, der bereits eine größere Menge von Getränken zu sich genommen habe 158 . Diese Unbestimmtheit im Hinblick auf absolute Zahlen, die sowohl dem 1. Gossen'schen Gesetz als auch dem opfertheoretisch begründeten Leistungsfähigkeitsprinzip eigen ist, bildet die Grundlage für die wissenschaftliche Kritik des Leistungsfähigkeitsprinzips. Da die einzelnen Steuerpflichtigen verschiedene Auffassungen von dem objektiven Nutzen ihrer von der Besteuerung betroffener Einkommensbruchteile haben, kann ein interpersoneller Nutzenvergleich nicht durchgeführt werden. Vielmehr muß der demokratisch legitimierte Gesetzgeber durch seine politischen Entscheidungen und Wertungen die privaten Bedürfnis- und Nützlichkeitspräferenzen der einzelnen Steuerpflichtigen ersetzen. Grenzen der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers sollen sich aus den einzelnen Grundrechten ergeben, vor denen die gesetzlichen Wertungen bestehen müssen159. Ausgehend von diesen Überlegungen sehen manche Autoren in der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit kein normatives Gebot 160 . Die herrschende Meinung geht nicht so weit, dem Leistungsfähigkeitsprinzip jegliche normative Kraft abzusprechen. Es gibt allerdings zu denken, wenn die steuerliche Leistungsfähigkeit in demselben Satz einerseits als "wichtigste materielle Schranke der Besteuerung" und andererseits als "Leerformel" bezeichnet wird, die dem Gesetzgeber einen großen Freiraum läßt 161 . Woher rührt die Eignung des Prinzips der Leistungsfähigkeit als maßgebliches Kriterium für Steuergerechtigkeit, wenn das Prinzip inhaltlich so unbestimmt ist, daß es keine konkreten Problemlösungen liefern kann 162 ? Immerhin läßt sich zur Verteidigung des Leistungsfähigkeitsprinzips anführen, daß es seine Offenheit für verschiedenartige Wertungen mit anderen generalklauselartigen Gerechtigkeitstopoi teilt, deren Umsetzung nicht notwendig zu Beliebigkeit und Willkür führen muß, sondern die im Laufe der Rechtsanwendung kon-
158 Riedmayer, DStR 1976, 359 (360); in der Tendenz ähnlich Costede, in: Festgabe für Günther Felix zum 60. Geburtstag, S. 17 ff. 159
Bodenheim, Der Zweck der Steuer, S. 226 ff.; derselbe, Der Staat 17 (1978), 481.
160
H.W. Arndt, Steuerliche Leistungsfähigkeit und Verfassungsrecht, in: Festschrift für Otto Mühl zum 70. Geburtstag, S. 17 (29 ff.); Weber-Fas, Grundzüge des allgemeinen Steuerrechts der Bundesrepublik Deutschland, S. 14, 61 ff. 161
Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Band II, S. 1109.
162
Bachmann, StuW 1979, 379 (383).
I . Allgemeine
leiheit
des Art
Abs. 1 GG
243
kretisiert werden 163 . Dieser Konkretisierung des Leistungsfähigkeitsprinzips muß es um einen Ausgleich zwischen den Bürgern gehen, die durch ihre Steuern vornehmlich zur Befriedigung des staatlichen Finanzbedarfs beitragen, und denen, die zur Verwiiklichung ihrer Grundrechte auf staatliche Leistungen angewiesen sind. Ein solcher Ausgleich kann einmal stärker den Schutz der Position des Steueipflichtigen betonen, dessen Leistungsfähigkeit erhalten werden muß 164 . Er kann aber auch wesentlich darauf abheben, daß Steuerlasten erforderlich sind, damit der Staat fehlende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit insoweit ersetzen kann, als es notwendig ist, um dem einzelnen eine Basis für die Freiheitsausübung zu verschaffen 165. Beide Positionen sind im sozialen Rechtsstaat des Grundgesetzes angelegt. Indem die Verfassung nicht mehr den liberalen Rechtsstaat des 19. Jahrhunderts, sondern einen Rechtsstaat, der zugleich Sozialstaat ist, als Leitbild vorgibt, stellt sie staatliches Handeln in ein Spannungsfeld. Je nach Verlauf des politischen Prozesses können sich diese Spannungen mehr in Richtung auf ein rechtsstaatliches Festschreiben gesellschaftlicher Macht- und Vermögenslagen oder auf sozialstaatliche Veränderungen und Eingriffe in diese Verhältnisse auflösen. Dieses Spannungsverhältnis strahlt auch auf die Interpretation des allgemeinen Gleichheitssatzes aus. Rein rechtsstaatlichem Denken entspricht eher eine Gleichheit im Verhalten des Staates jedem seiner Bürger gegenüber, ohne Rücksicht auf die ganz unterschiedlichen Lebensumstände jedes Individuums. Sozialstaatliche Gleichheit blickt demgegenüber auf die Ergebnisse staatlichen Handelns und verlangt dessen Ausrichtung auf die jeweils verschiedenen tatsächlichen Gegebenheiten. Auf der einen Seite handelt es sich um formale Gleichheit, bezogen auf und orientiert am gleichen rechtlichen Status aller Bürger; auf der anderen, der Seite der sozialen Gleichheit, geht es um einen zumindest teilweisen Ausgleich gesellschaftlicher Unterschiede zwischen einzelnen Bürgern. Diese Offenheit des Gleichheitssatzes für rechtsstaatliches, bewahrendes und sozialstaatliches, gestaltendes Staatshandeln beruht auf der Nähe des Gleichheitssatzes zu allgemeinen Gerechtigkeitsvorstellungen. Die Gleichheit der Steuerlast, die direkt an die wirtschaftliche Lage der Bürger anknüpft, macht diese Zusammenhänge besonders deutlich. Ein rein formelles Gleichheitsverständnis ließe sich am besten durch eine absolut glei-
163 Vogel, DStZ A 1975,409 (410 f.); Walz, Steuergerechtigkeit und Rechtsanwendung, S. 155 ff.; derselbe, Gutachten F für den 53. Juristentag, S. F 40 ff. 164
So P. Kirchhof, StuW 1985, 319 (323 f.); vgl. ferner schon denselben, StuW 1984, 297
(303). 165
Birk, Das Leistungsfahigkeitsprinzip als Maßstab der Steuernormen, S. 135 ff.
244
5. Kapitel: Konzessionsabgaben und Grundrechte
che Steuerlast jedes Bürgers, also eine Kopfsteuer verwirklichen. Auch eine Besteuerung nach dem Äquivalenzprinzip folgt grundsätzlich einem formellen Gleichheitsverständnis: Die Belastung durch Zahlungen an den Staat wird nach den Vorteilen bemessen, die sich aus den dadurch ermöglichten Ausgaben des Staates für jeden Steuerpflichtigen ergeben. Selbst der liberale Rechtsstaat hat die Steuergleichheit jedoch nicht in diesem rein formellen Sinn verstanden. Bereits der Tarif des preußischen Einkommensteuergesetzes von 1891 166 war progressiv gestaltet und stieg von 0,67 % bei einem Einkommen von 900 D M auf 4 % bei einem Einkommen von 100 000 D M und höher. Eine proportionale Einkommensbesteuerung entsprach also vor fast 100 Jahren nicht dem Verständnis der Steuergerechtigkeit. Seinerzeit war die Progression allerdings wegen des relativ niedrigen Steuersatzes weit weniger spürbar als heute. Das ändert jedoch nichts daran, daß im Prinzip Maßstab der Steuergleichheit auch damals schon die Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen war. Angesichts der Verankerung des Sozialstaatsprinzips im Grundgesetz ist dieser Gleichheitsmaßstab für das Steuerrecht heute weithin unumstritten. Allerdings sind Ertrag-, Verkehr- und Verbrauchsteuern nicht so konsequent am Leistungsfähigkeitsprinzip orientiert wie die Einkommensteuer 167. Nur Leisner hat in einem Beitrag wider das Leistungsfähigkeitsprinzip der Belastung nach Leistungsfähigkeit jegliche Legitimation abgesprochen; sie gehe von einem radikal egalitären Vorverständnis aus und ziele auf eine soziale Nivellierung. Er sieht im Leistungsfähigkeitsprinzip ein "Postulat der absoluten Machtmaximierung gegenüber den Gewaltunterworfenen", weil es als Regel wirksamer Machtausübung darauf ziele, jede Gegenmacht zu verhindern; es ermögliche die progressive Besteuerung, die auf eine progressive Nivellierung ziele 168 . Diese Argumentation richtet sich im Grunde gegen den Gehalt des Gleichheitssatzes und bewegt sich damit auf verfassungspolitischer Ebene 169 . Steuerliche Belastungsgleichheit kann angesichts des Finanzbedarfs des Staates nicht als absolute, sondern nur als relative Gleichheit verstanden werden. Belastete der Staat jeden Bürger mit der Pflicht, einen in absoluten Zahlen gleichen Betrag an Steuern zu zahlen, müßte dieser Betrag wegen der begrenzten finanziellen Möglichkeiten zahlreicher Bürger so gering angesetzt werden, daß das
166 § 17 des Gesetzes vom 24. Juni 1891, GS S. 175. 167
Bilk, StuW 1983,293 (295).
168
Leisner, StuW 1983, 97 (99); derselbe, Der Gleichheitsstaat - Macht durch Nivellierang, S. 158 ff.; derselbe, StuW 1986,305. 169
Vgl. Biric, StuW 1983,293 (295).
I . Allgemeine
leiheit
des Art
Abs. 1 GG
245
Steueraufkommen auch nicht entfernt ausreichte, um die Staatsausgaben zu finanzieren. Diese Sachzwänge sind aber nicht der eigentliche Grund, warum steuerliche Gleichheit am Maßstab der Leistungsfähigkeit auszurichten ist. Auch ein rein rechtsstaatliches Gleichheitsverständnis, das nicht darauf zielt, Unterschiede in den Lebensverhältnissen der Bürger auszugleichen, muß als Bezugspunkt das Maß der finanziellen Belastung des einzelnen nehmen. Eine Gleichheit der finanziellen Belastung erfordert aber zumindest eine proportionale Besteuerung, die zu einer relativ - nämlich bezogen auf die vorhandene Finanzkraft der Steuerpflichtigen - gleichen Steuerleistung führt. Insoweit bildet die finanzielle Leistungsfähigkeit in jedem Fall den Maßstab der Gleichheit - auch wenn diese formell-rechtsstaatlich verstanden wird. Leisners Argument, das Leistungsfähigkeitsprinzip ziele an sich - das heißt auch dann, wenn es nur eine proportionale Steuergleichheit rechtfertige - auf eine soziale Nivellierung, überzeugt nicht: Die proportionale Steuer läßt die Unterschiede in der Finanzkraft der Steuerpflichtigen relativ zueinander gesehen völlig unberührt, nivelliert also gerade nicht. Eine Tendenz zur Nivellierung ist erst der progressiven Besteuerung eigen. Ein progressiver Steuertarif entspricht in besonderem Maße dem Ziel des Sozialstaats, faktische Ungleichheiten in gewissem Umfang auszugleichen, insbesondere Unterschiede in den finanziellen Möglichkeiten seiner Bürger abzumildern. Angesichts der Verankerung des Sozialstaatsprinzips in Art. 20 GG stoßen solche verfassungspolitischen Absichten allerdings auf die Sperre des Art. 79 Abs. 3 GG und dürfen deshalb - außerhalb der staatstheoretischen Diskussion im vorliegenden verfassungsrechtlichen Zusammenhang außer Acht bleiben. Die Diskussion um das Leistungsfähigkeitsprinzip wird nicht auf die Stufe zurückkehren, auf der sie sich in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts einmal befunden hat 170 .
c. Das finanzwissenschaftliche Leistungsfähigkeitsprinzip Wenn also auch von der grundsätzlichen Bedeutung des Leistungsfähigkeitsprinzips als Maßstab für Steuergleichheit und Steuergerechtigkeit im sozialen Rechtsstaat auszugehen ist, bleibt doch die Frage nach dem positiven Gehalt dieses Prinzips noch zu beantworten. Da es sich bei der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit um einen traditionellen Problemkreis der deut-
170
Vgl. dazu Biric, StuW 1983,293 (294) und Franke, StuW 1984,32 (33 mit Fußn. 20).
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5. Kapitel: Konzessionsabgaben und Grundrechte
sehen Finanz Wissenschaft handelt 171 , liegt der Gedanke nahe, für eine Lösung der Rechtsprobleme auf die Erkenntnisse der Nachbarwissenschaft zurückzugreifen. Die lange Tradition finanzwissenschaftlicher Auseinandersetzung mit dem Prinzip der Leistungsfähigkeit als Maßstab der Steuergerechtigkeit hat aber nicht zu einer hinreichenden Klärung des Begriffs geführt, die es der Rechtswissenschaft erlaubte, bei der Suche nach Antworten auf die sich ergebenden juristischen Fragen Ergebnisse der Finanzwissenschaft zu übernehmen. Schon Gustav Schmoller hat 1863 resigniert festgestellt, das Leistungsfähigkeitsprinzip sei ein "leerer Begriff 1 , der nur eine Auflösung zulasse: "nimm, wo es geht, dieser und jener kann schon noch etwas zahlen" 172 . Auch wenn man diese Äußerung für überspitzt halten darf, muß es doch zu denken geben, daß noch 70 Jahre später in der Finanzwissenschaft von einer "inhaltslosen Formel" gesprochen wurde, mit der man nahezu jedes beliebige konkrete Resultat rechtfertigen könne 173 . Die Skepsis gegenüber der Aussagekraft des Leistungsfähigkeitsprinzips ist auch in der neueren finanzwissenschaftlichen Literatur nicht gewichen, obwohl im Laufe der Jahrzehnte die Flut der einschlägigen Äußerungen im Schrifttum kaum noch zu übersehen ist. Die Diskussion wird geprägt durch die grundsätzliche Übereinstimmung, daß die Leistungsfähigkeit ein sachgerechtes Kriterium für die Verteilung der Steuerlast ist 1 7 4 . Diese Übereinstimmung wird in ihrer Bedeutung aber dadurch relativiert, daß sie allein auf dem formalen Charakter des Leistungsfahigkeitsprinzips beruht, der es ermöglicht, dieses Prinzip zur Begründung ganz kontroverser Auffassungen heranzuziehen 175. Zwar sieht sich die Finanzwissenschaft heute in der Lage, mit Hilfe des Leistungsfähigkeitsprinzips auf der Grundlage politisch vorgegebener sozialer Zielsetzungen oder Wertungen Konsequenz und Konsistenz steuerpolitischer Entscheidungen zu überprüfen und das Ergebnis in "Wenn - dann-Aussagen" auszudrücken 176. Das reicht aber nicht aus, um das Leistungsfähigkeitsprinzip als Rechtsprinzip zu entfalten. Zu verschieden sind die Opfertheorien, mit denen finanzwissenschaftliche Arbeiten das Leistungsfähigkeitsprinzip zu begründen suchen, zu grundlegend
171
Pohmer/Jurke, Finanzarchiv NF 42 (1984), 444 mit Fußn. 3.
172
Schmoller, Zeitschrift für die gesamten Staatswissenschaften 19 (1863), 1 (57).
173
Myrdal, Das politische Element in der national-ökonomischen Begriffsbildung, S. 153 und
158. 174 Vgl. insoweit nur den ausführlichen Literaturüberblick von Pohmer/Jurke, Finanzarchiv NF 42 (1984), 444 (476 ff.). 175 Littmann, Ein Valet dem Leistungsfähigkeitsprinzip, in: Festschrift für Fritz Neumark zum 70. Geburtstag, S. 113 (115). 176
Pohmer/Jurke, Finanzarchiv, NF 42 (1984), 444 (485).
I . Allgemeine
leiheit
des Art
Abs. 1 GG
247
ist die Kritik, die von führenden Vertretern der Finanzwissenschaft gegen die Brauchbarkeit der Theorien ins Feld geführt wird: Littmann z.B. hält die aus den Opfertheorien folgenden Aussagen für willkürlich, weil deren grundlegende Prämissen nicht überprüfbar seien; darüber hinaus verfolge der Steuergesetzgeber der Gegenwart keineswegs nur fiskalische Zwecke, sondern suche mit der Erhebung von Steuern auch gesellschaftspolitische Ziele zu erreichen 177 . Mangels eines finanzwissenschaftlich zumindest mehrheitlich akzeptierten Erklärungsmodells sieht sich der Jurist auf die Rechtswissenschaften zurückgeworfen 178 . Er muß allerdings im Auge behalten, daß auch die Finanzwissenschaft bisher keinen anderen Maßstab der Steuergerechtigkeit gefunden hat, der sich überzeugender begründen ließe 179 . Letztlich stehen Finanzwissenschaft und Rechtswissenschaft insoweit vor dem gleichen Problem, nämlich der relativen Unbestimmtheit des Begriffs der steuerlichen Leistungsfähigkeit. Diese Unbestimmtheit weisen allerdings mehrere zentrale Begriffe sowohl der Rechts- als auch der Finanzwissenschaft auf, ohne daß das ein Hindernis wäre, sich ihrer zu bedienen180. Folge ist aber, daß die Aussagekraft dieser Begriffe beschränkt bleibt und daß sie für Wertungen offen sind.
d. Die Kriterien der Leistungsfähigkeit Rechtlich und insbesondere verfassungsrechtlich betrachtet, stellt sich damit die Frage, wer über die Auslegung und Anwendung des Begriffs der steuerlichen Leistungsfähigkeit verbindlich entscheidet und damit diesem Begriff einen positiven Gehalt gibt, der es ihm erst erlaubt, seine normative Kraft zu entfalten. Wie allgemein bei der Auslegung des Gleichheitssatzes geht es um die Kriterien, nach denen die Gleichheit oder Ungleichheit von Lebenssachverhalten zu bestimmen ist, die sich in der Wirklichkeit nie völlig gleichen. Weist das Grundgesetz diese Festlegung, die nicht ohne Wertungen möglich ist, dem Gesetzgeber oder dem Bundesverfassungsgericht zu? Für eine Letztentscheidungskompetenz des Bundesverfassungsgerichts spricht, daß es um die Auslegung einer Verfassungsnorm geht. Der Gesetzgeber kann sich darauf berufen, daß diese Auslegung nur im Wege wertender Entscheidung möglich ist. Die 177
Littmann, Ein Valet dem Leistungsfähigkeitsprinzip, in: Festschrift für Fritz Neumark zum 70. Geburtstag, S. 113 (117 ff.). 178 So auch Birk, Das Leistungsfahigkeitsprinzip als Maßstab der Steuemormen, S. 42, der einen kurzgefaßten, aber sehr informativen Überblick über die finanzwissenschafüiche Diskussion gibt (S. 23 ff.). 179 Zudem ist es aus juristischer Sicht bemerkenswert, daß von maßgebender Seite der Finanzwissenschaft das Prinzip der Besteuerung nach der persönlich-individuellen Leistungsfähigkeit in enge Verbindung zum Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gebracht wird, vgl. Neumark, Grundsätze gerechterund ökonomisch rationaler Steuerpolitik, S. 121 ff. 180
Neumark, ebenda, S. 285 mit Beispielen.
248
5. Kapitel: Konzessionsabgaben und Grundrechte
Kompetenz-Kompetenz steht insoweit dem Bundesverfassungsgericht zu, das mit seiner Interpretation des Gleichheitssatzes darüber entscheidet, welcher Spielraum dem Gesetzgeber bei der Anwendung von Art. 3 Abs. 1 GG offensteht.
(1) Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Das Bundesverfassungsgericht spricht dem Gesetzgeber das Recht zu, grundsätzlich selbst diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselbe Rechtsfolge knüpfen will, die er also im Rechtssinne als gleich ansieht. Die Verfassung verpflichtet den Gesetzgeber aber zu einer sachgerechten Auswahl der Kriterien für die Besteuerung. Früher hat das Bundesverfassungsgericht in diesem Zusammenhang stets nur einen Willkürmaßstab angewandt. Danach kommt es darauf an, ob die Unterschiede in den zu regelnden Sachverhalten für eine am Gerechtigkeitsgedanken orientierte Betrachtungsweise so erheblich sind, daß ihre Außerachtlassung als willkürlich bezeichnet werden müßte 181 . Nach der klassischen Formulierung des Maßstabes ist der Gleichheitssatz verletzt, "wenn sich ein vernünftiger, sich aus der Natur der Sache ergebender oder sonstwie sachlich einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung oder Gleichbehandlung nicht finden läßt, kurzum, wenn die Bestimmung als willkürlich bezeichnet werden muß" 182 . Was dabei in Anwendung des Gleichheitssatzes sachlich vertretbar oder sachfremd und deshalb willkürlich ist, läßt sich nicht abstrakt und allgemein feststellen, sondern stets nur in bezug auf die Eigenart des konkreten Sachverhalts, der geregelt werden soll 1 8 3 . Der normative Gehalt der Gleichheitsbindung erschließt sich also nicht generell, sondern erfährt seine Präzisierung jeweils im Einzelfall gemäß dessen besonderen Gegebenheiten 184 . Diese Ausrichtung der Gleichheitsprüfung auf den betroffenen Sachbereich läßt es aber auch zu, daß das Bundesverfassungsgericht die Auswahl der Kriterien für eine Gleich- oder Ungleichbehandlung von Sachverhalten, die der Gesetzgeber getroffen hat, näher und genauer überprüft, als das bei Anwendung des allgemeinen Willkürmaßstabes in seiner ursprünglichen Form möglich ist. Eine solche Tendenz zu einer Präzisierung des Willkürverbots zeichnet die neuere Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts aus. Danach rechtfertigt nicht jeder vernünftige Grund eine unterschiedliche Behandlung vor Art. 3
181
BVerfGE 21,12 (26 f.).
182
BVerfGE 1,14 (52); st Rspr.
183
BVerfGE 17,122 (130); st. Rspr.
184
BVerfGE 75, 108(157).
IV. Allgemeiner Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG
249
Abs. 1 GG, sondern nur ein Grund, dessen Vernünftigkeit sich aus dem Sachbereich ergibt, in dem differenziert wird. Ein vernünftiger Grund für eine Ungleichbehandlung mag z.B. das Bestreben des Staates sein, zusätzliche Einnahmen zu erzielen. Dieser Fiskalzweck rechtfertigt aber aus sich heraus noch keine unterschiedliche Abgabenbelastung, weil er sich nicht auf einen bestimmten Sachbereich bezieht. Der Handlungsspielraum des Gesetzgebers wird also durch das zusätzliche Erfordernis des Sachbereichbezugs für die Rechtfertigung einer unterschiedlichen Behandlung eingeschränkt. Wie weit diese Einschränkung reicht, hängt allerdings davon ab, welche Argumente noch als sachbereichsbezogen qualifiziert werden. Die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers bleibt relativ weit, wenn man auch politische Erwägungen als sachbereichsbezogen behandelt wie im Steuerrecht üblich 185 ; sie wird deutlich eingeengt, wenn nur dem Regelungsgegenstand immanente Kriterien als sachbereichsbezogen anerkannt werden 186 . In eine parallele Richtung geht die einschlägige Rechtsprechung des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts, die auf einem Gruppenvergleich beruht. Der Senat nahm zunächst einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz dann an, "wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Adressaten anders behandelt wird, obwohl keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, daß sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten" 187 . Während dieser Gruppenvergleich ursprünglich sehr allgemein an einer nicht näher bestimmten Art und einem ebenfalls nicht näher bestimmten Gewicht der Unterschiede zwischen zwei Gruppen ausgerichtet war, wird die Ungleichheit in einer neueren steuerrechtlichen Entscheidung in Beziehung zu dem "jeweils in Betracht kommenden Zusammenhang" gestellt 188 . Damit haben sich beide Senate des Bundesverfassungsgerichts in ihrer Rechtsprechung in gewissem Umfang von dem ursprünglichen Willkürkriterium für die Interpretation des Gleichheitssatzes entfernt; sie begrenzen den Gestaltungsraum des Gesetzgebers stärker, indem sie die Auswahl der Kriterien für eine Gleich- oder Ungleichbehandlung in Bezug zu dem jeweiligen Sachzusammenhang setzen. Dieser Zwang zum Sachbezug beschränkt den Gesetzgeber auf eine geringere Zahl von Differenzierungs- oder Gleichbehandlungsgründen; er verlagert die bei jeder Gleichheitsprüfung erforderlichen Wertungen und Konkretisierungen aus dem Kompetenzbereich des Gesetzgebers einen
185 So hat z.B. BVerfGE 74, 182 (200) für den Bereich des Steuemechts auch finanzpolitische, volkswirtschaftliche, sozialpolitische oder steuertechnische Erwägungen als sachgerecht angesehen. 186 In diese Richtung deuten die neueren Entscheidungen des Zweiten Senats, BVerfGE 75, 108 (157) und 78,249(278). 187
BVerfGE 55,72 (88); seitdem st Rspr. des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts.
188
BVerfGE 67,70 (85 f.).
250
5. Kapitel: Konzessionsabgaben und Grundrechte
Schritt weit in den des Bundesverfassungsgerichts. Das Gericht überprüft, ob ein in Betracht kommendes Unterscheidungskriterium die erforderliche Sachnähe, den Bezug zu den in Rede stehenden Sachstrukturen aufweist oder nicht 189 . Diese Modifizierung der Rechtsprechung zum Gleichheitssatz darf aber in ihrer Bedeutung nicht überschätzt werden. Es handelt sich eher um einen neuen Akzent denn um einen völlig neuen Ansatz. Deutlich zum Ausdruck kommt das im Urteil des Ersten Senats vom 10. Februar 1987 zur Grundstücksbesteuerung nach Einheitswerten 190 . Die Entscheidung geht davon aus, daß der Gleichheitssatz im Steuerrecht seine besondere Ausprägung in Form des Grundsatzes der Steuergerechtigkeit gefunden hat; die Besteuerung sei - insbesondere im Einkommensteuerrecht - grundsätzlich an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit auszurichten 191. Die Argumentationskette geht vom Gleichheitssatz über den Grundsatz der Steuergerechtigkeit direkt zur wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit; Steuergerechtigkeit wird als Ausfluß der Gleichheit angesehen, Maßstab für Gerechtigkeit und Gleichheit ist die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit. Auf diesem dogmatischem Fundament wendet sich das Bundesverfassungsgericht der Frage zu, wie die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu bestimmen ist, mit anderen Worten: wer nach der Ordnung des Grundgesetzes befugt ist, die Weitungen zu treffen und die Konkretisierungen vorzunehmen, die erforderlich sind, wenn es um die Auswahl von Kriterien für die Behandlung von Lebenssachverhalten als gleich oder ungleich geht. Diese Frage beantwortet das Gericht in weitem Umfang zugunsten des Gesetzgebers, indem es seine eigene Befugnis auf die Prüfung beschränkt, ob die "äußersten Grenzen der gesetzgeberischen Freiheit" eingehalten sind. Sache des Parlaments ist die Unterscheidung, welche Elemente der zu ordnenden Lebensverhältnisse es als maßgebend dafür ansieht, diese rechtlich gleich oder verschieden zu behandeln. Dem Gleichheitssatz ist zwar nur Genüge getan, wenn die gewählte Differenzierung auf "sachgerechten" Erwägungen beruht. Sachgerecht sind aber im Rahmen der "weitgehenden Gestaltungsfreiheit des Steuerrechts unter anderem finanzpolitische, volkswirtschaftliche, sozialpolitische und steuertechnische Erwägungen" 192 . Es ist kaum vorstellbar, welche Motive des Gesetzgebers von
189 Vgl. zur Interpretation des Art. 3 Abs. 1 GG Hesse, AöR 109 (1984), 174 (188 f.) und Maaß, N V w Z 1988,14. 190
BVerfGE 74,182.
191
BVerfGE 74,182 (199 f.); bemerkenswert ist insoweit, daß die Leistungsfähigkeit nicht nur im Einkommensteuerrecht - wenn auch dort in besonderem Maße -, sondern allgemein als Maßstab für die steuerrechtliche Gleichheitsprüfung bezeichnet wird. 192
BVerfGE 74,182(200).
IV. Allgemeiner Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG
251
diesen weitgespannten Begriffen nicht umfaßt und also möglicherweise nicht sachgerecht wären. Wenn nicht nur volkswirtschaftliche und steueitechnische Gründe, die immerhin noch in gewissem Umfang objektivierbar sind, sondern auch Argumente der Finanz- oder Sozialpolitik, die Ausfluß wertender Entscheidungen sind, bestimmend für die Behandlung von Lebenssachverhalten als gleich oder ungleich sein können, muß die normative Wirkungskraft von Art. 3 Abs. 1 GG notwendig beschränkt bleiben. Mit den oben dargestellten neueren Tendenzen der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in der Gleichheitsprüfung lassen sich die eben referierten Ausführungen dann vereinbaren, wenn bei einer Gleichheitsprüfung im Steuerrecht auch Gründe der Finanz- oder Sozialpolitik als sachbereichsbezogen gelten. Das bedeutet dann aber, daß jedenfalls im Steuerrecht das Bundesverfassungsgericht bei der Gleichheitsprüfung weiterhin dem Gesetzgeber den Vortritt läßt und nur die Einhaltung äußerster Grenzen der gesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit überwacht.
(2) Insbesondere die Erschließung von Steuerquellen Angesichts dieser Zurückhaltung des Bundesverfassungsgerichts gegenüber dem Gesetzgeber dürfte in dem Bereich der belastungspolitischen Grundentscheidungen, nämlich bei der Erschließung von Steuerquellen, weiterhin der Beschluß des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 30. Oktober 1961 zur Schankerlaubnissteuer des Kreises Bergheim maßgebend sein, der für die Vereinbarkeit von Konzessionsteuern mit Art. 3 Abs. 1 GG von besonderer Bedeutung ist 1 9 3 . Der Beschluß hebt die weitgehende Freiheit des Gesetzgebers in der Erschließung von Steuerquellen hervor und erwähnt beispielhaft ebenfalls schon finanzpolitische, volkswirtschaftliche, sozialpolitische oder steuertechnische Erwägungen, die den Gesetzgeber in der Ausübung seines Steuererfindungsrechts leiten dürfen. Daneben wird als relevantes Kriterium für das Maß der Ausnutzung möglicher Steuerquellen die Größe des staatlichen Finanzbedarfs genannt. Jedes dieser Motive reicht aus, um eine Ungleichbehandlung bei dem Zugriff auf mögliche Steuerquellen zu rechtfertigen: "Entschließt sich der Gesetzgeber, eine bestimmte Steuerquelle zu erschließen, andere Steuerquellen aber nicht auszuschöpfen, so ist der allgemeine Gleichheitssatz schon dann nicht verletzt, wenn einer der oben genannten Gründe die verschiedene Behandlung ausreichend motiviert." 194 .
193 BVerfGE 13, 181; vgl. femer BVerfGE 65, 325 (354) und dazu Schuppeit, in: Festschrift für Wolfgang Zeidler 1, S. 691 ff. (713 ff.). 194
BVerfGE 13,181 (202 f.).
252
5. Kapitel: Konzessionsabgaben und Grundrechte
Welche belastungspolitische Entscheidung über die Ausnutzung der einen und die gleichzeitige Verschonung anderer Steuerquellen ließe sich aber nicht aus entweder finanz- bzw. sozialpolitischen oder volkswirtschaftlichen Gründen rechtfertigen? Und selbst Entscheidungen, die diesen Anforderungen nicht genügen sollten, können mit steuertechnischen Überlegungen oder jedenfalls mit der Größe des staatlichen Finanzbedarfs begründet werden. Das Bundesverfassungsgericht stellt dem Gesetzgeber ein so weit gefächeltes Argumentationsarsenal zur Verfügung, daß er fast jeden Gebrauch seines Steuererfindungsrechts damit legitimieren kann. Auffällig ist allerdings, daß das Gericht in diesem Zusammenhang das Prinzip der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit nicht erwähnt, das sonst in der Rechtsprechung zur Steuergerechtigkeit einen so hervorragenden Platz einnimmt. Offenbar steht hinter diesem Schweigen die Befürchtung, eine durchgängige Verpflichtung des Gesetzgebers auf das Leistungsfähigkeitsprinzip auch bei der Entscheidung über die Erschließung von Steuerquellen könne dessen Gestaltungsfreiheit zu sehr eingrenzen. Fiskalische Rücksichten erweisen sich möglicherweise als vorrangig gegenüber einer strikten Beachtung der Steuergleichheit 195. Statt auf eine besondere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Erlaubnisinhabers verweist der Beschluß auf "nicht unerhebliche gesundheitspolitische, sozialpolitische und volkswirtschaftliche Interessen der Allgemeinheit", die dem Verkauf alkoholischer Getränke entgegenstünden. Wenn den Gastwirten trotz dieser entgegenstehenden Interessen der Allgemeinheit gestattet werde, aus dem Alkoholkonsum der Bevölkerung Nutzen zu ziehen, legitimiere das die Erlaubnissteuer. Außerdem verursache die Einhaltung der zahlreichen Vorschriften für die Ausübung des Gastwirtberufs eine nicht unerhebliche Mehrbeanspruchung der Polizei, die die besondere steuerliche Belastung ebenfalls zu rechtfertigen vermöge 196 . Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts läßt also Erlaubnissteuern in weitem Umfang zu, ohne in ihnen einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG zu sehen. Sie sind mit dem Gleichheitssatz zu vereinbaren, solange sich der Gesetzgeber auf einen wie auch immer gearteten Grund der Finanz- oder Sozialpolitik, der Volkswirtschaft oder der Steuertechnik bzw. auf die Größe des staatlichen Finanzbedarfs zu stützen vermag. In der Staatspraxis sind damit kaum Umstände vorstellbar, unter denen die Erhebung einer Erlaubnissteuer nicht mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG in Einklang zu
195
Vgl. dazu Selmer, AöR 101 (1976), 399 (445 ff.).
196
BVerfGE 13,183 (203 f.).
IV. Allgemeiner Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG
253
bringen wäre. Was für die Erlaubnissteuer allgemein gilt, dürfte auch für die Konzessionsteuer als besondere Ausprägung der Erlaubnissteuer zutreffen.
(3) Konzessionsteuern und Steuergerechtigkeit Diese Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts stößt auf Bedenken. Zwar darf der Gesetzgeber selbstverständlich auch bei der Auferlegung von Konzessionsteuern allgemeinpolitische Erwägungen berücksichtigen. Das befreit ihn jedoch nicht von der Bindung an das Leistungsfähigkeitsprinzip. Dem Bundesverfassungsgericht ist aber darin zuzustimmen, daß es dem Gesetzgeber überlassen bleibt, nach welchen Kriterien er die Leistungsfähigkeit der Steuerzahler mißt. Sowohl Rechtswissenschaft als auch Finanzwissenschaft stimmen darin überein, daß es keinen vorgegebenen Begriffsgehalt der steuerlichen Leistungsfähigkeit gibt. Demnach läßt sich im Wege einer bloßen Subsumtion weder eindeutig ermitteln, nach welchen Kriterien die Leistungsfähigkeit eines Steuerzahlers zu bestimmen ist, noch, ob ein Steuergesetz das Leistungsfähigkeitsprinzip beachtet. Um letztere Frage beantworten zu können, ist vielmehr zunächst festzulegen, was die Leistungsfähigkeit eines Steuerzahlers im Vergleich zu anderen Bürgern ausmacht. Das ist eine Aufgabe, die wegen ihres Bezuges zur Politik, der mit ihr notwendig verbundenen Wertungen und der Unmöglichkeit, sie im Wege der direkten Subsumtion aus dem Gleichheitssatz zu vollziehen, nicht dem Bundesverfassungsgericht, sondern dem Gesetzgeber zukommt. Wie auch sonst im Bereich des Gleichheitssatzes bedarf es eines sachlich einleuchtenden Grundes für die gesetzliche Differenzierung oder Gleichbehandlung. Dieser sachliche Grund muß sich in jedem Fall auf die Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen beziehen, muß also "sachbereichsbezogen" im Sinne der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sein. Gerade weil Lebenssachverhalte sich nie vollständig gleichen, kann der Gleichheitssatz seine normative Kraft nur dann effektiv entfalten, wenn nicht jeder Unterschied im tatsächlichen auch eine rechtliche Ungleichbehandlung rechtfertigt; aus den zahlreichen Merkmalen, die Sachverhalte in der Wirklichkeit prägen und ihre Besonderheit ausmachen, können nur solche Anknüpfungspunkt für eine unterschiedliche rechtliche Behandlung sein, die einen konkreten Bezug zu dem normativen Regelungszusammenhang aufweisen. Im sozialen Rechtsstaat des Grundgesetzes muß jede Steuerlast an der Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen ausgerichtet sein. Wenn der Gesetzgeber auch über einen Gestaltungsfreiraum in der Bestimmung der Kriterien der Leistungsfähigkeit verfügt, muß sein Maßstab bei der Auswahl dieser Kriterien vorrangig doch immer die Leistungsfähigkeit der Zahlungspflichtigen sein.
254
5. Kapitel: Konzessionsabgaben und Grundrechte
Oft wird man darüber streiten können, ob die vom Gesetzgeber als wesentlich angesehenen Faktoren die Leistungskraft richtig erfassen. Hier steht ihm ein Einschätzungsvorrecht zu. Solange sich seine Kriterien unter dem Gesichtspunkt der Leistungsfähigkeit einleuchtend begründen lassen, hat das Bundesverfassungsgericht die Entscheidungen des Gesetzgebers zu respektieren. Nur wenn sich die Wertungen des Gesetzgebers im Blick auf die Leistungsfähigkeit nicht nachvollziehen lassen, handelt es sich nicht mehr um sachbezogene Gründe für eine Gleich- oder Ungleichbehandlung. Daneben darf der Gesetzgeber auch andere Gründe, sei es der Finanz- oder Sozialpolitik, sei es der Volkswirtschaft oder Steuertechnik oder seines Finanzbedarfs berücksichtigen, wenn es um die Erschließung von Steuerquellen geht. Solche Gründe können durchaus ihre sachliche Berechtigung haben. Sie vermögen aber die Pflicht, Steuerlasten an der Leistungsfähigkeit der Steuerzahler auszurichten, nur dann zu verdrängen, wenn sie zu ihrer Wirksamkeit gerade ein Abweichen vom Maßstab der Leistungsfähigkeit fordern. Für die Pflicht zur Beachtung dieses Prinzips spricht im sozialen Rechtsstaat bei der Interpretation des Gleichheitssatzes eine Vermutung, Abweichungen der Steuerlast vom Leistungsfähigkeitsprinzip bedürfen einer besonderen Rechtfertigung 197. Soweit das möglich ist, hat der Gesetzgeber die Verteilung der Steuerlasten auch dann am Prinzip der Leistungsfähigkeit auszurichten, wenn er mit seiner steuerlichen Regelung zugleich gestaltend auf die gesellschaftliche Wirklichkeit einwirken will. Einer "verteilungsungerechten" Steuer darf sich der Gesetzgeber nur dann bedienen, wenn die mit der Gestaltung angestrebten Zwecke so bedeutsam sind, daß sie den Verstoß gegen die Verteilungsgerechtigkeit rechtfertigen, und wenn dieser Verstoß notwendig ist, um die angestrebten Zwecke zu erreichen, wenn dem Gesetzgeber also keine verteilungsgerechte Regelungsalternative offensteht. Dazu bedarf es letztlich einer Abwägung zwischen den mit einer Abweichung vom Prinzip der Steuergerechtigkeit verbundenen Nachteilen und den mit der Gestaltung angestrebten Vorteilen 198 . Auch die Erhebung einer Konzessionsteuer muß sich also am Leistungsfähigkeitsprinzip messen lassen. Nur wenn die Erteilung einer wirtschaftsverwaltungsrechtlichen Erlaubnis eine besondere Leistungsfähigkeit des Erlaubnisinhabers begründet, die über die Leistungsfähigkeit anderer Steuerzahler hinausgeht, darf eine Konzessionsteuer erhoben werden. Da die Konzession
197 Vgl. Vogel, DStZ A 1975,409 (413 ff.); derselbe, DStZ A 1977,5 (10 f.); darauf aufbauend Birk, Das Leistungsfähigkeitsprinzip als Maßstab der Steuemorm, S. 153 ff. und 236 ff.; ähnlich H.H. von Arnim, VVDStRL 39, 286 (318 ff.), der die steuerliche Lastengleichheit allerdings aus Ait. 14 GG ableitet; Wieland, Festschrift für Wolfgang Zeidler, Band 1, S. 735 (750 ff.). 198
ten.
Siehe zum Ganzen näher Birk, ebenda, S. 240 ff. und die in der vorigen Fußnote Genann-
IV. Allgemeiner Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 G G 2 5 5 dem Konzessionär regelmäßig einen Vermögensvorteil bringt, weil sie eine Teilhabe an knappen Gütern ermöglicht, dürfte sie in der Regel auch seine finanzielle Leistungsfähigkeit erhöhen. Diese besondere Leistungsfähigkeit steht prinzipiell dem Steuerzugriff des Staates offen. Zu berücksichtigen ist allerdings, daß die Leistungsfähigkeit schon maßgebliches Kriterium für die vom Konzessionär auf seinen Gewinn aus dem konzessionierten Gewerbe zu zahlende Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer ist. Um eine unzulässige doppelte Besteuerung der auf der Konzession beruhenden besonderen Leistungsfähigkeit zu vermeiden, muß die Konzessionsteuer die Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer mindern. Steuertechnisch kann das dadurch ermöglicht werden, daß eine Konzessionsteuer wie die Gewerbesteuer als "durch den Betrieb veranlaßte Aufwendung" im Sinne von § 4 Abs. 4 EStG behandelt wird 1 9 9 . Soweit durch eine derartige Anrechnung eine doppelte steuerliche Belastung vermieden wird, ist es mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar, wenn der Steuergesetzgeber eine Konzession als Kriterium für eine besondere Leistungsfähigkeit mit einer Steuer belegt. Die Steuerbemessung muß aus Gründen der Steuergleichheit darauf ausgerichtet sein, die auf der Konzession beruhende Leistungsfähigkeit zu erfassen. Als Steuerbemessungsgrundlage bietet sich demgemäß der Ertrag des konzessionierten Unternehmens an, der allerdings nicht vollständig, sondern nur zum Teil Ausdruck der gerade auf der Konzession beruhenden Leistungsfähigkeit ist. Wenn der Gesetzgeber die Steuerbemessungsgrundlage festlegt, ist er insoweit notwendig auf Schätzungen verwiesen, die allerdings einleuchtend - etwa durch einen Vergleich mit den Erträgen nichtkonzessionierter Unternehmen - begründet werden müssen.
2. Gleichheitssatz und nichtsteuerliche Abgaben Wenn der Staat Bürgern über die Steuern hinaus Geldleistungspflichten hoheitlich auferlegt, belastet er sie stärker als die Allgemeinheit der Steuerzahler. Damit ergibt sich ein Gleichheitsproblem: Wie läßt sich die Ungleichbehandlung rechtfertigen, die darin liegt, daß die einen Bürger nur Steuern zahlen müssen, die anderen darüber hinaus weitere Abgaben? Konkret auf nichtsteuerliche Konzessionsabgaben bezogen stellt sich die Frage, warum die Inhaber bestimmter wirtschaftsverwaltungsrechtlicher Erlaubnisse über ihre Steuern hinaus Konzessionsabgaben bezahlen müssen. Welche sachbereichsbezogenen Gründe rechtfertigen diese Ungleichbehandlung?
199 Zur Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer siehe Tipke/Lang, Steuerrecht, S. 490.
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5. Kapitel: Konzessionsabgaben und Grundrechte
Um diese Frage beantworten zu können, ist zunächst festzustellen, was die Eigenart der nichtsteuerlichen Abgaben im allgemeinen und der nichtsteuerlichen Konzessionsabgaben im besonderen ausmacht. Auf diese Eigenart muß sich der Grund für die Ungleichbehandlung beziehen, um als sachbereichsbezogen im Sinne der Anforderungen des allgemeinen Gleichheitssatzes zu gelten. Nichtsteuerliche Abgaben sind vor allen Dingen Vorzugslasten, die als Entgelt für den Zahlungspflichtigen vom Staat gewährte besondere Vorteile erhoben werden 200 . Von ihnen werden die sogenannten Sonderabgaben unterschieden, die aber im vorliegenden Zusammenhang außer Betracht bleiben können, weil sie "voraussetzungslos" erhoben werden und insofern den Steuern gleichen 201 . Die Unabhängigkeit von Gegenleistungen macht Sonderabgaben in gleicher Weise wie Steuern als Konzessionsabgaben ungeeignet. Angesichts der engen Grenzen, die die Kompetenzordnung des Grundgesetzes der Erhebung von Sonderabgaben zieht, ist auch schwer vorstellbar, daß Versuche zur Einführung von Konzessionssonderabgaben gemacht werden könnten. Verfassungsrechtliche Probleme würden sie weniger im Rahmen des Art. 3 Abs. 1 GG als bezüglich der Verteilung der Gesetzgebungskompetenzen aufwerfen; durch letztere sieht das Bundesverfassungsgericht auch die Lastengleichheit der Zahlungspflichtigen gewährleistet 202. Aus Art. 3 Abs. 1 GG ergibt sich aber der verfassungsrechtliche Rahmen für die Vorzugslasten. Bereits ihre Bezeichnung nennt den Grund für ihre Erhebung. Sie stellen eine Last dar, die vom Staat im Gegenzug für die Gewährung eines besonderen Vorzugs auferlegt wird. Damit die Belastung der Bürger, die entsprechende Abgaben zu erbringen haben, vor dem Gleichheitssatz bestehen kann, muß sie dem Vorzug entsprechen, an den die Abgabepflicht anknüpft. Das bedeutet für nichtsteuerliche Konzessionsabgaben, daß ihr sachlicher Grund der Ausgleich des in der Erteilung der Konzession liegenden Vorteils sein muß. Dieser Grundsatz der leistungsidentischen Erhebung und Bemessung von Vorzugslasten wird für die Gebühr bestritten. Wenn sich auch aus dem Grundgesetz als deren Merkmal mit Verfassungsrang das Kriterium der individuell zurechenbaren Staatsleistung ergebe 203, bedeute das doch nicht, daß eine Gebühr nur zum Ausgleich eines Vorteils herangezogen werden dürfe. Zwar stelle sich die Frage des Vorteils bei der verfassungsrechtlichen Abgrenzung zur
200
Wolff/Bachof, Venvaltungsrecht I, § 42 II a 2 ß (S. 307).
201
Zu Begriff und Zulässigkeitsvoraussetzungen von Sonderabgaben BVerfGE 67, 256 (274 ff.) m.w.N. 202
BVerfGE 67,256(278).
203
F. Kirchhof, Die Höhe der Gebühr, S. 16 und 41.
IV. Allgemeiner Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG
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Steuer; das Anknüpfen an eine individuell zurechenbare Staatsleistung "ist aber bloß formaler Unterschied im Erfassungstatbestand der Gebühr, aus ihm läßt sich nicht der Schluß ziehen, bereits der Erfassungstatbestand verlange ausnahmslos eine leistungsorientierte G e b ü h r e n b e m e s s u n g " 2 0 4 . Es seien Fälle denkbar, in denen wie z.B. bei einer lenkenden Gebühr der Wert der staatlichen Leistung ein zu vernachlässigender Faktor und damit ein unwesentlicher Unterschied im Sinne von Art. 3 Abs. 1 GG sei. Je mehr die Gebühr vom Gesetzgeber nicht zum Ausgleich von Vorteilen oder Kosten, sondern als Gestaltungsmittel eingesetzt werde, desto mehr verlören Wert oder Kosten der staatlichen Leistung an Bedeutung für die Bemessung der Gebühr. Es könne dem Lenkungsziel einer Gebühr sogar völlig widersprechen, den Wert einer staatlichen Leistung als Bemessungsfaktor in Rechnung zu stellen, weil der vom Gesetzgeber als vorrangig bestimmte Lenkungszweck eine leistungsorientierte Bemessung verbiete. Auch seien die zahlreichen Gebührenbefreiungen verfassungsmäßig, die dazu führten, daß staatliche Leistungen ohne Gegenleistungen hingegeben würden 205 . Diese Argumentation übersieht den Unterschied zwischen den Belastungsund den Gestaltungswirkungen, der bei Vorzugslasten ebenso zu beachten ist wie bei Steuern. Was die Belastungswirkungen einer Vorzugslast angeht, so gebietet der Gleichheitssatz, daß sie an den Vorteilen ausgerichtet werden, an die die jeweilige Abgabe anknüpft. Die über die von allen Steuerpflichtigen zu tragende allgemeine Steuerlast hinausgehende finanzielle Belastung der Schuldner von Vorzugslasten findet ihren sachlichen Grund und damit ihre Rechtfertigung vor dem Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG in dem besonderen Vorteil, den sie ausgleichen soll. Wer vom Staat stärker begünstigt wird als die Allgemeinheit, muß zum Ausgleich auch einen höheren Beitrag zu den finanziellen Lasten des Gemeinwesens erbringen. Der Staat darf nicht eine Abgabe, die er als Steuer nicht fordern dürfte, weil sie die Leistungsfähigkeit des Zahlungspflichtigen überstiege, in der Form der Vorzugslast erheben, wenn nicht die Abgabe darauf gerichtet ist, einen Sondervorteil auszugleichen. Das bedeutet nicht, daß Vorzugslasten nicht auch als Lenkungs- und Gestaltungsmittel eingesetzt werden dürften. Vielmehr gilt insoweit das gleiche, was auch für die Steuern gilt. Soweit möglich hat der Gesetzgeber bei der Erhebung von Vorzugslasten die Lastengleichheit zu wahren, d.h. die besondere Last auf den Ausgleich des besonderen Vorteils auszurichten, auch wenn er mit einer Vorzugslast gestaltend wirken will. Einer nicht am Vorzug orientierten Vorzugslast darf sich der Gesetzgeber nur soweit bedienen, als die mit der Gestaltung angestrebten Zwecke so bedeutsam sind, daß sie den Verstoß gegen 204
F. Kirchhof, ebenda, S. 45.
205
F. Kirchhof, ebenda, S. 46 mit Fußnoten 15 und 17.
17 Wieland
258
5. Kapitel: Konzessionsabgaben und Grundrechte
die Verteilungsgerechtigkeit rechtfertigen und dieser Verstoß erforderlich ist, um die angestrebten Zwecke zu erreichen, dem Gesetzgeber also keine verteilungsgerechte Regelungsalternative offensteht. Auch hier bedarf es letztlich einer Abwägung zwischen den Nachteilen, die mit einer Abweichung von der Lastengleichheit verbunden sind, und den Vorteilen, die mit der Gestaltung angestrebt werden 206 . Diese Abwägung ist zuvörderst Aufgabe des Gesetzgebers. Ebenso wie bei der Frage, welche Vorzüge durch eine Vorzugslast ausgeglichen werden sollen, wie hoch der jeweilige Vorzug zu bewerten und dementsprechend die Vorzugslast zu bemessen ist, verfügt er hier über einen Gestaltungsspielraum. Dieser Gestaltungsspielraum wird jedoch verlassen, wenn der Gesetzgeber seine vorrangige Bindung an den Gleichheitssatz in der besonderen Ausgestaltung der Lastengleichheit außer Acht läßt und das Instrument der Vorzugslast einsetzt, ohne sich an dem gewährten Vorzug zu orientieren. Auch für gestaltende Vorzugslasten gilt: Nicht jeder Grund rechtfertigt die Erhebung von Vorzugslasten vor Art. 3 Abs. 1 GG, sondern nur ein sachbereichsbezogener, d.h. auf den Vorzug ausgerichteter Grund. Die Bedeutung der Unterscheidung zwischen Belastungs- und Gestaltungswirkungen auch für nichtsteuerliche Abgaben zeigt sich gerade bei den nichtsteuerlichen Konzessionsabgaben. Hier spielen Gestaltungswirkungen der Abgabenerhebungen in der Praxis bisher keine Rolle und werden das auch in der Zukunft kaum tun. Gestaltende Wirkung entfaltet vielmehr die Entscheidung über die Erteilung oder Versagung der Konzession, auf die kein Rechtsanspruch besteht. Es liegt nahe, daß die Verwaltung hier ihre Lenkungszwecke verfolgt, die dann für die Abgabenerhebung keine nennenswerte Rolle mehr spielen. Konzessionsabgaben sind vielmehr grundsätzlich als Verleihungsgebühren ganz auf den in der Konzession liegenden Vorteil ausgerichtet, den sie jedenfalls zum Teil abschöpfen sollen 207 .
206 Siehe zur parallelen Problematik bei den Steuern oben 1. und Birk, Das Leistungsfahigkeitsprinzip als Maßstab derSteuemorm, S. 240. 207 Welche Folgerungen sich insoweit auch aus dem Gleichheitssatz für die Abgabenmessung ergeben, insbesondere die Bedeutung von Äquivalenzprinzip und Kostendeckungsprinzip, kann erst erörtert werden, wenn auch die staatsorganisationsrechtlichen, vor allem finanzverfassungsrechtlichen Vorgaben für die Erhebung nichtsteuerlicher Konzessionsabgaben geklärt sind; dazu näher unten Kapitel 7.
3. T e i l Gestaltungsformen von Konzessionsabgaben
6. Kapitel
Die Konzessionsteuern Entschließt sich der Staat, an die Erteilung einer Konzession die Erhebung einer ertragsabhängigen Abgabe zu knüpfen, liegt der Gedanke nahe, diese Abgabe als Steuer auszugestalten. Die Steuer ist das klassische Instrument zur Befriedigung des staatlichen Finanzbedarfs. Dementsprechend wird die Steuerhoheit in der Finanzverfassung des Grundgesetzes detailliert geregelt. Die Regelung zielt darauf, Bund und Länder finanziell in die Lage zu versetzen, die ihnen anvertrauten Aufgaben wahrzunehmen. Eine angemessene Finanzausstattung bildet die Voraussetzung dafür, daß Bund und Länder ihre Aufgaben eigenständig und eigenverantwortlich erfüllen können1. Um eine solche Finanzausstattung zu sichern, bedarf es einer genauen Abgrenzung der Kompetenzen von Bund und Ländern, die die Gesetzgebung und Verwaltung, vor allem aber auch die Ertragszuständigkeit für die einzelnen Steuern betreffen. Die einschlägigen Bestimmungen der Finanzverfassung des Grundgesetzes können ihre normative Wirkkraft nur entfalten, wenn eindeutig geklärt ist, was unter einer Steuer im Sinne dieser Regelungen zu verstehen ist. Erst dann steht fest, ob eine Abgabe den bundesstaatlichen Verteilungsvorschriften der Artikel 104a ff. GG unterfällt. Demgemäß muß zunächst ermittelt werden, ob Konzessionsabgaben als Steuern ausgestaltet werden können. Das setzt eine Analyse des verfassungsrechtlichen Steuerbegriffs voraus (I.). Darauf aufbauend lassen sich Aussagen über die Verteilung der bundesstaatlichen Kompetenzen bei der Erhebung von Konzessionsteuern treffen (II.). So kann die Frage beantwortet werden, ob die Konzessionsteuer als Mittel der Wirtschaftsverwaltung und als Instrument zur Befriedigung des staatlichen Finanzbedarfs in Betracht kommt.
BVerfGE 72, 330 (383).
260
6. Kapitel: Die Konzessionsteuern I. Konzessionsteuer und verfassungsrechtlicher SteuerbegrifF 1. Der Steuerbegriff
der Abgabenordnung
Die Verfassung setzt in den Artikeln 105 ff. GG den Begriff der Steuer voraus, ohne ihn selbst zu definieren. Daraus ergibt sich für Wissenschaft und Praxis die Aufgabe, die notwendige Definition zu erarbeiten. Vor allem das Bundesverfassungsgericht hat sich dieser Aufgabe gestellt. In ständiger Rechtsprechung geht das Bundesverfassungsgericht davon aus, daß das Grundgesetz an die Steuerdefinition der Abgabenordnung anknüpft 2. Es folgt damit der Steuerrechtswissenschaft 3, indem es ebenso wie diese die seit Jahrzehnten eingebürgerte Begriffsbestimmung des gemeindeutschen Steuerrechts zur Grundlage nimmt. Zugleich betont das Gericht aber, daß der Steuerbegriff des Grundgesetzes über das "Konzentrat einfach-gesetzlicher Normen" 4 hinausgeht: Er muß dem Funktionszusammenhang der bundesstaatlichen Finanzverfassung gerecht werden und zugleich berücksichtigen, daß die Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik des Staates in einer modernen Industriegesellschaft auf die Steuer als Lenkungsinstrument angewiesen ist. Auch unter Berücksichtigung dieses teilweisen Funktionswandels der Steuer geht das Bundesverfassungsgericht aber davon aus, daß der Begriff "Steuer" in Artikel 105 GG die wesentlichen Merkmale des Steuerbegriffs der Abgabenordnung in sich enthält 5 . Bei aller gebotenen Skepsis gegenüber der Verbestimmung verfassungsrechtlicher Begriffe durch einfachrechtliche Normierungen, die stets die Gefahr in sich bergen, Gesetzesrecht unzulässigerweise auf die Ebene von Verfassungsrecht zu heben und es an dessen Geltungsvorrang teilhaben zu lassen, ist doch gegen den Rückgriff auf die Abgabenordnung bei der Definition des verfassungsrechtlichen Steuerbegriffs nichts zu erinnern. Die Gefahr, "von der Verfassungsmäßigkeit der Gesetze zur Gesetzmäßigkeit der Verfassung" 6 zu kommen, besteht in diesem Fall jedenfalls dann nicht, wenn man den erwähnten Funktionswandel der Steuer im Auge behält, der noch keinesfalls abgeschlossen sein muß. Unabhängig davon, daß Rechtsprechung und Lehre sich
2
BVerfGE 67,256 (282) mit umfassenden Rechtsprechungsnachweisen.
3
Vgl. statt aller Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Rdnr. 6 ff. zu § 3 AO.
4
Vgl. zu diesem Begriff Lerche, Werbung und Verfassung, S. 33 ff.
5
BVerfGE 67,256 (282).
6
Siehe Leisner, Von der Verfassungsmäßigkeit der Gesetze zur Gesetzmäßigkeit der Verfas-
sung.
I. Konzessionsteuer und verfassungsrechtlicher Steuerbegriff
261
vor allem in der Erörterung der Zulässigkeit von Lenkungsteuern 7 über den Randbereich des verfassungsrechtlichen Steuerbegriffs auseinandergesetzt haben, ist doch dessen Kern stets unbestritten geblieben. Öffentliche Lasten, die die Begriffsmerkmale von § 1 RAO bzw. jetzt § 3 Abs. 1 AO erfüllen, sind nach allgemeiner Auffassung Steuern im Sinne des Grundgesetzes8. Ursache für diese in der Rechtswissenschaft selten anzutreffende Übereinstimmung in einer grundsätzlichen Frage dürfte sein, daß bereits Enno Becker als Vater der Reichsabgabenordnung mit seiner Definition das als Rechtsbegriff der Steuer wiedergeben wollte, was als Ergebnis der Rechtsentwicklung bis zum Ende des Ersten Weltkriegs unter einer Steuer verstanden wurde. Becker orientierte sich dabei vor allem an der Rechtsprechung der obersten Gerichte, die wiederum unter dem Einfluß von Otto Mayer stand9. Das führte zu folgender Definition in § 1 Abs. 1 RAO 1 0 : "Steuern sind im Sinne der Reichsabgabenordnung einmalige oder laufende Geldleistungen, die nicht eine Gegenleistung für eine besondere Leistung darstellen und von einem öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen zur Erzielung von Einkünften allen auferlegt werden, bei denen der Tatbestand zutrifft, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft. Zölle fallen darunter; nicht darunter fallen Gebühren für besondere Inanspruchnahme der Verwaltung und Beiträge (Vorzugslasten)." Als der Parlamentarische Rat 1949 das Grundgesetz beriet, galt diese Definition - abgesehen von zwei unbedeutenden redaktionellen Änderungen - bereits seit 30 Jahren und bildete die Grundlage für das gesamte deutsche Steuerrecht. Das allein würde möglicherweise noch nicht für die Annahme ausreichen, der Steuerbegriff der Reichsabgabenordnung sei auch derjenige des Grundgesetzes. Immerhin spricht für diese Auffassung schon, daß der Steuerbegriff im Parlamentarischen Rat überhaupt nicht diskutiert, sondern stillschweigend vorausgesetzt wurde 11 . Hätte der Verfassungsgeber von einem im deutschen Steuerrecht so allgemein anerkannten Begriff abweichen wollen,
7 Siehe dazu nur Selmer, Steuerinterventionismus und Verfassungsrecht, und Knies, Steuerzweck und Steuerbegriff. 8
Vogel/Walter, Rdnr. 25 zu Art. 105 GG, in: Bonner Kommentar.
9
Dessen positive Bewertung der Steuerdefinition in § 1 RAO überrascht deshalb nicht, siehe O. Mayer, Verwaltungsrecht, 3. Auflage, Bd. 1, S. 316, Fußnote 2; zu den Grundlagen des Steuerbegriffs der Reichsabgabenordnung siehe ferner Starck, Überlegungen zum verfassungsrechtlichen Steuerbegriff, in: Vogel/Tipke (Hrsg.), Festschrift für Geriiard Wacke zum 70. Geburtstag, S. 193 (198 ff.). 10 11
Vom 13. Dezember 1919, RGBl. S. 1993.
Von Doemming/Füßlein/Matz, JöR n.F. 1 (1951), 748 ff. und von Mangoldt, Das Bonner Grundgesetz, Anm. 2 zu Ait. 105 (S. 558).
262
6. Kapitel: Die Konzessionsteuern
hätte es zumindest nahegelegen, darüber in den Beratungen des Parlamentarischen Rates auch zu sprechen. Jedenfalls ist aber davon auszugehen, daß der verfassungsändernde Gesetzgeber 1969 im Rahmen der Finanzreform das Anknüpfen des verfassungsrechtlichen Steuerbegriffs an den Steuerbegriff der Abgabenordnung in seinen Willen aufgenommen hat. Seinerzeit hatte sich nicht nur die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dahin verfestigt 12, auch der Bundesfinanzhof 13 und das Bundesverwaltungsgericht 14 hatten sich dieser Rechtsprechung angeschlossen. Da sowohl das Troeger-Gutachten 15 als auch die Regierungsbegründung zum Finanzreformgesetz 16 in Anbetracht dieser gefestigten Rechtsprechung den verfassungsrechtlichen Steuerbegriff wiederum nicht erörterten, sondern voraussetzten, kann nunmehr die Finanzverfassung des Grundgesetzes sinnvollerweise nur so interpretiert werden, daß sie vom Steuerbegriff der Abgabenordnung - mittlerweile im § 3 Abs. 1 AO 1977 definiert - ausgeht17.
2. Die Unabhängigkeit der Steuer von einer Gegenleistung Konzessionsteuern weifen im Hinblick auf den Steuerbegriff der Finanzverfassung des Grundgesetzes Probleme auf, weil sie möglicherweise Entgeltcharakter haben. Es liegt nahe, die Erteilung einer Konzession als einen Teil der Staatstätigkeit zu sehen, der nicht der Allgemeinheit, sondern nur einzelnen zugute kommt Ihnen wird die Möglichkeit eröffnet, auf knappe natürliche Ressourcen zuzugreifen oder eine Monopolstellung im Bereich der Daseinsvorsorge mit den damit verbundenen Gewinnchancen zu erlangen oder eine privatwirtschaftliche Tätigkeit auszuüben, die als sozial unerwünscht bzw. schädlich angesehen wird. Macht der Gesetzgeber nun die Konzessionserteilung zum Merkmal eines Abgabentatbestandes, spricht das dafür, die so begründete Geldleistungspflicht als Gegenleistung für die staatliche Erlaubnis anzusehen. Ganz in diesem Sinne nennt Maunz die Konzessionsabgaben ausdrücklich als Beispiel für Geldleistungen, die keine Steuern seien; sie zeichneten sich da-
12
Vgl. nur das wörtliche Zitat von § 1 RAO in BVerfGE 7, 244 (251); ferner BVerfGE 3, 407
(435). 13
BFHE 58,556(559).
14
BVerwGE 12,140 (143); 15,149 (150).
15
Vgl. S. 76 f., Tz. 303 ff.
16
Bundestagsdnicksache V/2861, Tz. 127 ff. (32 f.).
17
Vgl. zum Ganzen Vogel/Walter, Rdnr. 24 zu Art. 105, in: Bonner Kommentar.
