Die Konservierung von Archivalien in Literaturarchiven: Empfehlungen zur Lagerung, Benützung und Sicherung von Nachlässen [Reprint 2017 ed.] 9783111650050, 9783598220821


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German Pages 144 Year 1989

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Table of contents :
Vorwort
Inhaltsverzeichnis
Erstes Kapitel. Einleitung
Zweites Kapitel. Umwelt-und Raumbedingungen
Drittes Kapitel. Lagerung
Viertes Kapitel. Katastrophenschutz
Fünftes Kapitel. Sicherheit
Sechstes Kapitel. Benützung
Siebtes Kapitel. Vervielfältigung
Achtes Kapitel. Restaurierung
Neuntes Kapitel. Anhang
Dank
Kurzfassung
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Die Konservierung von Archivalien in Literaturarchiven: Empfehlungen zur Lagerung, Benützung und Sicherung von Nachlässen [Reprint 2017 ed.]
 9783111650050, 9783598220821

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saur

Literatur und Archiv Band 3

Reihenherausgeber Prof. Dr. Georg Jäger Institut für Deutsche Philologie der Universität München D r . Christoph König Deutsches Literaturarchiv Marbach am Neckar D r . Rätus Luck Schweizerische Landesbibliothek in Bern D r . Walter Methlagl Forschungsinstitut »Brenner-Archiv« der Universität Innsbruck

Erika Wimmer-Webhofer

Die Konservierung von Archivalien in Literaturarchiven Empfehlungen zur Lagerung, Benützung und Sicherung von Nachlässen

Herausgegeben vom Forschungsinstitut „Brenner-Archiv" (Innsbruck)

KGSaur München • New York • London • Paris 1989

CIP-Titelaufnahine der Deutschen Bibliothek Wimmer-Webhofer, Erika: Die Konservierung von Archivalien in Literaturarchiven : Empfehlungen zur Lagerung, Benützung und Sicherung von Nachlässen / Erika Wimmer-Webhofer. Hrsg. vom Forschungsinst. "Brenner-Archiv" (Innsbruck). - München ; New York ; London ; Paris : Saur, 1989 (Literatur und Archiv ; Bd. 3) ISBN 3-598-22082-0 NE: GT

Alle Rechte vorbehalten / All Rights Strictly Reserved K. G. Saur Verlag GmbH & Co. KG, München 1989 (Mitglied der internationalen Butterworth-Gruppe, London) Printed in the Federal Republic of Germany Jede Art der Vervielfältigung ohne Erlaubnis des Verlags ist unzulässig Druck: WS-Druckerei, Mainz Binden: Buchbinderei Schaumann, Darmstadt ISBN 3-598-22082-0

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Vorwort In einem großangelegten Projekt hat in den Jahren 1984 bis 1989 der Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung in Österreich die möglichst vollständige Ausforschung literarischer Nachlaßbestände österreichischer Herkunft veranlaßt. Ein Sektor dieses Projekts war die Erarbeitung eines Regelwerkes zur Verwaltung und wissenschaftlichen Erschließung von Nachlässen in Literaturarchiven, ein anderer die systematische Klärung der in einem solchen Archiv anfallenden 'konservatorischen Belange'. Das Ergebnis dieses Teils der Projektarbeit liegt hier vor. Es steht mit jenem des anderen, das 1988 im ersten Band dieser Reihe veröffentlicht wurde, in direktem Zusammenhang. Über die konservatorische Behandlung von Archivalien gibt es bereits zahlreiche und vorzügliche Darstellungen, zumeist verfaßt von erfahrenen Archivaren und Bibliothekaren. Insgesamt lassen sie kaum Lücken und Wünsche offen. Doch nur wenige in diesem Bereich Tätige werden die Möglichkeit haben, die dargebotene Fülle auch zu bewältigen. Erstmals sind daher in diesen Richtlinien, die außerhalb Österreichs als Empfehlung gelten mögen, alle wichtigen Aspekte der Konservierung von wertvollem Buchgut und anderer Archivalien auf verhältnismäßig engem Raum zusammengetragen und auf die Zwecke des Lagerns, Sicherns und Benützens unter heute herrschenden Umwelt-, Raumund Materialbedingungen von Archivalien eines bestimmten Typs zugeschnitten. Sie sind so übersichtlich gehalten, daß einer sogleich zur Praxis übergehen kann, auch in finanziell recht dürftiger Zeit. Die Dankschuldigkeit, die die Autorin, Erika Wimmer-Webhofer, auf Seite 135/136 gegenüber zahlreichen Fachleuten und Institutionen zum Ausdruck bringt, wird von mir als dem vom Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschimg in Österreich beauftragten Projektleiter ohne Einschränkungen geteilt und bekräftigt. Walter Methlagl Forschungsinstitut "Brenner-Archiv", Innsbruck

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INHALTSVERZEICHNIS 1. EINLEITUNG

11

1.1 1.2

11 15 16

Allgemeine Vorbemerkungen Materialarten Abb. 1: Übersicht Materialarten

2. UMWELT-UND RAUMBEDINGUNGEN

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2.1 2.1.1 2.1.2 2.2

19 19 20 21

Luftverschmutzung Emissionen Staub Luftfeuchtigkeit Abb. 2: Empfohlene Luftfeuchtigkeitswerte nach Materialarten Abb. 3: Einige Maßnahmen zur Entfeuchtung und Befeuchtung der Luft 2.3 Temperatur Abb. 4: Empfohlene Depot-Temperaturen nach Materialarten 2.4 Licht Abb. 5: Übersicht lichtempfindliche und nicht lichtempfindliche Materialarten 2.5 Insekten Literaturhinweise: Umwelt und Raumbedingungen

26 28 30

3. LAGERUNG

31

3.1 3.1.1 3.1.2 3.1.3 3.2 3.3 3.4 3.5

31 31 32 32 32 34 35 36

Allgemeines: Adjustierung Besitzerstempel Signatur Fremdkörper Schriftstücke Bücher Zeitschriften Zeitungsausschnitte

21 22 23 25 25

8

3.6 3.7 3.8 3.9 3.10 3.11 3.12 3.13 3.14

Plakate Graphiken / Aquarelle Ölgemälde Fotos Negative Diapositive Filme Tonbänder Schallplatten Abb. 6: Übersicht der Lagerung nach Materialarten in den Depots Literaturhinweise: Lagerung

37 38 38 39 40 41 42 42 44

4. KATASTROPHENSCHUTZ

47

4.1 Wasser Literaturhinweise: Wasser 4.2 Brand 4.2.1 Ursachen 4.2.2 Ausbreitung 4.2.3 Meldung 4.2.4 Bekämpfimg Literaturhinweise: Brand

47 48 48 48 49 51 52 54

5. SICHERHEIT

55

5.1 Mechanische Sicherung der Räume 5.1.1 Vergitterung 5.1.2 Sicherheitsschlösser 5.1.3 Sicherheitstüren 5.1.4 Wand- und Deckenbefestigung 5.1.5 Parzellierung 5.2 Alarmanlagen 5.3 Tresore und Stahl-Schränke 5.4 Aufsicht Literaturhinweise: Sicherheit

55 55 56 56 57 57 57 59 59 61

45 46

9

6. BENÜTZUNG

63

6.1 6.1.1

Benützung im Lesesaal Anmeldung A. Benützerkarte B. Besucherbuch C. Bestellschein 6.1.2 Zugänglichkeit (Zulassung) 6.1.3 Vorschriften zur Behandlung von Nachlaßmaterial.. Exkurs: Die Benützung audiovisueller Medien 6.2 Entlehnung zu Studienzwecken 6.2.1 Entlehnung am Studienort 6.2.2 Fernleihe 6.3 Entlehnung an Ausstellungen 6.3.1 Prüfung des Entlehnansuchens 6.3.2 Versand der Entlehnbedingungen 6.3.3 Leihvertrag 6.3.4 Konservatorische Rücksichten 6.3.5 Vorbereitungen durch das Literaturarchiv A. Restaurierung B. Adjustierung C. Schutz Verfilmung D. Erfassungsformular E. Kontaktnahme mit einer Speditionsfirma 6.3.6 Versicherungspolizze bzw. Haftungserklärung 6.3.7 Transport der Leihgaben 6.3.8 Der Umgang mit den Leihgaben 6.3.9 Belegexemplare Literaturhinweise: Benützung

63 63 64 64 65 65 67 68 70 70 70 71 71 73 73 74 75 75 76 76 77 77 78 78 78 79 80

7. VERVIELFÄLTIGUNG

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7.1 Xerokopien 7.2 Fotografien 7.2.1 Schutzverfilmung 7.2.2 Sicherheitsverfilmung Literaturhinweise: Vervielfältigung

81 82 83 85 88

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8. RESTAURIERUNG

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8.1 Erkennen von Schäden 8.1.1 Kontrollen und Statistiken A. Benützungsstatistik B. Kontrolle im Zuge der Nachlaßbearbeitung 8.1.2 Klassifizierung 8.1.3 Erfassungsformular und Restaurierungskarte Zwei Beispiele für Restaurierungsvermerke auf dem Erfassungsformular Literaturhinweise: Restaurierung

90 91 91 92 93 93

9. ANHANG

97

9.1

9.2 9.3

9.4

Formularbeispiele A. Benützerkarte B. Kopierauftragsformular C. Bestellschein D. Besucherbuch Fachtermini Ausstattimg des Literaturarchivs A. Raumeinrichtung / Klima B. Mobiliar, Lagerungs- und Benützungsbehelfe C. Brandschutzanlagen D. Diebstahlschutzanlagen E. Einrichtung für die Vervielfältigung und Benützung Literaturverzeichnis

DANK KURZFASSUNG

94 96

97 98 98 99 100 101 109 109 110 115 117 120 122

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Die Konservierung von Archivalien in Literaturarchiven .... 137

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ERSTES KAPITEL

EINLEITUNG 1.1 Allgemeine Vorbemerkungen Es besteht ein allgemeiner Konsens darüber, daß sich die Aufgaben eines Archivs im Rahmen der folgenden Schwerpunkte bewegen: a. ordnungsgemäße, gegen jede schädliche Einwirkung schützende Aufbewahrung der Archivalien; b. Restaurierung jener Archivalien, deren Erhaltung gefährdet ist; c. Verwaltung und wissenschaftliche Erschließung des Bestandes, und schließlich d. verantwortungsvolle und sachgemäße Benützung. Dies trifft auch für den neueren Typus des Literaturarchivs/ das auf die Bewahrung und den wissenschaftlichen Umgang mit Nachlaßmaterial spezialisiert ist, zu. Vorliegende Richtlinien versuchen, alle Fragen der Konservierung des möglichen Bestandes eines Literaturarchives abzudecken, d.h. sie befassen sich mit a., b. und d., und zwar in bezug auf schriftliche Nachlässe und verwandte Archivalien (siehe Kap. 1.2 "Materialarten"). Die Arbeit wurde von zwei Voraussetzungen geleitet: einerseits mußten Literaturarchive, die in der Phase des Aufbaus sind und sich noch in ungeordneten konservatorischen Verhältnissen befinden, so umfassend wie möglich über die verschiedensten konservatorischen Bereiche informiert werden; andererseits sollten bestehende Archive und Sammlungen, auch solche, die Teil einer großen Bibliothek und damit in einen etwas schwerfälligeren Apparat integriert sind, ebenfalls von diesen Richtlinien profitieren können. Die Richtlinien sind also so aufgebaut, daß die einzelnen Maßnahmen ein zusammenhängendes Ganzes ergeben; trotzdem

* Zur Zielgruppe und zu den Aufgaben von Literaturarchiven bzw. zum hier zugrunde liegenden Nachlaßbegriff siehe König (1988), S. 11-24.

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können Einzelaspekte herausgegriffen und losgelöst angegangen werden. Es ist nicht sinnvoll, konservatorische Belange in einen Katalog eindeutig formulierter hierarchisch und chronologisch gegliederter Regeln umzusetzen. Die konkreten Bedingungen einer jeden einzelnen Institution sind im Bereich der Konservierung so vordergründig ausschlaggebend, daß sie das Tempo und die Art der zu treffenden Maßnahmen bestimmen müssen. Ein kleines Beispiel zur Veranschaulichung: Konservatorische Maßnahmen können, aus verschiedenen Perspektiven betrachtet, einander widersprechen. So sind unter Umständen Empfehlungen, die die Regulierung der Luftfeuchtigkeit betreffen, aus der Sicht des Brandschutzes zu verwerfen. Hier muß jedes einzelne Literaturarchiv individuelle Entscheidungen treffen, welche die besonderen Schwachstellen der Örtlichkeit im Auge haben. Die Numerierimg der Kapitel ist nicht als zeitlich aufeinanderfolgende Maßnahmenliste zu verstehen. Diese Richtlinien haben eher den Charakter von Empfehlungen; es muß im allgemeinen dem Verantwortungsbewußtsein einer Archivleitung überlassen bleiben, in welcher Form und Reihenfolge schrittweise ein befriedigendes Niveau in punkto Konservierung erreicht wird. Wo es möglich war, z.B. innerhalb der Abschnitte zur Benützung der Archivalien im Lesesaal und zur Entlehnung an Ausstellungen, wurde eine stringentere Regelung gewählt, um so wenig wie möglich ein Gefühl von Unverbindlichkeit aufkommen zu lassen. Da und dort mag der Eindruck einer gewissen "Benützerfeindlichkeit" entstehen, zumal die Erhaltung von Archivgut ja nur im Hinblick auf seine Auswertung und Verbreitung einen Sinn zu haben scheint. Obwohl die Verfasserin zweifelsfrei anerkennt, daß es zu den ersten Aufgaben eines Literaturarchivs gehört, die Bestände zu erschließen und Forschern zugänglich zu machen, sei doch in aller Deutlichkeit der Standpunkt vertreten, daß diese Bestände, gewissermaßen als Voraussetzung dafür, zunächst einmal geschützt werden müssen. Damit die Doppelfunktion sammelnder Institutionen - Schutz und Erhaltung einerseits, Erschließung, Zugänglichmachen und Veröffentlichung andererseits - nicht in Konflikte mündet, bedarf es des Verständnisses beider Seiten: der Institution und des Benützers.* * Die Verfasserin legt Wert auf die Feststellung, daß bei männlichen Personenbezeichnungen wie "Benützer", "Mitarbeiter", "Archivar" uä. die zahlreichen in der Forschung und im Archivwesen tätigen Frauen mitgedacht werden müssen.

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Konservierung erweist sich weitgehend als eine Frage der Ausstattung einer sammelnden Institution. Das Niveau der Ausstattung hängt aber sehr eng mit der finanziellen und personellen Lage eines Literaturarchivs zusammen. Daher gilt als oberste konservatorische Aufgabe: Es dürfen keine Anstrengungen gescheut werden, die der Beschaffung der nötigen Mittel und der personellen Aufstockung dienen, da ansonsten alle noch so gut gemeinten Empfehlungen graue Theorie bleiben müssen. Die Erhaltung von Kulturgut kostet nun einmal viel Geld und Arbeitskraft. Schließlich sei darauf hingewiesen, daß das im konservatorischen Sinn bestmöglich geführte Archiv seinen Sinn nicht erfüllt, wenn hinsichtlich der Bearbeitung, d.h. wissenschaftlichen Erschließung nicht ebensoviel geleistet wird. Nur bearbeitetes, d.h. gesichtetes, geordnetes Material kann sinnvollerweise konservatorisch richtig behandelt werden. Die Bearbeitung und die Konservierung von Nachlässen gehen Hand in Hand. Allerdings müssen Originale nicht nur bei der Benützung, sondern auch bei der Bearbeitung möglichst geschont werden. Nicht nur gelten die Regeln für den Umgang mit Archivalien auch für die akademischen Mitarbeiter, sondern es sollte auch ein häufiges Heranziehen der Originale durch verschiedene Bearbeiter (Arbeitsteilung) im Interesse des physischen Zustandes der Stücke so weit wie möglich vermieden werden. Diese Richtlinien versuchen, alle Anweisungen und Empfehlungen zu begründen und zu erklären. Dies ist oft in nur unzulänglicher Weise möglich, da ins Detail gehende physikalische, chemische und technische Informationen den Rahmen von Richtlinien sprengen würden. Die Literaturhinweise am Ende jedes Abschnittes - sie erfolgen in Form von Kurzzitaten, das vollständige Zitat findet man im Literaturverzeichnis im Anhang - stellen daher nicht nur einen Nachweis, sondern auch Lektürevorschläge zur Vertiefung je nach Schwerpunktinteresse dar. Daß diese Richtlinien nicht, wie in wissenschaftlichen Arbeiten üblich, alle Übernahmen zitieren, wurde in Hinblick auf eine möglichst gute Lesbarkeit des ohnehin schon dichten Textes so gehandhabt. Die "Literaturhinweise" sind immerhin auch als Angabe der wichtigsten Informationsquellen bzw. Unterlagen der Verfasserin gedacht und wörtliche Zitate werden im Text als Kurzzitate in Klammer ausgewiesen. Obwohl die Literaturliste im Anhang größtmögliche Vollständigkeit anstrebt, ist sie als Auswahlbiblio-

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grafie zu betrachten und erhebt nicht den Anspruch, alle Titel zum Thema erfaßt zu haben. Wo den einen zu wenig Grundlageninformation geboten wird, sehen sich andere sicherlich mit bereits bekannten Informationen konfrontiert. Diese Richtlinien wurden nicht für Spezialisten ausgearbeitet. Archivarisches und bibliothekarisches Personal kann nicht a priori mit den oft sehr speziellen Fragen der Konservierung vertraut sein. Um dennoch den Haupttext von Detailinformationen zu entfrachten, wurden die Anhänge "Fachtermini" (die Erklärung von Fachtermini erfolgt grundsätzlich im Anhang) und "Ausstattimg" eingerichtet: Während "Fachtermini" sich lediglich mit der Definition spezieller Begriffe beschäftigt, versucht der Anhang "Ausstattung" alle jene Einrichtungen, Geräte und Behelfe anzuführen, die ein Literaturarchiv, das Nachlaßmaterial des 19. und 20. Jahrhunderts verwahrt, braucht bzw. brauchen kann und ist insofern als Checkliste gedacht. Natürlich sind nicht alle Ausstattungsstücke für ein Literaturarchiv zwingend erforderlich. In diesem Anhang findet man auch verschiedene Informationen zu den meisten Ausstattungsstücken, welche den Zugang erleichtern und das "Allgemeinwissen" der Konservierung verbessern helfen sollen. Sicher ersetzen diese Erläuterungen aber nicht eine fundierte Information, wie sie bei einem geplanten Kauf in vielen Fällen nötig ist. Die Quellen für "Fachtermini" und "Ausstattimg" werden nur summarisch angegeben. Im Anhang sind weiters Beispiele für jene Formulare angeführt, die in einem Literaturarchiv vorgedruckt aufliegen sollten. Die Formularbeispiele stellen insgesamt und in sich ein ausbaubares Minimalprogramm dar; sie gehen von den Erfordernissen des Forschungsinstitutes "Brenner-Archiv" in Innsbruck aus und müssen allenfalls den individuellen Gegebenheiten (Ort, Materialarten u.ä.) einer jeden Institution angepaßt werden. Das letzte Kapitel dieser Richtlinien beschäftigt sich mit Problemen der Restaurierimg, die in einem Literaturarchiv aller Wahrscheinlichkeit nach anfallen werden, da insbesondere Papiermaterialien des 20. Jahrhunderts zu den fragilsten und gefährdetsten Archivalien zählen. Ägyptische Papyrus-Handschriften sind heute unter Umständen in einem besseren physischen Zustand als Manuskripte von Autoren der zwanziger und dreißiger Jahre dieses Jahrhunderts. Das liegt daran, daß in Vergangenheit resistentem Materialien zur Beschriftung verwendet wurden als in

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neuerer Zeit. Ganz allgemein sind jedoch alle organischen Stoffe durch die neuen Umweltbelastungen (chemische Schadstoffe in der Luft) mehr denn je gefährdet. Gemessen an der Fülle von Fragen, die sich Archiven zum Thema "Restaurierung" stellen können, werden hier die Informationen und Vorschläge zu diesem Problemkreis nur ausblickartig angerissen. Es wird empfohlen, den Prozeß der Aussonderung für die Restaurierung auch in kleineren Literaturarchiven organisatorisch zu systematisieren, da nur so auf lange Sicht die Fülle der beschädigten Materialien bewältigt werden kann. Das große Problem für die Archive sind die Kosten, die vor allem dann, wenn die Archivalien einem frei arbeitenden Restaurator außer Haus gegeben werden müssen, ins Unermeßliche steigen können. Es ist daher die erste Aufgabe eines Literaturarchivs, sich um die Beschaffung der hierfür nötigen Mittel zu bemühen und vor allem in der Öffentlichkeit das Bewußtsein zu schärfen, daß ohne entsprechende Maßnahmen wesentliche Dokumente unserer Kulturgeschichte sich rasch auflösen und zerfallen werden. 1.2 Materialarten Diese Richtlinien beziehen sich auf Nachlässe von Künstlern und Gelehrten des 19. und 20. Jahrhunderts. Grundsätzlich läßt sich bezüglich der in Frage kommenden Materialarten keine Einschränkung treffen; ein Literaturarchiv muß prinzipiell mit einer großen Vielfalt von Material in einem Nachlaß rechnen, wenn auch erfahrungsgemäß schriftliche Zeugen die große Mehrheit ausmachen. Die untenstehende Liste umfaßt einen potentiellen Nachlaßbestand, aufgegliedert in eine Reihe von Materialsorten. Jedem Archiv muß eine verantwortungsvolle Behandlung von Einzelstücken, die in der vorgegebenen Materialliste nicht vertreten sind, überlassen werden. Das Hinzufügen einer Kategorie "Verschiedenes" - darunter könnten allfällige Bronzestatuen, Gipsbüsten, Textilien, Mobiliar u.ä. fallen - ist aus konservatorischen Gründen nicht sinnvoll, sondern verschleiernd. Diese Gegenstände wären tatsächlich nicht als eine Materialsorte zu konservieren. Wird ein Literaturarchiv mit einem derartigen Sonder-

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stück konfrontiert, so empfiehlt sich eine völlig individuelle Behandlung, eventuell nach Befragung von Fachleuten. Materialien Papier:

Leder: Textilien: Pergament: Holz: Pigmente und Farbstoffe:

Tinten und Tuschen:

Kunststoffe:

Abb. 1: Übersicht Materialarten

Schriftstücke Zeitungsausschnitte Plakate Graphiken Bücher Zeitschriften Fotos Büchereinbände Zeitschrifteneinbände Büchereinbände Zeitschrifteneinbände Schriftstücke Bücher Büchereinbände Träger für Graphiken, Plakate u. ä. Schriftstücke (z.B. Methylviolett-Kopien) Gemälde Graphiken Plakate Bücher Zeitschriften Schriftstücke Bücher Zeitschriften Zeitungsausschnitte Graphiken Plakate Fotos Filme Tonbänder Schallplatten

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Die Depots werden aus lagerungstechnischen und konservatorischen Gründen in verschiedene Abteilungen gegliedert, in welche die einzelnen Materialarten gemäß ihren Eigenschaften geordnet werden. Folgende Abteilungen sind prinzipiell in Depots denkbar:* Schriftstücke: Manuskripte, Briefe (eigh. oder masch. /orig. oder kop.) Bücher Zeitschriften Zeitungsausschnitte Plakate Graphiken Gemälde Fotos Negative: Negativstreifen, Negativplatten; ungerahmte Dias Diapositive (gerahmt) Filme: Filmspulen (Aussonderung von Nitrofilmen), Mikrofilme, Videokassetten Tonbänder: Spulen, Kassetten Schallplatten

* Zur Bildung von Abteilungen nach ordnungstechnischen Grundsätzen siehe König (1988), S. 62 ff.

