Die Kietzsiedlungen im nördlichen Mitteleuropa: Beiträge der Archäologie zu ihrer Altersbestimmung und Wesensdeutung [Reprint 2021 ed.] 9783112574263, 9783112574256


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German Pages 220 [219] Year 1963

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Die Kietzsiedlungen im nördlichen Mitteleuropa: Beiträge der Archäologie zu ihrer Altersbestimmung und Wesensdeutung [Reprint 2021 ed.]
 9783112574263, 9783112574256

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D E U T S C H E A K A D E M I E D E R W I S S E N S C H A F T E N ZU

BERLIN

SCHRIFTEN DER SEKTION FÜR VOR-UND FRÜHGESCHICHTE B A N D 11

DIE KIETZSIEDLUNGEN IM NÖRDLICHEN MITTELEUROPA Beiträge der Archäologie zu ihrer Altersbestimmung und Wesensdeutung

von

BRUNO KRÜGER

mit 39 l^xlabbildungen,

4 Tafeln, 3

A K A D E M I E - V E R L A G

1962

Verbreilungskarten



B E R L I N

Erschienen im Akademie-Verlag G m b H , Berlin W 8 , Leipziger Straße 3 — 4 Copyright 1962 b y Akademie-Verlag G m b H Lizenz-Nr. 202 • 100/168/62 • M d l der D D R , Nr. 6522 Gesamtherstellung Druckhaus „Maxim Gorki", Altenburg Bestellnummer 2044/11 • E S 14 C • Preis DM 31,—

Inhaltsverzeichnis Verzeichnis der Abkürzungen

5

Einleitung

7

1. 2. 3. 4. 5. 6.

Gegenstand der Untersuchung Aufgabenstellung Das Arbeitsgebiet Die Quellen Aufbau der Arbeit Zur Geschichte der Forschung

7 8 8 9 10 12

I. Die Verbreitung der Kietze 1. Die allgemeine Verbreitung der Kietzsiedlungen 2. Die Lage der Kietze im Gelände 3. Nicht aufgesuchte u n d nicht mehr zu lokalisierende Kietze

17

. . . .

II. Das archäologische Fundmaterial 1. 2. 3. 4. 5. 6.

Ältere, nur schriftlich erwähnte Kietzsiedlungen Kietze mit Fundmaterial aus slawischer Zeit Kietze mit Fundmaterial aus frühdeutscher und jüngerer Zeit . . . . Übersicht über die Fundverteilung Ausgrabungen Auswertung des Fundmaterials

33 33 37 41 42 44 53

III. Die Siedlungsformen der Kietze

57

IV. Das örtliche Verhältnis der Kietzsiedlungen zu den in der Nähe liegenden Befestigungen

60

1. 2. 3. 4.

Allgemeine Darstellung des Verhältnisses zwischen Burg und Kietz . Kietzorte mit slawischen Befestigungsanlagen Kietze in der Nähe von frühdeutschen Befestigungsanlagen . . . . Kietze, in deren Nähe keine Befestigungsanlagen nachgewiesen werden können 5. Kietzorte mit unklaren Burg-Kietz-Beziehungen 6. Zusammenfassende Bemerkungen

V. Die Zeitstellung der Kietze 1. Allgemeine Bemerkungen zur deutschen Ostexpansion und zur deutschen Ostsiedlung vom 10. bis zum 13. J h 2. Die Stellung der Kietze innerhalb des Prozesses der deutschen Ostsiedlung 3. Das ursprüngliche Verhältnis zwischen Burg und Kietz 1*

17 17 26

60 84 87 88 88 88 89 89 91 93

4

Inhaltsverzeichnis VI. Die alten Kietze im Vergleich zu ähnlichen Siedlungen im altdeutschen Gebiet

97

VII. Der Machtbereich der Askanier und sein Verhältnis zum Verbreitungsgebiet der Kietzsiedlungen

99

VIII. Die Forschungsergebnisse der Sprachwissenschaft

102

IX. Die Bewohner der Kietze

106

1. Hinweise der Sprachwissenschaft 2. Hinweise der frühgeschichtlichen Archäologie 3. Die rechtliche Stellung der Kietzbewohner

106 106 107

X. Die wirtschaftliche Bedeutung der Kietze 1. Allgemeine Bemerkungen zur Wirtschaft der Kietzbewohner 2. Kietz-Suburbium 3. Kietz und Stadtentwicklung

108 . . . .108 109 116

XI. Die Ursachen zur Aufgabe einiger alter Kietzsiedlungen

125

XII. Die jüngeren Kietzsiedlungen — ihre Entstehung und ihre wirtschaftliche Funktion

130

Zusammenfassung

134

Anhang

137

I. Katalog II. Quellen- und Literaturverzeichnis III. Ortsverzeichnis Tafeln 1 - 4 Karten 1—3

139 195 205

Verzeichnis der Abkürzungen Abb. AKS Anm. DAW D t . Stabi. DZA Erw. FBPG

F N . Slg. Berliner Hauptarchiv

Gesch. Mbl.

Jh. Kart. Nr.

Abbildung Allgemeine K a r t e n s a m m l u n g Anmerkung D e u t s c h e Akademie der Wissens c h a f t e n zu Berlin D e u t s c h e Staatsbibliothek zu Berlin Deutsches Zentralarchiv Merseburg Erwähnung F o r s c h u n g e n zur B r a n d e n b u r g i s c h e n u n d Preußischen Geschichte, Leipzig 1888 ff. Berliner H a u p t a r c h i v , F l u r n a m e n s a m m l u n g ehemaliger b r a n d e n b u r gischer Lehrer von 1936 — ehemaliges Preußisches Geheimes S t a a t s archiv, Berlin-Dahlem Älteres Meßtischblatt m i t Übert r a g u n g e n a u s der entsprechenden Bruillonkarte, a u f b e w a h r t im Landesmuseum f ü r Vorgeschichte in Halle (s. hierzu G. Reischel, 1925, S. 344) Jahrhundert Auf der K a r t e 1 eingetragene, aber i m K a t a l o g n i c h t e r f a ß t e Kietzsiedlungen (diese K i e t z e liegen ohne Ausn a h m e in Westpolen)

Kunstdenkmäler

Ld. LPG Mbl. MG DD SS MUB Nmk. Nr.

o. Sz. Ortsakten Potsdam Schwerin PUB UB Urk. Nr. Z. f. E .

Die K u n s t d e n k m ä l e r der Provinz B r a n d e n b u r g . Herausgegeben v o m Brandenburgischen Provinzialverbande, Berlin 1907ff. Land Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft Meßtischblatt (Maßstab 1:25000) M o n u m e n t a Germaniae Histórica Diplomata Scriptores Mecklenburgisches Urkundenbuch, Schwerin 1863ff. Neumark K a t a l o g - N u m m e r , sie erscheint auf den K a r t e n , im T e x t u n d i m Katalog ohne Seitenzahl O r t s a k t e n bei den Forschungsstellen f ü r Ur- u n d Frühgeschichte P o t s d a m , Neuer G a r t e n Schwerin, Alter G a r t e n Pommersches Urkundenbuch,Stettin 1868ff. Urkundenbuch N u m m e r der U r k u n d e Zeitschrift f ü r Ethnologie

Kartographie D r . H . S c h n e e m a n n , I n s t i t u t f ü r physikalische H y d r o g r a p h i e der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin

Einleitung 1. G E G E N S T A N D D E R U N T E R S U C H U N G Den Gegenstand vorliegender Untersuchung bilden alle Siedlungen und Flurstellen, für die entweder der Nachweis des Kietznamens geführt werden kann oder die heute noch unter diesem Namen bekannt sind. Hierbei wurden sowohl die noch bestehenden als auch die wüsten Kietzsiedlungen, an die oftmals nur noch Flurnamen erinnern, berücksichtigt. Der Wert der einzelnen Quellen spielte bei der Erfassung der Siedlungen zunächst keine Rolle. Jeder Hinweis wurde beachtet, um der zahlenmäßigen Vollständigkeit der Aufnahme so nahe wie möglich zu kommen. Seit dem Erscheinen der Arbeit H. Ludats über die ostdeutschen Kietze 1 ) hat sich die Ansicht vom slawischen Alter der alten Kietze immer mehr durchgesetzt, so daß sie heute als allgemeine Lehrmeinung zu werten ist, die bis in die breitesten Bevölkerungsschichten hinein ihren Eingang gefunden hat. Verfasser konnte wiederholt feststellen, daß die Kietzer mit Stolz auf das slawische Alter ihrer Siedlung verwiesen. Oben angeführtes Ergebnis stützt sich im wesentlichen auf die Berücksichtigung und Auswertung älteren, schriftlichen Urkundenmaterials, in dem neben den frühesten Erwähnungen der Kietze vor allem die direkten Nachrichten über die „wendische" Bevölkerung in diesen Siedlungen, die sich andererseits durch überlieferte slawische Familiennamen unterstützen ließen, eine maßgebliche Rolle f ü r den Entwicklungsgang des Ergebnisses gespielt haben. Den topographischen Belangen ist in bezug auf die Siedlungsgeschichte insofern Rechnung getragen worden, als in fast allen erschienenen Arbeiten mit dieser Thematik das enge Lageverhältnis zwischen dem Kietz und der zum Teil oft direkt angrenzenden Befestigungsanlage erwähnt und auch ausgewertet wurde. Ob diesen Beobachtungen örtliche Geländebesichtigungen und Flurbegehungen zugrunde lagen, geht aus den vorliegenden Arbeiten nicht hervor. Mit der Feststellung, die Kietze liegen in der Nähe von slawischen Befestigungsanlagen (Burgwällen), ist jedoch eine Aussage gemacht worden, die ohne die genaue Kenntnis des betreffenden Geländes wohl kaum gegeben werden konnte. In der in den letzten Jahren immer stärker und umfangreicher werdenden Diskussion über die Entwicklung des Städtewesens im frühen Mittelalter wurden die Kietze erneut Gegenstand der Forschung. Ihr enges Lageverhältnis zur Burg, verbunden mit dem konstatierten slawischen Alter der Siedlungen, führte in Anknüpfung an die neueren Ausgrabungen im übrigen slawischen Gebiet zu dem Ergebnis, in ihnen vorkoloniale, slawische Suburbien zu sehen, die bei der Herausbildung der späteren Städte nicht ohne Bedeutung waren 2 ). Daß von archäologischer Seite zu diesen Fragen bisher noch keine Stellungnahme erfolgte, wird in der vom eigentlichen Fachgebiet zunächst doch recht abwegig erscheinenden Problematik ihre Ursache gehabt haben, zumal die bisher veröffentlichten Arbeiten in erster Linie einen rechts- und wirtschaftswissenschaftlichen Charakter trugen. Erst mit der systematischen H. Ludat, 1936, S. l f f . (A).

'-) H. Ludat, 1955. E. Müller-Mertens, 1955/56, S. 1 9 1 - 2 2 1 .

8

BrunoKrügee

Aufnahme sämtlicher Befestigungsanlagen auf dem Territorium der Deutschen Demokratischen Repulik 1 ) wurden im Zusammenhang mit den Ausgrabungen auf der Schloßinsel in Berlin-Köpenick u. a. auch eine Aufnahme und eine Untersuchung aller Kietze auf der Grundlage der vorhandenen Bodenfunde und der topographischen Lage notwendig 2 ).

2. A U F G A B E N S T E L L U N G Entsprechend der Aussagefähigkeit des archäologischen Materials sollen als Arbeitsaufgabe folgende Fragen beantwortet werden: 1. Bestand eine Siedlungskontinuität der Kietze seit der slawischen Besiedlungsperiode im Verbreitungsgebiet der Kietzsiedlungen, oder handelt es sich bei ihnen um jüngere Siedlungskomplexe, deren Entstehung frühestens in das 13. J a h r h u n d e r t gesetzt werden kann. 2. Liegen bei allen alten Kietzen Befestigungsanlagen; wenn ja, dann sollte ihr Alter geklärt werden. 3. Wie ist das Lageverhältnis der Kietze zu den einzelnen Anlagen im besonderen und wie ist es zu den Befestigungsanlagen allgemein. I m ersteren Fall sollten speziell die Orte beachtet werden, in denen sowohl ein slawischer Burgwall als auch eine frühdeutsche Burg vorhanden ist. 4. Können die Kietze auf Grund ihrer Lage und ihres Alters als slawische Suburbien der vorhandenen Befestigungsanlagen gedeutet werden. 5. Wie ist das siedlungsgeschichtliche Verhältnis der Kietze zum angrenzenden Dorf oder zur angrenzenden Stadt. 6. Gibt es archäologische Quellen, die Aussagen über die wirtschaftliche Tätigkeit der Kietzer während der Anfangszeit des Bestehens der Siedlung gestatten 3 ). Der Charakter der gestellten Fragen entspricht — im Hinblick auf ihre Beantwortung — voll und ganz den Anforderungen der Archäologie als einer historischen Wissenschaft; er entspricht außerdem der erforderlichen Übereinstimmung von Quellenart und Methodik. Die Behandlung von rechtlichen und zum Teil auch sozialen Problemen ist der Auswertung der schriftlichen Quellen überlassen worden, weil das relativ geringe archäologische Material, das f ü r die diesbezügliche Untersuchung zur Verfügung stand, f ü r die Behandlung dieser Themen nicht die notwendige Grundlage bot. 3. DAS A R B E I T S G E B I E T Da alle noch zu lokalisierenden Kietze in die Untersuchung mit einbezogen worden sind, ergibt sich — entsprechend der Verbreitung der Kietzsiedlungen — das Arbeitsgebiet, das sich vorwiegend auf dem Territorium der Deutschen Demokratischen Republik befindet und im wesentlichen mit der Ausdehnung der ehemaligen Länder Brandenburg, Mecklenburg und Sachsen-Anhalt identisch ist. Die Kietze in der ehemaligen Neumark und in Teilen des ehemaligen Pommern liegen in Westpolen. Es war deshalb nicht möglich, alle dort befindlichen Siedlungen aufzusuchen, so daß lediglich f ü r einige, nach Oberflächenfunden abgesuchte Kietze eine genaue Aussage Handbuch vor- und frühgeschichtlicher Wall- und Wehranlagen, Schriften der Sektion für Vor- und Frühgeschichte der Deutschen Akad. d. Wiss. Berlin. 2 ) Die Forderung an die Ur- und Frühgeschichtsforscher, eine Bearbeitung der Kietzprobleme vom archäologischen Fundgut her vorzunehmen, ist gerade in letzter Zeit häufiger ausgesprochen worden (s. H. Ludat, Vorstufen... 1955, S. 43, und E. Müller-Mertens, 1955/56, S. 193). 3 ) Siehe hierzu H. Jankuhn, 1954, S. 213ff.

Einleitung

9

gemacht werden kann. Dem steht eine nur bedingte Auswertung aller anderen dort vorhandenen Kietze als gesamter Erscheinungskomplex gegenüber. Ausgeschlossen aus dem R a h m e n der Untersuchung sind die oftmals im Zusammenhang mit den Kietzen erwähnten „ W i k e n " und „ K a u t z e " 1 ) , deren Verbreitungsgebiete vorwiegend im nördlichen Mecklenburg u n d in Sachsen liegen.

4. D I E

QUELLEN

Die wesentlichste Quellengrundlage f ü r die vorliegende Arbeit stellen die Bodenfunde dar, die gemäß der differenzierten H a l t b a r k e i t des materiellen Fundniederschlages vorwiegend aus dem hinterlassenen Keramikinventar bestehen. Neben dieses Quellenmaterial, das in jedem Falle vom Verfasser selbst geborgen worden ist, treten als sichtbare Bodendenkmale — soweit vorhanden — die slawischen Burgwälle u n d die frühdeutschen Burganlagen. Diese Funde, die ihrem Charakter nach f ü r die vorliegende Untersuchung als Primärquellen zu bezeichnen sind, konnten durch die Auswertung zahlreicher Fundmeldungen in den Ortsakten der Forschungsstellen f ü r Ur- u n d Frühgeschichte in P o t s d a m u n d Schwerin, des Landesmuseums f ü r Vorgeschichte in Halle, des ehemaligen Staatlichen Museums f ü r Vor- u n d Frühgeschichte in Berlin, des Märkischen Museums in Berlin, des I n s t i t u t s f ü r Voru n d Frühgeschichte der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin, des Museums f ü r Westpommern in Szczecin u n d des Museums f ü r Archäologie in Poznan ergänzt werden. Weitere ergänzende Fundmaterialien lieferten die zahlreichen Heimat- u n d Bezirksmuseen, die f ü r das Arbeitsgebiet als zuständig angenommen worden sind 2 ). F ü r die Lokalisierung heute im Gelände nicht mehr auffindbarer Kietze leisteten die K a r t e n u n d Stadtpläne der Kartenabteilung der Deutschen Staatsbibliothek Berlin u n d des Deutschen Zentralarchivs in Merseburg wichtige Hilfe. Das gedruckte Quellenmaterial h a t t e auf Grund seines überwiegenden Rechtscharakters f ü r die vorliegende Untersuchung eine zweitrangige Bedeutung. Es wurde im wesentlichen nur zur Ergänzung mit herangezogen. Soweit die jeweiligen Quellenhinweise in der nachfolgenden T e x t a u s f ü h r u n g nicht durch eine direkte Zitatangabe gekennzeichnet sind, ents t a m m e n sie in der Mehrzahl der Arbeit Ludats, deren schriftliche Quellengrundlage wohl als ausgezeichnet bewertet werden darf. Die Art der Fundgewinnung sowie das Studium der Lageverhältnisse der Kietze zu den vorhandenen Befestigungsanlagen machten in jedem Falle eine örtliche Besichtigung des zuständigen Geländes u n d auch des Kietzes notwendig. Das Gelände jedes noch aufgefundenen Kietzes ist nach Oberflächenfunden abgesucht worden. Auf die F u n d s t r e u u n g u n d auf das Alter der F u n d e wurde besonders geachtet. Sichtbare Altersunterschiede bestimmter F u n d gruppen, die sich lokal abgrenzen ließen u n d eine eventuelle Entwicklung der Besiedlung innerhalb eines Kietzes andeuteten, sind kartographisch besonders festgehalten u n d finden im nachfolgenden Text ihre entsprechende Verwendung. U n t e r Berücksichtigung der rechtlichen u n d wirtschaftlichen Verhältnisse der Kietzbewohner k o m m t den in der Nähe der Kietze liegenden Befestigungsanlagen eine ganz ') H. Ludat, 1930, S. 114 (B). J. Kretzschmar, 1938, S. 181ff. ) Zum Zwecke der Materialaufnahme wurden die Bestände folgender Museen und Heimatstuben berücksichtigt: Brandenburg, Angermünde, Beeskow, Bad Freienwalde, Fehrbellin, Genthin, Jüterbog, Kremmen, Lenzen, Luckenwalde, Magdeburg, Mahlow, Mi^dzyrzecz (Meseritz), Nauen, Oranienburg, Osterburg, Poznan (Posen), Prenzlau, Pritzwalk, Rathenow, Xeuruppin, Schwedt, Stendal, Strausberg, Szczecin (Stettin), Templin, Wandlitz, Waren, Wittenberge; hinzu kommen die Museen, die den Forschungsstellen des Fachgebietes in Halle, Potsdam und Schwerin angegliedert sind. Da der Verbleib der jeweiligen Funde ehemals nicht immer an das zuständige Heimat-, Kreis-, Bezirks- oder Staatliche Museum gebunden war, ist es sicher, daß nicht alle vorhanden gewesenen Funde erfaßt worden sind. Hinzu kommt, daß zahlreiches Material durch die Einwirkungen des letzten Krieges zerstört worden ist.

2

10

BRUNO KRÜGER

erstrangige Bedeutung zu. Auch hier galt es, mit Hilfe der vorhandenen Fundmaterialien die Anlagen zu datieren 1 ) und ihre Lageverhältnisse zu den Kietzen zu klären. Besondere Beachtung wurde den jeweiligen slawischen Burgwällen geschenkt, weil sie nach dem derzeitigen Forschungsstand der Ausgangspunkt für die alten Kietzsiedlungen gewesen sein müssen. Für die Klärung des Kietzproblems im allgemeinen und der Herkunft der Bewohner der Kietze im besonderen war das Verhältnis des Fundniederschlages auf den Kietzen zu den vorkommenden Funden auf dem Gebiet der jeweiligen Ortschaften und Städte von Bedeutung. Durch die zum Teil recht starke Bebauung war es allerdings nur in den wenigsten Fällen möglich, ungestörte Oberflächen zu finden, die für ein Absuchen nach Funden geeignet waren. Das in der vorliegenden Arbeit zu dieser Frage verwertete Fundmaterial stammt deshalb vorwiegend aus Grabungen und Aufschlüssen, die in den letzten Jahrzehnten in den einzelnen Orten gemacht worden sind. Trotz aller Intensität in bezug auf die Flurbegehungen kann das aus Oberflächeiifunden bestehende Material nur Annäherungswerte geben. Aus diesem Grunde sind zur Unterstützung der Oberflächenfunde in 12 Kietzen kleinere Suchschnitte angelegt worden, die neben der Gewinnung von Funden gleichzeitig einen Einblick in die Stratigraphie der Siedlung gestatteten. Soweit es die örtlichen Gegebenheiten zuließen, sind die Schnitte auf den Höfen der Grundstücke parallel zur Straße angelegt worden, um dem alten Siedlungskern so nahe wie möglich zu kommen. Bei der Auswahl der durch eine Grabung zu untersuchenden Kietze standen diejenigen, für die es direkte urkundliche Hinweise auf die ehemaligen slawischen Bewohner gab, an erster Stelle 2 ). Außerdem wurden besonders die Kietze berücksichtigt, in deren unmittelbarer Nähe eine spätslawische Befestigungsanlage vorhanden ist oder zumindest vorhanden war 3 ). Die beiliegenden Kartenskizzen sollen vor allen Dingen die jeweiligen örtlichen Lageverhältnisse veranschaulichen, in denen sich der Kietz befindet. Bei der Auswahl der zu zeichnenden Objekte wurden nur solche berücksichtigt, die für eine bestimmte Gruppe als typisch angesehen werden können. Der zum Teil doch sehr große geographische Komplex, der zur Darstellung gelangen mußte, benötigte einen Verkleinerungsmaßstab von 1:25000, der den meisten Lageskizzen auch zugrunde gelegt worden ist.

5. A U F B A U D E R

ARBEIT

Der Aufbau der Arbeit verlangte eine Teilung des gesamten Stoffes und des vorhandenen Materials in zwei Teile, den eigentlichen Textteil und einen Katalogteil. Die Anlage des Textteiles geht nach einem kurzen Überblick über den Stand der Forschung von der allgemeinen Beschreibung der topographischen Verhältnisse der Kietze und der Darlegung der Funde aus. Die Frage nach dem Entstehen der alten Kietzsiedlungen wird nicht sofort nach der Behandlung jeder Quellenart, sondern erst nach der Darlegung aller notwendigen Fakten beantwortet. Überschneidungen und Wiederholungen bestimmter Textteile konnten dadurch weitestgehend vermieden werden. Die Datierung der Befestigungsanlagen stützt sich vorwiegend auf die von P . Grimm, J. Herrmann und W . Bastian im Arbeitsgebiet durchgeführte Bestandsaufnahme aller vor- und frühgeschichtlichen Befestigungsanlagen in den Bezirken Halle, Magdeburg, Potsdam, Schwerin und Neubrandenburg (P. Grimm, 1958, S. 1 ff.; J. Herrmann, 1960, S. l f f . ) . . 2)

Hierzu gehören die Kietze von Brandenburg (Nr. 27—30), Berlin-Köpenick (Nr. 15), Potsdam (Nr. 123) und Wriezen (Nr. 179).

3)

Altruppin (Nr. 5), Fahrland (Nr. 47), Liebenwalde (Nr. 95), Storkow (Nr. 157), Zossen (Nr. 185), Lebus (Nr. 93). Außerdem sind in den Kietzen von Bad Freienwalde (Nr. 9) und Frankfurt/Oder (Nr. 51) Suchschnitte angelegt worden.

Einleitung

11

Als eine Art zweiter Teil ist die Behandlung der wirtschaftlichen Funktionen der Kietze zu sehen. Da der Stand der Produktion sowie die Art der Verteilung der produzierten Mittel die Grundlage f ü r die soziale und auch rechtliche Stellung der Kietzbewohner darstellen, wird im zweiten Teil auch zu diesen Fragen Stellung genommen. Die wirtschaftliche Funktion der Kietze ist darüber hinaus ausschlaggebend f ü r die Stellung dieser Siedlung innerhalb des Prozesses der Entstehung der frühen mittelalterlichen Stadt in Osteuropa. Dieser Entwicklung wird in dem Abschnitt über die Merkmale slawischer Suburbien Rechnung getragen. Der Katalogteil enthält die erforderlichen Angaben über die einzelnen Kietzsiedlungen, die im Textteil nicht berücksichtigt werden konnten. Die den Kietzorten vorausgestellten Nummern — im Katalog als laufende Nummer bezeichnet — dienen gleichzeitig als Arbeitsnummern und erscheinen als solche im Text und auf den beiliegenden Karten 1 ). Es sei noch einmal erwähnt, daß die Ergebnisse in der vorliegenden Untersuchung in erster Linie auf der Auswertung des archäologischen Materials beruhen. Der Forschungsstand anderer, an der Lösung des behandelten Problems beteiligter wissenschaftlicher Nachbardisziplinen ist bei der Auswertung berücksichtigt worden und mit Hilfe der jeweiligen Zitatangaben zu ersehen. Spezielle methodische Auffasssungen sind unmittelbar an die Behandlung des jeweiligen Materials angeknüpft worden und erscheinen deshalb im Text der Ausführung direkt. Nach Beendigung dieser Arbeit möchte ich allen Interessenten und Helfern, die mich bei der Materialaufnahme mit R a t und Tat unterstützt haben, meinen herzlichen Dank aussprechen. Mein besonderer Dank gilt vor allem dem Direktor des Instituts f ü r Vor- und Frühgeschichte an der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin, Herrn Prof. Dr. W. Unverzagt, der die Anfertigung der Arbeit in jeder gewünschten Weise förderte und der an ihrem Fortgang stets interessiert war. Mein besonderer Dank gilt auch Herrn Prof. Dr. P. Grimm, der mich durch Ratschläge und Hinweise bei der Anfertigung des Textes unterstützte. Ebenso danke ich den Herren Dr. H. Schall und Dr. M. Bathe 2 ) f ü r ihre wertvollen Hinweise aus den Gebieten der Nachbarwissenschaften. Die Arbeit ist im Institut f ü r Ur- und Frühgeschichte der Humboldt-Universität zu Berlin als Diplomarbeit begonnen worden 3 ); sie hat dort in erweiterter Form als Dissertation ausgelegen und ist dort auch öffentlich verteidigt worden. Ich möchte deshalb an dieser Stelle dem Direktor des Institutes, Herrn Prof. Dr. K.-H. Otto, f ü r seine Bemühungen um diese Arbeit sowie f ü r seine Ratschläge als Gutachter danken. Danken möchte ich aber auch denjenigen Damen und Herren, die mir durch ihre Anfragen und Hinweise während der öffentlichen Verteidigung wertvolle Anregungen zur Verbesserung der entsprechenden Textteile gegeben haben. Es soll abschließend nicht unerwähnt bleiben, daß die Aufnahme vieler, heute nur noch durch mündliche Überlieferungen erhalten gebliebener Vorstellungen über die Größe und das Aussehen der alten Kietze, über die Tätigkeit ihrer Bewohner, über die Fischereigerechtigkeiten und über die rechtlichen und sozialen Verhältnisse in den Kietzen nur durch die Mithilfe der heutigen Kietzbewohner möglich war. Ich möchte es nicht versäumen, auch ihnen meinen Dank f ü r die geleistete Unterstützung auszusprechen. *) Die nicht aufgesuchten, aber ebenfalls kartierten Kietzsiedlungen erscheinen im Text unter der Bezeichnung „Kart. Nr.". 2 ) Institut für Slawistik, Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin. ») B. Krüger, 1956, S. 1 ff.

12

B r u n o Kbüqee

6. Z U R G E S C H I C H T E

DER

FORSCHUNG

D i e F r a g e nach der Entstehung, der ethnischen Zugehörigkeit und der rechtlichen Stellung der als „ K i e t z " bezeichneten Siedlungskomplexe hat in der bisherigen Forschung nur geringe Beachtung gefunden. Obwohl der besondere Charakter der K i e t z e seit langem erkannt und auch in einzelnen lokalgeschichtlichen Abhandlungen erwähnt wurde, ist es bis zum Jahre 1936 zu keiner umfassenden Untersuchung des f ü r die Besiedlungsgeschichte im

Raum

östlich der E l b e so wichtigen K i e t z p r o b l e m s gekommen. Erst mit der Untersuchung

der

ostdeutschen K i e t z e v o n H . L u d a t 1 ) erschien eine umfassende Spezialarbeit, die bis heute die einzige geblieben ist, wenn man v o n den mehr lokalgeschichtlichen Arbeiten absieht, wie sie u. a. auch v o n L u d a t über den Ursprung der ostdeutschen W i k e n 2 ) , sowie v o n J. K r e t z s c h m a r 3 ) über die sächsischen K a u t z e und v o n R . P e e s c h 4 ) über die Sprache der Fischer im K i e t z in Berlin-Köpenick geschrieben worden sind. I m Zusammenhang mit den speziell seit den letzten Jahren immer stärker werdenden Bemühungen um die Erforschung der frühen Stadt im mittel- und osteuropäischen R a u m war es wiederum L u d a t , der in einer mehr programmatischen A r b e i t über die Vorstufen des Städtewesens in Osteuropa

die

K i e t z e u. a. erneut zum Gegenstand seiner Ausführungen werden ließ 5 ). I m Gegensatz zu der absolut geringen Zahl der vorhandenen Stellungnahmen v o n Seiten der verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen (allgemeine Geschichtswissenschaft, W i r t schaftsgeschichte, Siedlungsgeschichte und Sprachwissenschaft) sind relativ viel verschiedene und zum T e i l auch gegensätzliche Meinungen hinsichtlich der Entstehung, der L a g e , der W i r t s c h a f t der K i e t z e und der sprachlichen Zugehörigkeit ihrer Bewohner geäußert worden. D i e Ursachen hierfür mögen einmal im jeweiligen zeitlichen Forschungsstand gelegen haben, zum anderen aber auch durch die doch recht diffizile P r o b l e m a t i k begründet sein, deren umfassende Behandlung v o n allen zur Lösung notwendigen Ausgangspunkten bis heute noch aussteht. Entsprechend der Aussagefähigkeit der vorhanden gewesenen Quellen verwundert es nicht, wenn gerade zur Entstehungszeit und des damit abhängigen Alters der K i e t z e die gegensätzlichsten Meinungen geäußert worden sind. Die dargelegten Ergebnisse können deshalb lediglich als Teilergebnisse der jeweiligen wissenschaftlichen Disziplinen

angesehen

werden. Zu den älteren wissenschaftlichen

Arbeiten, in denen

die Kietzsiedlungen

behandelt

werden, ist die A r b e i t S. W . W o h l b r ü c k s 6 ) über die Geschichte des ehemaligen Bistums Lebus zu rechnen. I n einer im Jahre 1829 veröffentlichten Untersuchung und Behandlung der Geschichte des ehemaligen Bistums Lebus begnügte er sich mit einer Aufzählung der ihm bekannten K i e t z e , ohne weitere Ausführungen über die Bedeutung derselben zu machen. Bereits einige Jahre später legte A . F . R i e d e l dagegen auch seine Ansichten über die E n t stehung und die Bewohner der K i e t z e sowie über die wirtschaftliche T ä t i g k e i t der K i e t z e r dar 7 ). Gestützt auf das Verbreitungsgebiet Wohnkomplexe

dieser Siedlungen sah er in ihnen

slawische

— er bezeichnete sie als Fischerdörfchen —, deren ursprünglicher slawi-

scher Charakter v o r allem dadurch bestätigt wird, daß ihr V o r k o m m e n auch außerhalb des damaligen askanischen Machtbereiches belegt werden konnte 8 ). Dieser ursprünglich slawische Charakter der K i e t z e , dem v o n der Entstehung der Siedlungen her gesehen eine slawische W u r z e l zugrunde liegen müsse, hat in den nachfolgenden Jahrzehnten immer wieder seinen P l a t z in den entsprechenden vorgelegten Arbeiten gefunden und ist auch in den im R a h m e n und in der E x a k t h e i t allen vorhergehenden Arbeiten überragenden Darstellungen L u d a t s enthalten. D i e Forschungsergebnisse Ludats, die durch ein H. Ludat, 1936, S. lff. (A). J. Kretzschmar, 1938, S. 181 ff. 6 ) H. Ludat, 1955, S. lff. 7) A. F. Riedel, 1832, S. 32/33 (T. II). 3)

2)

H. Ludat, 1936, S. lff. (B). R. Peesch, 1955, S. lff. 6 ) S. W. Wohlbrück, 1829, S. 281-283. ») A. F. Riedel, 1832, S. 33.

4)

Einleitung

13

umfangreiches Quellenstudium entstanden sind 1 ), decken sich mit denen Riedels, ohne aber den gleichen engen Untersuchungsrahmen zur Grundlage zu haben. Es ist das Verdienst Ludats, die Frage nach der Berechtigung der Gleichsetzung von Kietz und Fischerdorf erneut gestellt und auch behandelt zu haben mit dem Ergebnis, daß Kietz und Fischerdorf nicht gleichzusetzen sind 2 ). Die Rechtslage der Kietze steht im engen Zusammenhang mit der Aussonderung derselben aus dem allgemeinen Komplex der Fischerdörfer. Schon B. Guttman begnügte sich nicht mehr mit der Feststellung, daß die Kietze lediglich dem Landesherreni unterstanden. Er versuchte, gestützt auf Vergleiche mit ähnlichen Siedlungen in anderen slawischen Gebieten, den Abhängigkeitsgrad vom Landesherren dahingehend zu fixieren, daß er dem Kietz den Charakter eines Dienstdorfes beimaß 3 ). Auch Ludat kam, zweifelsohne durch diese Ergebnisse angeregt, zu einer ähnlichen Feststellung: die Kietze sind rechtlich selbständige Siedlungen, die in den Dienstleistungen und den Abgaben einer Burg unterstanden 4 ). Der Zusammenhang von Kietz und Burg ist aber nicht nur durch die rechtliche Situation gegeben, sondern auch durch die häufige Lage der Kietze in der Nähe einer Burg veranschaulicht. Obwohl ein exakter Beweis dafür nicht gebracht worden ist und aus dem Mangel an schriftlichen Quellen von dieser Quellenart wohl kaum zu erwarten ist, stellt Ludat fest, daß die Kietze im Schutze slawischer Burgen entstanden sind, die in der Zeit der deutschen Ostbesiedlung von den Deutschen besetzt worden sind, ohne an dem bereits angenommenen bestehenden rechtlichen Verhältnis vom Kietz zur Burg etwas zu ändern 5 ). Da die ursprüngliche Schutzlage in der Nähe einer Burg sowie das damit zusammenhängende Abhängigkeitsverhältnis als Grundvoraussetzung für einen echten Kietz angenommen worden sind, fand die Tatsache, daß z. B. die Kietze von Bad Freienwalde (Nr. 9), Gorzow (Landsberg) (Nr. 66), Kostrzyn (Küstrin), Nowogard (Naugard), Potsdam (Nr. 123) und Szczecinek (NeuStettin) nicht mehr in unmittelbarer Nähe einer Burg liegen und somit auch den erforderlichen Schutz entbehren, insofern eine Erklärung, als f ü r diese Kietze eine wahrscheinliche Verlegung bei der Anlage der späteren deutschen Stadt notwendig wurde. Ein exakter Beweis konnte auch hier nicht geführt werden, weil aus den Urkunden keine Hinweise f ü r die Umsiedlung dieser Siedlungskomplexe zu entnehmen sind. Es handelte sich also mehr oder weniger um Schlußfolgerungen, deren Ausgangspunkt, nämlich die ursprüngliche Lage des Kietzes, keineswegs geklärt war. Gegen das sog. slawische Alter der Kietze wandten sich u. a. G. Wendt, G. Weisker und auch K. Tymieniecki 6 ). Im Gegensatz zu Riedel glaubte Wendt, daß diese Siedlungen auf eine Regierungsmaßnahme der Askanier zurückzuführen seien und in die Zeit der deutschen Ostsiedlung 7 ) gesetzt werden müssen 8 ). Seiner Schlußfolgerung lag allerdings der Fehler zugrunde, das Verbreitungsgebiet der Kietzsiedlungen mit dem Territorium der ehemaligen Mark Brandenburg gleichzusetzen 9 ). Aus der Weiskerschen Arbeit „Slawische Sprachreste insbesondere Ortsnamen aus dem Havellande und den angrenzenden Gebieten" ist zu entnehmen, daß dieser sich der Meinung Wendts angeschlossen hat. Er vermutete, daß die Slawen während der deutschen Ostsiedlung an solchen Stellen seßhaft gemacht worden

2

) 3 ) 4 ) E ) 6

H. Ludat, 1936, S. 8 - 1 1 (A). H. Ludat, 1936, S. 131 ff. (A). B. Guttmann, 1897, S. 456. H. Ludat, 1936, S. 160 (A). H. Ludat, 1936, S. 160 (A).

) Vgl. hierzu auch die Angaben bei H. Ludat, 1936, S. 4 und 5 (A), wo er in den Anmerkungen 5 u. 6 auf der S. 5 die zutreffenden Arbeiten erwähnt, in denen diese Ansicht vertreten wird. ') Für die bisher allgemein üblich gewesene Bezeichnung „Ostkolonisation" werden in der vorliegenden Arbeit die Termini „Ostexpansion" u. „Ostsiedlung" verwandt. 8 ) G. Wendt, 1889, S. 36. 9 ) Den gleichen Fehler beging kurze Zeit später Guttmann, der die Verbreitung der Kietze lediglich im Raum zwischen Elbe und Oder sehen wollte. Guttmann, 1897, S. 496.

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seien 1 ). Auch Tymieniecki, der in den Kietzen vorstädtische Siedlungen sah, in denen die verdrängten Slawen wohnten 2 ), schloß sich mit diesen Ansichten an jene von Wendt und Weisker an; das gleiche t a t R. Mielke in seinen Betrachtungen über die altslawische Siedlung 3 ). Eine dritte Möglichkeit der Kietzentstehung erwog M. Bathe in seiner Arbeit über die Herkunft der Siedler in den Landen Jerichow. Nach ihm könnten die Kietze auch slawische Zwischenausbauten während der Zeit der deutschen Ostsiedlung darstellen 4 ). Zu einem ähnlichen Ergebnis kam auch F. Bestehorn bei der Untersuchung der Entwicklung des märkischen Fischereiwesens 5 ). Er stellte schon zwei Jahrzehnte v o r L u d a t die Frage, warum bei den sowohl rechtlich als auch wirtschaftlich den Kietzen gleichgestellten Ortschaften u. a. von Hennigsdorf, Pichelsdorf und Göttin keine Kietze vorhanden sind. Ludat lehnte, wie bereits ausgeführt, die Gleichsetzung von Kietz und Fischerdorf von vornherein ab. Bestehorn dagegen glaubte wahrscheinlich an einen Zusammenhang mit der Einschränkung, daß der Kietz eine Folge der deutschen Ostsiedlung sei 6 ). In einigen kurzen Bemerkungen, die im wesentlichen Hinweise auf die Schwierigkeiten der Erforschung der Entstehung dieser Wohnplätze enthalten, ist das Kietzproblem auch von M. Bolle in den Beiträgen zur Siedlungskunde des Havelwinkels gestreift worden 7 ). Das archäologische Material wurde lediglich in der Arbeit E. Lemkes „Zur Geschichte der Fischerei" zur unmittelbaren Deutung der Kietze herangezogen 8 ). In einer nicht zu akzeptierenden Wesensdeutung des archäologischen Befundes hält Lemke die Kietze f ü r eine besondere Eigentümlichkeit der Wilzen, die ihre Fischereistätten auf Pfahlbauten errichteten 9 ). Obwohl von einer allgemeinen Wasserlage der Kietze gesprochen werden kann, weisen einige Autoren doch auf die Tatsache hin, daß Ausnahmen diese allgemeine Erscheinung unterbrechen. Schon das spricht gegen die Ansicht Lemkes; denn nach dem derzeitigen Forschungsstand sind sowohl f ü r die Kietze von Buckow (Nr. 34), Chojna (Königsberg) und Drense (Nr. 43) als auch f ü r die von Nowogard (Naugard) und Walcz (Dt.-Krone) Beziehungen zum Wasser nicht nachgewiesen worden 10 ). Die Bevorzugung der Gewässerlage wirkte sich auf die Siedlungsform der Kietze aus, die in der Mehrzahl in Gassen- und Straßenform, sehr häufig parallel zum Wasser liegend, angelegt worden sind. Das Vorkommen von haufendorfartigen Dorfformen unter den Kietzen, u. a. in Beeskow, Storkow, Gröben, Lebus, Oderberg, Altruppin und Slorisk zeigt aber auch, daß von einem einheitlichen Siedlungstyp nicht gesprochen werden konnte 11 ). Die Beantwortung der Frage nach der ethnischen Zuweisung der durch die Siedlungsform gegebenen Anhaltspunkte war ein weiterer stark umstrittener Punkt in der bisherigen Kietzforschung. Schon bei der Aufgliederung der Kietze in die einzelnen Siedlungsformen (Rundling, Straßendorf, Gassendorf, Platzdorf und Angerdorf) ergaben sich Schwierigkeiten 12 ). Außerdem mußten f ü r die Betrachtungen jene Kietze ausscheiden, die entweder in die Stadt einbezogen worden sind und dadurch ihre alte Form verloren haben, oder von deren einstmaliger Existenz lediglich noch Flurnamen bzw. Quellenhinweise berichten 13 ). Der in den älteren Forschungsberichten oftmals als typisch slawisch bezeichnete Rundling fehlt unter den Kietzen ganz. Zu den Gassendörfern sind nach Ludat die Kietze von Biesenthal (Nr. 19, Abb. 24b), Drezdenko (Nr. 44, Abb. 21a), Lunow (Nr. 99, Abb. 26b) und Strausberg (Nr. 159, Abb. 26f) zu rechnen; als sichere Straßendörfer bezeichnete er die Kietze von Berlin-Köpenick (Nr. 15, Abb. 24a), Brandenburg (Nr. 27 —29, Abb. 21b) (ausgenommen ist der Kietz von Brandenburg-Altstadt), Fahrland (Nr. 47, Abb. 21c), Kremmen (Nr. 89, Abb. 25b), Kietz-Rhinow (Nr. 86, Abb. 24c), Plaue (Nr. 121, Abb. 25d), Pritzerbe (Nr. 126, G. Weisker, 1890, S. 6. ) M. Bathe, 1932, S. 115. 7 ) M. Bolle, 1910, S. 40. lQ ) H. Ludat, 1936, S. 87 (A). 4

13

2

) ) 8 ) n ) 5

K. Tymieniecki, 1922, S. 102. F. Bestehorn, 1913, S. 106. E. Lemke, 1900, S. 47/48. H. Ludat, 1955, S. 45.

3

) ) 9 ) 12 ) 6

R. F. E. H.

Mielke, 1923, S. 78. Bestehorn, 1913, S. 109. Lemke, 1900, S. 47/48. Ludat, 1936, S. 104 (A).

) Ein typisches Beispiel hierfür geben die Kietze von Rathenow. Trotz umfangreicher Lokalforschungen ist es bis heute noch nicht gelungen, die genaue Lage und die Ausdehnung der Rathenower Kietze festzustellen.

Einleitung

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Abb. 22b), Recz (Reetz) (Nr. 134, Abb. 22c), Stolzenhagen (Nr. 156, Abb. 26e) und Wriezen (Nr. 179)1). Als Ausnahmeerscheinung wurde die Form des Kietzes von Chojna (Königsberg) (Abb. 2) als Angerdorf und des Kietzes von Zossen (Nr. 185) als dreieckiges Platzdorf gewertet. Inwieweit die Kietze von Altruppin (Nr. 5, Abb. 20, 23a), Oderberg (Nr. 112, Abb.23c) und Lebus (Nr. 93, Abb. 24d) als unregelmäßig zergliedert charakterisiert werden können 2 ), bleibt aller Wahrscheinlichkeit nach dem einzelnen Betrachter vorbehalten. Die aus den bisherigen Untersuchungen (S. 12—14) gewonnenen Ergebnisse haben gezeigt, daß die Mehrzahl der Kietze in Gassen- bzw. Straßenform angelegt worden ist. Mielke bezeichnete diese Straßenform als das alte slawische Dorf, das heute noch in den Kietzen zu erkennen ist 3 ). Auch E. Zache konnte in der Prignitz langgestreckte Dörfer mit slawischen Namen feststellen; er mußte aber auch bemerken, daß die überwiegende Zahl dieser linearen Siedlungen in der Prignitz auffallenderweise ebenfalls deutsche Namen trägt 4 ). Die gleiche Feststellung machte H. Jung f ü r das Gebiet der Zauche 5 ). Die Forschungen von W. Gley bestätigten diese Ansichten. Er bezeichnete das schmale Straßendorf als eine typische Form der deutschen Ostsiedlung. Seine Entstehung ergab sich aus demUmbau und der Vergrößerung des kurzen und breiten Straßendorfes der Slawen 6 ). Obwohl Mielke die Straßenform der Siedlungen als slawisch ansah, erwähnt aber auch er die während der Ostsiedlung entstandenen deutschen Dörfer, die vorwiegend in Straßenform angelegt worden sind 7 ). Diese, bei den Kietzen demnach so auffällige deutsche Erscheinung versuchte Ludat insofern zu erklären, als er an eine Reorganisation der slawischen Kietze durch die deutschen Einwanderer glaubte, die außerdem durch die Schutzlage in der Nähe einer Burg sich formenmäßig den jeweiligen topographischen, strategischen und wohl auch wirtschaftlichen Bedingungen anpaßten 8 ). Die Ergebnisse der Ortsnamenforschung konnten zur Lösung dieser Frage ebenfalls sehr wenig beitragen. Es hat genügend Hinweise dafür gegeben, wie schwierig gerade die Deutung der Namen ist und welche Möglichkeiten bei der Namenbildung beachtet werden müssen, wenn das gewonnene Ergebnis einen annähernden Wahrscheinlichkeitscharakter haben soll. So haben u. a. S. Buchholz 9 ), A. Buttmann 1 0 ), B. Guttmann 1 1 ), A. Ernst 1 2 ), W. Hammer 1 3 ) und W. Gley 14 ) mit Nachdruck auf die Schwierigkeiten aufmerksam gemacht, die sich bei der Ableitung der Ortsnamen auf die Nationalität der Bewohner ergeben. Ganz klar formulierte schon Guttmann, daß der slawische Name eines Ortes kein Beweis f ü r das Vorhandensein von Slawen ist, weil deutsche Ansiedler oft von Anfang an die alten slawischen Ortsnamen beibehalten haben 15 ). Da sich die slawische Etymologie des Wortes „Kietz" mit der Verbreitung der ältesten und seinerzeit bekannt gewesenen Kietzsiedlungen deckt, lag es nahe, auch von dieser Seite her den slawischen Charakter der Kietze zu konstatieren 16 ). Die Bedeutung des Wortes „Kietz" darf wohl nach den bisherigen Forschungsergebnissen dahingehend zusammengefaßt werden, daß es sich von dem slawischen Wort „chyza" bzw. „chyzy" ableiten läßt und in das Deutsche mit Haus, Hütte bzw. Hütten zu übersetzen ist 17 ). Deutungen wie „Fischerhütte" vom altslowenischen „chyzu" 1 8 ) bzw. „Holzhütte" oder „Fischerhütte" vom sog. wendischen „kitza" oder „kititza" 1 9 ) dürften in der gleichen Richtung liegen und änderten nichts an dem bisherigen Ergebnis. Etwas abwegig ist die Überlegung Guttmanns, der in dem Namen „Kietz" eine Ableitung vom lateinischen „vicus" sah 20 ). Es ist allerdings möglich, daß Guttmann hier nicht an eine sprachliche Ableitung !) ') ') 10 ) 13 ) w ) 1S )

H. Ludat, 1936, S. 103 (A). E. Zache, 1902, S. 164. R. Mielke, 1913, S. 28. A. Buttmann, 1856, S. 1, 31, 70. W. Hammer, 1895, S. 63. H. Ludat, 1936, S. 197 (A). G. Weisker, 1890, S. 6.

2

) ) 8 ) ") ") ") «) 5

3 H. Ludat, 1936, S. 105 (A). ) R. Mielke, 1913, S. 19. 6 H. Jung, 1909, S. 27. ) W. Gley, 1926, S. 87. 9 H. Ludat, 1936, S. 108 (A). ) S. Buchholz, 1765, S. 55. 12 B. Guttmann, 1897, S. 431. ) A. Ernst, 1910, S. 2. 15 W. Gley, 1926, S. 17. ) B. Guttmann, 1897, S. 431. Siehe hierzu die Ausführungei bei H. Ludat, 1936, S. 19 (A). 20 E. Lemke, 1900, S. 48. ) B. Guttmann, 1897, S. 496.

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dachte, sondern eine Veränderung des Namens ohne genetische Entwicklung annahm, die sich aus der oft zitierten Urkundenform „cum vicus, qui dicitur K y t z " erklären könnte. Eine der wichtigsten Stützen zur Beweisführung f ü r den slawischen Charakter der Kietze waren die unmittelbaren Nachrichten über die Slawen in diesen Siedlungen. Leider wirkte sich das Fehlen jeglicher schriftlicher slawischer Quellen auch hier aus. Die deutschen Überlieferungen reichen in dieser Frage lediglich bis zum Beginn des 14. Jahrhunderts zurück. Das Fehlen der schriftlichen Quellen aus dem 13. Jahrhundert erklärt sich aus der nicht gefestigten Verwaltung der einzelnen territorialen Gebiete 1 ). Der älteste von Ludat angeführte Beleg über Slawen in den Kietzen stammt aus dem Jahre 1321 2). Daß es sich dabei um einen Brandenburger Kietz handelt, ist nicht erstaunlich, weil Brandenburg recht früh in den deutschen Machtbereich kam. Bereits 100 Jahre später werden die direkten Hinweise f ü r Slawen in den Kietzen geringer, um nach 1450 ganz aufzuhören 3 ). Für die Ursachen dieses Eindeutschungsprozesses gibt es keine Angaben. Es ist mit der Möglichkeit zu rechnen, daß von Seiten der Verwaltungsstellen der deutschen Landesfürsten keine Anlässe mehr bestanden, die Slawen besonders zu erwähnen. Der Grund dafür ist durch das langsame Eindringen von deutscher Bevölkerung in die Kietze gegeben. Die Ergebnisse der Familiennamenforschung unterstützen diese Ansicht 4 ). Daß auch Slawen ihren Namen änderten, geht u. a. aus den Kirchenbüchern der Gemeinde Blankensee hervor. Der Schneider Christophel Nosken, der 1648 anläßlich der Taufe seiner Tochter Ursula noch als Wende bezeichnet wird, nimmt 1652 den deutschen Namen Discher an 5 ). Der einheitliche Fischereicharakter der Kietze, der von einigen Forschern, u. a. von Riedel 6 ) und auch von Wendt 7 ) sehr stark betont worden ist — die Kietze sind teilweise den reinen Fischerdörfern wirtschaftlich sogar gleichgestellt worden —, ist durch die Forschungen Ludats widerlegt worden 8 ). Wenn auch die vorwiegende Gewässerlage der Kietze f ü r eine Fischereibetätigung sprach, so darf nicht außer acht gelassen werden, daß sowohl Ackerbau 9 ) als auch die Vieh- und Waldbienenzucht 10 ) eine gewisse Rolle in der Wirtschaftsweise der Kietzer gespielt haben. Auch Handwerker und Tagelöhner haben in den Kietzen gewohnt, wie aus verschiedenen Erbregistern hervorgeht 11 ). Nach diesen Darlegungen, deren Inhalt sich im wesentlichen aus den Untersuchungsergebnissen der Rechts- und Wirtschaftsgeschichte sowie der Siedlungsgeographie und der Sprachwissenschaft ergibt, sind die sog. echten Kietze — unter besonderer Berücksichtigung der Forschungsergebnisse von H. Ludat — slawische Ansiedlungen mit selbständigen Rechtsverhältnissen, die im Schutze einer slawischen Burg entstanden sind und in Brandenburg, Mecklenburg, Sachsen-Anhalt, in Pommern und im Gebiet von Poznan ihre Verbreitung haben. Ihre Bewohner waren vorwiegend Fischer, die hinsichtlich der pflichtmäßigen Abgaben und der erforderlichen Dienstleistungen der Burg unterstanden, die ihnen Schutz gewährte. In ihrer wirtschaftlichen Gesamtfunktion können sie in der Perspektive der allgemeinen Ortsentwicklung als vorkoloniale Suburbien gewertet werden, die besonders bei der Herausbildung der jeweiligen Städte nicht ohne Bedeutung waren. Durch die deutsche Ostsiedlung ist anfänglich an diesen vorhanden gewesenen Verhältnissen nichts geändert worden. Eine Veränderung derselben fand nur insofern statt, als die deutschen Eroberer die slawischen Burganlagen zur Grundlage ihrer eigenen Befestigungen nahmen und dadurch lediglich — in bezug auf die Kietzbevölkerung — an die Stelle der ehemaligen slawischen Burgherren traten. Erst durch die Gründung deutscher Städte ist es notwendig gewesen, einige Kietze zu verlegen. 2 3 4 !) H. Bier, 1907, S. 8. ) H. Ludat, 1936, S. 109 (A). ) H. Ludat, 1936, S. 114 (A). ) H. Ludat, 5 1936, S. 116—123 (A). ) Nach einer frdl. Mitteilung von Pfarrer Peters, Blankensee, Kr. Luckenwalde. 6 8 ) A. F. Riedel, 1832, S. 33. ») G. Wendt, 1889, S. 36. ) H. Ludat, 1936, S. 132, 146 (A). 9 10 ) F. Mager, 1955, S. 19, A. Meitzen, 1879, S. 33. ) A. F. Riedel, A XI, S. 433; F. Mager, 1955, S. 19; W. Gley, 1926, S. 54. ") H. Ludat, 1936, S. 137 (A).