I. Konzessionsteuer und verfassungsrechtlicher Steuerbegriff
263
durch aus, daß als Gegenleistung für die Abgaben bestimmte Rechte oder Berechtigungen verliehen würden 18 . Allgemeiner gesprochen soll das Rechtsverhältnis zwischen dem Leistungspflichtigen und der Verwaltung ausschlaggebend dafür sein, ob eine besondere Gegenleistung und damit keine Steuer vorliegt. Wenn der Zahlungspflichtige entweder einen Rechtsanspruch auf den Vollzug einer Verwaltungsmaßnahme erwirkt 19 oder wenn der rechtliche Bestand der Abgabepflicht von der Verwirklichung der öffentlichen Aufgabe in irgendeiner Form abhängt20, stellt sich die Abgabe als Gegenleistung für eine Leistung des Staates dar. Es kommt darauf an, ob die Abgabe nach ihrer, gesetzlichen Ausgestaltung darauf angelegt ist, den Zahlungspflichtigen mit einer Gegenleistung für eine erbrachte staatliche Leistung zu belasten, oder ob sie seine aus der Konzession erwachsende besondere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit in Anspruch nehmen soll. Im ersteren Fall handelt es sich um eine gegenleistungsabhängige Abgabe und damit nicht um eine Steuer. Liegt der Grund für die Abgabenerhebung dagegen in einer gestiegenen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, für die die erteilte Konzession nur die Voraussetzung bildet, und nicht in der Absicht, für den Wert der Konzession selbst ein Entgelt zu erlangen, ist die Zahlungspflicht gegenleistungsunabhängig; bei der Abgabe kann es sich dann um eine Steuer im Sinne der Finanzverfassung des Grundgesetzes handeln21. Gerade bei Konzessionsabgaben ist diese Unterscheidung oft nicht leicht zu treffen, weil z.B. der Marktwert der gewonnenen Bodenschätze22 oder der Betrag der Wetteinsätze23 als Bemessungsmaßstäbe für die Höhe der jeweiligen Abgabe grundsätzlich sowohl Indikatoren wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit als auch des Wertes der jeweiligen Konzession sein können. Hier stellt sich die Frage, wie die erforderliche Abgrenzung getroffen werden muß.
a. Die formelle Abgrenzung Nahe liegt es, auf den formellen Tatbestand des Anknüpfens einer Abgabenpflicht an die Erteilung einer Erlaubnis abzustellen: Wenn der Tatbestand einer Abgabennorm eine öffentliche Leistung zur Voraussetzung einer hoheit-
18
Maunz, Rdnr. 15 zu Art. 105, in: Maunz/Dürig.
19
Becker/Riewald/Koch, Reichsabgabenordnung, Anm. 3 b (3) zu § 1 RAO.
20
Vogel/Walter, Rdnr. 44 zu Ait. 105 GG, in: Bonner Kommentar.
21
Kisker, Der bergrechtliche Förderzins im bundesstaatlichen Finanzausgleich, S. 13.
22
§ 31 Abs. 2 BBergG.
23
§ 1 a Sportwettengesetz Rheinland-Pfalz.
264
6. Kapitel: Die Konzessionsteuern
lieh auferlegten Geldleistungspflicht macht, ist diese Pflicht gegenleistungsbezogen, es handelt sich nicht um eine Steuer im Sinne des Grundgesetzes24. Die formelle Unterscheidung zwischen Steuern und Vorzugslasten geht auf Enno Becker zurück, der sich grundsätzlich dagegen gewandt hat, materielle Kriterien wie insbesondere die Höhe einer Abgabe für die Abgrenzung heranzuziehen. Nur im Hinblick auf mögliche Schwierigkeiten beim Finanzausgleich wollte Becker bei einem offenbaren Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung - wenn die vom Bürger zu erbringenden Geldleistungen die Aufwendungen des Gemeinwesens weit überstiegen - statt einer Vorzugslast eine Steuer annehmen25. Dieses Argument hat allerdings mittlerweile sein Gewicht verloren, nachdem das Bundesverfassungsgericht entschieden hat, daß der Begriff der Finanzkraft in der grundgesetzlichen Regelung des horizontalen Finanzausgleichs in A r t 107 Abs. 2 Satz 1 GG umfassend zu verstehen ist und nicht auf die Steuerkraft reduziert werden darf 26 . Vor diesem Hintergrund erscheint es folgerichtig, daß die Vertreter einer formellen Abgrenzung zwischen Steuer und Vorzugslast die Höhe der Vorzugslast für völlig irrelevant halten, solange sie nur tatbestandlich an eine Leistung des Staates anknüpft 27 . In diese Richtung deutet es auch, wenn der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts den weiten Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum hervorhebt, über den der Gebührengesetzgeber gerade hinsichtlich der Gebührenmaßstäbe und Gebührensätze verfügt, und dem materiell-verfassungsrechtliche Grenzen einer Regelung der Gebührenhöhe gegenüberstellt, die sich aus den Grundrechten ergeben können 28 .
b. Die materielle Abgrenzung Ob das rein formelle Verständnis der Gegenleistungsfunktion ausreicht, um Steuern und Vorzugslasten umfassend abzugrenzen, wird jedoch bezweifelt. Ansatzpunkt für die Kritik ist die Befürchtung, der Gesetzgeber könne die Vorzugslast zu einem zweiten Instrument der Finanzierung des allgemeinen Fi24 BVerfGE 7,244 (254); 20,257 (269); 49, 343 (352 ff.); 50, 217 (226); Biric, Rdnr. 10 ff. zu Art. 105, in: Alternativkommentar, F. Kirchhof, Die Höhe der Gebühr, S. 16, zugleich mit einem Überblick über die verschiedenen Bezeichnungen der öffentlichen Leistung in Fußnote 11; Kloepfer, AöR 97 (1972), 232 (251 f.); Wilke, Gebührenrecht und Gnindgesetz, S. 283; zum gegenwärtigen Meinungsstand siehe PuwaUa, Qualifikation von Abgaben, S. 37 ff. 25 Becker, Reichsabgabenordnung, Anm. 5 zu § 1 (S. 5); O. Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht, 1. Band, 3. Auflage, S. 330 f.; vgl. femer W. Jellinek, Verwaltungsrecht, S. 393. 26
BVerfGE 72,330, Leitsatz 5 und S. 397 ff.
27
Besonders deutlich Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, S. 286 ff.
28
BVerfGE 50,217 (226 f.).
I. Konzessionsteuer und verfassungsrechtlicher Steuerbegriff
265
nanzbedarfs des Staates neben der Steuer ausbauen und damit die Regelungen der bundesstaatlichen Finanzverfassung unterlaufen». So könne z.B. der Bund die Benutzung von Straßen unter Berufung auf Art. 74 Nr. 22 GG hohen Gebührenpflichten zu seinen Gunsten unterwerfen statt die Finanzquelle "Kraftfahrzeug" mittels der Kraftfahrzeugsteuer zum Vorteil der Länder ( A r t 106 Abs. 2 Nr. 3 GG) in Anspruch zu nehmen30. Solche Fehlentwicklungen soll ein materielles Verständnis des Gegenleistungsbegriffs verhindern: Soweit das Aufkommen einer Vorzugslast, insbesondere einer Gebühr, die Kosten der gebührenpflichtigen Staatsleistung übersteigt, verliert die Vorzugslast nach dieser Auffassung ihren Charakter als Gegenleistungsabgabe und wird zur Steuer. Da das nicht zur Kostendeckung benötigte Aufkommen einer Gebühr für die öffentliche Hand in gleicher Weise fungibel ist wie das Aufkommen der Steuern, stellt sich der die Kosten übersteigende Teil einer Gebühr als "Gebührensteuer" dar 31 . Dieser Einwand gegen eine formale Abgrenzung hat Gewicht. Das Bundesverfassungsgericht betont in seiner Rechtsprechung zu den Sonderabgaben nicht ohne Grund immer wieder, daß die bundesstaatliche Finanzverfassung vor Störungen durch die unzulässige Erhebung außersteuerlicher Abgaben geschützt werden muß 32 . Wenn nichtsteuerliche Abgaben ohne Bindung an den Wert einer staatlichen Leistung erhoben werden könnten, drohte eine Beeinträchtigung des festen Rahmens, den die Finanzverfassung für die Erhebung, Verteilung und Verwaltung der staatlichen Einnahmen vorgibt.
c. Begriff und Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen von Abgaben Wie ist eine solche Beeinträchtigung am besten zu verhindern? Die Abgrenzung zwischen Steuern und Vorzugslasten anhand formeller Kriterien hat den Vorteil der Rechtsklarheit für sich. Als Nachteil steht dem gegenüber, daß die Maßgeblichkeit der formellen Anknüpfung einer Geldleistungspflicht den Gesetzgeber zu Manipulationen mit dem Ziel verleiten kann, den Regelungen der Finanzverfassung über die Steuerverteilung auszuweichen. Umgekehrt erschwert ein Abstellen darauf, ob die zu zahlende Abgabe materiell gesehen als Gegenleistung für die staatliche Leistung angesehen werden kann, zwar solche Manipulationen; eine materielle Abgrenzung zwischen Steuern und Vorzugsla29 Leisner, Verwaltungspreis - Verwaltungssteuer, in: Gedächtnisschrift Hans Peters, S. 730 (732), 745; Wendt, Die Gebühr als Lenkungsmittel, S. 54 ff.; vgl. ferner Kreft, Die begriffliche Abgrenzung von Steuer und Gebühr, S. 202 f. 30
Wendt, ebenda, S. 56 ff.
31
Kreft, DVB1.1977,369 (373).
32
Siehe dazu BVerfGE 67,256 (275,286 f.).
266
6. Kapitel: Die Konzessionsteuern
sten hebt aber die Unterscheidung zwischen der Begriffsdefinition der jeweiligen Abgabe und ihren Rechtsmäßigkeitsvoraussetzungen auf. Wird ein Abgabentatbestand vom Gesetzgeber gegenleistungsbezogen ausgestaltet, die Zahlungspflicht des Bürgers aber im Verhältnis zum Wert der staatlichen Gegenleistung unverhältnismäßig hoch bemessen, handelt es sich nach der materiellen Theorie nicht etwa um eine rechtswidrige Vorzugslast, sondern um eine Steuer. Gerade das Gebot der begrifflichen Klarheit, das für die Finanzverfassung grundlegend ist, muß dann zurücktreten. Diese Einbuße an Rechtsklarheit wird jedoch ohne Not in Kauf genommen. Die Erträge einer verfassungswidrigen Abgabe stehen nämlich dem Abgabengläubiger keinesfalls zu. Eine Abgabe, deren Tatbestand nur formell, nicht jedoch materiell an eine Gegenleistung des Staates anknüpft, unterfällt nicht der Ertragshoheit für die entsprechende Vorzugslast. Ebenso wie nicht jede verfassungswidrige Sozialbindung des Eigentums eine Enteignung darstellt 33 , wird nicht jede überhöhte Vorzugslast zur Steuer. Vielmehr führt eine Bemessung der Vorzugslast, die über den Ausgleich der staatlichen Leistung hinausgeht, zur Verfassungswidrigkeit dieser Vorzugslast. Die Regeln der Finanzverfassung über die Verteilung der Ertragszuständigkeiten beziehen sich nur auf verfassungsmäßige Abgaben.
d. Der Wert der Staatsleistung Auch wenn man zwischen Begriff und Verfassungsmäßigkeit von Vorzugslasten unterscheidet, stellt sich allerdings die Frage, wann eine Vorzugslast wegen der Höhe der Geldleistungspflicht nicht mehr als Gegenleistung für die staatliche Leistung angesehen werden kann und deshalb verfassungswidrig ist. Die Antwort kann nicht völlig auf Wertungen verzichten: Wie lange eine Geldzahlung noch als Gegenleistung angesehen werden kann und wann sie eine solche Höhe erreicht, daß der Bezug zur staatlichen Leistung völlig in den Hintergrund tritt, ist kaum objektiv eindeutig zu bestimmen. Die Bewertung der Leistung des Staates wird nur in seltenen Fällen zu klaren Ergebnissen führen. So wie es keinen objektiv gerechten Preis für eine Ware oder Dienstleistung gibt, hängt auch der Geldwert einer Staatsleistung von dem Nutzen ab, den sie dem Begünstigten bringt, ist also weithin subjektiv. Vor dem Problem, eine Grenze zwischen der noch gegenleistungsbezogenen und der nicht mehr gegenleistungsbezogenen Abgabe zu ziehen, stehen formelle und materielle Theorie in gleicher Weise. Beide unterscheiden sich nur hinsichtlich ihrer Rechtsfolgen: Nach der formellen Theorie bewirkt eine
33
BVerfGE 58,300 (328 ff.).
I. Konzessionsteuer und verfassungsrechtlicher Steuerbegriff
267
im Verhältnis zu staatlichen Leistung überhöhte Abgabe die Verfassungswidrigkeit der Vorzugslast, nach der materiellen Theorie wandelt sich die Vorzugslast bei Überschreiten der Grenze in eine Steuer. Wie läßt sich nun die Schwierigkeit überwinden, daß zunächst der Wert der staatlichen Leistung festgestellt werden muß, bevor überhaupt eine Aussage darüber getroffen werden kann, ob die Geldleistungspflicht des Abgabenschuldners eine Gegenleistung darstellt? Eine Antwort auf diese Frage muß bei der Funktion der Finanzverfassung ansetzen. Die Art. 104 a ff. GG sollen gewährleisten, daß Bund und Länder finanziell in der Lage sind, die ihnen verfassungsrechtlich zukommenden Aufgaben auch wahrzunehmen. Bund und Ländern soll eine angemessene Finanzausstattung verschafft werden, soweit die vorhandene Finanzmasse das erlaubt. Erst diese angemessene Finanzausstattung läßt die staatliche Selbständigkeit von Bund und Ländern real werden und ermöglicht es ihnen, ihre Aufgaben eigenständig und eigenverantwortlich wahrzunehmen 34. Diese Aufgabe kann die Finanzverfassung nur erfüllen, wenn sie die Befriedigung des allgemeinen Finanzbedarfs von Bund und Ländern umfassend regelt. Aus diesem Grund versagt es die Verfassung dem Gesetzgeber, Sonderabgaben zur Erzielung von Einnahmen für den allgemeinen Finanzbedarf eines öffentlichen Gemeinwesens zu erheben und das Aufkommen aus derartigen Abgaben zur Finanzierung allgemeiner Staatsaufgaben zu verwenden. Jede Sonderabgabe gerät zwangsläufig in Konkurrenz zu dem in der Finanzverfassung umfassend geregelten Institut der Steuer als dem einzigen vom Grundgesetz vorgesehenen Instrument zur Befriedigung des allgemeinen Finanzbedarfs des Staates; Sonderabgaben legen nämlich dem Betroffenen eine Geldleistungspflicht ohne Rücksicht auf eine korrespondierende Gegenleistung der öffentlichen Hand auf 35 . Das gleiche gilt für eine Vorzugslast, die so bemessen ist, daß sie über das Entgelt für eine staatliche Leistung hinaus auf die finanziellen Ressourcen der zahlungspflichtigen Bürger zugreift. Solange eine Vorzugslast nur die Gegenleistung des Bürgers für eine besondere Leistung darstellt, die ihm der Staat erbringt und die über die allgemeinen Staatsleistungen hinausgeht, führt die Abgabepflicht nicht zu einer Minderung der finanziellen Leistungsfähigkeit des Zahlungspflichtigen. Staatliche Leistung und Gegenleistung des Bürgers gleichen sich aus, die finanzielle Leistungsfähigkeit des Bürgers wird nur in gleichem Umfang wie die aller anderen Bürger in Anspruch genommen.
34
BVerfGE 72,330(383).
35
BVerfGE 67,256 (274 f.).
268
6. Kapitel: Die Konzessionsteue
Übersteigt die Geldleistung des Bürgers dagegen den Wert der staatlichen Leistung, führt das zu einer Schmälerung seiner finanziellen Leistungsfähigkeit, die Vorzugslast gerät in Konkurrenz zur Steuer und gefährdet damit die finanzverfassungsrechtlichen Regelungen der Befriedigung des allgemeinen Finanzbedarfs des Staates. Da die finanzielle Kapazität der Bürger begrenzt ist, kann der Staat auch nur einen begrenzten Anteil davon für seine Zwecke in Anspruch nehmen. Die Finanzverfassung kann ihre bundesstaatliche Ordnungsfunktion nicht mehr erfüllen, wenn der Gesetzgeber nicht nur mittels der Steuern, sondern auch mittels Vorzugslasten an der finanziellen Leistungsfähigkeit der Bürger teilhaben kann. An dieser Funktion der staatlichen Finanzverfassung muß sich der Gesetzgeber nicht nur bei der Erhebung von Steuern, sondern auch bei der Bemessung von Vorzugslasten orientieren. Gestaltet er eine Abgabe nicht als Steuer aus, sondern knüpft mit dem Abgabentatbestand an die staatliche Leistung an, muß er sich über den Geldwert dieser Leistung Rechenschaft ablegen. Das setzt in gewissem Umfang eine subjektiv bestimmte Einschätzung voraus und bedingt zudem eine Typisierung und Pauschalierung. Der Gesetzgeber kann den Wert der staatlichen Leistung nicht in jedem Einzelfall anhand der konkreten Umstände des Empfangers festlegen; das ergibt sich bereits aus dem allgemeinen Charakter des Gesetzes. Er muß sich vielmehr ein Urteil darüber bilden, welchen Wert die staatliche Leistung im allgemeinen für den begünstigten Bürger haben wird, besondere Umstände des Einzelfalles können und müssen für die gesetzliche Regelung außer Betracht bleiben. Umgekehrt darf der Gesetzgeber den Wert der Staatsleistung nicht nach seinem Belieben veranschlagen. Er muß seine Bewertung vielmehr in nachvollziehbarer Weise durchführen. Dabei kann er sich z.B. am Marktwert seiner Leistung orientieren, wenn ein solcher vorhanden ist. Wenn keine konkreten Anhaltspunkte für den Wert der staatlichen Leistung erkennbar sind, darf er diesen Wert schätzen, muß aber die Grundlagen und das Verfahren der Schätzung offenlegen. Beachtet der Gesetzgeber diese Vorgaben und läßt sich dementsprechend nachvollziehen, wie es zu der Bemessung der Vorzugslast im Hinblick auf die staatliche Leistung gekommen ist, hält sich die Vorzugslast in dem von der Verfassung vorgezeichneten Rahmen und ist deshalb verbindlich. Nur wenn der Maßstab für die Geldleistungspflicht im Blick auf die staatliche Leistung dem Kriterium der Nachvollziehbarkeit nicht genügt, handelt es sich um eine wegen ihrer Höhe verfassungswidrige Vorzugslast - nicht jedoch um eine Steuer. Die formelle Abgrenzung zwischen Steuern und Vorzugslasten, die dem Gesetzgeber einen Einschätzungsspielraum hinsichtlich der Bewertung der
I. Konzessionsteuer und verfassungsrechtlicher Steuerbegriff
269
staatlichen Leistung und damit zugleich der Bemessung einer Vorzugslast einräumt, entspricht dem Verständnis der bundesstaatlichen Finanzverfassung als Rahmenoidnung, das das Bundesverfassungsgericht in den letzten Jahren seiner Rechtsprechung zugrunde legt. Einerseits schließt es danach die Ordnungsfunktion der Finanzverfassung aus, ihre Regelungen als Recht minderer Geltungskraft anzusehen, weil sonst dem bundesstaatlichen Verfassungsverhältnis in einem zentralen Punkt seine Stabilität und die Sicherheit, die Freiheit verbürgt, genommen würde. Andererseits weisen die normativen Festlegungen der Finanzverfassung nicht immer das Maß an inhaltlicher Bestimmtheit auf, das die Regelungen im Verhältnis zwischen Staat und Bürger prägt. Die Finanzverfassung verwendet vielmehr unbestimmte Begriffe und räumt dadurch dem Gesetzgeber Beurteilungs- und Entscheidungsspielräume ein. Das befreit ihn jedoch nicht von der Beachtung der Grenzen, die der verfassungsrechtliche Rahmen dem politischen Prozeß setzt36.
e. Ergebnis Erweist sich damit die formelle Abgrenzung zwischen Steuern und Vorzugslasten als zutreffend, können Konzessionsabgaben keine Steuern sein, weil sie schon ihrer Definition nach mit ihrem Abgabentatbestand an die staatliche Leistung der Konzessionserteilung anknüpfen. Die Finanzverfassung des Grundgesetzes ist konzessionsteuerfeindlich. Auch wenn Konzessionsabgaben so hoch bemessen sein sollten, daß die von den Konzessionären zu erbringenden Geldleistungen den Wert der in der Konzession liegenden Staatsleistung weit übersteigen, werden sie dadurch nicht zu Konzessionsteuern. Vielmehr bleiben sie Vorzugslasten, die allerdings wegen ihrer Höhe verfassungswidrig sind.
3. Konzessionsteuern in der Staatspraxis Grenzt man Steuern und Vorzugslasten formal danach ab, ob der Abgabentatbestand an die Konzessionserteilung anknüpft, ergibt sich die Frage nach der Zulässigkeit mehrerer Konzessionsabgaben, die teils in der Staatspraxis, teils in der wissenschaftlichen Diskussion als Steuern angesehen werden. Zu denken ist nicht nur an die Schankerlaubnissteuer (a.), sondern auch an die Spielbankabgabe (b.). In der Literatur wird darüber hinaus die bergrechtliche Förderabgabe manchmal als Steuer qualifiziert (c.). Die rechtliche Zuordnung dieser Konzessionsabgaben ist zu überprüfen. 36 Zur Qualität der Finanzverfassung als Rahmenordnung siehe BVerfGE 67, 256 (288 f.); 72, 330 (388); E.-W. Böckenförde, NJW 1976,2089 (2091,2099); Wieland, Jura 1988,410 (418).
270
6. Kapitel: Die Konzessionsteuern a. Die Schankerlaubnissteuer
Die Schankerlaubnissteuer knüpft in ihrem Abgabentatbestand an die Erlangung der Erlaubnis zum ständigen Betrieb einer Gastwirtschaft, einer Schankwirtschaft oder eines Kleinhandels mit Branntwein an 37 . Die Steuerqualität der Abgabe auf die Erlangung der Schankerlaubnis ist von Anfang an als selbstverständlich angesehen worden. Schon das preußische Kreis- und Provinzialabgabengesetz vom 23. April 1906 bezeichnete die Schankerlaubnissteuer in § 6 Abs. 1 Nr. 2 als indirekte Steuer. Angesichts dieser eindeutigen gesetzlichen Festlegung haben weder die Rechtsprechung vom Preußischen Oberverwaltungsgericht über das Bundesverwaltungsgericht bis hin zum Bundesverfassungsgericht noch das Schrifttum bezweifelt, daß die Schankerlaubnissteuer wie das ihrem Namen entspricht - tatsächlich eine Steuer ist. Das preußische Oberverwaltungsgericht begründete die Einordnung als "indirekte Steuer" damit, daß § 6 Abs. 1 Nr. 2 Preußisches Kreis- und Provinzialabgabengesetz die Besteuerung der Erlangung der Erlaubnis für zulässig erkläre, ohne daß diese Erlangung oder die Ausübung des Betriebs von der Leistung der Abgabe abhängig gemacht werde und ohne daß diese Leistung den Preis für die Erlaubniserteilung bilde 38 . Das Bundesverwaltungsgericht hat sich dieser Auffassung angeschlossen39. Das Bundesverfassungsgericht schließlich geht davon aus, daß die Schankerlaubnissteuer die Erlangung einer wirtschaftlich relevanten Erwerbsposition ausschöpfe, die es einer Person gestatte, das Bedürfnis der Bevölkerung nach Geselligkeit, Entspannung und Genuß alkoholischer Getränke zur Erwerbsquelle zu machen; diese Erwerbsposition bilde eine Quelle wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit 40. Die Literatur bezeichnet die Schankerlaubnissteuer als eine sogenannte Rücksichtsteuer im Sinne von § 2 Abs. 1 des Preußischen Kommunalabgabengesetzes, die neben gewerbepolizeilichen und sozialpolitischen Zielen auch dem Ausgleich der mit der Erlaubnis verbundenen besonderen Vorteile zu dienen bestimmt sei 41 .
37 So schon § 1 Abs. 1 des amtlichen Musters einer "Ordnung für die Erhebung einer Steuer von der Erlangung der Erlaubnis zum ständigen Betriebe der Gastwirtschaft, Schankwirtschaft oder des Kleinhandels mit Branntwein", das den preußischen Landkreisen durch die Ausführungsanweisungen vom 29. September 1906, Ministerialblatt für die gesamte innere Verwaltung der Königlich Preußischen Staaten, S. 277, mitgeteilt wurde; diese Mustersteuersatzung diente zur Ausführung von § 6 Abs. 1 des preußischen Kreis- und Provinzialabgabengesetzes vom 23. April 1906, GS S. 159. 38
PrOVGE 52,7 (9).
39
BVerwGE 6, 50 f.
40
BVerfGE 13,181 (193).
41
Peters, Handbuch der Kommunalwissenschaft und Praxis, 3. Band, S. 341 unter Bezug auf das Urteil des OVG Münster, Kommunale Steuer-Zeitschrift 1956, 61; zur Einordnung als Steuer siehe ferner Surén, Gemeindeabgabenrecht der ehemals preußischen Gebiete, S. 236; Czapski,
I. Konzessionsteuer und verfassungsrechtlicher Steuerbegriff
271
Entgegen dieser einhelligen Auffassung in Gesetzgebung, Rechtsprechung und Literatur muß die Schankerlaubnissteuer als "Erlaubnissteuer" 42 nach der hier vertretenen formalen Abgrenzung zwischen Steuern und Vorzugslasten wegen ihrer tatbestandlichen Anknüpfung an die Erteilung der Schankerlaubnis zu den Vorzugslasten gerechnet werden. Im Gegensatz zur Auffassung des Bundesverfassungsgerichts schöpft die Schankerlaubnissteuer nicht etwa eine Quelle wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit aus. Das Gericht selbst bezeichnet als Gegenstand der Schankerlaubnissteuer "die Erlangung einer wirtschaftlich relevanten Erwerbsposition, die einer Person gestattet, das Bedürfnis der Bevölkerung nach Geselligkeit und Entspannung und Genuß alkoholischer Getränke zur Erwerbsquelle zu machen"; es sieht die wirtschaftliche Position, die ein Bewerber durch die Schankerlaubnis erlangt, als Steuerobjekt. Dabei weist das Gericht zutreffend auf die Entstehungsgeschichte der Schankerlaubnissteuer hin, aus der sich ergibt, daß sie den Vermögensvorteil abschöpfen soll, der in der Erteilung der Erlaubnis liegt 43 . Bereits aus diesen Sätzen, die den Gehalt und die Eigenart der Schankerlaubnissteuer zutreffend umschreiben, ergibt sich, daß diese auf den Vermögensvorteil des Erlaubnisinhabers zugreifen soll, der ihm durch die Erteilung der Schankkonzession angeblich erwächst. Unabhängig davon, ob der Konzessionär von der Schankerlaubnis Gebrauch macht und auf ihrer Grundlage durch den Betrieb einer Schankwirtschaft eine Quelle wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit schafft, soll die Schankerlaubnissteuer - ganz entsprechend ihrer Bezeichnung und ihrem sich aus den Umständen ihrer Entstehung ergebenden Zweck einen Teil des Wertes abschöpfen, den die Schankerlaubnis nach Auffassung des Gesetzgebers für den Wirt verkörpert. Offen bleibt dabei, worin der Vermögensvorteil liegt, den die Schankerlaubnis ihrem Inhaber verschafft. Nach dem Wegfall der Bedürfnisprüfung sieht die Verwaltungspraxis in § 4 Gaststättengesetz einen Rechtsanspruch auf die Erlaubnis normiert; sie kann sich insoweit auf die Gesetzesbegründung stützen. Die Realisierung eines Rechtsanspruchs verschafft dem Inhaber des Anspruchs aber keinen besteuerbaren Vermögensvorteil 44. Demgegenüber wird die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des
Deutsche Gemeindesteuer-Zeitung 1967, 129; Flämig, Artikel "Schankerlaubnissteuer", in: Handwörterbuch des Steuerrechts, 2. Band, S. 1179 f.; Hansmeyer, Steuern auf spezielle Güter, in: Handbuch der Finanzwissenschaft, Band II, S. 870 ff. 42
So die Bezeichnung in BVerfGE 13,181 (186,203).
43
BVerfGE 13, 181 (193 f.) unter Bezug auf die Anweisung zur Ausführung des Preußischen Kreis- und Provinzialabgabengesetzes vom 29. September 1906, Ministerialblatt für die gesamte innere Verwaltung der Königlich Preußischen Staaten, S. 277 (282). 44 Diesbezügliche Zweifel klingen auch in BVerfGE 13, 181 (194) an; zur Interpretation von § 4 Gaststättengesetz siehe oben das 4. Kapitel Abschnitt II.3.b.
272
6. Kapitel: Die Konzessionsteuern
Wirtes, die auf dem Betrieb seiner Gaststätte beruht, schon von der Einkommensteuer erfaßt. Daran ändert sich auch nichts dadurch, daß sich die Höhe der Schankerlaubnissteuer im wesentlichen nach dem Jahresertrag der erlaubten Wirtschaft richtet45. Dieser Jahresertrag wird als Indikator für den Wert der Schankerlaubnis benutzt, stellt aber nicht etwa selbst den Gegenstand der Schankerlaubnissteuer dar; die Schankerlaubnissteuer ist nicht als Ertragsteuer, sondern als Erlaubnissteuer konzipiert. Als Erlaubnissteuer wäre die Schankerlaubnissteuer aber nur dann verfassungsgemäß, wenn man sie als Steuer kraft Tradition und nicht kraft Qualität ansähe46. Eine solche Qualifizierung wird deshalb für möglich gehalten, weil während der Geltungsdauer der ursprünglichen Fassung des Art. 105 GG 4 7 einhellig anerkannt gewesen sei, daß es sich bei der Schankerlaubnissteuer um eine Veikehrsteuer mit örtlich bedingtem Wirkungskreis handele; diese Einordnung habe die Finanzverfassungsreform 1969 nicht ändern wollen, nach deren Inkrafttreten A r t 105 GG Verkehrssteuern mit örtlich bedingtem Wirkungskreis nicht mehr erwähne 48. Diese Argumentation sieht aber selbst ihr Urheber "als gewiß nicht über jeden Zweifel erhaben" an - zu Recht, denn es bedürfte eines deutlicheren Anhaltspunktes als des Art. 105 GG in seiner alten oder gar in seiner neuen Fassung, um dem Grundgesetz eine ausnahmsweise Zuordnung der Abgabe auf die Erlangung einer Schankerlaubnis zu den Steuern statt zu den Vorzugslasten zu entnehmen. Letztlich dürfte sich das Problem aber dadurch lösen, daß die Schankerlaubnissteuer im Verschwinden begriffen ist und zuletzt nur noch in Gemeinden der Länder Hessen und Rheinland-Pfalz erhoben wurde 49 .
45
Dazu BayVGH Urteil vom 22. Februar 1951, DÖV 1951,423 und BVerfGE 13,181 (194).
46
So Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, S. 283 ff.
47
Art. 105 Abs. 2 Nr. 1 GG lautete in der vom Parlamentari sehen Rat beschlossenen Fassung: "Der Bund hat die konkurrierende Gesetzgebung über die Verbrauch- und Verkehrsteuern mit Ausnahme der Steuern mit örtlich bedingtem Wirkungskreis, insbesondere der Grunderwerbsteuer, der Wertzuwachssteuer und der Feuerschutzsteuer." 48 Wilke, ebenda, S. 285 mit umfassenden Nachweisen zur traditioneUen Qualifizierung der Schankerlaubnissteuer in Fußnote 66. 49 Zöller, Redit der Gemeindesteuern, NWB Fach 12, S. 231 (234); zu der in Hessen und Rheinland-Pfalz fortbestehenden Möglichkeit der Erhebung von Schankerlaubnissteuern siehe oben das 2. Kapitel, Abschnitt II.2.
I. Konzessionsteuer und verfassungsrechtlicher Steuerbegriff
273
b. Spielbankabgabe Anders stellt sich die Rechtslage bei der Spielbankabgabe dar. Ihre Rechtsgrundlage war lange Zeit ausschließlich § S der Verordnung über die öffentlichen Spielbanken des Reichsministers des Inneren 50 in Verbindung mit § 1 Abs. 2 und § 3 Abs. 1 des Gesetzes über die Zulassung öffentlicher Spielbanken, das die Reichsregierung am 14. Juli 1933 beschlossen hatte 51 . In der Bundesrepublik traten später landesrechtliche Regelungen über die Erhebung der Spielbankabgabe hinzu 52 . Diese landesrechtlichen Regelungen gestalten ebenso wie § 5 Spielbankverordnung den Abgabentatbestand nicht so aus, daß die Abgabenpflicht ausdrücklich an die Erteilung der Konzession zum Betrieb der Spielbank anknüpft. Die Verbindung zwischen Abgabenpflicht und Konzessionserteilung ergibt sich nur aus dem Zusammenhang der jeweiligen Regelung, z.T. auch daraus, daß die Gesetze die Festlegung einer höheren als der eigentlich normierten Abgabe durch den Konzessionsvertrag vorsehen und so die Verknüpfung zwischen Konzessionserteilung und Abgabenpflicht deutlich machen 53 . Diese Gesetzestechnik bringt die doppelte Funktion zum Ausdruck, die der Spielbankabgabe eigen ist: Einerseits ersetzt sie die üblichen Steuerlasten, von denen der Spielbankunternehmer nach Maßgabe des § 6 Spielbankverordnung befreit ist. Andererseits schöpft sie darüber hinaus den größten Teil - in der Regel 80 v.H. - der Bruttospielerträge ab, um sie gemeinnützigen Zwecken zuzuführen 54 . Während das Bundesverfassungsgericht die Qualifizierung der Spielbankabgabe als Steuer sowie ihre Einordnung in das Steuersystem ausdrücklich offengelassen hat 55 , hat der Bundesfinanzhof in einem Gutachten angesichts der Doppelfunktion der Abgabe die Auffassung vertreten, daß es sich bei der Spielbankabgabe nicht "um eine Abgabe nur für die Genehmigung zum Betrieb einer Spielbank handeln kann". Der Bundesfinanzhof hält die Spielbankabgabe
50
Vom 27. Juli 1938, RGBl. 19381S. 955.
51
RGBl. 1933 I S . 480; zur Rechtswiricsamkeit dieses Gesetzes BVerfGE 28,119 (139 f.).
52 Siehe oben 1. Kapitel Abschnitt III. 1 und Niestegge, Zur Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern im Spielbankrecht, S. 19 ff. 53 So z.B. § 5 Abs. 2 Satz 3 des Bremischen Gesetzes über die Zulassung einer öffentlichen Spielbank. 54 So bestimmt schon § 1 Abs. 2 des Reichsspielbankgesetzes, daß das Aufkommen aus den Spielergebnissen fur gemeinnützige Zwecke zu verwenden ist, soweit es nicht nach den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit dem Spieluntemehmer zu überlassen ist. 55
BVerfGE 28,119 (150 f.).
18 Wieland
274
6. Kapitel: Die Konzessionsteuern
vielmehr für eine Steuer 56. Dem hat sich die Literatur angeschlossen; sie betont ebenso wie der Bundesfinanzhof, daß die Abgabe "über den Charakter einer Konzessionsabgabe hinaus einer weitergehenden Abschöpfung der Spielerträge" dient 57 , daß sie "kein individuelles Äquivalent nur für die Genehmigung zum Betrieb einer Spielbank sein kann" 58 , und ordnet die Abgabe als Steuer ein. Diese Einordnung kann sich darauf berufen, daß das Grundgesetz die Spielbankabgabe in Art. 106 Abs. 2 als eine "der folgenden Steuern" bezeichnet; andererseits heißt es dort unter Nr. 6 aber nicht "Spielbanksteuer", sondern "Abgabe von Spielbanken". Unabhängig von der abgabenrechtlichen Qualifikation ergibt sich daraus, daß die Spielbankabgabe in finanzverfassungsrechtlicher Hinsicht als Steuer behandelt wird.
c. Die bergrechtliche Förderabgabe Die bergrechtliche Förderabgabe ist dagegen nach der formellen Abgrenzung zwischen Steuern und Vorzugslasten als Vorzugslast anzusehen, weil der Abgabentatbestand des § 31 Abs. 1 BBergG an das Innehaben einer Bewilligung anknüpft. Die Bewilligung gewährt das ausschließliche Recht, nach den Vorschriften des Bundesberggesetzes in einem bestimmten Feld die in der Bewilligung bezeichneten Bodenschätze aufzusuchen, zu gewinnen sowie das Eigentum an diesen Bodenschätzen zu erwerben (§ 8 Abs. 1 BBergG). Demgemäß qualifiziert der Regierungsentwurf des Bundesberggesetzes die Förderabgabe als öffentlich-rechtliche Verleihungsgebühr: "Die Abgaben knüpfen an eine staatliche Leistung an, die nicht nur in der Erteilung einer Erlaubnis oder Bewilligung als solcher besteht - hierfür kämen nur Verwaltungsgebühren in Betracht -, sondern vor allem in der Zulassung, eine an sich nicht erlaubte Tätigkeit auszuüben und hierbei einige ausschließliche Rechte für sich in Anspruch nehmen zu können" 59 . Nach Inkrafttreten des Bundesberggesetzes hat die Bundesregierung die Förderabgabe als "eine Verleihungsgebühr mit Entgeltcharakter für die mit der erteilten Bergbauberechtigung verbundene Rechtsposition" bezeichnet60.
^ B F H E 58,556(559). 57
Maunz, Rdnr. 33 zu Ait. 106, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz.
58
Niestegge, Zur Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern im Spielbankenrecht, S.
103 f. 59 60
Bundesratsdnicksache 350/75, S. 96 f.; Bundestagsdnicksache 8/1315, S. 95.
Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Dr. von Würzen (Bundesministerium für Wirtschaft) auf Fragen des Bundestagsabgeordneten Vosen (SPD), Bundestagsdrucksache 9/2295, S. 10 f.
I. Konzessionsteuer und verfassungsrechtlicher Steuerbegriff
275
Das Schrifttum ist dieser Einschätzung nur zum Teil gefolgt 61 . Schon früh meldeten sich Stimmen zu Wort, die der Förderabgabe vollständig 62 oder teilweise Steuercharakter zusprachen; soweit § 31 Abs. 2 BBergG eine Förderabgabe in Höhe von 10 % "für" die gewonnenen Bodenschätze festlege, ergäben sich der Gegenleistungsbezug und damit die Einordnung als Verleihungsgebühr bereits aus dem Wortlaut, soweit es gemäß § 32 Abs. 2 BBergG zu einer Erhöhung der Förderabgabe komme, fehle der Gegenleistungsbezug, so daß es sich in dieser Höhe um eine Steuer handele63. Nach einer weiteren vermittelnden Meinung ist die Förderabgabe als Gegenleistung für die staatliche Gestattung einer an sich nicht erlaubten Tätigkeit zwar keine Steuer im Sinne der Finanzverfassung des Grundgesetzes, die Fungibilität des Aufkommens soll jedoch die Bezeichnung "steuerähnliche Abgabe" oder "Gebührensteuer" rechtfertigen 64 . Diese Aussage erfolgte mit Blick auf den bundesstaatlichen Finanzausgleich, der seinerzeit gerade im Hinblick auf die Behandlung der bergrechtlichen Förderabgabe heftig umstritten war und dessen gesetzliche Regelung vom Bundesverfassungsgericht auf ihre Verfassungsmäßigkeit überprüft wurde 65 . Da nach dem damaligen Finanzausgleichsgesetz66 die Finanzkraft der Länder im wesentlichen nach ihrer Steuerkraft berechnet und das Aufkommen aus der Förderabgabe nur zu einem Drittel bzw. zur Hälfte berücksichtigt wurde 67 , konzentrierte sich der Streit vor dem Bundesverfassungsgericht unter anderem darauf, ob die bergrechtliche Förderabgabe eine Steuer sei. Paul Kirchhof kam in einem Gutachten für das Land Baden-Württemberg, dessen Regierung er in dem Normenkontrollverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht vertrat 68 , zu dem Ergebnis, daß die Förderabgabe nicht eine Leistung der öffentlichen Verwaltung entgelte und deshalb keine Gebühr, sondern eine Steuer sei; Tatbestand der Abgabe seien nicht die Rechtsverschaffung, sondern die Ausübung der Bewilligung und ihr wirtschaftlicher Ertrag, eine rechtlich gebundene Konzessionierung beruflicher Tätigkeiten sei grundsätzlich weder entgeltbedürftig 61
So z.B. F. Kirchhof, Die Höhe der Gebühr, S. 29, Fußnote 37; Nicolaysen, Bewilligung und Förderabgabe nach dem Bundesberggesetz, S. 33 ff. 62
Schulte, NJW 1981,88 (91); dazu Patzig, DÖV 1987,729 (735).
63
Kühne, DB 1982,1693 (1996).
64
Kisker, Der bergrechtliche Förderzins im bundesstaatlichen Finanzausgleich, S. 24 ff.; nicht eindeutig festgelegt die Kommentatoren des Bundesberggesetzes: Boldt/WeUer, Bundesberggesetz, Rdnr. 4 ff. vor § 30 und Piens/Schulte/Graf Vitzthum, Bundesberggesetz, Anm. 2 zu § 31. 65
Dazu Wieland, Jura 1988,410.
66
Gesetz über den Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern vom 28. August 1969, BGBl. I S. 1432 in der Fassung des 7. Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über den Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern vom 19. Dezember 1985, BGBl. I S. 2354. 67
Vgl. § 7 Abs. 1 und 2 Finanzausgleichsgesetz a.F.
68
BVerfGE 72,330 (332).
276
6. Kapitel: Die Konzessionsteuern
noch entgeltfähig 69. Umgekehrt stellten Lerche und Pestalozza in einem Rechtsgutachten für die Niedersächsische Landesregierung, die sie in dem Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht vertraten 70, fest, die Förderabgabe sei jedenfalls keine Steuer; eine gebührenrechtliche Zuordnung liege nahe, weil der Staat mit der Erteilung der Bewilligung eine Sachleistung erbringe, für die die Förderabgabe eine Gegenleistung darstelle 71. Nachdem das Bundesverfassungsgericht mittlerweile entschieden hat, daß der Begriff der Finanzkraft in Art. 107 Abs. 2 Satz 1 GG umfassend zu verstehen ist und nicht allein auf die Steuerkraft reduziert werden darf 72 , hat diese Auseinandersetzung um die Qualifizierung der bergrechtlichen Abgabe als Steuer oder als Vorzugslast ihre Brisanz verloren, sie ist auch bisher nicht fortgesetzt worden. Auf der Grundlage einer formalen Abgrenzung zwischen Steuern und Vorzugslasten muß die bergrechtliche Förderabgabe als gegenleistungsabhängige Verleihungsgebühr eingeordnet werden. Da im Gegensatz zur Auffassung von Paul Kirchhof gegen die Erhebung von Verleihungsgebühren keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen73, ist kein Grund ersichtlich, der vom Gesetzgeber gewollten und in § 31 Abs. 1 Nr. 1 BBergG ausdrücklich festgeschriebenen Anknüpfung der Abgabenpflicht an die Bewilligung die rechtliche Wirksamkeit abzusprechen. Die bergrechtliche Förderabgabe ist keine Steuer, sondern eine Vorzugslast.
Π. Konzessionsteuer und bundesstaatliche Kompetenzverteilung Die Frage nach den Kompetenzen von Bund oder Ländern für die Gesetzgebung, Verwaltung und den Ertrag von Konzessionsteuem stellt sich nur ausnahmsweise, wenn das Grundgesetz eine Konzessionsabgabe selbst als Steuer qualifiziert, wie das in Art. 106 Abs. 2 Nr. 6 GG mit der Spielbankabgabe geschieht. Das gleiche gilt, wenn man trotz aller Bedenken die Schankerlaubnissteuer als Steuer kraft Tradition ansieht. Immerhin haben die Staatspraxis, die Wissenschaft und insbesondere die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts 74 bisher die Steuerqualität der Schankerlaubnissteuer nie angezweifelt,
69 P. Kirchhof, Der Verfassungsauftrag zum Länderfinanzausgleich als Ergänzung fehlender und als Garant vorhandener Finanzautonomie, S. 77 ff. 70
Siehe BVerfGE 72,330 (341).
71
Lerche/Pestalozza, Die bergrechtliche Förderabgabe im System des horizontalen Finanzausgleichs und der Bundeseigänzungszu Weisungen nach Art. 107 I I GG, S. 64 ff. 72
BVerfGE 72,330 (Leitsatz 5 und S. 397 ff.).
73
Siehe dazu das 7. Kapitel, Abschnitt 1.3.
74
Siehe nur BVerfGE 13,181 (192 ff.).
II. Konzessionsteuer und bundesstaatl. Kompetenzverteilung
277
sie vielmehr als selbstverständlich vorausgesetzt. Im Hinblick darauf soll im folgenden die Vereinbaikeit von Konzessionsteuern mit dem Steuerbegriff des Grundgesetzes unterstellt und die bundesstaatliche Problematik solcher Steuern untersucht werden. Bevor aber geklärt werden kann, ob nach der Finanzverfassung des Grundgesetzes Bund oder Ländern die Kompetenz für Gesetzgebung und Verwaltung sowie die Ertragshoheit für solche Steuern (2.) zukommt, bedarf es einer Qualifizierung der Konzessionsteuer mit Blick auf die in der Verfassung genannten Steuerarten (1.).
1. Die Qualifizierung
von Konzessionsteuern
a. Überblick über Rechtsprechung und Lehre Die Zuordnung von Konzessionsteuern zu den verschiedenen Steuerarten, die der X. Abschnitt des Grundgesetzes nennt, ist nicht ohne weiteres möglich. Das zeigt bereits ein kurzer Blick auf entsprechende Versuche, die sich vereinzelt in Rechtsprechung und Literatur finden. So hat der Bundesfinanzhof die Spielbankabgabe als Verkehrsteuer ohne örtlich bedingten Wirkungskreis bzw. als Steuer vom Einkommen angesehen75. Das Bundesverfassungsgericht hat sich zur Qualifizierung der Schankerlaubnissteuer nur insoweit geäußert, als es ihre Gleichartigkeit mit der Gewerbesteuer, die zu den Realsteuern gehört, verneint hat; eine positive Zuordnung der Schankerlaubnissteuer enthält der entsprechende Beschluß nicht 76 . Auch die Einordnung der Spielbankabgabe in das Steuersystem des Grundgesetzes hat das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich offengelassen 77. In der Literatur wird die Spielbankabgabe teils als Verkehrsteuer bezeichnet 78 , teils wird darauf hingewiesen, daß die Abgabe auch Merkmale einer Steuer vom Einkommen bzw. auf den Umsatz trage 79. Die Schankerlaubnissteuer wird ohne Begründung zu den Verkehrsteuern gezählt80. Paul Kirchhof sieht in der bergrechtlichen Förderabgabe eine spezielle Steuer vom Vermögen. Es handele sich nicht um eine Einkommensteuer, weil sie nicht nach dem
75
BFHE 58,556(559).
76
BVerfGE 13,181 (192 ff.).
77
BVerfGE 28,119 (150 f.).
78
Tipke/Lang, Steuerrecht, S. 172: "spezielle Verkehrsteuer".
79
Fischer-Menshausen, Rdnr. 21 zu Art. 106, in: von Münch, Grundgesetz; ähnlich Maunz, Rdnr. 33 zu Art. 106, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz. 80 Fischer-Menshausen, ebenda, Rdnr. 26 zu Art. 105; Maunz, ebenda, Rdnr. 55 zu Art. 105; Vogel/Walter, Rdnr. 254 zu Art. 106, in: Bonner Kommentar: "allenfalls Verkehrsteuer".
278
6. Kapitel: Die Konzessionsteuern
tatsächlich empfangenen, sondern nach dem gehorteten Marktwert der gewonnenen Bodenschätze bemessen werde; damit belaste sie ähnlich der Vermögensteuer, der Grundsteuer und der Gewerbekapitalsteuer einen Vermögenstatbestand, sie knüpfe an die im ruhenden Eigentum liegende potentielle Ertragskraft an - neben der allgemeinen Vermögensteuer sei sie als Sonderbesteuerung eines durch Konzessionierung staatlich gebundenen Vermögens gerechtfertigt, die nicht von den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Sachberechtigten abhänge. Eine Qualifizierung der Förderabgabe als Verkehrsteuer lehnt Kirchhof ausdrücklich ab, weil der Abgabentatbestand nicht die Weitergabe der Bodenschätze an einen Dritten regele; die Verkehrsteuer setze eine rechtlichen oder wirtschaftlichen Akt voraus, an dem mindestens zwei Personen beteiligt seien und belaste die in diesem Austauschvorgang zum Ausdruck kommende Nachfrage- und Zahlungskraft 81. Dieser Blick auf Rechtsprechung und Literatur zeigt, daß über die Rechtsnatur der Konzessionsteuern wenig Klarheit besteht. Das Problem wird kaum angesprochen und bestenfalls mit wenigen Sätzen behandelt, ohne daß es bisher zu einer vertiefteren Auseinandersetzung gekommen wäre. Vorrangig werden die als Konzessionsteuern qualifizierten Abgaben der Gruppe der Verkehrsteuern zugeordnet (b.), vertreten wird aber auch eine Qualifizierung als Steuer vom Vermögen (c.) oder vom Einkommen bzw. auf den Umsatz (d.). Diese Ansätze sind auf ihre Tragfähigkeit zu überprüfen.
b. Konzessionsteuern als Verkehrsteuern Die Bedenken Kirchhofs gegen die Einordnung von Konzessionsteuern als Verkehrsteuern sind berechtigt; die Merkmale des verfassungsrechtlichen Verkehrsteuerbegriffs schließen es aus, die Konzessionsteuern darunter zu fassen. Diese Feststellung läßt sich allerdings mit Hilfe der gegenwärtig üblichen Definitionen nicht schlüssig belegen (1); dazu bedarf es vielmehr einer Analyse der Theoriegeschichte der Verkehrsteuern (2).
81 P. Kirchhof, Der Verfassungsauftrag zum Länderfinanzausgleich als Ergänzung fehlender und als Garant vorhandener Finanzautonomie, S. 83 ff.
II. Konzessionsteuer und bundesstaatl. Kompetenzverteilung
279
(1) Die üblichen Definitionen der Verkehrsteuer Zum Wesen der Verkehrsteuern gehört es nach einer Formulierung des Bundesverfassungsgerichts, die allgemein akzeptiert wird 8 2 , "daß sie an Akte und Vorgänge des Rechtsverkehrs, an einen rechtlichen oder wirtschaftlichen Akt, an die Vornahme eines Rechtsgeschäfts oder an einen wirtschaftlichen Vorgang oder einen Verkehrsvorgang anknüpfen" 83. Diese Definition läßt deutlich eine Nähe zu der Formulierung Friedrich Kleins erkennen, der als Verkehrsteuern alle Steuern bezeichnete hat, "deren Funktion es ist, diejenige wirtschaftlich-steuerliche Leistungsfähigkeit zu treffen, die in der Vornahme eines Verkehrsvorganges(-aktes) tatsächlich oder möglicherweise liegt" 84 . Damit kommt es entscheidend darauf an, was unter einem "Verkehrsvorgang" oder einem "Verkehrsakt" zu verstehen ist. Die zitierten Definitionen enthalten dazu keine Aussage, sondern sind so allgemein gehalten, daß sie ganz unterschiedliche Interpretationen des Verkehrsbegriffes zulassen. Sie bringen eine deutliche Skepsis in Rechtsprechung und Wissenschaft gegenüber den Verkehrsteuern zum Ausdruck, deren Einführung angeblich nur auf der Erwägung beruht, daß sie Geld einbringen und für die Steuerpflichtigen erträglich sind 85 . Der Bundesfinanzhof hat den gleichen Gedanken so formuliert: "Die meisten Verkehrsteuern einschließlich der Umsatzsteuer haben keinen tieferen Sinn als den, dem Staate Geld zu bringen" 86 . Träfe das zu, wäre der Begriff der Verkehrsteuer möglicherweise tatsächlich so wenig aussagekräftig, wie das in den heute gängigen Definitionen anklingt. Die Finanzverfassung des Grundgesetzes erlaubte dann jedenfalls in diesem Punkt kaum eine trennscharfe Abgrenzung der Befugnisse von Bund und Ländern. Diese wenig befriedigende Konsequenz der gebräuchlichen Interpretation des verfassungsrechtlichen Verkehrsteuerbegriffs läßt sich vermeiden, wenn es gelingt, unter Rückgriff auf das traditionelle Verständnis der Verkehrsteuer klarere Konturen ihres Begriffs herauszuarbeiten. Der Rückgriff auf die Tradition des Steuerrechts bietet sich deshalb an, weil sie dem Parlamentarischen Rat 1948/49 vor Augen stand und dementsprechend Eingang in die Ergebnisse sei-
82 Vgl. das Gutachten der Steuerrefonmkommission 1971, Tz. IX/1 ff. (S. 767 ff.); FischerMenshausen, Rdnr. 17 zu Art. 106, in: von Münch, Grundgesetz; Vogel/Walter, Rdnr. 243 zu Art. 106, in: Bonner Kommentar. 83
BVerfGE 16,64(73).
84
F. Klein, Verkehrsteuern, Handbuch der Finanzwissenschaft, 2. Band, 2. Auflage, S. 601 (616); ähnlich 30 Jahre zuvor schon die Definition bei Bühler, Lehrbuch des Steuerrechts, 1. Band, S. 19. 85
F. Klein, ebenda, S. 604.
86
BFHE 107,315(319).
280
6. Kapitel: Die Konzessionsteuern
ner Beratungen gefunden hat. Für den Verfassungsgeber bestand kein Anlaß, die gebräuchlichen, allgemein zugrundegelegten Steuerbegriffe des deutschen Steuerrechts zu verändern. Daraus ergibt sich, daß die maßgeblichen Kriterien für die Unterscheidung der verschiedenen Steuerarten nach dem Grundgesetz dem traditionellen deutschen Steuerrecht zu entnehmen sind 87 . Aufschluß über die Eigenart der Verkehrsteuern verspricht also eine Untersuchung der Geschichte dieser Steuer und ihrer Behandlung in der deutschen Finanzwissenschaft. (2) Die Theoriegeschichte
der Verkehrsteuern
Die erste Theorie der Verkehrsteuer als eigenständiger Steuerart stammt von Lorenz von Stein 88 . In seinem Lehrbuch der Finanzwissenschaft charakterisiert er die Verkehrsteuern 1860 als Abgaben, die auf Akte gelegt werden, die in irgendeiner Weise den Übergang von Kapitalien vermitteln. Ein Übergang eines Kapitals oder eines Rechts ist für von Stein nicht denkbar, ohne daß dabei die eine oder andere Seite einen Mehrwert gewinnt. Dieser Mehrwert ist für ihn ein selbständiger Reinertrag, der nicht mehr auf der Produktion, sondern allein auf dem Übergang des Kapitals beruht. Der in diesem Reinertrag liegende Gewinn bildet die Steuerquelle der Verkehrsteuer, die dementsprechend als indirekte Einkommensteuer zu qualifizieren ist 89 . Gut 10 Jahre später modifiziert von Stein diese Definition in gewissem Umfang: Wo ein Erwerbsgeschäft dem einzelnen einen Ertrag bringt, verkörpert die Verkehrsteuer die Besteuerung des in dem Geschäft liegenden Erwerbs. Während die Erwerbsteuer bereits alle Produkte einer Unternehmung nach ihrem Ertrag besteuert, erfaßt die Verkehrsteuer die Verkehrsgeschäfte, die sich nicht aus der Produktion des Unternehmens ergeben, sondern selbständig zur Produktion hinzutreten und dadurch einen selbständigen Reinertrag bringen. Ein solcher Reinertrag entsteht, wenn ein Wert in Umlauf gesetzt und an ihm ein Gewinn erzielt wird: "Es ergibt sich daraus, daß die Verkehrssteuer zu ihrem Objecte nur Wertherwerbungen im weitesten Sinne haben kann und daß die Steuerquelle derselben stets der Werthgewinn ist, der bei jedem Werthgeschäfte vorhanden sein muß, sei es bei Geber oder Nehmer, da sonst das Geschäft nicht gemacht werden würde" 90 .
87
BVerfGE 7,244 (252); 14,76 (91); 26,302 (307).
88
Zu früheren Versuchen, entsprechende Steuern begrifflich zu erfassen, die aber Verkehrsteuern stets als Unterfalle anderer Abgaben ansahen, siehe von Heckel, Finanzarchiv 7, 2 (1890), 1 (2 ff.)· 89
Von Stein, Lehibuch der Finanzwissenschaft, S. 412.
90
Von Stein, Lehrbuch der Finanzwissenschaft, 2. Auflage, S. 467.
II. Konzessionsteuer und bundesstaatl. Kompetenzverteilung
281
Lorenz von Stein unterscheidet mehrere Gruppen dieser Wertgeschäfte, die alle in Veikehrsdokumenten verkörpert werden: eine Zahlung im Wirtschaftsverkehr (Quittung), den Erwerb einer Unternehmensbeteiligung (Aktie), den Erwerb eines unbeweglichen Gutes (Eintragung in öffentliche Bücher), ein gegenseitiges Rechtsgeschäft (Vertrag) und Wechselgeschäfte (Wechsel)91. Steuerobjekt der Verkehrsteuern ist also stets ein privatwirtschaftliches Rechtsgeschäft. Die Steuerquelle sieht von Stein in dem Gewinn, der nach den Vorstellungen der liberalen Nationalökonomie grundsätzlich bei jedem Geschäft im Wirtschaftsverkehr entsteht. Diese Charakteristika bringen die Verkehrsteuer begrifflich in die Nähe der heutigen Umsatzsteuer, die auch als allgemeine Verkehrsteuer angesehen wird 92 . Bemerkenswerterweise ist allerdings schon Lorenz von Stein die Gefahr bewußt, daß die Verkehrsteuern mit Gebühren verwechselt werden könnten. Er führt diese Verwechslungsgefahr darauf zurück, daß die Verkehrsteuern seinerzeit als Stempelsteuern ausgestaltet waren. Daraus ergab sich die naheliegende Möglichkeit, daß nicht zwischen Steuerstempeln und Gebührenstempeln unterschieden wurde und in der Folge die grundlegenden Unterschiede zwischen Gebühren und Verkehrsteuern in Vergessenheit gerieten 93. Die Gefahr der Verwechslung von Gebühren und Verkehrsteuern hebt auch Adolph Wagner hervor, der die Theorie Lorenz von Steins weiterentwickelt hat 94 . Wagner begründet die Erhebung von Verkehrsteuern damit, daß die sonstigen Steuern auf Erträge und Einkommen ungeeignet seien, den bei manchen Handels- und Kreditgeschäften erzielten Gewinn überhaupt bzw. vollständig zu erfassen. Deshalb müsse ergänzend der wirkliche oder mutmaßliche Gewinn durch Besteuerung der einzelnen Rechtsgeschäfte belastet werden 95. Ganz entsprechend sieht von Heckel die Eigenart der Verkehrsteuern darin, den wahrscheinlichen oder durchschnittlichen Gewinn abzuschöpfen, der bei privatwirtschaftlichen Rechtsgeschäften entsteht96. Die Anknüpfung an die sich aus privaten Geschäften ergebenden Vorteile setzte sich durch. Mirre spricht in diesem Zusammenhang vom "Bewertungsdifferenz-Gedanken": "Der Abschluß von Rechtsgeschäften bringt den Vertragsschließenden von ihrem subjektiven Standpunkt aus betrachtet regelmäßig
91
Von Stein, ebenda, S. 471 ff.
92
Tipke/Lang, Steuerrecht, S. 171 f.
93
Von Stein, Lehrbuch der Finanzwissenschaft, 2. Auflage, S. 468 ff.
94
Wagner, Lehr- und Handbuch der politischen Ökonomie, S. 547 ff.
95
Wagner, ebenda, S. 556 ff.
96
Von Heckel, Finanzarchiv 7 , 2 (1890), 1 (26).
282
6. Kapitel: Die Konzessionsteuern
mehr oder minder große Vorteile, die es ermöglichen, die Rechtsgeschäfte mit einer Steuer zu belasten, ohne daß dadurch der Abschluß unmöglich gemacht wird". Daneben tritt der "Unmerklichkeitsgedanke": Wenn Verkehrsakte mit absolut oder relativ zum Objekt kleinen Abgaben belegt werden, erhält der Staat eine Einnahme, ohne daß die Bürger erheblich belastet werden 97. Während Mirre aber ausdrücklich verneint, daß den Verkehrsteuern der Gedanke der Besteuerung irgendeiner Leistungsfähigkeit der Steuerpflichtigen zugrundeliege 98 , stellt Kessler gerade darauf ab. Die Verkehrsbesteuerung beruht nach seiner Auffassung auf der Vermutung, daß sich in den verschiedenen Verkehrsvorgängen eine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit offenbart, die sich durch Verkehrsteuern und nur durch sie erfassen läßt 99 . Er unterscheidet die Rechtsverkehrsteuern von den Transportverkehrsteuern 100, eine Unterscheidung, die bis heute erhalten geblieben ist 1 0 1 . Die im vorliegenden Zusammenhang allein interessierenden Rechtsverkehrsteuern erfassen den Rechts- und Vermögensverkehr. Zu ihnen zählen Grunderwerbsteuer, Kapitalverkehrsteuer (Gesellschaftsteuer, Wertpapiersteuer, Börsenumsatzsteuer), Versicherungsteuer, Quittung-, Scheck- und Wechselsteuer, Rennwett- und Lotteriesteuer 102.
(3) Ergebnis Der kurze Blick auf die Geschichte der Verkehrsteuern sowie deren Behandlung in der Steuerrechts- und Finanzwissenschaft 103 ermöglicht eine Präzisierung der Definition dieser Steuerart. Kennzeichnend für den Verkehr, der besteuert wird, war ursprünglich und ist noch heute sein Bezug auf Rechtsgeschäfte zwischen Privaten, auf erwerbswirtschaftliches Handeln. Abgesehen von der später hinzugetretenen Interpretation von "Verkehr" als "Transportverkehr" bzw. "Realverkehr", die hier außer Betracht bleiben kann, bezeichnet
97
282).
Mirre, Die Verkehrsteuern, in: Handbuch der Finanzwissenschaft, 2. Band, S. 274 (280,
98 Mirre, ebenda, S. 285: "Tatsächlich aber beruhen die Verkehrsteuern gar nicht auf dem Gedanken der Erfassung einer Leistungsfähigkeit, jedenfalls nicht einer von Personen oder Sachen, sondern sie bedeuten ein Verfahren, aus den der Staatsgewalt Unterworfenen Geld herauszuziehen, ohne daß den Steuerzahlern eine besondere Leistungsfähigkeit nachgewiesen zu werden braucht. Die Leistungsfähigkeit kommt höchstens negativ in Frage insofern, als unter Umständen beim Nachweis besonders geringer Leistungsfähigkeit eine Minderung oder ein Erlaß der Steuer eintritt." 99
Kessler, Ober das Wesen der Verkehrsbesteuerung, S. 100 ff.
100
Kessler, ebenda, S. 115.
101
Tipke/Lang, Steuerrecht, S. 172.
102
Kessler, Über das Wesen der Verkehrsbesteuerung, S. 115.
103 Näher dazu vor allem F. Klein, Verkehrsteuern, Handbuch der Finanzwissenschaft, 2. Band, 2. Auflage, S. 601 (608 ff.).
II. Konzessionsteuer und bundesstaatl. Kompetenzverteilung
283
"Verkehr" einen Geschäftsverkehr zwischen wirtschaftenden, nach der Erzielung von Gewinnen strebenden Privaten. Der Besteuerung dieses wirtschaftlichen Verkehrs liegt die Auffassung zugrunde, daß bei jedem Geschäft, das zwischen Wirtschaftssubjekten getätigt wird, ein Mehrwert bzw. ein Gewinn entsteht, der als mögliche Steuerquelle in Betracht kommt. Erfaßt werden soll der Mehrwert, der im Handels- und Kapitalverkehr anfällt, im Gegensatz zu dem Mehrwert, der bei der Produktion entsteht. Dieser Gehalt der Verkehrsteuern erklärt auch, warum sie immer mehr zurücktreten und mittlerweile stark an Bedeutung verloren haben. Die Besteuerung des Einkommens ist durch Einkommen- und Körperschaftsteuer so umfassend geworden, daß wenig Anlaß besteht, ergänzend noch mutmaßliche Gewinne bei Geschäften des Handels- und Kapitalverkehrs mit Verkehrsteuern zu belegen. Das gilt vor allen Dingen deshalb, weil der bei diesen Geschäften tatsächlich bestehende Mehrwert der Umsatzbesteuerung in der Form der Mehrwertsteuer unterliegt 104 . Der Steuergesetzgeber sieht denn auch die spezielle Verkehrsteuer und die Umsatzsteuer als gleichartig und miteinander konkurrierend an 105 . Das erklärt, warum es angesichts der sehr differenzierten und zugleich umfassenden Besteuerung vom Einkommen und Umsatz kaum noch möglich ist, die Verkehrsteuern zu rechtfertigen. Sie bilden im wesentlichen ein Relikt aus einer früheren Stufe des Steuersystems, dessen fortbestehende Existenz nicht mehr überzeugend begründet werden kann. Unabhängig von dieser vornehmlich steuerpolitischen Frage ergibt sich aber aus der Eigenart der Verkehrsteuer, auf die Abschöpfung des bei privatwirtschaftlichen Geschäften des Handels- und Kapitalverkehrs entstehenden Mehrwerts gerichtet zu sein, daß die Konzessionsteuern nicht zu ihnen zählen. Die Konzessionsteuern knüpfen nicht an Erträge aus Geschäften zwischen Privaten, sondern an einen hoheitlichen Akt an, an eine Erlaubnis, die der Staat einem privaten Unternehmer erteilt. Diese Erlaubnis ist kein Vorgang des Handels- und Kapitalverkehrs; belastet eine Steuer aber einen anderen Vorgang, wie z.B. einen Hoheitsakt, handelt es sich nicht um eine Verkehrsteuer 106.