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ZWEITES KAPITEL

UMWELT- UND RAUMBEDINGUNGEN 2.1 Luftverschmutzung 2.1.1 Emissionen Schwefeldioxid, in geringerem Maße Kohlenmonoxid, als Hauptschadfaktor in den Städten (Industrie, Hausbrand, Kraftfahrzeuge) führt zu einer Übersäuerung natürlicher Materialien wie Papier, Pergament, Leder und Textilien durch die Umwandlung von Schwefeldioxid in Schwefelsäure (Oxydation). Angegriffen werden auch Metalle wie Bronze, Messing, Kupfer, Zinn und carbonhaltige Gesteine. Angaben über Schäden bei Kunststoffen, zum Beispiel bei audiovisuellen Medien* fehlen, eine mögliche chemische Beeinflussung von Filmen, Schallträgern und Plastikbeschichtungen von Fotopapier wird jedoch in Betracht gezogen. Möglicherweise verstärken Emissionen das Ausbleichen von Farbstoffen und das Verblassen von Tinten. Eine typische Folge chemischer Faktoren in der Luft ist der "rote Verfall" bei Leder; Papier wird brüchig. Eine Übersäuerung von Material kann nicht nur als Folge von Umwelteinflüssen eintreten, sie kann auch schon während der Produktion entstanden sein. Beim "Tintenfraß" wird durch die aus Tinte abspaltende Säure das Papier angegriffen - dies vor allem bei den Eisengallustinten, die einen hohen Schwefelsäuregehalt aufweisen. Maßnahmen: Wenn Wahlmöglichkeiten vorhanden sind, sollten Depots möglichst nicht direkt an stark befahrenen Straßen liegen; Luft nicht direkt von außen zuführen: es ist ein "natürlicher Filter", wenn die Luft zuerst durch das ganze Haus läuft bzw. geleitet wird. Das Einbauen eines Filters - die Wahl des Systems ist aus verschiedenen Perspektiven gründlich zu überlegen - ist zu empfeh* Audiovisuelle Medien werden im folgenden kurz av-Medien genannt.

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len. Ein aus Bäumen bestehender "grüner Gürtel" zwischen Straße und Depotgebäude wirkt sich günstig aus. Dichtschließende Fenster bzw. Schränke oder Vitrinen sind in Stadt- oder Industriegebieten unumgänglich, sie werden nur zu kurzzeitigem Lüften geöffnet. Besonders wertvolle Materialien in einer Vitrine können durch Zwischenlegen von Seidenpapieren, welche mit einem alkalischen Puffer versehen werden, zusätzlich geschont werden; dieser Puffer neutralisiert einen Teil der schädlichen Umweltgase. Außerdem gibt es die Möglichkeit, Papiere und Gewebe, die in Schränken oder Vitrinen gelagert werden, mit gasabsorbierenden Mitteln zu tränken. 2.1.2 Staub Staub ist vor allem in Zusammenhang mit hoher relativer Luftfeuchtigkeit gefährlich: in Staub befinden sich Bakterien und Sporen von Schimmelpilzen (Mikroorganismen). Alle Archivalien, auch av-Medien, sind schimmelgefährdet. Vor allem Fingerabdrücke bieten den Staubpartikeln gute Haftungsmöglichkeiten, speziell Fotos, Schallträger, Filme und Diastreifen sind diesbezüglich besonders empfindlich. Beim Spielen von Schallplatten macht sich Staub direkt in Form von akustischen Fremdgeräuschen bemerkbar, bei Tonbandgeräten führt er zu vermindertem Band-Kopf-Kontakt und damit zu Tonausfällen. Maßnahmen: Abdichten von Fenstern und Türen; Vermeiden von Staubquellen innerhalb des Archivs: Fußböden in Depots sollten leicht zu reinigen sein. Möglichst staubsichere Verpackimg aller Archivalien (siehe Kap. 3 "Lagerung"); regelmäßige Reinigimg von Regalen, Behältern und Objekten; Einsatz von Ventilationen und Klimaanlagen mit Staubfilter, das sind Ventilatoren, die den Raum unter leichten Überdruck setzen; Raumgeräte zur Luftreinigung, kombiniert mit Luftbefeuchtungsgeräten; staubdicht schließende Schränke und Kästen. Berühren von Archivalien nur mit sauberen und trockenen Händen (Waschmöglichkeit bereithalten!); Materialien aus Kunststoff oder solche, die mit Kunststoff beschichtet sind, sollten möglichst wenig mit bloßen Händen berührt werden.

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2.2 Luftfeuchtigkeit Alle Archivalien sind gefährdet. Zu hohe Luftfeuchtigkeit führt zu Befall von Mikroorganismen und Schimmelpilzen bei allen Materialien mit hygroskopischen Eigenschaften; zu niedrige Feuchtigkeit in der Luft führt zu Brüchigkeit organischer Stoffe wie Papier, Pergament und Leder, auch Kunststoffe werden spröde. Tonbänder zum Beispiel, vor allem ältere Azetat-ZelluloseBänder, schrumpfen. Da sowohl zu hohe als auch zu niedrige relative Luftfeuchtigkeit schädigend wirkt, ist ein konstanter Mittelwert anzustreben. Gesteigerte Luftfeuchtigkeit wird vor allem im Zusammenhang mit höheren Temperaturen (siehe Kap. 2.3 "Temperatur") gefährlich, da Mikroorganismen im feucht-warmen Klima besonders gut gedeihen. Bakterien siedeln gerne auch in tierischem Leim, der in Papier, Pergament und Bucheinbänden vorhanden ist. Bakterien gehen in den Sporenzustand über, wenn der Leim weniger als 40 % Wasser enthält, damit wäre die Schimmelgefahr vorläufig gebannt. Ist die relative Luftfeuchtigkeit aber längere Zeit niedriger als 40 %, verhornen die Leimsubstanzen bekanntlich, was zu erheblichen Schäden führt. Auch frische Druckfarben, wenn zu ölig, sind Nahrung für den Schimmel. Bei Papier entstehen Stockflecken; zu Rostflecken kann es kommen, wenn von der Papiererzeugimg her Eisenreste im Papier sind. Müßnahmen:

Empfohlene Luftfeuchtigkeitswerte für Depots und Ausstellungsräume sind: Papier, Pergament, Leder Fotos Filme Tonträger

40-65% 50-65% 40-60 % 35-40 % als Kompromiß für alle Tonträger aus verschieden reagierenden Trägermaterialien

Abb. 2: Empfohlene Luftfeuchtigkeitswerte nach Materialarten

Was die relative Luftfeuchtigkeit anbelangt, können demnach alle diese Materialien bei genauer Kontrolle in demselben Depotraum untergebracht werden. Für die Lagerung von fotografi-

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schem Material werden zuweilen Werte unter 40 % relativer Luftfeuchtigkeit gefordert; falls Umfang und Wert des fotografischen Bestandes es rechtfertigen, wäre eine getrennte Aufbewahrung von Fotoabzügen und Filmmaterial in einem eigenen Raum unter entsprechenden Bedingungen vorzuziehen, zumal Filme auch kühler gelagert werden müssen als Papier (siehe Kap. 2.3). Die Luftfeuchtigkeit ist mittels eines Hygrometers bzw. Hygrographen laufend zu kontrollieren und gegebenenfalls durch Entfeuchten oder Befeuchten zu regulieren; die Feuchtigkeits-Meßgeräte müssen häufig nachgeeicht werden. Größere Schwankungen der Luftfeuchtigkeit sollten vermieden werden, was allerdings in nicht-klimatisierten Räumen schwierig ist. Eine Klimaanlage ist durchaus zu empfehlen, allerdings müssen unbedingt auch Ersatzmaßnahmen bereitgestellt werden, die bei Ausfall der Anlage (oder falls eine solche nicht eingebaut werden kann) wichtige Dienste leisten können, zum Beispiel: Entfeuchten: Luftentfeuchtungsgeräte in verschiedenen Größen (Kondensationsund Absorptionsprinzip) Hydrogel (Silikagel) absorbiert Feuchtigkeit Lüften bei kühler Außentemperatur Temperatur erhöhen Befeuchten: Luftbefeuchtungsgeräte in verschiedenen Größen (Verdampfungsoder Verdunstungsprinzip) Verdunster an Heizkörpern Zimmerpflanzen (dabei ist darauf zu achten, daß nicht Schädlinge über die Pflanzen in die Depots gebracht werden) Ventilatoren, die gegen nasse Tücher blasen (vgl. Otto Wächter: Zur Depotgestaltung für wertvolles Buchgut, 1980, S. 37) Temperatur senken Abb. 3: Einige Maßnahmen zur Entfeuchtung und Befeuchtung der Luft

Die hygroskopischen Materialien Holz und Textilien können als Klimapuffer eingesetzt werden; eine Holzverschalung zum Beispiel ist eine natürliche Klimaanlage, da sie durch entsprechende Aufnahme und Abgabe die relative Luftfeuchtigkeit stabilisiert, sie erhöht allerdings auch die Brandgefahr. Metallregale und Metallschränke sollten perforiert sein, da sie sonst die natürliche Luftzirkulation verhindern; zumindest regelmäßiges Lüften

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von Metallschränken und Tresoren ist sehr wichtig, um das Bilden von Kondenswasser zu vermeiden. Himmelsrichtungen sollten in der Wahl der Depoträume beachtet werden: Südrichtung vermeiden oder außen Jalousien anbringen, damit der Wärmestau außerhalb der geschlossenen Fenster auftritt. Wärmeisolierungen des Mauerwerks und der Fenster bieten beste Voraussetzungen für eine konstante relative Luftfeuchtigkeit, ebenso möglichst kleine Fensterflächen, Isolierverglasung und Vermeidung direkter Sonneneinstrahlung generell. Vorsicht bei zentralgeheizten Räumen: Mit Zentralheizungen werden gleichbleibend höhere Raumtemperaturen erreicht; je höher die Temperatur, umso trockener die Luft. Eine mittlere Raumtemperatur Hegt heute um 22° C. Die weitverbreitete Annahme, daß Lüften im Winter die Luft mit Feuchtigkeit anreichert, ist irrig.

2.3 Temperatur Erhöhte Temperatur beschleunigt die chemischen Prozesse, die das Altern organischer Stoffe bedingt; unter den Einflüssen von Sauerstoff, Feuchtigkeit und Licht kommt es zur Oxydation und Polymerisation. Das Verblassen von Farbstoffen (photochemische Reaktion) wird durch höhere Temperatur beschleunigt. Uberhöhte Temperaturen begünstigen das Wachstum von Mikroorganismen (vgl. Kap. 2.2 "Luftfeuchtigkeit"). Obwohl die verbreiteten Trägermaterialien von Schallmedien recht hohen Temperaturen grundsätzlich standhalten - Temperaturen über 50° C sind für Schellack- und PVC-Platten ein Risiko, Azetat-Zellulose-Bänder und Polyester-Bänder halten 100° C stand -, ist für die Lagerung dieser Materialien eine wesentlich niedrigere Temperatur zu empfehlen. Negative und Diastreifen, besonders aber Filme, erfordern ein kühleres Klima als organische Stoffe. Oberstes Gebot ist die Vermeidung von Temperaturschwankungen, die in organischen Materialien Spannungen erzeugen und Schäden wie Risse und Wellungen zur Folge haben. Abrupte Temperaturwechsel wirken sich auch auf Kunststoffe außerordentlich belastend aus.

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Maßnahmen: Gegenstände aus Papier, Pergament und Leder, Fotos, Schallplatten und Tonbänder können grundsätzlich der gleichen Temperatur ausgesetzt werden - bei kleinen Literaturarchiven zum Beispiel in einem einzigen Depotraum. Negative, Dias u.ä. sollten diesbezüglich besonders sorgsam behandelt und eher kühler als Papier gelagert werden, also zum Beispiel in deutlicher Entfernung von Heizkörpern und Fenstern. Die Temperatur sollte in allen Archivräumen konstant auf 20° C gehalten werden, eine Temperatur, die auch in Leseräumen zumutbar ist, sodaß die Archivalien durch die Benützung keinen Schwankungen unterliegen. Vorsicht; Temperaturwechsel beim Transport von Archivalien nach draußen, zum Beispiel bei Entlehnimg! Zu meiden ist: die Nähe von Heizkörpern, eine direkte Sonneneinstrahlung und Wärmequellen aller Art; so können beispielsweise Wände, die an einen Kamin angrenzen oder die oft sehr intensive Wärmestrahlung von Lichtquellen für Archivalien eine große Gefahr darstellen. Bei Fehlen einer Klimatisierungsanlage werden Schwankungen zwischen den einzelnen Jahreszeiten, oft abrupt auch innerhalb weniger Tage, kaum völlig auszuschalten sein. Wärmedämmungen aller Arten können jedoch das Schlimmste verhindern. Ein gesondertes Problem stellen Filme, besonders historische Filmdokumente dar. Bis etwa 1955 wurden im Format 35 mm Nitrofilme verwendet - ein Material, das äußerst feuergefährlich ist (Selbstentzündungsgefahr frischen Nitrofüms 130° C) und leicht verrottet (Bleichung des Süberbildes bis zu völligem Verblassen, Schrumpfung des Materials, Auflösung und Zerfall des Trägermaterials). Nitrofilm sollte bei einer Temperatur zwischen 0° C und 10° C und niedriger Luftfeuchtigkeit gelagert werden - Bedingungen, die in den Depots spezialisierter Filmarchive gegeben sind. Da historische Filmdokumente aus Sicherheitsgründen umkopiert werden sollten, ist bei Einlangen eines oder mehrerer Füme ins Literaturarchiv die Kontaktaufnahme mit einem Filmarchiv dringend zu empfehlen. Mikrofilme und Mikrofiches werden als beständig angegeben, wenn sie in normalen Zimmertemperaturen um 20° C gelagert werden.

25 20° C in allen Archivräumen

18 - 20°C im Medienschrank

0-10°C im Spezialdepot oder Kühlschrank

Papier Pergament Leder Holz Tonbänder

Negative Diapositive Mikrofilme Schallplatten

Nitrofilme unbelichtetes Fotomaterial

Abb. 4: Empfohlene Depot-Temperaturen nach Materialarten

2.4 Licht Ultraviolette Strahlen im Licht - UV-Strahlen sind vor blauem und grünem Licht die kurzwelligsten Strahlen - sind Energie, die auf Materiahen trifft, sie erwärmt und photochemische Prozesse auslöst. Je kürzer die Wellenlänge einer Strahlung, desto größer die zerstörende Wirkung. Photochemische Prozesse finden unter Einfluß von Sauerstoff, Wasserdampf (Luftfeuchtigkeit) und in der Luft vorhandenen Verunreinigungen statt: Das Aufbewahren von lichtempfindlichen Materiahen im Vakuum kann Lichtschäden weitgehend vermeiden; auch Helium wirkt als Ersatz für Luft schützend. Nahezu alle organischen Materiahen sind lichtempfindlich, d.h. sie verändern ihre Farbe und Konsistenz, dies allerdings in unterschiedlichen Graden. Papier, Farbstoffe und bestimmte Pigmente, also auch einige Tinten, zählen neben bestimmten Holzarten und Textilien zu den hochempfindlichen Stoffen. Bei Textilien beschleunigen vor allem Farbstoffe, Beizen, Appreturen und Schmutz die photochemische Zersetzung. Papier wird brüchig und verfärbt sich (Vergilbimg, Bräunen) umso schneller und stärker, je geringer seine Qualität ist; ein hoher Ligningehalt (Holzschliffpapier) hat eine kurze Lebensdauer des Papiers zur Folge; Recycling- oder Umweltpapier verrottet ebenfalls sehr rasch. Durch chemische Eingriffe können heute zwar die schädigenden Anteile des Holzschliffes im Papier so reduziert oder verändert werden, daß seine Dauerhaftigkeit deutlich erhöht wird, doch handelt es sich hierbei um aufwendige Verfahren, die nur in selte-

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nen Fällen durchgeführt werden können. Bei Pigmenten unterscheidet man lichtechte und nicht lichtechte Pigmente: Farblacke aus Naturfarbstoffen sind lichtempfindlicher als anorganische Pigmente; die neuen synthetischen Farbstoffe sind meist in hohem Maß lichtecht. Farbstoffe und Pigmente verblassen dort am stärksten, wo sie als dünne Schicht dem Licht ausgesetzt sind, zum Beispiel besonders bei Aquarellen, Pastellen, gefärbtem Papier u.ä. Aquarelle werden kaum gleichmäßig blasser, vielmehr geraten sie aus dem ursprünglichen Farbgleichgewicht. Gemälde sind nur gering lichtempfindlich: Bei völligem Ausschluß von UV-Strahlung dunkeln sie nach. Lichtempfindliche Materialien

Nicht lichtempfindliche Materialien

in folgender Reihe abnehmender Empfindlichkeit Farbstoffe und Pigmente farbige Hölzer Textilfasern Papier Bindemittel

Metalle, Stein, Edel- und Halbedelsteine, Mineralien, Keramik, Porzellan, Email, Glas

Abb. 5: Übersicht lichtempfindliche und nicht lichtempfindliche Materialarten (vgl. Kühn, 1974, S. 301)

Fotos sind in hohem Ausmaß lichtempfindlich, wobei plastikbeschichtete Papiere und Farbbilder besonders gefährdet sind, während die bis in die sechziger Jahre verwendeten schwarz-weißen Papiere bei entsprechender Behandlung (siehe Kap. 3.9 "Fotos") eine relativ hohe Lebensdauer haben. Auch sind Farbnegative im Vergleich zu schwarz-weiß-Negativen und den historischen Negativ-Platten wenig haltbar. Licht und UV-Strahlung haben praktisch auf alle Trägermaterialien von av-Medien schädigende Wirkung.

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Maßnähmen:

Die Beeinträchtigung durch Licht kann zwar in Archiven niemals völlig ausgeschaltet werden - UV-Strahlen befinden sich in künstlichem Licht wie auch in Tages- und vor allem im Sonnenlicht - sie soll aber auf ein möglichst geringes Maß reduziert werden: - Depots sollten durch Fensterflügel, Vorhänge u.ä. dunkel gehalten werden. - Künstliches Licht sollte nur indirekt bzw. in reflektierter Form (z. B. indirekte Deckenbeleuchtung) für längere Zeit auf Archivalien treffen, ein Faktor, der besonders bei Ausstellungen eingehalten werden muß. - Beschränkung der Beleuchtungsstärke, besonders bei Ausstellungen: 50 -100 Lux, mit einem Lux-Meter zu messen. Ausstellungen sollten nur in fensterlosen Räumen und bei künstlicher Beleuchtung stattfinden (siehe Kap. 6.3 "Entlehnung an Ausstellungen"). - Beschränkung der Beleuchtungsdauer auf allen Ebenen, z.B. im Lesesaal sofortiges Rücklegen von Archivalien in Mappen und Kassetten nach der Benützung. Lichtgeschädigten und gefährdeten Stücken kann für einen bestimmten Zeitraum eine Benützungssperrung auferlegt werden, die Schäden können dadurch allerdings nicht rückgängig gemacht werden. - Verpackung der Archivalien (Mappen, Kartons, Kassetten etc.), soweit das Format es zuläßt. Wertvolle Bücher sollten durch Hüllen aus säurefreiem Papier geschützt werden. Generell Anwendung von holz- und säurefreiem Papier bei der Lagerung (siehe Kap. 3 "Lagerung"). Wenn Schriftstücke, die selbst nicht aus schlechter Papierqualität sind, in ligninhaltigen und sauren Mappen gelagert werden, wirkt sich der in den Mappen stattfindende Prozeß schädlich auf die daneben liegenden Archivalien aus. - Lagerung von Gemälden in diffusem Halblicht. - Einsatz von lichtabsorbierenden Gläsern, Folien (meist PVCFolien) und Lacken, z.B. bei Fenstern, Vitrinen, bei der Benützung im Lesesaal. Lichtschutzfolien können bei Ausstellungen eventuell auch doppelt angewendet werden, z.B. bei Fotos sehr zu empfehlen. Vitrinen für Dauerausstellungen in Archivräumen sollten mit Lichtschutzfirnissen bzw. -lacken bestrichen

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werden; außerdem sollten die ausgestellten Objekte von Zeit zu Zeit ausgewechselt werden. Verwenden von Leuchtstoffröhren mit UV-Schutz bei Ausstellungen und in Arbeitsräumen. Vorsicht: die Qualität dieser Röhren ist sehr unterschiedlich! Besonders wertvolle Objekte in mit Helium gefüllten luftdichten Vitrinen unterbringen. UV-Absorber sind Mittel, die direkt in Papier und Farbstoff eingebracht werden und so vor Lichtschäden schützen sollen. Beim Umgang mit diesen Mitteln ist Vorsicht geboten, da nicht restlos geklärt ist, ob diese nicht Veränderungen im Material bewirken. Sie sind eher zur Präparierung von Ausstellungsbehelfen (Gläser, Folien) geeignet. Ersatz der Originale durch Faksimile-Ausgaben.