I. Die Verbreitung der Kietze 1. D I E A L L G E M E I N E V E R B R E I T U N G D E R

KIETZSIEDLUNGEN

Neben vielen anderen Ausgangspunkten spielte das Verbreitungsgebiet der Kietze eine nicht zu unterschätzende Rolle bei der Beantwortung der Frage nach ihrer zeitlichen Entstehung. Auf die einzelnen falschen Ausgangspunkte, die ihre Ursachen wohl zum größten Teil in der mangelhaften Aufnahme und der damit verbundenen falschen Kenntnis von der wirklichen Verbreitung dieser Siedlungen hatten, ist eingangs bereits hingewiesen worden. Das Hauptverbreitungsgebiet ist die ehemalige Mark Brandenburg (Karte 1). Nördliche Ausläufer kommen vor sowohl im ehemaligen Pommern und Vorpommern — die Kietze von Szczecinek (Neu-Stettin) (Kart.-Nr. 255), Drawsko-Pomorski (Dramburg) (Kart.-Nr. 206), Dobra (Daber) (Kart.-Nr. 203), W) H. Ludat., 1936, S. 87ff. (A). ) I m Pfarrarchiv von Buckow befindliche Aufzeichnungen über das Diakonat aus der Zeit von 1665—1670, zitiert

2

bei H. Ludat, 193G, S. 87 (A). ) H. Ludat, 1936, S. 87 (A). 4 ) M. Krügel, Buckow im Lande Lebus, Sonderdruck aus dem J b . f. Brandenburg. Landesgesch. 1954. 3

5

) M. Krügel, 1954.

I. Die Verbreitung der Kietze

19

Kietz gewesen sein. Spätslawische Keramik und rechtliche Einschränkungen f ü r die Bewohner — z. B. Nichtteilnahme an der Allmende, geringer Landbesitz noch im 18. Jahrhundert — waren die Ausgangspunkte, die zu dieser Überlegung führten. Beide Argumente, insbesondere aber die rechtlichen Beschränkungen, sprechen f ü r die Meinung Krügeis. Trotzdem muß gesagt werden, daß die Kietzlage damit noch keineswegs bewiesen ist, zumal die Gewohnheit, die Tore nach der Gegend zu bezeichnen, in die sie hinausführen, für diesen speziellen Fall nicht beachtet worden wäre, weil die Töpfergasse innerhalb der Torgrenzen auf dem Stadtgebiet liegt. Würde man trotz allen Zweifels einen alten Kietz f ü r Buckow als sicher annehmen, dann sprächen die aus der allgemeinen typischen Lagesituation der alten Kietze gewonnene Wasserlage und das Vorhandensein des nahen Buckow- und des Griepensees auf jeden Fall dafür, diese Beziehungen auch f ü r Buckow annehmen zu dürfen.

Abb. 1. Buckow, K r . Strausberg (Nr. 34); nach M. Krügel, 1951. I Lage der Slawensiedlung; I I vermutliche Lage des Castrums; I I I wahrscheinliche Lage der ältesten deutschen Siedlung; IV der Kietz (?); V das Kietzer Tor

War f ü r Buckow noch die Möglichkeit eines Lokalisierungsversuches mit Hilfe der wenigen Unterlagen gegeben, so muß für Drense (Nr. 43, Abb. 26a) auf diese Versuche verzichtet werden. Mit Hilfe der einzigen, aus dem Jahre 1375 bekannten Erwähnung des Kietzes 1 ), die gemäß dem Charakter der gemachten Aufnahme (Landbuch Kaiser Karls IV.) auf genauere geographische Aufnahmen und Ausführungen verzichtete, ist eine Lagebestimmung des vorhanden gewesenen Kietzes nicht mehr möglich. Alle Bemühungen, von dieser Seite her zum Ziele zu kommen, hatten meist gegenteilige Resultate, die über den Rahmen einer schlecht begründeten Hypothese nicht hinauskamen 2 ). Schon Ludat ging deshalb von der allgemeinen Lagesituation des Ortes aus, der auf einer Hochfläche liegt und kaum eine Beziehung zum Wasser hat (Abb. 26a). Eine Besichtigung des Ortes und des angrenzenden Geländes ergab aber,, daß der südlich Drense nach Nordosten auslaufende Wiesenstreifen (in diesem Gebiet liegt auch der slawische Burgwall) noch in jetziger Zeit im Herbst und vor allem im Frühjahr Hochwasser führt, das bis an die nördlich davon ansetzende Höhe, auf der der eigentliche Ort liegt, heranreicht. Auf dem Ur-Meßt.ischblatt von Drense ist als Er2

„in hac villa iacet area K y t z ; J . Schnitze, 1940, S. 169. ) B. G u t t m a n n , 1897, S. 496; F. Iiestehorn, 1913, S. 106.

2*

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gänzung zu dem jetzigen Tatbestand südlich vom Ort, im erwähnten Wiesengebiet, ein kleiner Fluß vermerkt, der die Seengruppe „Klare See", „Große Aalsee" und „Kleine Aalsee" sowie zwei kleinere Gewässer westlieh des Dorfes verbindet; sicherlich h a t dieser Bach ursprünglich auch zu dem südlich von Drense liegenden Wiesengebiet Zugang gehabt. Dieses Wiesengebiet wird gleichfalls von einem kleinen Bach durchflössen, der über einige kleinere, seenartige Gewässer die Verbindung zum „Grünowschen See", zum „Großen Wodro-See", zum „Kleinen Wodro-See" lind zum „Ziemken-See" — alle im Norden und Nordwesten des Ortes gelegen — herstellt. Es sei abschließend erwähnt, daß in unmittelbarer Nähe des Ortes

Abb. 2. Chojna, pow. choj. (Königsberg) (Kart. Nr. 195). Nach einem Stadtplan von 1724, E . J . Siedler, 1914, S. 62, Abb. 80. I vermutliches Altstadtgebiet; IX vermutliche Lage der Burg; I I I der Kietz

— höchstenfalls bis zu 2 km von diesem entfernt — etwa 30 kleinere und einige seenartige Gewässer vorhanden sind. Wenn auch damit über die ursprünglichen Wasserverhältnisse in der zur Bearbeitung stehenden fraglichen Zeit keine endgültigen Angaben gemacht werden können, so steht doch außer Zweifel, daß der Ort in dem relativ wasserarmen Gebiet nicht durch einen Zufall an dieser Stelle entstanden ist, sondern sicherlich an die gegebenen, wenn auch kleineren Gewässer anknüpfte. Die Erwähnung des Aalsees im Landbuch von 1375 kann diese Überlegung nur unterstützen 1 ). Da es Verfasser nicht möglich war, die Kietze von Walcz (Dt. Krone) (Kart.-Nr. 258), Chojna (Königsberg) (Kart.-Nr. 195, Abb. 2) und Nowogard (Naugard) (Kart.-Nr. 235) zu besichtigen, muß auf eine genaue Lagebeschreibung der in Frage kommenden Gebiete verzichtet werden 2 ). ») J . Schultze, 1940, S. 169. 2 ) Vgl. hierzu H. Ludat, 1936, S. 68 (A). Ob der Kietz von Nowogard verlegt worden ist, wie L u d a t es anzunehmen glaubt, ist nicht erwiesen. Der jetzige Kietzort vor dem ehemaligen Stargarder Tor im Süden der Strafanstalt liegt nicht am Wasser.

I. Die Verbreitung der Kietze

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Für den Kietz in Chojna (Königsberg) (Abb. 2) sei nach Ludat die vorhanden gewesene Burganlage lagebestimmend gewesen („an diese, [gemeint ist die Burg, d. Verf.] nicht an die Röriclce im Norden der Stadt schließt er sich an . . . l l 1 )). Hierzu muß gesagt werden, daß die Lage der Burg in Chojna — vorausgesetzt, daß überhaupt eine derartige Befestigungsanlage innerhalb der späteren Stadtgrenzen vorhanden war — weder bekannt war noch bis heute bekannt geworden ist. 1244 wird „Konigkesberge" in einer Schenkungsurkunde Barnims I. das erste Mal genannt 2 ). Es gehörte bis 1267 den Bischöfen von Brandenburg 3 ). Von einer Burgstelle wird in den älteren Urkunden nicht gesprochen. Schon P. v. Nießen sprach mit dem Hinweis, die Burg könne sowohl innerhalb als auch dicht bei Chojna (Königsberg) gelegen haben 4 ), gewisse Zweifel über die Lokalisierung der Befestigung aus, die auch bei H. Wittlinger 5 ) wieder auftreten, der der Meinung ist, daß die Burg innerhalb des Stadtgebietes zu suchen wäre 6 ). Das Vorhandensein der Anlage wird um so fraglicher, als die Existenz der notwendig gewesenen Burgleute oder Kastellane ebenfalls nicht bewiesen werden konnte. Nun erwähnt schon A. Kehrberg, daß zur Rechten des hausebergischen Weges, eine Viertelmeile von der Stadt entfernt, ein Burgwall liegt, der bis an die Röricke heranreicht 7 ). Er berichtet über die vorhanden gewesenen Wälle und Gräben und über die Steinreste der Burg, die H. Buchholz f ü r Reste von Herdstellen hielt 8 ). Der Burgwall, der südlich der ehemaligen Rockenfelder Mühle liegt, hatte nach Buchholz einen Durchmesser von 60 m. Mittelslawische Keramikreste und Haustierknochen werden von ihm als Fundmaterial erwähnt. Der gleiche Wall von Chojna erscheint auch bei Behla 9 ) und wird ebenfalls als einzige Befestigungsanlage von Chojna auch von L§ga aufgeführt 1 0 ). Zahlreiche mittelslawische Scherben, f ü r die als Fundort „Burgwall Königsberg" angegeben ist, befinden sich im Museum in Szczecin 11 ). Diese Anlage dürfte m. W. die einzige nachgewiesene Befestigungsanlage sein, die auf der Flur des heutigen Chojna liegt. Nun weiß v. Nießen von einer im Jahre 1348 zerstörten Burg zu berichten, derenLageund Charakter er nicht näher beschreibt 12 ). 1395 erhält die Stadt durch Kaspar v. Donyn vom Herzog Johann von Görlitz einen Burgwall als neuen Besitz 13 ). Bemerkenswert ist, daß hier von einem Burgwall und nicht von einer jüngeren evtl. zerstörten Burg die Rede ist. Das Fehlen einer frühfeudalen Burg wird letztlich auch dadurch bewiesen, daß Chojna sowohl 1270/1271 als auch 1375 unter den civitates und nicht unter den castra aufgeführt wird 14 ). Es ist also nicht gut möglich, von einer slawischen Befestigung innerhalb der Stadt zu sprechen, an die sich der Kietz angelehnt haben soll. Sicher bleibt dagegen die Lage des Kietzes südlich der Röricke. Daß der Kietz an dieser Stelle im Norden der Stadt zumindest seit dem Jahre 1350 zu lokalisieren ist, geht aus einer ») H. L u d a t , 1936, S. 88 (A). z

) A. F. Riedel, A X I X , S. 173; H. Krabbo, 1955, S. 232, Nr. 948.

3

) H . Krabbo, 1955, S. 232, Nr. 948.

4

) P . V. Nießen, 1905, S. 160.

5

) H . Wittlinger, 1932, S. 34, 136, 137.

e

) Es ist möglich, daß der Hinweis von Kehrberg auf einen kleinen Hügel (Erhöhung) innerhalb der Stadt u . a . auch Anlaß zu den Kontroversen über die Burglage gegeben h a t . A. Kehrberg, 1724, S. 10.

') A. Kehrberg, 1724, S. 15. 8

) H. Buchholz, 1893, S. 79.

9

) R . Behla, 1888, S. 105.

10

) W. L ? ga, 1930, S. 530, Nr. 192. n ) Muzeum Pomorza zachodniego, Szczecin. Die gleiche Datierung geht aus der Burgwallkartei beim Inst. f. Voru n d Frühgesch. d. DAW, Berlin, hervor. Der Wall wird auch in den Ortsakten des ehem. Staatl. Museums f ü r Vor- u. Frühgesch. in Berlin erwähnt. 12 ) P . v. Nießen, 1905, S. 559. 13 14

) H . Bütow, 1938, S. 46.

) P . v. Nießen, 1905, S. 556; J . Schnitze, 1940, S. 5 „ I n Provincia trans Oderam sunt subseripte civitates et c a s t r a . . . civitas Kongesberg...".

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BRUNO KRÜGER

Arbeit von H. Bütow „Die alteren Straßennamen der Stadt Königsberg" hervor 1 ). Nach ihm ist der Kietz erstmalig 1792 „Wilhelm-Platz" genannt worden. Uber die Lage des Kietzes von Walcz (Dt. Krone) (Kart.-Nr. 258) sei nur angedeutet, daß die auffallende Lage der Stadt zwischen dem Stadt- und dem Schloßsee durchaus die Wahrscheinlichkeit offen läßt, daß zwischen der alten Kietzsiedlung und dem relativ großen Wassergebiet Beziehungen bestanden haben. In auffälligem Gegensatz zu der vorstehend behandelten Wasserlage der älter erwähnten Kietzsiedlungen befindet sich die Lage der meisten urkundlich nicht erwähnten Kietze. Die Uberwiegende Mehrzahl dieser Siedlungen steht in keiner Verbindung zu den eigentlichen Dörfern und Städten. Sie erscheinen als charakteristische Ausbauten, losgelöst — oder besser nicht in Verbindung mit der eigentlichen Ortsform stehend — auf Höhen, die sehr oft von Kiefern bewachsen sind und keine örtlichen Beziehungen zu Niederungsflächen mit Flüssen und Seen haben (Abb. 3). Als typische Beispiele für diese Gruppe sind die Kietze von Biegen (Nr. 18, Abb. 36a), Blumberg (Nr. 23), Buchhain (Nr. 32, Abb. 3a), Gadsdorf (Nr. 56, Abb. 3c), Gräben (Nr. 67, Abb. 36c), Groß Briesen (Nr. 69), Buchholz (Nr. 33, Abb. 3b), Mörz (Nr. 102), Neuzauche (Nr. 111, Abb. 3d), Pechüle (Nr. 118), Schiunkendorf (Nr. 139, Abb. 3e, Taf. 4c), Storkow (Nr. 158), Werneuchen (Nr. 173, Abb. 35d), Wittbrietzen (Nr. 174, Abb. 3f), Wolfshagen (Nr. 177, Abb. 36f) und Zühlsdorf (Nr. 186) anzusehen. Eine ähnliche Situation darf auf Grund der Gesamtlage des Ortes auch f ü r die Kietzsiedlungen von Alt Bork (Nr. 2), Cammer (Nr. 38, Taf. 4a), Ganzer (Nr. 57, Abb. 36b), Golßen (Nr. 63), Grünow (Nr. 71), Güntherberg (Nr. 72), Kerzlin (Nr. 84), Köpernitz (Nr. 88), Löwenberg (Nr. 97, Abb. 36d), Pritzwalk (Nr. 127, Abb. 35b), Prützke (Nr. 128), Schönwalde (Nr. 143), Seehausen (Nr. 151), Viesen (Nr. 16,9), Sul(;cin (Nr. 160, Abb. 35c) u. Zaschendorf (Nr. 180) angeführt werden. Die Kietze von Bölkendorf (Nr. 24, Abb. 4a), Götz (Nr. 61, Abb. 4b), Neuendorf (Nr. 106, Abb. 4c), Schmölln (Nr. 140), Seelübbe (Nr. 152, Abb. 4e), Zernsdorf (Nr. 183, Abb. 4f) — mit Einschränkungen auch der von Radinkendorf (Nr. 129, Abb. 4d) — entsprechen hinsichtlich ihrer Lage auf den Uferhöhen der vorhandenen oder vorhanden gewesenen Seen und Flüsse ganz den anfangs erwähnten, urkundlich belegten älteren Kietzen; sie sind aber in bezug auf die Lageverhältnisse zum eigentlichen Ort als typische Ausbauten zu bezeichnen, deren geringes Alter sich in der weiteren Behandlung noch erweisen wird. Die Gruppe der Flurnamenkietze (Abb. 5) 2 ) kann verständlicherweise nicht zur Auswertung innerhalb dieses Teilabschnittes herangezogen werden, weil die Identität von Flurstelle und Siedlung nicht immer bewiesen werden kann und sicherlich auch nicht immer identisch gewesen ist. Ganz sicher hat das Flurstück „Kietz" in Gohlitz (Nr. 62) nichts mit einer Ansiedlung gemein; in Havelberg (Nr. 74) erinnert nur noch der „Kietzer-Bach" an einen in der Nähe vorhanden gewesenen Kietz. Die Bezeichnung „Kietzberg" in Bömenzien (Nr. 25), Fürstenwerder (Nr. 54), Gerdeswalde (Nr. 59) und Nahmitz (Nr. 105) sagt ebenfalls nichts darüber aus, ob die alte Siedlung an der gleichen Stelle gelegen hat. Es lassen sich auch von archäologischer Seite her keine Funde anführen, die für eine Identität der Flurnamenstelle und alter Siedlung sprechen würden. Während in Prillwitz (Nr. 125) lediglich die kleine Insel in der Lieps den Namen Kietz trägt — es ist unwahrscheinlich, daß dieses kleine und mit Schilf und Gestrüpp bewachsene Eiland jemals für eine längere Zeit besiedelt gewesen war —, ist es in Schilde (Nr. 137) ein schmaler Wiesenstreifen, dessen unmittelbare Nähe hinter den Gehöften des Ortes eine ehemalige Siedlung an dieser Stelle ausschließt. Die Flurstellen „Kietz" in Kaarz (Nr. 8t), Deetz (Nr. 41), Langensee (Nr. 92), Stolpe (Nr. 155), Sydow (Nr. 161), Zaschendorf (Nr. 180) und Zeddenick (Nr. 181) sind Ackerstücke, die zum *) H. Bütow, 1939, S. 57. 2 ) Bömenzien (Nr. 25, Abb. 5a), Criewen (Nr. 39, Abb. 5b), Deetz (Nr. 41), Fürstenwerder (Nr. 54), Gerdeswalde (Nr. 59), Gohlitz (Nr. 62, Abb. 5c), Havelberg (Nr. 74), Kaarz (Nr. 81), Langensee (Nr. 92), Lichtenow (Nr. 94), Nahmitz (Xr. 105), Plötzkan (Nr. 122), Prillwitz (Nr. 125), Schilde (Nr. 137), Stolpe (Xr. 155, Abb. öd), Sydow (Nr. 161, Abb. 5e), Unterpeißen (Nr. 119), Zaschendorf (Nr. 180), Zeddenick (Nr. 181, Abb. 5f).

Abb. 3. Orte mit jüngeren Kietzsiedlungen in Ausbaulage, a) Bachham, K r . Finster« aide (Nr. 32) ; b) Buchholz, K r . Beizig (Nr. 33) ; c) Gadsdorf, K r . Teltow (Nr. 56) ; d) Neuzauche, K r . Liibben (Nr. 111); e) Schiunkendorf, K r . Potsdam-Land (Nr. 139); f) Wittbrietzen, Kr. Potsdam-Land (Nr. 174)

Abb. 4. Orte mit jüngeren Kietzsiedlungen in Gewässerlage, a) Bölkendorf, Kr. Eberswalde (Nr. 24); b) Götz, Kr. Brandenburg-Land (Nr. 61); c) Neuendorf, Kr. Liibben (Nr. 106); d) Radinkendorf, Kr. Beeskow (Nr. 129); e) Seelübbe, Kr. Prenzlau (Nr, 152); f) Zernsdorf, Kr. Königs Wusterhausen (Nr. 183)

Abb. 5. Orte mit Kietzsiedlungen, an die nur noch Flurnamen erinnern. a) Bömenzien, Kr. Seehausen/Altmark (Nr. 25); b) Criewen, Kr. Angermünde (Nr. 39); c) Gühlitz, Kr. Nauen (Nr. 62); d) Stolpe, Kr. Angermünde (Nr. 155); e) Sydow, Kr. Havelberg (Nr. 161); f) Zeddcnick, Kr. Burg (Nr. 181) K = Kietz; O = slawische Befestigungsanlage; Q = frühdeutsche Befestigungsanlage, bzw. Herrensitz

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Bruno Kbugeb

Teil in erheblicher Entfernung vom Ort liegen und bis auf die Flurstelle „Kietz" in Stolpe auch keine Hinweise auf eine alte Besiedlung bieten, deren Charakter den Kietzen gleichzusetzen wäre. Problematischer ist die Deutung der Kietzstelle in Criewen; der direkte Anschluß am Ort, das angrenzende Gelände des Schloßbereiches und die mündlich überlieferte Verlegung des Ortes an seine jetzige Stelle 1 ) sprächen dafür, daß dieses Gelände ehemals besiedelt war. In Lichtenow erinnert nur noch der „Kietzgarten" am Fuße einer leichten Anhöhe an einen ehemaligen Kietz. Dieser Kietzgarten liegt bemerkenswerterweise im Nordosten des Ortes, während der ehemalige Schulzenhof, der im 17. J h . die Bezeichnung „Kietz" 2) trug, im Südosten des Ortes lag 3 ). Die Flurnamenkietze von Plötzkau und Unterpeißen sind die einzigen, die laut Uberlieferung auf eine Wüstung zurückgehen 4 ). Der von L u d a t erwähnte Flurnamenkietz von Groß Thondorf, K r . Ülzen 5 ), kann leider innerhalb dieser Arbeit nicht mit ausgewertet werden. F ü r die ehemalige Existenz dieses Kietzes sind keine Hinweise zu ermitteln. Der sog. Kietz ist weder auf der K a r t e der topographischen Landesaufnahme des K u r f ü r s t e n t u m s Hannover von 1764—1785 6 ) noch auf der Karte, die vor der Verkoppelung im J a h r e 1840 angefertigt worden ist, erwähnt. An ähnlich lautenden Flurnamen, die evtl. der Ausgangspunkt f ü r den Kietznamen gewesen sein könnten, wären nur das Flurstück „Kitzenp f u h l " im Südosten des Ortes 7 ) und der Flurname „Nakoz" westlich von Groß Thondorf zu nennen. Der Name „ K i e t z " ist im Ort selbst völlig unbekannt . In einer neueren Arbeit über die Landwirtschaftsgeographie der Siedlungen am Westrand der Görde wird die Entwicklungsgeschichte des Ortes auch von W. Palm behandelt. In der Flurnamensammlung, die Palm u. a. als Grundlage f ü r seine Ausführungen benutzt, taucht der Kietzname ebenfalls nicht auf 8 ). Als Ergebnis dieser Betrachtungen über die allgemeine Lage der Kietze im Gelände kann zusammenfassend gesagt werden, daß eine grobe Teilung zwischen den Kietzsiedlungen, die an den Ufern der jeweiligen örtlichen Gewässer liegen, und denen, die diese charakteristische Lage vermissen lassen, möglich ist. Während die einen zum Teil in das heutige Siedlungsbild der Dörfer und Städte mit aufgegangen sind bzw. auch aus ihrer ursprünglichen Lage heraus einen Anschluß an das Dorf oder die Stadt gefunden haben, ist der Ausbaucharakter der zweiten Gruppe unverkennbar.

3. N I C H T A U F G E S U C H T E U N D N I C H T M E H R ZU L O K A L I S I E R E N D E

KIETZE

Bei der zahlenmäßigen Zusammenfassung der verschiedenartigen Hinweise auf die Kietzsiedlungen hat die Aufstellung von H . L u d a t als Grundlage gedient, in der 1936 insgesamt 201 Kietze als Ausgangspunkt f ü r die weitere Bearbeitung zur Aufnahme kamen 9 ). Diese Zahl konnte auf 299 Kietzhinweise erweitert werden. Da die archäologische Fundgewinnung die Kenntnis des Siedlungsgeländes und im vorliegenden Falle auch die Möglichkeit der Besichtigung desselben voraussetzte, mußten 48 nicht mehr auffindbare Kietze und irrtümlich als Kietz bezeichnete Siedlungen sowie 75 in der ehemaligen Neumark und in Südpommern liegende Kietze von der weiteren Bearbeitung ausgeschlossen werden 1 0 ).

-) ) 5 ) 7 ) 8 ) 10 ) 3

Diese Angaben der Ortseinwohner, deren Richtigkeit nicht ü b e r p r ü f t werden konnte, sind der Vollständigkeit wegen mit angeführt worden; zur Klärung der Kietzanlage könnte lediglich eine Grabung beitragen. ,,... welches man den Kietzhof n a n n t e . . . " , E . Fidicin, 18f>4, S. 80. Das in Frage kommende Gehöft wird heute noch als Lehnschulzengut bezeichnet, ') P. Grimm, 1958, S. 91. 6 H. Ludat, 1936, 8. 18 (A). ) Topogr. Landesaufnahme d. K u r f ü r s t e n t h u m s Hannover 1764—85, Bl. 52. K a r t e von Gr. Thondorf v. d. Verkoppelung um 1840. W. Palm, 1958, K a r t e 22. ») H. Ludat, 1936, S. 1 7 - 1 9 (A). Dank der frdl. Unterstützung durch das Institut für die Geschichte der Materiellen K u l t u r an der Polnischen Akademie der Wissenschaften in Warszawa konnte Verfasser 1958 die Kietzorte ürezdenko (Driesen) (Nr. 44, Abb.21 d), Gorzöw Wiclkopolski (Landsberg) (Nr. 66), KaliszPomorski (Kallies) (Nr. 83),Osno(Drosscn) (Nr. i 13), Ostrorög (Nr. 115), Recz (Reetz) (Nr. 134, Abb. 22c) u n d S l o n s k (Sonnenburg) (Nr. 153, Abb. 25f) besichtigen.

I. Die Verbreitung der Kietze

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Über die irrtümlich als Kietz bezeichneten Siedlungen von Ahrensdorf. Angermünde, Bliesendorf, Fürstenwalde, Hennigsdorf, Ketzin, Lenzen, Luckau, Lübeck und Rosenthal hat bereits Ludat eingehend berichtet. Persönliche Nachfragen in den angeführten Orten nach der Existenz einer Kietzsiedlung wurden negativ beantwortet. Damit fanden die Ausführungen Ludats eine Bestätigung und werden in diesem Zusammenhang voll und ganz übernommen. Hinzu kommen die Orte Ammelshain, Kr. Grimma, Bornim, Kr. Potsdam, Grabow, Kr. Ludwigslust, Paaren, Kr. Potsdam, Paplitz, Kr. Genthin, Ütz, Kr. Potsdam, Wachow, Kr. Nauen und Wandlitz, Kr. Bernau. Nicht bekannt und in Ermangelung älteren Kartenmaterials auch nicht mehr auffindbar sind die nachstehend aufgeführten Kietze von Porst, Genschmar, Kr. Seelow, Görzke, Kr. Beizig, Göttin, Kr. Brandenburg, Groß Thondorf, Kr. Ulzen, Hitzacker, Kr. Dannenberg, Hönow, Kr. Strausberg, Köritz, Kr.Kyritz, Neuendorf, Kr. Beizig, Reitwein, Kr. Seelow, Seehausen, Kr. Wanzleben, Wellmitz, Kr. Fürstenberg/O., Wollin, Kr. Brandenburg/H., Wusterhausen, Kr. Kyritz, Zachow, Kr. Nauen und Ziltendorf, Kr. Fürstenberg/O. 1 ). Das Fehlen älteren Urkundenmaterials f ü r diese Siedlungen gibt zu der Vermutung Anlaß, daß es sich hier um sog. Pseudo-Kietze handeln muß, die auf Grund mangelnder Ortskenntnis und falscher Wesensdeutung gewisser allgemeingültiger Züge und irrtümlich übertragener Kietzmerkmale entstanden sind. Sie haben deshalb im historischen Ablauf der jeweiligen Ortsgeschichte keinen festen Fuß fassen können und sind heute in den entsprechenden Orten völlig unbekannt. Als Beispiel irrtümlich übertragener Kietzmerkmale auf wirtschaftlich ähnliche Siedlungen sei die Arbeitsweise Bestehorns angeführt, der für Paaren einen Fischerkietz angibt, dessen älteste urkundliche Erwähnung auf das J a h r 1399 zurückgehen soll. Da f ü r diese Jahresangabe keine Quellenhinweise gegeben werden, ist mit der Möglichkeit zu rechnen, daß Bestehorn die iin gleichen J a h r erwähnten Fischerhöfe als Kietz deutet, deren Existenz mit Hilfe des slawischen Fundmaterials — es sollen in der Nähe mittel- und spätslawische Keramikreste gefunden worden sein — bis in das 9. J h . zurückverlegt wird 2 ). Der Kietz, der bei Bestehorn auf diese Höfe zurückzugehen scheint, hätte danach das gleiche Alter. Die gleiche Einschränkung muß f ü r die sog. Erwähnung eines Kietzes in Ütz ihre Anwendung finden3). Da auch die von Ludat zitierten Angaben über einen Ausbaukietz in Ütz und einen Flurnamenkietz in Paaren nicht auf ihre Quellengrundlage überprüft werden konnten — in den beiden Orten war der Kietzname völlig unbekannt —, wurden beide Dörfer f ü r die weitere Bearbeitung ausgeschlossen. Letztlich mußte auch auf die Orte verzichtet werden, f ü r die die ehemalige Existenz eines Kietzes als sicher anzunehmen ist, weil entweder ältere Urkunden über das Vorhandensein eines ehemaligen Kietzes berichten oder die mündlichen Uberlieferungen doch recht weit zurückzureichen scheinen, die aber trotzdem heute nicht mehr zu lokalisieren sind. Zu dieser Gruppe gehören die ehemaligen Kietzsiedlungen von Ankershagen, Kr. Waren (Nr. 8), Berlin-Lichtenberg (Nr. 16), Bützow (Nr. 36), Drense, Kr. Prenzlau (Nr. 43), Fürstenberg, Kr. Gransee, Großwudicke, Kr. Rathenow (Nr. 70), Havelberg (Nr. 74), Kalbe/M. (Nr. 82), Liebenwalde, Kr. Oranienburg (Nr. 95), Marquardt, Kr. Potsdam (Nr. 101), Nahmitz, Kr. Brandenburg (Nr. 105), Ostrorog (Nr. 115), Phöben, Kr. Potsdam (Nr. 120) und Saarmund, Kr. Potsdam (Nr. 136). Für den ehemaligen Kietz in Ankershagen sind keine schriftlichen Unterlagen mehr vorhanden. Der Kietzname ist im Ort nicht mehr allgemein bekannt. Der älteste Hinweis auf den Bützower Kietz ist nur durch einen Flurnamen gegeben 4 ), der noch bis zum Beginn des 18. Jh. bekannt gewesen ist. Mit Hilfe dieses Flurnamens, dessen erste Erwähnung aus dem Jahre 1581 stammt, ist die Lokalisierung des Kietzes nicht mehr möglich. Die einzige Er') '*) 3 ) J )

Fürstcnbcrg/O. heißt jetzt Eisenhüttenstadt. ¥ . Bestehorn, Potsdamer Tageszeitung 1937, N r . 142. E b e n d a . Nr. 13«. P. Kühncl, 1883, S. 08.

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wähnung des Kietzes von Drense ist im Landbuch der Mark Brandenburg von 1375 zu finden1). Es muß angenommen werden, daß dieser Kietz bereits im 14. J h . wüst geworden ist oder nicht mehr als selbständiger Siedlungsteil des Ortes bestanden hat. An den Kietz von Fürstenberg/M. erinnert ebenfalls nur ein Flurname, der seiner Lage nach nicht mehr bestimmbar ist. Der Kietzname ist in der Stadt nicht mehr bekannt. Auch in Havelberg weist nur noch der Flurname „Kietzer-Bach", dessen Lokalisation ebenfalls nicht mehr möglich ist, auf eine ehemalige Kietzsiedlung hin. In Kalbe an der Milde ist eine Kietzsiedlung, die nach Ludat im Jahre 17512) erstmalig schriftlich genannt wird, heute nicht mehr bekannt. Der allgemeine Hinweis von Ludat, daß bei dem Burgort Kalbe ein Kietz gelegen hätte, ist weder ein Beweis f ü r die Existenz desselben, noch ist damit eine Angabe f ü r die Lokalisation gegeben. Sanger führte unter den alten Straßennamen von Kalbe

Abb. 6. Ostrorög, pow. Szamotuly (Nr. 115). Nach einem Plan von 1827/28 im Inst. f. polnische Archäologie der Universität Warschau. I Burghügel; I I Vorburgsiedlung mit starken mittelalterlichen Siedlungsresten; I I I Teilsiedlung, die evtl. mit dem ehemaligen Kietz identisch sein könnte

neben der Todtenstraße, Richtstraße und Neustadt auch den Kietz an 3 ). Bei ihm fehlt ebenfalls die Lokalbeschreibung, mit deren Hilfe die örtliche Bestimmung des Kietzes im jetzigen Stadtbilde möglich wäre. Während Ludat von einer Teilsiedlung sprach, führte Sanger den Kietz unter den Straßennamen an. Man könnte geneigt sein zu glauben, daß beide Komplexe (Teilsiedlung und Kietzstraße) identisch wären. Ein Blick auf den Stadtplan von Kalbe aus der Zeit um 17004) läßt aber diese Möglichkeit nicht zu. Nach diesem Plan ist die Richtstraße mit der späteren Gardelegener Straße identisch, die als Zentralstraße durch den Ort hindurchgeführt hat. Der westlich davon liegende Straßenzug war bis in die jüngste Zeit hinein als Todtenstraße bekannt. Da nicht mit der Wahrscheinlichkeit zu rechnen ist, daß die Neustadt innerhalb des alten Stadtringes gelegen hat, bliebe der Straßenzug westlich der ehemaligen Richtstraße zu bestimmen, der — setzt man voraus, daß Sanger nur die wichtigsten bzw. markantesten, ja vielleicht sogar die einzigsten Straßen genannt hat — mit dem Kietz zu identifizieren wäre. Diese Straße, deren früherer Name auch Hochzeitsstraße war, trägt heute den Namen Rathausstraße 5 ). Daß sie auf der Burgseite der alten 3 !) J . Schultze, 1940, S. 282. -) H . Ludat, 1936, S. 17 (A). ) H . Sanger, 1927, S. 276ff. ) Deutsche Staatsbibliothek Berlin, X 21175. 5 ) Die Hinweise auf die alten Straßennamen verdanke ich Lehrer Herper, Kalbe. Vgl. hierzu auch F. Mertens, 1935, T. I I , S. 115. 4

I. Die Verbreitung der Kietze

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Stadt Kalbe liegt, sei der Vollständigkeit wegen erwähnt, ohne etwaige Schlußfolgerungen damit andeuten zu wollen. Die Ausführungen im deutschen Städtebuch von Keyser tragen zur näheren Lagebestimmung des sog. Kalber Kietzes ebenfalls nicht bei. Er f ü h r t lediglich den Kietz unter den alten Straßennamen an 1 ). Der Ort muß deshalb f ü r die weitere Bearbeitung ausgeschieden werden. An den'Lichtenberger Kietz erinnern nur noch die 1561 erwähnten Kietzlaken 2 ). Es ist möglich, daß diese Kietzlaken mit den heute noch bekannten Wiesen des 1789 entstandenen Rummelsburger Kietzes identisch sind. Die Lage der evtl. vorhanden gewesenen Kietzsiedlung ist nicht mehr zu ermitteln. Die heute in Liebenwalde bekannte Kietzsiedlung südlich der Straße nach Falkenthal am Voß-Kanal ist eine Neuanlage. Die Lage des alten Kietzes, der 1547 das erstemal erwähnt wird — er stellte mit 1 Schulzen und 9 Fischern eine eigene Siedlung dar 3 ) — ist unbekannt und auch mit Hilfe älteren Kartenmaterials nicht mehr beweiskräftig zu ermitteln 4 ). Des weiteren mußte auch der Kietz von Nahmitz ausscheiden, weil weder der überlieferte Flurname „Kietzhügel" 5 ) noch die nicht mehr bekannte Kietzsiedlung zu lokalisieren sind. In Ostrorog ist heute noch die alte Trennung zwischen der Burg mit ihrem Burgbereich und der eigentlichen Stadt offensichtlich. Beide Komplexe stehen sich als geschlossene Siedlungsstellen gegenüber. Die Feststellung der Lage des ehemaligen Kietzes ist deshalb topographisch nur sehr schwer möglich. Während der kleine Ort keine Anhaltspunkte bietet, von denen aus die Kietzlage bestimmt werden konnte, gibt die Burgstelle mit dem Vorburggelände f ü r eine ältere Siedlung noch einige Hinweise (Abb. 6). Das gesamte Burggelände von etwa 150 m Länge und 80 m Breite stellt eine kleine Anhöhe dar, die an drei Seiten vom Wasser der örtlichen Seen umgeben ist; die Vegetation läßt jedoch den Schluß zu, daß auch die vierte Seite der Anlage, die der Stadt zugewandt ist, ehemals durch einen Graben von derselben getrennt war. Auf diesem Gelände liegt heute noch sehr gut erkennbar die Burgstelle mit einem nahezu kreisrunden Burghügel, der in der gesamten Innenfläche eine rechteckige Vertiefung zeigt, deren Alter aber nicht bestimmt werden konnte. Der Burghügel ist von einem Graben umgeben, der zur Seeseite hin einen kleinen Vorwall hat. Vor der Burg liegt das oben beschriebene Gelände, das zahlreiche Reste von mittelalterlicher Keramik, Ofenkacheln, Ziegelsteinen und Knochen trägt. Unter dem Fundmaterial befinden sich auch einige Reste der bekannten blaugrauen Kugeltopfkeramik und einige wenige Stücke von slawischen Gefäßen. Unter letzteren sind zwei Stücke enthalten, die der sog. mittelslawischen Periode zuzuweisen sind. Das gesamte Gelände, soviel ist mit Hilfe der Oberflächenfunde zu sagen, ist bis in das hohe Mittelalter hinein besiedelt gewesen. Heute befindet sich in der unmittelbaren Nähe der alten Burgstelle ein einzelnes Fischergehöft. Trotz des relativ reichen Fundmaterials muß auch in diesem Falle die Frage unbeantwortet bleiben, ob das Gelände, das vor der Burg liegt, mit dem 1569 erwähnten Kietz 6 ) identisch ist. Eine ähnliche Situation stellt sich in Phöben dar (Abb. 7). Wenn auch bis in die jüngste Vergangenheit hinein der Flurname „Kietzwiesen" bekannt war, so fehlen doch die Anhaltspunkte f ü r die genaue Lokalisierung der eigentlichen Kietzsiedlung. Die von Bestehorn vertretene Meinung, daß der Kietz mit den Fischerkossätenstellei. an der Havel identisch ist 7 ), !) 2 ) 3 ) 4 )

E. Keyser, 1939, T. II, S. 447/448. Eidebuch der Stadt Berlin, S. 23, zit. bei H. Ludat, 1936, S. 42, Anm. 1 (A). G. St. A. Pr. Br. Rep. 2, 1. D. Reg. Lieb., Gen.-P.-S., Fach 4, Nr. 8, zit. b. H. Ludat, 1936, S. 47 (A). Vermutungen, die auf die Lage des Kietzes zwischen der alten Burgstelle und der Stadt hinweisen — auf der Schulenburg'schen Karte von 1779 (Dt. Stabi. Blatt 1006, 1) ist an der fraglichen Stelle eine kleine Siedlung erkennbar; Besiedlungsnachweise für die gleiche Stelle zeigt auch die Karte sämtlicher Vorwerke und Kietze an der Havel aus dem 18. Jh. (DZA Merseburg VI, 186) — müssen als solche auch weiterhin betrachtet werden, weil auf keiner der Karten der Kietz direkt verzeichnet ist. 5 ) K. Schlottmann, 1918, S. 37. s ) Callier, Ostrorog, . . . S. 52, zit. bei H. Ludat, 1936, S. 17 (A). St. Kozierowski, 1926-28, S. 343. 7 ) F. Bestehorn, Potsdamer Tageszeitung 1938, Nr. 54.

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kann keineswegs akzeptiert werden. Die speziell von der Hofstatistik des Separationsregisters ausgehende Klassifizierung von Bauern und Fischern bietet keinerlei ernst zu nehmende Hinweise, die es erlauben würden, die Fischer des vorigen Jahrhunderts als die Kietzer von Phöben zu bezeichnen. Ludat versuchte der Lösung der Frage nach der Lage des Kietzes mit Hilfe der verschiedenen Garnzüge näherzukommen 1 ). Auch dieser Versuch, der letztlich an die Wassereinteilung f ü r die Fischereiberechtigung auf der Havel im entsprechenden Ortsgebiet gebunden blieb, gibt wohl mit der Unterstützung des erwähnten Garnzuges „ufm Kietz" eine Richtung, aber keine lokale Fixierung der entsprechenden Siedlung an. Auch das vorhandene archäologische Fundmaterial gestattet bis jetzt noch nicht, die alte Kietzsiedlung örtlich genau zu bestimmen, weil charakteristische Erscheinungsformen materieller Art von den Kietzen bisher noch nicht bekannt sind. Trotzdem soll der Versuch gemacht werden, über das Bekannte einen Schritt hinauszugehen. Ganz sicher bietet der heute noch bekannte Flurname „Kietzwiesen" südlich des Gutes und nördlich des Torfgrabens einen ersten Hinweis. Die Reihenfolge der verschiedenen Garnzüge gestattet eine Lokalisierung des Wasserabschnittes „ufm Kietz" in gleicher Höhe; westlich dieser beiden Punkte schließt sich eine flache, inselartige Erhöhung an, auf der direkt westlich der Straße nach Groß Kreutz die Stelle der Mühle von Phöben liegt (Abb. 7). In der Nähe dieser Mühlenstelle sind bereits 1915 zahlreiche blaugraue, frühdeutsche Scherben gefunden worden, die von den Findern in das 12. und 13. Jh. datiert worden sind 2 ). Bemerkenswert ist das völlige Fehlen der slawischen Fundmaterialien, die jedoch in der heutigen Dorflage zahlreich Abb. 7. Phöben, K r . Potsdam-Land (Nr. 120). I Lage des Burggeländes; I I wahrscheinliche Lage angetroffen werden 3 ). Da es durchaus nicht des Kietzes ; I I I aus der Aufzählung der verschiedenen selten ist, daß die Kietze oft in der Nähe Garnzüge erschlossene Lage des Garnzuges „ u f m K i e t z " von Mühlen liegen, ja sogar oft mit der Lage derselben identisch sind 4 ), darf auch f ü r Phöben angenommen werden, und zwar unter Berücksichtigung des vorhandenen Fundmaterials und der dicht an das Gelände anschließenden Kietzwiesen, die bis an die Havel reichen und hier mit dem Teil des Flusses Verbindung haben, der durch die Bezeichnung des Garnzuges „ufm Kietz" gekennzeichnet ist, daß die ursprüngliche Lage der Kietzsied!) 2 ) 3 ) 4 )

H. Ludat, 1936, S. 95 (A). E . Beckert, E . Sentz, Kundmeldung in den Ortsakten beim Institut für Vor- u. Frühgeschichte der DAW Berlin. Ortsakten Potsdam. Die Kietzmühle in Biesenthal, der Markgräfliehe Kietz in Brandenburg auf dem heutigen Mühlendamm, der Mühlenbach in Briiel, der Kietz und Stadt trennt, die Identität von Mühlengasse und Kietz in Frankfurt/O., die Kietzmühle in Gadebusch, die gleiche Identität von Kietz u. Mühle in Golßen NL., der Mühlengraben beim Kietz in Oderberg, der Miihlenberg beim Kietz in Pritzerbe, die I d e n t i t ä t von Mühlenstraße u. mittlerem Kietz in Rathenow, die Dammühle beim Kietz in Recz, die Mühlenburg beim Kietz in Rhinow, der Mühlendamm beim ehemaligen Kietz in Spandau, die Mühle beim Kietz in Trebbin, der Mühlenteich beim Kietz in Witzin, die Mühle beim Kietz in Zelidenick, um nur die Mehrzahl der Kietze zu nennen, deren Verbindung zum ehemaligen Mühlcnbetrieb offensichtlich ist.

I. Die Verbreitung der Kietze

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lung hier mit großer Sicherheit vermutet werden kann. Gestützt wird diese Annahme weiterhin durch die allgemeine topographische Beschaffenheit des Geländes. Es wurde bereits betont, daß alle Kietze außerhalb des Überschwemmungsgebietes der jeweiligen Gewässer liegen. Auch diese Stelle mit der Mühle liegt über der 30-m-Höhenlinie, die für das Havelgebiet als Maximalhöhe der jeweiligen Hochwasser angesetzt wird 1 ). Während in Reitwein keinerlei Anhaltspunkte für die Festellung eines Kietzes im Ort vorhanden sind — der Kietzname ist auch bei den ältesten Einwohnern des Ortes unbekannt —, bieten f ü r die Lokalisierung des Kietzes in Saarmund (heute ebenfalls als Siedlung im Ort völlig unbekannt) die Angaben eines „KietzFließes" auf der Suchodoletzschen Karte von 1683 —16852) und die nähere Lagebeschreibung dieser Siedlung in den Pfarrakten von Saarmund aus der ersten Hälfte des 18. J h . — es wird ein Kietz mit 7 Kietzfischern erwähnt, deren Häuser auf einer von zwei Nuthearmen umflossenen Insel liegen sollen — 3) doch einige Hinweise, mit deren Hilfe die vermutliche Lage des ehemaligen Kietzes angegeben werden kann. Da noch um die Jahrhundertwende die Kietzwiesen bekannt gewesen sein sollen, sie liegen zwischen der alten und der neuen Nuthe, verdient die Erwähnung von zwei Brücken in der Nähe dieser Wiesen insofern Bedeutung, als es mit Hilfe des Suchodoletzschen Kartenbildes, auf dem diese Brücken verzeichnet sind, Abb. 8. Saarmund, K r . Potsdam-Land (Nr. 136). möglich ist, die Lage der Wiesen zu bestimVermutete Kietzlage südwestlich des Stöckerhauses men. Unter Berücksichtigung der vorhandenen Angaben wäre die Lage des ehemaligen Kietzes von Saarmund nördlich des Ortes, unmittelbar westlich der Straße Saarmund-Philippsthal, und westlich des Stöckerhauses zu vermuten (Nr. 136, Abb. 8). Die leichte Anhöhe, die in der Art einer kleinen Landzunge in das westlich anschließende Wiesengebiet hineinstößt, liegt etwa 300—350 m nördlich der alten Burgstelle 4 ). Eine ähnliche Situation wie im anfangs erwähnten Drense ergibt sich aus den vorhandenen Umständen auch in Schorin (jetzt Marquardt). Auch hier taucht der Kietz das letzte Mal am Ende des 14. Jh. in den Quellen auf 5 ). Aus den zur Verfügung stehenden Verkaufsurkunden geht lediglich hervor, daß die ehemalige Kietzsiedlung in der Nähe des Wassers gelegen haben muß; denn sowohl im Jahre 13586) als auch im Jahre 13827) werden beim Verkauf des Wassers die Kietzer mit übergeben (Nr. 101, Abb. 26c). Es ist möglich, daß dieser oftmalige Besitz!) 2 ) 3 ) 4 )

J . Herrmann, 1959, S. 96. DZA, Merseburg, A K S VI, 630 (Suchodoletz 1 6 8 3 - 1 6 8 5 , Saarmund). Zitiert bei F. Bestehorn, 1913, S. 108f., Anm. 6. Gegen diese Lokalisierung sprächen die Aufzeichnungen von Suchodoletz, der die Höhe ebenfalls vermerkt hat, ohne eine nähere Bezeichnung anzugeben. Das Kartenbild ist noch vor der Erwähnung der 7 Kietzstellen in den Saarmunder P f a r r a k t e n entstanden; Suchodoletz h ä t t e den Kietz demnach erwähnen müssen. Da dies nicht geschehen ist, m u ß trotz der im Text gemachten Angaben auf eine endgültige Lagebeschreibung des Kietzes verzichtet werden. 5 ) A. F. Riedel, A I X , S. 337. 6 ) Zabel v. Schöna verkaufte einen Teil der Wublitz und auch vier Wenden auf dem Kietz an die Bürger von Hoppenrade und Grabow zu Nauen, A. F. Riedel, A VII, S. 321. 7 ) Am 2. Februar 1382 verkaufte J o h a n n von Knobloch 1 j t Viertel der Wublitz und zwei Wenden auf dem Kietz zu Schorin, A. F. Riedel, A V I I I , S. 337.

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BRUNO K R Ü G E R

Wechsel des Kietzes in recht früher Zeit zur Auflösung der Siedlung geführt hat. Hinweise auf seine ehemalige Lage sind heute aus diesen Gründen nicht mehr zu erwarten. Ganz unklar bleibt auch die ehemalige Lage des Kietzes von Wusterhausen. Der lediglich auf einen nicht mehr näher zu bestimmenden Flurnamen zurückgehende Kietz muß deshalb f ü r jede weitere Forschung ausscheiden 1 ). In Großwudicke (Nr. 70) hat es nach Bolle ebenfalls einen Kietz gegeben 2 ). Die vier Kietzer, die zur Siedlung gehört haben, wohnten aber schon vor der Separation im eigentlichen Dorf. Für zwei ist die gleiche Gehöftlage noch vor einigen Jahrzehnten bekannt gewesen 3 ). Heute ist der Kietzname im Ort völlig unbekannt. Möglichkeiten f ü r die Lokalisierung der wenigen alten Kietzstellen sind nicht mehr vorhanden. Von den insgesamt 299 bekannten oder bekannt gewesenen Kietzen mußten 123 aus angeführten Gründen für die weitere Bearbeitung ausscheiden. Für die Fundgewinnung standen Verf. danach noch 176 Kietzsiedlungen und lokalisierbare Flurnamenkietze zur Verfügung, die ohne Ausnahme aufgesucht worden sind. !) Zitiert bei H. Ludat, 1936, S. 41 (A). 2 ) M. Bolle, 1909, S. 42. 3 ) Frdl. Mitteilung von Dr. M. Bathe, Institut für Slawistik an der DAW, Berlin.

II. Das archäologische Fundmaterial 1. Ä L T E R E , N U R S C H R I F T L I C H E R W Ä H N T E

KIETZSIEDLUNGEN

Die Flurbesichtigungen ergaben, daß der eigenständige Charakter speziell der urkundlich älter erwähnten Kietze durch die Entwicklung des Gesamtsiedlungsbildes der jeweiligen Stadt oder des jeweiligen Dorfes heute oft nicht mehr klar zu erkennen war, in einigen Fällen sogar ganz verschwunden ist. Es ist deshalb nicht immer möglich, die Ausdehnung der alten Kietzsiedlung genau zu bestimmen. Dieser Tatbestand, der naturgemäß zu einer Fehlerquelle bei der Auswertung des archäologischen Fundmaterials werden kann, ist weitestgehend berücksichtigt worden. Starke bauliche Veränderungen haben, verbunden mit wirtschaftlichen Auswirkungen, dazu geführt, daß die alten Kietzstellen oft zugunsten der wirtschaftlichen Funktion des gesamten Geländes ihren Namen aufgaben. Der Kietz von Brandenburg-Neustadt — ehemals markgräflicher Kietz — (Nr. 29, Abb. 21b) liegt heute auf dem Gelände des Mühlendammes, der die Neustadt Brandenburg mit der Dominsel verbindet. Die mit der Anlage der Schleusen und Stauwerke verbunden gewesenen Geländeveränderungen haben den ursprünglichen Kietz so umgestaltet, daß ein Absuchen des Geländes nach Oberflächenfunden erfolglos blieb. Ohne Funde ist auch der Kietz von Bützer (Nr. 35, Abb. 21c), Kr. Rathenow. Durch die Anlage einer Ziegelei ist das schon relativ sehr kleine Kietzgelände in seinem alten Charakter gestört worden. Die seltene Aufteilung in Vorder- und Hinterkietz steht im Zusammenhang mit der topographischen Lage des Kietzes, der sich auf zwei kleineren Höhen, die voneinander durch ein Wiesengelände getrennt sind, befindet. „2 Wischen up dem Kietz" 1 ) tragen dieser Aufteilung ebenfalls Rechnung. Die Spuren der Ziegelherstellung, die sich in ihrer Ausdehnung nur auf den großen, vorderen Kietz beschränken, sind auf dem ganzen Kietzgelände zu beobachten. Die Ziegelei ist seit 1918 außer Betrieb. Die Lage der Wilhelm-Pieck-Straße in Gadebusch (Nr. 55, Abb. 21 f) ist wahrscheinlich mit der Lage des alten Kietzes identisch, der schon von F. Schildt als untergegangen bezeichnet worden ist 2 ). Die Ausdehnung der jetzigen kleinstädtischen Wohn- und Geschäftsstraße hat große Teile des vermuteten Kietzgeländes zerstört, so daß auch hier auf die Vorlage von Oberflächenfunden verzichtet werden muß. Obwohl nach K. Hoffmann in Hagenow (Nr. 73) noch um 1930 der Name Kietz bekannt gewesen sein soll 3 ) — er schreibt leider nichts über den Charakter der mit diesem Namen bezeichneten Siedlung —, ist heute eine einwandfreie Lagebestimmung dieses Ortes nicht mehr möglich. Die jetzt noch bekannten „Kietzender Scheunen" weisen lediglich auf den Teil der Stadt hin, der im Gegensatz zum sog. Mühlenende im Süden der Stadt der Kietz gewesen sein muß. Es ist das Gelände, auf dem heute Teile der Wilhelm-Pieck-Straße und die W 7 ittenburger Straße sowie die Hamburger Straße liegen. Das ganze in Frage kommende !) F . D a n n e i l , 1804, S. 38/39. 2

) F . Schildt, 1891, S. 193.