104 Zur Auseinandersetzung über die Frage, ob die Umsatzsteuer eine Verkehr- oder eine Verbrauchsteuer ist, BVerfGE 7, 244 (260), wonach die Umsatzsteuer im Schnittpunkt zwischen Verbrauchsteuer und Verkehrsteuer steht; vgl. ferner Söhn, StuW 1975, 1; Philipowski, Umsatzsteuerkongreßbericht 1985,183; Tipke/Lang, Steuerrecht, S. 504 ff.
105 Vgl. § 4 Nr. 8 e, f, 9 sowie 10 UStG und § 22 KStG; femer Tipke/Lang, Steuerrecht, S. 537 f. 106 Siehe zum geschichüichen Hintergrund des Begriffes der Verkehrsteuer auch Vogel/Walter, Rdnr. 112 f. zu Art. 105, in: Bonner Kommentar.
284
6. Kapitel: Die Konzessionsteue
c. Konzessionsteuern als Steuern vom Vermögen Auch die Qualifizierung der Förderabgabe als spezielle Steuer vom Vermögen hilft beim Versuch einer Zuordnung der Konzessionsteuern zu den verfassungsrechtlichen Steuerarten nicht weiter. Generell können Konzessionsteuern schon deshalb keine speziellen Steuern vom Vermögen sein, weil sich Konzessionen nur ausnahmsweise auf das Gewinnen vermögenswerter Sachen beziehen. Steuern, die etwa an die Konzession zum Betreiben einer Spielbank anknüpfen oder die Erteilung einer Schankerlaubnis belasten, haben kein sächliches Substrat, keinen Vermögensgegenstand, auf den sie sich beziehen könnten. Demzufolge können sie unter keinem Gesichtspunkt als Steuer auf das Vermögen angesehen werden. Darüber hinaus dürfte auch für die Förderabgabe selbst nachhaltig zu bezweifeln sein, ob sie tatsächlich als spezielle Steuer auf das Vermögen qualifiziert werden kann. Sie wird unabhängig von den sonstigen Vermögensverhältnissen des Abgabepflichtigen erhoben 107. Voraussetzung für die Annahme einer speziellen Steuer auf das Vermögen ist die Unterscheidung zwischen dem allgemeinen Vermögen des Konzessionärs, das gegebenenfalls der generellen Vermögensteuer unterliegt, und einem durch die Konzessionierung staatlich gebundenen besonderen Vermögen der gleichen Person. Diese rein gedankliche Unterscheidung der Wirtschaftsgüter des Abgabepflichtigen erscheint gekünstelt. Sobald die Bodenschätze gewonnen sind, gehen sie in das Eigentum des Bergbauberechtigten über. Sie sind rechtlich nicht in irgendeiner Weise anders gebunden als sonstige Eigentumsgegenstände des Bergbauunternehmers. Die Konzessionierung bindet nicht die gewonnenen Bodenschätze bzw. das Eigentum an ihnen, sondern schafft die Voraussetzung für die Gewinnung der Bodenschätze und damit für den Eigentumserwerb. Ist dieser erfolgt und sind die Bodenschätze gewonnen, bestehen nicht zwei getrennte, sondern weiterhin ein einheitliches Vermögen des Bergbauberechtigten, zu dem jetzt auch die gewonnenen Bodenschätze zählen 108 . Eine Vermögensbesteuerung kommt nur in Betracht, wenn das Gesamtvermögen des Bergbauberechtigten dies rechtfertigt 109 . Darüber hinaus spricht gegen eine Qualifizierung der Förderabgabe als spezielle Steuer vom Vermögen, daß die Vermögensteuer zwar an Vermögenswerte anknüpft, ihrer Zielsetzung nach aber grundsätzlich aus den Erträgen des Vermögens gezahlt werden soll 110 . Diese Ausgestaltung der Vermögensteuer ist 107 So auch P. Kirchhof, Der Verfassungsauftrag zum Länderfinanzausgleich als Ergänzung fehlender und als Garant voihandener Finanzautonomie, S. 86. 108
Vgl. § 8 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 4 Abs. 2 BBergG.
109
Vgl. § 4 Abs. 1 Nr. 1 VStG i.V.m. §§ 114 ff. Bewertungsgesetz.
110
BVerfGE 43,1 (7); Gutachten der Steuerreformkommission 1971, Tz. VII/52 f. (S. 630).
II. Konzessionsteuer und bundesstaatl. Kompetenzverteilung
285
nicht etwa eine Besonderheit des gegenwärtigen deutschen Steuerrechts. Vielmehr sind Vermögensteuern nicht nur in Deutschland, sondern international seit dem Mittelalter als Steuern auf den Vermögensertrag, nicht auf die Vermögenssubstanz erhoben worden. Sie waren und sind infolgedessen nur formell, nicht materiell Steuern von der Substanz des Vermögens und bezwecken eine Mehrbelastung des fundierten Einkommens gegenüber dem Arbeitseinkommen, das nur der Einkommensteuer unterworfen ist 1 1 1 . Legt man diesen traditionellen Begriff der Vermögensteuer Art. 106 Abs. 2 Nr. 1 GG zugrunde, erfaßt diese Vorschrift die bergrechtliche Förderabgabe nicht. Diese ist nicht als Belastung der laufenden Erträge aus den sich im Eigentum des Bergbauunternehmers befindenden Bodenschätzen konzipiert, sondern knüpft im Abgabentatbestand an das Innehaben der bergrechtlichen Bewilligung an und bemißt sich nach dem Markwert der Bodenschätze112. Sie belastet die in der Erlaubnis zur Gewinnung liegende Mehrung des Vermögens der Bergbauberechtigten, nicht deren laufende Erträge aus den Bodenschätzen.
d. Konzessionsteuern als Steuern auf Einkommen oder Umsatz Konzessionsteuern können ihrem Begriff nach weder als Einkommensteuern noch als Umsatzsteuern qualifiziert werden. Wenn der Bundesfinanzhof die Spielbankabgabe als Steuer vom Einkommen anspricht 113 oder die Literatur dieser Abgabe in Übernahme einer Formulierung aus den Gesetzesmaterialien 1 1 4 Merkmale einer Einkommen- oder Umsatzsteuer zuschreibt 115 , beruht das ersichtlich darauf, daß der Spielbankunternehmer von der Einkommen- und Umsatzsteuer befreit ist 1 1 6 , die Spielbankabgabe insoweit also eine Ersatzfunktion erfüllt. Wenn die Spielbankabgabe damit auch die sonst bestehende Einkommen- und Umsatzsteuerpflicht der Spielbankunternehmer pauschal ersetzt, wird sie selbst dadurch doch weder zur Einkommen- noch zur Umsatzsteuer. Noch viel weniger kommt eine solche Qualifizierung für andere Konzessionsteuern in Betracht, die die Pflicht des Konzessionärs zur Zahlung von Einkommen- und Umsatzsteuer unberührt lassen. Indem Konzessionsteuern die
111 Grossmann, Die Veimögensteuer, Handbuch der Finanzwissenschaft, 2. Band, 2. Auflage, S. 524 ff.; Fecher, Persönliche Allgemeine Vermögensteuer, Handbuch der Finanzwissenschaft, Band II, 3. Auflage, S. 453 (454 ff.), beide mit umfassenden Nachweisen. 112
Siehe § 3 1 BBergG.
113
BFHE 58,556(559).
114
Bundestagsdrucksache 11/480, Tz. 162 (S. 109).
115
Fischer-Menshausen, Rdnr. 21 zu Ait. 106, in: von Münch, Grundgesetz; Maunz, Rdnr. 33 zu Art. 106, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz. 116
Siehe § 6 Abs. 1 der Verordnung über Spielbanken vom 27. Juli 1938, RGBl. I S. 955.
286
6. Kapitel: Die Konzessionsteue
Erteilung einer wirtschaftsverwaltungsrechtlichen Erlaubnis belasten, greifen sie auf einen anderen Steuergegenstand zu, nützen eine andere Steuerquelle aus als Steuern auf Einkommen oder Umsatz 117 .
2. Das Steuererfindungsrecht Da die übrigen in der Finanzverfassung des Grundgesetzes erwähnten Steuerarten die Konzessionsteuem von vornherein nicht erfassen können, stellt sich die Frage, ob es dem Gesetzgeber erlaubt ist, über die in der Verfassung geregelten Steuerarten hinaus neue Steuern zu erfinden. Ein solches Steuererfindungsrecht des Gesetzgebers in Bund oder Ländern ist seit Inkrafttreten des Grundgesetzes umstritten. Letztlich geht es um eine der Kernfragen der Finanzverfassung des Grundgesetzes, nämlich wie weit das Steuersystem auch für den einfachen Gesetzgeber verfassungskräftig festgelegt und damit seiner Disposition entzogen ist. Die Antwort auf diese Frage muß Art. 105 und 106 GG in der gegenwärtig geltenden Fassung entnommen werden, die sie durch die Finanzverfassungsreform des Jahres 1969 erhalten haben (b.). Die Ergebnisse dieser Reform sind aber nur vor dem Hintergrund der Diskussion über das Bestehen eines Steuererfindungsrechts verständlich, die praktisch seit Inkrafttreten des Grundgesetzes stattgefunden hatte (a.).
a. Die Entwicklung vor der Finanzverfassungsreform 1969 Zunächst herrschte die Auffassung vor, das Grundgesetz schließe ein Steuererfindungsrecht des einfachen Gesetzgebers aus. Die maßgebende These, daß die Grundlagen des "Steuersystems" durch das Grundgesetz in Verfassungsrang erhoben worden seien, geht auf eine Äußerung Gerhard Wackes aus dem Jahre 1950 zurück: "Sowohl die Ausprägung der einzelnen Steuern in ihrem wesentlichen Charakter wie überhaupt in ihrem Bestände durch die bisherigen Steuergesetze als auch ihre gegenseitige Relation ist, da im GG in Bezug genommen, in die Ebene des Verfassungsrechts erhoben." Der einfache Gesetzgeber muß sich nach Wackes Auffassung darauf beschränken, Einzelheiten der Ausgestaltung einzelner Steuern zu regeln, z.B. Steuertatbestände oder Steuersätze zu modifizieren oder Steuerbefreiungen zu gewähren. Grundlegende Steuerreformen setzten dagegen Verfassungsreformen voraus, nachdem das Grundgesetz die einzelnen Steuern nach Gesetzgebung, Ertrag und Verwaltung verteile und einzeln aufführe 118 . Diese Auffassung hat Wacke noch in 117
Siehe allgemein zur Gleichartigkeit von Steuern Vogel, StuW 1971, 308 (311 ff.), mit Nachweisen der einschlägigen Verfassungsrechtsprechung. 118
Wacke, Das Finanzwesen der Bundesrepublik, S. 62 ff. (64).
II. Konzessionsteuer und bundesstaatl. Kompetenzverteilung
287
mehreren Veröffentlichungen vertreten, allerdings später eingeräumt, daß die Frage, wie weit der einfache Gesetzgeber die jeweiligen Ausprägungen der einzelnen im Grundgesetz erwähnten Steuern verändern dürfe, noch nicht befriedigend beantwortet sei 119 . Nachdem die These von der verfassungskräftigen Festlegung des Steuersystems zunächst auf Zustimmung gestoßen war und Friedrich Klein sie sogar als "unzweifelhaft richtig" bezeichnet hatte 120 , setzte bald ein Meinungswandel ein. Der Behauptung von der Verfassungskraft des Steuersystems wurde nur noch "ein richtiger Kem" attestiert, der sich auf radikale Eingriffe beziehe, durch die etwa die Ertragshoheit der Länder bis zur Inhaltslosigkeit ausgehöhlt werde. Weder habe der Parlamentarische Rat der Finanzverfassung eine weiterreichende Wirkung beimessen wollen, noch komme eine solche im Text des Grundgesetzes zum Ausdruck; vielmehr habe jedes Recht außerhalb der Verfassungsurkunde nur die Qualität einfachen Bundes- oder Landesrechts. Eine verfassungskräftige Festschreibung des bestehenden Steuersystems raube diesem die erforderliche Elastizität und nehme dem Gesetzgeber die Möglichkeit, auf Veränderungen der Wirtschaftslage zu reagieren 121. Diese Argumentation setzte sich durch; auch Friedrich Klein Schloß sich ihr an: Die in der Finanzverfassung genannten Begriffsbezeichnungen bezögen sich nicht auf einzelne Steuergesetze, sondern auf die bei Inkrafttreten des Grundgesetzes durch diese Steuergesetze repräsentierten "Finanzertragshoheits-Massen". Demgemäß sei z.B. eine Verschiebung der traditionellen Gewichte zwischen direkten und indirekten Steuern ohne Grundgesetzänderung zulässig. Nur die in den Artikeln 105, 106 und 108 GG festgelegte Verteilung
119 Wacke, SteuerberaterjahAuch 1966/67, 75 (88 f.); siehe femer denselben, DÖV 1955, 577 (579); weiter hat Wacke die Unterscheidung zwischen Einkommensteuer und Körperschaftsteuer als Bestandteil des Verfassungsrechts angesehen und daraus gefolgert, daß die unterschiedliche Behandlung der natürlichen Personen und Personengesellschaften auf der einen Seite im Vergleich zu juristischen Personen, Vereinen und Vermögensmassen, auf der anderen Seite infolge der traditionellen Anknüpfung der Besteuerung des Einkommens an die Rechtsform des Steuerpflichtigen verfassungskräftig festgelegt sei; daraus folgte nach seiner Auffassung die Verfassungswidrigkeit einer einkommensteuerrechUichen Regelung, die sich über diese Unterscheidung hinwegsetzte, siehe Wacke, StuW 1964, Sp. 211 ff. 120 Klein, Steuerberateijahrbuch 1950, 35 (49); siehe femer denselben. Von der föderativen zur stärker unitarischen Gestaltung des Finanzwesens in der Bundesrepublik Deutschland, in: Festschrift für Friedrich Giese, S. 61 (112 f.), und von Mangoldt, Grundgesetz, Vorbemerkung 3 d zu X . Das Finanzwesen (S. 557), beide mit weiteren Nachweisen.
121 Paulick, Der Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung - sein Inhalt und seine Grenzen, in: Festschrift für Ottmar Bühler, S. 121 (156 ff.).
288
6. Kapitel: Die Konzessionsteuern
der Gesetzgebungs-, Ertrags- und Verwaltungszuständigkeiten sei dem einfachen Gesetzgeber vorgegeben 122. Die Gegner eines Steuererfindungsrechts beriefen sich demgegenüber auf den Regierungsentwurf des Finanzverfassungsgesetzes 1955. Dieser Entwurf hatte einen Art. 106d umfaßt, der die Zuordnung neuer Steuern regelte 123 . Gerade die Tatsache, daß diese Vorschrift nicht in das Grundgesetz übernommen worden sei, beweise, daß Art. 106 GG a.F. nach dem objektivierten Willen des Verfassungsgebers eine erschöpfende und abschließende Regelung darstelle 124 . Weiter wurde diese Auffassung auf die Regierungsbegründung zum Finanzverfassungsgesetz 1955 gestützt, nach der Art. 105 GG alle Steuern erfassen sollte 125 . Diese Argumentation mit den Materialien des Finanzverfassungsgesetzes vermochte vor allem deshalb nicht zu überzeugen, weil der im Entwurf vorgesehene Art. 106d während der parlamentarischen Beratungen aus der Überzeugung heraus gestrichen worden war, daß sich der Steuergläubiger auch bei neuen Steuern stets aus den allgemeinen Verteilungsvorschriften bestimmen lassen werde 126 . So ging das Bundesverfassungsgericht 1963 folgerichtig vom Bestehen eines Steuererfindungsrechts jedenfalls des Landesgesetzgebers aus und setzte damit einen Schlußpunkt unter eine Diskussion, die über zehn Jahre gedauert hatte 127 . Zur Begründung verweist das Gericht darauf, daß Art. 105 Abs. 2 Nr. 1 GG a.F. die konkurrierende Bundeskompetenz nur negativ abgrenze, jedoch die Befugnis der Länder zur Gesetzgebung auf dem Gebiet des Abgabenrechts nicht erwähne, sondern sie als selbstverständlich voraussetze. Art. 70 Abs. 1 GG gilt nach dem Beschluß als Grundregel der bundesstaatlichen Verfassung auch für das Gebiet des Steuerrechts; er spricht den Ländern
122
F. Klein, Finanzarchiv n.F. 20 (1959/60), 115 (117 ff.); siehe zuvor schon die Ablehnung von Wackes These durch Fischer-Menshausen, DÖV 1956,161 (164) sowie die Ausführungen von Höpker-Aschoff, AöR 75 (1949), 306 (321), der bereits 1949 beiläufig die Normierang neuer Steuern für zulässig hielt; vgl. ferner Sasse, AöR 85 (1960), 423 (433 ff.) und die umfassende Darstellung des seinerzeitigen Streitstandes bei Piduch, Finanzverfassung und Steuerreform, S. 63 ff. 123
Bundestagsdnicksache 11/480, S. 3 und 110 f. (Tz. 164 ff.).
124 p i d u c h , Finanzverfassung u n d Steuerreform, S. 111 f. 125 Bundestagsdnicksache II/480, Tz. 162 (S. 109); siehe BVerwGE 6, 247 (255) mit weiteren Nachweisen sowie das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 6. Juni 1958, Deutsche Gemeindesteuer-Zeitung 59, 72; Blendermann, Steuern mit örtlich bedingtem Wirkungskreis, S. 52 f.; Lorenz, DÖV 1954, 456, Fußnote 5; Patzig, DVB1. 1961, 389 (392); Viaion, Haushaltsrecht, Art. 105 GG Anm. 14 (S. 148 f.). 126 127
Fischer-Menshausen, DÖV 1956,161 (164, Fußnote 18).
BVerfGE 16, 64 (78 f.); siehe zuvor schon BVerfGE 14, 76 (91) und Bay VGH, Urteil vom 24. Juni 1953, VGHE N.F. 6,75.
II. Konzessionsteuer und bundesstaatl. Kompetenz Verteilung
289
die Befugnis zur Rechtsetzung im Steuerrecht umfassend zu, soweit nicht eine Zuständigkeit des Bundes besteht.
b. Die gegenwärtige Rechtslage Diese Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hat die Regelung der Finanzreform 1969 und damit die jetzige Verfassungsrechtslage entscheidend beeinflußt 128 . Art. 105 GG n.F. räumt dem Bund eine weitgehende konkurrierende Gesetzgebungsbefugnis auf dem Gebiet der Steuern ein, die die Rechtsund Wirtschaftseinheit im Sinn von Art. 72 Abs. 2 Nr. 3 GG wahren soll. Die Bundesregierung ging dementsprechend in der Begründung zu ihrem Entwurf des Finanzreformgesetzes davon aus, daß Art. 105 Abs. 2 GG n.F. alle denkbaren Steuern erfaßt, deren einheitliche Gestaltung zur Wahrung der Rechts- und Wirtschaftseinheit erforderlich sein könnte. "Außerhalb der bundesgesetzlich geregelten Steuern bleibt das Steuererfindungsrecht der Länder erhalten" 129 . Ungeachtet dieser eindeutigen Aussage werden die Beratungen anläßlich der Finanzreform des Jahres 1969 von den Gegnern eines Steuererfindungsrechts für sich in Anspruch genommen: Die Finanzverfassung könne ihr Ziel, ein möglichst dauerhaftes und überschaubar gestaltetes System für die Aufteilung der Steuern zu schaffen 130, nur erreichen, wenn Art. 106 GG die Steuerertragshoheit abschließend regele. Zusätzlich wird ein systematisches Argument angeführt. Das Grundgesetz verteilt die Kompetenzen zwischen Bund und Ländern in Art. 30, 70 und 83 mittels einer Generalklausel zugunsten der Länder und einer Aufzählung der Zuständigkeiten des Bundes. Deshalb müßten den Ländern nur dann ausdrücklich Kompetenzen zugewiesen werden, wenn dadurch eine Zuweisung an den Bund eingeschränkt werden solle. Da Art. 106 GG keine Globalzuweisung der Steuerertragshoheit an den Bund enthalte, liege diese Konstellation in seinem Bereich nicht vor. "Die ausdrückliche Aufzählung der Länder- und Gemeindeerträge in Art. 106 GG kann deshalb nur den Sinn haben, die Anwendung des Art. 30 GG im Bereich der Ertragshoheit auszuschließen. Das bedeutet, daß es keine Steuer geben kann, deren Ertrag nicht von A r t 106 GG erfaßt wird" 1 3 1 .
128
Siehe Bundestagsdrucksache V/2861, S. 94.
129
Bundestagsdrucksache V/2861, Tz. 127 f. und 131 (S. 32 f.) sowie S. 94 f.
130
So die Formulierung in Bundestagsdrucksache V/2861, S. 12 und Z. 134 (S. 33).
131 Vogel/Walter, Rdnr. 66 zu Art. 105 sowie Rdnr. 30 und 170 zu Art. 106, in: Bonner Kommentar, Vogel, Finanzverfassung und politisches Ermessen, S. 12; ebenso Stem, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Band II, S. 1160 und Friedrich, DÖV 1976,761 (764).
19 Wieland
290
6. Kapitel: Die Konzessionsteuern
Eine vermittelnde Auffassung vertritt Maunz, der ein Steuererfindungsrecht nur der Länder annimmt. Da die Erträge landesgesetzlich geregelter Steuern immer den Ländern zustünden, sei insoweit die Ertragshoheit klar geregelt. Mangels einer Generalklausel bei der Regelung der Ertragshoheit in Art. 106 GG könne dagegen weder allgemein eine Ertragshoheit des Bundes noch eine der Länder für bundesgesetzlich geregelte Steuern angenommen werden, so daß kein anderer Weg als die Ergänzung des Art. 106 GG im Wege des verfassungsändernden Gesetzes bleibe 132 . Eine solche Verfassungsänderung dürfte jedoch kaum notwendig sein, um ein Steuererfindungsrecht auch des Bundesgesetzgebers zu begründen. Vielmehr hat der verfassungsändernde Gesetzgeber dem Bund in Art. 105 Abs. 2 GG ein Steuererfindungsrecht eingeräumt, soweit die Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG vorliegen. Die Länder können gemäß Art. 105 Abs. 2a GG örtliche Verbrauch- und Aufwandsteuern erfinden, solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind 133 . Darüber hinaus haben sie dort ein Steuererfindungsrecht, wo der Bund von seiner Befugnis zur konkurrierenden Gesetzgebung gemäß Art. 105 Abs. 2 GG keinen Gebrauch macht 134 . Das ergibt sich nicht nur aus dem Text von Art. 105 und 106 GG, sondern entspricht auch der Systematik des Grundgesetzes, auf die das Bundesverfassungsgericht bereits 1963 zu Recht hingewiesen hat 135 , und stimmt mit den geschilderten Absichten der Bundesregierung überein, die in der Begründung ihres Entwurfs zum Ausdruck gekommen und während der parlamentarischen Beratungen nicht auf Widerspruch gestoßen sind. Diese Interpretation läuft auch nicht etwa dem vorrangigen Ziel der Finanzverfassungsreform zuwider, ein möglichst dauerhaftes und überschaubar gestaltetes System für die Aufteilung der Steuern zu schaffen 136. Das Aufkommen der in Art. 106 nicht erwähnten Steuern steht nämlich gemäß Art. 30 GG den Ländern zu. Die bloße Existenz von Art. 106 GG beweist, daß die Verfassung
132
Maunz, Rdnr. 20 zu Art. 106, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz.
133
Die Einfügung des Art. 105 Abs. 2a in das Grundgesetz, der eine Kontroverse zwischen Bundesregierung und Bundestag sowie Bundesrat wegen der Befugnis zur Gesetzgebung über die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuem vorausging, betraf das Steuererfindungsrecht nicht, siehe dazu Vogel/Walter, Rdnr. 6 ff. zu Art. 105 GG, in: Bonner Kommentar. 134 Fischer-Menshausen, Rdnr. 17 zu Art. 105 und Rdnr. 14a zu Art. 106, in: von Münch, Grundgesetz; H. Meyer, DÖV 1969, 261 (262); Paulick, Lehrbuch des Allgemeinen Steuerrechts, Rdnr. 106 (S. 48); Schmidt-Bleibtreu/Franz Klein, Kommentar zum Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, Rdnr. 107 zu Art. 106; Selmer, Steuerinteiventionismus und Verfassungsrecht, S. 152 ff.; Tipke, StuW 1971, 2 (4 mit Fußnote 14); derselbe/Lang, Steuerrecht, S. 81 ff. 135
BVerfGE 16,64 (78 f.).
136 Vgl, die Regierungsbegründung zum Entwurf des Finanzreformgesetzes, Bundestagsdrucksache V/2861, Tz. 12 (S. 12) und Tz. 134 (S. 33).
II. Konzessionsteuer und bundesstaatl. Kompetenzverteilung
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die Regelung der Ertragshoheit nicht dem einfachen Steuergesetzgeber überlassen hat 137 . Folglich steht dem Bund wegen seiner Befugnis zur konkurrierenden Gesetzgebung über die übrigen und damit auch über neu zu erfindende Steuern gegenüber den Ländern ein Vorrang bei der Steuererfindung zu. Da er den Ländern jedoch den Ertrag von ihm erfundener Steuern überlassen muß, kann er sein Steuererfindungsrecht nicht mißbrauchen. Das können auch die Länder nicht, weil der Bund im Bereich der konkurrierenden Steuergesetzgebung durch seine Steuergesetze die mögliche Reichweite des Steuererfindungsrechts der Länder ebenso bestimmen kann wie bei den örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern; über letztere steht den Ländern gemäß Art. 105 Abs. 2a GG die Befugnis zur Gesetzgebung nur zu, solange und soweit die Steuern nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind. Gegen die subsidiäre Geltung des Art. 30 GG für die Verteilung der Steuerertragshoheit spricht auch nicht etwa, daß Art. 106 Abs. 2 GG den Ländern das Aufkommen bestimmter Steuern ausdrücklich zuweist. Diese Zuweisung war vielmehr erforderlich, um jedenfalls hinsichtlich der 1969 bestehenden Steuern die Ertragshoheit zweifelsfrei zu regeln. Wäre die Vermögensteuer nicht ausdrücklich erwähnt, hätten Zweifel entstehen können, ob sie nicht als Steuer auf den Ertrag des Vermögens eine Sonderform der Einkommensteuer darstellt. Die Biersteuer mußte erwähnt werden, da sie als Verbrauchsteuer sonst gemäß Art. 106 Abs. 1 Nr. 2 GG dem Bund zugestanden hätte. Schließlich ist die Qualifizierung der Spielbankabgabe so unklar, daß es zumindest dringend geraten erscheinen mußte, die Zuweisung ihres Aufkommens ausdrücklich zu regeln. Dann aber lag es nahe, auch die übrigen bestehenden Steuern ausdrücklich zu nennen, deren Ertrag den Ländern zusteht. Weder der Wortlaut von Art. 106 GG noch seine Entstehungsgeschichte enthalten Indizien dafür, daß die Aufzählung der dort genannten Steuern abschließend gemeint und Art. 30 GG dementsprechend ausgeschlossen sein sollte. Es widerspräche auch dem Charakter der Finanzverfassung als einer Verteilung der bundesstaatlichen Zuständigkeiten im Finanzwesen, ihr eine absolute Grenze für die Steuergesetzgebung zu entnehmen. Das gilt vor allem, weil die erwähnten Steuern und Steuerarten kein in sich geschlossenes, sachlich erschöpfendes System bilden, sondern in weiten Teilen Ausdruck historischer Zufälligkeiten in der Entwicklung des Steuerrechts sind. Wichtige denkbare Steuern wie z.B. eine Wertschöpfungsteuer werden nicht erwähnt, sondern es wird nur der status quo des Jahres 1969 geregelt 138.
137 So aber Fischer-Menshausen, Rdnr. 14 a zu Art. 106, in: von Münch, Grundgesetz, und Selmer, Steuerinterventionismus und Verfassungsrecht, S. 155, Fußnote 82 m.w.N. 138
Fischer-Menshausen, Rdnr. 14 a zu Art. 106, ebenda.
292
6. Kapitel: Die Konzessionsteuern
Schließlich bestehen auch nicht etwa deshalb Bedenken gegen die Annahme des geschilderten Steuererfindungsrechts von Bund und Ländern, weil A r t 106 GG mit der Verteilung der Steuererträge einen vertikalen Finanzausgleich schafft 139 . Sollte tatsächlich die Ausübung des Steuererfindungsrechts durch Bund oder Länder trotz der von der Verfassung eingebauten Sicherungen gegen einen Mißbrauch das finanzielle Gleichgewicht zwischen dem Bund und der Gesamtheit der Länder merklich beeinflussen, müßte das durch eine Neuverteilung der Umsatzsteueranteile von Bund und Ländern korrigiert werden, die sich gemäß A r t 106 Abs. 3 Satz 4 GG an einer gleichmäßigen Deckung der notwendigen Ausgaben von Bund und Ländern bei Abstimmung der jeweiligen Deckungsbedürfnisse im Sinne eines billigen Ausgleichs orientieren muß 140 .
c. Konsequenzen für Konzessionsteuern Bund und Länder sind somit in kompetenzrechtlicher Hinsicht nicht gehindert, Konzessionsteuern einzuführen, weil ihnen nach Maßgabe des Art. 105 Abs. 2 GG ein Steuererfindungsrecht zusteht. Da die Länder im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung gemäß Art. 72 Abs. 1 GG die Befugnis zur Gesetzgebung haben, solange und soweit der Bund von seinem Gesetzgebungsrecht keinen Gebrauch macht, dürfen sie die Erteilung aller Konzessionen mit einer Steuer belegen, die der Bund noch nicht einer Steuerpflicht unterworfen hat. Der Bund wiederum darf Konzessionsteuern unter der Voraussetzung des Art. 72 Abs. 2 GG einführen, insbesondere also zur Wahrung der Rechts- und Wirtschaftseinheit im Sinne von Art. 72 Abs. 2 Nr. 3 GG. Zur Gewährleistung gleicher Wettbewerbsbedingungen für Privatunternehmen aus allen Ländern der Bundesrepublik dürfte ein Bedürfnis nach bundesgesetzlicher Regelung fast immer zu bejahen sein 141 . Allerdings könnte eine unterschiedliche Gestaltung der Steuersätze auch als Mittel der regionalen Wirtschaftsförderung oder zum Ausgleich standortbedingter Nachteile eingesetzt werden. Einzelheiten lassen sich nicht abstrakt, sondern nur am konkreten Beispiel erörtern. Die Ertragshoheit für alle Konzessionsteuern steht den Ländern gemäß Art. 30 GG zu, da Art. 106 GG insoweit keine Regelung trifft. Sollten die Länder sich das durch eine übermäßige Inanspruchnahme dieser Steuerart zunutze ma139
BVerfGE 72,330 (383 f.).
140
BVerfGE 72, 330 (384) und Fischer-Menshausen, Rdnr. 14 a zu Art. 106 am Ende, in: von Münch, Grundgesetz. 141
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist die Frage, ob ein Bedürfnis nach bundesgesetzlicher Regelung besteht, eine Frage pflichtgemäßen Ermessens des Bundesgesetzgebers, die ihrer Natur nach nicht justitiabel und daher der Nachprüfung durch das Bundesverfassungsgericht grundsätzlich entzogen ist, BVerfGE 2, 213 (224 f.), st Rspr.; aus der Literatur siehe Maunz, Rdnr. 17 zu Art. 72 GG, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, m.w.N. in Fußnote 20.
II. Konzessionsteuer und bundesstaatl. Kompetenzverteilung
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chen, könnte der Bund mittels seiner Befugnis zur konkurrierenden Gesetzgebung eingreifen und entweder niedrigere Steuersätze festlegen oder sogar bestimmen, daß die Erteilung bestimmter Konzessionen nicht mit Steuern belastet werden darf. Die Konzessionsteuern würden gemäß A r t 108 Abs. 2 Satz 1 GG durch Landesfinanzbehörden verwaltet, wenn nicht ein zustimmungsbedürftiges Bundesgesetz im Sinne von Art. 108 Abs. 4 Satz 1 GG eine andere Regelung träfe.
7. Kapitel Konzessionsabgaben als Verleihungsgebühren Nachdem sich das Grundgesetz als konzessionsteuerfeindlich erwiesen hat, bleibt zu untersuchen, ob es rechtlich möglich ist, die Erteilung von Konzessionen mit nichtsteuerlichen Abgaben zu belasten (I.). Soweit die Erhebung solcher Abgaben in Betracht kommt, stellt sich weiter die Frage, ob die Rechtsordnung einen Rahmen für die Höhe der Abgabenpflicht vorgibt (IL). Schließlich muß geklärt werden, ob nach der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung Bund oder Ländern die Befugnis zur Gesetzgebung und Verwaltung sowie die Ertragshoheit für nichtsteuerliche Konzessionsabgaben zusteht (III.). Erst wenn diese Aufgabe bewältigt ist, läßt sich sagen, ob der wirtschaftsverwaltende Staat Konzessionsabgaben, die nicht als Steuern zu qualifizieren sind, auferlegen darf.
I. Die Zulässigkeit nichtsteuerlicher Konzessionsabgaben 1. Die Eigenart von Konzessionsabgaben Abgaben, die die Erteilung von Konzessionen belasten, knüpfen an einen Vorteil an. Dieser liegt für den Konzessionär darin, daß ihm mit der Konzession eine Erlaubnis erteilt wird, auf die er keinen Rechtsanspruch hat. Wenn der Staat einzelnen Bürgern oder Unternehmen den Zugriff auf Ressourcen der Allgemeinheit gestattet und er ihnen z.B. den Abbau von Bodenschätzen erlaubt, stellt sich die Erlaubniserteilung als eine besondere Leistung der Verwaltung dar. Diese Leistung verkörpert einen Vermögenswert. Sie bringt dem Konzessionär einen materiellen Vorteil gegenüber anderen Bürgern, die mangels einer solchen Erlaubnis die Ressourcen nicht in gleicher Weise nutzen können. Indem der Staat das Gewähren dieses Vorteils mit der Pflicht zur Zahlung einer Abgabe verbindet, verhindert er einen ungerechtfertigten Vermögenszuwachs des Begünstigten. Das gleiche gilt, wenn eine Konzession einem Unternehmen im Bereich der Daseinsvorsorge, insbesondere bei der Energieversorgung, ein Monopol oder ein Oligopol einräumt. Aus dem Fehlen von Konkurrenz erwachsen dem Konzessionär Monopol- oder Differentialrenten, deren Grundlage in einer Leistung
I. Zulässigkeit nichtsteuerlicher Konzessionsabgaben
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des Staates - nämlich der Konzession - besteht, für die als Gegenleistung eine Abgabe erhoben wird 1 . Diese Abgabe schöpft die in der Begründung der Monopolstellung liegende Sonderleistung der öffentlichen Hand an einzelne Unternehmen ab und gewährleistet dadurch die neutrale Stellung des wirtschaftsverwaltenden Staates gegenüber dem Vermögensbestand der Konzessionäre. Auch wo der Staat eine sozial unerwünschte Tätigkeit wie den Betrieb einer Spielbank ausnahmsweise erlaubt, räumt er ein Recht ein, das seinem Inhaber z.T. erhebliche Vermögensvorteile eröffnet. Gerade wenn wegen der Sozialschädlichkeit einer privatwirtschaftlichen Tätigkeit nur wenige Konzessionen vergeben werden, erhöhen sich die Gewinnchancen der konzessionierten Unternehmen beträchtlich. Der Konzessionär erhält mit der Konzession eine Leistung der Wirtschaftsverwaltung, die über die allen Bürgern verfügbaren Staatsleistungen hinausgeht. Konzessionsabgaben stellen die Gegenleistung des so Begünstigten für den ihm gewährten geldwerten Vorteil dar. Allen Konzessionen ist gemeinsam und nach ihrer Definition immanent, daß die Konzessionäre keinen Anspruch auf die Erteilung der wirtschaftsverwaltungsrechtlichen Erlaubnisse haben. Müßte der Staat im Hinblick auf die Grundrechte der Betroffenen einen Rechtsanspruch auf diese Erlaubnisse gewähren, läge in deren Erteilung keine besondere Leistung, für die ein Entgelt in Form einer Abgabe erhoben werden könnte. Eine entgeltfähige Staatsleistung wäre vielmehr dann nur in dem Tätigwerden der Wirtschaftsverwaltung beim Erteilen der Erlaubnis zu sehen; sie würde gegebenenfalls durch eine Verwaltungsgebühr abgegolten. In aller Regel knüpft eine Konzessionsabgabe an eine wirtschaftsverwaltungsrechtliche Erlaubnis an, auf die schon nach der einschlägigen gesetzlichen Regelung kein Rechtsanspruch besteht, über deren Erteilung also die Verwaltung nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden hat. In Betracht kommt aber auch, daß ein Gesetz einen Anspruch auf die Erlaubnis vorsieht, ohne daß der Gesetzgeber von Verfassungs wegen veipflichtet wäre, den Anspruch einzuräumen. In diesem Fall gewährt bereits das Gesetz einen Sondervorteil, den die Wirtschaftsverwaltung nur noch bestätigt. Die staatliche Leistung liegt bereits in der Normierung des Gesetzgebers; sie ist in gleicher Weise entgeltfähig wie eine Verwaltungsleistung. Als Eigenart von Konzessionsabgaben läßt sich demgemäß festhalten, daß sie die Erteilung einer wirtschaftsverwaltungsrechtlichen Erlaubnis belasten, auf die kein verfassungsrechtlich verankerter Rechtsanspruch des Erlaubnisinhabers besteht. Die Abgabenpflicht stellt sich als Gegenleistung des Bürgers für die Einräumung eines Rechts und den damit verbundenen Vermögensvorteil 1
Bohley, Gebühren und Beiträge, S. 96.
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7. Kapitel: Konzessionsabgaben als Verleihungsgebühren
dar. Diesen Vermögensvorteil schöpft die Konzessionsabgabe als Entgelt ab. Angesichts dieser Charakteristika der Konzessionsabgaben stellt sich die Frage, ob sie einen Platz unter den nichtsteuerlichen Abgaben haben und wo sich dieser gegebenenfalls befindet.
2. Die Stellung der nichtsteuerlichen Konzessionsabgaben im Abgabenrecht Die hoheitlich erhobenen Geldleistungen umfassen traditionell Steuern und Vorzugslasten 2. Zu Steuern und Vorzugslasten sind mittlerweile als Auffangtatbestand die sogenannten Sonderabgaben hinzugetreten, deren gemeinsames Merkmal in aller Regel nur darin gesehen wird, daß sie weder Steuern noch Vorzugslasten sind3. Hier können sie außer Betracht bleiben, weil sie mit den Steuern jedenfalls insoweit übereinstimmen, als sie den Zahlungspflichtigen eine Geldleistungspflicht "voraussetzungslos" - das heißt ohne Rücksicht auf eine Gegenleistung der öffentlichen Hand - auferlegen 4. Diese Unabhängigkeit von einer Gegenleistung schließt es aus, Konzessionsabgaben, die gerade als Gegenleistung für den durch die Konzession begründeten Vermögensvorteil erhoben werden, die Form von Sonderabgaben zu geben. Näher liegt es, Konzessionsabgaben nichtsteuerlicher Art den Vorzugslasten zuzurechnen, die sich durch ihren Bezug auf eine Leistung des Staates auszeichnen. Für diese Leistung muß der zahlungspflichtige Bürger eine Gegenleistung in Gestalt der Vorzugslast erbringen, die den ihm mit der Staatsleistung zugewendeten Vermögenswert gewissermaßen neutralisiert, so daß das Gesamtvermögen des Leistungsempfängers unverändert bleibt 5 . Gerade dieser Bezug der Abgabe auf die einen Vorteil gewährende Leistung des Staates führt zu ihrer Bezeichnung als Vorzugslast. Vorzugslasten oder auch Vorzugsleistungen in Geld 6 werden als Entgelt für besondere Vorteile gefordert 7.
2
Siehe zu dieser Unterscheidung näher Wolff/Bachof, Verwaltungsrecht I, § 42 II a 2 (S. 306 ff.); die ebenfalls zu den hoheitlich erhobenen Geldleistungen zählenden Ausgleichsleistungen können im vorliegenden Zusammenhang außer Betracht bleiben. 3
Zum Begriff der Sonderabgabe siehe Henseler, Begriffsmerkmale und Legitimation von Sonderabgaben, S. 27 ff., Heun, DVB1. 1990, 666, und Puwalla, Qualifikation von Abgaben, S. 57 ff.; femer Bilk, Steuerrecht I, § 4 Rdnr. 6 ff. (S. 28 ff.); P. Kirchhof, Jura 1983, 505 (514 ff.); Th. Schneider, VB1BW 1988,161 (163 f.). 4
BVerfGE 67,256 (274 f.).
5
P. Kirchhof, Verfassungsrecht und öffentliches Einnahmesystem, S. 51.
6
So die Formulierung von Wolff/Bachof, Verwaltungsrecht I, § 42 II a 2 ß (S. 307).
7
Wolff/Bachof, ebenda.
I. Zulässigkeit nichtsteuerlicher Konzessionsabgaben
297
Hauptformen der Vorzugslasten sind Beiträge und Gebühren. Als Beiträge gelten Geldleistungen, die zur vollen oder teilweisen Deckung der Kosten einer öffentlichen Einrichtung erhoben werden; die Zahlungspflicht setzt nicht erst bei der tatsächlichen Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung an, sondern entsteht bereits mit der bloßen Möglichkeit, deren Vorteile wahrzunehmen. Demgegenüber reicht allein die Möglichkeit der Inanspruchnahme für die Erhebung von Gebühren nicht aus; sie werden als Geldleistungen definiert, die als Gegenleistung für eine besondere Inanspruchnahme der Verwaltung von demjenigen erhoben werden, auf dessen Veranlassung oder in dessen Interesse die Inanspruchnahme erfolgt. Man unterscheidet Verwaltungs- und Benutzungsgebühren. Verwaltungsgebühren sind für Amtshandlungen zu zahlen, die auf Veranlassung oder im Interesse des Pflichtigen erfolgen, Benutzungsgebühren werden als Entgelt für die Benutzung einer Anstalt oder einer anderen öffentlichen Einrichtung erhoben 8. In jüngerer Zeit rückt neben Verwaltungs- und Benutzungsgebühr die Verleihungsgebühr als dritter Gebührentyp in das wissenschaftliche Interesse. Sie bildet das Entgelt für die rechtliche Möglichkeit, von einer erteilten Verleihung oder Bewilligung - also einem dem Bürger vom Staat eingeräumten Recht Gebrauch zu machen9. Die Verleihung eines Rechts läßt sich unter dem Gesichtspunkt der Amtshandlung nicht sachgerecht erfassen; das Schwergewicht der staatlichen Leistung liegt nämlich nicht auf dem Tätigwerden eines Amtswalters, sondern auf dem Ergebnis dieses Tätig werdens, dem Recht des Begünstigten. Deshalb gehören die Abgaben für das Einräumen eines Rechts nicht zu den Verwaltungsgebühren. Auch Benutzungsgebühren stellen keine Gegenleistung für das Verschaffen eines Rechts dar, sondern beziehen sich auf die tatsächliche Benutzung einer öffentlichen Einrichtung 10 . Indem ein Bürger sich vom Staat eine Erlaubnis erteilen oder sonst ein Recht einräumen läßt, nimmt er eine Leistung der öffentlichen Hand in Anspruch, die dem Bereitstellen einer öffentlichen Einrichtung oder der Vornahme einer Amtshandlung in seinem Interesse vergleichbar ist. Sie geht über das hinaus, was jedermann ohne weiteres als Leistung der Verwaltung beanspruchen kann, und erweitert den Rechtskreis des Begünstigten über den Bereich hinaus, der allen Bürgern an sich zusteht. Die Erweiterung des Rechts-
8
Zu den Definitionen siehe statt aller Wolff/Bachof, ebenda, § 42 II a 2 ß (S. 307 ff.).
9
Wolff/Bachof, ebenda, § 42 II a 2 ß δ (S. 312).
ίο Wolff/Bachof, ebenda, § 42 II a 2 ßßß (S. 310 f.).
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7. Kapitel: Konzessionsabgaben als Verleihungsgebühren
kreises beruht auf einer besonderen Leistung des Staates, für die er eine Gegenleistung, ein Entgelt erheben kann 11 . Diese Merkmale der Verleihungsgebühr lassen sie als die Abgabenart erscheinen, der nichtsteuerliche Konzessionsabgaben zuzuordnen sind. Diese Abgaben haben wegen ihrer Tendenz zum Ausgleich eines Vorteils deutlich den Charakter von Vorzugslasten. Indem sie die Erteilung einer wirtschaftsverwaltungsrechtlichen Erlaubnis belasten, auf die kein Rechtsanspruch besteht, knüpfen sie an eine Leistung der öffentlichen Hand an, die den Rechtskreis des Begünstigten über den Bereich hinaus erweitert, der allen Bürgern ohne weiteres zusteht; sie sind demgemäß den Verleihungsgebühren zuzurechnen. Demgegenüber sind Konzessionsabgaben keine Beiträge, weil sie nicht die Möglichkeit belasten, öffentliche Einrichtungen in Anspruch zu nehmen. Sie knüpfen auch nicht an Amtshandlungen im Interesse des Konzessionärs oder an die tatsächliche Benutzung einer Anstalt oder einer anderen öffentlichen Einrichtung an, so daß sie nicht als Verwaltungs- oder Benutzungsgebühren qualifiziert werden können. 3. Die Verleihungsgebühren Die Verleihungsgebühren sind allerdings rechtlich keinesfalls unumstritten. Zwar können diese Gebühren auf eine lange Geschichte zurückblicken, die bis in das vorige Jahrhundert zurückreicht; sie haben aber wenig praktische Bedeutung erlangt und in Rechtswissenschaft und Praxis lange ein Schattendasein geführt, aus dem sie erst in den letzten Jahren herausgetreten sind. Otto Mayer behandelte die Verleihungsgebühren 1896 im Rahmen seiner Darstellung des Rechts der öffentlichen Sachen. Nach seiner Lehre begründete die Verleihung ein subjektives öffentliches Recht, vor allem ein Nutzungsrecht an einer öffentlichen Sache12. Dem Recht korrespondierten Verpflichtungen des Berechtigten, insbesondere eine Gebührenpflicht. Die so begründete "ausgleichende Zahlungspflicht", die ein Entgelt für das verliehene Recht erbringen sollte, trat als Auflage zu dem Akt der Verleihung hinzu. Sie ergab sich nicht von selbst aus der Nutzung, sondern setzte den Verleihungsakt voraus und bildete einen Teil von dessen ausdrücklichem oder stillschweigendem Inhalt 13 . Prototyp der Verleihungsgebühr war demnach im deutschen Verwaltungsrecht die Sondernutzungsgebühr.
11
Zur Eigenart der Verieihungsgebühr F. Kirchhof, DVB1.1987,554 (555).
12
O. Mayer, Deutsches Verwaltungs recht, 2. Band, S. 147 ff.; dazu näher oben Kapitel 3.1.
13
O. Mayer, ebenda, S. 161 ff.; ganz entsprechend noch die Ausführungen in der 3. Auflage,
S. 107.
I. Zulässigkeit nichtsteuerlicher Konzessionsabgaben
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Während Otto Mayer die Sondernutzungsgebühr noch 1924 als Verleihungsgebühr einstufte, unterschied schon Fleiner nur noch zwischen Verwaltungs- und Benutzungsgebühren. Der Grund für das allmähliche Zurücktreten der Verleihungsgebühr dürfte die Entwicklung der Dogmatik der öffentlichen Abgaben sein. Da in der Weimarer Zeit für jede Gebührenerhebung eine besondere gesetzliche Ermächtigung verlangt wurde 14 , die einschlägigen Normen aber nur Verwaltungs- und Benutzungsgebühren erwähnten, ergab sich eine Tendenz, alle Gebühren diesen beiden Typen zuzuordnen.
a. Die Sondernutzungsgebühren Rechtsprechung1* und Literatur 16 ordnen so Sondernutzungsgebühren heute weithin als Benutzungsgebühren ein. Abgestellt wird insoweit nicht auf das Recht zur Sondernutzung, sondern auf den wirtschaftlichen Vorteil, der sich erst aus der Nutzung ergebe. Die Erhebung einer Gebühr setzt aber eine Vorteilsgewährung des Staates voraus; Bezugspunkt des Gebührenrechts muß immer eine Leistung der Verwaltung sein, nicht allein der Nutzen, der einem Privatmann erwächst. Nicht jeder beliebige Vorteil eines Bürgers kann zur Grundlage einer Gebührenerhebung gemacht werden, sondern nur der Vorzug, der aus einer besonderen Gewährung des Staates resultiert. Solange jemand eine öffentliche Sache nur tatsächlich in einer Weise nutzt, die den Gemeingebrauch übersteigt, mangelt es an einer gebührenfähigen Staatsleistung und damit an der Möglichkeit einer Gebührenerhebung. Erst die Erlaubnis einer Sondernutzung stellt eine solche Leistung der öffentlichen Hand dar, die mit einer Gebühr belastet werden kann. Wird die Sondernutzungsgebühr aber für die Erlaubniserteilung erhoben, ist sie als Verleihungsgebühr zu qualifizieren 17. Dem steht nicht entgegen, daß Sondernutzungsgebühren keinesfalls allein nach Art und Ausmaß der Einwirkung auf die öffentliche Sache, sondern auch nach dem wirtschaftlichen Interesse des Gebührenschuldners zu bemessen sind 18 - was im übrigen die inhaltliche Verwandtschaft von Sondernutzungsge14 Fleiner, Institutionen des Deutschen Verwaltungs rechts, S. 425 f.; W. Jellinek, Verwaltungsrecht, S. 387 ff. 15
Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 21. Oktober 1970, Buchholz, 401.84 Benutzungsgebühren Nr. 3, sowie Urteil vom 28. September 1979, NJW 1980, 853 (854); BayVGH, Urteil vom 3. Juni 1970, KStZ 1970,199 (200); OVG Lüneburg, OVGE 27, 390 (394). 16 Kodal/Krämer, Straßenrecht, Kapitel 26, Rdnr. 19 und 20 (S. 604 f.).; Papier, Recht der öffentlichen Sachen, S. 106 f.; Wolff/Bachof, Verwaltungsrecht I, § 43 2 a 2 ßßß (S. 310). 17 Ahnlich F. Kirchhof, zunächst mit gewissen Vorbehalten in: Die Höhe der Gebühr, S. 34, Fußnote 13; jetzt in DVB1. 1987,554 (556) danach differenzierend, ob die Gebühr an das Recht zur Nutzung oder an die tatsächliche Nutzung anknüpft. 18
Siehe nur § 8 Abs. 3 Satz 6 FStrG.
300
7. Kapitel: Konzessionsabgaben als Verleihungsgebühren
bühren und Konzessionsabgaben zum Ausdruck bringt 19 . Wenn der wirtschaftliche Vorteil des Sondernutzers nämüch auch als Bemessungsmaßstab für die Sondernutzungsgebühr herangezogen wird, so heißt das doch keinesfalls, daß er auch die Gebührenerhebung rechtfertigt. Als Grund für die Erhebung von Sondernutzungsgebühren kommt vielmehr nur die in der Erteilung der Sondernutzungserlaubnis liegende Leistung der öffentlichen Hand in Betracht, die allein das Auferlegen einer Gebühr zu legitimieren vermag. In diesem Zusammenhang muß zwischen dem Gebührentatbestand und dem Gebührenmaßstab unterschieden werden. Der eigentliche Charakter der Sondernutzungsgebühren als Verleihungsgebühren wird allerdings dadurch verdunkelt, daß etwa § 8 Abs. 3 Satz 1 FStrG oder § 19 Abs. 1 Satz 1 des baden-württembergischen Straßengesetzes zur Erhebung von Sondernutzungsgebühren "für Sondernutzungen" ermächtigen. Diese begriffliche Unschärfe vermag jedoch das Wesen von Sondernutzungsgebühren nicht zu beeinflussen.
b. Die Bedenken gegen Verleihungsgebühren Die Verleihungsgebühren sind jedoch keineswegs im Zusammenhang mit der Qualifizierung der Sondernutzungsgebühren wieder in das Blickfeld der Fachwelt geraten, nachdem sie lange Zeit mehr der Vollständigkeit halber erwähnt 20 bzw. sogar völlig übergangen worden waren. Anlaß war vielmehr, daß die Regierungsbegründung zum Bundesberggesetz die bergrechtlichen Feldesund Förderabgaben als Verleihungsgebühren bezeichnet hatte21 und daß diese Abgaben dann im Mittelpunkt des abstrakten Normenkontrollverfahrens standen, in dem die Bundesländer vor dem Bundesverfassungsgericht über die Verfassungsmäßigkeit des Länderfinanzausgleichs stritten 22 . Nun begann man zu erörtern, ob die Verleihungsgebühr ein anerkanntes Rechtsinstitut des deut-
19 Marschall, Bundesfernstraßengesetz, 3. Auflage, Rdnr. 3.6 zu § 8 (S. 270 f.); besonders deutlich wird die Verwandtschaft zwischen Sondemutzungsgebühren und Konzessionsabgaben bei der Zulassung des einzigen auf einem Platz verkehrlich noch tragbaren Obstverkaufsstandes in günstiger Marktlage mit hoher Rendite, so das Beispiel von Kodal/Krämer, Straßenrecht, Kapitel 20, Rdnr. 2 (S. 605). 20 So z.B. bei F. Kirchhof, Die Höhe der Gebühr, S. 29 f.; F. Mayer, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 257 mit Fußnote 15; Meßerschmidt, Umweltabgaben als Rechtsproblem, S. 198; Tipke/Kruse, Abgabenordnung, § 3, Tz. 20; Vogel, Artikel "Abgaben, öffenüiche" in: Evangelisches Staatslexikon, Sp. 10 (11); Vogel/Walter, Rdnr. 40 zu Artikel 105, in: Bonner Kommentar, Wolff/Bachof, Verwaltungsrecht I, § 42 II a 2 ß δ (S. 312). 21
Bundestagsdrucksache 8/1315, S. 95.
22
Siehe BVerfGE 72, 330 und dazu Wieland, Jura 1988, 410.
I. Zulässigkeit nichtsteuerlicher Konzessionsabgaben
301
sehen Abgabenrechts sei und ob die bergrechtliche Förderabgabe eine Verleihungsgebühr, eine Sonderabgabe oder eine Steuer darstelle 23. Im Rahmen dieser Diskussion wurden grundsätzliche Bedenken gegen das Rechtsinstitut der Verleihungsgebühr erhoben. Sie bringe die Gefahr einer Kommerzialisierung der öffentlichen Verwaltung mit sich, während es gerade eine Errungenschaft des Steuerstaates sei, das Verwaltungshandeln strikt von der Befriedigung des allgemeinen Finanzbedarfs des Staates aus dem Steueraufkommen zu trennen und so die Unbefangenheit von Entscheidungen der Verwaltung gegenüber fiskalischen Ertragsanliegen zu sichern. Nach dieser Auffassung wären Unbefangenheit und Gleichheit wirtschaftsordnenden Verhaltens zerstört, wenn Rechtspositionen nur gegen Entgelt übertragen würden 24 . Hinter dieser Befürchtung stehen grundsätzliche Bedenken gegen den Einsatz finanzieller Mittel anstelle von "Befehl und Zwang". Erstere beschränkten bereits die Freiheit der Willensbildung der Bürger, letztere dagegen durch hoheitlichen Zwang erst die Freiheit der Willensbetätigung. Zugleich drohe ein ZweiKlassen-Recht, weil die finanziellen Möglichkeiten der Bürger Einfluß auf ihre Rechte und Pflichten bekämen25. Weitere Einwände gegen die Annahme eines Rechtsinstituts der Verleihungsgebühr sind jüngst in Beiträgen zur Rechtsnatur und Verfassungsmäßigkeit des sogenannten baden-württembergischen "Wasserpfennigs" laut geworden 26 . Die Verleihungsgebühr stehe in aller Regel bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise in Konkurrenz zur Steuererhebung, weil sie den in der Rechtseinräumung vermuteten wirtschaftlichen Vorteil abschöpfe, der nach seiner Realisierung zum Gegenstand der Steuererhebung werde. Auch sei nicht auszuschließen, daß die Gewährung eines Rechts gebührenpflichtig werde, auf die der Bürger einen Anspruch aus den Grundrechten habe. Probleme ergeben sich 23 Kisker, Der bergrechtliche Förderzins im bundesstaatlichen Finanzausgleich, S. 5 ff. und Lerche/Pestalozza, Die bergrechtliche Förderabgabe im System des horizontalen Finanzausgleichs und der Bundesergänzungszuweisungen nach Art 107 II GG, S. 64 ff.; femer Boldt/Weller, BBergG, Vorbem. zu § 30 Anm. 3-6; Kühne, DB 1982,1683; Maunz, Rdnr. 42 zu Ait. 107 in Verbindung mit Rdnr. 15 zu Alt. 105, in: Maunz/Dürig; Schulte, NJW 1981,88 (91). 24 P. Kirchhof, Der Verfassungsauftrag zum Länderfinanzausgleich als Ergänzung fehlender und als Garant vorhandener Finanzautonomie, S. 79 f.; Friauf, in: Festschrift der Rechtswissenschafüichen Fakultät zur 600-Jahr-Feier der Universität zu Köln, S. 679 ff.; siehe ferner die Bedenken P. Kirchhofs gegen eine Qualifizierung der Abwasserabgabe als Verleihungsgebühr: Verfassungsrechtliche Beurteilung der Abwasserabgabe des Bundes, S. 17 f. und denselben, Jura 1983, 505 (511 f.); die Befürchtung einer Kommerzialisierung der Verwaltung hatte zuvor schon Bullinger, Vertrag und Verwaltungsrecht, S. 232, geäußert. 25 26
P. Kirchhof, Verwalten durch "mittelbares" Einwirken, S. 112 ff.
Pietzcker, DVB1. 1987, 774 (777 ff. mit Fußnote 28) und die dortigen Zitate der unveröffentlichten Rechtsgutachten von Mußgnug, Das Recht des Landes Baden-Württemberg zur Erhebung eines Wasserpfennigs für die Entnahme von Grund- und Oberflächenwasser, S. 20 ff., und Salzwedel, Rechtliche Aspekte der Erhebung einer Gewässerbenutzungsabgabe, S. 52 ff.
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7. Kapitel: Konzessionsabgaben als Verleihungsgebühren
schließlich bei der Gebührenbemessung, weil anders als bei Verwaltungs- und Benutzungsgebühren nicht die Kosten der Rechtsverleihung als Maßstab herangezogen werden könnten 27 . Die Berechtigung dieser Bedenken gegen das Rechtsinstitut "Verleihungsgebühr" muß überprüft werden, bevor endgültig gesagt werden kann, ob nichtsteuerliche Konzessionsabgaben als Verleihungsgebühren anzusehen sind. Nur wenn Verleihungsgebühren als dritte Form der Gebühren neben Verwaltungsund Benutzungsgebühren ihren Platz haben, lassen sich Konzessionsabgaben, die nicht als Steuern ausgestaltet sind, den Gebühren und damit zugleich den Vorzugslasten zuordnen.
c. Die Unbedenklichkeit von Verleihungsgebühren Aus dem Vorstehenden ergibt sich, daß Konzessionsabgaben nur dann als Verleihungsgebühren qualifiziert werden können, wenn vier Bedenken sich bei näherer Überprüfung ausräumen lassen: Verleihungsgebühren dürfen weder die Freiheit der Willensbildung unzulässig beschränken (1) noch ein Zwei-Klassen-Recht schaffen (2), das Verwaltungshandeln von fiskalischen Erwägungen abhängig machen (3) oder in Konkurrenz zur Steuer treten (4).
(1) Die Freiheit der Willensbildung Die Freiheit der Willensbildung beschränken Verleihungsgebühren nicht. Jedermann bleibt es überlassen, ob er sich ein Recht verleihen läßt, wenn diese Verleihung mit einer Gebührenpflicht verbunden ist. Die Verleihungsgebühr setzt zwar die Verleihung eines Rechts voraus, auf das kein Anspruch besteht. Das Erfordernis einer solchen Rechtsverleihung ist aber nur dann mit der Verfassung zu vereinbaren, wenn ein bestimmtes Verhalten dem Bürger nicht durch die Grundrechte garantiert ist, sondern es dem Staat verfassungsrechtlich möglich ist, das in Rede stehende Verhalten von einer Erlaubnis abhängig zu machen, auf die kein Rechtsanspruch besteht. Die Rechtsverleihung, an die eine Verleihungsgebühr rechtsnotwendig anknüpft, kommt selbst also nur in dem Bereich menschlichen Handelns in Betracht, den der Staat dem Bürger ohne Verstoß gegen Grundrechte versperren darf. Aus diesem Grund kann die Erhebung einer Verleihungsgebühr nicht in die grundrechtlich geschützte Freiheit der Bürger eingreifen 28.
27
Pietzcker, ebenda, S. 778 f.
28
Vgl. dazu F. Kirchhof, DVB1. 1987, 554 (558 f.).
I. Zulässigkeit nichtsteuerlicher Konzessionsabgaben
303
Das gilt vor allem auch für die Konzessionsabgaben. Da eine Konzessionierung nur dann mit der Verfassung zu vereinbaren ist, wenn die Grundrechte keinen Anspruch auf eine Erlaubnis der konzessionierten Erwerbstätigkeit gewähren, erweitert jede Konzession den grundrechtlich geschützten Freiheitsraum der Bürger. Wo aber nur eine solche Erweiterung der durch die Grundrechte geschützten Handlungsmöglichkeiten mit einer Zahlungspflicht verknüpft wird, kann diese Pflicht nicht selbst unzulässig in die Handlungsfreiheit eingreifen. Vielmehr erweitert die dem Bürger eingeräumte Möglichkeit, dem Verbot einer Tätigkeit dadurch auszuweichen, daß er sich eine entsprechende Erlaubnis erteilen läßt und die mit der Erlaubnis verbundene Gebühr zahlt, seine Freiheit. Sie ermöglicht es ihm, eine gesetzliche Schranke für die Betätigung seines Willens aufzuheben, wenn ihm das den Preis wert ist, den der Staat dafür fordert. Gäbe es Verleihung und Verleihungsgebühr nicht, könnte ein Interessent seinen Willen nur ohne jede Aussicht auf Betätigung dahin bilden, das gesetzlich verbotene Verhalten durchzuführen. Tatsächlich vergrößern Verleihung und Verleihungsgebühr also im praktischen Ergebnis nicht nur die Freiheit der Willensbetätigung, sondern auch die der Willensbildung. (2) Das Zwei-Klassen-Recht Die Verleihungsgebühr führt auch nicht zu einem Zwei-Klassen-Recht. Da sie den Vorteil abschöpft, der dem Begünstigten durch die Verleihung eingeräumt wird, verringert sie nicht dessen Vermögen, sondern verhindert oder begrenzt nur den Vermögenszuwachs, der ihm ohne die Verleihungsgebühr aus der Verleihung entstünde. Gerade die Konzessionsabgaben, die an den durch die konzessionierte Tätigkeit erzielten Gewinn anknüpfen und ihn zum Teil abschöpfen, zeigen deutlich, daß die Verleihungsgebühr nach ihrer Definition so konstruiert ist, daß sie aus den mit Hilfe der Verleihung erzielten Erträgen bestritten werden kann. Verleihungsgebühren und insbesondere Konzessionsabgaben teilen also nicht etwa staatliche Erlaubnisse nach Vermögen zu, sondern verhindern, daß zu der auf der Verleihung beruhenden Erweiterung der Handlungsmöglichkeiten des Bürgers eine Mehrung seines Vermögens tritt, sich also ein Zwei-Klassen-Recht zwischen denen, die ein Recht verliehen bekommen haben, und denen, die nicht über eine entsprechende Befugnis verfügen, herausbildet.