2.5 Insekten Der Befall von Büchern, Handschriften und losen Autographen durch Schadinsekten - es gibt auch nützliche Insekten wie zum Beispiel die Schimmelpilzfresser - ist abhängig von Umweltbedingungen wie Feuchtigkeit, Temperatur und Licht. Wichtig ist die Identifikation von Schädlingen im Gegensatz zu nützlichen Tieren. Eine einfache Faustregel für Archivare: Insekten in Buchund Papierbeständen, die nach Spinnentieren aussehen, sind nützlich; dazu gehören verschiedene Spinnenarten wie der Bücherskorpion, die Haus- und die Modermilben. Als Schädlinge gelten nach Otto Wächter (31982, S. 51ff): "Holzwurm" (= umgangssprachlicher Begriff; es handelt sich eigentlich um Käferlarven und Anobien bestimmten Typs): Löcher, senkrechte und parallele Kanäle, Fraßrückstände (Bohrmehl); befällt auch Kleister und Leime. Silberfischchen: Fraß und Abtragen der Papieroberfläche und der darauf applizierten Farben und Pigmente; keine Fraßrückstände. Stärkster Papierzerstörer, gedeiht am besten in feucht-warmem Klima. Schabe: Zerstörung der Oberfläche bei Hinterlassen von Fraßrückständen (z.B. Papierschnitzel). Brotkäfer, Messingkäfer, Diebskäfer: befallen Kleister und Leime, vor allem im Rücken der Bucheinbände.

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Termiten: völliges Avishöhlen des Objektes (z.B. Buch) bei kleinem oberflächlichem Flugloch, kommt nördlich des Alpenhauptkammes jedoch kaum vor. Maßnahmen:

Bei einem Befall von Archivalien durch Schadinsekten müssen unbedingt Fachleute konsultiert werden. Nach erfolgter Entwesung - entweder des ganzen Depotraumes oder eines Teils des Bestandes außer Haus - muß durch Entzug der Lebensbedingungen ein Wiederbefall verhindert werden.

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Literaturhinweise Umwelt- und Raumbedingungen Daum, Josef: Insekten als Schädlinge in Bibliotheken (1976), S. 1-118 Koch, Mogens S.: Bewahrung von fotographischen Materialien (1987), S. 1-13 Kühn, Hermann: Erhaltung und Pflege von Kunstwerken und Antiquitäten (1974) Navratil, Josef: Die Restaurierung historischer Filmdokumente im Österreichischen Filmarchiv (1985), S. 35-40 Schüller, Dietrich: Behandlung, Lagerung und Konservierung von Schallträgern (1983), S. 29-56 SIGMA 86 - Sicherheit in Galerien, Museen und Ausstellungen. Teil 1: Beleuchtung und Klimakontrolle im Museum (1986) Wächter, Otto: Restaurierung und Erhaltung von Büchern, Archivalien und Graphiken (31982)

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DRITTES KAPITEL

LAGERUNG 3.1 Allgemeines: Adjustierung Die Lagerung bzw. Aufstellung von Nachlässen in den Depots muß den einzelnen Materialsorten und Formaten Rechnung tragen. Jedes Nachlaßstück wird mit einem Besitzerstempel und einer Standortsignatur versehen. 3.1.1 Besitzerstempel Metallstempel werden hin und wieder den Gummistempeln vorgezogen, da sie "gestochen" stempeln, während Gummistempel leichter verwischen oder die Farbe zu dick auftragen. Wenn Gummistempel immer wieder erneuert werden, erweisen sie sich als genauso zweckmäßig wie Metallstempel und sind "sanfter", d.h. sie gravieren nicht so stark ins Papier. Der für Archivalien optimale Stempel ist noch nicht entwickelt worden (Gespräch mit Otto Wächter 18. 6.1985 in Wien, Institut für Restaurierung der Österreichischen Nationalbibliothek). Als Stempelfarbe ist Methylviolett zu vermeiden und nur schwarze Stempelfarbe zu verwenden: Methylviolett rinnt bei feuchten Restaurierungsverfahren und schlägt durch. Man wähle einen kleinen Rundstempel, der an unauffälliger Stelle des Archivales anzubringen ist: bei losen Blättern, Plakaten, Fotos, Zeitungsausschnitten u.ä. auf der Rückseite, bei Durchschlagpapier nicht im Schriftbereich; bei Graphiken sollte der Stempel auf der Rückseite dort angebracht werden, wo sich auf der Vorderseite eine dunkle Farbstelle befindet, da ein Durchscheinen des Stempels störend ist. Bücher sollten an einem unteren Rand auf der ersten und letzten Seite, av-Medien auf der unmittelbaren Hülle gestempelt werden. Als Eigentumszeichen ist der Stempel direkt auf dem Original aus juristischen Gründen unvermeidbar.

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3.1.2 Signatur Die Signatur darf grundsätzlich nur mit Bleistift erfolgen: das bedeutet unter anderem, daß Signaturen nicht zugleich als Besitzerzeichen fungieren sollten. Die Signatur muß leicht löschbar sein, damit Fehler getilgt und Änderungen durchgeführt werden können. Bei av-Medien werden Signaturen ausschließlich auf den Schutzhüllen angebracht; bei Schriftstücken werden sowohl die Originale als auch die Mappen, bei Büchern, die mit einem Schutzpapier eingebunden sind, werden Original und Einband signiert. Die Signatur muß immer auf den ersten Blick sichtbar sein. Außer der Signatur sollte auf den Mappen von losen Blättern der Umfang der Stücke angegeben sein, sodaß eine Kontrolle nach Rückgabe durch die Benützer rasch möglich ist. Alle weiteren Eintragungen und Vermerke des Bearbeiters dürfen nur mit Bleistift erfolgen, z.B. FoKierungen, Datierungen. 3.1.3 Fremdkörper Fremdkörper wie Büroklammern, seien sie aus Metall oder Plastik, Heftklammern, Plastikfolien und ähnliches Verpackungsmaterial, das nicht mehr verwendet wird, sind tungehend und vorsichtig zu entfernen. Büroklammern können in der Bearbeitungsphase allenfalls dann verwendet werden, wenn sie durch eine kleine Papierzwischenlage vom Blatt getrennt werden. 3.2 Schriftstücke Schriftstücke wie Briefe, Manuskripte oder Typoskripte, Xerokopien, Dokumente, Zeugnisse, Urkunden u.ä. werden möglichst weit auseinandergefaltet und in Mappen gelegt. Einmalig gefaltete Mappen ohne Flügel aus mittelfestem, aber nicht rutschigem Papier, das außerdem säure- und ligninfrei sein muß, sind preislich am besten vertretbar und benützerfreundlich, da sie nicht umständlich zu öffnen sind. Eine solche Mappe sollte jeweils nur wenige Stücke (5-7 Stücke), bei sehr wertvollen Materialien nur 1 Stück aufnehmen; Flügelmappen haben ein größeres Fassungsvermögen. Dünnes Japanpapier, das zwischen die einzelnen

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Stücke gelegt wird, bietet zusätzlichen Schutz vor Säureschäden. Die Mappen sollten deutlich mit den Signaturen (siehe König 1988, S. 67), mit der Angabe der Anzahl der inliegenden Blätter und eventuell mit einem Kennzeichen für Sperrung versehen werden; eine Bleistiftbeschriftung ist am einfachsten und unproblematischsten. Die Verwendung von Tinten, Stempeln oder Etiketten ist nicht generell zu empfehlen, da Farben und Klebstoffe durchschlagen und auch die inliegenden Papiere Schaden nehmen können. Eine "ästhetischere" Mappenbeschriftung ist daher aus Gründen der Konservierung mit Bedacht zu handhaben. Dickere Konvolute wie gebundene Manuskripte, Tagebücher, Hefte u.ä. werden zwar fortlaufend mit den Einzelblättern in Kassetten gelagert, aber im allgemeinen sinnvollerweise nicht in Mappen gelegt. Weicht ein Konvolut formatmäßig von den übrigen Blättern völlig ab und würden so die darauf liegenden Schriftstücke ungünstig lagern, ist eine Aussonderung und getrennte Lagerung in Erwägung zu ziehen. Eine einfachere Lösung ist es im allgemeinen, wenn man das Stück zwar in der vom Nachlaßordnungsschema her vorgesehenen Reihenfolge signiert, jedoch an die oberste Stelle in die Kassette legt. Die Kassetten müssen aus dicker Hartpappe, also völlig stoßsicher sein. Kassetten und Mappen müssen im Format aufeinander abgestimmt sein, damit sowohl ein Einknicken als auch zu große Beweglichkeit der Mappen vermieden wird. Ein Überformat DIN A4 ist sicher zweckmäßig: Das Auseinanderfalten der Schriftstücke ist nicht nur platzsparend, sondern auch schonend, da die Papierfaser an Knickstellen am leichtesten verrottet. Kassetten sollten weit zu öffnen und von oben zugänglich sein. Auf keinen Fall empfehlen sich Kassetten, die nur an der Seitenfront zu öffnen sind, sodaß das Mappenpaket eingeschoben werden muß; auf diese Weise können leicht mechanische Schäden entstehen. Kassetten sollten auch möglichst dicht und somit staubsicher sein die Deckelschließstellen können mit einem Spezialband abgedichtet werden. Die Kassetten sollten, soweit der Platz im Archiv es zuläßt, auf keinen Fall aufgestellt werden, vielmehr werden sie am besten in Regale, die in der Größe auf die Kassetten abgestimmt sind, gelegt. Auf der nach außen gewandten Seite wird der Kassetteninhalt vermerkt bzw. werden die Signaturen aufgebracht. Sind die Kassetten zufriedenstellend in Material und Ausführung und in gutem Zustand, so tun offene Regale ausreichend

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Dienst. Regalschränke stellen einen zusätzlichen Staubschutz dar, allerdings sind sie der notwendigen Luitzirkulation hinderlich; eine ausreichende Luftzufuhr in Schränken müßte durch Perforationen auf jeden Fall gesichert sein. Sowohl bei Regalen als auch bei Schränken ist darauf zu achten, daß sie nicht aus mit Formaldehyd behandeltem Material bestehen.

3.3 Bücher Bücher werden in stabüen und formatgerechten Regalen, die wegen der natürlichen Luftzirkulation besser aus Holz (ohne Formaldehyd!), nicht aus Stahl sein sollten (vgl. Kap. 2.2 "Luftfeuchigkeit" und 4.2 "Brand"), untergebracht. Besonders wertvolle historische Bücher sind in Schränken besser vor Staub geschützt; die Schränke sollten täglich zur Lüftung geöffnet werden. Falls für solche Bestände Schränke nicht angeschafft werden können, sind wertvolle Einbände mit säure- und ligninfreiem Papierschutz zu umgeben; so können ebenso bereits geschädigte, zum Beispiel vergilbte, eingerissene, Einbände provisorisch geschützt werden, eine baldige Restaurierung ist in solchen Fällen jedoch sehr zu empfehlen. Eine Trennung der Bücher nach Formaten ist oberstes Gesetz: Gleich große Bücher können sich gegenseitig optimal stützen. Trotzdem sollte mit der Einführung verschiedener Formate nicht übertrieben werden, da sich sonst das Signaturensystem allzu sehr verkompliziert (vgl. König, 1988, S. 47ff und S. 60ff). Die Bücher werden locker aufgestellt, damit eine gewisse Luftzufuhr von allen Seiten gewährleistet ist; sie sollten jedoch nicht schräg zu stehen kommen, da sich der Buchblock durch lange ungleichmäßige Belastung verzieht. Stark zusammengepreßte Bücher können beim Herausnehmen und Hineinstellen beschädigt werden. Bei nicht ganz gefüllten Regalen ist das Ende einer Buchreihe durch einen Bügel zu stützen. Sehr große und schwere Bücher sind liegend aufzubewahren, da das Eigengewicht beim Stehen die Bindimg belastet. Sperrende Bücher (Pergamentbände, Bände mit spannendem Buchrücken u.ä.) werden ebenfalls gelegt und mit anderen Büchern beschwert. Ein Desiderat wären Regeln für die zeitgenössische Bindepraxis (dies betrifft auch die Bindimg von Zeitschriften): Gerade

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moderne Klebebindungen oder die Broschierung mit Heftdraht erweisen sich in der Regel als nicht archivfähig, ja geradezu zerstörerisch. Klebebindungen vertragen zum Beispiel oft nicht das geringste Aufspreizen, Heftklammern können rosten und das Papier angreifen; Zeitschriften haben manchmal keine Schutzumschläge aus stärkerem Papiermaterial. Eine mögliche diesbezügliche Regelung wäre die Herstellung einer zu bestimmenden Anzahl von BibHotheks- bzw. Archivexemplaren bei jeder Produktion, die den notwendigen Anforderungen einer langfristigen Erhaltung gerecht werden. Literaturarchive, die Nachlaßbibliotheken und sonstiges wertvolles Buchgut verwahren, sollten auch das Anbringen der Signaturetiketten mit besonderer Sorgfalt handhaben. Die üblichen selbstklebenden Etiketten können nicht empfohlen werden, es sei denn, das Material wird von Fachleuten geprüft und befürwortet. Signaturetiketten können mit Hilfe von archivfähigem Klebematerial - geprüfte Transparentfolien oder -streifen bzw. selbstklebende Textilstreifen - eigenhändig hergestellt werden. 3.4 Zeitschriften Gebundene Zeitschriften werden wie Bücher behandelt. Nicht gebundene Zeitschriften sind ebenfalls nach Formaten getrennt aufzustellen. Der Zeitungsbestand ist weiters in Hinblick auf Art des Einbandes und auf den Erhaltungszustand zu prüfen und in zwei Gruppen zu teilen: Stehende Lagerung:

Stehend können und sollen aus Platzgründen Zeitschriften aller Formate aus härterem, gut erhaltenem Einband gelagert werden. Hierbei ist jedoch mit großer Sorgfalt vorzugehen, da die Stabilität von Zeitschrifteneinbänden kaum jene von Büchern erreicht und das generell größere Format einwandfreier Abstützung bedarf. Schrägstellung oder impassende Abstützung wie zu niedrige Bügel sind zu vermeiden. Für Zeitschriften im DIN A4oder noch größerem Format sind nach vorne offene Pappbehältnisse (knickfest), die jeweils maximal zehn Zeitschriften aufnehmen können, geeignet; diese sind im Handel erhältlich, für be-

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sondere Formate müssen sie angefertigt werden. Die Behältnisse sollten mit säure- und ligninfreiem Papier ausgekleidet werden. Liegende Lagerung:

Liegend müssen alle jene Zeitschriften, die aus verschiedenen Gründen keine stehende Lagerung "vertragen", aufbewahrt werden: Zeitschriften mit besonders großen Formaten, beschädigte, zum Beispiel geknickte Zeitschriften auch nach ihrer Restaurierung. Dabei dürfen jeweils nur maximal zehn Stücke übereinander gelegt werden, damit auch die unten liegenden Exemplare leicht herausgezogen und hineingegeben werden können. Entsprechend dicht übereinanderliegende Regalbretter sind aus Platzgründen erforderlich. Falls ein nur kleiner Zeitschriftenbestand ein eigenes Regalsystem ökonomisch nicht vertretbar macht, können diese durch starke Pappschachteln (mit säure- und ligninfreiem Papier ausgelegt) ersetzt werden: Die Behältnisse müssen dem Format der Zeitschriften entsprechen, sollten maximal zehn Zeitschriften übereinandergelegt aufnehmen können und nach vorne offen sein. Die Höhe der Schachteln muß großzügig bemessen werden, damit das Herausnehmen und Hineingeben ohne Schwierigkeiten möglich ist. Drei bis vier solcher Behältnisse können übereinander gestapelt werden.

3.5 Zeitungsausschnitte Zeitimgsausschnitte werden wie Schriftstücke in Kassetten liegend gelagert. Da Zeitungspapier zu den minderwertigsten Papiersorten zählt, rasch vergübt, brüchig wird - Restauratoren fordern, daß Bibliotheks- und Archivexemplare aller Zeitungen zukünftig auf Qualitätspapier gedruckt werden - und außerdem Ausschnitte oft fragil und unhandlich sind, ist eine regelmäßige Benützung immer mit einem relativ großen Risiko verbunden. Wenn Zeitungsausschnitte einfach in Mappen gelegt werden und die Benützer sie lose in die Hand bekommen, so ist die Gefahr einer Beschädigung und Beschmutzung sehr groß. Das Aufkleben von Zeitungsausschnitten auf DIN A4-Blätter ist konservatorisch unzulässig, da Kleber ins Papier fressen können, Flecken hinterlassen u.ä.

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Für das Verwahren von Zeitungsausschnitten sind eigens angefertigte Behälter, die aus zweierlei Material bestehen, denkbar: eine luftdurchlässige, allenfalls perforierte Acetat-Folie schützt die zu lesende Seite, die Rückseite wird von einem säure- und ligninfreien Blatt gestützt. Folie und Blatt werden an zwei Seiten mit einem durchsichtigen Spezialklebeband (Filmoplast P) miteinander verbunden. Den Benützern ist es untersagt, den Zeitungsausschnitt aus der Folie zu nehmen. Ist die Rückseite eines so gelagerten Zeitungsausschnittes von Interesse, so muß diese als Kopie in gleicher Weise untergebracht werden. Für Zeitungsnachlässe, also große Sammlungen von Zeitungsausschnitten, die auf einmal ins Archiv kommen, oder für Dokumentationsstellen in Literaturarchiven, mag dieses Verfahren zu aufwendig und kostspielig sein. In solchen Fällen können Zeitungsausschnitte wie Schriftstücke in Mappen und Kassetten, eventuell in geeigneten Formaten eigens hergestellt, gelagert werden. Das Problem der Lagerung ganzer Zeitungsblätter löst sich dann optimal, wenn für die als Behälter zu wählenden großformatigen (säurefreien) Mappen entsprechende Schränke zu Verfügung stehen, da sie in offenen Regalen ohne Kassetten zu sehr dem Staub ausgesetzt wären. Großformatige, flache Kassetten könnten aus dem Bereich der Graphik-Lagerung übernommen werden. Ganze Zeitungen sollten gebunden werden. Es empfiehlt sich allerdings eine Aussonderung nach Kriterien der Seltenheit und Vollständigkeit, da es nicht sinnvoll ist, wenn viele Archive identische, aber aufgrund ihrer Unvollständigkeit nur zum Teil brauchbare Bestände aufbewahren. 3.6 Plakate Plakate (und Graphiken) werden üblicherweise in speziellen Schränken mit extrem niederen Schubladen konserviert, zum Beispiel in Galerien. Da jedoch Literaturarchive in der Regel kaum mit großen Mengen von Plakaten konfrontiert werden, wird sich die Anschaffung eines solchen Schrankes in den meisten Fällen als nicht rentabel erweisen. Günstiger und weit weniger platzraubend sind Mappen aus Hartpappe und in Plakatformat; unter Umständen ist die Einführung verschiedener Formate empfeh-

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lenswert. Diese Mappen werden auf ein entsprechend tiefes Regal gelegt oder an einer leeren Wand des Depots mit eigener Vorrichtung (Kleiderhakensystem) aufgehängt. Die Mappen sollten an verschiedenen Stellen fest zu binden sein, damit die Plakate von allen Seiten gut gestützt werden. Den Benützern kann jeweils eine ganze Mappe, die nicht mehr als fünfzehn bis zwanzig Plakate aufnehmen sollte, vorgelegt werden. Immer wieder zwischengelegte steife Kartons in Plakatformat erleichtern die Suche des gewünschten Plakates. Falls es sich um wertvolle Unikate handelt, sollten die Plakate wie Graphiken liegend in Schachteln gelagert werden. 3.7 Graphiken / Aquarelle Graphiken und Aquarelle sollten unter keinen Umständen zur Zierde der Archivräumlichkeiten gerahmt und aufgehängt werden, da sie unter dem ständigen Lichteinfluß bald verblassen würden. Können keine Spezialschränke mit Schubladen angeschafft werden, so werden sie in großen, sehr flachen Kassetten dunkel und gegen Schmutz geschützt aufbewahrt (nicht mehr als zehn Stück in einer Kassette). Das Format der Behälter darf nicht knapp bemessen sein, sodaß keine Graphik geknickt oder gewölbt wird. Allenfalls ist eine Trennung nach Formaten günstig. Jede Graphik und jedes Aquarell wird vor der Lagerung in ein Passepartouts eingebettet, sodaß sich die Blätter nicht gegenseitig beschädigen können, außerdem werden damit Risse und dergleichen vermieden. Die Schachteln sollten der natürlichen Luftzirkulation nicht hinderlich sein, es empfehlen sich die üblichen Behälter aus Hartpappe, mit säure- und ligninfreiem Papier ausgelegt. 3.8 Ölgemälde Ganz im Gegensatz zu Graphiken und Aquarellen bedürfen Gemälde in Öltechnik eines gewissen Lichteinflusses, um die ursprünglichen Farben zu bewahren. Ölgemälde dunkeln nach, wenn sie lange Zeit in lichtlosen Räumen gelagert werden. Das bedeutet nicht, daß Gemälde in grelles Tageslicht gehängt werden

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sollten, vielmehr eignet sich diffuses, zum Beispiel durch naturfarbene Vorhänge gestreutes Licht ambesten. Da Literaturarchive im allgemeinen nicht mit einer großen Menge von Gemälden zu rechnen haben, werden diese günstigerweise in Depots an die Wand gehängt. Sind nur fensterlose, also völlig dunkle Depots vorhanden, kann es sich als zweckmäßiger erweisen, die Gemälde in Arbeitsräumen des Archivs aufzuhängen - vorausgesetzt, daß dort die nötigen Sicherheitsvorkehrungen gegen Diebstahl getroffen wurden. Lesesäle sind daher nur dann geeignet, wenn für eine lückenlose Aufsicht gesorgt ist. Gemälde in völlig dunklen Depots können mit leichtem Licht bestrahlt werden. Wichtig ist, daß die Gemälde vor großer Hitze durch direktes Sonnenlicht oder Heizkörper bewahrt werden und daß die relative Luftfeuchtigkeit im Raum peinlichst kontrolliert wird; Ölgemälde lagern am besten in einer relativen Luftfeuchtigkeit von 50 - 60 %. Falsch gelagerte Ölgemälde weisen Sprünge und Risse in der Farbschicht auf oder schimmeln. Große Mengen von Gemälden werden in Depots an Stellwänden, die möglicherweise auf Schienen bewegt werden, untergebracht. Sie sind in allen Fällen fachmännisch zu stützen und zu rahmen. 3.9 Fotos Gut ausgearbeitete (fixierte, gewässerte) schwarz-weiße Fotos der zwanziger bis sechziger Jahre auf Fotopapier ohne Plastikbeschichtung sind heute noch wesentlich ungefährdeter als kunststoffbeschichtete Bilder und Farbfotos. Speziell Farbabzügen muß im allgemeinen eine geringe Lebensdauer prognostiziert werden. Fotos sind in noch stärkerem Ausmaß als Papier lichtempfindlich. Unter dem Einfluß ultravioletter Strahlung verändern sie ihre Farbtonalität und sind daher in der Lagerung absolut gegen Licht zu schützen. Fotos, die in Alben oder auf Karton geklebt in das Literaturarchiv gelangen, sollten aus Gründen der Dokumentation in ihrer ursprünglichen Form belassen werden. Da jedoch Kleber ins Papier fressen können, sollten diese Fälle vor der Lagerung Fachleuten vorgelegt werden. Fotos in Alben werden durch Zwischenlegen von säurefreiem Seidenpapier geschützt. Einzelne Fotos

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werden nach Formaten getrennt und zu maximal jeweils zehn Stück in passenden säure- und ligninfreien Mappen gelagert. Das Zwischenlegen von Japanpapier ist dringend zu empfehlen, da sich Fotos leicht gegenseitig zerkratzen können. Auf Karton aufgezogene Fotos werden nach der Größe der Kartons eingeordnet. Die Mappen werden in gut schließbare und stoßfeste Kassetten gelegt, diese liegend in Regalen untergebracht. Eine stehende Lagerung von Fotos in säurefreien Kuverts ohne Klebung und formatgerechten Kassetten ist prinzipiell denkbar. Beschädigte Stücke würden unter stehender Lagerung leiden, sie müßten allenfalls gestützt werden. Bei Sammlungen, die nicht riesige Mengen von Fotos beinhalten, ist eine liegende Unterbringung gemeinsam mit den Manuskripten sicher am unkompliziertesten. Kassetten und Mappen müssen die nötige Luftzufuhr gewährleisten. Fotos können auf der Rückseite mit einem weichen Bleistift signiert werden, Signaturetiketten dürfen nicht angebracht werden.