3

) K . H o f f m a n n , 1930, S. 28 ff.

3

Krüger, Kietzsiedlungen

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BBUNO KBÜGEE

Gelände ist durch den Ausbau der Straßen so verändert worden, daß auswertbare Oberflä chen funde nicht mehr zu erwarten sind. Der Ort Kietz im Kreise Seelow (Nr. 87) konnte ebenfalls nicht zur Auswertung archäologischer Funde herangezogen werden, weil er als Neuanlage aus dem 15. Jh. nur die Fortsetzung der Siedlung darstellt, die anfangs am östlichen Ufer der Oder, wahrscheinlich südlich vom Schloß in Kostrzyn lag 1 ). Die relativ große Entfernung zwischen der Burgstelle und dem Kietz in Potsdam (Nr. 123, Abb. 9) hat zu der Ansicht Anlaß gegeben, an eine Verlegung der Siedlung aus der Burgnähe

Abb. 9. Potsdam (Nr. 123); nach einem Plan von F. Bestehorn in ,,Deutsche Urgeschichte d. Insel P o t s d a m " , S. 73, Abb. 14. I Burgwallinsel mit der späteren Heiligengeistkirche; I I Lageplatz der frühdeutschen Burg mit dem späteren Stadtschloß; I I I der Kietz; IV die Burgfischergemeinde

an seine jetzige Stelle zu denken 2 ). Da diese Vermutung nur auf die fehlende örtliche Verbindung zwischen Burg und Kietz zurückgeht, bleibt sie wegen ihres sehr stark hypothetischen Charakters unberücksichtigt. Der slawische Siedlungskern, der zum Teil in der Nähe des alten Marktes, vor allem aber östlich desselben im Bereiche des Geländes der Heiligengeistkirche, der Türk- und Fischerstraße und der Stalinallee lag 3 ), kann ebenfalls nicht f ü r die Lokalisierung des alten Kietzgeländes nutzbar gemacht werden. Frühmittelalterliche Keramikreste aus der Zeit um 1300, die beim Anlegen eines Rohrgrabens zwischen den Häusern Kietzstraße Nr. 10 und 17/18 in einer Tiefe von 1,20—1,70 m gefunden worden sind 4 ), beweisen eindeutig daß das Gelände bereits in dieser Zeit besiedelt war (Abb. 10). Der Aufschluß zeigte außerdem, daß sicherlich große Teile des alten Kietzgeländes bis zu 1,20 in künstlich erhöht worden sind. Dieser Prozeß der künstlichen Erhöhung des Geländes ist nach Aussagen >) Vgl. hierzu 0. Fredrich, 1913, S. 70. Auf einem Stadtplan aus dem J a h r e 1696 (Dt, Stabi. Nr. X 2218o) wird die Straße südlich des Schlosses noch als Kietzstraße bezeichnet. Die Kietzer Wiesen lagen ebenfalls östlich der Oder im Süden der Stadt. 2 ) H . L u d a t , 1936, S. 71. Anm. 2 (A). ») J e t z t Berliner Straße. Siehe hierzu die Berichte von R . Hoffmann 1956. S. 24f. (A) und 19Ö6, S. 32ff. (B). 4 ) Frdl. Mitteilung von R . HofTmann, Museum für Ur- und Frühgeschichte Potsdam, Neuer Garten.

II. Das archäologische Fundmaterial

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der Kietzbewohner bis heute noch nicht völlig abgeschlossen. Auf die Vorlage von Oberflächenfunden mußte deshalb verzichtet werden. Eine nachweisbare Verlegung hat dagegen der Kietz von Berlin-Spandau (Nr. 17, Abb. 23b) erfahren. Der Kietz, der ,,prope Castrum" gelegen hat, ist im Zusammenhang mit dem Bau der Festung um die Mitte des 16. J h . auf den „Burgwall" und auf den „ D a m m " verlegt worden. Die Siedlung am Burgwall ist am Anfang des 19. J h . wiederum aufgegeben worden; die Bewohner siedelten nach dem Tiefwerder hinüber, der bis in die jüngste Zeit hinein als Fischerdorf, aber auch zum Teil als Kietz bezeichnet wurde. Die alte Kietzstelle, die noch auf

Abb. 10. Profil eines Aufschlusses im Kietz von Potsdam, Maßstab 1 : 20. I anstehender Boden; I I älteste Kultursehieht mit Mauersteinen und frühdeutscher Keramik; I I I aufgeschütteter Boden; IV Scluittung des mittleren Promenadenweges

dem Urmeßtischblatt Nr. 1836 vom Jahre 1852 namentlich verzeichnet ist, ist durch die Entwicklung der Großstadt völlig überbaut und zum Absuchen nach Oberflächenfunden nicht mehr geeignet 1 ). Die Kietze von Rathenow (Nr. 130—132, Abb. 11), die recht früh in das eigentliche Stadtbild eingegliedert worden sind, bilden heute zum Teil den alten Kern der Stadt mit seinen charakteristischen engen und stark bebauten Straßen und Plätzen. Auch hier ist durch die Bebauung des in Frage kommenden Geländes nicht mehr die Möglichkeit vorhanden, alte Oberflächen nach Fundmaterialien abzusuchen. Eine Verlegung 2 ) ist nur f ü r den oberen Kietz anzunehmen, der am Südhang des Weinberges lag und wahrscheinlich noch vor oder um 1600 in die Nähe des Schleusenkanals verlegt worden ist. In den Prozeßakten vom Jahre 1669 werden noch eine alte Kirche, die 1640 abgebrannt sein soll, und eine alte Dorfstelle erwähnt 3 ). !) Siehe auch E. Reinbacher, 1900, S. 240 ff. 2 ) H. Ludat, 1936, S. 89 (A). 3 ) H. Günther, 1934, S. 70. 3*

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Die Reste dieser Kapelle sind bei der Anlage des Gaswerkes, das heute das ehemalige Kietzgelände einnimmt, aufgedeckt worden 1 ). Die Ursachen der Kietzverlegung sind nicht bekannt. Nach Günther ist diese Umsiedlung auf einen Befehl des damaligen Landesherren zurückzuführen 2 ). Es ist aber auch möglich, daß der f ü r das J a h r 1640 erwähnte Brand, dem u. a. die Kirche zum Opfer gefallen ist, ebenfalls zur Aufgabe der Siedlung führte. Daß die Siedlung bis in die angegebene Zeit hinein an der alten Stelle gelegen hat, geht u. a. aus einigen Angaben hervor, die im Bekmannschen Nachlaß enthalten sind, in denen noch die genaue Zahl von 16 Hofstellen und ein eigenes Schulzengericht erwähnt werden 3 ). Durch den Bau der Gasanstalt und der Havelhütte ist aber auch dieses Gelände so stark verändert worden, daß die heutige Oberfläche zum Absuchen nach Funden nicht mehr geeignet ist. Mittelalterliche Keramikreste sind zwischen der Havelhütte und der Brauerei gefunden worden 4 ).

Abb. I I . Rathenow (Nr. 130-132). I slawischer Burgwall; II spätslawischer Burgwall mit frühdeutschen Siedlungsspuren, sog. „alter Hof"; I I I wahrscheinliche Primärlage des großen Kietzes; IV die frühdeutsche Burg

14 Fischerstellen 7 ). Die gleiche Zahl der gänzlich aufgegeben worden, ist auch heute

2

) 3 ) 4 ) 5 ) 6 ) ')

Ohne Funde ist auch der Kietz von Zehdenick (Nr. 182, Abb. 22f), dessen genaue Lage ebenfalls nicht mehr mit Sicherheit zu bestimmen ist. Mit Hilfe des im Jahre 1574 erwähnten Kietzgrabens 5 ) und der alten Fischerstellen, die noch bis in die jüngste Zeit hinein an dem Platze innerhalb der Stadt lagen, der auf einem Plan vom Jahre 1801 mit „Kietz" 6 ) bezeichnet wird, besteht doch die Möglichkeit, die ehemalige Lage der Siedlung an dieser Stelle im Nordwesten der Stadt zu vermuten. Oberflächenfunde sind auf der entsprechenden Flur (Gärten) nicht geborgen worden. Ebenfalls ohne Funde ist der bekannte und bis in die neueste Zeit hinein selbständig gebliebene Kietz von Neustadt-Glewe (Nr. 109, Abb. 25c). Nach einem Bericht aus dem Jahre 1576 hatte der Kietz seinerzeit alten Hofstellen, die Fischerei ist um 1900 noch festzustellen. Trotz der langen Konstanz

Frdl. Mitteilung von Dr. Gutjahr, Kreismuseum Rathenow. H. Günther, 1934, S. 75. Bekmann, Nachlaß Kap. X1IT, S. 19, zit. bei H. Günther. 1934, S. 74. H. Günther, 1934, S. 76. Erbregister des Amtes Zehdeniek von 1590, zit. bei H. Ludat, 1936, S. 83, Anm. 4 (A). Stadtplan von Zehdeniek aus dem Jahre 1801. G. C. F. Lisch, 1874/75, S. 64.

II. Das archäologische Fundmaterial

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der Hofstellenzahl, sicherlich hat dieser Kietz auch vor dem Jahre 1576 14 Hofstellen gehabt 1 ), ist eine Vorlage archäologischen Fundmaterials aus Oberflächenfunden nicht möglich. Von den bekannten Flurnamenkietzen in Criewen, Kr. Angermünde (Nr. 39, Abb. 5b), Gerdeswalde, Kr. Grimmen (Nr. 59), Lunow, Kr. Eberswalde (Nr. 99, Abb. 26b), Alt Töplitz, Kr. Potsdam (Nr. 6) und Wittenberge, Kr. Perleberg (Nr. 175) kann aus verschiedenen Gründen ebenfalls kein Material vorgelegt werden. Bei den Flurstellen in Criewen und Wittenberge handelt es sich um Wiesengebiete, die zum Absuchen nach archäologischem Fundmaterial nicht geeignet sind. An den Kietz in Gerdeswalde erinnert nur noch der Flurname „Kietzberg"; auf der so bezeichneten Flur, die sicherlich nicht mit der alten Siedlungsstelle identisch ist, konnten keine Funde geborgen werden. In Alt Töplitz bietet der Kietzer Damm den einzigen Hinweis auf einen alten Kietz. Ein Absuchen der in der Nähe des Dammes gelegenen Fluren blieb ohne Erfolg. Nur unsicher ist die Lage des Kietzes in Lunow zu bestimmen 2 ). Er hat sicherlich in der Nähe der Kirche gelegen, wie Teile es schon vermutete 3 ). Von dem vermeintlichen Kietzgelände können jedoch keine Oberflächenfunde vorgelegt werden. Für die Auswertung dieser fundleeren bzw. sehr fundarmen Kietzsiedlungen sind die Ursachen f ü r diese Erscheinung wichtig. Es kann keineswegs gesagt werden, daß es sich hier um recht junge Anlagen handeln müsse, von denen keine älteren Fundmaterialien zu erwarten sind; dem widerspricht sowohl die zum Teil doch recht frühe Erwähnung einiger Siedlungen 4 ) als auch die angedeutete jeweilige Situation, die unabhängig von der Siedlungsgeschichte der fraglichen Kietze Bedingungen enthält, die sich der archäologischen Fundgewinnung entgegenstellen. Ein Verzicht auf die weitere Bearbeitung dieser Kietze in Ermangelung genügender Funde wird durch die Verwertung der urkundlichen Erwähnungen und anderer schriftlicher Quellen überflüssig. 2. K I E T Z E M I T F U N D M A T E R I A L AUS S L A W I S C H E R Z E I T Bevor die Kietze behandelt werden sollen, auf denen neben älteren und jüngeren Materialien auch die typisch slawische Keramik geborgen werden konnte, sollen einige Bemerkungen zur Datierung der Funde gemacht werden. Ein Nachteil bei der zeitlichen Bestimmung der Oberflächenfunde, insbesondere wenn es sich dabei um unverzierte mittlere Gefäßreste der slawischen Keramik handelt, liegt in der nicht durchführbaren genaueren Datierung der jeweiligen Stücke. Da die nähere chronologische Einteilung des Materials den gegebenen Verhältnissen zufolge nur mit Hilfe von Analogieschlüssen und typologischer Einordnung möglich ist, sind nicht näher bestimmbare Fundmaterialien je nach ihrem Habitus ganz allgemein als bronzezeitlich, slawisch oder frühdeutsch bzw. mittelalterlich bezeichnet worden. Die in einigen Fällen doch mögliche genaue Datierung der Stücke — sei es durch die Auswertung der diversen Verzierungsmotive oder durch den Vergleich gewisser Gestaltungsformen der Gefäßränder, der Gefäßhälse und -leibungen — stützt sich auf die bekannten Arbeiten, deren Inhalt vorwiegend aus behandelten Themen besteht, die sich aus der Datierung des archäologischen Fundmaterials ergaben 6 ). 1

) ) 3 ) 4 )

Die erste Erwähnung des Kietzes s t a m m t aus dem J a h r e 1407, zit. bei H. Witte, 1905, S. 73. Siehe hierzu die Ausführungen im Katalog Nr. 99. Teile, 1923, Nr. 9 - 1 2 , 20, 21. Brandenburg-Neustadt 1319, Buckow 17. J h . , Biitzer 1563, Gerdeswaldc 1690, C.adebuseh 1302, Kostrzyn 1388, Lunow 1315, Neustadt-GIewe 1407, P o t s d a m 1349, Rathenow 1339, 1447, 17. J h . , Saarmund 1576, BerlinSpandau 1319, Zehdenick 1574. 5 ) H. A. Knorr, Die slawische Keramik zwischen Elbe u n d Oder, Leipzig 1937. W. Hensel, Poznan w zaraniu dziejöw, Wroclaw 1958. H. Plath, Die mittelalterliche Keramik vom 12. —15. J h . in Hannover, H a n n . Gesch. Blätter N F . Bd. 12, H . 1—2, Hannover 1958. E . Schuldt, Die slawische Keramik in Mecklenburg, D A W Berlin,

2

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Bis auf wenige Metalle und Knochengegenstände stehen — entsprechend der unterschiedlichen Erhaltungsdauer der diversen Gegenstände des materiellen Fundniederschlages — vorwiegend keramische Reste f ü r die Auswertung zur Verfügung. Als einer der fundreichsten Kietze ist der von Beeskow (Nr. 11, Abb. 25a) zu bezeichnen. Das relativ große Kietzgelände ist, wie der Oberflächenbefund aussagt, bereits in der Periode der jüngeren Bronzezeit besiedelt gewesen 1 ). Für die nachfolgende Eisenzeit sowie f ü r die römische Kaiserzeit und f ü r den Abschnitt der sogenannten Völkerwanderung liegen keine Funde vor. Für die slawische Besiedlungsperiode können unter Berücksichtigung vorstehend gemachter Einschränkungen einige Keramikstücke zur Auswertung herangezogen werden, von denen zwei die typische Kammstrich- und Wellenornamentik der slawischen Keramik vor 1000 und drei die f ü r die spätslawische Periode charakteristische Gurtfurche tragen. Bis auf einige slawische Scherben in der Spreestraße 2 ) sind bisher vom eigentlichen Stadtgebiet keine weiteren Fundmaterialien aus dieser Zeit bekannt geworden. Eine spätslawische Siedlung, die sich durch überwiegende Gurtfurchenware auszeichnet, liegt südöstlich der Beeskower Abdeckerei in der Nähe des Eichwerders am Westufer der Spree 3 ). Diesem relativ geringen slawischen Fundmaterial stehen zahlreiche blaugraue, frühdeutsche Scherben gegenüber, die sowohl auf dem Kietz als auch im Gebiet der alten Stadtgrenzen gefunden worden sind 4 ). Von der Flurstelle „Kietz" nördlich BitterfeM5) (Nr. 21) hat P. Grimm in seiner Arbeit „Zur Entstehung der Stadt Bitterfeld und ihrer Flur" mittelslawische Keramik vorgelegt, die bei der Anlage eines Suchschnittes an das Tageslicht kam und lt. Verfasser in der Mehrzahl dem 9. —10. J h . zuzuweisen ist. Unter dem Fundmaterial befinden sich auch einige Stücke der blaugrauen, frühdeutschen Keramik des 13. und 14. Jh. Die spätslawische Besiedlungsperiode fehlte materialmäßig ganz. Obwohl die Echtheit dieses „Kietzes" keineswegs bewiesen ist, aller Wahrscheinlichkeit ist der Vorläufer des Namens die Flurbezeichnung „Kiebitzfeld" 6 ), ist das Material der Vollständigkeit wegen mit aufgeführt worden. Über den fraglichen Kietz von Bornim, der weder bekannt noch schriftlich überliefert ist 7 ), können, wie bereits ausgeführt, keine näheren Angaben gemacht werden. Bei der Vorlage der Schriften d. Sektion f. Vor- und Frühgeschichte 5, Berlin 1956. W. Hübener, Zur Stratigraphie u n d Zeitstellung der Keramik von Alt-Lübeck, Lübecker Bericht 1955, S. 30—38. W. Hübener, Die stratigraphischen Grundlagen der Keramik von Alt-Lübeck auf Grund der Ausgrabungen 1949, Offa 1953, S. 87ff. W . Unverzagt, Zur Zeitbestimmung der slawischen Keramik im mittleren Teil des Gebietes zwischen Elbe und Oder, Lübecker Bericht 1955, S. 63 — 65. H. J a n k u h n , Die Grundlagen für die zeitliche Gliederung der slawischen Keramik, Lübecker Bericht 1955, S. 74—76. J . Neustupnjr, Contribution a la Chronologie de la ceramique slave dans le bassin de l'Elbe, Slavia Antiqua 1, 1948, S. 4 3 2 - 4 3 4 . H. A. Knorr, Die Dornburg an der Elbe, Sachsen und Anhalt 15, 1939, S. 9ff. R. Schindler, Die Hamburgische Keramik des 8. —12. J h . als Geschichtsquelle, H a i n m a b u r g 3, 1951/2, S. 115ff. D. Solling, Wikingerzeitliche Keramik in Schweden, Stockholm 1955. P . Grimm, Die Datierung der slawischen Keramik iin Elbe-Saale-Gebiet, Lübecker Bericht 1955, S. 66f. P. Grimm, Zur Entwicklung der mittelalterlichen Keramik in den Harzlandschaften, Ztschr. d. Harzvereins L X V I , Wernigerode 1933. H . Rempel, Zur frühdeutschen Keramik des Landes Thüringen, Frühe Burgen und Städte, D A W Berlin, Schriften d. Sektion f. Vor- u. Frühgeschichte 2, 1954, S. 131 ff. J . Kretzschmar, Frühdeutsche Tonware des 10. —12. J h . im nordwestlichen Sachsen, Sachs. Vorzeit 5,1941. E. Schirmer, Die deutsche Irdenware d. 11. —15. J h . im engeren Mitteldeutschland, Irmin, vorgesch. J a h r b . d. German. Mus. J e n a 1, 1939. K . Strauß, Studien zur mittelalterlichen Keramik, Mannus 30, 1923. J . Kretzschmar, Die frühmittelalterliche Keramik im Lichte der Sicdlungsgeschichtc, Forschungen u. Fortschr. 15, 1939, S. 340ff. 1

) F u n d e aus der gleichen Zeit sind schon 1941 von G. Behm-Blancke geborgen worden, Ortsakten beim I n s t i t u t f ü r Vor- und Frühgeschichte der D A W Berlin. 2 ) L t . Ortsakten P o t s d a m ; der Verbleib des Materials ist unbekannt, nähere Bestimmung deshalb nicht möglich. 3 ) Ortsakten wie unter x ). 4 ) Frühdeutsche Scherben sind in der Spreestraße, in der Breiten Straße, in der Xalic des Fiirstcnwaldcr Tores und auch auf dem Kietz gefunden worden. 5 ) Siehe hierzu die K a r t e der wichtigsten Wüstungen, Gewanne, Flurnamen ..., P. Grimm 1953, Abb. 18. 6 ) Nach dem Flemingsbuch von 1711, zit. bei P . Grimm, 1953, S. 29, Anm. 18. 7 ) Es m u ß in diesem Zusammenhang völlig unklar bleiben, wie L u d a t zu der Bezeichnung „ A u s b a u " gekommen ist.

II. Das archäologische Fundmaterial

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Funde wird deshalb mit Absicht auf die Lokalbezeichnung „Kietz" verzichtet. Slawische Gefäßreste sind auf dem Gelände des Heideckschen Grundstückes, auf dem Gelände des Institutes f ü r Landtechnik der Deutschen Akademie der Landwirtschaftswissenschaften und auf der Stelle des Ortes gefunden worden, auf der die wenigen Kossätenhöfe Bornims liegen. Auf dem Grundstück Rückertstraße 3 — hier befand sich ehemals der Amtsgarten von Bornim — konnten ebenfalls slawische Scherben geborgen werden, unter denen sich ein Stück aus der Zeit vor 1000 und ein Stück aus der nachfolgenden Zeit (mit Gurtfurchenornamentik) befand. Vom gleichen Grundstück und vom Gelände des ehemaligen Schlosses stammen auch zahlreiche blaugraue, frühdeutsche und jüngere Gefäßreste. Ein sehr unterschiedliches Fundbild zeigen die Brandenburger Kietze (Nr. 27 — 30, Abb. 21b, 32). Aus diesem Grunde gehören die Kietze von Brandenburg-Altstadt und Brandenburg-Neustadt nicht in diese Gruppe hinein. Die beiden Domkietze stehen im Verhältnis zu anderen Kietzen mit slawischer Keramik gegenüber dem Vorkommen von frühdeutscher Ware am günstigsten da. Eine Erscheinung, die sich u . a . aus der großen Bedeutung Brandenburgs in slawischer Zeit erklärt. Vom Gelände des großen Domkietzes, der jetzigen Hevellerstraße, stammen 26 datierbare slawische Keramikreste; 18 mit Gurtfurchen verzierte Stücke gehören davon in die spätslawische Siedlungsperiode. Weiterhin sind in der Hevellerstraße bereits früher slawische Siedlungsreste gefunden worden 1 ). Diesem Material stehen zahlreiche blaugraue, frühdeutsche und lediglich einige jüngere, glasierte Stücke gegenüber. Vom kleinen Domkietz konnten 18 einwandfrei als slawisch bestimmbare Scherben geborgen werden; auch dieses Material ließ sich in mittel- und spätslawisch aufteilen. Neben zahlreichen blaugrauen, frühdeutschen Keramikstücken sind auch hier wiederum einige glasierte Gefäßreste geborgen worden 2 ). Unter den Fundmaterialien, die auf dem ,,Kietzberg 1 ' in Fürstenwerder, Kr. Prenzlau (Nr. 54), geborgen worden sind, befindet sich lediglich ein Stück, das in die slawische Besiedlungsperiode einzuordnen wäre. I n Hohennauen (Nr. 76, Abb. 22 a) sind heute nur noch zwei Häuser bekannt, die zum Kietz gehören. Der Name Kietz als solcher existiert nicht mehr. Die ursprüngliche Siedlung wird wahrscheinlich größer gewesen sein. Aus diesem Grunde sind auch die Gärten und Äcker der angrenzenden Gehöfte abgesucht worden, um zu einem annähernd richtigen Bilde zu kommen. In den Gärten der beiden zum Kietz gehörenden Häuser sind nur blaugraue, frühdeutsche Scherben gefunden worden. Die slawische Keramik, die unverziert ist und auch keine Randstücke aufweist — sie kann deshalb nicht näher untergliedert werden 3 ) — stammt von den Gehöften, die in der unmittelbaren Nähe des Hohennauener Sees liegen. Keramik der mittelslawischen Periode ist aber auch bei der Kirche gefunden worden, die den beiden H ä u sern des Kietzes in einer Entfernung von etwa 30 m unmittelbar gegenübersteht. Sichere Hinweise f ü r die slawische Besiedlung nach 1000 fehlen f ü r diesen Teil des Ortes ganz. Von ganz besonderer Art sind die Verhältnisse in Kietz bei Rhinow (Nr. 86, Abb. 24c). Der besseren Ubersicht wegen sind hier drei Fundgebiete herausgestellt worden, der eigentliche Kietz, die Mühlenburg und der sog. Bollmanns-Berg. Alle drei stellen insgesamt den heutigen selbständigen Ortsteil Kietz dar 4 ). Vom eigentlichen Kietz, einem verhältnismäßig Ortsakten Potsdam. -) Das gesamte archäologische Fundbild von Brandenburg darzustellen, würde den Rahmen der Arbeit übersehreiten. In diesem Zusammenhang sei aber darauf hingewiesen, daß der slawische Siedlungskern auf der Dominsel und auf dem Gelände der Neustadt lag; für die Altstadt Brandenburg fehlen die slawischen Fundmaterialien so gut wie ganz. 3 ) Es ist eingangs bereits betont worden, daß es bei der zeitlichen Bestimmung der unverzierten Mittelscherben nicht immer möglieh ist, zwischen slawischer und bronzezeitlicher Keramik zu trennen; auch bei diesen Stücken bleibt die Möglichkeit der älteren Datierung offen. 4 ) Der Ort wird aus diesem Grunde schon mit aufgeführt, obwohl die zur Vorlage kommenden slawischen Funde nicht direkt von dem Teil des Ortes stammen, der den eigentlichen Kietz darstellt.

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großen Straßendorf, stammen zahlreiche blaugraue, frühdeutsche und mittelalterliche Scherben. Unter den bereits früher geborgenen Gegenständen befindet sich ein Kugeltopf mit Fischschuppen. Es ist der einzige, der von einer größeren Zahl gleicher Art erhalten geblieben i s t 1 ) ; dazu gehört auch ein dreibeiniger Grapen. Sichere Hinweise f ü r eine Besiedlung in slawischer Zeit fehlen f ü r den eigentlichen Kietz ganz. Sie sind d a f ü r aber in starkem Maße f ü r die Mühlenburg vorhanden. Vom Gelände der Mühlenburg konnten 40 slawische Gefäßreste geborgen werden. Wenige Hinweise f ü r die spätslawische Besiedlung sind durch gurtfurchenverzierte Keramik gegeben. Zahlreiche schon früher geborgene Funde aus dem Rhin und von der Mühlenburg bestätigen diese Erscheinung. Bereits im J a h r e 1912 sind unterhalb der Rhinbrücke und auf dem Gelände der Mühlenburg kammstrichverzierte slawische Scherben gefunden worden. I m Museum Rathenow lagen von der Fundstelle Mühlenburg zwei Schädel und ein Bodenstück eines vermutlich slawischen Gefäßes. Die Privatsammlung des Lehrers Rausch in Rhinow beherbergte vom gleichen Ort zwei dolchartig zugespitzte durchbohrte Gelenkknochen und einen oben abgebrochenen Tonglätter aus Hirschhorn. Trotz des reichhaltigen Fundmaterials sind die Beweise f ü r die spätslawische Besiedlung sehr gering. Die frühdeutsche und mittelalterliche Besiedlungsphase ist f ü r die Mühlenburg durch einige Keramikreste belegt. Vom Gelände „Bollmanns-Berg" sind neben einigen blaugrauen frühdeutschen Stücken nur Reste von jungbronzezeitlicher und friiheisenzcitlicher Keramik vorhanden. Einige nicht näher bestimmbare slawische Gefäßreste sind auch auf dem Gebiet des Lebuser Kietzes (Nr. 93, Abb. 24d) gefunden worden 2 ). Zwei Gefäßreste der mittelslawischen Keramik konnten neben wenigen blaugrauen, frühdeutschen Scherben auch auf dem Kietz von Müllrose (Nr. 104, Abb. 35a) geborgen werden. Der Kietz von Ostrorög (Nr. 115, Abb. 6) ist nicht mehr zu lokalisieren. Trotzdem seien auch hier einige mittelslawische Gefäßreste angeführt, die auf dem Gelände der Vorburg gefunden worden sind; zu diesen Stücken kommen einige blaugraue und einige glasierte, jüngere Scherben. Auf die Möglichkeit der I d e n t i t ä t von Vorburggelände und Kietz ist anfangs bereits hingewiesen worden. Vom Kietz in Plaue (Nr. 121, Abb. 25d) kann nur ein spätslawisches Keramikstück vorgelegt werden. 1938 ist hier nördlich der Havelbrücke ein weiterer slawischer Gefäßrest gefunden worden. Unklar muß die zeitliche Zuweisung eines Grabes in der Königsmarkstraße bleiben; der hier gefundene Tote, der eine nicht näher bestimmbare Münze im Munde hatte, war von einem Holzrahmen umgeben, der als Sarg zu deuten ist 3 ). Mit zwei Scherben aus der mittelslawischen Besiedlungsperiode dürfte der Kietz von Schollene (Nr. 144, Abb. 22d) in bezug auf das Vorkommen von slawischer Keramik zu dieser Gruppe gerechnet werden können. Von den zwei vorstehend genannten Kietzen liegt dagegen die frühdeutsche und mittelalterliche Keramik in reicher Anzahl vor. Von der Flurstelle „Kietz" in Stolpe (Nr. 155, Abb. 5d) — heute gehört dieses Ackerstück bereits zur Gemarkung der Gemeinde Gellmersdorf — stammen 7 einwandfrei mittelslawische und 8 spätslawische Scherben. Das Fundmaterial wird durch zahlreiche frühdeutsche Gefäßreste ergänzt. Aber auch auf dem Gelände des heutigen Ortes haben Slawen gewohnt, wie aus vielen gefundenen Scherben in der Nähe des Schlosses hervorgeht. Die Zahl der hier gefundenen Keramikreste weist auf eine ehemalige Siedlung hin. Beachtenswert ist eine im J a h r e 1910 aufgestellte Liste aller im Schloß vorhanden gewesenen „ R a r i t ä t e n " . Es wurden u. a. Ortsakten Potsdam. ) Die relativ geringe Zahl der auf dem Lebuser Kietz gefundenen alten Keramikreste erklärt sich aus den augenblicklichen Verhältnissen in dieser Siedlung; fast die Hälfte der vorhanden gewesenen Häuser ist durch die Kriegseinwirkungen zerstört worden. Einige Grundstücke sind deshalb unbewohnt und zum Absuchen nach Oberflächenfunden nicht geeignet. 3 ) Ortsakten Potsdam,

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II. Das archäologische Fundmaterial

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fünf slawische Gefäße aus der Zeit nach 1000, zwei slawische Hufeisen, die auf dem Kietz bei Stolpe gefunden worden sind, und sechs blaugraue Gefäße mit aufgeführt. Bemerkenswert ist weiterhin ein Bericht über den Versand eines Kugeltopfes im J a h r e 1939 durch den damaligen Besitzer des Schlosses (v. Busch) an den Landesoberverwaltungsrat. I n diesem Topf sollen sich Münzen befunden haben, von denen die älteste aus dem J a h r e 1020 stammte 1 ). Leider konnte dieser wichtige F u n d nicht mehr überprüft werden, weil der Verbleib der Münzen und des Gefäßes nicht zu ermitteln ist. Da weder der Fundort noch die näheren F u n d u m s t ä n d e bekannt sind, muß auf diesen Hinweis bei der weiteren Auswertung der Fundmaterialien verzichtet werden. Ein mittelslawischer Gefäßrest befindet sich auch unter den zahlreichen blaugrauen, frühdeutschen Scherben vom Kietz in Stolzenhagen (Nr. 156, Abb. 26e).

3. K I E T Z E M I T F U N D M A T E R I A L A U S F R Ü H D E U T S C H E R UND JÜNGERER

ZEIT

Diesen 14 Kietzen mit relativ wenigem slawischen Fundmaterial 2 ) stehen 57 Kietze gegenüber, auf denen ausschließlich frühdeutsche oder jüngere mittelalterliche Keramik gefunden worden ist. Zu dieser Gruppe gehören die Kietze von Alt Friedland (Nr. 3), Altruppin (Nr. 5, Abb. 23a, 20), Bad Schmiedeberg (Nr. 10), Bad Freienwalde (Nr. 9), Berlin-Köpenick (Nr. 15, Abb. 24a, 33), Berlin-Kölln (Nr. 14), Biesenthal (Nr. 19, Abb. 24b), Birkenwerder (Nr. 20), Blankensee (Nr. 22, Abb. 21a), Bömenzien (Nr. 25, Abb. 5a), Brüel (Nr. 31), Drezdenko (Nr. 44, Abb. 21 d), Dyrotz (Nr. 45), Fahrland (Nr. 47, Abb. 21 e), Falkenhagen (Nr. 48), Frankfurt/O. (Nr. 51), Fürstenberg/O. (Nr. 53), Glindow (Nr. 60), Gohlitz (Nr. 62, Abb. 5 c), Golßen (Nr. 63), Golzow (Nr. 64), Gräben (Nr. 67, Abb. 36 c), Gröben (Nr. 68, Abb. 34), Güntherberg (Nr. 72), Kalisz Pomorski (Nr. 83), Kietz, K r . Ludwigslust (Nr. 85), Kremmen (Nr. 89, Abb. 25b), Lichtenow (Nr. 94), Lübben (Nr. 98), Neuendorf (Nr. 106, Abb. 4c), Neuermark (Nr. 108, Abb. 26d), Neuzauche (Nr. 111, Abb. 3d), Oderberg (Nr. 112, Abb. 23 c), Osno (Nr. 113), Osternienburg (Nr. 114), Parey (Nr. 117), Phöben (Nr. 120, Abb. 7), Potsdam (Nr. 123, Abb. 9, 23d), Pritzerbe (Nr. 126, Abb. 22b), Recz (Nr. 134, Abb. 22c), Schmölln (Nr. 140), Schwante (Nr. 147, Abb. 25e), Schwedt (Nr. 148, Abb. 24e), Seehausen (Nr. 150), Slonsk (Nr. 153, Abb. 25f), Storkow (Nr. 157, Abb. 22e), Strausberg (Nr. 159, Abb. 26f), Sulecin (Nr. 160, Abb. 35c), Sydow (Nr. 161, Abb. 5e), Trebbin (Nr. 164, Abb. 23 e), Treuenbrietzen (Nr. 167), Tucheim (Nr. 168), Waren (Nr. 171), Werder (Nr. 172), Wriezen (Nr. 179) und Zossen (Nr. 185). Obwohl die Zahl der geborgenen Fundstücke keine bindenden Rückschlüsse auf die Größe des Kietzes sowie auf die Intensität der Besiedlung erlaubt — die Fundgewinnung ist besonders im vorliegenden Fall von vielen sekundären Faktoren abhängig, die den primären Zustand der alten Siedlung oftmals bis zur völligen Veränderung umgestaltet haben — sei doch bemerkt, daß das Material rein zahlenmäßig f ü r die einzelnen Kietze sehr verschieden ist. Auf dem Kietz in Bad Freienwalde konnte nur eine Randscherbe eines blaugrauen Kugelgefäßes geborgen werden; in Birkenwerder und Bömenzien waren es jeweils nur zwei blaugraue Gefäßreste, zu denen noch einige glasierte Stücke hinzukommen; das gleiche Fundbild ist f ü r die Kietze von Dyrotz, Frankfurt/Oder, Gohlitz, Golzow, Gräben, Kalisz-Pomorski, Neuendorf und Treuenbrietzen festzustellen. Vom Ort Kietz, Kr. Ludwigslust, von der Flurstelle Kietz in Sydow und vom Kietz in Sulecin liegen nur glasierte Gefäßreste des Mittelalters vor; die blaugraue, frühdeutsche Keramik fehlt hier gänzlich. Einige Bemerkungen sind zur Beschreibung des Schwedter Materials notwendig, das schon beim Aufsuchen durch eine auffallende Dickwandigkeit und Rauheit der Scherben auffiel. Neben diesen rauhen Gefäßresten sind aber auch solche gefunden worden, die sich durch *) Ortsakten Potsdam.

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) Der Ort Bornim, Kr. Potsdam-Land, kann nicht mehr berücksichtigt werden.

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einen glänzenden, fetten Ton und durch eine auffallende Dünnwandigkeit auszeichnen. Beide Keramikarten gehören in die späte Bronzezeit. Weitere Funde vom Schwedter Kietz, unter denen sich Untersteine von neolithischen Handmühlen, eine Kanne vom Göritzer Typ und blaugraue Keramikreste befanden, lagen im Schwedter Museum 1 ). Die gleiche Art der dickwandigen rauhen Scherben konnte in einigen Exemplaren auch auf den Kietzen von Blankensee, Friedland, Gröben, Neuzauche, Schmölln und Stolzenhagen geborgen werden. Von den noch verbleibenden 86 aufgesuchten Kietzsiedlungen, die ohne Ausnahme zu den jüngeren Ausbauten und Teilsiedlungen der jeweiligen Städte und Dörfer zu rechnen sind, können keine Funde vorgelegt werden.

4. Ü B E R S I C H T Ü B E R D I E F U N D V E R T E I L U N G Nach diesen Darlegungen ergibt sich unter Berücksichtigung aller zur Verfügung stehender Oberflächenfunde und bereits vorhanden gewesener Fundmaterialien folgende Aufgliederung der zur Verfügung stehenden Hinweise auf Kietzsiedlungen : 1. Irrtümlich als Kietz bezeichnete Siedlungsteile in: Ahrensdorf, Kr. Zossen; Ammelshain, Kr. Grimma; Angermünde; Bliesendorf, Kr. PotsdamLand; Bornim, Kr. Potsdam Fürstenwalde/Spree; Grabow, Kr. Ludwigslust; Hennigsdorf, Kr. Oranienburg; Ketzin, Kr. Nauen; Lenzen, Kr. Ludwigslust; Luckau; Lübeck; Paaren, Kr. Potsdam-Land; Paplitz, Kr. Genthin; Rosenthal, Kr. Luckau;Ütz, Kr. PotsdamLand; Wachow, Kr. Nauen; Wandlitz, Kr. Bernau. 2. Orte mit Kietzhinweisen, die sich weder quellenmäßig noch lokal bestimmen lassen: Forst; Genschmar, Kr. Seelow; Göttin, Kr. Brandenburg-Land; Görzke, Kr. Beizig; Groß Thondorf, Kr. Ülzen; Hitzacker, Kr. Dannenberg/Elbe; Hönow, Kr. Strausberg; Köritz, Kr. Kyritz; Neuendorf, Kr. Beizig; Reitwein, Kr. Seelow; Seehausen, Kr. Leipzig; Wellmitz, Kr. Fürstenberg/O.; Wollin, Kr. Brandenburg-Land; Wusterhausen, Kr. Kyritz; Zachow, Kr. Nauen; Ziltendorf, Kr. Fürstenberg/O. 3. Orte, in denen wahrscheinlich eine Kietzsiedlung vorhanden war, die heute aber nicht mehr lokal zu bestimmen ist: Atikershagen, Kr. Waren (Nr. 8); Berlin-Lichtenberg (Nr. 16); Buckow, Kr. Strausberg (Nr. 34); Bützow (Nr. 36), Drense, Kr. Prenzlau (Nr. 43); Fürstenberg, Kr. Gransee; Großwudicke, Kr. Rathenow (Nr. 70); Havelberg (Nr. 74); Kalbe/M. (Nr. 82); Liebenwalde, Kr. Oranienburg (Nr. 95); Marquardt, Kr. Potsdam-Land (Nr. 101); Nahmitz, Kr. Brandenburg-Land (Nr. 105); Ostrorög, Kr. Szamotuly (Nr. 115); Saarmund, Kr. Potsdam-Land (Nr. 136). 4. Bekannte und heute noch lokalisierbare ältere Kietze, von denen wegen Überbauungen oder Veränderungen des gesamten Geländes keine Funde mehr vorgelegt werden können: Alt Töplitz, Kr. Potsdam-Land (Nr. 6); Berlin-Spandau (Nr. 17); Brandenburg-Neustadt (Nr. 29); Bützer, Kr. Rathenow (Nr. 35); Criewen, Kr. Angermünde (Nr. 39); Gadebusch (Nr. 55); Gerdeswalde, Kr. Grimmen (Nr. 59); Gorzow Wielkopolski (Landsberg/W.) (Nr. 66); Hagenow, Kr. Ludwigslust (Nr. 73); Kietz, Kr. Seelow (Nr. 87); Lunow, Kr. Eberswalde (Nr. 99); Neustadt-Glewe, Kr. Ludwigslust (Nr. 109); Plötzkau, Kr. Bernburg (Nr. 122); Rathenow (Oberkietz) (Nr. 130); Rathenow (Mittelkietz) (Nr. 131); Rathenow (Jederitzer Kietz) (Nr. 132); Wittenberge, Kr. Perleberg (Nr. 175); Zehdenick, Kr. Gransee (Nr. 182); Zützen, Kr. Angermünde (Nr. 187). 5. Kietze, von denen Fundmaterialien aus der slawischen Zeit vorgelegt werden können: Beeskow (Nr. 11); Bitterfeld (Nr. 21); Brandenburg (Großer Domkietz) (Nr. 27); Brandenburg (Kleiner Domkietz) (Nr. 28); Fürstenwerder, Kr. Prenzlau (Nr. 54); Hohennauen, Die Funde sind durch die Kriegseinwirkungen zerstört worden; frdl. Mitt. von Lehrer Borris, Leiter des Schwedter Museums.

II. Das archäologische Fundmaterial

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Kr. Rathenow (Nr. 76); Kietz (Rhinow), Kr. Rathenow (Nr. 86); Lebus, Kr. Seelow (Nr. 93); Müllrose, Kr. Fürstenberg/O. (Nr. 104); Plaue, Kr. Brandenburg-Land (Nr. 121), Schollene, Kr. Rathenow (Nr. 144); Stolpe, Kr. Angermünde (Nr. 155); Stolzenhagen, Kr. Eberswalde (Nr. 156). 6. Kietze, von denen nur frühdeutsche und jüngere Funde vorgelegt werden können: Altfriedland (Nr. 3); Altruppin (Nr. 5); Bad Freienwalde (Nr. 9); Bad Schmiedeberg (Nr. 10); Berlin-Kölln (Nr. 14); Berlin-Köpenick (Nr. 15); Biesenthal (Nr. 19); Birkenwerder (Nr. 20); Blankensee (Nr. 22); Bömenzien (Nr. 25); Brandenburg-Altstadt (Nr. 30); Brüel (Nr. 31); Drezdenko (Nr. 44), Dyrotz (Nr. 45); Fahrland (Nr. 47); Falkenhagen (Nr. 48); Frankfurt/O. (Nr. 51); Fürstenberg/O. (Nr. 53); Glindow (Nr. 60); Gohlitz (Nr. 62); Golßen (Nr. 63); Golzow (Nr. 64); Gräben (Nr. 67); Gröben (Nr. 68); Güntherberg (Nr. 72); Kalisz Pomorski (Kallies) (Nr. 83); Kietz (Nr. 85); Kremmen (Nr. 89); Lichtenow (Nr. 94); Lübben (Nr. 98); Neuendorf (Nr. 106); Neuermark (Nr. 108); Neuzauche (Nr. 111); Oderberg (Nr. 112); Osno (Drossen) (Nr. 113); Osternienburg (Nr. 114); Parey (Nr. 117); Phöben (Nr. 120); Potsdam (Nr. 123); Pritzerbe (Nr. 126);Recz (Reetz) (Nr. 134); Schmölln (Nr. 140); Schwante (Nr. 147); Schwedt (Nr. 148); Seehausen (Nr. 150); Slorisk (Sonnenburg) (Nr. 153); Storkow (Nr. 157); Strausberg (Nr. 159); S u t e r n (Zielenzig) (Nr. 160); Sydow (Nr. 161); Trebbin (Nr. 164); Treuenbrietzen (Nr. 167); Tucheim (Nr. 168); Waren (Nr. 171); Werder (Nr. 172); Wriezen (Nr. 179); Zossen (Nr. 185)1). 7. Kietze, die als jüngere Anlagen zu bezeichnen sind; von ihnen können keine auswertbaren Bodenfunde vorgelegt werden: Ahrensfelde, Kr. Bernau (Nr. 1); Alt Bork, Kr. Beizig (Nr. 2); Althüttendorf, Kr. Eberswalde (Nr. 4); Berkholz, Kr. Angermünde (Nr. 12); Berlin (die jüngeren Kietze) (Nr. 13); Biegen, Kr. Fürstenwalde (Nr. 18); Blumberg, Kr. Bernau (Nr. 23); Bölkendorf, Kr. Eberswalde (Nr. 24); Bornsdorf, Kr. Luckau (Nr. 26); Buchhain, Kr. Finsterwalde (Nr. 32); Buchholz, Kr. Potsdam-Land (Nr. 33), Burg (Nr. 37); Cammer, Kr. Beizig (Nr. 38); Dallgow, Kr. Nauen (Nr. 40), Deetz, Kr. Zerbst (Nr. 41), Drahnsdorf, Kr. Luckau (Nr. 42); Eberswalde (Nr. 46); Falkenrehde, Kr. Nauen (Nr. 49); Flatow, Kr. Oranienburg (Nr. 50); Fredersdorf, Kr. Strausberg (Nr. 52); Gadsdorf, Kr. Teltow (Nr. 56); Ganzer, Kr. Neuruppin (Nr. 57); Gartz, Kr. Angermünde (Nr. 58); Götz, Kr. Brandenburg-Land (Nr. 61); Golzow, Kr. Seelow (Nr. 65); Groß Briesen, Kr. Beizig (Nr. 69); Grünow, Kr. Prenzlau (Nr. 71), Heckelberg, Kr. Bad Freienwalde (Nr. 75); Jacobsdorf, Kr. Fürstenwalde (Nr. 77); Jänickendorf, Kr. Luckenwalde (Nr. 78); Jerichow, Kr. Genthin (Nr. 79); Jetsch, Kr. Luckau (Nr. 80); Kaarz, Kr. Sternberg (Nr. 81); Kerzlin, Kr. Neuruppin (Nr. 84); Köpernitz, Kr. Brandenburg-Land (Nr. 88); Krossen, Kr. Luckau (Nr. 90); Kurtschlag, Kr. Gransee (Nr. 91); Langensee, Kr. Güstrow (Nr. 92); Lockstädt, Kr. Pritzwalk (Nr. 96); Löwenberg, Kr. Gransee (Nr. 97), Mark. Buchholz, Kr. Königs Wusterhausen (Nr. 100); Mörz, Kr. Beizig (Nr. 102); Mühlenbeck, Kr. Oranienburg (Nr. 103); Neuenhagen, Kr. Bad Freienwalde (Nr. 107); Neu Tucheband, Kr. Seelow (Nr. 110); Paplitz, Kr. Zossen (Nr. 116); Pechüle, Kr. Jüterbog (Nr. 118); Peißen, Kr. Bernburg (Nr. 119); Prenzlau (Nr. 124); Prillwitz, Kr. Waren (Nr. 125); Pritzwalk (Nr. 127); Prützke, Kr. Brandenburg-Land (Nr. 128); Radinkendorf, Kr. Beeskow (Nr. 129); Rathstock, Kr. Seelow (Nr. 133); Rottstock, Kr. Brandenburg-Land (Nr. 135), Schilde, Kr. Perleberg (Nr. 137); Schlenzer, Kr. Jüterbog (Nr. 138); Schiunkendorf, Kr. Potsdam-Land (Nr. 139); Schöneberg, Kr. Angermünde (Nr. 141); Schönfließ, Kr. Oranienburg (Nr. 142); Schönwalde, Kr. Lübben (Nr. 143); Schützberg, Kr. Jessen (Nr. 145); Schulzendorf, Kr. Gransee (Nr. 146); Seefeld, Kr. Bernau (Nr. 149); Seehausen, Kr. Jüterbog (Nr. 151); Seelübbe, Kr. Prenzlau (Nr. 152); Stendell, Kr. Angermünde (Nr. 154); Storkow, Kr. Teinplin (Nr. 158); Szczecin (Stettin) (Nr. 162); Tarmow, Kr. Neuruppin (Nr. 163); Trebnitz, Kr. Seelow (Nr. 165); Trechwitz, Kr. Brandenburg-Land (Nr. 166); Viesen, Kr. Brandenburg-Land Einige bronzezeitliche Stücke stammen von den Kietzen in Altfriedland, Blankensee, Gräben, Parey, Schwedt.

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(Nr. 169); Walddrehna, Kr. Luckau (Nr. 170); Werneuchen, Kr. Bernau (Nr. 173); Wittbrietzen, Kr. Potsdam-Land (Nr. 174); Witzin, Kr. Sternberg (Nr. 176); Wolfshagen, Kr. Perleberg (Nr. 177); Woltersdorf, Kr. Fürstenwalde (Nr. 178), Zaschendorf, Kr. Sternberg (Nr. 180) ; Zeddenick, Kr. Burg (Nr. 181) ; Zernsdorf, Kr. Königs Wusterhausen (Nr. 183) Zieckau, Kr. Luckau (Nr. 184); Zühlsdorf, Kr. Oranienburg (Nr. 186); Neulietzegöricke, Kr. Bad Freienwalde (Nr. 189); Sandersleben, Kr. Hettstedt (Nr. 190); Herzberg (Nr. 188). 8. Auf polnischem Gebiet liegende und nicht aufgesuchte Kietzsiedlungen: Babinek, gryf. (Heinrichsdorf) (Nr. 190a) ; Barnówko, gorz. (Berneuchen) (Nr. 191 ) ; Brzoza, strz. (Birkholz) (Nr. 192), Cedynia, choj. (Zehden) (Nr. 193), Chelst, strz. (Neuteich) (Nr. 194); Chojna, choj. (Königsberg) (Nr. 195); Choszczno, choszcz. (Arnswalde) (Nr. 196); Chwarstnica, gryf. (Klein Schönfeld) (Nr. 197); Czarnków, Zanotecke pil. (Scharnikau) (Nr. 198); Czarnowo, kros. (Neuendorf) (Nr. 199); Czelin, choj. (Zellin) (Nr. 200);Danków, strz. (Tankow) (Nr. 201); Dobiegniew, strz. (Woldenberg) (Nr. 202), Dobra, slup. (Daber) (Nr. 203); Dobrojewo, gorz. (Johanneswunsch) (Nr. 204); Dobropole, choj. (Dobberphul) (Nr. 205), Drawsko Pomorski, draw. (Dramburg) (Nr. 206); Drzewica, kros. (Drewitz) (Nr. 207); Gluchów, swieb. (Glauchow-Bork) (Nr. 208); Gorzno, choszcz. (Göhren) (Nr. 209), Gorzyca, rzep. (Göritz) (Nr. 210); Grabice, gub. (Reichersdorf) (Nr. 211); Grabowo, choj. (Grabow) (Nr. 212); Gronów, rzep. (Grunow) (Nr. 213); Gryfino, gryf. (Greifenhagen) (Nr. 214); Gubin, gub. (Guben) (Nr. 215); Jenin, gorz. (Gennin) (Nr. 216); Kamieri Wielki, gorz. (Groß Cammin) (Nr. 217); Kolsk, choszcz. (Kölzig) (Nr. 218); Kostrzyn, gorz. (Küstrin) (Nr. 219); Krajnik Dolny, choj. (Nieder Kränig) (Nr. 220); Krosno Odrzanskie, kros. (Krossen) (Nr. 221); Kruzwin, mysl. (Simonsdorf) (Nr. 222); Krzecin, choszcz. (Kranzin) (Nr. 223); Kurzycko, choj. (Voigstdorf) (Nr. 224); Kwiatkowice, gorz. (Blumenthal) (Nr. 225); tasko, choszcz. (Alt Hütte) (Nr. 226); tcgowo, strz. (Vorbruch) (Nr. 227); Lisie Pole, gryf. (Uchtdorf) (Nr. 228); Lubogoszcz, kros. (Eichberg) (Nr. 229); Lubno, gorz. (Liebenow) (Nr. 230); Marwice, gryf. (Marwitz) (Nr. 231); Moscice, gorz. (Blumberg) (Nr. 232); Myslibórz, mysl. (Soldin) (Nr. 233); Nawodna, choj. (Nahausen) (Nr. 234); Nowogard, now. (Naugard) (Nr. 235); Oborzany, choj. (Nabern) (Nr. 236); Osiek, strz. (Wutzig) (Nr. 237); Osinów, Dolny, choj. (Niederwutzen) (Nr. 238); Pelczyce, mysl. (Bernstein) (Nr. 239); Plonsko, pyrz. (Plönzig) (Nr. 240); Przynotecko, strz. (Netzbruch) (Nr. 241); Pyrzany, gorz. (Pyrehne) (Nr. 242); Radnica, kros. (Rädnitz) (Nr. 243); Ryszewo, pyrz. (Groß Rischow) (Nr. 244); Santocko, gorz. (Zanzin) (Nr. 245); Santock, gorz. (Zantoch) (Nr. 246); Sarbinowo, choj. (Zorndorf) (Nr. 247); Slonów, strz. (Schlanow) (Nr. 248); Stary Przylep, pyrz. (Alt Prilipp) (Nr. 249); Sulimierz, mysl. (Adamsdorf) (Nr. 250); Suliszewo, choszcz. (Zühlsdorf) (Nr. 251); Swiniary, rzep. (Schweinert) (Nr. 252); Swobnica, gryf. (Wildenbruch) (Nr. 253); Sycowice, kros. (Leitersdorf) (Nr. 254); Szczecinek, szczec. (Neustettin) (Nr. 255); Szumilówo, choj. (Alt Schaumburg) (Nr. 256); Tarnów, gorz. (Tornow) (Nr. 257); Walcz, wal. (Deutsch Krone) (Nr. 258); W^gorzyn, gryf. (Wangerin) (Nr. 259); Widuchowa, gryf. (Fiddichow) (Nr. 260); Wielen, pil. (Filehne) (Nr. 261); Wlostów, gorz. (Lossow) (Nr. 262); Zatom, choszcz. (Zatten) (Nr. 263); Zwierzyn, strz. (Neumecklenburg) (Nr. 264).