(3) Die Fiskalisierung
der Verwaltung
Auch die Furcht davor, daß das Handeln der Verwaltung bei Erhebung von Verleihungsgebühren vorrangig von fiskalischen Interessen geprägt würde,
304
7. Kapitel: Konzessionsabgaben als Verleihungsgebühren
dürfte unberechtigt sein. Rechtlich gesehen ist über die Verleihung eines Rechts nach den entsprechenden gesetzlichen Vorgaben zu entscheiden. Maßgeblich dürfen nicht finanzielle Erwägungen, sondern müssen sachliche, auf den jeweiligen Verwaltungsbereich bezogene Kriterien sein. Der Staat darf nicht etwa ein Handeln generell für Private sperren, um sich eine Einnahmequelle zu eröffnen 29. Der Anreiz, gegen dieses Verbot zu verstoßen, dürfte auch eher gering sein, weil der Amtswalter, der über die Verleihung entscheidet, selbst daraus keinen finanziellen Vorteil zieht. Insoweit besteht eine völlig andere Situation als etwa im Mittelalter oder zur Zeit des Merkantilismus, als der Regalherr aus einer Konzession eigene Einkünfte erhielt. Die lange Erfahrung mit der Erhebung von Sondernutzungsgebühren in Deutschland hat zudem keinerlei Anhaltspunkte dafür geliefert, daß etwa die Verwaltung über Anträge auf Sondernutzungserlaubnisse nach fiskalischen Kriterien entschiede. Letztlich ist die Verwaltungsgerichtsbarkeit jedenfalls in der Lage, hier wirksam gegen eventuelle Mißbräuche einzuschreiten. Eher könnte die Möglichkeit, Verleihungsgebühren zu erheben, es der Verwaltung erlauben, rechtliche Bedenken zu überwinden, die gerade im Bereich der Konzessionierung gegen die Erteilung einer Erlaubnis bestehen können. Wenn etwa die Konzession dem Begünstigten einen beträchtlichen finanziellen Vorteil einräumt, wie das z.B. im Bergrecht der Fall sein kann, bestünden sonst im Hinblick auf den Gleichheitssatz möglicherweise erhebliche Bedenken dagegen, einzelnen Interessenten eine Erlaubnis zu erteilen, die anderen aus in der Sache selbst liegenden Beschränkungen nicht erteilt werden kann. Hier zeigt sich die Eigenart der Verleihungsgebühr als Vorzugslast bzw. leistung. Sie soll den Vorteil ausgleichen, der einem Bürger aus der Verleihung einer Rechtsposition erwächst, auf die er keinen Anspruch hat. Entgegen gelegentlich geäußerten Befürchtungen führt diese Funktion des Vorteilsausgleichs und der Gegenleistung für eine Leistung der öffentlichen Hand nicht dazu, daß der Staat sich neue Einnahmequellen erschließen kann, indem er bestimmte Handlungen der Bürger erlaubnispflichtig macht. Ob eine Erlaubnispflicht begründet werden darf, ergibt sich aus den Grundrechten. Erlauben diese dem Staat, Handlungen zu verbieten, ohne zugleich die Voraussetzungen festzulegen, unter denen ein Rechtsanspruch auf Erteilung einer das Verbot außer Kraft setzenden Erlaubnis besteht, erbringt der Staat mit der Erteilung der Erlaubnis eine Leistung, er gewährt dem Bürger einen Vorteil. Für diese Leistung kann er ein Entgelt verlangen und damit den Sondervorteil abschöpfen.
» F. Kirchhof, DVB1. 1987, 554 (558).
I. Zulässigkeit nichtsteuerlicher Konzessionsabgaben
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Dabei kommt es nicht darauf an, ob das Handeln des Bürgers eine staatliche "Veranstaltung" in Anspruch nimmt So sind zwar Umweltbelastungen, die der Allgemeinheit zum Nutzen einzelner zugemutet werden, keine Leistungen irgendeines Gemeinwesens30, wohl aber die Erlaubnis zu solchen Umweltbelastungen, auf die der einzelne keinen Anspruch hat und die ihm als Sondervorteil gewährt wird.
(4) Die Konkurrenz zur Steuer Die Verleihungsgebühr tritt schließlich auch weder in eine unzulässige Konkurrenz zur Steuer, noch gefährdet sie die bundesstaatliche Finanzverfassung. Deren detaillierte Verteilung der Ertragshoheit und des Finanzaufkommens muß allerdings aus zwingenden bundesstaatsrechtlichen Gründen als eine für Bund und Länder abschließende Regelung verstanden werden, weil das finanzielle Leistungsvermögen der Bürger keineswegs unerschöpflich ist 31 . Eine Beeinträchtigung der grundgesetzlichen Finanzordnung durch die Verleihungsgebühren ist jedoch nicht zu besorgen. Denn anders als Steuern, die auf die allgemeine Leistungsfähigkeit der Bürger zugreifen und die deren notwendige Begrenztheit berücksichtigen müssen, lassen Verleihungsgebühren die allgemeine Leistungsfähigkeit völlig unberührt. Diese Fähigkeit bemißt sich nach dem Vermögen jedes Bürgers, zur Befriedigung des Finanzbedarfs des Gemeinwesens beizutragen, ohne daß vom Staat verliehene Vermögenswerte Rechte berücksichtigt werden, für die die Verleihungsgebühr ein Entgelt darstellt. Die Verleihungsgebühr schöpft den in der Rechtsverleihung liegenden Sondervorteil ab, die Steuern belasten die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Bürger, wie sie sich ohne Sondervorteil darstellt. Solange sich die Verleihungsgebühr auf die Abschöpfung eines Sondervorteils beschränkt, gerät sie ebensowenig wie andere Vorzugslasten in eine unzulässige, die klare Ordnung der bundesstaatlichen Finanzverfassung gefährdende Konkurrenz zur Steuer.
(5) Ergebnis Damit erweisen sich die gegen die Erhebung von Verleihungsgebühren erhobenen Bedenken als unbegründet. Verleihungsgebühren beschränken nicht etwa die Freiheit der Willensbildung, sondern erweitem im Gegenteil sogar die Freiheit der Willensbetätigung. Sie schaffen kein Zwei-Klassen-Recht, sondern verhindern das Entstehen eines solchen Rechtes. Sie führen auch weder zu der
30
Weyreuther, UPR 1988,161 (164).
31
BVerfGE 67,256 (285 ff.).
20 Wieland
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7. Kapitel: Konzessionsabgaben als Verleihungsgebühren
befürchteten Fiskalisierung der Verwaltung noch treten sie in Konkurrenz zur Steuer und gefährden dadurch die Ordnung der bundesstaatlichen Finanzverfassung. Als Ergebnis der bisherigen Überlegungen kann demnach festgehalten werden, daß nichtsteuerliche Konzessionsabgaben zu den Vorzugslasten und speziell zu den Gebühren zu zählen sind; sie bilden eine Untergruppe der Verleihungsgebühren, die als dritter Gebührentyp neben Verwaltungs- und Benutzungsgebühren stehen.
Π. Die Höhe der Konzessionsabgaben Mit der Feststellung, daß nichtsteuerliche Konzessionsabgaben als Verleihungsgebühren zu qualifizieren sind, ist noch nichts über die Höhe dieser Abgaben gesagt. Ob und welche rechtlichen Vorgaben es für die Höhe von Gebühren gibt, beurteilen Rechtsprechung und Literatur nicht einheitlich. Die Diskussion beschäftigt sich mit Äquivalenz- und Kostendeckungsprinzip, mit der Bedeutung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit sowie des Gleichheitssatzes für die Gebührenbemessung; erörtert wird aber auch, ob das Sozialstaatsprinzip den Maßstab der Gebührenerhebung beeinflussen darf. Für die Gebührenpflichtigen hat die Antwort auf die Frage nach einem rechtlichen Rahmen für die Bestimmung der Gebührenhöhe wegen ihrer direkten Auswirkung auf das Maß ihrer Belastung erhebliche Bedeutung. Sie muß aber auch die Wissenschaft interessieren, weil sie in engem Zusammenhang mit der Eigenart dieses Abgabentyps steht, die sich gerade in der Gegenüberstellung zur Steuer zeigt. Dementsprechend ergibt sich der Rahmen der Gebührenhöhe und damit zugleich der Höhe nichtsteuerlicher Konzessionsabgaben vorrangig aus der Finanzverfassung.
1. Die finanzverfassungsrechtlichen
Vorgaben
Die Eigenart der Vorzugslasten, sich auf eine Leistung der öffentlichen Hand an den Abgabenpflichtigen zu beziehen, unterscheidet sie nicht nur dem Grunde nach von den gegenleistungsunabhängigen Steuern, sondern hat auch Folgen für die Bemessung dieser Geldleistungspflichten. Von einer Gegenleistung des Bürgers für eine Leistung der öffentlichen Hand kann sinnvoll nicht mehr gesprochen werden, wenn die Höhe der Gegenleistung nicht auf den Wert der staatlichen Leistung bezogen ist. Könnte der Gebührengesetzgeber die Höhe von Gebühren ohne Rücksicht auf den konkreten Umfang des in der Staatsleistung liegenden Vermögenswertes festsetzen 32, geriete die Gebühr zwangsläufig in Konkurrenz zur Steuer, die Unterschiede zwischen beiden Ab32
So Kloepfer, AöR 97 (1972), 232 (250).
II. Höhe der Konzessionsabgaben
307
gabentypen wären auf die Formulierung des Abgabentatbestandes beschränkt. Der Gesetzgeber dürfte dann im Tatbestand einer Vorzugslast eine staatliche Leistung ohne Rücksicht auf ihren Wert mit einer beliebig hohen Geldleistungspflicht verknüpfen und verfügte so über ein Mittel zur Befriedigung des allgemeinen staatlichen Finanzbedarfs, ohne an den durch die Finanzverfassung vorgegebenen Rahmen für die Erhebung von Steuern gebunden zu sein. Die Finanzverfassung könnte die ihr eigene Funktion nicht mehr erfüllen, eine hinreichende Finanzausstattung von Bund und Ländern sicherzustellen 33. Die finanzverfassungsrechtlichen Regelungen der Artikel 105 und 106 GG schließen es jedoch aus, daß der Staat neben den Steuern generell weitere Abgaben erhebt, die nicht nur dem Ausgleich einer Leistung der öffentlichen Hand dienen und somit deren Vermögensbestand nicht vermehren. Dem Gestaltungsfreiraum des Gesetzgebers setzt die Rahmenordnung der Finanzverfassung auch für die Bemessung von Vorzugslasten klare Grenzen. Wo ausnahmsweise eine gegenleistungsunabhängige Abgabe, die nicht Steuer ist, erhoben werden darf, muß an die Stelle der nicht vorhandenen Gegenleistung des Staates ein besonderer Nutzen aus der Verwendung des Aufkommens der Abgabe für die Gruppe der Zahlungspflichtigen treten 34. Gegenleistungsunabhängige Abgaben, die vorrangig im Interesse der Allgemeinheit erhoben werden, läßt das Grundgesetz nicht zu. Sie widersprächen der verfassungsrechtlichen Grundentscheidung für den Steuerstaat35. Eine "Steuer-Gebühr" als zweiten Weg der Befriedigung des allgemeinen Finanzbedarfs des Staates versperrt die Finanzverfassung dem Gesetzgeber 36.
2. Das Verhältnismäßigkeitsprinzip
und der Gleichheitssatz
Die Bedeutung der Finanzverfassung des Grundgesetzes für die Bemessung der Vorzugslasten, insbesondere der Gebühren, ist bisher in Rechtsprechung und Literatur nicht erörtert worden. Die einschlägigen Entscheidungen von Bundesverwaltungsgericht und Bundesverfassungsgericht kommen allerdings seit langem zu Ergebnissen, die den hier vertretenen entsprechen. Beide Ge-
33
Zu dieser Funktion BVerfGE 72,330 (383) und oben 6. Kapitel, Abschnitt 1.2.
34
Zu dieser Voraussetzung der Erhebung von Sonderabgaben siehe BVerfGE 67, 256 (276 f.).
35
P. Kirchhof, Besteuerungsgewalt und Grundgesetz, S. 3 ff.; derselbe, Jura 1983, 505 (506); Isensee, Steuerstaat als Staatsform, in: Festschrift für Hans Peter Ipsen, S. 409 ff. mit ausführlichen Nachweisen zum Schrifttum in Fußnoten 3-14. 36 Leisner, Verwaltungspraxis - Verwaltungssteuer, in: Gedächtnisschrift Hans Peters, S. 730 (745); ebenso Stephan, JurA 1970, 867 (869 f.); H.-H. Rupp, Verfassungsrechtliche Aspekte der Postgebühren und des Wettbewerbs der Deutschen Bundespost mit den Kreditinstituten, S. 17 f.
308
7. Kapitel: Konzessionsabgaben als Verleihungsgebühren
richte argumentieren mit Verhältnismäßigkeitsüberlegungen, ohne diesen Ansatz zu vertiefen.
a. Die einschlägige Rechtsprechung Bereits 1956 hat das Bundesverwaltungsgericht festgestellt, daß bei der Gebührenerhebung zwischen Leistung und Gegenleistung ein "richtiges" Verhältnis bestehen muß 37 . Fünf Jahre später hat dasselbe Gericht das sogenannte Äquivalenzprinzip als Gebot eines "angemessenen Verhältnisses" zwischen der Gebühr und dem Wert der besonderen Leistung für den Empfänger definiert 38 . 1966 hat dann das Bundesverfassungsgericht in seiner ersten einschlägigen Entscheidung das Äquivalenzprinzip als "dem Begriff der Gebühr immanent" bezeichnet; dies Prinzip besage, daß die Gebühren "in keinem Mißverhältnis" zu der von der öffentlichen Gewalt gebotenen Leistung stehen dürften 39 . Auch das Bundesverwaltungsgericht ordnete das Äquivalenzprinzip zunächst dem "Wesen der Gebühr" zu 40 , bevor es später die Herleitung "lediglich aus dem Wesen der Gebühr" in Frage stellte, weil ein allgemeiner, einheitlicher, bundesrechtlicher Gebührenbegriff nicht existiere 41. Mittlerweile sieht das Bundesverwaltungsgericht im Äquivalenzprinzip "den Ausdruck des allgemeinen, im Verfassungsrecht beruhenden bundesrechtlichen Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit, der besagt, daß die durch eine Maßnahme der Verwaltung zu erwartenden negativen Auswirkungen für den einzelnen nicht erkennbar außer Verhältnis zu dem beabsichtigten Erfolg stehen dürfen" 42 . Demgegenüber hat das Bundesverfassungsgericht die Frage, ob der von der Rechtsprechung der Fachgerichte unterstellte Äquivalenzgrundsatz Verfassungsrang besitzt, ausdrücklich offen gelassen43. Im Ergebnis dürfte jedoch kaum ein nennenswerter Unterschied zwischen der Formulierung des Äquivalenzprinzips als Verbot eines Mißverhältnisses zwischen der Gebühr und der von der öffentlichen Gewalt erbrachten Leistung durch das Bundesverfassungsgericht und der bundesverwaltungsgerichtlichen Definition des Prinzips als Gebot eines angemessenen Verhältnisses zwischen
37
BVerwGE 5,136 (141).
38
BVerwGE 12,162 (166).
39
BVerfGE 20,257(270).
40
BVerwGE 13,214 (222).
41
BVerwGE 26,305 (309).
42
BVerwGE 26,305(309).
43
BVerfGE 50,217(233).
II. Höhe der Konzessionsabgaben
309
der Gebühr und dem Wert der besonderen Leistung für den Empfänger bestehen. Eine Verletzung des Äquivalenzprinzips führt nämlich auch nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts nur dann zur Aufhebung angefochtener Gebührenbescheide, "wenn ein Af/jßverhältnis zwischen Gebühr und öffentlicher Leistung besteht, Gebühr und öffentliche Leistung also außer Verhältnis stehen"44. Die Rechtsprechung stützt also das nach ihrer Auffassung der Gebührenbemessung zugrundezulegende Äquivalenzprinzip allein auf den Gedanken, daß staatliche Leistung und Abgabe des Bürgers verhältnismäßig sein müssen. Verhältnismäßigkeit wird in diesem Zusammenhang ganz offenbar nicht in strengem Sinne von Geeignetheit, Erforderlichkeit und Zumutbarkeit, sondern eher im Sinne einer unbestimmteren Angemessenheit verstanden. Zur Begründung dieses Verhältnismäßigkeitsgebots wird nur kurz auf das verfassungsrechtliche Verhältnismäßigkeitsprinzip bzw. das Wesen der Gebühr verwiesen, auf eine nähere Begründung wird verzichtet.
b. Der finanzverfassungsrechtliche Bezug des Verhältnismäßigkeitsprinzips Nimmt man den Gedanken der Verhältnismäßigkeit ernst, so vermag er aus sich heraus keinen verläßlichen Maßstab für die zulässige Höhe einer Gebühr zu liefern. Als Relationsbegriff setzt er vielmehr voraus, daß der Zweck der Gebührenerhebung feststeht. Nur im Hinblick auf einen bestimmten Zweck läßt sich ermitteln, ob die Gebührenerhebung ein geeignetes, erforderliches und zumutbares Mittel ist 45 . Versteht man das Verhältnismäßigkeitsprinzip hingegen nicht als Relationsbegriff, vermag es keinen verläßlichen normativen Maßstab mehr zu liefern, sondern verkümmert zu einem Topos für allgemeine Gerechtigkeitserwägungen, die allein subjektive Wertungen zum Ausdruck bringen. Nur wenn sich aus der Verfassung selbst ein oder mehrere Gebührenzwecke entnehmen lassen, liefert das Prinzip der Verhältnismäßigkeit einen für den Gesetzgeber verbindlichen Maßstab der Gebührenbemessung. Auch das "Wesen" der Gebühr kann für das Parlament nur dann verbindlich sein, wenn es aus der Verfassung ableitbar ist. Mangelt es an einer verfassungsrechtlichen Vorgabe für den Zweck oder das Wesen der Gebühr, verfügt der Gesetzgeber insoweit über einen Raum politischer Gestaltung, ein Maßstab für die Höhe der Gebühr ist ihm nicht vorgegeben.
44
BVerwGE 26, 305 (308 f.) in Interpretation von BVerwGE 12, 162 (166); aus neuerer Zeit siehe noch das Urteil vom 16. September 1981, Buchholz 401.84 Nr. 45, S. 11 (16) und den Beschluß vom 25. März 1985, Buchholz 401.84, S. 37 (39). 45
So schon die Kritik von Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, S. 266.
310
7. Kapitel: Konzessionsabgaben als Verleihungsgebühren
Die damit angesprochene These vom Schweigen der Verfassung zur Höhe der Gebühr ist vor einigen Jahren mit Nachdruck vertreten worden: Das Äquivalenzprinzip sei weder dem Wesen oder dem Begriff der Gebühr noch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit oder dem allgemeinen Gleichheitssatz zu entnehmen. Als Relationsbegriffe setzten Verhältnismäßigkeit und Gleichheitssatz eine Norm voraus, die als Zweck der Gebühr den Ausgleich des durch die staatliche Gewährung erreichten Vorteils festlege. "Da es aber eine solche Zweckbestimmung weder überhaupt noch gar als ausschließliche, andere Zwecke verdrängende Anordnung gibt, läßt sich aus den genannten Vorschriften kein Äquivalenzprinzip ableiten" 46 . Träfe diese Behauptung zu, drängte sich tatsächlich die Vermutung auf, allein das Streben des Bundesverwaltungsgerichts nach Herstellung von Rechtseinheit habe zur Kreation materiellen Gebührenrechts in Gestalt des bundesrechtlichen Äquivalenzprinzips geführt 47. Die These von der Zweckoffenheit der Gebühr verkennt jedoch die sich aus der Finanzverfassung des Grundgesetzes ergebende Zweckbestimmung dieser Vorzugslast als Gegenleistungsabgabe. Wie bereits dargelegt, ist die Gebühr als Vorzugslast im Gegensatz zur Steuer nach dem Grundgesetz darauf ausgerichtet, eine besondere Leistung der öffentlichen Hand durch eine finanzielle Gegenleistung des Bürgers zu entgelten; ohne diese Bestimmung geriete sie in eine unzulässige Konkurrenz zur Steuer und gefährdete die Ordnungsfunktion der bundesstaatlichen Finanzverfassung 48. Aus diesem verfassungsbestimmten Zweck der Gebühr gewinnen das Prinzip der Verhältnismäßigkeit und der allgemeine Gleichheitssatz ihren Gehalt und ihre Bedeutung für die Bemessung der Gebühr. Verhältnismäßig bemessen ist eine Gebühr dann, wenn sie geeignet und erforderlich ist, um den Wert der besonderen staatlichen Leistung auszugleichen. Die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne dürfte insoweit kaum Bedeutung erlangen, weil schwer vorstellbar ist, daß eine Gebühr in Höhe des Vermögenswertes einer Sonderleistung der öffentlichen Hand für den Zahlungspflichtigen unzumutbar sein sollte. Ganz entsprechend ist der allgemeine Gleichheitssatz gewahrt, wenn der Gebührenschuldner durch die Gebühr nicht stärker belastet ist, als das erforderlich ist, um den Wert einer besonderen Leistung der öffentlichen Hand abzuschöpfen und so die Gleichbehandlung des Gebührenpflichtigen mit anderen Staats-
* F. Kirchhof, Die Höhe der Gebühr, S. 81. 47
So F. Kirchhof, ebenda, S. 81 f., Fußnote 26.
48
Siehe oben 6. Kapitel, Abschnitt 1.2.
II. Höhe der Konzessionsabgaben
311
bürgern wiederherzustellen, die nicht in den Genuß der Sonderleistung gekommen sind 49 .
3. Das Kostendeckungsprinzip Zu erörtern bleibt, ob der Ausgleich einer Sonderleistung des Staates nach der Verfassung ausschließlicher, andere Zwecke verdrängendes Ziel der Gebührenerhebung ist. Diskutiert wird vor allem, ob Zweck der Gebührenerhebung nicht (auch) die Deckung der dem Staat aus seiner besonderen Leistung erwachsenden erhöhten Kosten ist. Allgemein wird das Kostendeckungsprinzip so formuliert, daß das Gebührenaufkommen den Verwaltungsaufwand nicht überschreiten darf 50 .
a. Die Kostenberechnung Wie Verwaltungskosten bemessen werden sollen, ist damit allerdings noch nicht geklärt, sondern bleibt das zentrale Problem des Kostendeckungsprinzips 51 . Einmal ist fraglich, welcher Teilbereich für die Kostenberechnung maßgebend ist: Muß auf einen ganzen Verwaltungszweig abgestellt werden oder auf einen mehr oder weniger spezialisierten Teilbereich wie z.B. eine einzelne Dienststelle? Geht es um die Kosten der einzelnen Leistung oder der Gesamtheit besonderer Leistungen eines Sachbereichs, d.h. eines von der Leistung eher gleichartigen Dienstes oder gar um die Kosten einer Organisationsgesamtheit mehrerer Sachbereiche bzw. Dienstzweige52? Ist für die Ermittlung der Kosten der finanzwirtschaftliche Kostenbegriff maßgeblich, der auf den Kameralismus zurückgeht und Kosten mit Ausgaben gleichsetzt, ohne kalkulatorische Abschreibungen zur Erfassung der Wertminderung an den Betriebsmitteln zuzulassen53? Oder soll der betriebswirtschaftliche Kostenbegriff verbindlich sein, der auf den Verbrauch von Gütern abstellt, der innerhalb einer Periode für eine
49
Siehe dazu auch oben 5. Kapitel, Abschnitt IV.2.
50
Wolff/Bachof, Veiwaltungsrecht I, § 42 II a 2 ßß (S. 309).
51
Leisner, Verwaltungspreis - Verwaltungssteuer, in: Gedächtnisschrift für Hans Peters, S. 730
(736). 52 Zu diesen Unterscheidungen Feigenbutz, Die Bindungen des Post- und Femmeldewesens an und durch das Rechtsinstitut der Gebühr, S. 169 ff. 53 Zum finanzwissenschaftlichen Kostenbegriff siehe Eichhorn, Verwaltungsarchiv 62 (1971), 39 (41).
312
7. Kapitel: Konzessionsabgaben als Verleihungsgebühren
bestimmte Leistung erfolgt 54? Verbietet das Kostendeckungsprinzip als Verbot der Kostenüberschreitung eine Gebührenhöhe, nach der das Gebührenaufkommen den Verwaltungsaufwand übersteigt, oder gebietet es als Gebot der Kostendeckung, daß die Erträge aus der Gebühr mindestens die Kosten der öffentlichen Leistung einbringen 55? Bereits diese Fragen machen deutlich, daß das Kostendeckungsprinzip inhaltlich keineswegs so klar ist, wie es auf den ersten Blick scheinen mag, wenn Kosten als der Verwaltungsaufwand für eine besondere Leistung umschrieben werden. Das muß nicht gegen das Prinzip als solches sprechen, weil der Gesetzgeber die Möglichkeit hat, nicht nur die Kosten der Verwaltung als Maßstab für die Gebührenbemessung festzuschreiben, sondern zugleich festlegen kann, was unter diesen Kosten zu verstehen ist und wie sie zu ermitteln sind. Während § 4 Abs. 2 des Preußischen Gesetzes über staatliche Verwaltungsgebühren 56 , das den Prototyp eines modernen Verwaltungsgebührengesetzes darstellt 57 , sich auf die Vorgabe beschränkte, daß die Gebühren "unter Berücksichtigung der Kosten des betreffenden Verwaltungszweiges festgesetzt werden" sollten und damit der Verwaltung großen Spielraum bei der Kostenermittlung ließ, die seinerzeit in der Praxis nach finanzwirtschaftlichen Grundsätzen erfolgte, legt heute z.B. § 9 Abs. 2 Satz 1 des baden-württembergischen Kommunalabgabengesetzes nicht nur den betriebswirtschaftlichen Kostenbegriff als maßgeblich für die Bemessung der Benutzungsgebühren fest; § 9 Abs. 3 des Gesetzes definiert diesen Begriff darüber hinaus näher und schreibt der Verwaltung einzelne Berechnungsmethoden vor. Auch diese Vorgaben beantworten freilich längst nicht alle Fragen, die das Kostendeckungsprinzip aufwirft Sie binden die Verwaltung weniger an exakt bestimmbare Gebührengrenzen als daß sie ihr Methoden der Gebührenbemessung vorgeben, die noch einen erheblichen Gestaltungsraum für die Gebührenbemessung offenlassen 58. Diese begrifflichen Unscharfen kennzeichnen aber nicht nur das Kostendeckungsprinzip. Sie gelten für alle aus dem Begriff bzw. dem Wesen der Gebühr oder aus der Verfassung abgeleiteten Prinzipien der Gebührenbemessung; diese Prinzipien müssen notwendig so abstrakt sein, daß sie der Verwaltung
54 Hansmeyer/Fürst, Die Gebühren, S. 125 ff.; zum Unterschied zwischen finanz- und betriebswirtschaftlicher Kostenberechnung siehe ferner Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, S. 275 ff.; Feigenbutz, Die Bindungen des Post- und Femmeldewesens an und durch das Rechtsinstitut der Gebühr, S. 171 ff.; Raecke, Das Kostendeckungsprinzip, S. 27 ff. und Richtsteig, AUgemeine Gebührenprinzipien, S. 76 ff. 55
Zu dieser Unterscheidung Wilke, ebenda, S. 292 ff.
56
Vom 29. September 1923, GS S. 455.
57
BVerwGE 12,162 (165).
58
Siehe dazu im einzelnen F. Kirchhof, Die Höhe der Gebühr. S. 93 ff.
II. Höhe der Konzessionsabgaben
313
Raum zur Gestaltung lassen. Das gilt für das Äquivalenzprinzip nicht anders als für das Prinzip der Kostendeckung. Auch wenn beide Prinzipien beachtet werden, lassen sich Gebührenordnungen ganz unterschiedlich ausgestalten, so daß sich die jeweilige Belastung der Gebührenpflichtigen stark unterscheidet. Das ist gerade die Folge des Rahmencharakters der Finanzverfassung, die den Raum politischer Gestaltung, der dem Gesetzgeber offensteht, nur begrenzt, nicht aber aufhebt 59.
b. Die Verbindlichkeit des Kostendeckungsprinzips (1) Vorteilsausgleich
statt Nachteilsausgleich
Zu klären bleibt, ob das Kostendeckungsprinzip den Gesetzgeber bindet. Eine derartige Bindung läßt sich nicht mit dem Gedanken des Vorteilsausgleichs begründen 60. Soll die Gebühr den Vorteil ausgleichen, der dem Gebührenschuldner aus einer besonderen Leistung des Staates erwächst, kommt es auf den Wert des Nutzens an, der sich für den Empfänger einer Sonderieistung der öffentlichen Hand ergibt. Welchen Aufwand diese betreiben muß, um die Leistung zu ermöglichen, entscheidet über den ihr daraus erwachsenden Nachteil, sagt aber nicht notwendig etwas über den Vorteil für den Empfänger aus. Der Staat kann ohne viel Aufwand eine Leistung erbringen, die für den Leistungsempfänger überaus hohen Wert hat. Das gilt z.B. für die Erlaubnis, Bodenschätze abzubauen oder eine Spielbank zu betreiben, aber auch für die Zulassung einer Sondernutzung öffentlicher Wege, z.B. für die Erlaubnis eines Verkaufsstandes an einer günstigen Stelle mit viel Publikumsverkehr. Umgekehrt kann der Anschluß eines abgelegenen Hauses an die gemeindliche Wasserversorgung äußerst aufwendig sein, während der Nutzen für die Hausbewohner z.B. dann gegen Null tendiert, wenn sie über einen eigenen Brunnen verfügen. Nachteil des Staates und Vorteil des Bürgers brauchen einander also keineswegs zu entsprechen, sie können vielmehr ganz erheblich voneinander abweichen. Deshalb läßt sich das Kostendeckungsprinzip mit dem Gedanken des Vorteilsausgleichs nicht begründen, in Betracht käme nur der Zweck, einen Nachteil auszugleichen. Der Ausgleich des Nachteils, der dem Staat durch das Erbringen einer Sonderieistung für den Bürger entsteht, ist aber sowohl in finanzverfassungsiechtlicher als auch in grundrechtlicher Hinsicht irrelevant. Wegen der begrenzten finanziellen Leistungskraft der Bürger verlangt die in Artikel 105 und 106 GG 59 Zum Rahmencharakter der Finanzverfassung siehe BVerfGE 67, 256 (288 f.) und 72, 330 (390); den Spielraum des Gebührengesetzgebers hebt schon BVerfGE 20,257 (270) hervor. 60
Siehe aber F. Kirchhof, Die Höhe der Gebühr, S. 93.
314
7. Kapitel: Konzessionsabgaben als Verleihungsgebühren
getroffene Entscheidung für den Steuerstaat, daß Bürger durch nichtsteuerliche Abgaben nur soweit belastet werden, wie sie durch Ausgleich eine besondere Leistung des Staates erhalten; maßgeblich ist also der Ausgleich des Vorteils beim Leistungsempfänger, nicht des Nachteils, den der Staat erleidet. Auch die Grundrechte stellen auf die Auswirkungen ab, die Sonderleistung einerseits und Gebührenbelastung andererseits beim Bürger haben. Für die Gleichbehandlung des Gebührenschuldners mit anderen Bürgern kommt es darauf an, ob die Gebühr so bemessen ist, daß sie den Vorteil einer Sonderleistung ausgleicht. Entscheidend ist der Nutzen des Bürgers, nicht der Aufwand des Staates. Das gleiche gilt für das grundrechtlich begründete Verhältnismäßigkeitsprinzip, das ebenfalls die Auswirkungen von Sonderleistungen und Gebührenbelastung beim Bürger ins Auge fassen muß, während der Aufwand des Staates für die Grundrechte der betroffenen Bürger irrelevant ist. Deshalb läßt sich das Kostendeckungsprinzip auch nicht aus Artikel 14 GG in Verbindung mit dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit ableiten61. Auch ein Verbot der unentgeltlichen Staatsleistung trägt das Kostendekkungsprinzip nicht, weil das Verbot selbst wiederum mit dem Gleichheitssatz begründet wird 62 . Der Gleichheitssatz blickt auf die Vor- und Nachteile der Bürger, nicht auf den Aufwand des Staates. Demgemäß kann aus einem Verbot der unentgeltlichen Staatsleistung, das zudem im Sozialstaat des Grundgesetzes allenfalls eingeschränkt gelten kann, nur das Äquivalenz-, nicht aber das Kostendeckungsprinzip abgeleitet werden.
(2) Rechtsprechung und Literatur Das Bundesverwaltungsgericht geht denn auch zu Recht in ständiger Rechtsprechung davon aus, daß das Kostendeckungsprinzip sich nicht aus dem Wesen der Gebühr ergibt und nur gilt, wenn seine Einhaltung für bestimmte Gebühren gesetzlich festgelegt ist 63 . Das Gericht begründet seine Rechtsprechung damit, daß der Grundsatz der Kostendeckung nicht der allein relevante 61 So aber Wendt, Die Gebühr als Lenkungsmittel, S. 91 ff., der auf die Sicht des leistungsgewährenden Staates abstellt; zu den grundrechtlichen Vorgaben für die Abgabenbemessung siehe näher oben Kapitel 5. 62 Mit dem Verbot der unentgeltlichen Staatsleistung argumentiert Leisner, Verwaltungspreis Verwaltungssteuer, in: Gedächtnisschrift für Hans Peters, S. 730 (738 ff. mit weiteren Nachweisen in Fußnote 52). 63 Urteil vom 20. Juni 1958, Deutsche Gemeindesteuer-Zeitung 1959, 90; BVerwGE 12, 162 (167 ff.); 13,214 (222); aus der neueren Rechtsprechung siehe den Beschluß vom 6. Februar 1984, Buchholz 401.84 Nr. 16, S. 5; Urteil vom 16. September 1981, Buchholz 401.84 Nr. 45, S. 11 (15 f.); Beschluß vom 25. März 1985, Buchholz 401.84 Nr. 53, S. 37 (39); Beschluß vom 8. Dezember 1986, Buchholz 401.84 Nr. 60, S. 55 (56).
II. Höhe der Konzessionsabgaben
315
Gesichtspunkt für die Gebührenbemessung sei. Vielmehr könne der durch die beanspruchte Leistung gewährte Vorteil die Erhebung von Gebühren rechtfertigen, deren Höhe über dem tatsächlich entstehenden Verwaltungsaufwand liege 64 . Auch in der Gesetzgebung finde sich das Kostendeckungsprinzip deshalb im allgemeinen nur in der Gestalt von Soll-Bestimmungen65. Anders als in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hat im Schrifttum die Auffassung, daß der Gesetzgeber für die Gebührenbemessung an das Kostendeckungsprinzip gebunden sei, zahlreiche Anhänger gefunden 66. Auch im Schrifttum wird jedoch von namhafter Seite bestritten, daß das Kostendeckungsprinzip ein notwendiger Gebührenmaßstab sei 67 . Dem ist aus den oben genannten Gründen zuzustimmen. Bezugspunkt für die Gebührenbemessung muß der Vorteil des Bürgers, nicht der Nachteil des Staates sein.
(3) Verwaltungskosten
als Indikator für den Bürgernutzen
Das schließt es aber nicht unter allen Umständen aus, Gebühren nach den Kosten der Verwaltung zu bemessen. Soweit die Kosten für eine Sonderleistung deren Wert für den Bürger widerspiegeln, darf der Gesetzgeber die Gebührenbemessung nach dem Kostendeckungsprinzip vorschreiben. Ob diese Voraussetzung erfüllt ist, muß aber jeweils gesondert geprüft werden, weil das Prinzip der Kostendeckung an sich dem Gesetzgeber nicht vorgegeben ist. Hier zeigt sich der Spielraum, den das Äquivalenzprinzip dem Gebührengesetzgeber läßt. Zwar muß er die Höhe der Gebühren nach dem Vorteil bemes-
64
Beschluß vom 6. Febniar 1984, Buchholz 401.84 Nr. 16, S. 5 (6).
65
BVerwGE 12,162 (167).
66 Clausen, Das gebührenrechtliche Kostendeckungsprinzip, S. 230 (Abweichungen vom Kostendeckungsprinzip nur zulässig, wenn zur Verhaltenslenkung erforderlich); Ehle, DÖV 1962, 45; W. Jellinek, Verwaltungsrecht, S. 387; Kreft, Die begriffliche Abgrenzung von Steuer und Gebühr, S. 214; Külz, DVB1. 1964, 795 (796); Leisner, Verwaltungspreis - Verwaltungssteuer, in: Gedächtnisschrift für Hans Peters, S. 730 (735 ff. und 744); O. Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht, 2. Band, 3. Auflage, S. 87 f.; Raecke, Das Kostendeckungsprinzip, S. 25 f.; H.H. Rupp, Verfassungsrechtliche Aspekte der Postgebühren und des Wettbewerbs der Deutschen Bundespost mit den Kreditinstituten, S. 23; Toepfer, Finanzarchiv 26 (1909), 491 (546); Uffhausen, Die Benutzungsgebühr, S. 29 m.w.N. in Fußnote 240; Vogel, in: Festschrift für Willi Geiger zum 80. Geburtstag, S. 518 (534 ff.); Wendt, Die Gebühr als Lenkungsmittel, S. 120 f.; Wolff/Bachof, Verwaltungsrecht I, § 42 I I a 2 ßß (S. 309). 61 Feigenbutz, Die Bindungen des Post- und Femmeldewesens an und durch das Rechtsinstitut der Gebühr, S. 169 ff.; F. Kirchhof, Die Höhe der Gebühr, S. 100; Kloepfer, AöR 97 (1972), 232 (248 ff.); von Mutius, Allgemeine, insbesondere verfassungsrechtliche Grundlagen des Gebührenrechts, in: Gebührenrecht in Theorie und Praxis, S. 9 (31 ff.); Richtsteig, Allgemeine Gebührenprinzipien, S. 116; Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, S. 271 ff. m.w.N. in Fußnote 4 auf S. 272.
316
7. Kapitel: Konzessionsabgaben als Verleihungsgebühren
sen, den die staatliche Leistung für den Bürger hat. Welcher Vermögenswert dem Vorteil innewohnt, läßt sich aber keinesfalls stets genau und verbindlich bestimmen. Probleme ergeben sich insbesondere bei Verwaltungsgebühren, weil der Vorteil, den eine Amtshandlung wie etwa die Ausstellung eines Ausweises dem begünstigten Bürger bringt, sich nur schwer in Geld messen läßt. Wenn der Gesetzgeber in diesen Fällen hinreichende Anhaltspunkte dafür hat, daß die entstehenden Verwaltungskosten ein verläßliches Indiz für den beim Bürger entstehenden Vermögenswerten Vorteil darstellen, darf er bei der Gebührenbemessung auf diese Kosten zurückgreifen. Er muß allerdings sicherstellen, daß die Verwaltungskosten nicht im Einzelfall den Nutzen für den Bürger merklich übersteigen. Um dieses Ziel zu erreichen, kann er etwa Gebührenminderungstatbestände statuieren. Die Kosten einer Amtshandlung dürfen jedenfalls nie aus sich heraus, sondern immer nur im Blick auf den beim Bürger entstehenden Vorteil die Höhe der Gebühr bestimmen.
(4) Wirklichkeits-
und Wahrscheinlichkeitsmaßstab
In diesen Zusammenhang gehört die Unterscheidung zwischen Wirklichkeits- und Wahrscheinlichkeitsmaßstäben 68. Ist ein Wirklichkeitsmaßstab vorhanden, genießt er Vorrang für die Bemessung der Gebühr. Auf einen Wahrscheinlichkeitsmaßstab für den Nutzen des Gebührenpflichtigen darf nur zurückgegriffen werden, wenn entweder ein Wirklichkeitsmaßstab nicht ermittelbar ist oder seine Anwendung zu unverhältnismäßigen Schwierigkeiten führen würde. Typisches Beispiel dafür ist die Abwassergebühr: Solange keine genaue oder annähernd genaue Messung der Abwassermenge möglich oder zumutbar ist, darf der Frischwasserverbrauch als Wahrscheinlichkeitsmaßstab herangezogen werden 69 . Grundstücke werden dementsprechend zur Abwassergebühr nach der Menge von Frischwasser herangezogen, die ihnen zufließt. Der Wahrscheinlichkeitsmaßstab ist für die Gebührenbemessung geeignet, weil die dem Grundstück zugeführte Wassermenge in etwa wieder als Abwasser abfließt, wenn die gegebenenfalls erforderlichen Abschläge für die Oberflächenentwässerung berücksichtigt werden. Insoweit dürfen Gesetzgeber und Verwaltung in
68 Siehe dazu BVerwGE 26, 317 (318); P. Kirchhof, Jura 1983, 505 (512 f.); von Mutius, Allgemeine, insbesondere verfassungsrechtliche Grundlagen des Gebührenrechts, in: Gebührenrecht in Theorie und Praxis, S. 9 (26 ff.); Seeger, Kommunalabgabengesetz für Baden-Württemberg, Anm. 18 zu § 9, in: Praxis der Gemeindeverwaltung; Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, S. 209 ff. 69 BVerwG, Beschluß vom 12. Juni 1972, DÖV 1972, 722; Urteil vom 26. Oktober 1977, Buchholz 401.84, Benutzungsgebühren Nr. 37; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27. Oktober 1983, VB1BW 1984, 346.
II. Höhe der Konzessionsabgaben
317
gewissem Umfang typisieren und pauschalieren 70, um eine Verwaltungsvereinfachung zu ermöglichen 71.
4. Die Modifizierungen
des Äquivalenzprinzips
Wenn das Äquivalenzprinzip auch aus finanzverfassungsrechtlichen Gründen grundsätzlich den verbindlichen Maßstab für die Gebührenbemessung liefert, schließt das doch gewisse Modifizierungen durch andere Grundsätze nicht aus. Das Sozialstaatsprinzip kann es rechtfertigen, ausnahmsweise die Höhe der Gebühr geringer anzusetzen als es dem Vermögensvorteil des betroffenen Bürgers entspricht. Das Gebot der Erforderlichkeit staatlicher Eingriffe als Bestandteil des verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsprinzips kann unter bestimmten Umständen erlauben, aus Lenkungszwecken eine Gebühr so zu bemessen, daß sie den Vorteil des Bürgers übersteigt.
a. Das Sozialstaatsprinzip Das Sozialstaatsprinzip erlaubt eine Berücksichtigung der finanziellen Leistungsfähigkeit der Gebührenschuldner 72. Der Gesetzgeber darf die Höhe einer Gebühr im Vergleich zu dem Vermögenswerten Vorteil ermäßigen, den eine staatliche Sonderleistung für den Gebührenpflichtigen hat, wenn das aus sozialstaatlichen Gründen geboten ist. Bedenken aus der Finanzverfassung ergeben sich nicht, weil diese nur eine Gebührenbemessung untersagt, die höher ist als der Vermögenswerte Vorteil des Gebührenschuldners. Im Blick auf den allgemeinen Gleichheitssatz liefert der Sozialstaatsgedanke grundsätzlich ein sachgerechtes Unterscheidungskriterium. Berücksichtigt werden muß allerdings, daß die Gebühr Entgelt für eine Sonderleistung ist, die dem Bürger zuteil wird. Nur wenn auch unter Berücksichtigung der staatlichen Sonderleistung ein volles Entgelt nicht mit dem Sozialstaatsgedanken zu vereinbaren ist, kommt eine niedrigere Bemessung der Gebühr in Betracht.
70 Vgl. BVerfGE 14, 76 (102); 17, 1 (23); 21, 12 (27 f.); 23, 135 (146); 24, 174 (183); BVerwGE 25, 147 (148); Dahmen, in: derselbe/Driehaus/Küffmann/Wiese, Kommentar zum Kommunalabgabengesetz für das Land Nordihein-Westfalen, Rdnr. 7 zu § 2. 71 72
Siehe F. Kirchhof, Die Höhe der Gebühr, S. 153 ff.
Siehe zu diesem Maßstab F. Kirchhof, Die Höhe der Gebühr, S. 145 ff. und Kloepfer, AöR 97 (1972), 232 (245 ff.), beide mit weiteren Nachweisen; dagegen hält Vogel, Handbuch des Staatsrechts IV, § 87 Rdnr. 100 eine Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit von Gebührenschuldnem für unzulässig.
318
7. Kapitel: Konzessionsabgaben als Verleihungsgebühren b. Die lenkende Gebühr
Größere Probleme wirft eine lenkende Gebühr auf. Soweit sie so ausgestaltet ist, daß ihre Höhe den Wert des dem Bürger zugewandten Sondervorteils nicht erreicht, gilt das soeben zur Bemessung der Leistungsfähigkeit Angeführte. Fraglich ist aber, ob Gebühren aus Lenkungsmotiven heraus auch höher bemessen werden dürfen als der in der Staatsleistung liegende geldwerte Vorteil. Dann ergibt sich die Gefahr einer unzulässigen Konkurrenz zur Steuer. Zunächst einmal erweisen sich aber schon die jeweils betroffenen Grundrechte als Schranke der lenkenden Gebühr. Nur wenn sie die Verhaltenslenkung zulassen, kann die Lenkungsgebühr überhaupt in Betracht kommen 73 . Eine Verteuerung der Gebühr über das Äquivalenzprinzip hinaus kann also nur dann zulässig sein, wenn das durch die Lenkungsgebühr angeregte Verhalten der Bürger auch rechtlich vorgeschrieben werden könnte, so daß die Gebühr nur die schonendere Alternative gegenüber einem Verhaltensgebot darstellt 74. Darüber hinaus setzt aber auch die Finanzverfassung dem Einsatz der Gebühr als Lenkungsmittel Grenzen. Aus den Artikeln 105 und 106 GG ergibt sich, daß der Staat fungible Einnahmen grundsätzlich nur mittels der Steuern erzielen soll. Führt der Einsatz nichtsteuerlicher Abgaben zu Lenkungszwecken ausnahmsweise ebenfalls zu einem fungiblen Abgabenaufkommen, ist das finanzverfassungsrechtlich nur zulässig, wenn eindeutig Lenkungszwecke und nicht fiskalische Zwecke verfolgt werden. Mit anderen Worten: Der Gesetzgeber braucht auf den Einsatz der Gebühr als Lenkungsmittel nicht allein aus dem Grund zu verzichten, daß sie zusätzliche Staatseinnahmen verursacht. Diese zusätzlichen Staatseinnahmen dürfen aber bloß eine Nebenfolge der Lenkung bilden. Keinesfalls darf der Gesetzgeber fiskalische Motive mit einem Lenkungszweck verschleiern. Der Gesetzgeber steht insoweit unter einer Rechtfertigungslast, er muß die Vermutung widerlegen, daß fungible Einnahmen aus nichtsteuerlichen Abgaben fiskalisch begründet sind. Für die Abgrenzung ist entscheidend darauf abzustellen, ob die Lenkungsabsicht oder die Einnahmeerzielungsabsicht im Vordergrund steht; Zweifel wirken sich zu Lasten des Gesetzgebers aus75.
73
Wendt, Die Gebühr als Lenkungsmittel, S. 128 ff.; daneben muß der Gebührengesetzgeber selbstverständlich auch die Kompetenzordnung des Grundgesetzes und das Rechtsstaatsprinzip beachten, siehe dazu Kloepfer, AöR 97 (1972), 202 (260 ff.). 74 75
P. Kirchhof, Jura 1983,505 (513).
Vgl. dazu die ähnliche Argumentation von Gausen, Das gebührenrechtliche Kostendekkungsprinzip, S. 167 ff., der allerdings von der Geltung des Kostendeckungsprinzips ausgeht.
II. Höhe der Konzessionsabgaben
319
5. Die Konsequenzen für Konzessionsabgaben Für die Bemessung der Konzessionsabgaben ist demnach das Äquivalenzprinzip in gleicher Weise wie für sonstige Gebühren und alle Vorzugslasten maßgebend. Die Höhe einer Konzessionsabgabe muß so bemessen sein, daß der in der Erteilung der wirtschaftsverwaltungsrechtlichen Erlaubnis liegende Vermögensvorteil für den Konzessionär erfaßt wird. Die Kosten, die der öffentlichen Hand infolge der Konzessionserteilung erwachsen, könnten nur dann als Maßstab für die Höhe der Gebühr herangezogen werden, wenn sie einen hinreichend verläßlichen Indikator für den Vorteil abgäben, der dem Konzessionär erwächst. Das setzte voraus, daß sich die Kosten des Staates und der wirtschaftliche Nutzen des Begünstigten entsprächen. Gerade bei Konzessionen wird das jedoch in aller Regel nicht der Fall sein. Weder die Erlaubnis zum Abbau von Bodenschätzen bzw. zur Nutzung des Wassers noch die Einräumung eines Monopols in der Daseinsvorsorge oder die Gestattung eines sozial schädlichen Unternehmens wie einer Spielbank verursachen der öffentlichen Hand unmittelbar Kosten. Zwar können sie mit Nachteilen wie dem Verlust der Zugriffsmöglichkeit auf Mineralien verbunden sein oder Folgekosten etwa durch die Behandlung von Spielsucht oder Sozialhilfe für durch Spielverluste Verarmte mit sich bringen. Diese Nachteile sind jedoch nicht unmittelbar als Kosten der Konzessionserteilung zu erfassen. Es dürfte in vielen Fällen auch kaum möglich sein, sie verläßlich zu beziffern. Das Kostendekkungsprinzip erweist sich demzufolge bei Konzessionsabgaben als ungeeigneter Indikator des mit der Konzession verbundenen wirtschaftlichen Vorteils für den Konzessionär. Konzessionsabgaben dürften auch kaum als Lenkungsabgaben eingesetzt werden, weil der Gesetzgeber Lenkungszwecke bereits umfassend bei der Entscheidung über die Erteilung der Konzession berücksichtigen kann. Das ermöglicht es, die Höhe der Konzessionsgebühr allein nach dem Vorteil zu bestimmen, den die Konzession für den Konzessionär mit sich bringt. Auch dieser Vorteil läßt sich in aller Regel zwar nur schwer in Geld objektiv bemessen. Er kann jedoch nach marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten ermittelt werden. Für den Privatunternehmer, der eine Konzession für sein Unternehmen benötigt, stellt sich die Konzessionsgebühr nämlich als Kostenfaktor dar. Er wird nur bereit sein, so viel Geld für die Konzession auszugeben, daß er sich trotzdem noch einen ausreichenden Gewinn aus seinem Unternehmen verspricht. Setzen Gesetzgeber oder Verwaltung die Konzessionsgebühr zu hoch an, werden sie keinen Interessenten mehr finden. Ist die Konzessionsgebühr zu niedrig, wird die Zahl der Interessenten die Zahl der Konzessionen deutlich übersteigen. Die Regelung des Bundesberggesetzes über die flexible Bemessung der Förderabgaben beweist, daß eine Ausrichtung der Gebührenhöhe an
320
7. Kapitel: Konzessionsabgaben als Verleihungsgebühren
marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten möglich und zweckmäßig ist 76 . Das Wirtschaftsverwaltungsrecht kann es sich hier zunutze machen, daß sein Gegenstand marktwirtschaftliche Vorgänge sind. Zudem erlaubt der Gebrauch eines Wahrscheinlichkeitsmaßstabes auch eine bloß näherungsweise Bestimmung des mit der Konzessionserteilung verbundenen Vorteils.
HI. Die bundesstaatliche Kompetenzverteilung Nachdem geklärt ist, daß nichtsteuerliche Konzessionsabgaben als Verleihungsgebühren zu qualifizieren sind und wie die Höhe dieser Gebühren zu bemessen ist, bleibt noch die bundesstaatliche Kompetenzverteilung in diesem Bereich zu erörtern. Wem weist das Grundgesetz die Befugnis zur Gesetzgebung über Verleihungsgebühren zu, wer erhält ihre Erträge und wer verwaltet diese Abgaben? Die Grundfrage, die in diesem Zusammenhang zunächst zu beantworten ist, geht dahin, ob insoweit die allgemeinen Kompetenzverteilungsregeln der Artikel 30,70 ff. und 83 ff. GG eingreifen oder ob Sondervorschriften gelten.
1. Allgemeine oder besondere Kompetenztitel für Verleihungsgebühren a. Die Finanzverfassung Gesonderte Kompetenzzuweisungen sind dem Grundgesetz nicht fremd, wie die Bestimmungen der Finanzverfassung gerade im Bereich des Abgabenrechts zeigen. Artikel 105 GG regelt die Besteuerungshoheit als die Zuständigkeit zur Normierung des Steuerrechts 77. Die Befugnis zur Steuergesetzgebung ist also nicht von den Bestimmungen der Art. 70 ff. GG erfaßt, weder Bund noch Länder können sich auf die dort festgelegten Kompetenzen zur ausschließlichen, konkurrierenden oder Rahmengesetzgebung berufen, wenn es um die Normierung steuerlicher Vorschriften geht. Das gleiche gilt gemäß Art. 108 GG für die Verwaltung der Steuer. Darüber hinaus weist die Verfassung selbst die Erträge der Steuern jeweils dem Bund oder bzw. und den Ländern zu (Art. 106 GG); sie sieht schließlich einen Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern und zwischen den Ländern untereinander in Art. 107 GG vor. Die entscheidende Frage ist nun, ob nur die Steuern nicht unter die allgemeinen Kompetenznormen des Grundgesetzes fallen oder ob auch für andere Abgaben Sonderregelungen gelten. Alle Abgaben, nicht nur Steuern, weifen 76
Siehe § 31 Abs. 2 und 3 i.V.m. § 30 Abs. 2 BBergG und oben Kapitel 1 Abschnitt 1.1.
77
Vogel/Walter, Rdnr. 12 zu Alt. 105, in: Bonner Kommentar.
ΠΙ. Bundesstaatliche Kompetenzverteilung
321
vor allem das Problem der Ertragshoheit auf. Es muß nicht nur geregelt sein, wer die Gesetzgebungskompetenz über nichtsteuerliche Abgaben ausübt und wer diese Abgaben verwaltet, sondern auch, wem die Erträge der nichtsteuerlichen Abgaben zufließen. Handelte es sich wegen der Besonderheit der Abgaben insoweit um eine Materie, die den allgemeinen Kompetenzvorschriften der Art. 70 ff. und 83 ff. GG nicht unterfiele, müßte die Verfassung an anderer Stelle Verteilungsregeln enthalten. Die Artikel 105,106 und 108 GG kommen dafür nicht in Betracht, weil sie sich ausdrücklich nur auf Steuern beziehen; ihre Regelungen lassen sich auch nicht auf sonstige Abgaben übertragen, weil sie gerade auf die Eigenart der Steuern und die verschiedenen Steuertypen ausgerichtet sind. Die Beschränkung der genannten finanzverfassungsrechtlichen Bestimmungen beruht darauf, daß lange Zeit hindurch allein die Steuern von Bedeutung für die Befriedigung des Finanzbedarfs von Bund und Ländern waren. Sie mußten notwendigerweise vom Grundgesetz kompetenzmäßig zugewiesen werden, damit eine ausreichende Finanzausstattung aller Teile des Bundesstaates gewährleistet war. Erst seit die Erträge nichtsteuerlicher Abgaben wie etwa der bergrechtlichen Förderabgabe eine für die Finanzausstattung des Staates relevante Höhe erreicht haben 78 , hat die Frage nach der Ertragshoheit für nichtsteuerliche Abgaben erheblich an Bedeutung gewonnen. Die Rechtslage bei der Verteilung der Kompetenzen für Gesetzgebung, Ertragshoheit und Verwaltung der Steuern stellt sich auch anders dar als bei der Regelung des Finanzausgleichs zwischen den Ländern, die nicht nur die Erträge der Steuern, sondern auch sonstige Einkünfte der Länder erfaßt. Art. 107 Abs. 2 Satz 1 GG schreibt vor, daß die unterschiedliche Finanzkraft der Länder angemessen ausgeglichen wird. Diese Finanzkraft hatte der Bundesgesetzgeber bis 1983 anhand der Steuerkraft der Länder bestimmt. Das war mit der Verfassung zu vereinbaren, weil die nichtstaatlichen Einnahmen der Länder bis Ende der 70er Jahre keine ins Gewicht fallenden Unterschiede in deren Finanzkraft bewirkten, so daß die Steuerkraft jedes Landes seine Finanzkraft indizierte. Erst als die Erträge der bergrechtlichen Förderabgabe so anstiegen, daß ihr Volumen für die Finanzkraft des Landes Niedersachsen, in dem sie zum ganz überwiegenden Teil anfielen, erhebliche Bedeutung gewann, verlor die Steuerkraft ihre Verläßlichkeit als Indikator für die Finanzkraft der Länder. Demgemäß verpflichtete das Bundesverfassungsgericht den Bundesgesetzgeber, die
78 Die Gesamteinnahmen der Bundesländer aus der bergrechtlichen Förderabgabe beliefen sich zeitweise auf jährlich knapp 2 Milliarden DM, vgl. die Tabelle 1 im Bericht der Bundesregierung vom 7. November 1984, Bundestagsdnicksache 10/2298.
21 Wieland
322
7. Kapitel: Konzessionsabgaben als Verleihungsgebühren
Finanzkraft der Länder nicht mehr nur anhand ihrer Steuerkraft zu bestimmen^. Art. 107 GG hat sich so als offen für eine Entwicklung der Verfassungswirklichkeit erwiesen, in der die Steuern ihre allein relevante Bedeutung für den Vergleich der finanziellen Ausstattung der Länder wegen des wachsenden Volumens nichtsteuerlicher Abgaben verloren. Die Offenheit der Vorschrift beruht darauf, daß als Ausgleichskriterium nicht die Steuerkraft, sondern der weitere Begriff der Finanzkraft fungiert. Das unterscheidet A r t 107 GG von den Art. 105,106 und 108 GG, die sich allein auf Steuern beziehen. Angesichts der überragenden Bedeutung der Steuern für die bundesstaatliche Finanzordnung zur Zeit der Beratungen des Parlamentarischen Rates, aber auch während der Diskussionen anläßlich der Finanzreform 1969 vermag diese Beschränkung der Verfassung nicht zu überraschen. Sie schließt es aber aus, nunmehr auch andere Abgaben den für Steuern geltenden Regelungen über die Verteilung von Gesetzgebungskompetenz, Ertragshoheit und Verwaltung zu unterwerfen.
b. Die Verteilungsregel des Artikel 30 GG Bedürfte es dennoch einer verfassungsrechtlichen Verteilung der Kompetenzen für nichtsteuerliche Abgaben getrennt von der allgemeinen Kompetenzregelung der Art. 70 ff. und 83 ff. GG, käme dafür nur die allgemeine Regelung des Art. 30 GG in Betracht. Danach ist die Ausübung der staatlichen Befugnisse Sache der Länder, soweit das Grundgesetz keine andere Regelung trifft oder zuläßt. Ein solcher Rückgriff auf die subsidiäre Generalklausel des Art. 30 GG widerspräche jedoch nicht nur der Entstehungsgeschichte der einschlägigen Vorschriften, in der weder 1948/49 noch 1969 auch nur andeutungsweise die Rede davon war, daß die allgemeinen Vorschriften über Gesetzgebungs- und Verwaltungskompetenzen nichtsteuerliche Abgaben ausschließen sollten. Auch Text und Systematik dieser Verteilungsregeln enthalten keinerlei Anhaltspunkt dafür, daß sie die Erhebung von Abgaben, die nicht dem Steuerbegriff des Grundgesetzes unterfallen, nicht erfaßten. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus Art. 74 Nr. 22 GG, der dem Bund die konkurrierende Gesetzgebung unter anderem für "die Erhebung und Verteilung von Gebühren für die Benutzung öffentlicher Straßen mit Fahrzeugen" zuweist. Diese Bestimmung, die erst 1969 Bestandteil des Grundgesetzes geworden ist 80 , soll verfassungsrechtlich die Möglichkeit offenhalten, die Besteuerung des Straßengüterverkehrs gemäß Art.
BVerfGE 72,330 (397 ff.); siehe dazu Wieland, Jura 1988,410. 80
Durch Gesetz vom 12. Mai 1969, BGBl. I S. 363, das auf einen Entwurf der Fraktionen von CDU/CSU und SPD zuriickgeht, siehe Bundestagsdrucksache V/3483.
ΠΙ. Bundesstaatliche Kompetenzverteilung
323
106 Abs. 1 Nr. 3 GG 8 1 durch eine Gebührenregelung zu ersetzen 82. Ohne die Verfassungsänderung wäre es angesichts der Regelung des Art. 106 Abs. 1 Nr. 3 GG zumindest fraglich gewesen, ob die Benutzung öffentlicher Straßen nicht nur mit der verfassungsrechtlich vorgesehenen Steuer, sondern auch mit Gebühren hätte belastet werden dürfen, bzw. ob nicht entsprechende Gebühreneinnahmen jedenfalls dem Bund anstelle der dann wegfallenden Einnahmen aus der Straßengüterverkehrsteuer zugestanden hätten. Da der verfassungsändernde Gesetzgeber den Ländern die Möglichkeit eröffnen wollte, selbst gebührenrechtliche Regelungen zu treffen und sich das Gebührenaufkommen zuzuweisen, solange der Bund keine einschlägigen Vorschriften erließ, mußte er den Art. 74 Nr. 22 GG zur Klarstellung ergänzen 83. Gerade diese Klarstellung macht aber deutlich, daß die Artikel 70 ff. GG generell die Befugnis zur Gesetzgebung über die Erhebung und Verteilung von Gebühren umfassen. Wollte man dagegen Art. 30 GG auf die Gesetzgebungskompetenz und Ertragshoheit über Gebühren anwenden, verschlösse man dem Bund diesen nicht unbedeutenden Kompetenzbereich ungeachtet der ansonsten weitgehend ausdifferenzierten Verteilung der Befugnisse von Bund und Ländern völlig. Das widerspräche nicht nur dem Sinn und Zweck der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung 84, sondern auch der gesicherten Staatspraxis, die vom Bundesverfassungsgericht in ständiger Rechtsprechung gebilligt wird. Das Gericht hat bereits 1952 im Investitionshilfeurteil festgestellt, daß der Gesetzgeber im Rahmen der Wirtschaftslenkung Geldleistungen auferlegen kann 85 . Es leitet ebenfalls in ständiger Rechtsprechung die Kompetenz des Gesetzgebers zur Einführung wie zur Verwendung außersteuerlicher Abgaben aus den allgemeinen Sachzuständigkeiten der Artikel 70 ff. GG her 86 . Es ist kein Grund ersichtlich, warum diese Gesetzgebungsbefugnis sich nur auf sogenannte Sonderabgaben beschränken und nicht auch die klassischen Vorzugslasten erfassen soll.
81 Siehe dazu das Gesetz über die Besteuerung des Straßengüterverkehrs vom 28. Dezember 1968, BGBl. I S. 1461, auf dessen Grundlage die Straßengüteiverkehrsteuer vom 1. Januar 1969 bis 31. Dezember 1971 erhoben wurde, vgl. das Finanzanpassungsgesetz vom 30. August 1971, BGBl. I S . 1426; zu dieser Steuer siehe das Gutachten der Steuerreformkommission 1971, Tz. IX/13 ff. (S. 779 f.), die sich mit Nachdruck sowohl gegen eine Verlängerung des Straßengüteiverkehrsteuergesetzes als auch gegen die geplante Gebührenregelung aussprach. 82 Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses des Bundestages, zu Bundestagsdnicksache V/3605, S. 4. 83
Vgl. zum Ganzen Vogel/Walter, Rdnr. 39 zu Art. 106, in: Bonner Kommentar.
84
Siehe zu dem vergleichbaren Problem, ob den Ländern gemäß Art. 30 GG die Befugnis zur Auferlegung von Zwangsanleihen zusteht, BVerfGE 67, 256 (285 f.). 85
BVerfGE 4 , 7 (13).
86
BVerfGE 37,1 (16 f.) und 67,256 (274) m.w.N. der einschlägigen Rechtsprechung.
324
7. Kapitel: Konzessionsabgaben als Verleihungsgebühren c. Ergebnis
Nach alledem ist davon auszugehen, daß die Artikel 70 ff. und 83 ff. GG auch die Befugnis zur Gesetzgebung über und Verwaltung von Verleihungsgebühren erfassen. Das Gesetzgebungsrecht schließt die Kompetenz ein, die Ertragshoheit für Verleihungsgebühren sowie sonstige Gebühren und Beiträge festzulegen. Die Bestimmung der Ertragshoheit für eine Abgabe bedarf der normativen Regelung und steht damit dem Gesetzgeber zu, wenn nicht das Grundgesetz eine vorrangige Bestimmung enthält. Anders als für die Ertragsverteilung von Steuern in Art. 106 GG enthält das Grundgesetz aber für nichtsteuerliche Abgaben keine Vorschriften, so daß hier der einfache Gesetzgeber tätig werden kann und muß 87 .
2. Die einschlägigen Kompetenzregelungen Die Befugnis, Verleihungsgebühren gesetzlich zu regeln, folgt der Befugnis, die entsprechende Erlaubnispflicht bzw. Rechtseinräumung normativ festzulegen. Sieht man von Art. 74 Nr. 22 GG ab, dürfte sehr oft das Recht der Wirtschaft im Sinne von Art. 74 Nr. 11 GG der einschlägige Kompetenztitel sein, der ausdrücklich Bergbau und Energiewirtschaft einbezieht. Die konkurrierende Kompetenz für das Recht der Wirtschaft eröffnet dem Bund die Möglichkeit, privatwirtschaftliches Handeln von einer Konzession abhängig zu machen. Er hat damit auch die Kompetenz, die Erteilung einer Erlaubnis mit einer Gebühr zu belasten und die Verteilung des Ertrags dieser Gebühr zu regeln. Von dieser Kompetenz kann er entweder positiv Gebrach machen, indem er eine Gebührenpflicht vorschreibt, oder negativ, indem er Gebührenfreiheit festlegt. In beiden Fällen ist den Ländern eine Regelung gemäß Art. 72 Abs. 1 GG versperrt. Verzichtet der Bund auf eine Regelung der Gebührenerhebung, können die Länder im Rahmen ihrer Befugnis zur konkurrierenden Gesetzgebung über das "Ob" und "Wie" einer Verleihungsgebühr entscheiden. Der Bund kann den Ländern aber auch einen Rahmen für ihre Gebührenregelungen vorschreiben 88. Eine Gesetzgebungsbefugnis der Länder kann sich daneben aus deren Zuständigkeit für das Polizei- und Ordnungsrecht ergeben, die z.B. die Konzessionierung von Spielbanken erfaßt 89. Wenn es um die Bildung von Monopolen oder Oligopolen bei der lokalen Versorgung mit Strom, Gas, Wasser etc. geht, 87
Vgl. F. Kirchhof, Die Höhe der Gebühr, S. 37 ff.