3.10 Negative Eine grundsätzliche Regel ist die getrennte Lagerung von Fotoabzügen und Negativen; nicht mit jedem Fotoabzug wird das Negativ gleich mitbenützt. Negative bedürfen eines stabil kühlen Raumes (max. 20° C) und müssen sorgfältig gegen Licht geschützt sein. Schränke erweisen sich nur dann als günstig, wenn eine gute Luftzirkulation gewährleistet ist (Medienschränke). Farbnegative sind wie Farbabzüge nur wenig haltbar, mit einer raschen Veränderung der Beschichtimg ist zu rechnen. Negativ-Filme und Negativ-Platten werden einzeln in Kuverts oder kleinformatige Flügelmappen aus säurefreiem Papier gegeben. Für Negativstreifen können die allgemein üblichen Behältnisse zum Einschieben (Negativschutzblätter: jeweüs sechs Negative als Streifen) verwendet werden, vorausgesetzt daß das Material in Hinblick auf Säurefreiheit geprüft wurde. Die verschiedenen Formate sind getrennt zu lagern: Kuverts werden in der Art von Karteikarten in Kassetten stehend vintergebracht, wobei für eine gute Abstützung des einzelnen Kuverts durch dicht nebeneinander stehende Ku-

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verts zu sorgen ist; die Blätter mit Negativstreifen werden in Ordnern stehend aufbewahrt. Da Negative in bezug auf ihre Benützung (Fingerabdrücke) sehr empfindlich sind und außerdem einem Betrachter mit einem Negativ nur sehr unzureichend gedient ist, sollten Positivabzüge hergestellt und nur diese ausgegeben werden (siehe Kap. "Exkurs: Die Benützung audiovisueller Medien"). Negative sind nur mit Seidenhandschuhen zu berühren. 3.11 Diapositive Diapositive werden am günstigsten in einem Schrank untergebracht, da sie so am besten vor Staub und Licht geschützt sind. Die von den Firmen vorgesehenen Verpackungen - Diakoffer, Magazine und Kassetten aus Kunststoff - können gut für eine langfristige Lagerung übernommen werden. Im Hinblick auf eine schonungsvolle Benützung werden Plastik-Rahmen (Diajournale) in verschiedenen Formaten empfohlen, in denen mehrere Dias plan Platz finden. Die Rahmen können in Ordner gegeben oder in eigenen Schränken aufgehängt werden. Bei verglasten Dias tritt häufig Schimmel auf, zum Beispiel weil das Glas gesäubert und nicht vollständig getrocknet verwendet wurde; dies führt, unter Umständen auch schichtweise, zum Ausfressen kleiner Farbpartien und damit zu Flecken im Büd. Es ist daher auf vollkommen trockene Verglasung mit nicht- säureabspaltendem Glas zu achten. Grundsätzlich ist eine glaslose Rahmung bei staubdichter Lagerung risikoloser. Ungerahmte Dias sind zu rahmen. Eine Berührung mit bloßen Händen sollte vermieden werden, beim Rahmen werden am besten dünne Handschuhe aus Seide (keine synthetischen Fasern oder Baumwolle) getragen. Signaturen werden in kleinen Etiketten auf den Rahmen geklebt; das Diapositiv darf dabei nicht in Mitleidenschaft gezogen werden; Vorsicht, daß die Etiketten nicht verrutschen! Ob Diastreifen als Streifen belassen - in diesem Falle werden sie wie Negativstreifen gelagert und können nur auf einer Lichtplatte betrachtet werden - oder ob sie für die Projektion geschnitten und gerahmt werden, muß individuell entschieden werden.

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3.12 Filme Beim Eintreffen eines Filmes in das Literaturarchiv sollte mit Experten eines Filmarchivs Kontakt aufgenommen werden. Es ist von Fall zu Fall zu entscheiden, ob der Film im Literaturarchiv selbst oder an zentraler Stelle gelagert werden soll. Da Literaturarchive über die für Lagerung und Benützung nötige Ausstattung (Klima, Umrolltisch, Vorführungsgerät etc.) nicht verfügen können, scheint eine Übergabe grundsätzlich sinnvoll zu sein. Nitrofilme sollten auf jeden Fall einem entsprechend eingerichteten Filmarchiv übergeben werden. Auch die Frage, ob ein Film restauriert oder auf Safety-Film umkopiert werden muß, ist nur in Zusammenarbeit mit Fachleuten zu lösen. Um der typischen Eiform vorzubeugen, werden Filme liegend gelagert; üblicherweise werden aufgrund ihrer Stabilität Blechdosen als Verpackung verwendet. Die bisher entwickelten Videokassetten-Systeme weisen keine Eigenschaften auf, die eine Dauererhaltung möglich machen. Videofilme verlieren ihre Färb- und Toninformation unter jeder Bedingung in relativ kurzer Zeit, eine Lebensdauer von längstens zehn Jahren wird prognostiziert. Videokassetten werden in den Originalverpackungen im Medienschrank liegend gelagert.

3.13 Tonbänder Tonbänder werden in staubsicheren Behältern untergebracht, da sie nur schwer zu reinigen sind und sich der Schmutz unmittelbar in der Tonqualität bemerkbar macht. Wie auch Schallplatten sollten sie in einen Schrank gegeben werden - ein Forderung, die Literaturarchive wohl leicht erfüllen können, da sie kaum mit großen Mengen von Bändern und Platten konfrontiert werden. Die von den Firmen gelieferten Verpackungsmaterialien von Bändern und Tonbandkassetten eignen sich für die Lagerung gut und können, falls die Originalverpackung nicht mehr vorhanden ist, aus säurefreiem (!) Karton nachgearbeitet werden; Originalschachteln verfügen meist über eine Vorrichtung, die den Kern des Bandes und somit sein Gewicht aufnehmen, sodaß der Bandwickel nicht auf seiner Kante lagert; dies ist bei freitragenden Wickeln sehr wichtig. Falls Bänder nicht in Schränken, sondern

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offen stehen, werden Plastiksäckchen als zusätzlicher Staubschutz empfohlen. Bänder werden vertikal gelagert, sie müssen beidseitig gestützt werden (durch nebenstehende Bänder, Bügel u.ä.) und sollten keinesfalls lange lehnen, da sich durch das Eigengewicht des Bandes der Wickel verschieben kann. Obwohl ursprünglich für Regale und Schränke nichtmagnetisierbares Material wie Holz oder Aluminium gefordert wurde, liegen keine negativen Berichte über Stahlmaterialien vor. Magnetfelder können die magnetische Aufzeichnung ganz oder teilweise löschen. Dieser Gefahr ist nach Schüller (1983, S. 47f) in folgender Weise entgegenzuwirken: a. Vermeiden von Kontakten zwischen Tonbändern und Lautsprechern, Anzeigeinstrumenten, dynamischen Mikrophonen, Motoren etc. b. Magnetische Gegenstände, z.B. Haftmagnete für Anschlagtafeln, Magnetverschlüsse von Türen, Schränken u.ä. nicht verwenden. c. Bespielte Tonbänder beim Transport nicht auf tragbaren Geräten eingespannt lassen: Die Bänder werden durch Mikrophone oder Kopfhörer, die auf der Außenseite der Taschen getragen werden, total gelöscht. d. Stromleitungen in Archiven auf etwaige Besonderheiten hin überprüfen, normale Wechselstromleitungen sind unbedenklich. e. Die auf Flugplätzen installierten Metalldetektoren, die als Handapparate oder Rahmen, durch die man gehen muß, Verwendung finden, sollten besser umgangen werden (z.B. bei anfallenden Transporten wichtig). f. Die Lage der Blitzableiter des Archivgebäudes von einem Fachmann beurteilen lassen; bedenken, daß Metallregale in den Weg des Blitzes einbezogen werden. Bevor Tonbänder in Literaturarchiven endgültig gelagert und der Benützung zugänglich gemacht werden, empfiehlt es sich, Experten zu Rate zu ziehen und etwaige Restaurierungen durchführen zu lassen. Bandklebestellen zum Beispiel sind kritisch zu prüfen, ältere Typen von Klebebändern mit zu feuchten Klebstoffen sollten durch moderne, trockene Klebebänder ersetzt werden. Bänder, die soeben ins Archiv gekommen sind, sollten grundsätzlich geprüft und gereinigt werden. Als Maßnahme gegen Kopiereffekt gibt Schüller (1983, S. 45f) den jährlichen "Wechsel der

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Lagerposition (rechte Spule - linke Spule) durch dreimaliges Umspulen" an: "dadurch wird das Kopiersignal wesentlich abgebaut, während die Reste durch die neue Lagerposition zugunsten eines neuen Kopiersignals entfernt werden." Tonbandkassetten werden im allgemeinen als nicht archivfähig betrachtet. Soll der Inhalt von Kassetten langfristig erhalten bleiben, so ist eine Überspielung auf Archivbänder (PolyesterStandardbänder) unumgänglich. Informativer Austausch und Zusammenarbeit mit einem spezialisierten Schallarchiv sind sehr zu empfehlen.

3.14 Schallplatten Schallplatten werden normalerweise wie Tonbänder vertikal gelagert; da eine Platte verschiedene Dicken aufweist, besteht die Gefahr einer Verbiegung, die sich auf die Wiedergabequalität auswirkt. Sie sollten nicht zu fest, jedoch so stehen, daß Schiefstände vermieden werden. Noch günstiger ist es, die Schallplatten in Taschen freihängend unterzubringen. Begleitpublikationen müssen aus den Hüllen entfernt und getrennt aufbewahrt werden.

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Literaturhinweise Lagerung Irblich, Eva: Bibliothekarische Bearbeitung von Neuzugängen bis zur Katalogisierung (1980), S. 25-32 dies.: Die Konservierung von Handschriften unter Berücksichtigung der Restaurierung, Reprographie und Faksimilierung an Hand von Beispielen aus der Handschriftensammlung der Österreichischen Nationalbibliothek (1985), S. 15-32 Navratil, Josef: Die Restaurierung historischer Filmdokumente im Österreichischen Filmarchiv (1985), S. 35-40 Schmid, Gerhard: Ordnungs- und Verzeichnisgrundsätze (1976) Schüller, Dietrich: Behandlung, Lagerimg und Konservierung von Schallträgern (1983), S. 29-56 Wächter, Otto: Zur Depotgestaltung für wertvolles Buchgut (1980), S. 33-38 ders.: Zur Konservierving von Zeitungsbeständen (1980), S. 91-92 Woditschka, Manfred: Zur Trennung von wertvollen Altbeständen von der allgemeinen Magazinaufstellung (1980), S. 39-43

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VIERTES KAPITEL

KATASTROPHENSCHUTZ 4.1 Wasser Die einzig sinnvolle Maßnahme gegen Wasserschäden bei Archivalien und Kunstwerken durch Überflutung ist die Lagerung derselben in höher gelegenen Räumen eines Gebäudes. Aus der Sicht des Wasserschutzes sollten Depots niemals in Kellern oder im Parterre untergebracht sein - freilich können andere Gründe für Depots in Kellerräumen sprechen. Hier muß das Literaturarchiv je nach Standort und Möglichkeiten abwägen. Kommt es zu einer Überschwemmung, so ist es für eine Evakuierung, vor allem für eine sachgerechte Evakuierung, zu spät. Literaturarchive haben sich daher in erster Linie über die reale Gefährdung des Archivgebäudes bei der Behörde bzw. bei Fachleuten zu informieren. Eine großangelegte Vorbeugung kann durch das Interesse eines Archives und durch das Bekanntmachen von Schadensausmaßen gefördert und vorangetrieben werden. Zu bedenken ist vor allem die Tatsache, daß aufgrund des Waldsterbens in allen Gebirgsgegenden Europas, insbesondere in den Alpen, mit erhöhter Hochwassergefahr zu rechnen ist, das heißt man wird in der Einschätzung der Gefahr nicht mehr auf die bisherigen Erfahrungen bauen können. Auch Wasserleitungen, verstopfte Abflüsse und Kanäle, lecke Zentralheizungen und Klimaanlagen u.ä. können in Archivräumen erheblichen Schaden anrichten. Die möglichen Gefahrenquellen sind systematisch in Betracht zu ziehen und durch angemessene Maßnahmen zu beseitigen. Ist es dennoch zu einer Überschwemmung gekommen, ist umgehend für das Einfrieren der betroffenen Materialien, am besten in einer Gefriertrocknungsanlage, zu sorgen. Bei einer Minustemperatur von 20° - 30° C wird Schimmelbefall und ein Zusammenkleben der Materialien verhindert. Die Trocknung erfolgt unter Umgehung des Schmelzvorganges im Vakuum durch direkten Übergang des Wassers vom festen in den gasförmigen Zustand.

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Literaturhinweise Wasser Schönartz, Wilhelm: Das Gefriertrocknen, eine Methode zur Rettung wassergeschädigter Bücher. Ein Erfahrungsbericht. (1982), S. 27-29 Schwab, Julia: Die Technik der Gefriertrocknung (1978)

4.2 Brand Da keine allgemeingültigen Vorschriften für alle in Betracht kommenden Räume und Gebäude erstellt werden können, muß das Literaturarchiv die Feuerschutzmaßnahmen ebenfalls individuell und in Absprache mit der zuständigen Feuerwehr oder der Landesstelle für Brandverhütung treffen. Es gibt überall lokale Vorschriften zur Brandverhütimg und Brandbekämpfung, von Landes- und Stadtbauordnungen bzw. Feuerpolizeiordnungen bis hin zu speziellen Vorschriften in den einzelnen Fachbereichen. Regelmäßige Brandverhütungskontrollen durch die Gebäudeverwaltung steigern die Sicherheit beträchtlich. Vor allem ist auch den Brandfolgeschäden wie der zerstörerischen Wirkung von Brandgasen und Rauch, aber auch von Löschmitteln auf Einrichtungen und Bestand des Literaturarchivs Beachtung zu schenken. Wichtig ist, daß alle Mitarbeiter mit den Vorschriften und den zu treffenden Handlungen im Notfall vertraut gemacht werden. 4.2.1 Ursachen Die Aufdeckimg möglicher Brandursachen ist die wichtigste Voraussetzung des Brandschutzes. Als häufigste Brandursachen werden angegeben: a. Bau- und Reparaturarbeiten innerhalb des Gebäudes, wobei Schweißarbeiten am gefährlichsten sind. Der Brand kann erst Stunden, ja Tage nach Abschluß der Schweißarbeiten ausbrechen, da ein Glimmbrand leicht unbemerkt bleibt und sich erst durch Luftzufuhr zum Flammenbrand steigert. Reparaturen und Montagen sollten in der Werkstatt durchgeführt werden, sodaß im Archivgebäude nur wenige verbindende Schweißnähte erforderlich sind.

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b. Elektrischer Strom: Fehler in elektrischen Anlagen, z.B. Kurzschluß, Windungsschluß, Überlastung elektrischer Leitungen, mangelhafte Kontaktgabe, Mängel in Beleuchtungseinrichtungen, Mängel in elektrischen Geräten u.ä. Elektrische Energie läßt sich in Wärme verwandeln, Wärmezufuhr ist die Voraussetzung für die Entstehimg eines Brandes. Leuchten, ihre Teile, ihre Unterlagen oder ihre Montageflächen dürfen zum Beispiel laut Vorschriften bei normalem Gebrauch keine unzulässigen Temperaturen annehmen (Grenzerwärmung für Lampenfassungen aus Isolierstoff 90° C). Je größer die Zahl der elektrischen Verbraucher (Beleuchtung, Geräte), desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, daß diese aufgrund von Alterung, Verschleiß oder menschlichem Versagen einen Brand auslösen. Solche Verbraucher sind aber oft gerade aus konservatorischen Gründen notwendig. Eine jährliche Überprüfung elektrischer Anlagen durch Fachleute - vor allem bei alten Gebäuden - ist in Archiven dringend zu empfehlen. Ein Brand durch elektrischen Strom läßt sich meist verhüten, wenn die einschlägigen Vorschriften eingehalten werden. Archivare haben die Pflicht, sich ausreichend zu informieren. c. Fehlerhafte Rauchrohre, Schornsteine und Blitzableiter können in Altbauten eine Brandgefahr darstellen. Daher empfiehlt sich eine Kontrolle von Zeit zu Zeit. d. Selbstentzündliche Lösungs- und Reinigungsmittel sollten in Archivräumen vermieden werden. e. Achtloses Wegwerfen von Zigarettenstummeln: In Leseräumen und Depots muß Rauchverbot herrschen; gleichzeitig sollte ein Raucherzimmer eingerichtet werden, um heimlichem Rauchen vorzubeugen. 4.2.2 Ausbreitung Der Grad und die Schnelligkeit einer Brandausbreitung hängt davon ab, ob die Flammen genügend Nahrung finden. Es gibt leichter und schwerer entzündbare Stoffe. Brennbare Stoffe, die einmal in Brand geraten sind, setzen Wärmeenergie frei, sodaß weiteres Material entzündet wird. Dieser Vorgang ist ein Zusammenspiel von vorhandener Masse eines Materials und dem Heiz-

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wert eines Stoffes. Es ist daher darauf zu achten, daß ein Depotraum möglichst wenig brennbare Stoffe enthält, also eine möglichst niedrige Brandlast hat. Werden leicht brennbare Stoffe für Ausstellungszwecke innerhalb der Archivräume benötigt, so können sie durch Imprägnierung mit einem geprüften Flammenschutzmittel schwer entflammbar gemacht werden. Als Einrichtungsmaterial ist nicht in jedem Fall Stahl gegenüber Holz vorzuziehen, zum Beispiel bei Regalen, für Schränke und allgemein für die Verpackung von Archivalien. Vielmehr entwickelt Stahl ohne zu brennen rasch Höchsttemperaturen, sodaß darauf liegende Archivalien aus Papier sich schnell entzünden können. Da Holz ein vergleichsweise schlechter Wärmeleiter ist, können sich Holzregale mit starken und massiven Regalteilen - Holz ist vor allem in dünnen Schichten außerordentlich brandgefährdet als günstiger erweisen - vorausgesetzt, daß der Brand bald erkannt und erfolgreich bekämpft wird. Stahlschränke und Tresore sind ebenfalls auf ihre diesbezügliche Gefährdung im Brandfalle hin zu überprüfen. Abgehängte Decken und Wandverkleidungen sollten nur aus nichtbrennbaren Stoffen eingebaut werden. Leichtentflammbares Material, das unnötigerweise in Depots gelagert wird, z.B. Reserve-Verpackungsmaterial, ist zu entfernen. Größere Mengen brennbare und explosive Rüssigkeiten - dies güt vor allem für Restaurierwerkstätten - sind in eigenen, vorschriftsmäßigen Depots aufzubewahren. Depoträume sollten grundsätzlich so eingerichtet sein, daß die Brand wärme, d.h. der heiße Rauch, im Notfall abziehen kann, entweder durch Fenster oder durch Wärmeabzugsanlagen (Rauchabzugsklappen); vor allem sind Fluchtwege durch solche Anlagen gegen Verqualmung zu sichern. Bei Kunstlichtausstellungen ist dafür zu sorgen, daß Fenster zugänglich bleiben. Allerdings ist in den Verhaltensmaßregeln deutlich darauf hinzuweisen, daß Fenster erst dann geöffnet werden dürfen, wenn eine schlagartige Löschung gleichzeitig einsetzt, da sich der Brand durch die Sauerstoffzufuhr ausbreitet. Archivgebäude müssen aus der Sicht des baulichen Brandschutzes überprüft werden. Dabei spielt das Brandverhalten von Baustoffen (Beton, Ziegel, Putz, Rohre u.ä.) und von Bauteüen (Wände, Decken, Stützen, Treppen u.ä.) eine Rolle. Baustoffe sind hinsichtlich ihrer Brennbarkeit, Bauteile hinsichtlich ihrer Feuerwiderstandsdauer klassifiziert. Weiters sind in der Bauordnung

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sogenannte Brandabschnitte vorgesehen, deren Begrenzungsflächen in Form von Brandwänden und feuerbeständigen Decken auszuführen sind. Die örtlichen Gegebenheiten werden am besten mit den zuständigen Fachleuten besprochen. Die von Bauordnungen und Feuerversicherungen geforderte räumliche Parzellierung sollte auch in Literaturarchiven ihre Anwendung finden: in Form eines abgesonderten Depotraumes für besonders wertvolle Archivalien, der optimal gegen Feuer gesichert ist; ein solcher Depotraum wäre dann auch speziell gegen Diebstahl zu sichern und hinsichtlich der klimatischen und lagerungstechnischen Forderungen bestmöglich einzurichten. Für große Bestände empfiehlt sich eine weitere Aufteilung in Brandabschnitte. Zur optimalen Einrichtung gehören feuerbeständige, zumindest feuerhemmende Türen und feuerfeste Fensterflügel; dabei kann feuerbeständiges Glas - nicht zuletzt aus architektonisch-ästhetischen Gründen, eingesetzt werden. Abschließend sei darauf verwiesen, daß alle feuerschutzsichernden Maßnahmen auch hinsichtlich ihrer für den Menschen gesundheitsgefährdenden Eigenschaften überlegt sein sollten. Es sollten die Gefahren, die im Brandfalle von den Archivmaterialien für den Menschen ausgehen können - man denke beispielsweise an die gesundheitsgefährdenden Dämpfe, die von brennenden Kunststoffen (Tonträger, Filme etc.) abgegeben werden überlegt und in die Schutz- und Verhaltensmaßregeln einbezogen werden. 4.2.3 Meldung

Ein wichtiges Glied in der Kette der Brandschutzmaßnahmen ist die Brandmeidimg. Als oberstes Gebot muß immer noch das einfache Bereithalten der Feuerwehr-Rufnummer angeführt werden, da die automatische Meldung versagen kann. Außerdem sind handbediente Melder heute überall eine Selbstverständlichkeit. Da aber die Zeiten, in denen niemand da ist, der einen Brand in seinem Entstehungsstadium entdecken kann, überwiegen (Nacht, Wochenenden, benützerarme Phasen des Tages), ist eine automatische Brandmeldeanlage unbedingt anzustreben. Folgende Erfassungsprinzipien sind heute bei Meldern gebräuchlich:

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a. Rauch- und Gasentwickung (Ionisationsmelder) b. Strahlung im sichtbaren und unsichtbaren Bereich (optische Rauchmelder und Flammenmelder) c. Wärmeabgabe durch Konvektion (Wärmemelder). Generell überwiegen Brände, bei denen Schwelgase und Rauch entwickelt werden, daher sind in Museen, Bibliotheken und anderen öffentlichen Institutionen meist Rauch- oder Ionisationsmelder anzutreffen. Bei der Auswahl von Brandmeldern sollten auf jeden Fall Experten zu Rate gezogen werden, da verschiedene Kriterien wie Raumhöhe, Temperaturentwicklung, Luftbewegung und andere raumklimatische Einflüsse eine Rolle spielen. Mit einer Brandmeldeanlage sind in der Regel eine Reihe von automatischen Steuerungen verbunden: Belüftungsanlagen werden abgestellt, Brandschutztüren geschlossen, Rauchabzugsanlagen geöffnet, Notbeleuchtungen eingesetzt u.ä. Es besteht auch die Möglichkeit, automatische Löschanlagen durch die allgemeine Brandschutzanlage auszulösen. Eine direkte Melde-Schal hing zur Feuerwehr ist gerade zu "toten" Archivzeiten unerläßlich. Um zu vermeiden, daß diese durch häufige Fehlmeldungen verärgert wird, ist allerdings die Einführung einer Testzeit sehr zu empfehlen. 4.2.4 Bekämpfung

Grundsätzlich ist die Brandbekämpfimg als Sache der Feuerwehr anzusehen, d.h. die Feuerwehr sollte, auch bei scheinbar zunächst kleinen, in Kontrolle zu haltenden Bränden sofort verständigt werden. Trotzdem sind alle Mitarbeiter auf Selbsthilfeaktionen vorzubereiten, da unmittelbares und richtiges Handeln oft entscheidend die Ausbreitung eines Brandes verhindert.