5. A U S G R A B U N G E N Es wurde schon darauf hingewiesen, daß der Oberflächenbefund von vielen Einflüssen abhängig ist. In einigen Fällen mußte deshalb auf die Vorlage von Funden verzichtet werden. Um diesen zweifelsohne bestehenden und auch erkannten Unsicherheitsfaktor auf ein recht kleines Ausmaß zu beschränken, sind als Ergänzung zu den jeweiligen Flurbegehungen in 12 Kietzen kleinere Suchschnitte angelegt worden. Dank eines gut beobachteten Aufschlusses, der beim Anlegen eines Rohrgrabens im Kietz von Potsdam entstanden ist (Abb. 10), kann auch Potsdam zu diesen, durch eine Grabung untersuchten Kietzen gerechnet werden.

II. Das archäologische Fundmaterial

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Da zunächst die vorherrschende Grundfrage nach dem Alter der Kietze beantwortet werden sollte — alle anderen Gesichtspunkte ließen sich auf diese Frage zurückführen — wurden erstens die Kietze f ü r die Untersuchung ausgesondert, in denen die slawische Bevölkerung noch durch das spätere schriftliche Urkundenmaterial bezeugt ist; das ist sowohl f ü r die Kietze von Berlin-Köpenick und Potsdam als auch f ü r Wriezen der Fall 1 ). Soweit günstige Geländevoraussetzungen f ü r die Anlage von Suchschnitten vorhanden waren, sind weiterhin auch einige Kietze untersucht worden, in deren Nähe eine frühdeutsche und eine slawische Befestigungsanlage nachzuweisen ist oder zumindest vermutet werden k a n n ; das trifft f ü r die Orte Altruppin, Kr. Neuruppin, Brandenburg-Altstadt, Storkow, Kr. Beeskow, Lebus, Kr. Seelow, Fahrland, Kr. Potsdam und mit Einschränkungen auch f ü r Biesenthal, Kr. Bernau und Zossen zu. Der fast völlig negative Oberflächenbefund vom Kietz in Bad Freienwalde war weiterhin ein Gesichtspunkt, um auch hier einen Suchschnitt anzulegen. Mit Hilfe des Schnittes sollte außerdem eine Aussage über die oft geäußerte Vermutung der Verlegung des Kietzes an seine jetzige Stelle gemacht werden. Die relativ frühe Erwähnung des Frankfurter Kietzes und der auffallend geringe slawische Fundniederschlag auf dem F r a n k f u r t e r Stadtgebiet — in Anknüpfung an die bekannte Zweisamkeit von Burgstelle und altem Kietz, die in F r a n k f u r t zu fehlen scheint — waren ein weiterer Grund, auch im Kietz von Frankfurt/O. einen Suchschnitt zur Klärung des Alters der Besiedlung des Kietzgeländes anzulegen. Schließlich sei noch auf die Anlage von zwei Suchschnitten auf dem vermeintlichen Kietzgelände von Liebenwalde hingewiesen, das mit Hilfe der „ K a r t e sämtlicher Vorwerke und Kietze an der Havel aus dem 18. J a h r h u n d e r t " 2 ) erschlossen worden ist. Berlin-Köpenick

(Nr. 15, Abb. 12, 13)

Die natürliche Erhöhung, auf der der Kietz am Ostufer der Dahme (des sog. „Frauentoges") liegt, gestattete eine einwandfreie Untersuchung bis in den anstehenden Boden hinein, der sich als gelber Sand darstellte (Abb. 12). Es wurden insgesamt 5 Suchschnitte angelegt. Die Größe der Schnitte h a t t e in der Regel ein Ausmaß von 1 m in der Breite und 3 m in der Länge. Soweit die örtlichen Gegebenheiten es zuließen, sind auf allen vorstehend aufgeführten 12 Kietzen die gleichen Ausmaße angewendet worden. Der Möglichkeit eines Ansiedlungsvorganges auf dem Köpenicker Kietz von der westlichen, wasserseitigen zur östlichen, landseitigen Häuserzeile ist insofern Rechnung getragen worden, als auf der westlichen Straßenseite drei und auf der östlichen zwei Suchschnitte angelegt worden sind. Durch die Grabungen ist der Oberflächenbefund bestätigt worden. Unter dem zahlreich geborgenen Material fehlte auch hier der Niederschlag einer Besiedlung aus slawischer Zeit (Abb. 12). Das blaugraue, frühdeutsche Fundmaterial konnte bis auf den anstehenden Boden beobachtet werden 3 ). Jüngere Schwemmschichten und Brandablagerungen befanden sich über der eigentlichen Kulturschicht. Einige jüngere Keramikreste in diesen Ablagerungen sind als sekundär verlagert anzusehen und haben f ü r die Auswertung des Befundes keine Bedeutung. Das ausschließliche Vorkommen des frühdeutschen Materials unmittelbar über dem anstehenden Boden legt einen eindeutigen Beweis von der ersten Besiedlung des Geländes dar (Abb. 13). Zahlreiche Störungen des Bodens in der östlichen Häuserzeile des Kietzes ließen das Erkennen einer klaren und sichtbaren Stratigraphie nicht zu. Über die Möglichkeiten eines evtl. Besiedlungsvorganges, wie er einleitend angedeutet wurde, können deshalb keine Aussagen gemacht werden. Es ist jedoch bemerkenswert, daß der Anteil der blaugrauen, frühdeutschen Ware am gesamten Fundmaterial sehr gering ist. Für Köpenick „... und och die wende uf dem Kitze darselbens ..." (1387), A. F. Riedel, A XII, S. 7. Für Potsdam „ . . . Item Slaui de vico vel Kitz . . . " (1375), J . Schultze, 1940, S. 41. Für Wriezen die wende, unse vischern uff dem kycze czu Wretzin ...", A. F. Riedel, A XII, S. 430. 2 ) DZA Merseburg VI, 186; Karte von Schulenburg, Dt. Staatsbibliothek Berlin, Blatt 1006, 1. 3 ) B. Krüger, 1958, S. .130-133.

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BRUNO K E Ü G E R

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Abb. 12. Berlin-Köpenick (Nr. 15). Ostprofil des Schnittes in der Kaumannsgasse, Maßstab 1:20; I anstellender Boden; II frühdeutsche und mittelalterliche Kulturschicht; III hellgraue Sehwemmsandschieht; IV durch jüngere Einschlüsse gefiirbte Schwemmschicht; V jüngere Aufschüttung mit Brandablagerungen; VI heutige Oberfläche

Potsdam (Nr. 123, Abb. 9, 10) Die auffallende Wasserlage des Kietzes, der vom Stadtkanal, von der Havel und von der sog. Kietzbucht umgeben wird, zeigt den Zustand, der nach der Anlage des Havelstaues entstanden sein muß. Zwei Torf bänder in einer Tiefe von 1,50 m und 2,30 m unter der heutigen Oberfläche gaben zu dieser Meinung Anlaß 1 ). Bei der Anlage eines Rohrgrabens zwischen den Häusern Kietz Nr. 10 und Kietz Nr. 17 und 18 ist im J a h r e 1936 ein Profil zu beobachten gewesen, aus dem Abb. 13. Friihdeutsclie Keramikreste aus klar ersichtlich war, daß etwa 1,20 m jüngerer aufder ältesten Siedlungsschicht im Schnitt geschütteter Boden die heutige Oberfläche der Kietzin der Kaumannsgasse; Kietz von Berlinstraße darstellt. Darunter befand sich eine 50 cm Köpenick (1:3) starke, schwärzliche Schicht mit Mauersteinresten und frühmittelalterlicher Keramik, die bis auf den anstellenden Boden hinunterging (Abb. 10). R . Hoffmann setzte diese Keramik in den Beginn des 14. J h . Ältere Fundgegenstände sind nicht beobachtet worden.

Wriezen

(Nr. 179, A b b . 14, 15)

Der Schnitt ist auf dem Grundstück Weidemann, Alt-Kietz Nr. 3, angelegt worden. Die baulichen Verhältnisse zwangen dazu, den Schnitt relativ weit von der Straße durchzuführen. Die eigentliche Kulturschicht setzte bei einer Tiefe von 40 cm unter der heutigen Oberfläche unter einem schmalen. 5 cm starken, hellsandigen Schwemmband ein. In dieser ') R, Hoffmami. 1052.

II. Das archäologische Fundmaterial

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Abb. 14. Wriezen, Kr. Bad Freienwalde (Nr. 179). Westprofil des Schnittes auf dem Grundstück Alt-Kietz, Nr. 3; Maßstab 1:20; I anstehender Boden; I I frühdeutsche und mittelalterliche Kulturschicht; I I I jüngere Siedlungsschicht; IV neuere Schuttaufschüttung ; V heutige Oberfläche

Schicht, die als ehemalige Oberfläche anzusehen ist, lagen zahlreiche glasierte Keramikreste und auffallend viel Knochen. Bei einer Tiefe von 60 cm konnte ein leichtes Abfallen der Schichten, die hier bereits einen dunkelschwarzen Farbton hatten, nach Norden zu festgestellt werden. Der anstehende Boden setzte bei einer Tiefe von 1,10 m ein. Es war infolge des Eintretens von Grundwasser in den Schnitt nicht möglich, den anstehenden Boden auch dort zu erreichen, wo der Abfall der Schichten nach Norden verstärkt beobachtet werden konnte (Abb. 14). Zahlreiche Pfahlreste aus Birken- und Eichenholz, die schon bei einer Tiefe von etwa 1,00 m beobachtet wurden, lassen vermuten, daß der Schnitt in direkter Höhe des ehemaligen Ufers oder der ehemaligen Uferzone angelegt worden ist. Die Verbindung der freigelegten Pfähle mit Faschinenflechtwerk unterstützt diese Interpretation des Befundes. Die abfallenden Abb. 15. Frühdeutsche und mittelalterliche Schichten, die durch eine Pfahlreihe quer zum Ab- Keramik aus dem Suchschnitt auf dem Grundstück Alt-Kietz, Nr. 3; Kietz von fall vom eigentlichen Höhenverlauf der Straten geWriezen, Kr. Bad Freienwalde ( 1 : 3 ) trennt waren, gehören zu einem Graben, der als Landungssteg in die ansteigende Uferhöhe hinein angelegt worden ist. Diese Überlegung wird unterstützt durch einen Befund, der vor etwa 3 Jahren beim Bau eines größeren Gebäudes auf dem Nachbargehöft beobachtet worden ist. Beim Ausschachten der Fundamentgrube sind 20 m westlich des Suchschnittes, etwa auf halber Höhe zur Straße hin, in direkter Verlängerung des angeschnittenen Landungsgrabens, in einer Tiefe von 2,00 m eine Gruppe von sehr starken Pfählen und die Reste von zwei Bootspaddeln entdeckt worden. Die seinerzeit geäußerte Vermutung, hier eine Boots-

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BRUNO KRÜGE»

anlegesteile gefunden zu haben, ist durch die Ergebnisse, die mit Hilfe des Suchschnittes gewonnen wurden, bestätigt worden. Sämtliches Fundmaterial gehört der frühdeutschen Zeit und dem folgenden Mittelalter an. Glasierte Gefäßreste, die vereinzelt bis auf den anstehenden Boden anzutreffen waren, stellen die Hauptmasse des Fundmaterials dar (Abb. 15). Slawische Funde sind nicht geborgen worden. Altruppin

(Nr. 5, Abb. 23a)

Die Suchschnitte sind auf den Grundstücken Kietz Nr. 1 (Bes. Müller) und Kietz Nr. 10 (Bes. Kutz) angelegt worden. I n beiden Schnitten setzte sofort unter der heutigen Oberfläche eine graubraune, z. Teil bis ins Schwärzliche gehende Schicht ein, die im Schnitt 1 eine Mächtigkeit von 60 cm und im Schnitt 2 eine Stärke von 90 cm h a t t e ; darunter folgte in beiden Schnitten ein etwas heller getönter Boden, der jeweils bis auf den anstehenden Boden hinabreichte (im Schnitt 1 bis zu einer Tiefe von 1,10 m, im Schnitt 2 bis zu einer Tiefe von 1,30 m). Die Verteilung des Fundmaterials war in beiden Schnitten die gleiche. Während in den höher gelegenen Schichten noch die glasierte Keramik mit der blaugrauen, frühdeutschen Ware gemeinsam vorkam, n a h m mit zunehmender Tiefe der Anteil der glasierten Keramik ab und fehlte in den Schichten unmittelbar über dem anstehenden Boden ganz. Unter den keramischen Resten, die durch einige Knochenstücke ergänzt werden, ist kein slawisches Material enthalten. Brandenburg-Altstadt

(Nr. 30, Abb. 32II)

Auch im altstädtischen Kietz von Brandenburg/Havel ist die Anlage der Schnitte auf zwei Grundstücken, die auf der Wasserseite des Kietzes liegen, vorgenommen worden. Bei der Auswahl der Grundstücke sind der ehemalige Kietzkrug und ein altes Fichergehöft berücksichtigt worden. Das zutage getretene Fundmaterial ist sehr zahlreich. Die Mehrzahl der vorwiegend gefundenen Keramikreste ist bereits glasiert und härter gebrannt. I n beiden Schnitten konnte beobachtet werden, daß der Anteil der blaugrauen, frühdeutschen Keramik mit zunehmender Tiefe größer wurde und im Schnitt 1 (Kietz Nr. 13) über dem anstehenden Boden ausschließlich vorkam. Der anstehende Boden konnte in beiden Schnitten erreicht werden. Eine einwandfreie Stratigraphie war lediglich im Schnitt 1 zu erkennen. Die rege Bautätigkeit der letzten Jahrzehnte h a t zu einer Aufhöhung des Grundstückes von etwa 50 cm geführt. Darunter, durch dunkle, humose Schichten erkennbar, setzte die alte Oberfläche an. Der anstehende Boden war bei einer Tiefe von 1,15 bis 1,20 m unter der heutigen Oberfläche erreicht. Auch hier fehlte das slawische Fundmaterial gänzlich. Storkow (Nr. 157) Auf dem Grundstück Kietz Nr. 4 (Kindergarten) sind sowohl zwischen der Straße und dem Gebäude (heutiger Kindergarten) als auch auf der zum See hinführenden Grundstücksseite starke Erdbewegungen durchgeführt worden, so daß die Anlage der Suchschnitte zu keinen wesentlichen Erkenntnissen führte. I m Schnitt 1, der im Vorgarten des Grundstückes angelegt worden ist, sind alte Mauerreste angetroffen worden, die sicherlich zu einein alten Kietzgebäude gehören, das ursprünglich näher an der Straße lag als das heutige H a u s des Storkower Kindergartens. Die F u n d e gehören bis auf ein gröber gemagertes und schlechter gebranntes Stück, dessen zeitliche Einordnung nur bedingt möglich ist — es könnte sein, daß es sich um den Rest eines ehemaligen slawischen Gefäßes handelt — ausnahmslos der frühdeutschen Besiedlungsperiode und jüngeren Zeiten an. Der gleiche Fundniederschlag war auf dem Grundstück Kietz Nr. 26 zu beobachten. Die alte Oberfläche setzte bei einer Tiefe von 10 cm unter dem heutigen Grundstücksniveau ein. Zahlreiche blaugraue und glasierte Keramikreste geben auch hier einwandfrei das Alter der Besiedlung an. Die Funde sind in der gleichen Zusammensetzung bis auf den anstehenden Boden beobachtet worden.

II. Das archäologische Fundmaterial

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Lebus (Nr. 93, Abb. 16, 17) Die auf dem Grundstück Oderstraße —Ecke Kietzstraße angelegten Suchschnitte waren für die Auswertung kaum geeignet. Umfangreiche ältere Störungen des Geländes, die bis zu einer Tiefe von 1,50 m in den Boden hineinreichten, machten eine schichtenmäßige Auswertung des Fundmaterials unmöglich. Die Keramik befand sich ohne Ausnahme in ungeschichteter, gestörter Lage.

Abb. 16. Lebus, Kr. Seelow (Nr. 93). Nordprofil des Schnittes in der Kietzgasse, Haus Nr. 140; Maßstab 1: 20; I anstehender Boden; I I Kulturschicht mit vorwiegend spätslawischer Keramik; I I I Aseheband; IV Schicht mit vorwiegend frühdeutscher Keramik; V z. T. ungeschichteter Boden mit glasierter Keramik; VI Oberfläche bis 1945; VII heutige Oberfläche

Abb. 17 a, Slawische und frühdeutsche Keramik aus der slawischen Siedlungsschicht; Schnitt in der Kietzgasse, Haus Nr. 140; Kietz von Lebus, Kr. Seelow (1:3) 4 Krüger, Kietzsiedlunyen

Abb. 17b. Frühdeutsche und slawische Keramik aus der frühdeutschen Siedlungsschicht, Schnitt in der Kietzgasse, Haus Nr. 140; Kietz von Lebus, Kr. Seelow (1:3)

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BRUNO KRUGER

Da das Anlegen der Suchschnitte in den Gassen der Kietze, die zum Wasser führen und in der Regel als Zugangswege zum Fluß oder See für die Kietzer dienten, die nicht auf der Wasserseite der Siedlung wohnten, aus diesem Grunde auch sehr wenig von der allgemeinen Bautätigkeit berührt worden sind, erfahrungsgemäß immer erfolgreicher war, ist auch in der Kietzgasse hinter dem Grundstück Nr. 140 ein Suchschnitt in Längsrichtung zur Oder hin angelegt worden (Abb. 16). Eine jüngere Schuttmasse von etwa 30 cm Stärke lag auf dem alten Pflaster, das nach Aussagen der Anlieger noch bis zum Jahre 1945 die Oberfläche darstellte. Unter dem Pflaster — es lag in einer 30 cm starken Kiesfüllung — befand sich eine ungeschichtete, 60 cm mächtige, graubraun aussehende Strate, in der nur glasierte, mittelalterliche Keramik angetroffen worden ist. Erst in einer Tiefe von etwa 1,00 m unter der heutigen Oberfläche trat in einer sehr dünnen Schicht blaugraue Keramik auf, die von einer darunter folgenden spätslawischen Kulturschicht durch ein rotes, aschehaltiges Band getrennt war. Die spätslawische Kulturschicht, in der sich auch vereinzelt blaugraue, frühdeutsche Scherben befanden, setzte sich bis auf den anstehenden Boden fort, der bei einer Tiefe von 1,40 m als graugrüner Flußschlick begann (Abb. 17). Fahrland (Nr. 47, Abb. 21 e) In Fahrland, Kr. Potsdam-Land, ist der Suchschnitt auf dem Grundstück Kietz Nr. 12 angelegt worden. Die alte Oberfläche setzte bei einer Tiefe von 40 cm unter der heutigen Oberfläche ein. Der grauschwarze Boden ließ sich nicht in einzelne Schichten unterteilen. Er setzte sich bis auf den anstehenden Boden fort, der bereits bei einer Tiefe von 80 cm unter der jetzigen Oberfläche begann. Das geborgene, nicht sehr zahlreiche Fundmaterial gehört ausnahmslos der frühdeutschen und der folgenden Besiedlungsperiode an. Biesenthal (Nr. 19, Abb. 24b) Obwohl der Suchschnitt, der im Kietz von Biesenthal auf dem Grundstück Fischerstraße Nr. 5 angelegt worden ist, keinen beweiskräftigen Aufschluß über die Besiedlungsgeschichte des betreffenden Geländes gab — auch hier konnten starke Störungen des Geländes aus älterer und jüngerer Zeit beobachtet werden —, kann doch auf Grund des Fehlens slawischer Kulturhinterlassenschaften gesagt werden, daß die älteste Besiedlungsperiode nur bis in das frühe Mittelalter zurückreicht. Zossen (Nr. 185, Abb. 18, 19) Im Kietz von Zossen, der mit seiner dreieckigen, platzartigen Form eine Ausnahme unter den Kietzen darstellt, sind 2 Suchschnitte angelegt worden (Grundstück Kietz Nr. 5 und Kietz Nr. 13). Auf dem Grundstück Kietz Nr. 5, auf dem heute ein nicht mehr bewohntes Haus steht, lag das Hofpflaster in der üblichen Kieslage, unter der bei einer Tiefe von 40 cm unter der heutigen Oberfläche die alte Kulturschicht ansetzte. Jüngere Störungen (Ziegelreste) waren in einem Teil des Schnittes zu beobachten; sie reichten bis auf den anstehenden Boden. Die alte Oberfläche sowie die darunterliegende Siedlungsstrate waren grau verfärbt; Unterteilungen in einzelne Schichten sind nicht möglich gewesen. Die vorgenannte Siedlungsschicht hatte eine Stärke von 60 cm. In ihr sind ausschließlich blaugraue, frühdeutsche und jüngere, glasierte Keramikreste und einige Knochen gefunden worden. Auch unmittelbar über dem anstehenden Boden, der aus Kies und Wiesenkalk bestand, sind in den beginnenden dunkleren Verfärbungen nur Reste der blaugrauen Keramik vorhanden gewesen; die jüngere Ware setzte erst in dem darüberliegenden Boden ein. Noch klarer als auf dem Grundstück Nr. 5 konnte das ausschließliche Vorkommen frühdeutscher Keramik im Schnitt auf dem Hofe des Grundstückes Kietz Nr. 13 beobachtet werden (Abb. 18). Leider sind bei der Anlage des Hofpflasters Teile der alten Oberfläche abgetragen worden, um das Kiesbett für die Steine anlegen zu können. In den oberen Teilen der bis ins Tiefschwarze gehenden Kulturschichten ist vorwiegend die bekannte glasierte und z.T. auch

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I I . Das arehäologischc Fundmaterial

bemalte Keramik beobachtet worden. Mit zunehmender Tiefe verschob sich das Verhältnis zugunsten der blaugrauen, frühdeutschen Keramik, die in den unteren Phasen der K u l t u r schicht d a n n ausschließlich vorkam (Abb. 19). Der anstehende Boden, hier bereits ein typischer harter Wiesenkalk, setzte bei einer Tiefe von 80 cm unter der heutigen Erdoberfläche ein.

Abb. 18. Zossen (Nr. 185). Westprofil des Schnittes im Kietz, Haus Nr. 3 ; Maßstab 1:20;

I anstehender Boden;

I I friihdeutsehe Kulturschicht; I I I Kiesablagerung; IV heutige Oberfläche

Die auf der Abb. 18 zu sehende Eintiefung ist als von Menschenhand angelegt zu betrachten. Konzentrierte Holzkohlereste, Asche, kleinere Steinanhäufungen u n d zahlreiche blaugraue Keramikreste zeichnen diesen F u n d k o m p l e x aus. Auch in diesem Schnitt fehlt der materielle Fundniederschlag der slawischen Besiedlungsperiode. Bad Freienwalde

(Nr. 9)

NB Der Schnitt ist in der Kietzgasse angelegt worden, die zu den Wiesen der alten Oder h i n u n t e r f ü h r t . Nach Abb. 19. Friihdeutsehe Keramik vom Aussagen der Anlieger ist die Gasse nach 1945 aufgeSuchschnitt im Kietz, H a u s Nr. 3 ; schüttet worden. Die Hochwasser der Oder, die oftmals Kietz von Zossen ( 1 : 3 ) bis an die Häuser der Kietzstraße heranreichen, haben außerdem Ablagerungen zurückgelassen, die im Profil ebenfalls noch deutlich zu erkennen waren. I n einer Tiefe von 70 cm unter der heutigen Oberfläche lag eine Schicht alter Dachziegel u n d Steinreste. E r s t d a r u n t e r setzte ein Boden ein, dessen S t r u k t u r u n d Alter nicht genau bestimmt werden konnte. Auffallend viel glasierte Keramik, die z. T. wie geschichtet gelagert war, zeichneten diese Schicht aus. Die Konzentration dieses Materials ist durch Aufschüttung entstanden. Neben den ungewöhnlich zahlreichen Gefäßresten verdienen 5 Brennstützen (dreifüßige Keramikuntersetzer) eine besondere E r w ä h n u n g . Die Möglichkeit besteht, d a ß in der N ä h e der Gasse eine W e r k s t a t t zur Herstellung von keramischen Gefäßen vorh a n d e n war, die hier ihre Abfälle ablagerte. I n einer Tiefe von 1,10 m setzte eine verschlickte u n d vertorfte Schicht ein, in der nur noch vereinzelt F u n d e a u f t r a t e n . Diese Schicht, die mit zunehmender Tiefe in einen graugrünen Flußsand überging, war durchschnittlich 30 cm mächtig. Blaugraue, frühdeutsche Keramik ist nur vereinzelt geborgen worden; slawische 4*

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Keramikreste fehlen dagegen ganz. Der zum größten Teil aufgeschüttete und gestörte Boden sowie die davon abhängige Unsicherheit in der Deutung der einzelnen Schichten, in denen die Mehrzahl der Fundgegenstände lag, gestatten es nicht, bindende Schlüsse aus dem Material zu ziehen. Frankfurt/Oder (Nr. 51) Die genaue Ausdehnung des ehemaligen Frankfurter Kietzes ist nicht mehr festzustellen; von der heutigen Kietzer Gasse darf sicherlich nur der Teil zum alten Kietz gerechnet werden, der in direkter Nähe der Oder liegt. Aus diesem Grunde ist der Suchschnitt auch auf einem Ruinengrundstück angelegt worden, das gegenüber vom Eingang zur Mühlenstraße liegt und damit den angedeuteten Lageerfordernissen entspricht. Der Schnitt konnte trotz des hohen Wasserstandes der Oder bis in den anstehenden Boden hinein geführt werden. Eine Sicherung des Bodens war nicht zu erkennen. Der Boden war grau bis schwarz gefärbt. Das Scherbenmaterial trug stets den gleichen Charakter: hart gebrannte, zum Teil glasierte Keramik. Bei einer Tiefe von einem Meter unter der heutigen Erdoberfläche setzten die ersten blaugrauen, unglasierten Scherben ein, deren Vorkommen gegenüber der glasierten Keramik sehr gering war. Diese Fundzusammensetzung blieb in ihrem Charakter bis auf den anstehenden Boden die gleiche. In einer Tiefe von 1,50 m zeigten sich starke, zum Teil gebrannte Lehmstreifen, die mit Holzkohle und Knochenresten durchsetzt waren. Es ist möglich, daß dieser Befund einen alten Siedlungshorizont darstellt. Bei einer Tiefe von 1,60 in war der anstehende Boden erreicht. Der Grundwasserspiegel stand auf der gleichen Höhe. Slawisches Fundmaterial wurde auch in diesem Schnitt nicht geborgen. Liebenwalde (Nr. 95) Während die vorstehend aufgeführten Schnitte dazu beitragen sollten, den Anfang der Besiedlung des jeweiligen Geländes zu bestimmen, sollte in Liebenwalde mit Hilfe der Suchschnitte die Frage nach der Lage des alten Kietzes beantwortet werden. Die Schnitte sind auf zwei Grundstücken in der Rudolf-Breitscheid-Straße angelegt worden. Der Schnitt auf dem Grundstück Breitscheid-Str. Nr. 75 lag senkrecht zur Straße. Sehr lockere, schwarze Humuserde reichte fast bis auf den anstehenden Wiesenkalk, der bereits bei einer Tiefe von 40 cm unter der heutigen Oberfläche einsetzte. Die Zahl der Funde ist sehr gering. Es sind einige glasierte, einige blaugraue, frühdeutsche und zwei slawische Gefäßreste geborgen worden. Im Gegensatz hierzu steht der Oberflächenbefund, der sich aus zahlreichen blaugrauen, frühdeutschen und auch aus einigen mittel- und spätslawischen Scherben zusammensetzt. Bemerkenswert ist eine in den Wiesenkalk eingetiefte Grube, die unter dem eigentlichen Kulturboden lag. I n ihr befanden sich ohne jede Anordnung zerschlagene und stark durchglühte Steine, zahlreiche Reste von Holzkohle, Asche und schmieriger Ruß. Der gesamte Befund weist auf einen starken Brand hin. Fast auf dem Boden der Grube, die eine Tiefe von 50 cm hatte, lagen Reste von 3 Gefäßen, die sowohl der Form als auch dem Material nach zur slawischen Keramik gezählt werden müssen. Es war möglich, ein Gefäß mit Hilfe der vorhandenen Reste zu ergänzen. Es handelt sich um einen weitmündigen Topf mit einem relativ steil ausgezogenen Rand, der bereits am leicht angedeuteten Schulterknick beginnt. Das Gefäß hat eine Höhe von 16,5 cm; der Mündungsdurchmesser beträgt 18,5 cm, die größte Breite ist 20,5 cm. Der Ton des Gefäßes ist hellbraun und nicht sehr grob gemagert. Das Gefäß ist seiner Form nach zur früh- oder .mittelslawischen Keramik zu stellen. In der Grube befanden sich neben den erwähnten Keramikresten keine anderen Funde. Im Schnitt I I setzte der anstehende Boden bereits 40 cm unter der heutigen Oberfläche ein. Es wurden nur wenige Keramikreste geborgen. Slawische Scherben befanden sich nicht unter dem Fundmaterial. Sie sind dagegen vereinzelt auf der Oberfläche beim Absuchen des Geländes gefunden worden. Die Stücke gehören der mittel- und der spätslawischen Siedlungsperiode an.

I I . Das archäologischc Fundmaterial

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6. A U S W E R T U N G D E S F U N D M A T E R I A L S Unter Berücksichtigung des bekannt gewesenen angeblichen slawischen Alters der alten Kietze muß besonders auffallen, daß der Anteil der slawischen Fundmaterialien am gesamten Fundinventar sehr gering ist; auf vielen sogenannten alten, echten Kietzen fehlt er bemerkenswerter Weise sogar ganz. Unter der verhältnismäßig geringen Anzahl der Kietze mit slawischer Keramik sind aber schon die Siedlungen mit aufgeführt, in denen sowohl die Lokalverhältnisse zwischen dem Kietz und der angrenzenden Siedlung als auch die näheren Fundumstände nicht ganz geklärt werden konnten. Die Besiedlung des Beeskower Kietzes (Nr. 11) in slawischer Zeit darf als sicher angenommen werden. Die möglich gewesene chronologische Aufgliederung des Materials gestattet, den Beginn der slawischen Besiedlung des Geländes bis in das 10. J h . zurückzuverlegen. Die wenigen mittelslawischen Scherben von der Flurstelle „Kietz" nördlich der Stadt Bitterfeld (Nr. 21) haben f ü r den gesamten Fragenkomplex „Kietz" nur geringe Bedeutung. Es ist nicht bewiesen und auch nicht anzunehmen, daß der im 19. Jh. auftretende Kietzname mit der slawischen Siedlung aus dem 9. und 10. Jh. identisch ist 1 ). Nach der Darstellung des archäologischen Befundes durch P. Grimm sind Hinweise auf eine Besiedlung des Geländes im 11. und 12. J h . nicht nachzuweisen gewesen. Auch diese Siedlungslücke spricht gegen die geäußerte Meinung, in der slawischen Siedlung des 9. und 10. Jh. einen alten Kietz zu sehen. Es bedarf außerdem einer Klärung, ob der auf einer Karte aus dem 19. Jh. erwähnte Kietz nicht auf den Flurnamen „Kiebitzfeld" zurückgeht, der zu Beginn des 18. Jh. die gleiche Flur bezeichnete 2 ). Obwohl der Ort Bornim, Kr. Potsdam, bei der Darlegung der archäologischen Fundmaterialien unter den Kietzen mit slawischer Keramik aufgeführt worden ist, muß doch gesagt werden, daß es gegenwärtig keinen Hinweis gibt, der die Existenz eines alten oder eines jüngeren Kietzes auch nur glaubhaft machen könnte. Wenn überhaupt eine Klärung f ü r die Herkunft des Kietznamens möglich ist, dann kann derselbe sich nur auf die Kossätenstellen im Ort beziehen, die dann irrtümlicherweise als Kietz bezeichnet worden sein müssen. Bei Flurbegehungen sind auf diesen ehemaligen Kossätenstellen einige nicht näher bestimmbare slawische Scherben gefunden worden 3 ). In Hohennauen (Nr. 76) sind heute nur zwei Häuser in der Nähe der Kirche wenigen einheimischen Bewohnern des Ortes als Kietz bekannt. Die bezeichneten Häuser stehen inmitten einer Häuserzeile, die zum Hohennauener See hinunterführt. Eine Abgrenzung des ehemaligen Kietzgebietes ist deshalb nicht mehr möglich. Die wenigen slawischen Scherben, die vorgelegt worden sind, stammen deshalb auch nicht von den beiden Kietzgrundstücken, sondern von den angrenzenden Gehöften am See. Da es nicht möglich war, die hier gefundenen Keramikreste zu untergliedern, muß auf einige Funde aus der Nähe der Kirche zurückgegriffen werden, nach denen eine Besiedlung zwischen 1000 und dem Beginn des 13. J h . f ü r das Gebiet in der Nähe der Kirche - j etzt gehören auch die beiden Kietzgrundstücke zu diesem Komplex - zu fehlen scheint. Im Ort Kietz bei Rhinow (Nr. 86) ist es heute eine Selbstverständlichkeit, daß das Gelände der Mühlenburg zum Kietz gehört, weil beide Siedlungskomplexe so eng zusammen liegen, daß eine Unterteilung nur mit Hilfe des Rhins und der leichten Anhöhe, auf der die alte Burgstelle liegt, möglich ist. Die vorgelegten slawischen Scherben stammen von dem Teil des Ortes, den früher die Burg einnahm. Von der eigentlichen Kietzsiedlung am Nordufer des Rhins können nur frühdeutsche und jüngere Fundgegenstände vorgelegt werden. Für den Kietz von Lebus (Nr. 93) darf die gleiche Feststellung getroffen werden, wie sie schon f ü r das Gelände des Kietzes in Beeskow ausgesprochen worden ist. Auch dieser Kietz war, wie die Oberflächenfunde und die bei der Anlage der Suchschnitte geborgenen Materialien aussagen, in der spätslawischen Zeit besiedelt. 2 >) P . Grimm, 1953, S. 8. ) P . Grimm, 1953, S. 29, Anm. 18. 3 ) F r d l . Mitt. von Dipl.-phil. H . - J . Vogt, Landesmuseum f ü r Vorgeschichte Dresden,

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BRUNO KKÜGER

Die Funde, die von Ostrorog (Nr. 115) vorgelegt worden sind, geben lediglich einige Hinweise f ü r die weitere Forschung. Das slawische Material gehört ebenfalls — ähnlich wie es bereits bei der Flurstelle „Kietzstück" in Bitterfeld und in Hohennauen war — der Zeit vor 1000 an. Der Siedlungshiatus im 11. und 12. Jh. spricht auch hier gegen eine Identifizierung von mittelslawischer Siedlung und Kietz; vorausgesetzt natürlich, daß der Kietz auf dem Burggelände gelegen hat, von dem das ausgewertete Fundmaterial stammt. Die wenigen slawischen Gefäßreste von den Kietzen in Fürstenwerder (Nr. 54), Flaue (Nr. 121), Schollene (Nr. 144) und Stolzenhagen (Nr. 156) können keinesfalls als Beleg f ü r eine ehemalige slawische Siedlung an der gleichen Stelle gelten. Ihr Auftreten ist sekundärer Art; ihre Herkunft ist zweifelsohne auf die slawischen Siedlungen zurückzuführen, die in der Nähe der Kietze liegen (in Plaue z. B. die Slawensiedlung auf dem Gelände des Margaretenhofes, in Schollene die mittel- und spätslawische Siedlung gegenüber vom Kietz auf der alten Burgstelle). Es muß außerdem betont werden, daß die im Kietz von Schollene gefundenen und vorgelegten Scherben der mittelslawischen Keramik vor 1000 angehören und demzufolge für die evtl. Siedlungskontinuität bis in die frühe deutsche Zeit nicht auswertbar sind. Sicher ist dagegen, daß die Flurstelle „Kietz" in Stolpe, Kr. Angermünde, bereits in der Zeit vor 1000 und auch danach von Slawen besiedelt gewesen war. Unter Berücksichtigung der vorstehend gemachten Ausführungen müssen deshalb aus der Gruppe der Kietze mit slawischer Keramik die Orte Bornim, Kietz-Rhinow und Ostrorog herausgenommen werden. Die nichtbewiesene Identität der Flurbezeichnung „Kietzstücke" in Bitterfeld mit der mittelslawischen Siedlung an der gleichen Stelle ist gleichfalls Anlaß, auf diesen sog. Kietz zu verzichten. Die wenigen slawischen Scherben aus Hohennauen stammen — wie ausgeführt worden ist — nicht von den heutigen Kietzgrundstücken, sondern vom Kirchengelände. Außerdem fehlt auch hier der Nachweis der spätslawischen Besiedlung. Wollte man trotzdem mit Hilfe des archäologischen Fundinventars ein slawisches Alter der betreffenden Kietze konstatieren, dann müßte angenommen werden, daß die aufgelassenen mittelslawischen Siedlungen ihre Traditionen in eine Zeit hinübergerettet haben, in der das Auftreten des Kietznamens allgemein üblich geworden ist. Das ist jedoch unwahrscheinlich, zumal es keinen glaubwürdigen Hinweis f ü r die Existenz des Kietznamens in der fraglichen Zeit gibt. Somit wäre lediglich für die Kietze von Beeskow (Nr. 11), Brandenburg-Kleiner Domkietz (Nr. 28), Brandenburg-Großer Domkietz (Nr. 27), Lelms (Nr. 93), Stolpe (Nr. 155) und mit starken Einschränkungen auch für Müllrose (Nr. 104) vom archäologischen Material her ein slawisches Alter möglich. Eine besondere Behandlung verlangt an dieser Stelle der Kietz von Brandenburg-Altstadt (Nr. 30, Abb. 32II). Es ist zunächst auffallend, daß das eigentliche Altstadtgebiet bis heute so gut wie keine sicheren Funde aus der slawischen Zeit geliefert hat. Um so mehr verwundert und interessiert eine Zeitungsmeldung des ehemaligen Bezirkspflegers P. Krause im Brandenburger Anzeiger vom 1. und 2. November 1941. Krause verweist einleitend in der Anzeige auf die Tatsache, daß es bisher nicht möglich war, „auch nur eine einzige Topfscherbe aus dieser Zeit" (gemeint ist die slawische Zeit, d. Verf.) in der Altstadt zu finden. Er erwähnt dann weiter, daß bei Erdarbeiten dicht am Kietz eine starke Kulturschicht beobachtet werden konnte, in der zahlreiche Reste von spätslawischer Keramik des 11. und 12. Jh. und frühdeutsches Material vorhanden waren. Unter dieser Schicht lagen bereits im anstehenden Boden (Kiessand) 2 Skelette. Über die ganze Fläche erstreckte sich ehemals der Friedhof des St. Spiritushospitals. Es ist heute leider nicht mehr möglich, die angegebene Stratigraphie zu überprüfen. Die auf dem Kietz angelegten Suchschnitte können diesen Befund nicht unterstützen. Es wurde bereits betont, daß sowohl unter den Oberflächenfunden als auch unter dem Material, das aus den Schnitten geborgen worden ist, der Nachweis einer Besiedlung des Geländes zur slawischen Zeit fehlt. Bei einer Akzeptierung des Fundberichtes gibt die angeschnittene sog. spätslawische Fundschicht einen Hinweis dafür, daß auch hier die slawische Besiedlung bis

I I . Das archäologische Fundmatcrial

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an den Beginn der frühdeutschen Zeit heranreicht und wahrscheinlich mit ihr eine kurze Zeit parallel gelaufen ist; dafür spricht das gemeinsame Vorkommen beider Keramikarten in der gleichen Fundschicht. Für die Datierung kann aber nur die blaugraue Ware herangezogen werden. Da die slawische Keramik hier keinen Vorläufer zu haben scheint, andererseits aber mit der blaugrauen, frühdeutschen Keramik in einer Kulturschicht liegt, ist entweder mit einer kurzen selbständigen spätslawischen Besiedlungszeit oder mit einem gemeinsamen Auftreten beider Keramikarten von Anfang an zu rechnen. Für den letzteren Fall könnte die Besiedlung erst in einer Zeit begonnen haben, als der Einfluß der deutschen Keramikherstellung stark genug war, um neben der herkömmlichen spätslawischen Ware mitbestimmend zu sein. Die große Bedeutung Brandenburgs in slawischer Zeit, die das letzte Mal durch die Kämpfe zwischen dem Slawenfürsten J a x a und Albrecht dem Bären 1157 veranschaulicht worden ist, steht im völligen Einklang mit dem archäologischen Fundbild. Die Dominsel als militärischer, politischer und religiöser Mittelpunkt ist bis zu Beginn der deutschen Ostsiedlung ein Zentrum der Slawen zwischen Elbe und Oder gewesen. Es verwundert deshalb keineswegs, wenn heute auf dem Gelände der Domkietze (dazu ist auch der markgräfliche Kietz zu rechnen) Spuren der spätslawischen Besiedlung zu beobachten sind. Eine kaum geringere Bedeutung hatte Lebus (Nr. 93, Abb. 24d). Durchgeführte Grabungen haben gezeigt, daß die weit über die Oder hinausragende Höhe von Lebus von der Bronzezeit an besiedelt war. Eine spätslawische Befestigung und eine darauf folgende frühdeutsche Anlage 1 ) weisen auf die große Bedeutung des Ortes hin. Schließlich war der Ort seit 1133 kirchlicher Mittelpunkt und gleich Brandenburg Sitz eines Bischofs 2 ). Für die Orte Beeskow (Nr. 11, Abb. 25a) und Stolpe (Nr. 155, Abb. 5d) ist eine ähnliche Bedeutung in slawischer Zeit nicht nachweisbar; trotzdem sind aus beiden Orten spätslawische Siedlungen bekannt, die in Stolpe durch den spätslawischen Burgwall, an dessen Stelle spätestens 1251 ein deutscher Herrensitz entstanden ist („Heinrico advocatis de Stolp") 3 ), manifestiert wird. Im Gegensatz zu dem absolut geringen Fundinventar aus slawischer Zeit 4 ) steht das zahlreiche und auf der Mehrzahl der älteren, lokalisierbaren Kietze ausschließliche Vorkommen der frühdeutschen und jüngeren Keramik. Das gleiche Material ist selbstverständlich auch auf den Kietzen geborgen worden, von denen entweder einige slawische Scherben stammen, oder f ü r die mit Sicherheit eine Besiedlung in slawischer Zeit angenommen werden darf. •) W . Unverzagt, 1958, S. 119f. 3

2

) Codex dipl. mai. Poloniae, I, S. 8, Xr. 6.

) „Heinrico advocato de Stolp", A. F. Riedel, A X I I I , S. 212; H. Krabbo, 1955, S. 167, Xr. 733. Mit vorstehenden Anmerkungen soll nicht gesagt werden, daß u m die angegebene Zeit eine neue, deutsche Burganlage entstanden ist. 4 ) Unter Berücksichtigung der notwendig gewesenen Aussonderungen der sog.,,Kietze" von Bitterfeld und Bornim sowie der Kietze von Hohennauen und der Siedlung „Mühlenburg" im Kietz von Rhinow ergibt sich folgendes Fundbild: Beeskow: 5 datierbare Stücke; davon 2 mittelslawische u n d 3 spätslawische Scherben. Brandenburg: 18 datierbare Stücke; davon 7 mittelslawische Scherben, (kl. Domkietz) Brandenburg: 26 datierbare Stücke; davon 8 mittelslawische Scherben, (gr. Domkietz) Brandenburg: einige spätslawische Stücke, (altst. Kietz) Lebus: 2 spätslawische Scherben als Obcrflächcnfunde und zahlreiche spätslawische Gefäßreste aus dem in der Kietzgasse gemachten Suchschnitt. Müllrose: 2 mittelslawische Scherben. Altruppin: 1 spätslawischer Scherben. Plaue: 2 spätslawische Scherben. Schollene: 2 mittelslawische Scherben. Stolpe: 15 datierbare Stücke, davon 7 mittelslawische Seherben. Stolzenhagen: 1 Scherben, der in den Beginn des 11. J h . zu setzen ist,

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Dieser Befund, der sich schon aus dem auf der Oberfläche der Kietze gefundenen Material deutlich abzeichnete, ist durch die gemachten Aufschlüsse voll und ganz bestätigt worden. Bis auf die spätslawische Kulturschicht im Kietz von Lebus (Abb. t6) ist in keinem anderen Falle slawisches Fundmaterial an das Tageslicht gekommen. Auf Grund der günstigen Lage der Kietze konnten alle Schnitte bis in den anstehenden Boden hinein geführt werden. Die älteste Kulturschicht war stets — bis auf die erwähnte Ausnahme in Lebus — mit blaugrauer, frühdeutscher und jüngerer Keramik durchsetzt. Es steht somit außer Zweifel, daß vom archäologischen Fundmaterial her das bisher bekannte, richtiger vermutete slawische Alter der Kietze nicht unterstützt werden kann. Wäre auf der Mehrzahl der alten Kietze die slawische Besiedlung nachzuweisen gewesen, könnte ein solches Urteil keinesfalls gefällt werden; die Archäologie stände dann vor einer kaum lösbaren Aufgabe — ähnlich wie das bisher bei den verschiedenen Fachdisziplinen, die sich mit der Klärung der Altersfrage der Kietze befaßt haben, auch der Fall war. Eine Festlegung des Siedlungsbeginns f ü r jeden einzelnen Kietz ist mit dem vorhandenen Fundmaterial nicht möglich. Die angelegten Schnitte haben jedoch gezeigt, daß der Beginn der betreffenden Siedlung in die frühdeutsche Zeit zu setzen ist. Für die Kietze von Altruppin (Nr. 5), Berlin-Köpenick (Nr. 15), Brandenburg-Altstadt (Nr. 30) und Zossen (Nr. 185) darf mit dem Beginn der Besiedlung des jeweiligen Kietzes in der ersten Hälfte des 13. Jh. gerechnet werden. Zu dieser Gruppe würde auch noch der Kietz von Potsdam (Nr. 123) gehören, in dessen ältester Besiedlungsschicht nach R. Hoffmann Keramik aus der Zeit um 1300 gelegen hat 1 ). Für den Kietz von Lebus (Nr. 93) ist die genaue Festlegung seines Alters sehr viel schwieriger. Die klare Trennung der spätslawischen Kulturschicht von der frühdeutschen Keramik, die mit Hilfe einer relativ dünnen und stark aschehaltigen Brandschicht möglich war, könnte auf eine Zerstörung der spätslawischen Siedlung hinweisen, auf der kurze Zeit später die Besiedlung in frühdeutscher Zeit einsetzt. Der Kietz gehört auf jeden Fall in die Gruppe, von der gesagt werden kann, daß die älteste Besiedlung (mit Kietzcharakter) zu Beginn des 13. Jh. eingesetzt haben muß. Etwas jünger sind nach dem vorhandenen Fundmaterial die Kietzsiedlungen von Bad Freienwalde (Nr. 9), Frankfurt/O. (Nr. 51), Storkow (Nr. 157), Wriezen (Nr. 179) und mit einigen Einschränkungen auch von Biesenthal (Nr. 19). Der einwandfreie Nachweis einer Kulturschicht mit nur frühdeutscher Keramik konnte in keinem Falle geführt werden. In den ältesten Schichten traten bei den vorstehend aufgeführten Kietzen neben der blaugrauen, frühdeutschen Ware auch Gefäßreste auf, die bereits eine Innenglasur hatten und damit eindeutig auf ein jüngeres Alter hinwiesen. Für Biesenthal mußte die Einschränkung gemacht werden, weil eine einwandfreie ungestörte Schicht bei der Anlage des Suchschnittes nicht angetroffen worden ist, obwohl die Mehrzahl der Oberflächenfunde Scherben der blaugrauen Keramik sind, die es andererseits doch gestatten würden, den Beginn der Kietzsiedlung in das 13. J h . zu setzen. Das gleiche Fundbild entsteht aus den Oberflächenfunden von den Kietzen in Altfriedland (Nr. 3), Beeskow (Nr. 11), Blankensee (Nr. 22), Brüel (Nr. 31), Fahrland (Nr. 47), Gröben (Nr. 68), Güntherberg (Nr. 72), Lichtenow (Nr. 94), Phöben (Nr. 120), Plaue (Nr. 121), Recz (Reetz) (Nr. 134), Kietz-Rhinow (Nr. 86), Schollene (Nr. 144), Trebbin (Nr. 164) und Tucheim (Nr. 168). Das relativ zahlreiche blaugraue, frühdeutsche Fundmaterial vom Kietz in Oderberg (Nr. 112), das infolge der starken Bebauung des ganzen Kietzgeländes nur in einem einzigen Garten geborgen werden konnte, gestattet auch, den Kietz von Oderberg zu dieser Gruppe hinzurechnen zu können. Es dürfte auch f ü r diese Kietze außer Zweifel stehen, daß sie seit dem 13. Jh. besiedelt waren. Von allen anderen Kietzsiedlungen, von denen Oberflächenfunde vorliegen, kann eine nähere Angabe über den Siedlungsbeginn nicht gegeben werden. Sicher jedoch ist, daß keine der Siedlungen bis in die slawische Zeit zurückreicht. R. Hoffmann, 1952,

III. Die Siedlungsformen der Kietze

Die fast ausschließliche Gewässerlage der alten Kietze hat auch maßgeblich ihre Siedlungsform mit bestimmt. Sie sind vorwiegend linienhaft, selten flächenhaft angeordnet. Ausnahmen stellen die Kietze von Beeskow, Birkenwerder, Glindow, Gröben, Güntherberg, Kietz, Kr. Seelow, Oderberg und Zossen dar. Der Kietz von Beeskow, der sich über die ganze Spreeinsel vor dem ehemaligen Amt erstreckt und mehrere Straßen und Gassen hat (Abb. 25a), zeigt genau wie der Kietz von Glindow und wie der von Oderberg (Abb. 23c) einen komplexen Grundriß. In Gröben (Abb. 34), Güntherberg und Birkenwerder ist von einer formenmäßigen Anlage der wenigen zum Kietz gehörenden Häuser nicht zu sprechen. Der Ort Kietz, Kr. Seelow, ist heute hinsichtlich seiner Größe als Kleinstadt zu bezeichnen. Eine seltene und einmalige Form zeigt der heutige Kietz von Zossen, der in einem dreieckigen Grundriß angelegt ist. Alle anderen heute noch bekannten und bestehenden alten Kietze sind in der linearen Form als Zeilen-, Gassen- oder Straßendörfer angelegt worden 1 ). Auf Grund der durchgeführten Kietzbesichtigungen kann Ludat nicht zugestimmt werden, wenn er die Kietze von Lebus (Abb. 24d), Altruppin (Abb. 20, 23a), Storkow und einige der Brandenburger Kietze unter den kompakteren, haufendorfartigen Gebilden aufführt 2 ). Die auffallend regelmäßige, linienhafte Form der Kietzsiedlungen kann aber nicht nur durch die Flußnähe bedingt sein. Es wurde bereits an anderer Stelle betont, daß die Siedlungsforschung das lineare Straßendorf als eine Erscheinungsform und Auswirkung der deutschen Ostsiedlung ansieht. Aufschlußreich ist in diesem Zusammenhang ein Vergleich der Siedlungen und Orte westlich der Havel und Nuthe mit den östlich dieser Flüsse gelegenen Ortschaften. Westlich dieser Linie sind kleinere, unregelmäßige Dorfformen häufiger als östlich derselben. Die Erklärung dafür sieht A. Krenzlin, die diesen Vergleich vorgenommen hat, in der planmäßig gelenkten Ansiedlung der Bevölkerung in der Zeit der eigentlichen deutschen Ostsiedlung östlich der Havel- und Xuthelinie. Der schon ständige Einsickerungsprozeß von Ansiedlern vor der eigentlichen Besiedlungsperiode im westlichen Havelgebiet ließ eine solche planmäßige Ansiedlung nicht zu 3 ). Selbstverständlich liegt diesen Vergleichen Altruppin, Altfriedland, Bad Freienwaldc, Berlin-Köpenick, Biesenthal, Brandenburg (kl. Domkietz, gr. Domkietz, markgräfl. Kietz, altstädt. Kietz), Brüel, Drezdenko, Fahrland, Frankfurt/O., Fürstenberg/O., Gadebusch, Kietz, K r . Ludwigslust, Kietz-Rhinow, Kremmen, Gorzöw, Lebus, Neustadt-Glewe, Plaue, Potsdam, Pritzerbe, Rathenow (Oberkietz, mittlerer Kietz, Jederitzer Kietz), Recz, Schollene, Schwedt, Slonsk, Stolzenhagen, Storkow, Strausberg, Trebbin, Tuchcim, Wriezen, Zehdenick. Die überwiegende Mehrzahl aller anderen heute noch bekannten Kietzsiedlungen ist in den gleichen Kietzformen angelegt worden. Vgl. auch R. Mielke, 1913, S. 20: „Das alte slawische Dorf war ein Straßendorf, das in den sogenannten Kietzen, die alle straßenförmige Gestalt haben — niemals eine rundliche Form — heute noch klar vor Augen s t e h t " . -) H. Ludat, 1955, S. 45. 3

) A. Krenzlin, 195G, S. 174ff. Vgl. hierzu auch R . Mielke, 1913, S. 18/19: „Als im 12. J h . im nordwestlichen Deutschland die Kultivierung der großen Sumpf- und Moorgelände begann, h a t t e besonders der Erzbischof Friedrich von Bremen durch die Gründung der Moorkolonien in der Vahr einen Siedlungstypus nicht gerade geschaffen, aber dooli als Vorbild für andere Grundherren herausgebildet. Das war zunächst noch eine einreihige Gehöfts anordnung, die aber in unmittelbarer Beziehung zu der Aufteilung der Flur stand. Die Hufe stützte sich

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ein nicht zu unterschätzender Ulisicherheitsfaktor zugrunde. Gehen doch alle Deutungen von der heutigen Siedlungsform aus, deren über Hunderte von Jahren hinausgehende Konstanz wohl meistens angenommen, aber selten bewiesen wird. Da ein solcher Beweis heute nur noch vereinzelt geführt werden kann — auch mit Hilfe der Flurformen nur vereinzelt möglich ist —, können die Ausführungen über die Siedlungsformen nicht mehr als einen hinweisenden und ergänzenden, aber keinen bestimmenden Charakter haben. Eine Schwierigkeit bei der ethnischen Zuweisung der auffallenden deutschen Siedlungsformen besteht nun aber insofern, als die Bewohner der Kietze vorwiegend Slawen waren. Die hierfür vorhandeneil Hinweise in den Urkunden des 14. —17. Jh. sind nicht gering 1 ). Wichtig sind in diesem Zusammenhange die Feststellungen Magers bezüglich des direkten AnsiedlungsVorganges. Daß bis etwa 1220 die Landesfürsten die Träger des deutschen Siedlungswerkes waren, dürfte auch f ü r den brandenburgischen Raum zutreffen 2 ). Schon Helmold berichtet von den Bemühungen Albrechts des Bären, mit Hilfe von Gesandten Siedler aus Holland, Belgien und Dänemark heranzuholen 3 ). Ein ungelöstes Problem wird dabei die Zahl der Angesiedelten sowie der restlichen Slawenbevölkerung bleiben. Es ist aber kaum anzunehmen, daß das durch die Kriege stark entvölkerte Gebiet in genügender Zahl mit neuen Ansiedlern besetzt worden ist. Die alte slawische Restbevölkerung ist deshalb sowohl wirtschaftlich als auch politisch in das neue System eingeordnet worden. In diesem Zusammenhange stellt Witte fest, „daß f ü r die südlichen Gebiete (gemeint ist das Gebiet südlich von Mecklenburg, d. Verf.) die deutschen Einwanderer kaum ausgereicht haben. Die Lokatoren hätten sich demzufolge der wendischen Bevölkerung angenommen, und diese auch in ihren Siedlungsplan mit eingebaut und das im Abb. 20. Altruppin, Kr. Neuruppin (Nr. 5). Süden mehr als im Norden. Dadurch wurden Der Kietz auf einem alten Lageplan vom Jahre zahlreiche Wendendörfer nach deutscher Art 1780 (nach Ekel); I spätslawische Siedlung; reguliert" 4 ). I I Lage der frühdeutschen Burg und des späteren Amtes; I I I Altstadt; IV Kietz -

Für das Problem der Kietzentstehung sind diese Ausführungen insofern bedeutungsvoll, weil hier mit der Möglichkeit der Ansiedlung von Slawen in deutschen Dorfformen gerechnet wird. Die Verbreitung der linearen Siedlungsform kommt den geäußerten Überlegungen entgegen. Die typische Kietzform ist keine örtliche Besonderheit eines bestimmten geographischen Gebietes oder eines abgegrenzten politischen Einflußbereiches. Sie ist entsprechend in der Regel auf einen Flußlauf und zieht sich quer über den Abhang in die Höhe; ... Vorteilhaft für die Anlage neuer Dörfer war dieser T_ypus, weil er ein leicht überall anwendbares Schema, für die Praxis bequem und für die Bewirtschaftung sehr geeignet, war." Vgl. hierzu H. Ludat, 1936, S. 109—111 (A), wo die ältesten Nachrichten über die Slawen in den Kietzen zusammengefaßt sind. 2 ) F. Mager, 1955, S. 31. 3 ) Helmold, L. I, cap. 88, S. 174. 4 ) F. Mager, 1955, S. 28/29.