88
Vgl. insoweit §§ 30 und 31 BBergG.
89
BVerfGE 28, 119 (146 ff.), wo allerdings die Einordnung der Vorschriften über die Spielbankabgabe ausdrucklich offenbleibt, siehe S. 150 f.
ΠΙ. Bundesstaatliche Kompetenzverteilung
325
können sich die Länder auf ihre Befugnis berufen, das Kommunalrecht zu regeln. Einschlägig kann hinsichtlich der Energieversorgung aber auch Art. 74 Nr. 11 GG sein. Für die Abgrenzung beider Befugnisse wird es darauf ankommen, ob der Schwerpunkt der jeweiligen Regelung in der Ordnung des Bereichs Energiewirtschaft oder in der Regelung örtlicher Angelegenheiten liegt. Für die Verwaltung nichtsteuerlicher Konzessionsabgaben in der Form von Verleihungsgebühren ergeben sich keine Besonderheiten, sie richten sich nach den allgemeinen Vorschriften der Artikel 83 ff. GG. Das bedeutet, daß die Länder im Regelfall gemäß Art. 83 und 84 GG bundesgesetzliche Vorschriften über die Erhebung von Konzessionsabgaben als eigene Angelegenheit unter Aufsicht des Bundes ausführen. Die Bundesauftrags Verwaltung oder gar die bundeseigene Verwaltung dürften für Konzessionsabgaben kaum in Betracht kommen. Landesgesetzlich normierte Konzessionsabgaben verwalten die Länder als eigene Angelegenheit. Nur der Vollständigkeit halber sei bemerkt, daß es für die gesetzliche Regelung der Ertragshoheit ohne rechtliche Bedeutung ist, ob dem Bund oder den Ländern die Abgabenverwaltung zusteht, weil Konzessionsabgaben nicht den Verwaltungsaufwand abgelten.
8. Kapitel
Vertraglich begründete Konzessionsabgaben Konzessionsabgaben werden in der Regel auf gesetzlicher Grundlage erhoben. Der Gesetzgeber hat dann entschieden, daß die Erteilung einer wirtschaftsverwaltungsrechtlichen Erlaubnis, auf die kein Rechtsanspruch besteht, mit der Pflicht zur Zahlung einer ertragsorientierten Abgabe verbunden wird. Theoretisch denkbar und praktisch bekannt ist jedoch auch die Möglichkeit, daß nicht der Gesetzgeber, sondern die Verwaltung die Verknüpfung zwischen Erlaubniserteilung und Abgabenpflicht vornimmt. Als Rechtsgrundlage für die Pflicht des Erlaubnisinhabers, Geldleistungen zu erbringen, bietet sich ein Vertrag zwischen Verwaltung und Privatem an. Erstere verpflichtet sich, eine wirtschaftsverwaltungsrechtliche Erlaubnis zu erteilen; die fehlende gesetzliche Pflicht zur Erlaubniserteilung wird durch eine entsprechende vertragliche Bindung ersetzt. Im Gegenzug zu dem so begründeten Erlaubnisanspruch übernimmt der private Interessent die Verpflichtung, eine in ihrer Höhe vom Ertrag des erlaubten Unternehmens abhängige Geldleistung zu erbringen. Beide Vertragspartner ziehen Vorteile aus der Abmachung. Dem Privaten wird ein Recht eingeräumt, obwohl die Gesetze ihm keinen Anspruch auf dieses Recht gewähren, die öffentliche Hand kann ihre stets knappen Finanzen durch die Zahlungen des Bürgers aufbessern. Marktwirtschaftliche Prinzipien gewinnen so Raum im Wirtschaftsverwaltungsrecht, dem es gerade um die staatliche Aufsicht über und die Lenkung von privatwirtschaftlichem Handeln geht. Der Unternehmer kann sich nicht nur im privaten Wirtschaftsverkehr, sondern auch in seinen Beziehungen zur Verwaltung an Angebot und Nachfrage orientieren. Er muß die vertraglich begründete Geldleistungspflicht ebenso als Kosten seines Betriebs in Rechnung stellen wie die Aufwendungen für Investitionen, Rohstoffe und Personal. Die Höhe der Geldleistung hängt dabei gewissermaßen als Preis der wirtschaftsverwaltungsrechtlichen Erlaubnis von der Nachfrage ab, die die Verwaltung durch Verknappung oder Vergrößerung des Angebots steuern kann. Genau diese Überlegung macht allerdings auch die Problematik der vertraglichen Begründung von Konzessionsabgaben deutlich. Es droht die Gefahr, daß das Handeln der Verwaltung vorrangig von fiskalischen Überlegungen bestimmt wird, daß nicht mehr die Verpflichtung auf das Gemeinwohl, sondern die Absicht, möglichst hohe Einnahmen zu erzielen, die Behördenentscheidung
I. Abgrenzung öffentl.-rechtl./privatrechtl. Verträge
327
leitet. Diese Gefahr ist bei vertraglich begründeten Abgaben wesentlich höher als bei gesetzlich normierten. Der Gesetzgeber trifft eine generelle Regelung, losgelöst vom einzelnen Fall. Er muß die Abgabenerhebung an sich und die Höhe der Abgabe politisch legitimieren und vor den Anforderungen der Verfassung rechtfertigen. Für gesetzlich begründete Konzessionsabgaben kommt es zu einer Teilung der Aufgaben und Befugnisse zwischen Gesetzgebung und Verwaltung. Während die Legislative über die Verknüpfung von Erlaubnis und Abgabe entscheidet und die Höhe der Geldleistungspflicht festsetzt, fällt die Erteilung der Erlaubnis in den Bereich der Exekutive. Zwar weiß auch der handelnde Amtswalter, daß eine Geldleistungspflicht entsteht, wenn er die Erlaubnis erteilt. Er kann die Höhe der Abgabe aber nicht durch seine Verwaltungspraxis beeinflussen, die unmittelbare Beziehung zwischen Verwaltungsentscheidung und Einnahmen der öffentlichen Hand entfällt. Die Trennung der Befugnisse von Gesetzgebung und Verwaltung schafft ein System von "checks and balances", das die Gefahr einer Kommerzialisierung der Verwaltung verringert. Diese Sicherungen entfallen bei der vertraglichen Begründung von Konzessionsabgaben. Hier steht die Verpflichtung zur Erlaubniserteilung in synallagmatischem Zusammenhang mit dem Anspruch auf die Zahlung der Abgabe. Unter diesen Umständen besteht eine größere Gefahr, daß in die behördliche Entscheidung über die Erteilung der Erlaubnis fiskalische Erwägungen einfließen. Höhere Einnahmen der öffentlichen Hand dürfen aber in einem Rechtsstaat kein Kriterium für ein Handeln der Verwaltung sein. Vor diesem Hintergrund ist die Frage zu sehen, ob eine vertragliche Begründung von Konzessionsabgaben ohne gesetzliche Ermächtigung zulässig ist. Um sie beantworten zu können, ist zunächst zu untersuchen, ob die in Rede stehenden Verträge öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Natur sind (I.). Nur wenn es sich um öffentlich-rechtliche Verträge handelt, unterfallen sie den Verwaltungsverfahrensgesetzen. Diese regeln die Zulässigkeit der Handlungsform des öffentlich-rechtlichen Vertrags (II.) und machen Vorgaben für den möglichen Vertragsinhalt (III.).
I. Die Abgrenzung zwischen öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Verträgen Den Maßstab für die Abgrenzung zwischen öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Verträgen liefern seit 1977 die Verwaltungsverfahrensgesetze. Sie definieren in § 54 Satz 1 den öffentlich-rechtlichen Vertrag als einen Vertrag, durch den ein "Rechtsverhältnis auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts" begründet, geändert oder aufgehoben wird. Mit dieser Formulierung hat der Gesetzgeber versucht, eine klare Antwort auf die in Rechtsprechung und Lehre
328
8. Kapitel: Vertraglich begründete Konzessionsabgaben
lange umstrittene Frage zu geben, unter welchen Voraussetzungen ein Vertrag als öffentlich-rechtlich zu qualifizieren ist. Indem er an den zur Zeit des Gesetzgebungsverfahrens erreichten Stand von Rechtsprechung und Lehre angeknüpft hat 1 , hat er mit dem Abstellen auf das vertragliche Rechtsverhältnis allerdings auch eine Vielzahl der Abgrenzungsschwierigkeiten und Unsicherheiten übernommen, die die Grenzziehung zwischen öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Verträgen immer erschwert haben. Diese Schwierigkeiten hängen eng damit zusammen, daß die Existenzberechtigung des öffentlichrechtlichen Vertrages in Deutschland lange umstritten gewesen ist. Je kritischer Gerichte und Literatur dem öffentlich-rechtlichen Vertrag gegenüberstanden, desto enger definierten sie dieses Rechtsinstitut. Demgemäß kann der Begriff des Rechtsverhältnisses auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts heute sinnvoll nur in Kenntnis der geschichtlichen Entwicklung interpretiert werden; sie erklärt, warum der Gesetzgeber gerade dieses Abgrenzungskriterium gewählt und welche Merkmale er ihm zugeschrieben hat. Im folgenden ist deshalb der gegenwärtige Stand von Rechtsprechung und Literatur stets vor dem Hintergrund der Dogmengeschichte des öffentlich-rechtlichen Vertrages zu sehen.
1. Die Rechtsprechung Eine Leitentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahre 19732 prägte die Rechtsprechung während der parlamentarischen Beratung des wegweisenden Verwaltungsverfahrensgesetzes des Bundes. Das Urteil stellte auf den Gegenstand des Vertrages ab, den es danach bestimmte, ob der Vertrag sich auf von der gesetzlichen Ordnung öffentlich-rechtlich geregelte Sachverhalte bezog und daher ein Rechtsverhältnis auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts begründete. Diese Formulierung bemühte sich um eine Synthese der Rechtsprechung von Bundesverwaltungsgericht und Bundesgerichtshof so wie der Definition in § 41 des Regierungsentwurfs eines Verwaltungsverfahrensgesetzes aus der 6. Legislaturperiode des Bundestages3. Letztlich wurde aber eher ein Formelkompromiß als eine Synthese erreicht. Die Kriterien "Vertragsgegenstand", "geregelte Sachverhalte" sowie "Rechtsverhältnis" stehen unver-
1 Siehe dazu die Regierungsbegründung des Entwurfs eines Verwaltungsverfahrensgesetzes des Bundes, Bundestagsdmcksache 7/910, S. 78.
2 BVerwGE 42,331. 3 Siehe die Verweise in BVerwGE 42,331 (332) auf BGHZ 32,214 (216); 35,69 (71); 56,365 (368) sowie die Urteile des Bundesgerichtshofs vom 21. Dezember 1964, DVB1. 1965, 276 (277) und vom 31. Januar 1972, NJW 1972, 585 und auf Bundestagsdrucksache VI/1173; eine entsprechende Formulierung findet sich im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. April 1976, NJW 1976, 2360, das einen Vertrag dem öffentlichen Recht zuordnet, "wenn sein Gegenstand sich auf von der Rechtsordnung öffentlich-rechtlich geregelte Sachverhalte bezieht."
I. Abgrenzung öffentl.-rechtl./privatrechtl. Verträge
329
mittelt nebeneinander und schreiben damit die Probleme der früheren Rechtsprechung von Bundesverwaltungsgericht und Bundesgerichtshof fort.
a. Das Bundesverwaltungsgericht Das Bundesverwaltungsgericht hatte schon 1965 in seiner ersten einschlägigen Entscheidung betont, daß es für die Zuordnung eines Vertrages zum privaten oder zum öffentlichen Recht auf den Vertragsgegenstand ankomme. Es hatte diesen Gegenstand des Vertrages nicht nach den Leistungspflichten, sondern mittels einer "Bewertung des Gesamtinhalts der getroffenen Vereinbarung und der Ermittlung ihres wechselseitigen Gewichts" bestimmt; dabei wurde entscheidend auf den unmittelbaren Zusammenhang einer Vertragspflicht mit den öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen und Berechtigungen der Parteien abgestellt4. Wenig später erklärte das Gericht für den Gegenstand eines Garnisionsvertrags und damit dessen Zuordnung zum öffentlichen oder privaten Recht die Ausgestaltung der einzelnen vertraglichen Maßnahmen als maßgeblich 5 . Später trat neben den Gegenstand des Vertrages als zweites Zuordnungskriterium sein Zweck 6 . Damit bot die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bis zu der erwähnten Leitentscheidung des Jahres 19737 ein etwas zwiespältiges Bild. Zwar stellte sie auf den Gegenstand des Vertrages ab, der aber nicht das einzige Kriterium für die Zuordnung einer Vereinbarung zum öffentlichen oder privaten Recht bildete; herangezogen wurde daneben auch der Zweck der Vereinbarung. Weiter blieb unklar, wie der Gegenstand des Vertrages zu bestimmen war, insbesondere welche Bedeutung einzelnen vertraglichen Verpflichtungen zukommen sollte, ob auf die jeweils in Streit stehende Verpflichtung abzuheben sein oder ob eine Gesamtschau aller vertraglichen Pflichten und Rechte den Ausschlag für die Zuordnung zum öffentlichen oder privaten Recht geben sollte.
b. Der Bundesgerichtshof Der Bundesgerichtshof stellte demgegenüber schon im Jahre 1960 für die Zuordnung entscheidend auf den Vertragsgegenstand ab, äußerte sich aller-
4
BVerwGE 22,138 (140 f.).
5
BVerwGE 25,299 (301).
6
BVerwGE 30,65(67).
7 BVerwGE 42,331.
330
8. Kapitel: Vertraglich begründete Konzessionsabgaben
dings nicht eindeutig dazu, wie die Qualifizierung dieses Gegenstandes als öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich erfolgen sollte. Bloßer Ausgangspunkt für die Zuordnung - nicht jedoch endgültiger Maßstab - sollte die Frage sein, "ob sich die Vereinbarung auf von der gesetzlichen Ordnung öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich geregelte Sachverhalte bezieht". Umgekehrt sollte die Qualifizierung eines Vertrages nicht entscheidend davon abhängen, ob die Vertragspartner Rechtssubjekte des öffentlichen oder privaten Rechts waren. Auch in einem Vertrag, der einen dem öffentlichen Recht unterfallenden Sachverhalt betreffe, könne ein Vertragspartner eine privatrechtliche Verpflichtung übernehmen; das führe zu einer Qualifizierung des Vertrags als teils öffentlichrechtlich, teils privatrechtlich 8. Diese Kriterien waren nicht hinreichend klar, um Verträge zuordnen zu können, wie der zuständige Senat des Bundesgerichtshofs ein Jahr später selbst anklingen ließ, als er einräumte, daß durch öffentlich-rechtliche Beziehungen veranlaßte Verträge von ihm einmal dem Privatrecht und ein andermal dem öffentlichen Recht zugerechnet worden seien. Zur Rechtfertigung der nicht einheitlichen Rechtsprechung wies er auf die im Einzelfall verschiedenen Umstände hin 9 - ein nicht sehr überzeugendes Argument, wenn man bedenkt, daß es stets um sogenannte "Ablösungsverträge" ging, also die Pflicht zur Schaffung von Einsteilplätzen für Kraftfahrzeuge durch Geldzahlungen an die Kommune ersetzt wurde. Wegen des Abstellens auf die Umstände des Einzelfalles verwundert es nicht, daß der Bundesgerichtshof noch mehrfach genötigt war, seine Kriterien für die Zuordnung von Verträgen zu verdeutlichen und die Instanzgerichte insoweit zu korrigieren 10 . Wenig zur Klärung der Rechtslage trug in diesem Zusammenhang bei, daß der Bundesgerichtshof 1972 einen Grundstücksabtretungsvertrag zwischen einem Bürger und einer Gemeinde als privatrechtlich qualifizierte, obwohl die Gemeinde die Erteilung öffentlich-rechtlicher Befreiungen von einer Staffelbauordnung an die Bedingung geknüpft hatte, daß ihr ein Grundstücksteil zuvor "für Zwecke öffentlicher Straßen und Wege" abgetreten werde. Nach dem Urteil enthielten jedoch weder der Vertrag über die Grundstücksabtretung im ganzen noch einzelne vertragliche Verpflichtungen
8
BGHZ 32,214 (215 ff.).
9
BGHZ 35,69 (71 f.).
10 BGHZ 54, 287 (291 ff.) - Erschließungsvertrag; BGHZ 56, 365 (368 ff.) - Anbauvertrag, m.w.N. zur Rechtsprechung auf S. 369; BGHZ 57, 130 (131 ff.) - Subventionsvertrag; BGHZ 58, 386 (388 ff.) - Erschließungsvertrag; vgl. femer BGH, Urteil vom 21. Dezember 1964, JZ 1966, 443 (444) - Vergleiche über die Nutzung eines Hauses; BGH, Urteil vom 31. Januar 1972, NJW 1972, 585 - Vertrag über den Anschluß an die städtische Entwässerung; BGH, Urteil vom 10. Februar 1972, DÖV 1972, 314 (315) - Vertrag über Gewährung von Studienbeihilfen; BGH, Urteil vom 29. September 1972, JZ 1973,420 - Erschließungsvertrag.
I. Abgrenzung öffen.-rechtl./privatrechtl. Verträge
331
ein "öffentlich-rechtliches Gepräge" 11. Das deutete darauf hin, daß für die Zuordnung eines Vertrages ausschlaggebend war, ob die öffentliche Hand sich im Vertrag selbst zu öffentlich-rechtlichen Leistungen verpflichtete, oder ob der Vertrag nur Voraussetzung für ein öffentlich-rechtliches Handeln einer Behörde sein sollte, eine Unterscheidung, die letztlich an Zufälligkeiten der Vertragsformulierungen anknüpfte. Die Entscheidung wurde sogleich dahin gedeutet, daß der Bundesgerichtshof nicht mehr auf den Gesamtcharakter der Vereinbarung abstelle, sondern zur tradierten engen Betrachtungsweise zurückgekehrt sei, die nur die in Streit stehende vertragliche Verpflichtungserklärung als maßgeblich betrachte, während das "eigentliche" Ziel der Regelung, das "in Wahrheit" auf Gegenseitigkeit abstellende Leistungsverhältnis zurücktrete 12. Diese Deutung erwies sich jedoch bald als unzutreffend, als derselbe Senat des Bundesgerichtshofs nur vier Monate später hervorhob, daß zwar privatrechtliche Vereinbarungen zu dem Zweck getroffen werden könnten, öffentlich-rechtliche Maßnahmen zu erübrigen, "wie etwa der Verkauf eines Grundstücks zum Zwecke der Abwendung einer sonst unvermeidlichen Enteignung", daß aber nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts 13 und des ΙΠ. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs auf den "Gesamtcharakter" der Vereinbarung abzustellen sei; maßgebend sei dabei die Art des Zusammenhangs der Vereinbarung der Parteien mit einem zwischen ihnen bestehenden, angestrebten oder in Zukunft möglichen "öffentlich-rechtlichen Verhältnis" 14 . Auf diese Rechtsprechung bezog sich der Regierungsentwurf eines Verwaltungsverfahrensgesetzes, der es als "allgemein anerkannt" bezeichnete, daß die Abgrenzung zwischen privatrechtlichen und öffentlich-rechtlichen Verträgen nach ihrem Gegenstand erfolgen müsse, und hinzufügte, daß zur Kennzeichnung dieses Gegenstandes auch der mit der Vereinbarung verfolgte Zweck "mit berücksichtigt werden" könne 15 .
11
BGH, Urteil vom 12. Mai 1972, DVB1. 1972, 824 (825).
12
Menger, Verwaltungsarchiv 64, 1973, 203 (204).
13
BVerwGE 22,138.
14
BGH, Urteil vom 29. September 1972, JZ 1973,420.
15
Entwurf eines Verwaltungsverfahrensgesetzes des Bundes, Bundestagsdnicksache 7/910, Begründung zu § 50, S. 78.
332
8. Kapitel: Vertraglich begründete Konzessionsabgaben c. Kritik der Rechtsprechung
Wenn man die Frage, nach welchen Kriterien ein Vertrag dem öffentlichen oder privaten Recht zuzuordnen ist, durch den Verweis auf den Vertragsgegenstand beantwortet, trifft diese Antwort zwar zu. Im Grunde wird aber die gestellte Frage nur durch eine neue ersetzt, weil es nun darum geht, den Vertragsgegenstand als öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich zu qualifizieren 16 . Wie das geschehen soll, ergibt sich aus der Rechtsprechung bis heute nicht eindeutig. Für die Qualifizierung des Vertragsgegenstandes soll es nicht nur darauf ankommen, ob er sich auf von der gesetzlichen Ordnung öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich geregelte Sachverhalte bezieht; auch die Rechtsfolgen sollen berücksichtigt werden, die der Vertrag begründet, oder die mit ihm verknüpft sind; das gleiche gilt für den mit dem Vertrag verfolgten Zweck, seinen Gesamtcharakter und Schwerpunkt; schließlich soll auch von Bedeutung sein, ob der Vertrag eine von der gesetzlichen Ordnung abweichende Verschiebung öffentlich-rechtlicher Lasten und Pflichten vorsieht 17. Diese Formulierungen der Rechtsprechung sind so dehnbar und können zur Begründung so unterschiedlicher Ergebnisse herangezogen werden, daß immer noch der Verdacht nicht ganz von der Hand zu weisen ist, mit Hilfe der Vielzahl von Kriterien solle im Einzelfall ein bereits feststehendes Ergebnis nachträglich legitimiert werden 18. Ein anderes Bedenken gegen die Abgrenzungsversuche der Rechtsprechung geht dahin, daß sie es letztlich den Parteien überläßt, durch entsprechende Formulierung ihrer Abreden für Streitigkeiten aus ihren Verträgen den Rechtsweg entweder zu den Zivil- oder zu den Verwaltungsgerichten zu wählen, obwohl die Abgrenzung zwischen öffentlichem Recht und Privatrecht doch jedenfalls der Theorie nach zwingend sein soll 19 .
16
Das hat zu Recht schon H.H. Rupp, JuS 1961, 59 (60) hervorgehoben; ebenso Pestalozza, "Formenmißbrauch des Staates, S. 181, Fußnote 127. 17 Zu diesen vielgestaltigen Abgrenzungskriterien der Rechtsprechung siehe die Übersicht bei Bonk, Rdnr. 35 zu § 54, in: Stelkens/Bonk/Leonhardt, Verwaltungsverfahrensgesetz, und bei H. Meyer, Rdnr. 21 ff. zu § 54, in: derselbe/Borgs-Maciejewski, Verwaltungsverfahrensgesetz. 18
So Menger, Zum Stand der Meinungen über die Unterscheidung von öffentlichem und privatem Recht, in: Festschrift für Hans J. Wolff zum 75. Geburtstag, S. 149 (164). 19
(422).
Menger, Verwaltungsarchiv 52 (1961), 92 (100 f.) und ihm folgend Rüfner, JZ 1973, 421
I. Abgrenzung öffen.-rechtl./privatrechtl. Verträge
333
2. Die Literatur Wegen der Mehrdeutigkeit der Abgrenzungsgesichtspunkte der Rechtsprechung 20 hatte sich die Literatur schon vor Inkrafttreten des Verwaltungsverfahrensgesetzes bemüht, die verwendeten Kriterien zu modifizieren oder zu ersetzen: Wenn keine Normen als Anknüpfungspunkte für die Qualifizierung des Vertragsgegenstandes vorhanden seien, solle auf die Art der Aufgabenerfüllung zurückgegriffen werden. Öffentlich-rechtlich seien Verträge, die zur unmittelbaren Erfüllung öffentlich-rechtlicher Aufgaben geschlossen würden 21 . Es muß allerdings bezweifelt werden, ob sich gerade aus dem vieldeutigen Begriff der öffentlichen Aufgabe eine größere Konkretisierung des Rechtscharakters eines Vertrages bzw. seines Gegenstandes ableiten läßt. Ebenfalls auf Bedenken stößt der Versuch, die Zuordnung eines Vertrages allein danach vorzunehmen, ob der Staat am Vertrag beteiligt ist. Diese Auffassung leugnet die Existenz eines öffentlich-rechtlichen Vertrages "als solchen", weil es nur die Rechtsform des Vertrages gebe, die als Grundfigur öffentlichem wie privatem Recht vorgegeben sei. Wenn der Staat Vertragspartner ist, soll öffentliches Recht gelten; stehen öffentlich-rechtliche Vorschriften nicht zur Verfügung, ist hilfsweise Zivilrecht anzuwenden. Demnach müßte ein Vertrag möglicherweise teils nach öffentlichem Recht, teils nach Zivilrecht beurteilt werden 22. Einmal abgesehen davon, daß es zumindest unglücklich wäre, auf einen einheitlichen Vertrag sowohl privates als auch öffentliches Recht anzuwenden, beruht dieser Ansatz auf der Ablehnung eines "Formenwahlrechts" der Hoheitsträger 23. Die Ablehnung vermag in dieser Allgemeinheit jedoch nicht zu überzeugen, weil der Staat Privaten gegenüber etwa bei Beschaffungsgeschäften auch wie ein Privatmann handeln kann. Zu denken ist etwa an den Vertrag einer Behörde mit einem Autohändler über den Erwerb eines Dienstwagens. Hier hilft es nicht weiter, als Kriterium für die Zuordnung des Vertrages zum öffentlichen oder privaten Rechts auf das Vorhandensein öffentlich-rechtlicher Normen abzustellen, die in Gestalt der §§54 ff. VwVfG mittlerweile stets zur Verfügung stehen. Mehr Erfolg verspricht es demgegenüber, für die Unterscheidung zwischen öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Verträgen auf die allgemeinen
20
So Pestalozzi JZ 1975,50 (54).
21
Bosse, Der subordinationsrechtliche Verwaltungsvertrag als Handlungsform öffentlicher Verwaltung, S. 28 ff. 22
Pestalozzi "Formenmißbrauch" des Staates, S. 181; derselbe, DÖV 1974,188 (191 ff.).
23
Pestalozza, "Formenmißbrauch" des Staates, S. 170 ff.
334
8. Kapitel: Vertraglich begründete Konzessionsabgaben
Kriterien der Differenzierung zwischen öffentlichem und privatem Recht zurückzugreifen 24. Nach der heute weithin anerkannten modifizierten Subjektstheorie ist öffentliches Recht der Inbegriff derjenigen Rechtssätze, deren berechtigtes oder veipflichtetes Zuordnungsobjekt ausschließlich ein Träger hoheitlicher Gewalt ist 25 . Dementsprechend kommt es für die Zuordnung eines Vertrages zum öffentlichen Recht darauf an, ob die im Vertrag getroffene Regelung, wäre sie normativ erfolgt, eine Norm des öffentlichen Rechts wäre 26 . Das bedeutet, daß ein Vertrag dem öffentlichen Recht zugehört, wenn er die Begründung, Aufhebung, Veränderung oder Feststellung von Rechten und/oder Pflichten zum Gegenstand hat, deren Träger notwendig nur ein Subjekt öffentlicher Verwaltung sein kann 27 . Diese Definition kann so weiterentwickelt werden, daß sie den von der Rechtsprechung in den Vordergrund ihrer Bemühungen gestellten Vertragsgegenstand einbezieht: "Ein Vertrag gestaltet notwendig Rechtsbeziehungen gerade zu einem Träger öffentlicher Gewalt, wenn nach der Rechtsordnung mindestens ein Zuordnungssubjekt des Gegenstandes der vertraglich geregelten Rechtsbeziehungen nur ein Träger öffentlicher Gewalt sein kann" 28 . Damit ist das entscheidende Zuordnungskriterium präzise gefaßt, das in der Formulierung der Rechtsprechung von dem erforderlichen "Bezug" eines Vertrages auf einen öffentlich-rechtlich geregelten Sachverhalt nur undeutlich zum Ausdruck kommt. Maßgeblich für die Unterscheidung zwischen privatrechtlichem und öffentlich-rechtlichem Vertrag ist nämlich der Grund, aus dem Verträge der Verwaltung im Regelfall anderen Vorschriften unterliegen als Verträge zwischen Privaten. Während letztere auf der Privatautonomie beruhen, handelt die Verwaltung auch dann nicht privatautonom, wenn sie Verträge schließt, sondern unterliegt der in besonderen Rechtsnormen statuierten Bindung an Zwecke des Gemeinwohls. Während Private ihre Verträge frei aushandeln können, müssen der Staat und seine Behörden den Rahmen und die Vor24 So schon Salzwedel, Die Grenzen der Zulässigkeit des öffenüich-rechüichen Vertrages, S. 81 ff., der allerdings noch auf die überkommene Subjektionstheorie abstellte. 25
Wolff/Bachof, Verwaltungsrecht I, § 22 II c (S. 99).
26
So zuerst Bettermann, JZ 1966,445; siehe allerdings auch Bettermanns Kritik an der modifizierten Subjektstheorie, NJW 1977, 513 (515 f.) und DVB1. 1977, 180 (182 f.); ebenso Clemens, Die Verwaltung 12 (1979), 380 (382). 27 Lange, N V w Z 1983, 313 (316); von Mutius, Verwaltungsarchiv 65 (1974), 201 (205); Schimpf, Der verwaltungsrechtliche Vertrag unter besonderer Berücksichtigung seiner Rechtswidrigkeit, S. 57 ff.; Ule/Laubinger, Verwaltungsverfahrensrecht, S. 508 ff.; Wolff/Bachof, Verwaltungsrecht I, § 44 I I a (S. 345). 28
Lange, ebenda, S. 316 unter Bezug auf Bisek, Der öffentlich-rechtliche Vertrag nach dem Musterentwurf eines Verwaltungsverfahrensgesetzes in der Fassung von 1963, in der "Münchener Fassung" von 1966 und dem Schleswig-Holsteinischen Landesverwaltungsgesetz, S. 32, und Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz, Rdnr. 2 zu § 54; ebenso Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 14 Rdnr. 10 f. (S. 308).
I. Abgrenzung öffentl.-recht/privatrechtl. Verträge
335
gaben beachten, die ihnen ihr Sonderrecht - das öffentliche Recht - setzt, das die Gemeinwohlbindung zum Ausdruck bringt Als Organ der Allgemeinheit darf und soll sich der Staat zur Erfüllung seiner Aufgaben hoheitlicher Befugnisse bedienen und Vorteile nutzen, die ihm das öffentliche Recht einräumt. Dieser Erweiterung der Handlungsmöglichkeiten und Befugnisse stehen besondere Bindungen und die Verpflichtung zur Befolgung vorgegebener Verwaltungszwecke gegenüber, die den Handlungsspielraum der Verwaltung im Vergleich zur Privatautonomie des Bürgers enger begrenzen. Demgemäß unterscheidet sich ein Vertrag, an dem die Verwaltung als Sachwalterin der Interessen der Allgemeinheit beteiligt ist, seinem Wesen, aber auch seiner Rechtsgrundlage und seinem rechtlichen Rahmen nach grundsätzlich von einem Vertrag zwischen Privatleuten. Diesen grundlegenden Unterschied hat das deutsche Verwaltungsrecht früh erkannt. Es hat daraus aber lange nicht die Folgerung gezogen, besondere Regeln für den öffentlich-rechtlichen Vertrag zu entwickeln, sondern hat ihn pauschal abgelehnt. Dieser grundsätzlichen Ablehnung lag die begriffliche Vorstellung zugrunde, der Vertrag stelle ein einheitliches Rechtsinstitut dar, das Ausfluß der Privatautonomie und demgemäß einer öffentlich-rechtlichen Ausprägung unzugänglich sei. Reste dieser Vorstellung beeinflussen noch heute die Lehre vom öffentlich-rechtlichen Vertrag und erklären die ihm gegenüber gelegentlich wiederaufkeimende Skepsis.
3. Die traditionelle
Lehre
Die traditionelle Auffassung von der Unzulässigkeit öffentlich-rechtlicher Verträge hat Otto Mayer ganz prononciert in dem Satz zum Ausdruck gebracht, daß "wahre" Verträge zwischen dem Staat und den Untertanen auf dem Gebiet des öffentlichen Rechtes überhaupt nicht denkbar seien, weil sie gleichberechtigte Partner voraussetzten 29. Da der Staatswillen aber schon einseitig bindende Kraft entfalte, fehle es gerade an der Gleichberechtigung. Solle dem Willen des Bürgers in dessen Interesse ein Einfluß auf ein Rechtsverhältnis zum Staat eingeräumt werden, reiche dafür dessen Mitwirkung an entsprechenden Verwaltungsakten aus: "Ein Gesetz, welches überflüssiger Weise die Einwilligung zu einer förmlichen Mitwirkung an der Erzeugung des Rechtsverhältnisses im
29 Otto Mayer erhebt allerdings keinesfalls den Anspruch, Urheber dieses Satzes zu sein, sondern beruft sich ausdrücklich auf C.F. Gerber, Über öffentliche Rechte, S. 40; Haenel, Die vertragsmäßigen Elemente der Deutschen Reichsverfassung, S. 32 ff.; G. Meyer, Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts, S. 410; H. Schulze, Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts, S. 321 und Zorn, Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. S. 105, s. O. Mayer, AöR 3 (1888), 3 (41 f. mit Fußnote 58).
336
8. Kapitel: Vertraglich begründete Konzessionsabgaben
Sinne des Vertrages steigerte, nur um einen wahren Vertrag zu haben, wäre eine leere juristische Liebhaberei" 30 . Diese Ablehnung des öffentlich-rechtlichen Vertrages hat den Gesetzgeber in Deutschland bis zur Verabschiedung der Verwaltungsverfahrensgesetze von Bund und Ländern von gesetzlichen Normierungen dieses Rechtsinstituts abgehalten, obwohl sie schon seinerzeit alles andere als selbstverständlich war. Immerhin zählte das französische Verwaltungsrecht, das seinerzeit als vorbildlich galt und gerade auch Otto Mayers Arbeiten nachhaltig beeinflußt hat 31 , den contrat administratif zu seinen bewährten Institutionen. Otto Mayer konnte seine strikte Ablehnung des öffentlich-rechtlichen Vertrages im Hinblick auf die Rechtslage in Frankreich nur damit begründen, daß der contrat administratif kein "wahrer" Vertrag, sondern von Seiten des Staates ein Verwaltungsakt sei 32 . Auch in Deutschland hatten namhafte Autoren den öffentlich-rechtlichen Vertrag als Rechtsinstitut anerkannt. Laband ordnete sowohl die Einbürgerung eines Ausländers als auch die Begründung öffentlicher Dienstverhältnisse als öffentlich-rechtliche Verträge ein 33 . Max von Seydel vertrat die Auffassung, daß der Herrscher dem Vertrag Spielraum lassen könne, wenn das öffentliche Interesse auch ohne Einsatz hoheitlicher Zwangsmittel durchgesetzt werden könne 34 . Edgar Loening hielt Verträge zwischen Staat und Bürgern dort für zulässig, wo eine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung bestand35. Wenn sich die Lehre Otto Mayers trotzdem durchsetzen und behaupten konnte 36 , lag das nicht nur daran, daß das öffentlich-rechtliche Denken der Zeit obrigkeitlich bestimmt und deshalb einer auch nur teilweisen Gleichstellung von Staat und Bürgern in Gestalt vertraglicher Beziehungen ablehnend gegenüberstand. Von Bedeutung war vielmehr auch die Herkunft des Vertrages als Rechtsinstitut aus dem Zivilrecht, von dem sich das Verwaltungsrecht erst langsam und mühevoll abgrenzen und dem gegenüber es seine Eigenständigkeit nachweisen mußte. Das bedingte eine starke Betonung der Eigenart des öffentlichen Rechts verbunden mit einer Abneigung gegen die Übernahme von Instituten des Zivilrechts 37 . Diesen Tendenzen gegenüber konnte sich die Lehre
30
O.Mayer, ebenda, S. 42.
31
Siehe nur O. Mayer, Theorie des französischen Verwaltungsrechts.
32
O. Mayer, AöR 3 (1888), 3 (15 ff.).
33
Laband, Das Staatsrecht des Deutschen Reiches, Band 1, S. 157 ff. und 420 ff.
34
Grundzüge einer allgemeinen Staatslehre, S. 51.
35
Lehrbuch des Deutschen Verwaltungsrechts, S. 245 f.
36
Siehe dazu die Nachweise bei Stem, Verwaltungsarchiv 49 (1958), 106 (110), Fußnote 18.
37
Salzwedel, Die Grenzen der Zulässigkeit des öffentlich-rechtlichen Vertrages, S. 12 f.
I. Abgrenzung öffenü.-rechtl./privatrechtl. Verträge
337
von der Zulässigkeit des öffentlich-rechüichen Vertrages nur sehr langsam im Verlaufe mehrerer Jahrzehnte durchsetzen 38. Daran änderte auch die Habilitationsschrift von Willibalt Apelt 39 aus dem Jahre 1916 nur wenig, obwohl der öffenüich-rechtliche Vertrag seinerzeit in der Verwaltungspraxis bereits erhebliche Bedeutung gewonnen hatte. Zu beherrschend war die von Otto Mayer und seinen Nachfolgern gebildete "Front" 40 . Nachhaltigen Widerhall in der Lehre fand die gewandelte Verwaltungspraxis erst 1958, als fast gleichzeitig drei grundlegende Arbeiten zum verwaltungsrechtlichen Vertrag erschienen 4!. Die allmähliche Anerkennung des öffentlich-rechtlichen Vertrages im Verwaltungsrecht wurde nunmehr als abgeschlossen angesehen, ein grundsätzlicher Angriff gegen das Rechtsinstitut als "juristischer Atavismus" abgetan42. Das letzte Wort im Streit über die Existenzberechtigung des öffenüichrechüichen Vertrages als Institut des Allgemeinen Verwaltungsrechts war damit aber nicht gesprochen. Bullinger legte in seiner 1962 erschienenen Habilitationsschrift 43 noch einmal grundlegend die Gegenposition dar und wandte sich gegen die in der Verwaltungspraxis längst vollzogene, von Rechtsprechung und Literatur weitgehend gebilligte Aufwertung des öffenüich-rechtlichen Vertrages. Er sah den Vertrag in Konflikt mit den Grundsätzen einer rechtsstaatlichen Verwaltung und befürchtete eine "Auflehnung" des Vertrages gegen das Gesetz sowie eine Kommerzialisierung der öffenüichen Verwaltung 44 . Diese Bedenken hatten ihren Grund darin, daß Bullinger im Vertrag als Handlungsform zugleich die Vertragsfreiheit mitgegeben sah, der gegenüber das Gesetz allenfalls die Rolle einer lästigen Schranke spiele. Der beim Vertrag notwendig gegebenen Gestaltungsfreiheit, die den Handlungsprinzipien des privaten Wirtschaftsverkehrs entspreche, stellte er das hoheitliche Ermessen gegenüber, das gesetzesgebunden sei und "im Verhältnis von Staat und Bürger nur durch eine verantwortliche Entscheidung (Verwaltungsakt) ausgeübt wer38 Siehe den Überblick über die Entwicklung der Lehre bei Stem, Verwaltungsarchiv 49 (1958), 106 (113 ff.) mit umfangreichen Nachweisen. 39 Der verwaltungsrechtliche Vertrag; die Arbeit konnte wegen des 1. Weltkriegs erst 1920 erscheinen. 40 So der Ausdruck von Apelt in seinem Rückblick, AöR 84 (1959), 249 (253); kennzeichnend in diesem Zusammenhang auch die Hervorhebung der Bedeutung Otto Mayers für das Verwaltungsrecht auf S. 1 der Habilitationsschrift von Apelt. 41 Neben den bereits zitierten Veröffentlichungen von Salzwedel, Die Grenzen der Zulässigkeit des öffentlich-rechtlichen Vertrages, und Stem, Verwaltungsarchiv 49 (1958), 106, noch Imboden, Der verwaltungsrechtliche Vertrag. 42 Salzwedel, ebenda, S. 5, gegen von Turegg, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, 1. Auflage, S. 158; von Turegg hatte seine Angriffe in der 2. Auflage seines Buches, S. 210 f., aber bereits eingeschränkt 43
Vertrag und Verwaltungsakt.
44
Ebenda, S. 17 f.
22 Wieland
338
8. Kapitel: Vertraglich begründete Konzessionsabgaben
den" könne 45 . Von daher war es ein gerader Weg zu dem Ergebnis, daß der Vertrag als Handlungsform für die eigentlich hoheitliche Verwaltung ungeeignet sei, weil diese ein "Übergewicht an rechtlicher Gebundenheit und Verantwortung" kennzeichne. Wegen des fundamentalen Gegensatzes zwischen Vertragsfreiheit und Verwaltungsermessen komme der Vertrag nur im kommerziellen Bereich der öffentlichen Verwaltung als Handlungsform in Betracht, in dem es um die Sachbeschaffung und den Betrieb erwerbswirtschaftlicher Unternehmen gehe46. Folgerichtig sah Bullinger bereits dort die Möglichkeit eines illegitimen Tauschgeschäftes zwischen der Verwaltung und dem einzelnen, wo eine Behörde eine hoheitliche Vergünstigung ohne gesetzliche Ermächtigung mittels einer Auflage von einer Leistung des Begünstigten abhängig mache, selbst wenn die Belastung in Zusammenhang mit der Vergünstigung stehe. Würden hoheitliche Vergünstigungen wie Dispense sogar ohne die "immanenten Schranken" der Auflage gesetzesfrei auf vertraglicher Basis gegen "freiwillige" Leistungen des Begünstigten ausgetauscht, gerate dieser "Verk a u f von Hoheitsrechten nicht nur in Konflikt mit dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, sondern infiltriere darüber hinaus die Hoheitsverwaltung mit den Handlungsprinzipien des privaten Wirtschaftsverkehrs und "könnte in die Nähe der strafrechtlichen Bestechungstatbestände geraten" 47. Hätte sich diese Auffassung durchgesetzt, brauchte über die Zulässigkeit der Erhebung von Konzessionsabgaben auf vertraglicher Grundlage kein Wort mehr verloren zu werden. Es handelte sich dann möglicherweise tatsächlich weniger um ein Problem des Verwaltungsrechts als des Strafrechts. Die Rechtsentwicklung hat aber einen anderen Weg genommen. Sie hat sich davon gelöst, in der Entscheidung für die Vertragsform zugleich eine Entscheidung für die Privatautonomie zu sehen, und hat in den Verwaltungsverfahrensgesetzen einen Rahmen für den öffentlich-rechtlichen Vertrag geschaffen.
4. Die Verwaltungsverfahrensgesetze Bereits der "Musterentwurf eines Verwaltungsverfahrensgesetzes", der 1963 von einem Bund-Länder-Ausschuß vorgelegt wurde, enthielt eine umfassende Regelung des öffentlich-rechtlichen Vertrages, die von dessen grundsätzlicher Zulässigkeit als Handlungsinstrument der Verwaltung ausging48. Den Mitgliedern des Ausschusses erschien Bullingers Betrachtungsweise einseitig;
45
Ebenda, S. 110.
46
Ebenda, S. 254 f.
47
Ebenda, S. 112.
48
Siehe Teil I V (§§ 40-48) des Entwurfs, S. 29 ff.
I. Abgrenzung öffen.-rechtl./privatrechtl. Verträge
339
sie verkenne die praktische Bedeutung, die der öffentlich-rechüiche Vertrag in der Verwaltungspraxis gewonnen habe49. Nach längerer Diskussion des Musterentwurfs, in der dieser von der Literatur überwiegend positiv beurteilt wurde 50 , nahm die Umsetzung des Entwurfs in Schleswig-Holstein ihren Anfang. Der schleswig-holsteinische Ministerpräsident leitete Ende 1965 dem Landtag den Entwurf eines Allgemeinen Verwaltungsgesetzes für das Land Schleswig-Holstein zu, dessen verfahrensrechtlicher Teil vom Musterentwurf ausging51. Auch der Bundesminister des Inneren ließ 196S einen Referentenentwurf eines Verwaltungsverfahrensgesetzes erstellen. Auf Bitten des Ministers nahm der Bund-Länder-Ausschuß im März 1966 zu diesem Entwurf Stellung und veröffentlichte eine "Münchener Fassung" des Musterentwurfs, die die Vorschriften über den öffentlich-rechüichen Vertrag im wesentlichen unverändert ließ 52 . Der schleswig-holsteinische Gesetzgeber wich daraufhin von der erwähnten Regierungsvorlage ab und beschloß das Allgemeine Verwaltungsgesetz für das Land Schleswig-Holstein53 gemäß den Empfehlungen eines Sonderausschusses des Landtags54 mit geringfügigen Abweichungen nach den Vorschlägen der "Münchener Fassung" des Musterentwurfs. Das schleswig-holsteinische Landesverwaltungsgesetz, das am 1. Januar 1968 in Kraft trat, erklärt in § 121 rechtsgeschäfüiche Abreden im öffenüichen Recht auch ohne ausdrückliche spezialgesetzliche Ermächtigung für zulässig55. M i t dem Inkrafttreten dieses Gesetzes war der entscheidende Durchbruch erzielt. Der öffentlich-rechüiche Vertrag war zum erstenmal von einem Gesetzgeber als Rechtsinstitut anerkannt worden. In der Folgezeit ging es nicht länger um die grundsätzliche Zulässigkeit der Vertragsform, sondern um Einzelheiten ihrer rechüichen Ausgestaltung. Auch Bullinger als der bis dahin
49
Musterentwurf eines Verwaltungsverfahrensgesetzes, vor § 40 (S. 186).
50
Blümel, Raumplanung, vollendete Tatsachen und Rechtsschutz, in: Festgabe für Emst Forsthoff zum 65. Geburtstag, S. 133 (150 ff.); Dagtoglou, Befangenheit und Funktionenhäufung in der Verwaltung, ebenda, S. 65 (78 ff.); Herzog, VVDStRL 24 (1965), 183 (194 ff.); Scheeibaith, DVB1. 1966, 780; Ule/Sellmann, DVB1. 1967, 837; zur Auseinandersetzung des Schrifttums mit dem Verwaltungsverfahrensgesetz siehe ferner F. Becker/K. König, Allgemeine Einleitung, in: Ule (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetze des Auslandes, S. 3 (71 f.), Fußnote 379. 51 Schleswig-holsteinischer Landtag, Drucksache 5/650; siehe dazu von der Groeben, DVB1. 1966,289. 52 Musterentwurf eines Verwaltungsverfahrensgesetzes mit Anhang "Münchener Fassung", S. 297 ff. und 323 ff. 53
Vom 18. April 1967, GVB1. Schleswig-Holstein, S. 133.
54
Bericht des Sonderausschusses vom 6. Februar 1967, Schleswig-Holsteinischer Landtag, Drucksache 5/871. 55 Siehe dazu von der Groeben/Knack, Allgemeines Verwaltungsgesetz für das Land Schleswig-Holstein, Rdnr. 5 zu § 121; vgl. auch die Zurückweisung der Bedenken von Bullinger in Rdnr. 5. 2. zu § 121.
340
8. Kapitel: Vertraglich begründete Konzessionsabgaben
schärfste Kritiker des Rechtsinstitutes erkannte nunmehr an, daß der öffentlichrechtliche Vertrag seinen Weg in das deutsche Verwaltungsrecht gefunden habe 56 . Er erhob nur noch Bedenken gegen die konkrete Ausgestaltung der Vertragsbestimmungen im Musterentwurf. Sie trügen kaum zur größeren Klarheit und Praktikabilität des Verwaltungsrechts bei, drohten es methodisch auf eine begriffliche Denkweise in abstrakten allgemeinen Teilen zurückzuführen und gründeten sich auf eine starre Zweiteilung von öffentlichem Recht und Privatrecht 57 . Ungeachtet dessen hielt es auch Bullinger nunmehr für möglich, daß die Vertragsbestimmungen als zukunftsweisendes Experiment die Wissenschaft befruchten könnten. Selbst Otto Mayer habe den öffentlich-rechtlichen Vertrag zwischen Staat und Bürger nicht der Sache nach, sondern nur als Vokabel verworfen, so daß es sachlich nicht sehr viel ändere, wenn der Entwurf wieder die Vokabel "Vertrag" verwende 58.
5. Der Ort des öffentlich-rechtlichen Vertrages in der verwaltungsrechtlichen Dogmatik Einen endgültigen Schlußstrich vermochte allerdings auch das Inkrafttreten der Verwaltungsverfahrensgesetze von Bund und Ländern, das noch zehn Jahre auf sich warten ließ, nicht unter die Diskussion über die Zulässigkeit des öffentlich-rechtlichen Vertrages als Handlungsmittel der Verwaltung zu ziehen. Die bereits erledigt geglaubte Auseinandersetzung lebte 1982 noch einmal auf. Püttner forderte im Hinblick auf die bis dahin gemachten Erfahrungen mit öffentlich-rechtlichen Verträgen, dieses Rechtsinstitut gesetzlich nicht länger als Alternative zum Verwaltungsakt, sondern nur noch als besondere Handlungsform der Verwaltung zur Bewältigung von Ausnahmesituationen zu gestalten. Zur Begründung verwies er nicht nur darauf, daß die Praxis das Rechtsinstitut nicht angenommen habe, sondern griff auch die Bedenken gegen die "Käuflichkeit" günstiger Ermessensentscheidungen wieder auf, die 20 Jahre zuvor Bullinger so nachdrücklich geltend gemacht hatte59.
56 Bullinger, Zur Notwendigkeit funktionalen Umdenkens des öffentlichen und privaten Vertragsrecht im leistungsintensiven Gemeinwesen, in: Gedächtnisschrift für Hans Peters, S. 667 ff. 57
Siehe dazu Bullinger, öffentliches Recht und Privatrecht.
58
Bullinger, Zur Notwendigkeit funktionalen Umdenkens des öffentlichen und privaten Vertragsrechts im leistungsintensiven Gemeinwesen, in: Gedächtnisschrift Hans Peters, S. 667 (679 f.); vgl. ferner denselben, DÖV 1977, 812, wo die Zulässigkeit des öffentlich-rechtlichen Vertrages nicht mehr angezweifelt wird. 59 Püttner, DVB1. 1982,122.
I. Abgrenzung öffen.-rechtl./privatrechtl. Verträge
341
Durchsetzen konnten sich diese Bedenken jedoch auch jetzt nicht 60 . Die prinzipielle Zulässigkeit des öffentlich-rechtlichen Vertrages wird allerdings ungeachtet von § 54 VwVfG weiterhin für begründungsbedürftig gehalten61. Im Mittelpunkt einschlägiger Überlegungen steht mittlerweile der Wandel der Staatsauffassung, der dazu geführt hat, daß ein Subordinationsverhältnis zwischen Staat und Bürger nicht mehr unbestritten ist. Während die liberal-konstitutionelle Staatsrechtslehre den Staat noch als höhere Einheit begriff, die mit ihren Gliedern nicht auf gleicher Ebene stand, sondern ihnen kraft eigener Souveränität hoheitlich überlegen war, stehen nach einer neueren Lehre Staat und Bürger in einem Rechtsverhältnis zueinander, das von Rechten und Pflichten geprägt ist 62 . Die Subjektsqualität des Bürgers gegenüber dem Staat ermöglicht nach heutiger Auffassung vertragliche Beziehungen zwischen beiden, die im Rahmen des allgemeinen Herrschaftsverhältnisses zwischen Staat und Bürger bestehen. Wo ein Vertrag an die Stelle eines Verwaltungsaktes tritt, stehen sich Staat und Bürger zwar als Vertragspartner gleichgeordnet gegenüber, ohne daß jedoch die grundsätzliche Rechtsmacht des Staates beseitigt wäre, durch einen Verwaltungsakt einseitig das Rechtsverhältnis gegenüber dem Bürger zu gestalten. Vertragliche Beziehungen zwischen Staat und Bürger ersetzen in gewissen Bereichen die einseitig hoheitliche Gestaltung der Rechtsbeziehungen zwischen beiden durch eine zweiseitig-einvernehmliche 63. Als Ergebnis der bisherigen Untersuchung kann damit festgehalten werden, daß sich der öffentlich-rechtliche Vertrag als Handlungsform der Verwaltung durchgesetzt hat. Die grundsätzlichen Bedenken gegen das Rechtsinstitut, die lange Zeit hindurch das deutsche Verwaltungsrecht geprägt haben, dürfen als überwunden gelten. In Vergessenheit geraten sollten sie nicht. Zu Recht haben sie nämlich die Eikenntnis gefördert, daß der öffentlich-rechtliche Vertrag nicht Ausfluß eines "privatautonomen" Handelns der Verwaltung sein kann. Vielmehr binden die Verwaltungsverfahrensgesetze staatliches Handeln auch dort ein, wo es sich der Vertragsform bedient. Sie müssen demgemäß so interpretiert werden, daß die Wahl des Vertrages einer Behörde nicht die Flucht aus den Bindungen des öffentlichen Rechts in die zivilrechtliche Vertragsfreiheit ermöglicht Das gilt auch und gerade für die Abgrenzung zwischen öffentlichrechtlichen und zivilrechtlichen Verträgen. Der Begriff des öffentlich-rechtlichen Vertrages muß so verstanden, die gesetzliche Definition dieses Vertrages muß so interpretiert werden, daß sie vertragliches Handeln der öffentlichen 60
Siehe nur die Erwiderang auf Püttner von Heberlein, DVB1. 1982, 763.
61
Henke, JZ 1984, 441.
62
Zu den Verwaltungsrechtsverhältnissen Achterberg, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 20 Rdnr. 32 ff. (S. 381 ff.) 63 Siehe dazu neben Henke, JZ 1984, 441 (442) und Heberlein, DVB1.1982, 763 (766 f.) Gusy, DVB1. 1983,1222 (1224 f.); anderer Auffassung Püttner, DVB1. 1982, 122 (124).
342
8. Kapitel: Vertraglich begründete Konzessionsabgaben
Hand überall dort erfassen, wo diese nicht Privaten wie ein Privater gegenübertritt. Nur auf der Ebene der Gleichstellung zwischen Staat und Bürgern ist Raum für ein Verwaltungsprivatrecht 64.
6. Die Folgerungen für Konzessionsabgabenverträge Führt man sich diesen Zusammenhang vor Augen, ergeben sich Folgerungen für bestimmte Verträge zwischen Staat und Bürger, deren Zuordnung zum öffentlichen bzw. privaten Recht Schwierigkeiten bereitet. Es handelt sich dabei um Verträge, in denen der Staat sich zu einem hoheitlichen Handeln verpflichtet, der Bürger aber eine Leistung übernimmt, die zivilrechtlich zu beurteilen wäre, wenn sie einem anderen Bürger versprochen würde. Zu diesen Verträgen gehören solche, in denen die Verwaltung sich zur Erteilung einer Konzession verpflichtet und der Bürger im Gegenzug eine Geldleistung übernimmt. Ihre Zuordnung ist in Rechtsprechung und Literatur nicht eindeutig geklärt.
a. Die Zuordnung gemischter Verträge Das Bundesverwaltungsgericht geht davon aus, daß Verträge nicht notwendig insgesamt öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich zu qualifizieren sind, sondern daß sich in einem Vertrag grundsätzlich öffentlich-rechtliche und privatrechtliche Elemente mischen können. Ein gemischter Vertrag sei aber dann nicht gegeben, wenn es um Leistung und Gegenleistung gehe, die sich innerhalb eines Vertrages gegenüberstehen: "Die Vorstellung, daß sich in einem Vertrag privatrechtliche Leistungen mit öffentlich-rechtlichen Gegenleistungen verknüpfen ließen, führte zu einem 'Vertrag', in dem Leistung und Gegenleistung nicht zusammengehören, sondern auseinanderstreben" 65. Die öffentlichrechtliche Qualität einer Leistung bewirkt nach dieser Rechtsprechung, daß auch die ihr synallagmatisch verbundene Gegenleistung - selbst wenn sie an sich dem bürgerlichen Recht zuzuordnen wäre - nach öffentlichem Recht zu beurteilen ist Das gilt nicht nur für Leistungen und korrespondierende Gegenleistungen eines gegenseitigen Vertrages. Für das Bundesverwaltungsgericht macht es keinen Unterschied, ob sich Ansprüche gegenüberstehen oder ob zwei Leistun-
64 Zu diesem Begriff Erichsen, Staatsrecht und Verfassungsgerichtsbarkeit, S. 107 ff.; Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, S. 197; Ossenbühl, DÖV 1971, 513; Wolff/Bachof, Verwaltungsrecht I, § 23 I I b (S. 108 ff.), alle mit weiteren Nachweisen. 65 BVerwG, Urteil vom 1. Febraar 1980, DVB1. 1980, 686 (687); siehe femer BVerwG, Urteil vom 29. Mai 1981, DÖV 1981, 878.
I. Abgrenzung öffen.-rechtl./privatrechtl. V e r t r ä g e 3 4 3 gen durch den Vertrag lediglich so verknüpft sind, daß die eine "Bedingung" der anderen ist, aber nicht erbracht zu werden braucht, wenn die andere nicht erbracht wird. Damit sucht das Gericht der Tatsache gerecht zu werden, daß die öffentliche Hand oft rechtlich gehindert ist, "bestimmte Bindungen in einer sozusagen voll ausgebildeten, sogar zu Ansprüchen der Gegenseite führenden Form einzugehen"; das gilt etwa bei Folgekosten Verträgen für die Aufstellung eines Bebauungsplanes durch die Gemeinde bzw. für deren Mitwirkung an Baugenehmigungsverfahren. Das Gericht begründet diesen Vorrang der öffentlich-rechtlichen Zuordnung auch bei nicht synallagmatischer Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung mit dem Wesen des Vertrages, der Gleichrangigkeit der Vertragspartner, der Gleichwertigkeit ihrer Stellung innerhalb des Vertrages und den Rechtswegzuweisungen66. Anders als das Bundesverwaltungsgericht stellt der Bundesgerichtshof auf den Schwerpunkt des gemischten Vertrags ab, für den wiederum das Gesamtbild der Vereinbarung entscheidend sein soll 67 . Auch dieses Vorgehen führt zu einer einheitlichen Zuordnung gemischter Verträge, wobei die Qualifikation als öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich allerdings nur schwer voraussehbar ist. So hat der Bundesgerichtshof einerseits einen Anbauvertrag als öffentlichrechtlich qualifiziert, weil die Gemeinde sich für die Durchführung ihrer öffentlich-rechtlichen Aufgaben eine Geldleistung des Bürgers habe zusichern lassen68. Andererseits hat er einen Grundstückskaufvertrag zwischen einem Bürger und einer Gemeinde dem Privatrecht zugerechnet, obwohl die Gemeinde als Grundstücksverkäuferin nach einer Vertragsbestimmung bis zu einem bestimmten Zeitpunkt einen Bebauungsplan erstellen sollte. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs diente die von den Parteien angestrebte Ausübung der Planungshoheit dazu, die in dem Vertrag vorausgesetzte bauliche Nutzung des verkauften Grundstücks zu ermöglichen, so daß sie sich als Mittel zur Verwirklichung des Kaufvertrages in den Gesamtcharakter des privatrechtlichen Vertrages einfügte 69. Da es weiter zum Inhalt des Vertrages gehörte, daß die Gemeinde das Gebiet aufschloß, den Benutzungsumfang festlegte und keine öffentlichen Bedarfsflächen auswies70, überrascht diese Bestimmung des Vertragsschwerpunktes. Das gilt selbst dann, wenn man mit dem Bundesgerichtshof den Vertrag so interpretiert, daß die Gemeinde sich nicht zu einer bestimmten Bauleitplanung verpflichtet habe - was nach der Rechtsprechung des
66
BVerwGE 42,331 (333).
67
BGHZ 56,365 (373 f.); 76,16 (20,28).
68
BGHZ 56,365 (373).
69
BGHZ 76,16 (20).
70
BGHZ 76,16 (17 f.).
344
8. Kapitel: Vertraglich begründete Konzessionsabgaben
Bundesverwaltungsgerichts ausgeschlossen ist 71 -, sondern nur zu einer RisikoÜbernahme. Die könne darauf gerichtet sein, dem Vertragspartner Schadensersatz zu leisten, wenn es nicht zu der angestrebten Bauleitplanung kommen sollte 72 . Auch die herrschende Lehre ordnet die Mischverträge gerade entgegen dieser Bezeichnung einheitlich zu, und zwar im Zweifel dem öffentlichen Recht 73 . Stehen dagegen privatrechtliche und öffentlich-rechtliche Verpflichtungen inhaltlich ausnahmsweise völlig selbständig nebeneinander und sind nur gleichsam zufallig in einer Urkunde formell zusammengefaßt - was nur selten der Fall sein wird -, handelt es sich um zusammengesetzte Verträge 74, deren einzelne Bestandteile jeweils nach dem für sie maßgebenden Recht zu beurteilen sind; materiell gesehen werden mehrere Verträge abgeschlossen, die nur aus Vereinfachungsgründen in einer Urkunde zusammengefaßt sind. Im Regelfall des synallagmatischen Vertrages führt die einheitliche Zuordnung dagegen nach der herrschenden Lehre zu einer Qualifizierung des gesamten Vertrages als öffentlich-rechtlich. Das ergibt sich bereits aus dem Synallagma selbst, das gerade zu einer rechtlichen Abhängigkeit des Bestandes jeder vertraglichen Verpflichtung von der ihr gegenüberstehenden Verpflichtung führt. Damit sind aber noch nicht alle Probleme gelöst. Vielmehr bleibt die Frage, ob Verträge denkbar sind, die eine - möglicherweise unbedeutende - Pflicht der Verwaltung zu einem öffentlich-rechtlichen Handeln umfassen und trotzdem in einer Art Gesamtschau dem Zivilrecht zuzurechnen sind. Geht man nur von einer Vermutung für den öffentlich-rechtlichen Charakter eines Vertrages aus, an dem der Staat oder eine seiner Behörden beteiligt sind, oder stellt man auf das
71 BVerwG, Urteil vom 1. Febniar 1980, DVB1. 1980, 686; Urteil vom 29. Mai 1981, DÖV 1981, 878; weitere Nachweisung zu Rechtsprechung und herrschender Lehre bei Papier, NJW 1980,2538 und demselben, JuS 1981,498 (500 ff.). 72
B G H Z 7 6 , 1 6 (24 ff.).
73
Bisek, Der öffentlich-rechtliche Vertrag nach dem Musterentwurf eines Verwaltungsverfahrensgesetzes in der Fassung von 1963, in der "Münchener Fassung" von 1966 und dem Schleswigholsteinischen Landesverwaltungsgesetz, S. 33 f.; Bonk, Rdnr. 36 zu § 54, in: Stelkens/Bonk/Leonhardt, Verwaltungsverfahrensgesetz; Erichsen, Das Verwaltungshandeln, in: derselbe, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 25 II (S. 315 f.); Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz, Rdnr. 4. 3 zu § 54; Kopp, Verwaltungsverfahrensgesetz, Rdnr. 8 zu § 54; Lange, NVwZ 1983, 313 (318 ff.); Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 14 Rdnr. 11, S. 308 ff.; Meyer/Borgs-Maciejewski, Verwaltungsverfahrensgesetz, Rdnr. 30 f. zu § 54; Obermayer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz, Rdnr. 32 zu § 54; Schimpf, Der verwaltungsrechtliche Vertrag unter besonderer Berücksichtigung seiner Rechtswidrigkeit, S. 63 ff.; Tschaschnig, Die Nichtigkeit subordinationsrechtlicher Verträge nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz, S. 20 f.; Ule/Laubinger, Verwaltungsverfahrensrecht, S. 509. 74
So die anschauliche Bezeichnung von H. Meyer, ebenda, Rdnr. 31 zu § 54.