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Brand

Zeit

Wächter/Feuerwehr

Schwelbrand

TOTZEIT

Kontrollgang des Wächters

I

1

Alarmierung der Feuerwehr Flammenbrand

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ANLAUFZEIT

Ausbreitung im Brandabschnitt

f

Ausbreitung im Gebäude

Verlöschen

Anfahren, Aufstellen, Vordringen Löschangriff

LOSCHZEIT

Löschen

l

Zeitdiagramm eines Brandes in einem Museum zur Nachtzeit (vgl. Hilbert, 1981, S. 150). Der Faktor Zeit spielt bei Brand und Brandbekämpfung eine äußerst wichtige Rolle. Sowohl die Feuerwiderstandsdauer als auch die Früherkennimg von Bränden durch automatische Brandmeldeanlagen sind neben einer wirksamen Bekämpfung die Voraussetzung dafür, daß die Bergung von Sammlungsobjekten gelingt.

Als Löschmittel ist Wasser für Archivalien nicht geeignet, da es an den Stücken großen Schaden anrichten kann, und sollte nur in äußersten Notfällen angewendet werden. Handfeuerlöscher, in ausreichender Zahl an geeigneter Stelle angebracht, sind unerläßliche Bekämpfer von Entstehungsbränden. Bestehende Wasseroder Schaumlöscher sollten in Literaturarchiven durch Pulveroder Halonlöscher ersetzt werden. Die Mitarbeiter müssen mit dem Umgang von Handfeuerlöschern vertraut gemacht werden. Ob die Installation einer selbsttätig arbeitenden Feuerlöschanlage günstig ist, muß mit Fachleuten besprochen werden. Die Festlegung eines Bergungsplanes gewährleistet eine rasche und gezielte Bergung der gefährdeten Stücke und ist daher - dies geschieht in Absprache mit Experten - sehr zu empfehlen. Die Bestimmimg eines Brandschutzbeauftragten garantiert, daß alle brandschutztechnischen Aspekte laufend kontrolliert werden und darüber Buch geführt wird.

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Literaturhinweise Brand Hilbert, Günter S.: Sammlungsgut in Sicherheit. Teil 1: Sicherungstechnik und Brandschutz (1981) Kallenbach, Wilhelm u. a.: Brandschutz in Baudenkmälern und Museen ( 2 1982) Merkblätter, herausgegeben von der Landesstelle für Brandverhütung Tirol: BV-Oktober 1960; BV117; BV 118; BV 119; BV 120; TRVB121/82 Schüller, Dietrich: Behandlung, Lagerung und Konservierimg von Schallträgern (1983), S. 29-56 SIGMA 86 - Sicherheit in Galerien, Museen und Ausstellungen. Teil 2 : Brandschutz - Sicherheitstechnik (1986) Tussing, Jürgen: Brandschutz im Museum (1978), S. 153-160 Westermann, P.: Vorbeugende bauliche Brandschutzmaßnahmen (1978), S. 33-57

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FÜNFTES KAPITEL

SICHERHEIT Literaturarchive haben aufgrund der Einzigartigkeit ihrer Bestände für ein Höchstmaß an Absicherung gegen Diebstahl zu sorgen. Die Art der Sicherung der Räume wird von der Örtlichkeit der Depots, also von den Raumbedingungen abhängen müssen allgemein gültige Regeln können daher nicht aufgestellt werden. Größtmögliche Sicherheit von Archivalien wird immer durch eine Kombination verschiedener Sicherungsverfahren erzielt. 5.1 Mechanische Sicherung der Räume 5.1.1

Vergitterung

Räume mit Fenstern müssen in Vergleich zu bunkerartigen, fensterlosen Räumen nicht notwendig als unsicher gelten. Eine angemessene Vergitterung kann oft höhere Sicherheit als dünne Kunststoff- oder Ziegelwände in modernen Bauten bedeuten. Sind Fenster von Depoträumen von öffentlich zugänglichen Wegen relativ leicht zu erreichen, weil sie sich zum Beispiel lediglich im ersten Stockwerk befinden, ist eine Vergitterung absolut notwendig. Es wird vielfach empfohlen, Gitter innen anzubringen, da sie so für Überwindungswerkzeuge schwerer zugänglich sind und die vorgelagerte Scheibe alarmmäßig überwacht werden kann. Günstig wäre auch eine außen angebrachte Stahlkonstruktion (Stahlplatte mit regelmäßig verteilter Perforation; Stahlgitter), die aufgrund ihrer Engmaschigkeit gleichzeitig den Anforderungen der Licittabsdürmung Genüge leistet. Auf diese Weise können anfällige Raumlüftungen ohne Risiko durchgeführt werden (diese können nötig sein z.B. bei nicht-Vorhandensein einer Klimaanlage; als Zusatzmaßnahme zur Klimaanlage von Zeit zu Zeit); außerdem wird Außenstehenden die Einsicht in die Depots jederzeit verwehrt. Eine allgemein übliche Vergitterung mit zusätzlicher

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Einrichtung eines Vorhanges ist allerdings weniger kostspielig. Muß aus denkmalpflegerischen Gründen - beispielsweise bei historischen Bauten - auf eine Vergitterung verzichtet werden, so kann einbruchsicheres Glas als Ersatz in Erwägung gezogen werden. Da ungeteilte, in Metallrahmen gefaßte Scheiben ebenfalls nicht ästhetisch befriedigend sind, können Sicherheitsgläser als Zusatzscheibe hinter den normalen Fenstern angebracht werden. 5.1.2 Sicherheitsschlösser Sicherheitsschlösser sollten zur selbstverständlichen Einrichtung von Depots mit wertvollem Nachlaßgut gehören. Schlüssel sollten nur einem eingeschränkten Kreis von Archiv-Angestellten zugänglich sein. Wichtig ist, daß möglichst wenig Schlüssel im Umlauf sind. Jeder ausgewählte Mitarbeiter hat einen eigenen Schlüssel zu erhalten, damit er sich jederzeit überzeugen kann, ob dieser noch in seinem Besitz ist. Die Benützung eines einzigen Schlüssels durch mehrere ist nicht zu empfehlen: so fühlt sich niemand für die Sicherheit des Schlüssels ausreichend zuständig; das Deponieren eines Schlüssels an einem "geheimen" Ort ist in jedem Fall zu unsicher. Geht ein Schlüssel verloren, muß das Sicherheitsschloß ausgetauscht werden. Denkbar sind Doppel-Schlösser: Zu Öffnungszeiten des Benützerverkehrs wird das einfache Schloß nach jedem Betreten des Depots geschlossen; der Doppelverschluß sollte außerhalb dieser Zeiten betätigt werden. Die ArchivLeitung ist für die diesbezügliche Kontrolle nach Dienstschluß zuständig. Außentüren müssen mit besonders hochwertigen Sicherheitsschlössern versehen werden. 5.1.3 Sicherheitstüren Sicherheitstüren aus Stahl garantieren gegenüber Türen aus anderen Materialien (Türblätter aus massivem Holz mit 5 cm Stärke sind eine Mindestforderung für Archiv-Depots) zweifellos erhöhte Sicherheit, nicht zuletzt auch gegen Feuer und andere Schadenseinwirkungen. Der Grad der Sicherung von Außentüren wird größer sein als jener von Innentüren. Aus Kostengründen sollten große Literaturarchive oder Handschriftenabteüungen an

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die Absonderung besonders wertvoller Objekte in einem kleinen Sonderraum - mit Sicherheitstüren optimal ausgestattet (siehe auch Kap. 4.2 "Brand") - denken. Kleinere Archive können sich unter Umständen mit Sicherheitsschlössern begnügen und auf Tresore oder Stahlschränke zurückgreifen. 5.1.4 Wand- und Deckenbefestigung Depoträume sollten nach allen Seiten durch Mauern besonderer Art abgeschirmt sein. Hierbei haben Literaturarchive, die in historischen Bauten untergebracht sind, aufgrund der ohnehin ausreichenden Wanddicke große Vorteile. Archive, die sich in Häusern der Nachkriegszeit bzw. in Neubauten befinden, sollten eine eigene Befestigung von Wänden und Decken (z.B. Stahl-"Käfig" für einen kleinen Sonderraum mit besonders wertvollem Archivgut, diese werden von einschlägig arbeitenden Firmen eigens geplant und gebaut) anstreben. Ist eine solche nicht erreichbar bzw. für Übergangszeiten, muß als Ersatz auf eine verstärkte Form der Aufsicht ausgewichen werden. 5.1.5 Parzellierung Große Depotsäle sind aus Gründen der Sicherheit nicht zu empfehlen. Eine Aufteilung großer Räume in mehrere kleine Depots, die jeweüs durch entsprechende Wände, Türen und Schlösser abgesichert sind, erschweren deutlich den Zugang bei Einbruch; daß dabei auch der normale Benützungsbetrieb erschwert wird, muß in Kauf genommen werden. In welcher Form eine Aufteilung der Räume am günstigsten vorzunehmen ist, ist mit Hilfe von Fachleuten zu prüfen.

5.2 Alarmanlagen Die Installation von Einbruch-Meldeanlagen ist für Literaturarchive stets zu befürworten und lediglich eine Kostenfrage; diese Anlagen dienen der automatischen Überwachung von Gegenständen auf Diebstahl oder von Flächen und Räumen auf unbe-

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fugtes Eindringen. Sie stellen im Zusammenwirken mit mechanischen Sicherungen einen optimalen Schutz dar. Eine Alarmanlage mit handbedienten Meldern (beispielsweise durch Druckknopfbetätigung) ist kaum zweckmäßig, da sie vor allem zu Zeiten schützen soll, in denen keine Überwachung durch Personen möglich ist. Der Alarm muß automatisch ausgelöst werden. Das Notrufsignal wird - sobald ein einwandfreies Funktionieren der Anlage gewährleistet ist - entweder direkt an die Polizei oder an eine spezialisierte Firma, welche gegebenenfalls an die Polizei vermittelt, weitergeleitet. Diese "Durchschaltung" kann nach Bedarf aufgehoben werden. Je nach individuellen Verhältnissen und Erfordernissen kann prinzipiell eingesetzt werden: a. Außenhautsicherung (ein Einbruch wird bereits an der "Außenhaut" eines Gebäudes erfaßt); b. Raumsicherung; c. Vitrinensicherung; d. Objektsicherung, wobei im Falle von Literaturarchiven die Raumsicherung eines abgesonderten Depots für besonders wertvolle Stücke am ökonomischsten erscheint. Dabei ist unter folgenden Systemen zu wählen. a. Öffnungsmelder (Überwachung von Türen und Fenstern) b. Durchbruchmelder (Überwachung von Wänden, Decken, Glasflächen u.ä.) c. Einstiegmelder (Überwachung von Ventüatoröffnungen, Lufteinlässen und -auslässen u.ä.) d. Trittmelder (Überwachung der Druckimpulse auf dem Fußboden) e. Bewegungsmelder (Überwachung des Raumes zwischen Fußboden und Decke) Bei der Entscheidung, welche Schwachstellen der Archivräumlichkeiten wie zu sichern sind, muß der Rat von Fachleuten eingeholt werden. Wird eine Alarmanlage installiert, so ist sicherzustellen, daß die mit der Errichtung betraute Firma die Anlage langfristig wartet. Eine völlige Ausschaltung menschlicher Überwachimg durch die Alarmanlage ist weder möglich noch sinnvoll; meistens übernehmen Nachtwächter sogenannte Einschaltkontrollen. Es wird ein Anlage-Tagebuch geführt, in dem die monatlichen Probealarme, Fehlalarme u.ä. eingetragen werden.

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5.3 Tresore und Stahl-Schränke Bei Anschaffung von Tresoren und Stahlschränken für besonders wertvolles Archivgut sollten Vor- und Nachteile gründlich abgewägt werden. Ein Schrank ist nur dann sinnvoll, wenn neben dem Einbruchschutz auch Feuerschutz gegeben ist; dies wird durch entsprechende Feuerwiderstands-, Sturz- und Explosionstests überprüft. Daß und warum Tresore regelmäßig zu lüften sind (vgl. Kap. 2.2 "Luftfeuchtigkeit") ist hinlänglich bekannt; daß Stahlschränke in Brandfällen für inliegende Schriftstücke unter Umständen ein erhöhtes Risiko darstellen, wurde unter 4.2 ("Brand") deutlicher ausgeführt. Auf jeden Fall sollten nur Schränke, die von offizieller Seite geprüft wurden, angeschafft werden. Verschiedene Sicherheitsmerkmale und verschiedene Sicherheitsstufen (einwandiger Stahlschrank, zwei- und dreiwandiger Stahlschrank, Panzerschrank, Schwerpanzerschrank, Tresorraum) sind mit Fachleuten zu besprechen. Von Restauratorenseite wird des öfteren angemerkt, daß schwere, mehrfach gesicherte Holzschränke (Holztresore) für die Beherbergung von Schriftstücken, Graphiken, av-Medien u.ä. vorzuziehen sind. 5.4 Aufsicht Während der Öffnungszeiten des Literaturarchivs für Benützer dürfen die Archivräume niemals ohne Aufsichtsperson belassen werden. Je nach Größe und Überschaubarkeit der Räumlichkeiten (inklusive Depots) wird die Zahl der notwendigen Mitarbeiter berechnet. Wenn sich Depoträume nicht in unmittelbarer Nähe der Lesesäle und Arbeitsplätze von Aufsichtspersonen befinden sie können beispielsweise in einem anderen Stock oder Trakt untergebracht sein -, so werden dieselben nach jedem Betreten besonders sorgfältig (z.B. durch Betätigung des Doppelschlosses) versperrt. Archivfremden Personen ist das Betreten der Depots auch in Begleitung zu verbieten, da es a. der Sicherheit dient, wenn die Einrichtung und Ordnung in den Depots unbekannt bleibt und b. die Kontrolle der Begleitperson versagen kann. Kurz vor Dienstschluß ist ein Rundgang einer Aufsichtsperson durch alle Archivräume sehr zu empfehlen. Dabei sollte die Un-

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versehrtheit des Bestandes grob überprüft werden, alle Räume müssen sorgfältig abgeschlossen und die Alarmanlage, falls vorhanden, eingeschaltet werden. Diese Rundgänge sollten von einem leitenden Beamten oder vom Leiter selbst durchgeführt und in einem Buch vermerkt werden. Eine Kontrolle des Depots durch Nachtwächter ist derzeit in Bibliotheken und Museen umstritten. Die personelle Aufsicht kann heute durch die elektronische Technik unterstützt und sogar teüweise ersetzt werden. Auf dem Gebiet der Museen und Bibliotheken werden Videosysteme und Buchsicherungssysteme - elektronische Systeme zur Kontrolle beim Ausgang - in Einsatz gebracht. Diese Überwachungssysteme sind aber nur dann rentabel, wenn Größe oder Unübersichtlichkeit der Räume eine personelle Aufsicht nur schlecht ermöglichen.

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Literaturhinweise Sicherheit Auer, Hermann (Hg.): Raum, Objekt und Sicherheit im Museum (1978) Hilbert, Günter S.: Sammlungsgut in Sicherheit. Teil 1: Sicherungstechnik und Brandschutz (1981) SIGMA 86 - Sicherheit in Galerien, Museen und Ausstellungen. Teil 2: Brandschutz - Sicherheitstechnik (1986) Westphal, Egon (Hg.): Sicherheit gegen Diebstahl, Einbruch, Überfall (1977)

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SECHSTES KAPITEL

BENÜTZUNG Die Regelung des Benützungsbetriebes stellt einen entscheidenden Faktor im Rahmen der konservatorischen Maßnahmen eines Literaturarchives dar. Die Erfahrung zeigt, daß ein gewisser Aufwand zur Bewältigung dieses Betriebes unumgänglich ist. Eine allzu lockere und improvisierende Handhabimg der Benützung kann sich auf lange Sicht als größere Belastung für das Archiv herausstellen. 6.1 Benützung im Lesesaal Folgende Punkte sind Minimalempfehlungen, die bei der Erarbeitung einer Benützerordnung durch das Literaturarchiv beachtet werden sollten. Falls das Archiv in eine größere Institution wie Universitätsinstitut oder Bibliothek integriert ist, muß entweder ein eigenes Lesezimmer oder eine gesonderte Abteilung in einem Lesesaal für die Benützer von Handschriften oder Nachlaßmaterial allgemein reserviert werden. Nur so kann eine spezielle Aufsicht und Betreuung garantiert werden. 6.1.1 Anmeldung Bei auswärtigen Besuchern ist eine briefliche Voranmeldung mit Angabe des Forschungsvorhabens heute in Handschriftensammlungen allgemein üblich. Auswärtige Besucher müssen eine schriftliche Antwort des Literaturarchivs, in welcher die Zugänglichkeit des benötigten Studienmaterials geklärt und die Öffnungszeiten des Leseraumes mitgeteilt werden, erwarten können. Forschern und Studenten des Ortes sollte ein Mitarbeiter anläßlich des ersten Besuches zu einem Gespräch zur Verfügung stehen, in welchem ein möglichst detaillierter Austausch über das Forschungsvorhaben zu erfolgen hat. Informationen bezüglich

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Benützerordnung und eventueller Benützungsbeschränkungen werden in diesem Gespräch gegeben. Einer mündlichen Voranmeldung hat in jedem Fall eine schriftliche Anmeldung zu folgen. Die eigentliche Anmeldung erfolgt in 3 Stufen: A. Benützerkarte: Sie wird vom Benützer eigenhändig ausgefüllt und vom Literatur-Archivar mittels des vorzuzeigenden Personalausweises auf Richtigkeit der Angaben überprüft. Die Benützerkarte berechtigt den Benützer im weiteren zur Betretung des Archivs, sie sollte jährlich erneuert werden. Ein Durchschlag der Karte bleibt als alphabetisch geführte Kartei im Archiv. Sie muß folgende Angaben enthalten: Name, Vorname, Akad. Titel Beruf Heimatanschrift Anschrift am Archivsort (mit Tel. Nr.) Ausweisdokument und Ausweisnummer Forschungsvorhaben (Thema oder Arbeitstitel) Datum Unterschrift

In speziellen Fällen kann eine Referenz (z.B. Erklärung des Professors bei Studenten) verlangt werden, diese ist auf der Benützerkarte zu vermerken. Mit dem Ausfüllen der Benützerkarte bestätigt der Benützer die Kenntnis der Benützerordnung, die ihm zugleich vorgelegt wird. B. Besucherbuch: Der Benützer trägt sich beim ersten und jedem weiteren Besuch ein. Da es sowohl die Signaturen des bestellten Objektes als auch die Unterschrift des Benützers aufnimmt, stellt es eine wichtige Benützungsdokumentation (allfällige Statistiken) und die einzige juristische Absicherung auf Dauer dar. Das Führen einer chronologischen Kartei anstelle des Buches ist nicht zu empfehlen, da einzelne Karten leicht verloren gehen oder entfernt werden können (der Vorteil wäre eine Umordnung der Kartei z.B. nach Signaturen zum Zwecke der Benützungsstatistik). Datum Name, Vorname Ausweisdokument und Ausweisnummer Signatur des bestellten Materials Unterschrift (bestätigt den Erhalt des bestellten Materials)

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C. Bestellschein: Es empfiehlt sich ein zweiteiliger Bestellschein, sodaß ein Abschnitt bei der Ausgabestelle bleibt, der zweite Teil anstelle des ausgehobenen Stückes deponiert wird. Der zweite Abschnitt wird nach Rückgabe des Stückes in einer Kartei aufbewahrt, sodaß die Benützung einer jeden Signatur für die Häufigkeitsstatistik rasch festgestellt werden kann. Die Kartei sollte jedes Jahr ausgewertet werden, sodaß die Zettel vernichtet werden können. Der erste Abschnitt dient dem Benützer als Rückgabebestätigung. Signatur Beschreibung des Materials als Titel oder KennworL Name, Vorname Datum