III. Die Siedlungsformen der Kietze

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der gleichartigen Wirtschaftsform im ganzen ostelbischen Raum anzutreffen und sowohl für das alte Brandenburg als auch f ü r Pommern und Mecklenburg belegt. Etwas abwegig sind die Meinungen Mielkes zur Siedlungsfrage und der damit zusammenhängenden Siedlungsformen. „Aus dem slawischen Angerdorf, das in der Kolonialzeit auch von den Deutschen, aber erheblich straffer und zusammengezogener angewandt wurde, ging die zweite slawische Dorfform hervor, die ich als Kietzdorf bezeichne, weil sie ihre schärfste Ausprägung in den slawischen Kietzen nordostdeutscher Städte gefunden hat. In diesen sind die Höfe enger aneinander gerückt; der Anger ist auf eine Straße verengt und die Querwege sind vermindert oder ganz fortgefallen" 1 ). Es scheint so, als ob Mielke an eine Entstehung der Kietzformen durch das von den Deutschen veränderte Angerdorf der Slawen glaubt. Nun ist zunächst einmal das Angerdorf keine bewiesene Siedlungsform der Slawen. Gley z.B. sieht in dem Angerdorf 2 ) eine Erscheinungsform der deutschen Ostsiedlung. Zum anderen haben die Flurbegehungen ergeben, daß die Kietze nicht vor der Zeit der aktiven deutschen Ostsiedlung schon von den Slawen gegründet sein können. Außerdem glaubte Mielke an die Vormachtstellung des Straßendorfes auch bei den Slawen 3 ). Über die ursprünglichen Größenverhältnisse der Kietze können keine Angaben gemacht werden, weil die hierfür notwendigen Untersuchungen nicht durchgeführt werden konnten. Es dürfte überhaupt nicht mehr möglich sein, in dieser Hinsicht eine stichhaltige Aussage zu machen. Der von Ludat eingeschlagene Weg kann deshalb auch nicht anerkannt werden. Mit den von ihm zitierten Angaben, die vorwiegend erst aus dem 16. Jh. stammen, kann in keinem Falle die Größe der Kietze in „slawischer" Zeit erschlossen werden 4 ). Daß die Kietze sich in der schriftlich überlieferten Zeit kaum verändert haben, berechtigt nicht zu dem Schluß, vorher müsse es ähnlich gewesen sein. Auch der Vergleich mit der normalen Größe eines slawischen Dorfes aus der politisch freislawischen Zeit 5 ) ist aus methodischen Überlegungen abzulehnen, weil bisher die genauen Größenverhältnisse eines Dorfes aus den entsprechenden Jahrhunderten noch nicht erforscht worden sind 6 ). Ob aber ein Vergleich über mehrere Hunderte von Jahren mit heutigen Formen möglich ist, muß nicht nur bezweifelt, sondern konsequent abgelehnt werden. !) R. Mielke, 1920, S. 297. 2 ) W. Gley, 1926, S. 87. 3 ) R. Mielke, 1923, S. 78. Harmjanz glaubt an die Umlegung vieler slawischer Orte in einen einheitlichen Siedlungstyp, Harmjanz, 1942, S. 26; nach Gley gehen die schmalen Straßendörfer auf umgebaute kurze und breite Straßendorfanlagen der Slawen zurück, W. Gley, 1926, S. 87. 4 ) H. Ludat, 1936, S. 1 7 2 - 1 7 4 , (A). 5 ) H. Ludat 1936, S. 175 (A). Die wenigen ausgegrabenen oder bisher nur zum Teil untersuchten slawischen Siedlungen reichen keineswegs aus, um von einem slawischen Siedlungstyp sprechen zu können, der — sei es in der Form oder auch in seiner Größe — in den Kietzen weiterlebte. Für das Verbreitungsgebiet der Kietze sind lediglich die völlig oder auch nur teilweise ausgegrabenen slawischen Siedlungen von Berlin-Kaulsdorf, Berlin-Mahlsdorf, der große Rohrwall bei Berlin, Vipperow, Zehdenick und Milekow zu nennen.

IV. Das örtlichc Verhältnis der Kietzsiedlungen zu den in der Nähe liegenden Befestigungen 1. A L L G E M E I N E D A R S T E L L U N G D E S V E R H Ä L T N I S S E S

ZWISCHEN

BURG UND KIETZ • Der enge Zusammenhang von Kietz und Burgstelle ist offensichtlich. Nach Ludat ist deshalb auch die Schutzlage in der Nähe einer Burg eines der wichtigsten Merkmale einer echten Kietzsiedlung 1 ). Er sieht zwischen den Größen Verhältnissen der Kietze und den nahen Burgen, in deren Schutz die Kietze liegen, enge Beziehungen 2 ). Leider macht er keine Angaben über „die eindrucksvollen" Funde, die von der Größe der einstmaligen Befestigungen berichten 3 ). In den nachfolgenden Ausführungen wird vom archäologischen Material zu dieser Frage Stellung genommen. Im behandelten Arbeitsgebiet stellen die heute noch oft sehr gut erhaltenen Reste der slawischen Burganlagen (Burgwälle) einen wesentlichen Teil der sichtbaren Bodendenkmale dar. Es handelt sich vorwiegend um Erdwälle, die entweder eine schmale Landzunge als sog. Abschnittswälle umschließen, oder um rundlich-ovale Anlagen. Für den Bezirk Potsdam, in dem eine große Anzahl der alten Kietzsiedlungen liegt, hat J . Herrmann eine grobe Einteilung der Wallanlagen nach der Lage f ü r richtig gehalten: 1. Höhenburgen, 2. Niederungsburgen 4 ). Eine gleiche Aufteilung ist bereits von P. Grimm f ü r die slawischen Burgwälle in den Bezirken Halle und Magdeburg vorgenommen worden 5 ). Über die Herkunft des Burgenbaues bei den Slawen gibt es bisher noch kein abschließendes Urteil. Ob die Slawen den Burgenbau bereits kannten, als sie in den Raum östlich der Elbe kamen, ist bisher noch nicht geklärt 6 ). Eine Beantwortung vorliegender Frage wäre f ü r die Darstellung der angenommenen engen Beziehungen zwischen slawischer Burg und Kietz nicht unwesentlich, weil die Anlage einer Burg der sichtbare Ausdruck einer politischen und auch sozialen Situation ist, deren Grundlage mit gleicher Intensität auf die Kietze und deren Bedeutung gewirkt haben muß 7 ). Daß die Kietze sich nur aus der seinerzeit herrschenden politischen Situation und aus der damaligen wirtschaftlichen Entwicklung erklären lassen, ist eine bereits häufig geäußerte Erkenntnis. Der echte Kietz ist demnach gleich der jeweiligen Burganlage, in deren Nähe er liegt, eine historische Kategorie, deren enges Verhältnis zur Burg heute oftmals noch sichtbar ist. Auf die Schwierigkeiten, bestimmte Burganlagen den Slawen zuweisen zu können, hat bereits P. Grimm aufmerksam gemacht 8 ). Infolge fehlender Kriterien f ü r die Datierung der ') ) 3 ) 4 ) 2

5

6

H. Ludat, 1936, S. 175 (A). H. Ludat, 1936, S. 200 (A). H. Ludat, 1936, S. 175 (A) J. Herrmann, 1960, S. 13.

) P. Grimm 1958, S. 71. Die weitere Unterteilung der Burgen in Insellage, Talspornlage, Talrandlage, Plateaulage, Spornlage und Randlage ist für den zu bearbeitenden Fragenkomplex von geringer Bedeutung.

) Vgl. hierzu: C. Schuehhardt, 1931, S. 232f.; A. Götze, 1934, S. 30; P. Grimm, 1958, S. 6, W. Unverzagt, 1940, S. 82 ff. 7 ) Über die Funktionen der spätslawischen Burgsiedlungen siehe den Abschnitt über die Suburbien, 8 ) P. Grimm, 1958, S. 68,

IV. Das Verhältnis der Kietzsiedlungen zu den Befestigungen

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Anlagen ist es bis heute lediglich möglich gewesen, eine zeitliche Trennung zwischen den Burgen der spätslawischen und denen der mittelslawischen Zeit vorzunehmen. Dem Forschungsstand entsprechend muß auch in vorliegender Arbeit mit den Termini „sichere" und „vermutete" slawische Befestigungsanlagen gearbeitet werden. Der exakte Nachweis von befestigter Anlage und gleichzeitigem slawischem Fundgut ist nur f ü r wenige Burgwälle geführt worden. Das häufige Auftreten blaugrauer, frühdeutscher Keramik auf einigen slawischen Burgwällen 1 ) ist bisher ebenfalls noch nicht geklärt. Ob diese Wallanlagen anfänglich der Sitz der deutschen Feudalherren waren 2 ), kann nach dem gegenwärtigen Forschungsstand nur angenommen, aber nicht bewiesen werden. Die Verlagerung des späteren festen deutschen Burgsitzes, die aus dem angedeuteten archäologischen Befund geschlossen werden müßte, könnte allerdings in Altruppin (Nr. 5, Abb. 23a), Berlin-Spandau (Nr. 17, Abb. 23b), Potsdam (Nr. 123, Abb. 23d), Kliestow-Trebbin (Nr. 164, Abb. 23e) und mit Einschränkungen auch in Oderberg (Nr. 112, Abb. 23c) durchgeführt worden sein (Abb. 23a, b, d, e). Auf den slawischen Wallanlagen der angeführten Orte ist in jedem Falle frühdeutsche Ware geborgen worden, obwohl die eigentliche deutsche Burg an einer anderen Stelle errichtet worden ist. Die getrennte Lage und die zum Teil heute noch gut erkennbaren Formen der Befestigungen gestatten aber in jedem Falle eine sichere Bestimmung der ursprünglichen slawischen bzw. der deutschen Befestigung. I n den Fällen, wo die slawische Burganlage von einer jüngeren deutschen Burg überbaut wurde, ist zumindest der Nachweis der slawischen Anlage sehr schwierig und mit der Vorlage von oft nur wenigen charakteristischen Scherben auch nicht immer möglich. Obwohl die Tatsache der Übernahme und des Ausbaus slawischer Burgen allgemein bekannt ist und durch mehrere Grabungen auch nachgewiesen wurde 8 ), bleibt doch in zahlreichen Einzelfällen unklar, ob hier der gleiche Vorgang angenommen werden darf. Das in den nachfolgenden Ausführungen dargestellte topographische Verhältnis zwischen den Kietzen und den in der Nähe liegenden Befestigungsanlagen ist durch diesen Unsicherheitsfaktor nicht immer sicher zu bestimmen. Altruppin

(Abb. 20, 23a)

Die in den Ruppiner See vom Norden nach Süden hineinführende Landzunge — der sog. Poggenwerder — ist identisch mit der Lage der slawischen Burgwallanlage. Der Wall ist völlig zerstört. Es ist möglich, daß die heute der Halbinsel vorgelagerte kleinere Insel einstmals mit dem Festland verbunden war. Zahlreiche Keramikreste aus der mittel- und spätslawischen Zeit beweisen eindeutig das Alter der Burg 4 ). Bei Ausschachtungsarbeiten auf der Südspitze der Landzunge, die zur Anlage der Badeanstalt notwendig waren, sind neben zahlreichen Scherben Reste von Messern, Lanzenspitzen, einer Gußform f ü r Wendenpfennige, Hirschgeweihgeräte, Knochenreste und zahlreiche Münzen gefunden worden 5 ). Dieser Befund weist auf eine Siedlung hin, die nördlich der eigentlichen slawischen Burg in unmittelbarer Nähe derselben gelegen hat. Das slawische Fundmaterial ist auf die ganze Halbinsel verteilt und reicht mit seiner nördlichen Streuung bis in die Gärten des ehemaligen Amtshauses — heute Sitz des Staatlichen Forstbetriebes —, das etwa 300 m nördlich der slawischen Burg liegt, hinein. Auf der Stelle dieses Amtshauses, das 1791 errichtet wurde 6 ), stand die alte deutsche Burg, die im 30jährigen Kriege zerstört worden ist. Die älteste Erwähnung dieser Anlage stammt aus dem Jahre 12387). Im Norden der deutschen Burgstelle, vom Rhin umflossen, ') u. a. Spandau, Köpenick, Potsdam und Altruppin. 2 ) J. Herrmann, 1960, S. 92. 3 ) W. Unverzagt, 1936, S. lff. W. Unverzagt, 1958, S. 119-126. J. Herrmann, 1958, S. 126-130. H.A. Knorr, 1939, S. 9ff. H. Dunker, 1953, S. 191-233. 4 ) W. Bartelt und K. Waase, 1910. Siehe auch M. Weigel, 1872, S. 72. 5 ) Ortsakten Potsdam. 6 ) Kunstdenkmäler Bd. I, 3, 1914, S. 260-266. ') A. F. Riedel, A II, S. 305 „... Acta sunt hec in Rapin..."

Bbtjno Keügek

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liegt, auf die Burg ausgerichtet, das alte Ruppin. Außerhalb der alten Stadtlage, der Burg genau gegenüber, ist am Ostufer des Rhins der Kietz entstanden, der 1525 das erste Mal erwähnt wird 1 ). Reste der alten Burgmauern sind bei Ausschachtungsarbeiten im J a h r e 1955 freigelegt worden 2 ). Die slawischen Fundgegenstände von der unmittelbar südlich des ehem. Amtes gelegenen slawischen Siedlung sind vereinzelt bis in die Amtsgärten verstreut worden. F ü r die Auswertung der Beziehungen zwischen Kietz und Burg sind die Scherben deshalb von untergeordneter Bedeutung. Altruppin kann als typisches Beispiel f ü r das enge Lageverhältnis von deutscher Burg und alter Kietzsiedlung gelten. Der slawische Wall, der Poggenwerder, ist auf keinen Fall ein Zufluchtsort f ü r die Kietzer gewesen. Diese Meinung ist vertreten worden 3 ), weil die slawische Siedlung sicherlich nicht mehr vorhanden war, als der Kietz entstanden ist. Die wenigen frühdeutschen Scherben, die auf dem Poggenwerder gefunden worden sind, gestatten im Falle Altruppin die Annahme, daß der deutsche Feudalherr anfänglich die Burg in seinen Besitz nahm, u m kurze Zeit später in die nördlich davon errichtete deutsche Burganlage überzusiedeln. Bad

Freienwalde

In der Nähe von Tornow, etwa 1500 m südöstlich der Stadt, befindet sich eine slawische Befestigungsanlage. Es handelt sich u m einen slawischen Ringwall mit Innengraben, der durch die gefundenen Keramikreste in die Zeit des 9. und 10. J h . datiert wird. Pfahlreste in der Nähe des Walles — nach Fiddicke, der diese erwähnt 4 ), nur 9 m vom Wall entfernt — haben f ü r das Verhältnis von Kietz und Burganlage keine Bedeutung. Die spätslawische Keramik ist bisher nicht nachgewiesen worden. Der Pfahlbau, dessen Zweck in keinem Bericht geklärt worden ist, wäre demnach gleichaltrig. Wo der von Bekmann zitierte Knüppeldamm lag, ist nicht mehr festzustellen 5 ). Wollte man den Kietz auf Grund des Bekmannschen Hinweises auf eine evtl. stattgefundene Verlegung des Kietzes mit Hilfe des erwähnten Knüppeldammes in der Nähe des Burgwalles vermuten, dann m ü ß t e ohne jeden Beweis diese Konzentration von Burgwall, Pfahlbau und Knüppeldamm akzeptiert werden; das ist jedoch beim Stande der heutigen Kenntnis von der Sachlage der Dinge nicht s t a t t h a f t . Dieser sog. Kietz, dessen Lokalisierung an bezeichneter Stelle in erster Linie auf die Existenz eines slawischen Burgwalles zurückgeht, m ü ß t e in der Endkonsequenz als gleichaltrig mit der slawischen Befestigungsanlage angesehen werden. Ein solches Alter ist aber f ü r keinen der alten Kietze nachweisbar gewesen u n d auch f ü r den Kietz in Bad Freienwalde weder anzunehmen noch nachzuweisen. Die deutsche Burg h a t nach einem Kupferstich aus dem J a h r e 1779 2 k m südöstlich der Stadt auf dem jetzigen Schloßberg gelegen 6 ). Auf der Burgstelle sind mittelalterliche Scherben, 1 Eisenschere und 1 Lanzenspitze, gefunden worden 7 ). Der Kietz, der außerhalb der Stadtgrenzen im Westen der Stadt an der Ebers walder Straße liegt, hat zu beiden Anlagen keine örtlichen Beziehungen. Unklar und unbeantwortet muß die Frage nach einem evtl. Vorläufer des ehem. Schlosses in der Nähe der Nicolaikirche bleiben. Da von der Morphologie des Geländes her keine Hinweise auf einen älteren evtl. befestigten Sitz zu erkennen sind, könnte nur eine Ausgrabung die erwünschte Klarheit schaffen. Bad

Schmiedeberg

Der Kietz gehört nicht in die Gruppe der älteren Kietzsiedlungen. E r kann deshalb auch nicht zu einer frühen deutschen oder zu einer slawischen Befestigungsanlage in Beziehung 2

) 3 ) 4 ) 5 ) 6 ) '')

A. F. Riedel, A IV, S. 156. Ortsakten Potsdam. Kunstdenkmäler ..., Bd. I, 3, 1914, S. 207. Fiddicke, in Nachrichten über deutsche Altertumsfunde 1902, .S. 83. Siehe A. Götze, 1902, S. 85ff. Zit. bei H. Ludat, 1936, S. 93 (A). E. Siedler, 1914, S. 108. Ortsakten beim Inst. f. Vor- u. Friihgesch. d. DAW Berlin.

Abb. 21. Kietzorte mit slawischen und frühdeutschen Burgen an gleicher Stelle. a) Blankensee. Kr. Luckenwalde (Nr. 22); b) Brandenburg/Havel (Nr. 27—30); c) Biitzer, Kr. Rathenow (Nr. 35); d) Drezdonko, pow. strz. (Driesen) (Nr. 44); e) Fahrland, Kr. Potsdam-Land (Nr. 47); f) Gadebusch, Kr. Gadebusch (Nr. 55)

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gesetzt werden. Es ist außerdem nicht geklärt, ob der Ort überhaupt eine Burg gehabt hat. Bis heute sind lediglich einige Straßennamen bekannt, die evtl. auf eine «ältere Burgstelle hinweisen könnten 1 ). Beeskow (Abb. 25a) Eine slawische Befestigungsanlage ist f ü r Beeskow nicht nachzuweisen. Die deutsche Burg lag an der Stelle des Amtes, das nur durch eine Straße vom Kietz getrennt ist. Beide Komplexe liegen außerhalb der alten Stadtgrenzen. Die erste nachweisbare urkundliche Erwähnung der Burg stammt aus dem Jahre 13662). Die Angaben Keysers, nach denen die Ritter von Strele bereits 1202 als Burg- und Grundherren von Beeskow erwähnt werden sollen und nach denen die Gründung der Civitas 1272 als „vor alters geschehen" bezeichnet wird 3 ), können mangels Quellenangabe leider nicht überprüft werden. Ludat spricht lediglich von einer „alten" Burg, die den Spreeübergang deckte 4 ). Die Stelle der deutschen Burg und der Kietz bilden noch heute eine Einheit und legen sichtbares Zeugnis von den engen Beziehungen zwischen beiden Orten ab. Berlin-Köpenick (Abb. 24a) Einer mittelslawischen Anlage, die sich auf der Südspitze der Schloßinsel befand, folgte in der spätslawischen Siedlungsperiode eine Besiedhing der ganzen Insel. Der Charakter dieser spätslawischen Siedlung ist nicht ganz geklärt worden. Aller Wahrscheinlichkeit nach handelt es sich um eine befestigte, stadtähnliche Anlage, wie sie in Parallelen auch in Poznan undGniezno freigelegt worden sind 5 ). Es ist wahrscheinlich aber nicht beweisbar, daß diese Siedlung der Sitz Jaxas von Köpenick war. Die deutsche Befestigungsanlage, die sich auf dem Nordteil der Insel befand, ist bereits durch die Ausgrabungen in den Jahren 1937 und 1938 nachgewiesen worden 6 ). Der seinerzeit gewonnene Grabungsbefund konnte durch die jüngsten Ausgrabungen bestätigt werden 7 ). Der Kietz liegt nur durch den sog. Frauentag von der Schloßinsel getrennt, westlich der Insel am Westufer des obengenannten Armes der Dahme. Berlin-Spandau (Abb. 23b) Die alte slawische Burg liegt etwa 1 km südlich des alten Stadtgebietes von Berlin-Spandau am rechten Ufer der Havel. Der Burgwall ist in der mittel- und spätslawischen Zeit besetzt gewesen. Aufgefundene frühdeutsche Keramik läßt jedoch vermuten, daß die Anlage bis in die deutsche Zeit hinein ihre Funktion behalten hat. Zu Beginn des Festungsbaues in Spandau ist ein Teil der Kietzbevölkerung nach hier umgesiedelt worden. Auf alten Karten erscheint deshalb an dieser Stelle die Flurbezeichnung „Kietz". Im Jahre 1197 wird „Everardus" als Advokat in Spandau erwähnt 8 ). Der Sitz des Advokaten ist unbekannt 9 ). Die erste Erwähnung der Spandauer Burg im Jahre 1317 ist ganz sicher nicht das Gründungsjahr derselben; dafür spricht die recht frühe Erwähnung des Advokaten und die Gründung der Stadt im Jahre 123210). Die Burg muß älter sein. Ihre Lage ist identisch mit der der heutigen Zitadelle am Einfluß der Spree in die Havel. Die zahlJ

) ) 3 ) 4 ) 6 ) 6 ) 7 ) 8 ) 9 )

Burgholzanger, Burgholz und Burgholzwiese, zit. bei P. Grimm, 1958, S. 164. A. F. Riedel, B I, S. 389. H. Krabbo, 1955, S. 696, Nr. 2474. E. Keyser, 1939, Bd. 1, S. 480/81. H. Ludat, 1936, S. 58 (A). Nach einer frdl. Mitteilung des Ausgräbers, Dr. J. Herrmann, Inst. f. Vor- u. Friihgesch. der DAW Berlin. D. Waetzold, 1937/38, S. 360. J. Herrmann, 1956, S. 186ff.; 1957, S. 183ff.; 1958, S. 126ff. A. F. Riedel, A VII, S. 468. Es ist jedoch mit Sicherheit anzunehmen, daß er gleichzeitig der Burgvogt war und in der Burg Spandau seinen Sitz hatte. 10 ) A. Ludewig, 1950, S. 35. 2

Abb. 22. Kietzorte mit slawischen und frühdeutschen Burgen an gleicher Stelle, a) Hohennauen, Kr. Rathenow (Nr. 76); b) Pritzerbe, Kr. Rathenow (Nr. 126); c) Recz, pow. choszcz. (Reetz) (Nr. 134) ; d) Schollene, Kr. Havelberg (Nr. 144) ; e) Storkow, Kr. Beeskow (Nr. 157) ; £) Zehdenick, Kr. Gransee (Nr. 182) 5 Krüger, Kietzaiedlungen

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reichen Ausgrabungen auf dem Burggelände haben gezeigt, daß die älteste Anlage eine rechteckige Form hatte. Slawische Kulturschichten sind auf der Burgstelle bisher nicht nachzuweisen gewesen, obwohl einige Reste der slawischen Keramik geborgen worden sind 1 ). Der alte Kietz lag direkt südlich der deutschen Burg am Nordufer der Spree. Noch im J a h r e 1375 wird seine Lage mit „prope Castrum" angegeben 2 ). Biesenthal (Abb. 24b) Von dem Hege-See, der Finow und dem Sydowfließ umgeben, liegt etwa 250 m nördlich der Stadt Biesenthal die alte slawische Burgstelle, heute Reierberg genannt. Es handelt sich um eine mittelslawische Anlage des 9. und 10. Jhs. 3 ), die in der spätslawischen Zeit nicht mehr besetzt war. Der Wall ist in deutscher Zeit erhöht worden. E r h a t zum Wirtschaftsbereich der deutschen Burg gehört. Einige blaugraue, frühdeutsche Scherben lassen vermuten, daß die Veränderung und Umgestaltung der slawischen Anlage in recht früher Zeit, wahrscheinlich bereits im 13. J h . vorgenommen worden ist. Dicht am Rande der Stadt, in einer Schlinge des Sydowfließes, liegen in unmittelbarer Nähe des Kietzes — beide Komplexe werden nur durch das Sydowfließ getrennt — die beiden heute noch ausgezeichnet erhaltenen Burghügel der frühdeutschen Burg (Abb. 24b). I m J a h r e 1258 wird der erste Vogt von Biesenthal, „Heinricus de Thenis, Aduocatus de Bizdal" erwähnt 4 ). Birkenwerder F ü r die heutige Ortslage von Birkenwerder ist weder eine deutsche noch eine slawische Befestigungsanlage nachzuweisen. Auch in der ältesten bekannten Urkunde von Birkenwerder aus dem J a h r e 1355 sind diesbezüglich nur Andeutungen enthalten. Der Markgraf Ludwig der Römer, der die Güter des verstorbenen Ritters Ywan von Nybede an J o h a n n v. Busch verschenkt, will diesen beim Bau einer festen Befestigungsanlage unterstützen 6 ). Nach den Angaben dieser Urkunde hat Birkenwerder schon vorher bestanden, ohne befestigt gewesen zu sein. Ob Ludwig der Römer seiner Verpflichtung bezüglich der Unterstützung beim Bau einer burgähnlichen Anlage nachgekommen ist, k a n n nicht überprüft werden, weil weder eine Burg noch eine andere entsprechende Befestigungsanlage aus dieser Zeit f ü r Birken werder nachgewiesen werden kann 6 ). Der Kietz h a t nach einem Plan vom J a h r e 1732 zu dieser Zeit noch nicht bestanden 7 ). Der Schwerpunkt der slawischen und frühmittelalterlichen Besiedlung auf Birkenwerder Gebiet lag in der Nähe des alten Havellaufes im Westen des Ortes. Unter dem Flurnamen „Havelsiedlung" ist heute noch die alte slawische Burgstelle bekannt, die 1695 als „alter Wall" erwähnt wird. Auf der Burgstelle ist auch frühdeutsches Material geborgen worden 8 ). Blankensee

(Abb. 21a)

Nordöstlich vom Kietz lag der alte slawische Burgwall, auf dem das heutige Schloß steht. Der Burgwall war bis in die spätslawische Zeit hinein von den Slawen besetzt gewesen. An der gleichen Stelle entstand die deutsche Burg, die 1317 erstmals als Castrum erwähnt wird 9 ). Der Kietz, an den heute nur noch der „Kietzpuhl" erinnert, lag südlich dieser Burgstelle am Nordufer des Blanken-Sees. ') A. Ludewig, 1950, S. 35ff.

-) J. Schultze, 1940, S. 23.

3

) Ortsakten Potsdam.

4

5

) A. F. Riedel, A VII, S. 421.

') E. Dahlenburg, 1955, S. 6.

) A. F. Riedel, A XIII, S. 207.

«) E. Dahlenburg, 1955, S. 6. 8

) Ortsakten Potsdam.

„Xos igitur hevdenricus de Trebyn, Castellanus de Blankense..." A. F. Riedel, A X, S. 232.

Abb. 23. Kietzorte mit slawischen und frühdeutschen Befestigungen, deren Lage nicht identisch ist. a) Altruppin, Kr. Neuruppin (Nr. 5); b) Berlin-Spandau (Nr. 17); c) Oderberg, Kr. Eberswalde (Nr. 112); d) Potsdam (Nr. 123); e) Trebbin, Kr. Luckenwalde (Nr. 164)

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Bömenzien (Abb. 5 a) Der Nachweis einer Burganlage konnte bisher nicht geführt werden. Bömenzien wird 1196/1197 anläßlich eines Lehnsvertrages zwischen den Markgrafen Otto und Albrecht und dem Erzstift Magdeburg als Oppidum bezeichnet 1 ). Erst in späteren Urkunden wird von einer „veste" gesprochen 2 ). Wahrscheinlich ist, daß die gesamte ältere Dorf läge einmal vom Zehrengraben, zum anderen von einem künstlichen Erdwall umgeben war 3 ). Der Befestigungswall lag im Süden des Ortes. Noch heute wird diese Stelle von den Ortseinwohnern als „hinter dem Berge" gelegen bezeichnet. Südlich davon, nur durch einen schmalen Wiesenstreifen getrennt, liegt die Flurstelle „Kietz". Brandenburg (Abb. 21b) Brandenburgs Bedeutung sowohl f ü r die Slawen als auch für die Deutschen ist bereits mehrere Male betont worden. Es ist deshalb nicht verwunderlich, wenn auf der Dominsel die slawische und auch die deutsche Wehranlage gestanden hat. Die Dominsel, die ursprünglich ein Castrum war, trug seit etwa der Mitte des 13. J h . ein stark kirchliches Gepräge. Die drei Kietze auf der Dominsel liegen in unmittelbarer Nähe der Burg. Auch der Kietz von Brandenburg-Altstadt befindet sich in ihrer Nähe. Außerdem war die Altstadt schon vor dem Jahre 1216 durch eine Brücke mit der Burg verbunden 4 ). Brüel Kietz und Burg sind auch in Brüel lokal eng verbunden. Beide Komplexe liegen außerhalb der alten Stadtgrenzen. Die genaue Altersbestimmung der Burg ist heute nicht mehr möglich. Eine deutsche Burg kann jedoch mit Sicherheit angenommen werden. Ob der Vorläufer derselben eine slawische Anlage war, muß ungeklärt bleiben. Fundmaterialien liegen nicht vor. Die Burgstelle ist heute noch fast kreisrund; sie dient als Schulplatz. Geschützt wird dieser Platz durch seine Lage in den Wiesen am Südrande des Ortes Brüel, der 1222 das erste Mal urkundlich erwähnt wird 5 ). Buckoiv (Abb. 1) Eine slawische Befestigungsanlage ist auf der Buckower Ortslage nicht bekannt. Ein deutsches Castrum, das Sitz eines Vogtes war, wird 1249 erwähnt 6 ). Die Lage dieser Burg konnte bis heute noch nicht ganz sicher bestimmt werden. Nach Krügel stand sie auf der Stelle des heutigen Mühlenplatzes. Die in der unmittelbaren Nähe des Burgplatzes liegenden Häuser am Markt 6 — 2, Königstraße 58—55 und Wallstraße 19 und 18 sind in einem Schriftstück, das die Aufhebung des an Stelle der leiblichen Dienste gezahlten Dienstgeldes erklärt, nicht erwähnt. Krügel vermutet in diesem Hinweis die letzten Anzeichen f ü r die mit besonderen Vorrechten bedachten ersten deutschen Ansiedler im Schutze der Burg 7 ). In geringer Entfernung der Burgstelle hat am Südufer des Griespensees und am Stobberow wahrscheinlich der Buckower Kietz gelegen. Bützer (Abb. 21c) Der von der Bevölkerung als großer Kietz bezeichnete Hof zwischen Milow und Bützer liegt von der deutschen Burg, die sich an der Mündung der Stremme in die Havel befindet, etwa 400 m entfernt. Der kleine Kietz, eine zweite Anhöhe in dem üblichen örtlichen Wiesen!) 2 ) 5 ) ß )

0 . V. Heinemann, Codex dipl. Anh. Bd. 1, Nr. 710 u. 718. 3 4 Nach R. Mielke, 1931, S. 375. ) R. Mielke, 1931, S. 375/76. ) A. F. Riedel. A VTTT, S. 133. MUB I, S. 266, Nr. 282 „Theodericus sacerdos in Bruile". A. F. Riedel, A X X I V , S. 336. ') M. Krügel, 1951 (Sonderdruck) o. Sz.

Abb. 24. Kietzorte mit slawischen und frühdeutschen Befestigungsanlagen, a) Berlin-Köpenick (Nr. 15); b) Biesenthal, Kr. Bernau (Nr. 19); c) Kietz (Rhinow), Kr. Rathenow (Nr. 86) d) Lebus, Kr. Seelow (Nr. 93); e) Schwedt, Kr. Angermünde (Nr. 148)

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gelände, liegt dagegen in unmittelbarer Burgnähe, am Westufer der Stremme. Bereits 1145 heißt es in einer Urkunde Konrads I. „Milowe cum toto burchwardo" 1 ); von einem Castrum in Milow ist erst 1269 die Rede 2 ). Der Nachweis einer slawischen Burganlage ist infolge der starken Veränderung des Geländes aus Oberflächenfunden allein nicht mehr möglich. Einige slawische Scherben sind auf dem Burggelände gefunden worden 3 ). Cammer Burgstelle und Kietz bilden auch hier eine lokale Einheit, obwohl der Kietz eine neu angelegte Siedlung ist. Zwischen beiden Orten liegt nur ein schmaler Wiesenstreifen. An die Burg erinnert heute noch eine fast kreisrunde Erhöhung, an deren Peripherie die Reste eines ehemaligen Wassergrabens zu erkennen sind. Die Burg kann nicht näher datiert werden. Es ist möglich, daß sie mit dem 1576 erwähnten Rittersitz identisch ist. Criewen Die Kietzstelle, heute nur noch als Flurname bekannt, liegt am Rande des Schloßgartens an der Hohensaatener Wasserstraße. Uber einen eventuellen Vorläufer des heutigen Schlosses ist nichts bekannt. Drense (Abb. 26a) Die ehemalige Lage des Kietzes ist unbekannt. Ein slawischer Burgwall, der nach dem Scherbenmaterial auch noch in spätslawischer Zeit benutzt worden ist, liegt südwestlich des Ortes in einer Niederung an der Straße nach Prenzlau. Leider kann das Verhältnis dieser slawischen Anlage zum einstmaligen Kietz nicht mehr dargestellt werden; das ist um so bedauerlicher, als Drense der einzige Kietzort ist, in dem heute nur eine sichtbare Befestigungsanlage, und zwar nur die slawische, die bis in das 12. J h . hinein besetzt war, nachweisbar ist. F ü r eine deutsche Burg gibt es keine örtlichen Hinweise. Der Begründer des Ortes war nach den Pommerschen Urkunden von 1240 und 1243 ein Ritter mit Namen Frowein 4 ). In Drense h a t es außerdem eine Curie gegeben 5 ), deren Lage mit der des heutigen Outes identisch zu sein scheint. Drezdenko (Abb. 21 d) Die enge Verbindung von Burgstelle und Kietz ist auch in Drezdenko vorhanden. Die Burg liegt etwa 100 m nordöstlich vom Kietz entfernt, am südlichen Ufer der Notec. Alte Mauerreste waren noch bis 1932 sichtbar 6 ). Die Burgruine ist bereits im J a h r e 1907 gewaltsam zerstört worden. Das Castrum „Drecen" wird 1234 zusammen mit Czarnköw, Wielen, Naklo und Ujscie erstmals genannt 7 ). Zahlreiche slawische Scherben, die in der Nähe der Burg gefunden worden sind, sprechen dafür, daß der Vorläufer der 1234 erwähnten Burg eine slawische Wallanlage gewesen ist. Dyrotz Der Nachweis f ü r eine deutsche Burg kann nicht geführt werden. In der Nähe des Ortes befinden sich jedoch zwei slawische Burgwälle. E t w a 1 km südlich von Dyrotz, vom Ort durch O. v. Heinemann, Codex dipl. Anh., Bd. 1, 8. 41, Nr. 52. ) Die Burgstelle liegt auf der Gemarkung von Milow. „Alvericus castellanus in Milow" A. F. Riedel, A VIII, S. 169. 3 ) Funde im Museum für Vorgeschichte Halle, Inv. Nr. 30:399. 4 ) Kunstdenkmäler... Bd. III, 1, 1921, S. 39. 5 ) J. Schultze, 1940, S. 272 „Janeko Möwe habet 5 Mansos liberos ad curiam suam". 6 ) Ortsakten beim ehem. Staatl. Mus. f. Vor- u. Frühgesch. Berlin. 7 ) Cod. dipl. mai. Poloniae, I, Nr. 145. 2

Abb. 25. Kietzorte, in denen nur frühdeutsche Burgen nachzuweisen sind, a) Beeskow (Nr. 11); b) Kremmen, Kr. Oranienburg (Nr. 89); c) Neustadt-Glewe, Kr. Ludwigslust (Nr. 109); d) Plaue, Kr. Brandenburg-Land (Nr. 121); e) Schwante, Kr. Oranienburg (Nr. 147); f) Sloiisk, pow. sul. (Sonnenburg) (Nr. 153)

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ein Wiesengebiet getrennt, liegt bereits auf der Gemarkung von Buchow-Karpzow ein slawischer Wall, der durch die gefundenen Keramikreste in die mittelslawische Zeit zu datieren ist 1 ). Ein zweiter gleichaltriger slawischer Burgwall liegt nordöstlich des Ortes, etwa 4 km von demselben entfernt 2 ). Der Kietz h a t zu keinem der beiden Wälle weder zeitlich noch örtlich in Beziehungen gestanden. Fahrland (Abb. 21 e) I m J a h r e 1197 wird Fahrland zum ersten Male durch den Namen Heinricus Advocatus in Vorlande in einer Urkunde Ottos I I I . erwähnt 3 ). Der Sitz dieses Heinrich ist sicherlich die Burg gewesen, die an der Stelle des Gutes (heutige Schule) zu lokalisieren ist. Sie lag unmittelbar südlich vom Kietz. F ü r einen ovalen Erdwall, den L u d a t a n f ü h r t und der eine Befestigung gewesen sein soll, auf der das spätere Amt errichtet worden ist 4 ), fehlen die äußeren Anzeichen. Bei Bauarbeiten in den J a h r e n 1952—54 sind allerdings neben Feldsteinfundamenten und frühdeutscher Keramik auch einige slawische Keramikreste geborgen worden 5 ). Trotz des Befundes gibt es gegenwärtig keine Anhaltspunkte, die die Annahme einer slawischen Befestigungsanlage an dieser Stelle rechtfertigen. Fürstenberg ¡0. Der Ort war im 13. J h . H a u p t o r t des gleichnamigen Landes; er erhielt im J a h r e 1235 Magdeburger Stadtrecht. 1310 ist die Stadt vom Markgrafen J o h a n n von Brandenburg an das Kloster Neuzelle verkauft worden 6 ). Das hier bereits erwähnte Schloß blieb im Besitz des Landesherren. Nachdem Kaiser Karl IV. im J a h r e 1370 die Stadt zurückgekauft hatte, wurde sie durch eine Mauer befestigt. Urkundliche Belege f ü r die Existenz einer alten Burganlage sind nicht bekannt. Auch von archäologischer Seite können bisher weder die Reste einer mittelalterlichen Burg, noch die ehemalige Lage derselben nachgewiesen werden. Auch die von L u d a t angenommene slawische Befestigungsanlage, wie sie nach ihm bei fast allen niederlausitzischen Städten vorkommen soll 7 ), ist archäologisch nicht nachweisbar. Gadebusch (Abb. 21 f) Noch heute erinnern der Burg-See und die Schloßstelle an die ehemalige Burg, die im Südosten des Ortes lag. Die Burg war der Sitz eines Vogtes 8 ). Auf der Burgstelle sind spätslawische Scherben des 11. und 12. J h . gefunden worden 9 ). Der ehemalige Kietz h a t wahrscheinlich direkt südlich der Burg an der Straße nach Wittenburg gelegen. Gartz Die Lage der Burg ist nicht mehr zu ermitteln. 1124 wird das erste Mal von einem Castrum in Gartz gesprochen, als Otto von Bamberg auf seiner Pommernreise die Burg besuchte 1 0 ). 1259 erhielt die Stadt von Barnim I. die alte Burgstelle zum Geschenk 11 ), auf der im J a h r e 1410 wahrscheinlich das Schloß entstand. Infolge des Nichtkennens der Burglage ist das lokale Verhältnis des Kietzes zur Burg nicht mehr darzustellen. *) ) 3 ) 5 ) 7 )

J. Herrmann, i960, Kat. Nr. 193. R. Mielke, 1899, S. 55. Burgwallkartei beim Institut für Vor- u. Frühgesch. der DAW Berlin. A. F. Riedel, A VIII, S. 468. ") H. Ludat, 1936, S. 93 (A). 6 Ortsakten Potsdam. ) A. F. Riedel, A I, S. 389. H. Ludat, 1936, S. 64 (A). Die im Jahre 1286 erwähnte Zollstätte Fürstenberg berechtigt nicht zu der Schlußfolgerung, daß der Ort deshalb in slawischer Zeit ebenfalls als Grenzpunkt von Bedeutung war und eine Burg gehabt hat. 8 9 ) F. Schildt, 1891, S. 193. ) E. Schuldt, 1958, Karte 18, S. 302. 10 ) MG SS XII, p. 797 sed rogatus est duo prius iuvisere castella, Gradiciam . . u ) P U B II, S. 50, Xr. 063. 2

IV. Das Verhältnis der Kietzsiedlungen zu den Befestigungen

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Golzow, Kr. Beizig Im Gegensatz zur eigentlichen Ortslage bilden auch in Golzow die alte Burgstelle und der Kietz eine lokale Einheit. Die Burg lag am Ufer der Plane im Norden des Kietzes. Auf der Burgstelle, die heute nur noch durch Fundamentreste des alten Schlosses und durch verflachte Gräben zu erkennen ist, sind als älteste Funde nur blaugraue, frühdeutsche Scherben geborgen worden. Diese Anlage, die 1320 ganz sicher das erste Mal als das „hus" von Golzow bezeichnet wird 1 ), hat keinen slawischen Vorläufer gehabt. Golßen

Der „Utzenberg" in Golßen, eine künstlich aufgeschüttete und mit Wallgräben umgebene frühdeutsche Befestigung liegt dem Kietz entgegengesetzt auf der nordöstlichen Seite der Stadt. Lokale Beziehungen zwischen beiden Orten sind nicht nachzuweisen. Bemerkenswert ist aber, daß beide Komplexe außerhalb der alten Stadtgrenze liegen. Da auf der Burgstelle auch mittel- und spätslawische Scherben gefunden worden sind, ist mit der Möglichkeit zu rechnen, daß die frühdeutsche Burg auf einer slawischen Befestigung entstanden ist 2 ). Gorzöw

Wielkopolski

In Gorzöw weisen — ähnlich wie in Bad Schmiedeberg — nur noch einige Straßennamen indirekt auf eine alte Burgstelle hin. In der ehemaligen Schloßstraße hieß noch bis zum Jahre 1924 das Haus Nr. 5 „Burglehen" 3 ). Der sichere Nachweis einer alten Befestigung ist aber nicht mehr möglich. Im allgemeinen wird die leichte Erhöhung, auf der das alte Gymnasium im Osten der Stadt lag, als die Burgstelle bezeichnet. An die Schulzenhufen anknüpfend, die sich von der Schloßstraße ausgehend über die ganze ehemalige Zantocher Vorstadt erstreckten, glaubt Eckert, in diesem Bereich auch die Burg vermuten zu dürfen 4 ). Diese vermutete Burgstelle liegt dem Kietz entgegengesetzt am Ostrande der Stadt. Lokale Beziehungen können nach dem gegenwärtigen Forschungsstand zwischen beiden Orten nicht bestanden haben. Für eine Verlegung des Kietzes an seine jetzige Stelle 5 ) gibt es keine glaubwürdigen Hinweise. Hagenow

Obwohl der Kietz von Hagenow nicht mehr lokalisierbar ist, sei doch darauf hingewiesen, daß der Ortsteil „Kietzender Scheunen" genau entgegengesetzt von der Stelle liegt, an der in Hagenow die Burg vermutet wird 6 ). Im Falle Hagenow könnte — falls die Lokalisation beider Komplexe der einstmaligen Situation entspricht — nicht von einer örtlichen Verbindung zwischen Burg und Kietz gesprochen werden. Gröben ( A b b . 34)

Nordwestlich vom Kietz, etwa 300 m von diesem entfernt, liegt auf der westlichen Nutheseite die alte deutsche Burg, an die noch einige Stein- und Keramikreste erinnern. Es ist möglich, daß diese Anlage mit dem Feldlager Ludwig des Römers — ,,in castris prope villam Gröben" 7 ) — identisch ist. Eine zweite Befestigungsanlage befindet sich im Nordwesten dieser Burgstelle; sie liegt bereits auf der Gemarkung von Saarmund. Diese Befestigungsanlage wird durch die auf ihr gefundene Keramik in die frühe Eisenzeit datiert 8 ). Der Gröbener !) 2 ) 3 ) 5 )

A. F. Riedel, B IV, S. 227; H. Krabbo, 1955, S. 828, Nr. 2796. Burgwallkartei beim Inst. f. Vor- u. Frühgesch. der DAW Berlin. F. Buchholz, 1924, S. 2. ") R. Eckert, 1891, S. 17. Die von Ludat geäußerte Meinung, daß der Kietz verlegt sein könnte, kann deshalb nicht akzeptiert werden. H. Ludat, 1936, S. 94 (A). Es ist weiterhin keineswegs bewiesen, daß sich die Stadt an eine Burg anschloß (S. 52). 6 7 ) F. Lisch, 1854, S. 322. ) A. F. Riedel, A XXIV, S. 57 (1352). 8 ) J, Herrmann, 1960, S. 203, Kat. Nr. 395.