I. Abgrenzung öffentl.-rechtl./privatrechtl. Verträge
345
Schwergewicht der Vereinbarung ab, erscheint das nicht ausgeschlossen. Dem steht jedoch die Bindung der Verwaltung an das öffentliche Recht entgegen.
b. Die Bindung der Verwaltung an das öffentliche Recht Wegen der strikten Bindung der Verwaltung an das öffentliche Recht kann aber ein Vertrag, an dem sie beteiligt ist, in keinem Fall als zivilrechtlich angesehen werden, in dem es um öffentlich-rechtlich geregelte Rechte und Pflichten geht. Unabhängig von der Gegenseitigkeit vertraglicher Pflichten und Ansprüche muß jeder Vertrag, zu dessen Inhalt auch nur eine Pflicht gehört, die öffentlich-rechtlich zu beurteilen ist, insgesamt dem öffentlichen Recht zugeordnet und dessen besonderen Bindungen unterworfen werden. Nur so ist gewährleistet, daß sich die öffentliche Hand nicht durch eine Flucht in die Handlungsform des Vertrages die Handlungsspielräume erschleichen kann, die die Vertragsfreiheit als Ausfluß der Privatautonomie gewährt, die aber dem Staat und seinen Einrichtungen für ihr öffentlich-rechtlich gebundenes Handeln gerade nicht zur Verfügung steht75. Werden Verträge, die auch öffentlich-rechtliche Bestandteile aufweisen, nach Schwerpunkt, Gesamtbild oder einer sonstigen wertenden Betrachtungsweise dem Privatrecht zugeordnet, droht die Gefahr einer Kommerzialisierung der öffentlichen Verwaltung, die lange Zeit die Anerkennung des öffentlich-rechtlichen Vertrages im deutschen Verwaltungsrecht verhindert hat. Nur dort, wo das Handeln der Verwaltung unabhängig von der Wahl der Vertragsform dem öffentlichen Recht nicht unterliegt, wie etwa bei Beschaffungsgeschäften oder beim Betrieb eines erwerbswirtschaftlichen Unternehmens, kommt das Privatrecht auch für Verträge zur Anwendung, an denen die öffentliche Hand beteiligt ist 76 . Auch unvollkommen zweiseitige Verträge, bei denen die Veipflichtungen beider Vertragspartner nicht im Verhältnis von Leistung und Gegenleistung stehen, müssen deshalb dem öffentlichen Recht zugeordnet werden 77. Schließlich ergibt sich aus dem Vorstehenden, warum die sogenannten hinkenden Austauschverträge 78 dem öffentlichen Recht zuzurechnen sind. In solchen Verträgen verpflichtet sich nur der Vertragspartner der Behörde, nicht aber diese zu einer Leistung; die Gegenleistung der Behörde bildet den Zweck 75
Ähnlich die Begründung von Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz, Rdnr. 4. 3 zu § 54.
76
Siehe Bullinger, Vertrag und Verwaltungakt, S. 254.
77
Anderer Auffassung Papier, JuS 1981,498 (499).
78
So die Bezeichnung von H. Meyer, in: derselbe/Borgs-Maciejewski, Verwaltungsverfahrensgesetz, Rdnr. 25 zu § 54 und Rdnr. 6 zu § 56.
346
8. Kapitel: Vertraglich begründete Konzessionsabgaben
des Vertrages, wird von dieser aber entweder außervertraglich versprochen oder von den Vertragspartnern stillschweigend vorausgesetzt und steht so in einem untrennbaren Zusammenhang mit der Leistung des Bürgers 79. Solange nur ein untrennbarer, sei es auch nicht im Vertrag erwähnter Zusammenhang zwischen der Leistung des Privaten und einem öffentlich-rechtlich zu beurteilenden Handeln einer Behörde besteht, muß öffentliches Recht zur Anwendung kommen. Der Behörde kann es nicht freistehen, sich durch geschickte Vertragsgestaltung den Bindungen ihres Sonderrechts zu entziehen. Auch wenn die öffentliche Hand formell keine Verpflichtung eingeht, handelt es sich in diesen Fällen materiell um ein auf Gegenseitigkeit abgestelltes Leistungsverhältnis, dessen eigentliches Ziel die öffentlich-rechtliche Behördenleistung ist 80 . Es ist also nicht nur die "Relation zu dem öffentlich-rechtlichen Zweck" bzw. die "größere Sachnähe der Verwaltungsgerichte zu der genuin öffentlichrechtlichen Fragestellung", die für die Zuordnung hinkender Austauschverträge zum öffentlichen Recht sprechen 81. Vielmehr gibt den Ausschlag, daß eine Behörde - etwa eine Gemeinde in Folgekostenverträgen - sich zwar nicht im Vertrag selbst zu öffentlich-rechtlich zu qualifizierenden Leistungen verpflichtet, diese Leistungen aber wegen ihres untrennbaren Zusammenhangs mit der Leistung des Bürgers die Geschäftsgrundlage des Vertrages bilden. Wenn öffentlich-rechtliche Leistungen von einem Hoheitsträger in direktem Zusammenhang mit einem Vertrag erbracht werden, ist dieser Vertrag dem öffentlichen Recht zuzurechnen, weil andernfalls die Gesetzesbindung und Gemeinwohlverpflichtung der öffentlichen Hand durch die zivilrechtliche Vertragsfreiheit ersetzt würden. Dieser Vorrang der öffentlich-rechtlichen Zuordnung kommt auch in § 54 Satz 2 VwVfG zum Ausdruck, der die Behörde ausdrücklich ermächtigt, anstatt einen Verwaltungsakt zu erlassen, einen öffentlich-rechtlichen Vertrag mit demjenigen zu schließen, an den sie sonst den Verwaltungsakt richten würde. Im Anschluß an Rechtsprechung und Schrifttum, die diesen Vertrag traditionell als "subordinationsrechtlich" bezeichnen - im Gegensatz zum "koordinationsrechtlichen Vertrag zwischen gleichgeordneten Partnern 82 -, hat der Gesetzgeber hier den Vertrag zwischen Staat und Bürger gesondert erwähnt und auf ihn das Schwergewicht der gesetzlichen Regelung gelegt. Er ging davon aus, daß
79 Book, Rdnr. 17 zu § 56, in: Stelkens/Bonk/Leonhardt, Verwaltungsverfahrensgesetz; Göldner, JZ 1976, 352 (356); Kopp, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 56 Rdnr. 7; Ule/Laubinger, Verwaltungsverfahrensrecht, S. 528 f. 80
BGH, Urteil vom 31. Januar 1972, NJW 1972,585.
81
So aber Lange, NVwZ 1983, 313 (320).
82 Zur Unterscheidung siehe nur Stern, Verwaltungsarchiv 49 (1958), 106 (143 ff.) mit weiteren Nachweisen.
I. Abgrenzung öffen.-rechtl./privatrechtl. V e r t r ä g e 3 4 7 dieser Typ des Vertrages einer stärkeren gesetzlichen Bindung bedürfe als der Vertrag zwischen Partnern, die sich auch sonst gleichgeordnet gegenüberstehen. Deshalb wurden Vergleichs- und Austauschverträge zwischen Staat und Bürgern in gesonderten Vorschriften ausführlich geregelt. Insbesondere die rechtliche Ausgestaltung des öffentlich-rechtlichen Austauschvertrages soll einerseits den oft befürchteten "Ausverkauf von Hoheitsbefugnissen" verhindern, andererseits aber auch den Bürger vor nicht gerechtfertigten Bindungen schützen83. Durch diese detaillierten Regelungen von Verträgen zwischen Staat und Bürgern, in denen die Behörde die Vertragsform anstelle des Verwaltungsaktes wählt, um die ihr gestellten Aufgaben zu erfüllen, und der Bürger in aller Regel eine wirtschaftliche Gegenleistung erbringt, die für sich genommen nach bürgerlichem Recht zu beurteilen wäre, hat der Gesetzgeber unmißverständlich klargemacht, daß er solche, oft als "gemischt" bezeichneten Verträge als geradezu typische Formen des öffentlich-rechtlichen Vertrages ansieht. Nur indem vertragliche Beziehungen zwischen Staat und Bürger, in denen es um den Austausch von hoheitlich zu erbringenden Leistungen und geldwerten Gegenleistungen geht, den speziellen Bindungen des öffentlichen Rechts in der Ausgestaltung der Verwaltungsverfahrensgesetze unterworfen werden, können die Bedenken überwunden werden, die lange Zeit einer Anerkennung des öffentlich-rechtlichen Vertrages in der Hoheitsverwaltung entgegenstanden84. Konzessionsabgabenverträge sind demgemäß als öffentlich-rechtlich zu qualifizieren. Zwar könnte die vom Konzessionär übernommene Geldleistungspflicht für sich genommen auch dem Privatrecht unterfallen. Da die Zahlungspflicht aber vertraglich in Bezug zur Erteilung der Konzession - also einem Verwaltungshandeln, das für sich genommen einen Verwaltungsakt darstellt - gesetzt wird, unterfällt der gesamte Vertrag dem öffentlichen Recht. Das gilt selbst dann, wenn die Konzessionserteilung im Vertrag nicht erwähnt wird, aber dessen Geschäftsgrundlage bildet. Auch unter diesen Umständen ist die Geldleistung des Bürgers untrennbar mit einem öffentlich-rechtlich zu beurteilenden Verwaltungshandeln verbunden.
83
Siehe die Begründung zu §§ 50-52 des Regierungsentwurfs eines Verwaltungsverfahrensgesetzes des Bundes, Bundestagsdrucksache 7/910, S. 78 ff. 84 Der Entscheidung des Gesetzgebers für diese Qualifizierung der sogenannten "gemischten" Verträge hat sich auch Gem gebeugt, der in seiner 1977 erschienenen Dissertation "Der Vertrag zwischen Privaten über öffentlich-rechtliche Berechtigungen und Verpflichtungen", S. 79 ff., den subordinationsrechtlichen Vertrag noch je nach Regelungsgegenstand auf seiten der Verwaltung dem öffentlichen Recht und auf seiten des Privaten dem Privatrecht zuordnen wollte, mittlerweile aber, um einen "klaren Widersprach zur gesetzlichen Regelung" zu vermeiden, solche Verträge insgesamt als öffentlich-rechtlich qualifiziert, an denen zumindest eine der Vertragsparteien als öffentlich-rechtlicher Sonderrechtsträger (Hoheitsträger) beteiligt ist; siehe Gern, Verwaltungsarchiv 70 (1979), 219 (229 ff.).
348
8. Kapitel: Vertraglich begründete Konzessionsabgaben Π. Die Zulässigkeit von Konzessionsabgabenverträgen
Konzessionsabgabenverträge sind gemäß § 54 Satz 1 VwVfG 8 5 zulässig, "soweit Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen". Die Reichweite dieser Vorschrift ist umstritten. Sie sollte den alten Streit darüber beenden, ob die Handlungsform öffentlich-rechtlicher Vertrag nur aufgrund einer besonderen Ermächtigung oder schon mangels eines gesetzlichen Verbots in Betracht kommt. Die gesetzliche Regelung bringt in diesem Punkt weniger Klarheit, als das auf den ersten Blick erscheinen mag (1.). Sie wirft zudem die Frage auf, ob die erwähnten Vorschriften sich nur auf die Vertragsform oder auch auf den Vertragsinhalt beziehen (2.). Diese Frage muß beantwortet werden, bevor die Rechtsfolgen von Verstößen gegen § 54 Satz 1 VwVfG bestimmt (3.) und die Vereinbaikeit von Konzessionsabgabenverträgen mit dieser Norm untersucht werden kann (4.).
1. Die grundsätzliche Zulassung des öffentlich-rechtlichen
Vertrages
Mit seiner Entscheidung, öffentlich-rechtliche Verträge nicht nur bei Vorliegen einer besonderen gesetzlichen Ermächtigung zuzulassen, hat der Gesetzgeber den seinerzeitigen Stand von Rechtswissenschaft und Praxis festgeschrieben. Während die Zulässigkeit des koordinationsrechtlichen Vertrages im gesetzlich nicht geregelten Bereich auch vor Inkrafttreten des Verwaltungsverfahrensgesetzes außer Zweifel stand, verlangten manche Autoren für den sogenannten subordinationsrechtlichen Vertrag eine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung 86 . Diese "normative" Richtung war jedoch schon vor Inkrafttreten des Verwaltungsverfahrensgesetzes in eine Minderheitsposition geraten. Durchgesetzt hatte sich die "utilitaristische" Richtung, die eine normative Zulassung des öffentlich-rechtlichen Vertrages für entbehrlich hielt; zulässig war der Vertrag als Handlungsform danach bereits deshalb, weil er erforderlich, zweckmäßig und nützlich sei sowie dem Gebot der Einfachheit, Praktikabilität und der tatsächlichen Übung entspreche 87.
85 Im folgenden werden zur Vereinfachung der Darstellung nur die Bestimmungen des Verwaltungsverfahren sgesetzes des Bundes herangezogen, die aber inhaltlich mit den entsprechenden landesrechtlichen Normen übereinstimmen. 86
So schon Loening, Lehrbuch des Deutschen Verwaltungsrechts, S. 254 f.; femer Heiner, Institutionen des deutschen Verwaltungsrechts, S. 209 ff.; Stem, Verwaltungsarchiv 49 (1958), 106 (114 ff.) mit umfangreichen Nachweisen zum seinerzeitigen Meinungsstand. 87 BGH, Urteil vom 29. November 1956, DVB1. 1957, 348; BGHZ 22, 246 (250 ff.); BVerwGE 23, 213 (215 f.); OVG Münster, Urteil vom 4. Mai 1972, DVB1. 1972, 799; Apelt, Der verwaltungsrechtliche Vertrag, S. 167 f.; derselbe, AöR 84 (1959), 249 (254); Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, S. 279; Menger, Verwaltungsarchiv 61 (1970), 208; Pieper, DVB1. 1967,
Π. Zulässigkeit von Konzessionsabgabenverträgen
349
Die Regelung des § 54 Satz 1 VwVfG wird damit begründet, daß in der grundsätzlichen Zulässigkeit des öffentlich-rechtlichen Vertrages ein Ausdruck der im modernen Rechtsstaat im Vergleich zum Obrigkeitsstaat völlig geänderten Stellung des Bürgers zu sehen sei, der nicht mehr nur als Objekt des Verwaltungshandelns betrachtet werde 88. Neben diesem staatstheoretischen Gedanken haben aber auch die Bedürfnisse der Praxis eine Rolle gespielt. Die Verwaltung war angesichts der relativ wenigen ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigungen zum Abschluß verwaltungsrechtlicher Verträge 89 längst dazu übergegangen, solche Verträge auch ohne ausdrückliche Ermächtigung in einem Gesetz abzuschließen. Angesichts dieser tatsächlichen Gegebenheiten wollte der Gesetzgeber eine "ungerechtfertigte Verbannung notwendiger öffentlich-rechtlicher Verträge in die Illegitimität" 90 vermeiden, zumal er davon ausging, daß Treu und Glauben, das Verhältnismäßigkeitsprinzip und eine sorgfältige Ausübung des Verwaltungsermessens die Handlungsform des öffentlich-rechtlichen Vertrages voraussetzten 91. Die gesetzliche Entscheidung für die Zulässigkeit des öffentlich-rechtlichen Vertrages, "soweit Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen", beseitigt aber keineswegs alle Zweifelsfragen. Zwar ist nunmehr festgelegt, daß es einer ausdrücklichen Ermächtigung der Verwaltung zum Abschluß öffentlich-rechtlicher Verträge nicht bedarf. Umgekehrt steht ein ausdrückliches gesetzliches Verbot der Anwendung des Rechtsinstituts entgegen. Diese Fälle ausdrücklicher Normierung sind aber vergleichsweise selten. In aller Regel bedarf es einer Auslegung der einschlägigen Vorschriften, um zu ermitteln, ob sie den öffentlich-rechtlichen Vertrag zulassen oder nicht. Das hatte schon vor Inkrafttreten der Verwaltungsverfahrensgesetze dazu geführt, daß sich "normative" und "utilitaristische" Richtung praktisch wenig unterschieden. Berücksichtigt man nämlich die Möglichkeit, daß ein Gesetz oder eine sonstige Rechtsvorschrift einen öffentlich-rechtlichen Vertrag sowohl stülschweigend gestatten als auch stillschweigend ausschließen kann, ergibt sich die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit der Handlungsform des öffentlich11; H.H. Rupp, JuS 1961, 61 f.; Wolff/Bachof, § 44 II c 2 (S. 346); Nachweise der älteren Literatur seit Max von Seydel, Grundzüge einer allgemeinen Staatslehre, S. 51, bei Stern, Verwaltungsarchiv 49 (1958), 106 (114 und 117 ff.). 88
BVerwGE 23,213 (216).
89
Siehe z.B. §§ 177 und 206 Bundesentschädigungsgesetz; § 18 Schutzbereichsgesetz; § 37 Landbeschaffungsgesetz; § 32 Abs. 3, 5 und 6 Personenbeförderungsgesetz; § 13 Abs. 6 Bundesfernstraßengesetz; weitere ausdrückliche gesetzliche Regelungen der Zulässigkeit öffentlich-rechtlicher Verträge sind in der Regierungsbegründung zum Entwurf eines Verwaltungsverfahrensgesetz aufgezählt, Bundestagsdrucksache 7/910, S. 78. 90 So die Formulierung von Salzwedel, Die Grenzen der Zulässigkeit des öffenüich-rechtlichen Vertrages, S. 256. 91
Siehe Bundestagsdrucksache VI/1173, S. 62 f. und 7/910, S. 78 f.
350
8. Kapitel: Vertraglich begründete Konzessionsabgaben
rechtlichen Vertrages im Ergebnis nur aus der Auslegung der im Einzelfall maßgeblichen Vorschriften. Lassen sie den Vertrag zu, enthalten sie damit die von der "normativen" Richtung geforderte Ermächtigung, lassen sie den Vertrag nicht zu, kann das ein auch von der "utilitaristischen" Richtung als verbindlich angesehenes Verbot der Handlungsform darstellen 92. Auch die Verwaltungsverfahrensgesetze verweisen Verwaltung und Rechtsprechung auf die Auslegung im Einzelfall. Wann der öffentlich-rechtliche Vertrag als Handlungsform zulässig ist, ergibt sich immer erst aus einer gründlichen Interpretation der einschlägigen Rechtsvorschriften. Das war dem Gesetzgeber durchaus bewußt. Er hat ausdrücklich darauf hingewiesen, daß vielfach nicht auf den ersten Blick zu erkennen sei, ob dem öffentlich-rechtlichen Vertrag Rechtsvorschriften entgegenstünden, weil es kaum formelle Verbote geben werde. "Ein solches Verbot kann sich jedoch sinngemäß aus dem Gesamtinhalt eines Gesetzes oder einer zusammenhängenden gesetzlichen Regelung ergeben, die zeigt, daß der Gesetzgeber die Rechtsverhältnisse abschließend normieren wollte" 93 . Das bedeutet, daß in der Verwaltungspraxis auch künftig durch sorgfältige Interpretation zu ermitteln sein wird, ob die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen den Gebrauch der Vertragsform gestatten oder nicht. § 54 Satz 1 VwVfG ist nicht so zu verstehen, als ob nur ein ausdrückliches Verbot dem Abschluß öffentlich-rechtlicher Verträge entgegenstehe. Umgekehrt läßt sich der Vorschrift entnehmen, daß der öffentlich-rechtliche Vertrag in Zweifelsfällen, in denen die Auslegung der in Frage kommenden Norm nicht zu einem eindeutigen Ergebnis führt, von der Verwaltung als Handlungsform genutzt werden kann.
2. Der Vertragsinhalt
als Zulässigkeitskriterium
Probleme wirft die Interpretation von § 54 Satz 1 VwVfG aber insoweit auf, als darüber gestritten wird, ob sie sich nur auf die Vertragsform oder auch auf den Vertragsinhalt bezieht. § 121 des Landes Verwaltungsgesetzes von Schleswig-Holstein vermeidet diese Probleme, weil er ausdrücklich nur die Handlungsform des öffentlich-rechtlichen Vertrages betrifft: "Ein Rechtsverhältnis auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts kann durch Vertrag begründet, geän-
92 93
Bleckmann, Verwaltungsarchiv 63 (1972), 404 (407).
So schon die Formulierung in der Begründung des Musterentwurfs eines Verwaltungsverfahrensgesetzes, S. 191 f.; Bullinger hat darauf hingewiesen, daß damit an gesetzlicher Deckung des Vertragsschlusses kaum weniger als eine spezialgesetzliche Ermächtigung verlangt werde, siehe Bullinger, Zur Notwendigkeit funktionalen Umdenkens des öffentlichen und privaten Ver-
Π. Zulässigkeit von Konzessionsabgabenverträgen
351
dert oder aufgehoben werden (öffentlich-rechtlicher Vertrag), soweit Rechtsvorschriften dieser Handlungsform nicht entgegenstehen." Obwohl § 54 Satz 1 VwVfG die entscheidenden Worte "dieser Handlungsform" nicht enthält, soll er nach einer vor allem von Hans Meyer nachdrücklich vertretenen Auffassung ebenfalls nur ein Vertragsformverbot enthalten. Zur Begründung verweist Meyer darauf, daß § 59 VwVfG das Schicksal von Verträgen mit rechtswidrigem Inhalt regele 94. Für die Annahme eines Vertragsformverbotes spricht darüber hinaus die systematische Stellung des § 54 Satz 1 VwVfG neben § 54 Satz 2 VwVfG, der den öffentlich-rechtlichen Vertrag "insbesondere" als Ersatz für einen Verwaltungsakt zuläßt, sich also ausdrücklich auf die Zulässigkeit der Handlungsform des Vertrages bezieht Nach der Gegenmeinung, die vor allem von Ule und Laubinger vertreten wird, erstreckt sich § 54 Satz 1 VwVfG über die Vertragsform hinaus auch auf den Inhalt öffentlich-rechtlicher Verträge 95. Ein Verständnis des § 54 Satz 1 VwVfG als bloßes Rechtsformverbot könne demgegenüber nur geringe praktische Bedeutung entfalten, weil die eigentlichen Probleme, die der öffentlichrechtliche Vertrag aufwerfe, sich auf seinen Inhalt bezögen. Zudem ergebe sich auch aus der Entstehungsgeschichte kein eindeutiger Anhaltspunkt dafür, daß der Gesetzgeber ein bloßes Rechtsformverbot habe normieren wollen 96 . Zum Entstehen dieses Meinungsstreits haben die Begründung des Musterentwurfs und die Begründung des Regierungsentwurfs eines Verwaltungsverfahrensgesetzes aus dem Jahre 1973 beigetragen. Zwar unterschied bereits der Musterentwurf ebenso wie später der Regierungsentwurf klar zwischen der Zulässigkeit der Handlungsform des öffentlich-rechtlichen Vertrages und destragsrecht im leistungsintensiven Gemeinwesen, Gedächtnisschrift Hans Peters, S. 667 (677) - diese Interpretation ist jedenfalls möglich. 94 H. Meyer, NJW 1977, 1705 (1710 mit Fußnote 55); derselbe, Rdnr. 66 zu § 54, in: derselbe/ Borgs-Maciejewski, Verwaltungsverfahrensgesetz; ebenso Achterberg, JA 1979, 356 (359); derselbe, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rdnr. 244 (S. 486 f.); Badura, NJW 1978,2413 (2414); Baumanns, Die Zwangsvollstreckung aus öffenüich-rechtlichen Verträgen, S. 124 f.; Erichsen, Das Verwaltungshandeln, in: derselbe/Martens, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 27 II (S. 323); Götz, NJW 1976, 1425 (1429); Krebs, Verwaltungsarchiv 72 (1981), 49 (56, Fußnote 52); HJ. Müller, Die Verwaltung 10 (1977), 513 (522 ff.); Tschaschnig, Die Nichtigkeit subordinationsrechtlicher Verträge nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz, S. 139 ff.; so wohl auch Grupp, Verwaltungsarchiv 69 (1978), 125 (138) und Schimpf, Der verwaltungsrechtliche Vertrag unter besonderer Berücksichtigung seiner Rechtswidrigkeit, S. 175. 95 Ule/Laubinger, Verwaltungsverfahrensrecht, § 67 III (S. 517 ff.); siehe femer Blankenagel, Verwaltungsarchiv 76 (1985), 276 (292 ff.); Bonk, in: Stelkens/Bonk/Leonhardt, Verwaltungs verfahren sgesetz, Rdnr. 46 zu § 54; Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz, Rdnr. 1 zu § 54; Kopp, Verwaltungsverfahrensgesetz, Rdnr. 22 zu § 54; F. Mayer/Kopp, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 21 I (S. 267); Obermayer, BayVBl. 1977, 546 (549); Weyreuther, Ablösungsverträge, entgegenstehende Rechtsvorschriften und gesetzliche Verbote, in: Aus dem Hamburger Rechtsleben, Walter Reimers zum 65. Geburtstag, S. 379 (388 f.). 96
Blankenagel, Verwaltungsarchiv 76 (1985), 276 (294).
352
8. Kapitel: Vertraglich begründete Konzessionsabgaben
sen materiellen Schranken. Erstere sollten § 40 Musterentwurf bzw. § 50 Regierungsentwurf regeln, die dem heutigen § 54 VwVfG entsprachen, letztere sich aus den §§ 41 und 42 Musterentwurf bzw. §§51 und 52 Regierungsentwurf - heute §§55 und 56 VwVfG - ergeben 97. Zugleich bezeichnen die Entwurfsbegründungen aber gerade § 41 Musterentwurf bzw. § 51 Regierungsentwurf 1973 als mögliche "entgegenstehende Rechtsvorschrift" im Sinne von § 40 Musterentwurf bzw. § 50 Regierungsentwurf 1973, obwohl die Regelung des Vergleichsvertrages doch im Entwurf selbst als materielle Schranke des öffentlich-rechtlichen Vertrags eingeordnet ist. Diese zumindest mißverständliche Passage der Regierungsbegründung kann jedoch kein Anlaß sein, sich über die klare Systematik der §§ 54 ff. VwVfG hinwegzusetzen. Gerade im Hinblick auf die langewährenden Auseinandersetzungen zwischen normativer und utilitaristischer Richtung, die dem Gesetzgeber bekannt waren und die er endgültig beenden wollte, bedurfte es der verbindlichen Festlegung in § 54 VwVfG, unter welchen Voraussetzungen der Verwaltung die Vertragsform als Handlungsmittel zur Verfügung steht. Inhaltliche Anforderungen an den öffentlich-rechtlichen Vertrag enthalten demgegenüber §§ 55 ff. VwVfG. Diese differenzierten inhaltlichen Regelungen, insbesondere auch der Nichtigkeit des öffentlich-rechtlichen Vertrages in § 59 VwVfG, dürfen nicht durch die allgemeine Vorschrift des § 54 Satz 1 VwVfG verdrängt werden. Bezöge man § 54 Satz 1 VwVfG auch auf den Inhalt öffentlich-rechtlicher Verträge, entstünden schwierige Konkurrenzprobleme gerade auch hinsichtlich der Rechtsfolgen von Verstößen gegen § 54 Satz 1 VwVfG auf der einen und §§ 55 ff. VwVfG auf der anderen Seite. Eine Unterscheidung zwischen dem Verbot der Handlungsform des öffentlich-rechtlichen Vertrages und dem Verbot bestimmter Vertragsinhalte ist auch theoretisch und praktisch ohne weiteres möglich 98 . Entscheidendes Kriterium muß sein, ob sich aus einer gesetzlichen Regelung durch Interpretation ergibt, daß die Verwaltung unter keinen Umständen die Möglichkeit vertraglicher Abmachungen haben soll - was nur ausnahmsweise der Fall sein wird. Als Beispiele für solche Vertragsformverbote kommen etwa die Ernennung zum Beamten, die Einberufung zum Wehrdienst sowie Prüfungsentscheidungen in Betracht 99 .
97 Siehe den Musterentwurf eines Verwaltungsverfahrensgesetzes, S. 29 f. und 189 sowie Bundestagsdnicksache 7/910, S. 19 f. und 76. 98 Anderer Auffassung Heberlein, Auswirkungen der Verwaltungsverfahrensgesetze auf die Dogmatik des Verwaltungsrecht, Band II, S. 460 f. 99
Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rdnr. 26 zu § 14 (S. 322).
Π. Zulässigkeit von Konzessionsabgabenverträgen
353
3. Die Rechtsfolgen von Verstößen gegen § 54 Satz 1 VwVfG Verstößt ein öffentlich-rechtlicher Vertrag gegen § 54 Satz 1 VwVfG, so ist er unwirksam. Die herrschende Meinung folgert das aus § 59 Abs. 1 VwVfG in Verbindung mit § 134 BGB 1 0 0 . § 59 VwVfG regelt jedoch nicht die Folgen von Verstößen gegen ein Vertragsformverbot. Wenn sich die Verwaltung nämlich der Handlungsform Vertrag überhaupt nicht bedienen darf, fehlt es ihr schon an der Rechtsmacht, durch entsprechende öffentlich-rechtliche Willenserklärungen ein Rechtsverhältnis zu begründen, zu ändern oder aufzuheben. Aus dem Handlungsformverbot folgt ein "Nichtkönnen" im Sinne einer rechtlichen Unmöglichkeit. Die Behörde handelt gewissermaßen ultra vires und kann mangels Rechtsmacht keine Rechtsfolgen bewirken 101 . Demgegenüber enthalten die §§ 55 ff. VwVfG nur Regelungen über öffentlich-rechtliche Verträge, die die Verwaltung im Rahmen der ihr grundsätzlich eingeräumten Handlungsmacht geschlossen hat. Wie vor Inkrafttreten der Verwaltungsverfahrensgesetze alle öffentlich-rechtlichen Verträge nach der normativen Auffassung jedenfalls dann unwirksam waren, wenn nicht ein Gesetz die Verwaltung ausdrücklich zum Vertragsschluß ermächtigte, so sind nach Inkrafttreten der Verwaltungsverfahrensgesetze noch die Verträge unwirksam, die unter Verstoß gegen ein Handlungsform verbot abgeschlossen wurden. Dabei handelt es sich um relativ wenige Fälle, wie die oben genannten Beispiele belegen. Wenn aber z.B. eine Behörde einen Beamten nicht durch einen Verwaltungsakt, sondern stattdessen durch einen öffentlich-rechtlichen Vertrag zu ernennen versucht 102 , vermag dieser Vertrag per se überhaupt keine Rechtsfolgen auszulösen, weil die Behörde kraft der eindeutigen Regelung in § 5 Abs. 2 und 3 BRRG bzw. § 6 Abs. 2 BBG nicht über die Rechtsmacht verfügt, die benötigt wird, um vertragliche Rechtsbeziehungen zu begründen. Ein dennoch abgeschlossener Beamtenernennungsvertrag ist nicht etwa nur mit einem schweren Fehler behaftet, sondern schon von vornherein unwirksam. Allerdings macht bereits dieses Beispiel deutlich, daß in der Verwaltungspraxis Verträge, die von der Rechtsmacht der vertragsschließenden Behörde nicht gedeckt sind, nur äußerst selten vorkommen werden und es insoweit eher um theoretisch-systematische Überlegungen zur Regelungsstruktur der Verwal-
100 Achterberg, JA 1979, 356 (361); Bonk, Rdnr. 52 zu §54, in: Stelkens/Bonk/Leonhardt, Verwaltungsverfahrensgesetz; Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz, Rdnr. 6. 1 zu § 54; Ule/ Laubinger, Verwaltungsverfahrensrecht, § 70 II (S. 545). 101 Krebs, Verwaltungsarchiv 72 (1981), 49 (55) unter Bezug auf Enneccerus/Nipperdey, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, § 190 I 1 (S. 1153) und Hume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 2. Band, Das Rechtsgeschäft, § 1 (S. 1 ff.); ebenso Erichsen, Das Verwaltungshandeln, in: derselbe/Martens, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 27 IV (S. 334 ff.). 102 Anders ist es zu beurteilen, wenn sich die Behörde vertraglich nur zur Ernennung des Beamten verpflichtet und diese Verpflichtung dann durch einen Verwaltungsakt vollzieht.
23 Wieland
354
8. Kapitel: Vertraglich begründete Konzessionsabgaben
tungsverfahrensgesetze geht. Das dürfte auch erklären, warum der Gesetzgeber die Folgen von Verstößen gegen § 54 Satz 1 VwVfG nicht ausdrücklich geregelt hat. Das Interesse von Wissenschaft und Praxis konzentriert sich notwendig auf die Vertragsinhaltsverbote, während Vertragsformverbote ihren Platz mehr in der Verwaltungsrechtsdogmatik denn in der Verwaltungswiiklichkeit haben.
4. Konzessionsabgabenverträgen
entgegenstehende Rechtsnormen
Angesichts dieser Gegebenheiten überrascht es nicht, daß kaum Rechtsnormen in Betracht kommen, die bereits der Handlungsform des öffentlichrechtlichen Vertrages im Konzessionsabgabenrecht entgegenstehen könnten. Zu denken wäre allenfalls an die von der herrschenden Meinung immer noch angenommene Unzulässigkeit der Handlungsform des öffentlich-rechtlichen Vertrages im Abgabenrecht und insbesondere im Steuerrecht 103. Zwar läßt sich mit Blick auf § 78 Nr. 3 AO durchaus die Auffassung vertreten, daß der Steuerverwaltung die Handlungsform des öffentlich-rechtlichen Vertrages unter bestimmten Umständen zur Verfügung steht. Der Bundesfinanzhof unterscheidet in einer neueren Grundsatzentscheidung, die allerdings im Schrifttum auf deutliche Kritik gestoßen ist 1 0 4 , zwischen unzulässigen Vereinbarungen über Steueransprüche und zulässigen Vereinbarungen des Finanzamts mit einem Steuerpflichtigen über eine bestimmte Sachbehandlung105. Auch einzelne Stimmen im Schrifttum halten die Verwendung der Handlungsform öffentlich-rechtlicher Vertrag im Abgabenrecht neuerdings für zulässig 106 . Selbst wenn man diesen durchaus beachtlichen Einwendungen gegen die herrschende Meinung nicht folgt und von der Unzulässigkeit der Handlungsform des öffentlich-rechtlichen Vertrages im Abgabenrecht ausgeht, bedeutet das nicht, daß abgabenrechtliche Normen dem Abschluß von Verträgen über Konzessionsabgaben entgegenstünden. Das Vertragsformverbot wird nämlich im Abgabenrecht mit den verfassungsrechtlichen Grundsätzen der Gesetzmäßigkeit und Gleichmäßigkeit der Besteuerung bzw. Abgabenbelastung begrün103 BFH, Urteil vom 11. Dezember 1984, BStBl. 1985 II S. 354 (357 f.) mit weiteren Nachweisen zur Rechtsprechung; Söhn, Rdnr. 36 ff. zu § 78 AO, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, Kommentar zur Abgabenordnung; Tipke/Lang, Steuerrecht, S. 37 f.; Vogel, in: Festschrift für Döllerer, S. 677 (685 ff.), alle mit umfassenden Nachweisen zum Meinungsstand; femer Erichsen, Verwaltungsarchiv 70 (1979), 349. 104 Von Bomhaupt, BB 1985, 1591; Große, StBp 1986, 58; Knepper, BB 1986, 168; J. Martens, StuW 1986,97; Offenaus, StBp 1985,171; Rößler, DB 1985,1861. 105 106
BFH, Urteil vom 11. Dezember 1984, BStBl. 1985 II, S. 354 (357).
Gem, Kommunale Steuer-Zeitschrift 1979, 161 (162); H. Meyer, NJW 1977, 1708; Mohr, NJW 1978, 790 (793); Sontheimer, Der verwaltungsrechtliche Vertrag im Steuerrecht, S. 124 ff.
Π. Zulässigkeit von Konzessionsabgabenverträgen
355
det 107 . Es setzt also Abgaben voraus, die auf gesetzlicher Grundlage erhoben werden. Eine solche gesetzliche Grundlage ist für die Besteuerung und für die Erhebung nichtsteuerlicher Abgaben wegen des Vorbehalts des Gesetzes erforderlich 108 . Abgaben im eigentlichen Sinne bedürfen einer Ermächtigung im Gesetz, die dann die Frage entstehen läßt, ob die Verwaltung durch vertragliche Vereinbarungen von den gesetzlichen Regelungen abweichen darf. Konzessionsabgabenverträge begründen aber nicht die Pflicht zur Zahlung von Abgaben in diesem üblichen Verständnis. Vielmehr geht es um Geldleistungspflichten des Bürgers, die allein auf einer vertraglichen Grundlage beruhen. Sie werfen die erwähnten Probleme der Gesetzmäßigkeit und Gleichmäßigkeit der Besteuerung nicht auf, weil sie den Bürgern nicht hoheitlich auferlegt, sondern von diesen freiwillig übernommen werden. Der Konzessionsabgabenvertrag modifiziert nicht eine bereits bestehende, im Gesetz wurzelnde Abgabenpflicht, sondern begründet eine Zahlungspflicht unabhängig vom Gesetz. Bereits aus der Existenz von § 56 VwVfG ergibt sich, daß Austauschverträge, in denen sich Bürger zu einer Geldleistung an die Verwaltung verpflichten, keinesfalls einem Vertragsformverbot unterliegen, sondern nur inhaltlichen Vorgaben genügen müssen. Das übersieht Ehlers, wenn er auf Ablösungsverträgen beruhende Geldleistungen Privater als Sonderabgaben qualifiziert, die grundsätzlich dem Vertragsformverbot des Abgabenrechts unterlägen 109. Folgerichtig kann er die Zulässigkeit von Verträgen über die Ablösung der Stellplatz- und Garagenbaupflicht nur damit begründen, daß er ungeschriebene Ausnahmen vom grundsätzlichen Verbot der Handlungsform des öffentlich-rechtlichen Vertrages im Abgabenrecht unterstellt 110 . Zulässig sollen diese Ausnahmen im wesentlichen deshalb sein, weil es dem Interesse des Bürgers entspreche, den Ablösungsbetrag zahlen zu können, während der Abgabengläubiger normalerweise gerade Zahlungsansprüche gegen den Bürger habe, die "gegen dessen Willen mit Befehl und Zwang (und damit dem Mittel des Verwaltungsaktes) durchsetzbar sein müssen" 111 . Das Fehlen einer Zahlungspflicht vor Abschluß einer entsprechenden Vereinbarung zeigt aber, daß der Vertrag nicht gegen ein abgabenrechtliches
107 Statt allen Söhn, Rdnr. 38 zu § 78 AO, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, Kommentar zur Abgabenordnung, mit umfassenden Nachweisen.
108 Papier, Die finanzrechtlichen Gesetzesvorbehalte und das grundgesetzliche Demokratieprinzip, S. 45 ff. 109
Ehlers, DVB1.1986,529 (531 ff.).
110
Ehlers, ebenda, S. 535 ff.
111
Ehlers, ebenda, S.531.
356
8. Kapitel: Vertraglich begründete Konzessionsabgaben
Handlungsformverbot verstößt - die Zahlungspflicht entsteht erst aus dem Vertrag und wird nicht etwa durch ihn nur umgestaltet. Obwohl Verträge über Konzessionsabgaben von der Struktur her den von Ehlers behandelten Ablösungsverträgen gleichen, gibt es also keinen Grund, für sie ein Handlungsformverbot anzunehmen.
ΠΙ. Die Rechtmäßigkeit von Konzessionsabgabenverträgen 1. Das gesetzliche Verbot des § 134 BGB Die Untersuchung kann sich damit den gesetzlichen Vorgaben für den Inhalt von Konzessionsabgabenverträgen zuwenden. Für die herrschende Meinung stellt sich mit Blick auf den zulässigen Inhalt öffentlich-rechtlicher Verträge zunächst die Frage, welche Normen ein gesetzliches Verbot bestimmter Vertragsinhalte statuieren und welche Bestimmungen vertraglichen Regelungen nur schlicht entgegenstehen. Dieses Problem ergibt sich daraus, daß § 59 Abs. 1 VwVfG die Nichtigkeit öffentlich-rechtlicher Verträge auch bei Verstößen gegen § 134 BGB anordnen soll 112 . Nun kann aber nicht jede Norm, die dem Vertragsinhalt entgegensteht, ein gesetzliches Verbot im Sinne von § 134 BGB sein. Andernfalls liefe die detaillierte Regelung des § 59 Abs. 2 VwVfG, nach der Verträge im Sinne des § 54 Satz 2 VwVfG nur unter im einzelnen aufgezählten, eingeschränkten Voraussetzungen nichtig sind, völlig leer. Dieses offensichtlich unzutreffende Ergebnis läßt sich nur vermeiden, wenn man den Begriff des Verbotsgesetzes eng auslegt. Darum bemühen sich sowohl Rechtsprechung als auch Literatur. So nimmt das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen ein gesetzliches Verbot nur dann an, wenn die vorgesehene vertragliche Regelung durch ein Gesetz klar und unmißverständlich verboten wird 1 1 3 . Gefordert 112
Achterberg, JA 1979, S. 356 (361); derselbe, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 21 Rdnr. 263 (S. 492 f.); Bleckmann, N V w Z 1990, S. 601; Bonk, Rdnr. 28 zu § 59, in: Stelken s/Bonk/Leonhardt, Verwaltungsverfahrensgesetz; Büchner, Die Bestandskraft verwaltungsrechtlicher Verträge, S. 20 ff.; Erichsen, Das Verwaltungshandeln, in: derselbe/Martens, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 27 IV (S. 333 ff.); Grapp, Verwaltungsarchiv 69 (1978), 125 (135); Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz, Rdnr. 6. 1 zu § 54 und Rdnr. 3. 1 zu § 59; Kopp, Verwaltungsverfahrensgesetz, Rdnr. 6 ff. zu § 59; Maurer, JuS 1976, 485 (494 f.); derselbe, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rdnr. 41 ff. zu § 14 (S. 332 ff.); H. Meyer, Rdnr. 10 zu § 59, in: derselbe/Borgs-Maciejewski, Verwaltungsverfahrensgesetz; Meyer-Hesemann, DVB1. 1980, 869 (871 ff.); Obermayer, Der nichtige öffentlichrechtliche Vertrag nach § 59 VwVfG, in: Festschrift zum hundertjährigen Bestehen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes, S. 275 (281 f.); Schenke, JuS 1977, 281 (288 ff.); Ule/Laubinger, Verwaltungsverfahrensrecht, § 67 I I I (S. 518, Fußnote 48) und § 70 II (S. 543 ff.); Wolff/Bachof, Verwaltungsrecht I, § 44 II e 1 (S. 349); aus der Rechtsprechung OVG Münster, Urteil vom 22. September 1982, NVwZ 1984,522 (524). 113
OVG Münster, Urteil vom 22. September 1982, NVwZ 1984,522 (524).
ΠΙ. Rechtmäßigkeit von Konzessionsabgabenerträgen
357
wird eine "qualifizierte Art des Konflikts" 114 , eine Mißbilligung des mit dem Rechtsgeschäft intendierten rechtlichen oder wirtschaftlichen Erfolges 115 ; dagegen soll es nicht ausreichen, wenn ein Gesetz nur bestimmte Umstände oder Einzelheiten des Rechtsgeschäfts mißbilligt 116 oder wenn sich die negative Bewertung nur auf die Modalitäten des Herbeiführens eines rechtsgeschäftlichen Erfolges gründet 117 . Diese Formulierungen sind nicht nur so unbestimmt, daß für die Praxis kaum je vorhersehbar ist, wann die Nichtigkeitsfolge des § 134 BGB eingreift. Sie ändern nichts daran, daß eine Anwendung der generellen Regelung des § 134 BGB in jedem Fall die Entscheidung des Gesetzgebers überspielt: Das Aufzählen von vier Nichtigkeitsgründen in § 59 Abs. 2 VwVfG verlöre seinen Sinn, wenn jede Rechtswidrigkeit des verwaltungsrechtlichen Vertrages aus anderen Gründen durch die Anwendung von § 134 BGB im Rahmen des § 59 Abs. 1 VwVfG ebenfalls die Nichtigkeit sogenannter subordinationsrechtlicher Verträge bewirken könnte. Die Gesetzesanwendung darf sich nicht über die vom Gesetzgeber im Gesetz getroffene Abwägung zwischen dem Gebot der Rechtmäßigkeit der Verwaltung und dem Grundsatz der Verbindlichkeit auch öffentlich-rechtlicher Verträge hinwegsetzen - selbst wenn mancher Gesetzesanwender diese Abwägung anders vorgenommen hätte. Zwar wäre es mit den Prinzipien eines Rechtsstaates nicht vereinbar, wenn die Verwaltung unbeschränkt - möglicherweise im bewußten Zusammenwirken mit dem Bürger - unter Zuhilfenahme eines öffentlich-rechtlichen Vertrages gesetzeswidrige Zustände herbeiführen könnte. Ein öffentlich-rechtlicher Vertrag muß aber die Vertragspartner in gewissem Umfang binden, wenn er nicht seine Eigenart verlieren soll, die gerade darin besteht, gesetzlich nicht geregelte Rechte und Pflichten zu begründen. Ausgehend von diesen Überlegungen hat sich der Gesetzgeber dafür entschieden, nur unter eng umgrenzten Umständen aus der Rechtswidrigkeit des öffentlich-rechtlichen Vertrages dessen Nichtigkeit abzuleiten. Liegen solche Umstände nicht vor, sind öffentlich-rechtliche Verträge trotz ihrer Rechtswidrigkeit wirksam. Die Entscheidung des Gesetzgeber, die vertragliche Bindung weitgehend durchzusetzen und das Vertrauen der Vertragspartner zu schützen, modifiziert zugleich das Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung. Sie geht
114 Wey reuther, Ablösungsverträge, entgegenstehende Rechtsvorschriften und gesetzliche Verbote, in: Aus dem Hamburger Rechtsleben, Walter Reimers zum 65. Geburtstag, S. 379 (383). 115
Ule/Laubinger, Verwaltungsverfahrensrecht, § 70 II (S. 544).
116
Ule/Laubinger, ebenda, § 70 II (S. 545); Kopp, Verwaltungsverfahrensgesetz, Rdnr. 7 zu
§59. 117
Schenke, JuS 1977,281 (289).
358
8. Kapitel: Vertraglich begründete Konzessionsabgaben
bereits auf die im Prinzip § 59 VwVfG entsprechende Regelung des § 45 Musterentwurf 1963 118 zurück. Während der langjährigen Beratungen über den Erlaß von Verwaltungsverfahrensgesetzen stand sie in Rechtsprechung 119 und Literatur 120 im Mittelpunkt der Kritik, die nicht nur die Zweckmäßigkeit, sondern sogar die Verfassungsmäßigkeit der Entwurfsfassungen im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 und Art. 20 Abs. 3 GG bezweifelte 121 . Diese Bedenken dürfen jedoch heute als überwunden gelten 122 . Das Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung steht der Aufzählung von Tatbeständen, die zur Nichtigkeit des öffentlich-rechtlichen Vertrages führen, nicht entgegen, weil § 59 VwVfG gerade eine gesetzliche Grundlage für die Wirksamkeit bestimmter rechtswidriger Verträge schafft. Mit dem Erlaß dieser Vorschrift hat der Gesetzgeber die Gesetzmäßigkeit des Verwaltungshandelns neu bestimmt; er hat manche öffentlich-rechtlichen Verträge für rechtmäßig erklärt, obwohl sie gegen Normen verstoßen. Die Reichweite des Gebots der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung ergibt sich aus der Gesetzgebung, das Gebot ist keine Vorgabe für die Gesetzgebung. Ebenso wie rechtswidrige Verwaltungsakte, die von den betroffenen Bürgern nicht angefochten werden, in Bestandskraft erwachsen, kann der Bürger auch rechtswidrige öffentlich-rechtliche Verträge mit der Verwaltung abschließen, die nur dann nichtig sind, wenn die Voraussetzungen des § 59 VwVfG vorliegen, sonst aber beide Seiten rechtlich binden. In beiden Fällen stellt es der Gesetzgeber - abgesehen von Regelungen, die mit einem besonders schweren Fehler behaftet und deshalb nichtig sind - zur Entscheidung des Bürgers, ob er ein rechtswidriges Handeln der Verwaltung zuläßt oder nicht 123 .
118
Musterentwurf eines Verwaltungsverfahrensgesetzes, S. 93 f.
119
Vgl. BVerwGE 42, 331 (334 ff.) und 49, 359; OVG Münster, Urteil vom 30. März 1973, DVB1. 1973,696(697). 120 Bleckmann, Verwaltungsarchiv 63 (1972), 404 (423 ff.); Götz, DÖV 1973, 298; derselbe, NJW 1976, 1425 (1429); Maurer, JuS 1976, 485 (494 f.); von Mutius, Verwaltungsarchiv 65 (1974), 201 (206 ff.); Schenke, JuS 1977, 281 (282 ff.); Thieme, NJW 1974,2201 (2203 ff.). 121
Zu den verfassungsrechtlichen Bedenken siehe Blankenagel, Verwaltungsarchiv 76 (1985), 276 (278 ff.); Haueisen, DVB1. 1968,284 (288); Menger, Verwaltungsarchiv 51 (1961), 196 (211); derselbe/Erichsen, Verwaltungsarchiv 58 (1967), 171 (172). 122 Frank, DVB1. 1977, 682 (685); Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz, Rdnr. 1. 1 zu § 59; Kopp, Verwaltungsverfahrensgesetz, Rdnr. 3 zu § 59; H. Meyer, NJW 1977,1705 (1707); derselbe, Rdnr. 3 zu § 59, in: derselbe/Borgs-Maciejewski, Verwaltungsverfahrensgesetz, mit umfassenden Nachweisen; Obermayer, Festschrift zum hundertjährigen Bestehen des Bayerischen Verwaltungsgerichtes, S. 275 (279 f.); im Ergebnis ebenso Ule/Laubinger, Verwaltungsverfahrensrecht, § 70 I (S. 541). 123
Anderer Auffassung Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rdnr. 49 zu § 14 (S. 338 f.).
ΠΙ. Rechtmäßigkeit von Konzessionsabgabenerträgen
359
Eine Belastung Dritter durch einen öffentlich-rechtlichen Vertrag ist nicht möglich. Nicht nur das bürgerliche Recht kennt keine Verträge zu Lasten Dritter 124 , sondern auch dem öffentlichen Recht ist dieses Institut fremd. Die verpflichtende Kraft jedes Vertrages beruht nämlich auf der Willensübereinstimmung der Vertragsparteien, die allein eine Bindung bewirkt. Will die Verwaltung Dritte ohne deren Zustimmung binden, muß sie sich des Verwaltungsaktes als Ausdruck ihrer hoheitlichen Überlegenheit bedienen und die Konsequenz in Kauf nehmen, daß der Drittbetroffene den Verwaltungsakt anfechten kann. Begibt sie sich auf die gleiche Ebene mit dem Bürger und schließt Verträge ab, kann sie hingegen eine Bindungswirkung nur durch Zustimmung jedes Betroffenen erreichen. Auch ein Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 GG kommt nicht in Betracht, weil der Bürger zwar auf Rechtsschutz gegen einseitige Hoheitsakte der öffentlichen Gewalt angewiesen ist, den Schutz der Gerichte aber dort nicht benötigt, wo er selbst darüber entscheiden kann, ob er der Verwaltung durch den Abschluß eines öffentlich-rechtlichen Vertrages die Möglichkeit zu hoheitlichem Handeln einräumt 125 . Da im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG keine Bedenken dagegen bestehen, den Rechtsschutz gegen rechtswidrige Verwaltungsakte auf die Möglichkeit der Anfechtung binnen Monatsfrist zu beschränken, ist es nur folgerichtig, das Erfordernis der Einwilligung in den Abschluß eines öffentlichrechtlichen Vertrages gewissermaßen als vorweggenommenen Schutz der Rechte des Bürgers anzusehen; der Bürger ist hier nicht einmal auf die Hilfe der Gerichte angewiesen, sondern kann sich durch die Ablehnung einer ihm von der Verwaltung angetragenen Vereinbarung selbst zu seinem Recht verhelfen. Führt man sich diese Zusammenhänge vor Augen, besteht kein Anlaß, die vom Gesetzgeber getroffene Entscheidung zugunsten einer beschränkten Zahl von Nichtigkeitsgründen dadurch zu korrigieren, daß man im Rahmen des § 59 Abs. 1 VwVfG auf § 134 BGB zurückgreift. Vielmehr ist zu berücksichtigen, daß die Begründung des Regierungsentwurfs des Verwaltungsverfahrensgesetzes es ausschließen wollte, die Wirksamkeit öffentlich-rechtlicher Verträge auf dem Umweg über die entsprechende Anwendung von § 134 BGB in Verbindung mit § 59 Satz 1 VwVfG in Frage zu stellen. Zwei Argumente sind dafür vorgetragen worden: Zum einen beziehe sich § 134 BGB nur auf Vorschriften, die "ausdrücklich" ein bestimmtes Handeln verböten; zum anderen ergebe sich
124
RGZ 111,166(178).
125
Anderer Auffassung Blankenagel, Verwaltungsarchiv 76 (1985), 276 (281).
360
8. Kapitel: Vertraglich begründete Konzessionsabgaben
aus der Aufzählung der einzelnen Nichtigkeitstatbestände "ein anderes" im Sinne des letzten Halbsatzes von § 134 BGB 1 2 6 . Das erste Argument vermag nicht zu überzeugen, weil auch im Zivilrecht für die Anwendung des § 134 BGB ein "ausdrückliches" Verbot nicht verlangt wird 1 2 7 . Mehr Gewicht hat das zweite Argument, jedenfalls soweit es um Verträge im Sinn von § 54 Satz 2 VwVfG geht. Während andere rechtswidrige öffentlich-rechtliche Verträge gemäß § 59 Abs. 1 VwVfG gerade und nur dann nichtig sind, wenn sich die Nichtigkeit aus der entsprechenden Anwendung von Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches ergibt, zählt § 59 Abs. 2 VwVfG für Verträge im Sinne von § 54 Satz 2 VwVfG Nichtigkeitsgründe im einzelnen auf. Aus dieser Aufzählung ergibt sich "ein anderes" im Sinne von § 134 BGB: nur die in § 59 Abs. 2 VwVfG genannten gesetzlichen Verbote führen zur Nichtigkeit des subordinationsrechtlichen Vertrags. Die restriktive Interpretation entspricht nicht nur dem im Normtext zum Ausdruck gekommenen Willen des Gesetzgebers, sie führt auch in der Praxis zu sachgerechten Ergebnissen, weil § 59 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG einen Vertrag, den die Behörde anstelle des Erlasses eines Verwaltungsaktes abschließt, immer auch dann nichtig sein läßt, wenn ein Verwaltungsakt mit entsprechendem Inhalt nichtig wäre, und § 59 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG darüber hinaus die Fälle kollusiven Zusammenwirkens der Vertragspartner erfaßt. In bezug auf die Nichtigkeitsfolge stehen sich demnach die Handlungsformen des Verwaltungsaktes und des öffentlich-rechtlichen Vertrages gleich. Besonders schwere Fehler, die einen Verwaltungsakt gemäß § 44 VwVfG nichtig machen, führen auch zur Nichtigkeit eines öffentlich-rechtlichen Vertrages, den die Behörde abgeschlossen hat, statt einen Verwaltungsakt zu erlassen. Ist ein Verwaltungshandeln aber nicht mit einem so schweren Fehler behaftet, daß ein Verwaltungsakt nichtig wäre, ist auch kein Grund ersichtlich, warum Verträge mit gleichem Inhalt nichtig sein müßten. Demgemäß kommt es nicht darauf an, ob Rechtsvorschriften, die einem bestimmten Vertragsinhalt entgegenstehen, ein gesetzliches Verbot im Sinne von § 134 BGB darstellen. Subordinationsrechtliche Verträge können entweder gemäß § 59 Abs. 2 VwVfG oder gemäß § 59 Abs. 1 VwVfG in Verbindung mit §§ 105, 116 Satz 2 oder 117 BGB 1 2 8 nichtig sein; zu denken ist ferner an
126
Bundestagsdnicksache 7/910, S. 81.
127
OLG Stuttgart, Urteil vom 1. April 1980, NJW 1980,1798 (1800); Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 2. Band, Das Rechtsgeschäft, § 17. 2 (S. 342 ff.); Mayer-Maly, Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, § 134 Rdnr. 47 ff. 128
Vgl. Bundestagsdnicksache 7/910, S. 81.
ΠΙ. Rechtmäßigkeit von Konzessionsabgaben Verträgen
361
§§ 125, 138 und 306 BGB 1 2 9 , nicht jedoch an § 134 BGB. Alle diese Nichtigkeitsgründe betreffen jedoch nicht den Typ des Konzessionsabgabenvertrages, sondern setzen jeweils spezielle, zusätzliche Tatbestandsmerkmale voraus. Auch sonstige Rechtsvorschriften, die allgemein dem Abschluß von Konzessionsabgabenverträgen entgegenstünden, sind nicht ersichtlich. Im folgenden geht es demgemäß um die Vereinbarkeit solcher Verträge mit § 59 Abs. 2 VwVfG, insbesondere mit Nr. 4 dieser Vorschrift, der Verträge im Sinne des § 54 Satz 2 VwVfG für nichtig erklärt, wenn sich die Behörde eine nach § 56 VwVfG unzulässige Gegenleistung versprechen läßt.
2. Die Anforderungen
an Austauschverträge
a. Die Problematik von Austauschverträgen § 56 Abs. 1 VwVfG erweist sich somit als zentrale Vorschrift für die Beantwortung der Frage, ob öffentlich-rechtliche Verträge über Konzessionsabgaben rechtlich möglich sind oder nicht 130 . Im Austauschvertrag zwischen Verwaltung und Bürger kommt die Problematik zum Tragen, die lange Zeit einer Anerkennung des öffentlich-rechtlichen Vertrages als Handlungsform entgegengestanden hat: Der Bürger verpflichtet sich zu einer Gegenleistung, häufig zur Zahlung eines Geldbetrages, um in den Genuß einer von ihm erstrebten Staatsleistung zu gelangen. Schon wegen dieser Ausgangskonstellation ist die Gefahr nicht von der Hand zu weisen, daß es zu dem befürchteten Ausverkauf von Hoheitsrechten kommt. Die Trennung des Verwaltungshandelns von fiskalischen Erwägungen, die eine bedeutende Errungenschaft des modernen Rechtsstaates darstellt 131 , muß sich hier bewähren. Das ist nur möglich, wenn der Verwaltung klare Vorgaben für den zulässigen Inhalt von Austauschverträgen gemacht werden, wenn der Gesetzgeber also Vorsorge trifft, daß die Ausübung der öffentlich-rechtlich gebundenen Hoheitsbefugnisse nicht zum Gegenstand von Geschäften des Wirtschaftsverkehrs wird. Neben der Bindung der Verwaltung an die im öffentlichen Recht normierten Interessen der Allgemeinheit muß aber auch sichergestellt werden, daß der Bürger nicht von der Verwaltung zu Gegenleistungen genötigt wird, die im Hinblick auf die Leistung der Verwaltung als nicht mehr angemessen erscheinen. Gerade wenn jemand auf ein bestimmtes hoheitliches Handeln dringend
129
Kopp, Verwaltungsverfahrensgesetz, Rdnr. 9 ff. zu § 59 mit weiteren Nachweisen.
130
§ 56 Abs. 2 VwVfG kommt nicht in Betracht, weil unter Konzession im vorliegenden Zusammenhang nur eine Erlaubnis verstanden wird, auf die der Bürger keinen Rechtsanspruch hat. 131 Vgl. p, Kirchhof, Der Verfassungsauftrag zum Länderfinanzausgleich als Ergänzung fehlender und als Garant vorhandener Finanzautonomie, S. 79.
362
8. Kapitel: Vertraglich begründete Konzessionsabgaben
angewiesen ist, befindet er sich als Vertragspartner der Verwaltung oft in einer schwachen Position. Das kann dazu führen, daß er sich in einem öffentlichrechtlichen Austauschvertrag zu einer Gegenleistung verpflichtet, die den objektiven Wert der Leistung der öffentlichen Hand übersteigt. Auch dieser Gefahr mußte der Gesetzgeber bei der Normierung von § 56 VwVfG wehrend Er konnte dabei auf die einschlägige Rechtsprechung und die Bemühungen der Wissenschaft zurückgreifen. Das Reichsgericht und das Preußische Oberverwaltungsgericht, später dann der Bundesgerichtshof und das Bundesverwaltungsgericht haben in zahlreichen Entscheidungen rechtliche Anforderungen an Austauschverträge zwischen der Verwaltung und Privaten entwickelt. Erst nachdem sich die Rechtsprechung konsolidiert hatte, sind die Regelungen der Verwaltungsverfahrensgesetze beschlossen worden, die auf den Erfahrungen der Praxis sowie deren kritischer Begleitung durch die Literatur aufbauen.
b. Die Behandlung von Austauschverträgen bis zum Inkrafttreten der Verwaltungsverfahrensgesetze Bereits 1910 hatte das Preußische Oberverwaltungsgericht einer Polizeibehörde das Recht eingeräumt, die Genehmigung eines Umbaus davon abhängig zu machen, daß der Verwaltung unentgeltlich ein Grundstück abgetreten werde; Voraussetzung dafür war, daß es sowohl bei der Entscheidung über die Baugenehmigung als auch bei der Grundstücksabtretung darum ging, die Durchführung eines Fluchtlinienplanes zu erleichtern 133. Dagegen hielt das Gericht es für einen Mißbrauch der Polizeigewalt zugunsten finanzieller Interessen einer Gemeinde, daß die Baupolizeibehörde ihre Entscheidung über die Zulassung oder Beseitigung genehmigungspflichtiger Bauten von der Bereitschaft zur Zahlung von Baupolizeigebühren abhängig machte 134 . Die Verknüpfung einer Baugenehmigung mit einer wirtschaftlichen Gegenleistung des Bürgers war also nur zulässig, wenn die Gegenleistung der Verwirklichung des Gesetzeszwecks diente 135 . Die Notwendigkeit der Zweckbindung einer Gegenleistung hatte das Reichsgericht im Laufe seiner Rechtsprechung herausgearbeitet, die grundsätzlich davon ausging, "daß eine Behörde für die Erfüllung einer amtlichen Auf-
132
Siehe zum Ganzen Bundestagsdnicksache 7/919, S. 80.
133
PrOVGE 57,474 (479).
134
PrOVGE 80,413(415).
135 Siehe zu diesem Zulässigkeitskriterium das Urteil des Reichsgerichts vom 23. Januar 1931, JW 1932, 2990, mit einer Anmerkung von Scheuner, der ausdrücklich hervorhebt, daß nur die Baugenehmigung von einer Gegenleistung abhängig gemacht werden dürfe.
ΠΙ. Rechtmäßigkeit von Konzessionsabgabenerträgen
363
gäbe eine erhebliche geldwerte Vergütung nur insoweit beanspruchen darf, als das gesetzlich zugelassen ist" 1 3 6 . Da aber die Zustimmung der Gemeinden zu Baugenehmigungen deren wirtschaftliche und finanzielle Belange wahren solle, halte es sich im Rahmen des Gesetzes, wenn die Zustimmung von Erwägungen wirtschaftlicher Art abhängig gemacht werde 137 . Zwar dürften getrennte amtliche Angelegenheiten nicht in unzulässiger Weise miteinander verwoben, wohl aber "innerlich zusammengehörige" Dinge von der Behörde verbunden werden 138 . Fehle es an einem "inneren Zusammenhang", stellte das Verlangen der Behörde einen Mißbrauch dar 139 . An diese Rechtsprechung konnten Bundesgerichtshof und Bundesverwaltungsgericht anknüpfen. Auch der Musterentwurf eines Verwaltungsverfahrensgesetzes von 1963 sah ganz entsprechend als Leistung des Bürgers nur ein "zweckgebundenes Äquivalent" vor, das wenigstens mittelbar "der Behörde zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben dient"; dieses Äquivalent mußte nach dem Text des Musterentwurfs - wie heute gemäß § 56 Abs. 1 Satz 2 VwVfG - dadurch konkretisiert werden, daß die Gegenleistung "im sachlichen Zusammenhang mit der vertraglichen Verpflichtung (Leistung) der Behörde" stehen mußte 140 . Diese Formulierung konnte nicht nur an die Entscheidungen des Preußischen Oberverwaltungsgerichts und des Reichsgerichts, sondern auch an ein Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs vom 21. November 1958 anknüpfen, wonach "eine Koppelung von amtlichen Obliegenheiten mit Gegenleistungen des Gesuchstellers" nicht unter allen Umständen unzulässig war. Baudispensverträge z.B. dienten danach in der Regel den Interessen sowohl des Bauherren als auch der Gemeinde, sie verknüpften z.T. nur "innerlich zusammengehörige Dinge", die gesetzlich ausdrücklich als zusammenhängend angesehen würden 141 . 1966 zeigte sich der Bundesgerichtshof dann noch wesentlich großzügiger gegenüber den sogenannten Koppelungsgeschäften. Er billigte einen Vertrag über einen sogenannten "Kulturbeitrag" von je 450 D M für insgesamt 120 Wohnungen. Diesen Beitrag mußten Bauinteressenten bei Erteilung der Baugenehmigung zahlen, um die der Gemeinde durch das Bauvorhaben etwa entstehenden Kosten für kommunale Einrichtungen wie Kindergärten, Schulen, Krankenhäuser etc. abzudecken. Der Bundesgerichtshof ging davon aus, daß die Gemeinde aus finanziellen Gründen Bedenken gegen die Durchführung des Bauvorhabens hätte geltend machen können, die durch den "Kulturbeitrag" 136
RGZ 133,361 (363) unter Bezug auf RGZ 51, 417 (421 f.) und 132,174 (178).
137
RGZ 133,361 (365).
138
RGZ 134,25(28).
139
RG, Urteil vom 3. Juli 1933, JW 1933,2116 (2117) mit einer Anmerkung von Carl.
140
Musterentwurf eines Verwaltungsverfahrensgesetzes, S. 30 und 196 f.
141
BGHZ 26, 84 (87).