In kleinen Literaturarchiven kann der Bestellschein einen scheinbar unnötigen Aufwand darstellen, da ein und derselbe Mitarbeiter das Ausfüllen der Benützerkarte, die Eintragung in das Besucherbuch überwacht und das bestellte Material aus den Depots holt. Das Führen von Bestellscheinen ist trotzdem empfehlenswert, da der Benützer ein Anrecht auf eine Rückgabebestätigung hat und die Verbuchung der Benützung nach Signaturen ohnehin unumgänglich ist (Statistik). 6.1.2 Zugänglichkeit (Zulassung) Eingeschränkte Benützung oder Sperrung kann erfolgen aus a. Gründen der Konservierung b. aus urheberrechtlichen Gründen; aus Gründen des Persönlichkeitsrechts c. bei noch nicht erfolgter Foliierung oder Katalogisierung von Nachlaßmaterial d. bei besonderen Vereinbarungen ad a.: Ein Objekt ist beschädigt und wird durch weitere Benützung gefährdet; Ein Objekt befindet sich in der Phase der Restaurierung; Notwendigkeit einer Benützungspause bei wertvollen Objekten. Die Benützung des Originals ist nicht gerechtfertigt bei Vorhandensein von Ersatzmaterial (z.B. Publikationen, Faksimileausgaben, Mikrofilme). Das Literaturarchiv muß den Benützer auf Er-

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satzmaterial hinweisen; dieses sollte nach Möglichkeit im Archiv zur Verfügung stehen; Das Forschungsvorhaben rechtfertigt nicht den Zugang zum Original - weil das Forschungsvorhaben zu allgemein formuliert ist; Originale können dem Besucher in der Phase der Sucharbeit vorenthalten werden; - weil der Benützer nicht ausreichend qualifiziert erscheint (Schüler, Studenten des ersten Studienabschnittes, allgemein kulturell interessierte Personen). Eine diesbezügliche Entscheidung ist bei besonderem Wert oder bei besonderer Gefährdimg des gewünschten Materials gerechtfertigt. Bestimmte Objekte (z.B. Negative) werden dem Benützer grundsätzlich nicht ausgehändigt. ad b.: Urheberrechte und Werknutzungsrechte sind zum Zeitpunkt der Benützung noch nicht geklärt; Urheberrechtliche Fristen bei Briefen sind noch nicht abgelaufen; Briefe lebender Personen dürfen nicht ausgegeben werden, es sei denn der Benützer legt eine schriftliche Erlaubnis dieser Personen vor. Der Benützer trägt selbst die Verantwortung für die Wahrung der Rechte; Bei laufenden Editionsarbeiten oder Publikationsvorhaben des Literaturarchivs können Archivalien für die Veröffentlichung gesperrt werden. Trotzdem ist eine Einsicht in diese Materialien auf Wunsch zu gewähren. ad c.: Das Literaturarchiv setzt nach Einlangen neuer Nachlässe eine bestimmte, angemessene Frist zur Bearbeitung und Adjustierung des Materials fest; es hat die Pflicht, alles zu unternehmen, daß diese Frist eingehalten werden kann. Kann sie aus finanziellen und personellen Gründen nicht eingehalten werden, so wird die Bearbeitung nach der Inventarisierimg unterbrochen, d.h. die Archivalien sind durchnumeriert, sodaß zumindest eine gewisse Benützung möglich ist (zu den Bearbeitungsstufen nach den Richtlinien für die "Verwaltung und wissenschaftliche Erschließung von Nachlässen in Literaturarchiven" siehe König, 1988, S. 21ff). Dabei muß besonders darauf geachtet werden, daß der Benützer nur kleine, überschaubare Materialmengen einsehen kann. Nicht bearbeitete Altbestände müssen einer Planung (Bearbeitungsfristen) unterworfen werden.

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ad d.: Eingeschränkte Benützung oder Sperrung kann auch aufgrund besonderer Vereinbarungen mit dem Nachlaßgeber (z.B. bei Leihgaben, bei Schenkungen u.a.) erfolgen. 6.1.3 Vorschriften zur Behandlung von Nachlaßmaterial Das Literaturarchiv hat die Pflicht, dem Benützer solche Einrichtungen zur Verfügung zu stellen, die eine schonende Behandlung von Originalen ermöglichen: a. Beachtung der Temperatur- und Luftfeuchtigkeitsregeln im Leseraum. b. Vorhänge oder Marquisen, die die Originale bei der Benützung im Lesezimmer vor direktem Sonnenlicht bewahren. c. Große und saubere Tische, die ein Ausbreiten von losem Ar chivmaterial ermöglichen. d. Waschbecken mit Seife und Trockner in erreichbarer Nähe. e. Lichtschutzfolien, die der Benützer beim längeren Betrachten über die Originale legen muß. Bei wertvollen Objekten und insbesondere bei den sehr lichtempfindlichen Fotos sollte prinzipiell mit Lichtschutzfolien gearbeitet werden; diese schützen auch vor Schweiß und Schmutz; wird eine Folie aufgelegt, kann bei Kollationierungsarbeiten ein Lineal oder ein Blatt Papier als Zeüenmerker verwendet werden, ohne daß der Schreibstoff des Originals beschädigt wird. f. Bleistifte müssen zum Verleihen vorhanden sein, falls die Benützung von Füllfedern oder Kugelschreibern untersagt ist. Ebenso müssen Seidenhandschuhe bereitliegen, wenn sie für die Benützung von Material (z.B. Medien) vorgesehen sind. Der diensttuende Archivar hat den Benützer mit Nachdruck bei mehrmaliger Benützung wiederholt - zur schonungsvollen Behandlung von Archivgut anzuhalten: a. Händewaschen vor jeder Benützung; b. Das Verwenden von Tinte, Tusche und Kugelschreibern kann untersagt werden, da es leicht unbeabsichtigt zu Flecken auf Originalen kommen kann; c. Das Beschreiben von Archivalien ist strengstens verboten; d. Die Benützung von Originalen als Schreibunterlage ist verboten; e. Das Durchpausen ist verboten;

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f. Durchgearbeitete Mappen sollten geschlossen (!) zur Seite gelegt werden; g. Die Ordnung von Mappen und deren Inhalt darf nicht verändert werden; bei Ordnungs- oder Bearbeitungsfehlern ist der Benützer gebeten, die Lesezimmeraufsicht zu verständigen; h. Bei längerem Verlassen des Arbeitsplatzes müssen die Archivalien zurückgegeben werden. Als weitere Sicherheitsvorkehrung sind jeweils nur kleine, leicht überschaubare Mengen von Nachlaßmaterial auszugeben (maximal eine Kassette). Diese sollen vor der Ausgabe und nach der Rückgabe in Anwesenheit des Benützers kontrolliert und kollationiert werden. Das Betreten der Depots ist den Benützern im allgemeinen selbstverständlich untersagt. Der Leseraum sollte nicht ohne Aufsichtsperson den Benützern - es sei denn, es handelt sich um Vertrauenspersonen - überlassen werden. Soweit es die Räumlichkeiten des Archivs zulassen, sollte eine Garderoben- und Taschenablage in einem gesonderten Raum eingerichtet werden. Wie in allen Bibliotheken ist das Essen, Trinken und Rauchen im Lesezimmer des Literaturarchivs zu verbieten. Exkurs: Die Benützung audiovisueller Medien

Die Benützung von Negativen, Diapositiven, Filmen, Tonbändern und Schallplatten in den Räumen des Literaturarchivs ist mit besonderer Sorgfalt zu handhaben. Diese Medien können durch häufige und unsachgemäße Benützung schwere Schäden erleiden. Negative werden dem Benützer nicht ausgehändigt. Es muß dafür gesorgt werden, daß von den Negativen - falls nicht ohnehin bereits vorhanden - Positivabzüge angefertigt werden. Da dies tinter Umständen nicht realisierbar ist (z.B. weil alte Negative beschädigt oder weil zu große Mengen von Negativen nicht sofort zu bewältigen sind) sollte die katalogmäßige Beschreibung eines Negatives so detailliert sein, daß der wissenschaftlich Interessierte bereits aus dem Katalog wesentliche Informationen beziehen kann. Wird eine Betrachtung von Negativen in Sonderfällen genehmigt, so sollte dies (mit Handschuhen) in Anwesenheit von Archivpersonal geschehen.

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Gerahmte Diapositive können unter Aufsicht eines Mitarbeiters von Benützern auf einer Lichtplatte oder in einem Diabetrachter benützt werden. Die Projektion von Dias - Voraussetzung ist die Bereitstellung eines guten Gerätes - kann gewährt werden. Es ist darauf zu achten, daß Diapositive nicht lange dem Licht ausgesetzt sind. Filme, die Bestand eines Nachlasses sind, müssen katalogmäßig erfaßt werden, auch wenn sie aus konservatorischen Gründen nicht im Archiv, sondern an einer zentralen Film-Stelle gelagert werden. Der Inhalt der Filme ist im Archiv in allen Fällen detailliert zu dokumentieren - vielen Interessenten wird mit einer solchen Inhaltsangabe bereits gedient sein. Eine Vorführung von Filmen kommt nur dann in Betracht, wenn eine Kopie des Originals zu Benützungszwecken angefertigt wurde. In diesem Falle ist das Literaturarchiv auf die Zusammenarbeit mit einer Film-Stelle angewiesen. Eine direkte Benützung von Schallträgern in den Räumen des Literaturarchivs ist nur dann empfehlenswert, wenn professionelle Geräte bereitstehen. Die Geräte dürfen nicht von den Benützern bedient werden. Von Tonbändern und Schallplatten werden Benützungskopien (ökonomischerweise auf Kassettensystem) hergestellt, Originale dürfen nicht gespielt werden. Auswärtigen Benützern können Kopien (Tonbandkassetten) zugesandt werden, allerdings nur unter dem Hinweis, daß eine Veröffentlichung und Weitergabe an Dritte nicht gestattet ist. Falls die Menge der im Literaturarchiv lagernden Tonträger die Anschaffung aufwendiger Geräte nicht rechtfertigt, sollte die Möglichkeit der Benützung von Arbeitskopien außer Haus (z.B. in Zusammenarbeit mit einem größeren Institut, einer Bibliothek, einer Rundfunk- und Fernsehanstalt u.ä.) organisiert sein. Im Rahmen der offiziellen Bibliothekarausbüdung in Österreich ist von der "Arbeitsgemeinschaft österreichische Schallarchive" eine entsprechende Schulung vorgesehen. Die Mitarbeiter des Literaturarchivs sollten sich zumindest mittels der vorhandenen Literatur die nötigen Kenntnisse in der Behandlung und Benützung von Tonträgern aneignen. Es sei allgemein darauf hingewiesen, daß mechanische und magnetische Schallträger durch die Wiedergabe einer starken Abnützung unterliegen: Die Nadeljustage, der Nadelzustand und die Auflagekraft sind bei Plattenspielern regelmäßig zu kontrol-

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lieren. Bei Tonbändern ist der sogenannte Bandabrieb - abgesehen von Zerrungen und Rissen durch grobe Fehlbedienung und schadhafte Tonbandgeräte - ein unumgänglicher Abnützungsfaktor, der zu Signalverlusten führt. Es ist daher darauf zu achten, daß die Führungsteile und Tonköpfe des Gerätes immer in einwandfreiem Zustand sind.

6.2 Entlehnung zu Studienzwecken 6.2.1 Entlehnung am Studienort

Die Entlehnung loser Handschriften außer Haus ist unter keinen Umständen zu gestatten. Auch alle anderen Bestände des Literaturarchivs (gebundene Handschriften, Nachlaßbibliotheken und Medien) dürfen von Benützern des Ortes ausschließlich in den Archivräumen benützt werden. Die Bibliothek des Archivs ist als Präsenzbibliothek zu führen. Eine Entlehnung über Nacht und für das Wochenende darf nur in Einzelfällen, zum Beispiel bei Vertrauenspersonen, und bei ersetzbarem Studienmaterial gestattet werden. 6.2.2 Fernleihe

Lose und gebundene Handschriften, Nachlaßbibliotheken, kurz: alles Nachlaßmaterial und die Medien sind aus dem üblichen Fernleih-Verkehr ausgenommen.

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6.3 Entlehnung an Ausstellungen* Für den Fall, daß Ansuchen bezüglich einer Entlehnung von Archivalien an Ausstellungen an das Literaturarchiv herangetragen werden, sind eindeutige diesbezügliche Regelungen zu treffen. Es ist Aufgabe des Literaturarchivs dafür zu sorgen, daß die interessierenden Leihgaben nicht gefährdet werden; andererseits muß alles im Bereich des Möglichen getan werden, damit das Archivgut einem breiteren Publikum vorgestellt werden kann. Grundsätzlich ist einmal zu entscheiden, welche Art von Nachlaßmaterial zu welcher Ausstellung gegeben wird. Transporte und Manipulationen belasten die Exponate. So können zum Beispiel Graphiken und Aquarelle sowie Schriftstücke, die sonst in abgedunkelten Depots lagern, durch ihre Ausstellung an Farbund Tintenqualität verlieren. Weiters müssen die konservatorischen Forderungen für jene Archivalien, die freigegeben werden, systematisch festgelegt sein. 6.3.1 Prüfung des Entlehnansuchens

Das Entlehnansuchen ist im Hinblick auf einen echten Bezug zwischen dem Thema der Ausstellung und dem Inhalt des gewünschten Leihgegenstandes zu prüfen. Bei inländischen Ausstellungen müssen regionale und wissenschaftliche Interessen, bei ausländischen Ausstellungen ihre Internationalität und ihre wissenschaftliche Bedeutung gegeben sein. Für nichtwissenschaftliche Zielsetzungen von Ausstellungen oder für einfachere Dokumentationen von bestimmten Themen sollte, soweit vorhanden, auf Faksimile-Ausgaben oder Kopien bzw. Reproduktionen in Schwarz-Weiß oder in Farbe zurückgegriffen werden. * Für Österreich siehe Eva Irblich: Die Entlehnung von wertvollem Bibliotheksgut an Ausstellungen. Manuskript für die Grundausbildungen für den Bibliotheks-, Dokumentations- und Informationsdienst, im Auftrag des BMWF, Juni 1986 (unpubliziert). Und: Österreichische Nationalbibliothek: Bedingungen für die Entlehnung von Leihgaben an Ausstellungen. Die folgenden Ausführungen zum Thema "Entlehnung an Ausstellungen" sind mit freundlicher Erlaubnis der Autorin größte ils aus den oben genannten Papieren übernommen und lediglich an spezielle Erfordernisse und an die Terminologie von Literaturarchiven angepaßt. Da und dort wurden Kürzungen bzw. Ergänzungen vorgenommen. Diese österreichischen Richtlinien sind ein Modell, das unter Umständen veränderten Gegebenheiten in anderen Ländern angeglichen werden muß.

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Wesentlich für eine Zustimmung zur Entlehnung an eine Ausstellung ist ihre Dauer, die für Archivgut 3 Monate nicht übersteigen sollte. Ansuchen um Verlängerungen von Ausstellungen kann je nach Wert der Leihgaben stattgegeben werden oder nicht. Eine Rücknahme der Leihgaben zum offiziellen und festgesetzten Endtermin der Ausstellung ist durchaus statthaft. Aus dem schriftlichen Entlehnansuchen selbst sollten bereits deutlich der verantwortliche Rechtsträger, der die Gewähr für die Einhaltung der Entlehnbedingungen und für Erfüllung aller aus dem Leihvertrag erwachsenden Verpflichtungen zu bieten hat, für die Organisation der Ausstellung verantwortliche Personen sowie der oder die wissenschaftlichen Sachbearbeiter einzelner Leihgaben hervorgehen, damit für eine Zusammenarbeit zwischen Leihnehmer und Leihgeber die Kontakte aufgenommen werden können. Weiters soll das Entlehnansuchen den Ausstellungsort, die Ausstellungszeit und in exakten bibliographischen Angaben die angeforderten Leihgaben spezifizieren. Je nach Wert und Anzahl der Leihgaben darf das schriftliche Ansuchen sechs bis zwei Monate vor Ausstellungseröffnung erwartet werden. Es wird sich als günstig erweisen, vorgedruckte Antragsformulare im Literaturarchiv aufzulegen, damit die Ansuchen reibungslos abgewickelt werden können. In der weiteren Folge sind die Leihgaben zu prüfen, und zwar einerseits im Hinblick auf ihren thematischen Bezug zum Ausstellungsthema und andererseits auf ihre Transportfähigkeit. Objekte mit dem Charakter der Einmaligkeit, was beispielsweise Originalmanuskripte und -briefe nun einmal sind, sollten nur wirklich vertrauenswürdigen Leihnehmern freigegeben werden, da deren Beschädigimg oder Verlust unersetzlichen Schaden bedeuten würde. Folgende Arten von Objekten sollten nicht entlehnt werden: - Objekte von außergewöhnlichem Wert - Objekte von schlechtem Erhaltungszustand und nicht transportfähige Objekte - Empfindliche Objekte, die durch Manipulation besonders gefährdet sind.

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6.3.2 Versand der Entlehnbedingungen Das Archiv hat vorsorgend "Bedingungen für die Entlehnung von Leihgaben an Ausstellungen" auszuarbeiten. Diese werden dem ersten Antwortschreiben auf das Entlehnansuchen beigelegt. Ist der Aussteller in der Lage, die vorgelegten Bedingungen einzuhalten, so wird er dies in geeigneter Form schriftlich bekanntgeben und durch Unterschrift garantieren. Die "Bedingungen" können im weiteren auch dem Leihvertrag angeschlossen werden. Wenn im Laufe der Ausstellung bekannt wird, daß wesentliche, in erster Linie konservatorische Forderungen nicht eingehalten werden, so hat der Leihgeber das Recht und die juristische Möglichkeit, die Leihgaben zurückzuziehen. Grundsätzlich können nur solche Stücke entlehnt werden, die auch sonst einer Benützung freistehen, die Benützungssperrungen betreffen auch den Fall der Entlehnung, es sei denn, es werden besondere Genehmigungen der Rechtsträger eingeholt. 6.3.3 Leihvertrag Nach der Zustimmung zu den Entlehnbedingungen wird der Leihvertrag ausgefertigt. Es ist günstig, wenn dieser als vorgedrucktes Formular in mindestens zweifacher Ausfertigimg vorrätig ist, von der ein Exemplar beim Akt des Leihnehmers, das zweite beim Akt des Leihgebers verwahrt wird. Verfügt das entlehnende Literaturarchiv über keine eigenen Vertragsformulare, so können solche des Leihnehmers verwendet werden, soferne sie entsprechen; fehlende Angaben können ergänzt werden. Der Vertrag muß folgende Angaben enthalten: - Ort und Titel der entlehnenden Institution - Signatur oder Inventarnummer jedes einzelnen Leihgegenstandes - Detaillierte Beschreibimg des Leihgegenstandes: Autor, Titel, Lokalisierung, Datierung; Angabe des Impressums bei Druckschriften - Maße des Leihgegenstandes: a. des Originals für die wissenschaftliche Beschreibimg im Katalog. b. der Adjustierung für die Platzberechnung in der Ausstel-

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lung; die Adjustierung, die sowohl aus lagerungstechnischen Gründen als auch, um einen sichereren Transport zu gewährleisten (siehe Kap. 6.3.5) vorgenommen wurde, sollte in der Ausstellung beibehalten werden. - Anzahl der Blätter bei losen Schriftstücken, Umfang bei gebundenen Werken - Versicherungswert des Leihgegenstandes Dabei sollten auch auf dem Vertragsformular festgehaltene Ausstellungsbedingungen des Leihnehmers und Sicherheitsmaßnahmen wie Sicherung gegen Feuer, Wasser, Diebstahl und Einbruch überprüft werden. Desgleichen sollte bereits im Leihvertrag die Genehmigung bzw. Nichtgenehmigung der Fotografierimg an Ort und Stelle der Ausstellung enthalten sein. Für wertvolle Archivalien empfiehlt sich auf jeden Fall, diese Genehmigung ohne Beisein eines Vertreters des entlehnenden Literaturarchivs nicht zu erteüen. 6.3.4 Konservatorische Rücksichten Archivgut darf prinzipiell nur unter Verschluß in Vitrinen oder in geschlossenen Rahmen ausgestellt werden. Direktes Tageslicht ist fernzuhalten. Künstliche Beleuchtung darf nur einen möglichst geringen Ultraviolettanteü enthalten. Die Helligkeit für Archivalien aller Art darf 100 Lux nicht überschreiten. Für wertvolle Graphiken, Aquarelle und holzschliffhaltige Papiere sollten überhaupt nur 50 Lux zugelassen sein. Zusätzlich ist die Verwendung von Lichtschutzfolien auf Objekten oder Vitrinengläsern wünschenswert. Am besten wird die gesamte Glasfläche der Vitrine mit Folie bespannt oder lichthemmendes Plexiglas verwendet. Bei den besonders lichtempfindlichen Fotos ist ein doppeltes Auflegen von Lichtschutzfolien und mäßige Bestrahlving keine übertriebene Maßnahme. Außerhalb der Öffnungszeiten sollen die Ausstellungsräume auf jeden Fall verdunkelt sein. Die relative Luftfeuchtigkeit in den Ausstellungsräumen muß um 50 % liegen, die Temperatur soll nicht über 20° C hinausgehen. Nach Möglichkeit ist eine Sonderaufstellung von Handschriften, Graphiken, Zeichnungen und Aquarellen vorzusehen. Können bei Mischaufstellungen keine geeigneten klimatischen und lichtmäßigen Bedingungen für beschriebenes und bemaltes Pa-

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pier geschaffen werden, ist die Entlehnung von Leihgaben nicht möglich. Die Abstützving von Büchern ist notwendig, damit die Bindung keinen Schaden nimmt. Die Verwendung von mit Formaldehyd behandeltem Material als Ausstellungsbehelf oder bei Vitrinen ist imbedingt zu vermeiden; die Archivalien dürfen nicht auf mit Chemikalien imprägnierte Stoffbespannungen gelegt werden. Der Einsatz von av-Medien aus Nachlässen, soweit sie überhaupt entlehnt werden, ist besonders sorgfältig durch einen vom Literaturarchiv bestellten Experten zu überwachen. 6.3.5 Vorbereitungen durch das Literaturarchiv Sind alle diese Fragen durch die Korrespondenz, die Entlehnbedingungen und den Leihvertrag geklärt und bestätigt, so beginnt die archivinterne Arbeit, wofür entsprechend Zeit vorhanden sein muß, damit die im folgenden dargestellten technischen Vorbereitungsarbeiten auch termingerecht abgeschlossen sein können. A. Restaurierung Archivgut aller Art sollte transportfähig, d.h. in einem Zustand sein, der einen Transport und die Belastung durch das Ausgestelltsein gestattet. Bei gebundenen Werken sollten lose Blätter fixiert werden, Einbände sollten intakt und nicht gebrochen sein, weghängende Teile von Leder, Textilien und Signaturetiketten wieder angebracht werden. Risse und ähnliche mechanische Schäden sollten auch bei losen Schriftstücken fachmännisch geschlossen werden. Es empfiehlt sich eine Montage auf säurefreie Kartons, die den Blättern Halt geben und auch beim Transport schonende Wirkung haben. Für Graphiken und Aquarelle sind geeignete Passepartouts anzufertigen, deren oberes Fenster mit einer Ultraphan-Lichtschutzfolie belegt sein sollte, um das Original vor jeder weiteren Berührung zu bewahren. av-Medien werden ebenfalls im Hinblick auf ihren einwandfreien Zustand überprüft und allenfalls restauriert. Diapositive müssen gerahmt sein, Filme und Tonbänder werden gereinigt und, wenn nötig, neu geklebt.