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Kietz hat zu dieser Burganlage weder zeitlich noch örtlich in Beziehung gestanden. Eine slawische Befestigungsanlage bzw. eine Benutzung der beiden erwähnten Burgen durch die Slawen ist nicht nachzuweisen. Auch L u d a t hat die Burg in unmittelbarer Nähe des Kietzes erwähnt. Er ließ aber, wie in einigen anderen Fällen auch, die Frage nach der zeitlichen Einordnung der Burgstelle unbeantwortet. Die Bezeichnung „Wall" — entnommen aus der SuchodoletzschenKarte aus dem 17. J h . 1 ) — und seine allgemeine Konzeption (Verbindung von altem Kietz und slawischer Burg) lassen jedoch vermuten, daß er auch im Falle Gröben an eine slawische Burganlage geglaubt hat. Güntherberg Obwohl der Kietz und die Burg zu zwei verschiedenen Orten gehören — der Kietz liegt in Güntherberg, die Greiffenburg in Greiffenberg — sind doch lokale Beziehungen zwischen beiden Orten anzunehmen. Die Burgstelle wird lediglich durch eine nicht sehr breite Niederung vom Kietz getrennt. Die Burgruine steht auf einer mittelslawischen Siedlungsstelle 2 ), deren Charakter nicht bekannt ist. Hohennauen

(Abb. 22a)

Die deutsche Burg hat an der Stelle des jetzigen Gutes gelegen. Die Entfernung zum Kietz beträgt etwa 80—100 m. Zwischen beiden Orten liegt die Kirche des Dorfes. Auf der Burgstelle sind slawische Scherben gefunden worden. Äußerlich sichtbare Hinweise auf eine ehemalige slawische Befestigungsanlage sind dagegen nicht mehr vorhanden. Jerichow Die Burglage in Jerichow im Südwesten der Stadt hat keine Beziehungen zu dem Teil der Stadt, der heute noch mit „Kietz" bezeichnet wird. Die Jerichower Burg, die 1144 erstmals genannt wird 3 ), hat wahrscheinlich einen slawischen Vorläufer gehabt; auf der Burgstelle sind wenige mittel- und spätslawische Scherben neben zahlreichen blaugrauen, frühdeutschen Keramikresten gefunden worden 4 ). Kalbe

(Milde)

Obwohl die Lage des sog. Kalber Kietzes nicht mehr genau zu bestimmen ist, sei trotzdem auf die Burg Kalbe östlich vom Nordausgang der Stadt hingewiesen, die 1196 als Burgward bezeichnet wird 5 ). Datierbare Keramik liegt von der Burg nicht vor. Da auf dem Kalber Stadtgebiet bis heute noch kein einziger Nachweis einer slawischen Besiedlung der Stadtlage bekannt ist 6 ), kann die Burg ebenfalls als aus wilder Wurzel entstanden bezeichnet werden. Kaliesz-Pomorski I m J a h r e 1313 gab Markgraf Waldemar der Stadt u. a. auch einen Burgplatz „area castri" 7 ). Die Lage dieses Platzes ist heute, nachdem die Stadt im zweiten Weltkrieg stark zerstört worden ist, nur noch mit einigen Vorbehalten zu bestimmen. Hinzu kommt, daß sowohl in der Nähe des Mühlenteiches als auch südwestlich der alten Stadtlage Flurstellen unter dem Namen „Schloßwall" bzw. „Schloß" bekannt sind. Der Kietz hat nur zu der Schloßstelle

2

) 3 ) 4 ) ä ) n ) ')

H. Ludat, 1936, S. 04 (A). Burgwallkartei beim Inst. f. Vor- u. Frühgesch. der DAVV Berlin. „Harthmannus eastellanus de Jerchow", CDA I, S. 232, Nr. 314. Mus. Halle 31:1453; 41:408, Mus. Genthin 0328. „medietatem burgwardi Calue", A. F. Riedel, C I, S. 3. Frdl. Mitt, von Lehrer Herper, Kalbe, Schulstr. 8. A. F. Riedel, A XVIII, S. 102, P U B V, S. 143, Nr. 2852, H. Krabbo, 1955, S. 633, Nr. 2313.

IV. Das Verhältnis der Kietzsiedlungen zu den Befestigungen

75

im Südwesten der Stadt eine lokale Beziehung. Ob auch rechtliche Verbindungen zwischen den Kietzern und dem Schloßherrn bestanden haben, muß unbeantwortet bleiben. Kietz, Kr. Seelow Der auf dem Territorium der Deutschen Demokratischen Republik liegende Ort ist ein neuentstandener Kietz. Die ursprüngliche Kietzsiedlung von Kostrzyn lag östlich der Oder unterhalb der Burg, deren Lage durch das heutige Schloß gelsennzeichet ist 1 ). Kietz, Kr. Ludwigslust Es ist bisher noch nicht gelungen, die Lage der Burg genau zu ermitteln. Sie wird an der Stelle des sog. „zweiten Hofes" vermutet 2 ). Nach W. Böhm hat an der Stelle des Wenksternschen Schlosses eine Wasserburg gelegen 3 ). Ein genauer Hinweis f ü r eine slawische Befestigungsanlage ist auch hier nicht vorhanden. Kietz (Rhinow) (Abb. 24c) Die enge lokale Beziehung von Kietz und Befestigungsanlage hat dazu geführt, daß beide Orte heute ohne sichtlich erkennbaren Übergang zum Ort Kietz-Rhinow gehören, der etwa 1,5 km westlich der Stadt liegt. Die Gründungszeit der Burg und auch die Gründer derselben sind nicht bekannt. Die erste Erwähnung des Ortes stammt aus dem Jahre 12164). Auch auf diesem Burggelände, das unter dem Namen „Mühlenburg" bekannt ist, sind slawische Scherben gefunden worden, die es gestatten, eine slawische Besiedlung des Geländes bis in das 11. Jh. hinein annehmen zu dürfen. Uber den Charakter derselben können nur Vermutungen geäußert werden. Hinweise auf eine ältere Befestigung bieten jedoch Karten aus dem 18. Jh., auf denen noch ein Graben und Wallreste zu erkennen sind 5 ). Kremmen (Abb. 25b) Die Burg Kremmen wird zusammen mit der Burg von Oranienburg im Jahre 1216 das erste Mal erwähnt 6 ). Sie liegt 150—300 m südwestlich vom Kietz entfernt, an der Straße Berlin—Spandau—Nauen—AI truppin. Mit den Burgen von Schwante, Vehlefanz und Cotzeband gehörte sie zu den Befestigungen, die quer zur Glinausbreitung lagen und einen Sperrgürtel gegen den Barnim bildeten 7 ). Das Gebiet des Glin und der Beilin waren schon zur Zeit Albrechts des Bären militärisch gesehen in askanischem Besitz. Hinweise f ü r eine slawische Anlage fehlen. Lebus (Abb. 24d) Auf dem steil ansteigenden Höhenzuge am Westufer der Oder lag nordwestlich der Kirche die starke Befestigung, die Lebus zu einem bedeutenden Ort an der Oder werden ließ. Diese Befestigungsanlage gehört zu den wenigen Burgen im Arbeitsgebiet, die durch Grabungen untersucht worden sind. Es ist festgestellt worden, daß die Höhe schon in der jüngeren Bronzezeit und in der älteren Eisenzeit befestigt war. Die Slawen haben diese Höhe wieder besetzt und ihrerseits zu einer starken Burg ausgebaut. Im Zuge der deutschen Ostsiedlung ist die Burg von Deutschen weiter ausgebaut worden. Die jüngste Anlage entstand nach der Zerstörung der alten Befestigung im 14. J h . auf dem südlichen Teil der Höhe, dem Turmberg 8 ). Südlich dieser Befestigung liegt am Westufer der Oder der Kietz. Auch hier sind die Lageverhältnisse dergestalt, daß von einer örtlichen Verbindung zwischen der Burglage und dem Kietz gesprochen werden kann. !) C. Fredrich, 1913, S. 70. ) A. F. Riedel, A VIII, S. 135. «) A. F. Riedel, A VIII, S. 135. 4

2

3 ) KunstdenkmUler . . . Bd. I, 1909, S. 135. ) W. Böhm, 1937, S. 184. ) J. Herrmann, 1960, S. 179, Kat. Nr. 282. 7 s ) H. Harmjanz, 1942, S. 8. ) W. Unverzagt, 1958, S. 119-126. 5

76

Beuno Krüger

Lichtenow Der Ort, der im Jahre 1351 das erste Mal genannt wird, gehörte zum Amte Alt-Landsberg 1 ). Aus welchen Gründen der Besitz des Schulzen Peter Grimmer in einem Lehnsbrief vom Jahre 1610 der „Kietzhof" genannt wurde, kann nicht gesagt werden 2 ). Für Befestigungsanlagen gibt es in Lichtenow keine Hinweise. Liebenwalde Der Liebenwalder Kietz ist sehr früh eingegangen. Seine Lage ist deshalb nur noch bedingt feststellbar. Eine Karte sämtlicher Vorwerke und Kietze an der Havel aus dem 18. Jh. 3 ) verzeichnet aber zwischen der Stadt und der alten Burgstelle eine Siedlung, die evtl. als der alte Kietz gedeutet werden könnte. Westlich dieser Häusergruppe liegt das Amt, an dessen Stelle die frühdeutsche Burg stand, die Sitz eines Vogtes war 4 ). Eine slawische Anlage an der gleichen Stelle ist mit Hilfe der Oberflächengestaltung nicht nachzuweisen. Vor der Burg sind allerdings mittel- und spätslawische Gefäßreste geborgen worden. Die ganze Anlage ist heute noch mit einem Graben umgeben, in dem frühdeutsche Keramik enthalten ist. Löwenberg (Abb. 36d) Der Kietz im Süden des Ortes ist eine Neuanlage. Beziehungen zur Burg im Westen des Ortes haben nicht bestanden. Die Burg wird im Landbuch vom Jahre 1375 als „Castrum" bezeichnet 5 ). An der gleichen Stelle steht heute ein Barockschloß aus dem 18. Jh., das die älteren Formen zum größten Teil zerstört hat. Eine slawische Befestigungsanlage ist nicht bekannt. Lübben Burg und Kietz liegen auch hier außerhalb der alten Stadtgrenzen. Beide Siedlungskomplexe sind durch zahlreiche Spreearme getrennt. Die Burg liegt etwa 500 m südwestlich vom Kietz im Süden der Stadt. Zahlreiches slawisches Fundmaterial 6 ) läßt an der gleichen Stelle eine slawische Befestigungsanlage als Vorläufer der deutschen Burg vermuten. Lübben, das an einem der wenigen Übergänge über die Spree entstanden ist, wird 1180 das erste Mal erwähnt 7 ). Die landesherrliche Burg ist seit dem Jahre 1208 sicher belegt 8 ). Lunow (Abb. 26b) Alte Ruinenreste nordwestlich von Lunow — bereits auf Stolzenhagener Gebiet gelegen — sind neben der im Volksmund überlieferten Bezeichnung „alte Burg" die einzigen Hinweise f ü r eine Befestigungsanlage. Die Identität dieser Ruine mit der „curia antiqua" 9 ) kann nur vermutet werden. Die Lage des Kietzes wird im Landbuch von 1375 mit „prope villam Lunow" angegeben 10 ). Auch Teile kommt mit der Vermutung, daß der Kietz in der Nähe der Kirche gelegen habe 11 ), der im Landbuch angegebenen Lage sehr nahe, weil die Kirche im Norden des Ortes liegt. Sollten die Vermutungen stimmen, dann wären auch hier die Beziehungen zwischen der „Burg" und dem Kietz klar erkennbar; f ü r eine slawische Befestigungsanlage gibt es keine Hinweise. Mörz Burg und Kietz liegen entgegengesetzt an beiden Ausgängen des Angerdorfes Mörz. Die Burg wird 1161 erstmals erwähnt 12 ). Zahlreiche mittel- und spätslawische Scherben weisen 2 >) A. F. Riedel, A XI, S. 41. ) E. Fidicin, 1857, I. II, S. 81. 3 ) DZA Merseburg VI, 186. Siehe auch Karte v. d. Sehulenburg, Deutsche Staatsbibliothek Blatt 1006, 1. 4 ) „acta sunt hec Liuenwalde", A. F. Riedel, A XIII, S. 485,1275 „Daniel, advocatus in Levenwolde", A. F. Riedel, 6 A VII, S. 244. ) J. Schultze, 1940, S. 187. 6

7 ) Ortsakten Potsdam. ) MG SS X X I I I , S. 157. ,0 i) A. F. Riedel, A XIIT, S. 230. ) J. Schultze, 1940, S. 158. 12 ) „Preterea de Burgwardis. Mordiz", A. F. Riedel, A VIII, S. 184.

8

) R. Lehmann, 1937, S. 45. ) Teile, 1923, Nr. fl-12, 20, 21.

L1

IV. Dag Verhältnis der Kietzsiedlungen zu den Befestigungen

77

auf eine slawische Besiedlung des gleichen Geländes hin. Da der Kietz nachweisbar erst im 19. J h . entstanden ist, erübrigt sich ein weiteres Eingehen auf die Beziehungen zur Burglage. Müllrose (Abb. 35 a) Bis auf die bei Keyser erwähnte „Häsikenburg" 1 ), deren Lage gegenwärtig nicht mehr genau bekannt ist, gibt es keine weiteren Anhaltspunkte, nach denen die Burg bzw. ihre Lage zu bestimmen wäre. Ob lokale Beziehungen zum Kietz bestanden haben, kann deshalb nicht gesagt werden. Marquardt (Schorin) (Abb. 26c) Sichtbare Hinweise auf eine Befestigungsanlage sind im Ort nicht mehr vorhanden. Auf der Suchodoletzschen Karte, B l a t t V, 3, wird jedoch 700 m südöstlich des Ortes eine rechteckige Befestigungsanlage mit einem Graben angegeben. Es handelt sich möglicherweise um eine frühdeutsche ,, Burganlage". Ob hier der Sitz des Zabel von Schorin war, der 1375 im Landbuch Karls IV. als Besitzer einer Curie erwähnt wird 2 ), muß gleichfalls ungeklärt bleiben. Die enge Verbindung zwischen Kietz und Herrensitz m u ß aber auch hier bestanden haben, wie aus der Verkaufsurkunde von 1358, nach der Zabel von Schorin sein Erbteil an der Wublitz mit den dazugehörigen Wenden auf dem Kietz verkauft hat 3 ), zu entnehmen ist. Neuermark

(Abb. 26d)

I n der Nähe des Kietzes befindet sich nördlich vom Landgraben eine leichte Anhöhe, die heute noch im Volksmund die Bezeichnung „alter H o f " trägt. Neben zahlreichen bronzezeitlichen Gefäßresten konnten auf dieser Stelle relativ viel blaugraue, frühdeutsche Scherben geborgen werden. Die Flurbezeichnung „alter H o f " kann — gestützt auf den archäologischen Befund — auf einen alten Herrensitz hinweisen, der in unmittelbarer Nähe des Kietzes gelegen hat. Neustadt-Glewe

(Abb. 25c)

Kietz und Burg sind lokal eng verbunden. Beide Siedlungskomplexe werden nur durch die Eide getrennt. Die Burg, die auf einem künstlich aufgeschütteten Hügel liegt, ist, nach der gegenwärtigen Form zu urteilen, eine frühdeutsche Anlage. Diese Ansicht stützt sich u. a. auch auf die Bodenfunde, die alle aus der frühdeutschen Zeit stammen. Slawische Siedlungsreste sind bisher weder auf der Burgstelle noch im Kietz gefunden worden 4 ). Oderberg (Abb. 23c) I n geringer Entfernung vom Kietz lag auf dem etwa 40 m hoch ansteigenden Albrechtsberg die im J a h r e 1231 das erste Mal erwähnte deutsche Burg 6 ). Auf der Burg sind seit J a h r e n Funde aus der slawischen und aus der frühdeutschen Zeit gemacht worden. Trotz der zahlreichen Funde, die eine Besiedlung des Geländes auch in der Zeit des 9. bis 12. J h . bestätigen, sind sichtbare Anzeichen f ü r eine gleichaltrige Befestigungsanlage nicht vorhanden. Die sicher bestimmbare slawische Befestigungsanlage h a t südlich der alten Oder an der Stelle des später erbauten „Bärenkastens" gelegen. Zahlreiche mittel- und spätslawische Gefäßreste beweisen, daß diese Anlage bis in das 12. J h . hinein von den Slawen besetzt war. Sie h a t zu dem in der heutigen Stadtlage befindlichen Kietzgelände keine örtliche Beziehung.

4

2 3 E. Keyser, 1939, T. 1, S. 597/98. ) J. Schultze, 1940, S. 160. ) A. F. Eiedel, A VII, S. 321. ) Das zeitliehe Verhältnis der Entstehung zwischen Burg und Stadt wurde nicht geklärt. Urkundenmaterial zur Klärung der Frage ist nicht vorhanden. Es bleibt deshalb auch unbeantwortet, ob die Stadt Glewe älter als die 5 Burg ist, ) A. F. Riedel, A XIII, S. 202.

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BRUNO KRÜGER

Phöben (Abb. 7) Die einzige Befestigungsanlage auf der Gemarkung von Phöben ist der sog. „Räuberberg". Die in einer Havelschlinge liegende und heute noch gut zu erkennende Wehranlage zeigt in ihrer jetzigen Form eine frühdeutsche Befestigung mit Wall und Gräben. In den Jahren 1930 und 1932 sind zur genaueren Bestimmung der einzelnen Entwicklungsphasen der Burganlage einige Suchschnitte angelegt worden. Es ergab sich, daß der Vorläufer der deutschen Burg eine mittelslawische Anlage war 1 ). In die Nähe dieser Befestigungsanlage, und zwar südlich derselben, ist auch der Garnzug „ufm Kietz" 2 ) zu lokalisieren. Südlich des Walles und südlich vom Gut liegen die Kietzwiesen, die den einzigen heute noch bekannten Hinweis auf einen ehemaligen Kietz darstellen. Diese Wiesen und der wahrscheinlich in der Nähe der Mühle gelegene ehemalige Kietz sind jedoch so weit von der Burgstelle entfernt, daß von einer örtlichen Beziehung zwischen beiden Orten kaum gesprochen werden kann. Plaue (Abb. 25d) Nachdem im Jahre 1198 Heinrich von Plaue in einer Urkunde des Brandenburger Bischofs erwähnt worden ist 3 ), erscheint im Jahre 1217 erstmalig ein Hinweis auf eine Burg 4 ). Diese deutsche Befestigungsanlage, f ü r die es keinen slawischen Vorgänger gibt, lag südlich der Havelbrücke am Plauer See. Kietz und Burgstelle sind lokal verbunden. Das angedeutete enge Verhältnis zwischen beiden Orten findet außerdem in der gemeinsamen Siedlung von Kietzern und Burgmannen seinen Ausdruck, die noch vor dem Jahre 1637 neben der eigentlichen Stadt entstanden ist und bis zu den Steinschen Reformen unter der Gerichtsbarkeit des Schloßherrn stand 5 ). Potsdam (Abb. 23d) Der slawische Burgwall lag an der Stelle der heutigen Heiligengeistkirche auf einer ehemals runden Havelinsel. In der großen Fischerstraße und in der Türkstraße sind mittelslawische und bronzezeitliche Scherben gefunden worden, die die Annahme zulassen, daß hier die alte slawische Siedlung gelegen hat. Die askanische Burg lag an der Stelle des heutigen Stadtschlosses. Die durchgeführten Grabungen haben ergeben, daß die erste Anlage eine Holz-Erde-Burg war, die im 13. J h . von einer Stein bürg abgelöst worden ist 6 ). Die Stadtschloßruine liegt etwa in der Mitte zwischen der heutigen Ruine der Heiligengeistkirche — der Stelle des slawischen Walles — und dem Kietz. Pritzerbe (Abb. 22b) Im Jahre 1161 wird Pritzerbe als Mittelpunkt eines Burgbezirkes bezeichnet 7 ); über die Lage der Burg ist nichts bekannt. Auch im Jahre 1550 wird lediglich von einer wüsten Schloßstelle gegenüber von Kützkow an der Havel gesprochen 8 ). Zusammenhänge bestehen aber Vgl. hierzu die Grabungsberichte von F. Bestehorn und R. Hoffmann vom Jahre 1930. Es sind 3 Bauperioden festgestellt worden. Die wallartige Erhebung und der davor gelagerte Graben sind künstlich entstanden; beide Bauelemente gehören in das frühe Mittelalter. Die frühdeutschen Funde waren von den slawischen Schichten durch ein helles Schwemmband getrennt. Schuchhardt, der diesen Wall bereits im Jahre 1911 besuchte, stellte seinerzeit fest: bei diesem Innenraum sieht man unten auf der alten Wohnfläche verkohlte Balken, verbrannten Lehm und viele slawische Scherben; diese reichen von der frühslawischen bis in die mittelslawisehe Zeit" (Ortsakten bei dem ehem. Staatl. Mus. f. Vor- u. Frühgeschichte Berlin). 2 3 ) F. Bestehorn, 1913, S. 81. ) Kunstdenkmäler, Bd. 11, 1, S. 125. 4 5 ) S. Buchholz, 1765, T. IV, Urkundenanhang. ) Kunstdenkmäler, Bd. II, 1, 1913, S. 127. 0) R. Hoffmann, 1956, S. 24 (A); s. hierzu auch S. Kramer, 1960, S. 293f. 8

') A. F. Riedel, A VITT, S. 104.

) „. . . die wüste sloßstelle an der hauel gleich kegen kuezkow über sampt einer wüsten stalstettc darbey u. nebenn gelegenn auch en Garten", A. F. Riedel, A VII, S. 481.

IV. Das Verhältnis der Kietzsiedlungen zu den Befestigungen

79

zwischen der 1161 vom Erzbischof Wichmann ausgestellten Urkunde und dem Bischofshügel, dem jetzigen Stimmingschen Mühlenberg 1 ). Auf dem Mühlenberg, der südlich vom Kietz am Südostende der Stadt zwischen der Havel und dem Pritzerber See liegt, sind auch mittel- und spätslawische Scherben gefunden worden 2 ). Diese wenigen Hinweise lassen vermuten, daß auf dem angeführten Mühlenberg die deutsche Burg gelegen hat. Auf eine slawische Befestigungsanlage könnten die wenigen slawischen Funde hinweisen, die auf dem betreffenden Burggelände gemacht worden sind. Der Kietz liegt in geringer Entfernung nördlich der Burgstelle an der Havel. Pritzwalk (Abb. 35b) Nach einem alten Lageplan aus dem Jahre 1727 lag die Burg im Nordwesten der Stadt an der Dömnitz in geringer Entfernung vom Kietz 3 ). Eine slawische Befestigungsanlage ist nicht bekannt 4 ). Prenzlau Obwohl Prenzlau eine Burgstelle hatte (vgl. Katalog-Nr. 124), muß auf eine Darlegung der örtlichen Beziehungen zwischen Kietz und Burg verzichtet werden, weil die Herkunft des Kietznamens ungeklärt ist. Rathenow (Abb. 11) „...Castrum nostram apud nostram predictam civitatem Rathenow constructum . . . " heißt es 1295 über die Rathenower Burg 5 ), die am Treffpunkt der kleinen und der großen Burgstraße im Nordwesten Rathenows an der Havel gelegen hat 6 ). In ihrer Nähe lag sowohl der Mittelkietz als auch der Jederitzer Kietz. Der Oberkietz am Südfuße des Weinberges 7 ) kann infolge der großen Entfernung zur deutschen Burg kaum mit derselben in Beziehung gestanden haben. Der „alte H o f " auf der linken Havelseite, der auf der Steckelsdorfer Flur liegt, würde dafür eher in Frage kommen. Leider ist über seine Datierung sehr wenig bekannt. Bei Ledebur heißt es u. a.: ,,... der oeconomic-Beamte Brennecke, des Gutes, genannt der alte Hof, alt Rathenow, auch alter Burgwall, fand beim Bearbeiten des Ackers die unverkennbaren Spuren von Grundmauern, Waffen und anderem Eisengerät. Ebenso sind auf einer daran anstoßenden Wiesen Urnen gefunden worden" 8 ). Das Alter der Mauern ist nicht bekannt. Sie können auf keinen Fall slawisch sein. Auch der Name „alter H o f " ist eine f ü r slawische Befestigungen ungebräuchliche Art der Bezeichnung. Einige slawische Gefäßreste 9) lassen an gleicher Stelle jedoch eine slawische Anlage vermuten, auf der in frühdeutscher Zeit wahrscheinlich eine deutsche Burg oder ein befestigter Hof entstanden ist. Einwandfrei slawisch ist der Wall am rechten Havelufer, am Einfluß der Stremme in die Havel. Der Wall gehört heute zum Gelände der stillgelegten Kachelfabrik. Eine Verbindung des Walles zu den Kietzen ist sowohl örtlich als auch zeitlich nicht möglich. Eine dritte Anlage befindet sich nach Günther in den Jederitzer Wiesen 10 ), ebenfalls in erheblicher Entfernung vom Jederitzer Kietz. *) Schultze spricht von einem reduzierten Burgberg in Pritzerbe, den er in die Reihe der Burgen von Vehlefanz und Altenplathe stellt (J. Schultze, 1953, S. 110). Die gegenwärtige Geländesituation kann diese Meinung nicht unterstützen. 2 4

) Ortsakten Potsdam.

3

) E. Siedler, 1914, S. 122.

) Die neuerdings von Schirrholz geäußerte Meinung, daß die Stadt Pritzwalk im Schutze einer Burg neben dem Kietz angelegt worden ist, kann nicht akzeptiert werden. Schirrholz hat weder das hohe Alter der Burg noch das gleichzeitige Alter des Kietzes nachweisen können, H. Schirrholz, 1957, S. 160ff.

5

) A. F. Riedel, A VII, S. 410.

') H. Günther, 1934, S. 75. 0) J. Herrmann, 1960, S. 199, Kat. Nr. 375.

6

) J. Mahnkopf, 1933, S. 26.

8

) L. v. Ledebur, 1852, S. 37.

10

) H. Günther, 1934, S. 97.

Bruno Krüoer

80 Recz (Abb. 22 c)

Auf der Flur von Recz sind einige Befestigungsanlagen aus verschiedenen Zeitperioden vorhanden. Sehr gut lokalisiert und sicher bestimmt ist die sog. „Schwedenschanze", etwa 2 km östlich der Stadt. Es ist ein halbrunder Abschnittswall, auf dem slawische Keramik gefunden worden ist 1 ). Ein weiterer Abschnittswall, der ebenfalls durch slawische Keramik datiert ist (mittelslawische Stücke), liegt 3,5 km südwestlich der Stadt. Diese Anlage ist unter dem Namen „Hühnerberg" bekannt 2 ). Während der Auseinandersetzungen zwischen Barnim I. und den Johannitern in Korytowo wird im Jahre 1269 u. a. auch eine Burg erwähnt, die von Barnim besetzt worden ist 3 ). Der Orden, der seit 1237 hier ansässig war 4 ), müßte demnach der Besitzer dieser Anlage gewesen sein. Die Lage der Burg ist bisher unbekannt geblieben. Die sehr häufige Zweisamkeit von Kietz und Befestigungsanlage gestattet zumindest die Vermutung, daß diese Befestigungsanlage dicht nördlich vom Kietz im Südwesten der Stadt gelegen hat. Die in Frage kommende Höhe liegt in dem westlich von Recz beginnenden Niederungsgebiet. Zahlreiche Steinreste, frühdeutsche blaugraue Keramik und einige Stücke des slawischen Tonmaterials, die auf Grund einiger erkennbarer Verzierungsmotive und Gefäßgestaltungen der mittelslawischen und der beginnenden spätslawischen Besiedlungsperiode zuzuweisen sind, unterstützen diese Ansicht. Das ensprechende Gelände ist heute überackert, so daß alte Bauformen nicht mehr zu erkennen sind. Es ist in diesem Zusammenhange wichtig zu erwähnen, daß seit 1284 in Recz ein Cistercienser-Nonnenkloster bestand 5 ). Das Kloster erhält 1296 den „Burgwall vor unserer Stadt Reetz mit allen Kampenn, welcher zu der Zeit, da das hauss gestanden, zum Schloßlehne gehörigk genandt" 6 ). Damit kommt deutlich zum Ausdruck, daß es sich um eine Burgstelle handelt, aiif der ein Gebäude gestanden hat, das 1296 als nicht mehr bestehend bezeichnet wird. Saarmund (Abb. 8) Bei der Behandlung der nur noch sehr schwer lokalisierbaren Kietze wurde auf Seite 31 versucht, mit Hilfe des relativ geringen Quellenmaterials die Lage des Kietzes nördlich von Saarmund, in der Nähe des Stöckerhauses, wahrscheinlich zu machen. Mit dieser Lokalisierung rückt auch der Saarmunder Kietz ganz in die Nähe der alten Burgstelle, die ebenfalls nördlich des Ortes liegt. Die Burg wird 1216 das erste Mal erwähnt 7 ). Mittel- und spätslawische Keramikreste lassen als Vorgänger eine slawische Befestigungsanlage vermuten. Schollene (Abb. 22d) Nördlich vom Kietz, direkt nördlich des Gutes, nur durch die Lanke vom Kietz getrennt, liegt die alte Burgstelle, die heute noch als kleine Anhöhe mit steil abfallenden Rändern (besonders nach Südosten) gut erkennbar ist. Auf der Burgstelle sind zahlreiche Reste der slawischen und auch der frühdeutschen Keramik gefunden worden 8 ). Schwante (Abb. 25e) Der Kietz im Norden des Dorfes reicht mit seiner westlichen Ausdehnung bis in den Bereich des Schloßbezirkes hinein. Auf dem heutigen Schloßgelände hat wahrscheinlich die Burg gestanden, die 1375 zusammen mit den „munitiones" Kremmen und Vehlefanz erstmalig erwähnt wird 9 ). Eine ältere Befestigungsanlage ist nicht nachzuweisen. *) Burgwallkartei beim Institut für Vor- u. Frühgeschichte der DAW Berlin; Z. f. E. 1919, S. 258; Jahrbuch f. d. Gesch. d. Nmk. IV, S. 73. 2

) Burgwallkartei, s. oben; R. Behla, 1888, S. 105.

3

) A. F. Riedel, A VI, S. 17.

4

) Cod. dipl. mai. Poloniae, I, nr. 202.

5

) P. v. Nießen, XI, S. 37 ff.

s

) A. F. Riedel, A XIII, S. 7.

') A. F. Riedel, A VIII, 8. 135.

8

) Vgl. auch P. Grimm, 1958, S. 355, Kat. Nr. 872.

9

) J. Schultze, 1940, S. 04.

IV. Das Verhältnis der Kietzsiedlungen zu den Befestigungen

81

Schwedt (Abb. 24e) Nordöstlich vom Kietz liegt das Schloß, das als markgräfliche Burg entstand. Von einer vorhergehenden slawischen Anlage an dieser Stelle ist nichts bekannt. Östlich der alten Oder liegt in der Niederung ein Sumpf burgwall, der nach dem archäologischen Befund in der spätslawischen Zeit besetzt war 1 ). Seehausen Der Kietz ist mit den gegenwärtig zur Verfügung stehenden Quellen nicht mehr lokal zu bestimmen. Ob er zwischen dem neuen Tor und der Altstadt gelegen hat 2 ), kann nicht überprüft werden. Für den zur Bearbeitung vorliegenden Komplex „Kietz-Burg" sei jedoch erwähnt, daß die slawische Befestigungsanlage von Seehausen 2,3 km südlich der Altstadt lag 3 ). Der 1187 erwähnte Conradus de Schulenburg 4 ) hat sicherlich diese Anlage f ü r kurze Zeit in Anspruch genommen, wie einige rotbraune frühdeutsche Scherben anzudeuten scheinen 5 ). Die deutsche Burg lag in der Nähe der Altstadt, nicht weit vom vermuteten Kietzgelände, in einer Flußschlinge des Alands 6 ). Slonslc (Abb. 25f) In Slonsk reichen die nördlichen Ausläufer des Kietzes bis an das Gelände des Schlosses heran, das ehemals Sitz des Heeresordensmeisters war. Ein festes Haus im Sinne einer Burg oder einer burgähnlichen Anlage kann nicht nachgewiesen werden. Die 1341 vom Markgrafen Ludwig ausgesprochene Baugenehmigung zur Anlage eines Schlosses enthält keinen Hinweis auf den Zustand des Geländes 7 ). Die ganze Anlage des Ortes ist jedoch auf das Schloßgelände ausgerichtet. Es besteht also die Mögchkeit, daß hier schon vor der ersten Erwähnung des Ortes im Jahre 12958) ein festes Haus gestanden haben kann. Da auf dem gesamten Schloßgelände und in den angrenzenden Gärten nicht ein einziger Hinweis auf eine ehemalige slawische Besiedlung des Gebietes gefunden worden ist, darf mit Sicherheit gesagt werden, daß ein slawischer Vorläufer für die vermutete deutsche Burg nicht bestanden hat. Stendell Die Lage des Ortes an einem wichtigen alten Übergang über die Welse, die Tatsache, daß der Ort einmal Zollstätte war, sowie die Beweggründe zur ersten Erwähnung des Ortes — Markgraf Waldemar belehnte 1318 in Stendell die von Steglitz mit der Stadt Brüssel — 9) könnten auf einen festen, burgähnlichen Sitz hinweisen. Bis auf eine sehr fragwürdige und nicht mehr überprüfbare Angabe eines Ortspredigers aus dem Jahre 1712 über eine Schanze mit zwei Wällen 10 ) fehlen aber die Hinweise, die diese Überlegung unterstützten. Der Kietz von Stendell gehört außerdem nicht in die Gruppe der alten Kietzsiedlungen, so daß zeitliche Beziehungen zu älteren Befestigungen nicht bestanden haben können. Stolpe (Abb. 5d) Zwischen der Befestigungsanlage aus der slawischen und frühdeutschen Zeit und dem Kietz liegt der Ort Stolpe. Die Burg mit ihrem Turm, dem „Grützpott", befindet sich nordöstlich des Ortes. Die Anlage ist vom Kietz etwa 1 km entfernt. Diese frühdeutsche Burg ist auf einer slawischen Anlage errichtet worden, die bis in die spätslawische Zeit besetzt war. x

) -) 4 ) 5 ) 6 ) 7 ) 10 )

Burgwallkartei beim Institut für Vor- u. Frühgeschichte der DAW Berlin. 3 E. Keyser, T. II, 1941, S. 685. ) P. Grimm, 1958, S. 392. A. F. Riedel, A V, S. 279; 0. v. Heinemann, CDA I, S. 482, Nr. 655. P. Grimm, 1958, S. 392, Kat. Nr. 1086. 1253 „Castellum complanantes", P. Grimm, 1958, S. 392. 8 9 A. F. Riedel, A XIX, S. 131. ) A. F. Riedel, A XIX, S. 9. ) H. Krabbo, 1955, S. 703, Nr. 2626. Ortsakten beim Institut für Vor- u. Frühgeschichte der DAW Berlin.

(i Krüger, Kictzsicdlungen

82 Stolzenhagen

BRUNO KRÜGER

(Abb. 26e)

Der südlich vom Kietz gelegene große Burgwall ist eine Anlage aus der Bronzezeit. Von den Slawen ist diese Befestigungsanlage nicht benutzt worden. Hinweise auf eine frühdeutsche Burg sind nicht vorhanden. Der Kietz hat ohne Zweifel mit der im J a h r e 1335 erwähnten Curie in Beziehung gestanden, die wahrscheinlich an der Stelle des heutigen Gutes zu vermuten ist. Storkow (Abb. 22e) Die nahen örtlichen Beziehungen zwischen der Burg u n 4 dem Kietz sind in Storkow nicht gegeben. Die Burg liegt in einiger E n t f e r n u n g südwestlich vom Kietz an der Straße, die zum Waldhaus Karlslust f ü h r t . Von einer S u m p f b u r g , wie sie Keyser erwähnt 1 ), k a n n hier nicht die Rede sein. Die Burg war der Mittelpunkt der Herrschaften von Strele u n d Biberstein. Strausberg (Abb. 26f) U n m i t t e l b a r nördlich vom Kietz ist die Stelle der Burg zu vermuten, an deren Platz 1254 ein Dominikanerkloster errichtet worden ist 2 ). Die alte Curie des Markgrafen liegt wahrscheinlich unmittelbar südlich des Klosters, in der Nähe des Kietzes. Der nächste slawische Burgwall befindet sich 3,5 bis 4 k m vom Kietz entfernt am Ufer des Bötz-Sees. Die F u n d e datieren den Wall in die mittelslawische Zeit 3 ). Trebbin (Abb. 23e) Am Südausgang von Trebbin, auf dem Grundstück Kossleck, liegt der alte Burghügel. Die Burg, die einstmals hier gestanden h a t , ist Anfang des 13. J h . gebaut worden 4 ). I m J a h r e 1320 b r a n n t e diese Befestigungsanlage ab 6 ). Die E n t f e r n u n g zwischen dem Kietz u n d der Burgstelle beträgt etwa 200 m. Ein slawischer Burgwall liegt südlich des Kietzes, ca. 1,2 k m von diesem entfernt, bereits auf Kliestower Gebiet an der N u t h e . Die K e r a m i k datiert diesen Wall in die mittel- u n d spätslawische Zeit. Einige frühdeutsche Keramikreste, die vor allem auf dem etwas erhöhten Vorgelände des Walles vorkommen, beweisen eindeutig, d a ß diese Anlage auch in der frühdeutschen Zeit besetzt war. Von einer zweiten deutschen Burg in Trebbin, die älter sein soll als die vorstehend erwähnte, a m Südausgange des Ortes, berichtet Heffter 6 ). Zu dieser Burg, die auf der Zaucher Seite gelegen haben soll, gehörte die ganze Landzunge zwischen der Sarne, einem kleinen, flußartigen Graben, der westlich von Treuenbrietzen bei Niebel in die Nieplitz fließt, u n d der N u t h e . Diese Burg, die nach H e f f t e r ursprünglich slawisch war, wurde von einem B e a u f t r a g t e n des Erzbischofs W i c h m a n n erobert; der Eroberer n a n n t e sich nach der Burg „ H e r r von T r e b b i n " ; durch die genauen Angaben der Grenzen des beherrschten Landes (Kemnitz, Nettgendorf, Berkenbrück, Mertensmühle u n d Mietgendorf) gewinnt dieser Hinweis Heffters an Glaubwürdigkeit 7 ). E s ist aber nicht zu ersehen, aus welchen Quellen diese Angaben e n t n o m m e n worden sind. Treuenbrietzen Das Alter des Kietzes von Treuenbrietzen ist nicht mehr mit Sicherheit zu bestimmen. Das Kietzgelände ist stark aufgeschüttet, so d a ß die wenigen Fundstücke, unter denen sich einige blaugraue frühdeutsche Scherben befinden, an Aussagewert verlieren. E s k a n n deshalb auch nicht gesagt werden, ob die heute entgegengesetzt von der alten Burgstelle, im südwestlichen Teil der S t a d t liegende Siedlung mit der Befestigung einstmals in Verbindung stand. 2 E. Keyser, T. T, 1939, S. 650. ) H. Itrabbo, 1955, S. 178, Nr. 773. ) Burgwallkartei im I n s t i t u t f. Vor- u. Frühgeschichte der DAW Berlin. 4 5 ) A. F. Riedel, A V I I I , S. 128. ) Kunstdenkmäler . . . Bd. IV, 1. 1941, S. 199. «) C. Ch. Heffter, 1851, S. 53. ') C. Ch. Heffter, 1851, S. 53. 3

IV. Das Verhältnis der Kietzsiedlungen zu den Befestigungen

83

Es handelt sich bei letzterer um einen Burgwall aus slawischer Zeit (mittel- und spätslawische Keramikfunde), der in frühdeutscher Zeit ebenfalls besetzt war. Die Burg hat recht früh ihre Bedeutung verloren. Schon im J a h r e 1319 gibt Herzog Rudolf von Sachsen ausdrücklich bekannt, daß der A u f b a u einer Burg f ü r Brietzen nicht mehr in Frage kommt 1 ). Tucheim Das Kloster des heiligen Moritz zu Magdeburg erhielt im J a h r e 965 die Burg Tucheim 2 ). Diese Burg h a t wahrscheinlich unmittelbar südöstlich vom heutigen Schloß gelegen. Bei Ausschachtungsarbeiten zur Anlage eines Neubaues an der gleichen Stelle sind zahlreiche mittelslawische Keramikstücke geborgen worden. Der Volksmund bezeichnet heute noch — im Gegensatz zur jetzigen Schloßlage — diesen Ort als die alte Burgstelle. Die 1223 vom Erzbischof erbaute Burg 3 ) dürfte diese ältere Anlage überdeckt haben und demnach an der gleichen Stelle zu vermuten sein. 1338 wird erneut eine Burganlage genannt 4 ), deren Lokalisation nicht näher zu bestimmen ist; zu diesem „Burgbereich" hat der Kietz, der ganz sicher in frühdeutscher Zeit besiedelt war, keine örtlichen Beziehungen. W itzin Die mittelalterliche Burg, die sog. „Flöhburg", liegt in einiger Entfernung nördlich vom Kietz, im Nordwesten des Ortes. F ü r die vermutete slawische Befestigungsanlage 5 ) gibt es bisher noch keine archäologischen Nachweise. Wittenberge, Die Lage des ehemaligen Kietzes von Wittenberge ist nach den Aussagen der Ortsbewohner und nach einem noch bekannten Flurnamen zwischen der Stepnitz im Norden und der Karthane im Süden, etwa 1,5 km südlich der Stadt, zu lokalisieren. Zwischen der heutigen Stadt und dem Kietz liegt das Gelände der „alten S t a d t " , an die noch Gräben und Wälle erinnern. Die ehemalige Lage der deutschen Burg, die nach 1136 erbaut worden ist 6 ), ist auf dem Schloßberg zu vermuten, der bereits in den Jahren 1846—1851 eingeebnet worden ist. Auch W. Böhm zitiert eine Burg bei der alten Stadt 7 ) (Gänseburg), die im 12. J h . erbaut worden ist. Eine slawische Befestigungsanlage ist f ü r die Stadt Wittenberge noch nicht nachgewiesen. Jedoch befindet sich auf Garsedower Gebiet eine Befestigungsanlage, der sog. „Wallberg" (Wallberge), auf der mittel- und spätslawisehe Keramik gefunden worden ist 8 ). Zehdenick (Abb. 22f) Auch in Zehdenick gibt es zwei alte Befestigungsanlagen. Unmittelbar nördlich vom Kietz liegt auf einer Havelinsel das Schloß, das auf der alten Burgstelle entstanden ist. Blaugraue und mittelalterliche Keramik, die bei Flurbegehungen hier gefunden worden ist, bestätigen diese Tatsache. Mittel- und spätslawische Funde lassen vermuten, daß der Vorläufer der deutschen Burg eine slawische Befestigungsanlage gewesen ist 9 ). Ein Burgwall beim Zehdenicker Forsthaus, auf dem 1873 zwei durchbohrte Steinhacken gefunden worden sind 10 ), kann zeitlich nicht näher bestimmt werden. Da der Name Zehdenick im J a h r e 1211 das erste Mal erwähnt wird 11 ), ist zu vermuten, daß die deutsche Burg zu Beginn des 13. J h . entstanden ist 12 ). l

) ) 4 ) 5 ) 6 ) 9 ) 3

10

2 C. N. Pischon, 1871, S. 19, Urkunde Nr. 8. ) CDA I, S. 31, Nr. 41. Magdeburger Schöppenchronik, S. 145; Reg. Arch. Magdeb. II, S. 322, Nr. 700. A. F. Riedel, A XV, S. 99. Frdl. Mitt. von W. Bastian, Inst. f. Vor- u. Frühgeschichte d. DAW Berlin. 8 E. Kevser, T. I, 1939, S. 673. ') W. Böhm, 1937, S. 185. ) M. Arnheiter, 1932, S. 5. Ortsakten beim ehem. Staatl. Mus. f. Vor- u. Frühgeschichte Berlin, Nr. E 389/38. Ortsakten Potsdam. W. Pcschkc, 1930, ,S. 83 ff.

) Ortsakten Potsdam.

G*

u

) A. F. Riedel, A X, S. 80.

12

) W. Pcschkc, 1930, S. 83ff.

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Zossen Die Entwicklungsgeschichte der Zossener Burg am Südufer des Nottekanals im Nordwesten der Stadt ist bis heute noch nicht zufriedenstellend geklärt worden. Auf der relativ großen Burgfläche stehen heute lediglich die Reste einer kurfürstlichen brandenburgischen Festung aus dem 16. Jh. Zahlreiche blaugraue frühdeutsche Keramikreste lassen keine Zweifel darüber, daß diese Höhe schon im 13. Jh. von Bedeutung war. Ob hier eine Burg gestanden hat, die im 12. Jh. Mittelpunkt eines Burgbezirkes war 1 ), kann nicht mit Sicherheit gesagt werden. Neuerdings sind in der Nähe des Nordtores und des Burghügels auch mittel- und spätslawische Scherben geborgen worden 2 ), diezwar noch keine slawische Burg, aber eine slawische Besiedlung des Geländes bis in die spätslawische Zeit hinein bewiesen haben. Ein am Südfuße des heutigen gut sichtbaren kleineren Hügels angelegter Suchschnitt, der auf Grund der Scherbenfunde aus der slawischen Zeit angelegt worden ist 3 ), konnte zur Klärung der Besiedlung der Höhe in slawischer Zeit nur sehr wenig beitragen. Der Schnitt ist außerhalb der Befestigungsmauern der Burg aus dem 16. Jh. angelegt worden. Zahlreiche Schuttschichten und alte Mauerreste, die wahrscheinlich mit dem Abriß der Burgmauern im Zusammenhang stehen, konnten bis zu einer Tiefe von 2 m unter der heutigen Oberfläche beobachtet werden. Darunter folgte eine Schicht mit wenigen blaugrauen, frühdeutschen Scherben, die bis auf den anstehenden Boden reichte, der bei einer Tiefe von 2,55 m einsetzte. Unmittelbar über dem anstehenden Boden lagen in der Schicht mit blaugrauer Keramik zwei mittelslawische Gefäßscherben. Das Ergebnis, das mit Hilfe dieses relativ kleinen Suchschnittes gewonnen worden ist, kann keineswegs maßgebend f ü r die Beurteilung der alten Besiedlung der Höhe sein. Unter Berücksichtigung zweier gleichzeitiger Aufschlüsse im Südosten und im Nordwesten der allgemeinen Höhe kann jedoch gesagt werden, daß eine befestigte slawische Siedlung (evtl. Burg) auf der ganzen Ausdehnung der Fläche des heute bekannten Burggeländes unwahrscheinlich ist. Der Kietz hat zu diesem Gelände keine örtlichen Beziehungen. Er liegt der Burgstelle entgegengesetzt am Südostende der Stadt. Trotzdem haben die Kietzer Burgdienste leisten müssen. Zur Burg gehörte außerdem eine auf dem Kietz gelegene Schäferei 4 ).

2. K I E T Z O R T E M I T S L A W I S C H E N

BEFESTIGUNGSANLAGEN

Das allgemeine Ergebnis dieser Untersuchung zeigt zunächst, daß nur für eine geringe Anzahl der vielen Kietzorte slawische Befestigungsanlagen nachzuweisen sind. Auch der am Anfang dieses Teilabschnittes angedeutete Unsicherhoitsfaktor, der bei der zeitlichen Zuweisung der einzelnen Anlagen zweifelsohne vorhanden ist, ändert nichts daran. Die aus den Oberflächenfunden und aus den einzelnen Suchschnitten gewonnene Erkenntnis des nichtslawischen Alters der Kietze gestattet eine Sichtung und Aussonderung einzelner slawischer Befestigungen insofern, als die mit Sicherheit nur der mittelslawischen Periode zuzuweisenden Anlagen für die Behandlung des Verhältnisses zwischen slawischer Burg und altem Kietz zu keiner Aussage herangezogen werden können. Zu dieser Gruppe der Kietzorte gehören Bad Freienwalde mit dem in der Nähe von Tornow liegenden mittelslawischen Ringwall, Biesenthal mit dem „Reierberg", Dyrotz mit den in Frage kommenden slawischen Wällen im Süden und im Nordosten des Ortes, Phöben mit der nördlich des Ortes gelegenen mittelslawischen Anlage des „Räuberberges" und mit einigen Einschränkungen auch Kietz bei Rhinow mit der „Mühlenburg", für die eine Besiedlung zumindest für den Anfang des 11. Jh. auf Grund der wenigen Scherben mit Gurtfurchen Verzierung angenommen werden darf. Vgl. hierzu E. Fidiein Bd. I, 1857, S. 53ff.; W. Spatz, 1920, S. 344ff.; 0 . Liebchen, 1932, S. 415. ) K. Hohmann, 1957, S. 187 ff. 4 -1) Siehe hierzu die Ausführungen bei K. Hohmann, 1957, S. 187ff. ) E. Fidicin, Bd. 1, 1857, T. 1, S. 57. 2

IV. Das Verhältnis der Kietzsiedlungen zu den Befestigungen

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Zu der von Ludat geäußerten Verlegung des Kietzes von Bad Freienwalde aus der Nähe des erwähnten slawischen Walles an seine jetzige Stelle 1 ) soll in diesem Zusammenhange lediglieh das Alter der ehemaligen Burg als Gegenargument erwähnt werden, das eine Zeitgleichheit beider Siedlungskomplexe beim Stande der gegenwärtigen Kenntnisse von vornherein ausschließt 2 ). Die Gruppe der Kietzorte, in denen spätslawische Befestigungsanlagen bzw. befestigte Siedlungen nachzuweisen oder zumindest zu vermuten sind, ist zahlenmäßig größer. Es darf durchaus die Feststellung geäußert werden, daß in der überwiegenden Zahl der Orte mit alten Kietzen auch spätslawische Anlagen nachzuweisen sind. Es ist möglich, daß diese Tatsache zu der seit langer Zeit den Forschungsstand darstellenden Ansicht von der Einheit „Kietz — slawische Befestigungsanlage" geführt hat. Diese bisher in keiner Arbeit nachgewiesene Verbindung ist, das kann heute mit Sicherheit gesagt werden, auf die Unkenntnis der jeweiligen topographischen Verhältnisse und die daraus entstandene Unsicherheit der Datierung der einzelnen Befestigungsanlagen zurückzuführen. Leider ist mit dem Ergebnis in zahlreichen Arbeiten weitergearbeitet worden, ohne daß eine Prüfung und allseitige Behandlung des Befestigungswesens der Slawen in der Periode der Auseinandersetzungen mit den deutschen Feudalherren im 10., 11. und 12. J h . verlangt und durchgeführt worden ist. Das ist um so bedauerlicher, als gerade die frühgeschichtliche Archäologie, die zur Klärung der betreffenden Probleme vorrangig befugt gewesen wäre, in keiner Weise befragt worden ist. Es zeigt sich einmal mehr, wie sehr eine enge Zusammenarbeit erforderlich ist, wenn die Ergebnisse eine annähernde Widerspiegelung des einstmaligen Lebens darstellen sollen. Die neuerdings von Ludat geforderte enge Zusammenarbeit von frühgeschichtlicher Archäologie und aller der Mediävistik verbundenen Nachbardisziplinen muß vollends unterstützt und praktisch gefördert werden 3 ). Zu den Kietzorten, in denen spätslawische Befestigungsanlagen nachzuweisen oder zu vermuten sind, gehören Altruppin (Nr. 5, Abb. 23a), Berlin-Köpenick (Nr. 15, Abb. 24a), Berlin-Spandau (Nr. 17, Abb. 23b), Blankensee (Nr. 22, Abb. 21a), Brandenburg (Nr. 27 — 30, Abb. 21b), Bützer (Nr. 35), Drense (Nr. 43, Abb. 26a), Drezdenko (Nr. 44, Abb. 21d), Fahrland (Nr. 47, Abb. 21 e), Gadebusch (Nr. 55, Abb. 21 f), Güntherberg (Nr. 72), Hohennauen (Nr. 76, Abb. 22a), Lebus (Nr. 93, Abb. 24d), Lübben (Nr. 98), Oderberg (Nr. 112, Abb. 23c), Potsdam (Nr. 123, Abb. 23d), Pritzerbe (Nr. 126, Abb. 22b), Rathenow (Nr. 130—132, Abb. 11), Recz (Nr. 134, Abb. 22c), Saarmund (Nr. 136, Abb. 8), Schollene (Nr. 144, Abb. 22d), Schwedt (Nr. 148, Abb. 24e), Seehausen (Nr. 150), Stolpe (Nr. 155, Abb. 5d), Storkow (Nr. 157, Abb. 22e), Treuenbrietzen (Nr. 167), Wittenberge (Nr. 175), Zehdenick (Nr. 182, Abb. 22f), Zossen (Nr. 185). Zu diesen Kietzen muß auch der von Trebbin (Nr. 164, Abb. 23e) gerechnet werden, in dessen unmittelbarer Nähe, im Süden des Ortes, der spätslawische Burgwall von Kliestow liegt. Unter den vorstehend aufgeführten Orten nimmt Drense, Kr. Prenzlau, eine Sonderstellung ein, weil die sicher bestimmte spätslawische Anlage im Südwesten des Dorfes die einzige nachweisbare Befestigungsanlage im Ort und auf der Gemarkung desselben ist, die mit dem leider nicht mehr örtlich zu bestimmenden Kietz in Zusammengang gebracht werden könnte. Das offensichtliche Fehlen einer frühdeutschen Befestigung wirft die Frage auf, ob nicht auch weniger befestigte Herrensitze, etwa die Curien, im Einzelfalle mit den örtlichen Kietzen in Beziehung zu bringen sind. Die für Drense im Landbuch erwähnte Curie 4 ) — heute wahrscheinlich mit der Lage des Gutes in der Nähe des Burgwalles identisch — könnte f ü r diese Funktion eingesetzt werden. H. Ludat, 1936, S. 93f. (A). ) Die Ansichten des Verfassers über die Verlegung des Kietzes von Bad Freienwalde sind auf S. 62 geäußert worden. 3 4 ) H. Ludat, 1955, 8. 43. ) J. Sehultze, 1940, S. 282.