364
8. Kapitel: Vertraglich begründete Konzessionsabgaben
ausgeräumt würden: "In einem Fall, in dem eine Behörde für die Ablehnung einer von einem Interessenten erbetenen oder erstrebten Maßnahme sachlich gerechtfertigte Gründe hat, jedoch den die Ablehnung rechtfertigenden Erwägungen durch gewisse Leistungen seitens der an der Maßnahme Interessierten entscheidend der Boden entzogen werden würde, wird man Bedenken grundsätzlicher Art nicht dagegen geltend machen können, wenn ein im Interesse des (der) Einzelnen und der Allgemeinheit liegender Interessenausgleich dadurch hergestellt wird, daß der Interessent (die Interessenten) bestimmte Leistungsverpflichtungen übernimmt (übernehmen) und die Behörde die ohne diese Leistungen gegen die erstrebte Maßnahme bestehenden Bedenken zurückstellt" 142 . In dieser Formulierung tritt der Ausnahmecharakter von Koppelungsgeschäften deutlich zurück, die Stelle der "innerlichen Zusammengehörigkeit" von Leistung und Gegenleistung, die ursprünglich auf einen bestimmten Sachzusammenhang bezogen war, nimmt das Erfordernis eines Interessenausgleichs "in einem sachlich vertretbaren Rahmen" ein; letztlich herrscht der Gedanke des "do ut des", der für die Vertragsgestaltung auf der Grundlage der Privatautonomie im Zivilrecht prägend ist 1 4 3 . Ein Bezug der von ihrer Eigenart als Geldleistung her gesehen eigentlich "neutralen" Leistung des Bürgers zur Leistung der Behörde besteht nurmehr auf finanzieller Ebene. Finanzielle Bedenken des Hoheitsträgers werden durch die Geldleistung des Bürgers ausgeglichen. Auch das kann noch als "Sachzusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung" bezeichnet werden, allerdings auf einer wesentlich abstrakteren Ebene als in der Rechtsprechung des Reichsgerichts. Diese Lockerung der Anforderungen ist im Schrifttum auf Kritik gestoßen 144 . Zwar wurde eingeräumt, daß die Entscheidung Bedürfnissen der Praxis entgegenkomme. Bedenken gegen die durch eine derartige Koppelung heraufbeschworene Gefahr des Verkaufs von Hoheitsrechten wögen jedoch schwerer. Möglicherweise als Reaktion auf diese Kritik hob der Bundesgerichtshof in seiner nächsten einschlägigen Entscheidung wieder betonter auf den bei Koppelungsgeschäften erforderlichen "bestimmten inneren Zusammenhang" ab. In diesem Fall hatte sich ein Bauinteressent verpflichtet, zur Verbreiterung der an die Baugrundstücke angrenzenden Straße einen 3,50 m breiten Grundstücksstreifen unentgeltlich an eine Gemeinde abzutreten, die ihm im Gegenzug Aus-
142
BGH Urteil vom 14. Juli 1966, DVB1.1967, 36 (38).
143
Zu den Zitaten siehe BGH, ebenda, S. 38.
144
Asam, BayVBl. 1967, 186 (190 f.); Bielenberg, DVB1. 1967, 255; von Campenhausen, DÖV 1967, 662 (667); Götz, JuS 1970, 1 (6 f.); Menger/Erichsen, Verwaltungsarchiv 58 (1967), 171 (174 ff.); Rebhan, öffentlichrechtliche Verträge im Bereich des Erschließungs-, Bauplanungsund Bauordnungsrechts, S. 298 ff. mit weiteren Nachweisen; Tittel, DVB1. 1967, 38; vgl. femer Dombrowski, Mißbrauch der Verwaltungsmacht, S. 94 ff.
ΠΙ. Rechtmäßigkeit von Konzessionsabgabenverträgen
365
nahmegenehmigungen von einem Bebauungsplan erteilte. Der Bundesgerichtshof bestätigte das Berufungsurteil, das ein unzulässiges Koppelungsgeschäft angenommen hatte, weil die Gemeinde keinen Anspruch auf die kostenlose Grundabtretung gehabt habe 145 . Einen vorläufigen Schlußpunkt unter die Rechtsprechung zu den Folgekostenverträgen setzte dann das bereits erwähnte Urteil des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahre 1973, das sich um eine Synthese der Vorstellungen von Gerichten und Gesetzgeber bemühte. Die Entscheidung formulierte wichtige Schranken für den Abschluß von Folgekostengeschäften: Neben dem vom Koppelungsverbot geforderten inneren Zusammenhang zwischen der Bauleitplanung und der Übernahme bestimmter durch sie verursachter Aufwendungen, der bei Folgekostenverträgen in der Regel bestehe, nennt das Gericht den ebenfalls aus dem Koppelungsverbot abgeleiteten Grundsatz, daß hoheitliche Entscheidungen in der Regel nicht von wirtschaftlichen Gegenleistungen abhängig gemacht werden dürfen. Das Urteil sieht die Gefahr eines "Verkaufs von Hoheitsrechten"; den definiert es als echten Leistungsaustausch, "in dem der Hoheitsakt gleichsam als Ware erscheint, eine Ware zudem, die der Behörde häufig keinen weiteren Aufwand verursacht, so daß sich der Verkauf überdies mit einer ungerechtfertigten wirtschaftlichen Bereicherung verbindet." In Folgekostenverträgen werde aber nichts "verkauft", es gehe um keinen "Leistungsaustausch in dem engen, gerade beim Kaufvertrag erfüllten Sinne der §§ 320 ff. BGB, sondern es geht um eine Entlastung, die - um bei dem durch das Wort Verkauf nahegelegten Vergleich mit dem Privatrecht zu bleiben - mit dem Aufwendungsersatz nach § 670 BGB eine gewisse Verwandtschaft hat" 146 . Diese enge Interpretation des Koppelungsverbotes, das das Bundesverwaltungsgericht nur auf eine Kommerzialisierung hoheitlicher Tätigkeit im Sinne eines Warenverkaufs beziehen will, erscheint zu formal. Schon der Begriff des "Verkaufs von Hoheitsrechten" ist nicht im technischen Sinne eines zivilrechtlichen Kaufvertrages zu verstehen, sondern weiter als Leistungsaustausch zwischen Verwaltung und Bürger. In diesem Austausch wird ein hoheitliches Handeln zum Gegenstand eines wirtschaftlichen Geschäfts gemacht; es wird nicht mehr vorrangig von der im öffentlichen Recht normierten Gemeinwohlbindung geleitet, sondern hat der öffentlichen Hand möglichst große finanzielle Vorteile zu erbringen. Diese Gefahr droht nicht nur bei "Kaufverträgen" über Hoheitsakte im engeren Sinne, sondern bei allen Verträgen, in denen es um eine wirt-
145 BGH, Urteil vom 12. Mai 1972, Verwaltungsrechtsprechung 24, 713; siehe dazu die skeptischen Bemerkungen von Menger, Verwaltungsarchiv 64 (1973), 203 (205 ff.). 146
BVerwGE 42,331 (338 ff.).
366
8. Kapitel: Vertraglich begründete Konzessionsabgaben
schaftliche Gegenleistung des Bürgers für ein hoheitliches Verwaltungshandeln geht" 7 . Das Bundesverwaltungsgericht hat diese Zurückhaltung bei der Interpretation des Koppelungsverbotes dadurch ausgeglichen, daß es drei weitere Schranken für Folgekostenverträge entwickelt hat: -
-
Solche Verträge dürfen nicht unter Mißbrauch der Überlegenheit eines Vertragsteils Zustandekommen. Folgekostenverträge dürfen den Bürger nur zu finanziellen Leistungen für die Folge eines bestimmten Bauvorhabens verpflichten, weshalb die vereinbarten Beträge durch den Vertrag in bestimmter Höhe bestimmten Folgemaßnahmen konkret zugeordnet werden müssen. Wegen des Übermaßverbotes muß die Übernahme von Folgekosten bei wirtschaftlicher Betrachtung des Gesamtvorgangs in angemessenem Verhältnis zum Wert des Vorhabens stehen und darf keine unzumutbare Belastung darstellen 148.
Diese drei Schranken ergänzen die Interpretation des Koppelungsverbotes so, daß das Bundesverwaltungsgericht praktisch die gleichen Anforderungen an den Inhalt des Austauschvertrages stellt, wie es schon der Musterentwurf 1963 getan hatte 149 . Die Regelung des Musterentwurfs hatten die Regierungsentwürfe 1970 150 und 1973 151 praktisch unverändert wiederholt; sie findet sich heute in § 56 Abs. 1 VwVfG. Das Bundesverwaltungsgericht hat also mit seiner Entscheidung aus dem Juli 1973 - dem gleichen Monat, in dem der zweite Regierungsentwurf des Verwaltungsverfahrensgesetzes vorgelegt wurde - die Bestimmungen des Gesetzentwurfs gewissermaßen gebilligt, so daß das Verwaltungsverfahrensgesetz bei seinem Inkrafttreten nicht nur der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, sondern vor allem auch der des primär für öffentlichrechtliche Verträge zuständigen Bundesverwaltungsgerichts entsprach.
147 Vgl. zu dieser Kritik am Urteil des Bundesverwaltungsgerichts auch Heberlein, Auswirkungen der Verwaltungsverfahrensgesetze auf die Dogmatik des Verwaltungsrechts, Band II, S. 433 ff. und von Mutius, Verwaltungsarchiv 65 (1974), 201 (211 ff.). 148
BVerwGE 42, 331 (342 ff.).
149
Siehe § 42 Abs. 1 des Musterentwurfs für ein Verwaltungsverfahrensgesetz, S. 30: "Ein öffentlich-rechtlicher Vertrag, in dem sich der Vertragspartner der Behörde zu einer Gegenleistung verpflichtet, kann abgeschlossen werden, wenn die Gegenleistung für einen bestimmten Zweck im Vertrag vereinbart wird und der Behörde zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgabe dient Die Gegenleistung muß angemessen sein und in sachlichem Zusammenhang mit der vertraglichen Verpflichtung der Behörde stehen." 150
Bundestagsdracksache VI/1173, § 43 (S. 15).
Ï51 Bundestagsdracksache 7/910, § 52 (S. 19 f.).
ΠΙ. Rechtmäßigkeit von Konzessionsabgabenerträgen
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Danach muß ein öffentlich-rechtlicher Austauschvertrag vier Voraussetzungen erfüllen, die sich alle auf die Gegenleistung des Bürgers für die Leistung der Verwaltung beziehen: 1. 2. 3. 4.
Die Gegenleistung muß im Vertrag für einen bestimmten Zweck vereinbart sein. Die Gegenleistung muß der Behörde zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben dienen. Die Gegenleistung muß den gesamten Umständen nach angemessen sein. Die Gegenleistung muß im sachlichen Zusammenhang mit der vertraglichen Leistung der Behörde stehen.
Diese Voraussetzungen sind von der Rechtsprechung und der Gesetzgebung unter kritischer Begleitung der Wissenschaft anhand der Baudispensverträge und der Folgekostenverträge entwickelt worden. Diese beiden Vertragstypen prägen bis heute Rechtsprechung und Literatur. Im folgenden ist nun zu klären, ob Konzessionsabgabenverträge den gesetzlichen Anforderungen an öffentlichrechtliche Austauschverträge im Sinne von § 56 Satz 1 VwVfG genügen. c. Die Anwendung auf Konzessionsabgabenverträge (1) DieZweckbindung Zunächst muß die Gegenleistung des Bürgers gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 VwVfG im öffentlich-rechtlichen Vertrag für einen bestimmten Zweck vereinbart werden. Bereits diese Voraussetzung erfüllt ein Vertrag nicht, in dem sich ein Bürger zu einer Geldzahlung als Gegenleistung für die Erteilung einer wirtschaftsverwaltungsrechtlichen Erlaubnis verpflichtet. Die Verwaltung verlangt die Gegenleistung nämlich nicht zur Finanzierung eines bestimmten Vorhabens, sondern um einen dem Bürger durch die Erlaubnis erwachsenden Vorteil abzuschöpfen. Die Zahlung des Bürgers soll nicht einen Erfolg in Gestalt der Verwirklichung einer bestimmten Aufgabe ermöglichen, sondern im Gegenteil einen Erfolg - die Bereicherung des Erlaubnisinhabers - verhindern. Demgemäß scheitert ein Vertrag über die Erhebung einer Konzessionsabgabe schon an dieser Voraussetzung. Denkbar sind aber immerhin auch Verträge, in denen Ausgleichszahlungen für die Erteilung einer Konzession nicht zugunsten des allgemeinen Haushalts der vertragsschließenden Köiperschaft, sondern zugunsten der Finanzierung bestimmter, z.B. gemeinnütziger oder kultureller Zwecke geleistet werden, wie das auf gesetzlicher Grundlage etwa gemäß § 5 Abs. 5 in Verbindung mit §§ 6 Abs. 1 und 7 Abs. 1 des bremischen Gesetzes über die Zulassung einer öffentlichen Spielbank geschieht; nach diesen Vorschriften sind die Erträge der Spiel-
368
8. Kapitel: Vertraglich begründete Konzessionsabgaben
bankabgabe in Bremen einer rechtsfähigen Stiftung des privaten Rechts "Stiftung wohnliche Stadt" abzuführen, die die Gelder wiederum für gemeinnützige Zwecke in den Stadtgemeinden Bremen und Bremerhaven zu verwenden hat. Eine entsprechende Konstruktion wäre auch für Konzessionsabgaben, die auf vertraglicher Grundlage erhoben werden, vorstellbar. Dann müßte der Zweck der Mittelverwendung im Vertrag hinreichend konkret bezeichnet werden 152 . Unzulässig wäre z.B. eine so allgemeine Zweckbestimmung wie "Infrastrukturmaßnahmen"153, "Kulturbeitrag" bzw. "Zuzugsabgabe"154 oder "Folgelasten" 1 « Die Zweckbestimmung bedürfte als Bestandteil des Austauschvertrages gemäß § 57 VwVfG der Schriftform und müßte in die Vertragsurkunde aufgenommen werden 156 .
(2) Die Erfüllung
der Behördenaufgaben
Während es den Anforderungen der ersten Zulässigkeitsvoraussetzung von Austauschverträgen noch genügte, wenn die Zahlung des Bürgers etwa für im Vertrag genau bezeichnete gemeinnützige Zwecke einer Stiftung verwandt würde, wäre das für die zweite Voraussetzung des § 56 Abs. 1 Satz 1 VwVfG schon nicht mehr ausreichend. Danach muß die Gegenleistung, im vorliegenden Fall also die Geldzahlung des Erlaubnisinhabers, der Behörde zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben dienen. Es muß sich um eine öffentliche Aufgabe der vertragsschließenden Behörde handeln 157 ; deren Ressortinteressen bilden die Grenze für die in Betracht kommenden Aufgaben 158 . Bereits die Begründung des Musterentwurfs eines Verwaltungsverfahrensgesetzes hat her152 Siehe dazu näher BVerwGE 42, 331 (343 f.); Bötsch, BayVBl. 1981, 11 (12); Kopp, Verwaltungsverfahrensgesetz, Rdnr. 10 zu § 56; vgl. ferner Bonk, Rdnr. 41 zu § 56, in: Stelkens/Bonk/ Leonhardt, Verwaltungsverfahrensgesetz. 153
H. Meyer, Rdnr. 13 zu § 56, in: derselbe/Borgs-Maciejewski, Verwaltungsverfahrensgesetz.
154
Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz, Rdnr. 5. 1 zu § 56.
155
Kopp, Verwaltungsverfahrensgesetz, Rdnr. 10 zu § 56.
156
Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz, Rdnr. 5. 1 zu § 56; H. Meyer, Rdnr. 14 zu § 56, in: derselbe/Borgs-Maciejewski, Verwaltungsverfahrensgesetz; weniger strikt Bonk, Rdnr. 41 zu § 56, in: Stelkens/Bonk/Leonhardt, Verwaltungsverfahrensgesetz, unter Berufung auf BVerwGE 42, 331 (343) und Bay VGH, Urteil vom 25. November 1981, BayVBl. 1982, 177 (178); beide Entscheidungen betreffen jedoch die Rechtslage vor Inkrafttreten des Verwaltungsverfahrensgesetzes. 157 Erichsen, Das Verwaltungshandeln, in: derselbe/Martens, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 27 I I I (S. 329); Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz, Rdnr. 5. 2 zu § 56; Kopp, Verwaltungsverfahrensgesetz, Rdnr. 11 zu § 56; H. Meyer, Rdnr. 17 zu § 56, in: derselbe/Borgs-Maciewski, Verwaltungsverfahrensgesetz; Ule/Laubinger, Verwaltungsverfahrensrecht, § 68 III 4 b (S. 530).
158 Anderer Auffassung Bonk, Rdnr. 42 zu § 56, in: Stelkens/Bonk/Leonhardt, Verwaltungsverfahrensgesetz, im Anschluß an Salzwedel, Die Grenzen der Zulässigkeit des öffentlich-rechtlichen Vertrages, und unter Zitierung der Begründung des Musterentwurfs eines Verwaltungsverfahrensgesetzes, S. 197.
ΠΙ. Rechtmäßigkeit von Konzessionsabgabenverträgen
369
vorgehoben, daß die Formulierung "der Behörde zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben dient" bewußt gewählt wurde, weil "berechtigte Verwaltungsinteressen" in einem allgemeineren Sinne so weit reichten, daß ein "Ausverkauf von Hoheitsrechten" zu befürchten stünde 159 . Der Regierungsentwurf eines Verwaltungsverfahrensgesetzes hat sich dieser Begründung unter Berufung auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs angeschlossen160. Diese im Gesetzestext zum Ausdruck kommende bewußte Entscheidung des Gesetzgebers muß die Interpretation der Vorschrift leiten. Zulässig ist also nur eine Finanzierung von Aufgaben der Genehmigungsbehörde. Diese Hürde dürfte sich für die vertragliche Begründung von Konzessionsabgaben als sehr hoch erweisen. Wenn die Genehmigungsbehörde nicht zufällig einen so weit gefaßten Aufgabenbereich hat, daß sie zu dessen Finanzierung auch größere Geldbeträge verwenden kann, wirkt sich die Beschränkung der Verwendung des Aufkommens einer vertraglich vereinbarten Konzessionsabgabe so aus, daß nur die allgemeinen Verwaltungskosten der Genehmigungsbehörde abgedeckt werden dürfen. Diese Kosten werden jedoch oft viel geringer sein als der finanzielle Vorteil, der dem Konzessionär aus der Konzession erwächst; sie werden zudem aus Verwaltungsgebühren abgegolten.
(3) Die Angemessenheit der Gegenleistung Kein Problem wirft dagegen das erste Erfordernis des § 56 Abs. 1 Satz 2 VwVfG auf. Danach muß die Gegenleistung den gesamten Umständen nach angemessen sein 161 . Da vertragliche wie gesetzliche Konzessionsabgaben darauf zielen, wirtschaftliche Vorteile abzuschöpfen, die in der Erteilung der Konzession begründet sind, dürften so lange gegen ihre Höhe unter dem Gesichtspunkt der Angemessenheit und Zumutbarkeit keine Bedenken bestehen, wie sie sich tatsächlich auf die Vorteilsabschöpfung beschränken. Ob die Behörde die Zahlungspflicht des Bürgers so hoch ansetzen müßte, daß der gesamte Vorteil abgeschöpft würde, oder ob sie sich auch mit einer geringeren Zahlung zufrie159 Musterentwurf eines Verwaltungsverfahrensgesetzes, S. 197; Bonk beruft sich für seine Auffassung also zu Unrecht auf die Begründung des Musterentwurfs. 160 Siehe Bundestagsdrucksache 7/910, S. 80 unter Berufung auf BGHZ 26, 84 und BGH, Urteil vom 12. Mai 1972, NJW 1972,1657. 161 Dazu BGHZ 26, 84 (88); BVerwGE 42, 331 (345); Bay VGH, Urteil vom 25. November 1981, BayVBl. 1982, 177 (178); Bonk, Rdnr. 43 zu § 56, in: Stelkens/ Bonk/Leonhardt, Verwaltungsverfahrensgesetz; Erichsen, Das Verwaltungshandeln, in: derselbe/Martens, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 27 III (S. 329); Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz, Rdnr. 5. 3 zu § 56; Kopp, Verwaltungsverfahrensgesetz, Rdnr. 13 ff. zu § 56; H. Meyer, Rdnr. 21 f. zu § 56, in: derselbe/Borgs-Maciejewski, Verwaltungsverfahrensgesetz; Tschaschnig, Die Nichtigkeit subordinationsrechtlicher Verträge nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz, S. 60 f.; Ule/Laubinger, Verwaltungsverfahrensrecht, § 68 III 4 d (S. 530 f.).
24 Wieland
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dengeben, ihre Leistung also in diesem Sinne verschleudern dürfte, ist weniger ein Problem der Angemessenheit als des in Art. 3 Abs. 1 GG verankerten allgemeinen Gleichheitssatzes162.
(4) Der sachliche Zusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung Die vertragliche Begründung von Konzessionsabgabenpflichten scheitert aber in jedem Fall an der zweiten Voraussetzung des § 56 Abs. 1 Satz 2 VwVfG: Die Gegenleistung des Bürgers muß in sachlichem Zusammenhang mit der vertraglichen Leistung der Behörde stehen. Dieser sachliche Zusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung beim öffentlich-rechtlichen Austauschvertrag ist der Kern des traditionellen Koppelungsverbotes, wie es sich von der Rechtsprechung des Preußischen Oberverwaltungsgerichts und des Reichsgerichts ausgehend bis hin zur Regelung der Verwaltungsverfahrensgesetze entwickelt hat 163 . Gerade das Erfordernis eines Zusammenhangs zwischen der Leistung der Behörde und der Gegenleistung des Bürgers soll eine Kommerzialisierung der öffentlichen Verwaltung verhindern. Hoheitliches Handeln darf nicht wie private Dienstleistungen oder Waren Gegenstand eines Wirtschaftsgeschäftes werden. Das schließt es aus, den vom Gesetz geforderten sachlichen Zusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung schon dann anzunehmen, wenn der Bürger einen angemessenen Preis für das von ihm erstrebte Verwaltungshandeln zahlt. Ein Zusammenhang im Sinne von § 56 Abs. 1 Satz 2 VwVfG ist vielmehr nur dann zu bejahen, wenn die Gegenleistung demselben öffentlichen Interesse dient wie die Rechtsvorschriften, die die Behörde zu ihrer Leistung ermächti162 Zu dem Meinungsstreit siehe Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 56 Rdnr. 5. 3 und Ule/Laubinger, Verwaltungsverfahrensrecht, § 68 III 4 d (S. 530) einerseits (Verbot des Verschleudems) und H. Meyer, Rdnr. 22 zu § 56, in: derselbe/Borgs-Maciejewski, Verwaltungsverfahrensgesetz, andererseits (Kein Verbot des Verschleudems, allerdings Hinweis auf die Bindung durch Art. 3 GG). 163 Siehe aus der neueren Rechtsprechung BGH, Urteil vom 14. Dezember 1978, NJW 1979, 642 (643); BGH, Urteil vom 11. Dezember 1980, NJW 1981, 811 (813); BGH, Urteil vom 30. Mai 1983, NJW 1983, 2823; BGH, Urteil vom 21. März 1985, NJW 1985, 1825; BVerwG, Urteil vom 13. Juli 1979, NJW 1980, 1294; OVG Lüneburg, Urteil vom 3. November 1977, DVB1. 1978, 179 (181); OVG Münster, Urteil vom 19. Febniar 1981, DVB1. 1981, 834 (836); vgl. femer aus der Literatur Bonk, Rdnr. 6 und 40 zu § 56, in: Stelkens/ Bonk/Leonhardt, Verwaltungsverfahrensgesetz; Erichsen, Das Verwaltungshandeln, in: derselbe/Martens, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 27 I I I (S. 329 f.); Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz, Rdnr. 5. 4 zu § 56; Kopp, Verwaltungsverfahrensgesetz, Rdnr. 16 zu § 56; H. Meyer, Rdnr. 19 f. zu § 56, in: derselbe/Borgs-Maciejewski, Verwaltungsverfahrensgesetz; Ule/Laubinger, Verwaltungsverfahrensrecht, § 68 I I I 4 c (S. 530); Wolff/Bachof, Verwaltungsrecht I, § 44 II d (S. 347 f.); vgl. femer Tschaschnig, Die Nichtigkeit der subordinationsrechtlichen Verträge nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz, S. 61, und zur Rechtslage vor Inkrafttreten der Verwaltungsverfahrensgesetze Walter, Die Koppelungsgeschäfte der öffentlichen Hand.
ΠΙ. Rechtmäßigkeit von Konzessionsabgabenerträgen
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gen16*. Durch den öffentlich-rechtlichen Vertrag darf nichts miteinander verknüpft werden, was nicht ohnedies im inneren Zusammenhang zueinander steht 165 . Die Behörde darf sich eine Gegenleistung versprechen lassen, die Umstände schafft oder beseitigt, die bei der Ermessensausübung berücksichtigt werden können 166 . Die Gegenleistung muß den Sachbereich betreffen, aus dem auch die Leistung der Behörde stammt 167 . Alle diese Formulierungen suchen die Grenze zwischen zulässigen und unzulässigen Gegenleistungen näher zu beschreiben, müssen aber doch in einem gewissen Umfang unscharf bleiben, weil die Annahme eines Sachzusammenhangs notwendig ein Stück weit eine Wertung voraussetzt. Letztlich bedarf es hier einer Bildung von Fallgruppen und des allmählichen Herausarbeitens von typischen Konstellationen wie bei Verträgen über Baudispense oder Folgekosten, um dem Merkmal des sachlichen oder inhaltlichen Zusammenhangs schärfere Konturen zu geben. Diese Aufgabe ähnelt in gewisser Weise den Anforderungen, die der Gleichheitssatz stellt, der ein Urteil über die Gleichheit oder Ungleichheit von Tatbeständen fordert. Probleme ergeben sich weniger bei sächlichen Gegenleistungen der Bürger, die notwendig einen Sachgehalt aufweisen, der in Beziehung zu dem Sachgehalt des Verwaltungshandelns gesetzt werden kann. Eine Grundstücksabtretung eines Bürgers im Austausch gegen eine Befreiung von Vorschriften der Bauordnung läßt sich relativ leicht daraufhin überprüfen, ob der erforderliche Zusammenhang von Leistung und Gegenleistung besteht oder ob es sich nur um eine Vermögensverschiebung zugunsten der Verwaltung handelt. Problematischer stellen sich Geldleistungen des Bürgers dar, die als solche sachneutral sind. Einen Sachbezug erhalten sie allein durch eine entsprechende Zweckbestimmung für ihre Verwendung. Nur wenn diese Verwendung als der eigentliche Grund der Geldleistung den notwendigen Bezug zum Verwaltungshandeln aufweist, besteht der für den öffentlich-rechtlichen Austauschvertrag erforderliche sachliche Zusammenhang der Gegenleistung mit der Leistung der Behörde. Da nun Zweck der Konzessionsabgaben die Abschöpfung eines Vermögenswerten Vorteils des Konzessionärs ist, fehlt es an diesem Sachzusammenhang. Konzessionsabgaben werden nicht im Hinblick auf eine bestimmte Verwendung der Mittel erhoben, die im sachlichen Zusammenhang mit der Erteilung der Konzession stünde. Sie zielen vielmehr darauf, Vermögenswerte Vor-
164
Kopp, Verwaltungsverfahrensgesetz, Rdnr. 17 zu § 56.
165
Bonk, Rdnr. 40 zu § 56, in: Stelkens/Bonk/Leonhardt, Verwaltungsverfahrensgesetz; Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz, Rdnr. 5. 4 zu § 56. 166 167
Wolff/Bachof, Verwaltungsrecht I, § 44 II d 1 ß (S. 347 f.).
Erichsen, Das Verwaltungshandeln, in: derselbe/Martens, Allgemeines Verwaltungsrecht, §27 III (S. 284 f.).
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8. Kapitel: Vertraglich begründete Konzessionsabgaben
teile des Konzessionärs, die sich aus der Konzession ergeben, entgeltpflichtig zu machen. Als notwendige Folge davon wird das Vermögen der öffentlichen Hand gemehrt. Die Geldzahlung des Vertragspartners der Behörde steht nicht anstelle einer Sachleistung, sondern erschöpft sich in der Übertragung finanzieller Ressourcen vom Bürger auf den Staat. Die vertragliche Begründung von Konzessionsabgabenpflichten drohte gerade zu der Kommerzialisierung der Verwaltung beizutragen, die § 56 Abs. 1 VwVfG als gesetzliche Normierung des Koppelungsverbots verhindern soll. Nur im Hinblick auf das Koppelungsverbot können die Bedenken zurücktreten, die in Deutschland lange Zeit gegen das Rechtsinstitut des öffentlich-rechtlichen Vertrages erhoben worden sind. Diese Bedenken greifen dann nicht durch, wenn der Bürger auch als Partner von Austauschverträgen für Verwaltungshandeln nicht einen frei ausgehandelten, sondern einen gesetzlich festgelegten Preis bezahlen muß. Dürfte die Verwaltung selbst den Preis für ihr Handeln nach dessen Wert für den Bürger bestimmen, träten erwerbswirtschaftliche Motive an die Stelle der Bindung an die im Gesetz festgelegten Belange der Allgemeinheit Folglich muß es dem Gesetzgeber vorbehalten bleiben, die Verpflichtung zur Zahlung von Konzessionsabgaben allgemein zu regeln. Zwar ist auch unter diesen Umständen ein Eindringen fiskalischer Motive in die Entscheidung über die Erhebung von Konzessionsabgaben nicht völlig auszuschließen. Die Allgemeinheit einer gesetzlichen Regelung verhindert jedoch, daß solche Motive ein zu großes Gewicht erhalten. Der Gesetzgeber kann der Verwaltung vorschreiben, in welchem Rahmen für ein hoheitliches Handeln finanzielle Gegenleistungen gefordert werden dürfen, und so die Gesetzesbindung der Verwaltung neu definieren. Der Austauschvertrag des § 56 VwVfG ist dagegen kein zulässiges Mittel, eine Verpflichtung des Bürgers zur Zahlung von Konzessionsabgaben zu begründen.
Schluß Die Verbindung wirtschaftsverwaltungsrechtlicher Konzessionen mit Abgabenpflichten hat sich grundsätzlich als taugliches Mittel der Wirtschaftsverwaltung erwiesen. Rechtlich zulässig sind allerdings nur bestimmte Formen und Ausgestaltungen von Konzessionsabgaben. Die öffentliche Hand muß insbesondere verfassungsrechtliche Vorgaben beachten, wenn sie sich dieses Instruments bedienen will. Ausgehend von einer zusammenfassenden Beschreibung der rechtlichen Vorgaben für die Erhebung von Konzessionsabgaben (I.) wird im folgenden untersucht, ob die gegenwärtigen Praxis der Erhebung von Konzessionsabgaben rechtmäßig ist (II.). Zum Abschluß wird ein Blick auf zukünftige Anwendungsmöglichkeiten dieses Rechtsinstituts geworfen (ΠΙ.).
I. Der rechtliche Rahmen für Konzessionsabgaben Der rechtliche Rahmen für die Erhebung von Konzessionsabgaben ergibt sich nicht nur aus den Grundrechten und den verfassungsrechtlichen Kompetenzvorschriften, sondern auch aus den Verwaltungsverfahrensgesetzen. Eine Untersuchung des Begriffs der Konzession hat einen deutlichen Wandel seit der Jahrhundertwende ergeben. Die klassische Definition Otto Mayers hatte sich an die concession de service public angelehnt, indem sie unter einer Konzession die Überantwortung eines Teils der öffentlichen Verwaltung an einen Privaten verstand; die Konzession begründete anders als die einfache gewerbepolizeiliche Erlaubnis ein subjektives öffentliches Recht. Im Laufe der Entwicklung der Lehre von den subjektiven öffentlichen Rechten und der Herausbildung der Unterscheidung zwischen präventiven und repressiven Verboten hat die Konzession mittlerweile einen neuen Bedeutungsgehalt gewonnen. Sie bezeichnet im modernen Wirtschaftsverwaltungsrecht die Erlaubnis einer privatwirtschaftlichen Betätigung, auf die kein Rechtsanspruch besteht, über deren Erteilung die Verwaltung also nach ihrem Ermessen entscheidet. Konzessionen sind als Regelungen der Berufsausübung im Sinne von Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG anzusehen und mit dem Grundrecht vereinbar, wenn die Konzessionspflicht verhältnismäßig ist. Welchem Zweck die Pflicht dienen soll, bestimmt der Gesetzgeber nach seinen wirtschaftspolitischen Vorstellungen. Er braucht nicht in allen Bereichen der Wirtschaft dem freien Spiel der Marktkräfte Raum zu lassen, sondern kann etwa mit dem Ziel der optimalen Nutzung knapper natürlicher Ressourcen, der Gewährleistung einer preiswerten
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Schluß
und sicheren lokalen Energie- und Wasserversorgung oder der Einschränkung als sozial schädlich angesehener Betätigungen lenkend und ordnend Wirtschaftsabläufe gestalten. Als Mittel zu diesem Ziel kommen eine Konzessionspflicht und ein dieser Pflicht entsprechendes Bewirtschaftungsermessen der Verwaltung in Betracht, wenn sie nach den konkreten Umständen geeignet, erforderlich und zumutbar sind. Genügend Konzessionen diesen Anforderungen, so sind sie verfassungsgemäß; sie können dann mit Abgaben belastet werden, die wiederum selbst den Anforderungen der Verfassung entsprechen müssen. In grundrechtlicher Sicht hindert die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG den Gesetzgeber weder an der Erhebung von Konzessionsteuern noch von nichtsteuerlichen Konzessionsabgaben. Entsprechende abgabenrechtliche Vorschriften zählen wie andere öffentlich-rechtliche Normen auch zur Gesamtheit der verfassungsmäßigen Gesetze, die den Inhalt des Eigentums bestimmen. Die Konzessionsabgaben beeinträchtigen die Privatnützigkeit des zahlungspflichtigen Betriebes nicht, weil sie gerade voraussetzen, daß ein nach privatwirtschaftlichen Grundsätzen arbeitendes Unternehmen einen Gewinn erzielt, an dem der Staat mittels der ertragsabhängigen Konzessionsabgaben teilhat. Auch Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG bildet keine Schranke für die Erhebung von Konzessionsabgaben, weil dieses Grundrecht nur die Freiheit von staatlichem Zwang bei der Auswahl zwischen den Berufen in ihrer gesetzlich festgelegten Ordnung gewährleistet. Vorschriften über die Erhebung von Konzessionsabgaben regeln auch nicht die Berufsausübung im Sinne von Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG, sondern knüpfen nur mit ihrem Tatbestand an die Berufstätigkeit an, ohne diese selbst zum Gegenstand ihrer Regelung zu machen1. Hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Vorgaben für die Erhebung von Konzessionsabgaben, die sich aus Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 3 Abs. 1 GG ergeben, ist zwischen Konzessionsteuern und nichtsteuerlichen Konzessionsabgaben zu differenzieren. Die Pflicht zur Zahlung von Konzessionsteuern greift in die allgemeine Handlungsfreiheit der Konzessionäre ein. Dieser Eingriff ist jedoch gerechtfertigt, weil die Pflicht geeignet, erforderlich und zumutbar ist, um den staatlichen Finanzbedarf zu decken. Die einzige praktisch bedeutsame Grenze für die Erhebung von Konzessionsteuern bildet aus grundrechtlicher Sicht A r t 3 Abs. 1 GG mit der aus der Steuergerechtigkeit abgeleiteten Bindung des Gesetzgebers an das Prinzip der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Eine Konzessionsteuer darf nur erhoben werden, wenn die Erteilung der Kon-
1 Versteht man Art 12 Abs. 1 GG im Sinne der Stufentheorie des Bundesverfassungsgerichts, kommt man zum gleichen Ergebnis, weil Konzessionsabgaben weder nach der Intention des Gesetzgebers die Wahl oder die Ausübung eines Berufes motivierend steuern noch objektiv eine solche berufspolitische Wirkung haben.
I. Der rechtliche Rahmen für Konzessionsabgaben
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Zession eine besondere Leistungsfähigkeit des Konzessionärs begründet. Diese Leistungsfähigkeit darf nicht zugleich von der Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer und von einer Konzessionsteuer erfaßt werden; vielmehr sind Anrechnungsvorschriften erforderlich, die sicherstellen, daß es nicht zu einer doppelten Steuerbelastung derselben wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit kommt. Auch die Pflicht zur Zahlung nichtsteuerlicher Konzessionsabgaben greift in die allgemeine Handlungsfreiheit des Abgabenschuldners ein. Diese Abgaben sind verhältnismäßig, wenn sie so bemessen werden, daß sie den mit der Konzession verbundenen Vermögensvorteil ausgleichen. Nur dann lassen sie sich auch mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbaren, weil die Ungleichbehandlung der Konzessionsabgabenpflichtigen gegenüber anderen Bürgern ausschließlich insoweit gerechtfertigt ist, als die Höhe der Konzessionsabgabe dem finanziellen Wert der Konzession entspricht. Die Finanzverfassung des Grundgesetzes ist konzessionsteuerfeindlich, weil der verfassungsrechtliche Steuerbegriff auf der Unabhängigkeit der Steuern von Gegenleistungen des Staates basiert. Konzessionsabgaben knüpfen aber schon mit ihrem Abgabentatbestand an die in der Erteilung der Konzession liegenden Leistung an. Sie können nur kraft spezieller verfassungsrechtlicher Normierung - wie in A r t 106 Abs. 2 Nr. 6 GG - als Steuern behandelt werden. Konzessionsteuern zählen weder zu den Verkehrsteuern noch zu den Steuern vom Vermögen noch zu den Steuern auf Einkommen oder Umsatz, sondern werden von Bund oder Ländern auf der Grundlage ihres Steuererfindungsrechts nach Maßgabe des Art. 105 Abs. 2 GG erhoben; ihr Ertrag steht gemäß Art. 30 GG den Ländern zu, wenn die Verfassung keine Spezialregelung trifft. Konzessionsteuern können somit aus finanzverfassungsrechtlichen Gründen nur ausnahmsweise erhoben werden. Wegen der Eigenart der Konzessionsabgaben, wirtschaftsverwaltungsrechtliche Erlaubnisse zu belasten, auf die kein Rechtsanspruch besteht und die dem Bürger ein Vermögens wertes Recht einräumen, sind sie grundsätzlich als Vorzugslasten, und zwar als Verleihungsgebühren auszugestalten. Verleihungsgebühren haben als dritte Gebührenform neben Verwaltungs- und Benutzungsgebühren ihre Berechtigung. Die rechtsstaatlichen Bindungen allen Verwaltungshandelns schließen es aus, daß Verleihungsgebühren einer manchmal befürchteten Fiskalisierung der Verwaltung Vorschub leisten könnten. In bestimmten Fällen erlaubt es dem Staat erst die Belastung einer Konzession mit einer Abgabe, dem Konzessionär gegenüber anderen Bürgern einen geldwerten Sondervorteil einzuräumen. Die zulässige Höhe der als Verleihungsgebühren erhobenen Konzessionsabgaben ergibt sich aus dem Äquivalenzprinzip, das seine Grundlage in der Finanzverfassung und im Gleichheitssatz findet. Vorzugslasten dürfen nicht höher bemessen werden, als es dem Wert des eingeräumten Vorzugs entspricht,
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weil sie andernfalls in eine verfassungswidrige Konkurrenz zu den gegenleistungsunabhängigen Steuern geraten. Die bundesstaatliche Kompetenzverteilung für die Erhebung nichtsteuerlicher Konzessionsabgaben bestimmt sich nach den allgemeinen Regeln der Art. 70 ff. und 83 ff. GG. Das Gesetzgebungsrecht schließt die Befugnis ein, die Ertragshoheit für die Verleihungsgebühren festzulegen. Fehlt es an einer gesetzlichen Grundlage für die Erhebung von Konzessionsabgaben, könnte die vertragliche Verknüpfung einer wirtschaftsverwaltungsrechtlichen Erlaubnis mit einer Geldleistungspflicht des Erlaubnisinhabers in Betracht kommen. In Konzessionsabgabenverträgen veipflichtet sich die Verwaltung zu einem hoheitlichen Handeln. Deshalb sind diese Verträge als öffentlich-rechtlich zu qualifizieren, obwohl die Geldleistungspflicht des Konzessionärs für sich gesehen dem Privatrecht unterfiele. Die Verwaltungsverfahrensgesetze lassen es zwar grundsätzlich zu, daß die Wirtschaftsverwaltung sich der Handlungsform des Vertrages bedient, um Konzessionsabgabenpflichten zu begründen. Entsprechende Verträge gehören zu den AustauschVerträgen im Sinne von § 56 VwVerfG, verstoßen aber gegen das in Satz 2 dieser Vorschrift normierte Koppelungsverbot, weil die Geldleistung des Konzessionärs nicht in dem erforderlichen sachlichen Zusammenhang mit der behördlichen Konzessionserteilung steht. Konzessionsabgaben werden nämlich nicht erhoben, um ihre Erträge in sachlichem Zusammenhang mit der konzessionierten Tätigkeit zu verwenden, sondern schöpfen den in der Konzessionserteilung liegenden Vermögensvorteil des Konzessionärs ab. Folglich muß es dem Gesetzgeber vorbehalten bleiben, die Erhebung von Konzessionsabgaben allgemein zu regeln. Vertragliche Abmachungen der Wirtschaftsverwaltung im Einzelfall begründeten die Gefahr, daß erwerbswirtschaftliche Motive das Verwaltungshandeln beeinflussen könnten; das gilt vor allem, weil bei Fehlen einer gesetzlichen Regelung die Höhe der Konzessionsabgabe zum Gegenstand der Vertragsverhandlungen wird. Konzessionsabgaben halten sich also grundsätzlich nur dann in dem von der Rechtsordnung vorgegebenen Rahmen, wenn sie auf gesetzlicher Grundlage als Verleihungsgebühren erhoben werden und so bemessen sind, daß sie höchstens den in der Erteilung der Konzession liegenden Vermögenswerten Vorteil des Konzessionärs abschöpfen. Die Finanzverfassung ist konzessionsteuerfeindlich, die vertragliche Begründung von Konzessionsabgaben verstößt gegen das in § 56 Abs. 1 Satz 2 VwVfG positiv-rechtlich festgeschriebene Koppelungsverbot.
II. Beurteilung der gegenwärtig erhobenen Konzessionsabgaben 377 Π. Die Beurteilung der gegenwärtig erhobenen Konzessionsabgaben 1. Die bergrechtliche Förderabgabe a. Die Qualifizierung der Abgabe Für die rechtliche Beurteilung der bergrechtlichen Förderabgabe ist davon auszugehen, daß die Konzessionierung des Abbaus von Bodenschätzen verfassungsrechtlich zulässig ist; der Gesetzgeber hat eine verhältnismäßige Regelung getroffen, als er es in den § § 1 1 und 12 BBergG in das Ermessen der Bergbehörden gestellt hat, ob sie privaten Unternehmen das Gewinnen von Bodenschätzen erlauben 2. Die Förderabgabe gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 und 2 BBergG ist als Verleihungsgebühr zu qualifizieren. Das Bundesberggesetz gestaltet die Förderabgabe - ganz entsprechend den Absichten des Gesetzgebers, der eine Konzessionsabgabe in Gestalt einer öffentlich-rechtlichen Verleihungsgebühr erheben wollte 3 - als Gegenleistungsabgabe aus, indem sie die Zahlungspflicht an das Innehaben einer Bewilligung bzw. von Bergwerkseigentum knüpft. Der Abgabentatbestand verbindet die in der Erteilung der bergrechtlichen Bewilligung bzw. der Verleihung des Bergwerkseigentums liegende Leistung des Staates4 mit der Geldleistungspflicht als Gegenleistung des Bürgers. Allein diese klare formale Ausgestaltung des Abgabentatbestandes entscheidet über die rechtliche Qualifizierung der Förderabgabe als Verleihungsgebühr. Auf das materielle Kriterium, ob die Höhe der Abgabe den Wert der staatlichen Leistung zutreffend erfaßt, kommt es für die Zuordnung der Förderabgabe zu Steuern oder Vorzugslasten nicht an5.
b. Die Bemessung der Abgabe Als Vorzugslast in der Form der Verleihungsgebühr läßt sich die Förderabgabe nur dann mit den Grundrechten der Abgabenpflichtigen vereinbaren, wenn die Geldleistungspflicht des Bewilligungsinhabers den in der Erteilung der Konzession liegenden geldwerten Vorteil nicht übersteigt. § 31 Abs. 2 BBergG sieht als Regelsatz für die Förderabgabe 10 v.H. des Marktwertes der
2
Siehe 3. Kapitel, Abschnitt Il.l.a.
3
Bundestagsdnicksache 8/1315, S. 95.
4
Die staatliche Leistung ist darin zu sehen, daß dem Inhaber der Bewilligung bzw. des Beq»werkseigentums in einem bestimmten Feld das andere ausschließende Recht eingeräumt wird, ihm nicht gehörende Bodenschätze zu fördern, an ihnen Eigentum zu erwerben und sie zu vermarkten. 5 Siehe dazu oben 6. Kapitel, Abschnitt I.2.; die richtige Bemessung der Förderabgabe ist nicht eine Frage ihrer Qualifizierung als Vorzugslast oder Steuer, sondern ihrer Rechtmäßigkeit
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gewonnenen Bodenschätze vor; dieser Satz kann nach Maßgabe von § 32 Abs. 2 BBergG bis auf Null reduziert oder bis auf 40 v.H. erhöht werden. Gegen den Regelsatz von 10 v.H. des Marktwertes der gewonnenen Bodenschätze bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Auch wenn der Geldwert des Förderrechtes nur schwer zu ermitteln ist, kann doch für den Regelfall davon ausgegangen werden, daß der Anteil der den Bergbauunternehmen mit der Förderung der Bodenschätze erwachsenden Kosten zuzüglich eines angemessenen Gewinns nicht 90 v.H. der aus der Vermarktung der Bodenschätze erzielten Erlöse erreicht. Ein Indiz dafür ergibt sich daraus, daß in Niedersachsen als dem für die Erhebung der Förderabgabe bedeutendsten Land über längere Zeit hinweg deutlich höhere Sätze als 10 v.H. gezahlt werden konnten, die teilweise sogar fast den gesetzlichen Bemessungsrahmen ausgeschöpft haben6. Sollte in Ausnahmefällen die Ertragslage eines Bergbauunternehmens wegen besonders niedriger Marktpreise die Zahlung einer Konzessionsabgabe nicht zulassen, besteht die Möglichkeit, die Förderabgabe bis auf Null zu senken. Umgekehrt können die zuständigen Landesregierungen auf steigende Marktpreise für die gewonnenen Bodenschätze mit einer Erhöhung der Förderabgabe reagieren. Maßstab für die flexible Bemessung der Abgabe ist gemäß 32 Abs. 2 BBergG jeweils auch die Wettbewerbslage des Bergbauuntemehmens. Gerade die vom Gesetzgeber eröffnete Möglichkeit der Anpassung des Abgabensatzes an die sich wandelnden Marktverhältnisse erlaubt es, die Förderabgabe so zu bemessen, daß sie den in der Erteilung der Bewilligung bzw. der Verleihung des Bergwerkseigentums liegenden Vermögensvorteil ausgleicht. Auch kompetenzrechtlich bestehen gegen die Ausgestaltung der Förderabgabe keine Bedenken. Die vom Bund in Anspruch genommene Kompetenz zur gesetzlichen Regelung der Abgabenerhebung beruht auf Art. 74 Nr. 11 GG in Verbindung mit Art. 72 Abs. 2 Nr. 3 GG. Das Recht zur konkurrierenden Gesetzgebung umfaßt mangels einer anderweitigen verfassungsrechtlichen Vorgabe auch die Bestimmung der Länder als Gläubiger der Förderabgabe durch § 31 Abs. 3 in Verbindung mit § 30 Abs. 2 BBergG. Die Kompetenz der Länder zur Verwaltung der Förderabgabe folgt aus Art. 84 Ab. 1 GG in Verbindung mit § 32 Abs. 1 Satz 1 BBergG.
6 Siehe dazu die Angaben bei Lerche/Pestalozza, Die bergrechtliche Förderabgabe im System des horizontalen Finanzausgleichs und der Bundesergänzungszuweisungen nach Art. 107 II GG, S.
18.
II. Beurteilung der gegenwärtig erhobenen Konzessionsabgaben 379 2. Das Entgelt für Abfallentsorgungslizenzen a. Die Qualifizierung der Abgabe Das in § 11 des Landesabfallgesetzes für Nordrhein-Westfalen geregelte Lizenzentgelt für die Erteilung einer Abfallentsorgungslizenz ist als Verleihungsgebühr konzipiert 7 . Die Begründung des Gesetzentwurfs qualifiziert das Entgelt als Nutzungsgebühr, die lizensierte Abfallentsorgungsunternehmer an das Land abführen müssen. Die Gebühr soll die wirtschaftlichen Vorteile abschöpfen, die das durch die Lizenzvergabe eingeräumte Privileg mit sich bringe, und zugleich zumindest teilweise die Vorteile ausgleichen, die lizensierten Unternehmen im Vergleich zu anderen erwachsen8. Diese Vorteile sind nicht nur formaler Art 9 , sondern bringen für die Lizenznehmer materielle Vermögensvorteile mit sich. Damit ist dem Prinzip der speziellen Entgeltlichkeit der Gebühr Genüge getan. Die Lizenzpflicht errichtet kein präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt, sondern ein repressives Verbot mit einem Bewirtschaftungsvorbehalt. Durch das Gesetz versperrt der Staat privaten Unternehmen grundsätzlich den Bereich der Abfallentsorgung als Betätigungsfeld; nur einzelnen Unternehmern soll dieser Bereich durch eine Ermessensentscheidung der Verwaltung wieder eröffnet werden. Demzufolge handelt es sich bei der Lizenz um eine Konzession 10 . Diese Konzession wird mit einer Abgabe belastet, die den auf der staatlichen Leistung der Lizenzvergabe beruhenden Vermögensvorteil abschöpft. Die Abgabe ist demzufolge als Vorzugslast in der Form der Verleihungsgebühr zu qualifizieren.
b. Die Bemessung der Abgabe Auch gegen die Bemessung des Lizenzentgelts, das sich auf 5 v.H. der Entgelte beläuft, die der Lizenznehmer für das Behandeln und Lagern der Abfälle erhebt, bestehen keine Bedenken. Laut Gesetzesbegründung ist davon auszugehen, daß dieser Prozentsatz dem wirtschaftlichen Vorteil entspricht, der mit der Erteilung der Lizenz verbunden ist, und damit dem Äquivalenzprinzip genügt11. Diese Aussage bleibt zum gegenwärtigen Zeitpunkt apodiktisch; sie läßt die
7
So auch Kloepfer/Follmann, DÖV 1988, 573 (582).
8
Landtag Noidihein-Westfalen, Drucksache 10/2613, S. 42 f.
9
Anderer Auffassung Kloepfer/Follmann, DÖV 1988,573 (582).
10
Siehe dazu näher 4. Kapitel, Abschnitt II.l.c.
11
Landtag Nordrhein-Westfalen, Dnicksache 10/2613, S. 43.
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380
Begründung dafür vermissen, warum gerade ein fünfprozentiger Anteil an den Einnahmen der Lizenznehmer deren aus der Lizenz fließende Vermögensvorteile erfassen soll. Eine nähere Begründung ist aber zunächst kaum möglich, weil sich der Wert des wirtschaftlichen Vorteils noch nicht bemessen läßt Durch die Lizenzierung und die mit ihr verbundene Entgeltpflicht schafft der Gesetzgeber erst ein neues vermögenswertes Gut. Bis zum Inkrafttreten des Landesabfallgesetzes hatte das Recht, Abfälle gewerblich zu entsorgen, keinen Geldwert. Erst mit der Einführung des Lizenzsystems gewinnt die Knappheit der Entsorgungskapazitäten ihren wirtschaftlichen Gehalt: Nunmehr muß für die Nutzung des knappen Gutes "Entsorgungsmöglichkeit" ein Preis bezahlt werden. Die Höhe dieses Preises hängt längerfristig davon ab, welchen Wert die Möglichkeit der Abfallentsorgung für die Abfallerzeuger hat. Wird die Abfallbeseitigung zu teuer, werden sie Abfallvermeidungsstrategien entwickeln - ein Ergebnis, das den Intentionen des Gesetzgebers durchaus entspricht. Bleibt die Abfallentsorgung zu billig, wird die Menge des Abfalls tendenziell zunehmen, jedenfalls nicht abnehmen. Dieses Wechselspiel von Angebot und Nachfrage beschränkt sich nicht auf rein marktwirtschaftliche Vorgänge, sondern findet auch dort statt, wo der Staat in das Wirtschaftssystem eingreift und die Nutzung einer knappen natürlichen Ressource reguliert. In beiden Fällen existiert kein vorgegebener "richtiger" Preis für ein Wirtschaftsgut, sondern der angemessene Preis ergibt sich aus dem Verhältnis von Angebot und Nachfrage. Damit handelt es sich bei der Festsetzung des Lizenzentgelts zunächst einmal um eine notwendige Setzung des Gesetzgebers. Nach seiner Einschätzung verhält sich der Wert des Rechtes, die knappen Abfallentsorgungskapazitäten zu nutzen, zum Wert der Leistungen des Abfallentsorgungsunternehmens wie 1:19. Diese Setzung dürfte angesichts der geringen Zahl der zur Abfallentsorgung geeigneten Flächen eher zu niedrig als zu hoch sein, erscheint aber als Prognose des Gesetzgebers durchaus vertretbar. Angesichts der Schwierigkeit, wenn nicht Unmöglichkeit, schon bei Inkrafttreten des Gesetzes den Wert des in der Lizenz liegenden Vermögensvorteils genauer zu bemessen, räumt die Verfassung dem Gesetzgeber eine angemessene Zeit ein, um Erfahrungen zu sammeln; sie verpflichtet ihn allerdings auch, seine vorläufige Regelung gegebenenfalls nachzubessern12. Rechtliche Bedenken gegen die Erhebung des Lizenzentgelts erwachsen auch nicht daraus, daß das Aufkommen zweckgebunden für Maßnahmen zur Abwehr von Gefahren aus Altlasten sowie für die Entwicklung neuer Technologien zur Vermeidung und Entsorgung von Abfällen verwendet werden soll 13 . 12
Vgl. BVerfGE 78,249 (288 f.).
13
Siehe § 15 des Landesabfallgesetzes.
II. Beurteilung der gegenwärtig erhobenen Konzessionsabgaben 381 Ist die Erhebung einer Verleihungsgebühr nach ihrer gesetzlichen Ausgestaltung rechtmäßig, steht die Verwendung ihres Aufkommens dem Gesetzgeber frei 14 .
3. Die gemeindlichen Konzessionsabgaben Die gemeindlichen Konzessionsabgaben nehmen vor allem deshalb eine Sonderstellung ein, weil sie ausschließlich auf vertraglicher Grundlage beruhen. Die Kommunen gestatten in sogenannten Konzessionsverträgen privaten Versorgungsunternehmen, den Straßenraum zur Verlegung von Versorgungsleitungen mitzunutzen und räumen ihnen Ausschließlichkeitsrechte ein; zum Ausgleich verpflichten sich die Unternehmen, den Kommunen einen bestimmten Prozentsatz ihrer Roheinnahmen als Konzessionsabgaben zu zahlen15.
a. Die Regelung der Straßengesetze Die Gemeinden setzen mit dem Abschluß von Konzessionsverträgen ihre Befugnis, über die Nutzung des Straßenraums zu verfügen, zu wirtschaftsverwaltungsrechtlichen Zwecken ein. Dieses Vorgehen hat Ernst Rudolf Huber schon 1953 als einen typischen Fall des détournement de pouvoir bezeichnet; die Verwaltungspraxis habe de facto eine Betriebskonzession für Versorgungsunternehmen eingeführt, die sich nicht auf eine gesetzliche Grundlage stützen könne und allein gewohnheitsrechtlich legalisiert sei 16 . Um ein détournement de pouvoir kann es sich allerdings strenggenommen nur handeln, wenn über Nutzung des Straßenraums hoheitlich verfügt wird. Das trifft nach den geltenden Straßengesetzen zwar grundsätzlich zu, nicht jedoch dann, wenn der Gemeingebrauch nur kurzfristig für Zwecke der öffentlichen Versorgung beeinträchtigt wird 1 7 . Auf der Grundlage dieser straßenrechtlichen Regelung, die auf
14 Für einen Formenmißbrauch gibt es im Gegensatz zur Auffassung von Kloepfer/Follmann, DÖV 1988,573 (583) keinen Anhaltspunkt. 15
Siehe dazu näher 1. Kapitel, Abschnitt I I . l .
16
Wirtschaftsverwaltungsrecht, Erster Band, S. 566 f.
17
§ 8 Abs. 10 Bundesfernstraßengesetz; § 22 Abs. 2 Bayerisches Straßen- und Wegegesetz; § 20 Abs. 1 Hessisches Straßengesetz; § 23 Niedersächsisches Straßengesetz; § 23 Abs. 1 Straßengesetz des Landes Nordihein-Westfalen; § 45 Abs. 1 Landesstraßengesetz für Rheinland-Pfalz; § 22 Saarländisches Straßengesetz; gemäß § 21 Abs. 1 Straßengesetz für Baden-Württemberg und § 28 Abs. 1 Nr. 2 Straßen- und Wegegesetz des Landes Schleswig-Holstein richtet sich die Nutzung der Straßen für Zwecke der öffentlichen Versorgung stets nach bürgerlichem Recht, ohne Rücksicht darauf, ob der Gemeingebrauch beeinträchtigt wird oder nicht.
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das Drängen der Versorgungswirtschaft zurückgeht 18, ordnet die herrschende Meinung19 die gemeindlichen Konzessionsverträge und die auf ihnen beruhenden Konzessionsabgaben dem Zivilrecht zu, obwohl dagegen aus der Sicht des öffentlichen Rechts Bedenken erhoben werden 20. Dem liegt die Vorstellung zugrunde, daß die Erlaubnis, den Straßenraum für Versorgungsleitungen zu nutzen, ihre Grundlage im Wegeeigentum und nicht in der Wegehoheit der Kommunen findet. Diese Auffassung läßt sich mit der allgemeinen Dogmatik des Straßenrechts nicht vereinbaren, die durch Widmung, Gemeingebrauch und Sondernutzung geprägt wird: Straßen und Wege werden mit der Widmung zu öffentlichen Sachen, über die im Rahmen der Wegehoheit verfügt wird, soweit der Widmungszweck betroffen ist. Die Benutzung der öffentlichen Wege im Rahmen der Widmung zu Zwecken des Verkehrs ist jedermann als Gemeingebrauch gestattet, die Benutzung über den Gemeingebrauch hinaus stellt eine erlaubnispflichtige Sondernutzung dar. Nur eine Benutzung, die weder Gemeingebrauch ist noch den Gemeingebrauch beeinträchtigt, fällt nicht in den Rahmen der Widmung und läßt deshalb die Wegehoheit unberührt; über sie ist allein aufgrund des Eigentums an Weg oder Straße zu entscheiden21. Versorgungsleitungen können aber nur unter Beeinträchtigung des Gemeingebrauchs verlegt werden. Dementsprechend wäre es systematisch konsequent, für die Nutzung des Straßenraums zu Versorgungszwecken, die den Widmungszweck berührt, wie für andere Sondernutzungen auch eine öffentlichrechtlich zu qualifizierende Erlaubnis des Inhabers der Wegehoheit zu verlangen. Diesen dogmatisch folgerichtigen Weg haben die Straßengesetze versperrt, indem sie die Einräumung von Rechten zur Benutzung des Straßenraums für Versorgungsleitungen ausdrücklich dem Zivilrecht zugewiesen ha18 Schack, Verwaltungsarchiv 54 (1963), 42 (57 ff.); Stern, AöR 84 (1959), 137 und 273 (290 f.), beide mit weiteren Nachweisen.
« Ballerstedt, BB 1958, 125 (126 f.); Berg, Straßen- und Wegerecht, in: Maunz/Obermayer/ Berg/Knemeyer, Staats- und Verwaltungsrecht in Bayern, S. 459 (474); Immesberger, Das Recht der Konzessionsabgaben, S. 2 a ff.; Kodal/Krämer, Straßenrecht, Kapitel 26, Rdnr. 9 ff. (S. 601 f.); Marschall/Schröter, Bundesfernstraßengesetz, Anm. 10.3 zu § 8; Maunz, Verwaltungsarchiv 50 (1959), 315 (333 ff.); Münch, Konzessionsverträge und Konzessionsabgaben, in: Praxis der Gemeindeverwaltung (Baden-Württemberg), D 1 c S. 16 f.; Obernolte/Danner, Energiewirtschaftsrecht, S. V 8 f.; Salzwedel, in: von Münch, Besonderes Verwaltungsrecht, S. 615 (639 f.); Zeiß, Probleme der Ausgestaltung der Konzessionsabgaben öffentlicher Unternehmen, in: Friedrich/ Kupsch, Die Besteuerung öffentlicher Unternehmen, S. 281 (286 ff.). 20 Bartlsperger, DVB1. 1980,249; Huber, Wirtschaftsverwaltungsrecht, Erster Band, S. 565 ff.; Schack, Verwaltungsarchiv 54 (1963), 42 (62 ff.); Stem, AöR 84 (1959), 137 und 273 (295 ff. und 301 ff.). 21 Zur Dogmatik des Straßenrechts Salzwedel, Wege- und Veikehrsrecht, in: von Münch, Besonderes Verwaltungsrecht, S. 695 (700 ff.) und Steiner, Straßen- und Wegerecht, in: derselbe (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, S. 601 (609 ff. und 639 ff.).
II. Beurteilung der gegenwärtig erhobenen Konzessionsabgaben 383 ben. Angesichts dieser Entscheidung der Gesetzgeber, die in den Straßengesetzen unmißverständlich zum Ausdruck kommt, muß der Versuch scheitern, im Wege der Auslegung dem Zivilrecht nur die Einräumung solcher Nutzungsrechte von Versorgungsunternehmen zuzuordnen, die den Gemeingebrauch nicht beeinträchtigen 22.
b. Die Verfassungswidrigkeit der straßenrechtlichen Regelung § 8 Abs. 10 BFStrG und die entsprechenden landesgesetzlichen Regelungen stoßen auf verfassungsrechtliche Bedenken. Ihre Vereinbarkeit mit der Verfassung hängt davon ab, ob das Grundgesetz dem Gesetzgeber die freie Entscheidung darüber läßt, straßenrechtliche Regelungen dem Zivilrecht oder dem öffentlichen Recht zuzuweisen oder ob es ihm insoweit Bindungen auferlegt. Solche Bindungen könnten sich aus dem Gedanken der Systemgerechtigkeit ergeben. Das Bundesverfassungsgericht geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, daß eine Systemwidrigkeit einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz indiziere; dabei versteht es unter einer Systemwidrigkeit eine Verletzung der vom "Gesetz selbst statuierten Sachgesetzlichkeit"23. Letzlich handelt es sich beim Gebot der Systemgerechtigkeit somit um einen Ausfluß des allgemeinen Gleichheitssatzes, der verlangt, daß sich eine vom Gesetz vorgenommene unterschiedliche Behandlung - sachbereichsbezogen - auf einen vernünftigen oder sonst einleuchtenden Grund zurückführen läßt 24 . Für die unterschiedliche Behandlung von Versorgungsunternehmen, die bei der Verlegung von Leitungen den Gemeingebrauch an öffentlichen Straßen beeinträchtigen, gegenüber allen anderen Straßenbenutzern gibt es aber weder einen vernünftigen noch sonst einen einleuchtenden, sachbereichsbezogenen Grund. Die Regelung des § 8 Abs. 10 BFStrG und die entsprechenden landesgesetzlichen Bestimmungen sind allein auf den Wunsch der Versorgungswirtschaft zurückzuführen, die ihre Vereinbarungen mit den Kommunen den strengeren Bindungen des öffentlichen Rechts entziehen wollte; andere Gründe für die Sonderregelung sind nicht ersichtlich. § 8 Abs. 10 BFStrG mag zwar den Interessen der Versorgungswirtschaft entsprechen, weist aber keinerlei Sachbezug zum Straßenrecht auf und verstößt deshalb gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Wie alle anderen Beeinträchtigungen des Gemeingebrauchs kann auch die Verlegung von Versorgungsleitungen öffentlich-rechtlich geregelt werden, ohne daß sich daraus irgendwelche sachlichen Probleme ergäben. 22
Diesen Versuch hat Schack, Verwaltungsarchiv 54 (1963), 42 (59 ff.) unternommen.
» BVerfGE 34,103 (115) und 59, 36 (49); vgl. auch BVerfGE 66, 214 (223 f.) und 67, 70 (84 f.); grundlegend zum Ganzen Peine, Systemgerechtigkeit, S. 180 ff. und S. 287 ff. 24
BVerfGE 75,108 (157).