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B. Adjustierung Nach der Restaurierung ist zu prüfen, ob Signatur und Besitzvermerk in Form eines Etiketts oder Stempels noch vorhanden und deutlich erkennbar sind. Ardhivverpackungen wie Kassetten können als Schutz für das Original für den Transport verwendet werden, sie sind jedoch in das Archiv zurückzubringen, da sie bei der Ausstellung in Verlust geraten können, bis die Leihgabe wieder abgeholt wird. Wichtig ist außerdem die nochmalige Überprüfung des Umfanges, die Folnerung u.a., die bereits für den Leihvertrag ermittelt werden mußten. C. Schutzverfilmung Kein Nachlaßstück möge das Literaturarchiv verlassen, ohne daß davon vorher ein Mikrofilm angefertigt worden wäre. Bereits nachgewiesene Filme sind auf ihr Vorhandensein und ihre Qualität hin zu überprüfen. Es empfiehlt sich, von besonderen Stücken oder im Falle der Überalterung eines Archivfilmes vor der Entlehnung des Originals einen neuen Film anzufertigen. Von künstlerisch wertvollen Bildern, Zeichnungen, Aquarellen, Stichen, Landkarten, Skizzen, graphischen Blättern, oder auch Autographen sind zusätzlich hochwertige Planfilmnegative und Kleinbüddiapositive anzufertigen. Die Schutzverfilmung dient einem mehrfachen Zweck. Das fotografische Material stellt einen relativen Ersatz für das Original bei Totalverlust oder Beschädigimg dar; es dient als Ersatz für das Original im Lesesaal, solange die Leihgabe für die Benützung nicht greifbar ist; es dient weiters als Basisfilmmaterial zur Erledigung aller Mikrofilm- und Foto-Bestellungen, die im Lesesaal oder schriftlich beim Archiv eintreffen und auch in Abwesenheit des Originals somit erledigt werden können. Außerdem kann es in Zweifelsfällen über den Zustand der Leihgabe vor ihrer Entlehnung Auskunft gegen, falls beim Transport oder während der Ausstellung Schäden aufgetreten sind. Für ein von der Versicherung angestrengtes Untersuchungsverfahren wird dem fotografischen Material des Archivs besondere Beweiskraft zukommen. Es sei hier auch festgehalten, daß die Anfertigung der Filmmaterialien nur dann ihren Sinn hat und Zweck erfüllt, wenn sie auch vor der Entlehnung katalogisiert und greifbar sind. Die Schutzverfilmung, die zu den Aufgaben des Literaturarchivs gehört, erfolgt in einem bestimmten Rahmen auf Kosten des

TI Leihgebers; überschreitet die Menge der Leihgaben die Kapazität des Literaturarchivs, so müssen die Kosten vom Leihnehmer übernommen werden. Auch aufwendige Restaurierungsarbeiten können dem Leihnehmer in Rechnung gestellt werden. Solche Regelungen müssen jedoch vorher vertraglich festgehalten sein. D. Erfassungsformular Auf dem Erfassungsformular, das gemäß den Richtlinien "Verwaltung und wissenschaftliche Erschließung von Nachlässen in Literaturarchiven" (König, 1988, S. 23f) von jedem Archivale angelegt wird, ist die Ausstellung mit ihrem Titel, der Ausstellungsdauer, dem Ausstellungsort, die eventuelle Restaurierung und die gesamte vorhandene oder neu angefertigte Schutzverfilmung unter Kategorie "Verwaltungsverm." einzutragen. Die Festhaltung der Ausstellung gewährleistet, daß besondere Archivalien nicht in zu kurzen Abständen neuerdings an eine Ausstellung entlehnt werden. Die Eintragimg liefert auch den Hinweis auf die Beschreibung des Stückes im Ausstellungskatalog. E. Kontaktnahme mit einer Speditionsßrma Nach dem Abschluß der archivinternen Vorbereitungen für den Entlehnungsvorgang soll in der weiteren Folge auf schriftlichem Wege für einen größeren Transport von Leihgaben an eine inländische Ausstellung bzw. für jeden Transport von Leihgaben an ausländische Ausstellungen der Kontakt zu einer geeigneten (Kunst-)Speditionsfirma am Sitz des entlehnenden Literaturarchivs hergestellt werden, wobei alle Angaben über Umfang und Art der Exponate sowie über deren Versicherungswert und die Termine der Ausstellung mitzuteüen sind. Die rechtzeitige Avisierung ist notwendig, damit die Firma die Dispositionen für die Verpackimg, eventuell anzufertigende Kisten sowie für die Ausfuhr und zollamtliche Abfertigving treffen kann. Hiefür sind Listen mit den Leihgaben und ihrer Spezifizierung in zwei bis drei Exemplaren der Spedition zur Verfügimg zu stellen, die diese für die Ausfertigimg der diversen Unterlagen und Zollpapiere benötigt. Die Genehmigung für die Ausfuhr ist beim Bundesdenkmalamt einzuholen.

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6.3.6 Versicherungspolizze bzw. Haftungserklärung Bevor die Leihgabe das Literaturarchiv verläßt, sollte die Versicherungspolizze bzw. eine gleichwertige Haftungserklärung des Rechtsträgers der Ausstellung im entlehnenden Literaturarchiv eingelangt sein. Die Versicherung sollte' 'von Nagel zu Nagel'' lauten. Ausländische Versicherungspolizzen sind auf ihren Text hin zu überprüfen, ansonsten es angebracht erscheint, eine Versicherung am Ort des Leihgebers zu Lasten des Leihnehmers abzuschließen. Die Versicherungssumme wurde vorher vom Leihgeber festgesetzt und im Leihvertrag bekanntgegeben, der im Schadensfall der Begünstigte ist. Gerichtsstand für eventuelle Verhandlungen ist der Sitz des entlehnenden Archivs, wofür sich das vorher angefertigte Schutzverfilmungsmaterial als günstig erweist und von den Versicherungen als Beweismaterial verlangt werden würde. 6.3.7 Transport der Leihgaben Die Leihgaben sollten von einem sachkundigen Mitarbeiter allenfalls in Zusammenarbeit mit einerVerpackungsfirma - transportiert und in der Ausstellung adjustiert werden, da für Nachlaßmaterial wie Bücher, lose Schriftstücke u.a. vielfach die Erfahrungen bei den Ausstellern fehlen. Um Komplikationen zu vermeiden, empfiehlt es sich, die Reise knapp vor der Eröffnung der Ausstellung anzutreten, da erst zu diesem Termin mit dem Vorhandensein der Vitrinen zu rechnen ist. Nur bei minder wertvollen Objekten und/oder bekanntermaßen erfahrenen und verläßlichen Vertragspartnern kann ein Transport ohne Begleitung erfolgen. 6.3.8 Der Umgang mit den Leihgaben Auch wenn auf eine direkte Begleitung und persönliche Betreuung der Leihgaben durch einen Archivar verzichtet wird, sollte vor Ausstellungseröffnung eine Kontrolle der Behandlung der Exponate an Ort und Stelle erfolgen. Dabei können die räumlichen Verhältnisse, die Raumtemperatur, Luftfeuchtigkeit und die

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Luxwerte mit dem mitgebrachten Luxmeter beurteilt werden. Hier kann beispielsweise um Reduzierung der Lichtwerte ersucht werden. Veränderungen am Exponat selbst wie zum Beispiel die Entnahme aus dem Passepartout dürfen nicht oder nur in Absprache mit dem Kurier vorgenommen werden. Der Kurier hat auch das Verschließen der Vitrine zu überwachen und die Sicherheitseinrichtungen zu kontrollieren. Bei Nichteinhaltung der Entlehnbedingungen können in krassen Fällen die Leihgaben zurückgezogen werden. Trotz des im Literaturarchiv verbliebenen Leihvertrages ist es ratsam, sich die Übernahme der Leihgabe durch die Ausstellungsleitung schriftlich bestätigen zu lassen. 6.3.9 Belegexemplare

Die Leihgaben sind als solche im Ausstellungskatalog in korrekter Zitierimg und mit dem genauen Titel der entlehnenden Institution anzuführen. Reproduktionen der Leihgaben im Katalog, auf Plakaten und Werbeprospekten der Ausstellung bedürfen der Genehmigimg des entlehnenden Literaturarchivs, ebenso fotografische Aufnahmen aller Art, auch für Film und Fernsehen. Hiefür stellt das Archiv das fotografische Material selbst zur Verfügimg. Von allen Unterlagen zur Ausstellung wie Einladungen zur Eröffnung, Katalogen, Plakaten und Prospekten sind dem Leihgeber mindestens je ein Exemplar als Belegstück abzuliefern.

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Literaturhinweise Benützung Benutzerordnungen: Handschriftenabteilung der UB Innsbruck; Bayerische Staatsbibliothek München; Forschungsinstitut "Brenner-Archiv", Innsbruck; Wiener Stadt- und Landesbibliothek; Deutsches Literaturarchiv/Schiller-Nationalmuseum Marbach a. N.; Österreichische Nationalbibliothek, Wien; Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz, Handschriftenabteilung, Berlin Benutzung, Ausstellung und Reproduktion von Handschriften. Empfehlungen der Arbeitsgruppe Handschriftenbibliothekare (1983), S. 71-78 Brandis, Tilo: Die Benutzung von Handschriften und wertvollen Drucken im Handschriftenlesesaal (1980), S. 11-18 Gräfenstein, Johanna: Differenzierung der Lesesäle (1965), S. 248-270 Irblich, Eva: Die Benützung von wertvollem Buchgut im Lesesaal (1980), S. 67-75 dies.: Die Entlehnung von wertvollem Bibliotheksgut zu Ausstellungen (1980), S. 93-106 Schüller, Dietrich: Behandlung, Lagerung und Konservierung von Schallträgern (1983), S. 29-56

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SIEBTES KAPITEL

VERVIELFÄLTIGUNG 7.1 Xerokopien Kopien von Archivalien dürfen grundsätzlich nicht vom Benützer selbst angefertigt werden. Auf Rückfrage bei der Lesesaalaufsicht muß der Benützer klären, ob die von ihm gewünschte Xerokopie genehmigt werden kann. Aus konservatorischen Gründen sind Xerokopien von wertvollen historischen Büchern, gebundenen Zeitschriften und Zeitungen nicht zu gestatten, da der Bucheinband durch das Aufspreizen geschädigt wird. (Seit einiger Zeit sind spezielle Kopiergeräte für wertvolles Buchgut auf dem Markt, bei denen die Bücher nicht mehr ganz aufgespreizt werden müssen.) Lose Autographen, Zeitungsausschnitte und leichtere Bücher können zur Kopierung freigegeben werden. Auch das Kopieren von kleineren Graphiken kann gestattet werden, falls der Forschungszweck vom Benützer plausibel nachgewiesen werden kann. Im Faksimile veröffentlichte Autographen sollten nicht xerokopiert werden dürfen. Das Archiv hat jedenfalls individuell zu prüfen, ob das vom Benützer gewünschte Material, ohne Schaden zu erleiden, xerokopiert werden kann. Zum Beispiel sollten auch stark mechanisch beschädigte Autographen erst nach ihrer Restaurierung kopiert werden dürfen. Von einer Sperrung betroffene Archivalien dürfen selbstverständlich nicht kopiert werden. Wird die Kopie genehmigt, füllt der Benützer das entsprechende Bestell-Formular (Kopierauftragsformular) aus. Mit seiner Unterschrift erklärt sich der Besteller damit einverstanden, daß die Kopie nur zum persönlichen Gebrauch bestimmt und die Weitergabe an Dritte nicht gestattet ist. Es ist zu empfehlen, aus urheberrechtlichen Gründen auf der Xerokopie den Besitzerstempel anzubringen. In der Regel werden mehrere Kopieraufträge gesammelt ausgeführt. Die Kosten, die der Benützer zu übernehmen hat, sollten die üblichen Preise nicht übersteigen.

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Das Kopierauftragsformular wird zu Zwecken der Benützerdokumentation der Signaturenkartei einverleibt. Briefliche Bestellungen auswärtiger Benützer werden nach denselben konservatorischen Kriterien geprüft. In diesem Fall füllt das Archiv das Kopierauftragsformular mit entsprechendem Vermerk für die Statistik aus, der Brief gilt als Beleg und wird entweder in die Kartei einverleibt, oder es wird auf die Ablage verwiesen. Die rechtlichen Bedingungen werden dem Besteller schriftlich mitgeteilt, die Rechnung wird den Xerokopien beigelegt. In Fällen, in denen aus oben genannten Gründen die Xerokopien nicht genehmigt werden können, ist das Archiv verpflichtet, den Besteller davon in Kenntnis zu setzen. Xerox-Kopiergeräte sollten nicht in der Nähe von Archivalien aufgestellt werden; das freiwerdende Ozon schädigt auf Dauer organische Materialien, zum Beispiel Farbstoffe. 7.2 Fotografien Neben der Xerokopie ist die wissenschaftliche Fotografie heute aus dem Handschriftenwesen nicht mehr wegzudenken. Im Gegensatz zur Xerokopie, von der keine Negative archiviert werden können, kann die Fotografie zum Schutz der Originale genutzt werden. Farbvorlagen können durch die Fotografie (Ektachrome) heute hochwertig gesichert und reproduziert werden. Außerdem bietet die Fotografie in der Regelbessere Qualität und ist daher für die Reproduktion stärker geeignet - sie ist allerdings auch kostspieliger. Aus Kostengründen wird dem Benützer zu Studienzwecken heute noch mit der Xerokopie gedient sein. In Zukunft wäre aber der Aufbau von fotografischen Diensten und Schutzfilm-Archiven die einzige Möglichkeit, die zunehmende Beanspruchimg der Originale zu vermindern bzw. ganz auszuschalten. Es sollen nur Aufnahmetechniken angewendet werden, die möglichst wenig mechanische Beanspruchungen oder andere gefährdende Einflüsse wie Licht und Wärme notwendig machen. Starke, wenn auch nur kurzzeitige Beleuchtung von Blättern unter Glas sind zu vermeiden, weil sich dabei die dünne Luftschicht zwischen Glas und Blatt in kurzer Zeit sehr stark erwärmt. Das Fotografieren durch den Benützer sollte nicht gestattet werden.

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Mit der Lieferung von Fotografien ist nicht automatisch eine Reproduktionserlaubnis verbunden. Fotografien bzw. Filme dienen wie Xerokopien dem persönlichen Gebrauch und dürfen nicht an Dritte weitergegeben werden, Eigentums- und Autorrechte sind zu respektieren. Daher sollten alle Abzüge, die Benützern ausgehändigt werden, einen Besitzerstempel erhalten. Voraussetzung für eine funktionierende, benützerfreundliche Praxis ist die Ausstattung des Archivs mit Mikrofilmlesegeräten, Diaprojektoren, Lichtplatten u.ä. Kleine Literaturarchive, die nicht an eine große Bibliothek gekoppelt sind und für die der Aufbau eines eigenen fotografischen Dienstes nicht lohnt, sollten die Zusammenarbeit mit einer ausgestatteten Bibliothek oder einem Universitätsinstitut anstreben. 7.2.1 Schutzverfilmung Der Aufbau eines Schutz-Archives, das die Bestände in Negativen, Positivabzügen und Filmen (Mikro-Rollfilm, Mikro-Planfilm) speichert, ist ein vordringliches Interesse jedes Literaturarchives und jeder Handschriftensammlung, da zur Benützung Fotografien herangezogen werden können, während die Originale geschont bleiben. Entsprechend diesem Interesse sind die wertvollsten und gefährdetsten Stücke eines Archivs zuerst für die Schutzverfilmimg vorzusehen. Vor allem von Stücken, die laut Statistik auf großes Besucher-Interesse stoßen, sind umgehend Mikrofilme anzufertigen, um eine intensive Benützung der Originale im Lesesaal zu vermeiden. Während das Literaturarchiv aus eigenen Mitteln das Wachsen des Schutz-Archives in dieser Richtung vorantreiben sollte, sorgt auf der anderen Seite der Benützer durch die Bestellung einer Fotografie für zunehmende Vervollständigung des Schutz-Archives. Dem Benützer werden grundsätzlich nur Abzüge und Kopien ausgehändigt, die Negative bzw. Originale bleiben im Hause. Gleichzeitig kann die Bestellung einer Fotografie durch den Benützer dem fotografischen Dienst Gelegenheit sein, das betreffende Objekt umfassender zu fotografieren: Bestellt der Benützer zum Beispiel nur eine Seite einer gebundenen Handschrift, sollte bei dieser Gelegenheit die ganze Handschrift fotografiert werden, da auf diese Weise mehrmaliges Benützen des Objektes vermie-

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den wird. Alle Bestrebungen sollen dahin gehen, das Original möglichst wenig zu beanspruchen. Auch mit der Erneuerung alter Aufnahmen, die zweifellos einem gewissen Verschleiß ausgesetzt sind, muß möglichst sparsam umgegangen werden. Ein Schutzarchiv erfüllt folgende Funktionen: a. Kopien und Abzüge ermöglichen dem Forscher die Fortsetzung seiner Studien außer Haus. b. Der Benützer erhält im Lesesaal nicht das Original, sondern die fotografische Kopie, entsprechende Lese- und Betrachtungsgeräte müssen vorhanden sein. c. Für Publikationen liegen Klischee-Vorlagen bereit, die eine wiederholte Fotografierung der Originale unnötig machen. Die Bestellung von Kopien aus dem Schutzfilmarchiv muß schriftlich erfolgen und vom Benützer begründet werden. Der Auftrag kann aus urheberrechtlichen Gründen abgelehnt werden. Wird eine Neuaufnahme eines Archivales aus dem Bestand des Literaturarchives bestellt, so können auch konservatorische Gründe für eine Ablehnimg geltend gemacht werden. Es ist auch zu prüfen, ob der Zweck der Verwendung den Intentionen des Literaturarchives entspricht und keine Sinnentfremdung der Vorlage bedeutet. Im allgemeinen sollten aber alle Benützer in gleichem Ausmaß Zugang zu fotografischem Material haben. Die Erteilung von Reproduktionsgenehmigungen erfolgt individuell nach Prüfung des Antrages. Das Literaturarchiv muß bei jeder Reproduktion als Besitzer genannt werden, Standort und Signatur des abgebildeten Stückes müssen immer angegeben werden. Für jede Reproduktion erhält das Literaturarchiv ein Belegexemplar. Es empfiehlt sich, diesbezügliche Regelungen inklusive Preisliste und den Publikationsantrag vorgedruckt im Archiv aufzulegen. Gebühren können sich zusammensetzen aus reinen Herstellungskosten und zusätzlichen Reproduktionsgebühren. Nicht alle Institutionen verlangen Reprogebühren. Was die Herstellungskosten betrifft, so sollte seitens des Literaturarchivs ein einheitlicher Preis festgesetzt werden, der in gleicher Weise von allen Bestellern entrichtet werden muß, unabhängig davon, ob ein Negativ sich bereits im Schutzarchiv befindet oder erst neu angefertigt werden muß. Die Höhe des Preises sollte die Herstellungskosten des Literaturarchives allgemein decken.

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7.2.2 Sicherheitsverfilmung Während die Schutzverfilmung auf die Praxis des Alltags abgestimmt ist und den Problemen der Benützung dient, zielt die Sicherheitsverfilmung auf den Katastrophenfall: Bei Verlust durch Brand, Naturkatastrophen, Krieg und natürliche Substanzabnahme erhalten Fotografien, die in sicherer Entfernung (im allgemeinen wird eine Entfernung von mindestens 200 km gefordert) gelagert werden, die Bestände eines Literaturarchivs für die Forschung. Der Aufbau eines Sicherheitsfilmarchivs wird ökonomischerweise und aus konservatorischen Gründen am besten an das Schutzfilmarchiv gekoppelt, d.h. bei jeder Schutzverfilmung wird eine Kopie für das Sicherheitsarchiv angefertigt. Dabei sollte der Grundsatz beachtet werden, daß ein Sicherheitsarchiv den ganzen unersetzlichen Bestand umfassen sollte, während das Schutzarchiv mit einer mehr oder weniger großen Auswahl aus dem Gesamtbestand mehr oder weniger gut arbeiten kann. Vollständigkeit und Originaltreue sind bei der Sicherheitsverfilmimg von vordergründiger Bedeutung. Nicht nur sind alle verschiedenen Seiten des Originals von Wert (z.B. auch Widmungen und andere Details), auch Besitzervermerke, Stempel und Signaturen dürfen nicht übergangen werden. Der Vollständigkeit der Dokumentation eines Stückes oder Bestandes dient außerdem die Verfilmimg der Erwerbsakten mit Verträgen, Korrespondenzen etc. Originaltreue wird durch gute technische Ausstattung und Verwendung hochwertigen Fotomaterials gewährleistet. Das Filmmaterial muß auch einen hohen Grad an Haltbarkeit garantieren (laut Brandis: Die Sicherheitsverfilmung (1980), S. 59, ist ein schwarz-weißer Dokumentensilberfilm auf Azetatbasis zu empfehlen); Die richtige Behandlung und Lagerung des Sicherheitsfilms (besonders Temperatur und Luftfeuchtigkeit) sind jedoch für die Haltbarkeit ausschlaggebend.