2

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Während im allgemeinen die slawischen Burgwälle als Grundlage der späteren deutschen Burgen dienten (Abb. 21/22), eine Tatsache, die im Einzelfalle leider oft übersehen worden ist, die aber andererseits zu der eingangs erwähnten Unsicherheit der Bestimmung spätslawischer Anlagen geführt hat, sind f ü r die Orte Altruppin, Berlin-Spandau, Oderberg, Potsdam, Rathenow, Seehausen, Trebbin und auch Wittenberge (Abb. 23) andere Verhältnisse zu beobachten, die im einzelnen dargestellt werden sollen. Auf die Möglichkeit einer kurzen Besetzung des ,,Poggenw r erders" in Altruppin (Abb. 23a) durch den deutschen Feudalherren ist bereits hingewiesen worden. Die deutsche Burg ist aber nicht auf dieser alten, bereits vorhanden gewesenen Anlage, sondern nördlich derselben, im Süden der Stadt entstanden; in ihrer Nähe liegt heute der Kietz des Ortes. Eine ähnliche Situation ist in BerlinSpandau vorhanden (Abb. 23b). Auch hier besteht die Möglichkeit einer anfänglichen Besetzung des slawischen Walles im Süden der Stadt, ehe die eigentliche deutsche Burg nördlich der Spree entstand, in deren Nähe der alte Kietz bis zu seiner Umsiedlung lag. In Oderberg (Abb. 23c) liegt die nachweisbare spätslawische Befestigungsanlage im Süden der Stadt, südlich der alten Oder, während der Kietz nördlich des Flusses Anschluß an die Stadt gefunden hat, die im Schutze der Burg auf dem Albrechtsberg entstanden ist. Der Potsdamer Kietz (Abb. 23d), f ü r dessen Verlegung an seine jetzige Stelle keine Beweise vorhanden sind, liegt weit westlich der slawischen Anlage auf dem Gelände der Heiligengeistkirche, aber doch in nicht zu weiter Entfernung von der askanischen Burg (bei Berücksichtigung des alten Geländezustandes), die auf dem Stadtschloßgebiet nachgewiesen worden ist 1 ). Der am Zusammenfluß von Stremme und Havel im Norden Rathenows (Abb. 11) liegende mittelslawische Wall kann ebensowenig wie der weit südlich der Stadt liegende sog. „alte Hof", der wahrscheinlich auf einer spätslawischen Befestigungsanlage entstanden ist, f ü r die Existenz der drei Rathenower Kietze verantwortlich gemacht werden. Dagegen ist unverkennbar, daß alle drei Siedlungskomplexe innerhalb der Stadtgrenzen in der Nähe der deutschen Burg gelegen haben. Auch die wahrscheinlich stattgefundene Verlegung des großen Kietzes vom Gelände des im Süden der Stadt gelegenen Weinberges an seine jetzige Stelle ändert nichts an diesen topographischen Verhältnissen. Wollte man trotzdem bei der Unsicherheit der Lagebestimmung der Rathenower Kietze an einen örtlichen Zusammenhang zwischen dem großen Kietz und der Befestigungsanlage südwestlich der Havel glauben, so wäre zu überprüfen, ob der Kietz nicht zu dem frühdeutschen Sitz an gleicher Stelle, der durch blaugraue frühdeutsche Scherben und durch die Bezeichnung „alter H o f " wahrscheinlich gemacht wird, in Beziehung zu setzen ist. Diese Ansicht wird weitestgehend durch den archäologischen Fundniederschlag auf dem Gelände des ehemaligen Kietzes unterstützt, der sich aus frühdeutschen Keramikstücken zusammensetzt und keinerlei Nachweise einer Besiedlung zur slawischen Zeit enthält. Ahnliche Fundverhältnisse zeigen die Befestigungsanlagen von Seehausen (Altmark). Auch hier kann gesagt werden — bei einer Unterstellung der Kietzlage zwischen dem „neuen Tor" und der Altstadt 2 ) —, daß rein örtliche Verhältnisse zwischen der 2,3 km südlich der Stadt und damit auch südlich vom Kietz liegenden spätslawischen Befestigungsanlage und dem Gelände des Kietzes nicht zu vermuten sind. Auch diese Anlage wurde, ähnlich wie der „alte H o f " in Rathenow, in deutscher Zeit besetzt. Die eigentliche deutsche Befestigungsanlage liegt aber auch in Seehausen bei der Altstadt und hätte, vorausgesetzt, daß das Alter des Kietzes bis in diese Zeit zurückreicht, auch hier Verbindung zu dem betreffenden Gelände. Die Trebbiner Burg-Kietz-Verhältnisse (Abb.23e) sind von gleichartigem Charakter. Es sei vorausgeschickt, daß ähnlich wie in Seehausen nur das frühdeutsche Fundmaterial f ü r eine Besiedlung des Kietzgeländes im 13. Jh. spricht; ältere Urkundenhinweise fehlen für beide Kietze. Die sicher bestimmte und einzige slawische Befestigungsanlage liegt in erheblicher Entfernung südlich des Altstadtgebietes und südlich vom Kietz in der Nutheniederung auf Kliestower Gemarkung. Das frühdeutsche Fund-

R. Hoffmann, 1956, S. 24.

2

) Nach E. Keyser, T. II, 1941, S. 085,

IV. Das Verhältnis der Kietzsiedlungen zu den Befestigungen

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material spricht, wie bereits angedeutet, f ü r eine Besetzung der Burganlage in frühdeutscher Zeit. Uber die Art dieser Siedlung können gegenwärtig noch keine Angaben gemacht werden. Sicher dagegen scheint zu sein, daß das Bestehen derselben nur auf eine kurze Zeit beschränkt gewesen sein wird, weil nördlich davon, und zwar an der südlichen Altstadtgrenze, die eigentliche frühdeutsche Burg entstand, die zwar nicht in unmittelbarer Kietznähe lag, die aber rein zeitlich gesehen, zum Kietz in Beziehung gestanden haben kann. Ebenfalls nicht ganz so klar sind die Lagebeziehungen der Kietzflur von Wittenberge zu den vorhandenen Befestigungsanlagen. Der Kietz könnte theoretisch sowohl zu der im Norden liegenden alten Schloßstelle von Wittenberge, als auch zu den südlich der Karthane liegenden Wallhöfen in Beziehung gesetzt werden. Während die Schloßstelle als eine reine deutsche Befestigung zu werten ist, sind die Wallhöfe slawischen Ursprungs, die in frühdeutscher Zeit wieder besetzt worden sind. Da es gegenwärtig nicht möglich ist, von der Flurstelle „Kietz" archäologische Funde vorzulegen, bleibt eine mögliche Zuweisung zu der einen oder anderen Anlage weiteren Forschungen vorbehalten. Beweisen schon diese wenigen Ausnahmen, daß die alten Kietze keineswegs immer in der Nähe der slawischen Befestigungsanlagen gelegen haben — es konnte im Gegenteil hierzu die enge Verbindung von Kietz und deutscher Burg gezeigt werden —, so spricht andererseits die Tatsache 1 ), daß bis auf Drense in allen anderen Orten mit vermuteten und zum Teil auch sicher bestimmten spätslawischen Befestigungsanlagen frühdeutsche Burgen auf der gleichen Stelle vorhanden sind oder vorhanden waren dafür, daß rein von der Lage her eine Verbindung zur deutschen Burganlage und nicht zum slawischen Burgwall bestanden hat.

3. K I E T Z E I N D E R N Ä H E VON F R Ü H D E U T S C H E N BEFESTIGUNGSANLAGEN Die bereits angedeutete Verbindung zur deutschen Burganlage bzw. zum deutschen Herrensitz tritt nun ganz klar in den Kietzorten zutage, in denen keine slawischen Befestigungen vorhanden sind. Hierzu gehören die Orte Beeskow (Nr. 11, Abb. 25a), Buckow (Nr. 34, Abb. 1), Cammer (Nr. 38), Gröben (Nr. 68, Abb. 34), Golzow (Nr. 64), Kalbe (Nr. 82), Kietz (Nr. 85), Kremmen (Nr. 89, Abb. 25b), Lunow (Nr. 99, Abb. 26b), Marquardt (Nr. 101, Abb. 26c), Neuermark (Nr. 108, Abb. 26d), Neustadt-Glewe (Nr. 109, Abb. 25c), Plaue (Nr. 121, Abb. 25d), Schwante (Nr. 147, Abb. 25e), Slorisk (Sonnenburg) (Nr. 153, Abb. 25f), Stolzenhagen (Nr. 156, Abb. 26e) und Strausberg (Nr. 159, Abb. 26f). Wenn auch der zahlenmäßige Anteil der alten Kietzorte bei dieser Gruppe geringer ist, so zeigen aber gerade diese Orte, daß der sog. alte Kietz nicht im Schutze einer slawischen Burg entstanden sein kann. Die oft betonte Einheit von Befestigungsanlage und Kietz ist hier in gleicher Weise gegeben, wie sie bei den Orten nachgewiesen werden konnte, in denen slawische Vorläufer die Grundlage für die deutschen Burgen gaben. Zu dieser Gruppe der alten Kietze an deutschen Burgen sind auch die Orte Biesenthal (Abb. 24b) und Kietz bei Rhinow (Abb. 24c) zu rechnen. Auch hier liegen die Kietze im Schutze deutscher Burgen; die eingangs erwähnten mittelslawischen Anlagen kommen, wie bereits angedeutet worden ist, f ü r eine Auswertung innerhalb dieses Fragenkomplexes nicht in Betracht. x

) Bei Berücksichtigung des vorliegenden Fundgutes von den betreffenden Kietzsiedlungen.

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4. K I E T Z E , I N D E R E N N Ä H E K E I N E

BEFESTIGUNGSANLAGEN

NACHGEWIESEN WERDEN

KÖNNEN

Daß auch alte Kietze ohne die allgemein üblich gewesenen Beziehungen zu den örtlichen Burgen bestanden haben, beweisen die Kietze von Criewen (Nr. 39), Fürstenberg/Oder (Nr. 53), Lichtenow (Nr. 94)*) und Wriezen (Nr. 179)2). In keinem der Orte ist es bisher möglich gewesen, eine Befestigungsanlage aus der zur Behandlung stehenden Zeit nachzuweisen. 5. K I E T Z E M I T U N K L A R E N

BURG-KIETZ-BEZIEHUNGEN

Letztlich seien die Orte genannt, für die entweder eine Klärung der Kietz-Burg-Verhältnisse aus diversen Gründen nicht möglich war, oder deren Kietze nicht zu den örtlichen Burgen in Verbindung zu setzen sind. Als unklar müssen die betreffenden Verhältnisse in Bömenzien (Nr. 25, Abb. 5a), Brüel (Nr. 31), Gartz (Nr. 58), Gorzöw Wielkopolski (Landsberg/W.) (Nr. 66), Hagenow (Nr. 73), Kalicz Pomorski (Kallies) (Nr. 83), Kostrzyn (Küstrin) (Kart.Nr. 219 und Nr. 87), Kietz, Kr. Seelow (Nr. 87) und Liebenwalde (Nr. 95) betrachtet werden; ohne Bedeutung f ü r die örtlichen Kietze waren dagegen die Burgen von Birkenwerder (Nr. 20), Golßen (Nr. 63), Jerichow (Nr. 79), Löwenberg (Nr. 97), Mörz (Nr. 102), Müllrose (Nr. 104), Prenzlau (Nr. 124) und Pritzwalk (Nr. 127).

6. Z U S A M M E N F A S S E N D E

BEMERKUNGEN

Mit dieser Untersuchung der topographischen Verhältnisse im allgemeinen und der örtlichen Beziehungen der Kietze zu den vorhandenen Befestigungsanlagen im besonderen konnte im wesentlichen unabhängig vom archäologischen Befund der Kietze gezeigt werden, daß die auch noch in neueren Arbeiten angenommene Verbindung der Siedlungen zu den slawischen Burgwällen nicht bestanden hat. Waren in einem Ort eine slawische und eine frühdeutsche Befestigungsanlage nachzuweisen, dann lag der Kietz ohne Ausnahme in der Nähe der deutschen Burg. Diese allgemeine Regel wird durch keine Ausnahme unterbrochen. In den Fällen, in denen die deutsche Burg auf der Grundlage einer vermutlich slawischen Anlage entstanden ist, mußte zur Klärung der örtlichen Verbindungen beider Komplexe das archäologische Fundmaterial der Kietze mit herangezogen werden. Bis auf die Kietze von Brandenburg (Dominsel), Lebus und Stolpe kann von keinem anderen genügend slawisches Material vorgelegt werden, das f ü r ein slawisches Alter der Siedlung sprechen könnte. Mit Hilfe dieses Fundgutes muß die oben angedeutete Frage nach den Beziehungen zur jeweiligen Befestigungsanlage ebenfalls zugunsten der deutschen Burg beantwortet werden. Ganz klar zeichnet sich der gleiche Zustand in den Orten ab, in denen in der Kietznähe nur eine frühdeutsche Burg nachzuweisen war. Die enge Verbindung von Kietz und deutscher Burg ist zunächst nur eine rein lokale Feststellung, an die vom archäologischen Material her keine bindenden Schlußfolgerungen geknüpft werden können. Es galt jedoch zu zeigen, daß auch von der rein örtlichen Betrachtung ausgegangen, ein slawisches Alter der alten Kietze nicht zu erschließen ist. Ob in die Reihe der Herrensitze auch der Schulzenhof des „Peter Grimmer" gesetzt werden kann, der zusammen mit dem Kietz erwähnt wird, muß unbeantwortet bleiben. 2 ) Unklar ist auch das Alter einer vermuteten älteren Befestigung in Wriezen.

V. Die Zeitstcllung der Kietze 1. A L L G E M E I N E B E M E R K U N G E N Z U R D E U T S C H E N

OSTEXPANSION

U N D Z U R D E U T S C H E N O S T S I E D L U N G VOM 10. B I S ZUM 13. J H . Den großen historischen Rahmen, in den die Entstehung der alten Kietzsiedlungen zu setzen ist, stellt die Periode der aktiven deutschen Ostsiedlung in den slawischen Gebieten östlich von Elbe und Saale dar. In den über Jahrhunderte andauernden Kämpfen zwischen den Deutschen, Dänen und Polen einerseits und den Slawen im Arbeitsgebiet andererseits war mit Unterstützung der inneren Gegensätze bei ihnen der Widerstand gegen die vorgetragenen Angriffe lim die Mitte des 12. J h . erlahmt. Von den ostelbischen Gebieten, die nach der Zerschlagung des aktiven Widerstandes intensiv besiedelt worden sind, gebührt nach den zur Verfügung stehenden Quellen Brandenburg größere Bedeutung. Der Vorgang der einzelnen Gebietserwerbungen bestätigt diese Meinung. 1134 mit der Nordmark belehnt 1 ), erhielt Albrecht der Bär zur gleichen Zeit das Gebiet der Zauche, in dem die Grafschaft Beizig den südlichsten Ausläufer darstellte und einige Jahre später das Havelgebiet mit dem Rhin als Nordgrenze 2 ). Mit der Eroberung Brandenburgs im Jahre 1157 war dieses Gebiet endgültig in seinem Besitz. In der Prignitz, in der die Markgrafen bis zur Zeit um 1200 lediglich einen Teil des Havelberger Gebietes in Besitz hatten 3 ), sind nach dem Wendenkreuzzuge von 1147 vornehmlich die von Plotho und die Edlen Gänse von Putlitz als Territorialherren aufgetreten 4 ). Das Land Ruppin befand sich in den Händen der Arnsteiner, die wahrscheinlich als Vasallen der Askanier anzusprechen sind 5 ). Eine ähnliche Stellung, wie sie Albrecht der Bär in Brandenburg eingenommen hat, ist Heinrich dem Löwen in Mecklenburg zuzuschreiben. Niklot, der Fürst der Obodriten und Vasall Heinrichs des Löwen, wurde 1160 von Heinrich dem Löwen und dem Dänen Waldemar besiegt 6 ). Ein J a h r zuvor unterlagen die Ranen den Angriffen der Dänen 7 ). Die restlichen Gruppen der Obodriten unter Pribislaw wurden kurze Zeit später im Jahre 1164 bei Verchen endgültig geschlagen 8 ). Schon zwei Jahre später war der Herzog von Pommern Heinrich dem Löwen tributpflichtig 9 ). Mit der Vernichtung der Tempelburg Arkona fiel 1168 gleichzeitig das letzte Symbol des slawischen Widerstandes in diesen Nordgebieten 10 ). Letztlich fand der dänische Sieg bei Darsim 11 ) in dieser Entwicklung seine große Bedeutung, durch den nach Saxo der endgültige Widerstand der Slawen in diesen Gebieten gebrochen worden ist 12 ). !) H. Krabbo, 1955, S. 9, Nr. 29. 2

) „Totam Zucham videlicet meridionalem obule donans eidein", Pulcawae chronic, ap. Dobner, T. III, Monum. hist. Boem., S. 167, zit. bei A. F. Riedel, T. 1, 1831, S. 238, Anm. 1.

3

) J. Schultze, 1956, S. 55.

") J . Schultze, 1956, S. 54/55.

5

) H. Krabbo, 1955, S. 193, Nr. 824; s. auch H. Scheffler, 1936, S. 2.

6

) Helmold I, 88, S. 172.

9

) Saxo, p. 817.

') 0 . Eggert, 1928, S. 12. " ) Saxo, p. 812.

8

) Helmold II, 4, S. 195. Saxo, p. 977.

12

) Saxo, p. 977.

90

B r u n o

K r ü g e r

Eine gleichstarke intensive Landerwerbung ging vom Erzbistum Magdeburg aus, das im südlichen Nachbargebiet der Askanier den Fläming, das Land Jüterbog und den Teltow in Besitz nahm. Eine andere Entwicklung hat die Niederlausitz durchlaufen. Das für die Nordgebiete so bedeutende 12. Jh. hat mit seinen Landerwerbungen, soweit heute zu erkennen ist, die Niederlausitz nicht berührt. Die Nichtteilnahme der Sorben am großen Aufstand der Slawen im Jahre 983 spricht eher dafür, daß wir bereits im ausgehenden 10. und beginnenden 11. Jh. in den südlicheren Gebieten ruhige Verhältnisse vermuten dürfen, in denen die Slawen entweder bereits unter deutscher Herrschaft in ihren alten Siedlungsgebieten blieben, das scheint f ü r das Gebiet der Sorben zuzutreffen 1 ), oder in denen Deutsche und Slawen nebeneinander lebten, wie es für die südlicher gelegenen Gegenden zu vermuten ist. Östlich der Oder bestand der polnische Staat unter Boleslaw, dessen Ausdehnung mit der Größe der Gebiete des südlichen Pommerns, der späteren Neumark, des Landes Lebus, Schlesiens und Galiziens identisch war 2 ). Das nördlich von Polen liegende Pommern hat wohl als selbständiges Gebiet bestanden, war aber nach außen von seinen starken Nachbarn im Westen, Norden und Süden zumindest zeitweilig abhängig. Die einseitige Abhängigkeit wurde nach dem Sturz Heinrichs des Löwen ganz eindeutig, als Bogislaw I. Lehnsmann des deutschen Kaisers wird 3 ). Dieses Lehnsverhältnis hielt jedoch nur kurze Zeit an. 1185 kam Pommern erneut f ü r längere Zeit unter dänische Oberhoheit. Der polnische Staat ist nach dem Tode Boleslaws III. (1138) durch die territoriale Zersplitterung und die daraus folgende Auflösung der zentralen Gewalt stark geschwächt worden. Das nördliche Gebiet des Landes geriet zeitweise wieder in pommerschen Besitz. Von seinen Nachfolgern waren besonders Boleslaw und Miesco bemüht, engere Beziehungen zu ihren westlichen Nachbarn, den askanischen Markgrafen, anzuknüpfen 4 ). Während im Norden des Arbeitsgebietes die sehr lange bestandene Vormachtstellung Dänemarks durch das Eingreifen des deutschen Kaisers in den Jahren 1225 und 1227 zugunsten einer deutschen Oberhoheit umgewandelt worden war, setzten südlich davon die nach dem Tode Heinrichs des Löwen reichsfrei gewordenen brandenburgischen Markgrafen ihren Landeserwerb fort. Unter Otto I. kamen das Löwenberger Gebiet, Teile der Uckermark und das Land Stargard zu den alten Besitztümern hinzu 6 ). Die erste Erwähnung des Ortes Oderberg 12156) läßt vermuten, daß auch die unmittelbar südlich der Uckermark gelegenen Gebiete bereits im 12. Jh. im Herrschaftsbereich der Markgrafen lagen. Die erste Hälfte des 13. Jh. steht ganz im Zeichen der brandenburgischen Markgrafen Johann I. und Otto III. Unter ihrer Herrschaft gelangen nicht nur die Uckermark und das Land Lebus mit kleineren Gebieten im Sternberger Land in den deutschen Machtbereich, sondern auch weite Teile des Gebietes der nördlichen Neumark und die Oberlausitz 7 ). Um 1300 sind schließlich auch die Gebiete unter deutscher Oberhoheit, die östlich der Oder das Territorium der alten Mark Brandenburg darstellten. Außerdem gehörten zu dieser Zeit bereits die im südlichen Pommern gelegenen Länder Daher, Labes, Kolberg und Schivelbein pfandweise zum gleichen Herrschaftsbereich 8 ). Auch die Tatsache, daß neugegründete deutsche Dörfer in dem gesamten tiebiet nur sehr selten vorkommen, unterstreicht die Eigenständigkeit dieses R a u m e s ; s. hierzu R. Lehmann, 1937, S. 43. 2

) P. v. l i e ß e n , 1905, S. 34.

') P. V. Nießen, 1905, S. 45.

3

) P. v. jMießen, 1905, S. 37; siehe auch P. v. Nicßen, 1913, ¡5. ¿35.

5

) W. Liebenow, 1895, S. 24.

MO SS 25, 478 ,,. . . edefieavit . . . Oderbergam super Oderam contra ¡Slavos". 7

) W. Liebenow. 1895, 8. 24.

8

) P. v. Nießcn, Gesch. d. Nmk., K a r t e zur Entwicklung der einzelnen Gebietsteile im Lande über Oder durch die askanischen Markgrafen 1251 — 1319, Landsberg 1905.

91

V. Die Zeitstellung der Kietze

Die starke Beteiligung der Kirche an den beschriebenen Landerwerbungen, die besonders durch das Erzbistum Magdeburg betrieben worden war, hat vereinzelt zu der Frage nach der Priorität von weltlichem Interesse an dem Besitz des erworbenen Landes bzw. kirchlichen Bestrebungen im Sinne der Verbreitung des Christentums geführt. Da es f ü r den Gedanken der Nurchristianisierung keinerlei Anhaltspunkte gibt — wollte? man nicht die Aufforderung Bernhards von Clairvaux „Ausrottung oder Bekehrung" als solche auffassen —1), muß auch dem Vorgehen der Kirche ein starkes Interesse bei der Landerwerbung zugemessen werden 2 ). Beide Erscheinungen sind nicht voneinander zu trennen. Sie bilden als ganzes das, was im Zusammenhang mit der Tätigkeit der weltlichen Macht allgemein als die Kolonisation der Gebiete östlich von Saale und Elbe bezeichnet wird. Zahlreiche Klöster, die in ähnlicher Weise wie die landesherrlichen Burgen Mittelpunkte in den verschiedenen Gebieten wurden, entstanden ebenfalls im Zuge dieser Bewegung und können ihrerseits als Meilensteine des kirchlichen Weges bezeichnet werden. Im wesentlichen wäre hiermit die territoriale Besetzung des Landes geschildert, das seit Jahrhunderten Sitz der Slawen gewesen war. . Die verschiedenartigen wirtschaftlichen Potenzen, die unterschiedliche Aktivität der einzelnen Mächtegruppen, die Auflösung der zentralen Gewalt nach dem Tode Boleslaws I I I . in Polen, sowie die danach folgende Zersplitterung der territorialen Einheit des Landes, die starke Konzentration der deutschen Grafen auf die Eroberung der östlichen Gebiete, die aktive Unterstützung der gesamten Bewegung durch die Kirche und die zerrütteten inneren Verhältnisse bei den Slawen haben zusammenfassend dazu geführt, daß der deutsche Machtbereich weit über die Oder nach Osten hinausreichte und um das J a h r 1300 die vorstehend skizzierte Ausdehnung erreicht hatte. Es muß ungeklärt bleiben, ob der etappenweisen Aneignung der östlichen Gebiete von Anfang an eine wirtschaftliche Besetzung des Landes folgte 3 ). Die wenigen vorhandenen Quellen lassen diese Frage unbeantwortet 4 ). Hinzu kommt, daß gerade f ü r das vorhandene Arbeitsgebiet der Quellenfluß zur Besiedlungsgeschichte äußerst dürftig ist. Auf den Mangel an Lokationsurkunden wies schon Harmjanz in seiner Arbeit zur frühdeutschen Landnahme im brandenburgischen Havelland hin 5 ). 2. D I E S T E L L U N G D E R K I E T Z E I N N E R H A L B D E S DER DEUTSCHEN

PROZESSES

OSTSIEDLUNG

Die offensichtliche geographische Verbindung zwischen der deutschen Burganlage und dem Kietz, deren rechtliche Beziehungen in späteren Urkunden bestätigt werden 6 ), läßt den Kietz als eine Folge des frühdeutschen Burgenwesens im Ostsiedlungsgebiet erscheinen. Die M U B 1, 35, Nr. 43. ) W. Schlesinger, 1956, 8. 31 „unglaubliche ¡Skrupcllosigkeit, in der missionarische Motive für rein politische Zwecke mißbraucht wurden". 3 ) B. Schulze macht darauf aufmerksam, daß zumindest für den Teltow Machtergreifung und Besiedlung kein gleichzeitiger Prozeß war, B. Schulze, 1937, S. 55, Anm. 1. J ) Als erstes Zeugnis dieser großen Bewegung darf der Vertrag des Erzbischofs Friedrich von H a m b u r g vom J a h r e 1100 mit holländischen Siedlern angesehen werden (Regesten der Erzbischöfe von Bremen, Bd. I, Hannover 1937, Nr. 408; R . Kötzschke, 1912, S. 1, Nr. 1), der zwar nicht unmittelbar mit den Gebieten östlich der Elbe in Verbindung steht, der aber historisch gesehen diesen Prozeß quellenmäßig einzuleiten scheint. Bereits zwei J a h r e später ist jedoch von den weltlichen Fürsten in Ostsachsen ein Aufruf an die westlichen Landesfürsten gerichtet w orden, in dem ausdrücklich zu einer Besiedlung der slawischen Gebiete aufgefordert wird (Urkundenbuch des Erzstiftes Magdeburg 1/1937, Nr. 193). Bekannt sind auch die Aufrufe von Adolf I I . (Helmold L. I . c. 57, S. 112) u n d Albrecht d. Bären (Helmold L. I, c. 88, S. 178) in denen Siedler aus Flandern, Holland, Seeland und aus der Rheingegend zum Siedlungswerk aufgerufen worden sind. 5 ) H . Harmjanz, 1942, S. 3. 2

e

) U. a. für Potsdam, Schorin-Marquardt, Gorzyca (Göritz) und Wriezen, um nur einige zu nennen. Vgl. hierzu die ausführliehen Angaben bei H . Ludat, 1936, S. 151 £f. (A).

92

BRUNO KEÜGER

Burgen und das gesamte Burgenwesen wiederum sind eng mit dem Feudalade] verwandt, der im Zuge des Dranges nach Osten verstärkt in das vorstehend skizzierte Arbeitsgebiet hineinkam 1 ). Die schriftlichen Überlieferungen reichen, soweit es sich um Burgen handelt, die im Verbreitungsgebiet der alten Kietze liegen, bis in die Zeit um 1150 zurück 2 ). Das archäologische Quellenmaterial ist infolge der relativ geringen Anzahl von Burgen, die bereits ausgegraben und untersucht worden sind, zu einer selbständigen Aussage noch nicht fähig, zumal die zeitliche Einordnung der sog. frühdeutschen, blaugrauen Keramik f ü r das vorliegende Arbeitsgebiet bis heute noch nicht abgeschlossen ist 3 ). Knorr glaubt, den frühesten Beginn der blaugrauen Ware im rechtselbischen Gebiet in das letzte Viertel des 12. J h . setzen zu können 4 ). Schickt man voraus, daß die Burgen bereits vor ihrer ersten schriftlichen Erwähnung bestanden haben, dann ergäbe sich eine gleiche Datierung durch zwei verschiedene Quellenarten. Die aber heute noch bestehende Unsicherheit in der frühesten Ansetzung der blaugrauen, frühdeutschen Keramik läßt zunächst nur eine Anlehnung an die schriftlichen Erwähnungen zu. Die gleiche Einschränkung muß selbstverständlich auch für das frühdeutsche Fundmaterial getroffen werden, das von den Kietzen vorgelegt worden ist. Die schriftlichen Erwähnungen der Kietze können leider nicht zur Altersaussage herangezogen werden, weil es sich ohne Ausnahme um Angaben handelt, die zweifelsohne nicht im Zusammenhang mit der Entstehung der Siedlungen, sondern aus späteren rechtlichen und wirtschaftlichen Gründen entstanden sind. Der Weg zur Lösung der Altersfrage der alten Kietze kann — dem gegenwärtigen Forschungsstande entsprechend — deshalb nur unter Berücksichtigung des vorhandenen Fundgutes und nur unter gleichzeitiger Berücksichtigung der Ergebnisse, die von der Burgenforschung vorliegen, zum Erfolg führen. Das gegenwärtig vorliegende Gesamtmaterial zur sog. deutschen Ostkolonisation erlaubt, den Beginn des deutschen Burgenbaues im behandelten Arbeitsgebiet in die Mitte des 12. Jh. zu setzen. Es handelt sich nicht mehr um die Zeit der vorwiegenden Expansion mit ihren kriegerischen Auseinandersetzungen, sondern um die bereits beginnende Periode der intensiven Landessicherung und des wirtschaftlichen Ausbaues der erworbenen Gebiete 6 ). Demzufolge kann die Aufgabe der Burgen nicht nur die Sicherung des eroberten Gebietes gewesen sein; sie waren auch in starkem Maße an der wirtschaftlichen Entwicklung des Landes beteiligt 6 ). *) C. Schuchhardt, 1931, S. 208, 210. Daß auch Ritter bereits in der zweiten Hälfte des 12. Jh. mit Burgen belehnt worden sind, geht aus einer Urkunde v o m Jahre 1179 hervor, nach der Henrico von Biitzow die Hälfte des Schlosses Marlow und neun dazugehörige Dörfer erhält (MUB I/Nr. 127). Nach H. Planitz, 1943, S. 18, waren alle Burgen bis 1184 im Prinzip königlich; erst danach wurde das Recht, Burgen zu bauen, auch den „Großen" rcichsreclitlich zuerkannt. Vgl. hierzu auch E. Schräder, 1909, S. 30ff. -) Altruppin 1238 (RA X I I , 305), Beeskow 1202 (E. Keyser, T. I, S. 480/81), Berlin-Köpenick 1209 (MG SS X I V , S. 422), Berlin-Spandau 1197 (RA VII, 469), Biesenthal 1258 (RA X I I I , 207), Blankensee 1234 (RA X , 230), Brandenburg 1166 (RA V I I I , 107), Fahrland 1197 (RA VI, 469), Gröben 1152 (Krabbo 193, 249), Lebus 1110 (Mag. U B . S. 253, Nr. 195), 1226 (Castrum et civitas R A X X , 179), Kietz-Rhinow 1216 (RA VII, 135), Oderberg 1215 (Krabbo 552), Plaue 1197/98 (RA VIII, 124), Potsdam 1317 (RA X , 231). Recz 1269 (RA VI, 17), Schollene 1145 (RA VII, 81), Trebbin 1213 (RA V I I I , 128), Tueheim 965 (Urkd. Erzst. Magd. I, Nr. 33), Zossen 1320 (?) (Krabbo 2796). 3

) Siehe hierzu H. A. Knorr, 1937, S. 188.

4

) Es handelt sich hierbei um den sog. niedersächsischen Kreis, für den er als ältesten Fund ein Gefäß aus Seelensdorf anführt, das aus der Zeit um 1200 stammt (H. A. Knorr, 1937, S. 189). Diese Anfangsdatierung der frühdeutschen Keramik im sog. „Kolonisationsgebiet" wird sieh nach den jetzigen Kenntnissen, gewonnen aus neueren Ausgrabungen und Arbeiten, nicht mehr aufrecht erhalten lassen. Es wird wahrscheinlich zu beweisen sein, daß mit ihrem frühesten Auftreten schon in der gesamten zweiten Hälfte des 12. Jh. zu rechnen ist.

5

) Vgl. hierzu die Ausführungen auf Seite 89 ff.

6

) Schlesinger hält die Burgen mit ihren Burgmärkten und Suburbien als städtische Vorformen, die durch die späteren Kolonialstädte überschichtet worden sind (W. Schlesinger, 1953/54, S. 229f.). Nach Ludat ist ohne

V. Die Zeitstellung der Kietze

3. DAS U R S P R Ü N G L I C H E V E R H Ä L T N I S

ZWISCHEN BURG UND

93 KIETZ

Die von J . Herrmann dargelegten Verhältnisse der frühen deutschen Burgen zu den im Arbeitsgebiet vorhandenen slawischen Befestigungsanlagen 1 ) lassen in zahlreichen Fällen entweder ein kurzes Weiterleben der slawischen Befestigungen unter einem deutschen Burgherren erkennen. Hierbei handelt es sich um slawische Burgen, die bis in die Zeit der deutschen Übernahme als slawische Befestigungen bestanden haben 2 ) oder es handelt sich um aufgelassene slawische Burgwälle, die von dem eindringenden deutschen Feudaladel wieder als Burgplätze benutzt worden sind. Für die unmittelbare Kietzentstehung sollen zunächst nur die Burgen der ersten Gruppe interessieren, in deren Nähe ohne Ausnahme alte Kietze liegen. Die spätslawische Burganlage auf dem „Poggenwerder" mit seiner davorgelagerten Burgsiedlung auf der Halbinsel in Altruppin (Abb. 23a) muß nach dem archäologischen Befund als letzte freie slawische Siedlung im heutigen Altruppin angesehen werden. Es gibt bisher keine weiteren Beweise für eine gleichaltrige Siedlung auf dem bezeichneten Raum. Die wenigen frühdeutschen Scherben auf dem Burggelände waren für Herrmann der Anlaß, eine anfängliche Besetzung der Befestigungsanlage durch den deutschen Feudalherren anzunehmen 3 ). Wollte man diese nicht weiter beweisbare Vermutung akzeptieren, dann bestände die Möglichkeit, daß sich die durch die Übernahme der Burg verdrängte Besatzung sowie die im unmittelbaren neuen Burgbereich wohnenden Slawen an einer anderen Stelle ansiedeln mußten, die später den Namen Kietz erhielt. Die gleichen Verhältnisse wären in BerlinKöpenick (Abb. 24a), Berlin-Spandau (Abb. 23b), Kliestow-Trebbin (Abb. 23e), Oderberg (Abb. 23 c), Potsdam (Abb. 23d) und Rathenow (Abb. 11) anzunehmen. In jedem Falle sind auf den spätslawischen Burgwällen vereinzelt Reste von blaugrauer, frühdeutscher Keramik gefunden worden, die f ü r die von Herrmann vertretene Ansicht sprechen könnten. Obwohl diese „Verdrängung" der Burginsassen f ü r eine Neuansiedlung der ehemaligen Burgleute an einer anderen Stelle spricht, gibt es doch einige gegenteilige Bemerkungen, die, insgesamt gesehen, die vorstehend aufgeführte Möglichkeit der Kietzentstehung als unwahrscheinlich erscheinen lassen. Bei der Darlegung der Fundmaterialien wurde bereits betont, daß bis auf Brandenburg und Lebus kein anderer sicher bestimmter Kietzort genügend spätslawisches Fundmaterial geliefert hat, das für eine Besiedlung des Geländes in slawischer Zeit sprechen könnte. Wollte man die Kietze in die Anfangsperiode des deutschen Herrschaftsbeginns ansetzen, dann müßte auf ihnen ein gleiches Fundbild beobachtet werden können, wie es etwa von der Burgstelle vorgelegt worden ist 4 ). Die Aufgabe der spezifischen Eigenart der slawischen Töpferei in den Kietzen in so kurzer Zeit ist jedoch nicht vorstellbar und auch bei einem sofort einsetzenden starken Einfluß des deutschen Töpfereiwesens unwahrscheinlich. Es wäre weiterhin nicht zu erklären, warum diese „neuen" Siedlungen stets in der Nähe der eigentlichen später errichteten frühdeutschen Burg liegen — vorausgesetzt natürlich, daß die wenigen frühdeutschen Hinweise auf den angeführten slawischen Burgwällen tatsächlich auf eine kurze Besetzung derselben durch den deutschen Feudalherren zurückzuführen sind — und nicht an einer anderen Stelle, die den wirtschaftlichen Bedürfnissen der slawischen

!) 2 ) 3 ) 4 )

den Schutz einer Burg, eines Klosters oder einer Civitas keine frühe Stadt entstanden (H. Ludat, 1955, S. 15). Planitz weist auf das enge Verhältnis von Burg und Burgsiedlung als wirtschaftliche Einheit hin (H. Planitz, 1943, S. 19). In einer neueren Arbeit hat auch Herrmann den wirtschaftlichen Charakter der frühen Burgen betont, die u. a. Mittelpunkte von Landesgebieten waren (J. Herrmann, 1960, S. 88ff.). J. Herrmann, 1960, S. 92. Altruppin, Berlin-Köpenick, Berlin-Spandau, Kliestow-Trebbin, Oderberg, Potsdam, Rathenow und Schollene. J . Herrmann, 1960, S. 92 u. S. 168, Kat. Nr. 229. Ich denke hier an einen relativ starken, rein slawischen Kulturniederschlag, in dem Hinweise auf deutschen Einfluß enthalten sind.

04

BEUNO KRÜGER

Siedler ebenfalls entsprach. Weiterhin zeigt die sprachliche Überlieferung des Namens „Kietz", daß der Träger dieses Namens in einer Situation entstanden sein muß, in der eine spezielle Bezeichnung bereits notwendig war, um das Wesen der Siedlungen charakterisieren zu können. Es bliebe außerdem bei einer Unterstützung oben erwähnter Vermutung ungeklärt, warum gleichaltrige Kietze, z. B. im Falle Biesenthal, auch in der Nähe von Burgen entstanden sind, die nicht auf einem spätslawischen Vorläufer aufbauten und der eingangs erwähnten Gruppe 2 angehören. Sowohl der archäologische Befund als auch die topographische Lage verdeutlichen andererseits dagegen unmißverständlich, daß der alte Kietz unabhängig von der jeweiligen slawischen Befestigungsanlage im Zusammenhang mit der Errichtung der deutschen Burg entstanden sein muß; zu einer Zeit also, als die slawischen Bewohner des Kietzes — sie werden u. a. f ü r Berlin-Köpenick, Berlin-Spandau und f ü r Potsdam ausdrücklich als solche bezeichnet 1 ) — die Herstellung der frühdeutschen Topfware voll und ganz übernommen hatten. Es ist wahrscheinlich, jedoch mit Hilfe des archäologischen Materials allein nicht mehr beweisbar, daß die Kietzer bei der Errichtung der deutschen Burganlage beteiligt gewesen sind. Die hierbei entstandenen ursprünglichen Abhängigkeitsverhältnisse können als Ausgangspunkt f ü r die lange Eigenständigkeit der Siedlungen und f ü r die besondere rechtliche Abhängigkeit vom Burgherren angesehen werden. Das Recht, die in der Nähe wohnende Bevölkerung zum Burgenbau heranzuziehen — einstmals nur dem obersten Landesherren und seinen Burggrafen zugeeignet — war auf den mittleren und niederen Feudaladel übergegangen und kam in der Auferlegung des Burgwerkes als feudale Last auch im vorstehenden Arbeitsgebiet in dieser Zeit zu seiner praktischen Anwendung 2 ). Wie aus einer Reihe von Urkunden hervorgeht, gehörten zu den einzelnen Burganlagen bestimmte Orte, die f ü r die Instandhaltung der Befestigungen zu sorgen hatten 3 ). Zu diesen Orten zählten auch die Kietze; das wird f ü r Berlin-Köpenick, Berlin-Spandau, Biesenthal und Potsdam ausdrücklich betont 4 ). Der Entstehungsgang der alten Kietzsiedlungen ist nur zu verstehen, wenn diese im Zusammenhang mit der Errichtung der deutschen Burgen — f ü r die ältesten Kietze etwa in der Zeit des letzten Viertels des 12. Jh. — gesehen werden. Das vorhandene Fundmaterial erlaubt nach vorstehenden Ausführungen — unter Berücksichtigung der ältesten Erwähnungen der Kietze und der in ihrer Nähe liegenden Burganlagen — die Kietzsiedlungen von Altruppin, Beeskow, Berlin-Köpenick, Berlin-Spandau 5 ), Biesenthal, Blankensee, Brandenburg-Altstadt, Brandenburg-Domkietze, Brüel, Drense, Fahrland, Gröben, Kremmen, Lebus, Oderberg, Plaue, Potsdam, Rathenow-Oberkietz, RathenowMittelkietz, Schollene, Schorin-Marquardt, Stolzenhagen, Strausberg, Trebbin 6 ), Tucheim und mit Einschränkungen auch die Kietze von Phöben und Treuenbrietzen 7 ) in die älteste Gruppe zu stellen (Karte 3). Obwohl die gegenwärtigen lokalen Verhältnisse in Gadebusch

2

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3

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F ü r Berlin-Köpenick „ u n d och de wende uf dem kitze darselbens" (RA X I I , 7); für Berlin-Spandau „unsern wenden auf dem K y t z " (A. F. Riedel, A X I , S. 72); f ü r P o t s d a m „ I t e m Slavi de vieo vel Kitz 24 solidos den." (J. Schultze, 1940, S. 41). In einem Erlaß König Konrads von 1150 wurde z. B. den weltlichen Machthabern verboten, die vom Bischof in Havelberg geworbenen Siedler zum Burgenbau zu verpflichten (RA I I , 438). Der Magdeburger Erzbisehof Wichmann verfügte ebenfalls über das Recht des Burgswerkes (W. Hoppe, 1914, S. 170). Über die Ausführungen des zu leistenden Burgwerkes s. auch E . Müller-Mertens, 1951/52, S. 30. I m Landbuch Kaiser Karls IV. von 1375 werden unter dem Abschnitt „Burgen", S. 36, die Burgorte mit den dazugehörigen Dörfern erwähnt (J. Schultze, 1940, S. 36ff.). Vgl. dazu auch J . Herrmann, 1960, S. 88/89. J . Schultze, 1940, S. 3 8 - 4 5 . Die recht frühe Erwähnung des Spandauer Kietzes (1319) sowie die Bedeutung der Burg und des Ortes Spandau erlauben trotz fehlender Funde, den Kietz ebenfalls in diese Gruppe zu stellen. Obwohl für den Trebbiner Kietz keine älteren Urkunden nachzuweisen sind, sprechen doch die Lage der Siedlung in der Nähe der Burg u n d der alten Mühle sowie der eindeutige archäologische Befund dafür, daß es sicli um eine alte Siedlung handeln muß. Die Einschränkungen für Phöben und Treuenbrietzen waren notwendig. F ü r beide Kietze sind keine älteren Urkunden nachzuweisen (Phöben 1602, Treuenbrietzen 18. Jh.).

Abb. 26. Kietzorte mit kleineren Herrensitzen (Curien). a) Drense, Kr. Prenzlau (Nr. 43) ; I slawischer Burgwall ; I I vermutliche Lage der alten Curie ; b) Lunow, K r . Eberswalde (Nr. 99); c) Marquardt, K r . Potsdam-Land (Nr. 101); cl) Neuermark, K r . Havelberg (Nr. 108); I heute mit „alter H o f " bezeichnete Flurstelle; e) Stolzenhagen, K r . Eberswalde (Nr. 156); f) Strausberg (Nr. 159)

96

BRUNO K R Ü G E R

eine Vorlage von Funden nicht mehr ermöglichen, ist es auf Grund der sehr frühen Erwähnung des Kietzes (1302) *) gestattet, auch den Ort Gadebusch zu dieser Gruppe zu rechnen (Abb. 21 f). In allen anderen Kietzorten der vorgenannten Gruppe sind bis auf drei Ausnahmen recht früh erwähnte Burgen, die in der großen Mehrzahl landesherrlich waren, nachzuweisen. Die siedlungsgeschichtlichen Verhältnisse in den Orten Drense (Nr. 43), Lunow (Nr. 99), Marquardt (Nr. 101), Neuermark (Nr. 108), Stolzenhagen (Nr. 156) und evtl. auch Strausberg (Nr. 159), in denen keine frühdeutschen Burgen bekannt sind, führen erneut zur Frage, welche Motive zur Kietzentstehung als primär zu bezeichnen sind. Die Darstellung des Burg-Kietz-Verhältnisses kann demnach allein nicht genügen, um das ursprüngliche Wesen der Kietze zu erklären. Es muß deshalb damit gerechnet werden, daß nicht die Burg als strategische Anlage den Ausgangspunkt der Beziehungen bildete (Burgdienste in Form der Burgbewachung, Dienste in bezug auf die Burgerhaltung usw.), sondern daß die mit dem Auftreten des deutschen Burgherren entstandenen rechtlichen Verhältnisse die eigentliche Ursache waren, die selbstverständlich eng mit der Burg in Verbindung standen, die zur Entstehung der Kietzsiedlungen geführt haben. Jene rechtlichen Abhängigkeitsverhältnisse vom deutschen Feudalherren bestanden ebenfalls ganz sicher in den oben erwähnten Orten Drense, Lunow, Marquardt, Neuermark, Stolzenhagen und Strausberg, in denen keine frühdeutschen Burganlagen gelegen haben 2 ). Trotzdem saß in allen drei Orten der niedere Feudaladel, der — wie die Urkunden im Falle Schorin-Marquardt und Stolzenhagen beweisen — den Kietz und seine Bewohner als Eigentum und rechtlich abhängig betrachtete 3 ). Der schon von Ludat benutzte Begriff der „Dienstsiedlung" 4 ) entspricht deshalb voll und ganz den dargestellten Verhältnissen 5 ). Ablehnen müßte man dagegen den Terminus „Burgsiedlung", der zwar von der Lage her, aber nicht seinem Inhalte nach dem Wesen der alten Kietze entspricht. ') J I U B V , S. 48f., Nr. 2777. ) Unklar muß allerdings die Bestimmung einer Curie für Neuermark und Strausberg bleiben. In beiden Orten sind aber recht frühe Herrensitze zu erwarten. Während in Strausberg der urkundliche Beweis dafür vorliegt (H. Krabbo, 1955, S. 178, Nr. 773), kann für Neuermark nur der Flurname „alter Hof" als Beweismittel herangezogen werden. 3 ) Drense 1375 „Item Ghercke Brunen habet 4 Mansos liberos ad curiam suam"; (,,In hac villa iacet area Kitz") (J. Schultze, 1940, S. 282). Schorin-Marquardt 1358, Zabel von Schorin verkaufte 1358 sein Erbteil an der Wublitz, zu dem auch 4 Wenden auf dem Kietz gehörten (RA VII, 321). „Czabel de Schorin habet 8 mansos ad curiam suam" (J. Schultze, 1940, S. 160). Stolzenhagen 1335, „Stoltenhagen curiam adjacente et vico, qui dicitur K y z . . . " (RA XIII, 247). 4 ) H. Ludat, 1936, S. 189 (A). 5 ) B. Guttmann, 1897, S. 455. 2

VI. Die alten Kietze im Vergleich zu ähnlichen Siedlungen im altdeutschen Gebiet

Der Versuch, gleichartige Siedlungen aus dem alten deutschen Kernland nachzuweisen, die ihrer Funktion nach als zeitliche Vorläufer der Kietze zu bezeichnen wären, ist sehr schwer. Der unterschiedliche Entwicklungsgang beider Gebiete ist nicht von der Hand zu weisen; hinzu kommt, daß es an Vorarbeiten fehlt, auf denen aufgebaut werden könnte.

Abb. 27. Querfurt. Burg u n d Altstadt nach einem Plan von H. Wäscher, abgebildet bei P . Grimm 1958, S. 162, Abb. 43

Aber schon in der von P. Grimm dargelegten Aufnahme der vor- und frühgeschichtlichen Burgwälle in den Bezirken Halle und Magdeburg tauchen einige Siedlungen auf, die zumindest hinsichtlich ihrer Lage und ihrer siedlungsgeschichtlichen Stellung innerhalb des betreffenden Siedlungsbereiches mit den Kietzen vergleichbar wären. Unmittelbar nordwestlich der Burg Querfurt (Abb. 27) liegt am Fuße der nach Norden abfallenden Hochfläche der Ort Thaldorf. Die Lage der Burg zum Ort sowie die Tatsache, daß die Vorburg und die Altstadt im Süden und Westen der Anlage liegen, lassen auch hier eine Unterteilung der verschiedenen Siedlungen erkennen, die in ähnlicher Art bei den Kietzorten zu beobachten ist. Auch hier ist die bis in die Jetztzeit hinein Dorf gebliebene Siedlung 7

Krüger, Kietzsiedlungen

98

BRUNO KRÜGER

Thaldorf 1 ) nicht der Ausgangspunkt der Altstadt Querfurt gewesen, sondern die westlich der Burg gelegene Burgsiedlung. In Biesenrode, Kr. Hettstedt, liegt 1,5 km nordwestlich des heutigen Ortes die Altenburg mit der südlich daran anschließenden und später wüst gewordenen Siedlung Haindorf 2 ). Obwohl die Burg und die Siedlung eng benachbart waren, entstand der eigentliche Ort südöstlich davon. Auch hier besteht die Möglichkeit, daß Haindorf lediglich den Charakter einer Dienstsiedlung besaß und f ü r die eigentliche Dorfentstehung nicht in Frage kam. Eine ähnliche Siedlung wäre auf Grund des Namens „Hain", der ein früherer Ortsteil nordöstlich der „Ratzelburg" von Berga, Kr. Sangerhausen, war 3 ), in Berga zu vermuten. Weiterhin ist die Siedlung Pauritz in Altenburg zu erwähnen, die bereits 976 — im gleichen J a h r wird auch die Burg zur Reichsburg erklärt 4 ) — erwähnt wird 5 ). Auch Pauritz bildete nicht den Ausgangspunkt der späteren Stadt Altenburg (Abb. 28). Es war vielmehr eine selbständige Siedlung, die ähnlich vieler Kietzorte erst sehr spät in die Stadt

Plan bei W. Schlesinger 1952, Taf. V. I Burg; I I A l t s t a d t ; I I I Pauritz

eingemeindet worden ist 6 ). Die recht frühe Erwähnung der Siedlung, vor allem jedoch die Tatsache, daß sie älter sein muß als die deutsche Burg — sie wird im gleichen J a h r erwähnt —, gestattet unter besonderer Berücksichtigung des slawischen Namens „podegrodici" dieselbe aus dem Bereich der vergleichbaren Wohnkomplexe im alten deutschen Gebiet auszuschließen. Mit diesen wenigen Orten ist das bisher vorhandene Vergleichsmaterial bereits erschöpft. Ob eine weitere Siedlungsgruppe, die bisher nur aus dem thüringischen und anhaltinischen Raum bekannt ist und im allgemeinen mit „Kiet", „Kietel" bzw. „Keitel" bezeichnet wird, ebenfalls in die Reihe frühdeutscher Dienstsiedlungen hineingehört, kann im Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht mehr untersucht werden. 2 P. Grimm, 1958, S. 155. ) P. Grimm, 1958, S. 155, 229. 4 ) P. Grimm, 1958, S. 42, Abb. 12g, S. 294. ) Dobenecker I, S. 108. 5 ) Urkundenbuch des Hochstiftes Naumburg, S. 4ff. 6 ) Frdl. Mitt. v. H. Höckner, Schloßmuseum Altenburg. 3

VII. Der Machtbereich der Askanier und sein Verhältnis zum Verbreitungsgebiet der Kietzsiedlungen

In der eingangs der Arbeit dargestellten Forschungsgeschichte ist bereits auf die verhängnisvolle Rolle hingewiesen worden, die die Askanier in den Darstellungen der einzelnen vorgelegten Arbeiten gespielt haben. Sie bildeten gewissermaßen den Kulminationspunkt, der zwei Fronten teilte: Die Vertreter des slawischen Alters der Kietze einerseits und diejenigen andererseits, die im Gegensatz hierzu die Kietzentstehung in die Phase der deutschen Ostsiedlung hineinsetzten. „Nicht dadurch, daß Albrecht (gemeint ist Albrecht II., d. Verf.) die Slawen ausgesiedelt hat, sondern daß sie eine dieser Gegend eigentümliche Bezeichnung von slawischen mit keiner Feldmark versehenen Fischerdörfchen waren, bestätigt dieser Umstand, daß man sie auch da findet, wo jene Vertreibung der Slawen niemals stattgefunden hat, an der Oder und in Mecklenburg" x ). Daß die Kietze auch von Lemke als alte slawische Siedlungen angesehen werden, beweist seine Äußerung „sämtliche aus der Mark bis jetzt bekannten derartigen Niederlassungen . . . stammen aus der wendischen Zeit" 2 ). Hierzu nun Ludat: „Als abgetan darf zweifellos die bereits oben zitierte Ansicht gelten, die in den Kietzen grundsätzlich die durch eine askanische Regierungsmaßnahme geschaffenen Slawenorte erkennen wollte. Offenbart einmal schon die Verbreitung der Kietzsiedlungen über Mecklenburg, Pommern und Teile Großpolens die Verfehltheit dieser These, so weist zum anderen der teilweise schon jetzt erkennbare und auf verschiedenen Gebieten noch aufzuzeigende Zusammenhang der Kietzsiedlungen mit den allgemein slawischen Zuständen der vorkolonialen Epoche, wie sie uns auch in anderen slawischen Gebieten begegnen, ganz deutlich auf die wahre Herkunft der Kietze hin" 3 ). An anderer Stelle heißt es: „So bleibt allein die Tatsache festzuhalten, daß es sich nur um eine slawische Einrichtung handeln kann, die die Deutschen zu Beginn der Kolonisation vorfanden und die sie im wesentlichen, wie gezeigt, an ihrem alten Platz beließen" 4 ). Letztlich bezeichnete Ludat jede Herleitung der Kietze aus der sog. „Kolonisationszeit" als unkritisch 6 ). Unkritische Arbeitsweise müßte man mit Ludat demnach Wendt vorwerfen, der in den Kietzen Ansiedlungen sah, die auf Grund einer Regierungsmaßnahme der Askanier entstanden sind 6 ). Die in derselben Richtung geäußerte Meinung von Weisker 7 ) müßte ähnlich bewertet werden. Die gleichen Vorwürfe würden auch Bestehorn 8 ), Bathe 9 ) undAubin 1 0 ) treffen, die sich ebenfalls in ähnlicher Form geäußert haben. Für einen Zusammenhang Askanier gleich Kietzentstehung kann auch in der vorliegenden Arbeit nicht vorbehaltlos gesprochen werden. Es fehlt immer noch das endgültige, beweiskräftige Material f ü r diese Vermutung. Trotzdem seien einige Hinweise hierzu gegeben, die sich bei der Sichtung des Materials andeuteten. ') A. F. Riedel, T. II, 1832, S. 33.