384
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Der Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG führt allerdings nicht automatisch zur Nichtigkeit der Norm. Schon die Verfassungswidrigkeit des § 8 Abs. 10 BFStrG könnte nur das Bundesverfassungsgericht feststellen, an dessen Anrufung die Beteiligten allerdings wenig Interesse haben dürften; der Gesetzgeber müßte den Gleichheitsverstoß dann durch eine Neuregelung beseitigen, die mit großer Wahrscheinlichkeit in einer Streichung der Sonderregelung bestehen dürfte 25 . Eine solche Gesetzesänderung würde deutlich machen, daß die gemeindlichen Konzessionsverträge materiell gesehen öffentlich-rechtliche Verträge sind, die den Regelungen der Verwaltungsverfahrensgesetze unterfallen; als solche genügen sie den Anforderungen des § 56 Satz 1 VwVfG nicht, sondern verstoßen gegen das Koppelungsverbot 26. Dieser Verstoß dürfte auch die Abneigung aller Beteiligten gegen eine systemgerechte gesetzliche Regelung erklären. Um den Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG zu beseitigen, sollte der Gesetzgeber unverzüglich den systemwidrigen § 8 Abs. 10 BFStrG sowie die entsprechenden landesgesetzlichen Regelungen aufheben 27; zugleich müßte die Erhebung gemeindlicher Konzessionsabgaben auf eine gesetzliche Grundlage gestellt werden, die die Abgabenpflicht dem Grunde und der Höhe nach festlegte. Bei den von den Gemeinden erhobenen Konzessionsabgaben handelt es sich nicht um Geldleistungspflichten des Bürgers, die in sachlichem Zusammenhang mit einer diesem gewährten Staatsleistung verwendet werden sollen, sondern im Grunde um Vorzugslasten, die wie alle Abgaben dem Vorbehalt des Gesetzes unterfallen 28.
c. Die Bindung der Kommunen an das Verwaltungsprivatrecht Die Flucht des Gesetzgebers in das Privatrecht 29 vermag die Gemeinden allerdings auch gegenwärtig nicht von allen öffentlich-rechtlichen Bindungen ihrer Vertragsbeziehungen mit den Versorgungsunternehmen zu befreien. Die gesetzliche Qualifizierung der Konzessionsverträge als privatrechtlich eröffnet den Vertragspartnern zwar grundsätzlich die im Vergleich zum öffentlichen Recht größere "Bewegungsfreiheit" 30 des Zivilrechts, ohne daß die Kommunen
25 Zu den Wirkungen eines Gleichheitsverstoßes durch die Gesetzgebung statt aller Pieroth/ Schlink, Rdnr. 548 ff. mit weiteren Nachweisen. 26
Dazu näher oben 8. Kapitel, Abschnitt III.2.C.
27
So auch der Vorschlag von Baitlsperger, DVB1.1980,249 (257 f.).
28
Zum Vorbehalt des Gesetzes für die Begründung von Abgabenpflichten statt aller Birk, Steuerrecht I, Rdnr. 5 ff. zu § 5 (S. 34 f.) und Vogel/Walter, Rdnr. 130 ff. zu Ait. 105, in: Bonner Kommentar. 29
Zu dem Ausdruck vgl. Reiner, Institutionen des Deutschen Verwaltungsrecht, S. 326.
30
So W . Jellinek, Verwaltungsrecht, S. 25.
II. Beurteilung der gegenwärtig erhobenen Konzessionsabgaben 385 sich deshalb jedoch auf die Privatautonomie berufen könnten. Wie die Verwaltung selbst sich der Bindung an die Grundrechte nicht entziehen kann, wenn sie ihrem Wesen nach öffentliche Aufgaben in der Rechtsform des Privatrechts erfüllt, so kann auch der Gesetzgeber die Kommunen nicht von der Beachtung der Grundrechte freistellen, indem er Konzessionsverträge dem Zivilrecht zuordnet. Für die Gemeinden gilt beim Abschluß von Konzessionsverträgen nicht allgemeines, sondern ein von öffentlich-rechtlichen Vorschriften überlagertes Privatrecht, für das sich die Bezeichnung "Verwaltungsprivatrecht" durchgesetzt hat 31 . Für die vertragliche Begründung der Pflicht zur Zahlung von Konzessionsabgaben sind die Kommunen demnach auch jetzt sowohl an das Verhältnismäßigkeitsprinzip als Richtschnur für Beschränkungen der in Art. 2 Abs. 1 GG garantierten allgemeinen Handlungsfreiheit als auch an den in Art. 3 Abs. 1 GG verankerten allgemeinen Gleichheitssatz gebunden. Geldleistungspflichten der Versorgungsunternehmen dürfen demnach nur dazu dienen, den Vermögenswerten Vorteil auszugleichen, der in der Einräumung von Rechten zur Benutzung des Straßenraumes für Versorgungszwecke liegt. Gleichheitsprobleme wirft vor allem das durch die Konzessionsverträge in aller Regel begründete ausschließliche Versorgungsrecht auf. Indem die Kommunen einem Unternehmen ein Versorgungsmonopol einräumen, schließen sie andere von dieser Möglichkeit aus. Die Ungleichbehandlung ist sachlich gerechtfertigt, wenn Wettbewerb wegen der hohen Fixkosten, die das Vorhalten von Leitungen und Anlagen mit sich bringt, sowie wegen der Notwendigkeit, Kapazitäten für Zeiten der Spitzenbelastung des Netzes bereitzustellen, Preissteigerungen bewirken würde 32 . Für die Versorgung der Tarifkunden dürfte diese Voraussetzung erfüllt sein, während bei Sonderabnehmern möglicherweise Wettbewerb zwischen mehreren Anbietern durchaus möglich ist 33 . Letztlich ist diese Frage nur nach den konkreten Umständen des Einzelfalles zu entscheiden.
31 Dazu grandlegend Siebert, Privatrecht im Bereich öffentlicher Verwaltung, in: Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät zu Göttingen (Hrsg.), Festschrift für Niedermeyer zum 70. Geburtstag, S. 215, und Wolff/Bachof, Verwaltungsrecht I, § 23 II b (S. 108 ff.); aus der neueren Literatur Badura, Wirtschaftsverwaltungsrecht, in: von Münch (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, S. 283 (344 ff.); Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsfomi, S. 212 ff.; derselbe, DVB1. 1983,422 (425 ff.); Gusy, DÖV 1984, 872 (877 ff.); von Münch, Verwaltung und Verwaltungsrecht im demokratischen und sozialen Rechtsstaat, in: Erichsen/Martens, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 1 (§ 3 II 2, S. 51 ff.); von Zezschwitz, NJW 1983, 1873 (1877 ff.); aus der Rechtsprechung BGHZ 29, 76; 33, 230 und BGH, Urteil vom 20. Dezember 1968, DÖV 1969, 861. 32 So BGH, Beschluß vom 15. April 1986, BB 1986, 1456 (1457); Didden, Konzessionsabgaben der Energie- und Wasserversorgungsuntemehmen, S. 8 f. 33
Emmerich, Kartellrecht, S. 442 mit weiteren Nachweisen.
25 Wieland
386
Schluß 4. Die rundfunkrechtliche
Erlaubnisabgabe
Die bisher nur im Saarland erhobene Abgabe auf die Erlaubnis zur privaten Veranstaltung von Rundfunk ist anders als die bergrechtliche Förderabgabe und das in Nordrhein-Westfalen geplante abfallrechtliche Lizenzentgelt keine Konzessionsabgabe im hier vertretenen Sinne (a.), gleicht einer solchen Abgabe aber insoweit, als sie den in einer wirtschaftsverwaltungsrechtlichen Erlaubnis liegenden Vorteil abschöpfen soll (b.).
a. Die Besonderheit der Abgabe Die Abgabe ist "für die Konzession" zu zahlen 34 , knüpft also im Abgabentatbestand ausdrücklich an die von der Landesanstalt für das Rundfunkwesen 35 erteilte Erlaubnis 36 an. Ob die Erlaubnis erteilt wird, steht allerdings nicht im Ermessen der Landesanstalt. Vielmehr sieht das saarländische Gesetz ganz wie die oben 37 dargestellte baden-württembergische Regelung vor, daß die Landesanstalt bei begrenzten Übertragungsmöglichkeiten auf eine einvernehmliche Aufteilung der Kapazitäten hinwirken und ersatzweise die Veranstalter zulassen soll, die am ehesten die Gewährleistung von Meinungsvielfalt erwarten lassen ; Vorrang haben dabei je ein landesweites Vollprogramm für Hörfunk oder Fernsehen, während die verbleibenden Übertragungsmöglichkeiten den übrigen Antragstellern anteilig oder im Turnus zugewiesen werden 38. Die Besonderheit der rundfunkrechtlichen Erlaubnis besteht darin, daß nach der Regelung im Rundfunkgesetz für das Saarland wie nach den entsprechenden Gesetzen der anderen Länder die fortbestehende Knappheit der terrestrischen Übertragungsmöglichkeiten 39 aus medienverfassungsrechtlichen Gründen nicht in der Weise bewirtschaftet wird, daß nur einzelnen Bewerbern eine Erlaubnis erteilt wird, andere aber abgewiesen werden. Vielmehr erhalten auch Interessenten, die bei der vorrangigen Vergabe von Vollprogrammen nicht berücksichtigt werden, obwohl sie die Zulassungsvoraussetzungen erfüllen, einen Anteil an den verbleibenden Übertragungsmöglichkeiten. Dem entsprechend begründet § 45 Abs. 1 des Rundfunkgesetzes für das Saarland nicht die Pflicht
34
§ 45 Abs. 1 Rundfunkgesetz für das Saarland.
35
Siehe zu Aufgaben, Rechtsstellung und Organen der Landesanstalt §§53 ff. des Rundfunkgesetzes für das Saarland. 36
Vgl. § 39 des Rundfunkgesetzes für das Saarland.
37
4. Kapitel, Abschnitt II.2.a.
38
Siehe im einzelnen die Regelung in § 41 des Rundfunkgesetzes für das Saarland.
39
Siehe dazu BVerfGE 73,118 (121 ff.).
II. Beurteilung der gegenwärtig erhobenen Konzessionsabgaben 387 zur Zahlung einer Konzessionsabgabe im hier vertretenen Sinne, weil eine Erlaubnis, auf die jedenfalls dem Grunde nach ein Rechtsanspruch besteht, keine Konzession ist.
b. Die rechtliche Qualifizierung der Abgabe Die Abgabe gleicht den Konzessionsabgaben aber insoweit, als sie zum Ausgleich für den Vorteil erhoben wird, der in der Erlaubnis zur Veranstaltung von Rundfunk liegt. Für die vorrangig berücksichtigten Veranstalter von Vollprogrammen besteht der Vorteil in dem ihnen im Vergleich zu anderen Bewerbern eingeräumten Vorrang. Sie allein können die Gewinnchancen nutzen, die mit der Veranstaltung eines vollen Programms verbunden sind, während ihre Konkurrenten auf die anteilige Nutzung der verbleibenden Übertragungsmöglichkeiten verwiesen werden. Obwohl auf diesen Sondervorteil gemäß § 41 Abs. 2 des Rundfunkgesetzes für das Saarland ein Rechtsanspruch besteht, ist der in der Erlaubnis liegende Vorteil entgeltfähig. Die Leistung des Staates, für die eine Gegenleistung verlangt werden kann, besteht in der grundsätzlichen Zulassung privaten Rundfunks, weil das Grundgesetz kein Individualgrundrecht des Bürgers auf Veranstaltung von Rundfunk kennt 40 . Der Umstand, daß wegen des in Art. 5 Abs. 1 GG begründeten Parlamentsvorbehalts nicht die Verwaltung, sondern der Gesetzgeber darüber entscheidet, ob private Unternehmen die Möglichkeit erhalten, Rundfunk zu veranstalten und auf diese Weise knappe Übertragungskapazitäten zu nutzen41, schmälert den Wert der erteilten Erlaubnis nicht. Solange die Knappheitssituation fortbesteht und nicht alle Interessenten in dem von ihnen gewünschten Umfang zur Veranstaltung von Rundfunk unter Nutzung der begehrten terrestrischen Frequenzen zugelassen werden können, weist die Erlaubnis ihrem Inhaber ein knappes Gut und damit einen Vermögensvorteil zu, für den eine Verleihungsgebühr erhoben werden darf. Auch die übrigen Veranstalter, denen nur ein Anteil der verbleibenden Übertragungsmöglichkeiten zugeteilt wird, erhalten damit eine grundsätzlich entgeltfähige Leistung des Staates. Auch für sie stellt die Erlaubnis eine Rechtsposition dar, auf die sie keinen grundrechtlichen Anspruch haben. Wie hoch der in der Erlaubnis liegende Vermögensvorteil anzusetzen ist, hängt allerdings von der Zahl der Veranstalter ab. Je größer diese Zahl wird, desto geringer wird der Anteil an den Übertragungsmöglichkeiten, der dem einzelnen
40 Zur institutionellen Rahmengarantie des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG siehe oben 4. Kapitel, Abschnitt II.2.a. (2); dort auch Nachweise für die Auffassung, Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG gewähre ein Grundrecht auf Rundfunkveranstaltungsfreiheit. 41
Zu diesem Paiiamentsvoibehalt BVerfGE 57, 295 (319 ff.).
388
Schluß
Anbieter verbleibt. Sinkt dieser Anteil unter eine bestimmte Grenze, verliert er seinen finanziellen Wert. Wann das der Fall ist, hängt wiederum von den konkreten Umständen ab.
c. Die Höhe der Abgabe Gegen die Bemessung der saarländischen Abgabe bestehen keine Bedenken. Ihre Höhe beträgt im Regelfall 1 % der Bruttoentgelte und 4 % der Spenden und Bruttoweibeeinnahmen; sie kann innerhalb der Anlaufzeit eines neuen Programmes ermäßigt werden 42. Die Entscheidung des Gesetzgebers, nur 1/25 der Werbeeinnahmen als Entgelt für die Möglichkeit zur Nutzung der begrenzten Übertragungskapazitäten zu verlangen, 96 % dagegen dem Veranstalter als Ausgleich für seine Aufwendungen zu überlassen, erscheint im Hinblick auf ausländische Regelungen eher zurückhaltend. So mußten etwa in Großbritannien die privaten Veranstalter von Fernsehprogrammen in den Jahren nach 1974 zwei Drittel ihres Gewinns, soweit er 1 Million D M überstieg, an den Staat abführen 43. Die Möglichkeit, die Höhe der Abgabe während der oft wirtschaftlich schwierigen Anlaufphase neuer Programme zu ermäßigen, sollte in der Regel auch ausreichen, um zu verhindern, daß die Veranstalter unzumutbar belastet werden. Bei länger andauernden wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Veranstalter könnte der Gesetzgeber allerdings zu einer Korrektur der Abgabensätze verpflichtet sein, weil bei permanenten Betriebsverlusten nicht mehr davon ausgegangen werden kann, daß die Erlaubnis den Veranstaltern einen Vermögensvorteil gewährt 44.
5. Die Spielbankabgabe a. Die Qualifizierung der Abgabe Die Spielbankabgabe wird finanzverfassungsrechtlich gemäß Art. 106 Abs. 2 Nr. 6 GG als Steuer behandelt. Damit ist aber noch nicht über ihren eigentlich abgabenrechtlichen Charakter entschieden. Der verfassungsändernde Gesetzgeber hat 1954 bewußt darauf verzichtet, in Art. 106 Abs. 2 Nr. 6 GG von einer "Spielbanksteuer" zu sprechen; stattdessen wurde die neutrale Bezeichnung
42
§ 45 Abs. 2 und 3 des Rundfunkgesetzes für das Saarland.
43
Siehe dazu näher Wieland, Die Freiheit des Rundfunks, S. 290 ff.
44
Die Zweckbindung des Aufkommens der Abgabe für kulturelle Zwecke gemäß § 45 Abs. 4 Landesrundfunkgesetz ist rechtlich unbedenklich, siehe dazu oben 2.b. am Ende.
II. Beurteilung der gegenwärtig erhobenen Konzessionsabgaben 389 "Abgabe von Spielbanken" gewählt 45 . Diese Zurückhaltung hatte ihren Grund. Sie beruht darauf, daß die Spielbankabgabe "über den Charakter einer Konzessionsabgabe hinaus" 46 einer weitergehenden Abschöpfung der Spielerträge dient, die pauschal Steuerpflichten der Spielbankbetreiber abgelten soll. § 6 Abs. 1 der Spielbankverordnung 47 befreit den Spielbankunternehmer für den Betrieb der Spielbank nicht nur von der Lotterie- und der Gesellschaftssteuer, sondern auch von den Steuern vom Einkommen, vom Vermögen und vom Umsatz; darüber hinaus sieht § 6 Abs. 2 der Verordnung die Befreiung des Spielbankunternehmers auch von den Landes- und Gemeindesteuern vor. Diese Regelungen sind seinerzeit offenbar aus reinen Zweckmäßigkeitserwägungen getroffen worden, um eine möglichst einfache Abschöpfung des Aufkommens aus dem Spielbankbetrieb zugunsten gemeinnütziger Zwecke im Sinne von § 1 Abs. 1 Spielbankgesetz48 sicherzustellen. Sie waren angesichts der Beseitigung der föderalen Ordnung in der Zeit zwischen 1933 und 194549 auch nicht mit finanzverfassungsrechtlichen Problemen verbunden. Zudem wurden die bis 1944 im damaligen Reichsgebiet existierenden drei Spielbanken als Betriebe der öffentlichen Hand geführt 50. Die Regelung der Spielbankverordnung rechtfertigt heute die Steuerbefreiung der Spielbankunternehmer nicht mehr. Das beruht darauf, daß die Spielbankverordnung jedenfalls nicht als Gesetz im formellen Sinne fortgilt, weil sie schon 1938 als gesetzesabhängige Verordnung dem Gesetz im Range nachstand51. Die Steuerpflicht der Spielbankunternehmer richtet sich heute aber nach den vom Parlament erlassenen Steuergesetzen, die als Kodifikationen sämtlich keine Befreiung der Spielbankunternehmer für den Betrieb der Spielbank von der Steuerpflicht vorsehen. Wegen des Vorrangs des Gesetzes geht
45 Deutscher Bundestag, Kurzprotokoll der 19. und 20. Sitzung des Ausschusses für Finanzund Steuerfragen am 21. und 22. Juni 1954 nebst Anlagen. 46
So die treffende Formulierung von Maunz, Rdnr. 33 zu Art. 106, in: Maunz/Dürig, Grundge-
setz. 47
Vom 27. Juli 1938, RGBl. 1938 I S . 955.
48
Vom 14. Juli 1933, RGBl. I S . 480.
49
Zur Beseitigung der bundesstaatlichen Ordnung durch das Vorläufige Gesetz zur Gleichschaltung der Lander mit dem Reich vom 31. März 1933, RGBl. I S. 153, das Zweite Gesetz zur Gleichschaltung der Lander mit dem Reich vom 7. April 1933, RGBl. I S. 173, das Gesetz über den Neuaufbau des Reichs vom 30. Januar 1934, RGBl. I S. 75, sowie das Gesetz über die Aufhebung des Reichsrats vom 14. Februar 1934, RGBl. I S. 89, siehe aus damaliger Sicht E.R. Huber, Verfassung, S. 183 ff. 50
Schmitz, Finanzarchiv N.F. 24 (1965), 472 (475).
51
BVerfGE 28,119(133).
390
Schluß
diese Regelung der Steuergesetze § 6 der Spielbankverordnung v o r " und sind die Spielbankunternehmer also nicht von der Steuer befreit. Eine entsprechende Steuerbefreiung müßte in die jeweiligen Steuergesetze aufgenommen werden. Ungeachtet dessen vereinigt die Spielbankabgabe gegenwärtig über ihren Charakter als Konzessionsabgabe hinaus steuerliche Elemente in sich, weil sie auf die - rechtlich nicht mehr mögliche - pauschale Abgeltung der Steuerpflichten der Spielbankunternehmer zielt; sie ist deshalb als Abgabe sui generis zu qualifizieren, die sich der üblichen Einteilung in Steuern und Vorzugslasten entzieht.
b. Die Höhe der Abgabe In den Ländern, die keine eigenen Spielbankgesetze erlassen haben, fehlt es an einer gesetzlichen Festlegung der Höhe der Spielbankabgaben. Die Bemessung der Abgabe wird nur in den Konzessionsverträgen geregelt. Eine vertragliche Festlegung der Höhe der Spielbankabgabe läßt aber nicht einmal der in rechtsstaatlicher Hinsicht bedenkliche § 5 Abs. 2 Spielbankverordnung zu, der eine Bestimmung durch den Reichsminister des Innern im Benehmen mit dem Reichsminister der Finanzen fordert. Das Fehlen einer gesetzlichen Festlegung der Höhe der Spielbankabgabe läßt sich mit dem Verfassungsgrundsatz des Vorbehalts des Gesetzes, nach dem jede Abgabenpflicht auf einer gesetzlichen Grundlage beruhen muß 53 , nicht vereinbaren 54. Normen, die eine Pflicht zur Zahlung nichtsteuerlicher Abgaben begründen, müssen nach Inhalt, Gegenstand, Zweck und Ausmaß hinreichend bestimmt und begrenzt sein. Nur wenn die Abgabenlast meßbar und in gewissem Umfang für den Abgabenpflichtigen voraussehbar und berechenbar ist, sind die sich aus dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung sowie dem Prinzip der Gewaltenteilung ergebenden verfassungsrechtlichen Anforderungen erfüllt 55 . Diesen Voraussetzungen genügt § 5 Spielbankverordnung nicht, der die Abgabenpflichten nur dem Grunde, nicht aber der Höhe nach festlegt; die Vorschrift ist deshalb verfassungswidrig.
52
Entgegen der herrschenden Praxis, siehe dazu BFH V I 126/62 vom 1. Dezember 1964, StRK EStG § 2 R. 58; vgl. zuvor schon BFH 58, 556; Czapski, Deutsche Gemeindesteuer-Zeitung 1967, 145 (147 ff.). 53 Statt aller Bilk, Steuerrecht I, Rdnr. 5 ff. zu § 5 (S. 34 f.) und Vogel/Walter, Rdnr. 130 ff. zu Art. 105, in: Bonner Kommentar. 54 So auch Papier, Die finanzrechtlichen Gesetzesvorbehalte und das grundgesetzliche Demokratieprinzip, S. 251 f. und Walter, StuW 1972, 225 ff., die die Spielbankabgabe allerdings als Steuer qualifizieren. 55
Vgl. BVerfGE 13,153 (160 f.); ständige Rechtsprechung.
II. Beurteilung der gegenwärtig erhobenen Konzessionsabgaben 391 Demgegenüber bestehen gegen die landesrechtlichen Vorschriften über die Erhebung der Spielbankabgabe dem Grunde nach keine Bedenken. Da § 6 Spielbankverordnung die Spielbankunternehmer wegen des Vorrangs des Gesetzes entgegen der Praxis nicht wirksam von ihrer Steuerpflicht befreien kann, sind die Spielbankabgaben unter Berücksichtigung der tatsächlichen Rechtslage - nicht der gegenwärtigen Praxis - überhöht. Mit einem Regelsatz von 80 v.H. der Bruttospielerträge schöpfen sie einen größeren Vorteil ab als dem Spielbankuntemehmer aus der Spielbankkonzession erwächst, wenn er seine Steuerpflichten erfüllt; darin liegt sowohl ein Verstoß gegen den in Art. 3 Abs. 1 GG verankerten allgemeinen Gleichheitssatz als auch ein unverhältnismäßiger Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit des Art. 2 Abs. 1 GG. Der Gesetzgeber sollte bei der gebotenen Neuregelung der Spielbankabgabe nichts an der bestehenden Steueipflicht der Spielbankunternehmer ändern, die Spielbankabgabe vielmehr im Hinblick auf die nach Steuern verbleibenden Einkünfte festsetzen. Eine solche Ausgestaltung der Abgabe würde zugleich den Anreiz vermindern, die Vergabe der Spielbankkonzessionen durch illegale Mittel zu beeinflussen; das gilt jedenfalls dann, wenn die Spielbankabgabe so bemessen wird, daß der Betrieb einer Spielbank für den Spielbankunternehmer keine exorbitanten Gewinne mehr mit sich bringt.
6. Die Wettabgaben a. Die Qualifizierung der Abgaben Die Wettabgaben, die in mehreren Bundesländern "für die Zulassung" 56 von privaten Wettunternehmen zur Veranstaltung von Wetten über sportliche Wettkämpfe oder die Ziehung von Zahlen erhoben werden können, sind rechtlich als Verleihungsgebühren zu qualifizieren. Auf die Zulassung besteht kein Rechtsanspruch, die einschlägigen Gesetze stellen sie in das Ermessen der zuständigen Behörden; mehrere Bundesländer, wie z.B. Baden-Württemberg oder Nordrhein-Westfalen, haben die Veranstaltung von Wettgesetzen überhaupt Unternehmen der öffentlichen Hand vorbehalten 57. Gegen das repressive Verbot der Veranstaltung von Wetten auf privatwirtschaftlicher Grundlage, das in manchen Ländern durch die Möglichkeit der Konzessionierung privater Wettunternehmen durchbrochen wird, bestehen ebensowenig rechtliche Bedenken wie gegen das Verbot des Betriebs von Spielbanken. Wettunternehmen wie Spielbanken ziehen Gewinn aus dem Spieltrieb der Menschen. Zwar dürfte die Gefahr des wirtschaftlichen Ruins 56
So die Formulierung in § 1 a Abs. 1 Satz 1 des rheinland-pfälzischen Sportwettgesetzes.
57
Siehe dazu näher 1. Kapitel, Abschnitt III.2.
392
Schluß
von Personen, die der Spielleidenschaft verfallen sind, bei Sportwetten und Wetten über die Ziehung von Zahlen geringer sein als bei Glücksspielen in einer Spielbank, weil in der Regel die Einsätze geringer sind. Auch eine große Zahl geringer Einsätze kann jedoch die finanziellen Möglichkeiten der Spieler überschreiten. Zudem sind z.B. bei Pferde wetten Einsätze in einer Höhe möglich, die denen in Spielbanken durchaus vergleichbar sind. Die Konzessionierung der Wettunternehmen dient damit ebenso wie die Konzessionierung der Spielbanken dazu, dem Spieltrieb der Menschen unter staatlicher Kontrolle einen begrenzten Raum der Entfaltung zu verschaffen. Wenn der Staat durch die Konzession die Möglichkeit einräumt, aus der Neigung vieler Menschen zum Glücksspiel um Geld vor allem durch die besseren Chancen der Bank gegenüber der Gesamtheit der Spieler finanziellen Nutzen zu ziehen, der zudem durch die geringe Zahl der erteilten Konzessionen besonders hoch ist, wird ein vermögenswerter Vorteil verschafft, der entgeltfähig ist. Er rechtfertigt die Erhebung einer Verleihungsgebühr.
b. Die Höhe der Abgabe Gegen die Höhe der Wettabgaben, die je nach Bundesland zwischen 17 1/3 und 21 v.H. der Wetteinsätze beträgt 58, bestehen im Hinblick auf das Äquivalenzprinzip keine Bedenken. Zwar läßt sich auch für diese Abgaben der in der Konzession liegende geldwerte Vorteil nicht präzise ermitteln; einen deutlichen Hinweis darauf, daß die genannten Prozentsätze jedenfalls nicht mehr von den Einnahmen der Wettunternehmen abschöpfen als dem Wert der Konzession entspricht, kann man aber der gesetzlichen Regelung in Bremen entnehmen. Dort wird nicht nur eine Konzessionsabgabe in Höhe von 21 v.H. der Wetteinsätze, sondern darüber hinaus noch eine zusätzliche Abgabe erhoben, deren Höhe sich danach bemißt, welche Einnahmen dem Wettunternehmen nach Abzug seiner Unkosten sowie einer vierprozentigen Verzinsung des investierten Kapitals und einer Rückstellung für das Geschäftsrisiko verbleiben. Erst diese zusätzliche Abgabe führt zur vollständigen Abschöpfung der aus der Konzession erwachsenden finanziellen Vorteile. Dabei stellt der Satz von 4 % des investierten Kapitals als Richtzahl eines angemessenen Unternehmergewinns letzlich eine Setzung dar, die grundsätzlich vertretbar erscheint, gegebenfalls aber längerfristig der allgemeinen Zinsentwicklung angepaßt werden muß. Die Existenz dieser zusätzlichen Abgabe in Bremen indiziert jedenfalls, daß die Wettabgaben auch mit 21 v.H. der Wetteinsätze noch so bemessen sind, daß sie den in der Konzession liegenden Vermögensvorteil nur zum Teil abschöpfen.
58
Siehe dazu 1. Kapitel, Abschnitt III.2.
III. Ausbück
393
7. Die Schankerlaubnissteuer Die Schankerlaubnissteuer ist nicht nur von ihrem Aufkommen her gesehen mittlerweile ohne große Bedeutung, sie stößt auch rechtlich auf deutliche Bedenken, die zu ihrer endgültigen Aufhebung führen sollten. Als Erlaubnissteuer, die den in der Schankerlaubnis liegenden Vermögensvorteil abschöpfen sollen, läßt sie sich nicht mit dem Steuerbegriff des Grundgesetzes vereinbaren, demzufolge eine wesentliche Eigenart der Steuer gerade in ihrer Gegenleistungsunabhängigkeit liegt. Selbst wenn man sie trotz aller Bedenken59 als Steuer kraft Tradition und nicht kraft Qualität ansehen will 6 0 , bleibt doch zu fragen, worin nach dem Wegfall der Bedürfnisprüfung für den Erlaubnisinhaber noch der mit der Erteilung der Erlaubnis verbundene Vermögensvorteil zu sehen ist 61 . Das Gaststättengesetz gewährt einen Rechtsanspruch auf die Erteilung der Schankerlaubnis 62, so daß in der Erlaubnis nur ein formaler Vorteil zu sehen ist, der keinen finanziellen Wert verkörpert. Nur wenn Schankerlaubnisse knapp sind, gewinnen sie einen Wert, der durch eine Konzessionsabgabe abgeschöpft werden kann 63 . Solange mit der Erteilung der Erlaubnis kein Vermögensvorteil verbunden ist, verstößt die Erhebung einer Erlaubnisabgabe gegen Art. 3 Abs. 1 GG, weil sie den Erlaubnisinhaber ohne Grund finanziell stärker belastet als andere Bürger. Die Schankerlaubnissteuer ist zudem unter diesen Umständen auf einen Zweck - nämlich eine Wertabschöpfung - gerichtet, der nicht erreicht werden kann, weil die Erlaubnis keinen Wert verkörpert; sie verstößt deshalb auch gegen das Verhältnismäßigkeitsprinzip und damit gegen Art. 2 Abs. 1 GG.
III. Ausblick Die vorstehende Untersuchung hat gezeigt, daß einige der gegenwärtig erhobenen Konzessionsabgaben rechtlich zu beanstanden sind. In Frage gestellt wird hierdurch aber nicht das Rechtsinstitut an sich; lediglich die konkrete rechtliche Ausgestaltung stößt auf Bedenken. Sie beruhen darauf, daß die Mehrzahl der Konzessionsabgaben aus der Zeit vor Inkrafttreten des Grundge59
Siehe dazu oben 5. Kapitel Abschnitt 1.3.a.
60
So Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, S. 283 ff.
61
Vgl. dazu BVerfGE 13,181 (194).
62
Siehe dazu oben 4. Kapitel Abschnitt II.3.b.
63
Die Schankerlaubnis unterscheidet sich insoweit von der Erlaubnis zur Veranstaltung privaten Rundfunks unter Benutzung terrestrischer Frequenzen, weil diese Frequenzen bereits ohne das Eingreifen des Staates knapp sind, so daß die Erlaubnis zu ihrer Nutzung grundsätzlich einen Vermögenswert verkörpert
394
Schluß
setzes stammt; ihre Erhebung ist deshalb nicht immer in allen Punkten so geregelt, wie es den Anforderungen der Verfassung entspricht. Dem Gesetzgeber erwächst somit die Pflicht, insbesondere für die gemeindlichen Konzessionsabgaben und die Spielbankabgabe eine rechtsstaatlich tragfähige Grundlage zu schaffen. Diese Pflicht läßt sich ohne größere Schwierigkeiten erfüllen, wie das Beispiel der seit 1982 im Bundesberggesetz geregelten Förderabgabe zeigt. Der Gesetzgeber verfügt mit der Verleihungsgebühr über eine Form der Abgabe, die hervorragend dazu geeignet ist, den in einer wirtschaftsverwaltungsrechtlichen Erlaubnis liegenden Sondervorteil abzuschöpfen. Der entgeltfähige Sondervorteil des Erlaubnisinhabers beruht regelmäßig darauf, daß ihn die Wirtschaftsverwaltung im Rahmen ihres Bewirtschaftungsermessens zu einer Erwerbstätigkeit zugelassen hat, die nur von einer begrenzten Zahl von Unternehmen ausgeübt werden kann. Wirtschaftlich gesehen liegt damit der Wert einer solchen Konzession in der Möglichkeit, ein knappes Gut zu nutzen. Sie rechtfertigt die Erhebung einer Konzessionsabgabe. Daraus ergibt sich, daß der Gesetzgeber nicht darauf beschränkt ist, die gegenwärtig erhobenen Konzessionsabgaben so auszugestalten, daß sie den Anforderungen des Grundgesetzes entsprechen. Er kann vielmehr auch neue Konzessionsabgaben einführen, indem er entweder bereits bestehende Konzessionspflichten mit Abgabenpflichten verbindet oder sogar bisher erlaubnisfreie Erwerbstätigkeiten zugleich einer Konzessionspflicht und einer Abgabenpflicht unterwirft. Pflichten dieser Art können indessen nicht aus rein fiskalischen Erwägungen begründet werden. Vielmehr läßt die Rechtsordnung ihre Einführung nur zu, wenn sie geeignet, erforderlich und zumutbar sind, um ein der Verfassung entsprechendes Ziel zu erreichen. Diese Voraussetzung kann vor allen Dingen dann erfüllt sein, wenn eine Erwerbstätigkeit auf die Nutzung knapper natürlicher Ressourcen angewiesen ist. Je deutlicher wird, daß die natürlichen Lebensgrundlagen wie Luft, Wasser, Landschaft und Umwelt nicht unbegrenzt zur Verfügung stehen, desto mehr wächst das Bedürfnis nach staatlicher Regulierung. Wenn der Staat aber knappe natürliche Ressourcen bewirtschaften soll, sind seine Behörden regelmäßig auf einen Gestaltungsfreiraum angewiesen, den ihnen rechtstechnisch das Ermessen vermittelt. Übt die Verwaltung auf diese Weise ein Bewirtschaftungsermessen aus, kann sie nicht vermeiden, manchen Bürgern etwas zuzuteilen, was sie anderen versagt. Solche Ungleichbehandlungen bei der Verteilung knapper Ressourcen verlangen im Hinblick auf den Gleichheitssatz nach einem Ausgleich, den Konzessionsabgaben ermöglichen. Werden sie zu diesem Zweck erhoben, besteht wenig Gefahr, daß sie aus fiskalischen Gründen mißbraucht werden, weil sich leicht überprüfen läßt, ob bestimmte Ressourcen knapp sind. Auch er-
III. Ausblick
395
wächst dem Staat kein Anreiz, derartige Konzessionsabgaben überhöht zu bemessen, da dann private Unternehmen das Interesse an der konzessionierten Erwerbstätigkeit verlieren und in der Folge keine Konzessionsabgaben mehr gezahlt würden. Das Gesetz von Angebot und Nachfrage gilt in vergleichbarer Weise, wenn der Gesetzgeber Konzessionen mit einer Abgabenpflicht belastet, die den Konzessionären ein sogenanntes natürliches Monopol einräumen. Gerade die Tendenz, öffentliche Dienste zu privatisieren, kann Konzessionsabgaben ein neues Anwendungsfeld eröffnen. So ist es etwa vorstellbar, von Privatunternehmen, die zu Fernmeldediensten zugelassen werden, eine Konzessionsabgabe zu erheben, wenn sie in der Folge eine Monopol- oder Oligopolstellung erlangen. Monopolisierungstendenzen können durch die hohen Kosten entstehen, die der Aufbau und das Vorhalten der benötigten Fernmeldeeinrichtungen erfordern. Zumal wenn sich die konzessionierten Unternehmen auf die Bedienung von Firmenkunden beschränken sollten, könnte es gerechtfertigt sein, die anfallenden Monopolrenten durch Konzessionsabgaben abzuschöpfen, um eine flächendeckende Versorgung - insbesondere auch des ländlichen Raums - sicherzustellen. Problematischer ist die Erhebung von Konzessionsabgaben in den Fällen, in denen der wirtschaftsverwaltende Staat die Möglichkeit, selbständige Erwerbstätigkeiten auszuüben, künstlich verknappt, die so geschaffene Knappheit mit Hilfe von Konzessionen bewirtschaftet und Konzessionsabgaben erhebt. Hier wird jeweils sorgfältig zu prüfen sein, ob Konzessionierung und Abgabenpflicht tatsächlich verhältnismäßig sind. Gerade wenn Erwerbstätigkeiten als sozial schädlich qualifiziert werden, dürfen nicht rein moralische Vorstellungen zum Maßstab genommen werden. Sozial schädlich ist nur eine Erwerbstätigkeit, die Rechtsgüter gefährdet. Liegt diese Voraussetzung allerdings vor, bestehen weder gegen eine Konzessionierung noch gegen die Erhebung von Konzessionsabgaben Bedenken. Konzessionen und Konzessionsabgaben ermöglichen es dem Staat also, die Zulassung zu solchen Erweibstätigkeiten gerecht zu ordnen, die nur eine begrenzte Zahl von Wirtschaftssubjekten selbständig ausüben kann. Konzessionsabgaben gewährleisten die Gleichbehandlung aller Bürger bei der Bewirtschaftung knapper Güter.
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Zu den verwandten Abkürzungen siehe Hildebert Kirchner, Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache, 3. Aufl., Berlin/New York 1983
Personenindex Achenbach 56f, 64f, 68 Achterberg 341,351,353,356 Albrecht 102 Anschütz 103,110,206,240 Apelt 336,337, 348 A ret in, von 100 Arndt, A. 56f, 63,65,69ff Arndt, H.W. 242 Arnim, H.H. von 213,215,218f, 250 A s am 364 Asti 48 Bachmann 242 Bachof 89, 116, 116ff, 121, 193, 198, 225f, 233,256,296f, 299f, 311, 315,334f, 342, 349,356,370f, 385 Badura 55, 57, 61f, 131, 146, 157, 164, 171, 188,216,220,223,228,351, 385 Bähr 77 Ballerstedt 40,213,225,382 Bartlsperger 40,382, 384 Bauer, H. 99,108 Baumanns 351 Becker, E. 261,263f,264 Becker, F. 339 Beckmann 128 Benda 228 Bender 128 Benne 50 Berg 40,199, 382 Bergsträsser 160 Bematzik 106 Bethge 146,169,188 Betteimann 121,146,334 Bidinger 191 Bielenberg 122,364 Biermann 146 Bilk 238f, 243ff, 247, 254, 258, 264, 296, 384,390 Bisek 334,344 Blankenagel 351,358f Bleckmann 350, 356, 358 Blendemiann 288 Blücher 178 Blümel 339 Bodenheim 242 Böckenförde, E.-W. 100,103,141f, 187,269 Bötsch 368 Bohley 295 Boldt, G. 27,67f, 166,301
Boldt, H. 100 Bonk 332,344f, 346,351,353,356,368ff Borgs-Maciejewski 344 Bornhak 101 Bomhaupt, von 354 Bonries,von 84 Bosse 333 Braibant 92f Brassert 68,76 Breburda 146 Breuer 35, 146, 157, 159f, 162, 169, 179f, 199,216,228 Brehm 119 Brummer, O. 56 Bryde 143,156 Buchholz 299,309,314,316 Büchner 356 Bühler 106f, 107f, 109f, 110,240,279 Bülek 192 Bürgin 62 Bull 118 Bulling 31 Bullinger 100, 124f, 134, 164, 173, 184f, 187f, 188, 301, 337ff, 339f, 345, 350 Burghartz 180 Burmester 75 Campenhausen, von 364 Cansier 27 Carl 363 Camall, von 69 Chapus 96 Clausen 315,319 Coli 130 Conrad 55,57 Costede 242 Crezelius 228f Crome 81f Czapski 41,49,270,390 Czychowski 30,179f Dagtoglou 339 Dahme 30 Dahmen 49,317 Danner 39f,81f,382 Darsow 190 Degen 187 Degenhart 188 Deiseroth 192f Delian 179 Denninger 214 Devolvè 95
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Personenindex
Didden 37,81,385 Dietz 44, 47f Dichow 110 Doemming, von 261 Dombrowski 364 Dubois % Düng 46,169 Duguit 92f, 94 Ebel 77 Eberhard 160 Ebner, von 195 Echterhölter 228 Eckhardt 45 Ehle 315 Ehlers 355,385 Eichhorn 311 Emmerich 37ff,385 Engelhardt 76f Engels,E. 71f Enneccerus 353
Gieseke 30,179f Gimbel 193 Gödel 184f Göldner 346 Götz 228,351,358,364 Gomschorek 146 Gossen 242 Graumann 193 Grimm lOOff, 189 Groeben, von der 339 Gröner 36,80 Große 354 Grossmann 285 Grupp 351,356 Gubelt 156,196,228 Gusy 119,341,385 Habel 31 Haenel 335 Häuser 55,60,62 Hamann 210
Erichsen 118f, 122, 124, 134, 169, 230, 342, 344,351,353f, 356,358,364, 368ff Ermisch 46 Emst 122 Eskens 73f Evers 36 Eymann 28 Fecher 285 Feigenbutz 311f,315 Feldhaus 129 Fielitz 191 Finkenbeiner 31 Fischer-Menshausen 45, 162, 277, 279, 285, 288,290ff Flämig 49,261 Heiner 109f, 110,299, 348, 384 Hume 210,353,360 Follmann 34f, 183, 379, 381 Forethoff 206f, 207,209,342,348 Frank 358 Franke, P. 179 Franke, S. 245 Friauf 33, 118, 143, 157, 162, 210ff, 211, 214, 301 Friedrich 40,289 Friesecke 180 Fritsch 93 Fromm 228 Frotscher 118 Fürst 312 Füßlein 261 Fuhr 194 Geffroy 96 Gerber, C.F. 101f,335 Gem 347, 354 Gierke, von 55,99 Giese 102,104
Hansmeyer 43f, 49, 86,271,312 Hatschek 110 Haueisen 358 Hauriou 93,94 Heberlein 341f,352,366 Heckel, von 280f, 281 Heidel 189 Henke 341f Hensel 240 Henseler 33,296 Herzog 187,339 Hesse, H.A. 143 Hesse, K. 157,169,250 Hettlage 207 Heun 296 Heuss 160 Heuß 67 Heydt 50 Heyen 96 Hippel, E. von 208 Hitzler 134 Höffner 209 Höfling 143 Höpker-Aschoff 288 Hörger 31 Hoffmann, H. 146 Hoffmann-Riem 136,189 Hofmann 191,193 Holtz 28 Hölzer 203 Hoppe 38,128 Huber, H. 141 Huber, E.R. 36, 40, 81, 11 Iff, 115, 118, 208, 381,382, 389 Hueber 92 Hübschmann 354 Hundertmark 180
Personenindex Imboden 21 If, 337 Immenga 37 Immesberger 39f, 81,84,382 Ipsen, H.P. 75, 77 Isay 76 Isensee 146,214f, 238, 307 Jacobi 29 Jarass 89, 117,156,188f Jellinek, G. 101,104f, 105,107,109,111 Jellinek, W. 110,195, 264, 299,315, 384 Jesch 146 Jèze 92ff, 94 Jockel 146 Jourdan 92 Jurke 246 Kaiser 208 Karpen 26,166,168f Kaserer 105 Kaufmann, E. 96f Kessler 282 Kienzle 50,200 Kimminich 180,213 Kirchhof, F. 26, 32f, 256f, 264, 275, 298ff, 302, 304,310,312f, 315,317,324 Kirchhof, P. 27, 33,129, 146, 214, 218, 220, 232f, 235,241,243,275ff, 276,278,284, 294, 301,307,316,318,361 Kisker 27,263,275,301 Klein, Franz 228,290 Klein, Friedrich 169, 188, 198, 210, 211, 230,239,279,282,287f Klein, H.H. 188 Kloepfer 33ff, 128, 183, 212, 264, 306, 315, 317X379, 381 Klüber 100 Knack 334, 339, 344f, 351, 353, 356, 358, 368ff Knepper 354 Knies 261 Knoll 208 Koch 263 Kodal 40,299f, 382 König, K. 339 Köttgen 114,146 Kohlhaas 223, 228 Kopp 89, 344,346, 351,356ff, 361, 368ff Koselleck 97 Krämer 40,299f,382 Krause-Ablaß 188 Krebs 351,353 Kreft 265, 315 Kreutz 28 Kreuzer 228 Kröger 213 Krämer 36 Krüger 118 Kruse 231,260,300
Kuckuck 31 Küffmann 49 Kühne 27, 39,275, 301 Külz 315 Kulartz 36 Kupsch 40 Laband 102,104,108f, 336 Lässig 135 Lamm 146 Landmann 53,135,194f Lang 239,241,255,277,281ff, ,290,354 Lange 334, 344, 346 Laubadère, de 95 Laubinger 334, 344, 346, 351, 353, 356ff, 368ff Laun 110 Lecheler 156f, 162 Lehne 106 Leibholz 203,239 Leisner 102, 212, 214, 244f, 260, 265, 307, 311,314f Lemayer 106 Lensing 160 Lerche 189,260,276,301,378 Littmann 246f,247 Loening 104,107,336,348 Lorenz 288 Lukes 37 Maaß 250 Mache 49, 86 Machlup 130 Maier, H. 62 Mangoldt, von 160, 169, 188, 198, 230, 239, 261,287 Mann 62 Marschau 40,300, 382 Martens, J. 354 Martens, W. 213 Matz 261 Maunz 33, 40, 46, 114, 145, 263, 274, 277, 285,290,292,301,382,399 Maurer 118,134, 334,344, 352, 356,358 Mayer, F. 89,300,351 Mayer, O. 19, 89ff, 90ff, 97ff, 98, 109f, 110, 113,115f, 120, 125,219, 261, 264, 298f, 315,335f, 340,373 Mayer, T. 60 Mayer-Maly 360 Meissen 213,216 Menger 118,124, 331f, 348, 358,364f Menzel 57 Mertens 224 Meßerschmidt 33,300 Mestmäcker 189 Metzner 50, 200 Meyer, G. 104,107,110,335
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Personenindex
Meyer, H. 164, 191, 290, 332, 344f, 351, 354,356,358,368ff Meyer-Hesemann 356 Michel 50,200 Miesbach 76f Mieses, von 66 Mirre 281f,282 Mitteis 55 Mittelstaedt 43, 46 Mlitzko 146 Mortel 50,200 Mohl, von lOOf, 160 Möhr 354 Montigel 191 Müller, H.-J. 118,351 Müller, M. 53,46 Müller-Erzbach 56f, 59,61,73ff Münch 36,40, 81,83f, 382 Münch, von 169,385 Murswiek 128 Mußgnug 119,216,301 Mutius, von 315f, 334,358,366 Myrdal 246 Neumaik 55,247 Nicolayser 27,75,77,275 Niederleithinger 36 Niedermayer 30 Niestegge 195,273f Nipperdey 353 Noll von der Nahmer 43 Obeimayer 146,344,351,356,358 Obemolte 39f, 81f, 382 Offerhaus 354 Oldiges 119 Ossenbühl 118,121,159,342 Ott 62 Papier 43, 46, 156f, 162, 215, 217, 228, 232, 299,344,345,355,390 Pappermann 228 Patzig 27,275,288 Paulick 287,290 Peine 35,183,383 Pestalozza 276, 301, 333f, 380 Peters 49,270 Petersen 36 Pfeiffer, H. 37 Philipowski 283 Philipp 75 Piduch 288 Pienczykowski 106 Piens 27 Pieper 348 Pieroth 156f, 384 Pietzcker 32f,156,301f Pitschas 157 Pohmer 246 Püttner 146,216, 340f
Puwalla 264,296 Quaritsch 103 Raecke 312,315 Ramsauer 217 Rathleff 48 Rebhan 364 Regourd 96 Rehbinder, E. 128 Rehder 180 Reimer 219 Reinhardt, R. 216 Renck 30 Richter 108 Richtsteig 312,315 Riechmann 37 Riedmayer 241f Riegel 179 Riewald 263 Rimscha 101 Rinck 191f,203,239 Rittner 37,80,166 Rittstieg 156,199,216 Robbers 100 Rönne, von 85 Rößler 354 Rohmer 53,135,194f Rose 241 Roth 135,210 Rotteck, von 100 Rudolph 49 Rüfner 212,332 Runge 228 Rupp, H.H. 117f, 123f, 143, 163, 210, 307, 315,332,349 Säcker 37 Salzwedel 33, 40, 191, 301, 334, 336f, 349, 368,382 Sasse 288 Satzky 37 Schack 40,382f Schäfer 62, 213 Schalt 134 Scheerbarth 339 Schenke 118,216f, 356ff Scheuner 114,188,208 Schick 146 Schimpf 334,344,351 Schlegelberger 28 Schlink 103,157,186,384 Schlüter 56f, 63,67f, 75 Schmid 160 Schmidt (Warburg) 72 Schmidt, Reiner 99,157 Schmidt, Reinhardt 36f Schmidt, W. 169 Schmidt-Bleibtreu 213,228,290 Schmitt Glaeser 112,188
Personenindex Schmitz 43, 389 Schmölders 46,197 Schindler 56f,59f,246 Schneider, H.-P. 156 Schneider, L. 50,86 Schneider, Th. 2 % Schönfeld 114 Scholz 143,156f, 160,162,169f, 198f, 228 Schröter 40,382 Schulte 27,166,275 Schulze, H. 335 Schumacher 208 Schuppen 220,251 Schuster 106 Schwabe 118f, 121 Schwenk 190f Schwinge 80f Seeger 316 Seetzen 228 Seidenfüs 97 Seilmann 339 Selmer 188,216,229,252,261,290 Sendler 213 Seuffert 45 Seydel, von 102,346,349 Siebert 385 Sieder 30,180 Sindler, L. 128 Smith 66 Söhn 283,354f Sombart 61 Sontheimer 354 Spahn 55 Spanner 215,228 Sparwasser 128 Stahl 101 Starck 169,188,230,239,261 Steffen 73, 75 Stegner 29 Stein, von 280f Steinberg 228 Steiner 146,382 Stengel, von 104,107 Stephan 307 Stern 36, 39f, 81, 242, 289, 336, 336, 346, 348,382 Stettner 189 Stober 89,117f, 135 Stock 189 Suién 48f, 270 Tautscher 62 Tegelen, von 179 Tettinger 143,157,164 Tetzner 106 Thieme, H. 55f Thieme, W. 358 Thierfelder 106
Thoma 81f, 108,120,121,220,221 Tipke 231, 241, 255, 260, 277, 281ff, 290, 300,354 Tittel 364 Töpfer 315 Troeltsch 55 Tschaschnig 344,351,369f Turegg, von 337 Turner 75, 77 Uber 142 Uffhausen 315 Ule 334, 339, 344, 346, 351, 353, 356ff, 368ff Vedel 95 Viaion 298 Vitzthum, Graf 27 Vogel 97, 118, 213f, 219f, 231, 241, 243, 254ff, 277,279,283,286,289f, 300,315, 317,320,323,354,384,390 Vogels 43,46 Vosen 26,274 Wacke, G. 286f,287 Wacke, S. 239 Wagner 281 Wahl 101 Wahle 58 Waline 95 Walter 41, 46, 213, 219f, 231, 261ff, 277, 279,283,289f, 300,320,323,384,390 Walter, P. 370 Walz 243 Walzer 241 Weber, H. 228f Weber, R.H. 35,130 Weber, W. 146,208,228 Weber 160 Weber-Fas 242 Weller 27,68,77,166,301 Wendt 156, 212,265, 314f, 318 Westeimann, H. 27,168 Westhoff 56f, 63,67f, 75 Weyreuther 305, 351, 357 Wiek 179 Wiedemann 30,179f Wieland, B. 130 Wieland 35, 41, 136, 143, 145, 147, 159f, 184,186ff, 194, 224, 254, 269, 275, 300, 322,388 Wiener 28 Wilke 216,264,272,309,312,315f, 393 Wilke, H. 77 Willeke 76 Wiith 135 Wolf, A. 36f Wolf, J. 188 Wolfangel 106
434
Personenindex
Wolff H. J. 89,103,116,117,118,121,231, 256, 296f, 299f, 311, 315, 334, 342, 349, 356,370f, 385 Würzen 26,274 Wulff 28 Zachariä, H.A. 101,102 Zachariä, K.S. 100 Zeiß 40,382 Zeitler 30,180
Zezschwitz, von Ziegler 31 Zimmer 37 Zinkhahn 122 Zöller 49,272 Zoepfl 56,101 Zorn 335 Zycha 56f, 66 Zydek 75f
Sachindex Abfallentsorgung Bemessung der Abgabe 379 ff. Lizenzentgelt für - 34 f., 379 ff. Lizenzsystem und Grundrechtsschutz 181 ff. Abgaben Berufsfreiheit und - 224 ff. Eigentumsgarantie und - 201 ff. Gebühr, lenkende 318 Gebührenbemessung, finanzverfassungsrechtliche Vorgaben der 306 ff. Gebührenbemessung nach dem Kostendeckungsprinzip 311 ff. Gleichheitssatz und - 238 ff. Konzessionsabgabe im -recht 296 ff. Sondemutzungsgebühr 299 f. Steuerbegriff, verfassungsrechtlicher 260 ff. Verieihungsgebühr, Begriff 298 ff. Vorzugslast, Abgrenzung zur Steuer 263 ff. s. auch Konzessionsabgaben s. auch Konzessionsteuer s. auch Steuer s. auch Steuergerechtigkeit Abwasserabgabe 33 f. Allgemeine Handlungsfreiheit des Art. 2 Abs. 1 GG Konzessionssteuem und - 231 ff. Nichtsteuerliche Konzessionsabgaben und - 233 ff. "Apothekenurteil" (BVerfGE 7, 377) 141 f.
- als Vorteilsausgleich 78 f. - im Merkantilismus 61 ff. - im Mittelalter 56 ff. Geschichte der - 54 ff. Rechtsnatur der - 26 f., 76 f., 274 f. Reform der - in Frankreich 63 ff. Reform der - in Preußen im 19. Jhd. 66 ff. s. auch Bodenschätze, Abbau von Berufsfreiheit bergrechtliche Konzession und - 168 ff. - im "Apothekenurteil'1 (BVerfGE 7, 377) 141 f. - im "Urteil zum ArbeitsvermittlungsmoηοροΓ (BVerfGE 21,245) 146 ff. - in wirtschaftspolitischen Entscheidungen des BVerfG 150 ff. gesetzliche Berufsbilder 142 f. Konzessionen und - 139 ff., 163 ff. Konzessionsabgaben und - 224 ff. Monopole, staatliche und - 144 ff. restriktive Interpretation der - 157 ff., 224 f. Schutzbereich der- 140 ff. Stufentheorie 156 f. Bodenschätze, Abbau von bergrechtliches Konzessionssystem und Grundrechtsschutz 166 ff.
concession - de service public 93 ff. - im frz. Verwaltungsrecht 91 ff. Übertragbarkeit in das dt. Recht 96 ff.
"Arbeitsvermittlungsmonopolurteil" (BVerfGE 21,245) 146 ff.
bergrechtliche Förderabgabe 24 ff., 377 f. Abbaurecht u. Staatsvorbehalt 73 ff. Abgabenlast, Entwicklung der 68 ff. Bemessung der - 377 f. - als vertragliche Konzessionsabgabe 76 f.
Daseinsvorsorge - und private Versorgungsmonopole s. Konzession s. Konzessionsabgabe
Sachindex
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Eigentumsgarantie des Art 14 GG 201 ff. Abgabenpflicht und - in der Literatur 206 ff. Abgabenpflicht und - in der Rechtsprechung der obersten Bundesgerichte 203 ff. Abgabenpflicht und - in der Rechtsprechung des BVerfG 202 f. Inhaltsbestimmung der - durch den Abgabengesetzgeber 214 ff. Konzessionsabgaben und - 222 ff. Eriaubnisabgabe, wirtschaftsverwaltungsrechtliche Arten 22 ff. - für die Begründung einer Monopolstellung in der Daseinsvorsorge 35 ff. - für die Nutzung knapper natürlicher Ressourcen 22 ff.
Gleichheitssatz, allgemeiner des Art. 3 Abs. 1 GG Gebührenbemessung und - 307 ff. Konzessionsabgaben und - 238 ff. Konzessionsteuer und - 253 ff. Nichtsteuerliche Abgaben und - 255 ff. Steuergerechtigkeit 239 ff. (s. auch dort) Grundrechte s. allgemeine Handlungsfreiheit s. Bemfsfreiheit s. Eigentumsgarantie s. Gleichheitssatz, allgemeiner s. subjektives öffentliches Recht
Handlungsfreiheit s. allgemeine Handlungsfreiheit
- für sozialschädliche Tätigkeiten 42 ff. s. auch Konzessionsabgabe
Finanzverfassung Gebührenhöhe und - 306 ff. Konzessionsabgaben, Kompetenz für 320 ff. Konzessionsteuer, Kompetenz für 276 ff. Konzessionsteuerfeindlichkeit der - 262 ff., 269 Steuerbegriff der - 260 ff. Flugverkehr, privater Konzessionssystem schutz 190 ff.
und
Grundrechts-
Frankreich Reform der Bergwerksabgabe nach der Revolution 63 ff. s. auch concession s. auch service public
Gaststätten Erlaubnispflicht zum Betrieb von f.
199
gemeindliche Konzessionsabgaben s. Konzessionsabgabe Gewässemutzung Konzessionssystem schutz 176 ff.
und
Grundrechts-
Konzession Anwendungsfelder der - 126 ff., 132 Begriff der - in der Bundesrepublik 115 ff. Berufsfreiheit und - 163 ff. Ermessensspielraum bei Erteilung der 133 ff., 172 ff. Grundrechtsschutz gegenüber Abfallentsorgungs- 181 ff. Grundrechtsschutz gegenüber bergrechtlicher Förder- 166 ff. Grundrechtsschutz gegenüber Flugverkehrs- 190 ff. Grundrechtsschutz gegenüber Gewässernutzungs- 176 ff. Grundrechtsschutz gegenüber - für privaten Rundfunk 183 ff. Grundrechtsschutz gegenüber -spflichten 139 ff. Grundrechtsschutz gegenüber Spielbanken- 195 ff. klassischer Begriff der - nach Otto Mayer 90 f., 116 f. - als subjektives öffentliches Recht (s. auch dort) 98 ff. - für die Nutzung knapper natürlicher Ressourcen 127 ff., 165 ff. - für Monopolstellungen in der Daseinsvorsorge 129 ff., 183 ff. - für sozial schädliche Betätigungen 131 f., 194 ff. - im frz. Verwaltungsrecht 91 ff. rechtsdogmatische Entwicklung der - 89 ff. s. concession
Sachindex Konzessionsabgabe 295 ff., 373 ff. Abfallentsorgungslizenzentgelt 34 f., 379 ff. Abwasserabgabe 33 ff. allgemeine Handlungsfreiheit und - 230 ff. - als Verleihungsgebühr 294 ff. Begriff 14 ff., 87,136 f., 231 ff., 294 ff. bergrechtliche Förderabgabe 24 ff., 54 ff., 377 f. (s. auch dort) Berufsfreiheit und - 224 ff. Eigentumsgarantie und - 222 ff. Einführungs- und Eihöhungsveibot für gemeindliche - 38 f. gemeindliche - für private Energie- und Wasserversorgungsmonopole 36 ff., 381 ff. gemeindliche - , Geschichte der 80 ff. Geschichte u. wirtschaftstheoretischer Hintergrund 54 ff. Gleichheitssatz und - 238 ff. Grundrechte und - 201 ff. Höhe d e r - 306 ff., 319 f. Kompetenz f ü r - 320 ff. Konzessionsteuer 259 ff. (s. auch dort) Nichtsteuerliche - 294 ff. Rundfunkabgabe 40 f., 386 ff. Schankerlaubnissteuer 48 ff., 84 ff., 270 ff. Spielbankabgabe 42 ff., 273 ff., 388 ff. -vertrag, Rechtmäßigkeit 367 ff. -vertrag, Rechtsnatur 341 ff. -vertrag, Zulässigkeit 347 ff., 354 ff. vertraglich begründete - 39 f., 76 f., 81 f., 326 ff. (s. auch Konzessionsvertrag) "Wasserpfennig", baden-württem bergischer 32 f. Wasserzins 28 ff. Wettabgabe 47 f., 391 f. s. auch bergrechtliche Förderabgabe s. auch Konzessionsteuer Konzessionsteuer 259 ff. allgemeine Handlungsfreiheit und - 231 ff. be^grechtliche Förderabgabe 274 f. Kompetenz f ü r - 276 ff. - als Steuer vom Einkommen o. Umsatz? 285 f. - als Steuer vom Vermögen? 284 f. - als Vericehrsteuer? 280 ff. Rechtsnatur der - 277 ff. Schankerlaubnissteuer 270 ff. Spielbankabgabe 273 f. Steuererfindungsrecht für - 286 ff. Steuergerechtigkeit und - 253 ff.
verfassungsrechtlicher Steuerbegriff und - 260 ff. Vorzugslast, Abgrenzung von 263 ff. Konzessionsvertrag bergbaurechtlicher- 76f. Bindung der Verwaltung an das öffentliche Recht 344 ff. gemeindlicher- 80ff. Rechtmäßigkeit des Konzessionsabgabenvertrags 367 ff. Rechtsnatur 39 f., 76 f., 81 f., 341 ff. Wettbewerb und - 36 f. Zulässigkeit des Konzessionsabgabenvertrags 347 ff., 354 ff. Zuordnung gemischter Verträge 342 ff. s. auch Vertrag, öffentlichrechtlicher
Marktwirtschaft Konzessionierung zur Verteilung knapper Güter 125 ff. Monopol - in der Daseinsvorsorge s. Konzession s. Konzessionsabgabe Grundrechtsschutz gegenüber staatlichen - 144 ff. natürliches - 129 f.
präventives Verbot s. Verbot, präventives mit Erlaubnisvorbehalt
Regalien 55 f. Bergregal 56 ff. repressives Verbot s. Verbot, präventives mit Erlaubnisvorbehalt Rundfunk Grundrechtsschutz gegenüber Zulassungssystem für privaten - 183 ff. rundfunkrechtliche Erlaubnisabgabe 40 f., 386 ff. Bemessung d e r - 388 s. auch Konzession s. auch Konzessionsabgabe
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Sachindex
Schankerlaubnis 199 f. Schankerlaubnissteuer 48 ff., 393 Berufsfreiheit und - 226 ff. Geschichte d e r - 84 ff. Gleichheitssatz und - 251 f. Rechtsnatur d e r - 270 ff. service public 92 f. Übertragbarkeit in das dt. Recht 96 ff. s. auch concession Spielbanken Grundrechtsschutz gegenüber -konzession 195 ff. -konzession 131 f. Spielbankenabgabe 42 ff., 388 ff. Bemessung der - 390 f. Rechtsnatur d e r - 273 ff. Steuer Konzession- 259 ff., 277 ff. (s. auch dort) -erfindungsrecht 286 ff. verfassungsrechtlicher -begriff 260 ff. Verkehr- 279 ff. Vorzugslast, Abgrenzung von - 262 ff. s. auch Abgaben s. auch Konzessionsabgaben s. auch Konzessionsteuer Steuergerechtigkeit 239 ff. Konzessionsteuem und - 253 ff. Leistungsfähigkeit, Bestimmung der 247 ff. Leistungsfähigkeitsprinzip, finanzwissenschaftliches 245 ff. Leistungsfähigkeitsprinzip, Grundlage des 239 ff. Steuergleichheit 241 ff. Steuerquellen, Erschließung von und 251 ff. subjektives öffentliches Recht Begriff des - im Konstitutionalismus 99 ff. Begriff des - im nationalsozialistischen Staat 114 f. Begriff des - in der Weimarer Republik 108 ff. Konzession als - 98 ff.
Umweltschutz - durch Belastungszertifikate 128 f. - durch Konzessionspflicht für die Nutzung natürlicher Ressourcen 127 ff. - durch Konzessionspflicht für Abfallentsorgung 181 ff.
Verbot,repressives mit Befreiungsvorbehalt s. Verbot, präventives mit Eilaubnisvorbehalt Verbot, präventives mit Erlaubnisvorbehalt einheitliches Polizeiverbot 119 f. Unterscheidung zwischen - und repressivem Verbot mit Befreiungsvorbehalt 117 ff. Verleihungsgebühr Begriff 298 ff. Konzessionsabgabe als 294 ff. Sondemutzungsgebühr als - 299 f. Vertrag, öffentlich-rechtlicher Abgrenzung zu privatrechtlichen Verträgen 327 ff. Austauschverträge 361 ff. Konzessionsabgabenvertrag als - 341 ff. - in den Verwaltungsverfahrensgesetzen 338 ff. Rechtmäßigkeit des - 346 ff. Zulässigkeit des - 335 ff., 348 ff.
"Wasserpfennig", 32 f.
baden-württembergischer
Wasserzins 28 ff. Wettabgaben 47 f., 391 f. Bemessung der - 392