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Bevor die Archivalien zur Verfilmung gegeben werden, werden sie: a. stufenweise ausgewählt nach Kriterien der Einzigartigkeit und materiellen Gefährdimg, d. h. der Bestand des Literaturarchivs wird einer Planimg unterzogen. b. restauriert; die Wiederherstellungsarbeiten reichen dabei von einfachem Aufklappen eingebogener Ecken bis zu fachgerechter Behandlung brüchiger Papiere. c. geordnet und deutlich foliiert. Nachlässe sollten vollständig bearbeitet, signiert und katalogisiert sein, damit die Erschließung auch auf den Filmen transparent wird. Bevor ein Sicherheitsfilm in das Filmarchiv gegeben wird, wird er: a. sorgfältig mit dem Original kollationiert, wobei auf Vollständigkeit und Aufnahmequalität zu achten ist. Diese Aufgabe sollte nicht der Fotostelle (oder Firma) überlassen, sondern von mit dem Nachlaß befaßten Mitarbeitern geleistet werden. b. mit einer begleitenden Beschreibung versehen, die einerseits die Bedeutung des Objekts oder Nachlasses betrifft, andererseits alle Detaüs notiert, die nicht fotografisch festzuhalten waren. c. mit einem Vorspann versehen, der den Namen des Literaturarchivs und die Angaben zur Identifizierung, zum Beispiel des Nachlasses, beinhalten soll. Bezüglich der Lokalisierung und Einrichtung von SicherheitsArchiven sollten folgende Forderungen gestellt werden: a. in größerer Entfernung von den Originalen (mindestens 200 km). b. in kleinen, tiefgelegenen Bunkern möglichst fern von Siedlungen und militärischen Stationen. c. die Räumlichkeit muß dunkel, klimatisiert und gegen Brand, Wasser, Bomben und Diebstahl gesichert sein. d. Sicherheitsfilme dürfen nicht benützt werden, um sie vor Abnützung zu bewahren. e. Lagerung der Spulen in gut schließbaren Metalldosen; Lagerung von planem Material in säurefreien Papierbehältern; zu empfehlen sind Stahlschränke.

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f. eigene Inventarliste und ein eigenes Standortverzeichnis für das Sicherheitsarchiv; deutliche Beschriftung der Schachteln, Rollen und anderer Behälter. g. stichprobenartige Kontrollen der Qualität und Haltbarkeit des Filmmaterials. Die Finanzierung des Sicherheits-Archivs kann nicht durch die Benützer des Literaturarchivs geleistet werden. Die Sicherheitsverfilmung ist eine Aufgabe des Kulturgüterschutzes, die Kosten sind vom Rechtsträger des Literaturarchives zu tragen. Da eine ideale Sicherheitsverfilmung des gesamten Bestandes eines Literaturarchives vorerst für die meisten Institutionen eine Utopie darstellt, sind entsprechende Zwischenlösungen - hier einige Vorschläge - anzustreben: a. Koppelung der Sicherheitsverfilmung mit der Schutzverfilmung. b. Auswahl aus dem Bestand; Verfilmimg beschränkter Signaturenreihen. Dies ist auch bei Nachlässen durchaus sinnvoll. c. Kleinere Archive mit nicht vorhandener Ausstattimg und beschränkten Mitteln arbeiten mit einer größeren Institution, zum Beispiel einer Universitätsbibliothek, zusammen. d. Anschluß an ein bestehendes Sicherheitsarchiv. e. Zurückschrauben der Qualitätsforderungen, zum Beispiel kann auf begleitende Berichte, falls nicht anders mögüch, verzichtet werden.

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Literaturhinweise Vervielfältigung Brandis, Tilo: Die Sicherheitsverfilmung (1980), S. 55-62 Dachs, Karl: Die Schutzverfilmung (1980), S. 49-54 Hagelweide, Gert: Zeitimg und Bibliothek. Ein Wegweiser zu Sammlungen und Literatur (1974) Höfig, Willi / Wilbert Ubbens (Hg.): Zeitungen in Bibliotheken (1986) Irblich, Eva: Die Konservierung von Handschriften unter Berücksichtigung der Restaurierung, Reprographie und Faksimilierung an Hand von Beispielen aus der Handschriftensammlung der Österreichischen Nationalbibliothek Wien (1985), S. 15-32 Mazal, Otto: Die Probleme der Photographierung von wertvollem Buchgut (1980), S. 77-85 ders.: Aktuelle Möglichkeiten der Reprographie und ihr Einsatz im Dienste der Konservierung der Handschriften und seltenen Drucke (1985), S. 38-44 ÖNORM A 1301: Photographie - Silbersalz - Gelatine - Mikrofilme. Verarbeitung und Lagerung für Archivzwecke (1976) Thiele, Georg: Einführung in die Reprographie (1976) ders.: Einführung in die Mikrofilmtechnik (1985)

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ACHTES KAPITEL

RESTAURIERUNG Literaturarchive müssen sich ihrer Aufgabe, für den Fortbestand der ihnen anvertrauten Kulturgüter zu garantieren, in vollem Umfang bewußt sein. Zum Thema "Konservierung" gehört auch die Restaurierung, die freilich als Spezialgebiet, ja Kunsthandwerk nicht vom Archivpersonal selbst geleistet werden kann. Immerhin muß das Literaturarchiv dafür sorgen, daß beschädigte oder gefährdete Stücke eines Bestandes einer spezialisierten Restaurierung zugeführt werden. Es gehört zu den Aufgaben der Mitarbeiter eines Literaturarchivs, den Bestand in Abständen zu kontrollieren. Dabei erweist es sich als ausgesprochen günstig, wenn das Personal in der Lage ist, Schäden in ihrer Art und in ihrem Ausmaß zu erkennen und zu klassifizieren. Größere Archive und Bibliotheken mit Handschriftensammlungen begegnen der Tatsache, daß ihre Bestände im Laufe der Zeit physische Schäden erlitten haben und weiterhin erleiden, schon seit langem durch die Einrichtung eigener Werkstätten und durch die Anstellung von Restauratoren und speziell geschultem Personal. Eine solch enge Zusammenarbeit der Sammlungen mit Experten der Restaurierung ist optimal. Kleinere Literaturarchive haben meist nicht die Möglichkeit, ausgebildete Restauratoren anzustellen und in die Probleme des Betriebes voll zu integrieren. Sie sollten jedoch eine möglichst intensive Zusammenarbeit mit Restauratoren anderer Institutionen bzw. mit freitätigen Fachleuten anstreben. Restaurierung ist eine hochspezialisierte Tätigkeit, sehr zeitaufwendig und daher auch sehr kostenintensiv. Erste Aufgabe des Archivs ist daher, Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben, über die Gefährdung des Bestandes zu informieren und auf diese Weise das Bewußtsein zu schärfen, daß die Sicherung von Kulturgut durch Restaurierung letztlich nur von öffentlicher Hand finanziert werden kann. Die Probleme der "Massen'-Restaurierung sind allerdings nicht in kleinen dezentralen Werkstätten zu lösen. Der bereits sichtbar gewordene Trend, zentrale und lokal über-

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greifende Restaurierungsstätten einzurichten, wird sich langfristig sicherlich noch stärker durchsetzen. Nicht zuletzt um eine wirkungsvolle Zusammenarbeit mit Restauratoren zu ermöglichen, müssen sich die Mitarbeiter des Literaturarchivs konkret mit Fragen der Restaurierimg beschäftigen. In diesem Zusammenhang sei darauf verwiesen, daß in großen Instituten für Restaurierung oft praktische Schulungen angeboten werden, die zeitlich und finanziell in einem vernünftigen Rahmen stehen. Im allgemeinen wird jedoch eine Ergänzimg der archivarischen Praxis durch die theoretische Beschäftigimg mit einschlägigen Fachbüchern und Fachzeitschriften ausreichen. Im folgenden seien kurz einige wichtige Maßnahmen, die letztlich die Voraussetzung für eine sinnvolle Restaurierung darstellen, umrissen.

8.1 Erkennen von Schäden Archivare haben nicht nur die Aufgabe, durch entsprechende Maßnahmen eventuellen Schäden an den Nachlaßmaterialien vorzubeugen, sondern auch, bereits eingetretene Schäden möglichst rasch zu entdecken bzw. zu erkennen. Das Entdecken und Erkennen von Schäden setzt die Kenntnis möglicher Schäden voraus. Die in den Kapiteln 2 bis 7 dieser Richtlinien empfohlenen Maßnahmen gehen von den am häufigsten auftretenden Schäden aus und charakterisieren sie kurz. Bei beschriebenem oder bedruckten Papier und bei Bucheinbänden sind dies: - Bleichen von Tinten - Tintenfraß (Tinte zerstört das Papier) - Übersäuerung von Papier (Papier wird spröde und bricht wie hauchdünnes Glas) - Vergilben / Bräunen von Papier - Befall durch Mikroorganismen (Schimmelflecke) - Befall von Schadinsekten (Löcher oder andere Fraßspuren) - Roter Verfall (Zerfall von Leder) Zu diesen aufgrund von Umwelteinflüssen entstandenen Schäden kommen jene, die durch Katastrophenfälle verursacht wurden, nämlich hauptsächlich Wasser- oder Brandschäden. Am weitesten verbreitet sind aber mechanische Schäden aller Art

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(Risse, Zerknitterungen u.ä.) und Beschmutzung, die auf Benützung, falsche Lagerung oder Transporte zurückzuführen sind. Eine detaillierte Beschreibung der einzelnen Merkmale von Schäden sind an dieser Stelle nicht möglich, sie können der einschlägigen Literatur entnommen werden. Die Standardwerke von Kühn (1974), Trobas (1980) und Wächter (1982) fassen alle möglichen Aspekte dieses Themas in bezug auf Papier, Bücher und Beschreibstoffe zusammen. In der Regel kann davon ausgegangen werden, daß die hier zusammenfassend erwähnten Schäden und Verfallserscheinungen mit freiem Auge sichtbar sind. Spezielle Analysen können freilich weitere wichtige Informationen bezüglich Art und Ausmaß der Beschädigung liefern; solche Analysen können jedoch nur von Fachleuten durchgeführt werden. 8.1.1 Kontrollen und Statistiken Die Kontrolle des Bestandes in Hinblick auf bereits eingetretene Beschädigungen geht in zweifacher Weise vor sich: Auf der einen Seite muß der bereits erschlossene, d.h. ordnungsgemäß gelagerte Bestand in regelmäßigen Abständen geprüft werden (A), andererseits erfolgt diese Kontrolle im Zuge der laufenden Bearbeitungstätigkeit (B). A. Benützungsstatistik Die Erfahrung, daß die Benützung, je intensiver sie ist, einen desto größeren Verschleiß der betroffenen Archivalien zur Folge hat, legt eine systematische Durchführung von Benützerstatistiken nahe. In Kapitel 6 "Benützung" wurde darauf hingewiesen, daß sowohl das Führen eines Besucherbuches als auch die Aufbewahrung der Bestellscheine und der Kopierauftragsformulare in Hinblick auf die Benützerdokumentation unerläßlich sind. Am Ende jedes Kalenderjahres sollte anhand der nach Signaturen geordneten Bestellscheine und Kopierauftragsformulare festgestellt werden, welche Stücke einer besonders intensiven Benützung ausgesetzt waren. Die betreffenden Stücke sollten sodann ausgehoben und in Augenschein genommen werden, um eventuell aufgetretene oder sich anbahnende Schäden zu eruieren und der weiteren Gefährdung eines Stückes entgegenzuwirken.

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Falls auf Seiten des Literaturarchivs Unsicherheit über den Grad der Gefährdung eines Archivales besteht, so kann und sollte der Rat von restaurierenden Fachleuten eingeholt werden. Bei Stücken, die offensichtlich einer Manipulation besonderer Art ausgesetzt waren, können über die Benützerkartei - alphabetisch geführte Kartei der Benützerkarten - die Benützer eruiert und aufgrund ihrer Unterschrift im Besucherbuch rechtlich belastet werden. Freilich ist es günstiger, wenn solche Manipulationen sofort bei der Rückgabe in Anwesenheit der Benützer entdeckt werden. Die Benützungsstatistik kann zur Folge haben, daß nach Gutdünken der Archivleitung bestimmte Stücke vorübergehend oder langfristig für die Benützung gesperrt bzw. durch eine Kopie ersetzt werden. Beschädigte Stücke sollten nach in den folgenden Abschnitten angeführten Kriterien einer Restaurierung zugeführt werden. Um nicht nur die am intensivsten benützten Archivalien zu erfassen, wird eine weitere, von der Benützung unabhängige Kontrolle des bereits erschlossenen Bestandes von Zeit zu Zeit empfohlen. Da eine systematische Kontrolle des gesamten Bestandes in der Praxis nicht zu bewältigen ist, können ökonomischerweise einzelne Stücke von besonderem Wert zur Überprüfung ausgewählt werden; Stichproben innerhalb von Depoträumen sind sinnvoll. Bereits restaurierte Stücke müssen in Hinblick auf einen möglichen Wiederbefall als besonders gefährdet eingestuft werden. Die auf diese Weise festgestellten Schäden bzw. die für eine Restaurierung vorgesehenen Stücke werden schriftlich festgehalten. Dies geschieht am besten analog zu den für die neubearbeiteten Nachlässe vorgesehenen Erfassungsformularen/Restaurierungsvermerk (siehe Kap. 8.1.3). B. Kontrolle im Zuge der Nachlaßbearbeitung Nachlaßmaterial, das sich in wissenschaftlicher Bearbeitung oder in Katalogisierung befindet, sollte auch hinsichtlich seines physischen Zustandes betrachtet werden. Im Zuge der Erfassimg und Erschließung werden Restaurierungsvermerke festgehalten, falls der Zustand des Stückes es erfordert. Aufgrund der Restaurierungsvermerke werden die Archivalien - unter Umständen auch zu einem späteren Zeitpunkt - ausgesondert und restauriert, für die Benützung gesperrt oder häufiger als andere kontrolliert

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(siehe oben). Langfristig erweist es sich sicher als großer konservatorischer Vorteil, wenn ein bedenklicher physischer Zustand von Anfang an in systematischer Weise festgehalten wird. 8.1.2 Klassifizierung Die festgestellten Beschädigungen eines Buches, eines Schriftstückes, eines av-Mediums u.a. sind hinsichtlich des Grades und des Stadiums der Beschädigung zu klassifizieren, d. h. es muß entschieden werden, ob ein Stück sofort einem Restaurator übergeben wird oder ob die Restaurierung hinausgeschoben werden kann. Derartige Klassifizierungen sind in Archiven und Bibliotheken immer notwendig, da eine vollständige Restaurierung aller Schäden niemals zu bewältigen ist. Es ist nicht zielführend, wenn eine relativ hohe Anzahl von Stücken einfach für eine Restaurierung vorgesehen wird: Auf diese Weise besteht die Gefahr, daß wirklich dringliche Fälle "vergessen" bzw. auf die lange Bank geschoben werden; außerdem ist es im Sinne der Ökonomie, mehrere Stücke mit demselben Schaden in einem Arbeitsgang wiederherzustellen. Es kann sich auch als günstig erweisen, einen ganzen Nachlaß oder eine Signaturenreihe geschlossen restaurieren zu lassen, um nicht durch wiederholtes Entfernen einzelner Stücke wissenschaftliche Arbeiten über eine lange Zeit zu erschweren. Hier muß die Archivleitung von Fall zu Fall entscheiden; dies kann sie jedoch nur, wenn der physische Zustand des Bestandes an einem Ort möglichst detailliert festgehalten und somit eine Übersicht gewährleistet wird. 8.1.3 Erfassungsformular und Restaurierungskarte Wie bei Punkt 6.3.5/D bereits erwähnt, erfolgt im Zuge von Neubearbeitungen nach den Richtlinien zur "Verwaltung und wissenschaftlichen Erschließung von Nachlässen in Literaturarchiven" (König, 1988) auf dem sogenannten Erfassungsformular unter der Kategorie "Verwaltungsverm." unter anderem der Restaurierungsvermerk. Hier wird die Dringlichkeitsstufe einer anstehenden Restaurierung mit I, II oder III bezeichnet. Anderer-

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seits wird stichwortartig angegeben, welche restauratorische Maßnahme aller Voravissicht nach an dem Stück vorgenommen werden muß. Diese nach dem vorläufigen Wissensstand erfolgte nähere Angabe dient der bereits erwähnten Übersicht bei der Auswahl und Aussonderung der zu restaurierenden Stücke, sie hat aber nicht dokumentarische Funktion. Es empfiehlt sich, im Druck des Erfassungsformulares weitere drei Kategorien vorzusehen: "zu rest.", "in Rest." und "rest." Durch Ankreuzen wird signalisiert, in welcher Phase sich ein Stück befindet, nämlich ob es erst restauriert werden muß, ob es gerade restauriert wird oder bereits restauriert ist. Mit diesem Signal, nämlich wenn die letzte der drei Möglichkeiten angekreuzt ist, wird zugleich auf die Restaurierungskarte verwiesen, welche von jedem Stück, das tatsächlich restauriert wird, angelegt werden sollte. Zwei Beispiele für Restaurierungsvermerke auf dem Erfassungsformular: Beispiel 1

Entsäuerung, Delignifizierung

Dieser Vermerk bezieht sich auf ein stark gebräuntes und sprödes Blatt (Brief, Manuskript), das bei einer etwas unvorsichtigen Berührung in Stücke zu zerfallen droht und daher nicht mehr benützt werden kann. Das Papier muß von einem erfahrenen Restaurator im Naßverfahren entsäuert und neu gestärkt werden und zwar so, daß die Schrift erhalten bleibt. Beispiel 2 Rest.Verm.:

I ^ m zu rest. / in Rest. / i Klebeband-Entfernung

Dieser Vermerk bezeichnet ein Blatt, dessen Risse ehemals mit Klebeband geschlossen worden waren. Der Klebestreifen wurde entfernt und das Blatt, welches vom Klebstoffrückstand befleckt

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war, gereinigt. Das von diesem Stück angefertigte Restaurierungsformular gibt zusätzlich Aufschluß darüber, welche chemischen Mittel für die Reinigung verwendet wurden und mit welchen Materialien die Neuklebimg durchgeführt wurde. Im Gegensatz zu den Erfassungsformularen, die nach Inventarnummern geordnet und eventuell gebunden sind, werden die Restaurierungskarten in einer losen Signaturenkartei, die allerdings auch die Inventarnummern enthält, aufbewahrt. So kann vom Erfassungsformular, das alle Informationen zu einem Archivale vereinigt, immer rasch die Restaurierungskarte herangezogen werden und umgekehrt. Mehrmals restaurierte Stücke erhalten mehrere Restaurierungskarten. Die Restaurierungskarte dient der Dokumentation aller durchgeführten Restaurierungsarbeiten und ist in zweifacher Hinsicht wertvoll: Erstens kann es für wissenschaftliche Zwecke von Bedeutung sein - man denke zum Beispiel an Datierungen -, welche Eingriffe chemischer und mechanischer Art an einem Stück vorgenommen wurden und in welchem Zustand es sich ursprünglich befunden hat. Weiters ist es für eine spätere Restauratorengeneration bzw. für weitere Restaurierungen unter Umständen hilfreich, wenn alle angewandten restauratorischen Verfahren verzeichnet sind und so transparent bleiben. Die Dokumentation von Restaurierungsarbeiten ist heute eine Selbstverständlichkeit. Die Restaurierungskarte kann als Formular, das die möglichen Schäden erfaßt, vorgedruckt werden. Ein solches Formular vereinheitlicht die Verzeichnung und ökonomisiert die Restaurierungsdokumentation erheblich. Es muß in Zusammenarbeit mit einem oder mehreren Restauratoren ausgearbeitet werden. Die Archivalien bleiben an ihrem ordnungsgemäß vorgesehenen Lagerungsort und werden erst ausgehoben, wenn eine tatsächliche Restaurierung unmittelbar möglich ist.

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Literatlirhinweise Restaurierung Bansa, Helmut: Probleme der Papierrestaurierung (1985), S. 16-21 Kühn, Hermann: Erhaltung und Pflege von Kunstwerken und Antiquitäten (1974) Trobas, Karl: Papierrestaurierung in Archiven, Bibliotheken und Sammlungen (1980) Wächter, Otto: Restaurierung und Erhaltung von Büchern, Archivalien und Graphiken (31982) Wächter, Wolfgang: Buchrestaurierung. Das Grundwissen des Buch- und Papierrestaurators (1981)

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NEUNTES KAPITEL

ANHANG 9.1 Formularbeispiele Bei den folgenden vier Beispielen (Benützerkarte, Kopierauftragsformular, Bestellschein, Besucherbuch) handelt es sich um jene Formulare, die in jedem Literaturarchiv vorgedruckt aufliegen sollten, d.h. sie stellen ein Minimalprogramm dar, ohne das ein geordneter Benützungsbetrieb nicht zu führen sein wird. Inwieweit das Programm der Formulare ausgebaut wird - Fotoantragsformular, Publikationsantrag, Antrag auf Entlehnung an Ausstellungen, Ausstellungs-Leihvertrag u.a. könnten ebenfalls vorgedruckt werden - hängt von der Größe, Überschaubarkeit und von der tatsächlichen Frequenz der entsprechenden Benützerwünsche ab. Der Vordruck von Formularen bedeutet immer eine Sy stematisierung des Betriebes und ist daher prinzipiell zu befürworten. Allerdings kann eine kleine Institution in der Regel durchaus mit entsprechenden Musterblättern auskommen. Die hier abgedruckten Modelle sind in sich ebenfalls Minimalforderungen, d.h. da und dort können sich zusätzliche Vorgaben als nützlich erweisen. Jedoch sei im Interesse der Benützer und des Literaturarchivs davor gewarnt, die Formulare mit Vorgaben bzw. Informationen zu überladen. Daß jedes Formular den Titel und die Anschrift des Literaturarchivs deutlich enthalten muß, liegt auf der Hand; obwohl von den Gegebenheiten des Forschungsinstituts "Brenner-Archiv" ausgegangen wird, wird bei den folgenden Beispielen auf dieses Schema verzichtet.

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A. Beniitzerkarte NAME, VORNAME, AKAD. TITEL BERUF HEIMATADRESSE ADRESSE IN INNSBRUCK TEL AUSWEISDOKUMENT FORSCHUNGSVORHABEN

NR

Innsbruck, am Unterschrift:... Die Benützerkarte (Lesekarte) ermöglicht dem Benützer den Zugang zum Leseraum, sie wird jährlich erneuert.

B.

Kopieraußragsformular SIGNATUR: Verfasser: Sachtitel: Ersch. /Entst.-Datum: Seite/Blatt von Kopierformat

bis Kopienzahl

Ich erkläre mich damit einverstanden, daß die Kopie nur zum persönlichen Gebrauch bestimmt ist. Name des Benützers:

Unterschrift:

Das Kopierauftragsformular bleibt nach vollendetem Auftrag im Archiv.

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