2

3

4

5

) H. Ludat, 1936, S. 91 (A).

) H. Ludat, 1936, S. 151 (A).

') G. Weisker, 1890, S. 6. 6

) M. Bathe, 1932, S. 115.

7*

) E. Lemke, 1899/1900, S. 47.

) H. Ludat, 1936, S. 99 (A).

") G. Wendt, 1889, S. 43. 8

) F. Bestehorn, 1913, S. 109.

10

) H. Aubin, 1928, S. 174.

100

BRUNO KRÜGER

Dem Erwerb der einzelnen Gebiete lag ein langer Zeitraum zugrunde. In etwa 150 Jahren entstand der Besitz, dessen östliche Grenze bis in den Raum Krosno (Krossen), Miqdzyrzecz (Meseritz), Drezdenko (Driesen), Wielen (Filehne), Pila (Schneidemühl), Walcz Radun (Dt. Krone) und Szczecinek (Neustettin) 1 ) hineinreichte. Zum Herrschaftsbereich der Askanier gehörten somit die Altmark mit den Grafschaften Luckow und Billungshöhe sowie die Burg Alvensleben (als Rest der Grafschaft Seehausen, die bis zum Jahre 1259 brandenburgisch war). Außerdem gehörte dazu die Mittelmark, ausgenommen die Gebiete von Jüterbog, Luckenwalde und Beizig; letzteres war nur kurze Zeit brandenburgisch (1298); zum gleichen Herrschaftsbereich gehörten im Norden die Prignitz mit Ausnahme des Besitztums des Havelberger Bischofs, das Land Grabow, Teile von Mecklenburg-Schwerin und das ihnen unter dem Namen „Land Stargard" 1236 zugesprochene Gebiet des späteren Großherzogtums von Mecklenburg-Strelitz; außerdem kamen zu diesen nördlichen Gebieten das Ländchen Wustrow und das von Beseritz hinzu. Des weiteren gehörte ihnen die Uckermark mit Pasewalk. Den östlichen Teil des Machtbereiches stellte die Neumark dar, zu der zeitweise die in Pommern gelegenen Gebiete von Dramburg, Labes und Kolberg gehörten 2 ). Im Südosten dehnte sich der Herrschaftsbereich über das alte Land Lebus aus 3 ); für kurze Zeit gehörte ihnen auch pfandweise Krosno (Krossen). Mit dem Erwerb der Gebiete von Züllichau, Liebenau und Schwiebus im Jahre 1319 ist die eingangs erwähnte Ostgrenze belegt 4 ). Die mit Hilfe des archäologischen Materials mögliche Datierung und Aufteilung der älteren Kietze in eine ältere (Karte 3) und eine jüngere alte Kietzgruppe (Karte 2) gestattete eine kartographische Festlegung der einzelnen Gruppen. Dadurch ergab sich die Möglichkeit, die Verbreitung der alten Kietze mit dem oben skizzierten Machtbereich der Askanier zu vergleichen. Die herausgearbeitete älteste Kietzgruppe (Karte 3) überschreitet auffallenderweise bis auf wenige Ausnahmen im Raum von Schwerin (Mecklenburg) nicht den von den Askaniern seinerzeit beherrschten Machtbereich. Während die weit nördlich gelegenen Kietze von Gadebusch (Nr. 55) und Brüel (Nr. 31) keinerlei Zusammenhänge zum askanischen Raum andeuten, ist für Tucheim (Nr. 168) und Beeskow (Nr. 11) durch die unmittelbare Randlage doch eine Beziehung zum alten Herrschaftsbereich gegeben gewesen. Von den Kietzen in Beeskow und Brüel kann neben der recht frühen Erwähnung derselben auch noch archäologisches Fundmaterial aus dieser Zeit vorgelegt werden; für das hohe Alter des Kietzes in Gadebusch spricht die erste Erwähnung aus dem Jahre 1302; das Alter des Tucheimer Kietzes stützt sich dagegen nur auf das sehr zahlreiche frühdeutsche Fundmaterial, das auf der Kietzflur geborgen worden ist. Es besteht also im Falle Tucheim die Möglichkeit, daß die ganz sicher schon in dieser Zeit besiedelte Gegend erst später den Kietznamen erhalten hat. Wenn das der Fall wäre, dann müßte Tucheim aus der Reihe der alten Kietze ausgesondert werden. Inwieweit sich der askanische Einfluß in Mecklenburg-Schwerin auf das Kietzproblem ausgewirkt haben kann, bleibt ungeklärt. Das gleiche muß allerdings auch für Beeskow gelten, dessen Randlage bereits erwähnt worden ist. Die östliche Verbreitung der alten Kietze bis zur Oder 8 ) gibt ebenfalls einen Hinweis, der für die angedeutete Verbindung Askanier—Kietze sprechen könnte, bildete doch die 1)

P. v. Nießen, 1905, Karte der einzelnen Gebietserwerbungen der Askanier östlich der Oder.

2)

P. v. Nießen, 1905, auf oben zitierter Karte werden auch die Gebiete von Daber, Labes u. Kolberg zum märkischen Bereich gerechnet. 3 ) H. Krabbo, 1919, S. 44ff. B. Schulze, 1928, S. 5ff. ") P. v. Nießen, 1905, S. 369. Siehe hierzu die Karten, auf denen nach den Angaben von B. Schulze, 1928, und 5)

P. v. Nießen, 1905, der Machtbereich der Askanier um 1300 eingetragen ist. Auf die Mehrzahl der alten Kietze östlich der Oder muß leider aus eingangs erwähnten Gründen verzichtet werden. Daß die erste Erwähnung eines Kietzes für das Alter desselben nicht stichhaltig zu sein braucht, konnte bewiesen werden. Für die relativ frühe Erwähnung der Kietze von Widuchowa (Fiddichow) (1347), Chojna (Königsberg) (1350), Czelin (Zellin) 1355, Gorzöw (Landsberg) 1364, Kostrzyn (Küstrin) 1388 und Gorzyca (Göritz) 1405, muß deshalb die Frage unbeantwortet bleiben, ob von ihnen nicht auch Fundmaterial vorgelegt werden könnte, das das Alter der Siedlungen bis in die Zeit des 13. Jh. zurückverlegt.

VII. Der Machtbereich der Askanier und die Verbreitung der Kietze

101

Oder zeitweilig die Grenze, die wohl 1215 erreicht war (erste Erwähnung von Oderberg), die aber erst einige Jahrzehnte später überschritten worden ist. Diesem späteren Einsetzen des askanischen Einflusses und der askanischen Vorherrschaft in den Gebieten östlich der Oder würde auch das archäologische Fundmaterial entsprechen, das von den Kietzen in Slorisk (Sonnenburg), Drezdenko (Driesen), Osno (Drossen), Sulecin (Zielenzig) und Recz (Reetz) vorgelegt werden kann. Es handelt sich hier um Siedlungen, die auf Grund des zahlreicher vorhandenen Scherbenmaterials einer jüngeren Entwicklungsperiode zugewiesen werden müssen. Sie gehören aber dennoch zu einer Gruppe, deren Verbreitung sich ebenfalls noch mit dem von den askanischen Markgrafen beherrschten Gebieten deckt; erst die zweifellos jüngeren Siedlungen, die größtenteils urkundlich nicht mehr zu belegen sind, gehen über das vorgezeichnete Gebiet hinaus 1 ). ') Bei der Betrachtung der Verbreitungskarte der alten Kietzsiedlungen fällt auf, daß die Frignitz keinen nachweisbaren, sicheren alten Kietz aufzuweisen hat. Die Ursachen dafür sind nicht bekannt. Ob der erst im 13. J h . einsetzende Einfluß der brandenburgischen Markgrafen hiermit im Zusammenhang steht, ist eine Frage, die zunächst unbeantwortet bleiben muß. Inwieweit Teucherts Feststellung, daß niederländische Sprachreste im Prignitzgebiet fehlen (H.Teuchert, 1944, S. 479), richtig u n d sicdlungsgeschichtlich auszuwerten ist, kann im R a h m e n dieser Arbeit nicht beurteilt werden, zumal die Kritik von J . Schultze, der auf die starke Verwüstung des Gebietes im 30jährigen Krieg hinweist (J. Schultze, 1956, S. 15), zur vorsichtigen Auswertung dieses Ergebnisses m a h n t .

VIII. Die Forschungsergebnisse der Sprachwissenschaft

Auch die von der Sprachwissenschaft, insbesondere von der Wortgeographie, gewonnenen und vorgelegten Untersuchungsergebnisse müssen in diesem Zusammenhang ebenfalls erwähnt werden, bieten sie doch gleichfalls Hinweise, die für das Verhältnis „Askanier—Kietz" sprechen könnten. In einer umfangreichen und ausführlichen Arbeit hat H. Teuchert die Sprachreste der niederländischen Siedlungen im 12. Jh. behandelt, in der neben den Gebieten im „Nordwesten und mittleren Westen" auch der ostdeutsche Siedlungsraum sowie der „märkische und der ostmitteldeutsche Sprachraum" Berücksichtigung finden1). Schon bei der kartenmäßigen Festlegung von großflächigen Wortbezirken niederländischer Wörter konnte Teuchert feststellen, daß einzelne Wortgrenzen zwar nicht konform gehen, sich insgesamt gesehen aber zu einer Wortgrenze zusammenfassen lassen, die im vorliegenden Falle im Norden zwischen Mecklenburg und Brandenburg und im Süden zwischen Magdeburg und Wittenberg verläuft 2 ). Die Verhältnisse im ehemaligen Land Stargard, einstmals askanischer Besitz, deuten an, daß diese betreffenden Wortgrenzen auch einen geschichtlichen Aussagewert besitzen. „Bis zu dieser Grenze (gemeint ist die Linie Neubrandenburg— Strasburg, d. Verf.) erstreckte sich der Vorstoß der brandenburgischen Siedler, die mit den askanischen Markgrafen ins Land zogen; hier finden die Kirchen brandenburgischer Form ihre Nordgrenze und lag der ältere Grenzverlauf zwischen dem nds. und md. Bauernhaus, der heute der Linie Neubrandenburg—Friedland folgt" 3). Der westliche Teil der nördlichen Sprachgrenze ist nach Teuchert nicht so konstant gewesen wie der östliche Teil; „mecklenburgische Laute erklingen in der Prignitz, brandenburgische fristen ein Dasein im Eldebogen" 4 ). Die Eide ist gleichzeitig die nordöstlichste Grenze, bis zu der niederländische Spracheinflüsse zu beobachten sind. Im Nordosten bildete die Zarow die Verbreitungsgrenze des niederländischen Einflusses; sie war gleichzeitig Sprachscheide, an der sich nach Teuchert die Siedlerströme vom Norden und vom Süden stauten 5 ). Die östlich davon ansetzende Hauptlautgrenze verläuft über Stari-Grod (Stargard) nach Nordosten in Richtung „Nörenberg, Dramburg, Falkenberg, Tempelburg" und f ü h r t weiter südlich über Szczecinek (Neustettin) zur eigentlichen Sprachgrenze 6 ). Als Beleg f ü r die Westgrenze des Niederländischen im ostdeutschen Raum f ü h r t Teuchert die Verbreitung der Wörter „Päde" und „Quecke" an 7 ). Der Beginn der Linie ist die Eidemündung bei Dömnitz; sie verläuft nach Süden entlang der braunschweigischen Grenze, die Altmark wird mit eingeschlossen. „Die Mehrzahl der Linien deckt sich mit dem Laufe !) H. Teuchert, 1944, S. 115ff.

2

) H. Teuchert, 1944, S. 117.

3

) H. Teuchert, 1944, S. 118, vgl. hierzu die nördliche Ausdehnung der Wörter „Fack" und „Tass" (Karte 27 nach Teuchert).

4

) H. Teuchert, 1944, S. 120. Vgl. und bcachte hier auch das Ausscheren der alten Kietze von Gadebusch, Hagenow und Brüel, evtl. auch Bützow, aus dem allgemeinen Verbreitungsgebiet.

5

) H. Teuchert, 1944, S. 123.

6

) H. Teuchert, 1944, S. 125.

7

) H. Teuchert, 1944, S. 130.

VIII. Die Forschungsergebnisse der Sprachwissenschaft

103

der Jeetzel, und beinahe alle folgen in ihrem der Elbe zugewandten Teil der Ohre. Eine dritte Gruppe findet Anschluß an Aland und Biese" 1 ). Die südliche Grenze des niederländischen Einflußgebietes wird von der Schwarzen Elster und der Linie auf Dahme, Friedland, Senftenberg und Guben gebildet. Ostlich der Oder gelangt im Süden der Verbreitungslinie nur das Gebiet des ehemaligen Kreises Weststernberg in den Einflußbereich; einige Ausläufer gehen bis in den Raum von Poznan 2 ). Innerhalb der Ausbreitungslinien des von Teuchert festgelegten niederländischen Spracheinflusses liegen bis auf Brüel und Gadebusch alle anderen alten Kietzorte (Abb. 29). Die Hauptlautgrenze der nordöstlichen Verbreitungslinie deckt sich im wesentlichen mit den im südlichen Pommern liegenden Kietzorten Drawsko Pomorski (Dramburg) und Szczecinek (Neustettin). Die nördlich dieser Linien liegenden Orte Dobra (Daber) und Nowogard (Naugard) dürften noch zum Randgebiet der niederländischen Sprachsphäre gehört haben 3 ) und blieben somit ebenfalls innerhalb der vorgezeichneten Lautgrenzen. Mit der Einbeziehung der Altmark in den niederländischen Wortbereich, die äußerste Westgrenze reichte nach Teuchert bis an das Braunschweigische heran, sind auch die auf dem westlichen Elbgebiet gelegenen Kietze von Bömenzien, Kalbe und Seehausen in diesem Sprachraum mit eingegliedert. Selbst die lediglich von Ludat erwähnten Kietze von Hitzacker und Groß Thondorf, f ü r deren Existenz gegenwärtig keine Beweise zu ermitteln sind, liegen nach diesen Untersuchungen zwar nicht im eigentlichen Einflußgebiet der niederländischen Wortarten, sie befinden sich jedoch in unmittelbarer Nähe desselben; das Auftreten der Kietznamen könnte von dieser Seite her für die betreffenden Gegenden nicht als Abnormität bezeichnet werden. Im Süden hat zumindest die ältere Kietzform nicht den Raum genutzt, der von der Sprachwissenschaft in diesem Zusammenhang skizziert worden ist. Während der Fläming noch als gemeinsame Grenze angesehen werden könnte, scheidet die Niederlausitz f ü r die ältere Kietzform aus. Bei Guben ist jedoch wieder der gemeinsame Südpunkt erreicht, von dem aus östlich der Oder eine weitere und im wesentlichen übereinstimmende südliche Grenzlinie in Richtung Nordosten verläuft. Auch die Tatsache, daß die Südgrenze der niederländischen Wörter östlich der Oder nur im Oderknie leicht nach Süden ausbiegt, in den Bereich würde noch der Kietz von Krosno zu lokalisieren sein, spräche f ü r eine Identität von Kietzverbreitung und niederländischem Worteinfluß. Auch Teucherts Hinweis, daß östliche Ausläufer bis in das Posener Gebiet reichen 4 ) — hier liegt der Kietz von Ostrorög — (ca. 50 km westlich von Poznan) ist in der gleichen Weise zu werten. Das gemeinsame Verbreitungsgebiet (Abb. 29), dessen Kern auch in diesem Falle der ehemalige brandenburgische Raum ist, kann nicht als zufällig angesehen werden. Die Ausdehnung über den gleichen Raum, der sich im wesentlichen mit dem Machtbereich der Askanier deckt, deutet Zusammenhänge an, deren Feinheiten nochmals von der Sprachwissenschaft herausgearbeitet werden müßten. Es handelt sich hier nicht, das soll ausdrücklich unterstrichen werden, um Erscheinungen, deren Ursachen vom Inhalt der Kietze heraus zu verstehen sind. Wollte man so verfahren, dann müßten ähnliche Siedlungen nicht, wie bereits angedeutet, im altdeutschen Siedlungsraum, sondern im Herkunftsgebiet des niederländischen Sprachschatzes nachzuweisen sein. Es kann sich bei den Kietzen vielmehr um eine Form handeln, die sich aus den jeweiligen vielleicht ähnlichen Lageverhältnissen ergibt, die in einer abgewandelten Art mit ganz anderem Inhalt im Herkunftsgebiet des niederländischen Sprachschatzes vorhanden ist 5 ).

2

) 3 ) 4 ) 5 )

H. Teuchert, 1944, S. 130. H. Teuchert, 1944, S. 138; s. hierzu Abb. 4 (nach Teuchert Karte 27). H. Teuchert, 1944, S. 123. H. Teuchert, 1944, S. 138, vgl. hierzu Abb. 29 und Karte 2 (nach Teuchert Karte 27), Siehe hierzu die Ausführungen bei H. Ludat, 1936, S. 195ff. (A).

Bruno Krüger

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Daß der Kietzname keine allgemein slawische Bezeichnung ist, beweist nicht nur seine begrenzte Verbreitung auf einen Teil des großen slawischen Siedlungsgebietes, sondern auch die Tatsache, daß der bisher vom Slawischen abgeleitete Name in Polen nahezu unbekannt ist. Auch von dieser Seite drängt sich deshalb die Überlegung auf, daß der alte Kietz keine slawische Einrichtung sein kann. Letztlich könnte auch das zahlenmäßige Verhältnis der Kietze nördlich von Warta (Warthe) und Notec (Netze) zu den südlich der beiden Flüsse gelegenen Kietzen f ü r das bereits angedeutete Abhängigkeitsverhältnis sprechen. Die südlich der angegebenen Fluß-

Abb. 29. Die Verbreitung des Wortes „Tass". Nach H. Teuchert 1944, S. 282, Karte 27; vgl. hierzu die Verbreitung der Kietzsicdlungen auf den Karten I—III

linien liegenden Kietze von Gorzyca (Göritz), Slorisk (Sonnenburg), Suleein (Zielenzig), Osno (Drossen) und Krosno (Krossen) liegen bis auf Krosno auf dem östlich der Oder gelegenen Gebiet des ehemaligen Landes Lebus, das erst sehr spät unter direkten deutschen Einfluß kam 1 ). P. v. Nießen konnte außerdem nachweisen, daß dieses dem Erzbistum Magdeburg und den Askaniern unterstandene Gebiet vorwiegend mit Siedlern aus Schlesien besiedelt worden ist 2 ). Noch im Jahre 1244 ist nach ihm Sulecin eine polnische Stadt, desgleichen Osno. Das betreffende Gebiet war Eigentum des Bischofs, das keine größere Bedeutung erlangt hat und demzufolge auch sehr wenig genannt worden ist. Auch nach der Übereignung des magdeburgischen Teiles des Landes Lebus durch Erzbischof Erich von Magdeburg an die askanischen Markgrafen zwischen 1285 und 12873) scheint hier kein bedeutender Einfluß Nach P. v. Nießen läßt sich erst ab 1241 ein direkter deutscher Einfluß nachweisen, P. v. Nießen, 1905, S. 140. -) P. v. Nießen, 1905, S. 142,

3

) H. Krabbo, 1919, S. 51.

VIII. Die Forschungsergebnisse, der Sprachwissenschaft

105

deutscherseits gefolgt zu sein. So verwundert es nicht, wenn die Eigenständigkeit des Landes sowohl in der Sprache als auch in der Tracht sehr lange bestanden hat 1 ). östlich dieser Grenzlinie, die mit dem Flüßchen Postomia (Postum) identisch ist, liegen die Gebiete der ehemaligen polnischen Kastellaneien Santok (Zantoch) 2 ) und Mi?dziersicz (Meseritz), in denen keine Kietzsiedlungen nachzuweisen sind. „Jenseits der Warthe aber begann das eigentliche Polen, und hier, zumäl an der Netzelinie, der Grenze zwischen der Neumark und Polen, war heiß zwischen Deutschen und Polen gekämpft worden. Hier betreten wir den Boden, auf den damals vornehmlich die Eroberungsziele der Askanier lagen, und zwar richtete sich ihr Drang nach vorwärts hauptsächlich nach dem Nordosten zu" 3 ); in diesem von Krabbo skizzierten Räume liegen bis auf wenige z. T. jüngere Kietzsiedlungen südlich der Warta alle anderen Kietze östlich der Oder (s. Karte 1). Es muß abschließend zu diesem Thema gesagt werden, daß es natürlich keineswegs bewiesen ist, daß die Kietzbildung ausschließlich auf die Tätigkeit der askanischen Markgrafen zurückgeführt werden kann. Die geäußerten Ansichten sind Vermutungen, die sich gegenwärtig nicht weiter unterstützen lassen. Sicher ist dagegen, daß die Kietze im Rahmen einer Etappe der gesellschaftlichen Entwicklung entstanden sind, in der dem herrschenden Adel die rechtliche Möglichkeit gegeben war, derartige Siedlungen f ü r seine eigenen Zwecke anzulegen; daß dieses Recht auch von den askanischen Markgrafen und ihren Vasallen genutzt worden ist, dürfte außer Zweifel stehen. Zur sprachlichen Auswertung sei in diesem Zusammenhang nochmals H. Teuchert zitiert, der in einer im Jahre 1923 erschienenen Arbeit die Warta als Trennlinie zwischen dem Niederdeutschen nördlich derselben und dem Hochdeutschen südlich von ihr bezeichnet (H. Teuchert, 1923, S. 18 ff). Inwieweit das Heranziehen heutiger Mundarten zur Auswertung und zur Bearbeitung früherer Siedlungsgebiete allerdings möglich und statthaft ist, muß von der Sprachwissenschaft entschieden werden. Für die vorliegende Untersuchung wurden die Ergebnisse der Sprachwissenschaft nur deshalb herangezogen, weil sich einmal zumindest Annäherungen der Verbreitungsgebiete feststellen lassen und weil zum anderen die sprachliche Deutung des Namens „Kietz" nicht unwesentlich an der Entstehung der These vom „slawischen" Alter der Kietze beteiligt war. 2

) Gemeint ist der südliche Teil der Kastellanei.

3

) H. Krabbo, 1919, S. 51.

IX. Die Bewohner der Kietze 1. H I N W E I S E D E R

SPRACHWISSENSCHAFT

Die wenigen urkundlichen Belege, in denen ausdrücklich Slawen in den Kietzen erwähnt werden (Brandenburg—kleiner Domkietz, Widuchowa [Fiddichow], Marquardt-Schorin, Potsdam, Berlin-Köpenick, Berlin-Spandau, Wriezen und Drezdenko [Driesen]) 1 ) mögen als grundlegender Ausgangspunkt f ü r diesen Teilabschnitt gelten. Leider ist die Sprachwissenschaft durch die recht späte Entstehung der Familiennamen und die Vererbung derselben auf die nächsten Generationen am Ausgang des 14. Jh. 2 ) in ihren Forschungen von vornherein an gewisse jüngere zeitliche Grenzen gebunden. Wenn aber trotzdem noch im 15. J h . auf Grund der Familiennamen der Nachweis f ü r slawische Reste in den Kietzen gebracht werden konnte 3 ), dann ist auch von dieser Untersuchung her ein Hinweis auf die ehemaligen slawischen Bewohner der Kietzsiedlungen gebracht worden. Eine zweite Quelle auf dem Gebiete der Sprachwissenschaft ergibt sich aus der Erforschung der Ortsnamen. „Der Gedanke, durch die sprachliche Erklärung der Ortsnamen der Geschichtsforschung neue Quellen zu erschließen, ist so alt, wie die Geschichtsschreibung selbst", schreibt z. B. Schmidt 4 ). Mit welcher Vorsicht jedoch die hier gewonnenen Ergebnisse verwertet werden dürfen, ist oftmals erwähnt worden. Für das Kietzproblem spielen die jeweiligen Namen der Kietzorte kaum eine Rolle, weil spezielle Beziehungen zwischen beiden nicht nachzuweisen sind. Sind schon die erreichbaren Hinweise über die Slawen in den Kietzen gering, so fehlen die Anzeichen f ü r deutsche Bewohner in denselben ganz. Es kann deshalb nicht gesagt werden, ob neben den sicher erwähnten Slawen auch deutsche Ansiedler von Anfang an den Kietz bewohnten. 2. H I N W E I S E D E R F R Ü H G E S C H I C H T L I C H E N

ARCHÄOLOGIE

Mit Hilfe der gegenwärtig zur Verfügung stehenden Fundmaterialien kann lediglich festgestellt werden, daß die typische Keramik der alten Kietzsiedlungen, die nach dem derzeitigen Forschungsstand vorwiegend von den Slawen besiedelt gewesen sind, die blaugraue, frühdeutsche Keramik war. Da die spätslawische Tonware in bezug auf die Technik und auf die Tonmagerung an die frühdeutsche Keramik beinahe anknüpft, ist lediglich mit einer Übernahme der deutschen Gefäßherstellung durch die Slawen zu rechnen. Für diese Überlegung sprechen das schnelle Verschwinden der slawischen Keramik und das zahlenmäßig starke Auftreten der deutschen Ware nach 1200. Eine generelle ethnische Auswertung des S. hierzu die Aufstellung bei H. Ludat, 1936, S. 110 (A). ) H. Bahlo, 1933, S. 6. 3 ) Nach den Ergebnissen von Ludat sind in den Kietzen von Beeskow, Berlin-Köpenick, Drezdenko u. Zossen noch um 1450 slawische Bestandteile festzustellen (H. Ludat, 1936, S. 123 [A]). 4 ). H. F. Schmidt, 1927, S. 162. 2

107

I X . Die Bewohner der Kietze

archäologischen Fundstoffes ist beim gegenwärtigen Stand der Forschung aber aus methodischen Gründen abzulehnen 1 ). Die wenigen spätslawischen Scherben von den Kietzen in Beeskow, Lebus, Plaue, Stolpe und Stolzenhagen ändern an diesem Bilde nichts. Wenn auf den Domkietzen in Brandenburg relativ viel Keramik aus dieser Zeit gefunden worden ist, dann erklärt sich diese Erscheinung aus der bis 1157 gehenden slawischen Besetzung der Insel. 3. D I E R E C H T L I C H E S T E L L U N G D E R

KIETZBEWOHNER

Für slawische Bewohner der Kietze sprechen auch die erst aus späterer Zeit bekannten rechtlichen Verhältnisse, die zwischen den Burgherren und den Kietzern bestanden. Wenn die Kietzbewohner dem Burgherren, dem sie ausdrücklich zu persönlichen Dienstleistungen verpflichtet waren, rechtlich direkt unterstanden, wenn sie weiterhin ihre eigene Rechtsprechung und ihren eigenen Schulzen hatten 2 ), dann geht hieraus hervor, daß diese Beziehungen und Verhältnisse nicht irgendwann entstanden sind, sondern ursprünglich sein müssen. Aus dieser ursprünglichen Absonderung kann sich auch nur die eigene lange Selbständigkeit einiger Kietze bis in das 19. Jh. hinein erklären lassen 3 ). 1

) K.-H. Otto, 1953, S. 1 ff. ) Siehe hierzu die entsprechenden Kapitel bei H. Ludat, 1936 (A). 3 ) Der Kietz von Berlin-Köpenick z. B. ist erst im J a h r e 1889 an die S t a d t verwaltungsmäßig angeschlossen worden. 2

X. Die wirtschaftliche Bedeutung cler Kietze 1. A L L G E M E I N E B E M E R K U N G E N Z U R W I R T S C H A F T DER

KIETZBEWOHNER

Wenn man den Kietzen den wirtschaftlichen Charakter von sog. Dienstsiedlungen beimißt, dann ergeben sich hieraus einige nicht unwesentliche Schlußfolgerungen auf den Verbleib der slawischen Restbevölkerung überhaupt. Mit dieser Feststellung muß notwendigerweise die Annahme fallen gelassen werden, in den Kietzen Reservate sehen zu wollen, in denen die Slawen gut überwacht werden konnten. Diese Feststellung setzt weiterhin voraus, daß die überwiegende Zahl der slawischen Bevölkerung, die ja trotz der langen Auseinandersetzungen zahlenmäßig nicht so stark dezimiert war, daß sie in den wenigen alten Kietzen hätte Aufnahme finden können 1 ), entweder in ihren Wohnorten verblieben ist oder sich dem Gang der deutschen Besiedlung angeschlossen hat. Die fast ausschließliche Gewässerlage der alten Kietze, sowie überhaupt die häufige Lage der slawischen Siedlungen in der Nähe eines Gewässers, führten in der bisherigen Forschung zu der allgemein bekannten Meinung, daß die Slawen vorwiegend Fischer gewesen wären. Die geringen Hinweise, die aber bisher durch Ausgrabungen slawischer Siedlungen hierfür gewonnen werden konnten, genügen keinesfalls, um auf diesem Gebiet eine befriedigende Aussage machen zu können. Da auch zeitgenössische Berichte über die Wirtschaft so gut wie ganz fehlen, die deutschen schriftlichen Überlieferungen andererseits erst im 15. Jh. einsetzten, muß der Raum bis etwa zu dem Zeitpunkt in dieser Frage als völlig ungenügend geklärt betrachtet werden. Ein Rückschluß aus den Quellen des 15. und 16. J h . auf die Verhältnisse des 13. J h . dürfte kaum möglich sein, weil die 200jährige Entwicklung der slawischen Restbevölkerung unter der deutschen Herrschaft nicht mehr ein rein slawisches Gepräge gehabt haben wird. Es ist vielmehr damit zu rechnen, daß sich die Slawen, insbesondere in so unmittelbarer Nähe einer deutschen Siedlung, wie es bei den Kietzen der Fall ist, der deutschen Wirtschaftsweise anpaßten — die Übernahme der Keramikherstellung gibt dafür ein gutes Beispiel — und wahrscheinlich auch anpassen mußten, um den auferlegten Abgabe- und Dienstpflichten nachkommen zu können. Die vorwiegende Gewässerlage der alten Kietze spricht natürlich f ü r eine verstärkte Fischereitätigkeit der Kietzer auch in älterer Zeit, obwohl es, wie angeführt, gegenwärtig keine stichhaltigen Beweise dafür gibt. Ob die noch heute bekannten Bezeichnungen „Fischerkietz" oder Fischerstraße hieran anknüpfen, ist wahrscheinlich, aber ebenfalls nicht nachzuweisen 2 ). Ließ sich die Fischereitätigkeit auf Grund der geographischen Lage noch erschließen, so fehlen f ü r die anderen handwerklichen Beschäftigungen die Beweise f ü r die bereits erwähnte Zeit des 12. und 13. Jh. ganz. Hier können nur Vermutungen geäußert werden, deren Wahrscheinlichkeitsgrad von noch durchzuführenden Spezialforschungen festgestellt werden müßte. Neben der Fischerei und dem wahrscheinlich geringen Ackerbau 3 ) wird die Vieh- und Waldbienenzucht eine Rolle gespielt haben 4 ). Die Bierbrauerei, die von Ludat in diesem ') W. Vogel, i960, S. 26ff. 2 ) Die berufsmäßige Fischerei ist heute auf der Mehrzahl der alten Kietze fast ausgestorben. 3 4 ) W. Gley, 1926, S. 54. ) F. Mager, 1955, S. 19.

X . Die wirtschaftliche Bedeutung der Kietze

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Zusammenhang auch aufgeführt wird, ist auf den Kietzen erst seit dem Ende des 16. J h . schriftlich belegt 1 ). Ob auch das Müllerhandwerk in den Kietzen ursprünglich vertreten war, kann nicht gesagt werden. Auffallend jedoch ist, daß bei 22 Kietzen 2 ) entweder heute Mühlen vorhanden sind oder noch Flur- und Straßennamen an die ehemalige Existenz derselben erinnern. Da die Mühlen bei den Slawen nicht bekannt gewesen sind, muß ihr Auftreten mit den deutschen Verhältnissen zusammenhängen. Natürlich kann das Auftreten der Mühlen bei den Kietzen auch in erster Linie durch das Wasser, sofern es sich um Wassermühlen handelt, bedingt gewesen sein 3 ). Die einst zahlreich vorhandenen Mühlen haben durch die notwendig gewesene Stauung der Gewässer auch einen Teil der Landschaft verändert, in denen die Kietze liegen. In einer Arbeit über die Auswirkung des Mühlenstaues entlang der Havel, Spree, Dahme und Nuthe konnte Herrmann nachweisen, daß der heutige Wasserstand oben erwähnter Flüsse keinen Primärzustand darstellt, sondern künstlich erhöht worden ist 4 ). Für die Beurteilung frühmittelalterlicher Landschaftsformen wird diese Feststellung in Zukunft beobachtet werden müssen. Die Gewohnheit, frühgeschichtliche Siedlungsverhältnisse mit dem jetzigen Landschaftsbild entlang der Flüsse in Verbindung zu bringen, muß künftig der Berücksichtigung der von Herrmann vorgelegten Ergebnisse weichen. Zahlreiche slawische und auch einige frühdeutsche Siedlungen (Phöben und Berlin-Köpenick), die entsprechend des natürlichen Wasserstandes noch vor der Anlage der Mühlenstaue entstanden waren, sind unter die Stauhöhe der Flüsse geraten und mußten aufgegeben werden. Der einsetzende Mühlenstau bildet damit einen zeitlichen Fixpunkt, der wesentliche Anhaltspunkte für die Datierung enthält. Für die Klärung der Altersfrage der Kietze sind die gemachten Beobachtungen insofern von Bedeutung, als nicht ein einziger Kietz im Staubereich der jeweiligen Flüsse liegt. Ihre Lage entspricht ohne Ausnahme den jetzigen Wasserverhältnissen. Auch dieses aus der Topographie gewonnene Ergebnis deckt sich mit den bereits dargelegten Erkenntnissen, die von der Archäologie her gewonnen worden sind.

2. K I E T Z - S U B U R B I U M Der Thematik der vorliegenden Arbeit entsprechend sei zuerst die Frage gestellt, ob die als „Kietz" bezeichneten Siedlungen, die sich, sofern sie keine Neuanlagen aus jüngerer Zeit sind, als die Dienstsiedlungen der Burgherren erwiesen haben, an dieser Problematik teilhaben. Man könnte diese Frage mit ,,ja" und auch mit „nein" beantworten. Mit „ j a " insofern, als auch in den jüngsten vorgelegten Arbeiten der Kietz als sog. „vorkoloniales Suburbium" angesehen wird 5 ), das heißt als eine slawische Siedlung in der unmittelbaren Nähe einer slawischen Befestigungsanlage. Diese angenommene Zweisamkeit sowie das vermeintliche hohe Alter der Kietze mußte zwangsläufig zu der Aufgabe führen, den Charakter der Siedlungen darzustellen, um somit eine Anpassung an die innere Struktur der allgemeinen gesellschaftlichen Verhältnisse zu versuchen. Das gewonnene Ergebnis mußte auf Grund der falschen Ausgangsposition, die sich sowohl auf die Lage der Kietze zur vorhandenen Burg als auch auf ihr irrtümlich hohes Alter bezieht, ein der historischen Wirklichkeit nicht entsprechendes Fazit sein. Hier wäre das oben angedeutete „nein" zu setzen. ') H. Ludat, 1936, S. 148 (A). 2

) Altruppin, Alt Töplitz, Bad Schmiedeberg, Berlin-Kölln, Berlin-Spandau, Biesenthal, Brandenburg, Brüel, Buckow, Frankfurt/O., Gadebusch, Golßen, Kietz-Rhinow, Lübben, Oderberg, Phöben, Pritzerbe, Rathenow, Recz, Trebbin, Witzin, Zehdenick.

3

) W. Peschke, 1937, S. 55ff.

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4

) J. Herrmann, 1959, S. 96.

) H. Ludat, 1955, S. 41; E. Müller-Mertens 1955/56, S. 194. Müller-Mertens stützt sich auf die von Ludat vorgelegten Ergebnisse.

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BRUNO KRÜGER

Der Gedanke, die Kietze als die Suburbien der slawischen Burgwälle anzusehen, ist schon insofern abzulehnen, als es bis in die jüngste Zeit hinein in den seltensten Fällen möglich war, über das Alter der betreffenden slawischen Anlagen genaue Aussagen zu machen, weil die erforderlichen Untersuchungen in dem behandelten Arbeitsgebiet bisher nicht ausreichten1). Der Anteil der spätslawischen Anlagen an der Gesamtzahl der vorhanden gewesenen slawischen Befestigungen ist im Arbeitsgebiet nicht sehr groß. Es sei einleitend auf die Gruppe der großen befestigten Siedlungen dieser Zeit verwiesen2), die im Rahmen des vorliegenden Teilabschnittes zunächst behandelt werden sollen. Die Größe der Anlagen, die z. T. durch Grabungen untersucht worden sind, geht im allgemeinen über den Rahmen einer üblichen Burgwallgröße im betreffenden Arbeitsgebiet hinaus. Hierzu gehören u. a. der Poggenwerder in Altruppin, die Schloßinsel in Berlin-Köpenick, die Burgwallsiedlung in Kliestow-Trebbin und mit Einschränkung auch die Burgwallsiedlung in Schollene. Es wurde bereits erwähnt, daß der Nachweis einer spätslawischen Burganlage auf der Schloßinsel in Berlin-Köpenick nicht gebracht werden konnte. Dem Grabungsbefund nach scheint einer zerstörten mittelslawischen Anlage eine größere, wahrscheinlich befestigte stadtähnliche Siedlung zu folgen. Dieser Vermutung kann nur zugestimmt werden, zumal durch die Ausgrabungen in Polen Analogen zur Verfügung stehen, die diese Erkenntnis bestätigen. Wenn in Poznan z. B. der slawische Burgwall auf der Dominsel im 12. Jahrh. eine Erweiterung in das sog. Suburbium desselben findet, um als vergrößerte befestigte Siedlung weiter zu bestehen, dann haben wir hier die gleichen Erscheinungen zu berücksichtigen, wie sie etwa in Berlin-Köpenick oder Altruppin beobachtet werden konnten. Auch die dreimalige Erweiterung der slawischen Befestigungsanlage von Gniezno ist im Sinne der Entstehung stadtähnlicher slawischer Siedlungen auf der Basis der alten Wallanlagen zu werten 3 ). Diese charakteristische Entwicklung der Erweiterung stadtähnlicher Anlagen auf der Grundlage kleinerer slawischer Burgen ist durch die jüngsten Ausgrabungen auch in Kolobrzeg erneut bestätigt worden 4 ). Auch hier entstand auf der Grundlage einer kleinen Burg aus dem 9. Jh. eine größere, befestigte Anlage, in der archäologische Nachweise eines spezialisierten Handwerkerwesens beobachtet werden konnten. Nördlich und südlich dieser großen Befestigungsanlage befanden sich zwei große Vorburgen. Der gesamte Komplex gehört zu der Altstadt von Kolobrzeg, die in ihrer wirtschaftlichen Bedeutung von der 1255 erfolgten Lokation der neuen Altstadt in der Nähe der Salzlager abgelöst worden ist. Burg und Vorburg stellten in jedem Falle eine zeitliche und auch wirtschaftliche Einheit dar, deren Entwicklung von den jeweiligen örtlichen Bedingungen teilweise abhängig war und die in vielen Fällen bei der Lokation der mittelalterlichen Rechtsstädte ihre einstmalige Bedeutung verlor. Die Suburbien der slawischen Burgen, deren Existenz schon für das 9. und 10. Jh. nachgewiesen werden kann (z. B. in Gniezno), waren wirtschaftliche Zentren, in denen speziell das Handwerk vertreten war. Trotz der zahlreichen, besonders in Polen durchgeführten Ausgrabungen, ist es aber immer noch nicht möglich, genaue Aussagen über die soziale Stellung der Bewohner der Suburbien zu machen. Obwohl kaum anzunehmen ist, daß bei der Klassifizierung der Kietze als sog. vorkoloniale slawische Suburbien an die Wallanlagen des 9. und 10. Jh. gedacht worden ist, müßte bei einer Unterstellung dieser Überlegung zumindest die Funktion der betreffenden Anlage geklärt werden. Leider stehen uns über den rein organisationsmäßigen Vorgang beim Bau der slawischen Burgen keine örtlichen Quellen zur Verfügung, so daß die gemachten Aussagen lediglich den Verf. konnte auf die in den letzten Jahren vom Institut für Vor- und Frühgeschichte an der D A W Berlin durchgeführte Burgen- und Befestigungsaufnahme bei der Behandlung dieses Themas zurückgreifen. 2)

J. Herrmann, 1960, S. 120, Kat. Nr. 7.

3)

Frdl. Mitteilung des Ausgräbers Prof. Dr. Zurowski. S. auch K . Zurowski, 1954, S. 161 ff., W . Hensel, 195:5,

4)

S. 14ff. Frdl. Mitteilung des Ausgräbers Dr. L. Leciejewicz, Warszawa.

X. Die wirtschaftliche Bedeutung der Kietze

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Grad von Vermutungen beanspruchen können. Interessant sind jedoch in diesem Zusammenhang einige Bemerkungen zeitgenössischer Berichterstatter über den Aufbau der zur Behandlung stehenden Anlagen, in denen zum Ausdruck kommt, daß alle Leute beim Bau einer Befestigungsanlage beteiligt waren, um sich einen Schutz gegen evtl. Uberfälle zu schaffen. Es wird weiterhin von befestigten Siedlungen gesprochen, die als Hauptaufenthaltsorte im Winter dienten 1 ). Über den politischen Charakter dieser Befestigungsanlagen wird nichts verlautet. Es muß daher zunächst ungeklärt bleiben, inwieweit hier soziale Differenzierungen innerhalb der Bevölkerung eine Rolle gespielt haben. Auf jeden Fall steht fest, daß die am Bau beteiligte Bevölkerung hier bei Gefahr einen Schutz fand 2 ). Wie groß der zahlenmäßige Anteil dieser „Fluchtburgen" an der allgemeinen Verteilung der slawischen Burgen dieser Zeit war, vermag hier nicht geklärt zu werden. Auch mag dahingestellt bleiben, ob nicht zumindest ein Teil dieser wahrscheinlich doch recht großen Anlagen mit den im Bayerischen Geographen erwähnten Civitates der verschiedenen Stämme identisch sind 3 ). Für das hier zu behandelnde Problem ist lediglich wichtig, daß auf jeden Fall ein gewisser Prozentsatz der mittelslawischen Burganlagen auf Grund der Funktion keine spezielle Vorburgsiedlung gehabt haben wird, die als Suburbium im Sinne eines vorstädtischen Siedlungskomplexes gedeutet werden könnte. Mit diesen kurzen Hinweisen, die keineswegs einen Anspruch auf Vollständigkeit erheben, sollte lediglich die Problematik aufgezeigt werden, die erst gelöst sein muß, wenn von „slawischen vorkolonialen" Suburbien in dem Gebiet der Westslawen gesprochen werden will. Mit der Ablehnung der alten Kietze als Suburbien von slawischen Befestigungsanlagen entsteht unter Berücksichtigung der in dieser Arbeit dargelegten neuen Erkenntnisse hinsichtlich der Zeitansetzung und der topographischen Lage dieser Siedlungen die Aufgabe, die Bedeutung der Kietze f ü r die vorhanden gewesene deutsche Burganlage und f ü r die Existenz der deutschen Ansiedlung festzustellen. Der alte Kietz hat sich in der Perspektive der Siedlungsgeschichte in jedem Falle als jünger oder aber höchstens als gleichaltrig mit der jeweiligen benachbarten deutschen Burganlage erwiesen. Das nahezu völlige Fehlen slawischer Keramik in der Altstadt von Brandenburg sowie das völlige Fehlen slawischen Materials im eigentlichen Stadtgebiet von Zossen, in den Altstadträumen von Berlin-Köpenick, Berlin-Spandau und Rathenow hat gezeigt, daß die slawischen Bewohner der Kietze wahrscheinlich vorwiegend nur von den ehemaligen slawischen Burgplätzen dieser Orte kommen können, auf denen der Nachweis der slawischen Besiedlung bis in die spätslawische Zeit erbracht werden konnte. Es besteht somit in keinem Falle die Ursache anzunehmen, daß die Kietzsiedlung älter ist als die benachbarte deutsche Burg. Nicht ganz so sicher konnte diese Feststellung bei einem Vergleich zur deutschen Ansiedlung (Dorf oder Stadt) getroffen werden. Lediglich von der topographischen Situation aus ist zu sagen, daß die Kietze nicht als Ausgangspunkt der deutschen Ansiedlung gewertet werden können. Das sog. „Suburbium", das sich in seiner klassischen Form zunächst auf westeuropäischem Gebiet entwickelt zu haben scheint, ist ja bereits seit langem Gegenstand der Stadtkernforschung 4 ). Burg, Burgmarkt und Suburbium sind organische Bestandteile der frühen europäischen Stadt. „Ohne den Schutz einer Burg, eines befestigten Klosters oder einer civitas ist jedenfalls, wie die Forschungen gezeigt haben, keine frühe Stadt im entsprechenden Forschungsgebiet entstanden" 5 ). !) Siehe hierzu W. Hensel, 1949/50, S. 10. 3

2

) H. F. Schmidt, 1926, S. 100.

) Das häufige Auftreten des Namens „Civitas" östlich der Elbe veranlaßte neuerdings Schlesinger zu der Feststellung, daß unter dem Begriff „Civitas" östlich der Elbe auch Burgen zu verstehen wären, weil sonst das Vorhandensein zu vieler stadtähnlicher Siedlungen angenommen werden müsse, für die es keine stichhaltigen Beweise gibt. W. Schlesinger, 1954, S. 145. 4 ) H. Planitz, 1954, S. 55, E. Ennen, 1953, S. 124/125, W. Schlesinger, 1954, S. 127. 5 ) H. Ludat, 1955, S. 15.

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Eine völlige Übernahme der vorgelegten Ergebnisse auf ostelbische Verhältnisse ist leider nicht möglich. Die durchgeführten Untersuchungen beschränkten sich im wesentlichen auf die Erforschung der frühen westeuropäischen Stadt und charakterisieren deren Entwicklung. Das spätere Einsetzen der Stadtbildung im sog. „Kolonisationsgebiet" mußte auf anderen wirtschaftlichen Verhältnissen aufbauen. Die Vorformen, soviel kann heute schon gesagt werden, entsprachen von der Anlage her häufig nicht den Bedürfnissen der frühmittelalterlichen Stadt, die deshalb nicht immer unmittelbar an dieselben anknüpfte, sondern an anderer Stelle errichtet worden ist 1 ) (Abb. 30). Die Existenz sog. vorkolonialer Suburbien als Ausdruck vorstädtischer Formen ist nun auch durch die neueren umfangreichen Ausgrabungen in Polen, in der CSSR und in der UdSSR bewiesen worden. Die durch archäologische Methoden gewonnenen Ergebnisse besagen in jedem Falle, daß die als Suburbium bezeichneten Vorburgsiedlungen vorwiegend Sitze von Handwerkern waren. Ganz klar ist diese Feststellung in Gniezno gemacht worden, wo die für die Wirtschaft der Slawen so häufig zitierte Fischerei so gut wie gar nicht nachgewiesen werden konnte. Dafür traten um so mehr Arbeitsgeräte zutage, die eine Priorität der handwerklichen Tätigkeit bewiesen2). Ähnliches ist in Poznan, Gdansk und Kolobrzeg beobachtet worden3). Es handelt sich hierbei also um recht große Siedlungen in der unmittelbaren Nähe einer Burg, in denen neben spezialisierten Handwerkern auch Händler gesessen haben müssen 4 ). Der Charakter der Kietze weicht von diesen Bedingungen, die an ein Suburbium oder an eine Vorburgsiedlung gestellt werden, völlig ab. Soweit heute feststellbar ist, haben in ihnen weder spezialisierte Handwerker gelebt, die für einen Markt gearbeitet haben, noch waren sie Zentren des frühen Handels. Auch die räumliche Zugehörigkeit zur Burg im Sinne eines vorgelagerten Kernes 6 ) ist unter Berücksichtigung der späteren Gesamtentwicklung des betreffenden Ortes in keinem Falle gegeben. Weiterhin sprechen auch die rechtlichen Beschränkungen der Bewohner gegen eine allgemeine Klassifizierung im Sinne eines Suburbiums. So kann nach den topographischen Verhältnissen, die ebenfalls gegen ein Vorburgverhältnis der Kietze sprechen, auch von der inneren, wirtschaftlichen Seite her eine solche Bestimmung nicht getroffen werden. Die abseitige Lage der Kietze vom eigentlichen Stadt- bzw. Ortsgebiet — oft außerhalb der Stadtmauer — ist nun allerdings ein Charakteristikum, das auffallenderweise auch recht häufig bei der Lage der einwandfrei als slawisch bestimmten Suburbien in der Nähe einer slawischen Befestigungsanlage zutage tritt. Auch hier knüpft die spätere Siedlung häufig nicht unmittelbar an das Suburbium an, sondern entwickelt sich außerhalb desselben (Abb. 30). In Poznan wurde die Lokation der Stadt auf dem westlichen Ufer der Warta, der jetzigen Gegend des alten Marktes, durchgeführt6), zwei weitere Siedlungen lagen ebenfalls außerhalb des Burgbezirkes in Sröda (auf dem rechten Ufer der Warta) und in der Nähe der St. Albert-Kirche auf dem linksseitigen Ufer der Warta 7 ) (Abb. 31). Die Siedlung Tum bei LC;czyca war ebenfalls nicht der Ausgangspunkt der späteren Stadt, die 600 m nordwestlich des Burg-Siedlungs-Komplexes an einer günstigen Verkehrslage entstand 8 ). Ganz offen-

2

) ) 4 ) 3

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)

7 8

) )

Vgl. hierzu die Ausführungen auf S. 110. Das Verhältnis der slawischen städtischen Vorformen zur deutschrechtlichen Stadt ist bis heute ein noch nicht bearbeitetes und leider noch ungeklärtes Problem. Vgl. hierzu K. Zurowski, 1953, S. 89ff. W. Hensel, 1953, S. 14ff.; K. Jazdzewski, 1955, S. 137ff.; L. Leciejewicz, 1956, S. 40ff. Auf dem Gebiet der DDR ist in diesem Zusammenhang an die bekannten großen spätslawischen Siedlungen in Altruppin, Berlin-Köpenick, Brandenburg/H. und in Lebus zu denken. Für Lebus siehe hierzu W. Unverzagt, 1958, S. 1 1 9 - 1 2 6 . H. Ludat, 1955, S. 23. Z. Kaczmarczyk, 1953, S. 142 ff., siehe den Plan auf S. 152; W. Hensel, 1953, S. 14. W. Hensel, 1953, S. 72, Abb. 27 u. 28, S. 80, Abb. 36. Vgl. die entsprechenden Artikel in „Studia wczesnosredniowieczne" Bd. III, Warszawa 1955; siehe hierzu besonders die Lageskizze auf der Abb. 30.

X. Die wirtschaftliehe Bedeutung der Kietze

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sichtlich ist dieser Vorgang auch in Kolobrzeg, wo die deutschrechtliche Stadtgründung nicht in der Gegend des alten Burgwalles mit seinen Suburbien an einem günstigen Übergang der Perstjta, sondern etwa 2 km nördlich davon in der Nähe der Salzquellen stattfand. Ähnliche Entwicklungsverhältnisse sind in Gdarisk und in Szczecin zu vermuten 1 ). Auch die polnischen Ausgrabungen in Sasiadka haben diese oftmals beobachtete Entwicklung bestätigt. Hier

Abb. 30. L